Geheimnisverrat: Die Beteiligung von Journalisten an der Verletzung von Dienstgeheimnissen [1 ed.] 9783428535750, 9783428135752

Anlässlich des Cicero-Falles und vor dem Hintergrund der WikiLeaks-Veröffentlichungen beschäftigt sich der Autor mit den

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Geheimnisverrat: Die Beteiligung von Journalisten an der Verletzung von Dienstgeheimnissen [1 ed.]
 9783428535750, 9783428135752

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Schriften zum Strafrecht Heft 218

Geheimnisverrat Die Beteiligung von Journalisten an der Verletzung von Dienstgeheimnissen

Von

Lasse Schuldt

Duncker & Humblot · Berlin

LASSE SCHULDT

Geheimnisverrat

Schriften zum Strafrecht Heft 218

Geheimnisverrat Die Beteiligung von Journalisten an der Verletzung von Dienstgeheimnissen

Von

Lasse Schuldt

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Process Media Consult GmbH, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-13575-2 (Print) ISBN 978-3-428-53575-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-83575-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Meinen Eltern

« Qui ne sait pas dissimuler, ne sait pas régner. » Ludwig XI. (König von Frankreich von 1461 bis 1483)

„Alle auf das Recht anderer Menschen bezogenen Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht.“ Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden (1795)

„So viel Information wie möglich, so viel Geheimnisschutz wie nötig.“ Aus der Gesetzesbegründung zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (2004)

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Dezember 2010 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Ende des Jahres 2010 berücksichtigt werden. Ganz besonders danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Bernd Heinrich, für seine hervorragende Betreuung. Er hat sich stets kurzfristig Zeit für mich genommen, bereits fertig gestellte Abschnitte intensiv studiert und mir zahlreiche wichtige Anregungen gegeben. Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dr. Martin Heger für die bemerkenswert schnelle Zweitkorrektur meiner Dissertation. Des Weiteren bedanke ich mich bei meinen Eltern für ihre finanzielle und mentale Unterstützung während der Zeit meines Studiums und vor allem dafür, dass sie niemals Ansprüche gestellt haben, sondern immer davon überzeugt waren, dass ihr Sohn schon das Richtige machen würde. Meinem Vater möchte ich besonders für das Korrekturlesen danken. Mein Dank gilt schließlich dem Land Berlin, das diese Arbeit mit einem ElsaNeumann-Stipendium nach dem Gesetz zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (NaFöG) gefördert hat, sowie der FAZIT-STIFTUNG Gemeinnützige Verlagsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main, für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. .

Berlin, im Januar 2011

Lasse Schuldt

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. „Publizistischer Landesverrat“ in der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. „Publizistischer Landesverrat“ in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . 33 III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . 37 IV. Dienstgeheimnisverletzungen im europäischen Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 V. Folgerungen für die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Die Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Die heutige Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 III. Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts und des Beschlagnahmeschutzes . . . . . . . 62 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 II. Der subjektive Tatbestand des § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 III. Die Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Die versuchte Dienstgeheimnisverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 V. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB . . . . . . . . . . . . . . . 144 I. Die Bedeutung der Recherche in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

12

Inhaltsübersicht II. Die Frage einer verfassungsrechtlichen Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

III. Rechercheprivilegien im Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 V. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 VI. Die Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB . . . . . . . . . . . . . 208 I. Die Veröffentlichung als Ziel und strafrechtliches Risiko journalistischer Arbeit . . 208 II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 F. Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. „Publizistischer Landesverrat“ in der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Das Andere Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Die Weltbühne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. „Publizistischer Landesverrat“ in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . 33 1. Quick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Der Spiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3. BVerfGE 21, 239 ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Quick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Marktintern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Monitor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Stuttgarter Zeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5. Weser-Kurier, Bremer Nachrichten, taz, Weser-Report und Radio Bremen . . . . . 39 6. ZDF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 7. Wolfsburger Allgemeine Zeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 8. Cicero . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 9. Dresdner Morgenpost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 IV. Dienstgeheimnisverletzungen im europäischen Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. De Morgen, Le Soir, Le Soir Illustré und R.T.B.F. (Belgien) . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Blick (Schweiz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Lëtzebuerger Journal (Luxemburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4. Stern (Belgien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 V. Folgerungen für die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

14

Inhaltsverzeichnis

B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Die Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Die heutige Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 III. Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts und des Beschlagnahmeschutzes . . . . . . . 62 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. § 353b Abs. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Amtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . 71 cc) Personen, die Aufgaben nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen 72 dd) Bedienstete europäischer und anderer supranationaler Einrichtungen . . . . 72 b) Geheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Insbesondere: Illegale Geheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Anvertraut oder sonst bekannt geworden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 d) Unbefugtes Offenbaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. § 353b Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Von einem Gesetzgebungsorgan zur Geheimhaltung Verpflichteter . . . . . 82 bb) Von einer anderen amtlichen Stelle zur Geheimhaltung Verpflichteter . . . 84 b) Gegenstand oder Nachricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 c) Unbefugtes Gelangenlassen oder Bekanntmachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Wichtige öffentliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) Annäherung an den Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 bb) Beispiele aus der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Inhaltsverzeichnis

15

cc) Mittelbar gefährdete Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Konkrete Gefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Allgemeine Anforderungen an die konkrete Gefährdung . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Konkrete Gefährdung bei der Offenbarung gegenüber Journalisten . . . . . 98 cc) Konkrete Gefährdung bei der Offenbarung illegaler Geheimnisse . . . . . . 102 4. Neue Tatbestandskonturen durch das Informationszugangsrecht . . . . . . . . . . . . . 103 a) Informationsfreiheit und beschränkte Aktenöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Die Informationsfreiheit des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Beschränkte Aktenöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Der Auskunftsanspruch der Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Voraussetzungsloser Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Bereichsspezifisches Informationszugangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Allgemeines Informationszugangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (1) Entwicklung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (2) Entstehung eines allgemeinen Informationszugangsrechts in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 d) Neue Konturen der Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Merkmale der Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (1) Verfassungsrechtliche Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (2) Einfachgesetzliche Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Allgemeinzugänglichkeit durch Informationszugangsgesetze . . . . . . . . . . 117 cc) Keine Allgemeinzugänglichkeit durch Pressegesetze . . . . . . . . . . . . . . . . 120 dd) Zwischenergebnis und Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 ee) Umfang der Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (1) Das Verhältnis der Informationszugangsgesetze untereinander . . . . . . 125 (2) Das Informationszugangsgesetz des Bundes (IFG) . . . . . . . . . . . . . . . 127 (a) Anspruchsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (b) Anspruchsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (c) Anspruchsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (d) Verweigerungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (aa) Schutz besonderer öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (bb) Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses . . . . . . . . . 133 (cc) Schutz personenbezogener Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (dd) Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

16

Inhaltsverzeichnis ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 e) Neue Konturen wichtiger öffentlicher Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Der subjektive Tatbestand des § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

III. Die Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Rechtfertigender Notstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Die Stufentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 IV. Die versuchte Dienstgeheimnisverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 V. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB . . . . . . . . . . . . . . . 144 I. Die Bedeutung der Recherche in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 II. Die Frage einer verfassungsrechtlichen Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Die Recherche im Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Die Schranken der Medienfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3. Das Gebot der informationellen Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 III. Rechercheprivilegien im Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Der objektive Tatbestand der Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Bestimmungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 aa) Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (1) Untreue-Skandal-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (2) Bordell-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (3) BND-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (4) CIA-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 bb) Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 cc) Anwendung auf die Fallbeispiele und den Fall Dammann . . . . . . . . . . . . 168 (1) Untreue-Skandal-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (2) Bordell-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (3) BND-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

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(4) CIA-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (5) Der Fall Dammann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 dd) Stellungnahme: Überschreitung des alltäglichen Reizpegels . . . . . . . . . . . 171 ee) Der Zeitpunkt der Bestimmungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Objektive Zurechnung und Abgrenzung von Verantwortungsbereichen . . . . . 178 aa) Eigener Verantwortungsbereich des Haupttäters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Eigener Verantwortungsbereich des Teilnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Der subjektive Tatbestand der Anstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Vorsatz hinsichtlich der Anstiftungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Vorsatz hinsichtlich der Verletzung des Dienstgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (1) Variante 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (2) Variante 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (3) Variante 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (4) Variante 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 cc) Anwendung auf die Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (1) Variante 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (2) Variante 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (3) Variante 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (4) Variante 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 V. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Der objektive Tatbestand der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Beihilfehandlung: Die psychische Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 aa) Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Fall 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (2) Fall 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 cc) Anwendung auf die Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (1) Fall 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (2) Fall 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 dd) Stellungnahme: Überschreitung des alltäglichen Reizpegels . . . . . . . . . . . 200

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Inhaltsverzeichnis ee) Der Zeitpunkt der Beihilfehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Der subjektive Tatbestand der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

VI. Die Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB . . . . . . . . . . . . . 208 I. Die Veröffentlichung als Ziel und strafrechtliches Risiko journalistischer Arbeit . . 208 II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Der objektive Tatbestand der Beihilfe nach derzeitiger Rechtslage . . . . . . . . . . . 209 a) Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (1) Variante 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (2) Variante 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (3) Variante 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (4) Variante 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 bb) Folgerungen für das Vorliegen einer Haupttat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Beihilfehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Der spätestmögliche Zeitpunkt der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (1) Die Auffassungen zur rechtlichen Anerkennung der sukzessiven Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (2) Die Auffassungen zur sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (a) Zur Bedeutung der Aufhebung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. . . . . 217 (b) Zur sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB . . . . . . . . . 218 bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Vorschläge zur Änderung des Strafgesetzbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Vorschläge in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 aa) Der Vorschlag von Dunkhase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 bb) Der Vorschlag von Bott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Die Gesetzentwürfe von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der LINKEN . 223 aa) Der Gesetzentwurf der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen . . . . . . . . . . 223 bb) Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 cc) Der Gesetzentwurf der Fraktion der LINKEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Inhaltsverzeichnis

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c) Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 e) Eigener Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 F. Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Abkürzungsverzeichnis a. A. a.a.O. ABl. Abs. a. F. AfP AG AIG Bbg AK AO Art. AsylVfG AT Aufl. BArchG BayObLG BBankG BBG BerlIFG BerlPresseG BerlVerfSchG Bd. BDSG BeamtStG Beschl. BGB BGBl. BGE BGer BGH BGHSt BGHZ BK BKA BND BNDG BPersVG

andere Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Absatz alte Fassung Archiv für Presserecht Aktiengesellschaft Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz des Landes Brandenburg Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz Abgabenordnung Artikel Asylverfahrensgesetz Allgemeiner Teil Auflage Bundesarchivgesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Gesetz über die Deutsche Bundesbank Bundesbeamtengesetz Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin Berliner Pressegesetz Gesetz über den Verfassungsschutz in Berlin (Verfassungsschutzgesetz in Berlin) Band Bundesdatenschutzgesetz Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz) Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Schweizerisches Bundesgericht Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bundeskriminalamt Bundesnachrichtendienst Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BND-Gesetz) Bundespersonalvertretungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis BR-Drs. BremIFG BRRG BStatG BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerfSchG

BVerwG BVerwGE BWahlG bzw. c. ca. CD-ROM CDU CIA CR CSU DDR DDR-GBl. ders. d. h. dies. Diss. DJV DJZ DÖV DRiZ DVBl. EDV EG EGMR Einl. E-Mail EMRK et al. etc. EuGRZ EURATOM Europol EuropolG EvStL

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Drucksache des Bundesrates Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen Beamtenrechtsrahmengesetz Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz) Drucksache des Bundestages Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundeswahlgesetz beziehungsweise contre circa Compact Disc Read-Only Memory Christlich Demokratische Union Central Intelligence Agency Computer und Recht Christlich-Soziale Union Deutsche Demokratische Republik Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik derselbe das heißt dieselbe Dissertation Deutscher Journalisten-Verband Deutsche Juristenzeitung Die öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Deutsches Verwaltungsblatt Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einleitung Electronic Mail Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten et alii (lat.: und andere) et cetera Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europäische Atomgemeinschaft Europäisches Polizeiamt Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Rates 2009/371/JI vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol-Gesetz) Evangelisches Staatslexikon

22 EWG f. FBI FDP ff. FGO Fn. FOIA frz. FS GA GBl. GebrMG gem. GG GmbH GMBl. GTZ GVBl. GVG GVOBl. GWB Habil.-Schrift Halbs. HandwO HansOLG HGB HmbIFG HPresseG HStR IFG IFG M-V IFG NRW IFG-SH i. V. m. IZG LSA JR JuS JZ KG KJ KK krit. KWG

Abkürzungsverzeichnis Europäische Wirtschaftgemeinschaft und der/die folgende Federal Bureau of Investigation Freie Demokratische Partei und die folgenden Finanzgerichtsordnung Fußnote Freedom of Information Act französisch Festschrift Goldtammer’s Archiv für Strafrecht Gesetzblatt Gebrauchsmustergesetz gemäß Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt (Mecklenburg-Vorpommern) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Habilitationsschrift Halbsatz Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) Hanseatisches Oberlandesgericht Handelsgesetzbuch Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz Hessisches Pressegesetz Handbuch des Staatsrechts Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz) Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land MecklenburgVorpommern Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land NordrheinWestfalen Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land SchleswigHolstein in Verbindung mit Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung Kammergericht Kritische Justiz Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung kritisch Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz)

Abkürzungsverzeichnis lat. LG LK LKW LMG LPG LPG Ba-Wü LR MarkenG MDStV MRRG MüKo m. w. N. NATO NJ NJW NJW-RR NK No. Nr. NStZ NStZ-RR NVwZ OLAF OLG OVG OWiG PatG PresseGNRW ProfE PrStG PStG RAF RG RGBl. RGSt RiStBV RL Rn. R.T.B.F. s. S. SAEG SBZ SchriftlG SED SGB SGG

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lateinisch Landgericht Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch Lastkraftwagen Landesmediengesetz Landespressegesetz Landespressegesetz Baden-Württemberg Löwe-Rosenberg, Kommentar zur Strafprozessordnung Markengesetz Mediendienste-Staatsvertrag Melderechtsrahmengesetz Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch mit weiteren Nachweisen North Atlantic Treaty Organization Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch Numero Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Office européen pour la lutte anti-fraude Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Patentgesetz Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen Professorenentwurf Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht Personenstandsgesetz Rote Armee Fraktion Reichsgericht Reichsgesetzblatt Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Richtlinien zum Straf- und Bußgeldverfahren Richtlinie Randnummer Radio-télévision belge de la Communauté française siehe Satz (bei Gesetzesnormen), Seite (bei Literaturangaben) Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften Sowjetische Besatzungszone Schriftleitergesetz Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz

24 SIFG SK SPD Stat. StGB StGB-AE StGB-CH StGB-E StPO StrÄndG st. Rspr. StUG StV StVG SÜG ThürIFG TMG Tz. u. u. a. UIG UrhG Urt. USA U.S.C. UWG v. Verf. VerpflG VerwArch VG vgl. VIG Vorbem. VS VSA VwGO VwVfG WDR wistra WRV WStG z. B. ZDF ZPO

Abkürzungsverzeichnis Saarländisches Informationsfreiheitsgesetz Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch Sozialdemokratische Partei Deutschlands Statute Strafgesetzbuch Alternativentwurf eines Strafgesetzbuchs Strafgesetzbuch der Schweiz Strafgesetzbuch, Entwurfsfassung Strafprozessordnung Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs ständige Rechtsprechung Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz) Strafverteidiger Straßenverkehrsgesetz Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz) Thüringer Informationsfreiheitsgesetz Telemediengesetz Textziffer und unter anderem Umweltinformationsgesetz des Bundes Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Urteil United States of America United States Code Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Verfasser Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht vergleiche Verbraucherinformationsgesetz Vorbemerkung Verschlusssache Verschlusssachenanweisung Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Westdeutscher Rundfunk Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Weimarer Reichsverfassung Wehrstrafgesetz zum Beispiel Zweites Deutsches Fernsehen Zivilprozessordnung

Abkürzungsverzeichnis ZRP ZStrR ZStW ZUM

Zeitschrift für Rechtspolitik Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

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Einleitung Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Journalisten sich strafbar machen, wenn sie nach staatlichen Geheimnissen recherchieren oder diese veröffentlichen. Neuesten Anlass für die Befassung mit diesem Thema bieten die regelmäßigen Veröffentlichungen vertraulicher Dokumente auf der Internetseite wikileaks.org sowie die hiermit im Zusammenhang stehende Berichterstattung in den Medien. Ziel von WikiLeaks ist es, geheim gehaltene staatliche Informationen ohne die Einwilligung oder sogar gegen den Willen von Behörden und Regierungen öffentlich zu machen. Diese Vorgehensweise mag in ihrer Radikalität neu sein. Journalisten sehen es aber schon lange als ihre Aufgabe an, staatliche Missstände offen zu legen. Nicht selten sind ihnen dabei Informanten aus der staatlichen Sphäre behilflich. Dieser Umstand ruft regelmäßig die Strafverfolgungsbehörden auf den Plan. Ermittlungen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen sind die Folge. Prominentes Beispiel ist insoweit der Fall Cicero, der durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2007 seinen rechtlichen Abschluss fand. Gegenstand dieses Urteils war die verfassungsrechtliche Rechtmäßigkeit richterlicher Anordnungen zur Durchsuchung der Redaktionsräume des Magazins Cicero und der Wohnung des Journalisten Bruno Schirra. Schirra hatte zuvor in einem Artikel für das Magazin aus einem internen Auswertungsbericht des Bundeskriminalamts zitiert. Die Durchsuchungsanordnungen, gegen die sich die Verfassungsbeschwerde des Chefredakteurs Weimer wendete, waren vom Amtsgericht Potsdam daher auf der Grundlage des Verdachts der Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses erlassen worden.1 Das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem Urteil fest, dass die Anordnungen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten auf Pressefreiheit und effektiven Rechtsschutz verletzt hatten. Dabei konkretisierte es die Voraussetzungen, unter denen die Staatsanwaltschaft den Wegfall des journalistischen Zeugnisverweigerungsrechts und damit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmeschutzes annehmen darf. Für das Bundesverfassungsgericht war der Fall damit erledigt. Bruno Schirra war hingegen seiner beruflichen Existenz beraubt. Zwar wurde das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt. Sein Recherchematerial der vergangenen fünfzehn Jahre befand sich jedoch in den Händen der Staatsanwaltschaft, so dass kein Informant mehr mit ihm kooperieren wollte. Vormalige Informationsquellen versiegten. Über seine Themen – Islamismus, Terrorismus, Geheimdienste, Korruption – konnte er 1

Vgl. zum Sachverhalt ausführlich unten A. III. 8.

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Einleitung

nicht mehr veröffentlichen. Schirra wurde bedroht und auf offener Straße tätlich angegriffen.2 Wie viele Journalisten aufgrund des Cicero-Falles in der Folge von der Kontaktaufnahme zu Informanten abgeschreckt worden sind, kann nur gemutmaßt werden. Vor diesem Hintergrund müssen die Voraussetzungen, unter denen staatliche Ermittlungsbehörden in das journalistische Recht auf Informantenschutz eingreifen dürfen, klar umrissen sein. Journalisten müssen erkennen können, welche Grenzen ihnen das Straf- und Strafprozessrecht ziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich diesbezüglich in entscheidungserheblicher Weise nur zu der Frage des Verdachtsgrades geäußert, welcher für den Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts erforderlich ist. Dies ist eine Frage des Strafprozessrechts. Das materiellrechtliche Problem, unter welchen Voraussetzungen sich Journalisten bei dem Umgang mit geheimen staatlichen Informationen strafbar machen können, blieb indes ungeklärt. Als Grundlage eines Tatverdachts ist diese Frage aber mindestens ebenso bedeutsam, kann doch erst der Verdacht der Erfüllung eines materiellrechtlichen Tatbestandes den Anlass für Ermittlungen bieten. Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit der Strafbarkeit von Journalisten wegen Anstiftung und Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses. Neben diesen Beteiligungsfragen ist auch die grundsätzliche Informationsverteilung zwischen Bürger und Staat in den Blick zu nehmen. In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber die Verwaltung zu mehr Transparenz verpflichtet. Die neu geschaffenen und noch zu schaffenden Informationszugangsgesetze gewähren jedem Bürger voraussetzungslose Ansprüche auf Zugang zu verwaltungsinternen Informationen. Im Rahmen der Untersuchung wird sich daher die zusätzliche Frage stellen, inwieweit sich der verwaltungsrechtliche Wandel in Richtung einer größeren informationellen Transparenz auch im Strafrecht abbildet.

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Süddeutsche Zeitung vom 31.01./01. 02. 2009, S. 21.

A. Die Entwicklung der Verfolgungsund Urteilspraxis Die strafrechtliche Verfolgung von Journalisten wegen der Recherche und der Veröffentlichung geheimer Informationen ist kein neues Phänomen. Für die vorliegende Untersuchung soll daher ein Überblick über die Verfolgungs- und Urteilspraxis in Deutschland, aber auch im europäischen Ausland und auf der Ebene des Europarats gegeben werden. Die Sondersituation der Presse während des Nationalsozialismus bleibt dabei ausgeblendet. Gegenstand dieser Arbeit sollen die strafrechtlichen Risiken sein, derer sich ein Journalist in einer demokratischen Gesellschaft wie derjenigen der Bundesrepublik Deutschland aussetzt. Die ab 1933 betriebene Gleichschaltung der Presse1 machte dagegen die Ausübung eines unabhängigen Journalismus weitestgehend unmöglich. Die nationalsozialistische Auffassung von der Funktion der Presse verdeutlichte der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, bei der Verkündung des Schriftleitergesetzes2 am 4. Oktober 1933 vor der deutschen Presse, als er betonte, „dass wir es für einen politischen Wahnsinn halten, dass man einzelnen Individuen die absolute Freiheit des Geistes und der Meinung garantieren wollte und dabei die Freiheit eines ganzen Volkskörpers immer mehr Schaden nehmen musste.“3 Dementsprechend richtete sich die ideologisch verfärbte Rechtsprechung des Volksgerichtshofs und des Reichsgerichts gegen jede Form oppositioneller und überhaupt kritischer Auseinandersetzung mit dem Unrechtsregime des Dritten Reichs, egal ob diese durch Presseveröffentlichungen oder in anderen Formen der Meinungsäußerung geschah. In diesen mit nationalsozialistischem Gedankengut 1 Im Jahre 1933 gab es in Deutschland ca. 4700 Zeitungen, davon ca. 120 NS-Blätter mit 7,5 % Auflagenanteil; 1944 gab es noch 970 Zeitungen mit über 82 % NS-Anteil, vgl. Wulf, S. 11; generell wurde die Presse der NS-Zeit nicht durch Vorzensur gelenkt, es genügte die Drohung mit Berufsverboten und die Herausgabe so genannter Presseanweisungen, vgl. Stöber, S. 151. 2 RGBl. 1933 I, S. 713 ff.; Schriftleiter war nach diesem Gesetz jeder, der „an der Gestaltung des geistigen Inhalts der im Reichsgebiet herausgegebenen Zeitungen und politischen Zeitschriften durch Wort, Nachricht oder Bild mitwirkt“ (§ 1 SchriftlG); Schriftleiter mussten arischer Abstammung und nicht mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet sein (§ 5 Nr. 3 SchriftlG); die Zulassung zum Schriftleiterberuf war bei den Landesverbänden der deutschen Presse zu beantragen (§ 8 S. 1 SchriftlG); Schriftleiter waren verpflichtet, „aus den Zeitungen alles fernzuhalten, was geeignet ist, die Kraft des Deutschen Reiches nach außen oder im Innern, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes, die deutsche Wehrhaftigkeit, Kultur oder Wirtschaft zu schwächen“ (§ 14 Nr. 2 SchriftlG). 3 Abgedruckt bei Wulf, S. 74; Goebbels’ Äußerungen sind mit Blick auf die Freiheitsgewährungen während der Weimarer Zeit zu verstehen.

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

durchsetzten Urteilen lassen sich keine Abwägungsmaßstäbe finden, die für eine demokratische, die Meinungs- und Pressefreiheit grundsätzlich anerkennende Gesellschaft brauchbar wären. Die Unterdrückung der freien Presse unter der Diktatur des Nationalsozialismus wird vorliegend daher stets von mahnender Bedeutung mit Blick auf unverhältnismäßige Auswüchse staatlicher Repression sein. Als Fallmaterialquelle erweist sie sich für diese Untersuchung dagegen als ungeeignet. Aus vergleichbaren Gründen bleibt auch die Situation der Presse in der Deutschen Demokratischen Republik unberücksichtigt. Zwar sah Art. 9 Abs. 2 der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 19494 vor, dass eine Pressezensur nicht stattfinden sollte. In der Verfassung von 19745 war die Zensurfreiheit hingegen weggefallen. Außerdem sah schon Art. 6 Abs. 2 S. 1 der Verfassung von 1949 vor, dass „Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen, Mordhetze gegen demokratische Politiker (…) Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches [sind].“ Dem folgend stellte die „Staatsfeindliche Hetze“ ein Verbrechen nach § 106 StGB-DDR dar. Damit war die Presse- und Meinungsfreiheit nur insoweit garantiert, wie die Äußerungen nicht dem Willen der SED zuwider liefen.6 Journalisten wurden vom Ministerium für Staatssicherheit überwacht.7 Raue stellte – aus sozialistischer Perspektive – fest: „Zielstrebig und in klarer Erkenntnis der Möglichkeiten des Journalismus, diesen Prozess [der politisch-ideologischen Überzeugung aller Werktätigen] zu fördern, hatte die Partei der Arbeiterklasse durch systematische Anleitung Presse, Rundfunk und Fernsehen der DDR zu schlagkräftigen Waffen im Klassenkampf (…) qualifiziert.“8

I. „Publizistischer Landesverrat“ in der Weimarer Republik Während der Zeit der Weimarer Republik (1918 – 1933) hatte sich das Reichsgericht mehrfach mit Fällen so genannten „publizistischen Landesverrats“ zu beschäftigen. Gegenstand dieser Verfahren waren in der Regel Anklagen gegen Journalisten wegen Artikeln, in denen über Aufrüstungsbemühungen der deutschen Streitkräfte berichtet worden war. Jegliche Mobilmachungsmaßnahmen waren Deutschland durch den am 28. Juni 1919 unterzeichneten Versailler Friedensvertrag untersagt. Die für diese Maßnahmen verantwortlichen Ministerien hatten daher an ihrer Geheimhaltung größtes Interesse. Für sie stellten diese Vorgänge Staatsgeheimnisse dar, deren Offenbarung nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. Landesverrat bedeutete. Vor diesem Hintergrund kam es zwischen 1923 und 1931 wiederholt zu entsprechen-

4 5 6 7 8

DDR-GBl. 1949. S. 5 ff. DDR-GBl. 1974 I, S. 432 ff. Stöber, S. 140. Stöber, S. 154. Raue, S. 223.

I. „Publizistischer Landesverrat“ in der Weimarer Republik

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den Verurteilungen durch das Reichsgericht.9 Exemplarisch sollen in diesem Zusammenhang lediglich die beiden bekanntesten Verfahren herausgegriffen werden: Einerseits die Verurteilung von Journalisten des „Anderen Deutschlands“, welche die einzige Entscheidung zum publizistischen Landesverrat in der amtlichen Sammlung des Reichsgerichts ist, andererseits die Verurteilung des Weltbühne-Herausgebers und späteren Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky. 1. Das Andere Deutschland Am 14. März 1928 verurteilte das Reichsgericht die beiden Journalisten Berthold Jacob und Fritz Küster wegen versuchten Landesverrats zu je neun Monaten Festungshaft.10 Jacob und Küster hatten, nachdem während eines Reichswehrmanövers 81 Soldaten in der Weser ertrunken waren,11 in zwei Berichten12 der Wochenzeitschrift „Das Andere Deutschland“ nachgewiesen, dass die Unfallopfer Zeitfreiwillige waren, deren Einziehung gegen den Versailler Friedensvertrag und damit gleichzeitig gegen das entsprechende Umsetzungsgesetz, das Gesetz über den Friedensschluss zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten vom 16. Juli 1919,13 verstieß. Die Existenz dieser Zeitfreiwilligen war von Reichskanzler Hans Luther und Reichswehrminister Otto Geßler stets bestritten worden, was vom Reichsgericht als ausreichender Beweis ihrer Nichtexistenz gewertet wurde.14 Kam so zwar nur eine Strafbarkeit wegen versuchten Landesverrats in Betracht, musste sich das Gericht dennoch mit der Frage auseinandersetzen, ob auch die Berichterstat9 Vgl. die Untersuchung von Hanten, Publizistischer Landesverrat vor dem Reichsgericht (1999), der elf Reichsgerichtsurteile zum publizistischen Landesverrat analysiert. Gegenstand dieser Verurteilungen waren Veröffentlichungen in kommunistischen Zeitungen wie „Die Rote Fahne“, „Das Echo“, „Der Kämpfer“, „Ruhr-Echo“, „Hamburger Volkszeitung“, „Norddeutsche Zeitung“ und pazifistischen Zeitungen wie „Das Andere Deutschland“ und „Die Weltbühne“. 10 RG, Urt. v. 14.03.1928 – 7 J 63/25, RGSt 62, 65; vgl. zum Sachverhalt auch Hanten, S. 115 ff. 11 Das Unglück passierte, als die Soldaten bei Veltheim an der Porta Westfalica eine Behelfsbrücke aus Pontons bauten, vgl. Müller, http://www.ev-akademie-boll.de/fileadmin/res/ otg/520507-Mueller.pdf (letzter Abruf: 31.12.2010), S. 6; dieser Sachverhalt brachte dem Verfahren den Beinamen „Ponton-Prozess“ ein, vgl. Müller/Jungfer, NJW 2001, 3461 (3462). 12 Der erste Artikel mit dem Titel „Das Zeitfreiwilligengrab in der Weser, Herr Geßler antworten Sie …“ erschien am 11.04.1925, der zweite Artikel mit dem Titel „Weitermachen“ am 25.07.1925, vgl. Hanten, S. 121 f. 13 RGBl. 1919, S. 687; Teil V. des Versailler Friedensvertrags (S. 919 ff.) enthielt Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt. Der einleitende Artikel 159 lautete: „Die deutschen Streitkräfte werden gemäß nachstehenden Bedingungen demobilgemacht und herabgesetzt.“ Artikel 178 Abs. 1 bestimmte: „Alle Mobilmachungsmaßnahmen oder solche, die auf eine Mobilmachung hinzielen, sind untersagt.“ 14 Das RG führt hierfür Reden des Reichskanzlers und des Reichswehrministers vor dem Reichstag an, RG, Urt. v. 14.03.1928 – 7 J 63/25, RGSt 62, 65 (69); vgl. außerdem Müller/ Jungfer, NJW 2001, 3461 (3462).

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tung über rechtswidrige Zustände, hier Verstöße gegen den zu Reichsrecht gewordenen Versailler Vertrag, Landesverrat sein konnte. Das Reichsgericht stellte hierzu fest: „Dem eigenen Staate hat jeder Staatsbürger die Treue zu halten. Das Wohl des eigenen Staates wahrzunehmen, ist für ihn höchstes Gebot. (…) Die uneingeschränkte Anerkennung des Gedankens, dass die Aufdeckung und Bekanntgabe gesetzwidriger Zustände dem Reichswohle niemals abträglich, nur förderlich sein könne, weil das Wohl des Staates in seiner Rechtsordnung festgelegt sei und sich in deren Durchführung verwirkliche, ist abzulehnen, insbesondere im Hinblick auf außenpolitische Verhältnisse.“ Das Staatswohl sei „oberstes Gesetz und Richtschnur“.15 2. Die Weltbühne16 Diese Position machte das Reichsgericht auch zur Grundlage seines Urteils im so genannten Weltbühne-Prozess. Am 23. November 1931 verurteilte der vierte Strafsenat den Herausgeber der Wochenzeitung „Die Weltbühne“, Carl von Ossietzky, und den Journalisten und Luftfahrtexperten Walter Kreiser wegen Verrats militärischer Geheimnisse zu jeweils 18 Monaten Gefängnis. Das Urteil ist vom Gericht für geheim erklärt und daher nie veröffentlicht worden.17 In diesem Verfahren ging es um einen Aufsatz mit dem Titel „Windiges aus der Deutschen Luftfahrt“, welcher am 12. März 1929 in der Weltbühne erschienen war.18 In dem Aufsatz hatte Walter Kreiser erwähnt, dass „unter der Bezeichnung „Severa“ vor einigen Jahren eine Seeversuchsanstalt gegründet [wurde], deren Zweck immer dunkel geblieben ist (…) Nun pfeifen es aber die Spatzen von den Dächern, dass die Severa nichts anderes als eine getarnte Abteilung der Marineleitung ist.“19 Im Anschluss berichtete Kreiser von einer vergleichbaren Einrichtung zu Lande, nämlich auf dem Berliner Flugplatz Johannisthal, und deutete eine Kooperation der deutschen Truppen mit der Roten Armee an. Auch diese Rüstungsmaßnahmen verstießen gegen die deutschen Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag. Die Hauptverhandlung wurde am 17. November 1931 eröffnet, zwei Tage später erging die erwähnte Verurteilung. An dem Verfahren war auf Seiten der Staatsanwaltschaft Reichsanwalt Paul Jorns mit der Erstellung der Anklage beteiligt. Jorns war, insbesondere wegen seiner Rolle im Verfahren wegen der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts, die „prominenteste Skandalfigur der Weimarer Justiz“.20 15

RG, Urt. v. 14.03.1928 – 7 J 63/25, RGSt 62, 65 (67). Vgl. zu diesem Prozess Hannover/Hannover-Drück, S. 186 ff.; zum Sachverhalt Hanten, S. 158 ff. 17 Eine Abschrift des Urteils befindet sich im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts zum Weltbühnen-Prozess, Bd. 1 – 3 (R 42695 – 42697). 18 Die Weltbühne 1929, Heft Nr. 11 vom 12.03.1929, S. 402 ff. 19 Vgl. hierzu Müller/Jungfer, NJW 2001, 3461 (3463). 20 So Müller/Jungfer, NJW 2001, 3461 (3463); ein Beleidigungsprozess gegen einen Journalisten hatte ergeben, dass Jorns als ermittelnder Kriegsgerichtsrat die Mörder Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts begünstigt hatte, indem er laut Gerichtsurteil „Spuren ver16

II. „Publizistischer Landesverrat“ in der Bundesrepublik Deutschland

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Der Vorsitzende Richter war Reichsgerichtsrat Alexander Baumgarten, der zuvor im so genannten Ulmer Reichswehrprozess Adolf Hitler eine zweistündige Propagandarede halten ließ.21 Das Urteil im Weltbühne-Prozess begegnete nicht nur erheblichen juristischen Zweifeln, weil der Geheimnischarakter der von Kreiser veröffentlichten Informationen durch die Beweisaufnahme nicht überzeugend festgestellt wurde.22 Vielmehr bereitete es die von „gesundem Volksempfinden“ und „Führerwillen“ geprägte Rechtsordnung des Dritten Reiches mit vor. So merkte Thomas Mann an, das Urteil sei „kein Rechtsspruch im strengen und reinen Sinn des Worts, sondern ein politischer Akt, der die Abneigung gewisser Mächte und Interessen gegen jede öffentliche Kontrolle zu decken bestimmt ist.“23 1936 wurde Carl von Ossietzky der Friedensnobelpreis für das Jahr 1935 zugesprochen. Nach mehrjährigem Aufenthalt in verschiedenen Haftanstalten und Konzentrationslagern starb er am 4. Mai 1938. Ein Wiederaufnahmeantrag seiner Tochter im Jahre 1991 scheiterte.24

II. „Publizistischer Landesverrat“ in der Bundesrepublik Deutschland 1. Quick Der prominenteste Fall publizistischen Landesverrats in der Bundesrepublik Deutschland war die Spiegel-Affäre im Jahre 1962. Das hierzu ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts25 stellt eine der maßgeblichen Entscheidungen des Gerichts zur Pressefreiheit dar. Kurz zuvor geriet allerdings schon die Wochenzeitschrift „Quick“ wegen des Verdachts des Landesverrats in das Visier der Strafverfolgungsbehörden. In seiner Ausgabe vom 14. Januar 1962 veröffentlichte das Magazin einen Beitrag unter dem Titel „Hier baut Bonn seinen Befehlsbunker“. In diesem Artikel wurde über die Bauarbeiten an einem atomsicheren Regierungsbunker in Marienthal in der Nähe von Ahrweiler in Rheinland-Pfalz berichtet. Der Bundesgerichtshof lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die angeschuldigten Redakteure jedoch – auf Antrag des Generalbundesanwalts – ab.26 Nach Ansicht des Gerichts sprach vieles dafür, dass das Bauvorhaben allgemein zugänglich und damit kein wischte“ und „das Gegenteil des Ermittelten ins Protokoll aufnahm“; das Urteil ist abgedruckt in: Die Justiz, Bd. IV, 1928/29, 567 ff. 21 Bucher, S. 260, 296; das Urteil im Ulmer Reichswehrprozess ist abgedruckt in: Die Justiz, Bd. VI, 1930/31, 187 ff. 22 Hierzu Müller/Jungfer, NJW 2001, 3461 (3464). 23 So Thomas Mann in einem Brief an Ossietzkys Verteidiger Alfred Apfel, abgedruckt bei Berkholz, S. 30. 24 KG, Beschl. v. 11.07.1991 – (1) 1 AR 356/90 (4/90); bestätigt durch BGH, Beschl. v. 03.12.1992 – StB 6/92, BGHSt 39, 75 ff. 25 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 ff. 26 BGH, Beschl. v. 12.11.1963 – 7 StE 3/63, NJW 1965, 1190 ff.; s. dort auch weitere Angaben zum Sachverhalt.

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Staatsgeheimnis war. Aus diesen Gründen sei den Angeschuldigten darüber hinaus auch kein entsprechender Entschluss zum Verrat von Staatsgeheimnissen nachweisbar. 2. Der Spiegel Gegenstand des Spiegel-Verfahrens waren dagegen Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Räumen des Spiegel-Verlags in Hamburg und der Redaktion in Bonn sowie Haftbefehle gegen mehrere Chefredakteure des Magazins und den Herausgeber Rudolf Augstein.27 Anlass dieser Maßnahmen war ein im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vom 10. Oktober 1962 unter dem Titel „Bedingt abwehrbereit“ veröffentlichter Artikel,28 dessen Verfasser nicht genannt war. Der Artikel setzte sich mit der militärischen Situation Deutschlands und der NATO auseinander und kritisierte den Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß für seine Planungen, die Bundeswehr mit Atomwaffen auszurüsten. Außerdem führte der Artikel Einzelheiten zum Ablauf der NATO-Übung „Fallex 62“, zum gegenwärtigen Rüstungsstand und zur militärischen Planung der NATO- und der Bundeswehrführung an. Bereits am Tage der Veröffentlichung leitete der Generalbundesanwalt gegen den Herausgeber und einige Redakteure des Spiegel ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats ein (§ 100 Abs. 1 StGB a. F.). Die Durchsuchung der Geschäftsräume und des Archivs des Spiegel-Verlags in Hamburg und der Redaktion in Bonn begann am 26. Oktober 1962. Während die Durchsuchung in Bonn nur wenige Stunden dauerte, riegelten Ermittlungsbeamte die Verlagsräume in Hamburg einen Monat lang bis zum 25. November 1962 ab. Es wurde umfangreiches Material sichergestellt und durch ermittlungsrichterliche Beschlüsse vom 23. und 25. November 1962 beschlagnahmt. Das vom Spiegel-Verlag in dieser – insbesondere vor dem Hintergrund der Kubakrise – politisch brisanten Phase angerufene Bundesverfassungsgericht lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Freigabe der noch vorenthaltenen Geschäftsräume und der Rückgabe der sichergestellten Schriftstücke ab.29 Auch die im Hauptsacheverfahren erhobene Verfassungsbeschwerde wies es durch Stimmengleichheit30 zurück.31 Dennoch unterschied sich die gerichtliche Aufarbeitung der Spiegel-Affäre deutlich von den genannten Entscheidungen des Reichsgerichts. Während der Bundesgerichtshof die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Ahlers und Augstein mangels Nachweisbarkeit der vorsätzlichen Begehung eines Landesverrats ablehnte,32 setzte 27 Vgl. zum Sachverhalt BVerfGE 20, 162 (163 ff.); Augstein verbrachte 103 Tage in Haft, vgl. Sommer, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 153 (161). 28 Gegenstand des wegen Landesverrats gegen Ahlers und Augstein geführten Strafverfahrens war darüber hinaus der Artikel „Stärker als 1939?“ in der Ausgabe vom 13.06.1962, vgl. BGH, Beschl. v. 13.05.1965 – 6 StE 4/64, NJW 1965, 1187. 29 BVerfG, Urt. v. 09.11.1962 – 1 BvR 586/62, BVerfGE 15, 77 ff. 30 § 15 Abs. 2 S. 4 BVerfGG a. F., vgl. jetzt § 15 Abs. 4 S. 3 BVerfGG. 31 BVerfGE 20, 162 (178, 185, 191, 209, 223, 226). 32 BGH, Beschl. v. 13.05.1965 – 6 StE 4/64, NJW 1965, 1187 ff.

II. „Publizistischer Landesverrat“ in der Bundesrepublik Deutschland

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sich das Bundesverfassungsgericht in einem umfangreichen Urteil mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Durchsuchungen und Beschlagnahmen in Redaktionsräumen auseinander. In den einstimmigen Partien des Urteils stellte das Gericht bis heute gültige Grundsätze für das Verhältnis staatlicher Verfolgungsbehörden zur Presse auf. Dabei sind insbesondere die grundlegenden Erwägungen aller Richter zum Stellenwert der Pressefreiheit in der freiheitlichen Demokratie von Bedeutung.33 Mit Blick auf die Anwendung des materiellen Strafrechts im konkreten Fall lehnten die die Entscheidung nicht tragenden vier Richter zunächst die Anwendung der so genannten „Mosaiktheorie“ für den Bereich des publizistischen Landesverrats ab.34 Nach dieser Theorie kann ein selbständiges Geheimnis auch durch die systematische Erfassung und Zusammenstellung an sich bekannter oder allgemein zugänglicher Tatsachen entstehen. Nach Auffassung der Richter würde dies jedoch den Aufgabenbereich der Presse unerträglich beschränken, so dass Vorveröffentlichungen den objektiven Tatbestand eines publizistischen Landesverrats grundsätzlich ausschlössen. Außerdem folgerten die Richter aus dem demokratischen Prinzip ein Anrecht der Öffentlichkeit an der Information und Diskussion der betreffenden Fakten: „hierbei sind auch die möglichen heilsamen Folgen einer Veröffentlichung in Rechnung zu stellen.“35 Vor diesem Hintergrund gingen die vier Richter davon aus, dass bei Erlass der Durchsuchungsbefehle nicht ausreichend auf die Frage eingegangen worden sei, ob bereits einschlägige Vorveröffentlichungen vorlagen und ob nicht das Anliegen des Artikels geeignet sein konnte, eine Gefährdung des Wohles der Bundesrepublik Deutschland zu verneinen.36 Die die Entscheidung tragenden Richter gingen indessen davon aus, dass der Ermittlungsrichter zu Recht annehmen durfte, entsprechende Vorveröffentlichungen hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vorgelegen.37 Mit Blick auf die Anwendung des Strafprozessrechts stellten die vier die Entscheidung nicht tragenden Richter zunächst fest, dass eine Durchsuchung, die ausschließlich oder überwiegend der Ermittlung von Informanten diene, unzulässig sei.38 Vorliegend beständen nicht unerhebliche Anhaltspunkte für eine solche Motivation. Letztlich habe die Durchsuchung aber wohl dem Zweck gedient, den gegen die Beschuldigten Augstein et al. bestehenden Verdacht des Landesverrats aufzuklären.39 33 Zentral ist der Satz: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich.“, BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (174). 34 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (180). 35 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (181). 36 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (182 ff.). 37 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (186). 38 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (191 ff.). 39 Die Richter ziehen hier die tatsächliche Beweiswürdigung des Bundesgerichtshofs heran, der zu dem Ergebnis kam, dass die Durchsuchungsanordnung „mindestens zugleich“ dem Zweck gedient habe, den Landesverratsverdacht aufzuklären, BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (194).

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

Die Durchsuchungen seien jedoch unter Berücksichtigung der Pressefreiheit unverhältnismäßig gewesen. Der Umfang der Durchsuchung „sämtlicher Geschäftsräume“40 stellte nach Auffassung dieser Richter einen außerordentlich schweren Eingriff dar,41 der nicht ohne Rückwirkung auf die übrige Presse der Bundesrepublik und ihre Mitarbeiter sein konnte. Insbesondere konnten sich Presseorgane danach behindert fühlen, Fragen der Landesverteidigung in dem im öffentlichen Interesse gebotenen Umfang freimütig zu erörtern.42 Dieser Eingriff sei nicht erforderlich gewesen, da zunächst die Beschuldigten hätten vernommen oder Ermittlungen im Bundesverteidigungsministerium hätten angestellt werden können.43 Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass bei dem Erlass der Durchsuchungsanordnung die gebotene Abwägung außer Acht gelassen wurde.44 Die die Entscheidung tragenden Richter betonten dagegen, „im freiheitlich-demokratischen Staat [stehe] der Pressefreiheit die Mitverantwortung der Presse für die Staatssicherheit gegenüber.“45 Die Presse genieße im Strafverfahren keine Privilegien. Die Abwägung durch den Ermittlungsrichter lasse keine Fehler erkennen. „Wenn die Presse sich in den Bereich militärtechnischer Einzelfragen begibt, verschieben sich die Gewichte: Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit tritt zurück, einmal weil die Leser mangels zureichender Fachkenntnisse sich ein selbständiges Urteil ohnehin nicht bilden können, zum anderen weil sie dieser Kenntnisse zu ihrer politischen Urteilsbildung auch nicht bedürfen.“46 An der Erforderlichkeit der Maßnahmen habe es nicht gemangelt, da eine erste Vernehmung alle Beteiligten gewarnt hätte, so dass bei einer späteren Durchsuchung kein belastendes Material mehr gefunden worden wäre.47 Schließlich stimmen die Richter in einer der Kernaussagen des Urteils mit ihren vier Kollegen aber darin überein, dass Durchsuchungen und Beschlagnahmen mit dem ausschließlichen oder vorwiegenden Zweck, die Person des Informanten zu ermitteln, unzulässig seien.48 Nur sei dies hier nicht der Fall. Im Übrigen könne ein unmittelbarer Beschlagnahmeschutz für Redaktionsräume bei Verdacht eines Landes40 Der Hauptbetrieb des Spiegel-Verlags in Hamburg umfasste sieben Stockwerke mit 117 Räumen, davon 77 Redaktions- und 18 Archivräume, vgl. BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (199). 41 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (199). 42 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (201). 43 „In einem solchen Fall muss grundsätzlich erwartet werden, dass der Staat zunächst im eigenen Hause Ordnung schafft, durch geeignete Maßnahmen innerhalb der Verwaltung die undichten Stellen ermittelt und durch strafrechtliche oder disziplinarische Verfolgung der schuldigen Soldaten oder Beamten verstopft“, BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/ 63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (205). 44 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (207). 45 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (212). 46 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (214). 47 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (215 f.). 48 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (217).

III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland

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verrats nicht ohne Weiteres angenommen werden: „Eine öffentliche Aufgabe der Presse kann es (…) nur in den Grenzen der Verfassungsordnung und des Staatswohls geben.“49 3. BVerfGE 21, 239 ff.50 Kurz nach der Spiegel-Affäre bekam das Bundesverfassungsgericht erneut die Gelegenheit, sich zum publizistischen Landesverrat zu äußern. Mit Beschluss vom 15. März 196751 wies es eine Verfassungsbeschwerde zurück, mit der sich ein Journalist gegen seine Verurteilung zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung wegen fahrlässigen Landesverrats wendete. Nach den Feststellungen des Strafgerichts52 hatte der Beschwerdeführer als verantwortlicher Redakteur Informationen über Planungen zur Landesverteidigung veröffentlicht. Zu einer diesbezüglichen Konferenz hatte er zwar keinen Zutritt. Stattdessen fing er während der Mittagspause in einem Gasthof Teile eines Gesprächs zwischen Konferenzteilnehmern auf. Die dabei erlangten Erkenntnisse über geplante Verteidigungsanlagen erschienen unter Angabe der in Aussicht genommenen Orte und Geländepunkte am nächsten Tag im Lokalteil der örtlichen Zeitung. Das Bundesverfassungsgericht ließ die Verurteilung bestehen. Der hohe Rang der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland lasse die Pressefreiheit jedenfalls bei ihrer ernsthaften Gefährdung zurücktreten.53 Die Abwägungen des Oberlandesgerichts ließen insoweit keine verfassungsrechtlich zu beanstandenden Fehler erkennen.

III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland 1. Quick Die Zeitschrift Quick druckte in den Jahren 1970 bis 1972 wiederholt nicht zur Veröffentlichung bestimmte Dokumente politischen Inhalts ab. Unter anderem wurde in der Quick Nr. 31/72 ein persönliches Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen Karl Schiller an Bundeskanzler Willy Brandt veröffentlicht.54 Am 14. Juli 1972 wurden bei Durchsuchungen im Bonner Redaktionsbüro der Quick Ablichtungen amtlicher Schriftstücke mit den Aufschriften „Nur für den Dienstgebrauch“, „Vertraulich“, „Streng vertraulich“ und „Geheim“ gefunden. Der Anlass dieser ersten Durchsuchung hatte mit diesen Dokumenten allerdings – nach 49

BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (221). Der Name der Zeitung, für die der verurteilte Journalist tätig war, konnte vom Verf. nicht in Erfahrung gebracht werden. 51 BVerfG, Beschl. v. 15.03.1967 – 1 BvR 161/03, BVerfGE 21, 239 ff. 52 OLG Hamm, Urt. v. 16.01.1963 – 4 OJs 121/61, unveröffentlicht. 53 BVerfG, Beschl. v. 15.03.1967 – 1 BvR 161/03, BVerfGE 21, 239 (243). 54 Schiller trat am 07.07.1972 aus Protest gegen die von Bundeskanzler Brandt getroffenen wirtschaftspolitischen Entscheidungen zurück. 50

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

dem Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse – nichts zu tun. Stattdessen ging es um die Aufklärung des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen den Quick-Redakteur Paul Limbach. Die über diese Funde von der Steuerfahndung unterrichtete Staatsanwaltschaft leitete daraufhin gegen Limbach ein Ermittlungsverfahren wegen Verwahrungsbruchs ein und beantragte weitere Durchsuchungsbefehle für das Bonner und das Münchener Quick-Büro. Diese Durchsuchungen wurden am 18. Juli bzw. am 9. und 10. August 1972 durchgeführt. Hierbei stellte die Polizei eine größere Zahl von Unterlagen sicher. Die Quick erhob hiergegen Verfassungsbeschwerde, welcher das Bundesverfassungsgericht stattgab.55 Die Verfassungswidrigkeit (hier: Verstoß gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 Abs. 1 GG) beruhte nach Auffassung des Gerichts allerdings bereits auf der Unbestimmtheit des Durchsuchungsbefehls, so dass sich das Gericht nicht zu möglichen zusätzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Durchsuchung bei einem Presseunternehmen äußerte.56 2. Marktintern57 Am 7. Februar 1990 ordnete das Amtsgericht Düsseldorf auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Redaktionsräume des Brancheninformationsdienstes Marktintern sowie von acht Wohnungen verantwortlicher Mitarbeiter an. Anlass war die Veröffentlichung von Unterlagen, die aus der Finanzverwaltung stammten. Ermittelt wurde gegen Unbekannt wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB) und Bestechlichkeit (§ 332 StGB) sowie gegen Redakteure der Zeitschrift wegen Anstiftung zum Dienstgeheimnisbruch (§§ 353b, 26 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB). Weitere in der Folgezeit ergangene Beschlagnahmeanordnungen wurden durch das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 31. Oktober 1990 teilweise aufgehoben. Gegen die Journalisten ist keine Anklage erhoben worden. 3. Monitor58 Am 1. März 1994 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden das Büro und die Wohnung eines Mitarbeiters des Westdeutschen Rundfunks (WDR) sowie die Wohnungen der Journalisten Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker des WDR-Magazins Monitor. Beschlagnahmt wurden Rechercheunterlagen, Register, Kalender, Kontoauszüge und Disketten. Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gegen die Journalisten war der Verdacht der Anstiftung zur Verletzung des 55 BVerfG, Beschl. v. 26.05.1976 – 2 BvR 294/76, BVerfGE 42, 212 ff.; hier finden sich auch weitere Sachverhaltsangaben. 56 BVerfG, Beschl. v. 26.05.1976 – 2 BvR 294/76, BVerfGE 42, 212 (218 ff., 221 f.). 57 Sachverhalt bei Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 (290 f.). 58 Sachverhalt bei Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 (297); vgl. außerdem „Vom RAF-Phantom eingeholt. Proteste gegen Durchsuchung bei Monitor-Mitarbeitern“, Süddeutsche Zeitung vom 03.03.1994, S. 5.

III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland

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Dienstgeheimnisses. Die Journalisten hatten in ihrem 1992 erschienenen Buch „Das RAF-Phantom – Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen“ sowie in Fernsehbeiträgen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Kronzeugen der Bundesanwaltschaft Siegfried Nonne im Mordfall Alfred Herrhausen59 geäußert und aus den Akten des Generalbundesanwalts zitiert. Gegen die Journalisten ist keine Anklage erhoben worden. .

4. Stuttgarter Zeitung60 Am 3. März 1994 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 27 StGB) auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart ein Redaktionsbüro der Stuttgarter Zeitung sowie die Wohnung eines Redakteurs und die Wohnung der Freundin des Redakteurs. Anlass der Durchsuchung war der in der Stuttgarter Zeitung erschiene Artikel „Von Mord in der Altstadt, Kokain- und Waffenhandel – geheimes Dossier aus dem Stuttgarter Justizministerium zum Organisierten Verbrechen“. Hierin fanden sich als geheim klassifizierte Informationen über ein von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder der kalabrischen Mafiaorganisation N’Drangheta geführtes Ermittlungsverfahren. Diese Informationen hatte das baden-württembergische Justizministerium einem Untersuchungsausschuss des Landesparlaments zur Verfügung gestellt. Gegen die Journalisten wurde keine Anklage erhoben. 5. Weser-Kurier, Bremer Nachrichten, taz, Weser-Report und Radio Bremen61 Am 20. August 1996 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Bremen auf der Grundlage eines Beschlusses des Amtsgerichts Bremen die Redaktionsräume des Verlags Bremer Tageszeitungen AG (Weser-Kurier, Bremer Nachrichten), der Zeitungen taz und Weser-Report sowie des Fernsehsenders Radio Bremen. Am 8. und 10. Juli 1996 waren in den genannten Zeitungen Artikel erschienen, die ausführlich über den Inhalt einer vertraulichen Mitteilung des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen an die Dienststellen des Senators für Finanzen und des Senators für Bil-

59 Am 30.11.1989 fiel der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, einem Bombenattentat in Bad Homburg zum Opfer. Die Tat wurde lange der RAF zugeschrieben, insbesondere aufgrund der Aussage des Kronzeugen Siegfried Nonne. Dieser widerrief seine Aussage allerdings am 1. Juli 1992 im WDR-Magazin Monitor. Der Mordfall ist bis heute nicht aufgeklärt. 60 Vgl. zum Sachverhalt Jung, AfP 1995, 375; Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 (297 f.). 61 Vgl. zum Sachverhalt LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168; Brosius-Gersdorf, AfP 1998, 25 ff.; Kunert, DRiZ 1997, 325 ff.

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

dung, Wissenschaft, Kunst und Sport berichteten.62 Am 11. Juli 1996 war der Präsident des Rechnungshofs bei einem Fernsehinterview von Radio Bremen mit einer vollständigen Kopie der Mitteilung konfrontiert worden. Am 19. Juli 1996 erstattete daraufhin der Präsident des Rechnungshofs Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB und erteilte zugleich für seine Behörde die nach § 353b Abs. 4 StGB erforderliche Verfolgungsermächtigung. Die Staatsanwaltschaft begründete ihren Durchsuchungsantrag damit, dass besonders wichtige öffentliche Interessen gefährdet seien, da durch die Veröffentlichung des Berichts eine Prüfung der Beanstandungen des Rechnungshofs unter Begleitung der Medien binnen kürzester Zeit erzwungen werden sollte. Bei der Durchsuchung wurde in den Redaktionsräumen von Radio Bremen und des Weser-Reports jeweils eine Kopie des Prüfungsberichts beschlagnahmt. Am 12. September 1996 lehnte der Finanzsenator die Erteilung der Strafverfolgungsermächtigung gemäß § 353b Abs. 4 StGB für sein Ressort ab.63 Daraufhin stellte die Staatsanwaltschaft am 16. September 1996 das Ermittlungsverfahren ein. Das Landgericht Bremen erklärte die Beschwerden der Betroffenen für gegenstandslos, weil die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bereits erledigt waren.64 Auch konnte das Gericht ein willkürliches Vorgehen, das zur Zulässigkeit der Beschwerden geführt hätte, nicht erkennen. In diesem Zusammenhang machte es dennoch umfangreiche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, gegen die es immerhin „ganz erhebliche Bedenken“ hatte.65 Diese Bedenken ergaben sich für das Gericht zum einen daraus, dass seitens des Finanzsenators und des Senators für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sport keine Verfolgungsermächtigungen vorlagen, so dass die „spektakuläre Durchsuchung“ durchgeführt wurde, „obwohl die Möglichkeit nicht fern lag, es könne ein Verfahrenshindernis bestehen.“66 Außerdem sollte der Prüfungsbericht ohnehin letztendlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so dass „die angezeigte Tat nicht so schwer wog und die Suche nach dem Täter nicht jeden unverzüglichen Schritt rechtfertigte.“67 62 In diesem Prüfungsbericht gelangte der Rechnungshof zu der Auffassung, dass ein damaliger Staatsrat „maßgebliche Entscheidungen getroffen und durch sein Verhalten Verstöße gegen das geltende Haushaltsrecht verursacht“ habe. Er habe „die Beschlussfassung der Bürgerschaft über einen rechtswidrigen Haushalt herbeigeführt und gegen den Grundsatz der Wahrheit verstoßen.“ Vgl. LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168. 63 Der Senator begründete dies mit einem Beschluss des Senats, der u. a. lautete: „Der Senat der Freien Hansestadt Bremen distanziert sich von den am 20. August 1996 in Bremen durchgeführten Justizverfolgungsmaßnahmen gegenüber Redakteuren und Redaktionen und weist den Verdacht zurück, aus sachwidrigen Gründen staatliche Macht eingesetzt zu haben.“ 64 LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168 ff. 65 LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168 (1169 f.). 66 LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168 (1169); krit. hierzu Kunert, DRiZ 1997, 325 (328). 67 LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168 (1169).

III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland

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Der Verlag Bremer Tageszeitungen AG, ein Journalist des Weser-Kuriers sowie die Rundfunkanstalt Radio Bremen legten gegen diesen Beschluss des Landgerichts Verfassungsbeschwerden ein. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese für zulässig und begründet:68 In Abkehr von der kurz zuvor aufgegebenen Rechtsprechung69 gebiete es die von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Effektivität des Rechtsschutzes auch bei erledigten Grundrechtseingriffen eine nachträgliche Prüfung durch die Fachgerichte zuzulassen, wenn es sich um Fälle tief greifender Grundrechtseingriffe handele, in denen sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen könne.70 Nach Zurückverweisung gab das Landgericht Bremen unter Beachtung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts den Beschwerden statt.71 Dabei wiederholte es weite Passagen des vorangegangenen Beschlusses, insbesondere bemängelte es wiederum die Nichteinholung der Strafverfolgungsermächtigungen. Dagegen betonte das Gericht, insoweit der Kritik der Staatsanwaltschaft zustimmend und in Abweichung vom voran gegangenen Beschluss, die Frage der Straferwartung habe einer Durchsuchung und anschließenden Beschlagnahme nicht entgegen gestanden: „Die unbefugte Veröffentlichung des mit der Schlussfassung nicht deckungsgleichen Rechnungshofsberichts „zur Unzeit“, der Umstand, dass die Tat im Hinblick auf die in dem Bericht vehement kritisierte hochrangige Persönlichkeit geeignet war, „gezielt politische(n) Unfrieden“ zu schüren und der Umstand, dass als Täter durchaus ein hochrangiger Mitarbeiter der Behörde in Betracht kam, mag eine Bewertung der vorliegenden Tat durchaus zulassen, die nicht lediglich im Bagatellbereich anzusiedeln ist.“72 6. ZDF73 Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. März 1998 wurde in einem Ermittlungsverfahren wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB) die Durchsuchung der Redaktionsräume des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) sowie die Beschlagnahme von Aufnahme- und Sendematerial angeordnet. Hintergrund war die am 24. September 1997 im ZDF ausgestrahlte Sendung „Staatsaffaire – Entführung durch den Hamady-Clan“.74 Das ZDF wendete die Durchsuchung ab, indem es das von der Staatsanwaltschaft geforderte Material freiwillig herausgab. 68

BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.03.1998 – 1 BvR 1935/96, 1945/96, 1946/96, NJW 1998, 2131 f. 69 Durch den Beschl. v. 30.04.1997 – 2 BvR 817/90, BVerfGE 96, 27 ff. 70 BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.03.1998 – 1 BvR 1935/96, 1945/96, 1946/96, NJW 1998, 2131 (2132). 71 LG Bremen, Beschl. v. 13.08.1999 – 14 Qs 385/96, AfP 1999, 386 ff. 72 LG Bremen, Beschl. v. 13.08.1999 – 14 Qs 385/96, AfP 1999, 386 (389). 73 Sachverhalt bei Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 (309). 74 Der so genannte Hamady (oder auch Hammadi)-Clan war 1985 an der Entführung eines Flugzeugs der Fluglinie TWA nach Beirut beteiligt.

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

7. Wolfsburger Allgemeine Zeitung75 Mit Beschlüssen vom 9. Oktober 2003 ordnete das Amtsgericht Wolfsburg die Herausgabe der Telekommunikationsverbindungsdaten des Mobiltelefons sowie des privaten Festnetzanschlusses einer Journalistin der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung an. Anlass hierfür waren entsprechende Anträge der Staatsanwaltschaft, die ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses führte. Dieses zunächst gegen Unbekannt geführte Verfahren konkretisierte sich später auf einen Polizisten sowie auf die Journalistin, die der Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 26 StGB) verdächtigt wurde. Hintergrund waren zwei Artikel der Journalistin vom 29. Juli 2003 und vom 28. August 2003, in denen sie über den Raubüberfall auf ein Wolfsburger Sportgeschäft berichtete. In diesen Artikeln deckte sie diverse Ungereimtheiten in dem Ermittlungsverfahren auf, die nach Einschätzung der Polizei Wolfsburg nur den unmittelbaren Verfahrensbeteiligten bekannt gewesen sein dürften. Am 9. Februar 2004 ordnete das Amtsgericht erneut die Herausgabe von Telekommunikationsverbindungsdaten der Journalistin wie auch des Polizisten sowie darüber hinaus die Durchsuchung der Privatwohnungen beider Beschuldigten an. Letztere Anordnung wurde allerdings nicht vollzogen. Am 25. Juli 2005 wurde das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatnachweis eingestellt. Am 27. und 28. April 2006 legten die Journalistin und der Polizist Beschwerden gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts ein. Mit Beschlüssen vom 28. August 2007 verwarf das Landgericht Braunschweig die Beschwerden beider Beschwerdeführer als unzulässig.76 Die Einlegung des Rechtsmittels sei verspätet und verstoße daher gegen das auch im Prozessrecht geltende Gebot von Treu und Glauben und das Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte. Die hiergegen seitens beider Beschwerdeführer erhobenen Verfassungsbeschwerden waren dagegen erfolgreich: Das Bundesverfassungsgericht stellte Verletzungen ihrer Grundrechte aus Art. 19 Abs. 4 GG fest.77 Jedenfalls bei der Einlegung der Beschwerde innerhalb von einem Jahr könne noch nicht von der Verwirkung des Rechtsschutzbedürfnisses ausgegangen werden. Ob die Beschlüsse hingegen die Journalistin in ihrem Grundrecht der Pressefreiheit verletzten, ließ das Bundesverfassungsgericht mangels Entscheidungserheblichkeit offen. Nach Zurückverweisung an das Landgericht Braunschweig stellte dieses im März 2009 die Rechtswidrigkeit der amtsgerichtlichen Anordnungen fest.78 75

Vgl. zum Sachverhalt BVerfG, Beschl. v. 04.03.2008 – 2 BvR 2111/07, 2112/07, NStZ 2009, 166 f. 76 LG Braunschweig, Beschlüsse v. 28.08.2007 – 8 Qs 168/06 bis 174/06, unveröffentlicht. 77 BVerfG, Beschl. v. 04.03.2008 – 2 BvR 2111/07, 2112/07, NStZ 2009, 166 f. 78 Vgl. hierzu die Berichte der taz vom 19.03.2009 (abrufbar unter: http://www.taz.de/ regional/nord/nord-aktuell/artikel/1/telefonueberwachung-war-rechtswidrig/; letzter Abruf: 31.12.2010) und der Peiner Allgemeinen Zeitung vom selben Tag (abrufbar unter: http:// www.paz-online.de/newsroom/politik/zentral/politik/niedersachsen/art668,828078; letzter Abruf: 31.12.2010).

III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland

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8. Cicero79 Am 31. März 2005 veröffentlichte die Politikzeitschrift Cicero – Magazin für politische Kultur in ihrer Aprilausgabe einen Artikel des Journalisten Bruno Schirra mit der Überschrift „Der gefährlichste Mann der Welt“.80 Der Artikel befasste sich mit Herkunft und Lebenslauf des jordanischen Terroristen Abu Mousab al Zarqawi sowie den von ihm unternommenen Anschlägen. In dem Artikel zitierte Schirra aus einem internen Auswertungsbericht des Bundeskriminalamts (BKA) zu al Zarqawi. Der BKA-Bericht war als „VS – nur für den Dienstgebrauch. Nicht gerichtsverwertbar – nur für die Handakte“ gekennzeichnet. Der Cicero-Artikel nannte verschiedene Telefonnummern al Zarqawis, die vom Bundesnachrichtendienst überwacht würden, und beschrieb diverse Aktivitäten seiner Anhänger u. a. in Deutschland. Am 23. Juni 2005 erstattete das Bundeskriminalamt Strafanzeige wegen des Verdachts einer Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB. Mit Schreiben vom 17. August 2005 erteilte das Bundesministerium des Innern die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 353b Abs. 4 StGB.81 Am 31. August 2005 leitete die Staatsanwaltschaft Potsdam ein Ermittlungsverfahren gegen Bruno Schirra und gegen den Cicero-Chefredakteur und Verantwortlichen im Sinne des Pressegesetzes, Wolfram Weimer, wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß §§ 353b, 27 StGB ein. Mit Beschluss vom selben Tage ordnete das Amtsgericht Potsdam auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Redaktionsräume und der Wohnung Schirras sowie die Beschlagnahme eventuell gefundener Beweismittel an. Am 12. September 2005 wurden die Wohn- und Geschäftsräume Schirras durchsucht und 12 Kisten mit Unterlagen sichergestellt.82 Von der Durchsuchung der Redaktionsräume wurde abgesehen, nachdem Weimer die mit dem Artikel in Zusammenhang stehenden CD-Roms und E-Mail-Ausdrucke freiwillig herausgegeben hatte. Jedoch wurde von einer Computerfestplatte eine physikalische Datenkopie angefertigt. Darüber hinaus ordnete das Amtsgericht Potsdam für drei Telefonanschlüsse Schirras die Auskunftserteilung über im einzelnen bezeichnete Telekommunikationsverbindungsdaten für den Zeitraum vom 6. September 2004 bis zum 30. April 2005 an. Bei den Netzbetreibern Deutsche Telekom und Vodafone standen diese Daten jedoch nicht mehr zur Verfügung.83 79

Vgl. zum Sachverhalt BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 ff.; Besprechungen des Falles finden sich bei Brüning, NStZ 2006, 253 ff.; dies., wistra 2007, 333 ff.; Gaede, AfP 2007, 410 ff.; Jutzi, NJ 2007, 218 f.; Kugelmann, ZRP 2005, 260 ff.; Schmidt-De Caluwe, NVwZ 2007, 640 ff. 80 Der Artikel ist im Internet abrufbar unter: http://cicero.de/97.php?ress_id=1&item=554 (letzter Abruf: 31.12.2010). 81 Vgl. hierzu die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, BTDrs. 16/18, sowie die Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 16/64. 82 Darunter befanden sich u. a. auch Dokumente aus Ministerien zum Verkauf der LeunaRaffinerie, zu Spürpanzer-Geschäften und Parteispenden, vgl. LG Berlin, Beschl. v. 30.03.2006 – 511 Qs 36/06, unveröffentlicht. 83 Vgl. LG Potsdam, Beschl. v. 22.02.2006 – 24 Qs 18/06, NStZ 2006, 472.

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

Auf die Beschwerde gegen die Erhebung der Telekommunikationsdaten erklärte das Landgericht Potsdam die entsprechende Anordnung des Amtsgerichts für rechtswidrig.84 Die in Rede stehende Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses sei keine Straftat von erheblicher Bedeutung, welche aber für eine Anordnung nach den §§ 100 g, h StPO a. F. erforderlich sei. Auch eine mögliche Erschwerung der Zusammenarbeit mit Nachrichtendiensten anderer Staaten vermöge es vorliegend nicht, diese Erheblichkeit zu begründen. Die Beschwerden Schirras und Weimers gegen die Anordnung der Durchsuchung der Redaktionsräume und der Wohnung blieben dagegen erfolglos. Insoweit beurteilte das Landgericht die Straftaten als schwer genug, um Eingriffe in die Grundrechte der Unverletzlichkeit der Wohnung und der Pressefreiheit zu rechtfertigen. Es sei zu berücksichtigen, dass der in Teilen veröffentlichte BKA-Bericht erhebliche für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland relevante Geheimnisse enthielt und die Verletzung des Dienstgeheimnisses daher besonders schwerwiegend erschien. Das Strafverfolgungsinteresse wiege daher schwerer als der Eingriff in die Grundrechte der beschuldigten Journalisten.85 Hiergegen legte Chefredakteur Wolfram Weimer Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht stellte daraufhin mit Urteil vom 27. Februar 2007 eine Verletzung der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) und des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) durch die Entscheidungen des Amtsgerichts und den Beschluss des Landgerichts hinsichtlich der Durchsuchung der Redaktionsräume und der Wohnung fest.86 In seinem Urteil betonte das Gericht zunächst erneut die Bedeutung einer freien Presse für den freiheitlichen Staat und hob insbesondere die Schutzbedürftigkeit des Vertrauensverhältnisses zwischen Presse und Informanten hervor.87 Der durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gebotene Informantenschutz sei bei der Auslegung und Anwendung der zu Durchsuchung und Beschlagnahme ermächtigenden Normen (§§ 94, 98, 102, 105 StPO) besonders zu berücksichtigen. Für den Fall, dass wegen einer Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 27 StGB) ermittelt würde, müssten daher die strafprozessualen Normen über Durchsuchung und Beschlagnahme dahingehend ausgelegt werden, dass die bloße Veröffentlichung des Dienstgeheimnisses durch einen Journalisten nicht ausreiche, um einen diesen Vorschriften genügenden Verdacht der Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen. Zu fordern seien vielmehr spezifische tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vom Geheimnisträger bezweckten Veröffentlichung des Geheimnisses.88 Im vorliegenden Fall habe es dagegen keinerlei Anhaltspunkte außer der Veröffentlichung des Berichts in der Zeitschrift gegeben, so dass nach diesen 84

LG Potsdam, Beschl. v. 22.02.2006 – 24 Qs 18/06, NStZ 2006, 472. LG Potsdam, Beschl. v. 27.01.2006 – 24 Qs 166/05, veröffentlicht bei juris. 86 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 ff. 87 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (259): „Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen kann.“ 88 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (266). 85

III. Dienstgeheimnisverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland

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Maßstäben die angegriffenen Beschlüsse das Grundrecht der Pressefreiheit verletzten.89 Zuvor hatte schon das Landgericht Potsdam die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Schirra und einen Journalisten der in der Schweiz erscheinenden Zeitung „Blick“, mit dem Schirra in Kontakt stand, abgelehnt.90 Es stehe nicht fest, dass die Angeschuldigten den BKA-Bericht von einem Bediensteten des BKA, der zur Geheimhaltung verpflichtet war, erhalten hätten. Ebenso wenig stehe fest, ob der Bericht zum Zwecke der Veröffentlichung herausgegeben worden sei. Vielmehr bleibe die Motivation des (unbekannten) BKA-Mitarbeiters im Dunkeln. Auf eine sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft bestätigte das Brandenburgische Oberlandesgericht den Beschluss des Landgerichts.91 9. Dresdner Morgenpost92 Am 27. Mai 2005 leitete die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen ein. Hintergrund war die Tatsache, dass am 24. Mai 2005 bei einer Durchsuchung des Anwesens eines ehemaligen Sächsischen Staatsministers für Wirtschaft, gegen welchen ein Untreueverfahren lief, ein Zeitungsredakteur und ein Fotograf bereits vor den ermittelnden Beamten am Ort der Durchsuchung waren. Am darauf folgenden Tag erschien ein Bericht in der Dresdner Morgenpost, in dem in Wort und Bild über die Durchsuchung berichtet wurde.93 Aus einer an die Staatsanwaltschaft gerichteten Presseanfrage ergab sich darüber hinaus, dass der anfragende Journalist über behördeninterne Kenntnisse des Ermittlungsverfahrens verfügte. Um herauszufinden, wer im fraglichen Zeitraum in telefonischer Verbindung zu dem Journalisten stand, ordnete das Amtsgericht Chemnitz mit Beschlüssen vom 20. Juni und vom 14. Juli 2005 die Erhebung von Telekommunikationsverbindungsdaten des Journalisten an (§§ 100 g, h StPO a. F.). Am 13. Dezember 2005 klagte die Staatsanwaltschaft Chemnitz den zuständigen Staatsanwalt wegen einer Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB) an. In ihrer Anklage warf sie dem Angeschuldigten vor, am 23. Mai 2005 dem bei der Dresdner Morgenpost tätigen Journalisten in einem Telefonat entsprechend eines vorgefassten Tatentschlusses mitgeteilt zu haben, dass 89

BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (266 f.). LG Potsdam, Beschl. v. 12.07.2006 – 24 KLs 9/06, AfP 2006, 396 f.; das Gericht betont dabei ausdrücklich, dass es sich nicht mit seinen vorigen Entscheidungen im Ermittlungsverfahren in Widerspruch setze. Dort sei lediglich das Vorliegen eines Anfangsverdachts zu prüfen gewesen, welcher noch zu bejahen gewesen sei. 91 OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.08.2006 – 1 Ws 166/06, AfP 2006, 484 f. 92 Vgl. zum Sachverhalt OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 163/07, veröffentlicht bei juris. 93 Die Zeitung veröffentlichte u. a. ein Foto, auf dem der Beschuldigte vor seinem Haus in Dresden-Ullersdorf im Schlafanzug zu erkennen ist, LG Dresden, Beschl. v. 01.02.2007 – 4 KLs 340 Js 25898/05, AfP 2007, 159. 90

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen den Minister führe und dass am Morgen des nächsten Tages dessen Anwesen durchsucht würde. Das Landgericht Dresden lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.94 Da der Minister keine vorherige Kenntnis von der Durchsuchung erlangt habe, könne die nach dem Tatbestand notwendige Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nicht festgestellt werden. Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte die Entscheidung.95 Die Anordnung der Erhebung der Telekommunikationsdaten des Journalisten erklärte das Landgericht Dresden für rechtswidrig.96 Die bis dato vorliegenden Ermittlungserkenntnisse seien nicht geeignet gewesen, einer möglichen Straftat im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB im konkreten Fall ein derartiges Gewicht zu verleihen, um die Anordnung rechtfertigen zu können. Insbesondere seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch das Wissen des Journalisten die Ermittlungen gegen den Minister in irgendeiner Weise konkret gefährdet worden wären. Außerdem käme hinzu, dass eine Verfolgungsermächtigung nach § 353b Abs. 4 StGB zum Zeitpunkt der Anordnung noch nicht erteilt war. Schließlich ergebe die bei einem Eingriff in die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete Pressefreiheit stets erforderliche besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung die Rechtswidrigkeit der Anordnung. Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte den Beschluss,97 insbesondere auch unter Bezugnahme auf die in der Zwischenzeit ergangene Cicero-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

IV. Dienstgeheimnisverletzungen im europäischen Ausland In den vergangenen Jahren verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt Mitgliedsstaaten des Europarats, weil sie durch Ermittlungsmaßnahmen, deren Anlass jeweils der Verdacht einer Dienstgeheimnisverletzung war, die Rechte der Journalisten verletzt hatten. Diese Sachverhalte und Entscheidungen müssen hier deswegen erwähnt werden, weil die Rechtsprechung des Gerichtshofs auch die Anwendung deutschen Rechts beeinflusst. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle im Range eines Bundesgesetzes. Mit einem entsprechenden Umsetzungsgesetz98 hat der deutsche Bundesgesetzgeber sie in das deutsche Recht transformiert 94

LG Dresden, Beschl. v. 12.01.2007 – 4 KLs 340 Js 25898/05, unveröffentlicht. OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 163/07, veröffentlicht bei juris. 96 LG Dresden, Beschl. v. 01.02.2007 – 4 KLs 340 Js 25898/05, AfP 2007, 159 ff. Zwar konnten die Verbindungsdaten aus technischen Gründen tatsächlich gar nicht erhoben werden. Nach Ansicht des Gerichts kann aber bereits der Erlass einer Anordnung nach §§ 100 g, h StPO a. F. einen belastenden Eingriff in die rechtlich geschützte Sphäre des Betroffenen darstellen. 97 OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 164/07, NJW 2007, 3511 f.; vgl. auch unten C. I. 1. c) sowie OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 163/07, NJW 2007, 3509 f. 98 Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG: Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 07.08.1952, BGBl. 1952 II, S. 685; die Kon95

IV. Dienstgeheimnisverletzungen im europäischen Ausland

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und einen entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl erteilt.99 Zur Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gehört daher die Berücksichtigung der Gewährleistungen der Konvention und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen der Auslegung der deutschen Gesetze.100

1. De Morgen, Le Soir, Le Soir Illustré und R.T.B.F. (Belgien)101 Am 22. Juni 1995 ordnete ein belgischer Ermittlungsrichter die Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitungen De Morgen, Le Soir und Le Soir Illustré sowie des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders Radio-télévision belge de la Communauté française (R.T.B.F.) in Lüttich und Brüssel an. Die Durchsuchungen fanden am 23. Juni 1995 statt. Darüber hinaus wurden am selben Tag die Wohnungen der vier Journalisten Martine Ernst, Alain Guillaume, René Haquin und Philippe Brewaeys durchsucht. Die Ermittlungsbeamten beschlagnahmten dabei zahlreiche Dokumente, Disketten und Festplatten, darunter auch Dokumente, die nichts mit dem Fall zu tun hatten. Letztere wurden den Journalisten vier Tage später zurückgegeben. Hintergrund waren Zeitungsberichte über die Ermittlungen in der Agusta-Affäre,102 deren Inhalt auf eine Dienstgeheimnisverletzung durch Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft hindeutete. Anfang März 1995 war darüber hinaus ein General der belgischen Luftwaffe tot in einem Brüsseler Hotelzimmer aufgefunden worden. Diesen Selbstmord hatte die Staatsanwaltschaft auf eine angebliche Lynchkampagne der Presse zurückgeführt. Den Beschwerden und sonstigen Rechtsbehelfen der Journalisten gegen die Durchsuchungen und Beschlagnahmen wurde nicht abgeholfen. Aus diesem Grund legten sie Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Dieser stellte mit Urteil vom 15. Juli 2003 neben einer Verletzung des Artikels 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) insbesondere eine Verletzung des Artikels 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) der Europäischen Konvention vention ist gemäß der Bekanntmachung vom 15.12.1953, BGBl. 1954 II, S. 14 am 03.09.1953 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten; Neubekanntmachung der Konvention in der Fassung des 11. Zusatzprotokolls in BGBl. 2002 II, S. 1054. 99 BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04 (Görgülü), BVerfGE 111, 307 (316 f.). 100 BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04 (Görgülü), BVerfGE 111, 307 (323): „Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische ”Vollstreckung” können deshalb gegen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.“ 101 Vgl. zum Sachverhalt EGMR, Urt. v. 15.07.2003 – 33400/96 (Ernst et autres c. Belgique), S. 3 ff., abrufbar über http://www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 102 Die Agusta-Affäre (oder auch Agusta-Dassault-Affäre) war eine Korruptionsaffäre im Zusammenhang mit Kampfhubschrauberkäufen durch die belgische Armee vom italienischen Hersteller Agusta im Jahre 1988. Sie führte zum Rücktritt mehrerer belgischer Politiker, darunter Verteidigungsminister Guy Coëme, Außenminister Franck Vandenbroucke sowie NATOGeneralsekretär Willy Claes.

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) fest.103 In seinem Urteil betonte das Gericht zunächst die unverzichtbare Rolle der Presse als „Wachhund“ und bezeichnete den Schutz journalistischer Quellen als Eckpfeiler der Pressefreiheit. Sodann hielt es fest, dass die fraglichen Artikel der Journalisten keinerlei geheime Informationen enthielten und dies auch von der Staatsanwaltschaft nicht angenommen wurde. Folglich sei auch keiner der Journalisten selbst der Beteiligung an der Verletzung des Dienstgeheimnisses beschuldigt worden. Die Durchsuchungen hätten daher nur dazu gedient, die undichten Stellen innerhalb der Staatsanwaltschaft festzustellen. Diese Tatsache, verbunden mit dem „massiven Charakter“ der Maßnahmen (acht zeitgleiche Durchsuchungen, an denen 160 Polizeikräfte beteiligt waren),104 stellte nach Ansicht des Gerichts einen schweren Eingriff in die Pressefreiheit dar, der nicht zu rechtfertigen sei. Insbesondere seien mögliche mildere Mittel seitens der Staatsanwaltschaft nicht ausreichend in Betracht gezogen worden. Der Gerichtshof verurteilte Belgien zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 2.000 Euro an jeden der Journalisten.

2. Blick (Schweiz)105 Am 10. September 1997 rief Viktor Ferdinand Dammann, Reporter der schweizerischen Tageszeitung Blick, bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich an. Dammann war im Besitz einer Liste mit den Namen von Personen, die im Zusammenhang mit einem Raubüberfall am 1. September 1997 auf die Post von Fraumünster in Zürich festgenommen worden waren. In dem Telefonat fragte Dammann eine Verwaltungsassistentin der Staatsanwaltschaft, ob sie das Vorstrafenregister der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Personen auf der Liste überprüfen könne, insbesondere wegen Betäubungsmitteldelikten. Die Verwaltungsassistentin erklärte sich hierzu bereit, woraufhin Dammann ihr die Liste per Fax übermittelte. Nachdem sie die entsprechenden Daten dem EDV-System, das ihr mittels eines Passworts zugänglich war, entnommen hatte, übermittelte sie diese an Dammann, der die Informationen allerdings nicht publizierte. Gegen die Verwaltungsassistentin erwirkte die Bezirksstaatsanwaltschaft Zürich einen Strafbefehl wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 Nr. 1 Abs. 1 StGB-CH), der in Rechtskraft erwuchs. Es wurde aber auch ein Ermittlungsverfahren wegen Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 24 Abs. 1 i. V. m. Art. 320 Nr. 1 Abs. 1 StGB-CH) gegen Dammann geführt. Im Rahmen der Ermittlun103 EGMR, Urt. v. 15.07.2003 – 33400/96 (Ernst et autres c. Belgique), abrufbar über http:// www.coe.int/T/D/ Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 104 EGMR, Urt. v. 15.07.2003 – 33400/96 (Ernst et autres c. Belgique), S. 32: „En ce qui concerne les perquisitions litigieuses, la Cour est frappée par le caractère massif de l’opération, (…).“ 105 Vgl. zum Sachverhalt EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 2 ff., abrufbar über http://www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010); BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122.

IV. Dienstgeheimnisverletzungen im europäischen Ausland

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gen wurde seine Wohnung durchsucht. Schließlich klagte die Staatsanwaltschaft Dammann an, sich durch das Fragen der Verwaltungsassistentin und das Übermitteln der Liste wegen Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses strafbar gemacht zu haben. Mit Urteil vom 12. Januar 1999 sprach ihn das Bezirksgericht Zürich jedoch frei. Es beständen erhebliche Zweifel, ob es Dammann, wie auch der Verwaltungsassistentin, bewusst gewesen sei, dass die fraglichen Informationen geheim waren. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft sprach jedoch das Obergericht des Kantons Zürich Dammann am 7. September 1999 der Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig und bestrafte ihn mit einer Buße von 500 Franken (ca. 325 Euro). Dammann sei aufgrund seiner Berufserfahrung der geheime Charakter der Informationen bekannt gewesen. Die Nichtigkeitsbeschwerde lehnte das Kassationsgericht am 25. September 2000 ab. Ebenso entschied das Schweizerische Bundesgericht am 1. Mai 2001:106 Werde ein Straftatbestand durch Erteilung einer Auskunft, also durch eine Antwort erfüllt, so sei das Ersuchen um Auskunft, also die Frage, objektiv die Anstiftung zur Tat. „Ohne Frage hätte es keine Antwort gegeben.“107 Dabei habe er mit bedingtem Vorsatz gehandelt, weil er gewusst habe, dass es nicht zu den Aufgaben der Verwaltungsassistentin gehörte, in eigener Verantwortung über Vorstrafen zu informieren. Gegen dieses Urteil legte Dammann Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Mit Urteil vom 25. April 2006 stellte dieser eine Verletzung des Artikels 10 der Konvention fest.108 Der Gerichtshof zeigte sich nicht von der Argumentation überzeugt, dass Dammann als erfahrener Reporter den geheimen Charakter der Informationen kennen musste, sondern nahm eine Abgrenzung von Verantwortungsbereichen vor: Es sei Aufgabe der Staaten, ihre Dienststellen so zu organisieren und ihre Bediensteten so auszubilden, dass keine Informationen offenbart werden, die als vertraulich angesehen werden. Somit komme der Regierung vorliegend ein bedeutender Teil der Verantwortung für die von der Verwaltungsassistentin begangenen Indiskretionen zu.109 Außerdem sei nicht ersichtlich, dass Dammann mit List, unter Anwendung von Drohungen oder sonstigem Druck vorgegangen sei, um an die begehrten Informationen zu gelangen.

