Pompeji: Ein Führer durch die Ruinen [Reprint 2019 ed.]
 9783111515663, 9783111147826

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POMPEJI EIN F Ü H R E R DURCH DIE RUINEN

MIT 60 A B B I L D U N G E N , 1 S T A D T P L A N UND M E H R E R E N

EINZELPLÄNEN

VON

TATIANA W A R S C H E R

BERLIN

UND LEIPZIG

1925

VERLAG VON WALTER DE GRUYTER & CO. VORMALS G . J . G Ö S C H E N S C H E V E R L A G S H A N D L U N G J. G U T T E N T A G , V E R L A G S B U C H H A N D L U N G G E O R G REIMER • KARL J . T R Ü B N E R • V E I T & COMP.

COPYRIGHT BY W A L T E R DE GRUYTER & CO., BERLIN W i o

SALADRUCK, BERLIN

SO 16

Vorwort Es ist allgemein bekannt, daß erst mit der Entdeckung Pompejis der reale Hintergrund für das Erkennen und das Verständnis des antiken Seins gewonnen wurde. Darum sind die Ruinen von Pompeji so unerschöpflich wie das antike Sein selbst: es gibt keine Seite des antiken Lebens, die nicht ihren Widerhall in Pompeji gefunden hätte. Dazu kommt noch, daß wir hier nicht nur einen bestimmten Moment der antiken Kultur vor uns haben, sondern deren Entwicklung durch mehrere Jahrhunderte erkennen können: der dorische Tempel und der Isistempel nach dem Wiederaufbau, die Portikus des samnitischen Theaters und deren Umbau in die Gladiatorenkaserne zur Zeit Neros, die Stabianerthermen in ihrer frühen Gestalt und die Zentralthermen, die samnitischen Häuser und die römischen sind genügend anschauliche Beispiele. Ich bin weit entfernt, in diesem Führer ein so großes Material erschöpfend behandeln zu wollen. Der Zweck des Führers ist der, dem Besucher zu ermöglichen, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu sehen. Daß Pompeji nicht ein Kulturbereich für sich ist, weiß auch jedermann. Und trotzdem habe ich nach Möglichkeit jeden Hinweis auf Parallelen vermieden, nicht nur, weil sonst der Führer allzu umfangreich geworden wäre, sondern auch um dem Besucher einen einheitlichen Eindruck zu vermitteln.

IV

Vorwort

Der Fachgenosse braucht meine Hilfe nicht und für den Laien und den Anfänger ist Pompeji die beste Basis für die Erkenntnis des antiken Lebens. Die palatinischen Häuser werden nicht viel zum Verständnis der pompejanischen Häuser helfen, das Umgekehrte wird der Fall sein. So steht es auch mit den T h e r m e n : die Caracallathermen in Rom sind viel schwerer verständlich ohne die Kenntnis der einfacheren Anlage der pompejanischen Thermen. Von der Bedeutung Pompejis für die archäologische Forschung zu sprechen, ist der Zweck meines größeren Buches, mit dem ich mich seit Jahren beschäftige. Der Besucher darf nicht enttäuscht sein, wenn ich mich von kategorischen Behauptungen zurückhalte. Die Entscheidungen über viele Probleme stehen noch aus. Giuseppe Fiorelli hat die Ausgrabungen in richtige Bahnen gelenkt, die deutschen Archäologen Overbeck, Nissen und Mau haben den Grundstein zur gründlichen Durchforschung gelegt. Erst im XX- Jahrhundert hat man mit Specialuntersuchungen begonnen, z. B. die Arbeiten meines hochverehrten Lehrers Rostowzew über die Malerei und die sie ergänzenden von G. Rodenwaldt; die Forschungen über die Mosaiken von F. Winter und die Arbeiten über die wichtige F r a g e des Korporationswesens von della Corte. Erst in der letzten Zeit sind die Architekten und Ingenieure den Archäologen zu Hilfe gekommen. Doch immer noch bleiben sehr viele Probleme zu lösen: das schlagendste Beispiel ist die Villa Item. Ich habe die Stadt in drei Zonen eingeteilt und in einem Anhang von den Nuovi Scavi und den wichtigsten Plätzen vor den Toren gesprochen. Im Grunde ist diese Einteilung wie jede ganz willkürlich, sie richtet sich nach den alten Decumanus

Vorwort

V

(Strada dell'Abbondanza und Strada di Nola). F ü r diejenigen, die sich intensiv mit Pompeji beschäftigen wollen, hatte ich eine Einteilung nach der Kategorie der Gebäude gewählt: die Tempel, die Werkstätten, Läden und Macellum, die Thermen, zuerst die Stabianerthermen (wo die technischen Ausdrücke erklärt sind). Was die Häuser anbetrifft, und die Häuser sind der Mittelpunkt des Studiums von Pompeji, so empfiehlt es sich, mit dem kleinen Haus VI, 15, 9 (Vicolo dei Vettii) mit Atrium tetrastylum zu beginnen, dann folgt Casa della Ära massima VI, 16, 15, mit tuskanischem Atrium, und als drittes die Casa delle Nozze d'argento V, 2, wo Atrium und Peristyl wiederhergestellt sind. Diese drei Häuser geben eine ganz klare Vorstellung von dem pompejanischen Hause, wie es vor der Katastrophe war. Die Disposition des Führers ist so angelegt, d a ß es dem Besucher ganz freigestellt ist, wieviel und was er sehen will. Die Beschriftung der Häuser auf dem großen Stadtplan wird ihm, ebenso wie die Einteilung der Stadt in Regionen und die Nummerierung der Eingänge die Orientierung erleichtern. Und wenn man sich dann noch vergegenwärtigt, d a ß der Vesuv, der von allen Punkten aus zu sehen ist, im Norden liegt, so wird man keine Schwierigkeiten haben. Dazu kommt noch, d a ß die Entfernungen nicht so groß sind, um beschwerlich zu sein; die längste Straße, die Strada di Stabiae, kann man in 12 Minuten bequem entlanggehen. Für die Besucher, die sich nur einen T a g in Pompeji aufhalten können, habe ich am Schluß des Inhaltsverzeichnisses kurz angegeben, wie sie ihre Zeit am besten ausnutzen können. Da der Be-

VI

Vorwort

such der Nuovi Scavi, etwa zwei Stunden in Anspruch nimmt und für die Villa Item etwa eine Stunde zu rechnen ist, so wird dem Reisenden wenig Zeit bleiben. Den Abbildungen Nr. 37 und 38 liegt eine Photographie von Anderson zugrunde, Nr. 39 ist von Sommer, Neapel, Nr. 47 von Alinari. Die Photographien zu Nr. 17 und 19 hat Herr stud. phil. Wehrli auf meine Bitte aufgenommen. Die Zeichnungen zu Nr. 21, 24, 28, 29 und 45 fertigte aus Liebenswürdigkeit H e r r Rudolf Schaier aus Pforzheim an. Alles andere sind meine eigenen Aufnahmen. E s schien mir richtiger, die Aufnahmen, die der Besucher an Ort und Stelle kaufen kann, im allgemeinen nicht wiederzugeben. Ich kann das Vorwort nicht schließen, ohne denen zu danken, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben. Als ich nach vier entsetzlichen Jahren unter den Bolschewisten nach Berlin kam, haben die Professoren Noack, Preuner und Rodenwaldt mir die neusten Forschungsergebnisse vermittelt. Der Zufall wollte, daß damals Professor Noack ein Kolleg' über Pompeji hielt und Professor Rodenwaldt über die pompejanische Malerei sprach. Viel verdanke ich auch der liebenswürdigen Hilfe von Dr. Valentin Kurt Müller. Im Kreise der jungen Studenten wuchs mir der Mut zu neuer Betätigung mit der Wissenschaft. Während meines letzten längeren Aufenthaltes in Pompe i blieb ich in ständigem Kontakt mit den deutschen Archäologen und die Abende, an denen wir im gemütlichen Garten des Albergo del Sole unsere E r f a h r u n g e n austauschten, gehören zu meinen schönsten Erinnerungen.

VII

Vorwort

Ganz besonders viel verdanke ich Professor August Frickenhaus, Kiel, dessen plötzlicher Tod mich schmerzlich bewegt hat; so sind seine wissenschaftlichen Pläne, von denen er mir so viel erzählt hat, unvollendet geblieben. Das Buch wurde in Pompeji entworfen, wo mich bei meiner Arbeit die Professoren della Corte und Spano stets in liebenswürdiger Weise unterstützt haben. Beendigen konnte ich die Arbeit nur in der reichhaltigen Bibliothek des deutschen archäologischen Instituts in Rom, deren Leiter Professor Dr. W . Amelung und Privatdozent Dr. K. Lehmann-Hartleben ich hiermit meinen herzlichsten Dank sage. Ein besonders herzlicher Dank gebührt meiner treuen Helferin, Frau Elwine Lehmann-Hartleben. Rom, im Juni 1925. Tatiana

Warscher.

VIII

I n h a l t s v e r z e i c h n i s : Seite

Die Geschichte der Stadt und der Ausgrabungen

Apollotempel Dorischer T e m p e l . Fcrtunatempel Isistempel Jupitertempel Larentempel Venustempel Vespasianstempel Zeustempel (Meilichios)

XI—XXXI

Tempel:

32 196 .41 205 13 . 21 . 4 21 209

Profanbauten:

Amphitheater Basilika Castell d'Acqua Comitium Curien Eümachia, Gebäude der Forum . Forum triangulare Gladiatorenkaserne Gräberstraße Gräberstraße am Vesuvtor Gräberstraße am Nucerinertor Macellum Palästra (öffentliche) Palästra (private) Schola Juventutis (N. S.) Theater, das große Theater, das kleine Thermen, Forum Thermen, Stabianer Thermen, Zentral

,

.

233 28 96 26 72 23 8 195 204 . 215 99 235 15 204 189 246 189 202 42 153 169

,

Inhaltsverzciclinis

Die wichtigsten Hauser: Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa

di Adone ferito degli Amorini dorati dell'ancora nera di Apollo dell'Argenteria della caccia di Caesii Blandi di Caecilio Giocondo dei Capitelli colorati dei Capitelli figurati . di Castor e Polluce (dei Dioscuri) di Ceio Secondo (N. S.) del Centauro . del Centenario di Championnet del Chirurgo del Cinghiale I del Cinghiale II di Cornelio R u f o del Criptoportico (N. S.) di Cornelio Rufo degli E p i g r a m m i del Fauno di F a b i o Secondo (delle Origini di Roma) della Fontana piccola di Gallo di Giuseppe II . dei Gladiatori . del Laberinto . di Laomedonte (N. S.) di Lucrezio F r o n t o n e di Marco Lucrezio delle Nozze d ' a r g e n t o . . . . delle Nozze d ' E r c o l e di Obellio F o r m o (Conte di Torino) di Olconio di Orfeo delle Origini di R o m a (N. S.) dell'Orso di P a n s a della Parete nera di Pinarii Ceriali (N. S.)

IX

s«te 64 103 72 65 64 138 140 110 . 136 134 69 256 . • • 68 . 174 . 185 61 146 191 - . 152 252 152 . 109 74 . . . 129 52 151 . 194 • • 132 . • • 79 250 118 167 113 147 179 151 109 241 143 42 134 244

X

Inhaltsverzeichnis Seite

Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Villa Villa Villa

del Poeta tragico del Principe di Napoli . della Regina Margherita di Romolo e R e m o di Sallustio di Sirico di T r e b i o Valente (N. S.) delle Vestali dei Vettii di Boscoreale di Diomede Item (dei Misteri, Basilica, Orfico)

.

. . . .

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49 42 117 6 58 144 245 63 84 237 225 228

Wegweiser für einen Besuch bei sehr beschränkter Zeit: Von der Station 'Scavi' kommt man zum N o l a n e r t o r . Casa di Lucretio Frontone, Nozze d'argento, Amorini dorati. U m 10 U h r werden die Nuovi Scavi g e ö f f n e t : Via di Stabiae, Strada dell'Abbondanza, Nuovi Scavi. Stabianerthermen, F o r u m triangolare und umliegende Gebäude, Casa del Cinghiale, F o r u m und umliegende Gebäude, Via delle T e r m e , durch Casa di Pansa, Via consolare, Casa di Sallustio, G r ä b e r s t r a ß e , Villa di Diomede. Villa Item, zurück Vicolo di Mercurio, Via di Mercurio, Casa della F o n t a n a piccola, del Vauno, del Laberinto, dei Vettii, wieder Via di Nola, Casa del Centenario, di Obellio Firmo. Die Besucher, die die Stadt durch das Stabianertor (S. 210) betreten, beginnen am besten mit der Besichtigung des F o r u m triangulare (S. 195. Plan, T a f . I I ) .

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Inhaltsverzeichnis Seite

Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Casa Villa Villa Villa

del Poeta tragico del Principe di Napoli . della Regina Margherita di Romolo e R e m o di Sallustio di Sirico di T r e b i o Valente (N. S.) delle Vestali dei Vettii di Boscoreale di Diomede Item (dei Misteri, Basilica, Orfico)

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49 42 117 6 58 144 245 63 84 237 225 228

Wegweiser für einen Besuch bei sehr beschränkter Zeit: Von der Station 'Scavi' kommt man zum N o l a n e r t o r . Casa di Lucretio Frontone, Nozze d'argento, Amorini dorati. U m 10 U h r werden die Nuovi Scavi g e ö f f n e t : Via di Stabiae, Strada dell'Abbondanza, Nuovi Scavi. Stabianerthermen, F o r u m triangolare und umliegende Gebäude, Casa del Cinghiale, F o r u m und umliegende Gebäude, Via delle T e r m e , durch Casa di Pansa, Via consolare, Casa di Sallustio, G r ä b e r s t r a ß e , Villa di Diomede. Villa Item, zurück Vicolo di Mercurio, Via di Mercurio, Casa della F o n t a n a piccola, del Vauno, del Laberinto, dei Vettii, wieder Via di Nola, Casa del Centenario, di Obellio Firmo. Die Besucher, die die Stadt durch das Stabianertor (S. 210) betreten, beginnen am besten mit der Besichtigung des F o r u m triangulare (S. 195. Plan, T a f . I I ) .

XI

Die Geschichte der Stadt und der Ausgrabungen. Das Schicksal der Stadt Pompeji läßt sich mit dem eines Mannes vergleichen, der erst nach seinem T o d e berühmt geworden ist. Im Altertum war es eine Stadt wie hundert andere, deren Einwohnerzahl 20 000 nicht überstieg. Im Rahmen des römischen Reiches stellte sie nichts Besonderes dar. Wir haben in der Tat kaum zwanzig antike Zitate, in denen Pompeji erwähnt wird und selbst in diesen geschieht das nur nebenbei. Aber sie sind uns sehr wichtig, denn sie verhelfen uns wenigstens zu einiger Kenntnis der Geschichte der Stadt und ihre Monumente. Cicero führt die Stadt im J a h r e 63 v. Chr. unter denen auf, die am besten eingerichtet waren, und vergißt nicht hinzuzufügen, d a ß sie schon eine lange und mühselige Geschichte hinter sich h a b e . Die Geschichte der Stadt vor dem II. Jahrhundert können wir nur in ganz großen Linien rekonstruieren. Der Platz, auf dem die Stadt entstand, hat viele für die Gründung und Entwicklung einer Ansiedlung günstige Eigenschaften. Die ersten Bewohner ließen sich auf einem Hügel vulkanischen Ursprungs nieder, der an zwei Seiten steil zur E b e n e abfiel. Auch die N ä h e der Mündung eines in damaliger Zeit schiffbaren Flusses (Sarno) war von Bedeutung. So erfüllte die Lage der Stadt alle für die Antike notwendigen strategischen und verkehrspolitischen Bedingungen. Die Gründer von Pompeji waren die Osker, ein Zweig der italischen Rasse. Ihre Sprache ist immer noch nicht ganz erforscht und in fast jeder Inschrift findet man Worte, deren Bedeutung zweifelhaft ist. Wir werden darauf gelegentlich zurückkommen. Der N a m e „ P o m p e i " wird von den meisten Forschern auf das oskische Wort ,,pompe", das fünf bedeutet, zurückgeführt. So daß also der Name Pompejus

XII

Die Geschichte der Stadt

gleich b e d e u t e n d mit d e m lateinischen Quintus sein würde. Vielleicht erhielt die Stadt ihren N a m e n von einem H e r r e n geschlecht, einer „ G e n s " , das k u r z e Zeit die politische Macht besaß. D a s älteste G e b ä u d e in P o m p e j i ist der sog. griechische T e m p e l ( s . S . 196), dessen Grundriß d e m der unteritalischen T e m p e l des VI. J a h r h u n d e r t s verwandt ist. Der griechische Einfluß k a m nach P o m p e j i von C u m a e einerseits und Paestum andererseits. Wir werden Gelegenheit haben von ihm. zu sprechen. Bis noch vor k u r z e m wurde die Bedeutung des griechischen Einflusses sehr übertrieben, jetzt verneinen einige F o r s c h e r ihn ganz. Die W a h r h e i t wird, wie immer, in d e r Mitte liegen. Wie g a n z Campanien stand auch P o m p e j i eine Zeitlang unter etruskischer H e r r s c h a f t , die aber ohne tiefergehenden E i n f l u ß blieb. Die E t r u s k e r bildeten nur eine dünne aristokratische und militärische Oberschicht. Schon um die Mitte des V. J a h r h u n d e r t s war die etruskische H e r r s c h a f t zu E n d e . W e n i g später b r a c h das Gebirgsvolk d e r Samniter in die E b e n e ein und es gelang ihm, sich einen W e g zum Meere zu b a h n e n durch die E r o b e r u n g einiger Küstenstädte. Von den Streitigkeiten zwischen den Eindringlingen und den B e w o h n e r n der E b e n e profitierte das damals schon mächtige R o m . E s gelang ihm, sich das g a n z e Gebiet in drei Kriegen (342—290) zu unterwerfen. In den Berichten des Titus Livius über diese K r i e g e finden wir bei ihm die einzige Erwähnung der Stadt. Von nun an teilte Pompeji d a s Schicksal aller campanischen Städte. W ä h r e n d des zweiten punischen Krieges ergriff es Hannibals Partei und machte g e m e i n s a m e Sache mit den Aufrührern. Im J a h r e 83 v. Chr. wurde die Stadt von einem römischen H e e r unter Sullas F ü h r u n g belagert. U e b e r die letzten Begebenheiten des Krieges wissen wir nichts N ä h e r e s . Wir hören nur, d a ß im J a h r e 80 v. Chr. eine g r ö ß e r e Anzahl von Veteranen in d e r Stadt angesiedelt wurden, d i e seitdem Colonia Veneria Cornelia heißt. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die eigentliche römiische E p o c h e d e r Stadt. Die unvermeidlichen R e i b u n g e n zwischen den alten und neuen Bewohnern der Stadt hatten keine ernstlichen Folgen, denn die V e r w a l t u n g d e r Stadt leitete mit g r o ß e m G e s c h i c k und T a k t Publio Sulla, der N e f f e des Diktators. V o n seiner Umsicht und seinen Fähigkeiten berichtet verschiedentlich der unerschöpfliche Cicero.

PIinius an Tacitus

XIII

U n t e r der römischen Herrschaft blühte die Stadt von neuem auf. Jetzt machte sich vor allem ihre für den damaligen H a n d e l günstige Lage geltend. In der Kaiserzeit vollzieht sich dann immer mehr eine stärkere Annäherung an Rom. Mehrere Fürsten werden zu Schutzherren der Stadt ernannt und ihnen Standbilder errichtet. Ein großes Unglück suchte die Stadt im Februar des Jahres 63 n. Chr. heim. U m den Eindruck wiederzugeben, den diese Katastrophe machte, lassen wir einen Brief des Seneca hier folgen: „Bester Lucilius! Wir haben gehört, daß Pompeji, eine bedeutende Stadt Campaniens, die an einer anmutigen Bucht am Meer liegt, wo die Ufer von Surrentum und Stabiae und das von Herculaneum zusammentreffen, von einem E r d b e b e n zerstört wurde. Auch die umliegenden Gebiete w u i d e n sehr verwüstet. E s geschah zur Winterszeit, die nach den Berichten unserer Vorfahren von dieser Gefahr frei sein soll. Das E r d b e b e n erfolgte an den Nonen des Februar in d e m Consulatsjahr des Regulus und des Verginius. Diesmal suchte das Beben Campanien mit großen Verwüstungen heim. Und die allgemeine Ueberraschung war um so größer, als Campanien, das zwar nie von diesen Naturereignissen ganz frei ist, bisher immer ohne großen Schaden davon gekommen. Auch von Herkulaneum wurde ein Teil zerstört und die Colonie Nuceria erlitt erhebliche Beschädigungen. Neapel hat viel an Privathäusern verloren, aber nichts an öffentlichen Gebäuden und wurde verhältnismäßig leicht von der Katastrophe betroffen. Viele Landhäuser stürzten ein oder wurden erheblich beschädigt. Statuen zerbrachen. Viele Menschen irrten nachher mit verstörtem Geist umher und ihrer selbst nicht mächtig." Mit g r o ß e m Eifer machten sich die Bewohner nach dieser Katastrophe an den Wiederaufbau. Aber sie sind mit ihrer Arbeit nicht fertig geworden. Das g r o ß e E r d b e b e n vom J a h r e 79 überraschte sie vollständig. Von dem furchtbaren Eindruck dieser Katastrophe geben uns die beiden Briefe des Plinius, die wir hier folgen lassen ein erschütterndes Zeugnis, C. Plinius an Tacitus. Du ersuchst mich. Dir über das E n d e meines Oheims zu schreiben, um es der Nachwelt desto getreuer überliefern zu können. E r befand sich zu Misenum, als Kommandant der Flotte. Am 23. August ungefähr um ein Uhr nachmittags, meldete ihm meine Mutter, es zeige sich eine

XIV

Plinius an Tacitus

W o l k e von außergewöhnlicher Größe und Gestalt. E r hatte sich in der Sonne ergangen, dann kalt gebadet, auf d e m L a g e r liegend etwas genossen und studierte. E r forderte seine Sandalen und stieg auf eine Anhöhe, von wo aus m a n die w u n d e r b a r e Erscheinung am besten beobachten konnte. Die W o l k e stieg aut — von welchem Berge, war aus der F e r n e nicht genau zu unterscheiden; d a ß es der Vesuv war, e r f u h r man erst nachher — sie sah ihrer ganzen Gestaltung nach einem Baume und zwar einer Fichte ähnlich. Sie hob sich nämlich wie mit einem sehr langem S t a m m e empor und zerteilte sich dann in verschiedene Aeste; wahrscheinlich verlor sie sich in die Breite, weil sie durch den frischert L u f t z u g zuerst in die H ö h e getrieben, dann, als dieser an Kraft a b n a h m oder durch ihr eigenes Gewicht, wieder h e r a b g e d r ü c k t wurde. Sie erschien zuweilen glänzend weiß, dann wieder schmutzig und fleckig, je n a c h d e m sie E r d e o d e r Asche mit sich führte. Die Sache erschien ihm als einem gelehrten M a n n e wichtig und einer n ä h e r e n Untersuchung wert. E r g a b Befehl eine J a c h t in Bereitschaft zu setzen; mir stellte er es frei ihn zu begleilten, wenn ich' Lust hätte. Ich erwiderte, ich wolle lieber studieren, und zufälligerweise hatte er mir selbst e t w a s zu schreiben a u f g e g e b e n . E r trat eben aus dem Hause, als er ein Schreiben erhielt. Das Schiffspersonal zu Resina, durch die d r o h e n d e G e f a h r erschreckt — denn das Oertchen lag am F u ß des B e r g e s und m a n konnte sich nur zu Schiffe retten ,— bat ihn, sie doch einer so g r o ß e n G e f a h r zu entreißen. E r ä n d e r t e nun seinen Plan, und was er als Gelehrter begonnen hatte, verfolgte er mit H e l d e n m u t . E r läßt Vierr u d e r e r unter Segel gehen, geht selbst an Bord, um nicht nur Resina, sondern auch noch vielen anderen — d e n n die Küste war ihrer Anmut wegen sehr bevölkert — Hilfe zu bringen. E r eilt dahin, von wo a n d e r e entfliehen und steuert in g e r a d e r Richtung d e r G e f a h r zu, so sehr aller Furcht bar, d a ß er alle B e w e g u n g e n , alle Gestalten dieser unglückseligen E r s c h e i n u n g e n , wie sie sich seinen A u g e n darstellten, diktierte und aufzeichnen ließ. Bereits fiel Asche in die Schiffe, und je näher er hinzukam, d e s t o heißer und dichter, schon auch Bimssteine und schwarzes, ausg e b r a n n t e s und vom F e u e r zerbröckeltes Gestein. J e t z t zeigte sich plötzlich eine Untiefe, und d e r Schutt vom B e r g e her machte das U f e r unzugänglich. E r bedachte sich eine k u r z e Weile, ob er zurücksteuern solle; bald aber sagte e r zu d e m Steuermann, welcher ihm dieses anriet: „Frisch g e w a g t ist

Plinius an

Tacitus

XV

halb g e w o n n e n ; f a h r e zu P o m p e j a n u s ! " Dieser war zu Stabiae, auf der entgegengesetzten Seite d e r Bucht; denn das Meer tritt hier in das allmählich sich k r ü m m e n d e und herumziehende Ufer hinein. Obgleich hier die G e f a h r noch nicht so n a h e war, hatte man sie dennofch vor Augen, und wenn sie zunahm, war sie ganz nahe. P o m p e j a n u s hatte d a h e r sein Gepäck in sein Schiff schaffen lassen, fest entschlossen, zu fliehen, so bald der widrige Wind sich gelegt h a b e n würde. Als mein Oheim, welchem der Wind im höchsten Grade günstig war, gelandet war, u m a r m t e er den Zitternden, tröstet und ermuntert i h n ; und um dessen F u r c h t durch eigene Furchtlosigkeit zu lindern, ließ er sich ins Bad bringen, legte sich nach d e m Bade zu Tische, speiste heiter oder, was ebenso g r o ß ist, mit der Miene eines H e i t e r e n . Indessen leuchteten aus d e m B e r g e Vesuv an m e h r e r e n Stellen weithin sich a u s b r e i t e n d e F l a m m e n und hohe Feuersäulen, deren Glanz und Helle, durch das D u n k e l der Nacht noch erhöht wurde. U m der Furcht zu steuern, sagte er, es seien dies die Bauernhöfe, welche von d e n Landleuten in der Angst verlassen und d e m F e u e r p r e i s g e g e b e n worden seien und jetzt leer d a s t ä n d e n und brennen. Hierauf b e g a b er sich zur R u h e und g e n o ß wirklich eines ganz festen Schlafes; denn sein Atemholen, das w e g e n seines schweren Körpers etwas schwer und schnarchend war, w u r d e von den Leuten, welche sich vor der T ü r seines Gemaches befanden, vernommen. Allein d e r Hof, von dem aus d e r Z u g a n g in das Zimmer führte, war bereits von mit Bimssteinen vermischter Asche so hoch angefüllt, d a ß ihm, wenn er noch länger in dem S c h l a f g e m a c h verweilt hätte, das H e r a u s k o m m e n nicht mehr möglich g e w e s e n wäre. Man weckte ihn; er ging heraus und b e g a b sich zu P o m p e j a n u s und den anderen, die wachgeblieben waren. Sie berieten sich gemeinschaftlich ob sie im H a u s e bleiben o d e r im Freien h e r u m g e h e n wollten. D e n n die H ä u s e r w a n k t e n von den vielen und heftigen E r d s t ö ß e n , und wie wenn sie aus ihrem Grunde gehoben wurden, schienen sie sich bald von d e r Stelle zu bewegen, bald wieder an der vorigen zu stehen. Andererseits fürchtete m a n im Freien das H e r a b fallen der, wenngleich leichten und a u s g e b r a n n t e n , Bimssteine. Doch wählte man bei Vergleichung d e r G e f a h r e n das letztere. Und z w a r siegte bei ihm ein Grund über den anderen, bei den anderen eine F u r c h t ü b e r die andere. Sie b a n d e n sich mit T ü c h e r n Kissen um den K o p f ; dies diente zum Schutz g e g e n den Steinregen. Schon war es ander-

XVI

Plinius an

Tacitus

wärts T a g , dort war es Nacht, dichter und schwärzer als alle Nächte, doch w u r d e dieselbe d u r c h F a c k e l n und sonstige Beleuchtung erhellt. Man beschloß, an das G e s t a d e hinauszugehen, um aus der N ä h e zu sehen, o b das M e e r b e f a h r b a r w ä r e ; dieses blieb aber immer wild und ungestüm. Hier legte er sich auf ein hingebreitetes Tuch, und verlangte zu wiederholten Malen frisches W a s s e r und trank. Nun trieben die F l a m m e n und der den F l a m m e n v o r a u s g e h e n d e Schwefelgeruch die a n d e r e n in die F l u c h t : ihn m a c h t e n sie nur munter. Auf zwei Sklaven gestützt e r h o b er sich, sank aber plötzlich nieder; wie ich vermute, hatte ihm der dichte Dampf den Atem g e h e m m t und den M a g e n gesperrt, der bei ihm ohnedies von N a t u r schwach und eng war und häufige K r ä m p f e veranlaßte. Als es wieder T a g wurde — es war der dritte nach dem, welchen er zuletzt erblickt hatte — fand man seinen K ö r p e r unversehrt, o h n e Verletzung und mit derselben Bekleidung, welche er a n g e h a b t hatte; das Aussehen seines Körpers war m e h r das eines Schlafenden, als eines T o t e n . II. Brief des Plinius an Tacitus. . . . N a c h d e m mein Oheim f o r t g e g a n g e n war, verbrachte ich die übrige Zeit mit Studieren; denn dies war der Grund meines Zurückbleibens. Hierauf b a d e t e ich, speiste und schlief, aber unruhig und nur kurz. Schon m e h r e r e T a g e vorher hatte sich ein g r o ß e s E r d b e b e n spüren lassen, was aber eben zu keiner g r o ß e n Furcht Anlaß gab, weil dies in Campanien etwas Gewöhnliches ist; in jener Nacht aber wurde es so stark, d a ß alles nicht nur sich zu bewegen, sondern zusammenzufallen schien. Meine Mutter stürzte in mein Schlafzimmer; ich stand eben auf, um meinerseits sie zu wecken, wenn sie etwa noch schliefe. Wir setzten uns in den Hof des Hauses, welcher das Meer von den H ä u s e r n durch einen mäßigen Z w i s c h e n r a u m trennte. E s war schon 6 U h r m o r g e n s und noch war d e r T a g nicht recht da und — wenn ich so sagen darf — träge im W e r d e n ; du die umliegenden Gebäude bereits h e f t i g e E r s c h ü t t e r u n g e n erlitten hatten, so war, da d e r Platz z w a r frei, a b e r doch beschränkt war, die Furcht vor einem Einsturz g r o ß und wohl b e g r ü n d e t . Jetzt erst schien es uns geraten, die Stadt zu verlassen. Die bestürzte Menge f o l g t e uns nach; sie zog — was in d e r Angst f ü r Klugheit gilt — f r e m d e n Rat d e m eigenen vor, und in dichte H a u f e n geschart, d r ü c k t e und trieb sie uns zum G e h e n vorwärts. Als wir die H ä u s e r hinter uns hatten,

Pompeji nacli der Katastrophe

XVII

b l i e b e n w i r s t e h e n . V i e l e s g a b e s a u c h h i e r , w a s uns s t a u n e n , w a s uns e r s c h r e c k e n m a c h t e . D e n n die W a g e n , w e l c h e w i r h a t t e n h i n a u s f ü h r e n l a s s e n , w u r d e n a u f v ö l l i g f r e i e m F e l d e hin u n d h e r g e w o r f e n , und s e l b s t , als m a n S t e i n e u n t e r l e g t e , b l i e b e n sie n i c h t f e s t s t e h e n . Und auch das M e e r g e w ä h r t e e i n e n A n b l i c k , a l s o b e s s i c h s e l b s t v e r s c h l ä n g e und d u r c h die E r d e r s c h ü t t e r u n g zurückgetrieben würde. Wenigstens w a r d a s G e s t a d e w e i t e r v o r g e r ü c k t und e s b e f a n d e n s i c h d a r a u f v i e l e aut d e m t r o c k e n e n S a n d e z u r ü c k g e b l i e b e n e S e e geschöpfe. Auf d e r a n d e r e n S e i t e z e r b a r s t e i n e W o l k e , a u s welcher geschlängelte F e u e r m a s s e n nach allen Seiten herausz u c k t e n u n d e n t l u d s i c h in l a n g e n F l a m m e n s t r a h l e n , w e l c h e B l i t z e n ä h n l i c h , a b e r weit g r ö ß e r w a r e n S c h o n fiel Asche, doch nicht stark. Ich b l i c k t e z u r ü c k : ein d i c k e r D a m p f k a m h i n t e r uns h e r , d e r uns g l e i c h e i n e m aut die E r d e sich e r g i e ß e n d e n S t r o m e n a c h z o g . . . . K a u m hatten wir uns g e s e t z t , als e s N a c h t w a r d , n i c h t so, w i e w e n n d e r M o n d n i c h t s c h e i n t o d e r d e r H i m m e l u m w ö l k t ist, s o n d e r n , w i e wenn man an v e r s c h l o s s e n e n O r t e n das L i c h t auslöscht. M a n hörte G e h e u l von W e i b e r n , G e w i m m e r von Kindern, Geschrei von M ä n n e r n : die einen riefen ihre E l t e r n , andere i h r e K i n d e r , w i e d e r a n d e r e i h r e n G a t t e n , w e l c h e sie a n i h r e n S t i m m e n e r k a n n t e n ; d i e s e b e j a m m e r t e n ihr e i g e n e s G e s c h i c k , jene das der Ihrigen; auch waren darunter solche, welche sich aus F u r c h t vor dem T o d e den T o d wünschten . . . . Es w u r d e w i e d e r e i n w e n i g hell, w a s u n s n i c h t w i e d e r w i r k l i c h e T a g , sondern wie der Vorbote des nahenden Feuers vorkam, d o c h b l i e b d i e s e s F e u e r in z i e m l i c h e r E n t f e r n u n g ; h i e r a u f w u r d e es w i e d e r f i n s t e r , und e s f i e l w i e d e r d i c h t e A s c h e in g r o ß e r M e n g e . W i r m u ß t e n zu w i e d e r h o l t e n M a l e n a u f s t e h e n und s i e a b s c h ü t t e l n , s o n s t w ä r e n w i r v e r s c h ü t t e t u n d v o n ihrer Last erdrückt worden E n d l i c h löst sich j e n e r d i c h t e D a m p f in e i n e Art N e b e l o d e r R a u c h a u f ; e s w u r d e wirklicher T a g , auch die S o n n e glänzte hervor, a b e r nur g a n z b l a ß , w i e d i e s b e i e i n e r S o n n e n f i n s t e r n i s zu s e i n p f l e g t e . " D e r K a i s e r Titus ernannte eine eigene, aus S e n a t o r e n bes t e h e n d e K o m m i s s s i o n , die die A u f g a b e b e k a m , f ü r d e n W i e d e r a u f b a u d e r v e r w ü s t e t e n G e b i e t e S o r g e zu tragen. E i n W i e d e r a u f b a u a b e r war u n m ö g l i c h : H e r k u l a n e u m war unter einer dicken verhärteten Schlammschicht begraben und v o n P o m p e j i r a g t e n nur die h ö c h s t e n S p i t z e n e i n i g e r G e b ä u d e a u s d e m A s c h e n m e e r . D r i n g e n d n o t a b e r tat d i e H i l f e den u n g l ü c k l i c h e n B e w o h n e r n der Städte, d e n e n es g e l u n g e n w a r , s i c h in S i c h e r h e i t zu b r i n g e n . U n d die meisten müssen II

XVIII

Beginn der Ausgrabungen

doch e n t k o m m e n sein, denn bei den A u s g r a b u n g e n hat man verhältnismäßig wenig Skelette g e f u n d e n . Mit der Unterstützung der Kommission h a b e n dann die Geretteten versucht, ihr E i g e n t u m wiederzuerlangen, indem sie tiefe Löcher und Stollen in die Schuttmassen g r u b e n . Dabei haben sie manches gerettet. Aber auch P l ü n d e r e r fanden sich ein. Beider Spuren sind die F o r s c h e r bei den A u s g r a b u n g e n oft begegnet. Ein Plünderer scheint auch d e r Mann gewesen zu sein, dessen Skelett man mit einer L a t e r n e in einem Loch in einer Mauer fand und z w a r in d e r Aschenschi,cht. D a ß einige B e w o h n e r nach d e r K a t a s t r o p h e wieder in die Stadt gelangt sind, schließt m a n aus einigen G r a f f i t i , die m a n sonst nicht erklären k a n n . N a c h d e m m a n soviel wie möglich w e g g e s c h a f f t hatte, w u r d e n die Ruinen verlassen. Das weitere Schicksal d e r E i n w o h n e r von Pompeji ist nicht bekannt. E i n e Inschrift, die in d e r f e r n e n D o b r u d s c h a g e f u n d e n wurde, an d e r Küste des heutigen Rumänien, erzählt von einem Flüchtling aus Pompeji, der im K a m p f e g e g e n die B a r b a r e n fiel. Irgendeine E r i n n e r u n g , d a ß unter der Asche eine g a n z e Stadt b e g r a b e n sei, lebte in d e m Gedächtnis der U m w o h n e r noch J a h r h u n d e r t e lang fort. Die mit Schuttmassen b e d e c k t e Anhöhe, unter der P o m p e j i v e r b o r g e n lag, erhielt den N a m e n ,,civitä". Um so verwunderlicher ist es, d a ß d e r Architekt Domenicq Fontana, als er bei d e m Bau eines Wasserleitungsstollens, der durch die g a n z e Stadt g e h t und den wir noch an einigen Stellen heute sehen können, einen Stein mit der Inschrift, in der Pompeji erwähnt wurde, nicht verstanden hat, d a ß es sich hier um die bei Plinius e r w ä h n t e Stadt handele. Das war für die Archäologie ein g r o ß e s Glück, denn wenn P o m p e j i schon damals entdeckt worden wäre, so wäre für uns wohl k a u m etwas zum E n t d e c k e n geschweige zum Bewundern übriggeblieben. U n d t r o t z d e m kann man noch sagen, d a ß P o m p e j i zu f r ü h entdeckt wurde. Die A u s g r a b u n g e n b e g a n n e n am 30. März 1748. Durch einen Zufallsfund, den einige W e i n b e r g s a r b e i t e r gemacht hatten, wurde die A u f m e r k s a m k e i t des Ingenieurs Alcubierre, d e r sich seit 10 J a h r e n d e r A u s g r a b u n g H e r k u l a n e u m s gewidmet hatte, auf diese Stätte gelenkt und er setzte seine F o r s c h u n g e n hier fort in der Meinung, das antike Stabiae entdeckt zu haben. F ü r seine Arbeit standen ihm m e h r e r e Sträflinge zur V e r f ü g u n g und am E n d e jeder W o c h e h a t t e er Rechenschaft über seine Tätigkeit und die Funde abzulegen. Ihm schien P o m p e j i eine Art B e r g w e r k , das a u s g e b e u t e t

Die Ausgrabungen

im XVIII. u n d XIX. J a h r h u n d e r t

XIX

werden m u ß t e . Und zu seiner Zeit wurde aus den H ä u s e r n alles fortgeschleppt und ins Museum g e b r a c h t , was sich irgend f o r t t r a g e n ließ. Auf diese Weise wurde manches F r e s k o zerstört. Erst als m a n nach etwa f ü n f z e h n j ä h r i g e r Altsgrabungstätigkeit die Statue des Suedius Clemens fand, tauchten Zweifel auf, ob man es hier mit Stabiae oder Pompeji zu tun habe. Im J a h r e 1764 beklagt W i n k e l m a n n es sehr, d a ß man f ü r eine d e r a r t i g bedeutende Ruinenstätte nur acht Arbeiter zur V e r f ü g u n g habe. Fünf J a h r e später äußert sich der Kaiser von Oesterreich, J o s e p h II., seinem jugendlichen S c h w a g e r , d e m Konig Ferdinand, g e g e n ü b e r sehr entrüstet ü b e r die T a t s a c h e , d a ß nur 30 und nicht 30 000 Arbeiter, wie er es f ü r richtig hielte, bei den A u s g r a b u n g e n beschäftigt würden. U n d a u ß e r d e m scheint es ihm fraglich, o b es richtig sei, alle G e g e n s t ä n d e aus der Stadt fortzuschaffen. Die politischen Ereignisse am E n d e des 18. und Anfang des 19. J a h r h u n d e r t s waren nicht ohne Einfluß auf die Ausgrabungen. E i n napoleonischer General, Championnet, hat z. B. zwei H ä u s e r a u s g e g r a b e n , die noch heute seinen N a m e n tragen. Mit g r o ß e m E r f o l g arbeitete man in P o m p e j i in den J a h r e n 1806—1815 unter der R e g i e r u n g J o s e p h B o n a p a r t e s und J o a c h i m Murats. In dieser Zeit k a m e n die G r ä b e r s t r a ß e mit der Villa des Diomedes, das g r o ß e T h e a t e r , die Basilika, ein Teil des F o r u m s und einige H ä u s e r ans Licht. D e r Leiter d e r A u s g r a b u n g e n war damals Arditti, der bei seinen Untern e h m u n g e n ganz systematisch vorging. U n t e r den Bourbonen hingegen schritten die Arbeiten weniger gut fort und wurden auch weniger sorgfältig gemacht. D a s ist um so mehr zu beklagen, als in dieser Zeit die schönsten H ä u s e r gef u n d e n wurden. Die Vereinigung des Königreichs N e a p e l mit Italien bedeutete eine günstige W e n d u n g f ü r die pompejanischen Ausgrabungen. Jetzt trat Giuseppe Fiorelli an die Spitze d e r Arbeiten und mit ihm beginnt eine neue E p o c h e d e r F o r s c h u n g e n in Pompeji. Als er die Leitung übernahm, boten die Ruinenstätten einen b e k l a g e n s w e r t e n Anblick.. Die dringendste A u f g a b e war, die u n g e h e u r e n E r d h a u f e n , die von den f r ü h e r e n A u s g r a b u n g e n her in den schon a u s g e g r a b e n e n S t r a ß e n lagen, fortzuschaffen. Erst dann k o n n t e n die eigentlichen Arbeiten beginnen. Fiorellis G e d a n k e war es, d a ß P o m p e j i nicht als ein B e r g w e r k f ü r Antiken zu betrachten sei, sondern d a ß die Stadt an sich schon ein M u s e u m sei und d a ß f ü r die Archäologen jeder Gegenstand von gleicher Bell*

