Die Staatensukzession in multilaterale Verträge: Eine Darstellung der Praxis der Gebietsnachfolger Frankreichs in Afrika [1 ed.] 9783428419180, 9783428019182

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Die Staatensukzession in multilaterale Verträge: Eine Darstellung der Praxis der Gebietsnachfolger Frankreichs in Afrika [1 ed.]
 9783428419180, 9783428019182

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RAINER GOERDELER

Die Staatensukzession in multilaterale Verträge

Schriften zum Völkerrecht Band 9

Die Staatensukzession in multilaterale Verträge Eine Darstellung der Praxis der Gebietsnachfolger Frankreichs in Afrika

Von Dr. Rainer Goerdeler

DUNCKER & HUMBLOT/BERLIN

Alle Rechte vorbehalten

@ 1970 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1970 bei F. Zimmermann & Co., Berlin 30

Printed in Germany

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Februar 1967 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München als Dissertation angenommen worden. Die jetzige Fassung enthält neben geringfügigen Korrekturen nur insoweit Veränderungen, als sie zeitlich auf den neuestenStand der erreichbaren Quellen gebracht wurde. Berücksichtigt ist auch die Neuauflage von O'Connells Werk "State Succession in Municipal and International Law", der mit Abstand gründlichsten Untersuchung auf diesem Gebiet. Das Gesicht der Schrüt wird durch zwei Tatsachen wesentlich bestimmt: Einerseits die erdrückende Fülle an Stoff, der in den Untersuchungsbereich fälltl. Das Material umfaßt die durch mehrseitige völkerrechtliche Verträge begründeten Rechtsverhältnisse, die für die im Titel bezeichnete Region bestimmend sind. Der heutige Umfang des Völkervertragsrechts geht erheblich über das hinaus, was der vielfach allein mit seiner nationalen Rechtsordnung befaßte Jurist sich vorzustellen vermag. Schon der Vergleich der jährlich im BGBI. der BRD veröffentlichten internationalen Instrumente (Teil II) mit der nationalen Gesetzgebung (Teil I) zeigt das regelmäßige Oberwiegen der völkerrechtlichen Texte. Das BGBl. ist aber nur eine, und nicht die bedeutendste, Quelle der vorliegenden Arbeit'. Andererseits werden die rechtserheblichen Fakten nur sehr unvollständig und verspätet in den allgemein zugänglichen internationalen 1 Die Schwerpunktverlagerung vom Gewohnheits- zum Vertragsrecht ist kennzeichnend für die Entwicklung des modernen Völkerrechts, dabei gewinnen vor allem die multilateralen Abkommen zunehmend an Bedeutung, s. Berber, VR, I, S. 64; Brierty, "Regles generales du droit de Ia paix" in RC 1936, IV, S. 97 ff.; Cavare, DIPP I, S. 204 ff.; Dahm, VR I, S. 18, 20; Fenwick, I.L., S. 96; Jenks, "State succession in respect of law-making treaties" in BYB 1952, S. 105 ff.; Kunz, "Völkerrecht, allgemein", WB III, S. 617 f., 630; Lachs, "Le developpement et les fonctions des traites multilateraux" in RC 1957, II, S. 229 (234 ff.); McNair, "The funktions and differing legal character of treaties" in BYB 1930, S. 105 f., 115 f.; Oppenheim-Lauterpacht, I.L. I, S. 27f.; Prakash-Sinha, "New nations and the law of Nations", S. 83; Vetlas, DIP, S. 97 f. 2 Zu den übrigen benutzten Quellen s. das Literaturverzeichnis, Tell: Vertragssammlungen.

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Vorwort

und nationalen Sammlungen völkerrechtlicher Quellen wiedergegeben. So enthält die Vertragssammlung der Vereinten Nationen (UNTS) bis heute weder die Charta der UN, noch die Satzung ihrer Ernährungsund Landwirtschaftsorganisation. Bei im übrigen ähnlichen Mängeln ist das französische "Journal Officiel", das für den Untersuchungsbereich besonders bedeutsam sein sollte, nicht systematisch geordnet. Vor allem fehlt in ihm eine Wiedergabe der grundlegenden Rechtshandlungen aller Drittstaaten, also auch des Standes der jeweiligen Vertragspartner der multilateralen Abkommen3, ein für den Arbeitsbereich elementares Manko. Die Schwierigkeit, sich alle notwendigen Informationen und authentischen Texte zu beschaffen, ist für den einzelnen Verfasser einer Übersicht, wie der vorliegenden, aus zeitlichen wie finanziellen Gründen unüberwindlich. Der Gedanke, mit den Regierungen der achtzehn Neustaaten des Untersuchungsbereichs, mit den Sekretariaten von über hundert Organisationen und mit den Depositaren von mehreren hundert Verträgen direkten Kontakt aufzunehmen, verbot sich- für die Person des Autors zumal - von vornherein. Dies erhellt auch der wenig ermutigende gegenwärtige Stand der kooperativ betriebenen wissenschaftlichen Forschung. An Veröffentlichungen der angesehensten Vereinigungen des Fachbereichs, die Studienkommissionen zu dem Thema "Staatensukzession" eingesetzt haben, liegen vor: a) bisher keine von seitender 15. Kommission des "Institut de Droit International" (Thema: "Le sort des traites en cas de creation d'un nouvel Etat aux depens d'un Etat preexistant)'; b) erste Arbeitsunterlagen von seiten der "International Law Commission" der UN (Subcommittee on the Succession of States and Governments)11 ; s Vgl. die ausführliche Untersuchung und bissige Kritik der Publikationspraxis des Qual d'Orsay durch das Seminar unter Leitung Le Roys. Die Ergebnisse sind in dem Artikel "La Publication des engagements lnternatlonaux de la France" in AFDI 1962, S. 888 ff. (900 f.) wiedergegeben. 4 Vgl. Annuaire, Sessionen. Salzburg (1961), Bd. II, S. 564 und Inhaltsverzeichnis, Brüssel (1963), Bd. II, S. 503 und Inhaltsverzeichnis, Warschau (1965), Bd. II, S. 403 und Inhaltsverzeichnis. II Vgl. das YBILC 1963, II, S. 260 ff., die Memoranden von Etias, Tabibi, Rosenne, Castren, Bartos und Lachs lassen als erste Hauptschwierigkeit schon die thematische Abgrenzung der Staatensukzession von den Fällen der Regierun~l erkennen. Der Streit um die Einbeziehung hat die Arbeit des Komitees offenbar längere Zelt behindert. Die weiteren Jahrbücher der ILC bringen keine Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe.