106

BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122; Anm. von Riklin, GA 2006, 361 ff. BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (128). 108 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), abrufbar über http:// www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 109 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 12 f.: „il appartient aux Etats d’organiser leurs services et de former leurs agents de sorte qu’aucun renseignement ne soit divulgué concernant des données considérées comme confidentielles. Ainsi, le gouvernement défendeur assume, en l’espèce, une partie importante de la responsabilité pour l’indiscrétion commise par l’assistante du parquet du canton de Zurich.“ 107

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

3. Lëtzebuerger Journal (Luxemburg)110 Am 21. Juli 1998 veröffentlichte der Journalist Robert Roemen in der luxemburgischen Tageszeitung Lëtzebuerger Journal einen Artikel unter der Überschrift „Minister W. der Steuerhinterziehung überführt“. Hierin berichtete er, am 16. Juli 1998 sei eine Geldbuße in Höhe von 100.000 luxemburgischen Franken gegen den Minister wegen Steuerhinterziehung verhängt worden. Auch andere Zeitungen berichteten hierüber, so Le Républicain Lorrain und d’Lëtzebuerger Land. Außerdem stellte ein Abgeordneter des luxemburgischen Parlaments eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage. Am 4. August 1998 erstattete der Minister Anzeige, woraufhin am 21. August 1998 die Staatsanwaltschaft den Ermittlungsrichter um die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Roemen wegen der Veröffentlichung von Informationen, die unter Verletzung des Dienstgeheimnisses offenbart wurden, ersuchte. Nach ausdrücklicher Aussage des ermittelnden Staatsanwalts sollten die Ermittlungen dazu dienen, herauszufinden, welche Bediensteten der staatlichen Behörde Zugang zu den fraglichen Dokumenten hatten.111 Am 19. Oktober 1998 wurden Roemens Wohnung und Arbeitsplatz durchsucht, ohne dass Beweismittel beschlagnahmt wurden. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde verwarf das Bezirksgericht Luxemburg am 9. Dezember 1998. Am 30. November 2001 wurde Roemen offiziell beschuldigt.112 Am 9. Januar wurde das Verfahren gegen Roemen ohne Anklageerhebung eingestellt. Auf die Beschwerde Roemens und seiner Anwältin Schmit, in deren Kanzlei ebenfalls Durchsuchungen durchgeführt worden waren, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 25. Februar 2003 Verletzungen der Artikel 8 und 10 der Konvention fest und verurteilte Luxemburg zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 4.000 Euro an beide Beschwerdeführer.113 Nach Auffassung des Gerichtshofs stellten die Durchsuchungen schwere Eingriffe in die Rechte der Beschwerdeführer dar. Sie seien nicht erforderlich gewesen, weil zunächst Ermittlungen innerhalb der fraglichen Behörden vorrangig gewesen wären. Die luxemburgischen

110 Vgl. zum Sachverhalt EGMR, Urt. v. 25.02.2003 – 51772/99 (Roemen and Schmit v. Luxembourg), S. 2 ff., abrufbar über http://www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 111 EGMR, Urt. v. 25.02.2003 – 51772/99 (Roemen and Schmit v. Luxembourg), S. 3: „The investigation and inquiries should determine which civil servant or civil servants from the Registration and State-Property Department had any involvement in the case and access to the documents.“ 112 Im Urteil des EGMR ist in Bezug auf den Gegenstand der Beschuldigung von „handling information received in breach of professional confidence“ die Rede (S. 6). Die einschlägige Strafnorm ist Art. 505 (Hehlerei) des luxemburgischen Strafgesetzbuches. Nach dessen Abs. 3 macht sich strafbar, wer wissentlich von den Früchten eines Verbrechens oder Vergehens profitiert („Constitue également un recel le fait de sciemment bénéficier du produit d’un crime ou d’un délit.“). Nach Rechtsprechung und Literatur kann dies auch den Umgang mit immateriellen Gütern wie z. B. vertraulichen Informationen umfassen. 113 EGMR, Urt. v. 25.02.2003 – 51772/99 (Roemen and Schmit v. Luxembourg), S. 14.

IV. Dienstgeheimnisverletzungen im europäischen Ausland

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Strafverfolgungsbehörden hätten keinen Ausgleich der sich gegenüberstehenden Interessen – Informantenschutz und Strafverfolgung – gesucht. 4. Stern (Belgien)114 Am 27. Februar und 7. März 2002 veröffentlichte die Zeitschrift „Stern“ zwei Artikel des deutschen Journalisten Hans Martin Tillack. In diesen Artikeln berichtete Tillack über Unregelmäßigkeiten innerhalb der europäischen Institutionen und eine deswegen vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF115) durchgeführte interne Untersuchung. Das OLAF verdächtigte deswegen Tillack der aktiven Bestechung eines Bediensteten, um diese vertraulichen Informationen zu erhalten, und stellte am 11. Februar 2004 Strafantrag bei den belgischen Justizbehörden, welche daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleiteten. Am 19. März 2004 wurden auf Ersuchen des belgischen Ermittlungsrichters Tillacks Wohnung und Büro durchsucht. Dabei wurden fast alle seine Dokumente und Arbeitsunterlagen beschlagnahmt und versiegelt:116 16 Kisten mit Dokumenten, zwei Kisten mit Archiven, zwei Computer, vier Handys und ein Metallschrank. Innerstaatlicher Rechtsschutz sowie Anträge auf einstweilige Anordnung bei dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften blieben erfolglos. Ein inzwischen auch bei der Hamburger Staatsanwaltschaft geführtes Ermittlungsverfahren wurde im November 2006 eingestellt. Die belgischen Strafverfolgungsbehörden erhoben ebenfalls keine Anklage. Auf eine Beschwerde Tillacks stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 27. November 2007 fest, dass Durchsuchung und Beschlagnahme in seiner Wohnung und in seinem Büro Artikel 10 der Konvention verletzten.117 Nach Auffassung des Gerichtshofs sollte die umstrittene Durchsuchung lediglich die Herkunft der veröffentlichten Informationen hervorbringen. Der Verdacht der Bestechung habe nur auf Gerüchten beruht, so dass es kein dringendes überwiegendes öffentliches Interesse gegeben habe, das solche Maßnahmen hätte rechtfertigen können. Darüber hinaus sei das Recht der Journalisten, ihre Quellen zu verschweigen, kein einfaches Privileg, dass ihnen je nach der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der Quellen gewährt oder entzogen werden könne, sondern ein echter Bestandteil der Informationsfreiheit. Der Gerichtshof verurteilte Belgien zur Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 10.000 Euro an Tillack.

114 Vgl. zum Sachverhalt EGMR, Urt. v. 27.11.2007 – 20477/05 (Tillack c. Belgique), S. 2 ff., abrufbar über http://www.coe.int/T/D/ Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010); deutsche Übersetzung: NJW 2008, 2565 ff. 115 Office européen pour la lutte anti-fraude. 116 Vgl. EGMR, Urt. v. 27.11.2007 – 20477/05 (Tillack c. Belgique), S. 3: „La quasi-totalité des documents et instruments de travail du requérant furent saisis et mis sous scellés.“ 117 EGMR, Urt. v. 27.11.2007 – 20477/05 (Tillack c. Belgique).

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A. Die Entwicklung der Verfolgungs- und Urteilspraxis

V. Folgerungen für die Untersuchung Die Entwicklung der Verfolgungspraxis und der hierzu ergangenen Rechtsprechung lässt zweierlei Tendenzen erkennen. Zum einen hat die Strafbarkeit wegen so genannten publizistischen Landesverrats seit dem Spiegel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts kaum mehr Bedeutung. Stattdessen ist die strafrechtliche Verfolgung der Offenbarung von Dienstgeheimnissen in Deutschland wie in Europa in den Vordergrund gerückt. Zum anderen wurde deutlich, dass die beschuldigten Journalisten in der Regel nicht verurteilt wurden.118 Diesbezügliche Ermittlungen blieben trotzdem nicht folgenlos, sondern brachten Durchsuchungen, Beschlagnahmen und die Erhebung von Telekommunikationsdaten mit sich. Der Verdacht eines Geheimnisverrats öffnete für die Strafverfolgungsbehörden somit regelmäßig die Türen zu Redaktionsräumen und Archiven und ermöglichte die Analyse von Festplatten und Telefonverbindungen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht im Cicero-Urteil die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für Durchsuchungen und Beschlagnahmen in Redaktionsräumen präzisiert. Dabei betonte es, wie schon im Spiegel-Urteil, dass diese Ermittlungsmaßnahmen in einem Verfahren gegen Presseangehörige verfassungsrechtlich unzulässig seien, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienten, die Person des Informanten zu ermitteln.119 Diese Grundregel gelte für alle Durchsuchungen und Beschlagnahmen in Redaktionsräumen, unabhängig davon, auf welchem Tatbestand sich der Straftatverdacht der Ermittlungsbehörden gründe. Weiterhin forderte es „spezifische tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür, dass der Geheimnisträger die spätere Presseveröffentlichung schon bei der Offenbarung der Informationen gegenüber dem Journalisten bezweckt hat.120 Nur bei Vorliegen dieses Verdachtsgrads sei eine Durchsuchung oder Beschlagnahme in Redaktionsräumen zulässig. Fraglich ist, was dieses Urteil für zukünftige Ermittlungsmaßnahmen gegen Presseangehörige bedeutet. Die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Anforderungen beziehen sich konkret nur auf Durchsuchungen und Beschlagnahmen, die anlässlich einer Veröffentlichung geheimer staatlicher Informationen in der Presse erfolgen sollen. Auf sonstige Ermittlungsmaßnahmen können diese Anforderungen nur ihrem Grundgedanken nach übertragen werden.121 Stehen dagegen andere Beihilfe118 Vgl. hierzu auch die Dokumentation des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), der 164 Fälle von Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen zwischen 1987 und 2000 untersuchte; gegen Journalisten ist in keinem der untersuchten Fälle Anklage erhoben worden. Die Studie ist veröffentlicht bei Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 ff. 119 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (265). 120 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (266). 121 Das Oberlandesgericht Dresden hat sich im Fall Dresdner Morgenpost, OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 164/07, NJW 2007, 3511 f., maßgeblich auf das Cicero-Urteil gestützt, als es die Erhebung von Telekommunikationsverbindungsdaten, die in erster Linie dem Zweck dienten, die undichte Stelle zu finden, für rechtswidrig erklärte. Hierfür hätte es

V. Folgerungen für die Untersuchung

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formen (andere als dem Geheimnisverrat nachfolgende Presseveröffentlichungen) im Raum oder besteht statt des Verdachts der Beihilfe der Verdacht einer Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses durch einen Journalisten, so sind aus dem CiceroUrteil keine Vorgaben für die Zulässigkeit staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsmaßnahmen zu entnehmen. Die praktische Anwendbarkeit des Urteils beschränkt sich daher nur auf einen, wenn auch bedeutsamen, Ausschnitt der Strafbarkeit wegen Geheimnisverrats. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine verfassungskonforme Auslegung lediglich des Strafprozessrechts vorgenommen. Zu den materiellrechtlichen Problemen des § 353b StGB hat das Gericht dagegen keinerlei Stellung bezogen.122 Für eine grundsätzliche Aufarbeitung des Konflikts zwischen strafrechtlichem Geheimnisschutz und den medialen Recherche- und Veröffentlichungstätigkeiten ist aber eine Analyse des materiellen Strafrechts erforderlich.123 Dabei ist zunächst anhand des § 353b StGB der Umfang des staatlichen Geheimnisschutzes durch das Strafrecht zu untersuchen. Hierfür sind insbesondere die Begriffe des Geheimnisses und der wichtigen öffentlichen Interessen maßgebend. Außerdem ist zu klären, wer die strafrechtliche Verantwortung für die Geheimhaltung staatlicher Informationen trägt. Insoweit ist fraglich, ob Journalisten dadurch mit in die Pflicht genommen werden dürfen, dass auch sie sich für die Offenbarung der Informationen strafrechtlich zu verantworten haben. Dieses alles wirft wiederum die grundsätzliche Frage strafrechtlicher Privilegien für Journalisten auf. Somit steht das materielle Strafrecht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Dennoch soll im Anschluss ein kurzer Überblick über jenen Teil des Strafprozessrechts gegeben werden, der insbesondere Journalisten betrifft. Hierbei wird der rechtliche Mechanismus aufgezeigt, der die Öffnung der Redaktionstüren für die Staatsanwaltschaften bewirken kann.

aber des Rückgriffs auf Cicero nicht bedurft: Schon auf der Grundlage des Spiegel-Urteils hätte die Entscheidung nicht anders ausfallen dürfen. 122 Ob Bedenken gegen die Möglichkeit der Bestrafung eines Journalisten wegen sukzessiver Beihilfe aus verfassungsrechtlichen Gründen berechtigt sind, hat das Gericht ausdrücklich offen gelassen, BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (265); andererseits setzt aber gerade der vom Gericht eingeschlagene Lösungsweg die Möglichkeit einer sukzessiven Beihilfe voraus; krit. auch Brüning, wistra 2007, 333 (336). 123 Vgl. LK-Vormbaum, 12. Aufl., § 353b, Rn. 40.

B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter Besteht der Verdacht eines Geheimnisverrats bzw. einer Beteiligung hieran, kann dies zum Einsatz eines breit gefächerten Ermittlungsinstrumentariums führen. Die Ermittlungsmaßnahmen sollen Beweismittel hervorbringen. Beweismittel im Strafprozessrecht sind Personen und Sachen. Dementsprechend wird zwischen Personalund Sachbeweis unterschieden. Sachliche Beweismittel sind der Augenscheinsbeweis und der Urkundenbeweis. Zum Personalbeweis gehören die Aussagen eines Zeugen, eines Sachverständigen oder des Beschuldigten.1 Zeuge im Sinne des Strafprozessrechts ist, wer in einer Strafsache, ohne Partei zu sein, vor dem Richter seine Wahrnehmungen über Tatsachen durch Aussage kundgeben soll.2 Im Strafprozess trifft den Zeugen dabei grundsätzlich eine Aussagepflicht.3 Dies ergibt sich zunächst aus der allgemeinen Norm des § 70 Abs. 1 StPO, nach dessen Satz 1 dem Zeugen, der seine Aussage ohne gesetzlichen Grund verweigert, die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt werden können. Satz 2 sieht für diesen Fall des Weiteren die Festsetzung eines Ordnungsgeldes und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft vor. Nach § 70 Abs. 2 StPO kann darüber hinaus zur Erzwingung des Zeugnisses eine bis zu sechsmonatige Haft angeordnet werden. § 161a StPO enthält eine entsprechende Spezialregelung für das Ermittlungsverfahren: Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift sind Zeugen und Sachverständige verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen oder ihr Gutachten zu erstatten. Für den Fall einer unberechtigten Weigerung stehen der Staatsanwaltschaft nach § 161a Abs. 2 S. 1 StPO die in § 70 StPO genannten Maßregeln zu, allerdings mit Ausnahme der Haftanordnung (§ 161a Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 StPO). Von dieser Aussagepflicht, die sich auf wahre und vollständige Angaben zur Person und zur Sache bezieht,4 macht die Strafprozessordnung in den §§ 52 ff. Ausnah-

1 Wegen des Grundsatzes nemo tenetur se ipsum accusare (niemand ist verpflichtet, sich selbst zu bezichtigen), der sich aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt und in § 136 StPO in Form einer Belehrungspflicht gesetzlich niedergelegt ist, gehört die Vernehmung des Beschuldigten nicht zu den Beweismitteln im prozessrechtlichen Sinn des Strengbeweises, vgl. Ranft, Rn. 1671. Vgl. zu den Grundlagen des nemo-tenetur-Grundsatzes BVerfG, Beschl. v. 13.01.1981 – 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37 (43 ff.); Beulke, Rn. 125. 2 RG, Urt. v. 12.08.1918 – IV 696/18, RGSt 52, 289; Peters, § 42 I; Ranft, Rn. 479. 3 Kühne, Rn. 811; Peters, § 42 III 2; Volk, § 21, Rn. 6. 4 Lügt der Zeuge, macht er sich strafbar (§§ 153 ff. StGB); vgl. Kühne, Rn. 811.

I. Die Entstehungsgeschichte

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men in Form der Zeugnisverweigerungsrechte.5 Für Journalisten ergibt sich dabei ein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO, wobei das Gesetz nicht von Journalisten spricht, sondern von „Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.“ Die Regelung des strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts für Medienmitarbeiter stellt aus verfassungsrechtlicher Sicht keine erschöpfende Regelung dar.6 Daher ist es auch denkbar, ein Zeugnisverweigerungsrecht für Presseangehörige unter Umständen unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG herzuleiten. Es würde dann, wie § 53 StPO, als gesetzlicher Grund im Sinne des § 70 StPO von der Pflicht zur Aussage befreien.7 Ein solches verfassungsunmittelbares Zeugnisverweigerungerecht wäre jedoch nicht deutlich abgrenzbar,8 sondern vielmehr im Einzelfall näher zu bestimmen.9 Diese Darstellung wendet sich daher der gesetzlichen Regelung zu.

I. Die Entstehungsgeschichte Das Zeugnisverweigerungsrecht für Presseangehörige ist durch das Gesetz vom 27. Dezember 192610 in § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO a. F. eingeführt worden. Die ursprüngliche Regelung gewährte ein Zeugnisverweigerungsrecht für „Redakteure, Verleger, Herausgeber, Drucker und andere, die bei der Herstellung und Veröffentlichung einer periodischen Druckschrift mitgewirkt haben.“ Dies galt allerdings nur dann, wenn eine Veröffentlichung strafbaren Inhalts vorlag und der Redakteur wegen der Veröffentlichung bestraft war oder bestraft werden konnte.11 Enthielt die Veröffentlichung keine strafbare Handlung oder war die Bestrafung aus anderen Gründen nicht möglich, musste die Presse daher ihre Informationsquellen nennen.12 Weitere Voraussetzung für das Eingreifen des Zeugnisverweigerungsrechts war, dass die fraglichen Inhalte überhaupt veröffentlicht waren. Stand die Veröffentlichung dagegen noch aus oder sollte nur Hintergrundmaterial gesammelt werden, kam die Regelung nicht zur Anwendung. Außerdem bestand nur die Befugnis, das Zeugnis „über die Person 5

Diese Ausnahmen beziehen sich nur auf die Pflicht zur Aussage, nicht dagegen auf die Pflicht zum Erscheinen, vgl. Kühne, Rn. 811; anders insoweit die Regelung im Zivilprozessrecht, § 386 Abs. 3 ZPO. 6 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 1 BvR 610/63, 1 BvR 512/64, BVerfGE 20, 162 (189); für den erschöpfenden Charakter der seit 1975 geltenden Regelung dagegen BGH, Beschl. v. 28.12.1978 – 1 BJs 92/75 – StB 235/78, StB 235/78, BGHSt 28, 240 (254). 7 BVerfG, Beschl. v. 11.03.1969 – 1 BvR 665/62, 1 BvR 152/69, BVerfGE 25, 296 (305). 8 BGH, Beschl. v. 28.12.1978 – 1 BJs 92/75 – StB 235/78, StB 235/78, BGHSt 28, 240 (254). 9 BVerfG, Beschl. v. 11.03.1969 – 1 BvR 665/62, 1 BvR 152/69, BVerfGE 25, 296 (305). 10 RGBl. 1926 I, S. 529. 11 Vgl. hierzu Groß, ZUM 1994, 214 (218). 12 Groß, ZUM 1994, 214 (218).

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B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter

des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns“ zu verweigern, nicht dagegen über die Informationen selbst.13 Das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 195314 erstreckte das Zeugnisverweigerungsrecht durch Einfügung von § 53 Abs. 1 Nr. 6 StPO a. F. auf Rundfunkangehörige. Nachdem das Bundesverfassungsgericht schon im Spiegel-Urteil15 festgestellt hatte, dass § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO nur beschränkt dem Erfordernis der Güterabwägung zwischen dem Schutz der Pressefreiheit und dem Interesse des Staates an der Strafverfolgung Rechnung trug,16 wurde das journalistische Zeugnisverweigerungsrecht durch das Gesetz vom 25. Juli 197517 deutlich erweitert: Das Strafbarkeitserfordernis wurde gestrichen, das Zeugnisverweigerungsrecht war nicht mehr von einer tatsächlichen Veröffentlichung abhängig und Gegenstand des Verweigerungsrechts waren nunmehr auch die fraglichen Informationen selbst. § 53 Abs. 1 Nr. 6 StPO a. F. wurde aufgehoben und das Zeugnisverweigerungsrecht der Rundfunkmitarbeiter mit dem der Presseangehörigen in eine gemeinsame Nr. 5 aufgenommen. Die Änderung der Strafprozessordnung ist auch deshalb notwendig geworden, weil zuvor das Bundesverfassungsgericht die Gewährleistung umfassender strafprozessualer Zeugnisverweigerungsrechte in den Landespressegesetzen aus Kompetenzgründen für nichtig erklärt hatte.18 Das Gesetz vom 15. Februar 200219 brachte schließlich die bisher letzte deutliche Erweiterung des Anwendungsbereichs. Neben Druckwerken und Rundfunksendungen werden nunmehr alle Informations- und Kommunikationsdienste einbezogen. Die Beschränkung auf periodisch erscheinende Publikationen ist entfallen. Hing der Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts bisher sachlich mit dem Informantenverhältnis zusammen, ist dieser grundsätzlich20 auf selbst recherchiertes Material und eigene Wahrnehmungen ausgedehnt worden.

II. Die heutige Regelung 1. Persönlicher Anwendungsbereich Nach der aktuellen Gesetzeslage spielt es keine Rolle mehr, auf welchem Wege das Medium verbreitet wird, an dessen Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung der 13

Groß, FS-Schiedermair (1976), 223 (232). BGBl. 1953 I, S. 735. 15 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 1 BvR 610/63, 1 BvR 512/64, BVerfGE 20, 162 (189). 16 Vgl. Groß, FS-Schiedermair (1976), 223 (227). 17 BGBl. 1975 I, S. 1973. 18 BVerfG, Beschl. v. 28.11.1973 – 2 BvL 42/71, BVerfGE 36, 193 ff. (Hessen); BVerfG, Beschl. v. 13.02.1974 – 2 BvL 11/73, BVerfGE, 36, 314 ff. (Hamburg). 19 BGBl. 2002 I, S. 682; vgl. hierzu Kunert, NStZ 2002, 169 ff. 20 Zu den diesbezüglichen Einschränkungen vgl. unten B. II. 2. 14

II. Die heutige Regelung

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Journalist mitwirkt. Wie bereits dargestellt, reichen in Bezug auf Druckwerke auch unregelmäßige oder einmalige Veröffentlichungen aus.21 Der Begriff der Rundfunksendung umfasst sowohl Hör- als auch Bildfunk, also Radio und Fernsehen.22 Filmberichte müssen einen gewissen Nachrichtenwert aufweisen, so dass reine Spielfilme aus dem Anwendungsbereich der Norm ausscheiden.23 Im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationsdiensten ist vor dem Hintergrund heutiger Nutzergewohnheiten in erster Linie an das Internet zu denken, aber auch noch an Verteilerdienste wie Videotext, Radiotext sowie allgemein Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden.24 Einschränkend müssen diese Dienste aber nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienen, so dass reine Unterhaltungsangebote ausgeschlossen sind.25 Darüber hinaus reicht eine rein technische Mitarbeit in einem solchen Dienst, ohne mit redaktionell aufbereiteten Informationen befasst zu sein oder Zugang zu ihnen zu haben, nicht aus.26 Nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO berechtigt nur das berufsmäßige Mitwirken zur Zeugnisverweigerung. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist diese Einschränkung notwendig, um nicht hinnehmbare Strafverfolgungsdefizite zu verhindern: Das Zeugnisverweigerungsrecht könne nicht allen zugute kommen, die irgendwann einmal in irgendeiner Weise ohne berufsmäßige Einbindung in den Medienbereich im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung eines Druckwerks, eines Informations- und Kommunikationsdienstes, einer Rundfunksendung oder eines Filmberichts tätig geworden seien, weil dies zu empfindlichen Einbußen bei der Erforschung von Straftaten führen und insbesondere zur missbräuchlichen Inanspruchnahme des Zeugnisverweigerungsrechts einladen würde.27 Dem folgt die Kommentarliteratur, indem sie bloßen Gelegenheitsjournalismus vom persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift ausschließt.28 Ausreichend seien dagegen die nebenberufliche Mitarbeit und Mitwirkung als freier Mitarbeiter, solange die Absicht bestehe, sie durch wiederholte Ausübung zu einer dauernden oder wiederkehrenden

21 KK-Senge, § 53, Rn. 28; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 50; Meyer-Goßner, StPO, § 53, Rn. 29. 22 KK-Senge, § 53, Rn. 29; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 51. 23 KK-Senge, § 53, Rn. 29. 24 KK-Senge, § 53, Rn. 30; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 52; vgl. hierzu auch noch § 2 des mit dem 01.03.2007 durch das Telemediengesetz (TMG) abgelösten Mediendienste-Staatsvertrags (MDStV), abgedruckt und kommentiert bei Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze (1999); die zuletzt geltende Fassung ist abrufbar unter: http://beck-online.beck.de/ default.aspx?bcid=Y-100-G-Mediend_StV (letzter Abruf: 31.12.2010). 25 LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 52. 26 KK-Senge, § 53, Rn. 30. 27 BT-Drs. 14/5166, S. 8. 28 KK-Senge, § 53, Rn. 31; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 55; Groß in: FS-Schiedermair (1976), 223 (234).

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B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter

Beschäftigung zu machen.29 Gewerbsmäßig oder überhaupt gegen Entgelt müsse die Tätigkeit dagegen nicht ausgeübt werden.30 Im Übrigen stehe das Zeugnisverweigerungsrecht unterschiedslos nicht nur Angehörigen des redaktionellen, sondern auch des kaufmännischen und technischen Bereichs zu.31 Der persönliche Anwendungsbereich ist allerdings auch vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung des Internets und der meinungsbildenden Relevanz so genannter Blogs32 zu sehen. Noch ist offen, unter welchen Umständen die Tätigkeit eines Bloggers, der vom heimischen Computer aus Beiträge im Internet veröffentlicht, als berufsmäßig angesehen werden kann.33 2. Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts Die Reichweite des strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts der Medienmitarbeiter ergibt sich aus § 53 Abs. 1 S. 2 und 3 sowie aus Abs. 2 S. 2 und 3 StPO. Der Grundsatz findet sich in § 53 Abs. 1 S. 2 StPO: Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen zum einen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen und über deren Inhalt. Zum anderen besteht dieses Zeugnisverweigerungsrecht für den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Für sämtliche Medien gilt nach § 53 Abs. 1 S. 3 StPO, dass sich das Zeugnisverweigerungsrecht nur auf den redaktionellen Teil bezieht. Hieraus folgt, dass Aussagen über Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen oder Materialien für den Anzeigenteil grundsätzlich nicht verweigert werden dürfen.34 Mit Blick auf das Informantenverhältnis unterliegt das Zeugnisverweigerungsrecht inhaltlich keinerlei Beschränkungen. Das bedeutet, dass der Journalist zum Beispiel auch in Bezug auf solche Mitteilungen das Zeugnis verweigern darf, die ihm von

29 KK-Senge, § 53, Rn. 31; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 55; Meyer-Goßner, StPO, § 53, Rn. 31; vgl. auch BGH, Urt. v. 16.12.1954 – 3 StR 384/54, BGHSt 7, 129; da es auf die Wiederholungsabsicht ankommt, kann schon eine einzige publizistische Mitwirkung genügen, Löffler, NJW 1978, 913 (914). 30 KK-Senge, § 53, Rn. 31; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 55. 31 KK-Senge, § 53, Rn. 32; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 54; Meyer-Goßner, StPO, § 53, Rn. 31. 32 Ein Blog oder auch Weblog (Wortkreuzung aus engl. World Wide Web und Log für Logbuch) ist ein auf einer Website geführtes und damit – meist öffentlich – einsehbares Tagebuch oder Journal, vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., 2006. 33 Vgl. Hamm, NJW 2001, 269 (270), nach dessen kritischer Auffassung „selbst ernannte Internetredakteure nur schwer als nicht berufsmäßig tätige Medienproduzenten aus der Begrifflichkeit herauszunehmen“ wären. 34 KK-Senge, § 53, Rn. 34; LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 70; Meyer-Goßner, StPO, § 53, Rn. 40; nach BVerfG, Beschl. v. 10.05.1983 – 1 BvR 385/82, BVerfGE 64, 108 (118) gilt dies allerdings dann nicht, wenn die Anzeige einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung enthält.

II. Die heutige Regelung

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einem Schwerverbrecher über nicht aufgeklärte Straftaten gemacht werden.35 Allerdings kann es entfallen, wenn der Informant nur bezweckt, durch die Presseveröffentlichung auf sich aufmerksam zu machen.36 Für den Bereich selbst erarbeiteter Materialien und berufsbezogener, also nicht rein privater oder bloß zufälliger37 Wahrnehmungen ist der Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts dagegen nach § 53 Abs. 2 S. 2 StPO beschränkt. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung entfällt danach zunächst immer dann, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll; außerdem in Fällen, in denen Gegenstand der Untersuchung eines der enumerativ genannten Vergehen38 ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.39 Der demgegenüber absolute Schutz des Informantenverhältnisses kommt wiederum in § 53 Abs. 2 S. 3 StPO zum Ausdruck, wonach der Zeuge die Aussage auch in Bezug auf selbst erarbeitete Materialien und eigene Wahrnehmungen verweigern kann, wenn ansonsten die Person des Informanten oder die von ihm gemachten Mitteilungen aufgedeckt würden.40 Die Strafverfolgungsbehörden sind bei der Ermittlung des Sachverhalts aber nicht auf die Befragung von Zeugen beschränkt. Die Strafprozessordnung sieht eine Vielzahl weiterer Ermittlungsmethoden und -maßnahmen vor. § 161 Abs. 1 S. 1 StPO ermächtigt die Staatsanwaltschaft zu „Ermittlungen jeder Art“. Damit der Schutz, der den Medienmitarbeitern durch das Zeugnisverweigerungsrecht gegeben wurde, nicht über den Umweg anderer Ermittlungsmaßnahmen wieder genommen wird, sieht das Gesetz entsprechende Begleitregeln vor. Deren jeweiliger Schutzgehalt hängt dabei jedoch von der Schwere der in Rede stehenden Straftat und dem Charakter der Ermittlungsmaßnahme ab. Der allgemeine Grundsatz ergibt sich aus § 160a Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 StPO. Dieser ordnet zunächst für die Entscheidung über die Durchführung eine Ermittlungsmaßnahme, die einen nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Medienmitarbeiter betreffen würde, eine besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung an. Der Umfang dieser Prüfung richtet sich danach, inwieweit der Medienmitarbeiter 35

Kritisch hierzu: Peters, § 42 III 2: „Das Recht kapituliert vor der Macht der Publizistik.“ Für möglich gehalten für Bekenneranrufe oder Bekennerschreiben von BVerfG, Beschl. v. 12.03.1982 – 2 BvR 1112/81, EuGRZ 1982, 202; vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 53, Rn. 33. 37 Zu den Abgrenzungsschwierigkeiten LR-Ignor/Bertheau, § 53, Rn. 67. 38 Hierzu zählen bestimmte Straftaten aus dem Ersten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB, einzelne Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sowie Straftaten nach § 261 Abs. 1 bis 4 StGB (Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte). 39 Insoweit ist indes unklar, ob sich diese Subsidiaritätsklausel tatsächlich nur auf den Aussagezwang bei Vergehen beziehen soll. Nach Vorschlag des Bundesrats (BR-Drs. 688/01) sollte die Klausel insgesamt gelten; die jetzige Fassung beruht dagegen auf einer nicht mit Gründen versehenen Empfehlung des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 14/7776); vgl. MeyerGoßner, StPO, § 53, Rn. 39a; zur problematischen Handhabung der Klausel KK-Senge, § 53, Rn. 44b. 40 Kritisch zum Missbrauchspotential dieser Gegenausnahme KK-Senge, § 53, Rn. 44c; Kunert, NStZ 2002, 169 (172). 36

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B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter

durch eine Ermittlungsmaßnahme betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die er das Zeugnis verweigern dürfte. Der zweite Halbsatz gibt sodann eine Abwägungsrichtlinie vor: Betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung,41 ist in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. Ergibt sich nach dieser Abwägung die (teilweise) Unzulässigkeit der Maßnahme, so ist diese nach § 160a Abs. 2 S. 2 StPO, soweit geboten, zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. Für die Verwertung bereits erhobener Beweise ordnet Satz 3 schließlich ebenfalls eine besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der gleichen Maßgaben an. Die Grundsatzregelung des § 160a Abs. 2 StPO sieht damit für die in ihr genannten zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgruppen42 ein relatives Beweiserhebungs- bzw. Beweisverwertungsverbot vor.43 Die Regelung gilt für alle Ermittlungsmaßnahmen.44 Nach § 160a Abs. 5 StPO bleiben jedoch die §§ 97 und 100c Abs. 6 StPO unberührt. Diese Normen enthalten für die Beschlagnahme und die akustische Wohnraumüberwachung Spezialregelungen, die der allgemeinen Norm des § 160a StPO vorgehen. Nach § 100c Abs. 6 S. 1 Halbs. 1 StPO ist in den Fällen des § 53 StPO das Abhören und die Aufzeichnung des in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochenen Wortes mit technischen Mitteln unzulässig. Für Gespräche des Beschuldigten oder einer anderen von der Überwachung betroffenen Person45 mit dem Berufsgeheimnisträger, also auch dem Medienmitarbeiter,46 gilt daher ein Beweiserhebungsverbot.47 Aus dem Verweis des Halbsatzes 2 auf § 100c Abs. 5 S. 2 bis 4 StPO ergibt sich, dass dennoch erfolgte Aufzeichnungen unverzüglich zu löschen sind und nicht verwertet

41 Straftaten von erheblicher Bedeutung sind nach BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (344), solche Straftaten, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind, den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. 42 Neben den Medienmitarbeitern gilt die Regelung für die in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 – 3b StPO genannten Berufsgruppen. 43 Ein absolutes Beweiserhebungs- bzw. -verwertungsverbot ohne Abwägungsmöglichkeit gilt dagegen gem. § 160a Abs. 1 StPO für die in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 StPO genannten Berufsgruppen; kritisch zu dieser Differenzierung Ignor, NJW 2007, 3403 (3404): „ZweiKlassen-Gesellschaft“; Pöppelmann/Jehmlich, AfP 2003, 218 (228 f.); nach BVerfG, Urt. v. 12.03.2002 – 1 BvR 330/96, 1 BvR 348/99, BVerfGE 107, 299 (332) ist das unterschiedliche Schutzniveau je nach Berufsgruppe verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 44 KK-Griesbaum, § 160a, Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, § 160a, Rn. 1. 45 Dies ergibt sich aus dem Verweis auf Abs. 1 der Vorschrift, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur für Gespräche des Beschuldigten gilt, BT-Drs. 15/4533, S. 13, KKNack, § 100c, Rn. 7. Auch wenn der Beschuldigte nach Abs. 3 S. 1 die Zielperson der Maßnahme ist, darf danach auch das Wort anderer anwesender Personen abgehört und aufgezeichnet werden; vgl. zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/ 98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (352 ff.). 46 Die Norm differenziert nicht nach Berufsgruppen. 47 KK-Nack, § 100c, Rn. 33.

II. Die heutige Regelung

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werden dürfen. Die Tatsache ihrer Aufzeichnung und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Eine Spezialregelung für Beschlagnahmen enthält § 97 StPO. Aus seinem Absatz 5 ergibt sich die Beschränkung staatlicher Beschlagnahmebefugnisse mit Blick auf Medienmitarbeiter, die nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind. Danach ist, soweit deren Zeugnisverweigerungsrecht reicht, die Beschlagnahme von Schriftstücken, Ton-, Bild- und Datenträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen, die sich im Gewahrsam dieser Personen oder der Redaktion, des Verlages, der Druckerei oder der Rundfunkanstalt befinden, unzulässig. Nach dem Gesetzeszweck, die Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts zu verhindern, ist auch die Anordnung und Durchführung einer Durchsuchung nach § 103 StPO unzulässig, wenn sie dazu dienen soll, Gegenstände aufzuspüren, die nach § 97 StPO von der Beschlagnahme ausgenommen sind.48 Ferner dürfen entsprechende Papiere nicht nach § 110 StPO durchgesehen werden, sondern sind herauszugeben.49 Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, so sind diese nach § 108 Abs. 1 S. 1 StPO einstweilen in Beschlag zu nehmen.50 Auch für diese Gegenstände, die so genannten Zufallsfunde, gilt jedoch das Beschlagnahmeprivileg des § 97 Abs. 5 StPO.51 Für den Fall, dass der Beschlagnahmeschutz wegen der Verstrickung des Medienmitarbeiters wegfällt (dazu sogleich), gilt darüber hinaus § 108 Abs. 3 StPO.52 Nach dieser Vorschrift ist die Verwertbarkeit von Zufallsfunden, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht eines Medienmitarbeiters bezieht, stets auf solche Strafverfahren beschränkt, deren Gegenstand eine Straftat ist, die im Höchstmaß mit mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist und bei der es sich nicht um eine Straftat nach § 353b StGB handelt.

48 BGH, Beschl. v. 13.08.1973 – 1 BJs 6/71/StB 34/73, NJW 1973, 2035; BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 29.03.2007 – 2 BvR 224/07, veröffentlicht bei juris; KK-Nack, § 103, Rn. 7; Meyer-Goßner, StPO, § 97, Rn. 1, § 103, Rn. 7. 49 KK-Nack, § 110, Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, § 110, Rn. 2. 50 Im Fall Cicero beschlagnahmten die Ermittler 12 Kisten Recherchematerial. Darunter befanden sich als so genannte Zufallsfunde u. a. Kopien brisanter Dokumente des BundestagsUntersuchungsausschusses sowie Informationen aus Ministerien zum Verkauf der LeunaRaffinerie, zu Spürpanzer-Geschäften und Parteispenden, vgl. zum Sachverhalt LG Berlin, Beschl. v. 30.03.2006 – 511 Qs 36/06, S. 2 f. (unveröffentlicht). 51 KK-Nack, § 108, Rn. 13. 52 Eingefügt durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3198); vgl. BT-Drs. 16/6979, S. 44.

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B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter

III. Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts und des Beschlagnahmeschutzes Zeuge im Sinne des Strafprozessrechts kann nur eine Person sein, die nicht durch eine andere Verfahrensrolle ausgeschlossen ist.53 Daraus folgt, dass ein Beschuldigter in demselben Strafverfahren nicht gleichzeitig Zeuge sind kann.54 Der unüberbrückbare Gegensatz zwischen der Aussagepflicht des Zeugen und dem Schweigerecht des Beschuldigten (vgl. § 136 Abs. 1 S. 2 StPO) macht dies unmöglich. Der Beschuldigte hat im Gegensatz zum Zeugen gerade keine Aussage- und Wahrheitspflicht.55 Die Beschuldigung schaltet somit die Zeugnisverweigerungsrechte aus und lässt das Schweigerecht entstehen. Damit eine Person offiziell als Beschuldigte beschrieben werden kann, muss zunächst ein Anfangsverdacht dafür bestehen, dass sie eine Straftat begangen hat. Voraussetzung eines solchen Anfangsverdachts ist, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die nach kriminalistischen Erfahrungen die Beteiligung des Betroffenen an einer verfolgbaren strafbaren Handlung als möglich erscheinen lassen.56 Die Beschuldigteneigenschaft eines Tatverdächtigen wird sodann grundsätzlich durch einen Willensakt der zuständigen Strafverfolgungsbehörde begründet.57 Der subjektive Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörde muss sich also objektiv manifestieren.58 Wird gegen eine Person ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, liegt darin ein solcher Willensakt.59 Andernfalls beurteilt sich dessen Vorliegen danach, wie sich das Verhalten des ermittelnden Beamten nach außen, insbesondere in der Wahrnehmung des davon Betroffenen darstellt. So sind strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen, die nur gegenüber dem Beschuldigten zulässig sind, Handlungen, die auf den Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde schließen lassen.60 Aber auch Eingriffsmaßnahmen, die an einen Tatverdacht anknüpfen, begründen nach der Rechtsprechung grundsätzlich die Beschuldigteneigenschaft des

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Ranft, Rn. 479. Kühne, Rn. 803; Peters, § 42 II 2. 55 Kühne, Rn. 803. 56 Beulke, Rn. 311; KK-Schoreit, § 152, Rn. 31; Meyer-Goßner, StPO, § 152, Rn. 4. 57 BGH, Beschl. v. 28.02.1997 – StB 14/96, NJW 1997, 1591; BGH, Urt. v. 23.07.1986 – 3 StR 164/86, NStZ 1987, 83; Kühne, Rn. 803; nach anderer Ansicht kommt es nur darauf an, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte beigebracht und von einem Strafverfolgungsorgan zur Kenntnis genommen worden sind, vgl. Peters, § 28 I 1. 58 BGH, Beschl. v. 18.07.2007 – 1 StR 280/07, NStZ 2008, 48; KK-Griesbaum, § 163a, Rn. 2. 59 BGH, Urt. v. 03.07.2007 – 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367 (370); Meyer-Goßner, StPO, Einl., Rn. 76. 60 BGH, Urt. v. 03.07.2007 – 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367 (370). 54

III. Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts und des Beschlagnahmeschutzes

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von der Maßnahme betroffenen Verdächtigen, weil sie regelmäßig darauf abzielen, gegen diesen wegen einer Straftat strafrechtlich vorzugehen.61 Lässt die Eigenschaft als Beschuldigter das Zeugnisverweigerungsrecht entfallen, so gilt dies im gleichen Umfang für die daran geknüpften Privilegien. Gegen einen beschuldigten Medienmitarbeiter dürfen daher grundsätzlich die gegen jeden Beschuldigten zulässigen Ermittlungsmaßnahmen angeordnet werden, weil die diesbezüglichen Beschränkungen der §§ 97 Abs. 5, 100c Abs. 6 und 160a Abs. 2 StPO nicht mehr zur Anwendung kommen.62 Der Wegfall dieser Beschränkungen kann jedoch nicht nur durch die Begründung der Beschuldigteneigenschaft bewirkt werden. Nach § 97 Abs. 5 S. 2 Halbs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 3 StPO gilt der strafprozessuale Beschlagnahmeschutz für Medienmitarbeiter auch dann nicht, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist.63 Unter den gleichen Voraussetzungen entfällt nach § 100c Abs. 6 S. 3 in Verbindung mit § 160a Abs. 4 StPO auch der Schutz vor akustischen Wohnraumüberwachungen und nach letztgenannter Norm – in Bezug auf sämtliche Ermittlungsmaßnahmen der Strafprozessordnung – auch das Gebot einer gesonderten Verhältnismäßigkeitsprüfung. Der durch bestimmte Tatsachen begründete Verdacht unterliegt dabei höheren Anforderungen als der bloße Anfangsverdacht, erreicht jedoch nicht den Grad eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts, den andere Normen der Strafprozessordnung64 vorsehen.65 Danach bietet sich nun folgendes Bild: Ein Ermittlungsverfahren kann schon bei Vorliegen eines Anfangsverdachts eingeleitet werden. Mit der Einleitung ist die Begründung der Beschuldigteneigenschaft verbunden. Diese schaltet das Zeugnisverweigerungsrecht sowie die damit zusammen hängenden Regelungen aus. Die Beschlagnahmefreiheit66 kann jedoch auch dann wegfallen, wenn kein Ermittlungsverfahren läuft. Dafür muss aber ein im Vergleich zum Anfangsverdacht höherer Ver61 So liegt nach BGH, Urt. v. 03.07.2007 – 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367 (370), die Beschuldigtenstellung des Verdächtigen auf der Hand, wenn eine Durchsuchung nach § 102 StPO dazu dient, für seine Überführung geeignete Beweismittel zu gewinnen. 62 Vgl. für § 97 StPO: BGH, Beschl. v. 04.08.1964 – 6 BJs 469/62-3 – StB 12/63, 9 BJs 46/ 62-3 – StB 12/63, StB 12/63, BGHSt 19, 374; Urt. v. 03.12.1991 – 1 StR 120/90, BGHSt 38, 144 (146 f.); BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06, BVerfGE 117, 244 (262); KK-Nack, § 97, Rn. 8; LR-Schäfer, § 97, Rn. 25, 137. 63 Diese Norm gilt darüber hinaus für den Fall, dass es sich um Gegenstände handelt, die durch eine Straftat hervorgebracht oder zur Begehung einer Straftat gebraucht oder bestimmt sind oder die aus einer Straftat herrühren. 64 Vgl. §§ 170 Abs. 1, 203 StPO für den hinreichenden, § 112 Abs. 1 S. 1 StPO für den dringenden Tatverdacht. 65 BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98 u. 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (350 f.); KK-Griesbaum, § 160a, Rn. 18; nach LR-Schäfer, § 97, Rn. 40 genügt „einfacher Tatverdacht“. 66 Ebenso der Schutz vor akustischer Wohnraumüberwachung und das Gebot einer gesonderten Verhältnismäßigkeitsprüfung.

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B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter

dachtsgrad für eine Tatbeteiligung usw. vorliegen. Außerdem ist die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 S. 2 Halbs. 2 StPO in diesen Fällen nur zulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht und die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich, dass die Strafverfolgungsbehörden, wenn die erhöhten Verdachtsanforderungen nicht vorliegen, alternativ ein Ermittlungsverfahren einleiten können mit demselben Ergebnis, dass ein sonst gegebenes Zeugnisverweigerungsrecht einer Beschlagnahme nicht mehr entgegen gehalten werden kann. Dieses Ergebnis ist systemwidrig. Es wird zwar gefordert, dass, insbesondere auch bei Medienmitarbeitern, der Tatverdacht einer zusätzlichen Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unterzogen werden muss.67 So können im Einzelfall angemessene Ergebnisse erzielt werden, an der Unzulänglichkeit der gesetzlichen Regelung ändert dies jedoch nichts. Die Unsicherheit des Gesetzgebers in diesem Bereich zeigt sich auch an der Gesetzgebungsgeschichte des § 97 StPO: Enthielt der ursprüngliche § 97 der Strafprozessordnung vom 1. Februar 187768 noch eine Regelung über den Wegfall der Beschlagnahmefreiheit bei Verdacht einer Teilnahme, Begünstigung oder Hehlerei, ist diese Einschränkung durch das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 195369 ersatzlos gestrichen worden. Das Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk vom 25. Juli 197570 führte die Regelung dagegen wieder ein.71 Eine Abschwächung ergab sich sodann wiederum aus der Einfügung des Erfordernisses einer besonderen Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie der Subsidiaritätsklausel durch das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung vom 15. Februar 2002.72 Für den Fall, dass der Verdacht einer Beihilfe des Medienmitarbeiters an einer Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß §§ 353b, 27 StGB im Raum steht, hat das Bundesverfassungsgericht im Cicero-Urteil73 versucht, die Anforderungen an den 67

KK-Nack, § 97, Rn. 35; LR-Schäfer, § 97, Rn. 40; Meyer-Goßner, StPO, § 97, Rn. 20. RGBl. 1877, S. 253 (270). 69 BGBl. 1953 I, S. 735 (745). 70 BGBl. 1975 I, S. 1973. 71 Insoweit hat sich die Annahme des BVerfG als falsch herausgestellt, dass die gesetzgeberische „Erkenntnis der Unzulänglichkeit“ der Regelung zur vorherigen Aufhebung geführt hat, vgl. BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (195); vgl. auch Groß, ZUM 1994, 214 (223); bemerkenswert ist, dass das BVerfG an dieser Stelle die gesetzliche Regelung „neben anderen Ungereimtheiten“ auch wegen der „grundsätzlichen Verknüpfung des Beschlagnahmeschutzes mit dem Zeugnisverweigerungsrecht“ für „durchaus unbefriedigend“ hält: „Danach hängt es weitgehend von der Verfahrensgestaltung durch die Staatsanwaltschaft ab, ob der ohnehin geringe Informantenschutz des § 97 Abs. 5 StPO überhaupt zum Zuge kommen kann“, BVerfG, a.a.O., 194 f.; kritisch auch Dunkhase, S. 181. 72 BGBl. 2002 I, S. 682 (683). 73 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06, BVerfGE 117, 244. 68

III. Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts und des Beschlagnahmeschutzes

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Teilnahmeverdacht zu konkretisieren. Das Gericht hat es jedoch versäumt, auf die Unstimmigkeit der gesetzlichen Regelung hinzuweisen. Zwar würde nach Auffassung des Gerichts die Möglichkeit, aufgrund eines unzureichenden Verdachts Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einer Redaktion oder bei einem Journalisten anzuordnen, zu dem nicht von der Hand zu weisenden Risiko führen, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren mit dem ausschließlichen oder überwiegenden Ziel einleitete, auf diese Weise den Informanten festzustellen.74 Diese Analyse führt das Gericht allerdings nicht zum dem richtigen Ergebnis, diesen Mechanismus in Frage zu stellen.75 Stattdessen nimmt es eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 94, 102 StPO vor76 und erhöht für den Fall einer Durchsuchungs- oder Beschlagnahmeanordnung gegen einen Beschuldigten die Anforderungen an den hierfür erforderlichen Verdachtsgrad:77 Die strafprozessualen Normen über Durchsuchung und Beschlagnahme seien dahingehend auszulegen, dass die bloße Veröffentlichung des Dienstgeheimnisses durch einen Journalisten nicht ausreiche, um einen diesen Vorschriften genügenden Verdacht der Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen. Zu fordern seien vielmehr spezifische Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vom Geheimnisträger bezweckten Veröffentlichung des Geheimnisses und damit einer beihilfefähigen Haupttat.78 Das Bundesverfassungsgericht versucht damit, die an sich strengen79 Vorschriften des Beschlagnahmeschutzes zu verteidigen. Da der Nachweis einer willkürlichen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in der Regel kaum gelingen wird, versucht es, der Willkürgefahr mit einer Anhebung des erforderlichen Verdachtsgrads zu begegnen. Im Ergebnis ist die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen gegen einen Beschuldigten, der als Zeuge zeugnisverweigerungsberechtigt wäre, nunmehr nur unter denselben strengen Voraussetzungen zulässig, die den Wegfall des Zeugnisver74

BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06, BVerfGE 117, 244 (266). „Dass § 97 StPO nicht einschlägig ist, wenn ein als Journalist an sich Zeugnisverweigerungsberechtigter selbst Beschuldigter oder Mitbeschuldigter der Straftat ist, um deren Aufklärung es geht, entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur. [Es folgen Nachweise.] Gegen diese Auffassung ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden.“ BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06, BVerfGE 117, 244 (262); ebenso BVerfG, Beschl. v. 01.02.2005 – 1 BvR 2019/03, NJW 2005, 965. 76 Brüning, wistra 2007, 333 (336). 77 Vgl. demgegenüber Brosius-Gersdorf, AfP 1998, 25 (33), die eine verfassungskonforme Auslegung des § 97 Abs. 2 S. 3 StPO im Lichte des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG fordert. 78 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06, BVerfGE 117, 244 (266). 79 Letztlich gescheiterte Gesetzentwürfe der FDP-Fraktion (BT-Drs. 16/956), der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 16/576) und der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 16/4539) enthielten sogar sämtlich den Vorschlag, den Verdachtsgrad auf einen dringenden Teilnahmeverdacht anzuheben; vgl. zu den Vorschlägen der FDP auch Birkner/Rösler, ZRP 2006, 109 (111); Leutheusser-Schnarrenberger, ZRP 2007, 249 (251 f.); vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG), BT-Drs. 17/3355, nach dem im Rahmen des § 97 Abs. 5 StPO die Beteiligungsregelung in § 97 Abs. 2 S. 3 StPO nur dann gelten soll, wenn die bestimmten Tatsachen einen dringenden Verdacht der Beteiligung begründen. 75

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B. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Medienmitarbeiter

weigerungsrechts bewirken würden. Das Gericht lässt zwar offen, wo es die genannten „spezifischen tatsächlichen Anhaltspunkte“ hernimmt. Letztlich wird es sich hierbei aber um einen anderen Ausdruck für die „bestimmten Tatsachen“ im Sinne des § 97 Abs. 2 S. 3 StPO handeln. Die unterschiedliche Bezeichnung durch das Bundesverfassungsgericht dürfte darauf beruhen, dass das Gericht deutlich machen wollte, dass § 97 Abs. 2 S. 3 StPO mangels Zeugeneigenschaft der beschuldigten Journalisten eben nicht direkt anwendbar war. Insgesamt ist der Lösungsweg des Bundesverfassungsgerichts anerkennenswert. Nichtsdestotrotz stellt das Cicero-Urteil nur eine Korrektur von Symptomen dar. An der mangelhaften Gesetzeslage ändert es nichts. Fällt der Beschlagnahmeschutz für Medienmitarbeiter nach § 97 Abs. 5 S. 2 StPO weg, so darf die Beschlagnahme in den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder einer Rundfunkanstalt (nur) durch ein Gericht angeordnet werden, § 98 Abs. 1 S. 2 StPO. Gleiches gilt in entsprechender Anwendung für Durchsuchungen.80 Da die Regelung des § 97 Abs. 5 StPO, wie dargestellt, überhaupt nur zur Anwendung kommt, wenn der Medienmitarbeiter nicht selbst Beschuldigter ist, gilt dieser ausschließliche Richtervorbehalt nur für Beschlagnahmen bei selbst nicht beschuldigten Medienmitarbeitern.81 Im Übrigen kommt die Notkompetenz der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen bei Gefahr im Verzug nach den §§ 98 Abs. 1 S. 1 und 105 Abs. 1 S. 1 StPO zur Anwendung. Der ausschließliche Richtervorbehalt gilt auch nur für die in § 98 Abs. 1 S. 2 StPO ausdrücklich benannten Räume, nicht dagegen für das eigene, von der Redaktion räumlich und sachlich getrennte Büro eines freien Mitarbeiters.82 Redaktionsraum ist dabei nur der räumlich-gegenständlich begrenzte und organisatorisch zusammengefasste Bereich, in dem Redakteure mit ihren Hilfskräften im Rahmen eines Unternehmens zur Herstellung eines periodisch erscheinenden Druckwerks den Inhalt von Pressepublikationen mit eigener Entscheidungsbefugnis über Beschaffung und Gestaltung des zu publizierenden Stoffes redigieren oder mitredigieren.83

80 BGH Ermittlungsrichter, Beschl. v. 13.01.1999 – 2 Bfs 71-93-2 StB 14-98, NJW 1999, 2051 (2053); Meyer-Goßner, StPO, § 105, Rn. 2; LR-Schäfer, § 105, Rn. 11; widersprüchlich KK-Nack, § 105, Rn. 1 und § 98, Rn. 9. 81 KK-Nack, § 98, Rn. 9; Meyer-Goßner, StPO, § 98, Rn. 4; dies kritisiert Dunkhase, S. 181. 82 BGH Ermittlungsrichter, Beschl. v. 13.01.1999 – 2 Bfs 71-93-2 StB 14-98, NJW 1999, 2051 (2053); eine Erweiterung fordernd Leutheusser-Schnarrenberger, ZRP 2007, 249 (252); entsprechende Vorschläge finden sich auch in den Gesetzentwürfen der Fraktionen der FDP, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE, s. oben B. Fn. 79; in diese Richtung auch Dunkhase, S. 181. 83 BGH Ermittlungsrichter, Beschl. v. 13.01.1999 – 2 Bfs 71-93-2 StB 14-98, NJW 1999, 2051 (2053).

IV. Fazit

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IV. Fazit Die aktuelle gesetzliche Regelung des Zeugnisverweigerungsrechts gewährt den Medienmitarbeitern breiten Schutz. Das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informanten ist für die Strafverfolgungsbehörden sogar beinahe unantastbar. Auf der anderen Seite lässt aber schon ein aufgrund eines einfachen Anfangsverdachts eingeleitetes Ermittlungsverfahren sämtliche Schutzmechanismen wirkungslos werden. Tauchen geheime staatliche Informationen in der Presse auf, können daher sehr leicht Konflikte zwischen dem Strafverfolgungsanspruch des Staates und den Rechten der Journalisten entstehen. Die derzeitige Rechtslage kennzeichnet sich deshalb durch ein nicht zu unterschätzendes Missbrauchspotential: Der Schlüssel zu den Redaktionsräumen liegt nach wie vor in den Händen der Staatsanwaltschaft. Deshalb beschäftigt sich die Arbeit mit der Strafbarkeit der Journalisten wegen der Beteiligung an der Verletzung von Dienstgeheimnissen nach den §§ 353b, 26, 27 StGB. Je klarer es wird, unter welchen Umständen sich ein Journalist nach den genannten Vorschriften strafbar macht, umso leichter fällt die Beantwortung der Frage, wann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden kann, und umso deutlicher sind damit die Voraussetzungen umgrenzt, unter denen das Zeugnisverweigerungsrecht entfällt.

C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Strafbarkeit von Journalisten wegen der Beteiligung an der Verletzung des Dienstgeheimnisses. Da die Grenzen des die Haupttat normierenden § 353b StGB gleichzeitig die Grenzen der Strafbarkeit beteiligter Journalisten sind, soll nachfolgend in den Tatbestand dieser Vorschrift eingeführt werden.1

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB 1. § 353b Abs. 1 StGB Nach § 353b Abs. 1 S. 1 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt ein Geheimnis offenbart, das ihm als Amtsträger, als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder als Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt, anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, und durch die Offenbarung wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Satz 2 stellt die fahrlässige Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen unter Strafe. a) Täterkreis § 353b Abs. 1 StGB ist ein echtes Sonderdelikt.2 Täter können nur die im Tatbestand benannten Personen sein.3 Der folgende Überblick soll aufzeigen, welche Personen hierfür in Frage kommen. Aus dem Wortlaut der Vorschrift („als (…) anvertraut worden oder sonst bekannt geworden“) ergibt sich, dass der Täter zum Zeitpunkt des Geheimnisverrats nicht mehr unter eine der genannten Personengruppen fallen muss. Es kommt insoweit nur auf den Zeitpunkt an, zu dem der Täter (Amtsträger etc.) die

1 Vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte der Vorschrift Brischke, S. 1 ff.; Laufhütte, GA 1974, 52 ff.; Lüttger, JZ 1969, 578 ff.; Möhrenschläger, JZ 1980, 161 ff.; zu ihrer Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Urt. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (196 f.); Brischke, S. 14 ff. 2 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 4; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 9; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 1. 3 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 8.

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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fraglichen Kenntnisse erlangt hat.4 Der Tatbestand erfasst damit – im Gegensatz zu den sonstigen Amtsdelikten – auch aus dem Amt ausgeschiedene ehemalige Amtsträger. Die Beschränkung der Vorschrift auf die im Folgenden dargestellten möglichen Täter stellt einen wesentlichen Unterschied des § 353b Abs. 1 StGB zu § 353c Abs. 1 StGB a. F. dar, welcher bis zum Inkrafttreten des Siebzehnten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 19795 neben § 353b StGB galt. Nach § 353c Abs. 1 StGB a. F. konnte jeder – insbesondere auch Journalisten – Täter einer „Unbefugten Weitergabe geheimer Gegenstände oder Nachrichten“ sein.6 aa) Amtsträger In den Kreis möglicher Täter fallen nach § 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB zunächst die Amtsträger. Amtsträger ist nach der Legaldefinition des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, wer nach deutschem Recht Beamter oder Richter ist (Nr. 2a), in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht (Nr. 2b) oder sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (Nr. 2c).7 Hinsichtlich der beiden erstgenannten Gruppen begründet bereits die sich aus dem Anstellungsverhältnis ergebende Rechtsstellung die Amtsträgereigenschaft.8 Bei der letztgenannten Gruppe hängt die rechtliche Einordnung dagegen vom Charakter der übertragenen Aufgabe ab.9 Beamte sind solche Personen, die unter Einhaltung der einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften durch eine dafür zuständige staatliche Stelle in ein Beamtenverhältnis berufen worden sind.10 Kirchenbeamte zählen nicht zu den Beamten im Sinne dieser Vorschrift.11 Richter ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 StGB, wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist. In einem sonstigen öffent4 Fischer, § 353b, Rn. 8; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 5; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 9; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 10; gleiches gilt nach den §§ 1 Abs. 3, 48 WStG für Soldaten der Bundeswehr. 5 BGBl. 1979 I, S. 2324 f., in Kraft getreten am 01.01.1980. 6 § 353c Abs. 1 StGB a. F. lautete in seiner letzten Fassung nach dem 8. Strafrechtsänderungsgesetz vom 25.06.1968 (BGBl. 1968 I, S. 741 ff.): „Wer, abgesehen von dem Fall des § 353b, unbefugt Gegenstände, namentlich Schriften, Zeichnungen oder Modelle, die von einem Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder einem seiner Ausschüsse oder von einer anderen amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichnet sind, oder deren wesentlichen Inhalt ganz oder zum Teil einem anderen mitteilt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ 7 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des Amtsträgerbegriffs im deutschen Strafrecht: Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 61 ff. 8 MüKo-Radtke, § 11, Rn. 17. 9 Vgl. zu dieser Zweiteilung: Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 313 ff. 10 Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 319, 359; MüKo-Radtke, § 11, Rn. 19. 11 BGH, Urt. v. 09.10.1990 – 1 StR 538/89, BGHSt 37, 191 ff.; Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 661 ff.; MüKo-Radtke, § 11, Rn. 22.

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

lich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen solche Personen, die, ohne Beamte zu sein, personell an den Staat gebunden sind und denen ein bestimmter Geschäftskreis übertragen worden ist.12 Zu ihnen zählen beispielsweise der Bundespräsident, der Bundeskanzler, Bundes- und Landesminister, parlamentarische Staatssekretäre, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Notare und Inhaber von Ehrenämtern, nicht hingegen Parlamentarier, Verwaltungslehrlinge und Angehörige freier Berufe wie Rechtsanwälte, Ärzte oder Apotheker.13 Soldaten zählen auch nicht hierzu. Nach § 48 Abs. 1 WStG stehen allerdings Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr für die Anwendung abschließend aufgezählter Vorschriften des Strafgesetzbuchs, darunter auch die Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b Abs. 1 StGB, den Amtsträgern gleich. Nach § 48 Abs. 2 WStG gilt diese Gleichstellung – wiederum auch hinsichtlich des § 353b Abs. 1 StGB – ebenso für die Mannschaftsdienstgrade. § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB hat einen breiteren Anwendungsbereich. Grundsätzlich ist hier die materielle Funktion der Aufgabe und nicht ihre formelle Organisationsform maßgeblich.14 Zu denjenigen, die nach dieser Vorschrift dazu bestellt sind, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen, zählt jedenfalls, wem aufgrund eines Bestellungsakts hoheitliche Befugnisse übertragen worden sind.15 Dementsprechend zählt die klassische Eingriffsverwaltung mit der Möglichkeit der Ausübung staatlicher Anordnungs- und Zwangsgewalt zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in diesem Sinne.16 Aber auch die schlicht-hoheitliche Verwaltung, wie sie namentlich für den Bereich der Daseinsvorsorge typisch ist, gehört hierhin.17 Im Rahmen der Leistungsverwaltung lässt sich diese Bestimmung dagegen nicht so eindeutig vornehmen.18 Einige Beispielsfälle sollen daher Anhaltspunkte für die Zuordnung geben. Als nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB bestellt wurden von der Rechtsprechung angesehen: ein Oberarzt eines Universitätsklinikums19, ein Chefarzt eines Kreiskrankenhauses20, Angestellte der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit 12 Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 353; Lackner/Kühl, § 11, Rn. 5; MüKo-Radtke, § 11, Rn. 26. 13 Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 353 ff.; MüKo-Radtke, § 11, Rn. 28 f.; Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 19, der aber die nur kurzfristige ehrenamtliche Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe nicht von § 11 Abs. 1 Nr. 2b StGB erfasst sieht. 14 Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 20. 15 BGH, Urt. v. 29.01.1992 – 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199 (201); MüKo-Radtke, § 11, Rn. 37. 16 BT-Drs. 7/550, S. 209; BGH, Urt. v. 29.01.1992 – 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199 (201 f.); Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 432; MüKo-Radtke, § 11, Rn. 37; Schönke/Schröder-Eser/ Hecker, § 11, Rn. 20. 17 Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 21. 18 Vgl. Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 433 ff. 19 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.10.2000 – 2 Ws 304/99, NStZ-RR 2001, 144. 20 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.10.1982 – 3 Ws 149/82, NJW 1983, 352 f.

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(GTZ)21 oder ein Geschäftsführer einer kommunalen Energieversorgungs-GmbH.22 Auch die Vorstandsmitglieder einer Landesbank handeln bei Wahrnehmung der Aufgaben einer Staats- und Kommunalbank als Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB.23 Ebenso sind die verantwortlichen Redakteure der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Amtsträger im strafrechtlichen Sinne anzusehen.24 Abgelehnt wurde die Amtsträgereigenschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB dagegen u. a. für einen Geschäftsführer des Blutspendedienstes des bayerischen Roten Kreuzes25 und für einen Mitarbeiter in der Bauabteilung der Flughafen Frankfurt/Main AG.26 Auch Abgeordnete sind keine Amtsträger in diesem Sinne.27 Bei kommunalen Abgeordneten ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die in Frage stehende Tätigkeit mehr dem Bereich der Verwaltung (dann Amtsträger) oder mehr der Gesetzgebung (dann kein Amtsträger) zuzuordnen ist.28 bb) Für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter Nach § 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB können Täter einer Verletzung des Dienstgeheimnisses des Weiteren Personen sein, die für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtet sind. Insoweit ist auf die Legaldefinition des § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB zurückzugreifen. Danach ist für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtet, wer, ohne Amtsträger zu sein, bei einer Behörde oder bei einem Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmenden Verband, Betrieb oder Unternehmen beschäftigt oder für diese tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist. Insbesondere mit Blick auf den Geheimnisverrat nach § 353b StGB soll mit dieser Vorschrift der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben in steigendem Maße auf die Einschaltung nichtstaatlicher Organisationen und die Dienste von Angestellten und Arbeitern angewiesen ist. Diese sind nach Stellung und Funktion keine Amtsträger, haben jedoch unter Umständen in gleicher Weise Einblick in das Verwaltungshandeln wie jene.29 Einerseits werden insbesondere Büro- und Schreibkräfte, Boten, Reine21

BGH, Urt. v. 19.12.1997 – 2 StR 521/97, BGHSt 43, 370 (377). BGH, Urt. v. 14.11.2003 – 2 StR 164/03, NJW 2004, 693 (694). 23 BGH, Urt. v. 10.03.1983 – 4 StR 375/82, NStZ 1984, 501. 24 BGH, Urt. v. 27.11.2009 – 2 StR 104/09, NJW 2010, 784. 25 BGH, Urt. v. 15.03.2001 – 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310 (312). 26 BGH, Urt. v. 03.03.1999 – 2 StR 437/98, BGHSt 45, 16. 27 BGH, Urt. v. 24.11.1953 – 5 StR 466/53, BGHSt 5, 100 (106); Schönke/Schröder-Eser/ Hecker, § 11, Rn. 22. 28 BGH, Urt. v. 12.07.2006 – 2 StR 557/05, NStZ 2007, 36, wonach kommunale Mandatsträger keine Amtsträger sind, wenn sie nicht mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut sind, die über die Ausübung ihres freien Mandats in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Aufgaben hinausgehen; vgl. auch Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 22 m.w.N. 29 BT-Drs. 7/550, S. 210; Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 33. 22

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machefrauen und ähnliche technische Hilfskräfte vom Anwendungsbereich dieser Norm erfasst.30 Aber auch V-Leute des Verfassungsschutzes und der Polizei können hierzu zählen.31 Ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis ist nicht erforderlich. Es genügt auch schon die gelegentliche oder vorübergehende Tätigkeit für eine Behörde.32 Der Bedienstete muss des Weiteren auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten besonders verpflichtet sein. So wird zum Beispiel ein freiberuflich tätiger Arzt, der häufig zu Blutentnahmen und körperlichen Untersuchungen von der Polizei berufen wird, nicht allein hierdurch Amtsträger. Er müsste vielmehr nach dem Verpflichtungsgesetz hierzu verpflichtet werden.33 Nach § 1 Abs. 2 S. 1 VerpflG kann die Verpflichtung mündlich vorgenommen werden. Es ist aber nach § 1 Abs. 3 S. 1 VerpflG eine Niederschrift über die Verpflichtung anzufertigen, die der Verpflichtete unterzeichnen muss.34 cc) Personen, die Aufgaben nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen Nach § 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB kommen des Weiteren solche Personen als Täter einer Verletzung des Dienstgeheimnisses in Betracht, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen. Dies betrifft das Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, insbesondere auch der Richter und Staatsanwälte sowie der Soldaten und Zivildienstleistenden. Täter können daher Personen sein, die solche Personalvertretungsaufgaben wahrnehmen.35 Diese brauchen nicht selbst bei einer Behörde beschäftigt zu sein.36 dd) Bedienstete europäischer und anderer supranationaler Einrichtungen Über den explizit in § 353b Abs. 1 StGB genannten Personenkreis hinaus können auch Mitglieder und Bedienstete europäischer und anderer supranationaler Einrichtungen Täter im Sinne der Vorschrift sein.37 So stellt Art. 194 des Vertrages zur 30

Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 33. BGH, Urt. v. 28.11.1979 – 3 StR 405/79, NJW 1980, 846 f.; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 14. 32 Schönke/Schröder-Eser/Hecker, § 11, Rn. 34, der beispielhaft das Tätigwerden aufgrund eines Sonderauftrags als Gutachter oder als Mitglied eines Beratungsgremiums nennt; auch Praktikanten öffentlicher Stellen werden in der Regel zur gewissenhaften Erfüllung ihrer Obliegenheiten nach § 1 Abs. 1 VerpflG verpflichtet, was sie ebenfalls zu möglichen Tätern eines Geheimnisverrats gemäß § 353b Abs. 1 StGB macht. 33 OLG Dresden, Beschl. v. 01.08.2001 – 3 Ss 25/01, NJW 2001, 3643. 34 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 28.11.1979 – 3 StR 405/79, NJW 1980, 846 f. 35 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 15. 36 Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 10; z. B. der Beauftragte einer im Personalrat vertretenen Gewerkschaft nach § 36 BPersVG. 37 Vgl. hierzu LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 4. 31

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. März 1957 (EURATOM)38 die dort bezeichneten Personen, insbesondere Beamte und Bedienstete der Atomgemeinschaft, den Tätern des § 353b StGB gleich. Ähnliches gilt für Bedienstete des Statistischen Amts der Europäischen Gemeinschaften (SAEG) nach dem SAEGÜbermittlungsschutzgesetz vom 16. März 199339, für Inspektoren und sonstige Mitglieder der Europäischen Kernenergie-Agentur40 sowie bestimmte Bedienstete von Europol.41 b) Geheimnis aa) Grundsätzliches Zunächst ist der Geheimnisbegriff des § 353b Abs. 1 StGB von anderen Geheimnissen innerhalb des Strafgesetzbuches abzugrenzen. So regelt der zweite Abschnitt des Besonderen Teils den Landesverrat und die Gefährdung der äußeren Sicherheit. Diese Tatbestände haben einen sehr begrenzten Anwendungsbereich. Zentraler Begriff dieses Abschnitts ist nämlich das Staatsgeheimnis. Staatsgeheimnisse unterscheiden sich von einfachen Dienstgeheimnissen darin, dass sie nach ihrer Definition in § 93 Abs. 1 StGB vor einer fremden Macht geheimgehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden. Soweit es sich also bei verratenen Tatsachen um Staatsgeheimnisse handelt, kommen die §§ 93 ff. StGB zur Anwendung. Fehlt es hieran, ist § 353b StGB zu prüfen. Weiterhin ist an § 203 Abs. 2 StGB zu denken. Diese Vorschrift stellt die Verletzung von Privatgeheimnissen durch Amtsträger, öffentlich Bedienstete oder Verpflichtete unter Strafe. Hier ergeben sich Überschneidungen mit § 353b Abs. 1 StGB, dessen Geheimnisbegriff auch Privatgeheimnisse umfasst. § 203 Abs. 2 StGB verzichtet aber auf das Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen, so dass diese Vorschrift mit Blick auf die Offenbarung von Privatgeheimnissen vorrangig zur Anwendung kommen wird. Fraglich ist nun, welcher Natur das Geheimnis im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB ist. Einigen der eingangs42 geschilderten Fälle lassen sich Beispiele dafür entnehmen, welche Arten von Informationen und Dokumenten in der Praxis als geheim angesehen werden. So wurden die Redaktionsräume von Marktintern durchsucht, weil Unterlagen aus der Finanzverwaltung veröffentlicht worden waren.43 Die Journalisten des 38 BGBl. 1957 II, S. 1014 i.V.m. Art. 1 des Zustimmungsgesetzes vom 25.03.1957, BGBl. 1957 II, S. 753. 39 BGBl. 1993 I, S. 336. 40 BGBl. 1959 II, S. 586 i.V.m. Art. 1 des Zustimmungsgesetzes vom 20.12.1957, BGBl. 1957 II, S. 585 (594). 41 Art. 2 § 8 EuropolG, BGBl. 1997 II, S. 2150. 42 Oben A. III. 43 Vgl. zum Sachverhalt Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 (290 f.).

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

Magazins Monitor hatten aus Akten des Generalbundesanwalts zitiert.44 In der Stuttgarter Zeitung fanden sich als geheim klassifizierte Informationen über ein von der Staatsanwaltschaft gegen Mafia-Mitglieder geführtes Ermittlungsverfahren.45 Die Redaktionen der Zeitungen Weser-Kurier, Bremer Nachrichten, taz, Weser-Report und des Fernsehsenders Radio Bremen verfügten über Kopien eines Prüfungsberichts des bremischen Rechnungshofs.46 Die Wolfsburger Allgemeine Zeitung berichtete über nur den unmittelbaren Verfahrensbeteiligten bekannte Ermittlungserkenntnisse in Bezug auf einen Raubüberfall.47 Bruno Schirra zitierte für Cicero aus einem internen Auswertungsbericht des Bundeskriminalamts.48 Ein Journalist der Dresdner Morgenpost verfügte wiederum über behördeninterne Kenntnisse über ein Ermittlungsverfahren.49 Außerdem wurden von der Rechtsprechung als Geheimnisse im Sinne des § 353b StGB u. a. beurteilt: in den Fahrzeugregistern abgespeicherte Fahrzeug- und Halterdaten,50 Mitteilungen über Vorstrafen anderer Personen,51 die Liste der Mitbewerber bei behördlichen Ausschreibungen sowie entsprechende Vorkalkulationen,52 die Tatsache, dass keine Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen eine Person laufen,53 die Namen von operativ tätigen Mitarbeitern des Verfassungsschutzes,54 innerdienstliche Vermerke und Verfügungen eines Landesministers,55 ein Bericht des Bundeskriminalamts über eine Sekte.56 Auch das richterliche Beratungsgeheimnis stellt ein Geheimnis im Sinne des § 353b StGB dar.57

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Vgl. zum Sachverhalt Pöppelmann, Publizistik, Sonderheft 4/2003, 284 (297). Vgl. zum Sachverhalt Jung, AfP 1995, 375. 46 Vgl. zum Sachverhalt LG Bremen, Beschl. v. 04.11.1996 – 14 Qs 356/96 u. 387/96, NJW 1997, 1168. 47 Vgl. zum Sachverhalt BVerfG, Beschl. 04.03.2008 – 2 BvR 2111/07, 2112/07, NStZ 2009, 166 f. 48 Vgl. zum Sachverhalt BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 ff. 49 Vgl. zum Sachverhalt OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 163/07, veröffentlicht bei juris. 50 BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 ff. 51 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.05.1982 – 5 Ss 225/82-181/82 I, NJW 1982, 2883. 52 BGH, Urt. v. 02.03.1989 – 2 StR 705/88, NJW 1989, 1938. 53 BGH, Beschl. v. 05.09.2001 – 3 StR 174/01, NStZ 2002, 33. 54 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (374 f.). 55 BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (130). 56 BGH, Urt. v. 25.09.1980 – III ZR 74/78, BGHZ 78, 274. 57 OLG Köln, Urt. v. 11.01.2005 – 8 Ss 460/04, NJW 2005, 1000; Fischer, § 353b, Rn. 7a; Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 6; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b StGB, Rn. 11; MüKo-Graf, § 353b StGB, Rn. 23; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 14; a. A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.09.1980 – 1 Ws 419/80, NStZ 1981, 25: das Beratungsgeheimnis diene nicht dem Funktionieren einer geordneten Verwaltung, sondern dem Dokumentieren der Einheit des Richterkollegiums nach außen; vgl. auch Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 5. 45

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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Nach allgemeiner Definition sind Geheimnisse Tatsachen, die lediglich einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und der Geheimhaltung bedürfen.58 Der Geheimnisbegriff des § 353b StGB gliedert sich daher in die beiden Elemente des Geheimseins und der Geheimhaltungsbedürftigkeit auf. Das Geheimnis ist ein „Dienstgeheimnis“ im Sinne der amtlichen Überschrift des § 353b StGB, wenn und weil der Täter es in Ausübung seiner Funktion als Amtsträger bzw. Angehöriger einer der in der Vorschrift genannten Personengruppen erfahren hat. Die Tatsache darf also zunächst, um ein Geheimnis zu sein, nur einem beschränkten Kreis von Personen bekannt oder zugänglich sein.59 Dieser Personenkreis kann zum Beispiel aus den Mitarbeitern einer Behörde oder eines Arbeitsteams bestehen. Dem Geheimnischarakter einer Tatsache schadet es dabei nicht, wenn einzelne Außenstehende, auch einzelne Journalisten, Kenntnis erlangt haben.60 Es würde dem Sinn der Regelung widersprechen, wenn ein bereits erfolgter Geheimnisbruch einer Tatsache ihre Eigenschaft als Geheimnis entziehen würde. Daher kann erst dann nicht mehr von einem Geheimnis gesprochen werden, wenn die fragliche Tatsache offenkundig (geworden) ist.61 Offenkundig sind solche Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen Kenntnis haben oder von denen sie sich jederzeit durch Benutzung allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen unschwer überzeugen können.62 Allgemein zugänglich sind zum Beispiel Daten und Informationen, die sich Registern ohne den Nachweis eines berechtigen Interesses entnehmen lassen.63 Offenkundig werden auch Informationen, die in den Medien oder im Internet, zum Beispiel auf der Internetseite wikileaks.org,64 veröffentlicht werden.65 Bloße 58 Kindhäuser, § 353b, Rn. 5; Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 6; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 7 f.; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 19; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 10; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 4 ff., die darüber hinaus fordern, dass die geheim zu haltende Tatsache ein wichtiges öffentliches Interesse betrifft. 59 BGH, Urt. v. 30.01.1957 – 2 StE 18/56, BGHSt 10, 108 (109); Fischer, § 353b, Rn. 7a; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 20. 60 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (383); MüKo-Graf, § 353b, Rn. 20; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 4. 61 BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (129 f.); Fischer, § 353b, Rn. 7c. 62 So zu § 203 StGB, BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (30 f.). 63 Zu § 203 StGB, BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (31); weitergehend, nämlich die allgemeine Zugänglichkeit auch dann bejahend, wenn der Zugang vom Nachweis eines öffentlichen Interesses abhängt: BayObLG, Urt. v. 18.01.1999 – 5 St RR 173/ 99, NJW 1999, 1727 (1728); HansOLG Hamburg, Beschl. v. 22.01.1980 – 2 Ss 105/97 – I 4/98, NStZ 1998, 358; ähnlich MüKo-Cierniak, § 203, Rn. 16; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 21; zur Allgemeinzugänglichkeit vgl. unten C. I. 4. d). 64 U. a. veröffentlichte WikiLeaks im Dezember 2010 eine angebliche Analyse des Bundesnachrichtendienstes zur organisierten Kriminalität im Kosovo; seit April 2010 befindet sich auf der Internetseite ein bis dato geheimes Video des US-Militärs, das rechtswidrige Tötungen durch US-amerikanische Soldaten während des Irakkrieges zeigt; im Juli 2010 veröffentlichte WikiLeaks ca. 91.000 Geheimdokumente des US-Militärs aus dem Afghanistan-Krieg; im Oktober 2010 wurden auf der Internetseite ca. 400.000 geheime Militärdokumente aus dem Irak-Krieg zugänglich gemacht; seit November 2010 sind ca. 250.000 US-Botschaftsdepeschen

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

Mutmaßungen oder Gerüchte reichen demgegenüber nicht aus, um den Geheimnischarakter in Frage zu stellen.66 Die Tatsachen müssen auch geheimhaltungsbedürftig sein. Das bedeutet, an ihrer Geheimhaltung muss ein schutzwürdiges Interesse bestehen. Ausdrücklich, allerdings in negativer Weise, ist dies in den Vorschriften des Beamtenrechts geregelt. Nach § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BeamtStG67 gilt die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht68 dann nicht, wenn Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. § 67 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BBG trifft eine wortgleiche Regelung für Bundesbeamte. Für den Bereich des Bundespersonalvertretungsrechts enthält außerdem § 10 Abs. 2 BPersVG eine entsprechende Vorschrift. Das Erfordernis der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit stellt einen weiteren wesentlichen Unterschied des § 353b Abs. 1 StGB zu § 353c Abs. 1 StGB a. F. dar, nach welchem es ausreichend war, dass die offenbarten Gegenstände formell als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichnet waren.69 Von vornherein keiner Geheimhaltung bedürfen lediglich völlig belanglose, zum Beispiel bürotechnische Angelegenheiten.70 Perron versucht, dem Geheimnisbegriff im Sinne des § 353b StGB schließlich dadurch weitere Konturen zu geben, dass seiner Auffassung nach der geheim zu haltende Sachverhalt ein „wichtiges öffentliches Interesse“ betreffen müsse.71 Die herrschende Meinung betont dagegen zu Recht weiterhin die Eigenständigkeit dieses Tatbestandsmerkmals,72 weil Tatsachen auch geheimhaltungsbedürftig sein können, wenn sie keine wichtigen öffentlichen Interessen

aus den Jahren 1966 – 2010 abrufbar; vgl. jeweils http://www.wikileaks.org (letzter Abruf: 31.12.2010). 65 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 21. 66 RG, Urt. v. 14.03.1928 – 7 J 63/25, RGSt 62, 65 (70) – Ponton-Prozess; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 7; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 10; vgl. auch MüKo-Graf, § 353b, Rn. 21, nach dem aber Berichte aus so genannten „gut informierten“ Kreisen eher gegen das Fortbestehen eines Geheimnisses sprechen. 67 Das Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 17.06.2008, BGBl. 2008 I, S. 1010 ff. löste das Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG), das in § 39 Abs. 1 S. 2 eine entsprechende Regelung enthielt, in weiten Teilen zum 01.04.2009 ab (gemäß § 63 Abs. 2 S. 2 BeamtStG bleiben nur Kapitel II und § 135 BRRG in Kraft). 68 Nach § 37 Abs. 1 S. 1 BeamtStG haben Beamtinnen und Beamte über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Vgl. für Bundesbeamte § 67 Abs. 1 S. 1 BBG. 69 Vgl. den Wortlaut der durch das 17. StrÄndG vom 21.12.1979 (BGBl. 1979 I, S. 2324 f.) gestrichenen Vorschrift oben C. Fn. 6; kritisch zur so genannten formellen Sekretur Augstein, AfP 1972, 264 (265). 70 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 12. 71 Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 6a: „teleologische Reduktion“. 72 BGH, Urt. v. 23.03.2001 – 2 StR 488/00, BGHSt 46, 339 (342 f.); Fischer, § 353b, Rn. 7a; Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 6; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 9; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 16.

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betreffen, zum Beispiel wenn es um Privatgeheimnisse geht.73 Hier erscheint mit Blick auf § 203 StGB eine einheitliche Verwendung des Geheimnisbegriffs innerhalb des Strafgesetzbuchs erstrebenswert. Außerdem würde § 353b Abs. 1 S. 2 StGB sonst nie zur Anwendung kommen: Dieser stellt in einer Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination die fahrlässige Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen bei vorsätzlicher Geheimnisoffenbarung unter Strafe. Das Vorliegen von Fahrlässigkeit hinsichtlich der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen würde einen Vorsatz hinsichtlich des Vorliegens eines Geheimnisses ausschließen.74 Letztlich kann bisher nur festgestellt werden, dass irgendwelche Interessen für die Geheimhaltung streiten müssen, weil es eine Geheimhaltung um ihrer selbst willen nicht geben kann. Einen greifbareren Maßstab könnten insoweit die Informationszugangsgesetze geben. Eben dies wird noch zu untersuchen sein.75

bb) Insbesondere: Illegale Geheimnisse Um so genannte illegale Geheimnisse handelt es sich bei Tatsachen, die geheime, aber rechtswidrige Verwaltungsvorgänge zum Inhalt haben. Fraglich ist, ob diese Tatsachen geheimhaltungsbedürftig sind. Rechtswidrige Vorgänge müssen ohne Zweifel abgestellt werden. Es ließe sich daher argumentieren, dass Rechtsbrüche nur dadurch beseitigt werden können, dass sie im ersten Schritt erst einmal offen gelegt werden. Wenn sich also die jeweilige Behörde nicht schon selbst zur Ahndung und Abstellung des rechtswidrigen Verhaltens entscheiden würde, könnte der öffentliche Druck die Argumente hierfür vermehren. Die pauschale Herausnahme rechtswidriger Vorgänge aus dem Geheimnisbegriff könnte aber im Einzelfall zur Offenbarung verwaltungs- oder regierungsinterner Vorgänge führen, die trotz ihrer Rechtswidrigkeit der Geheimhaltung vor Dritten bedürfen. So stellte der Bundesgerichtshof im Fall Pätsch mit Blick auf Staatsgeheimnisse fest: „Das Recht zur Rüge von Missständen im öffentlichen Leben tritt also, wenn die Rüge zur Preisgabe von Staatsgeheimnissen zwingt, in Widerstreit zu der Pflicht, Staatsgeheimnisse geheim zu halten. (…) Bei Abwägung der im Widerstreit liegenden Belange ergibt sich, dass keinem von beiden der unbedingte Vorrang eingeräumt werden kann. Einerseits kann nicht einer „Staatsraison“ das Wort geredet werden, der gegenüber, sobald Staatsgeheimnisse in Frage stehen, jeder zu schweigen hat. (…) Auf der anderen Seite lassen es die tatsächlichen Lebensnotwendigkeiten des Staates – gesehen in seinem Verhältnis zu anderen Staaten – als nicht angängig erscheinen, dass jeder einzelne auf Grund dieses seines verfassungsmäßigen Rügerechts in der Lage sein sollte, jegliches Staatsgeheimnis wegen Verstoßes gegen Verfassung oder Gesetz ohne weiteres öffentlich zu rügen.“76 Auf die gegen dieses Urteil einge73 74 75 76

Vgl. Brischke, S. 34. Brischke, S. 38. Vgl. unten C. I. 4. BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (362).

