Die Psychokrieger aus Camp Sharpe: Österreicher als Kampfpropagandisten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg [1 ed.] 9783205210214, 9783205210191

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Die Psychokrieger aus Camp Sharpe: Österreicher als Kampfpropagandisten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg [1 ed.]
 9783205210214, 9783205210191

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FLORIAN TRAUSSNIG

DIE PSYCHOKRIEGER AUS CAMP SHARPE Österreicher als Kampfpropagandisten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg

Florian Traussnig

DIE PSYCHOKRIEGER AUS CAMP SHARPE Österreicher als Kampfpropagandisten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg

Mit einem Gastbeitrag von Robert Lackner

Böhlau Verlag Wien Köln Weimar

Veröffentlicht mit Unterstützung des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, dem Zukunftsfonds der Republik Österreich (P16-2329) sowie der Stadt Wien Kultur, Wissenschafts- und Forschungsförderung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2020 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, A-1080 Wien Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Der Exilösterreicher und Lautsprecher-Ansager Paul Eisler (l.) und sein Fahrer Charles Leveille (r.) im Einsatz, März 1945. Quellenangabe: Foto von P. Eisler und C. Leveille. © US Signal Corps. NARA, RG 208, abgebildet in: www.psywar.org/photos/30 (letzter Zugriff 31.7.2018). Korrektorat: Ute Wielandt, Markersdorf Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21021-4

Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 „Schüsse sind mein Applaus“ – Paul Eisler im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1 Die Experimentalphase: Erste Propagandaeinsätze im Mittelmeer und Gründung eines innovativen „Psywar“-Camps in Gettysburg . . . . . . . . . . 18

1.1 Exzentrische „Confetti Soldiers“: Zur kritischen Lage der militärischen US-Propaganda zu Kriegsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2 Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies und die Lehrzeit der US-Kampfpropagandisten in Nordafrika und Italien . 27 1.3 Hans Habes Journalistenakademie: Camp Sharpe und die Ausbildung von österreichischen Exilanten zu Medienhandwerkern . . . . . . . . . . . . 46

2 Die Sharpe Boys am Zenit: Kampfeinsatz in Westeuropa und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2.1 Die Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers und die Rolle der Kampfpropagandakompanien rund um den „D-Day“ . . . 2.2 Ins Hirn des Feindes kriechen: Österreichische Sharpe Boys als Moralanalysten, Verhör- und Abhörspezialisten an der Westfront . . . . 2.2.1 „Nachrichten“ als zentrales Paradigma der US-Kriegsführung – die Psychological Warfare Intelligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Hoch produktiver Nachrichtenoffizier und Informations­drehscheibe zu sämtlichen Fragen der „Feindmoral“: Jacob Tennenbaum vom Psychological Warfare Combat Team der First US Army . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Exkurs: Ein ernüchternder Patrioten-Check: Die Moralverhöre von acht österreichischen Wehrmachtssoldaten . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Mit dem Ohr am Äther: Die Rundfunk-Abhörspezialisten Erwin Benkoe und Herbert Lobl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2.3 Vom kalifornischen Blechschlosser zum Chef-Flugblattschreiber der 3. US-Armee – Kurt Wittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 „The Leaflet should be simple but striking“ – Spezialausbildung in Hans Habes Propagandaschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Chef-Flugblattschreiber im Psychological Warfare Combat Team von Pattons dritter US-Armee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Die „Anständigen“ vom „Mordhaufen“ loslösen – Wittlers PWB-Flugblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Exkurs: Zahnlose Österreich-Ideologie trifft auf sperriges Textdesign: Das Flugblatt PWB 20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Exkurs: Eine semiotisch gelungene Instrumentalisierung der „Russenangst“: Die Landkartenflugblätter PWB 42 und 49 . 2.3.6 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 „Ihr seid umzingelt!“: Emanuel Rapoport als LautsprecherPropagandist in Geilenkirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Harte Fakten, garniert mit Psychotricks: Hans Habes „weiße“ Rundfunkspezialisten und ihr „schwarzer“ Kollege Fred Lorenz . . . . . 2.5.1 „… to establish strong credibility“ – Der Freie Sender Luxemburg als Informationsangebot an den Feind . . . . . . . . . . . 2.5.2 „Fuck your Enemy“ – Fred Lorenz’ subversive Rundfunkarbeit bei der OSS-Operation ANNIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Jenseits des Schlachtfelds: „Political Intelligence“, Konsolidierungs- und Umerziehungspropaganda im besetzten Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . 301 3.1 Die Propagandaaufklärung im Spannungsfeld von psychologischer Kriegsführung und Besatzungspolitik – Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Kein leichter Job – Politische Aufklärung im befreiten Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Konservativ, kirchennah, umstritten: Francis Seidler . . . . . . . . . . 3.1.3 Die Katholische Kirche als logische Verbündete? . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Die „klerikale“ Fraktion setzt sich in Aachen durch . . . . . . . . . . 3.1.5 Sozialistisch, idealistisch, moralisierend: Saul K. Padover . . . . . . 3.1.6 Der Skandal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.7 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Zwischen Hollywood und Militärregierung, zwischen „Schönheit und Krieg“ – Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier . . . . . 3.2.1 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 5 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 5.1 Kurze Kriegsbiografien aller österreichstämmigen MRBC-Absolventen und Kampfpropagandisten aus Camp Sharpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 5.2 Die Deutschsprecher: Das Military Intelligence Training Center in Camp Ritchie und seine österreichischen Absolventen im Kurzüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400

6 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 7 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 8 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Primärquellen in Archiven, Bibliotheken und privaten Sammlungen . . . . . Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitungen und nichtwissenschaftliche Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 10 Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537

Einleitung

„Schüsse sind mein Applaus“ – Paul Eisler im Einsatz 30. März 1945. Rund um Jesberg, eine kleine, von dichten Wäldern und sanften Hügeln umgebene Gemeinde in Nordhessen, tobt der Krieg. Das Combat Commando B, eine aus verschiedenen Waffengattungen zusammengesetzte Einheit der 9. US-Panzerdivision,1 kämpft sich gegen die klar unterlegenen deutschen Verteidiger Richtung Norden vor.2 Die Amerikaner werden noch am selben Tag die Städte Bad Wildungen und Fritzlar erreichen und in nur fünf Wochen wird der Krieg in Mitteleuropa ein – für alle Beteiligten voraussehbares – Ende nehmen. Es wäre verständlich, wenn die amerikanischen „GIs“ so kurz vor dem Zusammenbruch des Feinds danach trachten würden, jegliche Risiken zu vermeiden. Irgendwann werden ihre materielle Überlegenheit und die alliierte Hoheit über den deutschen Luftraum den Gegner schon zermürben! Dies gilt umso mehr für jene US-Militärs, die nicht als Infanteristen oder Panzersoldaten, sondern als „Paragraphtroopers“3 kämpfen. Also als Propagandaspezialisten, die sich mit Worten, Klängen und Bildern4 an die Wehrmacht und die deutsche Bevölkerung richten. Sie haben nicht die Aufgabe, feindliche Kämpfer zu töten, sie sind nicht gezwungen, ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen. Vielmehr sollen sie auf den Gegner mit Appellen und Argumenten via Flugblatt und Lautsprecher einwirken und mit ihm über dessen kampflose Aufgabe „verhandeln“. Dies hilft nicht nur der US Army, sondern bewahrt letztlich so manchen Landser vor dem sinnlosen Heldentod für das tausendjährige Reich. Dennoch wagt sich an diesem Tag einer dieser psychologischen Krieger, nämlich der „Technician 5th Grade Paul Eisler, 39129139, 2nd MRBC, 12th Army Group“, aus freien Stücken in einem offenen Geländewagen bis an die Spitze einer Panzer­ kolonne des Combat Commando B vor. Von dort versucht er, mithilfe mobiler Lautsprecheranlagen feindliche Kämpfer der 166. deutschen Infanteriedivision zum Strecken der Waffen zu bewegen. Eisler, Kommandeur eines kleinen „Public Address“-Propagandateams, gelingt dies ganz gut, denn hie und da leistet ein Häuflein von Wehrmachtskämpfern seinen Aufrufen Folge und ergibt sich. Als eine zirka zwanzig Mann starke deutsche Soldatengruppe mit erhobenen Händen auf die amerikanische Fahrzeugkolonne zukommt, taucht hinter ihnen plötzlich ein deutscher Offizier auf und erteilt ihnen offensichtlich den Befehl, sich unter

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Einleitung

keinen Umständen zu ergeben. Die Angesprochenen drehen sich ruckartig um und beginnen, von amerikanischen Schützen sofort unter Beschuss genommen, in das umliegende Waldgelände zu flüchten. Um die Fliehenden im Blickfeld zu behalten, lässt der US-Lautsprecheransager Eisler seinen Kraftfahrer ins freie Gelände vorfahren. Während sein Kamerad in kompletter Missachtung ihrer beider Sicherheit ohne jegliche Deckung auf das offene Feld hinausfährt, redet der unter feindlichem Feuer stehende Eisler ununterbrochen auf die davonlaufenden Soldaten ein: Sie sollen doch den Befehl ihres Vorgesetzten ignorieren und sich ergeben! Sie werden in US-Gefangenschaft ordentlich behandelt werden! Vier der Angesprochenen leisten der Aufforderung schließlich Folge, der Großteil der zwanzigköpfigen Gruppe, so berichtet ein US-Panzeroffizier später nüchtern, „was being killed.“ Im Ort Jesberg selbst lieferten Eisler und sein Kraftfahrer kurz darauf eine ähnlich haarsträubende Performance ab.5 Ein für die Armeezeitung Stars and Stripes tätiger US-Frontjournalist, der Eisler als sarkastischen und stolzen Soldaten beschreibt, gibt einen Wortwechsel wieder, den er Ende 1944 an der „Siegfried-Linie“ nach einem ähnlichen Lautsprechereinsatz Eislers notiert hatte: „It was a very successful broadcast“, Eisler said later. „How do you know?“, a soldier asked. „If they hadn’t heard me they wouldn’t have shot at me. If they don’t shoot, I am

very disappointed.“ The soldier said he knew a lot of actors. But Eisler is the first one who ever demanded that his audience shoot at him.6

Auch wenn der postheroische Historiker solchen reißerischen „Schlachtgesängen“ und übertriebenen Propagandawirkungsberichten von amerikanischen Militärs mit Skepsis gegenübersteht, kann man festhalten: Paul Eisler war kein verkopfter und risikoscheuer Schreibtischmensch, der nur am „publizistischen Scharmützel“7 teilnahm, sondern ein forscher Kampfpropagandist. Ein Mann mit Show-Attitüde. Die Offiziere der 9th Armored Division waren vom Mut Eislers, der ihrer Meinung nach mit seinen intuitiven Handlungen und seiner rhetorischen Verve nicht nur feindliche Kämpfer zur Aufgabe überredet, sondern vermutlich auch menschliche Verluste innerhalb der Truppe verhindert hatte, derart beeindruckt, dass er den Bronze Star erhielt.8 Später wurde ihm noch das Purple Heart verliehen. Die Taten Eislers und seines Fahrers Charles Leveille, der am Tag nach dem Einsatz bei Jesberg von einer feindlichen Panzerfaust tödlich verwundet wurde,9 sind nicht nur militärisch gesehen spektakulär, sondern auch von hohem symbolischen Wert für ihn und sein „Volk“: Denn Paul Eisler war kein gewöhnlicher US-Soldat. Er war ein 1938 aus Wien geflüchteter Jude, der in der Uniform der amerikanischen Siegermacht auf seinen Heimatkontinent zurückgekehrt war.

