Die steuerliche Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen [1 ed.] 9783428527748, 9783428127740

Die Vorteile, die Arbeitnehmern großer Belegschaften durch günstige Versicherungskonditionen im Rahmen von sog. Belegsch

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Die steuerliche Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen [1 ed.]
 9783428527748, 9783428127740

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Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 100

Die steuerliche Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen Von

Robert Fahr

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ROBERT FAHR

Die steuerliche Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen

Schriften zum Steuer recht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 100

Die steuerliche Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen

Von

Robert Fahr

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-12774-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit entstand während meiner zweijährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Steuerrecht der Universität zu Köln. Großer Dank gebührt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Joachim Lang, der mir stets mit seinem Rat zur Seite stand. Ebenso danke ich seiner Nachfolgerin Frau Prof. Dr. Johanna Hey und dem gesamten Team am Institut für Steuerrecht. Dabei schulde ich insbesondere meinen Mitarbeiterkollegen Herrn Ass. jur. Christoph Kraus und Herrn Prof. Dr. Joachim Englisch Dank für viele Gespräche, Tipps und Anregungen. Für die Zweitkorrektur danke ich Herrn Prof. Dr. Ulrich Hübner herzlich. Entscheidungen und Literatur konnten bis Ende 2007 berücksichtigt werden. Die Arbeit ist meinen Eltern gewidmet, deren Rückhalt ich mir stets sicher sein konnte. Sie haben mir die Ausbildung und damit auch diese Promotion erst ermöglicht. Robert Fahr

Inhaltsverzeichnis Einleitung

21

1. Kapitel Die Gesetzeslage

23

A. § 19 EStG und § 2 LStDV – eine offengehaltene Gesetzeslage?........................

23

B. Gesetzliche Grundlagen zur Abgrenzung des Dritten ........................................

25

C. Verhältnis von § 19 EStG zu § 8 EStG – Konkretisierung durch § 8 EStG?......

27

D. Verhältnis von § 19 EStG zu § 38 EStG – Wandel der Rechtsprechung? ..........

29

E. Zuwendungen von dritter Seite und Lohnsteuerproblematik..............................

31

F. Fazit....................................................................................................................

33

2. Kapitel Zuordnung nach einkommensteuerrechtlichen Kausaltheorien

35

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität .................................................................

35

I. Veranlassungsprinzip auf der Ausgabenseite ...............................................

35

1. Ansichten in der Literatur zur Ausgabenseite ........................................

36

2. Ansicht der Rechtsprechung auf der Ausgabenseite ..............................

37

II. Veranlassungsprinzip auf der Einnahmenseite.............................................

38

1. Rechtsprechung: Die Bestimmung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach dem Veranlassungsprinzip ........................................

39

2. Aufteilung der Einkünfte auf der Einnahmenseite nach dem BFH ........

43

3. Kritik an der Rechtsprechung ................................................................

44

4. Zwischenfazit.........................................................................................

47

B. Reduzierung der Kausalitäts- und Zurechnungsproblematik auf die Grundlagen des Steuerrechts und der allgemeinen Rechtswissenschaft .......................

49

10

Inhaltsverzeichnis I. Kausalitätstheorien.......................................................................................

49

1. Äquivalenztheorie (conditio sine qua non) ............................................

49

a) Unterbrechende Kausalität...............................................................

50

b) Kumulative Kausalität .....................................................................

52

c) Alternative Kausalität ......................................................................

52

d) Hypothetische Kausalität .................................................................

52

2. Adäquanztheorie ....................................................................................

53

3. Finale Handlungslehre aus dem Strafrecht.............................................

53

4. Die Theorie von der wesentlichen Bedingung aus dem Sozialrecht ......

54

II. Ergebnis .......................................................................................................

56

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht ..............................................

56

I. Äquivalenztheorie und Adäquanztheorie .....................................................

56

II. Finale Handlungslehre ................................................................................

58

III. Die Theorie von der wesentlichen Bedingung aus dem Sozialrecht.............

60

1. Verhältnis zur finalen Handlungslehre...................................................

60

2. Kritik an der Übernahme der Theorie von der wesentlichen Bedingung .......................................................................................................

61

a) Keine praktikable Formel ................................................................

61

b) Kein Gleichlauf zum Zivilrecht .......................................................

61

c) Alle Bedingungen im logischen Sinne gleichwertig? ......................

64

d) Keine Übertragbarkeit der Fallgruppen ...........................................

65

e) Aus Gesetzeswortlaut keine Ursachenbeschränkung ableitbar ........

66

f) Zeitpunkt der Bestimmung der Wesentlichkeit................................

67

g) Einklang mit Rechtsprechung..........................................................

67

h) Zwischenfazit ..................................................................................

68

3. Determinierung von Veranlassung und Wesentlichkeit .........................

68

a) Ansicht Jüptner................................................................................

68

b) Ansicht Seibold................................................................................

69

c) Ansicht Söhn ...................................................................................

70

d) Ansicht Tipke ..................................................................................

71

e) Zusammenfassung ...........................................................................

71

4. Konkretisierung des Veranlassungsprinzips anhand der Prinzipienhierarchie des Steuerrechts ....................................................................

71

a) Leistungsfähigkeitsprinzip und Veranlassungsprinzip.....................

73

b) Markteinkommensprinzip................................................................

74

Inhaltsverzeichnis

11

c) Totalitätsprinzip...............................................................................

76

d) Zusammenfassung ...........................................................................

77

D. Ergebnisse zur Zuordnung im dualen Verhältnis ...............................................

77

E. Veranlassungsprinzip und Drittzuwendungen ....................................................

79

I. Trennung der Verhältnisse von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer und Drittem zu Arbeitnehmer....................................................................................

79

II. Die bisherigen Kriterien des BFH zu den Drittzuwendungen ......................

79

1. Beurteilungsperspektive.........................................................................

83

a) Sicht des Arbeitnehmers ..................................................................

83

b) Sicht des Arbeitgebers .....................................................................

83

c) Sicht des Dritten ..............................................................................

84

d) Mischformen....................................................................................

84

2. Eigene Stellungnahme zur Beurteilungsperspektive und Zusammenfassung zu den Drittzuwendungen .........................................................

85

3. Kapitel Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

87

A. Allgemeine Grundlagen .....................................................................................

87

I. Ursprung der Vorteile des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen .......

88

1. Die wesentlichen Ursachen von Vorteilen in der allgemeinen Versicherungswirtschaft ..............................................................................

88

a) Vorteile durch die Bildung homogener Gruppen.............................

89

aa) Das versicherungstheoretische Grundmodell als Ausgangspunkt..........................................................................................

89

(1) Ausgangsbeispiel.................................................................

90

(2) Das Grundmodell der Gefahrengemeinschaft und der Effekt des Risikoausgleichs im Kollektiv ...........................

92

bb) Versicherungsschutz als für Versicherten und Versicherungsunternehmen vorteilhafte Konstellation (betriebswirtschaftlicher Nutzen)............................................................................

96

(1) Beispiel für die beidseitige Vorteilhaftigkeit der Risokotransformation .....................................................................

97

(2) Fazit zum Beispiel............................................................... 100

12

Inhaltsverzeichnis cc) Hinweis auf modelltheoretischen Charakter, Effekte in der Praxis und Gegenmaßnahmen der Versicherungsunternehmen............................................................................................ 100 (1) Angenommene einfache Schadensverteilung ...................... 100 (2) Moral hazard ....................................................................... 101 (3) Erfordernis voneinander unabhängiger Risiken .................. 101 dd) Herleitung des ökonomischen Nutzens des Versicherungsgeschäfts........................................................................................ 102 b) Zwischenfazit .................................................................................. 103 2. Die Entwicklung von Sondermärkten .................................................... 104 a) Konsequenzen für die allgemeine Betriebswirtschaftslehre durch die Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts.............................. 104 b) Idee der Tarifmodelle zur Prämienkalkulation ................................ 105 c) Risikoklassifikation durch Tarifmodelle.......................................... 106 d) Unterscheidung zwischen Rabatt und Tarif ..................................... 106 e) Bildung von Sondermärkten ............................................................ 108 3. Die wesentlichen Ursachen des Vorteils im Belegschaftsgeschäft ........ 110 a) Versichertenkollektiv „Belegschaft“................................................ 110 b) Stärkerer Ausgleich-in-der-Zeit-Effekt durch geringere Fluktuation................................................................................................. 111 c) Datenbeschaffung ............................................................................ 111 d) Vorteil durch den Verkauf eines Einheitsprodukts .......................... 112 aa) Geringerer Werbeaufwand ........................................................ 113 bb) Geringerer Akquisitionsaufwand............................................... 114 cc) Geringerer Bearbeitungsaufwand .............................................. 115 e) Solvenz, insbesondere Stornokosten................................................ 115 f) Psychologische Effekte (Zahlungsmoral, Bagatellfälle und Betrugsfälle) als wesentliche Effekte?............................................. 116 g) Zusammenfassung zu den wesentlichen Ursachen des Vorteils ...... 116 4. Besonderheiten bei Lebens-, Kranken- und Unfallversicherungen wegen des Begünstigungsverbots?......................................................... 119 a) Verbot der Prämienreduktion durch das Begünstigungsverbot? ...... 119 aa) Wirksamkeit des Begünstigungsverbots? .................................. 121 bb) Stellungnahme zur Wirksamkeit des Begünstigungsverbots ..... 122 (1) Versehen des Gesetzgebers? ............................................... 122 (2) Unwirksamkeit des Verbots wegen entgegenstehendem Landes- und Europarecht?................................................... 123

Inhaltsverzeichnis

13

(3) Weitere Gültigkeit............................................................... 125 b) Ergebnis........................................................................................... 126 5. Die Mitwirkung durch den Arbeitgeber als Ursache des Vorteils im Belegschaftsgeschäft.............................................................................. 126 a) Provisionen ........................................................................................ 127 aa) Entstehung eines Provisionsanspruchs durch Vermittlung der Belegschaft an ein Versicherungsunternehmen ................... 127 bb) Verzicht auf die Provision ......................................................... 129 cc) Wirksamkeit des Provisionsabgabeverbots?.............................. 130 (1) Europarechtliche Argumente gegen das Provisionsabgabeverbot........................................................................... 130 (a) Vorhergehende privatrechtliche Absprachen über das Provisionsabgabeverbot ................................................ 132 (b) Die privatrechtliche Ergänzung des hoheitlichen Provisionsabgabeverbots durch die Wiesbadener Vereinigung .................................................................. 133 (2) Stellungnahme zur europarechtlichen Unwirksamkeit ........ 134 (3) Verfassungsrechtliche Kritik............................................... 136 (4) Stellungnahme zur verfassungsrechtlichen Kritik ............... 136 dd) Stellungnahme zur Wirksamkeit des Provisionsabgabeverbots. 137 b) Ergebnis zur Provisionsabgabe als wesentlichem Faktor................. 140 c) Mitwirkung durch Arbeitgeber – BMF-Schreiben von 1993 ........... 140 aa) Mitwirkung ohne Mitwirkung des Arbeitgebers – Tz. 4 des BMF-Schreibens von 1993? ...................................................... 141 bb) Die „unabhängige Selbsthilfeeinrichtung“ im BMF-Schreiben von 1993.................................................................................... 141 cc) Die Mitwirkung durch den Betriebsrat oder Personalrat im BMF-Schreiben von 1993 ......................................................... 142 dd) Inkasso im BMF-Schreiben von 1993 ....................................... 143 ee) Aushang von Angeboten am „schwarzen Brett“ oder Bekanntmachung im Intranet.................................................................. 145 ff) Zurverfügungstellen eines Arbeitsraums für den Versicherungsmitarbeiter im Gebäude des Arbeitgebers......................... 146 gg) Weitergabe von Rechnungsgrundlagen an das Versicherungsunternehmen – Sterbetafeln in der Lebensversicherung ............ 146 hh) Mitwirkung durch Abschluss von Rahmenverträgen und Gruppenverträgen durch den Arbeitgeber?................................ 149 d) Zusammenfassende Stellungnahme zur Mitwirkung durch den Arbeitgeber ...................................................................................... 150

14

Inhaltsverzeichnis II. Kritische Stellungnahme zu den Maßstäben des BFH in Bezug auf das Belegschaftsgeschäft.............................................................................. 150 1. Vorsorgeuntersuchungsurteil des BFH von 1982 .................................. 151 2. Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Dienstverhältnis 151 3. Entindividualisierungsgedanke .............................................................. 152 4. Vorteil aus Sicht des Arbeitnehmers als Frucht seiner Dienstleistung für Arbeitgeber?..................................................................................... 153

B. Spezielle Fallgestaltungen ................................................................................ 154 I. Firmenverbundene Vermittler ...................................................................... 154 1. Voraussetzungen für firmenverbundene Vermittler............................... 155 2. Unechte Lohnzahlungen durch firmenverbundene Vermittler? ............. 157 a) Bindung der firmenverbundenen Vermittler an das Provisionsabgabeverbot und an das Begünstigungsverbot? ............................. 158 b) Bindung der Geschäftsführung des firmenverbundenen Vermittlers an § 1 GmbHG? ........................................................................ 158 c) Bindung der Geschäftsführung des firmenverbundenenVermittlers an § 43 Abs. 1 GmbHG? ........................................................... 159 d) Eigenbetriebliches Interesse des firmenverbundenen Vermittlers?.. 159 e) Originäre Einsparungen beim FVV – insbesondere „onlineinsuring“ .......................................................................................... 162 3. Unechte Lohnzahlung durch kostensenkende Maßnahmen des Arbeitgebers zugunsten seines firmenverbundenen Vermittlers? .................... 163 4. Fazit zur Stellung der firmenverbundenen Vermittler............................ 165 II. Belegschaftsgeschäft und Captives .............................................................. 166 C. Ergebnisse des dritten Kapitels .......................................................................... 167 D. Exkurs: Veranlassung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001 – VI R 123/00..... 169 I. Sachverhalt................................................................................................... 170 II. Stellungnahme.............................................................................................. 170

4. Kapitel Bewertungsproblematik und lohnsteuerrechtliche Behandlung

174

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG .............................................................. 174 I. Bewertung des Vorteils nach § 8 Abs. 3 EStG............................................. 174 1. Versicherungsunternehmen als Arbeitgeber .......................................... 175

Inhaltsverzeichnis

15

2. Vermittler als Arbeitgeber ..................................................................... 180 II. Bewertung des Vorteils anhand § 8 Abs. 2 EStG......................................... 180 1. Allgemeine Grundsätze des § 8 Abs. 2 EStG......................................... 180 2. Besonderheiten bei der Bewertung des Belegschaftsgeschäfts durch § 8 Abs. 2 EStG ..................................................................................... 181 3. Zwischenergebnis .................................................................................. 183 III. Zur Bewertung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001 – VI R 123/00 ......... 183 1. Beurteilung durch den BFH ................................................................... 183 2. Kritik und eigene Stellungnahme........................................................... 184 IV. Fazit ............................................................................................................. 189 B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts............................. 190 I. Das Lohnsteuerabzugsverfahren .................................................................. 190 II. Analyse der neuen Gesetzeslage in zwei unterschiedlichen Fällen .............. 192 1. Vorteilsgewährung innerhalb desselben Versicherungskonzerns .......... 192 2. Versicherungsgesellschaft gewährt „Vorteile“ an Arbeitnehmer eines fremden Konzerns/Arbeitgebers ............................................................ 195 a) Pflichten des Arbeitnehmers ............................................................ 195 b) Pflichten des Arbeitgebers ............................................................... 196 aa) Positive Kenntnis des Arbeitgebers ........................................... 197 bb) Lohnsteuerabzug beim „Erkennenkönnen“ trotz faktischer Unkenntnis ................................................................................ 198 III. Fazit und abschließende Stellungnahme zur lohnsteuerlichen Behandlung . 204

5. Kapitel Lösungen für die Versicherungswirtschaft

205

A. Mögliche Lösungsansätze ................................................................................ 205 I. Belegschaftsfremde Personen im Belegschaftstarif...................................... 205 II. Vereinbarung einer Betreuungsklausel über die Zeit der Arbeitnehmereigenschaft hinaus........................................................................................ 207 B. Zielführende Lösungsansätze ............................................................................. 207 I. Ansatz beim Vertrieb von Belegschaftsversicherungen ............................... 207 II. Vermeidung der Mitwirkung durch den Arbeitgeber ................................... 208 III. Mitwirkung über den Betriebsrat als Institution der Arbeitnehmer.............. 208

16

Inhaltsverzeichnis IV. Mitwirkung beim firmenverbundenen Vermittler ........................................ 211

C. Ergebnis ............................................................................................................. 211 Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................ 212 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 214 Entscheidungsverzeichnis ...................................................................................... 227 Personen- und Sachverzeichnis ............................................................................. 233

Abkürzungsverzeichnis a.A.

andere Ansicht

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

AGG

Allgemeines Gleichstellungsgesetz

AktG

Aktiengesetz

Alt.

Alternative

AO

Abgabenordnung

AVB

Allgemeine Versicherungsbedingungen

Az.

Aktenzeichen

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BAG

Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen

BAKred

Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen

BAV

Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen

BAWe

Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel

BB

Betriebs-Berater Zeitschrift

BetrAV

Betriebliche Altersversorgung Zeitschrift

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BFH

Bundesfinanzhof

BFHE

Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

BFH/NV

Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH

BfV

Bundesverband firmenverbundener Vermittler

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BMF

Bundesminister der Finanzen

18

Abkürzungsverzeichnis

BPersVG

Bundespersonalvertretungsgesetz

BR-Drucks.

Bundesratsdrucksache

BSG

Bundessozialgericht

BSozGE

Entscheidungen des Bundessozialgerichts

BStBl.

Bundessteuerblatt

BT-Drucks.

Bundestagsducksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

DB

Der Betrieb Zeitschrift

DBGrG

Deutsche Bahn-Gründungsgesetz

DchfG/EWG

Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften

DStJG

Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V.

DStR

Deutsches Steuerrecht Zeitschrift

DStR

Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst Zeitschrift

DStZ

Deutsche Steuer-Zeitung Zeitschrift

DVS

Deutscher Versicherungs-Schutzverband

EFG

Entscheidungen der Finanzgerichte

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

Einf.

Einführung

EStB

Der Ertragsteuerberater Zeitschrift

EStG

Einkommensteuergesetz

EStR

Einkommensteuerrichtlinien

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EUV

Vertrag über die Europäische Union

FamRZ

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

FG

Finanzgericht

FGO

Finanzgerichtsordnung

FinDaG

Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz

FR

Finanzrundschau Zeitschrift

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die GmbH

GrS

Großer Senat

Abküzungsverzeichnis

19

HFR

Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung

HGB

Handelsgesetzbuch

Hs.

Halbsatz

INF

Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Zeitschrift

i.S.d.

im Sinne des

i.S.v.

im Sinne von

i.V.m.

in Verbindung mit

JuS

Juristische Schulung Zeitschrift

KE-EStG

Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes

Kfz

Kraftfahrzeug

KG

Kammergericht

KStG

Körperschaftsteuergesetz

Lfg.

Lieferung

LG

Landgericht

LStDV

Lohnsteuerdurchführungsverordnung

m.a.W.

mit anderen Worten

m.E.

meines Erachtens

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

n.F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift

n.rk.

nicht rechtskräftig

NVersZ

Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Zeitschrift

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Zeitschrift

NWB

Neue Wirtschaftsbriefe Zeitschrift

o.g.

oben genannten

OLG

Oberlandesgericht

ÖStZ

Österreichische Steuerschrift Zeitschrift

OWiG

Ordnungswidrigkeitengesetz

PAngV

Preisangabeverordnung

PflVG

Pflichtversicherungsgesetz

RdA

Recht der Arbeit Zeitschrift

RegE

Regierungsentwurf

RFR

Reichsfinanzhof

RGBl.

Reichsgesetzblatt

20

Abkürzungsverzeichnis

RIW

Recht der internationalen Wirtschaft

Rn.

Randnummer

Rs

Rechtssache

RStBl.

Reichssteuerblatt

Rz.

Randzeichen

SB

Der Sozialberater Zeitschrift

Slg.

Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichtes erster Instanz, Teil I – Gerichtshof

StÄndG

Steueränderungsgesetz

StBerKongrRep

Steuerberaterkongressreport

SteuerStud

Steuer und Studium

StuW

Steuer und Wirtschaft Zeitschrift

UStG

Umsatzsteuergesetz

VAG

Versicherungsaufsichtsgesetz

VerBaV

Verlautbarungen des Bundesaufsichtsamts für Versicherungswesen

VersR

Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Zeitschrift

Vorbem.

Vorbemerkung

VSSR

Vierteljahresschrift für Sozialrecht

VVAG

Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit

VVG

Versicherungsvertragsgesetz

VW

Versicherungswirtschaft

VWL

Volkswirtschaftslehre

WuW

Zeitschrift für deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht Zeitschrift

ZeuS

Zeitschrift für europarechtliche Studien

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfV

Zeitschrift für Versicherungswesen

ZVersWiss

Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

Einleitung Der Begriff „Belegschaftsgeschäft“ wird in der Versicherungsbranche für die Versicherung privater Risiken (Hausrat, Gebäude, Haftpflicht, Unfall, Leben) eines Kundenkollektivs gebraucht, das aus den Mitarbeitern großer Unternehmen besteht.1 Dazu bedienen sich Versicherungsunternehmen und Arbeitgeberunternehmen oftmals sog. firmenverbundener Vermittler. Die firmenverbundenen Vermittler sind oft 100%ige Töchter der Unternehmen,2 woraus sich die Frage ergibt, ob die Handlungen der firmenverbundenen Vermittler den Mutterunternehmen zugerechnet werden, so dass möglicherweise ein geldwerter Vorteil vorliegt. Seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt die lohnsteuerliche Behandlung des sog. Belegschaftsgeschäftes Versicherungswirtschaft, Finanzverwaltung und Gerichte gleichermaßen. Das Belegschaftsgeschäft war Inhalt einer Entscheidung des BFH,3 die Anlass zur kritischen Auseinandersetzung lieferte. Die Konstellation des Belegschaftsgeschäfts im Rahmen von Spartenunternehmen derselben Versicherungsgruppe ist kürzlich wieder Gegenstand einer BFHEntscheidung gewesen.4 Auch wenn das Belegschaftsgeschäft nur von einigen Versicherungsunternehmen betrieben wird, ist es durch die wirtschaftliche Dimension für große Wirtschaftsunternehmen zu einem großen Praxisproblem geworden, weil sie sich unvermittelt hohen Lohnsteuernachzahlungsforderungen seitens des Fiskus ausgesetzt sehen können. So wurden im Rahmen eines Forschungsprojekts der Fachhochschule Wiesbaden mit dem Titel „Belegschaftsversicherungen bei bundesdeutschen Unternehmen“5 im November 2006 insgesamt 1.150 Unternehmen mit Sitz in Deutschland mit mehr als 800 Mitarbeitern angeschrieben um herauszufinden, wie hoch der Anteil von Unternehmen ist, die ihren Mitarbeitern Belegschafts___________ 1 Dabei wird im Allgemeinen dann von Belegschaftsgeschäft gesprochen, wenn die Belegschaft eines Unternehmens über 10.000 Arbeitnehmer zählt. 2 Jedoch können auch Versicherungsunternehmen eine Beteiligung an einem firmenverbundenen Vermittler halten um beispielsweise versicherungstechnisches Knowhow einzubringen. 3 BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, S. 376. 4 BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, BFH NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297; vorgehend: FG Köln v. 21.3. 2002, Az. 15 K 5161/95, EFG 2002, S. 905. 5 B. Heidel, Belegschaftsversicherungen bei bundesdeutschen Unternehmen – Zusammenfassung der Ergebnisse, S. 2.

22

Einleitung

versicherungen zur Verfügung stellen. Dabei wurde auch der Frage nachgegangen, in welchem Maße die Unternehmen bereit sind, sich an den Kosten für Versicherungsleistungen zu beteiligen. So zeigte sich, dass 95 % dieser Unternehmen über diesen Weg ihren Arbeitnehmern Produkte zur betrieblichen Altersvorsorge anboten. Es folgten mit 72 % Produkte zur privaten Altersvorsorge, mit 39 % Sachversicherungsprodukte und mit 38 % Krankenversicherungsprodukte sowie 35 % Produkte der Kfz-Versicherung. Jedoch ist nur ein kleiner Teil der Unternehmen bereit, seinen Mitarbeitern auch einen Zuschuss für eine Leistung der Belegschaftsversicherung zu gewähren.6 Dies verdeutlicht die hohe Relevanz des Themas „Belegschaftsgeschäft“ in der Praxis. Diese Arbeit will neben einer Sachverhaltsklärung eine Problemlösung liefern, die auf den in der Rechtswissenschaft gewonnenen Kausaltheorien und speziell der im Steuerrecht bedeutenden Veranlassungstheorie fußt und schließlich zu einer in Theorie und Praxis verwendbaren Lösung der steuerrechtlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungsunternehmen führt. Anschließend werden die mit dem Belegschaftsgeschäft verbundene Bewertungsproblematik und die lohnsteuerrechtliche Problematik aufgezeigt. Die Untersuchung schließt mit Lösungswegen für die Praxis ab. Zunächst sollen mit dem Ziel später zu einer folgerichtigen und widerspruchsfreien Lösung zu kommen, die dogmatischen Grundprinzipien des Steuerrechts aufgezeigt werden, um anschließend die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungsunternehmen einordnen zu können.

___________ 6

B. Heidel, Belegschaftsversicherungen bei bundesdeutschen Unternehmen – Zusammenfassung der Ergebnisse, S. 5.

1. Kapitel

Die Gesetzeslage A. § 19 EStG und § 2 LStDV – eine offengehaltene Gesetzeslage? Soll die steuerrechtliche Behandlung von Zuwendungen an Arbeitnehmer im Einkommensteuergesetz untersucht werden, muss zunächst geklärt werden, nach welchen Vorschriften der Steuerpflichtige Einkünfte, die er von seinem Arbeitgeber erhält, zu versteuern hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind Einkünfte, die der Steuerpflichtige aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, grundsätzlich von § 19 EStG erfasst. Bei der Lektüre des Gesetzestexts fällt auf, dass § 19 EStG im Gegensatz zu anderen Einkunftsarten (§§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1, 18 Abs. 1, 21 Abs. 1, 22 S. 1 EStG)7 keine eigenständige Definition der Einkünfte enthält, sondern lediglich eine Aufzählung von Begriffen vornimmt, die als Beispiele für typische Einnahmen aus der Einkunftsart der nichtselbständigen Arbeit dienen.8 Überdies steht § 19 Abs. 1 S. 1 EStG nicht in Einklang mit der Terminologie des Einkommensteuergesetzes, da die genannten Beispiele keine Einkünfte, sondern Einnahmen i. S. d § 8 EStG darstellen, von denen zur Ermittlung der Einkünfte erst noch die Werbungskosten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG abzuziehen sind.9 Jedoch wird aus der Formulierung „Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden“ zumindest allgemein deutlich, dass für die Besteuerung der Einkünfte ein Kausalzusammenhang zwischen Tätigkeit und Einnahmen bestehen muss, d.h., dass alle Vorteile ausscheiden, die nicht für eine Beschäftigung, sondern aus anderen Gründen gewährt werden.10 ___________ 7

Eine weitere Ausnahme bildet § 20 Abs. 1 EStG. Man ist sich in Rechtsprechung und Literatur einig, dass die Aufzählung nur beispielhaft und daher nicht abschließend angelegt ist; vgl. H.-J. Herrmann, in: Frotscher, § 19, Rn. 17. Historisch betrachtet listete auch § 9 EStG 1920 lediglich Beispiele für „Einkommen aus Arbeit“ auf und wurde ebenfalls als nicht erschöpfend angesehen, vgl. G. Strutz, Handausgabe des Einkommensteuergesetzes vom 29. März 1920, § 9, Ziffer 1. 9 S. Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 19, Rn. B 11. 10 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 7. 8

24

1. Kap.: Die Gesetzeslage

Will man die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit näher definieren, könnte dazu auf § 2 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) abgestellt werden. Zwar steht sie in ihrem Range unter dem Gesetz, jedoch wird dort der Begriff des Arbeitslohns als „alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen“ definiert. Diese Definition wird in der Literatur zum einen wegen der nicht ausreichenden Ermächtigungsgrundlage,11 zum anderen aber auch wegen ihrer Mängel in der Begriffsbestimmung abgelehnt.12 Von der Zielrichtung kann § 2 Abs. 1 S. 1 LStDV nichts zur Bestimmung des Arbeitslohnbegriffes in § 19 EStG beisteuern, denn die Lohnsteuerdurchführungsverordnung regelt nur das Lohnsteuerabzugsverfahren, trifft aber keine Aussage zum materiellen Gehalt der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Die Versuche, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit über den Arbeitslohnbegriff in § 2 Abs. 1 LStDV zu klären13 sind daher untauglich, weil es keine Begriffsidentität zwischen Arbeitslohn und Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gibt. Wenn § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG aufgrund seines unbestimmten Wortlauts eine positive Abgrenzung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nicht zulässt, kann aber an dieser Stelle schon mittels einer negativen Abgrenzung konstatiert werden, dass alle Vorteile ausscheiden, die nicht „für eine Beschäftigung“, sondern aus anderen Gründen gewährt werden. Jedoch schließt der unbestimmte Gesetzeswortlaut nicht von vornherein aus, dass unter ihn auch Vorteile subsumiert werden können, die der Arbeitnehmer von außerhalb des Dienstverhältnisses erhält.14 Die Frage nach den Rechtsgrundlagen für die Steuerbarkeit von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit kann danach mangels einer ausreichenden Definition für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG und mangels materieller Bedeutung des § 2 Abs. 1 LStDV für das Einkommensteuerrecht nicht eindeutig beantwortet werden. Die Folge ist in der Praxis, dass sich in diesem Bereich eine Kasuistik gebildet hat, die sich in der steuerrechtlichen Kommentierung in ABC-Tabellen zum Thema „Einnahmen aus nichtselb___________ 11

S. Temminghoff, Lohnsteuerpflichtige Zuwendungen an Arbeitnehmer, S. 4; H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 10; zu den Bestrebungen den Begriff Dienstverhältnis in das Einkommensteuergesetz zu übernehmen: G. Zach, Die Besteuerung des Arbeitslohns, S. 11 ff. 12 H. Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 Rn. 101; F. Kloubert, FR 2000, S. 46 (47); S. Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 19, Anm. B 41. 13 F. Seibold, S. 2, 4 sieht anscheinend „Arbeitslohn als Einkünftetatbestand“ an und definiert einen „einkommensteuerrechtlichen Arbeitslohnbegriff“. 14 So H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 7.

B. Gesetzliche Grundlagen zur Abgrenzung des Dritten

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ständiger Arbeit“ niederschlägt. Dort werden zwar Einzelfälle mittels einer Typisierung systematisiert, jedoch wird keine dahinter stehende Dogmatik geliefert. Ganz anders als die zivilrechtliche Kodifikationsgesetzgebung, die das „Werk einer streng wissenschaftlich gesonnenen Ministerialbürokratie“15 war, leidet die Steuergesetzgebung sein den Einkommensteuergesetzen des 19. Jahrhunderts unter einem ministerialbürokratischen Pragmatismus, der vornehmlich Aspekte der Verwaltungspraktikabilität und der Fiskalität im Blickfeld hat und rechtswissenschaftlichen Erkenntnissen eher fremd gegenübersteht.16 Insofern ist zweifelhaft, ob die offene Gesetzeslage damit zu erklären ist, dass der Gesetzgeber der Verwaltung und der Rechtsprechung einen weiten Gestaltungsspielraum bewusst zumessen wollte.17 Im Folgenden ist jedoch von den dogmatischen Grundlagen der Rechtswissenschaft auszugehen und danach zu forschen, nach welchen Kriterien Verwaltung und Rechtsprechung bei der Steuerbarkeit von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in der Vergangenheit vorgingen und ob die Entscheidungen auf dogmatischen Grundlagen basieren.

B. Gesetzliche Grundlagen zur Abgrenzung des Dritten Gestaltet sich schon die Bestimmung, welche Zuwendungen unter den Arbeitslohn fallen, wegen der nicht eindeutigen, offen gehaltenen Gesetzesformulierung schwer, so gilt dies erst recht, wenn Zuwendungen von Dritten stammen. Die Schwierigkeiten rühren daher, dass der Gesetzgeber lediglich die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu regeln suchte und es verabsäumte, Regeln für den Fall aufzustellen, das dem Arbeitnehmer Vorteile durch einen Dritten außerhalb dieser Beziehung zugewendet werden. Wer Dritter ist, ist weder im Einkommensteuergesetz oder in der Lohnsteuerdurchführungsverordnung noch in den Lohnsteuerrichtlinien definiert. Mangels einer positiven Definition lässt sich eine Umschreibung des Dritten nur mittels einer negativen Abgrenzung zum Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber ableiten.

___________ 15

F. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 450. Zu den weiteren Verursachern des „miserablen Zustands des Steuerrechts“ s. K. Tipke, Ein Ende dem Einkommensteuerwirrwarr!?, S. 63 ff. 17 So G. Zach, Die Besteuerung des Arbeitslohns, S. 14. 16

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1. Kap.: Die Gesetzeslage

Beim Versuch die Abgrenzung anhand des Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberbegriffs vorzunehmen, fällt jedoch auf, dass weder der Begriff des Arbeitgebers noch der des Arbeitnehmers im Einkommensteuergesetz und im gesamten Steuerrecht definiert wird. Möglicherweise ist aber ein Rückgriff auf andere Rechtsgebiete zulässig. Nach herrschender Ansicht bildet das Steuerrecht ein eigenständiges rechtliches Subsystem innerhalb des öffentlichen Rechts, das (weitestgehend) auf dem Fundamentalprinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit basiert. So konkretisiert Tipke:18 ’

„Die Auslegung des Begriffs ‚Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit muß sich letztlich wiederum am Leistungsfähigkeitsprinzip orientieren, wobei vorauszusetzen ist, dass die Vermehrung der Leistungsfähigkeit ihre causa im Arbeitsverhältnis, in geleisteter Arbeit hat, der zugewendete Vorteil geleistete Arbeit entgelten soll “

Für den Begriff des Arbeitnehmers ergibt sich daher, dass ein zunächst nahe liegender Rückgriff auf Gesetze des Arbeitsrechts verwehrt ist, weil die Zielrichtung der Rechtsgebiete eine jeweils andere ist: Das Arbeitsrecht hat die Aufgabe, den Arbeitnehmer zu schützen. Das Steuerrecht befasst sich hingegen mit der am Leistungsfähigkeitsprinzip orientierten Abschöpfung eines Teils der Früchte des Arbeitnehmers.19 Daher ist in der Vergangenheit nach einem steuerrechtlichen Arbeitnehmerbegriff20 gesucht worden, von dem sich der Arbeitgeberbegriff und in der Folge die Position des Dritten ableiten lässt.21 In Rechtsprechung und Literatur wird mangels gesetzlicher Definition des (lohn-)steuerlichen „Arbeitgebers“ in Anlehnung22 an den Arbeitnehmerbegriff ___________ 18

K. Tipke, StuW 1975, S. 327 (328); kritisch G. Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung, S. 194 u., S. 216, s. im Folgenden auch unten 4. Kap., A. II. 2. b) bb). 19 J. Lang, Arbeitsrecht und Steuerrecht, RdA 1999, S. 64. Dafür spricht auch, dass das Arbeitsrecht Teil des Zivilrechts ist, das Steuerrecht hingegen Teil des öffentlichen Rechts mit einer eigenständigen Terminologie; dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band I, S. 53 ff; K. Tipke, StuW 1975, S. 327 (328). Nichtsdestoweniger orientieren sich Rechtsprechung und Verwaltung an arbeitsrechtlichen Gedanken von Schutzwürdigkeit und Interessenwahrung, auch wenn diese nicht dem Regelungszweck des Einkommensteuergesetzes entsprechen. 20 So auch W. Mohr, Der Arbeitnehmerbegriff im Arbeits- und Steuerrecht, S. 8 ff., 11ff., Mohr unterscheidet in seinem Werk durchgehend zwischen steuerrechtlichem und arbeitsrechtlichem Arbeitnehmer. 21 In der Literatur ist daher verschiedentlich versucht worden, eine eigenständige Definition zu finden. Nach Lang sind Arbeitnehmer im steuerrechtlichen Sinne die natürlichen Personen, die in einem Dienstverhältnis weisungsgebunden und (im Regelfall) oder (in Grenzfällen, z.B. Geschäftsführer einer GmbH) organisatorisch eingegliedert ihre Arbeitskraft schulden und dabei vom Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt sind. Dazu J. Lang, Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9 (1986), S. 15 (33). 22 Der BFH und Teile der Literatur sprechen dagegen von „Umkehr“: BFH v. 21.2.1986, Az. VI R 9/80, BStBl. II 1986, S. 768, BFHE 146, S. 253; C. Trzaskalik, in: Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, § 38, Rz. B 6 ff.

C. Verhältnis von § 19 EStG zu § 8 EStG – Konkretisierung durch § 8 EStG?

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des § 1 Abs. 2 Satz 2 LStDV als Arbeitgeber derjenige angesehen, dem der Arbeitnehmer die Leistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig wird, oder dessen Weisungen er zu befolgen hat.23 Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag. Zwingend ist dies jedoch nach dem BFH24 nicht: So wie der steuerrechtliche Begriff des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 2 LStDV nicht an den zivilrechtlichen Dienstvertrag, sondern an die tatsächlichen Merkmale der Weisungsgebundenheit und der organisatorischen Eingliederung anknüpfe und sich deshalb nicht völlig mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten wortgleichen Begriff decke, habe auch der Arbeitgeberbegriff einen für das Steuerrecht eigenständigen Inhalt.25 Zwar sprechen die soeben26 angesprochenen Zweifel bezüglich der Ermächtigungsgrundlage und der Begriffsbestimmung gegen die Anwendung der LStDV, weil die untergesetzliche LStDV lediglich einige als Arbeitgeber in Betracht kommende natürliche oder juristische Personen beispielhaft aufzählt, ohne eine Definition des Arbeitgebers zu liefern. Aus den in § 1 Abs. 2 LStDV aufgeführten Begriffen Dienstverhältnis und Arbeitnehmer ergibt sich jedoch, dass Arbeitgeber derjenige Beteiligte am steuerrechtlichen Dienstverhältnis ist, dem der Arbeitnehmer – abhängig und weisungsgebunden – seine Arbeitskraft schuldet.27 Daraus folgt für die Position des Dritten, dass er in keinem solchen Verhältnis steht, sondern sich in einer sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber unabhängigen Stellung befindet.

C. Verhältnis von § 19 EStG zu § 8 EStG – Konkretisierung durch § 8 EStG? Während § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG qualifiziert, welche Einnahmen zu Arbeitslohn führen, scheint zunächst unklar, ob dies durch § 8 EStG28 modifiziert wird oder ob § 8 EStG lediglich die Bewertung steuerpflichtiger Einnahmen regelt. ___________ 23

G. Frotscher, in: Frotscher, § 38, Rn. 20. BFH v. 17.2.1995, Az. VI R 41/92, BStBl. II 1995, S. 390, BFHE 177, S. 105. 25 Schon BFH v. 13.2.1980, Az. I R 17/78, BStBl. II 1980, S. 303, BFHE 129, S. 565. 26 Soeben unter 1. Kap., A. 27 T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 15; B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 130. 28 § 8 Abs. 3 EStG lautet: Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkunftsarten aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 zufließen. 24

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1. Kap.: Die Gesetzeslage

Wenn neben § 2 Abs. 1 i.V.m. § 19 EStG auch § 8 EStG qualifizierende Wirkung in Bezug auf Einkünfte hätte, stünden die Vorschriften nebeneinander und man gelangte zur Annahme von Realkonkurrenz, denn dann könnten die Einkünfte des Arbeitnehmers aus beiden Vorschriften heraus besteuert werden. Nach ganz h. M.29 stellt § 8 EStG jedoch eine reine Bewertungsvorschrift dar, welche die in § 19 EStG beispielhaft aufgezählten Einnahmen weder ergänzt noch modifiziert, sondern nur der Konkretisierung der einkunftsrelevanten Tätigkeit oder Leistung dient. Vom System des Einkommensteuergesetzes her sind die Vorschriften über die Qualifikation von Einkünften von denen der Quantifikation streng zu trennen. Somit werden mittels § 2 i.V.m. § 19 Abs. 1 EStG zunächst steuerbare Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit bestimmt, die dann ihrer Höhe nach in § 8 EStG quantifiziert werden. Die durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 19 EStG herausgefilterten Einnahmen werden somit in der allgemeinen, den Einkunftsarten vorangestellten Vorschrift des § 8 Abs. 1 EStG konkretisiert. Danach werden als Einnahmen alle Güter in Geld oder Geldeswert bezeichnet, die dem Steuerpflichtigen „im Rahmen“ einer der Überschusseinkunftsarten zufließen. Damit wird auch hier zum Ausdruck gebracht, dass ein Kausalzusammenhang zwischen Bereicherung und Einkunftsart bestehen muss. 30 Ferner wird für die Bestimmung der Betriebseinnahmen von Rechtsprechung31 und Literatur32 gleichermaßen auf § 8 EStG zurückgegriffen, weil eine Bestimmung der Betriebseinnahmen fehlt. Insofern hat § 8 EStG als Vorschalt___________ 29

BFH v. 27.3.1991, Az. VI R 126/87, BStBl. II 1991, S. 720, BFHE 164, S. 266; W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 8, Rn. 1; H. Glenk, in: Blümich: § 8, Rn. 5; a.A. noch G. Crezelius, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Stand 149. Lfg., Jan.2005, § 19, A 27. 30 Es entspricht der ständigen Praxis, dass § 8 EStG auch für die Gewinneinkünfte eine allgemeine Klärung der Beziehung zwischen Bereicherung und Einkunftsart dergestalt vornimmt, diese somit kausal durch eine der Einkunftsarten zugeflossen sein müssen, obwohl der Geltungsbereich des § 8 Abs. 1 EStG nach dem Wortlaut auf die Überschusseinkünfte gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG beschränkt ist, dazu W. Heinicke, in: Schmidt, EStG, § 4, Rn. 420. 31 BFH v. 22.7.1988, Az. III R 175/85, BStBl. II 1988, S. 995, BFHE 154, S. 218. 32 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 288, meint, dass die Angleichung der Begriffe Einnahmen und Betriebseinnahmen auf die analoge Anwendung des § 8 Abs. 1 EStG zu stützen sei. Die Analogie sei zulässig, weil die Beschränkung auf die Überschusseinkünfte mit der systematischen Stellung der Vorschrift im Gesetz zusammenhinge; ebenso H. Glenk, in: Blümich, § 8, Rn. 4; U. Albert/H. Hahn, Lohnzahlung durch Dritte als steuerpflichtiger Arbeitslohn, FR 1995, S. 334; a.A. J. Fitsch, in: Lademann, § 8, Rn. 8 und H. Pust, in: Littmann/Bitz/Pust, § 8, Rn. 13, der darauf abstellt, dass sich schon aus der Methode der Gewinnermittlung, d.h. Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, § 5 Abs. 1 EStG bzw. Einnahmen als betrieblich verursachte Wertzugänge gem. § 4 Abs. 3 EStG ergebe, was Betriebseinnahmen seien; ebenso D. Birk, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 8, Rn. 5.

D. Verhältnis von § 19 EStG zu § 38 EStG – Wandel der Rechtsprechung?

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bestimmung33 zu den einzelnen Einkunftsarten für den Kausalzusammenhang zwischen einer Vermögensmehrung und einer Einkunftsart eine eigenständige Funktion und nicht nur klarstellende Bedeutung.34 Daher legt § 8 Abs. 1 EStG für alle Einkunftsarten einheitlich fest, dass die vom Steuerpflichtigen erzielten Vermögensmehrungen nach einem einheitlichen kausalrechtlichen Grundkonzept den einzelnen Einkunftsarten zuzuordnen sind. Die gestellte Frage, in welchem Verhältnis § 19 EStG zu § 8 EStG steht, lässt sich dahingehend beantworten, dass für die Qualifizierung der Einkunftsart § 19 EStG heranzuziehen ist, während eine Bewertung der Höhe nach in einem zweiten Schritt nach § 8 EStG erfolgt. Beide Paragraphen bringen aber gleichermaßen ein dahinterstehendes kausalrechtliches Grundprinzip zum Ausdruck.

D. Verhältnis von § 19 EStG zu § 38 EStG – Wandel der Rechtsprechung? Das Verhältnis von § 19 EStG zu § 38 EStG – welcher das Lohnsteuerabzugsverfahren regelt – lässt sich dahingehend umschreiben, dass der Gesetzgeber nach § 38 EStG einen Teil der Einnahmen, nämlich solche, die der Steuerpflichtige im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit nach § 19 EStG bezieht, dem Lohnsteuerabzug unterwirft. Daran wird deutlich, dass der Steuerabzug vom Arbeitslohn prinzipiell auf die Vergütungen des Arbeitgebers begrenzt ist, denn dieser hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG einzubehalten.35 Von der bloßen Gesetzeslage ausgehend soll hier schon vorgreifend das Verständnis der Rechtsprechung in diesem Bereich eingegangen werden, weil sie bei der Frage, welche Einnahmen unter Arbeitslohn zu verstehen seien, einem Wandel unterlag. Während die Rechtsprechung früher von einer für den Arbeitnehmer großzügigen Auslegung ausging, wurde sie zunehmend restriktiver: Hatte der BFH bis in die 80er Jahre hinein noch sog. „Annehmlichkeiten“ und „Gelegenheitsgeschenke“ als nicht steuerpflichtig bezeichnet, so setzte er mit seinem Grundsatzurteil vom 22.3.1985 unter diese Rechtsprechung einen Schlussstrich

___________ 33 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 8. 34 A.A. W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 8 Rn. 1. 35 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 471.

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1. Kap.: Die Gesetzeslage

und wollte fortan die Steuerfreiheit von Arbeitgeber-Zuwendungen nur noch dann anerkennen, wenn sie gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist.36 Damit beendete der BFH die schon in der Rechtsprechung des RFH37 anklingende Grundüberlegung, dass es Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer gibt, die als „Annehmlichkeiten“ bei der Bemessung der Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden. Auch verließ der BFH seine eigene, von sozialen Gesichtspunkten geprägte „Annehmlichkeitenrechtsprechung“, die er bislang etwa an wertmäßig begrenzten Sachzuwendungen bei Weihnachtsfeiern zu Tage treten ließ.38 Schon vorher hatte er seine Rechtsfigur zu den sog. „Gelegenheitsgeschenken“39 zunehmend einschränken müssen, da der Gesetzgeber durch positive Ausgestaltung den Raum der richterrechtlichen Auslegungsmöglichkeit zu Gelegenheitsgeschenken immer enger zog40 und sich die Gerichte zunehmend nicht mehr in der Lage sahen, „…einzelne herausgehobene Ereignisse im Leben eines Arbeitnehmers sachgerecht zum Anlass für steuerfreie Zuwendungen zu erklären, andere hingegen nicht. Derartige Unterscheidungen sind vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten“.41

Welche Voraussetzungen nach der Abstandnahme von der Rechtsprechung zu „Gelegenheitsgeschenken“ und „Annehmlichkeiten“ für die Annahme von Arbeitslohn i.S.d. § 38 EStG zu erfüllen waren, arbeitete der BFH erstmals in seiner Entscheidung zu den Vorsorgeuntersuchungen im Jahre 1982 deutlich

___________ 36 BFH v. 22.3.1985, Az. VI R 26/82, BStBl. II 1985, S. 641 (643): „Die Charakterisierung einer Zuwendung kann nur in Auslegung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale erfolgen.“ 37 RFH v. 15.5.1929, RStBl. 1929, S. 412: Brauereifreitrunk. 38 So noch BFH v. 9.6.1978, Az. VI R 197/75, BStBl. II 1978, S. 532, BFHE 125, S. 260; BFH v. 5.3.1976, Az. VI R 76/73, BStBl. II 1976, S. 392, BFHE 118, S. 434. 39 Gelegenheitsgeschenke waren nach Ansicht der Richter solche Zuwendungen, die bei einem besonderen persönlichen einmaligen oder nicht oft wiederkehrenden Anlass dem Arbeitnehmer zukamen, nach Art und Höhe nicht ungewöhnlich und übermäßig waren und bei dem der Gedanke einer Aufmerksamkeit und der Ehrung im Vordergrund stand und nicht etwa die Entlohnung für geleistete Dienste. 40 Z.B. durch die positive Regelung der Jubiläumszuwendungen nach § 3 Nr. 52 i.V.m. § 3 LStDV a.F. bis 1999, die heute nur noch – der Höhe nach begrenzt – im Rahmen von Betriebsveranstaltungen nach § 70 Abs. 2 Nr. 3 LStR steuerfrei sind. 41 BFH v. 22.3.1985, Az. VI R 26/82, BStBl. II 1985, S. 641; schon im Urteil v. 12.11.1976, Az. VI R 214/74, BStBl. II 1977, S. 181, BFHE 120, S. 494 hatte das Gericht darauf hingewiesen, dass es im Hinblick auf die geregelten Fälle „nur in Ausnahmefällen vertretbar erscheint, darüber hinaus von besonderen persönlichen und seltenen Anlässen auszugehen, die die steuerfreie Hingabe eines Geschenkes vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer rechtfertigen.“

E. Zuwendungen von Dritter Seite und Lohnsteuerproblematik

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heraus:42 Die Richter hoben dabei die zentrale Bedeutung des Veranlassungsprinzips auch für den Arbeitslohnbegriff hervor: „Der Senat geht insbesondere mit Rücksicht darauf, dass nach seiner Rechtsprechung der Begriff der Werbungskosten (= Ausgaben) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vom Veranlassungsprinzip geprägt ist, davon aus, dass auch für den Arbeitslohn (= Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit) das Veranlassungsprinzip anzuwenden ist.“

Seit diesem grundlegenden Urteil, versteht der BFH unter Arbeitslohn nunmehr „jeden geldwerten Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist und der sich im weitesten Sinne als eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft erweist.“

Während somit lange Zeit zahlreiche Annehmlichkeiten contra legem für steuerfrei erklärt wurden, laufen Rechtsprechung und Literatur heute Gefahr, ins gegenteilige Extrem zu verfallen und alle im weitesten Sinne erlangten Vorteile zu besteuern, auch wenn sie keine Gegenleistung für die Tätigkeit darstellen43 oder aus anderen Gründen nicht steuerbar sind.

E. Zuwendungen von dritter Seite und Lohnsteuerproblematik Grundsätzlich muss der Arbeitgeber alles, was er an seine Arbeitnehmer als Arbeitslohn zahlt, dem Lohnsteuerabzug unterwerfen.44 Dabei kann der Arbeit___________ 42

Sog. „Vorsorgeuntersuchungsurteil“ des BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39 (40), BFHE 137, S. 13; so in der Folge auch: BFH v. 20.5.1983, Az. VI R 39/81, BStBl. II 1983, S. 712, BFHE 138, S. 555; BFH v. 10.6.1983, Az. VI R 176/80, BStBl. II 1983, S. 642, BFHE 138, S. 456; BFH v. 11.3.1988, Az. VI R 106/84, BStBl. II 1988, S. 726, BFHE 153, S. 324; BFH v. 9.3.1990, Az. VI R 48/87, BStBl. II 1990, S. 711, BFHE 160, S. 447; BFH v. 24.10.1990, Az. X R 161/88, BStBl. II 1991, S. 337, BFHE 162, S. 329; BFH v. 2.2.1990, Az. VI R 15/86, BStBl. II 1990, S. 472, BFHE 159, S. 513; BFH v. 15.5.1992, Az. VI R 106/88, BStBl. II 1993, S. 840, BFHE 168, S. 532; BFH v. 25.11.1993, Az. VI R 45/93, BStBl. II 1994, S. 254, BFHE 173, S. 65; BFH v. 6.3.1995, Az. VI R 63/94, BStBl. II 1995, S. 471, BFHE 177, S. 116; BFH v. 20.12.2000, Az. XI R 32/00, BStBl. II 2001, S. 496, BFHE 194, S. 212; H 70 u H 73 LStR 2007. 43 K. Loritz, Einkommensteuerrecht, S. 124, Rn. 354. Die Einführung des Veranlassungsprinzips als Abgrenzungskriterium wird in der Literatur begrüßt, vgl. die Nachweise bei J. v. Bornhaupt, Zehn Jahre Rechtsprechung des VI. Senats des BFH zu steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, DStZ 1990, S. 496 (498) und K. Offerhaus, Was gehört zum Arbeitslohn?, BB 1982, S. 1061 (1063), ders, Gesetzlose Steuerbefreiungen im Lohnsteuerrecht?, DStJG 9 (1986). 44 Dabei ist ein solches Verfahren nicht zwingend. Beispielsweise kennt Frankreich kein Lohnsteuerabzugsverfahren. So auch der knappe Kommentar von W. Tillmanns, in: Mennel/Förster, Länderteil Frankreich, Rn. 181: „Die Lohnsteuer ist in Frankreich unbekannt.“

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1. Kap.: Die Gesetzeslage

geber diese Zuwendungen als Betriebsausgabe absetzen, denn gezahlte Arbeitslöhne sind typische Betriebsausgaben.45 Jedoch folgt daraus im Umkehrschluss nicht, dass Arbeitslohn nur dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber die Leistung als Betriebsausgabe absetzen kann, weil es keinen derartigen Korrespondenzgrundsatz im Einkommensteuerrecht gibt.46 Mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren hat der Gesetzgeber Regeln in den §§ 38 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 3 EStG getroffen, nach denen der Arbeitgeber auch Zuwendungen von Dritten dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen hat. Diese Regeln, die eigentlich nur die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Lohnsteuerabzuges betreffen, lassen darauf schließen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich auch Leistungen Dritter als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ansieht. Dies ist ein merkwürdiger Befund, weil erst über das Verfahrensrecht eine materielle Bestimmung solcher Vorteile vorgenommen wird, deren Definition der Gesetzgeber zuvor unterlassen hat.47 Daher bleibt festzuhalten, dass der Gesetzgeber auch im Lohnsteuerabzugsverfahren keine hinreichenden Kriterien, an denen sich eine Dogmatik für die Zuwendungen von dritter Seite herleiten ließe liefert, sondern dies der Auslegung durch die Rechtsprechung und Verwaltung überlässt. Daraus folgt zum einen, dass zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit auch Zuwendungen Dritter gehören können. Zum anderen stellt sich dabei die grundsätzliche Problematik eines Informationsdefizits beim Arbeitgeber, wenn er den Lohnsteuerabzug korrekt durchführen soll. Woher soll der Arbeitgeber wissen, was dem Arbeitnehmer von Dritten zugewendet wird? Wieweit darf und muss der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer dahingehend befragen, ob er etwa Zuwendungen von Dritten erhalten hat? Der Arbeitgeber benötigt also regelmäßig Informationen darüber, ob und in welcher Höhe dem Arbeitnehmer Zuwendungen von dritter Seite zugehen. Dieses Dilemma sollen die vom Gesetzgeber in den §§ 38 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 3 EStG zum 1.1.2004 geschaffenen Regelungen beheben helfen, worauf an anderer Stelle noch eingegangen wird.48

___________ 45 BFH v. 10.5.1960, Az. I 205/59 U, BStBl. III 1960, S. 335 (336), BFHE 71, S. 233. 46 G. Crezelius, Leistungen an und durch Dritte im Lohnsteuerrecht, DStJG 9 (1986), S. 85 (89), der noch auf die Ausnahme des §§ 12 Nr. 2, 22 Nr. 1, S. 2 EStG hinweist; T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 14. 47 Nach dem Buchstaben und der Systematik des Gesetzes muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Trinkgelder, die er von Dritten erhalten hat, melden, um diese dann gem. § 3 Nr. 51 EStG nicht versteuern zu müssen. 48 Unter 4. Kap., B. II.

F. Fazit

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F. Fazit Überblickartig kann man festhalten, dass die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG nicht in Frage gestellt wird.49 Soweit ersichtlich, wird auch die prinzipielle Besteuerung von Einnahmen, die der Steuerpflichtige von dritter Seite erhält, dem Grunde nach nicht bezweifelt.50 Werden jedoch vom Steuerpflichtigen Einnahmen erzielt, die in irgendeiner Weise mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammenhängen, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien sich die Zurechnung dieser Einnahmen zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit gestaltet. Letztlich liegt die Antwort auf die Frage in der Kausalität begründet. Es entspricht jedoch alter legistischer Tradition, Begriff und Inhalt der juristischen Kategorie Kausalität nicht zu normieren und deren Ausgestaltung der Auslegungsarbeit und dem Verständnis von Theorie und Praxis zu überantworten.51 So kann mit Langs Fazit52 konstatiert werden, dass der historische Teil des EStG wie auf vielen Gebieten so auch im Lohnsteuerrecht mit dem neuesten Stand der Steuerrechtsdogmatik, vor allem der Kausalitätslehre, nicht mehr übereinstimmt. Daher ist zu untersuchen, ob die Qualifizierung der Einnahmen, die in irgendeiner Weise mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammenhängen, zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG den Grundsätzen einkommensteuerrechtlicher Kausalität entspricht. Ist dies nicht der Fall, so liegen sog. „windfall profits“ vor, d.h. es handelt sich dann um solche Vermögenszuwächse, die von Steuerpflichtigen ohne eigenes Zutun erzielt werden. „Windfall profits“ werden auch „unverhoffte Gewinne“ genannt und sind nicht nur bei Einnahmen aus selbständiger Arbeit denkbar, sondern auch in anderen Einkunftsarten, weil nur erforderlich ist, dass sie nicht im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Aktivitäten des Wirtschaftssubjekts stehen.53 ___________ 49

H. Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 19, Rn. 10, 170; BFH v. 17.7.2000, Az. IX B 57/00, sowie Az. IX B 58/00, BFH/NV 2000, S. 1471; zuletzt BFH v. 7.9.2005, Az. VIII R 90/04, BFH/NV 2006, S. 173. 50 E. Schmidt, DB 1991, S. 1699 (1701), tritt dafür ein, den Arbeitslohn von Dritten „ein für allemal zu vergessen“ und will über § 42 AO Missbrauch verhindern. 51 H. Barta, Kausalität im Sozialrecht, S. 11. 52 J. Lang, Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (73). 53 Ein gutes Beispiel ist die Steigerung des Wertes eines Grundstücks durch Umwandlung in Bauland. Auch Lottogewinne lassen sich steuerlich – ganz entgegen der eigentlichen Intention des Lotterieteilnehmers als „unverhoffte Gewinne“ qualifizieren. Sähe man dies anders, würden die Aufwendungen zum Erwerb des Lostickets abziehbare Werbungskosten darstellen. Das kann aber nicht gewollt sein.

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1. Kap.: Die Gesetzeslage

Zunächst ist zu prüfen, ob Einnahmen aus §§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen. In einem weiteren Schritt muss überprüft werden, ob eine Steuerpflicht vorliegt, die bei steuerbaren und nicht steuerbefreiten Vorteilen zu bejahen wäre. Als letzter Schritt erfolgt eine Bewertung dieser Einnahmen nach § 8 Abs. 2 und Abs. 3 EStG.

2. Kapitel

Zuordnung nach einkommensteuerrechtlichen Kausaltheorien A. Veranlassungsprinzip und Kausalität Für das Steuerrecht als Rechtsgebiet ist man sich auf der Ausgabenseite, also der Seite von Betriebsausgaben und Berufsausgaben, prinzipiell darüber einig, dass die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre anhand des Veranlassungsprinzips erfolgen soll. Wie der Begriff der Veranlassung jedoch juristisch trennscharf zu konkretisieren ist, ist bis heute nur unzureichend geklärt.54

I. Veranlassungsprinzip auf der Ausgabenseite Die Kausalitätsdogmatik auf der Ausgabenseite, ist von jeher weiter entwickelt als die auf der Einnahmenseite. Daher soll zunächst untersucht werden, nach welchen Kriterien der Gesetzgeber und die Rechtsprechung und Literatur Veranlassung bzw. Kausalität auf der Ausgabenseite bestimmen, um daraus Rückschlüsse für die Veranlassung auf der Einnahmenseite ziehen zu können. Auf der Ausgabenseite werden Werbungskosten gemeinhin als Aufwendungen oder Erwerbsaufwendungen verstanden, welche nach allgemeiner Auffassung55 Ausgaben sind, die in Geld oder Geldeswert (Sachaufwendungen) bestehen (Umkehrung aus § 8 EStG) und deren Abfließen (nicht unbedingt beim Steuerpflichtigen) eine Vermögensminderung bewirkt.56 Jedoch gibt es auch hier unterschiedliche Auffassungen, wie der Begriff näher zu konkretisieren sei:

___________ 54

R. Walz, Steuerrechtliches Case Law, StuW 1986, S. 21 (22). K. Offerhaus, BB 1979, S. 617; R. Höfer, in: Littmann/Bitz/Pust, § 9, Rn. 8; V. Kreft, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9, Rn. 65 m. w. N. 56 W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 9, Rn. 2. 55

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

1. Ansichten in der Literatur zur Ausgabenseite Im Wesentlichen haben sich für die Ausgabenseite zwei unterschiedliche Lager gebildet. Die Kausalisten57 setzen Veranlassung mit Verursachung gleich. Der durch den Begriff Veranlassung geforderte Zusammenhang zwischen Betrieb/Beruf und Aufwendung sei der der Kausalität.58 Die Finalisten59 verstehen im Unterschied zur Verursachung das auslösende Moment (sog. causa movens) als den entscheidenden Anknüpfungspunkt. Die Begründung dafür wird im Wort anlassen, d.h. von beginnen gesehen. Die Veranlassung sei deshalb als das auslösende Moment, als der äußere Anstoß, zu verstehen. Die Ursache sei dagegen der Grund zu jeder Sache schlechthin.60 ___________ 57 R. Jüptner, Leistungsfähigkeit, S. 144 ff.; J. Lange, BB 1971, S. 405 (406); ders, DB 1978, S. 1854, (1855), H. Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 4, Rn. E 65 ff.; ders., Betriebsausgaben, Privatausgaben, gemischte Aufwendungen, DStJG 3 (1980), S. 13, (19 ff.); ders., StuW 1983, S. 193 ff.; M. Tanzer, ÖStZ 1975, S. 50 ff; E. Wanner, StuW 1987, S. 302, (317 f.) mit weiterer Darstellung des Meinungsstandes. 58 Innerhalb dieser Gruppe wird eine weitere Unteransicht vertreten, die den Begriff der Kausalität untechnisch versteht, also weder zur Kennzeichnung eines naturwissenschaftlichen-logischen Zusammenhangs noch im Sinne hergebrachter juristischer Kausalitätslehren. Namentlich H. G. Ruppe, Die Abgrenzung der Betriebsausgaben/Werbungskosten von den Privatausgaben DStJG 3 (1980), S. 103 (128): „Um einen juristisch relevanten Kausalverlauf zu erreichen, müssen in einem ersten normativen Schritt diejenigen Ursachen herausgefiltert werden, die für die Rechtsfrage erheblich sind. Man kann diese Zuordnung durch den Begriff „Veranlassung“ zum Ausdruck bringen, sofern man deutlich macht, dass man dem Begriff selbst keine grundsätzliche Aussage zur Lösung der Zuordnungsfrage entnehmen will. Man kann ebenso von Verursachung sprechen, sofern man diesen Begriff untechnisch und nicht zur Kennzeichnung eines naturwissenschaftlich-logischen Kausalzusammenhangs und auch nicht im Sinne einer bestimmten juristischen Kausalitätstheorie verwendet.“ 59 J. v. Bornhaupt, Der Begriff der Werbungskosten unter besonderer Berücksichtigung seines Verhältnisses zum Betriebsausgabenbegriff, DStJG 3 (1980), S. 149 (180); F. Wassermeyer, Die Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen, DStJG 3, (1980), S. 315 (323); ders., StuW 1982, S. 352 (359); T. Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4, Rn. 793; V. Kreft, Erwerbsaufwendungen, S. 61 ff.; H. Kröger, Zum Veranlassungsprinzip im Einkommensteuerrecht, StuW 1978, S. 289; W. Görlich, DB 1979, S. 711; K. Offerhaus, BB 1979, S. 617 (620). 60 K. Offerhaus, BB 1979, S. 617ff, 667 ff., So war beispielsweise die Emser Depesche 1870 der Auslöser aber nicht der Grund für den deutsch-französischen Krieg. Die Finalisten lassen sich weiter in diejenigen Vertreter unterteilen, die an objektive Umstände und einen objektiven Zusammenhang anknüpfen, während andere Vertreter, namentlich F. Wassermeyer, auf die Finalität, also auf den vom Steuerpflichtigen mit der Ausgabe verfolgten Zweck abstellen, und objektive erkennbare Umstände nur für den Bereich der Beweisführung heranziehen. F. Wassermeyer, StuW 1981, S. 254; diesem wird von anderer Seite – namentlich W. Jakob/R. Jüptner, Steuerfragen, S. 85 und H. Kröner, StuW 1985, S. 115 (126 f.) vorgeworfen, dass die Suche nach dem inneren oder äußeren Auslöser nichts anderes sei, als die Suche nach einer auslösenden oder wesentlichen Ursache. Zur wesentlichen Ursache, s. im Folgenden 2. Kap., B. I. 4.

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität

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Die Unterscheidung zwischen kausaler Ansicht und finaler Ansicht besteht indes nur vordergründig, weil die Meinungsunterschiede lediglich begrifflicher Natur sind. Beispielsweise objektivieren61 oder nivellieren62 einige Autoren unter den Finalisten derart stark, dass trotz der grundsätzlich finalen Betrachtungsweise die sie dem Sinn und Zweck der Handlung des Steuerpflichtigen zumessen, letztlich keine entscheidende Bedeutung zukommt. Beispielsweise müssen sich die Finalisten entgegenhalten lassen, dass es kaum denkbar ist, das etwas als auslösendes Moment der Aufwendung angesehen wird, was nicht einmal kausal im Sinne der conditio sine qua non-Formel ist. So stellt etwa Offerhaus zum einen heraus, dass Ursache und Anlass verschieden seinen, geht aber dann davon aus, dass das auslösende Moment für eine Aufwendung dann ein betriebliches sei, „wenn die Aufwendung ohne den Betrieb nicht entstanden wäre.“63 Nichts anderes besagt aber die conditio sine qua non-Formel. Die Kausalisten müssen demgegenüber einräumen, dass nach der kausalen Veranlassungstheorie auch nicht jede Ursache ursächlich im Sinne der conditio sine qua non-Formel ist, sondern eine – im Folgenden beschriebene – Auswahl bestimmter Kausalfaktoren erfolgen muss.64 Daher zeigt sich, dass die Unterschiede im Kern substanzarm sind.

2. Ansicht der Rechtsprechung auf der Ausgabenseite Der BFH hat sich bis dato keiner dieser Theorien angeschlossen. Er sieht Veranlassung im Bereich der Ausgaben inzwischen als übergeordneten Begriff an, der „sowohl als Verursachung (kausal) wie auch als Zweckbestimmung (final)“ zu verstehen sei. 65 Wenn das Gericht daher verlangt, dass Aufwendungen, um betrieblich oder beruflich veranlasst zu sein „objektiv mit dem Betrieb/Beruf zusammenhängen und subjektiv ihm zu dienen bestimmt sind“ (sog. final-kausale Veranlassung), schlägt er bei der Ermittlung des zugrunde liegenden Zusammenhanges einen Mittelweg ein. Die Rechtsprechung und ihr folgend das Schrifttum nahmen später eine angleichende Interpretation des Werbungskostenbegriffs an den Betriebsausga___________ 61 62

A. Uelner, StBerKongrRep 1981, S. 47 (55). H. Kröger, StuW 1978, S. 289 (292).

63

K. Offerhaus, BB 1979, S. 617 (620).

64

K. Tipke, StuW 1979, S. 193 (199 f.); S. Schuck, Der Veranlassungszusammenhang, S. 67. 65 BFH v. 21.10.1983, Az. VI R 198/79, BStBl. II 1984, S. 106, BFHE 139, S. 524; GrS BFH v. 4.7.1990, Az. GrS 2-3/88, BStBl. II 1990, S. 817, BFHE 161, S. 290; zuletzt BFH v. 2.3.2005, Az. VI R 36/01, BFH/NV 2006, S. 33, DStRE 2005, S. 1440.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

benbegriff vor und interpretierten Betriebsausgaben- und Werbungskostenbegriff trotz des unterschiedlichen Gesetzeswortlauts – § 4 Abs. 4 EStG ist kausal angelegt, demgegenüber spricht § 9 EStG von Aufwendungen zur Erwerbung, ist also final gehalten – inhaltsgleich nach dem Veranlassungsprinzip.66 Als Begründung hierfür wird der allgemeine Gleichheitssatz angeführt.67 Der BFH hat somit in einem zweiten Schritt den Inhalt des Veranlassungsbegriffs auf den Werbungskostenbegriff übertragen. Danach liegen Werbungskosten vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dabei ist zu beachten, dass das subjektive Element entfällt, wenn willensunabhängige Bezüge getätigt werden, weil Werbungskosten auch dann gegeben sein sollen, wenn der Steuerpflichtige Schädigungen – wie z.B. kriminellem Verhalten oder Naturereignissen – ausgesetzt ist.68 Ebenso müssen prinzipiell auch diejenigen Schäden erfasst werden, die daraus resultieren, dass der Steuerpflichtige ein Risiko bewusst eingeht, weil dieses Risiko Teil seines unternehmerischen Risikos ist.69

II. Veranlassungsprinzip auf der Einnahmenseite Wie bereits erwähnt, ist die Kausalitätsdogmatik auf der Ausgabenseite, also bei Betriebsausgaben und Werbungskosten, von jeher weiter entwickelt als die auf der Einnahmenseite. Eine vergleichbar intensive Diskussion ist im Bereich der Einnahmen und Bezüge noch immer nicht auszumachen, wenngleich in den letzten Jahren verstärkt über Fragen der Veranlassung auch bei Vermögenszugängen nachgedacht wird.70

___________ 66 BFH GrS v. 28.11.1977, Az. GrS 2 bis 3/77, BStBl. II 1978, S. 105, BFHE 124, S. 43; BFH GrS v. 27.11.1978, Az. GrS 8/77, BStBl. II 1979, S. 213, BFHE 126, S. 533; BFH v. 28.11.1980, Az. VI R 193/77, BStBl. II 1981, S. 368, BFHE 132, S. 431; BFH v. 18.11.1980, Az. VIII R 194/78, BStBl. II 1981, S. 510, BFHE 132, S. 522. 67 Die prinzipielle Möglichkeit den Betriebsausgabenbegriff dem finalen Werbungskostenbegriff anzupassen scheidet als unzulässige Auslegung zulasten der Steuerpflichtigen aus, da insbesondere unfreiwillige Aufwendungen bei einem solchen Begriffsverständnis nicht mehr erfasst worden wären. 68 J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 218. 69 Ebenso J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 309, Fn. 211: „Verschifft ein Kaufmann seine Ware, so riskiert er den Untergang der Ware auf See. Der Verlust der Ware ist in vollem Umfange betrieblicher Aufwand.“ 70 So D. Hermann, Die einkommensteuerliche Relevanz, S. 136.