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legte Verfassungsbeschwerde betonte auch das Bundesverfassungsgericht: „Die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewusstsein des Staatsbürgers, der Missstände nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich auch für deren Abstellung einsetzt, ist eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Ordnung. (…) Andererseits kann das Recht zur öffentlichen Rüge des verfassungswidrigen Handelns einer Behörde für deren Angehörige nicht unbeschränkt sein. Sie dürfen bei der Abwägung die Rücksicht auf die ihnen anvertrauten öffentlichen Interessen nicht außer Acht lassen.“77 Diese Rechtslage ergibt sich inzwischen auch aus dem Strafgesetzbuch selbst. Aus den §§ 93 Abs. 2 und 97a StGB folgt, dass selbst Tatsachen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder unter Geheimhaltung gegenüber den Vertragspartnern der Bundesrepublik Deutschland gegen zwischenstaatlich vereinbarte Rüstungsbeschränkungen verstoßen, Geheimnisse sind und als solche strafrechtlichen Schutz genießen. Sie sind lediglich keine „Staatsgeheimnisse“ im Sinne des § 93 Abs. 1 StGB. Sind sie einem Amtsträger im Rahmen seiner Dienstausübung bekannt geworden, stellen sie aber weiterhin Dienstgeheimnisse dar und sind damit nach § 353b StGB geschützt.78 Bezweckt der Amtsträger mit der Geheimnisoffenbarung die Abstellung von Missständen, kann dies somit erst auf der Ebene der Rechtswidrigkeit berücksichtigt werden.79 c) Anvertraut oder sonst bekannt geworden Das Geheimnis muss dem Täter in seiner Eigenschaft als Amtsträger oder sonstige zum Täterkreis zählende Person anvertraut oder sonst bekannt geworden sein.80 In seiner vom Tatbestand geforderten Eigenschaft hat er es dann erfahren, wenn dies im Rahmen seiner dienstlichen Funktion geschah81 oder zumindest in Ansehung des Umstandes, dass er Amtsträger etc. ist.82 Auf Letzteres kommt es insbesondere dann an, wenn die Kenntnisnahme außerhalb des Dienstes erfolgt.83 Der Täter muss also nicht dienstlich mit dem Geheimnis befasst gewesen sein.84 Es reicht aus, dass er aufgrund seiner Dienststellung und des ihm geschenkten Vertrauens die tatsächliche Möglichkeit hatte, an das Geheimnis zu gelangen.85 Unerheblich ist, ob der Täter die Tatsache rechtmäßig oder rechtswidrig, zum Beispiel unter Miss77

BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (202). Vgl. nur NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 15; Satzger/Schmitt/Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 4; BGH, Urt. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (129). 79 Dazu unten C. III. 80 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 27; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 17. 81 RG, Urt. v. 26.04.1932 – I 272/32, RGSt 66, 273 (274). 82 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 28. 83 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 28; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 18. 84 Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 7. 85 RG, Urt. v. 04.03.1940 – 2 O 31/40, RGSt 74, 110 (112 f.); vgl. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 16, m. w. N. aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts. 78

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brauch seiner amtlichen Stellung, erfahren hat.86 Gleichgültig ist auch, ob der Täter von der Tatsache durch einen Vorgesetzten, einen anderen Angehörigen der Behörde oder durch einen Privaten erfährt.87 Anvertraut worden ist eine Tatsache, die dem Amtsträger etc. unter der ausdrücklichen Auflage oder in der Erwartung der Verschwiegenheit mitgeteilt worden ist.88 Das Auffangmerkmal des Bekanntwerdens umfasst sodann alle Fälle sonstiger Kenntnisnahme,89 sei es durch eigene Wahrnehmungen, Untersuchungen oder darauf beruhenden Rückschlüssen.90 Streitig ist, ob auch solche Geheimnisse, die der Amtsträger etc. selbst durch eigene Entscheidungen schafft, dem Tatbestand unterfallen. So schafft beispielsweise ein Staatsanwalt, der einen Durchsuchungstermin festlegt,91 selbst ein Geheimnis, ohne dass es von außen an ihn gelangt wäre. Hier wird insbesondere von der Rechtsprechung argumentiert, die Bedeutung des Wortes Bekanntwerden ergebe, dass das Geheimnis bereits existieren müsse und der Täter dann von ihm Kenntnis nehme.92 Dem Staatsanwalt in dem genannten Beispiel wäre der Durchsuchungstermin danach nicht im Sinne des § 353b StGB bekannt geworden. Nach anderer Ansicht ist diese Auslegung hingegen nicht vom Wortlaut vorgegeben und auch sachlich nicht begründbar.93 Jedenfalls für objektivierte Sachverhalte, die nicht lediglich innerpsychische Tatsachen darstellten, könne von einem Bekanntwerden im Sinne des § 353b StGB gesprochen werden.94 Es sei nicht zu verstehen, wenn behör-

86 BGH, Urt. v. 23.03.2001 – 2 StR 488/00, BGHSt 46, 339 (342); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.05.1982 – 5 Ss 225/82-181/82 I, NJW 1982, 2883 (2884); Fischer, § 353b, Rn. 8; MüKoGraf, § 353b, Rn. 28; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 7, lehnen eine Erlangung der Kenntnis als Amtsträger etc. ab, wenn sich der Täter die Kenntnis erst durch Überwinden besonderer Verschluss- oder Sicherungseinrichtungen verschafft; a. A. MüKo-Graf, § 353b, Rn. 28; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 18. 87 Fischer, § 353b, Rn. 8; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 7. 88 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.98.1988 – 2 Ss 131/88-113/88 II, NJW 1989, 1872; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 29. 89 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 14; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 30; die Abgrenzung zwischen anvertrauten und sonst bekannt gewordenen Geheimnissen kann somit nur für den Rechtsfolgeausspruch Bedeutung erlangen, weil in der Preisgabe anvertrauter Tatsachen in der Regel ein größeres Unrecht zu erblicken sein wird. 90 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 14; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 30. 91 So die Fallkonstellation in OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 163/07, NJW 2007, 3509 f. 92 OLG Dresden, Beschl. v. 11.09.2007 – 2 Ws 163/07, NJW 2007, 3509 f.: der Inhalt der ermittlungsrichterlichen Durchsuchungsbeschlüsse sei dagegen eine über das eigene Wissen hinausgehende Tatsache und dem Staatsanwalt somit bekannt geworden im Sinne des § 353b StGB; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.09.1980 – 1 Ws 419/80, NStZ 1981, 25; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.04.2005 – I-15 U 98/03, NJW 2005, 1791 (1798); außerdem Schönke/ Schröder-Perron, § 353b, Rn. 7. 93 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 17. 94 Fischer, § 353b, Rn. 8.

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deninterne Vorgänge nur vor einer Preisgabe durch den Amtsträger etc. strafrechtlich geschützt wären, dem das Geheimnis als fremdes zugänglich geworden sei.95 Die letztgenannte Auffassung ist vorzugswürdig. An der sachlichen Berechtigung einer auch insoweit strafbewehrten Pflicht zur Geheimhaltung kann nicht gezweifelt werden. Derartige Erwägungen können jedoch mit Blick auf das strafrechtliche Analogieverbot (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG) nicht ausschlaggebend sein. Im Mittelpunkt muss daher die Wortbedeutung stehen. Bekannt ist einer Person eine Tatsache, von der sie Kenntnis hat. Man wird nicht bezweifeln können, dass ein Staatsanwalt Kenntnis von einem durch ihn selbst festgelegten Durchsuchungstermin hat. Dieser Termin ist ihm also bekannt. Da ihm der Termin jedoch nicht bereits seit seiner Geburt bekannt ist, muss der Termin ihm irgendwann (nämlich zum Zeitpunkt der Festlegung) bekannt geworden sein. Hieraus erhellt, dass der Begriff des Bekanntwerdens keinerlei Aussage darüber enthält, ob die Kenntnis durch Eindrücke von außen oder durch eigenes Erschaffen herbeigeführt wurde. d) Unbefugtes Offenbaren § 353b Abs. 1 StGB fordert, dass der Täter das Geheimnis unbefugt offenbart hat. Offenbaren heißt, dem Empfänger der Erklärung ein Wissen zu vermitteln, das diesem bisher noch verborgen ist oder von dem dieser jedenfalls noch keine sichere Kenntnis hat.96 Es genügt, wenn die geheime Information auch nur einer einzigen Person mitgeteilt wird.97 Auch ohne ausdrückliche Mitteilung kann ein Geheimnis beispielsweise dadurch offenbart werden, dass der Täter einem anderen Einblick in vertrauliche Akten gewährt.98 Vorkenntnis schließt die Möglichkeit einer Offenbarung aus,99 nicht hingegen dann, wenn die bisherigen Kenntnisse noch unsicher erschienen und durch die Mitteilung erst bestätigt werden.100 In den Fällen einer Veröffentlichung (zum Beispiel in einer Zeitung oder im Internet) oder einer sonstigen öffentlichen Bekanntmachung101 muss nicht gesondert festgestellt werden, ob tatsächlich jemand von der Tatsache Kenntnis genommen hat.102 95

LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 15. BGH, Urt. v. 09.02.1977 – 3 StR 498/76, BGHSt 27, 120 (121), der jedoch einschränkend auf die Sicht des Offenbarenden abstellt. 97 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 32. 98 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 33. 99 BGH, Urt. v. 10.08.1995 – IX ZR 220/94, NJW 1995, 2915 (2916); NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 19; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 8; es bleibt die Möglichkeit des Versuchs; a. A. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 21, der ein Offenbaren nur dann ausschließen will, wenn der Täter davon ausgeht, dass dem Adressaten das Geheimnis schon bekannt ist; auch BGH, Urt. v. 09.02.1977 – 3 StR 498/76, BGHSt 27, 120 (121), stellt einschränkend auf die Sicht des Offenbarenden ab. 100 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 34. 101 Fischer, § 353b, Rn. 9. 102 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 20; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 32. 96

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Die Offenbarung muss unbefugt geschehen sein. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur bezeichnet „unbefugt“ lediglich das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit. Es habe daher keine eigenständige Bedeutung.103 Vorzugswürdig erscheint es jedoch, das Merkmal als echtes Tatbestandsmerkmal zu begreifen.104 So sind zum Beispiel die nach § 67 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BBG105 von der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht ausgenommenen Mitteilungen im dienstlichen Verkehr nicht erst gerechtfertigt, sondern schon nicht tatbestandsmäßig.106 Gibt zum Beispiel das Bundeskriminalamt vertrauliche Informationen an den vorgesetzten Bundesminister des Innern weiter, so ist dies keine amtspflichtwidrige Handlung.107 Gleiches gilt, soweit auf gleicher Ebene mehrere Bedienstete oder mehrere Behörden zur Erfüllung einer gemeinsamen Aufgabe zusammenarbeiten.108 Die Informationsweitergabe erfolgt hier befugt und stellt deswegen keine rechtfertigungsbedürftige Tat dar. Die Anknüpfung an das Merkmal „unbefugt“ ermöglicht daher eine klare Verortung tatbestandslosen Handelns, ohne die an sich klare Bedeutung des Wortes „offenbaren“ künstlich einschränken zu müssen.109 Insbesondere schließen nach den Beamtengesetzen erforderliche Aussagegenehmigungen des Dienstvorgesetzten bereits die Unbefugtheit und damit den Tatbestand aus.110 Beamtinnen und Beamte dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt der Dienstvorgesetzte (§ 67 Abs. 3 BBG, § 37 Abs. 3 BeamtStG). Die herrschende Meinung sieht in einer solchen Genehmigung einen Rechtfertigungsgrund.111 Diese Auffassung ist aber nicht überzeugend: Der Verwaltungsakt der Genehmigung hebt die Verschwiegenheitspflicht auf.112 Insbesondere vor Gericht ist der Beamte bei Vorliegen der Genehmigung, wie jeder andere Zeuge auch (§ 48 Abs. 1 S. 2 StPO), zur Aussage verpflichtet.113 Dass er hier trotzdem nur gerechtfertigt sein soll, ist nicht nachvollzieh103

Fischer, § 353b, Rn. 12; Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 13; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 29; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 21. 104 So auch NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 20. 105 Das gleiche gilt für die Beamten der Länder gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BeamtStG. 106 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 21; ähnlich MüKo-Graf, § 353b, Rn. 35, der allerdings von einer doppelfunktionellen Bedeutung ausgeht, weil er „unbefugt“ gleichzeitig als Hinweis auf die stets erforderliche Rechtswidrigkeit versteht. 107 BGH, Urt. v. 25.09.1980 – III ZR 74/78, NJW 1981, 676 (677). 108 Vgl. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 22. 109 So aber LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 22; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 8; offenbar auch Fischer, § 353b, Rn. 9. 110 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 46; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 21. 111 Fischer, § 353b, Rn. 12; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 30 f.; Satzger/Schmitt/ Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 11; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 21. 112 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 21. 113 Diese Pflicht besteht im Übrigen sogar dann, wenn sich – bei fehlender Aussagegenehmigung – der Zeuge durch die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen nach § 353b

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bar.114 Rechtsgut des § 353b StGB ist die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, welches bei Vorliegen einer Aussagegenehmigung schon tatbestandlich nicht angegriffen wird.115 Im Übrigen kommt es nur auf die verwaltungsrechtliche Wirksamkeit, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung an.116 2. § 353b Abs. 2 StGB Nach § 353b Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zur deren Geheimhaltung er verpflichtet ist, an einen anderen gelangen lässt oder öffentlich bekannt macht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Zur Geheimhaltung muss der Täter dabei entweder auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse (Nr. 1) oder von einer anderen amtlichen Stelle förmlich unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht (Nr. 2) verpflichtet sein. Aus der Wendung „abgesehen von den Fällen des Absatzes 1“ ergibt sich, dass Absatz 2 nur dann eingreift, wenn der Täter nicht als Geheimnisträger nach Absatz 1 erfasst ist.117 a) Täterkreis Der Täterkreis des § 353b Abs. 2 StGB hängt im Gegensatz zu dem des ersten Absatzes nicht mit der Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger zusammen, sondern beruht auf einer durch förmliche Verpflichtung erfolgten Geheimhaltungspflicht.118 Absatz 2 erfasst daher einen von Absatz 1 zu unterscheidenden Personenkreis, der – je nach der Zahl der verpflichteten Personen – sowohl weiter als auch enger sein kann. aa) Von einem Gesetzgebungsorgan zur Geheimhaltung Verpflichteter Von § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB wird zunächst jeder erfasst, der auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse zur Geheimhaltung eines Gegenstands oder einer Nachricht verpflichtet ist. So können beispielsweise Bundestagsausschüsse nach § 69 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Bundestags in Verbindung mit § 7 Abs. 1 S. 1 der Geheimschutzordnung des Bundestags (Anlage 3 der Geschäftsordnung) für einen Beratungsgegenstand StGB strafbar machen kann. § 55 StPO gilt hier nicht, BGH, Urt. v. 15.12.2005 – 3 StR 281/04, NJW 2006, 785. 114 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 46. 115 Vgl. MüKo-Graf, § 353b, Rn. 46; zum Rechtsgut des § 353b StGB vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (200). 116 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 22; a. A. Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 21. 117 Vgl. MüKo-Graf, § 353b, Rn. 56. 118 Vgl. MüKo-Graf, § 353b, Rn. 55.

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oder für Teile desselben einen Geheimhaltungsgrad beschließen. Für die Beratung einer Verschlusssache119 der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher120 muss ein Einstufungsbeschluss herbeigeführt werden (§ 7 Abs. 1 S. 2 der Geheimschutzordnung). Bei dem nach § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB erforderlichen Beschluss muss es sich nicht um einen individuell adressierten Verpflichtungsakt handeln. Er kann auch sachbezogen an einen bestimmten Beratungsgegenstand anknüpfen.121 Der Beschluss selbst muss aber die Geheimhaltung oder Vertraulichkeit122 vorsehen. Daran fehlt es zum Beispiel bei einem Beschluss des Bundesrates über den Ausschluss der Öffentlichkeit, weil dieser Beschluss keine Verpflichtung zur Geheimhaltung darstellt. Die Vertraulichkeit der Verhandlungen in nichtöffentlicher Sitzung wird lediglich durch § 17 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates angeordnet.123

119 Verschlusssachen sind nach § 1 Abs. 2 der Geheimschutzordnung des Bundestags Angelegenheiten aller Art, die durch besondere Sicherheitsmaßnahmen gegen die Kenntnis durch Unbefugte geschützt werden müssen. Nach Absatz 3 können Verschlusssachen alle Formen der Darstellung von Kenntnissen und Erkenntnissen sein. Zwischenmaterialien (z. B. Vorentwürfe, Aufzeichnungen auf Tonträger, Stenogramme, Kohlepapier, Schablonen, Fehldrucke oder auch Löschpapier) sind danach wie Verschlusssachen zu behandeln. 120 Verschlusssachen werden je nach dem Schutz, dessen sie bedürfen, in verschiedene Geheimhaltungsgrade eingestuft. Diese ergeben sich aus § 2 der Geheimschutzordnung des Bundestags: Als STRENG GEHEIM werden Verschlusssachen eingestuft, deren Kenntnis durch Unbefugte den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden würde. Als GEHEIM werden Verschlusssachen eingestuft, deren Kenntnis durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden, ihren Interessen oder ihrem Ansehen schweren Schaden zufügen oder für einen fremden Staat von großem Vorteil sein würde. Als VS-VERTRAULICH werden Verschlusssachen eingestuft, deren Kenntnis durch Unbefugte den Interessen oder dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder abträglich oder für einen fremden Staat von Vorteil sein könnte. Verschlusssachen, die lediglich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, erhalten den Geheimhaltungsgrad VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH. Nach § 2a Abs. 1 GeheimschutzVO können auch wichtige Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs-, Steuer- oder sonstige private Geheimnisse oder Umstände des persönlichen Lebensbereichs als GEHEIM eingestuft werden, wenn deren Kenntnis durch Unbefugte dem Berechtigten schweren Schaden zufügen würde. § 2a Abs. 2 GeheimschutzVO ermöglicht eine Einstufung dieser Geheimnisse als VERTRAULICH, wenn deren Kenntnis durch Unbefugte dem Interesse des Berechtigten abträglich sein könnte. 121 Fischer, § 353b, Rn. 14; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 44; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 14. 122 Auf die Unterscheidung dieser Begrifflichkeiten kommt es für § 353b Abs. 2 StGB nicht an; vgl. NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 44; vgl. auch Lüttger, JZ 1969, 578 (584), noch zu § 353c Abs. 2 StGB a. F., der durch das 17. StrÄndG v. 21.12.1979 (BGBl. 1979 I, S. 2324) ohne Veränderung mit § 353b StGB vereinigt wurde. 123 Lüttger, JZ 1969, 578 (584); MüKo-Graf, § 353b, Rn. 59.

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Geheimhaltungsbeschlüsse, die auf einer parlamentarischen Geschäftsordnung beruhen, gelten nur für die Mitglieder des Parlaments.124 Dies folgt daraus, dass die Parlamentsgeschäftsordnungen autonome Satzungen sind und ihre Bestimmungen nur die jeweiligen Mitglieder binden.125 Der Geheimhaltungsbeschluss muss sich nach § 353b Abs. 2 StGB auf bestimmte Gegenstände oder Nachrichten beziehen, die allerdings auch unter einer Sammelbezeichnung zusammengefasst sein können, wenn sie sich noch nicht hinreichend konkretisieren lassen.126 bb) Von einer anderen amtlichen Stelle zur Geheimhaltung Verpflichteter Von § 353b Abs. 2 Nr. 2 StGB wird sodann jeder erfasst, der von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich zur Geheimhaltung eines Gegenstands oder einer Nachricht verpflichtet ist. Diese Vorschrift ermöglicht eine erhebliche Erweiterung des Täterkreises, weil einziger Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit die Verpflichtung ist.127 Die Verpflichtung muss von einer amtlichen Stelle vorgenommen werden. Amtliche Stellen sind Dienststellen, die einen fest umrissenen Kreis staatlicher Aufgaben erfüllen, unabhängig davon, ob sie der Legislative, Exekutive oder Judikative angehören.128 Verpflichtungen durch Privatpersonen genügen auch dann nicht, wenn diese aufgrund einer Ermächtigung oder Veranlassung einer staatlichen Stelle erfolgt sind.129 Die Verpflichtung muss förmlich unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht erfolgen. Schriftform und Beurkundung werden von § 353b Abs. 2 Nr. 2 StGB zwar nicht gefordert;130 angesichts der möglichen strafrechtlichen Konsequenzen sollte dem Verpflichteten aber jedenfalls durch die Anfertigung einer Niederschrift die besondere Bedeutung der Verpflichtung vor Augen geführt werden, wie es beispielsweise § 1 Abs. 3 VerplfG vorsieht.131 Vertragliche

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LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 45; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 60; ausführlich Lüttger, JZ 1969, 578 (584 f.); kritisch NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 44. 125 BVerfG, Urt. v. 06.03.1952 – 2 BvE 1/51, BVerfGE 1, 144 (148) für die Geschäftsordnung des Bundestags; vgl. auch Jarass/Pieroth, Art. 40, Rn. 5. 126 BT-Drs. 8/3067, S. 8; vgl. auch Fischer, § 353b, Rn. 13; Lüttger, JZ 1969, 578 (583). 127 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 46. 128 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 47; Möhrenschläger, JZ 1980, 161 (165, Fn. 34); MüKo-Graf, § 353b, Rn. 61; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 45. 129 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 48; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 61; Schönke/SchröderPerron, § 353b, Rn. 15. 130 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 63; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 45 f.; a. A. Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 5; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 15. 131 Lüttger, JZ 1969, 578 (583); a. A. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 49, der auch eine Verpflichtung durch Handschlag für möglich hält; anders wiederum BT-Drs. 7/550, S. 365 f., wonach ein Handschlag zwar in Bezug auf eine Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung der Obliegenheiten „wenig geeignet [sei], die Bedeutung der Verpflichtung zu unterstreichen“,

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Geheimhaltungs- oder Verschwiegenheitsabreden können dagegen ebenso wenig ausreichen wie bloße Belehrungen über eine Schweigepflicht.132 Auch eine Verpflichtung durch militärischen Befehl stellt keine förmliche Verpflichtung im Sinne der Vorschrift dar.133 Für Gerichtsverhandlungen unter Ausschließung der Öffentlichkeit bietet § 174 Abs. 3 S. 1 GVG eine Rechtsgrundlage zur Geheimhaltungsverpflichtung.134 Auch im Rahmen des § 353b Abs. 2 Nr. 2 StGB muss sich die Verpflichtung auf bestimmte Gegenstände oder Nachrichten beziehen. Das bedeutet, dass eine Verpflichtung zur Geheimhaltung von allem, was der Verpflichtete im Rahmen seiner Tätigkeit erfährt, ebenso wenig für eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift ausreicht135 wie eine Verpflichtung zur gewissenhaften Erfüllung der Obliegenheiten nach dem Verpflichtungsgesetz.136 b) Gegenstand oder Nachricht Die Tatobjekte des § 353b Abs. 2 StGB sind Gegenstände und Nachrichten. Gegenstände sind körperliche Sachen, insbesondere Schriften, Zeichnungen oder Modelle.137 Nachrichten sind Mitteilungen schriftlicher oder mündlicher Art über irgendwelche Vorgänge oder Zustände.138 Die Gegenstände und Nachrichten müssen nicht geheimhaltungsbedürftig sein. Entscheidend ist lediglich die förmliche Verpflichtung zur Geheimhaltung.139 Auch wenn die Informationen nach Absatz 2 daher keine Geheimnisse im Sinne des Absatzes 1 sein müssen, so ist dennoch keinerlei Geheimhaltungsinteresse mehr vorstellbar, wenn die fraglichen Informationen allgeandererseits aber die Verpflichtung zur Geheimhaltung „nur eine Verpflichtung besonderer Art“ sei, die auch ohne Wahrung der in § 1 Abs. 2 VerpflG vorgeschriebenen Form wirksam sei. 132 Lüttger, JZ 1969, 578 (582 f.); vgl. BT-Drs. 8/3067, S. 8. 133 Fischer, § 353b, Rn. 6; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 48; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 62. 134 Bei Offenbarung nichtöffentlich verhandelter Tatsachen kommt Tateinheit zwischen § 353b Abs. 2 Nr. 2 und § 353d Nr. 2 StGB in Betracht, wenn wichtige öffentliche Interessen gefährdet werden, vgl. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 50. 135 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 65; einschränkend LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 48. 136 Fischer, § 353b, Rn. 6; diese Verpflichtung nach dem Verpflichtungsgesetz macht aus dem Verpflichteten aber einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gemäß § 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB. 137 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 67; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 12. 138 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 53; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 68; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 43; a. A. Fischer, § 353b, Rn. 11; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 12: nur mündliche Mitteilungen. 139 Fischer, § 353b, Rn. 11; allerdings wird es bei der Offenbarung nicht geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen regelmäßig an einer Gefährdung öffentlicher Interessen fehlen, vgl. MüKo-Graf, § 353b, Rn. 65; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 43; a. A. Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 16, der nach seiner Auffassung folgerichtig auch insoweit fordert, dass sich der geheim zu haltende Gegenstand usw. auf ein wichtiges öffentliches Interesse beziehen muss.

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mein zugänglich sind. Offenkundige Tatsachen werden daher auch von § 353b Abs. 2 StGB nicht geschützt. c) Unbefugtes Gelangenlassen oder Bekanntmachen Um sich nach § 353b Abs. 2 StGB strafbar zu machen, muss der Täter die Gegenstände oder Nachrichten an einen anderen gelangen lassen oder öffentlich bekannt machen. Das Gelangenlassen umfasst jedes Tun oder Unterlassen, durch das der Täter der anderen Person die Möglichkeit verschafft, von dem Gegenstand oder der Nachricht Kenntnis zu nehmen. An körperlichen Gegenständen muss die andere Person Gewahrsam erlangen. Nicht verkörperte Nachrichten muss der Unbefugte jedenfalls in groben Zügen geistig erfassen.140 Öffentlich bekannt gemacht werden Gegenstände und Nachrichten, wenn sie einer unbestimmten Zahl oder einem nicht durch persönliche Beziehungen verbundenen Kreis von Personen zugänglich gemacht werden.141 Dies kann beispielsweise durch Veröffentlichung in den Massenmedien oder im Internet oder durch Ausstellung des Gegenstands geschehen. Das Tatbestandsmerkmal „unbefugt“ ist wie in Absatz 1 zu verstehen.142 3. Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen Dienstgeheimnisse sind nicht um ihrer selbst willen unter strafrechtlichen Schutz gestellt:143 Um sich nach § 353b Abs. 1 oder Abs. 2 StGB strafbar zu machen, muss der Täter durch die Offenbarung des Geheimnisses wichtige öffentliche Interessen gefährden. Während nach Absatz 2 ausschließlich die vorsätzliche Gefährdung strafbar ist, genügt im Rahmen des Absatzes 1 gemäß § 353b Abs. 1 S. 2 StGB neben Vorsatz auch Fahrlässigkeit. .

a) Wichtige öffentliche Interessen aa) Annäherung an den Begriff Den schillernden Begriff der öffentlichen Interessen verwendet das Strafgesetzbuch in verschiedenen Zusammenhängen, in der Kombination als „wichtige öffent140 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 19; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 70; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 47. 141 Fischer, § 353b, Rn. 17; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 20; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 71; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 47. 142 Vgl. oben C. I. 1. d). 143 Schon von Beling, DJZ 1918, 457 (458), stellte fest: „Geheimnisse als solche schlechtweg kann die Rechtsordnung nicht als Schutzobjekt behandeln. Von vornherein ist nicht einzusehen, wieso die Rechtsordnung den Wissensdrang und den Drang, Anderen das eigene Wissen zu vermitteln, grundsätzlich missbilligen sollte. Die Geheimstellung von Tatsachen muss ihre besonderen Gründe haben.“

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lichen Interessen“ allerdings nur in § 353b.144 Hier sind die öffentlichen Interessen Bezugspunkt einer Gefährdung, das heißt ihre Gefährdung bewirkt die Überschreitung der Schwelle der Strafbarkeit. Sie sind daher neben dem Geheimnis selbst Schutzobjekt des § 353b StGB.145 Abzugrenzen hiervon ist der Begriff des „besonderen öffentlichen Interesses“ an der Strafverfolgung, wie man ihn in zahlreichen Strafantragsvorschriften findet.146 Diese Vorschriften betreffen nicht die materiell-rechtliche Strafbarkeit, sondern bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die jeweiligen Delikte zu Offizialdelikten werden. Während im Rahmen des § 353b StGB der Inhalt des jeweiligen Geheimnisses den Begriff der wichtigen öffentlichen Interessen prägt, spielen dort dementsprechend insbesondere Aspekte wie einschlägige Vorstrafen, rohes oder besonders leichtfertiges Vorgehen des Täters sowie erhebliche Verletzungen oder Folgeschäden des Opfers eine Rolle.147 Auch der Begriff der Wahrnehmung „überragender öffentlicher Interessen“ in § 201 Abs. 2 S. 3 StGB kann zur weiteren Konkretisierung nichts beitragen. Nach dieser Vorschrift ist eine öffentliche Mitteilung des aufgenommenen oder abgehörten nichtöffentlich gesprochenen Wortes dann nicht rechtswidrig, wenn die Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird. Dort geht es also um die Rechtfertigung an sich strafwürdigen Verhaltens: Die überragenden öffentlichen Interessen sind solche, die die Offenbarung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes erlauben. Die „wichtigen öffentlichen Interessen“ im Sinne des § 353b StGB verlangen dagegen – kehrseitig – gerade die Geheimhaltung. Diese gegensätzliche Funktion schlägt dabei auf die inhaltliche Bestimmung durch. Während die „überragenden öffentlichen Interessen“ die Konkretisierung eines aus der Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5 GG abgeleiteten Rechtfertigungsgrundes darstellen,148 stehen hinter dem Tatbestandsmerkmal der „wichtigen öffentlichen Interessen“ staatliche Geheimhaltungsinteressen. Was nun wichtige öffentliche Interessen im Sinne des § 353b StGB im Einzelnen sind, lässt sich abstrakt kaum bestimmen. Aus der Wortbedeutung ergibt sich zunächst das nahe liegende Zwischenergebnis, dass weder die Gefährdung privater Interessen noch die Gefährdung solcher öffentlicher Interessen, die nicht von besonde-

144 In der Strafprozessordnung findet sich in den §§ 153c Abs. 3, 4 und 153d Abs. 1 der Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“. 145 Vgl. Brischke, S. 27, der die wichtigen öffentlichen Interessen als das eigentlich geschützte Rechtsgut ansieht. 146 §§ 182 Abs. 5, 183 Abs. 2, 205 Abs. 1, 230 Abs. 1, 235 Abs. 7, 238 Abs. 4, 248a, 301 Abs. 1, 303c StGB. 147 Vgl. hierzu Nr. 234 Abs. 1 der Richtlinien zum Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV), die das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nach § 230 Abs. 1 StGB konkretisiert; vgl. in diesem Zusammenhang auch MüKo-Hardtung, § 230, Rn. 25 ff. 148 BT-Drs. 11/6714, S. 4; BT-Drs. 11/7414, S. 4; vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 (137 ff.); MüKo-Graf, § 201, Rn. 52.

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rer Wichtigkeit sind, für eine Erfüllung des Tatbestandes genügen.149 Erwähnenswert ist der Versuch von Brischke, dem unbestimmten150 Rechtsbegriff Konturen zu geben.151 Allerdings betont er gleich auf den ersten Seiten seiner Untersuchung – das spätere Ergebnis damit bereits vorwegnehmend – die Notwendigkeit einer flexiblen Handhabung und zieht eine Parallele zu den Begriffen „öffentliche Ordnung“ und „gute Sitten“.152 Brischke überprüft seine Thesen an den bestehenden Fallgruppen und erkennt diese damit als eigentlichen Gradmesser an.153 Die Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs lässt sich somit bisher nur anhand fallbezogener Rechtsprechung konkretisieren.154 Allerdings ist noch zu untersuchen, inwieweit das Informationszugangsrecht in dieser Hinsicht Konkretisierungspotential bietet.155 bb) Beispiele aus der Rechtsprechung Unter anderem folgende öffentliche Interessen sind in der Vergangenheit von der Rechtsprechung für wichtig im Sinne des § 353b StGB erachtet worden: die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland,156 die effektive Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit ausländischen Nachrichtendiensten,157 der ordnungsgemäße Gang eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, unabhängig von dessen Erfolgsaussichten,158 der tatsächliche Wettbewerb zwischen Bewerbern um staatliche Ausschreibungen,159 die Sicherung der Hauptverhandlung durch den Erlass und die Vollstreckung eines Haftbefehls,160 die Durchführung staatlicher Prüfungen, von deren erfolgreichem Abschluss eine staatliche Anstellung ab-

149 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 24, versucht es daher mit der Definition „alle öffentlichen Belange von einigem Rang“; vgl. auch NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 35; Schönke/ Schröder-Perron, § 353b, Rn. 9. 150 Vgl. von Beling, DJZ 1918, 457 (459), der, egal ob man nun den „Rechtsfrieden“ oder die „Staatssicherheit“ als Schutzobjekt einsetzen würde, ein solches Geheimschutzgesetz für ein „wahres Kautschukgesetz“ hielt. 151 Brischke, S. 58 ff. 152 Brischke, S. 18. 153 Brischke, S. 124 ff. 154 BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (200), verweist mit Blick auf die Bestimmtheit der Norm auf eine langjährige, hinreichende Präzisierung durch die Rechtsprechung. 155 Vgl. zu einer möglichen Begrenzung des Begriffs unten C. I. 4. e). 156 BGH, Urt. v. 30.01.1957 – 2 StE 18/56, BGHSt 10, 108 (109). 157 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (382). 158 BGH, Urt. v. 22.05.1957 – 3 StR 11/57, BGHSt 10, 276 (277): „Ob Ermittlungen, auf die sich der Geheimnisbruch bezieht, zum Erfolge führen können oder nicht, ist im Zeitpunkt der Tat immer ungewiss.“ 159 BGH, Urt. v. 02.03.1989 – 2 StR 705/88, NJW 1989, 1938. 160 OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.08.1980 – 1 Ss 366/80, veröffentlicht bei juris.

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hängig ist,161 die Effektivität der polizeilichen Strategie, das Milieu organisierter Kriminalität durch unangekündigte Kontrollen zu verunsichern.162 Die Gefährdung dieser wichtigen öffentlichen Interessen ist die Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestands des § 353b StGB. Ohne selbst Bestandteil des Geheimnisbegriffs zu sein,163 lassen sich in ihnen dennoch gesetzgeberische Motive für die Geheimhaltung der jeweiligen Tatsachen erkennen: Detaillierte Angaben über die Qualifikation von in Führungsstellen des Bundesgrenzschutzes verwendeten Personen sind danach geheim zu halten, um nicht die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.164 Bei öffentlichen Ausschreibungen ist die von der Behörde vorab berechnete Vorkalkulationssumme und die Liste der zur Bewerbung zugelassenen Firmen geheim zu halten, damit sich die Bewerber nicht absprechen können, sondern tatsächlich ein Wettbewerb stattfindet.165 Der Erlass eines Haftbefehls ist vor dem Beschuldigten geheim zu halten, damit dieser sich nicht der Verhaftung entziehen kann.166 cc) Mittelbar gefährdete Interessen Daneben wird allerdings von der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur auch ein solches öffentliches Interesse als wichtig im Sinne des § 353b StGB anerkannt, das mit dem Grund der Geheimhaltung gar nichts zu tun hat. Für dieses Interesse wurden in der Rechtsprechung verschiedene Begriffe benutzt: das Ansehen der Behörde und das Vertrauen auf die behördliche Tätigkeit,167 der Anspruch der Bevölkerung auf eine funktionierende Verwaltung, die private Daten nur bei berechtigten Anliegen weitergibt,168 das Vertrauen der Bevölkerung in die Unparteilichkeit der Schulverwaltung,169 das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verschwiegenheit der deutschen Auslandsvertretungen bei der Erledigung von Passangelegenheiten und auf das rechte Maßhalten bei der Reaktion auf im Ton unpassende Eingaben deutscher Staatsangehöriger im Ausland im Allgemeinen,170 das Vertrauen der Öffentlichkeit in 161 RG, Urt. v. 04.03.1940 – 2 D 31/40, RGSt 74, 110 ff.; demgegenüber liegt kein wichtiges öffentliches Interesse darin, dass nur solche Schüler in einer weiterführenden Schule aufgenommen werden, die bei der Aufnahmeprüfung tatsächlich die für diese Schule erforderlichen Kenntnisse besitzen, weil ihre Eignung im weiteren Verlauf der Schulzeit neu beurteilt werden kann, BGH, Urt. v. 19.06.1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401 (403). 162 BGH, Urt. v. 23.03.2001 – 2 StR 488/00, BGHSt 46, 339 (343 f.). 163 Vgl. oben C. I. 1. b) aa). 164 Vgl. BGH, Urt. v. 30.01.1957 – 2 StE 18/56, BGHSt 10, 108 (109). 165 Vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1989 – 2 StR 705/88, NJW 1989, 1938. 166 Vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.08.1980 – 1 Ss 366/80, veröffentlicht bei juris. 167 Schon RG, DStR 1938, 321, zitiert bei Schumann, NStZ 1985, 170 (171); OLG Köln, Urt. v. 30.06.1987 – Ss 234/87, NJW 1988, 2489 (2490 f.). 168 OLG Zweibrücken, Urt. v. 11.05.1990 – 1 Ss 63/90, NStZ 1990, 495 (496). 169 BGH, Urt. v. 19.06.1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401 (404). 170 OLG Köln, Beschl. v. 15.09.1972 – Zs 236/72, GA 1973, 57 (58).

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die Integrität des Datenschutzbeauftragten,171 des Bundesgrenzschutzes172 und der Polizei173 sowie schließlich, am umfassendsten formuliert, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität, Verlässlichkeit und Verschwiegenheit der Verwaltung.174 Zusammenfassend lässt sich dieses von der Rechtsprechung identifizierte öffentliche Interesse definieren als das Vertrauen der Bevölkerung in die Fähigkeit des Staates, geheimhaltungsbedürftige Informationen auch tatsächlich geheim zu halten. Für seine Gefährdung genügt schon das Bekanntwerden eines Geheimnisbruchs – ohne Rücksicht auf den Inhalt des Geheimnisses oder den Grund der Geheimhaltung. Die Gefährdung tritt also nicht unmittelbar durch den Geheimnisverrat selbst ein, sondern erst dadurch, dass der Geheimnisverrat in der Öffentlichkeit bekannt wird. Man spricht daher in diesem Zusammenhang von einer mittelbaren Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen. Ob im Einzelfall tatsächlich eine entsprechende Vertrauensgefährdung eingetreten ist, lässt sich wiederum nur durch entsprechende Reaktionen der Öffentlichkeit, etwa in Form von Unmutsbekundungen, feststellen. Teilweise fordert die Rechtsprechung dabei die Feststellung einer tatsächlichen Erschütterung des öffentlichen Vertrauens, aus der dann eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen gefolgert wird;175 teilweise soll schon – in der Logik der mittelbaren Gefährdung konsequent – die Gefahr einer solchen Erschütterung ausreichen.176 Zur Begründung dieser Konstruktion betont die Rechtsprechung, es mache keinen Unterschied für den äußeren Tatbestand, ob die in § 353b StGB vorausgesetzte Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen die unmittelbare oder mittelbare Folge des Geheimnisbruchs sei. Der Schutzzweck der Norm, nämlich die Aufrechterhaltung und das einwandfreie Funktionieren einer geordneten Verwaltung, auf die kein Staat verzichten könne,177 sei in beiden Fällen betroffen. Die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Gefährdungen könne nur bei der Prüfung der inneren Tatseite bedeut171

BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (132). BGH, Urt. v. 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 (598). 173 LG Bad Kreuznach, Urt. v. 24.04.1990 – 3 Js 9758/87 Ls Ns, CR 1991, 37 (38). 174 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569); OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.1982 – 2 Ss 347/82-109/82 III, NStZ 1985, 169 (170); OLG Hamm, Beschl. v. 31.01.2000 – 2 Ws 282/99, NJW 2000, 1278 (1280); LG Bremen, Beschl. v. 07.10.1996 – 14 Qs 385/96, AfP 1997, 561 (563); LG Ulm, Beschl. v. 17.12.1999 – I Qs 1136-1137/99, NJW 2000, 822 (823). 175 Vgl. OLG Köln, Urt. v. 30.06.1987 – Ss 234/87, NJW 1988, 2489 (2490 f.), das sich von der Vorinstanz Ausführungen zu „Reaktionen in der seriösen Presse, zahlreiche schriftliche oder mündliche Proteste aus der Bevölkerung etc.“ gewünscht hätte. 176 Vgl. BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569); OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.1982 – 2 Ss 347/82-109/82 III, NStZ 1985, 169 (170). 177 BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (200); so auch LKTräger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 2; in diese Richtung wohl auch Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 1; das Vertrauen der Bevölkerung in die Verschwiegenheit der Verwaltung als Schutzgut der Norm betrachtend: Fischer, § 353b, Rn. 1; Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 1; Laufhütte, GA 1974, 52 (58); nach wiederum anderer Ansicht sind ausschließlich die Geheimnisse selbst geschützt, so Kindhäuser, § 353b, Rn. 1; Maiwald, JuS 1977, 353 (360); NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 6. 172

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sam werden.178 In der Literatur haben sich nur einzelne Stimmen dieser Rechtsprechung angeschlossen. Träger geht davon aus, dass ohne ein solches Vertrauensverhältnis die Grundlage für die Resonanz und Anerkennung fehle, auf die jede behördliche Tätigkeit, soll sie in ihrer Ordnung auf Dauer Bestand haben, angewiesen sei.179 Auch Fischer und Graf halten eine bloß mittelbare Gefährdung für ausreichend.180 Nun liegt es allerdings in der Natur der Sache, dass ein Geheimnisbruch zunächst das Vertrauen in die Verschwiegenheit der Verwaltung beeinträchtigt. So verstanden büßt das Merkmal der wichtigen öffentlichen Interessen daher jede tatbestandsbegrenzende Wirkung ein. Auch die Rechtsprechung hat erkannt, dass dies vom Gesetzgeber181 nicht gewollt sein kann.182 Der Bundesgerichtshof hat daher versucht, Vorgaben zur Einschränkung der Fallgruppe mittelbarer Gefährdungen zu machen. So müssten immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. Wie sich schon aus dem Adjektiv „wichtig“ ergebe, sollten nur solche Verletzungen eines Dienstgeheimnisses pönalisiert werden, durch deren Preisgabe die Aufgabenerfüllung der Behörde ernstlich beeinträchtigt sei. Im Rahmen einer Gesamtabwägung seien Inhalt und Umfang der geheimhaltungsbedürftigen Daten, deren in Aussicht genommene Verwendung und die Person des Amtsträgers zu berücksichtigen.183 Hierauf aufbauend fordert der Bundesgerichtshof sodann, wie zuvor schon das Reichsgericht,184 eine Gesamtwürdigung im Einzelfall.185 Die Durchführung dieser

178

BGH, Urt. v. 19.06.1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401 (404). LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 26. 180 Fischer, § 353b, Rn. 13b; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 40. 181 Im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 353b StGB und zur Aufhebung des § 353c StGB a. F. durch das 17. StrÄndG v. 21.12.1979 (BGBl. 1979 I, S. 2324) schlug die Minderheit im Rechtsausschuss sogar vor, den Begriff der wichtigen öffentlichen Interessen durch „wichtige Interessen des Bundes oder eines Landes“ zu ersetzen; die Auslegung, dass auch mittelbare Gefährdungen vom Tatbestand erfasst seien, sei nicht mehr zeitgemäß. Die Ausschussmehrheit betonte dagegen, der Begriff der wichtigen öffentlichen Interessen sei durch die Rechtsprechung „ausreichend klar umrissen“, BT-Drs. 8/3313, S. 6. 182 Vgl. schon RG, DStR 1938, 321, zitiert bei Schumann, NStZ 1985, 170 (171): „Die Annahme, dass jede Offenbarung eines Dienstgeheimnisses das Ansehen der Behörde gefährdet, ist rechtsirrtümlich“; außerdem BGH, Urt. v. 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 (598); BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (132 f.). 183 BGH, Urt. v. 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 (598); nach Einführung dieser Kriterien verneinte der BGH eine mittelbare Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen: Der Angeklagte sei ein junger Berufsanfänger in untergeordneter Stellung. Bei den von ihm übermittelten Informationen handele es sich ausschließlich um personenbezogene Umstände, die keinem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden sollten. Bei solcher Zweckbestimmung führe auch die Preisgabe möglicherweise kompromittierender Daten grundsätzlich noch nicht zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen; vgl. auch BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569), das auf die Umstände des Geheimnisbruchs und die Motivlage des Täters abstellen will. 184 RG, DStR 1938, 321, zitiert bei Schumann, NStZ 1985, 170 (171), betont die Beachtung der Umstände des Einzelfalles wie z. B. die Schwere des Vertrauensbruchs. 185 Vgl. auch BVerfG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04, BVerfGE 115, 166 (202). 179

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Gesamtwürdigung sei hier am Beispiel einer späteren Entscheidung186 skizziert. Darin hielt der Bundesgerichtshof das Verhalten des sächsischen Datenschutzbeauftragten für zulässig, rechtswidrige innerdienstliche Datenschutzrechtsverstöße öffentlich zu machen: Der Datenschutzbeauftragte sei gerade zur Kontrolle der Gesetzestreue eines anderen Amtsträgers berufen. Daher könne es keine wichtigen öffentlichen Interessen gefährden, wenn dieser die Öffentlichkeit als Verbündeten gewinnen wolle, um auf ein gesetzmäßiges Verhalten hinzuwirken. Damit habe er selbst ein wichtiges öffentliches Interesse verfolgt, was einen Verlust des Vertrauens hinsichtlich der Integrität des Datenschutzbeauftragten in der Öffentlichkeit ausschließe.187 Der Datenschutzbeauftragte war somit nicht erst gerechtfertigt. Sein Handeln stellte schon tatbestandlich kein Unrecht dar. Trotz des in der konkreten Entscheidung richtigen Ergebnisses vermögen diese Einschränkungsversuche188 nicht zu überzeugen. Die Reaktion der Öffentlichkeit ist von vornherein kein taugliches Kriterium, welches in eine Gesamtabwägung einbezogen werden darf. Auf sie hat der Täter eines Geheimnisbruchs keinen Einfluss, sie ist ihm schon objektiv nicht zurechenbar. Das Maß öffentlicher Reaktion, das oftmals sehr eng mit der Intensität medialer Berichterstattung zusammenhängt, kann daher kein Gradmesser für die Strafbarkeit des Täters sein. Derartiges liegt vollkommen außerhalb seiner Einflusssphäre, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob er dies wollte, billigend in Kauf nahm oder fahrlässig verursachte.189 Die Ersetzung der Rechtsanwendung durch Demoskopie kann nicht hingenommen werden.190 Auch gesetzessystematische Argumente sprechen gegen die Zulässigkeit der Einbeziehung mittelbarer Gefährdungen. Im Bereich der Verletzung von Privatgeheimnissen durch Amtsträger kommt es zu nicht erklärbaren Strafrahmensprüngen. Da es für § 353b Abs. 1 StGB lediglich darauf ankommt, dass der Amtsträger das Geheimnis während seines Dienstes erfahren hat, umfasst der Schutz dieser Vorschrift auch Privatgeheimnisse.191 Insoweit überschneidet sich der Tatbestand mit dem des § 203 Abs. 2 StGB, welcher die Offenbarung „fremder Geheimnisse“ durch Amtsträger etc. unter Strafe stellt. § 353b Abs. 1 StGB fordert darüber hinausgehend dann die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen. Diese Gefährdung, verstanden als Erschütterung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Verschwiegenheit der Verwaltung, kann nun aber ebenso mit jeder Offenbarung im Sinne des § 203 Abs. 2 StGB einhergehen. Es ist daher nicht einzusehen, weshalb diese Tatfolge, auf die der Täter keinen Ein186

BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 ff. BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (132 f.). 188 Vgl. auch Fischer, § 353b, Rn. 13b, der einen engen Anwendungsbereich fordert: aus der Motivation (z. B. Korruption), der Form (z. B. öffentliche Mitteilung) oder dem Gegenstand der Tat (z. B. höchstpersönliche Daten; Umfang der Offenbarung) müsse sich eine ernsthafte Erschütterung des Vertrauen breiter Bevölkerungskreise in die Integrität der Staatsverwaltung ergeben. 189 So auch Behm, KJ 2002, 441 (445). 190 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 29. 191 Vgl. nur Fischer, § 353b, Rn. 7a. 187

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fluss mehr hat, im Rahmen des § 353b StGB den Strafrahmen um vier Jahre erhöhen soll (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre im Vergleich zu einem Jahr im Rahmen des § 203 Abs. 2 StGB).192 Zwar müssen die Bürger zweifellos darauf vertrauen dürfen, dass ihre privaten Daten in den Händen der Verwaltung sicher sind. Zu diesem Zweck wurde aber § 203 Abs. 2 StGB geschaffen, welcher diese Daten absolut, ohne das Erfordernis einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen schützt. § 353b StGB kommt bei der Offenbarung privater Geheimnisse dagegen in der Regel nicht zu Anwendung.193 Weiterhin spricht die von § 353b Abs. 1 S. 2 StGB angeordnete Möglichkeit einer fahrlässigen Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen gegen die Einbeziehung mittelbar gefährdeter Interessen. Denn bezüglich des Verlusts des Vertrauens der Bevölkerung in die Verschwiegenheit der Verwaltung könnte wohl immer zumindest bedingter Vorsatz angenommen werden.194 Die Fahrlässigkeitsvariante wäre hier also ohne Anwendungsbereich. Der Verlust des Vertrauens in die Integrität der Verwaltung kann im Übrigen die Folge sämtlicher Amtsdelikte sein. Dies stellt keine Besonderheit des § 353b StGB dar. Hat dieser Gesichtspunkt aber sonst an keiner Stelle Eingang in die Tatbestände der Amtsdelikte gefunden, ist nicht zu erklären, warum seine Berücksichtigung im Rahmen des § 353b StGB angezeigt sein sollte.195 Darüber hinaus liegt das allen Amtsdelikten gemeinsame Rechtsgut nicht in einem wie auch immer gearteten „Vertrauen der Allgemeinheit in die Reinheit der Amtsführung“,196 sondern in dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Staatsverwaltung.197 Diese Funktionsfähigkeit ist für die Ausübung der persönlichen Freiheit des Einzelnen von überragender Bedeu192 Vgl. Behm, StV 2002, 29 (31 ff.), der im Übrigen vermutet, dass die Figur der mittelbaren Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nicht existieren würde, wenn es zur Zeit ihrer Schaffung durch die Rechtsprechung (im Jahre 1938 durch ein Urteil des Reichsgerichts, RG, DStR 1938, 321) schon die Vorschrift des § 203 Abs. 2 StGB gegeben hätte; § 203 Abs. 2 StGB ist mit dem Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. 1974 I, S. 469) eingeführt worden; vgl. außerdem Hoyer, JR 2003, 513 (514); Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 6a, der aus diesen systematischen Ungereimtheiten aber die Konsequenz zieht, den Begriff des Geheimnisses einzuschränken; vgl. auch Perron, JZ 2002, 50 (51). 193 Anders OLG Zweibrücken, Urt. v. 11.05.1990 – 1 Ss 63/90, NStZ 1990, 495 (496): „Angesichts der verbreiteten Sorge vor missbräuchlicher Benutzung gespeicherter Daten ist die strikte Beachtung des Verbots der unbefugten Offenbarung dienstlich bekannt gewordener Tatsachen aus der Privatsphäre, die nicht als inhaltlich belanglose Verwaltungsdaten angesehen werden können, ein wichtiges öffentliches Interesse.“ 194 Vgl. Satzger/Schmitt/Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 10; umgekehrt argumentiert NKKuhlen, § 353b, Rn. 40: die Lehre von der mittelbaren Gefährdung lege die Einlassung nahe, man habe nicht mit einer Beunruhigung der Bevölkerung gerechnet oder diese nicht gebilligt. Dies sei besonders glaubhaft, wenn der Täter Erfolg versprechende Maßnahmen zur Verschleierung des Geheimnisbruchs getroffen habe. 195 So auch Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 6a. 196 Vgl. noch Düwel, S. 61; Engelhardt, S. 50. 197 BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (200); LK-Sowada, 12. Aufl., Vor § 331, Rn. 16.

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tung und bedarf – im Gegensatz zu einem hierauf gerichteten Vertrauen der Bevölkerung – strafrechtlichen Schutzes.198 Mit der überwiegenden Meinung in der Literatur199 und vereinzelter Rechtsprechung200 ist die Konstruktion der mittelbaren Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen daher abzulehnen. Selbst wenn man sich auf sie einließe, wäre schon mit Schumann davon auszugehen, dass die nach § 353b StGB erforderliche konkrete Interessengefährdung (zu ihr sogleich), also eine konkrete Gefährdung des Vertrauens der Allgemeinheit niemals eintreten kann. Ein einzelner Fall von Geheimnisverrat vermag es nicht, eine solch weitreichende Vertrauenseinbuße nach sich zu ziehen.201 Das nach Ansicht der Rechtsprechung geschützte Vertrauen kann nämlich nur ein „Systemvertrauen in das Wirksamwerden von Normen und Institutionen“ (so Schumann) sein.202 Niemand wird aber eine einzelne Dienstgeheimnisverletzung so verallgemeinern, als könne man sich in Zukunft auf die Verschwiegenheitspflicht der Verwaltung ernsthaft nicht mehr verlassen.203 Natürlich kann dienstliches Fehlverhalten im Einzelfall zu „heftigen Auseinandersetzungen innerhalb des Ortes“204 oder dazu führen, dass über dieses „in den Gaststätten dieser Gemeinden sowie auch im Spar-Geschäft Baumholder an der Kaffeetheke“205 gesprochen wird. Auch wird sich regelmäßig die fatalistische Meinung finden lassen, die „Polizei könne offenbar machen, was sie wolle.“206 Diese Reaktionen sind nur verständlich und ein Zeichen dafür, dass die Öffentlichkeit weiterhin Wert auf die Einhaltung der Rechtsnormen legt. Der besonnene Bürger wird aber aufgrund eines Einzelfalls noch nicht die Sorge bekommen, dass er das nächste Opfer sein könnte.207 Gegenstand eines Strafprozesses wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses ist aber im Regelfall nur ein einzelner oder wenige gleich gelagerte Fälle, die für sich genommen nicht ausreichen, das Vertrauen der Gesellschaft in die Verwaltung zu erschüttern. Eine für § 353b StGB erforderliche konkrete Gefähr-

198

Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 310. Behm, StV 2002, 29 (32 f.); ders., AfP 2000, 421 (424 ff.); ders., KJ 2002, 441 (442 ff.); ders., NStZ 2001, 153 (154 f.); Bott, S. 231; Hoyer, JR 2003, 513 (514); LK-Vormbaum, 12. Aufl., § 353b, Rn. 26; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 28; Perron, JZ 2002, 50 ff.; Schönke/ Schröder-Perron, § 353b, Rn. 6 f.; Schumann, NStZ 1985, 170 (172). 200 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.05.1982 – 5 Ss 225/82-181/82 I, NJW 1982, 2883 (2884); LG Dresden, Beschl. v. 12.01.2007 – 4 KLs 340 Js 25898/05, unveröffentlicht, dem es insoweit an einem tatspezifischen Unmittelbarkeitszusammenhang fehlt. 201 Schumann, NStZ 1985, 170 (172). 202 Schumann, NStZ 1985, 170 (172). 203 Eine solche Präzedenzwirkung fordert auch Brischke, S. 150, ohne allerdings die Konsequenz zu ziehen, dass eine konkrete Vertrauensgefährdung damit letztlich nie eintreten wird. 204 BGH, Urt. v. 19.06.1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401 (404). 205 LG Bad Kreuznach, Urt. v. 24.04.1990 – 3 Js 9758/87 Ls Ns, CR 1991, 37 (38). 206 Vgl. wiederum LG Bad Kreuznach, Urt. v. 24.04.1990 – 3 Js 9758/87 Ls Ns, CR 1991, 37 (38). 207 Schumann, NStZ 1985, 170 (172); kritisch Behm, AfP 2000, 421 (424). 199

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dung erscheint daher bei derartiger Bestimmung der wichtigen öffentlichen Interessen nicht denkbar. b) Konkrete Gefährdung Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Verwaltung scheidet somit als wichtiges öffentliches Interesse aus. Daher ist stets eine unmittelbare Gefährdung erforderlich, um eine Strafbarkeit nach § 353b StGB auszulösen. Auf dieser Grundlage ermittelte geschützte Interessen müssen sodann aber auch konkret gefährdet sein. Dies entspricht allgemeiner Auffassung.208 Fraglich ist jedoch, welche Anforderungen an das Maß der Konkretheit zu stellen sind. aa) Allgemeine Anforderungen an die konkrete Gefährdung Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist eine Gefahr dann gegeben, wenn der Eintritt eines Schadens nahe liegt. Zur Umschreibung einer konkreten Gefahr im Rechtssinne hat der Bundesgerichtshof zunächst die Formel gebraucht, „der Eintritt eines Schadens müsse wahrscheinlicher sein als dessen Ausbleiben“.209 Um den Anschein zu vermeiden, als sei hiermit etwa eine nach mathematischer Wahrscheinlichkeitsrechnung zu ermittelnde oder gar in Prozentzahlen auszudrückende rechnerische Größe zu verstehen, hat er seine Ansicht in einer Grundsatzentscheidung zum Straßenverkehrsrecht dahin verdeutlicht, dass eine „nach der allgemeinen Lebenserfahrung im Einzelfall zu beurteilende nahe liegende Gefahr (…), die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet“, erforderlich sei.210 Nunmehr verwendet der Bundesgerichtshof – insbesondere im Bereich der Straßenverkehrsdelikte – die auf Cramer211 zurückgehende Formel, nach der die Sicherheit einer bestimmten Person oder eines bestimmten Sachwertes so stark beeinträchtigt sein müsse, „dass es vom Zufall abhängt, ob das Rechtsgut verletzt wird oder nicht.“212 Als Charakteristikum des Zufalles stellt er dabei die Unbeherrschbarkeit des entsprechenden Gefährdungsverlaufes aus der Perspektive des Täters in den Vordergrund. Entscheidend sei, dass der Täter die Auswirkungen der Lage nicht beherrsche, in die er das in seiner Sicherheit konkret beeinträchtigte Objekt durch sein Verhalten gebracht habe.213 Eine konkrete Gefährdung sei dann gegeben, wenn die Gefahr eines Unfalls „in bedrohliche oder in nächste Nähe gerückt“ sei.214 Dies beurteile sich nach der allgemeinen Le-

208 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (348); OLG Köln, Urt. v. 30.06.1987 – Ss 234/87, NJW 1988, 2489 (2491); LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 27; MüKoGraf, § 353b, Rn. 40; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 24; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 9. 209 BGH, Beschl. v. 14.01.1959 – 4 StR 464/58, BGHSt 13, 66 (70). 210 BGH, Beschl. v. 15.02.1963 – 4 StR 404/62, BGHSt 18, 271 (272 f.). 211 Cramer, Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., 1971, § 315c, Rn. 51 f. 212 Vgl. BGH, Urt. v. 25.10.1984 – 4 StR 567/84, NStZ 1985, 263. 213 BGH, Urt. v. 25.10.1984 – 4 StR 567/84, NStZ 1985, 263 (264). 214 BGH, Beschl. v. 05.03.1969 – 4 StR 375/68, BGHSt 22, 341 (343 f.).

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

benserfahrung aufgrund einer objektiv-nachträglichen Prognose.215 Die Literatur ist dem Bundesgerichtshof insoweit gefolgt.216 Nach der normativen Gefahrerfolgstheorie ist von einem zufälligen Ausbleiben der Rechtsgutsverletzung dann auszugehen, wenn das Ausbleiben des Verletzungserfolges auf Umständen beruht, auf deren Eintreten der Täter nicht normativ berechtigt vertrauen darf.217 Auch mit Blick speziell auf die nach § 353b StGB erforderliche Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen betont der Bundesgerichtshof, das Merkmal der Gefährdung im Sinne dieser Vorschrift sei nicht schon dann erfüllt, wenn nach allgemeinen Erfahrungssätzen („abstrakt“) eine Gefahr heraufbeschworen werde. Vielmehr sei erforderlich, dass im gegebenen Einzelfalle („konkret“) eine Gefahr geschaffen worden sei.218 Der Bundesgerichtshof bekräftigt dabei die Übertragbarkeit der zu einer Verletzung von Staatsgeheimnissen gemachten Ausführungen, nach denen die „auf Tatsachen beruhende Wahrscheinlichkeit“ bestehen müsse, „das Staatsgeheimnis werde unmittelbar oder mittelbar einer fremden Regierung zugänglich werden, vor der es zum Wohle der Bundesrepublik geheim gehalten werden“ müsse.219 Allerdings genüge zur Begründung einer konkreten Gefährdung nicht die Feststellung, dass das Dienstgeheimnis einem Außenstehenden mitgeteilt worden sei. Es seien vielmehr weitere Tatsachen erforderlich.220 Dabei ließ der Bundesgerichtshof offen, ob die Unterrichtung eines Rechtsanwalts durch einen Rechtsrat suchenden Geheimnisträger eine konkrete Gefahr des Bekanntwerdens des Geheimnisses und damit auch eine Gefährdung der auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen schaffe. Dies könne nicht allgemein bejaht oder verneint werden.221 Mit Blick auf möglicherweise fahrlässiges Verhalten des Angeklagten betonte der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung aber immerhin, dass der Angeklagte auf die Einhaltung der anwaltlichen Schweigepflicht vertrauen durfte, auch wenn der Rechtsanwalt „als Bruder des ,Spiegel‘-Herausgebers Rudolf Augstein über gute Verbindungen zu diesem Nachrichtenmagazin verfügte.“222 In keinem Falle sei es zulässig, allein aus der Ermächtigung zur Strafverfolgung durch die vorgesetzte Behörde, ohne die nach § 353b Abs. 4 StGB ein Verfolgungshindernis bestehen würde,223 auf die tatsächliche Gefährdung wichtiger öffentlicher 215

BGH, Urteil vom 15.09.1998 – 1 StR 290/98, NStZ 1999, 32 (33). Vgl. Fischer, § 315c, Rn. 15; MüKo-Radtke, § 306a, Rn. 45; Schönke/Schröder-Heine, Vorbem. §§ 306 ff., Rn. 5/6. 217 Vgl. MüKo-Radtke, Vor § 306, Rn 7; Roxin, AT I, § 11, Rn. 117. 218 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (348); vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.08.1988 – 2 Ss 131/88, 113/88 II, NJW 1989, 1872. 219 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (348). 220 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (349). 221 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (348 f.). 222 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (349): mit einer unlauteren Ausnutzung dieser Verbindung unter Bruch der anwaltlichen Schweigepflicht brauche der Angeklagte nicht zu rechnen. 223 Dazu unten C. IV. 216

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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Interessen zu schließen.224 Die Ermächtigung stellt somit kein Indiz für eine konkrete Gefährdung dar. Auch das Oberlandesgericht Köln betont, dass eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Einzelfall anhand konkreter Tatsachen festgestellt werden müsse. In dem Fall einer – soeben grundsätzlich abgelehnten – mittelbaren Gefährdung bemängelte das Gericht, die Vorinstanz hätte „konkrete Feststellungen dazu treffen müssen, ob und inwieweit das Ansehen der Kölner Polizei bzw. das Vertrauen in die Verschwiegenheitspflicht dieser Behörde in der Öffentlichkeit durch das Aufdecken und Bekanntwerden des Vorfalls erschüttert worden ist oder ob dieser Vorrang auf das Ansehen bzw. Vertrauen keinen Einfluss gehabt hat und bei der Bevölkerung als Einzelfall gewertet worden ist.“225 Das Oberlandesgericht Oldenburg verneinte in einer Entscheidung eine konkrete Gefährdung, weil der Angeklagte die Mitteilung über das Bestehen eines Haftbefehls lediglich an einen zwar mit der Sache nicht befassten, jedoch verschwiegenen und pflichtbewussten Polizeibeamten gemacht hatte. Die Gefahr, dass der Polizeibeamte möglicherweise erfolglos zur Verhaftung des im Haftbefehl Genannten hätte schreiten können und dass dieser dadurch dann möglicherweise gewarnt worden wäre, weil dann dessen Ehefrau von der bevorstehenden Verhaftung etwas erfahren und dies ihrem abwesenden Ehemann möglicherweise telefonisch mitgeteilt hätte, sei nur eine abstrakte, hypothetische Gefahr.226 Auch in der Literatur wird betont, eine Gefährdung liege nicht schon dann vor, wenn mit ihr nur nach allgemeinen Erfahrungssätzen („abstrakt“) zu rechnen sei. Vielmehr sei anhand des Einzelfalls darauf abzustellen, ob konkret eine Gefahr entstanden sei.227 Nach Perron ist dabei insbesondere von Bedeutung, wie zuverlässig der Empfänger ist, so dass eine konkrete Gefährdung ausgeschlossen sei, wenn der andere das erlangte Wissen nach den Umständen des Falles nicht verwerten könne oder wenn er damit nichts anzufangen wisse.228 Kuhlen hebt hervor, dass bereits zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Informierten die konkrete Gefährdung eintreten könne, weil eine an die Kenntniserlangung geknüpfte, auf sie aufbauende Handlung nicht erforderlich sei.229 Es komme also darauf an, ob mit Kenntniserlangung des Informierten (oder später) eine Situation entstanden sei, in der es vom (für den Informierenden nicht beherrschbaren) Zufall abhänge, ob infolge der Informationsweitergabe öffentliche Interessen beeinträchtigt würden. Für den Fall der pflichtwidrigen Information über laufende Ermittlungsmaßnahmen sei daher eine konkrete Gefahr anzu224 BGH, Urt. v. 22.05.1957 – 3 StR 11/57, BGHSt 10, 276 (277 f.), gegen RG, Urt. v. 04.03.1940 – 2 D 31/40, RGSt 74, 110 (113). 225 OLG Köln, Urt. v. 30.06.1987 – Ss 234/87, NJW 1988, 2489 (2491). 226 OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.08.1980 – 1 Ss 366/80, veröffentlicht bei juris. 227 Vgl. nur LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 27; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 40; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 36. 228 Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 9. 229 NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 36.

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

nehmen, wenn nicht im Einzelfall der Informierte die Gewähr dafür biete, dass er die Information für sich behalten könne und nicht seinerseits das Verfahren stören werde.230 .

bb) Konkrete Gefährdung bei der Offenbarung gegenüber Journalisten Nicht ganz einheitlich bewerten die Rechtsprechung und die Literatur die Gefahrenlage, wenn das Geheimnis einem Journalisten verraten wird. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und einiger Stimmen in der Literatur bringt es der Beruf des Journalisten mit sich, erhaltene Mitteilungen früher oder später im Wege der Veröffentlichung zu verwerten. Daher bestehe in aller Regel bei normalem Ablauf der Geschehnisse mit großer Wahrscheinlichkeit die Gefahr seiner Preisgabe.231 Auch das Bundesverfassungsgericht geht in der Cicero-Entscheidung davon aus, dass die Tat mit der Offenbarung des Geheimnisses gegenüber einem Journalisten vollendet, mit anderen Worten eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen bereits eingetreten ist.232 Richtigerweise wird man jedoch auch hier auf die Umstände des Einzelfalls abstellen müssen. Zwar ist es richtig, dass ein Amtsträger die Kontrolle über von ihm aus der Hand gegebene Informationen verliert. Aus seiner Perspektive ist es tatsächlich dem Zufall überlassen, was mit ihnen geschieht, also an wen sie noch gelangen oder wer sie verwenden wird. Das Zufallskriterium beschreibt jedoch nicht allein die an eine konkrete Gefahr zu stellenden Anforderungen. Dass der Eintritt eines Ereignisses, hier der Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen, von einer bestimmten Person nicht mehr beeinflusst werden kann, sagt schließlich noch nichts über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Ereignisses aus. Das schädigende Ereignis muss vielmehr gleichzeitig in bedrohliche oder in nächste Nähe gerückt sein.233 Neben der Tatsache der Unbeeinflussbarkeit durch den Täter ist daher zu fordern, dass der Schaden nach den Umständen des Einzelfalls mit großer Wahrscheinlichkeit eintritt. Die Beachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls sowie das Erfordernis einer hohen Wahrscheinlichkeit unterscheiden die konkrete Gefahr von einer lediglich abstrakten Gefährdung. Dementsprechend sind die Vertrauenswürdigkeit des konkreten Adressaten sowie der von dem Amtsträger mit der Weitergabe verfolgte 230

NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 36. BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (376); Dunkhase, S. 176; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 9; wohl auch NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 38; vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG), BT-Drs. 17/3355, S. 8. 232 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (263); dagegen soll die Tat mit der Weitergabe an den Journalisten nicht in jedem Fall auch schon beendet sein. Vgl. zur Problematik der Vollendung und Beendigung der Tat ausführlich unten E. II. 1. b) aa). 233 BGH, Beschl. v. 05.03.1969 – 4 StR 375/68, BGHSt 22, 341 (343 f.). 231

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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Zweck zu berücksichtigen.234 Die pauschale Annahme einer konkreten Gefahr aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe ist dagegen zu weitgehend. Darüber hinaus ergibt sich aus Ziffer 5 Richtlinie 5.1 der Publizistischen Grundsätze (des Pressekodexes),235 dass über als geheim bezeichnete Vorgänge und Vorhaben nur dann berichtet werden darf, wenn nach sorgfältiger Abwägung festgestellt wird, dass das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit höher rangiert als die für die Geheimhaltung angeführten Gründe. Die Publizistischen Grundsätze stellen zwar lediglich eine vom Deutschen Presserat in Zusammenarbeit mit den Presseverbänden beschlossene Selbstverpflichtung dar. Auch fühlen sich Qualitätszeitungen möglicherweise stärker an sie gebunden als Boulevardmedien. Dennoch sind sie das zentrale Dokument zur Berufsethik der Presse. Ihre faktische Wirkkraft ist nicht zu unterschätzen. Nach ihrer Präambel müssen sich Verleger, Herausgeber und Journalisten bei ihrer Arbeit der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und ihrer Verpflichtung für das Ansehen der Presse bewusst sein. Ziffer 2 verpflichtet darüber hinaus dazu, die zur Veröffentlichung bestimmten Informationen in Wort, Bild und Grafik mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Diese journalistische Sorgfaltspflicht ist auch in den Landespressegesetzen normiert.236 Schon sie allein genügt zur Verneinung eines Automatismus’, nach welchem jede von einem Journalisten erlangte Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit veröffentlicht wird. Bei Geheimnissen verpflichtet aber darüber hinaus die Berufsethik jeden Journalisten dazu, die Veröffentlichung besonders sorgfältig abzuwägen. An die Offenbarung vertraulicher Informationen gegenüber einem Journalisten schließt sich somit in der Regel ein umfangreicher und zeitintensiver Prüfungsund Abwägungsprozess an:237 Die gewonnenen Informationen werden auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft, um die Glaubwürdigkeit und Authentizität der Quelle einschätzen zu können. Eine unklare Faktenlage wird weiter aufgeklärt. Beteiligten wird die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Es wird im Archiv nach Daten gestöbert, die zu dem fraglichen Komplex bereits vorliegen, um eine unabhängige Einschätzung zu ermöglichen. Experten werden befragt. Nachdem diese Nachforschungsarbeiten abgeschlossen sind, entscheidet die Redaktion darüber, ob das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit die Veröffentlichung erfordert. Erst wenn diese zu einem positiven Ergebnis gelangt, steht einer Veröffentlichung nichts mehr entgegen.238 234

LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 28. Publizistische Grundsätze (Pressekodex), Fassung vom 03.12.2008, abrufbar unter: http://www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf (letzter Abruf: 31.12.2010). 236 Vgl. § 3 Abs. 2 BerlPresseG: „Die Presse hat alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Wahrheit und Herkunft zu prüfen.“ Die übrigen fünfzehn Pressegesetze treffen inhaltsgleiche Regelungen. 237 Vgl. dazu Mast, S. 239 ff. 238 Der Fall der Veröffentlichung amerikanischer Botschaftsdepeschen durch WikiLeaks (s. oben C. Fn. 64) dokumentiert diese Vorgehensweise sehr deutlich: Während auf der Internet235

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

Nicht selten ist schließlich von vornherein gar keine Veröffentlichung geplant. Journalisten verwenden Hintergrundinformationen auch dazu, sich lediglich ein Gesamtbild eines Sachverhalts zu verschaffen.239 Daher ist nach verbreiteter und richtiger Auffassung eine konkrete Gefahr nur dann anzunehmen, wenn das Geheimnis an einen schon zum Zeitpunkt der Offenbarung zur Veröffentlichung bereiten Journalisten verraten wird.240 Erst dann ist die Verletzung des im Einzelfall betroffenen öffentlichen Interesses tatsächlich in bedrohliche Nähe gerückt. Denn erst dann besteht die zu fordernde große Wahrscheinlichkeit, dass Dritte die veröffentlichten Geheimnisse zur Kenntnis nehmen und zum Nachteil des jeweiligen Interesses verwenden. Es sind jedoch auch Ausnahmefälle denkbar, so etwa bei einer Veröffentlichung durch ein äußerst begrenzt verbreitetes Presseerzeugnis, von dem auch andere Medien wenig Notiz nehmen (Flugschrift, Handzettel, Plakat, Schülerzeitung). Durch den Verrat an einen Journalisten, der für ein solches Medium arbeitet, wären die fraglichen Interessen daher in der Regel noch nicht konkret gefährdet. Weiterhin könnten im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Dritten – beispielsweise weil ihm (vorübergehend) die erforderlichen Mittel fehlen – die von ihm beabsichtigte Verwendung der Informationen unmöglich ist. Auch in einem solchen Fall könnte in der Offenbarung gegenüber einem Journalisten noch keine konkrete Gefährdung erblickt werden. Die beiden letztgenannten Aspekte weisen noch einmal auf das Erfordernis der Würdigung des Einzelfalles hin. Es zeigt sich, dass nicht schon immer dann eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen angenommen werden kann, wenn der Informierte nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die Information für sich behalten kann.241 Auch hier müssen weiterhin die Umstände des Einzelfalls beachtet werden. Als Ergebnis kann daher formuliert werden, dass mit der Offenbarung gegenüber einem zur Veröffentlichung bereiten Journalisten die betroffenen wichtigen öffentlichen Interessen konkret gefährdet werden, wenn sich nicht im Einzelfall aufgrund besonderer Anhaltpunkte etwas anderes ergibt. Umgekehrt bewirkt die Offenbarung eines Geheimnisses gegenüber einem Journalisten dann keine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen, wenn zum Zeitpunkt der Offenbarung eine Veröffentlichung von dem Journalisten nicht beabsichtigt wird. Möglicherweise haben Geheimnisträger und Journalisten sogar vereinbart, dass die Informationen nicht verbreitet werden sollen. Allerdings ist es denkseite wikileaks.org geheime Dokumente weitgehend wahllos veröffentlicht wurden, sind in Zeitungen und Magazinen fast ausschließlich solche Informationen zu finden, die nicht als besonders sensibel einzustufen sind. 239 Darauf hinweisend auch BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (263). 240 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569); Brüning, wistra 2007, 333 (334); Gaede, AfP 2005, 410 (411); Müko-Graf, § 353b, Rn. 83. 241 So NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 36.

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bar, dass sich der Journalist später doch noch – eigenmächtig und ohne Absprache – zu einer Veröffentlichung entscheidet. In einem solchen Fall fehlt es dennoch mangels Veröffentlichungsabsicht des Journalisten im Zeitpunkt der Weitergabe an einer durch die Weitergabe bewirkten konkreten Gefahr. Weiterhin ist es möglich, dass der Journalist von vornherein die Veröffentlichung der Informationen beabsichtigt, dies dem Geheimnisträger aber nicht zu erkennen gibt. Objektiv liegt hier eine konkrete Gefährdung vor, mangels diesbezüglichen Vorsatzes scheidet eine Strafbarkeit dennoch aus.242 Die vor diesem Hintergrund entstehenden Beweisprobleme sind nicht zu unterschätzen.243 Der Geheimnisträger könnte sich darauf berufen, dass eine Veröffentlichung nicht abgesprochen war. In dieselbe Richtung wird sich der Journalist einlassen, dessen mögliche Teilnahmestrafbarkeit244 vom Vorliegen einer Haupttat abhängt. Praktische Schwierigkeiten können aber nicht zu einer Ausdehnung der Strafbarkeit führen (Art. 103 Abs. 2 GG), sondern allenfalls eine Gesetzesänderung erforderlich machen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Verselbständigung der Teilnahmetat wünschenswert, welche an späterer Stelle vorgeschlagen wird.245 Schließlich sind Fälle vorstellbar, in denen der Geheimnisträger das Geheimnis einem Journalisten verrät, welcher zunächst wahrheitsgemäß signalisiert, es nicht veröffentlichen zu wollen, sich später jedoch noch einmal mit der Bitte um Freigabe meldet. Erkennt der Geheimnisträger in dieser Situation, dass der Journalist nunmehr die Veröffentlichung beabsichtigt, muss er alles in seiner Macht Stehende versuchen, um dies zu verhindern. Aufgrund seines pflichtwidrigen Vorverhaltens – des Verstoßes gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung (§ 67 Abs. 1 S. 1 BBG, § 37 Abs. 1 S. 1 BeamtStG) – hat der Amtsträger nämlich als Garant im Sinne des § 13 StGB dafür einzustehen, dass der Erfolg, also die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen, nicht eintritt. Er macht sich daher nach § 353b StGB strafbar, wenn er nichts gegen die drohende Veröffentlichung unternimmt oder ihr sogar zustimmt. Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in beiden Fällen auf dem Unterlassen, nämlich der Nichtverhinderung der Veröffentlichung. Welche Bemühungen hingegen eine Strafbarkeit ausscheiden lassen können, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. So mag es in einem Fall genügen, bei der Chefredaktion des jeweiligen Mediums zu intervenieren, in einem anderen Fall kann dagegen die Erwirkung einer gegen die Veröffentlichung gerichteten einstweiligen Verbotsverfügung erforderlich sein, welche es regelmäßig notwendig werden lässt, dass sich der Amtsträger gegenüber seinem Dienstvorgesetzten offenbart. Mit Blick auf die subjektive Tatseite ist bei dieser Konstellation fraglich, zu welchem Zeitpunkt Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit (§ 353b Abs. 1 S. 2 StGB) vorliegen müssen. Strafbar ist nach § 15 StGB nur vorsätzliches und fahrlässiges „Handeln“. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ist die Kenntnis der zum gesetzlichen Tatbestand ge242 243 244 245

Vgl. zum subjektiven Tatbestand unten C. II. Vgl. auch Schmidt-De Caluwe, NVwZ 2007, 640 (644). Zur Strafbarkeit der Veröffentlichung vgl. unten E. Siehe unten E. II. 2. e).

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

hörenden Umstände „bei Begehung der Tat“ erforderlich.246 Vorliegend setzt sich die Tathandlung sowohl aus aktivem Tun (dem Offenbaren der Informationen) als auch Unterlassen (dem fehlenden Einschreiten nach Erlangung der Kenntnis von der Veröffentlichungsbereitschaft) zusammen. Das mangelnde Einschreiten ist damit Teil der Begehung der Tat. Erst durch diese Unterlassung wird hier die konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen herbeigeführt. Damit ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass zu diesem Zeitpunkt der subjektive Tatbestand erfüllt ist. cc) Konkrete Gefährdung bei der Offenbarung illegaler Geheimnisse Schließlich ist zu prüfen, ob die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Einzelfall deshalb ausgeschlossen sein könnte, weil es sich bei den offenbarten Tatsachen um illegale Geheimnisse handelt.247 Der Bundesgerichtshof stellte im Fall des sächsischen Datenschutzbeauftragten fest: „Ein Amtsträger, der wie der Angeklagte zur Kontrolle der Gesetzestreue eines anderen Amtsträgers berufen ist, kann wichtige öffentliche Interessen nicht durch die Offenbarung eines Gesetzesverstoßes gefährden, wenn er die Öffentlichkeit (…) auch als Verbündeten gewinnen will, um auf ein gesetzmäßiges Verhalten hinzuwirken. Damit verfolgte der Angeklagte selbst ein wichtiges öffentliches Interesse.“248 Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bestand in diesem Fall an der Offenbarung der verwaltungs- und regierungsinternen Missstände ihrerseits ein öffentliches Interesse, das das Geheimhaltungsinteresse überwog. Somit war bereits der Tatbestand des § 353b StGB ausgeschlossen. Der Bundesgerichtshof stellte hier entscheidend auf die Kontrollfunktion des Datenschutzbeauftragten ab. Das Urteil erscheint daher nicht in der Hinsicht verallgemeinerungsfähig, dass gegenläufige Interessen nunmehr allgemein bereits im Tatbestand unter dem Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen berücksichtigt werden sollen. Hierfür ist auch nach der Rechtsprechung die Prüfungsebene der Rechtswidrigkeit vorgesehen.249 An der Gefährdung der mit dem konkreten Geheimnis zusammenhängenden Geheimhaltungsinteressen ändert sich nämlich auch dadurch nichts, dass gleichzeitig – ebenfalls im öffentlichen Interesse – auf die Abstellung interner Missstände hingewirkt werden soll. Im Fall des sächsischen Datenschutzbeauftragten bot sich dem Bundesgerichtshof nur deshalb eine Saldierung innerhalb des Tatbestands an, weil er eine mittelbare Gefährdung prüfte und die Interessen an Geheimhaltung und Offenbarung den gleichen Bezugspunkt hatten, nämlich das Vertrauen der Bevölkerung.250 Eine Interessensaldierung unter dem Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen ist aber nicht nur dann abzulehnen, 246 247 248 249 250

Vgl. hierzu nur Kühl, AT, § 5, Rn. 20. Vgl. zu illegalen Geheimnissen oben C. I. 1 b) bb). BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (132). Dazu unten C. III. Vgl. auch Satzger/Schmitt/Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 8.

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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wenn man, wie hier, die Möglichkeit mittelbarer Gefährdungen verneint. Die Saldierung vermengt ohne Not Tatbestand und Rechtswidrigkeit miteinander. Bei den durch die Offenbarung des Geheimnisses gefährdeten und den „ausgleichenden“ Interessen handelt es sich nämlich einerseits um das tatbestandliche Unrecht beschreibende Interessen und andererseits um genuin rechtfertigende Interessen. Die für eine Offenbarung staatlicher Missstände sprechenden Argumente sind daher erst im Rahmen der Rechtfertigung zu berücksichtigen.

4. Neue Tatbestandskonturen durch das Informationszugangsrecht Verwaltungsinformationen sind für Dritte teilweise zugänglich. Informationsansprüche gewähren insbesondere die Pressegesetze sowie, seit wenigen Jahren, die Informationszugangsgesetze. Werden entsprechende Ansprüche geltend gemacht, prüft die Behörde in einem Verwaltungsverfahren, ob die gewünschten Informationen herausgegeben werden dürfen. Fraglich ist aber, ob die Einhaltung dieses Verfahrensweges von entscheidender Bedeutung für die Strafbarkeit sein kann, ob sich also ein Journalist Kenntnisse, die er auf der Grundlage solcher Informationsrechte erlangen könnte, auch durch einen Informanten aus der staatlichen Sphäre verschaffen dürfte. Daher soll im Folgenden der Einfluss des Informationszugangsrechts auf den Tatbestand des § 353b StGB untersucht werden. Im Zentrum der Untersuchung steht dabei die Frage, inwieweit staatliche Informationen durch Informationsansprüche allgemeinzugänglich werden. Dies ist für die Strafbarkeit sowohl nach § 353b Abs. 1 als auch nach § 353b Abs. 2 StGB von Bedeutung, weil die Allgemeinzugänglichkeit in beiden Fällen den Tatbestand ausschließt.251 Weiterhin ist auch der Einfluss des Informationszugangsrechts hinsichtlich des Begriffs der wichtigen öffentlichen Interessen zu prüfen, welcher in beiden Absätzen verwendet wird. Einleitend werden zunächst in Abgrenzung zum voraussetzungslosen Informationszugang die Informationsfreiheit des Grundgesetzes sowie das der deutschen Verwaltungstradition entsprechende Prinzip beschränkter Aktenöffentlichkeit dargestellt [a)]. Auch auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch wird aufgrund seiner Sonderstellung separat eingegangen [b)]. Sodann wendet sich die Untersuchung sowohl dem bereichsspezifischen Informationszugangsrecht zu, das über verschiedene Rechtsbereiche verteilt und teilweise auch nur untergeordneter Gesetzesbestandteil ist, als auch dem allgemeinen Informationszugangsrecht in Gestalt der in den letzten Jahren erlassenen allgemeinen Informationszugangsgesetze, welche inhaltlich nicht auf ein bestimmtes Sachgebiet beschränkt sind und auch personell den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht begrenzen [c)]. Den Schwerpunkt bildet dann der Versuch der Neubestimmung der Allgemeinzugänglichkeit [d)] sowie der Abgrenzung wichtiger öffentlicher Interessen [e)]. 251

Vgl. oben C. I. 2. b).