„Schüsse sind mein Applaus“ – Paul Eisler im Einsatz

1  Der Exilösterreicher und Lautsprecher-Ansager Paul Eisler (l. mit bizarrer Sprechvorrichtung im Gesicht) und sein Fahrer Charles Leveille (r.) im Einsatz, März 1945

Im Bauch eines heillos überfüllten Truppenschiffs hatte er den Atlantik überquert, um hier, im Städtchen Jesberg, wo am Beginn der NS-Herrschaft rund 70 Juden unter etwa 1.000 Einwohnern gelebt hatten, aber zum Zeitpunkt der „Reichskristallnacht“ nur mehr vier jüdische Familien übriggeblieben waren,10 als Befreier einzuziehen. So hatten die Braunhemden und ihre Mitläufer und Helfer im „Bösartigkeitsfurioso“ jener Zeit11 nicht nur die örtliche Synagoge zerstört, sondern mannigfaltige Repressalien gegen die Mitbürger mosaischen Glaubens ausgeübt. Jüdische Familien, wie etwa jene des Teenagers Manfred Katz, wurden nach Amerika vertrieben.12 Auch Eisler, der zur Vernichtung durch Erschießen, Erschlagen, Erkranken, Überarbeiten, Verhungern oder Vergasen vorgesehene österreichische Jude, hatte sich über den Ozean gerettet; nun sollte er als Lautsprecher-Propagandist sein Leben dafür riskieren, deutsche Orte wie Jesberg von den Nationalsozialisten zu befreien. Der Flüchtlingssoldat Paul Eisler, ein Schicksalsgenosse des Manfred Katz aus Jesberg, gehörte zu den sogenannten „Ritchie Boys“ bzw. „Sharpe Boys“ des Zweiten Weltkriegs: intellektuell wendige, großteils junge Männer, die scharenweise aus dem „Dritten Reich“ geflohen waren und als Neo-Amerikaner aufgrund ihrer Kenntnisse über den deutschen Feind, seine Mentalität, seine Kultur und seine

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Einleitung

Sprache als nachrichtendienstliche und propagandistische Schlüsselkräfte des US-Militärs eingesetzt wurden. Ausgebildet in einem geheimen Armee-Komplex namens Camp Ritchie und nunmehr Mitglied von auf Kampfpropaganda spezialisierten Mobile Radio Broadcasting Companies (MRBCs), hatten Menschen wie Paul Eisler die Möglichkeit, der Shoah und der ihnen vom NS-Regime zugewiesenen Opferrolle zu entfliehen. Sie konnten aktiv am Kampf gegen Hitlerdeutschland mitwirken. Durch ihre persönliche Teilnahme am Krieg gegen das Deutsche Reich wurden sie gewissermaßen vom victim zum victor, vom Verfemten, Verfolgten und Vogelfreien13 zum siegreichen Befreier, der – wie Eisler – oft mit einigem Selbstbewusstsein auftrat. Als Zeitgenosse des frühen 21. Jahrhunderts mag man hier gar an Quentin Tarantinos jüdischen Rächertrupp der Inglourious Basterds denken.14 Jene Exilösterreicher, deren Kriegsbiografien in diesem Buch wissenschaftlich nachgespürt wird, hatten durch ihr Wirken als US-Armeepropagandisten auch die Möglichkeit, einer prekären Flüchtlingsexistenz zu entgehen und auf eine bessere Position innerhalb der amerikanischen Einwanderergesellschaft vorzurücken. Und wie folgendes Zitat eines Sohnes eines berühmten Schriftstellers augenzwinkernd darlegt, ist die Geschichte der im Military Intelligence Training Center Camp Ritchie ausgebildeten Propagandakrieger nicht nur als solche faszinierend, sondern auch mentalitäts-, sozial- und kulturgeschichtlich interessant. „In der Baracke [in Camp Ritchie], in der ich untergebracht war“, so der Zeitzeuge, „gab es mehrere deutsche Intellektuelle, die nach der Beendigung des Kurses zu Propagandaeinheiten zusammengefaßt werden sollten. Vor dem Zusammenbruch der deutschen Armee sollten von ihnen verfaßte Flugzettel hinter den deutschen Linien abgeworfen und von ihnen geleitete Radiostationen – die sogenannten Soldatensender – Sendungen in die besetzten Gebiete und nach Deutschland ausstrahlen; nach der Besetzung Deutschlands sollten sie das geistige Leben in Deutschland reorganisieren, deutsche Zeitungen redigieren und Unterricht und Unterhaltung wieder in Gang bringen – im demokratischen Sinn. Die bekanntesten Männer, die für diese Aufgaben ausersehen waren, waren Stefan Heym, Oskar Seidlin und Klaus Mann. Klaus Mann hatte auf seinen Spind eine Karikatur geklebt, die ihn im Gespräch mit seinem Vater Thomas zeigte: ‚Hier steht deutlich, daß Kinder eines Genies keine Genies sind, Vater: Folglich bist Du kein Genie!‘“15 Diese autobiografische Erinnerung des Wiener Sozialisten Joseph Simon an den einzigartigen Raum namens Camp Ritchie16 gibt nicht nur einen plastischen Einblick in das Thema dieser Studie; Simons Aussage über dieses spezielle USMilitärlager mit ebenso speziellen „Insassen“ ist auch ein geistiger Link zu einem gleichzeitig erschienenen Buch, das ebenfalls Teil eines Forschungsprojekts zu den österreichischen Ritchie Boys im Zweiten Weltkrieg ist.17 Simons Zeilen und

„Schüsse sind mein Applaus“ – Paul Eisler im Einsatz

die Aktivitäten des Lautsprecherpropagandisten Eisler veranschaulichen daher, dass die US Army (prominente) Soldaten mit europäischem Migrationshintergrund zusammentrommelte, um sie später zu einem besonderen Kriegseinsatz in ihre ehemalige Heimat zurückzuschicken. In diesem Werk rücke ich eine Randerscheinung des nachrichtendienstlichen Komplexes von Camp Ritchie ins Zentrum der Erzählung: So erhielten Paul Eisler und seine Kameraden ihre – in der damaligen Zeit als Pionierleistung zu wertende – Ausbildung in psychologischer Kriegsführung nicht im schön gelegenen und komfortablen Hauptlager Camp Ritchie in den Blue Ridge Mountains von Maryland. Hier bildetete der Militärnachrichtendienst tausende deutschsprachige Exilanten vor allem in der Kunst des Kriegsgefangenenverhörs, der „Interrogation of Prisoners of War“ (IPW), aus. Eisler besuchte seinen Propagandakurs vielmehr in einer bescheidenen Dependance von Camp Ritchie, einem verdreckten Barackenlager nahe der geschichtsträchtigen Stadt Gettysburg in Pennsylvania, das sich Camp Sharpe nannte. Daher sind alle nach dieser Einrichtung benannten „Sharpe Boys“, die in diesem Buch erwähnt werden, eine Unterkategorie bzw. Spezialform der „Ritchie Boys“. Über die klas­ sischen Ritchie Boys und Militärverhörer wird Robert Lackner im Anhang genauer berichten, hier konzentrieren wir uns auf die Propagandaspezialisten aus Camp Sharpe. Die von schätzungsweise rund 800 Sharpe Boys,18 darunter mindestens 41 Österreicher,19 durchlaufene Propagandaschule in Camp Sharpe war nur ein Nebenschauplatz des Kriegsgeschehens und eine kleine Nische im Mikrokosmos von Camp Ritchie, das sich mehr mit der Nachrichtengewinnung über den Feind (militärische Intelligence) als mit Nachrichtenproduktion für den Feind (Militärpropaganda) befasste.20 Die oben erwähnten Erinnerungen des Zeitzeugen Joseph Simon und dieses Buch als Ganzes zeigen allerdings auch: Der geistesgeschichtliche Impact der kleinen Propagandatruppe war groß. Simons Text arbeitet zudem heraus, wie sehr sich die aus Europa geflohenen und sich in Camp Ritchie und Camp Sharpe wiederfindenden Dichter und Denker21 im Spannungsfeld zwischen den Polen Militär und Journalismus/Literatur/Kunst bewegten. Der in der zuvor zitierten US-Armeezeitung mit einem Schauspieler gleichgesetzte „Psycho Boy“22 und Lautsprecheransager Paul Eisler agierte also in einem Umfeld, in dem feinfühlige Bücher- und Bühnenmenschen mit bodenständigen Kriegshandwerkern zusammenprallten. Bei aller Dramatik jener Zeit sollte dieses ungewöhnliche gesellschaftliche Setting auch für so manch Schmunzeln im harten Kriegsalltag sorgen. So sind Robert Lackner und ich bei unserem Ritchie-Boys-Projekt auf Militärakten und Propagandareports gestoßen, in denen von „Flohdompteuren“ namens Hoosenbottom23 oder von „Hotzenplotz“-Garnisonen die Rede ist. Lange­ weile kam bei der Quellenlektüre selten auf.

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Einleitung

Das schmucklose Propagandalager Camp Sharpe und seine alles andere als farblosen Soldaten bzw. „Psychokrieger“ stellten eine völlig neuartige Ausbildungssparte des US-Militärs dar, die erst nach einigen Geburtswehen – und unter tatkräftiger Mitwirkung der deutschsprachigen Exilintelligenz – geschaffen werden konnte. War die geistige Tätigkeit der dort publizistisch geschulten Österreicher später am Schlachtfeld nicht kriegsentscheidend, so haben diese nicht gerade mundfaulen und humoristisch begabten Menschen viele Spuren in Archiven, Büchern und Medien hinterlassen: Weil ihre wichtigste Waffe das geschliffene Wort war, haben die Sharpe Boys im Kampf gegen die deutsche Wehrmacht viele kulturelle Artefakte wie Radiomanuskripte, Flugblatttexte und „Moralanalysen“ in die Welt gesetzt. Nach dem Krieg haben sie eifrig ihre Memoiren und „Tatsachenberichte“24 über ihre Ausbildung in Camp Ritchie und Camp Sharpe und den Einsatz in verschiedenen Propagandakompanien in Europa veröffentlicht. Als geübte Kommunikationspraktiker und fantasievolle Wortkünstler etablierten sie dadurch einen breiten, bis heute nachwirkenden Referenzdiskurs in Bezug auf ihre Propagandatätigkeit für die US-Armee. Neben der Möglichkeit, der Verfolgung durch das NS-Regime zu entgehen und als österreichische Exilwiderstandskämpfer für die amerikanische „Anlehnungsmacht“ von außen gegen eben jenes Regime zu kämpfen,25 konnten diese vielfach pazifistisch gesinnten und dem soldatischen Habitus wenig zugeneigten Flüchtlinge auch ein Identitätskonstrukt errichten, das ihnen half, ihren Kriegsdienst als Propagandasoldaten und Meister der „Buchstaberei“26 mit Sinn zu erfüllen. Natürlich bogen sie sich in ihren Memoiren und Kriegsberichten auch die eine oder andere historische Begebenheit zurecht. Anstatt den deutschen Feind, also Männer, mit denen sie wenige Jahre zuvor in Wien oder Innsbruck vielleicht die Schulbank gedrückt hatten, mit der Waffe in der Hand zu bekämpfen, sollten die österreichischen Psychokrieger aus Camp Sharpe ihn mit gewitzter Rhetorik und griffigen Argumenten in einen Diskus­ sions- und Aushandlungsprozess verwickeln. Dieser war weitgehend gewaltfrei. So schreibt der scharfsichtige und sich im Krieg an der Seite mehrerer Hauptfiguren dieses Buchs wiederfindende US-Propagandasoldat Leon Edel, dass er diese Form der Kriegsführung gegenüber dem von sadistischen Drill Sergeants27 eingebläuten Job des Kämpfens und Tötens eindeutig bevorzugt habe. Während andere Soldaten, darunter tausende exilösterreichische Neo-Amerikaner, in regulären Kampfeinheiten „auf Menschen schießen, Menschen totschießen“ mussten,28 hatten die Propagandakrieger dieses Buchs das Privileg, auf dem Feld der Sprache zu kämpfen – mit ihrem Intellekt, ihrer Kreativität und ihrem Einfühlungsvermögen. Nicht nur im körperlichen Sinne, sondern auch aufgrund ihres Gemüts waren

„Schüsse sind mein Applaus“ – Paul Eisler im Einsatz

viele dieser Männer nicht wehrdiensttauglich im Sinne von kampftauglich. Doch vermögen Geistesmenschen und Künstler mit Geschriebenem oder Gesprochenem ohnehin mehr zu erreichen als mit der Waffe in der Hand.29 Edel, Mitglied der in Camp Sharpe ausgebildeten Third Mobile Radio Broadcasting Company, legt in seiner Autobiografie ein idealistisches Mission Statement der Sharpe Boys dar: In its stripped down form, then, our mission was to inform, comfort, and convince. In certain situations in limited battle, we would be using vocal persuasion – a human, rather

than bestial behavior. We would be substituting words for gestures. We would employ our vocal cords, aided by microphones and loudspeakers and various kinds of print, to

send messages rather than death-dealing missiles. It invoked the principle of inquiry and negotation, a tremendous step from the training given to us […] during bayonet drill. As I prepared to be convoyed to battlefields, then, I could at least rationalize my presence in the Army. I was now a „media soldier“.30

