Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes [1 ed.] 9783428416486, 9783428016488

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Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes [1 ed.]
 9783428416486, 9783428016488

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 32

Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes Von

Hermann Weber

Duncker & Humblot · Berlin

H E R M A N N WEBER

D i e Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts i m System des Grundgesetzes

Schriften zum ö f f e n t l i c h e n Band 32

Recht

Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts i m System des Grundgesetzes

Von

Dr. H e r m a n n W e b e r

D U N C K E R

&

H U M B L O T /

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1966 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1966 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany

Vorwort Die hiermit vorgelegte Arbeit hat der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen seit dem Wintersemester 1964/65 als Dissertation vorgelegen; sie wurde i n ihrer ursprünglichen Form i m Oktober 1964 abgeschlossen. I n einigen Punkten habe ich nachträglich kleinere Änderungen vorgenommen; dabei konnte ich insbesondere die Literatur bis etwa November 1965 nachtragen. Nicht mehr rechtzeitig zugänglich wurden m i r die wichtigen staatskirchenrechtlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 1965; einige wesentliche Abhandlungen, die nur teilweise oder gar nicht berücksichtigt werden konnten, habe ich wenigstens in einem Nachtrag zum Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Veröffentlichung fällt in einen Zeitpunkt, in dem auf breiter Basis eine Überprüfung der bisher eingenommenen, weit vorgeschobenen staatskirchenrechtlichen Positionen eingesetzt hat; zu nennen sind dabei neben der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Prozesse u m das Schulgebet in Hessen und den Religionsunterricht i n Bremen, die Diskussion u m das Niedersächsische Konkordat und nicht zuletzt die seit etwa 1960 einsetzende wissenschaftliche K r i t i k an den Thesen der bis dahin nahezu unbestritten herrschenden Lehre und Rechtsprechung. Wenn die vorliegende Untersuchung sich in diesen Prozeß der Neubesinnung einfügt und durch die monographische Erörterung einer Einzelfrage zu einer dem Grundgesetz entsprechenden Lösung der Grundfragen des Verhältnisses von Staat und Kirche in unserer Verfassungsordnung beiträgt, hat sie ihren Zweck erfüllt. Meinem Lehrer, Herrn Professor Dr. Otto Bachof, danke ich für sein Interesse an dem Thema und für die Betreuung der Arbeit, Herrn Professor Dr. Martin Hechel für zahlreiche wertvolle Hinweise. Dank sagen möchte ich auch Herrn Ministerialrat a. D. Dr. J. Broermann, dem Inhaber des Verlages Duncker & Humblot, der die Publikation der Arbeit in der vorliegenden Form ermöglicht hat. Tübingen, den 30. Dezember 1965 Hermann Weber

Inhalt I.

Abschnitt

Grundlegung Α. §

1. Problemstellung, kungen

methodische

und

terminologische

Vorbemer15

a) Grundsätzliche Beschränkung auf das Bundesverfassungsrecht

17

b) Staatliche Sicht und juristische Methode

18

c) K e i n terminologischer Unterschied Kirchen-Religionsgemeinschaften-Religionsgesellschaften; die „Großkirchen"

21

B. Die Grundlagen §

Einleitung

des heutigen

Staatskirchenrechts

2. Die Weimarer Kirchenartikel i m System des Grundgesetzes

23

a) Die herrschende Lehre

23

b) Grundsätzliche Möglichkeit bender Verfassungsnormen?

eines

Inhaltswandels

gleichblei25

c) Bedeutungswandel der Weimarer Kirchenartikel? §

28

3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des Grundgesetzes

31

a) Organisatorische Trennung von Staat u n d Kirche

32

b) Eigenständigkeit der kirchlichen Gewalt c) Unterordnung der Religionsgemeinschaften meine Staatshoheit

: unter

die

allge35

d) Parität der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften

II.

33

40

Abschnitt

Die grundsätzliche Bedeutung des Status der Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts A. Unanwendbarkeit des allgemeinen (verwaltungsrechtlichen) der Körperschaft des öffentlichen Rechts §

4. Geschichte und heutige Bedeutung des Begriffs

Begriffs 46

a) Geschichtliche Entwicklung

46

b) Heutige Bedeutung des Begriffs

49

8

Inhalt

§

5. Die Geschichte der Anwendung des Begriffs auf die Kirchen

51

§

6. Unbrauchbarkeit des verwaltungsrechtlichen Begriffs der öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur E r k l ä r u n g der Stellung der Religionsgemeinschaften unter dem Grundgesetz

56

B. Die Korporationsqualität §

7. Definition

des

als öffentlicher

Problems,

Ausgrenzungen,

Gesamtstatus? Möglichkeiten

eines

Gesamtstatus

§

§

59

a) Ausgrenzungen

60

b) Möglichkeiten eines Gesamtstatus

62

8. K e i n Status normativer Öffentlichkeit

63

a) Prinzipielles zum Begriff des „ w e r t h a f t öffentlichen"

63

b) Nichtzugehörigkeit der Kirchen zu diesem Bereich

68

9. Status soziologischer Öffentlichkeit

73

a) Prinzipielles zum Begriff des „soziologisch öffentlichen"

73

b) Kirchen als Glieder dieser politisch-gesellschaftlichen Sphäre

77

§ 10. Korporationsqualität als spruchs der Kirchen?

Anerkennung

des

Öffentlichkeitsan79

a) Der Öffentlichkeitsanspruch i n theologischer Sicht

79

b) Der Öffentlichkeitsanspruch i n der staatlichen Rechtsordnung

81

§ 11. Korporationsqualität k e i n öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus

85

a) Kirchen nicht strukturdefiniert öffentlich-rechtlich

85

b) Kirchen u n d Kirchenrecht nicht k r a f t staatlicher Entscheidung

87

C. Die grundsätzliche § 12. Die

Bedeutung

Korporationsqualität

öffentlich-rechtlicher

generell

öffentlich-rechtlich

der Korporationsqualität als

verfassungswirksames

im

übrigen Angebot

Gestaltungsmöglichkeiten

91

a) Die Korporationsqualität als materielle Garantie

92

b) Die Korporationsqualität als Angebot

95

c) Die Korporationsqualität als v o m Staat eingeräumte, w i d e r rufliche Stellung

97

III.

Abschnitt

Die Bedeutung der Garantie der Körperschaftsrechte I m einzelnen A. Subjektive

Reichweite

der Garantie

§ 13. Allgemeines und Rechtslage bei den einzelnen Religionsgemeinschaften

99

Inhalt a) Allgemeines

v..'

99

b) Die Religionsgemeinschaften i m einzelnen 1. Römisch-katholische Kirche 2. Evangelische Kirche 3. Die kleinen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts B. Objektive

Reichweite

104 105 106 107

der Garantie

§ 14. M i t der Korporationsqualität garantierte Rechte

108

a) Uberblick über die Befugnisse u n d Vorrechte der Kirchen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts 109 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Besteuerungsrecht Parochialrecht u n d „Zwangsmitgliedschaft" Dienstherrenfähigkeit Disziplinargewalt Vereidigungsrecht Autonomie zur Regelung dieser Bereiche m i t rechtlicher W i r k u n g 7. Res sacrae 8. Strafrechtsschutz 9. Das „Privilegienbündel" 10. Fähigkeit, Staatsauf gaben wahrzunehmen

109 110 112 118 120 öffentlich120 124 125 125 128

b) Der verfassungsrechtlich abgesicherte Bereich

130

§ 1 5 . I n der Korporationsqualität nicht enthaltene Rechte

131

a) Keine Parteifähigkeit i m Organstreitverfahren vor dem B u n desverfassungsgericht 131 b) Keine „Meistbegünstigungsklausel" gegenüber den Körperschaften der mittelbaren Staatsverwaltung; kein genereller Amtshilfeanspruch 134 c) Keine echte Gerichtsbarkeit der Kirchen C. In der Korporationsqualität

enthaltene

135

Bindungen

und

Belastungen

§ 16. Allgemeines

138

a) Bindungen nur i m öffentlich-rechtlichen Bereich

138

b) Wegfall der besonderen Kirchenhoheit des Staates

139

c) Keine Verpflichtung zu bundestreueähnlichem Verhalten

142

§ 1 7 . Die einzelnen Bindungen der Kirchen i m Bereich

öffentlich-rechtlichen 143

a) Anwendbarkeit der Rechtsschutzgarantie des A r t . 19 Abs. I V GG 143 b) Grundrechtsbindung

149

c) Einschränkung der Grundrechtsgeltung

151

d) Keine Einzelaufsichtsrechte des Staates

153

10

Inhalt IV.

Abschnitt Schluß

§ 18. Zusammenfassung u n d Schluß

156

a) Zusammenfassung der Ergebnisse

156

b) Schlußbetrachtung

159

Literaturverzeichnis

161

Personenregister

177

Sachregister

178

Paragraphenregister

186

Verzeichnis der A b k ü r z u n g e n * a. a. O. Abs. AcP ALE Anm. AöH ArbG ArchEvKR ArchKathKR ArchRSozPhil Art. Aufl. Az.

am angegebenen Ort Absatz Archiv f ü r die zivilistische Praxis Preußisches Allgemeines Landrecht Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsgericht Archiv f ü r evangelisches Kirchenrecht Archiv für katholisches Kirchenrecht Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Artikel Auflage Aktenzeichen

BayBS BayObLG BayVBl. BayVGH BBauGes BBG Bd. Beschl. Β FH BGB BGBl. BGH BGHSt

Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bundesbaugesetz Bundesbeamtengesetz Band Beschluß Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs i n Strafsachen Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs i n Zivilsachen Bonner Kommentar Bundesleistungsgesetz Beamtenrechtsrahmengesetz Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Bundesverfassungsgericht

BGHZ BK BLeistG BRRG BSozG BSozHG BVerfG

* Hier n u r Abkürzungen; alle bibliographischen Angaben finden sich i m Literaturverzeichnis.

12 BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE CJC Diss. DÖV DRZ dt. DVBl. E EvKL EvSozL FamRZ FG FGG GBl. GBO Ges. GKG GVBL HdWRW HdWSozW HThG insbes. i.V. JBL JöffR JWG JZ KG KGJ KirchE KO Komm. LG L.S. LThK MDR MRVO

Verzeichnis der Abkürzungen Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Codex Juris Canonici Dissertation Die öffentliche Verwaltung Deutsche Rechtszeitschrift deutsch Deutsches Verwaltungsblatt amtliche Entscheidungssammlung (des jeweils angesprochenen Gerichts) Evangelisches Kirchenlexikon Evangelisches Soziallexikon Zeitschrift für das gesamte Familienrecht, früher Ehe und Familie Finanzgericht Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Gesetzblatt Grundbuchordnung Gesetz Gerichtskostengesetz Gesetz- u n d Verordnungsblatt Handwörterbuch der Rechtswissenschaft Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Handbuch theologischer Grundbegriffe insbesondere i n Verbindung Juristische Blätter (Österreich) Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Jugendwohlfahrtsgesetz Juristenzeitung Kammergericht Jahrbücher der Rechtsprechung des Kammergerichts Entscheidungen i n Kirchensachen Konkursordnung Kommentar Landgericht Lammers-Simons, Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich L e x i k o n für Theologie u n d Kirche Monatsschrift f ü r Deutsches Recht Militärregierungsverordnung

Verzeichnis der Abkürzungen MSchG mschr.

Mieterschutzgesetz Maschinenschrift (bei Dissertationen)

MThZ

Münchener Theologische Zeitschrift

m.(w.)Nachw. NatVersProt

m i t (weiteren) Nachweisen Verhandlungen der Verfassungsgebenden sammlung Neue Folge Neue Juristische Wochenschrift Nordrhein-Westfalen österreichische Juristenzeitung österreichisches Archiv für Kirchenrecht Oberverwaltungsgericht Politische Studien Preußisches Oberverwaltungsgericht Randnummer Reichsgericht Religion i n Geschichte u n d Gegenwart

N.F. NJW NRW ÖJZ östArchKR OVG PolSt PreußOVG Rd.-Nr. RG RGG RGSt

Nationalver-

V w G O , VerwGO

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts i n Strafsachen Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen Recht i m A m t Seite scilicet (ergänze) Spalte Staatslexikon Urteil vom, von Verfassung Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtsgesetz vergleiche Verwaltungsgerichtshof Veröffentlichungen der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung

WRV

Weimarer Reichsverfassung

ZBR

Zeitschrift für Beamtenrecht

ZevEth

Zeitschrift für evangelische E t h i k

RGZ RiA S. seil. Sp. StL U. v. Verf. VerwArch VG VGG vgl. VGH VVDtStRL

ZevKR

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht

ZKR

Zeitschrift f ü r Kirchenrecht von Dove u n d Friedberg

ZPO

Zivilprozeßordnung

ZSavStRG

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für

Rechtsgeschichte

I.

Abschnitt

Grundlegung A» E i n l e i t u n g

§ 1. P r o b l e m s t e l l u n g , methodische u n d terminologische Vorbemerkungen D i e r i c h t i g e O r d n u n g des V e r h ä l t n i s s e s v o n S t a a t u n d K i r c h e 1 ist seit j e h e r eines der z e n t r a l e n — u n d n e u r a l g i s c h e n — P r o b l e m e des m o d e r n e n Verfassungsstaates. D e m S t a a t als G e b i e t s h e r r s c h a f t s v e r b a n d z u r O r g a n i s a t i o n u n d A k t i v i e r u n g des gebietsgesellschaftlichen Z u s a m m e n w i r k e n s 2 stehen die auf d e m Staatsgebiet t ä t i g w e r d e n d e n , historisch gewachsenen u n d v o n i h r e r r e l i g i ö s e n A u f g a b e h e r b e s t i m m t e n R e l i gionsgemeinschaften gegenüber. N e b e n e i n a n d e r bestehen die staatliche u n d — z u m i n d e s t a u f k a t h o l i s c h e r Seite — eine v o l l ausgebildete k i r c h l i c h e Rechtsordnung. B e i d e ü b e r s c h n e i d e n sich u n d decken sich a n

1 Z u r Terminologie unten unter c). Z u m allgemeinen Problem des Verhältnisses zwischen Staat u n d Kiròhe u n d zur historischen Entwicklung vgl. die folgenden A r t i k e l i n Nachschlagewerken u n d die dort nahezu vollständig nachgewiesene L i t e r a t u r : Reiche, E v K L , Bd. I I I , Sp. 1113 ff. (Literaturverzeichnis Sp. 1121 f.); Hugo Rahner u n d viele andere, S t - L Bd. IV, Sp. 991 ff. (Literaturverzeichnis Sp. 1046 f.); Werner Weber, HdWSozW, Bd. I X , S. 753 ff. (Literaturverzeichnis S. 757); Raab/Mörsdorf, L T h K , Bd. V I , Sp. 288 ff. (Literaturverzeichnis Sp. 294 f., 300). Die ausländische Literatur ist nachgewiesen bei Bates, Glaubensfreiheit, S. 864 ff. Außer dem bereits i m Literaturverzeichnis dieser A r b e i t enthaltenen neueren Schrifttum sind folgende wichtige Arbeiten nachzutragen: aus der älteren L i t e r a t u r : Paul Simon u n d Hans Gerber, „Staat u n d Kirche", Vorträge, Deutsches Volkstum 1931, S. 576 ff. bzw. 596 ff.; Josef Lohr u n d Paul Althaus, „Staat u n d Kirche", Vorträge, i n : Der Staat, eine Schulungswoche der Deutschen Studentenschaft, o. J. (ca. 1930); aus der neueren L i t e r a t u r : K . O. Frhr. v. Aretin, Katholische Kirche u n d demokratischer Staat, M e r k u r 1963, Heft 190, S. 1185 ff.; Hans Müller, Katholische Kirche u n d Nationalsozialismus, 1963; Günther van Norden, Kirche i n der Krise, 1963; Sidney Z.Ehler, Twenty Centuries of Church and State, Westminster 1957 (deutsch unter dem T i t e l „Zwanzig Jahrhunderte Kirche u n d Staat", Essen 1962); vgl. schließlich neuestens K. O. Frhr. v. Aretin, Katholische Kirche u n d Nationalsozialismus — Eine Bilanz der Diskussionen, M e r k u r 1965, Heft 213, S. 1188 ff. m. Nachw. 2 Heller, Allgemeine Staatslehre, S. 203.

16

Α. Einleitung

den Schnittpunkten keineswegs; sie definieren von verschiedenen Standpunkten aus Wesen und Rechtsgestalt der Kirchen und wenden sich m i t ihren i m Grenzbereich oft widersprechenden Normen an den gleichen Adressaten — den Staatsbürger, der auch Kirchenglied ist. Sowohl für den Staat wie für die Religionsgemeinschaften w i r d beansprucht, daß sie „öffentlich", „hoheitlich", „souverän" tätig werden, wobei über die Definition der Begriffe keineswegs Einigkeit besteht. Beider A n sprüche sind zueinander ins Verhältnis zu setzen, die Zuständigkeit von Staat und Religionsgemeinschaften und die Geltungsbereiche weltlichen und kirchlichen Rechts sind abzugrenzen; der Status der Kirchen i n der weltlichen Ordnung ist festzulegen. Diese Abgrenzung und Festlegung hat seit der Entstehung des modernen Einheitsstaates der staatliche Gesetzgeber für sich i n Anspruch genommen; der konstitutionelle Staat t r i f f t zumindest die grundsätzliche Regelung traditionellerweise i n der Verfassungsurkunde 3 « Der Parlamentarische Rat und das von i h m geschaffene Grundgesetz haben diese Aufgabe nicht neu gelöst, sondern die Weimarer Kirchenartikel als integralen Bestandteil i n die neue Verfassung rezipiert (Art. 140 GG). Aufrechterhalten bleibt damit als einer der Kernpunkte des Weimarer staatskirchenrechtlichen Systems der Status der Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 137 Abs. V WRV) — und m i t i h m die Unklarheit über seine Bedeutung. Trotz des erheblichen Umfangs des neueren Schrifttums zum Staatskirchenrecht ist keine Darstellung ersichtlich, die speziell die Bedeutung dieser Garantie i m System des Grundgesetzes zu umreißen versucht und es unternimmt, von hierher zur Klärung der staatskirchenrechtlichen Lage beizutragen 4 . Dies soll Aufgabe der folgenden Untersuchung sein, eine Aufgabe, die es notwendig macht, einige Vorbemerkungen sowohl zur Eingrenzung des Themas als auch zur Methode und Terminologie vorauszuschicken. 3 Vgl. Scheuner, RGG, Bd. I I I , Sp. 1330; zur historischen Entwicklung i n der Neuzeit ferner H. Conrad, StL, Bd. I V , Sp. 1001 ff. — E i n Beispiel für eine vorkonstitutionelle Normierung i m gesetzten Recht bietet das A L R (11. Titel, I I . Teil); i n den späteren Verfassungen finden sich fast stets staatskirchenrechtliche Regelungen (vgl. ζ. B. Bayerisches Religionsedikt von 1808 als Beilage zur K o n s t i t u t i o n v o n 1807 u n d wieder zur Verfassungsurkunde von 1818, abgedruckt bei Josef Pözl, Sammlung der Bayerischen Verfassungsgesetze, 2. Aufl. 1869, S. 123 ff.; ferner Württembergische V e r fassung von 1819, T i t e l V I ; Preußische Verfassung v o n 1850, A r t . 12—18; Paulskirchenverfassung v. 28. 3. 1849, A r t . V, insbes. § 147 — die zuletzt zitierten Verfassungen finden sich alle bei E. R. Huber, Quellen zum Staatsrecht der Neuzeit, Bd. I, 1949. 4 Neuerdings hat Mikat das Teilproblem der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit i n Kirchensachen v o m öffentlich-rechtlichen Status der Kirchen her zu lösen versucht (Streitsachen, passim, insbes. S. 325 ff.). Darauf w i r d unten einzugehen sein.

§ 1. Problemstellung u n d Vorbemerkungen

a) Grundsätzliche

Beschränkung

17

auf do.s Bundesverfassungsrecht

Soweit die Stellung der Kirchen über rein soziologisch-tatsächliche Gegebenheiten hinaus Rechtsstatus ist, beruht sie auf Recht verschiedener Ebenen: Bundes- und Landesrecht zum einen, Verfassungs-, einfaches Gesetzes- und Vertragsrecht zum anderen. Die bundesverfassungsrechtliche Regelung des Staatskirchenrechts — und m i t ihr die Garantie des Status der Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts — enthält nur einen Rahmen, dessen Auffüllung wegen des Fehlens einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes unter dem Grundgesetz Sache der Länder ist. Dabei ist der Landesgesetzgeber freilich an den bundesrechtlichen Rahmen gebunden, soweit dieser Regelungen enthält 5 . Ein Grundbestand an Rechten mag überdies unabänderlich sein — entweder auf Grund positiver Verfassungsbestimmung (Art. 79 Abs. I I I GG) während des Bestehens der Kodifikation des Grundgesetzes oder kraft überpositiven Rechts überhaupt 6 . So kann die Frage nach dem Inhalt der Rechtsstellung der Kirchen als öffentliche Körperschaften i n zweierlei Sinn gestellt werden: entweder als Frage nach dem System von Berechtigungen und Beschränkungen, die sich — auch den Landesgesetzgeber bindend — aus der Korporationsqualität ergeben, und nach dem darin möglicherweise enthaltenen unabänderlichen Grundbestand oder aber umfassend als Frage nach dem gesamten öffentlichen Rechtsstatus der Kirchen, also auch nach der Auffüllung, die die Länder dem Verfassungsrahmen des Bundes gegeben haben. Hier geht es u m die Interpretation der Bundesverfassung, die allerdings mitunter nur i n ihrer landesrechtlichen Konkretisierung anschaulich wird. Nur i m ersten Sinne zwar, als Frage nach dem bundesrechtlichen Rahmen, ist die Frage also zu stellen; zur Verdeutlichung w i r d es jedoch notwendig werden, die positiven Regelungen des Landesrechts bei scharfer begrifflicher Trennung gelegentlich heranzuziehen.

s So richtig Hesse, Rechtsschutz, S. 24. Die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes sind zwar eine „ M i n i m a l o r d n u n g " (Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 119) des Verhältnisses von Staat u n d Kirche, nicht aber i m Sinne einer „Mindestprivilegierung" der Religionsgemeinschaften, die von den Ländern ohne Rücksicht auf A r t . 31 GG beliebig erweitert werden k a n n (so Süsterhenn-Schäfer, Komm., Vorb. 7 zu A r t . 41), sondern eines „Grundbestandes berechtigender u n d beschränkender Normierungen", die den Landesgesetzgeber binden (Hesse, a. a. O., S. 26). β Z u m begrifflichen Unterschied vgl. die Kontroverse zwischen Joseph Piller, L'aménagement de la société politique dans le cadre national, Politela 2 (1950), S. 146 ff., u n d Nawiasky, Das Eigenrecht der kleineren Gemeinschaften, Politela 3 (1951), S. 115 ff. Z u r Begrenztheit der W i r k u n g des A r t . 79 Abs. I I I GG auf die Zeit während der Gültigkeit der Kodifikation des Grundgesetzes vgl. Herbert Krüger, D Ö V 1961, 721. 2 Weber

18

Α. Einleitung

b) Staatliche Sicht und juristische

Methode

1. Die Bedeutung des den Kirchen i m Grundgesetz gewährten öffentlichen Status untersuchen, heißt die staatliche Verfassung interpretieren und damit von deren Blickpunkt ausgehen7. Es kommt also nur auf ihre Vorstellungen vom Verhältnis der Kirchen zum Staat, nicht auf ein etwa abweichendes kirchliches Selbstverständnis an. Dieses kirchliche Verständnis kann als Interpretationsmittel staatskirchenrechtlicher Verfassungsbestimmungen nur insoweit herangezogen werden, als es von der Verfassung für ihren Bereich übernommen w i r d 8 ; wie weit diese das tut und tun darf, ist hier noch nicht zu klären. Eine solche Sicht ist nur dann sinnvoll und gerechtfertigt, wenn die Verfassung die Stellung der Kirchen i n der Rechtsordnung überhaupt verbindlich festlegen kann — eine Voraussetzung, die zumindest dem zweifelhaft erscheinen muß, der die Kirchen als „souveräne Rechtsgemeinschaften" ansieht 9 . Dementsprechend ist die hier vertretene Betrachtungsweise als „einseitig etatistisch" abgelehnt worden 1 0 . Diesem Einwand kann nicht damit begegnet werden, daß man dem als pouvoir constitué verstandenen Staat die Nation als pouvoir constituant gegenüberstellt und dieser — i m Gegensatz zum Staat — die „souveräne Verfügung über den Kontaktbereich von Staat und Kirche" vindiziert 1 1 . Dadurch w i r d i n dem Konflikt staatlicher und kirchlicher Sehweise nur die staatliche Ebene erhöht: zwar ist die Nation m i t dem Staat nicht identisch, die von ihr getragene verfassungsgebende Gewalt ist jedoch auf ihn bezogen und nur aus dieser Bezogenheit verständlich. Substantiiert sie sich i n einer geschriebenen — oder ungeschriebenen — Verfassung, dann ist diese die Regelung des Zusammenlebens i n der staatlichen Ordnung; auch wenn sie sich nicht nur an die „juristische Person Staat", sondern darüber hinaus an Staatsvolk, Staatsbürger und deren Gruppierungen richtet 1 2 , sind ihre Forderungen 7 Ebenso Köttgen, DVB1.1952, 486; Scheven, Diss., S. 8; Ridder, Kirche, Staat, Rundfunk, S. 17 f. (vgl. aber ebd. S. 23). Ä h n l i c h aus theologischer Sicht: Karl Barth, Ordnung der Gemeinde, S. 23 f. β U n k l a r Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 140, w e n n er „das Selbstverständnis der Kirchen und seine staatliche Anerkennung" (Hervorhebung nicht i m Original) f ü r ein wichtiges Interpretationsmittel bei der Auslegung der Weimarer A r t i k e l hält. Dagegen Fuß, DÖV 1961, 735. Ä h n l i c h wie hier auch Scheuner, Z e v K R 6, 10 m i t Fußnote 29. 9 So am konsequentesten Brandweiner, Die christlichen Kirchen als souveräne Rechtsgemeinschaften, passim, insbes. S. 77 ff. Weitere Nachw. unten § 3, Fußnote 31. 10 So Hesse, ZevKR 6, 179. Z u der hier aufgeworfenen Frage vgl. auch Scheuner, Z e v K R 7, 229 ff., u n d Fuß, D Ö V 1961, 734 f. u So aber Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 177—191, insbes. S. 180f.: i h m zustimmend Scheffler, Stellung der Kirche, S. 41. 12 Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 177, 184.

§ 1. Problemstellung u n d Vorbemerkungen

19

an diese doch Forderungen des Staates. Daß das Problem m i t der Heranziehung der verfassunggebenden Gewalt als vom Staate wesensverschieden nur verlagert wird, zeigt sich insbesondere dann, wenn das Verhältnis der Kirchen zum Staat zwar nicht in der Verfassung, wohl aber i n der sonstigen staatlichen Rechtsordnung (insbesondere also in einfachen Gesetzen) geregelt ist. Ist die Sicht von der Verfassung her richtig verstanden nichts anderes als staatliche Betrachtungsweise, dann bleibt der Hinweis auf die Herkunft des Verfassungsinhalts aus dem pouvoir constituant der Nation rein formal. Der Standpunkt beim staatlichen Verfassungsrecht bedarf einer weiteren, materialen Rechtfertigung, die er nur i n dem „Charakter des Staates als souveränem Gemeinwesen" 13 finden kann. A n i h m ist trotz aller dagegen erhobenen Bedenken festzuhalten. Nur als höchste Rechtsautorität und Entscheidungseinheit, die souverän bestimmt, was einem jeden — auch der Kirche — i n der rechtlichen Ordnung gesellschaftlichen Zusammenlebens zukommt, kann der Staat seiner Aufgabe, „Hüter der gerechten Ordnung", „Wächter über dem mißachteten Gesetz der Gerechtigkeit" zu sein 14 , nachkommen. Das bedeutet kein Weiterschleppen „juristisch-positivistischer Vorstellungen vom Staat als Inhaber der Rechtshoheit" 15 , denn Souveränität muß nicht denknotwendig unbegrenzt sein. I m Gegenteil: gerade die Aufgabe des Staates, Hüter des Rechts zu sein, die auf der einen Seite seine (nach innen gerichtete) Souveränität über alle Faktoren des gebietsgesellschaftlichen Zusammenwirkens erfordert und begründet, begrenzt diese Souveränität gleichzeitig von eben der zu wahrenden Gerechtigkeit her 1 6 . Dem Staat ist damit eine Grenze vorgezeichnet, jenseits deren seine Ordnungsmacht endet und eine — freilich enge — Kernzone unantastbarer Freiheitsrechte der einzelnen und der Gruppierungen der Gesellschaft beginnt. Außerhalb dieses Bereichs aber ist der Staat Herr der Rechtsordnung. 13 Fuß, D Ö V 1961, 735. 14 Haug, Schranken der Verfassungsrevision, S. 63 f. is Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 149 f.; ähnlich Hesse, Z e v K R 6, 180. 16 Das obige Verständnis der Souveränität beruht i m wesentlichen auf den Auffassungen von Haug, a.a.O., passim, insbes. S. 58 f., 63 ff., 68 ff., 232 f. V o m Recht her materiell bestimmt sieht den Souveränitätsbegriff bereits Haenel, Dt. Staatsrecht, Bd. I, S. 114 ff., insbes. S. 117 m i t Fußnote 2; übereinstimmend auch Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 856 f. I n gleicher Richtung ferner Smend, Z e v K R 1, 12 f., und Hennis, Diss., S. 85, 131 f., der die Erfordernisse des friedlichen Zusammenlebens i n der Völkergemeinschaft als weitere Schranke der Souveränität ansieht. Z u r Geschichte des Souveränitätsbegriffes i n der deutschen Staatslehre, insbesondere auch zu dem am konsequentesten von Kelsen (Das Problem der Souveränität, passim) vertretenen rein formellen Begriff vgl. die gute Übersicht bei Hennis , a. a. O., S. 11—85. 2*

20

Α. Einleitung

I m so umgrenzten Sinne steht i h m auch die souveräne Verfügung über den Grenzbereich von Staat und Kirche zu 1 7 : eine These, die zwar theoretisch nicht selten bestritten wird, aber i n der Praxis gleichwohl Grundlage unserer Rechtsordnung ist (man denke nur an die nach allgemeiner Ansicht verbindliche Inanspruchnahme des gesamten Eheund Familienrechts durch den Staat trotz entgegenstehender kirchlicher Ansprüche). Die inhaltliche Begrenzung der staatlichen Souveränität w i r k t sich so aus, daß das kirchliche Selbstverständnis einem abweichenden Verständnis der Verfassung gegenüber da bedeutsam werden kann, wo dieses gewisse äußerste Gerechtigkeitsgrenzen verletzt; eine theoretische Möglichkeit allerdings, die „bei einem freiheitlichdemokratischen Verfassungsgeber einer praktischen Unmöglichkeit gleichkommt" 1 8 . M i t der allgemein-staatstheoretischen Aussage, daß der Staat der Kirche ihre Stellung i n der weltlichen Rechtsordnung souverän anweisen kann, ist nichts darüber gesagt, i n welcher Form und m i t welchem Inhalt er von dieser seiner Ordnungsfunktion Gebrauch zu machen hat. Weder ist damit generell das Vertragskirchenrecht ausgeschlossen (das zwar nicht die „heute allein denkbare Grundlage für die Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche" 1 9 , wohl aber deren Regelfall sein kann) noch die Interpretation des positiven Verfassungsrechts präjudiziert. Insbesondere ist noch nicht von der Unterordnung der Kirchen unter die staatliche Rechtsordnung auszugehen: der Staat ist i n der Lage — kraft eigener Rechtshoheit und 17 Ausdrücklich stimmen m i t der oben vertretenen Ansicht überein: Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 952; Quaritsch, Kirchen und Staat, S. 189; Nawiasky, Allgemeine Staatslehre, Bd. II/2, S. 107; Scheuner, Z e v K R 6, 25; Schulz-Lessdorf, Diss., S. 6; mittelbar auch das Konkordatsu r t e i l des BVerfG, U. v. 26. 3.1957, E 6, 309 (357 ff.) [vgl. dazu Scheuner, ZevKR7,265]; ferner W.Weber, Z e v K R 1, 358, w e n n er die Kirchen durch die staatlichen Monopolansprüche hinsichtlich des Promotionsrechts begrenzt sieht. Daß der Staat „nicht schlechthin darauf verzichtet hat, seinen Lebensraum selbst zu bestimmen", betonen auch Kleinrahm-Geller-Fleck, A n m . 3 zu A r t . 19 Verf. N R W (S. 142). 18 BVerfG, U. v. 18.12.1953, E 3, 225 (233); zustimmend Dürig i n MaunzDürig, Rd.-Nr. 82 zu A r t . 1 G G ; Quaritsch, a. a. O., S. 187. A u f das Problem des überpositiven (Natur)rechts u n d der verfassungswidrigen Verfassungsn o r m k a n n hier i m einzelnen nicht eingegangen werden. Vgl. statt aller: z u m Naturrecht den Sammelband „Naturrecht oder Rechtspositivismus" hrsgg. von Werner Maihof er, Wege der Forschung Bd. X V I , Darmstadt 1962, u n d die dort, S. 580 ff., zusammengestellte L i t e r a t u r ; zur verfassungsw i d r i g e n Verfassungsnorm die gleichnamige Abhandlung v o n Bachof, 1951, sowie Apelt, N J W 1952, 1 ff. is So aber Mikat, Kirche u n d Staat, S. 23. Ä h n l i c h Georg May, A r c h K a t h K R 132, 63; S. Grundmann, ÖstArchKR 13, 294 ff.; Steinmüller, ArchKathKR 131,462; Dombois, Recht der Gnade, S. 1048; Ernst Schneider, Diss., S. 148 f.; abgewogener Hollerbach, Verträge, S. 126 ff. Bedenken gegen das Vertragskirchenrecht bei Dantine, Z e v K R 10, 228 ff.

§ 1. Problemstellung und Vorbemerkungen

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ohne dadurch seine Souveränität prinzipiell aufzugeben — die Kirchen als eigenständige, sich selbst bestimmende und von der Bestimmung durch staatliches Recht befreite („souveräne") Größen zu respektieren 20 . Ob das gewollt ist oder ob die Kirchen unter der Staatshoheit und der staatlichen Rechtsordnung stehen sollen, ist eine Frage der Verfassungsauslegung, die hier noch nicht zu beantworten ist. 2. Zur Methode ist anzufügen, daß das gestellte Thema eine Untersuchung vom Rechtlichen her erfordert; tatsächliche Stellung der K i r chen i m Sozialgefüge und ihre Stellung i m Rahmen der Rechts- und Verfassungsordnung sind zweierlei. Das zeitgenössische Schrifttum tendiert dazu, methodisch ungenau zu verfahren, Situationsanalysen an die Stelle von rechtlichen Argumentationen zu stellen 21 und soziologische, politische und juristische Methoden und Begriffe nicht deutlich genug auseinanderzuhalten 22 ; was aber „politisch wünschbar, ethisch gerechtfertigt und soziologisch wirklich ist", braucht noch nicht rechtlich zutreffend zu sein 23 . Gewiß läßt sich die Frage nach der Rechtsstellung der Kirchen i m Staate nur auf dem Hintergrund ihres Status i n der gesellschaftlichen Wirklichkeit beantworten; eine solche Berücksichtigung des faktisch Gegebenen entbindet aber nicht von der scharfen begrifflichen Trennung gegenüber dem rechtlich Garantierten. c) Kein terminologischer Unterschied Kirchen — Religionsgemeinschaften — Religionsgesellschaften; die „Großkirchen" Wenn man schlechthin vom Verhältnis von Staat und Kirche spricht, dann ist damit traditionell das Verhältnis zu allen organisierten Religionen gemeint 24 . Dementsprechend taucht i n den auszudeutenden Verfassungen das Wort „Kirche" nicht auf: die Weimarer Verfassung spricht generell von „Religionsgesellschaften", das Grundgesetz von „Religionsgemeinschaften" (Art. 7 Abs. I I GG), ohne daß ein sachlicher Unterschied besteht 25 . Die neuere Gesetzgebung dagegen macht fast 20 Wie hier Paul Simon, a. a. O. (vgl. oben Fußnote 1), S. 584. 21 Dazu Voigt, Kirchenrecht, S. 226. 22 Stark soziologisch bestimmt ist z.B. W.Webers Referat vor der M a r burger Staatsrechtslehrertagung, V V D t S t R L 11,153 ff., passim (vgl. insbes. S. 173 ff.). Dabei werden bei i h m m i t u n t e r u n d bei der auf i h n aufbauenden L i t e r a t u r häufig rechtliche Folgerungen aus soziologischen Fakten abgeleitet. Vgl. dazu auch Zippelius, Z e v K R 9,45 ff., 53 ff.; Scheven, JZ 1965, 380 (Buchbesprechung). 23 Übereinstimmend Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 191 ; dort auch das Zitat. Z u dem hier angeschnittenen Problem vgl. neuestens auch Ossenbühl, DÖV 1965, 650 ff., 660 m. umfangreichen Nachw. 24 Vgl. dazu Schlief, Diss., S. 1 Fußnote 1; Kahl, Lehrsystem, Bd. I, S. 246 f. 25 Vgl. Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 148; ferner M. Heckel, summum ius — summa iniuria, S. 254.

22

Α. Einleitung

stets eine terminologische Unterscheidung zwischen Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften (oder -gesellschaften) 26 . I m folgenden werden alle drei Bezeichnungen gleichermaßen als Oberbegriff für alle Religionsgemeinschaften gebraucht; wenn nur von den traditionell in Deutschland tätigen und historisch gewachsenen Volkskirchen (der evangelischen Kirche in ihrer Dreiteilung in lutherische, reformierte und unierte Kirchen und der römisch-katholischen Kirche) i m Gegensatz zu den sonstigen Religionsgemeinschaften gesprochen werden soll, dann w i r d der Ausdruck „Großkirchen" verwendet. Der Begriff „Kirche" i m engeren Sinne ist für das Staatskirchenrecht nicht brauchbar. Beschränkt man ihn, was an sich denkbar ist, bewußt auf die traditionellen Großkirchen, dann ist das einmal von der Religionsneutralität des staatlichen Rechts her bedenklich 27 ; zum anderen setzt man sich i n Widerspruch zu dem weiteren empirisch-soziologischen K i r chenbegriff 28 . Eine vom Theologischen her bestimmte Abgrenzung stößt schon deshalb auf Schwierigkeiten, weil der Begriff vom katholischen Standpunkt aus jedenfalls bisher ganz eindeutig auf die eigene Kirche begrenzt und m i t ihr identisch w a r 2 9 ; ob die sich auf dem II. Vatikanum andeutende Änderung des Sprachgebrauchs 30 von nachhaltiger W i r k samkeit sein wird, bleibt abzuwarten. Setzt man sich über derartige Schwierigkeiten hinweg und versteht unter Kirchen die Gemeinwesen, die sich durch die Stiftung Christi entstanden und hierdurch zu einem Leib verbunden wissen 31 , dann muß man über die oben umschriebenen Großkirchen hinaus zumindest auch die orthodoxen Kirchen dazurechnen und erhält so einen Begriff, der offensichtlich rechtlich bedeutungslos ist, da die in ihm zusammengefaßten Religionsgemeinschaften ganz verschiedene Rechtsstellungen haben: So ist die russischorthodoxe Kirche in einzelnen Ländern als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt 3 2 , während die griechisch-orthodoxe lediglich Privatkörperschaft ist 3 3 . 26 Vgl. ζ. B. § 5 J W G v. 11. 8.1961; § 4 BLeistG i n der Fassung v. 27. 9.1961; §§ 1,19 BBauG v. 23. 6.1960. 27 Vgl. Mirbt, Glaubens- u n d Gewissensfreiheit, S. 353 f.; Schnorr v. Carolsfeld, Normengrenzrecht, S. 222 f. Fußnote 6, S. 224 Fußnote 10a. 28 Hierzu Honigsheim, A r t i k e l „Kirche" i n RGG, Bd. I I I , Sp. 1296; Brandweiner, Christliche Kirchen als souveräne Rechtsgemeinschaften, S. 19 ff. 29 So ganz k l a r Haring, Kirchenrecht, S. 38; ähnlich Barion, Artikel „Kirche" i n RGG, Bd. I I I , Sp. 1322 f. Ebenso — w e n n auch nicht ausdrücklich — Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I, S. 8 ff.; Ratzinger. A r t i k e l „Kirche" i n L T h K , Bd. V I , Sp. 172 ff.; Panzram, M T h Z 4 (1953), S. 187 ff. (insbes. S. 188 f.). 30 Vgl. dazu das Konzilsdekret über den Ökumenismus v. 21.11.1964, i n dt. Übersetzung auszugsweise abgedruckt bei Erler, Kirchenrecht, S. 174 ff. 31 S. Grundmann, ÖstArchKR 13,298; vgl. auch Brandweiner, a. a. O., S. 9 ff. 32 Vgl. J. Lehmann, Kleine Religionsgemeinschaften, S. 31. 33 LG München, Beschl. v. 10. 4.1962, Z e v K R 10, 213.

§ 2. Die Weimarer Kirchenartikel i m System des GG

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B . D i e G r u n d l a g e n des h e u t i g e n S t a a t s k i r c h e n r e c h t s § 2. D i e W e i m a r e r K i r c h e n a r t i k e l i m S y s t e m des Grundgesetzes N u r als T e i l s t ü c k i m R a h m e n der G e s a m t o r d n u n g des V e r h ä l t n i s s e s v o n S t a a t u n d K i r c h e g e w i n n t die ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e K o r p o r a t i o n s q u a l i t ä t der K i r c h e n i h r e n S i n n . I h r e B e d e u t u n g k a n n n u r nach e i n e m B l i c k a u f die G r u n d p r i n z i p i e n des h e u t i g e n Staatskirchenrechts u m r i s sen w e r d e n , s o w e i t diese i n d e m h i e r gegebenen Z u s a m m e n h a n g angesprochen sind. D a m i t ist die F r a g e nach der B e d e u t u n g der W e i m a r e r A r t i k e l i m S y s t e m des Grundgesetzes gestellt. a) Die herrschende

Lehre

Seit d e m g r u n d l e g e n d e n A u f s a t z v o n Smend 1 s t i m m t die neuere Lehre u n d J u d i k a t u r z u m Staatskirchenrecht weitgehend dahin überein, daß die grundgesetzliche O r d n u n g des V e r h ä l t n i s s e s v o n S t a a t u n d K i r c h e m i t d e r der W e i m a r e r V e r f a s s u n g n i c h t i d e n t i s c h i s t ; d e r e n w ö r t l i c h ins Grundgesetz ü b e r n o m m e n e A r t i k e l sollen also eine neue B e d e u t u n g g e w o n n e n h a b e n 2 . V o n dieser V o r a u s s e t z u n g aus g e w i n n t ι Z e v K R 1,4 ff. (neu abgedruckt i n Staatsrechtliche Abhandlungen, S. 411 ff.); aufrechterhalten i n JZ 1956,50. 2 Bezüglich Begründung u n d Ausmaß i m einzelnen voneinander abweichend stimmen — neben anderen — hinsichtlich des Bedeutungswandels grundsätzlich überein: Bachof, D Ö V 1958, 557; derselbe, D Ö V 1964, 70 (Buchbesprechung); Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 20 zu A r t . 19 I V GG; Erler, Kirchenrecht, S. 80; Friedrich, Kirchenrecht, S. 472; S. Grundmann, ö s t A r c h K R 13,290; Hamann, Komm., A n m . A 1 b zu A r t . 140 GG; J. Hechel, Kirchengut, S. 103 f.; Hesse, ZevKR 3,190; derselbe, Rechtsschutz, S. 28 ff. u n d passim; Holtkotten i n B K , A n m . I I 2 zu A r t . 140 GG; Johnsen, Diss., S. 129; Röttgen, DVB1. 1952, 486; Kühn, DVB1. 1958, 389 (Urteilsanmerkung); Liermann, ÖstArchKR 5,214; v.Mangoldt, Komm., A n m . 2 zu A r t . 140 G G ; Georg May, A r c h K a t h K R 132, 62; Menger, M D R 1955, 512; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 136; K . Müller, D Ö V 1955, 424; H. Peters, V V D t S t R L 11, 188; Ridder, St.-L, Bd. I V , Sp. 1026; Rupp, AöR 85,161; Scheven, Z e v K R 4, 161; Scheuner, Z e v K R 2,382; derselbe, Z e v K R 6,357 Fußnote 47; Schlief, Diss., S. 98; Süsterhenn, DVB1.1961,181; W.Thieme, AöR 80, 425; W.Weber, V V D t S t R L 11,159; derselbe, HdWSozW, Bd. I X , S. 753 ff.; Zinn-Stein, Komm., Vorb. 3 vor A r t . 48 (S. 244); ferner als Beispiele aus der Rechtsprechung: BGH, U. v. 18. 2. 1954, B G H Z 12, 321 = K i r c h E 2, 189 = Z e v K R 3, 407 ff. = N J W 1954, 1284 f.; U. v. 16. 3. 1961, BGHZ 34, 372; BSozG, U. v. 29. 3. 1962, D Ö V 1962,787. — Ähnlich, aber w o h l einschränkend: Maunz, Staatsrecht, S. 132 (nach i h m ist ein Vorbehalt etwa des Wortlauts „soweit dies Grundgesetz nicht entgegensteht" i n A r t . 140 G G „nicht enthalten, aber w o h l zu unterstellen"); ferner Reicke, E v K L , Bd. I I I , Sp. 1119 (Wandlung des tatsächlichen Verhältnisses); Fuß, D Ö V 1961, 736 ff. Offengelassen w i r d die Frage i n BVerfG, U. v. 26. 3.1957 (Konkordatsurteil), E 6, 309 ff. (343); Hessischer Staatsgerichtshof, U. v. 27.10.1965 (Schulgebetsurteil), N J W 1966, 31 ff. (33). Gegen einen Bedeutungswandel: Herbert Krüger, D Ö V 1961, 727; weniger scharf bereits derselbe, Z e v K R 6, 72 f.; Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 194 ff.; Kern, Staat und Kirche, S. 93 („das Grundgesetz bringt kein neues System"); Voigt, Kirchenrecht, S. 225; w o h l auch Koellreutter, Staatsrecht, S. 84 (un-

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Β . Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

die herrschende Lehre kurz zusammengefaßt folgendes B i l d von der heutigen staatskirchenrechtlichen Lage 3 : Kirche und Staat stehen sich gleichberechtigt, gleichgeordnet und gleichrangig i n einem System der Koordination gegenüber, das auch als „System der positiven Trennung von Staat und Kirche" gekennzeichnet w i r d 4 und in dem der „gute und wertvolle Kern des Verhältnisses konstantinischer Nähe von Kirche und Staat unangetastet bleibt" 5 . Die Kirchen besitzen eine eigene, ursprüngliche, vom Staat unabhängige, von i h m aber anerkannte Hoheitsgewalt. Die besondere Kirchenhoheit und Kirchenaufsicht des Staates sind weggefallen. Die Kirchen sind aber auch der allgemeinen Staatshoheit nicht unterworfen, i h m also nicht subordiniert. Nicht aus der Unterworfenheit unter die Staatshoheit, sondern aus freiwilliger Anerkennung durch die Kirchen folgt ihre weiterbestehende Bindung an das „für alle geltende Gesetz" 6 . Darunter ist aber nicht eine Bindung an das „allgemeine Gesetz", sondern — gemäß der Definition von Johannes Hechel 7 — an „jedes für die Gesamtnation als politische, K u l t u r - und Rechtsgemeinschaft unentbehrliche Gesetz, aber auch nur an ein solches Gesetz" zu verstehen. Auch die Grenzziehungsbefugnis des Staates zwischen kirchlichen und staatlichen Angelegenheiten ist entfallen 8 ; Streitfragen sind durch Verhandlungen zwischen Staat und Kirche zu regeln. Die Stellung der Kirchen als „Körperschaften des klar); ferner aus der Rechtsprechung: L G Bielefeld, U. v. 13. 10. 1953, Z e v K R 3, 419 = KirchE 2, 181 (der Grundgesetzgeber w o l l t e i n Kenntnis der bisherigen Rechtsauffassung den alten Rechtszustand beibehalten) ; BGH, U. des 4. Strafsenats v. 9.3.1951, abgedruckt bei Lindenmaier-Möhring Nr. 1 zu § 359 StGB (die Staatsaufsicht über die kirchliche Vermögensv e r w a l t u n g bleibt bestehen, da A r t . 140 GG den alten Rechtszustand aufrechterhalten hat); vgl. ferner BVerwG, U. v. 1. 8. 1958, E 7, 189 (192 ff.). 3 Da hier n u r eine kurze Übersicht gegeben werden soll, w i r d auf ins einzelne gehende Literaturangaben verzichtet. Gedrängte Zusammenstellungen finden sich insbesondere bei Hesse, JöffR N. F. 10, 22 ff.; Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1026 f.; Mihat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 134 ff., der allerdings manche der dort vertretenen Auffassungen inzwischen stark modifiziert hat (vgl. Streitsachen, passim). K u r z u n d übersichtlich neuerdings Kleinrahm-Geller-Flech, A n m . 2 ff. zu A r t . 19 u n d A n m . zu A r t . 22 Verf. N R W (S. 138 ff., 170 ff.). I n allen angegebenen Arbeiten finden sich weitere Literaturangaben zu den Einzelpunkten. Die herrschende Lehre faßt i m übrigen auch Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 176 f., zusammen, u m sie nachher abzulehnen. I n vielem von der herrschenden Lehre abweichend auch Fuß, D Ö V 1961, 736 ff. 4 Mihat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 146. Ernst Schneider, Diss., S. 148 f., spricht (für Hessen) von „einer K o m b i n a t i o n aus freundschaftlicher Trennung u n d Koordination unter Betonung der Koordination". s S. Grundmann, ö s t A r c h K R 13, 299. β Besonders entschieden: Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 133. ι V e r w A r c h 37, 284. s Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 150ff.; Hesse, Rechtsschutz, S. 72 ff. ; Scheven, JZ 1964, 644. Dagegen aber entschieden Scheuner, ZevKR 6, 357 Fußnote 46.

§ 2. Die Weimarer Kirchenartikel i m System des GG

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öffentlichen Rechts" ist nicht mehr als „bloßer Sammelbegriff für historisch zufällig überkommene Rechte", sondern als „verfassungsmäßige Anerkennung eines sachlich gerechtfertigten öffentlichen Gesamtstatus" zu verstehen 9 . Seinen Ausdruck findet dieser Status insbesondere i n der staatlichen Anerkennung und Respektierung des — i n seiner Definition allerdings unklaren und umstrittenen — „Öffentlichkeitsanspruchs" der Kirchen 1 0 . Dies alles gilt jedoch n u r für die traditionellen Großkirchen. N u r ihnen kommt eine ursprüngliche Hoheitsgewalt zu, nur i h r Öffentlichkeitsanspruch ist staatlich anerkannt. Die übrigen Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts besitzen dagegen nur eine vom Staat abgeleitete Verbandsgewalt und sind auf den Grundbestand der Rechte verwiesen, die unmittelbar aus der öffentlichen Korporationsqualität fließen 11. Es ergibt sich also nach dem Rechtsstatus eine Gliederung der Religionsgemeinschaften i n drei Gruppen 1 2 : die dem Staat gleichgeordneten und m i t ursprünglicher Hoheitsgewalt ausgestatteten Großkirchen, die dem Staat subordinierten, aber aus verliehenem Recht hoheitlich handelnden sonstigen Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und zuletzt die den Privatvereinen gleichgestellten Religionsgemeinschaften des Privatrechts. Ein flüchtiger Blick auf den Verfassungstext zeigt, daß diese Lehre m i t der Berechtigung der Annahme eines grundlegenden Bedeutungswandels der Weimarer Normierung steht und fällt. Zutreffen kann diese Prämisse nur, wenn eine Wandlung des VerfassungsInhalts bei gleichbleibendem Verfassungsiext überhaupt möglich und wenn sie darüber hinaus i m konkreten F a l l gegeben ist. b) Grundsätzliche Möglichkeit eines Inhaltswandels gleichbleibender Verfassungsnormen?

F5Sr~ Methodisch denkbar sind zwei verschiedene Formen des Inhaltswandels: „Bedeutungswandel durch Inkorporation" auf der einen, die Bildung von Verfassungsgewohnheitsrecht und — damit verwandt — „fließende Geltungsfortbildung des gesetzten Verfassungsrechts" auf der anderen Seite 13 . 9 Smend, ZevKR 2, 376; Mikat bestreitet neuerdings einen „öffentlichen Gesamtstatus i m Rechtssinne" (Streitsachen, S. 327; Staat und Kirche, S. 19), nachdem er früher Smend weitgehend gefolgt ist (vgl. Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 165 m i t Fußnote 234). 10 Gewisse Bedenken gegen diesen Begriff neuerdings bei Mikat, Streitsachen, S. 324 Fußnote 30, auch hier i n teilweisem Gegensatz zu früheren Auffassungen (Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 140). 11 Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 166 f.; Hesse, ZevKR 3, 188ff. (keine „schematische Parität der Religionsgemeinschaften"!). 12 Hesse, ZevKR 3, 192. ι 3 Z u r Verfassungswandlung vgl. die ausführlichen Literaturangaben bei Klein, Finanzwesen, S. 113, Fußnote 172; Schef fler, Stellung der Kirche, S. 127 ff. Vgl. ferner unten Fußnote 25.

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

Ein „Bedeutungswandel durch Inkorporation" 1 4 liegt vor, wenn die wörtliche Aufnahme des alten Verfassungstexts i n die neue Verfassung eine Änderung seines Inhalts zur Folge hat. Es handelt sich hier nicht um die langsame Wandlung fortlaufend geltenden Verfassungsrechts, sondern um die i m Augenblick der Übernahme des Textes eintretende Modifizierung seines Inhalts durch die Einfügung in den Zusammenhang und das Bezugssystem der neuen Verfassung, eine Entscheidung also des Verfassungsgebers dieser Verfassung 15 . Da Bedenken aus dem Gesichtspunkt der alleinigen Zuständigkeit des verfassungsändernden Gesetzgebers zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 79 GG) somit nicht bestehen, und da Verfassungsnormen — wie alle anderen Rechtsnormen — auch aus dem Zusammenhang ausgelegt werden müssen, in den sie gestellt sind (systematische Interpretation) 1 5 a , ist ein derartiger „Bedeutungswandel durch Inkorporation" grundsätzlich durchaus möglich. M i t seiner Annahme w i r d man jedoch vorsichtig sein müssen, weil die wörtliche Übernahme eines alten Textes in die neue Verfassung primär für den Willen des Verfassungsgebers spricht, m i t dem alten Text auch den bisherigen Inhalt beizubehalten. Die systematischen Gesichtspunkte für den Bedeutungswandel müssen also eindeutig ersichtlich sein, um einen i n der Verfassung zum Ausdruck gekommenen 16 abweichenden Willen und damit eine neue Bedeutung der inkorporierten Normen begründen zu können. Als besonders eindeutiges Beispiel mag etwa ein ausdrücklicher Widerspruch des alten Textes zu anderen Normen der neuen Verfassung dienen. Vom Grundsätzlichen her problematischer ist die Annahme eines Bedeutungswandels kraft Gewohnheitsrechts oder kraft „fließender Geltungsfortbildung des gesetzten Verfassungsrechts". Die gewohnheitsrechtliche Bildung materiellen Verfassungsrechts auf Gebieten, die in der formellen Verfassung — der Verfassungsurkunde — nicht geregelt sind, ist unproblematisch: das Grundgesetz ist keine abschließende Kodifizierung des gesamten Verfassungsrechts 17 . Fraglich dagegen ist angesichts der ausdrücklichen Regelung der Verfassungsänderung in Art. 79 Abs. I GG, ob das formelle Verfassungsrecht gewohnheitsrechtlich abgeändert werden kann. v. Mangoldt hat hier mit Recht darauf hingewiesen, daß der Verfassungsgeber die Bildung eines vom Veri4 Begriff von Schlief, Diss., S. 127 f. (im Anschluß an Klein, Rechtsgutachten, S. 219); vgl. auch BVerwG, U. v. 1. 8.1958, E 7,189 (192 ff.). « Vgl. Schlief, Diss., S. 132 ff.; Mikat, Kirche u n d Staat, S. 11. Das entspricht auch dem „Prinzip der Einheit der Verfassung", von dem bei der Verfassungsinterpretation auszugehen ist. Vgl. dazu Ehmke, V V D t S t R L 20, 77 ff.; Hollerbach, Hochland 58 (1965), S. 64; Ossenbühl, DÖV 1965, 654 m. zahlreichen Nachw. i n Fußnote 62. ie Hierzu eingehend: BVerfG, U. v. 21. 5.1952, E 1,299 ff. (312). 17 Vgl. Herbert Krüger, D Ö V 1961, 723.

§ 2. Die Weimarer Kirchenartikel i m System des G G

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fassungstext abweichenden Gewohnheitsrechts schon begrifflich kaum verhindern kann und daher nicht anzunehmen ist, daß er m i t Art. 79 Abs. I GG die gewohnheitsrechtliche Wandlung des Verfassungsrechts ausschließen wollte 1 8 . Diese setzt aber das Vorliegen aller Erfordernisse einer Gewohnheitsrechtsbildung — Rechtsgeltungswille und langdauernde Übung 1 9 — voraus. Auch m i t ihrer Annahme muß man daher vorsichtig sein. Insbesondere muß man sich hüten, die Überzeugung, eine bestimmte Interpretation einer Verfassungsnorm sei „richtig", also „durch ihren Sinn oder das Ganze der Rechtsordnung gefordert", und eine aus dieser Überzeugung folgende ständige Rechtsprechung bereits für ein Gewohnheitsrecht mit Bindungswirkung für Rechtsgenossen und Gerichte zu halten 2 0 . Ein Verfassungswandel kraft Gewohnheitsrechts w i r d also nur sehr selten vorliegen. Das hat Smend schon 1928 veranlaßt, neben ihm — und von seinen Erfordernissen ausdrücklich unabhängig — die „fließende Geltungsfortbildung des gesetzten Verfassungsrechts" zu postulieren, da die „Verfassung als Integrationssystem die Erfüllung einer immerfort sich wandelnden Aufgabe sicherzustellen" habe 21 . Wenn darunter nicht die „erste Konkretisierung ursprünglich abstrakter Verfassungsnormen durch die Gesetzgebungs- oder Rechtsprechungspraxis" 22 oder ein Inhaltswandel auf Grund der Änderung vom Verfassungsgeber in ihrer jeweiligen Bedeutung übernommener Komplementärbegriffe („Eigentum", „Familie") 2 3 verstanden werden soll, dann ist hiergegen — jedenfalls vom Standpunkt des Grundgesetzes — entschiedener Widerspruch anzumelden. Ein solcher „stiller Verfassungswandel" kann nur auf eine is v. Mang oìdi, Komm., A n m . 2 zu A r t . 79 GG; zustimmend Maunz i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 20 zu A r t . 79 GG. Ausdrücklich anderer Ansicht: Giese-Schunck, Anm. 2 zu A r t . 79 GG; ferner Klein, Finanzwesen, S. 117. Wenn Klein i n ν . Mangoldts oben zitierter Begründung allerdings eine „ V e r mengung des Normativen m i t dem Faktischen" sieht, dann ist i h m entgegenzuhalten, daß es sich u m eine teleologische Interpretation der N o r m des A r t . 79 Abs. I GG handelt, die nach dieser Auslegung nicht bezwecken w i l l , was sie faktisch nicht erreichen kann. 19 Z u den Erfordernissen der Gewohnheitsrechtsbildung i m einzelnen: Enneccerus -Nipperdey, § 39. 20 Vgl. hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 271; dort auch das Zitat.

21 „Verfassung u n d Verfassungsrecht", neu abgedruckt i n Staatsrechtliche Abhandlungen (S. 241 f.). Der Unterschied zur gewohnheitsrechtlichen A b änderung w i r d i n der L i t e r a t u r häufig verkannt; richtig Giese-Schunk, A n m . 2 zu A r t . 79 GG: Gewohnheitsrecht und sogenannte Verfassungswandlung. 22 v. Mangoldt-Klein, Einleitung I I 3 (S. 5). Daß an einen solchen F a l l i n BVerfG, U. ν. 1. 7.1953, E 2, 380 ff. (401), gedacht ist, w i e v. Mangoldt-Klein, a. a. O., S. 5 Fußnote 3, meinen, mag zweifelhaft erscheinen. 23 Vgl. Hesse, Rechtsschutz, S. 29.

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

Verfassungsänderung durch Interpretation hinauslaufen 24 . Das hieße, die Anpassung des Verfassungsrechts an die sich wandelnde Wirklichkeit dem Verfassungsinterpreten — i n letzter Instanz also den Gerichten — zu übertragen und diesen, in Verkennung der Grundgesetzentscheidung des Art. 79 Abs. I GG und der Gewaltenteilung, die Zuständigkeit zur Verfassungsänderung zuzugestehen 25 . Eine Wandlung des Inhalts fortlaufend geltender Verfassungsnormen ist demnach nur i n der seltenen Form der Entstehung eines abweichenden Gewohnheitsrechts denkbar. Ein Wandel der tatsächlich geübten Interpretation w i r d damit nicht ausgeschlossen; er entbehrt aber der Bindungswirkung für Gerichte und Rechtsgenossen, die eine in ihrem Inhalt gewandelte Verfassungsnorm haben müßte, und schließt die alte Interpretation zwar vielleicht faktisch, aber nicht normativ kraft der Bindungsw i r k u n g der gewandelten Norm aus; eine Rückkehr zu ihr bleibt damit jederzeit möglich. c) Bedeutungswandel

der Weimarer

Kirchenartikel?

Ein Wandel des Inhalts der Weimarer Kirchenartikel kann also durch ihre Inkorporation ins Grundgesetz oder durch Gewohnheitsrechtsbildung eingetreten sein. Als Einbruchsstellen eines Wandels durch Inkorporation kommen die eindeutige Entscheidung des Grundgesetzes für die absolute konfessionelle Neutralität des Staates 26 , die „Ausgangsstellung des Grundgesetzes zur Anerkennung vorgegebenen Rechts" i n A r t . 1 Abs. I I GG 2 7 und das Wertsystem der Grundrechte als Ganzes 28 , ferner die Präambel mit ihrer freilich beschränkten sachlichen Bedeutung 29 und die i n ihr 24 So auch Schlief, Diss., S. 142 (ohne Stellungnahme, ob ein solcher Wandel möglich ist), und v. d. Heydte, ArchRSozPhil 39, 474, der eine Verfassungsänderung durch Interpretation ausdrücklich f ü r zulässig hält. Z u m Begriff vgl. auch Hsü-Dau-Lin, a. a. O., S. 79 ff. 25 Wie hier auch Herbert Krüger, D Ö V 1961, 725 (ohne Eingehen auf das Gewohnheitsrecht); ähnlich derselbe, Verfassungswandel u n d Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 168 ff. Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25. 7.1960, E 11, 283 ff. (293) („die Aufgabe, reformierend einzugreifen, muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben"). Offengelassen bei Schlief, Diss., S. 141 Fußnote 530; Hollerbach, AöR 85, 265 ff., insbes. S. 267 Fußnote 133, der allerdings Smend zuneigt. Noch enger als hier Giese-Schunck u n d Klein (vgl. oben Fußnote 18). Anderer Ansicht etwa Bachof, K o n t r o l l f u n k t i o n , S. 27 f.; Döhring, Der Staat 1964, 201 ff.; Raiser , N J W 1964, 1204 ff. 26 Verbot der Differenzierung wegen der religiösen Anschauung (Art. 3 Abs. I I I GG), Glaubens- u n d Bekenntnisfreiheit (Art. 4 GG) u n d Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG) f ü r alle Bekenntnisse, Unabhängigkeit bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie der Zulassung zu öffentlichen Ä m t e r n vom religiösen Bekenntnis (Art. 33 GG); vgl. Fuß, D Ö V 1961,735; ferner v.Mangoldt-Klein, Anm. I I 2 zu A r t . 4 G G (S. 215); Klein, Rechtsgutachten, S. 173 ff. 27 Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 78 zu A r t . 1 GG. 28 Holtkotten i n B K , Anm. I I 3 zu A r t . 140 GG. 29 v. Mangoldt-Klein, Anm. I I 2 zur Präambel (S. 40 f.).

§ 2. Die Weimarer Kirchenartikel i m System des GG

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m i t der Anrufung Gottes zum Ausdruck gebrachte Einschränkung der absoluten Volkssouveränität 30 i n Frage. Daß die Weimarer Kirchenartikel heute diesen Grundgesetzentscheidungen entsprechend ausgelegt werden müssen, daß insbesondere eine gewisse „überpositive Fundierung des Staatskirchenrechts" 31 anzunehmen ist, läßt sich kaum bestreiten. Das bedeutet aber nicht, daß man sich über die Entscheidung des Verfassungsgebers, die Weimarer Regelung zwar vielleicht nicht i n allen Einzelheiten der Interpretation, aber doch i m Grundsätzlichen beizubehalten, einfach hinwegsetzen kann. Diese grundsätzliche Beibehaltung hat ihren Ausdruck i n der wörtlichen Übernahme der Weimarer Normierung ins Grundgesetz gefunden. Sie entspricht auch dem subjektiven Willen der Mehrheit des Parlamentarischen Rates: das zeigt die ausdrückliche Ablehnung der auf ein neues System gerichteten Anträge der Rechtsparteien. Daß der Berichterstatter v. Brentano Art. 140 GG weitgehend i m Sinn dieser Anträge auslegte 32 , kann — wie schon Scheven gezeigt hat 3 3 — an dieser Beurteilung nichts ändern, denn es ist nicht anzunehmen, daß die „Beteiligten den Inhalt der vorher abgelehnten Anträge ausgerechnet m i t Ausnahme der Bestimmungen der Weimarer Verfassung übernehmen wollten" 3 4 . Eine Interpretation, die — wie die oben zusammengefaßte herrschende Lehre — noch weit über die abgelehnten Anträge hinausgeht, widerspricht also sowohl dem objektiven Willen der Verfassung als auch dem subjektiven so v. Mangoldt-Klein,

A n m . I I I zur Präambel (S. 42).

31 So ausdrücklich Fuß, D Ö V 1961, 735. Folgerungen daraus etwa bei Mikat, Staat u n d Kirche, S. 11,15. Vgl. aber auch die Bedenken bei Zippelius, Z e v K R 9,68. 32 Schriftlicher Bericht, S. 72 ff. 33 Diss., S. 25; vgl. zum Brentano-Bericht auch v. Mangoldt, Komm., A n m . 2 zu A r t . 140 GG (S. 661). 34 So Scheven (vgl. oben Fußnote 33). Darstellungen der Entstehungsgeschichte i n JöffR N. F. 1 (1951), S. 899 ff.; ferner sehr ausführlich bei Schlief, Diss., S. 65—70. Die hier vertretene Auffassung — der Parlamentarische Rat wollte das Weimarer System grundsätzlich beibehalten — w i r d außer von Scheven auch von Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 195, u n d von Dahm, Deutsches Recht, S. 402, geteilt. Anderer Ansicht Schlief, Diss., S. 143: „Inkorporation ist eine Entscheidung i m Rahmen des G r u n d gesetzes, die m i t der Weimarer Regelung zwar den T e x t gemeinsam hat, aber keine Entscheidung des Grundgesetzgebers f ü r eine Beibehaltung oder Übernahme des kirchenpolitischen Systems der Weimarer Reichsverfassung darstellt." Dieses Ergebnis stützt sich weitgehend auf den Brentano-Bericht (vgl. oben zu Fußnote 32) — so etwa S. 132 f., 139 —; es weicht i m übrigen n u r i m Ausmaß, aber nicht prinzipiell v o m oben Vertretenen ab, w e n n Schlief (S. 136) m i t Maunz (vgl. oben Fußnote 2) gegenüber den inkorporierten A r t i k e l n einen Vorbehalt etwa des Wortlauts „soweit nicht dies Grundgesetz entgegensteht" unterstellt.