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

a) Informationsfreiheit und beschränkte Aktenöffentlichkeit aa) Die Informationsfreiheit des Grundgesetzes Die deutsche Rechtslage ist verfassungsrechtlich geprägt durch die grundrechtlich garantierte Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 GG. Danach hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts252 und der allgemeinen Meinung in der Literatur253 räumt diese Vorschrift allerdings nur ein Recht darauf ein, sich aus schon bestehenden allgemein zugänglichen Quellen zu informieren. Ein Anspruch auf die Eröffnung neuer Quellen geht hiermit nicht einher. Die Informationsfreiheit des Grundgesetzes ist daher eine Informationsempfangs- bzw. -beschaffungsfreiheit254 und keine Informationszugangsfreiheit schwedischer oder amerikanischer Prägung.255 Dies erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte des Grundrechts: Anlass für die selbstständige verfassungsrechtliche Gewährleistung der Informationsfreiheit im Grundgesetz waren die Erfahrungen mit den zur nationalsozialistischen Regierungspraxis gehörenden Informationsbeschränkungen, der staatlichen Meinungslenkung, den staatlichen Abhörverboten für ausländische Rundfunksender und den Literatur- und Kunstverboten.256 Derartige staatliche Eingriffe sollten mit der Schaffung des Grundgesetzes verhindert werden. Die Informationsfreiheit des Grundgesetzes ist daher als klassisches Abwehrrecht konzipiert. Informationszugangsfreiheit ist dagegen ein Leistungsrecht des status positivus. Zwar gab es im Rahmen der Ende 1991 eingesetzten Gemeinsamen Verfassungskommission den Vorschlag des Landes Hessen, ein Akteneinsichtsrecht in einem Art. 5 Abs. 2a GG einzuführen.257 Jedoch konnten sich weder diese Initiative noch spätere Vorschläge258 bisher durchsetzen. Vor diesem Hintergrund erhellt jedoch, weshalb bei Gesetzen, die einen Anspruch auf Einsicht in oder Auskunft über Informationen der öffentlichen Verwaltung ge-

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Siehe nur BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99, BVerfGE 103, 44 (59). Gurlit, DVBl. 2003, 1119 (1122); Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5, Rn. 20; Kloepfer, § 10, Rn. 15; Kloepfer/Schärdel, JZ 2009, 453 (459); Kugelmann, DÖV 2005, 851 (856); v. Münch/ Kunig-Wendt, Art. 5, Rn. 25; Sachs-Bethge, Art. 5, Rn. 60; Zumpe, S. 88. 254 Vgl. Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 25. 255 Zur Entwicklung im Ausland vgl. unten C. I. 4. c) bb) (1). 256 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.10.1969 – 1 BvR 46/65, BVerfGE 27, 71 (80). 257 BT-Drs. 12/6000, S. 61; Art. 5 Abs. 2a GG hätte folgenden Wortlaut haben sollen: „Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu den Daten der vollziehenden Gewalt ohne Nachweis eines Interesses, soweit nicht schutzwürdige öffentliche Interessen oder Rechte Dritter entgegenstehen. Das Nähere regelt ein Gesetz.“ 258 Vgl. aktuell Kloepfer/Schärdel, JZ 2009, 453 (461), die die Einfügung eines Art. 2a GG vorschlagen, dessen Absatz 2 wie folgt lauten soll: „Jeder hat das Recht auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen. Einschränkungen sind nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zum Schutz überwiegender Interessen des Allgemeinwohls oder Dritter zulässig.“ 253

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währen, begrifflich von Informationszugangsgesetzen gesprochen werden sollte.259 Die weit verbreitete Bezeichnung als „Informationsfreiheitsgesetze“ berücksichtigt nicht die Besonderheit der deutschen Terminologie und gibt nicht die neue Qualität dieser Gesetze wieder.260 Informationszugangsgesetze schützen eben nicht nur die Freiheit, sich aus bestehenden Quellen zu informieren, sondern ermöglichen die Erschließung neuer Ressourcen. bb) Beschränkte Aktenöffentlichkeit Vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund wenig erstaunlich, lag es lange Jahre in einem weitgehenden Ermessen der Behörden, ob sie den Zugang zu Verwaltungsinformationen gewährten. Bestätigt durch die Rechtsprechung,261 wiesen sie Akteneinsichtsbegehren zurück, wenn nicht besondere Rechtsvorschriften262 einen entsprechenden Anspruch ausdrücklich vorsahen.263 Im Jahr 1968 schließlich erkannte das Bundesverwaltungsgericht einen subjektiven Anspruch der Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Anträge auf Akteneinsicht an.264 Dieser Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit wurde sodann in den §§ 29 und 30 des am 1. Januar 1977 in Kraft getretenen Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes265 auch gesetzlich festgeschrieben. Nach § 29 Abs. 1 S. 1 VwVfG hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Nach Absatz 2 der Vorschrift ist die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht dann nicht verpflichtet, wenn und soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen. Beschränkt ist die Aktenöffentlichkeit daher personell auf die Beteiligten des Verwaltungsverfah-

259 Vgl. Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1279), die die Bezeichnung „Verwaltungsinformationszugangsgesetz“ für rechtlich präziser halten. 260 Daher ist die offizielle Kurzform des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes mit „Informationsfreiheitsgesetz – IFG“ unglücklich gewählt; gleiches gilt für die Verwendung des Begriffs in Landesgesetzen; a. A. Schoch, Einl., Rn. 10 f. 261 BVerwG, Urt. v. 30.06.1961 – II C 177.58, BVerwGE 12, 296 ff.; vgl. auch noch BVerwG, Urt. v. 23.08.1968 – IV C 235.65, BVerwGE 30, 154 ff. 262 Wie zum Beispiel die Einsichtsrechte in das Vereinsregister nach § 79 BGB, in das Grundbuch nach § 12 GBO oder in das Handelsregister nach § 9 Abs. 1 HGB. 263 Vgl. Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 27. 264 BVerwG, Urt. v. 23.08.1968 – IV C 235.65, BVerwGE 30, 154 (160). 265 BGBl. 1976 I, S. 1253 ff., derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. 2003 I, S. 102).

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rens im Sinne des § 13 VwVfG,266 zeitlich auf die Dauer des Verwaltungsverfahrens und inhaltlich durch die §§ 29 Abs. 2 und 30 VwVfG, welche gewisse Informationen von der Akteneinsicht ausnehmen.267 Von einer allgemeinen Informationszugangsfreiheit konnte daher zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede sein. In der deutschen Rechtsordnung lassen sich zahlreiche weitere Beispiele beschränkter Informationszugangsansprüche finden: Neben Beteiligten an Verwaltungsverfahren haben auch Gerichtsverfahrensbeteiligte ein Recht auf Akteneinsicht. Dieses ist teilweise in allgemeinen Verfahrensordnungen,268 teilweise auch bereichsspezifisch269 geregelt. Im Strafverfahrensrecht ist an das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers nach § 147 StPO zu denken, das sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im Hauptverfahren geltend gemacht werden kann. Informationszugangsrechte bestehen daneben auch für „Betroffene“, so nach § 19 BDSG über die zur eigenen Person bei einer Behörde gespeicherten Daten oder nach § 13 StUG über die zur eigenen Person vorhandenen und erschlossenen Stasiunterlagen. Registerauskünfte erfordern zum Teil den Nachweis eines berechtigten270 oder rechtlichen271 Interesses. b) Der Auskunftsanspruch der Presse Ebenfalls nicht voraussetzungslos aber für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse sind die presserechtlichen Informationsrechte. Diese sind von den vorgenannten verfahrensbezogenen Ansprüchen abzugrenzen und für die Presse deshalb von besonderer Bedeutung, weil Pressemitarbeiter in der Regel nicht zu den Verfahrensbeteiligten zählen. Zwar wird ein verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch aus der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantierten Pressefreiheit von der Rechtsprechung272 und herrschenden Meinung273 – wie auch schon für die Informationsfreiheit – abgelehnt. Landespresse- bzw. -mediengesetze274 und entsprechende Staatsverträge275 normieren aber die Verpflichtung der Behörden, der Presse und den öffentli266

Die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens sind nach dieser Vorschrift der Antragsteller, der Antragsgegner, der Adressat eines Verwaltungsakts, der Vertragspartner eines öffentlichrechtlichen Vertrags sowie von der Behörde hinzugezogene Personen. 267 Vgl. Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 34. 268 § 100 VwGO; § 120 SGG; § 78 FGO; §§ 299 Abs. 1, 299a, 760 ZPO; § 20 BVerfGG. 269 §§ 111, 120 Abs. 2 GWB; § 82 AsylVfG. 270 § 12 GBO; § 6 Abs. 2 S. 1 HandwO. 271 § 61 Abs. 1 S. 3 PStG; § 39 StVG. 272 BVerwG, Urt. v. 03.08.1990 – 7 C 14/90, NJW 1991, 118; für die Rundfunkfreiheit: BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, BVerfGE 103, 44 (59 f.); BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 – 1 BvR 620/07, BVerfGE 119, 309 (319). 273 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5, Rn. 137; Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5, Rn. 248; Löffler/ Ricker, Kap. 18, Rn. 7; v. Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rn. 65, 79; v. Münch/KunigWendt, Art. 5, Rn. 35; a. A. BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 393. 274 In der Regel § 4 LPG/LMG. 275 Z. B. § 55 MedienStV Berlin-Brandenburg.

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chen und privaten Rundfunkveranstaltern276 zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe Auskünfte zu erteilen. Dieser Informationsanspruch ist deswegen nicht voraussetzungslos, weil er nur den Vertretern der Medien zusteht. Durch den Anspruch wird ihnen ermöglicht, aus staatlichen Informationen allgemein zugängliche Quellen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu machen.277 Wer als Vertreter der Presse gilt, ist durch teleologische Auslegung zu ermitteln.278 Eine Orientierungshilfe bietet § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO, der als zeugnisverweigerungsberechtigte Medienangehörige solche Personen nennt, „die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.“ Anspruchsberechtigt sind daher einerseits Angehörige eines Medienberufes als natürliche Personen, also Reporter, Redakteure oder freie Journalisten, darüber hinausgehend aber auch Medienunternehmen bzw. Rundfunkanstalten als juristische Personen.279 Die Anspruchsteller haben sich entsprechend auszuweisen. Der Anspruch besteht nur im Hinblick auf die Publikationstätigkeit der Medien. Private Recherchen sollen durch ihn nicht ermöglicht werden.280 Ein presserechtliches Auskunftsbegehren ist grundsätzlich nicht an die Einhaltung einer Frist gebunden, so dass auch Jahre zurückliegende Sachverhalte erfragt werden können.281 Verpflichtet ist in der Regel jede Behörde im Geltungsbereich des Gesetzes, unabhängig davon, ob es sich um Landes- oder Bundesbehörden handelt.282 Der Anspruch richtet sich gegen die Behörde, nicht gegen den einzelnen Beamten, für welchen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gilt (§ 61 BBG, § 37 BeamtStG).283 Auskünfte an die Presse erteilt der Vorstand der Behörde oder der von ihm bestimmte Beamte (§ 63 BBG). Der Beamte bedarf der Genehmigung des Dienstvorgesetzten (§ 61 Abs. 2 BBG, § 37 Abs. 3 BeamtStG). 276 In Bayern gibt es keinen gesetzlichen Informationsanspruch des Rundfunks gegenüber den Behörden, vgl. hierzu Löffler-Burkhardt, § 4, Rn. 13 f., 19 ff. 277 VG Berlin, Urt. v. 27.09.1993 – 27 A 9.93, AfP 1994, 175 (177): „Die Medien dürfen daher nicht ihrerseits auf jene allgemein zugänglichen Quellen zurückverwiesen werden. Sie müssen, ehe sie andere informieren können, zunächst einmal selbst informiert sein. Dazu müssen sie sich Einblick auch in solche Quellen verschaffen können, die nicht allgemein zugänglich sind, also auch in das Innere der Verwaltung und die dortigen Vorgänge.“ Ähnlich VG Dresden, Beschl. v. 07.05.2009 – 5 L 42/09, AfP 2009, 301 (307 f.). 278 Löffler/Ricker, Kap. 19, Rn. 4. 279 VG Berlin, Urt. v. 27.09.1993 – 27 A 9.93, AfP 1994, 175 (176); Löffler/Ricker, Kap. 19, Rn. 4. 280 Löffler/Ricker, Kap. 19, Rn. 5. 281 VG Dresden, Beschl. v. 07.05.2009 – 5 L 42/09, AfP 2009, 301 (306). 282 Löffler/Ricker, Kap. 19, Rn. 11; in Bremen sind nur Behörden des Landes und der Gemeinden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet, § 4 Abs. 1 BremPresseG; zur Bindung von Bundesbehörden an Landesrecht ausführlich VG Berlin, Urt. v. 27.09.1993 – 27 A 9.93, AfP 1994, 175 (176 f.). 283 Vgl. Battis, § 63, Rn. 2.

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Hinsichtlich Form, Inhalt und Zeitpunkt der Auskunft ist der Behörde grundsätzlich Ermessen eingeräumt.284 Im Einzelfall kann sie zur Erteilung der Auskunft in einer bestimmten Form285 oder zu einer zeitnahen Auskunft verpflichtet sein. Immer hat sie auf eine konkrete, anlassbezogene Anfrage hin die für die Berichterstattung und Stellungnahmen notwendigen Gesichtspunkte vollständig und wahrheitsgemäß darzustellen.286 Inhaltliche Grenzen ergeben sich einerseits daraus, welche Informationen für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse im Einzelfall notwendig sind,287 wobei dies in der Regel im Ermessen der Medien selbst liegt.288 Zum anderen schränken die in den Gesetzen normierten Verweigerungsgründe den Anspruch ein. Diese beinhalten u. a. entgegenstehende Geheimhaltungsvorschriften, Gefährdungen schwebender Verfahren oder sonstige überwiegende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen. Die Behörde hat die sich gegenüberstehenden Interessen unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abzuwägen.289 c) Voraussetzungsloser Informationszugang Während die bisher dargestellten Vorschriften allesamt den Informationszugang an bestimmte Voraussetzungen knüpfen, soll nunmehr ein Überblick über das Informationszugangsrecht im engeren Sinne verschafft werden, also über diejenigen Normen, die ohne Nachweis irgendwelcher Interessen und ohne die Anknüpfung an bestimmte personelle Eigenschaften Ansprüche auf Zugang zu staatlichen Informationen gewähren. aa) Bereichsspezifisches Informationszugangsrecht Das bereichsspezifische Informationszugangsrecht ist gekennzeichnet durch solche Informationsansprüche, die über verschiedene Rechtsbereiche verteilt und teilweise auch nur untergeordnete Gesetzesbestandteile sind. Bereichsspezifische Ansprüche finden sich zum Beispiel im Registerrecht, namentlich u. a. für das Vereinsregister,290 Güterrechtsregister,291 Handelsregister292 und das Markenregister.293 An 284

VG Schleswig, Beschl. v. 03.03.2008 – 15 B 13/08, NVwZ 2008, 1389. VG Cottbus, Beschl. v. 15.01.2001 – 1 L 783/01, AfP 2002, 360: Akteneinsicht, wenn nur so die Auskunft vollständig und wahrheitsgemäß erteilt werden kann. 286 BVerwG, Beschl. v. 06.02.1991 – 3 B 85/90, NJW 1992, 62; OVG Bremen, Urt. v. 25.10.1988 – 1 BA 32/88, NJW 1989, 926; VG Cottbus, Beschl. v. 15.01.2001 – 1 L 783/01, AfP 2002, 360. 287 Löffler/Ricker, Kap. 19, Rn. 2. 288 Vgl. Löffler-Burkhardt, § 4, Rn. 86. 289 Vgl. OVG Bremen, Urt. v. 25.10.1988 – 1 BA 32/88, NJW 1989, 926. 290 § 79 BGB. 291 § 1563 BGB. 292 § 9 HGB. 293 § 62 Abs. 3 MarkenG; weitere Beispiele bei Schoch, Einl., Rn. 19. 285

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keinerlei Voraussetzungen ist auch die Einsicht in das Bundesarchiv geknüpft.294 Ebenso stehen nach § 13 Abs. 7 StUG Stasi-Unterlagen „Dritten“ zur Einsicht zur Verfügung, wenn sie Angaben machen, die das Auffinden der Informationen ermöglichen. Im Umwelt- und Verbraucherschutzrecht gibt es ganze Gesetze, deren ausschließlicher Gesetzeszweck es ist, Informationszugangsansprüche zu gewähren. Im Umweltrecht rührt die Verpflichtung zur Einführung dieser Ansprüche von europäischer Ebene her: Auf der Grundlage der EG-Umweltinformationsrichtlinie295 wurde im Jahr 1994 das Umweltinformationsgesetz des Bundes (UIG)296 erlassen. Verglichen mit dem bisherigen Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit und angesichts dessen, dass voraussetzungslose Informationsansprüche in Deutschland bisher nur in weitaus engeren Teilbereichen bestanden, stellte dieses Gesetz durchaus einen Traditionsbruch dar.297 § 3 Abs. 1 S. 1 UIG normiert einen voraussetzungslosen Zugang zu solchen Umweltinformationen,298 die bei einer informationspflichtigen Stelle299 vorliegen. Ein irgendwie geartetes berechtigtes oder rechtliches Interesse ist nicht erforderlich. Die §§ 8 und 9 UIG enthalten allerdings auch zahlreiche Ablehnungsgründe. Hierzu zählen u. a. nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen, die Verteidigung, bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder die Vertraulichkeit der Beratungen der informationspflichtigen Stellen sowie auch erhebliche Beeinträchtigungen von Betroffeneninteressen durch die Offenbarung personenbezogener Daten bzw. das Zugänglichmachen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Ein vergleichbarer Regelungsrahmen wurde auch in die so genannte Århus-Konvention aufgenommen,300 welche am 25. Juni 1998 anlässlich der 4. Paneuropäischen 294 Nach § 5 Abs. 1 S. 1 BArchG steht das Recht, Archivgut aus einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Zeit zu nutzen, jedermann auf Antrag zu. 295 Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, RL 90/313/EWG des Rates v. 07.06.1990, ABl. EG 1990 Nr. L 158, S. 56 ff.; abgelöst durch die RL 2003/4/EG des Parlaments und des Rates v. 28.01.2003, ABl. EG 2003 Nr. L 41, S. 26 ff. 296 Umweltinformationsgesetz vom 08.07.1994, BGBl. 1994 I, S. 1490, in Kraft getreten am 16.07.1994, derzeit in der Fassung vom 22.12.2004 (BGBl. 2004 I, S. 3704), welche am 14.02.2005 in Kraft getreten ist. 297 Turiaux, Vorwort: „Bruch mit tragenden Grundsätzen des deutschen Verwaltungsrechts“; vgl. auch Reinhardt, Die Verwaltung 30 (1997), S. 161 (162); im Ministerrat leistete insbesondere auch der deutsche Vertreter Widerstand gegen die Richtlinie, vgl. Engel, S. 184 ff. 298 Dieser Begriff wird in § 2 Abs. 3 UIG definiert. 299 Zu den informationspflichtigen Stellen zählen nach § 2 Abs. 1 UIG die Regierung und andere Stellen öffentlicher Verwaltung sowie natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen. Ausgenommen sind oberste Bundesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden sowie Gerichte des Bundes, soweit sie nicht Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. 300 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten; in Auszügen abgedruckt bei Schoch/Kloepfer, S. 306 ff.

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Umweltministerkonferenz unterzeichnet wurde. Sie enthält Regelungen über den Zugang zu Umweltinformationen, über die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu gerichtlichen Verfahren. Die Europäische Gemeinschaft hat zur Anpassung des europäischen Rechts an dieses Übereinkommen mehrere Richtlinien301 erlassen, die im Bundesrecht u. a. durch das Gesetz zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes vom 22. Dezember 2004302 umgesetzt worden sind. Auf Landesebene wurden zwischen den Jahren 2005 und 2007 in allen Bundesländern entsprechende Regeln geschaffen. Dies geschah entweder in Form eigener Landesumweltinformationsgesetze303 oder durch (weitgehende) Verweisungsgesetze bzw. -vorschriften auf das Umweltinformationsgesetz des Bundes.304 Zuletzt war schließlich das Verbraucherschutzrecht Gegenstand entsprechender gesetzgeberischer Aktivität. So ist am 10. November 2007 das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) in Kraft getreten.305 Dieses gewährt „jedem“ nach Maßgabe des Gesetzes freien Zugang zu allen Daten über Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittelrecht, über von Erzeugnissen ausgehende Gesundheitsgefahren, über Kennzeichnungspflichten, Ausgangsstoffe und behördliche Überwachungsmaßnahmen. Der Anspruch richtet sich gegen Behörden und natürliche und juristische Personen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnehmen, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke dienen. Ähnlich dem Umweltinformationsgesetz handelt es sich hierbei um ein bereichsspezifisches Informationszugangsgesetz, das zur Verminderung gesundheitlicher Gefahren für den Menschen beitragen soll. bb) Allgemeines Informationszugangsrecht Aufbauend auf einer entsprechenden Entwicklung im Ausland sind in den letzten Jahren auf Bundes- und Landesebene allgemeine Informationszugangsgesetze erlassen worden, welche – im Gegensatz zu den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten – inhaltlich nicht auf ein bestimmtes Sachgebiet beschränkt sind. (1) Entwicklung im Ausland Die Entwicklung eines allgemeinen Informationszugangsrechts hat in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern erst spät eingesetzt. Als weltweites Vorbild gilt insoweit Schweden, das schon im Jahr 1766 unter Kanzler Fresenius in der so ge301

Namentlich die Richtlinien 2003/4/EG, 2003/35/EG und 2001/42/EG. BGBl. 2004 I, S. 3704. 303 So in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen. 304 So in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt. 305 Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation vom 05.11.2007, BGBl. 2007 I, S. 2558. 302

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nannten Druckfreiheitsverordnung (Tryckfrihetsförordningen) jeder Person – unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Interessen – Zugang zu amtlichen Schriftstücken gewährte.306 Im Jahr 1966, also zweihundert Jahre später, trat der amerikanische Freedom of Information Act (FOIA)307 in Kraft, der gleichfalls jeder Person einen Anspruch auf Aktensicht ohne Nachweis irgendeines berechtigten Interesses einräumte.308 Dieses Gesetz gilt als wesentlicher Anstoß für die weltweite Entwicklung des Informationszugangsrechts.309 So gingen in der Folgezeit weitere Länder vom Prinzip des Verwaltungsgeheimnisses zum Grundsatz der Aktenöffentlichkeit über; zu ihnen zählten insbesondere die übrigen skandinavischen Staaten,310 Frankreich, Spanien und die Niederlande.311 Der Freedom of Information Act zeigt jedoch auch in besonderem Maße die Abhängigkeit des Rechtsgebiets von politischen Rahmenbedingungen: So wurde im Jahre 1974 – vor dem Hintergrund der Verheimlichung des My-LaiMassakers und unter dem Eindruck der Watergate-Affäre – der Informationszugang zunächst erleichtert.312 Weitgehende Zugangsbeschränkungen bewirkten dagegen die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington.313 (2) Entstehung eines allgemeinen Informationszugangsrechts in Deutschland Das Umweltinformationsgesetz ist das erste Bundesgesetz mit dem alleinigen Zweck der Gewährung von Informationsansprüchen gewesen. Dessen Anwendungsbereich ist jedoch auf Umweltinformationen beschränkt. Das erste Gesetz, das ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Sachgebiet einen allgemeinen Zugang zu amtli306 Das Gesetz wurde zwar 1772 durch König Gustav III. aufgehoben, jedoch schon unter der Verfassung von 1809 wieder in Kraft gesetzt. Seitdem zählt es zum materiellen Verfassungsrecht Schwedens; Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 29; vgl. zur Geschichte auch Askelöf/Fernemann-Heurgen, S. 474 f.; Petrén, VerwArch 49 (1958), 323 ff.; Jastrow/Schlatmann, Einl., Rn. 60, weisen darauf hin, dass nur solche Dokumente freigegeben würden, die zuvor als solche registriert wurden. Nicht abgeschlossene Vorgänge seien nicht notwendig registriert. 307 U.S.C. § 552, Public Law No. 95-202; erweitert durch den Electronic Freedom of Information Act von 1996, Public Law No. 104-231, 110 Stat. 3048. 308 Schon im Jahre 1849 verabschiedete allerdings der US-Bundesstaat Wisconsin das erste Informationszugangsgesetz der USA, vgl. Berger/Roth/Scheel-Kollbeck/von Dobeneck, Einl. I, Rn. 12. 309 Bräutigam, DÖV 2005, 376: „das meistbenutzte Informationsfreiheitsgesetz der Welt“; Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 29; eine Gegenüberstellung von Vorschriften des IFG und des FOIA findet sich bei Jastrow/Schlatmann, Einl., Rn. 63. 310 Finnland hatte die Informationszugangsfreiheit schon zuvor (1951) verwirklicht. 311 Vgl. Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 31 f. 312 Ausnahmetatbestände, die eine Versagung des Zugangs ermöglichten, wurden noch enger gefasst; vgl. Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 30; Schlachter, S. 63 ff. 313 Die Klassifizierung von Akten als geheim oder streng geheim wurde erleichtert. Außerdem sind sämtliche Informationen vom freien Informationszugang ausgenommen, die „wichtige Infrastrukturen“ (critical infrastructure) betreffen, vgl. Bräutigam, DÖV 2005, 376 (381).

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chen Informationen gewährte, war dagegen ein Landesgesetz. Als Vorreiter tat sich insoweit das Land Brandenburg hervor. Bereits die brandenburgische Landesverfassung vom 20. August 1992 enthält in Art. 21 Abs. 4 ein umfassendes Grundrecht auf Akteneinsicht. Auf einfach-gesetzlicher Ebene verabschiedete das Land dann am 10. März 1998 mit dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG Bbg)314 das erste allgemeine Informationszugangsgesetz Deutschlands. Soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen, hat danach jeder das Recht auf Einsicht in Akten (§§ 1, 4, 5 AIG Bbg). Als nächstes Bundesland erließ Berlin am 15. Oktober 1999 das Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (BerlIFG).315 Es folgten Schleswig-Holstein316 und Nordrhein-Westfalen.317 Auf Bundesebene ist der Weg zu einem allgemeinen Informationszugangsgesetz dagegen „stein- und dornenreich“318 gewesen. Ein erster Gesetzesentwurf319 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von 1997 scheiterte unter der Regierung Kohl. Während der ersten rotgrünen Legislaturperiode wurden ein Referentenentwurf320 sowie der Professorenentwurf von Schoch und Kloepfer321 ausgearbeitet. Innerkoalitionäre Meinungsverschiedenheiten verhinderten jedoch, dass aus diesen Entwürfen ein Gesetz wurde. Erst in der zweiten Legislaturperiode der rotgrünen Bundesregierung verständigten sich die Regierungsfraktionen und die Bundesregierung auf einen Gesetzentwurf. Dieser wurde gegen die Stimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der FDP verabschiedet. Am 1. Januar 2006 trat das „Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)“322 in Kraft. Nach § 1 Abs. 1 IFG hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand (§ 1 Abs. 2 IFG). Die §§ 3 – 6 IFG enthalten sodann Tatbestände, bei deren Vorliegen der Zugangsanspruch entweder von vornherein nicht besteht oder die Informationsgewährung nach einer Abwägungsentscheidung verweigert werden kann. Schutzob314

GVBl. 1998 I, S. 46. GVBl. 1999, S. 561. 316 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (IFG-SH) v. 09.02.2000, GVBl. 2000, S. 166. 317 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) v. 27.11.2001, GVBl. 2001, S. 806. 318 So Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1278). 319 BT-Drs. 13/8432. 320 Abgedruckt bei Schoch/Kloepfer, S. 201 ff. 321 Schoch/Kloepfer. 322 Gesetz vom 05.09.2005, BGBl. 2005 I, S. 2722. 315

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jekte dieser Vorschriften sind besondere öffentliche Belange, der behördliche Entscheidungsprozess, personenbezogene Daten sowie das geistige Eigentum und Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.323 Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist (§ 7 Abs. 2 S. 1 IFG). Gegen eine ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig (§ 9 Abs. 4 S. 1 IFG). Die Entwicklung auf Bundesebene hatte wiederum Signalwirkung für weitere Bundesländer. Hamburg,324 Bremen,325 Mecklenburg-Vorpommern,326 das Saarland,327 Thüringen328 und Sachsen-Anhalt329 trafen entsprechende Landesregelungen. Die Gesetze des Saarlandes und Thüringens erklären dabei das „Informationsfreiheitsgesetz“ des Bundes für entsprechend anwendbar. Nach derzeitigem Stand gelten damit in zehn der sechzehn Bundesländer allgemeine Informationszugangsgesetze. .

d) Neue Konturen der Allgemeinzugänglichkeit Nach den einschlägigen dienstrechtlichen Vorschriften (§ 61 BBG, § 37 BeamtStG) sind amtliche Informationen grundsätzlich geheim. Fraglich ist, ob sie durch das Informationszugangsrecht zu allgemein zugänglichen Quellen geworden sind. .

aa) Merkmale der Allgemeinzugänglichkeit An der Geheimhaltung einer Tatsache besteht dann keinerlei Interesse mehr, wenn die Tatsache offenkundig (geworden) ist.330 Offenkundig sind solche Tatsachen, von denen verständige und erfahrene Menschen Kenntnis haben oder von denen sie sich

323

Ausführlicher zu den Verweigerungstatbeständen unten C. I. 4. d) ee) (2) d). Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG) v. 11.04.2006, GVBl. 2006, 167, neu erlassen am 17.02.2009, GVBl. 2009, S. 29. 325 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (BremIFG) v. 16.05.2006, GBl. 2006, S. 263. 326 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V) v. 10.07.2006, GVOBl. 2006, S. 556. 327 Saarländisches Informationsfreiheitsgesetz (SIFG) v. 12.07.2006, Amtsbl. 2006, S. 1624. 328 Thüringer Informationsfreiheitsgesetz (ThürIFG) v. 20.12.2007, GVBl. 2007, S. 256. 329 Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA) v. 19.06.2008, GVBl. 2008, S. 242. 330 BGH, Urt. v. 09.12.2002 – 5 StR 276/02, BGHSt 48, 126 (129 f.); Fischer, § 353b, Rn. 7c. 324

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jederzeit durch Benutzung allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen unschwer überzeugen können.331 (1) Verfassungsrechtliche Allgemeinzugänglichkeit Den verfassungsrechtlichen Begriff der Allgemeinzugänglichkeit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG) hat das Bundesverfassungsgericht dahingehend konkretisiert, dass eine Quelle dann allgemein zugänglich ist, wenn sie „geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.“332 Der Begriff setzt sich daher aus den Komponenten der Eignung und der Bestimmung zusammen. In der älteren verfassungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur wurde vor allem das Erfordernis der faktischen Eignung betont. So stellte zuerst Lerche fest: „Der Begriff der allgemeinen Zugänglichkeit kann, wenn anders die Informationsfreiheit nicht gegenstandslos werden soll, grundsätzlich nur von der tatsächlichen Art der Abgabe der jeweiligen Information abhängen, nicht aber staatlicher (z. B. gesetzgeberischer) Verfügung und Bestimmung unterliegen.“333 Das Bundesverfassungsgericht ist dem gefolgt.334 Ebenso argumentiert Herzog: „Hätte der Gesetzgeber oder sonst irgendeine staatliche Instanz das Recht, mit verbindlicher Wirkung für die Anwendung des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG darüber zu entscheiden, welche Informationsquellen allgemein zugänglich sein sollen und welche nicht, so wäre das Grundrecht (…) vollständig dem Willen des Gesetzgebers ausgeliefert.“335 Wendet man aber den Blick auf staatliche Informationen, wird schnell deutlich, dass die Eignungskomponente zur Konkretisierung der Allgemeinzugänglichkeit allein nicht ausreicht. Bei rein faktischer Betrachtung wären staatliche Informationen im Grunde nie allgemein zugänglich. Behördenakten liegen schließlich nach wie vor nicht am Zeitungsstand öffentlich aus. In ihnen kann auch nicht im Wege eines elektronischen Datenbankzugriffs auf eigene Faust gestöbert werden. Im Gegenteil: Staatliche Informationen liegen in den Händen der Behörde, möglicherweise im Archiv oder sonst auf irgendeine Weise unter Verschluss. Der Staat muss erst noch bestimmen, welche seiner Informationen der Allgemeinheit zugänglich sein sollen. Entscheidende Bedeutung kommt daher der Bestimmungskomponente zu. Informationen sind nicht von sich aus allgemein zugänglich. Irgendjemand muss sie zu331

So zu § 203 StGB, BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (30 f.); Fischer, § 353b, Rn. 7c; LK-Träger, § 353b, Rn. 7; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 20; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 11; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 4. 332 BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99, BVerfGE 103, 44 (60), st. Rspr.; vgl. aus der Literatur nur Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, II, Rn. 90. 333 EvStL-Lerche, Sp. 1315; so auch Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, II, Rn. 89 f.; von Münch/Kunig-Wendt, Art. 5, Rn. 23; von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 44. 334 BVerfG, Beschl. v. 03.10.1969 – 1 BvR 46/65, BVerfGE 27, 71 (83 f.). 335 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, II, Rn. 89.

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nächst einmal zugänglich machen. Im ersten Schritt entscheidet daher über die Zugänglichkeit und die Art der Zugangseröffnung, wer nach der Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt.336 Für private Informationen ist dies die entsprechende Privatperson (insbesondere die Massenmedien Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen337), für öffentliche Informationen der Staat. Staatliche Akten können somit nur dann allgemein zugänglich sein bzw. werden, wenn der Staat sich dazu entscheidet, diese zugänglich zu machen. Die Ausübung des Bestimmungsrechts ist dabei für Dritte keine Beschränkung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG; durch sie wird der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG erst ausgestaltet. So stellt nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht fest: „Legt der Gesetzgeber die Art der Zugänglichkeit von staatlichen Vorgängen und damit zugleich das Ausmaß der Öffnung dieser Informationsquelle fest, so wird in diesem Umfang zugleich der Schutzbereich der Informationsfreiheit eröffnet.“338 Festzuhalten ist daher, dass die rechtliche Bestimmung gerade die Voraussetzung für die Allgemeinzugänglichkeit einer Quelle ist. Ebenso stellte das Oberverwaltungsgericht Münster fest: „Behördenakten sind Informationsquellen, jedoch nicht von vornherein allgemein zugängliche Quellen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 GG. Über ihre öffentliche Zugänglichkeit entscheidet der Gesetzgeber im Rahmen seiner Befugnis zur Ausgestaltung.“339 Die faktische Eignung kommt damit erst auf der zweiten Ebene zum Zuge: Einmal zugänglich Gemachtes, was also faktisch dem allgemeinen Zugang offen steht, darf nicht durch staatliche Bestimmung ohne Beachtung der Grenzen des Art. 5 Abs. 2 GG unter Verschluss genommen werden. Insbesondere die Verbreitung der Massenmedien soll nicht von einem staatlichen Plazet abhängig sein. So wie der Gesetzgeber nicht durch die gesetzliche Regelung der Erlaubtheit eines Berufs über den Anwendungsbereich des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) entscheiden kann, so soll ihm eine eigenmächtige, nachträgliche – also nach der Veröffentlichung liegende – Gestaltung des Schutzbereichs auch mit Blick auf die Informationsfreiheit versagt sein.340 Eine gesonderte Frage ist es, ob es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen vorgegeben ist, wieweit er staatliche Quellen zu öffnen hat, ob er also in seinem Bestimmungsrecht durch das Grundgesetz determiniert wird. Diese Frage ist im Ergebnis zu bejahen: Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 20 Abs. 3 GG) und an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) gebunden. Ebenso stellte das Bun336 BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99 BVerfGE 103, 44 (60); tatsächliche Ereignisse (bspw. ein Verkehrsunfall) unterliegen naturgemäß keinem Bestimmungsrecht. Insoweit kommt es also nur auf die faktische Eignung an; vgl. zum Recht auf Unterrichtung „an der Quelle“ Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, II, Rn. 87. 337 Vgl. nur von Münch/Kunig-Wendt, Art. 5, Rn. 23. 338 BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99 BVerfGE 103, 44 (61); vgl. auch Stern-Stern, Bd. IV/1, S. 1405; Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5, Rn. 79. 339 OVG Münster, Beschl. v. 21.08.2008 – 13a F 11/08, NVwZ 2008, 1382. 340 Vgl. Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, II, Rn. 89.

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desverfassungsgericht fest: „Folgt aber aus Verfassungsrecht, dass der Zugang als solcher weiter oder gar unbeschränkt hätte eröffnet werden müssen, kann dies vom Träger des Grundrechts der Informationsfreiheit (…) geltend gemacht werden.“341 Insbesondere wird in diesem Zusammenhang an das aus dem Demokratieprinzip folgende Transparenzgebot zu denken sein.342 Konkrete Vorgaben lassen sich dem Grundgesetz dagegen nicht entnehmen und es erscheint praktisch ausgeschlossen, im Einzelfall eine Unterschreitung des verfassungsrechtlichen Informationsniveaus festzustellen. Letztlich steht die Allgemeinzugänglichkeit staatlicher Quellen damit in einem äußerst weitgehenden Ermessen des Gesetzgebers. (2) Einfachgesetzliche Allgemeinzugänglichkeit Die auf verfassungsrechtlicher Ebene gefundenen Ergebnisse lassen sich auf das einfache Gesetzesrecht übertragen.343 Der Begriff der Allgemeinzugänglichkeit weist auf beiden Normebenen den gleichen Gehalt auf. Zwar ist der Zweck der Gewährleistung der Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG die Abwehr staatlicher Eingriffe in die Informationsbeschaffung, wohingegen die geheimnisschützende Strafvorschrift des § 353b StGB gerade auf eine Unterbrechung des Informationsflusses gerichtet ist. Die mit der Allgemeinzugänglichkeit jeweils verknüpften Regelungszwecke sind aber in ihrem Kern vergleichbar. Das Grundrecht der Informationsfreiheit soll verhindern, dass einmal zugängliche, in diesem Zusammenhang: staatliche Quellen wieder verstopft werden. Nur in den Grenzen des Art. 5 Abs. 2 GG darf der vorhandene Informationsfluss wieder begrenzt werden. § 353b StGB dient dazu, zulässige Verstopfungen strafrechtlich zu verstärken. Wo hingegen Informationen keiner Geheimhaltung unterliegen, ist die Verstopfung der Quelle und damit auch eine hierauf bezogene strafrechtliche Sanktion unzulässig. Es zeigt sich daher, dass Verfassungsrecht und einfaches Gesetzesrecht denselben Bezugspunkt haben, nämlich die Erhaltung einer einmal hergestellten Allgemeinzugänglichkeit. Allgemeinzugänglichkeit hat somit im Verfassungsrecht und im einfachen Gesetzesrecht denselben Bedeutungsgehalt. Folglich ist mit Blick auf staatliche Informationen auch im Strafrecht darauf abzustellen, ob der Gesetzgeber eine im staatlichen Verantwortungsbereich liegende Informationsquelle zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt hat oder nicht.

341 BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99 BVerfGE 103, 44 (61); ebenso BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 – 1 BvR 620/07, BVerfGE 119, 309 (319); angedeutet auch bei Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 214: „in den durch sonstige Verfassungsbestimmungen gezogenen Grenzen.“ 342 Scherzberg, S. 339 f., geht vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Transparenzgebots sogar soweit, sämtliche staatlichen Datenbestände als allgemein zugänglich im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG zu qualifizieren. 343 Vgl. auch Schoch, § 9, Rn. 43, der mit Blick auf die Verwendung des Begriffs „allgemein zugängliche Quellen“ in § 9 Abs. 3 IFG darauf hinweist, dass die dortige Begriffsverwendung an Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG anknüpft, so dass die verfassungsrechtliche Begriffsbestimmung im vorliegenden Zusammenhang Verwendung finden könne.

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Dementsprechend sind auch nach der Rechtsprechung der ordentlichen Strafgerichte insbesondere solche Daten allgemein zugänglich, die sich Registern ohne den Nachweis eines berechtigen Interesses entnehmen lassen.344 Beschränkte Zugriffsmöglichkeiten bewirken dagegen, dass die Kenntnis nicht über einen begrenzten Personenkreis hinausgeht, so dass weiterhin von einem Geheimnis ausgegangen werden muss.345 Voraussetzung für die allgemeine Zugänglichkeit öffentlicher Register ist daher das Fehlen von Benutzungsbeschränkungen.346 Dabei stellen Faktoren wie Öffnungszeiten, Gebühren oder Anmeldepflichten keine Zugangsbeschränkungen in diesem Sinne dar, sondern sind lediglich dem Erfordernis eines verfahrensmäßig geordneten Zugangs geschuldet.347 Von offenkundigen Informationen kann somit immer dann gesprochen werden, wenn die Zahl der Unterrichteten nicht mehr kontrolliert und gesteuert werden kann.348 Im Bundesdatenschutzgesetz ist der Begriff der allgemeinen Zugänglichkeit legal definiert. Nach § 10 Abs. 5 S. 2 BDSG sind allgemein zugänglich solche Daten, die jedermann, sei es ohne oder nach vorheriger Anmeldung, Zulassung oder Entrichtung eines Entgelts, nutzen kann. Die Gesetzesbegründung zu dieser Norm stellt in terminologischer Hinsicht im Übrigen ausdrücklich fest, dass zwischen den Begriffen „Offenkundigkeit“, „allgemein zugängliche Daten“ und „Daten aus allgemein zugänglichen Quellen“ keine Bedeutungsunterschiede bestehen sollen.349 bb) Allgemeinzugänglichkeit durch Informationszugangsgesetze Nunmehr schließt sich die Frage an, ob die nach den Informationszugangsgesetzen – also auf Grund rechtlicher Vorgaben – erlangbaren amtlichen Informationen allgemein zugänglich sind. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat dies auf verfas344 Zu § 203 StGB: BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (31); zu § 43 BDSG: BGH, Urt. v. 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 (597); vereinzelte Stimmen in Rechtsprechung und Literatur halten den Nachweis eines berechtigten Interesses dagegen nicht für eine Einschränkung allgemeiner Zugänglichkeit, so für die einfache Registerauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG BayObLG, Urt. v. 18.01.1999 – 5 St RR 173/99, NJW 1999, 1727 (1728); HansOLG Hamburg, Beschl. v. 22.01.1980 – 2 Ss 105/97 – I 4/98, NStZ 1998, 358; ähnlich MüKo-Cierniak, § 203, Rn. 16, 92; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 21; hier noch von einer allgemeinen Zugänglichkeit zu sprechen, erscheint allerdings zweifelhaft. Die Daten können nämlich nur dann erlangt werden, wenn der Empfänger unter Angabe des betreffenden Kennzeichens oder der betreffenden Fahrzeug-Identifizierungsnummer darlegt, dass er die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt (§ 39 Abs. 1 StVG). 345 BGH, Urt. v. 23.03.2001 – 2 StR 488/00, BGHSt 46, 339 (340 f.). 346 Zu § 203 StGB: BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (31). 347 BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (31). 348 Im Ansatz daher richtig: HansOLG Hamburg, Beschl. v. 22.01.1980 – 2 Ss 105/97 – I 4/ 98, NStZ 1998, 358. 349 BT-Drs. 14/5793, S. 64.

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sungsrechtlicher Ebene mit Blick auf das Umweltinformationsgesetz (UIG) verneint.350 Die Tatsache, dass das UIG eine Zugangsberechtigung zu Umweltinformationen schaffe, rechtfertige nicht ihre Qualifizierung als allgemein zugängliche Quellen. Zur Begründung verfällt der Gerichtshof der rein faktischen Betrachtungsweise: Für die Zuordnung zu dem Begriff der allgemeinen Zugänglichkeit komme es maßgeblich auf die objektive faktische Zugänglichkeit für einen unbestimmten Personenkreis an. Eine Qualifizierung über Rechtssätze als allgemein zugänglich sei nicht möglich. Hinzu komme, dass auch nach dem UIG die Daten keinesfalls rechtlich in vollem Umfang frei zugänglich seien. Vielmehr bestehe weiter das Recht der Behörde, die Art des Zugangs nach Ermessen zu regeln. Dass es nicht nur auf die faktische Eignung der Informationen ankommt, ist bereits dargelegt worden. Aber auch der Hinweis auf den Ermessenspielraum der Behörde bei der Wahl der Zugangsart geht fehl. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt (Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht), so darf dieser nach § 3 Abs. 2 S. 2 UIG nur aus gewichtigen Gründen auf eine andere Art eröffnet werden. Von Teilen der Literatur ist die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim trotz allem ohne eigenständige Begründungen übernommen worden.351 Die überwiegende Meinung geht dagegen zu Recht von der verfassungsrechtlichen Allgemeinzugänglichkeit der auf Grundlage von Informationszugangsansprüchen erlangbaren Informationen aus.352 Für das Strafrecht kann allerdings ergänzend die Register-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs herangezogen werden. Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass solche Informationen allgemein zugänglich sind, die sich Registern ohne den Nachweis eines berechtigten Interesses entnehmen lassen.353 Dies ist überzeugend, weil ohne dieses Erfordernis der Registerzugang jedermann offen steht. Für das Vereinsregister wird dies in § 79 Abs. 1 S. 1 BGB ausdrücklich ausgesprochen: „Die Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem Verein bei dem Amtsgericht eingereichten Schriftstücke ist jedem gestattet.“ Für das Güterrechtsregister ist dies in vergleich350

VGH Mannheim, Urt. v. 10.06.1998 – 10 S 58/97, NVwZ 1998, 987 (990); aufgehoben durch BVerwG, Urt. v. 28.10.1999 – 7 C 32/98, NVwZ 2000, 436, allerdings ohne dass auf die hier interessierenden Ausführungen des VGH eingegangen wurde. 351 BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 293; Stern-Stern, Bd. IV/1, S. 1410; Jastrow/ Schlatmann, Einl., Rn. 17. 352 Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5, Rn. 79; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5, Rn. 16a; Rossi, Informationszugangsfreiheit, S. 215, 219; Schoch, Einl., Rn. 153; von Mangoldt/Klein/StarckStarck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 50; vgl. auch Kloepfer/Schärdel, JZ 2009, 453 (459); OVG Münster, Beschl. v. 21.08.2008 – 13a F 11/08, NVwZ 2008, 1382, das zunächst betont, der Gesetzgeber entscheide über die allgemeine Zugänglichkeit von Informationsquellen im Rahmen seiner Befugnis zur Ausgestaltung, und wenige Zeilen später feststellt, das althergebrachte Amtsgeheimnis habe durch das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen eine neue Ausgestaltung erfahren. Hiermit zieht das Gericht die Konsequenz der Allgemeinzugänglichkeit. 353 BGH, Urt. v. 08.10.2002 – 1 StR 150/02, BGHSt 48, 28 (31); BGH, Urt. v. 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 (597).

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barer Weise in § 1563 S. 1 BGB geregelt, für das Handelsregister in § 9 Abs. 1 S. 1 HGB. Was für das Registerrecht entschieden wurde, könnte auch für alle anderen durch die Rechtsordnung gewährten voraussetzungslosen Informationsansprüche gelten.354 All diesen Regelungen ist gemein, dass sie, ebenso wie die genannten Normen zur Registerauskunft, keinerlei rechtliches oder berechtigtes Interesse erfordern. Trotzdem stellt sich die Frage, ob sich die Register-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne weiteres auf Informationszugangsgesetze übertragen lässt. Die im Vereins-, Güterrechts- oder Handelsregister enthaltenen Informationen werden auf einen Einsichtsantrag hin zur Verfügung gestellt, ohne dass der Behörde eine Beschränkung des Zugangs aufgrund von Ausnahmetatbeständen möglich ist. Dies ist damit erklärbar, dass die Registerinformationen gerade auch für die Einsichtnahme durch Dritte vorgehalten werden. Bei den auf der Grundlage der Informationszugangsgesetze (UIG, VIG, IFG) erlangbaren Daten ist dies anders. Der Zugangsanspruch bezieht sich nämlich auf alle bei einer Behörde zu verschiedensten Verfahrensvorgängen und Themenkomplexen vorhandenen Informationen. Diese Informationen spiegeln den gesamten Wissensstand einer Behörde zu einer bestimmten Frage wider. Deshalb enthalten sämtliche Informationszugangsgesetze Ausnahmetatbestände355 zum Schutz öffentlicher und privater Belange, nach denen die Behörde die Erfüllung des Zugangsanspruchs nur beschränkt gewähren oder ganz verweigern kann. Bei jedem Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen hat die zuständige Behörde daher zu prüfen, ob die begehrten Informationen tatsächlich herausgegeben werden dürfen. Fraglich könnte daher sein, ob Allgemeinzugänglichkeit nur auf dem in den Informationszugangsgesetzen vorgesehenen Weg bestehen soll. Dies ist zu verneinen. Allgemeinzugänglichkeit ist schließlich immer nur soweit anzunehmen, wie keiner der Ausnahmetatbestände einschlägig ist und die Behörde deshalb die Informationen herausgeben müsste. An die Einhaltung von Verwaltungsverfahrensvorschriften knüpft § 353b StGB dagegen gerade nicht an. Hierin besteht zum Beispiel ein deutlicher Unterschied zu den Tatbeständen des Umweltstrafrechts, das durch eine weitgehende Verwaltungsrechtsakzessorietät gekennzeichnet ist. Dort haben behördliche Genehmigungen tatsächlich tatbestandsausschließende Wirkung, wo die Tat „unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ (§§ 324a, 325, 325a StGB) oder „ohne die erforderliche Genehmigung“ (§§ 327, 328 Abs. 1 StGB) be-

354

Hier sei noch einmal auf § 5 Abs. 1 S. 1 BArchG verwiesen, der jedermann das Recht gewährt, Archivgut des Bundesarchivs aus einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Zeit zu nutzen. Das Umweltinformationsgesetz gewährt jeder Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen (§ 3 Abs. 1 S. 1 UIG). Das Verbraucherinformationsgesetz normiert einen entsprechenden Anspruch für die nach diesem Gesetz erlangbaren Daten (§ 1 S. 1 VIG). Schließlich kennzeichnet sich das allgemeine Informationszugangsrecht, also die Informationszugangsgesetze des Bundes und der Länder durch einen auf alle amtlichen Informationen bezogenen Zugangsanspruch. 355 Vgl. §§ 8, 9 UIG; § 2 VIG; §§ 3 – 6 IFG.

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gangen werden muss.356 Würde hingegen jede eigenmächtige Be- oder (aus der Perspektive des Amtsträgers) Verschaffung staatlicher Informationen den Anwendungsbereich des § 353b StGB eröffnen, würde dies die tatbestandsbegrenzende Funktion der Allgemeinzugänglichkeit unbeachtet lassen. Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf das Registerrecht ist also nicht nur zuzustimmen, sie kann auch übertragen werden auf alle Konstellationen, in denen Daten und Informationen ohne den Nachweis eines irgendwie gearteten Interesses erlangt werden können. Diese Informationen sind allgemein zugänglich und nicht durch § 353b StGB geschützt. Somit ist in dieser Hinsicht ein Gleichklang zwischen Verfassungsrecht und Strafrecht festzustellen: Das Informationszugangsrecht bewirkt in beiden Rechtsgebieten gleichermaßen die Allgemeinzugänglichkeit der Informationen. Nur am Rande soll noch auf Folgendes eingegangen werden: Zum Teil finden sich im Informationszugangsrecht Regelungen, nach denen der Informationsantrag abgelehnt werden kann, wenn der Antragsteller sich die Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.357 Hieraus könnte der Schluss gezogen werden, die nach dem jeweiligen Gesetz erlangbaren Informationen seien ihrerseits nicht allgemein zugänglich. Derartige Regelungen dienen jedoch nur dazu, zu verhindern, dass die Behörde mit Rechercheaufgaben belastet wird, die der Antragsteller selbst genauso gut leisten könnte.358 Mit den „allgemein zugänglichen Quellen“ können daher nur „sonst allgemein zugängliche Quellen“ gemeint sein.359 Eine Indizwirkung in der Hinsicht, dass das jeweilige Informationszugangsgesetz seinerseits keine Allgemeinzugänglichkeit herstellt, ist damit dagegen keinesfalls verbunden. Es bleibt daher dabei: Auf der Grundlage des Informationszugangsrechts erlangbare Informationen sind – auch wenn sie tatsächlich nicht auf dem ordnungsgemäßen Verfahrenswege erlangt werden – allgemein zugänglich und nicht durch § 353b StGB geschützt.

cc) Keine Allgemeinzugänglichkeit durch Pressegesetze Der presserechtliche Auskunftsanspruch hat auch nach dem Erlass der allgemeinen Informationszugangsgesetze weiterhin eine hohe praktische Bedeutung. Das hängt damit zusammen, dass in sechs der sechzehn Bundesländer noch keine allge356 Das in einigen Tatbeständen (§§ 324 Abs. 1, 326 Abs. 1 StGB) verwendete Merkmal „unbefugt“ wird hingegen von der überwiegenden Meinung so verstanden, dass eine behördliche Genehmigung der Gewässerverunreinigung bzw. dem Umgang mit gefährlichen Abfällen die Rechtswidrigkeit nimmt, vgl. zu dieser Frage MüKo-Schmitz, Vor §§ 324 ff., Rn. 44. 357 § 9 Abs. 3 IFG, § 3 Abs. 5 S. 1 VIG. 358 Kritisch, nämlich auf das Erfordernis einer aktiven Informationspolitik des Staates hinweisend, Schoch, § 9, Rn. 42. 359 Dies zeigt sich auch an § 3 Abs. 2 S. 4 UIG, nach dem der Antrag abgelehnt werden kann, wenn die Umweltinformationen der antragstellenden Person bereits auf andere, leicht zugängliche Art zur Verfügung stehen, vgl. auch Schoch, § 9, Rn. 43.

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meinen Informationszugangsgesetze erlassen worden sind, so dass Journalisten in diesen Ländern Informationen der Landesbehörden nur aufgrund des Presserechts erlangen können. Nach dem presserechtlichen Auskunftsanspruch sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse, die sich als solche ausweisen, zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe Auskünfte zu erteilen. Fraglich ist, ob auch die hiernach erlangbaren Informationen allgemein zugänglich sind. Voraussetzung der Allgemeinzugänglichkeit ist zunächst, wie gezeigt, die Tatsache, dass zur Erlangung der Informationen keinerlei Nachweis eines berechtigten Interesses erforderlich ist. Mit Ausnahme der Regelungen in Bayern360 und Hessen361 setzt der presserechtliche Informationsanspruch allerdings voraus, dass die geforderte Auskunft der Presse zur „Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe“ dient. Hieraus könnte abgeleitet werden, dass ein entsprechender Verwendungszweck und die Eignung der Informationen hierzu von den Presseleuten glaubhaft gemacht werden muss. Daran anschließend müsste gefragt werden, ob eine Behörde eine geforderte Auskunft mit dem Argument verweigern dürfte, die Informationen würden nicht der öffentlichen Aufgabe der Presse dienen.362 Dies ist zu verneinen. Auskünfte können dann verweigert werden, wenn einer der gesetzlichen Ablehnungsgründe (in der Regel in § 4 Abs. 2 LPG) vorliegt. Außerhalb dessen ist die Auskunft zu gewähren. Geht es zum Beispiel um Vorgänge, die dem persönlichkeitsrechtlichen Schutz der Intim- oder Privatsphäre unterliegen, so steht hierfür ein entsprechender Ablehnungsgrund zur Verfügung. Insbesondere ermöglicht der weite Ablehnungsgrund der überwiegenden öffentlichen bzw. privaten Interessen umfassende Abwägungen, so dass letztlich kein Fall denkbar ist, in dem die Behörde eine Auskunft schon nach Absatz 1 wegen mangelnder öffentlicher Relevanz verweigern dürfte. Das Erfordernis der „Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe“ ist daher lediglich deklaratorischer Natur und in praktischer Hinsicht bedeutungslos.363 Der Nachweis irgendeines berechtigten Interesses durch die Presse, im Sinne etwa eines Publikationsinteresses, ist daher nicht erforderlich. Somit könnte die Allgemeinzugänglichkeit der auf der Grundlage der Landespressegesetze erlangbaren Informationen noch bejaht werden. Der presserechtliche Auskunftsanspruch steht jedoch nur einem begrenzten Personenkreis, nämlich nur Journalisten zu. Von einer Allgemeinzugänglichkeit im Sinne einer an alle Bürger gerichteten Informationsmöglichkeit kann daher keine Rede sein. Man könnte zwar argumentieren, dass bestimmte Tatsachen, die ein Journalist aufgrund des Auskunftsanspruches erfahren kann, ihm gegenüber keine Geheimnisse darstellen. Eine solche Relativierung des Geheimnisbegriffs würde jedoch die allgemein akzeptierte Definition eines Geheimnisses geradezu auf den Kopf stellen. Das durch seine Gegensätzlichkeit geprägte Begriffspaar „begrenzter Personen360

Art. 4 S. 1 BayPresseG: „Die Presse hat gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft.“ § 3 S. 1 HPresseG: „Die Behörden sind verpflichtet, der Presse die gewünschten Auskünfte zu erteilen.“ 362 Diese Frage aufwerfend Löffler-Burkhardt, § 4, Rn. 86. 363 So auch Löffler-Burkhardt, § 4, Rn. 86. 361

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kreis“ und „Allgemeinheit“ markiert die klare Trennlinie zwischen Geheimnis und Nicht-Geheimnis. Die Medien bilden einen zwar außerhalb der staatlichen Sphäre befindlichen, aber gegenüber der Allgemeinheit dennoch abgrenzbaren Personenkreis. Dass sie möglicherweise in der Folge durch ihre Veröffentlichungstätigkeit Allgemeinzugänglichkeit herstellen, muss dagegen unberücksichtigt bleiben. Aufgrund des presserechtlichen Auskunftsanspruchs erlangbare Informationen sind somit nicht allgemein zugänglich, sondern in ihrer Eigenschaft als amtliche Informationen weiterhin durch § 353b StGB geschützt. Wenn nicht der ordnungsgemäße Verfahrensweg eingehalten wird – und um diese Konstellation geht es vorliegend –, erscheint daher eine Strafbarkeit möglich. In der Weitergabe der Informationen durch einen Amtsträger an einen Journalisten wird nämlich immer auch ein Offenbaren im Sinne des § 353b StGB liegen, wenn der Journalist von den entsprechenden Informationen bis dato keine Kenntnis hatte. Die Weitergabe wäre auch nicht befugt im Sinne der Vorschrift. Auskünfte an die Presse erfolgen nur dann in befugter Weise, wenn sie nach dem dafür vorgesehenen Verfahren stattfinden,364 also der Vorstand der Behörde oder der von ihm bestimmte Beamte (§ 63 BBG) Auskünfte an die Presse erteilt und eine Genehmigung des Dienstvorgesetzten (§ 61 Abs. 2 BBG, § 37 Abs. 3 BeamtStG) vorliegt. Nur so wird der einzelne Beamte der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit enthoben (§ 61 BBG, § 37 BeamtStG). Dagegen können sich Informanten, die außerhalb dieses Verfahrens amtliche Informationen an die Medien weitergeben, nicht auf eine entsprechende Befugnis berufen. Die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht entfällt zwar auch dann, wenn die Tatsachen ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen (§ 67 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BBG, § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BeamtStG); hier ließe sich wiederum argumentieren, dass solche Tatsachen, die ein Journalist über den presserechtlichen Auskunftsanspruch erlangen kann, ihm gegenüber keiner Geheimhaltung bedürfen. Diese Argumentation würde allerdings „durch die Hintertür“ wiederum zu einer Relativierung des Geheimnisbegriffs führen. Fraglich ist aber, ob § 353b StGB in diesem Rahmen nun doch den bloßen Verwaltungsungehorsam bestraft, ob also die Erlangung derselben Informationen, die ein Journalist auf ordentlichem Verfahrenswege bekommen könnte, nur deshalb strafbar sein soll, weil er sie außerhalb dieses Verfahrens erlangt hat. Eine solche Sichtweise ist bezüglich der nach den Informationszugangsgesetzen erlangbaren Informationen abgelehnt worden. Im vorliegenden Zusammenhang bekommt das Verfahren hingegen eine eigene Bedeutung. Es handelt sich nämlich gerade nicht um „dieselben“ Informationen, die lediglich auf verschiedenen Wegen an ihren Empfänger gelangen. Die Betrachtung des Anspruchsgegenstands macht dies deutlich: Nach den verschiedenen Informationszugangsgesetzen des Bundes (IFG, UIG, VIG) kann der Zugang 364

So für § 203 Abs. 2 StGB OVG Münster, Beschl. v. 19.02.2004 – 5 A 640/02, NJW 2005, 618: „[Der Geheimnisschutz, der Verf.] greift nach dem Wortlaut gerade nicht ein, wenn die Offenbarung des Geheimnisses befugt erfolgt. § 4 Abs. 1 PresseGNRW verleiht den zuständigen Behörden ein solches Recht zur Auskunft gegenüber den Vertretern der Presse, soweit die Information zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse dient.“

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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in der Erteilung von Auskunft, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise bestehen.365 Begehrt der Antragsteller dabei eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nach dem allgemeinen Informationszugangsgesetz (IFG) und dem Umweltinformationsgesetz (UIG) nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden.366 Das zwar im Grundsatz bestehende behördliche Auswahlermessen steht damit unter dem Vorbehalt der fehlenden Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Antragsteller.367 Begehrt dieser Einsicht in Akten, wird ihm diese also nur im Ausnahmefall versagt werden können. Landesrechtliche Regelungen haben das Wahlrecht des Antragstellers teilweise noch stärker ausgestaltet.368 Informationszugangsgesetze gewähren somit unmittelbaren Zugriff auf die Informationen (die Akten, Daten) selbst. Landespressegesetze sehen dagegen eine von der Behörde verfasste Auskunft über die vorhandenen Informationen vor – nicht jedoch die Herausgabe der Daten selbst. So stellte das Verwaltungsgericht Schleswig zutreffend fest: „Gegenstand des gesetzlichen Auskunftsanspruchs ist eine auf Anfrage zu erteilende informative Mitteilung über die tatsächlichen Umstände, dies ist grundsätzlich nicht gleichbedeutend mit der Aushändigung von Informationsmaterialien oder Unterlagen. In welcher Form und mit welchem Inhalt die verpflichtete Behörde dem Auskunftsersuchen der Presse nachkommt, unterliegt keinen starren Regeln, sondern bestimmt sich nach den Anforderungen, die für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse im Einzelfall als notwendig erscheinen. Die Behörde hat in diesem Rahmen ein Gestaltungsermessen (…).“369 Dieses Auswahl- und Gestaltungsermessen370 hinsichtlich der Informationsgewährung steht im Gegensatz zu der – bei Ausübung des Wahlrechts durch den Antragsteller – faktisch gebundenen Entscheidung nach den Informationszugangsgesetzen. Während die Behörde nach den Informationszugangsgesetzen daher, wenn kein Verweigerungsgrund vorliegt, die begehrten Informationen in der begehrten Weise

365

§ 1 Abs. 2 S. 1 IFG; § 3 Abs. 2 S. 1 UIG; § 5 Abs. 1 S. 1 VIG. Hierfür nennen § 1 Abs. 2 S. 3 IFG und § 3 Abs. 2 S. 3 UIG als Regelbeispiel einen „deutlich höheren Verwaltungsaufwand“; dieses Kriterium ist restriktiv auszulegen und bedeutet, dass eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung drohen muss, vgl. Schoch, § 1, Rn. 153. 367 Berger/Roth/Scheel-Scheel, § 1, Rn. 102; Rossi, IFG, § 1, Rn. 94; Schoch, § 1, Rn. 148; im Verbraucherinformationsgesetz (VIG) bleibt es dagegen beim behördlichen Auswahlermessen. 368 Vgl. nur § 5 Abs. 1 IFG-SH; § 3 Abs. 1 S. 1 BerlIFG, nach denen die Behörde nach Wahl des Antragstellers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugänglich zu machen bzw. Akteneinsicht zu gewähren hat. 369 VG Schleswig, Beschl. v. 03.03.2008 – 15 B 13/08, NVwZ 2008, 1389; bestätigt durch OVG Schleswig, Beschl. v. 15.05.2008 – 3 MB 6/08, BeckRS 2008, 35274. 370 Vgl. außerdem VG Dresden, Beschl. v. 07.05.2009 – 5 L 42/09, AfP 2009, 301 (304); OVG Bremen, Urt. v. 25.10.1988 – OVG 1 BA 32/88, NJW 1989, 926; LG Frankfurt, Urt. v. 03.03.1988 – 2/3 O 46/88, AfP 1989, 572; Löffler/Ricker, Kap. 19, Rn. 2. 366

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zu liefern hat,371 so ist ihr nach dem Presserecht ein Ermessensspielraum eröffnet, auf welche Weise sie Auskunft erteilt und wie viele Informationen sie herausgibt.372 Dieser Ermessensspielraum würde der Behörde genommen, würde man eine Befugnis anerkennen, außerhalb dieses Auskunftsverfahrens amtliche Informationen an die Medien weiterzugeben. Vorliegend wird daher nicht die Einhaltung von Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen unter Strafe gestellt. Vielmehr wird der Behörde nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers ermöglicht, noch geheime Informationen so auszuwählen und zusammen zu stellen, dass sie als Grundlage von Presseveröffentlichungen dienen können. dd) Zwischenergebnis und Konsequenzen Es muss somit unterschieden werden zwischen dem Auskunftsanspruch des Presserechts und den der Allgemeinheit zukommenden Informationszugangsansprüchen. Nur das (allgemeine und bereichsspezifische) Informationszugangsrecht vermag die Strafbarkeit wegen Geheimnisverrats einzuschränken. Den allgemeinen Informationszugangsgesetzen kommt dabei die mit Abstand größte Bedeutung zu, weil sie – anders als Umwelt- und Verbraucherinformationsgesetz – nicht auf einzelne Sachmaterien beschränkt sind. Aufgrund des presserechtlichen Auskunftsanspruchs erlangbare Informationen sind dagegen nicht allgemein zugänglich. Die Relevanz der Unterscheidung zwischen Presserecht und Informationszugangsrecht soll an folgendem Beispielsfall verdeutlicht werden: Journalist A recherchiert in Baden-Württemberg wegen eines Korruptionsverdachts bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge durch das Landesinnenministerium. In Baden-Württemberg besteht lediglich der presserechtliche Auskunftsanspruch (§ 4 LPG Ba-Wü). Ein Landesinformationszugangsgesetz wurde bisher nicht erlassen. A überredet den Abteilungsleiter im Innenministerium B, ihm eine Kopie eines internen Prüfungsberichts zu überlassen, der eine detaillierte Aufstellung zu sämtlichen durch das Land vergebenen Bauaufträgen der letzten fünf Jahre beinhaltet. Dem Prüfungsbericht lassen sich die Auftragnehmer, die Auftragsvolumina sowie – ohne dass hierdurch Betriebsoder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden – die Angebote der nicht berücksichtigten Bewerber entnehmen. Bei den in dem Prüfungsbericht enthaltenen Daten handelt es sich um der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Informationen und damit um Geheimnisse im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Auf einen presserechtlichen Auskunftsanspruch des A hin hätte das Innenministerium nur die im Einzelfall erforderlichen Informationen in Form einer Auskunft herausgegeben, nicht jedoch eine derart umfangreiche Kopie. Auf der Grundlage eines allgemeinen Informationszugangsgesetzes hätte A dagegen die im Prüfungsbericht enthaltenen 371

Vgl. noch einmal § 1 Abs. 2 S. 2 IFG; § 3 Abs. 2 S. 3 UIG. Nur wenn die begehrte Auskunft anders nicht vollständig oder wahrheitsgemäß erteilt werden kann, ist der Anspruch auf Akteneinsicht gerichtet; vgl. Löffler-Burkhardt, § 4, Rn. 84; VG Cottbus, Beschl. v. 15.01.2001 – 1 L 783/01, AfP 2002, 360. 372

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Informationen erlangen können.373 Da ein solches Gesetz jedoch bisher in BadenWürttemberg nicht erlassen wurde, steht eine Strafbarkeit des B wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB) sowie des A wegen Anstiftung hierzu im Raum (§§ 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 26 StGB). ee) Umfang der Allgemeinzugänglichkeit Der Umfang der Allgemeinzugänglichkeit richtet sich nach dem Inhalt der Informationszugangsgesetze. Die entscheidende Rolle spielen dabei die jeweiligen Verweigerungstatbestände. Nach einer kurzen Skizzierung des Verhältnisses der verschiedenen Gesetze zueinander wird sich die Arbeit auf die Darstellung des Anspruchsinhalts und der Verweigerungstatbestände des Informationszugangsgesetzes des Bundes (IFG) beschränken. Dies begründet sich zum einen aus dem deutlich breiteren Anwendungsbereich der allgemeinen Informationszugangsgesetze gegenüber den bereichsspezifischen Zugangsrechten, die jeweils nur begrenzte Sachmaterien normieren. Zum anderen hängt die Beschränkung auf die Bundesregelung mit der Tatsache zusammen, dass sich dem IFG nachfolgende Landesregelungen weitgehend am Bundesgesetz orientiert haben und auch die übrigen Landesinformationszugangsgesetze im Wesentlichen vergleichbare Vorschriften enthalten, so dass sich ihre gesonderte Darstellung erübrigt. Wo jedoch signifikante Unterschiede zur Bundesregelung bestehen, wird auf diese hingewiesen. (1) Das Verhältnis der Informationszugangsgesetze untereinander Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der unterschiedlichen Informationszugangsgesetze ist nur dort von Bedeutung, wo sich Überschneidungen solcher Art ergeben, dass Informationen auf der Grundlage mehrerer Gesetze beansprucht werden können, die möglicherweise differierende Verweigerungstatbestände aufweisen. Daraus folgt zunächst, dass zwischen Bundes- und Landesrecht, also zum Beispiel zwischen dem allgemeinen Informationszugangsgesetz des Bundes (IFG) und denjenigen der Länder oder den jeweiligen Umweltinformationsgesetzen, keinerlei Konflikte entstehen können. Die Bundesregelungen sind gegenüber Bundesbehörden anwendbar, die Landesregelungen gegenüber Behörden des jeweiligen Landes. Auch werden die bereichsspezifischen Informationszugangsrechte aufgrund ihrer jeweils begrenzten Sachmaterie untereinander keine Überschneidungen aufweisen. Des Weiteren kommt es auf das Verhältnis des presserechtlichen Auskunftsanspruchs zu den Informationszugangsgesetzen aus den eben genannten Gründen nicht mehr an.374 Es

373

Für das vorliegende Beispiel soll davon ausgegangen werden, dass keiner der Tatbestände, die eine Verweigerung des Informationszugangs ermöglichen, erfüllt wäre. 374 Eine Abgrenzung ist hier allerdings auch gar nicht erforderlich, weil jedem Journalisten als natürlicher Person jedenfalls in den Bundesländern und Bereichen, in denen bereits Informationszugangsgesetze erlassen worden sind, Zugangsansprüche nach diesen Gesetzen zustehen.

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ergibt sich also, dass lediglich das Verhältnis des allgemeinen zum bereichsspezifischen Informationszugangsrecht klärungsbedürftig ist. Auf Bundesebene ist insoweit § 1 Abs. 3 IFG die zentrale Norm. Danach gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen (mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 SGB X) denjenigen des Bundesinformationszugangsgesetzes vor. Bereichsspezifische Informationszugangsregelungen werden durch das IFG daher nicht verdrängt.375 Umgekehrt stellt das IFG aber auch kein Auffanggesetz im Sinne eines Mindeststandards dar.376 Nach der Gesetzesbegründung können die Spezialgesetze sowohl weiter als auch enger sein,377 so dass die jeweils normierten Verweigerungstatbestände zur Anwendung kommen. Daraus folgt, dass sich der Zugang zu Umweltinformationen allein nach dem Umweltinformationsgesetz bestimmt, der Zugang zu Verbraucherinformationen allein nach dem Verbraucherinformationsgesetz, der Zugang zu Archivgut des Bundes allein nach dem Bundesarchivgesetz, der Zugang zu Stasi-Unterlagen allein nach dem Stasiunterlagengesetz und der Zugang zu Registern allein nach dem jeweils einschlägigen Registerrecht.378 Das IFG könnte somit als „Auffanggesetz“ nur für diejenigen Sachbereiche bezeichnet werden, in denen keine Regelungen zum Zugang zu amtlichen Informationen bestehen.379 Angesichts der großen Zahl der bei Bundesbehörden insgesamt vorliegenden Informationen und mit Blick auf die jeweils nur kleinen Ausschnitte, die durch bereichsspezifische Zugangsgesetze erfasst werden, ist das IFG allerdings auf Bundesebene vielmehr die Grundlage für den Zugang zu der weit überwiegenden Mehrzahl amtlicher Informationen. Auf Landesebene ist das Verhältnis zwischen dem allgemeinen und den bereichsspezifischen Informationszugangsansprüchen überwiegend identisch geregelt.380 Nur in drei Bundesländern bleiben ausdrücklich lediglich solche Rechtsvorschriften unberührt, die weitergehende Ansprüche gewähren.381 Hier stellt das Informationszugangsgesetz tatsächlich den Mindeststandard dar.382 Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass die noch jungen allgemeinen Informationszugangsgesetze sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene von überragender Bedeutung für den Zugang zu staatlichen Informationen sind. Dieser Befund spiegelt einen Paradigmen375

BT-Drs. 15/4493, S. 8. Jastrow/Schlatmann, § 1, Rn. 55. 377 BT-Drs. 15/4493, S. 8. 378 Berger/Roth/Scheel-Scheel, § 1, Rn. 133; Jastrow/Schlatmann, § 1, Rn. 58 ff.; Rossi, IFG, § 1, Rn. 109; detaillierte Darstellung bei Schoch, § 1, Rn. 170 ff. 379 Schoch, § 1, Rn. 167. 380 § 1 AIG Bbg; § 1 Abs. 3 S. 1 IFG M-V; § 4 Abs. 2 S. 1 IFG NW; § 1 Abs. 3 S. 1 IZG LSA; § 1 Abs. 3 BremIFG, vgl. hierzu aber VG Bremen, Beschl. v. 05.07.2007 – 2 V 1731/07, DÖV 2007, 846, nach dessen Ansicht nur solche Rechtsvorschriften vorrangig sind, die weitergehende Ansprüche auf Informationszugang gewähren; im Wege der Verweisung auf das IFG des Bundes: § 1 S. 1 SIFG; § 1 S. 1 ThürIFG. 381 § 3 Abs. 3 BerlIFG; § 16 HmbIFG; § 17 IFG-SH. 382 Vgl. Berger/Roth/Scheel-Scheel, § 1, Rn. 109. 376

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wechsel in der Informationsverteilung zwischen Staat und Gesellschaft wider. Der Grundsatz des Amtsgeheimnisses ist durch den Grundsatz der Aktenöffentlichkeit ausgetauscht worden.383 (2) Das Informationszugangsgesetz des Bundes (IFG) Am Beispiel des Informationszugangsgesetzes des Bundes (IFG) wird nunmehr der eigentliche Umfang der Allgemeinzugänglichkeit deutlich gemacht. Soweit hiernach Informationen beansprucht werden können, besteht Allgemeinzugänglichkeit. Die Darstellung beschränkt sich allerdings auf den wesentlichen Anspruchsinhalt und einen Überblick über die Verweigerungstatbestände. Für detaillierte Ausführungen – insbesondere zu den einzelnen Verweigerungstatbeständen – sei auf die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen. (a) Anspruchsberechtigung Nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG hat „jeder“ Anspruch auf Information. Hiervon umfasst sind jedenfalls in- und ausländische natürliche und juristische Personen des Privatrechts.384 Meinungsverschiedenheiten bestehen hinsichtlich der Anspruchsberechtigung von Personenmehrheiten ohne Rechtsfähigkeit,385 wobei diese Frage allerdings ohne praktische Relevanz ist, weil jedes einzelne Mitglied als natürliche Person anspruchsberechtigt ist. Juristischen Personen des öffentlichen Rechts steht der Anspruch auf Informationszugang grundsätzlich nicht zu.386 (b) Anspruchsverpflichtung Der Anspruch nach § 1 IFG richtet sich in erster Linie gegen die Exekutive, nämlich gegen die Behörden des Bundes. Der Begriff der Behörde ist dabei funktionell zu verstehen, so dass in Anlehnung an § 1 Abs. 4 VwVfG „Behörde“ jede Stelle ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.387 Als oberste Bundesbehörden sind beispielsweise der Bundeskanzler, die Bundesminister, der Bundesrechnungshof oder die Bundesbank verpflichtet.388 Mit Blick auf die Bundesregierung ist dabei auch und gerade die Regierungstätigkeit erfasst.389 Auf der Ebene der Bundesoberbehör383

Rossi, IFG, § 1, Rn. 1. Rossi, IFG, § 1, Rn. 7 ff.; Schoch, § 1, Rn. 38 ff. 385 Vgl. die Nachweise bei Schoch, § 1, Rn. 48 ff. 386 BT-Drs. 15/4493, S. 7; vgl. Rossi, IFG, § 1, Rn. 15 ff.; einschränkend mit Blick auf Grundrechts- und Selbstverwaltungsträger Schoch, § 1, Rn. 62 ff. 387 Schoch, § 1, Rn. 78. 388 Rossi, IFG, § 1, Rn. 45. 389 Anders entschieden hat dagegen das VG Berlin, Urt. v. 10.10.2007 – VG 2 A 101.06, AfP 2008, 107 (109): zwar solle das IFG insbesondere der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dienen und die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern. Angesichts der grundgesetzlich vorgesehenen (und vom VG offenbar für ausreichend gehaltenen) Kontrolle durch den Bundestag geböten Sinn und Zweck des IFG aber nicht die Erstreckung des Informationsanspruchs auf die Regierungstätigkeit; zu Recht ablehnend Schoch, § 1, Rn. 84: „stellt die 384

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

den ist zum Beispiel an das Bundeskriminalamt, das Bundeskartellamt, das Statistische Bundesamt oder das Bundesamt für Verfassungsschutz zu denken. Wo ein eigener Verwaltungsunterbau nach Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG vorgesehen ist, sind auch die hierzu zählenden Behörden verpflichtet. Beispielhaft können insoweit die dem Auswärtigen Amt untergeordneten Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland genannt werden.390 Im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung unterfallen die vom Bund errichteten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie vom Bund Beliehene dem Begriff der Behörde. Beratende Gremien sind nur dann informationspflichtig, wenn sie in die Behörde organisatorisch eingegliedert sind.391 Bei den „Bundesbeauftragten“ (für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, für die Stasi-Unterlagen, für Migration, Flüchtlinge und Integration) handelt es sich ebenfalls um Behörden.392 Grundsätzlich ist ein gewisses Maß an organisatorischer Selbständigkeit zu fordern, welche bei Untersuchungsausschüssen eines Parlaments zu bejahen ist, für Arbeitseinheiten (wie zum Beispiel Referaten und Abteilungen in Ministerien) dagegen verneint werden muss.393 Der Anspruch nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG besteht unabhängig von der Handlungsform der Verwaltung. Es ist daher unerheblich, ob die Verwaltung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich tätig wird. Ohne Bedeutung ist auch, ob es um hoheitliche Verwaltung, Verwaltungsprivatrecht, erwerbswirtschaftliche Betätigung oder fiskalisches Handeln geht.394 Andere Bundesorgane und -einrichtungen sind nach § 1 S. 2 IFG ebenfalls zur Informationsherausgabe verpflichtet, wenn sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Diese Regelung ist weitgehend deklaratorischer Natur, weil der weite Anwendungsbereich des funktionalen Behördenbegriffs diese bereits erfasst. Mit dieser Regelung wird daher zusätzlich deutlich gemacht, dass nur die Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten, die Rechtsprechungstätigkeit und sonstige unabhängige Tätigkeiten vom Informationszugangsanspruch ausgenommen sind.395 Legislative und Judikative sind somit nur insoweit nicht anspruchsverpflichtet, wie ihre originäre Funktion betroffen ist. Nimmt der Bundestagspräsident dagegen seine Polizeigewalt im Parlamentsgebäude wahr, übt er (als Behörde) eine Verwaltungstätigkeit aus und ist somit möglicher Gegner eines Informationsanspruchs. Mit Blick auf die Bundesgerichte und das Bundesverfassungsgericht besteht der AnFunktionen des Informationszugangsrechts geradezu auf den Kopf.“ Auch der Hinweis des VG auf den verfassungsrechtlich abgesicherten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 – 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, BVerfGE 67, 100 [139]) geht fehl, weil dieser – wie das VG selbst erkennt – durch die Ausschlusstatbestände des § 3 Nr. 3b und des § 4 IFG geschützt wird. 390 BT-Drs. 15/4493, S. 7. 391 BT-Drs. 15/4493, S. 7; Schoch, § 1, Rn. 81. 392 Schoch, § 1, Rn. 83. 393 Berger/Roth/Scheel-Scheel, § 1, Rn. 24 f. 394 Jastrow/Schlatmann, § 1, Rn. 28; Schoch, § 1, Rn. 84; gegen die Erfassung fiskalischen Handelns Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1282). 395 BT-Drs. 15/4493, S. 8.

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spruch dementsprechend nur, soweit die Gerichte nicht in Ausübung ihrer der richterlichen Unabhängigkeit unterliegenden rechtsprechenden Gewalt tätig werden. Übertragen gilt dies auch für die Mitglieder des Bundesrechnungshofs, welche nach Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG richterliche Unabhängigkeit genießen. Eine sonstige unabhängige Tätigkeit außerhalb der gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt übt beispielsweise die Bundesbank aus. Sie ist nach § 12 S. 1 BBankG in der Ausübung ihrer Befugnisse an Weisungen der Bundesregierung nicht gebunden und unterliegt daher nicht den Regelungen des IFG.396 Das Bundespräsidialamt nimmt in erster Linie Tätigkeiten verfassungsrechtlicher Natur wahr, so dass nur selten Verwaltungshandeln in Rede steht.397 Nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG stehen einer Behörde natürliche oder juristische Personen des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Von dieser Regelung sind in erster Linie Verwaltungshelfer betroffen, welche im Unterschied zu Beliehenen, die schon Behörden im funktionellen Sinne sind, nicht selbstständig und eigenverantwortlich tätig werden.398 Die Vorschrift ist aber offen für alle denkbaren Kooperationsformen zwischen dem Staat und Privaten.399 (c) Anspruchsgegenstand Der Anspruch ist auf Zugang zu „amtlichen Informationen“ gerichtet. Der Begriff der amtlichen Information ist in § 2 Nr. 1 IFG definiert. Er umfasst jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, gehören nach der Definition nicht dazu. Aus der Tatsache, dass die Information lediglich amtlichen Zwecken dienen muss, folgt zunächst, dass der Bund nicht ihr Urheber sein muss. Er muss nur zur Verfügung über sie befugt sein, was in der Regel zu bejahen ist und nur im Einzelfall bei vorübergehend beigezogenen Akten, die ihren Ursprung bei Ländern, Gemeinden, ausländischen Staaten, nationalen oder internationalen Organisationen haben, verneint werden kann.400 Die Information muss von der anspruchsverpflichteten Stelle auch nicht gezielt gewonnen sein. Sie kann der Stelle zufällig bekannt geworden sein oder von einer anderen Behörde oder von einem privaten Dritten herrühren.401 Für die Behörden besteht keine Informationsbeschaffungspflicht.402 Es können daher nur vorhandene Informationen beansprucht werden. 396 397 398 399 400

Vgl. Rossi, IFG, § 1, Rn. 67. Vgl. Jastrow/Schlatmann, § 1, Rn. 40. Rossi, IFG, § 1, Rn. 72. Rossi, IFG, § 1, Rn. 74; Schoch, § 1, Rn. 117. Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 7; vgl. insoweit auch den Verweigerungsgrund des § 3 Nr. 5

IFG. 401 Schoch, § 1, Rn. 26; bei Informationen Dritter sind allerdings die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§§ 5, 6 IFG) zu beachten, dazu unten D. IV. 5. b) dd) (4).

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In Berlin und Brandenburg ist der Anspruch nicht auf den Zugang zu „Informationen“, sondern zu „Akten“ gerichtet.403 Dass dieser terminologische Unterschied in der Praxis zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, zeigt eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Dieses lehnte – unter Bestätigung der Vorinstanz – die Einsicht in den Terminkalender des Regierenden Bürgermeisters von Berlin mit der Begründung ab, dieser sei nicht auf die materielle Verwaltungstätigkeit bezogen und daher keine Akte im Sinne des Berliner Informationszugangsgesetzes.404 (d) Verweigerungstatbestände Von zentraler Bedeutung für den Umfang der Allgemeinzugänglichkeit ist die Reichweite der Verweigerungstatbestände. Die Verweigerungstatbestände finden sich in den §§ 3 – 6 IFG. Sie schützen besondere öffentliche Belange (§ 3 IFG), den behördlichen Entscheidungsprozess (§ 4 IFG), personenbezogene Daten (§ 5 IFG) sowie das geistige Eigentum und Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (§ 6 IFG). Auf der Rechtsfolgenseite handelt es sich ausnahmslos um gebundene Entscheidungen. Unterschiede liegen nur in den Formulierungen. So „besteht“ teilweise der Anspruch auf Informationszugang nicht (§§ 3, 6 Abs. 1 IFG). Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S. 1 IFG „soll“ der Antrag abgelehnt werden.405 Nach § 5 Abs. 1 S. 1 IFG „darf“ Zugang nur gewährt werden, wenn Abwägung oder Einwilligung dies erlauben.406 Allein auf das Vorliegen einer Einwilligung stellt § 6 S. 2 IFG ab. Im Ergebnis ist die Behörde bei Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen verpflichtet, den Zugang zu verweigern. Ist dies der Fall, ist die Allgemeinzugänglichkeit ausgeschlossen. (aa) Schutz besonderer öffentlicher Belange Sind besondere öffentliche Belange betroffen, besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht (§ 3 IFG). Hierzu zählt das Gesetz zunächst nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen, auf militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr, auf Belange der inneren oder äußeren Sicherheit, auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden, auf Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle, auf Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr sowie auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfah402 Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut, entspricht aber allgemeiner Meinung, vgl. nur Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1280); Schoch, § 1, Rn. 29. 403 Dies ist der Anspruchsgegenstand in § 3 Abs. 1 S. 1 BerlIFG und § 1 AIG Bbg. 404 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.12.2006 – 7 B 9.05, veröffentlicht bei juris. 405 Das bedeutet, dass der Antrag auf Informationszugang in der Regel abzulehnen ist. Nur in atypischen Fällen darf ihm entsprochen werden. Ermessen wird hierdurch nicht eröffnet, vgl. Schoch, § 4, Rn. 27. 406 Nach der Abwägung verbleibt der Behörde kein Ermessensspielraum, vgl. Schoch, § 5, Rn. 39.