„Informieren, beruhigen und aufklären“: Wer sind nun die exilösterreichischen Protagonisten dieses Buchs, die diesem Auftrag nachkamen? Es sind Leute wie der umtriebige Journalist und exzentrische Medienorganisator Hans Habe, der nicht nur Chefausbilder der Propagandasparte in Camp Ritchie bzw. Camp Sharpe war, sondern die redaktionelle Oberhoheit bei großangelegten deutschsprachigen USPropagandaunternehmungen an der europäischen Süd- und Westfront innehatte, Flugblätter konzipierte und persönlich im Radio sprach; Leute wie Jacob Tennenbaum, ein junger, jüdischer Nähmaschinenhändler aus Wien, der während des Kriegs zum Chef-Nachrichtenoffizier der Kampfpropagandaabteilung der 1. USArmee und zu einem der führenden „Moralanalysten“ in Bezug auf die feindliche Wehrmacht aufstieg; Leute wie Emanuel Rapoport, ein studierter Ingenieur, der auf Lautsprecheransagen und „Moralverhöre“ von deutschen Landsern spezialisiert war; Leute wie Francis Seidler, ein dem Ständestaat-Regime nahestehender Journalist und Verhörsoldat, der auch in kontroverse besatzungspolitische Aktivitäten involviert war; oder Leute wie Kurt Wittler, ein gelernter Blechschlosser, der als führender Redakteur und Texter der Propagandatruppe von George Pattons 3. USArmee in der Königsdisziplin der psychologischen Kriegsführung, dem taktischen Flugblatt, reüssierte. Die vielseitige und einfallsreiche Tätigkeit dieser und anderer dramatis personae und ihre Propagandawerke werden hier nicht nur beschrieben, sondern mit diskursanalytischen und kulturwissenschaftlichen Methoden und Ansätzen vertieft. Und auch wenn die Kampfpropaganda von geflohenen Österreichern in US-Uniform militärisch gesehen eine unbedeutende Nebenfront des Kriegs, eine Art virtual reality, darstellte, die nur eine kleine Minderheit von feind-

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Einleitung

lichen Kämpfern psychologisch umgedreht hat: In symbolischer, ideengeschichtlicher und kultureller Hinsicht ist dieser „Widerstand von außen“ bemerkenswert. Die prägenden Akteure dieses Buchs sind Stimmen des „anderen Österreich“, jüdische Stimmen vor allem. Stimmen des Widerstands, die trotz der eng gesteckten Grenzen der Propagandawirksamkeit zwischen 1943 und 1945 von tausenden, ja zehntausenden deutschen und österreichischen Wehrmachtssoldaten und Zivilisten gehört wurden. Diese Stimmen erinnerten die deutsche „Volksgemeinschaft“ eindringlich daran, dass dort draußen auch andere Kräfte und andere „Wahrheiten“ am Werk waren als jene, die ihre Heimat und halb Europa in den Abgrund geführt hatten. Doch Achtung! Als Historiker darf man nicht der Versuchung erliegen, diesen transnationalen (Exil-)Widerstand31 zu sehr durch die österreichpatriotische Brille zu betrachten sowie „Ambivalenzen zu harmonisieren oder sich nur das herauszupicken, was politisch genehm“ ist.32 So kämpfte nicht jeder exilösterreichische Propagandasoldat mit dem Herzen für Österreich – viele kämpften mehr gegen Hitler oder für ihr amerikanisches Gastland. An ihr Herkunftsland hatten die aus Österreich stammenden (und zum Großteil jüdischen) Sharpe Boys ja nicht nur positive Erinnerungen. Dies wirkte sich natürlich auf die Motive für den Propagandakampf in US-Uniform aus. Treffend bezeichnet Christian Staas den Widerstand gegen Hitler als buntes, mitunter auch kognitive Dissonanzen erzeugendes Wimmelbild.33 Bei der auf und gegen Deutschland gerichteten Exilpropaganda auf westalliierter Seite kamen zudem viele Stimmen zu Wort und der eine oder andere Wortführer war nach heutigen Maßstäben alles andere als ein lupenreiner Demokrat oder prinzipientreuer Antifaschist. Bei all meinen persönlichen Sympathien für den kreativ und feurig geführten geistigen Kampf von klugen Exilanten gegen die Barbarei des Nationalsozialismus will dieses Buch nicht der naiven Idealisierung der austro-amerikanischen Mediensoldaten der US-Armee das Wort reden. In Hinblick auf diese bunte Personengruppe stelle ich mir daher vor allem die Frage „nach den Handlungsspielräumen eines jeden Einzelnen, ob Kommunist oder Christ, Zivilist oder Offizier, Demokrat oder nicht“.34 Dieser jeweilige persönliche Spiel- und Manövrierraum wurde von den historischen Akteuren mitunter sehr unterschiedlich ausgenutzt und ausgestaltet. So werde ich auf den folgenden Seiten so manche persönliche Heldensaga relativieren und so manchen Propagandatriumph in einem anderen, neuen Licht erscheinen lassen. Dieses Werk stellt wie erwähnt nicht nur eine von zwei Buchpublikationen des umfangreichen Ritchie-Boys-Projekts dar. Es knüpft auch an meine biografischen Überblicksarbeiten zum Wirken von Exilösterreichern in US-Kriegsinstitutionen des Zweiten Weltkriegs an35 und verbindet ausgewählte Fallstudien über die Propagandaartisten aus Camp Ritchie und Camp Sharpe mit der Ereignisgeschichte

„Schüsse sind mein Applaus“ – Paul Eisler im Einsatz

und der Propagandaforschung. Wie bereits im auf nachrichtendienstliche Akteure fokussierenden Band von Robert Lackner wurden darüber hinaus sämtliche biografischen Informationen über den schulischen, beruflichen und militärischen Werdegang aller im Feld der psychologischen Kriegsführung eingesetzten Österreicher in einer Datenbank erfasst. Während bei Lackner insgesamt 494 österreichstämmige Ritchie Boys, also vor allem klassische Kriegsgefangenenverhörer, aufgelistet sind,36 habe ich aus seinem Gesamtsample 41 Sharpe Boys, also Kampfpropagandisten, herausgefiltert. Unter Letzteren befanden sich 24 Juden, acht Protestanten (im weiteren Sinne) und vier Katholiken sowie ein Soldat ohne Bekenntnis.37 Die auf den folgenden Seiten dargestellten Fallstudien zu dieser Personengruppe werden am Ende durch Kurzbiografien zu allen 41 Akteuren ergänzt. Aus dem „Heer von Gestalten im Hintergrund“ (Daniel Kehlmann)38 können hier aber nur einige wenige Menschen herausgegriffen und in Form einer detaillierten Kriegsbiografie vorgestellt werden. Viele Schicksale, Dramen, Anekdoten und Erfolgsgeschichten verbergen sich nach wie vor hinter hunderten Datenbankeinträgen und einem riesigen Wust aus digital fotografierten Akten. Nicht alle exilösterreichischen Ritchie&Sharpe Boys haben zudem Memoiren oder nachhaltige Spuren in Dokumenten hinterlassen. Sie bleiben als historischer Akteur sowie als erlebendes Wesen fast völlig im Dunkeln. Wie Millionen anderer Soldaten des Zweiten Weltkriegs liefen und laufen diese Männer Gefahr, nur als „Flecken flatternden Lebens, aus denen ein Vogelschwarm bestand“, wahrgenommen zu werden.39 Daher habe ich versucht, dem Bild, das Lucien Fevbre von einem mitfühlenden Historiker zeichnet, gerecht zu werden und die Geschichte der hier ins Licht geholten Menschen stellvertretend für alle anderen mit Leidenschaft zu erzählen: Wer immer behauptet Historiker zu sein, und sich nicht bemüßigt fühlt den Menschen aufzuspüren, wo dieser auch verborgen sein mag, den lebenden, fühlenden Menschen voller Leidenschaft, Feuer und Temperament – der ist ein stumpfer Geist.40

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1 Die Experimentalphase: Erste Propagandaeinsätze im Mittelmeer und Gründung eines innovativen „Psywar“-Camps in Gettysburg 1.1 Exzentrische „Confetti Soldiers“: Zur kritischen Lage der militärischen USPropaganda zu Kriegsbeginn [T]he precipitous entry of the United States into total war and the ­consequent rapidity with which matters had to be organized, allowed little opportunity to train men in the skills appropriate to sykewar [i. e. psycho­ logical warfare], most of which are normally acquired by sustained work over a long period. Here, as elsewhere, improvisation was the normal procedure. Daniel Lerner 1 [They are] aggressively imaginative and administratively irresponsible ­symbol-manipulators, representing the war’s disorganized „characters“. Derselbe über bestimmte Kampfpropagandisten der US-Armee 2

Beschäftigt man sich heute mit der schier unüberblickbaren Menge an Flugblättern, Rundfunkmanuskripten, Lautsprecheransagen und anderen Propagandaappellen, welche die US-Armee während des Zweiten Weltkriegs an die gegen sie kämpfenden Streitkräfte gerichtet hat, so ist es erstaunlich, dass in den Reihen des Generalstabs des War Department im Jahr 1941 nur ein einziger Offizier mit nennenswerter Propaganda-Erfahrung anzutreffen war.3 Von einer bereits im (Vor-)Kriegsmodus operierenden Abteilung für Psychologische Kriegsführung und Kampfpropaganda waren die amerikanischen Streitkräfte zu dieser Zeit noch weit entfernt. Dass die Entscheidungsträger im Kriegsministerium und im Heer lange Zeit zögerlich mit der Waffe namens Propaganda umgingen, ist ein bemerkenswerter Befund, wenn man bedenkt, dass die Armee der Vereinigten Staaten die mit Abstand traditionsreichste Propagandainstitution des Landes ist. Obwohl man in diesem Fall noch kaum von den Taten einer institutionalisierten US-Streitmacht sprechen kann, hat man auf amerikanischer Seite bereits in den Revolutionskriegen Versuche unternommen, deutsche Soldaten, die für die Briten kämpften, mittels Überzeugungsarbeit zur Desertion zu bewegen.4 Im Ersten Weltkrieg wiederum betrieb der Nachrichtendienst der US-Armee (Military Intelligence Division, MID bzw. G-2)5 unter Federführung von umtriebigen Offizieren wie Heber Blankenhorn aktiv Kampfpropaganda gegen die Mittelmächte. Blankenhorn, ein Gewerkschaftsjournalist und findiger Kopf, der im Zweiten Weltkrieg ein bemerkenswertes Comeback als Meinungsmacher feiern sollte, war damals Leiter der „Psychologic

Exzentrische „Confetti Soldiers“

Subsection under MI-2, Military Intelligence Branch, Executive Division, War Department General Staff“6 und kommandierte ab Sommer 1918 die Propagandaabteilung G-2D beim Stab der amerikanischen Expeditionsstreitkräfte in Europa.7 Diese aus nur zwei Dutzend Mann (darunter befand sich übrigens der später zu Berühmtheit gekommene Walter Lippmann) bestehende „Press and Censor­ ship“-Einheit schuf das erste US-Kampfpropagandaflugblatt des Kriegs. Mit einer Auflage von 2.000 Stück richtete es sich an österreichisch-ungarische Soldaten, die in der Nähe des französischen Orts Richecourt gegen die Alliierten kämpften und angeblich mit großem Interesse das Flugblatt studierten.8 In Folge wurden binnen weniger Wochen drei Millionen Flugblätter mit einfallsreichen Mitteln an den feindlichen Mann gebracht.9 Die Psychological Subsection des US-Militärnachrichtendiensts analysierte und evaluierte wiederum die Wirkungen solcher Texte auf die feindlichen Truppen und Zivilisten10 – diese gegen Ende des ersten Weltkriegs begonnene und ab 1943 wieder aufgenommene Arbeit solcher „Moralanalysten“ im Dienst der US-Armee wird auch in diesem Buch intensiv behandelt werden. Da jedoch zwischen 1918 und 1941 kein „psychological warfare office“ innerhalb der Armeestrukturen existierte, ging dieses Wissen aus dem Ersten Weltkrieg weitgehend wieder verloren und musste quasi neu erlernt werden.11 Trotz der gesammelten Erfahrungen und Teilerfolge in Bezug auf psychologische Kriegsführung im Feld hatte Propaganda als Kommunikationstechnik in Folge also einen schweren Stand in den USA. Im militärischen Bereich gab es dafür materielle und strukturelle Gründe: Da die in der Zwischenkriegszeit chronisch unterfinanzierte und schlecht ausgerüstete US-Armee12 in der Frühphase des Zweiten Weltkriegs sich mehr mit der existenziellen Frage der Wiederaufrüstung und Massenmobilisierung als mit der scheinbar unwichtigen Frage der Propaganda befasste, überließ sie das Feld der psychologischen Kriegsführung zunächst weitgehend den zivilen Institutionen: nämlich dem Office of War Information (OWI) und dem Kriegsgeheimdienst Office of Strategic Services (OSS) mit seiner Abteilung für psychologische Kriegsführung.13 Während das vom Journalisten Elmer Davis geführte und der Roosevelt-Regierung ideologisch nahestehende OWI als staatliche PR-Agentur offizielle Kriegsinformationen – sogenannte „weiße Propaganda“ – produzierte, trat die Propagandasparte des vom hochdekorierten Kriegshelden und unorthodoxen Republikaner William Donovan geleiteten OSS subversiv und aggressiv auf und schreckte auch vor Desinformation und Fake News – der „schwarzen Propaganda“ also – nicht zurück.14 Doch wirkten sich hier nicht nur die wirtschaftlichen und militärstrategischen Zwänge der Armee sowie die Vorherrschaft ziviler Kräfte ungünstig aus. Vielmehr gab es auch starken gesellschaftlichen Widerstand gegen jeglichen staatlich sanktionierten Einsatz