Vorwort

7

c) ein materialreicher Zwischenbericht der "International Law Association" {"Committee on State Suc~ cession to treaties and other governmental obligations"), der jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder besondere Genauigkeit erheben kann8 • Von den im Auftrag des Generalsekretariats der UN herausgegebenen Memoranden über das Recht der Staatensukzession, umfaßt außer dem kurzen Dokument über die Mitgliedschaft in der UNO (A/CN.4/149 and ADD.1)1, nur dasjenige über die allgemeinen multilateralen Ver~ träge, für die der SG Depositar ist (A/CN. 4/150) 8, die neueren Fälle der Dekolonialisierung, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Da~ gegen enthalten die Digests der Entscheidungen internationaler (A/CN. 4/151)9 und nationaler Gerichte (A/CN. 4/157)1° im wesentlichen nur historische Fälle aus älterer Zeit, die nicht mit der Entkolonisierung im Zusammenhang stehen. Aus der dargestellten Unzulänglichkeit des allgemeinen Arbeitsmaterials, auf das der Autor angewiesen ist, folgt notwendig eine entsprechende Lückenhaftigkeit der Arbeit. Zugleich ergibt sich daraus, daß eine Ordnung nicht nach der Bedeutung vorgenommen werden konnte, die den untersuchten völker~ rechtlichen Verträgen in ihrer sozialen Wirkung11 zukommt. Wegen fehlenden Materials mußten fundamentale Instrumente, wie die Haager Abkommen von 1899 und 1907 12 sowie andere, besonders kriegsrechtliehe Verträge unberücksichtigt bleiben13• e ILA, "The Effect of Independence on Treaties"; es handelt sich um die bisher neueste Zusammenfassung der Ergebnisse, durch die frühere Publikationen ersetzt werden. 1 Das Memorandum ist abgedruckt in YBll..C 1962, II, S. 101 ff. Aus Gründen der Arbeitsökonomie wird daher in der vorliegenden Arbeit auf dieses Thema nicht mehr eingegangen. a Das Memorandum ist wiedergegeben in YBILC, aaO, S. 106 ff. o Abgedruckt in YBll..C, aao, s. 131 ff. 10 Abgedruckt in YBILC 1963, II, S. 95 ff. 11 Im Rahmen der Untersuchung wurde daher keine Differenzierung in dieser Hinsicht vorgenommen. Ferner blieben bedeutsame Übereinkommen wie z. B. die vier der Genfer Seerechtskonferenz vom 29. 4. 1958, oder das Moskauer Teststopabkommen vom 5. 8. 1963 u. a. m. von vornherein unberücksichtigt, weil sie aus zeitlichen oder anderen Gründen für Sukzessionen im Untersuchungsbereich nicht in Betracht kamen. 1! Zur Frage der Rechtsnachfolge in die Haager Abkommen liegt Material nur vor hinsichtlich der beiden I. gleichnamigen "Konventionen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle" vom 29. 7. 1899 (Text: Martens, NRG 2e ser., Bd. XXVI, S. 920) und vom 18. 10. 1907 (Martens, NRG 3e ser., Bd. III, S. 360), und zwar bei Bardonnet, "L'etat des ratifications des conventions de la Haye de 1899 et de 1907 sur le reglement pacifique des conflits internationaux" in AFDI 1961, S. 726 ff., der allerdings nur Sukzessionsfälle außerhalb des Untersuchungsbereichs behandelt. Ergänzend ergeben die Aufsätze von Francois in der NT 1961, S. 62 f.; 1962, S. 268 (keine Verände-

Vorwort

8

Der Fehlbereich ist auf Grund der spezifischen örtlichen Verhältnisse größer ausgefallen, als das am Sitz umfassender internationaler Bibliotheken der Fall gewesen wäre. Diese Tatsache ist dem Verfasser besonders schmerzlich bewußt, da er die gewissenhafte Erfassung des vorhandenen rechtserheblichen Tatsachenmaterials für das zur Zeit vordringliche Anliegen hält. Gegenüber der wissenschaftlichen Durchdringung ist sie ein kleiner und unbedeutender Schritt, aber notwendig der erste. In der Sammlung und rudimentären Ordnung des Stoffes sieht der Autor der Untersuchung die ihm gestellte Aufgabe. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. F. J. Berber, unter dessen fachlicher Betreuung die Arbeit entstanden ist. Ferner haben mir hilfreich zur Seite gestanden die Assistenten am Institut für Völkerrecht der Universität München, Herr Dr. Randelzhofer und Herr Assessor Schmitt. München, im Juli 1968.

Reiner Goerdeler

rungen bis Ende 1965 nach Jg. 1966, S. 37) und das BGBl. 1962, II, S. 860, daß Kamerun und Obervolta Vertragsparteien sind. Der verfahrensrechtliche Weg ist aus jenen Quellen nicht ersichtlich. Laut "Fundstellennachwels B" zum BGBl., S. 79 Fn. 1 sind Erklärungen über die Weiteranwendung abgegeben worden. 13 Das Stillschweigen der Neustaaten zur Sukzessionsfrage in diesem Bereich mag zu einem guten Teil auf der spezifischen Problematik um die heutige Geltung und Reichweite der kriegsrechtliehen Abkommen beruhen, die - überwiegend älteren Datums (vgl. die Aufzählung der wesentlichsten Texte bei Berber, VR li, S. 74 ff.) - von der technisch-wissenschaftlichen Entwicklung und der kriegsrechtliehen Praxis in vielen Punkten überholt sind, s. Kv.nz, "Kriegsrecht im allgemeinen", in WB, li, S.356ff. und "The chaotic status of the laws of war and the urgent necessity for their revision" in AJ 1951, S.37ff.; Fenwick, I.L., S. 657ff.; Greenspan, "The modern law of land warfare", S. 20 ff. mit weiteren Nachweisen; zum Luft- und Seekriegsrecht Berber, VR, II, §§ 32, 33.

Inhaltsverzeichnis Einleitung 1. Die grundlegende rechtliche Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2. Charakteristische Merkmale des Untersuchungsbereiches . . . . . . . . . . 24

Tell A Die SOzlalordnang Kapitel I: Sozialhumanitäre Abkommen...... . ...... . ..... ... ........ .. 37 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Die Konvention über Sklaverei und Menschenhandel . . . . . . . . . . . . . . Die Abkommen zur Bekllmpfung der Rauschgifte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die vertragliche Ordnung des Flüchtlingswesens . . . . . . . . . . . . . • . • . . Die universalen Hilfsorganisatlonen (Welthllfsverband und UNICEF) Das Abkommen über politische Rechte der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kriegsrechtliche Abkommen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . Das 17ölkertnordabkoDlDlen ................ . ...............•. . .....

37 46 52 58 60 62 68

Kapitel II: Die sanitäre Ordnung .. .. .. .. .. . . . .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . 70 1. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . 70 2. Die materielle Gesundheitsordnung . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . .. . .. . .. . .. . 72

Kapitel III: Die internationale Arbeitsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Die internationale Arbeitsorganisation (ILO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Regionale Ordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Kapitel IV: Die Ernährungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisationen der 17ereinten Nationen (FAO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Spezialorganisationen mit Sonderbeziehungen zur F AO . . . . . . . . . . . . 90 3. Die materielle Vertragsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

10

Inhaltsverzeichnis TeilB

Die Kulturordnung Kapitel I: Die Organisation der Vereinten Nationen für Kultur und

Erziehung (UNESCO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

1. Das Organisationsrecht ...................... ...................... 102 2. Die materielle Vertragsordnung ........ . ... . ..................... 109

Kapitel 11: Die Berner Übereinkunft ........... . ...................... 112

1. Inhalt der Fortgeltungserklärung en .......... . ..................... 2. Zeitliche Wirkung ............... . ................... . ............ 3. Sachliche Tragweite ........•............ .................. . ...... 4. Rechtsnatur ...................... ...................... ........... 5. Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 116 117 117 118

Kapitel 11I: Die Pariser Verbandsübereinkunf t ................ . ... . ... 121

1. 2. 3. 4.

Allgemeine Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Sonderunionen zur Pariser Verbandsübereinkunf t . . . . . . . . . . . . Das Internationale Patentinstitut Materielle regionale Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121 127 129 129

Kapitel IV: Sonstige wissenschaftliche Organisationen ................ 131

1. Die Weltorganisation für Metereologie (WMO) 2. Die internationale Atomenergiebehörde (IAEA)

131 133

Teil C

Die Wirtschaftsordnung Kapitel I: Die Finanzorganisationen ...................... ............ 135

1. Weltwährungsfonds (IMF) und Weltbank (IBRD) .................. 2. Die internationale Finanz-Korporation (IFC) .......... . ........... 3. Die internationale Entwicklungsorganisa tion (IDA) . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Sonderfonds der~ ...................... ....................