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität

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1. Rechtsprechung: Die Bestimmung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach dem Veranlassungsprinzip Für den Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit soll zunächst der Weg der Rechsprechung aufgezeigt werden und sodann überprüft werden, ob die Rechtsprechung mit ihren gefundenen Abgrenzungen und Formeln zu sachgerechten Ergebnissen führt. Da sich die Rechtsprechung generell nur mit den ihr zur Entscheidung überlassenen Sachverhalten befassen kann, fällt es ihr schwer, ein übergreifendes kausalrechtliches System zu entwickeln, nach dem die Bezugsebene aller Einkunftsarten einheitlich geregelt werden kann. Dies erscheint zwar wünschenswert, kann aber von der Rechtsprechung nicht geleistet werden, sondern wäre Aufgabe des Gesetzgebers. In welchem Umfang einzelne Tätigkeiten der Steuerpflichtigen besteuert werden, lässt sich anhand jeder einzelnen Einkunftsart ermitteln. Es fragt sich aber, ob es ein System gibt, nach dem Bezüge aus allen Einkunftsarten kausalrechtlich einheitlich zu beurteilen sind. Vordergründig könnte dagegen sprechen, dass der Gesetzgeber mit der Umschreibung der einzelnen Einkunftsarten nur einen speziellen Teil der Erwerbe besteuern will, wie insbesondere der Einkünftedualismus zeigt. Nach dem Einkünftedualismus wird bei Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) und Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) bzw. den dahinter stehenden Prinzipien der Reinvermögenszugangstheorie bzw. der Markteinkommenstheorie71 von unterschiedlichen Ansatzpunkten ausgegangen. Indes ergibt sich bei näherer Betrachtung, dass die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte beim Einkünftedualismus keine Aussage über die dahinter stehende Kausalitätsdogmatik treffen. Eine steuerrechtliche Kausalitätslehre kann daher durchaus einheitlich gehandhabt werden. Da der Fiskus insbesondere bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht auf sämtliche Vermögenszugänge bzw. sämtliche Vermögenszuwächse zugreift, sondern sich auf Vermögenszugriffe beschränkt, die im Zusammenhang mit den in § 2 Abs. 1 EStG genannten Tätigkeiten stehen, bildet grundsätzlich nur das in diesem Sinne durch wirtschaftliche Tätigkeit am Markt Hinzuerworbene den Ausgangspunkt bei der Steuerbemessung. Dies ist Ausdruck des für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geltenden Markteinkommensprinzips72. ___________ 71

Dazu unten 2. Kap., C. III. 4. H. G. Ruppe, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von Einkunftsquellen als Problem der Zurechnung, DStJG 1 (1978), S. 7 (16). Dazu unter C. III. 4. b); prägnant zur Abgrenzung: D. Birk, Steuerrecht, Rn. 541. 72

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

Wie bereits erwähnt, haben sich die Gerichtsentscheidungen überwiegend mit der Situation auf der Ausgabenseite befasst. Das oberste Finanzgericht hatte lange Zeit keine allgemeingültige Aussage dazu getroffen, wie seine verschiedenenartigen Umschreibungen inhaltlich miteinander in Einklang zu bringen sind. Vielmehr wurde der erforderliche Zusammenhang immer wieder anders beschrieben. So hatte der RFH als Arbeitslohn alles das angesehen, „was als Frucht, Ertrag aus nichtselbständiger Arbeit anzusehen ist, im weitesten Sinne alles, was im Rahmen eines nichtselbständigen Arbeitsverhältnisses aus Anlass und als Ausfluss dieser Tätigkeit dem Arbeitnehmer zufließt“.73 Im weiteren Verlauf der Rechtsprechung des RFH folgten Formulierungen, die jegliche Abgrenzungsschärfe vermissen ließen, wie „in Beziehung auf das Arbeitsverhältnis zugewendet“74 oder „als ein Ausfluss des Arbeitsverhältnisses“75. Eine nähere Konkretisierung dieser Formulierungen, geschweige denn ein System, nach der der RFH seine Unterscheidungen traf, ließ sich nicht erkennen.76 Die darauf folgende Rechtsprechung des BFH erschien zunächst restriktiver, als ausschließlich darauf abstellt wurde, ob die Zahlungen „aus einem Dienstverhältnis“ geleistet wurden.77 In der Folge umschrieb der BFH jedoch in terminologischer Vielfalt die umstrittenen Fälle, ohne eine deutliche Abgrenzungslinie erkennen zu lassen. So musste die Einnahme mal „für eine Tätigkeit“78 zugeflossen sein oder „im Bezug auf das Arbeitsverhältnis“79. Bald fand man Formulierungen wie „mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis“80, bald wie „aus dem Dienstverhältnis“81. Im Weiteren stellte man darauf ab, ob ein „wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis“82 bestand oder man fragte danach, ob der Arbeitnehmer „einen Vorteil wirtschaftlich als Frucht der Dienstleistung“83 ansehe. Zuweilen konstatierte man, dass „Arbeitslohn alles ist, was als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit anzusehen ist.“84 Zumindest wurde daran deutlich, dass die Rechtsprechung nicht so sehr auf den rechtli___________ 73

RFH v. 24.10.1934, Az. VI A 141/34, RStBl. 1935, S. 335. RFH v. 5.1.1939, Az. IV 31/38, RStBl. 1939, S. 299. 75 RFH v. 26.11.1943, Az. III 58/43, RStBl. 1944, S. 206. 76 So wurde beispielsweise in obiger Entscheidung (Fn. 73) die Volksanschauung im nationalsozialistischen Staat bemüht, um zu verhindern, dass die Steuerverwaltung bestimmte Unterhaltsleistungen einerseits als einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn betrachtet und andererseits dieselbe Zahlung als unentgeltliche Zuwendung ansieht. 77 BFH v. 7.10.1954, Az. IV 405/53, BStBl. III 1955, S. 17 (18), BFHE 60, S. 45 78 BFH v. 26.8.1966, Az. VI 248/65, BStBl. III 1966, S. 659, BFHE 86, S. 783. 79 BFH v. 28.10.1966, Az. VI 345/65, BStBl. III 1967, S. 34, BFHE 87, S. 84. 80 BFH v. 13.5.1954, Az. IV 197/53, BStBl. III 1954, S. 225 (226), BFHE 59, S. 45. 81 BFH v. 8.3.1968, Az. VI R 175/66, BStBl. II 1968, S. 435 (436), BFHE 92, S. 8. 82 BFH v. 13.3.1974, Az. VI R 212/70, BStBl. II 1974, S. 411, BFHE 112, S. 150. 83 BFH v. 24.2.1981, Az. VIII R 109/76, BStBl. II 1981, S. 707, BFHE 133, S. 375. 84 BFH v. 15.12.1977, Az. VI R 150/75, BStBl. II 1978, S. 239, BFHE 124, S. 190. 74

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität

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chen, als vielmehr auf den tatsächlichen Zusammenhang der Einnahmen mit dem Dienstverhältnis abstellte und an die Unmittelbarkeit des Zusammenhangs zwischen Zuwendung und Dienst keine allzu hohen Anforderungen stellte.85 Die wechselnden Formulierungen in der Rechtsprechung des BFH zur Erwerbsseite änderten sich jedoch nach dem oben bereits erwähnten sog. Vorsorgeuntersuchungsurteil vom 17. September 198286, ab dem die entwickelte Formel in allen folgenden Entscheidungen angewendet wurde. In diesem Urteil wurde das Veranlassungsprinzip für anwendbar erklärt. Dabei führte der BFH aus, dass „eine Einnahme des Arbeitnehmers zwar nicht, um durch das Dienstverhältnis veranlaßt zu sein, eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers sein muß (…). Sie ist jedoch nur dann durch das Dienstverhältnis veranlaßt, wenn sie sich im weitesten Sinn als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung („für die Beschäftigung“) der individuellen Arbeitskraft (Dienste) erweist (…).“87

Einnahmen – im zu beurteilenden Fall ging es um Vorsorgeuntersuchungen, die der Arbeitgeber seinen leitenden Angestellten finanzierte – „führen bei diesen dann nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden.“

Seit diesem Urteil wird auf der Einnahmenseite bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (ebenso wie auf der Ausgabenseite bei den Werbungskosten) die Frage nach der Verbindung von wirtschaftlichem Erfolg und steuerbarer Betätigung als eine Frage der Veranlassung gestellt.88 Demgemäß ist Arbeitslohn nach ständiger Rechtsprechung des BFH jeder gewährte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.89 ___________ 85 Zu diesem Ergebnis gelangt auch D. Hermann, Die Einkommensteuerliche Relevanz, S. 130. 86 BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39, BFHE 137, S. 13. 87 Ständige Rechtsprechung zuletzt BFH v. 28.3.2006, Az. VI R 24/03, BFH/NV 2006, S. 1207, DStR 2006, S. 888. 88 D. Hermann, Die einkommensteuerliche Relevanz, S. 131. 89 Ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH v. 23.6.2005, Az. VI R 124/99, BStBl. II 2005, S. 766, BFHE 209, S. 549; BFH v. 26.6.2003, Az. VI R 112/98, BStBl. II 2003, S. 886, BFHE 203, S.53; BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 159/99, BStBl. II 2001, S. 815, BFHE 195, S. 364; BFH v. 11.3.1988, Az. 106/84, BStBl. II 1988, S. 726, BFHE 153, S.324; BFH v. 22.3.1985, Az. VI R 170/82, BStBl. II 1985, S. 529, BFHE 143, S. 544; BFH v. 22.3.1985, Az. VI R 26/82, BStBl. II 1985, S. 641, BFH 143, S. 539.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

Seitdem verwendet der BFH die gefundene Formel bei der Abgrenzung einheitlich. Damit konkretisiert der BFH das Veranlassungsprinzip bei der Bestimmung des Arbeitslohnbegriffs in zweierlei Hinsicht.90 Zum einen stellt er auf die subjektiv personale Kausalität ab. Wenn der Vorteil nur deshalb gewährt werde, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, liege Arbeitslohn vor. Weiter wird die in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG umschriebene Kausalbeziehung „für eine Beschäftigung“ durch den BFH im Sinne einer objektivsynallagmatischen Kausalität interpretiert: Die Leistung des Arbeitgebers habe im weitesten Sinne Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft zu sein.91 Der BFH umschreibt den objektiv-synallagmatischen Zusammenhang auch mit der „Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber“.92 Nach dieser Umschreibung werden Einnahmen außerhalb des Dienstverhältnisses von der Steuerbarkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Mit der Frage, ob der vom Arbeitnehmer erlangte Vorteil durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, hat die Rechtsprechung des BFH ein Prinzip in den Vordergrund gerückt, welches im Einkommensteuergesetz nur in den §§ 4 Abs. 4 und 22 Nr. 4 Satz 2 EStG zu Tage tritt. Das Kriterium der Veranlassung wurde als sachgerechtester Anknüpfungspunkt angesehen und zum allgemeingültigen steuerrechtlichen Prinzip erklärt.93 Das Prinzip nimmt sich daher einer steuerrechtlichen Grundsatzproblematik an, nämlich der Abgrenzung ___________ 90

Die hier angesprochene Einteilung der Voraussetzungen in subjektiv-personale und objektiv-synallagmatische Kausalität geht auf J. Lang, StuW 2004, S. 227 (231) zurück und dient der Verdeutlichung der vom BFH geforderten Kausalbeziehungen. Dabei wird bei objektiv-synallagmatisch auch von wirtschafltlich-synallagmatisch gesprochen, so J. Lang, Sachbezüge im Lohnsteuerrecht, in: Festschrift für Klaus Offerhaus, S. 433 (438). 91 BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39, BFHE 137, S. 13; BFH v. 26.1.2000, Az. IX R 87/95, BStBl. II 2000, S. 396 (397), BFHE 191, S. 274. 92 BFH v. 23.10.1992, Az. VI R 62/88, BStBl. II 1993, S. 117, BFHE 169, S. 432; BFH v. 22.10.1996, Az. III R 240/94, BStBl. II 1997, S. 346; BFH v. 24.10.1997, Az. VI R 23/94, BStBl. II 1999, S. 323; BFH v. 26.5.1998, Az. VI R 9/96, BStBl. II 1998, S. 581; BFH v. 23.9.1998, Az. XI R 18/98, BStBl. II 1999, S. 98; BFH v. 24.1.2001, Az. I R 119/98, BStBl. II 2001, S. 512, BFHE 195, S. 110; BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, S. 376; BFH v. 23.1.2001, Az. IX R 24/98, BFH/NV 2002, S. 904. BFH v. 28.12.2006, Az. VI S 15/05 (PKH), BFH/NV 2007, S. 702, HFR 2007, S. 348. 93 Zu dieser Entwicklung zusammenfassend D. Hermann, S. 131. Der Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes (KE-EStG) spricht davon, dass sich das Veranlassungsprinzip als Grundprinzip der Einkünfteermittlung allgemein durchgesetzt hat. Daher legt der Kölner Entwurf das Veranlassungsprinzip der Basisterminologie zugrunde und stellt das Veranlassungsprinzip bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 5 Abs. 2 KE-EStG, vgl. Fn. 113) und bei den Grundlagen der Einkünfteermittlung § 10 Abs. 1 KE-EStG klar heraus, Begründung KE-EStG, Rn. 307; s. dazu auch J. Lang/ J. Englisch/ T. Keß, DStR 2005, Beihefter 1, S. 1 6).

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität

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zwischen solchen Einkünften bzw. Ausgaben betrieblicher (beruflicher) Sphäre des Steuerpflichtigen und der Sphäre der privaten Lebensführung.94

2. Aufteilung der Einkünfte auf der Einnahmenseite nach dem BFH Die Rechtsprechung des BFH orientierte sich bei der Frage der Aufteilungsmöglichkeit von Einnahmen lange Zeit an den restriktiven Regeln des von ihm für die Ausgabenseite aufgestellten Aufteilungs- und Abzugsverbots, welches er aus § 12 Nr. 1 S. 2 EStG ableitete.95 Danach sollte die Zuwendung eines Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer grundsätzlich nur einheitlich, d.h. ohne die Möglichkeit einer Aufteilung zu beurteilen sein. Diese Rechtsprechung erteilte den Bemühungen um eine quantitative Abgrenzung zwischen Arbeitslohn und Nicht-Arbeitslohn eine Absage. Die Aufteilung wurde nur dort zugelassen, wo sich die Kosten mit rein betriebsfunktionalen Elementen leicht und eindeutig von sonstigen Aufwendungen mit Entlohnungscharakter abgrenzen ließen. Dieser Rechtsprechung wurde entgegengehalten, dass sie für die Annahme, der zugewandte Vorteil könne nur einheitlich beurteilt werden, keine Stütze im Gesetz finden konnte, da insbesondere § 12 Nr. 1 S. 2 EStG wegen seiner systematischen Stellung nicht auf die Einnahmenseite anwendbar erschien.96 Unter Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten sei eine Unterscheidung danach, ob sich die Kosten leicht oder weniger leicht aufteilen ließen, verfehlt. In jüngster Zeit hat der BFH jedoch entschieden, dass bei Sachzuwendungen eine Aufteilung in nicht steuerbare und steuerpflichtige Anteile grundsätzlich möglich ist und es nunmehr entscheidend sei, ob und inwieweit sich die Zuwendung als notwendige Begleiterscheinung betriebsnotwendiger Zielsetzung oder als Belohnung erweise.97 ___________ 94

R. Jüptner, Leistungsfähigkeit, S. 128; G. Crezelius, in: Kirchhof, EStG, § 4, Rn. 5, 20; J. Lang, in: Tipke/Lang Steuerrecht, § 9, Rn. 205. 95 BFH v. 9.8.1996, Az. VI R 88/93, BStBl. II 1997, S. 97, BFHE 181, S. 76. 96 So zuletzt K. Krüger, DB 2006, Beilage 6, S. 39, m.w.N. 97 BFH v. 18.8.2005, Az. VI R 32/03, BStBl. II 2006, S. 30, BFHE 210, S. 420. sowie BFH v. 18.8.2005, Az. VI R 7/03, BFH/NV 2006, S. 271, zustimmend: U. Albert, DStR 2005, S. 2150. Diesem sog. Portugal-Fall lag die Reisekostenproblematik zugrunde. Der Gedanke der Aufteilung ist jedoch insofern verallgemeinerungsfähig, als es für die Frage der Zuwendung nach dem BFH nunmehr darauf ankommt, ob und wieweit es sich bei der Zuwendung um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsnotwendiger Zielsetzung handelt. Dies kann aber bei Reisekosten grundsätzlich nicht anders gehandhabt werden als bei anderen gemischten Einnahmen; so wohl auch W. Lang, DB 2006, Beilage 6, S. 16 (21), der davon ausgeht, dass diese Entscheidung „erhebliche Auswirkungen“ entfalten wird. Der Umschwung der Rechtsprechung geht wohl auf das Ausscheiden des vorsitzenden Richters des 6. Senats des BFH Drenseck zurück, so dass es sich um ein in dieser Art einmaliges Urteil handeln könnte. Jedoch hat besagter 6. Senat dem Großen Senat des BFH die Frage vorgelegt, ob „Aufwendungen für die Hin- und

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

3. Kritik an der Rechtsprechung Der BFH konkretisiert den Veranlassungszusammenhang unterschiedlich auf Vermögenszugangsseite, bei der er auf das Dienstverhältnis abstellt und auf Vermögensabgangsseite, bei der er an den Beruf anknüpft: So werden auf der einen Seite alle Bezüge, die aus einem Dienstverhältnis zufließen als steuerpflichtig angesehen.98 Auf der anderen Seite wird aber bei (Betriebsausgaben und) Werbungskosten darauf abgestellt, ob die Kosten mit dem Beruf zusammenhängen, wenn formuliert wird: „Eine berufliche bzw. betriebliche Veranlassung ist bei Werbungskosten ... bzw. bei Betriebsausgaben stets dann anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Betrieb besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs bzw. des Betriebs gemacht werden.“99

Damit stellt der BFH den Veranlassungszusammenhang asymmetrisch dar und hat sich bisher nicht zu einem einheitlichen inhaltlichen Veranlassungsbegriff für Vermögenszugänge und -abgänge durchgerungen.100 Damit geht der BFH von der Gleichsetzung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit mit dem Begriff des Arbeitslohns aus und hält dementsprechend die in § 2 Abs. 1 LStDV enthaltene verfahrensrechtliche Definition des Arbeitslohns für eine zutreffende Auslegung des materiellen Gesetzesinhalts.101 Zwar beteuert der BFH in ständiger Rechtsprechung, dass der Begriff Arbeitslohn weit und umfassend zu verstehen sei.102 Eine Erklärung bleibt der BFH jedoch bislang schuldig. ___________ Rückreise bei gemischt beruflichen und privat veranlassten Reisen in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung (...) aufgeteilt werden können, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind“, Beschluss vom 20.7.2006, Az. VI R 94/01, BStBl. II 2007, S. 121, BFH/NV 2006, S. 1968; zur Entwicklung im Ganzen auch R. Ehehalt, DB 2006, Beilage 6, S. 4 (10). 98 BFH v. 23.10.1992, Az. VI R 62/88, BStBl. II 1993, S. 117, BFHE 169, S. 432, (Trinkgelder). Diese Drittleistungen, wie beispielsweise auch Schmier- und Bestechungsgelder oder Streikgelder stellen eine besondere Problematik dar, dazu J. Lang in Tipke/Lang, § 9, Rn. 474. 99 BFH v. 28.11.1980, Az. VI R 193/77, BStBl. II 1981, S. 368, BFHE 132, S. 431. 100 D. Hermann, S. 136: „Diese Feststellung von Jakob und Jüptner, Steuerfragen, S. 88 f. kann weiterhin Geltung beanspruchen.“ 101 Zuletzt BFH v. 15.2.2006, Az. VI R 92/04, BFH/NV 2006, S. 883. 102 BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 137/78 (nicht veröffentlicht); BFH v. 19.2.1982, VI R 151/78 (nicht veröffentlicht); BFH v. 17.7.1981, Az. VI R 205/78, BStBl. II 1981, S. 773, BFHE 133, S. 553; BFH v. 15.12.1977, Az. VI R 150/75, BStBl. II 1978, S. 239, BFHE 124, S. 190; BFH v. 24.1.1975, Az. VI R 242/71, BStBl. II 1975, S. 340, BFHE 114, S. 496 BFH v. 19.7.1974, Az. VI R 114/71, BStBl. II 1975, S. 181, BFHE 114, S. 28.

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität

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In der Literatur ist daher schon vielfach auf die unzureichende rechtsdogmatische Herleitung und Qualifizierung der Einnahmen i.S.d. § 19 EStG hingewiesen worden. Zwar ist die Konkretisierung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit anhand des Veranlassungsprinzips allgemein begrüßt worden, indes hat der BFH mit seinen Entscheidungen nicht begründet, warum eine Einnahme durch das Dienstverhältnis veranlasst sein müsse.103 Es ist dem BFH daher gerade noch nicht gelungen, die Kausalbeziehung zwischen Einnahme und Erwerbstätigkeit zu Grunde zu legen, weil er immer noch auf die Beziehung zwischen Einnahme und Dienstverhältnis als für die Kausalität maßgebend abstellt und damit Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit auf Erwerbe aus dem Dienstverhältnis beschränkt, obwohl der Gesetzeswortlaut diese Beschränkung nicht hergibt. Infolgedessen steht für die Rechtsprechung von vornherein fest, dass Einnahmen des Arbeitnehmers, die außerhalb des Dienstverhältnisses zufließen, nicht unter § 19 EStG fallen können, weil sie nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst sind.104 Insbesondere Lang105 und ihm folgend Brick106 stellen dar, dass der BFH mit dem Abstellen auf das Dienstverhältnis nur einen Teil der Einkünfte erfasst, weil nur solche Einkünfte berücksichtigt werden, die dem Lohnsteuerabzugsverfahren unterliegen.107 Durch die Beschränkung auf den Arbeitslohn werden daher gleichheitswidrige Besteuerungslücken geschaffen108 und eine positivrechtlich nicht zwingende Besteuerungslücke in den Tatbestand des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG geschlagen.109 Die am Arbeitslohn anknüpfende Rechtsprechung lässt somit Vorteile, die außerhalb des Dienstverhältnisses gewährt werden, von vornherein außer Be___________ 103 So insbesondere die Kritik von H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 69 und J. Lang, StuW 2004, S. 227 (230), sowie J. Lang, Arbeitsrecht und Steuerrecht, RdA 1999, S. 64 (65 f.). 104 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 69 ff. 105 J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 475, ders., Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (60 ff.). 106 H.J. Brick, H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 68 f. 107 Dazu ist anzumerken, dass der Gesetzgeber jüngst den Lohnsteuerabzug bei Lohnzahlungen Dritter neu geregelt hat. Nach § 38 Abs. 1 S. 3 EStG bezieht sich die Lohnsteuerpflicht auf Drittleistungen, von denen der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass sie erbracht werden. Zur der Frage, ob sich durch die Weiterung auf die Erkenntnissphäre des Arbeitgebers an der Einteilung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit etwas geändert hat, vgl. 4. Kap., B. II. 108 J. Lang, in: Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes, Begründungsteil, S. 72, Rn. 237. 109 J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 474.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

tracht, weil sie nicht recht unter den Arbeitslohnbegriff subsumierbar sind. Dieser Umstand führt insbesondere bei Drittzuwendungen zu hausgemachten Problemen: Unter Bemühung eines Rechtsgefühls oder der Verkehrsanschauung wird dann versucht, auch diese Vorteile unter den Arbeitslohn zu pressen, weil man – auch unter gleichheitsrechtlichen Aspekten – erkennt, dass diese Vorteile eigentlich auch besteuert werden müssten. Verschärft wird diese Problematik neuerdings dadurch, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung von § 38 Abs. 1 S. 3 EStG auf die Erkenntnismöglichkeit des Arbeitgebers abstellt. Für die materiellrechtliche Frage, ob Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorliegen oder nicht, kann es nicht auf die Erkenntnismöglichkeit des Arbeitgebers ankommen, weil diese je nach den Möglichkeiten des Adressaten unterschiedlich ausfallen kann.110 Die genannten Probleme lassen sich indessen umgehen, wenn man die Erwerbsbezüge aus nichtselbständiger Arbeit, wie auch grundsätzlich alle Erwerbseinnahmen aus allen Einkunftsarten, konsequent am Veranlassungsprinzip als einem zentralen Kausalitätsprinzip ausrichtet. Daher ist im Sinne einer symmetrischen und konsistenten Leitlinie die umfassende Anwendung des Veranlassungsprinzips zu fordern.111 Das Veranlassungsprinzip sollte daher einheitlich auf Einnahmen und Ausgabenseite gehandhabt werden. Eine konsequente Umsetzung des zu steuerrechtlicher und damit auch kausalrechtlicher Symmetrie112 innerhalb eines synthetischen Einkommensteuersystem führenden Veranlassungsprinzips erfolgt in § 5 Abs. 2 des Kölner Entwurfs eines Einkommensteuergesetzes (KE-EStG)113, der auch von dritter Seite gewährte Einnahmen wie Streikgelder, Trinkgelder und Bestechungsgelder erfasst.114 Daher ___________ 110

Zu dieser Problematik ausführlich im 4. Kap., B. III. So J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 474; ders., Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (50 ff.); H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, 22 ff., 69; so auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 698; F. Kloubert, Was ist Arbeitslohn?, FR 2000, S. 47. 112 J. Lang, Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (50); Die kausalrechtliche Symmetrie ist nicht mit dem sog. Korrespondenzprinzip zu verwechseln. Ein Korrespondenz- oder Korrelationsprinzip des Inhalts, dass die Einnahmen des Arbeitnehmers den Aufwendungen des ArbG entsprechen müssten, ist mit kausalrechtlicher Symmetrie nicht gemeint. 113 § 5 Abs. 2 KE-EStG lautet: Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören nicht nur der Arbeitslohn, sondern auch alle durch nichtselbständige Tätigkeit veranlasste, auch von dritter Seite gewährte Einnahmen wie z.B. Streikgelder, Trinkgelder und Bestechungsgelder. 114 Damit werden auch die Fälle des Sponsorings erfasst. Beim Sponsoring werden dem Arbeitnehmer Gefälligkeiten, wie z.B. Familienkurzurlaube von einem Dritten, dem Sponsor, gewährt, ohne dass der Sponsor eine Gegenleistung erwartet. Nach dem geltenden Einkünftekatalog unterliegen diese Vorteile keiner Einkunftsart, weil der Arbeitnehmer durch den Sponsor einen Vorteil erhält, der sich weder als Arbeitslohn noch 111

A. Veranlassungsprinzip und Kausalität

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stellen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nicht nur solche dar, die den rein verfahrensrechtlichen Begriff des Arbeitslohns erfüllen, sondern es können auch solche Bezüge sein, die außerhalb des konkreten Dienstverhältnisses erzielt werden. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der BFH zwar das Veranlassungsprinzip propagiert, jedoch nicht an subsumtionsreife Oberbegriffe anknüpft.115 So werden weiterhin allgemeine Floskeln verwendet, um einen Veranlassungszusammenhang zu bestätigen oder abzulehnen. Dabei wendet der BFH, wenn er beispielsweise bei der Frage, ob Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer steuerpflichtig sind, eine „wertende Betrachtung“ an, ohne dass erkennbar wird, wo die Ansatzpunkte für den Veranlassungszusammenhang bestehen oder worauf sich seine Wertung stützt:116 „Bei wertender Betrachtung erweist sich der Ersatz des dem Arbeitnehmer aus einer auf schuldhaftem Verhalten des Arbeitgebers beruhenden fehlerhaften Besteuerung entstandenen Schadens nicht als Frucht seiner Arbeitsleistung. Vielmehr wird ein dem Arbeitnehmer in dessen Privatvermögen entstandener Schaden ausgeglichen. Der Arbeitnehmer erhält die Zuwendung nicht, weil er eine Arbeitsleistung erbracht hat, sondern weil ihm gegen den Arbeitgeber ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensausgleich zusteht. Daß dieser Anspruch ohne das Arbeitsverhältnis nicht entstanden wäre, ist unerheblich.“

Welche konkreten Gesichtspunkte bei der Betrachtung eine Rolle gespielt haben, erläutert der BFH nicht. Auch die Aussage, dass es unerheblich sei, dass der Schadensersatzanspruch ohne das Arbeitsverhältnis nicht entstanden wäre, erstaunt, denn dies hieße im Umkehrschluss, dass Arbeitslohn danach nicht allein deshalb angenommen werden kann, weil die Zuwendung ohne das Arbeitsverhältnis nicht erfolgt wäre. Ob dieser Umkehrschluss so angenommen werden kann, darf bezweifelt werden.117

4. Zwischenfazit Die Kritik an der Rechtsprechung zum Anlass nehmend, haben sich zahlreiche Autoren der Problematik gestellt, wie Erwerbsbezüge systematisch zu erfassen sind. Prinzipiell einig ist man sich, dass das Veranlassungsprinzip das Ausgangsprinzip zur Ermittlung der Erwerbsbezüge darstellt. Daher soll zunächst eine eigene Herleitung anhand des hinter dem Veranlassungsprinzips ___________ als Einnahme aus sonstiger Leistung (§ 22 Nr. 3 EStG) darstellen lässt und damit steuerfrei bleibt, vgl. zum Sponsoring J. Hey, in: Tipke/Lang, § 20, Rn. 8 m.w.N. 115 G. Crezelius, Leistungen an und durch Dritte im Lohnsteuerrecht, DStJG 9 (1986), S. 85 (97). 116 BFH v. 20.9.1996, Az. VI R 57/95, BStBl. II 1997, S. 144, BFHE 181, S. 298. 117 So T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 27.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

liegenden Kausalprinzips erfolgen und diese im Kanon der anderen Meinungen dargestellt werden. Dazu muss zunächst grundlegend geklärt werden, welche Arten von Kausalitäten es gibt und ob diese im Steuerrecht grundsätzlich Beachtung finden, um danach Schlüsse für die Einnahmenseite zu ziehen. Im Anschluss daran soll geklärt werden, ob zudem auch auf die Motive der handelnden Steuerrechtssubjekte abgestellt werden kann, weil menschliches Handeln immer einen besonderen Zweck fordert, der nur durch die Steuerrechtssubjekte bestimmt werden kann und der für die Besteuerung möglicherweise bedeutsam ist. Für die Einnahmeseite wird die steuerbarkeitsbegründende Kausalität noch als ungeklärt bezeichnet. Es fehlt bis dato eine anerkannte Aussage zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Einnahmen allgemein durch eine Einkunftsart veranlasst sind und speziell, unter welchen Voraussetzungen Einnahmen durch die nichtselbständige Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers veranlasst sind.118 Für die Einnahmeseite sind die Prinzipien, nach denen sich die Einnahmen bestimmen lassen, weit weniger erforscht. Die Abgrenzung zwischen privaten und beruflichen/betrieblichen Einnahmen lässt sich jedoch nur dann exakt bestimmen, wenn zuvor die Abgrenzungskriterien herausarbeitet werden. Fraglich ist zugleich, inwieweit auf Kausalität aufgebaut werden soll und inwieweit und an welchen Maßstäben sich eine wertende teleologische Auswahl verschiedener Kausalitätsfaktoren näher bestimmen lässt. Das Einkommensteuergesetz schweigt zur Zurechnung. Die aufgezeigten Gesetzesstellen119 geben nur rudimentär Auskunft darüber, wie sich die Zurechnung bestimmen lassen soll. Der Gesetzgeber hat somit die Ausfüllung mit Inhalt und Leben der Wissenschaft und Praxis überlassen.120 Auch die Steuerrechtswissenschaft hat bisher kein eindeutiges System entwickelt, dass die Zurechnung exakt bestimmt. Die juristisch relevante Kausalität baut zwar auf dem Kausalitätsbegriff der philosophischen Logik und der Naturwissenschaft auf, ist jedoch sodann durch wertende, teleologische Auswahl näher zu bestimmen.121 Daher ist es zunächst notwendig, auf die allgemeinen rechtswissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Kausalitätstheorien zu rekurrieren. Vorab soll zur begrifflichen Klarstellung kurz auf die Kausalitätsarten eingegangen werden. ___________ 118 So schon H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 49. 119 § 8 Abs. 1 EStG (1. Kap., C.) und § 4 Abs. 4 EStG (2. Kap., A. I.). 120 W. Jakob/R. Jüptner, Steuerfragen, S. 93. 121 J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 216.

B. Reduzierung der Kausalitätsproblematik auf Grundlagen

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B. Reduzierung der Kausalitäts- und Zurechnungsproblematik auf die Grundlagen des Steuerrechts und der allgemeinen Rechtswissenschaft Eine grundlegende dogmatische Klärung der Frage, welche Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zugeflossen sind, kann nur anhand der Kausalitätsprinzipien festgestellt werden, weil sich Kausalitätsprinzipien nicht beliebig handhaben lassen: Sie sind nämlich die Kristallisationskerne einer terminologisch widerspruchsfrei strukturierten Rechtsdogmatik122. Das Veranlassungsprinzip prägt das System und die Grundbegriffe der Einkünfteermittlung; es verwirklicht jene kausalrechtliche Symmetrie, die im Übrigen auch für die Gleichbehandlung von Einkunftsarten in einem synthetischen Einkommensteuersystem benötigt wird.123 Daher soll die Betrachtung von einer terminologischen Klärung ausgehend zunächst auf die allgemeinen Kausalitätsformen in der Rechtswissenschaft und die dazu vertretenen Theorien gelenkt werden, bevor herausgestellt wird, welche Theorien sich zur Übernahme in den Bereich des Steuerrechts eignen, um dort zu widerspruchsfreien, sich an übergeordneten Prinzipien des Steuerrechts orientierenden Lösungen zu gelangen.

I. Kausalitätstheorien Vom naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegriff ausgehend, haben sich in der Rechtswissenschaft spezielle Kausalitätstheorien herausgebildet. Diese Theorien versuchen aus den reinen, prinzipiell unendlich vielen Kausalitätssträngen, die durch ihre Anzahl und Komplexität für eine rechtswissenschaftliche Bewertung zu einer Überflutung führen, diejenigen herauszufiltern, die für eine juristische Beurteilung von Wert sind. Dabei haben sich in der Rechtswissenschaft und in ihren Teilgebieten verschiedene Theorien herausgebildet, die versuchen, die jeweils juristisch beachtenswerten Kausalzusammenhänge zu erkennen, sie zu bewerten und die Gesamtbewertung einem gemeinhin als gerecht empfundenen Ergebnis zuzuführen.

1. Äquivalenztheorie (conditio sine qua non) Ausgangspunkt für die Beurteilung der juristischen Kausalität ist die sog. Äquivalenztheorie (Bedingungslehre): Danach ist Ursache jede Bedingung, die ___________ 122 123

J. Lang, Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (50). J. Lang, in: Tipke/Lang § 9, Rn. 213.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (sog. Conditio sine qua non-Formel). Diese Bedingungslehre bildet die rechtstheoretische Grundlage für juristische Kausalität124 und wurde zunächst auf dem Gebiet des Strafrechts entwickelt. Eine Wertung der einzelnen logischen Bedingungen wird dabei nicht vorgenommen.125 Auch eine zahlenmäßige Begrenzung der Einzelursachen findet nicht statt. So entstehen endlose Kausalketten, die von der Geburt des Steuerpflichtigen bis zur Tatbestandsverwirklichung reichen. Um einen juristisch relevanten Kausalverlauf zu erreichen, müssen in einem ersten normativen Schritt diejenigen Ursachen herausgefiltert werden, die für die Rechtsfrage erheblich sind. Eine Begrenzung erfolgt durch die Adäquanztheorie und die finale Handlungslehre (s. sogleich). Da Kausalitätskonzepte und die daran anknüpfende Terminologie in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich dargestellt bzw. bezeichnet werden, soll zunächst eine kurze Erklärung der verschiedenen Kausalitätskonzepte sowie deren Terminologie erfolgen, damit späteren Schritte dieser Arbeit nachvollzogen werden können:

a) Unterbrechende Kausalität Der BFH erkannte sog. unterbrechende Kausalität im Urteil vom 2.3.1962126 an, als er die Ansicht vertrat, vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten unterbreche oder lockere den Kausalzusammenhang in einer Weise, dass die Aufwendungen nicht mehr als Betriebsausgaben bzw. als Werbungskosten angesehen werden könnten. Das Kriterium der Unterbrechung der Kausalität wird von einigen Autoren angenommen, wenn beispielsweise Dritte an einen Arbeitnehmer Zusatzleistungen erbringen. Dabei soll der Kausalzusammenhang mit dem Dienstverhält-

___________ 124

T. Langohr, Veranlassungsprinzip im Einkommensteuerrecht, S. 85 f.; L. Röckrath, Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Haftung, S. 12; J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 301. 125 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 301; C. Hübner, Die Entwicklung der objektiven Zurechnung, S. 131; F. Watermann, Ordnungsfunktion von Kausalität und Finalität im Recht, S. 98. 126 BFH v. 2.3.1962, Az. VI 79/60 S, BStBl. III 1962, S. 192, BFHE 74, S. 513: „Unter Umständen kann der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis so gelockert sein, daß die Aufwendungen für Unfallschäden keine Werbungskosten mehr sind, z.B. bei einem Umweg, den der Arbeitnehmer aus nicht mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden Gründen macht.“

B. Reduzierung der Kausalitätsproblematik auf Grundlagen

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nis unterbrochen werden und folglich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ausscheiden.127 Bei dieser Rechtsprechung besteht jedoch ein logischer Widerspruch, weil ein Kausalzusammenhang schon naturgesetzlich nicht unterbrochen, sondern nur abgebrochen oder fehlen kann. Der Kausalzusammenhang ist entweder gegeben oder besteht nicht, folglich ist etwas entweder kausal oder nicht.128 Dies sieht man besonders gut an der strafrechtlichen Lehre, in der die Kausaltheorien als erste entwickelt worden sind: Ein Handeln ist auch dann ursächlich, wenn es erst durch ein daran anknüpfendes Verhalten beispielsweise eines Dritten oder des Opfers selbst zum Erfolg führt. Durch ein solches Hinzutreten eines Dritten wird der Kausalzusammenhang aber nicht unterbrochen, sondern gerade erst vermittelt.129 Auch eine Lockerung eines Kausalzusammenhangs ist sowohl logisch undenkbar als auch juristisch ungebräuchlich. „Lockerung“ kann nur als Minus zum Abbrechen verstanden werden. Jedoch wird daraus die Intensität der Lockerung bzw. das weitere Bestehen des Kausalzusammenhangs nicht deutlich. Diese Begriffe der „Unterbrechung“ und der „Lockerung“ des Kausalzusammenhangs erscheinen daher als generell ungeeignet, Kausalität sowohl in naturwissenschaftlichem als auch im juristischen Sinne zu umschreiben. Letztlich konnte sich auch der BFH dieser Einsicht nicht verschließen und urteilt nunmehr, dass die Kriterien der Unterbrechung oder der Lockerung des Kausalzusammenhangs ungeeignet seien.130 Vielmehr spricht er von Doppelkausalität.131 Danach soll hier im Folgenden nicht von unterbrechender Kausalität gesprochen werden, sondern allenfalls vom Abbrechen der Kausalität. Das bedeu-

___________ 127 So G. Crezelius, Leistungen an und durch Dritte im Lohnsteuerrecht, DStJG 9 (1986), S. 113. 128 So auch H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 65; H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben, gemischte Aufwendungen, DStJG 3 (1982), S. 79; J. Lange, BB 1971, S. 405 (406); F. Watermann, Ordnungsfunktion von Kausalität und Finalität im Recht, S. 98. 129 H. Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 44; T. Lenkner/J. Eisele in: Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 13 ff., Rn. 77. 130 BFH v. 28.11.1977, Az. GrS 2 bis 3/77, BStBl. II 1978, S. 105, BFHE 124, S. 43 (50):„Dabei ist allerdings hervorzuheben, dass auf jeder Fahrt – also auch auf einer Berufsfahrt – mögliche Handlungsweisen (z.B. Rauchen), die gewisse unfallauslösende Gefahren in sich bergen (z.B. Herabfallen der brennenden Zigarette), den Kausalzusammenhang mit der berufliche Veranlassung der Fahrt nicht aufheben.“ 131 zuletzt BFH v. 1.12.2006, Az. IV R 26/04, BStBl. II 2006, S. 182, BFHE 211, S. 346, (Flugzeugabsturz), s. zur Doppelkausalität im Folgenden unter c).

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

tet, dass ein Kausalzusammenhang fehlt, wenn die Handlung nicht bis zum Erfolgseintritt fortwirkt, weil ein späteres Ereignis unabhängig davon eine neue Ursachenreihe eröffnet, die im Weg einer sog. überholenden Kausalität allein den Erfolg herbeiführt.132 Überholende Kausalität ist dabei gegeben, wenn der tatsächliche Kausalverlauf einen anderen, bereits vorher angelegten Kausalverlauf oder nachträglich hinzukommenden Geschehensablauf „überholt“, der den Erfolg ebenfalls, aber zeitlich später herbeigeführt hätte.133

b) Kumulative Kausalität Sog. kumulative Kausalität besteht, wenn mehrere unabhängig voneinander vorgenommene Handlungen den Erfolg erst durch ihr Zusammentreffen herbeiführen.134

c) Alternative Kausalität Ein Ursachenzusammenhang besteht ebenfalls bei der sog. alternativen Kausalität, auch Doppel- oder Mehrfachkausalität genannt. Eine solche liegt vor, wenn mehrere, unabhängig voneinander gesetzte Bedingungen zusammenwirken, die zwar auch für sich allein zur Erfolgsherbeiführung ausgereicht hätten, die tatsächlich aber alle in dem eingetretenen Erfolg wirksam geworden sind.135

d) Hypothetische Kausalität Abzustellen ist bei der Kausalitätsfrage stets darauf, ob zwischen dem Erfolg und dem wirklichen Geschehen eine ursächliche Verbindung besteht. Eine Handlung, die für den Erfolg tatsächlich wirksam geworden ist, bleibt für diesen auch dann ursächlich, wenn derselbe Erfolg zum selben Zeitpunkt auf Grund einer – tatsächlich nicht wirksam gewordenen – Reserveursache einge-

___________ 132

T. Lenkner/J. Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 13 ff., Rn. 77 f. T. Lenkner/ J. Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 13 ff., Rn. 80; V. Krey, Strafrecht AT, Rn. 266. 134 T. Lenkner/ J. Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem. §§ 13 ff., Rn. 84; J. Wessels/W. Beulke, Strafrecht AT, Rn. 158. 135 T. Lenkner/ J. Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem §§ 13 ff., Rn. 82; J. Wessels/W. Beulke, Strafrecht AT, Rn. 157. Auf die Konstellation der alternativen Kausalität wird insbesondere unten im 4. Kap., B. II. 2. a) eingegangen. 133

B. Reduzierung der Kausalitätsproblematik auf Grundlagen

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treten wäre.136 Hypothetische Kausalitätsverläufe haben außer Betracht zu bleiben.137

2. Adäquanztheorie Da die reine conditio sine qua non-Regelung zu uferlosen Ergebnissen führt, wird mit Hilfe der im Zivilrecht herrschenden Adäquanztheorie versucht, ganz unwahrscheinliche Geschehensabläufe zu eliminieren. Es muss daher zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem eingetretenen Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen, weil gänzlich unwahrscheinliche Kausalverläufe keine Haftung begründen. Die Adäquanztheorie scheidet somit außergewöhnliche Kausalfaktoren von der Zurechnung aus. Eine Schadensersatzpflicht soll nur dann bestehen, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fällt. Vom Standpunkt eines neutralen Beobachters versucht die Adäquanztheorie, Grundfälle von Sonderfällen zu trennen und nur diejenigen Grundfälle für kausal zu erachten, die nicht völlig atypische Sonderfälle darstellen.138

3. Finale Handlungslehre aus dem Strafrecht Um den juristisch beachtenswerten Kausalzusammenhang im Strafrecht zu erkennen, hat es sich für einen Teil der Strafrechtsliteratur erwiesen, dass die finale Struktur menschlichen Handelns für die strafrechtlichen Normen schlechthin konstitutiv ist. Rechtsnormen als Verbote oder Gebote des Rechts, können sich nicht an blinde Kausalprozesse, sondern nur an Handlungen wenden, die die Zukunft zwecktätig zu gestalten vermögen.139 Nach der finalen Handlungslehre definiert sich eine Handlung als willensgetragenes, bewusst vom Ziel her gelenktes menschliches Verhalten. Die moderne Strafrechtswissenschaft hat im Anschluss an die finale Hand___________ 136 T. Lenkner/ J. Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem §§ 13 ff., Rn. 80; H.-H. Jescheck, AT, § 28 II., S. 281. 137 T. Lenkner/J. Eisele, in: Schönke/Schröder, Vorbem §§ 13 ff., Rn. 80; J. Wessels/W. Beulke, Strafrecht AT, Rn. 161; BGH v. 11.7.1957, Az. 4 StR 160/57, BGHSt 10, S. 369; zur hypothetischen Kausalität s. insbesondere unten 3. Kap., A. I. 5. a) aa) und 5. Kap., A. I. 138 K. F. Köhler, Kausalität, Finalität und Beweis, S. 89; für die strafrechtliche Dogmatik zu dieser Theorie und zu von ihr ausgehenden Theorien H. Koriath, Kausalität und Objektive Zurechnung, S. 37ff; V. Krey, Strafrecht AT; J. Wessels/W. Beulke, Strafrecht AT, Rn. 169. 139 H. Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 37.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

lungslehre einen sowohl objektiven wie auch subjektiv geprägten Handlungsbegriff entwickelt.140 Damit wurden die vorsatztragenden Elemente des Tatbestands (sog. subjektiver Tatbestand) nicht mehr wie nach der kausalen Handlungslehre als Schuldelemente betrachtet.141 In der Strafrechtsdogmatik wurde die finale Handlungslehre maßgeblich von Welzel vertreten, dessen Anliegen es war, Finalität und Vorsätzlichkeit gleichzusetzen.142 Dabei vertrat Welzel die Ansicht, dass Finalität ein genauso ontologischer Begriff wie der der Kausalität sei, weil er ein gegenständliches Strukturgesetz des Seins, nämlich des menschlichen Handelns zum Gegenstand habe.143 Daher gewann Welzel die Erkenntnis, dass die Finalität über die Kausalität hinaus durch die Möglichkeit des Menschen gekennzeichnet sei, die möglichen Folgen seines kausalen Eingreifens gedanklich vorwegzunehmen, zu antizipieren, und danach sein Eingreifen in die Welt zu steuern zu lenken und zu regulieren.144 Das gedankliche Vorwegnehmen umfasst nach Welzel danach dreierlei: 1. Den Zweck auf den es dem Täter ankomme, 2. die Mittel, die er zur Zweckerreichung einsetzen muss, 3. die Nebenfolgen, die mit dem Einsatz der Mittel verbunden sind.145

4. Die Theorie von der wesentlichen Bedingung aus dem Sozialrecht Auf dem Gebiet der Sozialversicherung, insbesondere der Unfallversicherung, aber auch in der Rentenversicherung wird in ständiger und im Schrifttum nahezu einhellig gebilligter Rechtsprechung die Kausalitätslehre von der ___________ 140 Die weitere Entwicklung ist bei C. Hübner, Die Entwicklung der objektiven Zurechnung, unter C. (S. 85ff.) beschrieben. 141 Zur Entwicklung der finalen Handlungslehre s. C. Hübner, Die Entwicklung der objektiven Zurechnung, S.73 ff. 142 H. Welzel, Um die finale Handlungslehre, S. 1 ff.; ders. Das deutsche Strafrecht, S. 37 ff. Die Diskussion um die finale Handlungslehre zusammenfassend: C. Hübner, Die Entwicklung der objektiven Zurechnung, S. 85. 143 Die finale Handlungslehre wird von den Vertretern der sozialen und personalen Handlungslehren kritisiert, wobei sich deren Vertreter maßgeblich gegen die Qualifizierung der Finalstruktur als ontische Kategorie wenden und eine strikte Bindung des Rechts an die vorgefundenen Seinsstrukturen ablehnen, so C. Roxin, in: Festschrift für Richard M. Honig, S. 133 (148 f.); vgl. auch C. Hübner, Die Entwicklung der objektiven Zurechnung, S. 85. 144 H. Welzel, Um die finale Handlungslehre, S. 7 f. Der Mensch vermag aufgrund seines Vorwissens oder der gedanklichen Antizipation der Handlungsfolgen die einzelnen Akte seines Eingreifens so zu steuern und zu lenken, dass er das objektive Kausalgeschehen auf das Ziel hinleitet und es so final „überdeterminiert“. A. Kaufmann, Die finale Handlungslehre und die Fahrlässigkeit, S. 147. 145 H. Welzel, Um die finale Handlungslehre, S. 18.

B. Reduzierung der Kausalitätsproblematik auf Grundlagen

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wesentlichen Bedingung vertreten.146 Danach ist Ursache im Rechtssinn nur die Ursache im philosophisch-logisch-naturwissenschaftlichen Sinn, die im jeweiligen Einzelfall wegen ihrer besonderen Beziehung zum konkreten Erfolg bei natürlicher Betrachtung zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Haben mehrere Bedingungen in annähernd gleichem Maße auf den Erfolg hingewirkt, so ist jede von ihnen Ursache im Rechtssinn.147 Hat eine Ursache in überragender Weise zum Erfolg beigetragen, so ist sie als alleinige Ursache zu bewerten. Die sonstigen Bedingungen, die nur für die philosophische Betrachtung Ursachen sind, scheiden im Rechtssinne aus.148 Die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung hat insbesondere zum Ziel, beim Vorhandensein mehrerer Bedingungen i. S. des Äquivalenzinteresses diejenigen auszuklammern, die mit dem Eintritt des Erfolges (im Sozialrecht zumeist Unfall bzw. Körperschaden) nur in loser und entfernter Verbindung stehen. Die Theorie von der wesentlichen Bedingung bedient sich des Wertungskriteriums der besonderen Beziehung zum Erfolg. Dabei fußt die sozialrechtliche Betrachtungsweise auf dem naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalitätsbegriff. Es findet aber dann eine rechtliche Bewertung der nach der Äquivalenztheorie vorgefundenen Kausalitätsfaktoren statt,149 denn es gilt, aus den gleichwertigen Ursachen im philosophisch-logisch naturwissenschaftlichen Sinne diejenigen herauszufiltern, die in einer besonderen Beziehung zum Erfolg stehen und daher rechtlich bedeutsam sind. Jedoch scheint diese Theorie auf den ersten Blick – obgleich auf der Äquivalenztheorie aufbauend – mit dieser im Widerspruch zu stehen, weil jene von der Gleichwertigkeit aller Bedingungen ausgeht und eben nicht einige Bedingungen gewichtiger bewertet als andere. Es scheint im naturwissenschaftlichphilosophischen Sinne unlogisch, zwischen wesentlichen und unwesentlichen Bedingungen zu differenzieren, denn dem Begriff der Bedingung ist es wesensimmanent, dass beim Vorliegen mehrerer Bedingungen nur ihr Zusammentreffen zum Erfolg führen kann. Hieraus folgt, dass es unlogisch ist, die Existenz auch nur einer jener Bedingungen als „unwesentlich“ zu qualifizieren.150 Stellt man die Äquivalenztheorie als rechtstheoretische Grundlage juristischer Kausa___________ 146 O. Krasney, in: Brackmann, § 8, Rn. 309. In der Rechtsprechung des BSG zur gesetzlichen Unfallversicherung wird sie auch als Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache bezeichnet. 147 BSG v. 14.7.1955, Az. RV 177/54, BSozGE 1, S. 150, NJW 1956, S. 118, (119). 148 BSG v. 14.7.1955, Az. RV 177/54, BSozGE 1, S. 150, NJW 1956, S. 118, (119); F. Haueisen, Die Theorie der wesentlichen Bedingung – eine wichtige Ursachenlehre, JZ 1961, S. 9 (10). 149 O. Krasney, in: Brackmann, § 8, Rn. 310. 150 K. F. Köhler, Kausalität, Finalität und Beweis, S. 91.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

lität auf, scheint eine Aufteilung in wesentliche, weniger wesentliche oder unwesentliche Bedingungen somit nicht vereinbar. Dieser Widerspruch löst sich jedoch auf, weil das Urteil der Wesentlichkeit nicht etwa die grundsätzliche Relevanz einer Bedingung hinterfragt, sondern eine Bedingung der für den Eintritt des Erfolges nicht hinwegzudenkenden Bedingungen im Hinblick auf ihren inhaltsbestimmten Einfluss für den Erfolg schafft und dadurch die wesentlichen von den „unwesentlichen“ Bedingungen unterscheidet.151 Dabei ist zu beachten, dass eine Bedingung nicht schon deswegen als wesentlich angesehen wird, weil sie als letzte innerhalb einer Ursachenkette eingetreten ist und den Eintritt des Erfolges sichtbar gemacht hat.152 Somit stellt sich die Frage erst gar nicht, ob ein Ereignis oder eine Handlung mittelbar oder unmittelbar den schadenstiftenden Erfolg im Sinne des Sozialrechts herbeigeführt hat. II. Ergebnis In der Rechtswissenschaft haben sich verschiedene Theorien zur Kausalität herausgebildet. Es fragt sich im Weiteren, welche Theorien sich zur Beantwortung der steuerrechtlichen Frage, welche Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zugeflossen sind, heranziehen lassen.

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht I. Äquivalenztheorie und Adäquanztheorie Die Adäquanztheorie bildet zwar die allgemeine rechtstheoretische Grundlage für die juristische Kausalität.153 Jedoch versagt sie, wenn mehrere Bedingungen durch ihr Zusammenwirken den Erfolg herbeigeführt haben, die für sich allein aber zur Erfolgsverursachung ausgereicht hätten (sog. Mehrfachkau___________ 151 K. F. Köhler, Kausalität, Finalität und Beweis, S. 92. Die Theorie der wesentlichen Bedingung wird auch von den Kritikern einer Übernahme in das Steuerrecht als eine selbständige Ursachenlehre angesehen, die nicht über die Adäquanztheorie hinauswirkt, sondern bereits primär eigene Wirkungen auf das Ursachengefüge ausübt, so M. Tanzer, ÖStZ 1975, S. 54. 152 K. F. Köhler, Kausalität, Finalität und Beweis, S. 92; BSG v. 19.9.1974, Az. 8 RU 236/73, BSGE 38, S. 127, NJW 1975, S. 607; BSG v. 26.5.1966, Az. 2 RU 61/64, BSGE 25, S. 49; BSG v. 25.8.1960, Az. 11 RV 1368/59, BSGE 13, S. 40 (42), Sozialberater 1961, S. 16. 153 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 301.

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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salität).154 Die reine Äquivalenztheorie, wonach alle Bedingungen gleichwertig sind und jede Bedingung ursächlich ist, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele, wird im Steuerrecht in jüngerer Zeit nicht mehr vertreten.155 Sie wird aber als Ausgangspunkt für darauf aufbauende Theorien angesehen und behält zumindest die Bedeutung einer die Rechtsanwendung erleichternden Faustregel.156 Die Adäquanztheorie wird nur vereinzelt157 als brauchbare Theorie für die Dogmatik des Steuerrechts angesehen, weil ihr vorgeworfen wird, nur mit Hilfe eines wertenden Urteils außergewöhnliche Kausalfaktoren von der Zurechnung auszuschließen. Nur durch Anknüpfen an den Schutzzweck der verletzten Norm werde eine wertungsjuristische Zurechnung der Schadensfolge zum Verantwortungsbereich der Ersatzpflichtigen erreicht. Sie ist somit keine reine Kausallehre, da sie eine Bewertung vornimmt, die die Zurechnung von Schadensfolgen zum Ziel hat.158 Die wertungsjuristische Auswahl der Ursachen vollziehe sich danach ergebnisorientiert.159

___________ 154 Daher wird in der strafrechtlichen Literatur versucht, die Bedingungslehre zu erweitern: Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, ist jede erfolgsursächlich; dazu J. Wessels/W. Beulke, Strafrecht AT, Rn. 161; V. Krey, Strafrecht AT, Rn. 277, auch BGH v. 6.7.1990, Az. 2 StR 549/89, BGHSt 37, S. 106 (131), NJW 1990, S. 2560 (2568) (sog. Ledersprayfall). 155 K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498), kommt zu dem Schluss, dass die Theorie der wesentlichen Bedingung nicht anzuwenden sei und geht davon aus, dass es bei der reinen Bedingungstheorie bliebe. Dies übersieht Seibold, Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, S. 99, wenn er ausführt, die reine Bedingungstheorie werde im Steuerrecht von niemandem vertreten. 156 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 51, C.; K. Larenz, Schuldrecht AT, § 27 III, S. 435ff.; M. Tanzer, ÖStZ 1975, S. 50 (55) schließt sich der Äquivalenztheorie an, engt sie aber durch Modifikation in Form einer „negativen Auslese innerhalb gegebener Ursachen“ ein, worunter er beispielsweise öffentlich-rechtliche Geldstrafen fasst. 157 Eine Übertragung der dem Zivilrecht entsprungenen Adäquanztheorie wird nur von J. Giloy vertreten, der Einnahmen dann als solche aus nichtselbständiger Arbeit begreift, wenn sie im Sinne der Adäquanztheorie durch das Dienstverhältnis verursacht worden seien, d. h. wenn die Einnahme adäquat kausale Folge der Ursache „Dienstverhältnis“ sei; J. Giloy, DStZ 1975, S. 199 (201). 158 F. Seibold, Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, S. 99; H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben, gemischte Aufwendungen, DStJG 3 (1982)., S. 29. 159 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 303.; auch J. Lange, BB 1971, S. 405 (407); T. Langohr, Veranlassungsprinzip im Einkommensteuerrecht, S. 89, gibt für die Ausgabenseite zu bedenken, dass im Zivilrecht die Adäquanztheorie zu einer den Schädiger begünstigenden Haftungsfreistellung führt, während im Steuerrecht die Aussonderung von ungewöhnlichen Aufwendungen zu einer Belastung des Pflichtigen durch die Verweigerung der Abzugsfähigkeit führen würde und zwar ohne Rechtsgrundlage.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

Hinzu kommt, dass die haftungsbegrenzende Zielsetzung der Theorie eine Übertragung in das Steuerrecht hindert: Auf der Ausgabenseite gebieten das Leistungsfähigkeitsprinzip und das objektive Nettoprinzip die steuerliche Berücksichtigung ungewöhnlicher und unüblicher Erwerbsbezüge.160 Da grundsätzlich auch außergewöhnliche Einnahmen steuerbar sind, sofern sie nur auf der Arbeitsleistung beruhen, gilt entsprechendes auch für die Einnahmenseite.

II. Finale Handlungslehre Die Finale Handlungslehre ist schon im Strafrecht161 nicht unumstritten. Insbesondere bemängeln die Gegner der finalen Handlungslehre162, dass sie das Phänomen der Fahrlässigkeit nicht erklären könne. Dem entgegnen die Befürworter mit dem Argument, dass die Rechtsordnung vom Handelnden bei der Auswahl und Anwendung seiner Handlungsmittel ein Mindestmaß an finaler Steuerung, nämlich die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwendet, damit ungewollte, sozial unerwünschte Nebenfolgen der Handlung vermieden werden.163 Somit wird die Verantwortlichkeit für fahrlässiges Handeln nicht auf die Willensentscheidung, sondern auf die Verletzung einer Sorgfaltsnorm gegründet. Der Täter handelt gefährlich mit einem Risiko, das strafrechtlich missbilligt wird. Für das Steuerrecht vermittelt nach Lang die ontologische Erkenntnis Welzels aber die Einsicht, dass prinzipiell auch vorsätzliches, zweckgerichtetes, finales Handeln einen Zurechnungsmaßstab für solche Folgen liefern kann, die nicht bewusst gewollt sind und zu ungewollten Misserfolgen führen. Die Ausdehnung der Folgenzurechnung auf die nicht gewollten Folgen kann mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem Nettoprinzip begründet werden.164 Es wäre ___________ 160

V. Kreft, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9, Rn. 6 u. 201. A. Kaufmann, Die finale Handlungslehre und die Fahrlässigkeit, S. 99, Fn. 2 (= JuS 1967, S. 145, Fn.2) stellt fest, dass die finale Handlungslehre auch für andere Rechtsdisziplinen Geltung beanspruchen kann. Die Handlungslehre gehöre nicht zur Strafrechtsdogmatik, sondern zur Rechtstheorie bzw. allg. Rechtslehre. 162 H.-H. Jescheck, Der strafrechtliche Handlungsbegriff, Festschrift für Eberhard Schmidt, S. 139 (148 f.); W. Maihofer, Der soziale Handlungsbegriff, Festschrift für Eberhard Schmidt, S. 156, 164 f.; K. Larenz, Rechtswidrigkeit und Handlungsbegriff im Zivilrecht, Festschrift für Hans Dölle, Band 1, S. 169 (176 ff.). A . Kaufmann, Die finale Handlungslehre und die Fahrlässigkeit, S. 99. S. 114f [= JuS 1967, S. 145, (148)] unternimmt den originellen Versuch, der Kritik durch eine Erweiterung der Theorie auszuweichen. Er stellt darauf ab, dass das menschliche Handeln nicht nur durch das (die Zwecksetzung, die Kalkulation und die aktuelle Steuerung ermöglichende) Bewusstsein gelenkt werde, sondern auch durch seine unterbewusste Antriebswelt und er plädiert dafür, die finale Handlungslehre in dieser Hinsicht auszubauen. 163 H. Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 37. 164 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 310. 161

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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nach diesen Prinzipien gänzlich verfehlt, wollte man nur die erfolgreiche Betätigung besteuern, nur die gewollten Folgen, die zu Gewinn führen zurechnen, die ungewollten Misserfolge aber ausgrenzen.165 Danach könnten im Steuerrecht die finalen Handlungslehren für die steuerrechtliche Zurechnung von Risikofolgen uneingeschränkt herangezogen werden.166 Im Steuerrecht wird daher für die Frage der Vermögenszu- und abgänge auf ein Erwerbs- oder Privatmotiv abgestellt, welches die subjektiv finale Ursache der Handlung ist und nach dem sich bestimmt, ob eine Handlung privaten oder beruflichen Zwecken dient. Daraus folgt, dass es ursächlich auf die Motivation des Steuerpflichtigen, auf den von ihm verfolgten Zweck ankommt. Daraus ergibt sich, dass Erwerbsaufwendungen nicht nur solche sind, die objektiv der Erwerbstätigkeit dienen, sondern auch solche, die ihr nur vom Standpunkt des Handelnden aus dienen.167 Spiegelbildlich gibt es aber auch in der Sphäre der Einkunftserzielung Vermögensvorgänge, die nicht gewollt sind, mitunter auch gegen den Willen des Steuerpflichtigen geschehen und dennoch unzweifelhaft der Sphäre der Einkunftserzielung angehören.168 Solange selbstverschuldete Vermögenseinbußen (Zahlung einer Vertragsstrafe), fremdverschuldete Vermögenseinbußen (Ausfall mit einer Forderung) oder Vermögenseinbußen infolge höherer Gewalt (Brand, Sturm, Hochwasser) in einer Sphäre der Einkunftserzielung geschehen, stellen sie Betriebsausgaben dar. Demgegenüber verlangt die Rechtsprechung169 einen objektiven Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, wonach Aufwendungen nur dann Erwerbsaufwendungen sind, wenn sie in einem objektiven (wirtschaftlichen) Zusammenhang mit der beruflichen (betrieblichen Tätigkeit) stehen. Nach ihr müssen Erwerbsaufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sein.170 Das subjektive Element soll aber bei willensunabhängigen Bezügen und Aufwendungen entfallen; bei diesen kommt ___________ 165

J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 310. J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 209; W. Jakob / R. Jüptner, Steuerfragen, S. 86, bestätigt, dass diese originär strafrechtliche Lehre Einfluss auf das Steuerrecht genommen hat. 167 J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 217. 168 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 307. 169 BFH GrS v. 21.11.1983, Az. GrS 2/82, BStBl. II 1984, S. 160 (163), BFHE 140, S. 50 (54). Dabei legt sie die von Söhn entwickelte strenge objektive Theorie zugrunde, nach der sich die Aufwendungen nur dann als Erwerbsaufwendungen darstellen, wenn sie in einem objektiven (wirtschaftlichen) Zusammenhang mit der beruflichen (betrieblichen) Tätigkeit stehen.“; Söhn H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben, gemischte Aufwendungen, DStJG 3 (1982), S. 13 (19). 170 Dieses Verständnis des Veranlassungsbegriffs hat der BFH auf den rein kausal formulierten Werbungskostenbegriff übertragen, s.o. (2. Kap., A. I. 2.). Danach liegen Werbungskosten vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. 166

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

es alleine auf den objektiven Veranlassungszusammenhang an, beispielsweise wenn der Steuerpflichtige durch Naturereignisse geschädigt wird oder windfall profits erhält. Die Rechtsprechung muss sich jedoch den Einwand gefallen lassen, dass die geforderten objektiven Kriterien nur Beweisanzeichen sind, um die Motivation des Steuerpflichtigen im Einzelfall zu ergründen. Für die Frage der Finalität sagen diese objektiven Kriterien zunächst nichts aus, wenngleich sie auf der Verfahrensebene Anhaltspunkte für den zugrunde liegenden Zweck der betrachteten Handlung geben mögen.171

III. Die Theorie von der wesentlichen Bedingung aus dem Sozialrecht Soll die Theorie von der wesentlichen Bedingung aus dem Sozialrecht für das Steuerrecht fruchtbar gemacht werden, so fragt es sich zunächst, in welchem Verhältnis sie zur soeben beschriebenen finalen Handlungslehre steht und ob und wie eine Übernahme vollzogen werden kann.

1. Verhältnis zur finalen Handlungslehre Die finale Handlungslehre versucht die Frage zu klären, ob Erwerbsaufwendungen oder Einnahmen objektiv mit dem Betrieb/Beruf zusammenhängen. Damit wird jedoch noch keine Aussage für die Fälle getroffen, in denen der Steuerpflichtige Aufwendungen tätigt können, die sowohl betrieblich als auch privat veranlasst sind. Eine Aufklärung multikausaler Zusammenhänge wird durch die finale Handlungslehre nicht geleistet. Daher bedarf es der Ergänzung durch die Theorie der wesentlichen Bedingung, die auch die Fälle zu lösen vermag, in denen nur eine Person handelt. Es besteht daher kein Ausschließlichkeitsverhältnis, sondern vielmehr ein Komplementärverhältnis zwischen den Theorien. ___________ 171

In diese Richtung argumentiert auch K. Tipke, Rechtfertigung, DStJG 3 (1980), S. 1 (6). Er kommt zu dem Schluss, dass neben dem „subjektiven Tatbestand“, dem Grund und Zweck der Handlung, objektive Kriterien lediglich Beweisanzeichen sind. Nach K. Tipke besteht alles Wirtschaften aber auch jegliche private Lebensführung in motiviertem (veranlasstem) oder finalen Handeln. Das Wirtschaften, sei Handeln in Erwerbsabsicht, d.h. in Gewinnerzielungsabsicht oder in der Absicht wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, in profitabler Absicht. Dieses komme insbesondere in § 9 Abs. 1 EStG zum Ausdruck, der von Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen spreche. Somit diene das finale Handeln entweder Erwerbszwecken oder Privatzwecken oder beidem in Fällen gemischter Veranlassung; ders., Steuerrecht, 10. Aufl., S. 245.; ders., StuW 1979, S. 199.

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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2. Kritik an der Übernahme der Theorie von der wesentlichen Bedingung An der Übernahme der Theorie von der wesentlichen Bedingung ist verschiedentlich Kritik geübt worden, auf die im Einzelnen eingegangen werden soll.

a) Keine praktikable Formel Die Kritiker172 einer Übernahme der Theorie der wesentlichen Bedingung ins Einkommensteuerrecht wenden ein, dass sie keine praktikablen Formeln zur Ermittlung wesentlicher und unwesentlicher Ursachen anzubieten habe.173 Dem wird von den Befürwortern174 mit dem Argument entgegnet, dass es eben nicht möglich sei, jeden Einzelfall durch eine Theorie zu entscheiden, weil dies dem Judiz des Rechtsanwenders überlassen bleibe und somit auch eine dogmatische Systematisierung175 nicht möglich sei. Nach ihrem Ursprung im Sozialrecht leistet die Theorie der wesentlichen Bedingung dies aber auch nicht und es ist auch nicht Ihr Ziel, dies zu tun.176

b) Kein Gleichlauf zum Zivilrecht Ist – wie vorstehend erwähnt177 – die Adäquanztheorie für das bürgerliche Schadensersatzrecht weitestgehend angenommen worden, so sind Kausalitätstheorien, die wesentliche von unwesentlichen Ursachen unterscheiden, dort frühzeitig verworfen worden.178 Dies verwundert aber nicht, weil der Einsatzort ___________ 172 S. Schuck, Der Veranlassungszusammenhang, S. 165; K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498); E. Wanner, StuW 1987, S. 302 (314); J. Lange, BB 1971, S. 405 (406); ders., DB 1978, S. 1854 (1855), H. G. Ruppe, Die Abgrenzung der Betriebsausgaben/Werbungskosten von den Privatausgaben, DStJG 3 (1980), S. 103 (136). 173 H. G. Ruppe, Die Abgrenzung der Betriebsausgaben/Werbungskosten von den Privatausgaben DStJG 3 (1980), S. 103 (136). 174 H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben, gemischte Aufwendungen, DStJG 3 (1980), S. 13 (69); H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 66; J. Lang, in: Tipke/Lang § 9, Rn. 220. 175 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 61. 176 H. Barta, Kausalität im Sozialrecht, hat seiner Habilitationsschrift einen eigenen, mehrere hundert Seiten umfassenden Entscheidungsband beigelegt, in dem er beispielhaft Urteile, die die Sozialgerichtsbarkeit zu diesem Thema entschieden hat, abgedruckt hat. Dies alleine zeigt schon, dass die Theorie auch in ihrem originären Umfeld noch des Abstellens auf den Einzelfall bedarf. 177 2. Kap., B. I. 2. 178 E. Esser/E Schmidt, Schuldrecht AT, S. 223.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

der Adäquanztheorie im Privatrecht zumeist ein anderer ist: Die Grundsatzproblematik im Zivilrecht ist die des § 254 Abs. 1 BGB,179 mit der Verschuldensanteile und somit die Haftung unter mehreren Parteien je nach Verschuldensanteil gerecht aufgeteilt werden soll. Der Kern der Problematik im Steuer- und Sozialrecht liegt aber darin, dass die Kausalität der Handlungen einer einzelnen Person im Hinblick auf den Erfolg betrachtet wird. Eine Konstellation, in der auf die Handlungen mehrerer Personen abgestellt wird, ist wegen des im Einkommensteuerrecht geltenden Individualbesteuerungsgrundsatzes nur schwer denkbar. Da Einzelpersonen Aufwendungen tätigen können, die sowohl betrieblich als auch privat veranlasst sind, gestaltet sich die Aufklärung im Steuerrecht demnach ungleich schwerer, weil die Ausgaben einer einzelnen Person multikausaler Natur sein können. Entsprechend der angesprochenen erstrebenswerten Symmetrie zwischen Ausgaben- und Bezugsseite kann es spiegelbildlich auf der Einnahmenseite ebenfalls zu multikausalen Einnahmen kommen. Beim Zusammentreffen von mehreren Bedingungen in einer Person vermag die Theorie von der wesentlichen Bedingung über das Wertungskriterium der besonderen Beziehung zum Erfolg solche naturwissenschaftlich-logische Bedingungen auszuschließen, die für den Erfolg im juristischen Sinne nicht wesentlich sind, und damit auch die Fälle zutreffend zu lösen, in denen nur eine Person handelt. Zu bedenken ist ferner, dass die zivilrechtliche Haftung nur eine Zurechnung des Verschuldens und damit eine Wertung für Zwecke der Haftbarkeit ist.180 Das Verschulden als solches setzt keine Bedingungen im Sinne der Kausalität, sondern stellt nur die persönliche Verantwortlichkeit für den durch die Kausalkette herbeigeführten Erfolg aus juristischer Sicht dar. Letztlich zeigt sich daran, dass hier soziale Wertungsgesichtspunkte zu Grunde gelegt werden. Solche sozialen Wertungsgesichtspunkte legt der BFH in den Fällen an, in denen sie seiner Meinung nach so schwer wiegen, dass sie die berufliche/betriebliche Veranlassung überlagern. Der BFH durchbricht beispielsweise das Veranlassungsprinzip, wenn er einem Steuerpflichtigen die Abzugsfähigkeit für entstandene Unfallkosten versagt, der unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall zwischen Arbeitsplatz und Wohnsitz verursacht.181 Daran wird ___________ 179 § 254 Abs. 1 BGB lautet: Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Einsatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. 180 J. Lange, BB 1971, S. 405 (406). 181 BFH v. 6.4.1984, Az. VI R 103/79, BStBl. II 1984, S. 434 (435 f.), BFHE 141, S. 35 (36f).

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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deutlich, dass der BFH die sozialethische Komponente „Alkoholfahrt“ herausnimmt und sie losgelöst von der Betriebsfahrt betrachtet, als allein auslösende und wesentliche Ursache wertet und die ebenfalls kausale Fahrt vom oder zum Betrieb als unbeachtlich und unwesentlich ausscheidet.182 Hieran zeigt sich, dass der BFH hier einen sozialen Wertungsgesichtspunkt zu Grunde legt, der seiner Meinung nach so schwer wiegt, dass sie die Betriebsbezogenheit der Fahrt in den Hintergrund treten lässt. Dabei führt der BFH als Begründung an, dass die Kundenfahrt im nüchternen Zustand auch beruflich angezeigt sei und stellt auf die private Veranlassung „Alkoholgenuss“ als alleinige Ursache ab, hinter der alle anderen Bedingungen zurücktreten. Die Begründung ist schon deswegen in Zweifel zu ziehen, weil es im Einkommensteuerrecht grundsätzlich dem Steuerpflichtigen überlassen bleibt, wie er seine Einkünfte erzielt.183 Der BFH sieht in diesem Fall – letztlich zu recht -, dass es für der Allgemeinheit nur schwer verständlich wäre, würde ein sich freiwillig in die Fahruntüchtigkeit versetzender Steuerpflichtiger alle Unfallkosten betrieblich geltend machen können. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass sowohl Privathandlung als auch Erwerbshandlung den Unfall verursacht haben. In Betracht gekommen wäre daher auch eine Aufteilung der Unfallkosten.184 Da der BFH aber den Abzug der Unfallkosten in Gänze versagt, zeigt sich, dass es Ursachen gibt, die nach seiner Ansicht als gewichtiger bewertet werden als andere und dass er auch seine eigene Veranlassungsdogmatik verlässt. Im Steuerrecht stellt sich die Frage des Verschuldens nicht, weil Verschulden nicht Merkmal der Leistungsfähigkeit sein kann.185 Dies erkennt man schon daran, dass prinzipiell auch Einnahmen aus strafbaren und somit schuldhaften Tätigkeiten gem. § 40 AO unter den Einnahmebegriff fallen. Auf der Ausga___________ 182 Einen gesetzlichen Ausnahmetatbestand zum Veranlassungsprinzip bildet die gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG, der den Abzug von Bußgeldern verbietet, auch wenn diese letztlich ihre Wurzel im beruflichen oder betrieblichen Tätigsein des Delinquenten haben. 183 Aus dem Unfall resultierende etwaige arbeitsrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen dürfen das steuerliche Ergebnis nicht verfälschen. 184 So J. Lang, in: Tipke/Lang § 9, Rn. 221. Nach J. Lang, Rn. 222, ist ebenso ein voller Abzug der Unfallkosten in bestimmten Fällen möglich: Werde Arzt aus einer aus einer Stammtischrunde heraus an ein Krankenbett gerufen, so rechtfertige es das Berufsrisiko des Arztes, die vorgeplante Freizeit unterbrechen zu müssen, den unaufschiebbaren Krankenbesuch als allein wesentliche Ursache zu bewerten und damit den Steuerabzug der Unfallkosten voll anzuerkennen. 185 So letztlich BFH GrS v. 28.11.1977, Az. GrS 2 bis 3/77, BStBl. II 1978, S. 105 (108) BFHE 124, S. 43 (48), der ausführt, dass es „vielmehr darauf ankommt, ob der Unfall in nicht nur unbedeutendem Maße auf einer privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Veranlassung beruht (Veranlassungsprinzip).“

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

benseite wird mit dem Argument der Einheit der Rechtsordnung186 versucht, die steuerliche Geltendmachung von Verlusten in den Fällen auszuschließen, in denen die vermeintliche Hauptursache in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen liegt, wie beispielsweise beim Fahren unter Alkoholeinfluss, möge die Fahrt auch einen betrieblichen Anlass gehabt haben. Für die Theorie von der wesentlichen Bedingung ist die Frage nach dem Verschulden ebenfalls irrelevant. Daher lässt sie sich von der Äquivalenztheorie abgrenzen.

c) Alle Bedingungen im logischen Sinne gleichwertig? Der Vorschlag, die Theorie der wesentlichen Bedingung in das Steuerrecht zu übernehmen, ist dennoch weiterer Kritik ausgesetzt: Namentlich Lange wendet ein, dass es keine wesentliche oder weniger wesentliche oder gar unwesentliche Ursache gebe, sondern alle Bedingungen im logischen Sinne gleichwertig seien. Welche Bedingung die wesentliche sei oder wesentlicher als eine andere sei, müsse erst durch eine juristische Kausaltheorie je nach ihrer Zweckbestimmung nach anderen Maßstäben, nicht aber nach einer vermeintlichen Gewichtigkeit einer ontologischen Kausalkette bestimmt werden. Es müsse ein Ausleseprinzip aus der Gesamtheit der Bedingungen herausgefunden werden.187 Dem ist entgegenzuhalten, dass jede rechtliche Betrachtungsweise und auch die besonderen Betrachtungsweisen der verschiedenen juristischen Rechtsgebiete auf dem naturwissenschaftlichen Kausalbegriff aufbauen. Es findet jedoch eine rechtliche Bewertung der naturwissenschaftlich gegebenen Kausalfaktoren statt. Wesentliche Ursache in diesem Sinne ist ein Kausalfaktor, der für die rechtliche Beurteilung der Kausalitätsfrage rechtserheblich ist. Der Rechtsordnung steht es aber frei, diejenigen Kausalfaktoren, die sie als rechtsunerheblich und somit unwesentlich ansieht, im Rahmen ihrer wertenden Betrachtungsweise als für ihren Bereich nicht kausal außer Betracht zu lassen.188 Daher schlägt die Kritik an der Übernahme der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht durch, weil das Urteil der Wesentlichkeit nicht etwa die grundsätzliche Relevanz einer Bedingung hinterfragt, sondern eine Bedingung der für den Eintritt des Erfolges nicht hinwegzudenkenden Bedingungen im Hinblick auf ihren inhaltsbestimmten Einfluss für den Erfolg schafft. Der Erfolg ___________ 186 Als Argumentationspunkt wird ebenso der Gleichheitssatz angeführt, denn es erscheint gleichheitswidrig, den Täter geringer zu belasten, weil sein Vergehen betrieblich verursacht war. So M. Tanzer, ÖStZ 1975, S. 55 (58). 187 J. Lange, BB 1971, S. 405 (407). 188 So auch F. Watermann, Ordnungsfunktion von Kausalität und Finalität im Recht, S. 98.