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ren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen (§ 3 Nr. 1 IFG). Der Anspruch besteht weiterhin dann nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann (§ 3 Nr. 2 IFG). Der Begriff der öffentlichen Sicherheit entstammt dem Gefahrenabwehrrecht und bezeichnet die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates sowie die Unversehrtheit von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechtsgütern der Bürger.407 Durch die Inbezugnahme der gesamten Rechtsordnung handelt es sich um einen sehr weiten Verweigerungstatbestand, der eine enge Auslegung erfordert.408 Neben dem grundsätzlichen Schutz internationaler Verhandlungen und der Beratungen von Behörden (§ 3 Nr. 3 IFG) besteht der Anspruch auch dann nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Verschlusssachenanweisung409 geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufsoder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt (§ 3 Nr. 4 IFG). Das IFG setzt hier die materiellrechtlichen Vorschriften zum Geheimnisschutz voraus und knüpft an sie die Pflicht zur Zugangsverweigerung.410 Art und Umfang des Geheimnisschutzes entscheiden sich somit je nach Rechtsgebiet.411 Insbesondere lassen sich also auch aus den §§ 203 und 353b StGB keinerlei eigenständige Geheimhaltungsverpflichtungen entnehmen, weil auch diese Normen nur den bestehenden Geheimnisschutz mit Strafe bewehren. Mit Blick auf gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften ist neben anderen Regelungen412 insbesondere an das Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes (SÜG) zu denken, nach dessen § 4 geheimhaltungsbedürftige Tatsachen als Verschlusssachen eingestuft werden können.413 Auf Grundlage des § 35 Abs. 1 SÜG ist die Verschlusssachenanweisung (VSA) des Bundesinnenministeriums erlassen worden. Nach § 8 S. 1 VSA bestimmt die eine Verschlusssache herausgebende Stelle über die Notwendigkeit der Verschlusssacheneinstufung und den Geheimhaltungsgrad. Es zeigt sich also, dass die Verwaltung selbst über die Geheimhaltung ihrer Informationen entscheidet und somit – in den gesetzlichen Grenzen – selbst einschätzt,

407

BT-Drs. 15/4493, S. 10. Vgl. Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1282); Rossi, IFG, § 3, Rn. 38; Schoch, § 3, Rn. 105. 409 Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen – Verschlusssachenanweisung (VS-Anweisung – VSA) vom 31.03.2006, GMBl. 2006, S. 803. 410 Schoch, § 3, Rn. 134. 411 BT-Drs. 15/4493, S. 11. 412 Die Gesetzesbegründung nennt hier exemplarisch das BVerfSchG, das BNDG, die StPO, das OWiG, das GWB, das BBankG und das KWG, BT-Drs. 15/4493, S. 11. 413 Geheimhaltungsgerade: STRENG GEHEIM, GEHEIM, VS-VERTRAUCHLICH, VSNUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH. 408

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

welche Informationen sie von vornherein dem Anwendungsbereich des IFG entzieht.414 Die Rechtmäßigkeit der Einstufung ist aber gerichtlich überprüfbar.415 Neben Berufsgeheimnissen nennt § 3 Nr. 4 IFG weiterhin „besondere Amtsgeheimnisse“ als Hindernisse des Informationszugangs. Hiermit stellt das Gesetz klar, dass die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 61 BBG, § 37 BeamtStG) nicht für eine Zugangsverweigerung ausreicht.416 Sie greift also in dem Umfang nicht ein, in dem nach dem IFG ein Anspruch auf Informationszugang besteht.417 Andernfalls liefe das IFG auch leer.418 Besondere Amtsgeheimnisse sind u. a. das Sozialgeheimnis (§§ 35, 67 ff. SGB X), das Steuergeheimnis (§ 30 AO), das Adoptionsgeheimnis (§ 1758 Abs. 1 BGB), das Meldegeheimnis (§ 5 MRRG), das Statistikgeheimnis (§ 16 BStatG) und das Wahlgeheimnis (§ 33 BWahlG).419 Die Nummern 5 und 6 des § 3 IFG verneinen den Anspruch auf Informationszugang für vorübergehend beigezogene Informationen anderer öffentlicher Stellen und für Informationen, deren Bekanntwerden fiskalische Interessen des Bundes oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen beeinträchtigen würde. § 3 Nr. 7 IFG schützt vertraulich erhobene oder übermittelte Informationen, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Diese Norm verankert einen Informantenschutz zugunsten des Staates,420 der insbesondere in Kartellverfahren („whistleblowing“) und bei der Korruptionsbekämpfung Bedeutung erlangt.421 Schließlich besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 SÜG wahrnehmen (§ 3 Nr. 8 IFG). Unabhängig von der Art der Information ist somit gegenüber den Nachrichtendiensten des Bundes (Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst) von vornherein jede Zugangsgewährung ausgeschlossen. Es handelt sich um eine umfassende Bereichsausnahme, die allerdings aufgrund der weitreichenden Verweigerungstatbestände des § 3 Nr. 1, 2 und 4 IFG mit Blick auf tatsächlich sicherheitsrelevante Informationen kaum eigene Bedeutung erlangt.422 Stattdessen wird durch sie der Schutz auf sämtliche bei den Nachrichtendiensten verfügbaren Informationen ausgedehnt, auch wenn diese gar keinen Bezug zu der nachrichtendienstlichen Tätigkeit aufweisen. Die Loslösung von jeglicher Geheimhal414

Vgl. Schoch, § 3 Rn. 143. Jastrow/Schlatmann, § 3, Rn. 81; Schoch, § 3 Rn. 143. 416 Schoch, § 3, Rn. 149. 417 BT-Drs. 15/4493, S. 13. 418 Berger/Roth/Scheel-Roth, § 3, Rn. 127; Jastrow/Schlatmann, § 3, Rn. 86; Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1281); Rossi, IFG, § 3, Rn. 49. 419 Vgl. Schoch, § 3, Rn. 151; BT-Drs. 15/4493, S. 11. 420 Vgl. Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1281); Schoch, § 3, Rn. 183. 421 Schoch, § 3, Rn. 187. 422 Berger/Roth/Scheel-Roth, § 3, Rn. 149; Schoch, § 3, Rn. 199. 415

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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tungsbedürftigkeit oder, anders gewendet, die präemptive423 Annahme, dass jede noch so unbedeutende Information Rückschlüsse auf Strategien und Tätigkeiten der Dienste zulasse,424 ist rechtspolitisch zweifelhaft. Die Arbeit der Nachrichtendienste bleibt für die Öffentlichkeit weiterhin äußerst intransparent. Eine Kontrolle erfolgt ausschließlich durch das Parlamentarische Kontrollgremium und die G10Kommission.425 § 3 Nr. 8 IFG zeigt damit eindrucksvoll die bereits zuvor erwähnte Abhängigkeit der Informationszugänglichkeit vom politischen Klima.426 Auf Landesebene haben sich mit Blick auf die Verfassungsschutzämter manche Bundesländer für, manche gegen eine Bereichsausnahme entschieden.427 (bb) Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses Nach § 4 S. 1 IFG soll der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüssen zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Die Vorschrift dient dem Schutz der ungestörten behördlichen Entscheidungsfindung und damit der Funktionsfähigkeit der Verwaltung.428 Ausgenommen vom Informationszugang sind somit einerseits Entscheidungsentwürfe, also Schriftstücke, in denen die zu treffende Entscheidung noch keine endgültige, vom unterzeichnungsberechtigten Amtsträger unterschriebene Festlegung gefunden hat,429 und andererseits sonstige Aufzeichnungen („Arbeiten und Beschlüsse“), die der unmittelbaren Vorbereitung einer konkret bevorstehenden behördlichen Entscheidung dienen.430 Nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung dienen gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 IFG regelmäßig Ergebnisse der Beweiserhebung und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter. Der Informationszugang darf nur dann versagt werden, wenn die 423 BT-Drs. 15/4493, S. 12: „Der Geheimhaltungsbedarf der Nachrichtendienste des Bundes ist zu respektieren.“ 424 So die Gesetzesbegründung für Beschaffung und fiskalisches Handeln der Nachrichtendienste, BT-Drs. 15/4493, S. 12. 425 Vgl. hierzu Berger/Roth/Scheel-Roth, § 3, Rn. 153. 426 Siehe Jastrow/Schlatmann, § 3, Rn. 115, nach deren Auffassung seit den Anschlägen vom 11. September 2001 „Sicherheitsbelange Vorrang genießen“; allerdings sei darauf verwiesen, dass die amerikanischen Geheimdienste FBI und CIA, wenn auch unter deutlichen Einschränkungen, im Grundsatz weiterhin dem Anwendungsbereich des FOIA unterliegen. 427 Eine Bereichsausnahme sehen vor: § 32 Abs. 3 BerlVerfSchG, § 3 Nr. 8 BremIFG, § 3 Abs. 2 Nr. 4 HmbIFG, § 2 SIFG, § 3 Abs. 1 Nr. 8 IZG LSA; von einer Bereichsausnahme abgesehen haben Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, SchleswigHolstein und Thüringen (in Thüringen aber umfassende Bereichsausnahmen für den Landtag, den Rechnungshof, den Bürgerbeauftragten und den Landesbeauftragten für den Datenschutz, vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 ThürIFG). 428 BT-Drs. 15/4493, S. 12; Berger/Roth/Scheel-Roth, § 4, Rn. 2; Rossi, IFG, § 4, Rn. 1; Schoch, § 4, Rn. 5. 429 Rossi, IFG, § 4, Rn. 7; Schoch, § 4, Rn. 14. 430 BT-Drs. 15/4493, S. 12.

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

vorzeitige Bekanntgabe der Information bewirken würde, dass die Entscheidung voraussichtlich überhaupt nicht oder mit anderem Inhalt oder wesentlich später zustande käme.431 (cc) Schutz personenbezogener Daten Der grundsätzliche Konflikt zwischen Informationszugangsfreiheit und verfassungsrechtlich gebotenem Datenschutz (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) wird von § 5 IFG aufgegriffen. Zugang zu personenbezogenen Daten darf nach § 5 Abs. 1 S. 1 IFG nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Der Begriff der personenbezogenen Daten kann aus § 3 Abs. 1 BDSG übernommen werden432 und umfasst Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Die Behörde hat eine Abwägungsentscheidung nach den Vorgaben des § 5 Abs. 2 – 4 IFG zu treffen. Betroffenen Dritten ist gemäß § 8 Abs. 1 IFG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG433 dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat. (dd) Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebsgeheimnissen Nach § 6 S. 1 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nach Satz 2 nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Im Unterschied zu § 5 IFG enthält § 6 IFG keine Abwägungsklausel. Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle durch Art. 12 und 14 GG abgesicherte ökonomische Interessen höher bewertet als personenbezogene Daten, für deren Schutz das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) streitet. Angesichts des im allgemeinen Persönlichkeitsrecht enthaltenen Menschenwürdegehalts erscheint diese Gewichtung verfassungspolitisch fragwürdig, führt jedoch mit Blick auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum nicht zur Verfassungswidrigkeit der Norm.434 „Geistiges Eigentum“ bezeichnet das Urheberrecht und die gewerblichen Schutzrechte, also Marken-, Patent-, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte.435 Das geis431

Vgl. hierzu Schoch, § 4, Rn. 23 ff. Vgl. nur Schoch, § 5, Rn. 17. 433 Dies sind Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. 434 Rossi, IFG, § 6, Rn. 2; Schoch, § 6, Rn. 77; verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf den Gleichheitssatz äußern Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1283 f.); Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3612). 435 BT-Drs. 15/4493, S. 14. 432

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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tige Eigentum „steht entgegen“, wenn das betreffende Immaterialgüterrecht seinem Inhaber ein Informationsrestriktionsrecht zuerkennt.436 Beim Urheberrecht ist hier in erster Linie an das Erstveröffentlichungsrecht des Urhebers (§ 12 UrhG) und die Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) zu denken, wobei wiederum die Schranken des Urheberrechts (§§ 44a ff. UrhG) beachtet werden müssen. Gewerbliche Schutzrechte unterliegen dagegen einer weitreichenden Registerpublizität, so dass sich der Schutzumfang auf unveröffentlichte Erfindungen und Geschmacksmuster sowie geheime Patente und Gebrauchsmuster (§ 50 PatG, § 9 GebrMG) beschränkt.437 Der Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist insbesondere durch die Rechtsprechung zu § 17 UWG konkretisiert worden.438 Er umfasst Tatsachen, „die nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen, die ferner nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind und hinsichtlich derer der Betriebsinhaber deshalb ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, weil eine Aufdeckung der Tatsachen geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.“439 Der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hängt nach § 6 S. 2 IFG ausschließlich von der Einwilligung des Betroffenen ab. ff) Ergebnis Die Informationszugangsgesetze verleihen dem Tatbestand des § 353b StGB neue Konturen. In einem ersten Schritt machen sie den überwiegenden Teil amtlicher Informationen zu grundsätzlich allgemein zugänglichen Quellen. Die festen Grenzen des Amts- bzw. Dienstgeheimnisses werden hierdurch aufgelöst. Allein der amtliche Charakter einer Information vermag nicht mehr von vornherein jegliche Zugänglichkeit auszuschließen. Stattdessen werden amtliche Informationen nunmehr nach ihrem konkreten Inhalt beurteilt. In einem zweiten Schritt ist daher anhand der Verweigerungstatbestände abzulesen, ob die einzelne Information weiterhin geheim zu halten ist oder ob sie an der Allgemeinzugänglichkeit teilnimmt. Damit lassen sich die Tatbestandsgrenzen sehr viel genauer umreißen als dies bisher der Fall war. Pauschale Einstufungen als Geheimnis sind nur noch vereinzelt möglich, nämlich dort, wo die Information zulässigerweise aufgrund einer Rechtsvorschrift (insbesondere dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz) als geheimhaltungsbedürftig deklariert wurde, wo es um Berufs- oder besondere Amtsgeheimnisse sowie um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geht und wo die Bereichsausnahme für Nachrichtendienste eingreift. Im Übrigen kommt es hingegen auf die Bedeutung der Information im Einzelfall an. Die Verweigerungstatbestände geben dabei die Maßstäbe für die Abwägung vor. Im Ergebnis werden somit heute deutlich weniger Informationen durch § 353b StGB geschützt als vor der Gewährung allgemeiner Informationszugangsfreiheit. 436 437 438 439

Schoch, § 6, Rn. 18. Vgl. zum Ganzen Schoch, § 6, Rn. 20 ff. Darauf weist auch die Gesetzesbegründung hin, BT-Drs. 15/4493, S. 14. BGH, Urt. v. 10.05.1995 – 1 StR 764/94, BGHSt 41, 140 (142).

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

Der Anwendungsbereich des Tatbestands hat eine erhebliche Einschränkung erfahren. Der Übergang vom Grundsatz der Amtsverschwiegenheit zu einer weitgehenden Verwaltungstransparenz bildet sich somit auch im Strafrecht ab. Auf der anderen Seite stellen Informationen, die nur einem beschränkten Personenkreis offen stehen – etwa weil der Zugang zu ihnen den Nachweis eines berechtigten Interesses erfordert –, weiterhin Geheimnisse dar. Journalisten dürfen sich daher nur solche Informationen über staatliche Informanten beschaffen, die aufgrund des Informationszugangsrechts erlangt werden könnten. Der presserechtliche Auskunftsanspruch vermag hingegen keine derart weitreichenden Konsequenzen zu bewirken. e) Neue Konturen wichtiger öffentlicher Interessen Neben der Offenbarung geheimer Informationen fordert § 353b StGB sowohl in Absatz 1 als auch in Absatz 2 die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen. Wie bereits dargestellt, ist der Begriff der wichtigen öffentlichen Interessen bisher ausschließlich im Einzelfall durch die Rechtsprechung konkretisiert worden.440 Auf diese Weise ist eine Kasuistik entstanden, aus der sich ungefähre Maßstäbe dafür entnehmen lassen, was von einem Gericht in der Zukunft als wichtiges öffentliches Interesse angesehen werden könnte. Der Begriff ist aber alles andere als „klar umrissen“.441 Dem Richter ist ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet, ohne dass das Ergebnis seiner Einschätzung voraussehbar wäre. Dieser Befund ist mit dem verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgebot im Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG) nur schwer vereinbar.442 Die Informationszugangsgesetze könnten dabei helfen, diesen „Kautschukcharakter“443 des § 353b StGB zu beseitigen. Die Verweigerungstatbestände bestimmen nämlich nicht nur, welche Informationen allgemein zugänglich sind. Aus ihnen ergibt sich auch, welche Informationen wegen des Schutzes „öffentlicher Belange“ (§ 3 IFG) oder des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4 IFG) nicht herausgegeben werden dürfen. Ist keiner der Verweigerungstatbestände einschlägig, können die Informationen also nach dem IFG zugänglich gemacht werden, dann fehlt es bereits an einem Geheimnis bzw. einem nach § 353b Abs. 2 StGB geheim zu haltenden Gegenstand oder einer Nachricht. Naturgemäß ist dann auch kein Gesichtspunkt mehr denkbar, unter dem wichtige öffentliche Interessen im Sinne des § 353b StGB durch die Offenbarung gefährdet werden könnten. Die Verweigerungstatbestände der Informa440

Vgl. oben C. I. 3. bb). So aber die Auffassung der Mehrheit im Rechtsausschuss, BT-Drs. 8/3313, S. 6; auch BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (200), verweist auf eine langjährige, hinreichende Präzisierung des Begriffs durch die Rechtsprechung. 442 Fragwürdig daher Brischke, S. 18, der die Flexibilität und Offenheit des Tatbestandsmerkmals lobt, die auch „nicht-normative Wertungen der Öffentlichkeit im Einzelfall mit einbeziehen kann.“ Eine allgemeinverbindliche Definition würde den Begriff seiner Ansicht nach jener „Eigendynamik“ berauben, die ihm wesensimmanent sei. 443 von Beling, DJZ 1918, 457 (459): „wahres Kautschukgesetz“. 441

I. Der objektive Tatbestand des § 353b StGB

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tionszugangsgesetze sind daher die äußerste Begrenzung wichtiger öffentlicher Interessen. Außerhalb hiervon kann es keine Interessen von entsprechendem Gewicht geben. Umgekehrt darf die Doppelnatur der Verweigerungstatbestände jedoch nicht zu der Annahme führen, dass jeder der genannten öffentlichen Belange ein „wichtiges öffentliches Interesse“ darstellen würde. Ein solcher Automatismus, nach welchem aus der Geheimnisoffenbarung eo ipso eine entsprechende Interessensgefährdung folgte, würde den Gefährdungstatbestand seiner eigenständigen Bedeutung berauben. Von vornherein nicht in öffentlichem, sondern ausschließlich in privatem Interesse erfolgt der Schutz personenbezogener Daten (§ 5 IFG) sowie des geistigen Eigentums und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG). Öffentliche Interessen können durch ihre Offenbarung hier nur mittelbar in Form des Vertrauens der Allgemeinheit in die Verschwiegenheit der Verwaltung gefährdet werden. Wie dargestellt, läuft aber eine derartige Bestimmung des Inhalts wichtiger öffentlicher Interessen ihrer tatbestandsbegrenzenden Funktion, der Gesetzessystematik und dem Bestimmtheitsgebot zuwider.444 Wo es hingegen tatsächlich um öffentliche Interessen geht, wird abzuschichten sein, welche Interessen wichtig im Sinne des § 353b StGB sind und welche den erforderlichen Wichtigkeitsgrad nicht erreichen können. Abstrakt ist eine solche Gewichtung kaum möglich: Keiner der Verweigerungstatbestände entbehrt schon nach seinem Gesetzeswortlaut jeder Möglichkeit, ein wichtiges öffentliches Interesse betreffen zu können. Es wird daher auch innerhalb des neu abgesteckten Rahmens dabei bleiben müssen, dass das Gewicht eines öffentlichen Interesses nur konkret anhand der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden kann.445 Kriterien können hierbei der Rang des Staatsorgans sein, das die Bewertung vornimmt,446 oder die Tatsache, dass ein Geheimhaltungsinteresse an mehreren Stellen der Rechtsordnung Erwähnung findet.447 Der Einfluss des Informationszugangsrechts ist in diesem Zusammenhang somit in erster Linie darauf gerichtet, dem Begriff der wichtigen öffentlichen Interessen absolute Außengrenzen zu setzen. Richterliche Rechtsschöpfung erhält hierdurch eine normative Schranke. Nichtsdestotrotz erscheint es mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot weiterhin problematisch, die Strafbarkeit von einem derart offenen Begriff wie dem des öffentlichen Interesses abhängig zu machen. Hier bieten die Verweigerungstatbestände Konkretisierungspotenzial. Die Tatbestandsbestimmtheit könnte deutlich erhöht werden, wenn in § 353b StGB ein den Verweigerungstatbeständen entsprechender Katalog wichtiger öffentlicher Interessen aufgenommen würde. So wäre die Rechtsanwendung gezwungen, das konkret betroffene Interesse einem der Katalogtatbestände zuzuordnen. Das Analogieverbot würde es darüber hinaus un444

Vgl. oben C. I. 3. a) cc). Vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2000 – 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 (598). 446 Düwel, S. 162: „Das Wort des Verfassungsgebers wiegt schwerer als der Wille des einfachen Gesetzgebers oder die Weisungen der vollziehenden Gewalt.“ 447 Düwel, S. 162; vgl. auch Brischke, S. 100 f. 445

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

möglich machen, nicht im Gesetz vorgesehene Interessen anzuerkennen. Die hier festgestellten Außengrenzen wären daher innerhalb des Strafgesetzbuchs normativ abgesichert.

II. Der subjektive Tatbestand des § 353b StGB Der subjektive Tatbestand des § 353b Abs. 1 StGB verlangt, dass der Täter seine von der Vorschrift vorausgesetzte Tätereigenschaft kennt und das ihm anvertraute oder sonst bekannt gewordene Geheimnis vorsätzlich offenbart. Bedingter Vorsatz genügt.448 Nach der hier vertretenen Auffassung erstreckt sich das Vorsatzerfordernis auch auf die Unbefugtheit des Offenbarens.449 Nach § 353b Abs. 1 S. 1 StGB muss sich der Vorsatz auch auf die konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen erstrecken. Satz 2 lässt insoweit Fahrlässigkeit ausreichen. Es handelt sich um eine Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination im Sinne des § 11 Abs. 2 StGB.450 Dabei wird der Verstoß des Amtsträgers gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung (§ 67 Abs. 1 S. 1 BBG, § 37 Abs. 1 S. 1 BeamtStG) in der Regel die für die Bejahung fahrlässigen Handelns erforderliche Sorgfaltspflichtwidrigkeit darstellen. Die diesbezügliche objektive und subjektive Vorhersehbarkeit des Eintritts einer konkreten Interessengefährdung hängt dagegen von den Umständen des Einzelfalles ab.451 Nach Absatz 2 ist ausschließlich die vorsätzliche Begehung strafbar. Mit Blick auf die Offenbarung eines Geheimnisses gegenüber einem Journalisten, muss sich der Vorsatz – bei Absatz 1 alternativ die Fahrlässigkeit – auch auf die Veröffentlichungsbereitschaft des Journalisten beziehen, weil erst dann die konkrete Gefährdung eintritt.452

III. Die Rechtswidrigkeit Die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestands indiziert die Rechtswidrigkeit der Tat.453 Sie kann nur im Wege der Rechtfertigung ausgeschlossen werden. Es finden die allgemeinen Rechtfertigungsgründe Anwendung. Eine Rechtfertigung durch Einwilligung – zum Beispiel bei Dienstgeheimnissen, die auch private Angelegenheiten betreffen – scheidet allerdings aus, da § 353b StGB die Funktionsfähigkeit der Verwaltung schützt, über die außerhalb des § 353b Abs. 4 StGB454 nicht durch eine Person verfügt werden kann. Mit Blick auf die Aufdeckung verwaltungsinterner

448 449 450

BGH, Urt. v. 19.06.1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401 (404 f.). Vgl. NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 39. Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 12; LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 37; SK-Hoyer, § 353b,

Rn. 9. 451 452 453 454

Vgl. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 37. Vgl. oben C. I. 3. b) bb). Vgl. BGH, Beschl. v. 05.05.1988 – 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270 (275). Zur Verfolgungsermächtigung s. unten C. IV.

III. Die Rechtswidrigkeit

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Missstände soll vorliegend die Möglichkeit einer Rechtfertigung wegen Notstands gemäß § 34 StGB untersucht werden.

1. Rechtfertigender Notstand Eine Verletzung des Dienstgeheimnisses kann nach § 34 S. 1 StGB dann gerechtfertigt sein, wenn eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut besteht, der Geheimnisverrat begangen wird, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, und bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das öffentliche Interesse an der Offenbarung des Geheimnisses das Geheimhaltungsinteresse wesentlich überwiegt. Schließlich muss es sich bei der Geheimnisoffenbarung um ein „angemessenes“ Mittel handeln (§ 34 S. 2 StGB). Vorliegend sollen solche Fälle untersucht werden, in denen es dem Amtsträger darum geht, Missstände innerhalb der Verwaltung oder der Regierung455 zu rügen. Im ersten Schritt ist dabei festzustellen, ob ein rechtlich geschütztes Gut aufgrund eines rechtswidrigen Handelns oder Zustands in der Verwaltung gegenwärtig gefährdet ist. Ist keines der in § 34 S. 1 StGB genannten Rechtsgüter betroffen, kommt als „anderes Rechtsgut“ insbesondere die Gesetzesbindung der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) in Betracht. Somit ist im Grundsatz jeder verwaltungsinterne Rechtsbruch geeignet, einen Geheimnisverrat zu rechtfertigen. Weiterhin muss die Geheimnisoffenbarung erforderlich („nicht anders abwendbar“) sein. Begeht der Amtsträger den Geheimnisverrat, um die Gefahr abzuwenden, um also den Rechtsbruch zu beenden oder Wiederholungen zu verhindern, muss schließlich dieses Interesse das Geheimhaltungsinteresse wesentlich überwiegen.

2. Die Stufentheorie Im Fall Pätsch hat der Bundesgerichtshof für die Rechtfertigung des Verrats von Staatsgeheimnissen in verfassungskonformer Auslegung des § 34 StGB die so genannte Stufentheorie entwickelt. Diese kombiniert die Interessenabwägung mit der Feststellung der Erforderlichkeit der Geheimnisoffenbarung. Hiernach böten sich verschiedene Wege an, auf denen eine Rüge von Missständen vorgebracht werden könne: „Der nächstliegende und nach dem Grundgesetz (Art. 17) jedem offen stehende Rügeweg führt zu der zuständigen Behörde (…) oder seiner Aufsichtsstelle (…). Außerdem steht jedermann frei, seine Rüge einem Bundestagsabgeordneten, von dem ein sachgerechtes Verhalten im Sinne einer Abstellung der gerügten Mängel erwartet werden kann, oder der Volksvertretung zu unterbreiten.“456 Dabei habe der Rügende dafür zu sorgen, dass der Kreis der Einzuweihenden auf möglichst wenige, zuverlässige Personen beschränkt werde. Die Abwägung der widerstreitenden Interes455 456

Im Folgenden soll der Begriff der Verwaltung auch Regierungshandeln mit einbeziehen. BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (363 f.).

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

sen gebiete, dass grundsätzlich mit dem unschädlichsten Mittel begonnen werde. „Über diese Möglichkeit hinaus kommt eine Anrufung der Öffentlichkeit, insbesondere auf dem Weg über Presse, Rundfunk und Fernsehen in Frage.“457 Der direkte Weg an die Öffentlichkeit sei aber nur dann eröffnet, wenn eine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung in Rede stehe. Hierzu führt der Bundesgerichtshof aus: „Alles politische Wirken ist der höheren Idee des Rechts unterworfen und durch sie begrenzt; denn das Recht ist kein Werkzeug der Macht. Nur dieses Rangverhältnis entspricht dem Wesen eines Rechtsstaats, wie er durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geschaffen worden ist. Die Wahrung dieser obersten Rechtsund Verfassungswerte geht allen politischen Zweckmäßigkeitserwägungen vor. Es gibt deshalb einen Kernbereich des Verfassungsrechts, bei dessen Verletzung jeder das Recht haben muss, sofort und ohne jeden Umweg die Öffentlichkeit anzurufen, auch wenn dies zwingend zur Preisgabe von Staats- oder Amtsgeheimnissen führt.“458 Zu diesem Kernbereich zählt der Bundesgerichtshof „u. a. die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit und Ablösbarkeit der Regierung, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“459 Einschränkend fügt er weiterhin hinzu, dass nur bedeutende Verstöße gegen die verfassungsmäßige Ordnung zur Preisgabe von vielleicht höchsten Geheimnissen führen könnten. Ob solch ein „schwerer“ Verstoß vorliege, könne aber nur von Fall zu Fall entschieden werden.460 Diese Grundsätze gälten sowohl für Beamte als auch für Angestellte des öffentlichen Dienstes.461 Auf die gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs eingelegte Verfassungsbeschwerde stellte das Bundesverfassungsgericht zunächst fest, es brauche nicht entschieden zu werden, ob gegen diese Stufentheorie in ihrer allgemeinen und abstrakten Fassung Einwände möglich wären.462 In ihrer Anwendung auf den Fall des Beschwerdeführers begegne die Auffassung aber keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Beamte werde „an das besondere Treue- und Loyalitätsverhältnis zum Staat und an die Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der ungestörten und möglichst wirksamen Tätigkeit seiner Behörde erinnert, das ihn dazu veranlassen muss, bei der Rüge von Verfassungswidrigkeiten mit dem schonendsten Mittel zu beginnen (…), (…) bevor er den in seinen Folgen von ihm nicht übersehbaren und beherrschbaren Weg in die Öffentlichkeit beschreitet.“463 Auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts stellt die Stufentheorie daher eine sinnvolle Konkretisierung der Anforderungen des § 34 StGB dar. 457

BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (364). BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (365). 459 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (365), hierbei BGHSt 9, 285 zitierend und auf BVerfGE 2, 1 (12 f.) verweisend. 460 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (366 f.). 461 BGH, Urt. v. 08.11.1965 – 8 StE 1/65, BGHSt 20, 342 (369 f.). 462 BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (203). 463 BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (204 f.). 458

III. Die Rechtswidrigkeit

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Damit ist der direkte Weg eines Geheimnisträgers an die Öffentlichkeit bei schweren Verstößen gegen den Kernbereich des Verfassungsrechts auch dann gerechtfertigt, wenn diese verwaltungsintern, und damit „anders“ im Sinne des § 34 StGB abgewendet werden könnten. Die Prüfungsstufe der Erforderlichkeit wird also im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des § 34 StGB mit derjenigen der Verhältnismäßigkeit vermengt. Dies ist nachvollziehbar und damit zu rechtfertigen, dass bei besonders schweren Verfassungsverstößen eine mögliche anderweitige Abwendbarkeit von vornherein vor dem öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung der Missstände zurückzutreten hat. In der Literatur ist die Stufentheorie, die für die Rechtfertigung der Offenbarung von Staatsgeheimnissen im Sinn des § 93 Abs. 1 StGB geschaffen wurde, auf die Rechtfertigung des Verrats von Dienstgeheimnissen im Sinne des § 353b StGB übertragen worden.464 Dabei wird ebenso angenommen, dass der unmittelbare Gang an die Öffentlichkeit auch im Rahmen des § 353b StGB nur bei evidenten, besonders schweren Verfassungsverstößen465 gerechtfertigt sei.466 Diese Übertragung vermag hingegen nicht zu überzeugen. Die verfassungsmäßige Ordnung, verstanden als die Gesamtheit fundamentaler Staatsprinzipien, wird in einer gefestigten Demokratie wie der Bundesrepublik Deutschland nur in kaum vorstellbaren Ausnahmefällen gefährdet sein. Das bedeutet, dass der Gang an die Öffentlichkeit letztlich in jeder Sache – ohne Abwägungsmöglichkeit – erst nach erfolglosem Durchlaufen der verschiedenen Stufen gerechtfertigt ist. Dies ist zwar mit Blick auf die nach § 34 StGB zu fordernde mangelnde anderweitige Abwendbarkeit konsequent. Auch mag die starre Grenze der besonders schweren Verfassungsverstöße für Staatsgeheimnisse zutreffend sein. Angesichts der Bandbreite möglicher Dienstgeheimnisse – von eher unbedeutenden bis äußerst wichtigen (vgl. die verschiedenen Geheimhaltungsgrade) – ist die Gleichbehandlung von Staats- und Dienstgeheimnissen aber nicht überzeugend. Stehen eher unbedeutende Dienstgeheimnisse schwerwiegenden Rechtsbrüchen gegenüber, kann daher ein direkter Gang an die Öffentlichkeit nach § 34 StGB gerechtfertigt sein. Die verfassungskonforme Auslegung des § 34 StGB ergibt auch dann, dass eine mögliche anderweitige Abwendbarkeit von vornherein vor dem öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung der Missstände zurückzutreten hat. Daher muss auch unterhalb der Gefährdung der verfassungsmäßigen Ordnung eine Abwägungsmöglichkeit bestehen, die im Einzelfall den direkten Gang an die Öffentlichkeit gewährt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist bei der Aufdeckung wirklicher Missstän-

464 LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 35; MüKo-Graf, § 353b, Rn. 48 ff.; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 53 f.; Satzger/Schmitt/Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 11; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 21. 465 So der Begriff in BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (205). 466 MüKo-Graf, § 353b, Rn. 49; NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 54.

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C. Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gemäß § 353b StGB

de das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sogar in der Regel höher als das Interesse der Behörde, Informationen nicht nach außen dringen zu lassen.467

IV. Die versuchte Dienstgeheimnisverletzung § 353b Abs. 3 StGB ordnet die Strafbarkeit des Versuchs an. Glaubt der Täter beispielsweise irrtümlich, dass er durch die Offenbarung eines Geheimnisses wichtige öffentliche Interessen gefährdet – etwa weil er glaubt, ein Journalist wolle das ihm offenbarte Geheimnis veröffentlichen,468 dieser die fraglichen Informationen aber nur als Hintergrundmaterial nutzen will –, so kann er wegen versuchter Verletzung des Dienstgeheimnisses bestraft werden. Darüber hinaus ist innerhalb des § 353b Abs. 1 StGB wegen § 353b Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 11 Abs. 2 StGB auch die versuchte fahrlässige Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen strafbar, sofern nur Vorsatz hinsichtlich der übrigen objektiven Tatbestandsmerkmale vorliegt. Eine solche Konstellation liegt dann vor, wenn es nicht zur Preisgabe des Geheimnisses kommt und dem Täter hinsichtlich der für den Fall der Vollendung eingetretenen Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen lediglich Fahrlässigkeit hätte vorgeworfen werden können.469

V. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung Nach § 353b Abs. 4 StGB wird die Tat nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird – je nachdem, in wessen Dienst der Geheimnisträger zum Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung stand oder von wem er zur Geheimhaltung verpflichtet worden ist – von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans, von der obersten Bundesbehörde oder von der obersten Landesbehörde erteilt. Gemäß § 77e StGB gelten für Ermächtigungen die Strafantragsvorschriften der §§ 77 bis 77d StGB entsprechend. Nach § 77b Abs. 1 StGB muss die Ermächtigung binnen einer Frist von drei Monaten erteilt werden, beginnend mit Ablauf des Tages, an dem die zur Ermächtigung berechtigte Behörde von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Nach § 77d Abs. 1 StGB kann die Ermächtigung zurückgenommen werden. Eine zurückgenommene Ermächtigung kann nicht nochmals erteilt werden. Wird einem Staatsanwalt eine Straftat nach § 353b StGB bekannt, so schreibt Nr. 212 RiStBV vor, dass vor weiteren Ermittlungen „in der Regel“ eine Ermächtigungsentscheidung einzuholen ist. Auf eine vorherige Einholung dürfte wohl dann zunächst verzichtet werden, wenn zu befürchten ist, dass wichtige Beweismittel verloren gehen (vgl. Nr. 6 Abs. 1 RiStBV).

467

BVerfG, Beschl. v. 11.03.1969 – 1 BvR 665/62 u. 152/69, BVerfGE 25, 296 (305 f.). Vgl. zur konkreten Gefährdung in diesem Falle oben C. I. 3. b) bb). 469 Vgl. zum Ganzen LK-Träger, 11. Aufl. § 353b, Rn. 38; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 22; SK-Hoyer, § 353b, Rn. 9. 468

V. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung

143

Im Fall Cicero erteilte das Bundesministerium des Innern am 17. August 2005 die Ermächtigung zur Strafverfolgung.470 Im August 2007 ermächtigte Bundestagspräsident Norbert Lammert wegen der Weitergabe geheimer Akten im Zusammenhang mit dem ersten Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode (sog. BND-Untersuchungsausschuss) die Staatsanwaltschaft Berlin dazu, auch gegen Bundestagsabgeordnete zu ermitteln.471 Daneben wurden auch Ermittlungen gegen Journalisten der Süddeutschen Zeitung, des Stern, der ZEIT und des Spiegels geführt, welche jedoch ohne Anklage eingestellt worden sind.472

470 Vgl. hierzu die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, BTDrs. 16/18, sowie die Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 16/64. 471 Vgl. die Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 03.08.2007, abrufbar unter: http:// www.sueddeutsche.de/politik/ermittlungsverfahren-wegen-geheimnisverrats-staatsanwaelteermitteln-auch-gegen-abgeordnete-1.892510 (letzter Abruf: 31.12.2010). 472 Die Fraktion der FDP im Bundestag beantragte wegen der Ermittlung gegen Journalisten die Rücknahme der Ermächtigung durch den Bundestagspräsidenten, BT-Drs. 16/6217.

D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB I. Die Bedeutung der Recherche in der Praxis „Recherchieren ist wichtiger als schreiben“ lautet das oft zitierte Credo Willi Kinnigkeits aus dem Jahre 1963.1 „So lästig das Forschen und Fragen auch sein mag, es gehört zu den Pflichten des Journalisten“ konstatieren Schneider und Raue2 und fügen hinzu: „Wer möglichst viele Details und Ansichten sammelt, sortiert, gewichtet und überschaubar präsentiert, der kann mit gutem Gewissen schreiben.“3 Ruß-Mohl bezeichnet die Recherche als die „wohl wichtigste journalistische Tätigkeit.“4 Auch der Deutsche Presserat erkennt die Bedeutung der Recherche an. Nach Ziffer 2 der von Presserat und Presseverbänden beschlossenen Publizistischen Grundsätze (Pressekodex) ist die Recherche „unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt.“5 Auf der anderen Seite arbeiten in den Pressestellen in der Regel gut ausgebildete Öffentlichkeitsarbeiter und Kommunikationsstrategen.6 Die Professionalisierung staatlicher und privater Kommunikation ist schon weit fortgeschritten und schreitet weiter fort. Im Übrigen werden mehr und mehr Behördendokumente dadurch unzugänglich, dass im Rahmen sog. Public-Private-Partnerships – zum Beispiel dem Toll-CollectMautvertrag7 – Vertraulichkeitsklauseln vereinbart werden bzw. Betriebsgeheimnisse der öffentlichen Einsicht entgegenstehen.8 Vor diesem Hintergrund kann den kommunikationswissenschaftlichen Einschätzungen zugestimmt werden.

1

Kinnigkeit, S. 35. Schneider/Raue, S. 47. 3 Schneider/Raue, S. 47. 4 Ruß-Mohl, S. 141. 5 Publizistische Grundsätze (Pressekodex), Fassung vom 03.12.2008, abrufbar unter: http:// www.presserat.info/uploads/media/Pressekodex_01.pdf (letzter Abruf: 31.12.2010). 6 Vgl. Ludwig, S. 192 f. 7 Die Toll Collect GmbH wurde im Jahr 2002 von der deutschen Bundesregierung beauftragt, das System zur Einnahme der LKW-Maut auf deutschen Autobahnen aufzubauen, zu betreiben und die fälligen Gebühren abzurechnen. Aufgrund diverser technischer Schwierigkeiten konnte das System erst im Januar 2005 mit 16 Monaten Verspätung in Betrieb genommen werden. Der Bund und Toll Collect haben sich wechselseitig wegen der entstandenen Schäden verklagt. Verschiedene Bundestagsabgeordnete beantragten vergeblich die Einsichtnahme in das Vertragswerk. Im November 2009 sind weite Teile des Vertrags auf der Internetseite wikileaks.org aufgetaucht, vgl. http://www.wikileaks.org (letzter Abruf: 31.12.2010). 8 Vgl. Nagel, S. 104. 2

I. Die Bedeutung der Recherche in der Praxis

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Versteht der Journalismus seine Rolle als Aufspürer noch verborgener, aber umso relevanterer Informationen,9 bildet daher eine fundierte Recherche die Basis für eine qualitativ hochwertige Berichterstattung.10 Untersuchen und Erforschen impliziert, dass Verlautbarungen nicht einfach hingenommen, sondern kritisch hinterfragt werden.11 Ein Journalismus, der sich auf seine Vermittler-Funktion zurückzieht, könnte die ihm zugeschriebene Legitimation als Beobachter der Gesellschaft verlieren.12 Redaktionen mit hohem Qualitätsanspruch sollten daher durch Pressemitteilungen und Agenturmeldungen im Normalfall nur auf Themen aufmerksam gemacht werden. Die eigentlichen Nachforschungen bei Betroffenen, Zeugen, Mitarbeitern oder Verbänden beginnen erst danach.13 Recherche findet dabei in jedem Ressort statt.14 In der Regel setzt diese Recherche eine aktive Rolle des Journalisten voraus:15 Nicht selten müssen Widerstände und Barrieren überwunden werden.16 Journalisten wollen öffentlich machen, was einzelne Beteiligte lieber geheim halten möchten.17 Nicht selten sind sie dabei auf externe Informationen von Insidern bzw. Informanten (sog. whistleblower) angewiesen.18 Um die Tätigkeit eines Journalisten zu beschreiben, der gegen jeden Widerstand Skandale aufdeckt, wird oftmals der Begriff des „investigativen Journalismus“ verwendet. Auch in der kommunikationswissenschaftlichen Literatur dient der Begriff zur Umschreibung einer besonders gründlichen, lang andauernden Recherche.19 Nach den obigen Ausführungen handelt es sich bei diesem Terminus allerdings um eine Tautologie.20 Man mag zwar nach den angewandten Methoden differenzieren. Investigativ, das heißt aufspürend, erkundend und erforschend21 sollte aber die Tätigkeit eines jeden Journalisten sein. Eine entsprechende Sonderkategorie des investigativen Journalismus mit eigenen rechtlichen Maßstäben ist daher nicht anzuerkennen. Im Gegensatz zu einer weit zurück reichenden Tradition in den Vereinigten Staaten von Amerika etablierte sich in Deutschland die eigenständige Recherche22 aller9

Vgl. Mast, S. 223; Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 390. Mast, S. 223. 11 Vgl. Mast, S. 224. 12 Vgl. Lorenz, S. 160. 13 Vgl. Mast, S. 227 ff. 14 Lorenz, S. 163. 15 Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 390. 16 Ludwig, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 123. 17 Vgl. Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 390. 18 Ludwig, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 123 f. 19 Mast, S. 244 ff.; Ludwig, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 122 ff. 20 Vgl. auch Ruß-Mohl, S. 148. 21 Lat. investigare = aufspüren, erkunden, erforschen, ausfindig machen. 22 Vgl. den Eintrag unter „Recherche“ bei Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Aufl. 2002: „Nachforschung“ (< 18. Jh.). Entlehnt aus frz. recherche, einer Ableitung von frz. rechercher „aufsuchen, erforschen“, zu frz. chercher „suchen“ und lat. re-; 10

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

dings erst seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Teil der journalistischen Arbeitsweise. Der Meinungsjournalismus genoss unter den deutschen Journalisten des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts ein höheres Ansehen als die penible Faktenrecherche. Dies mag seinen Grund in der staatlichen Aufsicht über das Pressewesen gehabt haben: Unparteilichkeit machte verdächtig.23 In den USA bildete sich dagegen frühzeitig eine Massenpresse heraus, die auf die Recherche als Instrument der Informationsgewinnung setzte und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Parteipresse in den Hintergrund drängen konnte. Die Gründe hierfür lagen in der ökonomischen Erkenntnis, dass Fakten im Gegensatz zu Meinungen ein handelbares Gut sind.24 Bekannte Vertreter des amerikanischen Journalismus waren Upton Sinclair (1878 – 1968), der verdeckt die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen Chicagos recherchierte, Ida M. Tarbell (1857 – 1944), die Geschäftspraktiken der Standard Oil Company untersuchte, sowie Bob Woodward und Carl Bernstein, die in den Jahren 1972 – 74 die Watergate-Affäre aufdeckten. Zwar hatte auch der europäische Journalismus mit Egon Erwin Kisch (1885 – 1948), Carl von Ossietzky (1889 – 1938) und Emile Zola (1840 – 1902) prominente Rechercheure aufzuweisen.25 Trotzdem resultierte das deutsche, an einem Über-/Unterordnungsverhältnis orientierte Gesellschaftsbild in einem eher zurückhaltenden Recherchetypus.26 Dies wirkt bis heute fort: Die Recherchekultur ist in Deutschland nicht flächendeckend verbreitet.27 Journalisten greifen hierzulande stärker auf Agenturmeldungen und Pressemitteilungen zurück als in den USA, wo als Quellen vorrangig die Befragung von Augenzeugen und Experten dienen.28 Vor diesem Hintergrund vermutet Nagel denn auch die Ursachen für den unterschiedlichen Stellenwert des „investigativen Journalismus“ in der jeweiligen Entstehungsgeschichte des Konzepts der Presse als Wachhund der Demokratie: Während in den USA die Ablehnung der absoluten Herrschaft eines Monarchen und der Wille zur Demokratie direkt aus dem Volk gekommen seien, sei die Demokratie in Deutschland nach dem gewaltsamen Ende der nationalsozialistischen Diktatur „von oben“ durch die westlichen Siegermächte installiert worden.29 Wirkt somit im Rollenbild des Rechercheurs immer noch das politische Verständnis einer vergangenen Gesellschaftsordnung fort,30 werden des Weiteren auch Unterschiede in der Redaktionsorganisation als Ursache für die beschriebene Entwicklung angeführt: In amerikanischen Presseorganen besteht zumeist eine deutliche Unterweiter zu spätlat. circare „rings um etwas herumgehen, etwas umkreisen, durchsuchen“, zu lat. circum „ringsumher, in der Umgebung“. 23 Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 391. 24 Vgl. zum Ganzen Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 391. 25 Hierauf weist Lorenz, S. 92, zu Recht hin. 26 Mast, S. 239 f. 27 Ludwig, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 125. 28 Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 392, der eine Kommunikationsstudie von Wolfgang Donsbach aus dem Jahre 1993 heranzieht. 29 Nagel, S. 80 f. 30 Lorenz, S. 93.

II. Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien

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scheidung zwischen dem Reporter, der recherchiert und schreibt, dem Editor, der redaktionelle Aufgaben übernimmt und dem Editorial Writer, der kommentiert. In Deutschland überlappen sich diese Aufgaben dagegen, was einem klaren Selbstverständnis als Rechercheur entgegenwirkt.31 Die Wettbewerbssituation in der Medienbranche lässt die Bedeutung der Recherche dennoch stetig steigen: Wer seine Leser, Zuhörer oder Zuschauer täglich bei der Stange halten will, der ist insbesondere auch an bisher unbekannten Informationen interessiert. Informative Berichterstattung – seien es kurze Meldungen, Hintergrundinformationen oder Reportagen –, die sich nicht in der Wiederholung von Altbekanntem erübrigen, sondern dem Publikum zu neuem Erkenntnisgewinn verhelfen soll, basiert zu einem Großteil auf der Verarbeitung von Vorgängen, die bisher außerhalb des Fokus’ der Öffentlichkeit lagen. Kurz: Exklusive Geschichten können die Auflage steigern. Behörden und staatliche Institutionen sind dabei zu nahezu jedem Thema oder Problem eine potenzielle Anlaufstelle für Recherchen.32 Der staatliche Informationspool ist beinahe unüberschaubar. Die von den Behörden verwalteten Informationen stellen aber, wie gezeigt, zum Teil Dienstgeheimnisse dar. Über Geheimnisse zu verfügen, bietet zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit der Exklusivität und damit einen Wettbewerbsvorteil in der breit gefächerten Medienlandschaft. Ihre vorsätzliche Offenbarung kann aber die Strafbarkeit des jeweiligen Amtsträgers33 gemäß § 353b StGB nach sich ziehen. „Bestimmt“ der Journalist den Amtsträger zum Geheimnisverrat, steht eine Strafbarkeit des Journalisten wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses nach §§ 353b, 26 StGB im Raum. Bestärkt er ihn in seinem Entschluss, kommt psychische Beihilfe in Frage. Abzustecken ist daher die Grenze zwischen zulässiger Recherche und strafbarer Anstiftung und Beihilfe.

II. Die Frage einer verfassungsrechtlichen Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien Zunächst soll der Frage nachgegangen werden, ob das Verfassungsrecht Einfluss auf die Strafbarkeit von Journalisten wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses ausübt. Die nach Art. 1 Abs. 3 GG gebotene Grundrechtsbindung ist lückenlos. Sie trifft alle Zweige staatlicher Gewalt.34 Wie alle Normen der deutschen Rechtsordnung sind daher auch die Vorschriften des Strafgesetzbuchs, 31

Redelfs, in: Weischenberg/Kleinsteuber/Pörksen, S. 392. Mast, S. 233; vgl. auch S. 241 f.: Anrufe bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei, Befragung von Experten des Bundeskriminalamts; gewissermaßen ein Fragenkatalog für derartige Fälle findet sich bei Ludwig, S. 245 f. 33 Im Folgenden wird zur Bezeichnung der nach § 353b StGB in Frage kommenden Täter vereinfachend der Begriff des Amtsträgers benutzt. 34 Vgl. nur Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 1 Abs. 3, Rn. 11. 32

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

hier die §§ 353b, 26, 27 StGB, verfassungskonform auszulegen. Vorliegend ist der Gewährleistungsinhalt der Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu beachten. Gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG werden die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film gewährleistet. Die fundamentale Bedeutung dieser medialen Freiheitsrechte steht in Rechtsprechung und Literatur außer Zweifel. So führte das Bundesverfassungsgericht zutreffend aus: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung.“35 „Die Presse ist neben Rundfunk und Fernsehen das wichtigste Instrument der Bildung der öffentlichen Meinung.“36 Nach Herzog ist die Pressefreiheit ein für das Funktionieren eines demokratischen Staates und einer demokratischen Gesellschaft schlechterdings unverzichtbares Grundrecht.37 Die Presse erfülle eine öffentliche Aufgabe.38 Fraglich ist jedoch, inwieweit konkret die journalistische Recherche unter verfassungsrechtlichem Schutz steht. Mit Fokus auf diese Frage soll zunächst der Schutzbereich der Medienfreiheiten beleuchtet werden. 1. Die Recherche im Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG Die in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gesicherte Eigenständigkeit der Presse reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen.39 Für die Rundfunkfreiheit gilt nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nichts anderes: „Rundfunk und Presse unterscheiden sich in ihrer Funktion nicht. Unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation sind beide für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung, für Kritik und Kontrolle der öffentlichen Gewalt und für die Wahlentscheidung als demo-

35

BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (174 f.). BVerfG, Beschl. v. 25.01.1961 – 1 BvR 9/57, BVerfGE 12, 113 (125). 37 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 118. 38 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 120; vgl. auch die Landespressegesetze, bspw. § 3 Abs. 1 BerlPresseG: „Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe“; Herzog weist aber zu Recht darauf hin, dass dieser Topos nicht dazu herhalten darf, den Grund für eine aus anderen Erwägungen gewünschte Privilegierung oder Sonderbindung der Presse abzugeben, vgl. Rn. 121. 39 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (176); vgl. auch BVerfG, Urt. v. 04.04.1967 – 1 BvR 414/64, BVerfGE 21, 271 (279): „Dass auch eine solche Verbreitung reiner Nachrichten ohne eigene Stellungnahme von der Pressefreiheit geschützt ist, kann nicht zweifelhaft sein.“ 36

II. Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien

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kratischen Grundakt des Volkes unerlässlich.“40 Auch der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit reicht daher von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht oder Meinung.41 Auf den Inhalt des herzustellenden Artikels oder Beitrags kommt es dabei nach deutschem Recht nicht an.42 Die Pressefreiheit schützt nicht nur die „seriöse“ Presse.43 Insbesondere ist die Meinungsbildung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf den politischen Bereich beschränkt: „Zwar kommt ihr dort im Interesse einer funktionierenden Demokratie besondere Bedeutung zu. Doch ist die politische Meinungsbildung in einen umfassenden, vielfach verflochtenen Kommunikationsprozess eingebettet, der weder unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Entfaltung noch dem der demokratischen Herrschaft in relevante und irrelevante Zonen aufgespalten werden kann (…). Die Presse muss nach publizistischen Kriterien entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht. (…) Auch in unterhaltenden Beiträgen findet Meinungsbildung statt. (…) Viele Leser beziehen (…) die ihnen wichtig oder interessant erscheinenden Informationen gerade aus unterhaltenden Beiträgen.“44 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist dagegen grundsätzlich zu unterscheiden zwischen, auf der einen Seite, einer Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten oder Personen des politischen Lebens zum Beispiel bei der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betreffen, und, auf der anderen Seite, einer Berichterstattung über das Privatleben einer Person, die keine solche Aufgaben hat.45 Diese Position ist bei der Auslegung und Anwendung des deutschen Rechts zu berücksichtigen. Allerdings muss weiterhin auch die historische Dimension des Grundgesetzes beachtet werden: Im Dritten Reich schalteten die Nationalsozialisten die Presse staatlichen Interessen folgend gleich. Kritische Meinungsäußerungen konnten lebensbedrohliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Bundesrepublik Deutschland und das Grundgesetz sind als Gegenentwurf zu der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entstanden. Dies gilt insbesondere auch für die Bestimmungen in Art. 5 Abs. 1 und 2 GG.46 Das Grundgesetz will damit jeder staatlichen Bewertung von Meinungen vorbeugen.47 Es ist zwar unverkennbar, dass auch der Europäische Gerichts40

BVerfG, Beschl. v. 14.07.1994 – 1 BvR 1595, 1606/92, BVerfGE 91, 125 (134). BVerfG, Beschl. v. 14.07.1994 – 1 BvR 1595, 1606/92, BVerfGE 91, 125 (135). 42 Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 94; von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 60; Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 129. 43 BVerfG, Beschl. v. 14.02.1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269 (283). 44 BVerfG, Urt. v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96, BVerfGE 101, 361 (389 f.). 45 Vgl. EGMR, Urt. v. 24.06.2004 – 59320/00 (von Hannover gegen Deutschland), EuGRZ 2004, 404 (412 f.). 46 BVerfG, Beschl. v. 04.11.2009 – 1 BvR 2150/08, NJW 2010, 47 (51). 47 Vgl. noch Art. 118 Abs. 2 S. 2 WRV (1919), abgedruckt bei von Mangoldt/Klein/StarckStarck, Artikel 5, Einl.: „Auch sind zur Bekämpfung der Schund- und Schmutzliteratur (…) gesetzliche Maßnahmen zulässig.“ 41

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

hof für Menschenrechte gerade die kritische Berichterstattung für besonders schützenswert hält und durch seine Rechtsprechung insbesondere den Schutz von Persönlichkeitsrechten bezweckt. Dennoch widerstrebt schon die Möglichkeit der Aufteilung in schützenswerte und weniger schützenswerte Meinungen dem grundsätzlichen Prinzip der Gleichwertigkeit. Es spricht daher mehr dafür, den Schutzbereich weit zu fassen, und sodann bei der Abwägung je nach (beiderseitiger) Eingriffstiefe alle rechtlich relevanten Belange zu berücksichtigen. Die Begriffe der Presse und des Rundfunks sollten somit weit und formal ausgelegt werden.48 Sie sind mit Blick auf neue Medien entwicklungsoffen.49 Die Verbreitung kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise geschehen.50 Entscheidend ist, dass ein Vervielfältigungseffekt erzielt wird.51 Im Internet angebotene Informationen unterfallen der Rundfunkfreiheit, wenn die Kriterien des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs erfüllt sind.52 Handelt es sich dagegen um ein Online-Pressesurrogat, ist der Schutzbereich der Pressefreiheit eröffnet.53 Innerhalb dieses Rahmens enthält das Grundgesetz eine lückenlose Garantie aller der typischen Presse- und Rundfunkarbeit zuzurechnenden Verhaltensweisen.54 Die Pressefreiheit schützt damit auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört.55 Nach Herzog zählt hierzu beispielsweise „das Aufspüren von Nachrichten, das Befragen (Interviewen) von Personen, das Aufspüren von Tatsachenmaterial, von Sachen und Personen, jedes zu einem dieser Zwecke geführte Telefongespräch und jeder zu einem dieser Zwecke geführte Schriftwechsel, das Sammeln von Nachrichten und Äußerungen Dritter in Karteien und Archiven, das Beschaffen und Aufbewahren von Bildmaterial.“56 Schulze-Fielitz zufolge umfasst der Schutz somit 48

Vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.02.1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269 (283). BVerfG, Urt. v. 05.02.1991 – 1 BvF 1/85, 1/88, BVerfGE 83, 238 (302): „Soll die Rundfunkfreiheit unter den Bedingungen raschen technischen Wandels ihre normative Kraft bewahren, dann darf bei der Bestimmung von Rundfunk nicht nur an eine bereits eingeführte Technik angeknüpft werden“; vgl. auch Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 90, 100. 50 BVerfG, Beschl. v. 08.10.1996 – 1 BvR 1183/90, BVerfGE 95, 28 (35); vgl. auch von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 59: „nicht nur periodisch erscheinende Schriften, sondern z. B. auch Bücher, Plakate, Flugblätter, besprochene oder besungene Magnetophonbänder, Videobänder, Schallplatten, Bildplatten, CD-ROM und Disketten aller Art.“ 51 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 131. 52 Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 100; von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 100: „Wer den Rundfunkbegriff enger fasst, muss das Kommunikationsmedium Internet als Medium sui generis dem allgemeinen Recht auf Meinungsäußerungs- und -verbreitungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) unterstellen.“ 53 BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 376 f. 54 Vgl. Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 135. 55 BVerfG, Beschl. v. 06.02.1979 – 2 BvR 154/78, BVerfGE 50, 234 (240). 56 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 136; vgl. auch von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 62: Augenschein, Befragen, Lesen von anderweitigen Nachrichtendiensten, Telefonieren usf. 49

II. Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien

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jeden „im Pressewesen produktiv Tätigen, sofern er nicht nur in beiläufiger Weise beteiligt ist.“57 Dabei kommen als Träger der Pressefreiheit nicht nur die in der Presse beruflich tätigen Personen in Betracht, sondern darüber hinaus jedermann, der, und sei es auch nur als Laie oder Amateur, für die Presse tätig ist.58 Art. 5 GG schützt nicht die Berufsausübung, sondern die repressionsfreie Zugänglichkeit von Informationen zur öffentlichen Meinungsbildung.59 Daher sprechen gute Argumente dafür, auch außerhalb der anerkannten Institutionen tätige Journalisten (z. B. Verfasser von InternetWeblogs, sog. Blogger) in den Schutzbereich der Medienfreiheiten einzubeziehen.60 Mit Blick auf die Recherche lässt sich daher zusammenfassend feststellen, dass die Beschaffung von Informationen zunächst unabhängig von der konkret angewandten Beschaffungsmethode verfassungsrechtlich geschützt ist. Die Recherche ist Teil des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, egal, welchen Inhalt der zu recherchierende Artikel oder Beitrag haben und in welchem Medium er erscheinen wird. Wird die journalistische Tätigkeit beruflich ausgeübt, ist darüber hinaus der Schutzbereich der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG eröffnet,61 wobei die Presseberufe im Hinblick auf die Schranken dem Regime des Art. 5 GG unterstehen.62 2. Die Schranken der Medienfreiheiten Die Medienfreiheiten befreien nicht von der Bindung an die allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Diese gelten auch für Journalisten.63 Die Medien sind auch im Rahmen ihrer Recherchetätigkeit an sie gebunden.64 So stellte das Bundesverfassungsgericht zutreffend fest: „Rechtsgüter anderer wie der Allgemeinheit, die der Pressefreiheit im Rang mindestens gleichkommen, müssen auch von ihr geachtet werden. Die in gewisser Hinsicht bevorzugte Stellung der Presseangehörigen ist ihnen um ihrer Aufgabe willen und nur im Rahmen dieser Aufgabe eingeräumt. Es handelt sich nicht um persönliche Privilegien; Befreiungen von allgemein geltenden Rechtsnormen müssen nach Art und Reichweite stets von der Sache her sich recht-

57

Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 117. Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 162, insbesondere Fn. 2: „Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass das Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG irgendeine ständische Privilegierung beabsichtigt“; vgl. auch BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 383; von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 80. 59 AK-Hoffmann-Riem, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 172. 60 Vgl. zu diesem Themenkomplex insbesondere Kujath, 1. Kapitel, C. III. 61 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 142. 62 von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 285. 63 Vgl. den Beschluss des deutschen Presserats vom 16.10.1967, zitiert nach Haller, S. 151: „Recherchen sind das legitime Mittel publizistischer Arbeit. Dabei sind die durch Verfassung, Gesetz und publizistischen Anstand gezogenen Grenzen zu wahren. Insbesondere sind die Grundrechte des Schutzes der Menschenwürde und der Persönlichkeit zu respektieren.“ 64 Vgl. nur Soehring, § 10, Tz. 2. 58

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

fertigen lassen.“65 Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht die Gewährung eines Pressesonderrechts im Bereich der Informationsbeschaffung ausdrücklich abgelehnt: „Weder das Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung noch die Pressefreiheit schützen die rechtswidrige Beschaffung von Informationen.“66 Diese Feststellung ist jedoch etwas verunglückt, soweit mit dem Begriff der Rechtswidrigkeit der Verstoß gegen einfaches Recht gemeint ist. Würde jede Informationsbeschaffung, die gegen einfaches Gesetzesrecht verstößt, bereits aus dem Schutzbereich der Pressefreiheit ausscheiden, läge es allein in der Hand des Gesetzgebers, den Schutzbereichsumfang vorzugeben. Dies würde der Systematik des Art. 5 GG widersprechen, nach dem der verfassungsrechtlich vorgefundene Schutzbereich durch das einfache Recht, namentlich durch die Vorschriften der allgemeinen Gesetze, die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und durch das Recht der persönlichen Ehre, eingeschränkt werden kann (Art. 5 Abs. 2 GG). Der Schutzbereich der Pressefreiheit ist damit diesen Schranken, insbesondere dem einfachen Recht, vorgelagert und daher entsprechend weit zu bestimmen. Vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfasst ist daher zunächst jede Art der Informationsbeschaffung, mithin auch die in diesem Sinne rechtswidrige. In diesen weiten Schutzbereich kann in verfassungsrechtlich gerechtfertigter Weise nur nach den Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 GG eingegriffen werden. Dabei setzen insbesondere die allgemeinen Gesetze den Grundrechten des Art. 5 Abs. 1 GG Schranken. Diese Schranken müssen jedoch ihrerseits aus der Erkenntnis der Wert setzenden Bedeutung der Medienfreiheiten im freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer diese Grundrechte begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden (so genannte Wechselwirkungslehre).67 Grundrechtseingriffe und -einschränkungen müssen stets den Wesensgehalt des einzelnen Grundrechts respektieren (Art. 19 Abs. 2 GG).68 Selbst wenn also ein recherchierender Journalist einen Amtsträger in tatbestandsmäßiger Weise zu einer Verletzung des Dienstgeheimnisses bestimmt oder ihn in seinem Entschluss bestärkt hat, ist es denkbar, dass die §§ 353b, 26, 27 StGB – an sich verfassungsmäßige allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG – in dieser konkreten Konstellation verfassungskonform einschränkend auszulegen sind. Im nächsten Schritt ist daher nunmehr zu untersuchen, ob das Grundgesetz gerade den nach Dienstgeheimnissen recherchierenden Journalisten in irgendeiner Weise mit Wirkung auch für das Strafrecht privilegiert. Dies wäre die Voraussetzung für eine einschränkende Auslegung der §§ 353b, 26, 27 StGB.

65

BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (176). BVerfG, Beschl. v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 (137), dort: Einschleichen in die Redaktion der BILD-Zeitung; die anschließende Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen fällt dagegen noch in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Die Schwere des Rechtsbruchs ist erst im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung zu berücksichtigen, BVerfG, a.a.O., 138. 67 BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 – 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198 (209). 68 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, II, Rn. 262. 66

II. Privilegierung der Informationsbeschaffung durch die Medien

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3. Das Gebot der informationellen Gleichbehandlung Die Frage nach einem verfassungsrechtlichen, den strafrechtlichen Geheimnisschutz durchbrechenden Rechercheprivileg muss in einer Zusammenschau der Sätze 1 und 2 des Art. 5 Abs. 1 GG untersucht werden. Der Schutzbereich der Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ist mit Blick auf die journalistische Recherche soeben erörtert worden. Dabei wurde festgestellt, dass die Recherche grundsätzlich Teil des Gewährleistungsinhalts der Medienfreiheiten ist. Die Informationsbeschaffung der Medien steht also unter verfassungsrechtlichem Schutz. Das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG) gewährt dagegen jedermann das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Auch die Medien können sich somit auf dieses Recht berufen. Fraglich ist daher, in welchem Verhältnis Medienfreiheiten und Informationsfreiheit mit Blick auf die Recherche nach Dienstgeheimnissen stehen. Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kommt den Medien keine Sonderstellung zu: „Soweit die Medien an der Zugänglichkeit einer für jedermann geöffneten Informationsquelle teilhaben, wird der Zugang durch die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützt, das heißt für Medien nicht grundsätzlich anders als für die Bürger allgemein.“69 So reiche die Rundfunkfreiheit nicht weiter als die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, die als Abwehrrecht nur den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen sichere.70 Ein verfassungsrechtliches Rechercheprivileg für die Medien, das sich über die Grenzen des Strafrechts hinwegsetzte, würde diese aber gerade in eine Sonderstellung gegenüber der Allgemeinheit bringen. Anders als alle übrigen Bürger wären Journalisten verfassungsrechtlich nicht auf die Freigabe von Quellen für die Allgemeinheit angewiesen. Sie könnten unter dem Schutz der Verfassung auch solche Quellen für ihre Arbeit verwenden, zu denen bisher noch kein allgemeiner Zugang besteht, die also noch geheim sind. Mit dem Bundesverfassungsgericht ist davon auszugehen, dass eine solche Sonderstellung vom Grundgesetz nicht intendiert ist. Die Medien nehmen zwar im freiheitlichen Staat eine herausgehobene Position ein. Eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse ist für die moderne Demokratie unentbehrlich; und zweifellos sind die Medien eine orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung, die es dem Bürger ermöglicht, politische Entscheidungen zu treffen.71 Politische Information findet aber auch im Vereins- und Verbandswesen, in Versammlungen und Bürgerinitiativen statt.72 Dementsprechend hat Starck mit Blick auf einen verfassungsrechtlich begründeten Informationsanspruch der Presse zu Recht festgestellt, 69

BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99, BVerfGE 103, 44 (59). BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99, BVerfGE 103, 44 (59 f.). 71 Vgl. BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (174 f.). 72 Vgl. von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 78. 70

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

dass sich ein solcher, mit der notwendigen Information der Bürger begründeter Anspruch, wenn man ihn verfassungsrechtlich begründet, nicht auf die Presse und andere Massenmedien beschränken lässt:73 „Die Massenmedien müssten also das Forderungsrecht auf Information mit anderen Meinungsbildern teilen. Wer im Einzelnen mit der politischen Meinungsbildung befasst ist, ist unbestimmt. Es ließen sich deshalb kaum Kriterien für die Antwort auf die Frage finden, wer Inhaber des Informationsanspruchs ist. (…) Im Ergebnis käme ein Recht für jedermann heraus.“74 Hieraus folgert Starck, dass ein verfassungsrechtlicher Informationsanspruch der Presse gegenüber Behörden in einem unüberbrückbaren Gegensatz zu dem Informationsanspruch aus allgemein zugänglichen Quellen stände.75 Vorliegend geht es zwar nicht um die Frage der Gewährung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs, sondern darum, inwieweit Journalisten aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 353b, 26, 27 StGB bei der Recherche nach Dienstgeheimnissen strafrechtlich privilegiert sind. Dennoch lassen sich diese Überlegungen auch auf die hier zu untersuchende Konstellation übertragen. Die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG sieht eine Gleichbehandlung aller vor. Starck ist daher – übertragen auf die vorliegende Fragestellung – darin zuzustimmen, dass die singuläre Privilegierung der Presse einen Widerspruch innerhalb des Art. 5 Abs. 1 GG erzeugen würde, der nicht aufzulösen ist. Dem Grundgesetzgeber war bewusst, dass Medien, Vereine, Initiativen und Verbände ähnliche Funktionen bei der politischen Bildung der Allgemeinheit erfüllen können. Ein besonderes Recht zur Informationsbeschaffung ausschließlich für die Medien würde daher die Frage aufwerfen, weshalb ein solches Recht nicht auch den anderen Meinungsmultiplikatoren gewährt wurde. Hierauf ließe sich keine überzeugende Antwort finden. Die im Vergleich zu Vereinen, Initiativen oder Verbänden größere Reichweite einiger Medien muss außer Betracht bleiben, weil es auch zahlreiche kleinere Presseerzeugnisse mit nur geringer Reichweite gibt. Darüber hinaus kommt die Pressefreiheit auch Einzeljournalisten zu, deren Einfluss auf die politische Willensbildung der Bevölkerung regelmäßig zu vernachlässigen sein dürfte. Aus diesen Gründen sah der Grundgesetzgeber für alle Meinungsmultiplikatoren gleichermaßen lediglich den Zugang zu allgemein zugänglichen Quellen vor. Ein Rechercheprivileg allein für die Medien ist nicht zu rechtfertigen. Dem Grundgesetz ist mit Blick auf die Informationsbeschaffung daher ein Gebot der informationellen Gleichbehandlung zu entnehmen. Auch für Presseangehörige gilt mit Blick auf die Informationsbeschaffung lediglich die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG. Danach stehen ihnen – wie jedermann – die allgemeinzugänglichen Quellen zur Information offen. Der verfassungsrechtliche Schutz der Informationsbeschaffung durch die Presse kann sich hingegen

73 74 75

von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 78. Starck, a.a.O. Starck, a.a.O.

III. Rechercheprivilegien im Strafgesetzbuch

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dann aktualisieren, wenn die Wahrnehmung allgemein zugänglicher Quellen zum Beispiel wegen Platzknappheit nur eingeschränkt möglich ist.76 4. Ergebnis Das Beschaffen von Informationen gegen den Willen des Verfügungsberechtigten ist zwar noch vom Schutzbereich der Medienfreiheiten umfasst.77 Die §§ 353b, 26, 27 StGB schränken diese Grundrechte jedoch ein. Sie sind dabei ihrerseits im Lichte der Grundrechte auszulegen. Dabei ergibt sich vorliegend jedoch nicht, dass sich die Medien über die durch die §§ 353b, 26, 27 StGB rechtlich geschützten Geheimnis- und Vertraulichkeitsschranken hinwegsetzen dürfen. Die verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschriften gibt somit keinen Anlass, eine nach allgemeinen Regeln festgestellte Strafbarkeit eines Journalisten wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verneinen.

III. Rechercheprivilegien im Strafgesetzbuch Sind dem Verfassungsrecht keine für diese Untersuchung relevanten Rechercheprivilegien zu entnehmen, stellt sich nunmehr die Frage, ob das einfache Recht solche enthält. Dem Strafgesetzbuch ist die strafrechtliche Privilegierung bestimmter Berufsgruppen nicht unbekannt. Nach § 139 Abs. 2 StGB ist ein Geistlicher nicht verpflichtet, geplante Straftaten anzuzeigen, welche ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden sind. Nach Absatz 3 Satz 2 derselben Vorschrift ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger, Arzt, Psychologischer Psychotherapeut oder Kinderund Jugendlichenpsychotherapeut unter der Voraussetzung, dass er sich ernsthaft bemüht hat, den Täter von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden, nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist.78 Für berufsmäßige Gehilfen der in Satz 2 genannten Personen und die Personen, die bei diesen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind, besteht – ohne Einschränkung79 – keine Verpflichtung mitzuteilen, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist (§ 139 Abs. 3 S. 3 StGB). Die herrschende Meinung sieht in diesen Vorschrif76

Vgl. BGH, Beschl. v. 10.01.2006 – 1 StR 527/05, NStZ-RR 2007, 55, wonach im Hinblick auf die besondere Funktion der Presse es nicht zu beanstanden ist, wenn einige Zuschauerplätze in einem Gerichtssaal Pressevertretern vorbehalten bleiben; nach BVerfG, Beschl. v. 30.10.2002 – 1 BvR 1932/02, NJW 2003, 500 ist dagegen durch die Rundfunkfreiheit eine Sonderbehandlung bei der Zuteilung von Sitzplätzen nicht geboten. 77 Anders Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5, Rn. 27a; vgl. auch BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 412. 78 Es sei denn, es handelt sich um eine der in § 139 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – 3 StGB genannten Straftaten. 79 BT-Drs. 15/1311, S. 23, unter Hinweis auf die Unzumutbarkeit einer solchen Verpflichtung im Hinblick auf die untergeordnete berufliche Stellung.

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

ten gesetzliche Rechtfertigungsgründe,80 nach anderer Auffassung handeln (genauer: unterlassen) die genannten Personen schon nicht tatbestandsmäßig.81 § 139 StGB legitimiert ein Unterlassen. Das Strafgesetzbuch kennt aber auch Normen, die Straflosigkeit für aktives Tun vorsehen. So bleibt straflos, wer sich oder einem anderen den Besitz kinderpornographischer Schriften verschafft, wenn diese Handlung ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dient (§ 184b Abs. 5 StGB82). Das ist zum Beispiel der Fall bei der Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung oder der Prüfung jugendgefährdender Schriften nach dem Jugendschutzgesetz, bei den Pflichten von Sachverständigen, Anwälten, Ärzten oder Psychologen oder bei der Ausführung von Forschungsaufträgen und Forschungsvorhaben im Hochschulbereich.83 Lange Zeit fand sich an keiner anderen Stelle des Strafgesetzbuchs eine gleichartige, an dienstliche oder berufliche Pflichten anknüpfende Vorschrift.84 Nunmehr wurden durch das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Straftaten vom 30. Juli 200985 wortgleiche Regelungen auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung eingeführt. Nach § 89b Abs. 2 StGB ist die Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat straflos, wenn die Handlung ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten dient. Gleiches gilt nach § 91 Abs. 2 Nr. 2 StGB für die Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Der Anwendungsbereich der Norm soll damit nach dem Willen des Gesetzgebers auf eindeutig strafwürdige Verhaltensweisen beschränkt bleiben.86 Rechtmäßige Ermittlungstätigkeiten und Informationsbeschaffungen der Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste sind daher von vornherein nicht tatbestandsmäßig. Ungeklärt ist bisher, ob diese Vorschriften auch auf berufsmäßig tätige Journalisten anwendbar sind, wobei es allerdings schwer fallen dürfte, die journalistische Recherche im terroristischen Milieu als Erfüllung einer beruflichen Pflicht zu verstehen. In den soeben genannten Vorschriften knüpft die Straflosigkeit entweder an die Zugehörigkeit zu einer konkret benannten Berufsgruppe (Geistliche, Anwälte, Ärzte etc.) oder an die Erfüllung einer rechtmäßigen beruflichen oder dienstlichen Pflicht an. Die Ausübung eines bestimmten Berufs oder die Erfüllung zwar nicht konkret benannter, aber „rechtmäßiger“ Berufspflichten lassen somit das Unrecht entfallen. Diese Vorschriften privilegieren ausnahmslos gesellschaftlich schützenswertes 80

LK-Hanack, 11. Aufl., § 139, Rn. 13, 31; MüKo-Hohmann, § 139, Rn. 6, 16. Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben, § 139, Rn. 2 f.; mit Blick auf die Berufshelfer auch MüKo-Hohmann, § 139, Rn. 26. 82 Eingeführt als § 184 Abs. 6 S. 3 StGB durch das 27. Strafrechtsänderungsgesetz – Kinderpornographie vom 23. Juli 1993, BGBl. 1993 I, S. 1346. 83 BT-Drs. 12/4883, S. 8 f.; Schönke/Schröder-Perron/Eisele, § 184b, Rn. 16. 84 Lediglich § 184c Abs. 5 StGB ordnet eine entsprechende Geltung an. 85 BGBl. 2009 I, S. 2437. 86 BT-Drs. 16/12428, S. 17 f. 81

III. Rechercheprivilegien im Strafgesetzbuch

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oder erwünschtes Verhalten. Die Straflosigkeit der Nichtanzeige geplanter Straftaten dient dem Vertrauensverhältnis zwischen Klient und Geistlichem/Anwalt/Arzt. Die Verschaffung des Besitzes kinderpornographischer Schriften ist nur in dem engen Rahmen straflos, in dem sie gerade der Aufdeckung kinderpornographischer Straftaten dient. Schließlich kann die Straflosigkeit der Aufnahme von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung bzw. der Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nur dann angenommen werden, wenn dies zur Bekämpfung des Terrorismus erforderlich ist. Neben der Privilegierung berufsmäßigen Handelns hat der Gesetzgeber an einigen Stellen des Strafgesetzbuchs aber auch sonstiges gesellschaftlich erwünschtes Verhalten straflos gestellt. Hiermit sind die so genannten Sozialadäquanzklauseln angesprochen. Solche finden sich in § 86 Abs. 3 StGB und in § 91 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Nach § 86 Abs. 3 StGB ist das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen dann nicht tatbestandsmäßig,87 wenn das Propagandamittel oder die Handlung (Verbreitung, Herstellung, etc.) der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. Teilweise gilt die Vorschrift entsprechend.88 In ausformulierter Form findet sich die Sozialadäquanzklausel noch einmal in § 91 Abs. 2 Nr. 1 StGB, so dass auch die Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bei Vorliegen der Voraussetzungen der Klausel nicht tatbestandsmäßig ist. Für die vorliegende Untersuchung ist insbesondere der Privilegierungsgrund der „Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte“ von Interesse, bezeichnet dieser doch die Kerntätigkeit von Presse und Rundfunk. Auch nach § 109 f Abs. 1 S. 2 StGB ist „eine zur Unterrichtung der Öffentlichkeit im Rahmen der üblichen Presse- oder Funkberichterstattung ausgeübte Tätigkeit“ nicht als Betreiben oder Unterstützen eines sicherheitsgefährdenden Nachrichtendienstes strafbar. Schließlich ist nach § 131 Abs. 3 StGB die Verbreitung oder Zugänglichmachung von Gewaltdarstellungen bzw. die Vorbereitung dieser Handlungen dann nicht tatbestandsmäßig, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient. Zeigt sich somit, dass die grundsätzliche Möglichkeit der Straflosigkeit an sich tatbestandsmäßiger, jedoch gesellschaftlich erwünschter Tätigkeiten, insbesondere auch der Pressetätigkeit, schon im Gesetzestext des Strafgesetzbuchs angelegt ist, so fällt der Befund mit konkretem Blick auf den strafrechtlichen Schutz von Dienstgeheimnissen negativ aus: § 353b StGB sieht eine Privilegierung des Journalisten gegenüber dem Normalbürger nicht vor. Mit Blick auf die Anstiftung und Beihilfe, die nicht durch eine Veröffentlichung begangen wird, ist eine entsprechende Gesetzesän87

Vgl. zur Wirkung der Klausel BGH, Urt. v. 06.04.2000 – 1 StR 502/99, BGHSt 46, 37 ff. So nach § 86a Abs. 3 StGB für das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, nach § 130 Abs. 6 StGB bei der Volksverhetzung und nach § 130a Abs. 3 StGB bei der Anleitung zu Straftaten. 88

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

derung auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Im Nachgang zu den Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Fall Cicero89 legten zwar die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen im Jahr 200690 und der LINKEN im Jahr 200791 Gesetzentwürfe vor, die die Schaffung eines § 353b Abs. 5 StGB-E vorsahen, der Anstiftung und Beihilfe durch Medienmitarbeiter für nicht rechtswidrig erklären sollte. Diese Gesetzentwürfe wurden aber mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD abgelehnt.92 Da im Cicero-Verfahren der Anknüpfungspunkt für die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsmaßnahmen der strafrechtliche Vorwurf der Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 27 StGB) war, wendeten sich die Entwürfe der Grünen und LINKEN im Übrigen vor allem gegen eine Strafbarkeit der Journalisten aufgrund ihrer (helfenden) Veröffentlichungstätigkeit. Dementsprechend weisen die Entwürfe in erster Linie aufgrund der schwierigen Abgrenzung zwischen Beihilfe und Anstiftung auf die Notwendigkeit der Einbeziehung der Anstiftung hin.93 Das politische Interesse fokussiert sich daher in besonderer Weise auf die gesetzliche Privilegierung der journalistischen Veröffentlichungstätigkeit und nicht der Recherchearbeit. Das zeigte sich auch an einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion der FDP aus dem Jahr 2006,94 der nunmehr der Diskontinuität des Ablaufs der Legislaturperiode zum Opfer gefallen ist. Dieser sah in einem § 353b Abs. 5 StGB-E ausschließlich die Straflosigkeit von Beihilfehandlungen der in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO genannten Personen vor, „wenn sie sich auf die Veröffentlichung des Geheimnisses beschränken oder mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehen.“95 Die Begründung stellt ausdrücklich klar, dass die Anstiftung zum Geheimnisverrat weiterhin strafbar bleibt.96 Auch der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode97 kündigt lediglich an, „dass sich Journalisten künftig nicht mehr der Beihilfe zur Verletzung eines Dienstgeheimnisses 89

Vgl. oben A. III. 8. BT-Drs. 16/576, S. 3: „Wer bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirkt oder mitgewirkt hat und dabei zu der Tat angestiftet oder Hilfe geleistet hat, handelt nicht rechtswidrig.“ 91 BT-Drs. 16/4539, S. 4: „Wer bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten mitwirkt und dabei zu der Tat anstiftet oder Hilfe leistet, handelt nicht rechtswidrig.“ 92 BT-Drs. 16/5283 und 16/6995. 93 BT-Drs. 16/576, S. 6; BT-Drs. 16/4539, S. 6, wo außerdem auf die Schwierigkeit der genauen Bestimmung des Tatzeitpunkts hingewiesen wird. 94 BT-Drs. 16/956. 95 BT-Drs. 16/956, S. 3. 96 BT-Drs. 16/956, S. 6; unklar bleibt allerdings, worin die von der Begründung behauptete Klarstellung, dass sich die Straflosigkeit auch auf Recherchehandlungen bezieht, liegen soll. 97 Abrufbar unter: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf (letzter Abruf: 31. 12. 2010). 90

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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strafbar machen, wenn sie ihnen vertraulich zugeleitetes Material veröffentlichen.“98 Dem folgt der Gesetzentwurf der Bundesregierung, in dessen Begründung ausdrücklich betont wird, dass Teilnahmehandlungen, die sich auf den Zeitraum vor der Offenbarung des Geheimnisses durch den Amtsträger beziehen, wie etwa die Anstiftung, strafbar bleiben.99 Somit sieht der Wortlaut des Strafgesetzbuchs weder de lege lata noch (absehbar) de lege ferenda die Straflosigkeit der von Journalisten im Rahmen der Recherche begangenen Anstiftung bzw. Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses vor.100 Obwohl der Gesetzgeber in Teilbereichen gewisse Berufe oder sozial erwünschte Tätigkeiten, insbesondere auch zum Zweck der Berichterstattung, privilegiert hat, verzichtet § 353b StGB auf eine ähnliche Regelung. Handelt es sich somit in keiner Weise um eine planwidrige Regelungslücke, kommt auch eine entsprechende Anwendung zugunsten der nach Geheimnissen recherchierenden Journalisten nicht in Frage. Vor diesem Hintergrund wendet sich die Untersuchung nunmehr der Strafbarkeit der Recherche wegen Anstiftung zu. Daran anschließend wird die Beihilfestrafbarkeit behandelt.

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung Wer recherchiert, möchte Antworten bekommen. Recherchierende Journalisten fordern ihre Gesprächspartner zu Sachverhaltserläuterungen und Stellungnahmen auf. Wer aber vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat „bestimmt“, der wird gemäß § 26 StGB als Anstifter bestraft. Das Strafbarkeitsrisiko besteht daher immer dann, wenn die Antwort eine vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat darstellt. Dies ist unter anderem101 dann der Fall, wenn der Gefragte ein Amtsträger ist und ohne Rechtfertigung mit seiner Antwort vorsätzlich Dienstgeheimnisse verrät, deren Offenbarung wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Dann nämlich ist § 353b StGB in einer seiner Tatbestandsvarianten verwirklicht. Enthält also die Antwort Geheimnisse, die wichtige öffentliche Interessen betreffen, kann bei entsprechendem Vorsatz in der Aufforderung eine Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 26 StGB) liegen. Der schon eingangs102 geschilderte Fall aus der Schweiz illustriert die Konstellation: Der Blick-Journalist Viktor Ferdinand Dammann wurde letztinstanzlich vom Schweizerischen Bundesgericht wegen Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses verurteilt, weil er sich bei der Staatsanwaltschaft Zürich nach Einträgen im 98

S. 107 des Koalitionsvertrags. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG), BT-Drs. 17/3355, S. 8. 100 Ausführlich zu den bisherigen Gesetzentwürfen unten E. II. 2. 101 Andere Vorschriften, die die Strafbarkeit von „Antworten“ nach sich ziehen können (Äußerungsdelikte), sind z. B. die §§ 94, 95, 97 – 97b, 130, 185 – 189, 203 und 356 StGB. 102 Vgl. oben A. IV. 2. 99

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

Vorstrafenregister erkundigt hatte: „Der Beschwerdeführer hat die Verwaltungsassistentin um Auskunft darüber gebeten, ob bestimmte Personen insbesondere wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestraft seien. Dadurch hat er sie im Sinne von Art. 24 StGB-CH zu einem Verhalten bestimmt. Unerheblich ist, dass die Verwaltungsassistentin frei entscheiden konnte, ob sie die gewünschte Auskunft erteilen, und dass sie nach Bekundung ihrer diesbezüglichen Bereitschaft in Ruhe darüber befinden konnte, ob sie die ihr vom Beschwerdeführer per Fax übermittelte Personenliste durch Angaben über Vorstrafen ergänzen solle oder nicht; Anstiftung setzt nicht eine Überrumpelung des Angestifteten voraus. Unerheblich ist auch, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Verwaltungsassistentin keine persönliche Beziehung bestand; eine solche Beziehung ist nicht erforderlich. Das objektive Merkmal des „Bestimmens“ im Sinne von Art. 24 StGB-CH ist gegeben, weil der Beschwerdeführer durch seine Frage den Entschluss zur Antwort hervorgerufen hat; ohne Frage hätte es keine Antwort gegeben.“103 Es wird noch darauf einzugehen sein, welche Anstiftungsmittel als „Bestimmen“ im Sinne des § 26 StGB zu beurteilen sind, ob zum Beispiel auch die Frage hierzu zählt.104 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte jedenfalls fest, dass das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts den Journalisten Dammann in seinen Rechten aus Artikel 10 der Konvention verletzte.105 Dabei betonte er, dass es Aufgabe der Staaten sei, ihre Dienststellen so zu organisieren und ihre Bediensteten so auszubilden, dass keine vertraulichen Informationen offenbart würden. Der schweizerischen Regierung käme daher ein „bedeutender Teil“ der Verantwortung für die von der Verwaltungsassistentin begangenen Indiskretionen zu.106 Außerdem sei nicht ersichtlich, dass Dammann mit List, unter Anwendung von Drohungen oder sonstigem Druck vorgegangen sei, um an die begehrten Informationen zu gelangen.107 Dammanns Verurteilung stelle eine Art der Zensur dar, welche darauf gerichtet gewesen sei, ihn von Recherchen zur Vorbereitung und Untermauerung eines Artikels zu einem aktuellen Thema abzuhalten, obwohl gerade Recherchen zum Beruf des Journalisten gehörten. Eine solche Verurteilung könne allgemein dazu führen, Jour103

BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (128). Vgl. hier schon Bommer, plädoyer 3/2002, 34 (35), der darauf hinweist, dass beispielsweise die Frage: „Können sie mir die Information geben, sofern Sie dazu befugt sind?“ kein Bestimmen zu einer rechtswidrigen Tat sei, weil erkennbar nur ein Handeln im Rahmen der Legalität verlangt werde. 105 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), abrufbar über http://www. coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 106 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 12 f.: „il appartient aux Etats d’organiser leurs services et de former leurs agents de sorte qu’aucun renseignement ne soit divulgué concernant des données considérées comme confidentielles. Ainsi, le gouvernement défendeur assume, en l’espèce, une partie importante de la responsabilité pour l’indiscrétion commise par l’assistante du parquet du canton de Zurich.“ 107 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 13: „De surcroît, il n’apparaît pas que le requérant ait recouru à la ruse ou à la menace ou qu’il ait autrement exercé des pressions afin d’obtenir les renseignements voulus.“ 104

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nalisten davon abzuschrecken, Fragen in die öffentliche Diskussion einzubringen, welche für das Leben in der Gemeinschaft von Bedeutung seien. Die Verurteilung sei daher dazu geeignet, die Presse bei der Erfüllung ihrer Informations- und Kontrollaufgabe zu behindern.108 Fraglich ist, wie die Anstiftung eines Journalisten zu einer Dienstgeheimnisverletzung nach deutschem Recht zu beurteilen ist und inwieweit in diesem Zusammenhang das Dammann-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von Bedeutung ist. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Gerichtshof mit völkerrechtlicher Bindungswirkung für 47 Mitgliedsstaaten des Europarats Recht spricht, haben die Richter aus nachvollziehbaren Gründen auf strafrechtsdogmatische Ausführungen verzichtet. Es obliegt den Mitgliedsstaaten, die Rechtsprechung zu rezipieren und in das nationale Recht zu überführen. In Deutschland stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle im Range eines Bundesgesetzes, weil der deutsche Bundesgesetzgeber sie, wie bereits dargestellt, mit einem entsprechenden Umsetzungsgesetz in das deutsche Recht transformiert hat.109 Die deutsche Exekutive und Judikative haben daher die Gewährleistungen der Konvention und die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen der Auslegung der deutschen Gesetze zu berücksichtigen (Art. 20 Abs. 3 GG). Allerdings darf die Aussagekraft des Dammann-Urteils nicht überbewertet werden. Es wäre verfehlt, die Äußerungen des Gerichtshofs zur staatlichen Verantwortung bei der Geheimhaltung dienstlicher Informationen isoliert herauszugreifen und aus ihnen abzuleiten, der Gerichtshof sei der Auffassung, dass die strafrechtliche Verantwortung für eine Dienstgeheimnisverletzung immer und ausschließlich bei dem jeweiligen Amtsträger zu suchen, mithin die Anstiftung hierzu niemals strafbar sei. Eine solche Betrachtungsweise würde die Besonderheiten des Dammann-Falles außer Acht lassen: Wie der Gerichtshof zu Recht bemerkt, hatte bereits das Schweizer Bundesgericht festgestellt, dass die von Dammann beanspruchten Informationen auch auf anderem Wege hätten beschafft werden können, „etwa durch Konsultation von Entscheidungssammlungen, (…) sowie, falls darüber in der Presse berichtet worden ist, durch Konsultation von Pressearchiven.“110 Der Gerichtshof folgert hieraus, dass die von der Schweiz angeführten Gründe für die Verurteilung Dammanns nicht „stichhaltig und hinreichend“111 seien, soweit es sich folglich nicht um vertrauliche

108 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 13: „Sa condamnation n’en a pas moins constitué une espèce de censure tendant à l’inciter à ne pas se livrer à des activités de recherche, inhérentes à son métier, en vue de préparer et étayer un article de presse sur un sujet d’actualité. Sanctionnant ainsi un comportement intervenu à un stade préalable à la publication, pareille condamnation risque de dissuader les journalistes de contribuer à la discussion publique de questions qui intéressent la vie de la collectivité. Par là même, elle est de nature à entraver la presse dans l’accomplissement de sa tâche d’information et de contrôle.“ 109 Vgl. oben A. IV. 110 BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (129 f.). 111 „pertinents et suffisants“.