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

des Verfassungsgebers. Sie ist m i t der positiven Regelung des Grundgesetzes nicht vereinbar 3 5 . Ein Verfassungsgewohnheitsrecht, das über die so stark eingeengten Möglichkeiten des Bedeutungswandels durch Inkorporation hinausgehend die Entscheidung des Grundgesetzgebers abgewandelt haben könnte, kann wegen der relativ kurzen Zeitdauer seit Erlaß des Grundgesetzes36 und angesichts eines fehlenden allgemeinen Rechtsgeltungswillens 3 7 ebenfalls nicht angenommen werden. I m Hinblick auf die Schwierigkeiten, einen Verfassungswandel j u r i stisch zu begründen, hat man ihn denn auch weitgehend mit soziologischen Argumenten zu rechtfertigen („durchzusetzen" 38 ) gesucht. Dazu beruft man sich auf ein neues Selbstverständnis der Kirchen, auf „die veränderte Lage der Dinge" 3 9 . Solchermaßen die juristische Begründung durch den Hinweis auf faktische Gegebenheiten zu ersetzen, heißt den Verfassungstext zur reinen Kulisse zu degradieren, die m i t beliebigem Inhalt aufgefüllt werden kann. Wie gefährlich eine derartige beliebigem Inhalt aufgefüllt werden kann. Wie gefährlich eine derartige Methode ist, mag ein Hinweis auf die Entwicklung i n der DDR zeigen, wo ebenfalls die Weimarer Kirchenartikel i m wesentlichen i n die neue Verfassung übernommen wurden (vgl. Art. 41 bis 48 Verf. DDR). Unter dem Vorzeichen einer diametral entgegengesetzten faktischen Situation dienen dort eben die Argumente, die i n der Bundesrepublik eine Verstärkung der kirchlichen Rechtsstellung begründen sollen, dazu, die Ausschaltung der Kirchen aus dem öffentlichen Leben zu rechtfertigen 40 . 35 So auch Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 195; Bahra, Deutsches Recht, S. 404 f., Voigt, Kirchenrecht, S. 225. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, w e n n Süsterhenn heute (DVB1.1961,181) i n weitgehender Übereinstimmung m i t der herrschenden Lehre etwas als geltendes Recht ansehen kann, was über den von i h m i m Parlamentarischen Rat mitvertretenen, abgelehnten A n t r a g v o m 29.11.1948 (abgedruckt bei Schlief, S. 73) nicht unwesentlich hinausgeht. 36 Über Zeitdauer beim stillen Verfassungswandel Klein, Finanzwesen, S. 119. Die Zeitanforderungen an eine Gewohnheitsrechtsbildung müssen erheblich strenger sein. 37 Vgl. die neuerdings i n erheblichem Maße gegen die herrschende Lehre erhobenen Einwendungen (Fuß, Zippelius, Quaritsch, a . a . O . ; E.Fischer, Staat u n d Kirche, passim; Voigt, Kirchenrecht, S. 220 ff.; Dahm, Deutsches Recht, S. 402 ff.; Herbert Krüger, Z e v K R 6,72 ff., u n d vor allem DÖV 1961, 727). 38 So die offen gebrauchte Wendung bei Hermann Diem und Konrad Hesse, EvSozLex, Sp. 1196. 39 Smend, ZevKR 1,11. Ä h n l i c h insbesondere Hesse, Rechtsschutz, S. 52 ff.; Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 138 ff. 40 So spricht Jacobi (ZevKR 1, 125) v o m Bedeutungswandel der Weimarer Bestimmungen auf G r u n d der „Veränderung der W i r k l i c h k e i t sowohl auf Seiten des Staates wie der Kirchen". I h m folgt Ulrich Krüger, Prinzip der

§3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des Grundgesetzes Angesichts der Brüchigkeit ihrer Prämissen können die Ergebnisse der herrschenden Lehre nicht ohne weiteres unkritisch übernommen werden. Die Grundprinzipien gegenwärtiger staatskirchenrechtlicher Ordnung können sich nur aus einer Rückbesinnung auf den Verfassungstext und das Wesen des säkularen Staates ergeben 1 . Es heißt, die Weimarer Normierung aus sich selbst heraus auszulegen und das gewonnene Ergebnis nur da zu korrigieren, wo eine solche Korrektur vom Gesamtsystem des Grundgesetzes ernstlich gefordert wird. Freilich muß man sich davor hüten, den wirklichen Sinn der Weimarer A r t i k e l i n allen Punkten mit der Interpretation gleichzusetzen, den ihnen die stark von traditionellen Vorstellungen geprägte Staatsrechtslehre der Weimarer Zeit überwiegend gegeben hat. A n einer solchen Neuinterpretation ist man durch die Inkorporation dieser Bestimmungen i n das Grundgesetz nicht gehindert, denn ihre Übernahme sollte nicht etwa außerrechtliche Gegebenheiten der Weimarer Verfassungswirklichkeit (beispielsweise die damaligen Vorstellungen von Lehre und Praxis) mit normativer Wirkung i n die neue Verfassung einführen l a . So öffnet man sich den Weg zu der Erkenntnis, daß das Grundgesetz tatsächlich dem „kirchenpolitischen System der Weimarer Verfassung den Weg zu seiner eigentlichen Entfaltung freigemacht hat" 2 . Von der soziologischen Aufwertung der Kirchen — die auch i n einer bestimmten politischen Konstellation mitbestimmt ist — sollte man sich nicht den Blick dafür verstellen lassen, daß das rechtlich verankerte kirchenpolitische System zwar die Kirchen von staatlicher Bevormundung befreit und ihnen die „Magna Charta libertatis" beschert hat 3 , daß es aber auch dem Staat das Seine beläßt. Klammert man die Frage nach dem Sinn der Korporationsqualität erst einmal aus, dann ergibt sich so das B i l d einer staatskirchenrechtlichen Ordnung, die auf der organisatorischen Trennung von Staat und Kirche bei Eigenständigkeit beider Bereiche, auf Einordnung der Kirchen in die staatliche RechtsTrennung, S. 279. Während aber Jacobi etwa noch i n der Stellung der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 43 Verf. DDR) eine historisch angemessene Privilegierung sieht, halten sie U. Krüger (a. a. O., S. 285) u n d Meinecke (Die Kirche i n der volksdemokratischen Ordnung der DDR, S. 103) für nichts weiter als die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit. ι Vgl. Scheuner, ZevKR 10, 59 m i t Fußnote 25. l a Ebenso Schef fler, Stellung der Kirche, S. 139; Kotigen," DVB1.1952,486. 2 W. Weber, V V D t S t R L 11, 159. Weber sieht darin allerdings die grundgesetzliche Ordnung nicht erschöpft u n d hält m i t i m wesentlichen soziologischer Begründung ein sehr verändertes kirchenpolitisches System für verwirklicht. 3 Ebers, Staat u n d Kirche, S. X . 3a Vgl. dazu oben § 1 Fußnote 19 m. Nachw.; ferner vor allem Hollerbach, Verträge, passim, insbes. S. 83 ff.; Pirson, Kirchen vertrag, S. 177 ff.

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Β . Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

hoheit und auf der Parität der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften aufbaut. M i t der Erwähnung dieser zentral wichtigen Gesichtspunkte ist freilich die heutige staatskirchenrechtliche Lage nicht abschließend umrissen; für einen vollständigen Überblick wäre auch die Ausgestaltung zu berücksichtigen, die der Verfassungsrahmen i n der Gesetzgebung der zuständigen Länder gefunden hat, und hier insbesondere auf die Tatsache einzugehen, daß die Regelung der Grenzfragen von Staat und Kirche heute weitgehend i n Staatskirchenverträgen vorgenommen w i r d 3 a . Zum Verständnis der Verfassungsregelung des A r t . 137 Abs. V WRV, u m die es hier i n erster Linie geht, genügt aber die oben getroffene Auswahl von Kernpunkten, die nun i m einzelnen, wenn auch möglichst kurz, zu begründen sind. a) Organisatorische

Trennung von Staat und Kirche

Das Prinzip der organisatorischen Trennung von Staat und Kirche folgt aus A r t . 137 Abs. I WRV: „Es besteht keine Staatskirche." I n seiner historischen, gegen Fortführung oder Wiedereinführung des Landeskirchentums gerichteten Bedeutung ist dieser Satz heute gegenstandslos geworden 4 . Der ihn tragende Grundgedanke einer sauberen Scheidung des staatlichen und des kirchlichen Bereichs bleibt unter dem Grundgesetz jedoch nicht nur bestehen 5 , er ist vielmehr gegenüber der Weimarer Verfassung durch die entschiedene Betonung der Religions· und Weltanschauungsfreiheit noch verstärkt worden. Denn „je stärker diese zugunsten aller Religionen und Weltanschauungen ausgestaltet ist, desto stärker ist die Trennung von Staat und Kirche" 6 . Noch entschiedener als i n der Weimarer Zeit muß man aus dem Verbot der Staatskirche also das Verbot jeder institutionellen Verbindung von Staat und Kirche folgern 7 . Nicht zu Unrecht hat man daher i m Grundgesetz ein reines Trennungsprinzip verwirklicht gesehen8. Man muß sich allerdings i m klaren darüber sein, daß diese Trennung auf 4 Hesse, Rechtsschutz, S. 65; Schlief, Diss., S. 148. Z u r historischen Bedeutung vgl. Ebers, Staat u n d Kirche, S. 120 f. s Schlief, Diss., S. 148. 6 v. Mangoldt-Klein, A n m . I I 2 zu A r t . 4 GG (S. 215). 7 Hesse, Rechtsschutz, S. 65; Schlief, Diss., S. 148; E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 158; f ü r die Weimarer Zeit bereits Forsthoff, Körperschaft, S. 112; Anschütz, Komm., A n m . 1 zu A r t . 137 W R V (S. 631). β Klein, Rechtsgutachten, S. 177; Schlief, Diss., S. 149; ähnlich Ebers, Staat u n d Kirche, S. 132, f ü r die Weimarer Verfassung (Trennung eigener Art) u n d Kern, Staat u n d Kirche, S. 61 (durch Ausnahmen abgemilderte Trennung). Vgl. auch Gerhard Müller, Tariffähigkeit, S. 445 ff.; Pirson, Kirchenvertrag, S. 188 f.; Hessischer Staatsgerichtshof, U. v. 27.10.1965 (Schulgebetsurteil), N J W 1966, 31 ff. (33).

§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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die institutionelle Ebene beschränkt i s t 8 a und daß sie nicht über die „soziale Mächtigkeit" und den „privilegierten Status" der Kirchen hinwegtäuschen darf 9 . Ebenso müßte jeder Versuch einer Übertragung der Gesichtspunkte kirchenfeindlicher Trennungssysteme scheitern, da die Trennung auf der formal-organisatorischen Ebene keine Religionsfeindschaft des Staates begründet 10 , eine praktische Zusammenarbeit des Staates mit den Religionsgemeinschaften und die gegenseitige Achtung also nicht ausgeschlossen ist. b) Eigenständigkeit

der kirchlichen

Gewalt

Zum Charakter der inneren Ordnung der Religionsgemeinschaften und zu deren Verhältnis zu ihren Mitgliedern macht das Grundgesetz keine direkten Aussagen; es beschränkt sich darauf, ihnen das Selbstbestimmungsrecht in ihren eigenen Angelegenheiten zu gewährleisten. Insbesondere ist aus dem Verfassungswortlaut nichts zur Rechtsnatur der kirchlichen Gewalt zu entnehmen. Die Trennung von Staat und Kirche auf der organisatorischen Ebene hat aber heute den Blick dafür geschärft, daß eine i m Religiösen beheimatete kirchliche Gewalt nicht vom Staate abgeleitet, sondern eigenständig, ursprünglich und von der Staatsgewalt wesensverschieden ist 1 1 . Sie ist also keine Autonomie i m technischen Sinne 12 . Nur eine solche Auffassung w i r d der vorstaatlichen Fundierung des Staatskirchenrechts gerecht; nur sie entspricht damit dem Grundgesetz. Allerdings kann vom Staat her die eigenständige kirchliche Gewalt nur als geistig-geistlich, auf freiwilliger Einordnung, möglicherweise auch Unterordnung unter geistige Sanktionen basierend, nicht aber als weltliche, m i t Zwang bestückte Hoheitsgewalt und nicht als öffentlichrechtliche Rechtsetzungsgewalt angesehen werden. M i t dieser Ein8a Vgl. auch Hantel, N J W 1966, 21. Wie w e i t die dort gezogenen Folgerungen zutreffen, k a n n hier nicht untersucht werden. 9 Vgl. W. Weber, HdWSozW, Bd. I X , S. 754, der hieraus allerdings eine institutionelle Verbindung von Staat u n d Kirche folgert. 10 So schon Ebers, Staat u n d Kirche, S. 124. F ü r das Grundgesetz gilt das erst recht. 11 Übereinstimmend Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 865; Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 320; Hesse, Rechtsschutz, S. 78; W. Weber, V V D t S t R L 11,169; W.Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S.66; BSozG, U . v . 29. 3.1962, D Ö V 1962, 787. Ebenso bereits früher: Ebers, Staat u n d Kirche, S. 256; derselbe, Grundrechte, S. 388; Lilienthal, Staatsaufsicht, S. 69. 12 Das meint w o h l auch M. Heckel nicht, w e n n er davon spricht, die den Kirchen v o m Staat gewährte Freiheit sei „säkulare Autonomie u n d Eigenständigkeit" (summum ius — summa iniuria, S. 255). Wie oben Ebers, Staat u n d Kirche, S. 256; Hesse, Rechtsschutz, S.78; S. Grundmann, ÖstArchKR 13,289; Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 148. Anderer Ansicht aber E. Fischer, Staat und Kirche, S. 160 ff. 3 Weber

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Β . Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

schränkung verengt man den Rechtsbegriff nicht auf das staatliche Recht, denn auch eine ursprüngliche Kirchengewalt ohne äußeren Zwang beruht auf Recht — dem Recht der innerkirchlichen Sphäre. Jede Auffassung aber, die eine solche Einschränkung nicht macht, muß die i n einer langen Entwicklung mühsam gewonnene Einheit der Staatsgewalt auflösen 13 , eine Entscheidung, die das Grundgesetz m i t Sicherheit nicht bezweckt hat. Trotzdem ist man natürlich grundsätzlich nicht gehindert, die ursprüngliche Kirchengewalt als „hoheitliche Gewalt" zu bezeichnen und dabei die hier vertretene Eingrenzung mitzudenken 1 4 . Der „Blendwirkung eingeführter Begriffe" 1 5 wegen ist das jedoch gefährlich: unter hoheitlicher Gewalt versteht man gemeinhin eben gerade eine m i t öffentlich-rechtlichem Zwang bestückte Gewalt. U m der Klarheit willen empfiehlt es sich daher, von vornherein nur von einer eigenständigen kirchlichen oder geistlichen Gewalt der Religionsgemeinschaften zu sprechen 16 . Daß der Staat eine derartige geistliche Gewalt den einzelnen Religionsgemeinschaften weder zu- noch absprechen kann, leuchtet ein. Ob sie ihnen i m Verhältnis zu ihren Mitgliedern zusteht, hat der Staat nicht zu entscheiden; er kann nur eine vorhandene Gewalt respektieren. Z u ihrem Vorhandensein nimmt das Grundgesetz denn auch keine Stellung; es überläßt die Frage dem inneren Recht der Religionsgemeinschaften als „eigene Angelegenheit" 17 .

13 Vgl. hierzu Zippelius, Z e v K R 9,42 ff., passim, insbes. S. 57—60, 65 f.; Herbert Krüger, Z e v K R 6,75 f. Z u r historischen Entstehung der einheitlichen Staatsgewalt vgl. die Darstellung bei Heller, Allgemeine Staatslehre, S. 126 ff. 14 So verwendet den Begriff etwa Mihat, Staat und Kirche, S. 15; w o h l auch Scheven, Diss., S. 40; derselbe, Z e v K R 4,157. V o n einer ursprünglichen „Hoheits-" oder „Herrschaftsgewalt" der Kirchen sprechen ferner — ohne die oben gemachte Begrenzung — H. Peters, V V D t S t R L 11,184; Holthotten i n B K , A n m . I I 3 zu A r t . 140 GG; Süsterhenn-Schäfer, Komm., A n m . 3 b zu A r t . 41; H.J.Wolff , Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 25. Ä h n l i c h bereits Kahl, Lehrsystem, S. 334 („Obrigkeitliche Gewalt besitzen die Kirchen k r a f t eigenen Rechts"). Dagegen entschieden Egner, Diss., S. 53; Merh, V V D t S t R L 11,234 f. (Diskussionsbeitrag); Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 311 ff. is Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 313. 16 Dabei w i r d zwischen „kirchlicher" u n d „geistlicher" Gewalt i m T e x t k e i n Unterschied gemacht, auch unter geistlicher Gewalt also die gesamte originäre Kirchengewalt verstanden. 17 Vgl. zum Standpunkt des kanonischen Rechts Eichmann-Mörsdorf, Bd. I, S. 306 ff.; zu dem des evangelischen Kirchenrechts Zippelius, Z e v K R 9, 61 ff., u n d die dort ausführlich nachgewiesene L i t e r a t u r ; ferner: Holstein, Kirchenrecht, S. 343; Grundmann, A r t . „Kirchengewalt" i n RGG, Bd. I I I , Sp. 1434 f.; M. Hechel, s u m m u m ius —- summa iniuria, S. 256 ff.; Wehrhahn, Kirchenrecht und Kirchengewalt, S. 148 ff.

§3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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c) Unterordnung der Religionsgemeinschaften unter die allgemeine Staatshoheit M i t der Aussage, daß die geistliche Gewalt der Religionsgemeinschaften eigenständig und nicht vom Staate abgeleitet ist, ist über deren Verhältnis zur Staatshoheit nichts gesagt. Da der grundsätzliche Standpunkt bereits gerechtfertigt und das Problem der Grenzziehungsbefugnis zwischen Kirche und Staat zugunsten des letzteren entschieden i s t 1 7 a , handelt es sich hier nur noch darum, ob die positiv-rechtliche Ordnung der Verfassung, des Grundgesetzes also, die Kirchen der staatlichen Rechtsordnung unterwirft oder sie als eigenständige, außerhalb des staatlichen Rechts stehende Größen respektiert; Unterordnung der Kirchen unter die Staatshoheit oder „Gleichordnung, Koordination oder Partnerschaft unterhalb der Verfassungsebene" 18 ist also die Alternative. A r t . 137 Abs. I I I WRV spricht die Bindung der Kirchen an das „für alle geltende Gesetz" aus. Daß sich daraus die Unterordnung der Kirchen unter die allgemeine Staatshoheit ergab, entsprach dem Willen der Nationalversammlung; daß sie ohnehin gegeben gewesen wäre, war für die Weimarer Zeit selbstverständlich 19 . So hielt es Ebers, der Wortführer der katholischen Staatskirchenrechtler, für einen „beleidigenden A n w u r f " 2 0 , daß Lilienthal die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Verfassungsregelung m i t der Befürchtung begründete, die katholische Kirche werde nach den historischen Erfahrungen anderenfalls ihre Unterordnung unter die Staatsgewalt leugnen 21 . Auch unter dem Grundgesetz läßt sich eine andere Deutung der Bindung an das für alle geltende Gesetz nicht begründen. Schlechterdings unmöglich ist es, die klare Verfassungsregelung unter Berufung auf das „Wertsystem des Grundgesetzes" und den „Geist der Zeit" überhaupt für obsolet zu erklären 2 2 . Die herrschende Meinung hat i7a v g l . oben § 1 unter b). 18 Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 191. 19 Vgl. Ebers, Staat u n d Kirche, S. 294 (dort Fußnote 4 auch Nachweise f ü r den entsprechenden W i l l e n der Nationalversammlung); ferner Lilienthal, Staatsaufsicht, S. 16; Lohr, Kirchenhoheit, S. 38; Rieder, Staat u n d Kirche, S. 25; Schmitt, Kirchliche Selbstverwaltung, S. 95. F ü r alle diejenigen, die weitergehend eine besondere Kirchenhoheit des Staates begründeten, w a r die Unterordnung der Religionsgemeinschaften unter die allgemeine Staatshoheit ohnehin gegeben: vgl. statt aller Anschütz, Komm., A n m . 4 zu A r t . 137 W R V (S. 635). 20 Staat u n d Kirche, S. 294 Fußnote 4. 21 Staatsaufsicht, S. 16. 22 So aber Holtkotten i n B K , A n m . 3 zu A r t . 140 GG; ähnlich SüsterhennSchäfer, Komm., S. 197 f.; Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 151; O V G Berlin, U. v. 25. 2.1953, Z e v K R 3, 204 = K i r c h E 2, 26 ff. (33). Wie hier Eyermann-Fröhler, Rd.-Nr. 79 zu § 42 V w G O . 3*

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

sich denn auch gescheut, diese an sich einzig konsequente Folgerung aus dem ihrer Ansicht nach heute verwirklichten System der „Gleichordnung und Koordination" von Staat und Kirche zu ziehen. Statt dessen versucht man, den öffentlichen Status der Kirchen dialektisch dadurch bedingt zu sehen, daß diese ihre Bindung an die für alle geltenden Gesetze ihrerseits anerkennen; deren Geltung für die Kirchen führt man also auf freiwillige Unterwerfung, nicht aber die Rechtshoheit des Staates zurück 23 . Auch dafür gibt der Verfassungstext nichts her; man beruft sich daher darauf, daß das „Staatsbild, wo eine kraftvolle staatliche Autorität jedem das Seine zumißt", endgültig der Vergangenheit angehöre und daß „an seiner Stelle das komplizierte, mühsame und oft unerquickliche Ringen und Aushandeln zwischen den Beteiligten unsere politische und soziale Wirklichkeit kennzeichne" 24 . Das heißt, wieder einmal soziologisch-politische Erwägungen an die Stelle einer präzisen juristischen Begründung setzen; nimmt man die soziologische Beschreibung für eine rechtlich verbindliche Aussage, so heißt es überdies, den Staat pluralistisch i n eine Gewaltenvielzahl auflösen, i n der eine letzte Entscheidung nicht mehr möglich ist und i n der i n konsequenter Weiterbildung überhaupt keine Entscheidung mehr zustandekommt 25 . So sollen denn auch „Verletzungen der für alle geltenden Gesetze" durch die Religionsgemeinschaften nicht über die staatlichen Gerichte, sondern „allein durch Verhandlungen zwischen Staat und Kirche" beseitigt werden können 2 6 . Demgegenüber muß man sich auf den Wert des i n der „neuzeitlichen potestas civilis angelegten Souveränitätsanspruchs" 27 und der i n i h m enthaltenen Letztzuständigkeit zur Entscheidung innerstaatlicher Konflikte zurückbesinnen. Dieser staatliche Anspruch w i r d vom Grundgesetz durchaus aufrechterhalten; auch die zahlreichen pluralistischen Kräfte der Verfassungswirklichkeit werden nur i m Rahmen einer einheitlichen, auf den Staat zurückgehenden Kompetenzenordnung tätig und lösen den Staat somit nicht in Einzeleinheiten auf; sie — und mit ihnen die Kirchen — sind nicht vom staatlichen Recht freigestellt 28 .

23 So etwa Hesse, Rechtsschutz, S. 70 ff., insbes. S. 74—76; derselbe, JöffR N. F. 10,27; Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 133; ähnlich auch Schlief, Diss., S. 232; Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1028; Rupp, AöR 85,161. 24 Hesse, Rechtsschutz, S. 76. 25 i m wesentlichen übereinstimmend Herbert Krüger, Z e v K R 6,76. 26 Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 138. F ü r eine zwingende Konsequenz des von i h m allerdings abgelehnten Koordinationssystems hält dies auch Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 2 9 9 1 27 Scheuner, Z e v K R 10,59. 28 So Zippelius, Z e v K R 9,54—56,65, gegen W.Weber, V V D t S t R L 11,173ff. F ü r eine grundsätzliche Begrenzung der kirchlichen Freiheit durch die staatliche Souveränität auch Smend, Z e v K R 1,12.

§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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Nur ein solches Verständnis des Verhältnisses Staat—Kirche ist innerlich gerechtfertigt; nur so w i r d man außer dem berechtigten Streben der Kirchen nach Eigenständigkeit auch der Würde des Staates gerecht. Denn wie die Kirchen vom Geistlichen her ein „Wächteramt" über den Staat beanspruchen, so muß auch dieser von seiner weltlichen Aufgabe her den Religionsgemeinschaften gegenüber darauf achten, daß sie die Grundsätze guter Ordnung im weltlichen Bereich wahren. Ebensowenig wie der Staat dagegen gefeit ist, die i h m von seiner Bestimmung her gezogenen Grenzen zu mißachten, so sind es die Kirchen; ein Blick i n die Kirchengeschichte genügt, um das zu belegen. Gewiß liegt hier die Gefahr des letztlich unlöslichen Konflikts staatlicher und religiöser Gebote 29 , den zu vermeiden Sache der vernünftigen Haltung beider Teile ist. Ihn von vornherein zuungunsten des Staates lösen zu wollen, ist jedenfalls unzulässig. Eine Immunität der Kirchen gegenüber dem staatlichen Recht scheidet also aus 30 . Damit w i r d es für die Betrachtung des staatlichen Rechts auch sinnlos, davon zu sprechen, die Kirchen seien „souverän" oder — wie der Staat — „societas perfecta" 31 . Zwar steht ihnen auf Grund des geltenden Verfassungsrechts ein eigenständiger Bereich zu. i n den der Staat nicht eingreifen darf und der als Gewährleistung eines Freiheitsrechts zu verstehen ist 3 2 ; der innerste K e r n dieses Bereiches ist darüber hinaus überpositiv fundiert und damit jedem staatlichen Eingriff entzogen. A u f Grund dessen aber von „Souveränität" der Kirchen sprechen zu wollen, wäre dasselbe, wie den einzelnen Bürger als souverän zu bezeichnen, w e i l ihm i n Gestalt der Grundrechte ein i m Kern unverletzlicher Freiheitsraum zusteht. Unantastbare Freiheitsrechte setzen zwar der staatlichen Souveränität Grenzen, sie begründen aber deswegen noch keine Souveränität des Rechtsträgers 33 . 29 Vgl. Zippelius, Z e v K R 9, 65; Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 950; v o m Theologischen her Emil Brunner, Das Gebot u n d die Ordnungen, S. 538 f. 30 Herbert Krüger, D Ö V 1961,727; Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 296 ff.; Dahm, Deutsches Recht, S. 405. 31 So aber Brandweiner, Christliche Kirchen als souveräne Rechtsgemeinschaften, S. 77 ff.; Kipp, Mensch, Recht u n d Staat, S. 130; EichmannMörsdorf, Bd. I, S. 54 ff.; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 146; derselbe, StL, Bd. I V , Sp. 1016; Peters, V V D t S t R L 11,182; Hesse, Z e v K R 3, 191. — V o m Theologischen gegen eine Bezeichnung der Kirche als „souveränes Rechtssubjekt" Karl Barth, Ordnung der Gemeinde, S. 24. 32 Schlief, Diss., S. 256. 33 Vgl. dazu auch Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 194. Brandweiner (a. a. O., S. 26) meint die Souveränität der Kirchen damit begründen zu können, daß sie „untereinander Verträge abschließen, ohne sich staatlichem Recht zu unterwerfen". Als Beispiel f ü h r t er den Interkommunionvertrag zwischen der anglikanischen u n d der altkatholischen Kirche an. Diese Begründung übersieht, daß der Abschluß solcher Verträge i m internationalen

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Β . Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

Offen bleibt nur die Frage, wo die Verfassung die Grenze der Unterordnung der Kirchen unter die staatliche Rechtsordnung zieht, m i t anderen Worten, wie die Formel vom „für alle geltenden Gesetz" i n A r t . 137 Abs. I I I WRV auszulegen ist. Hier ist mit Recht zwischen dem i m einzelnen hier nicht zu umreißenden Kreis innerkirchlicher Angelegenheiten und der Betätigung in der Sphäre des gesellschaftlichen Zusammenwirkens unterschieden worden 3 4 . Die Bindung an das allgemeine Gesetz auf den innerkirchlichen Bereich — und dazu gehört auch die kirchliche Seite der gemeinsamen Angelegenheiten — übertragen zu wollen, ist nicht nur sinnlos, sondern grundgesetzwidrig 35 . Es gibt nicht nur kein vom Staate gesetztes Recht darüber, „was der geistliche Auftrag der Kirche, die Lehre, das Evangelium, die Kirchenzucht, die Verantwortung des Bischofs oder der Synode, die Pflichten des Pfarrers" 3 6 — oder etwa die dem katholischen Religionslehrer zu erteilende missio canonica — erfordern; es darf es auch nicht geben. Wollte der Staat in diesen Bereich regelnd eingreifen, dann stieße er nicht nur auf die Garantie des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften, sondern darüber hinaus auf die vom Grundrecht der Religions- und Gewissensfreiheit geschützten Individualfreiheitsrechte seiner Bürger 3 7 . Aber auch i n den Freiheitsbereich der Kirchen, der nur durch das religionsgesellschaftliche Selbstbestimmungsrecht gewährleistet ist, darf der Staat nicht eingreifen und etwa festlegen, wie die Kirchen nach innen verfaßt sein und ob sie Grundstücke erwerben, Angestellte einstellen oder Gebäude errichten sollen. Ob und wie sie das tun wollen, ist ihre eigene Angelegenheit. Wollen sie ihrem Wirken freilich rechtliche Wirksamkeit nach außen verleihen oder begeben sie sich zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben i n die Sphäre des gesellschaftlichen Zusammenlebens, dann sind sie auf die staatliche Rechtsordnung angewiesen. Bedienen sie sich dieser oder werden sie Raum ohne Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmittel jedem innerstaatlichen Rechtssubjekt offensteht, ohne daß irgend jemand daraus folgern würde, dies Rechtssubjekt — möglicherweise ein nicht rechtsfähiger Verein — sei „souverän". M a n denke an ein übernationales Abkommen zwischen Gewerkschaften oder gleichgerichteten politischen Parteien. 34 Schlief, Diss., S. 246 f., 257; E.Fischer, Staat u n d Kirche, S. 170; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 178; w o h l auch Obermayer, Weltliches Recht u n d Evangelisches Kirchenrecht, S. 157; OVG Berlin, U. v. 22. 3.1965, Az. I V Β 2. 65 (unveröffentlicht), S. 12. 35 Anders aber Hesse, Rechtsschutz, S. 92, u n d vor allem Hering, Zur Interpretation der Formel, S. 93, nach dem sich die Formel vom für alle geltenden Gesetz i n A r t . 137 Abs. I I I W R V ausschließlich auf innere Ordnungsmaßnahmen der Religionsgemeinschaften bezieht. 36 B G H , U. v. 17. 12. 1956, B G H Z 22, 383 = D Ö V 1957, 731 = N J W 1957, 542 = KirchE 3, 430. 37 Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 39 zu A r t . 19 Abs. I I I GG; E.Fischer, Staat u n d Kirche, S. 171; Voigt, Kirchenrecht, S. 220 f. Zweifelnd Mikat, Kirche u n d Staat, S. 12; M.Heckel, Parität, S. 278.

§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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von ihr als Glieder des faktischen Zusammenwirkens — als Grundbesitzer, Bauherr, Arbeitgeber — erfaßt, dann unterliegen sie ihr wie jedes andere Rechtssubjekt auf dem Staatsgebiet. Damit ist auch bereits entschieden, daß das für alle geltende Gesetz nicht i m Sinne der Definition Heckeis 38 auf die „für die Gesamtnation als politische, K u l t u r - und Rechtsgemeinschaft" unentbehrlichen Gesetze eingeschränkt werden kann und braucht 39 . Diese von Hechel 1932 formulierte Begrenzung widerspricht einmal der Intention des Verfassungsgebers, die nach ganz einhelliger Weimarer Lehre darin bestand, die Kirchen an alle für jedermann geltenden Gesetze zu binden 4 0 . Zum anderen ist sie unpraktikabel und vieldeutig: wie w i l l man m i t ihrem Pathos die Bindung der Kirchen an Zollgesetze und Formvorschriften, an Garagenordnung und örtliche Polizeisatzungen begründen 4021 ? So ist denn auch bereits die Ansicht vertreten worden, daß nur ein nach Art. 79 Abs. I I I GG unabänderliches Gesetz „unentbehrlich" i m Sinne der Definition sei 41 . Verständlich w i r d die von Hechel versuchte Eingrenzung nur aus dem Bemühen, den kirchlichen Innenbereich von dem allgemeinen Staatsgesetz zwar weitgehend freizuhalten, andererseits aber doch eine gewisse Anpassung der Kirchen an die Grundstrukturen der Gesamtnation zu erreichen 42 . Hat man erkannt, daß das Staatsgesetz sich auf die innerkirchlichen Angelegen38 J. Hechel, V e r w A r c h 37 (1932), S. 284; ähnlich derselbe, Melanchthon, S. 100. Zustimmend i n der Weimarer Zeit n u r E. R. Huber, AöR N. F. 23 (1933), S. 64; Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag m i t dem Freistaat Baden, S. 82. 39 So aber heute die herrschende Lehre: BGH, U. v. 17. 12. 1956, B G H Z 22, 383 ff.; Beulke, ZevKR 6,132; Engelhardt, AöR 86,345; S. Grundmann, ÖstArchKR 13,293; derselbe, BayVBl. 1962,34; Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 134; Hesse, Rechtsschutz, S. 72; Johnsen, Diss., S. 151; Kaiisch, Z e v K R 2, 26 f.; J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 80 ff.; Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 151; Menger, M D R 1955,514; K . Müller, DÖV 1955,424; Scheuner, Z e v K R 3,357; Scheven, Z e v K R 4,174; Smend, Z e v K R 1, 12; derselbe, JZ 1956,52; W.Thieme, AöR 80, 447. — Eine eigenständige Auffassung v e r t r i t t Hering, Z u m Verständnis der Formel, S. 97, nach dem die Schrankenformel als (auf den Bereich innerkirchlichen Ordnens bezogene) „sozialstaatliche Bindung der i h r i m K o n t e x t zugeordneten Freiheit zu verstehen u n d i m Einzelfall zu interpretieren ist". Vgl. ferner Hollerbach, Verträge, S. 121 f. 40 Vgl. statt aller Ebers, Staat u n d Kirche, S. 292 ff., besonders S. 292 Fußnote 4; Anschütz, Komm., A n m . 5 zu A r t . 137 (S. 636). A u f die K o n t r o verse, ob nur diese Bindung gegeben sein sollte, braucht hier nicht eingegangen zu werden. 40a Daß es sich bei den f ü r alle geltenden Gesetzen i. S. des A r t . 137 Abs. I I I W R V keineswegs i m m e r u m Normen elementaren Charakters handelt, betont auch Hering, Z u r Interpretation der Formel, S. 94 f., m i t weiteren Beispielen. 41 42

Engelhardt, Vgl. Mikat,

AöR 86,345. Streitigkeiten, S. 342; auch Fuß, D Ö V 1961, 737 ff.

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

heiten weder bezieht noch beziehen darf, dann w i r d eine solche Einschränkung unnötig. Damit ist der Weg zu der Erkenntnis frei, daß unter dem „für alle geltenden Gesetz" nichts anderes zu verstehen ist als das „allgemeine Gesetz", jedes Gesetz also, das die Kirchen nicht speziell als Religionsgemeinschaften, „sondern i n der gleichen indifferenten Eigenschaft anspricht wie jeden Bürger" 4 3 . Eine Ausnahme gilt jedoch, wie schon jetzt vermerkt sein soll, hinsichtlich der delegierten Hoheitsbefugnisse der Kirchen. I n diesem Bereich sind Gesetze ausschließlich zugunsten oder zuungunsten der öffentlichrechtlichen Religionsgemeinschaften notwendig und zulässig (Kirchensteuergesetze!) 44. d) Parität

der öffentlich-rechtlichen

Religionsgemeinschaften

Die hier vertretene Auffassung von der eigenständigen geistlichen Gewalt der Kirchen und ihrer Unterordnung unter die Staatsgewalt läßt erkennen, daß sich von daher entgegen der herrschenden Ansicht eine Sonderstellung der „Kirchen" unter den Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts nicht begründen läßt. Wie gezeigt, w i r d durch das vom Staate garantierte Selbstbestimmungsrecht den Religionsgemeinschaften der Freiheitsraum garantiert, in dem das kirchliche Recht ihre eigenständige Gewalt begründen kann — aber nicht muß. Es ist nun nicht einzusehen, wieso den kleinen Religionsgemeinschaften — auch denen des Privatrechts — ein Selbstbestimmungsrecht i n den oben gezogenen Grenzen und auf Grund dessen eine eigenständige Gewalt nicht soll zustehen können 4 5 . Warum diese von quantitativen Überlegungen — wie der überragenden Bedeutung der Großkirchen i m öffentlichen Leben — oder von der Eigenschaft als Vertragspartner des Staates abhängen soll, bleibt unerfindlich 4 6 : gerade die viel berufene 43 Herbert Krüger, DÖV 1961,727; übereinstimmend derselbe, ZevKR 6, 74 ff.; Bettermann, JZ 1964,604; Dahm, Deutsches Recht, S. 405; Hamel, Grundrechte i m sozialen Rechtsstaat, S. 46 (im Anschluß an Erich Kaufmann, V V D t S t R L 4, 81 f.). Ä h n l i c h auch Liermann, ö s t A r c h K R 5, 217; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 179 f.; derselbe, Streitsachen, S. 342 Fußnote 101; Schlief, Diss., S. 255 („verfassungsunmittelbare Vorbehaltsschranke zugunsten der allgemeinen Gesetze" i m Sinne der Kleinschen Terminologie, vgl. v. Mangoldt-Klein, Vorb. Β X V 3 b vor A r t . 1 GG [S. 132]), u n d diesem zustimmend Schef fler, Stellung der Kirche, S. 220. 44 Vgl. unten § 17 unter d). Wie hier Hering, Z u r Interpretation der Formel, S. 95. 45 Wie hier Holtkotten i n B K , A n m . I I 3 zu A r t . 140 GG; OVG Berlin, U. v. 25. 2.1953, Z e v K R 3, 205 = KirchE 2, 26 ff. (33) (beide allerdings zu weitgehend, da schlechthin v o n „Herrschaftsgewalt" der Religionsgemeinschaften sprechend); J.Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 96. Anderer Ansicht Hesse, Z e v K R 3, 193; Kuhn, DVB1. 1958, 389 (Urteilsanmerkung); Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 167; Peters, V V D t S t R L 11,186 f.; ferner früher schon Ebers, Staat und Kirche, S. 205. 46 So aber Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 168.

§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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überpositive Fundierung des Staatskirchenrechts macht es unausweichlich, die Eigenrechte auch der kleinen Religionsgemeinschaften anzuerkennen. Vollends verfehlt ist das Argument, die kleinen Religionsgemeinschaften seien keine „Kirchen" und könnten das auch durch die Verleihung der Korporationsrechte nicht werden 4 7 . Auch wenn man einmal dahinstellt, ob die Eigenschaft als „Kirche" vom Staat her rechtsbedeutsam sein kann, dann ist doch klar, daß die Grenze zwischen Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften jedenfalls nicht da verläuft, wo sie die herrschende Lehre zwischen den Großkirchen und allen anderen Gemeinschaften zieht: es sei hier nur noch einmal an die privatrechtlich organisierte griechisch-orthodoxe Kirche erinnert, die von jedem (nicht einseitig konfessionellen und damit für das Staatskirchenrecht von vornherein ausscheidenden) Standpunkt aus mit Sicherheit als „Kirche" anzusprechen ist 4 8 . Die Verfassung gibt denn auch nichts für eine Differenzierung hinsichtlich der geistlichen Gewalt her: Art. 137 Abs. I I I WRV bezieht sich auf alle Religionsgemeinschaften — einschließlich der privatrechtlichen. 1. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß auch i m übrigen eine absolute Parität aller Religionsgemeinschaften gefordert wäre. Daß das nicht der Fall ist, zeigt schon Art. 137 Abs. V WRV: die aus der öffentlich-rechtlichen Korporationsqualität fließenden Rechte stehen den Religionsgemeinschaften des Privatrechts nicht zu. Diese Differenzierung rechtfertigt sich innerlich aus der Tatsache, daß die Korporationsrechte ihrer Natur nach nur einer Organisation zustehen können, die über das Stadium eines „wolkenartigen Gebildes" und einer „Eintagsgründung von vorgestern" hinaus beginnt, „religiöse Verwaltungsgemeinschaft" zu werden 4 9 . Sie bedeutet allerdings nicht, daß auch der einfache Gesetzgeber die privatrechtlichen Religionsgemeinschaften in jeder Beziehung schlechter stellen kann. Die staatskirchenrechtlichen A r t i k e l des Grundgesetzes sind eingebettet in das System der Grundrechtsgarantie des Gleichheitssatzes, die auch für juristische Personen einschließlich derer des öffentlichen Rechts gilt 5 0 . So kommen das Willkürverbot und das Verbot jeder Differenzierung wegen der religiösen Anschauungen (Art. 3 Abs. I und I I I GG) über Art, 19 Abs. I I I GG auch

47 Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 167. Dagegen zu Recht Schnorr v. Carolsfeld, Normengrenzrecht, S. 222 ff. Fußnote 6. 48 Über die Vernachlässigung der Rechte der Minderheitskirchen durch die herrschende Lehre auch Dantine, Z e v K R 10,229, v o m Standpunkt der Protestanten Österreichs. 49 Friedrich Naumann, NatVersProt., Bd. 328, S. 1654 A ; vgl. auch Smend, Z e v K R 2, 377 ff., der allerdings zu hohe Voraussetzungen f ü r den Erwerb der Korporationsqualität aufstellt. 50 Ipsen, Gleichheit, S. 136; Bachof, Freiheit des Berufs, S. 180 Fußnote 98.

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

d e n Religionsgemeinschaften z u g u t e 5 1 , d e n p r i v a t r e c h t l i c h e n so g u t w i e d e n öffentlich-rechtlichen. A r t . 137 Abs. V W R V s t e l l t demgegenüber k l a r , daß eine unterschiedliche B e h a n d l u n g h i n s i c h t l i c h der K o r p o r a tionsrechte n i c h t w i l l k ü r l i c h ist, also A r t . 3 A b s . I G G n i c h t v e r l e t z t ; er ist aber k e i n e D u r c h b r e c h u n g des A r t . 3 A b s . I I I G G , d e n n die U n g l e i c h b e h a n d l u n g e r f o l g t n i c h t a u f G r u n d der u n t e r s c h i e d l i c h e n r e l i g i ö s e n Anschauungen, sondern aus G r ü n d e n der v e r s c h i e d e n a r t i g e n organisatorischen S t r u k t u r 5 2 . W o A r t . 137 Abs. V W R V n i c h t e i n g r e i f t , b l e i b t es b e i der a l l g e m e i n e n V o r s c h r i f t des A r t . 3 G G . D e r einfache Gesetzgeber d a r f also auch zwischen p r i v a t - u n d ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n Religionsgemeinschaften ü b e r h a u p t n i c h t w e g e n der r e l i g i ö s e n A n schauungen ( A r t . 3 A b s . I I I G G ) u n d i m ü b r i g e n da n i c h t d i f f e r e n z i e r e n , w o eine unterschiedliche B e h a n d l u n g w i l l k ü r l i c h w ä r e — e t w a b e i der S t e u e r b e g ü n s t i g u n g d e r Spenden d e r M i t g l i e d e r ( A r t . 3 A b s . I G G ) 5 3 . 2. P r o b l e m a t i s c h e r ist es, ob eine Differenzierung innerhalb der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften zwischen G r o ß k i r c h e n u n d d e n k l e i n e n G e m e i n s c h a f t e n zulässig i s t 5 4 . A r t . 3 Abs. I I I G G si So richtig Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 39 zu A r t . 19 Abs. I I I GG, bezüglich A r t . 3 Abs. I I I GG gegen Beulke, Z e v K R 6,145 f.; i m Ergebnis übereinstimmend auch BVerfG, Beschl. v. 28. 4.1965, NJW1965,1427 = JZ 1965, 608 m i t A n merkung Hollerbach. Bedenken gegen diese K o n s t r u k t i o n bei M. Heckel, Parität, S. 278 Fußnote 46, m i t bisher n u r angedeuteter Begründung aus der historischen Verschiedenheit der Individualgrundrechte u n d des öffentlichen Status der Kirchen. Diese Sicht erscheint jedoch, jedenfalls hinsichtlich des Gleichheitssatzes, zu stark historisch bestimmt: der Grundrechtsteil des G r u n d gesetzes m i t seiner Garantie der Gleichbehandlung auch der juristischen Personen dürfte die geschichtlichen Unterschiede beider Rechtsgruppen inzwischen überlagert u n d sie i n ein einheitliches Ganzes eingebaut haben (zu dessen Gestaltung vgl. oben den Text). Ä h n l i c h w i e hier auch der methodische Ausgangspunkt i n der eben zitierten Urteilsanmerkung von Hollerbach (S. 612 f.): nach i h m schwinden die Bedenken dagegen, „ A r t . 3 1 GG zum Ausgangspunkt f ü r die verfassungsrechtliche Beurteilung der religionsgesellschaftlichen Parität zu machen, sofern m a n n u r die sachentsprechenden Modifikationen der allgemeinen Gleichheit, die A r t . 137 W R V f ü r die Parität als Ausdruck einer ,Sonderform der Gleichheit' m i t sich bringt, gebührend berücksichtigt". 52 Verfehlt daher der Versuch, die Verleihung der Korporationsrechte über das Erfordernis der Dauer an bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der religiösen Anschauungen der Religionsgemeinschaften zu knüpfen (so K . Müller, Z e v K R 2,158 ff.). 53 Ä h n l i c h f ü r die württembergisch-badische Landesverfassung: StGH Württemberg-Baden, U. v. 4. 4.1949, VRSpr. 4 (1952), S. 1 ff. — Neuestens hat das BVerfG eine Differenzierung zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften ausdrücklich f ü r zulässig erklärt, aber nicht deutlich gemacht, ob u n d w o es eine Grenze für die Zulässigkeit derartiger Differenzierungen zieht (Beschl. v. 4.10.1965, N J W 1965, 2339 f.). 54 Dafür die herrschende Lehre: Beulke, Z e v K R 6,143 f.; Dürig, K a t h o lische Privatschulen, S. 52 f.; J. Heckel, Kirchengut, S. 109; M. Heckel, Parität, S. 284 f.; Hesse, Z e v K R 3,189 ff.; derselbe, Rechtsschutz, S.79f.; Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1030; Scheuner, Z e v K R 6, 36 Fußnote 110; Smend, ZevKR 2,

§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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schließt nur eine Bevorzugung oder Benachteiligung auf Grund der religiösen Anschauungen aus. Damit ist eine unterschiedliche Behandlung von „Kirchen" und „sonstigen Religionsgemeinschaften", von „christlichen" und „nichtchristlichen" Organisationen — da auf einer Wertung der religiösen Überzeugung beruhend — von vornherein unzulässig 55 , nicht aber eine Differenzierung nach anderen sachgemäßen Gesichtspunkten (kulturgeschichtliche Bedeutung, Gewicht i n der Öffentlichkeit). Allein aus Art. 3 Abs. I I I GG läßt sich das Problem aber nicht lösen 56 ; es bedarf eines Rückgriffs auf A r t . 140 GG und die Zusicherung „gleicher Rechte" an die neukorporierten Religionsgemeinschaften i n A r t . 137 Abs. V WRV. Diese Formel ist als spezieller Gleichheitssatz auszulegen, der die grundsätzliche Parität aller öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften statuiert, den Staat also über A r t . 3 Abs. I I I GG hinaus an einer unterschiedlichen Behandlung hindert 5 7 . Für die Weimarer Verfassung folgt das eindeutig aus der Entstehungsgeschichte. Bei der Minderheitsstellung der Rechtsparteien waren diese auf die Zustimmung der von Friedrich Naumann geführten Demokraten angewiesen, um die aus den Privatvereinen herausgehobene Stellung der Kirchen erhalten zu können 58 . Diese wurde — ebenso wie die der Sozialdemokraten — nur erteilt, weil die Rechte ihrerseits einwilligte, unter bestimmten Voraussetzungen allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften einen Anspruch 59 auf die gleiche Rechtsstellung einzuräumen 60 . „Dieselben Rechte, die die großen haben" sollten „auch den kleinen gewährt werden", „die Zeit, wo kleine Religionsgesellschaften amtlich mißachtet werden, zu Ende", und „alle Nebenkirchen gleicher Ehre 374 ff.; W.Thieme, RGG, Bd. I I I , Sp. 1717; W.Weber, V V D t S t R L 11,172; derselbe, RGG, B d . V , Sp. l l 3 f . ; Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 148; etwas zurückhaltender Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 166, vgl. aber auch ebd., S. 167 f. 55 Ebenso Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 194. 56 So aber w o h l Dürig, Katholische Privatschulen, S. 52 f. 57 w i e hier J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 87 ff.; E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 188 ff.; Hamann, Komm., A n m . A 5 zu A r t . 140 GG (im Gegensatz zur 1. Aufl., A n m . C 6). Ä h n l i c h Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 194 ff. 58 Die Mandate der Nationalversammlung waren wie folgt verteilt: SPD (mit USPD) 188; DDP (Demokraten) 77; Zentrum 88; D V P (Deutsche Volkspartei) 23; D N V P (Deutschnationale) 34; Parteilose 11 (vgl. Lohr, Kirchenhoheit, S. 18). 59 Daß es sich dabei u m einen Rechtsanspruch handelt, ist unbestritten: vgl. J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 54; Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 154; Schlief, Diss., S. 189; Smend, Z e v K R 2,378; LVG Hannover, U. v. 8. 3.1957, D V B L 1958, 386; ferner bereits früher Ebers, Staat u n d Kirche, S. 182. 60 Vgl. dazu Israel, Reichskirchenrecht, S. 3 8 1 ; Flick, Diss., S. 32.

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Β. Die Grundlagen des heutigen Staatskirchenrechts

sein 61 ." Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß schon die in Art. 137 Abs. V WRV aufrechterhaltenen Rechte der altkorporierten Religionsgesellschaften einen unterschiedlichen Inhalt hatten 6 2 . Das ist zwar für die Zeit vor der Weimarer Verfassung richtig. Eben durch deren Verbot der Staatskirche sind aber die früher vorhandenen Vorrechte der Landeskirchen aufgehoben worden. Daran ändert auch der Wortlaut „bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie solche bisher waren", nichts. Der Soweit-Satz bezeichnet nur die i n Frage kommenden Religionsgemeinschaften, hält deren bisherige Korporationsrechte aber nicht dem Umfange nach aufrecht 63 . Der Satz von den „gleichen Rechten" war also als eine politische Entscheidung der Verfassung zur Parität, als „Meistbegünstigungsklausel" zugunsten aller öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften auszulegen 64 . Das Grundgesetz rechtfertigt nirgends eine abweichende Beurteilung. Gegen sie spricht besonders, daß gerade die i m Parlamentarischen Rat abgelehnten Anträge der Rechtsparteien die „ K i r chen" aus den anderen Religionsgemeinschaften herausheben wollten 6 5 . Auf den „deutlicher gewordenen" Unterschied der wirklichen Bedeutung i n der öffentlichen Ordnung abstellen 66 , heißt wieder m i t soziologischen Argumenten gegen eine positive Entscheidung der Verfassung angehen. Das alles besagt nun freilich nicht, daß eine „schematische" Gleichbehandlung aller öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften gefordert wäre. Es heißt, daß alle vom Staat als gleichwertig — „gleicher Ehre" — anzusehen sind und gleichmäßig — soweit quantitativ meßbare Leistungen i n Frage stehen, ihrer Größe entsprechend — behandelt werden müssen. Es heißt weiter, daß allen die Rechte aus der ei Friedrich Naumann, NatVersProt., Bd. 328, S. 1653 C, 1654 A, B ; vgl. auch, seine Anfrage an den Regierungsvertreter Dr. Preuß (S. 1654 B) u n d dessen A n t w o r t (S. 1655 D), w o dieser bestätigt, daß „die Bedeutung der Bestimmung f ü r Sekten u n d Freikirchen nach den (seil. Ausschuß-)Verhandlungen n u r i m Sinne des Abgeordneten Naumann ausgelegt werden können". Z u r Rolle Friedrich Naumanrìs bei diesen Verhandlungen auch Th. Heuß, Naumann, S. 623 f. u n d vor allem S. 629 f. 62 So aber K. Müller, Z e v K R 2,141. 63 So richtig Forsthoff, Körperschaft, S. 116. 64 Ebers, Staat u n d Kirche, S. 182 f.; übereinstimmend i n der Weimarer Zeit: Eichmann, Staat, Religion, Religionsgesellschaften, S. 19; Hatschek, Reichsstaatsrecht, S. 140 f.; Lammeyer, Juristische Personen, S. 222; Lohr, Kirchenhoheit, S. 8 1 ; Rieder, Staat u n d Kirche, S. 26; J. Schmitt, Kirchliche Selbstverwaltung, S. 92 ff.; Schoen, V e r w A r c h 29, S. 30 Fußnote 59; StierSomlo, Staatsrecht, S. 497. — Anderer Ansicht: Anschütz, Komm., Anm. 10 zu A r t . 137 W R V (S. 6461); Lilienthal, Staatsaufsicht, S. 12; Marsson, V e r w A r c h 29, 259; Oeschey, AöR N. F. 16 (1929), S. 37; Pernutz, Diss., S. 47. 65 Ebenso Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 195. 66 So Hesse, Rechtsschutz, S. 80.

§ 3. Grundprinzipien des Staatskirchenrechts des GG

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Korporationsqualität — nicht aber die aus besonderen Titeln 6 7 — unverkürzt zugutekommen, sofern sie sie ihrer Natur nach i n Anspruch nehmen können (das noch näher zu definierende Parochialrecht etwa ist offensichtlich auf eine Religionsgemeinschaft ohne Untergliederung nicht anwendbar). Man kann also durchaus sagen: „die kirchenpolitische Parität bedeutet ja nicht, daß jede Religionsgesellschaft gleich wie eine andere behandelt werde, sondern gerade, daß jeder Konfession das Ihre zukommen müsse 68 ." Es ist allerdings deutlich auszusprechen, daß das Ihre kein minus, sondern nur ein genau abgewogenes gleichwertiges aliud sein darf — und daß auch die Parität der großen Konfessionen unter dem so verstandenen Satz steht. Seine Anwendung über die Großkirchen hinaus impliziert also gerade die Parität auch der kleinen Religionsgemeinschaften und ist nicht geeignet, als Argument dagegen zu dienen 69 .

67 E t w a Ansprüche auf Staatsleistungen, die auf die Säkularisation zurückgehen. Z u der Frage, wie w e i t durch Kirchenverträge solche T i t e l neu begründet werden können u n d zu den Rückwirkungen solcher Verträge auf die Rechtsstellung der anderen Religionsgemeinschaften vgl. J.Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 103 f.; Hollerbach, Verträge, S. 133 f.; derselbe, JZ 1965,613. 68 Cavelti, a. a. O., S. 16, zustimmend Dürig, Katholische Privatschulen, S. 53; Scheuner, ZevKR 6,36 Fußnote 110. Ä h n l i c h auch M. Hechel, Parität, S. 285 f. m i t Fußnote 79; dort der richtige Hinweis, daß das eigentliche Problem der Parität die Frage des Maßstabs ist, an dem sie gemessen werden soll. Vgl. hierzu auch Georg May, A r c h K a t h K R 132,65 u n d 70 ff. (mit Bedenken gegen den Loccumer Vertrag aus dem Gesichtspunkt der Parität). 69

So aber doch w o h l zitiert bei Dürig,

Katholische Privatschulen, S. 53.

II. A b s c h n i t t

D i e grundsätzliche B e d e u t u n g des Status der Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts A . U n a n w e n d b a r k e i t des m a t e r i e l l e n (verwaltungsrechtlichen) Begriffs der Körperschaft des öffentlichen Rechts § 4. Geschichte und heutige Bedeutung des Begriffs A u f dem Hintergrund der hier umrissenen Grundsätze heutigen Staatskirchenrechts heißt es nun, das Problem der Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Korporationsqualität zu lösen. Die damit gestellte Frage scheint auf Grund des deutlichen Verfassungswortlauts einfach zu beantworten, wenn man sich erst einmal darüber i m klaren ist, was man unter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verstehen hat. Ob das richtig ist, kann sich nur an einer Darstellung der Entwicklung und heutigen Bedeutung des Begriffs zeigen. a) Geschichtliche

Entwicklung

Weder i m Germanischen Recht — dem die Trennung i n öffentliches und Privatrecht überhaupt fremd war — noch i m römischen Recht m i t seiner engen Eingrenzung des ius publicum als „Ausfluß der einen und unteilbaren Staatsidee" gab es eine Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts, eine Rechtsfigur, die so jedenfalls dem deutschen Rechtsdenken bis weit in die Neuzeit hinein unbekannt blieb 1 . Der Begriff der öffentlichen Korporation taucht zum ersten M a l i n den Schriften der Naturrechtslehrer des 18. Jahrhunderts auf 2 ; den ersten gesetzgeberischen Ansatzpunkt für die Entwicklung der modernen Körperschaft des öffentlichen Rechts bot die Regelung des Korporationen1 Vgl. hierzu eingehend J. Conrad, Diss., S. 10 ff., i m Anschluß an O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. I I (Berlin 1873), S. 26 ff.; ferner Kirchner, Diss., S. 14 ff. 2 Vgl. Kirchner, Diss., S. 32—40.

§ 4. Geschichte und heutige Bedeutung des Begriffs

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rechts i m Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 (Titel II,6) 3 . Dieses kannte als Grundform die — bloß geduldete — Privatgesellschaft und, auf ihr aufbauend, die ausdrücklich genehmigten oder privilegierten Gesellschaften (§ 23 I I 6) und die „Korporationen und Gemeinen" (§§ 25 ff. I I 6). Die Privatgesellschaft war dem Gesetz zufolge ein ausschließlich privatrechtliches Gebilde (§§ 12 ff. I I 6). Das galt grundsätzlich auch, wenn sie gemäß § 23 I I 6 über die übrigen Gesellschaften hinausgehoben war; der eigentliche Charakter der so entstandenen „privilegierten Gesellschaft" bestimmte sich jedoch nicht nach der — subsidiären — gesetzlichen Regelung, sondern nach dem Privileg, durch das sie einen status publicus als Ausnahmerecht erhalten konnte. Sie stellte somit eine dem A L R eigentümliche Übergangsform „auf der Grenze zwischen der reinen Privatgesellschaft und der öffentlichen Korporation dar, welch letztere aus ihr entwickelt w i r d " 4 . — Eine bereits von Gesetzes wegen m i t einem ausgesprochen publizistischen Charakter ausgestattete Unterform der privilegierten Gesellschaft waren die „Korporationen und Gemeinen", die als wichtiges Glied des Staatsaufbaus angesehen wurden. Ein Eigenwille dieser Korporationen war freilich durch staatliche Mitwirkungs- und Aufsichtsrechte völlig ausgeschaltet; sie gewannen ihre Existenzberechtigung ausschließlich aus der Erfüllung der ihnen staatlich gesetzten öffentlichen Zwecke und sind durchwegs Vollzieher des Staatswillens, keine „Subjekte, sondern lediglich Objekte der Staatsregierung" 5 . Die Entwicklung selbständiger Rechtspersonen des öffentlichen Rechts ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Nachdem die Steinsche Städteordnung von 1808 eine „erste Bresche i n das festgefügte System des absoluten Polizeistaates" geschlagen hatte 6 , sah sich der Staat in zunehmendem Maß veranlaßt, zur Erfüllung seiner zahlreichen und wachsenden Aufgaben die als gesellschaftliche Organisationen verstandenen Gemeinden heranzuziehen oder gar selbständige Verwaltungsverbände neu zu schaffen. Auf dem Wege eines — auch hier dem Gesetze vorgehenden 7 ·— Privilegs verlieh er ihnen einen Status, der 3 Die obige Darstellung folgt i m wesentlichen Waldecker, Korporation, S. 52 ff. (insbes. S. 61 ff.). Ä h n l i c h auch Luxemburger, Diss., S. 65 ff.; J. Conrad, Diss., S. 13 ff. 4 Waldecker, a.a.O., S. 63. s Waldecker, a.a.O., S. 65, 80 ff. 6

Luxemburger, Diss., S. 69. Vgl. auch Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 412 ff. 7 § 26 I I 6 A L R : „Die Verhältnisse u n d Rechte der Corporationen und Gemeinen sind hauptsächlich nach den bei ihrer Errichtung geschlossenen Verträgen und ergangenen Stiftungsbriefen, nach den v o m Staat erhaltenen Privilegien u n d nach den auch i n der Folge unter Genehmigung des Staates abgefaßten Schlüssen zu beurteilen."

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Α. Unanwendbarkeit des allgemeinen Korporationsbegriffs

nun auch delegierte Hoheitsrechte und eine gewisse Selbständigkeit umfaßte. So entstand die Selbstverwaltung des 19. Jahrhunderts, eine Entwicklung, die zu erklären ist aus dem Drängen des sich emanzipierenden Bürgertums nach Teilhabe an der Herrschaft. Dem daraus resultierenden antithetischen Verständnis des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft 8 entspricht, daß die echten Selbstverwaltungskörperschaften als dem Staat lediglich angegliederte Träger gesellschaftlicher Verwaltung i m Gegensatz zur Staatsverwaltung angesehen wurden 9 . So war der Terminus „öffentlich-rec/itZicTie" Körperschaft zunächst völlig ungebräuchlich: die üblichen Bezeichnungen lauteten „öffentliche Korporationen (bzw. Körperschaften)" oder „öffentliche Verbände", Begriffe, die man als Untergruppe der „gesellschaftlichen Verbände" verstand 10 . Erst i n der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trat eine Akzentverschiebung des Selbstverwaltungsbegriffs auf die körperschaftliche Verbandsverwaltung ein 1 1 ; m i t ihr begann die wissenschaftliche Systematisierung der Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts und ein lebhafter Theorienstreit über Begriff und Wesensmerkmal der öffentlichrechtlichen Körperschaft 12 . Zunehmend setzte sich dabei das Verständnis als körperschaftlich organisierte Unterform der i n den Staat eingegliederten „rechtsfähigen Verwaltung" durch 13 . Diese — auf die mittelbare s Vgl. Forsthoff, Körperschaft, S. 8 ff. (übernommen bei Flick, Diss., S. 34). Forsthoff spricht schlechthin von einem Dualismus von Staat u n d Gesellschaft i m 19. Jahrhundert, der nach Eroberung der Macht durch das Bürgert u m weggefallen sein soll. Beides ist n u r bedingt richtig. Herbert Krüger hat m i t Recht darauf hingewiesen (Allgemeine Staatslehre, S. 345 f.), daß historisch gesehen eher ein Gegensatz feudaler u n d bürgerlicher Elemente innerhalb des Staates vorhanden war. Es läßt sich jedoch nicht bestreiten, daß dieser Gegensatz (am deutlichsten bei Lorenz v. Stein, etwa Geschichte der sozialen Bewegung i n Frankreich, Bd. I, S. 45) zu einer antithetischen Auffassung des Verhältnisses von (bürgerlich verstandener) Gesellschaft u n d Staat, nach seinem Wegfall zur Identifizierung beider geführt hat (vgl. dazu Heller, Allgemeine Staatslehre, S. 110). Es hieße sich jedoch gefährlich i n die Nähe totalitärer Theorien begeben, wollte man — auch bei A n e r kennung der gegenseitigen Beeinflussung und Bedingtheit — nicht k l a r zwischen den Bereichen von Staat u n d Gesellschaft unterscheiden (ebenso Ridder, Gewerkschaften, S. 14 f.; vgl. i m einzelnen auch unten § 9 unter a) ). 9 Die Rechtsfigur der „Angliederung" etwa noch bei Haenel, Dt. Staatsrecht, S. 145. i° Forsthoff, Körperschaft, S. 8. 11 Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 415. 12 Vgl. dazu Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 425 Fußnote 5, und die dort zitierte Literatur; ferner sehr ausführlich: Luxemburger, Diss., S. 30—62. 13 So insbesondere Otto Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. I I , S. 322, der dann innerhalb der Körperschaften i n „öffentliche Genossenschaften" und die (politischen) „Gemeinden" untergruppierte, vgl. a. a. O., S. 352.

§ 4. Geschichte und heutige Bedeutung des Begriffs

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Staatsverwaltung abstellende — Begriffsbildung umfaßte auch die jetzt als staatliche Organisationen aufgefaßten Gemeinden und Gemeindeverbände. Auf Schwierigkeiten stieß sie erst angesichts der positivrechtlichen Charakterisierung der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts durch die Weimarer Reichsverfassung 14 . Diese führte dazu, daß man den auf die dezentralisierte Staatsverwaltung bezogenen Begriff einfach für falsch hielt 1 5 und einen anderen, auch die Kirchen umfassenden zu erarbeiten suchte 16 , oder aber einen engeren (strikt verwaltungsrechtlichen) von einem weiteren Begriff trennte, der zwar nicht auf die Eingliederung i n die mittelbare Staatsverwaltung abstellte, aber doch insofern einen materiellen Gehalt aufwies, als er die Ausstattung mit öffentlicher Gewalt voraussetzte, die dann eine entsprechende Staatsaufsicht nach sich zog 17 . Erst m i t der schnellen Vermehrung der öffentlichen Rechtsträger durch das Dritte Reich und seine Gesetzgebung 18 wurden als Körperschaften des öffentlichen Rechts i m materiellen Sinne endgültig die von einem Personenverband getragenen „rechtsfähigen Verwaltungseinheiten" 1 9 angesehen 20 , der Begriff also von der funktionellen Seite her abgegrenzt 21 . b) Heutige Bedeutung des Begriffs Auch heute kann man einen rein formellen von einem materiellen Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts unterscheiden. Verwendet man den Begriff i n einem inhaltlich nahezu entleerten, rein formellen Sinne, versteht man also unter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts alle vom Gesetz so bezeichneten Rechtspersonen oder igar alle in irgendeiner Weise auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts tätigen körperschaftlich strukturierten Gebilde 22 , dann setzt 14 Dazu etwa Forsthoff, Körperschaft, S. 3—7. is So z.B. Flick, Diss., S. 35. 16 Vgl. Forsthoff, Körperschaft, passim. 17 So die w o h l herrschende Lehre der Weimarer Zeit, insbesondere schütz, Komm., Anm. 8 zu A r t . 137 W R V (S. 644 ff.). is Dazu ausführlich W. Weber, Körperschaften, S. 30 ff.