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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im Steuerrecht tritt letztlich durch Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes der § 2 Abs. 1 EStG i.V.m. dem jeweiligen Erwerbsparagraphen ein und mündet letztlich allgemein in einer Besteuerung nach dem objektiven Nettoprinzip und dem Leistungsfähigkeitsprinzip.

d) Keine Übertragbarkeit der Fallgruppen Tiedtke189 wendet gegen die Übernahme ein, dass sich die im Sozialrecht gebildeten Fallgruppen, die zumeist Unfälle betreffen, die den Versicherten auf dem Weg zur Arbeit ereilen190, nicht auf das Steuerrecht projizieren ließen.191 Die Übernahme der Theorie der wesentlichen Bedingung in das Steuerrecht sei daher nicht möglich. Die Kritik der mangelnden Übernahmemöglichkeit der Fallgruppen aus dem Sozialrecht kann nicht für Kritik an der Theorie der wesentlichen Bedingung fruchtbar gemacht werden, weil die Zielrichtung im Steuerrecht eine andere ist als im Sozialrecht. Dies erkennt Tiedtke selber, wenn er ausführt, dass „die Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung [im Sozialrecht] dazu dient, den Schutz des Versicherten gegen die Belange der Unternehmer abzuwägen und eine Entscheidung zu ermöglichen, die der sozialen Gerechtigkeit entspricht. Die Sach- und Rechtslage ist im Steuerrecht anders.“192

Diese Erkenntnis hat jedoch nicht zur Folge, dass die Theorie falsch ist, sondern nur, dass teleologisch vorgegangen werden muss. Tiedtke geht für den Bereich des Sozialrechts teleologisch vor und führt aus, dass es der Zweck der Theorie der wesentlichen Bedingung sei, den Versicherungsschutz zu begrenzen, weil der Versicherte nicht geschützt werden soll, wenn der eigentliche Grund des Unfalls in seiner privaten Sphäre liegt.193 Einer Übertragung der Theorie von der wesentlichen Bedingung in das Steuerrecht ist aber m.E. durchaus möglich. Es sollen zwar nicht die sozialrechtlich gebildeten Fallgruppen übertragen werden, aber dennoch sollen die Handlungen im Hinblick auf ihren inhaltsbestimmten Einfluss für den Erfolg gemessen werden. Folglich müssen im Steuerrecht von Einzelfällen ausgehend eigene Fallgruppen gebildet und dabei die Kausalfaktoren wertend betrachtet werden, die ___________ 189

K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 ff. Die Sozialrechtsrechtsprechung ist jedoch nicht auf diese Fälle begrenzt. So gibt es auch Fallgruppen zu vom Versicherten selbst geschaffenen Gefahren in verschiedenen Variationen, Fallgruppen zum Ausbruch einer latenten Krankheit oder Fallgruppen zu Überfällen, die den Versicherten ereilen. 191 K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498). 192 K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498 linke Spalte 3. und 4. Absatz). 193 K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498). 190

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

zum steuerrechtlichen Erfolg beigetragen haben. Eine unbesehene Übertragung etwa im Sozialrecht gebildeter Fallgruppen ins Steuerrecht würde wegen der unterschiedlichen Intentionen der Gesetze nicht erfolgreich sein und sogar zu falschen Ergebnissen führen, mögen auch die Fallarten, beispielsweise Unfälle auf dem Weg zur Arbeit, oft gleich sein. Die unbesehene Übernahme der Fallgruppen aus dem Sozialrecht in das Steuerrecht kann nicht befürwortet oder gewollt sein.194

e) Aus Gesetzeswortlaut keine Ursachenbeschränkung ableitbar Weiterhin muss zu einer Beanstandung, die auch auf der Ausgabenseite erhoben wird, Stellung bezogen werden. Dort geben Kritiker an dieser Stelle zu bedenken, dass sich aus den einkommensteuerrechtlichen Begriffen „Betriebsausgaben“ oder „Werbungskosten“ eine Beschränkung auf wesentliche Ursachen nicht ableiten ließe.195 Dazu ist mit Söhn196 zu sagen, dass durch die Unterscheidung zwischen wesentlicher und unwesentlicher Veranlassung nicht der Betriebsausgabenbegriff eingeschränkt werden soll, sondern es sollen Aufwendungen, die bei einer Anwendung der Äquivalenztheorie die Voraussetzungen des Betriebsausgabenbegriffs wegen ihrer privaten Mitveranlassung nicht voll erfüllen können, durch Umqualifizierung der privaten Mitveranlassung als rechtlich unwesentliche Veranlassung als Betriebsausgaben qualifiziert werden. Dies wird im Falle der Betriebsausgaben zugunsten des Steuerpflichtigen vorgenommen, weil der Steuerpflichtige dann auch Betriebsausgaben abziehen kann, die er sonst nicht abziehen könnte, weil sie – und sei es auch nur minimal – privat mitveranlasst sind.197 Söhn hat daher die Theorie der wesentlichen Bedingung zutreffend dahingehend weiterentwickelt, dass eine unwesentliche private Mitveranlassung gesetzesteleologisch ausscheidet.198 Diese Kritik wurde bisher in der Literatur jedoch nur auf der Ausgabenseite geübt. Die Theorie der wesentlichen Bedingung kann jedoch ebenso auf der ___________ 194

Dies zeigt auch K. Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498) auf. Jedoch zieht er daraus fälschlicherweise den Schluss, die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung könne generell nicht in das Steuerrecht übernommen werden. 195 M. Tanzer, ÖStZ 1975, S. 50 (54); Tiedtke, FR 1978, S. 493 (498). 196 Zur Ansicht Söhns s. im Folgenden, Fn. 210. 197 zitiert: H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben, gemischte Aufwendungen, DStJG 3 (1980), S. 72. 198 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 61; auch der BFH knüpfe an diese Ursachenlehre stillschweigend an (s. sogleich).

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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Bezugsebene angewendet werden199, weil auch hier multikausale Ursachen im naturwissenschaftlich-logischen Begriffsverständnis zu Einnahmen führen können. Wie schon ausgeführt, ist der Einnahmebegriff im Gesetz nicht definiert. Vielmehr muss er abgeleitet werden und ergibt sich – wie dargestellt200 – durch Ableitung und Subsumtion unter die einzelnen Einkunftsarten. Dies bedeutet im Falle der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, dass die Einnahme gem. § 19 EStG für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden muss und dass folglich alle Vorteile ausscheiden, die nicht für eine Beschäftigung, sondern aus anderen Gründen gewährt werden. Dies versucht die Theorie der wesentlichen Bedingung zu leisten.

f) Zeitpunkt der Bestimmung der Wesentlichkeit Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat gegenüber der im Zivilrecht angesiedelten Adäquanztheorie auch noch den Vorzug, dass ex tunc entscheidet, ob die Bedingung abstrakt dazu geeignet ist, den Erfolg herbeizuführen, sondern sie berücksichtigt die Besonderheiten des Einzelfalles und prüft in rückschauender Sicht ex nunc die Wesentlichkeit.201 Dieser Vorteil lässt sich für die Theorie der wesentlichen Bedingung anführen. Eine Beurteilung aus späterer Sicht ist für eine am objektiven Nettoprinzip ausgerichtete Besteuerung sachgerechter, weil sie die zum Erfolg führenden einzelnen Faktoren aus späterer Sicht abschließend und vollständig erfassen kann und in einem zweiten Schritt eine Auswahl der für den Erfolg wesentlichen Faktoren treffen kann.

g) Einklang mit Rechtsprechung Auch die Rechtsprechung wendet die Theorie der wesentlichen Bedingung stillschweigend an. Sie benennt es jedoch nicht so. Dennoch trifft sie unter den unendlich vielen Ursachen diejenigen aus, die ihr für eine steuerrechtliche Beurteilung relevant erscheinen und sucht dabei die Ergebnisse im Bereich der Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit mit Hilfe der zuvor genannten Formel202 zu definieren.

___________ 199 200 201 202

Zur kausalrechtlichen Symmetrie s.o. 2. Kap., A. II. 2. b). s.o. Kap., 1. A. So für das Sozialrecht: O. Krasney, VSSR 1993, S. 81 (108). s. Fn. 86.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

h) Zwischenfazit Die im Sozialrecht entwickelte Theorie der wesentlichen Bedingung lässt sich auf das Steuerrecht dem Grunde nach übertragen. Jedoch lassen sich die Fallgruppen des Sozialrechts wegen der unterschiedlichen Teleologie der Gesetze nicht adaptieren. Für die Rechtsordnung des Steuerrechts ist es prinzipiell geboten, diejenigen Kausalfaktoren, die für das Steuerrecht rechtsunerheblich und somit unwesentlich sind, im Rahmen einer wertenden Betrachtungsweise als für ihren Bereich nicht kausal außer Betracht zu lassen.

3. Determinierung von Veranlassung und Wesentlichkeit Wie oben schon kurz erläutert, findet die Theorie der wesentlichen Bedingung besonders dann Anklang, wenn mehrere Ursachen zur Erfolgsverwirklichung beigetragen haben. Jedoch sind Bezeichnungen, Wege und Herleitungen der Theorie unterschiedlich:

a) Ansicht Jüptner Jüptner203 [und ihm folgend Seibold204 s. u. bb)] gehen davon aus, dass es sich bei der steuerrechtlichen Veranlassungslehre im Kern um die kausale Zuordnung von steuerlich erheblichen Erfolgen handelt: Der zu betrachtende Erfolg ist der Vermögenszugang oder Vermögensabgang bei einem Steuerpflichtigen. Dabei wählt Jüptner einen bildhaften Ansatz, indem er zwischen Kern- und Hofbereich der Tätigkeit des Steuerpflichtigen unterscheidet. Kernbereich sei alles das, was der Steuerpflichtige im synallagmatischen Bereich seiner Tätigkeit erhält. Jüptner sucht in seinem Modell zu differenzieren, weil die generelle steuerbare Tätigkeit zwar wesensverschieden von der additiven Gesamtmenge spezieller Einnahme-/Ausgabehandlungen sei. Dennoch verwirkliche der Steuerpflichtige in solchen speziellen Handlungen zugleich Teilaspekte der generellen Tätigkeit, indem er deren Kernbereich mit lediglich geringem Abstraktionsgrad nachvollziehe und auf diese Weise seine steuerbare Tätigkeit konstituiere. Dabei solle aber das Augenmerk nicht so sehr auf den Kern der Tätigkeit gerichtet sein, weil sich hieraus keine Zuordnungsprobleme ergeben. Demgegenüber sollte lieber auf die Grenze zwischen „Hofbereich“ und privater Veranlassung geschaut werden, da hier die Abgrenzung schwieriger sei: Im Kernbe___________ 203 204

R. Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, S. 155 ff. F. Seibold, Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, S. 97 ff.

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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reich liege Veranlassung aus sich heraus vor, während in diesem Kern umlagernden Hof jeweils eine wertende Zuordnung vorzunehmen sei. Mit der Entfernung von dieser Tätigkeitsstruktur wachse das Gewicht einschlägiger privater Ursachen (Hofwirkung). Jüptner will dann die Fallvergleichsmethode bemühen, um zwischen Veranlassungszentren zu interpolieren und so die Wertungsaufgabe fassbarer zu machen und typische Kausalitätsverläufe als Richtlinien zu etablieren.205 Somit nimmt Jüptner zunächst auch eine zweigeteilte Prüfung vor und prüft in einem ersten Schritt, ob überhaupt naturwissenschaftlich-philosophische Kausalität zwischen Tätigkeit und Einnahme vorliegt. In einem weiteren Schritt nimmt er eine Wertung anhand der gesellschaftlichen, sozialen Zurechnung dar und fasst dies in der Formel naturwissenschaftliche Kausalität als Anfangsgröße und durch Wertung ermittelte juristische Endgröße zusammen.206 Bezüglich der Wesentlichkeitsfrage lässt sich Jüptner nicht eindeutig ein, es bleibt aber zu vermuten, dass auch er wesentliche Ursachen für entscheidend und unwesentliche für steuerrechtlich unbeachtlich hält, wenn er formuliert:207 „Da der Steuerpflichtige bei Einnahmen naturgemäß nicht handelt, sondern der Gebende oder Zahlende, kann es allein darauf ankommen, ob er mit seiner Tätigkeit in ihrer Gesamtheit betrachtet die wesentliche (Hervorhebung durch den Verfasser) Ursache für die Einnahme gesetzt hat.“ Damit bringt auch Jüptner zum Ausdruck, dass die Tätigkeit in ihrer Gesamtheit nicht nur irgendeine beliebige Ursache sein muss, sondern gerade die wesentliche Ursache, die zur Einnahme führt.

b) Ansicht Seibold Auch Seibold gelangt zu dem Ergebnis, dass nach der Offenlegung und Zuordnung der einzelnen Kausalfaktoren eine Gewichtung und eine wertende Zuordnung des gesamten Vorteils nach dem wesentlichen Kausalfaktor erfolgen sollen.208 Seibold hält dagegen die abstrakte Bestimmung des Wesentlichkeitsbegriffs für bisher noch nicht gelungen und wohl auch nicht möglich, da es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handele.209 Dabei seien zwei Arten unbestimmter Rechtsbegriffe zu unterschieden, nämlich empirische oder deskriptive Begriffe und normative bzw. wertausfüllungsbedürftige Begriffe. Normati___________ 205 206 207 208 209

R. Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, S. 176. W. Jakob/R. Jüptner, Steuerfragen, S. 104. W. Jakob/R. Jüptner, Steuerfragen, S. 89f. F. Seibold, Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, S. 110. F. Seibold, Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, S. 111.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

ve Begriffe erschließen sich erst durch wertende Stellungnahme. Der zu letzterer Gruppe zählende Begriff der Wesentlichkeit bereitet wegen seiner mangelnden Eindeutigkeit bereits auf der Ebene der Auslegung Schwierigkeiten. Auch der Begriff der Wesentlichkeit kann in einen festen „Begriffskern“ und in einen weiten, diffusen „Begriffshof“, zu dessen Rändern die Entscheidungsgewissheit immer mehr abnimmt, unterteilt werden. Daher findet nach Seibold letztlich ebenfalls eine Wertung anhand der Wesentlichkeit statt.

c) Ansicht Söhn Söhn210 hat die Theorie von der wesentlichen Bedingung für die Ausgabenseite für das Steuerrecht fundiert: Seien Aufwendungen untrennbar betrieblich (beruflich) und privat veranlasst, dürfe eine nur unwesentliche private Mitveranlassung unberücksichtigt bleiben: Die Aufwendungen seien insgesamt Betriebsausgaben/Werbungskosten. Sollen danach untrennbar betrieblich (beruflich) und privat veranlasste Aufwendungen Betriebsausgaben (Werbungskosten) sein, müsse die betriebliche (berufliche) Veranlassung in so überragender Weise zur Entstehung der Aufwendungen beigetragen haben, dass sie im Vergleich zu der privaten Mitveranlassung als alleinige Veranlassung im Rechtssinne zu bewerten sei. Daher seien zunächst unwesentliche Ursachen auszuschließen. Seien Aufwendungen sowohl durch Erwerbs- als auch Privathandlungen wesentlich mitveranlasst und eine Trennung der Anteile möglich, so müsse dies wegen des Leistungsfähigkeitsgedankens erfolgen.211 Damit wendet sich Söhn gegen das vom BFH in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG erblickte Aufteilungsverbot. Dieses Verbot findet aber auf der Einnahmenseite auch nach Ansicht des BFH keine Anwendung.212 Wegen der angesprochenen Symmetrie zwischen Einnahmen und Ausgabenseite gilt also auch nach Söhn, dass die Einnahmen nach der wesentlichen Veranlassung beurteilt werden müs-

___________ 210

H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben gemischte Aufwendungen, DStG 3 (1980), S. 13 (73 f.). 211 H. Söhn, Betriebsausgaben, Privatausgaben gemischte Aufwendungen, DStG 3, (1980), S. 13 (101). 212 Wegen seines Wortlauts und seiner Stellung im Gesetz (II. Abschn., Nr. 7: Nicht abzugsfähige Ausgaben); BFH v. 18.8.2005, Az. VI R 32/03, BStBl. II 2006, S. 30, BFHE 210, S. 420; BFH v. 7.12.2004, Az. VIII R 70/02, BStBl. II 2005, S. 468, BFHE 208, S. 546; BFH v. 6.10.2004, Az. X R 36/03, BFH/NV 2005, S. 682; BFH v. 28.1.2003, Az. VI R 48/99, BStBl. II 2003, S. 724, BFHE 201, S. 283; BFH v. 9.8.1996, Az. VI R 88/93, BStBl. II 1997, S. 97, BFHE 181, S. 76; K. Krüger, DB 2006, Beilage 6, S. 39.

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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sen. Bei gemischt veranlassten Einnahmen steht einer Aufteilung auch nichts im Wege.213

d) Ansicht Tipke Tipke meint, dass sofern Vermögensveränderungen auf verschiedene Faktoren zurückgingen, also multikausal seien, sei im Wege der wertenden Bewertung der wesentliche Kausalfaktor festzustellen und die Vermögensverfügung entsprechend zuzuordnen. Dabei seien die Beweggründe für die Handlung zu erforschen, sodann die Kausalität zwischen Handlung und Vermögensveränderung zu bestimmen und schließlich sei die Verfügung je nach dem wesentlichen Kausalfaktor der betreffenden Sphäre zuzuordnen. Einnahmen lägen dann vor, wenn die Zugänge durch ein Handeln verursacht seien, das beruflich motiviert sei oder Erwerbszwecken diene.214 Tipke sieht ebenfalls die Theorie von der wesentlichen Bedingung als ein geeignetes Bewertungskriterium an,215 wenn er auch zu bedenken gibt, dass die Wesentlichkeit als eine Qualität verstanden wird, die nach dem Wert zu beurteilen sei, die ihr die „Auffassung des praktischen Lebens“ oder des „täglichen Lebens“ beimisst und daher ein „nicht eben rechtssicheres Beurteilungskriterium“ darstelle. Jedoch spricht er sich letztlich dafür aus, dass „auch das Steuerrecht die verursachenden Handlungen bewerten und selektieren muss“.

e) Zusammenfassung Es bleibt daher festzuhalten, dass die Theorie von der wesentlichen Bedingung im Schrifttum in unterschiedlichen Ausgestaltungen akzeptiert wird. Dabei wird jedoch nicht verkannt, dass sie letztlich kein sicheres Beurteilungskriterium darstellt. Daher ist eine weitergehende Konkretisierung erforderlich.

4. Konkretisierung des Veranlassungsprinzips anhand der Prinzipienhierarchie des Steuerrechts Nach alledem sind das Veranlassungsprinzip und die Auswahl der Ursachen nach der Wesentlichkeitstheorie gesetzesteleologisch zu konkretisieren. Dazu wird diese im Folgenden auf das innere System des Steuerrechts als einer Ord___________ 213 214 215

So auch das Verständnis bei J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 220. K. Tipke, Steuerrecht, 10. Aufl., S. 245. K. Tipke, StuW 1979, S. 193 (201).

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

nung folgender verwirklichter Rechtsprinzipien ausgerichtet. Das sog. inhaltliche oder innere System des Steuerrechts geht maßgeblich auf die Überlegungen von Tipke zurück.216 Dabei geht Tipke davon aus, dass der Gesetzgeber die Zwecke, welche er zu verwirklichen sucht, in den Gesetzen durch Prinzipien zugrunde legt. Das inhaltliche (innere, materiale) System betrifft die inhaltliche oder materiale Ordnung des Rechtsstoffes. Das inhaltliche System ist ein auf Fundamental- und Subprinzipien basierendes, geordnetes, konsistentes Ganzes.217 Ohne eine Orientierung an Prinzipien ist Rechtswissenschaft als rationale Disziplin nicht denkbar. Sachgerechte Prinzipien oder Regeln sorgen für eine rechtsethische Wertordnung und führen damit zur Akzeptanz bei den Bürgern. Beim Begriff „Prinzip“ hat sich jedoch noch keine terminologische Determinierung herausgebildet. Vorliegend soll der Begriff „Prinzip“ im Sinne einer Fundamentalregel, einer Primär oder Grundregel bezeichnet werden. Einfache Regeln sollen demgegenüber als an den Prinzipien auszurichtende Grundsätze verstanden werden.218 Betrachtet man die Prinzipien, so rangieren auf der obersten Ebene sog. systemtragende Prinzipien, von denen aus die Ordnung des Rechts durch Subprinzipien folgerichtig konkretisiert wird. Dabei sind die Primärprinzipien des deutschen Steuerrechts durchweg im Verfassungsrecht verankert.219 Das innere System wird dabei durch die Kriterien der Sachgerechtigkeit eines Prinzips und die folgerichtige Verwirklichung eines Prinzips220 durch ein Subprinzip und schließlich durch einen Rechtssatz, der die konkrete Rechtsfolge anordnet, gewonnen.221 Das Veranlassungsprinzip, welches die Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Sphäre steuert, ist daher an höherrangigen Prinzipien auszurichten ___________ 216 Diese Begriffswelt prägte für das Steuerrecht K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 67 ff.; K. Tipke orientierte sich dabei an der Systemlehre von C.-W. Canaris, Systemdenken und der Systemlehre in der Jurisprudenz und der Wertejurisprudenz von K. Larenz. Die Wertejurisprudenz beruht insgesamt auf der Kernaussage, dass das Recht aus einem Wertesystem besteht. Dabei bilden die diesem Wertesystem zugrunde liegenden Wertungen das innere System der Rechtsordnung (dargelegt in: K. Larenz, Methodenlehre). Der Systembegriff soll insoweit die wertungsmäßige Folgerichtigkeit und innere Einheit der Rechtsordnung darstellen und zu verwirklichen suchen. Zum Ganzen J. Lang, StuW 2001, S. 78 (80 f.). 217 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 67. 218 Tipke versteht „Prinzip“ und „Regel“ gleichbedeutend; er weist aber auf die Bestehende Uneinigkeit in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie hin, K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 68 m.w.N. 219 J. Lang, StuW, 2001, S.78 (80), dazu im Folgenden unter a) Leistungsfähigkeitsprinzip. 220 Sog. Prinzip der Folgerichtigkeit. 221 J. Lang, StuW, 2001, S. 78 (80, 82).

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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und damit in die Werteordnung des Steuerrechts stimmig einzufügen. Zunächst sind daher die relevanten systemtragenden Prinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip, Marktseinkommensprinzip und Totalitätsprinzip darzustellen und daran anschließend ist jeweils die Relation zum Veranlassungsprinzip aufzuzeigen.

a) Leistungsfähigkeitsprinzip und Veranlassungsprinzip Ein sog. Fundamentalprinzip ist das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (kurz: Leistungsfähigkeitsprinzip), welches weltweit und in allen steuerwissenschaftlichen Disziplinen anerkannt wird.222 Eine verfassungsrechtliche Fundierung des Leistungsfähigkeitsprinzips als Fundamentalprinzip findet sich – abweichend von Art. 134 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 und der Praxis vieler anderer Länder im heutigen Grundgesetz expressis verbis nicht. Jedoch wird in der Staats- und Steuerrechtslehre das Leistungsfähigkeitsprinzip als steuerrechtliches Fundamentalprinzip von der ganz herrschenden Meinung anerkannt.223 Das in Rede stehende Veranlassungsprinzip ist als Kausalprinzip kein rechtsethisches Fundamentalprinzip der Besteuerung, sondern lediglich ein nachrangiges Prinzip, welches sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip ableitet.224 Es wird auch als „Vollzugsprinzip“ charakterisiert.225 Mit der hier gefundenen sprachlichen Terminologie stellt es eine einfache Vollzugsregel dar, die an den Fundamentalprinzipien auszurichten ist. Mit dieser Regel können die den Fundamentalprinzipien zugrunde liegenden Wertungen folgerichtig realisiert werden. Somit steht das Veranlassungsprinzip im Range unter dem Leistungsfähigkeitsprinzip und ist an ihm auszurichten. Die Theorie der wesentlichen Bedingung hilft, das Veranlassungsprinzip im Einzelfall weiter zu konkretisieren. ___________ 222

J. Lang, in Tipke/Lang, § 4, Rn. 83; ders., in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, S. 313 ff.; P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 (320); a.A. W. Gassner/M. Lang, Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, S. 121, das Leistungsfähigkeitsprinzip sei für die Steuerrechtsdogmatik wertlos; Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird vom BVerfG (zuletzt BVerfG v. 26.1.1994, Az. 1 BvL 12/86, BStBl. II 1994, S. 307, BVerfGE 89, S. 346) aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleitet und besagt, dass die Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen im Verhältnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden. 223 J. Lang, Konkretisierungen und Restriktionen des Leistungsfähigkeitsprinzips, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, S. 313 ff.; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 479 ff. 224 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 70 ff.; H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 72. 225 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 72, charakterisiert das Veranlassungsprinzip als Vollzugsprinzip.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

Die durch selbständige Arbeit veranlassten Einkünfte werden nach § 19 EStG besteuert. Bei § 19 EStG handelt es sich um eine Fiskalzwecknorm, weil die steuerrechtliche Erfassung der Einnahmen unmittelbar dazu dient, den notwendigen Finanzbedarf des Staates zu decken. Die Fiskalzwecknormen orientieren sich grundsätzlich am Leistungsfähigkeitsprinzip.226 Der Zweck des § 19 EStG ist damit die Erfassung der Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die durch die nichtselbständige Arbeit bewirkt wird.227 Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist daher auch für das in § 19 EStG verankerte Veranlassungsprinzip maßgebend. Daraus folgt, dass das Veranlassungsprinzip der Grundwertung durch das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht widersprechen darf.228 Dies hat die Konsequenz, dass die Rechtsprechung, die als Einnahmen nur solche ansieht, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses erzielt werden, den Teil der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit außer Acht lässt, der über das Dienstverhältnis hinaus durch die nichtselbständige Arbeit veranlasst ist. Denn es widerspricht dem objektiven Leistungsfähigkeitsprinzip, wenn im Rahmen einer Einkunftsart ein Teil der sich in der Erwerbstätigkeit niederschlagenden Leistungsfähigkeit unberücksichtigt bleibt. Daher setzt die Rechtsprechung einen falschen Bezugspunkt. Das an diesen Bezugspunkt anknüpfende Veranlassungsprinzip kommt infolgedessen zu unrichtigen Ergebnissen.

b) Markteinkommensprinzip Das angesprochene Leistungsfähigkeitsprinzip gilt jedoch im deutschen Einkommensteuergesetz nicht uneingeschränkt, weil nur die Zunahme an Leistungsfähigkeit, die durch den Erwerb von Einkommen am Markt erlangt wurde, besteuert werden soll. Danach setzt Steuerbarkeit voraus, dass erwirtschaftetes Einkommen vorliegt und dass insbesondere der Wertschöpfungsprozess am Markt vollzogen worden ist.229 ___________ 226

J. Lang, in: Tipke/Lang, § 4, Rn. 20. H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 74; H. Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 19, Rn. 53; K. Tipke, StuW 1975, S. (327) 328. 228 So auch H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 74; F. Seibold, StuW 1990, S. 165 (167). 229 Dieser sog. Markteinkommensgedanke geht für die Steuerrechtswissenschaft zurück auf H. G. Ruppe, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von Einkunftsquellen als Problem der Zurechnung, DStJG 1 (1978), S. 7, wobei der zugrunde liegende ökonomische Einkommensbegriff von F. Neumark, Theorie und Praxis der modernen Einkommensbesteuerung, S. 41, geprägt wurde; H. Söhn, Markteinkommenstheorie und Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke, S. 343 (344); 227

C. Übertragbarkeit der Theorien auf das Steuerrecht

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Das bloße Erbringen einer Leistung durch den Steuerpflichtigen reicht nicht aus, um Einkommen zur Entstehung zu bringen. Hinzukommen muss, dass die Leistung des Steuerpflichtigen sich bei diesem in einem realen wirtschaftlichen Erfolg ummünzt und er so einen „effektiven Zuwachs an ökonomischer Verfügungsmacht“230 erfährt. Dabei bleiben Wertschöpfungen in der Privatsphäre z.B. Arbeit der Hausfrau oder die Reparatur des eigenen Autos außer Betracht.231 Das Markteinkommensprinzip ist damit auch ein tragendes Prinzip des Einkommensteuersystems.232 Das Veranlassungsprinzip muss daher ebenso mit dem Markteinkommensprinzip in Einklang gebracht werden und darf diesem nicht widersprechen. Für Einnahmen aus einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit erfordert das Markteinkommensprinzip somit, dass der Steuerpflichtige seine Arbeitsleistungen am Markt verwertet.233 Dies führt dazu, dass im Einzelfall nur die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit erfasst werden dürfen, die durch eine Teilnahme am Markt veranlasst und erwirtschaftet wurden. Einkünfte, die nicht durch eine Betätigung am Markt erwirtschaftet und somit nicht durch die Verwertung der Arbeitskraft am Markt veranlasst wurden, dürfen daher auch nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG zählen. Darüber hinaus führt die Rechtsprechung des BFH, die den Blickwinkel auf die Einkünfte aus dem Dienstverhältnis begrenzt, zu einem Verstoß gegen das Markteinkommensprinzip. Es kann nämlich dahinstehen, ob der Arbeitnehmer seine Erwerbstätigkeit innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses verwertet.234 Solange er Arbeitsleistungen dem Markt entgeltlich zur Verfügung stellt, liegt steuerbares Einkommen vor. Die Teilnahme am Marktgeschehen beschränkt sich beim Arbeitnehmer nicht darauf, seine Arbeitskraft allein dem ___________ R. Wittmann, Das Markteinkommen, S. 8; ders., Besteuerung des Markteinkommens, StuW 1993, S. 35 (36); J. Lang, StuW 1981, S. 223 (230). 230 F. Neumark, Theorie und Praxis der modernen Einkommensbesteuerung, S. 41. 231 J. Lang, in: Tipke/Lang, § 9, Rn. 124. 232 Die verfassungsrechtliche Verankerung des Markteinkommensprinzips ist jedoch umstritten. So geht Kirchhof davon aus, dass die Besteuerung nur des Markteinkommens freiheitsrechtlich vorgegeben ist; P. Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 2 Rn. A 363, 365; ders., Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, München 1988, S. 16 f., S. 20f.; a.A. K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, S. 614ff.; A. Steichen, in: Festschrift für Klaus Tipke, S. 371 f.; H. Söhn, in Festschrift für Klaus Tipke, S. 348ff. 233 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 76. 234 In diese Richtung äußert sich auch D. Hermann, Die einkommensteuerliche Relevanz, S. 149 u. 152.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

Arbeitgeber im Rahmen des Dienstverhältnisses zu überlassen.235 Für die Verwertung der Arbeitskraft macht es keinen Unterschied, dass der Arbeitnehmer Trinkgelder von dritter Seite mit oder ohne Zustimmung des Arbeitgebers vereinnahmt. Der Arbeitnehmer kann somit auch außerhalb des Dienstverhältnisses durch Leistungsaustausch Einnahmen am Markt erzielen. Der Verstoß gegen das Markteinkommensprinzip beinhaltet daher eine unsystematische Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer.236

c) Totalitätsprinzip Nach dem Totalitätsprinzip,237 als dem objektbezogenen Postulat238 des Universalitätsprinzips239, ist grundsätzlich das gesamte Einkommen des Steuerpflichtigen zu erfassen. Wie schon beschrieben240 hat sich der Gesetzgeber bei Erfassung des Einkommens keiner Definition bedient, sondern er hat dieses vielmehr durch eine enumerative Aufzählung von Einkunftsarten pragmatisch umschrieben. Dabei ist das Totalitätsprinzip im Bereich der Gewinneinkünfte und im Bereich der Überschusseinkünfte unterschiedlich verwirklicht. Während der allgemeine Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG das Ergebnis der Erwerbstätigkeit nach dem Prinzip der Reinvermögenszugangstheorie vollständig erfasst, hat bei den Überschusseinkünften maßgebende Quellentheorie dazu geführt, dass insbesondere Quelleneinkünfte nicht besteuert werden.241 So sind bei den Überschusseinkünften, zu denen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § Abs. 2 Nr. 2 EStG gehören, nur die Früchte der Arbeit und nicht das Arbeitsmittel selber, zu besteuern.

___________ 235 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 76; a.A. F. Seibold, S. 73. 236 H.- J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 76. 237 J. Lang, Prinzipien und Systeme der Besteuerung von Einkommen, DStJG 24 (2001), S. 49 (61). 238 Das subjektive Postulat des Universalitätsprinzips gebietet, dass alle Bürger Einkommensteuer zu zahlen haben. Der Begriff „Bürger“ ist dabei untechnisch zu verstehen. Die Kritik von M. Ehret, Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, S. 151, ist daher nicht gerechtfertigt. 239 Das Universalitätsprinzip besagt, dass sämtliche Einkünfte aller Bürger erfasst werden. so grundlegend K. Tipke, StuW 1971, S. 2, (7); J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 168. 240 1. Kap., A. 241 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage, S. 170 f.; ders., DStJG 9 (1986), S. 28f.

D. Ergebnisse der Zuordnung im dualen Verhältnis

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Von dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung zu Gunsten des sog. Einkünftedualismus abgesehen,242 ist das Totalitätsprinzip grundsätzlich auch bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit verwirklicht.243 Daher sind sämtliche Vorteile zu erfassen, die beim Steuerpflichtigen durch die Verwertung von Arbeitsleistungen zur Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit führen. Somit darf es keinen Unterschied machen, ob der Steuerpflichtige innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses verwertet. Lücken in der tatbestandsmäßigen Erfassung widersprechen dem Totalitätsprinzip.244 Das Veranlassungsprinzip unterstützt das Totalitätsprinzip, weil es zwischen solchen Vorteilen trennt, die nicht durch die Verwertung von Arbeitsleistungen herrühren und solchen, die auf die Arbeitsleistung zurückzuführen sind.

d) Zusammenfassung Für die Konkretisierung des Veranlassungsprinzips und der Theorie von der wesentlichen Bedingung lässt sich demnach festhalten, dass sie den übergeordneten Prinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip, Markteinkommensprinzip und Totalitätsprinzip nicht widersprechen dürfen, sie nicht durchkreuzen dürfen. Nur durch eine widerspruchsfreie Ausrichtung an den übergeordneten Prinzipien wird das innere System des Steuerrechts nicht verletzt und man gelangt zu einer für den Steuerpflichtigen nachvollziehbaren und verständlichen Lösung.

D. Ergebnisse zur Zuordnung im dualen Verhältnis Die Zuordnung von Bezügen und Aufwendungen zur Erwerbssphäre hat von allgemeinen Kausalitätskriterien auszugehen. Um die Abgrenzung zwischen privaten und beruflichen Einnahmen zu vollziehen, ist im Steuerrecht das Veranlassungsprinzip anzuwenden. Für die Bestimmung der Einkommensteuerbarkeit nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist daher zu fragen, ob die Einnahme durch die selbständige Erwerbstätigkeit veranlasst ist. Die Veranlassung muss im Steuerrecht zunächst durch Auswahl der einkommensteuerrechtlich relevanten Ursachen konkretisiert werden. Da das steuerrechtliche Veranlassungsprinzip mehr ist als eine reine Kausalbetrachtung, ist ___________ 242 Nach H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 77 „…zwingt die nach dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG gebotene gleichmäßige Verwirklichung des Totalitätsprinzips dazu, die nach dem dualen System bestehenden Besteuerungsunterschiede weitestgehend aufzuheben.“ 243 M. Ehret, Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, S. 153. 244 H.-J. Brick, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit außerhalb des Dienstverhältnisses?, S. 77.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

in einem zweiten Schritt bei der Zuordnung von Einkünften zu prüfen, ob die Vermögensveränderung einer erwirtschaftenden Handlung zuzurechnen ist, wobei Einkünfte auch durch einen Nebenzweck erzielt werden können. Dabei ist auf subjektive Zielrichtung des Steuerpflichtigen abzustellen, der sich an objektiven Beweisanzeichen im Einzelfall feststellen lässt. Ergibt diese Betrachtung, dass mehrere Ursachen im steuerrechtlichen Sinne kausal für die Vermögensveränderung sind, hat eine Überprüfung dahingehend zu erfolgen, welche Handlung den Vermögensvorgang wesentlich verursacht hat. Steht danach fest, dass mehrere wesentliche Faktoren die Vermögensveränderung herbeigeführt haben, sind die einzelnen Faktoren aufzuteilen. Bei diesen Schritten ist zu beachten, dass den übergeordneten Prinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip, Markteinkommensprinzip und Totalitätsprinzip nicht widersprochen werden darf. Damit bleibt auch im Einzelfall die Bestimmung der Wesentlichkeit stets den objektiv teleologischen Grundprinzipien des Einkommensteuergesetztes verpflichtet. Bei alledem darf nicht vergessen werden, dass sich Veranlassung mit den ihr zugrunde liegenden Lebensverhältnissen und mit den dogmatischen Reflexionen über sie ändert.245 Der Einkünfte Erzielende kann zwar als wirtschaftlich handelndes Individuum seine Tätigkeit steuern, wird aber die rechtlichen und sozialen Gegebenheiten und den Wandel nicht beeinflussen können. Wie sehr die Einordnung der Veranlassung von sozialen Wertungsgesichtspunkten abhängig ist, mag das Beispiel der Entwicklung des Kfz vom Luxusgegenstand zum Gebrauchsgegenstand erläutern. Während ursprünglich die Benutzung eines Kfz in den privaten Bereich verwiesen wurde – weil es sich um privaten Luxus handelte mit dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsstätte aufsuchte – korrigierte der RFH seine Rechtsprechung in späteren Jahren, der sich auch der BFH anschloss. So unterliegt der Nexus zwischen Erwerbstätigkeit und Einkünften, welcher durch das Veranlassungsprinzip konkretisiert wird, der Sozialanschauung. Dies liegt in der Natur der Sache: Die steuerbare Tätigkeit (und in ihrer Reichweite die Veranlassung) ist keine statische Größe der Rechtswirklichkeit, sondern eine den raschen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen ausgesetzte Größe.246 Entwicklungen beginnen und brechen ab, Neuerungen müssen sich erst durchsetzen, ihr Zusammenhang mit der Tätigkeit muss erst erkannt und anerkannt, vermeintliche Zusammenhänge müssen erst analysiert werden, um anschließend in der Rechtsprechung gerecht abgebildet zu werden. ___________ 245 246

W. Jakob/R. Jüptner, Steuerfragen, S. 94. W. Jakob/R. Jüptner, Steuerfragen, S. 97.

E. Veranlassungsprinzip und Drittzuwendungen

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Der Analyse vermeintlicher Zusammenhänge soll der dritte Teil dieser Arbeit dienen, nachdem eine kurze Stellungnahme zu Arbeitslohn durch Dritte erfolgt ist.

E. Veranlassungsprinzip und Drittzuwendungen I. Trennung der Verhältnisse von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer und Drittem zu Arbeitnehmer Ist die Zuwendungsproblematik im Zweiparteienverhältnis noch vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen, beginnen die dogmatischen und praktischen Schwierigkeiten dann, wenn ein Dritter hinzutritt, weil in diesem Fall nicht auf den im Zivilrecht bekannten synallagmatischen Charakter der Leistungsbeziehungen abgestellt werden kann, sondern sich durch das Begriffsmerkmal „Veranlassung durch das Dienstverhältnis“ ein recht weites Fenster für Zuwendungsmöglichkeiten durch Dritte öffnet. Das materielle Gesetz ist darauf nicht konzipiert und hat das Feld der Auslegung durch die Gerichte überlassen, die auf den verfahrensrechtlichen Lohnsteuerbegriff zur materiellen Eingrenzung der Zuwendungen abstellen.247 Dogmatisch und teleologisch muss man zwischen dem Verhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer und dem Verhältnis zwischen Drittem und Arbeitnehmer trennen, um zutreffende und dogmatisch widerspruchsfreie Ergebnisse zu erlangen. Wie in Kapitel 1 herausgestellt248, ist Dritter derjenige, der weder als Arbeitgeber noch als Arbeitnehmer Beteiligter am steuerrechtlichen Dienstverhältnis ist, also weder abhängig und weisungsgebunden Arbeitskraft schuldet noch empfängt. Der Dritte befindet sich somit außerhalb des Dienstverhältnisses in einer sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber unabhängigen Stellung.

II. Die bisherigen Kriterien des BFH zu den Drittzuwendungen Sollen Zuwendungen Dritter beim Arbeitslohn erfasst werden, erweist sich der Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. EStG als zu eng, weil er nur auf „Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden“ ab___________ 247 248

Zur Rechtsprechung s. sogleich unter II. Fn. 249. 1. Kap., B.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

stellt. So rekurriert die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs249 – entgegen der Ansicht der Literatur250 – auf den Arbeitslohnbegriff, wie er in § 38 Abs. 1 S. 2 EStG zum Ausdruck kommt. Daher fällt nach seiner Ansicht prinzipiell der Arbeitslohn, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährt wird gem. § 38 Abs. 1 S. 3 EStG unter den Einkünftebegriff. Historisch betrachtet nahm der BFH im Gutachten vom 27.3.1958 zum ersten Mal Stellung und führte aus, dass Arbeitslohn alles sei, was dem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von dritter Seite zugeflossen ist, es sei denn, die Zuwendungen stammen aus einem anderen Rechtsgrund.251 Zur Unterstützung seiner These verwies er darauf, dass die Leistungen beim Leistenden als Betriebsausgabe darstellen.252 Diese Grundsätze hinterfragte der BFH in der Folgezeit in mehreren Urteilen, in denen er auf den Zusammenhang zwischen Dienstverhältnis und Zuwendung abstellte. Danach würdigt der BFH im Einzelfall die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.253 Mitunter wurde auch auf die Unmittelbarkeit des Zusammenhangs abgestellt.254 Das Gebot steuerlicher Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer verlange, dass auch der von einem Dritten bezogene Arbeitslohn besteuert werde.255 Der BFH griff

___________ 249

BFH v. 24.10.1990, Az. X R 161/88, BStBl. II 1991, S. 337, BFHE 162, S. 329 (Streikunterstützungen); BFH v. 26.1.2000, Az. IX R 87/95, BStBl. II 2000, S. 396, BFHE 191, S. 274 (Bestechungsgelder). 250 J. Lang, Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (51 f., 70), plädiert für den streng am Veranlassungsprinzip orientierten Einkünftebegriff. Dies bringt der Kölner Entwurf in § 5 Abs. 2 KE-EStG (Fn. 113) zum Ausdruck. Nach dem Entwurf entfiele das unlogische Rekurrieren auf das verfahrensrechtliche Lohnsteuerabzugsverfahren zur Bestimmung des materiellen Einkünftebegriffs bei Einkünften von dritter Seite. Dagegen ausdrücklich BFH v. 26.1.2000, Az. IX R 87/95, BStBl. II 2000, S. 396, BFHE 191, S. 274. 251 BFH v. 27.3.1958, Az. VI D 1/57 S, BStBl. III 1958, S. 258 (259), BFHE 66, S. 670 (671). 252 BFH v. 10.5.1960, Az. I 205/59 U, BStBl. III 1960, S. 335 (336), BFHE 71, S. 233. 253 BFH v. 10.3.1972, Az. VI R 278/68, BStBl. II 1972, S. 596 (597), BFHE 105, S. 348; BFH v. 13.4.1976, Az. VI R 216/72, BStBl. II 1976, S. 694 (695), BFHE 119, S. 247, BFH v. 22.4.1982, Az. III R 135/79, BStBl. II 1982, S. 496 (497), BFHE 135, S. 512. 254 BFH v. 19.7.1974, Az. VI R 114/71, BStBl. II 1975, S. 181 (182), BFHE 114, S. 28. 255 BFH v. 13.3.1974, Az. VI R 212/70, BStBl. II 1974, S. 411 (412), BFHE 112, S. 150.

E. Veranlassungsprinzip und Drittzuwendungen

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ebenso auf die „allgemeine Lebenserfahrung“ zurück um zu einer sachgerechten Lösung zu gelangen.256 Es lässt sich daher festhalten, dass der BFH bis Anfang der achtziger Jahre nur durch einzelne Bemerkungen zur dogmatischen Begründung des Zusammenhangs zwischen Dienstverhältnis und Zuwendung des Dritten Stellung genommen hat, weil insbesondere ein Abstellen auf die „Lebenserfahrung“257 keine Dogmatik liefert, sondern von der Methode her nur ein Abstellen auf eine typisierende Betrachtungsweise ist, die darauf gerichtet ist, individuelle Sachverhaltselemente für die Zwecke der Besteuerung zu negieren.258 Über den vom BFH herangezogenen Gleichbehandlungsgrundsatz und ein Abstellen auf Art. 3 GG gelangt man m.E. ebenfalls nicht ans Ziel, weil der Gleichbehandlungsgedanke zwar prinzipiell verlangt, dass von Dritten gezahlte Teile des Arbeitslohns ebenfalls besteuert werden, die vorgelagerte Frage aber, ob überhaupt Arbeitslohn vorliegt, dadurch nicht berührt wird. Die verfassungskonforme Auslegung ist erst dann methodenkonform zu verwenden und erheblich, wenn eines der gefundenen einfachgesetzlichen Ergebnisse unter Umständen einem Verfassungsprinzip entgegenläuft.259 D.h. Art. 3 GG kann keine dogmatische Konkretisierung ersetzen, sondern sie nur korrigieren. Dazu ist zunächst ein einfachgesetzliches Ergebnis nötig, welches dann korrigiert werden kann. Ein solches liegt aber nicht vor.

___________ 256

BFH v. 10.9.1976, Az. VI R 80/74, BStBl. II 1977, S. 178 (180f), BFHE 120, S. 465, der erste Leitsatz dieses Urteils lautet: „Nach der allgemeinen Lebenserfahrung besteht ein widerlegbarer Anschein dafür, daß in einer Gastwirtschaft bei Tanzveranstaltungen spielende, nebenberuflich tätige Musiker Arbeitnehmer des Gastwirts sind.“ Eine Dogmatik ist nicht erkennbar. 257 So BFH, Fn. 256. 258 So G. Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 1983, S. 209ff.; StuW 1975, S. 327 (330); ders., Leistungen durch Dritte im Lohnsteuerrecht DStJG 9 (1986), S. 85 (89). K. Tipke, StuW 1975, S. 327 (330); wendet sich ebenfalls gegen ein allzu häufiges Abstellen auf die Lebenserfahrung im Steuerrecht, da es nicht sein kann, dass der Gesetzgeber den Willen hatte, die Besteuerung an der Leistungsfähigkeit zu orientieren, diese aber durch eine abweichende Verkehrsauffassung überwältigen zu lassen. 259 So G. Crezelius, Leistungen durch Dritte im Lohnsteuerrecht, DStJG 9 (1986), S. 85 (89). Aber auch generell gilt, dass die verfassungskonforme Auslegung „erst dann ins Spiel gebracht (wird), wenn sich mit Hilfe der herkömmlichen und sonstiger Hilfsmittel der Konkretisierung verschiedene nebeneinander stehende Deutungsvarianten der fraglichen Norm herausgestellt haben.“ F. Müller/R. Christensen, Juristische Methodik, S. 104; F. Bydlinski, Methodenlehre, S. 40; K. Larenz, Methodenlehre, S. 339 ff.; BVerfG v. 30.6.1964, Az. 1 BvL 16/62, 1 BvL 17/62, 1 BvL 18/62, 1 BvL 19/62, 1 BvL 20/62, 1 BvL 21/62, 1 BvL 22/62, 1 BvL 23/62, 1 BvL 24/62, 1 BvL 25/62, BGBl I 1964, S. 645, BVerfGE 18, S. 97 (111), FamRZ 1964, S. 416.

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2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

Mit dem oben beschriebenen260 Abstellen auf das Veranlassungsprinzip im Urteil vom 17. September 1982 konkretisierte der BFH erstmals die Auslegung des Begriffs „für eine Beschäftigung“ und folgte damit den Forderungen der Literatur.261 Leider blieb er dabei die nähere Beschreibung schuldig, welche Qualität der Zusammenhang zwischen dem Dienstverhältnis und der Zuwendung des Dritten haben muss. Der BFH verwendet somit auch im Bereich der Drittzuwendungen weiter allgemeine Floskeln, um den Veranlassungszusammenhang zu bestätigen oder zu negieren.262 Einig sind sich Rechtsprechung263 und Literatur264 lediglich darüber, dass besonders sorgfältig geprüft werden müsse, ob die Grundlage für die Zuwendung in dem Dienstverhältnis oder in anderen Erwägungen oder Umständen zu sehen ist. Ein anderer Beurteilungsmaßstab ergibt sich daraus aber nicht, weil die von allen vertretene Forderung lediglich bedeutet, dass die Prüfung mit einer erhöhten Sorgfalt vorzunehmen ist (als ob sonst keine Sorgfalt oder nur unzureichende Sorgfalt angewendet würde). Der Schluss, dass an den Veranlassungszusammenhang bei Zuwendungen Dritter ein anderer Maßstab als bei der Vorteilsgewährung durch den Arbeitgeber anzulegen sei, ist demnach verfehlt.265 In der Konsequenz können daher die bisher aufgezeigten Grundsätze zum Arbeitslohn durch den Arbeitgeber auf die Fälle des Arbeitslohns durch Dritte im Grunde übertragen werden.

___________ 260

s. Fn. 86. S. Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 19, Rn. B 321; W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 19, Rn. 39; B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 190; J. Lang, Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (50); U. Prinz, StuW 1996, S. 267; G. Crezelius, Leistungen an und durch Dritte im Lohnsteuerrecht, DStJG 9 (1986), S. 85 (94). 262 T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 26, der als Beispiel das BFH-Urteil vom 20.9.1996, Az. VI R 57/95, BStBl. II 1997, S. 144, (145), BFHE 181, S. 298 anführt, in dem der BFH anhand einer „wertenden Betrachtung“ entschied, dass Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers dann nicht zum Arbeitslohn gehören, wenn sie dem Arbeitnehmer aufgrund eines zivilrechtlichen Anspruches zustünden. 263 BFH v. 19.7.1974, Az. VI R 114/71, BStBl. II 1975, S. 181 (182), BFHE 114, S. 28; ihm folgend: Niedersächsisches FG v. 10.10.2003, Az. 11 K 191/03, EFG 2004, S. 901; Sächsisches FG v. 25.4.2001, Az. 5 K 1102/99, EFG 2001, S. 1045. 264 W. Drenseck, in: Schmidt. § 19 Rn. 39 m.w.N. G. Dietrich, DB 1976, S. 309, geht davon aus, dass es sich bei der Drittzuwendung um einen Ausnahmefall handele, der quantitativ von geringer Bedeutung sei. Jedoch treten in der Drittzuwendungskonstellation die dogmatischen Schwierigkeiten um so mehr auf. 265 T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 27. 261

E. Veranlassungsprinzip und Drittzuwendungen

83

1. Beurteilungsperspektive Direkt im Anschluss stellt sich die Frage, welche Beurteilungsperspektive anzuwenden ist. Dabei kommen theoretisch mehrere Möglichkeiten in Betracht: Die Sicht des Arbeitnehmers, die des Arbeitgebers und die des Dritten. In Rechtsprechung und Literatur werden ebenso Mischformen dieser Ansichten vertreten, die zumeist auf eine verobjektivierte Sicht abstellen:

a) Sicht des Arbeitnehmers Die höchstrichterliche Rechtsprechung266 vertritt die Ansicht, dass grundsätzlich die Sicht des Arbeitnehmers entscheidend sei, „wenn der Arbeitnehmer einen erhaltenen Vorteil vernünftigerweise wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachten muss.“ Nach dem Urteil vom 30. Mai 2001267 sei „entscheidend für die Bejahung eines geldwerten Vorteils durch den verbilligten oder unentgeltlichen Sachbezug, dass ein objektiver Betrachter aus der Sicht des Empfängers einen geldwerten Vorteil i. S. einer objektiven Bereicherung bejahen würde.“

Damit stellte die Rechtsprechung auf die verobjektivierte Sicht des Arbeitnehmers ab. Nach dieser Meinung ließ sich damit die Frage formulieren: „Wie durfte der Arbeitnehmer die Leistung des Dritten verstehen?“268

b) Sicht des Arbeitgebers Demgegenüber lässt sich für die Sicht des Arbeitgebers anführen, dass die Rechtsprechung bei bestimmten Fallkonstellationen im Zweipersonen___________ 266 BFH v. 19.7.1974, Az. VI R 114/71, BStBl. II 1975, S. 181 (182), BFHE 114, 28; BFH v. 10.5.1960, Az. I 205/59 U, BStBl. III 1960, S. 335, BFHE 71, S. 233; BFH v. 22.2.1963, Az. VI 165/61 U, BStBl. III 1963, S. 306, BFHE 76, S. 843; der Rechtsprechung folgend die Literatur: S. Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 19, Rn. B 402; B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 232; kritisch hierzu E. Schmidt, Zur Steuergerechtigkeit, BB 1999, S. 506; dagegen wiederum J. v. Bornhaupt, Leistungen Dritter als steuerpflichtige Einnahme, BB 1999, S. 1532. 267 BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, S. 376. 268 Der Kritik von E. Schmidt, DB 1991, S. 1699 nach der „nicht klar sei, ob Zuwendungen von Dritten aus Sicht des Arbeitnehmers oder anhand objektiver Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips zu beurteilen sein sollen“, kann nicht gefolgt werden, weil es durchaus denkbar ist, im Rahmen der Sicht eines der Beteiligten einen objektivierten, am Einzelfall orientierten Maßstab anzusetzen, vermöge dessen man subjektive, auf persönlichen Ansichten basierende Vorstellungen des Beteiligten ausscheidet.

84

2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

verhältnis269 auf seine Perspektive abstellt, indem trotz Bereicherung des Arbeitnehmers kein Arbeitslohn angenommen wird, wenn der Arbeitgeber mit der Zuwendung ein sog. ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse mit der Zuwendung verfolgt. Dieses sei gegeben, wenn aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund stehe.270

c) Sicht des Dritten Braune271 kommt zu dem Schluss, dass sich die Rechtsprechung zum überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers auf den Dritten übertragen lasse, weil die Zweckbestimmung der Zuwendung dort auch alleine vom Zuwendenden ausgehe. Dies wäre dann konsequenterweise auf den Dritten zu übertragen, weil sich der Zweck einer Zuwendung (auch) anhand seiner Motive bestimme und konsequenterweise seine Perspektive ebenfalls entscheidend bei der Frage sei, ob Arbeitslohn durch Dritte vorliege.272

d) Mischformen Einen völlig neuen Weg geht das Finanzgericht Berlin im Urteil vom 13.12.2004,273 wenn es ausführt, dass es darauf ankomme, „dass die Zuwendung sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber ___________ 269

Ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH v. 11.1.2007, Az. VI R 69/02, (nicht veröffentlicht); BFH v. 5.9.2006, Az. VI R 38/04, BFH/NV 2006, S. 2349; BFH v. 22.6.2006, Az. VI R 21/05, BStBl. II 2006, S. 915; BFH v. 10.5.2006, Az. IX R 82/98, BStBl. II 2006, S. 669, BFHE 213, S. 487. 270 Im Einzelnen ist hier vieles umstritten: So spricht für die Ansicht der Rechtsprechung, dass im Grunde letztlich nur der Arbeitgeber bestimmen kann, weshalb er die Leistung erbringt (so B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 200 ff. m. w. N.). Dagegen lässt sich aber einwenden, dass konsequenterweise auch der Lohn im Arbeitgeberinteresse gezahlt wird oder dass es nach Aufgabe der Annehmlichkeitenrechtsprechung seltsam wäre, erneut auf subjektive Motive des Arbeitgebers bei der Zuwendung abzustellen, so B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 205, der sich im Ergebnis aber wiederum der Rechtsprechung anschließt. Zum ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse E.-M. Gersch, Das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an Zuwendungen – Lohnsteuer im Wandel, in: Festschrift für Franz Klein, S. 889. 271 T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 30. 272 H. Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 19, Rn. 171, spricht sich ebenso für die Sicht des Dritten aus, wobei nach ihm jedoch die oben beschriebenen objektivierenden Kriterien des BFH anzuwenden seien. 273 FG Berlin v. 13.12.2004, Az. 9 K 9090/03, EFG 2005, S. 1354; DStRE 2005, S. 1446.

E. Veranlassungsprinzip und Drittzuwendungen

85

darstelle und aus Sicht des Zuwendenden im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehe.“ Damit soll es zum einen auf die Sicht des Arbeitnehmers und zum anderen auf die Sicht des Dritten ankommen.

2. Eigene Stellungnahme zur Beurteilungsperspektive und Zusammenfassung zu den Drittzuwendungen Es lässt sich feststellen, dass sich noch nicht herausgebildet hat, auf wessen Sicht es in concreto ankommt. Es ist sicherlich richtig, im Zweipersonenverhältnis über die Figur des sog. ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses auch auf die Sicht und die Motivation des Arbeitgebers abzustellen. Im Dreipersonenverhältnis, also in den Fällen der Gewährung von Vorteilen durch Dritte, ist hingegen fraglich, ob das Interesse und die Sicht des Arbeitgebers alleine ausschlaggebend sein können. In diesen Konstellationen kann das Interesse des Arbeitgebers als ein äußerer Umstand im Rahmen der Gesamtwürdigung m.E. nur bedingt herangezogen werden. Der Zweck, den der zuwendende Dritte mit der Verschaffung des Vorteils zu erreichen sucht, muss nämlich mit dem Interesse des Arbeitgebers nicht zwingend übereinstimmen, wie man am Beispiel der Bestechungsgelder274 oder Streikunterstützungen275 erkennen kann: Hier bestimmt nur der zuwendende Dritte den Zweck der Leistung, die sich in bestimmten Fallkonstellationen sogar gegen die Interessen des Arbeitgebers richten kann.276 Wenn zuvor auf die finale Handlungslehre abgestellt wurde, ist es nur konsequent in den Fällen der Drittzuwendung die Motive und Zielsetzung des Dritten zumindest in einer Gesamtschau in das Ergebnis einfließen zu lassen, weil der Dritte in diesen Fällen der einzig Handelnde ist und folglich auch seine Motivation über Ursprung und Zweck der Hingabe des Vorteils Auskunft geben kann. Sind bei der Hingabe des Vorteils mehrere Ursachen oder Motive denkbar, so hilft die Theorie von der wesentlichen Bedingung die wesentlichen Faktoren zu bestimmen und präzisiert damit die anhand der finalen Handlungslehre gefundenen Ergebnisse. Daher spricht Vieles dafür, im Einzelfall immer alle drei denkbaren Perspektiven zu betrachten und an einem objektiven Maßstab zu messen, der sich nach dem Zweck der Vorteilsverschaffung aus der jeweiligen Sicht richtet. So muss danach gefragt werden, was der zuwendende Dritte mit der Verschaffung des Vorteils objektiv bezweckt haben mag und wie der Arbeitnehmer bzw. Arbeit___________ 274

BFH v. 26.1.2000, Az. IX R 87/95, BStBl. II 2000, S. 396, BFHE 191, S. 274. Sog. Streikurteil des BFH v. 24.10.1990, Az. X R 161/88, BStBl. II 1991, S. 337, BFHE 162, S. 329. 276 Im Ergebnis so auch T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 29. 275

86

2. Kap.: Zuordnung nach einkommensteuerlichen Kausaltheorien

geber diese Leistung des Dritten verstehen durfte. Nur die objektive Würdigung aller im Einzelfall möglichen Auffassungen und Gründe für die Zuwendung des Dritten gewährleistet ein umfassendes und daher überzeugendes Ergebnis.277 Da kein anderer Maßstab für den Veranlassungszusammenhang bei Zuwendungen Dritter als bei der Vorteilsgewährung im Zweipersonenverhältnis anzulegen ist, können die bisher aufgezeigten Grundsätze zum Arbeitslohn durch den Arbeitgeber auf die Fälle des Arbeitslohns durch Dritte im Grunde übertragen werden.

___________ 277 Auch in Abhandlungen die diese Problematik zum Hauptthema haben, lässt sich keine generelle Antwort auf die Frage finden. Daher stellt beispielsweise auch T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 30, alle Ansichten dar und entscheidet sich letztlich für alle drei möglichen Perspektiven; ebenfalls für die Sicht des neutralen Beobachters bei der alle Umstände zu würdigen sind: M.-I. Thomas in: Küttner, Personalbuch 2007, Arbeitsentgelt, Rn. 44.

3. Kapitel

Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen A. Allgemeine Grundlagen Wie einleitend beschrieben, bezeichnet man als Belegschaftsgeschäft Vertragsgestaltungen, bei denen die versicherungstechnisch definierte Gruppe aus den Arbeitnehmern eines Arbeitgebers besteht. Das Belegschaftsgeschäft wird grundsätzlich in zwei verschiedenen Formen betrieben: Im Falle der Sammelversicherung schließt ein Unternehmen (möglicherweise über seinen firmenverbundenen Vermittler, dazu unten 3. Kap., B. I.) mit der Versicherungsgesellschaft sog. Rahmenverträge ab, durch welche der Inhalt der mit den Einzelnen, auf freiwilliger Basis versicherten Arbeitnehmern fixiert wird. Der Rahmenvertrag beinhaltet Konditionen, zu denen sich die Arbeitnehmer mit Versicherungsschutz eindecken können.278 Im Gegensatz zur Gruppenversicherung, bei der lediglich der Arbeitgeber Versicherungsnehmer wird, ist jeder Arbeitnehmer auch Versicherungsnehmer. Bei Gruppenversicherungsverträgen handelt der Arbeitgeber (möglicherweise durch (s)einen firmenverbundenen Vermittler)279 mit dem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag aus, bei dem nur der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist und an dem die Arbeitnehmer lediglich als Versicherte bzw. Bezugsberechtigte beteiligt sind. Dabei ist es grundsätzlich möglich, dass Leistungen aus einer Gruppenversicherung, die der Arbeitgeber zu Gunsten seiner Arbeitnehmer abgeschlossen hat, Arbeitslohn sind, selbst wenn die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Arbeitgeber zusteht.280 Sammelversicherung und Gruppenversicherung unterscheiden sich somit lediglich durch die Person des Versicherungsnehmers.281 ___________ 278

Koch/Umann/Weigert, Lexikon der Lebensversicherung, S. 101. s. u. 3. Kap., B. I. 280 Zuletzt Sächsisches FG v. 1.2.2006, Az. 2 K 1955/04 (Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 19/06). 281 W. Schickinger, in: Handwörterbuch der Versicherung, S. 239ff.; J. Frank v. Fürstenwerth/A. Weiß, Gruppenversicherung, S. 302 f., Sammelversicherung, S. 556. 279

88

3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

I. Ursprung der Vorteile des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungen Im Belegschaftsgeschäft werden private Risiken von Arbeitnehmern durch ein Versicherungsunternehmen kollektiv versichert. Fraglich ist, ob denkbare Vorteile, die sich aus dem Effekt der Bildung einer homogenen Gruppe, dem Effekt des Ausgleichs-in-der-Zeit, dem Effekt der erleichterten Datenbeschaffung, dem Effekt des Verkaufs eines einheitlichen Versicherungsprodukts oder weiteren psychologischen Effekten ergeben, lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Merkmal der Veranlassung zu, das im 2. Kapitel beschrieben wurde. Damit der Vorteil, der sich beim Belegschaftsgeschäft für die Versicherten ergibt, erkennbar wird, ist es zunächst erforderlich zu erklären, welche Effekte sich durch die sog. Risikotransformation in der Versicherungswirtschaft allgemein ergeben. Dies soll im Folgenden geschehen.

1. Die wesentlichen Ursachen von Vorteilen in der allgemeinen Versicherungswirtschaft Auf den ersten Blick könnte es für den versicherungstechnischen Laien den Anschein haben, dass die Versicherungsnehmer, die Teil einer Belegschaft sind, für den gleichen Versicherungsschutz eine geringere Prämie zahlen müssen als andere Versicherungsnehmer und daher einen Vorteil erhalten. Dem ist jedoch nicht so. Zur näheren Betrachtung der Kausalität der maßgeblichen Vorteile soll im Folgenden ganz allgemein aufgezeigt werden, woraus die Vorteile im Wesentlichen resultieren. Die anzusprechenden Ursachen der Vorteile stellen jedoch keine Besonderheit des Belegschaftsgeschäfts dar, sondern finden sich auch in der allgemeinen Versicherungswirtschaft. Sie treten aber im Falle des Belegschaftsgeschäfts besonders deutlich zu Tage und führen zu einem größeren Vorteil für die versicherten Belegschaftsangehörigen. Darauf wird sogleich unter 2. noch eingegangen werden.

___________ Nach demselben Prinzip funktioniert auch die sog. Gruppenlebensversicherung, bei der eine Lebensversicherung für eine größere Personengruppe in einem Versicherungsvertrag abgeschlossen wird. Derartige Gruppenversicherungsverträge sind nach den vom BAV erlassenen Richtlinien über Sondervergütungen und Begünstigungsverträge in der Lebensversicherung zulässig, trotz des Verbots der bevorzugten Behandlungen einzelner zum Nachteil anderer. Jedoch bedürfen derartige Verträge der Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), welches jedoch vor dem Hintergrund des sich von der allgemeinen Risikostruktur unterscheidenden Belegschaftsgeschäftsprodukts geschieht.

A. Allgemeine Grundlagen

89

a) Vorteile durch die Bildung homogener Gruppen Damit der Vorteil, der sich in durch die Bildung homogener Gruppen ergibt erläutert werden kann, ist es zunächst erforderlich, sich mit grundlegenden versicherungstheoretischen und versicherungsmathematischen Überlegungen auseinanderzusetzen:

aa) Das versicherungstheoretische Grundmodell als Ausgangspunkt Beim Versicherungsgeschäft handelt es sich um eine Finanzdienstleistung, bei der Abnehmer und Anbieter jeweils einen Vorteil aus dem Abschluss von Versicherungsverträgen ziehen. Nach der Risikotransformationstheorie in der Versicherung sind Effekte des Transfers und der Re-Distribution (sog. Versicherungseffekte 1. Ordnung) per se zwar schon bedeutsam genug: Für den Abnehmer besteht der entscheidende Vorteil ganz offensichtlich darin, dass er ein Risiko – beispielsweise den Verlust einer Sache – absichern und das Risiko des Verlusts der Sache auf einen anderen überwälzen kann und im Gegenzug – Solvenz des Versicherungsgebers vorausgesetzt – eine feste Rechengröße für ein sonst unbestimmtes Risiko erhält. Ein weiterer der wesentlicher Nutzen des Versicherungsgeschäfts besteht darin, dass das Versicherungsunternehmen durch Anwendung des risikopolitischen Instrumentariums eine Risikotransformation (einen sog. Versicherungseffekt 2. Ordnung)282 bewirkt. Der Anbieter einer Versicherung erzielt nämlich einen Vorteil, weil die Risikoübernahme als Marktleistung für ihn mit Gewinn – wie zu zeigen sein wird – möglich ist. Dabei bedient er sich des versicherungsmathematischen283 Phänomens des sog. Risikoausgleichs im Kollektiv, das im Folgenden anhand von Beispielen284 erklärt werden soll. Anhand des Risikoausgleichs im Kollektiv kommt es zu einer differenzierteren Prämienberechnung und letztlich zu einer Reduktion der Individualprämie für die Kollektiv___________ 282

So P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 6. Im BMF-Schreiben vom 20.3.1996 – IV B 6 – S 2334 – 100/96 = DB 1996, S. 655 heißt es dazu: „Prämienunterschiede beruhen auf Versicherungsrecht (Hervorhebung durch den Verfasser) und stellen keinen Arbeitslohn dar, soweit sie sich nicht aus zusätzlich eingeräumten Vergünstigungen ergeben, die aber aufsichtsrechtlich nicht zulässig sind.“ Dem BMF, wie auch allen anderen Kommentatoren scheint nicht aufgefallen zu sein, dass es sich hierbei nicht um eine Frage des Rechts sondern vielmehr um eine versicherungsmathematische Eigenart handelt. Nur mit diesem Hintergrund trifft das BMF-Schreiben vom 20.3.1993 den Kern der Sache. 284 Die nachfolgenden Beispiele sind größtenteils dem Lehrbuch von M. Bitz, Finanzdienstleistungen, ab S. 328 entnommen. 283

90

3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

angehörigen im Vergleich zu Individuen, die nicht in einem Kollektiv zusammengefasst sind:

(1) Ausgangsbeispiel Als Ausgangssituation sei unterstellt, dass Fahrradbesitzer im Zeitraum eines Jahres dem 10%-igen Risiko unterliegen, dass ihr Fahrrad gestohlen wird und ein Schaden von 500 € entsteht. Auf der anderen Seite beträgt folglich das Risiko, dass das Fahrrad nicht gestohlen wird, und kein Schaden eintritt 90%. Damit Risikosituationen dieser Art vergleichbar werden, ist es üblich, auf bestimmte wahrscheinlichkeitstheoretische Parameter zurückzugreifen, wobei dem Erwartungswert — und der Standardabweichung ı besonderes Gewicht zukommt, weil diese die Grundlagen der versicherungsmathematischen Berechnung darstellen. — ist dabei ein Indikator für die im statistischen Durchschnitt zu erwartende durchschnittliche Schadenshöhe. ı ist hingegen ein Indikator für das Ausmaß, in dem die tatsächlich eintretenden Ergebnisse von dem rechnerischen Erwartungswert abweichen können, besagt also etwas über die Größe der Unsicherheit, der sich die betrachteten Individuen ausgesetzt sehen. Soll der Erwartungswert — berechnet werden, so multipliziert man jeden möglichen Ergebniswert mit der dazugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeit und addiert anschließend die gewonnenen Produkte. Im Ausgangsbeispiel285 gilt daher: —1 = 0,9  0 + 0,1  500 = 50. Die sog. Schadenserwartung, d.h. der Erwartungswert des Schadens beträgt im oben gebildeten Fall also 50 Euro. Will man also den erwarteten Schaden begleichen, müssen die Fahrradbesitzer also mindestens 50 Euro zur Verfügung stellen, die sog. Nettorisikoprämie. Etwas schwieriger gestaltet sich die Berechnung der Standardabweichung ı: Als ersten Schritt ist für jeden möglichen Ergebniswert die Differenz zum Erwartungswert — zu bilden. Auf das Beispiel bezogen ergibt sich 0 - 50 = - 50 und 500 - 50 = 450. Weiter werden in einem zweiten Schritt die gewonnenen Differenzen quadriert286, d.h. (-50)² = 2.500 und 450² = 202.500. ___________ 285

Die Indizes bei μ und ı beziehen sich auf die Anzahl der betrachteten Personen. Die Varianz ist in der Statistik ein Streuungsmaß, d.h. ein Maß für die Abweichung einer Zufallsvariable X von ihrem Erwartungswert E(X). Die Varianz verallgemeinert das Konzept der Summe der quadrierten Abweichungen vom Mittelwert in einer 286

A. Allgemeine Grundlagen

91

In einem dritten Schritt werden dann die gefundenen Quadratwerte mit den dazugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeiten multipliziert und aufaddiert. Dieses Zwischenergebnis wird allgemein als Varianz bezeichnet. Im Beispiel ergibt sich für die Varianz folglich:

0,9 Â 2.500 + 0,1 Â 202.500 = 2.250 + 20.250 = 22.500.

Aus dem Varianzwert wird als letzter Schritt zur Ermittlung der Standardabweichung μ schließlich die Wurzel gezogen, d.h. 22.500

150 .

Daher ergibt sich zusammenfassend für das Ausgangsbeispiel:

V1

0,9 ˜ (0  50) 2  0,1 ˜ (500  50)2

150.

Für Situationen, in denen es mit der Wahrscheinlichkeit p zu einem Schaden S und mit der Gegenwahrscheinlichkeit (1 - p) zu keinem Schaden kommt, kann gezeigt werden, dass sich μ und ı allgemein nach folgenden Formeln berechnen lassen: P1

(1)

(2)

V1

p˜S

p ˜ (1  p ) ˜ S

Wie beschrieben ist μ dabei ein Indikator für die im statistischen Durchschnitt zu erwartende durchschnittliche Schadenshöhe und ı ein Indikator für das Ausmaß, in dem die tatsächlich eintretenden Ergebnisse von dem rechnerischen Erwartungswert abweichen können. ___________ Beobachtungsreihe. Diese sog. Methode der kleinsten Quadrate (bezeichnender auch: der kleinsten Fehlerquadrate; englisch: Least Squares Method) ist das mathematische Standardverfahren zur Ausgleichungsrechnung. In der Stochastik wird die Varianz einer Zufallsvariablen über die allgemeine Formel Var (X) = E[(S-E(X))²] bestimmt.

92

3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Im Folgenden wird eine im einschlägigen Schrifttum287 gängige Annahme übernommen und unterstellt, dass die betrachteten Personen in der Weise risikoscheu eingestellt sind, dass sie – bei gegebenem Unsicherheitsgrad (ı) eine niedrigere Schadenserwartung (μ) einer höheren vorziehen und – bei gegebener Schadenserwartung (μ) einen niedrigeren Unsicherheitsgrad (ı) einem höheren vorziehen.

(2) Das Grundmodell der Gefahrengemeinschaft und der Effekt des Risikoausgleichs im Kollektiv Wurde eben im versicherungstheoretischen Grundmodell eine größere Anzahl von Fahrradbesitzern betrachtet, wird nun angenommen, dass zwei Fahrradbesitzer eine „Gefahrengemeinschaft“ in der Weise bilden, dass alle eventuell auftretenden Schäden – unabhängig davon, wessen Fahrrad gegebenenfalls gestohlen wird – gemeinsam getragen werden. Dabei wird unterstellt, dass die Gefahr, dass bei einem der Teilnehmer das Rad gestohlen wird, völlig unabhängig davon ist, ob es bei dem anderen zu einem Diebstahl kommt oder nicht.288 Ob die Bildung einer Gefahrengemeinschaft Auswirkungen auf die Risikosituation der Beteiligten hat, soll im Folgenden erläutert werden: Zunächst fällt auf, dass es jetzt nicht mehr die beiden Möglichkeiten „Schaden“ oder „kein Schaden“ gibt. Vielmehr können nun insgesamt drei verschiedene Situationen eintreten, nämlich die, dass es zu keinem, zu einem oder zu zwei Diebstählen kommt. Die ersten drei Spalten der folgenden Tabelle verdeutlichen diese drei Konstellationen und die zugehörigen Schadenssummen insgesamt sowie pro Kopf des einzelnen Partners.

___________ 287 M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 329; E. Helten/W. Karten, Das Risiko und seine Kalkulation, S. 12, gehen bei ihrer Darstellung ebenfalls hiervon aus. 288 Dies ist das sog. Erfordernis voneinander unabhängiger Risiken. Im gebildeten Fall wäre das Risiko des Verlustes beider Fahrräder ungleich höher, wenn beide Fahrräder beispielsweise nur durch dasselbe Schloss gesichert werden, weil hier die ungleich höhere Chance besteht, dass der Dieb nach Aufbrechen des Schlosses gleich beide Fahrräder entwendet. Das Modell der Gefahrengemeinschaft funktioniert im Grundmodell also nur, wenn es sich um voneinander unabhängige Risiken handelt; s. auch 3. Kap., A. I. 1. a) cc) (3) zum Erfordernis voneinander unabhängiger Risiken.

A. Allgemeine Grundlagen

93

Tabelle 1 Schadenssummen und ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten Zahl der Schäden

Schadenssumme insgesamt

Schadenssumme pro Kopf

Zahl der Konstellationen

Wahrscheinlichkeit

0

0

0

1

1 Â 0,92, = 81%

1

500

250

2

2 Â 0,9 Â 0,1, = 18%

2

1.000

500

1

1 Â 0,12, = 1%

Im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser drei Konstellationen ist zweierlei zu beachten: Allgemein ergibt sich die Wahrscheinlichkeit dafür, dass zwei voneinander unabhängige Ereignisse zugleich eintreten, einfach als Produkt der jeweils zugehörenden Eintrittswahrscheinlichkeiten. So erhält man die in der fünften Spalte der obigen Tabelle wiedergegebenen Werte für die Möglichkeiten von 0 bzw. 2 Schäden. Kann ein bestimmtes Ereignis auf verschiedene Weisen durch das Zusammentreffen von zwei voneinander unabhängigen Ereignissen zustande kommen, so sind die ermittelten Wahrscheinlichkeitsprodukte aufzuaddieren oder – bei wertmäßiger Identität – mit der Zahl der zu dem Ergebnis führenden Konstellationen zu multiplizieren. So ergibt sich der in Tabelle 1 für die Möglichkeit genau eines Schadens angegebene Wahrscheinlichkeit von 18 % als Summe aus 9 % für den Diebstahl des einen Fahrrades und weiteren 9 % für den Diebstahl des anderen Fahrrads. In der folgenden Tabelle 2 sind zur Verdeutlichung noch einmal die Schadensverteilungen (pro Kopf) zusammengestellt, denen sich ein einzelner Fahrradbesitzer gegenübersieht, je nachdem ob er einen etwaigen Schaden isoliert zu tragen hat oder sich mit einem Partner zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengeschlossen hat. Tabelle 2 Pro Kopf-Schaden und Eintrittswahrscheinlickeiten Gruppengröße

1

2

Pro Kopf-Schaden

0

500

0

250

500

Wahrscheinlichkeit

90%

10%

81%

18%

1%

Ein Vergleich der beiden Verteilungen führt zu zwei Erkenntnissen: Die Eintrittswahrscheinlichkeiten für die beiden Extremwerte (im gegebenen Fall also 0 und 500) sind in gleicher Weise um 9% Punkte kleiner geworden, was bei der

94

3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Schadenswahrscheinlichkeit zu einer Reduktion von 10% auf 1% relativ viel stärker ins Gewicht fällt als bei der Wahrscheinlichkeit für den schadensfreien Fall. Gleichzeitig ist nun jedoch ein in der Ausgangssituation nicht erreichbarer „mittlerer“ Schadenswert von 250 mit einer Wahrscheinlichkeit von 18% zu erkennen. Die Zusammenfügung von zwei identischen Schadenssituationen zu einer Gefahrengemeinschaft der geschilderten Art hat die Risikosituation der Beteiligten also auf jeden Fall verändert. Wie diese Veränderung zu bewerten ist, hängt grundsätzlich von den subjektiven Präferenzen der Beteiligten ab. Geht man allerdings weiterhin davon aus, dass diese in dem oben definierten Sinne risikoscheu eingestellt sind, so lassen sich weitere Aussagen dadurch gewinnen, dass für die neue Situation wiederum μ und ı berechnet werden. Daraus ergibt sich nach den oben verbal umschriebenen Rechenregeln: P2 V2

0,81 ˜ 0  0,18 ˜ 250  0,01 ˜ 500

50

0,81 ˜ (  50 ) 2  0,18 ˜ 200 2  0,01 ˜ 450 2

2025  7200  2025

106 ,06 .