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Informationen im Sinne des Art. 10 Abs. 2 EMRK112 handele.113 Des Weiteren lässt der Gerichtshof offen, wie der Fall zu beurteilen gewesen wäre, wenn Dammann zu den Mitteln der Täuschung oder Bedrohung oder sonstigen Druckmitteln gegriffen hätte. Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass die Rechte der betroffenen vorbestraften Personen nicht verletzt worden seien, weil Dammann sich schließlich dazu entschieden habe, die Daten nicht zu veröffentlichen.114 All diese Gesichtspunkte sind in die finale Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 10 der Konvention eingeflossen. Eine monokausale Begründung allein aus der staatlichen Verantwortung zur Geheimhaltung würde dies missachten. Das Dammann-Urteil gibt daher keine endgültige Antwort zur Lösung der hier interessierenden Fallgestaltungen vor. 1. Der objektive Tatbestand der Anstiftung Der objektive Tatbestand der Anstiftung besteht aus zwei Elementen: einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und einer Bestimmungshandlung. Diese beiden Elemente müssen kausal miteinander verknüpft sein. a) Haupttat Die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit der Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB sind bereits erörtert worden. Die Dienstgeheimnisverletzung stellt vorliegend die vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat im Sinne des § 26 StGB dar. Dabei ist zu beachten, dass nach hier vertretener Auffassung eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nur bei der Offenbarung gegenüber einem zur Veröffentlichung bereiten Journalisten bejaht werden kann. Der Anstiftervorsatz, auf den noch vertieft einzugehen ist,115 muss daher jedenfalls die Absicht zur nachfolgenden Veröffentlichung beinhalten, weil es sonst bereits an einer Haupttat mangelt. b) Bestimmungshandlung Die Anstiftungshandlung wird von § 26 StGB mit „bestimmen“ beschrieben. Das Gesetz verzichtet auf die Benennung konkreter Anstiftungshandlungen.116 Auf wel112 Nach Art. 10 Abs. 2 EMRK dürfen die nach Absatz 1 gewährten Freiheitsrechte u. a. dann eingeschränkt werden, wenn dies gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen notwendig ist. 113 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 12. 114 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 13. 115 Vgl. unten D. IV. 2. 116 § 48 StGB a. F. enthielt noch eine beispielhafte Aufzählung möglicher Bestimmungshandlungen. Danach wurde als Anstifter bestraft, „wer einen anderen zu der von demselben begangenen mit Strafe bedrohten Handlung durch Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Missbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat.“ Das Zweite

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che Weise der Täter bestimmt wird, ist also nach dem Wortlaut gleichgültig. Damit kann scheinbar jede denkbare Art der Beeinflussung eine Anstiftung im Sinne des § 26 StGB darstellen, solange diese kausal für den Tatentschluss des Täters geworden ist. Zu der Frage, welche Intensität die Bestimmungshandlung im Sinne des § 26 StGB haben muss, werden dennoch unterschiedliche Meinungen vertreten. Bevor aber auf den einschlägigen Meinungsstand einzugehen ist, sollen zur Veranschaulichung denkbare Varianten anhand von Fallbeispielen vorgestellt werden, wobei jeweils vom Vorliegen des jedenfalls bedingten Anstiftervorsatzes auszugehen ist. Auch auf den realen Fall Dammann wird zurückzukommen sein. aa) Fallbeispiele (1) Untreue-Skandal-Fall Die Staatsanwaltschaft führt ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen mehrere Vorstandsmitglieder eines großen Energieunternehmens. Für die folgenden Tage hat sie mehrere Durchsuchungstermine in Geschäfts- und Privaträumen angesetzt. J ist Lokaljournalist bei einer örtlichen Zeitung. Er möchte über den Sachverhalt berichten. Sein Kollege B erzählt ihm, dass der die Ermittlungen leitende Staatsanwalt S aus privaten Gründen mit dem Vorstandsvorsitzenden V des Unternehmens verfeindet sei. S würde „diesen Gauner“ gerne der Presse „zum Fraß vorwerfen“. Daraufhin fährt J zum Gebäude der Staatsanwaltschaft. Er trägt eine Schirmmütze mit dem Emblem seiner Zeitung sowie ein Namensschild an seinem Jackett, auf dem ebenfalls das Emblem zu sehen ist. Somit eindeutig als Journalist erkennbar, stellt er sich in den Eingangsbereich des Gebäudes. Außerdem schlägt er die aktuelle Zeitungsausgabe derart demonstrativ auf, dass die Schlagzeile „Neue Vorwürfe im Untreue-Skandal“ für jeden Vorbeigehenden deutlich zu lesen ist. Nach einer guten Stunde Wartezeit kommt S aus der Eingangstür heraus. Er sieht den J und flüstert ihm, ohne ein weiteres Wort, im Vorbeigehen zu: „Morgen, 7.30 Uhr, Schillerstraße 3.“ J fährt am nächsten Morgen zu der genannten Adresse, wo die Staatsanwaltschaft zu der angegebenen Zeit eine Durchsuchung in den Privaträumen des V durchführen lässt. A macht mehrere Fotos, die am folgenden Tag in der Zeitung veröffentlicht werden. (2) Bordell-Fall J sitzt am Ende seines Arbeitstags in einer Berliner Kneipe und studiert die Meldungen der großen Tageszeitungen. Er war bis vor zwei Jahren Polizeibeamter in Niedersachsen, ehe er als Journalist zu einer Berliner Zeitung wechselte. Neben ihm am Tresen sitzen B und C, Polizeibeamte der Berliner Polizei. B ist unzufrieden mit seinem Vorgesetzten. Insbesondere von dessen Einsatzkonzept für Razzien im Charlottenburger Rotlichtmilieu hält er gar nichts. Hierüber unterhält er sich mit seinem KolGesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969, BGBl. 1969 I, S. 717 ff., in Kraft getreten am 01.07.1975, reformierte den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs und ersetzte § 48 a. F. durch § 26.

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legen C. J ist der Inhalt dieses Gesprächs nicht entgangen. Er schnappt Gesprächsfetzen wie „Unser Chef ist ein Vollidiot!“ und „Der macht nur Unsinn!“ auf. Kurz darauf verlässt C die Kneipe. B bleibt noch, um sein letztes Bier auszutrinken. J, der auch gerade gehen will, wendet sich daraufhin dem B zu, stellt sich als ehemaliger Polizeibeamter vor und gibt dem B seine Visitenkarte. J hat während seiner Dienstzeit als Polizeibeamter auch viele Situationen erlebt, in denen er mit den Entscheidungen seiner Vorgesetzten nicht einverstanden war. Deshalb hat er Verständnis für den Unmut des B. Er berichtet dem B von seinen Erfahrungen in Niedersachsen. Schließlich sagt er zu B: „Weißt du, deswegen habe ich die Seiten gewechselt, damit dieser ganze Mist mal ans Licht kommt.“ Mit diesem Satz verlässt J das Lokal. Am folgenden Tag bekommt er eine E-Mail von B, die im Anhang das Einsatzkonzept „Bekämpfung des Menschenhandels in Charlottenburg“ enthält. In diesem ist detailliert aufgeführt, welche Charlottenburger Bordelle innerhalb des nächsten Monats zu welchem Zeitpunkt kontrolliert werden sollen. (3) BND-Fall Journalist J beschäftigt sich seit Jahren mit der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND). Er hat schon mehrere Artikel in überregionalen Zeitungen veröffentlicht, die sich mit mutmaßlichen Beteiligungen des BND an – seiner Meinung nach völkerrechtswidrigen – weltweiten Anti-Terror-Einsätzen und an Kampfhandlungen im Irak und in Afghanistan beschäftigten. Als er erfährt, dass sein ehemaliger Studienkollege B inzwischen Mitarbeiter der Pressestelle des BND geworden ist, wittert J die Chance, endlich an handfeste Beweise zu gelangen. Er ruft B an und fragt ihn, ob dieser ihm Zugang zu internen Dokumenten über die Rolle des BND im Irak und in Afghanistan verschaffen könne. B antwortet, er könne diese Dokumente besorgen, fürchte sich aber vor dienstrechtlichen Konsequenzen. Darauf entgegnet J: „Komm schon, du weißt, wie sehr mir das bei meinen Recherchen helfen würde!“ B, der sich zwar gerne als Strippenzieher im Hintergrund sehen würde, ist immer noch nicht überzeugt. Da sagt J: „Weißt du eigentlich, dass du hier die Chance hast, Teil einer ganz großen Sache zu werden? Meine Zeitung fährt dieses Thema jetzt richtig hoch!“ Dieser Satz löst bei B nun doch die erforderliche Euphorie aus. Er stellt sich vor, durch sein eigenes Handeln die Schlagzeilen der großen Zeitungen mitbestimmen zu können. Von dieser Aussicht beflügelt antwortet B: „Na gut, ich melde mich bei dir.“ Wenige Tage später findet J in seinem Briefkasten einen dicken Umschlag, der als „Geheim!“ markierte Dokumente des BND enthält. (4) CIA-Fall Nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika eingeräumt haben, dass der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 über mehrere Jahre Terrorverdächtige aus verschiedenen europäischen Ländern entführt und an nicht bekannte Orte verbracht hatte, recherchiert Journalist J, ob an solchen Missionen beteiligte CIA-Flugzeuge auch den deutschen Luftraum benutzt

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haben. J wendet sich telefonisch an den Mitarbeiter B der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS), die zu 100 Prozent dem Bund gehört. Er stellt sich wahrheitsgemäß als Journalist eines großen deutschen Nachrichtenmagazins vor und fordert den B auf, ihm doch bitte „unverzüglich“ einige Flugdaten zu übermitteln. B ist beeindruckt von dem selbstbewussten Auftreten des J. Außerdem stellen für B die Medien im Allgemeinen und das Nachrichtenmagazin des J im Besonderen eine große Autorität dar. Dies kann er vor J nicht verbergen und antwortet deshalb mit zitternder Stimme: „Sagen Sie mir einfach, was Sie brauchen. Ich versuche, es zu besorgen.“ J konkretisiert seine Forderung daraufhin auf sämtliche bei der DFS vorliegenden Daten zu allen Flugzeugen, die zwischen 2002 und 2007 in diejenigen Luftraumsektoren hinein- und hinausgeflogen sind, die den amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein umschließen. B tut wie ihm geheißen und übermittelt dem J die gewünschten Unterlagen. bb) Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur Nach den allgemeinen, zu § 26 StGB entwickelten Grundsätzen ist unter „Bestimmen“ die Einflussnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt.117 Wie sich an den Fallbeispielen ablesen lässt, können aber Handlungen von ganz unterschiedlicher Intensität einen Täter zu seiner Tat motivieren. Der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur ist es dabei gleichgültig, durch welche Mittel die Anstiftung erfolgt. Einschränkungen ergeben sich hiernach erst auf der Ebene des subjektiven Tatbestands.118 Die übrige Literatur fordert jedoch angesichts der gesetzlich vorgeschriebenen tätergleichen Bestrafung des Anstifters ohne Milderungsmöglichkeit119 schon im objektiven Tatbestand mehr als nur Kausalität. Zu der Frage, welche Anforderungen an die Intensität der Einflussnahme zu stellen sind, werden unterschiedliche „Theorien“ vertreten. Nach der Auffassung der Rechtsprechung und einzelner Stimmen in der Literatur bedeutet „Bestimmen“ Verursachen (Verursachungstheorie).120 Auch die Mitverursachung der Tat durch eine Bestimmungshandlung, die lediglich einen von mehreren Faktoren der Beeinflussung darstellt, soll genügen.121 Anhänger dieser Theorie sehen somit den Strafgrund sowohl der Teilnahme allgemein als auch der Anstiftung im Speziellen darin, dass der Teilnehmer bzw. Anstifter durch das Hervorrufen des Tatvorsatzes des Haupttäters die vorsätzlich-rechtswidrige Tat eines anderen verur117

Vgl. BGH, Urt. v. 20.01.2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373 (374). Vgl. BGH, Urt. v. 29.05.1979 – 5 StR 147/79, GA 1980, 183 (184). 119 Eine fakultative Milderung sah der Alternativentwurf eines Strafgesetzbuchs des Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer von 1966 vor (§ 28 Abs. 2 StGB-AE), abrufbar unter http://www.alternativentwurf.de/media/ae-pdf/AT.pdf (letzter Abruf: 31.12.2010). 120 BGH, Urt. v. 22.03.2000 – 3 StR 10/00, NStZ 2000, 421; BGH, Urt. v. 20.01.2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373 (374); Baumann/Weber/Mitsch-Weber, § 30, Rn. 63; Hardtung, FSHerzberg (2008), S. 394 (418 f.); Herzberg, JuS 1976, 40 (41); Lackner/Kühl, § 26, Rn. 2. 121 BGH, Urt. v. 11.10.2005 – 1 StR 250/05, NStZ 2006, 96 f.; Lackner/Kühl, § 26, Rn. 2. 118

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sacht.122 Einen besonderen Strafgrund speziell der Anstiftung erkennen sie, im Gegensatz zu der herrschenden Literaturmeinung (hierzu sogleich), nicht an. Folge dieser Auffassung ist, dass keinerlei Anforderungen an Intensität und Modalität der Bestimmungshandlung gestellt werden. Ein irgendwie gearteter kommunikativer Kontakt ist nicht erforderlich. Es genügt daher bereits das bloße Schaffen einer zur Tat anreizenden Situation,123 ohne dass es darauf ankommt, ob der Angestiftete die Anstiftung überhaupt erkennt.124 Eine weitere Folge dieser Theorie ist, dass jede erfolglose Schaffung einer zu einem Verbrechen provozierenden Tatsituation gemäß § 30 Abs. 1 StGB bestraft werden muss.125 Nach der wohl herrschenden Meinung in der Literatur setzt die Anstiftung eine geistige Kommunikation zwischen Anstifter und Täter voraus.126 In Abgrenzung von der Verursachungstheorie stellt das Hervorrufen des Tatentschlusses hiernach nur eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für ein zurechenbares Bestimmen im Sinne des § 26 StGB dar. Die Schaffung einer zur Tat provozierenden Sachlage reiche nicht zur Annahme einer Anstiftung aus.127 Das spezielle Unrecht der Anstiftung liege vielmehr in einer zielgerichteten Tataufforderung.128 Nach den Vertretern einer reinen Kommunikationstheorie ist hierfür allein eine kommunikative Beeinflussung erforderlich.129 Nach Roxin und den Vertretern der Theorie der kollusiven Kommunikation ist der Strafgrund der Anstiftung dagegen die „kollusive Tatveranlassung in Form der Hervorrufung oder identitätsverändernden Modifizierung eines Tatentschlusses.“130 Nur so sei seine tätergleiche Bestrafung zu rechtfertigen. Es zeigt sich also, dass innerhalb der Kommunikationstheorien noch einmal zu differenzieren ist.131 Zwischen der Theorie der kollusiven Kommunikation, die die Betonung auf ein aufforderndes Bestimmen legt, und der zuvor dargestellten Verursachungs122

Vgl. Baumann/Weber/Mitsch-Weber, § 30, Rn. 6. Vgl. das Beispiel bei Heinrich, AT II, Rn. 1289: Gut sichtbares Liegenlassen eines Vitrinenschlüssels, woraufhin die Hausangestellte wertvolle Vasen aus der Vitrine entwendet. 124 Heghmanns, GA 2000, 473 (487); vgl. auch Christmann, S. 145, der verlangt, dass die zur Tat anreizende Situation in den Augen eines objektiven Betrachters einen schlüssig begründbaren, objektiv tatbefürwortenden Sinn enthält. 125 Heinrich, AT II, Rn. 1290. 126 Heinrich, AT II, Rn. 1292; LK-Roxin, 11. Aufl., § 26, Rn. 4; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 26, Rn. 3, 15; Marxen, S. 168; Roxin, AT II, § 26, Rn. 74 ff.; ders., FS-Stree/Wessels (1993), S. 365 (376 ff.); Schumann, S. 52, der den Begriff der Solidarisierung verwendet; Wessels/ Beulke, Rn. 568. 127 Vgl. auch Frisch, S. 343 f., nach dem die Schaffung tatermöglichender Umstände keine Schaffung einer unerlaubten Gefahr und die Haupttat dem Anstifter daher nicht zurechenbar ist. 128 Schönke/Schröder-Heine, § 26, Rn. 4; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 26, Rn. 3; vgl. auch LK-Roxin, 11. Aufl., § 26, Rn. 4, der von einer „intellektuellen Bearbeitung“ spricht. 129 Vgl. Fischer, § 26, Rn. 3; Freund, § 10, Rn. 115 f.; Jescheck/Weigend, § 64 II 1 ff.; Krey, AT I, Rn. 255 ff.; Schönke/Schröder-Heine, § 26, Rn. 4. 130 LK-Roxin, 11. Aufl., § 26, Rn. 15. 131 Vgl. auch die Unterscheidung bei Heinrich, AT II, Rn. 1289 ff.; Hillenkamp, 23. ATProblem, S. 136 ff. 123

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theorie steht eine reine Kommunikationstheorie (Theorie des geistigen Kontakts132), nach der allein – unabhängig von der Intensität der Beeinflussung – eine kommunikative (konkreter: sprachliche) Einwirkung des Anstifters auf den Täter erforderlich ist. Die Vertreter der Theorie der kollusiven Kommunikation begründen ihre engere Auffassung insbesondere damit, dass eine sprachliche Äußerung im Einzelfall durchaus weniger auffordernd sein kann als die Schaffung einer zur Tat anreizenden Situation.133 Rein informatorische Fragen seien zum Beispiel in der Regel nicht als Aufforderung zu verstehen und kämen dann auch nicht als Bestimmungshandlung im Sinne des § 26 StGB in Frage.134 Gleiches gelte für so genanntes „scheinbares Abraten“.135 Außerdem fehle es reinen Rechtsauskünften und bloßen Erwägungen am notwendigen Aufforderungscharakter.136 Folglich müsse sich die Zielgerichtetheit der Bestimmungshandlung aus einem gewissen Aufforderungscharakter ergeben. Da dem Anstifter gemäß § 26 StGB die gleiche Strafe drohe wie dem Haupttäter, sei deshalb insofern ein einverständlich-kollusives Zusammenwirken zu fordern.137 Neben dem reinen Auffordern könne ein solches Zusammenwirken auch darin gesehen werden, dass der Anstifter den Haupttäter durch Überredung, die Äußerung konkreter Wünsche oder Anregungen, das Versprechen von Geschenken, die Ausnutzung eines Unterordnungsverhältnisses oder durch eine Drohung für sein Ansinnen gewinne.138 Einige Autoren stellen noch strengere Anforderungen. So ist die Anstiftung nach der Auffassung Puppes ein „Unrechtspakt“.139 Der Anstifter müsse „eine Art Pakt mit dem Täter schließen, ihm ein Versprechen oder eine Verpflichtung zur Tat abnehmen, die diesen zwar nicht rechtlich, aber doch faktisch binden (…) soll.“140 Anstiftung 132

So bezeichnet von Hillenkamp, 23. AT-Problem, S. 137. Vgl. Kühl, AT, § 20, Rn. 174; Schumann, S. 53 f. 134 Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 82, mit Blick auf die Entscheidung vom BGH, Urt. v. 29.05.1979 – 5 StR 147/79, GA 1980, 183 (184), nach deren Sachverhalt der Angeklagte den weiteren Angeklagten P mit der Frage „Willst du auch noch?“ dazu veranlasst hatte, ebenfalls die Zeugin zu vergewaltigen. 135 Roxin, AT II, § 26, Rn. 81; Schumann, S. 53 f. 136 Vgl. zu Rechtsauskünften Mallison, S. 18 ff.; zu bloßen Erwägungen BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/85, BGHSt 34, 63: Hier hatte der Angeklagte gegenüber dem Täter, der Geld benötigte, geäußert: „Dann müsstest du eine Bank oder Tankstelle machen“; ähnliche Fallkonstellation in BGer, Urt. v. 12.11.1979, BGE 105 IV 330 ff., wo allerdings der Tatbestand der „fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst“ in Rede stand. 137 Heinrich, AT II, Rn. 1292; MüKo-Joecks, § 26, Rn. 17, der fordert, dass der Täter für die Tat vom Anstifter belohnt werden muss; noch strenger SK-Hoyer, § 26, Rn. 13 f.: Motivherrschaft durch materielle oder immaterielle Gegenleistung; außerdem Schulz, JuS 1986, 933 (937 ff.), der den Begriff der Planherrschaft geprägt hat: intellektuelle Anstiftung sei Herrschaft über die Planung, nicht aber über die Ausführung der Tat. 138 Vgl. Heinrich, AT II, Rn. 1292. 139 Puppe, GA 1984, 101 (111 ff.); vgl. auch dies., NStZ 2006, 424 ff. 140 Puppe, GA 1984, 101 (112). 133

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liege daher nur dann vor, wenn der Täter die Tat ebenfalls aufgegeben hätte, sofern der Anstifter von der gemeinsamen Tat zurückgetreten wäre.141 In ähnlicher Weise fordert auch Jakobs, der Täter müsse seinen Entschluss zur Begehung der Tat in Abhängigkeit vom Willen des Beeinflussenden fassen und durchhalten.142 Schließlich definiert Köhler die Anstiftung als „willensbestimmende Macht“ über den Täter.143 Die tatbestandliche Willensbestimmung kennzeichne sich „durch maßgebendes Abhängigsetzen des unmittelbaren Täters in seiner konkreten Guts- und Wohlkonzeption vom Anstifter.“144 Eine solche willensbestimmende Macht könne sich aus der Drohung mit Nachteilen, einem Lohnversprechen, dem Einsatz institutioneller Abhängigkeiten oder einer Täuschung ergeben.145 Abgrenzend zur mittelbaren Täterschaft müsse der Täter aber in der Fassung seines Unrechtsentschlusses frei bleiben. cc) Anwendung auf die Fallbeispiele und den Fall Dammann (1) Untreue-Skandal-Fall Im Untreue-Skandal-Fall ist die Tathandlung des J seine auffällige Positionierung im Eingangsbereich der Staatsanwaltschaft. Dadurch, dass er das Zeitungsemblem offen zur Schau trägt und gleichzeitig die Zeitung mit der Schlagzeile aufgeschlagen hat, sendet er zwar auch ein kommunikatives Signal. Er zeigt auf diese Weise nämlich, dass er ein Journalist ist und dass ihn der Untreue-Skandal interessiert. J tritt aber in keinerlei sprachlichen Kontakt zu S. Er schafft vielmehr eine zur Tat provozierende Situation. Dies stellt lediglich nach der unter anderem von der Rechtsprechung vertretenen Verursachungstheorie eine objektiv tatbestandsmäßige Bestimmungshandlung dar. Da vom Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen ausgegangen werden soll, wäre J hiernach wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 26) strafbar. Nach den übrigen Theorien fehlt es dagegen am kommunikativen Kontakt bzw. den darauf aufbauenden weiteren Anforderungen. (2) Bordell-Fall Im Bordell-Fall löst J durch die Äußerung „Weißt du, deswegen habe ich die Seiten gewechselt, damit dieser ganze Mist mal ans Licht kommt“ bei B das Bedürfnis aus, das Einsatzkonzept „Bekämpfung des Menschenhandels in Charlottenburg“ öffentlich zu machen. Die Verursachungstheorie kommt hier ohne weiteres zur Strafbarkeit. Aber auch nach der reinen Kommunikationstheorie ist vom Vorliegen einer Bestimmungshandlung auszugehen, weil B durch sprachliche Kommunikation zur Preisgabe des Einsatzkonzepts bestimmt wurde. Auch wenn J die Äußerung mit Bedacht fal141 142 143 144 145

Puppe, GA 1984, 101 (114). Jakobs, AT, 22. Abschnitt, Rn. 22. Köhler, S. 521 ff. Köhler, S. 521. Köhler, S. 525 f.

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len gelassen hat, fehlt es aber an einem kollusiven Zusammenwirken: J hat den B nicht überredet, ihm keine Geschenke versprochen oder ihn bedroht. Auf der Grundlage der Theorie der kollusiven Kommunikation und der noch strengeren Ansichten fehlt es daher an einem Bestimmen im Sinne des § 26 StGB. (3) BND-Fall Im BND-Fall hat es J dem B durch das In-Aussicht-Stellen der Chance, Teil einer „ganz großen Sache“ werden zu können, regelrecht schmackhaft gemacht, bei der Veröffentlichung der Geheimdokumente mitzuwirken. In dieser Überredung ist ein einverständlich-kollusives Zusammenwirken zu erblicken. Fraglich ist dagegen, ob auch die noch strengeren Ansichten, die einen Unrechtspakt bzw. ein Abhängigkeitsverhältnis fordern, in dieser Konstellation eine Anstiftung bejahen würden. Hierfür wäre erforderlich, dass B die geheimen Tatsachen nur solange verraten würde, wie J es von ihm fordert. J müsste die „willensbestimmende Macht“ über B haben. Das ist vorliegend zu verneinen: B ist letztlich vor allem von der Idee begeistert, selbst die Schlagzeilen der großen Zeitungen mitbestimmen zu können. Er würde nunmehr auch ohne weiteren Einfluss des J selbst darauf drängen, gewisse interne Vorgänge öffentlich zu machen. Vor diesem Hintergrund fehlt es aber an einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen J und B. Im Ergebnis wäre J somit nur nach der strengsten Auffassung nicht wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar. Nach den übrigen Theorien ist eine Strafbarkeit dagegen zu bejahen. (4) CIA-Fall Im CIA-Fall ist B von der Konfrontation mit dem selbstbewussten Medienvertreter J in so starkem Maße beeindruckt, dass er sich dem Willen des J zur Tatbegehung unterwirft. Dieser Beispielsfall stellt damit eine Konstellation dar, in der der Tatentschluss ausschließlich vom Anstifter hervorgerufen und aufrechterhalten wird. B ist von J faktisch abhängig. J wäre daher nach sämtlichen Theorien wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar. Die Grenze zur mittelbaren Täterschaft ist – abgesehen davon, dass J hierfür selbst Amtsträger sein müsste – dennoch nicht überschritten. B weist nämlich keinerlei „Defizit“ auf, aus dem heraus er tatbestandslos, nicht rechtswidrig oder schuldlos handeln würde. J hält den B insbesondere nicht durch eine Täuschung wie ein menschliches Werkzeug in den Händen. (5) Der Fall Dammann Schließlich soll nunmehr auch der Fall Dammann auf der Grundlage der verschiedenen Theorien beurteilt werden. Nach den Feststellungen des Schweizer Bundesgerichts hat der Journalist Dammann eine Verwaltungsassistentin um Auskunft darüber gebeten, ob bestimmte Personen insbesondere wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestraft seien.146 Hierbei handelte er mit „Eventualdolus“ dahingehend, dass die Ver146

BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (128).

170

D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

waltungsassistentin infolge seines Verhaltens zumindest eventualvorsätzlich ein Amtsgeheimnis verletzen könnte.147 Objektive Tathandlung war somit die Bitte um Auskunft. Nach der Verursachungstheorie und der reinen Kommunikationstheorie reicht dies für die Bejahung der Strafbarkeit aus. Das Schweizerische Bundesgericht ist, wie die deutsche Rechtsprechung auch, Anhänger der Verursachungstheorie: „Das objektive Merkmal des „Bestimmens“ im Sinne von Art. 24 StGB-CH ist gegeben, weil der Beschwerdeführer durch seine Frage den Entschluss zur Antwort hervorgerufen hat; ohne Frage hätte es keine Antwort gegeben.“148 Zu demselben Ergebnis kommt die reine Kommunikationstheorie, da Dammann und die Verwaltungsassistentin in Worten miteinander kommuniziert haben. Fraglich ist jedoch, wie die Lösung nach der Theorie der kollusiven Kommunikation aussieht. Dammann hat die Verwaltungsassistentin weder aufgefordert noch überredet, ihr keine Geschenke angeboten und ihr auch nicht gedroht. Des Weiteren bestand auch kein Unterordnungsverhältnis, das ein kollusives Zusammenwirken nahe gelegt hätte. Es musste kein besonderer Widerstand im Wege eines auffordernden Bestimmens überwunden werden. Vielmehr hat sich die Verwaltungsassistentin unmittelbar auf die Bitte Dammanns zur Mithilfe bereit erklärt.149 Somit käme die wohl herrschende deutsche Literaturmeinung zur Straflosigkeit Dammanns mangels einer Bestimmungshandlung im Sinne des § 26 StGB. Dasselbe Ergebnis folgt aus den noch strengeren Ansichten. Auch wenn sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Dammann strafrechtsdogmatischer Ausführungen enthalten hat, so deutet er dennoch an, dass seiner Auffassung nach die Bestimmungshandlung Dammanns nicht die nötige Intensität hatte. Wenn die Richter obiter dictu feststellen, Dammann sei weder mit List noch unter Anwendung von Drohungen oder sonstigem Druck vorgegangen, um an die begehrten Informationen zu gelangen,150 dann zeigt dies, dass sie unter den Umständen des Falles allein die Verursachung des Tatentschlusses im Wege der Kommunikation nicht für strafwürdig halten. Auch ihrer Überzeugung nach hätte offenbar noch etwas dazukommen müssen. Hierfür nennen sie beispielhaft die Mittel der List und der Drohung oder eine sonstige Druckausübung. Damit steht die Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf den ersten Blick der Theorie der kollusiven Kommunikation nahe.

147

BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (130 f., 133). BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (128). 149 Vgl. BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (124). 150 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 13, abrufbar über http:// www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 148

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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dd) Stellungnahme: Überschreitung des alltäglichen Reizpegels Eine am weiten Wortlaut des § 26 StGB orientierte Argumentation spricht prima facie für die Verursachungstheorie. Versteht man Bestimmen vom Erfolg her als Hervorrufen des Tatentschlusses, muss jede den Tatentschluss verursachende Handlung herangezogen werden. Man könnte in dieser Richtung weiterhin argumentieren, nur diese Auffassung entspräche dem Willen des Gesetzgebers, der § 48 StGB a. F. durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969151 durch den aktuellen § 26 StGB ersetzte. Die Abkehr von der beispielhaften Aufzählung möglicher Bestimmungshandlungen (Geschenke oder Versprechen, Drohung, Missbrauch des Ansehens, Gewalt, absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums oder andere Mittel) könnte als – rechtlich an sich nicht erforderliche – Klarstellung in die Richtung zu verstehen sein, dass nur der Erfolg – das Bestimmen zur Tat eines bisher noch nicht zur Tat Entschlossenen –, nicht hingegen der Weg dorthin ausschlaggebend für die Verwirklichung des objektiven Anstiftungstatbestands sein soll. Erscheint dabei die tätergleiche Strafandrohung für den Anstifter zu hoch, könnte auch insoweit auf die gesetzgeberische Entscheidung verwiesen werden: Dem auf dem Tisch liegenden Alternativentwurf, der eine fakultative Strafmilderung in einem Absatz 2 vorsah, ist der Bundestag nicht gefolgt.152 Dem Rechtsanwender verböte es sich daher, wünschenswerte Ergebnisse außerhalb des Gesetzeswortlauts zu erzielen. Tatsächlich lässt sich nicht bestreiten, dass dieses weite Verständnis des Bestimmens in der Lage ist, alle strafwürdigen Fälle der Motivation eines Dritten zu einer Straftat zu erfassen. Insbesondere die viel diskutierte Schaffung tatprovozierender Situationen gehört hierher. Nonverbale Kommunikation kann im Einzelfall eine stärker motivierende Wirkung entfalten als Sprache: Das absichtsvolle Liegenlassen von Vitrinenschlüsseln, damit sich die Hausangestellte mit den wertvollen altägyptischen Vasen aus dem Staube macht, kann die Hausangestellte schon wegen der vermeintlichen Anonymität und dem vermeintlich niedrigeren Entdeckungsrisiko unter Umständen mehr zum Diebstahl der Vasen bewegen, als es eine direkte Aufforderung könnte.153 Richtig ist weiterhin, dass die von § 26 StGB angeordnete tätergleiche Bestrafung des Anstifters in dieser Argumentation ohne Bedeutung bleiben muss. Dies wäre nur dann anders, wenn der Gesetzgeber die Strafe gerade mit Blick auf erhöhte Anforderungen an die Anstiftungshandlung festgelegt hätte. Dafür fehlt jedoch jeglicher Anhaltspunkt. Die gesetzgeberische Entscheidung ist zu respektieren.

151

BGBl. 1969 I, S. 717 ff. Alternativentwurf eines Strafgesetzbuchs des Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer von 1966 vor, abrufbar unter http://www.alternativent wurf.de/media/ae-pdf/AT.pdf (letzter Abruf: 31.12.2010), vgl. zur Kenntnisnahme durch den Bundestag BT-Drs. V/2285. 153 Beispiel nach Heinrich, AT II, Rn. 1289. 152

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

Allerdings muss die Hervorrufung des Tatentschlusses dem Anstifter objektiv zurechenbar sein. Die Lehre von der objektiven Zurechnung dient allgemein dazu, solche Handlungen von der Strafbarkeit auszunehmen, die zwar – im Sinne einer conditio sine qua non – kausal für die Erfüllung des Tatbestands geworden sind, hingegen keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen haben. Eine Kausalität, die jede Bedingung einbezieht, ohne die der Erfolg nicht eingetreten wäre, also auf die empirische Gesetzmäßigkeit des Ursachenzusammenhangs abstellt, führt nämlich theoretisch ins Unendliche.154 Die allgemeine Notwendigkeit einer solchen Begrenzung der Kausalität auf strafwürdige Fälle ist – insbesondere für die Zurechnung beim Täter – von der absolut herrschenden Meinung anerkannt.155 Ein tatbestandlicher Erfolg kann danach nur dann objektiv zugerechnet werden, wenn das für den Erfolg ursächliche Verhalten ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen hat, welches sich im Erfolg in seiner konkreten Gestalt realisiert hat.156 Es haben sich insoweit verschiedene Fallgruppen herausgebildet, nach denen die objektive Zurechnung ausscheidet, zum Beispiel bei erlaubtem Risiko, bei einer Risikoverringerung, bei atypischen Kausalverläufen oder bei einem eigenverantwortlichen Dazwischentreten eines Dritten oder des Opfers. Bisherige Beispiele aus Rechtsprechung und Schrifttum zeigen zwar, dass die Rechtsfrage der haftungseinschränkenden objektiven Zurechnung eher als Problem der Täterschaft in Erscheinung getreten ist.157 So wie dem Täter der Taterfolg in seiner konkreten Gestalt objektiv zugerechnet werden können muss, muss aber auch dem Anstifter der „Anstiftungserfolg“ – das Hervorrufen des Tatentschlusses – zugerechnet werden können. Die objektive Zurechnung ist also auch bei der Anstiftung ein Mittel zur Begrenzung der äquivalenten Kausalität. Dementsprechend fordert Frisch bei der Anstiftung die Zurechnung des Tatentschlusses aufgrund einer missbilligten Risikoschaffung.158 Roxin verlangt einen selbstständigen Angriff des Anstifters auf das Rechtsgut, stellt aber klar, dass der Rechtsgutsangriff nur eine zusammenfassende Bezeichnung für die vorsätzliche Schaffung eines unerlaubten Risikos darstellt.159 Das Erfordernis des selbstständigen Rechtsgutsangriffs erkläre sich aus den allgemeinen Grundsätzen der Zurechnung, wonach ein Erfolg nur zugerechnet werden könne, wenn er auf der Schaffung eines unerlaubten Risikos beruhe.160 Für Hilgendorf ist der Grad des Risikos entscheidend, der durch den Tatanreiz für das geschützte Rechtsgut 154

Vgl. Jescheck/Weigend, § 28 III 1. Heinrich, AT I, Rn. 239 ff.; Jescheck/Weigend, § 28 III 1 ff.; Kühl, AT, § 4, Rn. 36 ff.; Roxin, AT I, § 3, Rn. 44 ff.; der BGH hat die Rechtsfigur der objektiven Zurechnung noch nicht ausdrücklich anerkannt. Dennoch erwähnt er sie regelmäßig als Möglichkeit der Strafbarkeitseinschränkung, vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, bei juris, Rn. 49; BGH, Beschl. v. 25.09.1990 – 4 StR 359/90, BGHSt 37, 179 (183). 156 Vgl. Heinrich, AT I, Rn. 243. 157 Kretschmer, Jura 2008, 265. 158 Frisch, S. 340. 159 Roxin, AT II, § 26, Rn. 76 f. 160 Roxin, AT II, § 26, Rn. 9. 155

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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geschaffen wird. Die Risikosteigerung dürfe nicht mehr sozialadäquat sein.161 Zuletzt hat Kretschmer auf die Bedeutung der objektiven Zurechnung bei Anstiftung und Beihilfe hingewiesen.162 Wie das Täterunrecht muss somit auch das Teilnahmeunrecht objektiv zurechenbar sein.163 Wer also nicht in rechtlich missbilligenswerter Weise motivierend auf den Täter einwirkt, dem kann der Tatentschluss des Täters nicht zugerechnet werden. Der Anstifter muss die Gefahr erhöhen, dass sich der Täter zur Begehung einer konkreten Straftat und damit für das Unrecht entscheidet. Es zeigt sich daher, dass das „Bestimmen“ im Sinne des § 26 StGB ausschließlich die rechtlich missbilligte Hervorrufung des Tatentschlusses bei dem Täter meint. Unter dem Merkmal des Bestimmens ist daher nichts anderes zu prüfen als die objektive Zurechnung des Tatentschlusses. Daraus ergibt sich bereits, dass die Verursachungstheorie nicht richtig sein kann. Diese stellt lediglich auf Kausalitätserwägungen ab und lässt die Frage der objektiven Zurechnung des Tatentschlusses vollständig außer Acht. So zeigt der Untreue-SkandalFall, dass die Verursachungstheorie zu ungereimten Ergebnissen führen kann. J wäre im Untreue-Skandal-Fall nach dieser Auffassung wegen Anstiftung zu bestrafen, weil er sich auffällig im Eingangsbereich der Staatsanwaltschaft aufgehalten hat. Hierdurch hat J jedoch keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen. Das Aufhalten im Eingangsbereich ist sozial erlaubt. Staatsanwalt S darf sich nicht allein durch herumstehende Journalisten beeinflussen lassen. Hierzu ein weiteres Beispiel, das zwar keine Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses zum Gegenstand hat, wohl aber die Problematik verdeutlicht: Die „tagesschau“ berichtet über die mangelnde Verfolgung von Steuerhinterziehungen aufgrund einer chronischen Unterfinanzierung der Steuerfahndung. Durch diesen Bericht wird ein Fernsehzuschauer dazu motiviert, selbst Steuern zu hinterziehen. Nach der Äquivalenztheorie hätten die verantwortlichen Nachrichtenredakteure den objektiven Tatbestand der Anstiftung zur Steuerhinterziehung (§§ 370, 369 Abs. 2 AO, § 26 StGB) erfüllt. Freilich mangelt es in der Regel an einem entsprechenden Vorsatz der Redakteure. Die Rechtsprechung würde vorliegend denn auch die Strafbarkeit auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes ausscheiden.164 Problematisch wird es aber, wenn der gute Freund A des an dem Bericht beteiligten Redakteurs B diesem erzählt hätte, er habe vor, eine Million Euro am Fiskus vorbei auf ein Luxemburger Konto zu transferieren, es sich bisher aufgrund des Verfolgungsrisikos aber nicht getraut hätte, und B eine Steuerhinterziehung des A aufgrund des Berichts für möglich hielte, sich aber damit abfände. In diesem Fall würde B bedingt vorsätz161

Hilgendorf, Jura 1996, 9 (10), der diese Fragestellung allerdings in der Kausalität ver-

ortet. 162 Kretschmer, Jura 2008, 265: „das entscheidende Kriterium“; vgl. auch ders., NStZ 1998, 401 (403). 163 Vgl. weiterhin Herzberg, JuS 1987, 617 (620 ff.); Jakobs, GA 1996, 253 ff.; Schönke/ Schröder-Heine, § 26, Rn. 4; SK-Samson, 6. Aufl., § 26, Rn. 5; Weßlau, ZStW 104 (1992), 105 (125, 129). 164 Vgl. BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/85, BGHSt 34, 63.

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

lich zu einer „wenigstens umrisshaft individualisierten“165 Tat anstiften. Nach der Verursachungstheorie hätte der Nachrichtenredakteur B den Tatbestand der Anstiftung zur Steuerhinterziehung verwirklicht. B würde somit für die legitime Berichterstattung über eine die Öffentlichkeit interessierende Frage bestraft. Nun kann aber jeder Bericht über Straftaten als Anleitung missbraucht werden. Die Verantwortung für die hierdurch angeregten Delikte ist jedoch nicht bei den Berichterstattern, sondern allein bei den Tätern zu suchen. Subjektive Kenntnisse und Wünsche auf Seiten der Journalisten erhöhen dieses allgemeine Risiko nicht: Kein Straftäter verwirklicht seine kriminellen Pläne allein deswegen, weil eine dritte Person von diesen Plänen weiß. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass das Merkmal des Bestimmens ausschließlich mit Überlegungen zur objektiven Zurechnung auszufüllen ist. Hierfür erweist sich insbesondere die unter dieser Überschrift anerkannte Fallgruppe des eigenverantwortlichen Handelns als tauglich. Dies mag zunächst erstaunen, ließe sich doch anführen, es sei gerade das Wesen der Anstiftung, dass der angestiftete Täter eigenverantwortlich und nicht (im Sinne mittelbarer Täterschaft) fremdbestimmt handele. Ein solcher Einwand würde jedoch den hier gemeinten Bezugspunkt der objektiven Zurechnung verkennen. Es geht hier nicht darum, den Erfolg der durch den Täter begangenen Haupttat dem Anstifter zuzurechnen. Insoweit würde in der Tat der Täter stets eigenverantwortlich dazwischentreten. Vorliegend geht es – eine Stufe früher – um die Zurechnung der Hervorrufung des Tatentschlusses. Der Tatentschluss muss „unmittelbar“, objektiv zurechenbar durch den Anstifter hervorgerufen werden. Nach dem geltenden Strafrecht, das von der Willensfreiheit des Menschen ausgeht, hat jeder Mensch seine Handlungen grundsätzlich selbst zu verantworten. Lässt er sich durch alltägliche Einflüsse zu einer Straftat verleiten, muss die strafrechtliche Verantwortung allein bei ihm selbst verbleiben. Aus dem Prinzip der Selbstverantwortung, das die Kehrseite der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) darstellt, ergibt sich daher das Erfordernis einer gewissen Intensität der Anstiftungshandlung. Die Bedeutung des Wortes „Bestimmen“ lässt dies nicht nur zu, sondern legt ein derartiges Verständnis sogar nahe.166 Dabei ist, wie der Vitrinenschlüssel-Fall zeigt, das erforderliche Maß der Beeinflussung nicht in der Art der Kommunikation zu suchen. Es kommt nicht darauf an, ob der Angestiftete durch Worte oder durch Taten motiviert wird. Die Anforderungen an die Intensität haben sich vielmehr ausschließlich daran auszurichten, ob die Hervorrufung des Tatentschluss des Täters auf einer rechtlich missbilligten und somit objektiv zurechenbaren Gefahrschaffung des Anstifters beruht. 165

Vgl. hierzu ausführlich unten D. IV. 2. b). Im Synonymwörterbuch des DUDEN-Verlags kommt unter dem Eintrag „bestimmen“ (bei insgesamt ca. 50 verzeichneten Synonymen) das Wort „hervorrufen“ gar nicht vor. Immerhin ist „beeinflussen“ zu finden. Die Bedeutungen fast aller anderen Umschreibungen weisen dagegen eine bestimmte Beeinflussungsintensität auf: „anordnen“, „vorgeben“, „diktieren“, „determinieren“, „gebieten“, „beherrschen“, „prägen“, usw., vgl. DUDEN, Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl., Mannheim 2007, Eintrag „bestimmen“. 166

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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Den überzeugendsten Ansatz bietet insoweit Hilgendorf: „Nur wer einen Tatanreiz erzeugt, der über den alltäglichen Reizpegel deutlich hinausreicht, ist bei tatsächlicher Begehung der Tat als Anstifter nach § 26 StGB zu strafen.“167 Die Überschreitung des alltäglichen Reizpegels erweist sich zum einen deshalb als besonders geeignetes Kriterium, weil es sich nicht von vornherein auf eine bestimmte Beeinflussungsmodalität beschränkt (etwa nur Kommunikation). Es belässt dem Tatbestand des § 26 StGB die ihm gebührende Weite. Darüber hinaus sind zur Feststellung der erforderlichen Beeinflussungsintensität nunmehr auch der Kommunikationspartner und dessen Selbstverantwortung einzubeziehen. Aufgrund dieser Erweiterung der Perspektive sind regelmäßig weitere Feststellungen mit Blick auf die täglichen Einflüsse auf den Täter erforderlich. Nur auf dieser Grundlage kann sodann entschieden werden, ob dieser sich lediglich durch alltägliche Einflüsse zu einer Straftat hat verleiten lassen oder ob sein Reizpegel in einer Weise überschritten wurde, dass dem Anstifter die Hervorrufung des Tatentschlusses zuzurechnen ist. Die Bestimmungshandlung muss sich derart herausheben, dass nicht mehr von einer allein durch den Täter verantworteten Tat gesprochen werden kann. Der Teilnehmer haftet also nur dann akzessorisch für die Haupttat, wenn er derart auf den Täter einwirkt, dass er dessen Reizpegel und damit den Bereich der reinen Alleinverantwortung überschreitet. Alle Einflüsse, die täglich im Berufs- und Privatleben auf den Menschen einströmen und deshalb den Charakter einer alltäglichen „Geräuschkulisse“ haben, müssen dabei unberücksichtigt bleiben. Daraus folgt vorliegend, dass im „tagesschau“-Fall der Tatentschluss des A zur Steuerhinterziehung dem Nachrichtenredakteur B nicht zugerechnet werden kann. Nachrichtensendungen zählen zu dem, was auf jeden Menschen, auch auf den A, alltäglich einströmt. Werden sie zum Anlass für eine strafbare Handlung, ist das allein die Sache des Täters. Ohne Zweifel ist das Merkmal der Überschreitung des alltäglichen Reizpegels stark normativ geprägt. Fraglich ist, was „alltäglich“ bedeutet. Was für den einen alltäglich ist, kann für den anderen exzeptionell sein. Hierin liegt allerdings eine weitere Stärke des Kriteriums: Die Alltäglichkeit ist anpassungsfähig. Durch den Verzicht auf starre Regeln, die auf jeden Fall unterschiedslos angewendet werden (sprachliche Kommunikation, kollusives Zusammenwirken, Unrechtspakt), kann individuell bestimmt werden, wo bei dem Einzelnen derjenige Reizpegel überschritten ist, der die Zurechnung des Tatentschlusses für den Anstifter auslöst. Selbstverständliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Merkmals ist, dass sich der Täter in einem grundsätzlich legalen Milieu bewegt. Dass für den Berufskiller der Auftrag zum Mord Berufsalltag ist, ändert nichts an der Eignung der Bestimmungshandlung 167 Hilgendorf, Jura 1996, 9 (10), Hervorhebung durch den Verfasser; Hilgendorf ordnet dieses Kriterium in die Kausalität ein, indem er auch statistische Gesetzmäßigkeiten in die Kausalprüfung einfließen lässt, Jura 1996, 9 (11). Allerdings besteht keine Notwendigkeit, die prüfungsmäßige Trennung von äquivalenter Kausalität und objektiver Zurechnung aufzugeben; vgl. außerdem Kretschmer, Jura 2008, 265 (266): erliegt jemand „einer zufälligen oder absichtlich geschaffenen Alltagssituation“, liegt darin kein rechtlich missbilligter Aufforderungscharakter.

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

zur Anstiftung. Die Beauftragung eines Berufskillers erfolgt nämlich immer in rechtlich missbilligter Weise. Die Hervorrufung des Tatentschlusses ist in einem solchen Fall daher ohne Weiteres objektiv zurechenbar. Im grundsätzlich legalen Milieu gehören, wie bereits erwähnt, zum Beispiel Nachrichtensendungen zum Alltag fast eines jeden Menschen in Deutschland. Nehmen wir den Untreue-Skandal-Fall: Wartende Pressevertreter gehören zum alltäglichen Bild im Eingangsbereich der Staatsanwaltschaft. Nimmt Staatsanwalt S ihre Gegenwart zum Anlass, einem von ihnen Dienstgeheimnisse zu verraten, beruht dieser Tatentschluss nicht auf einer strafrechtlich relevanten Einflussnahme des J auf den S. Weiterhin lässt sich feststellen, dass von denjenigen Personen, die täglich mit Anfragen von Pressevertretern zu tun haben (Pressesprecher, Mitarbeiter in der Presseabteilung oder Sekretärinnen), eine stärkere Resistenz erwartet werden muss. Im Fall Dammann ist davon auszugehen, dass die Verwaltungsassistentin regelmäßig mit Anfragen konfrontiert ist, die auf die Herausgabe von Informationen aus dem Vorstrafenregister abzielen. Dies ändert zwar nichts daran, dass die Verwaltungsassistentin nicht zur Herausgabe dieser Daten befugt ist.168 Dennoch ist sie in der Regel auch für den Umgang mit Journalisten ausgebildet. Simple Fragen eines Journalisten zählen zum Alltag. Dies wird auch deutlich in der Feststellung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Dammann sei weder mit List noch unter Anwendung von Drohungen oder sonstigem Druck vorgegangen, um an die begehrten Informationen zu gelangen.169 Auch in den übrigen Beispielsfällen können überzeugende Ergebnisse erzielt werden. Im Bordell-Fall ist dem Journalisten J der Tatentschluss des B nicht zuzurechnen: Ein Kneipengespräch, in dem keine konkreten Aufforderungen ausgesprochen, sondern lediglich Erfahrungen aus dem Leben ausgetauscht werden, zählt zum Alltag. Der alltägliche Reizpegel ist nicht überschritten. Im BND-Fall liegt dagegen eine tatbestandsmäßige Anstiftungshandlung vor. Zwar ist B Mitarbeiter der Pressestelle des BND und als solcher in regelmäßigem Kontakt zu anfragenden Journalisten. Die Überredungskünste des J (In-Aussicht-Stellen, Teil einer „ganz großen Sache“ zu werden) überschreiten aber den alltäglichen Reizpegel, dem der B in dieser Funktion ausgesetzt ist. J hat sich wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar gemacht. Strafbarkeit ist auch im CIA-Fall anzunehmen, in dem der Flugsicherungsmitarbeiter B durch den exzeptionellen Kontakt zum Journalisten J beeinflusst ist. Nun sind in den beschriebenen Fällen der hier vertretene Ansatz und die Theorie der kollusiven Kommunikation zu identischen Ergebnissen gekommen. Die Überlegenheit der „Reizpegel-Theorie“ zeigt sich allerdings bei der für die Recherche bedeutsamen Anstiftung durch Fragen (Fall Dammann). Die Überschreitung des alltäg168

Vgl. BGer, Urt. v. 01.05.2001, BGE 127 IV 122 (132). EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 13, abrufbar über http:// www.coe.int/T/ D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010). 169

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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lichen Reizpegels bezieht nämlich, wie gezeigt, die Person des Gegenübers mit ein. Während nach der Theorie der kollusiven Kommunikation einfaches Fragen in der Regel nie zur Verwirklichung des Anstiftungstatbestands führen wird, ermöglicht die hier vertretene Ansicht eine Feinsteuerung je nach Gesprächspartner. So macht es bei der Recherche strafrechtlich einen Unterschied, ob sich der Journalist mit seinen Fragen an einen Pressesprecher wendet oder direkt die Durchwahl eines Fachreferenten wählt. Für den Pressesprecher sind journalistische Anfragen das tägliche Brot. Gibt er auf einfache Nachfragen Dienstgeheimnisse heraus, kann nur er dafür strafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Schließlich ist es gerade seine Funktion, gewissermaßen als „Filter“ ausschließlich nicht-geheime Informationen an die Journalisten gelangen zu lassen. Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn Journalisten es nicht bei einfachen Anfragen belassen, sondern versuchen, den Betreffenden zu überreden oder Druck auszuüben. Gibt der Pressesprecher daraufhin geheime Informationen heraus, ist dieser Entschluss zum Geheimnisverrat auch dem Journalisten zurechenbar. Die direkte Kontaktaufnahme zu einem Referenten oder sonstigem Mitarbeiter einer Fachabteilung birgt jedoch deutlich höhere strafrechtliche Risiken für den Journalisten. Hier wird man schon bei einfachen Nachfragen von einer zurechenbaren Erfüllung des objektiven Anstiftungstatbestands auszugehen haben. Das Beantworten von Presseanfragen zählt nämlich nicht zu den normalen Aufgaben der Fachabteilungen. Dementsprechend ist in diesen Fällen der alltägliche Reizpegel überschritten. ee) Der Zeitpunkt der Bestimmungshandlung Bei der Untersuchung der Intensität der Bestimmungshandlung sind bisher ausschließlich Beispiele verwendet worden, in denen auf den Amtsträger eingewirkt wurde, um die Herausgabe geheimer Informationen zu erreichen. Der Amtsträger könnte jedoch auch Geheimnisse an einen Journalisten weitergegeben haben, mit welchem er abgesprochen hat, dass das Geheimnis nicht veröffentlicht, sondern nur als Hintergrundinformation verwendet werden soll. Sodann könnte sich der Journalist zu einem späteren Zeitpunkt an den Amtsträger wenden und auf ihn dahingehend einwirken, ihm doch nunmehr die Freigabe zur Veröffentlichung des Geheimnisses zu erteilen. In einer solchen Fallkonstellation fehlt es – wie bereits im Zusammenhang mit der Haupttat dargestellt170 – zum Zeitpunkt der Weitergabe der Informationen an einer konkreten Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen, wenn der Journalist tatsächlich keine Veröffentlichung beabsichtigt hat. Mangels Haupttat scheidet dann die Möglichkeit einer Anstiftung aus. Erfährt der Geheimnisträger nun aber von der Veröffentlichungsabsicht des Journalisten, muss er alles in seiner Macht Stehende versuchen, um die Verbreitung des Geheimnisses zu verhindern. Aufgrund seines pflichtwidrigen Vorverhaltens – des Verstoßes gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung (§ 67 Abs. 1 S. 1 BBG, § 37 Abs. 1 S. 1 BeamtStG) – hat er nämlich als Garant im Sinne des § 13 StGB dafür einzustehen, dass der Erfolg, also die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen, nicht eintritt. Er macht sich daher nach § 353b 170

Vgl. zum Ganzen oben C. I. 3. b) bb).

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

StGB strafbar, wenn er nichts gegen die drohende Veröffentlichung unternimmt oder ihr sogar zustimmt. Damit setzt sich in dieser Konstellation die Tathandlung sowohl aus aktivem Tun (dem Offenbaren der Informationen) als auch Unterlassen (dem fehlenden Einschreiten nach Erlangung der Kenntnis von der Veröffentlichungsbereitschaft) zusammen. Das mangelnde Einschreiten ist somit ein Teil der Begehung der Tat, zu welchem der Amtsträger auch noch angestiftet werden kann. Versucht also ein Journalist nach der Weitergabe der Informationen, den Amtsträger davon abzuhalten, etwas gegen ihre Veröffentlichung zu unternehmen, steht die Strafbarkeit wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses durch Unterlassen (§ 353b, 13 StGB) im Raum. Es kommt dann nach den soeben dargestellten Grundsätzen darauf an, ob die Einwirkungshandlung den alltäglichen Reizpegel des Amtsträgers überschreitet. Dabei kann wegen des bereits bestehenden Kontakts zwischen Amtsträger und Journalist eine einfache Frage nach Freigabe nicht den Reizpegel überschreiten. Es ist jedenfalls erforderlich, dass der Journalist versucht, den Amtsträger zu überzeugen oder zu überreden. c) Objektive Zurechnung und Abgrenzung von Verantwortungsbereichen Die Untersuchung des objektiven Anstiftungstatbestands beschränkte sich bisher auf die Haupttat und die Bestimmungshandlung. Dabei hat sich gezeigt, dass das Merkmal des Bestimmens das objektiv zurechenbare Hervorrufen des Tatentschlusses meint. Kann auf diese Weise festgestellt werden, ob der Täter in rechtlich missbilligter Weise zu seiner Tat bestimmt worden ist, soll nunmehr die objektive Zurechnung aus einem weiteren Blickwinkel beleuchtet werden. Zwar ermöglicht das Kriterium der Überschreitung des alltäglichen Reizpegels bereits die Berücksichtigung der Person und des beruflichen Alltags des Gegenübers. Dennoch muss der Frage nachgegangen werden, ob sich gerade aus den Eigenschaften der handelnden Personen (Amtsträger bzw. Journalist) weiter reichende Schlüsse für die Zurechnung der von Journalisten begangenen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses ziehen lassen. Im Hintergrund steht hier die Frage der Abgrenzung gesellschaftlicher Verantwortungsbereiche. Es ist zu prüfen, ob sich im Bereich des Geheimnisschutzes Staat und Presse in einer Weise antagonistisch gegenüberstehen, dass der eine nicht für die Überwachung der Einhaltung der Pflichten des anderen strafrechtlich zuständig ist. Nach dem Dammann-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte liegt die Verantwortung für die Geheimhaltung staatlicher Informationen zu einem wichtigen Teil beim Staat: Als Hüter seiner eigenen Informationen sei der Staat an erster Stelle dafür zuständig, keine Informationen unbefugt nach außen gelangen zu lassen. Diese grundsätzliche Verantwortungsverteilung entspricht auch der deutschen Rechtslage. So ist oben171 bei der Frage der Allgemeinzugänglichkeit bereits 171

Oben C. I. 4. d).

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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festgestellt worden, dass derjenige über die Zugänglichkeit von Informationen und die Art der Zugangseröffnung entscheidet, der nach der Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt.172 Für private Informationen ist dies die entsprechende Privatperson, für öffentliche Informationen der Staat. Fraglich ist, ob derjenige, der das (alleinige) Recht hat, darüber zu entscheiden, wem er wann, wo und wie welche Informationen zur Verfügung stellen will, ganz allein dafür verantwortlich ist, ungewollte Informationsflüsse nicht geschehen zu lassen. Für die Beantwortung dieser Frage bietet es sich an, einerseits aus der Perspektive des Täters, also des Amtsträgers und damit aus der Perspektive des Staates vorzugehen. Dabei stellt sich die Frage, ob sich aus der besonderen Qualität des Täters als Amtsträger bzw. aus seiner dienstlichen Geheimhaltungsaufgabe Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Verantwortung des Anstifters ergeben. Andererseits soll die Perspektive des Anstifters, also des Journalisten und damit die Perspektive von Presse, Fernsehen und Rundfunk eingenommen werden. Hier wird es darauf ankommen, ob Recherchehandlungen, wenn sie auch aus den verfassungsrechtlichen Medienfreiheiten heraus keine Privilegierung verdienen, allein deshalb strafrechtlich zu bevorzugen sind, weil sie für den Beruf des Journalisten typisch sind.

aa) Eigener Verantwortungsbereich des Haupttäters Der Amtsträger trägt neben der allgemeinen Verantwortung, sich strafbarer Handlungen zu enthalten, auch eine Verantwortung für die Interessen seines Dienstherrn. Beamtinnen und Beamte stehen zu ihrem Dienstherrn (zum Beispiel dem Bund oder einem Land173) in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (§ 4 BBG, § 3 Abs. 1 BeamtStG). Nichtverbeamtete Angestellte des öffentlichen Dienstes werden auf die Einhaltung vergleichbarer Pflichten besonders verpflichtet. Ihnen allen obliegen damit spezifische Dienstpflichten. Ein Teil dieser Pflichten ist durch die Tatbestände des dreißigsten Abschnitts (Straftaten im Amt) strafbewehrt. Anknüpfungspunkt dieser Strafbarkeit ist damit eine Pflichtverletzung. Insoweit ist aber eben nicht nur die aus der Strafnorm selbst entspringende Pflicht gemeint, deren Missachtung die im Tatbestand vorgesehene Sanktion auslöst, sondern auch die außerhalb der Strafnorm bestehende Dienstpflicht.174 Einer dritten Person gegenüber zu einem Handeln oder Unterlassen verpflichtet zu sein, ist indes keine Besonderheit ausschließlich der Pflichtenstellung des Amtsträgers. So erfasst zum Beispiel der Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) denjenigen als Täter, der zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen befugt ist, also einem Dritten gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht innehat. Eine vergleichbare Verpflichtung besteht bei der veruntreuenden Unterschlagung nach § 246 Abs. 2 StGB. § 225 StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen) stellt das Quälen, rohe 172 173 174

Vgl. BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99, BVerfGE 103, 44 (60). Vgl. zur Dienstherrenfähigkeit § 2 BBG, § 2 BeamtStG. Vgl. Roxin, Täterschaft, S. 354.

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Misshandeln oder böswillige Vernachlässigen solcher Personen unter Strafe, gegenüber denen der Täter eine besondere Fürsorgepflicht besitzt. Parallel ist etwa an § 174 StGB (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) zu denken. Die Angehörigen der in § 203 Abs. 1 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) genannten Berufsgruppen (zum Beispiel Ärzte, Psychologen, Anwälte, Sozialarbeiter) sind ihren Patienten, Mandanten und Klienten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Offenbarung ihrer Geheimnisse führt zur Strafbarkeit nach dieser Vorschrift. In diesen Beispielen175 liegt das spezifische, für die Täterschaft maßgebliche Unrecht in einer besonderen Pflichtverletzung.176 Fraglich ist, welche Auswirkungen dieser Befund aber auf die Strafbarkeit des Anstifters hat. Es ließe sich folgendermaßen argumentieren: Wer einer dritten Person gegenüber besonders verpflichtet ist, der darf sich von einem anderen nicht zur Verletzung seiner Pflichten bestimmen lassen. Er allein ist für die Wahrung der fremden Interessen verantwortlich. Lässt er sich durch die motivierende Kraft eines anderen dazu hinreißen, seine Pflichten zu verletzen, dann hat nur er selbst dafür einzustehen, weil er ja gerade die Abwehr von Gefahren für das ihm anvertraute Gut übernommen hat und deshalb für seine Erhaltung zuständig ist. Dem Anstifter obliegen diese besonderen Pflichten dagegen nicht. Vom Konzept des Rechtsgüterschutzes her betrachtet könnte man also argumentieren, nur diejenigen Rechtsgüter seien gegenüber jedermann gleichermaßen geschützt, die von einem Tatbestand geschützt werden, der keine besondere Pflichtgebundenheit des Täters fordert. Das bedeutete auch, dass jedermann – ob Anstifter oder Haupttäter – diese Rechtsgüter gleichermaßen angreifen könnte. Umgekehrt wären aber hinter Pflichtdelikten177 stehende Rechtsgüter ausschließlich gegenüber dem Verpflichteten geschützt. Nur der verpflichtete Haupttäter könnte das besondere Unrecht verwirklichen, nicht aber der Anstifter, der nicht für die Erhaltung des Rechtsguts zuständig ist.178 Folglich wäre eine von einem Journalisten begangene Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 26 StGB) von vornherein nicht strafbar, weil der Journalist nicht zur Einhaltung der Dienst- und Treuepflichten im Allgemeinen und der Geheimhaltungsverpflichtung im Besonderen berufen ist. Mit deutschem Recht ist diese Argumentation nicht vereinbar. Das geltende Gesetzesrecht erkennt nämlich die Möglichkeit der Teilnahme an einem Pflichtdelikt an. Nach § 28 Abs. 1 StGB, der im Jahre 1969 mit der Reform des Allgemeinen Teils in das Strafgesetzbuch eingeführt wurde,179 ist die Strafe des Teilnehmers (Anstifters oder Gehilfen) nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, wenn besondere persönliche Merkmale, welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer fehlen. Die 175 Zum Erstreckungsbereich dieses Deliktstypus’ im Einzelnen vgl. Roxin, Täterschaft, S. 384 ff. 176 Vgl. Roxin, Täterschaft, S. 354. 177 Der Begriff ist von Roxin geprägt worden, vgl. Roxin, Täterschaft, S. 352 ff., 354. 178 So Bambach, S. 87 ff.; Langer, S. 484 ff.; vgl. auch die Darstellung bei Sánchez-Vera, S. 167 f., der aber von der Möglichkeit der Beteiligung am Pflichtdelikt ausgeht. 179 Eingeführt durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969, BGBl. 1969 I, S. 717 ff., in Kraft getreten am 01.07.1975.

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Vorschrift setzt damit die Strafbarkeit des Teilnehmers gerade in Konstellationen voraus, in denen der Teilnehmer nicht Täter sein kann.180 Zu den besonderen persönlichen Merkmalen in diesem Sinne zählen – mit Blick auf die genannten Beispielsfälle – die Amtsträgereigenschaft, die Pflichtenstellung bei der Untreue, das Anvertrautsein bei der veruntreuenden Unterschlagung, die Verantwortung gegenüber einem Schutzbefohlenen oder die Stellung als Arzt etc. bei der Verletzung von Privatgeheimnissen.181 Fehlt solch ein besonderes persönliches Merkmal beim Teilnehmer, macht er sich dennoch strafbar. Die Tatsache, dass er nicht in gleicher Weise wie der Täter zur Erhaltung des Rechtsguts verantwortlich ist, wird lediglich im Wege der Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB berücksichtigt. Ohne sich auf eine entsprechende Gesetzeslage stützen zu können, nahm bereits das Reichsgericht im Jahre 1882 gerade für die hier fragliche Konstellation der Anstiftung zu einem Amtsdelikt eine entsprechende Position ein: „Das Gesetz hat hiernach [nach § 48 RStGB] zum strafrechtlichen Begriff der Anstiftung nur gefordert, dass jemand durch seine Tätigkeit vorsätzlich die Ursache der von einem anderen begangenen strafbaren Handlung geworden ist, nicht aber, dass bezüglich seiner diejenigen persönlichen Eigenschaften erforderlich sind, um die strafbare Handlung als Täter begehen zu können. Es ist daher der Begriff der Anstiftung auch zu einem Beamtendelikte nicht dadurch ausgeschlossen, dass derjenige, welcher den Beamten zu dem Beamtendelikte vorsätzlich bestimmt hat, seinerseits, weil er nicht selbst die Beamteneigenschaft besitzt, das Beamtendelikt als Täter nicht hätte begehen können.“182 Dieses Ergebnis erweist sich schließlich ebenso unter dem Blickwinkel des Rechtsgüterschutzes als zutreffend. Zwar kann die Verletzung eines Rechtsguts, das nicht einmal gegenüber dem Täter geschützt ist, in der Tat keine Strafbarkeit auslösen: Niemand kann zum Beispiel seinen eigenen Körper in strafrechtlich relevanter Weise angreifen.183 Das Unrecht des Teilnehmers besteht aber darin, dass er an der Normverletzung des Täters mitwirkt. Es ist deshalb nach Grund und Maß vom Unrecht der Haupttat abhängig,184 ohne dass es – wie gezeigt – darauf ankommt, ob der Teilnehmer den Tatbestand selbst verwirklichen könnte. Auch wenn man den 180

Vgl. Sánchez-Vera, S. 169; vgl. auch Amelung, FS-Grünwald (1999), S. 9 (16). Kühl, AT, § 20, Rn. 161 ff.; LK-Roxin, 11. Aufl., § 28, Rn. 58 ff.; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 28, Rn. 51 ff.; Schönke/Schröder-Heine, § 28, Rn. 13, die die entsprechende Einordnung der Schweigepflicht des § 203 StGB aber ablehnen, Rn. 17; bejahend für die Verantwortung gegenüber Schutzbefohlenen MüKo-Renzikowski, § 174, Rn. 43; ablehnend demgegenüber Schönke/Schröder-Perron/Eisele, § 174, Rn. 20; im Rahmen des § 225 StGB gilt § 28 Abs. 1 StGB nur bei der Verursachung seelischen Leides, weil dann die Erfüllung des Grundtatbestands des § 223 StGB ausscheidet, vgl. MüKo-Hardtung, § 225, Rn. 31. 182 RG, Urt. v. 22.06.1882 – Rep. 1407/82, RGSt 6, 414 (415). 183 Siehe statt vieler nur Roxin, AT II, § 26, Rn. 8. 184 Jescheck/Weigend, § 64 I 2; vgl. ebenso Lackner/Kühl, Vor § 25, Rn. 8; Schönke/ Schröder-Heine, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 17; aus der Rechtsprechung bereits BGH, Urt. v. 01.10.1953 – 4 StR 224/53, BGHSt 4, 355 (358). 181

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Strafgrund der Teilnahme in einem akzessorischen Rechtsgutsangriff sieht, der in sich sowohl aus der Haupttat abgeleitete aber auch selbstständige Elemente vereinigt,185 gelangt man zu keinem anderen Ergebnis. § 353b StGB schützt die Aufrechterhaltung und das einwandfreie Funktionieren einer geordneten Verwaltung.186 Zwar pönalisiert die Vorschrift nur Angriffe „von innen“, also von Amtsträgern begangene Geheimnisverletzungen, und unterscheidet sich dadurch von § 353c Abs. 1 StGB a. F., nach dem sich auch Nichtverwaltungsangehörige strafbar machen konnten.187 Dennoch ist das von ihr geschützte Rechtsgut für die freie Entfaltung eines jeden Einzelnen in der Gesellschaft notwendig188 und deshalb gegenüber jedermann, auch gegenüber dem anstiftenden Journalisten geschützt. Denn ohne eine funktionierende Verwaltung wäre der soziale Rechtsstaat nicht denkbar. Erst die Verwaltung ermöglicht die Teilhabe aller an den durch das Grundgesetz gewährten Freiheits-, Gleichheits- und Leistungsrechten. Der Einzelne ist auf ihre staatliche Durchsetzung angewiesen. Dieses Rechtsgut, an dessen Erhaltung somit jedermann ein Interesse hat, muss deshalb von jedem Einzelnen respektiert werden.189 Nicht anders verhält es sich – um wiederum auf die genannten Beispielsfälle zurückzukommen – mit dem durch § 266 StGB geschützten Vermögen,190 mit der durch § 225 StGB geschützten körperlichen Unversehrtheit, mit der sexuellen Selbstbestimmung (§ 174 StGB) oder dem persönlichen Geheimbereich (§ 203 Abs. 1 StGB). Auch wenn der Haupttäter in einem besonderen Verantwortungsverhältnis zu diesen Rechtsgütern steht, enthebt dies den Außenstehenden (den Extraneus191) nicht von seiner Pflicht, ihre Unversehrtheit ebenfalls zu beachten. So ist die gesetzgeberische Entscheidung der Aufhebung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. zu respektieren: Wenn der Außenstehende das Rechtsgut nicht mehr selbst in strafrechtlich relevanter Weise direkt angreifen kann, so ist es dennoch gegenüber Täter und Teilnehmer gleichermaßen geschützt ist. Auch der Teilnehmer kann es akzessorisch und insofern mittelbar angreifen. Somit ergibt sich, dass derjenige Journalist, der einen Amtsträger zur Verletzung des Dienstgeheimnisses anstiftet, nicht schon allein aufgrund der besonderen Amts185 Vgl. Geppert, Jura 1997, 299 (300); Roxin, AT II, § 26, Rn. 8 f.; Schönke/SchröderHeine, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 17; Wolff-Reske, S. 101, 110; noch weitergehender: Schumann, S. 44 f., der den Strafgrund der Teilnahme in der Solidarisierung mit fremdem Unrecht erblickt und die Rechtsgutsverletzung durch den Täter lediglich als „Minimalanforderung an den Unrechtsgehalt der Teilnahme“ ansieht. 186 BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (200); LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 2. 187 Vgl. zum Wortlaut der Vorschrift oben C. Fn. 6. 188 So für eine geordnete Rechtspflege und eine solide Währung, Roxin, AT I, § 2, Rn. 11. 189 Vgl. Sánchez-Vera, S. 170: „Die positive Institution kann zwar nur über den Sonderpflichtigen angegriffen werden, aber auch den Extraneus gehen solche Erwartungen mittelbar etwas an. (…) Die positiven Institutionen gelten zwar primär nicht für jeden in der Gesellschaft, aber sie sind für die gesamte Gesellschaft unverzichtbar, insoweit die Gesellschaft auch etwas von Gemeinschaft hat (…).“ 190 So auch Heghmanns, GA 2000, 473 (474). 191 Lat. extraneus = außen befindlich, auswärtig.

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trägerqualität des Täters straffrei bleiben kann.192 Für Teilnehmer gilt lediglich § 28 Abs. 1 StGB.193 Das Postulat des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, es sei Aufgabe der Staaten, für die Einhaltung der dienstlichen Geheimhaltungspflichten Sorge zu tragen, dürfte auch nicht so zu verstehen sein, dass der Gerichtshof die Teilnahme an Amtsdelikten vollständig ausschließen wollte. Für die Untersuchung der objektiven Zurechnung anhand gesellschaftlicher Verantwortungsbereiche erweist sich folglich die Perspektive des Haupttäters als ungeeignet. Im nächsten Schritt ist daher die Anstiftungsstrafbarkeit aus der Perspektive des anstiftenden Journalisten zu beurteilen. .

bb) Eigener Verantwortungsbereich des Teilnehmers Eingangs dieses Abschnitts ist die praktische Bedeutung der Recherche für die journalistische Arbeit hervorgehoben worden. Nunmehr stellt sich mit Blick auf die objektive Zurechnung bei der Anstiftung die Frage, ob auch die Rechtsordnung der Recherchearbeit der Journalisten einen derart wichtigen Rang zumisst. Das oben beschriebene Kriterium der Überschreitung des alltäglichen Reizpegels ermöglicht die Beurteilung der Anforderungen an die Intensität der Anstiftungshandlung unter Berücksichtigung der täglichen „Geräuschkulisse“ des Gegenübers. Hier soll nun untersucht werden, ob die objektive Zurechnung dadurch unterbrochen werden kann, dass die Bestimmungshandlung Teil der Recherchearbeit ist. Dabei ist der Frage nachzugehen, ob für die Beihilfe diskutierte Ansätze zur Privilegierung „neutraler“ berufsbedingter Handlungen für die Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses nutzbar gemacht werden können. Als berufstypische oder Alltagshandlungen werden solche Verhaltensweisen verstanden, „die der Ausführende jedem anderen in der Lage des Täters gegenüber vorgenommen hätte, weil er mit der Handlung – im Vorhinein (auch) – tat- und täterunabhängige eigene, rechtlich als solche nicht missbilligte Zwecke verfolgt.“194 Für Teilnahmehandlungen dieser Art ist in Rechtsprechung und Lehre nach Möglichkei192

Zu einem anderen Ergebnis gelangt (aus schweizerischer Perspektive) Bommer, plädoyer 3/2002, 34 ff., nach dessen Auffassung „die objektive Seite der Anstiftung zu einem Sonderdelikt trotz Verursachung des Tatentschlusses dann nicht als erfüllt anzusehen [ist], wenn dieser auf eine bloße Frage ohne weitere motivierende Elemente zurückgeht und sich das tatbestandsmäßige Verhalten in der Antwort erschöpft.“ Wie gezeigt sind dem (deutschen) Strafgesetzbuch allerdings keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass bei der Anstiftung zu Sonderdelikten eine erhöhte Intensität der Bestimmungshandlung zu fordern ist. Den Ausgleich für die fehlende Pflichtenstellung des Anstifters bildet allein die Strafmilderung nach §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB; kritisch auch Schobloch, ZStrR 121 (2003), 77 (94 f.). 193 Satzger/Schmitt/Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 15; anders dagegen Greifeld, Die Verwaltung 14 (1981), 443 (457), nach dem die in § 28 StGB vorgesehene Strafmilderung für den Teilnehmer nicht Differenzierung genug sei, „denn für die Presse gilt nicht weniger vom gleichen, sondern qualitativ anderes als beim Beamten.“ Mit der Akzessorietät der Teilnahme ist diese Auffassung aber nicht zu vereinbaren. 194 Wohlleben, S. 4.

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ten gesucht worden, dem Rechtsgefühl scheinbar widersprechende Bestrafungen zu vermeiden. Bisher liegt der fast ausschließliche Fokus dieser Diskussion auf der Beihilfe.195 Das Meinungsspektrum reicht dabei in der Literatur von der Ablehnung jeglicher Sonderbehandlung196 über Ansätze, die besondere Anforderungen an den subjektiven Tatbestand stellen,197 bis hin zu Vorschlägen, bereits auf objektiver Ebene bestimmte, sozialadäquate Handlungen von vornherein von der Strafbarkeit auszunehmen.198 Teilweise wird in der Literatur aber auch die Möglichkeit der Berücksichtigung neutralen Alltagshandelns bei der Anstiftung diskutiert. Im Zusammenhang mit dem Schweizer Fall Dammann haben sich Bommer199 und Schobloch200 mit der Frage auseinandergesetzt. Allerdings beschäftigen sich beide in erster Linie mit der Frage der erforderlichen Intensität einer Anstiftungshandlung, insbesondere ob einfaches Fragen als Bestimmungshandlung gewertet werden könne.201 Insoweit kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.202 Der Fall Cicero war für Gaede Anlass, die Lösungsansätze zu berufstypischen Beihilfehandlungen auf die Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Journalisten anzuwenden.203 Dabei macht er in seinem Aufsatz auf die prinzipiell gleiche Problemstellung bei der Anstiftung aufmerksam, wobei die Möglichkeiten zu einer Einschränkung der Strafbarkeit des Anstifters weniger klar auf der Hand lägen, weil die Pressefreiheit die rechtswidrige Beschaffung von Informationen nicht schütze. Dennoch hält er die Straflosigkeit auch des Anstifters für erwägenswert.204 Aus der übrigen strafrechtlichen Literatur ist Kudlich zu nennen, der betont, auch die Anstiftung sei bei der Behandlung berufstypischer Handlungen nicht a priori auszuklammern. Er weist aber darauf hin, dass es bei der Anstiftung aufgrund ihres objektiv auffordernden Charakters oft schon an der Neutralität der Handlung mangele.205 So sei die Annahme einer Distanzierung vom Erfolg oder einer nur unwesentlichen Förderung der Tat unwahrscheinlich, wenn durch die Anstiftungshandlung überhaupt erst der Tatentschluss hervorgerufen werde.206 Jakobs nennt auch Beispiele aus dem Bereich der Anstiftung, wenn er be195

Übersicht bei Hillenkamp, 28. Problem, S. 158 ff. Vgl. Beckemper, Jura 2001, 163 (169); Hartmann, ZStW 116 (2004), 585 ff.; Niedermair, ZStW 107 (1995), 507 (544). 197 Vgl. BGH, Urt. v. 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107 (112 f.); Baumann/Weber/ Mitsch-Weber, § 31, Rn. 32b; Kudlich, S. 532 f.; Roxin, AT II, § 26, Rn. 221 ff.; SK-Hoyer, § 27, Rn. 30. 198 Vgl. Hassemer, wistra 1995, 41, 81; Wohlers, NStZ 2000, 169 (173, Fn. 54). 199 Bommer, plädoyer 3/2002, 34 ff. 200 Schobloch, ZStrR 121 (2003), 77 ff. 201 Hierzu auch Riklin, GA 2006, 361 ff. 202 Oben D. IV. 1. b). 203 Gaede, AfP 2007, 410 ff. 204 Gaede, AfP 2007, 410 (416, Fn. 51). 205 Kudlich, S. 444. 206 Kudlich, S. 444, Fn. 88. 196

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tont, ein per se harmloses Verhalten bekäme nicht die Bedeutung, Teil einer Tatorganisation zu sein, wenn ein anderer es in einen deliktischen Zusammenhang einbaue. Allein der objektive sei der sozial gültige Sinn des Kontakts.207 Herzberg schließlich macht die Unterscheidung zwischen einer noch erlaubten Gefahrschaffung und einer rechtswidrigen Veranlassungstat neben der Erfolgswahrscheinlichkeit an Kriterien wie der Sozialadäquanz und dem erlaubten Risiko fest.208 Die Entscheidung, ob die zur strafrechtlichen Privilegierung neutraler Beihilfehandlungen vertretenen Ansätze auf die Anstiftung übertragen werden können, setzt zunächst voraus, dass überhaupt einem dieser Ansätze zugestimmt werden kann. So erscheinen in erster Linie die Vorschläge fragwürdig, die für die Herausnahme bestimmter berufstypischer Handlungen bereits aus dem objektiven Tatbestand plädieren. Fast jede Handlung kann in einen strafbaren Kontext gestellt werden.209 Keine Handlung ist unter allen denkbaren Umständen neutral und damit strafrechtlich bedeutungslos. Die Entscheidung über die Strafbarkeit kann in der Regel erst unter Einbeziehung des subjektiven Tatbestands getroffen werden. An dieser Stelle setzen die subjektiven Theorien an. Einige Vertreter wollen bedingt vorsätzliche, aber alltägliche Teilnahmehandlungen von der Strafbarkeit ausnehmen,210 andere verlangen einen besonderen Tatförderungswillen211 oder eine entsprechende Absicht.212 Wiederum muss dem aber entgegengehalten werden, dass kein Anlass besteht, derartige Anforderungen an den subjektiven Tatbestand ausschließlich wegen der Berufsbedingtheit eines Verhaltens zu stellen. Es ist nicht sinnvoll zu beantworten, warum derjenige, der die Begehung einer konkreten Straftat durch den Täter für möglich hält, aber die Teilnahmehandlung nicht im Rahmen seiner Berufsausübung vornimmt, bestraft werden sollte, der beruflich genauso Handelnde hingegen nicht. Die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG) unterliegen den gleichen verfassungsrechtlichen Schranken. Eine Privilegierung der Berufsausübungsfreiheit ist daher auch auf der Grundlage des Grundgesetzes nicht angezeigt. Solche Ansätze schließlich, die danach differenzieren, ob der Teilnehmer mit sicherem Wissen oder lediglich mit Eventualvorsatz handelt, und für letzteren Fall eine erkennbare Tatgeneigtheit des Täters verlangen,213 weisen möglicherweise für die allgemeinen Anforderungen an den Beihilfevorsatz den Weg in die richtige Richtung. Doch auch hier gilt, dass weder die berufliche Bedingtheit einer Handlung noch ihre 207

Jakobs, GA 1996, 253 (260 f.); ders., AT, 24. Abschnitt, Rn. 17. Herzberg, S. 53. 209 BGH, Urt. v. 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107 (113). 210 Vgl. Otto, JZ 2001, 436 (443 f.). 211 So insbesondere die Rechtsprechung des Reichsgerichts, vgl. RG, Urt. v. 10.02.1941 – 3 D 633/40, RGSt 75, 112 (114). 212 SK-Hoyer, § 27, Rn. 32. 213 BGH, Urt. v. 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107 (112 f.); zuvor schon BGH, Beschl. v. 20.09.1999 – 5 StR 729/98, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 20; Amelung, FSGrünwald (1999), S. 24; Kudlich, S. 532 f.; Roxin, AT II, § 26, Rn. 221 ff. 208

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

Alltäglichkeit einen sachlichen Differenzierungsgrund darstellt. Die objektiven Tatumstände können nicht vorgeben, welche Anforderungen an den subjektiven Tatbestand zu stellen sind. Die von den §§ 26, 27 StGB geforderte Vorsätzlichkeit der Teilnahmehandlung kann nicht im einen Fall strenger und im anderen Fall milder „ausgelegt“ werden. Auch der Bundesgerichtshof scheint in neuerer Zeit die Aufgabe der gesonderten Kategorie der berufsbedingten Handlungen zu erwägen und stattdessen eine Lösung auf der Grundlage der allgemeinen Regeln anzustreben. Im Mannesmann-Fall führte der 3. Strafsenat aus: „Es kann offen bleiben, ob die zur Eingrenzung der Beihilfestrafbarkeit bei „berufstypischen neutralen Handlungen“ entwickelten Kriterien der Sache nach weiter führen oder ob nicht vielmehr die Strafbarkeitsbeschränkung bei sachgerechter Auslegung ausreichend nach den herkömmlichen und allgemein anerkannten Regeln etwa über die objektive Zurechnung oder den Gehilfenvorsatz erfolgen kann.“214 Ebenso bezieht Roxin seine Forderung nach erkennbarer Tatgeneigtheit des Täters bei bedingtem Vorsatz des Teilnehmers offensichtlich nicht nur auf die Fallgruppe der berufsbedingten Handlungen, sondern betrachtet dies als allgemeine Regel: „Doch wird eine Beihilfe mit bedingtem Vorsatz selten vorliegen, weil grundsätzlich darauf vertraut werden darf, dass andere keine vorsätzlichen Straftaten begehen; eine Gehilfenschaft kommt – wie die Fahrlässigkeitzurechnung – nur bei erkennbarer Tatgeneigtheit des Täters in Betracht.“215 Die Strafbarkeit des Hilfeleistenden richtet sich daher schlicht nach den allgemeinen Regeln. Dies gilt auch für den Anstifter. Es leuchtet grundsätzlich nicht ein, warum an die Strafbarkeit eines Teilnehmers deswegen höhere Anforderungen gestellt werden sollen, weil sein Beruf oder sonstiger Alltag bestimmte deliktsgeneigte Handlungen mit sich bringt. Unabhängig davon also, ob man die Bestimmung eines Amtsträgers zur Verletzung des Dienstgeheimnisses als berufstypisch einordnet, ist schon die Berufstypik an sich kein rechtlich relevantes Differenzierungskriterium. Somit sind sowohl die für die Beihilfe entwickelten als auch die für die Anstiftung diskutierten Privilegierungsansätze aufgrund einer angeblichen Berufstypik oder Alltäglichkeit abzulehnen. 2. Der subjektive Tatbestand der Anstiftung Nach § 26 StGB muss der Anstifter vorsätzlich handeln. Der Vorsatz muss sich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes beziehen, d. h. zum einen auf die Anstiftungshandlung selbst und zum anderen auf die vorsätzliche Tat des Angestifteten. Nach allgemeinen Regeln genügt jeweils bedingter Vorsatz, das heißt die billigende Inkaufnahme.216 Bedingten Vorsatz in diesem Sinne hat ein Anstifter auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist, d. h. 214 BGH, Urt. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/05, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 26, S. 1 (insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 50, 331 ff.). 215 Roxin, AT II, § 26, Rn. 268. 216 Vgl. nur BGH, Urt. v. 18.04.1952 – 1 StR 871/51, BGHSt 2, 279 (281 f.).