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Die Experimentalphase

von Propaganda. In den Augen vieler Amerikaner pervertierten die teils offen rassistischen antideutschen Hetzkampagnen des für Inlandspropaganda zuständigen Committee of Public Information während des Ersten Weltkriegs die idealistischen und moralisch hochtrabenden Grundsätze der Präsidentschaft Woodrow Wilsons. Das Wort Propaganda war seitdem „beschädigt“ und im gesellschaftspolitischen Diskurs der Nach- und Zwischenkriegszeit zum Reizwort geworden. Als die Nationalsozialisten in den 30er-Jahren den Propagandabegriff offensiv für sich in Anspruch nahmen und sogar ein ganzes NS-Ministerium danach benannten, wuchs dieses Misstrauen umso mehr. Im historischen Bericht der Abteilung für psychologische Kriegsführung der 12. Armeegruppe wird mit klagendem Unterton darüber berichtet, dass Propaganda in der amerikanischen Gesellschaft vor dem Zweiten Weltkrieg generell als „outlaw“ und „malignant factor in life, whether during peace or war“ betrachtet wurde.15 Das breite Misstrauen gegenüber diesem wenig erprobten Instrument der Kriegsführung kam dem tief verwurzelten Konservativismus vieler Militärs und ihrer ablehnenden Haltung gegenüber jeglicher Neuerung natürlich entgegen. Warum sich die Finger verbrennen mit einer Kriegswaffe, die kaum bekannt, kaum erprobt und noch dazu allgemein unbeliebt ist? Oder wie Allan Winkler es ausdrückt: At the start of World War II the possibility of a role for military propaganda seemed remote indeed. American military officials, understandably skeptical of any unproven techniques, had to be persuaded of the ultimate utility before they would make any moves.16

Es gehörte damals zum inhaltlichen Mainstream der US-Streitkräfte, Propaganda nicht als geistige und sozialkommunikative Waffe zu betrachten, welche die konventionelle militärische Kriegsführung unterstützte – oder in manchen Fällen sogar ersetzte –, sondern in ihr mehr eine lästige, zeitgeistige Grille oder moralisch verwerfliche Erscheinung zu sehen, die den Erfolg im Krieg eher verhindert als beschleunigt. Letztlich interessierten sich die meisten Offiziere für praktischere, unmittelbarere und greifbarere Dinge als den Krieg der Worte.17 Und selbst dann, wenn die psychologische Kriegsführung sich im Einsatz bewährte, zog dies nicht automatisch Anerkennung nach sich. So zitiert ein 1942/43 in Nordafrika als Frontpropagandist eingesetzter OWI-Mitarbeiter die schroffen Worte eines ranghohen US-Kommandeurs, der sich an eine vor Ort tätige Kampfpropagandaeinheit gewandt hatte: Look, you confetti soldiers! I’ve had this division for 20 months teaching them how to

kill the enemy with rifles, machine guns, hand grenades and mortars. You’ll ruin their

Exzentrische „Confetti Soldiers“

morale if you show them how prisoners can be taken with little pieces of paper. Why don’t you go and cut your paper dolls back in Algiers?18

Neben der allgemeinen Skepsis gegenüber dem Einsatz von Propaganda waren auch zwischenmenschliche Gründe und soziologische Faktoren im Spiel: Viele Offiziere der westalliierten Invasionsstreitkräfte in Europa, darunter etwa General Eisenhowers knorriger und scharfsichtiger Stabschef Walter Bedell Smith,19 stuften die Propagandaleute als „exzentrische Primadonnen“ und „verrückte Randgruppe“ ein20 (oft taten sie das nicht ganz zu Unrecht). Als „Konfettisoldat“ hatte man es innerhalb der US-Armee in der Frühphase des Kriegs also nicht leicht. Dennoch gab es vereinzelte Initiativen, die vorausschauend auf die Einrichtung einer militärischen Propagandaabteilung abzielten. So hatte das War Department bereits Ende 1940, also ein Jahr vor Kriegseintritt, eine Studie über Propaganda als „little understood weapon in war“ ausarbeiten lassen. Neben anderen grundlegenden Überlegungen zu Funktion, Aufgaben und Struktur von möglichen Kriegspropagandaeinheiten unter militärischer Führung machte sich deren Verfasser, Major Robinett, auch Gedanken über das künftige Personal von „Publicity“-Truppen: There are certain basic qualifications which must be possessed by all publicity personnel if the work is to be successfully accomplished. Each individual must have natural apti-

tude for the work in addition to basic training and technical proficiency in the medium

through which he works. In addition to these qualifications, these personnel must have a thorough knowledge of the group to whom they are to appeal. If the product is intended for allied, neutral, or enemy countries, they should have a thorough knowledge of the language, habits, customs, geography, history, and the ethnological, social, political, economic, labor, religious, psychological, and military conditions of the countries concerned.21

Auf die künftige Einbettung soldatisch ausgebildeter Psychokrieger und PR-Spezialisten in die Kampfhandlungen regulärer Truppen wird im Propaganda-Grundsatzpapier ebenfalls eingegangen: „Military personnel engaged in publicity work with the troops“, so Robinett, „will be thouroughly trained in the arm to which they pertain. They will be selected from among those who have had appropriate training in one or more of the mediums of publicity [and] who have demonstrated by actual performance an aptitude in the arm or service they are to cover. They will live and work and fight with the unit to which assigned.“22 Wer konnte dem Desiderat eines „gründlichen Wissens“ über die Propagandaempfänger besser gerecht werden als jene intellektuell oder sprachlich oft hervorragend aufgestellten NS-Flüchtlinge, die kurz zuvor noch im Herzen der (zu erwartenden) Feindnation, dem Deutschen

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Reich, lebten und sich nun in den USA aufhielten, wo sie teilweise bereits den amerikanischen Waffenrock23 trugen? Robinetts Studie wurde jedoch nicht – wie ursprünglich geplant – als Grundlage oder „field manual“ für die Durchführung erster kriegsvorbereitender Maßnahmen in psychologischer Kriegsführung verwendet, sondern wegen der damals vorherrschenden militärischen Prioritäten und der für Propaganda ungünstigen Meinungslage in der Bevölkerung für „zukünftige“ Aktivitäten auf die lange Bank geschoben24 – der Reformdruck war offensichtlich noch nicht hoch genug und von der Ausbildung und Aufstellung erster Kampfpropagandatruppen war man noch weit entfernt. Mitte 1941 – zeitgleich zur Gründung des zivilen Coordinator of Information (COI, Vorläufer des OSS) als ersten zentralen, auch Auslandspropaganda betreibenden Geheimdienst – kam es auf Armeeseite dann doch zu konkreten Schritten auf dem Terrain der psychologischen Kriegsführung. So gelang es dem Assistant Secretary of War, John McCloy, einem der wenigen sich Gehör verschaffenden Propaganda-Befürworter, dem Generalstabschef George C. Marshall das Plazet zur Errichtung einer geheimen Special Studies Group (SSG) für psychologische Kriegsführung abzuringen.25 Diese Begriffe wie „Propaganda“ und „control of opinion“ in ihrem Namen tunlichst vermeidende Gruppe26 sollte nachrichtendienstliche Koordinationsaufgaben übernehmen und dafür sorgen, dass Planungen zur psychologischen Kriegsführung bei Aktivitäten und „Policy“-Maßnahmen des War Department berücksichtigt werden. Die vom Offizier Percy G. Black geleitete SSG sollte in Propagandaangelegenheiten der Armee zuarbeiten, als Bindeglied zu zivilen Propagandaämtern (dazu gehörte auch das auf Mittel- und Südamerika ausgerichtete Office of the Coordinator of Inter-American Affairs) fungieren und unter anderem Ausgaben der Newsweek- und der Life-Magazine nach Europa schicken,27 um der NS-Bildpropaganda publizistisch und psychoästhetisch entgegenzutreten.28 Da diese eher akademische, in einer verwaisten Unterrichtsstube der George Washington University ihren „Stützpunkt“ habende, Studiengruppe keinen Draht zu militärischen und journalistischen Schlüsselfiguren fand und weder über gestalterisches Pouvoir noch Strukturen bzw. Räumlichkeiten verfügte, erwies sie sich letztlich als wenig einflussreich. Nur lose mit dem COI kooperierend, spielte sie angesichts des Wildwuchses von mindestens neun kaum aufeinander abgestimmten Institutionen, die in Washington In- oder Auslandspropaganda betrieben, keine wichtige Rolle.29 Die US-Armee, so resümiert Clayton D. Laurie, „failed to establish early control of propaganda and let it slip to the COI, OWI and OSS, all of whom were unwilling to cooperate with the military services“.30 Nach dem Kriegseintritt der USA begann sich der oberste Generalstab ( Joint Chiefs of Staff ) aus purer Notwendigkeit heraus mehr für militärische Propaganda

Exzentrische „Confetti Soldiers“

zu interessieren, und im Frühjahr 1942 knüpfte das Joint Psychological Warfare Committee mit der Gründung der Psychological Warfare Branch des Militärnachrichtendiensts G-2 (PWB/G-2) an die erfolglose SSG an.31 Das hier verwendete Kürzel PWB/G-2 ist übrigens nicht gleichzusetzen mit den letztlich viel bedeutenderen „PWB“-Kampfpropagandaeinheiten im Feld, bei denen die Protagonisten dieses Buchs schließlich scharenweise zum Einsatz kamen. Nicht zuletzt weil Militärbzw. Kampfpropaganda seit dem Ersten Weltkrieg zum Zuständigkeitsbereich des Armeenachrichtendiensts gehörte,32 wurde PWB/G-2 der ebenfalls Anfang 1942 neu aufgestellten und verschlankten Military Intelligence Division zugeteilt, die mit dem Military Intelligence Service (MIS) einen eigenen operativen Arm bekommen hatte.33 Der MIS zeichnete auch für die Ausbildung der Aufklärungs- und Propagandasoldaten in Camp Ritchie und später in Camp Sharpe – der „Helden“ dieses Buchs – verantwortlich. Die unter dem Kommando des kosmopolitischen West-Point-Absolventen und Geschäftsmanns Oscar Solbert stehende PWB/G2-Abteilung arbeitete ein paar Pläne und Papiere für die US-Armee aus, lieferte täglich eine brauchbare Analyse der Propaganda der Achsenmächte und legte auf Grundlage der bisherigen „lessons learned“ ein Combat Propaganda Bulletin vor.34 Letztlich erwies sich diese PWB/G-2-Stelle ebenfalls als kurzlebig und zahnlos und wurde von MID/MIS Ende 1942, also mitten im Krieg, aufgelöst. Solbert war es als politisch ungeschicktem „messenger boy“35 nicht gelungen, den Informationsfluss zwischen dem zivilen OWI und der Armee zu sichern, geschweige denn konkrete Propagandaoperationen vorzubereiten. Während etwa die ersten US-Kampftruppen und eine Vorhut von (vornehmlich zivilen) US-Propagandisten in Nordafrika anlandeten36 und das OWI mit „full-scale U. S. propaganda operations“ im Bereich des Rundfunks die Invasion begleitete,37 bestaunte der darüber nicht informierte Propaganda-Colonel herausgeputzte Huftiere in New York.38 Ende Dezember 1942 gelang es dem mit dem OWI rivalisierenden OSS dank der berühmten Generalstabsdirektive „JCS/155/4/D“, kurzzeitig mit der alleinigen Durchführung der militärbezogenen psychologischen Kriegsführung gegen den Feind betraut zu werden. Dies bedeutete den Todesstoß für die PWB/G-2-Abteilung Solberts – just zu jenem Zeitpunkt, als die Amerikaner im Mittelmeerraum Fuß zu fassen begannen, schienen die US-Armee bzw. ihre G-2-Sparte nun zu einem unbedeutenden Akteur der psychologischen Kriegsführung degradiert worden zu sein.39 „Prior to the Torch operation“ (i. e. der angloamerikanischen Landung in Nordafrika), so liest man in den Akten, „the Army had prepared no psychological warfare plan for that campaign; it had made little, if any provision for personnel with proper training and background for propaganda or political intelligence functions; it provided no equipment table for psychological warfare needs.“40