Vergleicht man diese Werte mit den für die Ausgangssituation bestimmten Größen (μ1 = 50; ı1 = 150, so fällt auf, dass die Schadenserwartung völlig unverändert geblieben ist, jedoch der durch die Standardabweichung gemessene Unsicherheitsgrad spürbar kleiner geworden ist. Bei diesem Befund handelt es sich jedoch nicht um einen Zufall, sondern um eine Systematik. Werden mehrere – allgemein – einfache Schadensverteilungen der in der Ausgangssituation betrachteten Art in eine Gefahrengemeinschaft eingebracht, so gilt – wie sich allgemein zeigen lässt289 – für die auf die Verteilung der Pro-Kopf-Schäden bezogenen Parameter: Pn

(3)

Vn

(4)

1 ˜n˜ p˜S n

p˜S

p ˜ 1  p ˜S n

P1

V1 n

Die numerische Überprüfung der Formel 4 für unser Beispiel bestätigt die bis hierhin gefundenen Ergebnisse, denn es gilt: ___________ 289

M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 329.

A. Allgemeine Grundlagen 150 2

150 1,4142

95

106

Mit zunehmender Größe des zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengeschlossenen Kollektivs wird der Unsicherheitsgrad – bei gleich bleibender Schadenserwartung – also immer kleiner, allerdings nicht proportional, sondern gedämpft nach dem Prinzip der Quadratwurzel. Dementsprechend bewirkt also etwa eine Vervierfachung der Kollektivgröße nur eine Halbierung und beispielsweise eine Verneunfachung lediglich eine Drittelung des Unsicherheitsgrades. Schließt sich nun eine größere Zahl von Fahrradbesitzern zu einer Gefahrengemeinschaft zusammen, so bleibt unter den bisherigen Annahmen der Durchschnittsschaden unverändert, während der Unsicherheitsgrad über den tatsächlich zu tragenden Pro-Kopf Schaden immer kleiner wird. Im gewählten Beispiel beläuft sich schon bei einer Gruppengröße von 900 (mit ı = 5) die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der tatsächlich eintretende Pro-Kopf-Schaden im Bereich von 50 r 20 Euro liegt, auf über 99,99%. Bei einer Gruppengröße von 10.000 (mit ı = 1,5) gilt dieser Sicherheitsgrad bereits für eine Schadensmarge von 50 r 6 Euro. Die im Folgenden beschriebenen Effekte beim Belegschaftsgeschäft lassen sich daher nur ab einer bestimmten Mindestgröße der Belegschaft nutzen. Für Personen, die in der eingangs definierten Weise risikoscheu sind, bringt der Zusammenschluss zu einer Gefahrengemeinschaft also deutliche Vorteile: das ursprünglich vergleichsweise hohe Risiko wird durch den Risikoausgleich im Kollektiv ganz erheblich reduziert. Die Bildung einer solchen Gefahrengemeinschaft kann daher sogar dann noch lohnend sein, wenn deren Organisation (Abschluss der Verträge, Erhebung einer Umlage zur Abwicklung eingetretener Schäden) zusätzliche Kosten verursacht.290 Die Versicherungsnahme hat für einen Versicherungsnehmer291 nun einen Vorteil, wenn sie bei unverändertem Sicherheitsniveau weniger Gesamtprämie (inklusive Betriebskostenzuschlag und Gewinnzuschlag als Kompensation für die Tragung des versicherungstechnischen Risikos) an das Versicherungsunternehmen entrichten muss, als die notwendige rein individuelle finanzielle Reserve beträgt.292 Der Grund dafür, dass eine solche Konstellation möglich ist, besteht in den Möglichkeiten des Versicherungsunternehmens zur Organisation ___________ 290

M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 334. In der Versicherungsökonomie wird von Wirtschaftseinheit als einer Einheit gesprochen, die in einer festen Periode einer Reihe von Risiken ausgesetzt ist, die sie nicht vermeiden kann. 292 P. Albert, Zur Risikotransformationstheorie, S. 20, 27. 291

96

3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

eines Ausgleichs im Kollektiv: Die Schadensschwankungen werden zwar bei wachsendem Kollektiv (absolut) nicht geringer,293 aber deren Konsequenzen können günstiger getragen werden. Ein größeres Kollektiv benötigt relativ – d.h. pro Versichertem gerechnet – geringeren kalkulatorischem Sicherheitszuschlag und Sicherheitskapital, um dasselbe Sicherheitsniveau zu erreichen. Für den Versicherungsnehmer hat dieser Ausgleich-im-Kollektiv-Effekt eine sehr bedeutsame Konsequenz: Zwar hat der Preis für den Risikotransfer stets eine Untergrenze, nämlich den Schadenserwartungswert μ, – Versicherungsschutz kann also selbst bei großer Zahl von abgesetzten Einheiten niemals beliebig billig oder nahezu kostenlos produziert werden – jedoch kann die gesamte notwendige Risikoprämie durch Ausnutzung des Ausgleichs im Kollektiv verbilligt werden.294 Der Ausgleich-im-Kollektiv-Effekt ist das wichtigste Instrument zur Risikotransformation. Eine Risikotransformation findet deshalb statt, weil der versicherte Gesamtschaden bei gleichem Risiko günstiger getragen werden kann. Dieser Effekt wird als Versicherungseffekt 2. Ordnung bezeichnet. In der Realisation dieses Risikotransformationseffekts liegt ein zentraler Nutzen der Versicherung.295

bb) Versicherungsschutz als für Versicherten und Versicherungsunternehmen vorteilhafte Konstellation (betriebswirtschaftlicher Nutzen) Im Modell der Gefahrengemeinschaft ist mathematisch erwiesen, dass die Zugrundelegung eines ausreichend großen Kollektivs eine Reduzierung des Unsicherheitsgrades bewirkt und damit in der Folge die Prämienzahlungslast für alle im Kollektiv Versicherten reduziert. Damit ist jedoch noch nichts über die Vorteilhaftigkeit für das Versicherungsunternehmen gesagt, entsprechende Verträge auf dem Markt anzubieten, weil bisher nur von der Grundstruktur eines sog. Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit296 ausgegangen wird, bei welchem sich die Risikoträger selbst versichern. Für einen außerhalb der Gefahrengemeinschaft stehendes Versicherungsunternehmen gilt, dass es die Risikoübernahme (Versicherungsschutz, Risikotransformation) als Marktleistung anbieten wird, um daraus Gewinn zu erzie___________ 293

men. 294

Die Schadensschwankung verändert sich nicht. Es wäre verfehlt, dies anzuneh-

P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 20. P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 21. 296 Der VVaG ist geregelt in § 15 bis 53 b VAG geregelt, näher zum Wesen des VVAG: Gabler Versicherungslexikon, S. 986; S. Ruh, Versicherungslexikon, S. 186. 295

A. Allgemeine Grundlagen

97

len, solange die Gesamtbelastung, die durch die Organisation des Kollektivs entsteht, den Vorteil, der durch die Reduzierung des Unsicherheitsgrades bewirkt wird, nicht überschreitet. Damit wäre auch zu untersuchen, ob das Versicherungsunternehmen dem Versicherten generell einen Vorteil vergleichbar einem Rabatt beim Absatz von industriellen Produkten297 zuwendet, oder ob sich dieser aus den versicherungsmathematischen Gegebenheiten entwickelt und nur aufgrund des Marktdrucks an die Versicherten weitergegeben wird. Im Folgenden soll ein einfaches Beispiel298 zeigen, dass sich sowohl das Versicherungsunternehmen als auch die Versicherungsnehmer durch den Abschluss eines Versicherungsvertrages besser stellen, als ohne den Abschluss eines solchen Vertrages.

(1) Beispiel für die beidseitige Vorteilhaftigkeit der Risikotransformation Im Folgenden soll anhand des Modells einer Vierer-Gemeinschaft ein für Versicherte und Versicherungsunternehmen gleichsam vorteilhafter Effekt erläutert werden. Zunächst soll die Verteilung der möglichen Pro-Kopf Schäden nach bekanntem Muster in einer Tabelle 3 deutlich gemacht werden: Tabelle 3 Schadenssummen und ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten in einer Vierergemeinschaft Zahl der Schäden

Schadenssumme insgesamt

Schadenssumme pro Kopf

Zahl der Konstellationen

Wahrscheinlichkeit

0

0

0

1

1 Â 0,94, = 65,61%

1

500

125

4

4 Â 0,93 Â 0,1, = 29,16%

2

1.000

250

6

6 Â 0,92 Â 0,12 = 4,86%

3

1.500

375

4

4 Â 0,9 Â 0,13, = 0,36%

4

2.000

500

1

1 Â 0,14, = 0,01%

___________ 297

Zur Differenzierung zwischen Rabatt und Tarif, s.u. 3. Kap., A. I. 2.d). Das Beispiel wurde dem Lehrbuch von M. Bitz, Finanzdienstleistungen, entnommen. 298

98

3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Wie oben festgestellt, ist die Schadenserwartung immer gleich, beträgt also μ4 = 50. Für die Standardabweichung ergibt die Berechnung 75, weil V 4 0,6561˜ (50)2  0,2916˜ (125 50)2  0,0486˜ (250 50)2  0,0036˜ (375 50)2  0,0001˜ (500 50)2 75

gilt. Dieses Ergebnis lässt sich durch Einsetzen in die Formeln bestätigen: P4 0,1˜ 500 50 (= Formel 3)

V4 150/ 2 50 (= Formel 4)

Für den insgesamt auftretenden Schaden errechnet sich dann Folgendes: Pg 4

0,6561 ˜ 0  0,2916 ˜ 500  0,0486 ˜ 1.000  0,0036 ˜ 1,500  0,0001 ˜ 2.000

V g4

>0,6561˜ - 200  0,2916˜ 300  0,0486˜ 800  0,0036˜1.300  0,001˜1.800 @ 2

2

2

2

1 2 2

200 300

Die hinter diesen Ergebnissen stehende allgemeine Gesetzmäßigkeit lässt sich nach folgenden Formeln verdeutlichen: (5)

P gn

n ˜ P1

n ˜ Pn

(6)

V gn V1 ˜ n V n ˜ n

Die Formeln gelten nur für den Fall relativ einfacher Schadensverteilungen. μ1 und ı1 bezeichnen die in den Formeln 1 und 2 definierten Parameter für die ursprünglich einfache Schadensverteilung. μn und ın bezeichnen die Formeln (3) und (4) definierten Parameter für die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Pro-Kopf-Schäden in einer Gefahrengemeinschaft von n Personen. Es wird nun angenommen, die vier Fahrradbesitzer seien aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, eigeninitiativ eine Gefahrengemeinschaft in der geschilderten Art zu bilden. An diesem Punkt setzt die Überlegung des Versicherungsunternehmens ein, das bei ausreichend hoher Prämie das einzugehende Risiko auf sich nimmt. Unterstellt wird dabei der Einfachheit halber, dass die beteiligten Personen die Risikosituation in übereinstimmender Weise mittels der Funktion b = μ + 0,1 Â ı bewerten, wobei μ wie dargestellt den Erwartungswert der auf die betrachtete Person insgesamt zukommenden Belastungen darstellt. Ein negativer

A. Allgemeine Grundlagen

99

μ-Wert würde also anzeigen, dass im Durchschnitt gerade keine Belastung zu erwarten ist, sondern sich im Gegenteil ein sonstiger Vorteil ergibt. Das Versicherungsunternehmen überlegt nun, den vier Fahrradbesitzern anzubieten, sie gegen eine Prämie von 60 Euro bei einem möglichen Diebstahl mit 500 Euro zu entschädigen. Folgende Rechnung zeigt, dass dies ein für beide Seiten vorteilhaftes Geschäft sein kann. (1) Für jeden einzelnen Fahrradbesitzer gilt ohne Versicherungsvertrag, wie oben im Grundbeispiel angenommen, μ1 = 50 und ı1 = 150, daraus folgt: b = 50 + 15 = 65.

(2) Schließt der Fahrradbesitzer hingegen den angebotenen Versicherungsvertrag ab und unterstellt man, dass das Versicherungsunternehmen seinen Verpflichtungen bei möglichen Schadensfällen auf jeden Fall nachkommen kann299, so gilt μ = 60, ı = 0 und somit b = 60 + 0 = 60.

Für den einzelnen Fahrradbesitzer ist es also von Vorteil, sich auf den angebotenen Versicherungsvertrag einzulassen. Beim Anbieter der Versicherungsleistung steht der Schadenserwartung von μg4 = 200 eine Prämieneinnahme von 4 Â 60 = 240 gegenüber. Mithin ergibt sich für ihn aus dem Versicherungsgeschäft per Saldo ein erwarteter Überschuss von 40 Euro. Dementsprechend gilt μ = 200 - 240 = - 40. Auf der anderen Seite ist das Versicherungsunternehmen verpflichtet, ein Risiko von ıg4 = 300 übernehmen. Fasst man nun Erwartungswert und Risikoindikator in der gewohnten Weise300 zu einer Bewertungskennzahl zusammen, so erhält man b = - 40 + 0,1 Â 300 = - 10.

___________ 299

Dies wird bei deutschen Versicherungsunternehmen wegen der strengen Solvabilitätsaufsicht der BaFin regelmäßig der Fall sein. 300 Dies bedeutet, dass ebenso dieselbe Risikopräferenz zugrunde gelegt wird. Um im Modell die genauen Auswirkungen der Zusammenfassung mehrerer Individuen zu einem Kollektiv (der sog. Einflussgröße) bestimmen zu können, ist es erforderlich, dass alle anderen Einflussgrößen konstant gehalten werden, sog. Ceteris-paribus-Klausel; vgl. zum modelltheoretischen Charakter sogleich unter (3).

100 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Sofern es dem Versicherungsunternehmen also gelingt, vier Versicherungsverträge der betrachteten Art abzuschließen, so stellt er sich dabei besser als bei Verzicht auf dieses Geschäft (b = 0).

(2) Fazit zum Beispiel Das einfache Beispiel zeigt, dass es durchaus möglich ist, Versicherungsverträge mit Aussicht auf Gewinn für den Anbieter (das Versicherungsunternehmen) als Marktleistungen anzubieten und durch den Abschluss ebenso die Versicherungsnehmer besser zu stellen als ohne den Abschluss eines solchen Vertrages. Der Grund für diese Möglichkeit des Versicherungsunternehmens liegt wiederum in den Phänomenen des Risikoausgleichs im Kollektiv, das sich jetzt allerdings zunächst das Versicherungsunternehmen selbst zu Nutzen macht. Indirekt partizipieren die Versicherten, wie oben gezeigt, ebenfalls insoweit davon, als die von ihnen zu zahlende Prämie niedriger ist als der b-Wert, mit dem sie die Situation ohne jegliche Versicherung bewerten. Dabei bleibt die Möglichkeit zum Abschluss beiderseits vorteilhafter Versicherungsverträge auch dann noch bestehen, wenn berücksichtigt wird, dass dem Anbieter Transaktionskosten entstehen.

cc) Hinweis auf modelltheoretischen Charakter, Effekte in der Praxis und Gegenmaßnahmen der Versicherungsunternehmen Um zu weitgehenden Schlussfolgerungen vorzubeugen, muss darauf hingewiesen werden, dass das einfache Modell zur Risikotransformation zwar in den Grundzügen die Struktur der bei Versicherungsverträgen auftretenden Phänomene gut verdeutlicht, in der konkreten Ausprägung der verwendeten Formeln allerdings an die folgenden Voraussetzungen gebunden ist, die in der Versicherungspraxis in dieser strengen Form in aller Regel nicht erfüllt sind:301

(1) Angenommene einfache Schadensverteilung Zum einen wird im Modell angenommen, dass alle potentiellen Versicherungsnehmer einer in sämtlichen Fällen genau übereinstimmenden einfachen Schadensverteilung ausgesetzt sind. Die Möglichkeit einer betragsmäßigen Streuung der Schadensbeträge kann in das Modell allerdings eingebaut werden. ___________ 301

M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 337.

A. Allgemeine Grundlagen

101

Es wird dadurch formal komplizierter, die Grundaussagen bleiben jedoch unberührt.302

(2) Moral hazard Zum anderen werden im Modell die Schadenswahrscheinlichkeiten nicht berücksichtigt, die durch das Phänomen des sog. Moral hazard303 eintreten. Dieses Phänomen besagt, dass die Versicherten nach Abschluss eines Versicherungsvertrages ihr Verhalten unbewusst oder bewusst, aus Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz, in der Weise ändern, dass eher mit einem Schaden zu rechnen ist als im Fall ohne Versicherungsschutz. Das Phänomen stört nicht nur die Aussagekraft des Modells, sondern stellt ein zentrales Problem der Versicherbarkeit von Risiken überhaupt dar. Dem Problem wird von Seiten der Versicherungsunternehmen in der Praxis durch verschiedene Maßnahmen304 begegnet, damit das Verhalten der Versicherten ihrem Verhalten vor Abschluss des Versicherungsvertrages entspricht.

(3) Erfordernis voneinander unabhängiger Risiken Drittens wird im Modell– insbesondere bei den wahrscheinlichkeitstheoretischen Ableitungen und den grundlegenden Formeln 4 und 6 – von der Prämisse ausgegangen, dass die Schadenswahrscheinlichkeit in jedem Einzelfall unabhängig davon ist, ob bei anderen Versicherten ein Schaden auftritt oder nicht. In der Realität ist eine der Aufgaben und Leistungen des Versicherungsunternehmens, den Ausgleich im Kollektiv durch planmäßige Organisation von Risikokollektiven herbeizuführen. So ist etwa modelltheoretisch nachweisbar,305 ___________ 302

M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 337. Moral hazard beschreibt eine (den anderen schädigende) Verhaltensänderung eines Vertragspartners, die wegen der asymmetrischen Informationsverteilung vom anderen Vertragspartner nicht hinreichend kontrolliert werden kann. Die Verhaltensänderung muss dabei nicht nur zeitlich nach dem Vertragsschluss erfolgen, sondern kausal auf den Vertrag zurück zu führen sein; S. Roth, VWL für Einsteiger, S. 185. 304 Dazu gehören beispielsweise die Vereinbarung von Selbstbeteiligungsregelungen oder Rückerstattungsansprüchen für den Fall der Schadensfreiheit. Eine weitere Differenzierung kann anhand der Versicherungsprämien nach den in der Vergangenheit tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen geschehen. Auch kann die rigorose Untersuchung der Schadensursachen durch Mitarbeiter der Versicherung, die besonderes Augenmerk auf eine mögliche Mitwirkung des Versicherten an der Schadensursache haben, dem Effekt des Moral hazard entgegenwirken. 305 So P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 21; ders., Gesetze der großen Zahlen, ZVersWiss 1982, S. 501 (505). 303

102 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

dass eine positive Korrelation, d.h. eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen den Risiken, den Ausgleichseffekt stören kann. Jedoch bereitet es vom statistischen Instrumentarium her keine grundsätzlichen Schwierigkeiten, auch die Möglichkeiten voneinander mehr oder weniger stark abhängiger Schadensursachen in das Modell einzubeziehen.306 Nichtsdestoweniger muss auf den Effekt hingewiesen werden, dass die für den Versicherungseffekt 2. Ordnung fundamentale Möglichkeit des Risikoausgleichs im Kollektiv umso mehr sinkt, je stärker die einzelnen Schadensmöglichkeiten voneinander abhängen. Sind im Extremfall die Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt der Schäden bei den einzelnen Versicherten in der Weise miteinander verknüpft, dass es entweder überall oder nirgends zu einem Schaden kommt, so findet auch bei einem noch so großen Kollektiv überhaupt kein Risikoausgleich mehr statt: Die Standardabweichung für den Pro-Kopf-Schaden bleibt – entgegen Formel 4 – bei wachsendem n unverändert (ın = ı1), während die Standardabweichung für die gesamte Schadenssumme – entgegen Formel 6 – streng proportional zur Größe des Kollektivs wächst (ıg = n ı1).307 Dieses Phänomen liefert auch die Rechtfertigung für die bei verschiedenen Versicherungszweigen zu beachtende Praxis, solche Arten von Schäden aus dem Versicherungsschutz auszuschließen, die auf eine einheitliche breitflächig wirkende Risikoursache (z.B. kriegerische Ereignisse, Naturkatastrophen) zurückzuführen sind.308 Um sicherzugehen, dass die Risiken nicht miteinander verbunden sind, wird in der Praxis das risikopolitischen Instruments des sog. „spreading of risks“ also die Risikostreuung angewendet, etwa durch den Betrieb verschiedener Versicherungszweige oder die lokale Diversifizierung von Risiken.309 Ein weiterer Weg zur Streuung des Risikos ist das Einschalten eines Rückversicherers.

dd) Herleitung des ökonomischen Nutzens des Versicherungsgeschäfts Ökonomisch ausgedrückt bedeutet die Risikotransformation, dass neben der bloßen Re-Distribution von Risiken in einem Kollektiv eine zusätzliche Reduktion der Originalrisiken stattfindet. Dies ist deswegen beachtenswert, weil sich ein Vorteil für beide, also Versicherten und Versicherungsunternehmen bildet, der seinen Grund in der Risikotransformation hat. ___________ 306 307 308 309

M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 338. M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 338. M. Bitz, Finanzdienstleistungen, S. 338. P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 21.

A. Allgemeine Grundlagen

103

Es lässt sich sogar ein volkswirtschaftlicher Effizienzgewinn bei der Übertragung der Risiken von Wirtschaftseinheiten auf ein Versicherungsunternehmen ausmachen. Dieser liegt darin begründet, dass das Versicherungsunternehmen in einem geringeren Umfang Kapital – zusammengesetzt aus Prämienerlösen und Sicherheitskapital – bereitstellen muss im Vergleich zur Summe der notwendigen individuellen Finanzreserven bei Selbsttragung der Risiken durch die Wirtschaftseinheiten. Dieser Effizienzgewinn ist jedoch in seinem Gesamtumfang äußert schwierig empirisch zu qualifizieren, so dass eine entsprechende Einbeziehung in die Wertschöpfung durch Versicherung im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung noch nicht realisierbar ist.310 Auch der volkswirtschaftliche Vorteil, den Versicherung als nutzenstiftendes Prinzip besitzt, ist nicht genau quantifizierbar. Es handelt sich jedoch um ein generelles Problem der Volkswirtschaftslehre, die zwar oftmals den Wohlfahrtsgewinn im Modell herausarbeiten kann, die genaue Höhe des Vorteils in der Realität jedoch nicht zu berechnen vermag.311

b) Zwischenfazit Damit lässt sich feststellen, dass Versicherungsunternehmen mehr leisten als die die bloße Redistribution von Risiken. Unter der Voraussetzung der weitgehenden Unabhängigkeit der versicherten Risiken impliziert eine wachsende Kollektivgröße, dass der für ein angestrebtes Sicherheitsniveau notwendige durchschnittliche Sicherheitszuschlag, d.h. der Sicherheitszuschlag pro Versicherungsnehmer, sinkt. Als weiteres wesentliches Resultat von versicherungspraktischer Bedeutung kann modelltheoretisch nachgewiesen werden, dass der angesprochene Versicherungseffekt erst ab einer gewissen Größe zu wirken beginnt. Dieses Resultat ist das modelltheoretische Pendant zu einer versicherungspraktischen Erfahrungsregel, dass der Nutzen der Versicherung sich bei zu kleinen Kollektiven nicht voll entfaltet kann.312 Dies bedeutet aber nicht, dass kleine Kollektive unversicherbar seien in dem Sinne, dass bei bekannter Verteilung der gesamten Versicherungsleistungen durch Forderung einer entsprechenden Prämie ein „tragbares Risiko“, also ein ___________ 310

P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 30. Deswegen soll an dieser Stelle auch nicht weiter darauf eingegangen werden, sondern nur im Vorgriff auf die Bewertung des Vorteils, (im 4. Kap., A.) darauf hingewiesen sein. 312 P. Albrecht, Ausgleich im Kollektiv und Prämienprinzipien, ZVersWiss 1984, S. 167 (170). 311

104 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

ausreichendes Sicherheitsniveau, nicht erreicht werden kann. Es bedeutet nur, dass ein Versicherungseffekt, ein Vorteil für die Versicherungsnehmer in Form einer Prämienverbilligung durch Kollektivbildung bei zu kleinen Kollektiven dagegen nicht notwendigerweise gegeben sein muss. Dieses Resultat ist von hoher Bedeutung und bestätigt somit die Nützlichkeit des Einsatzes des risikotheoretischen Instrumentariums und die Bildung von ausreichend großen Kollektiven. 2. Die Entwicklung von Sondermärkten a) Konsequenzen für die allgemeine Betriebswirtschaftslehre durch die Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts Das Versicherungsgeschäft unterscheidet sich durch seinen Kern, dem Risikogeschäft, von der Allgemeinen Betriebswirtschaft. Die Besonderheiten des Risikogeschäfts haben ihre Ursache in der Stochastizität der Kosten für Versicherungsleistungen, i.e. dass Schäden zum Zeitpunkt der Kalkulation in ihrer Anzahl und ihrer Höhe nach noch nicht sicher sind. Dadurch bedingt tritt das versicherungstechnische Risiko auf und verlangt nach dem Einsatz risikopolitischer Instrumentarien. Daraus folgt, dass die Analyse dieser Besonderheiten und die Ansätze zur Bewältigung dieser Probleme auf risikotheoretischer Basis geschehen müssen. Für die Entwicklung einer Theorie der Versicherungsbetriebslehre folgt daraus, dass eine bloße Übertragung bzw. eine Modifikation der Ansätze aus der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, die vorwiegend die Produktion von Industriegütern zugeschnitten sind, nicht genügt. Die Kalkulation (kostenorientierte Preisbestimmung) der Versicherungsbetriebe unterscheidet sich essentiell von denjenigen anderer Wirtschaftszweige. Dies liegt darin begründet, dass zum Kalkulationszeitpunkt die Hauptkostenkomponenten für die Kalkulation einer versicherungstechnischen Einheit, die Kosten für Versicherungsleistungen, noch nicht feststehen. Zufallsabhängige Kosten sprengen den traditionellen, im Hinblick auf die Belange der Industriebetriebe entwickelten Rahmen sowohl der Kostentheorie313 als auch der Kostenrechnung als Teilbereich des betrieblichen Rechnungswesens. Daher müssen für die Versicherungsbetriebswirtschaftslehre originäre Konzepte und Lösungen auf risikotheoretischer Basis hinzutreten.314 ___________ 313

So schon D. Farny, Produktions- und Kostentheorie der Versicherung, S. 150, der feststellt, dass die Konzeption von Grenzkosten im Falle von zufallsabhängigen Kosten nicht anwendbar ist. 314 P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 30, S. 49.

A. Allgemeine Grundlagen

105

Eine Vorgehensweise ist es, eine kollektive Risikoprämie als Beitrag zur Finanzierung des gesamten notwendigen versicherungstechnischen Kapitals aufzufassen. Eine alternative Strategie sei mit der Begründung von Tarif-Modellen vorgestellt.

b) Idee der Tarifmodelle zur Prämienkalkulation Wie oben gesehen315 ist das Zurverfügungstellen der Nettorisikoprämie, die genau die erwarteten Schäden abdeckt, nicht ausreichend, um mit hoher Wahrscheinlichkeit die Deckung der zukünftig anfallenden Kosten für Versicherungsleistungen zu gewährleisten, d.h. die Bedingung des tragbaren Risikos wäre verletzt.316 Da es aber auf der anderen Seite nicht sinnvoll ist, die Bruttorisikoprämie, also die Prämie, die ganz sicher ausreichen würde, um alle anfallenden Schäden zu regulieren, von den Versicherten einzufordern, wird nun versucht, die Risikoprämie so festzulegen, dass die Wahrscheinlichkeit ihrer Aufzehrung durch die realisierten Kosten für Versicherungsleistungen gering, etwa gleich einer vorgegebenen kleinen Wahrscheinlichkeit ist. Dieses Prinzip wird auch als Quantilprinzip bezeichnet.317 Das Quantilprinzip wird dann auf große Teilkollektive angewendet, damit der Ausgleich-im-Kollektiv-Effekt auch bei der Prämienkalkulation zu Tage tritt.318 Bei der Anwendung des Quantilprinzips wird von der Kenntnis der Zufallsgesetzmäßigkeit der Kosten für Versicherungsleistungen ausgegangen. Da die Gesetzmäßigkeit nicht bekannt ist, muss sie aus Beobachtungsdaten vollständig extrahiert werden. Wegen der in den Daten enthaltenen Zufallsschwankungen ist es aber wiederum nicht sinnvoll, diese Extraktion auf der Grundlage der Schadendaten eines einzelnen Versicherungsvertrages vorzunehmen, sondern es besteht ein Zwang zur kollektiven Ermittlung dieser Rechnungsgrundlagen. Dazu muss das versicherte Individuum in ein möglichst homogenes (Teil-)Kollektiv von Risiken eingebettet319 und die (partielle) Zufallsgesetzmäßigkeit auf der Grundlage der Daten des (Teil-)Kollektivs ermittelt werden.

___________ 315

s. o. 3. Kap., A. I. 1. a) aa) (1). P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 50. 317 W.-R. Heilmann, The percentile and tolerance intervals, S. 1315; P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 50. 318 P. Albrecht, Ausgleich im Kollektiv und Prämienprinzipien, ZVersWiss 1984, S. 167, (170); D. Farny, in: Farny, Handwörterbuch der Versicherung, S. 525, S. 532. 319 Dies ist der sog. Zwang zur Risiko-Klassifikation. 316

106 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

c) Risikoklassifikation durch Tarifmodelle Dies vollzieht sich in der Praxis durch die sog. Risikoklassifikation auf der Grundlage von Tarifmodellen. Risiken mit identischer Merkmals-Ausprägung bezüglich jedes der Tariffaktoren (der im Tarif erfassten Risikofaktoren, d.h. Schadensursachen) werden zu einer quasi-homogenen (in Bezug auf die Tariffaktoren) Risiko-Gruppe (Tarif-Klasse) zusammengefasst. Da auch bei den Tarifklassen, die aufgrund einer unternehmensübergreifenden Kollektion von Daten (etwa durch Verbandsstatistiken) gebildet werden, Schwankungen entstehen, wird eine Zufallsbereinigung vorgenommen, die in der Praxis durch die Methode der Tarifkonstruktion gelingt.320 Um dies verständlich zu machen, seien die Eckpunkte bei der Tarifkalkulation zusammengefasst: Zunächst sind in einem ersten Schritt Risikogruppen mit möglichst identischer Zufallsgesetzmäßigkeit zur besseren Identifikation der individuellen Gesetzmäßigkeit und zur risikoadäquaten Kalkulation zu bilden. Dazu werden potentielle Schadensursachen (Risikofaktoren) identifiziert, eine Auswahl der signifikanten Schadensursachen (Tariffaktoren) getroffen und die relevante Zahl von Ausprägungen pro Tariffaktor festgelegt. Als Ergebnis erhält man einen klassifizierten Bestand, d.h. alle Risiken mit jeweils identischen Ausprägungen bezüglich jedes Tariffaktors sind in einer Klasse zusammengefasst. Da in der Regel jedoch zu große Zufallsschwankungen in den Klassen enthalten sind, besteht die Notwendigkeit einer Glättung, der sog. Zufallsbereinigung. Diese erfolgt durch die sog. Tarifkonstruktion, welche bezweckt, dass die Schadenserfahrung einer Tarifklasse mit der der anderen Tarifklassen verknüpft wird. Dies geschieht einerseits durch eine explizite funktionale Erklärung der (potentiellen) Zufallsgesetzmäßigkeit der Tarifklassen in Abhängigkeit von den Tariffaktoren. (Beispiel: Verwendung von Sterbegesetzen zum Ausgleich der rohen Sterbewahrscheinlichkeiten in der Lebensversicherung) oder durch implizite Verknüpfung der (partiellen) Zufallsgesetzmäßigkeiten der Tarifklassen. Als Ergebnis erhält man eine geglättete Kalkulationsgrundlage pro Tarifklasse, die in einem dritten Schritt, der sog. Tarifkalkulation zusammengefügt werden.321

d) Unterscheidung zwischen Rabatt und Tarif Der von vielen Versicherungsunternehmen angebotene „Beamtentarif“ ist daher nichts anderes als ein Tarif, der sich dadurch auszeichnet, dass ein be___________ 320 321

P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 51. P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 52.

A. Allgemeine Grundlagen

107

stimmtes Teilkollektiv einem anderen Risiko unterliegt als ein anderes Teilkollektiv im Gesamtkollektiv. Dies ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Beamtenrabatt. Ein Rabatt ist ein Gestaltungsmittel der Preispolitik als einer der vier in der Betriebswirtschaftslehre anerkannten Marketingpolitiken. Die Preispolitik verfolgt im Wesentlichen das Ziel, mit Hilfe der Preisgestaltung Kaufanreize zu setzen. Als „Rabatt“ dabei wird ein Abschlag auf den Absatzpreis bezeichnet, den ein Lieferer seinem Abnehmer für die Übernahme bestimmter bei dem einzelnen Bezug feststellbarer Leistungen einräumt.322 Für Rabatte werden von den Kunden Gegenleistungen erwartet, die im Übrigen zeitlich begrenzt sein können. Beispiele sind Mengenrabatte, Treuerabatte, Skonti, Boni und Leistungsrabatte. Wie bereits beschrieben323 besteht ein zentraler Unterschied im Absatz von industriellen Produkten und im Absatz von Versicherungsschutz darin, dass bei letzterem der Kunde, der Versicherungsnehmer, entscheidenden Einfluss auf die Produktionskosten des hergestellten Produkts nimmt. Versicherung als Risikotransfer beinhaltet den Übergang der Verteilung der Schadenskosten auf das Unternehmen. Die Gestalt dieser Verteilung und damit die Realisation dieser Kosten sind somit eng an den Versicherungsnehmer gekoppelt.324 Da Versicherung aber nicht nur auf der Absatzseite funktioniert, sondern sich das Produkt „Versicherung“ abhängig von den im Teilkollektiv befindlichen Individuen oder versicherten Risiken verhält, kann man bei einem bestimmten Tarif gerade nicht von einem Rabatt sprechen.325 Tarife in der Versicherungswirtschaft sind daher primär keine als Kaufanreize gedachten Vergünstigungen, sondern bilden nur das sich in der versicherten Person oder Sache widerspiegelnde Risiko der Eintrittswahrscheinlichkeit des Versicherungsunternehmens ab.326

___________ 322 J. Baetge/H.-J. Kirsch/S. Thiele, Bilanzen, S. 195; F. Ziegler, ZfB, Rabatt, Bonus und Skonto in Buchführung und Bilanz, S. 302. 323 Unter 3. Kap., A. I. 3. a). 324 P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 57. 325 Nicht differenzierend beispielsweise H. Richter/F. Breuer, Rabatte an Arbeitnehmer in der lohnsteuerlichen Praxis, NWB Fach 6 Seite 3595 (3601). Demgegenüber die richtige Terminologie verwendend: A. Sprenger, Lohnzahlungen Dritter und geldwerte Vorteile, INF 2005, S. 787 (789). 326 Bis 1994 wurden die Tarife in der Lebensversicherung durch die Aufsichtsbehörde genehmigt. Lebensversicherungsunternehmen war es unmöglich, jüngere Versicherte allein durch eine von den älteren Versicherten finanzierte Prämienreduzierung für das Produkt Lebensversicherung zu gewinnen. Für den Bereich der Lebensversicherung übernimmt diese Tätigkeit heute der verantwortliche Aktuar des Versicherungsunternehmens, vgl. § 11a VAG.

108 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Bei der Bewertung327 des Vorteils eines industriell gefertigten Produktes, beispielsweise eines Kfzs, ist es möglich, die Differenz zwischen dem auf dem normalen Absatzmarkt herrschenden Preis und dem (billigeren) Preis, den der Nutznießer eines geldwerten Vorteils zahlt, zu ziehen und die Differenz als steuererhöhende Zuwendung anzusehen. Für das vom Risiko des Versicherten abhängige Produkt „Versicherung“ gilt diese Rechnung aber nicht uneingeschränkt, weil hier der Käufer des Produkts, der Versicherungsnehmer, entscheidenden Einfluss auf die Produktionskosten des hergestellten Produkts nimmt. Um im beschriebenen Beispiel zu bleiben, müssten Faktoren wie das fahrerische Können oder das Alter des jeweiligen Kaufinteressenten des Kraftfahrzeugs Einfluss auf die Höhe des Kaufpreises und damit auf das Produkt haben. D.h. es käme für den Kaufpreis des das Kraftfahrzeugs darauf an, wer das Kraftfahrzeug fährt; der Kaufpreis würde in Form der Person des Käufers eine subjektive Komponente erhalten, die den Kaufpreis bestimmt.

e) Bildung von Sondermärkten Der Versicherungskunde besitzt somit die Doppelfunktion eines Prämienzahlers einerseits und eines Schadensproduzenten andererseits, das Verhältnis beider Komponenten wird von Schwake328 als Maß für Kundenqualität bezeichnet. Für die Versicherungsbetriebswirtschaft bedeutet dies, dass das Marketing als Steuerungsinstrument im Versicherungsunternehmen somit nicht nur die Aufgabe hat, alternative und qualitativ hochwertige, den Bedürfnissen des Kunden entsprechende Produkte in den Markt abzugeben, sondern auch die Aufgabe hat, die Kundenbeziehungen anhand ihrer Qualität zu steuern. Dies mündet in die Durchführung einer Risikosegmentierung als Ergänzung der üblichen Marktsegmentierung und als Voraussetzung einer risikospezifischen Marktbearbeitungsstrategie im Rahmen eines strategischen Marketings. M.a.W. tendieren Versicherungsunternehmen dazu, auf dem Markt nach guten Risiken zu suchen oder schlechte nur gegen Zuschlag zu versichern.

___________ 327

Zur Bewertung geltwerter Vorteile s. 4. Kap., A. E. Schwake, Überlegungen zu einem risikoadäquaten Marketing, S. 156 ff.: „Die Überlegungen zum Riskoausgleich zielen eher auf mengenmäßige Effekte bezüglich der versicherungstechnischen Einheiten, während diejenigen zur „Kundenqualität“ zunächst qualitative Aspekte in den Vordergrund der Beobachtung stellen und mengenmäßige Bezüge sich z.B. erst ergeben, falls beabsichtigt wird, möglichst viele „gute Kunden“ zu versichern.“ 328

A. Allgemeine Grundlagen

109

Albrecht329 schließt daraus, dass risikotheoretische Erkenntnisse auch auf das operative Marketing Einfluss nehmen und der Marketing-Mix, der normalerweise nur die üblichen Marketing-Instrumente Produktmix, Preismix, Distributionsmix und Kommunikationsmix330 um ein weiteres Instrument – den sog. Risikomix – ergänzt werden müsste. Dieser Risikomix würde Fragen des Bestandsmixes, also Überlegungen zum optimalen Versicherungsbestand sowie Instrumente der Risikoselektion und Annahmepolitik umfassen.331 Für das vom Risiko des Versicherten abhängige Produkt „Versicherung“ gilt daher, dass das Versicherungsunternehmen versucht, solche Kunden an sich zu binden, von denen es meint, sie trügen ein geringeres Schadensrisiko als andere Versicherte. Daher bilden sich Sondertarife immer dort, wo das Versicherungsunternehmen auf solche versicherungskalkulatorische Vorteile im oben genannten Sinne trifft. Es bilden sich somit Sondermärkte für Risiken von Versicherten, die versicherungskalkulatorisch homogenen Gruppen angehören. Bedeutendste Erscheinung eines solchen Sondermarktes ist der Versicherungsmarkt für Angehörige des öffentlichen Dienstes: Während dieses Marktsegment zunächst nur von einigen Spezialversicherern332 beachtet wurde, bieten heute Versicherungsunternehmen regelmäßig einen Spezialtarif für Angestellte im öffentlichen Dienst an oder gründeten eine Tochtergesellschaft zur Abdeckung dieses Marktsegments.333

___________ 329

P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 60. Zur Terminologie vgl. die Ausführungen bei F. Eisenführ, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 3.Aufl. S. 261, für die neuere Terminologie vgl. F. Eisenführ / L. Theuvsen, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., S. 276. 331 Diese Tendenz wird anhand des Konzepts einer Pflichtversicherung deutlich. Versicherer sind danach beispielsweise von Gesetzes wegen verpflichtet, jeden Fahrzeughalter zu versichern. Dazu dient der weitgehende Kontrahierungszwang in § 5 Abs. 4 PflVG der dem Versicherungsunternehmen eine Risikoauswahlmöglichkeit nur in sehr engen Grenzen eingeräumt. Der Kontrahierungszwang ist jedoch ein Fremdkörper in der Marktwirtschaft, weil er das freie Spiel der Kräfte und das sich im Markt selbst herstellende Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage außer Kraft setzt. 332 Als ältesten dieser Versicherungsunternehmen kann die heutige HUK-Coburg bezeichnet werden. Sie wurde am 3. September 1933 als „Haftpflicht-UnterstützungsKasse kraftfahrender Beamter Deutschlands e. V.“ durch Mitglieder der „PfarrerKraftfahrer-Vereinigung (P.K.V.)“ sowie der „Kraftfahrer-Vereinigung Deutscher Lehrer“ gegründet. Weitere Beispiele sind die Deutsche Beamten Versicherung (DBV, heute Teil der schweizerischen Winterthur), und die Bayerische Beamten Versicherung. 333 Beispielsweise hat Nürnberger Versicherungsgruppe im Jahr 1970 eine Tochtergesellschaft, die Nürnberger Merkur, mit Spezialtarifen für den öffentlichen Dienst gegründet (seit 1986 Nürnberger Beamten Allgemeine Versicherung AG). 330

110 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

3. Die wesentlichen Ursachen des Vorteils im Belegschaftsgeschäft Soeben sind die versicherungstheoretischen Grundprinzipien des Versicherungsgeschäfts erläutert worden. Nun soll das Augenmerk auf solche Faktoren gelenkt werden, die beim Belegschaftsgeschäft im Vergleich zum allgemeinen Versicherungsgeschäft mit Individualverträgen bzw. mit anderen Risikogruppen im Hinblick auf den Vorteil besonderer Betrachtung bedürfen.

a) Versichertenkollektiv „Belegschaft“ Wie beschrieben bildet die Belegschaft eines Unternehmens – falls ausreichend groß – einen Sondermarkt, in dem sich die versicherungskalkulatorischen Vorteile homogener Gruppen von Versicherten bilden. Wegen der risikotechnischen Merkmale der durch den Kollektivvertrag erfassten Gruppe stellt sich der Risikoverlauf im Regelfalle günstiger dar als im Einzelgeschäft. Beispielsweise können in einer Kollektivlebensversicherung größere Personenkreise versichert werden, bei denen eine von der allgemeinen Sterblichkeit abweichende Sterblichkeit erwartet werden kann,334 so beispielsweise eine höhere Lebenserwartung bei Angestellten. Wie oben beschrieben, können die Überlegungen des Versicherungsunternehmens zum optimalen Versicherungsbestand Instrumente der Risikoselektion und Annahmepolitik umfassen. Bezogen auf die Sachversicherung kann sich das Versicherungsunternehmen beispielsweise die Einstellungspolitik des Arbeitgebers zunutze machen, indem es von der Annahme ausgeht, dass der Arbeitgeber nur solche Arbeitnehmer einstellt, bei denen er sich vorher von der Zuverlässigkeit für die angebotene Tätigkeit überzeugt hat und aus der das Versicherungsunternehmen schließt, dass sie folglich auch weniger Schadensfälle im Privatbereich verursachen werden. Es stellt eine eigene Leistung des Versicherungsunternehmens dar, durch eine Überprüfung, ob eine Belegschaft bezogen auf eine Versicherungsart wirklich eine homogene Gruppe voneinander unabhängiger Risiken bildet, zu verifizieren, welche Belegschaft oder welche Konstellation innerhalb einer Belegschaft möglicherweise für das Belegschaftsgeschäft in Frage kommt. Die Organisation der Versichertenkollektive ist, wie oben gesehen [3. Kap., A. I. 3. c)], eine der Hauptaufgaben des Versicherungsunternehmens. Bei Belegschaften kann das Versicherungsunternehmen schon auf die Belegschaftsstrukturen zurückgreifen. ___________ 334

J. Lang, StuW 2004, S. 227 (229).

A. Allgemeine Grundlagen

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b) Stärkerer Ausgleich-in-der-Zeit-Effekt durch geringere Fluktuation Ergänzend zu den oben beschriebenen Effekten bei der Risikotransformation ist bei der risikotheoretischen Analyse noch auf eine allgemeine versicherungsspezifische Produktionstechnik hinzuweisen, die im Allgemeinen eine Erhöhung des Kollektivumfangs bewirkt und beim Belegschaftsgeschäft in besonderer Weise zu Tage tritt. Gemeint ist der Ausgleich in der Zeit.335 Die Versicherung eines fixierten Kollektivs für mehrere Perioden wirkt wie eine entsprechende Vergrößerung des Kollektivs – eine Ausweitung des Kollektivumfangs. Ausgleich-in-der-Zeit-Effekte lassen sich unter der Bedingung, dass die Verhältnisse stationär bleiben und die Periodenergebnisse voneinander unabhängig sind, auf Ausgleich-im-Kollektiv-Effekte zurückführen.336 Speziell beim Betreiben des Belegschaftsgeschäfts lässt sich daher der Ausgleich-in-der-Zeit-Effekt nutzenbringend einsetzen, weil das Versicherungsunternehmen annehmen kann, dass das Belegschaftskollektiv eine geringere Fluktuation aufweist als eine Gruppe von Individuen, die nur ungesteuert zusammen ein Kollektiv bilden. Von diesem Standpunkt kann das Versicherungsunternehmen insbesondere dann ausgehen, wenn es die durchschnittliche Verweildauer der Angestellten im Unternehmen kennt. Folglich kann das Versicherungsunternehmen eine entsprechende Vergrößerung des Kollektivs zugrunde legen. Insbesondere bei der Gruppe der Beamten kann das Versicherungsunternehmen wegen des sich aus dem Beamtenstatus ergebenden Unkündbarkeitsprivilegs von einem massiven Ausgleich-in-der-Zeit-Effekt ausgehen.

c) Datenbeschaffung Ganz allgemein unterliegt das Versicherungsgeschäft einem sog. Diagnoserisiko. Als Diagnoserisiko wird die unvollständige Information über die wahre Schadensgesetzmäßigkeit bezeichnet, die bei der statistischen Analyse der Schadensgesetzmäßigkeit vergangener Perioden gewonnen werden kann.337 Allgemein kann das Versicherungsunternehmen sowohl durch die Sammlung von Risikodaten durch Versicherungsunternehmen und deren Verbände als auch durch deren Auswertung mit Hilfe des statistischen Instrumentariums zur Gewinnung von zuverlässigen Rechnungsgrundlagen das Diagnoserisiko im Vergleich zu den Möglichkeiten des einzelnen durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei der Diagnose seiner Risikosituation erheblich reduzieren. ___________ 335 336 337

E. Helten/W. Karten, Das Risiko und seine Kalkulation, S. 51ff. P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 22. P. Albrecht, Zur Risikotransformationstheorie, S. 8.

112 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Zur Minderung des Diagnoserisikos ist somit die Organisation großer, möglichst homogener Teilkollektive notwendig, um zu zuverlässigen Rechnungslegungsgrundlagen zu gelangen. Die wichtigste Möglichkeit zur Gewinnung von Daten über große, möglichst homogene Teilkollektive ist die Sammlung von Risikodaten durch Verbände. Auf der Grundlage von Verbandsdaten erstellte Tarifierungsbausteine führen damit zur Minderung des Diagnoserisikos und damit zu billigeren Prämien und sind damit von Vorteil für die Versicherungsnehmer. Oftmals verfügen aber Arbeitgeber mit großen Belegschaften ebenfalls über eigene Statistiken über ihre Angestellten. Diese Informationen können zur Reduktion des Diagnoserisikos herangezogen werden.338 Hat das Unternehmen beispielsweise Erhebungen im Rahmen der Gewährung von Betriebsrenten über das durchschnittliche Todesalter seiner (ehemaligen) Mitarbeiter gesammelt, so kann das Versicherungsunternehmen aufgrund dieser Daten eine von der übrigen Bevölkerung abweichende Sterblichkeit feststellen und die Lebensversicherungsprämie entsprechend reduzieren, falls die Lebenserwartung der Belegschaft höher ist als die der übrigen Bevölkerung.

d) Vorteil durch den Verkauf eines Einheitsprodukts Gruppenversicherungsverträge und Rahmenverträge haben ihrer Natur nach fixierte Bedingungen, so dass bei dieser Art von Verträgen noch ein weiterer Vorteil aus dem sog. Einheitsprinzip gewonnen werden kann. Aus diesem Prinzip ergibt sich eine aufwandsreduzierte Struktur, die es dem Versicherungsunternehmen ermöglicht, die Versicherungsschutzleistung dem speziellen Versichertenkollektiv günstiger zu erbringen als der Allgemeinheit. Beim Einheitsprinzip ist der Zuschnitt des Versicherungsschutzes insofern festgelegt, als er nur in der für die Gruppe angelegten Form verfügbar ist. Wünsche nach individuellen Abweichungen können nicht oder nur in einem zuvor mit dem Arbeitgeber ausgehandelten Rahmen berücksichtigt werden. So werden von den Versicherungsunternehmen sog. Paketlösungen angeboten, die aus Sicht des Versicherungsunternehmens die Risiken des Normalarbeitnehmers der betreffenden Belegschaft komplett abdecken. Der Kunde hat zwar in einem gewissen Rahmen noch die Möglichkeit, Veränderungen an den vorgegebenen Paketen der Versicherung vorzunehmen, ist aber im allgemeinen auf das angebotene „Komplettpaket“ des Versicherungsunternehmens festgelegt. So wird es beispielsweise dem Versicherten unmöglich sein, eine spezielle ___________ 338

Inwieweit dies Folgen für das Kriterium der Mitwirkung hat, wird weiter unten behandelt 3. Kap., A. I. 5. c) gg).

A. Allgemeine Grundlagen

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Öltankversicherung im Rahmen einer Gebäudeversicherung zu vereinbaren, wenn der mit dem Arbeitgeber geschlossene Rahmenvertrag dies nicht vorsieht. Umgekehrt ist es nicht möglich, eine im Rahmenvertrag enthaltene Öltankversicherung unter Reduzierung der Prämienzahlung auszuschließen, weil der Versicherungsnehmer beispielsweise über keinen Öltank verfügt. Erkennt der Kunde im ersten Falle das unversicherte Risiko, bleibt ihm nur, einen Einzelversicherungsvertrag abzuschließen – jedoch nicht zur günstigen Prämie des Rahmenvertrages. Andere Beispiele sind eine Einschränkung der Deckungssummen bei Privathaftpflichtversicherungen oder keine vom Standardvertrag abweichenden Selbstbeteiligungs-Vereinbarungen in der Hausrat-, Gebäude- oder KfzKaskoversicherung. So ist auch eine Erhöhung der Versicherungsleistung – immanentes Gestaltungsrecht jedes Versicherungsvertrages – bei Sondertarifen nur im Kollektiv möglich. Ebenfalls können Zusatzversicherungen (z.B. Unfall-, Berufsunfähigkeits-, Pflegerentenzusatzversicherungen) nur einheitlich für die gesamte Gruppe oder für eine nach objektiven Kriterien abgrenzbare Teilgruppe vereinbart werden. Insofern liegt bei einem Belegschaftsprodukt ein von den allgemeinen Produkten negativ abweichendes Produkt vor. Beim Belegschaftsprodukt handelt es sich daher eben nicht um ein zum „Normalprodukt“ funktionsgleiches Produkt, welches sich einer besonderen Wertschätzung erfreut, wie der BFH in seinem Urteil vom 30. Mai 2001339 annimmt, sondern gerade um ein in seiner Funktion beschnittenes und daher schwächeres Produkt, welches daher auch günstiger zu erwerben ist. Rahmen- und Gruppenversicherungsverträge führen demnach neben dem oben geschilderten Versicherungstransformationseffekt 2. Ordnung zu einer Reduktion des Verwaltungsaufwandes beim Versicherungsunternehmen, dessen monetären Vorteil es in Form der Senkung der Prämie an die versicherten Arbeitnehmer weitergeben kann. Die Reduzierung des Verwaltungsaufwands resultiert im Wesentlichen daraus, dass die Errechnung des Tarifs nicht von individuellen Vertragsausgestaltungen durchkreuzt wird, sondern das Versicherungsunternehmen von festen Rechengrößen ausgehen kann. Der Effekt des „Standardvertrages“ zieht sich durch den gesamten Zyklus eines Versicherungsvertrages: aa) Geringerer Werbeaufwand Eine Reduktion der Kosten ergibt sich durch den geringeren Werbeaufwand des Versicherungsunternehmens. Um die Belegschaft zu bewerben, reicht das ___________ 339

BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00; BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, S. 376; s. auch Fn. 341.

114 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Anschreiben der einzelnen Arbeitnehmer oder die Bekanntmachung auf der Intranetseite des Arbeitgebers aus. Dies führt zur Ersparnis von Kosten, die das Versicherungsunternehmen andernfalls aufwenden müsste, um in der allgemeinen Bevölkerung um Kunden zu werben.

bb) Geringerer Akquisitionsaufwand Der Akquisitionsaufwand wird geringer, weil die insgesamt günstigere Prämie ein gutes und oftmals entscheidendes Verkaufsargument ist. Hinzu kommt, dass die Anpreisung und der Verkauf der Versicherung erleichtert wird, weil das Versicherungsunternehmen über den Rahmen- oder Gruppenvertrag mit dem Arbeitgeber an den Kunden viel gezielter herantreten kann als an die „normalen“ Kunden. So sind die Arbeitnehmer als Versicherungskunden für die Werbebotschaft des Versicherungsunternehmens empfänglicher, wenn dieses Bezug auf den jeweiligen Arbeitgeber nehmen kann. Metaphorisch formuliert hat der Versicherungsvertreter „schon mal einen Fuß in der Tür“, wenn er den Arbeitnehmer auf seinen Arbeitgeber ansprechen kann. So wird ein standardisierter Werbebrief tendenziell keinen Anklang beim Kunden finden. Demgegenüber wird ein Schreiben, das den Anschein erweckt, es stamme vom jeweiligen Arbeitgeber oder das zumindest auf den Arbeitgeber rekurriert, die Aufnahme der Werbebotschaft eher ermöglichen.340 Insbesondere durch Paketlösungen wird versucht, das Verkaufsgespräch zu vereinfachen und zu verkürzen und somit den Akquisitionsaufwand zu reduzieren. Dabei darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Anpreisung beim Vertrieb durch das Versicherungsunternehmen zumeist den Anschein erweckt, als sei der Vertrag speziell für den angesprochenen Arbeitnehmer ausgehandelt worden und es handele sich um einen Einzelversicherungsvertrag. In Wirklichkeit erhält der Kunde jedoch keine „Maßanfertigung“ sondern muss sich mit der „Konfektionsware“, der „Ware von der Stange“, zufrieden geben. Dabei agiert das Versicherungsunternehmen gegensätzlich: Auf der einen Seite behauptet es, dem Versicherungskunden speziell das Produkt zu verschaffen, das in seiner Situation das Beste ist. In Wirklichkeit wird aber nur das Produkt verkauft, das Versicherungsschutz für die meisten der Versicherungskunden im jeweiligen Belegschaftskollektiv – den Standardarbeitnehmer – zutrifft, aber nicht notwendigerweise das beste Produkt für den einzelnen Versicherten in der

___________ 340

Inwieweit hier von einer Mitwirkung des Arbeitgebers ausgegangen werden kann, wird unten behandelt, 3. Kap., A. I. 5. c) ee).

A. Allgemeine Grundlagen

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konkreten Situation darstellt – wenngleich der Preis für das Produkt günstig ist und der Kunde so gesehen ebenfalls davon profitiert.341

cc) Geringerer Bearbeitungsaufwand Der Aufwand für die Antragsbearbeitung sinkt bei standardisierten Verträgen. Dies gilt ebenso für die Schadensbearbeitung und Abwicklung der Verträge, weil der jeweilige Sachbearbeiter des Versicherungsunternehmens schneller mit dem standardisierten Produkt „Belegschaftsversicherung“ arbeiten kann.

e) Solvenz, insbesondere Stornokosten Durch die Betriebszugehörigkeit und damit einhergehenden Gehaltszahlungen signalisiert der Versicherungsnehmer dem Versicherungsunternehmen zudem, dass er solvent ist und die Versicherungsprämien bezahlen kann. Dies rechtfertigt die Reduzierung der Prämie, weil eine Vertragskündigung auch beim Versicherungsunternehmen mit zusätzlichen Kosten und Bearbeitungsaufwand verbunden ist. Speziell in der Lebensversicherung führt die Neuregelung in § 169 VVG, wie schon nach dem Gesetzesentwurf zur VVG Reform342 zu erwarten war, zu erhöhten Kosten, weil die Abschlusskosten der Lebensversicherung künftig auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilt werden (§ 169 Abs. 3 VVG-neu). Der Rückkaufswert fällt damit in den ersten Jahren höher aus.343 Weil die gezahlten Prämien bisher zunächst – und zwar häufig in den ersten zwei Vertragsjahren – mit den Abschlusskosten des Vertrages verrechnet werden, erhält der Versiche___________ 341 Dieser Marketingstrategie scheint sogar der BFH (Urteil v. 30.5.2001, Fn. 339) erlegen zu sein, wenn er darauf abstellt, dass die objektive Bereicherung der Mitarbeiter auch darin liegen könne, dass die Produkte der Klägerin sich einer höheren Wertschätzung erfreuen und deswegen die Mitarbeiter, die dieses am Markt hochgeschätzte Produkt zu günstigeren Konditionen erhalten als unter Zugrundelegung des Normaltarifs, durch den gewährten Tarif bereichert sind. An dieser Argumentation wird deutlich, dass sich der BFH an mode- und geschmacksabhängigen Produkten orientiert, aber den Charakter der hiervon völlig unabhängigen Versicherungsprodukte, die äußerlich betrachtet mit keinerlei Imagegewinn einhergehen, verkennt; so richtig D. Meyer-Scharenberg, DStR 2005, S. 1211 (1214). 342 BT-Drucks. 16/3945 vom 20.12.2006, Vorbild soll insoweit das Modell der Riester-Rente sein; den Anstoß zur Reform des in Rede stehenden § 176 VVG-alt gab der BGH in seinem Urteil vom 12.10.2005, Az. IV ZR 162/03, BGHZ 164, S. 297, VersR 2005, S. 1565. 343 So auch P. Knoche, Reform des Versicherungsrechts NWB Fach 19 Seite 3803 (NWB Nr. 45 vom 5.11.2007).

116 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

rungsnehmer derzeit in der Regel keinen oder nur einen sehr geringen Rückkaufswert, wenn der Vertrag frühzeitig beendet wird. Die entstehenden Mehrkosten trägt folglich zukünftig das Versicherungsunternehmen, welches die Kosten auf alle Versicherten bei der Berechnung überwälzt. Kann man – wie im Falle des Belegschaftsgeschäfts – aber davon ausgehen, dass die Versicherten jedenfalls nicht wegen finanzieller Schwierigkeiten Lebensversicherungen stornieren, fällt folglich die Gesamtstornierungsquote für alle im Kollektiv Versicherten niedriger aus, so dass sich hieraus ein Vorteil gegenüber Normaltarifen ergibt, der im Wesentlichen auf den Effekt des Belegschaftsgeschäfts zurückzuführen ist.

f) Psychologische Effekte (Zahlungsmoral, Bagatellfälle und Betrugsfälle) als wesentliche Effekte? Nicht unerwähnt bleiben sollen mögliche psychologische Effekte, die bei Rahmenverträgen den Versicherungsnehmer dazu anhalten, sich vertragstreu zu verhalten, wenngleich sie im Einzelnen nicht messbar sind, aber dennoch im Belegschaftsgeschäft eher auftreten können als in vergleichbaren Individualverträgen. Damit ist gemeint, dass sich der Versicherungsnehmer tendenziell mehr um die pünktliche Bedienung des (Lebens-)Versicherungsvertrages bemühen wird, um zu verhindern, dass sein Arbeitgeber von einem möglichen finanziellen Engpass erfährt. Ebenso wird der Versicherungsnehmer einer Schadensversicherung eher bestrebt sein, kleinere Schäden selber zu tragen um nicht als unzuverlässig oder kleinlich gegenüber seinem Arbeitgeber zu erscheinen. Gleiches gilt für die Versuchung, Schäden zu dramatisieren oder sogar vorzutäuschen, weil der Arbeitnehmer wegen des vermuteten Näheverhältnisses zwischen Versicherungsunternehmen und Arbeitgeber immer damit rechnen muss, dass letzterer vom Betrugsversuch erfährt und dies zu negativen beruflichen Konsequenzen führt. Da diese Effekte aber eher einen psychologischen Charakter haben und in der Lebenswirklichkeit nicht bezifferbar – oder gar beweisbar – sind, sollen diese Überlegungen nicht zu den wesentlichen Faktoren im Rahmen des Belegschaftsgeschäfts gezählt werden.

g) Zusammenfassung zu den wesentlichen Ursachen des Vorteils Das Versichertenkollektiv „Belegschaft“ bildet eine homogene Gruppe unabhängiger Risiken und führt deswegen zu einem höheren Risikotransformati-

A. Allgemeine Grundlagen

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onseffekt 2. Ordnung. Die Ausgleichswirkung des Effekts einer homogenen Gruppe wird im Falle des Belegschaftsgeschäfts durch den Ausgleich-in-derZeit-Effekt wegen der geringeren Fluktuation innerhalb von Belegschaften noch verstärkt. Die Beschaffung versicherungsrelevanter Daten kann im Belegschaftsgeschäft leichter und daher kostengünstiger erfolgen. Der Vorteil durch den Verkauf eines Einheitsprodukts entsteht durch geringere Kosten an Werbung, Akquisition und Bearbeitung der Verträge. Infolge dieser Faktoren erweist sich das Belegschaftsgeschäft trotz niedrigerer Prämie als profitabel. Daher gibt es keine aus der Prämie einer Einzelversicherung abgeleitete „rabattierte“ Prämie, sondern eine eigenständige Gruppenvertragsprämie. Gegenüber dem Einzelgeschäft sind daher bei verschiedenen Sparten der Sachversicherungen Prämienreduktionen von mehr als 20 Prozent möglich.344 Im zweiten Kapitel wurde festgestellt, dass die Zuordnung von Bezügen und Aufwendungen zur Erwerbssphäre von allgemeinen Kausalitätskriterien auszugehen hat und folglich zu fragen ist, ob die Einnahme durch die Erwerbstätigkeit veranlasst ist, sowie anschließend eine Auswahl der einkommensteuerrechtlich relevanten Ursachen vorzunehmen. Es wurde festgestellt, dass es sich bei den bislang untersuchten Faktoren nicht um solche handelt, die einkommensteuerlich relevant sind, sondern lediglich auf der Risiko- und Kostenarmut345 des betrachteten Kollektivs basieren. Einzig die Zugehörigkeit zu einer Belegschaft ist nach der reinen conditio sine qua non-Formel kausal für den Vorteil, der sich aus dem Belegschaftsgeschäft für den einzelnen Arbeitnehmer ergibt, wenn er einen günstigen Belegschaftsvertrag abschließt. Daher bedarf es eines zweiten Schritts, nämlich der Überprüfung, welche Handlung die Vermögensveränderung wesentlich verursacht hat. Daher sind die einzelnen Faktoren die zu einer Verringerung der Prämie gegenüber dem Normaltarif geführt haben nebeneinander zu stellen und zu bewerten: Sicherlich ist die Arbeitnehmereigenschaft unabdingbare Voraussetzung i.S.d. conditio sine qua non-Formel dafür, dass ein Versicherungsunternehmen einen Arbeitnehmer einen günstigen Versicherungstarif anbietet. Sie ist aber für den eingetretenen Erfolg nicht wesentlich, weil noch hinzukommen muss, dass der Arbeitnehmer Teil einer Belegschaft ist, die aus der Perspektive des Versicherungsunternehmens ein von der Allgemeinheit für Versicherungszwecke positiv abweichendes Risiko birgt. Erst bei richtiger Zusammenstellung eines Versichertenkollektivs kann es zu einer Reduktion der Versicherungsprämie kommen. Nur letzteres kann bei einer wertenden Betrachtung als wesentlicher Faktor erfasst werden. ___________ 344 345

J. Lang, StuW 2004, S. 227 (229). So die Terminologie bei J. Lang, Fn. 344.

118 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Der in der Folge eintretende erhöhte Risikotransformationseffekt 2. Ordnung führt – wie dargelegt – zu einer günstigeren Versicherungsprämie für den Einzelnen. Auch dieser Faktor kann als wesentlich für den Erfolg eingestuft werden, denn dieser Effekt tritt in dieser Stärke nur in der spezifischen Konstellation der Belegschaftsversicherung auf. Die hinzutretende Ausgleichswirkung des Effekts einer homogenen Gruppe durch den Ausgleich-in-der-Zeit-Effekt kann ebenfalls als wesentlich angesehen werden, weil sie maßgeblich auf der spezifischen Eigenschaft großer Belegschaften basiert. Die Auswirkung, dass die Beschaffung versicherungsrelevanter Daten für das Belegschaftsgeschäft beim Versicherungsunternehmen leichter und daher kostengünstiger zu bewerkstelligen ist, knüpft ebenso an der Konstellation des Belegschaftsgeschäfts an und ist daher ebenfalls als wesentlicher Faktor anzuerkennen. Gleichermaßen originiert der Vorteil durch den Verkauf eines Einheitsprodukts, der sich wiederum in geringeren Kosten an Werbung, Akquisition und Vertragsbearbeitung niederschlägt wesentlich auf der spezifischen Konstellation des Belegschaftsgeschäfts. Daran wird deutlich, dass die Ursprünge des Vorteils im Wesentlichen aus der Belegschaftskonstellation herrühren und nicht anhand der bloßen Arbeitnehmereigenschaft auftreten. Die Überprüfung, welche Handlung den Vermögensvorgang wesentlich verursacht hat,346 ergibt daher vorliegend, dass der Vermögensvorgang im Wesentlichen auf der versicherungsmathematischen Besonderheit des Belegschaftsgeschäfts basiert. Es sei noch einmal gesagt, dass die Arbeitnehmereigenschaft für das Belegschaftsgeschäft zwar kausal i.S.d. conditio sine qua non-Formel ist; sie führt jedoch nicht zu einem Effekt der dem des Belegschaftsgeschäfts gleichkommt und ist daher nicht wesentlich, sondern nur Voraussetzung dafür, dass die Effekte des Belegschaftsgeschäfts zur Geltung kommen. Wird bei der Feststellung welche Ursache im oben genannten Sinne wesentlich ist auf die subjektive Zielrichtung des Steuerpflichtigen, die sich an objektiven Beweisanzeichen im Einzelfall feststellen lässt, abgestellt, ist ferner zu beachten, dass die Erzielung der Einkünfte auch Nebenzweck sein kann:347 Vorliegend ist nicht auszuschließen, dass sich ein Steuerpflichtiger auch zwecks der Möglichkeit, günstige Versicherungsverträge abzuschließen dafür entscheidet, Arbeitnehmer einer großen Belegschaft zu werden.348 Freilich lässt sich dies nicht an objektiven Beweisanzeichen festmachen. Aber selbst wenn ___________ 346

s. 2. Kap., D. s. 2. Kap., D. 348 K.-J. Wolff, Die Annehmlichkeit in der Rechtsprechung des BFH, FR 1981, S. 369, weist darauf hin, dass die Chancengleichheit der Bürger dadurch gewahrt sei, „daß jeder die Möglichkeit hat, sich den Arbeitgeber auszusuchen, der die von ihm gewünschten Vorteile gewährt.“ 347

A. Allgemeine Grundlagen

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man dies unterstellt, ergibt die weiterführende Betrachtung, dass mehrere Ursachen im steuerrechtlichen Sinne kausal für die Vermögensveränderung sind und sich der Belegschaftseffekt bei wertender Betrachtung in dargestellter Weise als wesentlicher Faktor herausstellt.

4. Besonderheiten bei Lebens-, Kranken- und Unfallversicherungen wegen des Begünstigungsverbots? a) Verbot der Prämienreduktion durch das Begünstigungsverbot? Nach dem Begünstigungsverbot gem. § 81 Abs. 2, S. 4 VAG und dem Gleichbehandlungsgebot gem. § 11 Abs. 2 VAG ist die Begünstigung einzelner Versicherter gegenüber anderen verboten. Es fragt sich, ob das Verbot von Begünstigungsverträgen349 die Bildung von Sondermärkten rechtlich generell verhindert. Wurde soeben geschildert, dass sich Tarife abhängig vom Risikoprofil der betrachteten Gruppe bilden können, unterwirft der Gesetzgeber in § 11 Abs. 2 VAG die Kalkulation der Prämien in der Lebensversicherung, substitutiven Krankenversicherung und Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr350 dem sog. Gleichbehandlungsgebot. Danach dürfen bei gleichen Voraussetzungen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden. Nach § 81 Abs. 2 S. 4 VAG kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)351 als Aufsichtsbehörde allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen und Vermittlern von Versicherungsverträgen untersagen, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren. Ebenso kann sie allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen untersagen, Begünstigungsverträge abzuschließen oder zu verlängern. Auf dieser Grundlage ergingen noch vom Reichsaufsichtsamt für das Versicherungswesen Anordnungen über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Lebensversicherung vom 8. März 1934 und in der Krankenversicherung vom 6. Juni 1934. Das BMF hat als heutiger Adressat der Ermächtigung für die ___________ 349

Im Folgenden soll nur noch von Begünstigungsverbot gesprochen werden Zum Ganzen: R. Derks, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Versicherungsaufsichtsrecht, S. 96. 350 Die letzteren beiden über die Verweisung in § 12 Abs. 4 und 5 VAG bzw. § 11d VAG; für den VVaG ergibt sich das Gleichbehandlungsgebot aus § 21 VAG. 351 Seit dem 1. Mai 2002 führt die BaFin auf der Grundlage des „Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht“ (FinDAG) vom 22. April 2002 als Nachfolgerinstitution des BAKred (ehemaliges Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen), des BAWe (Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel) und des BAV (Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen) die Aufsicht über deutsche Versicherungsunternehmen.

120 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

vom Bund beaufsichtigten Versicherungsunternehmen352 seine Ermächtigung per Verordnung vom 8. Dezember 1978 auf die Aufsichtsbehörde übertragen. Auf dieser Grundlage hat das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) die Verordnung über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadensversicherung vom 17. August 1982 erlassen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG i.V.m. den dazu erlassenen Verordnungen ist es daher verboten, sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigungen einzelner Versicherungsnehmer oder einzelner Gruppen von Versicherungsnehmern im Verhältnis zur Gesamtheit der Versicherungsnehmer und Versicherten zu gewähren.353 Dabei ist zu beachten, dass die Adressaten der Verordnung nur die der Bundesaufsicht unterworfenen Versicherungsunternehmen sind, weil nur für sie die vorgenannten Verordnungen gelten.354 Sachliche Rechtfertigungen finden sich aber vor allem in Kollektiv/Gruppenversicherungsverträgen.355 Diese Praxis wird auch durch die Aufsichtsbehörde bestätigt, die in Rundschreiben356 Erläuterungen betreffend Kollektivversicherungsverträge erlassen hat. Daher lässt sich festhalten, dass der Gesetzgeber zwar ein Verbot der Begünstigung prinzipiell vorsieht, bei sachlicher Rechtfertigung – beispielsweise durch den unterschiedlichen Risikoverlauf bei Kollektivversicherungsverträgen – aber keine Begünstigung sieht. ___________ 352

liegen.

§ 146 VAG regelt welche Versicherungsunternehmen der Bundesaufsicht unter-

353 G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81, Rn. 34; eine andere Schlagrichtung haben demgegenüber die Regelung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG, da mit dieser Regelungen Benachteiligungen bestimmter Personengruppen vermieden werden sollen. Dabei gewährt § 20 Abs. 2 AGG eine Rechtfertigungsmöglichkeit, sofern die unterschiedliche Behandlung aufgrund anerkannter Prinzipien risikoadäquater Kalkulation geschieht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen; s. auch im Folgenden 3. Kap., A. I. 4. a) bb) (3). 354 G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81, Rn. 34. 355 So G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81, Rn. 35; H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 82. 356 Zuletzt in R 3/94 vom 10. November 1994 für die Lebensversicherung und VerBaV 1995, S. 3 und R 2/97 vom 28. April 1997, bei denen unter Begünstigungsverträge nicht Kollektivkrankenversicherungen fallen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen: 1. durch einen Kollektiv(rahmen)vertrag wird eine feste Grundlage für die kollektive Gestaltung und Behandlung der einzelnen Versicherungsverhältnisse gelegt, 2. die im Rahmen einer Kollektivversicherung eingeräumten besonderen Konditionen müssen sich aus dem Kollektiv heraus selbst tragen und dürfen keine Subventionierung zu Lasten der übrigen Versichertengemeinschaft des Versicherungsunternehmens mit sich bringen. Insbesondere müssen günstigere Konditionen in Bezug auf – Kosten durch entsprechende Kostenersparnisse, – Risiko durch einen entsprechend günstigeren Risikoverlauf, – Ausschluss einer negativen Risikoauslese aufgefangen werden, weil die Besonderheiten des Kollektivvertrages diese ermöglichen.

A. Allgemeine Grundlagen

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aa) Wirksamkeit des Begünstigungsverbots? Die Versicherungsunternehmen müssten sich dann nicht an das Verbot von Begünstigungsverträgen halten oder eine sachliche Rechtfertigung nachweisen, wenn das Begünstigungsverbot seinerseits unwirksam wäre. Die nachfolgende Diskussion um die Wirksamkeit des Begünstigungsverbots erfolgt im Vorgriff auf die sich anschließende Problematik des Provisionsabgabeverbots, weil die beiden Verbote oftmals vermengt werden, obwohl sie unterschiedliche Zielsetzungen und Regelungsbereiche haben. Das Verbot von Begünstigungsverträgen und Sondervergütungen ist seit langem umstritten. Mit diesen Eingangsworten war schon im Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften357 (im Folgenden RegE) anerkannt worden, dass der ursprüngliche Anlass für die Einführung der Bestimmung, nämlich die Notsituation der Hyperinflation des Jahres 1923358, und das Ziel, d.h. eine Reduktion der Abschlusskosten, die aufgrund der Inflation zu einer Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der Verträge geführt hatte, inzwischen weggefallen war. Die ebenfalls angeführte Vermeidung einer Verwaltungskostensteigerung bei Versicherungsunternehmen359 trug ebenso nicht mehr zur Rechtfertigung der Verbote bei. Die Erfahrungen der Aufsichtsbehörde haben gezeigt, dass Verwaltungskosten durch ein Begünstigungsverbot nicht in nennenswertem Umfang gesenkt werden können.360 Der Grund für das Begünstigungsgebot wurde in der Folge im Gleichbehandlungsgrundsatz und damit einhergehend in der versicherungstechnischen Prämiengerechtigkeit gesehen. Einen allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz für die Ausgestaltung von Versicherungsverträgen gibt es jedoch nicht.361 Ebenfalls ist mit dem RegE zu bedenken, dass es in einer wettbewerbsorientierten Wirtschaft nicht Aufgabe einer Versicherungsaufsichtsbehörde sein kann, für eine „gerechte“ Prämie zu sorgen. ___________ 357 Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (3. DchfG/EWG zum VAG), BT-Drucks. 12/6959, S 83. 358 M. Dreher, VersR 2001, S. 7 weist nach, dass dies aber nicht der alleinige Grund für die Einführung des Verbots war, sondern es vorher schon zahlreiche Bestrebungen der Versicherungsunternehmen und Vermittlerverbänden gab, ein gesetzliches Verbot durchzusetzen. 359 Amtliche Begründung der Novelle vom 19. November 1923 (RGBl. I, S. 684), (Motive, Nachdruck 1963, S. 327) abgedruckt bei Prölss, VAG, § 81, Rn. 69. 360 Fn. 357. 361 G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81, Rn. 36; M. Dreher, WuW 1994, S. 199. § 21 Abs. 1 VAG gilt nur für VVaG und ist nach herrschender Ansicht nicht verallgemeinerungsfähig; dazu M. Dreher, Die Versicherung als Rechtsprodukt, S. 127 ff.