XX

Die A u s g r a b u n g e n u n t e r Fiorelli

deutung ist, ganz gleich, aus welchem Material er gemacht ist. Mit Fiorelli beginnt also die systematische A u s g r a b u n g . U n t e r a n d e r e m wird von nun an von o b e n nach unten bis zu einer bestimmten Tiefe g e g r a b e n . Entsprechend dem Gedanken, d a ß Pompeji ja selbst ein Museum sei, ordnete Fiorelli an, d a ß die Mehrzahl d e r G e g e n s t ä n d e an ihrem Platz zu bleiben hätten und d a ß nur die Bronzestatuen w e g e n ihres W e r t e s fortgeschafft und durch Kopien ersetzt w e i d e n sollten. Auch die Fresken, die v e r d e r b e n h ä t t e n können, wurden ins Museum gebracht. 1863 gelang es Fiorelli, die Abgüsse einiger T o t e n wiederzugewinnen, indem er die Höhlung, die der Körper in d e m allmählich verhärteten Aschenbrei hinterlassen hatte, mit Gips a u s g o ß . Auf diese Weise erhielt man eine Reihe von Abgüssen, von denen etwa zehn, darunter der eines H u n d e s sich im kleinen Lokalmuseum befinden. Andere hat m a n in d e m H a u s e gelassen, in dem man sie g e f u n d e n hat, n e u e r d i n g s auch einige in d e r Casa cryptoportica in den Nuovi Scavi. Diese A b g ü s s e bilden den besten K o m m e n t a r zu den Briefen des Plinius. Auch f ü r die verschwundenen G e g e n s t ä n d e aus Holz usw., die Hohlräume in der Aschenmasse hinterlassen haben, hat man dieses V e r f a h r e n a n g e w a n d t , z. B. f ü r die T ü r e n , Schränke und Stühle. N a c h d e m Fiorelli Generalverwalter der Alteri ü m e r Italiens g e w o r d e n war, arbeiteten seine N a c h f o l g e r in seiner Weise weiter. Seine Systeme w u r d e n ausgebaut und in immer g r o ß a r t i g e r e r W e i s e a n g e w e n d e t . Schließlich wurden, als man im J a h r e 1895 die Casa dei Vettii fand, nicht nur die Skulpturen und F r e s k e n an ihrem Ort gelassen, sondern man versuchte auch d e n G a r t e n wiederherzustellen. Das gleiche g e s c h a h in den H ä u s e r n , die man in den folg e n d e n J a h r e n fand, wie z. B. in der Casa degli amorini dorati und delle Nozze d ' a r g e n t o und in all den H ä u s e r n zu Seiten der Via dell'Abbondanza, die zu der Z o n e der sog. Nuovi Scavi gehören. Leider besteht keine H o f f n u n g , d a ß in P o m p e j i noch andere öffentliche Gebäude, a u ß e r d e n schon e n t d e c k t e n , gef u n d e n werden könnten, höchstens Badeanstalten wird man noch finden. E h e man den R u n d g a n g durch die Stadt beginnt, wird es nützlich sein, einen Blick auf den Stadtplan zu werfen, damit m a n sich nachher leichter orientiert. Die Prinzipien, nach denen die Straßen angelegt sind, sind die gleichen wie in allen italischen Städten. Wir h a b e n zwei sich k r e u z e n d e Hauptachsen, den Cardo von N o r d e n nach Süden und den

Der Plan der

Stadt

XXI

Decumanus, der von Osten nach W e s t e n geht. Natürlich war die A u s d e h n u n g der Stadt in den ersten J a h r h u n d e r t e n ihres Bestehens viel geringer wie zur Zeit der Verschüttung. Die K r e u z u n g der beiden Achsen befand sich nicht an der heutigen Stelle. Der Cardo ist die heutige Via di Stabiae, die vom Stabianertor zum Vesuvtor führt und der D e c u m a n u s die Via di Nola, die etwas westlich vom Nolanertor beginnt und a m Vicolo del Farmacista vor einem noch nicht ganz a u s g e g r a b e n e n Hause endet. Die ältere Kreuzung lag dort, wo sich jetzt das F o r u m befindet, das damals kleiner war, wie das, was wir jetzt vor uns sehen. Zu dieser Zeit bildeten den Cardo die heutige Via delle scuole und Via del Foro und den Decumanus die Via della Marina und die Via dell'Abbondanza, die das F o r u m an der Südseite begrenzten. D a ß die H a u p t a c h s e n sich nicht genau im rechten W i n k e l treffen, sondern einen spitzen Winkel bilden, lag an den Bodenverhältnissen. Fast rechtwinklig treffen sich die S t r a ß e n nur in der Regio VI im Nordwesten, wo sich die schönsten H ä u s e r der Stadt befinden. Im Unterschied zu dieser r e g e l m ä ß i g e n Anlage fällt uns der südlich von ihm gelegene Stadtteil mit den unregelm ä ß i g e n und engen Straßen auf. In diesem Teil liegen die meisten öffentlichen Gebäude, woraus m a n vielleicht schließen kann, d a ß dieser Teil der ältere ist und die regelmäßige Anlage einer späteren V e r g r ö ß e r u n g der Stadt zuzuschreiben ist. In vielen Städten, die einen plötzlichen Aufschwung nahmen, kann man eine d e r a r t i g e E n t w i c k l u n g beobachten, so z. B. in Süditalien in T a r e n t . Gegen die spätere Datierung dieses regelmäßig angelegten Quartieres h a b e n einige Forscher den Fund einer dorischen Säule in ihm a n g e f ü h r t ; wir werden d a r ü b e r an anderer Stelle sprechen (s. S. 63). Die Instandhaltung d e r Bürgersteige, die in allen S t r a ß e n v o r h a n d e n waren, lag den Hausbesitzern ob. D a d u r c h erklärt sich auch die g r o ß e Uneinheitlichkeit wie z. B. bei den Bürgersteigen vor der Casa di Trittolemo (VII, 7 1—12), hier ist das Pflaster mit einem reizvollen o r n a m e n t a l e n Muster geschmückt. Die Bürgersteige sind auch verschieden hoch. Die S t r a ß e selbst ist von Zeit zu Zeit von einem o d e r mehreren g r o ß e n ovalen Steinen unterbrochen, die so hoch wie die Bürgersteige sind und die dazu dienten, den U e b e r g a n g von einem Bürgersteig zum anderen zu erleichtern, damit m a n während des Regens nicht allzu nasse F ü ß e b e k a m und auch

XXII

Das Haus

nicht immer auf und ab klettern mußte. Oft hat man zu diesem Z w e c k Reste von Kapitellen o d e r Mühlsteine benutzt. Sie b e d e u t e t e n zwar eine Bequemlichkeit f ü r die Menschen, aber nicht f ü r die Tiere, die vor s c h w e r e K a r r e n gespannt waren und über diese Steine h e r ü b e r mußten. Deutlich erkennt m a n zwischen den Steinen die tiefen. Spuren der Wagenräder. Die schönste Straße d e r Stadt, die Strada del F o r o erreicht eine Breite von 9 Meter. Alle S t r a ß e n P o m p e j i s sind mit d e n s e l b e n unregelmäßigen rechteckigen Steinen gepflastert. Genau weiß man nicht, w a n n die S t r a ß e n P o m p e j i s zuerst gepflastert wurden. Den einzigen chronologischen Anhaltspunkt bietet eine Inschrift auf einem Pflasterstein, in d e r der Monat Quinctilis, d e r unserm Juli entspricht, erwähnt wird. S p ä t e r nach der Heroisierung Julius Casars nannte m a n ihn Julius. Besonders g r o ß e s Gewicht legte man in dieser Zeit auf die W a s s e r v e r s o r g u n g d e r Städte. Die erste Wasserleitung wurde in P o m p e j i zwischen dem zweiten punischen Krieg (200) und dem Bundesgenossenkrieg (90—80) erbaut, einen g e n a u e r e n Zeitpunkt zu bestimmen, ist nicht möglich, da wir keine festen Anhaltspunkte haben. Die pompejanische Wasserleitung war ein Z w e i g des g r o ß e n Aquaedukts, der N e a p e l und die anderen S t ä d t e Campaniens mit W a s s e r versah. Ihr Ausgangsspunkt ist noch nicht festgestellt, das einzige, was sich über sie sagen läßt, ist, daß sie aus sehr g r o ß e r H ö h e k a m und einen starken Druck hatte. Die Pfeiler des Aquädukts w a r e n 6 Meter hoch. Fast an jeder S t r a ß e n a c h s e befindet sich ein Brunnen. Die Wasserleitung in den H ä u s e r n ist am b e s t e n in d e m Vi'colo di Mercurio zu e r k e n n e n (s. S. 79). D a die Stadt auf einem Lavafelsen lag, so g a b es nur wenige Quellen (s. S. 139). Von d e r Kanalisation hat man einige Kollektoren (Sammelbecken) gefunden, zu d e n e n die R o h r e aus den H ä u s e r n führten. ( S ü d e n d e des F o r u m s unter der Strada delle Scuole; neben den S t a b i a n e r t h e r m e n ) . Man erkennt deutlich, d a ß die Kanalisation erst nach und nach in der Stadt eingerichtet wurde, in einigen Bezirken hat man noch G r u b e n f ü r die Abwässer g e f u n d e n . Die meisten Latrinen haben noch keine Verbindung mit der Kanalisation: im Z u s a m m e n h a n g mit ihr steht z. B. die Latrine Regio IX, Insula 9. Das Haus. Wir k ö n n e n an dieser Stelle keine Geschichte d e r Entwicklung des antiken H a u s e s geben. U n s e r

lias Haus

XXIII

Ziel ist nur, dem Leser den Grundriß des pompejanischen H a u s e s klarzumachen und ihn mit den Benennungen der wichtigsten Räume vertraut zu machen. Die Eigentümlichkeit der Entwicklung des pompejanischen H a u s e s liegt darin, d a ß es das E r g e b n i s der Verschmelzung zweier verschiedener Haustypen, von d e n e n jedes seine eigene Geschichte hat, ist. E s entsteht aus dem italischen und griechischen H a u s . Die ältesten H ä u s e r haben rein italischen Grundriß. Aber als typisch f ü r das p o m p e j a n i s c h e H a u s m u ß m a n doch das D o p p e l h a u s bezeichnen. D a s alte italische Haus, das wir aus Aschenurnen kennen, bestand aus einem Raum, d e r den Bedürfnisssen d e r Zeit genügte. In d e r Mitte stand d e r H e r d . D e r aufsteigende R a u c h f ä r b t e die W ä n d e und das Dach schwarz, weshalb d e r R a u m den N a m e n Ater d. h. schwarz (französisch l'atre) erhielt. H i e r war Küche, W o h n raum, Arbeitsraum und Schlafzimmer. I m L a u f e der Zeit baute man um das Atrium herum f ü r jeden Z w e c k einen eigenen Raum. Mittelpunkt blieb aber i m m e r das Atrium. Die O e f f n u n g im Dach, durch die im ersten Stadium der Rauch ging, blieb erhalten, wurde v e r g r ö ß e r t und diente nun als Lichtquelle. Freilich fiel durch diese O e f f n u n g nicht nur das Licht in die Räume, sondern auch der R e g e n und d a h e r b e k a m sie den N a m e n Compluvium. D e m Compluvium entspricht auf dem F u ß b o d e n das Impluvium, an dem nun immer ein Tisch steht, eine E r i n n e r u n g an den ehemaligen Standort des H e r d e s . . Selbst zu der Zeit, als man in allen H ä u s e r n schon Wasserleitungen hatte, hat man das R e g e n w a s s s e r gesammelt, was man aus der Anlage von Zisternen schließt. N e b e n den Tischen, einfachen und reich verzierten aus Tuff und Marmor, stand auf einer Basis meist eine Statue mit Springbrunnen. Auch das Compluvium wurde verziert, an den E c k e n waren meistens T i e r f i g u r e n als W a s s e r s p e i e r a n g e b r a c h t und Maskenfriese an den Seiten. E s gibt m e h r e r e Arten von Atrien, am häufigsten sind in Pompeji das tuskanische (Atrium tuscanicum) und das viersäulige (Atrium tetrastylum). Im tuskanischen A t r i u m ruht das Compluvium auf den Horizontalbalken, es hat keine Säulen. D a s Compluvium des A t r i u m t e t r a s t y l u m ruht auf vier Säulen. Anstatt Rekonstruktionszeichnungen zu geben, die doch nicht immer allen Anf o r d e r u n g e n entsprechen, verweisen wir auf die Wiederherstellungen in Pompeji selbst (mit A u s n a h m e d e r H ä u s e r in den Nuovi Scavi, wo eine g r o ß e Reihe von Atrien herge-

XXIV

Das Ilaus

stellt ist): A t r i u m t u s c a n i c u m Casa dell'ara massima. (VI, 16, 16) und Casa di Lucrezio F r o n t o n e (V, 4 , 1 0 ) ; A t r i u m t e t r a s t y l u m Casa delle nozze d ' a r g e n t o (V, 2) und das H a u s VI, 15, 9, diqs ist besonders interessant dadurch, weil hier auch die R ä u m e des ersten Stockes wiederhergestellt sind. Zwei Atrien sind sog. k o r i n t h i s c h e A t r i e n , das eine befindet sich in der Casa di Castore e Polluce (VI, 9, 6) und das andere in d e r Casa di Epidio Rufo (IX, 1, 20). Ausnahmsweise k o m m t auch das A t r i u m o h n e Compluv i u m (Atrium testudinatum, d. h. schildkrötenförmig) z. B. im kleinen H a u s e V, 5, 2 und im N e b e n a t r i u m in der Casa dei Centenario und ein Atrium mit darüberliegendem R a u m in d e r Casa di F a b i o Secondo (V, 4, 13) vor. An den Seiten liegen die C u b i c u 1 e n. D a s sind kleine Räume, die als Schlafzimmer oder R ä u m e f ü r die Sklaven dienten. In den Schlafzimmern erkennt man den Platz, wo das Bett g e s t a n d e n hat daran, d a ß sich hier entweder eine breite Stufe findet oder ein durch einen Mosaikstreifen bezeichneter Platz, einige Male sieht man auch in der dicken W a n d eine Vertiefung, die man gemacht hat, um Platz f ü r das Bett zu schaffen. Die letzten R ä u m e an den Seiten, die Alae, die sich in g a n z e r Breite auf d a s Atrium öffnen, haben keine bestimmte V e r w e n d u n g ; einige Male dienen sie als Speisezimmer, andere Male als H a u s k a p e l l e (Sacellum). E s gibt in P o m p e j i einige Häuser, in denen m a n von der S t r a ß e aus gleich das Atrium betritt (z. B. die kleinen H ä u s e r in dem Vicolo di Lucrezio F r o n t o n e ) . Doch sind sie eine Ausnahme. Ueblich ist, d a ß die Atrien von der S t r a ß e durch V e s t i b ü l und F a u c e s getrennt sind. D a s W o r t vestibulum ist philologisch noch nicht befriedigend erklärt. E s war ein u n b e d e c k t e r R a u m vor d e r Tür, der in R o m in den H ä u s e r n der Reichen ziemlich g r o ß war, in P o m p e j i d a g e g e n sehr schmal ist und meistens nur aus einer Stufe besteht. Aber es gibt doch einige H ä u s e r , in denen das Vestibül ganz klar von den Fauces g e t r e n n t ist (VI, 13, 13 und VIII, 2,34). Die F a u c e s sind ein Korridor zwischen zwei Türen, an d e m meistens Läden liegen. Die Inschriften in den F a u c e s werden wir bei der B e s c h r e i b u n g der einzelnen H ä u s e r erwähnen. Die H o l z t ü r e n sind natürlicherweise verschwunden. Einige sind in den Nuovi Scavi wieder hergestellt. Im Museum gibt es einen G i p s a b g u ß einer T ü r . Zu einer klaren Vorstellung verhelfen uns a u ß e r d e m noch die M a r m o r t ü r

Das Haus

XXV

an einem G r a b in der G r ä b e r s t r a ß e und vor dem Nucerinertor und die malerische Darstellung in der Villa Item. G e g e n ü b e r dem E i n g a n g liegt das T a b l i n u m , das E m p fangs- und Arbeitszimmer des H a u s h e r r n . In einigen Häusern ist die R ü c k w a n d aus Brettern g e w e s e n (tabulumBrett). Z u Seiten des Tablinums lagen Speisezimmer, die sich meistens auf das Peristyl öffneten. D a s Tablinum war kein D u r c h g a n g s r a u m . Als D u r c h g a n g diente der And r ó n , d e r Atrium mit Peristyl verband. D a s Wort Andron kommt aus d e m Griechischen und heißt eigentlich Männerzimmer und warum diese Bezeichnung auf den Korridor ü b e r t r a g e n wurde, läßt sich nicht erklären. Wir k o m m e n nun zu dem griechischen Teil des Hauses, was sich auch schon aus den Bezeichnungen ergibt. D a s P e r i s t y l (Säulen umher) ist ein innerer Hof von einer P o r t i k u s umgeben. Die Portikus braucht nicht auf allen vier Seiten vorhanden zu sein, einige Male umgibt sie den Hof nur auf drei, andere Male nur auf zwei Seiten und es k o m m t auch vor, d a ß sie nur auf einer Seite entlang läuft. In einzelnen H ä u s e r n war die Portikus zweistöckig (Casa del Centenario [IX, 8, 6/], Casa del centauro [VI, 9, 3]). D a s Peristyl war der malerischste Teil des H a u s e s . In ihm lag der G a r t e n (Viridarium) mit Blumen, Statuen und W a s s e r a n l a g e n reich verziert. D e m Tablinum entspricht die E x e d r a , die eine Art E m p f a n g s z i m m e r war. Als Speisezimmer dienten die T r i c 1 i n i e n. D e r N a m e ist ganz leicht zu e r k l ä r e n : hier standen drei Lager, auf denen Platz- f ü r neun P e r s o n e n war, d i e hier liegend speisen konnten. Diese L a g e r waren meistens aus Holz und reich verziert. Nicht selten findet man aufgemauerte Lager. Sie waren bemalt, auf einem in den Nuovi Scavi ist die Malerei fast ganz erhalten. Natürlich wurden noch Kissen auf sie gelegt. In einem H a u s e findet man auch eine L a g e r s t ä t t e f ü r Kinder (IX, 5, 11) und in einem anderen ein L a g e r in F o r m des Buchstabens Sigma (VIII, 3, 15). Als Festsaal diente der O e c u s. Philologisch ist auch diese Benennung nicht leicht zu erklären, weil Oecus einfach H a u s bedeutet. In d e r Casa di M e l e a g r o und del Laberinto finden wir solche R ä u m e mit einer Säulenstellung im Innern. In d e m I n n e n r a u m standen die L a g e r s t ä t t e n und der Gang hinter den Säulen w a r f ü r die bedienenden

XXVI

Die

Wandmalerei

Sklaven bestimmt, die an d e m L a g e r zu F ü ß e n ihrer H e r r e n standen. Ein g a n z b e s o n d e r e r Oecus befindet sich in der Casa delle Nozze d ' a r g e n t o (s. S. 115). In einigen H ä u s e r n hat m a n die Schlafzimmer d e r Familie auch an das Peristyl a n g e b a u t . So entwickelte sich das Peristyl und die anliegenden R ä u m e zu einem intijneren Teil des H a u s e s und das Atrium mit seinen Räumen wurde Geschäftsraum. Von den meisten H ä u s e r n waren Teile vermietet. Gewöhnlich war das d e r Fall mit d e m Oberstock, dessen Existenz schon durch die T r e p p e n bewiesen wird (von den T r e p p e n anlagen wird jeweils an ihrem Platz die R e d e sein). Einige H ä u s e r haben im Oberstock einen E r k e r und andere sog. Cenacula, eine Art Loggia, die als Speiseraum diente. Einen ganz anderen Anblick b e k a m e n die R u i n e n von Pompeji, n a c h d e m die Direktion d e r A u s g r a b u n g e n die Wiederherstellung d e r Gärten in Angriff g e n o m m e n hatte. Man hat sorgfältig jede P f l a n z e n s p u r aussgenutzt und sich nach den malerischen Vorbildern an den W ä n d e n gerichtet. Besonders gut gelungen ist die Wiederherstellung des Gartens VIII, 7, 5 (s. S. 192), die g r ö ß e r e n H ä u s e r hatten a u ß e r dem Garten im Peristyl meist noch einen zweiten Garten. Z u m Schluß erwähnen wir noch das Posticum, den Hintereingang, das jedes H a u s b e s a ß . Die weitverbreitete Meinung, d a ß die P o m p e j a n e r nur W e r t auf die Ausschmückung des Inneren ihres H a u s e s legten und das Aussehen der F a s s a d e ihnen gleichgültig war, ist ganz grundlos. Nicht g r a u und düster sahen die Straßen P o m p e j i s aus, sondern bunt und heiter. D e r Besucher wird an verschiedenen Stellen noch R e s t e von Fassadenmalerei b e m e r k e n . Die W ä n d e der H ä u s e r in den Nuovi Scavi sind von oben bis unten mit W a h l p r o g r a m m e n bedeckt. D a s gleiche war auch in den anderen Teilen d e r Stadt der Fall, nur sind hier die Inschriften größtenteils verblaßt. Aus ihnen läßt sich noch lebendig die H e f t i g k e i t des K a m p f e s um den P o s t e n des Duumvir und des Aedilen erkennen, d e r höchsten Verwaltungsstellen d e r Städte, die Selbstverwaltungsrecht b e s a ß e n . Die schmalen F e n s t e r g e b e n den H ä u s e r n fast ein blindes Aussehen. Aber das Straßenbild wird doch belebt durch die Läden. A u ß e r d e m h a b e n wir auch breitere F e n s t e r in der Stadt, z. B. in der Casa di Lucrezio F r o n t o n e und

Die

Wandmalerei

XXVII

im eisten Stock der Bäckerei an d e r Strada di Stabiae (VIII, 4, 24). Wir h a b e n hier nur die allgemeinen Grundzüge des H a u ses beschrieben. Selbstverständlich hat jedes sein eigenes Gesicht und g e r a d e darin besteht der Reiz Pompejis. D i e M a l e r e i . Zu d e m Wichtigsten und Schönsten in d e r Stadt gehört die Wandmalerei. Die Archäologen h a b e n das System von Mau angenommen, das sehr zur Orientierung in d e r g r o ß e n Menge der erhaltenen F r e s k e n hilft. Mau teilt die Malerei in vier Stile, die natürlich nicht immer g a n z scharf a b z u g r e n z e n sind. I. Stil. Hier hatte der Stuckateur mehr zu tun als d e r Maler. Man ahmte in Stuck die M a r m o r q u a d e r n n a c h und strich sie mit den verschiedensten Farben, an. In diesem Stil findet man keine Bilder, die Bilder findet m a n in den F u ß b o d e n m o s a i k e n . Oben schließt die Bemalung ein Zahnschnitt aus Stuck ab. Beispiele: Casa di Sallustio, Casa dei Fauno, Casa delle Amazzoni (VI, 2, 14), Schlafzimmer in der Casa del Centauro, Schlafzimmer im H a u s e VI, 5, 19, ein Laden in der Stabianerstraße (IX, 3, 2). Diese Malerei gehört noch der vorrömischen Zeit an. II. Stil. Keine Stuckarbeiten mehr. N a c h a h m u n g von Architekturformen, körperlich wirkende Säulen und vorspringende Gebälke. Zwischen den Säulen Girlanden. E r stes Auftreten von Bildern, die sich in die Architekturmotive eingliedern. Beispiele: Casa del Laberinto, Casa di Babio R u f o (VII. 2. 16), Casa di Obellio Firmo, Villa Item. Zeit der römischen Republik. III. Stil. Die architektonischen Motive werden nicht m e h r impressionistisch, sondern zeichncrisch und flach dargestellt. Besondere Sorgfalt wird der Ornamentierung gewidmet. Die rechteckigen Felder zwischen d e n Architekturmotiven schmücken Bilder mit mythologischen Scenen, mit Tieren und Landschaften. Am einheitlichsten findet man diesen Stil im Atrium und Tablinum in d e r Casa di Lucrezio Frontone. In der Stadt hat sich a u ß e r d e m nur noch ein besonders typisches Beispiel in der Casa di Caecilio Giocondo erhalten. E r s t e Kaiserzeit bis etwa 60 n. Chr. IV. Stil. Die meisten Forscher sehen in diesem Stil nicht die Weiterentwicklung des dritten Stiles, sondern des zweiten. Phantastische Architekturen mischen sich mit re-

XXVIII

S o n n t n g in

Pompeji

alen, wieder impressionistisch g e s e h e n e n Motiven. Sehr beliebt sind Durchblicke ins Freie, Loggien und Pergolen. Ganz unorganisch sind die Bilder eingelassen: mythologische Scenen und fliegende F i g u r e n . Dieser Stil ist natürlich d e r häufigste, da nach d e r K a t a s t r o p h e von 63 fast alle H ä u s e r in ihm geschmückt wurden. D a s typischste Beispiel mit allen Mängeln und V o r z ü g e n dieses Stils ist die Casa dei Vettii. Nach alter Tradition sind am S o n n t a g eine g r o ß e Zahl der interessantesten, reich b e m a l t e n H ä u s e r geschlossen und den eindringlichsten Vorstellungen wird es nicht gelingen, diesen Brauch zu durchbrechen. So sieht m a n an diesem T a g eine Menge enttäuschter Besucher. N u n kann man freilich diesen T a g zu einer allgemeinen Orientierung in g r o ß e m M a ß e ausnutzen, und bei der A u s d e h n u n g der Ruinen ist es noch fraglich, o b dieser eine T a g f ü r ein eingehenderes Studium genügt, doch m u ß m a n sagen, d a ß derjenige Besucher, d e r P o m p e j i nur am Sonntag sah, sehr viel wichtige Dinge nicht kennengelernt hat. Wir werden im folgenden versuchen, den Besucher an einem Sonntag Schritt f ü r Schritt durch die Stadt zu f ü h r e n , o b Zeit und Kraft f ü r die D u r c h f ü h r u n g dieses Planes ausreichen, müssen wir ihm selbst überlassen. Von den T e m p e l n sind der Apollotempel, d e r Isistempel und der T e m p e l des Zeus Meilichios geschlossen, a b e r von allen dreien k a n n man einen ersten Eindruck b e k o m m e n . Von den öffentlichen Geb ä u d e n sind nur das Macellum und die T h e r m e n geschlossen. Alle W e r k s t ä t t e n , viele H ä u s e r , und die G r ä b e r s t r a ß e sind zugänglich, also mehr wie g e n u g für einen T a g . Der Eintritt ist unentgeltlich. Man betritt die Stadt wie immer an der P o r t a Marina. Man geht direkt zum F o r u m und b e t r a c h t e t : die Basilika, Curien, Comitium, G e b ä u d e d e r Eumachia, Vespasianstempel, Heiligtum der städtischen Laren, Jupitertempel, die Basen mit Inschriften aut d e m F o r u m : besteigt die T r e p p e , von der aus man den Apollotempel gut übersehen k a n n und verläßt das F o r u m durch die S t r a ß e links vom J u p i t e r t e m p e l und k o m m t in die Via dei Soprastanti. Man g e h t in die Via delle T e r m e : rechts Schild eines Stadtquartiers mit d e r Ziege, links T h e r m o p o l i u m mit besonders gut erhaltenem T o n r o h r . Weiter links W a s s e r r e s e r v o i r und g e g e n ü b e r der kleine Hof der F o r u m s t h e r m e n . Man überschreitet die Strada di Nola und besucht die Casa di P a n s a . M a n verläßt d a s

S o n n t a g in

Pompeji

XXIX

H a u s durch d a s Posticum und geht g e g e n ü b e r in die gut erhaltene Bäckerei und Mühle. Durch sie hindurch g e h e n d gelangt man in die Strada consolare und betrachtet die Casa di Sallustio. An der Straßengabelung ein Brunnen, dann das sog. Zollamt und die Casa del Chirurgo. H e r k u l a n e r t o r und G r ä b e r s t r a ß e (Villen geschlossen). Zurück zum H e r k u l a n e r tor und durch die Casa delle Vestale (links) in den Vicolo di Narzisso. Man besucht das H a u s Nr. 14 (Casa delle Amazzoni) und g e h t in d a s H a u s Nr. 15 (delle danzatrice). I m Peristylium rechts sieht m a n ein ganz besonders schönes Lararium. D u r c h dieses H a u s kommt man in den Vicolo m o d e s t o . Man besucht hier die Casa di Nettuno (VI ,5, 3 ) : an d e r Wand rechts eine T h o l o s ; außerdem die Darstellung eines Gespannes und aut den F u ß b ö d e n grobe a b e r typische Mosaiken. Im H a u s e Nr. 5 befindet sich im Peristyl ein gut erhaltener Stuckfries. In einer kleinen K a m m e r sieht man die T r o m m e l n einer bemalten Säule (s. S. 63). Man kommt nun in den Vicolo della Fullonica. E t w a s links sieht m a n eine g r o ß e O e f f n u n g in der W a n d , durch die m a n sehr gut den Garten d e r Casa di Apollo sehen kann. Im H a u s e Nr. 19 befindet sich ein schönes im ältesten Stil bemaltes Schlafzimmer. Wir sind jetzt im Vicolo di Mercurio. Links sieht man eine bemalte Außenwand. Fast alle H ä u s e r an der Strada di Mercurio sind geschlossen, g e ö f f n e t sind an der linken Seite die Casa di Inaco ed Io und dell'argenteria. An der rechten Seite ist die Casa di Centauro geöffnet, außer d e m Schlafzimmer, das immer geschlossen ist. D a s Posticum führt uns in den Vicolo del Fauno. D e r Besucher spart Zeit, wenn er durch das Haus Nr. 6 in d e n Vicolo del Laberinto geht. Im Vicolo del Laberinto besucht man das H a u s VI, 15, 23 (nur mit Peristyl und b e s o n d e r s schönem Lararium). Man geht durch den Eingang Nr. 24 und k o m m t aus d e m H a u s e Nr. 5 in den Vicolo dei Vettii (das H a u s hat ein Sacellum mit drei Nischen). In dieser Gasse sind auf d e r g e g e n ü b e r l i e g e n d e n Seite folgende H ä u s e r g e ö f f n e t (VI, 16) 32 (über der T ü r sieht man zwei Nischen f ü r die Penaten, in dem kleinen Zimmer links eine L a n d s c h a f t mit d e m heiligen Baum. Im H a u s e Nr. 27 im Peristyl auf dem Sockel g r o ß e V ö g e l ; beachtenswert sind g r o ß e Dolien. Castell d ' a q u a ist geschlossen. Wir sind jetzt auf der Strada di Stabiae. In diesem Teil ist nur die Westseite ausgegraben. I m H a u s Nr. 18 horizontal gelegte A m p h o r e n . Durch das g r o ß e Fenster sieht man ganz gut das Atrium der Casa dell'ara massima. Im H a u s Nr. 12 M a s k e n und Lararium

XXX

S o n n t a g in Pompeji

( S . 102). W i r gehen an einer Reihe geschlossener Häuser vorbei bis zur E c k e der Via di Nola. Die Zentralthermen sind geöffnet. Nun folgen einige Thermopolien und B ä c k e reien, dann das kleine Haus V, 3, 15 mit Triclinien. In dem Vicolo di Lucretio Frontone sind fast alle Häuser geöffnet, auch die beiden Häuser, die hinter der Casa di Lucretio Frontone liegen. Die Häuser in der nächsten Gasse sind alle geöffnet. J e t z t Porta di Nola und Gräber. Nun zurück. An der linken Seite liegt die Casa di Obellio Firmo mit den Skeletten im Vestibül (geschlossen). Weiter im Haus I X , 9, 1 die gut erhaltene T r e p p e . An der Casa del Centenario vorbei in die Gasse links (Vicolo del fauno ubriacco). Am E n d e der Gasse eine ganz besonders bunte Nische ( I X , 6, 7). Nun die Parallelgasse (Vicolo di Lucrezio) zur Strada di Nola bis zur nächsten E c k e : Vicolo di T e s m o ; an einem Hause eine bemalte Außenwand und ein gut erhaltenes Wahlprogramm; und wieder links zur B ä c k e r e i und Caupona I X , 3, 17/20. Das Haus Nr. 24 ist ein Fuhrleutegasthaus mit dem Bilde der Göttin Epona. So sind wir wieder auf der Strada di Stabiae. Links sehen wir ein Schild ( I X , 2, 7) mit Instrumenten. An der linken Seite der Strada di Stabiae liegt die Gerberei (s. S. 212), das Haus mit Compluvium (s. S. 211) und das Lararium mit den Schlangen in Stuck (s. S. 212). Nun Stabianertor und Gräber (s. S. 210). Zurück und zum kleinen T h e a t e r und dem ganzen zu dem Theaterbezirk gehörigen Komplex ( S . 196). Durch die Propyläen in die Strada dei Teatri und nach Úeberschreitung der Strada dell'Abbondanza in das Labyrinth der kleinen Gassen. Links im Vicolo di Lupanaro liegt eine g r o ß e Herberge ( V I I , 1 1 , 1 4 ) . Man kommt auf die S t r a ß e degli augustali. In diesem Bezirk ist die Orientierung nicht so leicht, man beachte, daß der Vicolo del panettiere auf die Strada di Stabiae und der Vicolo storto auf die Strada di Nola führt. Man biegt jetzt links in die Strada di Nola ein und gelangt an einigen geschlossenen Häusern vorbei zu der Casa degli capitelli figurati ( V I I , 4, 57 S . 136). Man kann noch einige Schritte weiter die Strada di Nola entlang gehen bis zum T e m p e l der Fortuna und dann wieder zurück zur Casa delle parete nere ( S . 134) und dann durch die Casa degli capitelli figurati und die Konditorei ( S . 135) und überschreitet die Via degli augustali und geht durch das Haus Nr. 30, wo man auch ein F r e s k o mit Gartendarstellungen sieht und nach Ueberquerung der engen Gasse kommt man in die Casa delle Nozze di E r c o l e ( S . 147). Nun durch die Via di Eumachia

Sonnuty in Pompeji

XXXI

und n a c h U e b e r s c h r e i t u n g d e r V i a d e l l ' A b b o n d a n z a in d e n V i c o l o d e i 12 D e i . L i n k s V i l i , 5, 9 B ä c k e r e i mit M a r m o r f u ß b o d e n und e i n K e l l e r . D a n n weiter bis zur V i a d e l l a R e g i n a , d e r l e t z t e n S t r a ß e a m S ü d t e i l , h i e r sind l i n k s d i e H ä u s e r N r . 3 4 , 2 8 , 2 6 , r e c h t s N r . 15 ( H a u s mit S i g m a ) , E c k h a u s N r . 21 g e ö f f n e t . D i e V i a d e l l e S c u o l e f ü h r t z u m Südteil des F o r u m s .

Eingang

i

Es gibt zwei Eingänge in die Ausgrabungen. Am bequemsten ist es die Stadt bei der Porta marina zu betreten. Ein leicht ansteigender W e g führt von dem Billetschalter zur Kontrolle. Rechts vom W e g e steht im Gebüsch die Porträtbüste des Forschers August Mau, dem wir im wesentlichen die Wiederbelebung der Ruinen zu verdanken haben. Wir kommen nun zur P o r t a M a r i n a . Der N a m e des Tores ist, wie übrigens auch alle Straßennamen, modern. E s wurde so genannt, weil es nach der Meerseite liegt. Der Weg, der hinaufführt, ist so steil, daß er nur f ü r F u ß g ä n g e r und Maultiere benutzbar war. Durch dieses Tor betraten die Fischer mit ihrer Beute die Stadt und vielleicht auch die Landleute, die ihre W a r e n auf Maultieren oder Karren brachten. Keine Wagenspuren, wie wir sie sonst von antiken Straßen kennen, haben sich hier erhalten. Eine kleine Treppe führt zu dem Trottoir für die Fußgänger, das auch, wie der breite W e g f ü r die Maultiere überwölbt war. Rechts vor dem E i n g a n g an der W a n d sieht man eine Nische, in der eine Statue der Minerva stand, die das Tor beschützte. Vom Torbezirk führt rechts der W e g zum kleinen M u s e u m , dessen etwas merkwürdige längliche Form sich dadurch erklärt, d a ß es in den Unterbauten von Gebäuden, die zum sog. Venustempel gehörten, errichtet ist. E s enthält haupt-

2

Das

Museum

sächlich die Gipsabgüsse von den bei der Katastrophe zugrundegegangenen Bewohnern der Stadt. Aber auch die anderen Dinge sind nicht ohne Interesse, selbst f ü r diejenigen Besucher, die das Museum in Neapel gut kennen. Im e r s t e n Z i m m e r befinden sich die mit Hilfe von Gipsabgüssen wiederhergestellten Schränke und Truhen. Ein Stückchen Mauer mit Fenstergitter. Eine Haustür. Türschlösser. Ein Gipsabguß von einem Baum (in den Nuovi Scavi hat man die Bäume an Ort und Stelle gelassen). In einer Vitrine sieht man die ganz verkohlten Reste von Stoffen und Seilen. Reste von Gefäßen und Kohlenbecken und oben an der W a n d befinden sich die Reste von Inschriften. In der Mitte des z w e i t e n Z i m m e r s stehen in Glasvitrinen die Gipsabgüsse der Leichen der Verschütteten; einige befinden sich auch im dritten Zimmer. Wir sehen hier ein Kind, eine junge Frau, einen Sklaven, einen Gladiator, den man an seinem Gürtel erkannt hat, den berühmten H u n d , der das Haus bis zuletzt bewachte und der noch sein Halsband mit den Ringen für die Kette trägt. Einige haben sich in ihr Schicksal ergeben, während andere, wie man an dem Fragment einer Männerleiche im dritten Zimmer am besten sieht, sich noch bis zuletzt gegen das unbarmherzige Schicksal aufgelehnt haben. Wir haben hier eine lebendige Illustration zu den Briefen des Plinius. In den Vitrinen rechts sieht man verschiedenes Geschirr. In einigen G e f ä ß e n liegen noch Reste von Nahrungsmitteln, ein Ei, Knochen eines Ferkels, verschiedene Kornsorten, Graupen, verkohlte Brote usw. Nicht ohne Interesse sind die bemalten Vasen, die aus samnitischen Gräbern stammen;

Das

Museum

3

ganz fein z. B. Nr. 1242; und eine Kuriosität eine Kopfvase mit ausgestreckter Zunge Nr. 227. Sehr hübsch sind die kleinen Altärchen von den Lararien aus Ton und Marmor. Außerdem sieht man viele Stücke von Glasgefäßen. In Tonschalen letzte Spuren von Farben: blau und rot. Die Vitrinen an der linken Seite enthalten Reste von Bronzekesseln, meistens hängenden und solchen, die auf Dreifüßen standen. Interessant sind die Verzierungen der Henkelansätze, Spiegel, bunte Glasgefäße, darunter sog. Tränenfläschchen, die man den Toten mitgab. Allerlei Dinge aus Knochen, Kämme, Nadeln, Spindeln und Ohrlöffel. Chirurgische Instrumente. Wasserspeier vom Griechischen Tempel in Form von Löwenköpfen. In den Vitrinen in der Mitte des Zimmers liegen einige Schmucksachen, von ihnen ist besonders hervorzuheben der Ring mit Gemme Nr. 2383. Am Eingang zum dritten Zimmer stehen große Kandelaber. Im d r i t t e n Z i m m e r ist am interessantesten das Modell der Villa von Boscoreale, das viel anschaulicher ist als das Modell einer Villa im zweiten Zimmer. Wir bekommen hier eine lebendige Vorstellung von dem Aufbau und der Anlage eines vornehmen Landhauses- Die vielen Dinge aus Terrakotta zeigen, wie mannigfaltig die Verwendung von Ton war und wie weit man in dieser Technik fortgeschritten war. Wir werden ähnliche Dinge, besonders in den Nuovi Scavi, noch an Ort und Stelle sehen- Außerdem enthält der Raum noch Wiege- und KnetmaschinenUnter dem Gewölbe des Tores, dem Museumseingang gegenüber, sieht man die Reste eines Oelkelters, den wir an anderer Stelle genauer betrachten werden.