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Auch die für Propaganda zuständige MID/MIS bzw. der G-2-Stab im War Department unternahm zu dieser Zeit in der Sache wenig bis gar nichts. Zwar wurde im Juli 1942 das bereits erwähnte und im Anhang von Robert Lackner genauer beschriebene MITC Camp Ritchie in Maryland gegründet. Hier unterrichtete die US-Armee zwischen Juli 1942 und Oktober 1945 mehr als 20.000 Personen in verschiedenen nachrichtendienstlichen Disziplinen. In Camp Ritchie war auch die militärische Propagandaausbildung beheimatet und an diesem bemerkenswert bunten Ort erhielten zahlreiche exilösterreichische Protagonisten dieses Buches noch vor ihrer späteren Propagandakarriere einen nachrichtendienstlichen Grundkurs mit dem Schwerpunkt deutschsprachige Kriegsgefangenenbefragung („IPW, German“). Doch obwohl in diesem „Mutterlager“ bereits deutsche und österreichische Exilanten mit einigem Aufwand und immer umfassender gestalteten Curricula für nachrichtendienstliche Einsätze und Kriegsgefangenenverhöre ausgebildet wurden,41 wird der Bereich „Propaganda“ im Tentative Manual des MITC im November 1942 in ein paar Zeilen abgehandelt: The objectives of propaganda are to stir up opposition to the war, the government, and the army within the enemy country and to turn public opinion in neutral countries against

the enemy. The object of counterpropaganda is to prevent the enemy from injuring or

destroying within our own country or its armed forces the will to fight. Propaganda and counterpropaganda are functions of theatre operations [of ] G-2.42

Dennoch waren armeeintern die Dinge mittlerweile in Bewegung geraten. Die längst überfällige Einrichtung eines professionell aufgestellten Zweigs für psychologische Kriegsführung innerhalb des Militärapparats bzw. der G-2-Abteilung wurde letztlich vor allem durch die Entwicklungen im Kriegsgebiet erzwungen. Ein wichtiger Impulsgeber und „Treiber“ waren hierbei die Schaffung und Aktivitäten der sogenannten Psychological Warfare Service/Allied Forces Headquarters (PWS/AFHQ). Diese zwischen Juli und Oktober 1942 in London gegründete westalliierte Gemeinschaftsunternehmung sollte die Propagandamaßnahmen der Briten und Amerikaner am künftigen Invasionsschauplatz in Nordafrika optimieren und lenken. Die PWS/AFHQ wurde zunächst nur von britischen Propagandisten der Psychological Warfare Executive und von ein paar einzelnen PWB/G-2-Leuten sowie OWI-Mitarbeitern getragen.43 Im Vorfeld der Operation TORCH setzte der Oberbefehlshaber der Invasionsstreitkräfte, General Dwight D. Eisenhower, den – in Propagandafragen völlig unerfahrenen und dem Alkohol nicht abgeneigten44 – US-Kavallerieoffizier Charles B. Hazeltine als Leiter der PWS/AFHQ ein.45 Ihm standen anfangs je zwei OWI- und OSS-Propaganda-

Exzentrische „Confetti Soldiers“

führungskräfte mit medialer bzw. geheimdienstlicher Expertise zur Seite. Rasch zeigte sich jedoch, dass die ideologisch-linksliberale Ausrichtung der Radio- und Printpropaganda des OWI nur schwer mit den pragmatisch-nüchternen Zielen der US Army in Einklang zu bringen war: Während die Invasionsarmee sich nach kurzem Widerstand der Franzosen auf einen Waffenstillstands-„Deal“ mit dem in Marokko und Algerien stehenden französischen Kolonialheer unter Admiral François Darlan einigte,46 lehnten sich zivile Propagandamitarbeiter offen gegen diesen „Pakt mit dem Teufel“, der ihrer Meinung nach die westalliierten Ideale verraten würde, auf. Der Pragmatismus des US-Diplomaten Robert Murphy und der Generäle Dwight Eisenhower und Mark Clark hatte zwar die Kämpfe vorzeitig beendet und unzählige Menschenleben gerettet,47 doch einige fest an ihre politische und aufklärerische Mission glaubenden OWI-Propagandisten gaben ihren gesinnungsethischen Impulsen hemmungslos nach: Sie starteten eine Art Gegenkampagne und stachen kompromittierendes Material über den „Faschisten“ und NS-Kollaborateur Darlan und die Verbrechen des Vichy-Regimes an alliierte Kriegskorrespondenten durch. Der Deal mit dem Admiral wurde von den OWI„Liberals“ in Folge lautstark kritisiert.48 Aufgrund des daraus resultierenden amerikanischen Public-Relations-Debakels versuchte die Militärführung in Folge die Daumenschrauben im Bereich der Propaganda Policy anzudrehen und stellte die PWS/AFHQ unter die Oberaufsicht von General Robert A. McClure, der die sogenannte Information, News and Censorship Division (INC) leitete.49 Nun unter dem Namen Psychological Warfare Branch/Allied Forces Headquarters (PWB/AFHQ) firmierend und der INC unterstellt, sollte die PWB/AFHQ im „Mediterranean Theater of Operations“ (MedTO) als übergeordnete Koordinationsstelle und Clearing House fungieren und jegliche taktische und strategische Propaganda britischer oder amerikanischer Herkunft unter ihre Fittiche nehmen. Die Organisationsstruktur der PWB/AFHQ war im Vergleich zu ihrem bedeutenderen und schlagkräftigeren Nachfolger in Nordwesteuropa, der Psychological Warfare Division (PWD/SHAEF), noch nicht ausgereift und die ihr formell unterstellten Mitarbeiter der zivilen Ämter arbeiteten oft nach eigenem Gutdünken oder standen sich aus ideologischen Gründen und Konkurrenzdenken gegenseitig im Weg.50 Zudem dominierten die Vertreter der nichtmilitärischen Propagandaämter wie OWI und OSS vor allem in der experimentellen Anfangsphase „all aspects of psychological warfare in the Mediterranean theater“.51 Obwohl die US Army im Gegensatz zu anderen Kriegsinstitutionen ein Nachzügler im Bereich der Kampfpropaganda im Feld war und einige heftige Sträuße mit den nichtmilitärischen Propagandakriegern und Medienexperten auszufechten hatte, war die Einrichtung der PWB/AFHQ aus Sicht des amerikanischen

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Heeres und des War Department in vielerlei Hinsicht bahnbrechend. Als Steuerungsorgan und „Policy Maker“ war die PWB/AFHQ nicht nur für sämtliche militärischen, geheimdienstlichen und zivilen Propagandaoperationen im Mittelmeerraum zuständig. Die soldatisch geführte und zunehmend unter amerikanische Kontrolle geratende52 PWB/AFHQ bzw. ihr Vorläufer PWS/AFHQ waren am nordafrikanisch-südeuropäischen Kriegsschauplatz zumindest de jure der Taktgeber und die Drehscheibe für konzertierte Medienaktivitäten und beeinflussten dadurch auch die militärpolitischen Geschehnisse in den USA. Für die ersten großen Operationen der PWS/AFHQ brauchte die US-Armee dringend soldatisch ausgebildete Kampfpropagandisten, welche die regulären Truppen durch psychologische Attacken auf die Deutschen unterstützen sollten: „Military exigencies in the North African Theatre of Operations, in 1942, required a unit which could be sent into the field and function as a Combat Propaganda Team.“53 Auch wenn mit Ende 1942 beileibe noch nicht alle Fragen innerhalb des Militärapparats in Bezug auf Rolle, Bedeutung und Anwendung von Kampfpropaganda geklärt waren, erschallte also vom nordafrikanischen Kriegsschauplatz der unüberhörbare Ruf nach armeeeigenen Psychokriegern. Er wurde letztlich gehört: im War Department, in der Military Intelligence Division und nicht zuletzt im Intelligence-Ausbildungslager Camp Ritchie. Bereits seit Frühjahr 1942 hatte ein – vermutlich von der PWB/G-2-Abteilung des MIS entwickelter54 – Plan für die Einrichtung einer solchen Kampfpropagandakompanie in den Washingtoner Schubladen gelegen.55 Schließlich wurde auf Grundlage dieses sehr ambitionierten Konzepts in Camp Ritchie im Dezember 1942 die anfänglich aus zwei „Radio Sections“ bestehende First Combat Propaganda Company (später First Mobile Radio Broadcasting Company) gegründet, die im nächsten Abschnitt näher beleuchtet wird. Die in dieser Form völlig neuartige Truppe sollte taktische Frontpropaganda produzieren und den jeweiligen Armeeverbänden am Kriegsschauplatz zuarbeiten. Ein auf der 1940 erschienenen Propagandastudie von Major Robinett basierendes und im Herbst 1942 erschienenes Ausbildungshandbuch namens Combat Propaganda Company erwies sich hierbei als sehr hilfreich, da es bereits die organisatorischen Grundzüge der zwischen 1943 und 1945 in Europa eingesetzten Kampfpropagandakompanien vorwegnahm56 – also jener Spezialtrupps, bei denen die Protagonisten dieses Buchs später unterkommen sollten. Die US-Armee stieg nun spät, aber doch als zentraler und professioneller Akteur in den Krieg der Worte, Bilder und Klänge ein und stellte entscheidende strukturelle und personelle Weichen für ihre eigene „Propaganda Branch“.57 Für eine Gruppe von intellektuell, sprachlich oder kulturell avancierten österreichischen Exilanten in den USA sollten sich diese Entwicklungen spürbar auf

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

die eigene Kriegsbiografie auswirken. Dienten die meisten der insgesamt rund 7.000 Österreicher in der US-Armee während dem Zweiten Weltkrieg zunächst als gewöhnliche Mannschaftssoldaten, erkannten die Kriegslenker und die MID/ MIS-Führung in Washington mit Fortdauer des Konflikts das kriegsrelevante und vor allem geistige Potenzial dieser Bevölkerungsgruppe und lotste sie in Scharen ins nachrichtendienstliche Ausbildungslager Camp Ritchie.58 Dies wirkte sich nicht nur für hunderte österreichstämmige Nachrichten- und Verhörsoldaten (also die klassischen, auf militärische Aufklärung spezialisierten Ritchie Boys), sondern vor allem auch für 41 exilösterreichische Kampfpropagandisten weitgehend positiv aus: Anstatt als einfache Schützen in den staubigen Infanterielagern im provinziellen Süden der USA ein frustrierendes und ihren wahren Talenten und Fähigkeiten Hohn sprechendes Soldatendasein zu führen, sollten diese begabten und nicht selten verhaltenskreativen Menschen nun als Propagandakrieger und „media soldiers“ in Erscheinung treten. Eine glückliche Fügung für Gastland und Gäste also.