122 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Der RegE macht ebenfalls bewusst, dass das Begünstigungsverbot sich jedenfalls dann wettbewerbshemmend auswirkt, wenn es dahin verstanden wird, dass auch der Eintritt in Konkurrentenpreise oder die Reaktion auf preisgünstige Prämien von Anbietern auf Teilmärkten verboten sein soll. Weiter konstatiert der RegE ein faktisches Verifikationsdefizit, das darin begründet liegt, dass die Aufsichtsbehörde in der Schadensversicherung zu wenig Einblick in die Prämienkalkulation hat: Die Kalkulationsgrundlagen – eine Ausnahme gilt für die Lebensversicherung – müssen der Aufsichtsbehörde nicht offengelegt werden. Folglich kann die Aufsichtsbehörde auch nicht zuverlässig beurteilen, ob wirklich eine unberechtigte Begünstigung vorliegt. Daher merkt der RegE an, „dass die Durchsetzung des Verbots in der Vergangenheit erhebliche Schwierigkeiten gemacht habe.“362 Im Rahmen der Beratungen zum 3. DchfG /EWG zum VAG363 kam es entgegen dem Vorhaben des RegE wegen des Protestes der Vermittlergruppen364 nicht zur Abschaffung des Begünstigungs- und Provisionsabgabeverbots. Diese brachten vor, dass der verstärkte Wettbewerb die Lage der Versicherungskunden nicht verbessere, weil die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots eine weitere Verringerung der Markttransparenz und die Gefahr zur Folge habe, dass der Versicherungsvermittler bei Abgabe eines Teils seiner Provision nicht mehr die gleiche Mühe für eine kundenorientierte Beratung aufwenden würde und sich trotz verstärkten Wettbewerbs die Lage der Versicherungskunden nicht unbedingt verbessere.365

bb) Stellungnahme zur Wirksamkeit des Begünstigungsverbots (1) Versehen des Gesetzgebers? Die Aufrechterhaltung des Begünstigungsverbots erscheint fragwürdig. Das Begünstigungsverbot muss vom noch anzusprechenden Provisionsabgabeverbot abgegrenzt werden. Das Begünstigungsverbot dient dem Schutz von weniger marktstarken Versicherungsnehmern oder Gruppen.366 Demgegenüber soll das Provisionsabgabeverbot die Versicherungsunternehmen vor immer neuen Provisionsforderungen der Vertreter bewahren, die Teile ihrer Provisionen an ___________ 362

s. Fn. 357. s. Fn. 357. 364 M. Dreher, VersR 2001, S. 2 spricht von „intensiven lobbyistischen Bemühungen vor allem der Vermittlerverbände“. H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 72, spricht ebenfalls die Proteste der Versicherungsvermittler an. 365 BT-Drucks. 12/7595. 366 U. Fahr, VersR 1992, S. 1033 (1043). 363

A. Allgemeine Grundlagen

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die Versicherungsnehmer auskehren.367 Es ist zu vermuten, dass hinter dem Provisionsabgabeverbot auch der Wunsch der Interessengruppe der Versicherungsvermittler nach einem geregelten Markt steht. Die Begründung für die Ablehnung der Passage des oben erwähnten RegE lässt erkennen, dass zwischen dem Begünstigungsverbot und dem Provisionsabgabeverbot nicht differenziert wurde. Es ist m.E. zu bedenken, dass sich die Vermittlergruppen nur gegen das Provisionsabgabeverbot richteten. Jedoch mussten die vorgebrachten Argumente für eine Beibehaltung des Provisionsabgabeverbots auch gleich für eine Beibehaltung des Begünstigungsverbots herhalten. Der Gesetzgeber hätte dies vermutlich anders beurteilt, wenn beide Verbote getrennt behandelt worden wären. Da dies erkennbar nicht der Fall gewesen ist, lässt sich vermuten, dass der Fortbestand des Begünstigungsverbots eher auf einem gesetzgeberischen Versehen beruht.368 Dies ergibt sich auch aus der Überlegung, dass das Begünstigungsverbot für die Erhaltung der Gewinnmarge der Vermittler keine Rolle spielt. Das Begünstigungsverbot hat nur den Schutz einer Versichertengruppe, nämlich derer, die durch ihre Beiträge die verbilligten Prämien einer anderen Versichertengruppe subventionieren, zum Ziel. Im Gegensatz zum Provisionsabgabeverbot gehört es daher auch systematisch in das VAG, da es dem Schutz zumindest eines Teils der Versicherten dient. Beim Begünstigungsverbot ist indes zu beachten, dass der Markt auch auf Verzerrungen des Wettbewerbs reagiert, denn das zur Begünstigung einer Versichertengruppe Aufgewendete muss an anderer Stelle wieder durch Erhöhung der Prämie „verdient“ werden. Das Versicherungsunternehmen dürfte das Mittel der Quersubventionierung ohnehin nur sehr behutsam anwenden, weil die einen höheren Preis für ihr Risiko zahlenden Versicherten zu billigeren Anbietern (die nicht quersubventionieren) abwandern.

(2) Unwirksamkeit des Verbots wegen entgegenstehendem Landes- und Europarecht? Das VAG ist als Bundesrecht nicht nur im Bereich der Bundesaufsicht, sondern auch im Bereich der Landesaufsicht der Abänderung durch die Länder entzogen.369 Die erlassenen Verordnungen binden daher nur solche Versicherungsunternehmen, die der Bundesaufsicht unterliegen, nicht hingegen solche, die wegen ihres beschränkten Tätigkeitsbereiches nur der Landesaufsicht unter___________ 367

Fn. 366. So auch F. Merz, Das Begünstigungsverbot im deutschen Versicherungsrecht, in: Festschrift für Ulrich Everling, S. 837, der vermutet, dass der Gesetzgeber nur das Verbot der Sondervergünstigungen (Provisionsabgabeverbot) aufrechterhalten wollte. 369 R. Schmidt/P. Präve, in: Prölss, VAG, Vorbem. Rn. 52. 368

124 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

liegen.370 Die Länder haben aber für die ihrer Aufsicht unterstehenden Versicherungsunternehmen bisher keine entsprechenden Verordnungen zum Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen erlassen.371 Warum einige Versicherungsunternehmen an die Verbote gebunden sind und andere nicht (nämlich solche die nur der Landesaufsicht unterliegen), ist nicht recht einzusehen. Überhaupt kann ein Verbot nur dann konsequent umgesetzt werden, wenn alle Versicherungsunternehmen daran gebunden sind, unabhängig davon ob sie nur in einem Bundesland tätig sind oder nicht. Das Verbot ist daher nicht konsequent umgesetzt. Es kann unterlaufen werden und weist somit Lücken auf. Dieser Aspekt spricht zwar ebenfalls gegen eine Beibehaltung des Begünstigungsverbots, führt aber noch nicht zu seiner Unwirksamkeit. Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus dem europäischen Versicherungsmarkt. Mit der Einführung eines gemeinsamen Marktes übt die Sitzlandbehörde die Finanzaufsicht über Versicherungsunternehmen aus, auch wenn sie im Ausland das Versicherungsgeschäft betreiben. Da im europäischen Ausland nicht überall gleiche Regelungen betreffend die Begünstigung von Versicherten bestehen – Begünstigungen einzelner Gruppen also durchaus erlaubt sind – können deutsche Versicherungsunternehmen aus Wettbewerbsgründen nicht mehr daran gebunden werden, sofern sie im Ausland versichern.372 D.h. das Ziel des Begünstigungsverbotes, nämlich weniger marktstarke Versicherungskunden oder Gruppen zu schützen, stößt an seine Grenzen, wenn das Versicherungsunternehmen im europäischen Ausland nicht an das Begünstigungsverbot gebunden ist: Um im europäischen Ausland mit seinen Prämien wettbewerbsfähig zu sein, wird das Versicherungsunternehmen von bestimmten Gruppen dort ansässiger Versicherter nur geringere Prämien verlangen können. Die im Ausland zu wenig erhobenen Prämien führen aber in der Folge hierzulande zu höheren Prämien. Auch dieser Gesichtspunkt lässt das Begünstigungsverbot als fragwürdig erscheinen.

___________ 370

G. Winter, Das Provisionsabgabeverbot in der Lebensversicherung, VersR 2002, S. 1055. 371 Verordnungen über das Verbote von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen gleich der vom BAV für die Schadensversicherung vom 17.August.1982 erlassenen sind bisher nicht erfolgt; vgl. H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, Rn. 78 u. 85; G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81, Rn. 34. 372 So U. Fahr, VersR 1991, S. 1043; zur entsprechend gelagerten Diskussion beim Provisionsabgabeverbot s.u. 3. Kap., A. I. 5. a) cc) (4).

A. Allgemeine Grundlagen

125

(3) Weitere Gültigkeit So sehr man das Begünstigungsverbot auch kritisch hinterfragen kann, darf dabei jedoch nicht vergessen werden, dass das Begünstigungsverbot weiterhin Geltung hat.373 Mit der Einführung des auf den europäischen Richtlinien basierenden374 allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)375 kommt der Aspekt des Begünstigungsverbots noch stärker zum Tragen. Zwar ist die Stoßrichtung dieses Gesetzes eine andere, weil bestimmte Personengruppen auch in der Privatversicherung nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG nicht benachteiligt werden sollen. Dies führt tendenziell dazu, dass Unterschiedliches gleich behandelt wird, obwohl es sachliche Differenzierungsgründe gibt, an denen sich die Versicherungsunternehmen bisher orientierten. Die den Versicherungsunternehmen theoretisch gegebene Möglichkeit, sich über § 20 Abs. 1 S.1 AGG zu rechtfertigen376, stößt dort an ihre Grenzen, wo die Versicherungsunternehmen die betriebsinternen gesammelten Daten zur Risikoberechnung preisgeben müssten. Die Erhebung der Daten ist oftmals nicht nur mit hohen Kosten verbunden, sondern die Preisgabe der Daten käme der Offenbarung sensibler Geschäftsgeheimnisse gleich. Die Offenlegung dieser Geschäftsgeheimnisse würde das einzelne Versicherungsunternehmen als auf dem Markt agierenden Wettbewerber schädigen und zum sog. Free-Rider Problem führen, weil Konkurrenzunternehmen ohne Kosten bei der eigenen Datenerfassung von den veröffentlichten Daten ihrer Mitbewerber profitierten.377 Im Einzelnen sind die Auswirkungen des AGG auf die

___________ 373 Zuletzt bestätigt durch BGH v. 17.6.2004, Az. III ZR 271/03, BGHZ 159, S. 334, VersR 2004, S. 1029, der die Qualität der Beratung und Markttransparenz sowie ergänzend für das Provisionsabgabeverbot auch noch das finanzielle Interesse der Versicherungsvermittler als Gründe für die Beibehaltung ansieht. Er stellt in dieser Entscheidung aber fest, dass das aufsichtsrechtliche Sondervergütungsverbot kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge i.S.v. § 134 BGB darstellt. 374 Richtlinie 2000/43 des Rates vom 29.6.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABIEG L 180, S. 22 (sog. Antirassismusrichtlinie), Richtlinie 2004/ 113 EG des Rates vom 13.12.2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, einschließlich von Wohnraum ABIEG L 373, S. 37. 375 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 29.6.2006, BGBl. I 2006, S. 1897, ist am 18.8.2006 in Kraft getreten. 376 Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 AGG ist eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist nicht gegeben, wenn für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt. 377 G. Thüsing /K. v. Hoff, VersR 2007, S. 1.

126 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Privatversicherungswirtschaft noch nicht absehbar.378 Erkennbar wird jedoch, dass der Gedanke des Begünstigungsverbots im VAG durch das AGG eine Stärkung erfahren hat.

b) Ergebnis Das nach wie vor geltende Begünstigungsverbot steht der Bildung eines Sondermarktes nicht entgegen, weil die Prämienreduktion durch sachliche, insbesondere versicherungsmathematische Gründe gerechtfertigt ist.

5. Die Mitwirkung durch den Arbeitgeber als Ursache des Vorteils im Belegschaftsgeschäft Wurden soeben (3. Kap., A. I. 3.) Faktoren der wesentlichen Ursachen für den Vorteil im Belegschaftsgeschäft herausgestellt und dargestellt, dass das Begünstigungsverbot der Bildung von Sondermärkten nicht entgegensteht (3. Kap., A. I. 3.) soll nun überprüft werden, inwieweit eine Mitwirkung durch den Arbeitgeber als Ursache des Vorteils im Belegschaftsgeschäft vorliegen kann. Zu der Verbilligung der Prämie durch die dargelegten versicherungskalkulatorischen Tatsachen kann nämlich eine weitere Verbilligung der Prämie hinzutreten, wenn der Arbeitgeber günstige Bedingungen schafft, die die versicherungskalkulatorischen Kosten oder Verwaltungskosten beim Versicherungsunternehmen in anderer Weise senken. Eine solche Mitwirkung führt nach der Veranlassungstheorie dann zu einen geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer, wenn die Mitwirkung des Arbeitgebers beim Versicherungsunternehmen zu einer Prämienreduzierung beim Arbeitnehmer führt. Damit wird neben der Vertragsbeziehung des Versicherungsnehmers zum Dritten auch die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Verbilligung mitursächlich und ein Teil der Verbilligung kann durch die durch Mitwirkung des Arbeitgebers wesentlich mitveranlasst sein. Ein entsprechender wesentlicher Mitwirkungsanteil wäre dann als geldwerter Vorteil beim Arbeitnehmer zu versteuern. Im Folgenden wird daher erörtert, in welchen Fällen von einer Mitwirkung durch den Arbeitgeber auszugehen ist:

___________ 378

C. Armbrüster, VersR 2006, S. 1297, spricht von neuen Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft; M. Fricke, VersR 2006, S. 1473ff. erhellend zu den Beweislastregelungen in § 22 AGG.

A. Allgemeine Grundlagen

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Zur Mitwirkung durch den Arbeitgeber hat das Bundesfinanzministerium durch das BMF-Schreiben vom 27. September 1993 dazu Stellung genommen, welche Umstände nach Verwaltungsansicht eine steuerschädliche Mitwirkung durch den Arbeitgeber, die vorliegend in der Verbilligung der Prämie vorliegen könnten, hervorrufen. Dort wird auch der Verzicht auf Provisionen angesprochen. Wegen der Nähe des soeben geschilderten Begünstigungsverbots zum sog. Provisionsabgabeverbot soll unter a) zunächst untersucht werden, ob der im BMF-Schreiben geschilderte Provisionsverzicht durch den Arbeitgeber als Ursache des Vorteils im Belegschaftsgeschäft in Frage kommt. Dies könnte wegen des entgegenstehenden Provisionsabgabeverbots fraglich erscheinen. Möglicherweise könnte das Provisionsabgabeverbot aber seinerseits unter verfassungs- und europarechtlichen Gesichtspunkten unwirksam sein, welches für die Frage, ob der Arbeitgeber durch Provisionsverzicht mitwirken kann, entscheidend ist. Nach einem Ergebnis unter b) wird anschließend unter c) untersucht, ob der Arbeitgeber an der Verbilligung der Prämie noch in anderer Weise mitgewirkt haben kann.

a) Provisionen aa) Entstehung eines Provisionsanspruchs durch Vermittlung der Belegschaft an ein Versicherungsunternehmen Im „Normaltarif“ für eine Versicherungsleistung sind Provisionen für Vermittler als Erwerbskosten einkalkuliert, das Vermittlungsentgelt ist also kalkulatorischer Bestandteil der Prämie.379 Öffnet ein Arbeitgeber einem Versicherungsunternehmen durch den Abschluss eines Rahmenvertrages seinen Belegschaftsbestand, so erscheint zunächst fraglich, ob der Arbeitgeber vom Versicherungsunternehmen eine Vermittlungsprovision beanspruchen kann. Dies könnte insofern zweifelhaft sein, weil es für gewöhnlich nicht Hauptgeschäft des Arbeitgebers ist, Versicherungen zu vermitteln. Nach § 3 GewO ist aber grundsätzlich der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe erlaubt. Hinzu kommt, dass gewerbliches Handeln schon dann vorliegt, wenn das getätigte Geschäft sich bei bietender Gelegenheit wiederholt werden könnte.380 Da nicht auszuschließen ist, dass der Arbeitgeber seine Belegschaft durch den Abschluss weiterer Rahmenverträge mit dem Versicherungsunternehmen für deren Versi___________ 379

K. Thürnagel, Die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungsmodellen, S. 11. P. Tettinger, in: Tettinger/Wank/Sieg, Gewerbeordnung, § 1, Rn. 9, 11: „Einmalige Tätigkeiten können ausnahmsweise ausreichen, wenn der Einzelakt einen großen Umfang – auch in zeitlicher Hinsicht – annimmt, etwa bei der Abwicklung eines industriellen Großvolumens.“ Dies dürfte wohl beim Belegschaftsgeschäft der Fall sein, weil hier die gesamte Belegschaft vermittelt wird. 380

128 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

cherungsprodukte öffnet, ist eine Vermittlertätigkeit anzunehmen. Auch die Überlegung, dass der Arbeitgeber bei einem Belegschaftsrahmenvertrag seine gesamte Belegschaft und damit in der Folge unzählige Individualverträge vermittelt, lässt ihn als Vermittler erscheinen. Sofern das Versicherungsunternehmen jedoch mit dem Arbeitgeber direkt in Kontakt tritt und Geschäfte tätigt, setzt es sich der Gefahr aus, seine eigenen Vertreter zu schädigen, weil diese das Geschäft nicht vermitteln konnten. Jedoch ist hier die besondere Situation des Belegschaftsgeschäfts zu beachten: Da es sich um ein – möglicherweise einmaliges – Geschäft von erheblichem Umfang handelt, verfügt das Versicherungsunternehmen regelmäßig nicht über eigene Vermittler, die solche Spezialgeschäfte vermitteln könnten. So erklärt sich auch, dass Belegschaftsgeschäfte zumeist von den sog. (arbeitgebereigenen) firmenverbundenen Vermittlern381 abgeschlossen werden. Ob eine Provision anfällt, hängt jedoch ungeachtet der Geltendmachung eines möglichen Provisionsanspruchs seitens des Arbeitgebers gegenüber dem Versicherungsunternehmen von der durch die Parteien getroffenen Vertragsgestaltung ab.382 Nur wenn eine Provision vereinbart wurde, kann der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer/Versicherungsnehmer auf diese verzichten und es deswegen möglicherweise zu steuerpflichtigen Vorteilen bei den Arbeitnehmern kommen. Fällt schon keine Provision an, kann auch nichts weitergegeben werden und in der Folge auch nichts besteuert werden. Sieht man dies anders, so gerät man vom Bereich der Istbesteuerung in den Bereich der Sollbesteuerung, die allgemein abgelehnt wird, weil sie nicht durchführbar ist.383 Niemand ist in der Lage, die mögliche Provisionssumme ohne Willkür festzulegen: Besonders gute Verhandlungsführer beim Arbeitgeber könnten theoretisch mehr erzielen als nicht so gute Verhandlungsführer. Besonders ehrgeizige Verhandlungsführer könnten aber auch das gesamte Projekt zum Scheitern bringen, wenn sich das Geschäft für das Versicherungsunternehmen aufgrund der hohen Provisionszahlungen nicht mehr lohnt. Daran zeigt sich, dass nicht auf eine hypothetische Provisionszahlung abgestellt werden kann. Nimmt der Arbeitgeber hingegen eine übliche Provision an, so gerät er von vornherein nicht in den ___________ 381

s.u. 3. Kap., B. I. So wird nach H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 102 im großindustriellen Versicherungsgeschäft zunehmend mit provisionsfreien Nettotarifen gearbeitet: Nach einer Anfrage des Verfassers geht die Wiesbadener Vereinigung selber davon aus, dass sie bei der Vereinbarung von Nettotarifen nicht tätig werden müsse. Letztlich liegt es in der Vertragsfreiheit der Parteien, ob Provisionen ausgehandelt werden oder nicht. Wird jedoch eine Provision vereinbart, kann nicht ohne weiteres auf sie verzichtet werden. Zum Nettopämien-Modell K. Thürnagel, Die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungsmodellen, S. 70. 383 Zur Thematik der Sollbesteuerung eingehend: K. Tipke, Steuerrechtsordnung, Band II, S. 633; J. Lang, in: Tipke/Lang, § 4, Rn. 101. 382

A. Allgemeine Grundlagen

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Verdacht, seinen Arbeitnehmern steuerbare Sachzuwendungen zu verschaffen.384 bb) Verzicht auf die Provision Wird zwischen Versicherungsunternehmen und Arbeitgeber indessen vereinbart, dass eine Provision für letzteren anfällt, so bleibt zu untersuchen, ob der Arbeitgeber wirksam auf die Provision zugunsten seiner Arbeitnehmer verzichten kann. Zwar werden im Steuerrecht wegen § 40 AO prinzipiell auch Einnahmen aus strafbaren Handlungen erfasst. Jedoch kann die nähere Bestimmung des Provisionsabgabeverbots zumindest als Indiz dafür fruchtbar gemacht werden, dass die Beteiligten die Provision nicht zugunsten der Arbeitnehmer abgeben werden, weil dies den Straftatbestand des § 144a Abs. 1 Nr. 3 VAG erfüllt. Gegen einen Verzicht auf die Provision durch den Arbeitgeber könnte daher das sog. Verbot von Sondervergütungen stehen. Dieses ist in § 81 Abs. 2 S. 4 VAG verankert und durch die hierzu ergangenen Verordnungen des BAV mehrfach in Rundschreiben zusammengefasst und erläutert worden.385 Hauptformen der verbotenen Sondervergütungen sind Provisionsabgaben.386 § 81 Abs. 2 S.4 VAG verbietet Sondervergütungen in irgendeiner Form. Dabei werden unter Sondervergütungen alle im Tarif nicht vorgesehenen Vorteile, welcher Art sie auch immer sein mögen, verstanden.387 Dabei ist für die Bejahung einer Sondervergütung ausreichend, wenn das wirtschaftliche Ergebnis der getroffenen Vereinbarung einer Sondervergütung entspricht. So hat das BAV zur Unzulässigkeit von Sondervergütungen in der Lebensversicherung die Rundschreiben R 3/94 erlassen.388 Danach sind unmittelbare und mittelbare Sondervergütungen von Versicherungsunternehmen oder Versicherungsvermittlern an Versicherungsnehmer oder versicherte Personen verboten. Dieses Verbot gilt auch, wenn die Zuwendungen zunächst an Dritte erfolgten, die die Zuwendungen dann dem Versicherungsnehmer oder versicherten Person zukommen lassen. ___________ 384

Selbiges wird durch die Einschaltung eines firmenverbundenen Vermittlers erreicht, s.u. 3. Kap., B. I. 385 Im Einzelnen dargestellt bei H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 87. 386 H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 80. 387 H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 80. 388 Dort heißt es unter II. Richtlinien für das Neugeschäft: 1.1: Unmittelbare und mittelbare Sondervergütungen an Versicherungsnehmer oder versicherte Personen sind verboten. Unter Sondervergütungen ist die Gewährung von Provisionen oder von im Tarif nicht vorgesehenen Vorteilen irgendwelcher Art zu verstehen. Dieses Verbot gilt auch, wenn die Zuwendungen zunächst an Dritte erfolgten, die sie dann den Versicherungsnehmern oder den versicherten Personen zukommen lassen.

130 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Verzichtet der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer/Versicherungsnehmer auf die ihm zustehende Provision, die er aufgrund der Öffnung seiner Belegschaft an das Versicherungsunternehmen beansprucht, wirkt dies wirtschaftlich wie eine Sondervergütung, weil der Betrag, der sonst vom Versicherungsunternehmen an einen Vermittler gezahlt worden wäre, nunmehr den Arbeitnehmern/Versicherungsnehmern zugute kommt. cc) Wirksamkeit des Provisionsabgabeverbots? Um als Argument gegen die Möglichkeit des Provisionsverzichts gelten zu können, müsste das Provisionsabgabeverbot seinerseits wirksam sein. Zweifel an der Wirksamkeit des Provisionsabgabeverbots sind in jüngster Zeit unter europa-389 und verfassungsrechtlichen390 Blickwinkeln erhoben worden.391 (1) Europarechtliche Argumente gegen das Provisionsabgabeverbot Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich schon mehrmals mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nationale Provisionsabgabeverbote unter dem Gesichtspunkt eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes aufzuheben seien. Obwohl Art. 81 EGV dem Wortlaut nach nur auf Unternehmen anwendbar ist, geht der EuGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 3 g, 10392, 81393 EGV auch staatliche Maßnahmen – um die es sich beim Provisionsabgabeverbot handelt – untersagen, wenn diese Maßnahmen in Zusammenhang mit einem von Art. 81 EGV erfassten Verhalten von Unternehmen stehen.394 Die Mitgliedsstaaten dürfen daher keine Maßnahmen und zwar auch nicht in Gestalt von Gesetzen und Verordnungen treffen oder beibehalten, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben könnten. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein solcher Fall gegeben, wenn ein Mitgliedstaat gegen EG-Recht verstoßende Kartellabsprachen vorschreibt, erleichtert oder deren Auswirkungen verstärkt oder der eigenen ___________ 389 Vor allem M. Dreher, WuW 1994, S. 193 ff.; ders., VersR 1995, S. 1 (3); ders., VersR 2001, S. 1 ff.; G. Winter, VersR 2002, S. 1055. 390 G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81, Rn. 36; M. Dreher, VersR 2001, S. 1 (9). 391 Schon im zuvor erwähnten RegE des 3. DchfG/EWG zum VAG vorgesehen das Provisionsabgabeverbot ganz abzuschaffen, was nur durch die massive Intervention der Vermittlergruppen abgewendet wurde, s. o. 3. Kap., A. I. 4. a) bb), (Fn. 364). 392 Früher Art. 5 EGV. 393 Früher Art. 85 EGV. 394 EuGH v. 17.11.1993 Rs C 2/91 (Meng), Slg. 1993 I, S. 5751, VersR 1994, S. 161.

A. Allgemeine Grundlagen

131

Regelung dadurch ihren Charakter nimmt, dass er die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt.395 So hat der EuGH im Urteil vom 1.10.1987, in dem das Provisionsabgabeverbot belgischer Reiseveranstalter in Frage stand, ein Provisionsabgabeverbot für unwirksam erklärt.396 Dabei hat der EuGH397 wegen der Spezifika im Reisevermittlungsgeschäft, bei dem Vermittlungen von Reisen ins Ausland nahe liegen, eine mögliche Beeinträchtigung des gemeinsamen Marktes bejaht.398 Später hat der EuGH in der für die Versicherungsbranche relevanten Rechtssache Meng399, die sich auf dem Gebiet der Kranken- und Schadenversicherung bewegte, die Frage nach der Gültigkeit des deutschen Provisionsabgabeverbots nicht entschieden, weil er seine Unzuständigkeit annahm. Gleichwohl hat er den deutschen Gerichten Hinweise zur Auslegung des EU-Vertrages an die Hand gegeben, die konsequenterweise für alle Sparten, also auch bei einer Auslegung in der Lebensversicherung, heranzuziehen sind. ___________ 395

Zuerst EuGH v. 21.9.1988, Rs 267/86, Slg. 1988 I, S. 4769 (van Eycke, Steuerbefreiung auf bestimmte Spareinlagen); EuGH v. 17.11.1993; Rs C 2/91 (Meng), Slg. 1993 I, S. 5751 = VersR 1994, S. 161, zur entsprechenden Anwendung auf Versicherungsvermittler: K. Sieg, VersR 1989, S. 217. 396 EuGH v. 1.10.1987, Rs 311/85, Slg. 1987 I, S. 3801, VersR 1989, S. 349 (Reisevermittler). 397 Dem EuGH reicht die Feststellung unter 18. seiner Gründe im o. a. (Fn. 396) angegebenen Urteil: „Derartige Vereinbarungen sind im übrigen geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten in mehrfacher Hinsicht zu beeinträchtigen. Erstens können die in einem Mitgliedstaat tätigen Reisevermittler Reisen verkaufen, die von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Reiseveranstaltern organisiert werden. Zweitens können diese Reisevermittler Reisen an Kunden verkaufen, die in anderen; Mitgliedstaaten wohnen. Drittens geht es in vielen Fällen um Reisen nach anderen Mitgliedstaaten.“ Auf die Gefahr der Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Art. 5 Abs. 2 i.V.m. 3g EGV auf sämtliche wettbewerbsbeschränkenden staatlichen Maßnahmen und einer damit einhergehenden Aushöhlung der Kompetenz der Mitgliedsstaaten weist H.-J. Niemeyer, WuW 1994, S. 721 (729) hin. 398 Das LG Heidelberg (Urteil v. 31.5.1989, Az. O 126/88 KfH II = BB 1989, S. 1845) hat das Provisionsabgabeverbot ebenfalls nicht für mit Art. 10 i.V.m. Art. 3f. und Art. 85 EGV vereinbar erklärt, weil eine Eignung zur Handelsbeeinträchtigung vorliege, weil das Verbot auch ausländische Versicherungsunternehmen beträfe, die eine Zweigniederlassung im Inland hätten. Weiter ziele das Verbot darauf, ab den Zugang zum deutschen Markt zu erschweren, weil ansonsten ausländische Versicherungsunternehmen eine wettbewerbsfähigere Leistung anbieten könnten. Zudem könne das jeweilige Versicherungsunternehmen Provisionen nicht an Kunden weitergeben, die im Ausland wohnen. Zu Recht kritisiert C. Hootz, BB 1989, S. 1845 f., daran, dass das LG Heidelberg die Voraussetzung des Vorliegens einer Vereinbarung, Beschlusses oder eines aufeinander abgestimmten Verhaltens – mithin vorangegangenes privatrechtliches Handeln der Beteiligten – nicht prüft, geschweige denn nachweist. Auf den fehlenden Zusammenhang mit Kartellabsprachen weist auch das BAV in VerBAV 1989, S. 187 hin. 399 EuGH v. 17.11.1993, Rs C 2/91 (Meng), VersR 1994, S. 161.

132 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Obwohl der EuGH die Rechtssache letztlich nicht entschied, wurde im Schrifttum allgemein die Meinung vertreten, das Provisionsabgabeverbot sei vom EuGH für wirksam erklärt worden.400 Indes hat der EuGH keine Stellungnahme im Sinne einer ausdrücklichen Vereinbarkeitserklärung abgegeben, sondern sich lediglich für unzuständig erklärt. Jeder Schluss auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Provisionsabgabeverbots verbietet sich daher, worauf vor allem Dreher401 zutreffend hinweist. Der EuGH hat bei seiner Zurückverweisung lediglich zu bedenken gegeben, dass das Provisionsabgabeverbot dann unwirksam sei, wenn die Voraussetzungen vorliegen, d.h. ein Zusammenhang mit einem von Art. 81 EGV erfassten Verhalten von Unternehmen besteht. Dies sah das dem EuGH die Rechtsfrage vorlegende KG Berlin im Falle der Kranken- und Schadensversicherung nicht als gegeben an, weil nicht ersichtlich gewesen sei, dass es vorhergehende Absprachen unter den beteiligten Versicherungsunternehmen und Vermittlern gegeben habe. Es verurteilte folglich den Vermittler, der gegen das Verbot verstoßen hatte.402 (a) Vorhergehende privatrechtliche Absprachen über das Provisionsabgabeverbot Die Rechtsprechung des EuGH zum Anlass nehmend, machte vor allem Dreher unter Aufdeckung neuer Quellen403 darauf aufmerksam, dass es im Bereich Lebensversicherungsunternehmen privatrechtliche Absprachen gegeben habe, die dann letztlich zum Erlass des Provisionsabgabeverbots durch den Gesetzgeber in concreto durch das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung geführt hätten. Daraus folgert Dreher, dass das Provisionsabgabeverbot nach den ___________ 400 OLG Celle v. 23.2.1994, Az. 11 U 79/93, VersR 1994, S. 856; K. Hohlfeld, in: Festschrift für Egon Lorenz, S. 295 (314), U. Hübner, in: Festschrift für Egon Lorenz, S. 317 (328); M. Dreher, VersR 2001, S. 1 (3 ff.), m. w. N.; offengelassen: BGH v. 17.6.2004, Az. III ZR 271/03, BGHZ 159, S. 334, VersR 2004, S. 1029. 401 M. Dreher, VersR 2001, S. 1 (3ff). 402 Kammergericht Berlin v. 3.6.1994, Az. 5 Ws (B) 192/90, VerBAV 1995, S. 129, VersR 1995, S. 445; K. Thürnagel, Die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungsmodellen, S. 63, weist darauf hin, daß „somit (...) in einer rechtskräftigen obergerichtlichen Entscheidung die Vereinbarkeit des Provisionsabgabeverbots mit europäischem Wettbewerbsrecht in der Kranken-, Schadens- und Rechtsschutzversicherung festgestellt worden (ist).“ Die Vereinbarkeit ist damit aber lediglich in diesen Versicherungssparten festgestellt worden; über eine Vereinbarkeit in anderen Bereichen ist keine Aussage getroffen worden. Hierauf weist M. Dreher, VersR 2001, S. 1, 6 ff. hin. 403 M. Dreher verweist beispielsweise auf die Nachrichten des Verbands deutscher Lebensversicherungsgesellschaften in ZVersWiss 1911, S. 1084, nach der es Abkommen bezüglich der Provisionsabgabe gegeben habe; weitere Quellen bei M. Dreher, VersR 2001, S. 1, 6 ff.

A. Allgemeine Grundlagen

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Hinweisen des EuGH zumindest im Bereich der Lebensversicherung europarechtswidrig und damit unwirksam sei.404

(b) Die privatrechtliche Ergänzung des hoheitlichen Provisionsabgabeverbots durch die Wiesbadener Vereinigung Das Zusammenwirken von Privaten und Staat kann außer bei der Begründung einer hoheitlichen Maßnahme auch bei deren Durchführung erfolgen. So ist nach der bereits oben angesprochenen Rechtsprechung des EuGH eine gegen EG-Recht verstoßende Kartellabsprache auch dann gegeben, „wenn [der Mitgliedstaat] der eigenen Regelung dadurch ihren Charakter nimmt, dass er die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt.“405

Dazu muss man wissen, dass die deutsche Versicherungswirtschaft am 8. Juli 1971 durch Unterzeichnung eines Abkommens406 die „Wiesbadener Vereinigung“, – einen nicht rechtsfähigen Verein – gegründet hat. Das Abkommen bezweckt die Einhaltung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Provisionsregelungen, vor allem des Provisionsabgabeverbots.407 Der Vereinigung gehören derzeit 148 Versicherungsunternehmen an.408 Da die Wiesbadener Vereinigung der Aufsichtsbehörde helfe, sei nach Dreher ein Zusammenwirken von Privaten und Staat bei der Durchführung des Provisionsabgabeverbots gegeben: „Durch die lebhafte Tätigkeit der Vereinigung bedürfe es nur äußerst weniger hoheitlicher Eingriffe in Form von Bußgeldverfahren zur Durchsetzung des hoheitlichen Verbots“. Dreher sieht damit den Tatbestand als erfüllt an, den der EuGH als alternative Voraussetzung für die Europarechtswidrigkeit eines Provisionsabgabeverbots generell formuliert hat, nämlich die Übertragung für die in die Wirtschaft eingreifenden Entschei___________ 404 M. Dreher VersR 2001, S. 1, 6 ff.; allgemein kritisch hierzu H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81 Rn. 96f. 405 s. Fn. 395. 406 Aktuell handelt es sich um das Abkommen der Versicherungsunternehmen zur Durchführung rechtlich begründeter Provisionsregelungen in der Fassung vom 11.3.2004. 407 Auf der Website der Wiesbadener Vereinigung (http://www.wiesbadenervereinigung.de/; Stand 14.01.2008) ist zu lesen, dass der Gesetzgeber mit dem Provisionsabgabeverbot das Ziel verfolge, „dass die Prämien der Versicherungsunternehmen nicht wegen höherer Provisionszahlungen an ihre Vermittler steigen müssen. Außerdem gewährleistet das Provisionsabgabeverbot die Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer.“ 408 s. Website der Wiesbadener Vereinigung: http://www.wiesbadenervereinigung.de/; Stand 14.01.2008.

134 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

dungen auf private Wirtschaftsteilnehmer. Die Wiesbadener Vereinigung fungiere daher im Ergebnis als „verlängerter Arm“ der Aufsicht.409

(2) Stellungnahme zur europarechtlichen Unwirksamkeit Der europarechtlichen Kritik am Provisionsabgabeverbot ist insofern zuzustimmen, als sie auslandsbezogene Sachverhalte betrifft, also solche Sachverhalte, in denen einer der Adressaten, d.h. entweder Versicherungsunternehmen oder Vermittler, seinen Sitz im europäischen Ausland hat oder der empfangende Versicherungsnehmer dort ansässig ist. Nach allg. Meinung ist § 81 Abs. 2 VAG auf solche Sachverhalte nicht anzuwenden.410 Dies ergibt sich schon zwanglos aus der Struktur der getroffenen Regelungen im Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts. Dabei kann die Frage der Rechtsnatur des Verbotes dahingestellt bleiben. Falls das Provisionsabgabeverbot der Finanzaufsicht411 unterliegen sollte, folgt daraus, dass für die Finanzaufsicht immer der Sitzlandstaat zuständig ist. Ein mögliches ausländisches Versicherungsunternehmen wäre gem. dem Prinzip der Sitzlandaufsicht dem Recht des Heimatstaats unterworfen, das ein Provisionsabgabeverbot für die Unternehmen dieses Staates möglicherweise gar nicht kennt.412 Sollte das Recht seines Sitzlandstaates ein solches Verbot nicht kennen, verstieße dieses im Falle grenzüberschreitender Sachverhalte seinerseits gegen Europarecht und wäre nicht anzuwenden. Sollte das Recht des Sitzlandstaates ein solches Verbot jedoch kennen, dann würde der zwischenstaatliche Handel nicht beeinträchtigt und das Verbot würde folglich weiter anwendbar sein. Falls das Provisionsabgabeverbot als eine Ausprägung des versicherungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes413 und damit der Rechtsaufsicht angesehen wird,414 ist zu beachten, dass die im VAG niedergelegten Gleichbe___________ 409 M. Dreher, VersR 2001, S. 8 unter Verweis auf den Bericht über die Mitgliederversammlung in VW 1999, S. 813. 410 U. Fahr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 110a, Rn. 35. 411 So U. Fahr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 110a, Rn. 36; H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 110a, Rn. 30. 412 Provisionsabgabeverbote bestehen nach H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 72 in Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Österreich, Belgien und den Niederlanden. 413 Der nicht für alle Versicherungssparten geltende Gleichbehandlungsgrundsatz [s.o. unter 3. Kap., A. I. 4. a) aa)] könnte insoweit betroffen sein, dass einige Versicherungsnehmergruppen über ihre Marktmacht den Vermittler eher dazu bewegen können, Teile seiner Provision abzugeben als nicht so marktmächtige Versicherungsnehmergruppen. Diese Ungleichbehandlung zwischen marktmächtigen und marktschwachen Versicherungsnehmern soll durch das Gleichbehandlungsgebot verhindert werden. 414 P. Präve, ZfV 1995, S. 258 (260); ders., ZfV 1994, S. 227 (230).

A. Allgemeine Grundlagen

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handlungsgebote des § 11 Abs. 2 VAG und des § 21 Abs. 1 VAG nach § 110a Abs. 4 VAG ohnehin keine Anwendung auf Versicherungsunternehmen in europäischen Mitgliedstaaten finden. Folgt man dieser Ansicht kollidiert die Regelung in § 110a Abs. 4 VAG nicht mit den Art. 3 g, i.V.m. Art. 10 i.V.m. Art. 81 EGV. Somit besteht Einigkeit darüber, dass das Provisionsabgabeverbot bei einem Sachverhalt mit EG-Bezug nicht anzuwenden ist, falls der entsprechende Mitgliedstaat ein solches Verbot nicht anwendet. Einer möglichen Rüge des deutschen Gesetzgebers durch die Kommission415 ist mit einer einfachen Streichung § 81 Abs. 2 VAG im überlappenden Wortlaut des § 110a Abs. 4 VAG zu begegnen. Zum verbleibenden Problem der sog. Inländerdiskriminierung hat der EuGH noch nicht Stellung bezogen, etwa in dem Sinne, dass diese ebenfalls zu beseitigen wäre. Deswegen verwundert die Ansicht Drehers, der offenbar die Unwirksamkeit des Provisionsabgabeverbots auf rein innerstaatliche Sachverhalte ausweiten will.416 Dabei wird m.E. übersehen, dass die Regelung durch einen Europarechtsverstoß nicht zwingend in Gänze unwirksam werden muss. So ist anerkannt, dass bei einem Verstoß gegen Art. 81 EGV nur die verbotswidrigen Teile einer Vereinbarung betroffen sind. Ob die Vereinbarung im Übrigen aufrechterhalten werden kann, richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Recht.417 Wie geschildert,418 kennt das nationale Recht einen unterschiedlichen Geltungsbereich des Provisionsabgabeverbots, indem es die der Landesaufsicht unterliegen Versicherungsunternehmen und Vermittlergruppen in das Verbot nicht miteinbezogen hat. Ebenso ist es daher zwanglos möglich, Sachverhalte mit europarechtlichem Bezug vom Verbot auszuklammern und ansonsten die Wirksamkeit des Verbots aufrechtzuerhalten. Im Übrigen erscheint das verbleibende Problem der Inländerdiskriminierung vor dem Hintergrund, dass es die Vermittlergruppen selber waren, die den Gesetzgeber animierten, die Regelungen zu treffen, erträglich. Eine mögliche Konkurrenz durch Vermittler aus EU-Staaten wird sich wegen des Binnenmarktgedankens nicht verhindern lassen und muss von den inländischen Vermittlergruppen hingenommen werden.

___________ 415

Die Vorlage eines Falles mit EG-Auslandsbezug durch ein deutsches Gericht ist mangels Tätigwerden der Aufsicht bei einem derartigen Sachverhalt nicht zu erwarten. 416 So werden die Ausführungen Drehers auch von A. Reinstadler, Staatliche Wirtschaftsregulierung und europäisches Kartellrecht, ZeuS 2005, S. 479 (490) gedeutet. 417 R. Geiger, EUV/EGV § 81, Rn. 32; T. Eilmansberger, in: Streinz, EUV/EGV § 81, Rn. 93; W. Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, § 81, Rn. 147. 418 s. im Einzelnen Fn. 371.

136 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

(3) Verfassungsrechtliche Kritik Dreher hält darüber hinaus die Formulierung des Verbots in § 81 Abs. 2 VAG „in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren“ für „äußerst unbestimmt.“419 Er weist darauf hin, dass die Aufsichtsbehörde die Anordnung von 1934 durch zahlreiche Verlautbarungen konkretisiert und seiner Ansicht nach auch ausgeweitet hat. Dies entspreche nicht den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips, welches nach der Auslegung durch das BVerfG den in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten Grundsatz „nulla poena sine lege“ auch auf die vorliegend in Rede stehenden Ordnungswidrigkeitstatbestände erweitere. Die Konkretisierungen durch die Aufsichtsbehörde ließen die Möglichkeit rechtsstaatlicherer Fassungen des Verbots erkennbar werden. 420

(4) Stellungnahme zur verfassungsrechtlichen Kritik Dreher vermengt das Provisionsabgabeverbot mit dem bereits oben angesprochenen Begünstigungsverbot. Die Regelung über das Provisionsabgabeverbot wird klar getroffen: Die Erkennbarkeit für den Vermittler ist gegeben; er darf seine Provision nicht an die Versicherten weiterleiten. Die Kronkretisierung des Verbots durch das BAV ist zwar rechtlich unverbindlich,421 besagt jedoch, wann die Aufsichtsbehörde das Verbot als verletzt ansehen und folglich einschreiten wird. Es ist letztlich Sache der Gerichte, ob sich eine Verletzung der für die verschiedenen Sparten erlassenen Verbote für Provisionsabgaben ergibt. Diesen drängte sich jedoch die Frage nach einem Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit bislang nicht auf.422 So wird auch die Verwendung unbestimmter, wertausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriffe durch die Rechtsprechung des BVerfG nicht ausgeschlossen.423 Da ein Anknüpfen an verwaltungsrechtliche Entscheidungen ebenfalls als zulässig erachtet wird,424 und die Verlautbarungen der Aufsichtsbehörde diesen ___________ 419

M. Dreher, VersR 2001, S. 1 (9). M. Dreher, VersR 2001, S. 1 (9). 421 Dies erkennt auch M. Dreher an, VersR 2001, S. 1 (10). 422 So beispielsweise das jüngste Urteil des BGH zum Provisionsabgabeverbot, v. 17.6.2004, Az. III ZR 271/03, BGHZ 159, S. 334, VersR 2004, S. 1029. 423 BVerfG v. 4.4.1984, Az. 1 BvR 1287/83, BVerfGE 66, S. 337 (355), , NJW 1984, S. 2341; BVerfG v. 10.1.1995, Az. 1 BvR 718,719,722,723/89, BVerfGE 92, S. 1 (12), NJW 1995, S. 1141 (Sitzblockade); BVerfG v. 10.6. 1997, Az. 2 BvR 1516/96, BVerfGE 96, S. 68 (97f.), NJW 1998, S. 50. 424 So ist die Bezugnahme auf Verwaltungsvorschriften zulässig, wenn das Gesetz auf sie Bezug nimmt; E. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Art. 103, Rn. 215 (normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften); H. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 103, Rn. 46. 420

A. Allgemeine Grundlagen

137

gegenüber ein Minus darstellen, ergibt sich, dass die in Rede stehenden Konkretisierungen des Provisionsabgabeverbots durch die Aufsichtsbehörde erst recht zulässig sein müssen. Es bleibt daher festzuhalten, dass das sog. Provisionsabgabeverbot weder gegen Verfassungsrecht noch Europarecht verstößt.

dd) Stellungnahme zur Wirksamkeit des Provisionsabgabeverbots Ungeachtet der verfassungs- und europarechtlichen Kritik drängt sich jedoch die Frage auf, ob Sinn und Begründung für die Beibehaltung des Provisionsabgabeverbots gelten. Wie ausführlich dargestellt, hat der deutsche Gesetzgeber teils durch eigene Regelungen, teils durch europarechtliche Zwänge einen Regelungskomplex geschaffen, der nicht als ein flächendeckendes und umfassendes Verbot angesehen werden kann. Der Geltungsbereich des Verbots lässt sich in vier Kategorien unterteilen: Auf landesrechtlicher Ebene gibt es kein Provisionsabgabeverbot. Auf Bundesebene ist das Provisionsabgabeverbot weiterhin geltendes Recht. Auf Europarechtsebene ist das Provisionsabgabeverbot wegen des gemeinsamen Binnenmarktes europarechtskonform anzuwenden, d.h. es gilt für diese Fälle nicht, sofern im betreffenden Mitgliedsstaat kein Verbot existiert. Für die Versicherungsvermittlung in Drittländer gilt das Provisionsabgabeverbot weiterhin. Von einem flächendeckenden Verbot kann daher nicht gesprochen werden. Ein Verbot kann aber nur dann richtig wirken und die mit ihm verfolgten Ziele sicherstellen, wenn es für alle gilt. Ansonsten liegen Umgehungen nahe, beispielsweise durch Gründung vom Verbot nicht betroffener Vermittlungsgesellschaften. Die Intervention der Versicherungsmittler hätte ohnehin nur die Beibehaltung des Provisionsabgabeverbots gerechtfertigt. Zwar erscheinen die angeführten Argumente der „Sicherung der Beratungsqualität“ und „Markttransparenz“ auf den ersten Blick einleuchtend, aber bei genauerer Untersuchung nicht stichhaltig: Der Gesetzgeber kann die Versicherungswirtschaft und die Vermittlergruppen nicht auf der einen Seite zu mehr Wettbewerb anregen und den Wettbewerb auf der anderen Seiten mit Instrumenten wie dem Begünstigungsverbot oder Provisionsabgabeverbot wieder eindämmen. Ebenfalls führt Wettbewerb dazu, dass der Markt tendenziell nicht mehr überblickt werden kann, da jeder Anbieter unterschiedliche Produkte zu unterschiedlichen Preisen anbietet. Die „Sicherung der Beratungsqualität“ geht als Argument ebenfalls fehl, weil es doch gerade die Aufgabe der Versicherungsvermittler sein muss, die gute Beratung herbeizuführen: Bei einer Abschaffung des Provisionsabgabeverbots könnten besonders gute Vermittler ihre gute Beratungsqualität beweisen und ihre Kunden auf die besonders günstigen – weil quersubventionierten – Versicherungen hingewiesen und ihnen von überteuerten Versicherungen abraten. Aus

138 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

ökonomischer Sicht wird ein etwaiges Marktversagen ebenfalls nicht festgestellt und das Provisionsabgabeverbot demzufolge abgelehnt.425 Die mangelnde Begründung und ökonomische Fragwürdigkeit der Verbote in einem gemeinsamen, wettbewerbsorientierten Markt führen zwar dazu dass die Verbote bedenklich erscheinen. Zweifelhaft ist auch ob die Verbote im Hinblick auf Art. 12 GG einer verfassungsrechtlichen Überprüfung in der Zukunft standhalten, weil hier Freiheitsgrundrechte ohne ausreichende Begründung eingeschränkt sein könnten. Jedoch stellt das Provisionsabgabeverbot bislang geltendes Recht dar.426 Der als Vermittler seiner Belegschaft fungierende Arbeitgeber darf ihm eingeräumte Provisionen somit nicht weitergeben oder auf sie verzichten.427 Tut er es trotzdem, verhält er sich ordnungswidrig. Aus dem Verbot darf man allerdings nicht den Schluss ziehen, dass sich die Beteiligten unter allen Umständen an das Verbot halten.428 So sei es „für Beobachter der Versicherungsmärkte seit langem ein offenes Geheimnis, dass diese Vorschriften von den Vermittlern nicht gerade penibel eingehalten werden“.429 In der Versicherungswirtschaft ist durchaus bekannt, dass das Provisionsabgabeverbot kaum Beachtung findet. Im Gegenteil, der Einsatz von Courtageanteilen zur Bestandserhaltung von Kunden ist inzwischen zu einem aktiven Akquisitionsinstrument geworden.430 Insbesondere in der Kfz-Haftpflichtversicherung wird gemeinhin eine Tendenz vermutet, dass Versicherungsunternehmen Prämien vereinbaren, die unter den zur Regulierung aller Schadensfälle erforderlichen Prämien liegen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die KfzPflichtversicherung als Pflichtversicherung und damit als Massengeschäft dem Versicherungsunternehmen ein weiteres Kundenfeld für seine sonstigen Versicherungsprodukte eröffnet. Zudem scheint das Provisionsabgabeverbot außerhalb der Versicherungsbranche nicht sehr bekannt zu sein. So ergab eine Unternehmensbefragung zum ___________ 425 426

derlich. 427

M. Nell/W. Karten, in: Festschrift für Egon Lorenz, S. 393 (404). Auch P. Präve, ZfV 1995, S. 258 (260) hält eine neue Begründung nicht erfor-

Vorausgesetzt natürlich, es handelt sich nicht um einen Arbeitgeber, der nur der Landesaufsicht unterliegt oder es kommt zu einem europarechtlichen Bezug. 428 Zwar bewirkt ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot nach allg. Ansicht nicht die zivilrechtliche Unwirksamkeit der geschlossenen Verträge (zuletzt BGH v. 17.6.2004, Az. III ZR 271/03, BGHZ 159, S. 334 VersR 2004, S. 1029; M. Dreher. VersR 1995, S. 1 (5). Eine mögliche zivilrechtliche Unwirksamkeit der Provisionsabgaberegelung im Vermittlervertrag würde vorliegend einer Besteuerung wegen § 40 AO nicht entgegenstehen. Ehrenwert J. Lang, StuW 2004, S. 227 (229). Der in Fn. 373 vom BGH entschiedene Fall, beweist die in der Praxis bestehende Bereitschaft der Versicherungsvermittler trotz Verbots auf ihre Prämie (ganz oder teilweise) zu verzichten. 429 M. Nell/W. Karten, in: Festschrift für Egon Lorenz, S. 393. 430 K. Thürnagel, Die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungsmodellen, S. 66.

A. Allgemeine Grundlagen

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Provisionsabgabeverbot,431 dass ein Drittel der befragten Unternehmen das Verbot überhaupt nicht kannte. Ebenso wird das Provisionsabgabeverbot in der Literatur oftmals schlichtweg übersehen. So werden beispielsweise Gestaltungsmöglichkeiten zur Umgehung der Drittzuwendungsproblematik aufgezeigt, ohne auch nur Bezug auf die Provisionsabgabeproblematik zu nehmen:432 Der Arbeitgeber solle dabei auf seine Provisionsansprüche im Voraus verzichten,433 damit die Arbeitnehmer letztlich den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG voll ausnutzen könnten.434 Ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot liegt hier auf der Hand, weil nur auf etwas verzichtet werden kann, was zuvor vereinbart wurde. Eine solche Handlung ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 144a Abs. 1 Nr. 3 VAG.435 Demgegenüber bietet sich die Vereinbarung von sog. Nettotarifen an.436 Ebenfalls ist es möglich, von vornherein gar keine Provision auszuhandeln, weil es keinesfalls zwingend ist, Provisionen überhaupt zu vereinbaren. Generell muss der Gesetzgeber aber davon ausgehen, dass seine Gesetze auch eingehalten werden.437 Erlässt der Gesetzgeber Verbote und stellt diese zudem unter die Sanktion eines Ordnungswidrigkeitstatbestandes und bedient sich der Staat – wie hier – zudem noch einer privaten Organisation (der Wiesbadener Vereinigung e.V.) zur Durchsetzung des Verbotes, muss der Gesetzgeber zugrundelegen, dass sich die Adressaten an das Verbot halten. Daher lässt ___________ 431

So die Auswertung der Studie der Prognos-Consult GmbH, ZfV 1996, S. 9. R. Kuhsel, BB 2002, S. 124 (125). 433 Etwas anderes wäre es, wenn überhaupt keine Provision vereinbart würde (s. o. Fn. 382). 434 Diese Annahme geht schon insofern fehl, als das der BFH zwischenzeitlich bei der Weiterleitung der Provision an die Mitarbeiter Barlohn annimmt, auf den die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG schon dem Grunde nach nicht anzuwenden ist, BFH v. 23.8.2007, Az. VI R 44/05, DStR 2007, S. 2107, DB 2007, 2686, L. Rosarius spricht sich für eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 8 Abs. 2 EStG aus, DStZ 2007, S. 798. 435 Der Rat an die Arbeitgeber, auf die Provision zu verzichten, ist eine Aufforderung, sich ordnungswidrig zu verhalten. Daher hat der Autor des Artikels, sowie die Verantwortlichen des Verlages „Betriebsberater“ mit der Veröffentlichung des o.g. Artikels gem. § 144a Abs. 1 Nr. 3 VAG i.V.m. der Verordnung i.V.m. § 116 OWiG eine Ordnungswidrigkeit begangen, indem sie öffentlich dazu aufriefen, dass Provisionsabgabeverbot nicht zu beachten. Die Ordnungswidrigkeit ist jedoch nach § 31 OWiG mit dem Ablauf des 16. Januar 2005 verjährt. Dies dokumentiert die weit verbreitete Unwissenheit um das Provisionsabgabeverbot. 436 s.o. Fn. 382. 437 „Das Recht hat von der Befolgung seiner Regeln auszugehen.“ L. Röckrath, Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Haftung, S. 41; I. Puppe, in: Festschrift für Claus Roxin, S. 289 (298); allgemein zur Annahme normgerechten Verhaltens bei der Feststellung der Kausalität: F. Dencker, Kausalität und Gesamttat, S. 68 ff.; T. Sofos, Mehrfachkausalität beim Tun und Unterlassen, S. 234 ff., der sich insbesondere dieser Fragestellung beim Unterlassen widmet. 432

140 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

sich festhalten, dass Vorteile jedenfalls legal nicht weitergegeben werden können.

b) Ergebnis zur Provisionsabgabe als wesentlichem Faktor Die Überprüfung, welche Handlung den Vermögensvorgang wesentlich verursacht hat,438 ergibt vorliegend, dass der Vermögensvorgang im Einzelfall nur faktisch auch auf einer Provisionsabgabe basieren kann. Der Gesetzgeber unterbindet jedoch den Effekt durch das weiterhin wirksame Provisionsabgabeverbot. Rechtlich kann der Vorteil daher nicht aus der Weitergabe der Provision resultieren und daher nicht als wesentlich eingestuft werden. Dies muss zumindest als Indiz gewertet werden. Ohne nähere Anhaltspunkte darf daher nicht per se unterstellt werden, die Beteiligten gäben ihre Provisionsansprüche zugunsten der Arbeitnehmer auf. Da aber im Steuerrecht wegen § 40 AO prinzipiell auch Einnahmen aus strafbaren und somit schuldhaften Tätigkeiten unter den Einnahmebegriff fallen, kann die Provisionsabgabe als zumindest faktisch wesentlich eingestuft werden, zumal die Einnahme der Provision beim Steuerpflichtigen (i.e. Arbeitnehmer) nicht strafbar ist. Es muss daher im Einzelfall geprüft werden, ob eine Provisionsabgabe erfolgt ist.439

c) Mitwirkung durch Arbeitgeber – BMF-Schreiben von 1993 Einkünfte im Sinne des § 19 EStG setzen nach einhelliger Ansicht der Rechtsprechung440 und der Literatur441 eine Leistung oder Aufwendung des Arbeitgebers nicht voraus. Damit aber ein kausalrechtlicher Zusammenhang zwischen Erwerbshandlung und Vorteil überhaupt angenommen werden kann, ist es erforderlich, dass ein Vorteil nur deshalb vorliegen kann, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist. Daher stellt sich vorliegend die Frage, ob der Arbeitgeber an der Verbilligung der Prämie in irgendeiner Weise mitgewirkt hat. Dies richtet sich – wie auch die besprochene Provisionsabgabeproblematik – nach dem BMF-Schreiben von 1993: ___________ 438

2. Kap., D. Richtig insoweit BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, S. 376, der den zu entscheidenden Fall aus diesem Grund an das vorlegende Gericht zurückverweist. 440 BFH v. 5.7.1996, VI R 10/96, BStBl. II 1996, S. 545, BFHE 180, S. 441; zuletzt BFH v. 19.8.2004, VI R 33/97, BStBl. II 2004, S. 1076, BFHE 207, S. 230. 441 T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 14; M.-I. Thomas, DStR 1996, S. 1679 (1680); ders., DStR 1996, S. 1403; W. Drenseck, in: Schmidt § 8 Rn. 11. 439

A. Allgemeine Grundlagen

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aa) Mitwirkung ohne Mitwirkung des Arbeitgebers – Tz. 4 des BMF-Schreibens von 1993? Bei der Lektüre des BMF-Schreibens fällt zunächst auf, dass in Tz. 4 auf die kausalrechtlich durch die Rechtsprechung vorgegebene Voraussetzung verzichtet und dadurch auch Vorteile, die ohne die Mitwirkung des Arbeitgebers gewährt werde, der Steuerpflicht unterwirft.442 Daher wird zu Recht der Vorwurf erhoben,443 dass BMF-Schreiben verlasse den kausalrechtlich gesteckten Rahmen und verzichte auf die soeben aufgezeigte subjektiv-synallagmatische Kausalität, welche nach dem BFH besagt, dass der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist. In der Konsequenz führt dies dazu, das das BMF-Schreiben ein etwaiges anderes Rechtsverhältnis (Vertrag mit dem Dritten) ausblendet und sich auf den objektiv-synallagmatischen Kausalzusammenhang zurückzieht, indem es darauf abstellt, dass es sich um Entgelt für eine Leistung handelt, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt.444 bb) Die „unabhängige Selbsthilfeeinrichtung“ im BMF-Schreiben von 1993 Nach dem BMF- Schreiben vom 27. September 1993 ist die Mitwirkung des Betriebsrats oder Personalrats an der Verschaffung von Preisvorteilen durch Dritte nicht zuzurechnen und führt alleine nicht zur Annahme von Arbeitslohn.445 An der Mitwirkung des Arbeitgebers soll es nach dem BMF-Schreiben auch dann fehlen, wenn bei der Verschaffung von Preisvorteilen alleine eine vom Arbeitgeber unabhängige Selbsthilfeeinrichtung der Arbeitnehmer mitwirkt. Daran ist Kritik geübt worden, weil diese Regelung alleine die Steuerfreistellung der Vorteile für Beamte bezwecke.446 Bekanntlich gewähre das Beamten___________ 442 BMF-Schreiben vom 23. September 1993, Tz. 4 lautet: Ohne Mitwirkung des Arbeitgebers im Sinne der Nummer 1 gehören Preisvorteile, die Arbeitnehmern von Dritten eingeräumt werden zum Arbeitslohn, wenn sie Entgelt für eine Leistung sind, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt. 443 J. Lang, StuW 2001, S. 227 (231). 444 Der BFH formuliert: „Die Leistung des Arbeitgebers habe im weitesten Sinne Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft“ bzw. „Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber“ zu sein. Zuletzt BFH v. 5.9.2006, Az. VI R 49/05, BFH/NV 2007, S. 217; BFH v. 10.5.2006, Az. IX R 82/98, BStBl. II 2006, S. 669, BFHE 213, S. 487; BFH v. 27.3.1991, Az. VI R 126/87, BStBl. II 1991, S. 720, BFHE 164, S. 266; erstmals im Vorsorgeuntersuchungsurteil, BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39, BFHE 137, S. 13. 445 Tz. 3 des Schreibens vom 27. September 1993. 446 So verweist U. Albert, DB 1992, S. 1954 darauf, dass Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in einigen Bundesländern bei Dienstantritt eine Liste mit Unternehmen er-

142 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

hilfswerk447 allen Beamten Preisvorteile, von denen nichtbeamtete Arbeitnehmer ausgeschlossen seien. Es dränge sich daher der Verdacht auf, dass diese Regelung im Schreiben mit dem Ziel aufgenommen wurde, beamtete Arbeitnehmer von einer Lohnversteuerung freizustellen, obwohl zweifelsfrei diese Preisvorteile vom Selbsthilfewerk im Sinne des BMF-Schreibens allein mit Rücksicht auf das bestehende Dienstverhältnis gewährt werden.448 Dabei wird aber übersehen, dass in diesem Fall auch nach dem Veranlassungsprinzip schon kein Arbeitslohn von dritter Seite vorliegt, weil der „Beamteneinkaufsrabatt“ hier ohne aktive Mitwirkung449 des Arbeitgebers und alleine aufgrund der beruflichen Position des Arbeitnehmers gewährt wird. Im Übrigen kommt man mit der Wesentlichkeitstheorie auch hier zu dem Schluss, dass der Vorteil hier nicht auf Arbeitnehmereigenschaft, sondern auf den Spezifika der Gruppe der Beamten basiert. Somit schließt die Unabhängigkeit vom Arbeitgeber einen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis aus. Hinzu kommt, dass es in diesen Fällen kein Abkommen mit dem Dienstherren gibt, sondern das Beamtenhilfswerk die Vorteile ohne die aktive Mitwirkung des Arbeitgebers gewährt.450

cc) Die Mitwirkung durch den Betriebsrat oder Personalrat im BMF-Schreiben von 1993 Nach Tz. 3 des BMF-Schreibens vom 27. September 1993 soll die Mitwirkung des Betriebsrats oder Personalrats an der Verschaffung von Preisvorteilen durch Dritte für die steuerliche Beurteilung dieser Vorteile dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen sein und nicht allein zur Annahme von Arbeitslohn führen. Nach einer Literaturansicht eröffnet sich dadurch eine Umgehungsmöglichkeit der Arbeitgebermitwirkung, weil diese über die Zuhilfenahme des Betriebsrats ___________ hielten, bei denen sie wegen ihrer Arbeitnehmerschaft im öffentlichen Dienst mit Rabatt einkaufen können. Es sei mehr als zweifelhaft, dass diese Vorteile, die ausschließlich mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis gewährt werden. steuerlich erfasst werden. 447 Gemeint ist das frühere Beamtenheimstättenwerk, welches heute in der Konzernstruktur der BHW Holding AG, mit Ihren Untergesellschaften aufgegangen ist. Zu den günstigen Tarifen hatten damals nur Beamte Zugang, auch wenn sich das BHW heutzutage auch für Nichtbeamte als Kunden öffnet. Letztlich handelt es sich bei den Beamten ebenfalls um eine von der Allgemeinheit abweichende Gruppe, die spezielle Risikospezifika erfüllt und daher für Versicherungsunternehmen interessant ist, vgl. dazu im Folgenden 3. Kap., C. 448 U. Albert/H. Hahn, Lohnzahlung durch Dritte als steuerpflichtiger Arbeitslohn, FR 1995, S. 334 (339). 449 Vgl. aber zum Merkmal „ohne Mitwirkung“ die Diskussion unter soeben unter aa). 450 So J. Lang, Sachbezüge im Lohnsteuerrecht, in: Festschrift für Klaus Offerhaus, S. 433, (441).

A. Allgemeine Grundlagen

143

„leicht durch anderweitige Gestaltungen entbehrlich gemacht oder verschleiert werden“ könne.451 Diese Kritik ist m.E. insofern unberechtigt, als auch hier nur die Mitwirkung des Betriebsrats oder Personalrats steuerlich kausal wird und eben nicht die Mitwirkung des Arbeitgebers. Nur bei Annahme einer strengen, wertungslosen Kausalität nach der conditio sine qua non-Formel käme man zu dem Ergebnis, dass Arbeitgebermitwirkung vorliegt, weil es ohne Arbeitgeber auch keine Betriebs- oder Personalräte gäbe, die an der Verschaffung des Mitarbeitervorteils mitwirken könnten. Die reine Kausallehre ist aber für die steuerliche Betrachtung – wie oben gezeigt (2. Kap., C. I.) – nicht zielführend, weil es sich hier nicht etwa um Entgelt für eine Leistung handelt, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt, sondern der Betriebsrat oder Personalrat aus eigenen Motiven handelt. Dies lässt sich mit dem Argument stützen, dass der Betriebsrat oder Personalrat eine von Arbeitgeber unabhängige Position einnimmt, indem er Arbeitnehmerbelange vertritt, die sich möglicherweise gegen die Interessen des Arbeitgebers richten, wenngleich beide von Gesetzes wegen zur Zusammenarbeit verpflichtet sind und „über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandeln“ sollen.452 Bei der Repräsentation der Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit ist der Betriebsbzw. Personalrat ebenfalls unabhängig von Weisungen der Arbeitnehmerschaft oder der Gewerkschaften. Der Vorwurf der Umgehung oder gar Verschleierung ist insofern mit dem Argument zurückzuweisen, als es dem Betriebsrat als Interessenvertretung der Arbeitnehmer unbenommen sein muss, für diese günstige Belegschaftskonditionen beim Versicherungsunternehmen zu erwirken. Es mangelt daher schon an dem vom BFH geforderten objektiv-synallagmatischen Tatbestandsmerkmal, weil hier wegen der dazwischentretenden Tätigkeit einer unabhängigen Institution nicht mehr von der „Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber“453 gesprochen werden kann. dd) Inkasso im BMF-Schreiben von 1993 Nach Tz. 1b) des BMF-Schreibens entsteht Mitwirkung, wenn der Arbeitgeber für den Dritten Verpflichtungen übernommen hat, z.B. eine Inkassotätigkeit. Die Inkassotätigkeit hat zur Folge, dass der Arbeitgeber den vom Arbeit___________ 451

I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205). § 74 Abs. 1, S. 2 BetrVG und § 66 BPersVG bzw. die verschiedenen Personalvertretungsgesetze der Länder. 453 Dass der BFH von einem falschen Bezugspunkt ausgeht, wurde bereits im 2. Kap., C. III. 4. a) deutlich gemacht. 452

144 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

nehmer gegenüber dem Dritten (hier dem Versicherungsunternehmen) geschuldeten Kaufpreis vom Arbeitnehmer einzieht und alsdann an den Dritten entrichtet.454 Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Inkassoarten wird im BMFSchreiben nicht getroffen. So ist anzuführen, dass das schon im Jahr 1970 mit einem Preisnachlass für den Arbeitnehmer verbundene sog. Sammelinkasso „als teuerstes Inkasso, welches ein VU zu verzeichnen habe“ bezeichnet wurde.455 Dies dürfte durch Fortschreiten der elektronischen Datenverarbeitungstechnik bei Banken, Versicherungsunternehmen und auch den Kunden (online-banking) umso mehr Geltung beanspruchen. Ganz generell gilt, dass nicht ohne weiteres fürsorgliches Handeln des Arbeitgebers unterstellt und damit Arbeitslohn angenommen werden kann.456 Übt der Arbeitgeber die Inkassotätigkeit, im Falle des Belegschaftsgeschäfts also den Einzug von Versicherungsprämien, bei der Lohnabrechnung entgeltlich aus, so handelt er nicht etwa fürsorglich, sondern im eigenbetrieblichen Interesse. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur457 scheidet hier den Vorgang kausalrechtlich aus der wirtschaftlich-synallagmatischen Beziehung zum Arbeitnehmer aus. Der Arbeitgeber verwirklicht nämlich sein eigenes Ertragsinteresse durch einen Leistungsaustausch mit dem Dritten.458 Ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, kann nach ständiger Rechtsprechung vernachlässigt werden.459 Das Inkasso durch den Arbeitgeber hat lediglich die Wirkung, dass dasVersicherungsunternehmen wegen der Sicherheit seiner Prämie einen Vorteil gewähren kann, für den es aber an anderer Stelle Aufwendungen in Form des Entgelts für den Arbeitgeber hat. Bei differenzierter Betrachtung ergibt sich daher, dass es sich ___________ 454

G. Nägele, INF 1994, S. 390, (392). A. Block, Betrachtungen zum Thema Beitragsinkasso anlässlich der Veröffentlichung des Heftes 32 „Abrechnung des Vertreterinkassos“, VW 1970, S. 575. 456 J. Lang, Sachbezüge im Lohnsteuerrecht, in: Festschrift für Klaus Offerhaus, S. 433 (440). 457 Seit dem sog. Vorsorgeuntersuchungsurteil ständige Rechtsprechung, BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39, BFHE 137, S. 13; BFH v. 9.8.1996, Az. VI R 88/93, BStBl. II 1997, S. 97, BFHE 181, S. 76; auch BFH v. 18.8.2005, Az. VI R 32/03, BStBl. II 2006, S. 30, BFHE 210, S. 420. 458 J. Lang, Sachbezüge im Lohnsteuerrecht, in: Festschrift für Klaus Offerhaus, S. 433 (440). 459 Zuletzt BFH v. 7.7.2004, Az. VI R 29/00, BStBl. II 2005, S. 367, BFHE 208, S. 104; BFH v. 18.8.2005, Az. VI R 32/03, BStBl. II 2006, S. 30, BFHE 210, S. 420; BFH v. 14.9.2005, Az. VI R 148/98, BStBl. II 2006, S. 532, BFHE 210, S. 443; BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 177/99, BStBl. II 2001, S. 671, BFHE 195, S. 373, (375); BFH v. 7.7.2004, Az. VI R 29/00, BStBl. II 2005, S. 367, BFHE 208, S. 104; zuvor schon BFH v. 4.6.1993, Az. VI R 95/92, BStBl. II 1993, S. 687 (689), BFHE 171, S. 74 (79). 455

A. Allgemeine Grundlagen

145

um drei unterschiedliche Rechtsverhältnisse handelt, nämlich die arbeitsvertragliche Beziehung zuwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die versicherungsvertragliche Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Drittem und den davon unabhängigen Leistungsaustausch „Geld für Sicherheit“ zwischen Arbeitgeber und Drittem. Diese Verhältnisse müssen kausalrechtlich und auch im Hinblick auf die für die Wertung relevanten Motive der Beteiligten streng getrennt werden. Außerdem lässt eine andere Überlegung das Inkasso im heutigen Versicherungsgeschäft als eher fragwürdigen Grund für einen Preisnachlass erscheinen. Dem Versicherungsunternehmen mag ein direkter Kundenkontakt sogar willkommen sein, weil es über die direkte Zahlungsverbindung zwischen ihm und dem Versicherungsnehmer ein positiver Impuls für das Neukundengeschäft geschaffen werden kann. Somit bedarf es aus Marketinggründen der Mithilfe des Arbeitgebers nicht.

ee) Aushang von Angeboten am „schwarzen Brett“ oder Bekanntmachung im Intranet Nach dem Schreiben vom 27. September 1993 ist es unschädlich, wenn Angebote des Dritten im Betrieb des Arbeitgebers bekannt gemacht werden.460 Dies ist insofern inkonsequent, weil hierdurch die Werbung und infolgedessen der Abschluss neuer Verträge erleichtert wird. Wie dargestellt ist dies nach der Wesentlichkeitstheorie letztlich auch Bestandteil der Kostenreduktion beim Versicherungsunternehmen, weil der Werbeaufwand im Betrieb regelmäßig geringer ausfallen wird als der Werbeaufwand der auf dem freien Markt betrieben werden müsste um vergleichbar viele Versicherungskunden neu zu gewinnen. Selbiges muss auch für Angebote im Intranet des Arbeitgebers gelten, weil es nicht auf die Art des Mediums ankommen kann. Indes reicht das Zurverfügungstellen von Werbeflächen innerhalb eines Betriebes für sich alleine genommen noch nicht aus, um die Kostenreduzierung der Versicherungsprämien zu bewirken. Erst durch das Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen kann es zu einer spürbaren Kostenreduktion kommen. Damit rücken erst weitergehende Maßnahmen, wie beispielsweise die Aufstellung eines Briefkastens für Schadensmeldungen,461 in die Nähe einer Mitwirkung und damit auch einer Verursachung nach der dargestellten Wesentlichkeitstheorie. ___________ 460 461

s. BMF-Schreiben vom 27. September 1993 Tz. 2 a). So stand lange Zeit im BMF ein solcher Briefkasten für Schadensmeldungen.

146 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

ff) Zurverfügungstellen eines Arbeitsraums für den Versicherungsmitarbeiter im Gebäude des Arbeitgebers Werden Belegschaften versichert, kann es für das Versicherungsunternehmen überlegenswert sein, eine Anlaufstelle für die Versicherungsnehmer direkt in den Räumen des Arbeitgebers bereitzustellen. Ein Vertreter des Versicherungsunternehmens kann dann gleich vor Ort beispielsweise Verträge bearbeiten, Policen aushändigen oder Schadensmeldungen entgegennehmen. Das unentgeltliche Zurverfügungstellen der Räumlichkeiten durch den Arbeitgeber erfüllt jedoch den Mitwirkungstatbestand im Sinne der Nr. 1 des BMFSchreibens vom 27. September 1993, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Preisvorteile dadurch mitgewirkt hat, dass er dem Dritten (Versicherungsunternehmen) die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer erspart. Die Mitwirkung ausschließen kann aber m.E. die Zahlung eines angemessenen Betrages für das Zurverfügungstellen des Arbeitszimmers durch den Dritten, d.h. die Vermietung eines Raumes beim Arbeitgeber an das Versicherungsunternehmen. gg) Weitergabe von Rechnungsgrundlagen an das Versicherungsunternehmen – Sterbetafeln in der Lebensversicherung Die Grundlage des Lebensversicherungsgeschäftes ist die Übernahme biometrischer Risiken, wie Tod, Berufsunfähigkeit oder Langlebigkeit.462 Zur Berechnung des erforderlichen Risikobeitrags bedienen sich die Versicherungsunternehmen entsprechender Wahrscheinlichkeitstafeln. Deren Verbindlichkeit war bis 1994 vorgeschrieben, entfiel aber auf Grund der 3. EG-Richtlinie zur Lebensversicherung.463 Dabei wird zur Berechnung des Risikobeitrages im Allgemeinen von 100.000 oder 1.000.000 Nulljährigen ausgegangen und die Abgänge innerhalb der einzelnen Alter festgehalten.464 Für die Erstellung einer ___________ 462 Andernfalls fehlte es an einem versicherungstechnischen Risiko, dessen Fehlen zu einem Verstoß gegen § 7 Abs. 2 VAG führte. Ebenso wäre der Versicherungsvertrag ohne Übernahme eines biometrischen Risikos nach § 134 BGB nichtig, wie im Falle des sog. Optima-Modells, OLG Hamburg v. 15.2.2000, Az. 9 U 174/98, VerBAV 2000, 163; vorgehend LG Hamburg, v. 23.7.1998, Az. 322 O 261/97, VerBaV 1998, S. 327 (330), NVersZ 1999, S. 32. Aber nicht nur Lebensversicherungen, sondern auch andere Versicherungsarten, wie z.B. Berufsunfähigkeitsversicherungen oder die sog. DreadDisease-Versicherung basieren letztlich auf der Übernahme biometrischer Risiken. Zu Letzterem U. Fahr, Dread-Disease-Versicherung, NversZ 1999, S. 32. 463 3. Richtlinie des Rates (92/96/EWG vom 10.11.1992), sog. 3. Richtlinie Lebensversicherung; Koch/Umann/Weigert, Lexikon der Lebensversicherung, S. 112. 464 R. Keil, Allgemeine Versicherungen des privaten und gewerblichen Geschäfts, S. 84.