An-

1 9 Begriff von Köttgen, Die rechtsfähige Verwaltungseinheit, S. 4, i m A n schluß an Otto Mayers „rechtsfähige Verwaltung". so Maßgebend W.Weber, Körperschaften, S. 69 f.; zustimmend n u n auch Forsthoff, AöR N. F. 34 (1944), S. 204 ff., unter Aufgabe seiner früheren abweichenden Auffassungen. 21 Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 159. 22 Eine solche Begriffsbildung findet sich ζ. B. bei H. J. Wolff , V e r w a l tungsrecht, Bd. I I , S. 131 f.; i h m zustimmend Marré-Schlief, N J W 1965, 1515. Von einem ganz weiten Begriff — unter den auch nichtrechtsfähige u n d teilrechtsfähige Körperschaften wie die Beschlußorgane des Bundes, der 4 Weber

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. Unanwendbarkeit des allgemeinen Korporationsbegriffs

man sich dadurch nicht nur i n Widerspruch zu der heute üblichen Terminologie der Verwaltungsrechtswissenschaft, sondern muß sich auch darüber i m klaren sein, daß eine solche Begriffsbildung fast ausschließlich deskriptiv und somit wenig sinnvoll ist. Gemeinsam ist den von einem solchen Begriff umfaßten Gebilden lediglich die Fähigkeit, i n einem nicht definierten Maß Träger von Rechten und Pflichten und Delegatar öffentlicher Gewalt zu sein 23 . Vermeidet man richtigerweise eine allzuweite Abgrenzung 24 , dann t r i t t dazu die (privatrechtliche) Rechtsfähigkeit i m technischen Sinne i m Unterschied von einer lediglich partiellen „Rechtssubjektivität" 2 5 . Jede Ableitung von Rechtsfolgen, die darüber hinausreicht, muß an der Vielfältigkeit der so zusammengefaßten Sachverhalte scheitern. Man muß also nach einem materiellen Unterscheidungsprinzip Ausschau halten, durch das ein rechtlich relevanter Begriff erzielt wird. Auch heute bietet sich dafür als zentrales Merkmal neben der körperschaftlichen Struktur und der Vollrechtsfähigkeit die „Einbeziehung i n den Funktionsbereich mittelbarer Staatsverwaltung" 2 6 an. Die Wissenschaft stimmt daher auch heute weitgehend dahin überein 27 , daß als Körperschaften des öffentlichen Rechts i m üblichen (verwaltungs- bzw. staatsrechtlichen) Sinne nur auf einem Mitgliederbestand Länder u n d der Gemeinden fallen — w i r d dort ein engerer geschieden, der aber auch noch so unterschiedliche Gruppen wie die Staaten — also B u n d u n d Länder —, die Kirchen u n d die Träger mittelbarer Staatsverwaltung umfaßt. 23 So richtig Molitor, Über öffentliches Recht u n d Privatrecht, S. 42. Z u r Delegation öffentlicher Gewalt vgl. ferner Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 874. 24 Wie sie etwa H. J. Wolff note 22) vornimmt.

bei seinem weiteren Begriff (vgl. oben Fuß-

25 Darin, daß der Körperschaftsbegriff die (privatrechtliche) Rechtsfähigkeit umfaßt, stimmen überein: W.Weber, Körperschaften, S. 17 f.; Bachof, Teilrechtsfähige Verbände, S. 252, 268 (dort S. 260 ff. auch die Definition der technischen Rechtsfähigkeit i m Unterschied zu einer auf Teilbereiche oder Einzelbefugnisse beschränkten „Rechtssubjektivität" — i m Anschluß an H. J. Wolff, etwa Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 153 ff.). 26 Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 430. 27 Die obige Definition entspricht der Forsthoff s (Verwaltungsrecht, S. 431). I m wesentlichen übereinstimmend: Lynker, Diss., S. 134 u n d passim; W.Weber , Körperschaften, S. 67 ff.; derselbe, V V D t S t R L 11, 170; Hesse, Rechtsschutz, S. 66; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 160; Schlief, Diss., S. 175 f. Etwas abweichend E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, S. 183 f., der die Körperschaft des öffentlichen Rechts von der „mittelbaren Staatsverwaltung" (worunter er die öffentlichen Anstalten versteht) abhebt u n d eigene Aufgaben der Körperschaften a n n i m m t ; Z u ordnung zum Staat ist aber auch f ü r i h n Wesensmerkmal (vgl. a.a.O., S. 184).

§ 5. Geschichte der Anwendung des Begriffs auf die Kirchen

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aufbauende P e r s o n e n v e r b ä n d e 2 8 anzusehen sind, die s e l b s t ä n d i g s t a a t liche A u f g a b e n w a h r n e h m e n u n d die — i m Gegensatz z u gewissen, gleiche A u f g a b e n v e r w a l t e n d e n t e i l r e c h t s f ä h i g e n V e r b ä n d e n 2 9 — v o l l rechtsfähig sind. Sie s i n d organisch i n den S t a a t e i n g e g l i e d e r t ; als T r ä g e r m i t t e l b a r e r S t a a t s v e r w a l t u n g e n t s t e h e n sie d u r c h staatlichen H o h e i t s a k t u n d n u r d u r c h i h n , sie b e d i e n e n sich z u r E r f ü l l u n g i h r e r A u f g a b e n i n der Regel h o h e i t l i c h e r M i t t e l — insbesondere des ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n Z w a n g s — u n d u n t e r l i e g e n e i n e r besonderen, das h e i ß t ü b e r die statusgemäße U n t e r w o r f e n h e i t u n t e r die staatliche T e r r i t o r i a l h o h e i t u n d die a l l g e m e i n e V e r e i n s a u f s i c h t hinausgehenden, A u f s i c h t des Staates 3 0 , d e m sie z u r E r f ü l l u n g i h r e r A u f g a b e n v e r p f l i c h t e t sind.

§ 5. D i e Geschichte der A n w e n d u n g des B e g r i f f s a u f die K i r c h e n A l s F o l g e der R e f o r m a t i o n w a r i n d e n evangelischen, später auch i n d e n k a t h o l i s c h e n T e r r i t o r i e n des Reichs e i n umfassendes S t a a t s k i r c h e n t u m entstanden, u n t e r d e m d i e K i r c h e n „ E r z i e h u n g s a n s t a l t e n z u r 28 Die hierin liegende Abgrenzung zu den Anstalten u n d Stiftungen des öffentlichen Rechts w i r d von der Gesetzgebung nicht immer konsequent durchgeführt; diese versteht unter „Körperschaften des öffentlichen Rechts" häufig nichts anderes als den Oberbegriff der „Rechtsperson des öffentlichen Rechts", ohne auf die körperschaftliche S t r u k t u r der so bezeichneten Rechtsträger abzustellen. Vgl. dazu Hildegard Krüger, D Ö V 1951, 264 f.; E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, S. 183. 29 Dazu Bachof, Teilrechtsfähige Verbände des öffentlichen Rechts, passim, insbes. S. 231 ff., 263 ff. Gegen eine Anerkennung von „juristischen T e i l personen" des öffentlichen Rechts früher Forsthoff, Verwaltungsrecht, 6. Aufl., S. 4 0 3 1 Dieser Passus ist i n der neuen Aufl., S. 425, nicht mehr enthalten. so Eine zumindest weitgehend staatsaufsichtsfreie öffentliche V e r w a l t u n g ist neuerdings auf dem Gebiete des Rundfunkwesens i n Gestalt der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten entstanden, die m a n so dem parteibeherrschenden Regierungsapparat gegenüber neutralisieren w i l l (vgl. Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 877; derselbe, Rundfunk i m Verfassungsgefüge, S. 148; W. Weber, Z u r Rechtslage des Rundfunks, S. 68 ff.). Auch hier w i r d man jedoch einen Mindestbestand an Staatsaufsichtsrechten annehmen müssen (ebenso — zumindest für Bayern — der BayVGH i n dem bisher unveröffentlichten U r t e i l i m Bayerischen Fernsehstreit, U . v . 11.6.1964, Az. 198 V I I I 63, S. 19; vgl. zu diesen Fragen auch Bachof, Rechtsgutachten, S. 64 ff.). Entsprechende Erscheinungen auf dem Gebiete körperschaftlicher Verwalt u n g existieren bis jetzt nicht; es wäre aber durchaus denkbar u n d möglich, daß der Staat a u d i hier bei auftretender Notwendigkeit entsprechende Konstruktionen wählt. A u f die Grenzen, die einer derartigen Organisation der V e r w a l t u n g möglicherweise gesetzt sind u n d auf den Umfang der dem Staat als Mindestbefugnis verbleibenden Aufsichtsrechte braucht hier nicht eingegangen zu werden . 4*

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. Unanwendbarkeit des allgemeinen Korporationsbegriffs

Heranziehung guter Untertanen, eine polizeiliche Einrichtung zum Zwecke der Wahrnehmung staatlicher Interessen" geworden waren 1 . Dem entsprach es durchaus, daß das A L R die „öffentlich aufgenommenen Kirchengesellschaften", also die drei Hauptkonfessionen 2 , als privilegierte „Korporationen" i m Sinne der §§ 25 ff. I I 6 ansah 3 : darunter waren, wie oben ausgeführt, reine Staatsanstalten zu verstehen. Da der Korporationsbegriff zunächst fast ausschließlich auf die „ K i r chengesellschaften" zutraf 4 und da auch die gleichbedeutende, i n zunehmendem Maß verwendete Bezeichnung „öffentliche Korporation" in der Gesetzgebung zuerst für die Landeskirchen gebraucht wurde 5 , ist es durchaus richtig, davon zu sprechen, daß der Begriff der öffentlich-rechtlichen Körperschaft an den Kirchen entwickelt worden ist 6 ; man muß sich jedoch darüber i m klaren sein, daß m i t der Verwendung der Bezeichnung „öffentliche Korporation" nicht eine neue Rechtsstellung der Kirchen begründet, sondern lediglich ihre historischen Rechte und Privilegien zusammengefaßt werden sollten 7 . Die Einordnung der Kirchen i n die „öffentlichen Korporationen" stieß zunächst auf keine Schwierigkeiten: trotz der politischen Umwälzungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und des Übergangs vom konfessionellen zum paritätischen Staat i n nahezu allen Territorien blieb das System des Staatskirchentums erhalten 8 ; die Kirchen blieben Staatsanstalten, die staatliche Aufgaben wahrnahmen 9 . I m übrigen mußte das Verständnis der „öffentlichen Korporationen" als „gesell1 Ebers, Staat u n d Kirche, S. 4 ff., insbes. S. 9. Vgl. ferner auch StierSomlo, Reichs- u n d Landesstaatsrecht, Bd. I, S. 489 f.; Kahl, Staat u n d Kirche, S. 131. 2 Preußisches Religionsedikt v. 9.7.1788; vgl. Anschütz, Verfassungsurkunde, S. 186; Herlitzius, Selbstverwaltung, S. 21. s § 17 I I 11 A L R : „Die v o m Staate aufgenommenen Kirchengesellschaften haben die Rechte privilegierter Korporationen." 4 Luxemburger, Diss., S. 67.

3 So ζ. Β . i n Baden i n § 9 des I I . Konstitutionsedikts v. 1809 (vgl. Friedrich, Kirchenrecht, S. 482), ferner i m Bayerischen Religionsedikt v. 24. 3.1809 (Reg.-Bl. S. 897). Weitere Nachweise bei Friedberg, Kirchenrecht, S. 113 Fußnote 20. e So Hesse, Rechtsschutz, S. 66; übereinstimmend Rosin, Genossenschaft, S. 35 ff.; Friedrich, Kirchenrecht, S. 482. 7 Ebers, Staat u n d Kirche, S. 12. Ä h n l i c h auch Schoen, Landeskirchentum, S. 26. 8

Herlitzius,

Selbstverwaltung, S. 58 f.

9 Besonders aufschlußreich i n diesem Zusammenhang sind die zahlreichen dem geistlichen A m t v ö l l i g fernliegenden Aufgaben der Geistlichen (dazu Liermann, Dt. Evangelisches Kirchenrecht, S. 168). So hatten (nach Mohl, Württembergisches Staatsrecht, Bd. I I , S. 444 ff.) die Geistlichen i n Württemberg unter anderem folgende Aufgaben: Berichte über Epidemien,

§ 5. Geschichte der Anwendung des Begriffs auf die Kirchen

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schaftliche Verbände" und Träger „gesellschaftlicher Verwaltung" i n Antithese zur Staatsverwaltung die Einordnung der Kirchen erleichtern 1 0 . Diese wurde erst fraglich, als das Staatskirchentum infolge der Revolution von 1848 durch ein System der Staatskirchenhoheit mit klarer Unterscheidung von Staat und Kirche abgelöst worden war 1 1 , als infolge der Kulturkampfgesetzgebung die wichtigsten noch von den Kirchen wahrgenommenen, i n einem modernen Gemeinwesen ihrer Natur nach staatlichen Aufgaben auf den Staat übergingen 12 , und als sich gleichzeitig der Begriff der öffentlichen Korporation auf die körperschaftliche Verbandsverwaltung und damit von der gesellschaftlichen i n die staatliche Sphäre verlagerte. Die Fragwürdigkeit des Verständnisses der Kirchen als „öffentliche Korporationen" hat als erster Rosin 13 deutlich zum Ausdruck gebracht, der i n ihm eine Ausprägung des Systems des Staatskirchentums sah. Er hielt es dementsprechend für unzulässig, daraus ein „umfassendes Prinzip für das Verhältnis von Staat und Kirche nach geltendem Recht" herzuleiten. Auch die Anwendung des Begriffs auf die Kirchen i n (damals) neueren Gesetzes des hessischen und badischen Staatskirchenrechts 14 sah er für nichts anderes an als „Reminiszenzen eines früheren Rechtszustands, welche man i n der unbestimmten Absicht, damit die besondere Stellung der Kirchen gegenüber den gewöhnlichen Privatvereinen zum Ausdruck zu bringen, beibehalten hat. Wie allen gesetzlichen Definitionen steht auch diesen die fortschreitende Wissenschaft mit kritischer Freiheit gegenüber" 15 . Diese Auffassung begann sich i n der Zeit bis zur Weimarer Verfassung durchzusetzen 16 , wenn auch eine Aufsicht und Belehrung wegen der Krätze und der Kuhpockenimpfung, halbjährliche Belehrung über giftige Pflanzen, Verteilung nützlicher landwirtschaftlicher Schriften, Belehrung über den Nutzen der Allodifikation der Fall-Lehen. 10 Vgl. oben § 4 zu Anm. 9. Als Beispiel mag etwa noch H. Roesler, Dt. Verwaltungsrecht, Erlangen 1872, S. 224 f., insbes. S. 225 Fußnote 3, dienen. 11 Ebers, Staat u n d Kirche, S. 44 f.; Anschütz, Verfassungsurkunde, S. 298 ff. 12 Insbes. die geistliche Schulaufsicht (Preußisches Schulaufsichtsgesetz v. 11.3.1872) und das gesamte Personenstandswesen (Zivilehegesetz für das Reich v o m 6. 2.1875). Genossenschaft, S. 35 ff., insbes. S. 39. 14 § 1 Badisches Gesetz v. 9.10. I860, die rechtliche Stellung der Kirchen und kirchlichen Vereine i m Staate betreffend; A r t . 1 Hessisches Gesetz v. 23. 6.1875. 15 A . a. O., S. 39. 16 M i t Rosin stimmen i m Ergebnis überein: Zorn, Kirchenrecht, S. 221; Schoen, Evangelisches Kirchentum i n Preußen, Bd. I, S. 172; derselbe, L a n deskirchentum, passim, insbes. S. 22 ff., 27 ; Anschütz, Verfassungsurkunde, S. 300 ff. Ä h n l i c h auch Kahl, Lehrsystem, Bd. I, S. 337 ff., der den Begriff ..qualifizierte Korporationen" f ü r die Kirchen vorschlägt (a. a. O., S. 340).

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. Unanwendbarkeit des allgemeinen Korporationsbegriffs

verbreitete Lehrmeinung die Landeskirchen und die inzwischen neben ihnen entstandenen „sonstigen m i t Korporationsrechten ausgestatteten Religionsgemeinschaften" 17 weiter i n einen allgemeinen Begriff der öffentlichen Korporation einordnete, über dessen Rechtsfolgen sie sich allerdings nicht einig war 1 8 . Vor dieser Situation stand die Weimarer Nationalversammlung, als sie das Verhältnis von Staat und Kirche neu zu regeln hatte. Die von ihr beschlossene Verfassung brachte den Ubergang vom paritätischchristlichen zum religionsneutralen Staat 19 . Nach harten Auseinandersetzungen 20 , i n denen die Linke zunächst die radikale Trennung von Staat und Kirche gefordert hatte, einigte man sich schließlich, den bisherigen Landeskirchen und den altkorporierten Religionsgemeinschaften ihre hervorgehobene, m i t dem Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts umschriebene Stellung zwar zu belassen, sie aber gleichzeitig allen sonstigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zugänglich zu machen, soweit diese durch ihre Mitgliederzahl und Verfassung die Gewähr der Dauer boten. Über den Inhalt der Stellung bestanden dabei erhebliche Divergenzen und Unklarheiten 2 1 ; man verwendete die herkömmliche Bezeichnung aber, weil man glaubte, nur so den Kirchen bestimmte historische Vorrechte auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts, insbesondere das Besteuerungsrecht, sichern zu können 22 . i? Z u deren Rechtsstellung vgl. vor allem Ahrens, Diss., S. 35 ff.; ferner auch Ebers, Staat u n d Kirche, S. 40 ff., 42. is Vgl. Hinschius, Staat u n d Kirche, S. 254 ff.; Sohra, Z K R X I , 167; Friedberg, Kirchenrecht, S. 113 f.; v. Seydel, Bayerisches Staatsrecht, S. 465: KG, Beschl. v. 18.10.1906, K G J 33, 191. 19 Ebers, Staat und Kirche, S. 123; Bredt, Kirchenrecht, Bd. I I , S. 114. 20 Z u r Entstehungsgeschichte der staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung vgl. Israel, Reichskirchenrecht, passim; ferner die gute Zusammenstellung der Verhandlungen der Nationalversammlung zum Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts bei J. Schmitt, K i r c h liche Selbstverwaltung, S. 22 ff. 21 Vgl. Israel, Reichskirchenrecht, S. 35 ff.; J.Schmitt, Kirchliche Selbstverwaltung, S. 22 ff. Typisch die Äußerung Friedrich Naumanns, der vor der Nationalversammlung zu den öffentlichen Korporationsrechten der K i r chen sagte: „Es handelt sich hier u m das schwer definierbare höher (seil, als die private Rechtsfähigkeit) stehende Recht, von dem die Kollegen Mausbach und Kahl m i t kirchenrechtlicher K l u g h e i t gesprochen haben und über das kein Mensch i n diesem Raum k l a r zu sein sich rühmen dürfte" (NatVersProt., Bd. 328, S. 1653). 22 Vgl. etwa die Äußerungen des Berichterstatters Dr. Mausbach (NatVers Prot., Bd. 328, S. 1645), des Abgeordneten Gröber (ebd. S. 1656) u n d Friedrich Naumanns („notwendiger Hilfsbegriff zur Erreichung des finanziellen A u f baus", ebd., S. 1654).

§ 5. Geschichte der Anwendung des Begriffs auf die Kirchen

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M i t dem klaren Verfassungswortlaut „die Religionsgemeinschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts" schien dem wissenschaftlichen Streit über die Anwendbarkeit dieses Begriffes der Boden entzogen. Die herrschende Lehre bezog die Kirchen denn auch i n i h n ein, mußte ihn nun aber neu formulieren 2 3 . Zwar verstand sie den Begriff weiterhin durchaus materiell. Seine Begrenzung aber auf Verbände, die i n den Staat eingegliedert sind und staatliche Aufgaben verrichten, konnte sie nicht mehr aufrechterhalten. Diese faßte man nun als Untergruppe des weiteren Begriffs auf. Darüber, daß die Kirchen i n diese Untergruppe nicht gehörten, bestand i m wesentlichen Einigkeit 2 4 . — Eine nicht unerhebliche, vor allem von katholischen Autoren vertretene Mindermeinung war allerdings trotz des Verfassungswortlauts der Ansicht, die Religionsgemeinschaften seien keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften i m eigentlichen Sinne, sondern würden nur wie solche behandelt 25 . Wesentlicher Punkt des Meinungsstreites war die besondere Staatsaufsicht über die Kirchen, die die herrschende Meinung als Korrelat aus der Korporationsqualität ab leitete, während ihr Weiterbestehen von der Mindermeinung abgelehnt wurde 2 6 . Beendet wurde die Auseinandersetzung m i t der endgültigen Eingrenzung des materiellen Körperschaftsbegriffes auf die mittelbare Staatsverwaltung i m Dritten Reich; mit ihr schien eine Einordnung der Kirchen i n den Begriff nicht mehr möglich 27 . 23 So etwa Anschütz, Komm., A n m . 8 zu A r t . 137 W R V (S. 645); StierSomlo, Staatsrecht, S. 497 f.; Oeschey, AöR N. F. 16, 29; Giese, AöR N. F. 7 (1924), S. 46 f.; Bredt, Kirchenrecht, Bd. I I , S. 185 f.; Forsthoff, Körperschaft, S. 113 ff.; E.R. Huber, Verträge zwischen Staat u n d Kirche, S. 48 f.; Pernutz, Diss., S. 40 f.; J. Conrad, Diss., S. 37 ff.; Weiß, Diss., S. 19 ff. 24

Anders noch Oeschey, der die kirchlichen Aufgaben auch unter der Weimarer Verfassung als Staatsaufgaben ansieht u n d meint, die Kirchen seien als staatlich gebildete Rechtsverbände i n den staatlichen Organismus eingegliedert (AöR N. F. 16, S. 16 f.). V o n der älteren Tradition bestimmt Forsthoff, Körperschaft, S. 118: „Die Kirchen sind den Ländern angegliedert, w e i l öffentliche Korporationen geblieben." 25 Ebers, Staat und Kirche, S. 208; Lohr, Kirchenhoheit, S. 30; Eichmann, Staat, Religion, Religionsgesellschaften, S. 20 f.; Rieder, Staat u n d Kirche, S. 15 ff. Ä h n l i c h auch Liermann, Dt. Evangelisches Kirchenrecht, S. 189 (öffentlich-rechtliche Körperschaft sui generis). 26 Vgl. statt aller Anschütz, Komm., A n m . 5 zu A r t , 137 W R V (S. 637 f.), und Schoen, Das neue Verfassungsrecht, S. 33 ff., auf der einen, Ebers, Staat u n d Kirche, S. 299 ff., auf der anderen Seite. 27

So W.Weber, Körperschaften, S. 79: „Die Kirchen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts n u r i n dem früher gelegentlich zugrunde gelegten Sinne eines hoheitlichen Verbandes ohne individualisierte S t r u k t u r ; von den öffentlichen Körperschaften sind sie i m gleichen Maße geschieden, wie sie dem staatlichen Verwaltungssystem gegenüber abgesetzt sind." Z u stimmend Forsthoff, AöR N. F. 34 (1944), S. 206 f.

56

. Unanwendbarkeit des allgemeinen Korporationsbegriffs

§ 6. Unbrauchbarkeit des verwaltungsrechtlichen Begriffs der öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur Erklärung der Stellung der Religionsgemeinschaften unter dem Grundgesetz Wie bereits dargelegt 1 , kann man auch heute den üblichen materiellen (verwaltungsrechtlichen) und einen formalen Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts unterscheiden. Der rein formelle Begriff ist auch auf die Religionsgemeinschaften anwendbar. Die Bezeichnung als solche ist ihnen durch die Verfassung positiv-rechtlich garantiert 2 ; das Mindestmaß an Rechten, das bereits aus dem formellen Begriff folgt (Zuerkennung der allgemeinen Rechtsfähigkeit und der Fähigkeit, Träger vom Staat abgeleiteter öffentlicher Befugnisse zu sein), steht den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften unumstrittenermaßen auf Grund des A r t . 137 Abs. V WRV zu 3 . Der üblicherweise verwendete materielle Begriff ist dagegen heute eindeutig so definiert, daß er sich auf die Verbände der mittelbaren Staatsverwaltung beschränkt. Dazu kann man die Religionsgemeinschaften sicherlich nicht mehr rechnen. Auch wenn sie vereinzelt noch staatliche Aufgaben wahrnehmen — etwa bei der Verwaltung kirchlicher Monopolfriedhöfe 4 oder bei der Ausstellung von Personenstandsurkunden über Ereignisse, die vor die Entstehung des staatlichen Standesamtswesens zurückreichen 5 — so sind sie doch nicht in den Staatsaufbau eingegliedert. I h r eigentlicher Charakter bestimmt sich überdies nicht nach den i m Randbereich wahrgenommenen staatlichen Aufgaben, sondern von ihrem i m spezifisch religiösen Bereich beheimateten Auftrag. Die Wahrnehmung religiöser Zwecke aber konnte bei richtigem Verständnis schon unter der Weimarer Verfassung nicht mehr als Staatsauf gäbe angesehen werden 6 ; sie kann es unter dem Grundgesetz mit seiner Betonung der Religions- und Gewissensfreiheit und damit der Religionsneutralität des Staates 7 erst recht nicht mehr. 1 Vgl. oben § 4 unter b). 2 Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 429 f. Fußnote 2. s So etwa Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 316, der darin allerdings die Bedeutung der öffentlichen Korporationsqualität bereits erschöpft sieht: ferner BVerfG, Beschl. v. 4.10.1965, N J W 1965, 2339. 4

Vgl. Bachof, AöR 78, S. 83 f.

5 Vgl. dazu Weisse, Werke u n d Einrichtungen, S. 51 Fußnote 5; Lenz, Die Kirche und das weltliche Recht, S. 295. β Außer von Oeschey (vgl. oben § 5 Fußnote 24) wurde das auch damals nicht behauptet. ? Vgl. oben § 2 Fußnote 26.

§ 6. Korporationsbegriff u n d kirchliche Rechtsstellung

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Die Religionsgemeinschaften fallen also nicht unter den oben geschilderten materiellen Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das zu begründen bedarf es keines Rückgriffs auf einen Bedeutungswandel, denn nur eine solche Auslegung entspricht der dargestellten Geschichte des Begriffs und seiner Anwendung auf die K i r chen. Er ist nicht abstrakt herausgearbeitet worden, sondern diente i m Gegenteil zu Beginn des 19. Jahrhunderts zur zusammenfassenden Bezeichnung für die historisch gewachsene Stellung der Landeskirchen. Von hierher hat er sich langsam entwickelt, gewandelt und präzisiert; schon vor 1918 traf er i n der engen Auslegung, die ihm die Wissenschaft gegeben hatte, auf die Kirchen nicht mehr zu. Als die Weimarer Nationalversammlung ihn verwendete, u m die Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften zu umschreiben, verband sie mit ihm keine fest umrissenen Vorstellungen. Sie wollte weder die wissenschaftliche Begriffsbildung korrigieren noch die Kirchen i n eine Gruppe mit den politischen Gemeinden und anderen Verbänden der staatlichen Verwaltung einordnen, sondern ihnen eine gewisse gehobene Stellung erhalten, die sie aus den Privatvereinen heraushob und für die man den „Ausdruck als Notbehelf beibehielt, weil eben kein anderer terminus technicus zur Verfügung stand" 8 . Das war gewiß „kein juristisches Heldenstück" 9 — ebensowenig die begriff s juristische Annahme, traditionelle Hoheitsrechte wie das Besteuerungsrecht nur mit der Bezeichnung als öffentlich-rechtliche Körperschaften gewähren zu können. Aus demselben formalistischen Denken 1 0 — und aus der Kontinuität von Rechtslehre und Ministerialbürokratie über die Revolution von 1918 hinweg 1 1 — erklärt sich auch der Versuch, die Religionsgemeinschaften i n einen allgemeinen Begriff der öffentlichen Körperschaft einzuordnen und daraus Rechtsfolgen herzuleiten. Dies begriffsgebundene Denken übersah die Unverbindlichkeit gesetzlicher Definitionen für die Begriffsbildung der Wissenschaft 12 und umgekehrt der wissenschaftlichen Terminologie für den Gesetzgeber 13 . Wohl erkannte man weithin, daß die Verfassung den öffentlichen Korporationsbegriff für die Kirchen i n einem Sinn verwendete, der dem 8 Eichmann, Staat, Religion, Religionsgesellschaften, S. 21. Ä h n l i c h Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 316; ferner Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 429 f. Fußnote 2 : „Verlegenheitslösung zur Erhaltung bestimmter hoheitlicher Rechte." 9

Eichmann,

Staat, Religion, Religionsgesellschaften, S. 21.

10 Vgl. Hesse, Rechtsschutz, S. 66; Ebers, Staat u n d Kirche, S. 303. 11 Dazu ausführlich W.Weber, u n d Kirche, S. 302. 12

V V D t S t R L 11,154f.; vgl. auch Ebers, Staat

So schon Rosin, Genossenschaft, S. 39; vgl. oben § 5 zu Fußnote 15.

!» Vgl. J. Schmitt,

Kirchliche Selbstverwaltung, S. 36.

58

. Unanwendbarkeit des allgemeinen Korporationsbegriffs

wissenschaftlichen Sprachgebrauch n i c h t entsprach. S t a t t daraus den r i c h t i g e n Schluß zu ziehen, daß es sich h i e r u m e i n a l i u d , u m eine „ ö f f e n t l i c h e K ö r p e r s c h a f t s u i generis" h a n d e l t e 1 4 , m e i n t e m a n , d e n wissenschaftlichen Sprachgebrauch d e m des Gesetzgebers anpassen zu m ü s s e n 1 4 3 . So e r w e i t e r t e m a n d e n B e g r i f f , b e h i e l t d a b e i aber seine Rechtsfolgen i m w e s e n t l i c h e n bei. A u f diese Weise k a m m a n zu E r gebnissen, die schon i n der W e i m a r e r Z e i t i n o f f e n e m W i d e r s p r u c h zu d e m Verfassungsziel e i n e r f r e i e n K i r c h e i m f r e i e n S t a a t standen, „ d e r nichts anderes a u f e r l e g t ist als die Gesetze, die f ü r j e d e r m a n n gelten"15. D a h e r ist es heute auch z u Recht a l l g e m e i n e A u f f a s s u n g , daß der v e r w a l t u n g s r e c h t l i c h e B e g r i f f d e r K ö r p e r s c h a f t des ö f f e n t l i c h e n Rechts a u f die K i r c h e n n i c h t z u t r i f f t , u n d daß es sinnlos ist, diese i n eine generelle B e g r i f f s b i l d u n g der ö f f e n t l i c h e n K o r p o r a t i o n einzubeziehen; die B e z e i c h n u n g m u ß h i e r v i e l m e h r i n e i n e m spezifischen S i n n e v e r s t a n d e n u n d v o n d e m a l l g e m e i n e n B e g r i f f geschieden w e r d e n 1 6 . I h r 14 So aber richtig bereits Liermann, Dt. Evangelisches Kirchenrecht, S. 189. i4a Ä h n l i c h heute Marré-Schlief, N J W 1965,1515. is Friedrich Naumann, NatVersProt. Bd. 328, S. 1652 D. Der Widerspruch der auf begriff s juristischem Wege erzielten Ergebnisse zum W i l l e n der Nationalversammlung w i r d i m einzelnen nachgewiesen bei Ebers, Staat u n d Kirche, S. 301 f.; ferner bei J.Schmitt, Kirchliche Selbstverwaltung, S. 35 ff. 16 Wie hier vor allem Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 429 f. m i t Fußnote 2 („rein technischer Begriff"). Übereinstimmend unter anderen Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 39 zu A r t . 19 Abs. I I I GG; Erler, Kirchenrecht, S. 85; E.Fischer, Staat und Kirche, S. 192; Hamann, Komm., A n m . Β 8 zu A r t . 140 GG; Hesse, Rechtsschutz, S. 67; derselbe, JöffR N. F. 10,24; HoltKotten i n B K , A n m . I I 5 a zu A r t 140 G G ; Röttgen, DVB1.1952, 487; J.Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 75; Lynker, Diss., S. 47 f.; v. Mangoldt, Komm., Anm. 2 zu A r t . 140 GG; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 161; derselbe, Kirche u n d Staat, S. 17; Quaritsch, Kirchen und Staat, S. 316; H. Peters, V V D t S t R L 11,187; Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1027; Scheven, Diss., S. 19; Schlief, Diss., S. 187; W.Thieme, R G G I I I , Sp. 1717; Vischer, ZevKR 1,173; Wasse, Werke u n d Einrichtungen, S. 52; W.Weber, V V D t S t R L 11,170. Aus der Rechtsprechung ebenso: V G Frankfurt, U.v. 14.7.1960, D V B l . 1961,489. — Anderer Ansicht noch Hartmann, Diss., S. 91; Schmadtke, Diss., S. 35 Fußnote 80. I m übrigen sind Gegenstimmen i n der zeitgenössischen L i t e r a t u r nicht ersichtlich. Sehr vorsichtig u n d zurückhaltend aber: Feine, Staat u n d Kirche, S. 29 (1948!); Rem, Staat u n d Kirche, S. 17 f.; Roeniger-Giese, Kirchenrecht, S. 262; Georg May, ÖstArchKR 14,25. Interessant ein Vergleich m i t der E n t w i c k l u n g i n Österreich, w o die Frage noch durchaus kontrovers ist: als Körperschaften des öffentlichen Rechts i m „strengen" Sinne werden die Kirchen angesehen bei Otto Fischer, Protestantengesetz (Beiband zum österreichischen Archiv für Kirchenrecht, Wien 1962), S. 8; Melichar, JB1.1957, 57 ff. Dagegen Anderle, ÖstArchKR 9 (1958), S. I f f . (11); Antonioiii, ÖstArchKR 10 (1959), S. 229 ff. (233); w o h l auch Steinmüller, A r c h K a t h K R 131, 455; Dantine, Z e v K R 10, 232 f.

§ 7. Definition des Problems

59

eigentlicher Inhalt kann also über das aus dem formalen Begriff folgende Mindestmaß hinaus nicht als Deduktion aus einer allgemeinen Formel abgeleitet werden, sondern muß sich für diesen Einzelfall konkret aus Verfassungszusammenhang, Entstehungsgeschichte und historischer Entwicklung ergeben.

B. D i e K o r p o r a t i o n s q u a l i t ä t als öffentlicher Gesamtstatus? § 7. Definition des Problems, Ausgrenzungen, Möglichkeiten eines Gesamtstatus Jeder Versuch, dem Sinn der Verfassungsgarantie des A r t i k e l 137 Abs. V WRV durch einen Rückgriff auf den materiellen Begriff der öffentlichen Korporation näherzukommen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt — diese Einsicht führt über eine rein negative Aussage nicht hinaus. Positiv ist nichts entschieden. Darf man die Korporationsqualität zu Recht ausschließlich als lose Zusammenfassung historischer Vorrechte ansprechen? Oder ist sie mehr als eine nur äußerliche Klammer um ein Privilegienbündel? Verbindet sie die Vorrechte zu einem — wie auch immer gearteten — Gesamtstatus in der Ordnung der Gemeinschaft und rechtfertigt sie so innerlich? Ein solcher Status kann seinen Kristallisationspunkt i m Verfassungstext nur i n dem Epitheton „öffentlich-rechtlich" finden. Konkret ist als zu fragen, ob den Kirchen eine hervorgehobene „öffentliche" oder öffentlich-rechtliche" Gesamtstellung in der Stufung des politischen Gemeinwesens zukommt, die sie nicht nur durch Einzelprivilegien, sondern i n ihrer ganzen Erscheinung zu Gliedern der öffentlichen Ordnung dieses Gemeinwesens erhebt 1 . Das bedeutet, daß man sich i n den heiklen, weithin ungeklärten und umstrittenen Bereich jener Begriffe und des „Öffentlichkeitsanspruchs der Kirchen" begeben und versuchen muß, ι I n dieser Richtung bereits Hinschius, Staat u n d Kirche, S. 253 ff., 261 (der Staat erkennt durch die Gewährung der Korporationsqualität die „obrigkeitliche Macht der Kirche als einen T e i l seines öffentlichen Lebens" an, S. 261); ferner E.R. Huber, Verträge zwischen Staat u n d Kirche, S. 48. Noch entschiedener u n d f ü r die Gegenwart grundlegend Smend, ZevKR 1, 13; derselbe, Z e v K R 2,376. Ä h n l i c h Röttgen, DVB1.1952,488; Dürig in Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 39 zu A r t . 19 Abs. I I I GG; Hartmann, Diss., S. 89 f.; Schef fler, Stellung der Kirche, S. 176 ff. W o h l am konsequentesten hat neuerdings W. Conrad (Öffentlichkeitsauftrag, passim) die Stellung der Kirchen i m heutigen Staatskirchenrecht als einen (in der Anerkennung des kirchlichen Öffentlichkeitsauftrags durch den Staat begründeten) „besonderen Status i n der öffentlichen Ordnung" zu definieren versucht, wobei er weitgehend auf den Gedanken Smends aufbaut (vgl. S. 78, 80). A u f diesen Versuch w i r d insbesondere i n dem speziell angesprochenen K a p i t e l über den Öffentlichkeitsanspruch (vgl. unten § 10) einzugehen sein.

60

Β. Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

die Konturen ihrer Stellung i m Raum des „öffentlichen" deutlicher zu umreißen als dies bisher geschehen ist. Gegenüber einer Theorie, die den Begriff des „Öffentlichen" häufig als unrefiektierte, in ihren Konsequenzen wenig durchdachte „Standeserhöhung" sozialer Gebilde, als „rätselhaften Ehrentitel" versteht 1 0 , erfordert die damit gestellte Aufgabe vor allem eines: das Bemühen um eine genaue Definition der verwendeten Kategorien. Es gilt also, die unbesehene Übernahme unklarer, mißverständlicher und mit unterschiedlichem Inhalt gebrauchter Etikettierungen zu vermeiden. a) Ausgrenzungen 1. Uberblickt man die bisherigen Versuche, in der Korporationsqualität einen „Gesamtstatus" zu erkennen, so ist von der hier vertretenen Auffassung des heutigen Staatskirchenrechts einer von vornherein abzulehnen. Es ist das die i n der traditionellen katholisch-kirchlichen Koordinationslehre 2 verwurzelte 3 Auslegung des Art. 137 Abs. V WRV, die i n der Eigenschaft der Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften ihre Anerkennung durch den Staat als „ m i t eigenen, ursprünglichen, hoheitlichen Funktionen ausgestattete juristische Personen des öffentlichen Rechts" sehen w i l l 4 . Daß man zwangsläufig die Einheit der Staatsgewalt auflöst, wenn man außerstaatliche Träger unabgeleiteter echter, d. h. zwangsbestückter und öffentlich-rechtlich wirksamer Hoheitsgewalt anerkennt, und daß eine solche Auflösung den Intentionen des Grundgesetzes zuwiderläuft, wurde bereits oben dargelegt 5 . Echte Hoheitsgewalt und echte Hoheitsbefugnisse der Kirchen sind also — i m Gegensatz zu ihrer geistlichen Gewalt — nur als abgeleitete (delegierte) Rechte denkbar. Von dieser Erkenntnis aus w i r d bereits eines deutlich: m i t der öffentlichrechtlichen Korporationsqualität mag der Staat den Kirchen zwar einzelne Hoheitsrechte übertragen — darauf w i r d unten einzugehen sein —, diese Befugnisse verändern aber die Natur der eigenständigen Kirchengewalt nicht. Sie erheben sie nicht zur eigenständigen Hoheitsgewalt, drücken sie auf der anderen Seite aber auch nicht auf die Stufe abgeleiteter Gewalt herab. I m Gegenteil: die Delegation von Hoheitsrechten steht unabhängig neben der Anerkennung der vom. ia So zu Recht Köttgen, Z e v K R 11, 245; dort auch die Zitate. 2 Dazu Kahl, Lehrsystem, Bd. I, S. 275 ff.; vgl. auch Ebers, Staat und Kirche, S. I X Fußnote 1. 3 Zippelius, Z e v K R 9, 46 f. 4 So H. Peters, V V D t S t R L 11, S. 213, 252; übereinstimmend Schlief, Diss., S. 179; Ridder, Staat, Kirche, Rundfunk, S. 21. Etwas vorsichtiger Hesse, Z e v K R 3,192 (eigene, v o m Staat anerkannte öffentliche Gewalt der Kirchen). s Vgl. oben § 3 unter b).

§ 7. Definition des Problems

61

inneren Kirchenrecht geschaffenen geistlichen Gewalt. Diese hat ihren Standort vom staatlichen Recht her gesehen i n der kirchlichen Selbstbestimmung (Art. 137 Abs. I I I WRV), nicht aber i n der Garantie der Korporationsqualität (Art. 137 Abs. V WRV) 6 . Eine solche Auslegung kann freilich nicht ausschließen, daß sich die geistliche Gewalt selbst — etwa i m kanonischen Recht — als theologisch begründete „Hoheitsgewalt" versteht. W i r d dabei unter „Hoheitsgewalt" eine rein geistliche Gewalt verstanden, dann weicht ein solches Selbstverständnis nur i n der Terminologie von dem hier vertretenen Standpunkt ab 6 a . W i r d sie jedoch i m üblichen Wortsinne als zwangsbestückte Gewalt i m weltlichen Raum aufgefaßt, dann w i r d ein derartiges Selbstverständnis vom staatlichen Recht nicht geteilt; Konsequenzen aus i h m könnte die Kirche ohnehin nicht ziehen, da nur der Staat faktisch über öffentlichrechtliche Zwangsmöglichkeiten verfügt und der schwer vorstellbare Versuch kirchlicher Instanzen, einseitig ein analoges Zwangssystem zu etablieren, an den Schranken des für alle geltenden Gesetzes scheitern müßte. Nur die hier vertretene Interpretation vermeidet es, das staatliche Monopol echter Hoheitsrechte aufzugeben, entspricht aber auch der Emanzipation der Kirche aus dem staatlichen Bereich und ihrer Eigenständigkeit, die es verbietet, ihre geistliche Gewalt auf außerkirchliche Quellen zurückzuführen und sie dementsprechend als abgeleitet zu klassifizieren. Als Anerkennung ursprünglicher Hoheitsgewalt darf also der Gesamtstatus, nach dem hier gefragt werden soll, von vornherein nicht aufgefaßt werden. Ob die eigenständige Kirchengewalt freilich wie die Staatsgewalt als „öffentliche Gewalt" zu werten ist, ob sie generell in den Bereich des öffentlichen Rechts gehört, bleibt zu klären. 2. Auch eine andere Richtung der Problemstellung scheidet von vornherein aus. Öffentlicher Gesamtstatus — darauf hat Smend m i t Recht hingewiesen 7 — ist etwas grundsätzlich anderes als „Publizität" kirchlichen Wirkens und die Freiheit öffentlicher, also nicht geheimer, nicht auf das Kircheninnere beschränkter und allgemein zugänglicher Äußerung der Religionsgemeinschaften. Die hier gestellte Frage hat nichts zu tun mit der öffentlichen Meinungs- und Betätigungsfreiheit, auf die sich jedermann berufen kann. Zwar steht eine eingehendere Erörterung der Grundrechtsgeltung für die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften noch aus 8 . Trotzdem kann aber bereits hier behauptet werden, daß sich so selbstverständlich wie jede andere freie 6

Anders w o h l Dombois, Recht der Gnade, S. 1050. 6a Vgl. dazu auch oben § 3 zu Fußnote 14. 7 Z e v K R 1,13. 8 Vgl. dazu unten § 17 unter c).

6 2 Β .

Korporationsqualität als

ffentlicher Gesamtstatus?

Gruppierung auch die Kirchen auf die Grundrechte freier Meinungsäußerung und freier Betätigung i n der Öffentlichkeit berufen können 9 , ohne daß sie dafür einen besonderen öffentlichen Status bemühen müßten. b) Möglichkeiten

eines Gesamtstatus

Die verschiedenen Ansatzpunkte zur Sinndeutung des essentiell anderen, u m das es hier geht, sind jetzt kurz zu umreißen. Die grundsätzlichste, vor allem auf Smend zurückgehende Auslegung sieht den Sinn der Korporationsqualität i n einer auszeichnenden Charakterisierung der Kirchen als Teil der „Zusammenordnung vernünftiger Werte und Gemeinzwecke", die vom modernen Verfassungsstaat getroffen w i r d 1 0 . Kernpunkt wäre danach ihre Eingliederung i n den Bereich einer materiell verstandenen — normativen — „Öffentlichkeit": die Anerkennung als Glieder der „verfassungsmäßig bejahten und geschützten guten öffentlichen Ordnung des deutschen Gemeinwesens" und als M i t träger von dessen „verfassungsmäßig bejahtem öffentlichen Gesamtstatus an ihrem Teile" 1 0 . Von dieser grundsätzlich bestimmten, vor allem wertenden Sicht leitet als Zwischenstufe W. Webers Deutung ihrer Stellung als Gliedschaft i n der „vielschichtigen öffentlich-rechtlichen Ordnung" des sich ständestaatartig auflösenden politischen Gemeinwesens 11 zu einer Interpretation über, die i n dem öffentlichen Status die Einbeziehung i n einen eher soziologisch verstandenen „Bereich des Öffentlichen" sieht 12 . Als Kennzeichen hierfür w i r d ein „gemeinschaftsbezogenes und auf dem Forum der Gemeinschaft sich vollziehendes Wirken" 1 3 , die Hinaushebung über die rein private Sphäre i n den überindividuellen Raum der „Gesellschaft" 14 und die Anerkennung des „weitgehenden Einflusses der Kirchen (als Kirchen)" i n jenem Raum 1 5 gesehen. ® Ridder, JZ 1962, 773 (Urteilsanmerkung). Ä h n l i c h auch Smend, ZevKR 1, 13; Mikat, Streitsachen, S. 323. 10 Grundlegend Smend, Z e v K R 1,13. Die Zitate stammen ebenfalls von Smend (ZevKR 2, 376). Zustimmend unter vielen anderen vor allem Hesse, Rechtsschutz, S. 67, u n d W.Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, passim, S. 79 f., die auf Smendschen Gedanken aufbauen. Als „Rechtsform f ü r den öffentlichen Status der Kirche" w i r d die Korporationsqualität auch bei Scheffler, Stellung der Kirche, S. 176 ff., angesehen; f ü r i h n ist allerdings der Status der Rechtsform vorgegeben (a. a. O., S. 179). 11 W.Weber, V V D t S t R L 11,175f.; zustimmend Dombois, Recht der Gnade, S. 1049. 12 Herbert Krüger, Z e v K R 6 , 7 8 1 ; Mikat, Streitsachen, S. 322 ff. 13 Mikat, Streitsachen, S. 322. 1 4 Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 347. is Mikat, Streitsachen, S. 323.

§ 8. K e i n Status normativer Öffentlichkeit

63

Sowohl mit der Zuerkennung dieser „soziologischen" als auch der „materiellen" Öffentlichkeit i m dargelegten Sinne kann einerseits die Anerkennung eines kirchlichen Öffentlichkeitsanspruchs und andererseits ein öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus verbunden sein, der die Religionsgemeinschaften überhaupt und damit ihre Handlungsweise, ihre innere Ordnung und ihre geistliche Gewalt als öffentlich-rechtlich charakterisiert. So kann die Korporationsqualität in vier Richtungen als Gesamtstatus aufgefaßt werden: als Einordnung i n eine „normative" Öffentlichkeit zum einen, i n eine „soziologisch-faktische" zum anderen, ferner als Anerkennung eines von kirchlicher Seite erhobenen Öffentlichkeitsanspruchs und als Charakterisierung ihrer Rechtsnatur als im ganzen öffentlich-rechtlich. Auf diese Aspekte ist nun i m einzelnen einzugehen. Dabei empfiehlt sich eine gesonderte Behandlung. Denn so richtig es ist, daß es sich hier nur um Aspekte, u m Teilansichten eines alle umfassenden Gesamtproblems handelt, so sehr ist doch auf klare Trennung der Begriffsebenen zu achten, u m der hier besonders naheliegenden Gefahr zu entgehen, rechtsnormative und rechtssoziologische Kategorien zu identifizieren und aus faktischen Gegebenheiten vorschnell und ohne weitere Begründung rechtliche Folgerungen zu ziehen 16 . § 8. Kein Status normativer Öffentlichkeit Zuerkennung einer materialen, normativen, werthaften Öffentlichkeit: das setzt voraus, daß es etwas derartiges heute überhaupt gibt („daß die deutsche Gegenwart einen qualitativ gesonderten Bereich des Öffentlichen kennt und anerkennt" 1 ) und daß dieser Bereich über den Raum des Staatlichen hinausreicht und die Kirchen umgreift. a) Prinzipielles

zum Begriff

des „werthaft

öffentlichen"

Als Smend den Kirchen die materielle Öffentlichkeit vindizierte, hat er m i t Recht darauf hingewiesen, daß dieser Begriff der gegenv/ärtigen Staatsrechtslehre weitgehend verloren gegangen ist 2 ; er ist es nahezu gänzlich und i n einem viel weiteren Umfange als der Gedanke der 16 Z u diesen Methodenfragen vgl. auch oben § 1 unter b), 2. Vor methodischer Ungenauigkeit i n dem hier angesprochenen Zusammenhang w a r n t auch Scheven, JZ 1965,380 (gegenüber W.Conrad, Öffentlichkeitsauftrag). A n dem Fehlen deutlicher Unterscheidung der Kategorien leiden ζ. B. die Ausführungen Schefflers zum öffentlichen Gesamtstatus der Kirchen (Stell u n g der Kirche, S. 160 ff.) u n d der Gewerkschaften (NJW 1965, 849 ff.; dagegen zu Recht Ossenbühl, N J W 1965, 1562).

ι Röttgen, DVB1. 1952, 488. Z e v K R 1,13. Z u r Geschichte des Begriffs vgl. Kirchner,

2

Diss., passim.

64

Β. Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

echten staatlichen Souveränität 3 . Öffentlichkeit i m normativen Sinne führt hinaus über das Verständnis als „grundsätzliches, verfassungsmäßiges Offenbarsein alles i n einem sachlichen Sinne öffentlichen Lebens", über Öffentlichkeit auch als „nicht organisierte letzte Instanz i n der Demokratie" 4 ; es ist das, was i n die den modernen Staat rechtfertigende Fülle seines Seins gehört, die „Bezeichnung des eigentlichsten aufgegebenen Wesens moderner Staatlichkeit" 5 . Moderner Staatlichkeit — das bedeutet, daß die hier zu umschreibende Öffentlichkeit nur eine Öffentlichkeit i n den Kategorien des säkularen Staats unserer Epoche sein kann, dessen Wesen in der Legitimierung durch die — berechtigend und begrenzend verstanden — souveräne Nation und i n seiner Bescheidung auf den Raum des Nicht-Religiösen, Nicht-Weltanschaulichen begründet liegt. I n dem so gesteckten Rahmen kann Öffentlichkeit nicht — wie bei Alois Dempf 6 — vom positiv festliegenden, objektiven, souveränen Willen Gottes her als das definiert werden, was als dieser Wille „allen Gemeinschaftsgliedern formell bekannt sein muß und darum die ausdrückliche oder vorausgesetzte Einwilligung aller Rechtlichen hat". So richtig es zwar sein mag, daß die Frage nach den Grenzen der (Staats- und Volks-) Souveränität letztlich nur vom glaubensmäßig Bestimmten als Frage nach der letzten Wahrheit, der Sphäre absoluten Sollens, beantwortet werden kann 7 , so wenig ist andererseits das moderne Gemeinwesen innerhalb der weitgesteckten Grenzen seiner Souveränität auf einem abstrakten, vorgegebenen, außerhalb der Gemeinschaft stehenden Willen einer übernatürlichen Instanz aufgebaut: es beruht auf dem Konsens und Gesamtwillen des Staatsvolks. Wenn der „souveräne Wille" bei Dempf durch Übermittlung der „Autorität und Vertrauen" zugleich genießenden handelnden Organe der Gemeinschaft, der „organisierten Vernunft" „offenbar gemacht" werden soll 8 , dann zeigt sich, daß diese vom thomistischen Denken bestimmte 9 Deutung nichts anderes ist als mittelalterliche repräsentative Öffentlichkeit: eine 3

Dazu oben § 1 unter b). Smend, Z u m Problem des Öffentlichen, S. 14 ff. (Zitate S. 14,16). s Smend, Z e v K R 1,13; derselbe, Problem des Öffentlichen, S. 17. Z u stimmend Hesse, V V D t S t R L 17,41 f. Vgl. auch Schef fler, Stellung der Kirche, S. 187 ff. 4

6

Sacrum Imperium, S. 31. 7 Hang, Die Schranken der Verfassungsrevision, S. 48 f.

β A . a. O., S. 32. Verwandt Röttgen, A c P 151, 171, w e n n er das „öffentliche Recht" als Amtsrecht zu fassen sucht u n d dabei die Amtsträger als „ K ü n d e r eines objektiv Gegebenen" versteht. » Vgl. dazu Dempf,

a. a. O., S.

VIII.

§ 8. K e i n Status normativer Öffentlichkeit

65

Repräsentation des Öffentlichen vor dem Volk anstelle einer modernen Repräsentation „des" Volkes durch seine Repräsentanten 10 . Auch der Stahlsche, von Smend wiederholt angeführte 11 Öffentlichkeitsbegriff bietet aus ähnlichen Gründen kaum Ansatzpunkte für ein modernes Verständnis. Stahl verteidigt zwar den aus dem Gedankengut von Liberalismus und Aufklärung stammenden 12 Begriff des Öffentlichen gegen die patrimonial-reaktionären Theorien v. Hallers, der den Staat ausschließlich aus (ursprünglichen) Freiheiten und (erworbenen) Privatrechten des Fürsten erklären zu können meinte 1 3 . Bei dieser Verteidigung war Stahl aber durchaus von dem Bemühen geleitet, den Begriff umzudeuten und ihn seiner konservativen Staatstheorie dienstbar zu machen. So wurde er zum Mittel, die „Heiligkeit der Obrigkeit" und die „göttliche Weihe und Ermächtigung der Throne" aus einer „höheren ethischen Berufung" zu begründen 14 . Auch bei Stahl w i r d also das Öffentliche zu einem Nation und Fürst übergipfelnden transzendenten Überbau; es ist ihm „ i n Wahrheit nicht das, was für das Volk, vollends nicht was durch das Volk und seinen Willen besteht, sondern was zum Zweck einer höheren Ordnung kraft eigener Notwendigkeit über dem Volk nicht minder als über dem Fürsten besteht" 1 5 . Das heutige staatliche Gemeinwesen i n seiner Verfaßtheit durch das Grundgesetz steht i n der Tradition der neuen Gedanken des 18. und 19. Jahrhunderts, aus der es nicht gelöst werden kann, ohne an seinem Wesen Schaden zu nehmen 16 . Die Ideen der Aufklärung und die demokratische These vom Volk als Ursprung und Träger der Staatgewalt, so 10 Dazu Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 18 f., der m i t Recht darauf hinweist, daß auch Carl Schmitts Begriff der Repräsentation (Verfassungslehre, S. 208 ff.) auf der L i n i e dieses mittelalterlichen V e r ständnisses liegt. Die geistige Zuordnung des Demp/schen Öffentlichkeitsbegriffes zum Raum des mittelalterlich Ständestaatlichen w i r d auch deutlich an seiner Demonstration typischer Öffentlichkeitsformen an der katholischen Kirche u n d den „Ständen" (a.a.O., S. 22 ff. bzw. 26 f.). Vgl. auch Altmann, Diss., S. 65. n Z e v K R 1,13; Begriff des Öffentlichen, S. 17 f. Die folgenden historischen Ausführungen beruhen z.T. auf den Auffassungen Smends. 12 Z u m Öffentlichkeitsbegriff i n der Theorie des Frühliberalismus vgl. insbesondere die grundlegenden Ausführungen i n Carl Welckers A r t i k e l „Öffentlichkeit" i m Rotteck-Welckerschen Staatslexikon, Bd. X I I , S. 252—309; ferner Behr, System der allgemeinen Staatslehre, Bd. I, S. 69, u n d den anonymen Beitrag „Über die Öffentlichkeit" i n „Allgemeine Politische Annalen", Neueste Folge, Bd. I (1830), S. 105 ff. 13 Restauration der Staatswissenschaft, Bd. I I , S. 61 ff. Dagegen aus liberaler Sicht auch Rotteck, Vernunftrecht, Bd. I, S. 104; Carl Welcker, a. a. O. (vgl. oben Fußnote 12), S. 280 f. 14 Rechtsphilosophie, Bd. I, S. 565. is Rechtsphilosophie, Bd. I, S. 566; Bd. I I , 1. Abteilung, S. 302. 16 Vgl. Scheuner, Z e v K R 10, 54.

5 Weber

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Β . Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

umgeformt und umgewandelt sie auch i m einzelnen sein mögen, sind die Wurzeln seiner Existenz. Materielle Öffentlichkeit kann i n diesem Gemeinwesen nur i n einer Richtung definiert werden, die von seinem Zweck, der Garantie einer gerechten, rational begründbaren und begründeten Ordnung des Zusammenlebens i n der Gemeinschaft, und von dem tragenden Element dieser Ordnung, dem Volk, ausgeht. Es heißt also, gerade die konservative Umdeutung des Öffentlichen bei Stahl rückgängig zu machen und eben das i n diesem Begriff wieder zum Tragen zu bringen, was ihm bei Stahl verloren gegangen ist: seine Mitte i n der Aufgabe der rationalen Gemeinschaftsordnung und i n der richtig verstandenen Volkssouveränität. Smend hat zumindest das letztere — wenn auch vorsichtig — versucht, als er zu dem als „Sinnfülle moderner Staatlichkeit" verstandenen Öffentlichen auch „irgendwelchen bestimmenden oder doch billigenden Anteil des Volkes an diesem Sinngehalt" rechnete 17 . Über diesen zaghaften Ansatz hinaus w i r d man i m modernen Staat nur das als werthaft öffentlich ansprechen können, was auf den Willen der Nation zurückgeht und von ihr als zur Ordnung der Ganzheit gehörig bejaht und getragen wird. M i t dem Bezug auf das Ganze und der Verankerung i n der demokratischen Legitimation durch die Nation sind die Kernpunkte materieller Öffentlichkeit i n der heutigen Staatlichkeit gekennzeichnet. Dabei ist das Allgemeine, das Interesse der Ganzheit, etwas anderes als die zusammengefaßten partikularen Interessen aller einzelnen. Das Öffentliche besteht zwar — entgegen Stahl — heute nur durch das Volk und dessen Willen. Das hindert aber nicht, i n der so geschaffenen Ordnung des Gemeinwesens eine überindividuelle (wenn auch nicht transzendent-methaphysische) Einheit zu sehen, die mehr ist als eine Verbindung von Einzelegoismen 18 . Demokratische Legitimation zum anderen heißt nicht Zustimmung aller, sondern des Volks als Ganzem, die — idealtypisch — von der Mehrheit erteilt, von der Minderheit überwiegend als Mehrheitsentscheidung akzeptiert und gegenüber dem nicht ins Gewicht fallenden grundsätzlich und aktiv widerstrebenden Teil der Minderheit notfalls erzwungen w i r d 1 9 : ein Mo17 Z e v K R 1,13. Ähnlich, w e n n auch weniger konkret Hesse, V V D t S t R L 17,43: „Zugehörigkeit zum Bereich des öffentlichen setzt voraus, daß der Träger der Öffentlichkeit an den Legitimitätsprinzipien der Gesamtordnung t e i l h a t " ; vgl. weiter Schef fler, Stellung der Kirche, S. 156 f., der als Element des öffentlichen auch „Verantwortung" ansieht. is I n derselben Richtung Schmitthenner, Z w ö l f Bücher v o m Staate, Bd. I I I , S. 262 (vgl. auch Bd. I, S. 2); ferner Herbert Krüger, Die geistigen G r u n d lagen des Staates, S. 147 ff. (mit zu w e i t gehender Betonung einer „allgemein verbindlichen Staatssubstanz"). is Vgl. Dempf, Sacrum Imperium, S. 31, der von andern Grundauffassungen aus bezüglich der Widerstrebenden zu ähnlichen Ergebnissen k o m m t ; ferner Kröll, Gesellschaft u n d Staat, S. 37.

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dell, das auch dann gültig bleibt, wenn der Volkswille der soziologischen Wirklichkeit pluralistisch aufgespalten und einer Formierung bedürftig ist 2 0 . Auch heute kann gesagt werden, daß der Bereich des Allgemeinen zumindest grundsätzlich öffentlich i m Sinn von „publik" sein muß. Zwar ist gegenüber frührationalistischen Theoremen vom Segen der Öffentlichkeit als Publizität 2 1 Skepsis angebracht 22 ; trotzdem w i r d man sagen können, daß eine vernünftige, rational bestimmte Ordnung des Gemeinsamen am ehesten erfolgen wird, wenn das, was zu ihr gehört, sich i n Öffentlichkeit (Publizität) und vor der Öffentlichkeit (der Allgemeinheit als nicht organisierter politischer Instanz) abspielt — abgesehen davon, daß man nur so den Legitimationsprinzipien der demokratischen Ordnung gerecht wird. Ein solcher Begriff materieller Öffentlichkeit ist i n manchem vorgeprägt bei Carl Welcher 23, der zunächst vom Sprachlichen drei Bedeutungsmöglichkeiten des Öffentlichen definiert: einmal das, was den Staat angeht, zum zweiten, „was allen Bürgern gemeinschaftlich ist als Gut und Recht oder als Last und Pflicht" und schließlich das „Nichtgeheime" (S. 256). Dem entspricht der sachliche Inhalt: alle Angelegenheiten des vaterländischen Gemeinwesens sind allen Bürgern als Glied des populus gemeinschaftlich; sie müssen öffentlich verhandelt werden (S. 257, 299). Quelle und Geltungsgrund des Öffentlichen ist ihm — als Postulat — die öffentliche Meinung, die er versteht als „gemeinschaftliche Meinung und Uberzeugung aller" (S. 260), als das „dem wahren Sinn und Wesen, dem Endzwecke und höchsten Gesetz des ganzen historischen und politischen Volkslebens entsprechende öffentliche oder gemeinsame Bewußtsein, Gewissen und Wollen und die dadurch bestimmte und damit zusammenstimmende Ansicht und Absicht (Consensus) des Volks i n Beziehung auf seine öffentlichen Angelegenheiten" (S. 265). Das Postulat der Legitimation des Öffentlichen durch das Volk kommt weiter zum Ausdruck i n seiner Forderung nach einer parlamentarisch verantwortlichen Regierung (S. 307), die alle „eigentlichen Regierungshandlungen" vorzunehmen hat, und nach der Kontrolle des Staates durch die Öffentlichkeit (S. 297 ff.). Daneben w i r d nicht verkannt, daß die Öffentlichkeit als politische Instanz nicht genügt und daß ihr selb20 Vgl. Habermas, Strukturwandel, S. 258 ff.; Hesse, V V D t S t R L 17,17 f.; Scheuner, ZevEth 1 (1957), S. 34; Hans Huber i n : „Der Staat u n d die Verbände", S. 44 f. (Diskussionsbeitrag). 21 Typisch i n dieser Richtung der oben Fußnote 12 zitierte anonyme Aufsatz i n den „Allgemeinen Politischen Annalen". 22 Smend, Begriff des öffentlichen, S. 15. Auch hier zu weit gehend Herbert Krüger, Die geistigen Grundlagen des Staates, S. 148 ff. (abgewogener derselbe, Allgemeine Staatslehre, S. 442 ff., vor allem S. 445 f.). 23 i n dem bereits zitierten Staatslexikon-Artikel (vgl. oben Fußnote 12); Seitenzahlen i m Text. 5*

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ständige Institutionen des Öffentlichen zur Seite treten müssen, die man ihr gegenüber nicht unterschätzen darf (S. 298), und daß weiter eine Begrenzung der Volkssouveränität vom Recht her notwendig ist (S. 263 f.). Hierauf aufbauend kann das normativ Öffentliche heute definiert werden als das, was zu der als Einheit verstandenen, vom Volke getragenen und vor dem Volke verantworteten Gesamtordnung der Gemeinschaft gehört. Zur Ermöglichung dieser Verantwortung und i n der Erwartung, so die vernünftigsten und gerechtesten Lösungen zu erzielen, hat es sich i n der Regel vor dem Forum der Öffentlichkeit als politischer Instanz zu vollziehen 24 . b) Nichtzugehörigkeit

der Kirchen zu diesem Bereich

So umschrieben ist das werthaft Öffentliche ein eminent politischer Begriff, der Sinn und Rechtfertigung moderner Staatlichkeit umschreibt und begründet. Daß der Staat i n seinem Gesamtaufbau aus Bund, Ländern und Gemeinden und m i t den i h m eingegliederten Personen- und Sachverbänden derart öffentlich ist, steht außer Zweifel: er ist die i n ihrer Gesamtheit i m „demokratischen Legitimationsstrom von unten nach oben" 2 5 stehende politische Organisation der Gemeinschaft schlechthin. Nur i n i h m kann ein werthaft öffentlicher Raum seine Mitte finden — wenn es den über das staatliche Zentrum hinausreichend wirklich gibt. Das bleibt nach wie vor fraglich. Die systematische Begründung eines qualitativ „öffentlichen, aber nicht staatlichen Bereichs" zwischen Staat und Individuum hat zuletzt Forsthoff versucht 26 . Er gibt diesem Begriff allerdings einen etwas 24 Versuche zur Begriffsbestimmung ferner bei Hesse, V V D t S t R L 17,43; Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 443; schließlich neuestens bei Scheffler, Stellung der Kirche, S. 160, der als Elemente des öffentlichen Integration, Ordnungsidee, Verantwortlichkeit u n d Anerkennung bezeichnet und von daher definiert: „ ö f f e n t l i c h ist das, was der andauernden u n d erkennbaren V e r w i r k l i c h u n g des i m Staat geeinten u n d verfaßten Volkes unter Ausrichtung an einer Ordnungsidee dient, verantwortend hierfür gegenüber dem Ganzen einsteht u n d v o n diesem h i e r i n einmal konstitutiv anerkannt ist." Der Bezug auf das Ganze findet sich auch bei Carl Schmitt, der definiert: „ ö f f e n t l i c h w i r d alles, was auf eine kämpf ende u n d sich durchsetzende Gesamtheit von Menschen, insbesondere auf ein ganzes Volk, Bezug hat" (Der Begriff des Politischen, S. 10 — 1934!). 25 Ridder, Gewerkschaften, S. 19. 26 Forsthoff, Körperschaft, passim, Z i t a t S. 22 (weitere Seitenzahlen oben i m Text). Der Konzeption Forsthoff s stimmt zu: E. R. Huber, Verträge zwischen Staat u n d Kirche, S. 48 m i t Fußnote 80. Verwandt auch der V e r such Hartmanns, den Sinn der Korporationsqualität i n der Anerkennung als „öffentliche Ordnungsmacht" i m öffentlichen Bereich, dem der Ordnungsbegriff des Staates zugrunde liegt, zu sehen (Diss., S. 76 ff., 91). Vgl. neuestens auch Vf. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 78 f., 105 ff.