1.2 Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies und die Lehrzeit der US-Kampfpropagandisten in Nordafrika und Italien Since this was the first attempt in the history of the United States Army to put such an organization into the field there was little information or experience of a practical nature which could be formulated to establish a basis of precedent. Consequently, the activation of this unit was a combination of logical needs and illogical experimentation. (Darrell Rathbun, Kommandeur der First Mobile Radio Broadcasting Company)59

Ende 1942 machte man sich im War Department nun also erstmalig und ernsthaft daran, einen militärischen Ausbildungs- und Operationszweig in psychologischer Kriegsführung zu implementieren und hierfür spezielle Truppenkörper aufzustellen. Die ersten organisatorischen Vorreiter waren hierbei im Lager der Funker und Radiotechniker zu finden: Im Vorfeld der Invasion in Nordafrika wurden vermutlich in Camp Pickett die je 30 Mann starken und hervorragend ausgestatteten First and Second Broadcast Station Operating Detachments (BSODs) geschaffen. Sie rekrutierten ihr Personal noch weitgehend aus den „radio technical specialists“ des Signal Corps und fungierten als Teil der Western Task Force im Maghreb eher als eine Art Rundfunkdienst und weniger als breit aufgestellte Propagandaeinheit im Sinne von umfassender Medien- und Textproduktion.60 Doch die militärischen Notwendigkeiten im „North African Theater“ und die der modernen Kriegsführung inhärente Totalität61 erforderten den Einsatz einer weiteren Einheit, die als

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Die Experimentalphase

vollwertiges Combat Propaganda Team die Kampfhandlungen der Westalliierten durch geistige und multimediale Angriffe unterstützen würde. „This unit“, so schreibt einer der ersten gefechtserprobten Propagandapraktiker der US-Armee, would have to be complete with equipment to operate a mobile radio transmitter, suit-

able for broadcasting propaganda, either to enemy troops or to civilians in occupied areas. Additional equipment was to include printing equipment, also mobile, for the produc-

tion of propaganda leaflets and printed material within a short distance of the front […]; loudspeaker equipment with which propaganda messages could be directed at the enemy

within audible range; radio monitoring and recording equipment which would be used

as a source of material in current events necessary to the news analysts, script writers, and other propaganda technicians for the compilation of various propaganda themes.62

Neben den Rundfunkexperten und den Radiotechnikern sowie dem administrativen Personal sollte für eine derartige Truppe auch eine formidable „group of welleducated, experienced writers, radio announcers, and linguists“ rekrutiert werden.63 Das intellektuelle und produktive Anforderungsprofil für Soldaten dieser neuen Einheit entsprach genau den Qualifikationen jener gebildeten sowie (inter-)kulturell und sprachlich versierten „symbol manipulators“, die in den Baracken des Nachrichtenlagers Camp Ritchie reihenweise zu finden waren.64 Während zivile Propagandainstitutionen wie das Foreign Information Service des COI sowie dessen Nachfolger, die OSS/Morale Operations Branch bzw. das OWI, teilweise seit 1941 Ausländer und Neo-Amerikaner in Propagandajobs beschäftigten, wurden nun erstmals auch von Seiten der US-Armee systematisch und in größerer Zahl Menschen mit exileuropäischem – und vor allem deutschsprachigem – Hintergrund in den Krieg der Worte, Klänge und Bilder eingebunden. An die bereits erwähnten Planungen der PWB/G-2-Abteilung des War Department anknüpfend wurden daher in Camp Ritchie im Dezember 1942 die First&Second Signal Radio Service Sections (in Folge als Radio Sections geführt) gegründet. Diese aus je drei Offizieren und 39 Mannschaftssoldaten bestehenden und technisch modern ausgestatteten Abteilungen bildeten die First Combat Propaganda Company, die als experimentelle Urzelle der inhaltlich und technisch breit aufgestellten Propagandakompanien der US-Armee im Zweiten Weltkrieg gelten kann. War aufgrund der bereits erwähnten Präsidenten-Direktive JCS/155/4/D kurzzeitig das zivile OSS für Rekrutierung und Ausbildung der beiden Radio Sections zuständig gewesen, kehrten diese im März 1943 wieder in die Obhut des Military Intelligence Service und nach Camp Ritchie zurück. Mittlerweile war dort die bereits oben erwähnte dringende „Bestellung“ der britisch-amerikanischen Psy-

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

chological Warfare Branch des alliierten Hauptquartiers in Nord­afrika (PWB/ AFHQ) eingegangen. Als Reaktion auf das „verräterische“ Waffenstillstandsabkommen der französischen Kolonialmacht in Nordafrika waren Ende November 1942 deutsche und italienische Truppen in Tunesien gelandet. Nach den vergleichsweise harmlosen Scharmützeln im Zuge der Operation TORCH hatten die unerfahrenen GIs es nun mit einem anderen Kaliber zu tun: der deutschen Wehrmacht. Am Schlachtfeld benötigte man daher eine Einheit, die den regulären Kampf mit der Waffe in der Hand durch psychologische Attacken auf den Gegner unterstützen würde. Als direkte Reaktion darauf wurden im MITC Camp Ritchie nun die zwei bestehenden Radio Sections mitsamt ihrem hoch qualifizierten Personal um eine dritte Radio Section sowie eine Headquarters-Abteilung erweitert und am 19. April 1943 offiziell als First Mobile Broadcasting Company (1st MRBC) aus der Taufe gehoben. Kurz darauf befand sich diese Propagandatruppe im Krieg: Ready or not, the Mediterranean Theater of Operations was beckoning the 1st MRBC. There was a large army of German and Italian troops, hardpressed, but well-situated to put up an extended defense of Tunisia. They should be suffering a barrage of propaganda.65

Diese neue Truppe sollte im Mai als die erste operativ verwendete Kampfpropagandaeinheit der amerikanischen Militärgeschichte mit dem Schiff nach Nordafrika übersetzen66 – das folgenreiche Konzept der MRBC als „basic unit to prosecute tactical psychological warfare“ war geboren.67 Die MRBC war ein veritabler Wanderzirkus voller Wortartisten und Medientechniker. Wenn es etwa darum ging, eine eingekesselte Truppe deutscher Soldaten mit vor Ort angefertigten Flugblättern zum Aufgeben zu bewegen, wichtige feindliche Kommunikation abzuhören („monitoring“)68 oder Zivilisten im Operationsgebiet mit wichtigen USRundfunkansagen zu erreichen, waren die MRBC und ihre einschlägig geschulten Experten gefragt. Es waren intellektuell wendige Ritchie Boys, Literaten und Journalisten wie Hans Habe – eine zentrale Figur dieses Buchs, dessen bewegte Exilbiografie als „classical tale of twentieth century wartime dislocations“ gelten darf69 – sowie andere Medienexperten, die sich neben den amerikanischen Signal-Corps-Technikern und Radio-Bastlern in den Reihen dieser neuen Einheit wiederfinden sollten: The men had been carefully selected over a period of a year […]. Many personal inter-

views conducted at camps all over the States had assembled these men because of their

particular specializations and qualifications as linguists, writers, analysts, announcers, experienced in the ways of the Fascist regimes.70

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Über die einflussreiche und exzentrische Figur des exilösterreichischen Propaganda-Doyens Hans Habe wurde bereits viel geschrieben und viel fabuliert – auch und vor allem von ihm selbst.71 Habe ist einer jener sieben österreichstämmigen MRBC-Soldaten, die in unserer Ritchie-Boys-Datenbank bzw. unseren Akten im engeren oder weiteren Sinn als Journalisten aufscheinen.72 Doch trotz aller Bekanntheit wurde über ihn, den in den Kriegsmemoiren der Ritchie&Sharpe Boys immer wieder ehrfürchtig erwähnten Vollblutjournalisten und umtriebigen Medienorganisator,73 erstaunlich wenig in den Archiven selbst geforscht. So wird er etwa in einem zahlreiche militärgeschichtliche Fehler enthaltenden literaturwissenschaftlichen Beitrag als „Leiter der amerikanischen Psychological Warfare Unit“ im Zweiten Weltkrieg bezeichnet.74 Eine von Habe geleitete US-Einheit mit einem solchen Namen hat es nie gegeben, gleichwohl übte er in der Tat wichtige – und in Archiven gut dokumentierte – Funktionen im komplexen amerikanischen Propagandaapparat des Zweiten Weltkriegs aus. Theresia Klugsberger hat diese Forschungslücke zu weiten Teilen gefüllt und ihre Erkenntnisse werden im vorliegenden Band durch andere Quellen und Einblicke in Habes konkrete Propagandatätigkeit vertieft. Hans Habe wird als klassischer Vertreter der k. u. k. Monarchie am 12. Februar 1911 als János Békessy in Budapest geboren. Sein Vater, der nicht allzu integre Imre Békessy, baute später in Wien ein Zeitungs- und Boulevardimperium, bestehend aus „various scandal sheets“,75 auf, das unter anderem vom einflussreichen Sprach- und Kulturkritiker Karl Kraus heftig befehdet wurde.76 Seinem Sohn, so Habe, wurde vom väterlichen „Erpresser“ nichts mitgegeben „als die erdrückende Last eines besudelten Namens.“77 Letztlich blieb wohl etwas mehr übrig als Schimpf und Schande, nämlich die Hinwendung zum geschriebenen Wort: „Die Herkunft Hans Habes aus dem journalistischen Milieu spielte eine entscheidende Rolle für seinen Einsatz in der US Army“, so Klugsberger. „Voraussetzung dafür war, dass er sich der enormen Bedeutung jeglicher sprachlichen Organisation in den Propagandamaterialien, den schriftlichen und mündlichen, als ‚Durch-und-durch-Journalist‘ immer bewusst war.“78 Nach einem abgebrochenen Jus-Studium in Heidelberg beginnt in Wien Hans Békessys Entwicklung als Journalist und er sammelt Erfahrung in den verschiedensten Bereichen des Zeitungswesens. Er wird Redakteur bei Heim-

wehrblättern von Fürst Ernst Rüdiger Starhemberg, Zeitungsherausgeber (erfolglos), Auslandskorrespondent verschiedener Zeitungen beim Völkerbund und übersiedelt 1935

in dieser Funktion nach Genf, wo er u. a. einen Pressedienst herausgibt. Seinen Namen

ändert er auf Hans Habe, nicht zuletzt, um den Hinweis auf Békessy zu verbergen. Eine Episode seiner ersten Journalistenphase hebt er besonders hervor: die Entdeckung von

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

1932, dass Hitler eigentlich Schücklgruber heißt. In den USA, wohin er im Dezember 1940 als Emigrant ankommt, wird dies in den kommenden Jahren eines seiner

wichtigsten Markenzeichen. Er verwendet die entsprechende Titelseite der Zeitung als Beleg seiner von Beginn an antinationalsozialistischen Haltung, bis er schließlich ‚the Writer who Schicklegrubered Hitler’ wird.79

Habe macht nach der über Portugal erfolgten Flucht in die USA rasch und scheinbar unaufhaltsam Karriere und wird vor dem Hintergrund des zunehmend Konturen annehmenden „War Effort“ gegen Japan und Hitlerdeutschland ein wichtiger Zuarbeiter und Impulsgeber des amerikanischen Militärapparats. Am Ende landet er selbst als GI in der US Army. „Die eigentliche Sensation ist“ dabei laut Klugsberger „sein Status als ‚erster einem deutschen Kriegsgefangenenlager entkommener Soldat.‘ Hans Habe war gleich in den ersten Septembertagen 1939 von Genf nach Paris gereist und hatte als Freiwilliger am kurzen Kampf der französischen Armee gegen die deutsche Invasion teilgenommen. Es ist von großer Bedeutung, dass er, im Gegensatz zu den meisten anderen Schriftstellern und Intellektuellen, als Soldat und Held80 in den USA ankommt. In kurzer Zeit entsteht aus seinen Erlebnissen in der französischen Armee ein Buch mit dem Titel A Thousand Shall Fall,“ 81 und bringt ihm unter anderem „die Einladung zu Vorträgen in der Militärakademie West Point“ ein.82 Zwischen Frühjahr und Herbst 1942 ist Habe im Auftrag des Kriegsministeriums quer durch die USA gereist und hat laut eigenen Angaben „in den Army-Camps von 13 Staaten gesprochen, etwa eine Million amerikanischer Jungen im Training gesehen und für etwa 300.000 Soldaten Vorträge gehalten.“ Er habe auf dieser Reise eine Armee kennengelernt, die sich „im vollständigen Einklang zwischen Demokratie und Disziplin“ befinde. „Was die amerikanische Armee gefunden hat“, so Habe in der exiljüdischen Zeitung Der Aufbau, „ist eine neue Errungenschaft in der Geschichte freier Staaten. In dieser grossen, wohlorganisierten, zielbewussten und dabei gut gelaunten Fabrik debattierten die Werkmeister, die zufällig Offiziere heissen, mit den Arbeitern, die zufällig eine Uniform tragen, jede Woche die Ereignisse des Tages. Es sind dies die freien Debatten freier Menschen. Aber die gleichen Soldaten anerkennen, eine Stunde später, bei der Waffenübung, bedingungslos die Ueberlegenheit des Kapitaens.“83 Dass die hier so hoch gelobte Demokratie von den konservativ bis faschistisch ausgerichteten österreichischen Heimwehr-Zeitungen, bei denen Habe einst mit Hand anlegte, als Feindbild betrachtet wurde, wird hier natürlich nicht erwähnt. Dennoch sollten sich derart sozialutopische – und verklärende – Narrative später auch in Habes biografischen Arbeiten und der Erinnerungsliteratur seiner Kameraden über das nachrichtendienstliche Kreativlabor84 Camp Ritchie wiederfinden.