A. Allgemeine Grundlagen

147

sog. Sterbetafel465 werden die Beobachtungen auf einen Zeitabschnitt beschränkt, in der die Abgänge der einzelnen Altersgruppen betrachtet werden. Für die Kalkulation des Todesfallrisikos wird seit 1994 von den meisten Lebensversicherungsunternehmen die DAV-Sterbetafel 1994 T als allgemeine Sterbetafel verwendet (sog. Volkssterbetafel für Versicherungen mit Todesfallcharakter).466 Diese Sterbetafel ist aus Sicherheitsgründen gegenüber der Realität erhöht. Da aber seit 1994 weitere Differenzierungen in Risikogruppen möglich sind, werden zum einen entsprechende Erhebungen von Versicherungsunternehmen auf Basis der Versichertenbestände vollzogen, zum anderen treten – z.T. erheblich – abweichende Sterbenswahrscheinlichkeiten auf, die durch die Risikoauslese bedingt sind.467 Seit 1995 werden daher von einigen Versicherungsunternehmen mit großen Beständen für das Todesfallrisiko sog. Versichertentafeln verwendet.468 Der Wettbewerb führt dazu, dass Versicherungsunternehmen weitere Tarifierungsparameter in ihre Prämienberechnung einbeziehen. So werden von einigen Versicherungsunternehmen (vornehmlich Risiko-) Versicherungen angeboten, die nach Rauchern oder Nichtrauchern als Risikomerkmal unterscheiden.469 So ist es insbesondere bei zielgruppenorientierten Versicherungsunternehmen (so im Falle des Belegschaftsgeschäft) – wie im angloamerikanischen Raum – üblich, eine Differenzierung nach Beruf oder Berufsgruppe vorzunehmen. Infolgedessen wird bei sich verstärkendem Wettbewerb angenommen, dass die Anzahl der Tarifierungsparameter – wie im angloamerikanischen Raum – insbesondere bei zielgruppenorientierten Versicherungsunternehmen zunimmt (etwa eine Differenzierung nach Beruf oder Berufsgruppe) und um sog. Lebensstil-Tarifierungskriterien (wie Raucher/Nichtraucher, Beruf) ange___________ 465

Zur Sterbetafel allgemein: S. Ruh, Versicherungslexikon, S. 159. Die Sterbetafel DAV 2004 R ist für Versicherungen mit Erlebensfallcharakter (Rentenversicherungen) eine geeignete Rechnungsgrundlage, auch hier gilt, dass die allgemeine Sterbetafel aus Sicherheitsgründen gegenüber der Realität erniedrigt ist. Beide DAV-Tafeln dürfen auch für die Berechnung der in der Bilanz auszuweisenden Deckungsrückstellung verwendet werden. Die ältere Tafel DAV 1994 R darf dagegen nicht mehr Grundlage der Berechnung der Deckungsrückstellung von Rentenversicherungen sein, weil sie den Trend der Verbesserung der Sterblichkeit (wegen medizinischem Fortschritt, Verbesserung der Lebensumstände) für später geborene Personen aus heutiger Sicht nicht ausreichend vorsichtig berücksichtigt. 467 V. Kurzendörfer, Einführung in die Lebensversicherung, S. 44. 468 R. Keil, Allgemeine Versicherungen des privaten und gewerblichen Geschäfts, S. 84; V. Kurzendörfer, Einführung in die Lebensversicherung, S. 44. 469 J. Blohm/N.-A. Sittaro, Lebensversicherungstarife, VW 1994, S. 842, gehen davon aus, dass die unmittelbar auf Nikotinkonsum zurückzuführende geringere Lebenserwartung 10 bis 15 Jahre beträgt. 466

148 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

reichert wird.470 Es ist jedoch zu beachten, dass die unterschiedlichen Sterblichkeitswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Risikogruppen in der Regel nicht aus originären Untersuchungen stammen, sondern Ableitungen aus aggregierten Tafeln sind. Arbeitgeber großer Belegschaften verfügen in der Regel über eigene Sterbetafeln oder Datenmaterial, welches zur Erstellung von Betriebssterbetafeln genutzt werden kann, weil diese Daten zuvor beispielsweise im Rahmen der Berechnung von Betriebsrenten oder Jubiläen gesammelt wurden. Für Versicherungsunternehmen, die das Belegschaftsgeschäft betreiben, sind diese Statistiken besonders attraktiv, weil sie sich von der allgemeinen „Volks“-Sterbetafel unterscheiden. Demzufolge kann das das Belegschaftsgeschäft betreibende Versicherungsunternehmen die sich von der allgemeinen Sterbetafel unterscheidenden Daten zugunsten der Versicherungsnehmer verwerten, weil die Versicherungsprämie wegen des besseren Datenmaterials genauer und daher kostensparender berechnet werden kann: Das Versicherungsunternehmen ist durch verlässliches Datenmaterial in der Lage, geringere Sicherheitszuschläge für Schwankungen einzurechnen, als er es bei der Volkssterbetafel müsste, was in der Konsequenz zur Reduktion der Versicherungsprämie für den einzelnen Versicherten führt, weil sich das Diagnoserisiko471 verringert.472 Jedoch ist eine Weitergabe der biometrischen Daten einer Belegschaft vom Arbeitgeber an das Versicherungsunternehmen unter dem Gesichtspunkt der Mitwirkung bedenklich, weil der Arbeitgeber hier über die bloße Betriebszugehörigkeitsbescheinigung473 hinaus Angaben macht, die den Mitwirkungstatbestand auslösen können. Daher ist dem Arbeitgeber anzuraten, diese Daten nur entgeltlich an den Belegschaftsversicherer abzugeben oder die Daten bei (s)einem firmenverbundenen Vermittler474 einzulegen. Wenn allerdings der Betriebsrat selbst über die notwendigen Daten verfügt, liegt nach dem Schreiben des BMF – wie oben gesehen – kein Mitwirkungstatbestand vor.475

___________ 470

V. Kurzendörfer, Einführung in die Lebensversicherung, S. 45. Zum Diagnoserisiko schon 3. Kap., A. I. 3. c). 472 Auch hier tritt wieder der Effekt eines Sondermarkts bedingt durch die Zugrundelegung einer homogenen Gruppe hervor. 473 s. BMF-Schreiben vom 27. September 1993, Tz. 2 c). 474 s. zum firmenverbundenen Vermittler unten 3. Kap., B. I. 475 s.o. 3. Kap., A. I. 5. c) bb). 471

A. Allgemeine Grundlagen

149

hh) Mitwirkung durch Abschluss von Rahmenverträgen und Gruppenverträgen durch den Arbeitgeber? Eine weitere Mitwirkung kann sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber mit dem Versicherungsunternehmen einen günstigen Rahmenvertrag476 schließt. Ein Rahmenvertrag stellt eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Versicherungsunternehmen dar. Bei Rahmenverträgen ist fraglich, ob schon der Abschluss einen geldwerten Vorteil auslöst. Der Rahmenvertrag für sich genommen ist wertlos. Niemand käme auf die Idee, im bloßen Abschluss des Rahmenvertrages einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer zu sehen. Es fehlt in diesem Stadium am Zufluss. Erst wenn ein weiterer Schritt, nämlich der Vertragsschluss zwischen Versicherungsunternehmen und Arbeitnehmer hinzutritt, strahlen die möglicherweise positiven Bedingungen des Rahmenvertrages auf den Arbeitnehmer aus, und man könnte von einer Wirkung für den Arbeitnehmer sprechen. M.E. ist daher die wesentliche Bedingung erst der Abschluss des individuellen Versicherungsvertrages. Damit tritt ein neuer Rechtsgrund, nämlich der Individualvertrag zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer in den Vordergrund. Fraglich kann daher nur sein, ob der Arbeitgeber zuvor durch Abschluss eines Rahmenvertrages an der Verwirklichung des Vorteils mitgewirkt hat. Ein Vorteil kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn der vom Arbeitgeber ausgehandelte Tarif für seine Belegschaft bei gleichbleibendem Versicherungsprodukt günstiger ist als der Tarif der durch einen sog. firmenverbundenen Vermittler (s. u. 3. Kap., B. I.) ausgehandelt wird. Nur dann liegt die Annahme nahe, dass die Gründe für die Ermäßigung der Prämien nicht nur durch die günstigeren Kalkulationselemente zustande kommen. Werden aber in einem solchen Fall den Arbeitnehmern vom Versicherungsunternehmen vergleichbare Konditionen eingeräumt, wie bei Vermittlung durch einen firmenverbundenen Vermittler, kommt eine Entlohnung nicht in Betracht. Für die prinzipiell in diesem Punkt gleichlaufende Gruppenversicherung kommt noch hinzu, dass hier die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Arbeitgeber zusteht und es im Zeitpunkt einer möglichen Beitragsleistung durch den Arbeitgeber auch dann am Zufluss fehlt, wenn die Arbeitnehmer selbst Anspruchsinhaber sind.477

___________ 476

s.o. Rahmenvertrag, 3. Kap., A. Richtig daher BFH v. 16.4.1999, Az. VI R 66/97, BStBl. II 2000, S. 408, BFHE 188, S. 338. 477

150 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

d) Zusammenfassende Stellungnahme zur Mitwirkung durch den Arbeitgeber Zu der Verbilligung der Prämie durch die dargelegten versicherungskalkulatorischen Tatsachen kann eine weitere Verbilligung der Prämie hinzutreten, wenn der Arbeitgeber günstige Bedingungen schafft, die die versicherungskalkulatorischen Kosten oder Verwaltungskosten in anderer Weise senken. Damit wird neben der Vertragsbeziehung des Versicherungsnehmers zum Dritten auch die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Verbilligung mitursächlich und infolgedessen ein Teil der Verbilligung durch das Dienstverhältnis wesentlich mitveranlasst. Eine Aufteilung der einzelnen ursächlich gewordenen Anteile ist zwingend erforderlich und von Gesetzes wegen auch geboten, weil das Aufteilungs- und Abzugsverbot, welches der BFH in § 12 Abs. 1 S. 2 EStG erkennt, systematisch nicht auf die Einnahmenseite übertragbar ist.478 Andernfalls käme es durch die Mitwirkung des Arbeitgebers zu einer mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht vereinbaren Besteuerung, weil die davon zu trennenden versicherungskalkulatorische Besonderheiten die Eigenart des Sondermarktes widerspiegeln und eben gerade nicht auf die Leistungsbeziehung des Arbeitgebers zum Arbeitnehmers zurückzuführen sind. Daher ergibt sich, dass der versicherungskalkulatorische Anteil vom dem Anteil zu trennen ist, den der Arbeitgeber durch Mitwirkung herbeiführt. Der letztere Anteil ist als Arbeitslohn zu qualifizieren. Schon hier wird deutlich, dass sich die Mitwirkungsproblematik gänzlich vermeiden lässt, wenn der Arbeitgeber an der Verschaffung der Preisvorteile in den eben genannten Fällen entweder nicht mitwirkt oder sich entsprechende Vergütungen vom Dritten erstatten lässt, der die Kosten wiederum auf die versicherten Arbeitnehmer umlegt. Wird so die Mitwirkung des Arbeitgebers eliminiert, verbleibt es bei dem Vorteil, der sich alleine aus den aufgezeigten Risikospezifika des Belegschaftsgeschäftes ergibt und der wegen der im steuerrechtlichen Sinne nicht wesentlichen Kausalität belastungsfrei beim Arbeitnehmer verbleiben kann.

II. Kritische Stellungnahme zu den Maßstäben des BFH in Bezug auf das Belegschaftsgeschäft Bevor die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung am Ende dieses Kapitels zusammengefasst werden und die spezielle Fallgestaltung beim Hinzutreten eines sog. firmenverbundenen Vermittlers analysiert wird, sollen zunächst die ___________ 478

s. schon 2. Kap., A. II. 2.

A. Allgemeine Grundlagen

151

Kriterien des BFH in Bezug auf das Belegschaftsgeschäft aufgezeigt und kritisch hinterfragt werden:

1. Vorsorgeuntersuchungsurteil des BFH von 1982 Nach dem sog. Vorsorgeuntersuchungsurteil vom 17. September 1982,479 in dem der BFH das Veranlassungsprinzip für anwendbar erklärt, führt der BFH aus, dass „eine Einnahme des Arbeitnehmers muß zwar nicht, um durch das Dienstverhältnis veranlasst zu sein, eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers sein muß. Ein Vorteil wird für eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist.“

Das ist dann der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.480 Dabei stellt die Rechtsprechung auf die verobjektivierte Sicht des Arbeitnehmers ab indem sie prüft, ob der Arbeitnehmer einen erhaltenen Vorteil vernünftigerweise wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachten muss.“481

2. Veranlassungszusammenhang zwischen Leistung und Dienstverhältnis Der in Rede stehende Vorteil beim Belegschaftsgeschäft ergibt sich aus einem Kumul an Faktoren. Die vom Arbeitnehmer gezahlte Prämie mag zwar niedriger sein als eine vergleichbare Prämie für ein theoretisch funktionsgleiches Versicherungsprodukt am allgemeinen Versicherungsmarkt. Ein Vergleich verbietet sich aber, weil es sich auf dem Sondermarkt um die angemessene Prämie für das Risiko eines Belegschaftsmitglieds handelt. Die auf der beson___________ 479

BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39, BFHE 137, S. 13: s. schon Fn. 86. 480 BFH v. 17.9.1982, Az. VI R 75/79, BStBl. II 1983, S. 39, BFHE 137, S. 13; BFH v. 26.1.2000, Az. IX R 87/95, BStBl. II 2000, S. 396 (397), BFHE 191, S. 274. 481 BFH v. 19.7.1974, Az. VI R 114/71, BStBl. II 1975, S. 181, (182); BFHE 114, S. 28; sowie BFH v. 10.5.1960, Az. I 205/59 U, BStBl. III 1960, S. 335, BFHE 71, S. 233 und 22.2.1963, Az. VI 165/61 U, BStBl. III 1963, S. 306, BFHE 76, S. 843; ihr folgend die Literatur: S. Breinersdorfer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 19, Rn. B 402; B. Thürmer, in: Blümich, § 19 Rn. 232; kritisch hierzu E. Schmidt, BB 1999, S. 506; dagegen J. v. Bornhaupt, Leistungen Dritter als steuerpflichtige Einnahme, BB 1999, S. 1532.

152 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

deren Risikostruktur basierenden Gegebenheiten bei Belegschaftsmitgliedern sind damit im steuerlichen Sinne nicht kausal. Eine objektive Bereicherung in Form eines Vorteils kann daher schon deshalb nicht angenommen werden, weil es sich um den für diese Gruppe Versicherter angemessenen Preis handelt. Kann z.B. der Nachweis erbracht werden, dass dieselben Preisnachlässe, die Mitarbeiter erhalten, auch andere Abnehmer erlangen können, ist kein Raum mehr für die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn.482

3. Entindividualisierungsgedanke Der BFH stellt darauf ab, dass der Vorteil im weitesten Sinne für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers gewährt wird.483 So ist es nicht erforderlich, dass die Leistung einer konkreten Dienstleistung des Arbeitnehmers zugeordnet werden kann.484 Indem der BFH in seinen Entscheidungen auf die individuelle Arbeitskraft abstellt, wird deutlich, dass es gerade nicht auf eine kollektive Arbeitskraft der Belegschaft ankommt, sonst wäre das Wort „individuell“ überflüssig. Das Belegschaftsgeschäft entfaltet jedoch erst dann seine Wirkung, wenn gerade die Gesamtheit der Belegschaft betrachtet und versichert wird – es wirkt gerade entindividualisierend. Beim Belegschaftsgeschäft rührt der Vorteil also genau aus dem Gegenteil der vom BFH geforderten individuellen Arbeitskraft. Dem Versicherungsunternehmen ist es dabei stets einerlei, ob das betreffende Individuum seine Arbeit für den Arbeitgeber gut, schlecht oder gar nicht verrichtet. Für das Versicherungsunternehmen ist lediglich entscheidend, ob das Individuum Belegschaftsangehöriger ist. Für die Berechnung des Risikos ist die individuelle Arbeitskraft des Arbeitnehmers unerheblich.

___________ 482

BFH v. 2.2.1990, Az. VI R 15/86, BStBl. II 1990, S. 472, BFHE 159, S. 513; dazu U. Albert, Arbeitslohn und Personalrabatte, FR 1990, S. 657 (660); a.A. BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, S. 376. 483 In jüngster Zeit beispielsweise: BFH v. 1.2.2007, Az. VI R 72/05 (nicht veröffentlicht); BFH v. 21.12.2006, Az. VI B 24/06, BFH/NV 2007, S. 699; BFH v. 7.11.2006, Az. VI R 95/04, DStR 2007, S 104; BFH v. 5.9.2006, Az. VI R 49/05, BFH/NV 2007, S. 217; BFH v. 4.5.2006, Az. VI R 19/03, BStBl. II 2006, S. 832, BFHE 213, S. 381. 484 B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 190; H. Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Rn. 154; W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 19, Rn. 24; BFH v. 7.12.1984, Az. VI R 164/79, BStBl. II 1985, S. 164, BFHE 142, S. 483; BFH v. 11.3.1988, Az. VI R 106/84, BStBl. II 1988, S. 726, BFHE 153, S. 324. Weitergehend T. Eisgruber, in: Kirchhof, EStG, § 19, Rn. 126, der bei Drittzuwendungen auf eine Gegenleistung für eine konkrete Arbeitsleistung abstellt.

A. Allgemeine Grundlagen

153

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Aussage des Finanzgerichts Köln,485 welches sich auf die Formel des BFH beruft, diese aber an der entscheidenden Stelle abkürzt, wenn es ausführt: „So liegt der Fall hier, weil der Tarifvorteil des ...-Tarifs ausschließlich den Mitarbeitern der Klägerin angeboten wurde und damit an das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft der jeweiligen Arbeitnehmer anknüpft.

In der Originalformel des BFH ist hingegen von der individuellen Arbeitskraft die Rede. Der Aspekt der Individualität ist schlichtweg übergangen worden.486

4. Vorteil aus Sicht des Arbeitnehmers als Frucht seiner Dienstleistung für Arbeitgeber? Der BFH stellt auf die verobjektivierte Sicht des Arbeitnehmers ab. Daher ist für ihn entscheidend, wie der Arbeitnehmer den ihm zugewendeten (vermeintlichen) Vorteil verstehen durfte. Dabei kommt es aber letztendlich auf die Information des Arbeitnehmers an. Wirbt das Versicherungsunternehmen im Unternehmen des Arbeitgebers damit, dass die Versicherung speziell und ausschließlich für die Arbeitnehmer dieses Unternehmens konzipiert und vertrieben wird, liegt es aus der Sicht des Arbeitnehmers nahe, der Arbeitgeber habe an der Verbilligung mitgewirkt. Werden jedoch die tatsächlichen Faktoren (Risikoanalyse, homogene Gruppe, geringere Fluktuation etc.) kommuniziert, ist auch aus Sicht des Arbeitnehmers klar, dass die Vorteile keineswegs auf seiner Beziehung zum Arbeitgeber fußen. Um dieses mitunter von Zufällen abhängende Ergebnis zu vermeiden, bietet es sich an, im Einzelfall immer alle drei möglichen Perspektiven zu betrachten und an einem objektiven Maßstab zu messen, der sich nach dem Zweck der Vorteilsverschaffung aus der jeweiligen Sicht richtet.487 So muss danach gefragt werden, was der zuwendende Dritte mit der Verschaffung des Vorteils objektiv bezweckt haben mag und wie der Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber diese Leistung des Dritten verstehen durfte. Die objektive Würdigung der Gründe für die vermeintliche Zuwendung des Dritten führt hier zwanglos zu dem Ergebnis, ___________ 485

FG Köln v. 21.3.2002, Az. 15 K 5161/95, in Teilen in EFG 2002, S. 905 (S. 906, linke Spalte, Mitte) abgedruckt, dort fälschlich als rechtskräftig deklariert. 486 Zwar vewendet der BFH im Revisionsurteil seine bekannte Formel, nach der es auf das individuelle Dienstverhältnis ankommt, BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, Rn. 29, BFH/NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297, jedoch wird diesem Aspekt keine besondere Bedeutung beigemessen, welches in Anbetracht der obigen Überlegung verwundert. 487 So schon oben 2. Kap., E. II.

154 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

dass sich der Vorteil nicht als Frucht der Dienstleistung des Arbeitnehmers darstellt, sondern auf dem versicherungsmathematischen Gegebenheiten, der Risikoarmut und der Kostenarmut beruht.

B. Spezielle Fallgestaltungen I. Firmenverbundene Vermittler Wurden soeben die Beziehungen zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Drittem aufgezeigt, so ergeben sich weitere Besonderheiten des Belegschaftsgeschäfts durch Einschalten eines sog. firmenverbundenen Versicherungsvermittlers. Diese liegen darin begründet, dass die im Dreiparteienverhältnis gefundenen Ergebnisse möglicherweise durch das Hinzutreten eines weiteren Beteiligten eine Korrektur erfahren könnten, weil der hinzutretende firmenverbundene Vermittler den Arbeitnehmern des Arbeitgebers Vorteile – beispielsweise durch Prämienverzicht – verschaffen könnte. Daher sollen nach einer einleitenden Darstellung der Besonderheiten eines firmenverbundenen Vermittlers im Folgenden die Auswirkungen auf das Belegschaftsgeschäft durch das Hinzutreten eines firmenverbundenen Vermittlers untersucht werden. Seit den 60er Jahren haben sich große und mittelgroße deutsche Unternehmen entschlossen, firmenverbundene Vermittler zu gründen, um ihre Nachfragemacht an Versicherungsbedarf zu bündeln und ihnen die Verantwortung für die Besorgung notwendiger Versicherungsangelegenheiten zu übertragen. Dabei sind firmenverbundene Vermittler oftmals 100%ige Töchter ihrer Mutterunternehmen und meist in der Rechtsform einer GmbH tätig. Die rechtliche Verselbständigung der Versicherungsabteilungen bewirkte im Laufe der Zeit einen eigenen Geschäftsbereich des Konzerns.488 Die firmenverbundenen Vermittler übernehmen selbst keine Risiken, sondern sind ausschließlich als Vermittler tätig. Dadurch unterscheiden sie sich wesentlich von Versicherungsunternehmen.489 Firmenverbundene Vermittler vertreten heutzutage am deutschen Versicherungsmarkt einen beträchtlichen Anteil des Nachfragevolumens nach industriellem Versicherungsschutz.490 Eigene firmenverbundene Vermittler sind über ihre eigentliche Aufgabe hinaus , Versicherungsschutz für die Muttergesellschaft zu besorgen, auch damit beschäftigt, Versicherungsverträge für Fremdunter___________ 488

J. Lang, StuW 2004, S. 227 (228). K. Bialek, Captive Versicherung und deutsches Körperschaftsteuerrecht, S. 30. 490 J. Fischer, Der firmenverbundene Vermittler im deutschen Versicherungsmarkt, in: Zukunft der Wirtschaft – Versicherung der Zukunft, S. 75; M. Dreher, WuW 1994, S. 194. 489

B. Spezielle Fallgestaltungen

155

nehmen zu vermitteln.491 Am deutschen Versicherungsmarkt sind z. Zt. ca. 300 firmenverbundene Versicherungsvermittler tätig.492 Ihre Zulassung wird von der bereits im Zusammenhang mit dem Provisionsabgabeverbot angesprochenen Wiesbadener Vereinigung493 ausgesprochen, die in ihrem Abkommen494 die Voraussetzungen darlegt, unter denen Vermittlungsvergütungen an firmenverbundene Versicherungsvermittler zulässigerweise gezahlt werden dürfen:

1. Voraussetzungen für firmenverbundene Vermittler Nach I B 6 des Abkommens dürfen Vermittlervergütungen unmittelbar oder mittelbar an Versicherungsvermittler, an denen Versicherungsnehmer wirtschaftlich beteiligt sind, für deren Versicherungsverträge nur gezahlt werden, wenn es sich bei dem Empfänger um ein gegenüber dem Versicherungsnehmer rechtlich selbständiges Unternehmen handelt und nicht anzunehmen ist, dass es nur zu dem Zweck gegründet worden ist, dem Versicherungsnehmer die Vermittlervergütungen ohne eine eigene Vermittlerleistung über die Gewinnausschüttung zuzuführen. Das Abkommen enthält unter anderem Tätigkeitsmerkmale des firmenverbundenen Versicherungsvermittlers, bei deren Vorliegen Provisionszahlungen für das firmeneigene Versicherungsgeschäft zulässig sind. Die Tätigkeitsmerkmale, wie rechtliche Selbständigkeit der firmenverbundenen Versicherungsvermittler, klare Firmierung mit dem Hinweis auf die Versicherungsvermittlung, Handelsregistereintragung, hauptberufliche Tätigkeit, ausreichendes Fachpersonal, werden von einer „Paritätischen Kommission“ geprüft.495 Mitglieder der Kommission sind Vertreter der Versicherungsunternehmen und der Verbände. Die Abkommensunternehmen verpflichten sich, mit einem firmenverbundenen Versicherungsvermittler nur zusammenzuarbeiten, wenn der Prüfungsausschuss der Vereinigung das Vorliegen der Voraussetzungen bejaht hat. Ist dies nicht der Fall, verpflichten sich die Versicherungsunternehmen, eventuell be___________ 491

K. Thürnagel, Die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungsmodellen, S. 53. Angaben nach dem Bundesverband firmenverbundener Versicherungsvermittler und -gesellschaften e.V. (BfV) mit Sitz in Düsseldorf; http://www.bfv-fvv.de/. 493 s. zur Wiesbadener Vereinigung oben 3. Kap., A. I. 5. a) cc) (1) (b). 494 So unter I B 6 des Abkommens vom 8.7.1971 in der Fassung vom 11.3.2004. 495 Als aktuelle quantitative Mindestvoraussetzungen für die Zulassung eines firmenverbundenen Vermittlers durch die Wiesbadener Vereinigung sind ein Mindestcourtageumsatz von ca. 500.000 DM = ca. 256.000 EUR und eine Mindestbeschäftigtenzahl von 2-3 hauptberuflichen Fachkräften zu nennen; abzurufen unter BfV-Papier auf der Homepage des BfV, http://www.bfv-fvv.de/. 492

156 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

stehende Vermittlungsverträge mit dem nicht tolerierten Vermittler zu kündigen bzw. keine neuen Verträge mit ihm zu schließen.496 In den Fällen, in denen die Wiesbadener Vereinigung nach genauer Prüfung des Geschäftsgebarens des firmenverbundenen Vermittlers zu dem Ergebnis kommt, dass seine Gesamtausprägung dem Erscheinungsbild eines selbständigen Versicherungsmaklers entspricht, wird eine Zulassung ausgesprochen und seine Berechtigung zur Provisionseinnahme bestätigt. Zunehmend nutzen die Konzerne, ihren ursprünglich nur im Industriegeschäft eingesetzten firmenverbundenen Vermittler wegen seiner Fachkompetenz auch für die Erzielung zusätzlicher Einkünfte im Rahmen des Drittgeschäfts, d.h. bei der Gewinnung von Kunden außerhalb des Konzernbereichs, sowie die Betreuung des Belegschaftsgeschäfts.497 Unabhängig von der Zulassung durch die Wiesbadener Vereinigung lassen sich auch gemessen an der Selbständigkeit und Ausrüstung mit Know-how verschiedene Abstufungen von firmenverbundenen Vermittlern feststellen. So sind sog. „Komplett-fVV“ mit professionellen Vermittlern ausgestattet, die mit mehreren Versicherungsunternehmen um günstige Versicherungen verhandeln und somit wirtschaftlichen Druck auf die Versicherungsunternehmen und den Versicherungsmarkt ausüben. Die „Komplett-fVV“ treten professionell auf und sind sowohl im Hinblick auf bevorstehende Gesetzesänderungen als auch die angebotenen Versicherungsprodukte informiert und benötigen daher keine Hilfe von den Versicherungsunternehmen. Im Gegensatz dazu ist der sog. „Mantel-fVV“, auf umfassende Unterstützung durch das Versicherungsschutz gewährende Versicherungsunternehmen angewiesen, sei es durch Zurverfügungstellen von Informationsmaterial im Intranet, die Tarifierungsprogramme verschiedener Branchen oder durch Lieferung einzelner sog. Versicherungsbausteine. Erkennbar wird beim „Mantel-fVV“, dass der Gedanke im Vordergrund steht, eine Provisionszahlung des Versicherungsunternehmens auszulösen und diese dann innerhalb des Konzerns zu vereinnahmen, anstatt sie an einen außerhalb des Konzerns befindlichen Makler „verfallen“ zu lassen.

___________ 496

K. Thürnagel, Die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungsmodellen, S. 55. Fischer, Der firmenverbundene Vermittler im deutschen Versicherungsmarkt, in: Zukunft der Wirtschaft – Versicherung der Zukunft, S. 77; F. Wagner/A. Bornemann, E-Business beim firmenverbundenen Vermittler, in: Zukunft der Wirtschaft – Versicherung der Zukunft, S. 115. 497

B. Spezielle Fallgestaltungen

157

2. Unechte Lohnzahlungen durch firmenverbundene Vermittler? In der Rechtsprechung des BFH498 findet sich die Unterscheidung zwischen der sog. echten und der unechten Lohnzahlung durch Dritte. Eine echte Lohnzahlung durch Dritte liegt dann vor, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile von einem Dritten eingeräumt werden, die ein Entgelt für eine Leistung sind, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt.499 Eine sog. unechte Lohnzahlung durch Dritte liegt vor, wenn der Dritte lediglich als Zahlstelle oder Leistungsmittler in die Zahlung des Arbeitslohns eingeschaltet wird und ihm die Mittel der Lohnzahlung vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Der Arbeitgeber muss den von einem Dritten im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis geleisteten Arbeitslohn selbst dem Lohnsteuerabzug unterwerfen, wenn der Dritte in die Zahlung als Leistungsmittler des Arbeitgebers eingeschaltet ist.500 Der den Dritten als Leistungsmittler einsetzende Arbeitgeber bleibt der den Arbeitslohn Zahlende.501 Fraglich ist nun, ob Vorteile, die den Arbeitnehmern großer Belegschaften seitens des Arbeitgebers durch das Hinzutreten eines von diesem beherrschten firmenverbundenen Vermittler entstehen, nach § 19 Abs. 1 EStG als echte oder unechte Lohnzahlungen zu versteuern sind. Dazu müssten die vom firmenverbundenen Vermittler verschafften Vorteile wesentlich im Sinne Wesentlichkeitstheorie sein. Wenn kostensenkende Maßnahmen in Form von Mitwirkung durch den Arbeitgeber festgestellt werden, kommt zum einen das Versicherungsunternehmen, zum anderen aber auch der firmenverbundene Vermittler als Leistungsmittler in Betracht. Dabei ist das Versicherungsunternehmen stets Leistungsmittler, weil es die Prämie kalkuliert und den Versicherungsvertrag schließt. Ebenso kann möglicherweise der firmenverbundene Vermittler als Leistungsmittler angesehen werden, wenn durch ihn kostensenkende Maßnahmen des Arbeitgebers realisiert werden.502 Daher muss untersucht werden, ob kostensenkende Maßnahmen des firmenverbundenen Vermittlers zu einer Bereicherung beim Arbeitnehmer führen können, die in der Konsequenz als Arbeitslohn gewertet werden. Daher soll zunächst die Entstehung geldwerter Vorteile, die beispielsweise durch einen Provisionsverzicht oder originär beim firmenverbundenen Vermittler entstehende Vorteile (online insuring) verschafft werden könnten, überprüft werden, die möglicherweise zu versteuern wären. ___________ 498

BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BStBl. II 2002, S. 230, BFHE 195, 376.

499

R 106 Abs. 2 S. 1 LStR.

500

B. Thürmer, in: Blümich, § 38, Rn. 90. B. Thürmer, in: Blümich, § 38, Rn. 92. J. Lang, StuW 2004, S. 227 (233).

501 502

158 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

a) Bindung der firmenverbundenen Vermittler an das Provisionsabgabeverbot und an das Begünstigungsverbot? Gem. § 81 Abs. 2 S. 4 VAG i.V.m. den dazu ergangenen Verordnungen ist das Provisionsabgabeverbot auch auf firmenverbundene Vermittler anwendbar. Daher gelten die obigen Ausführungen zu Versicherungsunternehmen entsprechend auch für die firmenverbundenen Vermittler. Hinzu kommt, dass das Provisionsabgabeverbot auf Bestrebungen der Vermittlerverbände zurückgeht.503 Da der firmenverbundene Vermittler aber nur Versicherungsvermittlung betreibt,504 ist er an das Begünstigungsverbot nicht gebunden, weil das Begünstigungsverbot in § 81 Abs. 2 S. 4 VAG nur für Versicherungsunternehmen gilt.505 Das versicherungsaufsichtsrechtliche Begünstigungsverbot steht der Annahme einer Bereicherung – die hier in der Vermittlung ganz besonders günstiger Angebote liegen könnte – beim Arbeitnehmer somit nicht entgegen. Der Vermittler könnte aber aus anderen Gründen zumindest rechtlich506 an der Begünstigung von Arbeitnehmern der Muttergesellschaft gehindert sein:

b) Bindung der Geschäftsführung des firmenverbundenen Vermittlers an § 1 GmbHG? Wie oben erwähnt (B.I.), treten firmenverbundene Vermittler meist in der Rechtsform einer GmbH auf. Da nach § 1 GmbHG jeder gesetzlich zulässige Zweck verfolgt werden kann, ist es grundsätzlich denkbar, dass die GmbH aus Arbeitnehmerwohlfahrtszwecken gegründet wird, weil auch ideelle Zwecke prinzipiell erfasst werden.507 Eine Begünstigung von Arbeitnehmern des Gesellschafters bei der Vermittlung durch den firmenverbundenen Vermittler wird durch das versicherungsrechtliche Begünstigungsverbot nicht untersagt. Demnach ist auch eine Kombination des Vermittlungsgeschäfts mit einer Wohlfahrtseinrichtung zu Lasten der Nichtbegünstigten einer Versicherungsgemeinschaft dem firmenverbundenen Vermittler versicherungsaufsichtsrechtlich und nach § 1 GmbHG nicht untersagt. Allenfalls ließe sich eine Beihilfe zum Verstoß des Versicherungsunternehmens gegen das Begünstigungsverbot kon___________ 503

s. die Nachweise bei M. Dreher, oben Fn. 358. Missverständlich J. Lang, StuW 2004, S. 227 (233), der davon ausgeht, der firmenverbundene Vermittler betreibe Versicherungsgeschäft. Der firmenverbundener Vermittler betreibt jedoch kein Versicherungsgeschäft i.S.d. VAG. 505 H. Kollhosser, in: Prölss, VAG, § 81, Rn. 81; G. Bähr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 81 Rn. 35. 506 Wie schon erwähnt gilt auch hier § 40 AO; ein rechtlicher Hinderungsgrund kann aber als Indiz gewertet werden. 507 H. Altmeppen/G. Roth, GmbHG, § 1, Rn. 4 und 11 f. 504

B. Spezielle Fallgestaltungen

159

struieren, wenn der firmenverbundene Vermittler beim Versicherungsunternehmen bewirkt, dass dieses ohne sachlichen Grund Arbeitnehmer der Muttergesellschaft des firmenverbundenen Vermittlers besser behandelt als andere. Jedoch ist es einerseits gerade die Funktion des firmenverbundenen Vermittlers nach günstigen Versicherungskonditionen für die ihm anvertrauten Belegschaftsinteressen auf dem Markt zu suchen, und andererseits unterscheidet sich die Gruppe der Belegschaftsangehörigen, wie oben gesehen, nachweislich von der Gruppe der „Normalrisiken“. Daher kann nicht angenommen werden, dass der firmenverbundene Vermittler Beihilfe zum Verstoß des Versicherungsunternehmens leistet, weil keine Begünstigung durch das Versicherungsunternehmen vorliegt.

c) Bindung der Geschäftsführung des firmenverbundenen Vermittlers an § 43 Abs. 1 GmbHG? Im Weiteren hat die Geschäftsführung des firmenverbundenen Vermittlers in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden (§ 43 Abs. 1 GmbHG) und dabei das versicherungsgeschäftliche Unternehmensziel nach den Regeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung zu verfolgen.508 Sofern Zweck der GmbH die generelle Vermittlung von Versicherungsschutz ist, kann die Begünstigung von Arbeitnehmern des Gesellschafters die Obliegenheiten der Geschäftsführung verletzen und nach § 43 Abs. 2 GmbHG zu einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber dem verantwortlichen Geschäftsführer führen. Dies würde bedeuten, dass die Geschäftsführung gehalten ist, auch die Arbeitnehmer anderer Belegschaften oder gar von Nicht-Belegschaftsangehörigen zu ebenso guten Konditionen zu vermitteln, wie sie den Arbeitnehmer ihrer Muttergesellschaft vermittelt. In diesem Falle wäre die Begünstigung von Arbeitnehmern des Gesellschafters durch den firmenverbundenen Vermittler gesellschaftsrechtlich nicht zulässig.509

d) Eigenbetriebliches Interesse des firmenverbundenen Vermittlers? Die Wahrnehmung von Arbeitgeberpflichten aus dem Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch den firmenverbundenen Vermittler ___________ 508 H. G. Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 43, Rn. 7f., 16f.; H. Altmeppen/G. Roth, GmbHG, § 43, Rn. 3 und 8; W. Zöllner/U. Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43, Rn. 18; ausführlich U. Schneider, in: Scholz, GmbHGesetz, § 43, Rn. 84ff. 509 So J. Lang, StuW 2004, S. 227 (233).

160 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

ist zweifelhaft, weil firmenverbundene Vermittler im eigenen wirtschaftlichen Interesse handeln, wenn sie Belegschaftsversicherungen an Arbeitnehmer vermitteln. Der Vorteil, der sich aus den Belegschaftsversicherungen ergibt, ist – wie aufgezeigt – ohnehin nicht steuerbar. Indem der firmenverbundene Vermittler aber seinen Provisionsanspruch nicht gegenüber den Arbeitnehmern, sondern gegenüber Dritten, nämlich gegenüber den Versicherungsunternehmen geltend macht, verfolgt er eigene Interessen. Wenn firmenverbundene Vermittler gegenüber den Versicherungsunternehmen entgeltlich gegen Provision handeln, verfolgen sie somit ihr eigenes unternehmerisches Ertragsinteresse. Infolgedessen erbringen firmenverbundene Vermittler keine Leistung für die Arbeitgeber an deren Arbeitnehmer. Insbesondere scheint es wenig überzeugend, auf den Fürsorgegedanken eines firmenverbundenen Vermittlers gegenüber den Arbeitnehmern seiner Muttergesellschaft zu schließen, wenn der firmenverbundene Vermittler unter Verstoß gegen das (immer noch geltende) Provisionsabgabeverbot und Inkaufnahme einer Ordnungswidrigkeit auf seine Provision ganz oder teilweise verzichtet und dadurch letztlich seinen eigenen Gewinn schmälert. Eine Entlohnung kommt erst dann in Betracht, wenn der firmenverbundene Vermittler auf eine Provision verzichten sollte, damit der Vertragspartner mit diesem ersparten Aufwand den Arbeitnehmern seiner Muttergesellschaft günstigere Konditionen anbieten kann, ohne dass der firmenverbundene Vermittler hierdurch einen Gewinn hat. Der Aspekt des Provisionsverzichts durch den firmenverbundenen Vermittler verliert beim Belegschaftsgeschäft an Bedeutung, weil sich der firmenverbundene Vermittler schon in einer besseren Marktposition als vergleichbare externe Vermittler befindet: Sofern die Muttergesellschaft des firmenverbundenen Vermittlers im Falle eines Gruppenversicherungsvertrags nur über den eigenen firmenverbundenen Vermittler Versicherungen abschließt, befindet sich der firmenverbundene Vermittler sogar in einer Monopolstellung. Dasselbe gilt prinzipiell auch für Rahmenverträge. Hinzutreten muss bei diesen aber noch der Vertragsabschluss durch die jeweiligen Belegschaftsmitglieder. Der Einzelvertragsabschluss ist jedoch wegen der günstigen Konditionen wahrscheinlich. Die vorteilhaften versicherungskalkulatorischen Besonderheiten des Belegschaftsmarktes stärken somit auch die Wettbewerbslage des firmenverbundenen Vermittlers. Daher ist es ihm möglich, einen Teil der Vorteile den Arbeitnehmern durch Vermittlung von Versicherungsverträgen weiterzugeben. Der firmenverbundene Vermittler ist daher auf den (ordnungswidrigen) Provisionsverzicht nicht angewiesen um seine Stellung im Markt zu verbessern. Ein Unterschied zu den am Markt agierenden externen Versicherungsvermittlern kann sich auch aus der besonderen Stellung des firmenverbundenen Vermittlers zum Mutterunternehmen entwickeln: Externe Vermittler sind an ei-

B. Spezielle Fallgestaltungen

161

ner Ergebniserzielung unter dem Profitmaximierungsgesichtspunkt interessiert. Ein nach dieser Maxime agierender firmenverbundener Vermittler müsste sich demgegenüber dem Vorwurf stellen, zu Lasten seines Mutterunternehmens durch Akzeptanz erhöhter Prämien seinen eigenen Unternehmenserfolg in den Vordergrund zu rücken.510 Sofern der firmenverbundene Vermittler gegenüber dem Versicherungsunternehmen entgeltlich gegen Provisionen handelt, verfolgt er allein ein unternehmerisches Ertragsinteresse. Daher kann nicht angenommen werden, dass der Arbeitgeber über den firmenverbundenen Vermittler eine Leistung an den Arbeitnehmer erbringen will. Dies ergibt sich auch aus der Überlegung, dass es dann der Gründung eines firmenverbundenen Vermittlers durch den Arbeitgeber überhaupt nicht bedarf, um seiner Belegschaft „Gutes zu tun“. Durch das Zwischenschalten eines firmenverbundenen Vermittlers handelt im Übrigen auch der Arbeitgeber letztlich in eigenwirtschaftlichem Interesse, indem er nämlich die fällig werdende Provision als (Voll-)Anteilseigner des firmenverbundenen Vermittlers für sich beanspruchen kann. Falls man in der Erschließung des Belegschaftsmarkts durch einen Vermittler dennoch eine Vorteilsverschaffung erkennen sollte, begibt man sich in einen Wertungswiderspruch zu anderen Vermittlungskonzepten. Der dargestellten Vorgehensweise der firmenverbundenen Vermittler ähnelt die vergleichbare Erschließung des Sondermarkts bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen durch Vertrauensleute im öffentlichen Dienst. Bei dieser wird die Vermittlungstätigkeit nicht im Rahmen des Dienstverhältnisses ausgeübt, sondern findet nur bei Gelegenheit der Dienstausübung statt, wenngleich die außerdienstliche Nebentätigkeit nicht während der Dienstzeit geschehen darf und durch die jeweiligen Dienstherren genehmigungspflichtig ist. Diese Genehmigung der Nebentätigkeit (und damit der Nebeneinkünfte) der Vertrauensleute durch den Dienstherren rückt aber in die Nähe der nach dem BMF-Schreiben vom 27. September 1993 lohnsteuerauslösenden Tatbestände. Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist in diesen Fällen aber bisher nicht angenommen worden. Eine weitere Parallele lässt sich zu den Vermittlern ziehen, die die Vermittlung von Versicherungsprodukten an Hochschulabsolventen betreiben.511 Der versicherungskalkulatorische Vorteil beruht hier darin, dass die vom Vermittler gesammelten Risiken der Hochschulabsolventen im Vergleich zur Masse der Versicherten günstigere Verhältnisse aufweisen, die es dem Versicherungsunternehmen erlauben, den Hochschulabsolventen günstigere Konditionen zu ge___________ 510

In diese Richtung argumentiert J. Fischer, Der firmenverbundene Vermittler im deutschen Versicherungsmarkt, in: Zukunft der Wirtschaft – Versicherung der Zukunft, S. 77. 511 Beispiele sind die MLP AG und die Horbach Wirtschaftsberatung GmbH.

162 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

währen als der Masse der Versicherten im Einzelgeschäft. Diese Vorteile nur bei denjenigen Hochschulabsolventen als geldwerten Vorteil durch den Arbeitgeber einzustufen, die sich in einem abhängigen Dienstverhältnis befinden, wäre verfehlt: Hochschulabsolventen, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) beziehen, werden die günstigen Konditionen zu Recht nicht als Folge ihrer Selbständigkeit begreifen und dementsprechend auch nicht versteuern. Hier wird deutlich, dass der Vorteil auf bestimmte Eigenschaften der Hochschulabsolventen zurückzuführen ist, welche auf der Erkenntnis basieren, dass sich gerade Hochschulabsolventen in einer Lebensphase befinden, in der sie viele Versicherungsprodukte nachfragen und die Aussicht auf bessere Verdienstmöglichkeiten auch bei Versicherungsunternehmen zu der Annahme führen, die Versicherten werden langfristig die Prämien bedienen können. Daher stellen Hochschulabsolventen im Vergleich zum Durchschnittsversicherungsnehmer einen besseren Kundenkreis bzw. auch ein niedrigeres Versicherungsrisiko dar.

e) Originäre Einsparungen beim FVV – insbesondere „online-insuring“ Bei der Vermittlung der eigenen Belegschaft durch einen firmenverbundenen Vermittler stellt dieser den Beschäftigten oftmals über seine Website Angebote für privaten Versicherungsschutz vor. Schäden können ebenfalls beim firmenverbundenen Vermittler gemeldet werden, wodurch die Schadenbearbeitung beim Versicherungsunternehmen zeitnah durchgeführt werden kann. In seiner Eigenschaft als Vermittler von Privatversicherungen für die Belegschaften der Konzernunternehmen steht der firmenverbundene Vermittler trotz des sich aus dem Belegschaftsgeschäft ergebenden Wettbewerbsvorteils mit den anderen Vermittlern und den Vertriebsorganen von Versicherungsunternehmen in Wettbewerb. Dieser Wettbewerbsdruck zwingt ihn, seine Geschäftsprozesse durch E-Business-Maßnahmen zu optimieren, um sowohl kostenseitig als auch im Hinblick auf die angebotenen Leistungen marktfähig zu bleiben.512 Daher verfolgt der firmenverbundene Vermittler mit seinen originären Einsparungen wiederum nur ein eigenes Interesse, welches sich aus dem Konkurrenzgesichtspunkt ergibt. Der firmenverbundene Vermittler verhält sich daher marktüblich und wendet den Konzernmitarbeitern nicht etwa eine besondere Dienstleistung aufgrund deren Arbeitsverhältnissen zum Mutterunternehmen ___________ 512 So F. Wagner/A. Bornemann, E-Business beim firmenverbundenen Vermittler, in: Zukunft der Wirtschaft – Versicherung der Zukunft, S. 115 (118). Zum sog. E-Commerce speziell im Privatkundengeschäft der firmenverbundenen Vermittler, s. dort S. 122.

B. Spezielle Fallgestaltungen

163

des firmenverbundenen Vermittlers zu, den die Mitarbeiter bei anderen Vermittlern nicht erhalten würden.

3. Unechte Lohnzahlung durch kostensenkende Maßnahmen des Arbeitgebers zugunsten seines firmenverbundenen Vermittlers? Anstatt einem Versicherungsunternehmen mit kostensenkenden Leistungen (Werbemaßnahmen, Prämieninkasso, Überlassung von Arbeitsräumen) beizustehen, kann ein Arbeitgeber diese Vorteile ebenso seinem firmenverbundenen Vermittler gewähren. Diese Maßnahmen könnten wiederum steuerpflichtigen Arbeitslohn in Gestalt unechter Lohnzahlungen bei den Arbeitnehmern darstellen. Hierbei ist zu beachten, dass die Maßnahmen des Arbeitgebers als Mutterunternehmen des firmenverbundenen Vermittlers ggf. körperschaftssteuerliche Rechtsfolgen auslösen können, sofern es sich nicht nur um bloße Nutzungsüberlassungen und nichteinlagefähige Leistungen handelt. Umgekehrt können kostensenkende Maßnahmen des firmenverbundenen Vermittlers zugunsten des Mutterunternehmens den Tatbestand der sog. verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darstellen.513 Daher ist es ratsam, die Beziehung zwischen Arbeitgeber als Muttergesellschaft und firmenverbundenem Vermittler wie zwischen fremden Dritten auszugestalten, um lohnsteuerliche und körperschaftsteuerliche Rechtsfolgen zu vermeiden. Fraglich ist, ob die Weitergabe von Vorteilen, die der firmenverbundene Vermittler beispielsweise durch kostenlose Überlassung von Geschäftsräumen durch den Arbeitgeber erhält, einen Fall der unechten Lohnzahlung durch Dritte darstellt, wenn der Dritte (i. e. der firmenverbundene Vermittler) Organgesellschaft (bzw. Organträger) des Arbeitgebers ist oder eine sonstige gesellschaftsrechtlich relevante Beziehung zwischen Arbeitgeber und Drittem besteht. Nach Nr. 1 Buchst. c) des BMF-Schreibens vom 27. September 1993 geht die Finanzverwaltung von einer Mitwirkung aus, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten eine enge wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung oder enge Beziehung sonstiger Art besteht, z.B. Organschaftsverhältnis. Eine spiegelbildliche Regelung findet sich im neu eingefügten in § 38 Abs. 1 S. 3 EStG.514 So wird im Schrifttum515 zu Recht darauf hingewiesen, dass „enge wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung oder enge Beziehungen sonstiger Art zwischen Unternehmen aber nicht stets dazu führen müssen, auch zwischen den

___________ 513

Darauf weist J. Lang, StuW 2004, S. 227 (234) hin. Zur Regelung des § 38 Abs. 1, S. 3 s.u. unter 4. Kap., B. II. 515 J. v. Bornhaupt, Stellungnahme zum BMF-Schreiben vom 27.9.1993, BB 1993, S. 2493 (2494). 514

164 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen Dienstleistungen des Arbeitnehmers und der Rabattgewährung durch das Drittunternehmen enge innere Beziehungen [...] zu bejahen.“

Es wird bemängelt, dass dem BMF-Schreiben von 1993 nicht zu entnehmen sei, wie eng die wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung und Beziehungen sonstiger Art zwischen den verschiedenen Unternehmen sein sollen, um die Gewährung von Preisvorteilen Dritter zu bejahen.516 Das BMF habe auch keine gesetzliche Grundlage mittels der Fiktion zu unterstellen, Beziehungen und Verflechtungen haben stets bei der Gewährung von Preisvorteilen mitgewirkt. Sie können lediglich eine widerlegbare Vermutung dazu begründen.517 M.E. kann man aus dem Organschaftsverhältnis per se noch nicht schließen, dass eine Mitwirkung vorliegt. Dies gilt umso mehr, wenn Arbeitgeber und firmenverbundener Vermittler ihr Geschäftsverhältnis wie zwischen fremden Dritten gestalten. Daher verbieten sich pauschale Grenzen, ab wann Arbeitslohn aufgrund gesellschaftlicher Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Drittem vorliegen sollen.518 Es sind vielmehr im Einzelfall alle Umstände zu würdigen und nach ihrem Gewicht abzuwägen. Falls beispielsweise an einer Gesellschaft, die Arbeitnehmern vorteilhafte Versicherungen vermittelt, ein Versicherungsunternehmen zu 80% und ein Arbeitgeber nur zu 20 % beteiligt ist, liegt die Annahme fern, der Arbeitgeber könne aufgrund der Verflechtung billigere Prämien beim Versicherungsunternehmen durchsetzen. 519 Das Versicherungsunternehmen ist – wie gezeigt – aufgrund der besonderen Umstände des Belegschaftsgeschäfts in der Lage, den Arbeitnehmern besonders günstige Konditionen zu gewähren. In der Literatur wird bei Vorliegen der Voraussetzungen für verbundene Unternehmen i.S.d. § 15 AktG teils angenommen, dass zwingend Arbeitslohn vorliegt,520 teils wird die Regelung aber auch als widerlegbar angesehen.521 Ein ___________ 516 Nach J. v. Bornhaupt (Fn. 515) können enge Verflechtungen und Beziehungen zwischen Arbeitgeber und einem Dritten nur eine Vermutung arbeitslohnbegründender Mitwirkung des Arbeitgebers begründen. 517 J. v. Bornhaupt, Stellungnahme zum BMF-Schreiben vom 27.9.1993, BB 1993, S. 2493 (2494). 518 In diese Richtung argumentierend T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 63. 519 J. Lang, Sachbezüge im Lohnsteuerrecht, in: Festschrift für Klaus Offerhaus, S. 433 (440). 520 Insofern inkonsequent T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 63, der zwar für die Betrachtung im Einzelfall plädiert, sich aber der Widerlegungsmöglichkeit im Falle verbundener Unternehmen verschließt; J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894; auf entstehende Friktionen zum Zivilrecht weist insbesondere K. Offerhaus, Zum lohnsteuerrechtlichen Durchgriff im Konzern, in: Festschrift für Georg Döllerer, S. 463 hin. 521 E.-M. Gersch, Lohnsteuerabzug bei Arbeitslohn von dritter Seite, in : Bochumer Lohnsteuertag, S. 117; W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 38, Rn. 11; I. v. Lishaut,

B. Spezielle Fallgestaltungen

165

Abstellen auf fixe Konzernkennziffern oder bestimmte Relationen, wie zum Beispiel der absolute Wert der Beteiligung des Arbeitgebers am Unternehmen des Dritten, wird dabei als untauglich angesehen.522 M.E. kann selbst wenn nach den gefundenen Ergebnissen Arbeitslohn anzunehmen sein sollte, die Annahme von Arbeitslohn aus anderen Gründen ausgeschlossen sein: Es liegt kein Arbeitslohn durch Dritte vor, wenn der Dritte oder Arbeitgeber im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse523 handelt oder wenn die Zuwendung auch an andere Personen erfolgt. Für den typischen firmenverbundenen Vermittler bedeutet dies, dass er sich darauf berufen kann, ein eigenes Geschäftsinteresse wahrzunehmen bzw. die Vermittlung von Versicherungsschutz an konzernfremde Unternehmen und deren Belegschaft zu den gleichen Konditionen zu betreiben. Damit kommt es auf das in § 1 b) des BMF-Schreibens von 1993 angesprochene Organschaftsverhältnis zwischen Arbeitgeber und firmenverbundenen Vermittler nicht an.

4. Fazit zur Stellung der firmenverbundenen Vermittler Firmenverbundene Vermittler sind keine Sozialabteilungen ihrer Konzerne, sondern „Profit-Center“, die im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern stehen. Gäben sie über die Belegschaftsvorteile hinausgehende Vergünstigungen an Arbeitnehmer unentgeltlich weiter, wären sie unrentabel und verschwänden vom Markt. Daher können keine unechten Lohnzahlungen angenommen werden, wie sie etwa aus Fürsorge für die Arbeitnehmer gewährt werden. Um Vorteile des Arbeitgebers weiterzugeben, bedürfte es der firmenverbundenen Vermittler nicht. Um der Gefahr der Annahme unechter Lohnzahlungen durch die Finanzverwaltung zu entgehen, wird der Arbeitgeber jedoch sicherheitshalber die Beziehungen zu seinem firmenverbundenen Vermittler im Konzern so wie zwischen fremden Dritten ausgestalten.

___________ Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205); ebenfalls differenzierend B. Thürmer, in: Blümich, § 19, Rn. 135; weiter M.-I. Thomas, DStR 2001, S. 1658, der darauf verweist, das sich auch der 1. Senat des BFH auch über die Anweisung im BMFSchreiben in einem Urteil zu Aktienoptionen (BFH v. 24.1.2001, Az. I R 119/98, BStBl. II 2001, S. 512, BFHE 195, S. 110) hinweggesetzt habe. 522 T. Braune, Arbeitslohn durch Dritte, S. 64. 523 Zum Kriterium des überwiegend eigenbetrieblichen Interesses U. Albert/J. Heitmann, Das überwiegend eigenbetriebliche Interesse als Abgrenzungskriterium des Arbeitslohns, DB 1985, S. 2524 ff.

166 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

II. Belegschaftsgeschäft und Captives Nicht unerwähnt bleiben soll die Möglichkeit, das Belegschaftsgeschäft innerhalb einer sog. Captive des Arbeitgeberkonzerns zu betreiben. „Captive“ steht für „Captive Insurance Company”. Eine Captive ist ein Versicherungsunternehmen, das gegründet worden ist, um Versicherungsschutz zu geringeren Kosten zu gewähren, als er auf dem allgemeinen Versicherungsmarkt verfügbar ist. Die Anteile werden von einer einzelnen Interessengruppe, (z.B. von Unternehmen innerhalb eines Konzerns) oder einer Gruppe mit zusammenhängenden Interessen gehalten, um Deckungsschutz verfügbar zu machen. M.a.W. wird die Captive von ihren eigenen Versicherten gehalten, ähnlich Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit gem. § 15 VAG. Captives wurden in Amerika großer Anzahl in den sechziger Jahren gegründet, weil sie insbesondere in der Sachversicherungsbranche durch ein alternatives Risk management neue Lösungswege anboten.524 In den achtziger Jahren erstreckte sich das Geschäft auch auf den Gesundheitssektor und als die Captives im Laufe der Zeit wuchsen, erkannten Arbeitgeber zunehmend ihre eigenen Arbeitnehmer als neue Zielgruppe. Im das Umfeld der von Captives gezeichneten Drittgeschäfte (also die Versicherung konzernfremder Risiken)525 fällt auch die Versicherung von Konzernarbeitnehmern. Damit ist die Captive von firmenverbundenen Vermittlern zu differenzieren.526 Indem die Captive ins Ausland verlagert oder dort gegründet wird527, können zusätzliche Kostensenkungen erreicht werden. Die niedrigeren Kosten im Vergleich zu Deutschland sind durch niedrige Gründungskosten528, billigere Bearbeitung der Anträge und Schadensfälle (Lohngefälle)529, keine Beitragszahlungspflicht zur deutschen Versicherungsaufsicht und zu den deutschen Insolvenzsicherungsfonds im Bereich der privaten Krankenversicherung und der ___________ 524

K. Bialek, Captive Versicherung und deutsches Körperschaftsteuerrecht, S. 31. s. K. Bialek/L. Grillet, Captive-Versicherung im deutschen und US-amerikanischen Körperschaftsteuerrecht, RIW 1992, S. 301 (310). 526 Zu den nicht immer eindeutigen Begrifflichkeiten D. Farny, in: Farny, Handwörterbuch der Versicherung, S. 95. 527 In den letzten Jahren wurden von deutschen Unternehmen verstärkt in Luxemburg und Dänemark Captives gegründet. 528 Zum Betrieb des Geschäfts in Deutschland ist für ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Europäischen Gemeinschaft im Wesentlichen nur eine Mitteilung nach § 110a Abs. 2 VAG an die deutsche Versicherungsaufsicht erforderlich, die keine zusätzlichen Kosten verursacht. 529 Captives haben durch die EG-Richtlinien zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 43, 48, 49 EGV) die Möglichkeit, auf Ebene der „Direktversicherung“ ohne Niederlassung Versicherungsgeschäft zu betreiben, vgl. K. Bialek, CaptiveVersicherung und deutsches Körperschaftsteuerrecht, S. 40 ff. 525

C. Ergebnisse des dritten Kapitels

167

Lebensversicherung530 sowie Einsparungen im Bereich der Körperschaftsteuer531 möglich. Hinzu tritt der beschriebene Effekt der homogenen Gruppe der Belegschaftsversicherten. All dies bewirkt letztlich eine niedrigere Versicherungsprämie, die im Wesentlichen auf wirtschaftlichen Gegebenheiten und den darauf folgenden unternehmerischen Entscheidungen basiert und somit nicht auf die Fürsorge des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer zurückzuführen ist.532

C. Ergebnisse des dritten Kapitels Im zweiten Kapitel wurde festgestellt, dass die Zuordnung von Bezügen und Aufwendungen zur Erwerbssphäre von allgemeinen Kausalitätskriterien auszugehen hat und in der Folge zu fragen ist, ob die Einnahme durch die Erwerbstätigkeit veranlasst ist. Anschließend war eine Auswahl der einkommensteuerrechtlich relevanten Ursachen vorzunehmen. Dabei wurde vorliegend aufgezeigt, dass sich durch das Belegschaftsgeschäft zwar ein Vorteil für die Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer ergibt, dieser Vorteil aber keinen einkommensteuerrelevanten Effekt hervorruft, weil er nicht wesentlich auf die Arbeitnehmereigenschaft zurückzuführen ist, sondern auf den Effekt, der sich aus der Risiko- und Kostenarmut des betrachteten Kollektivs ergibt. Zu fragen war in der Folge, ob neben diesen Effekt noch weitere Ursachen treten, die im steuerrechtlichen Sinne für die Vermögensveränderung kausal sind. Da auch einzelne Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers kausal sein können und daher ebenfalls einen wesentlichen Faktor darstellen können, sind die einzelnen Faktoren aufzuteilen. Nur dadurch wird gewährleistet, dass die übergeordneten Prinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip, Markteinkommensprinzip und Totalitätsprinzip nicht verletzt werden.

___________ 530

S. Heidel, Die Regelung im VAG über Sicherungsfonds, S. 46 f. Zur Problematik der Abzugsfähigkeit der Prämien als Betriebsausgaben s. K. Bialek/L. Grillet, Captive-Versicherung im deutschen und US-amerikanischen Körperschaftsteuerrecht, RIW 1992, S. 301 ff. 532 Das Vertrauensdefizit, dem ausländische Versicherungen bei Nachfragern von Versicherungsschutz auf dem deutschen Markt unterliegen können, kann zum einen schon dann nicht auftreten, wenn die Captive ausschließlich konzerneigene Risiken trägt. Zum anderen wird es bei einer nicht ausschließlich im Konzern agierenden Captive wegen der Zugehörigkeit zum inländischen Konzern und dem damit verbundenen Vertrauen nicht weiter ins Gewicht fallen. 531

168 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

Die Aufteilung der Anteile bei der Vergünstigung ist zwingend erforderlich. Daher ergibt sich, dass der versicherungskalkulatorische Anteil von dem Anteil zu trennen ist, den der Arbeitgeber durch Mitwirkung herbeiführt, beispielsweise indem er auf eine ihm zustehende Provision unter Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot verzichtet. Der so gefundene Mitwirkungsanteil ist als Arbeitslohn zu qualifizieren. Die Einschaltung eines firmenverbundenen Vermittlers spricht jedoch gegen die Annahme einer Provisionsabgabe, weil der firmenverbundene Vermittler von seiner Aufgabe her in eigenwirtschaftlichem Interesse handelt und der Wettbewerbsdruck ein fürsorgliches Handeln zugunsten der Arbeitnehmer seiner Anteilseigner verbietet. Das gefundene Ergebnis wird auch durch den Vergleich zu der Risikogruppe der Beamten gestützt. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 GG verlangt i.S.d, sog. „Willkürformel“ insbesondere, dass Gleiches nicht willkürlich ungleich und Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt wird.533 Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.534 Nach der hier vertretenen Ansicht wird die Gruppe der Beamten und der Angestellten im öffentlichen Dienst, die letztlich eine ähnliche von der Allgemeinheit abzugrenzende Gruppe darstellt, in Bezug auf den Vorteil nicht besteuert. Der Vorteil stellt keinen sozialen Akt der Versicherungswirtschaft zum Wohle der Staatsdiener dar, sondern begründet sich letztlich aus der hohen Homogenität und den versicherungsmathematischen Rahmenbedingungen dieser speziellen Gruppe von Versicherungsnehmern. Auch bei dieser Gruppe ist die Arbeitnehmernehmereigenschaft zwar kausal; der wesentliche kostenreduzierende Effekt ergibt sich aber hier ebenfalls aus der Risiko- und Kostenarmut der betrachteten Gruppe. Zu Recht ist der Differenzbetrag zwischen „Beamtentarif“ und „Normaltarif“ noch nie Gegenstand der Besteuerung gewesen.535 Soll ___________ 533

Vgl. in jüngster Zeit H. Jochum, Steuer und Studium, 2006, S. 156 (160). So die sog. „neue Formel“ des Bundesverfassungsgerichts; vgl. BVerfG v. 7.10.1980, Az. 1 BvL 50/79, BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, S. 72 (88), NJW 1981, S. 271; danach ständige Rechtsprechung des ersten Senats, etwa BVerfG v. 8.10.1996, Az. 1 BvL 15/91, BVerfGE 95, S. 39 (45), NJW 1997, S. 1359; BVerfG v. 14.3.2000, Az. 1 BvR 284/96, Az. 1 BvR 1659/96, BVerfGE 102, S. 41 (54), NJW 2000, S. 1855; vgl. dazu R. Wendt, Der Gleichheitssatz, NVwZ 1988, S. 778 ff.; zum Verhältnis von Willkürverbot und dem Gebot verhältnismäßiger Gleichheit vgl. L. Osterloh, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 3 GG, Rn. 25 ff. 535 J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894 (896). 534

D. Exkurs: Veranlassung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001

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daher entgegen der hier vertretenen Meinung beim Belegschaftsgeschäft der Differenzbetrag zwischen „Belegschaftstarif“ und „Normaltarif“ besteuert werden, wäre dies im Vergleich zur Gruppe der Beamten gleichheitswidrig, weil die causa für die Verbilligung stets dieselbe ist und es daher an einem sachlichen Differenzierungsgrund mangelt. Das gefundene Ergebnis der Nichtbesteuerung der Vorteile, die sich aus dem Belegschaftsgeschäft ergeben, lässt sich zudem durch ein sozialpolitisches Argument stützen. In Zeiten knapper Rentenkassen und in Anbetracht des demographischen Wandels nimmt die betriebliche Altersvorsorge als zweite Säule der Altersvorsorge an Bedeutung zu. Dabei spielt neben der sozialen Verantwortung der Arbeitgeber auch der Aspekt der Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen eine Rolle. Zahlreiche steuerliche Regelungen sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu bewegen, betriebliche Vorsorge zu betreiben.536 Die von Versicherungsunternehmen angebotenen Systeme basieren ebenfalls auf den versicherungsmathematischen Besonderheiten großer Gruppen von Arbeitnehmern im Gegensatz zu Freiberuflern.537 Es wäre daher widersprüchlich, auf der einen Seite sozialpolitisch sicherlich vertretbare Steuervergünstigungen zu gewähren, auf der anderen Seite aber den Vorteil, der sich aus der homogenen Gruppeneigenschaft ergibt, der Besteuerung zu unterwerfen.

D. Exkurs: Veranlassung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001 – VI R 123/00 I. Sachverhalt Dem Urteil vom BFH entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Den Arbeitnehmern der Klägerin wurden von der Sparkassenversicherung, einem Verbundunternehmen, niedrige Sondertarife bei dem Abschluss von Versicherungen, sog. Verbundtarife, eingeräumt. Die Verbundtarife waren ___________ 536 1. § 3 Nr. 62 EStG für Direktversicherungen und berufsständische Versorgungswerke oder öffentlich-rechtliche Versorgungswerke; 2. § 3 Nr. 63 EStG für Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen; 3. § 4d EStG für Unterstützungskassen; 4. § 4e EStG für Pensionsfonds; 5. § 6a EStG für Direktzusagen; 6. § 10a und Abschnitt XI EStG für bestimmte Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen; 7. § 40b EStG für Pensionskassen. 537 So trägt das Versicherungsunternehmen im Falle des dem BFH zur Entscheidung vorgelegten Falle zum § 8 Abs. 3 EStG vor, es gewähre „derartige Tarifvorteile auch anderen Gruppen, etwa (...) im Rahmen der der Betrieblichen Altersversorgung, wenn mindestens 10 Mitarbeiter einer Firma eine gleichartige Versorgung erhielten und mindestens 90% eines fest umschriebenen Personenkreises versichert würden.“

170 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

niedriger als die Normaltarife, die andere Versicherungsnehmer – Angehörige des öffentlichen Dienstes – beim Abschluss eines entsprechenden Vertrages zu zahlen hatten. Daher ging der Lohnsteueraußenprüfer von steuerpflichtigem Arbeitslohn aus, bewertete den geldwerten Vorteil für die Arbeitnehmer gem. § 8 Abs. 2 EStG mit dem Unterschied zwischen Verbundtarif und Normaltarif und qualifizierte den Vorteil in dieser Höhe als lohnsteuerpflichtige Drittzuwendung. Die Klägerin war der Auffassung, es läge gar kein Vorteil vor, weil andere Versicherungsanbieter die gleiche Leistung günstiger anböten und belegte dies. So sah auch das erkennende Finanzgericht538 in den gewährten Verbundtarifen keinen geldwerten steuerpflichtigen Vorteil und gab der Klage statt. Auf die durch das beklagte Finanzamt eingelegte Revision hin verwies der BFH die Sache nach § 126 FGO an das vorlegende Finanzgericht alleine unter dem Gesichtspunkt der Bewertungsfragen zurück.539 Zudem benötige es die Feststellung, ob der Arbeitgeber als Vermittler der fraglichen Versicherungsverträge Provisionsverzicht geübt habe.

II. Stellungnahme In seiner Entscheidung macht der BFH den zweiten Schritt vor dem ersten, indem er sofort auf die Bewertungsproblematik eingeht. Nach allgemein anerkannter juristischer Dogmatik ist jedoch zunächst der Grund, also die Frage des „ob“ vor der Frage des „wie“ zu klären. Der BFH hätte daher zunächst klären müssen, ob die gewährten Vorteile in vollem Umfang aus der Fürsorge des Arbeitgebers für seine Mitarbeiter herrühren, und erst danach gegebenenfalls eine Bewertung der Vorteile vornehmen sollen, die durch Mitwirkung oder Fürsorge gewährt werden. So wendet der BFH in seiner Entscheidung unreflektiert seine bekannte Rabatt-Rechtsprechung540 auf den Fall des nicht ohne weiteres mit Rabatten541 vergleichbaren Produkt Versicherungsdienstleistung an. Er lässt dabei außer

___________ 538 Vorinstanz: Hessisches FG, vom 14.3.2000, Az. 10 K 5969/97, EFG 2000, S. 1001, DStRE 2000, S. 962. 539 Dazu sogleich im 4. Kap., A. 540 Beispielsweise Werksangehörigenrabatte auf Pkw, BFH v. 4.6.1993, Az. VI R 95/92, BStBl. II 1993, S. 687, BFHE 171, S. 74 (kritisch hierzu J. v. Bornhaupt, BB 1993, S. 1640; zur Bewertung, U. Albert, FR 2006, S. 722) ; verbilligte Überlassung einer Eigentumswohnung, BFH v. 7.2.1986, Az. VI R 178/82, BFH/NV 1986, S. 494. Im Weiteren auch BFH v. 27.8.2002, Az. VI R 63/97, BStBl. II 2002, S. 881, BFHE 200, S. 243 zum Rabattfreibetrag bei der Abgabe von Medikamenten.

D. Exkurs: Veranlassung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001

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Acht, dass die Veranlassung eine andere ist als die vermeintliche Vorteilszuwendung.542 Der in Rede stehende Vorteil ergibt sich aus der in den Gruppenversicherungstarifen zusammengefassten besonderen Risikostruktur der homogenen Gruppe der Arbeitnehmer und aus den besonders ausgestalteten typisierten Leistungsinhalten (unter Ausschluss individueller Varianten) der Versicherungsprodukte. An dem Punkt, an dem der BFH die Mitarbeitertarife mit den Tarifen im öffentlichen Dienst vergleicht, hätte die Frage nahe gelegen, warum auch die Tarife für den öffentlichen Dienst niedriger liegen als davon wiederum zu unterscheidende Masse der normalen Versicherungsnehmer.543 Hier hätte es sich aufgedrängt, zumindest einen Teil des Vorteils der Risikoarmut der Gruppe der Beamten zuzurechnen. Zu Recht ist der Vorteil, den die Gruppe der Beamten gegenüber der normalen Bevölkerung genießt, noch nie Gegenstand der Besteuerung gewesen. Der BFH müsste also – sein Urteil konsequent zu Ende gedacht – auch sämtliche Vorteile die Beamten in Sondertarifen gegenüber der Normalbevölkerung als steuerpflichtig ansehen. Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen Belegschaftsangehörigen und der Gruppe der Beamten ist aber – wie gesehen (3. Kap., C.) – nicht ersichtlich, weil es sich versicherungsmathematisch bei letzterer ebenfalls um nichts anderes handelt als eine weitere homogene Gruppe, die nachweislich geringere versicherungstechnische Risiken aufweist als die Normalbevölkerung. Auch verlässt der BFH seine bisherige Rechtsprechungspraxis, die darauf abstellt, dass der Vorteil im weitesten Sinne für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers gewährt wird, indem er die Problematik gar nicht erst anspricht. Das Versicherungsunternehmen ist beim Belegschaftsgeschäft indifferent zur Leistung des Versicherungsnehmers für sei___________ 541

Zum Unterschied zum Rabatt s.o. 3. Kap., A. I. 2. d). Dies verwundert, weil sich die Literatur mit dem Problem der causa auseinandersetzt: U. Kreußler, BetrAV 1994, S. 140 (145); R. Kuhsel DB, 1994, S. 2265; J. Lang, StuW, 2004, S. 227 (letzterer freilich nach der Entscheidung des BFH). Jedoch setzen auch kritische Literaturanmerkungen zu dieser Entscheidung erst bei der Bewertungsproblematik an, obwohl die Frage nach der causa nahe gelegen hätte: E. Siegers, Geldwerter Vorteil bei günstigem Versicherungstarif?, EFG 2000, Beilage 18/2000, S. 139; D. Meyer-Scharenberg, DStR 2005, S. 1211; M.-I. Thomas, DStR 2001, S. 1658. 543 Diesen Punkt übersieht auch D. Meyer-Scharenberg, DStR 2005, S. 1211 (1212), der dem BFH zu Unrecht unterstellt, er wolle den günstigen Tarif am Normaltarif messen. Dies gibt die Entscheidung des BFH v. 30.5.2001 jedoch nicht her, weil der BFH im dortigen Fall nur am „Beamtentarif“ messen will. Überdies wendet der BFH seine bislang zur Differenzierung vertretenen Kriterien im Belegschaftsgeschäftsfall nicht an und kommt meines Erachtens zu einem unrichtigen Ergebnis. Hätte der BFH seine Kriterien verwendet, wäre der Prämienvorteil dem Grunde nach schon nicht erfasst worden, sondern hätte sich als windfall profit dargestellt. 542

172 3. Kap.: Beurteilung des Belegschaftsgeschäfts nach gefundenen Ergebnissen

nen Arbeitgeber, weil die individuelle Arbeitskraft des Arbeitnehmers für die Berechnung des Risikos unerheblich ist. Auch die sonst gängige Prüfung des BFH, ob aus Sicht des Arbeitnehmers der Vorteil als Frucht seiner Dienstleistung aufgefasst werden kann, findet in diesem Urteil nicht statt.544 Überdies wendet der BFH seine bislang zur Differenzierung vertretenen Kriterien im Belegschaftsgeschäftsfall nicht an und kommt m.E. zu einem unrichtigen Ergebnis. Hätte der BFH seine bisher herausgearbeiteten Kriterien verwendet, wäre der Prämienvorteil dem Grunde nach schon nicht erfasst worden, sondern hätte sich als windfall profit dargestellt.545 Die sich im folgenden 4. Kapitel anschließende Bewertungsproblematik hätte sich daher nur in kleinerem Ausmaß ergeben. Es bleibt zu vermuten, dass sich das Gericht über die Einzelheiten des Versicherungsmarktes speziell in der Eigenart von Sondermärkten keine ausreichenden Kenntnisse verschafft hat oder dass sich der BFH im speziellen Urteil eine Präjudizwirkung einer vermeintlichen „lex assecurantia“ fürchtete und wegen der Nähe einer solchen Wirkung zu echten Rabattfällen ein Abdriften in Richtung seiner früheren sog. Annehmlichkeitenrechtsprechung vermeiden wollte. Dieses wäre jedoch mit Hilfe einer sauberen Herleitung des Vorteils mit anschließender Differenzierung und Wertung der Faktoren vermeidbar und wünschenswert gewesen. Im Verfahren Urteil vom 28.6.2007 konnte der BFH die Gelegenheit sein Urteil zu revidieren wegen vorgehender Tatsachenfeststellungen des Finanzgerichts nicht vollumfänglich nutzen.546 Jedoch stellt der BFH in diesem Urteil zutreffend auf die Kausalitätsfrage ab. Er sieht daher Beitragsermäßigungen, durch Spartenunternehmen, die innerhalb einer Versicherungsgruppe für Arbeitnehmer eines anderen Spartenunternehmens gewährt werden, dann nicht als geldwerten Vorteil an, wenn der Arbeitgeber am Vertragsabschluss nicht beteiligt ist und die Beitragsermäßigungen wirtschaftlich nicht von ihm getragen werden.547 Dies ergibt sich für den BFH in diesem Urteil aus der Tatsache, dass

___________ 544 Von der hier vertretenen Ansicht einer Gesamtschau, s. 3. Kap., E. II. 2., gar nicht erst zu reden. 545 Zum selben Ergebnis gelangt J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894 (896), der befindet: „Der für das Vorliegen von Arbeitslohn erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Zuwendung des Dritten und dem Arbeitsverhältnis besteht auch nicht, wenn der Vorteil von einem Dritten – losgelöst vom Arbeitsverhältnis – aufgrund der Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Berufsgruppe eingeräumt wird.“ 546 BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, Rn. 20, BFH NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297; vorgehend FG Köln v. 21.3.2002, Az. 15 K 5161/95, EFG 2002, S. 905 (dort irrtümlich als rechtskräftig bezeichnet).