135 138 138 139

Inhaltsverzeichnis

11

Kapitel 11: Das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen ................ 140

1. Das Organisationsrecht ........... ......... . ....................... 140

2. Der materielle Vertragsbereich ............. . ...................... 146

Kapitel 111: Das Recht der europäischen Gemeinschaften ................ 149

1. Die europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ............. . .... 149 2. Die europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) ............ .. .... 156 3. Die europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) . . . . . . . . 158

Kapitel IV: Die Zollabkommen ..................................... ... 159

1. Der Internationale Verein für die Veröffentlichung der Zolltarife .... 2. Das internationale Abkommen und Protokoll zur Vereinfachung der Zollfönnlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vereinbarung betreffend die vorläufige Anwendung der internationalen Zollabkommen über den Touristen-, Nutzfahrzeug- und Warenverkehr auf der Straße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Abkommen über die Gründung eines Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens ........ . ................... 5. Die Konvention über das Zolltarif-Schema für die Einreihung der Waren in die Zolltarife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Das Zollabkommen über Carnets ECS für Warenmuster ............ 7. Das Zollabkommen für die vorübergehende Einfuhr von Wasserfahrzeugen und Luftfahrzeugen zum eigenen Gebrauch . . . . . . . . . . . . 8. Das Abkommen über den Zollwert von Waren . ................... 9. Das Abkommen über die Zollerleichterungen im Touristenverkehr 10. Das Zusatzprotokoll zu§ 9 betreffend die Einfuhr von Werbeschriften und Werbematerial für den Fremdenverkehr .. ... ..... .. ........ . . 11. Das Zollabkommen über die vorübergehende Einfuhr privater Straßenfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Das Zollabkommen über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Das Zollabkommen über Behälter ............ ... ................... 14. Das Abkommen über die Besteuerung von Straßenfahrzeugen zum privaten Gebrauch im internationalen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Das Zollabkommen über den internationalen Warentransport mit Carnets TIR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

159 160 161 162 163 164 165 165 166 166 166 166 166 167 167

12

Inhaltsverzeichnis Teil D Die Verkehrsordnung

Kapitel I: Das internationale Postwesen .............................. 168

1. Der Weltpostverein (UPU) ...................................•.... 168

2. Der afrikanische Postverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Kapitel li: Das internationale Fernmeldewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

1. Der internationale Fernmeldeverein (ITU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

2. Der afrikanische Fernmeldeverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 3. Die Konvention zum Schutze unterseeischer Telegrafenkabel . . . . . . 182

Kapitellii: Internationales Luftverkehrsrecht .......................... 183

1. Öffentliches Luftrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

2. Privates Luftrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Kapitel IV: Internationales Seeverkehrsrecht .......................... 198

1. öffentliches Seerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Privates Seerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Kapitel V: Internationales Landverkehrsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

1. Internationale Rechtsordnung der Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Die internationale Ordnung des Straßenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

TeilE

Die Justizabkommen Kapitel I: Straf- und strafprozeßrechtliche Abkommen ................ 220

1. Das internationale Abkommen zur Bekämpfung der Falschmünzerei 220

2. Das Europäische Auslieferungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3. Das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen 220

Inhaltsverzeichnis

13

Kapitel 11: Handels- und Handelsprozeßrecht

222

1. Die Abkommen zur Vereinheitlichung des Wechselrechts .......... .. 222 2. Die Abkommen zur Vereinheitlichung des Scheckrechts . . . . . . . . . . . . 223

3. Das Europäische Niederlassungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 4. Das übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ...................................... .. 223 5. Das Europäische übereinkommen über die internationale Handelsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . 224

Kapitel III: Zivilprozeßrechtsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Die Haager Konvention über den Zivilprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Das übereinkommen über den Zivilprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Kapitel IV: Personenstandsabkommen .............•.................. 228 1. Das Obereinkommen über die Erteilung gewisser für das Ausland

bestimmter Auszüge aus Personenstandsbüchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

2. Das Obereinkommen über die kostenlose Erteilung von Personen-

standsurkunden und den Verzicht auf ihre Legalisation ........ .. .. 228

3. Das übereinkommen über den internationalen Austausch von Aus-

künften in Personenstandsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

4. Das übereinkommen über die Änderung von Namen und Vomamen 229

Kapitel V: Unterhaltsrecht ........ .. .. .. . .. ... . . . .... .... . .... .. . .. .. . 230 1. Das übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhalts-

ansprüchen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

2. Das Obereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegen-

über Kindem anzuwendende Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

3. Das übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von

Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindem . . . .. ... . . . .. . .. ... ...... . ......................... .. ..... 231

Teil F Schlußbetrachtung

232

Literaturverzeichnis

234

Abkürzungsve rzeichnis am angegebenen Ort anderer Ansicht Abkommen Abk. Keesing's Archiv der Gegenwart AdG Afrique Equatoriale Francaise AEF Annuaire Francais de Droit International AFDI Annuaire de !'Institut de Drolt International AI American Journal of International Law AJ = AJIL allg. allgemein Anmerkung Anm. AOF Afrique Occidentale Francaise AOI Annuaire des Organisations Internationales Auflage Aufl. AVR Archiv des Völkerrechts Bundesanzeiger BAnz Bd(e). Band (Bände) BDGV Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht besonders bes. bestritten bestr. betreffend betr. Bundesgesetzbla tt BGBl. Bureaux Reunis Pour Ia Propriete Intellectuelle BIRPI GATT: Basic Instruments Selected Documents BISD Bundesrepublik Deutschland BRD British Yearbook of International Law BYB beziehungsweise bzw. Cumulative Index der UNTS C.I. Cour Internationale de Justice CIJ Cour Permanente de Justice Internationale CPIJ Com. (Fr.) Communaute (Francaise) DA Le Droit d'Auteur derselbe ders. d.h. das heißt DIP Droit International Public DIPP Droit International Public Positif Dissertation Diss. Document (UN) Doc. Doc. Fr., NED La Documentation Fran> in Jdi (Clunet) 1961, S. 86 ff. (112 ff.); Zemanek in BDGV 5, S. 62 ff.: statt von den Protektoraten konsultiert zu werden (Art. 6 der Protektoratsverträge), hat Frankreich selbständig und ausschließlich das Vertragsschlußrecht für sie ausgeübt.