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änderen Akzent: öffentlich ist i h m eine ausschließlich organisatorischinstitutionelle Qualität (S. 20), die auf der Verfügung des Staates über die öffentliche Ordnung beruht (S. 27). K r i t e r i u m dafür, was „öffentlich" und was „privat" ist, ist die konkrete staatliche Entscheidung (S. 17), die Zubilligung der organisatorischen Öffentlichkeit (S. 21). Die öffentliche Existenz bezieht den Träger zwar nicht i n die staatliche Organisation ein (S. 18), gliedert ihn ihr aber an (S. 114) und unterwirft ihn ohne weiteres einer besonderen Hoheit des Staates (S. 115). Hier l i e g t — was für Forsthoff von seinem ausgesprochen auf den Staat als Organisation und weniger auf dessen Rechtfertigung abstellenden Ausgangspunkt nebensächlich ist — die Einbruchsstelle für die demokratische Legitimation: der vom gesamten Volk getragene Staat bestimmt den Umfang dessen, was als materiell öffentlich anerkannt ist. Meist w i r d das durch die gesetzte Verfassung geschehen, so daß die Nation an der Begründung dieses Bereichs direkt beteiligt ist. Durch die besondere Staatshoheit w i r d sichergestellt, daß darüber hinaus das Volk auch bestimmenden Anteil an der Richtunggebung dieses Teils des materiell Öffentlichen nimmt: die nichtstaatlichen Träger materieller Öffentlichkeit müssen sich vor dem Staat und damit mittelbar vor dem Volk verantworten. Außerstaatliche Öffentlichkeit kommt bei Forsthoff nur Verbänden zu, deren Dasein „politische Realität hat und — innerhalb gewisser Grenzen — das Recht zur eigengesetzlichen Entfaltung i n sich trägt"; die vom Staat aus eigenem Willensantrieb ins Leben gerufenen Verbände verbleiben dagegen i n der eigentlich staatlichen Sphäre. So ist der nicht staatliche öffentliche Bereich bei ihm klein: er besteht aus den (politischen) Gemeinden und den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften (S. 22). Da die Gemeinden durch Art. 28 GG endgültig i n den Staat einbezogen, unterste Gliederung , des Staatsganzen und damit Organe der mittelbaren Staatsverwaltung geworden sind 2 7 , bleiben hiervon heute nur die Kirchen übrig. Zu fragen ist, ob diese nach der Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes wirklich als Glieder eines — wenn auch vielleicht anders zu umschreibenden — materiell öffentlichen Bereiches angesehen werden können. Einen solchen Bereich mag man statt von der Gewähr organisatorischer Öffentlichkeit von der Ausübung öffentlicher Funktionen .oder von der Wichtigkeit und Unentbehrlichkeit für die Gesamtheit und deren Anerkennung durch den Staat abzugrenzen versuchen. Man mag an die „ins Verfassüngsgefüge inkorporierten" 2 8 Parteien denken, wenn Röttgen, Die Gemeinde u n d der Bundesgesetzgeber, S. 15; Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 864; Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 38 zu A r t . 19 Abs. I I I GG; vgl. auch heute Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 418. 28 BVerfG, U. v. 23.10.1952 (SRP-Urteil) E 2,1 ff.(73). Z u einem werthaft öffentlichen Bereich rechnet die Parteien etwa Hesse, V V D t S t R L 17, 45.

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Β. Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

man sie nicht bereits als „verstaatlicht" 2 9 ansprechen w i l l , an die institutionell garantierte 30 Presse oder an die m i t der Tarifautonomie beliehenen Partner i m „öffentlichen Raum der Koalitionsfreiheit" 3 1 . Schließlich kommen — als Medien der öffentlichen Meinungsbildung — Rundfunk und Fernsehen i n Frage, betrachtet man sie nicht als Staatsverwaltung, sondern sieht sie — wie Ridder — i n einer eigentümlichen Zwischenstellung an der Nahtstelle von Staat und Gesellschaft (bei der der Staat das Medium bereitzustellen und zu organisieren hat, über das dann die Gruppen der Gesellschaft — jede zu dem ihrer Bedeutung angemessenen Teile — an der Meinungsbildung mitwirken) 3 2 » 3 2 * Bei allen diesen Versuchen und Überlegungen muß man sich jedoch darüber i m klaren sein, daß über den materiell öffentlichen Bereich die Nation als Konstituante die ausschließliche Verfügungsgewalt besitzt, die nur dort, wo die Nation nicht selbst (in der Verfassung) gesprochen hat, auf den von ihr als politische Organisationsform der Gemeinschaft verfaßten Staat übergeht. Diese Verfügungsgewalt ist notwendig unteilbar und unaufhebbar — materiell öffentliche Funktionen und Zuständigkeiten sind daher nie unwiderruflich. Eine Berufung auf Grundrechte i n diesem Bereich ist nicht zulässig 33 . Die Wahrnehmung materiellöffentlicher Funktionen muß vor der Nation verantwortet werden: an sich denkbare selbständige Organisationen dieser Sphäre neben dem Staat bedürfen also der demokratischen Legitimation — entweder direkt auf dem Wege der Bestätigung ihrer Organe durch den von

29 Forsthoff, D Ö V 1956,513; dagegen entschieden Ridder, Gewerkschaften, S. 22. Z u r Stellung der Parteien vgl. neuerdings Henke, Parteien, passim; i m übrigen Maunz i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 3 ff. zu A r t . 21 GG, und die dort angeführte Literatur. so BVerfG, U. v. 6. 10. 1959, E 10,118 ff. (121); Ridder, Meinungsfreiheit, S. 251 ff., 269 f. Gegen die Institutionalisierung der Pressefreiheit Henke, Parteien, S. 187. Vgl. neuestens auch Scheuner, V V D t S t R L 22, 69 ff., 97 ff., einerseits u n d Schnur, ebd., S. 116 ff., 156, andererseits, jeweils m. w. Nachw. si Ridder, Gewerkschaften, S. 32. Vgl. auch E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I I , S. 37. 32 Kirche, Staat, Rundfunk, S. 55. — Vgl. auch BVerfG, U. v. 28.2.1961 (Fernsehurteil), E 12, 205 ff. (261 ff.). I n dem Beschl. v. 3. 9.1957, E 7, 99 ff. (104), w i r d der Rundfunk als öffentliche Aufgabe (im Sinne nichtfiskalischer Verwaltung) bezeichnet (aufrechterhalten i m Fernsehurteil, a. a. O., S. 245). 32a Sehr weitgehend dehnt Schef fler, Stellung der Kirche, S. 187 ff., den Bereich des materiell öffentlichen aus, ohne dabei k l a r gegenüber einer rein faktisch-soziologischen Öffentlichkeit (dazu unten § 9) abzugrenzen. Wenn er folgerichtig später den gesamten materiell-öffentlichen Bereich unter das öffentliche Recht stellen w i l l (vgl. N J W 1965, 851), k o m m t er daher zu vielfach unrichtigen Ergebnissen (dazu Ossenbühl, N J W 1965, 1562). 33 Vgl. Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 37 zu A r t . 19 Abs. I I I GG (hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Kompetenzen der Gemeinden); Scheuner, Koalitionsfreiheit, S. 38 f.; Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 317.

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der Organisation betroffenen Ausschnitt des Volkes 3 3 a oder aber indirekt über die Staatskontrolle. So muß es sehr zweifelhaft erscheinen, ob es heute — vielleicht m i t Ausnahme der Parteien 34 — einen derart öffentlichen Bereich außerhalb des Staates gibt 3 5 . Daß Weimarer Verfassung oder Grundgesetz den Kirchen einen öffentlichen Gesamtstatus i n diesem Sinne verleihen — oder aufdrängen — wollten, kann jedenfalls ernstlich nicht behauptet werden. Zwar wollte man ihnen einen aus den Privatvereinen herausragenden Status erhalten, der dadurch innerlich gerechtfertigt ist, daß die Kirchen auch für staatliche Betrachtungsweise etwas qualitativ anderes sind als eine wirtschaftliche Vereinigung oder ein Sportverein 36 . Dieser Status sollte aber „kein Zeichen besonderer Exzellenz", kein „Ehrenzeugnis" für die Kirche sein, „die dessen nicht bedarf" 3 7 , geschweige denn als ein öffentlicher Gesamtstatus i n dem hier gemeinten Sinne verstanden werden 3 8 . Das zeigen auch die Konsequenzen, die eine andere Auffassung nach sich ziehen müßte. Zuerkennung materieller Öffentlichkeit an die Kirchen hieße, ihre Aufgaben zu Aufgaben der Gemeinschaft erklären und sie damit i n einer Form anerkennen 39 , die dem säkularen und weltanschaulich neutralen Staat verschlossen ist und die überdies i m demokratischen Staat m i t Notwendigkeit als Last die Forderung nach indirekter oder direkter demokratischer Legitimierung und damit nach Staatskontrolle oder gar nach „demokratischer innerer Verfaßtheit" zur Folge haben müßte 4 0 ' 4 0 a . 33a z u der Frage, wie die Verantwortung vor dem Ausschnitt zur V e r antwortung vor der Nation w i r d , vgl. Habermas, Strukturwandel, S. 286 f. 34 F ü r eine Sonderstellung der Parteien unter allen anderen Gebilden etwa Leibholz, V V D t S t R L 11,250 (Diskussionsbeitrag). 35 Einen derartigen werthaft öffentlichen Bereich bejahen neben Smend, Hesse u n d Scheffler (vgl. oben Fußnote 5) beispielsweise Scheuner, DÖV 1956,462; derselbe, Koalitionsfreiheit, S. 68; w o h l auch Adolf Arndt, N J W 1960,425. Sehr zurückhaltend u n d vorsichtig aber Köttgen, D Ö V 1961,3; ferner Molitor, Über öffentliches u n d Privatrecht, S. 37. 36 Vgl. Mausbach, NatVersProt. Bd. 328, S. 1645 A . 37 Friedrich Naumann, NatVersProt. Bd. 328, S. 1653 D/1654 A. 38 Daß niemand an so etwas gedacht hat, gesteht auch Smend, Z e v K R 1, 13, zu. 39 Daß den Kirchen v o m Staat her gesehen materiell verstandene Öffentlichkeit n u r zukommt, wenn er die Kirche anerkennt, sich m i t ihrer Selbstaussage also identifiziert, hat schon Stahl erkannt (Rechtsphilosophie, Bd. I I , 1. Abteilung, S. 301 zweite Fußnote). Ä h n l i c h bereits Jacobson, Kirchenrechtliche Beiträge, Zweiter Beitrag, S. 64 f. u n d S. 70. 40 Ä h n l i c h wie hier Mikat, Streitsachen, S. 327 ff. Das OVG Berlin (U. v. 25. 2.1953, Z e v K R 3, 205 = K i r c h E 2, 26 ff. [34]) hat eine staatliche Forderung nach demokratischer Verfaßtheit der Religionsgemeinschaften m i t Recht für nicht m i t der Verfassung vereinbar gehalten, m i t Recht auch f ü r eine kleine, privatrechtlich organisierte Religionsgemeinschaft (insoweit anderer Ansicht Hesse, ZevKR 3,189 ff.). 4oa Scheffler, Stellung der Kirche, S. 160 ff., 176 ff., sieht i n der Korpo-

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Β. Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

Einen materiell öffentlichen Gesamtstatus der Kirchen gibt es also ebenso wenig wie eine „öffentliche Religion" 4 1 . Daß damit ein kirchenintern öffentlicher Bereich dessen, was alle Gemeindeglieder angeht 4 2 , nicht ausgeschlossen ist, braucht nicht besonders betont zu werden. Darüber hinaus aber werden die Kirchen, ob klein oder groß, sich selbst oder doch wenigstens den Inhalt ihrer religiösen Aussage i n einem ganz anderen Sinn als öffentlich, als Angelegenheit der Gesamtheit verstehen — legitimiert nicht von ihren Gliedern und nicht von der Nation, sondern von ihrem ureigenen, i m Transzendenten gegründeten kirchlichen Auftrag her („weil die von ihnen vertretene Sache die Sache des Landes und die Sache aller Völker ist" und w e i l es dabei „ u m das eigentliche Wohl, um das Heil aller Völker geht" 4 3 ). Daß sie sich auch von Staats wegen so verstehen können und dürfen, ist mit der obigen Festellung nicht unvereinbar: eine derartige Öffentlichkeit können weder Staat noch Nation den Kirchen zu- oder absprechen. Diese Instanzen würden den von ihrer Souveränität umfaßten Verfügungsbereich überschreiten, wenn sie Fragen i m religiös-dogmatischen Raum entscheiden und den Kirchen eine wie auch immer geartete Auffassung darüber aufdrängen wollten, wie sie sich und ihren Auftrag zu verstehen haben. Die i m Grundgesetz getroffene Entscheidung der Nation für den säkularen Staat bedeutet allerdings, daß sie in der weltlichen Ordnung eine solche materielle Öffentlichkeit der Kirchen nicht anerkennt und daß auch der verfaßte Staat sie nicht anerkennen darf: denn damit würde er unausweichlich zu dem religiösen Inhalt der kirchlichen Aussage wertend Stellung beziehen. Das aber kann er nun einmal nicht, ohne dem Gesetz entgegenzuhandeln, nach dem er angetreten ist, und sich so selbst aufzugeben 44 . Wohl aber kann der Staat die kirchliche Auffassung respektieren und tut das, indem er den Kirchen das Selbstbestimmungsrecht und die liberalen Grundrechte freier Betätigung und Äußerung i n der Öffentlichkeit gewährt und ihnen so die Freiheit ihres Selbstverständnisses und das Recht zu ungehindertem. rationsqualität der Kirchen einen materiell-öffentlichen Gesamtstatus. Obw o h l auch nach i h m für das öffentliche i n diesem Sinne die Verantwortung vor dem Ganzen begriffsnotwendig ist (vgl. oben Fußnote 24), bleibt offen, w i e sich diese Verantwortung der Kirchen realisieren soll. 4 * Z u diesem Begriff Ellwein, PolSt 15 (1964), S. 135. 42 Vgl. de Quervain, Kirche, Volk, Staat, S. 87. Eine Unterscheidung zwischen einem kirchenintern öffentlichen u n d privaten Bereich etwa schon i n der Rechtslehre des frühen 19. Jahrhunderts (vgl. Jacobson, a. a. O. [oben Fußnote 39], S. 76, 92 ff.). 4 3 de Quervain, a. a. O., S. 137. 44 Wie hier BVerfG, Beschl. v. 8.11.1960, E 12, I f f . (4); Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 560 f. I n gleicher Richtung auch Gerhard Müller, Tariffähigkeit, S. 445 f., der den Staat des Grundgesetzes sogar als „ l a i k a l " bezeichnet und betont, daß dieser Staat sich als Staat „ v o n den religiösen Anschauungen u n d damit von den K i r c h e n . . . distanziert".

§ . Status

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Öffentlichkeit

durch nichts als die für jedermann geltenden Gesetze begrenztem Hineinwirken i n die Öffentlichkeit garantiert. Wie die geistliche Gewalt der Kirchen etwas wesensmäßig anderes ist als weltliche Hoheitsgewalt, so ist auch ihre so verstandene „originäre Öffentlichkeit" 4 5 etwas anderes als weltlich-staatliche Öffentlichkeit. Wie die geistliche Gewalt hat sie vom Staat aus gesehen ihren Standort nicht i n der Garantie der Korporationsrechte, sondern i m Recht auf Selbstbestimmung und freie Betätigung. § 9. Status soziologischer Öffentlichkeit Somit steht fest, daß die Korporationsqualität nicht als Eingliederung i n den Bereich materieller Öffentlichkeit verstanden werden darf. Die Frage nach dem öffentlichen Gesamtstatus ist nun unter dem zweiten der eingangs dargelegten Aspekte zu stellen. Liegt i n der Eigenschaft der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts die Anerkennung ihrer Zugehörigkeit zu einem Bereich zwar nicht materieller, aber soziologisch-faktischer Öffentlichkeit? Kennt die Verfassungswirklichkeit unseres Gemeinwesens eine solche öffentliche Sphäre zwischen der Privatsphäre der Einzelindividuen und dem Staat? N i m m t die gesetzte Verfassung davon Kenntnis und ordnet sie die Kirchen i n diesen Raum ein? a) Prinzipielles

zum Begriff

des „soziologisch

Öffentlichen"

Soziologische Öffentlichkeit i n dem hier gemeinten Sinne darf nicht zu eng verstanden werden als ein Bereich von Veranstaltungen oder Organisationen, die jedermann ohne besondere persönliche Legitimation zugänglich sind 1 . Vielmehr ist zu denken an einen Bereich von Kräften und Mächten, die sich in der Zwischensphäre zwischen dem Privatbereich des einzelnen und dem Staat angesiedelt haben: Gebilde, die — wie Herbert Krüger formuliert — „nicht mehr Natur, aber noch nicht Staat sind, deren Bedeutung vielmehr dadurch gekennzeichnet wird, daß sie den Vorgang der Selbstaufbereitung eines Volkes zum Staat von seinen Anfängen jeweils ein Stück zum Endpunkt weiterzuführen haben" 2 . Öffentlich steht hier also i m Gegensatz zur Beschrän45 Ridder, Kirche, Staat, Rundfunk, S. 20. ι Z u diesem Begriff des öffentlichen vgl. Alexander Elster, Artikel „ ö f f e n t l i c h u n d Öffentlichkeit" i n H d W R W , Bd. I V , S. 256 ff. (257). 2 Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 346. Vgl. auch Wittkämper, Grundgesetz u n d Interessenverbände, S. 8. Auch Altmann, Diss., S. 156 ff., spricht von „öffentlichen Verbänden". Seine Auffassungen finden ihren K e r n allerdings i n der Überzeugung, daß „ein selbständiger Staat als eigenständige Herrschaftsordnung keine rechtliche Existenz mehr hat"

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Β . Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

kung auf das Private. Entgegen Organisationen, die ausschließlich der Befriedigung privater Interessen und Anliegen dienen (etwa den normalen Idealvereinen, aber auch Wirtschaftsunternehmen), wären öffentlich solche Mächte, die aus der Privatsphäre herausragen. Herausragen müssen sie in doppelter Richtung: durch ihre Ausrichtung auf die Angelegenheiten des Gemeinwesens oder doch auch darauf und durch Wirken auf dem Forum der Gemeinschaft, durch Zielsetzung also und Mittel 3 . I m Gegensatz zur „normativen" Öffentlichkeit gehört demnach die soziologische primär i n den Bereich der realen Tatsachen der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Öffentlichkeit i n diesem Sinne ist zunächst ein Faktum, nicht aber eine eigentlich juristisch-rechtsdogmatische Kategorie. Unmittelbar rechtsbedeutsam kann jedoch die verfassungsmäßige Anerkennung der Zugehörigkeit eines Gebildes zu diesem Bereich werden: etwaige Rechtsfolgen sind dann von Verfassungs wegen auf den als „öffentlich" anerkannten Faktor anzuwenden. Die Frage nach der Existenz eines solchen Bereichs führt mitten hinein i n die Problematik der heutigen Gestaltung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft 4 . Ohne i m einzelnen auf die dadurch aufgeworfenen Probleme einzugehen, kann doch folgendes gesagt werden. Die frühere, i m 19. Jahrhundert beheimatete Antithese zwischen der Sphäre der öffentlichen Gewalt — dem Staat — und der durchaus als Teil des privaten Bereichs verstandenen bürgerlichen Gesellschaft gehört i m wesentlichen der Vergangenheit an 5 . A n ihre Stelle ist soziologisch gesehen eine Polarisierung zwischen öffentlicher und Sozialsphäre einschließlich des Staats einerseits und einer sehr engen privaten Intimsphäre andererseits getreten 6 . Daß innerhalb der Sozialsphäre eine „Durchdringung von Staat und Gesellschaft" 7 oder eine „unauffällige Osmose" 8 zwischen beiden besteht, mag in mancher Hinsicht der W i r k lichkeit entsprechen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß

(a.a.O., S. 154f.), u n d weichen so v o m oben Vertretenen stark ab. Eine nähere Auseinandersetzung u n d K r i t i k ist i n diesem Zusammenhang nicht möglich; vgl. dazu H. J. Arndt, Öffentlichkeit als Staatsersatz, ArchRSozPhil 42, S. 239 ff. 3 Ä h n l i c h Mikat, Streitsachen, S. 322, der allerdings Zielsetzung auf das Gemeinwohl verlangt. Das werden alle i n Frage kommenden Verbände behaupten; angesichts der k a u m möglichen Umschreibung des Gemeinwohls erscheint die oben gewählte neutralere Formulierung jedoch geeigneter. 4 Vgl. dazu auch oben § 4 Fußnote 8. s Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 158 ff. Viel zu w e i t gehend aber Altmann, Diss., S. 188 ff., insbes. S. 191. β Habermas, a.a.O., S. 169ff.; vgl. auch Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 504. ? Habermas, a. a. O., S. 169. 8 So Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 18.

§ . Status o

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Öffentlichkeit

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auch heute ein scharfer Unterschied von Staat und Gesellschaft 9 , eine jederzeitige, zumindest begriffliche Unterscheidbarkeit gegeben ist, die „durch die Dichotomie von öffentlichem und privatem Recht indiziert w i r d " . W i l l man eine gefährliche Nähe zur Theorie und Praxis des totalen Staates vermeiden, dann muß man jede Identifizierung beider ausschließen, jede Überwältigung des Staates durch die Gesellschaft, aber auch jedes Aufsaugen der Gesellschaft durch den Staat für eine grundgesetzwidrige Fehlentwicklung ansehen 10 . I n der Gegenwart ist freilich das frühere antithetische Verständnis des Verhältnisses durch ein dialektisches zu ersetzen; der Staat w i r d von der Gesellschaft auf dem Wege der Repräsentation hervorgebracht; beide sind gegenseitig bedingt und einander zugeordnet 11 . „Gesellschaft" ist dabei heute nicht mehr der Raum der privaten, auf das Wirtschafts- und Erwerbsleben bezogenen Interessen des einzelnen 12 , auch nicht der Bereich aller nichtstaatlichen überindividuellen Gruppierungen 13 . Sie ist politische Gesellschaft, der Raum also der durchaus verschiedenartig strukturierten Gebilde, die sich als öffentlich verstehen, die also ihrer Zielsetzung nach nicht ausschließlich i n die private Intimsphäre gehören. Diese Gruppierungen haben typische Merkmale gemeinsam: sie sind auf Wirken i n die Gemeinschaft hinein angelegt; sie versuchen, in irgendeiner Form an der Gestaltung des Gemeinwesens oder eines Ausschnitts davon mitzuwirken; sie geben zumindest vor, daß sie sich dabei an dessen Wohl orientieren. Die politische oder gemeinschaftsbezogene freie Gesellschaft ist also identisch mit dem oben umschriebenen „soziologisch Öffentlichen" 14 . Diese Erkenntnis macht deutlich, daß diie Faktoren des öffentlichen Bereichs » Grundsätzliche Bedenken gegen diese Kategorien bei Ehmke, Staat und Gesellschaft, passim; ferner bei Hesse, Z e v K R 3,182. io Ridder, Gewerkschaften, S. 30 f.; dort S. 31 auch das Zitat. Anderer Ansicht Altmann, Diss., S. 162, nach dem die „liberale Trennung von Staat u n d Gesellschaft" nicht mehr existiert. h So Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 526; i n ähnlicher Richt u n g Kaiser, Repräsentation organisierter Interessen, S. 353 ff.; Rupp, Eigent u m an Staatsfunktionen, S. 11 f. Fußnote 19. Die gegenseitige Bedingtheit von Staat u n d Gesellschaft bereits sehr deutlich bei Constantin Frantz, Naturlehre des Staates, S. 165; ebenso Ridder, Gewerkschaften, S. 14. Vgl. neuestens auch Scheuner, V V D t S t R L 22, 30. 12 I n dieser Richtung etwa Lorenz von Stein, Soziale Bewegung i n F r a n k reich, Bd. I, S. 24 ff., 40 ff. 13 So z. B. Robert ν . Mohl, der i m 19. Jahrhundert dem hier vertretenen Begriff der Gesellschaft am nächsten kommt, w e n n er zwischen Staatssphäre, Privatsphäre u n d dazwischen liegender überindividueller Sphäre unterscheidet, aber als „Gesellschaft" alle genossenschaftlichen Bildungen z w i schen Staat und I n d i v i d u u m begreift (vgl. dazu die Darstellung der v. Mohlscheid Gesellschaftstheorie bei Angermann, R. v. Mohl, S. 353 ff., 361). 1 4 Wie hier Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 347.

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Β . Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

trotz ihrer Vielzahl und relativen Machtfülle nicht als Glieder eines ständestaatartig aufgebauten Gemeinwesens angesehen werden dürfen 1 5 . Sie sind keine Träger selbständiger öffentlich-rechtlicher Funktionen, sondern Glieder der außerhalb des Staates stehenden Gesellschaft. Eine öffentlich-rechtliche Wirksamkeit können sie nur i m Rahmen der i m Staat gipfelnden hierarchischen Ordnung der Kompetenzen entfalten 16 . Auch ihre Tätigkeit i m übrigen vollzieht sich in dem Raum, den ihnen der Staat einräumt oder freiläßt, wobei freilich i n der Gegenwart die Erweiterung der Befugnisse der Verbände dazu beigetragen hat, daß die Grenzen der staatlichen und der gesellschaftlichen Sphäre mitunter verwischt werden 1 6 3 . Die Existenz des oben umschriebenen öffentlichen Bereichs in der realen Wirklichkeit kann also nicht geleugnet werden. Auch die Verfassung ignoriert ihn nicht gänzlich. Sie nimmt ihn nicht nur am Rande zur Kenntnis, wenn sie die Presse garantiert, der Koalitionsfreiheit gedenkt und den allerdings nicht unstreitig hierher gehörenden politischen Parteien bestimmte Rechte und Pflichten auferlegt. Trotzdem sind die einschlägigen Regelungen sporadisch und vereinzelt. So muß es zumindest fraglich erscheinen, ob das Grundgesetz generell mit Forderungen und Regelungen i n den Bereich des soziologisch Öffentlichen hineinwirkt — etwa i m Sinne einer „gesellschaftsdemokratisierenden Unterwerfung unter das Sozialstaatsgebot in seiner dritten Dimension" 1 7 . Keinesfalls aber umgrenzt es den Raum des Politisch-Gesellschaftlichen abschließend. Die Zugehörigkeit dazu ergäbt sich vielmehr in der Regel aus dem soziologischen Charakter einer gesellschaftlichen Struktur 1 8 . Die einfache Gesetzgebung und die Verwaltung allerdings mit ihren unzähligen Ausschüssen, Beiräten und ähnlichen Organisationen sind ständig gezwungen, hier eine Grenze zu finden, insbesondere dann, wenn Organe zu schaffen sind, die eine Repräsentation der gesamten Gesellschaft sein sollen — wie etwa Rundfunkräte und ähnliche Vertretungskörper.

is So aber W.Weber, V V D t S t R L 11,175 (etwas abgewandelt derselbe in: „Der Staat u n d die Verbände", S. 21: „parakonstitutionelles Kräftesystem m i t öffentlichem Geltungsanspruch"); ähnlich, w e n n auch i m einzelnen abweichend, Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 18. 16 So m i t Recht Zippelius, Z e v K R 9, 55, 65. i6a v g l . dazu etwa Drewes, Gewerkschaften, S. 254 ff. 17 Dafür entschieden Ridder, Gewerkschaften, S. 18 ff. (dort auch das Zitat). Differenzierter Wittkämper, Grundgesetz u n d Interessenverbände, S. 70 f. is Ridder, Gewerkschaften, S. 24; vgl. auch Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 347 ff.

§ . Status o

i

e

r

77

Öffentlichkeit

b) Kirchen als Glieder dieser politisch-gesellschaftlichen

Sphäre

Es stellt sich nun die Frage, ob die Verfassung den Kirchen m i t der Stellung als öffentliche Körperschaften auch einen Status soziologischer Öffentlichkeit i m dargelegten Sinne zusprechen w i l l . Möglich wäre dabei, daß die Kirchen schon ihrem eigentlichen Charakter nach iri diesen Bezirk gehören und diese Zugehörigkeit nur von der Verfassung bestätigt wird, oder aber, daß die Verfassung sie erst i n diesen Raum stellt, sie wie dessen Gebilde behandelt. Beides Würde bedeuten, daß sie bereits von Verfassungs wegen zu berücksichtigen wären, wenn Repräsentationsgremien dieses öffentlichen Bereichs gebildet werden oder wenn irgendwo alle Gruppierungen der politischen Gesellschaft heranzuziehen sind — wie zum Beispiel bei der Gestaltung des Rundfunk- und Fernsehprogramms. Daß die Kirchen ihrer eigentlichen Natur nach Gebilde ganz eigener A r t sind, die sich durch ihre geistliche Begründung und religiöse Zielsetzung von allen anderen Gruppierungen des gesellschaftlichen Raums unterscheiden, hat Hesse mit Recht hervorgehoben 19 . Von ihrem transzendenten Wesenskern her müssen sie sich als das „Gegenüber" der Welt verstehen — und damit als Gegenüber von Staat und Gesellschaft, die beide Teil der Welt sind 2 0 . Beiden gegenüber haben sie zu bekennen, beiden gegenüber ihren Auftrag und Dienst wahrzunehmen. So scheint es auf den ersten Blick nicht angängig, sie i n den Bereich der Gesellschaft einzuordnen, deren Widerpart sie m i t ihrer Botschaft ja sind. Man möchte zunächst unter Gesellschaft die weder kirchliche noch staatliche Sphäre verstehen, die Kirchen neben dem Staat als „Integrationsform" der Gesellschaft i n anderer, auf Spiritualisierung angelegter Richtung sehen 21 . Betrachtet man jedoch die gesellschaftliche Wirklichkeit näher, dann w i r d deutlich, daß sich die konkrete Wirksamkeit der Kirchen nicht i n der Wahrnehmung einer geistig-religiösen Aufgabe erschöpft, die nicht von dieser Welt ist. Sie sind daneben eben auch Gebilde der öffentlichen Sphäre, die sich wie solche Gebilde verstehen, von differenzierten politischen Mitteln Gebrauch machen und i n die politische Sphäre hineinwirken 2 2 . Ihr Selbstverständnis als Gegenüber 19 Z e v K R 6, 182; vgl. auch Johnsen, Diss., S. 132; Scheuner, ZevEth 1 (1957), 37. so Hesse, a.a.O.; Ridder, JZ 1962, 774 (Urteilsanmerkung). Ä h n l i c h schon Constantin Frantz, Naturlehre des Staates, S. 167: „Die Kirche ist ein Lebensgebiet f ü r sich, von Staat und Gesellschaft gleich verschieden u n d sich doch über beide verbreitend, w i e die Atmosphäre L a n d und Meer u m spannt." Vgl. auch Wendland, Die Kirche i n der modernen Gesellschaft, S. 73 f. Verwandt auch W. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 81, der von einem „Dreiecksverhältnis zwischen Staat, Kirchen u n d Gesellschaft" spricht. 21 So Abendroth, V V D t S t R L 11, 247 f. (Diskussionsbeitrag). 22 Kaiser, Repräsentation organisierter Interessen, S. 122 ff.

78

Β . Korporationsqualität als

ffentlicher Gesamtstatus?

der Welt hindert sie nicht, i n der unübersehbaren Zahl von Gremien, Räten und Ausschüssen des weltlichen Organisationssystems und in den verschiedenartigsten Formen politischer Betätigung als eine Gruppierung neben anderen mitzuwirken 2 3 — so wenig es sie, historisch gesehen, gehindert hat, sich i n den Ständestaat als ein Stand neben anderen Ständen einzuordnen. So muß man die Kirchen soziologisch zumindest auch als gesellschaftliche Mächte neben den anderen Mächten der öffentlichen Sphäre begreifen 24 . Freilich darf man dabei ihre Andersartigkeit neben den sonstigen Organisationen dieses Raums nicht vergessen. Sie gehören zwar i n den Bezirk des soziologisch Öffentlichen, können aber nicht unter die Verbände der üblichen A r t gerechnet, als Gruppen angesehen werden, die der „Repräsentation organisierter Interessen" dienen 25 . Geprägt von ihren Aufgaben außerhalb und gegenüber dieser Welt stehen sie neben den anderen Gebilden dieses Bereichs als Kräfte besonderen Typs i m Raum der Gesellschaft. Allerdings ist mit der jetzt getroffenen soziologischen Einordnung der Kirchen i n diesen Bezirk nichts darüber gesagt, ob die Einordnung verfassungsmäßig festgelegt ist. Das w i r d man jedoch w o h l sagen können. Die Weimarer Nationalversammlung wollte den Religionsgemeinschaften mit der Korporationsqualität einen gewissen herausragenden Status erhalten, sie i n ihrem Anderssein aus den normalen Privatvereinen, wie Kegel- und Sportvereinen, herausheben. Dabei hat sie zwar sicherlich nicht an die hier definierte soziologische Kategorie gedacht — gemeint aber hat sie dasselbe. Sieht man von den öffentlichrechtlichen Einzelprivilegien zunächst einmal ab, dann ist dies Herausgehobensein — d a s i n der Natur der Kirchen, ihrem Anderssein, „ihrer besonderen Bedeutung für die Öffentlichkeit" 2 6 , also soziologischen Fakten, begründet sein sollte — nichts anderes als die Anerkennung des öffentlichen Status i n dem hier gemeinten Sinne. So enthält die Korporatiomsqualität der Kirchen von Verfassungs wegen die Anerkenniung, daß sie als Kirchen zu den Gebilden des soziologisch-öffent23 W. Weber, V V D t S t R L 11,175; daß die Kirchen als diesseitige Verbände gesellschaftliche Macht ausüben, betont auch Heller, Staatslehre, S. 209. 24 Wie hier Herbert Krüger, Z e v K R 6,79. Als Gebilde der Gesellschaft hat i m übrigen bereits Mohl die Kirchen aufgefaßt (Geschichte der L i t e r a t u r der Staatswissenschaften, Bd. I, S. 74). 25 w i e hier Wittkämper, Grundgesetz u n d Interessen verbände, S. 20 f.; Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 387, der m i t Recht darauf h i n weist, daß sich das Staatskirchenrecht schwerlich als T e i l des Staatsverbänderechts begreifen läßt. Anderer Ansicht Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, der die Kirchen unter diesem T i t e l mitbehandelt (S. 130 ff.); ferner Loewenstein, Verfassungslehre, S. 370, 375. 26 Mausbach, NatVersProt. Bd. 328, S. 1645 A ; Katzenstein, NatVersProt. Bd. 336, S. 201.

§ 10. Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs der Kirchen?

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liehen Bereichs gehören und dort zu beteiligen sind, wo alle Kräfte und Mächte des gesellschaftlichen Raums beratend oder gestaltend herangezogen oder repräsentiert werden sollen. § 10. Korporationsqualität als Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs der Kirchen? Neben einem öffentlichen Gesamtstatus w i r d i n der Korporationsqualität gerne die Anerkennung eines „Öffentlichkeitsanspruchs" oder ,,-auftrags" der Kirchen gesehen1. Was es damit auf sich hat, ist sowohl von der theologischen wie auch der juristischen Seite keineswegs geklärt 2 . a) Der Öffentlichkeitsanspruch

in theologischer

Sicht

Beide Begriffe stammen aus der evangelischen Theologie 3 . Wie problematisch sie i m einzelnen sind, zeigen schon die häufigen Warnungen vor einem falschen oder mißverstandenen Öffentlichkeitsanspruch 4 . Ohne i m einzelnen auf die Akzentverschiedenheiten zwischen lutherischer und reformierter Theologie einzugehen, w i r d man zum evangelischen Verständnis kurz zusammengefaßt jedoch folgendes sagen können. Die Kirche (oder die „Gemeinde") hat „tätig für die Welt da zu sein", i h r „das Wort Gottes zu bezeugen" 5 . I n ihrem Dasein soll „für die ganze Öffentlichkeit sichtbar zum Ausdruck kommen, daß Christus nicht nur der Herr der Kirche, sondern auch der der Welt ist" 6 . So hat i h r Dienst und ihr Zeugnis zu geschehen nicht i m „Rahmen eines Vereins", sondern in der Öffentlichkeit, i m Aufruf an alle Welt zum Umdenken, zur Umkehr, zum Bekenntnis 7 . I n dieser Mission der Kirche liegt ihr Öffentlichkeitsauftrag begründet, der Auftrag, in uneigennütziger Solidarität eine „politische, soziale und 1

Vgl. etwa Johnsen, Diss., S. 129; w o h l auch Smend, Z e v K R 1,12 f. 2 So auch Mikat, Streitsachen, S. 324 Fußnote 20; Fuß, D Ö V 1961,740. Vgl. auch Reis, JZ 1961,332, u n d neuestens W.Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, passim (vgl. dazu oben § 7, Fußnote 1). 3 Vgl. Mikat, Streitsachen, S. 324 Fußnote 20. Der Begriff „Öffentlichkeitsanspruch" taucht — soweit ersichtlich — zum ersten M a l bei de Quervain, Der Öffentlichkeitsanspruch des Evangeliums, auf (1939, Neuauflage 1946). Z u r Geschichte u n d Ausprägung des Begriffs neuerdings ausführlich W.Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 34 ff. 4 Wendland, Kirche i n der modernen Gesellschaft, S. 14; Diem, Restauration oder Neuanfang, S. 44; vgl. auch Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1027; Hesse, JöffR N. F. 10,74. s Karl Barth, Dogmatik, Bd. IV/3, 2. Hälfte, S. 951. 6 Diem, Restauration oder Neuanfang, S. 44. 7 de Quervain, Kirche, Volk, Staat, S. 136 f.; vgl. auch Friedrich, Z e v K R 3, 179; Lilje, Kirche u n d Welt, S. 45.

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Β. Korporationsqualität als

ffentlicher Gesamtstatus?

mitmenschliche Verantwortung für die Welt" 8 , ein „Wächteramt gegenüber dem Staat" 9 wahrzunehmen. Zentralbegriff ist dabei das Dienen der Kirche. So darf 'der Öffentlichkeitsanspruch nicht i n einen „klerikalen Herrschaftstitel über die Welt" verfälscht werden 1 0 ; deren Eigengesetzlichkeit, ihre „Mündigkeit" bleiben unangetastet 11 . Ob der Kirche auf Grund ihres Öffentlichkeitsauftrags allerdings vom Theologischen her ein „Anspruch" auf Öffentlichkeit ihres Worts zusteht 12 oder „ob eigentlichen und echten Öffentlichkeitsanspruch nur Gott selbst für sein Wort erheben kann" 1 3 , bleibt offen. Dem katholischen Denken ist der Begriff des Öffentlichkeitsanspruchs fremd. I n der Grundfrage des Verhältnisses der Kirche zur Welt kommt eine gewisse Annäherung an das evangelische Verständnis zum Ausdruck, wenn einerseits die Kirche i m „echten Bezug zur Welt" gesehen wird, i n der sie durch ihre Gegenwart und i h r Werk „das Zeugnis der i n Christus persongewordenen Wahrheit, der Liebe und des Heils" aufzurichten hat 1 4 , andererseits der Blick geöffnet ist für das „echte Eigensein der Welt", für „Eigengewicht, Eigenstruktur und dynamische Entelechialität" ihrer Wirklichkeiten 1 5 . Juristisch-konstruktiv w i r d dagegen an der Rechtsfigur der kirchlichen „po testas directi va (oder indirecta) i n temporalibus" festgehalten, die inhaltlich i m einzelnen allerdings ebensowenig klar umschrieben ist wie der Öffentlichkeitsanspruch der evangelischen Theologie. Auch hier mag nur einiges zusammenfassend gesagt sein. Die potestas directiva ist nicht mehr aufzufassen als Anspruch, für den weltlich-staatlichen Bereich gültige jurisdiktioneile Akte setzen zu können 1 6 . Sie ist auch nicht das Recht und die Fähigkeit, alles was i n der Welt geschieht oder geschehen 8 van Oyen, A r t . „Öffentlichkeitsanspruch der evangelischen Kirche", RGG, Bd. I V , Sp. 1565 ff. (1567); vgl. auch Karl Barth, Christengemeinde u n d Bürgergemeinde, S. 7 ff.; Gogarten, Der Mensch zwischen Gott u n d Welt, S. 294 ff. 9 Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 149; Künneth, P o l i t i k zwischen Dämon u n d Gott, S. 574 ff. 10 H. Simon, Katholisierung des Rechts?, S. 51. Vgl. auch Hollerbach, Verträge, S. 116 f. („Rechtes Verständnis des öffentlichkeitsauftrags^ w i d e r streitet . . . einem unangemessenen Privilegien-, Anspruchs- oder j u r i s tischem Sicherheitsdenken"). 11 Vgl. etwa Bonhoeffer, Widerstand u n d Ergebung, S. 216; Gogarten, Mensch zwischen Gott u n d Welt, S. 418 f. 12 Dafür w o h l Dombois, Recht der Gnade, S. 1049; Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 139. is So Karl Barth, Brief an einen Pfarrer i n der DDR, S. 33. ι 4 So — m i t offensichtlich v o n Karl Barth beeinflußten Formulierungen — Fries, A r t . „Kirche", H T h G , Bd. I, S. 790 ff. (821). is Karl Rahner, StL, Bd. I V , Sp. 863 bzw. 873. 16 Mikat, StL, Bd. I V , Sp. 1012; Hollerbach, Verträge, S. 109.

§ 10. Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs der Kirchen?

soll, i n aller Konkretheit — wenn auch indirekt — entscheiden zu können 17 . Nichtsdestoweniger enthält sie den Anspruch auf ein Recht zur Wegweisung i n den zeitlichen Verhältnissen und zur bindenden Erklärung, ob eine konkrete Entscheidung weltlicher Mächte dem Sittengesetz widerspricht oder nicht 1 8 . Die „potestas indirecta" w i r d so zur Berechtigung, i n weltliche Dinge einzugreifen, wo dies i m sittlichen oder religiös-kirchlichen Interessen notwendig erscheint 19 , und — wenn auch wohl mißverstanden — „zu Anspruch und Tatsache mittelbarer Machtausübung auf politischem Gebiet" 2 0 . Bei mancher Verwandtschaft geht so die „potestas indirecta", auch wo sie einschränkend interpretiert wird, über den Öffentlichkeitsanspruch der evangelischen Theologie Lind Kirche nicht unerheblich hinaus 21 . b) Der Öffentlichkeitsanspruch

in der staatlichen

Rechtsordnung

Das so sich zeigende unterschiedliche theologische Verständnis schon der großen Konfessionen läßt erkennen, daß die staatliche Anerkennung des kirchlichen Öffentlichkeitsanspruchs — die ja für alle Konfessionen gelten soll — etwas anderes sein muß als schlichte Übernahme des kirchlichen Verständnisses. Anderenfalls würde ein staatlicher Rechtsbegriff auf theologisch geprägte Begriffe zurückverweisen und damit in eine konfessionelle Zwielichtigkeit geraten. Eine solche differenzierende Interpretation allgemeiner Rechtsbegriffe des staatlichen Rechts ist aber i m modernen Staat unzulässig, da sie notwendig die Rechtseinheit auflösen müßte 2 2 . Die „Anerkennung des Öffentlichkeitsauftrags" kann also, wenn sie für alle Konfessionen gelten soll, nur eine einheitliche Rechtsfigur π K . Rahner, StL, Bd. I V , Sp. 863. is Eichmann-Mörsdorf, Bd. I, S. 55, 343; Mörsdorf, L T h K , Bd. V I , Sp. 298. Z u m Recht, eine konkrete W i r k l i c h k e i t als gegen die sittlichen Prinzipien verstoßend zu erklären, auch K . Rahner, StL, Bd. I V , Sp. 863 f. ι 9 Hesse, Rechtsschutz, S. 38; zur potestas indirecta vgl. ferner Hollerbach, Verträge, S. 108 ff. 20 Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, S. 141. Über die mißverständliche Praxis auch Ridder, JZ 1962, 774 (Urteilsanmerkung). 21 Das zeigt allein die verschiedene Bindungswirkung. Wie hier Hesse, Rechtsschutz, S. 51 Fußnote 61; anderer Ansicht aber Scheuner auf der 63. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft (vgl. Reis, JZ 1961,332), vgl. auch denselben, Z e v K R 7, 268 Fußnote 120. 22 Ebenso Scheuner, Z e v K R 7, S. 257 f. m i t Fußnote 92; auch BVerfG, Beschl. v. 20.12.1960, E12,45 ff. (54). I n gleicher Richtung w o h l auch M. Heckel, der allerdings umgekehrt darauf hinweist, daß eine für alle Konfessionen gleichlautende N o r m deswegen allein noch nicht dem Grundsatz der Parität gerecht zu werden braucht (Parität, S. 284 f.). A n seiner Darstellung der konfessionellen Spaltung der Rechtsbegriffe i m Reichsrecht des Römischen Reiches Deutscher Nation nach der Reformation (a. a. O., S. 324 ff.) w i r d die Gefahr einer Verweisung des staatlichen Rechts auf konfessionell geprägte Begriffe deutlich. 6 Weber

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Β . Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

des staatlichen Rechtes sein, die theologisch nicht determiniert und konfessionsneutraler Interpretation zugänglich ist. Einen Sinn hat sie darüber hinaus nur, wenn sie mehr bedeutet als die Bestätigung von Rechten, die den Kirchen auf Grund anderer Verfassungsbestimmungen ohnehin zustehen. Die Anerkennung muß also — wenn sie neben dem bisher erörterten Gesamtstatus noch eine eigene Bedeutung haben soll — mehr sein als eine Zurechnung zu dem Bereich soziologischer Öffentlichkeit 23 . Sie muß aber auch mehr sein als die Gewähr der „Freiheit zur Wahrnehmung einer nicht von dieser Welt stammenden Verantwortung i n der W e l t " 2 4 — denn diese Freiheit ist i m Selbstbestimmungsrecht und den Freiheitsgrundrechten bereits verfassungsrechtlich verankert 2 5 . Daß der Staat des Grundgesetzes durch seine säkulare Natur daran gehindert wird, die Kirchen i n einem materiell-öffentlichen Bereich einzugliedern oder i h r religiöses Anliegen als materiell-öffentlich anzusehen, wurde oben bereits gezeigt 26 . Es ist also nicht angängig, die Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs i n dieser Richtung auszulegen und i n i h r die Akzeptierung der Kirchen als mitverantwortliche Träger der öffentlichen Ordnung, als „Mitverwalter des bonum commune" zu sehen 27 . Auch die Konzeption W. Conrads fußt auf einer ähnlichen Grundlage und unterliegt daher ebenfalls erheblichen Bedenken. Conrad sieht i n der Anerkennung des Öffentlichkeitsauftrags eine staatliche Respektierung der Kirchen, die neben ihre Berücksichtigung als gesellschaftliche Organisation t r i t t und ihren Sinn als „Mitträger der Sozialordnung i m ganzen" findet. „Die Motivation des Staates zu solcher privilegierender Behandlung der K i r c h e n . . . ist der eigenständig-öffentliche Auftrag der Kirche, der durch die Verkündigung des Evangeliums vollzogen wird. Diese Verkündigung s funktion ... ist vom Staate in ihrer Bedeutung für das gemeine Wohl und die wertbezogene 23 Das ist nach Kafka (Vortrag auf der 63. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft) einer der beiden Teile des Öffentlichkeitsanspruchs (vgl. Reis, JZ 1961,332). A u f dasselbe läuft es hinaus, w e n n Kaiser (Repräsentation organisierter Interessen, S. 356) v o n einem „Öffentlichkeitsanspruch der Landwirtschaftsverbände" spricht. 24 So Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1021; Mikat, Streitsachen, S. 324 Fußnote 20. 25 Ebenso Scheuner auf der 63. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft (etwas abweichend derselbe, Z e v K R 7, 268): Nach i h m ist der Öffentlichkeitsanspruch das, was über die Freiheitsrechte hinausgeht (Vgl. Reis, JZ 1961, 332). Vgl. ferner Barion, Kirche oder Partei?, S. 175 Fußnote 80. 26 Vgl. oben § 8 unter b). 27 So aber Dürig, Schwäbisches Tagblatt Tübingen v. 11. 7. 1964, S. 3. Daß es auch theologisch beim Öffentlichkeitsanspruch u m den Herrschaftsanspruch Christi, nicht aber u m einen Anspruch der Kirche auf M i t v e r w a l t u n g der staatlich-weltlichen Öffentlichkeit, des „bonum commune", geht, macht de Quervain, Öffentlichkeitsanspruch, S. 8 ff., 25 ff., deutlich.

§ 10. Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs der Kirchen?

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staatliche Integration des Staatsvolks... anerkannt und m i t ihrer rechtsgestaltenden und verfassungsfortbildenden Wirkung die Grundlage und der Inhalt zugleich des eigenständigen, aber auf die öffentliche Gesamtordnung und die staatliche Rechtsordnung bezogenen öffentlichen Status der Kirchen geworden 28 ." Als Angelpunkt dieser Deutung dienen Conrad die Formulierungen des Niedersächsischen Kirchenvertrags, in dem die Staat und Kirche gemeinsame Verantwortung für die Bevölkerung ausgesprochen und ihre Ubereinstimmung über den kirchlichen Öffentlichkeitsauftrag zum Ausdruck gebracht wird. Diese Folgerungen überdehnen jedoch die Tragweite der Formel von Loccum, die als Landesrecht die bundesverfassungsrechtlichen Entscheidungen und Ordnungen weder modifizieren noch „authentisch interpretieren" 2 9 , insbesondere also die säkulare Natur der staatlichen Ordnung unter dem Grundgesetz nicht aufheben kann. Auch so darf die Anerkennung des Öffentlichkeitsauftrags daher nicht aufgefaßt werden. Aus denselben Gründen kann sie vollends nicht i n der Zuerkennung einer M i t wirkungsberechtigung i n den Gliederungen des staatlichen Organisationssystems gesehen werden 3 0 . Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs — das muß also etwas ganz anderes bedeuten. Einen Ansatzpunkt bietet die Definition Scheuners, für den ihr Wesen i n der Tatsache liegt, „daß der Staat die K i r chen i n ihrer theologischen Existenz ernst n i m m t " 3 1 . I n einer Zeit, i n der die Kirchen ihr Verhältnis zur Welt zunehmend als „Dialog" verstehen 32 , bedeutet die Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs, daß der Staat als Teil der Welt zu seinem Teil den ihm von der Kirche angebotenen Dialog annimmt, sie anhört, ihrem Handeln Verantwortlichkeit für das Ganze unterstellt. „Der Staat bejaht i n der Kirche ein unabhängiges kritisches Gegenüber und läßt sich eine Anrede aus einer anderen, von i h m unabhängigen Dimension gefallen", was für die Kirche „die rechtlich eingeräumte Chance, den Staat direkt anzusprechen, und für den Staat die Pflicht, das Wort der Kirche anzuhören", bedeutet 33 . Damit ist eine rechtlich allerdings nicht allzu präzise Kategorie gefunden, die nichts m i t einem Koordinationssystem i m juristi28 Wo Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 82 f. (Heraushebungen i m obigen Z i t a t nicht i m Original); vgl. auch ebd., S. 115. 29 So aber W. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 128; S. Grundmann, B a y V B l . 1962, S. 37 Fußnote 58; ähnlich Smend, JZ 1956,50. Dagegen m i t Recht Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 300 f. Fußnote 104 m. w. Nachw. 30 Wie hier Ridder, JZ 1962, 774; derselbe, StL, Bd. I V , Sp. 1021. 31

63. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft; vgl. Reis, JZ 1961, 332. So etwa von evangelischer Seite Ellul, Presence of the Kingdom, S. 144; v o n katholischer Seite K . Rahner, StL, Bd. I V , Sp. 863. 32

33



W. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 72.

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Β . Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

sehen Sinne zu tun hat 3 4 . Ihr Sinn liegt auch nicht darin, daß „die von der Kirche gehütete und repräsentierte Wahrheit, soweit sie das öffentliche Leben betrifft, von der Öffentlichkeit und vom Staat aufgenommen werde" 3 5 , sondern daß die Kirchen i n ihrer Eigenschaft als Kirchen vom Staat als Dialogpartner akzeptiert und gehört werden, ohne daß damit eine generelle Anerkennung der kirchlichen Wahrheitsansprüche oder ein materiell-öffentlicher Status verbunden wäre. So umschrieben hat die Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs m i t der Korporationsqualität offensichtlich nichts zu tun. Die staatliche Annahme des Dialogs m i t der Kirche w i r d auch durch die übrigen Bestimmungen des Grundgesetzes weder ausgesprochen noch verwehrt. Sie kommt vor allem i n der täglichen Praxis des Staates zum Ausdruck und ist darüber hinaus i n den neueren Kirchenverträgen auch i n rechtlicher Form zum Ausdruck gebracht worden. Ihrer juristischen Unbestimmtheit entsprechend fand sie ihren Ort i n den Präambeln 3 6 ; eine gewisse Konkretisierung liegt i n der Institutionalisierung der Begegnungsmöglichkeiten zwischen Staat und Kirche 3 7 . Nicht ersichtlich ist freilich, warum die Bereitschaft zum Dialog nur den Großkirchen gegenüber gelten soll. Auch der Öffentlichkeitsanspruch der kleinen Kirchen ist also anzuerkennen, wenn der der großen anerkannt w i r d 3 8 . Die abweichende Meinung von Conrad 39 geht von dem hier abgelehnten Verständnis als Anerkennung eines materiell-öffentlichen Gesamtstatus der Großkirchen aus, der über das Recht auf Anhörung als unabhängige und eigenständige Dialogpartner weit hinausgeht. Diesen Status w i l l er den kleinen Religionsgesellschaften nicht zubilligen, da i n ihm die Anerkennung der eigenständigen Ordnung als gerechte Ordnung liege 4 0 ; Gewähr für die „gesicherte Ausübung ihres Öffentlichkeitsanspruchs" bieten aber seiner Ansicht nach nur die Großkirchen, die als einzige schon seit langem über einen konstituierten Gesetzgeber verfügen. Daher enthalte die Loccumer Entscheidung „eine Sonderung der Religionsgesellschaften nach Anciennität und Dignität". Ist diese Be34 Anders aber W. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 61 f. ss So aber Kafka auf der 63. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft, zitiert nach E. Fischer, Trennung v o n Staat u n d Kirche, S. 273 (Heraushebung nicht i m Original). 36 Loccumer Kirchenvertrag v. 19. 3.1955 (abgedruckt bei Liermann, Kirchen u n d Staat, Bd. I I , S. 6 ff.) ; Mainzer Evangelischer Kirchenvertrag (abgedruckt Z e v K R 10,154 ff.); ferner die evangelischen Kirchenverträge von Hessen u n d Schleswig-Holstein (bei Hesse, JöffR N. F. 10,81 ff.) — Die Texte der Verträge finden sich auch bei W. Weber, Die deutschen Konkordate und Kirchenverträge der Gegenwart, Göttingen 1962. 37 Dazu W. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 71 ff. 38 Ebenso J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 100 ff. 39 Öffentlichkeitsauftrag, S. 119 ff. 40 W.Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 121, dort auch die weiteren Zitate.

§11. K e i n öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus

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weisführung schon an sich wenig überzeugend — denn auch eine neu konstituierte Gesetzgebung kann gerecht sein —, so ist sie auch unzulässig, weil dem Staat durch den Grundsatz der Parität und Religionsneutralität eine Wertung der kirchlichen Ordnungen versagt ist. Eine derartige Deutung des Loccumer Vertrags entspricht also nicht dem Grundgesetz. Erwähnt werden muß noch, daß eine Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs kleiner Religionsgemeinschaften naturgemäß nur i n Frage kommt, wenn sie ihn überhaupt erheben, eine Voraussetzung, die häufig nicht vorliegen w i r d 4 1 . §11. Korporationsqualität kein öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus Als letzter Gesichtspunkt steht nun noch die Frage nach einem in der Korporationsqualität möglicherweise enthaltenen öffentlich-rechtlichen Gesamtstatus der Kirchen aus, der i n zwei Formen gegeben sein kann: als Anerkennung eines vorgegebenen öffentlich-rechtlichen Charakters oder als Verleihung eines Status, der die Kirchen und ihr Recht generell als öffentlich-rechtlich, ihre Gewalt als öffentliche Gewalt erscheinen ließe. a) Kirchen nicht strukturdefiniert

öffentlich-rechtlich

Der Streit um die Rechtsnatur des öffentlichen Rechts und um seine Abgrenzung gegenüber dem Privatrecht ist alt und bis heute nicht eindeutig und zur Zufriedenheit aller entschieden 1 . So ist schon die Grundfrage nach dem Ort der Unterscheidung streitig. I m Gegensatz zu Auffassungen, die eine notwendige, begrifflich-apriorische Trennung ablehnen und den Dualismus von öffentlichem und privatem Recht für eine positiv-rechtlich getroffene Entscheidung des Staates halten 2 , w i r d verschiedentlich auch auf eine von vornherein bestehende, vorgegebene Verschiedenheit beider Kategorien abgehoben. So hat Röttgen* bei aller Anerkennung der Bedingtheit in historisch-faktischen Entwicklungen die Polarität doch auf die Verankerung in einer prinzipiVgl. etwa W. Weber, Die kleinen Religionsgemeinschaften i m Staatskirchenrecht des nationalsozialistischen Regimes, S. 102. ι Bachof, Teilrechtsfähige Verbände, S. 228; Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S.321. Anderer Ansicht W.Weber, HdWSozW, Bd. V I I I , S. 43 r. Sp. Vgl. an neueren Auseinandersetzungen: Molitor, Über öffentliches und Privatrecht, passim, sowie die Besprechungen dieser Arbeit von Röttgen, A c P 151, 167 ff., u n d H.J.Wolff, AöR 76, 2491; ferner H. J. Wolff, AöR 76, 205 ff.; derselbe, Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 85 ff.; Nawiasky, Allgemeine Staatslehre, Bd. I I I , S. 161 ff. 2 Bachof, Teilrechtsfähige Verbände, S. 2271; ähnlich H.J.Wolff, AöR 76, 207. 3 A c P 151, 168 ff.; aufrechterhalten bei demselben, Das anvertraute öffentliche A m t , S. 148.

86

Β . Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

eilen Strukturverschiedenheit zurückgeführt. Diese liegt für ihn i n dem Gegensatz des Amtsrechts, das auf einem überindividuellen, von einem Amtsträger verkörperten Gehalt beruht, gegenüber dem Individualrecht. Aus dieser Definition von der Struktur her folgt für Röttgen, daß das öffentliche Recht keineswegs auf den Staat konzentriert ist und daß die Kirchen mit ihrer Ämterhierarchie und das Kirchenrecht strukturmäßig als öffentlich-rechtlich definiert sind 4 . Bei diesem Schluß w i r d eines verkannt. Zwar ist es begrifflich-systematisch durchaus möglich, innerhalb jeder rechtlich geordneten Gemeinschaft zwischen einer Sphäre des Amts- und einer des Individualrechts zu unterscheiden — vorausgesetzt, die betreffende Gemeinschaft kennt überhaupt überindividuelle Gehalte und sie verkörpernde Ämter 5 . Die so gefundenen Bereiche bleiben aber Kategorien innerhalb des Rechtes dieser Gemeinschaft, während die heutige Unterscheidung zwischen öffentlichem und Privatrecht eindeutig auf das Recht der i m Staate zusammengeschlossenen Gesamtgemeinschaft abstellt. Hat man das erkannt, dann zeigt sich der enge Zusammenhang des Problems der Begrenzung eines apriorisch öffentlich-rechtlichen Bereichs m i t der oben behandelten Frage nach dem materiell Öffentlichen. Ebensowenig wie eine partielle, organisationsinterne Öffentlichkeit eine materielle Öffentlichkeit des Gemeinwesens ist 6 , so wenig darf auch ein apriorisches öffentliches Recht definiert werden von einem Gehalt, der zwar überindividuell ist, aber nur partiell anerkannt und von einer außerstaatlichen Gemeinschaft getragen wird, die nicht Teil der Gesamtordnung des Gemeinwesens ist. Wie immer ein strukturdefiniertes öffentliches Recht umschrieben werden mag, wenn man es überhaupt anerkennen w i l l : es kann nur bestimmt werden von einem materiell öffentlichen Gehalt, einem Gehalt also, der Teil hat an der einheitlichen, vom Volke getragenen und vor dem Volke verantworteten Gesamtordnung 4 A. a. O., S. 170 f. Als von N a t u r öffentlich-rechtlich werden die Kirchen ferner betrachtet von H. Peters, V V D t S t R L 11,187; Schlief, Diss., S. 183; Scheven, Z e v K R 4,170 m i t Fußnote 50; W. Thieme, D Ö V 1962,717 (Buchbesprechung). 5 Fraglich bleibt allerdings, ob i n allen Gemeinschaften, die von überindividuellen Gehalten bestimmt sind, eine Individualrechtssphäre gegeben ist* Das w i r d für die Kirchen heute etwa von S. Grundmann, Kirchen gemeinde, S. 325, abgelehnt. Gleicher Ansicht schon Jacobson, Kirchenrechtliche Versuche, Zweiter Beitrag, 1833, S. 78 f., 102 — i m Gegensatz zu verschiedenen Kanonisten u n d evangelischen Kirchen juris ten des 18. und 19. Jahrhunderts, die innerhalb des internen Kirchenrechts zwischen einer privatrechtlichen u n d einer öffentlich-rechtlichen Sphäre unterscheiden w o l l t e n (vgl. die Zusammenstellung bei Jacobson, a. a. O., S. 76 ff., 92 ff.). Daß dabei das Kirchenrecht — soweit überindividuell — als echtes öffentliches Recht i m staatlichen Sinne angesehen wurde, k a n n nicht verwundern, da damals noch v o m christlichen Staat auszugehen w a r (vgl. Jacobson, a.a.O., S. 64 f., 97). β Vgl. oben § 8.

§11. K e i n öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus

87

der Gemeinschaft. Selbst wenn man also einen Bereich von der Struktur her als „öffentlich" definierten Rechts für gegeben hält, kommt den Kirchen ein entsprechend bestimmter öffentlich-rechtlicher Status nicht zu, denn die von ihnen getragenen und sie tragenden Werte gehören — wie dargelegt — im säkularen Staat nicht zu dem Bereich materieller Öffentlichkeit. b) Kirchen

und Kirchenrecht nicht generell öffentlich-rechtlich kraft staatlicher Entscheidung

Richtigerweise gilt es jedoch zu erkennen, daß die Zweiteilung des Rechts i n öffentliches und Privatrecht zwar ihre Rechtfertigung i n Strukturverschiedenheiten finden mag, daß sie aber ebenso wie die Abgrenzung der Bereiche i m einzelnen rein positiv-rechtlich ist und ausschließlich auf der Entscheidung des Staates über seine Rechtsordnung beruht 7 . Das ergibt sich schon aus dem völligen Fehlen der Trennung i n manchen Rechtssystemen8, ebenso aus ihrer historischen Bedingtheit i n der Entwicklung des modernen Staates9. Zum anderen w i r d man es auch an ihrer vor allem funktionellen Bedeutung ablesen können, die in der Anwendbarkeit bestimmter Rechtssätze liegt und vor allem die Trennung der Rechtswege (§ 40 VwGO) und einen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts besonders intensiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. I V GG) begründet 10 . Damit konzentriert sich die hier zu stellende Frage darauf, ob die staatliche Rechtsordnung den Kirchen nicht nur einzelne öffentlichrechtliche Befugnisse verleiht, sondern Kirchen und Kirchenrecht auf Grund positiv-rechtlicher Entscheidung generell als öffentlich-rechtlich betrachtet und so alle nichtfiskalischen Kirchenakte als öffentlich-rechtliche Akte qualifiziert. Weil es hier nicht darauf ankommt, die Grenze zwischen kirchlichen Fiskal- und sonstigen kirchlichen Akten zu finden, und weil auch i m übrigen das Problem nur ganz allgemein gestellt ist, braucht zu seiner Lösung auf die einzelnen Versuche und Theorien, das öffentliche Recht abzugrenzen 11 , nicht eingegangen zu werden. 7 Wie hier Bachof, a.a.O., S. 2271; Mikat, Streitsachen, S. 326; w o h l auch H. J. Wolff , AöR 76, 207 („rechtssystematische Unterscheidung des objektiven Rechts"). 8 So etwa i n der DDR: vgl. Meinecke, Die Kirche i n der volksdemokratischen Ordnung, S. 103. Wie hier Bachof, a. a. O.; anderer Ansicht Molitor, a. a. O., S. 23, nach dem „der Unterschied jeder feineren Rechtsbildung i m m a nent ist". 9 Dazu W. Weber, HdWSozW, Bd. V I I I , S. 42 r. Sp. 10 Vgl. Bachof, a. a. O., S. 228. 1 1 Dazu Molitor, a.a.O., S. 25 ff.; H.J.Wolff, Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 85 ff.;

8 8 Β .

K o r p o r t i o n s q u a l i t ä t als öffentlicher Gesamtstatus?

Aus dem Tätigwerden der Kirchen i m Raum des soziologisch öffentlichen ergibt sich ebensowenig ein öffentlich-rechtlicher Status wie aus der staatlichen Anerkennung ihrer Zugehörigkeit zu diesem Bezirk: die Tätigkeit der hier beheimateten Verbände vollzieht sich — soweit sie überhaupt Rechtscharakter trägt — i m Bereich privatrechtlicher Gestaltungen 12 . Als sedes materiae einer Gesamteinbeziehung von Kirchen und Kirchenrecht ins öffentliche Recht kommt also nur die Zuerkennung der Korporationsqualität i n Frage. Hier ist vorauszuschicken, daß schon bei weltlichen Verbänden mit der öffentlichen Rechtsform nicht generell über die Rechtsnatur ihrer einzelnen Maßnahmen entschieden i'st. Eine Rechtsperson des öffentlichen Rechts kann auch — und sogar überwiegend — privatrechtlich handeln 13 . Die Anerkennung eines Personen- oder Sachverbands als juristische Person des öffentlichen Rechts enthält auch i m weltlichen Bereich grundsätzlich nicht mehr als die Verleihung der privaten Rechtsfähigkeit und die Grundlage zur Delegation öffentlicher Gewalt und zur Zuweisung bestimmter öffentlich-rechtlicher Funktionen, die sich i m einzelnen aus der öffentlich-rechtlichen Personalität als solcher nicht ableiten lassen 14 . Trotzdem w i r d auf Grund der Korporationsqualität bezüglich der Kirchen allgemein gefolgert, daß sie generell öffentlich-rechtlich handeln, ihren Mitgliedern m i t öffentlicher Gewalt gegenüberstehen und ihr Recht öffentliches Recht darstellt (wobei allerdings streitig ist, ob darin eine staatliche Zuerkennung oder nur die Anerkennung eines vorgegebenen Faktums liegt) 1 5 . Eine solche Folgerung verkennt jedoch Nawiasky, Allgemeine Staatslehre, Bd. I I I , S. 162 ff.; Herbert Krüger, A l l gemeine Staatslehre, S. 321 ff.; Eyermann-Fröhler, Rd.-Nr. 3 ff. zu § 40 V w G O ; Marré- Schlief, N J W 1965, 1515. 12 So richtig Mikat, Streitsachen, S. 324,328; Ossenbühl, N J W 1965,1562. Anders aber Hesse (Rechtsschutz, S. 67, u n d JöffR N. F. 10, 34), der allerdings zwischen soziologischer u n d materieller Öffentlichkeit nicht unterscheidet u n d von einem materiell bestimmten Öffentlichkeitsbegriff ausgeht, dem er die Kirchen zurechnet; ähnlich Scheffler, Stellung der Kirche, S. 176. 1 3 Bachof, a.a.O., S. 229; Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 317 f.; Molitor, a. a. O., S. 41. Gegen „diese allenthalben unbestritten herrschende Lehre" jedenfalls bezüglich des Staates neuerdings Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 323. 4 1 Vgl. dazu oben §4 unter b); ferner Quaritsch, a. a. O., S. 318. is Fuß, D Ö V 1961,738; K i p p , A r t i k e l „Öffentliches Recht", StL, Bd. V, Sp. 1216 ff. (1218); Koeniger-Giese, Kirchenrecht, S. 262; Marré-Schlief, NJW 1965,1514; H. Peters, V V D t S t R L 11,187; Scheffler, Stellung der Kirche, S. 176; Scheven, Z e v K R 4,170 m i t Fußnote 50; Schlief, Diss., S. 183; SüsterhennSchäfer, Komm., Anm. 2 b zu A r t . 43 (S. 206); Vie, Verwaltungsgerichtsbarkeit, A n m . I I I zu §40 V w G O (S.67); H.J.Wolff, Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 87; w o h l auch Scheuner, Z e v K R 7,267; W.Weber, V V D t S t R L 11,167; Dahm, Deutsches Recht, S. 404 („Die Kirchen leben nach eigenem, aber zugleich nach öffentlichem Recht"); dahingestellt bei Turegg-Kraus, Verwaltungsrecht, S. 38 Fußnote 1.