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Festzuhalten ist jedoch auch, dass sich der ehemals im Dunstkreis der autoritären „Klerikalfaschisten“ befindliche Exilant Habe im Zweiten Weltkrieg mit vollem Einsatz gegen die radikalste Form des Faschismus, den deutschen Nationalsozialismus, stemmte: Im Jänner 1943 tritt Habe schließlich in die US-Armee ein und nach dem Basic Training in Camp Aberdeen85 dauert es nicht lange, bis man den umtriebigen Sergeant als Medienfachmann und nachrichtendienstlichen High Potential ins MITC Camp Ritchie lotst, in dessen Personalkartei er später als Oberleutnant geführt wird.86 Innerhalb kürzester Zeit wird er in diesem Lager bei Hagerstown zu einer Schlüsselfigur der neu entstehenden Propagandasparte des Militärnachrichtendiensts G-2 bzw. MID/MIS (den er später fälschlich als den „amerikanischen Geheimdienst“ bzw. als „Abwehr“ bezeichnete)87 und zu einem prägenden Mitarbeiter und Instruktor der späteren MRBC-Kompanien der USArmee aufsteigen. „Die soziale, militärische und politische Integration vertieft sich durch die Heirat im April 1942 mit Eleanor Close Rand“, ihres Zeichens Diplomaten-Stieftochter und die damals „reichste Frau Amerikas.“88 Kommen wir zur Geschichte der Kampfpropagandakompanien zurück. Laut Habe hatte die Einheit, mit der er nun in den Krieg zog, die First Mobile Radio

2  Die geistige Vaterfigur vor seinen „Kindern“ aus Camp Sharpe: Hans Habe in der Redaktionsstube von Radio Luxemburg, zirka Ende 1944

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Broadcasting Company, „mit ihrem eigenen Namen wenig zu tun“ und war „mit psychologischer Kriegsführung auf allen Gebieten betraut.“89 Nach kurzer, keineswegs optimaler Ausbildung und hektischen Vorbereitungen auf die Atlantiküberfahrt landete die aus 16 Offizieren, darunter auch Habe, und 112 Mannschaftssoldaten bestehende 1st MRBC am 23. Mai 1943 im algerischen Oran an. In den Kaderlisten dieser Truppe konnte ich neben Habe keinen weiteren Österreicher ausfindig machen.90 Einer der beiden Kommandeure dieser neuartigen und innovativen Einheit, der Signal-Corps-Offizier Edward Caskey, beschrieb deren Tätigkeit als „pimarily tactical, or combat, propaganda efforts.“91 Die 1st MRBC war, so Clayton D. Laurie, unlike anything seen before. It contained complete public address systems, radios, monitoring sets, loudspeakers, typewriters, printing-presses, and leaflet bombs and was

intended to be a self-contained, army-controlled mobile unit that could be dispatched

on a moment’s notice to the front for the purpose of conducting tactical propaganda in direct support of military operations.92

Trotz dieser Bandbreite an Medien und Equipment stand vor allem der „Broadcasting“-Aspekt, also Rundfunkarbeit, im Mittelpunkt der frühen MRBC-Struktur. Das vielfach hastig improvisierte Propagandatraining in Camp Ritchie hatte unter teilweise ungünstigen Bedingungen stattgefunden. Die technischen Geräte und Distributionsmittel waren noch nicht gefechtserprobt und so mancher – mangels Erfahrung so gesetzter – Schwerpunkt sollte sich später als Fehleinschätzung erweisen. Laut dem Zeitzeugen Alfred de Grazia wurde die konkrete Ausbildung den hochgesteckten Zielen dieser Einheit keineswegs gerecht und das Trainingsequipment für sich später als wichtig erweisende Propagandamedien fehlte völlig. „The designers of the 1st MRBC“, so de Grazia, „were myopic.“ Diese Kurzsichtigkeit sei so weit gegangen, dass Lautsprecheranlagen und Produktions- und Distributionsmittel für Flugblätter zwar im MRBC-Konzept vorgesehen, während der Trainingsphase aber nicht verfügbar gewesen seien. „They would be developed in the field. For that matter“, so der Propagandaoffizier, „not a single leaflet was written and printed at Camp Ritchie as a sample of what would be effective for dissemination“.93 Die erste MRBC-Kompanie war in Algerien nun der Psychological Warfare Branch des westalliierten Hauptquartiers (PWB/AFHQ) unter dem Kommando von Oberst Charles Hazeltine unterstellt.94 Zwar zeigte sich man sich in dessen Stab von der schwerfälligen und hypertrophen Struktur der „überdimensionierten“ Kampfpropagandatruppe95 aus den USA wenig angetan, doch das gut ausgebil-

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dete (teils Deutsch sprechende) MRBC-Personal und die nunmehr vorhandene und moderne Ausrüstung96 wurden mit offenen Armen empfangen.97 Als besonders wichtig für den Einsatz der MRBC-Truppe unter der Schirmherrschaft der PWB/AFHQ erwiesen sich die eigentlichen Propagandahandwerker der 1st MRBC, also die Rundfunkautoren, Übersetzer, Flugblattredakteure und leitenden „Propaganda Officers“ wie Hans Habe, Martin Herz oder Hans Wallenberg. Sie waren für die Inhalte, nicht die technische Umsetzung der PWB-Aktivitäten zuständig und gehörten auf MRBC-Kompanieebene zur sogenannten Propaganda Section. In einer Kader- und Ausrüstungsaufstellung, die wohl nicht ganz der originalen 1st MRBC entspricht, aber aufgrund von deren Tätigkeit und Erfahrungen erstellt wurde, sind für diesen Propagandazug folgende Jobprofile ausgewiesen: je ein Captain oder First Lieutenant und ein Second Lieutenant (leitende Propagandaoffiziere), ein Chief Linguist, ein Editor, mehrere Analysts, Announcers, Translators, Script Writers, Stenographers, Radio Technicians sowie ein Photographer.98 Ursprünglich war die 1st MRBC für den mediterranen Kriegsschauplatz als nahezu autark agierender Medien-Tross vorgesehen, der der militärischen Gewaltanwendung vor Ort psychologischen Nachdruck verleihen sollte. Ein Vorhaben, das bei der Verwendung der 1st MRBC im Feld jedoch auf seine Grenzen stieß. Einerseits spielte das noch unerfahrene US-Armeepersonal der MRBC bei den vornehmlich vom OSS, OWI und von den Briten betriebenen Propagandaoperationen der „Tunisian Campaign“ nur eine untergeordnete Rolle.99 Zudem erwies sich die in Camp Ritchie bzw. in Washington am Reißbrett entworfene Propagandakompanie als „unwieldly for effective operations“,100 und so wurden die Mitarbeiter und Ressourcen entsprechend der jeweiligen operativen Notwendigkeiten in kleinere Task Forces und Spezialtrupps aufgesplittet.101 Von einer 67 Mann starken Gruppe, bestehend vor allem aus Soldaten der ersten und dritten Radio Section sowie aus Spezialisten der Propaganda Section, wurden einige bei strategischen alliierten Gemeinschaftssendern wie den Stationen Radio Algier, Radio Rabat und Radio Tunis eingesetzt.102 Andere stießen zu den vom Kriegsgeheimdienst OSS betriebenen, „schwarzen“, also sich als deutsche Sender ausgebenden, Radiounternehmungen,103 zu denen etwa die antifaschistisch-subversive „fake Italian language station“ Italo Balbo gehörte.104 Solche offiziell unter der Ägide der PWB/AFHQ operierenden, aber in der Praxis eher anarchisch agierenden Rundfunksender des OSS bespielten das europäische Festland bzw. die nordafrikanische Küstenzone mit subversiver Propaganda und setzten dabei stark auf Desinformation und Verwirrung des Gegners. Hans Habe, der offensichtlich in beiden Bereichen mitwirkte, hatte für das OSS laut eigenen Angaben „einen Geheimsender in der marokkanischen Wüste, südlich der Hauptstadt, aufzuspüren“105 und erlebte dabei

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

so manche wunderliche Episode im „schneeweiße[n] Schloß“ eines „arabischen Stammesfürsten“.106 Andere Spezialisten der 1st MRBC fungierten als Kriegs­ gefangenenverhörer,107 als Verbindungsglied zwischen der PWB/AFHQ-Spitze und den „forward groups in Tunis“ oder übten Propagandatätigkeiten direkt im alliierten Hauptquartier aus.108 Nachdem sie Habes „Moroccan fantasia“109 hinter sich gelassen und weitere Operationen auf Sizilien durchgeführt hatten, setzte ein sich zusehend verselbstständigender Teil der Rundfunk-Gruppe im Oktober 1943 nach Neapel über.110 Die zweite Radio Section (und mit ihr die nunmehr völlig der 1st MRBC unterstellten BSOD-Rundfunk-Detachments) hingegen blieb vorerst ans Hauptquartier der Kompanie angegliedert, welches einige seiner Propagandaspezialisten wie Habe zu verschiedenen „detached missions“ entsendete, wo sie teilweise wichtige inhaltliche Funktionen wahrnahmen. Während der erste Kommandeur der 1st MRBC, Edward Caskey, im September 1943 in die USA zurückkehrte, um unter Einbringung seiner praktischen Erfahrung an der Aufstellung weiterer MRBC-Einheiten mitzuwirken,111 übernahm Darrell Rathbun den Oberbefehl über die sich Ende 1943 in Süditalien befindlichen drei Radio Sections und das MRBC-Hauptquartier.112 Die zweite Radio Section wurde nun dem im August 1943 gegründeten Combat Propaganda Team der 5. US-Armee (PWB/5th Army)113 angegliedert, andere Kader der 1st MRBC wurden zur britischen 8. Armee entsandt. Weitere MRBC-Soldaten arbeiteten einmal mehr bei schwarzen Rundfunksendern (etwa bei Radio Naples mit Zielrichtung Rom und Norditalien) oder operierten ab 1944 im Windschatten der Anzio-Kämpfe und im Raum Rom und Livorno.114 Neben dem zunehmend auf Personalbereitstellung und Materialzulieferung für psychologische Kriegsführung im militärischen Bereich hinauslaufenden MRBCKonzept stellt die Entstehung der sogenannten PWB Combat Teams bzw. Combat Propaganda Teams eine wichtige Wegmarke des amerikanischen Propagandasystems dar. Innerhalb der PWB/AFHQ-Struktur in Afrika und Südeuropa bildeten sich sowohl auf der obersten Kommandoebene im Umfeld General Eisenhowers115 als auch in den Reihen der einzelnen alliierten Feldarmeen solche Propagandatruppen. „Seeking to expand the role of propaganda at a level commensurate with increases in conventional [military] operations in Sicily and Italy“, so Clayton D. Laurie, „PWB combat teams, consisting of Allied military and civilian personnel, unilaterally and arbitrarily attached themselves to the U. S. Fifth and British Eighth Armies. Each group dispatched ever greater numbers of smaller teams consisting of three to five men who were provided with jeeps and trailers and enough food, equipment, and supplies to allow self-subsistence, protection, and relatively independent operations for a period of five days to a week.“116 Neben der meist

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engen Zusammenarbeit mit der jeweiligen G-2-Abteilung und dem Einholen von nachrichtendienstlichen Moralanalysen über den Feind gehörten die umfangreiche Produktion von Kampfpropaganda (Lautsprecher, Rundfunk, Flugblatt) sowie militärpolitisches Lobbying bei widerspenstigen Stabschefs und Generälen117 zu den Aufgaben der PWB Combat Teams.118 Die 1st MRBC und ihre Nachfolgeeinheiten in Nordwesteuropa hatten hierbei direkte Unterstützung von regulären Kampfeinheitenzu leisten119 und die PWB Combat Teams mit Menschen und Material zu „beliefern“. Von der Propaganda Section der 1st MRBC wurden etwa die Spezialisten wie Habe als Programmplaner und Propagandamanager den einzelnen Radio Sections oder PWB Combat Teams zugeteilt.120 In Afrika und Südeuropa wurden die neuen PWB-Kampfpropagandatruppen anfangs vom OWI- und OSS-Personal dominiert.121 War das OWI eher idealistisch-linksliberal, so wies der Geheimdienst OSS konservative Züge auf, wobei sich hier aber Leute mit verschiedensten Weltanschauungen tummelten. Im Gegensatz zum OWI agierte das OSS zudem sehr machiavellistisch. Während die eben erst im Jänner 1943 gegründete Morale-Operations-Abteilung des OSS sich noch im schwierigen Aufbaustadium befand,122 war das OWI schon eine etablierte Größe: Wie später in den Personalakten einzelner österreichischer MRBC-Soldaten herauszulesen ist, pochte etwa das auf Verfügung Präsident Roosevelts im März 1943123 hin offiziell mit propagandistischen „Informations“-Tätigkeiten im In- und Ausland beauftragte OWI auf seine ihm zugewiesene Rolle und mischte auch im Bereich der Militärpropaganda in Europa entscheidend mit. Doch die teilweise sehr ideologische respektive subversive Propagandalinie von OWI und OSS unterminierte die eher handfesten Ziele der „apolitischen“ US-Armee bzw. des AFHQ-Führungsstabs.124 Denn die Militärs wollten den feindlichen Kombattanten bloß zum Strecken der Waffen bewegen und mit ihm keinen tiefgreifenden Diskurs über Politik führen (OWI), oder ihn gar mit Fake News (OSS) belästigen.125 Letztlich sollte es der PWB/AFHQ nie ganz gelingen, die OWI- und OSS-Leute zu zähmen und die Kontrolle der Propagandaaktivitäten der heterogenen PWB Combat Teams im Mittelmeerraum völlig an sich zu reißen: „[T]he heads of PWB[/AFHQ]“, so Alfred de Grazia, „were so far away from most operations and so engaged in quarreling amongst themselves that they were hardly even considered, unless they happened to descend upon ‚the people out there‘“.126 Die Kampfpropagandateams agierten daher zu weiten Teilen autonom und nach eigenem Gutdünken; vielfach waren zivile und militärische Akteure nolens volens aufeinander angewiesen.127 Dennoch erwiesen sich die buntscheckigen PWB Combat Teams in Nordafrika, Italien und Südfrankreich insgesamt als erstaunlich produktiv. Trotz hartnäckiger Skepsis, vor allem auch auf britischer Seite,128 erkannten militärische Player wie