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Der Venustempel

Hinter der Porta marina hat man zunächst rechter Hand in dem etwas engeren und sehr steilen Teil der Strada della Marina eine hohe ununterbrochene Mauer. Sie besteht aus kleinen rechteckigen Tuffbrocken, die so zusammengesetzt sind, daß sie ein Netzmuster bilden, das sog. Opus reticulatum. Zum Betreten des Kompeixes, der hinter dieser Mauer liegt, bedarf es einer besonderen E r laubnis und da das Gebäude sehr schlecht erhalten ist, so lohnt es für den Besucher, dessen Zeit beschränkt ist kaum, seine Zeit damit zu verlieren. Der Eingang zu dem Bezirk des sog. V e n u s t e m p e l s befindet sich hnteir der Rückwand der Basilika. Man sieht zunächst Trümmerhaufen, große Marmorblöcke, aus denen vielleicht die Säulen der Portikus gemacht werden sollten, fertige Säulenschäfte, sehr feine Marmorkapitelle in korinthischem Stil, fertige Wasserrinnen, g r o ß e Basen vielleicht für Reiterstatuen, dazwischen ein hohes Podium und Tuffblöcke. D e r T e m p e l ist mehrere Male umgebaut worden und zur Zeit der Katastrophe war das Material herbeigeschafft und der Bau kaum begonnen. August Mau hat das Gebäude als Venustempel bezeichnet, aber seine B e w e i s e sind sehr theoretisch. Man kann sie trotzdem nicht ganz übergehen, aber es fehlen uns tatsächliche Fnude, die diese Erwägungen unterstützen. Man hat keine Inschrift gefunden, die uns als Fingerzeig dienen könnte und die Skulpturenfragmente, die man hier gefunden hat, sind klein und werden wohl Reste von Weihgeschenken sein. Zu einem Weihgeschenk gehörte sicher auch das bronzene Ruder, auf das Mau bei seiner Beweisführung so großen Wert legt, weil Venus auch die Schutzherrin der Seeleute war und er seine Behauptung auch auf die Tatsache stützt, daß man von diesem Bezirk einen besonders schönen Blick auf das Meer hat. Neuerdings hat Professor della Corte hier die Stelle gesucht, wo die Schutzgötter der mächtigen Korporation Juventus, dei sich mit der E r ziehung der J u g e n d zu Kriegern u;nd Staatsmännern befaßte, verehrt wurden. E r stützt sich dabei auf die Analogie mit dem Apollotempel, wo neben dem Hauptgott noch andere Götter verehrt wurden. Mau nimmt an, daß der T e m p e l zur Zeit der Gründung der Kolonie erbaut wurde, denn Venus war die Schutzgöttin des Sulla, während er nach der Theorie von della Corte schon in sam-

5

liezoichnunß eines Quartiers

nitischer Zeit, während baut sein m ü ß t e .

der

Hauptblüte

der

Juventus

er-

An der Kreuzung der Strada della Marina und dem Vicolo dei Soprastanti bemerkt man eine Marmortafel, auf der eine „Pelte" dargestellt ist, d. h. ein kleines Schild besonderer Form, auf dem in flachem Relief 2 Köpfe dargestellt sind. In dieser Darstellung wie in ähnlichen, die wir noch an anderen Stellen sehen werden, erkennt man die Bezeichnungen der verschiedenen Stadtbezirke.

Abi)

l.

B e z e i c h n u n g eines Quartiers an einer

Straßenkreuzung

Dieser E c k e gegenüber im Vicolo dei Soprastanti liegt das Haus des Romulus und Remus.

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Casa d i R o m o l o e R o m o

Casa di Romolo e Remo. (VII, 7, 10). Das H a u s erhielt seinen N a m e n von einem Fresko, das die Zwillinge Romulus und Remus darstellt, wie sie von der Wölfin ernährt werden. Die W ä n d e der Fauces sind zum Teil aus „crume" erbaut, einem porösen lila-rötlichen Stein, der aus der Oberschicht der Lava gewonnen wird. — D a s Atrium ist tuskanisch. In der linken Ala bemerkt man in der Wand Nischen, die wohl als Wandschränke gedient haben. In dem Zimmer rechts vom Tablinum sieht man noch das leider sehr zerstörte Bild, nach dem das Haus benannt wurde. Man nimmt an, d a ß der Besitzer dieses Hauses ein gewisser Fabius war, dessen Familie noch 2 andere Häuser in der Stadt besaß, was man aus der Tatsache schließt, das auch in diesen beiden Häusern (V, 3, 13. und Nuovi seavi IX, 13, 5.) Szenen aus der Gründungssage Roms dargestellt sind, abgesehen von anderen Argumenten. — Das ziemlich kleine Peristyl ist nicht vollständig, d- h- die Porticus umgibt es nur an 3 Seiten. Auf der Westwand ist ein Garten dargestellt, wie oft in den Häusern, in denen der Garten sehr klein ist: im Gebüsch steht ein Bassin, aus dem ein Wasserstrahl herausfließt. An den Seiten stehen weibliche Figuren, die eine Vase halten; zwischen Sträuchern ein Faun. Auf der nördlichen W a n d (das Bild nimmt auch noch einen Teil der vorhergehenden ein) sind eine Reihe von Tieren dargestellt: ein Büffel, ein Elefant, ein Löwe, ein Wolf, ein Bär. Diese Art Bilder waren eine Zeitlang sehr beliebt in Pompeji. — Der Hinterausgang führt auf den Vico di Gallo marmoreo.

Oasn (ü Tritnlcmo

Casa di Triitolemo. Das Haus des Triptolemos. (VII, 7, 1 - 5 . ) Es ist ein großes Doppelhaus, an dem die Spuren des Umbaus noch deutlich zu erkennen sind. Im tuskanischen Atrium eine Basis für eine Geldtruhe. Das Haus hat reichen Mosaikschmuck auch in den Zimmern, die das Atrium umgeben. In einem Zimmer rechts vom Atrium haben sich Reste von Fresken mit der Darstellung von Eroten erhalten, wie wir sie ähnlich in der Casa dei Vettii finden werden. Die Eroten sind hier als Weinbauern dargestellt; einmal gießen sie aus einem großen F a ß Oel heraus; ein ander Mal machen sie einen Wettlauf. Es gibt hier kein Tablinum, den Uebergang vom Atrium zum Peristyl bilden zwei Stufen. Das Peristyl ist ganz regelmäßig, eine Portikus aus dorischen Säulen umgibt es auf allen vier Seiten. Die Säulen sind kannelliert und in dem unteren Drittel mit Stuck bedeckt und bemalt. Das Bassin in der Mitte ist blau ausgemalt. Rechts liegt das Sommertriclinium mit einem gut erhaltenen Bild des Triptolemos, das dem Hause den Namen gegeben hat. Die Figur des Triptolemos zeigt deutlich, daß wir es hier mit einer Wiederholung einer Statue zu tun haben. Die Mosaiken sind am besten in den Zimmern im NordteU des Hauses erhalten. Den Fußboden der Exedra schmückt ein Mosaik aus Marmorplatten, ähnlich wie in der Celle des Apollotempels und im Tablinum der Casa del Fauno. Dicht daneben in einem Zimmer befindet sich ein sehr schöner Mosaikstern.

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Das Forum

Der zweite Teil des Hauses ist viel einfacher. Im jetzt dicht bepflanzten Peristyl ist nur eine Basis bemerkenswert, deren Verwendung nicht ganz klar ist. Sie war aus Ziegeln aufgemauert und mit weißem Stuck bedeckt: auf dem weißen Grund waren Rosen und gelbe Blumen verstreut. Aehnliche Muster findet man an einigen Lararien z. Bim Hause des Caius Memmio (VII, 3, 8). Zu dieser Art gehört auch ein ganz kleines Lararium im Hause VI, 16, 12, wo rote Pilze dargestellt sind. Wie wir bei der Betrachtung des Apollotempels sehen werden, hat einer der Besitzer dieses Hauses eine größere Entschädigungssumme bekommen, als durch die Erbauung der Abschlußmauer des Tempelbezirkes seinem Hause sehr viel Licht genommen wurde. Das Forum. E s ist nicht möglich, für den Terminus Forum 1 einen entsprechenden modernen Ausdruck zu finden. Die Bezeichnung städtischer Platz gibt in keiner Weise den eigentlichen Sinn dieser Anlage wieder. E s handelt sich bei dem Forum nicht um einen Platz im modernen Sinne. Wir verstehen unter Platz eigentlich immer eine erweiterte Straßenkreuzung (wie etwa den Potsdamer Platz) oder einen Schmuckplatz mit gärtnerischen Anlagen. Das Forum aber war für Wagenverkehr überhaupt gesperrt; vergleichbar wäre hier nur der Markusplatz in Venedig, auf dem auch kein Wagenverkehr stattfindet, was aber dort eigentlich nur Zufall ist. Das Forum war Herz und Hirn der Stadt- Oeffentliche Gebäude umgaben es von allen Seiten und standen auf ihm. Privathäuser fanden hier keinen Platz (s. d. Plan). Im Museum in

Das F o r u m

A b b . 2.

IJas F o r u m

Das F o r u m

Neapel finden sich Fresken aus einem Privathause mit einer Darstellung des Forums von Pompeji. Sie geben uns eine sehr lebhafte Vorstellung von dem Leben und Treiben dort, so sieht man z. B. drei Männer, die die Anschläge lesen. Aus den Ruinen von Pompeji läßt sich ein besonders charakteristisches Bild des Zentrums jeder antiken Stadt gewinnen. Ursprünglich als die Stadt kleiner war, war das Forum quadratisch. Der ältere Decumanus — die jetzige Strada dell'Abondanza und della Marina — begrenzte es im Süden und der Cardo — jetzt delle Scuole und del Foro —• im Osten. Uns interessiert hier nicht, auf Kosten welcher Gebäude das Forum nach Süden verlängert wurde. Soviel ist sicher, d a ß das Forum ungefähr in der Mitte des zweiten Jahrhunderts seine jetzige Gestalt erhalten hat. Das Forum ist an drei Seiten von einer Poritkus begrenzt, der an der Ostseite mit den Vorhallen der öffentlichen Gebäude (Comitium, Gebäude der Eumachia, Tempel des Vespasian, Tempel der städtischen Laren und Macellum) zusammengewachsen ist. An der vierten — nördlichen — Seite erhebt sich als architektonische Bekrönung der Jupitertempel. Von der Plattform über der großen Freitreppe, wo der Opfertisch stand, wurden die Befehle und Gesetze verkündet, wodurch hier die enge Verbindung von Religion und Staat im römischen Reich klar vor Augen tritt. Dem Jupitertempel gegenüber an der Südseite liegen die Gebäude der städtischen Behörden. Vom unteren Geschoß des zweistöckiger Portikus sind ein paar Säulen im Westen und drei im Süden erhalten. Der Unterschied zwischen ihnen nicht nur im Material, sondern auch in der F o r m ist

Das Forum

sehr augenfällig- Wir kennen den Erbauer der südlichen Tuffportikus. Die Inschrift, von der jetzt

Abb. 3.

Portikus des Forums

nur noch klägliche Reste erhalten sind, lautet: V. Popidius Ep. f. q. porticus faciendas coeravit. Die dorischen Säulen sind unten gekantet und erst in einiger H ö h e beginnt die Kannellierung. Die H ö h e

Dns F o r t i m

der Säulen beträgt nur 5 mal den Durchmesser, wodurch sie eine etwas gedrungene Form erhalten, die bei der unteren Säulenstellung von mehrgeschossigen Hallen üblich ist. Von den ionischen Säulen des Obergeschosses sind nur spärliche Reste erhalten, die auf dem Pflaster liegen. Der Architrav bestand aus Holzbalken- Das Holz, von dem natürlich keine Reste mehr erhalten waren und das bei der Rekonstruktion erneuert wurde, war nicht mit Stuck verkleidet. Die Verschiedenheit des Materials diente zu dekorativen Zwecken. Zu Beginn der Kaiserzeit begann man diese Portikus durch eine neue aus Travertin zu ersetzen, nicht zum Vorteil der Gesamtwirkung. Die glatten Säulen sind schwerfällig und plump; das Gebälk ohne Triglyphen (Abb. 3). Fast die ganze alte Portikus a n d e r Westseite war schon erneuert, als das E r d b e b e n Altes und Neues zusammen zerstörte- Wahrscheinlich wurde auch das schöne Pflaster aus Travertin zur Zeit der Erneuerung des Portikus gelegt, von ihm sind noch Reste im Norden und Süden erhalten. Bei Ausbruch der Katastrophe herrschte auf dem Forum wahrscheinlich eine fieberhafte Bautätigkeit. Nicht weit vom Jupitertempel ist eine Statuenbasis erhalten und fünf andere finden sich am Südende des Forums. Auf allen Basen haben Statuen der Kaiser und Mitglieder des kaiserlichen Hauses gestanden, doch läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, auf welcher Basis welche Statue gestanden hat. Dasselbe gilt auch von den Basen am Tiberiusbogen über dem Forumsausgang zur Forumstraße, hier hat man angenommen, d a ß oben die Reiterstatue des Tiberius stand und in den beiden Nischen Statuen seiner Söhne. Im Gegensatz dazu kennen wir genau die Standbilder, die auf den Basen

J)er Ju|)itcrtcjn|)el

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entlang der westlichen Forumsseite gestanden haben. E s waren die Reiterstatuen von Wohltätern der Stadt wie uns die Inschriften lehren, von denen wir eine auswählen: M. Lucretio Decidian. R u f o D. V. I I I Quinq. Pontif. Trib. Militum A Populo Praef. F a b r . M. Piloninus R u f u s . E n t l a n g der Ostseite standen Standbilder anderer Art. E s waren Bilder von H e r o e n der Geschichte Roms, wie sie auch auf dem F o r u m der Stadt R o m standen. Die Politik des Augustus ging darauf aus, das Volk durch diese Vorbilder der T u g e n d und Tapferkeit zu erziehen. U n d deshalb b e g a n n die Reihe dieser Bilder mit Aeneas und Anchises, den S t a m m v ä t e r n des julischen Geschlechts. D a ß diese Politik nicht immer den Beifall des Volkes fand, erkennt m a n aus einer bösen Karrikatur (Fresko) des Anchises, Aeneas und Ascanius (jetzt in der C a m e r a secreta des Museums in Neapel). Der Jupitertempel. A n der Nordseite des F o r u m s erhebt sich, wie schon gesagt wurde, der Jupitertempel (3). Noch in dem heutigen Zustand wirkt er imposant und unterstreicht die Bedeutung des F o r u m s , das ihm als Tempelbezirk dient. Im J a h r e 63 n. Chr. hatte das G e b ä u d e stark gelitten und mit dem W i e d e r a u f b a u war noch nicht b e g o n n e n worden, als die E n d k a t a strophe hereinbrach. D e r Kult f a n d im T e m p e l des Zeus Meilichios statt, während in dem Jupitertempel eine Art Bildhauerwerkstatt eingerichtet wurde, von der man deutliche Spuren hat. So fand man z. B.

Der Jupitertempel

einen Marmortorso, aus dem man begonnen hatte, eine kleinere Statuette herauszuhauen. Eine breite Freitreppe, die aber durch eine g r o ß e Plattform unterbrochen ist, so d a ß links und rechts nur zwei schmale Treppen bleiben, führt zu ihm herauf. Auf der Plattform stand der Altar. Hier fanden nicht nur Kulthandlungen statt, sondern oft wurden von dieser Stelle auch Regierungserlässe verkündigt, denn der Jupiterkult hatte eine große politische Bedeutung. D a ß auf der Plattform ein Altar gestanden hat, wissen wir aus einem kleinen Relief in dem Lararium des Hauses des L. Caecilius Jucundus. (s. S. 110). Das kleine Relief ist künstlerisch recht minderwertig, aber es erlaubt uns doch in Bezug auf den Aufbau des Tempels einige Schlüsse. Von den 6 Säulen der Front ist nur noch eine in ganzer H ö h e erhalten. An den Langseiten stehen nur drei Säulen, dann beginnt die Cella, die etwa die Hälfte des Podiums einnimmt; man nennt diese Form des Tempels prostyl. Die Interkolumnien sind sehr klein, so d a ß man annehmen kann, daß hier der Architrav aus Stein war und nicht aus Holz wie bei der Portikus des Forums. Der sehr breite E i n g a n g war durch eine große T ü r verschlossen, die nur einflügelig war und auch den ganzen T ü r r a h m e n bedeckte. Von den 18 Säulen des Untergeschosses im Innern der Cella tragen noch 10 ihre schönen ionischen Kapitelle, die die klassische zweiseitige F o r m haben. Die Säulen des Obergeschosses waren wie üblich korinthisch. Die ionischen Säulen waren 4,50 m hoch, diejenige der Vorhalle mißt heute noch 8 m und wenn wir die H ö h e des Podiums (3 m) noch dazu rechnen, so kann man sich vorstellen, d a ß das pompejanische Capitolium die Stadt beherrschte.

Das

Mactlluiii

Von dem schönen Fußboden aus Mosaik und Marmor sind nur noch klägliche Reste erhalten, von der Wanddekoration wissen wir noch aus den Publikationen früherer Forscher, d a ß sie farbige Marmorquadern vor allem dunkelrote Obernachahmte- In den Interkolumnien des geschosses standen Statuen und Vasen. Man fand hier auch den Kopf der Kultstatue, der sich jetzt im Museum in Neapel befindet. Der Kult des Jupiter war wie üblich mit dem der Juno und Minerva verbunden. Die Tonstatuetten der beiden Göttinnen, die man als Ersatz nach der Katastrophe von 63 anfertigte, befinden sich jetzt im Museum in Neapel; von der Minerva ist nur noch die Büste erhalten, alle drei sind handwerksmäßige Arbeit. Selbstverständlich war auch hier der Raum unter dem Podium ausgenutzt. Die Gewölbe sind so solide gebaut und das Ganze so fest, d a ß man mit einiger Sicherheit vermuten kann, d a ß hier der Schatz der Stadt, wie in Rom im Saturntempel, untergebracht war. Beleuchtet wurde der Raum durch schmale Schlitze im Fußboden der Vorhalle und der Cella. An der Ostseite der Freitreppe steht noch der Rest eines Bogens aus Ziegel, den man auch auf dem Relief im Lararium im Hause des L. Caecilius Jucundus sieht (s. S. 110), ein Gegenstück stand ursprünglich auf der Westseite, wie man noch aus deutlichen Spuren auf dem Travertinpflaster erkennen kann- An derselben Seite am Nordende des Podiums steht der sog. Tiberiusbogen. Das Macellum. An der Nordwestecke des Forums liegt der Viktualienmarkt, der sog. Macellum (4), eins der

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Das Maccllum

lehrreichsten und interessantesten Gebäude der Stadt. Seine Vorhalle ist ganz besonders eng mit der Portikus des Forums verschmolzen. Auf zwei Stufen erhoben sich zwei Reihen Säulen überein-

Abb. 4- Eingang zum Macellum

ander, aber der Zwischenboden war fortgelassen, so daß die Portikus mehr wie eine Fassade wirkte. Rechts und links vom E i n g a n g lagen die Läden, die man als Geldwechslerbuden bezeichnet hat. Vor

l);is M;irelliiiu

d e m E i n g a n g , der zweigeteilt ist, stehen zwei Basen f ü r Statuen und zwischen den beiden inneren T ü r e n befindet sich eine von zwei Säulen flankierte N i s c h e , in der auch eine Statuenbasis steht. I n d e r g a n z e n Vorhalle steht an jeder Säule noch eine Basis, auf d e r sich eine Statue erhob. D i e W a n d ü b e r d e n L ä d e n der Vorhalle aus ganz b e s o n d e r s schön gef ü g t e m Reticulat, sagt uns, d a ß , wenn auch das Macellum vielleicht nicht erst in d e r f r ü h e n Kaiserzeit erbaut wurde, es doch damals g r o ß e V e r ä n d e r u n g e n e r f a h r e n hat. Mit dem f o r t s c h r e i t e n d e n W a c h s t u m der Stadt war es nötig geworden, das F o r u m zu entlasten, auf dem, wie wir aus Bildern wissen, ursprünglich der M a r k t v e r k e h r s t a t t f a n d ; d e s w e g e n wurde das Macellum erbaut, das m a n in R o m und a n d e r e n Städten schon besaßW e n n m a n den H a u p t r a u m betritt, so sieht m a n rechts eine R e i h e von kleineren L ä d e n und g r ö ß e r e finden sich linksDie größeren Verkaufsr ä u m e h a b e n ihre Front nach der S t r a d a degli augustali, so d a ß alle Läden ihre F r o n t nach Norden hatten, was wohl aus praktischen G r ü n d e n , wegen der starken Sonne des S ü d e n s nötig war. I n diesen g r ö ß e r e n V e r k a u f s r ä u m e n f a n d m a n Flaschen, A m p h o r e n , verkohlte F r ü c h t e u n d Korn, d e r e n R e s t e jetzt im Museum in N e a p e l sind. Von d e r Portikus im I n n e r n ist keine Säule m e h r erhalten, m a n erkennt nur noch die W a s s e r r i n n e und an ihr die S t a n d s p u r e n der Säulen. — In der Mitte des H o f e s oder A r e a stehen im Kreise zwölf Basen. Diese Anlage f ü h r t e bei den A u s g r ä b e r n (das Macellum ist schon 1822 a u s g e g r a b e n ) zu einem Mißverständnis, das sich auch noch bei Fiorelli findet. M a n glaubte nämlich, d a ß auf diesen B a s e n die S t a t u e n von 12 Göttern standen u n d n a n n t e diese Pompejiführer 2

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Das Macellum

Anlage daher Pantheon. Wir haben es aber hier vielmehr mit einer Tholos zu tun, einem kleinen runden Pavillon, wie man jetzt Musikpavillons kennt, und auf den Basen standen die Holzsäulen, die das Dach trugen. Unter diesem Dach war ein Brunnen, in dem Fleisch und Fische gewaschen wurden; man fand dort ein kleines H ä u f c h e n Fischschuppen. Die Tholos ist besonders charakteristisch für die Macellen. Sie findet sich auf einer Münze des Nero, die das von ihm erbaute Macellum in Rom darstellt, und auch in dem Gebäude in Puteoli, das man gewöhnlich als Serapistempel bezeichnet, war sie vorhanden. D a dieser Rundbau sehr malerisch war, so hat man ihn oft in den Fresken mit Architekturdarstellungen verwendet. Wir finden Darstellungen in der Casa del Laberinto (IX, 11, 9—10), di Sirico (VII, 1, 41) und di Nettuno (VI, 5, 3). Die beste Darstellung war in der Villa in Boscoreale; das Bild befindet sich jetzt im Museum in Neapel. In der Mitte der Ostseite befindet sich ein dem K a i s e r k u t u s geweihtes Sacellum. Fünf Marmorstufen führen zu ihm herauf. An der Rückseite steht die Basis der Kaiserstatue, von der nur noch der Arm mit der Weltkugel erhalten ist. In den Nischen rechts standen die Statuen der Oktavia, der Schwester Augustus', und ihres Sohnes Marcellus, der in Pompeji als Schutzherr der Stadt verehrt wurde und von dem eine zweite Statue auf dem Forum tiiangolare stand. Die beiden Statuen sind durch schlechte Kopien ersetzt, was um so bedauerlicher ist als sie zu den besten in Pompeji gehören. Oktavia ist im Priesterinnengewand dargestellt mit einer Opferschale in der H a n d . Welche Statuen in den Nischen links standen, läßt sich nicht mehr

JJas Maccllum

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sagen. Die meisten Forscher vermuten, daß hier auch Mutter und Sohn, nämlich Agrippina und Nero standen. Die Kaiserstatue soll Claudius dargestellt haben. R e c h t s von der Kapelle befindet sich ein g r o ß e r Verkaufsraum für Fische und Fleisch. D e r rings umlaufende Ladentisch ist leicht abgeschrägt und eine Wasserrinne läuft an ihm entlang. Hier fand man eine größere Zahl von Münzen, vielleicht das letzte Tageseinkommen des Kaufmanns. Schwierigkeiten macht die Deutung des R a u m e s links von der Kapelle, in dem sich hinten eine E s t r a d e mit einer Nische befindet. Man hat an einen Bankettraum einer kaufmännischen Korporation gedacht oder an eine Auktionshalle, doch läßt sich mit Bestimmtheit nichts über die Verwendung des Raumes sagen. Links davor fand man mehrere Skelette von Schafen, vielleicht war hier eine Art Verschlag, in dem sich die Opfertiere befanden. D a s Macellum war nicht nur mit Statuen, sondern auch mit Fresken geschmückt. Die Westwand (Eingangswand) zieren einige der schönsten F r e s k e n aus der letzten Zeit. Leider sind sie stark verblaßt. Zwischen Architekturmotiven sind noch ganz gut zwei Bilder zu erkennen: Io von Argus bewacht und die Rückkehr des Odysseus, daß die Einzelheiten nicht ganz mit der Odysse übereinstimmen, ist belanglos, wundervoll ist die Gestalt der Penelope. D e n übrigen Teil des R a u m e s schmückten F r i e s e und Fresken, die die Versuche, den Zweck dieses Gebäudes zu erklären, sehr erleichterten. E i n Fries besteht aus Wildpret, Fischen, Früchten, Blumen und K ö r b e n . Auch in Beziehung zur Verwendung des Gebäudes standen 2'

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Der T e m p e l der städtischen Laren

andere Bilder: einmal die Esel, die von E r o t e n mit Girlanden bekränzt werden und neben ihnen die Mühlsteine, diese Darstellung bezieht sich auf das Fest der Vesta, an dem die Esel von der Arbeit befreit werden. Und dann zwei Darstellungen einer Blumenbinderei. Diese letzten Bilder ebenso wie eine Darstellung der Medea, die auch von hier stammt, befinden sich im Museum in Neapel. — Aus all diesem reichen Schmuck aber geht hervor, daß die Antike mit ihrem feinen ästhetischen Gefühl es in besonderer Weise verstand selbst so ausgesprochene Zweckbauten wie die Markthallen künstlerisch ausgestalten. Man vergleiche hiermit nur die Nüchternheit der Markthallen unserer Großstädte. Die Farbigkeit der Friese verhilft uns zu einer lebendigen Vorstellung des bewegten bunten Lebens und Treibens in dem Macellum, Zwischen Bergen von Früchten: Aepfel, Granatäpfel, Quitten, Pfirsichen, Weintrauben und Nüssen — Apfelsinen und Zitronen gab es damals in Italien noch nicht — dem verschiedenartigsten Geflügel z . B . P f a u e n und Fasanen und Blumen bewegten sich die Menschen und wurden die bekränzten Opfertiere zum Altar geführt. Der Tempel der städtischen Laren und Der Tempel des Vespasian. Zwischen den beiden Verkaufshallen, dem Macellum (4) und dem Gebäude der Eumachia (7), liegen zwei Heiligtümer. D a s eine ist der T e m p e l der städtischen Laren (5), das andere der des Vespasian (6). E s ist vielleicht kein Zufall, d a ß die beiden Heiligtümer durch die Verwaltungsräume

Der Tempel der sliidiischcn Laren

i

schon äußerlich eng miteinander verbunden sind, denn der Genius des Imperator wird zugleich auch als L a r e der Stadt verehrt. D e r L a r e n t e m p e l (5) ist aus demselben Material gebaut wie alle späteren Gebäude der Stadt: und Ziegelkern mit Marmorverkleidung innen außen. D e n Abschluß eines großen Hofes bildet eine Nische, in der auf hohem Podium drei Statuen standen. E s waren die Statuen des Imperators und der Laren. D e r ganze Aufbau ist ein in Architektur umgesetztes Lararium, wie wir es gemalt in den Privathäusern kennen. Nur daß in den Häusern statt des Imperators der Hausherr zwischen den Laren dargestellt war. Rechts und links in den g r o ß e n Nischen standen die Statuen der Gottheiten, deren Kult eng mit dem der Laren verbunden war; Fortuna, Viktoria, Merkurius u. a. D a s Sacellum lararum publicorum war eins der prächtigsten Gebäude in der Stadt. W e i ß e Marmorsäulen und Pilaster, nicht weniger wie 14 Statuen, die hohe Apsis (14 m) und die schöne Vorhalle, die mit der Portikus des Forums zusammenfällt, bildeten ein imposantes Ganze. D e r T e m p e l d e s V c s p a s i a n (6) nebenan ist ein einfacher rechteckiger Hof. An der R ü c k wand steht eine g r o ß e Aedicula, in der die Kultstatue stand, die ganz verschwunden ist. Die W ä n d e sind durch ganz flache Nischen gegliedert, die nach oben abwechselnd durch einen B o g e n oder durch einen Giebel abgeschlossen sind. Alles war natürlich mit Marmor verkleidet. D a s interessanteste und wichtigste in diesem T e m p e l ist der

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Der Tempel der städtischen Laren

Altar, der in der Mitte steht. Vom künstlerischen Standpunkt aus ist das Relief auf der Vorderseite keine erstklassige Arbeit. Aber es steht noch so frisch und ursprünglich vor uns, als ob es nicht schon fast zwei Jahrtausende alt wäre. Dargestellt ist eine Opferszene. Links von dem Opfertisch steht ein Priester, hinter ihm zwei Opferknaben (Camillas), der kleinere trägt Krug und Opferschale, weiter im Hintergrund zwei Liktoren mit den Fascien. Rechts vom Altar im Vordergrund der Opferdiener (Victimarius), der einen Stier führt, dann noch zwei Männer und hinter dem Altar ein Flötenspieler. Ganz im Hintergrund sieht man die Säulen einer Tempelvorhalle, zwischen ihnen Girlanden, über ihnen ein Vorhang, der in der Mitte durch einen Schild, der am Architrav hängt, festgehalten wird. Vielleicht hat man hier das Opfer bei der Einweihung des Tempels dargestellt. Auch die Darstellungen der anderen drei Seiten haben eine Beziehung zum Kult. An den Seiten sieht man die Opferschale, die Kanne, das Weihrauchkästchen, d^e Schöpfkelle (simpulum) und den Stab, über ihnen eine schöne Fruchtgirlande. Wir kennen nur wenige plastische Fruchtgirlanden in Pompeji, während wir sie in der Malerei sehr häufig haben. Auf der Rückseite ist in der Mitte ein Eichenkranz dargestellt, rechts und links von ihm Lorbeerbäume und außerdem die Kaiserinsignien. N u r Augustus und Vespasian führen den Eichenkranz, womit ihre reformatorische Tätigkeit, gegenüber der mehr kriegerischen der anderen Herrscher hervorgehoben werden soll. Besonders schön sind die Voluten oben auf dem Altar. Wir können nach allem annehmen, d a ß dieser Tempel in der letzten Zeit erbaut worden ist.

Das G e b ä u d e der

A b b . 5.

iMimacliia

I n s c b n f t auf dem A r c h i t r a v des G e b ä u d e s der

Kumacbia

Das Gebäude der Eumachia. Wie das Macellum f ü r den V e r k a u f von L e b e n s mitteln bestimmt war, so diente d a s G e b ä u d e der E u m a c h i a (7) dem Verkauf von S t o f f e n und vielleicht allen zur Bekleidung- n ö t i g e n G e g e n s t ä n d e n ü b e r h a u p t . E s ist ein g r o ß e s längliches G e b ä u d e , dessen F r o n t mit der Portikus des F o r u m s zusammenfällt und das an einer Seite von der S t r a d a d e l l ' A b b o n d a n z a begrenzt wird. E i n e Inschrift, die sich ü b e r der T ü r des S e i t e n e i n g a n g e s in der S t r a d a d e i r a b b o n d a n z a befindet lautet: E u m a c h i a L. f. sacerd(os) publ(ica) nomine suo et M. Numistri F r o n tonis fili chalcidicum cryptarn porticus Concordiae A u g u s t a e Pietati sua pequniae fecit e a d e m q u e dedi-

Das Gebäude der Eiimacina

cavit (Eumachia, Tochter des Lucius Eumachius, städtische Priesterin, hat in ihrem und im Namen ihres Sohnes auf eigene Kosten Chalcidicum, Krypta und die Portiken erbaut und der Concordia und Pietas Augusta geweiht.) Die gleiche Inschrift fand sich auf dem Architrav der Fassade, der jetzt auf dem Forum liegt (s. Abb. 5). D a Chalcidicum nichts anderes als die Vorhalle sein kann und Krypta und Portikus genannt sind, so bleibt, da andere Teile nicht vorhanden sind, nichts anderes übrig als anzunehmen, daß die Priesterin Eumachia das ganze Gebäude erbauen ließ. Aus der Inschrift läßt sich leicht die Zeit der Errichtung des Gebäudes bestimmen, es geschah zur Zeit der Regierung des Tiberius als Livia noch lebte. Wir wissen aus anderen Quellen, daß Livia besonderen Wert auf die Verehrung der Concordia und der Pietas legte. Auch auf einer Münze, die ihr zu E h r e n geprägt wurde, findet sich ihr Bild und die Darstellung der Pietas. D e n Sohn der Eumachia kennt man aus den Inschriften und weiß, d a ß er Im Jahre 3 n. Chr. schon Duumvir war. Die Vorhalle ist ebenso prächtig wie die des Maceilums. Sie war ganz mit Marmor verkleidet, wovon nur noch wenige Spuren vorhanden sind. An jeder Säule stand eine Statue, von denen aber nur noch die Basen erhalten sind. E s waren 16 Statuen von Nationalhelden, die, wie schon erwähnt, Augustus den Bürgern zum Vorbild aufstellen ließ. Eine Kopie der Inschrift, wie wir sie uns zu jeder Statue denken müssen, ist an der Basis der Romulusstatue angebracht. Der rechteckige Hof war von einem Portikus der ringsherum von einer Krypta begleitet war, umgeben. Von der Portikus sind nur noch die Stand-

Pas Gebäude der Kumarliia

2.5

spuren der Säulen erhalten. Drei Stufen f ü h r e n vom Hof zu ihr herauf. Die R ü c k w a n d d e r Portikus ist von einer g r o ß e n Nische u n t e r b r o c h e n , in d e r die S t a t u e cler Concordia stand. Diese Statue t r u g die Z ü g e d e r Livia, wie man nicht ohne G r u n d vermutet. Auf den beiden kleinen Basen rechts und links von d e r g r o ß e n standen wohl die S t a t u e n ihrer beiden Söhne, D r u s u s und Tiberius. Die hinter der Portikus liegende Krypta, ein bedeckter, gewölbter G a n g , erhielt ihr Licht durch Fenster, die sich auf die Portikus öffneten. Links u n d rechts der oben e r w ä h n t e n Nische waren zwei Lichthöfe. Die K r y p t a diente wahrscheinlich als L a g e r f ü r die W a r e n . In der K r y p t a an der Rückseite des G e b ä u d e s ist eine rechteckige Nische, in d e r die Statue der E u m a c h i a stand. Die Priesterin war eine v o r n e h m e F r a u , deren Züge cler Bildhauer etwas idealisiert hat. Die Inschrift an der Basis s a g t : E u m a c h i a e L. f. sacercl(oti) publ(icae) fullones (der städtischen Priesterin E u m a c h i a die T u c h walker). Die B e m a l u n g der Nische ist aus der letzten Zeit. S e h r gut erkennt man noch eine T ü r , die eine klare Vorstellung von den v e r s c h w u n d e n e n T ü r e n der H ä u s e r gibt. Wahrscheinlich war die Priesterin selbst Besitzerin einer Walkerei. Die W a l k e r waren, wie wir wissen, eine sehr wohlh a b e n d e Korporation. — D a die Strada dell'Abbondanza von d e m F o r u m her ziemlich stark abfällt, so hat man, um für das Gebäude dei E u m a c h i a ein ebenes Terrain zu erhalten, unter dem rückwärtigen Teil Substruktionen errichtet, in d e n e n sich auch noch R ä u m e befinden. Interessant sind die A u ß e n w ä n d e an der S t r a d a dell' A b b o n d a n z a und der kleinen Gasse. Sie waren d u r c h Pfeiler in Felder geteilt, die weiß bemalt

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Das

Comitium

waren. Auf ihnen waren die Anschläge, Annoncen und Wahlprogramme, die jetzt verschwunden sind. S e h r umstritten ist die Deutung der rechteckigen Aufmauerungen im Hof, von denen eine einen Eisenring trägt. Vielleicht war hier wirklich ursprünglich eine Tuchwalkerei. Nach der V e r g r ö ß e rung des Forums war hier in der aufblühenden Stadt kein Platz mehr für ein Handwerk, das mit soviel Geräusch und schlechtem Geruch verbunden war. Und wie man vermutet, daß ursprünglich eine einfache Schlächterei an der Stelle des Macellums stand, so ist es möglich, daß man auch hier später eine Verkaufs- und Versammlungshalle der T u c h walker erbaut hat. Das Comitium. S e h r viel Kopfzerbrechen macht das Gebäude an der Südostecke des Forums (11). M a n kann diesen ummauerten Platz kaum Gebäude nennen; denn wenn man die Breite des Gebäudes bedenkt, so ergibt sich, daß hier kaum ein D a c h gewesen sein kann. D e r Stil ist derselbe wie der der anderen Gebäude des F o r u m s : Ziegelmauern mit Marmorverkleidung, 'Nischen mit Statuen. An der Südwand war ein Tribunae aufgemauert. Zwei T ü r e n führen vom Forum herein und eine von der Strada dell' Abbondanza. Aus der Analogie mit dem Comitium auf dem Forum in R o m hat Mau diesen Platz auch als Comitium bezeichnet. A b e r das ist nur eine Vermutung. F r ü h e r hat man das Gebäude als Schule bezeichnet, wonach die S t r a ß e , die vom Süden auf das Forum kommt ihren N a m e n erhalten hat. Irrtümlich ist auch der N a m e der S t r a d a dell'Abbondanza (Decumanus minor). D e r N a m e kam von

Die

Curien

2

7

der Darstellung auf einem Relief, das sich an einem Brunnen am Nebeneingang des Gebäudes der E u machia befand. E s war eine Göttin mit Füllhorn, d:e man als Abbondanza (Fruchtbarkeit) gedeutet hat, während es sich um eine Concordia handelt, wie wir von der Statue im Gebäude wissen, die auch das Füllhorn hatte. Die Curien. W i r sahen, daß das Forum das Zentrum des religiösen Lebens war; hier stehen Apollotempel, Jupitertempel, der Tempel der städtischen Laren und die beiden Stätten des Kaiserkultes im Macellum und im Vespasianstempel. E s ist aber auch Zentrum des Handels: Gebäude der Eumachia, Ma cellum und Börse in der Basilika. Hier wurde Recht gesprochen: in der Basilika. Und so ist es auch natürlich, daß hier der Mittelpunkt der städtischen Verwaltung war. Die drei Gebäude am Südende des Forums ( 8 , 9 , 1 0 ) sind zu diesem Zwecke erbaut. E s ist ein großer Komplex, der in drei Teile geteilt ist. Ihre Achse stimmt nicht mit der des Forums überein, vielmehr ist sie so weit nach rechts (Westen) verschoben, daß das Gebäude am weitesten rechts als Abschluß des westlichen Portikus wirkt. Alle drei Gebäude sind erst nach dem Jahre 63 erbaut. Nur das östlichste (links) ist ganz fertig geworden, seine Ziegelwände waren mit Marmor verkleidet. Das mittlere Gebäude sollte das prächtigste werden. Sein Fußboden liegt 70 cm höher wie das Niveau des Forums. Zu einer Plattform vor dem wahrscheinlich reich geschmückten E i n g a n g führten zwei Treppen von den Seiten herauf. An der Rückwand war eine Aedikula mit einer

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Die

Basilika

Nische, in der auf einem Podium wahrscheinlich Statuen der drei flavischen Kaiser, Vespasian, Titus, Domitian stehen sollten. D i e Seitenwände waren von doppelten Säulenreihen begleitet (ähnlich den Oeci in d e n vornehmeren H ä u s e r n wie wir später sehen werden). D e r R a u m war mit einem flachen D a c h e gedeckt, das mit Kassetten geschmückt Avar. Aus allem geht hervor, d a ß wir es mit einem wichtigen G e b ä u d e zu t u n h a b e n : es war der Sitzungssaal des Stadtrats. In der Apsis sollten die Plätze f ü r die beiden Beamten sein, a u ß e r d e m war der R a u m noch mit Statuen geschmückt. D e r Saal rechts war f ü r die Aedilen bestimmt, die die polizeiliche Aufsicht auf dem Markt f ü h r t e n . D a r a u s k a n n m a n schließen, d a ß der R a u m an der anderen Seite f ü r die D u u m v i r n bestimmt war, die Spuren des festen Verschlusses an den T ü r e n lassen vermuten, d a ß sich hier auch das Archiv der Stadt befand. Die Basilika. Die Basilika (2) ist mit clem F o r u m so eng verbunden, d a ß m a n sie einen Teil desselben nennen kann. Sie diente dem H a n d e l s v e r k e h r als eine Art Börse, auch Recht wurde hier gesprochen u n d d a n n war sie auch V e r s a m m l u n g s r a u m u n d T r e f f p u n k t der Bürger. Die F r a g e nach dem U r s p r u n g u n d der H e r k u n f t der Basilika ist eine der schwierigsten in der Baugeschichte. D a s W o r t Basilika kommt zwar aus dem Griechischen, aber in der Verkehrssprache wird der Ausdruck nicht gebraucht. Die ßaaiHi»; OTOK, die bei den antiken Schriftstellern oft erwähnt wird (Plato), ist etwas ganz anderes wie das, was wir jetzt Basilika nennen. D i e F o r m der Basilika stammt aus hellenistischer Zeit. I m Osten finden wir nur im südlichen Kleinasien Ge-