25

Einleitung Staat: aa) ehemalige Protektorate:

bb) frühere Treuhandgebiete:

Marokko&s (franz. Zone) Tunesien

2. 3.1956 20. 3.1956

Kamerunu (franz. Teil) Togo7o (franz. Teil)

27. 4. 1960

Guinea (Mallföderation)7Z Madagaskar Dahomey Niger Obervolta Elfenbeinküste Tschad Zentralafrikanische Republik Kongo (Bra) Gabun Senegal73 Mali (ex-Sudan)74 Mauretanien

2. 10. 195871 20. 6.1960 26. 6.1960 1. 8. 1960 3. 8.1960 5. 8.1960 7. 8.1960 11. 8.1960 13. 8.1960 15. 8. 1960 17. 8.1960 20. 8. 1960 28. 9. 1960 28. 11. 196075

cc) einstige Kolonien:

dd) algerische Departments:

Unabhängigkeitsproklamation:

Algerien

1. 1. 1960

3. 7. 196276

Die Vertragsformen sind vielfältig und reichen vom ausdrücklichen Ab-

schluß im Namen der Protektorate bis zur bloßen stillschweigenden Ein-

beziehung in den Geltungsbereich der von Frankreich im eigenen Namen mit dritten Völkerrechtssubjekten getroffenen Abkommen, vgl. Rauschning, "Status" S. 175 ff., 185 ff. Dies wird im Rahmen der Untersuchung für die Feststellung der ursprünglichen Zuordnungssubjekte zu berücksichtigen sein. Zwn ehemaligen Status der Protektorate s. u . a .: F. Apelt, "Abhängige Mitglieder völkerrechtlicher Verbände", S. 39 ff. (42); Fauchille, DIP I 1, S. 275, 280 spricht von "mißbräuchlicher und unvollständiger Annexion"; Guggenheim, VR I, S. 253, Fn. 255 von "Unterwerfungsverträgen", die er als "verhüllte Einverleibung" definiert; ebelllSo verneint Winter, aaO, S. 117 f., 128 die Völkerrechtssubjektivität der Protektorate; vorsichtiger bezeichnet Moresca, "Les rapports de droit public entre la metrapole et les colonies, Dominions et autres territoires d'outre-mer" in RC 1936 I, S. 51 ff. (515 f.) diese Betrachtungsweise als formalistisch. Diese Ansichten sind jedoch zu vergröbernd oder unklar. Zutreffend sind dagegen die Darstellungen Rauschnings, "Status" S. 168 ff., 183 f. und Zemaneks in BDGV 5, S. 66 f. sowie "State succession after decolonisation" in

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Einleitung

RC 1965, li, S. 190 ff. (196 ff.), wonach bereits durch die Protektoratsverträge mehr als die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit Tunesiens und Marokkos beseitigt word~n ist. In dem Maße, in dem Frankreich vertragsgemäß oder effektiv die inneren Angelegenheiten der Protektorate wahrnahm (z. B. Verteidigungs-, Ausländerwesen, Fremdengerichtsbarkeit, Polizeigewalt, Kontrolle der marokkanischen Verwaltung), hat es die grundsätzliche Selbstregierung der Protektorate und damit BIUch ihre völkerrechtliche Rechtsund Pflichtfähigkeit verdrängt (vgl. Verdross, VR, S. 357). Die Rechtssubjektivität der Protektorate war folglich auf den Bereich ihrer materiellen Kompetenzen beschränkt. Für eine (begrenzte) Völkerrechtssubjektivität der Protektorate s. das Gutachten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs im "Fall der Staatsangehörigkeitsdekrete in Tunis und Marokko" v. 7. 2.1923, CPJI, ser. B. Nr. 4, p. 'Jfl, dem sich die Völkerrechtslehre ganz überwiegnd angeschlossen hat, so: Brierly, The Law of Nations, S. 125 f.; Cavare, DIPP I, S. 494 f.; Dahm, VR li, S. 130 f.; Kirchschläger, "Protektorat" in WB li, S. 809; Kunz, "Staatenverbindungen", S. 314 und 330 f.; O'ConneU, I.L. I, S. 380 f.; OppenheimLauterpacht, I.L. I, S. 192 f.; Scene, DIP, S. 149; Sereni, "La representation en droit international" in RC 1948 li, S. 73 ff. (108, 128, 131); Sibert, DIP I, S. 156 f.; Verdross, VR, S. 358; Whiteman, Digest I, S. 431 f. 69 Aufgrund eines von den UN beschlossenen Plebiszits (GA Res. 1352 [XIV] vom 16. 10. 1959 und GA Res. 1473 [XIV) vom 12. 12•. 1959), das am 11./12. 2. 1961 durchgeführt wurde, entschied sich der südliche Teil des englischen Treuhandgebiets Kamerun für den Anschluß an die Republik Karnerun (ex-franz. Treuhandgebiet), der am 1. 10. 1961 vollzogen wurde; der nördliche Teil stimmte für die am 1. 6. 1961 vollzogene Eingliederung in die Föderation Nigeria, s. YBUN 1959, S. 369 ff.; 1960, S. 476 f.; 1961, S. 494 f.; AdG 1961, S. 8945 B, 9037 C, 9089 A, 9364 C; Menzel in WB III, S. 451; Whiteman, Digest I, S. 901 ff. (ferner die Darstellung im Prozeßurteil des· Internationalen Gerichtshofs vom 2.12.1963 ("Nordkamerun-Fall"), CIJ, Recueil 1963, p. 15 (21 ff.). 10 Das britische Treuhandgebiet wurde am 6. 3. 1957 unabhängig und aufgrund des Ergebnisses einer Volksabstimmung vom 9. 5. 1956 mit der Kolonie Goldküste zum Staat Ghana vereinigt, s. YBUN 1956, S. 368 ff.; 1957, S. 3'15; AdG 1957, S. 6375 A. 21; Menzel, aaO; Whiteman, aaO, S. 899 ff. 71 Zugrunde gelegt wird das Datum der 5 Tage nach dem Volksentscheid vom 28. 5. 1958 erfolgten Unabhängigkeitsproklamation durch die Republik Guinea. Die Erklärung erfolgte vor der Neuregelung der Beziehungen Guineas zu Frankreich, s. Fischer, "L'independance de la Guinee et les accords franco-guineens" in AFDI 1958, S. 711 ff.; Oppermann in WB I, S. 735; AdG 1958, S. 7315 D, 7323 C. 7! Die Gründung der MaUföderation geht zurück auf einen Versammlungsbeschluß von Vertetern der 4 Staaten Senegal, franz. Sudan, Obervolta, Dahomey der einstigen AOF im Dezember 1958. Näheres zur Entstehung des Bundesstaates s. AdG 1959, S. 7503 A, 7629 A, 7681 C; Cohen, "Legal Problems arising from the dissolution of the Mali Federation" in BYB 1960, S. 375 (~6 f.) mit Nachweisen der Primärquellen; O'Connell, St. Succ. II, S.170f. Eine eingehende juristische Analyse des Weges der Föderation in die Unabhängigkeit und ihres schon 2 Monate später mit der Unabhängigkeitsproklamation Senegals (s. u .) erfolgten Zerfalls gibt Gandolfi, "Naissance et mort sur le plan international d'un etat ephemere: la Federation du Mali" in AFDI 1960, S. 881 ff., der insbesondere die mehrfachen Kompetenzverschiebungen klar herausstellt. 73 Für die Republik Senegal, einen der beiden Gliedstaaten der MaUFöderation, stellt sich mit dem Ausscheiden aus diesem Verband die Frage nach der Rechtsnachfolge in mehrfacher Hinsicht - was in der bisherigen Literatur nicht beachtet worden ist. Die Sukzession in die Vertagsbeziehungen der Föderation ist durch den franz.-senegalesischen Briefwechsel vom 16./19. 9. 1960 positiv gelöst worden,