§11. K e i n öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus

89

die Staatsbezogenheit des Begriffes „öffentliches Recht", w i e er herkömmlicherweise verwendet w i r d 1 6 ; sie w i r d darüber hinaus den K i r chen u n d den spezifischen Eigenarten des Staatskirchenrechts i n keiner Weise gerecht. U m hinsichtlich des eigentlichen Problems, der Frage nach einem im üblichen Sinne öffentlich-rechtlichen Gesamtstatus der Kirchen, zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen, muß man sich erneut daran erinnern, daß die eigenständige kirchliche Gewalt und das eigenständige kirchliche Recht m i t dem öffentlichen Recht u n d der öffentlichen Gewalt der staatlichen Rechtsordnung nichts gemein haben, keine abgeleitete Staatsgewalt und kein auf Grund staatlicher Rechtsetzungsermächtigung (Autonomie) erlassenes Recht sind. Die Eigenart beider hat der Staat m i t der Verankerung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts i n der Verfassung bestätigt u n d garantiert. Die Rechtsfigur der Anerkennung der Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften w i l l diese einmal bestätigte Eigenständigkeit u n d U r sprünglichkeit nicht wieder beeinträchtigen. Sie kann u n d w i l l überhaupt nicht i n irgendeiner Form qualifizierend i n den kirchlichen Innenbereich eingreifen. Wollte sie das, so müßte sie i n den genuinen Eigenbezirk der Kirchen eindringen, deren Gewalt auch da als öffentlich-rechtliche, m i t Z w a n g bestückte Hoheitsgewalt begreifen, wo das vom kirchlich-theologischen Standpunkt aus möglicherweise überhaupt unvertretbar erscheint 17 . Das darf aber i n einen Status, der ja eine Begünstigung, nicht eine Belastung der Kirchen sein soll, nicht hineininterpretiert werden; Kirchenrecht u n d Kirchengewalt bleiben also Kirchenrecht u n d Kirchengewalt, eigenständig u n d ein aliud neben öffentlichem Recht und öffentlicher Gewalt. Wenig sinnvoll erscheint auch der von Marré u n d Schlief 18 neuerdings unternommene Versuch, einen öffentlich-rechtlichen Gesamtstatus der Kirchen zu begründen, durch den i h r (als originär öffentlich verstandenes) Recht „zwar nicht zu einem T e i l des staatlichen öffentlichen Rechts, aber zu einem staatsrechtlich relevanten öffentlichen Recht" 1 9 werden soll. Es ist natürlich i m Prinzip nicht ausgeschlossen, das kirchliche Recht i n dieser Weise bewußt i n einem anderen als dem herkömmlichen Sinne als „öffentlich-rechtlich" zu klassifizieren. A l l e r 16

So etwa eindeutig Fleiner, Institutionen des dt. Verwaltungsrechts, S. 48; Mikat, Streitsachen* S. 326, 328; Quaritsch, a.a.O., S. 318. Vorsichtiger W. Weber, HdWSozW, Bd. V I I I , S. 44 1. Sp. („die Staatsbezogenheit des öffentlichen Rechts t r i t t heute nicht mehr so deutlich i n Erscheinung wie ehedem"). 17 Wie hier Quaritsch, a. a. O., S. 319; Mikat, Streitsachen, S. 327. 18 N J W 1965,1516. 19 Hervorhebung nicht i m Original.

90

Β. Korporationsqualität als öffentlicher Gesamtstatus?

dings muß auch hier — wie bei der oben 20 abgelehnten Bezeichnung der geistlichen Gewalt als „Hoheitsgewalt" — vor der Blend Wirkung gewarnt werden, die dem eingeführten Begriff anhaftet. Vor allem bedenklich ist jedoch, daß nicht zu erkennen ist, in welcher Form die staatsrechtliche Relevanz des kirchlichen Rechts als öffentliches Recht zum Ausdruck kommen soll. Der Wert oder Unwert einer Begriffsbildung der vorgeschlagenen A r t kann sich aber nur an den aus ihr zu ziehenden Folgerungen erweisen. Hier bieten sich zwei Möglichkeiten an: Entweder man wendet auf Grund des so definierten Gesamtstatus die an das Vorliegen öffentlich-rechtlicher Gestaltungen i m üblichen Sinne geknüpften Rechtsfolgen (erhöhte Grundrechtsbindung, verwaltungsgerichtliche Kontrolle usw.) generell auch auf die Kirchen an; dagegen sprechen die gleichen Bedenken wie gegen ihre generelle Einordnung i n den Bereich des staatsbezogenen öffentlichen Rechts. Oder aber man verzichtet auf die Anwendung, dann bleibt die Bezeichnung von Kirchen und Kirchenrecht als öffentlich-rechtlich i m weiteren Sinne eine inhaltsleere Begriffsspielerei, die lediglich dazu dient, die Kirchen und ihr Recht durch das Etikett „öffentlich-rechtlich" aus dem Bereich der privatrechtlichen Gestaltungen herauszuheben, ohne jedoch dabei auf die mit dieser Heraushebung üblicherweise verbundenen Rechtsfolgen abstellen zu v/ollen. Ein solcher Begriff des öffentlichen Rechts kann nur zur terminologischen Verwirrung führen; er ist auch sachlich bedenklich, da er inkommensurable Inhalte unter einem Begriffsdach zusammenfaßt und die wesensmäßige Verschiedenheit kirchlichen und staatlichen Rechts verdeckt. Wie man Recht und Gewalt der Kirchen vom Staat her einzuordnen hat, ob sie ihren Ort als eigener Typ i m freiheitssichernden Raum 2 1 des Privatrechts finden, ob sie als besondere Erscheinungsform i n den von Otto von Gierke postulierten 22 und von Herbert Krüger neuerdings wieder igeforderten 23 Bereich eines „Sozialrechts" zwischen öffentlichem und Privatrecht einzuordnen sind i n einer Sonderstellung, die der Besonderheit der Kirchen unter den anderen Gebilden des soziologischöffentlichen Raums 24 entspricht, oder ob schließlich das Kirchenrecht auch vom staatlichen Blickpunkt als eigene Rechtskategorie selbständig 20 Vgl. oben § 3 unter c). 21 Molitor, a. a. O., S. 23. 22 Otto von Gierke , Dt. Privatrecht, Bd. I, S. 26 f. Z u dem Bereich des Sozialrechts rechnet Gierke auch die Kirchen (a. a. O., S. 27). — Vgl. dazu auch Molitor, a. a. O., S. 15 ff., 33. Gegen einen solchen Bereich entschieden W.Weber, HdWSozW, Bd. V i l i , S.45; G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 384. 23 Allgemeine Staatslehre, S. 504. 24 Vgl. oben § 9 zu Fußnote 25.

§ 12. Angebot öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten

91

und gleichrangig neben das gesamte staatliche und das Völkerrecht zu stellen ist 2 5 , mag hier dahingestellt bleiben. Fest steht jedenfalls, daß die Korporationsqualität keinen i m herkömmlichen Wortsinne öffentlich-rechtlichen Gesamtstatus enthält 2 6 , womit nicht ausgeschlossen ist, daß m i t ihr echte öffentlich-rechtliche Einzelbefugnisse verbunden sein 'können, die neben die eigenständige Kirchengewalt treten und Teilbereiche des Verhältnisses der Kirchen zu ihren Gliedern als öffentlich-rechtlich erscheinen lassen; darauf w i r d unten i m einzelnen einzugehen sein 27 . Fest steht weiter, daß die Bezeichnung von Kirchen und Kirchengewalt als „ i m weiteren Sinne öffentlich-rechtlich" zumindest mißverständlich und daher wenig zu empfehlen ist; eine solche Terminologie soll daher in dieser Arbeit nicht verwendet werden: wo unten von öffentlich-rechtlich und von öffentlichem Recht die Rede ist, sind diese Begriffe i m üblichen, staatsbezogenen Sinne zu verstehen.

Co D i e grundsätzliche B e d e u t u n g der K o r p o r a t i o n s q u a l i t ä t i m ü b r i g e n § 12. Die Korporationsqualität als verfassungswirksames Angebot öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten Ein öffentlicher Gesamtstatus — das ist das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen — ist die Korporationsqualität nur i n ganz beschränktem Maße. Die Gesamtcharakterisierung der Kirchen als „öffentlich" ist auf die Aussage begrenzt, daß sie „mehr als privat" und von Verfassungs wegen zu dem soziologisch zu verstehenden „öffentlichen" Bereich auf die Gesamtheit bezogener Kräfte und Mächte zwischen Einzelindividuum und Staat zu rechnen sind. Vom spezifisch rechtlichen Gesichtspunkt her ist die Bedeutung dieser Charakterisierung relativ gering. So wenig die Korporationsqualität die Anwendbarkeit des Begriffs der Körperschaft des öffentlichen Rechts i n seinem engeren und eigentlichen, materiellen Sinne und damit die Einbeziehung der K i r chen i n den Raum mittelbarer Staatsverwaltung bedeutet, so wenig So f ü r die innerkirchliche Betrachtungsweise zu Recht Schnorr ν . Carolsfeld, Normengrenzrecht, S. 224 f. Fußnote 11; vgl. auch Hollerbach, Verträge, S. 97 ff. 26 Wie hier Quaritsch, K i r c h e n u n d Staat, S. 319; Mikat, Streitsachen, S. 324 ff., der zu Recht darauf hinweist, daß die Behauptung, das Kirchenrecht gehöre dem öffentlichen Recht an, „ i m Grunde noch i n der staatskirchlichen Vorstellung von einer weitgehenden Einordnung der Kirchen i n das staatliche Rechtsgefüge wurzelt" (a. a. O., S. 325). 27 Vgl. unten §§ 12 ff.

92

C. Grundsätzliche Bedeutung der Korporationsqualität i m übrigen

kann sie also auch als öffentlicher Gesamtstatus erklärt werden; ihr eigentlicher Sinn ist auf einer anderen Ebene zu suchen. a) Die Korporationsqualität

als materielle

Garantie

Ausgangspunkt eines jeden Versuchs, die Garantie zu deuten, muß die oben begründete Anwendbarkeit des formalen Begriffs der öffentlichen Korporation auch auf die Kirchen und damit die Tatsache sein, daß ihnen neben der Bezeichnung als „Körperschaften des öffentlichen Rechts" die allgemeine Rechtsfähigkeit und die Fähigkeit, Träger vom Staat abgeleiteter öffentlich-rechtlicher Befugnisse zu sein, zustehen 1 . Die nun aufzuwerfende Frage lautet, ob es zulässig ist, Art. 137 Abs. V WRV derart einschränkend zu interpretieren, daß die Garantie der Korporationsqualität in ihrer Bedeutung auf diese wenigen Folgerungen aus dem rein formalen Begriff zusammenschrumpft. M i t ihr wäre dann nichts weiter verbunden als die Verleihung einer Rechtsform, die „die staatsgesetzlich verliehenen, typisch staatlichen Formen und Befugnisse" zu tragen vermag und es so vermeidet, daß die Kirchen „ i n die Nähe der beliehenen Unternehmer rücken" 2 . So ausgelegt bliebe die Korporationsqualität ausschließlich ein Rahmen ohne materiellen Inhalt, dessen gesamte Ausfüllung der einfachen Gesetzgebung überlassen wäre; diese hätte über die i m einzelnen m i t ihm verbundenen Befugnisse zu entscheiden. Konkreter ausgedrückt könnte also unter der Geltung der Kompetenzenordnung des Grundgesetzes der Landesgesetzgeber die Rechtsstellung der Kirchen hinsichtlich ihrer im eigentlichen Sinne öffentlich-rechtlichen Befugnisse beliebig bestimmen, wenn er nur den Rahmen, die Rechtsform, unangetastet ließe. Eine solche Deutung würde dem Sinn der Korporationsqualität nicht gerecht. Als einzige den Kirchen m i t Verfassungswirkung gewährleistete öffentlich-rechtliche Befugnis bliebe das Besteuerungsrecht übrig, das durch eine besondere Verfassungsbestimmung (Art. 137 Abs. V I WRV) gesichert ist 3 . — Eine richtige Interpretation muß von den historischen Umständen und Gegebenheiten bei der Normentstehung ausgehen und dem Ziel zu entsprechen suchen, das i m Zusammenhang der Weimarer Kirchenartikel m i t der Gewähr der Körperschaftsrechte erreicht werden sollte. Sie w i r d sich darüber i m klaren sein müssen, daß die Garantie mehr und konkreteres beinhaltet. Zwar ist es auf der einen Seite durchaus richtig, daß sie zunächst rein formell 1

Vgl. oben § 6, auch § 4 unter b). 2 So Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 316 f.; ähnlich W. Conrad, Öffentlichkeitsauftrag, S. 9. 3 So Ebers, Religionsgesellschaften, S. 381, der eine Beschränkung der Korporationsrechte ausschließlich auf das Besteuerungsrecht für verfassungsrechtlich zulässig hielt; ähnlich Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 166.

§ 12. Angebot öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten

93

einen Rahmen für öffentlich-rechtliche Befugnisse und eine Rechtsform, die solche Privilegien tragen kann, zur Verfügung stellt. Über diese Ermächtigung an den Gesetzgeber hinaus liegt i n ihr aber bereits die Zusicherung eines historischen Mindestbestands den Rahmen ausfüllender Einzelbefugnisse, eine „historisch angemessene Privilegierung" 4 , und damit eine inhaltlich-materielle Bindung des Gesetzgebers. Zur Begründung ist folgendes anzuführen. Die Weimarer Nationalversammlung verband zwar m i t dem Begriff der „Körperschaft des öffentlichen Rechts" keine genauen Vorstellungen; sie betrachtete ihn als i m wesentlichen landesrechtlich geprägt und auch weiterhin landesrechtlicher Prägung zugänglich 5 . A u f der anderen Seite aber stand ihr doch bei der Schaffung der Kirchenartikel der konkret ausgeprägte Status vor Augen, den die Kirchen i n der Zeit vor der Weimarer Republik i n allen Ländern innehatten 6 . Dieser Status wurde einmal von der Stellung als Landeskirchen, zum anderen von einer Reihe überall vorhandener öffentlich-rechtlicher Befugnisse bestimmt. Wenn man i n dieser historischen Situation trotz Wegfalls des Landeskirchentums die Stellung der Religionsgesellschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts aufrechterhielt, dann wollte man damit primär nicht die ja rein formale Rechtsform, sondern den Kernbereich vom Landeskirchentum ablösbarer Befugnisse beibehalten und verfassungsrechtlich garantieren, der das Gesicht des bisherigen Status geprägt hatte. Daß von diesen Einzelbefugnissen nur das Besteuerungsrecht i n der Verfassung eigens erwähnt wurde, sollte nicht heißen, daß andere traditionelle Kernrechte, etwa die Dienstherrenfähigkeit der Kirchen, nun dem guten Willen des einfachen Gesetzgebers anheimgestellt sein sollten; seine ausdrückliche Erwähnung hat ihren Grund in seiner zentralen Wichtigkeit für den finanziellen Aufbau der K i r chen7. A n der hier vertretenen Beurteilung kann auch die Tatsache nichts ändern, daß man die ursprüngliche Fassung „den Religionsgesellschaften stehen die Rechte einer öffentlichen Körperschaft zu, soweit sie solche bisher besessen haben" durch den endgültigen Verfassungstext „bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit

4 Jacobi, Z e v K R 1,125 (für die DDR). Ä h n l i c h Zinn-Stein, Komm., Anm. 3 zu A r t . 51 (S. 261) („eine der geschichtlichen Bedeutung der Kirchen angemessene Privilegierung"); Süsterhenn-Schäfer, Komm., A n m . 2 b zu A r t . 43 (S. 206). s Mausbach, NatVersProt, Bd. 328, S. 1645 A ; vgl. ferner Ruppel, A r c h E v K R 5, 6; Israel, Reichskirchenrecht, S. 38; J. Schmitt, Kirchliche Selbstverwaltung, S. 29 ff. β Vgl. etwa Kahl, NatVersProt. Bd. 336, S. 197; Heinze, NatVersProt. Bd. 336, S. 200; ferner die Zusammenstellung bei Israel, Reichskirchenrecht, S. 39. 7 Naumann, NatVersProt. Bd. 328, S. 1654.

94

C. Grundsätzliche Bedeutung der Korporationsqualität i m übrigen

sie solche bisher waren" ersetzte. Diese Änderung erklärt sich daraus, daß man mit der ersten Formulierung auch die spezifisch landeskirchlichen Rechte aufrechterhalten hätte 8 . Wenn die Weimarer Lehre aus der Neuformulierung den Schluß zog, daß die Einzelrechte aus der Korporationsqualität „freier landesgesetzlicher Regulierung unterliegen" 9 , so weicht diese Auffassung i m Ergebnis von der hier vertretenen nicht so weit ab, wie es zunächst scheinen könnte. Sie erklärt sich daraus, daß man weitgehend von einem auch für die Kirchen geltenden materiellen Körperschaftsbegriff ausging, zu dessen Begriffsmerkmalen schon manches von dem gehört, was hier als Einzelbefugnis angesehen wird. So sah man Dienstherrenfähigkeit oder Ausstattung m i t öffentlicher Gewalt — unrichtigerweise auch die Wertung des gesamten inneren Kirchenrechts als öffentliches Recht — als aus dem Begriff materiell folgend an 1 0 . Da man überdies glaubte, der Gesetzgeber könne den Inhalt der Korporationsqualität der Kirchen nur zusammen m i t der Stellung aller Körperschaften des öffentlichen Rechts modifizieren 11 , schienen die kirchlichen Privilegien genügend gesichert. Der Ausgangspunkt aller dieser Auffassungen ist jedoch unrichtig: wie gezeigt, hat die Korporationsqualität der Kirchen mit dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts nichts zu tun; die Kernrechte der Kirchen sind also nur garantiert, wenn man einen vom allgemeinen Begriff unabhängigen materiellen Inhalt des in Art. 137 Abs. V verwendeten Korporationsbegriffs annimmt. So hat nach richtiger Sicht die Verfassung den Kirchen mit der Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts einen Kern öffentlich-rechtlicher Befugnisse und Fähigkeiten gewährt und ihn dem Zugriff der normalen Gesetzgebung entzogen. Es ist demnach durchaus zutreffend, den Sinn der Korporationsqualität hauptsächlich i n einer „abkürzenden Bezeichnung für die Vorrechte und Begünstigungen der Kirchen auf dem Bereich des öffentlichen Rechts" 12 zu β Ablaß, NatVersProt. Bd. 336, S. 200. 9 Anschütz, Komm., A n m . 9 zu A r t . 137 W R V (S. 646) ; übereinstimmend Schoen, Neues Verfassungsrecht, S. 30 f.; Flick, Diss., S. 36; Lohr, Kirchenhoheit, S. 21; Ebers, Religionsgesellschaften, S. 381; dahingestellt bei Oeschey, AöR N. F. 29,38. U n k l a r heute Schlief, Diss., S. 187, der die Anschützsche Formulierung von der freien landesgesetzlichen Regulierung übernimmt, diese aber durch den „ i n A r t . 137 W R V abgesteckten Rahmen" begrenzt sieht. 10 Vgl. etwa Anschütz, Komm., A n m . 8 zu A r t . 137 W R V (S. 645); übereinstimmend unter anderen Lammeyer, Juristische Personen, S. 219 ff. h So am deutlichsten Lohr, Kirchenhoheit, S. 23; ähnlich noch heute Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 165 f. 12 Scheuner, Z e v K R 6, 24. Ä h n l i c h auch Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 430 („summarische Bezeichnung der den Kirchen eingeräumten Sonderrechte"); W. Weber, V V D t S t R L 11,170 („Bestätigung der konkreten Gerechtsame, die den Kirchen aus der historischen Überlieferung eignen"); Erler, Kirchenrecht, S. 84; Hollerbach, Verträge, S. 123.

§ 12. Angebot

ffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten

95

sehen. Der Umfang dieser Befugnisse ist i m einzelnen noch nicht zu umreißen; schon hier muß freilich davor gewarnt werden, das Gesagte dahin mißzuverstehen, daß alle den Kirchen irgendwo i n irgendeiner Form zustehenden öffentlichen Befugnisse und Vorrechte durch das Bundesverfassungsrecht abgesichert sind. Die Einzelausgestaltung der Rechtsstellung der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften bleibt vielmehr dem einfachen Landesgesetzgeber überlassen. Dieser kann dabei durchaus auch einzelne bisher vorhandene Rechte aufheben, wenn er nur nicht i n die Kernbefugnisse eingreift. Der Unabhängigkeit des i n A r t . 137 Abs. V WRV verwendeten Begriffs der Körperschaft des öffentlichen Rechts vom allgemeinen Begriff entspricht es, daß der Gesetzgeber dabei nicht etwa gehalten ist, die Stellung der öffentlichen Körperschaft i m Bereich der staatlichen Verwaltung zu berücksichtigen. Er kann also den Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts Befugnisse gewähren, die den anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht zustehen — und umgekehrt 1 3 . h) Die Korporationsqualität

als Angebot

Von zentraler Wichtigkeit für das richtige Verständnis des A r t . 137 Abs. V WRV ist bei alledem die Erkenntnis, daß es um keine generelle Aussage über Wesen und Wirken der Kirchen geht. Bei der Korporationsqualität handelt es sich weder u m eine einseitig vom Staat vorgenommene Klassifizierung der Kirchen als ganzer noch u m die von vornherein erfolgende Qualifizierung einzelner Teile ihrer Tätigkeit, sondern um die verfassungswirksame Zusicherung bestimmter öffentlich-rechtlicher Befugnisse und Fähigkeiten. Sie bedeutet weder, daß der Staat das Wirken der Religionsgemeinschaften generell als öffentlich-rechtlich ansieht, noch, daß er ihnen die öffentlich-rechtlichen Einzelbefugnisse aufzwingt. Ganz i m Gegenteil liegt ihr Sinn darin, den Kirchen zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1 4 (und zur Erfüllung der wenigen von ihnen noch wahrgenommenen Staatsaufgaben) eine Reihe genuin staatlich-öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, von denen sie nach eigener Wahl Gebrauch machen können oder nicht 1 5 . Wenn Mikat betont, daß „es sich bei den öffentlichen 13

Vgl. i m einzelnen unten § 15 unter b). Nicht gefolgt werden k a n n daher Quaritsch, w e n n er den Kirchen abgeleitet-hoheitliches Handeln n u r da zugestehen w i l l , w o sie i m konkreten F a l l Staatsauf gaben wahrnehmen (Kirchen u n d Staat, S. 318). Richtigerweise muß m a n nicht auf die A r t der jeweils wahrgenommenen Aufgabe, sondern auf das verwendete M i t t e l abstellen. So nehmen die Kirchen bei der Besteuerung ihrer Mitglieder — entgegen Quaritsch, a. a. O. — durchaus eigene Aufgaben wahr, bedienen sich dazu aber hoheitlicher, ihnen v o m Staat zur Verfügung gestellter M i t t e l (ebenso auch Egner, Diss., S. 52). 14

. 15 Richtig hinsichtlich des Besteuerungsrechts: Wehrhahn, pflicht, S. 17 f.

Kirchensteuer-

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C. Grundsätzliche Bedeutung der Korporationsqualität i m übrigen

Rechten der Kirchen streng genommen weder um eine Verleihung des Staates noch um eine Anerkennung bestehender, von der Kirche selbst geschaffener Rechte, sondern um eine von Staat und Kirche gemeinsam vorgenommene Neuschöpfung von Rechten" handelt 1 6 , dann bedeutet das i n der Sache i m wesentlichen dasselbe. Terminologisch w i r d man allerdings besser nicht von einer „gemeinsamen Schöpfung von Rechten" reden. Die öffentlichen Rechte der Kirchen gehen — wie alle öffentlich-rechtlichen Befugnisse — auf den Staat zurück; sie werden also von i h m geschaffen. Die M i t w i r k u n g der Kirchen beschränkt sich darauf, daß sie dort, wo ihnen der Staat eine entsprechende — hier technisch zu verstehende — Autonomie einräumt, die Rechte inhaltlich mitgestalten können. I m übrigen sind sie darauf verwiesen, nach freier Wahl darüber zu entscheiden, ob sie von den Rechten, die ihnen der Staat zur Verfügung stellt, Gebrauch machen wollen oder nicht — eine Entscheidung, die sie häufig durch konkludente Handlung treffen werden 1 7 . Von grundlegender Bedeutung ist dabei — das muß noch einmal gesagt werden —, daß die i n der Korporationsqualität zusammengefaßten öffentlich-rechtlichen Befugnisse m i t der ursprünglichen Gewalt und dem eigenen Recht der Religionsgemeinschaften nichts zu tun haben; sie stehen unabhängig daneben und verleihen den Kirchen Wirkungsmöglichkeiten, die ihnen sonst nicht zur Verfügung stünden. Insbesondere können die Religionsgemeinschaften auf Grund ihres Status als öffentlich-rechtliche Körperschaften i n bestimmten Bereichen ihrer Wirksamkeit ihren Mitgliedern und bei der Wahrnehmung von Staatsauf gaben (Friedhofsrecht!) auch Außenstehenden m i t vom Staat abgeleiteter, hoheitlicher Gewalt und m i t öffentlich-rechtlichem Zwang gegenübertreten. Darin, daß ihnen diese öffentlich-rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten m i t Verfassungswirkung zugänglich gemacht werden — nicht aber i n der Übernahme einer „Pflicht zur positiven Religionspflege" durch den Staat 1 8 — liegt die materielle Bedeutung der Korporationsqualität. Aufgabe des folgenden Teils dieser Arbeit w i r d es sein, einen Überblick über die öffentlich-rechtlichen Befugnisse der Kirchen zu geben und die Reichweite der verfassungsrechtlichen Garantie ihres öffentlichen Status i m einzelnen darzulegen. Dabei w i r d auch festzustellen sein, welche Bindungen sich für die Kirchen ergeben, wenn sie von den öffentlich-rechtlichen Befugnissen Gebrauch machen. 16 Streitsachen, S. 329. Mikat sieht Ansicht nach unter dem Grundgesetz ordnung (Koordination) v o n Staat u n d 17 Mikat, Streitsachen, S. 329. is So aber J. Heckel, Melanchthon, schutz, S. 59. Dagegen auch E. Fischer,

darin eine Ausprägung des seiner v e r w i r k l i c h t e n Systems der NebenKirche. S. 101 f.; zustimmend Hesse, RechtsStaat u n d Kirche, S. 226.

§ 12. Angebot öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten

97

c) Die Korporationsqualität als vom Staate eingeräumte, widerrufliche Stellung M i t dem hier vertretenen Verständnis des Art. 137 Abs. V WRV ist der Weg für die weitere Einsicht frei, daß die Korporationsqualität als verfassungsmäßig abgesicherter Bereich öffentlich-rechtlicher Befugnisse kein Grundrecht und keine grundrechtsähnliche Stellung ist. Sie ist damit eindeutig keine vorgegebene Eigenschaft der Kirchen 1 9 , sondern eine ihnen vom Staat i m staatlichen Raum eingeräumte Rechtsstellung, die dieser — wenn auch nur auf dem Wege einer rechtmäßigen Verfassungsänderung — jederzeit widerrufen kann. Einer solchen Verfassungsänderung steht weder ein überpositiver Rechtssatz 20 noch die positive Regelung des A r t . 79 Abs. I I I GG entgegen 21 ; daß die heute geltenden Kirchenverträge die Korporationsqualität zusätzlich absichern 22 , kann hier vernachlässigt werden. Jede Auffassung, die die Stellung der Kirchen als öffentliche Körperschaften für vorstaatlich hält, muß sich über die historische Erkenntnis hinwegsetzen, daß die Kirche keineswegs immer und überall einen öffentlich-rechtlichen Status besitzt und besessen hat 2 3 . Sie verkennt überdies, daß sich eine Entscheidung des Staates, die Kirchen ausschließlich in den Raum des Privatrechts zu verweisen, m i t Sicherheit durchsetzen würde 2 4 . Ein Vergleich mit der Rechtslage i n den Vereinigten Staaten und insbesondere mit der Entwicklung i n Frankreich macht das deutlich. Ein nicht vom Staate geschaffenes und dementsprechend durch eine Verfassungsänderung nicht aufhebbares Faktum ist allerdings die soziologische Stellung der Kirchen als Mächte der öffentlichen Sphäre. Inso19 So aber S. Grundmann, Z e v K R 6, 278 ff. (284) (Tagungsbericht); Friedrich, Kirchenrecht, S. 482; derselbe, Z e v K R 3,179; Dombois, Recht der Gnade, S. 1048; Kühn, DVB1.1958, 389 (Urteilsanmerkung). 20 j . Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 134. 21 Zippelius, ZevKR 9, 58; Hollerbach, Verträge, S. 125. 22 Vgl. etwa Art. 13 Reichskonkordat; A r t . 2 Abs. I I Bayer. Konkordat v. 29. 3.1924; A r t . 1 Abs. I V Hess. Kirchenvertrag v. 18. 2.1960 (GVB1. S. 54); A r t . 2 Abs. I I Kirchenvertrag Schleswig-Holstein v. 23. 5.1957 (GVB1. S. 73). 23 So weist etwa Mikat, Streitsachen, S. 328, auf den eindeutig nicht öffentlich-rechtlichen Charakter der Kirche i n den ersten Jahrhunderten ihrer Existenz i m Römischen Reich hin. 24 So insbesondere Zippelius, Z e v K R 9,58; übereinstimmend Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 317. Daß der Status als öffentliche Körperschaft den Kirchen v o m Staat verliehen ist, betonen neben Mikat (Streitsachen, S. 328 f.) auch E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 191, Pirson, Kirchenvertrag, S. 182, u n d Scheuner, ZevKR 7,256. Dieser weist m i t Recht unter Berufung auf Thomas Heckel, Festschrift f ü r Johannes Heckel, 1959, S. 256 ff., darauf hin, daß das eigene Recht der Kirche sie als „communio der Gläubigen, als Leib Christi" (und nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts) ansehen muß. 7 Weber

98

C. Grundsätzliche Bedeutung der Korporationsqualität i m übrigen

weit könnte der Wegfall der Korporationsqualität also nur die verfassungsrechtliche Anerkennung dieser kirchlichen Stellung, nicht aber die Stellung selber beeinträchtigen.

III.

Abschnitt

Die Bedeutung der Garantie d e r Körperschaftsrechte i m e i n z e l n e n A , S u b j e k t i v e Reichweite der Garantie § 13. Allgemeines und Rechtslage hei den einzelnen Religionsgemeinschaften Versucht man nun, die Reichweite der Garantie der Körperschaftsrechte i m einzelnen zu umreißen, so ergibt sich eine doppelte Problemstellung: objektiv die Frage nach dem materiellen Inhalt der Garantie, nach dem Bereich also der m i t ihr verbundenen Einzelrechte, subjektiv das Problem des personalen Umfangs und damit des Kreises der Adressaten. Hier soll zunächst die zweite Thematik erörtert werden. a) Allgemeines Die aufgeworfene Frage erscheint auf den ersten Blick verhältnismäßig problemlos. Daß die Großkirchen die Hauptnutznießer der Garantie sind, daß sie schon früher Körperschaften des öffentlichen Rechts i n dem hier gemeinten Sinne waren und es auch weiterhin bleiben, steht fest. Welche Religionsgemeinschaften darüber hinaus vor der Weimarer Zeit Korporationsrechte besaßen, welchen sie inzwischen zugestanden worden sind, ist Sache statistischer Zusammenstellung 1 . I m übrigen ist unstreitig, daß allen anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften 2 bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (Gewähr der Dauer) von Verfassungs wegen ein Rechtsanspruch auf die Korporationsrechte zusteht, der auch klageweise durchgesetzt werden kann 3 . Auf die i m einzelnen umstrittenen Voraussetzungen ι Einen guten Überblick über die Religionsgesellschaften, die derzeit als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, bietet J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 23—37. 2 Z u m Unterschied vgl. Anschütz, Komm., Anm. 2 Fußnote 1 u n d Anm. 12 zu A r t . 137 W R V (S. 633 bzw. 649 f.). 3 Vgl. oben § 3 Fußnote 59. 7*

100

Α. Subjektive Reichweite der Garantie

einzugehen, hieße das gestellte Thema sprengen 4 ; bereits oben wurde jedoch dargelegt, daß der Inhalt der religiösen Aussage einer Glaubensgemeinschaft für Verleihung oder Nichtverleihung der Körperschaftsrechte keine Rolle spielen darf 5 . Angefügt sei, daß diese Rechte bei späterem Wegfall der Voraussetzungen für ihre Erteilung durch actus contrarius wieder entzogen werden können 6 . Das gilt auch für altkorporierte Gemeinschaften, die infolge Mitgliederschwunds oder einer Änderung ihrer Verfassung nicht mehr die Gewähr der Dauer bieten; nur so w i r d man dem Zweck des A r t . 137 Abs. V WRV gerecht, alle öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften gleichzustellen. Der Kern der hier angesprochenen Problematik w i r d aber erst deutlich, wenn man den Blick nicht allgemein auf die Kirchen als nicht näher definierte Gesamtverbände richtet, sondern ins einzelne geht und konkret herauszufinden sucht, welche kirchlichen Rechtssubjekte der weltliche Verfassungsgeber als Körperschaften des öffentlichen Rechts betrachtet. M i t anderen Worten gilt es also, den Kreis der Gliederungen der Religionsgesellschaften zu umgrenzen, die kraft Verfassung „als rechtsfähige juristische Personen des öffentlichen Rechts am Rechtsverkehr i m Rahmen der staatlichen Rechtsordnung teilnehmen" 7 und damit von den staatlicherseits zur Verfügung gestellten öffentlich-rechtlichen Befugnissen Gebrauch machen können. M i t dieser Fragestellung begibt man sich i n ein Gebiet, an dem das unabhängige Nebeneinander kirchlichen und staatlichen Rechts und die Verankerung der Korporationsqualität i m staatlichen Rechtskreis besonders deutlich werden. Art. 137 Abs. V WRV garantiert die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts nur den „Religionsgesellschaften". Darunter sind nach der Definition von Anschütz Verbände zu verstehen, die die Angehörigen eines und desselben Glaubensbekenntnisses — oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse — zu allseitiger Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben für ein Gebiet zusammenfassen 8. Religionsgesellschaften sind also für die Verfassung 4 Vgl. dazu Bopp, DÖV 1952, 516 ff.; derselbe, Z e v K R 3,185 ff.; Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 34 ff.; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 156 ff.; K . Müller, Z e v K R 2, 149 ff.; Schlief, Diss., S. 189 Fußnote 476; Smend, Z e v K R 2, 377 ff. 5 Dazu oben § 3 unter d), insbes. zu Fußnote 52. 6 Koeniger-Giese, Kirchenrecht, S. 261; J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 134. 7 5. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 319 Fußnote 38. s Anschütz, Komm., A n m . 2 zu A r t . 137 W R V (S. 633) — weitgehend i n Übereinstimmung m i t J. Heckel, AöR N. F. 12 (1927), S. 430. I m wesentlichen gleich auch Millack, R i A 1961,21; BGH, Beschl. v. 28. 5.1963, Z e v K R 11,179. Vgl. i m übrigen Ebers, Staat u n d Kirche, S. 168.

§ 13. Allgemeines; die Religionsgemeinschaften i m einzelnen

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gebietskörperschaftlich strukturierte 9 Verbände mit universellem W i r kungskreis. Dadurch unterscheiden sie sich von den religiösen Vereinen (oder religiösen Gesellschaften), die nicht alle Angehörigen eines bestimmten Bekenntnisses i n einem bestimmten Gebiet zusammenfassen und nur der Verfolgung einzelner religiöser oder konfessioneller Zwecke dienen 10 . Nur den Gesamtverbänden sowie ihren auf dem Wege freier Selbstbestimmung gebildeten 11 , gebietsmäßig abgegrenzten und auf einem persönlichen Substrat aufbauenden Untergliederungen sind durch das Grundgesetz die Körperschaftsrechte zugesichert. Dabei ist die Korporationsqualität der Untergliederung sekundär; sie ist abhängig von der Eingliederung i n den Gesamtverband und bildet m i t dessen Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Ganzes. Sie fällt daher weg, wenn die Untergliederung aus ihrem Gesamtverband ausscheidet (also etwa eine Gemeinde ihre Landeskirche verläßt) 12 . Wesentlich ist bei alledem, daß die öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit, die Fähigkeit also, Träger der den Kirchen angebotenen öffentlich-rechtlichen Befugnisse zu sein, als Voraussetzung an das Vorhandensein eines persönlichen Substrats geknüpft ist: eine Voraussetzung, die sich m i t der innerkirchlichen, vom Kirchenrecht geregelten Organisation nicht notwendig zu decken braucht 1 3 . U m das zu verstehen, muß man klar die Unterschiede der privat- und öffentlich-rechtlichen Rechtssubjektivität zum einen, der innerkirchenrechtlichen zum anderen erkennen, sich Rechenschaft darüber ablegen, daß sie zwar vielfach ineinandergreifen, sich aber begrifflich unabhängig gegenüberstehen 14 . Während die privatrechtliche Rechtssubjektivität darin besteht, i m Rechtsverkehr innerhalb der staatlichen Gemeinschaft Zurechnungssubjekt des Gesamtkomplexes der ihrer Natur nach in Betracht kommenden 15 privatrechtlichen Rechte und Pflichten (Vollrechtsfähigkeit) oder doch 9 Daß die Verfassung die Kirchen als körperschaftlich aufgebaute Gebilde ansieht, betont auch Schlief, Diss., S. 184 f. Zur beschränkten Bedeutung dieses Verständnisses der Verfassung vgl. oben die Fortsetzung des Textes. 10 Anschütz, Komm., A n m . 2 Fußnote 2 zu A r t . 137 W R V (S. 633); übereinstimmend auch Millack, R i A 1961, 21. h Ebers, Staat und Kirche, S. 343. 12 So richtig J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 135. Die ausscheidende Untergliederung k a n n allerdings bei E r f ü l l u n g der Voraussetzungen des A r t . 137 Abs. V W R V ihrerseits einen eigenen Anspruch auf Einräumung selbständiger Körperschaftsrechte haben. 13 Dazu Huth, Diss., S. 86. 1 4 Z u dieser Frage vgl. vor allem die bereits öfter zitierte Abhandlung von S. Grundmann, Kirchengemeinde, passim, insbes. S. 322 ff. Sehr deutlich w i r d die Verschiedenheit u n d das Ineinandergreifen für das insoweit dem deutschen ähnliche Schweizer Recht (Zürcher Kantonalrecht) dargelegt bei M. Amherd, Wem gehört das Vermögen katholischer Pfarreien?, Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 164 v. 16. 6.1964, Blatt 8. is Daß Vollrechtsfähigkeit wenigstens i m Verbandsrecht nicht die poten-

102

Α. Subjektive Reichweite der Garantie

einzelner Rechte und Pflichten (Teilrechtsfähigkeit) zu sein, ist die öffentlich-rechtliche die selbständige Trägerschaft einzelner oder mehrerer öffentlich-rechtlicher Befugnisse und daher stets partiell 1 6 . I m Gegensatz zu beiden heißt kirchenrechtliche Rechtssubjektivität, auf dem innerkirchlichen Forum als Träger selbständiger kirchlicher Befugnisse in Frage zu kommen, also „Rechtssubjekt i m Rahmen der kirchlichen Rechtsordnung zu sein" 1 7 . Während die Umgrenzung dieser kirchenrechtlichen Rechtsstellung ausschließlich der kirchlichen Selbstbestimmung unterliegt, werden die Voraussetzungen der privatrechtlichen (Voll- und Teil-) Rechtsfähigkeit begrenzt und bestimmt vom „für alle geltenden Gesetz" 18 und ergibt sich die öffentlich-rechtliche aus dem Staatsakt, der einem Rechtsträger Befugnisse und Pflichten auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts zuweist. So erlangen die kirchlichen Rechtssubjekte die (privatrechtliche) „Rechtsfähigkeit für den staatlichen Bereich nach den allgemeinen Vorschriften des staatlichen Rechts" 19 , die öffentlich-rechtliche aber durch einen entsprechenden staatlichen Verleihungsakt. Beides gleichzeitig ist Art. 137 Abs. V WRV, der den „Religionsgesellschaften" mit der Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts einmal die privatrechtliche Vollrechtsfähigkeit zuspricht und ihnen zum anderen eine Reihe öffentlich-rechtlicher Befugnisse anbietet 20 . Wenn die Verfassung dadurch, daß sie von „Religionsgesellschaften" und „Körperschaften des öffentlichen Rechts" spricht, die Verleihung tielle Trägerschaft aller Rechte u n d Pflichten bedeutet, betont zu Recht Bachof, Teilrechtsfähige Verbände, S. 263 f. So schließt institutionell bereits die Rechtsform mancher Verbände bestimmte Rechte und Pflichten aus (dazu Bachof, a.a.O.); darüber hinaus ist die Beschränkung der Rechtsfähigkeit der juristischen Personen k r a f t ihrer N a t u r selbstverständlich und gilt auch für die Kirchen, denen etwa Familienrechte nicht zustehen können (zu diesen Fragen i m einzelnen Enneccerus- Nipper dey, Allgemeiner T e i l des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, § 105, S. 623 ff.). Dazu grundlegend Bachof, Teilrechtsfähige Verbände, passim, insbes. S. 268 ff. !7 S. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 322 ff. Ob es möglich ist, auch innerkirchenrechtlich einen Unterschied zwischen (kirchenrechtlicher) T e i l und Vollrechtsfähigkeit zu machen, muß hier dahingestellt bleiben. So S. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 319,322; vgl. auch (begrifflich noch unklarer) Anschütz, A n m . 2 Fußnote 2 zu A r t . 137 W R V (S. 633); Ebers, Religionsgesellschaften, S. 390. 19 Reichskonkordat A r t . 13. Ebenso schon Lammeyer, Juristische Personen, S. 223. so Diese Verbindung von privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Rechtsfähigkeit ist keineswegs begriffsnotwendig (so auch Bachof, T e i l rechtsfähige Verbände, S. 267). Daß sie auch bei den Kirchen keineswegs immer gegeben war, zeigt die frühere bayerische Regelung, nach der die Kirchen als „öffentliche Corporationen" lediglich öffentliche Rechtsfähigkeit besaßen (S. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 324 Fußnote 51 ; J. Heckel. Kirchengut, S. 119 Fußnote 49).

§ 13. Allgemeines; die Religionsgemeinschaften i m e i n z e l n e n 1 0 3

der Befugnisse der Tradition entsprechend an das Vorhandensein eines Mitgliederbestandes und damit einer verbandsartigen Organisation knüpft, dann kommt dem — wie ausdrücklich zu betonen ist — keine Bedeutung zu, die über die Definition der Voraussetzungen für die verfassungsrechtliche Zuerkennung der öffentlich-rechtlichen Rechtsfähigkeit hinausgeht. Der Staat kann zwar, wenn er freiwillig öffentlich-rechtliche Befugnisse gewährt, dafür nach seiner freien Entscheidung bestimmte organisatorische Vorbedingungen aufstellen. Das ändert aber nichts daran, daß die innere Struktur der Kirchen i m übrigen deren eigene Angelegenheit bleibt 2 1 . Hat sich eine Kirche für einen Aufbau nach innen entschieden, dessen Gliederungen den Voraussetzungen für die Trägerschaft der öffentlich-rechtlichen Befugnisse nicht entsprechen, dann hat sie die Wahl, entweder auf die angebotenen Vorrechte zu verzichten oder aber, um sich Zugang zu den staatskirchenrechtlich gewährten Vorteilen zu verschaffen, von Rechtsformen Gebrauch zu machen, die von außen an sie herangetragen werden 2 2 . Als typisches Beispiel einer solchen staatskirchenrechtlich geschaffenen, kirchlicherseits nur akzeptierten Rechtsform seien die katholischen Kirchengemeinden erwähnt, die als örtliche Steuerverbände dienen. Sie sind dem kanonischen Recht als dem inneren Kirchenrecht der katholischen Kirche gänzlich fremd 2 3 , werden aber auch heute noch neu gebildet und als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt 2 4 . Nebeneinander stehen dann die innerkirchenrechtliche Rechtsperson „Pfarrei" (Parochie) als unselbständige kirchliche Verwaltungseinheit ohne privatrechtliche Rechtsfähigkeit 25 und die staatskirchenrechtliche Körperschaft Kirchengemeinde als lokaler Träger der staatlich verliehenen öffentlich-rechtlichen Befugnisse. Beide decken sich auch mitgliedermäßig 26 nicht: so nimmt die Pfarrei die i m Kirchen-

21 Anschütz, Komm., Anm. 2 Fußnote 2 zu A r t . 137 W R V (S. 633); Huth, Diss., S. 75. 22 So richtig schon Weiß, Diss., S. 39 (für das noch geltende W ü r t t e m bergische Kirchengesetz von 1924). 23 5. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 208 f. ; Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I I , S. 310. 24 Vgl. etwa Hamburgisches Gesetz v. 13.4.1962 über die Anerkennung römisch-katholischer Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts (abgedruckt A r c h K a t h K R 131,172). 25 Als privatrechtlich rechtsfähiger Vermögensträger k o m m t entweder eine zur Pfarrei gehörige privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Stiftung (z.B. Pfründstiftung) oder aber die öffentlich-rechtliche Kirchengemeinde i n Frage. Z u r Pfarrei als kirchenrechtliche Rechtsperson vgl. Lammeyer, Juristische Personen, S. 114 ff., 197 f.; Huth, Diss., S. 69 ff. 26 Streng genommen hat die Pfarrei als Verwaltungseinheit keine Mitglieder, sondern „der pfarramtlichen Herrschaft unterworfene Getaufte" (Huth, Diss., S. 73).

104

Α. Subjektive Reichweite der Garantie

sprengel lebenden ausgetretenen Kirchenglieder weiterhin als Glieder des „Pfarrvolks" in Anspruch 27 . Anzufügen ist freilich, daß das bisher Gesagte nicht verbietet, einzelne staatsgesetzlich gewährte Vorrechte zugunsten der „Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts" auch auf deren rechtlich verselbständigte Vermögensträger anzuwenden, wenn die Interpretation des jeweiligen Gesetzes eine entsprechende Intention ergibt. Das w i r d nicht selten der Fall sein, weil die Träger des Kirchenguts mit der Religionsgemeinschaft eine, wenn auch nicht rechtliche, so doch natürliche, Einheit bilden 2 8 . Darüber hinaus hindert die Beschränkung des Adressatenkreises der bundesverfassungsrechtlichen Garantie auf religionsgesellschaftliche Gebietsverbände das Landesrecht nicht daran, auch anderen — etwa nach bestimmten sachlichen Gesichtspunkten oder Aufgabenbereichen abgegrenzten — kirchlichen Rechtsträgern die Eigenschaft als landesrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts zu verleihen. Von dieser Möglichkeit hat vor allem Bayern für verschiedene Orden und kirchliche Werke Gebrauch gemacht 29 . Eine solche landesrechtliche Zuerkennung von Korporationsrechten ist nach Inhalt und Bedeutung von Art. 137 Abs. V WRV unabhängig und dementsprechend jeweils für den Einzelfall selbständig auszulegen 30 . Sie kann vom Landesgesetzgeber jederzeit widerrufen werden, denn hinter ihr steht keine verfassungsrechtliche Absicherung durch das Grundgesetz. b) Die Religionsgemeinschaften

im einzelnen

Nachdem diese allgemeinen Grundlagen klargestellt sind, soll nun noch ein kurzer Uberblick über die Verhältnisse bei den einzelnen Religionsgesellschaften gegeben werden. 27 Die Verschiedenheit der kirchenrechtlichen und der staatskirchenrechtlichen Mitgliedschaft hat neuerdings Mikat i n einer ausführlichen Abhandlung dargestellt. Er hat dabei zu Recht darauf verwiesen, daß die Frage, wen die Kirche innerkirchenrechtlich als M i t g l i e d i n Anspruch n i m m t , ausschließlich ihre eigene Angelegenheit ist u n d daß der Staat m i t dem von i h m gewährten Austrittsrecht n u r die staatskirchenrechtliche Mitgliedschaft regelt (Kirchenaustrittsrecht, passim, insbes. S. 204 ff., 207 f.). 28 Eine entsprechende Intention bejaht — w o h l m i t Recht — für § 4 Grundstücksverkehrsgesetz v. Campenhausen, ZevKR 11,183 ff. (Entscheidungsbesprechung) — entgegen BGH, Beschl. v. 28. 5.1963, ZevKR 11,179 ff. 29 So sind dort die Hauptniederlassung der oberdeutschen Ordensprovinz der Jesuiten (vgl. BFH, U. v. 19.12.1951, KirchE 1, 204) oder die Diakonissenanstalt Neuendettelsau (dazu BayVGH, U. v. 13. 5.1960, Z e v K R 8, 214 f.) als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt. Weitere Beispiele bei Vischer, Aufbau, Organisation u n d Recht, Bd. I, S. 43 Fußnote 8. 30 So k o m m t etwa den i n Fußnote 29 genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts kein Besteuerungsrecht zu.

§ 13. Allgemeines; die Religionsgemeinschaften im einzelnen

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1. Römisch-katholische Kirche A n der katholischen Kirche w i r d das Auseinanderfallen der innerkirchenrechtlichen und der staatskirchenrechtlichen Organisation besonders deutlich. Dies Auseinanderfallen folgt schon aus der weiteren Inanspruchnahme der ausgetretenen Kirchenglieder durch das innerkirchliche Gliedschaftsrecht. Vor allem aber ergibt es sich aus der rein hierarchischen Organisation der Kirche, die „keinen auf den gemeinsamen Rechtsboden übertragbaren Ansatz bietet" 3 1 , und aus dem rein anstaltlichen Kirchenverständnis der Kanonistik, das die Kirche und ihre Untergliederungen von einem persönlichen Substrat völlig unabhängig macht 32 . Wieweit hier durch die Neubesinnung des modernen Katholizismus auf das Laienelement eine Änderung eintritt, bleibt abzuwarten 33 ; eine gewisse Entwicklung in diese Richtung scheint bereits die neuerdings festzustellende Akzentverschiebung in einem Teil der Kirchenrechtslehre und die damit verbundene Betonung der personalen, gemeinschaftlichen Komponente des Kirchenbegriffs 34 anzudeuten. Was die einzelnen kirchlichen Rechtspersonen betrifft, so scheidet die römisch-katholische Weltkirche als staatskirchenrechtliches Rechtssubjekt aus, weil für den Staat nur „die organisierte Gemeinschaft in Betracht kommt, die inerhalb seiner Grenzen die äußerlich erkennbare und höchste ist" 3 5 . Da es an einer einheitlichen Organisation der 31 Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1029. 32 Vgl. Huth, Diss., S. 86. 33 Eine solche Entwicklung ist durch das kanonische Recht nicht von vornherein verbaut. Dieses kennt zwar beispielsweise ein innerkirchliches Rechtssubjekt „Kirchengemeinde" nicht, schließt es aber auch nicht von vornherein aus (Lammeyer, Juristische Personen, S. 116). — Eine neuere Auseinandersetzung m i t dem Problem des Nebeneinanderstehens kanonischer und staatskirchenrechtlicher Rechtspersonen ist nicht ersichtlich. Angesprochen w i r d die Problematik bei Ridder (vgl. oben Fußnote 31); Schuller, A r c h K a t h K R 128,53; 5. Grundmann, BayVB1.1962, 37; i m übrigen w i r d sie i n der staatskirchenrechtlichen L i t e r a t u r k a u m erwähnt. Eine ausführliche Darstellung auf Grund älterer Rechtsauffassungen u n d des ausschließlich anstaltlichen Kirchenbegriffs bieten Lammeyer (a. a. O., S. 204 ff.) und vor allem Huth (Diss., passim), der hinsichtlich der Korporationsqualität vorder inzwischen allgemein aufgegebenen herrschenden Lehre der Weimarer Zeit ausgeht (a.a.O., S. 30 ff.). Vgl. ferner V/eiß, Diss., S. 40 f., für W ü r t t e m berg. 34 So Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I, S. 8 ff. F ü r Mörsdorf ist die Kirche „das i n hierarchischer Ordnung lebende neue Gottesvolk zur V e r w i r k l i c h u n g des Reiches Gottes auf Erden" (a. a. O., S. 21). Dagegen Panzram, M T h Z 4 (1953), S. 187 ff., passim, insbes. S. 205 ff., m i t entschiedener Betonung der traditionellen Lehre u n d des Anstaltscharakters der Kirche. 35 Ebers, Staat und Kirche, S. 168; übereinstimmend Lenz, Die Kirche und das weltliche Recht, S. 186; J. Conrad, Diss., S. 33.

106

Α. Subjektive Reichweite der Garantie

katholischen Kirche in Deutschland fehlt 3 6 , kommen als „Körperschaften des öffentlichen Rechts" zunächst die Diözesen in Betracht, die kirchenrechtlich als selbständige kirchliche Verwaltungseinheiten, staatskirchenrechtlich als auf Gliedschaft aufbauende „Religionsverbände" (Kirchenaustrittsrecht!) anzusehen sind 3 7 . I m übrigen stehen kraft Verfassung den Kirchenprovinzen als Zusammenschlüssen mehrerer Diözesen und den Gemeinden und eventuellen Gemeindeverbänden (Teilen einer Diözese) 38 als Untergliederungen die Körperschaftsrechte zu. I n Bayern ist darüber hinaus die das Gebiet und Gebietsteile mehrerer Diözesen umfassende katholische Kirche des gesamten Landes als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt 3 9 . Soweit sonstige kirchliche Rechtssubjekte auf Grund landesrechtlicher Bestimmung die Körperschaftsrechte besitzen, fehlt eine entsprechende verfassungsrechtliche Absicherung durch das Grundgesetz. Das gilt insbesondere für die Domkapitel 4 0 , die als „Rat und Senat des Bischofs" 41 des in Art. 137 Abs. V WRV vorausgesetzten territorialen Elements entbehren; ferner für Orden und ähnliche Gemeinschaften, die als „religiöse Gesellschaften" nicht unter die grundgesetzliche Garantie fallen. 2. Evangelische Kirche Auch hier kommen als staatskirchenrechtliche Rechtssubjekte nur die nationalen Organisationen in Frage; Lutherischer und Reformierter Weltbund und der Ökumenische Rat der Kirchen scheiden als Körperschaften des öffentlichen Rechts also von vornherein aus. Dagegen sind die E K D (Evangelische Kirche in Deutschland) als Bund 4 2 der evangelischen Einzel- und Landeskirchen und die V E L K D (Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands) als Zusammenschluß 43 der evangelisch-lutherischen Kirchen gemäß Art. 137 Abs. V Satz 3 36 Lenz, Die Kirche und das weltliche Recht, S. 186. 37 Huth, Diss., S. 82, 86. 38 Häufig bei Abweichung von Landes- u n d Diözesangrenzen. E i n Beispiel für eine solche K o n s t r u k t i o n bietet der „Verband der römisch-katholischen Kirchengemeinden i n der Freien u n d Hansestadt H a m b u r g (Osnabrücker A n t e i l ) " ; vgl. dazu Entschließung des Senats von H a m b u r g v. 19.9.1962, abgedruckt i n A r c h K a t h K R 132,269. 39 Ebers, Staat und Kirche, S. 169,179. 40 Diese sind Körperschaften des öffentlichen Rechts etwa i n W ü r t t e m berg, vgl. § 5 Kirchengesetz. 41 Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I, S. 438. 42 Vgl. A r t . I Abs. I Grundordnung E K D (abgedruckt bei Brunotte, Grundordnung, S. 118). Daß die E K D ein Kirchenbund ist, betonen Brunotte, a.a.O., S. 118; Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 724; Vischer, Aufbau, Organisation und Recht, Bd. I I , S. 66. Dagegen Friedrich, Kirchenrecht, S. 323 („Bundeskirche"). 43 Die V E L K D ist als echter Zusammenschluß Kirche, nicht lediglich Kirchenbund (Vischer, Aufbau, Organisation u n d Recht, Bd. I I , S. 76).

§ 13. Allgemeines; die Religionsgemeinschaften i m e i n z e l n e n 1 0 7

WRV automatisch Körperschaften des öffentlichen Rechts. I m übrigen unterscheiden sich zwar die kirchlichen Rechtssubjekte i m evangelischen Raum begrifflich von den staatskirchenrechtlichen 44 , beide fallen aber i n der Praxis zusammen. Das erklärt sich weitgehend schon daraus, daß die heutige evangelische Kirchenorganisation zumindest in Deutschland aus dem landesherrlichen Kirchenregiment herausgewachsen ist. Zum anderen sieht der reformatorische Kirchenbegriff die Kirche zwar als Stiftung Gottes, zugleich aber als Gemeinschaft („Gemeinde") an 4 5 , und ist auch innerkirchlich eine „rechtliche Lösung von einer Teilorganisation der Kirche — beispielsweise einer Gliedkirche der E K D — " möglich 46 . Als Gesamtgliederungen sind die Landeskirchen, als Unterverbände die Gemeinden 47 und Gemeindebezirke 48 Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die innerkirchlichen „Werke und Einrichtungen" sind für den Staat grundsätzlich Teile der öffentlichen Körperschaft Kirche 4 9 . Die selbständige Rechtsfähigkeit erlangen sie nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts; da sie keine territorial gegliederten Unterverbände sind, fehlt ihnen jedoch die eigene öffentlich-rechtliche Rechtspersonalität. Eine anderweitige landesrechtliche Regelung ist durch das Grundgesetz nicht abgesichert. 3. Die kleinen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts Bei den kleinen Religionsgesellschaften ist meist nur die auf Landesebene höchste Gliederung als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Soweit solche Religionsgesellschaften einen gebietsmäßig gegliederten Aufbau besitzen, haben sie auch einen Anspruch auf Verleihung (unselbständiger) Korporationsrechte an ihre Untergliederungen. Gemäß den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz sollen 44 Das w i r d deutlich gesehen bei S. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 323 f. 45 Dazu Friedrich, Kirchenrecht, S. 252. 46 Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 580; vgl. auch Mikat, Kirchenaustrittsrecht, S. 203; Liermann, Z e v K R 4,390. Anders anscheinend Erler, Kirchenrecht, S. 98. 47 I m evangelischen Raum ist die Gemeinde auch innerkirchliches RechtsSubjekt: S. Grundmann, Kirchengemeinde, S. 319; Erler, Kirchenrecht, S. 151. Vgl. auch Erik Wolf, Ordnung der Kirche, S. 572: „Es gibt k e i n evangelisches Kirchentum ohne Gemeinde. Da Kirche sich auf Gemeinden (und aus Gemeinden) aufbaut, erbaut sie sich i n den Gemeinden und nur i n ihnen". 48 So etwa der „Kirchenbezirksverband" der Gemeinden eines Dekanatsbezirks (vgl. Vischer, Aufbau, Organisation u n d Recht, Bd. I, S. 42). 49 Hierzu Wasse, Werke u n d Einrichtungen, passim, insbes. S. 13 ff., 49 ff. („Die kircheneigenen Werke u n d Einrichtungen sind staatskirchenredhtlich ein integrierender Bestandteil der amtlich verfaßten Kirche als einer p r i vilegierten, m i t öffentlich-rechtlicher Körperschaftsstellung ausgestatteten Religionsgesellschaft u n d nehmen an ihrer Sonderstellung i m staatlichen öffentlichen Leben teil", a. a. O., S. 49).

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Α. Subjektive Reichweite der Garantie

die Korporationsrechte an Unterverbände in der Regel nur dann verliehen werden, wenn der übergeordnete Gesamtverband bereits Körperschaft des öffentlichen Rechts ist 5 0 . I n der Vergangenheit wurde auch schon einzelnen Gemeinden die Korporationsqualität zuerkannt, ohne daß diese Voraussetzung erfüllt war 5 1 . Auf die Besonderheiten bei den israelitischen Kultusgemeinden, wo i m wesentlichen Restitutionsgesichtspunkte von Bedeutung sind 52 , und bei den Altkatholiken, die das Staatskirchenrecht — ein Relikt des Kulturkampfs — vielfach nicht als eigentliche Religionsgesellschaft, sondern als Teil der katholischen Kirche ansieht 53 , kann hier nicht i m einzelnen eingegangen werden.

B. O b j e k t i v e R e i c h w e i t e der Garantie § 14. Mit der Korporationsqualität garantierte Rechte Angesichts der Vielzahl weit verstreuter Einzelbestimmungen ist es nahezu unmöglich, einen auch nur annähernd vollständigen Katalog der Befugnisse und Privilegien der Kirchen i m Bereich des öffentlichen Rechts aufzustellen 1 . Da es hier letzthin nicht um eine Darstellung der ohnehin in den Bundesländern recht unterschiedlichen Einzelausgestaltung des Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft i m dargelegten Sinne geht, sondern um dessen verfassungsrechtlich garantierten Kern, mag ein Überblick über die tatsächlich innegehabten Befugnisse und Vorrechte ohne Anspruch auf Vollständigkeit genügen. Anschließend w i r d festzustellen sein, welche dieser Rechte zu der „geschichtlich gewordenen Gestalt der Kirchen" gehören, die der Staat mit der Zuerkennung der Korporationsqualität zu erhalten wünscht 2 .

50 Empfehlungen der Kultusministerkonferenz über die Verleihung der öffentlichen Körperschaftsrechte an Religionsgesellschaften u n d Weltanschauungsvereinigungen, Nr. 2 e. (Die Empfehlungen sind abgedruckt bei J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 136 f.). si So ζ. B. i n Württemberg den Brüdergemeinden Wilhelmsdorf und K o r n tal; vgl. Weiß, Diss., S. 61 ff., 64. 52 Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1030; vgl. auch J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 32. ss Dazu Friedrich, Kirchenrecht, S. 255; J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 30 Fußnote 31. ι Die letzte derartige Zusammenstellung (nach dem Stande von 1939) findet sich bei Ruppel, A r c h E v K R 5, 6—22. 2 Voigt, Kirchenrecht, S. 222.

§1.

der Korporationsqualität

n t e t e Rechte

109

a) Überblick über die Befugnisse und Vorrechte der Kirchen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts 1. Besteuerungsrecht Die i n der Praxis wohl wichtigste und daher in der Verfassung eigens hervorgehobene Befugnis der Kirchen auf öffentlich-rechtlichem Gebiet ist das Recht, von ihren Mitgliedern auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten Kirchensteuer zu erheben. Gegenüber der bisher nahezu unbestritten herrschenden Lehre, derzufolge das Besteuerungsrecht ein staatlich verliehenes Recht ist 3 , w i r d es neuerdings — insbesondere unter Hinweis auf can. 1496 CJC — als ein eigenes Recht der Kirchen i n Anspruch genommen 4 . Daran ist soviel richtig, daß das staatliche Recht die Kirchen nicht daran hindert, auf Grund eigenen Rechts von ihren Mitgliedern „Abgaben" zu erheben. Ob den Kirchen gegenüber ihren Gliedern ein solches Abgabenrecht zusteht und ob es mit innerkirchlichen Straf- und Zuchtmitteln durchgesetzt werden kann, bestimmt das innere Kirchenrecht als „eigene Angelegenheit" 5 . I m weltlichen Bereich sind solche Abgaben allenfalls als „Beiträge" i m Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit beitreibbar. Zur „Steuer" i m üblichen Sinne werden sie erst dadurch, daß sie auf Grund staatlicher Steuerlisten veranlagt und m i t Hilfe staatlicher Zwangsmittel beigetrieben werden können 6 . Diese Veranlagungs- und Beitreibungsmöglichkeiten stehen den Kirchen — das wird, soweit ersichtlich, nirgends bestritten 3 Bachof, DÖV 1958,557; Beulke, Z e v K R 6,149; Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr.39 zu A r t . 19 Abs. I I I , Rd.-Nr. 20 zu A r t . 19 Abs. I V GG; Ebers, Staat u n d Kirche, S. 407 f.; derselbe, Religionsgesellschaften, S. 421; E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 195 f.; Gefaeller, Z e v K R 1, 399; Holtkotten in BK, A n m . I I 5 a zu A r t . 140 GG; Kern, Staat u n d Kirche, S. 116; Maurer, DÖV 1960,750; Peters, V V D t S t R L 11,189; Scheuner, ZevKR 3,386 ff.; Schlief, Diss., S. 189 f.; W.Weber, V V D t S t R L 11,167; ferner aus der Rechtsprechung: BVerwG, U. v. 1. 8. 1958, E 7,189 = N J W 1958,2080 = JZ 1959, 247; O V G Lüneburg, U. v. 13. 9. 1955, DVB1. 1956, 63, u n d U. v. 29. 1. 1957, ZevKR 6, 204 ff.; VGH Baden-Württemberg, U. v. 31. 3. 1959, VRSpr. 12, 670 ff.; V G Kassel, U. v. 15. 3. 1956, ZevKR 6, 210 ff. = KirchE 3, 274 ff.; LVG Hannover, U. v. 4.10.1956, Z e v K R 6, 206 ff. = K i r c h E 3, 377 ff. 4 Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I I , S. 466 f. ; Schuller, A r c h K a t h K R 128, 353 f.; Hesse, JöffR N. F. 10,54 (.Hesse hält das Kirchensteuerrecht i n Aufgabe früherer Auffassungen [Rechtsschutz, S. 159] nunmehr für eine „gemeinsame Angelegenheit"); Mikat, Streitsachen, S. 330 (anders noch Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 230); Marré, A r c h K a t h K R 132, 356 f. (Besprechung von Schlief, Diss.) ; Hartmann, Diss., S. 98 f. Vgl. neuerdings auch das nordrhein-westfälische Kirchensteuerrecht u n d dazu GellerKleinrahm-Fleck, S. 181 ff. 5 F ü r das katholische Kirchenrecht bejaht durch can. 1496 CJC; dazu Eichmann-Mörsdorf, Bd. I I , S. 466 f. Z u r entsprechenden innerkirchenrechtlichen Fragestellung auf evangelischer Seite Wehrhahn, Kirchensteuerpflicht, S. 25 ff. 6 Richtig FG Hamburg, U. v. 24.10.1960, DVB1.1961,486 f.