Die

llasilika

bäude, die man als Basilika bezeichnen kann, doch stammen sie erst aus späterer Zeit und zeigen deutlich den Einfluß von Rom. Die erste Basilika in Rom wurde im Jahre 184 von Marcus Portius Cato erbaut. Sie wurde nach den Unruhen im Jahre 53 bei dem Begräbnis des Demagogen Clodius verbrannt. Seit dem Jahre 184 entstehen eine ganze Reihe von Basiliken in Rom, angefangen von der Basilika Fulvia, Sempronia, Opimiä, Julia, Ulpia bis zur Maxentiusbasilika. Neben Thermen, Theater und Circus erbauten die nach Popularität strebenden Kaiser und Staatsmänner auch Basiliken. Sicher läßt sich sagen, d a ß die pompejanische Basilika schon im Jahre 78 v. Chr. gestanden hat, das beweist ein Graffitto an ihrer W a n d aus diesem Jahre. Schwerer ist es, zu bestimmen, wann sie frühestens entstanden sein kann, soviel aber läßt sich aus ihrem Aufbau sagen, d a ß sie nicht viel später wie die Basilika Portiae entstanden ist, also auch dem zweiten Jahrhundert v. Chr. angehört. Bei dem E r d b e b e n im Jahre 63 n. Chr. hat die Basilika stark gelitten und während die Pompejaner in rastloser Tätigkeit nicht nur Privathäuser, sondern auch die anderen öffentlichen Gebäude wieder aufrichteten, blieb die Basilika unberührt, vermutlich weil man sie prächtiger wieder aufbauen wollte und dazu die Mittel noch nicht vorhanden waren. E s bleiben zwar eine Reihe schwer lösbarer Einzelprobleme, doch sind sie von sekundärer Bedeutung, die Hauptlinien sind einfach und verhältnismäßig leicht zu rekonstruieren. Die Basilika ist ein längliches Gebäude (67 zu 27 m). Zwei Säulenreihen in der Längsrichtung teilen sie in drei Schiffe, von denen das mittlere ein Hypaetron, d. h. unbedeckt war. Der stärkste

3o

Die

Hasilika

Beweis dafür ist ein Wasserkanal im F u ß b o d e n vor den Säulenreihen, der, wenn das Mittelschiff bedeckt war, vollständig zwecklos gewesen wäre. Die Säulen sind nicht nur wegen ihrer besonderen Proportionen bemerkenswert (1,10 m im Durchmesser und wahrscheinlich 10 m hoch), sondern auch wegen ihrer Technik. Sie sind ein besonders frühes Beispiel f ü r die Anwendung von Ziegel. Diese sind besonders gut gebrannt und fünfeckig und so zusammengelegt, daß im Querschnitt der Säule ein sternartiges Muster entsteht. Die V e r j ü n g u n g wurde dadurch erreicht, d a ß nach oben zu die Ziegel immer stärker abgearbeitet wurden, wie noch an einigen Spuren deutlich zu sehen ist. Die Ziegel waren natürlich mit Marmorstuck verkleidet. Leider ist keins der Kapitelle erhalten. Die W a n d war in dem unteren Teile nur von Türen unterbrochen, trotzdem wirkte sie nicht monoton, denn die Flächen zwischen den T ü r e n waren mit Halbsäulen verziert, zwischen denen die W a n d im Stile der ältesten Häuser von Pompeji dekoriert war, d. h- es waren in Stuck farbige Marmorquadern nachgeahmt. Der obere Teil der W a n d dagegen war ganz aufgelöst. Teilweise bestand sie nur aus Säulenreihen und auch die W ä n d e waren noch wieder durch große Fenster unterbrochen. Die kleinen Säulen des Obergeschosses waren korinthisch. Im ganzen war die W a n d höher wie die Säulenstellung im Innern. Daraus ergab sich, d a ß das Dach der Säulenhallen nach Innen zu schräg abfiel. Nur dürftige Teile des Daches und Reste der Wasserrinnen sind noch erhalten, aber glücklicherweise eine Reihe von schönen korinthischen Kapitellen. In der Querrichtung wird durch die Säulen eine Vorhalle und eine rückwärtige Halle abgeteilt. Diese

Die Hasilika

3i

Vorhalle (Chalcidicum) ist mit dem Portikus des Forums zusammengewachsen. An der rückwärtigen W a n d des Portikus beginnen die vier Marmorstufen in der ganzen Breite der Querhalle. D a n n kommt die eigentliche Basilika mit einer Reihe von ionischen Säulen zwischen denen sich die Eingänge befinden. W i r stehen nun in der östlichen Querhalle, die nach der Seite des Hypaethron d. h. der Innenhalle von den oben besprochenen riesigen Säulen begrenzt ist. Ein schönes ionisches Kapitell ist erhalten. Wenn der Besucher zwischen den Innensäulen der Querhalle heraustritt, so steht ihm gegenüber in der rückwärtigen Halle ein höheres reichgegliedertes Podium, dessen Ein- und Aussprünge zwei Säulenreihen betonen. Man nimmt an, d a ß von diesem Platz aus die Richter Recht sprachen. Später hat man davor eine Reiterstatue gestellt, von der die Basis noch erhalten ist. Der Raum unter dem Podium hat vielleicht praktische Verwendung gefunden, aber wenn wir entscheiden sollen, welcher Art diese Verwendung war, wie man es versucht hat, so heißt das der Phantasie allzu sehr die Zügel schießen lassen. Ebenso ist es müßig in die Inschriften, die sich an den Innen- und Außenwänden der Basilika finden, einen besonders tiefen Sinn hineinlegen zu wollen, in der Meinung, daß es sich um Graffiti der Richter und Rechtsanwälte und anderer Gerichtspersonen handele. Plautus gebraucht häufig statt des Wortes Müßiggänger den Ausdruck ,,subbasilicato" und dann fand sich hier die Inschrift: Admiror, paries, te non cecidisse ruina, cum tot scriptorum taedia sustineas? (Ich bewundere Dich, Wand, d a ß Du so viel ödes Geschwätz aushalten kannst, ohne zusammenzubrechen).

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Der Appollotcmpel

Trotz des verhältnismäßig schlechten Erhaltungszustandes hinterläßt die Basilika und ihre edelgef o r m t e n einzelnen Architekturteile einen g r o ß e n E i n d r u c k u n d m a n k a n n schon verstehen, d a ß dieser Gebäudetypus auf die E n t s t e h u n g des christlichen Kirchenbaues nicht o h n e E i n f l u ß geblieben ist. S o g a r bis nach R u ß l a n d geht der Einfluß, wo zu Beginn des neunzehnten J a h r h u n d e r t s die Säle der g r o ß e n Adelshäuser in P e t e r s b u r g und Moskau nach ihrem Vorbild erbaut worden sind. Der Apollotempel. Man k a n n sagen, d a ß das F o r u m der Bezirk des Jupitertempels ist. Beim Apollotempel (1) finden wir den typischen Tempelbezirk. E i n anderer Unterschied zeigt sich im A u f b a u . Die Cella des Apollotempels nimmt nur einen kleinen Teil des Podiums ein, rings um sie laufen Säulenhallen. Man bezeichnet diese Art Tempel als Peripteraltempel. D a s Podium Ist recht hoch; eine Freitreppe von 14 Stufen f ü h r t zu ihm herauf. D e r F u ß b o d e n der Cella ist reich verziert. A m R a n d e läuft ein kompliziertes M ä a n d e r b a n d entlang und die Mitte schmückt ein W ü r f e l m u s t e r aus weißem und grünem M a r m o r und schwarzem Schiefer. Ganz ähnlichen F u ß b ö d e n b e g e g n e n wir in zwei Privathäusern in P o m p e j i in der Casa del F a u n o und der Casa di Trittolemo, das dem Tempel benachbart ist. In der Cella steht nur noch die Basis der Kultstatue, die Statue selbst ist verschwunden. A b e r d a ß dieser Tempel dem Apollo geweiht war, geht aus dem Omphalos hervor, der am E i n g a n g der Cella links steht. E s ist ein Stein etwa in F o r m eines halben Eies. D e r Omphalos ist der N a b e l der E r d e , der in dem Heiligtum des Apollo zu

Der

Apollotcinpcl

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Delphi verehrt wurde. Nach einer Legende des V. Jahrhunderts ließ Zeus zwei Adler von den beiden Seiten der Welt fortfliegen, die sich in Delphi trafen, wo dann der Omphalos errichtet wurde. Die Volkslegende sah in ihm das Mal über dem Grab des von Apollo getöteten Drachen Python: Geht man dieser f ü r die Religionsgeschichte sehr bedeutsamen Legende weiter nach, wozu hier nicht der Platz ist, so werden wir in der Verehrung dieses Steines einen Fetischkult erkennen. Welche Rolle dieser Kult gespielt hat, wird uns noch bei der Betrachtung einiger Bilder deutlich werden. Der Omphalosgedanke findet sich bei vielen Völkern, so ist Mekka der Omphalos der Mohamedaner, Jerusalem der der Juden usw. und auch bei den Aegyptern und Chinesen kennen wir die Verehrung eines Mittelpunktes der Welt. — D e r Omphalos kommt auch in Verbindung mit Merkur vor, doch d a ß es sich hier sicher um einen Apollontempel handelt, wird außer durch den riesigen Dreifuß, der an die W a n d gemalt ist, noch durch eine alte Inschrift, die sich früher im Bezirk befand (jetzt in Neapel), bewiesen. Die Portikus, die den Hof umgibt, war zweistöckig. Man erkennt noch deutlich die Spuren der zweiten Säulenstellung auf dem Gebälk und ebenso die Balkenlöcher. Eine Treppe führte vom Forum direkt in das Obergeschoß. Die Säulen des Untergeschosses waren aus Tuff und stuckiert; sie waren kannelliert und haben die typischen römisch-ionischen Kapitelle, die an allen vier Seiten gleich sind. Dagegen ist das Gebälk dorisch. Diese Verquickung der Seite ist recht eigentlich römisch. Bei der Ausgrabung hat man einen großen Fehler gemacht, den man hoffentlich einmal verbessern wird. Pompejiführer 3

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J)ur

Apolluirmpcl

Der Eingang zu dem Tempelbezirk befand sich nämlich nicht in der Strada della Marina wie jetzt, sondern man trat in die Portikus des Tempelhofes direkt von der Westportikus des Forums. Anfangs öffnete sich die Säulenhalle des Tempels in ihrer ganzen Länge auf das Forum, später ließ man nur noch drei Zwischenräume zwischen den Pfeilern offen, die die Ausgräber versehentlich' auch zugemauert haben. D a ß der jetzige E i n g a n g von der Strada della Marina mehr ein Nebeneingang war, wird besonders deutlich dadurch, daß erstens eine Säule der Portikus vor ihm den Blick auf den Tempel hemmt und dann auch dadurch, daß er nicht in derselben Achse wie die Freitreppe liegt. Der ganze Tempelbezirk hat auch eine andere Orientierung wie das Forum und um diesen Unterschied der beiden Achsen auszugleichen, hat man die Pfeiler der Halle an der Forumseite von Süden nach Norden ständig dicker gemacht. An Stelle des letzten Pfeilers öffnet sich nach' der Portikus des Forums eine Nische, in der sich ein Tisch mit Mr.ßen, ein sogenannter Eichtisch, befindet, von dem noch die Rede sein wird. Die westliche Abschlußwand des Tempelbezirks wurde erst im Jahre 10 n. Chr. erbaut, wie wir aus einer Inschrift, die im Hof des Tempels gefunden wurde, wissen. Sie besagt, daß Marcus Holkonius Rufus und Gaius Egnatius Postumus sich mit 3000 Sesterzen (600 Mark) das Recht erkauft haben, den anliegenden Häusern das Licht zu nehmen durch E r b a u u n g einer Mauer bis zur H ö h e ihrer Dächer. (M. Holconius Rufus d(uum) v(ir) i(uri) d(icundo) tert(ium, C. Egnatius Postumus d.v.i-d.iter(um) ex d(ecurionum) d(ecreto) ius luminum opstruendorum H S redemerunt, parietemque

Der Apullotcinpcl

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privatum Col(oniae) Ven(eriae) Cor(neLiae) usque ad tegulas faciundum coerarunt). Marcus Holkonius Rufus ist ein uns wohlbekannter Name, er begegnet auf vielen Inschriften in Pompeji und auch in Wahlaufrufen; man hat ausgerechnet, daß er nicht früher wie im Jahre 10 n. Chr. zum vierten Male das Amt eines Duumvir bekleidet haben kann. Seine Statue, die ihn in voller Rüstung zeigt, wurde in der V i a dell' Abbondanza gefunden. "Es fanden sich auch sonst noch verschiedene Inschriften im Bezirk. Zwei davon sind noch in situ, die eine befindet sich an dem Altar aus Travertin am Fuß der Freitreppe, sie sagt, daß auf Beschluß des Rats der Stadt dieser Altar errichtet wurde. Die zweite ist in die ionische Säule, die die Sonnenuhr trug, eingraviert. D i e Sonnenuhr ist leider verloren gegangen, vielleicht befinden sich ihre Bruchstücke in dem Lager, von dem später die Rede sein wird. Die Inschrift lautet: L. Sepunius Sandiiianus, M- Herennius A- f. Epidianus duovir(i) i(uri) d(icundo) d(e) s(ua) p(equnia) f(aciundum) c(urarunt). Die Stifter waren von der Nützlichkeit der Sonnenuhren scheinbar sehr überzeugt, denn wir werden auf dem Forum Uiangolare eine zweite von ihnen der Oeffentlichkeit geschenkte Sonnenuhr finden, von der wir an ihrer Stelle noch sprechen werden. Von dem reichen Statuenschmuck des Bezirks sind uns nur noch wenige Beispiele erhalten. E i n e Apollonstatue aus Bronze (an der Ostportikus) in halber Lebensgröße (das Original steht im Museum in Neapel) und ihm gegenüber der Oberkörper einer bogenschießenden Diana, neben ihr eine Statue der Venus, außerdem eine Herme des Merkur aus Marmor (eine ähnliche findet sich in der Palästra der 3*

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Der

Apollotempel

Stabianerthermen). Vor der Statue der Diana steht ein kleines Altärchen und ein gleicher findet sich vor der Statue der Venus. Alle diese Götter standen in irgend einer Beziehung zu Augustus: Apollon verlieh ihm den Sieg, bei Actium. Diana tritt immer mit ihm zusammen auf. Venus war die Stammutter seines Geschlechts und Augustus selbst wurde als Merkur verehrt. Die große Marmorschale, die in der Südostecke steht, hatte, ähnlich wie die Weihwasserbecken in den katholischen Kirchen, wohl auch eine Beziehung zum Kultus. Der Tempel erfuhr noch im Jahre 63 n. Chr., wie viele Gebäude der Stadt, große Veränderungen, nicht nur wurde altes wieder aufgebaut, sondern vieles auch g e m ä ß den modernen Anforderungen umgestaltet. Das klassische Triglyphon, das so typisch für die samnitische Zeit ist, wurde mit Stuck überzogen und mit Friesen bemalt. Wir kennen diese Friese nur aus den Zeichnungen von Mazois, heute hat sich von ihnen nichts mehr erhalten. Die Modernisierung machte auch nicht vor den Kapitellen Halt, von denen man die vorspringenden Teile abgeschlagen hat und sie dann farbig bemalte. Von der früheren Bemalung der W'ände haben sich nur noch geringe Reste in der Cella erhalten: in Stuck nachgeahmte farbige Marmorquadern. Von der späteren Bemalung der Wände der Portikus ist an Ort und Stelle nichts mehr erhalten; einige Bilder befinden sich im Museum in Neapel und andere kennen wir noch aus den älteren Publikationen. E s war scheinbar ein Zyklus aus der Ilias dargestellt; wir erkennen noch den Streit zwischen Achilleus und Agamemnon und den flehenden Priamos.

Der

Riclitiscli

Trotz des schlechten Erhaltungszustandes u n d der z. T- nicht guten A u s g r a b u n g gibt doch der Tempel ein einheitliches Bild und ermöglicht eine einleuchtende Rekonstruktion. Der Eichtisch. Zu den Einrichtungen des Macellums m u ß m a n auch den Eichtisch (1) rechnen, obwohl er a n der anderen Seite des Forums, ihm g e g e n ü b e r liegt. Wir haben ihn schon erwähnt als wir vom Apollotempel sprachen. E s ist ein Tisch mit zwei übereinanderliegenden Platten und einer Reihe von verschieden g r o ß e n Vertiefungen. D a s sind die M a ß e , die hier angebracht waren, damit in Streitfällen gleich eine N a c h p r ü f u n g möglich war. Man erkennt deutlich, d a ß die ursprünglich hier vorhandenen in Pompeji üblichen M a ß e später erweitert worden sind, als man die römischen M a ß e als N o r m a l m a ß e im ganzen Land einführte. D a s geschah, wie die Inschrift sagt, etwa in der ersten Zeit der Regierung von Augustus und ist auch eine A e u ß e r u n g der Staatspolitik dieses Kaisers. D e r Tisch, der jetzt hier steht, ist eine Kopie. Die Markthallen. Man hat diese Gebäude an der Nordwestecke des F o r u m s ohne tieferen Grund als Markthallen (12) bezeichnet und gemeint, d a ß hier der Gemüseverkauf stattfand. Doch läßt sich ü b e r die Verwendung dieser R ä u m e nichts bestimmtes sagen. Sie wirken jetzt wie ein „ F r i e d h o f " , d e n n m a n hat hier alle die Dinge zusammengetragen, deren ursprünglichen Platz man nicht mehr ermitteln konnte. Fachleute sollten nicht versäumen, sich die R ä u m e aufschließen zu lassen, denn es finden sich manche

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Latrine

interessante D i n g e dort: Reste von Kapitellen, schönen Säulen, Sonnenuhren, Stücke von Marmorverkleidung, Terrakotten, Metallgefäße usw. Latrine. Der R a u m nebenan ist eine Bedürfnisanstalt (13) die aber wie so häufig nur die Interessen der Männer wahrt. Durch die E i n g a n g s t ü r betritt man einen kleinen Vorraum, von dem eine zweite T ü r , die nicht in der Flucht der ersten liegt, in den Hauptraum führt, der mit fließendem W a s s e r versehen war. Die beiden R ä u m e d a n e b e n (14), die man als Staatskasse oder W a c h t s t u b e und Arrestlokal bezeichnet hat, sind nicht weiter interessant. Viel interessanter ist an der E c k e diesen beiden R ä u m e n schräg g e g e n ü b e r (VII, 5, 14) die Darstellung einer Ziege in f l a c h e m Relief aus Tuff (Abb. 6). E s ist dies Bezeichnung des Stadtbezirks. Das Relief wird uns noch bei der Orientierung in diesem Bezirk helfen. K u r z h i n t e r d e r P o r t a rnarina g e h t von d e r S t r a d a della M a r i n a links die Via d e i S o p r a s t a n t i ab. An i h r e r l i n k e n S e i t e liegt die I n s u l a o c c i d e n t a l i s , die n o c h nicht g a n z a u s g e g r a b e n ist. R e c h t s z w e i g t eine k l e i n e G a s s e a b . An d e r E c k e b e f i n d e t sich ein B r u n n e n a u s M a r m o r m i t e i n e m H a h n. D i e s e m B r u n n e n s c h r ä g g e g e n ü b e r a n d e r r e c h t e n S e i t e liegt D a s H a u s bei der Porta Marina. I n s u l a o c c i d e n a l i s Nr.13—14. D a s H a u s ist n o c h nicht v o l l s t ä n d i g a u s g e g r a b e n u n d m a n k e n n t d e s h a l b n o c h nicht seine g a n z e A u s d e h n u n g . E s g e h ö r t zu d e n ä l t e s t e n H ä u s e r n , d e n n es s t a m m t n o c h aus der Tuffperiode. In den sehr breiten Fauces befindet sich ein g a n z b e s o n d e r s s c h ö n e s M o s a i k : a u s B l ü t e n k e l c h e n wachsen Vasen heraus. D a s A t r i u m ist g a n z r e g e l m ä ß i g n u r liegen die A l a e nicht n e b e n d e m T a b l i n u m , s o n d e r n in d e r M i t t e d e r S e i t e n , so d a ß es eine K r e u z f o r m b e -

Da,

IIMI.S

VII.

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Abb. 6. Si:hil]>. i?..

Mühle

und

liackofen

i n d e r G a s a tli

Salluslio

sich diese R ä u m e a u f s c h l i e ß e n zu lassen wegen d e r G e m ä l d e im P e r y s t i l Dargestellt ist Artemis u n d Aktäon- Die F r e s k e n in d e n a n d e r e n R ä u m e n zeigen Bilder des üblichen I n h a l t s : Paris und Helena, M a r s u n d V e n u s usw. Die P o r t i k u s war flach gedeckt und die R ä u m e des O b e r g e s c h o s s e s ö f f n e t e n sich auf d e n d a r ü b e r l i e g e n d e n Balkon.

0;isa ilcl Cliirur^o

(ji

Der Hinterausgang führt auf den Vicolo Modesto; an der Wand rechts erkennt man noch ein großes Stück der Bemalung der Außenwand: dunkelroter Grund. Ein Beweis f ü r die Behauptung, daß die Außenwände in Pompeji wohl immer bemalt waren, wodurch die Straßen ein buntes und lustiges Aussehen erhielten. An der Gabelung mit dem Vicolo del Narzisso steht ein Brunnen, kurz hinter ihm an der rechten Seite der Via Consolare eine überwölbte Quelle. Hier befand sich ein Fresko der zwölf Götter, das wir nur noch aus den älteren Publikationen kennen. Auf diesem letzten Stück der Straße vor dem Stadttor liegen mehrere Thermopolien, Tavernen und Kutscherkneipen. Das Haus Nr. 13 wird im älteren Führer als Zollamt bezeichnet, wozu aber kein Grund vorhanden ist. E s wird irgendwelche Beziehung zum öffentlichen Leben gehabt haben, aber seine Bestimmung ist nicht mehr zu erkennen. Wir kommen nun zur Casa del Chírurgo Das H a u s des Chirurgen (VI, 1, 10) Das Haus hat seinen Namen von den hier gefundenen medizinischen Instrumenten erhalten, wie auch die Casa del medico (in der Strada dell'Abbonclanza). Medizinische Instrumente fand man auch im Hause IX, 9, 4. Diese Instrumente sind für die Geschichte der Medizin so wichtig, d a ß man sie in allen Handbüchern abgebildet hat. Einige von ihnen sind im Museum von Pompeji ausgestellt. Das H a u s ist eins der ältesten der Stadt, wie man aus der ursprünglichen regelmäßigen Anlage und

02

Casu del Cliiiurßo

dem Baumaterial, Kalksteinquadern, sehen kann. Rechts und links von dem breiten Eingang liegen zwei Läden. Das Atrium mit dem flachen Impluvium ist für die frühe Zeit sehr typisch, die Cubiculen und die Alae sind sehr eng. Zu beiden Seiten des hohen Tablinums lagen zwei ganz gleiche Räume, hinter dem Tablinum eine Portikus und ein Garten. Bei dem Umbau hat man das Speisezimmer rechts vom Tablinum vergrößert und eine Reihe von Wirtschaftsräumen angebaut wie auch einen dritten größeren Laden; er war mit dem Hause nicht verbunden und wohl getrennt vermietet. Der Raum ist in einen Vorder- und Hinterraum geteilt und eine Treppe führte hinauf in den ersten Stock. Der Umbau hat das alte Haus, ausgenommen das eine Speisezimmer, ganz intakt gelassen, so daß man den einfachen Grundriß noch gut erkennt. Man hat sogar nicht einmal über dem alten Teil ein oberes Stockwerk errichtet. Portikus und Garten aber wurden auch verändert. Hier baute man ein Zimmer ein, aus dem das sich jetzt auch in Neapel befindliche Bild stammt, das eine junge Malerin darstellt, die im Begriff ist, eine Dionysosherme zu malen. Vielleicht war hier das Atelier einer Tochter des Hauses, die sich mit den schönen Künsten beschäftigte. Leider wissen wir nicht, in welchem Zimmer die chirurgischen Instrumente gefunden wurden, denn das Haus ist schon im Jahre 1772 entdeckt worden. Man kann aber vermuten, daß sie sich in einem der Läden fanden, denn der Chirurg wird damals auch das Handwerk eines Barbiers ausgeübt haben, wie er auch Schröpfköpfe aufsetzte und zur Ader ließ. Von hier aus kann man auch zunächst die Gräberstiaße und die Villen besuchen.

Casa

delle

Vestali

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Casa delle Vestali. Das H a u s der Vestalinnen. (VI, 1, 7.) Das Haus ist aus zwei hintereinanderliegenden Häusern zusammengewachsen, von denen eins seinen Eingang in der Strada Consolare, das andere im Vicolo Narzisso hatte. Der Eingang von der Strada Consolare war ursprünglich ganz besonders prächtig, — das einzige Beispiel seiner Art in der Stadt. Eine Säulenhalle, so breit wie das Atrium, öffnete sich nach der Straße. Später hat man, es läßt sich nicht genau bestimmen wann, rechts und links von den Fauces zwei Läden eingebaut. Das tuskanische Atrium ist besonders reich ausgestattet mit einem Mosaikfußboden und das Impluvium ist mit farbigen Marmorplatten ausgelegt. Ein Mosaikfußboden befand sich auch in der Cubicula links, wo für die Kliine eine niedrige ebenfalls mit Mosaik verzierte Stufe vorhanden ist. Im zweiten Teil des Hauses sind das Perystil und die daranstoßenden Räume besonders interessant. Auf dem Sockel im Peristyl sind auf dunkelrotem Grund noch gut Nereiden zu erkennen. Das Bassin hat eine komplizierte Form, innen war es blau angemalt, um dem Wasser eine besondere Tönung zu geben; wir finden dies Verfahren häufiger bei großen Bassins. Die drei Zimmer an der nördlichen Seite die wir schon erwähnten, als wir vom Pomerium sprachen, sind nicht ohne Jnteressen. Links das Zimmer mit eingemauerten Halbsäulen in den Ecken, einer E x e d r a mit Nischen und mit ganz besonders schönen Muscheln. Rechts ein geräumiges Triclinium. Das H a u s hatte ein sehr bescheidenes Bad. Das Posticum dieses Hauses führt auf dem Vicolo di Narzisso. Gegenüber liegt das H a u s Nr. 16 (Insula 2), das man durchschreitet und in den Vicolo Modesto gelangt, geht man durch das H a u s Nr. 5 (Casa dei vetri, Ins. 5) und in den Vicolo della Fullonica. An der rechten Seite im H a u s e Nr. 19 (Jns. 5) ist in einer Cubicula ein schönes Stück der ältesten Wandbemalung (Nachahmung farbiger Marmorquadern) erhalten. Das H a u s 17/18 ist das Haus der etruskischen Säule, die durch die Forschungen Mau's bekannt geworden ist. Aber dafür, d a ß diese Säule aus einem Tempel stammt, spricht nichts, vermutlich stand sie in einem einfachen Landhaus. An der linken Seite sieht man die mit einem Schach-

Casa tli Adonc lerito brettmuster bemalte Wand. die S t r a d a di M e r c u r i o ein.

Dann

biegen

wir

wieder

in

Casa di A d o n e ferito o della t o l e t t a dell' e r m a f r o d i t e D a s H a u s d e s v e r w u n d e t e n Adonis o d e r d e r T o i l e t t e d e s Hermaphroditen (VI, 7, 18) D a s H a u s ist o f t u m g e b a u t . Die K a p i t e l l e d e r Säulen, die d e n T ü r b a l k e n t r a g e n , h a b e n g a n z e i n f a c h e k u b i s c h e Form. Die linke W a n d d e s P e r i s t y l s ist mit d e m g r o ß e n F r e s k o geschmückt, das dem H a u s e den N a m e n gegeben hat. E s ist d e s h a l b b e s o n d e r s b e m e r k e n s w e r t , weil die F i g u r e n fast l e b e n s g r o ß sind. Viel b e s s e r g e l u n g e n als die g r o ß e n Fig u r e n des Bildes sind freilich die g r a z i ö s e n E r o t e n . Diese F i g u r e n an d e n Seiten sind t y p i s c h e G a r t e n s k u l p t u r e n . Auf einem d e r Bilder sieht m a n einen v o r t r e f f l i c h a u s g e f ü h r t e n H u n d . — D a s Bild im Triclinium stellt einen H e r m a p h r o diten bei d e r T o i l e t t e d a r , d e m ein M a n n im o r i e n t a l i s c h e n K o s t ü m einen S p i e g e l h i n h ä l t , w ä h r e n d eine F r a u eine P e r l e n k e t t e um d e n H a l s legt. N a c h einem k u r z e n Blick auf die C a s a di I o e d I n a c o ( H a u s d e r Io u n d des I n a c u s N r . 19), wo im A t r i u m ein c h a r a k t e r i s t i s c h e r M a r m o r t i s c h steht, g e h e n wir einen Augenblick in die C a s a d e l l ' A r g e n t e r i a ( H a u s d e r Silberw a r e n N r . 21, die B e s i t z e r w a r e n P. Antistius M a x i m u s und L. Laelius T r o p h i m u s ) : ein a l t e s H a u s d e r T u f f p e r i o d e mit zwei Atrien. I m z w e i t e n A t r i u m b e f i n d e n sich schöne ionische und k o r i n t h i s c h e K a p i t e l l e . S e h r s o n d e r b a r sind die b e i d e n e t w a s s e i t w ä r t s s t e h e n d e n Säulen. H i e r sind noch z w e i b e s o n d e r s h ü b s c h e P i l a s t e r k a p i t e l l e zu b e m e r k e n . V o n d e n S i l b e r g e f ä ß e n , die in d i e s e m H a u s e g e f u n d e n w u r d e n und nach d e n e n es b e n a n n t w o r d e n ist, ist d a s i n t e r e s s a n t e s t e das mit d e r D a r s t e l l u n g d e r H o m e r - A p o t h e o s e .

Casa di Apollo o di L. Herenulei Communis Das Haus des Apollon oder des Herenullius. (VI, 7, 23.) Die Anordnung der R ä u m e in diesem Hause ist nicht die übliche. Die Dekoration im Tablinum, Girlanden und Pfauen, steht der in der Casa del Centenario wenig

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Casa di Apollo o di L. Herenulei Communis Das Haus des Apollon oder des Herenullius. (VI, 7, 23.) Die Anordnung der R ä u m e in diesem Hause ist nicht die übliche. Die Dekoration im Tablinum, Girlanden und Pfauen, steht der in der Casa del Centenario wenig

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Ii I,. IIiTcnitlei Communis

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nach- D e m Stil nach gehört sie der letzten Zeit an. Auf das T a b l i n u m folgt ein kleiner G a r t e n mit einer eigenartigen S p r i n g b r u n n e n a n l a g e . Von der Spitze einer S t u f e n p y r a m i d e floß d a s W a s s e r auf allen Seiten wie ein Wasserfall herab- U n d ebenso fiel das W a s s e r auf kleinen T r e p p c h e n von der M a u e r ,

A b b . 13.

Strncln d i

Mercurio

die das Bassin u m g a b , herab- Auf d e r S ü d w a n d ist ein G a r t e n dargestellt mit R o h r g i t t e r u n d Marm o r s t a t u e t t e n , ein typisches Beispiel des opus topiarium (s. S. 48). Außer diesem G a r t e n gibt es n o c h einen zweiten g r ö ß e r e n auf tieferem Niveau. E r war a n drei Seiten von einer T e r r a s s e u m g e b e n , die a u c h bepflanzt war. D i e vierte Seite, d e r N o r d f l ü g e l , war durch die W ä n d e zweier ZimPompejiführer 5

66

Casa di Mcleiijjro

mer später geschlossen worden. Eins der Zimmer war vielleicht Sommerschlafzimmer, aber die Bestimmung dieses Zimmers ist für uns in diesem Fall nicht wichtig. Uns interessiert vielmehr die prächtige und gut erhaltene Innendekoration, die wir mit einer Reihe von Wanddekorationen zusammenstellen können: Palästra privata (VIII, 2, 23), der Wand in der Palästra der Stabianerthermen und im Hause I, 5, 23- Die architektonische Gliederung mit den charakteristischen Treppen stammt von der Scenae frons (Bühnenfront). In dieser Umrahmung sind verschiedene mythologische Scenen dargestellt, unter ihnen befindet sich auch ein Bild aus dem Marsyasmylhos. — In die Außenwand dieses originellen Gartenhäuschens ist ein Mosaik eingelassen, das Achill auf Syros darstellt. Es ist das einzige Beispiel in Pompeji für eine derartige Verwendung eines Mosaiks. An der anderen Wand befindet sich eine sehr interessante Landschaft, die man als eklektisch bezeichnen kann, denn in einer ägyptischen Landschaft, durch Sycomoren und Palmen charakterisiert stehen Sakralgebäude, die auch in Italien stehen könnten.

Casa di Meleagro (VI, 9, 2. Plan, Taf. IV). Eine besondere Eigentümlichkeit des Grundrisses ist die Lage des Peristyls an der Seite neben dem Arium. Das Haus, das seinen Namen von der Statue des Meleager, die neben dem Bassin steht, erhalten hat, war übersät mit Bildern aus der Mythologie.

Casa di Rleleagro

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E s gibt kaum eine Sage, zu der man hier nicht eine Darstellung fände- Leider sind die Bilder jetzt sehr zerstört. Das Gebäude wurde 1829 ausgegraben und hat wie viele Häuser in der Zeit der Bourbonenherrschaft durch ungeschickte Ausgrabung gelitten. Im tuskanischen Atrium steht an dem hier mit Marmor verkleideten Impluvium ein besonders schöner Tisch- Die Greife, die seine F ü ß e zieren, sind sehr fein ausgeführt- Unter dem Tisch befinden sich zwei mit Marmor ausgelegte quadratische Vertiefungen, vielleicht dienten sie zum Kühlen der Flaschen- Das Peristyl ist eine der prächtigst ausgestatteten der Stadt. Von einer Treppe, an der jetzt eine Kopie der Statue des Meleager steht, sprang ein Wasserfall in das reich geformte Bassin, in dessen Mitte ein Springbrunnen steht. Von dem Bilderschmuck der W ä n d e auf schwarzem Grund sind nur fünf Bilder an Ort und Stelle geblieben, von denen aber nur noch wenig zu erkennen ist. Von den Räumen, die das Peristyl umgeben, ist ganz besonders der prächtige korinthische Oekus bemerkenswert. Wir kennen in Pompeji noch ein zweites Beispiel eines derartigen Oekus: in der Casa del Laberinto- D e r Oekus diente als Speisesaal bei festlichen Gelegenheiten- Ueber einem Säulenumgang lief eine Gallerie, von der hier noch die gewölbten Ansätze über den Kapitellen zu erkennen sind- Eine Treppe führte von einem Nebenraum auf diese Gallerie- In der Exedra neben dem Oekus sieht man noch auf dem Sockel eine sehr feine Darstellung der Nereiden, die auf Meerungeheuern reiten. D a ß das Haus eins der reichsten der Stadt war, geht aus vielen Einzelheiten hervor. Man beachte nur die marmorne Schwelle der T ü r zwischen dem Atrium und Peristyl. Im Tri5

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Gasa del

Centauro

clinium, d a s jetzt sehr verwildert aussieht u n d das eins d e r schönsten Z i m m e r gewesen sein m u ß — die W ä n d e w a r e n mit M a r m o r verkleidet — f a n d m a n eine R e i h e von Silbersachen, K a n d e l a b e r n u n d ein silbernes Altärchen, auf d e m m a n vor dem Mahl R ä u c h e r w e r k verbrannte- D a s H a u s enthielt eine M e n g e von W i r t s c h a f t s r ä u m e n , a u c h ein gut ausgestattetes Bad- — I n einem d e r Z i m m e r steht ein sehr gutes Modell der S t a d t von zwei verstorb e n e n Custoden angefertigt- ( M a n lasse sich von d e m Custoden öffnen-) Casa del Centauro. Das Haus des Kentauren. (VI, 9, 3—5) E s ist ein großes Doppelhaus. Seinen N a m e i erhielt es von dem Fresko im Tablinum: H e r a k l e s bei dexn Kentauren Nessus, ein oft wiederholtes T h e m a . Links von dem Tablinum in einem Triclinium befand sich eins der feinsten Mosaike aus Pompeji: der von Eroten gebändigte Löwe (jetzt im Museum in Neapel). In dem andern Teil des Hauses ist ein Zimmer rechts von den Fauces interessant (geschlossen). E s war das Schlafzimmer des Hausherrn mit einem Allcoven und einer Nische für den Lieblingshund. Die einfache, aber elegante Wanddekoration gehört zu den feinsten in der Stadt: in feinem Stuck nachgeahmte Marmorquadern in schönen F a r b e n . Oben läuft ein feiner Zahnschnitt aus Stuck entlang. Das Peristyl war doppelgeschossig. Die dünnen Säulen des Obergeschosses sind noch an der rechten Seite erhalten; Reste von ihnen finden sich noch im Tablinum. Zwischen den Säulen des Untergeschosses hat man später eine niedrige doppelte Ziegelmauer gezogen und den Zwischenraum mit E r d e gefüllt, um Blumen darin zu pflanzen. Die Ecksäule rechts ist in einem Doppelpfeiler aus Ziegel umgewandelt, in dieser Art hat man oft ir. späterer Zeit die alten Tuffsäulen umgebaut. In der Mitte ein besonders einfaches aus Ziegeln aufgemauertes Bassin. Wie in den Nachbarhäusern hat man auch hier reiche Funde gemacht und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, daß dieses Haus, das jetzt so gerupft aussieht, mit zu den reichsten der Stadt gehörte.