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Die Beachtung des kolonialen Status der neuen Staaten wird im Laufe der Untersuchung von Bedeutung sein für die Frage, ob ein Wechsel in der Zuordnung der völkerrechtlichen Rechte und Pflichten aus den in Rede stehenden Verträgen stattgefunden hat (Suk:z;essionstatbestandsmerkmal). Die ursprüngliche Zurechnung der vertraglichen Rechtswirkungen bestimmt sich für die Protektorate und MandatsSenegal hat die Rechte und Pflichten aus den Abkommen der Föderation mit Frankreich übernommen, s. RGDIP 1961, "Documents" S. 695 und Jdl (Clunet), "Documents" S. 1234. Ferner wird die Frage der Sukzession vor allem im Bereich der Organisationsverträge von Gandolfi, aaO, S. 903 ff.; Cohen, aaO, S. 377 f. hinreichend erörtert und durchgehend verneint. Unbeachtet bleibt, daß Senegal und Mali sich beide für eine Vielzahl multilateraler obligatorischer Abkommen auf die Sukzession in die Rechtsstellung Frankreichs berufen haben, vgl. neben der späteren Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit die Noten der Staaten an den GS der UN in UN Doc. A/CN 4/150, S.117 f. Nr. 91 + 101. Hier kann es sich konstruktiv nur um einen mehrstufigen Sukzessionsvorgang handeln. Für die Ansicht von einer automatischen Spezialsukzession (s. o. Einleitung, § 1 Mitte) ergeben sich dabei keine Schwierigkeiten: die MaU-Föderation ist kraft Völkergewohnheitsrecht Rechtsnachfolger Frankreichs geworden und mittelbar gilt das gleiche für Senegal und Mali, die ihrerseits "ipso jure" die Nachfolge der Föderation angetreten haben. In der Praxis bestreitet c:Me Republik Mali allerdings Sukzessorin der MaU-Föderation zu sein (S. Fn. 74). Problematisch ist die Lösung für die Vertreter der Ansichten, die dem Willen der Beteiligten Bedeutung für die Sukzessionsfrage beimessen (s. o. Einleitung, § 1). Die Föderation Mali hat während ihres kurzen Bestehens keine Entscheidung getroffen, ein ihr zustehendes Optionsrecht wäre mit ihrem Zerfall erloschen, denn ein Übergang des Wahlrechts ließe sich nur kraft automatischer Sukzession erklären. Die Tatsache, daß Senegal und Mali bereits als Völkerrechtssubjekte mit der Unabhängigkeitserlangung der Föderation entstanden sind (s. Gandolfi, aaO, S. 887 ff.; Cohen, aaO, S. 377), nämlich als nach dem Verfassungsrecht des Bundes völkerrechtsfähige Gliedstaaten, kann ihnen eine unmittelbare Nachfolgemöglichkeit nur im Rahmen der ihnen ehemals nach der Bundesverfassung zustehenden völkerrechtlichen Kompetenzen verschaffen. Der ex-französische Sudan hat den Austritt Senegals aus der MaUFöderation und deren Erlöschen erst am 22.9. 1960 anerkannt. Die Nationalversammlung proklamierte am gleichen Tage die Umbenennung in "Republique dru Mali" und gab sich eine neue Verfassung, s. AdG 1960, S . 8636 C, Gandolfi, aaO, S. 898; Peaslee, "Constitutions of Nations" (3. Au1l.) I, S. 533. Die Republik Mali hat die Rechtsnachfolge in die zwischen Frankreich U!ld der Föderation am 22. 6. 1960 abgeschlossenen 7 "accords de cooperation" ausdrücklich verneint und ist der erneuerten Gemeinschaft ("Communaute conventionelle") ferngeblieben, s. Gandolfi, aaO; Cohen, aaO, S. 382. 75 Die genannten Daten sind für alle Staaten entnommen Borella "L'evolution de la Communaute constitutionelle a la Communwte conventionelle" in AFDI 1960, S. 925 f. (Zusammenstellung S. 951 f., die aucll die übrigen Akte der Staatswerdung und Kompetenzübertragung übersichtlich wiedergibt) und Fouilloux, "La succession aux biens publies fran~ais dans les etast nouveaux d Afrique" in AFDI 1965, S. 885 ff. (S. 886 Fußnote 1) sowie der Aufstellung im !LA-Bericht S. 3 f. (z. T. unzuverlässig). 1a Nach AdG 1962, S. 9964 B; F r owein, "Die Abmachungen von Evian und die Entstehung des algeriscben Staates" in ZaöRV XXIII, S. 21 ff. (48); Fouilloux, aaO; unzutreffend ILA, aaO, S. 3.

1'

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(später Treuhand-)gebiete nach den völkerrechtlichen Instrumenten, die die Rechtsstellung dieser abhängigen Gebiete regelten. Dies waren

für

Tunesien: die franz.-tunesischen Abkommen von Casr Said el Bardo vom 12. 5. 188177 und von la Marsa vom 8. 6. 188378 sowie die Generalkonvention vom 3. 6. 195579; Marokko: der Protektoratsvertrag von Fes vom 30. 3. 191280 und der franz.-spanische Vertrag vom 27. 11. 191281 sowie die Erklärung von La Celle-St. Cloud vom 6. 10. 195582; Kamerun und Togo: die aufgrund Art. 22 der Völkerbundssatzung geschlossenen Abkommen des Rats mit Frankreich vom 20. 7. 192283, 77 Aus der völkerrechtlichen Begründung des Albhängigkeitsverhältnisses darf nicht bereits auf den völkerrechtlichen status der Protektorate geschlossen werden, denn es kommt "nur auf die rechtliche Natur der Verbindung, nicht auf den Rechtsgrund ihrer Entstehung an", zit. aus Berber, VR I, S.139; s. ferner Dahm, VR II, 8.125 mit Nachweisen in Fußnote 17. Das ergibt sich schon a'US der jederzeit möglichen Inhaltsänderung der Rechtsbeziehung. Verdross, VR, S. 197, 251 f., 35'1 weist zutreffend daraufhin, daß hinter der Maske eines völkerrechtlichen "Schutzvertrages" ein völkerrechtliches Abhängigkeitsverhältnis in ein staa1srechtliches umgewandelt werden kann. 78 Martens, NRG, 2 ser. VI, S. 507 und IX, S. 697; Strupp, Doc. II, S. 114 und 116; de Clercq, Recueil XIII, S. 25 und XIV, S. 214. 71 J. 0. v. 6. 9.1955, S. 8909; AVR VII, S.152ff.; AFDI 1955, S. 731 f.; Colliard, "Actualite" II, S. 35. so Martens, NRG, 3 ser. VI, S. 332; Strupp, Doc. II, S. 161. 81 Martens, NRIG, 3 ser. VII, S. 323; Strupp Doc. II, S. 162. 88 Colliard, aaO, und de Laubadere, "Le statut international du Maroc depuis 1955" in AFDI 1956, S. 122 ff. (125 Fußnote 1). 88 Texte: J.O. de la S.d.N. IIIe annee, Noß, 2eme partie, S.874ff., 886ff.; des Togomandates (bis auf die Gebietsabgrenzung in Art. 1 mit dem kamerunischen gleichlautend) bei Colliard, "Droit international et histoire diplomatique", S. 29 ff. Die Frage nach dem rechtlichen Status WaT bereits für die Mandatsgebiete sehr umstritten (statt vieler vgl. Abendroth, "Die völkerrechtliche Stellung der B- und C-Mandate", 4. Kap., insbes. S. 132 ff.), sie blieb es für die Treuhandgebiete. Während eine Ansicht ihnen sogar Staatsqualität zuspricht (Guggenheim, VR I, S. 213 f. unter Berufung auf das Sondervotum Moores im "Mavrommatis-Konzessionen Fall", CPJI, ser. A. NO 2), nimmt eine andere Auffassung positiv völkerrechtliche Rechtsfähigkeit an (Cavare, DIPP I, S. 523; Dahm, VR I, S. 515 f.; Verdross, VR, S. 211 und 593), wälu:_end die wohl überwiegende Meinung von einem eigentümlichen "internationalen Status" spricht (so der IGH in seinem .Rechtsgutachten 2'll.llil "Südwestafrika Fall" v. 11. 7. 1960, CJI, Rec. 1950, S. 128 ff. (138, 141); in der Lehre: Berber, VR I, S.161; Oppenheim-Lauterpacht, I.L. I, S. 226, 23'7; Parry, aaO, 8.182 ff.; Rousseau, DIP, S. 168; Sibert, DIP I, S. 923, 934; Wengler, VR li, S. 1167, 1306) - womit über die Frage der VölkerrechU>fähigkeit nicht eigentlich entschieden ist - schließlich verneint eine Ansicht ausdrücklich die Rechtssubjektivität der Treuhandgebiete (Sereni, aaO, S. 83 und auch die franz. Regierung, s. KISS, Repertoire V, S. 358 (Nr. 616), S. 410 (Nr. 701).