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bjektive Reichweite der Garantie

— nur auf Grund staatlicher Verleihung zu. So ist es i m Ergebnis eine terminologische Frage, ob man das umschriebene Abgabenrecht der K i r chen als „Besteuerungsrecht" bezeichnen w i l l 7 . Da man unter Steuern allgemein nur mit staatlichem Zwang beigetriebene Abgaben versteht, ist auch hier — wie bei der ursprünglichen „Hoheits"-Gewalt der Kirchen — vor der „Blendwirkung eingeführter Begriffe" (Quaritsch) zu warnen. Auf jeden Fall unrichtig ist die Ansicht, i n der staatlichen Garantie des Besteuerungsrechts liege nur die Anerkennung einer der Kirche kraft eigenen Rechts ohnehin zustehenden Befugnis 8 , denn hier w i r d verkannt, daß die Kirche ohne staatliche Verleihung auf die entscheidenden Merkmale des Besteuerungsrechts — Veranlagung auf Grund bürgerlicher Steuerlisten und staatlichen Beitreibungszwang — verzichten müßte. 2. Parochialrecht und „Zwangsmitgliedschaft" Unter „Parochialrecht" soll einem verbreiteten Sprachgebrauch entsprechend 9 das Recht der Kirchen verstanden sein, als Glieder der Landeskirchen (oder Diözesen) und der Untergliederungen (vor allem der Ortsgemeinden) alle Konfessionsgenossen i m Gebiet der entsprechenden Gliederung ipso iure kraft Wohnsitzbegründung in Anspruch zu nehmen 10 („qui est i n parochia, est de parochia" 11 ). Eng damit zusammen hängt das Recht, über die vereinsrechtlichen Möglichkeiten hinaus neugeborene oder neugetaufte Kinder als Mitglieder erfassen zu können 1 2 . Da die Frage der Kirchengliedschaft grundsätzlich eigene Angelegenheit ist 1 3 , können die Kirchen allein bestimmen, wer ihr Glied oder ein Glied ihrer Unterverbände ist und wer die sich daraus ergebenden innerkirchlichen Rechte und Pflichten hat. Dabei können sie auch eine dem Parochialrecht entsprechende Gestaltung wählen. Dessen staatskirchenrechtliche Seite besteht darin, daß eine solche kirchenrechtliche Regelung kraft staatlicher Anerkennung auch für den Bereich des staatlichen Rechts und der öffentlich-rechtlichen Befugnisse 7

Richtig gesehen bei Mikat, Streitsachen, S. 330. Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I I , S. 467. Ursprünglich bedeutet „Parochialrecht" das Recht des Ortspfarrers auf alleinige Ausübung der pfarramtlichen Funktionen i n seiner Parochie, dem ein entsprechender „Parochialzwang" der Gemeindeglieder entspricht (vgl. Schoen, Evangelisches Kirchenrecht i n Preußen, Bd. I I , S. 128; Reicke, „Parochialrecht", RGG, Bd. V, Sp. 118 f.). Wie hier w i r d der Terminus verwendet bei Smend, ZevKR 2,378; J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 10 109 ff.; Friedrich, Kirchenrecht, S. 280 f.; Kuppel, A r c h E v K R 5,11. Schoen, Evangelisches Kirchenrecht i n Preußen, Bd. I, S. 309. 11 Friedrich, Kirchenrecht, S. 281. 12 K . Müller, Z e v K R 2,144; vgl. auch Liermann, Z e v K R 4,387. 13 K . Müller, ZevKR 2,144; J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 112; Mikat, Grundfragen des Kirchenaustrittsrechts, S. 204. 8

9

§1.

der Korporationsqualität

ntete

echte

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der Kirchen verbindlich ist 1 4 . Von der Kirche oder der Kirchengemeinde entsprechend beanspruchte Personen — etwa Zugezogene gleichen Bekenntnisses oder Neugetaufte — gelten also auch i m staatlichen Raum als Mitglieder des i n Frage kommenden Verbandes. Das Parochialrecht i n diesem Sinne, das vor allem für die Heranziehung zur Kirchensteuer von Bedeutung ist, steht den Kirchen traditionellerweise zu und ist weiterhin als gegeben anzusehen — ebenso wie die Anerkennung einer Kirchengliedschaft neugeborener oder getaufter Kinder über den kirchlichen Raum hinaus bei entsprechendem Verhalten der Eltern. Insofern kann man mit einem gewissen Recht von den Religionsgesellschaften als von „Zwangskörperschaften" mit „Zwangsmitgliedschaft" sprechen 15 , wobei allerdings die stets gegebene Möglichkeit eines förmlichen Kirchenaustritts nie vergessen werden darf. I m einzelnen ergeben sich vor allem wegen der unterschiedlichen Bekenntnisse der evangelischen Landeskirchen schwierige Fragen 16 . Das Parochialrecht steht als Möglichkeit auch den kleinen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts zur Verfügung, soweit sie es ihrer Natur nach in Anspruch nehmen können, soweit sie also Untergliederungen überhaupt besitzen. Diese Folgerung aus den oben gemachten grundsätzlichen Ausführungen zur Parität bleibt bestehen, auch wenn die kleinen Gemeinschaften von dem Recht nur selten Gebrauch machen 17 . 14 Daß staatliche Regelungen — einschließlich des Kirchenaustrittsrechts — n u r diese Seite der kirchlichen Mitgliedschaft regeln können u n d wollen, legt Mikat (a. a. O., Fußnote 13) dar. is W.Weber, Staatskirchenrechtliche Entwicklung nach 1933, S. 372; Wehrhahn, Kirchensteuerpflicht, S. 23; Egner, Diss., S. 52.

ι 6 Dazu Liermann, Dt. evangelisches Kirchenrecht, S. 192 ff.; S. Grundmann, Z e v K R 11, 36 ff.; VGH Baden-Württemberg, U. v. 31. 3.1959, VRSpr. 12, 670 ff. Wenn der VGH i n diesem U r t e i l aus dem Wegfall der Landeskirchen i n ihrer ursprünglichen Bedeutung folgert, daß sie heute nicht mehr „die Macht haben, jemanden, der i n i h r Gebiet eintritt, ohne Rücksicht auf sein Bekenntnis sich einzugliedern" (a. a. O., S. 675), dann ist dem zuzustimmen. Der weitere Schluß jedoch, die territoriale Grundlage der L a n deskirchen sei durch eine reine Personalgrundlage ersetzt, geht jedenfalls i n dieser Allgemeinheit zu weit. Er verkennt, daß der Nachdruck i n dem zitierten Passus auf den Worten „ohne Rücksicht auf sein Bekenntnis" liegen muß. Wie generell die Diözesen der katholischen Kirche und wie die Ortsgemeinden innerhalb der Landeskirchen sind auch die Landeskirchen innerhalb des Raumes bekenntnisgleicher u n d w o h l auch bekenntnisähnlicher (gleichfalls unierter oder lutherischer oder reformierter) Landeskirchen nicht n u r innerkirchlich, sondern auch für das Staatskirchenrecht echte Territorialgliederungen (vgl. dazu Liermann, a. a. O., S. 194,198). 17 Vgl. oben § 3 unter d). Wie hier J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 109 ff., m i t ausführlicher u n d zutreffender Begründung.

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bjektive Reichweite der Garantie

3. Dienstherrenfähigkeit Der bis heute vielleicht am wenigsten durchdachte Bereich des Ineinandergreifens weltlichen und kirchlichen Rechts, eigenständiger Kirchen- und abgeleiteter Hoheitsgewalt ist das Gebiet des kirchlichen Dienstes und kirchlichen Disziplinarwesens. I m allgemeinen gibt man sich m i t der Feststellung zufrieden, daß das kirchliche Amtsrecht „zutiefst i m geistlichen Wesen der Kirche" wurzele und deshalb einen „Kernpunkt ihres Selbstbestimmungsrechts" bilde 1 8 . Das „Recht der kirchlichen Amtsträger" w i r d so schlechthin ins Kirchenrecht verwiesen 19 ; je nach dem Standpunkt des Verfassers w i r d daraus der Schluß gezogen, das allgemeine Gesetz gelte hier nur noch beschränkt kraft kirchlicher Anerkennung (Hesse) 20 oder aber gar nicht mehr (Maurer) 21, und die Kirchen seien auf diesem Gebiet nahezu oder ganz frei von staatlicher Einflußnahme. Da das Kirchenrecht generell als öffentliches Recht angesprochen wird, fällt es nicht schwer, die Dienstherrenfähigkeit der Kirchen, also ihr Recht, öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnisse zu begründen, als eigenes unabgeleitetes Recht aufzufassen. I n letzter Konsequenz haben diese generellen Feststellungen zu der m i t Recht umstrittenen BGH-Rechtsprechung geführt, durch die Geistlichen und Kirchenbeamten bei Bestehen kirchlicher Gerichte eo ipso schon der staatliche Rechtsweg selbst für Klagen wegen rein vermögensrechtlicher Ansprüche und ähnlicher Begehren verwehrt w i r d 2 2 . !8 Hesse, Rechtsschutz, S. 143. Zustimmend Wiesner, Diss., S. 118; ähnlich Ruppel, Fragen des kirchlichen Disziplinarwesens, S. 356 f.; v. Harling, Z e v K R 10,302; Wacke, AöR 74,443; D. u n d U. Mann, DVB1.1962,243 f. Etwas differenzierter Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 182 ff. is H. J. Wolff, Verwaltungsrecht, Bd. I I , S. 311. 20 Rechtsschutz, S. 144 f. Übereinstimmend Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 133; Engelhardt, AöR 86,344; v. Harling, Z e v K R 10,303. Bedenken dagegen bei Scheven, Diss., S. 86. 21 DÖV 1960, 752; DVB1. 1961, 626 f. (Urteilsanmerkung). Übereinstimmend Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 182. 22 BGH, U. v. 16. 3. 1961, B G H Z 34, 372 = DÖV 1961, 384 = M D R 1961, 487 = Z e v K R 8, 419 = JZ 1961, 450 m i t ablehnender A n m . Hesse = DVB1.1961, 625 m i t i m Ergebnis zustimmender A n m . Maurer. Gegen das U r t e i l Herbert Krüger, DÖV 1961,727; Mikat, Streitsachen, S. 318 ff.; Scheffler, M D R 1965, 627. I m wesentlichen aufrechterhalten w i r d es i n BGH, U. v. 7. 5.1962, ZBR 1962, 287 f. = DVB1.1962, 530 (ablehnend dazu Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 774 Fußnote 55). Wie der BGH auch LVG Hannover, Beschl. v. 6. 6.1956, Z e v K R 6, 321 ff. = K i r c h E 3, 307, u n d U. v. 27. 2.1958, ZevKR 6, 323 ff. W o h i n diese Rechtsprechung schließlich führt, zeigt das (rechtskräftige) U r t e i l des VG Hannover v. 17.1.1963, A r c h K a t h K R 132, 276 ff. = N J W 1963, 2338. Da es sich hier u m einen F a l l aus dem katholischen Raum handelte, w a r für den Kläger kein Rechtsweg zu einem unabhängigen Kirchengericht gegeben. Trotzdem und obwohl es i m wesentlichen u m vermögensrechtliche und Zeugnisansprüche ging, wies das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig ab, da es sich u m Angelegenheiten der kirchlichen Selbstbestimmung handele. I m Ergebnis blieb so der Kläger ohne jeden Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte.

§1.

der K o r p o r a t i n s q u a l i t ä t

n t e t e Rechte

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Hier macht sich die Tendenz geltend, das frühere staatliche Kirchenregiment umzukehren und schlechthin alles das der Kirche als eigenes Recht zu vindizieren, was i m System des Landeskirchentums der staatlichen Kirchenverwaltung an öffentlich-rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten selbstverständlich zur Verfügung stand. Dabei w i r d übersehen, daß hier als kircheneigen rein staatliche Hoheitsrechte vereinnahmt werden, die den Kirchen bei einer anderen staatskirchenrechtlichen Konstellation und einem Wegfall der Korporationsqualität notwendig verloren gehen müßten. U m das deutlich zu machen, bedarf es einer klaren begrifflichen Unterscheidung und Abgrenzung von kirchlichem Amts- und weltlichem Dienstrecht. Zweifellos gibt es ein kirchliches Amtsrecht, das ausschließlich und ursprünglich kirchliche Angelegenheit ist. Ob und welche Kirchenämter bestehen, welchen Personen sie übertragen werden, welche Voraussetzungen ihre Träger erfüllen müssen und welche Rechte und Pflichten sie innerkirchlich haben — das alles ist ausschließlich Sache der Kirchen und sonst niemandes, eine Ausschließlichkeit, die der Staat m i t der Garantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ausdrücklich respektiert. Für Kirchenämter, die nicht m i t irgendwelchen Folgerungen i n den weltlichen Bereich ausstrahlen — man denke an Synodale, Presbyter oder andere Ehrenämter —, ist damit alles gesagt; für sie gibt es kein für alle geltendes Gesetz und damit keine Einflußmöglichkeit des Staates. Der Natur der meisten Kirchenämter entspricht es jedoch, daß sie nicht nur kirchliche Amtsverhältnisse begründen, sondern gleichzeitig oder ausschließlich entgeltliche Dienstverhältnisse m i t entsprechenden Rechten und Pflichten auf beiden Seiten sind. Als solche reichen sie m i t rein weltlichen Folgen i n den staatlichen Bereich und würden normalerweise dem weltlichen Recht der Dienstverhältnisse unterfallen, also vor allem an das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht gebunden sein. Denn wie gezeigt wurde, ist weder das Kirchenrecht schlechthin öffentliches Recht, noch kann vom Vorliegen eines „Amtes" auf seine wesensnotwendig öffentlich-rechtliche Gestaltung geschlossen werden 2 3 . Grundsätzlich müßte sich die kirchliche Selbstbestimmung hinsichtlich der weltlichen Folgen der kirchlichen Amtsverhältnisse also i m Rahmen des Arbeitsrechts bewegen 24 , auf dessen Formen die Kirchen eben23 So aber Röttgen, Das anvertraute öffentliche A m t , S. 148 f. Vgl. hierzu die grundsätzliche Auseinandersetzung m i t Röttgens Ausgangspunkt (oben §11 unter a) ). 24 Richtig gesehen bei Frank, Z e v K R 10,281; Jacobi, Kirchliches Dienstrecht, S. 93. Daß die Möglichkeiten autonomer kirchlicher Rechtsetzung i m Rahmen des Arbeitsrechts n u r begrenzt sind u n d grundsätzlich eine staatliche Rechtsetzungsermächtigung zur Voraussetzung haben, weist Schmadtke, Diss., S. 53—70, nach. 8 Weber

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bjektive Reichweite der Garantie

so wie Parteien, Gewerkschaften oder Berufsverbände verwiesen wären. Zwar sind bestimmte Sonderregelungen des staatlichen Rechts zugunsten der Kirchen denkbar und gegeben, auf Grund ihrer Stellung als Rechtspersonen des öffentlichen Rechts vielleicht auch die Ausnahmen für die Angestellten und Arbeiter des öffenlichen Dienstes auf sie anwendbar. Beides ändert an der prinzipiellen Geltung des Arbeitsrechts jedoch nichts. Ein grundsätzlicher Ausweg bietet sich den Kirchen nur dann, wenn sie öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnisse m i t den daraus folgenden Besonderheiten — öffentlich-rechtliches Treueverhältnis, Zustandekommen durch Hoheitsakt, besonderes Gewaltverhältnis, Wegfall des Streikrechts — begründen können. Da alles öffentliche Recht staatliches öffentliches Recht ist, können sie das nur dann, wenn sie vom Staat als „dienstherrenfähig" angesehen werden, wenn er ihnen also ausdrücklich die Befugnis zugesteht, Beamte i n öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis zu haben. Daß dies Recht den Kirchen i n der Zeit des Landeskirchentums zustand 25 , kann nicht verwundern. Heute liegt ein entsprechendes staatliches Angebot i n der Korporationsqual i t ä t 2 6 . § 121 BRRG, der das Recht, Beamte zu haben, auf Bund, Länder, Gemeinden und andere staatliche Körperschaften beschränkt, spricht nicht dagegen: wie § 135 BRRG zeigt, bezieht sich dieses Gesetz direkt nur auf staatliche Beamte und setzt es die kirchliche Dienstherrenfähigkeit voraus 27 . Anzufügen ist, daß die Dienstherrenfähigkeit als Teil der öffentlichen Körperschaftsrechte allen Religionsgemeinschaften, die diese Rechte besitzen, also auch den kleinen, zusteht 28 . Auch sie stellt keinen Eingriff i n den kirchlichen Innenbereich dar. So stuft sie die kirchlichen Amtsträger nicht von vornherein als öffentliche Beamte — oder gar Staatsbeamte 29 — ein, macht aber den Kirchen bestimmte 25 Dazu Frank, Z e v K R 10,268 ff. 26 Daß die Dienstherrenfähigkeit staatlich verliehenes Recht u n d T e i l der Korporationsqualität ist, betonen auch Scheuner, RGG, Bd. I I I , Sp. 1335; Kern, Staat u n d Kirche, S. 106; LG Köln, U. v. 13.12.1949, Z e v K R 1,326 = K i r c h E 1,64. Ebenso w o h l auch Frank, Z e v K R 10,298. I n der Weimarer Zeit übereinstimmend etwa Forsthoff, Körperschaft, S. 120; J. Conrad, Diss., S. 28 f. 27 Richtig Frank, Z e v K R 10, 299. Die neuerdings i n der beamtenrechtlichen L i t e r a t u r vertretene Beschränkung der Dienstherrenfähigkeit auf staatliche Organisationen (Nachweise bei Frank, a. a. O., S. 297) bezieht sich w o h l n u r auf die Fähigkeit, staatliche Beamtenverhältnisse zu begründen (vgl. H. J. Wolff, Verwaltungsrecht, Bd. I I , S. 322). Daß auch die Kirchen öffentlichrechtliche Beamte haben können, w i r d meist weder zustimmend erwähnt noch ausdrücklich bestritten, also w o h l übersehen oder absichtlich offengelassen. 28 Wie hier Schlief, Diss., S. 194; dahingestellt bei Frank, ZevKR 10,298 Fußnote 144. 29 Richtig Wacke AöR 74, 443; BGH, U. v. 3.11.1955, B G H Z 18, 373 = N J W 1956, 58 ff. (bedenklich BGH, U. v. 28.10.1955, B G H S t 8, 273 = N J W 1956, 232).

§ 14. M i t der Korporationsqualität garantierte Hechte

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Gestaltungsmöglichkeiten zugänglich: sie können, wenn sie wollen, die weltlichen Folgen ihrer Amtsverhältnisse dem Arbeitsrecht entziehen und diese für den weltlichen Bereich als öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnisse ausgestalten. Dem Charakter der Dienstherrenfähigkeit als staatlich verliehene Befugnis entspricht es, daß der Staat die K i r chen für den Fall, daß sie sich ihrer bedienen, ganz oder teilweise an das weltliche Beamtenrecht oder doch an dessen Grundsätze binden kann. Wie weit das geschehen ist, hängt von dem Spielraum der den Kirchen gleichzeitig eingeräumten (echten) Autonomie ab, auf die noch eingegangen werden muß. Ob die Religionsgemeinschaften i m Einzelfall von der ihnen angebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, ob kirchliche „Dienstgesetze" also öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnisse vorsehen oder ob ein einzelner kirchlicher Amtsträger öffentlich-rechtlicher Beamter ist, das ist eine Tatfrage, die jeweils nach dem konkret vorliegenden Sachverhalt (Inhalt des Gesetzes, Ausgestaltung des einzelnen Dienstverhältnisses) zu entscheiden ist. Generell w i r d man die Frage für die Beamten der evangelischen Kirchen bejahen dürfen 3 0 , i n denen auch das vom eigentlichen Beamtenrecht verschiedene Pfarrerrecht 31 als öffentlich-rechtlich gestaltetes Verhältnis anzusehen i s t 3 1 a . Wie weit das auch für die katholische Kirche gilt, muß hier dahingestellt bleiben 3 1 b — Anders noch das A L R , §96 I I 11: „Die Geistlichen der v o m Staate p r i v i legierten Kirchengesellschaften sind, als Beamte des Staats, der Regel nach von den persönlichen Lasten u n d Pflichten des gemeinen Bürgers frei" (dazu u n d zur weiteren E n t w i c k l u n g Frank, Z e v K R 10, 266 ff.). 30 Erhebliche Zweifel sind gegenüber Mikat anzumelden, der das kirchliche Beamtenrecht n u r dann als öffentlich-rechtlich ansehen w i l l , w e n n eine Kirche „ v o n dem Angebot i n § 135 B R R G Gebrauch macht", die Rechtsverhältnisse ihrer Amtsträger also nach diesem Gesetz regelt (Streitsachen, S. 340). Das ist nach Mikats Ansicht bisher nicht geschehen. Hier w i r d übersehen, daß die Rechtsverhältnisse der evangelischen Kirchenbeamten durchweg als öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnisse geregelt sind, w e n n auch einzelne Bestimmungen v o m staatlichen Recht abweichen (vgl. dazu i m einzelnen Frani c, Z e v K R 10, 276 ff., 281, 289 ff.; v. Harting, Z e v K R 10, 302 ff.; Kaiisch, Z e v K R 2,45 ff.; Wacke, AöR 74,448). A u f die Regelung gerade auf G r u n d des Beamtenrechtsrahmengesetzes k a n n es also nicht ankommen. Es ist darauf abzustellen, ob die Kirchen v o n dem i n der Korporationsqualität enthaltenen Angebot, öffentlich-rechtliche Beamte zu haben, Gebrauch gemacht haben. § 135 B R R G t r i t t neben dies Angebot u n d k o n k r e t i siert es dadurch, daß er den Kirchen die zusätzliche Möglichkeit verleiht, bei dieser Regelung generell auf das staatliche Beamtenrecht zu verweisen. 31 Jacobi, Kirchliches Dienstrecht, S. 85; Frank, Z e v K R 10,268; Wacke, AöR 74,440; Wiesner, Diss., S. 63; Liermann, Dt. evangelisches Kirchenrecht, S. 239. sia Anders Scheven, Z B R 1964, 292, der aber dann doch das Besoldungsu n d Versorgungsrecht der Geistlichen als öffentliches Recht ansieht (S. 293) u n d damit dem oben vertretenen Standpunkt ziemlich nahekommt. 3ib v g l . dazu Scheven, Z B R 1964,289 f. 8*

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noch einmal betont werden soll aber, daß die Amtsverhältnisse, wenn man sie nicht als öffentlich-rechtlich ansehen kann, wegen ihrer weltlichen Folgen grundsätzlich dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht als „für alle geltendem Gesetz" unterworfen sind. Wie schon bemerkt, kann das Arbeitsrecht dabei natürlich Sonderbestimmungen für kirchliche Amtsträger vorsehen und tut das etwa hinsichtlich der Versicherungspflicht i n der Kranken- und Rentenversicherung, wenn eine dem Sozialversicherungsrecht entsprechende Versorgung durch die Kirchen sichergestellt ist (§§ 160, 1230 RVO) 3 2 . Selbständig zu beantworten ist die Frage, ob der Kirchendienst generell als „öffentlicher Dienst" angesehen werden kann. Dies ist neuerdings pauschal aus der Korporationsqualität abgeleitet 33 und auch i n Kirchenverträgen verankert worden 3 4 . Eine solch generelle Aussage muß jedoch i m Unverbindlichen bleiben, wenn keine konkreten Bezüge hergestellt werden. Sinnvoll kann die gestellte Frage nur beantwortet werden, wenn man nach dem Zweck einer derartigen Einordnung fragt und sich Rechenschaft darüber ablegt, daß der Begriff des öffentlichen Dienstes i n Gesetzgebung und Lehre völlig uneinheitlich verwendet w i r d und die verschiedensten Begriffsinhalte umfaßt 3 5 . Eine weite Begriffsbildung, die generell auch den Kirchendienst umfaßt, ist daher zwecklos, weil praktisch rechtsfolgenfrei. Sie sagt i m Ergebnis nicht mehr aus als die Bejahung der Dienstherrenfähigkeit. Richtigerweise ist für jede Norm oder Normgruppe, die den Begriff verwendet, einzeln zu klären, ob die Kirchen mitgemeint sind 3 6 . So steht etwa fest, daß das Grundgesetz unter „öffentlichem Dienst" nur ein Dienstverhältnis zum Staat und zu unterstaatlichen Verbänden, nicht aber zu den Religionsgesellschaften, versteht 37 . Auch i m übrigen ist eine einheitliche Aus»2 Z u m älteren Recht vgl. Jacobi, Kirchliches Dienstrecht, S. 86 ff. Da es i n diesem Zusammenhang weniger auf die Rechtsnatur des Dienstverhältnisses als auf die beamtenähnliche Versorgung ankommt, w i r d m a n die Sozialversicherungspflicht f ü r alle entsprechend versorgten Kirchen,,beamten" u n d Geistlichen verneinen können, auch w e n n i h r Dienstverhältnis nicht öffentlich-rechtlich gestaltet ist. 33 Vgl. etwa Hesse, JöffR N. F. 10, 50 ff.; Ule, Öffentlicher Dienst, S.545; Pfennig, öffentlicher Dienst, S.46f.; Frank, Z e v K R 10,299; ähnlich VG Berlin, U. v. 13. 9.1957, Z e v K R 7, 82. Anderer Ansicht Scheven, Z B R 1964, 294. 34 So etwa Loccumer Vertrag A r t . 1 Abs. I I ; Schleswig-Holsteinischer K i r chenvertrag A r t . 2 Abs. I I ; Hessischer Kirchenvertrag A r t . 1 Abs. I V ; K i r chenvertrag Rheinland-Pfalz, A r t . 2 Abs. I I . 35 Dazu etwa Pfennig, Öffentlicher Dienst, S. 20 ff., 63 ff., m i t ausführlicher Aufgliederung der verschiedenen Begriffsebenen (vor allem S. 65 f.). 36 Übereinstimmend schon Ruppel, A r c h E v K R 5, 15. 37 Bachof, DRZ 1949, 553; Ule, Öffentlicher Dienst, S.545; v. MangoldtKlein, Komm., A n m . I V 2 b zu A r t . 75 GG (S. 16941); vgl. auch Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren v. 16.11.1953, abgedruckt bei Liermann, Kirchen u n d Staat, Bd. I, S. 218; ferner BGH, U. v. 3.11.1955, B G H Z 18, 373 = N J W 1956,58.

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sage nicht möglich, so daß die Praxis die Frage mit Recht je nach der angesprochenen Norm unterschiedlich entscheidet 38 . Der Versuch, wenigstens hinsichtlich speziell definierter Bedeutungsformen des Begriffs eine einheitliche A n t w o r t zu finden, muß gleichermaßen scheitern; der Kirchendienst läßt sich sinnvoll auch nicht i n einen öffentlichen Dienst i m begrenzten Sinne einordnen. Hier seien zwei Begriffsinhalte erwähnt, die in der Praxis am häufigsten eine Rolle spielen. Einmal kann unter „öffentlichem Dienst i m engeren Sinne" der gesamte Dienst in öffentlich-rechtlichem Treueverhältnis verstanden werden 3 9 . Unter einen so allgemein formulierten Begriff fallen auch die Kirchenbeamten und Geistlichen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen. Eben deshalb ist aber auch hier eine solch weite Begriffsbildung wenig sinnvoll. M i t ihr w i r d nicht mehr gesagt als die Nichtanwendbarkeit privatrechtlicher Grundsätze. Eine einheitliche Anwendbarkeit aller der Normen, die von öffentlichem Dienst i m entsprechend eingegrenzten Sinne reden, scheidet wie oben aus, denn solche Normen meinen häufig nur den Dienst i n einem Treueverhältnis gegenüber dem Staat oder dessen Körperschaften. Die generelle Einordnung des Kirchenbeamtentums i n einen so definierten „öffentlichen Dienst" — wie sie etwa von Frank versucht w i r d 4 0 — setzt sich über die Tatsache hinweg, daß i m Zeitalter der institutionellen Trennung von Staat und Kirche die früher zumindest zwischen Staat und evangelischer Kirche verwirklichte „Einheit des öffentlichen Dienstes" endgültig der Vergangenheit angehört. So ist m i t der Bejahung der kirchlichen Dienstherrenfähigkeit keineswegs gesagt, daß kirchliche Dienstverhältnisse als Beamtenverhältnisse i m Sinne bestimmter staatlicher Vorschriften zu werten sind. Insbesondere läßt sich nicht ohne weiteres sagen, daß ein Übergang aus dem Kirchen- i n den Staatsdienst ohne Begründung eines neuen — staatlichen — Beamtenverhältnisses möglich ist 4 1 . Einer solchen generellen Aussage bei Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen steht entgegen, daß kirchlicher und staatlicher Dienst, auch wenn beide öffentlich-rechtlich geordnet sind, doch ganz verschiedene Treueverhältnisse entweder gegenüber dem Staat oder gegenüber der Kirche begründen. 38 BVerwG, U. v. 14.10.1960, E 10, 355 (Tätigkeit i m Dienst einer Religionsgemeinschaft ist k e i n öffentlicher Dienst i m Sinne von § 158 Abs. V B B G a. F.); ArbG Darmstadt, U. v. 4. 6.1959, Z e v K R 7,321 (Kirchendienst kein öffentlicher Dienst i m Sinne der T O A ) ; BayVGH, U. v. 7.7.1958, Z e v K R 9, 308 ff. (Kirchlicher Dienst ist öffentlicher Dienst i m Sinne der Anrechnungsvorschriften des bayerischen Besoldungsgesetzes). 39 So Pfennig, öffentlicher Dienst, S. 65. 40 Z e v K R 10, 299. i l So aber anscheinend Frank, Z e v K R 10, S. 297 Fußnote 139.

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Eine andere Möglichkeit, den Begriff des öffentlichen Dienstes einzuschränken, ergibt sich, wenn man unter diesem Begriff „ i m eigentlichen Sinne" nur die privatrechtlich Beschäftigten eines öffentlichrechtlichen Dienstherrn versteht 42 . Eine entsprechende Qualifizierung der nichtbeamteten Dienstnehmer der Kirchen würde bedeuten, daß die vom allgemeinen Arbeitsrecht abweichenden Sonderbestimmungen für die privatrechtlich Beschäftigten der staatlichen Körperschaften 43 auch für die kirchlichen Arbeiter und Angestellten zutreffen. Auch hier kann jedoch angesichts der Verschiedenheit beider Gruppen eine generelle Antwort nicht gegeben werden; es ist für jede einzelne Norm nach der Intention des Gesetzgebers zu fragen. Ob die Formeln i n den Kirchenverträgen, nach denen kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist 4 4 , dahin ausgelegt werden dürfen, daß wenigstens jede landesrechtliche Norm, die von öffentlichem Dienst spricht, auf die Kirchen anwendbar ist, erscheint sehr fraglich. Auch hier w i r d die Formulierung i m Endeffekt auf die ausdrückliche Anerkennung der Dienstherrenfähigkeit und auf die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften hinauslaufen. Ausdrücklich betont werden soll jedoch, daß bei einer anderen Auslegung nicht nur die begünstigenden, sondern auch die belastenden Vorschriften auf die Kirchenbeamten anzuwenden sind 4 5 . 4. Disziplinargewalt Ähnliches wie für die Dienstherrenfähigkeit gilt auch für die Disziplinargewalt der Kirchen. Auch sie w i r d generell unkritisch als originär kirchliches Recht angesehen 46 ; auch bei ihr muß jedoch sorgfältig differenziert werden. Ob es innerkirchlich eine Zuchtgewalt gegen Amtsträger gibt und wie sie kirchenrechtlich zu begründen ist, 42

So Wacke y Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, S. 25. Nicht i m einzelnen verfolgt werden k a n n hier die Frage, ob sich hier ein v o m Arbeitsrecht wesensmäßig verschiedenes „öffentliches Dienstrecht" herausgebildet hat (so Wache, a.a.O., S. 62; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, S. 104; Ule, Öffentlicher Dienst, S. 553) oder ob m a n annehmen muß, daß es sich u m ein Spezialgebiet des Arbeitsrechts handelt, daß also die Angehörigen des öffentlichen Dienstes „echte Arbeitnehmer i m Sinne des A r beitsrechts" sind, auf die dessen Vorschriften trotz mancher Besonderheiten grundsätzlich anzuwenden sind (so Hueck bei Hueck-Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, S. 80). Letzteres scheint angesichts der nach wie vor gegebenen privatvertraglichen Grundlage, der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit und der Tatsache unbestrittener weitgehender Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Prinzipien (vgl. Wacke, a. a. O., S. 45 ff.) richtiger. 44 Vgl. oben Fußnote 34. 45 Richtig Hesse, JöffR N. F. 10, 51. 4 6 Wiesner, Diss., S. 47; Hesse, Rechtsschutz, S. 143 ff.; Ruppel, Fragen des kirchlichen Disziplinarwesens, S. 355: Hanseln, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 132; w o h l auch Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 189. Ebenso i n der Weimarer Zeit: Ebers, Staat u n d Kirche, S. 399. 43

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ist eine Angelegenheit der Kirchen 4 7 . Eine solche innerkirchliche Amtszucht wurzelt aber i n der Kirchengewalt; sie ist wie diese auf kirchlich-geistliche Sanktionen angewiesen und entbehrt staatlich-hoheitlicher Zwangsmöglichkeiten. Soweit sie sich gegen Amtsträger i n einem kirchlichen A m t ohne weltliche Auswirkungen richtet, ist damit alles gesagt. Denn auch die Entziehung eines solchen Amtes ist eine rein kirchliche Sanktion; weitere Strafen, etwa Geldbußen, sind nur durch freiwillige Unterwerfung vollstreckbar. Anders w i r d es, wenn ein Amtsverhältnis gleichzeitig Dienstverhältnis i m Sinne des weltlichen Rechts ist. W i r d Amtszucht gegen kirchliche Angestellte und Arbeiter geübt und sollen ihre Folgerungen auch für den weltlichen Bereich gültig sein, dann hat sie sich hinsichtlich weltlicher Sanktionen (Kündigung, Geldbußen) an die Möglichkeiten des Arbeitsrechts zu halten 4 8 . Das gilt auch, wenn „Kirchenbeamte" und Geistliche i n einem Dienstverhältnis stehen, das nicht als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist. Soweit die Kirche aber auf Grund der von ihr akzeptierten staatlichen Gestaltungsmöglichkeit Beamte im öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis beschäftigt, bedarf sie staatlich verliehener Disziplinargewalt, wenn sie zur Ausübung ihrer Amtszucht konstitutiv mit weltlichen Folgen i n das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis einwirken w i l l . Nur eine solche hoheitliche Strafgewalt setzt sie imstand, einseitig m i t öffentlich-rechtlicher Wirkung entweder durch Einzelmaßnahmen (Gehaltskürzung, strafweise Versetzung, Geldbuße) verändernd i n das Dienstverhältnis einzugreifen oder aber es zu beenden (Dienstentfernung). Diese rein weltliche Disziplinargewalt, die begrifflich m i t der Zuchtgewalt und dem geistlichen Amtsverhältnis nichts zu tun hat, ist das Gegenstück der Dienstherrenfähigkeit und steht den Kirchen traditionell als Ausfluß der Korporationsqualität zur Verfügung 4 9 ; der Staat leistet darüber hinaus auch weitgehend Amts-

47 Dazu allgemein Smend, A r t . „Disziplinarrecht", R G G Bd. I I , Sp. 210 ff. Z u r Grundlegung auf evangelischer Seite besonders: Ruppel, Fragen des kirchlichen Disziplinarwesens, passim, u n d Wiesner, Diss., passim, insbes. S. 47 ff. (dazu die Besprechung von Ruppel i n Z e v K R 9, 294 ff.). Z u r A m t s enthebung i m katholischen Bereich, die dort als T e i l des kirchlichen Strafrechts anzusehen ist, vgl. Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I, S. 303 ff.; Bd. I I I , S. 395 ff. 48 Wie hier Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 83 ff. Eine Tendenz zur Ausdehnung der Amtszucht auf alle kirchlichen Dienste ohne Rücksicht auf deren Rechtsform bei Wiesner, Diss., S. 1091; ähnlich auch Engelhardt, AöR 86,339. 49 Daß die kirchliche Disziplinargewalt staatlich verliehen ist, entspricht der herrschenden Lehre der Weimarer Zeit, die allerdings die obige Differenzierung zwischen (innerkirchlicher) Zucht- u n d (staatlich verliehener) Disziplinargewalt nicht macht (vgl. Anschütz, Komm., A n m . 5, 8 zu A r t . 137 W R V — S. 637,645 —; Bredt, Neues evangelisches Kirchenrecht, Bd. I I , S. 190 f.; Holstein, Kirchenrecht, S. 371: J.Conrad, Diss., S. 30). Heute ebenso:

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und Vollstreckungshilfe 50 . Freilich ist damit nicht gesagt, ob die Entscheidungen kirchlicher Disziplinarstellen (insbesondere kirchlicher Disziplinargerichte) für den staatlichen Bereich endgültig sind oder ob sie vor den staatlichen Gerichten entweder unmittelbar oder mittelbar i m Wege der Inzidentkontrolle angefochten werden können. Darauf w i r d unten einzugehen sein 5 0 a . 5. Vereidigungsrecht I n engem Zusammenhang m i t der Disziplinargewalt steht das kirch lichen Gerichten, besonders den Disziplinargerichten, stellenweise eingeräumte Vereidigungsrecht 51 . Dieses Recht begründet nicht die Zulässigkeit einer Vereidigung vor kirchlichen Gerichten, denn diese Frage ist durch das Kirchenrecht zu regeln. Die staatliche Einräumung eines Vereidigungsrechts bedeutet lediglich, daß „die kirchenrechtlich zulässige Vereidigung auch i m staatlichen Bereich Bedeutung erhält und der kraft staatlichen Rechts begründeten Vereidigung" — insbesondere strafrechtlich — „gleichgestellt w i r d " 5 2 . Es leuchtet ein, daß das so umschriebene Recht staatlich verliehen ist; es steht den Kirchen nicht generell, sondern nur kraft Einzelverleihung zu, ist also kein Teil der Korporationsqualität. 6. Autonomie zur Regelung dieser Bereiche m i t öffentlich-rechtlicher Wirkung Auch hinsichtlich der kirchlichen Autonomie bedarf es einer differenzierenden Betrachtung und klarer Unterscheidung. Zur Rechtsetzung auf dem Gebiet der eigenen Angelegenheiten brauchen die Religionsgemeinschaften keine i m technischen Sinn verstandene, also vom Staat abgeleitete Autonomie. Die entsprechende Rechtsetzungsgewalt („wesensgemäße Autonomie") w i r d vom inneren Kirchenrecht als Teil der Kirchengewalt geschaffen. Sie ist originär und unabgeleitet wie diese; die M i t w i r k u n g des Staates beschränkt sich auf die ausdrückliche Anerkennung und Gewährleistung durch die Garantie des kirchForsthoff, Verwaltungsrecht, S. 429 f. Fußnote 2; Voigt, Kirchenrecht, S. 224; w o h l auch Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 316 Fußnote 169. 50 Dazu Wiesner, Diss., S. 113; Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 130. 5oa Vgl. unten § 17 unter c). 51 Ausführliche Nachweise der derzeitigen Regelungen bei Wiesner, Diss., S. 109 Fußnote 2. 52 Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 94. Übereinstimmend Ebers, Religionsgesellschaften, S. 420; derselbe, Staat u n d Kirche, S. 404; Wiesner, Diss., S. 109.

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liehen Selbstbestimmungsrechts (Art. 137 Abs. I I I WRV) 5 3 . Andererseits ist diese kirchliche Rechtsetzungsgewalt kraft eigenen Rechts auf den internen Kirchenbereich beschränkt; die zwingende Normsetzung i m weltlichen Raum steht ausschließlich dem Staat zu 5 4 . Öffentlich-rechtliche Wirksamkeit i m weltlichen Bereich können kirchliche Rechtsetzungsakte also nur kraft staatlicher Verleihung (Rechtsetzungsermächtigung) erlangen 55 . Besonders wichtig w i r d das für die Ausübung der öffentlich-rechtlichen Privilegien der Kirchen. Dem Staat bieten sich hier verschiedene Wege an. Er kann diese Befugnisse entweder i n allen Einzelheiten inhaltlich ausformen und die Kirchen für den Fall, daß sie von den angebotenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch machen, an minutiös ausgeprägte staatliche Normierungen binden. Jenen bleibt dann nur die Wahl, die vorgeprägten Befugnisse anzunehmen oder abzulehnen, aber kein Recht, sie inhaltlich zu beeinflussen. Andererseits kann ihnen die Einzelausgestaltung dieser Rechtspositionen dadurch zum großen Teil selbst überlassen werden, daß der Staat sie zu entsprechender öffentlich-rechtlich wirksamer Rechtsetzung ermächtigt. Schon der größeren Sachnähe halber empfiehlt es sich, die letztere Form zu wählen und den Kirchen selbst die vielfach notwendige Anpassung der öffentlichen Rechtsformen an die spezifisch kirchlichen Verhältnisse zu übertragen. Eine solche Regelung entspricht auch dem freiheitlichen System des Grundgesetzes, unter dem i m allgemeinen von einer Vermutung zugunsten der kirchlichen Selbständigkeit ausgegangen werden k a n n 5 5 a . So w i r d man annehmen dürfen, daß die K i r 53 Daß die Kirchengewalt u n d die kirchliche Rechtsetzungsgewalt i n eigenen Angelegenheiten unabgeleitet ist, ist heute nahezu unbestritten. So etwa: B G H , U. v. 18. 2.1954, B G H Z 12, 321 = ZevKR 3, 407 = N J W 1954, 1284 = K i r c h E 2,189; BSozG, U. v. 29. 3.1962, D Ö V 1962,787; Erler, Kirchenrecht, S. 85; Hesse, Rechtsschutz, S. 78; Röttgen, DVB1.1952, 487; Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 20 zu A r t . 19 I V G G ; Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 138 ff.; Scheven, Z e v K R 4,166; Scheuner, Z e v K R 6, 7 ff.; W.Weber, V V D t S t R L 11,159ff. (vgl. auch oben §3 unter b.). Anderer Ansicht, soweit ersichtlich, n u r E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 167; u n k l a r Hartmann, Diss., S. 88 f., 93 ff. 54 Herbert Rrüger, Allgemeine Staatslehre, S. 770. 55 Der Unterschied w i r d richtig gesehen bei Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 173, der allerdings n u r Steuersatzungen der Kirchen als abgeleitet-autonom ansieht; ferner bei Raiisch, ZevKR 2,25; Jacobi, K i r c h liches Dienstrecht, S.91,93; V G Frankfurt, U. v. 14. 7.1960, DVB1.1961, 489; besonders deutlich FG Hamburg, U. v. 24.10.1960, DVB1.1961, 486 f. Daß die Kirchen auf G r u n d staatlicher Verleihung echte Rechtsetzung ausüben können, übersieht E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 159 ff., bei seinen ausführlichen Überlegungen zur kirchlichen Autonomie. ssa i n dem Bereich des Staatskirchenrechts ist also der — i m übrigen nicht unbedenkliche — Auslegungsgrundsatz „ i n dubio pro liberiate" anwendbar. Z u diesem Grundsatz vgl. Ossenbühl, D Ö V 1965, 657 m. Nachw.

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chen auf Grund der staatskirchenrechtlichen Verfassungsbestimmungen zur selbständigen Gestaltung ihrer öffentlich-rechtlichen Befugnisse ermächtigt sind, soweit diese nicht staatsgesetzlich ausgeformt sind. Diese Ermächtigung ist etwas grundsätzlich anderes als die Anerkennung originärer Selbstbestimmung; sie hat ihren Bezugspunkt nicht in A r t . 137 Abs. I I I WRV, sondern i n der Garantie der Korporationsrechte i n Art. 137 Abs. V. Für ihre Annahme spricht auch, daß ohne sie der Staat den Kirchen die ihnen verfassungsmäßig zugesicherten Befugnisse — etwa das Besteuerungsrecht — durch schlichtes Unterlassen einer näheren Regelung vorenthalten könnte. Zur Begründung eines entsprechenden Satzungsrechts der Religionsgemeinschaften bei Fehlen einer ausdrücklichen landesgesetzlichen Ermächtigung bedarf es daher keines Rückgriffs auf ein Gewohnheitsrecht 56 ; die strengen formalen Anforderungen für die Ermächtigung zur Rechtsetzung durch Rechtsverordnung (Art. 80, 129 GG) sind auf das autonome Satzungsrecht nicht übertragbar 57 . Was die Einzelbefugnisse betrifft, so ist traditionellem deutschen Staatskirchenrecht entsprechend anzunehmen, daß die Religionsgemeinschaften m i t der Korporationsqualität zur autonomen Gestaltung der weltlichen Seite ihrer Amtsverhältnisse ermächtigt sind. Die K i r chen sind also, wenn sie öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse begründen, nicht an das weltliche Beamtenrecht gebunden. Sie können es zwar für anwendbar erklären (§135 BRRG), können aber auch ein kirchliche Bedürfnisse berücksichtigendes autonomes Beamten- und Disziplinarrecht schaffen, also etwa das Fortbestehen des Dienstverhältnisses vom Aufrechterhalten der Kirchenzugehörigkeit oder bekenntnisgemäßer Verkündigung oder Fortdauer des geistlichen Amtes (etwa Bestehenbleiben der Ordination) abhängig machen und ein gerade den kirchlichen Besonderheiten entsprechendes „besonderes Gewaltverhältnis" sui generis schaffen. Dabei ist wenigstens kurz darauf hinzuweisen, daß die Kirchen bei der Ausgestaltung des öffentlichrechtlichen Dienstrechts ihrer Geistlichen freier gestellt sind als bei der Ordnung des Rechts der Verwaltungsbeamten. Während dem Dienstverhältnis etwa des Pfarrers ein echtes geistliches Amtsverhältnis entspricht, von dessen Weiterbestehen das Dienstverhältnis abhängig gemacht werden kann, muß das für die Kirchenbeamten i m engeren Sinne bezweifelt werden. Deren Verhältnis zu ihrer Anstellungskirche ist bei allen Treuepflichten doch i m wesentlichen ein weltliches Dienstverhältnis, das sich aus geistlicher Sicht kaum vom Dienstverhältnis

56 Anders FG Hamburg,

U. v. 24.10.1960, DVB1.1961, 486 f.

57 F G Hamburg, a.a.O.; ebenso Maunz i n Maunz-Dürig, zu A r t . 80 GG; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht, Bd. I , S. 112.

Rd.-Nr. 31 ff.

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leitender Kirchenangestellter unterscheiden dürfte 5 8 . — Da das kirchliche Beamtenrecht echtes öffentliches Beamtenrecht sein muß, um die Anwendung normaler dienstvertraglicher und arbeitsrechtlicher Gesichtspunkte auszuschließen, ist die i n der Korporationsqualität liegende Ermächtigung zur Setzung eines autonomen Dienstrechts durch die Grundprinzipien des öffentlich-rechtlichen Berufsbeamtentums begrenzt (grundsätzlich lebenslängliche Dauer des Dienstverhältnisses, Ruhegehalt, Fürsorgepflicht etc.). Einmal öffentlich-rechtlich begründete Dienstverhältnisse stehen für die Zukunft unter diesen Grundprinzipien, so daß etwa die Fürsorgepflicht fortbesteht, wohlerworbene Rechte nicht einseitig beseitigt werden können 5 9 . Neu begründete „Beamtenverhältnisse", die schon bei ihrer Begründung den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Berufsbeamtentums nicht entsprechen, können wegen der kirchlichen Selbstbestimmung zwar nicht von Staats wegen umgestaltet werden; sie sind aber nicht als öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anzusehen und fallen damit ins Arbeitsrecht. A n die Stelle der hoheitlichen Gestaltungsfreiheit t r i t t dann die Vertragsfreiheit, an die der autonomen Rechtsetzung i m Rahmen der Ermächtigung der Vertragsschluß in den Grenzen des Arbeitsrechts als „für alle geltendem Gesetz" 60 . Für das Besteuerungsrecht stellt die Landesgesetzgebung i m allgemeinen grundsätzliche Bestimmungen auf, überläßt die Einzelheiten aber mehr oder weniger weitgehend kirchlicher Rechtsetzung 61 . Nur ss Insofern hat Mikat, Kirche u n d Staat, S. 20, Recht, w e n n er das Pfarrerrecht als „Rechtsverhältnis sui generis" v o m Kirchenbeamtenrecht abhebt. Das berechtigt jedoch nicht dazu, es von vornherein aus dem öffentlichen Recht auszuscheiden (so aber Mikat, a. a. O.). S9 Ebenso Forsthoff,

Z e v K R 1, 288.

«ο Die herrschende Lehre lehnt die Bindung der Kirchen an die Grundsätze des Berufsbeamtentums ab (vgl. statt aller Hesse, Rechtsschutz, S. 148 ff.; Hamann, Komm., A n m . C 5 zu A r t . 33 GG). Daran ist soviel richtig, daß die Kirchen nicht gezwungen sind, das Recht ihrer Amtsträger, auch w e n n sie lebenslänglich angestellt werden, als Beamtenrecht zu regeln. T u n sie es aber, dann ist ihre Ermächtigung zu autonomer Rechtsetzung durch dessen Grundprinzipien begrenzt. Daß das Problem i m allgemeinen unter dem Gesichtspunkt des „ f ü r alle geltenden Gesetzes" erörtert w i r d , erklärt sich daraus, daß man die Regelung auch der weltlichen Folgen der kirchlichen Amtsverhältnisse als originäres Recht der Kirchen betrachtet (vgl. unter anderen Frank, Z e v K R 10,279; Kaiisch, Z e v K R 2,26; v. Harling, Z e v K R 10,303). ei Vgl. etwa A r t . 17 Bayerisches Kirchensteuergesetz v. 26.11.1954 (BayBS 11,653); § 1 Gesetz über die Erhebung von Kirchensteuern i m Lande Nordrhein-Westfalen v. 30. 4. 1962 (GVB1.NRW S.223); § 1 Hessisches Kirchensteuergesetz v. 27.4.1950 (GVB1.S. 63). Keine Regelung i n H a m b u r g („gewohnheitsrechtliche Ermächtigung", FG Hamburg, U. v. 24.10.1960, DVB1. 1961, 486 f.).

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kurz vermerkt werden soll, daß auch i m zivilrechtlichen Bereich eine gewisse abgeleitet-autonome Rechtsetzung der Kirchen möglich ist 6 2 . 7. Res sacrae Zu den öffentlichen Rechten der Kirchen gehört auch die Behandlung des kirchlichen Kultus- und Verwaltungsvermögens als öffentliche Sachen 63 . Das bedeutet, daß die dem Kultus und der öffentlichen Verwaltung der Kirchen gewidmeten Gegenstände (Kirchengebäude, Altäre, Friedhöfe, Glocken, Kelche, Monstranzen, aber auch Verwaltungsgebäude kirchlicher Dienststellen) auf Grund der Widmung ohne Rücksicht auf das Eigentum öffentlichem Sachenrecht folgen, damit zwar eigentumsfähig bleiben, aber auf die widmungsgemäße Verwendung beschränkt werden. Alle diese Verwendung „störenden oder vereitelnden Verfügungen und Rechtsgeschäfte" 64 sind daher m i t weltlichrechtlicher Wirkung ausgeschlossen. Wie Forsthoff überzeugend dargelegt hat, ist die Eigenschaft der „res sacrae" und des Verwaltungsvermögens als öffentliche Sachen zwar nicht begriffsnotwendig an die Korporationsqualität gebunden, aber doch i m positiven deutschen Staatskirchenrecht seit jeher und noch heute deren Ausfluß 65 . Der Umfang des Bereichs weltlich-rechtlich als öffentliche Sachen anzusehender Gegenstände bestimmte sich früher nach Landesrecht, das insoweit auch auf das innere Kirchenrecht verweisen konnte 6 6 . Heute dürfte sich eine entsprechende Verweisung ohne Rückgriff auf ältere landesrechtliche Bestimmungen schon aus der „Selbständigkeit des Öffentlichkeitsstatus" der Religionsgemeinschaften ergeben 67 . Die Kirchen begründen oder vernichten also selbständig durch entsprechende Widmung oder Entwidmung die Rechtsnatur eines Gegenstands als öffentliche Sache. Dabei sind sie freilich an die sachlogische Struktur gebunden, die sich aus der Lehre von der öffentlichen Sache ergibt; 62 Dazu LG Rottweil, U. v. 21.12.1957, N J W 1959,1090 m i t Anm. Ehret; Ruppel, A r c h E v K R 5,11; ferner Schmadike, Diss., S. 53 ff., für das Gebiet des Arbeitsrechts. 63 E i n Unterschied zwischen Kultgegenständen („res sacrae") u n d dem kirchlichen Verwaltungsvermögen ist v o m weltlichen Recht aus gesehen heute nicht mehr gerechtfertigt (W. Weber, Z e v K R 11,116). 64 Forsthoff, AöR N. F. 31, 224 f.; vgl. auch O V G Koblenz, U. v. 16. 2.1961, Z e v K R 9,311 (317). 65 Forsthoff, AöR N. F. 31, S. 231, 233 ff., 253; J. Heckel, Kirchengut, S. 138 Fußnote 108. Neuerdings ebenso: W.Weber, Z e v K R 11,121; Smend, ZevKR 11, 141 (Tagungsbericht); übereinstimmend auch OVG Lüneburg, U. ν 9. 8.1962, Z e v K R 10,197. 66 So etwa Bayern (vgl. Forsthoff, AöR N. F. 31,218; dort, S. 217 f., auch Darstellung des sonstigen Landesrechts). 67 So W.Weber, Z e v K R 11,118 f., gegen Hesse, Z e v K R 5, 62 ff. (Das neue Bauplanungsrecht u n d die Kirchen), der auf altes Landesrecht zurückgreifen w i l l .

§1.

der Korporationsqualität

n t e t e Rechte

125

sie können also keineswegs beliebige Gegenstände als Teile des Verwaltungs- oder gar des Kultusvermögens widmen 6 8 . 8. Strafrechtsschutz Als Vorrecht der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften besteht ferner ein erhöhter Strafrechtsschutz, durch den einerseits die Religionsgemeinschaften selbst sowie ihre Einrichtungen und Gebräuche vor Beschimpfung geschützt (§ 166 StGB, 2. Alternative), zum anderen ihre Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen und Amtsabzeichen, ferner die Berufstrachten und Berufsabzeichen der von ihnen anerkannten religiösen Vereinigungen oder Genossenschaften gegenüber unbefugtem Gebrauch gesichert werden (§ 132 a Abs. I I I StGB). Diese — aber auch nur diese — Vorschriften des Religionsstrafrechts wirken ausschließlich zugunsten der Gemeinschaften, die die Körperschaftsrechte besitzen 69 . Z u vermerken ist, daß der Titelschutz (§ 132 a Abs. I I I StGB) nur zugunsten solcher Titel und Bezeichnungen gilt, die den Titelinhaber als Amtsträger einer speziellen öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft erscheinen lassen. Eine Monopolisierung bestimmter gemeinchristlicher Ämter oder Titel (Bischof, Erzbischof, Kirche, Pfarrer, Priester) zugunsten der Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts t r i t t nicht ein, da „sonst der Staat den Boden konfessioneller Neutralität verlassen" 70 und die Selbstbestimmung der privatrechtlichen Religionsgemeinschaften beeinträchtigen würde. Ähnliches dürfte auch für die i n § 132 a geschützten Würden, Trachten und Zeichen gelten. 9. Das „Privilegienbündel" Noch nicht erwähnt ist bis jetzt das den Kirchen zustehende Bündel weit verstreuter, ausdrücklich oder stillschweigend an die Korporationsqualität gebundener Einzelbegünstigungen auf den verschiedensten Gebieten. Hierher gehört auch die Anwendbarkeit vieler Normen zugunsten aller „Körperschaften des öffentlichen Rechts" auf die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, ferner die Wertung von deren Dienststellen als „Behörden" i m Sinne mancher staatlicher Vorschrif68 W. Weber, Z e v K R 11,115; die obigen Formulierungen lehnen sich an diese Ausführungen an. 69 Richtig Schönke-Schröder, Rd.-Nr. 8 zu § 132 a, Rd.-Nr. 13 zu § 166 StGB; J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 113 f. (Hinsichtlich §166 StGB 2. Alternative w i r d das zu Unrecht bestritten; vgl. die Nachweise bei J. Lehmann, a. a. O., S. 114 Fußnote 315). 70 So m i t zutreffender Begründung LG München, Beschl. v. 10.4.1962, Z e v K R 10,212 ff. Vgl. aber Smend, Z e v K R 2,378, der die Bezeichnungen „Kirche" u n d „Pfarrer" den Großkirchen vorbehalten w i l l . Dagegen m i t Recht J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 129 ff.; vgl. auch OVG Berlin, U. v. 25. 2.1953, Z e v K R 3, 201 ff. = K i r c h E 2, 26 ff.

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ten. Es würde zu weit führen, hier eine eingehende und auch nur annähernde Vollständigkeit anstrebende Darstellung und Aufzählung dieser Einzelprivilegien zu geben; eine Reihe typischer Beispiele soll die Weitläufigkeit dieses Gebiets verdeutlichen. Die Privilegien ausdrücklich zugunsten der „Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffenlichen Rechts" finden sich vor allem i n der neueren Gesetzgebung. M i t der gesonderten Erwähnung der Religionsgesellschaften w i r d hier der Erkenntnis Rechnung getragen, daß diese von den anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts zu trennen und ihrer Natur gemäß als besondere Erscheinungen zu behandeln sind. Z u dieser Gruppe der Privilegien gehören die Anerkennung als Träger freier Jugendhilfe und eigener Aufgaben i n der Sozialhilfe und die damit verbundenen Rechte (§ 5 JWG bzw. § 10 BSozHG), die Vertretung i n der Bundesprüfstelle jugendgefährdender Schriften (§ 9 Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften), die Berücksichtigung ihrer gottesdienstlichen und seelsorgerischen Belange bei der Bauleitplanung (§ 1 BBauG) sowie die teilweise Befreiung von Genehmigungserfordernissen i m Boden- und Grundstücksverkehr (§19 BBauG, § 4 Grundstücksverkehrsgesetz) und von Sachleistungspflichten nach dem Bundesleistungsgesetz (§ 4 BLeistG). Erwähnt seien noch die zahlreichen Steuervergünstigungen („negative Staatsleistungen" 71 ) und an älteren Vorrechten die Genehmigungsfreiheit der Sammlungen 72 und das Konkursvorrecht 7 3 . Neben die bundesrechtlichen Vergünstigungen treten zahlreiche weitere auf Grund landesrechtlicher Regelungen 7 4 , so häufig die Befreiung von Gerichtskosten und Verwaltungsgebühren 75 . 71 Begriff von W. Weber, Ablösung, S. 51. Ausführliche Übersicht über die Steuervergünstigungen bei J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 106 Fußnote 287. Die Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung solcher Vergünstigungen auf öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften erscheint zweifelhaft (vgl. oben § 3 zu Fußnote 53, gewisse Bedenken auch bei J. Lehmann, a.a.O., S. 107; s. neuestens aber BVerfG, Beschl. v. 4.10.1965, N J W 1965, 2339 f.). 72 § 15 Sammlungsgesetz v. 5.11.1934. Die dort ausgesprochene Beschränkung der Genehmigungsfreiheit auf „christliche" Religionsgemeinschaften, die w o h l vor allem gegen die israelitischen Kultusgemeinden gerichtet war, dürfte schon durch A r t . I I Kontrollratsgesetz Nr. 1 v. 20. 9.1945 (abgedruckt bei Liermann, Kirchen u n d Staat, Bd. I, S. 200) aufgehoben worden sein. 73 § 61 Ziff. 3 KO. Dies Recht k o m m t nach dem Wortlaut den Kirchen u n d öffentlichen Verbänden zu, wobei die herrschende Lehre unter Kirchen n u r die Großkirchen (einschließlich der altkatholischen Kirche) versteht, die übrigen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts aber als „öffentliche Verbände" ansieht. Vgl. dazu J. Lehmann, Kleine Religionsgesellschaften, S. 115 m i t Einzelnachweisen. 74 Zusammenstellung aller einschlägigen Gesetze u n d Verordnungen bis 1954 bei Liermann, Kirchen u n d Staat, Bd. I I , S. 45 ff. 75 Vgl. etwa zur Gerichtskostenfreiheit für das ehemals preußische Gebiet

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der K o r p o r a i o n s q u a i t ä t

n t e t e Rechte

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Begünstigungen auf Grund von Bestimmungen, die schlechthin für alle Körperschaften des öffentlichen Rechts erlassen sind, können nur dann auf die Religionsgesellschaften angewendet werden, wenn eine sorgfältige Auslegung der jeweiligen Einzelnorm ergibt, daß sie mitgemeint sind. Das w i r d besonders i n der Gesetzgebung aus jener Zeit häufig der Fall sein, i n der man die Kirchen noch weitgehend i n einen allgemeinen Sammelbegriff der öffentlichen Korporation einordnete. Als Beispiele seien hier die Nichtanwendbarkeit des Mieterschutzes (§ 32 I V MSchG) auch auf kirchliche Gebäude 76 , die Behandlung kirchlicher Urkunden als öffentliche Urkunden i m Sinne von § 29 GBO und § 415 ZPO 7 7 und die Anwendbarkeit der Vorrechte öffentlich-rechtlicher Korporationen i n der Zwangsvollstreckung (§ 882 a ZPO) 7 8 genannt. Was die Wertung kirchlicher Dienststellen als „Behörden" betrifft, so ist auch hier nicht etwa jede von „Behörden" sprechende Vorschrift unbesehen anwendbar, man muß vielmehr „ i m Einzelfall ermitteln, ob nach der ratio legis die kirchlichen Dienststellen einbezogen sein sollen" 7 9 . I n der neueren Gesetzgebung ist dabei angesichts der heutigen „Besonderung von Staat und Kirche" i m Zweifel davon auszugehen, daß sie nicht mitgemeint sind 8 0 . A u f die Kirchendienststellen angewendet werden i n der Praxis unter anderen die folgenden Vorschriften: § 29 FGG und § 80 GBO (kein Anwaltszwang i m Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit) 8 1 , A r t . 12 preußisches AGBGB (Beur-

Preußisches G K G v. 28.10.1922, § 8 — abgedruckt bei Liermann, a. a. O., Bd. I , S. 233 (weiter i n K r a f t gemäß § 2 Abs. I I Bundes-GKG) ; zur V e r w a l tungsgebührenfreiheit: § 9 Hamburgisches Gebühren-Ges. v. 5. 7.1954 (GVB1. S. 51) ; § 3 Hessisches Verwaltungsgebühren-Ges. v. 18.10.1954 (GVB1. S. 163); § 7 Landesgebührenges. Baden-Württemberg v. 21. 3.1961 (GBl. S. 59) u n d die dazu ergangenen einschlägigen Verordnungen des Innen- u n d K u l t u s ministeriums (GBl. 1962, S. 18,81; 1963, S. 26). 76 LG Düsseldorf, U. v. 6. 5. 1959, N J W 1959, 1925; L G Göttingen, U. v. 23. 6.1949, M D R 1949, 744. 77 K G , Beschl. v. 18.10.1906, K G J 33,191; L G Aurich, Beschl. v. 30. 5.1959, N J W 1959, 2264; W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 416. 78 Lenz, Die Kirche u n d das weltliche Recht, S. 424 f. § 882 a ZPO ist zwar erst 1953 i n die Zivilprozeßordnung eingefügt worden. Entsprechendes galt aber schon früher auf G r u n d der Landesgesetzgebung (vgl. Ruppel, A r c h E v K R 5,21). Die bei Ruppel angeführten Beispiele sind i m übrigen weitgehend veraltet (so k a n n man die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften heute k a u m mehr als Körperschaften des öffentlichen Rechts i m Sinne der §§ 5, 41 des Hypothekenbankgesetzes ansehen). 79 W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 416; übereinstimmend Ruppel, A r c h E v K R 5, 9; OLG Braunschweig, Beschl. v. 19. 2. 1962, FamRZ 1962,193 ff. Anders w o h l noch Forsthoff, Körperschaft, S. 118 f.: „Der Behördencharakter der kirchlichen V e r w a l t u n g ist erhalten geblieben." 80 W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 418. 81 BayObLG, Beschl. v. 9.10.1956, Z e v K R 8,112 = K i r c h E 3, 382 ff.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 3. 6.1952, K i r c h E 1, 286 f.

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bjektive Reichweite der Garantie

kundung von Grundstückskaufverträgen durch eigene Beamte) 82 , § 978 BGB (Pflicht zur Ablieferung i n Behördenräumen gefundener Sachen) 83 und — allerdings wohl zu Unrecht — § 61 Personenstandsgesetz (Einsicht i n die Personenstandsbücher) 84 . 10. Fähigkeit, Staatsauf gaben wahrzunehmen Der Kreis der Befugnisse und Vorrechte der Religionsgemeinschaften auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts rundet sich ab, wenn schließlich noch deren Fähigkeit angeführt wird, einzelne staatliche Aufgaben i m Auftrag des Staates wahrzunehmen. Zwar kennt das deutsche Verwaltungsrecht die Figur des „beliehenen Unternehmers", der als Privatperson öffentliche Aufgaben verrichtet und dazu vom Staat m i t abgeleiteter Hoheitsgewalt ausgestattet ist. Diese Gestaltung ist zwar keineswegs auf die Kirchen zugeschnitten, ein Hinweis auf sie zeigt jedoch, daß der einfache Gesetzgeber ohne besondere Verfassungsregelung nicht daran gehindert ist, den Religionsgemeinschaften auch bei privatrechtlichem Status einzelne Staatsaufgaben zur Verwaltung zu übertragen 85 . M i t der Korporationsqualität und der damit verbundenen öffentlichen Rechtssubjektivität ist aber schon von der Verfassung her eine ausdrückliche Grundlage geschaffen, die einen Rückgriff auf die nicht ganz unangefochtene 86 und überdies wenig passende Rechtsiigur des beliehenen Unternehmers unnötig macht. Freilich muß noch einmal entschieden davor gewarnt werden, von hierher irgendwelche Folgerungen auf Wesen und Rechtsnatur der Kirchen oder auch nur die Form ihrer Einordnung i n das staatliche Gesamtgefüge zu ziehen. I m Gegenteil: für den Bereich der mitverwalteten Staatsaufgaben gelten besondere Gesichtspunkte, die auf die Stellung der Kirchen i m übrigen nicht übertragen werden können, ohne Anlaß zu Fehlschlüssen zu geben. So w i r d man hier — und nur hier — annehmen müssen, daß die Kirchen an staatliche Einzelweisungen 82 RG, U. v. 13.1.1923, RGZ 106,148; W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 416 m. w . Nachw. i n Fußnote 31. — Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 3. 3.1965, E 18, 392 ff., zu der Aufhebung dieser Bestimm u n g durch das rheinland-pfälzische Landesrecht, die das Gericht zu Recht nicht als Enteignung ansieht (dazu auch unten § 17 c). 83 Wolff-Raiser, Sachenrecht, S. 315; W.Weber, Staat u n d Kirche i m Personenstandswesen, S. 416. 84 O L G Braunschweig, Beschl. v. 19. 2.1962, FamRZ 1962,193 ff. Gegen die Anwendung — vor Ergehen dieses Beschlusses — m i t ausführlicher Begründung W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 415—421, insbes. S.418. 85 Angedeutet bei Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 316 f. 86 Gewichtige Bedenken gegen die K o n s t r u k t i o n des „beliehenen Unternehmers" finden sich etwa bei Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 874 f.