Casa di Castor c

Polluce

«9

Casa di Castor e Polluce. Das Haus des Castor und Pollux(VI, 9, 6.) Ein großes, altes, reichausgestattetes Haus, das aus zwei nebeneinanderliegenden Häusern zusammengewachsen ist- Die Bilderdekoration bestand ebenso wie in der Casa di Meleagro aus zusammenhängenden mythologischen Scenen, von denen sich leider nichts mehr erhalten hat- Auch das Fresko, das dem H a u s e den Namen gegeben hat, ist nicht mehr vorhanden- E s führt außerdem noch den Namen „ H a u s des Quästor", aber die Basen von 3 Truhen oder Geldkassetten genügen nicht, um zu beweisen, das wir uns hier in der Wohnung des höchsten Finanzbeamten der Stadt befinden- Dazu kommt noch, daß, als das Haus erbaut wurde, die römische Verwaltung noch nicht eingeführt worden war. Das Atrium hat nicht die übliche Form, es ist quadratisch. Das große Impluvium ist von zwölf Säulen umgeben, wodurch das Atrium als korinthisch charakterisiert wird- E s gibt nur noch ein zweites korinthisches Atrium in der Stadt im Hause des Epidius Rufus (IX, 1, 20). Die Tuffsäulen waren fast bis zur Hälfte mit Stuck bedeckt- In clem Zimmer links von den Fauces ist die Wanddekoration erhalten: auf weißem Grunde sehen wir Arabesken, dazwischen Vögel. Auch in dem Zimmer an der E c k e sind Spuren von schöner Dekoration erhalten- Im Tablinum ist nur noch das Fußbodenmosaik geblieben, das uns noch eine schwache Vorstellung von dem ehemaligen Luxus gibt- Das schönste der Bilder, das den Streit zwischen Achilleus und Agamemnon darstellt, befindet sich jetzt



Casa di C a s t o r e P o l l u c e

im Museum- — Im Sommertriclinium daneben sind die Bilder noch an ihrem Platz geblieben, aber jetzt sehr verblaßt- — D a s Tablinum führt in das Pseudoperistyl, in dem der Garten liegt- In der Mitte der W a n d befindet sich ein Lararium in Form eines kleinen Tempelchens- Links vom Garten liegt eine geräumige Küche und dahinter eine wegen ihrer Größe und ihres Ziegelfußbodens beachtenswerte Latrine- — Das Peristyl ist der wichtigste Teil des Hauses. Fast die Hälfte wird von der Piscina eingenommen, die andere vom Garten- N u r an. den Langseiten stehen Säulen, an allen vier E c k e n Pilaster. Von der reichen Dekoration sind nur noch wenige Reste erhalten, vor allem einige Stilleben. Am bemerkenswertesten sind einige sog. Xenien: Körbe voll Eßwaren, Wildpret, Früchten und ObstDer N a m e kommt nach Vitruv aus dem Griechischen, denn im alten Griechenland lud man die Gäste nur am ersten T a g e zu Tisch- D a n n versorgte man sie mit dem Rohmaterial, für dessen Zubereitung sie selber sorgen mußten. Das waren die Xenien oder Gastgeschenke und nach ihnen wurden die Bilder genannt- Trotz ihres prosaischen Inhalts hat der Künstler es verstanden, diese Bilder lebendig und hübsch auszuführen- — Das bekannte Fresko von einem Eckpilaster, auf dem ein mit einem dressierten Affen spielender K n a b e dargestellt ist, befindet sich im Museum in Neapel- D a s große Zimmer östlich vom Peristyl ist jetzt so zerstört, d a ß man sich kaum vorstellen kann, daß es eins der schönsten Zimmer der Stadt gewesen sein muß D e n n wie wir aus den Rechnungen wissen, war es ganz mit besonders schönem Marmor verkleidet. Das Zimmer war sehr hell, denn es bekam Licht von beiden Peristylen und hatte außerdem noch ein

Casa (Ii Oastor c Polluce

71

Fenster, das sich auf einen kleinen Hof öffnete- Zusammen mit dem großen Peristyl bot dies Zimmer einen imposanten EindruckD a s Nebenhaus wurde von dem Besitzer wahrscheinlich später hinzugekauft und den Sklaven überlassen, was man aus der Aermlichkeit der Räume schließt. Ein Teil dient als Wagenremise. Man muß nicht außer Acht lassen, daß aus diesem Hause nicht nur eine Reihe schöner Bilder stammen wie z- B. Medea, die im Begriff ist, ihre Kinder zu ermorden, die mit den Knöcheln spielen und die E r m o r d u n g der Kinder der Niobe, sondern auch Gegenstände verschiedener Art aus Bronze darunter Kandelaber, Gefäße usw. und ein kleiner Bronzehund, der in einem Kästchen aufbewahrt wurde An der E c k e befindet sich eine Caupona (VI, 10, 1/2), die einige Male auch C a u p o n a d e r 5 S k e l e t t e genannt wird, nach der Zahl der Skelette, die man hier gefunden hat- E s dies hier eine typische Garküche wie man im heutigen Italien noch die Rosticcerien kennt. Man konnte hier also fertige Speisen kaufen, sie aber auch in einem Speisezimmer gleich zu sich nehmen. Es war ein anspruchsloses Publikum, das diese Garküchen besuchte, wie man aus den Bildern an der Wand des Speisezimmers siehtAuf einem Bild sitzen einige Geschäftsreisende in ihrem Reisemantel mit Kapuze um einen runden Tisch- (Einen solchen runden Tisch gibt es noch in der Caupona IX, 3, 17)- Ein kleiner Junge bedient sie- Ueber ihnen hängen an einer Stange Knoblauch, Würstchen usw. Auf einem anderen Bild steht ein Wagen, auf dem ein großer Weinschlauch liegt. Die Pferde, vielleicht sind es auch Maulesel, sind ausgespannt- Man sieht deutlich die

Casa d e l l ' a n c o r a

nera

Deichsel und die g r o ß e n Ringe, an denen die T i e r e befestigt waren. Die Inschrift dabei zeigt, d a ß die P o m p e j a n e r nicht n u r den W e i n ihrer U m g e b u n g t r a n k e n , sondern ihn sich aus a n d e r e n G e g e n d e n k o m m e n ließen. „ N o c h ein Gläschen S e t t i n e r " sagt die Inschrift. S e h r gut ist die B e m a l u n g der A u ß e n wand erhalten. Im H a u s e Nr. 6 befindet sich ein Oelkelter.

A b b . 14.

Peristyl in d e r Casa d e l l ' a n c o r a

nera

Casa dell'ancora nera H a u s des schwarzen A n k e r s (VI, 10, 7) E i n reizendes H ä u s c h e n , einzig in seiner Art. Seinen N a m e n b e k a m es von d e m Mosaik im Vesti-

Casa d e l l ' a n c o r a

nera

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bul, das einen Anker darstellt und eine Stufe weiter findet sich die Darstellung eines Netzes. Das Mosaik ist durchaus nur als Ornament zu verstehen und zu irgendwelchen Deutungen auf christliche Symbolik besteht kein Grund. Die Originalität des Hauses liegt in der Art wie der E r b a u e r es verstanden hat, sich dem Niveau des Bodens anzupassen. Die Straße (Via di Mercurio), in der der E i n g a n g ist, liegt fast 3 m höher wie die Parallelstraße (Vico del Fauno), auf die der Hinterausgang führt. So kommt es, daß das Peristyl 2,80 m tiefer liegt wie das Atrium. Die W a n d des Peristyls bestand im Unterstock aus Nischen zwischen Pfeilern; in den Nischen stehen Basen, auf denen vielleicht Statuen oder Vasen standen. In der südlichen W a n d befinden sich rechts und links zwei große Nischen, die vielleicht als Brunnen dienten und in der Mitte eine tempelartige Nische mit zwei Säulchen. (Abb. 14) Ueberall hat sich noch eine besonders schöne türkis blaue F a r b e erhalten. Der Oberstock ist eine richtige Portikus aus schönen dünnen Säulen, von denen nur noch eine ganz erhalten ist; im Westen und Osten abwechselnd Säulen und Pfeiler. Die nördliche Portikus ist etwas höher, so d a ß man hier von einem rhodischen Peristyl sprechen kann; die Säulen sind dicker und weiter gestellt- Dahinter liegen drei Speisezimmer mit schönen Mosaiken. Unten ist eine Krypta erhalten, die ihr Licht durch die Fenster im unteren Teil des Peristyls erhielt. Die Aussicht von der nördlichen Portikus hinüber zu der Kette von St- Angelo an den feinen Säulchen des südlichen vorüber ist ganz unvergleichbar. Sehr lehrreich ist es, sich im Gegensatz zu der Casa dell' ancora nera das Haus I, 2, 3 anzusehen. Hier liegt das Peristyl viel höher als das Atriuni

Casa del

Fauno

(15 Stufen). In diesem Garteri ist eine Pergola wieder hergestellt. E i n Vergleich beider Häuser zeigt besonders gut wie bei allem Festhalten an dem traditionellen Grundriß die E r b a u e r es verstanden haben, sich dem Boden anzupassen. So findet sich überall Vergleichbares und doch auch wieder so viel Verschiedenes, daß nie der Eindruck des Monotonen entsteht. In der C a s a d i n a v i g l i o , dem Eckhaus, waren früher einige Bilder, die jetzt fortgenommen sindMan sieht das Triclinium im Freien durch das Gitter im Hause Nr. 8. W i r biegen dann in die Strada di Nola ein und kommen zur Casa del FaunoDas Haus des Faun. ( V I , 12. Plan, T a f . I V ) . Das Haus ist das interessanteste und lehrreichste der samnitischen Zeit. Die späteren Umbauten haben es in seinem Kern nicht verändert- , E s wurde im J a h r e 1830 ausgegraben in Gegenwart von Goethes Sohn und wird deshalb auch „Haus Goethes" genannt- E s ist nicht so sehr wegen der Statue, die man hier fand berühmt geworden als wegen der Mosaiken, die zu den schönsten nicht nur der Stadt, sondern der Antike überhaupt gehörenE s nimmt die ganze Insula ein (vgl- Pansa). Das "Haus war in ganz großem Stil erbaut- Jedes Architekturstück ist besonders fein ausgeführt und ihnen entspricht auch die besondere Schönheit der Einzelfunde- Hier fand man einen Armreifen in Form einer Schlange, einen Leuchter mit Kristall,

Gasa del l'anno

die T ü r k l i n k e n w a r e n aus B r o n z e u n d mit S i l b e r e i n g e l e g t usw. E s w a r v o n A n f a n g an mit zwei A t r i e n und zwei P e r i s t y l e n geplant- E i n e M o s a i k i n s c h r i f t auf d e m B ü r g e r s t e i g v o r d e m E i n g a n g h e i ß t den G a s t willk o m m e n : Have- S c h ö n e T u f f p i l a s t e r , ähnlich den e n in d e r C a s a di P a n s a , s c h m ü c k e n den E i n g a n g . D i e T ü r e n ö f f n e t e n sich a u s n a h m s w e i s e n a c h a u ß e n , d e n n die W ä n d e der F a u c e s w a r e n mit T e m p e l f a s s a d e n a u s S t u c k g e s c h m ü c k t , die sonst v o n d e n T ü r f l ü g e l n b e s c h ä d i g t worden wären- S c h o n hier erkennt m a n d e n besonders g u t e n G e s c h m a c k des Besitzers- D e r leicht ansteigende F u ß b o d e n w a r mit d r e i e c k i g e n roten, w e i ß e n u n d g r ü n e n M a r m o r stücken und schwarzem Schiefer ausgelegt. D e n A b s c h l u ß bildete die sich jetzt im M u s e u m in N e a p e l b e f i n d e n d e M o s a i k s c h w e l l e mit M a s k e n u n d GirlandenD i e E c k p i l a s t e r zwischen F a u c e s und A t r i u m w a r e n g r ü n bemalt- D i e s e s erste A t r i u m ist luskanisch- D a s Impluvium war b e s o n d e r s s c h ö n mit M a r m o r v e r k l e i d e t ; es sind g r ö ß e r e r a u t e n f ö r m i g e M a r m o r s t ü c k e in v e r s c h i e d e n e n F a r b e n , in die in die Mitte k l e i n e r e R a u t e n aus a n d e r s f a r b i g e m M a r m o r eingesetzt sind; die F a r b e n sind d i e s e l b e n wie in d e n F a u c e s . D i e Statue des t a n z e n d e n F a u n , d e r e n K o p i e hier aufgestellt ist, steht nicht a n ihrem u r s p r ü n g l i c h e n Platze- W o sie heute steht b e f i n d e t sich ein S p r i n g b r u n n e n wie in der C a s a dei D.ioscuri, di E p i d i o R u f o , O b e l i o F i r m o u. a. D i e W a n d m a l e r e i in diesem ersten T e i l des H a u ses g e h ö r t zu der ältesten der Stadt- Mit A u s n a h m e zweier Z i m m e r c h e n s , die aber den G e s a m t e i n d r u c k nicht stört, sind alle R ä u m e mit d e r N a c h a h m u n g f a r b i g e r M a r m o r q u a d e r n g e s c h m ü c k t , die m a n zum

-6

Casa del

Fauno

Teil später erneuert hat, aber doch so, daß man dieselbe Art beibehielt- Oben endet die W a n d dekoration mit einem feinen Zahnschnitt. Die D e koration ist hier fast feiner wie in der Casa di Sallustio- Auch eine interessante technische Einzelheit kann man hier b e o b a c h t e n : in den R ä u m e n links vom Atrium sieht man an einigen Stellen, wie zwischen die Steinwand und den Stuck Bleiiplatten eingelegt, um die Malerei vor Feuchtigkeit zu schützenD a s Tablinum ist kein Durchgangsraum, sondern wie in der Casa di Sallustio, öffnet sich ein breites Fenster auf das dahinterliegende PeristylD e r F u ß b o d e n ist wie die F a u c e s und das Impluvium mit Marmorplatten ausgelegt. V o n der Schönheit dieser R ä u m e um das Tablinum bekommt man nur einen Begriff, wenn man sie sich mit den schönen, jetzt im Museum in Neapel befindlichen, Mosaiken ausgestattet denkt: Ala links T a u b e n , Ala rechts Katze mit W a c h t e l , im Speisezimmer links F i s c h e (vgl- Casa dei capitelli colorati, V I I I , 2, 16 und V I I , 6, 38), rechts Genius des Herbstes oder Dionysos. Achtundzwanzig ionische Säulen tragen die Portikus des ersten Peristyls; sie waren mit ganz besonders feinem Stuck überzogen und der Steinmetz, der sie aus dem T u f f gehauen hat, war ein ganz erstklassiger MeisterD i e s alles ist der würdige Auftakt zu der prächtig geschmückten Exedra- Die korinthischen Kapitelle der Pfeiler und Säulen in der Front gehören zu dem Schönsten was uns die Antike in dieser Art hinterlassen hat- S i e sind rotviolett bemalt. D e r Besitzer des H a u s e s wußte, was für einen Schatz er in dem weltberühmt gewordenen Mosaik

Casa del F a u n o

der Alexanderschlacht (jetzt im Museum in Neapel), das die Mitte des F u ß b o d e n s schmückte, besaß und hat versucht ihm einen würdigen Rahmen zu schaffen. Der Raum wurde nicht praktisch verwendet. Jedes Fleckchen war mit diesen feinen Mosaiken geschmückt, denn vor dem großen Schlachtmosaik befand sich noch ein Fries mit der Darstellung einer sog. Nillandschaft. Zu beiden Seiten der Exedra lagen wie beim Tablinum zwei Speisezimmer, auch sie waren mit Mosaiken geschmückt. Links ein Löwe, von dem man eine Replik in dem Hause V I I I , 2, 34 gefunden hat, rechts ein Rankenornament. Man hatte also im H a u s e 4 Speisezimmer, f ü r jede Jahreszeit eins. Vor kurzem hat man ein Stück eines reichverzierten Puteais ausgegraben. Das zweite riesige Peristyl ist von einer Portikus mit dorischen Säulen umgeben, so daß der Architekt hier in diesem Hause alle drei Ordnungen angewandt hat. Links stehen an die W a n d gelehnt noch die großen Amphoren, die wohl mit Wein gefüllt wurden. An der Nordseite, fast an der Ecke, befinden sich zwei Nischen in der Wand, die oben mit einem Giebel aus Stuck verziert sind- Vor ihnen hat man bronzene Dreifüße und eine Statuette gefunden- Von der Statuette wissen wir nur aus den Ausgrabungsberichten, aber es läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, daß diese Nische ein Sacellum war und daß diese Statuette nicht die eines Priesters, sondern eines Genius war. Ebenso ist die Statue einer Flora, die man hier fand, verschwunden. D a s Nebenatrium ist mit dem ersten durch einen Durchgang verbunden. E s war wie in anderen H ä u sern mit zwei Atrien viersäulig und hatte korinthische



C.isa del

Fauno

Säulen- Die Räume, die an ihm liegen sind ohne besonderes Interesse- E s waren Wirtschaftsräume, die bei der Katastrophe im Jahre 63 stark gelitten hatten und im neuen Stil wieder aufgebaut wurden. Dahinter liegen noch die Baderäume, die mit den letzten technischen Errungenschaften der Zeit ausgestattet wurden. Der F u ß b o d e n ruht nicht mehr auf Ziegelsäulen, sondern auf Tonpfeilern. Der Besitzer hat es verstanden, sein Haus ohne dessen vornehmen, einfachen Charakter zu zerstören mit allem Komfort der Neuzeit auszustatten. E s ist sehr typisch f ü r die Stadt, das selbst hier vier Läden eingebaut sind. Der Besucher, der sich einen lebendigen Eindruck des Hauses verschaffen will, darf nicht vergessen, die Mosaiken im Museum in Neapel anzusehen, die dort fast einen ganzen Saal einnehmenN a c h e i n i g e n S c h r i t t e n in die n ä c h s t e Q u e r s t r a ß e (Vicolo del L a b e r i n t o ) , sieht m a n a n d e r r e c h t e n Seite im H a u s e N r . 19 (VI, 13, P o m p e o A x i o c o ) s e c h s N i s c h e n f ü r d i e P e n a t e n . Die b e i d e n ä u ß e r e n a n j e d e r Seite sind g e w ö l b t , w ä h r e n d die b e i d e n in d e r M i t t e e i n e n g e r a d e n A b s c h l u ß und einen G i e b e l a u s S t u c k h a b e n . W i r g e h e n n u n z u r ü c k zur S t r a d a di N o l a , wo in N r . 5—7 d e r C a s a d i M. T e r c n t i i E u d o x i o d e r C a s a del f o r n o ( H a u s d e s O f e n s ) in d e n C u b i c u l e n r e c h t s v o m A t r i u m d i e M a l e r e i d e s e r s t e n Stils u n d d e r typische Z a h n s c h n i t t a u s S t u c k n o c h g u t e r h a l t e n sind. An d e r E c k e d e r n ä c h s t e n Q u e r s t r a ß e b e f i n d e t s i c h ein B r u n n e n , d e r mit e i n e m K u h k o p f v e r z i e r t ist. In d i e s e r S t r a ß e , d e r Via d e i Vettii, die in d i e s e m T e i l e a u c h o f t Via dei Scienziati g e n a n n t w i r d , b e f i n d e t sich in N r . 43 die C a s a d e i S c i e n z i a t i (das Haus des Gelehrten). Das Haus h a t die s c h ö n s t e M o s a i k b r u n n e n n i s c h e d e r S t a d t ( A b b . 15). D a s H a u s N r . 41 g i b t ein g u t e s Beispiel e i n e s e i n f a c h e n und regelmäßigen H a u s e s . N i r g e n d s w i r d die T r e n n u n g z w i s c h e n V e s t i b ü l u n d F a u c e s so d e u t l i c h wie im H a u s e N r . 13 g e g e n ü b e r . E i n Blick h i n e i n lohnt sich w e g e n e i n e s s e h r s c h ö n e n f a r b i g e n S t e r n -

Casa ti el í.alx'rinto

7!)

m o s a i k s und des T i s c h e s , d e s s e n F ü ß e L ö w e n k ö p f e und F ü ß e d a r s t e l l e n , a u ß e r d e m findet sich hier ein e i n f a c h e s Lararium. W i r k e h r e n nun w i e d e r in d e n Vicolo di Mercurio z u r ü c k und s e h e n in d e r E c k e ein k o m p l i z i e r t e s S y s t e m von Leit u n g s r ö h r e n aus Blei. Links, n a c h d e m wir d e n Vicolo del L a b e r i n t o überschritten h a b e n , s e h e n wir d a s zweite Pcristyl d e r Casa del F a u n e und d e s s e n P o s t i c u m . I h m g e g e n ü b e r liegt d e r E i n g a n g zu d e r C a s a del L a b e r i n t o .

Abb. i5.

Hriinncnnisclic in der (".asa de i Scienziali

Casa del Laberinto. H a u s des Labyrinths(VI,

11,

9—10.)

D a s H a u s ist eins der größten, ältesten und einheitlichsten der Stadt- E s hatte zwei Atrien und

8o

Cusa del

Laberinto

ein Peristyl, die aber nicht zufällig entstanden sind, sondern sie waren von A n f a n g an geplant- Im ersten Atrium (A) stehen vier schöne korintische Tuffsäulen, die in ihrer Großartigkeit nur mit denen

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A b b . 16.

Casa del

Laberinto

in der Casa di Obelio Firmo zu vergleichen sindDie Bewohner des Hauses ließen sich nicht von der Mode einer späteren Zeit beeinflussen, die verlangte, daß man die Kannelluren der Säulen mit Stuck verdeckte bis in etwa Mannshöhe und sie dann bemalte, wie man z. B. die schönen Säulen in

Ca>a dcl Laberinto

81

der C a s a delle Nozze d ' a r g e n t o verunstaltet hat, so b l i e b e n sie unberührt wie sie schon 200 v- C h r . standen. In dem Z i m m e r zwischen den beiden (Atrien — das zweite Atrium ( A ) ist t u s k a n i s c h — befindet sich ein B i l d mit der D a r s t e l l u n g des P a ris, wie er seine erste F r a u E u n o n e v e r l ä ß t , E r o s sitzt auf seiner S c h u l t e r und flüstert ihm ins Ohr. D a s B i l d ist spät und nicht von b e s o n d e r e r Qualität; wir e r w ä h n e n es nur, weil u n s e r e s W i s s e n s die D a r s t e l l u n g dieses T h e m a s nur zweimal vork o m m t . I m T a b l i n u m ( C ) ist ein sehr g u t e s M o saik mit einem bunten M ä a n d e r erhalten. Ganz e r h a l t e n ist a u c h das M o s a i k in dem Z i m m e r r e c h t s von A n d r o n . Im A n d r o n selbst befindet sich eine b e s o n d e r e E i n r i c h t u n g , die m a n als V e n tilator b e z e i c h n e n k a n n , eine T o n p l a t t e mit s e c h s gewölbten Oeffnungen, taubenschlagartig. D a s Peristyl ( D ) ist das g r ö ß t e der S t a d t , wenn m a n von dem in der V i l l a des D i o m e d e s , die doch a u ß e r halb der S t a d t liegt, absieht- E s hat 30 d o r i s c h e Z i e g e l s ä u l e n , die mit feinem S t u c k ü b e r z o g e n sind und an den W ä n d e n des westlichen und ö s t l i c h e n U m g a n g e s e n t s p r e c h e n ihnen H a l b p f e i l e r . A m interessantesten sind die vier Z i m m e r ( E — N ) an d e r nördlichen S e i t e des Peristyls. Im ersten k l e i n e r e n Z i m m e r ( H ) stand eine Klino, a b e r es war kein S c h l a f zimmer, e h e r ein E r h o l u n g s r a u m . G a n z b e s o n d e r s s c h ö n ist die W a n d m a l e r e i . Auf dem F r e s k o ist eine dorische C o l o n n a d e dargestellt, die mit ein p a a r T a u b e n belebt ist- U e b c r ihr zieht sich ein F r i e s mit s c h ö n e n K ö p f c h e n a b w e c h s e l n d mit k o m i s c h e n F i g u r e n entlang- A u ß e r d e m b e d e c k t die W a n d eine f e i n e N a c h a h m u n g von M a r m o r q u a d e r n . D a s N e b e n z i m m e r ( G ) , das g r ö ß t e in d i e s e r R e i h e , ist ein k o r i n t h i s c h e r O e k u s , e b e n s o g r o ß a r t i g wie d e r Pompejiführcr 6

82

Casa dcl Lnljerinto

in der Casa di Meleagro, mit 10 Innensäulen. D i e W ä n d e sind alle ausgezeichnet bemalt, b e s o n d e r s

Abb. 17.

Fresko im Occus der Casa dcl Labcrinlo

die F r e s k e n der östlichen W a n d zeigen s c h ö n e Architekturperspektiven, einmal eine ausgezeichnete D a r s t e l l u n g einer T h o l o s ( A b b . 17)- R e c h t s von der

Casa del

Laberinto

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Tholos eine große bemalte griechische Vase, das einzige Beispiel in der Stadt, wenn wir von der Villa in Boscoreale absehen- Dann kommen wir zu dem Zimmer (F), das dem Hause den Namen gegeben hat- Hier befindet sich im Fußbodenmosaik die Darstellung des Kampfes zwischen Theseus und dem Minotauros- Eine Gruppe von Frauen wartet auf den Ausgang des Kampfes- Sehr naiv ist die Darstellung der Skelette der von dem Ungeheuer verzehrten unglücklichen Opfer. Die beiden Nebenzimmer sind durch Mosaiken interessant, in dem einen ist der Platz des Tisches in der Mitte durch ein besonderes Muster bezeichnet. Neben dem anderen Zimmer befindet sich ein kleines Schlafzimmer. Das Haus hat besonders große Wirtschaftsräume (1—5), unter ihnen eine Bäckerei (l) mit großen Backofen und eine Mühle; dieser Anlage begegnen wir in Privathäusern nur viermal in der Stadt. — In dem großen Lararium ist die Darstellung der Venus Pompeiana bemerkenswert und neben ihr der Gott des Flusses Sarno- — Das Haus enthält prächtige Baderäume (2—4); im Caldarium (4) über der Nische eine besonders schöne saftige Muschel, darunter ist die Darstellung des Gartens erhalten mit Gitterwerk und Vögeln. Sehr fein sind die Stuckverzierungen im Tepidarium (3). Man verlasse das Haus nicht, ohne die Treppe (6) neben dem zweiten Atrium in den ersten Stock heraufgestiegen zu sein- Von dort sieht man besonders gut die vier schönen korinthischen Säulen im Atrium tetrastylum, den Garten in der Casa del Fauno und im Hintergrund Sant'AngeloGanz rechts sieht man das hergestellte Dach der Casa dei Vettii, in die wir uns jetzt begeben6*

Cosa dci

Vcltii

Casa dei Vettii. D a s H a u s der Vettier. (VI, 15, 1)D a s H a u s ist deswegen so interessant, weil hier zum erstenmal der Versuch gemacht ist, ein Geb ä u d e soweit wie möglich in dem Z u s t a n d zu lassen, in dem es g e f u n d e n wurde, wodurch eine sehr getreue Rekonstruktion einzelner Teile möglich wurde. Obgleich d a s H a u s jetzt den Reiz der Neuheit verloren hat, wird der Besucher noch allerlei Anziehendes finden, wie z. B. die reizenden Miniaturen. D e r G r u n d r i ß des H a u s e s zeigt einige Abweic h u n g e n vom Ueblichen; es fehlt z.B. e i n T a b l i n u m und a u ß e r d e m liegen Atrium und Peristyl im rechten Winkel zueinander, während sie gewöhnlich in derselben Achse liegen. Schon die W ä n d e der F a u c e s sind mit Bildern g e s c h m ü c k t : Attribute des Merkur, fliegende Sirenen, sich streitende H ä h n c h e n , Vasen und endlich eine Darsstellung des Priapus (unter Verschluß), der die bösen Geister b a n n e n sollteG r o ß e Bewunderung verdient der Künstler, der die W ä n d e des Atriums mit feinem dekorativem Sinn bemalte; f ü r die gleichen architektonischen Glieder wählte er immer gleiche D a r s t e l l u n g e n : unten Eroten, o b e n K a n d e l a b e r ; und immer sind die Einzelheiten mit lebendiger Phantasie verschiedenartig gestaltet. Die K a n d e l a b e r h a b e n ganz phantastische F o r m e n , aus ihnen wächst R a n k e n werk heraus, auf dem geflügelte weibliche F i g u r e n stehen, die einen P a n t h e r tränken, Löwen mit Adlerköpfen, miteinander verflochtene Zweige usw. E i n Gitter trennt die K a n d e l a b e r von dem Hinter-

Cnso dei Vcitii

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grund. Am Sockel sieht man Eroten, die auf Delphinen, Ziegenböcken, Krebsen reiten oder sie beschäftigen sich auf irgendeine friedliche WeiseSehr lustig ist die Darstellung des Opfers vor der Göttin Fortuna. — In diesem Raum wurden zwei kleine Truhen gefunden und daneben zwei Bronzesiegel und ein Ring mit einer Inschrift, die uns den N a m e n der Familie, die zuletzt dieses Haus besaß überliefert hat: A.Vettius Restituís und A. Vettius Conviva. Die Familie der Vettier konnte sich keiner großen Vornehmheit rühmen, denn ein Vettier erscheint auf einer Inschrift als Augustale, als Inhaber einer Priesterwürde also, die nur Freigelassene bekommen konntenWir betreten nun das Peristyl, dessen Portikus 18 Säulen hat und dessen Garten sehr hübsch wiederhergestellt ist- Die Säulen und ebenso die Kapitelle sind mit Stuck bedeckt; sie zeigen auf blauem Grund gelbe Verzierungen, wodurch der freundliche Eindruck des Raumes noch verstärkt wird. Die Pflanzen sind nach Wandgemälden ausgewählt und beschnitten. Hie und da sind Statuetten aufgestellt, darunter befinden sich zwei Bronzestatuetten von Eroten, die eine Gans auf den Arm tragen; ihre Augen sind aus Silber. Zwei andere Statuetten in sich gegenüberliegenden E c k e n stellen einen Satyr und Paris dar; zwei andere im Südflügel Dionysos und wieder einen Satyr; im Ostflügel zwei Kinder, deren Händf auf dem Rücken zusammengebunden sind. In der Mitte Hermen, Tische und Vasen. Die Abschlußwand zeigt die übliche Dreiteilung: den mit Pflanzen dekorierten Sockel; auf dem Mittelbild phantastische Architekturmotive. Vögel und Fische; die Darstellungen in der oberen Zone sind leider fast ganz verschwunden.

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Casa dei Vettii

Von den Einzelbildern sind folgende hervorzuheben: ein kleiner Satyr mit einer Sylrinx, ein Dichter mit der Rolle und endlich die Muse Urania (auf dem Fresko zwischen Atrium und Oecus), die durch den blauen Globus und die Federkrone charakterisiert ist, die ein Kennzeichen aller Musen ist. Die Rekonstruktion des Peristyls ist besonders gut gelungen. E s ist auf allen vier Seiten geschlossen und man glaubt sich in ihm wirklich in die alten Zeiten zurückversetzt, wie es sonst an keiner Stelle in Pompeji so stark der Fall ist. Dieser Eindruck wird noch durch einen Blick in den Oecus (P) (dieser Raum wird auch Haupttriclinium genannt) verstärkt. Auch hier ist die W a n d in die üblichen drei Teile geteilt; den Sockel, das Mittelbild und die architektonische Bekrönung. Auf dem Mittelfeld jeder W a n d ist immer ein fliegendes P a a r dargestellt, eine nackte männliche und weibliche Gestalt, ein Gott und eine Frau. Die übrigen Teile des Feldes bedeckt ein Dunkelrot, von dem sich die nackten Figuren besonders gut abheben. M a n erkennt Neptun und Amymone, Apollo und Daphne, Bacchus und Ariadne. D e r architektonische Abschluß oben zeigt keine Besonderheit. Aber von ganz besonderer Schönheit sind die schmalen Bildchen unter den Mittelbildern. Der Künstler hat es verstanden, mit zarter aber sicherer H a n d uns die Geschäftigkeit und zugleich den komischen Ernst, mit dem die zierlichen kleinen Wesen ihrer Beschäftigung nachgehen, zu zeigen. F ü r uns sind diese Bilder auch noch deswegen interessant, weil sie eine Illustration zur Kunst und dem Handwerk im Altertum geben. Die E r o t e n sind dargestellt, wie sie nach der Scheibe schießen, als Blumenbinder, wie sie wohlriechendes Wasser herstellen, als Wa-

(ì;isa ele i Vc'llii

«7

genlenker, als F ä r b e r , bei d e m Feste der Göttin Vesta, bei d e r Weinlese, ini T r i u m p h z u g des Bacchus, als W e i n h ä n d l e r , alles B e s c h ä f t i g u n g e n , wie sie in einer kleinen L a n d s t a d t , wie P o m p e j i VKOL6TTO oi H Ef\CUlÜO

war, ausgeübt wurden- Alle Dinge, die zur Arbeit nötig sind, sind mit g r o ß e m Realismus dargestellt; so fehlt z- B. bei dem Oelhändler auch nicht die Oelpresse und beim G o l d w a r e n h ä n d l e r nicht der Schmelzofen usw. E n t z ü c k e n d sind die Bewegung e n d e r kleinen E r o t e n und P s y c h e n w i e d e r g e g e b e n ,

88

Casa dei Vottii

ganz als ob sie nach dem Leben gezeichnet wären, man beachte z. B. den kleinen Kerl, der mit der Zange ein Stück Metall ins Feuer hält und sich ängstlich zurückzieht, damit ihn die Funken nicht verbrennen. Reizend ist auch die Scene zwischen der vornehmen Dame im Parfümladen und der kleinen Sklavin mit dem Fächer und vor allem auch der Ausdruck der Freude bei dem Sieger im Wettrennen. Auch auf dem Sockel, auf dem die Kandelaber stehen, sind entzückende kleine Szenen dargestellt: Apollo,der die Leier spielt und seinen Sieg über den Drachen Python besingt, der sich um den Omphalos windet. Agamemnon tötet die heilige Hirschkuh der Artemis und auf einem dritten Bild sieht man Orest und Pylades vor Iphigenie und Toas, dem König von Tauris, eine Variante des auch in Pompeji sehr häufigen Motives. Auf dem untersten Teil der Wand sind Musen und Amazonen dargestellt. Auch diese Bilder sind einer Betrachtung wert. Doch eine Beschreibung jedes einzelnen würde hier zu weit führen. Neben diesem Zimmer liegt eine Gruppe von vier zusammenhängenden Räumen (cj, r, s). Dem Eingang gegenüber sieht man auf der Wand des kleinen Peristyls einen prachtvoll gemalten Baum; in dem Zimmer rechts vom Eingang bemerkt man ein Bild, dessen Hauptperson augenscheinlich Herkules ist. Man glaubt, daß hier die Begegnung des Helden mit Auge dargestellt ist. — Zurückgekchi't zum Peristyl wenden wir uns nun zum Oecus (K). Die Fresken in diesem Raum sind besonders gut erhalten; sie stellen drei verschiedene Mythen dar. Links sieht man zunächst Pasiphae in der Werkstatt des Dädalos, der ihr die für sie hergestellte Kuh aus Holz zeigt. In einer Ecke sieht man

Casa

dei

Vettii

»9

Ikaros bei seiner Arbeit. Das Bild ist weniger seiner Ausführung wie seines Inhaltes bemerkenswert, es könnte eine Illustration zu einer Tragödie des Euripides sein. Das Bild der Mittelwand stellt die Bestrafung Ixions dar, der auf das R a d geflochten wurde, weil er sich H e r a unehrerbietig genaht hatte- Die sitzende weibliche Gestalt rechts ist Hera, die Figur hinter ihr Iris und die kräftige männliche Gestalt im Zentrum wird durch das Kerykeion als Hermes gekennzeichnet. Die Figur des Ixion auf dem R a d ist etwas unnatürlich klein. Weniger leicht ist die Deutung der sitzenden weiblichen Gestalt im Vordergrunde, die sich dem Hermes zuwendet, vielleicht ist sie die Mutter des Ixion, die vergeblich um Gnade für ihren Sohn fleht. Auf der rechten W a n d ist die Begegnung zwischen Bacchus und Ariadne dargestellt. Auch in diesem Raum interessieren weniger die großen Bilder, wie die dekorativen Einzelheiten, die das Ganze beleben, die Friese unter den Bildern, ebenso wie die anderen in gleicher Höhe, die Girlanden, die die figürlichen Teile einrahmen, in denen aus dem Rankenwerk der Weinreben Pferde, Kühe, Seetiere, Panther, Hirschkälber herauswachsen- Auch hier sehen wir die fliegenden Paare, die Architekturdarstellungen, die Stilleben, die Baldachine im oberen Teil der W a n d , die N a c h a h m u n g farbiger Steine auf dem Sockel- Alles ist von einer Feinheit und Harmonie der Proportionen, wie wir sie sonst kaum kennen. Man bemerke nur die kleinen Säulchen und die kleinen Bilder mit den Seeschlachten. Die Technik dieser letzteren kann man nur mit der des Impressionismus vergleichen. D a ß das Speisezimmer (1), das entsprechend dem Oecus auf der anderen Seite des E i n g a n g s zum Peristyl



Casa dci Veuii

liegt, eine gleiche Wandeinteilung zeigt wie dieser, wird nicht wundernehmen. Seine Ausstattung ist weniger reich. Die drei Bilder zeigen folgende Darstellungen: Herkules als Kind, wie er die Schlangen tötet; in der Mitte Pentheus von den Mänaden zerrissen, rechts die Schleifung der Dirke- — Von ganz besonderer Wirkung sind die Architekturbilder in den hinteren Ecken. Der Beschauer hat fast den Eindruck, als ob er sich in einem höheren Stockwerk befände und durch das Fenster die Dächer von tieferliegenden Gebäuden sähe. E h e man nun das Atrium betritt, geht man in das Zimmer (d), dessen Bestimmung wir nicht kennen, vielleicht war es auch ein Speisezimmer. E s war ebenfalls von oben bis unten mit Fresken geschmückt, meist mit Architekturmotiven, und die dadurch erreichte Auflösung der W ä n d e gibt dem ganzen Raum eine große Leichtigkeit und Luftigkeit. Im oberen Teil der W a n d sieht man verschiedene Einzelfiguren: einen Satyr, eine Mänade und Leda mit dem Schwan. Auf den Mittelbildern, soweit sie noch erhalten sind, erkennt man einmal die seltene Darstellung eines Kampfes zwischen einem Pan und Amor in Gegenwart von Bacchus und Ariadne und dann den verwundeten Cyparissus, den Liebling Apolls. Ein zierlicher Dreifuß steht neben ihm. Diese Wand ist augenscheinlich später übermalt. Im ersten Zimmer links vom Eingang (e) ist Leander dargestellt, wie er den Hellespont überschwimmt, um zu dem runden, zinnenbekrönten Turm zu gelangen, wo ihn Hero mit dem brennenden Licht erwartet. Ein Sklave hält schon seinen Mantel bereit. Die Delphine bezeichnen das Wasser. Ein schmaler Fries von Fischen umzieht rings das ganze Zimmer.

Casa dei

Veuii

9'

D a s entsprechende Zimmer auf der anderen Seite des Eingangs, schmücken Fresken mit Vögeln, die an Beeren picken. Gleich links schließt sich an dieses Zimmer eine Gruppe von Räumen (a—o), die sich um ein kleines Atrium gruppieren. Einer Beachtung wert ist hier das g r o ß e Lararium, .in dessen Giebelfeld die Opfergeräte in flachem Relief dargestellt sind. Das Bild stellt die Laren mit dem Genius des Hauses dar. Darunter sieht man die üblichen Schlangen, clie sich den Opfergaben nähern. — In der Küche (Z) hat man die bei der Ausgrabung gefundenen Gegenstände an ihrem Platze gelassen. E h e man das H a u s verläßt, gehe man in den ersten Stock, von wo man einen schönen Blick auf das Atrium und Peristyl hat. Auch einige Zimmer des oberen Stockwerkes hat man rekonstruiert. W e n n man aus der Casa dei Vettii heraus kommt, ist links in dem H a u s e N r . 3 eine kleine Fullonica, wo einige kleine quadratische Terracottareliefs in die Mauer eingelassen sind. Sie sind ziemlich roh gearbeitet und von Interesse ist nur die Darstellung eines Helios auf seinen Wagen. Der Türsturz im H a u s e N r . 5, der schön verziert ist, liegt noch an seinem Platz. Dte drei Nischen des Sacellums rechts haben eine architektonische U m r a h m u n g , zwei Pilaster tragen einen Architrav, die schönen F o r m e n entsprechen dem vornehmen C h a r a k t e r des E i n g a n g s . Die Mosaiken dieses H a u s e s sind ganz die üblichen, auch das unter dem Dach und mit einem Glasfenster versehene ist nicht von besonderer Qualität. Von hier stammen die Terrakottafiguren der trunkenen Alten und des Pyrus auf dem E l e p h a n t e n , es sind handwerksmäßige Arbeiten, wie sie wohl die Straßenhändler verkauften. Von hier aus geht m a n am praktischsten durch das H a u s hindurch, indem man sich etwas rechts hält, zum Hintera u s g a n g hinaus in den Vico dei Laberinto und dort in das

Casa del P r i n c i p e d i

Napoli

H a u s N r . 23. Dieses H a u s und die Casa dei Gladiatori (V, 5, 3) sind die beiden einzigen H ä u s e r der Stadt, die von Anfang an nur mit einem Peristyl versehen waren, also kein Atrium hatten. Einige a n d e r e H ä u s e r , die jetzt auch nur ein Peristyl haben, sind später u m g e b a u t o d e r sie sind nur ein Teil eines g r o ß e n Hauses, aus d e m m a n zwei gemacht hat. Rechts in der Küche befindet sich ein ungewöhnlich interessantes und gut erhaltenes Lararium. Zwei Säulchen aus rotem Stuck zu beiden Seiten einer Nische tragen einen kleinen Giebel, in d e m auf weißem Grund ein roter Stern gemalt ist. In der Nische ist auf blauem Grund die Darstellung eines o p f e r n d e n Genius und der beiden Laren ihm zu Seiten sehr gut erhalten. Unten sind die beiden Schlangen dargestellt, eine männliche und eine weibliche — die männliche mit einem Bart —. Sie nähern sich dem Altar, auf dem das übliche Opfer, ein Ei, liegt. Ungewöhnlich ist, d a ß um sie h e r u m ein Gebüsch 'gemalt ist, aus dem kleine Vögel auffliegen. Wir gehen denselben W e g zurück in den Vico dei Vettii und das H a u s des Prinzen von N e a p e l .

Casa dei Principe di Napoli (VI, 15, 7/8) E i n zierliches kleines H a u s . Im h o h e n tuskanischen Atrium ist die Malerei noch ganz gut erhalten. Auf den unteren roten F e l d e r n sind P f a u e n , Schwäne und Greife dargestellt. O b e n ein Gittermuster aus roten u n d schwarzen sich kreuzenden Linien auf weißem G r u n d . Am R a n d e des Impluviums steht der guterhaltene Marmortisch, dessen Beine die Form von Greifen haben. In der Lünette über dem E i n g a n g zum T a b l i n u m , wenn m a n das Z i m m e r so nennen k a n n , ist ein M e e r u n g e h e u e r gemalt (das gleiche T i e r findet sich a m E i n g a n g zum Atrium im H a u s e dei Centenario). I m Z i m m e r hinter dem T a b l i n u m sind die Vögel mit ausgestreckten Flügeln und langen gewundenen H ä l s e n

C;isu

del

Print. 1 ij>e d i

!)3

Napoli

interessant- Die beiden Zimmer bekamen ihr Licht durch die Fenster, die auf den Garten gingen-

A b b . 19.