D. Exkurs: Veranlassung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001

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der Verzicht auf die Provision nicht ursächlich für die Beitragsermäßigungen war und das klagende Versicherungsunternehmen am Vertragsabschluss mit ihren Arbeitnehmern nicht aktiv als Vermittler beteiligt war.548 Welche anderen Faktoren zu einer Verbilligung der Prämie bei gleich bleibender Versicherungsleistung gegenüber auf dem Markt erhältlichem Versicherungsschutz geführt haben könnten, lässt der BFH in diesem Urteil jedoch offen. Somit kann nach der hier vertretenen Ansicht aus dem neueren Urteil des BFH vom 28.6.2007 geschlossen werden, dass der verbleibende Anteil des Vorteils lediglich als auf der Konstellation des Sondermarktes beruhender versicherungsmathematischer Vorteil anzusehen ist und deswegen nicht zu versteuern ist, falls keine Anhaltspunkte die auf eine Mitwirkung durch den Arbeitgeber hindeuten, bestehen.

___________ 547 BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, Rn. 21, BFH NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297. 548 BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, Rn. 20, BFH NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297.

4. Kapitel

Bewertungsproblematik und lohnsteuerrechtliche Behandlung A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Frage, wie Dienstleistungen des Arbeitgebers oder eines Dritten zu bewerten sind, erst dann stellt, wenn davon auszugehen ist, dass sie steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen. Nur wenn die Frage zu bejahen ist, muss die Bewertungsfrage geklärt werden.549 Nach der hier vertretenen Ansicht ist zu unterscheiden: Der sich aus dem Belegschaftsgeschäft infolge der Homogenität der Gruppe ergebene Vorteil ist schon nicht steuerbar und von daher nicht zu bewerten. Soweit steuerbarer Arbeitslohn vorliegt, weil der Arbeitgeber oder der eingeschaltete firmenverbundene Vermittler durch kostensenkende Maßnahmen an der Verbilligung der Prämie mitgewirkt hat, ist der Lohnanteil der Verbilligung zu bewerten. Daher ist der Wert der kostensenkenden Maßnahmen zu bewerten, der letztlich in der Prämienkalkulation des Versicherungsunternehmens zum Ausdruck kommt. Schwierigkeiten bei der Bewertung der Vorteile ergeben sich ungeachtet dessen daraus, dass die Regelungen weder auf die im Versicherungsgeschäft auftretenden Spezifika, noch auf moderne Kommunikationseinrichtungen zugeschnitten sind.

I. Bewertung des Vorteils nach § 8 Abs. 3 EStG In den meisten Fällen ist § 8 Abs. 3 EStG als Sondervorschrift zu § 8 Abs. 2 EStG für Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber selbst angeboten werden nicht anwendbar, weil nicht der Arbeitgeber, sondern das Versicherungsunternehmen das Produkt anbietet. Daher sollen zunächst diese Fälle kurz erörtert werden. Anschließend wird auf die allgemeine Bewertungsproblematik in § 8 Abs. 2 EStG eingegangen.

___________ 549

U. Albert, Arbeitslohn und Personalrabatte, FR 1990, S. 657.

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

175

1. Versicherungsunternehmen als Arbeitgeber Es sind Fälle denkbar, in denen die konzernangehörigen Mitarbeiter eines Versicherungsunternehmens einen Vorteil – beispielsweise aus der Kalkulation bewusst zu niedrigerer Prämien – zusätzlich zu dem Effekt, der sich aus der Gruppenhomogenität ergibt, erhalten.550 Die Kosten zur Versicherung der eigenen Versicherungsmitarbeiter liegen noch niedriger als im übrigen Belegschaftsgeschäft, weil die Versicherung ohne die Einschaltung eines Versicherungsvermittlers zustande kommt und durch die spezielle Expertise der Mitarbeiter, die sich „von dem Vertragsabschluß bis hin zur Schadensmeldung um alles selbst kümmern“551 müssen, niedrigere Verwaltungskosten angesetzt werden können.552 Hinzu kommt, in der Lebensversicherung, dass Versicherungsunternehmen die Prämie gem. § 11 VAG nur bei gleichen Voraussetzungen und Leistungen nach gleichen Grundsätzen bemessen dürfen und Sozialleistungen dementsprechend ausgewiesen werden müssen.553 Nur in diesen Fällen ist daher fraglich, ob die Dienstleistung nach § 8 Abs. 3 EStG „nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt vertrieben oder erbracht werden“ damit die in § 8 Abs. 3 EStG bezeichnete Vergünstigung Platz greift. Falls ein Versicherungsunternehmen das Belegschaftsgeschäft nur mit seiner eigenen Belegschaft betreibt und nicht noch Belegschaften anderer Arbeitgeber versichert, könnte dies gegen eine Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG sprechen. Denn dann wäre die Dienstleistung nur für den Bedarf seiner eigenen Arbeitnehmer erbracht. Jedoch versteht die herrschende Literatur den Begriff weit und das Tatbestandsmerkmal Dienstleistung bezieht sich nach diesem Begriffsverständnis auf alle Leistungen außerhalb der Warenlieferung, die im Rahmen eines Unternehmens erbracht werden können.554 Damit ist vom Produkt „Versi___________ 550 D. Meyer-Scharenberg, geht in DStR 2005, S. 1212 richtigerweise davon aus, dass § 8 Abs. 3 EStG auf Mitarbeiter des Versicherungsunternehmens anwendbar ist. Indes dringt er nicht zum in dieser Arbeit aufgezeigten Grund des Vorteils vor. Die Sachlage verkennend G. Nägele, Rabatte durch den Arbeitgeber und Preisvorteile Dritter an Arbeitnehmer als Arbeitslohn – Teil I, INF 1994, S. 356 (359). 551 So richtig R. Kuhsel, DB 1994, S. 2265. 552 U. Kreußler, BetrAV 1994, S. 145. 553 Nach allg. Ansicht enthält § 11 Abs. 2 VAG keinen verallgemeinerungsfähigen Grundsatz, der eine Gleichbehandlung auch in anderen Versicherungssparten gebietet. P. Präve, in: Prölss, VAG, § 11, Rn. 10, R. Derks, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Versicherungsaufsichtsrecht, S. 96. Insofern ist die Schlussfolgerung von Lang StuW 2004, S. 235 nur für den Lebensversicherungsbereich gültig. Zutreffend schränkt D. Kaulbach, in: Fahr/Kaulbach, VAG § 11, Rn. 10, den Gleichbehandlungsgrundsatz in § 11 Abs. 2 VAG ein. 554 H. Glenk, in: Blümich, § 8 Rn. 189; H. Pust, in: Littman/Bitz/Pust, § 8, Rn. 580.

176

4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

cherung“ auszugehen und nicht von einem Produkt in der konkreten Gestalt der Belegschaftsversicherung für die Arbeitnehmer des eigenen Unternehmens. Folgt man dieser Ansicht so ist § 8 Abs. 3 EStG nur dann anzuwenden, wenn das Versicherungsunternehmen das Belegschaftsgeschäft betreibt und auch seiner Belegschaft selber über den bezeichneten Effekt einer homogenen Gruppe und der Sachkenntnis der Belegschaftsmitarbeiter hinaus bei der Prämienberechnung Vorteile verschafft, was rechtlich nur in der Nicht-Lebensversicherung möglich ist. Nur bei dieser Konstellation kann fraglich sein, ob gewährte Vorteile unter die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG fallen. Dies ist seit langem in Rechtsprechung und Literatur umstritten: Einerseits wird verfassungsrechtliche Kritik unter Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten geübt, weil die günstige Regelung in § 8 Abs. 3 EStG nur Arbeitnehmern verbraucherorientierter Branchen (Autoindustrie, Einzelhandel) zu einem Vorteil gereiche, nicht aber Arbeitnehmern der Investitionsgüterindustrie (Zulieferindustrie) oder den Arbeitnehmern in hochspezialisierten Dienstleistungsbereichen (Bilanzbuchhalter, Anwälte), weil letztere nicht in den Genuss für den Endverbraucher nutzungsfähiger Güter gelangen.555 Dieser Einwand mag insofern für die hier betrachteten Fälle des Belegschaftsgeschäfts dahinstehen, weil es sich regelmäßig um Versicherungsdienstleistungen handelt, die die Arbeitnehmer eines Versicherungsunternehmens direkt nutzen können. Zum anderen wird Kritik daran geübt, dass die in § 8 Abs. 3 EStG eingeräumte Vergünstigung bei der Bewertung der Vorteile bei konzernangehörigen Unternehmen nicht gewährt wird. Dies führt gerade in der Versicherungsbranche zu dem Ergebnis, dass sich zwar die Arbeitnehmer als Mitarbeiter eines Unternehmens verstehen,556 die Konzerne wegen des im Versicherungsbereich geltenden Grundsatzes der Spartentrennung557 aber gehalten sind, Risiken der einzelnen Sparten auch in der Konzerngesellschaftsstruktur zu separieren. Dies hat zur Folge, dass nur solche Arbeitnehmer, Vorteile durch das jeweilige Versicherungsunternehmen nach § 8 Abs. 3 EStG erhalten können, mit denen der Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Insbesondere Mitarbeiter einer Konzernholding oder eines an der Konzernspitze stehenden VVaG können daher keine Vorteile erhalten und es hinge für die Anwendung von ___________ 555

H. Pust, in: Littmann/Bitz/Pust, § 8, Rn. 553; D. Birk, in: Festschrift für Arndt Raupach S. 423 (426). J. Christ, Belegschaftsrabatt und Steuerreform, DB 1989, S. 346 (349), erblickt darüber hinaus eine nicht zu rechtfertigenden sachliche Ungleichbehandlung der Fälle des § 8 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 EStG. 556 So der Hinweis des Gesamtverbands der Deutschen Versicherung e.V., bei J. v. Bornhaupt, Rabattgewährung und Rabattfreibetrag bei Arbeitnehmern im Konzernbereich, BB 1993, S. 912 (913). 557 § 8 VAG, vgl. oben 4. Kap., B. II. 1.

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

177

§ 8 Abs. 3 EStG vom Zufall ab, bei welchem Unternehmen der jeweilige Konzernmitarbeiter arbeitet. Im Falle der über die Belegschaftstarife hinaus gewährten Vorteile ergäbe sich die seltsame Situation, dass trotz der für alle Mitarbeiter gleichen Versicherungsleistungen je nach gewährendem Versicherungsunternehmen unterschiedlich hohe Lohnsteuer einbehalten werden müsste, weil die vom Steuerrecht aufgestellten Differenzierungen nach dem jeweiligen Arbeitgeber nicht auf die Versicherungswirklichkeit abgestellt sind. Das von dieser Regelung angestrebte Ziel, den Verwaltungsaufwand im Verhältnis zum steuerlichen Ergebnis vertretbar zu machen,558 wird somit nicht erreicht, insbesondere, wenn man die in der Versicherungsbranche vorkommenden Mehrfacharbeitsverhältnisse559 bedenkt. Ungeachtet dessen verschließt sich der BFH einer weiten Interpretation des Arbeitgeberbegriffs560 und stellt dabei auf die gesetzgeberischen Motive ab, nach denen Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften nicht begünstigt werden und auch ein überbetrieblicher Belegschaftshandel von der Begünstigung ausgeschlossen werden sollte.561 Dagegen wird von der Literatur562 m.E. richtig eingewendet, dass nach dem BVerfG eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck nur dann rechtlich zulässig ist, wenn die Vorstellungen im Wortlaut des Gesetzes einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben.563 Der Wortlaut der Norm ist vorliegend ___________ 558

S. 103. 559

BT-Drucks. 11/2157, S. 142; s. schon die frühe Kritik von F. Kloubert, FR 1989,

W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 38 Rn. 17. BFH v. 15.1.1993, Az. VI R 32/92, BStBl. II 1993, S. 356, BFHE 170, S. 190; für eine weite Interpretation des § 8 Abs. 3 EStG tritt J. v. Bornhaupt, Besteuerung von Personalrabatten im Lichte der BFH-Rechtsprechung, NWB, Fach 6, Seite 3541, ein, weil in der unterschiedlichen Auslegung des Begriffs Arbeitslohn in § 8 Abs. 3 EStG und § 19 EStG einen Verstoß gegen Art. 3 GG erblickt. 561 BT-Drucks 11/2157, S. 142 (linke Spalte vorletzter Absatz); zuletzt BFH v. 18.9.2002, Az. VI R 134/99, BStBl. II 2003, S. 371, BFHE 200, S. 289; BFH v. 15.1.1993, Az. VI R 32/92, BStBl. II 1993, S. 356, BFHE 170, S. 190; BFH v. 8. 11.1996, Az. VI R 100/95, BStBl. II 1997, S. 33, BFHE 181, S. 25. 562 J. v. Bornhaupt, Rabattgewährung und Rabattfreibetrag bei Arbeitnehmern im Konzernbereich), BB 1993, S. 912 (914); D. Birk, Arbeitnehmerrabatte im Konzern, in: Festschrift für Arndt Raupach, S. 423 (427); ders., in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 8, Rn. 161; J. Lang, Sachbezüge im Lohnsteuerrecht, in: Festschrift für Klaus Offerhaus, S. 433 (439). 563 Nach dem BVerfG können die Motive und Vorstellungen der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben, BVerfG v. 17.5.1960, Az. 2 BvL 11/59, Az. 2 BvL 11/60, BVerfGE 11, S. 126 (130); BVerfG v. 19.12.1961, Az. 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, S. 261 (268); BVerfG v. 16.12.1981, Az. 1 BvR 898/79, BVerfGE 59, S. 128 (153); dem an anderer Stelle folgend: BFH v. 14.5.1991, Az. VI560

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

nicht eindeutig, weil die Vorschrift den Anwendungsbereich persönlich auf den Arbeitnehmer und sachlich auf die durch das Dienstverhältnis veranlassten Zuwendungen von Waren und Dienstleistungen begrenzt. Nur negativ ausgegrenzt werden Waren und Dienstleistungen, die vom ArbG überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden. Das Gesetz sagt nicht, dass von vornherein nur direkt vom Arbeitgeber hergestellte oder vertriebene Waren bzw. Dienstleistungen in den sachlichen Anwendungsbereich fallen.564 Im neueren Schrifttum wird nunmehr auch der Begriff des Arbeitgebers im steuerrechtlichen Sinne ausgelegt565 und dabei der sog. arbeitsrechtliche Gemeinschaftsbetrieb herangezogen. Dieser zeichne sich dadurch aus, dass die Verbindung zwischen den beiden Konzerngesellschaften (also der rabattgewährenden und der formal-zivilrechtlichen Arbeitgebergesellschaft) so eng sei, dass von einem Arbeitgeber ausgegangen werden müsse. Solche Fälle unterschieden sich von bloßen Konzerngesellschaften dadurch, dass zwischen den Gesellschaften eine so enge organisatorische Verbindung bestehe, dass der Arbeitnehmer die Konzerngesellschaften als einen Arbeitnehmer wahrnehme.566 Dies zeige sich daran, dass für einen Gemeinschaftsbetrieb die gemeinsame Leitung der beteiligten Unternehmen, ein gemeinsamer Betriebsrat, räumliche Verbundenheit, gemeinsame Nutzung technischer und räumlicher Betriebsmittel, sowie eine einheitliche Personalabteilung, die an einer Stelle geführt wird und die den gesamten personalbezogenen Schriftverkehr bearbeitet, existieren.567 ___________ II R 31/88, BStBl. II 1992, S. 167, BFHE 164, S. 516. Im Falle des § 8 Abs. 3 EStG s. aber BFH v. 15. 1.1993, Az. VI R 32/92, BStBl. II 1993, S. 956, BStBl. II 1997, S. 330 mit Billigung des BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 1.12.93, Az. 2 BvR 2486/93, DB 1994, Beil. 11, S. 34; weiter BFH v. 8.11.1996, Az. VI R 100/95, BStBl. II 1997, S. 330, BFHE 182, S. 61. 564 So D. Birk, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 8, Rn. 161; ders., Arbeitnehmerrabatte im Konzern, in: Festschrift für Arndt Raupach, S. 423 (427), J. v. Bornhaupt, Rabattgewährung und Rabattfreibetrag bei Arbeitnehmern im Konzernbereich, BB 1993, S. 912 (914); H. Glenk, in: Blümich, § 8, Rn. 172. 565 Der Aufforderung H. Glenks, in: Blümich, § 8, Rn. 171, an Birk nach einer erweiternden Auslegung des Arbeitgeberbegriffs ist dieser jüngst nachgekommen [D. Birk, Arbeitnehmerrabatte im Konzern – Neue Überlegungen zu einem alten Thema –, in: Festschrift für Arndt Raupach, S. 423 (427)]. Zuvor hatte Birk lediglich für eine verfassungskonforme Auslegung des § 8 Abs. 3 EStG plädiert: D. Birk, Verfassungskonforme Auslegung im Steuerrecht, StuW 1990, S. 300. G. Eismann, Die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Personal-Rabatten nach Wegfall des Rabattgesetzes, DStR, 2001, S. 1514 (1516) sieht die Ausweitung auf alle Arbeitnehmer eines Konzernkreises als unrealistisch an. 566 D. Birk, Arbeitnehmerrabatte im Konzern, in: Festschrift für Arndt Raupach, S. 423 (429 f.), H. Glenk, DStR 1989, Beihefter zu Heft 19. 567 D. Birk, Arbeitnehmerrabatte im Konzern, in: Festschrift für Arndt Raupach, S. 423 (430).

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

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Auch der BFH erkennt an anderer Stelle568 einen eigenen Arbeitgeberbegriff für das Steuerrecht an: Dabei macht der BFH deutlich, dass der steuerrechtliche Begriff des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 2 LStDV gerade nicht an den zivilrechtlichen Dienstvertrag, sondern an die tatsächlichen Merkmale der Weisungsgebundenheit und der organisatorischen Eingliederung anzuknüpfen und sich deshalb nicht völlig mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten wortgleichen Begriff decke.569 Daher ist m.E. auch hier – wie auch sonst im Steuerrecht – nicht die formal-zivilrechtliche Sichtweise entscheidend, sondern auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Auch hier zeigt sich, dass steuerliche Tatbestände, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen erfassen, nicht an die zivilrechtlichen Begriffe gebunden sind, sondern sich am wirtschaftlichen Sachverhalt zu orientieren haben, der dem gewählten Begriff zugrunde liegt.570 M.E. ergibt sich ein Wertungswiderspruch aus der Relation des Schreibens des BMF Schreibens von 1993 und der Auslegung des Gesetzestextes von § 8 Abs. 3 EStG: Auf der einen Seite wird im BMF-Schreiben von 1993 unter 1 c)571 über die Unternehmensgrenzen hinaus die Mitwirkung zwischen Arbeitgeber und Drittem angenommen, wenn eine enge wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung oder enge Beziehung sonstiger Art besteht und in der Folge Arbeitslohn angenommen. Auf der anderen Seite ist man bemüht, unter § 8 Abs. 3 EStG nur den direkten Arbeitgeber zu fassen. Schon unter diesem systematischen Gesichtspunkt ist ein Gleichlauf zu fordern.572 Vor dem Hintergrund ansonsten eintretender gleichheitswidriger Verzerrungen und der gesetzgeberischen Zielsetzung, den Verwaltungsaufwand im Verhältnis zum steuerlichen Ergebnis vertretbar zu machen, sollte § 8 Abs. 3 EStG m.E. dahingehend verfassungskonform und steuersystematisch ausgelegt werden, dass der Begriff ___________ 568

s.o. Fn. 24, BFH v. 17.2.1995, Az. VI R 41/92, BStBl. II 1995, S. 390, BFHE 177, S. 105. 569 Schon BFH v. 13.2.1980, Az. I R 17/78, BStBl. II 1980, S. 303, BFHE 129, S. 565. 570 BVerfG v. 27.12.1992, Az. 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, S. 212, StuW 1992, S. 186, DStR 1992, S. 107. 571 Zum BMF-Schreiben vom 27. September 1993 schon 3. Kap., A. I. 5. c). 572 Auch wenn es erst im Rahmen von Umstrukturierung im Konzern zur Unanwendbarkeit des § 8 Abs. 3 EStG komme, liegen die Vorraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG nach BFH v. 8.11.1996, Az. VI R 100/95, BStBl. II 1997, S. 330, BFHE 182, S. 61, nicht (mehr) vor. Wie weit es dem Gesetzgeber mit dem „Eindämmen des überbetrieblichen Belegschaftshandels“ (Fn. 561) wirklich her ist, zeigt sich an § 12 Abs. 8 DBGrG, der die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ausdrücklich für Beamte der Bahn AG vorschreibt. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssetzungsgleichheit m.E. nicht zu rechtfertigen, weil es dafür keinen sachlichen Differenzierungsgrund gibt. Kritisch auch B. Gast-de Haan Verfassungskonforme Auslegung des § 8 Abs. 3 EStG bei Umstrukturierungen im Konzern, DStR 1997, S. 1114.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

des Arbeitgebers auch die mit diesem verbundenen Unternehmen erfasst.573 Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 28.6.2007574 im Übrigen der Auslegung im BMF Schreiben von 1993, nach der es darauf ankommt, ob mit dem Arbeitgeber eine enge wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung besteht, eine Absage erteilt, da er die Frage ob ein Konzernverbund vorliegt oder nicht, als nicht entscheidungserheblich angesieht.575

2. Vermittler als Arbeitgeber Entsprechendes gilt, wenn es sich beim Arbeitgeber um einen Vermittler handelt. Die zu betrachtende Dienstleistung ist dann allerdings nicht mehr die Versicherungsleistung, sondern nur die Vermittlungsleistung.576

II. Bewertung des Vorteils anhand § 8 Abs. 2 EStG 1. Allgemeine Grundsätze des § 8 Abs. 2 EStG Die kostensenkenden Mitwirkungsmaßnahmen sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten. Daher sind die Einnahmen mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Dies bedeutet, dass nicht etwa ein allgemeiner Marktvergleich oder ein statistischer Durchschnittspreis zu ermitteln ist, sondern auf den tatsächlichen Preis am Abgabeort abzustellen ist.577 Dass nur die Verhältnisse am Abgabeort relevant sind, ergibt sich zwanglos aus dem Wortlaut und wird zudem durch die Begründung des Gesetzgebers gedeckt, der in BT-Drucks. 11/2157, S. 142 herausstellt, „daß nicht etwa ein Durchschnittsbetrag ermittelt werden muß, sondern der tatsächliche Preis, der üblicherweise im allgemeinen Geschäftsverkehr vom Letztverbraucher gefordert wird.“

___________ 573 Eine Gesetzesauslegung kann zwar nicht anhand eines BMF-Schreibens eingefordert werden. Jedoch sollte die Finanzverwaltung dann ihre Haltung wegen des Wertungswiderspruchs mit § 8 Abs. 3 EStG noch einmal überdenken. 574 BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, BFH NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297; vorgehend: FG Köln v. 21.3. 2002, Az. 15 K 5161/95, EFG 2002, S. 905. 575 Rn. 21 der Urteilsgründe; so auch R. Paetsch, Anmerkung zu BFH v. 28. 6.2007 in: HFR 2007, S. 981 (982). 576 Insoweit richtig BFH v. 30.5.2001, BFHE 195, S. 376, BStBl. II 2002, S. 230 unter 6. der Gründe. 577 Verfehlt daher im Ansatz: Hessisches FG v. 14.3.2000, Az. 10 K 5969/97, EFG 2000, S. 1001, Nach der teleologischen Auslegung von B. Gast-de Haan, Bewertung von Personalrabatten, DB 1990, S. 1632 (1633), ist der niedrigste Endpreis am Abgabeort maßgebend.

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

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2. Besonderheiten bei der Bewertung des Belegschaftsgeschäfts durch § 8 Abs. 2 EStG Für das hier betrachtete Belegschaftsgeschäft folgt daraus, dass die Bewertung unter der Berücksichtigung des Sondermarkts, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Vorteil verschafft, durchgeführt werden muss.578 Dabei ist der Vorteil, der sich aus der nicht lohnsteuerpflichtigen Verbilligung, sondern aus der Risikostruktur der versicherten Gruppe ergibt, wie beschrieben auszuscheiden. Prinzipiell ist der Wert der kostensenkenden Maßnahme auf der Grundlage der versicherungskalkulatorischen Tatsachen des konkreten Gruppenversicherungsvertrages zu ermitteln.579 Besondere Schwierigkeiten ergeben sich daraus, das Merkmal „am Abgabeort“ zu einem Zeitpunkt in das Gesetz eingefügt wurde, zu dem moderne Kommunikationsmöglichkeiten wie das Internet noch nicht genügend verbreitet waren. Gerade bei Dienstleistungen, wie Versicherungen, die keine örtliche Bindung aufweisen, ist es daher schwierig, auf einen konkreten Abgabeort abzustellen, weil sich die Preise durch die Fortentwicklung des Internets überörtlich bilden. Aus diesen neuen technischen Möglichkeiten folgt aber gerade nicht, dass nunmehr ein überörtlicher Marktpreis zu ermitteln wäre, weil die im Gesetzestext niedergelegten Anforderungen dieselben geblieben sind. Wegen des örtlichen Bezuges des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist daher auf den konkret für die Belegschaft abgeschlossenen Gruppenversicherungs- oder Rahmenvertrag abzustellen. Dieser muss dann nach – dem Buchstaben des Gesetzes entsprechend – mit den üblichen Endpreisen anderer in diesem Bereich geltender Gruppenversicherungsverträge verglichen werden. Hierin liegt die besondere Schwierigkeit im Bezug auf das Belegschaftsgeschäft, weil sich ein solch auf die Bedürfnisse der jeweiligen Arbeitnehmer zugeschnittener Versicherungsvertrag am Abgabeort i.d.R. kein zweites Mal finden lässt. Dies ergibt sich aus der spezifischen Konstellation des Sondermarktes. Auch der Rückgriff auf § 11 VAG, der den Gleichbehandlungsgrundsatz nur in der Lebensversicherung normiert,580 hilft nicht wirklich weiter, weil eine Genehmigung durch die Versicherungsaufsichtsbehörde nicht mehr stattfindet, weil nunmehr der jeweilige verantwortliche Aktuar des Versicherungsunternehmens die Gewähr dafür trägt, dass der Tarif richtig kalkuliert worden ist.581 Ein üblicher Endpreis am Abgabeort lässt sich beim hier betrachteten Sondermarkt nicht feststellen, weil der übliche Endpreis immer von der be___________ 578 579 580 581

So auch J. Lang, StuW 2004, S. 227 (235). J. Lang, StuW 2004, S. 227 (235). So noch zur alten Rechtslage J. Lang, StuW 2004, S. 235. Vgl. § 11a VAG.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

trachteten Risikostruktur der Gruppe abhängt582 – auch wenn der sich hieraus ergebende Vorteil gerade nicht Gegenstand der Besteuerung ist, muss seine Höhe dennoch festgestellt werden, um den Mitwirkungsanteil des Arbeitgebers festzustellen. Die Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass § 8 Abs. 2 EStG von der Bewertung von Gegenständen ausgeht, bei denen die Person des Versicherungsnehmers oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe kein zu berücksichtigendes Merkmal ist. Beim Belegschaftsgeschäft kommt es demgegenüber nicht ausschließlich auf die Qualität von Gegenständen an, sondern auf die Eigenschaft des jeweiligen Nutzers der Versicherungsdienstleistung. Daher kann die Vergleichbarkeit des Produkts nicht entscheidend sein, sondern es kommt für die Frage der Höhe des Vorteils auf die Eigenschaft des jeweiligen Nutzers an. Der sich aus dem Belegschaftstarif ergebende Vorteil ist aber nur die Abbildung, der Reflex, der spezifischen Risikostruktur, die alle Mitglieder innerhalb der betrachteten Gruppe haben und daher kein objektiver Vorteil, der zu einer Bereicherung führte. Infolgedessen kann auch der Vergleich zu einem anderen Sondermarkt oftmals nur zu einem falschen Ergebnissen führen, weil auch die Risikostruktur des anderen betrachteten Sondermarktes einzigartig ist. Man wird aber auch je nach Versicherungsart unterscheiden müssen. So sind die Leistungen in der allgemeinen Haftpflichtversicherung weitestgehend standardisiert und werden in der gesamten Bundesrepublik zu ähnlichen Tarifen angeboten, also auch am jeweils entscheidenden Abgabeort i.S.d. § 8 Abs. 2 EStG. Dagegen spielt der Abgabeort eine entscheidende Rolle, wenn z.B. KfzHaftpflichtversicherungen betrachtet werden, weil die Schadenshäufigkeit in Großstädten über der in ländlichen Bereichen liegt. Ein anderes Beispiel ist die Sturmschadenversicherung, zu deren Zweck die Versicherungsunternehmen das Gebiet der Bundesrepublik in sog. Sturmklassen eingeteilt haben und je nach Häufigkeit und Ausmaß der dort auftretenden Stürme unterschiedliche Versicherungsprämien erheben. Sicherlich kann in einfach gelagerten Fällen der Mitwirkungsanteil, der sich beispielsweise aus der unentgeltlichen Nutzung einer Betriebssterbetafel oder das Zurverfügungstellen eines Zimmers für einen Mitarbeiter des Versicherungsunternehmens in der Betriebsstätte des Arbeitgebers ergibt, aus der zugrunde liegenden Prämienkalkulation herausgerechnet werden und der Besteuerung unterworfen werden. Im Weiteren wird sich aber eine Kalkulation der Mitwirkungsanteile des Arbeitgebers als diffizil erweisen. Das Versicherungsunternehmen ist als Dritter mangels einer Anspruchsgrundlage nicht gehalten, seine Berechnungsgrundlagen für den Sondermarkt dem Finanzamt, ___________ 582

Deswegen heißt es „Sondermarkt“. Einen üblichen Sondermarkt kann es begriffsnotwendig schon nicht geben.

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

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dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer mitzuteilen.583 Die Finanzverwaltung müsste versicherungsmathematische Methoden anwenden und umfangreiche, nur von Spezialisten ausführbare, Berechnungen vornehmen, um zunächst die Prämien des Belegschaftsgeschäfts ohne Mitwirkungsanteile des Arbeitgebers festzustellen und davon ausgehend den Wert der lohnsteuerpflichtigen Verbilligung der Prämie zu bestimmen. Die Bewertungsprobleme lassen sich daher nur vermeiden, wenn der jeweilige Arbeitgeber an der Verschaffung der Vorteile nicht mitwirkt. Wenn sich keine Anhaltspunkte für ein solches Mitwirken ergeben, ist der betrachtete Vorteil alleine auf die Risikostruktur und Kostenarmut der betrachteten Gruppe sowie das Spezialprodukt Belegschaftsversicherung, welches typisierte Leistungsinhalte enthält, zurückzuführen. Dieser Vorteil ist nicht steuerbar, weil er eben nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst ist.

3. Zwischenergebnis Sondermärkte sind schon ihrer Natur nach nicht vergleichbar und daher nicht bewertbar, weil sie von der Zusammensetzung der Gruppe und ihrem spezifischen Risiko abhängen. Daher kann die Bewertung anhand des auf Gegenstände ausgerichteten § 8 Abs. 2 EStG nur in seltenen Fällen zu richtigen Ergebnissen führen.

III. Zur Bewertung im Urteil des BFH vom 30. Mai 2001 – VI R 123/00 1. Beurteilung durch den BFH Im soeben beschriebenen Fall,584 problematisiert der BFH die Frage nach dem Ursprung des Belegschaftsgeschäfts nicht, sondern wendet sich sofort dem Thema der Bewertung zu. Dabei führt der BFH unter II. 2. aus: „Darauf, zu welchem Preis funktionsgleiche und qualitativ gleichwertige Waren oder Dienstleistungen anderer Hersteller oder Dienstleister am Markt angeboten werden, kommt es auch deshalb nicht an, weil andernfalls die Bewertungsregelung in 8 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht handhabbar wäre. Der Arbeitgeber, das FA und nachfolgend ggf. die FG wären kaum in der Lage, festzustellen, welche der am Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen der in Rede stehenden Ware oder Dienstleistung funktionsgleich und qualitativ gleichwertig sind. Das würde zu kaum zu bewältigenden Schwie-

___________ 583

So schon oben, Fn. 659. s. unter 3. Kap., D. I. BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00; BStBl. II 2002, S. 230; BFHE 195, S. 376. 584

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

rigkeiten und Streitigkeiten über die Funktionsgleichheit und qualitative Gleichwertigkeit anderer Waren und Dienstleistungen führen.“

Nachfolgend wird erörtert, ob dem BFH in der Bewertungsfrage gefolgt werden kann.

2. Kritik und eigene Stellungnahme Daran ist richtig,585 dass vom Gesetz her kein umfassender Marktvergleich stattfinden soll und ein Durchschnittswert ermittelt muss. Jedoch wurde bei der Begründung des Bundestages für die Gesetzesänderung im Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1990586 dem Arbeitgeber, der seine Dienstleistungen nicht fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet, zugemutet, sich insoweit über die Endpreise seiner Waren zu unterrichten. Dabei sollten die Endpreise des nächstansässigen Abnehmers maßgebend sein. Der Gesetzgeber verlangt daher vom Arbeitgeber zumindest den üblichen Endpreis am Abgabeort zu bestimmen, der sich aus damaliger Sicht des Gesetzgebers bei körperlichen Gegenständen leichter bestimmen ließ als ein allgemeiner Marktpreis bei Dienstleistungen. Daher ist die einzig relevante Frage, ob die von der Beklagten angegebenen Versicherungen auch am konkreten Abgabeort (dem Sitz des Arbeitgebers und vermutlich auch dessen Belegschaft) zu niedrigeren ___________ 585 Zu diesem Urteil sind Stellungnahmen ergangen: diese treffen aber z.T. den materiellen Punkt nicht. Das Beispiel von Thomas (M.-I. Thomas, DStR 2001, S. 1658) in der Anmerkung zum BFH-Urteil v. 30.5.2001 „hinkt“, wenn er ausführt: „Hinsichtlich der Frage, ob ein Rabatt überhaupt einen Vorteil darstellt, weil der Arbeitnehmer diese Art von Leistung anderswo sogar unter dem ermäßigten Preis erhalten könnte, verfährt der BFH nach dem Motto: wer einen Mercedes erhält, kann nicht einwenden, zum gleichen Preis auch einen Opel zu erhalten.“ Daran ist schon falsch, dass der Versicherte keinen „Mercedes“ erhält, weil sein Versicherungsprodukt durch den Ausschluss individueller Varianten mit den Normalprodukten nicht vergleichbar ist. Weiter käme es für das Versicherungsprodukt entscheidend darauf an, wer den „Mercedes“ fährt – d.h., welches Risiko sich in der versicherten Person manifestiert. Der Preis des Produkts hängt somit maßgeblich von der versicherten Person ab. Insofern wäre dann auch der im Beispiel angeführte „Opel“ billiger. 586 BT-Drucks. 11/2157, S. 142. Dort heißt es: „Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens soll außerdem beitragen, daß der Verwertung der Preisvorteile nicht die üblichen Endpreise, sondern die im allgemeinen Geschäftsverkehr von fremden Letztverbrauchern, die nicht Groß- oder Dauerkunden sind, tatsächlich vom Arbeitgeber geforderten Endpreise zugrunde gelegt werden. In den Fällen, in denen der Arbeitgeber seine Waren oder Dienstleistungen nicht fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet, sollen die Endpreise seines nächstansässigen Abnehmers maßgebend sein. In diesen Fällen wird dem Arbeitgeber zugemutet, sich insoweit über die Endpreise seiner Waren zu unterrichten. Etwaige Bewertungsungenauigkeiten sollen dadurch ausgeglichen werden, dass in jedem Falle ein Preisabschlag von 3 v. H. gemacht werden kann. Darüber hinausgehende Bewertungsungenauigkeiten werden durch den vorgesehenen Rabattfreibetrag von 2400 DM abgegolten.“

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

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Tarifen angeboten haben. Sofern dies der Fall ist, ist damit der Beweis erbracht, dass eben objektiv kein Vorteil bestand. Weiterhin führt der BFH unter 3. seiner Entscheidungsgründe aus „Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ermittlung des konkreten Endpreises für die in Rede stehende Ware oder Dienstleistung ist wegen des damit verbundenen Aufwandes zudem durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt (vgl. Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 8 EStG Anm. 61). Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip würde es jedoch widersprechen, wenn der Arbeitgeber nicht nur dazu verpflichtet wäre, den üblichen Endpreis für die konkrete in Rede stehende Ware oder Dienstleitung zu ermitteln, sondern auch festzustellen hätte, ob am Markt funktionsgleiche und qualitativ gleichwertige Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, und, falls ja, nachfolgend auch deren übliche Endpreise ermitteln müsste. Das FA hat deshalb im Streitfall den ggf. als Arbeitslohn zu erfassenden geldwerten Vorteil aus der Gewährung der Verbundtarife zutreffend im Vergleich zu den Normaltarifen der X-Versicherung für Angehörige des öffentlichen Dienstes außerhalb des Verbunds ermittelt.“

Der BFH geht hier zu generalisierend vor, weil es ganz auf die Art der Versicherung ankommt. Zum Teil sind die Versicherungsleistungen standardisiert, was sich nicht zuletzt an den von den Versicherungsunternehmen gleichermaßen verwendeten allgemeinen Bedingungen für das Versicherungsgeschäft, den sog. AVB, bemerkbar macht. Nach der Liberalisierung auf Grund der EURichtlinien und mit dem Wegfall der Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde bildeten sich eine Fülle von Spezial- und Sondertarifen. Dies war vom Gesetzgeber so gewollt, um den Wettbewerb und damit den Markt zu stärken. Auf der anderen Seite darf dies aber nicht dazu führen, dass eine gerechte Steuer nicht mehr ermittelt werden kann, weil die Finanzverwaltung den Aufwand scheut, die Tarife zu vergleichen. Kann sie es selber nicht, hat sie sich eines Sachverständigen zu bedienen. Als solcher käme ein Versicherungsmakler in Betracht, dessen Geschäftsfeld darin besteht, für seine Kunden den geeignetsten – mitunter billigsten – Versicherungstarif festzustellen. Namentlich Kuhsel587 weist ergänzend darauf hin, dass bei der Lohnsteuer und den Konzernrabatten Fremdvergleiche trotz entsprechender Aufbereitung durch die Firmen an der Schwierigkeit des praktischen Fremdvergleichs scheitern. Dazu vergleicht Kuhsel die hier auftretende Konstellation mit der Thematik der Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen und nimmt auf einen vom BFH entschiedenen Fall Bezug, bei dem es um die Frage ging, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung der inländischen Tochter an die ausländische Mutter auf Grund unangemessen hoher Einkaufspreise gegeben war oder ___________ 587 R. Kuhsel, BB 2002, S. 1; ihm folgend D. Meyer-Scharenberg, DStR 2005, S. 1211, der auf die vergleichbare Situation bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen und Geschäftsführergehältern hinweist.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

nicht.588 Da der Steuerpflichtige in diesem Fall nicht dargelegt hatte, weshalb er an seine ausländische Muttergesellschaft einen augenscheinlich hohen Preis gezahlt hatte, sah er sich der Vermutung ausgesetzt, dass die Verursachung im Gesellschafsverhältnis lag. Die Annahme und der Nachweis einer verdeckten Gewinnausschüttung waren aber wiederum von der Bandbreite angemessener Vergleichspreise abhängig, die das Finanzamt ermitteln sollte. Seitens des Gerichts wurden keine Bedenken dagegen erhoben, Vergleichsdaten mit Hilfe von Datenbanken zu ermitteln, die vom Finanzamt selbst eingeführt wurden und auf anonymisierten Zahlen basierten.589 Es erscheint daher widersprüchlich bei der Problematik der Verrechnungspreise zwischen inländischer Tochter und ausländischer Muttergesellschaft umfangreiche Bandbreitenermittlungen zuzulassen, insbesondere wenn auf eigens angelegte Datenbanken zurückgegriffen werden muss und andererseits in der Konstellation des Belegschaftsgeschäfts den erbrachten Nachweis gar nicht erst zuzulassen. Hierin liegt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zweier vergleichbarer Sachverhalte. Das Abstellen auf die Tarife der Angestellten im öffentlichen Dienst ist ebenfalls nicht zielführend. Der vom BFH und Finanzgericht Köln vergleichsweise betrachtete Sondermarkt für Angestellte im öffentlichen Dienst stellt dabei ebenfalls nicht den üblichen Endpreis am Abgabeort dar, weil die Mehrheit der Bevölkerung nicht im öffentlichen Dienst arbeitet und ein von den Mitgliedern dieser Gruppe abweichendes Risikoprofil darstellt. Im Übrigen wird der klagende Arbeitgeber mit dem Abstellen auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz übervorteilt. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein Prinzip, welches Abwehrrechte des Steuerpflichtigen gegen den Staat konstituiert.590 Darunter wird gemeinhin verstanden, dass der Hoheitsträger zur Durchführung staatlicher Maßnahmen stets das Mittel anwenden muss welches erforderlich, geeignet und angemessen ist, den legitimen Zweck der Maßnahme zu erreichen. Der Grundsatz gilt für die eingreifende Verwaltung ebenso wie für den eingreifenden bzw. die Verwaltung zu Eingriffen ermächtigenden Ge___________ 588

BFH v. 17.10.2001, Az. I R 103/00, BStBl. II 2004, S. 171, BFHE 197, S. 68. BFH v. 17.10.2001, Az. I R 103/00, BStBl. II 2004, S. 171, BFHE 197, S. 68: „Die Zulässigkeit der Vorlage anonymisierter Daten ist unabhängig davon, ob sie allgemein zugänglich sind oder nicht. Insbesondere darf die Finanzverwaltung Datenbanken aufbauen und verwenden, die nicht allgemein zugänglich sind. Aus der Sicht des Senats bestehen vom Grundsatz her auch keine Bedenken, Vergleichsdaten mit Hilfe von Datenbanken zu ermitteln, wie sie das FA aus der Datenbank MARKUS eingeführt hat, (...) verwendet werden. Allerdings muss die im Einzelfall zu verwendende Datenbank Mindestanforderungen an die Qualität der Datenerfassung erfüllen.“ 590 G. Leibholz/H.-J. Rink, GG, Art. 20, Rn. 776: „Das rechtstaatliche Gebot der Verhältnismäßigkeit des Mittels ist Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat.“ 589

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setzgeber.591 Daraus ergibt sich, dass der Bürger nicht an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden ist. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen wirken. Im vorliegenden Fall hat sich der Arbeitgeber durch die Marktumfrage bei Versicherungsunternehmen generell, aber auch am Abgabeort Gewissheit darüber verschafft, dass die von ihm angebotene Dienstleistung nicht unter dem normal üblichen Endpreis an die Versicherungsnehmer abgegeben wurde.592 Es handelt sich daher also um eine Maßnahme des Steuerpflichtigen. Dieser muss sich nicht am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientieren. Auch wenn im Steuerrechtsprozess grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 76 FGO gilt, ist es dem Steuerpflichtigen im Prozess unbenommen, eigene Beweismittel vorzubringen, weil er ein sich aus § 90 AO i.V.m. § 76 FGO ergebendes Mitwirkungsrecht593 genießt, möge auch der Aufwand um die Beweismittel zu beschaffen hoch sein. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip dient dazu, den Steuerpflichtigen vor übermäßig belastenden Eingriffen zu schützen, nicht aber dazu, ihm die Darlegung eines aus seiner Sicht günstigen Sachverhaltes zu verwehren.594 Das vom BFH angeführte Verhältnismäßigkeitsprinzip führt daher nicht zum Verlust der Nachweismöglichkeit im Einzelfall. Denn nach § 88 Abs. 2 AO hat die Finanzbehörde alle für den Einzelfall bedeutsamen – auch die für die Beteiligten günstigen Umstände – zu berücksichtigen. Die Ermittlungspflichten der Finanzbehörde gehen zwar nicht soweit, dass sie bei Einwendungen des Steuerpflichtigen gegen eine schwierige Sachverhaltsbeurteilung stets ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen nach § 92 Satz 2 Nr. 2, § 96 Abs. 1 AO einholen muss.595 Auf der anderen Seite verletzt die Finanzbehörde aber ihre Ermittlungspflichten nach § 88 AO,596 wenn sich der entscheidungsbefugte Be___________ 591

B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II, Rn. 280. Dabei wird davon ausgegangen, dass die jeweils betrachteten Versicherungen auch bereit gewesen sind, die jeweilige Dienstleistung am Ort der Belegschaft abzugeben. 593 R. Seer, in: Tipke/Kruse, AO, § 90, Rn. 1; ebenso R. Kuhsel, Geldwerter Vorteil ohne tatsächlichen Vorteil, BB 2002, S. 124 (125). 594 D. Meyer-Scharenberg, DStR 2005, S. 1211 (1213); R. Kuhsel, Geldwerter Vorteil ohne tatsächlichen Vorteil, S. 124 (125). Kuhsel weist noch darauf hin, dass der BFH wohl deswegen auch allein davon spricht, es widerspräche dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, wenn der Arbeitgeber verpflichtet wäre, den üblichen Endpreis für die konkrete Ware ermitteln zu müssen. Dazu berechtigt sei er in jedem Fall. 595 H. B. Brockmeyer, in: Klein, AO, § 88, Rn. 8. 596 Das FG Baden-Württemberg hebt in EFG 1995 S. 652 die Einspruchsentscheidung der Finanzverwaltung auf, weil „ansonsten das Gericht gezwungen wäre, quasi als Schuttablageplatz für vom Beklagten (= Finanzverwaltung) nicht bewältigte Sachen zu fungieren. Der BFH v. 22.4.1997, Az. IX R 53/95 (= Parallelentscheidung zu BFH v. 22.4.1997, Az. IX R 74/95, BStBl. II 1997, S. 541, BFHE 182, S. 300) hebt die592

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

dienstete nicht sachkundig macht. Reicht jedoch der Steuerpflichtige – wie in diesem Fall – im Klageverfahren ein von einem hauseigenen Sachverständigen erstelltes Gutachten ein, ist es zumindest als Privatgutachten zu werten.597 Für den Finanzgerichtsprozess gilt nach § 76 AO der Untersuchungsgrundsatz entsprechend, demzufolge das Gericht den Sachverhalt zu erforschen hat. Dabei hängt es im Einzelfall vom Kläger ab, was entscheidungserheblich ist, weil er im Rahmen der Dispositionsmaxime den Rahmen für das Verfahren absteckt.598 Die Begründung des BFH, § 8 Abs. 2 S. 1 EStG sei „anders nicht handhabbar“, weil es keine behördliche Verifikationsmöglichkeit gebe, kann aber nicht zulasten des Steuerpflichtigen ausfallen. Es lässt sich nicht bestreiten, dass sich Legalitätsprinzip und Untersuchungsmaxime nur in den Grenzen einer real vorhandenen Verwaltungskapazität verwirklichen lassen.599 Dann kann es jedoch nur zwei Lösungsmöglichkeiten geben, nämlich einmal das Personal aufzustocken oder zweitens die nicht handhabbaren Gesetze zu ändern. Die Antwort muss hier darin liegen, die Gesetzesvorschrift so anzupassen, dass der „Marktnachweis“ gestattet ist.600 Wie bereits erwähnt wurde in der Gesetzesbegründung zum Steuerreformgesetzes 1990601 dem Arbeitgeber zugemutet, sich über die Endpreise seiner Waren zu unterrichten. Dabei sollten die Endpreise des nächstansässigen Abnehmers maßgebend sein. Zwar bot das Versicherungsunternehmen im vorliegenden Fall den Versicherungsschutz auch der Gruppe der Beamten an, jedoch waren diese zum einen nicht zwingend der nächstgelegene Abnehmer und zum anderen fehlte es an einer Vergleichbarkeit, weil die Gruppe der Beamten eine im Vergleich zur eigenen Belegschaft mit einem unterschiedlichen Risiko be___________ se Entscheidung auf und verweist in seiner Begründung darauf, dass die Beweisaufnahme dann durch das Finanzgericht zu erfolgen habe, welches die Ermittlungen unter den sonstigen Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 FGO wiederum durch die Finanzverwaltung vornehmen lassen könne. 597 BFH v. 31.8.1994, Az. X R 170/93, BFH/NV 1995, S. 299; BFH v. 17.1.1996, Az. XI R 62/95, BFH/NV 1996, S. 527. 598 T. Stapperfend, in: Gräber, FGO, § 76, Rn. 12. 599 So J. Lang, Die Einkünfte des Arbeitnehmers, DStJG 9, (1986), S. 15 (78). 600 D. Birk, der in der angesprochenen BFH-Entscheidung zum Verhältnismäßigkeitsprinzip in Herrmann/Heuer/Raupach § 8 EStG 61 herangezogen wird, setzt an die Stelle der Undurchführbarkeit eine Schätzung des Endpreises durch den Arbeitgeber (§ 8, Rn. 171). Der BFH lässt die Frage jedoch offen. H. Glenk merkt in Blümich, § 8, Rn. 7, an: „eine Schätzung ist aber nur der Höhe nach zulässig, wenn der Zufluss es geldwerten Gutes, d.h. die objektive Bereicherung des Empfängers dem Grunde nach hinreichend sicher feststeht.“ Nach dem Vorgeschriebenen würde sich dann auch eine Schätzung verbieten. 601 BT-Drucks. 11/2157, S. 142.

A. Bewertung des Vorteils nach § 8 EStG

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haftete Gruppe darstellt und der Arbeitgeber aus der versicherungstechnischen Risikobewertung heraus unterschiedliche Preise für dieselbe Versicherung anbieten darf, weil es bei der Versicherungsdienstleistung auch auf die jeweilige homogene Abnehmergruppe mit ihrem spezifischen Risiko ankommt. Die Einzelbewertung anhand der Vergleichspreise anderer Versicherungsunternehmen am Abgabeort602 war also geboten und führte zu einer von der Intention des Gesetzgebers sogar ausdrücklich für zumutbar gehaltenen Ermittlung der Endpreise des nächstansässigen Abnehmers. Diese Möglichkeit wurde dem Kläger vom BFH mit dem Hinweis auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip genommen. Allein richtig ist jedoch der Ansatz des BFH, indem er nach den Mitwirkungsanteilen des Arbeitgebers – beispielsweise einer Provisionsabgabe – forscht. Lässt sich daher ausschließen, dass Mitwirkungsanteile vorliegen, so beruht der Vorteil alleine auf der günstigen Risikostruktur und Kosteneinsparung bei der Verwaltung im Rahmen des Belegschafsgeschäfts, welches nicht durch das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber veranlasst ist.

IV. Fazit Die exakte Durchführung der Bewertung des geldwerten Vorteils gestaltet sich im Detail schwierig. Wer entgegen der hier vertretenen Ansicht annimmt, beim Belegschaftsvorteil handele es sich um einen steuerbaren Vorteil, gerät nur allzu leicht in Versuchung, den Differenzbetrag zwischen Belegschaftstarif und Normaltarif als steuerpflichtige Zuwendung anzusehen. Bei der anschließenden Bewertung werden dann „Äpfel des Versicherungsrechts mit den Birnen des Steuerrechts“ verglichen.603 In Bezug auf das Belegschaftsgeschäft von Versicherungsunternehmen lassen sich § 8 Abs. 3 EStG und insbesondere § 8 Abs. 2 EStG nicht richtig handhaben. Die gesetzlichen Regelungen sind vorwiegend auf die Bewertung von Industriegütern ausgerichtet. Wegen der Komplexität der Mitwirkungsanteile des Arbeitgebers können mögliche Vorteile nicht richtig abgebildet werden. Hinzu kommt, dass es bei der Bewertung ___________ 602 Aus den überlieferten Quellen geht leider nicht hervor, ob die vergleichsweise betrachteten Versicherungsunternehmen auch bereit waren, ihr Angebot auch am Abgabeort, folglich dem Sitz des Arbeitgebers und dessen Belegschaft zu erbringen. Davon kann aber ausgegangen werden. Letztlich kommt es dabei auch auf die Art der Versicherung an, wie soeben ausgeführt. 603 K. Donderer, DB 1994, S. 1159, gebraucht eine ähnliche Formulierung in einem Fall in dem der BFH (v. 4.6.1993, Az. VI R 95/92, BStBl. II 1993, S. 687, BFHE 171, S. 74 bei der Ermittlung des Endpreises im Einkommensteuergesetz auf den Endpreis in der PAngV abstellt: Unrichtigerweise werden dabei Äpfel des Zivilrechts mit den Birnen des Steuerrechts verglichen.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

von Sondermärkten in der Natur der Sache liegt, dass es keine Vergleichsobjekte gibt. In Bezug auf das Belegschaftsgeschäft müssen sich Gesetzgeber und Rechtsprechung fragen lassen, ob es gerechtfertigt ist, einen nur vermuteten und nicht nachweisbaren Preisvorteil, nur deshalb der Besteuerung zu unterwerfen, weil es nicht möglich ist, einen objektiven Endpreis am Abgabeort festzustellen. Dieses darf nicht zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer gehen.604

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts I. Das Lohnsteuerabzugsverfahren Die Lohnsteuerabzugspflicht durch den Arbeitgeber erstreckt sich grundsätzlich auf alle Zuwendungen, die der Arbeitnehmer erhält. Die Lohnsteuer wird durch den Arbeitgeber nach § 38 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG durch Abzug vom Arbeitslohn einbehalten. Dabei haftet der Arbeitgeber nach § 42d EStG für nicht pflichtgemäß abgezogene Lohnsteuer.605 Bis zum 31. Dezember 2003 unterlag auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für die Arbeitsleistung gezahlte Arbeitslohn der Abzugspflicht. Der gezahlte Arbeitslohn ging nach dem alten § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG dann zu, wenn der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufloss. Nach dem Wortlaut kam es daher auf den „gezahlten Barlohn“ an. Ob Sachbezüge auch unter die Formulierung „gezahlter Barlohn“ fielen, war umstritten.606 Ebenfalls umstritten war in diesem Zusammenhang das Merkmal der Üblichkeit, weil in der Praxis keine Klarheit darüber herrschte, welche Zahlungen von Dritten üblich waren und welche nicht.607 Dies resultierte aus dem Begriff der Üblichkeit, welcher jede Abgrenzungsschärfe vermissen ließ. Nach der bis dato geltenden Verwaltungspraxis hatte der Arbeitgeber Lohnsteuer auch für Sachbezüge zu erheben, die seinen Arbeitnehmern von dritter Seite zugewendet wurden, wenn er an der Verschaffung dieser Bezüge mitgewirkt hat.608 Durch die Rechtsprechung des BFH in den Urteilen vom 24. ___________ 604 So schon U. Albert/H. Hahn, Lohnzahlung durch Dritte als steuerpflichtiger Arbeitslohn, FR 1995, S. 334 (338). 605 Insbesondere zur organisationsrechtlichen Stellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren s. H. Schäfer, Die Dreiecksbeziehung zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Finanzamt beim Lohnsteuerabzug, S. 37 ff. 606 H. Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 38, Rn. 40. 607 So die Begründung für die Änderung der Vorschrift; BT-Drucks. 15/1562, S. 33 f. 608 LStR R 106 Abs. 2 Satz 3.

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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Januar 2001609 und vom 30. Mai 2001610 bewegt, wollte die Bundesregierung § 38 EStG zunächst dahingehend ändern, dass nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG auch der „von einem Dritten in Form von Sachbezügen zugewendete Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber an der Verschaffung des Sachbezugs mitgewirkt hat“ dem Lohnsteuerabzug unterfällt. Damit sollte die Verwaltungspraxis in das Gesetz aufgenommen werden und von Dritten gewährte Sachbezüge dem Lohnsteuerabzug unterworfen werden. Der Gesetzgeber befürchtete aber, dass es insbesondere bei den Sachbezügen – nur solche könnten im Falle des Belegschaftsgeschäfts vorliegen – zu einer unpraktikablen Regelung kam, weil es durch die Finanzverwaltung vielfach nicht nachzuweisen sei, dass der Arbeitgeber an der Verschaffung des Arbeitslohns mitgewirkt habe.611 Dabei spricht er in der Gesetzesbegründung den Fall der Rabatte an Arbeitnehmer konzernangehöriger Gesellschaften in der Versicherungswirtschaft explizit an.612 Ab dem 1. Januar 2004 bestimmt § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG n.F., dass auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährte Arbeitslohn der Lohnsteuer unterliegt, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden. Dabei ist eine solche Kenntnis „insbesondere anzunehmen, wenn Arbeitgeber und Dritter verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes“ sind. Damit geht die jetzige Regelung des § 38 Abs. 1 Satz 3 n.F. EStG über die Mitwirkungsfälle hinaus und verpflichtet den Arbeitgeber grundsätzlich, Lohnsteuer für die von dritter Seite an seine Arbeitnehmer gewährten Vorteile einzubehalten, wenn er weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden. Daher fallen unter § 38 Abs. 1 S. 3 n.F. EStG nicht nur Fälle, in denen der Arbeitgeber selber mitgewirkt hat, sondern auch solche, die auf einer Rahmenvereinbarung basieren, die ein mit dem Arbeitgeber verbundenes Unternehmen, sein Berufsverband oder seine Dachorganisation613, geschlossen haben und zwar jeweils unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber die von den Dritten gewährten Vorteile erkennen kann. Im Hinblick auf die Besteuerung des Belegschaftsgeschäfts von Versicherungsunternehmen bleibt daher festzuhalten, dass die zu einem niedrigeren ___________ 609

BFH v. 24.1.2001, Az. I R 119/98, BStBl. II 2001, S. 512, BFHE 195, S. 110. BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BFHE 195, S. 376; BStBl. II 2002, S. 230. 611 BT-Drucks. 15/1798, S. 3f. 612 BT-Drucks. 15/1798, S. 4, BR-Drucks. 630/03, S. 50. 613 I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205) mit Beispielen. 610

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

Preis als dem Marktpreis gewährte Versicherungsleistung des Dritten prinzipiell Steuerobjekt sein könnte, weil auch Sachbezüge von der neuen Regelung erfasst werden.

II. Analyse der neuen Gesetzeslage in zwei unterschiedlichen Fällen Im Folgenden soll zum einen der Fall betrachtet werden, dass die im Rahmen eines Versicherungskonzerns verbundenen Versicherungsunternehmen den jeweiligen Arbeitnehmern der im Konzernverbund befindlichen Unternehmen Vorteile gewähren. Sodann soll der Fall untersucht werden, in dem der Arbeitnehmer überhaupt nur dann Versicherungsnehmer werden kann, wenn er einer bestimmten Berufsgruppe angehört. Bei dieser Konstellation weiß der Arbeitgeber regelmäßig, dass sein Arbeitnehmer verbilligte Prämien für Versicherungsleistungen zahlt, weil er dem Versicherungsunternehmen i.d.R. bestätigt, dass der versicherte Arbeitnehmer der begünstigten Gruppe angehört.

1. Vorteilsgewährung innerhalb desselben Versicherungskonzerns Da in der Versicherungswirtschaft oft Mehrfacharbeitsverhältnisse anzutreffen sind, wird hier meist die Auslagerung der lohnsteuerlichen Arbeitgeberaufgaben auf Dritte vorgenommen614 um Synergieeffekte zu nutzen. Werden Belegschaftsrabatte im Versicherungskonzern gewährt, stellt sich im Rahmen des Lohnsteuerabzuges die Frage, ob die gewährten Vorteile vom Lohnsteuerabzug erfasst werden. Nähme man steuerbare Vorteile an, müsste das Versicherungsunternehmen die Vorteile, die es seinen eigenen Arbeitnehmern gewährt, dem Lohnsteuerabzug unterwerfen. So ging auch die Finanzverwaltung in einem vor dem Finanzgericht Köln entschiedenen Fall615 davon aus, dass der den Arbeitnehmern einer konzernangehörigen Versicherungsgesellschaft von anderen Gesellschaften des Konzerns eingeräumte Vorteil für bestimmte Versicherungstarife als geldwerter Vorteil dem Lohnsteuerabzug unterliege. Dafür scheint zunächst die – nach herrschen-

___________ 614

Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 630/03 vom 5.9.2003 Begründung, S. 51; I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (204). 615 FG Köln, v. 10.5.2005, Az. 5 K 135/96, EFG 2005, S. 1105. Die hiergegen eingelegte Revision durch die Finanzverwaltung (BFH Az. VI R 1/05) wurde inzwischen wohl im Hinblick auf die Entscheidung im ähnlich gelagerten Fall 28.6.2007 zurückgenommen, in der es der BFH für unerheblich hielt, ob zwischen den betroffenen Gesellschaften eine enge wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung bestand, vgl Fn. 575.

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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der Ansicht616 – widerlegbare Vermutung des Gesetzes in § 38 Abs. 1 S. 3 EStG letzter Halbsatz zu sprechen, die von einem Dritten gezahlten Arbeitslohn annimmt, wenn Arbeitgeber und Dritter verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes sind.617 Dies trifft die Versicherungsunternehmen in dem Fall in dem sie das Belegschaftsgeschäft, mit ihren eigenen konzernangehörigen Mitarbeitern betrieben besonders hart: Nach dem im Versicherungsaufsichtsrecht geltenden Spartentrennungsgrundsatz618 in § 8 Abs. 1a VAG werden die einzelnen Konzerngesellschaften verselbständigt und eine Trennung der Vermögensmassen vollzogen, damit sichergestellt wird, das die Leistungsfähigkeit der spartengetrennt arbeitenden Unternehmen, die Versicherungen auf mathematischer Grundlage betreiben, nicht durch besondere Risiken aleatorisch geprägter Versicherungen anderer Versicherungssparten beeinträchtigt werden.619 Damit sollen damit die jeweiligen Sparten vor den Gefahren anderer Sparten geschützt werden.620 Gemäß § 8 Abs. 1a VAG dürfen beispielsweise Versicherungsunternehmen, die im Lebens- oder substitutiven Krankenversicherungsgeschäft tätig sind, keine anderen Versicherungssparten, d.h. das Schaden-/Unfallversicherungsgeschäft betreiben. Daher muss die Schaden- und Unfallversicherung, die Lebensversicherung sowie die Krankenversicherung in jeweils eigenständigen Unternehmen betrieben werden.621 Daraus ergibt sich, dass die einzelnen Unternehmen ___________ 616

G. Eismann, DStR 2004, S. 1585; I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205); E. Gersch, Neues zum Arbeitslohn von Dritten, FR 2004, S. 938; namentlich J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894, vertritt die Ansicht, dass es sich um eine unwiderlegbare Vermutung handelt. Diese Ansicht erscheint m.E. jedoch in den Fällen, in denen das Gesetz an anderer Stelle die Vermutung de facto widerlegt, nur schwer vertretbar, s. dazu im Folgenden. 617 Diese Regelung ähnelt der im BMF-Schreiben vom 27. September 1993 getroffenen Regelung zur Mitwirkung, als dass sie die gesellschaftliche Verbundenheit der Unternehmen zum Anlass nimmt, die Kenntnis der Gewährung zu fingieren. 618 Über § 105 Abs. 3 und § 106c VAG wird er auch für Versicherungsunternehmen mit Sitz im Drittausland erweitert; vgl. dazu U. Fahr, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 106c, Rn. 1 ff. 619 P. Präve, in: Prölss, VAG, § 5, Rn. 47 und § 8, Rn. 46; D. Kaulbach, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 8, Rn. 48. 620 D. Kaulbach, in: Fahr/Kaulbach, VAG, § 8, Rn. 48. 621 Früher bezog sich das Spartentrennungsgebot auch auf das Rechtsschutzversicherungsgeschäft. Bei diesem Geschäft bestand die Gefahr, dass der Rechtsschutzversicherer aus einem Interessenkonflikt heraus die Deckung eines Prozesses gegen eine mit ihm verbundene Konzernversicherungsgesellschaft verweigerte. Nach § 8 Abs. 2 VAG muss mittlerweile nur die Rechtsschutz-Schadenregulierung in eine rechtlich selbständige Gesellschaft ausgelagert werden, weil schon hierdurch eventuelle Interessenskonflikte vermieden werden, weil die Auslagerung im Vergleich zur Spartentrennung das mildere Mittel darstellt.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

ihr Risiko jeweils unabhängig voneinander berechnen, so dass ein einheitliches „Rabattsystem“ für konzernangehörige Mitarbeiter ausscheidet.622 Daraus folgt, dass es dem Versicherungsunternehmen wegen dieser Regelung rechtlich verwehrt ist, an die zur Lohnsteueranmeldung notwendigen Daten zu gelangen, weil eine Informationsbeschaffung zwischen Unternehmen, die aufgrund des Spartentrennungsgebots völlig losgelöst voneinander agieren, nicht möglich ist und eine Übermittlung der für die lohnsteuerliche Erfassung notwendigen personenbezogenen Daten i.S.d. § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz der betroffenen Versicherungsnehmer gem. § 28 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz unzulässig ist.623 Da das Einkommensteuergesetz dem Bundesdatenschutzgesetz nicht vorgeht, steht das Bundesdatenschutzgesetz einer ordnungsmäßigen Erfassung entgegen. Selbst wenn der Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer nach § 4a Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz eingewilligt hat, dass seine personenbezogenen Daten im Konzern genutzt und weitergegeben werden dürfen, stellt sich das Problem, dass das den Arbeitnehmer beschäftigende Unternehmen keinen Anspruch auf Herausgabe der notwendigen Daten (und damit der Prämienkalkulation) gegen die möglicherweise Vorteile gewährende Schwestergesellschaft hat. Auch ein Umweg über die gemeinsame Muttergesellschaft (Holding) an die notwendigen Daten der Schwestergesellschaft zu gelangen, ist nicht zielführend, weil es auch keinen Rechtsanspruch der Tochter gegen die Konzernmutter gibt, auf dessen Basis sie an Daten einer Schwestergesellschaft gelangen könnte.624 Der Gesetzgeber verlangt hier etwas, was der Steuerpflichtige nicht leisten kann.625 Dass der Gesetzgeber in § 38 EStG den im Versicherungsaufsichtsgesetz geregelten Spartentrennungsgrundsatz bei der Formulierung der Konzernproblematik nicht beachtet hat, verwundert umso mehr, als dass er im selben Gesetz, ___________ 622 So FG Köln v. 10.5.2005, Az. 5 K 135/96, EFG 2005, S. 1105; dabei wird fälschlich von Rabatt gesprochen. Gemeint ist jedoch der Effekt der Gruppe homogener Risiken, im dortigen Fall noch mit der Besonderheit, dass es sich um in Versicherungsangelegenheiten kundige Mitarbeiter handelte. 623 Richtig erkennt dies das FG Köln in seinem Urteil v. 10.5.2005, Az. 5 K 135/96, EFG 2005, S. 1105; die gegen dieses Urteil eingelegte Revision durch die Finanzverwaltung (BFH Az. VI R 1/05) wurde zurückgenommen, s. Fn. 615. 624 B. Bogumil, Mitarbeiteraktienoptionen (stock options) im Einkommensteuerrecht, S. 138, geht für den Bereich der parallel gelagerten Problematik der Aktienoptionspläne ebenfalls von der nicht bestehenden Ermittlungspflicht des Arbeitgebers aus. Er verweist diesbezüglich auf Entscheidungen des Finanzgerichts Köln: FG Köln v. 17.12.2002, 8 K 9251/98, EFG 2003, S. 571 (572) und FG Köln v. 17.12.2002, 8 K 9357/98 (nicht veröffentlicht). 625 Nach A. Sprenger, Lohnzahlungen Dritter und geldwerte Vorteile, INF 2005, S. 787 (789), unterstellt die Finanzverwaltung, dass derartige Vorteile bei verbundenen Unternehmen üblich und dem Arbeitgeber bekannt sind.

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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dem Steueränderungsgesetz 2003 – StÄndG 2003 – an anderer Stelle, nämlich bei der Übertragung lohnsteuerrechtlicher Pflichten auf Dritte (§ 38 Abs. 3a Sätze 2 ff. EStG n.F.), eine Regelung schafft, die im Hinblick auf den Spartentrennungsgrundsatz den Besonderheiten der Versicherungswirtschaft626 Rechnung trägt, indem nunmehr die Lohnsteuerpflichten auch auf Dritte übertragen werden können, sofern die Finanzverwaltung zustimmt.

2. Versicherungsgesellschaft gewährt „Vorteile“ an Arbeitnehmer eines fremden Konzerns/Arbeitgebers Wurden soeben die Vorteilsgewährung innerhalb desselben Versicherungskonzerns untersucht, bedarf der in der Praxis häufiger anzutreffende Fall, dass es sich nicht um Vorteile handelt, die innerhalb eines Konzerns gewährt werden, genauerer Untersuchung. Dabei soll das neu eingefügte Merkmal der Erkennbarkeit in dieser Fallkonstellation näher betrachtet werden.

a) Pflichten des Arbeitnehmers Nach § 38 Abs. 4 Satz 3 1. Hs. EStG ist es nunmehr Pflicht des Arbeitnehmers, seinem Arbeitgeber am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraumes die von einem Dritten gewährten Bezüge anzuzeigen.627 Diese neue Pflicht des Arbeitnehmers war bisher nur in den für die Arbeitnehmer nicht verbindlichen Lohnsteuerrichtlinien R 106 Abs. 2 Satz 3 LStR 2002 geregelt. Ein Verstoß gegen diese Pflicht erfüllt den objektiven Tatbestand der Steuerverkürzung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die neue Rechtslage verlangt vom Arbeitnehmer, dass er seinem Arbeitgeber die notwendigen Angaben macht. Hierbei stellt sich zunächst die Frage, ob dem Arbeitnehmer überhaupt bewusst ist, dass er einen Vorteil gerade aufgrund des Arbeitsverhältnisses erhält. Der Arbeitnehmer ist weder Steuer- noch Versicherungsexperte und wird ohne weiteres selber nicht erkennen können, dass er überhaupt einen Vorteil erhält.628 Dies gilt umso mehr in den Fällen alterna___________ 626 Die Regelung gilt zwar für alle Dritten, dennoch hatte der Gesetzgeber die lohnsteuerrechtliche Problematik insbesondere bei Versicherungsunternehmen wegen der Spartentrennung im Focus, vgl. BR-Drucks. 630/03, S. 50f, BT-Drucks. 15/1798, S. 4. 627 Die in R 106 Abs. 2 LStR beschriebene Hinweispflicht des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, dass diesen eine Anzeigepflicht nach § 38 Abs. 4, S. 3 EStG trifft, findet demgegenüber keine Stütze im Gesetz. 628 Vgl. Die Diskussion zur Gesamtschau bei der Annahme von Arbeitslohn, 3. Kap., E. II. 2.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

tiver Kausalität, in denen der Arbeitnehmer den Vorteil auch ohne seine Arbeitnehmereigenschaft, beispielsweise durch seine Mitgliedschaft in einem Verein (ADAC-Mitgliedschaft) erhalten kann, oder in dem Fall, in dem ein objektiv besserer Versicherungsschutz am Markt zu erreichen ist.629 Erkennt der Arbeitnehmer jedoch diesen Vorteil als Lohngewährung durch einen Dritten oder ist ihm die Rechtsprechung des BFH630 bekannt und übernimmt er sie kritiklos, so stünde er vor dem Problem, die Höhe des Vorteils zu bewerten, um seiner Pflicht genüge zu tun, weil er gem. § 38 Abs. 4 S. 3 EStG nicht nur zur Angabe, ob er dem Grunde nach Beträge erhält verpflichtet ist, sondern auch die Höhe der gewährten Beträge anzugeben. Zur Frage der Bewertung schweigt das Gesetz jedoch.631 Die Möglichkeit des Arbeitnehmers, die Höhe des Vorteils aus dem Belegschaftsgeschäft zu ermitteln, sind beschränkt, weil dem Dritten – dem Versicherungsunternehmen – keine Pflicht obliegt, seine Kalkulationsgrundlagen und damit seine Geschäftsgeheimnisse dem Arbeitnehmer (und dadurch der Konkurrenz) offen zu legen.632

b) Pflichten des Arbeitgebers Wirkt der Arbeitgeber an der Verschaffung des Vorteils – etwa durch den Abschluss eines Rahmenabkommens oder die unentgeltliche Überlassung eines Arbeitsraums für einen Mitarbeiter des Versicherungsunternehmens – mit, muss er damit rechnen, dass einzelne Arbeitnehmer seiner Belegschaft die Vorteile in Anspruch nehmen. Es fragt sich jedoch, ob den Arbeitgeber auch eine Pflicht trifft, den individuellen Arbeitnehmer, der den Vorteil durch Abschluss einer Versicherung tatsächlich in Anspruch nimmt, zu einer Erklärung zu bewegen und ob diese Erklärung auch die Höhe des Vorteils umfasst.633 Hierbei ___________ 629 So im Falle BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BFHE 195, S. 376; BStBl. II 2002, S. 230. 630 BFH v. 30.5.2001, Az. VI R 123/00, BFHE 195, S. 376; BStBl. II 2002, S. 230. 631 I. v. Lishaut beschreibt diesen Umstand euphemistisch mit den Worten: „Angesichts der Vielfalt von Sachverhalten und Ermittlungsmöglichkeiten schreibt das Gesetz keine bestimmte Methode zur Ermittlung und Besteuerung der Drittvergütung vor.“ I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203. 632 s. zur Bewertung 4. Kap., A. 633 Ebenso wird der Arbeitgeber vom bloßen Bescheinigen der Betriebszugehörigkeit (so BMF-Schreiben vom 27. September 1993 unter 2.c) nicht auf die Vorteilsgewährung durch einen Dritten schließen können, weil diese Bescheinigungen nicht zwingend zur Erlangung solcher Vorteile genutzt werden. Liegt der Fall aber so, dass der Dritte sich auf einem von ihm vorgefertigten Formular, das der Arbeitgeber nur unterschreibt, die Betriebszugehörigkeit bescheinigen lässt (so gängige Praxis bei der HUKAllgemeinen), ist für den Arbeitgeber der gewährte Vorteil dem Grunde nach zumindest erkennbar.