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später die aufgrund des Kapitel XII der UN-Charta getroffenen Vereinbarungen, die die GA der UN am 13. 12. 1946 billigtell4• Hinsichtlich der Kolonien und Algeriens, die als abhängige Gebiete integrierende Bestandteile der Metropole darstellten (vgl. Art. 6 der Verfassung der 1. Republik vom 5. Fructidor des Jahres III85, Art. 109 der Verfassung der 2. Republik vom 4. 11. 184886, Art. 60 und Titel VIII, Abschnitt III der Verfassung der 4. Republik vom 26. 10. 194687 , Art. 1 und Titel XII der Verfassung vom 4. 10. 195888 ; für Algerien die Verordnungen vom 9. 12. 1848 und 24. 10. 1870 sowie das Gesetz vom 24. 12. 190289, ferner das Statut vom 20. 9. 194790 und das InstitutionenDie Zuerkennung der Rechtssubjektivität, d. h. der Fähigkeit Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten zu sein, an die B-Mandate und die aus ihnen hervorgegangenen Treuhandgebiete bietet bereits theoretisch erhebliche Schwierigkeiten: den Territorien fehlte während der gesamten Mandatszeit, wie auch in den .An!ängen der Treubandszeit noch jeder Ansatz zu einer staatsähnlichen Organisation. Sieht man mit dem IGH die UDorganisierte Bevölkerung der Territorien als möglichen Träger völkerrechtlicher Rechte an ("Südwestafrika Fall", aaO, 5.133, 137 f.), so wird man doch ihr nicht die aus völkerrechtlichen Verträgen erwachsenden Pflichten zurechnen können, schon weil sie zu deren Erfüllung nicht imstande war. Als Zuordnungssubjekt kommt inswoeit nur ein Träger von Hoheitsgewalt in Betracht, s. Rauschning, "Status", S. 215. Im Vorgriff auf die Ergebnisse der Untersuchung kann festgehalten werden, daß die Stellung der B-Mandats und Treuhandgebiete hinsichtlich der internationalen Vertragsschlußpraxis sich von der der Kolonien nicht unterscheidet, vgl. auch Kiss, Repertoire V, S. 143 (Nr. 238), 410 ff. (Nr. 701-703), 417 (Nr. 1417, 1418). Die Schutzmacht trat nicht nur allein handelnd auf, sie war auch einzig Partei (= ZurechnungsS~Ubjekt) der eingegangenen Vertragsbindungen, s. Zemanek, BDGV 5, S. 67 ff.; RC 1005 III, S. 204 ff. Diese Praxis ließ sich auch mit den Mandats- und Treuhandverträgen vereinbaren (vgl. deren Art. 4, 6 für erstere; Art. 8, 9 für letztere), die eine den Zielen der Schutzsysteme nicht zuwider laufende Gleichstellung mit den übrigen kolonialen Territorien der Schutzmächte ausdTücklich zuließen. 84 Texte: UNTS 8/135 ff.; 165 ff.; des Togomandats auch bei CoUiard, aaO, s. 3ff. Zu den schwierigen Verfahrensfragen um den Entwurf der Abkommen und dem Streit um ihre Rechtsnatur s. die ausführliche Darstellung bei Whiteman, Digest I, §§ 39 (S. 754 ff.), 42 (S. 839 ff.); Parry, "The legal nature of the trusteeship agreements", in BYB 1950, S. IM ff. 85 Text: BERLIA, "Constitutions", S. 73 ff. 88 Text: BERLIA, aaO, S. 212 ff. 87 Text: BERLIA, aaO, S . 554 ff. 88 Text der Verfassung der V.Republik i.d.F. vom 4. 10. 1958 s. Chatelain, "La nouvelle Constitution et le regime politique de la France", S. 360 ff. 89 Der Status der algerischen Departements, mehrfach in wechselnden Organisationsformen zusammengefaßt, wurde durch eine Vielzahl von Verfassungsvorschriften (s. BERLIA, "Constitutions", S. IX unter "Algerie"), einfachen Gesetzen und Verordnungen (insbes. Arrete betr. die Zentralverwaltung Algeriens vom 9. 12. 1848; Dekret über die politische Organisation vom 24. 10. 1870; Gesetz über die besondere Organisation der Südterritorien und ihr Sonderbudget vom 24.12.1902) bestimmt, s. die Darstellung bei Oppermann, "Die algerische Frage", S. 7 ff., 44 ff., 126 ff. mit Primärquellennachweisen.

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Gesetz vom 5. 2. 195891) steht eine Kompetenzverschiebung92 als Folge der Erlangung der Unabhängigkeit außer Frage. b) Die Dominanz der Separationsfälle

Rechtlich stellt sich der Vorgang der Entkolonialisierung dar als regional begrenzte Entstehung neuer oder als Vervollkommnung bestehender, bisher abhängiger Völkerrechtssubjekte {Neustaaten) auf dem Gebiet dort ehemals allein oder neben anderen Hoheitsgewalt ausübender Völkerrechtssubjekte {Metropolen). Schon die klassische Lehre differenziert zwischen Sezessionen {= einseitigen Trennungen) und Separationen {= einvernehmlichen Loslösungen)93 • Der Dekolonialisierungsprozeß in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ist, im Gegensatz zu voraufgegangenen Epochen94 - über den Untersuchungsbereich hinaus - gekennzeichnet durch einen ausgeprägten Zug zu kooperativer Evolution95 • Die von Frankreich abhängigen Gebiete Afrikas haben einschließlich Algeriens98 ihre Unabhängigkeit im Einvernehmen Die zwischen völliger Angleichung an die Metropole und teilweiser Anerkennung der Eigenständigkeit schwankende franz. Algerienpolitik hat Deschamps, "Les methodes et les doctrines coloniales de Ia France du XVIe siecle a nos jours", S. 207 f. am treffendsten mit dem antinomistischen terminus "assimilation- autonomie" gekennzeichnet. Ohne Zweifel war im afrikanischen Kolonialbereich Algerien der Metropole am stärksten assimiliert. eo Gesetz Nr. 47-1853, amtl. Text: J. 0. vom 21. 9. 1947, S. 9470; ferner im A VR IX, S. 90 ff. 91 Gesetz Nr. 58----95, amtl. Text: J. 0. vom 6. 2. 1958, S. 1379; ferner im A VR IX, S. 102 ff.