§1.

der Korporationsqualität

n t e t e Rechte

129

und Allgemeinanordnungen gebunden werden können und daß sie zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben verpflichtet sind. Eine entsprechende Staatsaufsicht dürfte zumindest zulässig sein. Alles dies gilt i m Bereich der eigenen kirchlichen Aufgaben mit Sicherheit nicht. M i t Ausnahme der bereits oben erwähnten historischen Restbestände i m Personenstandswesen und Friedhofsrecht 87 nehmen die Religionsgemeinschaften heute — soweit ersichtlich — keine Aufgaben des Staates mehr wahr. Die den Kirchen zugestandene M i t w i r k u n g bei Gestaltung und Beaufsichtigung des Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen gehört nicht hierher. Auf den ersten Blick könnte sie so gedeutet werden. Bei ihr handelt es sich jedoch ausschließlich u m das staatlicherseits eingeräumte Recht, eigene kirchlich-religiöse Belange i m staatlichen Schulwesen wahrzunehmen, nicht aber um die Verwaltung echter öffentlicher Hoheitsaufgaben. Zwar sind die Bundesländer kraft Verfassung (Art. 7 Abs. I I I GG) verpflichtet, die religiösdogmatische Gestaltung des Religionsunterrichts i n Übereinstimmung m i t den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften zu halten; die Wege dazu sind ihnen i m einzelnen freigestellt. Eine von den Kirchen als öffentliche Aufgabe wahrgenommene „geistliche Schulaufsicht" ist durch das Grundgesetz aber ebenso ausgeschlossen wie die Bestimmung der Person der Religionslehrer durch die Religionsgemeinschaften oder gar die Erteilung direkter kirchlicher Weisungen an Schulleitungen oder Lehrkräfte 8 8 . Die Kirchen sind also darauf verwiesen, ihre Belange gegenüber den staatlichen Aufsichtsbehörden geltend zu machen 89 . Direkte Maßnahmen — wie der Entzug der Vokation oder der missio canonica — bleiben rein innerkirchlich und bedürfen zur öffentlichrechtlichen Wirkung der Transponierung durch einen staatlichen A k t , also etwa die Beendigung des Religionslehreramtes 90 . Wenn der Staat

87 Vgl. dazu oben § 6 zu Fußnote 4 u n d 5. 88

Wie hier die w o h l herrschende Lehre: Mangoldt-Klein, Komm., A n m . V 4 zu A r t . 7 GG (S. 2871); Giese-Schunck, Komm., A n m . I I 7 zu A r t . 7 GG; H. Heckel, DÖV 1950, 3; Wernicke i n B K , A n m . I I 2 e zu A r t . 7 GG; ZinnStein, Komm., A n m . 3 vor A r t . 58 (S.291); B G H , U. v. 28.11.1960, M D R 1961, 210 (ob die dort geschilderte Praxis i n Bayern freilich den oben genannten Begrenzungen entspricht, mag zweifelhaft erscheinen — eine Frage, die der BGH i n dem angeführten U r t e i l nicht nachzuprüfen brauchte). — Weitere Rechte, insbes. auch das Recht zu Einzel Weisungen, wollen den Kirchen zugestehen: Peters, Elternrecht, S. 425; Mikat, Streitsachen, S. 336. Mikat betrachtet dann — von seinem Standpunkt aus konsequent — einen T e i l der den Kirchen zugestandenen Mitwirkungsbefugnisse als öffentlichrechtlich m i t den sich daraus ergebenden Folgen (Verwaltungsgerichtliche Kontrolle!). 89

Richtig Giese-Schunck, Komm., A n m . I I 7 zu A r t . 7 GG. 90 Mikat, Streitsachen, S. 336, der allerdings auch direkte kirchliche Maßnahmen — Weisungen — für zulässig h ä l t ; vgl. oben Fußnote 88. 9 Weber

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bjektive Reichweite der Garantie

den Kirchen einen Anspruch auf diese Transponierung einräumt 9 1 oder ihnen zur Geltendmachung ihrer Anliegen bestimmte andere Wege eröffnet, so besagt das nichts dagegen, daß es sich hier ausschließlich u m die Erfüllung eigener kirchlicher Aufgaben handelt. — Soweit Geistliche den Religionsunterricht erteilen, ist die Lage wieder anders. Es handelt sich hier u m Staatsauf gaben; die von den Geistlichen ausgeübte Gewalt ist echte öffentliche Gewalt. Diese Gewalt ist aber direkt vom Staat ohne einen Umweg über die Kirche übertragen; als Religionslehrer sind die Geistlichen Amtsträger des Staates 92 , was natürlich nicht ausschließt, daß sie gleichzeitig Amtsträger der Kirchen bleiben und auch einen kirchlichen Auftrag wahrnehmen. Ähnliches gilt auch für die i n der M i l i t ä r - und Gefängnisseelsorge tätigen Geistlichen, die sogar i n einem echten staatlichen Beamtenverhältnis stehen. b) Der verfassungsrechtlich

abgesicherte

Bereich

Die Kernfrage, welche der angeführten Rechte und Befugnisse den verfassungsrechtlich abgesicherten K e r n der Korporationsqualität b i l den, bedarf keiner langen Erörterung mehr; die maßgebenden Gesichtspunkte haben sich i m wesentlichen bereits i n der Darstellung der Einzelrechte herauskristallisiert. Soweit Rechte als traditioneller Bestand direkt aus der Korporationsqualität abgeleitet wurden, gehören sie als deren Bestandteil begriffsnotwendig zur Verfassungsgarantie. Hierher zählen die Dienstherrenfähigkeit, die Disziplinargewalt und die Behandlung des kirchlichen Kultus- und Verwaltungsvermögens als öffentliche Sachen; hinzu kommt das i n der Verfassung ausdrücklich gewährleistete Besteuerungsrecht. Verfassungswirksam klargestellt ist weiterhin die Fähigkeit der Kirchen, staatliche Aufgaben wahrzunehmen; dabei muß man sich freilich darüber i m klaren sein, daß es sich hier u m eine relativ nichtssagende „Garantie" eines nudum ius handelt, die der Konkretisierung durch Übertragung einzelner Aufgaben bedarf. Z u r historisch gewordenen Gestalt der Kirchen, deren Erhaltung A r t . 137 Abs. V W R V bezweckt, w i r d man schließlich die staatskirchenrechtliche Wirksamkeit einer Gliederung auf Grund des Parochialrechts ebenso rechnen müssen wie einen, allerdings nicht genau umrissenen, Bereich technisch verstandener — also abgeleiteter — Autonomie zur Regelung der weltlichen Seite ihrer Amts Verhältnisse. Alle anderen Rechte ergeben sich aus Einzelzuweisung durch Bundesoder Landesgesetz. Sie sind zwar an die Korporationsqualität gebun91 Das t u n etwa die zahlreichen Bestimmungen des Landesrechts, die das Religionslehreramt von der missio canonica oder der Vokation abhängig machen (vgl. dazu H. Heckel, D Ö V 1950, 3). 92 So richtig BGH, U. v. 28.11.1960, M D R 1961, 209, m i t der Folgerung, daß der Staat für Amtspflichtverletzungen haftet.

§ 15. I n der Korporationsqualität nicht enthaltene Rechte

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den, unterliegen aber freier Regulierung durch den zuständigen Gesetzgeber, soweit dem keine vertraglichen Bindungen entgegenstehen. So entbehrt das ganze Privilegienbündel m i t seinen unzähligen Einzelrechten ebenso der verfassungswirksamen Absicherung wie das Vereidigungsrecht und der den Religionsgemeinschaften und ihren Ämtern, Titeln und Würden zugesicherte Strafrechtsschutz. § 15, I n der Korporationsqualität nicht enthaltene Rechte Besteuerungsrecht, Dienstherrenfähigkeit, Disziplinargewalt, abgeleitete Rechtsetzungsbefugnis und einige Randrechte — mit diesen Punkten ist also das m i t der Korporationsqualität gemeinte Zentrum öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten bezeichnet, um das sich alle anderen Vorrechte der Kirchen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts gruppieren. Eine Reihe weiterer Rechte, die i n der Literatur gelegentlich aus der Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft abgeleitet werden, steht den Religionsgemeinschaften dagegen entweder gar nicht oder doch nicht von Verfassungs wegen zu. Auf diese Rechte ist nun noch kurz einzugehen. a) Keine Parteifähigkeit im Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht Eine Beteiligung der Kirchen an Verfassungsstreitigkeiten unter echten Verfassungsorganen scheidet von vorneherein aus. Die Religionsgemeinschaften als eigenständige, eigenen Zwecken dienende und nur i n kleinen Randbereichen staatliche Aufgaben wahrnehmende Organisationen sind keine staatlichen Organe und damit weder Verfassungsorgane des Bundes noch der Länder 1 . Auch eine ausnahmsweise direkte M i t w i r k u n g i n einem staatlichen Verfassungsorgan (gegeben ausschließlich i m Bayerischen Senat) kann als — überdies systemwidriger 2 — Einzelfall an dieser Beurteilung nichts ändern. Eine verfassungsorganähnliche Stellung, die etwa der der Parteien entspräche, kommt den Kirchen ebenfalls nicht zu, obwohl sie berechtigt sind, mittelbar über die Betätigung i m nicht-staatlichen öffentlichen Bereich die staatliche Willensbildung zu beeinflussen 3. Eine solche Stellung der Religions1 Z u m Begriff vgl. Goessl, Organstreitigkeiten, S. 97. 2 Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1028; derselbe, JZ 1962,767 ff. (Urteilsanmerkung); Kern, Staat u n d Kirche, S. 101. Grundsätzliche Bedenken gegen die Gesamtkonstruktion des Bayerischen Senats bei Goessl, Organstreitigkeiten, S. 142 Fußnote 599. 3 Z u r mittelbaren M i t w i r k u n g intermediärer Gewalten an der politischen Willensbildung Walther, Diss., passim; ferner Maunz i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 25 zu A r t . 21 GG; Mangoldt-Klein, Komm., A n m . I I I 4 b zu A r t . 21 GG (S. 622). 9*

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bjektive Reichweite der Garantie

gemeinschaften ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht wie die politischen Parteien auf den Staat zweckbezogen sind, sondern ihrem eigenen religiösen Ziel dienen. Damit ist jedoch die Frage nach der Klageberechtigung i m Organstreit nicht endgültig beantwortet, da möglicherweise die Garantie der öffentlichen Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i. V. m i t Art. 137 Abs. V WRV) als „Ausstattung m i t eigenen Rechten durch das Grundgesetz" i m Sinne von Art. 93 Abs. I GG anzusehen ist 3 a . Das würde bedeuten, daß sich aus der Korporationsqualität die Parteifähigkeit i m Organstreit auf Bundesebene vor dem Bundesverfassungsgericht ergibt. Eine solche Interpretation des Grundgesetzes w i r d durch § 63 BVerfGG, der die möglichen Verfahrensbeteiligten i m Organstreitverfahren aufzählt, die Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts aber nicht erwähnt, auch dann nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn diese Aufzählung abschließend gemeint ist 4 ; eine aus dem Grundgesetz folgende Parteifähigkeit könnte vom einfachen Gesetzgeber nicht beseitigt werden 5 . Das Organstreitverfahren ist jedoch bereits vom Grundgesetz bewußt auf das staatliche Verfassungsleben beschränkt; parteifähig sind — i m Gegensatz zur Weimarer Zeit 6 — nur die Faktoren des inneren Bereichs des Verfassungslebens 7 . Nur Befugnisse i n diesem Raum („Verfassungsfunktionen" 8 ) sind eigene Rechte i m Sinne des A r t . 93 Abs. I GG. Den Kirchen ist zwar eine öffentliche Rechtsstellung garantiert; diese Rechtsstellung und die daraus resultierenden Befugnisse dienen aber der Förderung kircheneigener Zwecke und nicht der Erfüllung bestimmter Funktionen i m staatlichen Verfassungsaufbau. Daher gehören sie nicht zu dessen innerem Bereich und können sie eine Parteifähigkeit i m Organstreit nicht begründen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum den Religionsgemeinschaften eine aus den übrigen Faktoren des öffentlichen Lebens — politische Gemeinden, Gewerkschaften, Berufsverbände — herausragende Rolle i m Verfassungsstreitverfahren zugestanden sein sollte. Ebenso wie für diese genügt auch für die Kirchen der Rechtsschutz

sa So Nagel, Diss., S. 105 ff. 4 Dafür Maunz, Staatsrecht, S. 245; Geiger, Komm., A n m . 3 zu § 63 BVerfGG; dahingestellt i n BVerfG, U. v. 5.4.1952, E 1,208 (222). s So richtig Nagel, Diss., S. 114 f.; Goessl, Organstreitigkeiten, S. 7 7 1 Anders Geiger, Komm., A n m . 3 zu § 63 BVerfGG. e Vgl. dazu Friesenhahn, Die Staatsgerichtsbarkeit, i n : Anschütz-Thoma, Handbuch des dt. Staatsrechts, Bd. I I , S. 535 ff. 7 BVerfG, U. v. 5.4.1952, E 1, 208 ff. (226 f.); U. v. 7. 3.1953, E 2,143 ff. (156). I m Ergebnis ebenso Goessl, Organstreitigkeiten, S. 94—118. 8 Goessl, Organstreitigkeiten, S. 97.

§15. I n der Korporationsqualität nicht enthaltene Rechte

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durch Verwaltungsgerichtsbarkeit und Verfassungsbeschwerde 9. Die Parteifähigkeit i m Organstreit vor dem Bundesverfassungsgericht gehört also nicht zu dem den Kirchen grundgesetzlich garantierten M i n deststatus 10 ; der Bundesgesetzgeber könnte sie aber ohne Verfassungsänderung zubilligen, da Art. 93 Abs. I GG eine Erweiterung des Kreises der möglichen Verfahrensbeteiligten nicht ausschließen soll 1 1 . Da der subsidiäre Rechtsweg für länderinterne Verfassungsstreitigkeiten gemäß Art. 93 Abs. I Nr. 4 GG nur für Fälle eröffnet ist, bei denen auf Bundesebene der Verfassungsrechtsweg gegeben wäre, gilt für i h n das gleiche. Auch er ist de lege lata auf den inneren Bereich des staatlichen Verfassungslebens beschränkt 12 , ohne daß der Bundesgesetzgeber de lege ferenda an einer Ausweitung gehindert wäre. I m Verfassungsstreit vor den Landesverî assungsgerichten kann der Landesgesetzgeber die Parteifähigkeit der Religionsgemeinschaften anerkennen; er hat das auch teilweise getan 13 . Die Zuweisung solcher Streitigkeiten an das Bundesverfassungsgericht über Art. 99 GG scheidet allerdings aus, da auch dies Übertragungsrecht nur für solche Streitigkeiten gilt, die das Grundgesetz i m Bund dem Bundesverfassungsgericht übertragen hat 1 4 . Auch hier greift damit die Beschränkung auf die Faktoren des inneren Verfassungslebens Platz. Nach geltendem Recht können die Religionsgemeinschaften also vor dem Bundesverfassungsgericht i m Organstreitverfahren also keinesfalls klagen oder verklagt werden 1 4 a . 9 Anders Nagel, der — w i e der Staatsgerichtshof der Weimarer Zeit: L . S . I , 295 ff.; I I , 150 ff.; I V , 243 ff.; V I , 71 ff. — die Parteifähigkeit der Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts f ü r gegeben ansieht u n d sie m i t der heutigen Stellung der Kirchen u n d dem Rechtsschutzbedürfnis begründet. (Diss., S. 105 ff., insbes. S. 108). Eingehend zu den Rechtsschutzmöglichkeiten der Kirchen Hollerbach, Verträge, S. 261 ff., der ihnen über A r t . 19 I V GG auch eine Klagemöglichkeit gegen Rechtsverletzungen durch staatliche Rechtsetzungsakte zubilligen w i l l (S. 265 ff.). 10 Ebenso BVerfG, U. v. 5. 4.1952, E 1,208 ff. (227); Goessl, Organstreitigkeiten, S. 142. Anders Nagel, Diss. (vgl. oben Fußnote 9). u So Goessl, Organstreitigkeiten, S. 78 f., m i t ausführlicher Begründung vor allem aus der Entstehungsgeschichte des A r t . 93 GG. 12 BVerfG, U. v. 5. 4.1952, E 1, 208 ff. (222). Vgl. auch die positive Regelung des § 71 BVerfGG, der allerdings ebenso w i e § 63 einer grundgesetzlich garantierten Parteifähigkeit nicht derogieren könnte. 13 So z. B. A r t . 140 Verf. Bremen, A r t . 130 Abs. I Verf. Rheinland-Pfalz, da dort alle „Körperschaften des öffentlichen Rechts" parteifähig sind (vgl. Süsterhenn- S chäfer, Komm., A n m . 3 c zu A r t . 130, S. 452). Z u den Länderregelungen i m einzelnen: Nagel, Diss., S. 64 ff., 130 ff. 14 Holtkotten i n B K , A n m . I I 1 a zu A r t . 99 GG: Hamann, Komm., A n m . Β zu A r t . 99 GG. i4a i m Ergebnis u n d i m wesentlichen auch i n der Begründung übereinstimmend Hollerbach, Verträge, S. 264 f.

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bjektive Reichweite der Garantie

b) Keine „Meistbegünstigungsklausel" gegenüber den Körperschaften der mittelbaren Staatsverwaltung; kein genereller Amtshilfeanspruch I n seinem Referat auf der Marburger Staatsrechtslehrertagung hat W. Weber i n der Korporationsqualität eine „Meistbegünstigungsklausel i n dem Sinne" gesehen, „daß den Kirchen alle Aktivrechte — ohne die Pflichten — zustehen, die den i m Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung beheimateten Körperschaften des öffentlichen Rechts eingeräumt sind" 1 5 . W i l l man m i t der Herausnahme der Kirchen aus dem allgemeinen Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts ernst machen — und man muß es, u m ihrem Wesen gerecht zu werden —, dann kann man diese Ansicht nicht teilen. Es geht nicht an, der i m Schrifttum und i n der Rechtsprechung teilweise zu beobachtenden Tendenz zu folgen, die Kirchen immer dann als Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre Amtsstellen als Behörden und ihren Dienst als öffentlichen Dienst anzusehen, wenn es u m Begünstigungen geht 16 , von der Anwendung belastender Vorschriften aber unter Hinweis auf das Wesen der Kirchen abzusehen 17 . Eine solche Praxis führt dazu, das Verhältnis von Staat und Kirche i n eine einseitige Privilegierung der Kirchen ohne korrespondierende Pflichten zu verwandeln 1 8 . Demgegenüber heißt es klar zu erkennen, daß die notwendige Ausklammerung der Religionsgemeinschaften aus der mittelbaren Staatsverwaltung und einem allgemeinen Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts ebenso notwendig zur Folge hat, daß Kirchen und Selbstverwaltungskörperschaften weder nach Rechten noch nach Pflichten kommensurabel sind. Das hindert nicht, einzelne Bestimmungen zugunsten der „Körperschaften des öffentlichen Rechts" auch auf die Kirchen anzuwenden, soweit diese nach der ratio legis mitumf aßt sein sollen. Entschieden ausgeschlossen ist es aber, den Gesetzgeber mit der Verpflichtung zu belasten, jedes den Selbstverwaltungskörperschaften eingeräumte Recht auch auf die Kirchen auszudehnen, obwohl diese die das Privileg möglicherweise erst rechtfertigenden Pflichten kraft ihres Wesens und ihrer Eigenständigkeit nicht haben 19 . Eine Bindung des is W. Weber, V V D t S t R L 11,170; übereinstimmend Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 165 f.; Hamann, Komm., A n m . Β 8 zu A r t . 140 GG; VG Berlin, U. v. 13. 9.1957, Z e v K R 7, 80 ff. (81). 16 So i n neuerer Zeit sehr deutlich OLG Braunschweig, Beschl. v. 19. 2.1962, FamRZ 1962, 193 ff. 17 So etwa aus der neueren Rechtsprechung OVG Frankfurt, U. v. 7. 2.1961, Z e v K R 10, 214 (216). 18 Vgl. hierzu auch Hesse, Z e v K R 10,222, der eine „moderne Tendenz" f ü r gegeben hält, „das Verhältnis von Staat u n d Kirche aus einem solchen gegenseitiger Respektierung i n ein solches einseitiger Privilegierung zu verwandeln" (Buchbesprechung). 19 Anders aber Mikat, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 165 f. Er meint, der Landesgesetzgeber könne den näheren I n h a l t der Korporations-

§15. I n der Korporationsqualität nicht enthaltene Rechte

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Staatsgesetzgebers an eine derartige „Meistbegünstigungsklausel" kann letztlich nur in der überwundenen Vorstellung des Ineinanderverflochtenseins von kirchlichem und staatlichem Bereich wurzeln. Sie w i r d daher der heute verwirklichten „gegenseitigen Selbständigkeit" der „staatlich-säkularen und kirchlichen Ordnung" 2 0 nicht gerecht. So ist also der Gesetzgeber ebensowenig gehalten, den Kirchen alle Rechte der Selbstverwaltungskörperschaften einzuräumen, wie es andererseits zulässig ist, alle Vorschriften, die von „Behörden", „Körperschaften des öffentlichen Rechts" oder „öffentlichem Dienst" sprechen, ungeprüft auf die Kirchen anzuwenden 21 . Ein typisches Beispiel einer unabwendbaren Begünstigung ist etwa der den staatlichen Selbstverwaltungskörperschaften zustehende 22 Amtshilfeanspruch (Art. 35 GG). Die Kirchen können ihn nur geltend machen, wenn er ihnen ausdrücklich durch Gesetz oder Kirchenvertrag eingeräumt ist. A n einer solchen Regelung w i r d der Gesetzgeber zwar durch das Grundgesetz keineswegs gehindert, er ist aber auch nicht zu ihr verpflichtet 23 . c) Keine echte Gerichtsbarkeit

der Kirchen

Schließlich hat man auch die kirchliche Gerichtsbarkeit als „Bestandteil der mit der Körperschaftsformel wenigstens andeutungsweise umschriebenen privilegierten Stellung der Kirchen" i m staatlichen Bereich angesehen 24 . Dem kann nicht gefolgt werden. Die zum Beispiel bei der katholischen Kirche einer jahrhundertealten Tradition entsprechende Gerichtsbarkeit ist kein staatliches Privileg, sondern eine eigene, qualität „ n u r nach dem öffentlichen Status, m i t allen Rechten der öffentlichen Körperschaft i m Bereich der staatlichen Verwaltung, jedoch ohne deren Pflichten" bestimmen. Diese Ansicht verkennt das Anderssein der Religionsgemeinschaften gegenüber den anderen öffentlichen Korporationen u n d ist w o h l nur daraus zu erklären, daß Mikat hier noch unter dem Einfluß der Weimarer Lehre steht, obwohl auch er die Unanwendbarkeit des allgemeinen Körperschaftsbegriffs auf die Kirchen v e r t r i t t (a. a. O., S. 159). 20 W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 417. Webers dort vertretene Auffassungen präzisieren seine früheren Ausführungen über die „Meistbegünstigungsklausel" (vgl. oben Fußnote 15) zumindest, w e n n sie nicht überhaupt ein Abrücken von der älteren Ansicht bedeuten. 2 * Vgl. dazu oben § 14 unter a), Nr. 3 u n d 9. 22 Dreher, Amtshilfe, S. 59 ff. 23 Anders für das frühere Recht Schirmeister, Diss., S. 2,17, der den Kirchen einen generellen Amtshilfeanspruch zubilligen w i l l . Wie hier Dreher, Amtshilfe, S. 82; W. Weber, Kirche u n d Staat i m Personenstandswesen, S. 418; v. Mangoldt-Klein, Komm., A n m . I I I 1,2 zu A r t . 35 GG (S. 840 f.); Maunz i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 5 zu A r t . 35 GG. Nicht ganz k l a r Hansch t Disziplinargerichtsbarkeit, S. 129 f., der zwar einerseits Regelung durch Gesetz oder Kirchenvertrag f ü r notwendig hält (S. 130), andererseits aber ausführt, daß es sich bei der Amtshilfe u m eine „aus der Partnerschaft von Staat u n d Kirche entspringende Pflicht handele" (S. 129). 24 Scheuner, Z e v K R 7,268.

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bjektive Reichweite der Garantie

ursprüngliche, i m inneren Bereich wirkende kirchliche Rechtsprechung, durch die festgestellt wird, was kraft Kirchenrechts unter den Beteiligten rechtens ist 2 5 . Ob sie gegeben und wie sie i m einzelnen geordnet und gestaltet ist, wie weit sie den einzelnen Gläubigen bindet und verpflichtet und ob -sie mit kirchlich-geistlichen Sanktionen durchgesetzt werden kann, das alles ergibt sich aus dem Kirchenrecht. M i t staatlicher Verleihung, aber auch m i t echter, im. weltlichen Bereich wirkender staatlich-hoheitlicher Rechtsprechung hat diese Gerichtsbarkeit nichts zu tun. Soweit sie i m innerkirchlichen Bereich bleibt, kann sie heute nicht mehr mit verfassungsmäßigen staatlichen Normen und Geboten i n Konflikt kommen; wegen der Garantie der Religionsfreiheit und der kirchlichen Selbstbestimmung ist eine Normsetzung des Staates i m Raum der eigenen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften verfassungsrechtlich nicht zulässig. Bezieht sich die Kirchengerichtsbarkeit dagegen auf Dinge, die der Staat als Teil der weltlichen Rechtsordnung i n Anspruch nimmt (Ehesachen, arbeitsrechtliche Ansprüche, Gehaltsforderungen), dann ist sie nicht etwa verfassungsrechtlich unzulässig 26 , aber „ohne bürgerliche W i r k u n g " 2 7 . Eine andere Frage ist es, ob die Kirchen kraft staatlicher Delegation auch echte weltliche Gerichtsbarkeit ausüben können, die weltliche Rechtsverhältnisse abschließend klären und so einen Rechtsweg zu staatlichen Gerichten ausschließen kann. Daß eine solche Befugnis der Kirchen nicht gegeben ist, war früher selbstverständlich 28 . Eigentlich aktuell und heftig umstritten wurde die ganze Frage durch die umfassende Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes (Art. 19 Abs. I V GG). die verwaltungsgerichtlichen Generalklauseln und die Bildung kircheneigener Verwaltungsgerichte i n zahlreichen evangelischen Landeskirchen. Die Lösung liegt schon in der Verfassungsregelung des Art. 92 GG. Hier ist ausdrücklich bestimmt, daß die rechtsprechende Gewalt durch die „Bundesgerichte" und die „Gerichte der Länder" ausgeübt wird. Damit w i r d für den v/eltlichen Bereich ein Rechtsprechungsmonopol zugunsten des Staates in Anspruch genommen 29 , das auch hinsieht25 Richtig Ebers, Staat u n d Kirche, S. 261 ff.; Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 140. Anders Hartmann, Diss., S. 137 (Gerichtsbarkeit der Kirchen ist keine „autogene", sondern eine — auch stillschweigend — staatlich delegierte Befugnis). 26 Zweifelnd Bettermann, Unabhängigkeit, S. 630 Fußnote 577. 27 So früher § 15 G V G ; heute ebenso: Rosenberg, Zivilprozeßrecht, S. 71. 28 Vgl. Kern i n : Anschütz-Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. I I , S. 478. 29 So neuerdings ganz deutlich BVerfG, Beschl. v. 24.11.1964, E 18,241 ff. (253 f.), dazu Häberle, D Ö V 1965,369; ferner BVerwG, U. v. 26. 6.1958, N J W 1958,16961, und U. v. 8.5.1958, N J W 1958,16971; Bettermann, Unabhängigkeit, S. 629; Holtkotten i n B K , A n m . I I 1 b zu A r t . 92 GG; Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 139.

§15. I n der Korporationsqualität nicht enthaltene Rechte

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lieh der Kirchen und Kirchengerichte keine Ausnahme duldet 3 0 . Eine Sonderstellung der Kirchen kann weder aus ihrer Autonomie noch aus einer „gleichberechtigten Partnerschaft von Staat und Kirche" oder ähnlichen Formulierungen abgeleitet werden. Art. 140 GG bietet nirgends einen entsprechenden Ansatzpunkt. Auch wenn man der hier vertretenen Ansicht nicht folgt, also grundsätzlich eine Delegation von Gerichtsbarkeit an nichtstaatliche, insbesondere kirchliche Instanzen für möglich hält 3 1 , läßt sich doch kaum bestreiten, daß eine Verdrängung der staatlichen Rechtsprechung auf Grund lediglich kirchenrechtlich begründeter Zuständigkeit der Kirchengerichte ausscheidet 32 . Was den Verwaltungsrechtsweg betrifft, so mag das unter den alten Verwaltungsgerichtsgesetzen angesichts der Subsidiarität des Verwaltungsrechtsschutzes (§ 22 Südd. VGG; §§ 22 Abs. I I I MRVO Nr. 165) noch fraglich gewesen sein 33 ; heute ist es durch Art. 40 VwGO klargestellt. Nach dieser Vorschrift ist i n öffentlichrechtlichen Streitigkeiten der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nur ausgeschlossen, wenn eine ausdrückliche bundes- oder landesgesetzliche Zuweisung an ein anderes Gericht vorliegt; eine solche Zuweisung an die Kirchengerichte fehlt überall. Soweit also gegen kirchliche Akte der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist 3 4 , führt er vor die staatlichen, nicht die kirchlichen Verwaltungsgerichte 35 . Die viel untersuchte Frage, weiche Anforderungen an die kirchlichen Gerichte zu stellen sind, um so Bettermann, Unabhängigkeit, S. 629; derselbe, Grundrechte, S. 794; Bachof, D Ö V 1958,558 (Buchbesprechung); E. Fischer, Trennung von Staat u n d Kirche, S. 176; Hamann, Komm., A n m . Β 7 zu A r t . 140 GG (im Gegensatz zur ersten Auflage, A n m . Β 3 zu A r t . 140 GG) ; Schef fier, Stellung der Kirche, S. 234; ferner O V G Berlin, U. v. 22. 3.1965, Az. I V Β 2. 65 (unveröffentlicht), S. 12 ff. (vgl. aber auch S. 17). Die Frage w i r d offengelassen bei Mikat, Streitsachen, S. 317 (vgl. aber auch ebd., S. 329 Fußnote 48!). 31 So etwa BGH, U. v. 16. 3.1961, B G H Z 34, 372 (weitere Fundstellen und übereinstimmende Urteile oben § 14 Fußnote 22) ; Hesse, Rechtsschutz. S. 116 ff.; derselbe, DVB1.1955, 591; Scheven, Diss., S. 97; derselbe, ZevKR 4, 188 ff.; Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 136; Johnsen, Diss., S. 237 (einschränkend); Hartmann, Diss., S. 137; D. u . U . Mann, DVB1.1962, 243 f.; Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 29. 32 Anders aber Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 30. 33 Deshalb nahm Hesse seinerzeit die Zuständigkeit kirchlicher V e r w a l tungsgerichte auch ohne ausdrückliche staatliche Zuweisung an (Rechtsschutz, S. 116 ff.). 34 Dazu unten § 16 unter a). 35 Richtig Mikat, Streitsachen, S. 316 ff.; Hesse, JöffR N. F. 10, 79 f.; derselbe, JZ 1961, 450 (Urteilsbesprechung); Maurer, DVB1.1961, 625 f. (Urteilsbesprechung); Scheffler, Stellung der Kirche, S. 235; O V G Berlin, U. v. 22. 3. 1965, Az. I V Β 2. 65 (unveröffentlicht), S. 16 ff. Anders D. u. U. Mann, DVB1. 1962, 246 f., m i t Begründung aus § 135 B R R G (dagegen überzeugend Mikat, Streitsachen, S. 318 ff.); Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 30; BGH, U. v. 7. 5. 1962, ZBR 1962,2871

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C. Bindunge

und Belastungen

den Rechtsweg zu ihnen als Rechtsweg zu „unabhängigen Gerichten" erscheinen zu lassen 36 , bedarf also keiner Erörterung. Hinzuzufügen ist, daß auch i n Zivilsachen das geltende Gesetzesrecht (Zivilprozeßordnung, Gerichtsverfassungsgesetz) an der ausschließlichen Rechtsprechung staatlicher Gerichte i m weltlichen Bereich festhält 37 . Daß der frühere § 15 GVG, der den staatlichen Monopolanspruch ausdrücklich aufrechterhielt, 1950 durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit gestrichen wurde, kann an dieser Beurteilung nichts ändern: die Aufhebung erfolgte, weil der Inhalt der Norm selbstverständlich geworden sei 38 .

C. I n der K o r p o r a t i o n s q u a l i t ä t enthaltene B i n d u n g e n u n d Belastungen § 16. Allgemeines a) Bindungen nur im öffentlich-rechtlichen

Bereich

Die Korporationsqualität der Kirchen ist i m wesentlichen nichts anderes als die vom Staat verfassungswirksam ausgesprochene Zusicherung bestimmter Rechte und Freiheiten auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die angenommen oder ausgeschlagen werden können. Diese Erkenntnis erlaubt auch eine richtige Einschätzung der Bindungen und Belastungen, die sich aus ihr für die Kirche ergeben. Handelt es sich um keine generelle Klassifizierung, dann ist damit auch gesagt, daß jede Rückwirkung der Garantie auf den eigentlichen, außerhalb des öffentlichen Rechts verbleibenden Raum kirchlicher Tätigkeit ausscheidet, daß sich also aus ihr abgeleitete Bindungen nur i m Gebiet der von der Kirche effektiv beanspruchten öffentlich-rechtlichen Befugnisse ergeben können. Für dieses Gebiet allerdings ist deutlich auszusprechen, daß die ganze verfassungsrechtliche Gebundenheit des öffentlich-rechtlichen Instrumentariums auch da gegeben ist, wo auf Grund staatlicher Verleihung nichtstaatliche Instanzen von i h m Gebrauch machen. Der Staat des Grundgesetzes kann nicht mehr übertragen als er selbst hat, 36 Vgl. etwa D. u. U. Mann, DVB1.1962, 244; Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 136; Hesse, Rechtsschutz, S. 120 ff.; Hartmann, Diss., S. 125 ff. 37 Mikat, Streitsachen, S. 341; Rosenberg, Zivilprozeßrecht, S. 71; Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 139. Anders aber BGHZ 34,372 (vgl. oben Fußnote 31). Z u m Zivilrechtsweg i n Kirchensachen Wieczorek, ZPO, Bd. V, A n m . M I I zu A r t . 13 GVG, m i t ζ. T. veralteten Beispielen. 38 Vgl. die amtliche Begründung (Anlage I I zu Drucksache 530 der I. W a h l periode des Deutschen Bundestags), S. 6. Wie hier Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 138; Scheffler, Stellung der Kirche, S. 234.

§ 16. Allgemeines

139

den Kirchen also keine öffentlich-rechtlichen Positionen einräumen, die von den Bindungen seines eigenen öffentlichen Rechts befreit sind 1 . Denn „das Grundprinzip eines jeden demokratischen Staates, einer jeden organisierten Gemeinschaft auf der Basis von Freiheit und Gleichheit lautet: keine Macht ohne Verantwortung, kein Recht ohne eine korrespondierende Pflicht" l a . So t r i t t i n dem Augenblick, i n dem die Kirchen eine der ihnen staatlicherseits angebotenen öffentlichrechtlichen Befugnisse ausdrücklich annehmen oder i n dem sie stillschweigend in die ihnen eingeräumten öffentlich-rechtlichen Positionen einrücken, automatisch für den Raum abgeleiteter staatlicher Hoheitsgewalt ihre volle öffentlich-rechtliche Gebundenheit ein. Was für Bindungen sich daraus i m einzelnen ergeben, ist unten zu untersuchen. Nochmals zu betonen und festzuhalten ist aber, daß die Bindungen Folgen der Einzelbefugnisse und auf diese bezogen sind, eine Wirkung über den i n Anspruch genommenen Bereich öffentlich-rechtlicher Befugnisse hinaus also nicht ausüben können 2 . b) Wegfall der besonderen Kirchenhoheit

des Staates

Von hier aus ist auch das Problem der besonderen Staatshoheit über die Kirchen zu lösen. Diese besondere Kirchenhoheit oder Staatskirchenhoheit 3 ist von der normalen „statusmäßigen Unterworfenheit" 4 unter die Rechtshoheit des Staates scharf zu trennen. Während die allgemeine Staatshoheit (ius circa sacra i n der Diktion des 19. Jahrhunderts) nach der Definition von S ohm i n der Befugnis des Staates besteht, „von sich aus ohne Konsens der Kirche . . . die Stellung der Kirche zum Staat und zum Recht überhaupt zu bestimmen", liegt die besondere Hoheit i n der „Beeinflussung der Kirchengewalt", die der Staat „nur der Kirche gegenüber, die öffentliche Korporation ist", fordern kann. „Hier handelt es sich u m eine Beschränkung der Kirchengewalt, welche Wirkung der Privilegierung der Kirchengewalt ist, dort 1 Eine andere Frage ist es, w i e w e i t sich der Staat aus der V e r w a l t u n g bestimmter Sachbereiche zurückziehen u n d sie den Gebilden der Gesellschaft zur privatrechtlichen Gestaltung freigeben k a n n (vgl. etwa die Regelungen auf dem Gebiet der Sozialhilfe u n d der Jugendfürsorge). Ob ein solcher Rückzug prinzipiell möglich ist u n d welche Grenzen i h m gegebenenfalls gesetzt sind, k a n n hier nicht untersucht werden (vgl. zu dieser Frage etwa Köttgen, D Ö V 1961, 6 ff.; derselbe, Z e v K R 11, 241 f., 248 ff. und vor allem 268 ff. m. w . Nachw.; Forsthoff, Strukturwandlungen der modernen Demokratie, S. 21 f.). ia Übereinstimmend Mikat, Streitigkeiten, S. 328 f. (dort, S. 328, auch das Zitat). 2 Ansätze zu einer ähnlichen Betrachtung schon bei Ebers, Staat und Kirche, S. 134; ferner besonders deutlich bei Weiß, Diss., S. 24. 3 Eichmann, Staat, Religion, Religionsgesellschaften, S. 9. * Herbert Krüger, Z e v K R 6, 73.

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C. Bindunge

u n d Belastungen

. . . nur um Realisierung der aus der Untertaneneigenschaft jedes Vereins folgenden Staatsgewalt 5 ." Daß die allgemeine Rechtshoheit des Staates i m umschriebenen Sinne auch heute fortbesteht, wurde — i m Gegensatz zur wohl herrschenden Lehre 6 — schon oben begründet 7 . Hier soll nur kurz daran erinnert werden, daß sie unter dem Grundgesetz — wie auch schon unter der Weimarer Verfassung — m i t der Garantie der kirchlichen Selbstbestimmung auf die Bindung der Kirchen an das für alle geltende Gesetz beschränkt ist. Daß dazu heute — i m Gegensatz zur Weimarer Zeit 8 — das öffentliche Vereinsrecht nicht mehr gehört, ist durch § 2 Abs. I I Nr. 3 des neuen Vereinsgesetzes 9 klargestellt. Die besondere Staatshoheit und Kirchenaufsicht dagegen ist weggefallen. Zwar wurde sie auch nach Abbau des Landeskirchentums durch die Weimarer Verfassung von Rechtsprechung 10 , Verwaltungsund Regierungspraxis 11 sowie der überwiegenden Meinung i n der Rechtslehre 12 als „notwendiges Korrelat der den Kirchen staatlicherseits gewährten öffentlich-rechtlich gehobenen Stellung" 1 3 , also der Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts, abgeleitet (Korrelatentheorie). Diese Praxis war das Ergebnis der bereits oben ge5 Sohm, Das Verhältnis von Staat u n d Kirche, S. 51 f. Vgl. zum Unterschied auch Lier mann, ÖstArchKR 5, 214 f. β Anderer Ansicht besonders entschieden Hesse, Rechtsschutz, S. 77 ; Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1027; Rupp, AöR 85,161; Maurer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 150 ff. Wie hier Scheuner, Z e v K R 6, 25 f.; Herbert Krüger, ZevKR 6, 72 f. 7 Vgl. oben § 3 unter c). s Ebers, Staat und Kirche, S. 296; übereinstimmend für die Zeit des Grundgesetzes Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. I I , S. 504. 9 Ges. zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) v. 5. 8. 1964, BGBl. I, S. 563 ff. 10 PreußOVG, U. v. 29. 4.1924, E 79, 98 ff. (104); 14.6.1927, E 82,196 ff. (204); 26.4.1927, E 82, 231 ff. (237); RG, U. v. 10. 3.1922, RGSt 57, 23 ff.; Beschl. v. 26. 10.1921, RGZ 103, 91 ff. (94). 11 Typisch etwa die preußische Gesetzgebung zur V e r w a l t u n g des katholischen Kirchenvermögens u n d ihre amtliche Begründung (dazu Anschütz, Komm., A n m . 5 Fußnote 3 zu A r t . 137 W R V [S. 637]; J. Schmitt, Kirchliche Selbstverwaltung, S. 57; Ebers, Staat u n d Kirche, S. 309 [ebd., S. 305 ff., auch Beispiele aus der Gesetzgebung anderer Länder] ). 12 Anschütz, Komm., A n m . 5 zu A r t . 137 W R V (S. 636 ff.); Bredt, Neues evangelisches Kirchenrecht, Bd. I I , S. 205,224; Schoen, V e r w A r c h 29 (1922), S. 20 f.; derselbe, Das neue Verfassungsrecht, S. 33; Stier-Somlo, Staatsrecht, Bd. I, S. 498; Giese, AöR N . F . 7 (1924), S. 161; Forsthoff, Körperschaft, S. 115 ff.; J.Conrad, Diss., S. 51, u n d viele andere (ausführliche Nachweise bei Anschütz, a. a. O.). Anderer Ansicht vor allem Ebers, Staat und Kirche, S. 311 ff.; derselbe, Religionsgesellschaften, S. 401 f l ; Lohr, Kirchenhoheit, passim; Eichmann, Staat, Religion, Religionsgesellschaften, S. 9; J. Schmitt, Selbstverwaltung, S. 90 ff.; Weiß, Diss., S. 7 (auch hier weitere Nachweise bei Anschütz und Ebers, a. a. O.). 13 Schoen, V e r w A r c h 29 (1922), S. 20.

§16. Allgemeines

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schilderten begriff s juris tischen Denkweise der Weimarer Zeit mit ihrer Überbewertung der verfassungsrechtlichen Qualifizierung der Rechtsform der Kirchen. Z u erklären ist sie aus der starken Verwurzelung i n der eingefahrenen Theorie des herkömmlichen Staatskirchenrechts, die den Weg zu vollem Erfassen des mit den Kirchenartikeln der Weimarer Verfassung eingetretenen Umbruchs verbaute und so dazu führte, daß man Rechte weiterhin aufrechterhielt, die der Verfassungsgeber gerade beseitigen wollte 1 4 . Damals wie heute bestand der Sinn der Korporationsqualität jedoch in der Erhaltung der Einzelbefugnisse der Kirchen, nicht aber i n irgendeiner generellen Klassifizierung ihres Wirkens oder ihrer Gewalt. So war schon damals Ebers i m Recht, wenn er entgegen der herrschenden Korrelatentheorie betonte, daß es nur einzelne Aufsichtsrechte des Staates „als Folgen einzelner bestimmter öffentlicher Körperschaftsrechte", nicht aber eine generelle Staatskirchenhoheit und umfassende qualifizierte Staatsaufsicht geben könne 1 5 . Die besondere Kirchenhoheit, die es konsequent zu Ende gedacht dem Staat erlaubt hätte, die Kirchen zur Erfüllung ihrer Aufgaben anzuhalten und sie dabei zu beaufsichtigen, bestand also spätestens mit der Weimarer Verfassung nicht mehr. U m ihren Wegfall für das heutige Recht zu begründen, bedarf es daher keines Rückgriffs auf einen „Bedeutungswandel" der staatskirchenrechtlichen Verfassungsartikel 16 . Daß die Korrelatentheorie jedenfalls heute nicht mehr haltbar und die besondere Kirchenhoheit unter dem Grundgesetz weggefallen ist, ist i m übrigen bei verschiedener Begründung fast allgemeine Ansicht der Rechtslehre 17 . 14 Dazu Ebers, Staat u n d Kirche, S. 300 ff. Vgl. ferner die Ausführungen oben § 6 zu Fußnote 15 m. w. Nachw. is Ebers, Staat u n d Kirche, S. 134, 332. 16 I m wesentlichen übereinstimmend Mikat, Kirche u n d Staat, S. 12 f. 17 Übereinstimmend u n d z u m großen T e i l noch weitergehend: Erler, Kirchenrecht, S. 85; E. Fischer, Staat u n d Kirche, S. 169 ff.; Friedrich, Kirchenrecht, S. 473; Hesse, Rechtsschutz, S. 77; derselbe, Z e v K R 6,179; Holtkotten i n B K , A n m . I I 5 a zu A r t . 140 G G ; Herbert Krüger, Z e v K R 6, 72 f.; Liermann, ÖstArchKR 5,214; v.Mangoldt, Komm., A n m . 2 zu A r t . 140 GG; Mikat, Kirche u n d Staat, S. 4, 12 f.; derselbe, Kirchen u n d Religionsgemeinschaften, S. 129 f., 187 ff.; Ridder, StL, Bd. I V , Sp. 1027; Scheffler, Stellung der Kirche, S. 179; Scheuner, RGG, Bd. I I I , Sp. 1335; derselbe, Z e v K R 6,25; Scheven, Z e v K R 4,173; Schlief, Diss., S. 1951; W.Thieme, AöR 80,423 ff.; Vischer, Z e v K R 1,173 f.; derselbe, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S.20; W. Weber, V V D t S t R L 11,158; Zwirner, Z e v K R 11,211 (Urteilsbesprechung); ferner aus der Rechtsprechung: LVG Hannover, U. v. 8. 3.1957, DVB1.1958, 387; O L G Schleswig, U. v. 29.12.1954, DVB1.1955, 676 = Z e v K R 4, 325 = KirchE 2, 417 ff. (420); L G Dortmund, Beschl. v. 19.10.1961, M D R 1962, 408. — Anderer Ansicht n u r Voigt, Kirchenrecht (besonders entschieden: „Die öffentlich-rechtliche Stellung der Kirchen erfordert als Korrelat deren Beaufsichtigung durch den Staat", begrenzt n u r durch die Religions- u n d Kultusfreiheit); Hartmann, Diss., S. 89; ferner die älteren Kommentare von Nawiasky-Leusser, S. 226, u n d Geller-Kleinrahm, 1. Aufl., S. 120 (anders die 2. Aufl., Anm. 2

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C. Bindunge

u n d Belastungen

Daß heißt nun freilich nicht, daß die Kirchen in allen Bereichen ihrer Tätigkeit frei von jeder Staatsaufsicht sind. Soweit sie echte Staatsaufgaben wahrnehmen, ist deren ordnungsgemäße Erledigung nur dann sicherzustellen, wenn man entsprechende staatliche Aufsichtsrechte annimmt 1 8 . Ob darüber hinaus auch heute den einzelnen öffentlich-rechtlichen Befugnissen der Kirchen entsprechende Einzelaufsichtsrechte des Staates gegenüberstehen, wie sie Ebers für die Weimarer Zeit begründet hat 1 9 , w i r d unten zu untersuchen sein. Fest steht jedoch, daß dort, wo das für alle geltende Gesetz eine bestimmte Betätigung, gleichgültig wer sie ausübt, unter Staatsaufsicht stellt, auch die Kirchen von dieser erf aßt werden. Ein Beispiel sind die kirchlicherseits unterhaltenen Privatschulen, die wie alle anderen Privatschulen der staatlichen Schulaufsicht unterstehen 1921 . Von der allgemeinen Vereinsaufsicht sind die Kirchen heute allerdings schon kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 2 Vereinsgesetz) ausgenommen; es wäre auch fraglich, ob eine andere Regelung nicht als verfassungswidriger Eingriff i n die grundgesetzlich gewährleistete Selbstbestimmung anzusehen wäre 2 0 . Nicht hierher gehört die Kontrolle des von Geistlichen an Staatsschulen erteilten Religionsunterrichts durch die Schulaufsichtsbehörde. Da die Geistlichen insoweit ein staatliches A m t versehen, handelt es sich u m die staatsinterne Beaufsichtigung eigener Amtsträger 2 1 . c) Keine Verpflichtung

zu bundestreueähnlichem

Verhalten

Auch eine bundestreueähnliche Verpflichtung der Kirchen gegenüber dem Staat kann aus der Korporationsqualität nicht hergeleitet werden 2 2 . Eine solche Verpflichtung entspricht der oben abgelehnten Konzeption eines öffentlichen Gesamtstatus der Kirchen, der i n einer Anerkennung als Mitverwalter des „bonum commune" und der „beiderseitigen Verantwortlichkeit für die öffentliche Ordnung" 2 3 kulminiert. zu A r t . 22, [S. 174] ) ; w o h l auch Eichmann-Mörsdorf, Bd. I I , S. 504; Smend, Z e v K R 2,379 („gewisse Aufsicht" als Folge des öffentlichen Gesamtstatus); Dahm, Deutsches Recht, S. 404 (Staatsaufsicht als notwendiges Korrelat der rechtlich anerkannten Betätigung als Verband des öffentlichen Lebens). is Vgl. oben § 14 unter a), Nr. 10. 19 Staat u n d Kirche, S. 330 ff. i9a Richtig Erler, Kirchenrecht, S. 95. 20 Vgl. dazu OVG Berlin, U. v. 25. 2.1953, Z e v K R 3, 205 = KirchE 2, 26 ff. (33 f.). 2 1 Vgl. oben § 14 zu Fußnote 92. 22 Der Gedanke einer „bundestreueähnlichen" Verpflichtung der Kirchen wurde erstmals von Hesse „aus einem f ü r beide (seil. Staat u n d Kirche) verpflichtenden Recht der Partnerschaft" begründet (ZevKR 3,193) u n d von Dombois (Recht der Gnade, S. 1050) aufgenommen. Ä h n l i c h auch Frank, Z e v K R 10,298. 23 Hesse, Z e v K R 6,192.

§ 17. Die einzelnen Bindungen

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Trotzdem ist an dem B i l d der Verpflichtung zu bundesfreundlichem Verhalten so viel richtig, daß die Kirchen ihrerseits verpflichtet sind, den Staat, der ihren Öffentlichkeitsanspruch anerkennt, i n seiner Existenz ernst zu nehmen, seiner Handlungsweise Verantwortlichkeit zu unterstellen und ihr Verhältnis zu i h m als Dialog, nicht aber als Antithese aufzufassen. Diese Verpflichtung ergibt sich nicht aus der Korporationsqualität und nicht aus anderen Verfassungsnormen; sie ist das Gegenstück der i n der täglichen Staatspraxis zum Tragen gebrachten „Anerkennung des kirchlichen Öffentlichkeitsanspruchs" und rechtlich ebensowenig genau fixierbar wie diese.

§ 17. Die einzelnen Bindungen der Kirchen i m öffentlich-rechtlichen Bereich Es bleibt nun noch i m einzelnen zu klären, welchen Formen der Gebundenheit das den Kirchen angebotene öffentlich-rechtliche Instrumentarium i m einzelnen unterliegt. Zentralpunkte sind hier der umfassende Rechtsschutz zugunsten der Gewaltunterworfenen, die Grundrechtsbindung auf der einen und die Einschränkung der Grundrechtsgeltung auf der anderen Seite und schließlich möglicherweise Einzelaufsichtsrechte des Staates. a) Anwendbarkeit

der Rechtsschutzgarantie

des Art. 19 Abs. IV

GG

I n der Mitte der besonderen Gebundenheit des öffentlichen Rechts steht die umfassende Rechtsschutzgarantie. A r t . 19 Abs. I V GG garantiert jedem, der durch die öffentliche, das heißt öffentlich-rechtliche (und damit staatliche oder vom Staat abgeleitete) 1 Gewalt i n seinen Rechten verletzt wird, den Rechtsweg zu unabhängigen Gerichten. Für den Fall des Fehlens einer anderen Zuständigkeit eröffnet er den ordentlichen Rechtsweg. Letzteres — die subsidiäre Rechtswegregelung — ist heute durch die verwaltungsgerichtliche Generalklausel (§ 40 VwGO) praktisch bedeutungslos geworden; diese sieht für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten den Verwaltungsrechtsweg vor und füllt so den vollen Garantiebereich der Rechtsschutzgewährleistung aus2. ι Richtig Mikat, Streitsachen, S.339; unklar, aber w o h l anders Hesse, Rechtsschutz, S. 85 ff., der — anders als Mikat, S. 326 — betont, daß öffentliche Gewalt i m Sinne des A r t . 19 Abs. I V GG nicht m i t staatlicher Gewalt gleichzusetzen sei (ebenso Scheffler, Stellung der Kirche, S. 226 f.). Das BVerfG (Beschl. v. 17.2.1965, E 18,385 ff. [386]) sieht zwar die Kirchengewalt als „öffentliche Gewalt" an, nicht aber als öffentliche Gewalt i m Sinne des §90 BVerfGG, worunter n u r staatliche Gewalt zu verstehen sei; es k o m m t also dem hier vertretenen Standpunkt nahe. 2 Mikat, Streitsachen, S. 316.

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C. Bindungerl u n d Belastungen

Ergänzt w i r d Art. 19 Abs. I V GG durch § 90 Abs. I BVerfGG, der gegen Grundrechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht begründet. Öffentliche Gewalt i m Sinne des Art. 19 Abs. I V GG und des i n seiner Problematik insoweit gleichgelagerten § 90 Abs. I BVerfGG ist auch die den Kirchen m i t der Korporationsqualität zur Verfügung gestellte abgeleitete Staatsgewalt, nicht aber die eigene Kirchengewalt. Den Kirchen gegenüber gelten also die Rechtsschutzgarantie und der zusätzliche Schutz durch die Verfassungsbeschwerde dort, wo sie sich der staatlich angebotenen öffentlich-rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bedienen; i m übrigen bewegen sie sich außerhalb des öffentlichen Rechts und üben keine öffentliche Gewalt aus. U m zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen, heißt es, stets beide Seiten i m Auge zu behalten. So ist es zwar wie gesagt richtig, daß die eigentliche, interne Kirchengewalt m i t der öffentlichen Gewalt i m Sinne des A r t . 19 Abs. I V GG nichts zu t u n hat 3 . Das darf aber nicht zu der Fehleinschätzung verleiten, daß die von den Kirchen ausgeübte Gewalt nie oder nur selten öffentliche Gewalt sein kann. Denn so wenig es einerseits zulässig ist, die Kirchengewalt schlechthin als „öffentliche Gewalt" anzusehen4, so wenig darf man andererseits auch die echten öffentlichrechtlichen Rechtsformen vergessen, deren sich die Kirchen weithin bedienen und die v o l l unter der Rechtsschutzgarantie des A r t . 19 Abs. I V GG stehen. Auf dieser Grundlage ist das Problem des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes i n Kirchensachen zu lösen. Jede Betrachtungsweise, die nicht von vornherein den scharfen Trennungsstrich zwischen eigener Kirchengewalt und verliehener Staatsgewalt zieht, ist zum Scheitern verurteilt. Sie muß notwendig erst einmal den gesamten inneren Kirchenbereich und die eigene Kirchengewalt i n die Rechtsschutzgarantie des A r t . 19 Abs. I V GG einbeziehen und dann eine nur schwer zu begründende Begrenzung finden, um die Nachprüf-

3 Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 20 zu A r t . 19 Abs. I V GG; W.Thieme, AöR 80,427 ff.; Zinn-Stein, Komm., A n m . zu A r t . 51 (S. 260); Maurer, DÖV 1960,752; derselbe, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 150ff.; Kaiisch, Z e v K R 2 , 47; Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 134; BayVGH, U. v. 6. 4. 1954, Z e v K R 3,415 = KirchE 2, 223 ff.; V G Berlin, U. v. 16. 1. 1953, KirchE 2, 1; V G Kassel, U. v. 20. 9.1951, Z e v K R 1, 323 = K i r c h E 1,185; V G Düsseldorf, U. v. 27. 6.1963, Z e v K R 11, 314 = JZ 1965, 24 m. A n m . W. Thieme; ferner BVerfG, Beschl. v. 17. 2.1965, E 18, 385 ff. (386), zu § 90 BVerfGG. 4 So aber besonders deutlich VGH Bremen, U. v. 30.12.1958, Z e v K R 8,415; ferner Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 30; derselbe, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 76; Hesse, Rechtsschutz, S. 85 ff.; derselbe, DVB1.1955, 589; v. Mangoldt-Klein, Anm. V I I 2 a zu A r t . 19 Abs. I V G G (S. 570); Scheven, Z e v K R 4, 169; Fuß, DVB1.1958,742; OLG Hamburg, Beschl. v. 26.10.1954, Z e v K R 4, 208 = KirchE 2, 366 ff. (369); O V G Lüneburg, U. v. 18. 2.1964, DVB1.1964, 1027 f.; w o h l auch Scheuner, Z e v K R 3,358.

§ 17. Die einzelnen Bindungen

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barkeit aller auf kirchlichem Recht beruhenden Akte nachträglich wieder einzuschränken 5 . Dem hier vertretenen Standpunkt kommt es sehr nahe, wenn W. Jellinek schon 1950 der Ausgliederung der Kirchenakte aus dem Verwaltungsrechtsschutz für den Fall keine Bedenken entgegensetzte, daß es sich um „rein kirchliche Akte" handele, die er definierte als „Akte einer kirchlichen Gewalt, denen auch das Mitglied einer Sekte unterworfen wäre, der keinerlei öffentlich-rechtliche Gewalt übertragen ist" 6 . Mikat hat das auf die Formel gebracht, daß sich das Problem des Umfangs der Rechtsschutzgarantie i n Kirchensachen auf die Feststellung öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen der Kirchen verengt 7 . W i r d die Abgrenzung der eigenständigen Kirchensphäre und der öffentlich-rechtlichen, auf staatlicher Verleihung beruhenden Positionen richtig vollzogen, also die Grenze des öffentlich-rechtlichen Bereichs entsprechend den obigen Darlegungen weiter gezogen als i n der herrschenden Lehre, dann ist auch dem Anliegen derer angemessen Rechnung getragen, die meinen, auf die Wertung der innerkirchlichen Gewalt als öffentliche Gewalt um des Rechtsschutzbedürfnisses des einzelnen Gewaltunterworfenen w i l l e n nicht verzichten zu können 8 . Soweit die Kirchen also Gebrauch von den ihnen eingeräumten öffentlich-rechtlichen Befugnissen machen, aber auch nur so weit, ist ihnen gegenüber der Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte gewährleistet. Daß dieser Gewährleistung nur ein Rechtsweg zu Staatsgerichten genügt, wurde bereits dargelegt 9 . Zu betonen ist freilich, daß damit die Grenzen der staatlichen Gerichtsbarkeit gegenüber den Kirchen nicht abschließend gezogen sind. Auch abgesehen von den Fällen, i n denen diese selbst die staatlichen Gerichte i n Anspruch nehmen, unterliegen sie nicht nur dort der staatlichen Gerichtsbarkeit, wo sie öffentlich-rechtliche Positionen eingenommen haben. Da sie jedoch nur i m Raum dieser Positionen und nirgends sonst öffentlich-rechtlich auftreten, fallen gegen sie angestrengte Streitigkeiten außerhalb dieses Bereichs weder unter Klagen wegen „Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt" noch überhaupt i n das s Vgl. etwa üle, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 76 einerseits, S. 77 andererseits; Hesse, Rechtsschutz, S. 85 ff. einerseits, S. 94 ff. andererseits. 6 D Ö V 1950, 516. 7 Streitsachen, S. 329, 338 f.; ähnlich Quaritsch, Kirchen u n d Staat, S. 319. Deutlich differenzierend auch Bachof, DÖV 1958,557; Menger, M D R 1955, 514 ff.; OVG Berlin, U. v. 22. 3.1965, Az. I V Β 2. 65 (unveröffentlicht), S. 8 ff. 8 So insbesondere i m Hinblick auf das kirchliche Beamtenrecht Scheven, Diss., S. 92; ferner Hesse, Rechtsschutz, S. 85 ff.; Vie, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 76 f. 9 Vgl. oben § 15 unter c). 10 Weber

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u n d Belastungen

Gebiet des öffentlichen Rechts. So sind Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. I V GG) und staatlicher Verwaltungsrechtsschutz des einzelnen gegenüber der Kirche m i t dem Bereich öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten abschließend umgrenzt 1 0 ; damit ist aber nichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivil- -und Arbeitsgerichten gesagt. Eine solche Klagemöglichkeit ergibt sich insbesondere dann, wenn die Kirchen „bei der Teilnahme am bürgerlichen Rechtsverkehr" von den „durch staatliches Recht normierten Formen" Gebrauch machen 11 . Als Beispiel sei neben Kauf und Miete vor allem der Dienst- und Arbeitsvertrag genannt. Es ist hier nicht der Ort, nun i m einzelnen die Grenzen der staatlichen Gerichtsbarkeit i n Kirchensachen abzumessen. Ob der Zivil- und Arbeitsrechtsweg gegen die Kirchen gegeben ist, folgt aus dem geltendgemachten Anspruch; eine Immunität der Kirchen gegenüber diesen Zweigen der Gerichtsbarkeit ist durch Art. 137 Abs. I I I WRV und die darin enthaltene Bindung an das für alle geltende Gesetz, darüber hinaus wohl auch durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. I I I , 28 Abs. I GG) ausgeschlossen12. Die einzelnen Gebiete des staatlichen Verwaltungsrechisschuizes ergeben sich aus der obigen Darstellung der öffentlich-rechtlichen Befugnisse der Kirchen; wo diese abgeleitetstaatliche Hoheitsgewalt ausüben, ist die Verwaltungsklage zulässig. I n diesem Zusammenhang soll aber wenigstens kurz daran erinnert werden, daß das kirchliche Beamtenrecht einschließlich des Disziplinarwesens auf staatlicher Delegation aufbaut, wenn es öffentlich-rechtlich gestaltet ist und nicht ins Arbeitsrecht fällt. Es unterliegt dann der Rechtsschutzgarantie und dem Verwaltungsrechtsschutz i n vollem Umfange, wobei es nicht möglich sein dürfte, zwischen Statusklagen und vermögensrechtlichen Streitigkeiten zu differenzieren 13 . So ist insbesondere gegen kirchliche Disziplinarmaßnahmen der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten gegeben. Entgegen der herrschenden Lehre 1 4 gilt das auch dann, wenn solche Maßnahmen von kirchlichen i° I n den Ergebnissen u n d i m wesentlichen auch i n der Begründung übereinstimmend Mikat, Streitsachen, passim, insbes. S. 329 ff. n Mikat, Streitsachen, S. 339; vgl. auch Schnorr v. Carolsfeld, Normengrenzrecht, S. 233. ι 2 I m Ergebnis ebenso Herbert Krüger, D Ö V 1961,725; Mikat, Streitsachen, S. 341. is Anders aber W. Thieme, AöR 80,439 ff.; Schlief, Diss., S. 241 f.; L G Bielefeld, U. v. 4.12.1962, Z e v K R 11,143. ι 4 Anders etwa Hansch, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 134; Wiesner, Diss., S. 116; Ruppel, Z e v K R 9,298 (Buchbesprechung); Engelhardt, AöR 86, 344 f.; Hesse, Rechtsschutz, S. 144 (ob Hesse diese auf der Voraussetzung der lediglich subsidiären Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unter den alten Verwaltungsgerichtsgesetzen aufbauende Ansicht heute noch aufrechterhält, ist fraglich: vgl. seine Ausführungen JöffR N. F. 10, 79 f.).