IV. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung

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wenn er ein bestimmtes Tatgeschehen für möglich hält oder sich dieses sogar aufdrängt und er sich damit abfindet.217 a) Vorsatz hinsichtlich der Anstiftungshandlung Der Journalist muss den Amtsträger vorsätzlich bestimmen. Seine konkrete Bestimmungshandlung muss also zunächst von einem Handlungswillen getragen sein. Schließlich muss er wissen oder es zumindest für möglich halten, dass seine Recherchehandlung ein Bestimmen im Sinne des § 26 StGB darstellt. In Anwendung der „Reizpegel-Theorie“ bedeutet dies, dass sich sein Vorsatz auch auf die Tatsache beziehen muss, dass seine Bestimmungshandlung den alltäglichen Reizpegel des Täters überschreitet. Dem Journalisten müssen somit die Umstände bekannt sein, aus denen sich ergibt, dass sein Verlangen nach Dienstgeheimnissen nicht Bestandteil der üblichen „Geräuschkulisse“ des Täters ist. Hierfür sind in der Regel Kenntnisse darüber erforderlich, mit wem er es zu tun hat, ob es sich bei der kontaktierten Person beispielsweise um einen Pressesprecher oder einen Fachreferenten handelt. Hat der Journalist diesbezüglich keinerlei Vorstellung, muss er es zur Annahme einer Strafbarkeit jedenfalls für möglich gehalten und in Kauf genommen haben, dass seine Anfrage den alltäglichen Reizpegel der angesprochenen Person überschreitet. Mit Blick auf einen Irrtum über Tatumstände gelten die allgemeinen Regeln (§ 16 StGB). b) Vorsatz hinsichtlich der Verletzung des Dienstgeheimnisses Weiterhin muss der recherchierende Journalist Vorsatz hinsichtlich der Haupttat haben, nämlich der durch den Amtsträger begangenen vorsätzlichen Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB. Das bedeutet, dass sich der (bedingte) Vorsatz des Journalisten darauf beziehen muss, dass es sich bei den Informationen um Geheimnisse handelt, dass der Täter Amtsträger ist oder einer der übrigen in § 353b StGB genannten Personengruppen angehört, dass der Täter nicht zur Offenbarung der Informationen befugt ist und dass die Offenbarung der Geheimnisse wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Dass hinsichtlich der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nach § 353b Abs. 1 S. 2 StGB Fahrlässigkeit genügt, gilt dabei auch für den Teilnehmer.218 Eine Besonderheit besteht allerdings darin, dass nach hier vertretener Ansicht eine konkrete Gefährdung erst dann angenommen werden kann, wenn der Amtsträger das Geheimnis an einen zur Veröffentlichung bereiten Journalisten verrät.219 Daher ist auf Seiten des Journalisten zusätzlich die Absicht erforderlich, die erhaltenen Informationen im Wege der Veröffentlichung zu verbreiten. Schließlich muss er, wiederum nach allgemeinen Regeln, wissen oder für möglich halten, 217

BGH, Urt. v. 12.01.2005 – 2 StR 229/04, BGHSt 50, 1 (6 f.). Vgl. BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, veröffentlicht bei juris (insoweit nicht abgedruckt in NStZ 1999, 568 f.); Schönke/Schröder-Heine, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 34. 219 Vgl. oben C. I. 3. b) bb). 218

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

dass der Amtsträger seinerseits vorsätzlich handelt, mithin also auch, dass dieser die Veröffentlichungsbereitschaft des Journalisten kennt oder für möglich hält bzw. fahrlässig verkennt. Im Falle der Anstiftung zum Versuch (§ 353b Abs. 3 StGB) muss der anstiftende Journalist wissen oder für möglich halten, dass der Amtsträger ihn fälschlich für veröffentlichungsbereit hält. Mit Blick auf das Tatobjekt, also die offenbarten Informationen, stellt sich die Frage, wie bestimmt der Vorsatz des anstiftenden Journalisten sein muss. Es ist daher zu prüfen, welche Vorstellungen er sich von den Informationen machen muss. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Anstiftervorsatzes hinsichtlich des Tatobjekts sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Bevor jedoch die einzelnen hierzu vertretenen Auffassungen dargestellt werden, sollen zunächst wiederum verschiedene Varianten eines fiktiven Beispielsfalls die denkbaren Konstellationen veranschaulichen. aa) Fallbeispiele (1) Variante 1 Journalist J pflegt regelmäßige Kontakte zu Oberstaatsanwalt O. In der Vergangenheit hat J schon häufiger exklusiv als Dienstgeheimnisse einzustufende Informationen von O erhalten, die er für seine Recherchen verwenden konnte. J hat nun schon seit längerer Zeit nichts mehr von O gehört. Unzufrieden mit diesem Zustand, ruft J den O an und fragt ihn, ob zwischen ihnen nach wie vor das „vertrauensvolle Verhältnis“ bestehe. Wenn ja, solle O es beweisen und ihm endlich vertrauliche Informationen liefern. Dabei macht sich J keinerlei Gedanken darüber, welche Informationen O im Einzelnen liefern könnte und wie detailliert diese sein könnten. Wenig später übermittelt O vertrauliche Ermittlungsergebnisse aus einem noch nicht abgeschlossenen Kindesentführungsfall. Die Informationen enthalten Angaben darüber, welche Telefonanschlüsse die Staatsanwaltschaft derzeit abhören lässt, bei welchen Adressen akustische Wohnraumüberwachungen durchgeführt und welche Angehörigen des Hauptverdächtigen überwacht werden. (2) Variante 2 Wie Variante 1. Journalist J droht dem Oberstaatsanwalt O aber für den Fall der Nichtlieferung geheimer Informationen, den einen oder anderen gesalzenen Artikel über die „Unfähigkeit“ der Ermittlungsbehörden in seiner Zeitung zu platzieren. O übermittelt daraufhin die genannten Informationen über die Ermittlungsmaßnahmen in dem Kindesentführungsfall. (3) Variante 3 Wie Variante 1. Journalist J geht aber davon aus, dass Oberstaatsanwalt O – um J gnädig zu stimmen und ihm das Gefühl zu vermitteln, zu einem vertrauenswürdigen Kreis zu gehören – solche Informationen übermitteln wird, deren Offenbarung die

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Ermittlungen massiv behindern würden. O übermittelt daraufhin die genannten Informationen über die Ermittlungsmaßnahmen in dem Kindesentführungsfall. (4) Variante 4 Journalist J recherchiert selbst in dem Kindesentführungsfall. Im Telefonat mit dem die Ermittlungen leitenden Oberstaatsanwalt O erkundigt er sich, ob es neue Ermittlungsergebnisse gäbe. O verneint die Frage. J erinnert den O an ihr „vertrauensvolles Verhältnis“ und fordert O auf, ihm endlich handfeste Beweise zu übermitteln. Dabei kommt es dem J ausschließlich darauf an, exklusiv mit noch geheimen Informationen über den Fall beliefert zu werden. Darüber, welche Informationen das im Einzelnen und wie detailliert diese sein könnten, macht er sich keine Gedanken. Wenig später übermittelt O dem J die genannten Informationen über die Ermittlungsmaßnahmen in dem Kindesentführungsfall. bb) Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur Rechtsprechung und Literatur sind sich zunächst weitgehend darin einig, dass es nicht ausreicht, wenn der Wille des Anstifters nur darauf gerichtet ist, den Täter ohne weitere Konkretisierung überhaupt zu strafbaren Handlungen oder zu Straftaten einer lediglich dem gesetzlichen Tatbestand nach beschriebenen Art (zum Beispiel allgemein zu einer Verletzung des Dienstgeheimnisses) zu veranlassen.220 Im Übrigen fokussiert sich der Streit in erster Linie auf eine vom Bundesgerichtshof und Roxin geführte Auseinandersetzung, wobei sich die Mehrzahl des übrigen Schrifttums für eine der beiden Auffassungen entscheidet. Eine in Teilen eigene Lösung hat schließlich Ingelfinger angeboten. Diese drei Positionen sollen sogleich dargestellt werden. Für Herzberg passt hingegen die Forderung, der Vorsatz des Anstifters müsse sich auf eine „bestimmte“ oder „konkretisierte“ Tat richten, nicht „in den dogmatischen Grundzusammenhang“.221 Seiner Auffassung nach können alle problematischen Fälle im Rahmen der objektiven Zurechnung angemessen gelöst werden.222 Herzberg vermengt dabei die – oben behandelten223 – Anforderungen an eine Bestimmungshandlung mit den Anforderungen an den Vorsatz. Diese Prüfungsschritte müssen jedoch auseinander gehalten werden: Das Vorliegen einer Bestimmungshandlung stellt keinerlei Präjudiz für die Feststellung des subjektiven Tatbestands dar. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in der Entscheidung BGHSt 34, 63 ausführlich mit den Anforderungen an den Anstiftervorsatz auseinandergesetzt.224 220

Vgl. nur die Nachweise bei BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (64). Herzberg, JuS 1987, 617 (619). 222 Herzberg, JuS 1987, 617 (620 f.). 223 Oben D. IV. 1. b). 224 Der Auffassung des Bundesgerichtshofs stimmen u. a. zu: Jescheck/Weigend, § 64 II 2b; Lackner/Kühl, § 26, Rn. 5; Wessels/Beulke, Rn. 572; wohl auch Schönke/Schröder-Heine, § 26, Rn. 17. 221

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Nach seiner Auffassung fehlt es dann an der notwendigen Bestimmtheit, wenn die Tat in der Vorstellung des Anstifters nur nach der Gattung der in Betracht kommenden Tatobjekte umrissen ist. Bezugsgegenstand der Anstiftung sei eine konkret-individualisierbare Tat, an der sich der Anstifter durch Herbeiführung des Tatentschlusses beteilige. Die Verknüpfung zwischen Anstiftung und Haupttat dürfe nicht so weit gelockert werden, dass die strafrechtliche Haftung des Anstifters für die Tat auch in Fällen Platz greife, in denen seine Strafwürdigkeit zweifelhaft und seine Gleichstellung mit dem Täter nicht zu rechtfertigen sei.225 Daher müsse sich der Vorsatz des Anstifters auf die Ausführung einer zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber „in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Tat“ beziehen.226 Es sei zu verlangen, dass die Tat nicht nur nach Tatbestandstypus und allgemeinen Gattungsmerkmalen des Tatobjekts festgelegt sei, sondern in der Vorstellung des Anstifters in ihrem tatsächlichen, jedoch „noch nicht bis ins Detail ausgeführten Bild als wenigstens umrisshaft individualisiertes Geschehen“ erscheine.227 In der Anwendung auf den konkret zu entscheidenden Fall („Dann müsstest Du eine Bank oder Tankstelle machen“) verneinte der Senat die erforderliche Bestimmtheit. Die Erklärung des Angeklagten habe sich nicht auf eine konkrete Tat bezogen, sondern auf eine gattungsmäßig beschriebene Mehrzahl gleichartiger Tatmöglichkeiten: „Die Beschränkung der Tatobjekte auf Banken oder Tankstellen reichte nicht aus, um die Haupttat als individualisierbares Geschehen hervortreten zu lassen. Das Tatbild, wie es in der Vorstellung des Angeklagten vorhanden war, blieb in Ermangelung individualisierender Merkmale (Objekt, Ort, Zeit und sonstige Umstände der Tatausführung) unbestimmt.“228 In einer späteren Entscheidung bekräftigte der 2. Strafsenat seine Auffassung. Maßstab für die Beurteilung der Bestimmtheit sei, ob durch die Einbeziehung des anderen schon eine erhöhte Gefährdung des geschützten Rechtsguts eintreten könne. Die Tat müsse vom Anstifter so bestimmt sein, dass der andere sie begehen könnte, wenn er wollte.229 Zuvor hatte sich auch der 1. Strafsenat geäußert. Seiner Meinung nach ist der Anstiftervorsatz dann ausreichend konkretisiert, wenn er Umstände umfasse, aus denen sich die durch die eigene Anstiftungshandlung verursachte fremde rechtswidrige Tat so weit erkennen lasse, dass sie dem Tatbestand einer Strafnorm zugeordnet werden könne. Ob auch verwandte Tatbestände mit gleicher Angriffsrichtung, Qualifikationen der Tat oder zusammengesetzte Tatbestände vom Anstiftervorsatz umfasst seien, hänge sodann davon ab, ob die Rahmenvorstellung des Anstifters vom nachfolgenden Tatgeschehen dies beinhalte.230 Der 1. Strafsenat ist damit in seiner Formulierung der Anforderungen deutlich unpräziser. Dennoch stimmt er mit 225 226 227 228 229 230

BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (65 f.). BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (66). BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (66). BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (66). BGH, Urt. v. 29.10.1997 – 2 StR 239/97, NStZ 1998, 347 (348). BGH, Urt. v. 07.05.1996 – 1 StR 168/96, NStZ 1996, 434 (435).

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dem 2. Strafsenat darin überein, dass sich der Anstifter jedenfalls eine Vorstellung über Tatumstände und nicht lediglich über Tatbestände machen muss. Roxin lehnt die Auffassung des Bundesgerichtshofs als zu streng ab.231 Es müsse genügen, wenn der Anstiftervorsatz neben dem zu verwirklichenden Tatbestand die wesentlichen Dimensionen des Unrechts der Tätertat erfasse. Mit diesen „wesentlichen Dimensionen“ seien das ungefähre Ausmaß des Schadens und die Angriffsrichtung gemeint.232 Manche Tatbestände legten schon selbst die Dimensionen des Unrechts fest, wie zum Beispiel Mord und Vergewaltigung. Anders sei dies aber zum Beispiel bei Diebstahl, Raub und Betrug.233 Dem Vorwurf des Bundesgerichtshofs, mit der Kategorie der wesentlichen Unrechtsdimension werde die Verknüpfung zwischen Anstiftung und Haupttat zu sehr gelockert,234 hält Roxin entgegen, es werde keine generell-abstrakte Unrechtsdimension zum Gegenstand der Anstiftung gemacht, sondern diese müsse einen konkreten Tatbestand konturieren. Tatobjekt (bezogen auf BGHSt 34, 63 beispielsweise Tankstellenfiliale X oder Y) und Tatzeit könnten bei der Zumessung der Anstifterstrafe keine Rolle spielen.235 Schließlich sei die Lösung des Bundesgerichtshofs nicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz zu vereinbaren.236 Nach Ingelfinger rechtfertigt nur eine intellektuelle Lenkung die Gleichstellung im Strafrahmen. Der Inhalt des Vorschlags könne objektiv unbestimmt sein, wenn nur der Veranlasser davon ausgehe, der Täter werde daraufhin eine konkrete Tat begehen. Die Lenkung werde dann bewirkt, wenn der Anstifter dem Täter die maßgebliche konkrete Angriffsrichtung vorgebe. Dies sei immer dann der Fall, wenn das Angriffsziel, beispielsweise durch Tatobjekt oder Rechtsgutsträger, näher umschrieben sei.237 Eine lediglich gattungsmäßige Umschreibung der Angriffsobjekte in der Vorstellung des Anstifters genüge hierfür grundsätzlich noch nicht. Dies könne nur dann anders sein, wenn die Umschreibung so eng sei, dass nur ein kleiner überschaubarer Kreis konkreter Ziele in Betracht käme.238 Weiterhin könne ein Mangel an Tatbestimmtheit durch eine „voluntative Dominanz“ ausgeglichen werden. Eine solche sei durch eine besonders intensive Willenbeziehung des Anstifters zur Tat gekennzeichnet.239 Beispielhaft hierfür nennt Ingelfinger Fälle, die der Struktur nach zur mittelbaren Täterschaft zählen, bei denen aber keine mittelbare Täterschaft möglich ist (zum Beispiel bei eigenhändigen Delikten), Fälle im Grenzbereich zur mittelbaren 231 Roxin zustimmend u. a.: Kretschmer, NStZ 1998, 401 (402); LK-Schünemann, 12. Aufl., § 26, Rn. 46; SK-Hoyer, Vor § 26, Rn. 47. 232 Roxin, AT II, § 26, Rn. 136. 233 Roxin, AT II, § 26, Rn. 138. 234 BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (65 f.). 235 Roxin, AT II, § 26, Rn. 139. 236 Roxin, AT II, § 26, Rn. 141. 237 Ingelfinger, S. 220 f. 238 Ingelfinger, S. 221. 239 Ingelfinger, S. 222.

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Täterschaft (zum Beispiel Nötigungsfälle oder Fälle sozialer oder psychischer Abhängigkeit des Täters) und schließlich Aufträge an berufsmäßige Straftäter.240 Je intensiver die Bestimmung, desto weniger konkret muss nach Ingelfinger die Tat sein. cc) Anwendung auf die Fallbeispiele Es stellt sich zunächst die Frage, wie die referierten Auffassungen auf die Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 26 StGB) zu übertragen sind. Nach Meinung des Bundesgerichtshofs ist ein Anstiftervorsatz, der sich auf nur der Gattung nach bestimmte Tatobjekte bezieht, zu unbestimmt. Gattung in diesem Sinne ist vorliegend die Gattung „Dienstgeheimnis“. Bezieht sich der Vorsatz des Anstifters also lediglich darauf, überhaupt irgendwelche Dienstgeheimnisse geliefert zu bekommen, muss nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs die Strafbarkeit des Anstifters verneint werden. Die Tat erscheint aber schon dann in einem „noch nicht bis ins Detail ausgeführten Bild als wenigstens umrisshaft individualisiertes Geschehen“, wenn ein Bezug der Informationen zu einem bestimmten Themenkomplex, Fall oder Sachverhalt besteht. Dann handelt es sich in der Vorstellung des Täters nämlich nicht mehr lediglich um Informationen der bloßen Gattung „Dienstgeheimnis“. Geht es dem Anstifter zum Beispiel um Daten zu einem bestimmten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, einem öffentlichen Bauprojekt oder einem geheimdienstlichen Bericht über einen bestimmten Terroristen, wird man mit dem Bundesgerichtshof von einer ausreichenden Konkretisierung des Anstiftervorsatzes ausgehen müssen. Nach Roxin soll dagegen die Kenntnis der wesentlichen Dimensionen des Unrechts genügen. Der Vorsatz des Anstifters braucht hiernach nur auf der Gattung nach bestimmte Tatobjekte gerichtet zu sein, solange das Ausmaß des Schadens und die Angriffsrichtung feststehen. Mit Blick auf die §§ 353b, 26 StGB reicht danach ein auf die Gattung „Dienstgeheimnis“ gerichteter Vorsatz aus. Der gedankliche Bezug zu einem bestimmten Themenkomplex, Fall oder Sachverhalt muss vom Anstifter nicht hergestellt werden. Hingegen muss der Anstifter eine Vorstellung über die Qualität der Informationen haben. Denn das Ausmaß des durch eine Offenbarung bewirkten Schadens hängt unmittelbar vom Gewicht und der Detailliertheit der Geheimnisse ab. Roxins Auffassung bedeutet im Rahmen des § 353b Abs. 1 S. 1 StGB daher, dass der Vorsatz bezüglich des Geheimnisses den Vorsatz bezüglich der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen bereits mit enthält. Denn in Fällen, in denen der Vorsatz lediglich auf die Offenbarung unbedeutender Informationen gerichtet ist, fehlt es automatisch an der Gefährdung. Allerdings genügt nach § 353b Abs. 1 S. 2 StGB hinsichtlich der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen auch Fahrlässigkeit, was grundsätzlich auch für den Anstifter gilt.241 Hier bliebe 240

Ingelfinger, S. 235. Vgl. BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, veröffentlicht bei juris (insoweit nicht abgedruckt in NStZ 1999, 568 f.); Schönke/Schröder-Heine, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 34. 241

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diese Alternative jedoch für den Anstifter ohne Bedeutung. Denn wenn der Vorsatz des Anstifters lediglich auf unbedeutende Informationen gerichtet ist, diese aber tatsächlich sehr bedeutend und geeignet sind, wichtige öffentliche Interessen zu gefährden, fehlt es schon am Vorsatz hinsichtlich des Tatobjektes. Zu einer Fahrlässigkeitsprüfung hinsichtlich der Folge gelangt man gar nicht mehr. Ingelfinger stimmt im Ausgangspunkt insoweit mit dem Bundesgerichtshof überein, als eine lediglich gattungsmäßige Vorstellung vom Tatobjekt nicht ausreicht. Eine danach festgestellte Unbestimmtheit kann nach seiner Auffassung jedoch durch eine voluntative Dominanz des Anstifters – beispielsweise eine von ihm begangene Nötigung – kompensiert werden. (1) Variante 1 In der Variante 1 ist nach keiner der genannten Auffassungen der Vorsatz des anstiftenden Journalisten J ausreichend bestimmt. Er ist lediglich auf die Gattung „Dienstgeheimnis“ gerichtet und bezieht sich weder auf ein bestimmtes Ermittlungsverfahren noch auf eine bestimmte Qualität der Informationen. Die nach Roxin erforderliche Unrechtsdimension steht daher gerade nicht fest. Auch kann dem J bedingter Vorsatz nicht vorgeworfen werden. Er hält es nicht für möglich und es hätte sich ihm auch nicht aufdrängen müssen, dass er die letztlich übermittelten Informationen erhalten könnte.242 Er macht sich schlicht gar keine Gedanken darüber. (2) Variante 2 In der Variante 2 käme nur Ingelfinger zur Strafbarkeit. Die fehlende Bestimmtheit des Vorsatzes würde seiner Auffassung nach durch eine voluntative Dominanz des Anstifters in der Form einer Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB kompensiert werden. Die Androhung, einen Artikel über die „Unfähigkeit“ der Ermittlungsbehörden zu veröffentlichen, stellt eine Drohung mit einem empfindlichen Übel dar, die zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist (§ 240 Abs. 2 StGB). (3) Variante 3 In der Variante 3 ist nach Roxin von einer ausreichenden Bestimmtheit des Anstiftervorsatzes auszugehen. J weiß zwar nicht konkret, welche Informationen O ihm übermitteln würde. Wenn J aber davon ausgeht, solche Informationen geliefert zu bekommen, deren Offenbarung die Ermittlungen massiv behindern würden, dann macht er sich jedenfalls eine Vorstellung über die Qualität der Informationen und somit über die wesentlichen Dimensionen des Unrechts. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs scheidet dagegen eine Strafbarkeit des J aus, weil sich sein Vorsatz nicht auf ein konkretes Ermittlungsverfahren oder einen konkreten Fall bezieht. Zu demselben Ergebnis käme mangels Kompensation durch voluntative Dominanz auch Ingelfinger. 242

Vgl. BGH, Urt. v. 12.01.2005 – 2 StR 229/04, BGHSt 50, 1 (6 f.).

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(4) Variante 4 Variante 4 ist dadurch gekennzeichnet, dass J nicht näher spezifizierte Informationen zu dem Kindesentführungsfall erwartet. Der Vorsatz des J ist somit nicht lediglich auf die Gattung „Dienstgeheimnis“ gerichtet, sondern konkret auf Informationen zu dem Ermittlungsverfahren in Sachen Kindesentführung. Der Bundesgerichtshof und Ingelfinger kämen daher vorliegend zur Strafbarkeit wegen Anstiftung. Roxin müsste diese hingegen ablehnen, weil J sich keinerlei Gedanken darüber macht, von welchem Gewicht und welcher Detailliertheit die Informationen sein könnten. Er rechnet nicht mit einer bestimmten Qualität der Informationen, sondern hat von den wesentlichen Dimensionen des Unrechts keine Vorstellung.

dd) Stellungnahme Anders als es auf den ersten Blick scheint, stehen die Auffassungen des Bundesgerichtshofs und Roxins nicht in einem Stufenverhältnis. Wie die Anwendung auf die Fallbeispiele gezeigt hat, umfasst nicht etwa eine strengere BGH-Meinung eine mildere Meinung Roxins. Vielmehr gelangen die Auffassungen zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, ob sich der Anstiftervorsatz auf konkrete Tatobjekte oder die Unrechtsdimension der Haupttat bezieht. Vorzugswürdig erscheint allerdings eine – soweit ersichtlich noch nicht vertretene – Kombination der beiden Auffassungen: Der Anstiftervorsatz muss sich auf ein nicht nur der Gattung nach bestimmtes Tatobjekt beziehen und gleichzeitig die wesentlichen Dimensionen des Unrechts umfassen. Auf diese Weise bleibt einerseits Bezugsgegenstand der Anstiftung eine konkret-individualisierbare Tat, an der sich der Anstifter durch Herbeiführung des Tatentschlusses beteiligt.243 Andererseits lässt sich nur so die tätergleiche Bestrafung des Anstifters gemäß § 26 StGB rechtfertigen. Denn es bliebe sonst ungeklärt, wonach sich die Strafe des Anstifters bemessen sollte, wenn er von den wesentlichen Dimensionen des Unrechts keine Vorstellung hätte.244 Übertragen auf die durch einen Journalisten bei der Recherche begangene Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses bedeutet dies, dass der (bedingte) Vorsatz des Journalisten zum einen auf die Erlangung geheimer Informationen zu einem bestimmten Themenkomplex, Fall oder Sachverhalt gerichtet sein muss. Zum anderen muss er sich auf die Bedeutung der Informationen beziehen. Letzteres ist im Rahmen des § 353b StGB gleichbedeutend mit dem Vorsatz hinsichtlich der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen. Die Fahrlässigkeitsalternative nach § 353b Abs. 1 S. 2 StGB bleibt für den Anstifter daher ohne Anwendung. Im Übrigen sei aber daran erinnert, dass bedingter Vorsatz auch dann anzunehmen ist, wenn der Anstifter aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist.245 Das bedeutet, dass insbesondere dann eine Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses 243 244 245

Vgl. BGH, Urt. v. 21.04.1986 – 2 StR 661/65, BGHSt 34, 63 (65). Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 137. BGH, Urt. v. 12.01.2005 – 2 StR 229/04, BGHSt 50, 1 (6 f.).

V. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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anzunehmen ist, wenn der recherchierende Journalist mit der Übermittlung aller möglichen Arten von Informationen rechnet, diese aber sämtlich in Kauf nimmt, weil es ihm „egal“ ist.246 Abzulehnen ist dagegen Ingelfingers Ansatz, die mangelnde Bestimmtheit des Vorsatzes durch eine voluntative Dominanz des Anstifters zu kompensieren. Der Vorsatz kann nicht im einen Falle strenger, im anderen Falle milder bestimmt werden. Das Vorsatzerfordernis des § 26 StGB richtet sich an jeden Anstifter und muss daher einheitlich angewendet werden. Es kann daher nicht von den vom Anstifter angewandten Mitteln (zum Beispiel einer Nötigung) abhängen, was auf der Grundlage der Tätervorstellung eine Tat ist.247 Angewendet auf die Fallbeispiele bedeutet die hier vertretene Auffassung, dass Journalist J in keiner der Varianten einen ausreichend konkreten Anstiftervorsatz hat. Von einer tatbestandlichen Anstiftung wäre nur dann auszugehen, wenn sich der Vorsatz des J sowohl auf den Bezug der Informationen zum Kindesentführungsfall als auch auf ihre Qualität, also ihre Eignung zu einer massiven Behinderung der Ermittlungen, beziehen würde.

V. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe Eine Anstiftung ist ausgeschlossen, wenn der Amtsträger bereits selbst dazu entschlossen ist, Dienstgeheimnisse zu offenbaren. Der Tatentschluss kann dann nicht mehr hervorgerufen werden. Möglich bleibt allerdings eine Strafbarkeit des recherchierenden Journalisten wegen Beihilfe gemäß §§ 353b, 27 StGB. Als Gehilfe wird nach § 27 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Im Folgenden werden die Strafbarkeitsvoraussetzungen der Beihilfe mit Blick auf die Recherche untersucht. Die zur Anstiftung gemachten Ausführungen hinsichtlich der Unbeachtlichkeit etwaiger Verantwortungsbereiche sind dabei auf die Beihilfe übertragbar. . 1. Der objektive Tatbestand der Beihilfe Auch der objektive Tatbestand der Beihilfe besteht aus zwei Elementen: einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und einer Beihilfehandlung. Dabei ist nach wie vor umstritten, ob die Beihilfe (mit-)ursächlich für die Tat geworden sein muss oder ob – nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs – der Gehilfenbeitrag die Handlung des Haupttäters lediglich gefördert zu haben braucht. Eine Auseinanderset-

246 247

BGH, Urt. v. 12.01.2005 – 2 StR 229/04, BGHSt 50, 1 (7). Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 145.

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zung mit den hierzu vertretenen Meinungen ist an dieser Stelle jedoch nicht erforderlich und würde zu weit führen.248 a) Haupttat Die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit der Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB sind bereits erörtert worden. Diese Dienstgeheimnisverletzung stellt vorliegend die vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat im Sinne des § 27 StGB dar. Dabei ist wiederum zu beachten, dass nach hier vertretener Auffassung eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nur bei der Offenbarung gegenüber einem zur Veröffentlichung bereiten Journalisten bejaht werden kann. Der Beihilfevorsatz, auf den noch ausführlicher eingegangen wird,249 muss daher jedenfalls die Absicht zur nachfolgenden Veröffentlichung beinhalten, weil es sonst bereits an einer Haupttat mangelt. b) Beihilfehandlung: Die psychische Beihilfe Beihilfe kann in physischer und in psychischer Weise geleistet werden. Physische Beihilfe beschreibt Hilfeleistungen durch die Tatkraft des Helfers, zum Beispiel indem der Journalist dem Amtsträger hilft, Kartons voller geheimer Dokumente aus der Behörde zu schaffen. Für die Praxis der Recherche wesentlich bedeutsamer dürfte hingegen die psychische Beihilfe sein. Hiermit sind solche Fallgestaltungen angesprochen, in denen der Journalist dem Amtsträger Ratschläge gibt oder ihn in seinem Entschluss zum Geheimnisverrat bestärkt. Eine solche Bestärkung könnte das straflose Mindestmaß einer notwendigen Teilnahme überschreiten. Unter notwendiger Teilnahme versteht man allgemein die Erscheinung, dass ein Delikt die Beteiligung mehrerer Personen voraussetzt.250 Im Rahmen des § 353b StGB sind der offenbarende Amtsträger und der Rezipient des Geheimnisses notwendig an dem Geheimnisverrat beteiligt. Beschränkt sich die Beteiligung des Rezipienten in der Entgegennahme der Informationen, bleibt dieser für die Strafbarkeit des Amtsträgers erforderliche Mindestbeitrag straflos. Im Folgenden sollen aus dem objektiven Tatbestand die Voraussetzungen der psychischen Beihilfe herausgegriffen werden. Wie angedeutet, ist diese in zwei Formen möglich: durch Ratschläge, die Wissen vermitteln und dadurch die Erfolgsaussichten der Tatausführung verbessern, und durch die Bestärkung des Täters in seinem Tatentschluss. Strafbar, weil tatfördernd bzw. mitursächlich, wären vorliegend zum Beispiel solche Ratschläge, die dem Amtsträger aufzeigen, auf welche Datenträger er Dateien kopieren sollte, mit welchen Computerprogrammen er keine Spuren hinterlassen würde oder welches vertrauenswürdige Kopiergeschäft Fotokopien anfertigt. Die 248 Vgl. aber zur eigenen Position des Verf. unten D. V. 1. b) dd); Darstellung des Meinungsstands bei Hillenkamp, 27. Problem, S. 153 ff. 249 Vgl. unten D. V. 2. 250 Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 41 ff.

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Strafbarkeit dieser Art der psychischen Beihilfe ist allgemein anerkannt.251 Etwas umstrittener ist dagegen die Strafbarkeit der Bestärkung des Tatentschlusses. Mit Blick auf die journalistische Recherche bekommen in diesem Zusammenhang insbesondere solche Konstellationen praktische Relevanz, in denen offenbarungswillige Amtsträger auf Journalisten zukommen, um diese entweder für eine Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen zu gewinnen oder um zunächst jedenfalls mit ihnen die Vorund Nachteile eines Gangs an die Öffentlichkeit zu besprechen. Außerdem ist fraglich, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen es mangels Überschreitung des Reizpegels an einer strafbaren Bestimmungshandlung des Journalisten fehlt. Hier ist zu prüfen, inwieweit die psychische Beihilfe im Sinne eines Auffangtatbestandes einzugreifen vermag. Zwei Fälle sollen die Problematik verdeutlichen. Dabei beschreibt Fall 1 eine Fallkonstellation, in der sich ein zum Geheimnisverrat entschlossener Amtsträger an einen Journalisten wendet, um diesem die Informationen mitzuteilen. Fall 2 beleuchtet dagegen die umgekehrte Situation, in der der Amtsträger noch nicht zur Tat entschlossen ist, und damit eine klassische Anstiftungskonstellation, bei der sich die Frage nach der Auffangfunktion der psychischen Beihilfe stellt. aa) Fallbeispiele (1) Fall 1 Variante 1: Amtsträger A ist dazu entschlossen, als Dienstgeheimnisse zu qualifizierende Informationen an den Journalisten J weiterzugeben. Er ruft bei dem nichts ahnenden J an und verrät ihm die Geheimnisse, ohne dass dieser vorher überhaupt einen Ton hätte sagen können. J hört sich die Geheimnisse an. Nachdem A alles erzählt hat, beendet dieser das Gespräch. Variante 2: Wie Variante 1 (bestehender Tatentschluss bei A). A fragt den J jedoch vorher, ob er dafür bei ihm an der richtigen Stelle sei. J antwortet: „Ja.“ Daraufhin teilt A dem J die geheimen Informationen mit. Variante 3: Wie Variante 1(bestehender Tatentschluss bei A). A fragt den J jedoch, ob dieser den Schritt an die Öffentlichkeit für richtig halten würde. J antwortet: „Ja.“ Daraufhin offenbart A dem J die Geheimnisse. Variante 4: Wie Variante 3 (bestehender Tatentschluss bei A). J belässt es jedoch nicht bei einem einfachen „Ja“, sondern stellt die Vorteile eines Ganges an die Öffentlichkeit heraus. So bestehe an den fraglichen Informationen ein allgemeines Informationsinteresse. Außerdem seien staatliche Informationen doch grundsätzlich ein Gemeingut, weil „wir alle“ der Staat seien. So verschwinden auch die letzten Zweifel bei A und er verrät dem J die Geheimnisse.

251

Vgl. Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 12, m. w. N.

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D. Die Strafbarkeit der Recherche nach den §§ 353b, 26, 27 StGB

(2) Fall 2 Variante 1: Journalist J ruft bei dem Pressesprecher P der Staatsanwaltschaft an und fragt ihn, ob es in einem Kindesentführungsfall neue Erkenntnisse gäbe, welche er dem J verraten könnte. Daraufhin verrät P dem J geheime Ermittlungsergebnisse, deren Offenbarung weitere Ermittlungserfolge gefährden würde. Variante 2: Wie Variante 1. P fragt den J zuvor aber, ob er diesem wirklich die geheimen Ermittlungsergebnisse verraten solle. J antwortet: „Ja.“ Variante 3: Wie Variante 1. J belässt es jedoch nicht bei einem einfachen „Ja“, sondern stellt die Vorteile eines Ganges an die Öffentlichkeit heraus (vgl. Fall 1 Variante 4). bb) Die Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur Die ältere Rechtsprechung ging davon aus, dass bereits die bloße untätige Anwesenheit am Tatort für eine psychische Beihilfe ausreichend sei, wenn sie dem Haupttäter ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit gäbe.252 In Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum,253 die darauf hinweist, dass die Pönalisierung bloßen Unterlassens eine Garantenstellung voraussetzt,254 fordert der Bundesgerichtshof nunmehr eine gewisse aktive Beteiligung, um den Gehilfenbeitrag als strafbare Beihilfe qualifizieren zu können.255 Die Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB könne dabei schon in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss oder in seiner Bereitschaft, ihn weiter zu verfolgen, bestärkt werde und der Gehilfe sich dessen bewusst sei.256 Auch nach der überwiegenden Meinung in der Literatur kann bei einem bereits entschlossenen Haupttäter durch eine Bestärkung des Tatentschlusses noch die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass der Tatentschluss durchgehalten und die Abstandnahme von der Tat weniger wahrscheinlich wird.257 Eine strafbare psychische Beihilfe sei mangels rechtlich relevanter Risikoerhöhung lediglich dann ausgeschlossen, wenn der Entschluss „felsenfest“ gefasst sei.258 Allerdings spiegeln sich in Teilen der Literatur die unterschiedlichen Positionen zu der Frage der Kausalität der Beihilfe wider: Im Gegensatz zu der Auffassung des Bundesgerichtshofs wird insbesondere von Roxin gefordert, dass reine Zustimmungs- und Solidarisierungsbekundungen 252

BGH, Urt. v. 25.10.1966 – 1 StR 345/66, veröffentlicht bei juris. Kühl, AT, § 20, Rn. 228; MüKo-Joecks, § 27, Rn. 37; Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 12. 254 Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 205 ff. 255 Vgl. nur BGH, Beschl. v. 20.12.1995 – 5 StR 412/95, NStZ 1996, 563 (564). 256 BGH, Urt. v. 24.10.2001 – 3 StR 237/01, NStZ 2002, 139; BGH, Beschl. v. 22.07.1998 – 2 StR 40/98, NStZ 1998, 622. 257 Kühl, AT, § 20, Rn. 228; MüKo-Joecks, § 27, Rn. 37; Roxin, AT II, § 26, Rn. 200; Satzger/Schmitt/Widmaier-Murmann, § 27, Rn. 5; Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 12. 258 Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 12. 253

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nicht ausreichen dürften.259 Durch sie werde der Tatentschluss weder stabilisiert, noch auf eine breitere Grundlage gestellt noch intensiviert. Strafbare Beihilfe sei daher nur dann anzunehmen, wenn der Hilfeleistende Bedenken bei dem Täter ausräume, wenn er zusätzliche Tatmotive liefere oder wenn er auf eine Vergrößerung der Rechtsgutsbeeinträchtigung hinwirke.260 Die Billigung von Straftaten sei dagegen ausschließlich unter den in § 140 StGB genannten Umständen strafbar.261 Vereinzelt wird die Möglichkeit psychischer Beihilfe durch die Bestärkung des Tatentschlusses gänzlich abgelehnt.262 So verweist Samson auf die praktischen Schwierigkeiten, entsprechende Abgrenzungen in der Praxis vorzunehmen. Die Rechtsfigur erfasse somit Fälle der (nicht strafbaren) versuchten Beihilfe. cc) Anwendung auf die Fallbeispiele Für die Lösung der Fallbeispiele ist jeweils das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes bei dem Amtsträger und dem Journalisten zu unterstellen. Bei Fall 1 ist davon auszugehen, dass der Amtsträger A nicht lediglich zum Geheimnisverrat geneigt, sondern bereits dazu entschlossen ist. Andernfalls wäre eine Strafbarkeit des J wegen Anstiftung zu prüfen.263 (1) Fall 1 Variante 1 beschreibt den klassischen Fall einer notwendigen Teilnahme. Journalist J nimmt die Informationen ausschließlich entgegen, ohne selbst in irgendeiner Weise tätig zu werden. Damit ist er lediglich Rezipient der Geheimnisse. Er bleibt somit nach allen Auffassungen straflos. In Variante 2 bleibt J nicht vollständig tatenlos. Er bestätigt dem Amtsträger A, dass dieser – wenn er geheime Informationen loswerden wolle – bei ihm an der richtigen Stelle sei. Eine psychische Beihilfe wäre nur dann zu bejahen, wenn J den A hierdurch in seinem Entschluss zum Geheimnisverrat bestärkt hätte. Das ist wiederum nach allen Auffassungen zu verneinen: Der Bestand des Tatentschlusses des Awar nicht davon abhängig, wem gegenüber er die Geheimnisse verraten sollte. Hätte J einen anderen zuständigen Redakteur genannt, hätte sich A an diesen gewandt. J bleibt straflos. In Variante 3 bezieht sich das „Ja“ des J hingegen nicht nur auf die Tatsache, dass A bei J an der richtigen Stelle ist, sondern darauf, ob A überhaupt die Geheimnisse verraten solle. In der bejahenden Antwort des J ist daher grundsätzlich eine Bestärkung des A in seinem Vorhaben zu sehen. Nach der Auffassung der Rechtsprechung, nach 259 260 261 262 263

Roxin, AT II, § 26, Rn. 202; vgl. auch Kühl, AT, § 20, Rn. 226. Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 200. Roxin, AT II, § 26, Rn. 202. Samson, S. 189 ff.; Hruschka, JR 1983, 177 ff. Vgl. Geppert, Jura 1997, 299 (304); Kühl, AT, § 20, Rn. 179.

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der bereits die Kundgabe einer Zustimmung oder Billigung genügen soll, wäre J wegen psychischer Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar. Roxin käme in dieser Variante hingegen zur Straflosigkeit, weil die Beteiligung des J zu unbedeutend ist, als dass man annehmen könnte, J habe bei A tatsächlich Bedenken ausgeräumt, zusätzliche Tatmotive geliefert oder auf eine Vergrößerung der Rechtsgutsbeeinträchtigung hingewirkt. Dies ist anders in Variante 4: Indem J hier die vermeintlichen Vorteile eines Ganges an die Öffentlichkeit herausstellt, räumt er durch eigene Argumente die letzten Bedenken aus, möglicherweise liefert er dem A hierdurch auch ein zusätzliches Tatmotiv. J ist daher sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach der strengeren Literaturauffassung wegen psychischer Beihilfe zu bestrafen. Bei Fall 2 wird der Tatentschluss dagegen erst durch den Journalisten J hervorgerufen, so dass zunächst eine Strafbarkeit wegen Anstiftung geprüft werden muss. (2) Fall 2 In Variante 1 hat Journalist J den Pressesprecher P gefragt, ob dieser ihm geheime Ermittlungsergebnisse verraten könne. Die Vertreter der Verursachungstheorie und der reinen Kommunikationstheorie264 kämen hier zu einer Strafbarkeit des J wegen Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses. Nach der Theorie der kollusiven Kommunikation und den noch strengeren Auffassungen (Unrechtspakt, Abhängigkeit, willensbestimmende Macht) fehlt es dagegen an einer Bestimmungshandlung im Sinne des § 26 StGB. Diesbezüglich stellt sich daher die Frage einer Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe. P wird vorliegend nicht in einem etwa schon gefassten Tatentschluss bestärkt. Der Tatentschluss wird vielmehr erst durch den J hervorgerufen. Damit wird die Tat des P von J mitverursacht. Daraus folgt, dass sowohl nach der weiteren Auffassung der Rechtsprechung als auch nach der restriktiveren Meinung Roxins das Vorliegen einer Beihilfestrafbarkeit zu bejahen ist. Dementsprechend besteht in den Varianten 2 und 3 nach allen Auffassungen mindestens eine Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe. Allerdings ist hier die Intensität der Beeinflussung noch höher, so dass in Variante 2 auch die Theorie der kollusiven Kommunikation zur Strafbarkeit wegen Anstiftung käme, in Variante 3 schließlich auch die noch strengeren Auffassungen. dd) Stellungnahme: Überschreitung des alltäglichen Reizpegels Bei der Anstiftung ist festgestellt worden, dass durch die Bestimmungshandlung die rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen werden muss, dass der Täter die Haupttat begehen wird.265 Als geeignetes Kriterium zur Beschreibung der hierfür erforderli264

Vgl. zu den Theorien bzgl. der Intensität der Bestimmungshandlung oben D. IV. 1. b)

bb). 265

Vgl. oben D. IV. 1. b) dd).

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chen Intensität erwies sich die Überschreitung des alltäglichen Reizpegels des Täters. Vorliegend geht es allerdings bei den unter Fall 1 diskutierten Varianten um solche Konstellationen, in denen der Täter bereits zur Tat entschlossen ist. Somit ist fraglich, welche Intensität hier erforderlich ist, um ihn in strafrechtlich relevanter Weise in seinem schon gefassten Entschluss zu bestärken. Der wesentliche Unterscheidungspunkt zwischen Anstiftung und psychischer Beihilfe liegt in der Entschlossenheit des Täters. Die Handlungen des Teilnehmers sind dagegen von ihrem Wesen her vergleichbar. Zwar sind die zur Einwirkung auf den Täter eingesetzten Mittel, zum Beispiel die sprachlichen Formulierungen, jeweils an den Umstand angepasst, ob und wie fest der Täter bereits zur Tat entschlossen ist. In beiden Fällen geht es dem Teilnehmer aber darum, dass der Täter eine Straftat begehen möge. Beide Teilnahmeformen blieben an dem Ziel der Begehung einer Straftat durch den Täter ausgerichtet. Auch die Art der Beeinflussung bietet keinen Ansatzpunkt für rechtlich erhebliche Differenzierungen. Anstiftung und psychische Beihilfe wirken über die Psyche des Täters. Sowohl der Begriff der Bestimmung als auch der Begriff der Bestärkung beschreiben jeweils einen auf Überzeugung bzw. Überwindung ausgerichteten Kommunikationsprozess. Der Täter soll sodann aus eigener Überzeugung zur Tat schreiten. Mit Blick auf die Intensität, welche für eine als psychische Beihilfe zu qualifizierende Bestärkung erforderlich ist, gilt daher im Ausgangspunkt dasselbe wie bei der Anstiftung. Auch derjenige, der psychisch Hilfe leistet, muss in rechtlich missbilligter Weise auf den Täter einwirken. Er muss die Gefahr schaffen oder erhöhen, dass der Täter seinen Tatentschluss durchhält. Aus der strukturellen Vergleichbarkeit mit der Anstiftung ergibt sich somit, dass jedenfalls die psychische Beihilfe (mit-)ursächlich für die Begehung der Tat durch den Haupttäter sein muss, so dass insoweit der Kausalitätstheorie zu folgen ist. Auch das Vorliegen einer psychischen Beihilfe entscheidet sich daher nach den Grundsätzen der objektiven Zurechnung. Allerdings geht es vorliegend nicht um die Zurechnung der Hervorrufung des Tatentschlusses. Dieser liegt ja schon vor. Dem Hilfeleistenden muss vielmehr objektiv zugerechnet werden können, dass der Täter seinen Tatentschluss durchhält. Bezugspunkt der objektiven Zurechnung ist also wiederum – wie bei der Anstiftung – nicht der Haupttaterfolg. Zugerechnet werden können muss der Beihilfeerfolg, welcher bei der psychischen Beihilfe im Festhalten am Tatentschluss liegt. Aus diesem Grunde ermöglicht auch hier die Fallgruppe des eigenverantwortlichen Handelns eine klare Verortung innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung. Grundsätzlich hat jeder Mensch seine Handlungen selbst zu verantworten. Wer sich durch alltägliche Einflüsse in seinem Entschluss zur Straftat bestärken lässt, der bleibt für diese Tat allein strafrechtlich verantwortlich. So ergibt sich auch vorliegend aus dem Prinzip der Selbstverantwortung, das die Kehrseite der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) darstellt, das Erfordernis einer gewissen Intensität der Bestärkungshandlung.

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Aus denselben Erwägungen, wie sie zur Anstiftung dargelegt worden sind, bestimmt sich somit auch bei der psychischen Beihilfe die erforderliche Intensität nach dem alltäglichen Reizpegel des Haupttäters. Bei der Ermittlung des jeweiligen Reizpegels ist allerdings die Spezifik der psychischen Beihilfe zu berücksichtigen. Ein bereits zur Tat entschlossener Täter hat allein durch diese Tatsache einen höheren Reizpegel als jemand, der sich noch gar keine Gedanken über die Begehung der durch einen Anstifter ersonnenen Tat gemacht hat. Wer sich schon selbst von der „Richtigkeit“ oder „Erforderlichkeit“ der Tat überzeugt hat, der wird einfachen Aufforderungen keinen neuen Antrieb abgewinnen können. Anders ist dies hingegen bei qualifizierten Aufforderungen, die dem Täter weitere Argumente oder Tatmotive liefern, weil dann der Täter erst hierdurch tatsächlich in seinem Entschluss bestärkt wird. Nur wenn der Teilnehmer zusätzliche Tatmotive liefert oder auf eine Vergrößerung der Rechtsgutsbeeinträchtigung hinwirkt, wird der Reizpegel des Täters überschritten. Die hier vertretene Auffassung kommt somit bei den unter Fall 1 dargestellten Varianten zu denselben Ergebnissen wie Roxin, der ebenfalls bloße Zustimmungsoder Solidarisierungsbekundungen nicht ausreichen lassen will.266 Die unterschiedlich hohen Reizpegel bei Anstiftung und psychischer Beihilfe werden dabei an folgendem Vergleich deutlich: Oben ist festgestellt worden, dass eine gezielte Anfrage an einen Fachreferenten, der in seinem beruflichen Alltag keinen Kontakt zu Medienleuten hat, bereits dessen Reizpegel überschreiten kann, so dass von einer Bestimmungshandlung im Sinne des § 26 StGB auszugehen ist.267 Jetzt kehren wir die Situation um: Der Fachreferent wendet sich von sich aus an einen Journalisten, um diesem geheime Informationen zu verraten. Wie in Fall 1 Variante 3 fragt er dabei den Journalisten, ob er ihm wirklich die Geheimnisse verraten solle, worauf der Journalist mit „Ja“ antwortet. Von der Beeinflussungsintensität ist dieser Fall mit der Anstiftungskonstellation vergleichbar. In beiden Fällen leistet der Journalist keine besondere Überzeugungsarbeit. Dennoch muss in der zweiten Konstellation eine psychische Beihilfe verneint werden. Aufgrund der eigenen Entschlossenheit zur Tat ist der Reizpegel des Fachreferenten in einer Weise erhöht, dass ein einfaches „Ja“ keine bestärkende Wirkung mehr entfalten kann. Der Journalist müsste schon die in Fall 1 Variante 4 beschriebene Überzeugungsarbeit leisten. Anhand der unter Fall 2 beschriebenen Varianten zeigt sich schließlich am deutlichsten der Unterschied der Theorie von der Überschreitung des alltäglichen Reizpegels zu den übrigen Auffassungen. Hier kommen die bisher vertretenen Meinungen in allen drei Varianten zur Strafbarkeit des J wegen psychischer Beihilfe oder sogar wegen Anstiftung, weil der Tatentschluss erst durch J hervorgerufen wird. Wendet man hingegen die Reizpegeltheorie an, ist von einer weitgehenden Straflosigkeit des J auszugehen. Da P in Fall 2 vor dem Anruf des J noch nicht zur Tat entschlossen ist, sind zwar die niedrigeren, für eine Bestimmungshandlung (und nicht für eine psychische Beihilfehandlung) erforderlichen Maßstäbe an den zu überschreitenden 266 267

Roxin, AT II, § 26, Rn. 202. Oben D. IV. 1. b) dd).

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Reizpegel anzulegen. Daher ist in Fall 2 Variante 3 von einer Strafbarkeit des J, und zwar wegen Anstiftung, auszugehen. In den Varianten 1 und 2 scheidet dagegen eine Strafbarkeit aus: P hat als Pressesprecher täglichen Umgang mit Medienvertretern. Er darf sich daher nicht – wie der Fachreferent – durch einfache Anfragen (vgl. Variante 1) zum Geheimnisverrat bewegen lassen. Auch das bestätigende „Ja“ auf die Nachfrage des P in Variante 2 überschreitet noch nicht den Reizpegel des P. Ein Überreden oder Überzeugen seitens des J kann hierin nämlich nicht erblickt werden. Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass das Verhalten des J gegenüber einem Fachreferenten in allen unter Fall 2 beschriebenen Varianten eine Bestimmungshandlung im Sinne des § 26 StGB darstellen würde und somit jedenfalls der objektive Anstiftungstatbestand erfüllt wäre. Im Übrigen zeigt sich aber, dass nur die einheitliche Anwendung der Reizpegeltheorie zu berücksichtigen vermag, dass die Gehilfenschaft nicht als Minus im Anstifterverhalten enthalten ist, sondern sich wesensmäßig von diesem unterscheidet.268 Die sonstigen Auffassungen gehen dagegen offenbar von einem Stufenverhältnis aus. ee) Der Zeitpunkt der Beihilfehandlung Auch die Beihilfehandlung kann – wie die Bestimmungshandlung bei der Anstiftung – nach der Offenbarung, aber vor der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen geleistet werden. Hiermit sind solche Fallkonstellationen angesprochen, in denen der Amtsträger einem Journalisten Dienstgeheimnisse zunächst nur als Hintergrundinformationen überlassen hat, der Journalist sodann aber ihre Veröffentlichung beabsichtigt und den Amtsträger in dessen nunmehr vorhandener Absicht, nichts gegen die Veröffentlichung zu unternehmen, bestärkt. Insoweit kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.269 2. Der subjektive Tatbestand der Beihilfe Der Hilfe leistende Journalist muss die Absicht haben, die erhaltenen Informationen in der Folge zu veröffentlichen. Anderenfalls würde es schon an einer beihilfefähigen Haupttat mangeln.270 Im Übrigen sind an den subjektiven Tatbestand der Beihilfe deutlich niedrigere Anforderungen zu stellen als an denjenigen der Anstiftung.271 Dies erklärt sich aus dem niedrigen Strafrahmen (obligatorische Milderung nach § 27 Abs. 2 S. 2 StGB) sowie dadurch, dass der Anstifter eine bestimmte Tat vor 268 So ausdrücklich BGH, Urt. v. 16.12.1969 g. St. 1 StR 339/69, BGHSt 23, 203 (206); vgl. auch BGH, Urt. v. 28.10.1982 – 4 StR 480/82, NJW 1983, 239; aufgrund des geringeren Unwertcharakters der Beihilfe könne aber bei unsicherer Tatsachengrundlage nach der milderen Beihilfevorschrift verurteilt werden. 269 Oben D. IV. 1. b) ee). 270 Vgl. oben C. I. 3. b) bb). 271 LK-Schünemann, 12. Aufl., § 27, Rn. 56; MüKo-Joecks, § 27, Rn. 75; Satzger/Schmitt/ Widmaier-Murmann, § 27, Rn. 11; Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 19.

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Augen hat, der Gehilfe hingegen einen von der Haupttat losgelösten Beitrag erbringt. „Er strebt diese nicht notwendigerweise an, weiß aber und nimmt jedenfalls billigend in Kauf, dass sich sein Handeln auch ohne sein weiteres Zutun als unterstützender Bestandteil einer Straftat manifestieren kann.“272 Der Anstifter muss die Tat vorzeichnen und daher wenigstens in groben Zügen kennen, wenn ihm die Auslösung des Geschehens angelastet werden soll. „Der Gehilfe dagegen findet den Tatentschluss des Täters und damit die Konzeption der geplanten Tat bereits vor, ohne ihr weitere Konturen verleihen zu müssen.“273 Nach der Rechtsprechung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs kann danach eine Beihilfe schon begehen, wer dem Täter ein entscheidendes Tatmittel willentlich an die Hand gibt und damit bewusst das Risiko erhöht, dass eine durch den Einsatz gerade dieses Mittels typischerweise geförderte Haupttat verübt wird.274 Allerdings müsse in der Vorstellung des Hilfeleistenden die Dimension des Unrechts der ins Auge gefassten Tat hinreichend bestimmt sein.275 Der Bundesgerichtshof argumentiert also bei der Beihilfe so wie Roxin bei der Anstiftung.276 In einer neueren Entscheidung im Nachgang zu den Anschlägen vom 11. September 2001 betonte der 3. Strafsenat dagegen, es bedürfe keiner Kenntnis der Unrechtsdimension der tatsächlich ausgeführten Anschläge, weil das Maß des tatsächlich verwirklichten Unrechts im Sinne der Intensität der Rechtsgutsbeeinträchtigung oder der Zahl der durch den Tatbeitrag über die Vorstellung des Gehilfen hinaus geförderten weiteren Rechtsgutsverletzungen kein Umstand der Tat sei, der zum gesetzlichen Tatbestand gehöre und daher vom Gehilfenvorsatz umfasst sein müsse.277 Diese Grundsätze gälten jedenfalls für Fallgestaltungen, in denen das höchstpersönliche Rechtsgut des menschlichen Lebens betroffen sei.278 Einschränkend fügt der Senat aber hinzu, dass eine solche Divergenz dazu führe, dass der Schuldspruch auf die vom Vorsatz des Gehilfen erfassten Taten oder schuldspruchrelevanten Tatfolgen zu beschränken sei. Die darüber hinausgehenden Taten oder Tatfolgen könnten jedoch bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.279 Nach Roxin ist dann wegen Beihilfe zu bestrafen, wenn der Gehilfe nur den zu verwirklichenden Tatbestand kennt, ohne über das ungefähre Ausmaß des Schadens und die Art und Weise des geplanten Angriffes Näheres zu erfahren.280 Die Kenntnis der Unrechtsdimension sei bei der Beihilfe nicht erforderlich, weil der Gehilfe der 272

BGH, Urt. v. 18.04.1996 – 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135 (138). Roxin, AT II, § 26, Rn. 272. 274 BGH, Urt. v. 18.04.1996 – 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135 (138). 275 BGH, Urt. v. 18.04.1996 – 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135 (139). 276 Vgl. oben D. IV. 2. bb). 277 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384 (389), insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 51, 144 ff. 278 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384 (390). 279 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384 (389). 280 Roxin, AT II, § 26, Rn. 272; ihm folgend LK-Schünemann, 12. Aufl., § 27, Rn. 56. 273

VI. Die Rechtswidrigkeit

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Konzeption der geplanten Tat keine weiteren Konturen verleihen müsse. Auch der Gehilfenvorsatz müsse sich aber, wie jeder andere Vorsatz, auf einen bestimmten Tatbestand beziehen.281 Andere Stimmen im Schrifttum fordern hingegen mit der (älteren) Rechtsprechung die Kenntnis der wesentlichen Dimensionen des Unrechts.282 Festzuhalten ist also zunächst, dass nach einhelliger und richtiger Auffassung der bei einer Verletzung des Dienstgeheimnisses – sei es physisch oder psychisch – Hilfe leistende Journalist im Unterschied zu seinem anstiftenden Kollegen keine Vorstellung davon haben muss, welchem Themenkomplex, Fall oder Sachverhalt die offenbarten Informationen angehören. Wer also einem Amtsträger in einer dessen Reizpegel überschreitenden Weise dazu rät, seinen Plan zum Gang an die Öffentlichkeit umzusetzen, setzt sich schon dann dem Risiko einer Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe aus, wenn er lediglich weiß oder damit rechnet, dass es sich bei den jeweiligen Informationen um Dienstgeheimnisse handelt. Allerdings muss – mit der Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums, aber entgegen Roxin – auch der Hilfeleistende die wesentlichen Dimensionen des Unrechts der Haupttat kennen. Zwar ist es richtig, dass der Gehilfe den Tatentschluss des Täters und damit die Konzeption der geplanten Tat schon vorfindet, ohne ihr weitere Konturen verleihen zu müssen.283 Ebenso wie bei der Anstiftung lässt sich jedoch keine Strafe zumessen, wenn der Hilfeleistende von den wesentlichen Dimensionen des Unrechts keine Vorstellung hat.284 Somit bleibt die Fahrlässigkeitsalternative gemäß § 353b Abs. 1 S. 2 StGB hinsichtlich der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen, wie für den Anstifter so auch für den Hilfeleistenden, ohne Anwendung.285

VI. Die Rechtswidrigkeit Das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands indiziert die Rechtswidrigkeit der Anstiftung oder psychischen Beihilfe.286 Sie kann nur im Wege der Rechtfertigung ausgeschlossen werden. Es finden die allgemeinen Rechtfertigungsgründe Anwendung. Eine Rechtfertigung durch Einwilligung muss wiederum ausscheiden, da § 353b StGB die Funktionsfähigkeit der Verwaltung schützt, über die nicht durch eine Person verfügt werden kann.287 Im Zentrum des Interesses steht daher die Frage einer Rechtfertigung wegen Notstands nach § 34 StGB bei der Aufdeckung staatlicher Missstände. Im Ausgangspunkt sei in diesem Zusammenhang 281

Roxin, AT II, § 26, Rn. 277. Vgl. MüKo-Joecks, § 27, Rn. 75; Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 19. 283 Roxin, AT II, § 26, Rn. 272. 284 Warum Roxin hier anders argumentiert als bei der Anstiftung, vgl. AT II, § 26, Rn. 137, bleibt unklar. 285 Siehe oben D. IV. 2. b) dd). 286 Vgl. BGH, Beschl. v. 05.05.1988 – 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270 (275). 287 Vgl. oben C. III. 282

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noch einmal an das Pätsch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts erinnert, in dem es zutreffend festgestellt hat: „Die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewusstsein des Staatsbürgers, der Missstände nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich auch für deren Abstellung einsetzt, ist eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Ordnung.“288 Für die Rechtfertigung der durch einen Amtsträger begangenen Dienstgeheimnisverletzung ist von der Rechtsprechung die Stufentheorie entwickelt worden, welcher hier bereits unter gewissen Modifikationen zugestimmt wurde.289 Danach ist der Amtsträger, wenn ihm verwaltungsinterne Missstände bekannt geworden sind, zunächst gehalten, seinen Dienstvorgesetzten zu informieren. Bei Erfolglosigkeit dieses Mittels ist die nächste Stufe die zuständige Aufsichtsbehörde, sodann ein vertrauenswürdiger Bundestagsabgeordneter und schließlich die Volksvertretung eines Landes oder des Bundes selbst. Nur in Ausnahmefällen darf der direkte Weg an die Öffentlichkeit gewählt werden.290 Für außenstehende Nichtamtsträger gilt die Stufentheorie dagegen nicht. Mit Blick auf Journalisten und sonstige Außenstehende müssen die Vorgaben des § 34 StGB daher nach anderen Maßstäben konkretisiert werden. Fällt der Weg über innerstaatliche Stufen weg, sind vergleichend die Voraussetzungen in den Blick zu nehmen, unter denen ein Amtsträger in gerechtfertigter Weise den direkten Gang an die Öffentlichkeit wählen darf. Diese sind sodann auf das für Außenstehende gültige Maß abzumildern. Der Grund für diese Abmilderung liegt darin, dass Außenstehende nicht in einem Dienst- und Treueverhältnis zu einem staatlichen Dienstvorgesetzten stehen und damit nicht in gleicher Weise die Verantwortung für die Geheimhaltung staatlicher Informationen tragen. Insoweit spiegelt sich der Rechtsgedanke des § 28 Abs. 1 StGB wider. Dementsprechend hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Dammann-Urteil festgestellt, dass es Aufgabe der Staaten sei, ihre Dienststellen so zu organisieren und ihre Bediensteten so auszubilden, dass keine vertraulichen Informationen offenbart würden. Einem Staat, welcher solche Informationen dennoch nach außen dringen lasse, komme daher ein bedeutender Teil der Verantwortung für die begangenen Indiskretionen zu.291 Nach hier vertretener Auffassung steht Amtsträgern der direkte Weg an die Öffentlichkeit nicht nur dann offen, wenn schwere Verstöße gegen die verfassungsmäßige Ordnung festgestellt worden sind.292 Vielmehr ist eine Rechtfertigung einer Dienstgeheimnisverletzung auch dann gerechtfertigt, wenn eher unbedeutende Dienstgeheimnisse schwerwiegenden Rechtsbrüchen gegenüberstehen. Schon dann ist ein wesentliches Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Offenbarung des Geheim288

BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (202). Vgl. oben C. III. 2. 290 Zu den Voraussetzungen vgl. oben C. III. 2. 291 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 12 f., abrufbar über http://www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010); vgl. oben D. IV. 292 So die Auffassung der herrschenden Meinung, vgl. oben C. III. 2. 289

VII. Zusammenfassung

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nisses gegenüber dem staatlichen Geheimhaltungsinteresse festzustellen. Für Außenstehende fällt nun das Geheimhaltungsinteresse weniger schwer ins Gewicht, so dass die Anstiftung oder psychische Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses auch dann nach § 34 StGB gerechtfertigt sein kann, wenn bedeutendere Geheimnisse schwerwiegenden oder jedenfalls vorsätzlichen Rechtsbrüchen gegenüberstehen. Zwar sind auch hier die Umstände des konkreten Einzelfalles entscheidend. Dennoch verschieben sich schon abstrakt die Gewichte der Abwägung.

VII. Zusammenfassung Die journalistische Recherche im Bereich des staatlichen Geheimnisschutzes birgt strafrechtliche Risiken. Das Grundgesetz und das Strafgesetzbuch enthalten keinerlei Rechercheprivilegien. Die Recherchetätigkeit kann daher nach allgemeinen Regeln eine Strafbarkeit wegen Anstiftung wie auch wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 26, 27 StGB) nach sich ziehen. Von einer strafbaren Anstiftung ist dann auszugehen, wenn der Journalist durch seine konkrete Recherchetätigkeit den alltäglichen Reizpegel des Amtsträgers überschreitet. Der Reizpegel eines Amtsträgers ist in der Regel dann überschritten, wenn der Kontakt mit den Medien den Ausnahmefall im beruflichen Alltag darstellt oder wenn durch den Journalisten besonderer Druck (beispielsweise durch Überreden oder nötigendes Verhalten) ausgeübt wird. Der Vorsatz muss auf die Erlangung konkreter Informationen gerichtet sein, also solcher Informationen, die einen Bezug zu einem bestimmten Themenkomplex, Fall oder Sachverhalt aufweisen. Außerdem muss sich der Anstiftervorsatz auf die Bedeutung der Informationen mit Blick auf die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen beziehen (wesentliche Dimensionen des Unrechts), was zu einer Unanwendbarkeit der Fahrlässigkeitsalternative des § 353b Abs. 1 S. 2 StGB für Anstifter führt. Schließlich ist die Absicht erforderlich, die erhaltenen Informationen in der Folge zu veröffentlichen. Weiterhin kann sich ein Journalist wegen psychischer Beihilfe strafbar machen, wenn er einen Amtsträger in seinem Entschluss bestärkt, den Gang an die Öffentlichkeit anzutreten. Auch hierbei ist jedoch eine Überschreitung des alltäglichen Reizpegels erforderlich, welcher bei einem schon zur Tat entschlossenen Amtsträger entsprechend höher liegt. Subjektiv genügt schon ein allgemein auf Dienstgeheimnisse bezogener Beihilfevorsatz, der allerdings – wie der Anstiftervorsatz – auf die Bedeutung der Informationen gerichtet sein muss. Auch der psychisch Hilfe leistende Journalist muss die nachfolgende Veröffentlichung der Informationen beabsichtigen. Anstiftung und psychische Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses können nach § 34 StGB – bei Feststellung eines öffentlichen Interesses an der Offenbarung – nicht nur bei der Verletzung unbedeutender Geheimnisse gerechtfertigt sein, sondern auch dann, wenn bedeutende Geheimnisse schwerwiegenden oder jedenfalls vorsätzlichen Rechtsbrüchen gegenüberstehen.

E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB I. Die Veröffentlichung als Ziel und strafrechtliches Risiko journalistischer Arbeit Auch wenn nach Kinnigkeit das Recherchieren wichtiger ist als das Schreiben,1 so steht im Zentrum der journalistischen Arbeit die Veröffentlichung dessen, was zuvor recherchiert und geschrieben, aufgezeichnet oder sonst vorbereitet worden ist. Die Medien sind planmäßig auf Publikation ausgerichtet. Jede (Hilfs-)Tätigkeit orientiert sich an diesem Ziel. Dies ist eine Selbstverständlichkeit, die nicht weiter vertieft zu werden braucht. Soll die Presse der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dienen,2 muss ihre Stimme auch gehört werden. Ebenso selbstverständlich reichen die verfassungsrechtlichen Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen.3 Die Verbreitung kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise geschehen.4 Entscheidend ist, dass ein Vervielfältigungseffekt erzielt wird.5 Die Veröffentlichungstätigkeit der Medien unterliegt dabei verschiedenen strafrechtlichen Beschränkungen. Hier ist zum Beispiel an das Staatsschutzrecht (§§ 80 ff. StGB) zu denken, an die Straftaten gegen ausländische Staaten und gegen die Landesverteidigung (§§ 103 ff., 109 ff. StGB), die öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB), die Volksverhetzung (§ 130 StGB), die Verbreitung von Pornographie (§§ 184 ff. StGB), die Beleidigungsdelikte (§§ 185 ff. StGB), die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) und die verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen (§ 353d StGB). Die Strafbarkeit nach diesen Vorschriften hat in der vorliegenden Untersuchung außer Betracht zu bleiben. Diesen Normen ist jedoch gemeinsam, dass sie auch Journalisten als Täter erfassen. Der Tatbestand der Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB) kann hingegen nur von den in der Vorschrift genannten Personen verwirklicht werden,6 zu denen Medienangehöri1

Vgl. oben D. I. So § 1 Abs. 1 S. 2 BerlPresseG. 3 BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 – 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, BVerfGE 20, 162 (176); vgl. zur Verbreitung reiner Nachrichten BVerfG, Urt. v. 04.04.1967 – 1 BvR 414/64, BVerfGE 21, 271 (279). 4 BVerfG, Beschl. v. 08.10.1996 – 1 BvR 1183/90, BVerfGE 95, 28 (35); von Mangoldt/ Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 59; ausführlicher oben D. II. 1. 5 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 I, II, Rn. 131. 6 Vgl. oben C. I. 1. a). 2

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

209

ge nicht zählen. Fraglich ist daher, ob sich Journalisten durch die Veröffentlichung von Geheimnissen im Sinne des § 353b StGB wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar machen können (§§ 353b, 27 StGB).

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe Als Gehilfe wird nach § 27 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. 1. Der objektive Tatbestand der Beihilfe nach derzeitiger Rechtslage Der objektive Tatbestand der Beihilfe setzt sich aus einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat und einer Beihilfehandlung zusammen. Zunächst müssen allerdings die Fälle ausgeschieden werden, in denen der Journalist bereits an der Herbeiführung der Offenbarung beteiligt ist. Hat dieser nämlich den Amtsträger zum Geheimnisverrat bestimmt, dann wird er ausschließlich gemäß § 26 StGB als Anstifter bestraft. Innerhalb der Teilnahme zehrt die stärkere Teilnahmeform der Anstiftung die schwächere Beihilfe auf.7 Eine zusätzliche Bestrafung wegen Beihilfe kommt daher nicht mehr in Betracht. Auch wenn der Journalist den Amtsträger lediglich in seinem Tatentschluss bestärkt und dadurch eine psychische Beihilfe begangen hat, scheidet die Möglichkeit einer weiteren Beihilfetat auf der Konkurrenzebene aus. Es liegt nur eine Beihilfe im Sinne des § 52 StGB vor, wenn der Gehilfe durch verschiedene Handlungen eine Haupttat unterstützt. Dies beruht auf dem Strafgrund der Teilnahme als eines akzessorischen Rechtsgutsangriffs.8 Der Gehilfe greift über die Person des Täters das Rechtsgut nur durch eine Tat an. a) Haupttat Die Annahme einer strafbaren Beihilfe verlangt zunächst das Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB. Insoweit sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden. Dreh- und Angelpunkt ist die Veröffentlichungsbereitschaft des Journalisten, weil nur durch eine Offenbarung gegenüber einem zur Veröffentlichung bereiten Journalisten wichtige öffentliche Interessen konkret gefährdet werden können.9 Zur Verdeutlichung sollen wiederum einige Fallbeispiele helfen.

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Vgl. nur Baumann/Weber/Mitsch-Weber, § 32, Rn. 62. Roxin, AT II, § 26, Rn. 285. Vgl. oben C. I. 3. b) bb).

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

aa) Fallbeispiele (1) Variante 1 Amtsträger A offenbart dem Journalisten J Dienstgeheimnisse. Wie A weiß, will J die Informationen veröffentlichen. (2) Variante 2 Wie Variante 1. J verheimlicht jedoch seine Veröffentlichungsbereitschaft. A geht daher in nicht vorwerfbarer Weise davon aus, dem J lediglich Hintergrundinformationen zu liefern. (3) Variante 3 Wie Variante 1. A und J verabreden jedoch, dass die Geheimnisse nicht veröffentlicht werden sollen. Später entschließt sich J dennoch dazu, die Informationen entgegen der Abrede zu publizieren. (4) Variante 4 Wie Variante 3. J teilt jedoch dem A seinen Sinneswandel mit. A unternimmt nichts gegen die Veröffentlichung. bb) Folgerungen für das Vorliegen einer Haupttat Eine Haupttat liegt nur dann vor, wenn der Täter alle Tatbestandsmerkmale vorsätzlich und rechtswidrig verwirklicht hat. Mit Blick auf die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen genügt nach § 353b Abs. 1 S. 2 StGB auch Fahrlässigkeit. In Variante 1 offenbart Amtsträger A vorsätzlich Dienstgeheimnisse gegenüber dem Journalisten J. Weil J zu diesem Zeitpunkt zur Veröffentlichung der Informationen bereit ist, gefährdet A bereits durch die Offenbarung gegenüber J konkret wichtige öffentliche Interessen. A weiß auch von der Veröffentlichungsbereitschaft des J, so dass er bezüglich der konkreten Gefährdung vorsätzlich handelt. Somit liegt eine vorsätzliche rechtswidrige Tat vor, an der eine Beihilfe grundsätzlich möglich wäre. Anders liegt es dagegen in Variante 2. Zwar ist auch hier zum Zeitpunkt der Offenbarung durch A objektiv von einer konkreten Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen auszugehen, weil J zur Veröffentlichung bereit ist. Dem A mangelt es in dieser Fallkonstellation aber an einem diesbezüglichen Vorsatz, weil J seine Absichten verheimlicht. Auch sonst fehlen dem A jedwede Anhaltspunkte für eine nachfolgende Veröffentlichung, so dass auch eine fahrlässige Gefährdung ausscheidet. Dementsprechend liegt schon keine vorsätzliche Haupttat vor, so dass Beihilfe gar nicht möglich ist. Die Akzessorietät der Teilnahme führt also zu dem Ergebnis, dass Amtsträger und Journalist straflos bleiben, wenn der Journalist den Amtsträger über seine Veröffentlichungsbereitschaft täuscht. Dies birgt ein nicht zu unterschätzendes Miss-

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

211

brauchspotential, welches sich nur durch die Verselbständigung der Teilnahmetat ausschalten ließe.10 Auch in Variante 3 fehlt es an einer durch A begangenen Haupttat. Wie sich in der Verabredung mit dem Awiderspiegelt, ist J zum Zeitpunkt der Offenbarung nicht entschlossen, die erhaltenen Informationen zu verbreiten. Damit fehlt es bereits objektiv an einer konkreten Gefährdung. Auf den fehlenden Vorsatz des A kommt es gar nicht mehr an. Mangels Strafbarkeit des A muss auch hier eine Beihilfe durch J ausscheiden. In Variante 4 mangelt es aufgrund der ersten Verabredung zwischen A und J zunächst auch an einer konkreten Gefährdung. Mit der Mitteilung des J, er wolle die Informationen nun doch veröffentlichen, tritt jedoch die Konkretisierung der Gefahr ein: Nach der pflichtwidrigen Offenbarung der Dienstgeheimnisse ist A als Garant dazu verpflichtet, alles Erforderliche zu unternehmen, um eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen und damit eine Veröffentlichung der Dienstgeheimnisse zu verhindern.11 Dieser Garantenpflicht kommt Avorliegend nicht nach, so dass die Verletzung wichtiger öffentlicher Interessen in bedrohliche Nähe gerückt ist. Der objektive Haupttatbestand wird auf diese Weise durch Unterlassen verwirklicht. Im Ergebnis liegt in dieser Fallvariante daher eine vorsätzliche rechtswidrige Tat vor, zu der grundsätzlich Beihilfe geleistet werden kann. Während in den Varianten 2 und 3 somit schon von vornherein die Möglichkeit einer Beihilfe mangels Haupttat ausscheidet, kann die Prüfung bei den Varianten 1 und 4 weitergehen. Dabei springt ins Auge, dass die Veröffentlichung naturgemäß immer erst dann erfolgen kann, nachdem das Geheimnis verraten worden ist. Die aktive Tathandlung des Haupttäters, hier des A, ist also jeweils bereits abgeschlossen. Die Veröffentlichung durch J folgt ihr erst nach. Bei der Untersuchung der Beihilfestrafbarkeit nimmt daher vorliegend die Frage nach dem spätestmöglichen Zeitpunkt der Beihilfehandlung eine zentrale Position ein. An ihrer Beantwortung hängt es, ob zu der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat auch noch Beihilfe geleistet werden kann. . b) Beihilfehandlung Die Beihilfehandlung liegt hier in der Veröffentlichung der von einem Amtsträger erlangten Dienstgeheimnisse. Fraglich ist, bis zu welchem Zeitpunkt in strafbarer Weise Beihilfe geleistet werden kann.

10 11

Vgl. dazu den eigenen Vorschlag des Verf. unten E. II. 2. e). Vgl. oben C. I. 3. b) bb).

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

aa) Der spätestmögliche Zeitpunkt der Beihilfe Nach allgemeiner Auffassung ist Beihilfe jedenfalls bis zur Vollendung (vgl. § 23 Abs. 2, 3 StGB) der Haupttat möglich.12 Vollendet ist eine Tat, wenn der Täter alle Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Delikts objektiv und subjektiv verwirklicht hat.13 Bei § 353b StGB tritt die Vollendung daher erst ein, wenn der Amtsträger durch die Offenbarung des Geheimnisses wichtige öffentliche Interessen vorsätzlich oder fahrlässig konkret gefährdet hat.14 Von einer konkreten Gefährdung ist nach hier vertretener Auffassung bei der Offenbarung gegenüber einem Journalisten dann auszugehen, wenn der Journalist zur Veröffentlichung bereit ist. Wie die soeben dargestellten Fallbeispiele zeigen, folgt daraus, dass die Veröffentlichung erfolgt, wenn entweder gar keine Haupttat vorliegt oder eine solche bereits vollendet ist: In Variante 1 ist mit der Offenbarung des A an den veröffentlichungsbereiten J die konkrete Gefährdung eingetreten. Die Varianten 2 und 3 bleiben mangels Haupttat außer Betracht. In Variante 4 schließlich hat sich durch das Unterlassen des A die Gefahr konkretisiert, so dass auch hier der Zeitpunkt der Vollendung vor der sodann folgenden Veröffentlichung liegt. Die Strafbarkeit der Veröffentlichungstätigkeit hängt somit maßgeblich davon ab, ob eine Beihilfe auch noch nach Vollendung, aber vor Beendigung der Haupttat möglich ist. Hiermit ist das Problem der so genannten sukzessiven Beihilfe angesprochen. (1) Die Auffassungen zur rechtlichen Anerkennung der sukzessiven Beihilfe Eine der Vollendung nachfolgende „Beendigungsphase“ ist gesetzlich nicht geregelt. Zwar findet sich in § 78a S. 1 StGB der Begriff der Tatbeendigung, der den Beginn der Verfolgungsverjährung regelt. Die Verwendung des Beendigungsbegriffs an dieser Stelle ist allerdings nicht im technischen Sinne zu verstehen, weil die Beendigung – wie sich aus Satz 2 ergibt – vor dem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges liegen soll.15 Obwohl (und weil) es somit an einer gesetzlichen Verankerung der Beendigung mangelt, ist die Frage ihrer rechtlichen Anerkennung sehr umstritten. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist die Beteiligung an einer Straftat eines anderen auch dann noch möglich, wenn die Tat bereits vollendet ist.16 An die recht12

Vgl. nur Kühl, AT, § 20, Rn. 233. BGH, Urt. v. 24.06.1952 – 1 StR 316/51, BGHSt 3, 40 (43); NK-Zaczyk, § 22, Rn. 5; Schönke/Schröder-Eser, Vorbem. §§ 22 ff., Rn. 2. 14 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569); Brüning, wistra 2007, 333 (334); Dunkhase, S. 176; Fischer, § 353b, Rn. 14a; SK-Hoyer, § 353b, Rn. 17; vgl. auch MüKo-Graf, § 353b, Rn. 83, nach dessen Auffassung erst mit der Veröffentlichung des Geheimnisses die Vollendung eintritt, wenn diese in der Absicht des Amtsträger lag. Diese Auffassung vermischt aber in unzulässiger Weise den objektiven und subjektiven Tatbestand. Der Eintritt der Gefahr bestimmt sich ausschließlich objektiv. 15 Kühl, JuS 1982, 189 (193), nach dem der Beendigungsbegriff des Satzes 1 deshalb nur auf das Verhalten des Täters bezogen werden kann. 16 BGH, Beschl. v. 01.09.1999 – 1 StR 416/99, NStZ 2000, 31; BGH, Beschl. v. 09.07.1996 – 1 StR 728/95, NStZ-RR 1996, 374. 13

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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liche Vollendung schließe sich noch eine Phase tatsächlicher Beendigung an. So stellte der Bundesgerichtshof fest: „Eine Straftat ist rechtlich vollendet, sobald alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes erfüllt sind. Es ist aber möglich, dass weitere zur Tat gehörige Wirkungen erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten; dann ist die Tat erst zu diesem Zeitpunkt tatsächlich beendet. Bis dahin kann sie durch das Mitwirken anderer noch gefördert werden; diese sind dann als Gehilfen oder auch als Mittäter verantwortlich.“17 Dieser Bereich bis zur tatsächlichen Beendigung der Tat bemesse sich „nach der natürlichen Auffassung des Lebens“.18 So seien zum Beispiel Diebstahl- und Raubtaten erst mit der Sicherung und Festigung des Gewahrsams an der Beute beendet,19 eine Beteiligung daher bis dahin noch möglich. Die Abgrenzung zwischen Beihilfe und möglichen Anschlussdelikten (zum Beispiel § 257 StGB) sei innerhalb dieses Bereichs nach der Vorstellung und dem Willen des Täters vorzunehmen.20 Ein Teil der Literatur stimmt der Rechtsprechung zu.21 Die bei weitem überwiegende Meinung übt dagegen Kritik. Dabei wird teilweise die Möglichkeit strafbarer Beihilfe im Beendigungsstadium mit Hinweis auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) von vornherein und grundsätzlich abgelehnt.22 Nach Abschluss des tatbestandsmäßigen Täterverhaltens sei eine Teilnahme nicht mehr möglich.23 So spreche der Wortlaut des § 27 Abs. 1 StGB vom Hilfeleisten zu einer rechtswidrigen Tat. Der Begriff der rechtswidrigen Tat werde aber von § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB definiert als „nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht“.24 Tatbestandlich umschrieben sei aber nur die Tat bis zur Vollendung. Nicht zu schließende Lücken seien dabei hinzunehmen. Beihilfe sei eben nur die Teilnahme an einem gesetzlich typisierten Verhalten, nicht aber eine beliebige Beteiligung an der Verletzung des durch die betreffende Strafnorm geschützten Interesses.25 Teilweise wird die Zulässigkeit davon abhängig gemacht, ob der Teilnehmer mit seiner Hilfeleistung eine tatbestandlich noch erfasste Unrechtsintensivierung be17 BGH, Urt. v. 24.06.1952 – 1 StR 316/51, BGHSt 3, 40 (43 f.), Hervorhebung durch den Verfasser. 18 BGH, Urt. v. 30.06.1964 – 1 StR 193/64, BGHSt 19, 323 (324). 19 BGH, Beschl. v. 01.09.1999 – 1 StR 416/99, NStZ 2000, 31; vgl. auch BGH, Urt. v. 30.06.1964 – 1 StR 193/64, BGHSt 19, 323 (324). 20 BGH, Urt. v. 23.04.1953 – 4 StR 743/52, BGHSt 4, 132 (133). 21 Hau, S. 120; Jescheck, FS-Welzel (1974), S. 683 (689 f.); vgl. dazu unten E. II. 1. b) aa) (3) (b). 22 Geppert, Jura 1999, 266 (272); Grabow/Pohl, Jura 2009, 656 (657 f.); Rudolphi, FSJescheck (1985), 559 (569 ff.); Satzger/Schmitt/Widmaier-Murmann, § 27, Rn. 8; etwas weitergehend dagegen ders., ZJS 2008, 456 (458). 23 Rudolphi, FS-Jescheck (1985), 559 (569). 24 Vgl. insbesondere Grabow/Pohl, Jura 2009, 656 (657); Satzger/Schmitt/WidmaierMurmann, § 27, Rn. 8. 25 Rudolphi, FS-Jescheck (1985), 559 (578).

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

wirkt.26 Beihilfe ist nach dieser Auffassung auch noch bis zum Eintritt der (nach der Vollendung) weitergehenden Erfolge möglich, aber nur, wenn diese Erfolge noch zum Tatbestand des betreffenden Delikts gehören.27 Dies sei etwa bei Dauerdelikten denkbar (zum Beispiel bei der Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB) oder in Fällen, in denen der Schaden in tatbestandsmäßiger Weise noch vertieft werden kann (hier ist an den tatsächlichen Schadenseintritt beim Betrug gemäß § 263 StGB zu denken, wenn zuvor bereits eine schadensgleiche Vermögensgefährdung zu bejahen war). Unter diesen engen Voraussetzungen sei das Absichern des Erfolgseintritts auch noch nach Vollendung der Haupttat beihilfebegründend. Entscheidend sei aber, dass der betreffende Erfolg generell steigerbar ist und mit Hilfe des Teilnehmers auch konkret gesteigert werde.28 Grundsätzlich wird dabei auch von den Vertretern dieser tatbestandsbezogenen Beendigungslehre betont, dass die Beihilfe immer zu einer rechtswidrigen Tat im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB geleistet werden müsse, so dass der tatbestandsmäßige Erfolg noch nicht vollständig eingetreten sein dürfe.29 Das notwendig lückenhafte, fragmentarische Strafrecht beschränke sich nämlich auf die Erfassung ganz bestimmter, besonders gravierender Rechtsgutsverletzungen. Im Ergebnis lehnt daher auch diese Auffassung die Institution einer tatsächlichen, vom Tatbestand losgelösten Beendigung ab. (2) Die Auffassungen zur sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB Die grundsätzliche Möglichkeit einer sukzessiven Beihilfe wird somit durch die Rechtsprechung bejaht, von der überwiegenden Literatur dagegen weitgehend abgelehnt. Dieses Meinungsbild spiegelt sich auch in den Auffassungen zur sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB wider. Soweit ersichtlich, hatte sich auf Seiten der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher nur das (damalige) Bayerische Oberste Landesgericht mit der hier vorliegenden Fragestellung zu beschäftigen.30 In seiner Entscheidung stellte das Gericht zunächst fest, dass mit der Offenbarung gegenüber der Angeklagten das Stadium der konkreten Gefährdung erreicht und die Haupttat damit vollendet war. Eine Beendigung des Geheimnisbruchs sei damit aber noch nicht eingetreten. Dies sei „regelmäßig erst mit einer Erhöhung der Gefährdung, dem Eintritt des Schadens oder mit dem Wegfall der Gefährdung, also mit dem Geschehensabschluss“ der Fall.31 Zur Begründung führt es an, dass es „gerade bei Gefährdungsdelikten, bei denen der Gesetzgeber den Gefährdungseintritt genügen lässt, die Tatbestandsvollendung also vorverlegt 26 Fischer, § 27, Rn. 7; Kühl, Beendigung, S. 94; ders., AT, § 20, Rn. 236; Müko-Joecks, § 27, Rn. 17; Roxin, AT II, § 26, Rn. 262 ff.; Schönke/Schröder-Heine, § 27, Rn. 17; SK-Hoyer, § 27, Rn. 17 f. 27 Kühl, Beendigung, S. 94. 28 SK-Hoyer, § 27, Rn. 17. 29 Vgl. Kühl, AT, § 20, Rn. 236; Roxin, AT II, § 26, Rn. 259. 30 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (568 f.). 31 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569).