92 Den Weg hierzu eröffnete die Verfassungsänderung vom 4. 6. 1960 (amtl. Text: J. 0. v. 8. 6. 1960, S. 5103) betr. die Art. 85 und 86, s. Borell.a, AFDI 1960, S. 927 ff., Duverger, "Institutions politiques et droit constitutionnel", S. 494; Fischer, "La decolonisation et le röle des traites et des constitutions" in AFDI 1962, S. 805 (827) ff.; O'Connell, St. Suc. I, S. 65 f. Zu den Kompetenzübertragungsverträgen s. die Nachweise in Fußnote 75. 93 s. die zusammenfassende Übersicht bei Strupp unter "Staatensukzession" im Handwörterbuch der Rechtswissenschaft (herarusgeg. von Stter-Somlo) Bd. V, S. 607 f.; ferner Schönborn unter "Staatensukzession" im WB (1. Auft.) II, S. 580 f. sowie in der Monographie, "Staatensukzessionen" Teil B, Kap. I, II. 94 D. h. die Zeit der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegungen im 18. und 19. Jahrhundert und- freilich auf anderem geistigem und politischem Hintergrund- die europäische Nationalstaatsentwicklung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. 95 So die treffende Formulierung Zemaneks in RC 1965 III, S. 190 f.; ähnlich O'Connell, St. Suc. I, S. 76. 9& Die politische Tatsache des Sjährigen blutigen Ringens um die Unabhängigkeit vermag insoweit an der schließlich gewählten Form der rechtlichen Übereinkunft, aus der sich die Entstehung des neuen Völkerrechtssubjekts Algerien herleitet, nichts zu ändern. Die Evian-Vereinbarungen haben den Weg für die Entscheidung der Bevölkerung Algeriens in der Volksabstimmung vom 1. 7. 1962 freigemacht (s. die "Generaldeklaration", Präambel und Kapitel I, V.

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mit dem Mutterland erreicht, allein der Fall Guineas nimmt eine gewisse Sonderstellung ein&7 • Das Vorherrschen der Separationsfälle ist, wie ausdrücklich festgestellt werden muß98, unmittelbar nur von soziologischem und verfassungsrechtlic hem Interesse'9• Die völkerrechtlich e Ausgangslage ist bei Separationen wie Sezessionen gleich100, Bedeutung kann die Tatsache des Einvernehmens in den Separationsfäll en juristisch nur soweit gewinnen, als der Eintritt in die bisherigen Rechtspositione n von den Regeln des Gewohnheitsrec hts abweichenden Vereinbarunge n der Beteiligten oder der freien Entscheidung der potentiellen Sukzedenten Raum läßt101• In diesem Rahmen darf für die Separationsfäll e sicherlich eine Tendenz zugunsten der Sukzession erwartet werden. Die Tendenz kann jedoch nicht mehr als eine Vermutung tatsächlicher Natur begründen102 • Text: J. 0. v. 20. 3. 1962, p. 3019 ff.; auszugsweise in RGDIP 1962, S. 686 ff.; AJIL 1963, S. 716 ff. ; ZaöRV XXIII, S. 50 ff. Zur Rechtsnatur der Vereinbarungen s. die offizielle franz. Auffassung bei Charpentier "Pratique franc;aise du DIP" in AFDI 1002, S. 989 f.; ferner eine unparteiliche Würdigung bei Frowein, "Die Abmachungen von Evian und die Entstehung des algerischen Staates" in ZaöRV XXIII, S. 21 ff. mit weiteren Literaturnachwe isen, der zutreffend den völkerrechtlichen Charakter der Abmachung(m betont (S. 23 f., 40). 87 Eine strikt einseitige Loslösung von der Metropole lag auch im Fall Guineas nicht vor, da die Ausübung des Sezessionsrecht (s. o. Fn. 71) im Wege der Volksabstimmun g auf der Gewährung durch das Mutterland beruhte. 88 Dagegen entnehmen u. a. de Muralt, aaO, S. 140 f., ihm folgend PrakashSinha, aaO, S. 78; ferner Vallat, "Some aspects of the law of state succession" in Trans. Grot. Soc. 1956, S.123ff. (126); vorsichtiger Mushkat, "Some african concepts relating to international law" in ÖZöR 1967, S. 286 ff. (315) dem Unabhängigkeits prozeß und der Gestaltung der politischen Beziehungen zwischen der ehemaligen Metropole und ihren Gebietsnachfolge rn unmittelbar rechtliche Konsequenzen für den Bereich der Staatensukzessio n. Wie O'Connell, "Independence and problems of State Succession" bei O'Brien, "The new nations in international law and diplomacy", S. 7 ff. (23 f.) aufzeigt, ist die Staatenpraxis zu inkohärent, um derartige Induktionsschlüs se zu rechtfertigen. te Im Ansatz richtig wird dies eingangs im !LA-Bericht S. 2 betont, anschließend freilich dann doch ohne Begründung eine differenzierte rechtliche Betrachtungswei se postuliert. 100 s. o. § 1 eingangs zu den Merkmalen des Sukzessionstatbe stands. Im Ergebnis wie hier auch die Sondermeinung Zoureks im !LA-BerichtS. XIV; Sereni, "Les nouveaux etats et le droit international" in RGDIP 1968, s. 305 ff., 300. 101 Diese Möglichkeit besteht nach den Anhängern der Entscheidungsfreiheit der Nachfolgestaaten (s. o. § 1 Mitte) bereits aufgrund einseitiger Willenserklärung , für die Vertreter .einer Gewohnheitsrech tsregel (s.o. aaO) aber aufgrund des dispositiven Charakters der Regel (s. Menzel, "Staatensukzession" in WB III, S. 308), der sie gegenüber den übereinstimmend en Willenserklärung en zurücktreten läßt. 102 Dies wird auch von O'ConneU, dem bedeutendsten heutigen Vertreter gewohnheitsrech tlicher Spezialsukzessionstheorien, zugestanden, wenn er in

32 c) Das Fehlen von Devolutionsabkommen Kennzeichnend für den Untersuchungsbereich ist das Fehlen vertraglicher Vereinbarungen zwischen Sukzessor und Sukzedenten über die Frage der Rechtsnachfolgel- 03 • Es existieren insbesondere keine sog. "Devolutionsabkommen" (= Abkommen, die den Übergang der völkerrechtlichen Vertragsbeziehung auf ein bestimmtes Territorium zum Gegenstand haben)104 zwischen Frankreich und seinen afrikanischen Gebietsnachfolgern106• Wie die neuere Staatenpraxis erwiesen hat und die Literatur jetzt allgemein anerkennt, sind - entgegen einer früher verbreiteten Meinung - derartige Abkommen nicht notwendige rechtliche Voraussetzung jeder Sukzession106• Die Abmachungen von Evian zwischen Frankreich und dem GPRA vom 19. 3. 1962107 enthalten zwar weitgehende Regelungen für den vermögensrechtlichen Bereich, doch nichts über die Fortführung der in Algerien bis dahin geltenden multilateralen Verträge. Eine echte Ausnahme zu dem aufgezeigten Prinzip bildet allein Art. 11 des französisch-marokkanischen Vertrages vom 28. 5. 1956 ("Le Maroc assume les Obligations resultant des traites internationaux passes par la France au nom du Maroc ainsi que celles des actes internationaux relatifs au Maroc qui n'ont pas donne lieu a des Observations de sa part")1°8 • Der erste Halbsatz der genannten Vertragsder Neuauflage seiner Monographie schreibt: "The solution lies in a presumption of continuity which concrete analysis may rebut" (St. Suc. I, S. 35). Eindeutiger i. S. eines "Trends", der rechtlich nur zu einer widerlegbaren Vermutung führt Krenz, "Newly independent states and the problem of state succession" in NorT 1963, S. 101 ff. (S.lll) und Prakash-Sinh4, aaO,

s. 71.