Garten

und

Lararium

in

der Casa

del

Principe

di

Napoli

Im Garten steht ein Tisch, dessen Platte von einem Silen mit dem Dionysoskinde auf dem Arm getragen wird- A n der Wand ein Lararium aus

94

Casa de! Principe di Napoli

gelb und blau bemaltem Stuck mit vier Säulchen an der Front. An die Portikus des Gartens stößt ein kleines Zimmer mit gut erhaltenem Malereien. Die Hauptfiguren Venus und Dionysos sind eingerahmt von Arabesken, Blumen und Vögeln. Ganz gut erhalten sind zwei zierliche Landschaften und ein kleines Bildchen mit Eroten, die sich damit beschäftigen, die Gewänder der Venus aus einer Kiste zu packen, einer sieht sich in einem Spiegel und man sieht sein Bild darin. Dem Garten gegenüber liegt die Exedra, an deren nördlicher Wand Perseus und Andromeda dargestellt sind: Perseus hält das Haupt der Medusa in die Höhe, deren Gesicht sich im Wasser spiegelt. Seine Stellung ist ähnlich der des barberinischen Faun in München. An derselben Wand findet sich auch noch ein Fresko von zierlichen Ziegen, die an Weinreben in die Höhe springen (dieselbe Darstellung findet sich auch in den Nuovi Scavi in der Casa di Trebio Valente). Ueber dem Teil des Hauses an der Straße erhob sich noch ein Stockwerk. Eine Treppe führt von dem Zimmer rechts von den Fauces und eine zweite, neben dein posticum, gerade von der Straße herauf Das zeigt, daß dieses Stockwerk von einer anderen Familie bewohnt war. Es empfiehlt sich sehr, das Studium der Häuser mit dem H a u s e N r . 9 zu beginnen. Das Haus ist wiederhergestellt mit dem Compluvium, den kleinen Räumen des ersten Stocks und der hölzernen Treppe. Eine Rekonstruktion eines Hauses mit einem Atrium tetrastylum ist leichter möglich, weil sich Lage und Größe des Compluviums sicher bestimmen lassen. Von dem Schmuck des Hauses ist weiter nichts zu sagen, nur in den beiden

Vicolo dei Vettii

95

Zimmern links und rechts von den Fauces ist ein feiner Zahnschnitt zu bemerken. Das H a u s N r . 12 ist recht besscheiden. Im Atrium steht ein Tisch mit einem sehr schönen kannelliertem Fuß, zu seinen Seiten zwei tiefe Zisternen. Das H a u s N r . 14 erwähnen wir nur, weil von hier das berühmte Frauenporträt in Mosaik stammt, das häufig abgebildet wird. An Ort und Stelle ist nur ein sehr schöner Fußboden aus weißen und glaublauen Rauten aus Marmor geblieben. N r . 15 u n d 16 sind zwei kleine Thermopolien. Wir befinden uns nun auf dem kleinen Platz, der durch das Zusammentreffen des Vicolo dei Vettii und der Strada di Stabiae gebildet wird und an dem das Castell d'aequa liegt. Die Häuser an der gegenüberliegenden Seite des Vicolo dei Vettii werden sehr wenig Zeit in Anspruch nehmen. Dem Hause der Vettier gegenüber an der Ecke liegt ein typisches T h e r m o p o l i u m mit rotbemalten Ladentisch (40/39). N r. 38 ist das Posticum der Casa degli Amorini dorati. In N r. 36 linaet man einfaches Lararium in dessen Nische saftige Kirschen gemalt sind. Dem Eingang gegenüber liegt etwas tiefer das Triclinium; die Genrebildchen sind leider sehr verblaßt; auf dem einen Bildchen war ein Wettstreit zwischen Dichtern dargestellt. In N r. 33/32 ist die Malerei im Laden recht gut erhalten und befindet sich ein schönes Impluvium. H a u s N r . 31. J'm Zimmer links von den Fauces befindet sich eine Darstellung eines heiligen Baumes. Jn einem anderen Zimmer rechts der hier wie ein Korridor wirkenden Fauces ein Bild Tiere an der Tränke darstellend. Die Tiere sind besonders gut gelungen. Im H a u s e N r . 28 an der Nordwand des Tablinums ist ein Bild erhalten, das einen dunkelbraunen Mann im Kampf mit zwei Stieren darstellt; im Hintergrund ein rundes Gebäude. Vor dem Hause, gegenüber der Casa dei Principe di Napoli, befindet sich ein Stadtbrunnen mit Löwenkopf.

Castell d'acqua I m g r o ß e n P e r i s t y l d e s H a u s e s N r . 27 ist eine s c h ö n e D a r s t e l l u n g von P f a u e n u n d l a n g b e i n i g e n V ö g e l n auf d e m leider s t a r k b e s c h ä d i g t e n S o c k e l . W i r k e n n e n eine ä h n liche D a r s t e l l u n g in d e r C a s a del C i n g h i a l e ( V I I I , 2, 26). D a s H a u s N r . 26 w u r d e , als d e r B a u g r u n d in d e r S t a d t a n f i n g k n a p p zu w e r d e n , auf K o s t e n d e s P l a t z e s an d e m C a s t e l l d ' A c q u a liegt, v e r g r ö ß e r t . E s h a t drei F e n s t e r , die sich auf d e n P l a t z ö f f n e n .

Wir sind jetzt wieder auf dem Platz bei dem C a s t e l l d ' a e q u a angelangt. Das Gebäude nach dem dieser Platz genannt ist steht an dem Punkte, wo die Wasserleitung in die Stadt kommt. In ihm befindet sich eine Art Staubecken und Klärbassin. E s wurde erbaut zur Zeit des Augustus, einer Zeit also, als man die Wasserversorgung der Städte zu großer Vervollkommnung gebracht hatte. Auch der äußere architektonische Aufbau, Pilaster zwischen Blendbögen, weist in diese Zeit. Man betritt das Gebäude durch eine kleine T ü r an der linken Seite. E s ist ein überwölbter Raum, von dessen Malerei sich nichts mehr erhalten hat; es waren hier wohl wie in allen Gebäuden, die mit dem Wasser zusammenhängen, Nymphen und andere Wesen, die zu ihnen in Beziehung standen, dargestellt. Links sehen wir clie Ocffnung der großen gewölbten Wasserleitung, durch die das Wasser hereinfloß. Der tiefer liegende Raum, in den das Wasser nun kam, verbreitert sich langsam, zwei Siebe teilten ihn. Hier wurde das Wasser geklärt und der schnelle Fluß durch das breite Becken etwas verlangsamt. Um den Strom dann weiter zu regeln, wurde das Wasser durch drei Rohre wieder hinaus geleitet. Eines davon liegt in der Mitte, die beiden anderen an den Seiten. Ein Blick in das große Zuflußrohr, in das man nach einem Sprung in das alte Klärbassin sehr gut hineinsehen kann, bietet

I);is

Vesuvlor

97

einen imposanten Eindruck. Diese Anlage regelte die W a s s e r v e r s o r g u n g eines Quartieres. Auf einem Relief im H a u s e des Caecilius Jucundus ist das G e b ä u d e neben dem Vesuvtor, das damals noch nicht zerstört war, dargestellt.

A I J I J . ?.O.

Yur

dem

Vesuvtor

Das Vesuvtor. D e n genauen Zeitpunkt der E r b a u u n g des Vesuvtores kennt m a n noch nicht- D e n einzigen Anhalt f ü r eine Datierung gibt das Relief im H a u s e des Caecilius Jucundus (S. 113), das wir schon öfter erwähnt haben. Auf ihm ist das Gewölbe über dem T o r noch erhalten. D e m Besucher, dem an an einer genaueren Besichtigung der Mauer gelegen Pompejiführer 7



Die

Stadtmauer

ist, wird geraten, sie hier zu besteigen, von wo man außerdem noch einen sehr schönen Rundblick hat. Die Mauer besteht aus zwei W ä n d e n aus Sarnokalkstein und Tuff, der Raum zwischen ihnen ist mit E r d e und kleinen Steinen gefüllt. Die Geschichte der Mauern ist noch nicht geschrieben und vieles bedarf noch der Aufklärung. So viel aber ist sicher, daß die Mauer vor der Belagerung durch Sulla stark ausgebessert und verstärkt wurde. In dem Turm befindet sich ein ungewöhnlich lesbares Graffito „Sulla". Nach dem T u r m geht man ein Stückchen auf dem Glacis entlang bis zur Strada di Mercurio und sieht von oben die Häuser, die wir schon beschrieben haben. Wir gehen nun zum Vesuvtor zurück und zur Necropole vor dem Tor. Wie in jeder antiken Stadt finden wir auch in Pompeji die Begräbnisplätze zu beiden Seiten der Straßen, die aus dem Tor herausführen. — Vor den Toren Pompejis kennen wir nur 5 Gruppen von Gräbern. Die vor dem Vesuvtor sind erst vor etwa 20 Jahren ausgegraben. D a s erste Grab ist das des C. Vestorius Priscus. E s ist jetzt mit einem häßlichen Glasdach bedeckt. In dem von einer Mauer umgebenen Bezirk steht auf einer ziemlich hohen Basis ein Grabaltar. Der Eingang zu dem Bezirk befindet sich auf der der Stadt entgegengesetzten Seite. Die Inschrift auf dem Altar sagt, daß der Verstorbene nur 22 Jahre alt wurde, daß seine Mutter ihm das Denkmal setzte und d a ß er trotz seiner Jugend schon Aedile war und die Gemeinde außer dem Platz für sein Grabmal noch 2 Tausend Sesterzen für dessen E r bauung stiftete.

Die Griiher vor dem Tor

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Die W ä n d e der Mauern im Innern ebenso wie die Basis sind mit Fresken, die Darstellungen aus dem Leben des Verstorbenen zeigen, bedeckt. Diese Bilder sind f ü r unsere Kenntnis der antiken Sitten von großer Bedeutung. Sie zeigen uns den jugendlichen Verwaltungsbeamten als Richter und auf der Jagd bei einen Gladiatorenkampf, der wohl von dem Verstorbenen während seiner Amtstätigkeit als Aedile veranstaltet wurde- Diese Bilder sind alle sehr realistisch, man beachte z. B. die offenen Türen, den Granatapfelbaum, den Tisch mit den Schreibsachen (z. B. das doppelte Tintenfaß), das Bett mit einem Paar Pantoffeln davor, das Tischchen mit dem reichen Silberzeug. Den Altar schmückt ein Relief: ein Satyr. Auf der anderen Seite steht die Inschrift. Die E c k e n der niedrigen Brustwehr haben außen Stuckdekorationen mit Darstellungen von Eroten. Die Außenwände der Mauer sind auch mit Malerei geschmückt gewesen, man erkennt noch einige architektonische MotiveDas quadratische Grab des Marcus V. Marcellus ist nie vollendet worden. Am äußersten linken E n d e der Ostwand ist der Name Sullas eingeritzt: Sulla Cornelius. Das geschah vielleicht zur Zeit, als der Diktator die Stadt belagerte. Auf der anderen Seite liegt das Grab der Tertulla. Das eigentliche Grab befindet sich in dem Unterbau, auf dem sich eine große glatte Säule erhebt, die in einer halbkreisförmigen Schola steht. Dieser Typus findet sich in Pompeji siebenmal und niemals außerhalb. D a s folgende Grab der Septimia besteht aus einem ziemlich großen Unterbau, auf dem eine kanneliierte Säule steht, die wahrscheinlich eine Urne trug, wie wir es von 7*

IOO

S t r a d a di S t a b i a e

ähnlichen G r ä b e r n vor der Porta di Nola wissen und von einem Bild, das sich im Museum in N e a p e l befindet, auf dem das Parisurteil dargestellt ist. — E t w a s von diesem G r a b entfernt, im Osten, sieht m a n einen g r o ß e n Travertinblock, dessen Inschrift uns sagt, d a ß der T r i b u n Titus Suedius Clemens, das L a n d , das städtisches E i g e n t u m gewesen war und das sich Privatleute ungerechterweise angeeignet hatten, der Stadt unter der Regierung Vespasians zurückgegeben hat. Die gleiche Inschrift f a n d m a n auch vor dem Herkulanertor. Sie lautet. Ex- auctoritate Imp- Caesaris Vespasiani Aug. Loca publica a privatis possessa T. Suedius Clemens T r i b u n u s Causis Cognitis E t mensuris factis rei publicae Pompeianorum restituit Kurz vor dem T o r liegt die Villa Barbatelli (so genannt nach dem Besitzer des Grundstückes), die an sich nichts Bemerkenswertes enthält und die wir nur wegen zweier F u n d e erwähnen, die hier gemacht wurden: der E p h e b e n s t a t u e aus Bronze und des Mosaiks, auf d e m sieben Philosophen in gelehrter U n t e r h a l t u n g dargestellt sind (beide jetzt im Museum in Neapel). W i r kehren nun zum Vesuvtor zurück und gehen in die Strada di Stabiae. Strada di Stabiae. Die G e b ä u d e an der Ostseite in diesem Teil liegen noch unter dem Schutt. Die ersten H ä u s e r an der rechten Seite sind uns schon bekannt, wir haben

Casa dell' A r a

massima

io1

sie im Vicolo dei Vetti besprochen und sie haben ihr Posticum auf die Strada di StabiaeIm H a u s N r . 18 liegen im Keller noch die Amphoren horizontal aufgeschichtet. Casa deir Ara massima Das Haus mit dem großen Altar (VI, 16, 15—16) E s erhielt seinen N a m e n von dem Altar des Genius Familiarius mit den zwei g r o ß e n Schlangen, die fast die ganze rechte W a n d des Atriums einnehmen. Dieses H a u s ist trotz seiner Kleinheit und Bescheidenheit recht interessant, um so mehr als das Haus rekonstruiert ist. Man fand hier eine kleine Wiege aus Terrakotta, 20 cm lang, die wohl ein Kinderspielzeug war. D a s H a u s hat kein Peristyl, die Zimmer gruppieren sich alle um das Atrium. Dem E i n g a n g gegenüber liegt das Tablinum, das so klein war, d a ß es kaum praktischen Zwecken gedient haben wird. Auf der Rückwand des Tablinums ist Narcisssus dargestellt, wie er sich im Teiche spiegelt; um dieses Bild herum und auf den Seitenwänden befinden sich zierliche Arabesken auf weißem Grunde; die Pilaster sind dunkelrot bemalt- Auf dem oberen Streifen sieht man zwischen zwei Scheintüren weibliche Figuren, vielleicht Bacchantinnen; weiter ein afrikanisches Landschaftsbild, das durch eine Palme charakterisiert wird und auf dem im übrigen sich allerlei Landschafts- und Architekturmotive aus anderen Gegenden finden. — D a s Zimmer in der Mitte der linken Seite diente als Triclinium- Auf sich eine Mänade als Abgesandte des Triumphzuges der Ostwand sieht man die schlafende Ariadne, der

I 02

Casa dell' A r a

massima

des Bacchus nähert. Auf der gegenüberliegenden Seite Selene und Endymion, Mars und Venus mit dem Zug der Eroten, die mit den Waffen des Gottes spielen; es fehlt auch nicht der Erot mit einer Kassette voll Schmucksachen; noch einmal

A b b . 21.

F r e s k o in e i n e m T h e r m o p o l i o n

a n d e r S t r a d a di S t a b i a e

Bacchus und Ariadne, endlich eine Darstellung aus dem Herkulesmythos, die bisher ungedeutet geblieben ist. Ueberall sind k,leine dekorative Einzelheiten verstreut und kleine Vorhänge gemalt. I n N r . 12 im T h e r m o p o l i u m am Ladentisch eine interessante Maske; hinter dem Tisch links

Casa dogli a m o r i n i

dorati

lo3

ein kleines L a r a r i u m mit zerstreuten Pilzen. W e i t e r rechts in einem Z i m m e r sind zwei Schlangen gemalt, die wir nur deshalb erwähnen, weil der Opfertisch zwischen ihnen plastisch dargestellt ist (Abb. 21). Nr. 7 ist das H a u s der vergoldeten E r o t e n . Casa degli amorini dorati (VI, 16, 7)

D a s A e u ß e r e des H a u s e s verspricht wenig. E i n einfaches Trottoir vor der hellroten A u ß e n w a n d f ü h r t zu einem schmucklosen E i n g a n g , an dessen Seiten sich zwei niedrige T u f f b ä n k e befinden. M a n wird sich im ersten Teil des H a u s e s nicht lange aufhalten und nur in den Fauces einen köstlichen P f a u neben F r ü c h t e n bewundern. I m Atrium ist nur der untere Teil eines schönen Freskos, vermutlich Paris auf dem Ida, erhalten. Von Paris sieht m a n nur noch ein Bein u n d den mit einem zierlichen Schuh bekleideten F u ß . Besonders realistisch sind die Tiere, vor allem die Ziege, die sich mit dem Hinterbein d e n Kopf kratzt. Auf eine Darstellung aus dem Hirtenleben weist auch die Syrinx hin. I m oberen Teil des Sockels ist eine künstliche G a r t e n a n l a g e dargestellt. Durch den Zaun aus R o h r f ü h r e n zwei T o r e , von deren Gebälk Pelten h e r a b h ä n g e n , zu Seiten des E i n g a n g s stehen Vasen und der Garten ist durch Vögel belebt. In den beiden Cubiculen links u n d rechts der Fauces befinden sich die häufig v o r k o m m e n d e n Darstellungen von L e d a und N a r c i s s u s ; sehr zierlich ist der gut erhaltene Zahnschnitt, d e r die Malerei oben abschließt. In dem kleinen R a u m , der mit einigem Recht Tablinum genannt wird, sieht m a n ein sehr

1 o4

Casn

dt'jjli

amoi-ini

dorati

interessantes Bild: Paris und Helena. D a s Gesicht der Helena ist stark zerstört, aber die in ein lila

Abb. 22.

Garten

in

der

Casa

de{jli

aniorini

dorati

Hymation gehüllte majestätische Gestalt ist gut erhalten. E s wurde schon hervorgehoben, daß dieser Raum nur mit Vorbehalt Tablinum genannt werden

Casa d e j ' l i a m o r i n i

dorati

kann, da der Plan des Hauses unregelmäßig ist. Das Atrium und Peristyl liegen nicht in derselben Achse, das Peristyl ist ganz nach links verschoben, dadurch erhalten wir beim Betreten des Hauses nicht den perspektivischen Eindruck, wie z. B. im H a u s der silbernen Hochzeit (Nozze d'Argento). Aber andererseits entsteht gerade in diesem Falle durch die Verschiebung der Achse der besondere Reiz der Gemütlichkeit und Intimität. An der Schwelle des Peristyls wird der Eintretende erstaunt sein über die Märchenwelt, die sich vor ihm ausbreitet. E s läßt sich kaum vorstellen, daß in diesen R ä u m e n sich das tägliche Leben der Menschen abspielte, vielmehr scheint es uns, d a ß ihr Leben ein immerwährender Feiertag gewesen sein muß. Eine schöne Portikus aus dorischen kannelierten Säulen, teils rötlich lila, teils gelblich bemalt, liegt im Westen auf etwas höherem Niveau. Vom Norden f ü h r e n zwei Stufen hinauf, während der Boden im Süden langsam ansteigt. Das Dominieren der westlichen Portikus wird noch durch den Giebel in der Mitte betont, wodurch das Peristyl einen architektonischen Abschluß erhält. Der Giebel ruht auf zwei dorischen Halbsäulen vor Pilastern, deren korinthische Kapitelle von ganz besonderer Schönheit sind. Von hier aus f ü h r e n einige Stufen hinab in den Garten. In den Interkolumnien hängen vom Gebälk abwechselnd Masken und Medaillons mit Reliefs herab. E s gibt in Pompeji zwei Darstellungen von Gärten (Casa dell' orso, Casa del Orfeo) mit herabhängenden Medaillons, die bei der Rekonstruktion dieses Gartens als Vorbild gedient haben. Besonders interessant sind unter den Reliefs d i e M ä n a d e im flatternden Gewand und der Kentaur, der auf den Felsen springt. Von

Casa (Jegli a m o r i n i

dorati

den hängenden Masken sind bemerkenswert der Kopf des Silen mit stilisiertem Bart und H a a r und der des jungen Satyr mit dem offenen Mund- In dem wieder hergestellten Garten mit einem anspruchslosen Wasserbecken in der Mitte befinden sich 28 Skulpturen oder Reliefs. Niemand wird behaupten, d a ß es sich hier um erstklassige Kunstwerke handelt. 'Man darf nie vergessen, daß wir es mit Skulpturen zu tun haben, die zur Gartendekoration bestimmt sind, angefangen von dem archaistischen strengen Dionysoskopf (Südwestecke) bis zu der Gruppe des H u n d e s mit dem kleinen auf dem Rücken. Alles sind Kopien von Kopien und doch ist jeder Gegenstand f ü r uns von Interesse. Die Hauptzierde sind kleine figürliche Reliefs auf dekorativen Pfeilern: drei Masken (nordwestliche Ecke); zwei Masken mit einem „Kalathos" in der Mitte (gegenüber der vierten Säule der nördlichen Portikus); Mänade und Pan, zwischen denen sich Schilf befindet; auf der anderen Seite dieser Platte opfernde Satyre, der jüngere hat einen Pferdeschweif und der ältere trägt eine Schüssel mit Früchten. (Abb. 22). Der aufmerksame Betrachter wird sehen, daß diese Pfeiler aus einem Stück bestanden und so grob zersägt sind, d a ß ein Erot mitten durchgeschnitten ist. In die südliche W a n d sind Marmorreliefs eingelassen, wie das in Rom in den Renaissancepalästen häufig vorkommt. Hier sind besonders die Tragödienmasken hervorzuheben. D a n n der Satyr mit einem ganz besonders ausdrucksvollen Profil und einem langen schmalen Bart und endlich das Relief der Venus, Schutzgöttin der Stadt. E s ist die einzige skulptierte Darstellung der Stadtgöttin, die ein viel besseres Bild wie die Fresken von der noch nicht gefundenen

Casa cicali amorini dorati

107

oder verschwundenen Statue der Göttin gibt. Die Göttin steht am Eingang der Grotte im langen, hochgegürtetem Chiton und trägt auf dem Kopfe die Mauerkrone, das Wahrzeichen der Stadtgöttin, während sich E r o s an ihre Knie schmiegt. Die s ü d ö s t l i c h e E c k e der Portikus ist in ein Sacellum der ägyptischen Götter, in dem sich Fresken mit den wiederkehrenden Darstellungen von Isis, Harpokrates, Anubis, Serapis und der Kultgegenstände befinden, darunter die üblichen Schlangen. In der ö s t l i c h e n Portikus neben dem p o s t i c u m sind die Gegenstände gesammelt, deren richtiger Platz nicht mehr zu bestimmen war. Unter ihnen ist besonders bemerkenswert ein ausgezeichneter Porträtkopf. In der Exedra, deren Fußboden ein einzigartiges Sternmosaik schmückt, sind die Fresken ziemlich gut erhalten. E s sind die oft wiederholten Darstellungen von Thetis bei Hcphaistos, Jason bei Peleus mit einem römischen Tempel im Hintergrund, Achilleus im Zelt mit Patroklos und Briseis. Am E n d e der ö s t l i c h e n W a n d sind die Reste eines Glasspiegels eingelegt. Das einzige Beispiel dieser Art, denn die üblichen Spiegel waren aus poliertem Metall. In der n ö r d l i c h e n P o r t i k u s steht ein recht gut erhaltenes Lararium in Form eines Tempelchens; leider sind die Statuetten, es waren sechs, ins Museum gebracht. N e b e n dem Lararium ist der E i n g a n g zu dem Zimmer, dessen Darstellungen dem Hause den N a m e n gegeben haben. Die Wände sind mit einem einfachen Muster in Rot auf gelbem Grunde überzogen, das alexandrinische Teppiche nachahmt.

Casa de^fli amorini dorati

Oben läuft ein blaues Stuckornament entlang. In die W ä n d e sind vier Medaillons eingelassen, in denen die goldenen Eroten angebracht waren. Sie sind aus dünnem Goldblech ausgeschnitten und mit einer Glasplatte bedeckt. Die Zusammenstellung von Glas mit Gold ist eine ägyptische Mode der Zeit. Die Eroten sind als Kalbträger dargestellt. Von den vier Medaillons ist eins ganz verschwunden, zwei in schlechtem Zustand und nur eins guterhalten. Die andern R ä u m e enthalten nichts Bemerkenswertes, gut gelungen ist hier, wie auch in dem Zimmer der „goldenen E r o t e n " , die Wiederherstellung der Decke mit der Bemalung. Dicht bei dem H a u s liegt eine Fullonica, unter deren Lärm und Geruch die Bewohner nicht wenig gelitten haben werden. Der Besitzer des Hauses war ein Gneus Pompeus Habitus und man vermutet nicht ohne Grund, d a ß er aus demselben Genus stammte wie die schöne Poppea, die Gemahlin Neros. Wir befinden uns jetzt an der Ecke des Vicolo di Mercurio, von wo aus man entweder nach links zur Casa delle Nozze d'argento gehen kann oder die Strada di Stabiae weiter. An der E c k e steht ein großer Brunnen vor einem Wasserleitungspfeiler. Die Brunnenöffnung zierte ein Katzenkopf, dessen unterer Teil jetzt vom Wasser stark zerstört ist. An der anderen Seite sieht man eine noch nicht ausgegrabene C a u p o n a , auf einem der Pfeiler ist Bacchus und auf dem anderen der ewig eilende Hermes dargestellt. Wir beschreiben jetzt die Häuser an der rechten dieses Teiles der Strada di Stabiae.

Seite

S t r a d a di

Stabiae

109

D a s H a u s N r. 28 war eine T a b e r n a l u s o r i a (Verg n ü g u n g s l o k a l ) . Auf einem Schild ist ein Becher dargestellt, aus dem die Würfel h e r a u s g e w o r f e n sind. D a n e b e n ein g r o ß e s Doppelhaus (Nr. 21—26), das in eine F u l l o n i c a umgebaut wurde. Im Impluvium steht ein schöner Marmortisch neben dem Bassin, wie wir es schon oft sahen. Im Peristyl sieht man noch die Bottiche und Bütten, die zum Betrieb der Fullonica gebraucht wurden. An d e r Wand befindet sich ein sehr verblaßtes Bild, auf dem eine Feier in d e r Fullonica dargestellt war. Die schönen Mosaiken, die noch in einigen R ä u m e n geblieben sind, zeigen noch den ursprünglichen vornehmen C h a r a k ter des Hauses. — In der Küche ist noch ein Kessel an Ort und Stelle erhalten. N e b e n der Fullonica lag das H a u s des Vesonius Primus, die Primus, die C a s a d i O r f e o (Haus des O r p h e u s Nr. 20). Im Peristyl sieht man das Bild Orpheus unter den Tieren. Der Maler hat den Tieren einen ganz b e s o n d e r s gutmütigen Gesichtsausdruck gegeben. — Die Darstellung des Gartens mit den h ä n g e n d e n Medaillons diente, wie die and e r e n Darstellungen, die wir schon e r w ä h n t e n als Vorbild bei der Herstellung des Gartens im H a u s d e r vergoldeten E r o t e n . — An einem Pilaster des Tablinums steht eine H e r m e mit der Büste des Besitzers und d e r J n s c h r i f t : Primo N. Anteros Arcar ( U n s e r m Primus d e r Kassierer Anteros). D e r a r t i g e H e r m e n finden wir noch zweimal in der Stadt (Caecilius Jucundus und Cornelius R u f u s ) , von ihnen wird noch an ihrem Platz die Rede sein. — Aus diesem H a u s e s t a m m e n zwei b e r ü h m t e Hunde, d e r eine, der wirklich lebte und von dem wir den Gipsabguß im Museum sahen und der andere auf einem Mosaik mit r o t e m H a l s b a n d und roter Leine. Auf der anderen Seite der Strada di Stabiae sehen wir ein kleines T h e r m o p o h u m , wo eine D i o n y s o s h e r m e in einen Ladentisch eingelassen ist. Haus der Bilderinschriften, Casa degli E p i g r a m m i (V, 1, 18). Das b e k a n n t e Bild eines K a m p f e s zwischen einem Stier und einem P a n t h e r ist jetzt ganz verblaßt. Interessant ist aber die Malerei im letzten Zimmer links vom Peristyl, sie g e h ö r t zu den älteren. Die Darstellungen haben griechische Inschriften. Man

I Io

C a s a di C a c c i l i o

Giocando

sieht Dionysos mit Anbetenden, eine Z i e g e , die zum Opferaltar geführt wird, ein J ä g e r , ein F i s c h e r und ein V o g e l f ä n g e r ü b e r g e b e n d e m P a n ein N e t z und endlich F i s c h e r , die d e m H o m e r ein R ä t s e l a u f g e b e n .

Casa di Caecilio Giocundo. Das Haus des Caecilius Jucundus. (V, 1, 26.) Die Ausgrabung dieses Hauses war von großer Bedeutung. W i r kennen den Besitzer des Hauses, dessen Bronzebüste auf einem Hermenschaft (Original in Neapel) an einen Pfeiler des Tablinums steht- Man hat ihn wohl mit Unrecht einen Wucherer und Bankier genannt. Seine Züge sind die eines großen Geschäftsmannes, wie sie bis zu einem gewissen Grade typisch für Großunternehmer aller Zeiten sind. — In den Fauces sieht man ein Fußbodenmosaik mit einem schlafenden Hund (ein zweites Exemplar der Art gibt es in den Scavi nuovi I, 6). Die Mosaiken im Atrium sind sehr viel einfacher. Links in einer E c k e des Atriums befindet sich ein Larenaltar, in den die beiden Reliefs eingemauert waren, von denen schon die R e d e war (S. 96 und S . 97). Das eine stellt die Nordseite des Forums dar mit dem Jupitertempel und trotz der primitiven Ausführung gibt es uns so viel Einzelheiten, uim bei einer Rekonstruktion des Jupitertempels von Nutzen zu sein. D a s zweite stellt das Castell d'Acqua, das Vesuvtor, ein Stück Stadtmauer und davor einen W a g e n mit Pferden dar. 'Man vermutet, daß der Besitzer des Hauses diese Reliefs nach seiner Errettung von der Katastrophe im J a h r e 63 geweiht hat. — Im Tablinum sind besonders schöne und große

Gnsa di Gaecilin

I iI

(rioi'iindo

L a n d s c h a f t s b i l d e r erhalten, u n t e r ihnen ragt eine zweistöckige Villa mit C o l o n a d e n hervor. — Im Peristyl steht eine w u n d e r s c h ö n e M a r m o r s c h a l e auf h o h e m F u ß . — Aus diesem H a u s e s t a m m t

A b b . 23.

Die

Ummauerunß

d e r Kessel

in e i n e r F ä r b e r e i

(V,

i,^)

d a s Bild der Iphigenie mit O r e s t e s u n d Fvlades auf Tauris, das jetzt in N e a p e l ist- — V o n besonderer B e d e u t u n g war a b e r der F u n d der W a c h s täfelchen, auf die die R e c h n u n g e n u n d Quitt u n g e n des H a u s h e r r n g e s c h r i e b e n sind. Sie g e b e n ein klares Bild von den W i r t s c h a f t s - und H a n delsbeziehungen der Stadt aus d e n letzten J a h r e n vor d e r K a t a s t r o p h e .

I I2

Casa die T o r e l l o

D a n e b e n liegt das kleine H a u s d e s M. T o f e l a n u s V a l e n s (Nr. 28). Die Besonderheit des Grundrisses liegt darin, d a ß das Compluvium mit dem Impluvium nicht in d e r Mitte des Atriums, sondern an der Seite lag. Die armen Leute, die dies kleine H ä u s c h e n bewohnten, m u ß t e n sich statt eines Gartens mit einem gemalten Gebüsch auf den W ä n d e n des Atriums b e g n ü g e n . Man fand hier eine kleine Marmortafel mit der Inschrift, die sagt, d a ß jemand seinem F r e u n d e M. Tof. Valens etwas schenkte in d e r Art, d a ß er es ihm f ü r einen Sesterz (22 Pfennig) v e r k a u f t e (M. Tofelano M(arci) f(ilio) Valenti quod amico donavi H S (sest.) n. I. Wir befinden uns jetzt an der E c k e der beiden wichtigsten Straßen dem Cardo und dem D e c u m a n u s ( S t r a d a di Stabiae und Strada di Nola). Hier stand ein Altar mit Lares compitales, d a n e b e n ein Brunnen mit einem Relief des Jupiter. Unser W e g führt uns jetzt in die Strada di Nola. Nr. 4 (V, 1) ist eine F ä r b e r e i , in d e r man noch die Urrrm a u r u n g e n der g r o ß e n Kessel sieht (Abb. 23). — D a n e b e n liegt die C a s a d l T o r e l l o , so genannt nach d e r Statue des Stiers, dessen Kopie im Impluvium steht. D e r Besitzer des H a u s e s war P o n t . Succesus. Das I n t e r e s s a n t e sind die H a l b f i g u r e n von Bacchantinnen an den Kapitellen am E i n g a n g . Von der Malerei ist nur in einer Cubicula rechts vom Atrium die N a c h a h m u n g f a r b i g e r M a r m o r q u a d e r n mit dem abschließenden Zahnschnitt in Stuck erhalten geblieben. Die R ü c k w a n d vom Peristyl zierten drei Mosaiknischen, von denen nur klägliche Spuren erhalten geblieben sind. — Im H a u s e befand sich auch ein Bad mit den drei üblichen Abteilungen. Wir biegen jetzt links in den kleinen Vicolo eiln und g e h e n an der Casa di Torello entlang und sehen durch das Posticum noch einmal das Peristyl dieses H a u s e s . Nun sind wir an der nächsten E c k e wieder im Vicolo di Mercuricu. An der E c k e sehen wir eine besonders gut erhaltene Wahlinschrift und g e g e n ü b e r eine andere Inschrift, unter Glas, die die Philologen sehr interessiert. — Die Gasse ist noch nicht a u s g e g r a b e n . Die A u ß e n w a n d des letzten H a u ses an der linken Seite zeigt auf schwarzem G r u n d feine farbige Ornamente. G e g e n ü b e r liegt der E i n g a n g zu einem der reichsten und schönsten H ä u s e r der Stadt.

Casa delle

Nozze

d'argento

Casa delle Nozze d'argento. Das Haus der silbernen Hochzeit. (V, 2, - ) . Nirgendwo in Pompeji fühlt man sich so in eine andere Welt versetzt wie in diesem Hause. Der Gegensatz zwischen dem dunklen Atrium und dem sonnigen Peristyl macht einen unvergeßlichen Eindruck. Im Jahre 1892 hat man angefangen, das Haus auszugraben. E s erhielt den Namen, weil in diesem Jahre das damalige Herrscherpaar von Italien seine silberne Hochzeit feierte- — Der N a m e des letzten Besitzers ist uns erhalten geblieben, es war L. Albucius Ceius. D a s Haus stammt aus vorrömischer Zeit- E s wurde verschiedentlich umgebaut, aber es hat doch seinen Grundcharakter nicht verloren. Das rekonstruierte Atrium tetrastylum macht einen ganz imposanten Eindruck. Seine Säulen sind sehr hoch — 7,12 m — und können nur mit denen aus der Casa del Laberinto (die ein wenig niedriger sind) und' denen aus der Casa di Obelio Firmo (die etwas höher sind) verglichen werden. Die Kapitelle sind korinthisch wie fast immer im Atrium tetrastylum, die Säulen sind später bis zu etwa einem Drittel mit Stuck verkleidet. Man fand Löwenköpfe als Wasserspeier und eine Reihe von Frauenköpfchen, die die Ziegel verzierten. An dem rekonstruierten Compluvium sieht man oben noch kleine Haken, mit denen an sonnigen T a g e n ein Segel befestigt wurde, denn das Compluvium war ungewöhnlich breit. Das Puteal und der Tisch, auf dem eine Statuette stand, sind nicht besonders interessant. Wie immer in den Häusern vorrömischer Zeit waren hier auch die um das Atrium liegenden Alen Pompejiführer 8

Casa delle Nozze

d'argento

und Cubiculen sehr hoch. Später, als der Raum anfing knapp zu werden, hat man überall einen Zwischenboden eingezogen und kleine Treppen gebaut, die in diesen Zwischenstock führten. Bei diesem Umbau hat man die Malerei der ältesten Zeit in den unteren Räumen sehr zerstört, aber oben ist sie noch ganz gut erhalten geblieben. Besonders schön sind die Malereien im Zimmer rechts vom Andron: roter Sockel und weiße Mittelfelder, von dem oberen Teil der W a n d hat sich nichts erhalten. Die Bilder sind uns vor allen Dingen wegen der fast impressionistischen Manier des Malers interessant- E r hat es ausgezeichnet verstanden mit wenigen Strichen die Bewegungen von Menschen und Tieren festzuhalten. Am meisten Interesse verdienen die Darstellungen der Pygmäen und der Störche. Dem hohen Atrium entsprechend ist auch das Tablinum recht hoch- Von hier aus hat man einen wundervollen Blick zurück in das schattige Atrium und vor sich das sonnige Peristyl. Das Peristyl gehört zu dem rhodischen Typus. An der Nordseite stehen fünf hohe mächtige Säulen, einschließlich der Ecksäulen. Die dorischen Säulen an den drei anderen Seiten sind niedriger und stehen dichter. Die Verbindung zwischen dem Dach der höheren Portikus und dem der niedrigen ist nicht ganz glücklich gelöst- Die hohen Säulen sind bis zu einem Drittel gelb bemalt und die W a n d des Peristyls hinter ihnen ist in rote Felder aufgeteilt; die dorischen Säulen sind im unteren Drittel rötlichlila und die W a n d hinter ihnen ist schwarz. Die W ä n d e sind im letzten Stil bemalt, aber vor dem Jahre 63, was wir aus einer Inschrift wissen, die zu analysieren hier zuweit führen würde- Die

Casa d e l l e Nozze

d'argento

Bemalung der W ä n d e ist nicht ungewöhnlich. Viel interessanter ist die Verzierung des Gebälks der Portikus, auf dem zwischen feinem Rankenwerk aus Stuck ein Streifen mit Tierhetzen angebracht ist. Diese Darstellungen kommen häufiger vor, aber, so viel wir wissen, auf dem Gebälk nur hier. Die Portikus umschließt den jetzt wiederhergestellten Garten, in dem man zwei Krokodile, eine Kröte ulnd einen dicken Frosch aus Terrakotta gefunden hat. — Ein sehr großer Garten lag links von diesem Peristyl, wo man noch die Fundamente der Portikus mit den Standspuren der Säulen sieht. E s scheint, daß man nach der Katastrophe von 63 diese Portikus nicht wiederhergestellt hat und hier nur ein Garten war. Im Garten war ein Triclinium aufgemauert mit einem Tisch, aus dessen Mitte auch wie in der Casa di Sallustio ein Wasserstrahl emporschoß, natürlich nur, wenn die Gäste sich nicht hier aufhielten. In einem Zimmer an der Westseite der Portikus, dessen Bestimmung nicht ganz deutlich ist, sind zwei Schlangen an die W a n d gemaltD a s interessanteste Zimmer ist das in der Südwestecke der Portikus, das man als Oecus bezeichnen kann. Vier Säulen tragen das Gewölbe. Hinter ihnen war ein U m g a n g f ü r die bedienenden Sklaven. Die W ä n d e sind mit Girlanden bemalt. Der ganze Raum ist besonders geschmackvoll. Den F u ß b o d e n bedeckt ein Schwarzweißmosaik- — Auf der Südseite liegen drei Räume, rechts und links von der Exedra, dem Mittelraum, je ein Schlafzimmer, von denen dasjenige rechts einen breiteren und einen schmaleren E i n g a n g hat. Alle drei R ä u m e sind im älteren Stil bemalt. Der Maler wollte hier durch eine bis an die äußerste Grenze gehende perspektivische Malerei, den Eindruck 8

Casa delle

Nozze

d'argento

hervorrufen, als ob diese Säulen und G e b ä l k e in Wirklichkeit existierten, was ihm auch in hohem M a ß e gelungen ist. — D e m Oecus g e g e n ü b e r liegt noch ein zweites Speisezimmer. D a n e b e n befindet sich das Bad- A m E i n g a n g zum Apodyterium liegt ein Mosaikstreifen, auf dem ein A q u a e d u k t dargestellt ist, bis jetzt das einzige Beispiel einer solchen Darstellung. Tepidarium und Caldarium haben die übliche Heizanlage und wurden von der danebenliegenden K ü c h e geheizt. Besonders interessant aber ist das Frigidarium, das im Freien liegt. E i n i g e Stufen führen in das Bassin, das wahrscheinlich von G e b ü s c h umgeben war. D i e ganze Badeanlage war viel geräumiger wie sonst in Privathäusern. N e b e n dem Frigidarium liegt eine überwölbte Latrine, deren Gewölbe mit zierlichen Amoretten, Blumen und V ö g e l n bemalt war, so d a ß man sich an Dekorationen des 18- Jahrhunderts erinnert fühlt- A u c h technisch war dieser R a u m sehr modern ausgestattet, es g a b hier eine W a s s e r spülung. Daneben liegt ein kleines Haus, das wahrscheinlich einmal mit der Casa delle nozze d'argento verbunden war. U e b e r den R ä u m e n hinter dem Atrium lag eine L o g g i a (cenaculum). D i e V o r d e r r ä u m e hatten auch einen Oberstock. In der W a n d des kleinen Gartens ist eine Larennische- Man erkennt noch Herakles mit dem Opferschwein. W i r gehen, da sich der Vicolo di Mercurio, hier totläuft, zurück zur Strada di Nola- Auf unserm W e g sehen wir an der linken Seite zwei g r o ß e Schlangen an die W a n d gemalt, die jede, ohne ihre Windungen, 11 m lang sind. An der E c k e der Strada di Nola liegt das kleine der Königin Margarete.