ô

§ 17. Die einzelnen Bindungen

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Disziplinargerichten ausgesprochen worden sind. Hier w i r d nicht „Rechtsprechung gegen Rechtsprechung mobilisiert" 1 5 , denn nur ein Rechtsweg zu staatlichen Gerichten ist Rechtsprechung i m Sinne von Art. 19 Abs. I V GG. Nicht vergessen werden darf bei alledem, daß es sich hier fast stets um komplexe Tatbestände handelt, die eine weltlich-rechtliche und eine kirchenrechtliche Seite haben 16 . Ausschließlich über die weltliche Seite entscheiden die staatlichen Gerichte. So kann eine Maßnahme der kirchlichen Disziplinargewalt gleichzeitigeine Maßnahme innerkirchlicher Amtszucht und weltlichen Disziplinarrechts sein. Nur der Eingriff in das weltliche Beamtenverhältnis unterliegt der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit, nur über die mit ihm verbundenen Rechtsfolgen (Gehaltsanspruch, Fürsorgepflicht u. ä.) entscheidet das Gericht. Sein Urteil enthält also eine Aussage nur hinsichtlich des öffentlichen Beamtenverhältnisses und seiner umschriebenen Folgen, nicht aber über das Bestehen oder Nichtbestehen eines geistlichen „Amts"-Verhältnisses. Über die Maßnahmen echter kirchlicher Amtszucht, die freilich weltlich-rechtlich auch nicht durch Eingriff i n das Beamtenverhältnis (Gehaltskürzung, strafweise Versetzung) erzwungen werden können, kann das staatliche Gericht nicht befinden. Bei ihrer Rechtsprechung sind die Verwaltungsgerichte an das autonom gesetzte Dienstrecht der Kirchen gebunden, das allerdings echte abgeleitete Rechtsnorm ist und als solche sowohl der abstrakten Normenkontrolle gemäß § 47 VwGO unterliegt als auch jeweils vor der Anwendung i m Einzelfalle auf seine Gültigkeit und Verfassungsmäßigkeit nachzuprüfen ist, ohne daß eine Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht besteht. Wichtig w i r d hier insbesondere die Frage, ob sich das Dienstrecht innerhalb der (in der Korporationsqualität) liegenden Ermächtigungsgrundlage hält 1 7 . Nur angedeutet werden kann i n diesem Zusammenhang die Problematik des Ineinandergreifens von staatlichem und kirchlichem Recht an den Stellen, wo die Kirchen — etwa i m Recht ihrer Geistlichen — das weltlich-rechtliche Dienstverhältnis ausdrücklich oder konkludent vom Fortbestehen des Amtsverhältnisses abhängig machen. Die Nachprüfungsberechtigung des staatlichen Gerichts dürfte hier darauf beschränkt sein, festzustellen, ob eine solche Abhängigkeit nach den Normen des autonom gesetzten Dienstrechts 15

So aber Hanseln, Disziplinargerichtsbarkeit, S. 134. 16 Das w i r d nicht gesehen bei L G Bielefeld, U. v. 4.12.1962, Z e v K R 11, 142 ff. 17 Vgl. etwa V G Frankfurt, U. v. 14. 7.1960, DVB1.1961, 488 ff. Die dort für eine Kirchensteuersatzung angestellten Überlegungen gelten auch für die weltliche Seite des kirchlichen Dienstrechts, w e n n m a n sie richtigerweise als abgeleitet-autonome Rechtsetzung ansieht. 10*

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C. Bindunge

und Belastungen

gegeben war, ob sie auf Grund der Rechtsetzungsermächtigung gegeben sein durfte (das ist zwar nicht bei den Geistlichen, wohl aber den sonstigen Kirchenbeamten fraglich), und ob das kirchliche Amts Verhältnis i m konkreten Fall tatsächlich durch A k t der Kirche beendet ist. Die Berechtigung der innerkirchlichen Beendigung des Amtsverhältnisses nachzuprüfen, hieße sich von Staats wegen i n die spezifisch innerkirchlichen Fragen von Lehr- und Amtszucht einmischen. Was den Rechtsweg i n Kirchensachen i m einzelnen betrifft, so ist noch anzumerken, daß die Generalklausel des § 40 VwGO, die für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich den Verwaltungsrechtsweg eröffnet, für den Fall Ausnahmen zuläßt, daß bestimmte Streitigkeiten durch ausdrückliche staatsgesetzliche Regelung an andere (staatliche) Gerichte verwiesen sind. Als Beispiele solcher Zuweisungen i n Kirchensachen seien die ausdrückliche Delegation der Kirchensteuersachen an die Finanzgerichte i n Hamburg und Nordrhein-Westfalen 18 und die generelle Zuweisung des Amtshaftungsanspruchs 19 an die ordentliche Gerichtsbarkeit (Art. 34 GG) 2 0 erwähnt. Dagegen sind die Zivilprozeßsachen kraft Überlieferung 2 1 nach allgemeiner Ansicht durch § 40 VwGO weggefallen 22 . Das bedeutet, daß etwa für Gehalts- und Versorgungsansprüche aus öffentlich-rechtlich »geordneten Dienstverhältnissen der Kirchen nicht mehr wie früher der ordentliche 23 , sondern der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist 2 4 . Angefügt sei noch, daß sich die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte i n Kirchensachen nicht auf die Fälle beschränkt, i n denen Rechtsschutz gegen abgeleitet-hoheitliches Handeln der Kirchen begehrt wird. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten außerhalb dieses Bereichs liegen dann vor, wenn seitens der Kirchen öffentlich-rechtliche Ansprüche geltend gemacht werden (man denke an die Klage einer Kirche auf öffentlich-rechtlich zugesicherte is §13 Kirchensteuergesetz N R W v. 30.4.1962 (GVB1. S.223); § 1 H a m burgisches Ges. v. 13.4.1955 (GVB1. S. 210). 19 Ob dieser Anspruch gegenüber den Kirchen gegeben ist, ist streitig. Dafür B G H , U. v. 17.12.1956, B G H Z 22, 383 ff. (388) = KirchE 3, 430 ff. (433); Hesse, Rechtsschutz, S. 87; derselbe, Z e v K R 5,401 (ebd., S. 400 Fußnote 1, zahlreiche Nachweise zur Bejahung dieser Frage i n der Weimarer Zeit). Dagegen Lenz, Die Kirche u n d das weltliche Recht, S. 203 ff.; stark einschränkend auch Mikat, Streitsachen, S. 340. so Dazu Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 34; Hesse, Z e v K R 5, 404. 21 Dazu etwa BGH, U. v. 8. 5.1953, BGHZ 9, 339 ff. = KirchE 2, 64 ff. 22 D.U. U.Mann, DVB1.1962, 425; Ey ermann- F röhler, Rd.-Nr. 92 zu § 40 V w G O ; Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 32; Schunck-De Clerck, Anm. 2 c zu §40 V w G O (S. 135); Rupp, AöR 85,158. 23 Vgl. etwa O L G Schleswig, U. v. 29. 12. 1954, Z e v K R 4, 326 = KirchE 2, 417 ff. (421); KG, U. v. 1. 7.1955, Z e v K R 5, 99 = K i r c h E 3,102 ff. (105). 24 Richtig BGH, U. v. 7. 5.1962, Z B R 1962,2871; übereinstimmend D. u. ü . Mann, DVB1.1962, 245.

§ 17. Die einzelnen Bindungen

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Dotationen oder an andere Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen der Kirchen mit staatlichen Körperschaften, soweit sie nicht ins Verfassungsrecht und in die Zuständigkeit der Verfassungsgerichte gehören 25 ). Die Schlußfolgerung, ein Verhältnis sei „kirchlich und damit öffentlich-rechtlich" 26 , ist freilich nicht haltbar, da Kirchen und K i r chenrecht wie gezeigt nicht generell ins öffentliche Recht fallen. b) Grundrechtsbindung Soweit die Kirchen ihren Mitgliedern oder gar Außenstehenden m i t öffentlich-rechtlicher Gewalt gegenüberstehen, gilt auch für sie uneingeschränkt die Grundrechtsbindung des öffentlichen Rechts. Für den Gewaltunterworfenen spielt es keine Rolle, ob ihm der Staat oder die Kirche m i t echter, zwangsbestückter Hoheitsgewalt gegenübertritt. Der Schutz gegen diese überlegene Gewalt ist für ihn allen Trägern gegenüber gleichermaßen unentbehrlich, „da jedes \^erhältnis der Uber- und Unterordnung zwischen Hoheitsträger und Bürger eine Gefahr des Machtmißbrauchs m i t sich bringt", eine Gefahr, der die modernen rechtsstaatlichen Verfassungen eben mit der Grundrechtsgarantie zu steuern suchen. So ist über die Grundrechtsbindung des Staates hinaus die Annahme der „Fremdbindung" aller nichtstaatlichen Träger echter Hoheitsgewalt einschließlich der Kirchen unumgänglich 27 . Diese Grundrechtsbindung der Kirchen i m öffentlich-rechtlichen Bereich w i r d selten so deutlich ausgesprochen 28, zumindest hinsichtlich des Besteuerungsrechts w i r d sie aber allgemein als selbstverständlich anerkannt und vorausgesetzt 29 . Zu den gegen die Kirchen wirkenden Grundrechten gehört auch das Recht der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Seine Wirkung w i r d deutlich an der staatlichen Zusicherung des Kirchenaustrittsrechts, das dem 25 Bei der Zurechnung einer Streitigkeit zum Verfassungsrecht ist V o r sicht geboten; sie ist n u r da möglich, w o die Kirchen i n den Ländern i m Organstreit parteifähig sind oder eine sonstige Zuständigkeit der Verfassungsgerichte gegeben ist. Wenn S. Grundmann, BayVBl. 1962,36, die Kirchenverträge ins Verfassungsrecht rechnet, dann w i r d man daraus nicht die Folgerung ziehen dürfen, daß die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte f ü r Streitigkeiten aus diesen Verträgen generell ausscheidet. 26 So aber BGH, U. v. 28.10.1959, B G H Z 31,115 ff. (122), hinsichtlich der Kirchenb aulas t. Diese w i r d man n u r da als ein öffentlich-rechtliches V e r hältnis ansehen können, w o sie durch öffentlich-rechtlichen Vertrag oder ein entsprechendes Herkommen gegenüber staatlichen Körperschaften begründet ist. 27 Schulz-Lessdorf, Diss., S. 5, dort auch die Zitate. 28 Übereinstimmend aber Mikat, Kirchenaustrittsrecht, S. 217; Georg May, ÖstArchKR 14, 30; w o h l auch Erler, Kirchenrecht, S. 82 (wenig präzis). 29 Vgl. etwa Dreysel, DVB1. 1962,237 ff.; Schlenzka, DVB1.1961, 14 ff., u n d die ebd., S. 14 Fußnote 4, zitierte weitere L i t e r a t u r ; ferner VG Frankfurt, U. v. 14. 7.1960, DVB1. 1961, 489.

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C. Bindunge

u n d Belastungen

einzelnen Kirchenangehörigen die Möglichkeit einräumt, sich jederzeit durch entsprechende Erklärung der von der Kirche ausgeübten öffentlich-rechtlichen Gewalt zu entziehen 30 . Insofern sind die häufig gebrauchten Formulierungen, die Glaubensfreiheit richte sich nur gegen den Staat, nicht aber gegen die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, insbesondere gegen die Kirchen, sie verbiete nur staatliche, nicht aber kirchliche Intoleranz 3 1 , zumindest ungenau. „Richtig ist nur, daß aus dem Grundrecht keine Abwehrrechte gegen die dogmatisch begründeten Ansprüche solcher Gemeinschaften an ihre freiwilligen Mitglieder hergeleitet werden können" 3 2 . Das bedeutet, daß die Gewissensfreiheit ebensowenig wie die übrigen Grundrechte kraft staatlicher Setzung Geltung für den inneren Kirchenbereich beanspruchen kann, denn i n diesem Bereich gibt es kein für alle geltendes Gesetz, auch nicht i m Sinne der Anwendbarkeit „unentbehrlicher" Staatsfundamentalnormen 33 . Die Kirchen können also gegen ihre Angehörigen mit innerkirchlichen (geistlichen) Mitteln bis zum Ausschluß vorgehen, ohne dabei an Grundrechte gebunden zu sein 34 . Eine innerkirchliche Grundrechtsbindung, insbesondere eine innerkirchliche Gewissensfreiheit, gibt es nur dann, wenn die Kirchen für ihren Bereich entsprechende Rechte gewähren oder die staatlichen Normen innerkirchlich übernehmen oder anerkennen. Dazu sind sie selbstverständlich berechtigt, aber keineswegs verpflichtet 35 . Das entscheidende Problem ist auch bei der Grundrechtsbindung — insbesondere bei komplexen Verhältnissen — die richtige Abgrenzung des kircheninternen Bereichs und des Bereichs verliehener Hoheitsgewalt. So ist etwa i m öffentlich-rechtlichen Dienstrecht der Kirchen die Frage, wer kirchlicher Amtsinhaber wird, eine innerkirchliche Angelegenheit; hier gibt es keine Grundrechtsbindung und so auch 30 Richtig Mikat, Kirchenaustrittsrecht, S. 217; Georg May, ÖstArchKR 14, 28; Schulz-Lessdorf, Diss., S. 5; ν. Mangoldt-Klein, Komm., Anm. 117 zu A r t . 4 GG (S. 217). 31 Vgl. etwa Smend, Z e v K R 3,113; Anschütz in: Anschütz-Thoma, Handbuch des Dt. Staatsrechts, Bd. I I , S. 682; Mirbt, Glaubens- u n d Gewissensfreiheit, S. 321; Zinn-Stein, Komm., A n m . 2 zu A r t . 9 Hess. Verf. (S. 125); Wernicke i n B K , A n m . I I 2 c zu A r t . 9 GG; Hamann, Komm., Anm. A 3 zu A r t . 4 GG. 32 v. Mangoldt-Klein, Komm., A n m . I I 7 zu A r t . 4 GG (S. 217). 33 Hier w i r d die Bedenklichkeit der These von der Anwendbarkeit der unentbehrlichen Staatsgesetze i m inneren Kirchenbereich besonders deutlich. Denn was soll eine Staatsfundamentalnorm sein, w e n n man die Gewissensfreiheit nicht hierher rechnet? 34 Georg May, ÖstArchKR 14,29; v. Mangoldt-Klein, Komm., Anm. I I 7 zu A r t . 4 GG (S. 217). 35 Wie hier Mikat, Kirchenaustrittsrecht, S. 216 f. Fußnote 55. Z u r Glaubens- und Gewissensfreiheit als innerkirchlichem Grundrecht Smend, ZevKR 3,113 ff.; Schulz-Lessdorf, Diss., passim.

§ 17. Die einzelnen Bindungen

151

keinen Anspruch der Bewerber auf gleichmäßige Behandlung bei der Einstellung. Besteht aber einmal ein Dienstverhältnis, dann gelten die Grundrechte i n den Grenzen, die sich aus dem besonderen Gewaltverhältnis ergeben. Das autonom gesetzte Dienstrecht hat sich an sie zu halten. Eine Kirche ist also beispielsweise nicht verpflichtet, Frauen und Männer gleichermaßen i n ihren Dienst aufzunehmen; sie muß aber männliche und weibliche Beamte in gleicher Position gleich behandeln (also etwa gleichmäßig besolden). c) Einschränkung

der Grundrechtsgeltung

Typisch für den Raum des öffentlichen Rechts ist weiter, daß sich die verschiedenen Träger weltlicher Hoheitsgewalt nicht als Träger subjektiver (Freiheits-) Grundrechte gegenüberstehen 36 . I n diesem Zusammenhang ist zu Recht mehrfach betont worden, daß es für die Grundrechtsgeltung nicht entscheidend auf die Rechtsform, sondern darauf ankommt, ob der i n Frage stehende Verband „substantiell als Teil des wirtschaftenden und (oder) verwaltenden Staates i n Erscheinung t r i t t " 3 7 . Freilich sind damit nur die Verbände (öffentlicher oder privater Rechtsform) umschrieben, zu deren Gunsten eine Grundrechtsgeltung von vornherein ausscheidet. Darüber hinaus gilt aber für alle Rechtsträger, ob sie als Teil des Staates anzusehen sind oder nicht, daß Grundrechte da nicht beansprucht werden können, wo es um die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse geht 38 . Das t r i f f t auch für die öffentlich-rechtlichen Positionen und die delegierten Hoheitsbefugnisse der Kirchen zu, die — wie bereits angesprochen — nicht als Individualgrundrechte aufgefaßt werden dürfen 3 9 . I m Bereich dieser Positionen können sich die Religionsgemeinschaften also dem Staat gegenüber ebensowenig auf Grundrechte berufen 40 wie die Kommunalkörperschaften (politische Gemeinden und Gemeindeverbände) oder die sonstigen selbständigen Hoheitsträger der öffentlich-rechtlichen Sphäre. Dem entspricht es durchaus, daß die öffentlich-rechtlichen Befugnisse der Kirchen verfassungsrechtlich eben in der Korporationsqualität 3β Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 37 zu A r t . 19 Abs. I I I GG; Bachof, Freiheit des Berufs, S. 1801; Egner, Diss., S. 40; Fuß, DVB1.1958, 742 (mit der zweifelhaften Ausnahme des fiskalischen Bereichs). Für eine generelle Anwendbarkeit der Grundrechte zugunsten juristischer Personen des öffentlichen Rechts: v. Mangoldt-Klein, Komm., A n m . V I 2 zu Art. 19 GG (S. 566); W. Weber, Eigentum und Enteignung, S. 361. 37 Bachof, Freiheit des Berufs, S. 181; derselbe, Rechtsgutachten, S. 97; Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen, S. 11 ff. 38 Rupp, a. a. O., S. 16 Fußnote 27. 39 Vgl. o. §12 unter c). Wie hier Fuß, DVB1.1958,742; anders Dreysel, DVB1. 1962, 237. 40 Ebenso Fuß, DVB1.1958, 742.

152

C. Bindunge

und Belastungen

verankert sind, die sich auch so als sinnvolle und unentbehrliche Sicherung ihrer traditionellen Stellung im Bereich des öffentlichen Rechts erweist. Besonders typische Auswirkungen der hier gefundenen Erkenntnis sind etwa, daß das Besteuerungsrecht 'als Hoheitsbefugnis zur Erhebung echter öffentlich-rechtlicher Zwangsabgaben nicht der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) unterliegt 4 1 und daß die Frage nach Staatsaufsichtsrechten i m öffentlich-rechtlichen Teilgebiet kirchlichen Wirkens ausschließlich nach inhärenten Gesichtspunkten des öffentlichrechtlichen Status zu beantworten, nicht aber mit Argumenten aus dem Umkreis des Grundrechtskatalogs, etwa einer Berufung auf das allgemeine Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. I GG), zu klären ist 4 2 . Auch hier ist jedoch auf die grundsätzliche Feststellung zu verweisen, daß die Korporationsqualität keine -allgemeine Qualifizierung kirchlichen Wirkens bedeutet und daß deshalb alle aus ihr abgeleiteten belastenden Folgerungen auf den Bereich tatsächlich beanspruchter öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt sind. Für den Teil ihrer Tätigkeit, der sich außerhalb des öffentlichen Rechts vollzieht — und das ist der größere und entscheidende Teil — gilt daher auch zugunsten der Religionsgemeinschaften uneingeschränkt Art. 19 Abs. I I I GG, der die Anwendbarkeit der Grundrechte auf die juristischen Personen klarstellt 4 3 . Soweit sie ihrer Natur nach auf die Kirchen passen, wirken die Grundrechte also auch zu deren Gunsten. Das gilt insbesondere für die Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. I GG) 44 , für die Freiheit der Religionsausübung (Art. 4 Abs. I I GG) 45 , für die Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 5 GG) 4 6 , für die Garantie 41 Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 39 zu A r t . 19 Abs. I I I GG. Vgl. auch E. R. Huber, Garantie der kirchlichen Vermögensrechte, S. 9. Richtig auch BVerfG, Beschl. v. 3. 3.1965, E 18, 392 ff. (397), wonach die den Kirchen i n A r t . 12 § 2 p r A G B G B eingeräumte Beurkundungsbefugnis kein gemäß A r t . 14 GG geschütztes Eigentum ist. 42 Egner, Diss., S. 53. 43 Wie hier Egner, Diss., S. 52 ff.; grundsätzlich übereinstimmend bei wesentlich anderer Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen Bereiches auch Dürig i n Maunz-Dürig, Rd.-Nr. 39 zu A r t . 19 Abs. I I I GG. F ü r eine A n w e n d barkeit der Grundrechte auf die Religionsgemeinschaften ohne Differenzierung ferner: Bachof, Freiheit des Berufs, S. 181 Fußnote 103; Süsterhenn, DVB1.1961,181; W. Weber, V V D t S t R L 11,171; Mikat, Kirche u n d Staat, S. 12. Vgl. schließlich auch BVerfG, Beschl. v. 28.4.1965, N J W 1965, 1427 = JZ 1965, 608 m. Anm. Hollerbach. 44 Mikat, Kirche u n d Staat, S. 11; Hamel, AöR 89,335; BVerfG, Beschl. V. 4.10.1965, N J W 1965, 2339. 45 Wasse, Werke u n d Einrichtungen, S. 56 Fußnote 41; Maunz, Staatsrecht, S. 106; Wernicke i n B K , A n m . 2 zu A r t . 4 GG; Hesse, ZevKR 3, 196 Fußnote 28. 46 Ridder, Kirche, Staat, Rundfunk, S. 51; derselbe, JZ 1962,773 (Urteilsbesprechung); Smend, Z e v K R 1,13.

§ 17. Die einzelnen Bindungen

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des Eigentums (Art. 14 GG) 4 7 , für das Recht zur Errichtung von Privatschulen (Art. 7 Abs. I V GG) 4 8 , selbstverständlich auch für Postgeheimnis (Art. 10 GG) und Petitionsrecht (Art. 17 GG), Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit (Art. 9 bzw. 8 GG), darüber hinaus aber sogar für Rechte, die i n diesem Zusammenhang etwas abseitig erscheinen — so das Recht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) 49 . d) Keine Einzelaufsichtsrechte

des Staates

Daß eine umfassende (besondere) Staatskirchenhoheit heute nicht mehr gegeben ist, wurde dargelegt 50 . Der Staat kann also — jedenfalls ohne verfassungsänderndes Gesetz — nicht einseitig Aufsichtsrechte über die gesamte kirchliche Tätigkeit beanspruchen. Das gilt auch dann, wenn er sich dabei außerhalb des Garantiebereichs der Religions- und Kultusfreiheit hält 5 1 . Daß eine solche generelle Staatsaufsicht aus der Korporationsqualität nicht abzuleiten ist, ergibt sich zwingend aus deren Charakter als einer nicht schlechthin qualifizierenden, sondern nur ergänzenden und zur Disposition stellenden Gewährleistung öffentlich-rechtlicher Gewalt, die den Kirchen Wirkungsmöglichkeiten außerhalb der Begrenzungen ihrer eigenen Kirchengewalt eröffnet, ohne diese i n ihrer Natur als eigenständige, originäre und nichtstaatliche Gewalt anzutasten. Damit ist jedoch nicht entschieden, ob nicht wenigstens i m Bereich der von den Kirchen tatsächlich i n Anspruch genommenen hoheitlichen Gewalt die positive Staatsaufsicht fortbesteht 52 . M i t Nachdruck hat vor -allem Dahm darauf hingewiesen, daß gegen einen ganz generellen Wegfall der besonderen Staatsaufsicht gegenüber den Kirchen, die sich ja weitgehend öffentlicher Gewalt bedienen, gewichtige Bedenken geltend zu machen sind. Denn „einen Machtbereich völlig unkontrollierter Gewalt kann es gerade auch i m demokratischen Staat nicht geben" 53 . Das ist zweifellos richtig. Trotzdem bestehen erhebliche J. Heckel, Kirchengut, S. 141 ; W. Weber, Eigentum u n d Enteignung, S. 363. A u f das Verhältnis zwischen der allgemeinen Grundrechtsgarantie des A r t . 14 GG u n d der besonderen Garantie des Kirchenguts i n A r t . 140 G G i. V. m i t A r t . 138 W R V k a n n hier nicht eingegangen werden (vgl. dazu ./. Heckel, a. a. O.). 48 Süsterhenn, DVB1.1961,181. 49 Bachof, Freiheit des Berufs, S. 181 Fußnote 103; BGH, U. v. 18.11. 1955, B G H Z 19,130 ff. (138) = KirchE 3, 206 (213). 53 Vgl. oben § 16 unter b). 51 M i t dieser Einschränkung f ü r ein Weiterbestehen der Staatskirchen hoheit als Korrelat der Korporationsqualität: Voigt, Kirchenrecht, S. 220. 52 Dafür Egner, Diss., S. 53. 53 Dahm, Deutsches Recht, S. 404; noch weitergehend Voigt, Kirchenrecht, S. 220 ff.

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C. Bindunge

u n d Belastungen

Zweifel, ob es notwendig ist, deswegen einzelne Staatsaufsichtsrechte gegenüber den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften zu begründen, die über deren allgemeine Unterworfenheit unter die Staatsgewalt hinaufreichen. Wenn auch die Gefahr der Ausdehnung der Staatsaufsicht über den öffentlich-rechtlichen Bereich hinaus ebenso wie eine mittelbare Wirkung in die Sphäre eigener Lebensäußerungen der Kirchen angesichts der Schwierigkeit klarer Grenzziehung nicht ganz abzuschließen ist, so sind doch die grundsätzlichen Bedenken gegen solche Rechte des Staates mit ihrer Beschränkung auf den Raum delegierter Hoheitsgewalt weitgehend ausgeräumt. Auch einer Berufung auf Grundrechte kann gegenüber einer Staatsaufsicht i m öffentlich-rechtlichen Bereich keine Wirkung zukommen 54 . Nichtsdestoweniger ist eine solche Staatsaufsicht gegenüber den Kirchen nicht 'anzunehmen. Das oben umschriebene Ziel einer Kontrolle der von ihnen ausgeübten öffentlichen Gewalt erfordert keine — ja vor (allem verwaltungsmäßig zu verstehenden — Staatsaufsichtsrechte. Eine verwaltungsmäßige Kontrolle der Rechtmäßigkeit kirchlichen Handelns i m Bereich delegierter Hoheitsgewalt ist schon deshalb entbehrlich, weil hier heute die Garantie des Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichte eingreift. Die Unterworfenheit allen öffentlich-rechtlichen Handelns der Kirchen unter die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zwar nicht mit dem Fortbestehen einer Staatsaufsicht gleichzusetzen 55 , sie sichert aber die Beachtung der Rechtsprinzipien des öffentlichen Rechts ebensogut oder besser 56. Eine weitergehende Aufsicht aber, mit der die Erreichung der Ziele zu überwachen wäre, zu deren Wahrnehmung und Erfüllung die Kirchen öffentliche Gewalt in Anspruch nehmen, ist mit Ausnahme des Bereichs nebenbei mitverwalteter Staatsaufgaben nicht nur vom Standpunkt des säkularen Staates aus überflüssig, sondern darüber hinaus unter dem Grundgesetz wegen der Garantie kirchlicher Selbstbestimmung unzulässig: die öffentlich-rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind den Religionsgemeinschaften nicht zur Erfüllung von Staatsaufgaben, sondern zur besseren und wirksameren Wahrnehmung k i r cheneigener Zwecke zur Verfügung gestellt. Ob und wie die Kirchen diese Zwecke erreichen, ist ihre Angelegenheit, in die sich der Staat nicht einmischen darf. Auch sonst bedarf es keines Rückgriffs auf Staatsaufsichtsrechte, um die berechtigten Belange des Staates gegenüber den Religionsgemeinschaften zu wahren. Daß die öffentlich-rechtlichen Positionen der K i r 54 Vgl. oben zu Fußnote 42. 55 Richtig B G H , U. v. 28.10.1959, B G H Z 31,115 ff. (119); Scheven, Diss., S.55. se Ä h n l i c h Mikat, Streitsachen, S. 338.

§ 17. Die einzelnen Bindungen

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chen, soweit sie nicht von der Verfassung garantiert sind, zur Verfügung des einfachen Gesetzgebers stehen und aufgehoben, inhaltlich begrenzt, ausgestaltet oder verändert werden können, ergibt sich aus der alleinigen Verfügung des Staates über den materiell öffentlichen Bereich 57 . Insoweit sind auch Gesetze speziell zugunsten oder zuungunsten der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften zulässig 58 . Denn im öffentlich-rechtlichen Raum ist das übliche „für alle geltende Gesetz" nicht denkbar; jede einzelne Hoheitsbefugnis bedarf einer ihren Besonderheiten entsprechenden Regelung. Als typisches Beispiel für eine solche Regelung seien die Kirchensteuergesetze erwähnt. Daß weiter bei Übergreifen bestimmter kirchlicher Maßnahmen in den staatlichen Raum (etwa Regelung der Vertretungsbefugnisse kirchlicher Organe für den Bereich des bürgerlichen Rechtsverkehrs) zumindest dann eine staatliche M i t w i r k u n g notwendig ist, wenn die Formen des normalen staatlichen Rechts nicht eingehalten werden, ergibt sich aus der Natur der Sache; auch solche staatlichen Mitwirkungsrechte brauchen daher nicht als Staatsaufsichtsrechte begründet zu werden 59 . I m übrigen ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine Beaufsichtigung kirchlicher Tätigkeit -als notwendig erscheinen lassen. Eine solche Beaufsichtigung ist also — wenn man die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kirchlichen Handelns und die Staatsgesetzgebung hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Befugnisse 60 richtigerweise nicht hierher rechnet — nicht erforderlich und damit gleichzeitig nicht zulässig. Denn auch hier muß man unter dem Grundgesetz von einer Vermutung zugunsten der kirchlichen Freiheit und Selbständigkeit ausgehen 61 , eine Vermutung, die jede nicht zwingend geforderte staatliche Einfiußnahme auf die Religionsgesellschaften verbietet.

37 i m Ergebnis übereinstimmend Voigt, Kirchenrecht, S. 2201, der allerdings zur Begründung die besondere Kirchenhoheit des Staates heranzieht. 58 Übereinstimmend Voigt, Kirchenrecht, S. 220, und LG Rottweil, U. v. 21.12.1957, N J W 1959,1090, m i t v o m T e x t abweichender u n d auch untereinander verschiedener Begründung. Anderer Ansicht L G Dortmund, Beschl. v. 19.10.1961, M D R 1962, 408. 59 Anders Ebers, Staat u n d Kirche, S. 333 ff. 60 Darauf laufen die von Ebers, Staat u n d Kirche, S. 330 ff., begründeten „Einzelaufsichtsrechte" weitgehend hinaus. 61 Vgl. auch oben § 14 unter a), Nr. 6.

IV.

Abschnitt

Schluß § 18. Zusammenfassung und Schluß a) Zusammenfassung

der

Ergebnisse

Versucht man, die gewonnenen Ergebnisse thesenartig zusammenzufassen, so kann man — notwendig verkürzend und vereinfachend — die folgenden Sätze aufstellen: 1. Die Stellung der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts kann als Bestandteil der Staatsverfassung nur von deren Boden aus definiert werden. Eine solche Sicht ist berechtigt und sinnvoll, weil die — allerdings von der Gerechtigkeit her begrenzte — staatliche Souveränität über alle Verbände und Personen auf dem Staatsgebiet ebenso fortbesteht wie die staatliche Grenzziehungsbefugnis gegenüber den Kirchen. 2. Die Korporationsqualität muß als Teilstück der Gesamtordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche gesehen werden, die auf der Regelung der Weimarer Kirchenartikel beruht. Diese haben i m Gegensatz zur herrschenden Lehre keinen entscheidenden Bedeutungswandel durchgemacht. Sie sind aber als Teil des Grundgesetzes dessen Prinzipien entsprechend zu interpretieren und vor allem i n ihrem wahren Sinn nicht ohne weiteres m i t der Interpretation gleichzusetzen, die ihnen die stark von traditionellen Vorstellungen geprägte Rechtslehre der Weimarer Zeit gegeben hat. 3. Kernpunkte heutiger staatskirchenrechtlicher Ordnung sind so (neben anderen) die organisatorische Trennung von Staat und Kirche, die Parität der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, die Anerkennung der echten inneren Kirchengewalt als originär und eigenständig und das Fortbestehen der Unterordnung der Kirchen unter die allgemeine Staatshoheit. Dabei ist vom Staat her die Kirchengewalt als geistig-geistlich, nicht aber als zwangsbestückte weltliche Hoheitsgewalt oder als öffentlich-rechtliche Rechtsetzungsgewalt anzusehen. Die Unterordnung unter die Staatshoheit ist durch die Verfassung auf

§18. Zusammenfassung u n d Schluß

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die Bindung an das für alle geltende Gesetz beschränkt, das i n den inneren Bereich der Kirchen nicht übergreifen darf. 4. Aus einem generellen Begriff der öffentlichen Körperschaft können kaum Folgerungen für die Rechtsstellung der Kirchen i m Staat abgeleitet werden. Ein allgemeiner Korporationsbegriff kann auf die Religionsgemeinschaften lediglich dann Anwendung finden, wenn er rein formal bleibt. Als Rechtsfolgen ergeben sich dann lediglich die Rechtsfähigkeit und die Fähigkeit, Träger abgeleiteter öffentlicher Gewalt zu sein. I m übrigen ist der Begriff der öffentlich-rechtlichen Körperschaft i n seiner Anwendung auf die Kirchen vom allgemeinen Begriff zu trennen und unabhängig nach Verfassungszusammenhang; Entstehungsgeschichte und historischer Entwicklung zu deuten. 5. Die Korporationsqualität kann nur i n ganz beschränktem Maße als „öffentlicher Gesamtstatus" angesehen werden. a) Sie bedeutet vor allem nicht, daß der Staat die Kirchen als „ m i t eigenen, ursprünglichen hoheitlichen Funktionen ausgestattete j u r i stische Personen des öffentlichen Rechts" anerkennt. b) Darüber hinaus kommt den Kirchen auch kein materiell öffentlicher Gesamtstatus zu. Materiell öffentlich kann i m modernen demokratischen Staat nur das sein, was zu der als Einheit verstandenen, vom Volke getragenen und vor dem Volke verantworteten Gesamtordnung der Gemeinschaft gehört. Die Kirchen können nicht zu diesem Bereich gerechnet werden, denn das hieße, ihre Aufgaben zu Aufgaben der Gemeinschaft erklären und sie damit i n einer Form anerkennen, die dem weltanschaulich neutralen Staat verschlossen ist und die überdies i m demokratischen Staat als Last die Forderung nach demokratischer Legitimation nach sich ziehen müßte. c) Dagegen liegt i n der Korporationsqualität die Anerkennung der Zugehörigkeit der Kirchen zu der Sphäre einer soziologisch verstandenen Öffentlichkeit, dem Raum der politischen Gesellschaft, i n dem sich die auf die Gemeinschaft bezogenen Kräfte zwischen einzelnem und Staat gruppieren. Wo diese Kräfte und Mächte zu beteiligen oder zu repräsentieren sind, haben auch die Kirchen einen Anspruch auf Berücksichtigung. d) Die rechtlich schwer zu präzisierende Anerkennung des kirchlichen Öffentlichkeitsanspruchs oder Öffentlichkeitsauftrags, die dahin zu definieren ist, daß der Staat die Kirchen i n ihrer theologischen Existenz ernst nimmt und sie als eigenständige Dialogpartner akzeptiert und hört, hat mit der Korporationsqualität nichts zu tun. Sie kann nur i n der täglichen Staatspraxis wirksam werden und ist über-

158

§18. Zusammenfassung u n d Schluß

dies i n den neueren Kirchenverträgen worden.

ausdrücklich

ausgesprochen

e) Entschieden abzulehnen sind die Auffassungen, die Kirchen und Kirchenrecht generell ins öffentliche Recht, ihre Gewalt als öffentliche Gewalt einordnen. Das Kirchenrecht ist weder als „Amtsrecht" von der Struktur her als öffentlich-rechtlich anzusehen noch w i r d es vom Staat mit der Korporationsqualität generell als öffentliches Recht i m herkömmlichen Sinne qualifiziert. 6. Der wesentliche Sinn der Korporationsqualität liegt darin, daß der Staat den Kirchen m i t verfassungsrechtlicher Wirkung bestimmte öffentlich-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten anbietet, die eine unabhängige Ergänzung der originären Kirchengewalt bilden und den Religionsgemeinschaften die Fähigkeit einräumen, m i t abgeleitet-hoheitlichem Zwang aufzutreten. Wesentlich ist dabei, daß diese Gestaltungsmöglichkeiten zur Disposition der Kirchen stehen, also angenommen oder ausgeschlagen werden können und daher keine generelle Klassifizierung kirchlichen Wirkens bedeuten. 7. Als verfassungsmäßig abgesicherter Bereich öffentlich-rechtlicher Befugnisse ist die Korporationsqualität keine vorgegebene Eigenschaft der Kirchen, sondern eine staatlich eingeräumte Rechtsstellung. 8. Die subjektive Reichweite der Garantie scheint einfach zu umgrenzen, bietet aber wegen des Nebeneinanderstehens kirchlicher und staatlicher Rechtssubjektivität Schwierigkeiten. Garantieberechtigt sind nicht nur die Gesamtorganisationen der Religionsgemeinschaften, sondern darüber hinaus ihre auf einem persönlichen Substrat aufbauenden Untergliederungen mit universellem, wenn auch örtlich begrenzten Wirkungskreis. 9. Als Mindestbestand garantierter Rechte sind das Besteuerungsrecht, das Parochialrecht, die Dienstherrenfähigkeit, die Disziplinargewalt, die i n ihrem Umfang allerdings nicht genau umgrenzte Autonomie zur Regelung dieser Bereiche mit öffentlich-rechtlicher Wirkung und schließlich die Behandlung des kirchlichen Kultus- und Verwaltungsvermögens als öffentliche Sachen anzusehen. Außerdem ist mit der Korporationsqualität die Fähigkeit der Kirchen, i m Randbereich Staatsaufgaben wahrzunehmen, klargestellt. Nach dem gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung stehen den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften überdies ein erhöhter Strafrechtsschutz, gewisse Vereidigungsrechte und ein unübersichtliches Bündel der verschiedensten Privilegien zu. 10. Dagegen beinhaltet die Korporationsqualität weder die Parteifähigkeit i m Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht

§18. Zusammenfassung u n d Schluß

159

noch eine Meistbegünstigungsklausel gegenüber den Körperschaften der mittelbaren Staatsverwaltung oder einen generellen Amtshilfeanspruch. Besonders wichtig ist, daß sich mit ihr keine Durchbrechung des staatlichen Rechtsprechungsmonopols verbindet; die kirchliche Gerichtsbarkeit — einschließlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit der evangelischen Kirchen — ist keine Rechtsprechung i m Sinne des staatlichen Rechts, also „ohne bürgerliche Wirkung". 11. Die den Kirchen angebotenen öffentlich-rechtlichen Befugnisse unterliegen i n vollem Umfang den Bindungen des öffentlichen Rechts. Soweit die Kirchen von ihnen Gebrauch machen, unterliegen sie also der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit, sie sind an Grundrechte gebunden und können sie sich ihrerseits auf (Freiheits-)Grundrechte nicht berufen. 12. Eine Staatsaufsicht, die über die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kirchlichen Handelns i m öffentlich-rechtlichen Bereich und über die staatliche Gesetzgebungsbefugnis hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Befugnisse hinausgeht, läßt sich nicht rechtfertigen. Nicht nur die besondere Kirchenhoheit, sondern auch Einzelaufsichtsrechte des Staates bezüglich spezieller Befugnisse sind also heute weggefallen. b)

Schlußbetrachtung

Würdigt man zum Schluß die gefundenen Ergebnisse und projiziert sie auf die Gesamtordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche, dann bestätigen sie i n besonders intensiver Weise das B i l d eines staatskirchenrechtlichen Systems, dessen Mitte kirchliche Freiheit und kirchliche Selbstbestimmung bilden, ohne daß deswegen die berechtigten Belange des Staates aufgegeben werden. Folgt man den hier vertretenen Thesen, sieht man also einerseits Kirchen, Kirchenrecht und Kirchengewialt als ursprünglich, eigenständig und vorstaatlich, andererseits den Staat als alleinigen Ursprung der Ordnung i m weltlichen Bereich und ausschließlichen Inhaber hoheitlicher Zwangsgewalt an, versteht man weiter die Korporationsqualität nicht als generelle Qualifizierung kirchlichen Wirkens, kirchlicher Gewalt und kirchlichen Rechts, sondern als verfassungswirksames Angebot des Staates an die Religionsgemeinschaften, i n Teilhabe an staatlichen Zwangsmöglichkeiten von bestimmten öffentlichen Rechtsformen Gebrauch zu machen, dann stellt man die Kirchen weitgehend in die freie Entscheidung, wie sie i h r Verhältnis zum Staat und zu ihren Gliedern gestalten wollen. Stehen Kirchen und Kirchenrecht an sich außerhalb des öffentlichen Rechts, dann ist ihnen a priori keine Bindung auferlegt, die über die normale Unterworfenheit jeden Rechtssubjekts unter die staatliche Rechtsordnung hinausgeht. Die Religionsgemeinschaften selbst ent-

160

§18. Zusammenfassung u n d Schluß

scheiden frei und unbeeinfiußt, ob sie sich des staatlich delegierten Zwangs bedienen, Beamte haben, Steuern eintreiben — und damit die entsprechenden Bindungen auf sich nehmen wollen. Hier zeigt sich die unausweichliche Folge der vollen Freiheit: kirchliche Mündigkeit bedingt mit logischer Konsequenz eine größere Verantwortung vor und für sich selbst. Der Staat nimmt den Kirchen diese Verantwortung nicht mehr ab. Weder verwaltet er — wie i n der Zeit des Landeskirchentums — weitgehend für sie, noch ordnet er sie von vornherein i n das öffentliche Recht ein. I m Gegenteil: er stellt sie vor die Alternative, entweder auf Zwang und hoheitliche Gewalt zu verzichten und frei i m Raum des Privatrechts zu agieren, oder aber mit der Inanspruchnahme abgeleiteter Staatsgewalt die Gebundenheit des öffentlichen Rechts auf sich zu nehmen. So haben die Kirchen die A n wendung von Zwangsmitteln, die vom kirchlich-theologischen Standpunkt durchaus zu Bedenken Anlaß geben kann, vor sich selbst i n vollem Umfang zu verantworten — ebenso wie die Beeinträchtigung ihrer Bewegungsfreiheit dem Staat gegenüber, die sich aus der unvermeidlichen Abhängigkeit von den einmal i n Anspruch genommenen staatlichen Rechtsformen ergibt. Das so gezeichnete B i l d entfernt sich von der herrschenden Lehre der Weimarer Zeit beinahe ebensoweit wie von den meisten heute vertretenen Theorien über das Verhältnis von Staat und Kirche unter dem Grundgesetz. Es legt aber die durch das begriffsjuristische Denken der älteren Staatsrechtslehre verschütteten Grundlagen der „würdigen Regelung von Weimar" 1 frei, nimmt alle Fesseln staatlicher Bevormundung von den Kirchen und stellt sie i n die volle Freiheit und Eigenverantwortung. I m Gegensatz zu zahlreichen neueren Thesen vermeidet es auf der anderen Seite, Staat und Kirche als gemeinsame Verwalter des „bonum commune" zu sehen und so ein neues System von „Thron und A l t a r " und eine öffentliche Ordnung zu begründen, •in der sich ein Träger dieser Ordnung — die Kirche — völlig entgegen den Intentionen unseres Gemeinwesens den Grundprinzipien der Legitimation vom Volke her und der institutionalisierten Verantwortung vor diesem Volke entzieht.

ι Voigt, Kirchenrecht, S. 225.

Literaturverzeichnis Vorbemerkung: A u f einige Sammelwerke w i r d i m Literaturverzeichnis n u r unter dem Gesamttitel ohne mehrmalige Wiederholung der b i b l i o graphischen Angaben verwiesen. Diese Werke sind m i t den auch i m T e x t unter dem T i t e l zitierten Arbeiten u n d Veröffentlichungen zusammengefaßt u n d dem Literaturverzeichnis vorangestellt worden. — Z u r Zitierweise i m T e x t ist noch anzufügen, daß Dissertationen stets als „Diss.", Zeitschriftenaufsätze i n der Regel ohne Titelangabe zitiert werden. Wenn mehrere A u f lagen desselben Werkes aufgeführt sind, dann beziehen sich Zitate i m T e x t stets auf die neueste. Werden aus besonderen Gründen Verweise auf die älteren Auflagen notwendig, dann ist das stets vermerkt. Soweit T i t e l abgekürzt zitiert werden, ist das i m Literaturverzeichnis durch Kursivdruck des Kurztitels kenntlich gemacht.

1. Sammelwerke u n d sonstige i m Literaturverzeichnis oder i m Text unter dem T i t e l zitierte Veröffentlichungen Bonner Kommentar: 1950.

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Der Staat und, die Verbände: Gespräch, veranstaltet v o m Bundesverband der Deutschen Industrie, Heidelberg 1957. Die

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Handbuch

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Handwörterbuch 1926.

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Grundbegriffe:

der Rechtswissenschaft:

Handwörterbuch der Sozialwissenschaften: Göttingen ab 1956. Lexikon

für

Staatslexikon:

Theologie

3. Aufl., 6 Bände, Tübingen

und Kirche:

2 Bände, München 1962. 7 Bände, B e r l i n u n d Leipzig ab 12 Bände, Stuttgart—Tübingen—

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Rudolf

Smend zum

Literaturverzeichnis

162

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als Staatsersatz,

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Personenregister Vorbemerkungen: Hinweise auf Fußnoten sind m i t „ F " bezeichnet. I m Personenregister konnte aus Raumgründen i n aller Regel n u r auf i m Text zitierte Autoren verwiesen werden; Ausnahmen w u r d e n bei historischen Schriftstellern gemacht.

Bachof, O. 5 v. Brentano, H. 29

Köttgen, A . 85 f. Krüger, Herbert 90

Conrad, W, 82 ff.

v. Mangoldt, H. 26 M i k a t , P. 145 Mohl, R. v. 75 (F 13), 78 (F 24)

Dahm, G. 153 Dempf, A . 64 Ebers, G . J . 1 4 1 1 Forsthoff, E. 68 f., 124 Frank, J. 117 Frantz, C. 75 Gierke, Ο. ν. 90 Jellinek, W. 145 Haller, C. L . ν β 65 Heckel, J. 39 Heckel, M . 5 Hesse, K . 77

Naumann, F. 54 (F 21, 22) Quaritsch, H . 110 Ridder, H . 70 Schmitt, C. 65 Scheven, D. 29 Smend, R. 27, 611, 63 f l Sohm, R. 139 Stahl, F. J. 65 f. Stein, L . v. 48 (F 8), 75 (F 12) Süsterhenn, A . 30 (F35) Weber, W. 62, 134 Welcker, C. 6 7 1

Sachregister Abgaben kirchliche— 109 ALR Korporationen i m — 47 Staatskirchenrecht des —16 (F 3), 52 A l t k a t h o l i k e n 108 altkorporierte Religionsgesellschaften 44 Amtshaftung der Kirchen 148 Amtshilfe kein genereller — anspruch der Kirchen 134 f. — zugunsten kirchlicher Disziplinarstellen 119 f. Amtsrecht kirchliches — u n d weltliches Dienstrecht 112 ff., 147 f. Amtszucht 119, 147 Angebot Korporationsqualität als — 95 ff. Angestellte der Kirchen 114, 118 Amtszucht gegen— 119 Angliederung an den Staat 48, 55 (F 24) Anstalt Kirche als — i m kanonischen Recht 105 Arbeiter der Kirchen 118 Amtszucht gegen— 119 Arbeitsgerichte Zuständigkeit 146

Authentische Interpretation — der Verfassung durch Kirchenverträge? 83 Autonomie — der Kirchen i m technischen Sinne 115, 120 ff. eigene Kirchengewalt als — ? 33 Baurecht kirchliche Vorrechte i m — 126 Bayerischer Senat 131 Bayerisches Religionsedikt 16 (F3) Bedeutungswandel 23 ff., 57, 141, 156 Behörden Kirchenstellen als — 125, 127 Bekenntnis — u n d Kirchengliedschaft

III

beliehener Unternehmer 92, 128 Berufsfreiheit W i r k u n g zugunsten 153

der

Kirchen

Besteuerung — als kirchliche Aufgabe 95 (F 14) Besteuerungsrecht der Kirchen 54, 57, 92 f., 109 f., 1231, 130 — k e i n Grundrecht 152 Beurkundungsrecht, kirchliches 127 — k e i n Grundrecht 152 (F41)

für

Kirchensachen

Arbeitsrecht Kirchen u n d — 113f., 116, 119, 123 Aufklärung — und Begriff des Öffentlichen 65 Auftrag — der Kirchen 72, 77 Austritt s. Kirchenaustritt

B l e n d w i r k u n g eingeführter Begriffe 34, 90, 110 bonum commune Kirchen als M i t v e r w a l t e r des — ? 82, 142, 160 Brüdergemeinden 108 (F51) Bundestreue Pflicht der Kirchen z u r — ? 1421 B u n d u n d Länder — i m Staatskirchenrecht 17, 92

Sachregister DDR 30 demokratische Legitimation 64, 65 ff., 63 f., 70, 160 Dialog Verhältnis Kirche/Welt als — 83 f. Dienst — der Kirchen 80 Dienstherrenfähigkeit — der Kirchen 93 f., 112 ff., 130 Dienstrecht der Kirchen s. Kirchenbeamte Differenzierung — zwischen Religionsgesellschaften 40 ff. Diözesen — als Körperschaften des öffentlichen Rechts 106 Disziplinarentscheidungen Rechtsschutz gegen kirchliche — 120, 146 f. Disziplinargewalt der Kirchen 118 ff., 130 Dotationen 149 Domkapitel 106 Eigene Angelegenheiten 34 eigenständige Gewalt — der Kirchen 33 — kleiner Religionsgemeinschaften 40 Eigentumsgarantie — u n d Besteuerungsrecht 152 Einheit der Verfassung 26 (F 15a) Entstehungsgeschichte — der Kirchenartikel der W R V 43 f., 54, 57, 78, 9 2 1 — des A r t . 140 GG 29 evangelische Kirche Selbstverständnis 7 9 1 Untergliederungen 106 f. Familienrecht staatliche Kompetenz f ü r — 20 Fernsehen s. Rundfunk Finanzgerichte Zuständigkeit i n Kirchensachen 148 Friedhofsrecht 56, 96, 129 12*

179

Frühliberalismus s. Liberalismus f ü r alle geltendes Gesetz 24, 35, 38, 113 ff., 140, 150, 155, 157 — als allgemeines Gesetz 40 — Heckel'sche Formel 39, 150 Fürsorgepfiicht — f ü r Kirchenbeamte 123 Gebietskörperschaften Religionsgemeinschaften als — 101 ff. Gebührenfreiheit der Kirchen 126 geistliche Gewalt s. Kirchengewalt geistliche Schulaufsicht 53 (F 12), 129 Geltungsfortbildung des Verfassungsrechts 2 6 1 Gemeinen des A L R 47 Gemeinden — i n der ev. Kirche 107 — i n der kath. Kirche 1031, 105 (F 33) politische— 47, 69, 151 gemeinsame Angelegenheiten 38 Generalklausel s. verwaltungsgerichtliche Generalklausel Gerechtigkeit — als Grenze der Souveränität 19 f. Gerichtsbarkeit Delegation v o n — 137 keine echte — der Kirchen 135 ff., 159 staatliche — gegenüber Kirchen 145 f. Gerichtskostenfreiheit der Kirchen 126 Gesamtstatus s. öffentlicher Gesamtstatus Gesellschaft Begriff 74 ff. bürgerliche— 74 — i m Verfassungsrecht 76 Kirchen als Glieder d e r — 77 ff. Repräsentation d e r — 76 s. auch Staat u n d Gesellschaft

180

Sachregister

Gesetz s. für alle geltendes Gesetz Gewaltenteilung — u n d Verfassungsänderung durch Interpretation 28 Gewissensfreiheit — als innerkirchliches Grundrecht 150 W i r k u n g gegenüber den Kirchen 149 f. W i r k u n g zugunsten der Kirchen 152 Gewohnheitsrecht Erfordernisse der -sbildung 27 s. auch Verfassungsgewohnheitsrecht Glaubensfreiheit s. Gewissensfreiheit gleiche Rechte (Art. 137 V WRV) 43 Gleichheitssatz — und Religionsgemeinschaften 41 ff. Grenzziehungsbefugnis 20, 24 Großkirchen — als Körperschaften des öffentlichen Rechts 99 f. Begriff 22 Sonderstellung der — ? 25, 40 f., 42 f. Grundrechte — als Souveränitätsgrenze 19 Bindung der Kirchen a n — 149 ff., 159 Geltung der — für die Kirchen 41 f., 61 f., 72, 151 ff. keine Berufung auf — i m öffentlichen Bereich 70, 151, 159 Wertsystem d e r — 28 Heckel'sche Formel 39 Hoheitsgewalt eigene — der Kirchen? 24, 33, 60 f. Monopol des Staates 61 Immunität keine — der Kirchen 37 i n dubio pro liberiate 121 (F 55a), 155 Inkorporation 25 ff. innerkirchlicher Bereich 34, 38

Integrationslehre 27 Interkommunionvertrag 37 (F 33) Interpretation systematische— 26 Verfassungsänderung durch — 28 Wandel d e r — 28 Intimsphäre — und Sozialsphäre 74 Inzidentkontrolle — kirchlicher Disziplinarentscheidungen durch staatliche Gerichte 120 israelitische Gemeinden 108 ius circa sacra 139 Jesuiten — als Körperschaft des lichen Rechts 104 (F 29)

öffent-

Jugendhilfe 139 ( F l ) Kirchen u n d — 126 Katholische Kirche Kirchenbegriff 22, 105 Selbstverständnis 80 Untergliederungen 105 f. Kirchen Begriff 22, 105 Hoheitsgewalt der — ? 24, 33, 60 f. Natur der — 77 f. Sonderstellung d e r — i. e. S.? 40 f., 42 f. — u n d Gesellschaft 77 ff. Kirchenaufsicht 24 Einzelaufsichtsrechte des Staates? 142, 153 ff. Wegfall der besonderen — 140 ff. Kirchenaustrittsrecht 104, 111, 149 f. Kirchenbaulast 149 (F 26) Kirchenbeamte 114 ff. besonderes Gewaltverhältnis 122 Rechtsschutz 112 (F 22), 146 ff. Treueverhältnis 114, 117 — u n d Grundprinzipien des Berufsbeamtentums 123 weltliches Beamtenrecht u n d — 115, 122 Kirchengemeinden s. Gemeinden Kirchengerichte 135 ff.

Sachregister Kirchengesellschaften des A L R 52 Kirchengewalt — als geistliche Gewalt 33 ff., 60 — als öffentliche Gewalt? 143 ff. Eigenständigkeit 33 f., 156 — i m kanonischen Recht 61 Kirchengliedschaft 104, 111 Kirchengut Stellung der Träger des — s 104 Kirchenhoheit besondere — des Staates 35, 139 ff. Kirchenregiment 107 Kirchenrecht — als öffentliches Recht? 85 ff. Ort des — s 90 f. Kirchensteuer s. Besteuerungsrecht Kirchensteuergesetze 40, 155

Kirchensteuersachen Rechtsweg 148 Kirchenverträge s. Staatskirchenverträge Kleine Religionsgemeinschaften Dienstherrenfähigkeit 114 eigenständige Gewalt 40 Öffentlichkeitsanspruch 84 Parität 41 ff. Parochialrecht 111 Untergliederungen 107 f. Koalitionspartner 70, 76 Komplementärbegriffe — der Verfassung 27 Konfessionelle Spaltung von Rechtsbegriffen 81 Konkurs Vorrecht der Kirchen 126 Konstantinische Nähe 24 Koordination 24, 35, 36 (F 26), 60, 83 Körperschaften des öffentlichen Rechts — als mittelbare Staatsverwaltung 50 Begriff 49 ff. Bezeichnung a l s — 56 formeller Begriff 49 f., 56, 92 Geschichte des Begriffs 46 ff. Kirchen als — 16, 51 ff., 56 ff. Kirchengliederungen a l s — 100 ff.

spezifischer Begriff der — hinsichtlich der Kirchen 58 Staatsaufsicht 49, 51 Korporationsqualität Adressaten d e r — 99 ff., 158 — als Anerkennung des Öffentlichkeitsanspruchs? 79 ff. — als Angebot 95 ff., 158 — als materielle Garantie 92 ff. — als öffentlicher Gesamtstatus? 59 ff., 63 ff., 73 ff. — als öffentlich-rechtlicher Gesamtstatus 85 ff. — als Privilegierung 93 Bedeutung i m einzelnen 99 ff. Beschränkung auf Gebietskörperschaften 101 ff. Bindungen u n d Belastungen 138 ff. Entziehung 100 Erfordernisse für Verleihung der — 42 (F 52) grundsätzliche Bedeutung 46 ff. keine generelle Klassifizierung 95, 138, 141, 152 f. kein Grundrecht 97 K e r n der — 130, 158 objektive Reichweite 108 ff. Rechtsanspruch auf — 43 (F 59), 99 Widerruflichkeit 97, 158 Korrelatentheorie 55, 140 f. K u l t u r k a m p f 53, 108 Länder s. B u n d u n d Länder Landeskirchentum Wegfall des — s 32, 44, 93, 113, 140, 160 Legitimation s. demokratische Legitimation Liberalismus Begriff des öffentlichen i m F r ü h — 65, 67 f. Loccumer Vertrag 83 ff. Meinungsfreiheit — der Kirchen 152 Meistbegünstigungsklausel A r t . 137 V W R V als — zugunsten aller Religionsgesellschaften 44 Korporationsqualität als — gegenüber staatlichen Körperschaften? 95, 134, 159

182

Sachregister

Methode 21 Minderheitskirchen 41 (F48) missio canonica 33, 129 Mitgliedschaft s. Kirchengliedschaft mittelbare Staatsverwaltung 48 f. Mündigkeit — der Kirchen 160 — der Welt 80 Nation — als pouvoir constituant 18 f., 70 — als Ursprung der Staatsgewalt 65 f. demokratische Legitimation durch die — 64 f., 160 W i l l e der — 67 Naturrecht 20 (F 18) s. auch überpositives Recht Neu ende ttelsau 104 (F29) Neugetaufte Kirchengliedschaft — r 111 Normenkontrolle — gegenüber kirchlichem Dienstrecht 147 Öffentliche, das Begriff des materiell — η 63 ff. Begriff des soziologisch — η 73 ff. Bereich des — η 60, 68 f. Legitimation des — η 64 ff. öffentliche Gewalt Kirchengewalt als — ? 143 ff., 158 Öffentliche Korporation s. Körperschaften des öffentlichen Rechts öffentlicher Dienst Begriffsebenen 116 ff. Einheit des — η —es? 117 Kirchendienst als — ? 116 ff. öffentliche Religion? 72 öffentlicher Gesamtstatus der K i r chen 25, 59 ff., 71 ff., 77 ff., 157 — i m normativen Sinne 63 ff. — i m soziologischen Sinne 73 ff. Möglichkeiten 62 f. öffentliche Sachen 124, 130 öffentliches Recht — als Amtsrecht? 86 f. Kirchen und — 85 ff., 158

Rechtsnatur 85 ff. Öffentlichkeit — als politische Instanz 67 — als Publizität 67 normative — 62, 63 ff. organisatorische— 69 originäre — der Kirchen 72 f. repräsentative— 64 f. soziologische — 73 ff. Öffentlichkeitsanspruch 25, 59, 143, 157 f. Anerkennung des —s? 81 ff., 157 f. — i n theologischer Sicht 79 ff. Öffentlichkeitsauftrag s. Öffentlichkeitsanspruch Orden Rechtsstellung der — 104, 106 Ordination 122 Organstreitverfahren Kirchen i m — 131 ff., 153 orthodoxe Kirchen 22, 41 Österreich Staatskirchenrecht i n — 58 (F 16) Parität 25 ( F H ) , 40 ff., 81 (F 22), 85, 156 Maßstab der — 45 (F 68) schematische — ? 44 f. paritätischer Staat 52 Parochialrecht 45, 110 f. Parochie s. Pfarrei Parteien 69 f., 71, 76 Partnerschaft von Staat und Kirche 35, 135 (F 23), 137, 142 (F 22) Parlamentarischer Rat 29 Paulskirchen Verfassung 16 (F 3) Personenstandsbücher Einsichtsrecht der Kirchen i n — ? 128 Personenstandswesen Kirchen und — 53 (F 12), 56, 129 Petitionsrecht W i r k u n g zugunsten der Kirchen 153 Pfarrerrecht 115 f., 1221 Pfarrei —als kirchliche Rechtsperson 103 f. Pluralismus 36, 62, 67

Sachregister positive Religionspflege des Staates? 96 Postgeheimnis W i r k u n g zugunsten der Kirchen 153 potestas directiva 80 f. pouvoir constituant 18 f. Präambel des GG 29

Res sacrae 124 f., 130

Presse 70, 76 privatrechtliche Religionsgemeinschaften 25, 41 Privatschulen Aufsicht über kirchliche — 142 Recht der Kirchen a u f — 153 „Privilegienbündel" 125 ff., 131 Privilegien i m A L R 47 privilegierte Gesellschaft des A L R 47 Promotionsrecht 20 (F 17) Kechtsetzungsgewalt Kirchengewalt als — ? 33 Rechtsfähigkeit Begriffsebenen 101 f. — als T e i l des Korporationsbegriffs 56, 102 Erlangung d e r — 102 Rechtshoheit — des Staates 19 s. auch Staatshoheit Rechtsprechungsmonopol des Staates 136 f. Rechtsschutz — der Kirchen 132 f. — gegenüber Kirchen 143 ff. Rechtsstaatsprinzip 146 Rechtssub j e k t i v i t ät Ebenen d e r — 101 f. Rechtsweg — gegen Kirchen 1451, 148 Religionsgesellschaften Begriff der — i. S. des Art. 137 V W R V 100 f. Religionslehrer Geistliche als — 130, 142 Rechtsstellung 129 Religionsneutralität 28, 54, 56, 71, 85

Religionspflege s. positive Religionspflege Religionsunterricht — als Staatsauf gäbe 129 s. auch Religionslehrer Repräsentation 641, 75 Représentations gremien — der Gesellschaft 76, 78

des Staates 22;

Römisches Reich Deutscher Nation 81 (F 22) Rundfunkanstalten 51 (F 30), 70 Rundfunkräte 76 Säkularer Staat 31, 64, 72, 82 f., 87 Säkularisation 45 (F 67) Sammlungen, kirchliche 126 Schulaufsicht — des Staates 142 geistliche — 53 (F 12), 129 Selbstbestimmungsrecht der Kirchen 40, 721, 89, 113, 1201, 136, 142 Selbstverständnis der Kirchen 18, 20, 30, 72, 77 Selbstverwaltung Entstehung d e r — 48 societas perfecta Kirchen als — ? 37 Souveränität — der Kirchen? 37 — des Staates 191, 36, 64, 156 Grenzen d e r — 191, 64, 72 s. auch Volkssouveränität Sozialhilfe 139 (F 1) Kirchen u n d — 126 Sozialrecht 90 Sozialsphäre — und Intimsphäre 74 Sozialstaatsgebot 76 Sozialversicherungsrecht Kirchen u n d — 1131, 116 soziologische Argumentation 21, 31, 36, 44 Staat — als Herr der Rechtsordnung 19 — als souveränes Gemeinwesen 191, 36

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Sachregister

Aufgaben 15, 19, 56 Religionsneutralität 22, 28, 56, 71 säkulare N a t u r 31, 82 f., 87 s. auch Staat u n d Gesellschaft Staatsanstalten Kirchen a l s — 52 Staatsaufgaben Wahrnehmung durch Kirchen 56, 95, 128 s. auch Staat Staatsaufsicht — über Kirchen 129, 159 — über öffentliche Korporationen 49, 51 — über Privatschulen 142 Staatsgewalt Einheit der — 34, 61 Staatshoheit besondere— 69, 139 ff. Kirchen und — 201, 35 ff., 140, 156 Staatskirche keine — 32, 44 Staatskirchenhoheit 53, 139 Staatskirchenrecht — der DDR 30 Gesetzgebungskompetenz f ü r — 17 Geschichte 16, 51 ff. Grundfragen 15 Grundprinzipien 23 ff., 31 ff. L i t e r a t u r 15 (F 1), 161 ff. überpositive Fundierung 29, 33, 41 — u n d Selbstverständnis der K i r chen 18, 20, 30 Staatskirchentum 51 f. Staatskirchenverträge 32 Öffentlichkeitsanspruch i n — η 84, 158 Rückwirkungen auf andere Religionsgemeinschaften 45 (F 67) — u n d Verfassungsrecht 83, 149 Staatsvolk s. Nation Staat u n d Gesellschaft 48, 52 f., 73 ff., 139 (F 1) Dialektik v o n — 75 Ständestaat heutige Tendenzen zum — ? 62, 76 — i n der Geschichte 65 (F 10) Kirchen i m — 78

Statusklagen — i m kirchlichen Dienstrecht 146 Stein'sche Städteordnung 47 Steuervergünstigungen der Kirchen 42, 126 Stiftung — als Vermögensträger der Pfarrei 103 (F 25) Strafen kirchliche— 119 Strafrechtsschutz der Kirchen 125, 131 Subordination der Kirchen 20 f., 24, 35 ff., 140, 156 Tarifautonomie 70 teilrechtsfähige Verbände 51 Teilrechtsfähigkeit 101 f. — i m Kirchenrecht? 102 (F 17) Terminologie 21 f. Thron u n d A l t a r 160 Trennung von Staat u n d Kirche 321, 156 Treueverhältnis s. Kirchenbeamte überpositives Recht 17, 19, 28, 41 Unabänderlichkeit — staatskirchenrechtlicher Normen 17 Untergliederungen Rechtsstellung kirchlicher — 101 ff. Urkunden s. Beurkundungsrecht I I . V a t i k a n u m 22 Vereidigungsrecht der Kirchen 120 Vereinsrecht keine Geltung des — s für Kirchen 140, 142 Verfassungsänderung — durch Interpretation? 28 — durch Gewohnheitsrecht 26 f. — durch Verfassungswandel? 27 f. Erfordernisse 26 Verfassungsbeschwerde — gegen Kirchenakte? 144

Sachregister verfassungsgebende Gewalt 18 f. Verfassungsgeber W i l l e n des — s 26 f. Verfassungsgewohnheitsrecht 26 f. Versammlungsfreiheit W i r k u n g zugunsten der Kirchen 153 Verträge zwischenkirchliche — 37 (F 33) s. auch Staatskirchenverträge Verwaltungseinheit rechtsfähige— 49 Verwaltungsgerichte — der Kirchen 136 f., 159 Zuständigkeit für Kirchensachen 143 ff., 148 f. verwaltungsgerichtliche Generalklausel 143, 148 Verwaltungsrechtsschutz — gegenüber Kirchen 137, 146, 159 Vokation 129 Volkskirchen 22 Volkssouveränität Grenzen der — 29, 64, 68 — u n d Begriff des Öffentlichen 66 Volkswille 67 Wächteramt der Kirchen 37, 80

Weimarer Kirchenartikel — i m Grundgesetz 23 ff. s. auch Entstehungsgeschichte Weimarer VerfassungsWirklichkeit 31 Welt — i m kirchlichen Verständnis 77 Mündigkeit d e r — 80 Werke Rechtsstellung kirchlicher— 104, 107 Wertsystem — des Grundgesetzes 28, 35 W i d m u n g 124 W i l l k ü r verbot 41 Zivilgerichte Zuständigkeit 146, 148

für

Kirchensachen

Zuchtgewalt 118 f. Zugezogene Kirchengliedschaft — r 111 Zusammenfassung 156 ff. Zwangsgewalt Monopol des Staates 61 Zwangsvolistreckungsvorrechte der Kirchen 127 Zwangsmitgliedschaft bei Religionsgemeinschaften 110 f.

Paragraphemegister ALR § 12 I I 6 : 47 §2311 6 : 4 7 § 25 I I 6 : 47, 52 § 26 I I 6 : 47 (F 7) § 17 I I 11 : 52 (F 3) §961111 :115 (F 29) BBauG § 1 : 22 (F 26), 126 § 1 9 : 2 2 (F 26), 126 BGB § 978 :128 BLeistG § 4 : 2 2 (F 26), 126 BRRG § 121 :114 § 135 :114, 115 (F 30), 122, 137 (F 35) BSozHG § 10 :126 BVerfGG § 63 :132 § 71 :133 (F 12) § 90 I : 144 CJC Can. 1496 :109 FGG § 29 :127 GBO § 29 :127 § 80 :127 GG Präambel: 29 A r t . 1 I I : 28 A r t . 2 I : 152 A r t . 3 I : 41 f. A r t . 3 I I I : 41 ff. A r t . 4 I : 152 A r t . 4 I I : 152 A r t . 5 :152

A r t . 7 I I : 21 A r t . 7 I I I : 129 A r t . 7 I V : 153 A r t . 8 :153 A r t . 9 :153 A r t . 10 :153 A r t . 12 :153 A r t . 14 :152 f. A r t . 17 :153 A r t . 19 I I I : 41 f., 152 A r t . 19 I V : 87, 136, 143 ff. A r t . 20 I I I : 146 A r t . 28 : 69, 146 A r t . 31 :17 (F 3) A r t . 34 :148 A t r . 35 :135 A r t . 79 I : 26, 28 A r t . 79 I I I : 17, 39, 97 A r t . 80 :122 A r t . 92 :136 A r t . 93 I : 132 f. A r t . 99 :133 A r t . 129 :122 A r t . 140 :16, 29, 132 u n d passim GKG § 2 :127 (F 75) Grundstücksverkehrsgesetz § 4 :126 GVG § 15 :136 (F 27), 138 JWG § 5 : 22 (F 26), 126 KO § 61 :126 (F 73) M R V O 165 § 22 :137 MSchG § 32 :127 pr A G B G B § 12 :127, 152 (F 41)

Paragraphenregister PStG

§ 61 :128

EVO § 160 :116 § 1230 :116 Sammlungsgesetz §15:126 (F 72) StGB § 132a : 125 § 166 :125 Südd.VGG § 22 :137 VereinsGes. § 2 :140, 142

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Verf.DDR A r t . 41 :30 A r t . 48 :30 VwGO § 4 0 : 8 7 , 137, 143, 148 § 47 :147 WRV A r t . 137 1 : 32 A r t . 137 I I I : 35, 38, 61, 121 f. A r t . 137 V : 16, 32, 43 f., 56, 59 ff., 92 ff., 100 ff., 130, 132 u n d passim A r t . 137 V I : 92 ZPO § 415 :127 § 882a : 127