1os Statt vieler Nachweise: !LA-Bericht, Kap. 9, "Devolution Agreements" mit Appendix der bis 1965 vorliegenden VertragsbestiiDIDungen. 104 Definition nach !LA-Bericht, aaO, eingangs S. 191 ("those agreements betwenn a new State and the State formerly responsible for its international affairs, whereby the former agrees to take over rights and Obligations arising from treaties and other international agreements contracted for, or applied to, the territory of the new Stae by the latter"). 105 Im Gegensatz zur britischen Dekolonialisierungspraxis und der von Frankreich in Indochina (Laos, Kambodscha, Vietnam) geübten (vgl. O'ConneH, St. Suc. II, Kap. 20, S. 352 ff. und 362 ff.). 106 Die ältere Ansicht vertraten u. a. Jenks, Leriche, de Muralt, O'Connell, VaHat, Zemanek; Nachweise bei Zemanek in BDGV 5, S. 73, wo diese Auffassung ausdrücklich aufgegeben wird. Der je nach Vorliegen .o der Fehlen von Devolutionsabkommen differenzierenden Praxis des GS der UN (vgl. A/CN 4/150 ff. 133 f. in YBILC 1962 II S. 122) sind fast alle internationalen Organisationen, sowie die Depositare multilateraler AbkoiDIDen von vomherein nicht gefolgt (s. drie vorliegende Untersuchung ab Teile A-E). 1o1 Sukzessionsvereinbarungen finden sich in der "Erklärung über die Prinzipien betreffend die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit" (Präambel, Ziffer 1 und Titel V), Textnachweise s. Fn. 00. 1os Text: AFDI 1956, S. 133 f.; AJIL 1957, S. 679 ff., RGDIP 1956, S. 481 ff.

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bestimmung betrüft die internationalen Vereinbarungen, die Frankreich seinerzeit in Repräsentationsfunktion für das abhängige Völkerrechtssubjekt Marokko in dessen Namen109 abgeschlossen hat. Die Identität des völkerrechtlichen Zuordnungssubjektes (Marokko) ist von der Statusänderung unberührt geblieben, es wird tatbestandsmäßig kein Sukzessionsfall geregelt110• 111• Dagegen bezieht sich der zweite Halbsatz des Art. 11 auf diejenigen internationalen Vereinbarungen, die Frankreich selbst eingegangen ist, die aber das Protektorat betrafen112. Das Devolutionsabkommen will hier einen Fall regeln, dem auch eine Kompetenzverschiebung zugrunde liegt. In concreto ist wegen des Relativitätsgrundsatzes ("pacta tertiis nec nocent nec prosunt") die Rechtswirkung des Vertrages beschränkt auf eine generelle Haftungsregelung zwischen den Parteien113• Das gilt ungeachtet des tos So zutreffend Zemanek, RC 1965 III, S. 198 ff. (202) und in BDGV 5, S. 66 mit berechtigter Kritik an der undifferenzierten Interpretation der Devolutionsklausel durch den GS der UN (A/CN 4/150, § 39, aaO); zu der Verpflichtung der Protektorate a1s VR-Subjekte bei Vertragsschluß in deren Namen s. Kiss, Repertoire I, S. 395 f. (Nr. 795) S. 398 (Nr. 802 f.), II, S. 596 ff. (Nr.1044-1048); ebenso im Ansatz zutreffend Louis-Lu.cas, RGDIP 1961, S.ll2, der einen Vertretungsfall annimmt, dann aber- nicht haltbar- aus der formellen Nichtbeteiligung der Protektorate am Vertragsschlußverfahren deren mangelnde Bindung folgert und schließlich (im Widerspruch zur eigenen Aussage) das Vorliegen eines Sukzessionstatbestandes behauptet (5.116); Bartos ("Workings paper", Annex ZlU A/CN 4/160) bestreitet unter Vermengung des juristischen Gesichtspunkts des Wechsels der Souveränität mit dem politischen Postulat der Selbstbestimmung jede Bindung (YBILC 1963, II, S. 293). Umgekehrt glaubt O'Connell, BYB 1962, 8.170, der zwar von der Unterscheidung der Repräsentations- (= Identitäts) und Applikations- (= Sukzessions) Fälle ausgeht, auch bei der bloßen Einbeziehung der Protektorate in den Geltungsbereich von Verträgen Frankreichs mit anderen Völkerrechtssubjekten, aus der Transformation durch Organe der Protektorate auf deren Parteistellung schließen zu können. Das ist schon mit Rücksicht auf die Stellung dritter Staaten nicht angängig, die Parteirolle muß sich aus den Verträgen selbst (Titel, Text, Unterzeichnung:sprotokoll) oder den gesonderten völkerrechtlichen Beitrittsinstrumenten ergeben. 110 s. o. §§ 1 (E\l.ßnote 24), 2 a. 111 Die Identität des Zuordnungssubjekts und die daraus grundsätzlich zu folgemde Fortbindung wird nicht nur aus rechtlichen oder politischen Gründen bestritten, sondern entfällt a priori für die Anhänger der Meinung, Tunesien und Marokko seien zur Protektoratszeit nicht völkerrechtsfähig gewesen. 11z s. die Darstellungen der tatsächlichen Handhabung der Außenbeziehungen der Protektorate durch Frankreich bei den in Fn. 68 genannten Autoren. 113 Die Einbeziehung der von Frankreich für und im Namen Marokkos abgeschlossenen Verträge in die Devolutionsklausel ist bei einem Verständnis als Haftungsregelung "inter partes" durchaus sinnvoll (vgl. Lauterpacht, "Contemporary Practice of the United Kingdom", in ICLQ 1958, S. 525, und Lester, "State Succession to treaties in the Commonwealth" in ICLQ 1963, S. 475 ff. (507). Für eine derartige Interpretation spricht auch der 2. Halbsatz des Art.ll, da ein Widerspruchsvorbehalt, insbes. die Geltendmachung früherer Kompetenzüberschreitungen, der widerrechtlichen Zwangsausübung u. a. m. gegenüber dem ehemaligen Protektor von Bedeutung ist. 3 Goerdeler

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grundsätzlichen Streits um das Wesen der Devolutionsabkommen, der mit den unterschiedlichen Sukzessionstheorien unmittelbar verknüpft ist11'. Gleicllgültig ob eine Regel des Völkergewohnheitsrechts besteht, die eine Sukzessionspflicht für alle oder bestimmte nichtlokalisierte, multilaterale Verträge beinhaltet, die mögliche inhaltliche Aussage des Devolutionsabkommens gegenüber dritten Völkerrechtssubjekten wird entwertet durch sachlich unbegrenzten Widerspruchsvorbehalt115 Marokkos. Der einseitige Vorbehalt ist so unbestimmt, daß es nicht zulässig erscheint, das Abkommen als völkerrechtliche Willenserklärung zu interpretieren118, die eine Vertragsschlußofferte an dritte Staaten oder internationale Organisationen enthält117. Eine bloße "invitatio ad negotiandum" bringt keine Lösung der Rechtsnachfolgefrage.

d) Das Prinzip der "spt?cialite legislative" Die bereits erwähnte118 territoriale Begrenzung des Wechsels der Gebietshoheit führt dazu, daß im Rahmen der Dekolonialisierung die Sukzessionslagen nur "regional" auftauchen. Für die Frage der Nachfolge in die völkerrechtlichen Rechtsbeziehungen des fortbestehenden Ufo So sehen O'Connell, St. Suc. U, S. 365 f. und Shearer, RGDIP 1964, S. 46 ff. (52) in den Devolutionsabkommen die bestätigen