Hau^

Casa della ltegina Margherita Casa

della

Regina Margherita. ( V , 2, 1 ) . ) G a n z besonders schön ist das Triclinium des H a u s e s , das rechts hinter dem Atrium liegt. D i e O r n a m e n t e sind von, b e s o n d e r e m I n t e r e s s e für die G e s c h i c h t e der M a l e r e i . V o n den B i l d e r n ist a m interessantesten die Darstellung des L y k u r g u s , K ö n i g von T h r a k i e n , der von Dionysos g e b l e n d e t , in der Meinung Weintrauben abzuschneiden, seinen S o h n tötet. Am A u s g a n g wird der B e s u c h e r die g r o ß e n Quadern aus Sarnokalkstein bemerken, deren V e r w e n d u n g auf dieser Seite der S t r a d a di Nola sehr typisch ist. H a u s V, 2, 4. Aus diesem H a u s e stammt die b e k a n n t e Statuette der V e n u s Anadyomene. Im schwarzen Triclinium b e f a n d e n sich die D a r s t e l l u n g e n des Gastmahls (jetzt im Museum in N e a p e l ) . R e c h t s vom E i n g a n g ein Lararium mit einer seltenen Darstellung. D a s G e w ö l b e der N i s c h e stellt das H i m m e l s g e w ö l b e dar. Auf dem Bilde selbst sieht man Zeus mit n a c k t e m O b e r k ö r p e r , den U n t e r k ö r p e r b e d e c k t ein rotvioletter Mantel. E r hält in seiner rechten H a n d den Blitz und in der linken das Zepter. Zu S e i t e n seines T h r o n e s sitzt ein Adler. Interessant ist vom technischen S t a n d p u n k t aus die starke Verwendung von Gold. T r o t z der kleinen D i m e n s i o n e n wirkt das Ganze recht imposant. J e t z t folgt eine R e i h e von kleinen H ä u s e r n , T h e r m o p o l i e n usw. D a s H a u s Nr. 10 wäre recht interessant, wenn die B i l d e r nicht teils verblaßt, teils in das M u s e u m in N e a p e l g e b r a c h t worden wären. Hier waren die B i l d e r von Dädalus und I k a r o s , der heilige B a u m mit A n b e t e n d e n und Marsyas. H a u s V, 2, 15. E s ist ein gemütliches kleines H ä u s c h e n mit zwei Triclinien, mit zwei Gartendarstellungcn auf den W ä n d e n . Jm E c k t h e r m o p o l i u m N r . 19 ist a m Ladentisch g a n z gut die Malerei erhalten. Man sieht auch einen viereckigen Kessel. W i r überschreiten jetzt die kleine G a s s e und sind in der Insula 3. I m H a u s e N r . 1/2 war eine kleine F u l l o n i c a , wo m a n die R e s t e einer P r e s s e gefunden hat. N r. 4 hat einen ganz u n r e g e l m ä ß i g e n Grundriß. R e c h t s und links von einem langen K o r r i d o r liegen die Z i m m e r

i. 8

Casa di L u c r e z i o

Frontone

und selbst der Garten. D e r Korridor endet mit einem Zimmer, das m a n bis zu einem gewissen G r a d e als Tablinum bezeichnen kann. Im T a b l i n u m und im b e n a c h b a r t e n Z i m m e r hat man die Decke wieder hergestellt; man kann sie mit einigem Recht als Lacunar bezeichnen, d. h. sie war etwas g e w ö l b t . Mit g r o ß e r Mühe hat m a n aus kleinen Bruchstücken die Malerei wieder hergestellt: fliegende Greife, Girlanden und Masken und r i n g s h e r u m einen Fries von Palmetten. (Vgl. Lacunar in der ' f a b e r n a Attiorum IX, 2, 11 und einige in den Nuovi Scavi.) Die g a n z e Nordwestecke des T a b l i n u m s war von dem L a r a r i u m eingenommen. Aut einer h ö h e r e n Basis in bunter Marmorimitation steht eine muschelbekrönte Nische, die grellblau ausgemalt ist. —• Im N a c h b a r z i m m e r sehen wir die oft wiederholte Darstellung von Ariadne; hier mit einer kleinen Variante, denn 'leben ihr sitzt ein dunkelhäutiger Mann. W e r hier dargestellt ist, läßt sich nicht sagen. —- H i n t e r dem Tablinuni befindet sich ein Raum, der noch nicht g a n z a u s g e g r a b e n ist. Man sieht hier noch A m p h o r e n im o b e r e n S t o c k w e r k . Hier liegt auch ein Schornstein aus T e r r a k o t t a . Im L a d e n V, 3, 6 befindet sich die beste Darstellung des Narzissus: Narzissus sitzt auf einer Basis an einen prachtvoll gemalten Baum gelehnt neben einer Säule. D a s andere Bild ist in sehr schlechtem Zustand, aber interessant ist eine Leier mit 10 Saiten. V, 3, 7. Das H a u s ist ohne Impluvium. H i e r fand man ein Kohlenbecken. An der W e s t w a n d zwei Lararien dicht nebeneinander. D a s g r ö ß e r e in der F o r m eines T e m p e l c h e n s mit korinthischen Säulchen. Man e r k e n n t Ceres mit einem K o r n ä h r e n k r a n z und Aehren in d e r H a n d . Das zweite Lararium ist von einem a n d e r e n Künstler ausgeführt. N r . V, 3, 8 an der E c k e die B ä c k e r e i . Hier hat man das Impluvium später in ein Bassin verwandelt und in zwei Teile geteilt. Wir biegen jetzt in den Vicolo di Lucrecio Frontone, der seinen N a m e n von dem schönen H a u s e des Lucretius Frontonius erhalten hat.

Casa di Lucrezio Frontone. Das Haus des Lucretius Fronto. (V, 4, 10.) Das nicht sehr große H a u s wurde im Jahre 1901 entdeckt. Alle bis dahin bekannten Häuser der

Casa di L u c r e z i o

Frontone

Insulae 4/5 der Regio V gehörten zu den sog. kleinbürgerlichen Wohnhäusern und deshalb war die Ueberraschung bei der Entdeckung dieses Hauses besonders groß. Das tuskanische Atrium ist wiederhergestellt. Einzelheiten der Rekonstruktion mögen vielleicht nicht ganz genau sein, aber in der Gesamtheit bekommt man doch hier ein recht klares Bild von der Art der Beleuchtung der antiken Wohnhäuser. Das mit Marmor verkleidete Impluvium umgibt ein Mosaik mit Flechtbandmuster, das wie ein R a h m e n wirkt. Der Tisch hat die übliche Form, die F ü ß e enden in Löwentatzen, aber die Ausführung dieses Stückes ist besonders fein. — Das Hauptinteresse beanspruchen die Bilder, die zum großen Teil hervorragend erhalten sind. Auf der schwarzen Wand im Atrium sind allerlei ägyptische Motive dargestellt. Auf dem Mittelfeld Jagdbilder: ein Hund jagt ein Kaninchen. Die Bewegungen der Tiere sind von großer Natürlichkeit und Lebendigkeit. Auch im Peristyl finden wir Szenen aus dem Tierleben, aber während im Atrium die Figuren ganz klein sind, sind sie hier wenig unter Lebensgröße Man sieht Leoparden, Löwen (Abb. 24), Tiger, Stiere und Hirsche im Kampf und auf der Flucht. Nur ein Bär läßt sich nicht stören und verzehrt in aller Ruhe eine Frucht, die ein Granatapfel zu sein scheint. D e r Sockel ist mit Akanthus dekoriert. Der Fries mit Schachbrettmuster steht wenig im Einklang mit dem Naturalismus des Mittelbildes. Das Muster ist etwas zugrob f ü r einen Innenraum, besser wirkt ein gleiches an der Außenwand des Hauses IX, 5, 16—18- — Mehr wie die Bilder, die wir eben beschrieben haben und die zu einem in Pompeji sehr geläufigen

I ?.o

Casa di L u c r e z i o

Frontone

Typus gehören, interessieren uns die im Tablinum, die mit zu den schönsten in der Stadt gehören dürften. Der Eingang zum Tablinum selbst ist

jäsr CJ,

Abb. 24.

F r e s k o iin

Peristyl

schon ungewöhnlich, denn wir haben hier das zweite erhaltene Beispiel einer Dekoration der Türpfosten, sie sind dunkelrot und grün bemalt, der

Ca.sa (Ii iAicrezio Frontone

i2i

Sockel ist gelb- — Die W a n d ist in drei Teile geteilt. Unten der Sockel, auf dem ein Garten hinter einem Z a u n dargestellt ist, in dem sich allerlei Vögel tummeln. In der Mitte des Sockelstreifens sieht m a n außergewöhnlich fein ausgeführte Panther und Schwäne. Das Mittelteil der W a n d ist in drei Bilder geteilt. Im Z e n t r u m sieht man zwischen zwei geöffneten T ü r f l ü g e l n ein Bild, auf d e m der T r i u m p h z u g des Bacchus dargestellt ist. D e r Gott und Ariadne liegen auf einem W a g e n , der von zwei Stieren gezogen wird, rechts reitet ein kahler Silen auf einem Maultier. A m ä u ß e r s t e n E n d e bläst ein nackter nur mit einem Fell bekleideter jugendlicher Silen auf der Doppelflöte. Auf der anderen Seite stehen zwei Mänaden, von denen die eine mit einem leichten gelben Gewand bekleidet ist, während die andere nackt ist bis auf einen leichten blauen Schleier u n d kleine weiße Schuhen, sie schlägt das Schallbecken ( T y m p a n o n ) . D e r Gott ist sehr lustig gestimmt, denn er läßt einige Weintropfen aus einem Becher auf das kahle H a u p t des alten Silen fallen. Die Feinheit der F a r b e n und der E i n z e l a u s f ü h r u n g erhebt das Bild zu einem W e r k ersten R a n g e s . Bewundernswert ist auch die A u s f ü h r u n g des R a h m e n s , der R a n k e n und der Türflügel. In den beiden Seitenfeldern an d e m F u ß eines K a n d e l a b e r s ist je ein Bild befestigt, auf dem jedesmal eine Villa am Meer oder Strom dargestellt ist. N a c h den Untersuchungen des russischen Gelehrten Rostowzew, der sich mit den Landschaftsdarstellungen beschäftigt hat, kann kein Zweifel d a r ü b e r herrschen, d a ß wir es in diesen Darstellungen mit W i e d e r g a b e n aus der N a t u r zu tun haben. W i r kennen diese Villen am Meer nur noch aus den

122

Casa eli L u c r e z i o

Frontone

traurigen Ruinen, z. B. in Anzio, Baiae, Sorrent und Capri. Ueber ihnen sieht man eine Architekturdarstellung, die so verwickelt ist, daß sich schwer sagen läßt, wo hier die Wirklichkeit anfängt und die Phantasie aufhört. — Von anderen Fresken sieht man noch einen Dreifuß, ein Metallgefäß, ein an Bändern hängendes Tyrnpanon, ein feines, kleines Bild mit Fischen und über der T ü r eine Sphinx. Das Bild auf der gegenüberliegenden Wand stellt Mars und Venus dar mit den Eroten. E s ist viel weniger gut ausgeführt und weniger fein in den F a r b e n wie die anderen. Aber es ist deswegen interessant, weil wir hier eine Darstellung eines Zimmers haben und eine genaue Vorstellung von der Form des Bettes, der Stühle usw. bekommen. Die Landschaftsbilder unterscheiden sich etwas von den früher betrachteten. Wir sahen bisher meist die Gebäude von Außen. Hier sehen wir in den von dem Hauptgebäude mit den beiden Seitenflügeln umgebenen Garten. — Im Zimmer nebenan finden wir eine seltene Darstellung aus der Sage: der alte Micon, der zum Hungertode verurteilt ist, wird von seiner Tochter genährt. Als die Tat entdeckt wird, begnadigt man den Verurteilten wegen dieses rührenden Beispiels von Kindesliebe. Einem uns leider unbekannten Dichter verdanken wir die schönen Verse, die auf dem Bild stehen. — In der Ala befindet sich ein Bild, das Ariadne darstellt, wie sie Theseus das Garnknäuel überreicht. Die Figur des Theseus ist eine der schönsten, die wir kennen.— Im Triclinium sehen wir das Fresko mit der Darstellung der E r m o r dung Neptolemos, des Sohnes Achills, durch Orestes in Delphi. Neptolemos hatte die Tochter des Mene-

Die k l e i n e n , b ü r g e r l i c h e n

Wohnhäuser

123

laos geheiratet, die dem Orestes versprochen war. A u ß e r den beiden Helden sieht m a n links noch einen Einwohner von Delphi, der mit seiner Lanze den Leichnam noch einmal durchbohrt und eine zu Boden gefallene Priesterin. Im H i n t e r g r u n d e steht der über die E n t w e i h u n g seines Heiligtums erzürnte Apollo. Ein D r e i f u ß und ein T e m p e l bezeichnen den Ort als seinen heiligen Bezirk. Djie gleiche Darstellung findet sich auf einer Vase. A b e r a u ß e r dem Inhalt h a b e n die beiden Bilder nichts gemeinsam. — Beim A u s g a n g sieht m a n einen schmalen Marmorstreifen, auf dem der T ü r flügel entlang ging, damit er leichter zu ö f f n e n war. — Die T r e p p e zum Oberstock ist aus Holz wiederhergestellt. — Beim H e r a u s g e h e n sieht m a n ein vergittertes Fenster, ähnlich dem, d a s wir auf dem Bilde mit der Darstellung des Micon sahen. Die kleinen, bürgerlichen Wohnhäuser. U m einen richtigen E i n d r u c k von dem Leben in P o m p e j i zu bekommen, ist es nötig auch die kleinbürgerlichen W o h n h ä u s e r zu betrachten und nicht nur die eleganten Wohnstätten der Reichen. Alle H ä u s e r des Vicolo Lucrczio F r o n t o n e mit Ausn a h m e des Hauses, d a ß der S t r a ß e den N a m e n g e g e b e n hat, sind zu dieser Kategorie zu rechnen. D a s H a u s N r . 9, schräg g e g e n ü b e r dem H a u s e des Lucretius Fronto, besteht nur aus vier Zimmerchen. E s gibt keine Fauces, m a n kommt direkt von der S t r a ß e ins Atrium. Keine S p u r vom Impluvium, — das H a u s war im U m b a u , als die Katastrophe hereinbrach. Links eine Zisterne mit einem Terrakottaputeal. Rechts vom E i n g a n g zwischen zwei T ü r e n befindet sich ein L a r a r i u m mit nur einer Schlange (Abb. 25). D a s Z i m m e r gegen-

Die k l e i n e n ,

bürgerlichen

Wohnhäuser

über dem Atrium ist später in zwei T e i l e geteilt. Auf dem gelben S o c k e l ist hohes S u m p f g r a s gemalt. D a s mittlere F e l d ist in drei T e i l e geteilt, in der Mitte

Abb. 25.

Larariuin

im H a u s e

Vieolo

Lucrezio

Frontone

Nr. 9

ist eine geschlossene T ü r dargestellt, auf der man den T ü r r i n g mit einem T i g e r k o p f sieht, wie sie h ä u f i g g e f u n d e n worden sind. D i e Darstellung einer

Die k l e i n e n , b ü r g e r l i c h e n

Wohnhäuser

I 2.1)

Naumachie und ein Landschaftsbild sind leider stark zerstört. Auf den roten seitlichen Feldern befinden sich die üblichen Greife- Das oben entlanglaufende Pflanzenornament ist von Vögeln und Delphinen belebt. Das Speisezimmer liegt auf einem etwas höheren Niveau; die schöne Marmorstufe, die zu ihm hinauf führt, paßt wenig zu dem einfachen Hause. Die Wände im Speisezimmer haben einfache rote Linien auf weißem Grund. Die ziemlich breiten Fenster gingen auf den Hof der benachbarten Bäckerei. Das Haus nebenan, N r. 10, ist räumlicher, aber nicht viel eleganter. Man kommt gleich von der Straße ins Atrium, links ist die Küche und daneben eine Latrine. In der Küche ist ein kleines Graffito: etwa in Höhe eines fünf- bis sechsjährigen Kindes sieht man einige Schiffe- Der Tisch besteht aus einer Marmorplatte auf zwei Füßen, die mit grobem Marmorstuck bedeckt sind. Das ziemlich breite Tablinum führt zu ei,nem kleinen iG,arten (dieser Raum kann kaum Peristyl genannt werden, obwohl sich hier eine Säule befindet). Das kleine Blumenbeet setzt sich in den Malereien an der Wand fort, wie das in kleinen Häusern um einen weiteren Gartenraum vorzutäuschen, üblich ist. Der obere Teil der Wand ist ganz geschmacklos aufgeteilt in rote, gelbe und blaue Quadrate auf weißem Grund. Sehr viel besser sind die 'Malereien in dem sehr geräumigen Triclinium. Am Sockel ein Gebüsch mit blühender Iris und Kakteen. Ueber die roten und schwarzen Felder des oberen Teiles der W a n d ziehen sich Girlanden aus Weinranken mit besonders gut gelungenen weißen und roten Weintrauben. An diesem Hause sind besonders gut die tubuli fictiles lingulati erhalten; man sieht wie das Re-

Die

kleinen,

bürgerlichen

Wohnhäuser

genwasser durch das vertikale Tonrohr in die Kanalisation geleitet wurde. E s lohnt sich in das H a u s N r . 11 einzutreten, um das kleine Viridarium zu sehen. H i e r befindet sich ein Biclinium, wovon es nur noch ein Beispiel in den N u o v i Scavi in der Casa di Lao-

A b b . 26.

iiiclinium

im

Ilau£c

Vicolo

Lucrezio

Frontone

INr. l I

medonte gibt. Rechts und links von einem Wasserbecken sind zwei Klinen, im Hintergrund eine Nische, in der zwischen zwei bunt bemalten Säulen eine Statue stand. A u s einem R o h r f l o ß das W a s s e r hinunter in das Bassin. D i e Bemalung der Nische zeugt nicht von besonders feinem Ge-

Die kleinen, biir/jiTlicln'n Wohnliünser s c h m a c k , doch ist das Bedürfnis, einen kleinen R a u m u n t e r freiem H i m m e l zu h a b e n , sehr charakteristisch f ü r die B e w o h n e r von P o m p e j i (Abb. 26)In d e m H a u s e g e g e n ü b e r ist ein kleines L a r a r i u m b e m e r k e n s w e r t . N e b e n dem Genius steht ein Flötenspieler. U n t e r der Nische links die D a r s t e l l u n g eines M e r k u r . In dem Speisezimmer dieses H a u s e s

Abb.'-.!;. 'l'liui niopolimn V, /¡, 6/7 ist ein Triclinium zu sehen, an welchem an einigen Stellen noch g r ü n e r Stuck mit roten P u n k t e n erhalten ist. W i r verlassen diese Gasse. A n d e r E c k e im H a u s e V, 4, 3 ist ein L a r a r i u m in einer N i s c h e erhalten. Die Darstellungen der Götter an d e n Seiten sind ganz verblichen, aber u n t e n e r k e n n t m a n

128

Die k l e i n e n , b ü r g e r l i c h e n

Wohnhäuser

Merkur, neben ihm einen krähenden Hahn, vor ihm ein Omphalos, Viktoria mit ausgebreiteten Flügeln und Minerva, die den Opfertrank ausgießt. Nr. 6/7 ist ein T h e r m o p o l i u m (Abb. 27.) Zwei im rechten Winkel aneinanderstoßende Ladentische. Rechts ein kleiner treppenartiger Aufbau, um Gläser aufzustellen. Im Ladentisch eine Vertiefung, in der eine Amphora stand und eine andere f ü r einen Kessel. Der Ladentisch war mit Marmor verkleidet und die verschiedenfarbigen Marmorstücken waren zu einem geometrischen Muster zusammengefügt. Aus den kleinen Löchern, in denen man noch Spuren von Rost sieht, schließt man, d a ß hier an Metallstäben Netze befestigt waren, um die Speisen vor den Fliegen zu schützen. — Auf einem Pilaster sind Bacchus und Ariadne dargestellt. — Im Zimmer hinter dem L a d e n N r . 6 befindet sich eine Darstellung der Venus, die sich auf Amor stützt, sie hat ein Steuer in der linken Hand- Wie immer bei einer solchen Darstellung sieht man auch hier Diademe, Perlen, Armbänder und Ringe. — In dem Raum links ist ein rundes Bassin, fast ein Puteal, auch in dem Raum rechts befindet sich ein Bassin, dessen Verwendung nicht klar ist. — Dahinter liegt ein Weinlager. Acht große Dolien sind hier noch eingegraben, vier davon haben noch einen Deckel. Auf zweien sieht man noch den Stempel mit der Fabrikmarke C. Cnaevi Vitalis. — Nachdem wir zum Fresko des Bacchus zurückgegangen sind, gehen wir in das entsprechende Hinterzimmer an der anderen Seite, wo noch ein kleiner Backofen und ein kleiner Mühlstein erhalten sind. Wir finden hier also alle f ü r den Betrieb eines Thermopoliums nötigen Geräte und Einrichtungen.

Die k l e i n e n , b n r j j e r l i c h c n

Wolinbliuser

Wir gehen durch den Nebeneingang in die kleine Gasse. Hier ist das letzte ausgegrabene Haus an der Rückseite der Casa di Lucrezio Frontone, das

A b b . 28.

A u s d e r C;isa di F a b i o

Secundo

H a u s d e s F a b i u s S e c u n d u s oder 1 a C a s a d e l l e o r i g i n e d i R o m a (V, 4, 12—13). E s war aus Kalkstein, mit einem Zusatz von Tuff und Lava, später bei dem U m b a u hat man Pompejiführer 9

ï)ns H a u s (les F a b i u s

Sccundus

viel Ziegel verwandt. Die Außenwand und die Fauces sind rosa bemalt. Zu beiden Seiten des Eingangs, etwa in Gesichtshöhe, befinden sich zwei Bilder. An einer Seite

A b b . 29.

A u s d e r Casa d i F a b i o

Secundo

Merkur in seiner gewöhnlichen Tracht, vor ihm ein Omphalos, an dem sich eine Schlange emporwindet (Abb. 28). Auf dem anderen ein Schiff mit

Das Haus tics Fabius Sccundu

131

besonders schön gewundenem B u g und Heck (Abb. 29). An die Schiffswand sind Schlangen gemalt. E i n Gewittersturm, der den dunkelfarbigen Schiffsleuten sehr zu schaffen macht, bewegt in großen Wellen das Meer, in dem einige Delphine schwimmen. Die Bilder sind grob gemalt, aber die Bewegung ist gut wiedergegeben. Sie zeigen, d a ß der Besitzer des H a u s e s , dessen N a m e n wir gut kennen, Fabius Secundus, mit d e m Seehandel in Beziehung stand. Jedenfalls war er kein ganz kleiner Kaufmann, denn die Gewichte, die im H a u s e gefunden wurden, waren wohl nur für den häuslichen Gebrauch bestimmt, auch findet sich im H a u s keine Spur von Kleinhandel. E s müssen Kinder im schulpflichtigen Alter im H a u s e gewesen sein, denn in den F a u c e s sind Alphabete an die Wand gekritzelt, bei denen die letzten Buchstaben noch nicht in der richtigen Reihenfolge stehen. Bei einem U m b a u hat das H a u s eine besondere Veränderung erfahren. Im ziemlich langgestreckten Atrium findet sich keine Spur eines Impluviums. E i n e Treppe, die ins obere Stockwerk führt, scheint durch ihre Anlage zu beweisen, daß d a s Atrium bedeckt war. Dadurch waren die unteren R ä u m e sehr schlecht beleuchtet, weshalb sie wohl auch alle nur weiß ausgemalt waren: sie erhielten ihr Licht von einem kleinen Lichthof. Sicher hat man, gezwungen durch den Platzmangel in der blühenden Stadt zu diesem A u s w e g gegriffen. D i e Malerei in den d a s Atrium umgebenden Zimmern ist durchschnittlich und zeigt die üblichen Schwäne. Pfauen, Greifen und Fische und zierliche architektonische Motive- E i n gleiches Schlangenpaar wie in der K ü c h e findet sich auch im Lichthof. Links vom Lichthof liegt auf etwas höherem Niveau ein Triclinium mit einem 9

C a s a dei G l a d i a t o r i

Tisch mit schöner Marmorplatte. Jetzt ist der ganze R a u m von U n k r a u t überwuchert und m a n erkennt nur noch mit M ü h e die E i n l a s s u n g e n f ü r die T r ä g e r einer wahrscheinlich mit W e i n r a n k e n bewachsenen Pergola. W e n i g p a ß t zu diesem R a u m die g r o b bemalte Nische des Lararium- Bei der A u s g r a b u n g f a n d m a n noch die Asche des letzten Opfers auf dem Opfertisch. Rechts vom Lichthof liegt d a s prächtigste, rot bemalte Z i m m e r des Hauses, d a s m a n als E x e d r a bezeichnen kann. Hier b e f a n d sich das jetzt im Museum in Neapel ausgestellte Bild der G r ü n d u n g Roms. Darstellungen der G r ü n d u n g s g e schichte R o m s finden sich noch in zwei H ä u s e r n der Familie Fabius in Pompeji (im H a u s e des Romulus und R e m u s [VII, 7, 10] und in einem H a u s in den Nuovi Scavi [IX, 13, 5]). D a s H a u s V, 5, 2 an der E c k e hat seinen Grundriß wohl durch verschiedene U m b a u t e n erhalten. Im Atrium stand statt des Impluviums ein H e r d und das Impluvium b e f a n d sich in einem kleinen Hof dahinter. A m E i n g a n g f a n d man die Inschrift: Fures foras, frugi intra (Fort die Diebe, herein die Ehrlichen). Casa dei Gladiatori. D a s H a u s der Gladiatoren. (V, 5, 3.) E i n e von beiden Seiten leicht ansteigende R a m p e , die nach der S t r a ß e zu durch g r o ß e Steinplatten abgestützt ist, f ü h r t zu dem E i n g a n g des H a u s e s . D e r Grundriß ist ungewöhnlich, d e n n dem H a u s e fehlt das Atrium. Die Fauces f ü h r e n direkt in das Peristyl, um d a s sich die anderen R ä u m e gruppieren. D a s H a u s V I , 15, 23 hat den gleichen Grundriß. Diese Anlage entspricht der, die Vitruv

Casa d e i

Gladialori

133

als Norm f ü r Landhäuser aufstellt. Das geräumige Peristyl ist an allen vier Seiten von einer Portikus von 24 Ziegelsäulen umgeben, die mit Stuck verkleidet waren. Hier war auch der Garten. Ein Mäuerchen von etwa einem Meter H ö h e verband die Säulen miteinander, nur drei Interkolumnien sind freigelassen. Ebenso wie das Mäuerchen waren auch die Säulen bis zur selben H ö h e kurz vor der Katastrophe bemalt worden; wir finden meist Jagdszenen: Kämpfe gegen E b e r , Tiger, Panther, Hirsche usw. Nur ein Bär verzehrt in Ruhe eine Frucht. In der rechten E c k e des dem Eingang gegenüberliegenden Flügels erkennt man auf dem sehr beschädigten Fresko noch den Rest eines Gebäudes. E s hat sehr große Aehnlichkeit mit einem Gebäude auf der großen Landschaft in der Casa della Fontana piccola (s. S. 53). Mit einiger Mühe erkennt man noch die Säulen des Gebäudes und die Balustrade an der Wasserseite. Zwei Fischer, die an einem Netze ziehen, und drei Boote vervollständigen das Bild. Auf derselben W a n d befindet sich auch die Darstellung von Europa auf dem Stier, der zwei Nereiden, eine auf einem Seepferd, eine auf einem Delphin, folgen. Man beachte die E n t e und die im Wasser schwimmenden Fische. — Ein Teil der Wandmalerei ist nie ausgeführt worden. In der zweiten Cubicula gegenüber dem Ladenzimmer und in der Ala befinden sich noch Reste von älterer Malerei. Hieraus und aus einigen anderen Umständen, auf die näher einzugehen hier zu weit f ü h r e n würde, kann man mit einiger Sicherheit schließen, d a ß das H a u s schon vor der Gründung der Kolonie erbaut worden ist. — D a s Triclinium, das die Nordwestecke des Hauses einnimmt, schmückt ein feines

.34

C a s a delle

Parete

nere

farbiges Mosaik, das leider stark zerstört ist. Die Dekoration der W ä n d e ist recht gut erhalten. Drei weibliche Hermen mit roten Mützen halten in ihren Händen E f e u r a n k e n mit fliegenden Bändern, im oberen Teil sieht man weibliche Büsten zwischen feinen Ornamenten, eine trägt an den Schultern Vogelflügel. — An der Nordwand sieht man noch einen Wandschrank mit den Spuren für die Börte. D a s Haus hat seinen Namen von einer Inschrift bekommen, aus der hervorgeht, daß es eine Zeitlang von den Gladiatoren bewohnt wurde, ehe ihnen als W o h n u n g die wiederaufgebaute Portikus des Theaters überlassen wurde ( S . 204). Die I I . Z o n e . W i r b e g i n n e n mit den d e m T e m p e l barten Häusern.

der Fortuna

benach-

C a s a delle P a r e t e n e r e . D a s H a u s der s c h w a r z e n W ä n d e . (VII,

4,

59)

E i n B e s u c h lohnt sich w e g e n der s c h ö n e n B i l d e r die in d e m R a u m hinter d e m Z i m m e r mit d e n s c h w a r z e n W ä n d e n e r h a l t e n sind. Auf d e m B i l d an d e r e r s t e n W a n d ist ein P f a u darg e s t e l l t , d e r von einer P s y c h e und drei E r o t e n g e f ü t t e r t wird, d a n e b e n steht eine S t a t u e d e r V i c t o r i a auf einer B a s i s , ihr zu F ü ß e n liegt die K r o n e d e r J u n o . Auf d e m z w e i t e n F r e s k o hält ein E r o t den S c h i l d d e r M i n e r v a , auf d e m eine S c h l a n g e d a r g e s t e l l t ist; ein z w e i t e r führt ein O p f e r l a m m h e r b e i und eine P s y c h e hält einen T e l l e r voll F r ü c h t e . Auf d e m dritten Bild steht eine S t a t u e des Priapus und E r o t e n p a c k e n die Attribute der V e n u s aus einer K i s t e . D e r K ü n s t l e r hatte die Absicht, die A t t r i b u t e d e r drei G ö t t i n n e n darzustellen, die das U r t e i l des P a r i s e r b a t e n . Im hergestellten G a r t e n b e f i n d e n sich s c h ö n e b e m a l t e P i l a s t e r C a s a dei capitelli figurati. Das Haus der figürlichen Kapitelle. (VII,

4,

57)

D a s B e s o n d e r e an diesem H a u s e sind die schönen figürlichen Kapitelle der Pilaster a m E i n g a n g , nach denen das H a u s

Casa dei capitelli figurali g e n a n n t wurde. Im T a b l i n u m ist ein s e h r g u t e s S t e r n m o s a i k im F u ß b c d e n e r h a l t e n ( A b b . 30). D a s g e r ä u m i g e P e r i s t y l ist an drei Seiten von einer P o r t i k u s u m g e b e n , d e r e n S ä u l e n nicht von d e r s p ä t e r e n M o d e v e r ä n d e r t w u r d e n , d i e v i e r t e S e i t e z i e r e n P:.laster. M a n e r k e n n t d e u t l i c h die S p u r e n von S ä u l c h e n , die eine P e r g o l a g e t r a g e n h a b e n . H i e r liegt ein b e s o n d e r e g r o ß e s L a r a r i u m , d a s l e i d e r g a n z leer ist.

Ablb. ¿o. Mosaik im Tablinum der Casa dei capitelli figurati I n e i n a l l Z i m m e r d e s S ü d t e i l s ist ein i n t e r e s s a n t e s F r e s k o mit d e r D a r s t e l l u n g eines G a r t e n s u n d e i n e m G i t t e r w e r k e r h a l t e n . D i e s e n S ü d t e i l d e s H a u s e s , d e r s e i n e n E i n g a n g von d e r S t r a l a degli A u g u s t a l i h a t , w i r d a u c h C a s a del P a n nettiere genannt. H i e r h a t m a n eine R e i h e von Kuchfenformen fefunden. Dieser F u n d und der hier noch befindliche eigenartig g e f o r m t e O f e n l a s s e n v e r m u t e n , d a ß der B e s i t z e r dieses H a u s e s eine K o n d i t o r e i betrieb.

i3G

C a s a dui G r a n d u c a di T o s c a n a

Casa dei Granduca di Toscana. D a s H a u s des G r o ß h e r z o g s von T o s c a n a (VII, 4, 56) W e g e n d e r mit Mosaik g e s c h m ü c k t e n Brunnennische lohnt es, einen Augenblick in das H a u s einzutreten. In der Nische stand f r ü h e r die S t a t u e eines Silen. Auf d e m Mosaik erkennt m a n die Darstellung eines Nilpferdes, im F l u ß ein Boot mit Menschen und a m U f e r ein Haus. Auf den W ä n d e n des Peristyls ist ein F r e s k o mit Garten und Gitter dargestellt. In der Mitte des länglichen Bassins steht ein Säulchen, das oben in einer Blume endigt, aus der der W a s s e r s t r a h l h e r a u s k a m .

Casa dei capitelli colorati. Das Haus der farbigen Kapitelle (VII, 4, 51) oder das Haus der Ariadne. Die Anlage des Hauses ist insofern unregelmäßig, als man von den Fauces gleich das erste Peristyl betritt und dann vom zweiten Peristyl ins Atrium kommt, von dem ein anderer Ausgang auf die Strada degli augustali führt, den man auch als Fauces bezeichnen kann, der aber hier doch wohl der Hinte raus gang, das posticum, ist. Die Pilaster am Eingang tragen schöne Kapitelle. In den Räumen, die um das erste Peristyl liegen, ist nichts von den Fresken erhalten. Die Kapitelle der gekanteten Säulen sind dorisch und rot bemalt. Bemerkenswert ist die Exedra mit den beiden Säulen, die sie vom Peristyl trennen. Im Garten erkennt man noch gut die Anlage der runden Beete. Das Tablinum, dessen Fußboden mit Mosaik geschmückt ist, führt zu dem zweiten Peristyl (Abb. 31). Sechzehn Säulen, unten mit Stuck bedeckt und oben kanneliert, umgeben eine Piscina. Die Kapitelle sind dorisch und vierseitig; auf einem sieht man noch die Reste des Architravs. Die Räume, die dieses zweite Peristyl

(3a>a d e i c a p i t e l l i

,37

colorati

umgeben, sind die besterhaltenen des Hauses. Links ein Oecus mit einer Apsis und einer Reihe von Bildern; Priester mit einer Dienerin, Leda, Achilleus und Patroklus. Gegenüber ein kleines Triclinum mit einem schönen F u ß bodenmosaik, auf dem ein Kreis von Fischen dar-

Abb. 3i.

Das zweite Pcristyl

in d e r C a s a d e i

capitelli

colorali

gestellt ist- (Eine ähnliche Darstellung wurde vor einigen Jahren in dem Hause VII, 6, 38 gefunden, zwei andere befinden sich im Museum in Neapel.) Von den Bildern hier ist besonders amüsant der „Verkauf der E r o t e n " : eine junge Frau steht an einen Sockel gelehnt, während ein alter Mann aus einem Käfig einen Eroten herausnimmt, zwei sind

Casa della

caccia

ihm entflogen und zwei andere sind noch in dem Käfig. Der Raum links mit dem Schutzdach, der Oecus fenestratum, enthält besonders gut erhaltene Fresken. Unter den Architekturmotiven ist die Darstellung einer Tholos bemerkenswert. Recht gut sind auch die Figur der Abbondanza, einer üppigen Frau mit Füllhorn und eine Figur des Jupiter ausgeführt. Ganz bemerkenswert sind auch die kleinen Architekturlandschaften unten. Von den Darstellungen in den Räumen, die das tuskanische Atrium umgeben, ist in einer Ala ein Lararium mit dem Bilde von Apollo und Daphne recht gut erhalten. Außer dem Ausgang auf die Strada degli augustali gibt es noch einen ganz kleinen Ausgang in den Vicolo storto. Die Treppen beweisen, d a ß das Haus noch ein erstes Stockwerk hatte. Casa della caccia. Das Haus der Jagd. ( V I I , 4, 48) E i n kleines H a u s an d e r E c k e d e r S t r a d a di N o l a und d e m Vicolo storto. M a n e r k e n n t deutlich die S p u r e n verschied e n e r U m b a u t e n . Die Z i m m e r r e c h t s v o m A t r i u m sind erst in d e r letzten P e r i o d e b e m a l t w o r d e n . Die W ä n d e d e s T a b l i n u m s , d e s s e n F u ß b o d e n mit e i n e m M o s a i k g e s c h m ü c k t ist, h a b e n e i n e s c h ö n e b l a u e F a r b e , auf d e m S o c k e l sind zierliche s p r i n g e n d e T i e r e d a r g e s t e l l t . D a s kleine P e n s t y l ist n u r an z w e i Seiten von einer P o r t i k u s u m g e b e n , die S ü d w a n d , d e m E i n g a n g g e g e n ü b e r , n i m m t ein g r o ß e s J a g d bild ein. Darstellungen d i e s e r Art, die m a n besser als T i e r h e t z e n b e z e i c h n e t , f i n d e n sich n o c h in d e r C a s a di Romulo e R e m o V I I , 7, 10), di L u c r e z i o F r o n t o n e (V, 4, 10) u n d in einem H a u s in d e n N u o v i Scavi (I, 6, 2). Die L a n d s c h a f t s b i l d e r auf d e r W e s t w a n d sind s e h r v e r b l a ß t , es w a r e n Villen a m M e e r d a r g e s t e l l t . V o n d e r S t a f f a g e ist fast nichts e r h a l t e n , a b e r m a n e r k e n n t d o c h n o c h so viel, d a ß m a n s e h e n k a n n , d a ß es sich hier u m eine V a r i a n t e d e s s c h ö n e n L a n d s c h a f t s b i l d e s in d e r C a s a della f o n t a n a piccola h a n d e l t . Die

Vicolo storco

Portikus war zweistöckig. In den Zimmern links vom Peristyl, in denen die Malerei noch recht gut erhalten ist, finden sich die Reste von Säulen des Oberstockes. In dem Labyrinth der kleinen Gassen, die man vom Vicolo storto aus betritt, gibt es eine Reihe interessanter Häuser und Werkstätten. An der linken Seite des Vicolo storto im II a u s e (VII, 2, 22) befindet sich eine M ü h l e und B ä c k e r e i , die noch sehr gut erhalten ist (vgl. S. 55). Daneben das H a u s N r . 23 hat den Namen d a s H a u s d e r b e s t r a f t e n E r o t e n erhalten nach den Bildern, die man hier gefunden hat. Im Tablinum befanden sich die bekannten Bilder Venus und Mars, und Venus, den Amor bestrafend. Das Haus hat einen großen Keller, zu dem eine Rampe herunter führt; er erhält sein Licht durch Lichtschachte. Aus dem vorderen Teil dieses Hauses kommt man sehr leicht in das Haus nebenan, Nr. 24, d e r C a s a d e 11 e Q u a d r i g h e. Es hat ein ganz unregelmäßiges Atrium. Auf die Wand des Gartens ist eine Tierhetze gemalt; besonders gut ist der Eber im Dickicht gelungen. Die einzelnen Bilder sind durch Hermen abgeteilt. Auf dem anderen Bilcl ist ein flüchtig gemaltes Gebüsch dargestellt, in dem besonders gut ein Strauch mit Beeren gelungen ist. Fast vollkommen ist das Lararium erhalten, das mit schöner dunkelblauer Farbe ausgemalt ist und das eine saftige Muschel oben abschließt. In der kurzen und engen Via di panattiere, die zur Via di Stabiae führt, liegen auch einige beachtenswerte Häuser. Links das kleine H a u s d e s S p u r i u s M e s o r (VII, 3, 29). Aus diesem Hause stammt das Bilcl der Priesterin. Andere Bilder sind verblaßt, außer den Darstellungen von Gartenanlagen in dem Zimmer hinter dem Tablinum. Nach diesem Bild und nach der Darstellung im Haus der vergoldeten Eroten hat man sehr geistreich den Garten mit dem Gitterwerk in dem Hause VIII, 7, 5 wiederhergestellt An der rechten Seite liegt das H a u s d e s P o p i d i u s P r i s c u s (VII, 2, 20) mit einem sehr tiefen Brunnen. Im nächsten H a u s N r . 18, d e s C a i u s V i b i u s , stehen am Impluvium die sehr schönen Füße eines Tisches (Abb. 32). Sie sind aus Tuff und ihre Reliefs sind etwas verschieden, die Pflanzen sind andere und auf der Innenseite ist eine Eule dargestellt. Der Besitzer des H a u s e s N r . 16 war G a v i u s II u f u s , der Duumvir war. Von der Malerei sind nur klägliche Reste erhalten. Besser sind die Girlanden im Tri-

Casa

di

Cacsii

Blandi

(Marie

e

Minerva)

clinium, die sehr an die im H a u s d e r s i l b e r n e n H o c h z e i t erinnern. W e n n m a n in die V i a di S t a b i a e e i n b i e g t , so hat m a n r e c h t e r H a n d die O f f i c i n a e f e c t o r u m , eine F ä r b e r e i , die aus e i n e m P r i v a t h a u s u m g e b a u t wurde. Wir b e t r e t e n j e t z t die S t r a d a degli a u g u s t a l i . An d e r E c k e liegt die g r o ß e B ä c k e r e i d e s M o d e s t u s ( V I I , 1, 3 5 ) .