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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kann der Arbeitgeber durch Erfüllung zweier alternativer subjektiver Tatbestandsmerkmale zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sein, nämlich zum einen, wenn er weiß und zum anderen, wenn er erkennen kann, dass der Arbeitnehmer Vorteile von dritter Seite erhält:

aa) Positive Kenntnis des Arbeitgebers Damit die versicherungsmathematischen Rahmenbedingungen für das Belegschaftsgeschäft gegeben sind, muss es sich bei dem betrachteten Arbeitgeber regelmäßig um ein Unternehmen mit einer Vielzahl von Beschäftigten handeln, die nur mittels einer entsprechend großen Organisation verwaltet werden können. Das Abstellen auf die Kenntnis bei Organisationen bereitet aber schon in der Rechtsprechung zum Allgemeinen Teil des BGB634 erhebliche Schwierigkeiten. Nach der Rechtsprechung führt § 166 BGB zu einer Wissenszurechnung bei Organisationen, die aufgrund ihrer arbeitsteiligen Organisation typischerweise Wissen bei verschiedenen Personen oder Abteilungen aufspalten, wenn es sich um „typischerweise aktenmäßig festgehaltene“ Informationen handelt.635 Ist der Arbeitgeber somit in eine konkrete Vorteilsverschaffung eingebunden, kommt es darauf an, ob der Vorgang typischerweise aktenmäßig festgehalten wird, damit die Pflicht zum Lohnsteuerabzug aufgrund der Kenntnis entsteht. Ist der Arbeitgeber nicht in die konkrete Drittzuwendung eingebunden, weiß er aber von ihr, so besteht die Lohnabzugspflicht nur, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Drittzuwendung anzeigt.636 In der Literatur wird vorgeschlagen, dass solche Drittvergütungen dem Arbeitnehmer per se erkennbar seien, die auf einer Rahmenvereinbarung beruhen, die ein mit dem Arbeitgeber verbundenes Unternehmen, sein Berufsverband oder seine Dachorganisation mit dem Dritten geschlossen hat, wenn die Vereinbarung z.B. einer Verbandszeitschrift oder einem dem Arbeitgeber zugänglichen Geschäftsprotokoll zu entnehmen sei.637 Dabei wird aber übersehen, dass der bloße Abschluss eines Rahmenvertrags als solcher noch nicht ausreicht. Um den vermeintlichen Vorteil gegenüber anderen Steuerpflichtigen zu erlangen, ist noch ein Einzelversicherungsvertrag zwischen Belegschaftsmitglied und Versicherungsunternehmen notwendig.638 Dieser kann ohne Kenntnis des Arbeitgebers abgeschlossen ___________ 634

Zum Verhältnis von Steuerrecht und Zivilrecht sogleich unter bb). K. H. Schramm, in: Münchener Kommentar, Band 1, AT, § 166, Rn. 24. 636 W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 40, Rn. 11. 637 I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205). 638 Zum Rahmenvertrag schon 3. Kap., A.; so auch W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 38, Rn. 11, der auf die konkrete Drittzuwendung innerhalb eines bestimmten 635

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

worden sein. Möglicherweise erfüllt der Arbeitgeber aber das Tatbestandsmerkmal des „Erkennenkönnens“.

bb) Lohnsteuerabzug beim „Erkennenkönnen“ trotz faktischer Unkenntnis Mit dem Tatbestandsmerkmal „Erkennenkönnen“ schuf der Steuergesetzgeber639 ein Merkmal, das im allgemeinen Zivilrecht und im Steuerrecht in dieser Form neu ist. Es setzt schon im Vorfeld der Wissenszurechnung an. Daraus folgt, dass es gerade nicht zu einer typischerweise aktenmäßig festgehaltenen Information kommen muss, sondern dass schon die bloße Erkenntnismöglichkeit ausreicht und die Kenntnis somit fingiert wird. Im Zivilrecht ist nur das „Erkennen müssen“ in § 122 Abs. 2 BGB als „das infolge von Fahrlässigkeit Nichtkennen“ legaldefiniert. Ob das Zivilrecht überhaupt zur Auslegung des Rechtsbegriffs herangezogen werden kann, ist lange diskutiert worden,640 bis sich schließlich die Erkenntnis durchsetzte, dass es bei der Auslegung zivilrechtlich vorgegebener Begriffe keine teleologische Prävalenz des Zivilrechts gibt, sondern dass steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale – auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind – nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang und nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und dem Inhalt der Einzelregelung zu interpretieren sind.641 Zwar ist der Begriff des „Kennenmüssens“ im Bereich des Steuerrechts nicht legaldefiniert, jedoch setzt § 25d UStG den Begriff des „Kennenmüssens“ für das Steuerrecht voraus. Im dortigen Kontext wird versucht, den sog. Karussellgeschäften Herr zu werden, indem der Unternehmer für die nicht abgeführte Umsatzsteuer haftet, wenn er weiß oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte Kenntnis davon haben müssen, dass sein Geschäftspartner die Umsatzsteuer nicht entrichtet. Dabei wird in § 25d Abs. 2 UStG näher konkre___________ Lohnzahlungszeitraums abstellt. A.A. A. Sprenger, Lohnzahlungen Dritter und geldwerte Vorteile, INF 2005, S. 787 (789), Fall 3: „Der Prämiennachlass beruht auf einem (...) abgeschlossenen Rahmenabkommen zwischen Bank und Versicherer“ (gemeint ist Versicherungsunternehmen). Dem ist mit den im 3. Kap. gefundenen Ergebnissen zu widersprechen. 639 Geschehen durch das zweite Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003) vom 15.12.2003; BGBl I, S. 2645 (2646). 640 Namentlich G. Crezelius tritt dafür ein, dass das Steuerrecht dem Zivilrecht folgt: G. Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, S. 308 ff.; ders., Steuerrecht II, S. 6 ff. Für eine partielle Überlagerung des Steuerrechts über das Zivilrecht spricht sich P. Locher, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 156, aus. 641 BVerfG v. 27.12.1991, Az. 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, S. 212, StuW 1992, S. 186 (187); dazu auch J. Lang, in: Tipke/Lang, § 1, Rn. 17 ff.

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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tisiert, wann ein „Kennenmüssen“ vorliegt, nämlich immer dann, wenn der Unternehmer für seinen Umsatz einen Preis in Rechnung stellt, der zum Zeitpunkt des Umsatzes unter dem marktüblichen Preis liegt.642 Weist der Unternehmer jedoch gem. § 25d Abs. 2 S. 3 UStG nach, dass seine Preisgestaltung betriebswirtschaftlich begründet ist, soll ihn die Haftung nicht treffen. § 25d Abs. 2 S. 3 UStG führt somit zu einer Beweislastumkehr. Die Vorschrift lässt sich möglicherweise zur Auslegung für den vorliegenden Fall heranziehen. Jedoch ist die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift dürftig, da lediglich festgestellt wird, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet ist643, weil der potentielle Haftungsschuldner die Möglichkeit habe, die Vermutung zu widerlegen. Jedoch wird die dort normierte Beweislastumkehr von der Literatur mit dem Argument, sie verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgelehnt, weil es „aufgrund der anzutreffenden Rabatt- und Preisschlachten weder Finanzverwaltung noch steuerpflichtigem Unternehmer möglich sein soll, die Vorgaben des § 25d UStG jeweils zu erfüllen“.644 Es mangelt schon an der Geeignetheit der Maßnahme, da die Umkehr der Beweislast zulasten des (redlichen) Unternehmers nicht geeignet ist, Umsatzsteuerkarusselle zu verhindern. Die Maßnahme führt lediglich zu Verwaltungserleichterung, da ein neuer Haftungsschuldner geschaffen wird. Die Regelung des § 25d Abs. 2 UStG verstößt damit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz645 und ist auch wegen ihres speziellen Anwendungszieles (Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges in Form von Karussellgeschäften) eng auszulegen.646 Dies dazu führt dazu, dass § 25d Abs. 2 UStG nicht zur Klärung des Begriffs des „Erkennenkönnens“ in § 38 EStG beitragen kann. Somit bleibt nur der Blick ins Zivilrecht. Mit dem neu eingeführten Begriff des Erkennenkönnens geht das Lohnsteuerrecht über die im gesamten Zivilrecht ___________ 642 § 25 Abs. 2 UStG lautet: (1) Von der Kenntnis oder dem Kennen müssen ist insbesondere auszugehen, wenn der Unternehmer für seinen Umsatz einen Preis in Rechnung stellt, der zum Zeitpunkt es Umsatzes unter dem marktüblichen Preis liegt. (2) Dasselbe gilt, wenn der ihm in Rechnung gestellte Preis unter dem marktüblichen Preis oder unter dem Preis liegt, der seinem Lieferanten oder anderen Lieferanten, die am Erwerb der Ware beteiligt waren, in Rechnung gestellt wurde. (3) Weist der Unternehmer nach, dass die Preisgestaltung betriebswirtschaftlich begründet ist, finden die Sätze 1 und 2 keine Anwendung. 643 Bericht des Finanzausschusses vom 6.11.2003, BT-Drucks. 15/1945, S. 14. 644 H. Nieskens, in: Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 25d, Rn. 37. 645 H. Nieskens, in: Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 25d; Rn. 37; A. Dathe, Umsatzsteuerhinterziehung, S. 81, hält § 25d UStG insgesamt für kein geeignetes Mittel zur Verhinderung von Umsatzsteuerhinterziehung. Er verstoße nicht nur gegen den Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer, sondern auch gegen das Diskriminierungsverbot der europäischen Gemeinschaft. 646 A. Leonard, in: Bunjes/Geist, UStG, § 25d, Rn. 20.

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

geltende647 Formel des Kennenmüssens, das als „Unkenntnis infolge von Fahrlässigkeit“ definiert ist, hinaus. Der Gesetzgeber umschreibt mit dieser Fiktion nämlich einen Bereich, der in der Fahrlässigkeitsdogmatik vor dem gesetzlich geregelten Bereich des „Kennenmüssens“ und auch vor dem von der Rechtsprechung abgesteckten Bereich der Wissenszurechnung liegt. In der Literatur648 wird vertreten, dass der Arbeitgeber von den Zahlungen des Dritten wissen konnte, wenn sein Nichtwissen auf grober Fahrlässigkeit beruht, d.h. wenn es sich ihm aufdrängen musste, dass Dritte Vergütungen zahlen. Jedoch wird man mit dem Wortverständnis sagen müssen, dass mit dem „Kennenkönnen“ nicht grobe Fahrlässigkeit gemeint sein kann, da dieser Begriff durch das „Kennenmüssen“ abgedeckt ist. Kennenkönnen erfordert demgegenüber eine weniger gravierende Pflichtverletzung als Kennenmüssen, da sich beim Kennenkönnen der Sachverhalt eben nicht geradezu aufdrängen muss, sondern ein geringerer Grad an Fahrlässigkeit genügt. Auch hier stellt sich wiederum die Frage danach, welche Beurteilungsperspektive maßgeblich ist, ob es also auf den durchschnittlichen, objektivierten Arbeitgeber ankommt oder auf die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Arbeitgebers. Mithin müssten die Arbeitgeberfähigkeiten eines jeden Arbeitgebers definiert werden. Die Gerichte müssten daher typisieren, welche Art von Arbeitgeber welche Art von Sachverhalt erkennen kann. Ein Abstellen auf den subjektiven Erkenntnisstand des Arbeitgebers verbietet sich schon deswegen, weil die Erkenntnismöglichkeit des Arbeitgebers regelmäßig von der Größe und der Organisation des Unternehmens abhängen, mithin unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe geschaffen werden, wodurch letztlich dem Grundprinzip einer auch verfahrensrechtlich einheitlichen Besteuerung widersprochen wird: Ein steuerpflichtiger Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber über eine straff geordnete Organisation verfügt, würde eher zur Versteuerung des Drittlohns angehalten sein, als ein anderer Steuerpflichtiger, dessen Arbeitgeber der seine Arbeitgeber nur unzureichend überprüft. So wird denn auch eingestanden, dass der Maßstab dafür, was der Arbeitgeber im Sinne der Vorschrift erkennen kann, wahrscheinlich noch im Einzelnen von der Rechtsprechung ausgeformt werden muss649 oder die Verwaltung zeitnah klarstellen soll, welche Anforderungen an ___________ 647 Definition in § 122 Abs. 2 BGB als das „infolge von Fahrlässigkeit nicht kennen“; dazu H. Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 122 Rn. 5. 648 G. Frotscher, in: Frotscher, § 38, Rn. 40: Der Arbeitgeber hat die ihm gewöhnlich zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten zu nutzen. Zu weitgehend aber F. Kloubert, DStR 2000, S. 231, der schon vor der Neuregelung davon ausging, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach dem Bezug von Drittleistungen zu befragen habe, weil die dem Arbeitgeber auferlegte Einbehaltungspflicht die Auskunft an den Arbeitgeber über den Zufluss von Arbeitslohn voraussetze. M.E. kann aber von einer solchen Befragungspflicht als minus zur Einbehaltungspflicht nicht ausgegangen werden, weil die Neuregelung bei ohnehin bestehender Befragungspflicht keinen Sinn ergeben hätte. 649 I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (204).

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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den Arbeitgeber gestellt werden.650 Die bisherige Anknüpfung an die Sachherrschaft über den zugewendeten Vorteil wird daher zulasten der Gleichheit der Besteuerung in die unsicher bestimmbare Erkenntnissphäre des Arbeitgebers verlagert, wie vor allem Drüen651 richtig anmerkt. Ein weiteres Problemfeld ergibt sich, wenn dem Arbeitgeber zwar dem Grunde nach bekannt ist, dass ein Arbeitnehmer Vorteile erhält, er jedoch den Lohnsteuerabzug nicht durchführen kann, weil ihm die genauen Daten zur Höhe der Beträge fehlen.652 In der finanzverwaltungsrechtlichen Literatur653 wird dazu eingewendet, der Arbeitgeber müsse nicht genau wissen, welcher Arbeitnehmer von welchem Dritten in welcher Höhe eine Vergütung bezogen habe. Weiteres ergebe sich aus dem Zusammenspiel der „weiteren Klauseln“. In den „weiteren Klauseln“ – gemeint ist wohl § 38 Abs. 4 S. 3 EStG – ist aber nur geregelt, dass der Arbeitgeber bei erkennbar unrichtigen – dasselbe gilt a maiore ad minus für unvollständige Angaben – dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen hat. Der Gesetzgeber schweigt zu dieser Problematik und zwingt mit der uferlos weiten Formulierung des „Erkennenkönnens“ den Arbeitgeber durch § 38 Abs. 4 S. 3 EStG faktisch dazu, seine Arbeitnehmer beim Betriebstättenfinanzamt anzuzeigen, um seiner eigenen Haftung zu entgehen.654 Dabei muss aber nochmals ins Gedächtnis zurückgerufen werden, dass es eine persönliche Pflicht des Arbeitnehmers ist, seine Einkünfte in Form einer – erkennbaren – Drittvergütung anzuzeigen.655 Das vorliegende Bewertungsproblem wird daher durch die Exkulpationsmöglichkeit des Arbeitgebers nicht gelöst.656 Auch der Arbeit___________ 650

W. Niermann/J. Plenker, DB 2003, S. 2724 (2726). So K.-D. Drüen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, insb. des Arbeitgebers, FR 2004, S. 1134 (1147). 652 K.-D. Drüen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, insb. des Arbeitgebers, FR 2004, S. 1134 (1147); E.-M. Gersch, Neues zum Arbeitslohn von Dritten, FR 2004, S. 938 (941); B. Heuermann/ K. Wagner, Lohnsteuerrecht, D, Rn. 170. 653 I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (204). Der Autor ist Ministerialrat im Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. 654 In dieser Konstellation wird es wegen § 38 Abs. 4 S.4 EStG als ermessensfehlerhaft angesehen, nicht abgeführte Lohnsteuer vom Arbeitgeber einzufordern, vgl. M.-I. Thomas, DStRE 2007, S. 1300. 655 K.-D. Drüen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, insb. des Arbeitgebers, FR 2004, S. 1134 (1146) weist darauf hin, dass sich die Rückfragepflicht nicht aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht herleiten lasse, da der Arbeitgeber nicht zuletzt wegen seines eigenen Haftungsrisikos zum Misstrauen gegenüber der Anzeige seines Arbeitnehmers und zur offenen Bekundung dieses Misstrauens gezwungen werde, und sich dies nicht mit dem arbeitsrechtlichen Fürsorgegedanken und damit aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB rechtfertigen lasse. 656 E.-M. Gersch, Lohnsteuerabzug bei Arbeitslohn von dritter Seite, in: Bochumer Lohnsteuertag S. 118. 651

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

nehmer kann, wie oben gesehen, die exakte Höhe des Vorteils nicht angeben, weil ihm die Berechnungsunterlagen des Dritten fehlen und er gegen diesen keinen Anspruch auf Herausgabe der Daten hat.657 Auch hieran zeigt sich die Unpraktikabilität des Gesetzes. Der Vorschlag, der Arbeitgeber könne die steuererheblichen Daten schließlich auch durch Befragung des Arbeitnehmers oder auf Grundlage einer spontanen Arbeitnehmerangabe erheben,658 greifen im Falle des Belegschaftsgeschäfts nicht: Es ist lebensfremd anzunehmen, dass der Arbeitnehmer zunächst umfangreiche mathematische Berechnungen durchführt, um sich anschließend gegenüber seinem Arbeitgeber „spontan“ äußern zu können. Aus alledem folgt, dass das Problem der rechtlichen Wertung und der Bestimmung der Höhe des möglicherweise erlangten Vorteils auf den Arbeitnehmer abgewälzt und dort zudem durch § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO unter Strafe gestellt wird, weil es infolge der Unvollständigkeit zur Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu einer Steuerverkürzung gem. § 370 Abs. 4 AO kommt. Dabei erschließt sich ein möglicher Handlungsunwert der Tat nur schwer. Wie soll der Steuerpflichtige an die notwendigen Daten zur Berechnung der Höhe des Vorteils gelangen? Das Gesetz verlangt mithin ein subjektiv unmögliches Verhalten. Folglich kann dem Steuerpflichtigen kein strafbewehrter Vorwurf gemacht werden, zumal für die Ermittlung der Daten grundsätzlich das Finanzamt zuständig ist, weil diesem grundsätzlich die Beweislast nach dem Untersuchungsgrundsatz in § 88 AO obliegt.659 Dass die neuen Normen zu weit greifen, zeigt sich ebenfalls an der Häufigkeit mit der der Steuerpflichtige den Erhalt der Vorteile aus dem Belegschaftsgeschäft dem Arbeitgeber melden müsste. Diese richtet sich gem. § 38 Abs. 4 S. 3 EStG nach dem Lohnzahlungszeitraum. Mithin müsste der Steuerpflichtige dem Arbeitgeber i.d.R. monatlich Meldung erstatten. Man stelle sich vor, dass sämtliche Angestellte i.d.R. monatlich den Differenzbetrag zum allgemeinen Versicherungsmarkt errechnen und ihren Arbeitgeber über die Höhe dieses Vorteils unterrichten. Dies würde zur Überlastung der Lohnsteuerabteilungen der Arbeitgeber und der Finanzämter gleichermaßen führen. So wird schon von einer Ansicht660 gar nicht erst erwartet, dass der Steuerpflichtige monatlich einen Bericht abgibt; es genüge, dass die Angabe quar___________ 657

Das Dilemma, dass ein nicht auskunftspflichtiger Dritter – hier das Versicherungsunternehmen – über die Daten verfügt, ist bisher nicht zufriedenstellend gelöst worden. 658 I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205). Der Autor ist Ministerialrat im Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. 659 Soeben unter Fn. 657. 660 I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (206).

B. Zur lohnsteuerlichen Behandlung des Belegschaftsgeschäfts

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talsmäßig geschehe, wenn der Betrag von 150 €661 nicht erreicht sei. Woher der Autor den genauen Betrag und den Zeitraum nimmt, bleibt unklar. Beide stehen jedenfalls so nicht im Gesetz. Nach dem derzeitig zu weiten Wortlaut des Gesetzes in § 38 Abs. 4 S. 3 EStG bleibt weiterhin unklar, ob der steuerpflichtige Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber monatlich eine Fehlmeldung abgeben muss,662 um der Gefahr zu entgehen, dass dieser ihn beim Finanzamt deswegen anzeigt. Warnke663, hält es für angebracht, „dass im Einzelfall Absprachen mit dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers erfolgen sollten.“ Dazu ist zum einen zu sagen, dass der Arbeitgeber und das Betriebsstättenfinanzamt nicht über eine gesetzliche Pflicht des Arbeitnehmers disponieren können. Zweitens können gesetzliche Pflichten nicht durch die einvernehmliche Absprache, „sich nicht daran zu halten“, beseitigt werden. Wenn gar nicht erwartet wird, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer an die Vorschriften des Gesetzes halten, weil die Anforderungen sowohl an Erkennbarkeit, Mitteilungshäufigkeit und Höhe überzogen sind, ist der Zweck des Gesetzes verfehlt. Gesetze sollten im Idealfall schnell, mit minimalem Aufwand (ökonomisch), fehlerlos und mit einer hundertprozentigen Erfolgsquote durchführbar sein. Wenn die Gesetze nicht freiwillig gelebt werden, kommt noch das Erfordernis der behördlichen Kontrollierbarkeit hinzu.664 Die neuen Vorschriften zum Lohnsteuerabzug für Zuwendungen von dritter Seite erfüllen keines dieser Kriterien und werden daher in der Literatur als nicht justiziabel empfunden.665 Sie sollten deshalb wieder abgeschafft werden.666 ___________ 661 Eine innere Logik oder eine Leitlinie, wieso gerade auf diesen Betrag abgestellt wird, erschließt sich dem Verfasser nicht. 662 R. Hartmann, INF 2004, S. 2004 (946), hält eine Fehlmeldung für nicht erforderlich. Er bleibt aber eine Begründung schuldig, um das sich aus dem Gesetz ergebende Wortlautargument zu widerlegen. Nach J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894 (896) und I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (206), reicht eine einmalige Fehlanzeige nach Ablauf des Kalenderjahres aus. 663 K. Warnke, EStB 2006, S. 24 (28). 664 H. Helsper, Gesetzgebung und Evolution, S. 202. 665 U. Albert, U. Albert, Vereinfachungen bei der Lohnsteuer durch Typisierung und Pauschalierung; DB 2004, S. 1958 (1960), ohne Begründung; W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 38, Rn. 11, ders, Möglichkeiten der Arbeitnehmer zur Einsparung von Lohnsteuer, DB Beilage Nr. 2/2004, S. 2; Der BFH hatte bisher noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme zur Reichweite der neuen Vorschrift, vgl. BFH v. 28.6.2007, Az. VI R 45/02, BFH NV 2007, S. 1871, DStRE 2007, S. 1297. 666 So auch ausdrücklich W. Drenseck, in: Schmidt § 38 Rn. 11; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 72 weist auf folgendes hin: „Ein Gesetz das theoretisch mehr erfasst, als mit verhältnismäßigem Besteuerungsaufwand praktisch erfasst werden kann, bewirkt nichts weiter als eine mehr oder weniger große Kluft zwischen Gesetz und

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4. Kap.: Bewertung und lohnsteuerrechtliche Behandlung

Daher ist der Appell richtigerweise an den Gesetzgeber zu richten, er möge den zu weit geratenen § 38 Abs. 4 S. 3 EStG schon deswegen eindämmen, damit die Schere zwischen Gesetzestext und Praxis nicht noch weiter auseinander läuft. Es sind daher nicht „Absprachen“ zwischen den Betroffenen zu fordern, sondern ein klarer Gesetzestext: Der Gesetzgeber möge daher den Arbeitgeber verpflichten, dass er seine Arbeitnehmer darauf hinzuweisen hat, dass sie die Erklärungen bezüglich Drittbezugs abgeben. Auch kann der dem Dritten eine Pflicht auferlegen, den Empfänger der Leistung auf eine möglicherweise bestehende Lohnsteuerverpflichtung hinzuweisen, wenn der Dritte bei der Anbahnung des Geschäfts mitgeholfen hat und sich der objektive Wert des Vorteils leicht und zutreffend bestimmen lässt, ohne Geschäftsgeheimnisse des Dritten zu offenbaren.

III. Fazit und abschließende Stellungnahme zur lohnsteuerlichen Behandlung Mit dem Abstellen auf das bloße „Kennenkönnen“ geht § 38 Abs. 1 S. 3 EStG n.F. über das BMF-Schreiben vom 27. September 1993 hinaus, da eine Mitwirkung für den Lohnsteuereinbehalt nicht mehr erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat daher die Abzugspflicht für Drittvergütungen von der Herrschaftssphäre des Arbeitgebers abgekoppelt und dadurch auf die unsichere Erkenntnissphäre des Arbeitgebers ausgedehnt.667 Aufgrund der rein verfahrensrechtlichen Ausdehnung der einzuhaltenden Beträge kann jedoch keine Ausweitung des Arbeitlohnbegriffs bei von dritter Seite gewährten Vorteilen über das BMF-Schreiben vom 27. September 1993 hinaus erfolgen. Denn bei den Regelungen des § 38 EStG handelt es sich um Vorschriften zur „Erhebung der Lohnsteuer“. Sie legen damit ein Verfahren fest, nach dem die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass überhaupt Arbeitslohn gegeben ist. Welche Zuwendungen materiell-rechtlich als Arbeitslohn anzusehen sind, bleibt den Regelungen der §§ 2 und 19 EStG vorbehalten. Diese müssen sich an den im 2. und 3. Kapitel herausgearbeiteten Grundsätzen messen lassen.

___________ Gesetzeswirklichkeit, zwischen law on paper and in practice oder law in the books und law in action. Zugleich bewirkt es damit Ungleichbehandlungen, die durch Vereinfachungsvorschriften eingeschränkt werden können.“ 667 K.-D. Drüen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, insb. des Arbeitgebers, FR 2004, S. 1134 (1148); W. Drenseck, in: Schmidt, EStG, § 38, Rn. 11.

5. Kapitel

Lösungen für die Versicherungswirtschaft A. Mögliche Lösungsansätze I. Belegschaftsfremde Personen im Belegschaftstarif Um gegenüber der Finanzverwaltung darzustellen, dass die Belegschaftszugehörigkeit im steuerrechtlichen Sinne nicht kausal für die für die Prämienreduktion im Belegschaftsgeschäft ist, liegt es nahe, dass Versicherungsunternehmen eine kleine Anzahl von Personen in den Belegschaftstarif aufnehmen, die nicht Teil der Belegschaft sind. Dies ist rechtlich möglich, weil Versicherungsunternehmen nicht daran gehindert sind, belegschaftsfremde Personen am Belegschaftstarif teilhaben zu lassen. Ebenfalls sind Versicherungsunternehmen nicht gehalten, die Belegschaftsversicherung mit dem i.d.R. günstigeren Tarif in der Öffentlichkeit durch Werbung zu kommunizieren oder gar den Tarif jedem Kunden im Verkaufsgespräch anzubieten. Versicherungsmathematisch ist die „Beimischung“ belegschaftsfremder Personen zwar prinzipiell möglich, jedoch werden die dargestellten Effekte des Belegschaftsgeschäfts hin zum „Normalgeschäft“ abgeschwächt, weil die dargestellten Wirkungen nur teilweise zur Geltung gelangen. Die Argumentation, damit sei auch für die Belegschaftsmitglieder der Beweis erbracht, dass die Tarife nicht kausal auf die Arbeitnehmereigenschaft zurückzuführen sind, weil es demnach auch (einigen wenigen) versicherungsfremden Personen möglich sei, an den günstigen Tarifen zu partizipieren, übersieht, dass das Belegschaftsgeschäft in seiner Gesamtheit nur dann funktioniert, wenn genügend Belegschaftsmitglieder in der homogenen Gruppe vereint sind, und sich trotz der „Beimischung von Normalrisiken“ eine günstigere – wenn auch abgeschwächte – Prämienkalkulation ergibt. Der Verweis auf die hypothetische Kausalität668 verbietet sich auch deshalb, weil auf die hypothetische Kausalität nicht abgestellt werden darf auch wenn ___________ 668 Eine hypothetische Kausalkette darf nicht an die Stelle eines tatsächlichen Veranlassungszusammenhangs gesetzt werden. s. schon oben 2. Kap., B. I. 1. d) und beispielsweise in Bezug auf Fahrtaufwendungen J. Hennrichs, BB 2004, S. 584 (586).

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5. Kapitel: Lösungen für die Versicherungswirtschaft

ein anderes, unabhängiges Ereignis den Erfolg voraussichtlich sowieso herbeigeführt hätte (hier wären dies belegschaftsfremde Personen, die trotzdem den Belegschaftstarif erhalten). D.h. die Belegschaftszugehörigkeit der Steuerpflichtigen bleibt für ihren Vorteil kausal, egal ob andere Personen Belegschaftstarife erhalten, die für sie keine Drittzuwendungen darstellen. Zwar erhalten die betreffenden belegschaftsfremden Personen mit dem Belegschaftstarif keine direkten Lohnzuwendungen von einem Arbeitgeber, weil es schon an einem Arbeits- bzw. Dienstverhältnis mangelt und demzufolge auch kein Dritter (Versicherung) Zuwendungen leisten kann. Daraus aber abzuleiten, dass keine Kausalität im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis der Belegschaftsmitarbeiter besteht, weil letztlich auch Belegschaftsfremde die günstigen Belegschaftskonditionen erhalten (wenn sie denn nur genug insistieren, in den Belegschaftstarif zu gelangen), ist ein Irrglaube, weil das gesamte Belegschaftsgeschäft – wie aufgezeigt – eben nur dann funktioniert, wenn sich die homogene Gruppe von der Allgemeinheit unterscheidet. Der Schluss, die Aufnahme belegschaftsfremder Personen in den Belegschaftstarif würde das Band der Kausalität zwischen Belegschaftseigenschaft und Belegschaftstarif für die übrigen Belegschaftsbeschäftigten in irgendeiner Weise „durchtrennen“ ist daher – konsequent zu Ende gedacht – falsch, weil die Arbeitnehmereigenschaft und damit auch die günstigen Tarife für die Belegschaftspersonen Vorraussetzung für den Effekt des Belegschaftsgeschäfts und daher kausal sind. Dies zeigt sich auch daran, dass unzählig viele belegschaftsfremde Personen den Effekt des Belegschaftsgeschäfts zunehmend hin zur Masse der Versicherten minimieren würden. Damit die gewollten Effekte eintreten, müssen jedoch wieder so viele belegschaftszugehörige Personen vorhanden sein, die die Risiken der „beigemischten“, belegschaftsfremden Personen ausgleichen können, deren Aufnahme in den Belegschafstarif dann wieder kausal durch die Bindung zum Arbeitgeber veranlasst ist. Kurz: Die Aufnahme Belegschaftsfremder funktioniert nur, solange ausreichend Belegschaftsmitglieder versichert sind – und diese sind nur deswegen im günstigen Tarif versichert, weil sie eben Belegschaftsmitglieder sind. Durch die Beimischung ist demnach nur für die „Beigemischten“ etwas gewonnen, die Kausalität für die Belegschaftsmitglieder entfällt aber nicht. Daher bleibt es bei dem bisher gefundenen Ergebnis der Differenzierung zwischen dem Versicherungseffekt 2. Ordnung und Mitwirkung des Arbeitgebers.

B. Zielführende Lösungsansätze

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II. Vereinbarung einer Betreuungsklausel über die Zeit der Arbeitnehmereigenschaft hinaus Aus der Überlegung heraus, dass der Arbeitnehmer auch noch über die Zeit seiner aktiven Belegschaftszugehörigkeit ein besseres Risiko darstellt, liegt es nahe, die günstigen Belegschaftskonditionen auch noch einige Zeit über die Belegschaftszugehörigkeit hinaus zu vereinbaren. Dies geschieht in der Praxis durch die Aufnahme von sog. Betreuungsklauseln in den ursprünglichen Versicherungsvertrag. Jedoch ändert sich an dem vorher gefundenen Ergebnis in Bezug auf die Kausalität und die Theorie von der wesentlichen Bedingung nichts. Denn die Konditionen sind dem Versicherungsnehmer nur deswegen zugestanden worden, weil er zuvor Belegschaftsmitglied war. Ohne diese Eigenschaft wäre der günstigere Belegschaftstarif nicht gewährt worden. Bei wertender Betrachtung wird man daher ebenfalls zu dem Ergebnis kommen, dass die günstigere Prämie durch die Betriebszugehörigkeit wesentlich veranlasst ist. Dies gilt aber wiederum nur für den Teil, der durch die Mitwirkung des Arbeitgebers veranlasst ist, nicht jedoch durch den Beitrag, den der Versicherungseffekt 2. Ordnung zur Reduktion der Prämie leistet.

B. Zielführende Lösungsansätze I. Ansatz beim Vertrieb von Belegschaftsversicherungen Bei der Vermarktung der Belegschaftsversicherungen wirbt die jeweilige Vertriebsabteilung des Versicherungsunternehmens gewöhnlich damit, dass der Belegschaftstarif „nur für Mitarbeiter“ gelte. Die Anpreisung erweckt daher den Anschein, als sei der Vertrag speziell für den angesprochenen Arbeitnehmer ausgehandelt worden und es handele sich um einen Einzelversicherungsvertrag und sei etwas „ganz Besonderes“. Das Versicherungsunternehmen sollte es vermeiden, damit zu werben, es handele sich um ein Versicherungsprodukt, welches ausschließlich der Belegschaft angeboten werde. Dadurch kann beim Arbeitnehmer in der Tat leicht der Eindruck entstehen, es handele sich um einen Vorteil, den er nur deswegen erhalte, weil er bei seinem Arbeitgeber arbeite – und auf seine Sicht kommt es nach dem BFH maßgeblich an. Diese Betrachtungsweise ist zwar nach den dargelegten Argumenten falsch. Jedoch erscheint es im Hinblick auf die ansonsten beim Arbeitgeber eintretenden lohnsteuerrechtlichen Folgeprobleme sinnvoll, Formulierungen zu verwenden, die nicht auf die Exklusivität abstellen. Dies sind solche, die Raum für Interpretation lassen, wie z.B. die Formulierung, dass das Produkt sei „speziell auf die Belange der Belegschaft zugeschnitten“, weil sie nicht zwingend auf die Betriebszugehörigkeit abstellen. Dabei muss jedoch

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5. Kapitel: Lösungen für die Versicherungswirtschaft

deutlich werden, dass der Vorteil in Wirklichkeit nicht speziell für den einzelnen Belegschaftsmitarbeiter konzipiert wurde (also keine „Maßanfertigung“ darstellt), sondern auf den dargelegten Faktoren beruht. Zwar beraubt man durch diese Vorgehensweise die Vertriebsabteilung eines äußerst wichtigen Verkaufsarguments. In Anbetracht der drohenden Nachforderung des Fiskus (die nur im Falle schädlicher Mitwirkung gerechtfertigt ist) scheint dieser Nachteil aber verschmerzbar. Der Ansatz zur Vermarktung des Produkts sollte daher mit dem Argument der homogenen Gruppe beginnen. Zwar wird die im Einzelnen entscheidende Mechanik dem Kunden i.d.R. nur schwer zu vermitteln sein. Jedoch lässt sich die Werbung in Anlehnung an den sog. „Beamtentarif“ durchführen. Vielen Versicherungskunden dürfte bekannt sein, dass Sondertarife für Beamte existieren. Warum sollte es dann nicht auch einen „Angestelltentarif“ oder einen „Belegschaftstarif“ geben? Zudem sollte der günstigere Preis der Vertriebsabteilung als zusätzliches Verkaufsargument dienen. Dabei sollte darauf hingewiesen werden, dass das Belegschaftsprodukt zum Teil auch deswegen günstiger ist, weil individuelle Wahlmöglichkeiten entfallen.

II. Vermeidung der Mitwirkung durch den Arbeitgeber Wie gesehen, ist die Mitwirkung des Arbeitgebers durch kostensenkende Maßnahmen (Werbemaßnahmen, Prämieninkasso, Überlassung von Arbeitsräumen oder Daten), die zu einer Verbilligung der Prämie führen, schädlich, weil der Arbeitnehmer dadurch einen geldwerten Vorteil und damit Lohn erhält.669 Daher sollte der Arbeitgeber diese Maßnahmen nur gegen ein angemessenes Entgelt bewirken oder gänzlich unterlassen. Nur so lässt sich die mühevolle und derzeitig nicht befriedigende Bewertung des Vorteils vermeiden.

III. Mitwirkung über den Betriebsrat als Institution der Arbeitnehmer Die Mitwirkung entfällt jedoch nach Nr. 3 des BMF-Schreibens vom 27. September 1993 auch dann, wenn lediglich ein Betriebs- oder Personalrat bei der Verschaffung des Vorteils tätig wird. Dies hatte in der Praxis die Konsequenz, dass der Arbeitgeber den Betriebs- oder Personalrat in die Gewährung mit einbezieht und diesen nach außen hin auftreten ließ.670 Der Finanzverwal-

___________ 669

BMF-Schreiben vom 27. September 1993, 3. Kap., A. I. 5. c).

B. Zielführende Lösungsansätze

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tung war es somit schwer erkennbar, ob nicht in Wahrheit der Arbeitgeber den Vorteil ausgehandelt hatte. Deswegen wurde auch die ursprüngliche Entwurfsfassung zum Lohnsteuerabzug bei Vorteilen von dritter Seite (§ 38 Abs. 1 S. 2 EStG) in die heutige Version geändert, weil der bisherige Entwurf bezogen auf Sachbezüge nicht praktikabel sei, da vielfach nicht nachzuweisen sei, dass der Arbeitgeber an der Verschaffung des Arbeitslohns mitgewirkt habe.671 Wie gesehen [3. Kap., A. I. 5. c) cc)] reicht die bloße Mitwirkung des Betriebsrats beim Abschluss von Belegschaftsversicherungen für die Annahme einer Mitwirkung durch den Arbeitgeber nicht aus,672 weil die Regelung des Lohnsteuerabzugsverfahrens nicht zu einer anderweitigen Interpretation des Arbeitlohnbegriffs führt. Zwar wird diese Regelung von der Finanzverwaltung in der Literatur in Zweifel gezogen,673 weil es nicht zwingend sei, den Betriebsrat der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen, denn der Betriebsrat sei eine betriebsinterne Einrichtung und die Verschaffung von Einkaufsvorteilen gehöre nicht zu seinen Aufgaben, weil er auch auf Anregung des Arbeitgebers tätig werden könne. M.E. mag es zwar zutreffen, dass die Betätigung des Betriebsrats bei der Verschaffung nicht zu den eigentlichen Aufgaben des Betriebsrates gehört. Darauf kommt es für die Klassifizierung als Arbeitslohn aber nicht an, denn für diese ist nur entscheidend, ob der Arbeitgeber an der Verschaffung mitwirkt und die Vergünstigungen somit von ihm herrühren und nicht ob der Betriebsrat seine Kompetenzen möglicherweise überschreitet. Der bloße Hinweis des Ar___________ 670

So spricht I. v. Lishaut, Steuerabzug bei Lohn von dritter Seite, FR 2004, S. 203 (205) das Problem an: Die Arbeitgebermitwirkung kann leicht durch anderweitige Gestaltungen entbehrlich gemacht oder verschleiert werden. 671 BT-Drucks. 15/1798, S. 4. 672 Undifferenziert sind die Ausführungen bei H. Pflüger, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, § 19 Rn. 172 (Rahmenvereinbarung), wenn ausgeführt wird: „Ist der ArbG oder der Personal- oder Betriebsrat z B. durch Ablschluß einer Rahmenvereinbarung (...) eingeschaltet, so ist die Rabattgewährung durch das Dienstverhältnis veranlaßt“ Dabei wird nicht zwischen Arbeitgeber und Personal- oder Betriebsrat unterschieden. Ebenso wird nicht zwischen Rabatt und Tarif differenziert. Darüber hinaus ist Pflügers Formulierung missverständlich: „Entsprechend sind Preisnachlässe der KfzVersicherungen für bestimmte Berufsgruppen kein geldwerter Vorteil.“ Preisnachlässe der Kfz-Versicherungen sind nicht nur für bestimmte Berufsgruppen kein geldwerter Vorteil, sondern generell nicht. Es muss also heißen: „Preisnachlässe, die bestimmten Berufsgruppen seitens Kfz-Versicherungunternehmen gewährt werden, sind kein geldwerter Vorteil.“ 673 J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894 (895): „Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung an der m.E. nicht zweifelsfreien, aber für die Betroffenen vorteilhaften Auffassung festhalten wird, dass kein Arbeitslohn vorliegt, wenn (ausschließlich) der Betriebsoder Personalrat der Belegschaft Vorteile von Dritter Seite verschafft.“

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5. Kapitel: Lösungen für die Versicherungswirtschaft

beitgebers an den Betriebsrat, er sei von einem Belegschaftsversicherer angesprochen worden, kann dagegen eine Mitwirkung nicht begründen, weil der Arbeitgeber nach Nr. 2 a) des BMF-Schreibens von 1993 „Angebote Dritter generell in seinem Betrieb bekannt machen darf.“ Eine Einschränkung, dass der Arbeitgeber das Angebot des Dritten nur seinen Arbeitnehmern bekanntmachen dürfe, nicht aber deren Interessenvereinigung, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Folglich hat der Arbeitgeber nicht an der Verschaffung des Vorteils mitgewirkt, wenn er den Betriebsrat lediglich auf das Angebot des Belegschaftsversicherers hinweist und die weiteren Verhandlungen diesen beiden Parteien überlässt.674 Hinzu kommt, dass Betriebs- bzw. Personalrat bei der Repräsentation der Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit unabhängig von Weisungen der Arbeitnehmerschaft oder der Gewerkschaften ist. Die Mitwirkung durch den Betriebs- oder Personalrat ist daher nach wie vor zulässig.675 Dies muss m.E. auch für Vorteile von einem Dritten, die von einer Gewerkschaft für ihre Mitglieder ausgehandelt worden sind, gelten.676 Dieses Ergebnis wird auch durch den Gleichlauf zu Beamtem und Angestellte im öffentlichen Dienst gestützt, die sich der Hilfe einer unabhängigen Selbsthilfeeinrichtung677 bedienen können. Daher ist zu raten, dass der Abschluss eines Rahmenvertrages ausschließlich durch den Betriebsrat oder Personalrat erfolgen sollte. Falls ein firmenverbundener Vermittler eingeschaltet wird, liegt die Annahme, dieser wolle fürsorglich und nicht im eigenen Geschäftsinteresse handeln, ohnehin fern, da es legal nicht zu einem geldwerten Vorteil bei den Arbeitnehmern kommen kann.

___________ 674

Die Situation erscheint eher einer Weiterleitung der Sache mangels Zuständigkeit vergleichbar, da auch ein „Mitwirkungsanteil“ in diesem Falle nicht bezifferbar wäre. 675 So auch G. Nägele: INF 1994, S. 390 (393): Falls der Betriebsrat oder Personalrat mitwirkt, könne diese Mitwirkung nicht dem Arbeitgeber zugerechnet werden, weil in diesem Fall die Zuwendung auf den eigenen unmittelbaren, rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen der Arbeitnehmer und dem Dritten beruhe; letzteres unter Verweis auf BFH v. 7.8.1981, Az. VI R 53/84, BStBl. II 1987, BFHE 150, S. 555, S. 822; Zustimmend auch D. Birk, Auslegungsfragen bei der Besteuerung sog. Belegschaftsrabatte, FR 1990, S. 237 (238), sowie A. Sprenger, Lohnzahlungen Dritter und geldwerte Vorteile, INF 2005, S. 787 (789, Fall 4). 676 J. Plenker, Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Arbeitslohnzahlungen von dritter Seite, DB 2004, S. 894 (896). 677 Vgl. oben 3. Kap., A. I. 5. c) bb).

C. Ergebnis

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IV. Mitwirkung beim firmenverbundenen Vermittler Gewährt der Arbeitgeber kostensenkende Leistungen seinem firmenverbundenen Vermittler, kann in der Folge steuerpflichtiger Arbeitslohn in Gestalt unechter Lohnzahlung bei den Arbeitnehmern angenommen werden. Hierbei besteht die Gefahr, körperschaftssteuerliche Rechtsfolgen auszulösen, sofern es sich bei den kostensenkenden Maßnahmen nicht nur um bloße Nutzungsüberlassungen und nichteinlagefähige Leistungen handelt.678 Daher ist es ratsam, die Beziehung zwischen Arbeitgeber als Muttergesellschaft und firmenverbundenem Vermittler wie zwischen fremden Dritten auszugestalten, um lohnsteuerliche und körperschaftsteuerliche Rechtsfolgen auszuschließen.

C. Ergebnis Versicherungsunternehmen, Arbeitgeber, Betriebsräte und Personalräte und firmenverbundene Vermittler können durch Beachtung der o.g. Grundsätze mögliche Lohnsteuernachforderungen des Fiskus sowie körperschaftsteuerliche Folgen vermeiden.

___________ 678 Kostensenkende Maßnahmen des firmenverbundenen Vermittlers zugunsten des Mutterunternehmens können spiegelbildlich den Tatbestand der sog. verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hervorrufen.

Zusammenfassung der Ergebnisse Die prinzipielle Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die der Steuerpflichtige von dritter Seite erhält, wird dem Grunde nach nicht bezweifelt. In jedem Falle muss aber genau geprüft werden, ob alle Einnahmen kausal auf Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zurückzuführen sind. Da Begriff und Inhalt der juristischen Kategorie Kausalität dem Verständnis von Theorie und Praxis überantwortet sind, muss dies anhand einer einkommensteuerrechtlichen Kausalität überprüft werden. Nach der Auswahl der einkommensteuerrechtlich relevanten Ursachen wurde vorliegend aufgezeigt, dass sich durch das Belegschaftsgeschäft zwar ein Vorteil für die Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer ergibt, dieser Vorteil aber keinen einkommensteuerrelevanten Effekt hervorruft, weil er nicht wesentlich auf die Arbeitnehmereigenschaft zurückzuführen ist, sondern auf den Effekt, der sich aus der Risiko- und Kostenarmut des betrachteten Kollektivs ergibt. Die weitere Überprüfung ergab, dass neben diesen Effekt noch weitere Ursachen treten, die im steuerrechtlichen Sinne für die Vermögensveränderung kausal sind. Da auch einzelne Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers kausal sein und daher ebenfalls einen wesentlichen Faktor darstellen können, waren die einzelnen Faktoren aufzuteilen. Nur dadurch wurde gewährleistet, dass die übergeordneten Prinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip, Markteinkommensprinzip und Totalitätsprinzip nicht verletzt wurden. Daher ergab sich, dass der versicherungskalkulatorische Anteil von dem Anteil zu trennen war, den der Arbeitgeber durch Mitwirkung herbeiführt, beispielsweise indem er auf eine ihm zustehende Provision unter Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot verzichtet. Indes spricht die Einschaltung eines firmenverbundenen Vermittlers gegen die Annahme einer Provisionsabgabe, weil der firmenverbundene Vermittler von seiner Aufgabe her in eigenwirtschaftlichem Interesse handelt und der Wettbewerbsdruck ein fürsorgliches Handeln zugunsten der Arbeitnehmer seiner Anteilseigner verbietet. Der BFH wendet im Falle der Drittzuwendung beim Belegschaftsgeschäft seine bislang zur Differenzierung vertretenen Kriterien nicht an und kommt daher meines Erachtens zu einem unrichtigen Ergebnis. Der Prämienvorteil ist richtigerweise dem Grunde nach schon nicht zu erfassen, sondern stellt sich als windfall profit dar. Falls der Arbeitgeber jedoch bei der Verschaffung des Vorteils durch kostensenkende Maßnahmen mitgewirkt hat, muss der daraus resultierende Vorteil bewertet werden.

Zusammenfassung der Ergebnisse

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Die exakte Durchführung der Bewertung des geldwerten Vorteils gestaltet sich im Detail schwierig, weil der Differenzbetrag zwischen „Belegschaftstarif“ und „Normaltarif“ nicht per se als steuerpflichtige Zuwendung angesehen werden kann. Hinzu tritt, dass sich § 8 Abs. 3 EStG und insbesondere § 8 Abs. 2 EStG bei der Bewertung der Vorteile im Belegschaftsgeschäft nicht richtig handhaben lassen, weil die gesetzlichen Regelungen vorwiegend auf die Bewertung von Industriegütern ausgerichtet sind. Hinzu kommt, dass es bei der Bewertung von Sondermärkten in der Natur der Sache liegt, dass es keine Vergleichsobjekte gibt, an denen sich eine Bewertung orientieren könnte. Jedoch vermögen Versicherungsunternehmen, Arbeitgeber, Betriebsräte und Personalräte sowie firmenverbundene Vermittler durch Einhaltung klarer Verhaltensweisen mögliche Steuernachforderungen und die Schwierigkeiten der Bewertung zu vermeiden.

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Unternehmensbefragung

zum

Provisionsabgabeverbot,

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Rs C 2/91

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EuGH v. 21.9.1988

Rs 267/86

Slg. 1988 I, S. 4769

EuGH v. 1.10.1987

Rs 311/85

Slg. 1987 I, S. 3801

VersR 1994, S. 161. VersR 1989, S. 349

2. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfG v. 14.3.2000

Az. 1 BvR 284/96

BVerfGE 102, S. 41

NJW 2000, S. 1855

BVerfG v. 14.3.2000

Az. 1 BvR 1659/96

BVerfGE 102, S. 41

NJW 2000, S. 1855

BVerfG v. 10.6.1997

Az. 2 BvR 1516/96

BVerfGE 96, S. 68

NJW 1998, S. 50

BVerfG v. 8.10.1996

Az. 1 BvL 15/91

BVerfGE 95, S. 39

NJW 1997, S. 1359

BVerfG v. 10.1.1995

Az. 1 BvR 718//89 u.a. BVerfGE 92, S. 1

NJW 1995, S. 1141

BVerfG v. 26.1.1994

Az. 1 BvL 12/86

BStBl. II 1994, S. 307

BVerfG v. 1.12.1993

Az. 2 BvR 2486/93

BVerfGE 89, S. 346

DB 1994, Beil. 11, S. 34

BVerfG v. 27.12.1992 Az. 2 BvR 72/90

BStBl. II 1992, S. 212 StuW 1992, S. 186

BVerfG v. 27.12.1991 Az. 2 BvR 72/90

BStBl. II 1992, S. 212 StuW 1992 S. 186

BVerfG v. 4.4.1984

BVerfGE 66, S. 337

NJW 1984, S. 341

BVerfG v. 16.12.1981 Az. 1 BvR 898/79

Az. 1 BvR 1287/83

BVerfGE 59, S. 128

NJW 1983, 103

BVerfG v. 7.10.1980

Az. 1 BvL 50/79 u.a.

BVerfGE 55, S. 72

NJW 1981, S. 271

BVerfG v. 30.6.1964

Az. 1 BvL 16/62 u.a.

BVerfGE 18, S. 97

BGBl I 1964, S. 645

BVerfG v. 19.12.1961 Az. 2 BvL 6/59

BVerfGE 13, S. 261

NJW 1962, 291

BVerfG v. 17.5.1960

Az. 2 BvL 11/59

BVerfGE 11, S. 126

NJW 1960, 1563

BVerfG v. 17.5.1960

Az. 2 BvL 11/60

BVerfGE 11, S. 126

NJW 1960, 1563

3. Entscheidungen des Großen Senats des Bundesfinanzhofs BFH GrS v. 4.7.1990

Az. GrS 2 bis 3/88

BStBl. II 1990, S. 817 BFHE 161, S. 290

BFH GrS v. 21.11.1983 Az. GrS 2/82

BStBl. II 1984, S. 160 BFHE 140, S. 50

BFH GrS v. 27.11.1978 Az. GrS 8/77

BStBl. II 1979, S. 213 BFHE 126, S. 533

BFH GrS v. 28.11.1977 Az. GrS 2 bis 3/77

BStBl. II 1978, S. 105 BFHE 124, S. 43

228

Entscheidungsverzeichnis 4. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

BFH rechtshängig

Az. VI R 19/06

BFH v. 23.8.2007

Az. VI R 44/05

DStR 2007, S. 2107

BFH v. 28.6.2007

Az. VI R 45/02

BFH/NV 2007, S. 1871 DStRE 2007, S. 1297

BFH v. 1.2.2007

Az. VI R 72/05

(nicht veröffentlicht)

BFH v. 11.1.2007

Az. VI R 69/02

(nicht veröffentlicht)

BFH v. 28.12.2006

Az. VI S 15/05 (PKH) BFH/NV 2007, S. 702 HFR 2007, S. 348

BFH v. 21.12.2006

Az. VI B 24/06

BFH v. 1.12.2006

Az. IV R 26/04

BStBl. II 2006, S. 182 BFHE 211, S. 346

BFH v. 7.11.2006

Az. VI R 95/04

DStR 2007, S. 104

BFH v. 5.9.2006

Az. VI R 38/04

BFH/NV 2006, S. 2349

BFH v. 5.9.2006

Az. VI R 49/05

BFH/NV 2007, S. 217

DB 2007, S. 2686

BFH/NV 2007, S. 699

BFH v. 20.7.2006

Az. VI R 94/01

BStBl. II 2007, S. 121 BFH/NV 2006, S. 1968

BFH v. 22.6.2006

Az. VI R 21/05

BStBl. II 2006, S. 915

BFH v. 10.5.2006

Az. IX R 82/98

BStBl. II 2006, S. 669 BFHE 213, S. 487

BFH v. 4.5.2006

Az. VI R 19/03

BStBl. II 2006, S. 832 BFHE 213, S. 381

BFH v. 28.3.2006

Az. VI R 24/03

BFH/NV 2006, S. 1207 DStR 2006, S. 888

BFH v. 15.2.2006

Az. VI R 92/04

BFH/NV 2006, S. 883

BFH v. 14.9.2005

Az. VI R 148/98

BStBl. II 2006, S. 532 BFHE 210, S. 443

BFH v. 7.9.2005

Az. VIII R 90/04

BFH/NV 2006, S. 173

BFH v. 18.8.2005

Az. VI R 32/03

BStBl. II 2006, S. 30

BFH v. 18.8.2005

Az. VI R 7/03

BFH/NV 2006, S. 271

BFH v. 18.8.2005

Az. VI R 32/03

BStBl. II 2006, S. 30

BFH v. 23.6.2005

Az. VI R 124/99

BStBl. II 2005, S. 766 BFHE 209, S. 549

BFH v. 2.3.2005

Az. VI R 36/01

BFH/NV 2006, S. 33

BFH v. 7.12.2004

Az. VIII R 70/02

BStBl. II 2005, S. 468 BFHE 208, S. 546

BFH v. 6.10.2004

Az. X R 36/03

BFH/NV 2005, S. 682

BFHE 210, S. 420 BFHE 210, S. 420 DStRE 2005, S. 1440

BFH v. 19. 8. 2004

Az. VI R 33/97

BStBl. II 2004, S. 1076 BFHE 207, S. 230

BFH v. 7.7.2004

Az. VI R 29/00

BStBl. II 2005, S. 367 BFHE 208, S. 104

BFH v. 26.6.2003

Az. VI R 112/98

BStBl. II 2003, S. 886 BFHE 203, S. 53

BFH v. 28.1.2003

Az. VI R 48/99

BStBl. II 2003, S. 724 BFHE 201, S. 283

BFH v. 9.10.2002

Az. VI R 164/01

BStBl. II 2003, S. 373 BFHE 200, S. 354

BFH v. 18.9.2002

Az. VI R 134/99

BStBl. II 2003, S. 371 BFHE 200, S. 289

BFH v. 27.8.2002

Az. VI R 63/97

BStBl. II 2002, S. 881 BFHE 200, S. 243

BFH v. 17.10.2001

Az. I R 103/00

BStBl. II 2004, S. 171 BFHE 197, S. 68

BFH v. 30.5.2001

Az. VI R 123/00

BStBl. II 2002, S. 230 BFHE 195, S. 376

Entscheidungsverzeichnis

229

BFH v. 30.5.2001

Az. VI R 159/99

BStBl. II 2001, S. 815 BFHE 195, S. 364

BFH v. 30.5.2001

Az. VI R 177/99

BStBl. II 2001, S. 671 BFHE 195, S. 373

BFH v. 24.1.2001

Az. I R 119/98

BStBl. II 2001, S. 512 BFHE 195, S. 110

BFH v. 23.1.2001

Az. IX R 24/98

BFH/NV 2002, S. 904

BFH v. 20.12.2000

Az. XI R 32/00

BStBl. II 2001, S. 496 BFHE 194, S. 212

BFH v. 17.7.2000

Az. IX B 57/00

BFH/NV 2000, S. 1471

BFH v. 17.7.2000

Az. IX B 58/00

BFH/NV 2000, S. 1471

BFH v. 26.1.2000

Az. IX R 87/95

BStBl. II 2000, S. 396 BFHE 191, S. 274

BFH v. 16.4.1999

Az. VI R 66/97

BStBl. II 2000, S. 408 BFHE 188, S. 338

BFH v. 23.9.1998

Az. XI R 18/98

BStBl. II 1999, S. 98

BFH v. 26.5.1998

Az. VI R 9/96

BStBl. II 1998, S. 581

BFH v. 24.10.1997

Az. VI R 23/94

BStBl. II 1999, S. 323

BFH v. 22.4.1997

Az. IX R 74/95

BStBl. II 1997, S. 541 BFHE 182, S. 300

BFH v. 08.11.1996

Az. VI R 100/95

BStBl. II 1997, S. 330 BFHE 182, S. 61

BFH v. 22.10.1996

Az. III R 240/94

BStBl. II 1997, S. 346

BFH v. 20.9.1996

Az. VI R 57/95

BStBl. II 1997, S. 144 BFHE 181, S. 298

BFH v. 9.8.1996

Az. VI R 88/93

BStBl. II 1997, S. 97

BFH v. 5.7.1996

Az. VI R 10/96

BStBl. II 1996, S. 545 BFHE 180, S. 441

BFHE 181, S. 76

BFH v. 17.1.1996

Az. XI R 62/95

BFH/NV 1996, S. 527

BFH v. 6.3.1995

Az. VI R 63/94

BStBl. II 1995, S. 471 BFHE 177, S. 116

BFH v. 17.2.1995

Az. VI R 41/92

BStBl. II 1995, S. 390 BFHE 177, S. 105

BFH v. 17.2.1995

Az. VI R 41/92

BStBl. II 1995, S. 390 BFHE 177, S. 105

BFH v. 31.8.1994

Az. X R 170/93

BFH/NV 1995, S. 299

BFH v. 25.11.1993

Az. VI R 45/93

BStBl. II 1994, S. 254 BFHE 173, S. 65

BFH v. 4.6.1993

Az. VI R 95/92

BStBl. II 1993, S. 687 BFHE 171, S. 74

BFH v. 15.1.1993

Az. VI R 32/92

BStBl. II 1993, S. 356 BFHE 170, S. 190

BFH v. 23.10.1992

Az. VI R 62/88

BStBl. II 1993, S. 117 BFHE 169, S. 432

BFH v. 15.5.1992

Az. VI R 106/88

BStBl. II 1993, S. 840 BFHE 168, S. 532

BFH v. 14.5.1991

Az. VIII R 31/88

BStBl. II 1992, S. 167 BFHE 164, S. 516

BFH v. 27.3.1991

Az. VI R 126/87

BStBl. II 1991, S. 720 BFHE 164, S. 266

BFH v. 24.10.1990

Az. X R 161/88

BStBl. II 1991, S. 337 BFHE 162, S. 329

BFH v. 9.3.1990

Az. VI R 48/87

BStBl. II 1990, S. 711 BFHE 160, S. 447

BFH v. 2.2.1990

Az. VI R 15/86

BStBl. II 1990, S. 472 BFHE 159, S. 513

BFH v. 22.7.1988

Az. III R 175/85

BStBl. II 1988, S. 995 BFHE 154, S. 218

BFH v. 11.3.1988

Az. VI R 106/84

BStBl. II 1988, S. 726 BFHE 153, S. 324

BFH v. 21.2.1986

Az. VI R 9/80

BStBl. II 1986, S. 768 BFHE 146, S. 253

BFH v. 7.2.1986

Az. VI R 178/82

BFH/NV 1986, S. 494

230

Entscheidungsverzeichnis

BFH v. 22.3.1985

Az. VI R 26/82

BStBl. II 1985, S. 641

BFH v. 22.3.1985

Az. VI R 26/82

BStBl. II 1985, S. 641

BFH v. 22.3.1985

Az. VI R 170/82

BStBl. II 1985, S. 529 BFHE 143, S. 544

BFH v. 22.3.1985

Az. VI R 26/82

BStBl. II 1985, S. 641 BFHE 143, S. 539

BFH v. 7.12.1984

Az. VI R 164/79

BStBl. II 1985, S. 164 BFHE 142, S. 483

BFH v. 6.4.1984

Az. VI R 103/79

BStBl. II 1984, S. 434 BFHE 141, S. 35

BFH v. 21.10.1983

Az. VI R 198/79

BStBl. II 1984, S. 106 BFHE 139, S. 524

BFH v. 10.6.1983

Az. VI R 176/80

BStBl. II 1983, S. 642 BFHE 138, S. 456

BFH v. 20.5.1983

Az. VI R 39/81

BStBl. II 1983, S. 712 BFHE 138, S. 555

BFH v. 17.9.1982

Az. VI R 75/79

BStBl. II 1983, S. 39

BFH v. 17.9.1982

Az. VI R 137/78

(nicht veröffentlicht)

BFHE 137, S. 13

BFH v. 23.4.1982

Az. VI R 30/80

BStBl. II 1982, S. 500 BFHE 135, S. 515

BFH v. 22.4.1982

Az. III R 135/79

BStBl. II 1982, S. 496 BFHE 135, S. 512

BFH v. 19.2.1982

Az. VI R 151/78

(nicht veröffentlicht)

BFH v. 7.8.1981

Az. VI R 53/84

BStBl. II 1987, S. 822 BFHE 150, S. 555

BFH v. 17.7.1981

Az. VI R 205/78

BStBl. II 1981, S. 773 BFHE 133, S. 553

BFH v. 24.2.1981

Az. VIII R 109/76

BStBl. II 1981, S. 707 BFHE 133, S. 375

BFH v. 28.11.1980

Az. VI R 193/77

BStBl. II 1981, S. 368 BFHE 132, S. 431

BFH v. 18.11.1980

Az. VIII R 194/78

BStBl. II 1981, S. 510 BFHE 132, S. 522

BFH v. 13.2.1980

Az. I R 17/78

BStBl. II 1980, S. 303 BFHE 129, S. 565

BFH v. 09.6.1978

Az. VI R 197/75

BStBl. II 1978, S. 532 BFHE 125, S. 260

BFH v. 15.12.1977

Az. VI R 150/75

BStBl. II 1978, S. 239 BFHE 124, S. 190

BFH v. 12.11.1976

Az. VI R 214/74

BStBl. II 1977, S. 181 BFHE 120, S. 494

BFH v. 10.9.1976

Az. VI R 80/74

BStBl. II 1977, S. 178 BFHE 120, S. 465

BFH v. 13.4.1976

Az. VI R 216/72

BStBl. II 1976, S. 694 BFHE 119, S. 247

BFH v. 05.3.1976

Az. VI R 76/73

BStBl. II 1976, S. 392 BFHE 118, S. 434

BFH v. 24.1.1975

Az. VI R 242/71

BStBl. II 1975, S. 340 BFHE 114, S. 496

BFH v. 19.7.1974

Az. VI R 114/71

BStBl. II 1975, S. 181 BFHE 114, S. 28

BFH v. 13.3.1974

Az. VI R 212/70

BStBl. II 1974, S. 411 BFHE 112, S. 150

BFH v. 10.3.1972

Az. VI R 278/68

BStBl. II 1972, S. 596 BFHE 105, S. 348

BFH v. 8.3.1968

Az. VI R 175/66

BStBl. II 1968, S. 435 BFHE 92, S. 8

BFH v. 28.10.1966

Az. VI 345/65

BStBl. III 1967, S. 34 BFHE 87, S. 84

BFH v. 26.8.1966

Az. VI 248/65

BStBl. III 1966, S. 659 BFHE 86 ,S. 783

BFH v. 22.2.1963

Az. VI 165/61 U

BStBl. III 1963, S. 306 BFHE 76, S. 843

BFH v. 2.3.1962

Az. VI 79/60 S

BStBl. III 1962, S. 192 BFHE 74, S. 513

BFH v. 10.5.1960

Az. I 205/59 U

BStBl. III 1960, S. 335 BFHE 71, S. 233

BFH v. 27.3.1958

Az. VI D 1/57 S

BStBl. III 1958, S. 258 BFHE 66, S. 670

Entscheidungsverzeichnis

231

BFH v. 7.10.1954

Az. IV 405/53

BStBl. III 1955, S. 17 BFHE 60, S. 45

BFH v. 13.5.1954

Az. IV 197/53

BStBl. III 1954, S. 225 BFHE 59, S. 45

5. Entscheidungen des Reichsfinanzhofs RFH v. 26.11.1943

Az. III 58/43

RStBl. 1944, S. 206

RFH v. 5.1.1939

Az. IV 31/38

RStBl. 1939, S. 299

RFH v. 24.10.1934

Az. VI A 141/34

RStBl. 1935, S. 335

RFH v. 15.5.1929

Az. VI A 764/29

RStBl. 1929, S. 412

6. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs BGH v. 12.10.2005

Az. IV ZR 162/03

BGHZ 164, S. 297

VersR 2005, S. 1565

BGH v. 17.6.2004

Az. III ZR 271/03

BGHZ 159, S. 334

VersR 2004, S. 1029 NJW 1990, S. 2560

BGH v. 6.7.1990

Az. 2 StR 549/89

BGHSt 37, S. 106

BGH v. 11.7.1957

Az. 4 StR 160/57

BGHSt 10, S. 369

7. Entscheidungen des Bundessozialgerichts BSG v. 19.9.1974

Az. 8 RU 236/73

BSGE 38, S. 127

NJW 1975, S. 607

BSG v. 26.5.1966

Az. 2 RU 61/64

BSGE 25, S. 49

BSG v. 25.8.1960

Az. 11 RV 1368/59

BSGE 13, S. 40

SB 1961, S. 16

BSG v. 14.7.1955

Az. RV 177/54

BSGE 1 , S. 150

NJW 1956, S. 118

8. Entscheidungen der Oberlandesgerichte OLG Hamburg v. 15.2.2000

Az. 9 U 174/98

VerBAV 2000, S. 163

OLG Celle v. 23.2.1994

Az. 11 U 79/93

VersR 1994, S. 856

9. Entscheidungen der Finanzgerichte Sächsisches FG v. 1.2.2006

Az. 2 K 1955/04

(nicht rechtskräftig)

FG Köln v. 10.5.2005

Az. 5 K 135/96

EFG 2005, S. 1105

FG Berlin v.13.12.2004

Az. 9 K 9090/03

Niedersächs. FG v. 10.10.2003 Az. 11 K 191/03

EFG 2005, S. 1354 EFG 2004, S. 901

FG Köln v. 17.12.2002

Az. 8 K 9251/98

EFG 2003, S. 571

FG Köln v. 17.12.2002

Az. 8 K 9357/98

(nicht veröffentlicht)

FG Köln v. 21.3.2002

Az. 15 K 5161/95

EFG 2002, S. 905 (n.rk.)

Sächsisches FG v. 25.4.2001

Az. 5 K 1102/99

EFG 2001, S. 1045

Hessisches FG v. 14.3.2000

Az. 10 K 5969/97

EFG 2000, S. 1001

232

Entscheidungsverzeichnis 10. Entscheidungen der Landgerichte

LG Hamburg v. 23.7.1998

Az. 322 O 261/97

VerBaV 1998, S. 327

NVersZ 1999, S. 32

KG Berlin v. 3.6.1994

Az. 5 Ws (B) 192/90

VerBaV 1995, S. 129

VersR 1995, S. 445

LG Heidelberg v. 31.5.1989

Az. O 126/88 KfH II

BB 1989, S. 1845

Personen- und Sachverzeichnis

ABC-Tabelle 24 Abgabeort 180, 190 Adäquanztheorie 53, 56 Akquisitionsaufwand 114 Aktuar 181 Alkoholfahrt 62 Annahmepolitik 109 f. Annehmlichkeiten 29 ff. Annehmlichkeitenrechtsprechung 30, 84, 172 Äquivalenztheorie 49, 57 Arbeitgeberbegriff – steuerlicher 179 – weiter 177 Arbeitnehmerpflichten 195 Arbeitnehmerbegriff, steuerlicher 26 Arbeitskraft – individuelle 172 – kollektive 152 Arbeitslohnbegriff 24 Arbeitsraum 146, 197 Aufteilungs- und Abzugsverbot 43, 150 Ausgabenseite 35 – Kausalitätsdogmatik 35 Ausgleich-im-Kollektiv 96 Ausgleich-im-Kollektiv-Effekt 96, 105 Ausgleich-in-der-Zeit-Effekt 111, 118 Beamtenhilfswerk 142 Beamtenproblematik 141 Beamtenrabatt 107 Beamtentarif 208 Bearbeitungsaufwand 115 Bedingungslehre 49 Begünstigungsverbot 119, 124 – Bindung der fVV 158 – Wirksamkeit 121 Belegschaftsgeschäft 21, 87 f.

Beratungsqualität 137 Bereicherung, objektive 152 Beruf 44 Bestechungsgelder 46, 85 Betreuungsklausel 207 Betriebsausgaben 32 Betriebsrat 178 Betriebsstättenfinanzamt 201 Betriebswirtschaftslehre, allgemeine 104 Beweislastumkehr 199 Bewertung 174 Bewertungsproblematik 174 Bewertungsvorschrift 28 Bruttorisikoprämie 105 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 119 Bundesaufsicht 123 Bundesdatenschutzgesetz 195 Captive 166 Captive Insurance Company 166 conditio sine qua non-Formel 37, 50, 117 f., 143 Datenbeschaffung 111 Diagnoserisiko 111 Dienstverhältnis 44, 75 Dispositionsmaxime 189 Dreher 132 Dritter 25, 27 Drittzuwendung 46 – Beurteilungsperspektive 83 Drittzuwendungen 79 – Rechtsprechung 79 Effizienzgewinn, volkswirtschaftlicher 103 Einheitsprinzip 112

234

Personen- und Sachverzeichnis

Einheitsprodukt 112 Einkommensteuersystem, synthetisches 46 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 23 Einkünftedualismus 39 Eintrittswahrscheinlichkeit 90 Entindividualisierungsgedanke 152 Erkennenkönnen 198 Erkenntnismöglichkeit 46, 192, 199 Ermächtigungsgrundlage, nicht ausreichende 24 Exkulpationsmöglichkeit 201 Fahrlässigkeit 58 Fahrrad 90 Finale Handlungslehre 53, 58 Finalisten 37 Firmenverbundene Vermittler 154 f. Free-Rider Problem 125 Frucht der Arbeitsleistung 42 Fundamentalprinzip 73 Gefahrengemeinschaft 92 Gelegenheitsgeschenke 29 f. Gemeinschaftsbetrieb, arbeitsrechtlicher 178 Genehmigungspflicht 185 Gewinnausschüttung, verdeckte 163 Gleichbehandlungsgebot 119 Gleichbehandlungsgesetz, allgemeines 125 Gleichbehandlungsgrundsatz 121, 134, 182 Grundkonzept, kausalrechtliches 29 Gruppe, homogene 89 Gruppenversicherung 87, 149 Handlungslehre, finale 53 Handlungsunwert 202 Hochschulabsolventen 161 homogene Gruppen 89 Informationsdefizit 32 Inkasso 143 Inländerdiskriminierung 135 Jüptner 68

Kartellabsprache 130, 133 Kausalisten 36 Kausalität – alternative 52, 196 – hypothetische 52, 206 – kumulative 52 – objektiv-synallagmatisch 42, 141 – subjektiv-personale 42, 141 – überholende 51 – unterbrechende 50 Kausalitätsprinzipien 49 Kausalitätstheorien 49 Kausalzusammenhang 23 Kennenmüssen 198 Kern- und Hofbereich 68 Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes 46 Komplett-fVV 156 Konzernkennziffern 165 Körperschaftssteuer 163 Korrespondenzgrundsatz 32 Kundenkontakt 145 Landesaufsicht 123 Legalitätsprinzip 188 Leistungsfähigkeitsprinzip 26, 73 Leistungsmittler 157 lex assecurantia 172 Lohnsteuer 174 Lohnsteuerabzug 29 Lohnsteuerabzugsverfahren 24, 190 Lohnsteuerdurchführungsverordnung 24 Lohnzahlung – echte 157 – unechte 157 Mantel-fVV 156 Markteinkommensprinzip 74 Markteinkommenstheorie 39 Marktseinkommensprinzip 73 Markttransparenz 137 Marktvergleich, allgemeiner 180 Mehrfacharbeitsverhältnis 192 Meng 131 Mitwirkung – durch Betriebsrat 142, 208 – durch den Arbeitgeber 127 – durch Gruppenverträge 149 – durch Personalrat 142 f., 209

Personen- und Sachverzeichnis – durch Rahmenverträge 149 – ohne Arbeitgeber 141 Mitwirkungsrecht 187 Moral hazard 101 Nettorisikoprämie 90, 105 Nettotarif 139 nulla poena sine lege 136 Öffentlicher Dienst 109, 171, 186 Öltankversicherung 113 Organschaft 164 Paketlösung 112 Paritätische Kommission 155 Preispolitik 107 Prinzip der Quadratwurzel 95 Profit-Center 165 Provision 128 Provisionsabgaben 129 Provisionsabgabeverbot – Bindung der fVV 158 – Stellungnahme 137 – Unkenntnis 138 – Wirksamkeit 130 Provisionsverzicht 129 – beim fVV 160 Quantilprinzip 105 Quersubventionierung 123 Rabatt 106 Rahmenvertrag 149 Rahmenverträge 87 Realkonkurrenz 28 Re-Distribution 89 Reinvermögenszugangstheorie 39, 76 Reiseveranstalter 131 Risiken, voneinander unabhängige 101 Risiko, biometrisches 146 Risikoausgleich im Kollektiv 89, 92, 100 Risikofaktoren 106 Risikoklassifikation 106 Risikomix 109 Risikoselektion 110 Risikotransformation 89, 102 Risikotransformationstheorie 89

235

Rückkaufswert 115 Rückversicherer 102 Sachaufwendungen 35 Sammelinkasso 144 Sammelversicherung 87 Schadenbearbeitung 162 Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers 47 Schadenserwartung 90 Schadenserwartungswert 96 Schadenshöhe, durchschnittliche 90 Schadensverteilung, einfache 100 Schutzzweck der verletzten Norm 53 Seibold 68 f. Selbsthilfeeinrichtung 210 Selbsthilfeeinrichtung, unabhängige 141 Sicherheitskapital 96 Sicherheitszuschlag 96 Sitzlandbehörde 124 Sitzlandstaat 134 Söhn 70 Solvenz 115 Sondermarkt 150 Sondermärkte 104 – Bildung 108 Sondervergütungen 119, 129 Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns 159 Sozialversicherung 54 Spartentrennung 176, 193 spreading of risks 102 Standardabweichung 90 Sterbetafel 146 Stornokosten 115 Streikgelder 46 Streikunterstützungen 85 Symmetrie, kausalrechtliche 46, 49 Synergieeffekt 192 System des Steuerrechts 71 Tarif 106 Tariffaktoren 106 Tarifierungsparameter 147 Tarifkalkulation 106 Tarifkonstruktion 106 Tarifmodell 105 f. Terminologie des Einkommensteuergesetzes 23

236

Personen- und Sachverzeichnis

Theorie der Versicherungsbetriebslehre 104 Theorie von der wesentlichen Bedingung 54 – Übertragbarkeit 60 Tiedtke 65 Tipke 71 Todesfallrisiko 147 Totalitätsprinzip 73, 76 Trinkgelder 46 Unternehmen, konzernangehöriges 176 Unternehmen, verbundenes 180 Untersuchungsgrundsatz 202 Untersuchungsmaxime 188 Varianz 91 Veranlassung 37 Veranlassung, final-kausale 37 Veranlassungsprinzip 31, 36, 38, 41 f., 46 f., 49 f., 57, 62 f., 71 ff., 77 f., 80, 142, 151, 219 Veranlassungszusammenhang 37, 44, 47, 60 f. 82, 86, 223 – zwischen Leistung und Dienstverhältnis 151 Verbandsdaten 112 Verbandsstatistiken 106 Verbot von Sondervergütungen 129 Verbundtarif 170 Verflechtung – tatsächliche 164 – wirtschaftliche 164 Vergleichspreis 186 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 187, 199

Verifikationsdefizit, faktisches 122 Verifikationsmöglichkeit, behördliche 188 Vermittler, firmenverbundener 21 Vermittlungsprovision 127 Verschulden 62 Versicherungsbetriebslehre 104 Versicherungseffekt 2. Ordnung 89 Versicherungseffekte 1. Ordnung 89 Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 96, 166 Vertrauensleute 161 Vollzugsprinzip 73 Vorschaltbestimmung 29 Vorsorgeuntersuchung 30 Vorsorgeuntersuchungsurteil 41, 151 VVG Reform 115 Welzel 54 Werbeaufwand 114 Werbungskosten 23 Wertungsgesichtspunkte, soziale 62 Wesentlichkeit, Zeitpunkt 67 Wesentlichkeitstheorie 71, 142, 145 f., 157 Wiesbadener Vereinigung 133, 139, 156 windfall profit 33, 60, 171 f. Wissenszurechnung 197 Wohlfahrtseinrichtung 158 Zufallsbereinigung 106 Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft 41 Zusammenhang, multikausaler 60