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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hat, zu einem Fortwirken der tatbestandsmäßigen Handlungen kommen kann, die den vollen Unrechtsgehalt überhaupt erst herbeiführen oder auch nur steigern und diesen daher nicht etwa nur tatbestandsneutral unberührt lassen“.32 Das Bayerische Oberste Landesgericht kommt sodann zu dem Ergebnis, dass „die durch die Angeklagte unternommene Veröffentlichung zu einer erheblichen Steigerung der Gefährdung oder sogar zu einem Schadenseintritt – einer Vertrauensbeeinträchtigung33 – führen konnte“, so dass eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß §§ 353b, 27 StGB zu bejahen sei.34 Aus diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht im Fall Cicero die Auffassung entnommen – und diese als „in der Rechtspraxis herrschende Auffassung“ bezeichnet –, dass die Tat des Amtsträgers dann, wenn es ihm um die Veröffentlichung des Geheimnisses gehe, zwar mit der Offenbarung an den Journalisten vollendet, aber erst mit der plangemäßen Veröffentlichung beendet sei.35 In dieser Hinsicht hat sich das Bayerische Oberste Landesgericht aber gar nicht geäußert. Dass Existenz und Umfang einer Beendigungsphase bei § 353b StGB von den Absichten des Amtsträgers hinsichtlich einer Veröffentlichung abhängen sollen, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Lediglich zur Bejahung einer konkreten Gefahr und damit zur Vollendung zieht es diese Absichten mit heran: „Dass mit der Offenbarung gegenüber der Angeklagten das Stadium der konkreten Gefährdung erreicht war, liegt hier deshalb nahe, weil den Umständen nach die Zeugin H den Schritt in die Öffentlichkeit oder jedenfalls einen Gebrauch der Daten nach Gutdünken der Angeklagten gerade wollte und diese hierzu auch bereit war.“36 Zur Frage der sukzessiven Beihilfe äußert sich das Bayerische Oberste Landesgericht hier noch nicht. Entgegen der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kann daher nicht von einer in der Rechtspraxis herrschenden Auffassung die Rede sein, ja nicht einmal von der Existenz einer erkennbaren gerichtlichen Rechtspraxis überhaupt. Obwohl das Bundesverfassungsgericht explizit offen lassen wollte, ob die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses überhaupt als Beihilfe zum Geheimnisverrat nach § 353b StGB angesehen werden kann,37 postuliert es hiermit also einen vermeintlichen Lösungsweg, der in dieser Weise bisher von keinem Gericht vertreten worden ist.38 32

BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569). Das BayObLG hält eine mittelbare Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen in der Form der Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität der Verwaltung für möglich, vgl. dazu oben C. I. 3. a) cc). 34 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569). 35 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (264), die Entscheidung des BayObLG zitierend. 36 BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569). 37 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (262 f.). 38 Vgl. auch Brüning, wistra 2007, 333 (336), die zu Recht auf den Widerspruch hinweist, dass das BVerfG zwar einerseits die Frage der Zulässigkeit der sukzessiven Beihilfe ausdrücklich offen lassen möchte, andererseits aber die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens für rechtmäßig erklärt, wenn dies nur unter Rückgriff auf die Rechtsfigur der sukzessiven Beihilfe möglich ist. 33

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

Offensichtlich haben sich die Bundesverfassungsrichter dabei an der von Träger vertretenen Auffassung orientiert, nach welcher Beihilfe auch durch Journalisten begangen werden kann, die das Geheimnis veröffentlichen:39 „Geht es etwa dem Amtsträger um die Veröffentlichung des Geheimnisses in der Presse, so ist seine Tat nicht schon dann beendet, wenn er es einem Journalisten mitgeteilt hat, sondern erst dann, wenn es (entsprechend seinem Plan) in der Presse veröffentlicht ist.“40 Träger befindet sich aber unter den Stimmen in der Literatur – wie auch das Bundesverfassungsgericht feststellt41 – in der Minderheit.42 Die bei Weitem überwiegende Meinung lehnt die Möglichkeit sukzessiver Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB durch eine Veröffentlichung ab.43 Dabei wird zum einen aus grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Beendigungsphase mit Blick auf § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) verwiesen.44 Brüning stellt in diesem Zusammenhang den Mangel an Kriterien heraus, anhand derer der endgültige Eintritt der tatbestandlich normierten Rechtsgutsverletzung bzw. des tatbestandsmäßigen Erfolges bestimmt werden könnte. Eine nachfolgende Beihilfe sei damit zeitlich unbegrenzt möglich. Jede erneute Kenntnisnahme des Geheimnisses durch einen Dritten, der die Informationen zuvor nicht kannte, erhöhe nämlich die Gefahr für die öffentlichen Interessen.45 Insbesondere wendet sich Brüning auch gegen die Abhängigkeit des Beendigungsstadiums von den Absichten des Amtsträgers und damit von subjektiven Kriterien. § 353b StGB sei kein Delikt mit überschießender Innentendenz. Eine vom Haupttäter beabsichtigte Publikation sei keine für § 353b StGB notwendige Tatbestandsvoraussetzung. Des Weiteren müsse sich eine Steigerung der Rechtsgutsverletzung objektiv und losgelöst von der Absicht des Haupttäters vollziehen.46 Auch Kuhlen will eine besondere Beendigungsphase bei § 353b StGB nicht anerkennen, weil man sonst Fälle erfasse, in denen der Täter das Geschehen aus der Hand gegeben habe, seinerseits zur Vertiefung der Interessenbeeinträchtigung nichts mehr beitragen müsse und dementsprechend in der Regel auch nichts mehr täte. Es fehle dann an einem über die

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LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 40. LK-Träger, 11. Aufl., § 353b, Rn. 40. 41 BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (264). 42 Die Möglichkeit sukzessiver Beihilfe bei § 353b StGB bejahend nur noch Fischer, § 353b, Rn. 14a; Satzger/Schmitt/Widmaier-Bosch, § 353b, Rn. 15; wohl auch Gaede, AfP 2005, 410 (412), der aber eine eigene Lösung über die berufstypischen, neutralen Handlungen vorschlägt, vgl. dazu oben D. IV. 1. c) bb). 43 Behm, AfP 2000, 421 (424); Brüning, NStZ 2006, 253 (255); dies., wistra 2007, 333 (335 f.); Dunkhase, S. 177 ff.; Kindhäuser, § 353b, Rn. 17; Lackner/Kühl, § 353b, Rn. 13a; LKVormbaum, 12. Aufl., § 353b, Rn. 40; NK-Kuhlen, § 353b StGB, Rn. 58; Schmidt-De Caluwe, NVwZ 2007, 640 (643); Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 23; SK-Hoyer, § 353b, Rn. 17. 44 Vgl. nur Brüning, NStZ 2006, 253 (254); Dunkhase, S. 177 f. 45 Brüning, NStZ 2006, 253 (255); vgl. auch Bott, S. 241. 46 Brüning, wistra 2007, 333 (335); vgl. auch Bott, S. 242. 40

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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Tatvollendung hinausgehenden Handeln, das man als Tatbeendigung qualifizieren könnte.47 Ein weiteres Argument der überwiegenden Literaturmeinung fußt auf der Aufhebung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. durch das Siebzehnte Strafrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 197948. Nach dieser Vorschrift konnte jeder – insbesondere auch Journalisten – Täter einer „Unbefugten Weitergabe geheimer Gegenstände oder Nachrichten“ sein.49 Motiv für die Streichung sei die Einsicht gewesen, dass ein Veröffentlichungsverbot einen erheblichen Eingriff in die Pressefreiheit darstellte. Mit der Konstruktion der sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB werde diese Entscheidung konterkariert.50 Nach Brüning normiere daher § 353d StGB (Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen) abschließend, unter welchen Voraussetzungen die Mitteilung geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen durch Dritte strafbar sei.51 Rogall betont, der aufgehobene Tatbestand entfalte eine „Sperrwirkung“ gegenüber der Konstruktion einer Beihilfe des Extraneus.52 (3) Stellungnahme (a) Zur Bedeutung der Aufhebung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. Fraglich ist, ob sich aus der Aufhebung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. Argumente hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der sukzessiven Beihilfe entnehmen lassen. Die Bundesregierung wollte mit ihrem Entwurf die Strafbarkeit der Offenbarung von Geheimnissen, die nicht Staatsgeheimnisse sind, auf zur Geheimhaltung verpflichtete Personen beschränken.53 Sie erkannte dabei die latente Gefahr, dass sich die Vorschrift „als eine Schranke für die Äußerungsfreiheit, insbesondere der Presse, auswirken kann.“54 Wie sich aber aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages ergibt, lag der primäre Antrieb zur Abschaffung des § 353c Abs. 1 StGB darin begründet, eine Vorschrift zu streichen, bei der der Täterkreis nicht begrenzt war, Journalisten daher auch Täter sein konnten, und bei der es lediglich auf die formelle Sekretur, nicht dagegen darauf ankam, dass ein Geheimnis im materiellen Sinne vorlag.55 Im Übrigen stand der Entwurf aber auf dem Standpunkt, dass solche Geheimnisse, die öffentlichen Bediensteten und besonders zur Geheimhaltung Verpflichteten anvertraut oder bekannt geworden sind, in erster Linie 47

NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 58. BGBl. 1979 I, S. 2324 f., in Kraft getreten am 01.01.1980. 49 Vgl. den Wortlaut der Vorschrift oben C. Fn. 6. 50 Schmidt-De Caluwe, NVwZ 2007, 640 (643); so auch NK-Kuhlen, § 353b, Rn. 58; Schönke/Schröder-Perron, § 353b, Rn. 23. 51 Brüning, NStZ 2006, 253 (255). 52 Rogall, NJW 1980, 751 (752). 53 BT-Drs. 8/3067, S. 1. 54 BT-Drs. 8/3067, S. 7. 55 BT-Drs. 8/3313, S. 6; vgl. die Kritik an der Vorschrift bei Augstein, AfP 1972, 264. 48

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

durch den neu gefassten § 353b StGB, daneben auch durch sonstige einschlägige Vorschriften wie § 203 Abs. 2, §§ 353a, 353d, 354 (zwischenzeitlich weggefallen) und § 355 StGB ausreichend geschützt werden.56 Die Strafbarkeit Außenstehender wegen Teilnahme sollte durch die Streichung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. dagegen nicht ausgeschlossen werden.57 Die Vorschriften über die Beteiligung bleiben daher nach allgemeinen Regeln anwendbar.58 Die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit der sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB richtet sich somit allein nach dem allgemeinen Strafrecht. .

(b) Zur sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB Zunächst ist festzustellen, dass eine vom gesetzlichen Tatbestand losgelöste „tatsächliche“ und dabei strafbegründende Beendigungsphase entgegen der Rechtsprechung prinzipiell und grundsätzlich nicht anerkannt werden kann. Das strafbare Unrecht ergibt sich allein aus dem geschriebenen Recht. Das fordert ausdrücklich der in Art. 103 Abs. 2 GG niedergelegte Bestimmtheitsgrundsatz. Das Verfassungsrecht ist hier eindeutig. Es verbietet für den Bereich des Strafrechts jede analoge, gewohnheitsrechtliche und rückwirkende Strafbegründung und Strafverschärfung.59 Das Grundgesetz ordnet alles das, was vom Strafgesetz nicht entschieden ist, dem Bereich der Freiheit zu.60 Die Gerichte müssen daher in Fällen, die vom Wortlaut einer Strafnorm nicht mehr erfasst sind, zum Freispruch gelangen.61 Dennoch rechtfertigen auch Stimmen aus der Rechtswissenschaft die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. So schreibt Jescheck: „Wenn der Gesetzgeber nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtgeschehen beschreibt und durch den Vollendungszeitpunkt hervorhebt, so kann das naturgemäß nicht heißen, dass die Pönalisierung auf diesen Teil beschränkt werden sollte. (…) Die Phase der Beendigung soll dagegen durch den Tatbestand gar nicht formell beschrieben werden. Sie wird nur durch den ihm innewohnenden Verbotssinn materiell erfasst und in den Tatbestand einbezogen. Man darf somit von dem Wortlaut nicht etwas verlangen, was außerhalb seiner Zweckbestimmung liegt.“62 In dieselbe Richtung argumentiert Hau: „Der Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung gehört noch zur Deliktsbegehung und kann als zulässiges Gewohnheitsrecht Anknüpfungspunkt für eine strafbare Beihilfe sein. (…) Wenn man aber erkennt, dass die Straftat erst mit deren Beendigung vollständig ab-

56

BT-Drs. 8/3067, S. 5, 7; kritisch insoweit Laufhütte, GA 1974, 52 (59). Vgl. NK-Kuhlen, § 353b StGB, Rn. 57, der aber dennoch vor einer Konterkarierung warnt. 58 Vgl. Bott, S. 232; Möhrenschläger, JZ 1980, 161 (165). 59 BVerfG, Urt. v. 03.07.1962 – 2 BvR 15/62, BVerfGE 14, 174 (185). 60 Maunz/Dürig-Schmid-Aßmann, Art. 103 Abs. 2, Rn. 225. 61 BVerfG, Beschl. v. 23.10.1985 – 1 BvR 1053/82, BVerfGE 71, 108 (116). 62 Jescheck, FS-Welzel (1974), 683 (689 ff.). 57

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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geschlossen ist, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass auch das Gesetz an diesen Zeitpunkt anknüpfen will.“63 Es erstaunt, wie offen und selbstverständlich hier fundamentale, verfassungsrechtlich abgesicherte Prinzipien des Strafrechts beiseite geschoben werden sollen. Dabei gilt unverbrüchlich: nulla poena sine lege scripta.64 Handlungen, die nach der Tatbestandserfüllung zugunsten des Haupttäters vorgenommen werden und kein Tatbestandsmerkmal der Haupttat verwirklichen, können niemals als Beihilfe angesehen werden.65 Auf die Schwierigkeiten der Bestimmung eines Beendigungszeitraums jenseits des Tatbestands muss daher gar nicht eingegangen werden. Der Tatbestand stellt die äußerste Grenze strafbaren Verhaltens dar, selbst wenn man persönlich der Auffassung sein mag, damit sei das strafwürdige Verhalten nicht vollständig erfasst. Die Entscheidung des Gesetzgebers muss mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG respektiert werden. Nach diesen grundsätzlichen Feststellungen schließt sich damit die Frage an, wo im Rahmen des § 353b StGB die äußerste Grenze des tatbestandlichen Unrechts verläuft. Mit der Offenbarung eines Geheimnisses gegenüber einem zur Veröffentlichung bereiten Journalisten werden wichtige öffentliche Interessen konkret gefährdet. Hiermit ist die Haupttat vollendet. Zu Recht weisen aber einige Stimmen in der Literatur bei Dauerdelikten und in Fällen, in denen der Schaden in tatbestandsmäßiger Weise noch vertieft werden kann, auf die Möglichkeit einer strafbaren Beihilfe auch noch nach der Vollendung hin.66 Nun ist § 353b StGB schon seiner Natur nach kein Dauerdelikt, welches durch sich wiederholende oder andauernde Tathandlungen gekennzeichnet wäre. Fraglich ist jedoch, wie es mit einer tatbestandsmäßigen Vertiefung des Schadens aussieht. Oben ist in diesem Zusammenhang bereits ein Beispielsfall aus dem Bereich der Betrugsstrafbarkeit angedeutet worden: Durch eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung ist eine schadensgleiche Vermögensgefährdung eingetreten, welche als Schaden im Sinne des § 263 StGB qualifiziert wird.67 Die Tat ist damit nach herrschender und richtiger Meinung vollendet. Sodann realisiert sich die Vermögensgefährdung mit der Hilfe eines Dritten, so dass der bereits heraufbeschworene Schaden tatsächlich eintritt. Nach teilweise vertretener Ansicht macht sich der Dritte hier wegen Beihilfe zum Betrug strafbar.68 Dies kann aber nur damit erklärt werden, dass die Schädigung fremden Vermögens Teil des tatbestandlichen Unrechts beim Betrug ist. Die Vorverlegung des Vollendungszeitpunkts findet seine Rechtfertigung lediglich darin, dass eine schadensgleiche Vermögensgefährdung im Einzelfall bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits als Schaden qualifiziert werden muss. 63 64 65 66 67 68

Hau, S. 120. Lat.: Keine Strafe ohne geschriebenes Gesetz. Vgl. Roxin, AT II, § 26, Rn. 259. Vgl. oben E. II. 1. b) aa) (1). Vgl. BGH, Beschl. v. 18.02.2009 – 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330 (331). Kühl, Beendigung, S. 101 ff.; Roxin, AT II, § 26, Rn. 264.

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

Der tatbestandliche Wortlaut umfasst aber weiterhin auch (und in erster Linie) den tatsächlichen Eintritt des Schadens. Im Rahmen des § 353b StGB hat das Bayerische Oberste Landesgericht nun für die Möglichkeit einer strafbaren sukzessiven Beihilfe argumentiert, dass es „gerade bei Gefährdungsdelikten, bei denen der Gesetzgeber den Gefährdungseintritt genügen lässt, die Tatbestandsvollendung also vorverlegt hat, zu einem Fortwirken der tatbestandsmäßigen Handlungen kommen kann, die den vollen Unrechtsgehalt überhaupt erst herbeiführen oder auch nur steigern und diesen daher nicht etwa nur tatbestandsneutral unberührt lassen“.69 Die Beendigung trete daher erst mit einer Erhöhung der Gefährdung, dem Eintritt des Schadens oder mit dem Wegfall der Gefährdung ein. Wie ein Vergleich zu der Betrugskonstellation zeigt, beruht dieses Ergebnis allerdings auf einer falschen Prämisse: Der Tatbestand des § 353b StGB umfasst gerade nicht mehr den Eintritt eines Schadens an einem wichtigen öffentlichen Interesse. Es genügt seine konkrete Gefährdung. Das Bayerische Oberste Landesgericht meint offenbar, wenn schon die Gefährdung tatbestandlich erfasst sei, dann müsse doch erst recht der tatsächliche Schadenseintritt tatbestandsmäßig sein. Erst dann sei der „volle Unrechtsgehalt“ verwirklicht.70 Mit Blick auf den Haupttäter mag das richtig sein: Die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen ist notwendige Durchgangsstation für ihre Beeinträchtigung. Schädigt daher ein Amtsträger durch die Offenbarung von Dienstgeheimnissen solche Interessen, dann ist immer auch von der Verwirklichung der vom Tatbestand des § 353b StGB geforderten konkreten Interessengefährdung auszugehen. Die Strafbarkeit des Teilnehmers muss aber verneint werden, wenn der tatbestandsmäßige Erfolg schon mit der Gefährdung eingetreten ist. Die Phase zwischen dieser konkreten („schadensgleichen“) Interessengefährdung und der Verletzung wichtiger öffentlicher Interessen wird vom Tatbestand des § 353b StGB – im Gegensatz zu dem des § 263 StGB – nicht mehr abgebildet. Der vom Bayerischen Obersten Landesgericht nach Strafwürdigkeitsgesichtspunkten ermittelte „volle Unrechtsgehalt“ ist vom Gesetzgeber nicht in Gesetzesform gegossen worden. Für die Teilnehmerstrafbarkeit ist dies von entscheidender Bedeutung: Unabhängig davon, ob man als Anknüpfungspunkt für Teilnahmehandlungen lediglich das tatbestandliche Verhalten oder, richtigerweise, den tatbestandlichen Erfolg heranzieht, würde die Bejahung der Beihilfestrafbarkeit eine von Art. 103 Abs. 2 GG verbotene strafbegründende Analogie bedeuten. bb) Ergebnis Im Rahmen des § 353b StGB scheidet eine sukzessive Beihilfe prinzipiell aus. Damit bleibt jegliche Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses durch einen Journalisten straffrei.

69 70

BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569). BayObLG, Urt. v. 15.01.1999 – 1 St RR 223/98, NStZ 1999, 568 (569).

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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Eine Strafbarkeit kann nämlich auch nicht über den Umweg der mittelbaren Täterschaft konstruiert werden, bei welcher der Beitrag des Journalisten als Beihilfe gewertet wird. Das zeigt die folgende Überlegung: Verrät der Amtsträger dem veröffentlichungsbereiten Journalisten ein Geheimnis, macht sich der Amtsträger nach § 353b StGB strafbar. Veröffentlicht der Journalist nunmehr das Geheimnis in Absprache mit dem Amtsträger, so könnte man tatsächlich zunächst an eine erneute, dieses Mal aber mittelbare Täterschaft des Amtsträgers denken, bei der dieser den Journalisten als (qualifikationsloses doloses) Werkzeug für die Veröffentlichung benutzt. Der Journalist („das Werkzeug“) würde sich dann wegen Beihilfe strafbar machen. Eine solche Konstruktion führt aber zu nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen. Um den Journalisten als Werkzeug des Amtsträgers anzusehen, müsste er eine eher untergeordnete Rolle spielen. So läge zum Beispiel unstreitig keine mittelbare Täterschaft vor, wenn der Amtsträger es dem Journalisten untersagt, die Informationen zu veröffentlichen, der Journalist aber trotzdem publiziert. Je selbständiger also der Journalist handelt, umso mehr scheidet eine mittelbare Täterschaft und damit auch seine eigene Strafbarkeit aus. Je mehr er sich dagegen einem fremden Willen unterordnet bzw. je weniger Eigeninitiative er entwickelt, umso eher ist er Werkzeug einer mittelbaren Täterschaft und umso eher macht er sich wegen Beihilfe zu dieser Tat strafbar. Dem Journalisten wäre also zu raten, möglichst gegen alle Vertraulichkeitsvereinbarungen mit dem Amtsträger zu verstoßen und selbständig möglichst viele Informationen zu veröffentlichen – ein vollständig unakzeptables Ergebnis. Aufgrund dieses Wertungswiderspruchs scheidet die Annahme mittelbarer Täterschaft und einer Beihilfe hierzu aus. Ebenso abzulehnen ist die Konstruktion einer mittäterschaftlichen Veröffentlichung, bei der der Journalist mangels Täterqualifikation nur wegen Beihilfe zu verurteilen sein soll. Ein Stufenverhältnis in dem Sinne, dass die Beihilfe als Minus in der Mittäterschaft steckt, besteht nämlich nicht.71 Die Mittäterschaft ist nicht eine bloße Steigerung der Beihilfe, sondern zwischen den beiden Begehungsformen besteht ein wesensmäßiger Unterschied. In dem Willen des Täters, die Tat als eigene zu begehen, kann nicht zugleich der Wille liegen, Hilfe zu einer fremden Tat zu leisten. Die Annahme von Mittäterschaft und Beihilfe schließen sich daher gegenseitig aus.72 Im Ergebnis können Journalisten damit sämtliche staatlichen Geheimnisse ohne strafrechtliches Risiko veröffentlichen, solange ihre Verbreitung nicht die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt. Erst dann greifen nämlich die Vorschriften über den Landesverrat und die Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 93 ff. StGB) ein.

71 72

BGH, Urt. v. 16.12.1969 g. St. 1 StR 339/69, BGHSt 23, 203 (206). BGH, Urt. v. 16.12.1969 g. St. 1 StR 339/69, BGHSt 23, 203 (206).

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

2. Vorschläge zur Änderung des Strafgesetzbuchs Die Rechtsprechung geht – wie dargestellt – unter Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot von der Zulässigkeit der sukzessiven Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB aus. In der Vergangenheit sind daher verschiedene Vorschläge gemacht worden, um dieser Rechtspraxis den gesetzlichen Boden zu entziehen. Vorliegend sollen die Vorschläge von Dunkhase und Bott sowie die gescheiterten Gesetzesinitiativen der Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP sowie der LINKEN dargestellt werden. Weiterhin erfolgt ein Ausblick auf einen Gesetzentwurf der aktuellen Bundesregierung. Nach der Bewertung dieser Vorschläge wird ein eigener Vorschlag vorgestellt. a) Vorschläge in der Literatur aa) Der Vorschlag von Dunkhase Dunkhase geht, wie die überwiegende Literaturmeinung und die hier vertretene Auffassung, nach derzeitiger Rechtslage von der Straflosigkeit der Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Nicht-Amtsträger aus. Seiner Auffassung nach kommt eine Bestrafung wegen Beihilfe zur Bewirkung der Beendigung nach den Maßstäben des Art. 103 Abs. 2 GG nur dann in Betracht, wenn das Bewirken der Beendigung für sich genommen einen Straftatbestand erfüllt. Sei dies nicht der Fall, komme es nicht darauf an, ob erst die Beendigung die Verletzung des geschützten Rechtsgutes perfekt mache.73 Die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses durch einen Journalisten stelle eine eigenständige Handlung dar, die möglicherweise die durch § 353b StGB geschützten Interessen zusätzlich beeinträchtige, weswegen die Meinungen über ihre moralische Bewertung im Einzelfall auseinander gehen könnten. Sie finde jedoch unbestritten erst nach der vollendeten Offenbarung des Geheimnisses statt, so dass sie nicht als Beihilfe zu § 353b StGB bestraft werden könne.74 Vor diesem Hintergrund entwirft Dunkhase Vorschläge für eine gesetzliche Klarstellung.75 Einerseits käme eine Regelung im Allgemeinen Teil in Betracht. So könnte § 27 Abs. 1 StGB umformuliert werden und zukünftig lauten: „Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener unvollendeter rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.“

Andererseits könnte § 353b StGB um einen neuen Absatz 5 ergänzt werden: „Als Gehilfe (§ 27) wird bestraft, wer dem Täter bis zur Vollendung der Tat Hilfe geleistet hat.“

73 74 75

Dunkhase, S. 178. Dunkhase. S. 178 f. Dunkhase, S. 179.

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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bb) Der Vorschlag von Bott Bott schlägt, neben einer tatbestandlichen Beschränkung des § 353b Abs. 1 und 2 StGB auf unmittelbare Gefährdungen wichtiger öffentlicher Interessen sowie einiger Änderungen der Strafprozessordnung, die Einfügung eines § 353b Abs. 5 StGB vor. Dieser solle wie folgt lauten: „Nach Vollendung der Tathandlung im Sinne des Absatzes 1 oder 2 ist eine Tatbeteiligung im Wege der Beihilfe nicht mehr möglich.“76

Zur Begründung führt Bott an, auf diese Weise solle sichergestellt werden, dass sich Medienangehörige nicht allein dadurch wegen Beihilfe strafbar machten, dass sie ihrer Arbeit der öffentlichen Aufgabe der Medien entsprechend nachgingen. Habe sich ein Dienstgeheimnisträger aus eigener Motivation dazu entschlossen, den Medien ein Dienstgeheimnis zu offenbaren, dann sei der Medienangehörige berechtigt, dieses Geheimnis zur Veröffentlichung zu nutzen. Zwar sei eine sukzessive Beihilfe im Rahmen des § 353b StGB bereits de lege lata ausgeschlossen. Dennoch solle eine gesetzliche Klarstellung erfolgen, um zu verhindern, dass sich die Staatsanwaltschaft aufgrund der bisherigen Rechtsprechung zu dieser Frage nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet sehe, gegen Medienangehörige zu ermitteln und Strafverfolgungsmaßnahmen vorzunehmen.77 b) Die Gesetzentwürfe von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der LINKEN aa) Der Gesetzentwurf der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Mit Drucksache vom 7. Februar 2006 präsentierte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen den Entwurf eines „Gesetzes zum Schutz von Journalisten und der Pressefreiheit in Straf- und Strafprozessrecht“.78 Hierin schlug sie neben Änderungen der Strafprozessordnung und einer Streichung des § 353d Nr. 3 StGB die Einfügung eines neuen § 353b Abs. 5 StGB-E vor: „Wer bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirkt oder mitgewirkt hat und dabei zu der Tat angestiftet oder Hilfe geleistet hat, handelt nicht rechtswidrig.“79

Zur Begründung wird angeführt, die Konstruktion der Beihilfe oder Anstiftung zum Geheimnisverrat sei ein Einfallstor, um aus Anlass der Veröffentlichung geheimer Informationen gegen Medienangehörige zu ermitteln. Journalisten seien jedoch gerade keine zur Verschwiegenheit verpflichteten Amtsträger. Ihre Aufgabe diene 76 77 78 79

Bott, S. 290. Bott, S. 294. BT-Drs. 16/576. BT-Drs. 16/576, S. 3.

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

vielmehr entgegengesetzten Interessen, nämlich der Unterrichtung der Öffentlichkeit und der Kontrolle des Staates. Medienangehörige handelten deshalb in Ausübung ihres Berufs als Teilnehmer an der Verletzung des Dienstgeheimnisses nicht rechtswidrig.80 Die Straffreiheit nur auf die Teilnahmeform der Beihilfe zu beschränken, sei angesichts der schwierigen Abgrenzung zwischen Beihilfe und Anstiftung zum Geheimnisverrat nicht zielführend gewesen.81 Die Ausgestaltung als Rechtfertigungsgrund böte im Gegensatz zu einem persönlichen Strafausschließungsgrund den besseren Schutz der Pressefreiheit.82 Der Entwurf der Grünen ist von der Mehrheit im Rechtsausschuss des Bundestages abgelehnt worden.83 bb) Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Der Entwurf der FDP-Bundestagsfraktion für ein „Gesetz zur Sicherung der Pressefreiheit“ datiert vom 15. März 2006.84 Auch hier wird neben Änderungen der Strafprozessordnung und einer Streichung des § 353d Nr. 3 StGB die Einfügung eines neuen § 353b Abs. 5 StGB-E vorgeschlagen. Dieser sollte den folgenden Wortlaut bekommen: „Beihilfehandlungen der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StPO genannten Personen sind dann nicht strafbar, wenn sie sich auf die Veröffentlichung des Geheimnisses beschränken oder mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehen.“85

In der Begründung heißt es, nach der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur sei eine Tatbeteiligung an § 353b StGB auch noch nach Vollendung der Haupttat möglich, also noch nach der Offenbarung des Geheimnisses durch den Amtsträger an den Journalisten.86 Damit würden die Medien in der Ausübung einer ihrer wesentlichen Funktionen, staatliches Handeln zu kontrollieren und Missstände aufzudecken, erheblich eingeschränkt.87 Dies sei auch mit Blick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) bedenklich, weil die Strafbarkeit eines sonst nicht strafbaren Verhaltens begründet werde. Weiterhin wird mit der Abschaffung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. argumentiert: Mit dem neuen § 353b StGB habe der Gesetzgeber die Strafbarkeit nur auf Personen beschrän-

80

BT-Drs. 16/576, S. 5. BT-Drs. 16/576, S. 6. 82 BT-Drs. 16/576, S. 5. 83 BT-Drs. 16/5283. 84 BT-Drs. 16/956. 85 BT-Drs. 16/956, S. 3. 86 Mit Bezug zu § 353b StGB werden aber nur Fischer und LK-Träger, 11. Aufl., zitiert, BTDrs. 16/956, S. 6. Wie oben E. II. 1. b) aa) (2) bereits nachgewiesen, kann von einer „herrschenden“ Meinung keine Rede sein. 87 BT-Drs. 16/956, S. 2. 81

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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ken wollen, die zur Geheimhaltung verpflichtet sind.88 Der FDP-Entwurf ist dem Ablauf der Legislaturperiode zum Opfer gefallen. cc) Der Gesetzentwurf der Fraktion der LINKEN Mit Drucksache vom 6. März 2007 stellte schließlich die Bundestagsfraktion der LINKEN ihren Entwurf eines „Gesetzes zum Schutz der Pressefreiheit“ vor.89 Wiederum wird neben Änderungen der Strafprozessordnung und einer Streichung des § 353d Nr. 3 StGB die Einfügung eines neuen § 353b Abs. 5 StGB-E vorgeschlagen, welcher wie folgt lauten sollte: „Wer bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten mitwirkt und dabei zu der Tat anstiftet oder Hilfe leistet, handelt nicht rechtswidrig.“90

Ein gesetzgeberisches Handeln sei deshalb notwendig, weil die Rechtsprechung entgegen weiten Teilen der Literatur die Möglichkeit der Beihilfe zu einer Haupttat annehme, die zwar bereits vollendet aber noch nicht beendet sei.91 Es liege ein Verstoß dieser Praxis gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG deshalb nahe, weil die Rechtsfigur der Beendigung im positiven Recht keine Erwähnung finde, die Strafbarkeit des Verhaltens daher nicht gesetzlich bestimmt sei. Außerdem werde die mit der Abschaffung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. zum Ausdruck gekommene Entscheidung des Gesetzgebers unterlaufen.92 Der Entwurf der LINKEN ist von der Mehrheit im Rechtsausschuss des Bundestages abgelehnt worden.93 c) Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung Im April 2010 kündigte die Bundesministerin der Justiz Leutheusser-Schnarrenberger den Entwurf eines Gesetzes an, nach welchem sich kein Journalist mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat strafbar mache, wenn er lediglich ihm zugespieltes Material veröffentliche.94 Dies entspricht den Vorgaben des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode.95 Mit Drucksache vom 21. Oktober 2010 brachte die Bundesregierung den Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG) in den Bundestag 88

BT-Drs. 16/956, S. 6. BT-Drs. 16/4539. 90 BT-Drs. 16/4539, S. 4. 91 BT-Drs. 16/4539, S. 6. 92 BT-Drs. 16/4539, S. 5. 93 BT-Drs. 16/6995. 94 Süddeutsche Zeitung v. 05.04.2010, S. 5. 95 Abrufbar unter: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf (letzter Abruf: 31.12.2010), S. 107. 89

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

ein.96 Dieser sieht neben der Änderung des § 97 Abs. 5 StPO die Einfügung eines neuen § 353b Abs. 3a StGB-E mit dem folgenden Wortlaut vor: „Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.“

Zur Begründung heißt es, vor dem Hintergrund der Auffassung der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur zur sukzessiven Beihilfe solle eine Klarstellung der Rechtslage in § 353b StGB eine bislang verbliebene Lücke schließen.97 Nicht rechtswidrig sollen nach dem Entwurf solche Beihilfehandlungen nach der Vollendung der Haupttat sein, welche der beruflichen Aufgabenstellung der Berufsgeheimnisträger nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO entsprächen und durch welche keine Verstrickung des Berufsgeheimnisträgers in die eigentliche Geheimnisverletzung erfolge. Auch etwaige Recherchehandlungen bis zur Veröffentlichung und sonstige Handlungen, die der Vorbereitung der Veröffentlichung dienen, sollen durch die Alternative „Auswertung des Geheimnisses“ Berücksichtigung finden.98 d) Bewertung Sowohl die Vorschläge Dunkhases und Botts als auch die bisherigen Gesetzentwürfe wollen die Praxis der Rechtsprechung beenden, Hilfeleistungen nach Vollendung der Haupttat im Rahmen des § 353b StGB als Beihilfe zu erfassen. Nach der überwiegenden Literaturmeinung und der hier vertretenen Auffassung hat diese Praxis schon jetzt keine gesetzliche Grundlage. Die Vorschläge dienen daher nur der Bekräftigung einer bereits bestehenden Rechtslage. Dies stellt jedoch kein prinzipielles Argument gegen sie dar. Beobachtet der Gesetzgeber von ihm nicht intendierte Fehlentwicklungen in der Gesetzesanwendung, liegt es in seiner Kompetenz, diesen entgegenzuwirken.99 Dunkhase wendet sich mit seinem Vorschlag, in § 27 Abs. 1 StGB das Wort „unvollendeter“ einzufügen, ganz grundsätzlich gegen die Anerkennung der sukzessiven Beihilfe. Dies erscheint aus seiner Argumentation mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot konsequent. Wie oben dargestellt, kann es aber durchaus Fälle geben (Dauerdelikt, tatbestandlicher Schadenseintritt), in denen die Annahme 96

BT-Drs. 17/3355. BT-Drs. 17/3355, S. 6. 98 BT-Drs. 17/3355, S. 8. 99 So wurden zum Beispiel durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.08.1997, BGBl. 1997 I, S. 2038 ff., in § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB die Wörter „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ eingefügt. Auf diese Weise sollte entgegen einer anders lautenden Rechtspraxis (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.1992 – 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199) „klargestellt“ werden, dass für die Frage der Amtsträgereigenschaft die Art einer Aufgabe maßgeblich ist und es nicht darauf ankommt, in welcher Form eine Aufgabe wahrgenommen wird, vgl. BT-Drs. 13/5584, S. 9. 97

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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einer strafbaren Beihilfe auch nach Vollendung der Haupttat möglich ist, weil der tatbestandliche Erfolg noch nicht endgültig eingetreten ist. Daher erscheint der erste Vorschlag zu weitgehend. Es bleibt insoweit nur die ständige Mahnung gegenüber der Rechtsprechung, die Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) ernst zu nehmen. Demgegenüber bildet Dunkhases zweiter Vorschlag, welcher inhaltlich mit Botts Vorschlag übereinstimmt, die derzeit geltende Rechtslage ab. Wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§§ 353b, 27 StGB) kann tatsächlich nur bestraft werden, wer dem Täter bis zur Vollendung der Tat Hilfe geleistet hat. Dennoch erscheint es methodisch wenig überzeugend, die Konsequenzen der Rechtsprechungsauffassung für jeden Fall einzeln zu beheben. Dies würde nämlich bedeuten, jede Vorschrift um einen neuen Absatz ergänzen zu müssen, bei welcher die Anerkennung der sukzessiven Beihilfe zu ungereimten Ergebnissen führt. So würden viele einzelne Löcher gestopft. Ein gut gemeinter Flickenteppich wäre die Folge. Noch gravierender wäre schließlich, dass durch den Ausschluss der sukzessiven Beihilfe bei einzelnen Vorschriften umgekehrt die grundsätzliche Existenz dieser Rechtsfigur im Übrigen gesetzlich anerkannt würde. Eine rechtsstaatswidrige Praxis bekäme auf diesem Wege den Segen des Gesetzgebers. Aus Dunkhases und Botts Vorschlägen spricht zwar die Intention, die Bindung der Teilnahme an eine tatbestandsmäßige Tat zu erreichen. Diese Bindung hat das Strafgesetzbuch aber bereits jetzt hergestellt. § 27 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB sind eindeutig: Beihilfe muss zur Tat geleistet werden, und eine Tat ist nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Klarer kann das Strafgesetzbuch dieses kaum mehr formulieren. Jede Form einer weiteren „Klarstellung“ muss daher zu methodischen und systematischen Brüchen führen. Auch Dunkhases zweitem Vorschlag kann daher ebenso wie dem Vorschlag Botts nicht zugestimmt werden. Vor diesem Hintergrund vermögen auch die bisherigen Gesetzentwürfe nicht zu überzeugen. Nach allen Entwürfen soll ein neuer Absatz in die Vorschrift eingefügt werden, der die Beihilfe – nach dem Entwurf der Grünen und der LINKEN auch die Anstiftung – durch Medienmitarbeiter von der Strafbarkeit ausnimmt, entweder durch einen persönlichen Strafausschließungsgrund oder durch die Einführung eines neuen gesetzlichen Rechtfertigungsgrundes.100 Die Ausführungen zu Dunkhases zweitem bzw. Botts Vorschlag gelten damit vorliegend erst recht: Durch die Be100 Vor dem Hintergrund, dass die Gesetzentwürfe insbesondere darauf abzielen, den Beschlagnahmeschutz für Medienmitarbeiter nach § 97 Abs. 5 StPO zu stärken, würde die Ausgestaltung als Rechtfertigungsgrund einen effektiveren Schutz bieten, weil die Beschlagnahmebeschränkungen gem. § 97 Abs. 5 S. 2 Hs. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 3 StPO nur dann entfallen, wenn sich der Zeuge durch eine vorsätzliche rechtswidrige Tat verstrickt hat. Ob diese wegen eines persönlichen Strafausschließungsgrundes straflos bleibt, ist unerheblich, vgl. KKNack,§ 97, Rn. 41; vgl. auch den Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen hin, vgl. BT-Drs. 16/576, S. 5; Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG), BT-Drs. 17/3355, S. 8.

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

schränkung der Vorschrift auf § 353b StGB würde ein methodisch abzulehnendes Sonderrecht geschaffen, welches als Billigung der sukzessiven Beihilfe im Übrigen zu verstehen wäre. Dieses Sonderrecht soll darüber hinaus nur für Journalisten gelten. Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Problematik der sukzessiven Beihilfe erscheint dieser singuläre Fokus auf Medienmitarbeiter nicht nachvollziehbar.101 Die rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Anerkennung einer tatsächlichen Beendigungsphase gelten nicht nur, wenn die Strafbarkeit von Journalisten auf dem Spiel steht. Es handelt sich vielmehr um ein grundlegendes Problem des Teilnahmerechts. Dieses unterscheidet aber nicht danach, welche Funktion oder welchen Beruf ein Teilnehmer hat. Dies wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn die Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG die Publikation von Dienstgeheimnissen, welche ein Amtsträger unter Verletzung seiner Geheimhaltungsverpflichtung offenbart hat, verfassungsrechtlich privilegieren würden. Nach dem Wallraff-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts fällt die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG.102 Ein gänzlicher Ausschluss würde nämlich dazu führen, dass der Grundrechtsschutz von vornherein auch in Fällen entfiele, in denen es seiner bedürfe. So könne die Kontrollaufgabe der Presse leiden, zu deren Funktion es gehöre, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen. Das gleiche gelte für die Freiheit des Informationsflusses, die gerade durch die Pressefreiheit erhalten und gesichert werden solle.103 Im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information könne es außerdem verschiedene Stufungen geben. Der Schutzbereich sei daher weit zu fassen. Den Besonderheiten des konkreten Falles sei sodann bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eines Eingriffs, mithin im Rahmen des Art. 5 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen.104 Das Bundesverfassungsgericht plädiert damit für eine Abwägung, innerhalb welcher das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung, die Schwere des Rechtsverstoßes bei der Beschaffung der Informationen und des Betroffenseins Dritter zu berücksichtigen sind.105 Es stellt sich gegen eine pauschale Privilegierung der journalistischen Veröffentlichungstätigkeit und gegen ein Sonderrecht der Medien. Wie auch sonst ergeben sich somit die Schranken aus Art. 5 Abs. 2 GG,106 welche ihrerseits wiederum im Lichte der Bedeutung der Medienfreiheiten auszulegen sind.107 Im Ergebnis ist damit die Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Informatio101

Vgl. insofern auch Bott, S. 277. BVerfG, Beschl. v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 (137). 103 BVerfG, Beschl. v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 (137). 104 BVerfG, Beschl. v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 (138). 105 Vgl. auch BVerfG, Urt. v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96, BVerfGE 101, 361 (394); HStRBullinger, § 124, Rn. 15. 106 Vgl. von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 62. 107 BVerfG, Urt. v. 15.01.1958 – 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198 (209). 102

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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nen dann von Art. 5 GG gedeckt, wenn es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage geht und der Rechtsbruch im Vergleich dazu untergeordnete Bedeutung hat.108 Nach Jarass ist dies der Fall, wenn grobe, die Allgemeinheit beeinträchtigende Missstände aufgedeckt werden,109 Degenhart spricht von relevanten Missständen.110 In § 201 Abs. 2 StGB wurde ein Satz 3 eingefügt, nach dem eine bestimmte Tatmodalität der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nicht rechtswidrig ist, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird. Steffen weist außerdem darauf hin, dass sich die Presse immer bewusst bleiben müsse, dass die Veröffentlichung den Einbruch in die geschützte Sphäre und die mit ihm verbundene Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Betroffenen, wo nicht sich zu eigen mache, so doch unterstreiche. Zudem könne sie durch ihre Bereitschaft zur Veröffentlichung zu solchen Einbrüchen ermuntern. Deshalb habe sie ihre Veröffentlichungsbefugnis an einer aufmerksamen Güter- und Interessenabwägung zu legitimieren.111 Hoffmann-Riem schließlich betont, der zur Erlangung der Information notwendig gewesene Rechtsverstoß könne ein Indiz dafür sein, dass die Rechtsordnung das Selbstbestimmungsrecht des Geschützten (hier des Staates) auch im Hinblick auf den Inhalt der Information respektieren und sichern will. Je größer die Nachteile seien, die der Betroffene in seinem Rechtskreis zu befürchten habe, desto nachhaltiger sei das Selbstbestimmungsrecht geschützt.112 Das Verfassungsrecht fordert damit eine Abwägungslösung. Dem Gesetzgeber bleibt es zwar unbenommen, weiter reichende Regelungen zu treffen. Eine pauschale Privilegierung journalistischer Veröffentlichungstätigkeit führt aber zu den bereits dargestellten methodischen und systematischen Brüchen, die sich aus der punktuellen Eliminierung der sukzessiven Beihilfe ergeben. Im Ergebnis verdient somit keiner der bisherigen Vorschläge und Gesetzentwürfe Zustimmung. e) Eigener Vorschlag Ziel eines eigenen Vorschlags soll es sein, die von den bisherigen Gesetzentwürfen und dem aktuellen Entwurf der Bundesregierung verfolgten Zwecke aufzunehmen und zu einer dogmatisch und systematisch überzeugenden Lösung zu verarbeiten. De lege lata ist die einer Offenbarung nachfolgende Veröffentlichung von Dienstge108 AK-Hoffmann-Riem, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 60; Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 293; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5, Rn. 80; Löffler-Bullinger, § 1, Rn. 92. 109 Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5, Rn. 80. 110 BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 415; für den Fall, dass der Journalist selbst den Rechtsbruch begangen hat, gelten noch strengere Anforderungen, vgl. BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 416: gravierende Missstände; Löffler-Steffen, § 6, Rn. 53: besonders großes schützenswertes Interesse der Öffentlichkeit. Diese können vorliegend aber außer Betracht bleiben, weil bei einer vorherigen Beteiligung des Journalisten die Veröffentlichung nicht mehr gesondert zu bestrafen ist, vgl. oben E. II. 1. 111 Löffler-Steffen, § 6, Rn. 53. 112 AK-Hoffmann-Riem, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 60.

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

heimnissen nicht strafbar. Von dieser Prämisse ist zunächst auszugehen. Aus den bisherigen Entwürfen spricht aber die Auffassung des Gesetzgebers bzw. der Bundesregierung, dass die Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Nicht-Amtsträger nicht völlig straflos sein soll. Auf der anderen Seite soll jedoch auch die Kontrollfunktion (nicht nur) der Medien berücksichtigt werden. Weiterhin sollen Journalisten und Medienmitarbeiter insoweit besonders geschützt werden, als Medienveröffentlichungen keinerlei Anlass zu Durchsuchungen und Beschlagnahmen bieten dürfen. Mit diesen Zielsetzungen münden die hier vorgebrachten Kritikpunkte in einen Lösungsvorschlag, der eine Änderung sowohl des Strafgesetzbuchs als auch der Strafprozessordnung beinhaltet. Zunächst ist das Strafgesetzbuch zu ändern: Es wird ein § 353c StGB eingefügt: § 353c Verbotene Mitteilung von Dienstgeheimnissen (1) Wer ein Geheimnis, das ihm von einer nach § 353b Absatz 1 oder 2 zur Geheimhaltung verpflichteten Person unbefugt offenbart worden ist, öffentlich mitteilt oder Dritte zu seiner öffentlichen Mitteilung veranlasst und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Artikel 5 des Grundgesetzes das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung wesentlich überwiegt. (3) Die Tat wird nicht bestraft, wenn der Täter bezüglich desselben Geheimnisses bereits wegen Anstiftung (§ 26) oder Beihilfe (§ 27) zur Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht (§ 353b) zu bestrafen ist.

Der neu zu schaffende § 353c StGB-E erfasst Geheimnisveröffentlichungen, welche wichtige öffentliche Interessen gefährden. Auf diese Weise wird die von der Rechtsprechung für möglich gehaltene sukzessive Beihilfe in einen gesetzlichen Tatbestand gegossen, ohne dass ihre Existenz im Übrigen anerkannt würde. Nach dem Tatbestand muss dem Täter das Geheimnis von einer der in § 353b Abs. 1, 2 StGB genannten, zur Geheimhaltung verpflichteten Personen unbefugt offenbart worden sein. Die Vorschrift erfasst nur Geheimnisse, also materiell geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, nicht dagegen Gegenstände und Nachrichten im Sinne des § 353b Abs. 2 StGB, für die dieses Erfordernis nicht gilt und zu deren Geheimhaltung lediglich die Geheimnisträger selbst besonders verpflichtet worden sind.113 Durch die Offenbarung muss keine Verletzung des Dienstgeheimnisses gemäß § 353b StGB begangen worden sein. Die Weitergabe des Geheimnisses an einen Außenstehenden muss daher nicht wichtige öffentliche Interessen gefährdet haben. Auf diese Weise werden insbesondere solche Fallgestaltungen erfasst, in denen ein Amtsträger geheime Informationen einem Journalisten oder sonstigen Außenstehenden offenbart und dieser die Informationen später abredewidrig veröffentlicht. Für eine Strafbarkeit nach § 353b StGB fehlt es hier nämlich, mangels Veröffentlichungsbereitschaft zum Zeitpunkt der Offenbarung, an der erforderlichen konkreten Gefähr113

Vgl. oben C. I. 2. b).

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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dung.114 Schließlich ist es für die Strafbarkeit nach § 353c StGB-E unerheblich, ob der Adressat des Geheimnisverrats selbst das Geheimnis öffentlich mitteilt oder Dritte hierzu veranlasst.115 Auf diese Weise sollen insbesondere redaktionsinterne Umgehungen ausgeschlossen werden. Nach § 353c Abs. 2 StGB-E sind im Rahmen einer an den §§ 240 Abs. 2, 253 Abs. 2 StGB orientierten, aber auf das Merkmal der Verwerflichkeit verzichtenden Rechtswidrigkeitsklausel die für und gegen eine Veröffentlichung streitenden Interessen umfassend gegeneinander abzuwägen. Dabei sind insbesondere die Grundrechte aus Art. 5 GG zu beachten. Rechtswidrig ist die Tat nur dann, wenn das staatliche Geheimhaltungsinteresse wesentlich, das heißt eindeutig überwiegt. Die in § 353c Abs. 2 StGB-E getroffene Regelung verzichtet bewusst auf den Terminus der Verwerflichkeit, welcher in den §§ 240 Abs. 2, 253 Abs. 2 StGB verwendet wird. Dies hängt zum einen mit der historischen Hypothek der Verwerflichkeitsklausel zusammen. So wurde erst im Jahre 1953 die nationalsozialistische Formulierung „gesundes Volksempfinden“ durch „Verwerflichkeit“ ersetzt.116 Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs knüpft aber auch der Begriff der Verwerflichkeit an sozialethische Wertungen an. Die Verwendung des Wortes „verwerflich“ weise auf einen erhöhten Grad sittlicher Missbilligung hin.117 Zwar betonte der Bundesgerichtshof später, dass sich die Verwerflichkeitsprüfung nicht ausschließlich oder in erster Linie nach moralischen Kriterien zu richten habe.118 Dennoch gerät der Rechtsanwender mit dem unbestimmten Instrument der Verwerflichkeit in Versuchung, die Gesinnung des Täters als relevantes Abwägungskriterium anzuerkennen.119 Deshalb beschreibt § 353c Abs. 2 StGB-E ausschließlich, welche Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen sind. Auf die Kennzeichnung einer Zweck-Mittel-Relation als verwerflich kommt es nicht an. Anstelle der in Absatz 2 verwendeten Rechtswidrigkeitsklausel hätte auch ein neuer gesetzlicher Rechtfertigungsgrund nach dem Vorbild des § 34 StGB oder des § 201 Abs. 2 S. 3 StGB eingefügt werden können.120 Zwar würden auf diesem Wege ebenso die betroffenen Interessen gegeneinander abgewogen. Dennoch ist der Rechtswidrigkeitsklausel der Vorzug zu geben: Diese bewirkt, dass die Rechtswidrigkeit nicht bereits durch die Begehung der Tat indiziert wird, wie es nach allge-

114

Vgl. oben C. I. 3. b) bb). Die Veranlassungsvariante orientiert sich an § 238 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 StGB. 116 MüKo-Gropp/Sinn, § 240, Rn. 114; Wolf, JuS 1996, 189 (191). 117 Vgl. BGH, Urt. v. 11.05.1962 – 4 StR 81/62, BGHSt 17, 328 (331 f.). 118 BGH, Beschl. v. 05.05.1988 – 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270 (277). 119 Vgl. MüKo-Gropp/Sinn, § 240, Rn. 114. 120 So ist nach Degenhart die Kontrollfunktion der Presse als Rechtfertigungsgrund heranzuziehen, wenn die Aufdeckung gravierender Missstände, insbesondere schwerwiegender Straftaten im staatlichen Bereich im öffentlichen Interesse geboten ist, die hierfür an sich zuständigen staatlichen Stellen die Aufklärung jedoch unterdrücken oder verzögern, vgl. BKDegenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 413. 115

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

meinen Grundsätzen der Fall wäre.121 Vielmehr muss die Rechtswidrigkeit der Tat in jedem Einzelfall positiv festgestellt werden. Diese Ausnahme vom allgemeinen Verbrechensaufbau ist vorliegend geboten, um die Garantien des Art. 5 GG angemessen berücksichtigen zu können. Die Rechtswidrigkeitsklausel ist ein tatbestandsregulierendes Korrektiv122 mit grundrechtssichernder Funktion.123 Sie drückt nicht nur den allgemein zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus.124 Vielmehr gibt sie den Grundrechten des Art. 5 GG schon im Ausgangspunkt ein stärkeres Gewicht als den Geheimhaltungsinteressen des Staates, indem letztere wesentlich überwiegen müssen, damit die Tat rechtswidrig ist. Im Vergleich zu den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem WallraffBeschluss steht die Abwägung damit unter umgekehrten Vorzeichen. Dort hatte das Gericht gefordert, dass die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit eindeutig die Nachteile überwiegen müsse, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehe.125 Auch die hieran anschließende Einfügung des § 201 Abs. 2 S. 3 StGB spiegelt diese Wertung wider.126 Schließlich ist auch in der vorliegenden Arbeit hinsichtlich der Rechtfertigung der Anstiftung und psychischen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses davon ausgegangen worden, dass für Außenstehende zwar mildere Voraussetzungen gelten als für Amtsträger, dennoch eine Rechtfertigung nach § 34 StGB nur dann angenommen werden kann, wenn das öffentliche Interesse an der Offenbarung des Geheimnisses das staatliche Geheimhaltungsinteresse wesentlich überwiegt.127 Die im Vergleich dazu deutlich strengeren Anforderungen an die Rechtswidrigkeit im Rahmen des § 353c StGB-E sind nicht nur rechtspolitischen Erwägungen geschuldet. Schon mit Blick auf die Rechtfertigung einer Tat nach den § 353b, 26, 27 StGB ist an das Dammann-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erinnert worden, indem der Gerichtshof feststellte, dass es Aufgabe der Staaten sei, ihre Dienststellen so zu organisieren und ihre Bediensteten so auszubilden, dass keine vertraulichen Informationen offenbart würden. Nach Auffassung des Gerichtshofs 121 Vgl. zur Verwerflichkeitsklausel des § 240 Abs. 2 StGB BGH, Beschl. v. 05.05.1988 – 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270 (275); BVerfG, Beschl. v. 07.12.1992 – 1 BvR 1644/88, NJW 1993, 1519. 122 So BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 – 1 BvR 713/83, 921, 1190/84 und 333, 248, 306, 497/85, BVerfGE 73, 206 (238) zu § 240 Abs. 2 StGB. 123 So BVerfG, Beschl. v. 26.07.1990 – 1 BvR 237/88, NJW 1991, 971 zu § 240 Abs. 2 StGB. 124 So BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 – 1 BvR 713/83, 921, 1190/84 und 333, 248, 306, 497/85, BVerfGE 73, 206 (253) zu § 240 Abs. 2 StGB; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90, 2173/93, 433/96, BVerfGE 104, 92 (109). 125 BVerfG, Beschl. v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116 (139). 126 Nach dieser Vorschrift ist die öffentliche Mitteilung des aufgenommenen oder abgehörten nichtöffentlich gesprochenen Wortes eines anderen im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach dann nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird. 127 Vgl. oben C. III. 1.

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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kommt daher einem Staat, welcher solche Informationen dennoch nach außen dringen lässt, ein bedeutender Teil der Verantwortung für die begangenen Indiskretionen zu.128 Diesen Ausführungen kommt vorliegend ein noch stärkeres Gewicht zu. Eine bei der Recherche begangene Anstiftung oder psychische Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB) bewirkt – durch Bestimmung oder Bestärkung – die erstmalige Begehung von Unrecht. Die in § 353c StGB-E zu normierende verbotene Mitteilung von Dienstgeheimnissen stellt dagegen eine Anschlusstat dar, welche die bereits zuvor begangene dienstpflichtwidrige Offenbarung vertraulicher Informationen voraussetzt. Der Unrechtsgehalt einer Teilnahme an § 353b StGB ist daher grundsätzlich höher als der einer täterschaftlichen Verwirklichung des § 353c StGB-E. Der Charakter des § 353c StGB-E als subsidiäre Anschlusstat kommt denn auch in § 353c Abs. 3 StGB-E zum Ausdruck, nach dem die Tat nicht strafbar ist, wenn der Täter bezüglich desselben Geheimnisses bereits wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses zu bestrafen ist. Vor diesem Hintergrund müssen die Anforderungen an die Rechtswidrigkeit im Rahmen des § 353c StGB-E strenger sein als bei den §§ 353b, 26, 27 StGB. Die Strafbarkeit eines Außenstehenden kommt daher nach § 353c Abs. 2 StGB-E erst dann in Betracht, wenn das staatliche Geheimhaltungsinteresse das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung wesentlich überwiegt. Die Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Informationen aus dem staatlichen Bereich ist daher nicht erst dann rechtmäßig, wenn es um die Berichterstattung über „relevante Missstände“ geht.129 Vielmehr wird es regelmäßig schon dann an der Rechtswidrigkeit fehlen, wenn mit der öffentlichen Mitteilung des Geheimnisses nicht ausschließlich eigennützige Zwecke verfolgt werden, mit Blick auf die Medien beispielsweise wenn die Veröffentlichung nicht allein der Auflagensteigerung oder der Erzielung höherer Werbeeinnahmen dienen soll. Es genügt daher, wenn es auch nur zu einem geringem Teil darum geht, staatliche Missstände (rechtswidriges Handeln, Straftaten) aufzudecken oder auf die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns hinzuweisen. Die gleichzeitige Verfolgung wirtschaftlicher Interessen vermag keine andere Beurteilung herbeizuführen, ist sie doch ein Wesensmerkmal insbesondere der freien Medien. Ob es sich bei dem Täter um einen Journalisten oder um andere Personen handelt, ist gleichgültig. Damit vermeidet die Lösung den singulären Fokus auf Journalisten bzw. Medienmitarbeiter. Auch die Rechtswidrigkeitsklausel ist somit unterschiedslos auf jedermann anwendbar, so dass – im Gegensatz zu den bisherigen Gesetzentwürfen – die Grundrechte nach Art. 5 GG nicht nur bei Journalisten besonders zu berücksichtigen sind.130 Eine solche, klar zugunsten der freien Äußerung ausfallende Gewich128 EGMR, Urt. v. 25.04.2006 – 77551/01 (Dammann c. Suisse), S. 12 f., abrufbar über http://www.coe.int/T/D/Menschenrechtsgerichtshof/ (letzter Abruf: 31.12.2010); vgl. oben D. IV. 129 So BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 415. 130 So ist zum Beispiel unklar, ob die Betreiber der Homepage wikileaks.org, auf welcher regelmäßig vertrauliche amtliche Dokumente auftauchen, als Journalisten einzustufen sind.

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

tung verlangt das verfassungsrechtliche Erfordernis der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins eines jeden Staatsbürgers. In dieser Hinsicht stellte auch das Bundesverfassungsgericht fest: „Die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewusstsein des Staatsbürgers, der Missstände nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich auch für deren Abstellung einsetzt, ist eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Ordnung.“131 Dem folgend bezieht § 353c Abs. 2 StGB-E auch die allgemeine Meinungsäußerungsfreiheit sowie die Freiheiten des Art. 5 Abs. 3 GG (Kunst, Wissenschaft, Forschung, Lehre) mit ein. Der Einführung eines § 353c StGB-E könnte allerdings vorgeworfen werden, die Vorschrift habe nur einen sehr begrenzten Anwendungsbereich.132 In aller Regel wird nämlich die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses in irgendeiner Hinsicht dem Hinweis auf wirklich oder vermeintlich bestehende Probleme dienen. Insoweit ließe sich an der Existenzberechtigung der Vorschrift zweifeln. Allerdings geht aus den bisherigen Gesetzentwürfen und dem aktuellen Entwurf der Bundesregierung der politische Wille hervor, die Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen nicht völlig straflos zu stellen. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der weitergehenden Entwicklung des Internets nachvollziehbar. So erfasst § 353c StGB-E nämlich nicht nur die journalistische Tätigkeit. Beispielsweise könnten terroristische Gruppierungen illegal erlangte Pläne zur Sicherung kritischer Infrastrukturen online veröffentlichen, um auf diese Weise das gewonnene Wissen zu verbreiten. Auch außerhalb des terroristischen Milieus sind vergleichbare Fallgestaltungen denkbar, nämlich überall dort, wo rechtswidrig erlangte Geheimnisse im Internet mit anderen geteilt werden sollen. In diesen Konstellationen bestände nach derzeitiger Rechtslage keine Strafbarkeit. § 353c StGB-E würde hier eingreifen. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Einführung eines § 353c StGB-E insbesondere vor dem geschichtlichen Hintergrund ein politisch heikles Unterfangen wäre. Die Aufhebung des § 353c Abs. 1 StGB a. F. ist von vielen als Schritt zur Stärkung der Pressefreiheit interpretiert worden.133 Die (Wieder-)Einführung einer Vorschrift, welche die öffentliche Mitteilung von staatlichen Geheimnissen auch Nicht-Amtsträgern untersagt, könnte daher als Schritt in die Vergangenheit aufgefasst werden. Dem muss hingegen schon jetzt entschieden widersprochen werden. Die hier vorgeschlagene Regelung knüpft – im Gegensatz zu § 353c Abs. 1 StGB a. F. – nicht an eine formelle Geheimhaltungserklärung an, sondern verwendet den Geheimnisbegriff des § 353b Abs. 1 StGB, welcher auch das Element der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit enthält.134 Dabei sind mit Blick auf den Geheimnischarakter und die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen die engen Grenzen zu beachten, welche durch die Schaffung der Informationszugangsgesetze gezogen wur131

BVerfG, Beschl. v. 28.04.1970 – 1 BvR 690/65, BVerfGE 28, 191 (202). Die seltene Anwendung der Vorschrift diente auch als Argument zur Abschaffung des § 353c Abs. 1 StGB a. F., vgl. BT-Drs. 8/3067, S. 5, 7; vgl. auch Rogall, NJW 1980, 751 (752). 133 Vgl. oben E. II. 1. b) aa) (2). 134 Vgl. oben C. I. 1. b) aa). 132

II. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe

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den.135 Weiterhin setzt eine Strafbarkeit nach § 353c StGB-E voraus, dass das jeweilige Geheimnis von einer nach § 353b Abs. 1 oder 2 StGB zur Geheimhaltung verpflichteten Person unbefugt offenbart worden sein muss, worauf sich auch der Vorsatz beziehen muss. Schließlich fordert die Rechtswidrigkeitsklausel dazu auf, die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei angesichts der überragenden Bedeutung staatsbürgerlicher Beteiligung am gesellschaftlichen Kommunikationsprozess strenge Maßstäbe an die Feststellung der Rechtswidrigkeit angelegt werden müssen. Dem öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses kommt im Geltungsbereich des Art. 5 GG von vornherein ein höheres Gewicht zu. Mit Blick auf die Medien ist jedoch nicht zu übersehen, dass die Einführung des hier vorgeschlagenen § 353c StGB-E zur Grundlage neuer staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen Journalisten werden könnte. Dies zu vermeiden, war aber nicht nur das erklärte Ziel aller bisherigen Gesetzentwürfe, sondern auch zentrales Anliegen der Cicero-Entscheidung136 des Bundesverfassungsgerichts. So können sich Journalisten auf die verfassungsrechtlichen Medienfreiheiten berufen, welche insbesondere auch die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen Medien und Informanten schützen. Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die Medien auf private Mitteilungen nicht verzichten können, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen kann.137 Daher ist eine flankierende Regelung in der Strafprozessordnung erforderlich. Sinnvoll erscheint es, den Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts der Medienmitarbeiter auf solche Fälle zu begrenzen, in denen ein dringender Verdacht der Beteiligung besteht. In dieser Hinsicht kann auf bisherige Vorschläge, insbesondere auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG)138 zurückgegriffen werden. Dieser Entwurf sieht in Art. 2 eine Änderung des § 97 Abs. 5 S. 2 StPO in der Weise vor, dass das Semikolon durch die Wörter „, die Beteiligungsregelung in Absatz 2 Satz 3 jedoch nur dann, wenn die bestimmten Tatsachen einen dringenden Verdacht der Beteiligung begründen;“ ersetzt wird. Gegenüber Beschuldigten, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zusteht, kommt das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsinstrumentarium dagegen ohne Einschränkung hinsichtlich des erforderlichen Tatverdachts zum Einsatz. Zwar ist oben im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden, dass die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewusstsein auch des (nicht als Journalist tätigen) Staatsbürgers, der Missstände nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich auch für deren Abstellung einsetzt, eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Ordnung ist. Dennoch bedarf die Institution der freien 135 136 137 138

Dazu oben C. I. 4. d) und e). BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 ff. BVerfG, Urt. v. 27.02.2007 – 1 BvR 538/06 u. 2045/06, BVerfGE 117, 244 (259). BT-Drs. 17/3355, S. 5.

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E. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung nach den §§ 353b, 27 StGB

Medien eines besonderen Schutzes, weil sie faktisch die erste Anlaufstelle für Informanten ist. Die Gefahr, dass Informanten für die Zukunft abgeschreckt werden, ist hier wesentlich größer als bei Personen, die es sich privat und möglicherweise nur in einem bestimmten Einzelfall zur Aufgabe gemacht haben, staatliche Missstände aufzudecken. Daher ist die Beschränkung des Beschlagnahmeschutzes auf den im Gesetz genannten Personenkreis sachgerecht.

III. Zusammenfassung Nach derzeitiger Rechtslage ist die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses durch einen Nichtamtsträger nicht als Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar, weil die Haupttat zu diesem Zeitpunkt bereits vollendet ist und eine Beihilfe nach der Vollendung im Rahmen des § 353b StGB grundsätzlich ausscheidet. Dennoch geht die Rechtsprechung von einer entsprechenden Strafbarkeit aus. Bisherige Vorschläge und Gesetzentwürfe zur Beendigung dieser Praxis vermögen aus methodischen und systematischen Gründen nicht zu überzeugen. Daher wird vorliegend die Schaffung eines neuen § 353c StGB-E vorgeschlagen, welcher die öffentliche Mitteilung von Dienstgeheimnissen für strafbar erklärt, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Artikel 5 Abs. 1 GG das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung wesentlich überwiegt. Flankierend hierzu wird eine Ergänzung des Beschlagnahmeschutzes in § 97 Abs. 5 StPO in der Weise vorgeschlagen, dass ein dringender Tatverdacht Voraussetzung für den Wegfall des Schutzes ist.

F. Zusammenfassende Thesen .

I.

Die Zulässigkeit von Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei den Medien richtet sich auf der ersten Stufe nach dem materiellen Strafrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat im Cicero-Urteil die Anforderungen des Strafprozessrechts an den für Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei den Medien erforderlichen Tatverdacht konkretisiert. Zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit nach den §§ 353b, 26, 27 StGB hat es sich nicht geäußert. Der Bezugspunkt eines jeden Tatverdachts ist jedoch das materielle Strafrecht.

II.

Der Regelungsmechanismus zum Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts ist systemwidrig. Der Wegfall tritt zum einen dann ein, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist. Er kann aber auch durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bewirkt werden, wofür ein einfacher Anfangsverdacht genügt. Der Gesetzgeber sollte hier jedenfalls eine Angleichung der Verdachtsgrade vornehmen. Die vorliegende Arbeit schlägt die Anhebung auf den dringenden Tatverdacht vor.

III.

Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 353b StGB ist eine unmittelbare Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen durch die Offenbarung des Dienstgeheimnisses. Mittelbare Gefährdungen im Sinne einer Beeinträchtigung des Vertrauens der Bevölkerung in die Verschwiegenheit der Verwaltung werden von der Vorschrift nicht erfasst.

IV.

Im Falle der Offenbarung eines Dienstgeheimnisses gegenüber einem Journalisten werden wichtige öffentliche Interessen nur dann konkret gefährdet, wenn der Journalist zur Veröffentlichung der Informationen bereit ist. Haben Geheimnisträger und Journalist zunächst die Verwendung des Geheimnisses als Hintergrundinformation vereinbart, erfährt der Geheimnisträger aber von einer nunmehr bestehenden Veröffentlichungsbereitschaft des Journalisten, muss der Geheimnisträger alles in seiner Macht stehende versuchen, um die Veröffentlichung zu verhindern. Andernfalls haftet er als Garant im Sinne des § 13 StGB.

V.

Soweit Verwaltungsinformationen aufgrund der Informationszugangsgesetze ohne den Nachweis eines berechtigten Interesses von der Verwaltung beansprucht werden können, sind sie allgemein zugänglich und nicht durch § 353b StGB geschützt. Der Umfang der Allgemeinzugänglichkeit richtet

238

F. Zusammenfassende Thesen

sich nach den Verweigerungstatbeständen der Informationszugangsgesetze. Die Informationsansprüche der Landespressegesetze bewirken hingegen keine Allgemeinzugänglichkeit der Verwaltungsinformationen. VI.

Die Verweigerungstatbestände der Informationszugangsgesetze sind die äußerste Begrenzung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne des § 353b StGB. Außerhalb hiervon kann es keine Interessen von entsprechendem Gewicht geben. Umgekehrt stellt aber nicht jeder der in den Verweigerungstatbeständen genannten öffentlichen Belange ein wichtiges öffentliches Interesse dar. Die Tatbestandsbestimmtheit des § 353b StGB könnte dennoch deutlich erhöht werden, wenn ein den Verweigerungstatbeständen vergleichbarer Katalog wichtiger öffentlicher Interessen in die Vorschrift aufgenommen würde.

VII. Die zur Rechtfertigung des Verrats von Staatsgeheimnissen entwickelte Stufentheorie ist lediglich in abgemilderter Form auf die Offenbarung eines Dienstgeheimnisses übertragbar. Der direkte Gang eines Dienstgeheimnisträgers an die Öffentlichkeit kann daher nach § 34 StGB gerechtfertigt sein, wenn eher unbedeutende Dienstgeheimnisse schwerwiegenden Rechtsbrüchen gegenüber stehen. VIII. Art. 5 Abs. 1 GG enthält hinsichtlich der Informationsbeschaffung kein verfassungsrechtliches Rechercheprivileg für Journalisten. Das Grundgesetz gewährt vielmehr für alle Bürger gleichermaßen den Zugang zu allgemein zugänglichen Quellen. Es sieht damit eine informationelle Gleichbehandlung vor. IX.

Die Strafbarkeit wegen Anstiftung gemäß § 26 StGB erfordert eine Bestimmungshandlung, welche den alltäglichen Reizpegel des Angestifteten überschreitet. Dabei meint Bestimmen die objektiv zurechenbare Hervorrufung des Tatentschlusses beim Haupttäter. Der Anstifter muss die Gefahr erhöhen, dass sich der Täter zur Begehung einer konkreten Straftat entscheidet. In Anwendung des Reizpegel-Kriteriums ist von Personen, die täglich mit Anfragen von Pressevertretern zu tun haben, eine gewisse Resistenz gegenüber recherchierenden Journalisten zu erwarten. Das Reizpegel-Kriterium gilt auch für die psychische Beihilfe, wobei zu beachten ist, dass bei einem bereits zur Tat entschlossenen Täter der Reizpegel entsprechend höher liegt.

X.

Die berufliche Bedingtheit einer Handlung rechtfertigt sowohl für die Anstiftung als auch für die Beihilfe keine gesonderte rechtliche Behandlung.

XI.

Der Anstiftervorsatz muss sich auf ein nicht nur der Gattung nach bestimmtes Tatobjekt beziehen und gleichzeitig die wesentlichen Dimensionen des Unrechts umfassen. Übertragen auf die durch einen Journalisten bei der Recherche begangene Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses bedeutet dies, dass der Vorsatz des Journalisten auf die Erlangung geheimer Informationen zu einem bestimmten Themenkomplex, Fall oder Sachverhalt gerichtet sein muss. Außerdem ist die Kenntnis der Bedeutung der Informationen erfor-

F. Zusammenfassende Thesen

239

derlich. Der Beihilfevorsatz muss lediglich die wesentlichen Dimensionen des Unrechts umfassen. XII. Nach derzeitiger Rechtslage ist die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses durch einen Nichtamtsträger nicht als Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar, weil die Haupttat zu diesem Zeitpunkt bereits vollendet ist und eine Beihilfe nach der Vollendung im Rahmen des § 353b StGB grundsätzlich ausscheidet. Daher wird die Schaffung eines neuen § 353c StGB-E vorgeschlagen, welcher die öffentliche Mitteilung von Dienstgeheimnissen für strafbar erklärt, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Artikel 5 Abs. 1 GG das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung wesentlich überwiegt.

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Stichwortverzeichnis Abgeordnete 50, 71, 139, 143 f., 206 Abhören 60 Agenturmeldungen 145 f. Akteneinsicht 105 f., 108, 112, 118, 123 f. akustische Wohnraumüberwachung 60, 63, 188 Alternativentwurf eines Strafgesetzbuchs 165, 171 Analogieverbot 80, 137 Anfangsverdacht 45, 62 f., 67, 237 Anschläge vom 11. September 2001 111, 133, 164, 204 anvertrauen 68, 78, 138, 155, 180, 217 Anzeigenteil 58 Aufhebung des § 353c StGB a. F. 91, 182, 217, 234 Auslandsvertretungen 89, 128 Aussagegenehmigung 81, 107, 122 Beamte 36, 45, 62, 69, 73, 76, 81, 107, 122, 140, 179, 181, 183 Beendigung der Haupttat 98, 212 – 216, 218 – 220, 222, 225, 228, 236 Begünstigung 63 f., 237 Beliehene 128 Beratungsgeheimnis 74 Berufsfreiheit 115, 151 berufsmäßige Medienmitarbeit 55, 57 f., 107, 155 f., 158, 192, 223 Berufsrichter 69 berufstypische Handlungen 183, 186 beschränkte Aktenöffentlichkeit 103 – 105, 109, 111, 127 Beschuldigter 35, 42, 45, 54, 59 f., 62 f., 65 f., 89, 235 besondere Amtsgeheimnisse 132, 135 besondere persönliche Merkmale 180 Bestärkung des Tatentschlusses 196, 198 f., 201, 233 Bestimmtheit des Anstiftervorsatzes 188, 193

Bestimmtheit des Beihilfevorsatzes 203 f. Bestimmtheitsgebot 80, 101, 136 f., 213, 216, 218 – 220, 222, 224 – 226 Bestimmung zur Allgemeinzugänglichkeit 115, 179 Bestimmungshandlung 162 f., 165, 167 f., 170 f., 175, 177 f., 183 f., 187, 189, 197, 200, 202 f., 238 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 109, 113, 124, 129 f., 134 f., 137, 144 Betrug 191, 214, 219 Beweiserhebungsverbot 60 Beweisverwertungsverbot 60 Blogger 58, 151 Boulevardmedien 99 Bundesarchiv 109, 126 Bundesbank 127, 129 Bundesbeauftragte 128 Bundesdatenschutzgesetz 106, 117, 134 Bundeskanzler 37, 70, 127 Bundeskartellamt 128 Bundeskriminalamt 27, 43 – 45, 74, 81, 128, 147 Bundesminister 81, 127 Bundesnachrichtendienst 43, 75, 132, 143, 164, 169, 176 Bundespräsident 70 Bundespräsidialamt 129 Bundesregierung 43, 65, 98, 112, 127, 129, 143 f., 159, 217, 222, 225, 227, 229, 234 f. Bundestagspräsident 129, 143 Bundeswehr 34, 69 f., 130 Cicero 27 f., 43, 46, 52 f., 61, 64, 66, 74, 98, 143, 158, 184, 215, 235, 237 Dammann-Entscheidung (EGMR) 48 f., 159 – 163, 168 – 170, 176, 178, 184, 206, 232 f. Datenschutz 92, 128, 133 f.

250

Stichwortverzeichnis

Datenschutzbeauftragter 90, 92, 102 Dauerdelikt 214, 219, 226 Demoskopie 92 Deutsche Demokratische Republik 30 Dienstherr 179 dringender Tatverdacht 63, 65, 235 – 237 Druckerei 61, 66 Druckwerk 57, 66 Ermächtigung zur Strafverfolgung 40, 43, 46, 84, 96, 138, 142 f. Ermessen der Behörde 123 f., 130 Europäische Atomgemeinschaft 73 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 46 f., 49 – 51, 109, 160 – 162 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte 47 – 51, 149, 160 – 162, 170, 176, 178, 183, 206, 232 f. Europarat 29, 46, 161 Europol 73 Fachreferenten 177, 187, 202 f. Fahrlässigkeit 37, 77, 86, 92 f., 96, 101, 138, 142, 167, 187, 192, 194, 205, 207, 210, 212 Fernsehen 30, 57, 115, 140, 148, 179 Film 57, 115, 148 Flugschrift 100 Freedom of Information Act 111, 133 freie Mitarbeiter 57, 66, 107 gattungsmäßig bestimmte Tatobjekte 190, 192 – 194, 238 Gebühren 117, 144 Geheimhaltungsbedürftigkeit 69, 75 – 77, 85, 90 f., 113, 131, 133, 135, 217, 230, 234 Geheimhaltungsbeschluss 84 Geheimhaltungsgrade 83, 141 Geheimschutzordnung des Bundestags 82 f. geistiges Eigentum 113, 130, 134 f., 137 Gelegenheitsjournalismus 57 Gerüchte 76 Gesetzgebungsorgan 69, 82, 142 Gewaltenteilung 140 Haftbefehl Handzettel

88 f., 97 100

Hehlerei 50, 63 f., 237 Herausgeber 31 f., 34, 55, 96, 99 Hintergrundinformationen 55, 100, 142, 147, 177, 203, 210, 237 illegale Geheimnisse 77 Informantenschutz 27 f., 35 f., 44, 51 f., 56, 58, 64 f., 67, 103, 122, 132, 136, 145, 235 f. informationelle Gleichbehandlung 153 f. Informations- und Kommunikationsdienst 56 Informationsfreiheit 51, 103 f., 106, 112, 114 – 116, 128, 153 f. informatorische Fragen 167 Internet 43, 57 f., 75, 80, 86, 150 f., 234 investigativer Journalismus 145 f. Kernbereich des Verfassungsrechts 140 f. Kernenergie-Agentur 73 Kinderpornographie 156 f. Kirchenbeamte 69 Koalitionsvertrag 158 Kommunikationstheorie 166, 168, 170, 200 konkrete Gefährdung 94 – 98, 100, 102, 138, 142, 162, 177, 187, 196, 210 – 212, 214 f., 220, 231 Konkurrenzen 209 Kunstfreiheit 234 Laienjournalismus 151 Landesminister 70, 74 Landespressegesetze 56, 99, 103, 106, 120 f., 123, 148, 238 Landesverrat 30 f., 33 – 35, 37, 73, 221 Mannesmann 186 Medienfreiheit 148, 151 – 153, 155, 179, 208, 228, 235 Meinungsbildung 35, 55, 57 f., 107, 148 f., 151, 154, 158, 223, 225, 235 Militärischer Abschirmdienst 132 Mittäterschaft 221, 242 mittelbare Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen 90 – 94, 97, 102, 215 mittelbare Täterschaft 168 f., 191, 221 Mosaiktheorie 35 My-Lai-Massaker 111

Stichwortverzeichnis

251

Nachrichtendienste 44, 88, 132 f., 135, 150, 156 Nationalsozialismus 29, 104, 146, 149 nonverbale Kommunikation 171 Notare 70 notwendige Teilnahme 196, 199

Reizpegel-Theorie 171, 175 f., 178, 183, 187, 197, 200 – 202, 205, 207, 238 Reporter 48 f., 107, 147 Richtervorbehalt 66 Rundfunkanstalt 41, 61, 66, 71, 107 Rundfunkfreiheit 106, 148, 150, 153, 155

objektive Zurechnung 172 – 174, 178, 183, 186, 189, 201 öffentlich bekannt machen 86 öffentliche Ausschreibungen 88 Ordnungsgeld 54 Ordnungshaft 54

Sachbeweis 54 schadensgleiche Vermögensgefährdung 214, 219 Schmerzensgeld 48, 50 f. Schülerzeitung 100 Schweden 110 Schweigerecht 62 Schweizerisches Bundesgericht 49, 159 f., 170 Sekten 74 selbst recherchiertes Material 56, 58 f. Selbstverantwortung 174 f., 201 Sicherheitsüberprüfungsgesetz 131, 135 Soldaten 31, 36, 69 f., 72 Sozialadäquanzklausel 157 Spiegel 33 f., 36 f., 52 f., 56, 96 Staatsgeheimnis 30, 34, 73, 77 f., 96, 142, 217 Stasi-Unterlagen 106, 109, 126, 128 Steuergeheimnis 132 Strafgrund der Teilnahme 165 f., 182, 209 Straftaten von erheblicher Bedeutung 44, 60 Strafvereitelung 63, 237 Stufentheorie 139 – 141, 206, 238 sukzessive Beihilfe 53, 212, 214 – 218, 220, 222 f., 226, 228 – 230

Parlamentarier 70 Parlamentarisches Kontrollgremium 133 Pätsch-Fall 77, 139, 206 Personalbeweis 54 Personalvertretungsrecht 68, 72 Persönlichkeitsrechte 150 Plakat 100 Polizei 38, 42, 72, 90, 94, 97, 147, 163 Pressefreiheit 27, 30, 33, 35 – 37, 42, 44, 46, 48, 56, 65, 87, 98, 106, 148 – 151, 154, 159, 184, 217, 223 – 225, 227 f., 234 f. Pressemitteilungen 145 f. Pressesprecher 176 f., 187, 198, 200, 203 Privatgeheimnisse 73, 77, 92, 180 f., 208 Propagandamittel 157 Publizistische Grundsätze (Pressekodex) 99, 144 Publizistischer Landesverrat 30 f., 33, 35, 52 Radio 39, 41, 47, 57, 74 Rechtfertigender Notstand 139, 205 Rechtsanwälte 70, 96, 155 Rechtsauskünfte 167 Rechtsgut 82, 87, 93, 95, 139, 172, 182, 204, 209, 216 Rechtsgut des § 353b StGB 82, 93, 123, 133, 138, 205 Redakteur 33 f., 37 – 39, 55, 66, 71, 107, 173, 199 Redaktion 27, 34, 36, 38 – 41, 43 f., 47, 52, 61, 65 f., 73, 99, 145, 152 Registerrecht 38, 75, 108, 117 – 120, 126

Täuschung über die Veröffentlichungsbereitschaft 210 Terminkalender 130 Terrorismusbekämpfung 156 f., 234 Toll-Collect-Mautvertrag 144 Transparenzgebot 116 Umweltinformationsgesetz 109–111, 118 f., 123, 126 Umweltstrafrecht 119 unbefugte Offenbarung 41, 68 f., 80 – 82, 86, 120, 178, 230, 235 Unrechtsintensivierung nach Vollendung 213, 216, 219

252

Stichwortverzeichnis

Unrechtspakt 167, 169, 175, 200 Unterlassensstrafbarkeit 86, 101 f., 156, 177 – 179, 211 f., 237 Untersuchungsausschüsse 128, 143 Untreue 163, 168, 173, 176, 179, 181 Urheberrecht 134 V-Leute 72 Verbraucherinformationsgesetz 110, 119, 123 f., 126 Verdachtsgrad (für Durchsuchungen etc.) 28, 52, 64 f. Verfassungsschutz 72, 74, 88, 128, 132 Verlag 34, 41, 61, 66 Verleger 55, 99 Vernehmung 36, 54 Veröffentlichungsbereitschaft 100 – 102, 138, 162, 177 f., 187, 196, 209 f., 212, 219, 230, 237 Verpflichtung zur Geheimhaltung 72, 82 – 85, 99, 106, 109, 155, 167, 179, 226 Verpflichtungsgesetz 72, 85 Verpflichtungsklage 113 Versailler Friedensvertrag 30 – 32 Verschlusssache 83, 131 Vertrauen in die Verschwiegenheit der Verwaltung 78, 89 – 95, 97, 102, 137, 215, 237

Verursachungstheorie 165 f., 168, 170 f., 173 f., 200 Verwaltungshelfer 129 Verweigerungstatbestände 113, 125 – 127, 130, 132, 135 – 137, 238 Verwerflichkeit 231 Vollendung der Haupttat 98, 142, 212 – 215, 217 – 219, 222 – 224, 226 f., 236, 239 Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination 138 Wallraff-Beschluss 228, 232 Watergate-Affäre 111, 146 Wechselwirkungslehre 152 Weltbühne 31 – 33 wesentliche Dimensionen des Unrechts 149, 191 – 194, 205, 207, 238 whistleblowing 132, 145 WikiLeaks 27, 75, 99, 144, 233 Wissenschaftsfreiheit 234 Zeitung 28 f., 31, 37 – 39, 42, 45, 47, 50, 74, 80, 100, 114, 143, 152, 163 f., 168 f., 188, 225 Zensur 35, 148, 160 Zeuge 54, 59, 62, 65, 81, 145, 227 Zeugnisverweigerungsrecht 27 f., 54 – 59, 61 – 64, 66 f., 235, 237 Zufallsfund 61