Abb. 32.

Tisclifuß

aus dem

Hause

des

Caius

Vibius

Casa di Caesii Blandi (Marte e Minerva) D a s Haus des Caesius Blandus (Mars und Minerva) ( V I I , 1, 40) D a s Haus verdient die Aufmerksamkeit besonders wegen der schönen Mosaiken. D a s B i l d , nach dem das Haus auch genannt wird, befindet sich im M u s e u m .

Casa di Cacsii

Blandi

(Marte

e

Minerva)

•4'

In den Fauces befindet sich ein Mosaik mit einem Steuerruder und einem Dreizack, die gekreuzt sind, oben sitzt als Füllornament ein kleiner Vogel, eine Elster, in den übrigen Teilen sind Delphine verstreut. Die ansteigenden Fauces schließt ein Fries ab, auf dem eine Stadtmauer mit zwei Türmen und einem T o r dargestellt ist, über die Mauer hängen zwei Schilde. Eine ähnliche Darstellung findet sich im Atrium der Casa del Cinghiale (VIII, 3, 4) und im Casa di Cornelio Rufo (VIII, 4, 15). Das Atrium und die Räume rechts davon sind auch mit schönen Mosaiken geschmückt. Besonders fein ist das Ornament in der rechten Ala: ein Pflanzenornament in zarten F a r b e n mit kleinen Vögeln. Atrium und Tabiinum trennt ein Fries aus Doppeläxten, Schilden und Blitzen, die zu einem verwickelten Ornament vereinigt sind. Die W ä n d e des Atriums sind mit einer sehr schönen dunkelroten Farbe bemalt, rechts ist noch ein Medaillon gut erhalten. Im Zimmer rechts neben dem Tabiinum, man kann es als Oecus bezeichnen, befinden sich besonders schöne Fresken: auf Blattkelchen stehen weibliche Figuren, die Girlanden aus Blumen und Früchten halten. D a s Peristyl ist über einem Kellerraum erbaut und man sieht in dem Fußboden kleine Fenster, durch die die Kellerräume Licht erhielten. E s liegt dicht neben dem Peristyl der Casa di Sirico, aber auf einem höheren Niveau. Vom Andron führt eine Treppe in den Oberstock. Neben der Treppe liegt das aus zwei Räumen bestehende Bad: Caldarium und Tepidarium. Die Dekoration ist nicht schlecht erhalten. Die Heizung geschah von der Küche aus und man erkennt noch ganz gut die Heizröhren. Interessant

,42

Casa

di Cacsii

Rlandi

(Märte

e

Minerva)

sind die Mosaiken; im C a l d a r i u m Athleten, zwischen ihnen S c h a b e r und S a l b g e f ä ß e . Im T e p i darium Delphine, T a u b e n , Spinnen, E i d e c h s e n und dazu noch ein z u s a m m e n g e b u n d e n e r Beutel. D e r N a m e des Besitzers, Caesius Blandius, findet sich dreimal im Peristyl eingekratzt. Aus einem

Abb. 33.

Tisch

in e i n e m

Laden

d e r Gasa di Caesii

Ulandi

Grafitto an einer Säule sehen wir, d a ß er die L ä n g e und Breite des Peristyls mit seinen Schritten gemessen hat: Itu reditu X passi D C X L . E r war ein verabschiedeter Centurion d e r n e u n t e n P r ä t o r i a n e r Cohorte. D e r L a d e n rechts n e b e n den F a u c e s mit einem auf g e m a u e r t e n Tisch ( A b b . 33), d a s einzige Beispiel in

Casa dell 1

Orso

i43

der Stadt, war einem ausgedienten Soldaten überlassen: Nonius Campanus mil. coh. V i l l i p. Caesi (Soldat aus der 9. Cohorte des Caesius). D a ß dieser ausgediente Soldat ein Schuster war, wissen wir von den hier gefundenen Werkzeugen und aus einem Grafitto an der W a n d , wo er ein Verzeichnis der zur Reparatur fortgegebenen Werkzeuge eingekratzt hat. W i r können uns hier ein rechtes Idyll vorstellen. D e r verabschiedete Offizier nahm einen alten Soldaten seiner Cohorte in sein Haus auf, überließ ihm einen Raum, in dem er als W ä c h t e r zugleich das friedliche Handwerk eines Flickschusters ausüben konnte. I m H a u s g e g e n ü b e r N r. 51 ist s e h r gut die M a l e r e i ä l t e r e n Zeit erhalten g e b l i e b e n .

der

Casa dell' Orso. D a s Haus des Bären. ( V I , 2, 44). D a s H a u s hat s e i n e n N a m e n von d e m M o s a i k in d e n Fauces bekommen. E i n B ä r , d e r a m Leiib verwundet ist und aus d e s s e n W u n d e B l u t fließt, das d u r c h r o t e Steiinchen b e z e i c h n e t ist; er t r ä g t z w i s c h e n den Z ä h n e n ein T ä f e l c h e n mit d e r I n s c h r i f t : Have (Willkommen). Der Fußboden ist überall gut e r h a l t e n , vor a l l e m im Atrium, wo zwei verschiedene Muster der Dekoration auftreten. Die WandAuf der W a n d im b i l d e r sind in einem s c h l e c h t e n Z u s t a n d . P s e u d o p e r i s t y l ist ein g r o ß e r G a r t e n d a r g e s t e l l t , wo e b e n s o wie im H a u s des O r p h e u s ( V I , 14, 20) M e d a i l l o n s an B ä n d e r n vom Architrav herunterhängen. Durch dieses Bild fand man die E r k l ä r u n g für ä h n l i c h e Medaillons, die in d e r C a s a degli A m o r i n i dorati g e f u n d e n wurden. D i e mit M o s a i k e n g e s c h m ü c k t e B r u n n e n n i s c h e ist sehr r e i c h verziert. Wir s e h e n hier V e n u s auf e i n e r M u s c h e l liegend, Neptun, flieg e n d e E r o t e n und die M e d u s a . An d e m h o h l e n K l a n g d e r S c h r i t t e e r k e n n t man, d a ß unter dem H a u s e ein g e r ä u m i g e r K e l l e r b e f i n d e t .

sich

>44

C a s a di

Sirico

Das Haus hängt mit der T a b e r n a Edonti zusammen. Man wird es nicht bereuen, in das H a u s schräg gegenüber V I I , 12, 11, einen Blick geworfen zu haben, trotz des armseligen und verkommenen Eindrucks, den die Bäckerei jetzt macht. Das Lararium hat ein ganz besonders feines Bild, von dessen Marmorrahmen noch einige S t ü c k e zu sehen sind. Zwischen zwei Laren sitzt die verschleierte Vesta auf einem Thron, die F ü ß e stehen auf dem Schemel, sie hält die Opferschale und das Füllhorn in den Händen. Auf dem Altar liegt eine sorgfältig gemalte Garbe. Hinter ihr sieht man Kopt und Vorderbeine eines E s e l s . Unten sind die üblichen Schlangen dargestellt. Von hier aus geht man einige Schritte zurück in den Vicolo di Lupanaro. Rechts ist eine kleine W e r k s t a t t , N r. 14, in der entweder eine Färberei oder eine Seifensiederei war. Man sieht noch gut die Einlassungen für die großen Kessel. Hier hat man eine sehr schöne Bacchusstatuette gefunden. Man hat die F r a g e aufgeworfen, ob es Zufall war, daß sich diese schöne Bronzestatuette hier fand, oder o b sie hier ihren Platz hatte. W e n n man bedenkt, welch schönes Mosaik man in einer Gerberei (I, 5, 2) gefunden hat und wie prächtig und geschmackvoll ein doch nur praktischen Zwecken di'enender Bau wie das Macellum geschmückt war, so scheint die Zugehörigkeit der Statuette nicht unmöglich. D e r Charakter des H a u s e s N r . 18, d e m Lupanar, geht deutlich aus dem Grundplan und dem Inhalt der Wandbilder hervor. Die obseönen Scenen auf den Wänden lassen keinen Zweifel darüber, daß wir es hier mit einem antiken Bordell zu tun haben. Vor einigen J a h r e n hat man an dem Hause einen großen E r k e r hergestellt.,

Casa di Sirico. D a s Haus des Siricus (oder dei Principi russi). (VII, 1, 7) E s hat einen recht verwickelten Grundriß, denn es ist aus zwei Häusern zusammengewachsen, die auf verschiedenem Niveau liegen und mit den Rückseiten aneinanderstoßen. D a der E i n g a n g von der Strada di Stabiae immer geschlossen ist, muß man vom Vico di Lupanaro

C a s a (Ii

Sirico

.45

eintreten. Dem E i n g a n g gegenüber sind auf die W a n d zwei Schlangen gemalt, neben ihnen befand sich die leider verschwundene Inschrift: Otiosis locus hic non est, discede morator. (Hier ist kein Platz für Nichtstuer, trolle Dich, Faulenzer). Der F u ß b o d e n der Fauces fällt nach der Straße zu ein wenig ab, er ist mit Mosaiken geschmückt und trägt die Inschrift: Salve lucru (Willkommen Gewinn). Links von dem Atrium befindet sich die Exedra, deren eine W a n d ganz mit Fresken bedeckt ist. Die Einteilung in drei Zonen, die f ü r die pompejanische Malerei typisch ist, wird hier sehr deutlich. In der oberen Zone sind blaue Vorhänge gemalt. Der Mittelstreifen ist in drei Teile geteilt, von denen zwei mit Architekturlandschaften gefüllt sind. Das Mittelbild zeigt Herakles bei Omphale. Der Held ist lang hingestreckt, erschlafft und hält in der linken H a n d einen Becher, den ihm ein Erot entreißen will. Vier Eroten können trotz aller Mühe die riesige Keule nicht schleppen. Drei andere sind im Begriff, den Gürtel auf einen Baum zu hängen. Neben dem Baum steht ein Altar. (Wir haben es hier wahrscheinlich mit einem heiligen Baum zu tun. Darstellungen dieser Art gibt es noch öfter in Pompeji, aber besonders interesssant ist, daß man im Jahre 1910 im Hause V I I , 6, 28 im Peristyl neben einem Altar eine Grube gefunden hat, die sich nur als Wurzelloch eines größeren Baumes erklären läßt). Omphales und zwei Dienerinnen stehen bei einer Säule. Dionysos und sein Zug von Mänaden und Satyren nehmen fast den ganzen oberen Teil des Bildes ein. — Auf der linken W a n d ist in einem großen Bild der Wiederaufbau der Mauern von T r o j a im Beisein von Apollon, der an seiner Leier kenntlich ist und Poseidon, den Pompejiführer 10

>46

Casa di Si rico

sein Dreizack charakterisiert, dargestellt. Der schlechte Erhaltungszustand des Bildes macht es leider unmöglich, die Einzelheiten zu erkennen. — Auf der gegenüberliegenden W a n d befindet sich die oft wiederholte Darstellung von Thetis in der Werkstatt des Hephaistos. Das Tablinum, das gewöhnlich offen ist, ist hier ausnahmsweisse durch eine W a n d geschlossen. Eine T r u h e mit Resten von Stoffen, die hier gefunden wurde, gibt zu der Vermutung Anlaß, d a ß dieser Raum als Magazin benutzt wurde. — Auf einer W a n d des mit Fenstern versehenen Tricliniums war der verwundete Aeneas dargestellt, diese Darstellung ist eine Seltenheit. Die Dekoration des großen gelben Peristyls und der anstoßenden R ä u m e ist leider sehr verblaßt. U m von dem schnellen Verderben der Fresken einen Begriff zu geben, sei bemerkt, daß noch vor wenigen Jahren der russische Gelehrte Rostowzew eine Architekturlandschaft mit vielen Details sah, wo wir heute nur noch einen Fleck erkennen. Im Atrium, das auf die Strada di Stabiae geht, sieht man einen schönen Marmortisch und ein Wasserbassin. D a s Haus des Siricus ist eins der wenigen Häuser, das eine eigene Bäckerei hat. G e g e n ü b e r d e m H a u s e des Siricus ist ein g r o ß e s G a s t h a u s (VII, 11, 14). Man erkennt n o c h deutlich die einzelnen G a s t z i m m e r und die g r ö ß e r e n Gesellschaftsräume. In d e m g r o ß e n Garten befindet sich ein sehr s c h ö n e s Lararium. An der W e s t w a n d ein F r e s k o mit einer Darstellung d e s Jupiter mit Z e p t e r und Blitz und einer O p f e r s c h a l e in der H a n d ; n e b e n i h m eine Gestalt mit Füllhorn, vielleicht ein Genius. Man verläßt dies H a u s am besten durch den Seiteneing a n g nach d e m V i c o l o del balcone pensile. An der E c k e der nächsten Q u e r g a s s s e an der rechten Seite ist ein Brunnen mit einer Maske, nach der diese G a s s e d e n N a m e n V i c o l o della maschera erhalten hat. Man biegt in diese Gasse ein

C a s a delle nozze

(l'Ercole

'47

und findet an der E c k e d e r V i a dei S c h e l e t r i ( V I I , 11, 1 ) e i n e größere Handelsgärtnerei. Schräg gegenüber in einem H i n t e r z i m m e r des H a u s e s dello S c h e l e t r o , das seinen Maii|)teinj>:uijj von d e r S t r a d a d e l l ' A b b o n d a n z a hat, findet sich n o c h ein S k e l e t t . Außer einigen ornamentalen Mos a i k e n und einer K e g e l k u g e l enthält d a s H a u s nichts interess a n t e s und m a n g e h t d e s h a l b von h i e r a m b e s t e n in den V i c o l o dei S c h e l e t r i und in den V i c o l o del b a l c o n e pensile zur ü c k . D i e S t r a ß e hat ihren N a m e n n a c h d e m H a u s e N r . 2 8 (insula 12), dass einen E r k e r hat. M a n hat h i e r zuerst d e n V e r s u c h einer R e k o n s t r u k t i o n einer s o l c h e n A n l a g e g e m a c h t und auf diese W e i s e drei h ü b s c h e W o h n z i m m e r g e w o n n e n . Auf d e m T i s c h im I m p l u v i u m s t e h t die S t a t u e t t e eines E r o t e n , der eine H a n d auf den K o p f g e l e g t hat und in d e r a n d e r e n H a n d eine M u s c h e l hält, aus d e r ein W a s s e r s t r a h l floß. W e n n man aus d e m H a u s e h e r a u s k o m m t , g e h t m a n d e n V i c o l o dei b a l c o n e pensile w e i t e r entlang bis zum V i c o l o di Eumachia. In ihm liegt an d e r r e c h t e n S e i t e d a s H a u s des K ö n i g s v o n P r e u ß e n ( C a s a del R e di P r u s s i a Nr. 3 3 ) . E s enthält ein reich b e m a l t e s L n r a r i u m mit den D a r s t e l l u n g e n von M a r s mit seinen Attributen und e b e n s o V e n u s , dan e b e n idyllische T i e r s c e n e n . An d e r E c k e d e r S t r a d a d c g l i augustali sieht m a n e i n e n halbrunden Brunnen. W i r w e n d e n uns von hier aus w i e d e r z u r ü c k zum V i c o l o dei b a l c o n e pensile, wo an d e r E c k e ein L a d e n mit g r o ß e n e i n g e m a u e r t e n V o r r a t g e f ä ß e n ist, s o g . D o l i e n , die so g r o ß sind, d a ß man ein s e c h s j ä h r i g e s Kind h i n e i n s t e c k e n k a n n . D i e s e g a n z e G e g e n d ist c h a r a k t e r i s i e r t d u r c h die W e r k stätten, L ä d e n , T a v e r n e n , G a r k ü c h e n und F i l i a l e n des L u p a nar. D a n e b e n findet sich hier eines d e r i n t e r e s s a n t e s t e n H ä u s e r d e r Stadt, d e s s e n B e d e u t u n g n e u e r d i n g s durch einen d e r L e i t e r der A u s g r a b u n g , P r o f e s s o r della C o r t e , h e r v o r g e h o b e n ist.

Casa delle nozze d'Ercole. Das Haus der Hochzeit des Herkules. ( V I I , 9, 47 s. Abb. 2. Nr. 20) Das Haus liegt zwischen zwei Sackgassen, die sich beide an Gebäuden des Forums totlaufen. Der 10*

148

Casa delle nozze

d'Ercole

Grundplan ist fast regelmäßig und das Haus enthält nichts bemerkenswertes a u ß e r dem „oecus sacrario", wie Professor della Corte diesen Raum genannt hat, indem er ihn mit der Institution der Juventus zusammenbringt. Die Juventus war eine Korporation, in der die vornehme Jugend der Stadt zusammengeschlossen war. Sie erhielt in ihr eine körperliche und geistige Ausbildung, die sie zu tüchtigen Kriegern und Staatsmännern machen sollte. Man nimmt an, d a ß der letzte Besitzer des Hauses ein Priester der Juventus war. Die W ä n d e des Oecus sind im mittleren Teil mit g r o ß e n Fresken geschmückt. An den oberen Teilen der Seitenwände sieht man große Löcher, in denen wahrscheinlich Girlanden befestigt waren- Auf dem Bild der Rückwand befindet sich folgende Darstellung: in der Mitte die Fassade eines Tempels, in welchem Venus, Herkules und Priapus stehen; von der Treppe steigt H e b e oder Juventus herab, die Herkules, der durch seine Keule charakterisiert wird, die H a n d reicht. Die Scene stellt augenscheinlich die Hochzeit des vergöttlichten Helden dar. Eine Prozession nähert sich von links. Voran gehen zwei gekrönte Figuren in weißen Gewändern mit vertikalen roten Streifen. Dieses Gewand scheint in einer Beziehung zum Kult zu stehen, denn alle die an der Zeremonie teilnehmen, tragen es. D a n n folgen zwei Jünglinge, die auf einem ferculum (Trage) ein Bäumchen tragen, um dessen Stamm sich eine Schlange windet. E s handelt sich wahrscheinlich um den Baum der goldenen Aepfel im Garten der Hesperiden, die die Schlange hütete und deren E r o b e r u n g die letzte T a t des Helden war, ehe er in den Olymp einziehen konnte. Nun kommen vier Jünglinge, die auf ihren Schultern ein

Cosa ilcl cingltiale I

'49

kleines Tempelchen tragen. Rechts vom Tempel erblickt man einen Isipriester mit dem Sistrum. E s folgt eine Gruppe von zwei Jünglingen, die einen silbernen Helm tragen, dann eine von vieren, die etwas sehr schweres tragen; hier ist das Bild leider zerstört. Man sieht dann noch einen wohlgenährten Stier, der von einem Diener und einem Opferknaben (camillus) geführt wird; der Knabe trägt ein Lamm auf der Schulter. Die Prozession beschließen zwei Jünglinge, die im Begriff sind, einen Sessel emporzuheben, auf dem auf einem Kissen ein Diadem liegt. Jn diesem Bild will Professor della Corte die Darstellung eines religiösen Schauspiels der Apotheose des Herkules, des Schutzherrn der Jugend von Pompeji, und der darauf folgenden Prozession sehen. Ein Beweis mehr f ü r diese Theorie ist der aus Ziegeln aufgemauerte Altar vor dem OecusV o n hier aus g e h t man um das G e b ä u d e der E u m a c h i o herum in die Strada dell'Abbondanza, an d e r e n Südseite eine R e i h e interessanter H ä u s e r liegen. Via dell'Abbondanza. D i e Häuser, die wir in dieser S t r a ß e beschreiben, liegen alle auf der rechten Seite, w e n n m a n v o m F o r u m k o m m t ; diejenigen auf der anderen Seite sind w e n i g e r interessant. W e n i g e Schritte v o m F o r u m sieht man rechts ein kleines Mosaik mit Schachbrettmuster, das in die Mauer e i n g e l a s s e n ist. D a n n folgt

Casa del cinghiale I D a s H a u s des E b e r s I (VIII, 3, 8) E s erhielt seinen Namen von dem Mosaik in den Fauces, das einen E b e r darstellt, der im Dickicht von zwei Hunden angegriffen wird. (Plastisch war diese Gruppe in der Casa del Citarista dar-

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Casa dei cingliiale I

gestellt). Das geräumige tuskanische Atrium schmückt ein Mosaik mit einem eigenartigen Muster; im Innern ein Mänader; am Rande erkennt man die Mauern einer Stadt, unterbrochen von zinnenbekrönten Türmen. Dasselbe Motiv findet sich nur noch einmal in viel kleineren Dimensionen in den Fauces in der Casa di Caesii Blandi (VII, 1, 41). Auch der F u ß b o d e n der Alae ist mit feinausgeführten Mosaiken bedeckt. Die Säulen des Peristyls fallen durch ihre besondere Eleganz auf; sie sind glatt und haben ionische Kapitelle. Der Grundriß des Peristyls weicht nicht wesentlich von dem normalen ab; nur ist die Exedra durch zwei Säulen vom Peristyl abgetrennt. Daneben befindet sich der Oecus. Vor einigen Jahren hat man den Garten wiederhergestellt. Eine Treppe führte vom Atrium in den ersten Stock, von dein nichts mehr erhalten ist. Von der Straße bemerkt man eine zweite Treppe, dicht hinter einem schönen Tuffportal; es ist dies eins der wenigen, die sich noch aus der samnitischen Periode erhalten haban. Wir kennen nur noch drei weitere Portale dieser Art in der Stadt, aber ohne die Treppe; sie sind alle drei in den Stabianer Thermen. Ihre Seltenheit erklärt sich dadurch, d a ß sie der ältesten Epoche angehören. Fortschreitend kommt man zu dem Vico dei 12 Dei (Gasse der 12 Götter), der seinen Namen von einem leider jetzt ganz verschwundenen Fresko erhalten hat. Der Verlust ist etwas ausgeglichen durch die Auffindung eines gleichen Bildes in den Nuovi scavi (IX, 11). An der E c k e g e g e n ü b e r liegt das H a u s d e s (VIII, 5, 2), dessen Besuch sich lohnt wegen d e r haltenen Säulen im Peristyl, einer mit schönen

Gallo gut erFresken

(lasa (Ii Olcomo d e k o r i e r t e n Apsis u n d d e s s e h r g u t w i e d e r h e r g e s t e l l t e n G a r t e n s ( A b b . 34). Einen kurzen Besuch verdient auch das H a u s des K a i s e r s F r a n z J o s e p h ( V I I I , 6,2, c a s a di F r a n c e s c o Ginseppe) wegen der schönen Tuffsäulen und des Gartens. An d e r K r e u z u n g d e r Via dcl T c a t r o sieht m a n auf e i n e m E c k p f e i l e r 2 Sterne, deren Strahlen abwechselnd aus weißem M a r m o r und s c h w a r z e m S c h i e f e r b e s t e h e n ; vielleicht w a r e n sie die B e z e i c h n u n g eines S t a d t b e z i r k s .

Abi). 34-

IV. istyl der Casa di Gallo

Casa di Olconio. Das Haus des Holkonius. (VIII, 4, 4) E s hat einen normalen Grundriß. Die Bilderdekoration hat sehr gelitten; in der zweiten Cubicula rechts vom E i n g a n g haben sich aber noch

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Casa di C o r n e l i o

Rufo

6 Büsten in einem R a h m e n erhalten. D i e mächtigen Eckpilaster im Peristyl sind charakteristisch für die frühe Kaiserzeit. Im Garten fand sich die Marmorstatuette eines Eroten, der als Brunnenfigur gedient hat, dann floß das W a s s e r eine kleine T r e p p e hinunter und bildete so einen kleinen Wasserfall. Im Zimmer links vom Tablinum hat sich ein schönes farbiges Sternmosaik erhalten. D a s Sommertriclinium hat einen F u ß b o d e n aus farbigen Marmorstückchen. Unter den Wirtschaftsräumen ist einer bemerkenswert, der als W ä s c h e r e i oder F ä r berei gedient haben wird- Die T e i l e des Hauses, die auf die V i a del'Abbondanza und die Via dei T e a t r i gehen, waren als Läden vermietet. W e n n m a n das H a u s N r . 12 betritt, k o m m t m a n in ein O e l m a g a z i n ( A b b . 3 5 ) . M a n b e a c h t e die m a r m o r n e n T i s c h f ü ß e mit d e m R e l i e f , das einen B a u m s t a m m darstellt. D i c h t n e b e n d e m E i n g a n g sieht m a n die O e f f n u n g eines Abflußkanals.

Casa di Cornelio Rufo. D a s Haus des Cornelius Rufus. ( V I I I , 4, 14) In dem Hause befindet sich einer der schönsten so oft wiederholten T i s c h f ü ß e mit Greifen. An einem Pilaster steht die H e r m e des Besitzers, wie die Inschrift auf dem Schaft zeigt. D a s Impluvium umrahmt ein Mosaik, auf dem eine zinnenbekrönte Stadtmauer und ebensolche T ü r m e dargestellt sind. (s. a. Casa di Caesii Blandi und Casa del Cinghiale I). D a s Haus ist nach dem üblichen Grundriß erbaut: Atrium, Tablinum und Peristyl liegen auf derselben Achse, die übrigen R ä u m e sind um sie herumgruppiert. S c h ö n e dorische Säulen schmük-

Die SlabiMiiiT T h e r m e n

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ken das Peristyl. Zwei korinthische Tuffkapitelle zieren die Pilaster, rechts und links vom Eing a n g zu dem Raum, der vielleicht als Sommertriclinium, vielleicht als Oecus diente. Links vom Triclinium liegt ein Zimmer mit einem schönen Marmorf u ß b o d e n . Vorm Verlassen des H a u s e s versäume m a n nicht noch einen Blick zurückzuwerfen um den

A b b . 35.

Oelmoyazin

schönen Durchblick bis zu den letzten R ä u m e n zu h a b e n und den Anblick des E i n g a n g s des Isistempels. G e g e n ü b e r liegt der E i n g a n g in Die Stabianer Thermen (Abb. 36). Sie nehmen den Komplex ein, der von Strada di Stabiae, Strada di Olconio und Vico di L u p a n a r o

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Die Stabianer

Thermen

begrenzt wird, im Norden stößt an sie die Casa di Sirico. Auf den 'Vico di Lupanaro und die Strada di Olconio öffnen sich eine Reihe von'Läden, die nichts mit der Thermenanlage zu tun haben. Die Thermen hatten 7 Eingänge, der Haupteingang befindet sich in der Strada di Olconio.

Abb. 36.

Plan d e r S t a b i a n e r

Thermen

Man betritt einen großen, von drei Seiten von einer Portikus umgebenen Hof, die Palestra (l), den Platz für gymnastische Spiele und Uebungen. Gleich rechts an der Ostseite ist der E i n g a n g zu den Baderäumen. Die Stabianer Thermen bestehen aus zwei Abteilungen, einem Männer- und einem Frauenbad, zwischen denen der Heizraum liegt. Jede Thermenanlage hat folgende Haupträume: Apodyterium, den Ankleideraum, das Frigidarium, das kalte Bad,

Die S u i b i a n e r

Thermen

das Tepidarium, das laue 'Bad und das Caldarium, das heiße Bad. Von dem breiten Durchgangsraum (2) kommt man zum Frigidarium (4) und Apodyterium (3). Die Gewölbe und Lünetten des Durchgangsraumes und des Apodyteriums sind mit sehr schönen Stuckreliefs geschmückt (Abb. 37 und 38). Allegorische Figuren aller Art sind in phantastische Architekturdekorationen eingeordnet. Auf der östlichen Lünette des Apodyteriums sind Neptun, Delphine und allerlei Gottheiten die eine Beziehung zum Wasser haben, dargestellt; auch Figuren aus dem bacchischen Kreise finden sich. Entlang den Wänden standen Bänke, auf denen die Sklaven saßen und auf ihre Herren warteten und die Nischen, die wir hier finden, dienten zur Aufbewahrung der Kleider. Das Frigidarium ist ein runder überwölbter Raum mit einem Oberlicht und vier Nischen. Das Bassin ist rund und war mit Marmor verkleidet. Man sieht noch gut das Abflußrohr. In den Nischen waren Brunnen und standen Statuetten. Von der Malerei ist fast nichts erhalten. An den W ä n d e n zwischen den Nischen waren Blumen und Sträucher gemalt und diese selbst durch Fische und Vögel belebt. D a s Gewölbe war blau mit Sternen. E s war doch wohl beabsichtigt, den Eindruck hervorzurufen, als ob der Badende sich im Freien befände und wir haben in der Casa delle Nozze d'argento (s. S. 116) ein Frigidarium unter freiem Himmel gesehen. Vom Frigidarium zum Tepidarium (5) mußte man wieder durch den Durchgangsraum und das Apodyterium. E s diente als Uebergangsraum. Die Reihenfolge der Bäder blieb dem Belieben der Einzelnen überlassen. Manche begannen mit dem Frigidarium, gingen dann zum Tepidarium und zuletzt nahmen sie

Abb. 3y.

Sluckrelicfs aus dem A p o d y t e r i u m der Stabianer T h e r m e n

Abb. 38.

Stuckrelicfs aus dem der Stubkincr

Apodyterium

Thermen

Die Stabiancr T h e r m e n

das heiße Bad im Caldarium (6); andere machten es umgekehrt. Wieder andere gingen direkt vom heißen Bad ins kalte oder umgekehrt, je nach Belieben. Das Tepidarium war jedenfalls ein Uebergangsraum, der früher nur durch Kohlenbecken erwärmt wurde. Später hat man aucn hier die Heizungsanlage nach dem System des Sergius Oratus eingebaut, der etwa 100 J ahre v. Chr. lebte und der durch seine Austernbänke im Lucrinersee bekannt geworden ist- Auf einem unteren Fußboden baute man kleine Ziegelsäulen, die den oberen eigentlichen Fußboden trugen; in den Hohlräumen befand sich dann die heiße Luft. So aber hatte man nur den Fußboden warm, die Vervollkommnung des Systems, die Heizung der Wände, werden wir im Fraueribad genauer betrachten können. Im Caldarium steht rechts die große Wanne, alvaeus genannt, und links eine große Marmorschale mit einem Springbrunnen, labrum, in der man Gesicht und Arme wusch. Das Frauenbad ist die Wiederholung des Männerbades. Anfänglich war diese Abteilung nicht von der Palästra aus zugänglich, sondern sie hatte zwei eigene Eingänge, einen von der Strada di Stabiae und einen anderen vom Vico di Lupanaro durch einen langen Korridor. Das Gewölbe des Apodyteriums (30) ist noch ganz erhalten, was sehr selten der Fall ist; es bekam sein Licht durch große Oeffnungen im Scheitel der Wölbung. Hier finden wir auch wieder die Nischen zur Aufbewahrung der Kleider, wie wir sie drüben in der Männerabteilung sahen. Nur waren sie dort 1,75 m über dem Fußboden und hier nur 1,50 m- Aus diesem Höhenunterschied hat man geschlossen, daß man es eben in dieser Abteilung mit dem Frauenbad zu tun hat;

Die S l a b i a n c r

Thermen

auch die B ä n k e für die wartenden Sklavinnen finden wir hier. D a s Frauenbad hat keinen eigenen R a u m für das Frigidarium, man hat im Apodyterium eine W a n n e für das kalte B a d eingebaut. D a s Tepidarium ist dadurch besonders interessant, weil man hier deutlich die Heizungsanlage an den Wänden erkennt. Man kann sagen, daß die W ä n d e doppelt waren. Auf die eigentliche W a n d setzte man einen sog. Warzenziegel (tegula m a m m a t e j d. h. Ziegel von etwa 3 cm D i c k e , die an allen vier E c k e n ca. 5—6 cm lange Zapfen hatten, mit denen sie mit Hilfe von Mörtel an der W a n d befestigt wurden. Dadurch entstand ein Hohlraum, in dem die heiße Luft entlang strich. Hier gehen diese Heizungsröhren sogar bis in die Wölbung der D e c k e hinauf und auch in die Liinetten, während in der Männerabteilung die Heizung nur bis zum Gewölbeansatz geführt ist. Vielleicht empfanden die F r a u e n ein größeres Bedürfnis nach W ä r m e schon im Tepidarium, wie die Männer. Auch die Heizanlage für das W a s s e r der W a n n e ist hier sehr interessant. Neben dem Bassin, das mit Marmor verkleidet war und deshalb leicht kalt war, hat man einen Kessel eingebaut, der von unten geheizt wurde. D a s W a s s e r in dem Kesssei stand in Verbindung mit dem in der W a n n e , so daß eine ständige Zirkulation des Wassers stattfand. Diese Einrichtung wird testudo alvaeus genannt. Ein solcher Kessel ist ganz gut in der Villa in B o s c o reale erhalten. Zwischen den beiden Caldarien liegt der Heizraum, das praefurnium (7). H i e r waren drei Kessel eingemauert und zwar einer für kaltes Wasser, der am höchsten lag, etwas tiefer einer für laues und darunter wieder einer für das ganz h e i ß e Wasser. Unter diesem letzten Kessel war das

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Die Stabianer T h e r m e n

eigentliche Feuerloch, unter dem mittleren gingen die Heißluftröhren f ü r die Heizung der W ä n d e entlang. Wenn man nun das heiße Wasser in die Wannen der Calderien gelassen hatte, so floß das inzwischen schon angewärmte Wassser aus dem Kessel in der Mitte in den unteren und ebenso das kalte aus dem oberen in den mittleren >und aus' der Wasserleitung das kalte Wasser in den obersten Kessel. Aber nicht nur untereinander standen diese Kessel in Verbindung. Wir sagten schon, d a ß das heiße Wasser aus dem untersten Kessel in die v Wannen geleitet werden konnte. Auch von dem mittleren Kessel führte eine Leitung in die Baderäume, man erkennt hier in dem Praefurnium der Stabianerthermen noch deutlich die Röhren, die von diesem zu dem Labrum des Caldarium der Frauenabteilung führen. Natürlich sind diese Verbesserungen erst nach und nach angebracht. Man nimmt an, d a ß die Bäder 150 Jahre v. Chr. erbaut wurden. Von den verschiedenen Umbauten wissen wir durch manche Inschriften, so geht aus einer hervor, daß zur' Zeit Sullas mehrere R ä u m e hinzugefügt wurden und Ausbesserungen an der Portikus und Palaestra vorgenommen wurden. Bei diesen Umbauten hat man die Räume a n der Nordseite (38—41) verlassen, die als Einzelbäder gedient hatten, denn m a n konnte sie nicht mehr heizen. Die Portikus, die die Palaestra von drei Seiten umgibt, ist ganz besonders reich verziert. Die Säulen sind mit Stuck überzogen und bis zu einem Drittel rot bemalt. Das Gebälk schmücken bemalte Stuckreliefs. Besonders reich ist die Westwand, an der das Bassin liegt, ausgestattet. Vor dieser W a n d sieht man einen aus besonders schönen glatten

Die S t a b i a n e r

Thermen

161

Quadern gepflasterten Streifen, die sog. Kegelbahn. Hier liegt auch noch eine g r o ß e Steinkugel, die fortzubewegen unseren Zeitgenossen einige Schwierigkeit bereitet. Das Schwimmbassin (11) ist ganz mit Marmor verkleidet; man erkennt noch die Mündungen der Wasserleitungsröhren. Der Raum ganz links war der Auskleidungsraum und Destrictarium (13), d. h. der Raum, in dem sich die Spieler den Staub und das Oel mit der Strigilis abschabten. Zwischen ihm und dem Schwimmbassin liegt das kleine Bassin (12), in dem man sich vor dem Betreten des g r o ß e n abwusch. Die Außenwand des Destrictariums und des kleinen Bassins in der Südwestecke der Palaestra ist mit einem besonders schönen und interessanten Bild geschmückt. E s ist auch ein Bühnenbild wie in der Casa di Apollo (VI, 7, 23), der Privatpalaestra (VIII, 2, 23) und dem Hause I, 3, 25; dieses hier stammt aus der allerletzten Zeit der Stadt. In die zierliche Architektur sind verschiedene mythologische Scenen und einige Landschaftsbilder eingeordnet. Im Mittelbild eine Darstellung des Herkules. Besonders fein sind die fliegenden Figuren in den oberen Seitenfeldern und die zierlichen Darstellungen auf dem Sockel: Delphine und Wasservögel. Hier ist Stuckrelief mit Malerei verbunden. Die zierlichen Figuren stehen auf zartem blauem und rotem Grund. Die einzige Statue, die hier gefunden wurde, ist eine H e r m e des Merkur, ähnlich der, die im Apollotempel steht. Merkur war der Schutzherr der Palaestra. Die Thermen waren zu bestimmten Zeiten geöffnet. Ein Gong (Abb. 39) (jetzt im Museum in Neapel) Pompejiführer 11

Die

A b b . 3i).

(icnj;

Slabianer

aus

den

riit'i'mcn

Slabianor

'l'lit-rincn

diente dazu, den Besuchern die E r ö f f n u n g anzukündigen. Auch Spuren einer Sonnenuhr fand man im Hof. Ob man f ü r die Benutzung der Bäder eine Gebühr erhob, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Einen Raum an der Nordseite kann man als Büro bezeichnen, doch haben sich in den Bade-

|G3

Die SinbianiT Thermen

r ä u m e n keine E i n t r i t t s k a r t e n (tesserae) aus Holz oder T e r r a c o t t a g e f u n d e n , wie wir sie aus d e m T h e a t e r kennen. E s lohnt sich, die alten Portale, von denen zwei im Vico cli L u p a n a r o und eins in der S t r a d a di Stabiae sind, anzusehen- Die beiden ersten h a b e n

A

Abb.

ItrnIHK*ii an der Kivu/.inijj der Strade dell1 Abbondauzo und Slradc di Stabiae

beim U m b a u sehr gelitten, a b e r das in der S t r a d a di Stabiae ist noch sehr gut erhalten, ein ähnliches findet sich in der S t r a d a d e l l ' A b b o n d a n z a n e b e n der Casa del Cinghiale. Beim V e r l a s s e n der T h e r m e n sieht m a n links die Basis der Statue des Marcus Holconius R u f u s

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Casa

di

Kpidio

Rufo

(jetzt im Museum in Neapel), der mehrere Male Duumvir gewesen ist ( S . 34). W i r befinden uns jetzt an der Kreuzung der Strada dell'Abbondanza und der S t r a d a di StabiaeHier sieht man auch wieder die Oeffnungen der Abflußkanäle, die sich hier zu einem sogenannten Kollektor vergrößern, um die W a s s e r m e n g e n aus den T h e r m e n aufnehmen zu können. — V o r kurzem wurde ein Brunnen mit einer Maske hier wieder mit fließendem W a s s e r hergestellt (Abb. 40). Nach dieser Kreuzung heißt die Strada dell'Abbondanze Strada dei Diadumeni. Auf ihrer linken Seite liegen die beiden Häuser, die wir jetzt betrachten werden. C a s a di Epidio R u f o . D a s H a u s des Epidius R u f u s . ( I X , 1, 2 0 ) . V o r der g a n z e n D a s H a u s hat einige B e s o n d e r h e i t e n . F r o n t zieht sich eine P l a t t f o r m hin, die nach der S t r a ß e zu rot bemalt war. V o n beiden S c h m a l s e i t e n führt eine T r e p p e herauf und ein G i t t e r lief auf ihrer L a n g s e i t e entlang. N e b e n einem g r o ß e n P o r t a l liegt eine k l e i n e r e T ü r , die dem täglichen V e r k e h r düente. D i e zweite E i g e n t ü m l i c h k e i t des H a u s e s ist das s o g e n a n n t e k o r i n t h i s c h e Atrium aus 16 Säulen (vgl. Casa di C a s t o r e e Polluce V I , 9, 6 ) . D i e S ä u l e n sind kannelliert und mit f e i n e m w e i ß e m M a r m o r s t u c k überzogen. I m Impluvium befindet sich ein f l a c h e s M a r m o r b e c k e n mit dem B r o n z e r o h r eines S p r i n g b r u n n e n s in der Mitte, wie es sich auch in der Casa di Obellio F i r m o findet ( S . 179). Die dritte B e s o n d e r h e i t ist dir T e i l u n g des E i n g a n g s der Alae durch zwei Säulen, eine g l e i c h e E i n r i c h t u n g findet sich sonst nicht in P o m p e j i . In der r e c h t e n Ala ist ein L a r a r i u m mit einer Inschrift auf dem kleinen M a r m o r t ä f e l c h e n ( A b b . 4 1 ) . Genio M ( a r c i ) n ( o s t r i ) ed laribus duo Diadumeni liberti ( D e m Genius unseres Marcus und den L a r e n von zwei F r e i g e l a s s e n e n Diadumeni g e w e i h t ) . In den anderen Z i m m e r n lohnt es noch den M o s a i k f u ß b o d e n anzusehen. L e i d e r sind die B i l d e r des leierspielenden Apollo und d e s W e t t s t r e i t s des M a r s y a s s e h r verblaßt. Interessant ist in der K ü c h e der H e r d , ü b e r d e m m a n n o c h das L o c h für

Cas;i