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

General George Patton zunehmend die Bedeutung von psychologischer Kriegsführung im Sinne einer nützlichen Auxiliarwaffe an.129 Nach den ersten frühen Erfolgen der PWB/AFHQ in Tunesien – laut Allan Winkler warf man allein dort 20 Millionen Flugblätter ab und die Desertionsrate der Deutschen sei in dieser Zeit auffällig angestiegen –130 sowie auf Pantelleria, Lampedusa und in Sizilien131 wurden vom alliierten Hauptquartier die Kapazitäten für die Flugblattpropaganda sukzessive ausgeweitet.132 Eine Task Force der dritten Radio Section der 1st MRBC etwa wurde später nach Südfrankreich berufen, wo sie zum PWB Combat Team der 7. US-Armee stieß und Flugblätter produzierte sowie Wirkungsanalysen von Lautsprecheransagen an den Feind erstellte.133 Laut Edward Caskey hatte sich im Rahmen der Kämpfe in Tunesien erstmals ein gesamtes deutsches Regiment nach einer westalliierten Flugblattoperation ergeben und einem technikaffinen Offizier der Briten sei es gelungen, die FlugblattVerteilung zu revolutionieren: Er hatte tüftelnd ein Artilleriegeschoss entwickelt, das es ermöglichte, ganze Ladungen an propagandistischen „paper bullets“ auf den nächst gelegenen feindlichen Kampfverband herunterregnen zu lassen134 – „like confetti cast from a window upon a parade.“135 Gerade am letzten Satz, der aus einer typischen Sharpe-Boy-Biografie stammt, erkennt man: dem innovativen, verspielten und leicht chaotischen Propagandatrupp, diesen bübischen „confetti soldiers“ und Gauklern aus Maryland, haftete etwas Anarchisches, Verantwortungsloses, Karnevaleskes und gleichzeitig unverschämt Unterhaltsames an. Trotz der apokalyptischen Implikationen des Zweiten Weltkriegs bedeutete Propagandist-Sein für viele von ihnen auch „ordentlich Party machen“.136 Aus der illustren Schar der MRBC-Leute und Propagandaartisten stachen immer wieder einfallsreiche Figuren heraus. Dem „civilian printing manager“ und nunmehr dem PWB Combat Team der 5th Army angehörigen Tom Crowell war bereits in Afrika ein deutscher Militärlastwagen in die Hände gefallen, der eine Webendorfer-OffsetDruckerpresse, Drucktypen mitsamt verschiedenen Schriftarten sowie über eine Tonne Papier u. v. m. enthielt. Gemeinsam mit drei anderen Kameraden bildete er nun die Crowell Printing Unit und lebte ab sofort in seinem Beute-Truck. Er verwarf die ursprünglichen Pläne und Abläufe zur Flugblattproduktion, die von MIS/G-2 und vom OSS in den USA ausgearbeitet worden waren, und entwickelte ein mobiles und autark agierendes „operating system that was professional, that is, it had routines, rules, standards, criteria for evaluation of results, testing and research.“137 Dadurch waren taktische Flugblattoperationen im zeitlichen Windschatten der Schlacht möglich.138 Kommen wir zur Wirkungsfrage. Nach Angaben amerikanischer Kampfpropagandisten erwies sich der sogenannte „Passierschein“-Flugblatttypus als beson-

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ders erfolgreich. Dieses Stück Feindpropaganda wurde von vielen Landsern nachweislich aufbewahrt.139 Bereits in Afrika und im Mittelmeerraum eingesetzt und laufend weiterentwickelt, stellte er für den angesprochenen deutschen Kämpfer eine Art Garantie- und Versicherungsschein für den Fall einer möglichen Kapitulation oder Desertion dar. Dieser Flugblatttyp wird im Buch noch ausführlich zur Sprache kommen. Da es nicht möglich ist, konkrete Auswirkungen solcher Flugblätter auf die Empfänger einwandfrei zu belegen, sei hier die subjektive Einschätzung des Aufklärungsoffiziers de Grazia zitiert. Er weist auf die weniger sichtbaren Effekte und die vermeintliche Sickerwirkung solcher psychologischen Attacken hin: The Germans were told by their officers that they should turn in enemy propaganda without reading it, but they read and often kept it, even if, to the minds of Allied troops

and the [5th Army] Propaganda Team for that matter, they seemed hardly responsive. They would have been showered with the paper at dusk, so that they could observe the fall and pick up the leaflets after dark, safe from both enemy and friendly fire.140

Die zwei wohl herausragendsten Akteure der Propaganda Section der 1st MRBC, der „Idea Man“141 Hans Habe und der Flugblatt-Mastermind und spätere Diplomat Martin Herz (der seine Jugendjahre ebenfalls in Österreich verbracht hatte), wurden im September 1943 zum Hauptquartier der 5. US-Armee detachiert. Hier arbeiteten sie für die PWB/5th Army unter Colonel John Whitaker, der auch für das OSS tätig war, und unter Oberstleutnant John Weaver als Ideengeber, Verhörsoldaten und Flugblattredakteure.142 Habe bewegte sich nun auch im Umfeld anderer österreichischer Ritchie Boys, wie etwa des Verhörexperten Joseph Kolisch, der zu einer bedeutenden Figur in der G-2-Abteilung aufgestiegen war.143 Bei der 5. US-Armee war der streitbare, stets modisch gekleidete und mit gefärbtem und pomadisiertem Haar herumlaufende Habe144 übrigens kein exzentrischer Solitär: So arbeiteten dort auch andere schillernde Exilösterreicher, wie der Künstler, OSSAgent und Tech Sergeant Rudolph Charles Ripper,145 der unter anderem auf der Divisionsebene taktische Frontverhöre durchführte,146 oder der wie Ripper ebenfalls aus aristokratischem Haus stammende und nicht minder kreativ veranlagte OSS-„Multiagent“, PWB-Verhöroffizier und Propaganda-Vordenker Oliver von Schneditz-Rockhill. Dieser Kärntner Ideenschmied arbeitete ab 1944 eng mit dem G-2-Stab rund um Kolisch zusammen und war einer der Vordenker der unorthodoxen OSS-Propagandaverteilungsoperation namens SAUERKRAUT.147 Im Herbst 1943 wurde das inhaltlich und organisatorisch der PWB/AFHQ unterstellte PWB Combat Team der 5. US-Armee als eine Stabssektion des Armeehauptquartiers

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anerkannt und Befehlshaber General Mark W. Clark trat sogar selbst als Autor eines über Neapel abgeworfenen Kapitulationsaufrufs in Erscheinung.148 Wie auch später in Nordwesteuropa hat es sich im Einsatz also als zweckmäßig erwiesen, die vorhandene MRBC-Kompanie am jeweiligen Kriegsschauplatz als Personal- und Materialpool, etwa für die sich vor Ort formierenden Combat Propaganda Teams und Task Forces, zu verwenden, um anlassbezogen auf militärische Erfordernisse eingehen zu können.149 Die „verliehenen“ Soldaten blieben jedoch bis Kriegsende formell auf der Kaderliste der 1st MRBC. Laut Alfred de Grazia kam es ab Herbst 1943 zu einer Art Kannibalisierung der Einheit: „its useful elements had gone warfaring“ und Equipment sowie die Fähigsten seien für verschiedene Einsätze von der Kompanie abgezogen worden.150 Diese Flexibilität zeigt sich bei den Einsätzen von MRBC-Mann Hans Habe: Angeblich auf persönliches Geheiß von PWB/AFHQ-Chef Hazeltine nimmt er in den Reihen der 45. US-Infanteriedivision151 „an der Besetzung Siziliens teil, wird nach Algier zurückbeordert“, um Anfang September 1943 mit dem 531st Engineer Shore Regiment152 bei Paestum zu landen.153 Der eben erwähnte MRBC-Kamerad und Habe-Freund de Grazia berichtet über Übergriffe und Demütigungen, die Habe in der selben Zeit durch den Whiskey trinkenden und inkompetenten „shit kicker“ Hazeltine erleiden musste.154 Sollte Habe tatsächlich von ganz oben diesen speziellen Job zugeteilt bekommen haben (was angesichts seiner Fähigkeiten durchaus realistisch scheint), dann war es wohl ein nüchterner Einsatzbefehl und keine freundschaftliche Vertrauensbekundung Hazeltines, wie der Literat Habe später suggeriert. Laut Edward Caskey folgten an den Stränden von Salerno eigens ausgebildete Verhörspezialisten, darunter befand sich wohl auch Habe,155 den 40 Minuten zuvor angelandeten Kampftruppen nach und „shortly thereafter were grilling German prisoners.“156 Habe, der laut eigenen Angaben unter teils heftigem feindlichen Feuer aufs italienische Festland watete, nutzte die von ihm mitgeschleppte Schreibmaschine in Folge nicht nur als publizistische Waffe: Als Vernehmer von deutschen Kriegsgefangenen erkundigte er sich bei den feindlichen Gesprächspartnern auch über ihre psychische Verfasstheit und hielt diese in Moralanalysen schriftlich fest. Danach setzte er dieses Wissen umgehend ein und verfasste Flugblätter, die sich an die feindlichen Kämpfer bei Salerno richteten. Ein amerikanischer Kriegsberichterstatter machte daraus eine spektakuläre Story: [Habe] came in at H-plus-40-minutes. By 0900 he had interrogated his first German prisoners. By 2100 his first leaflets had been printed, way back in Tunis, and had been

dropped on the German troops facing him. At Salerno he lived 48 days in the same foxhole.157

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Die Experimentalphase

Auch ohne solch journalistische Fantastereien kann Habes Wirken als bemerkenswert bezeichnet werden. Ob die infanteristischen Heldentaten, die er dem Kriegskorrespondenten diktierte oder die Letzterer ihm andichtete, nun wahr waren oder nicht: Habe war einer der ersten an vorderster Front tätigen Propaganda-Meinungsforscher der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. „Wir Spezialisten der Frontpropaganda“, so Habe, „wollten von den Gefangenen keine militärischen Geheimnisse erfahren, sondern die Moral der Truppe abtasten, ihre schwachen Punkte erkunden und feststellen, wie es um die Kriegsstimmung in der Heimat beschaffen war.“ Bereits in Nordafrika hatte er an der Seite des wagemutigen und belastbaren Martin Herz158 damit begonnen, in den Kriegsgefangenenlagern „Offiziere und Landser Rommels“ zu vernehmen und sich „zu einem Fachmann auf dem Gebiet der Verhöre“ zu entwickeln.159 „Bei meiner Kenntnis Deutschlands und Österreichs“, so fährt er selbstbewusst in seiner Biografie fort, „dem Interview-Training des Reporters und einigem psychologischen Verständnis für den deutschen Soldaten war das nicht allzu schwer. […] Allerdings trug zu meiner besonderen Befähigung die Tatsache bei, daß ich ein viel zu guter Soldat war, um dem besiegten Feind gegenüber Ressentiment zu empfinden.“160 Trotz aller Arabesken und Verzerrungen, die in solchen Erzählungen anzufinden sind – Habe scheint ein wahrer Bruder im Geiste des mit militärhistorischen Fakten nicht allzu zimperlich umgehenden „dicken Grafen“ in Daniel Kehlmanns Schelmenroman Tyll zu sein –161 war es ihm in Folge tatsächlich ein ernsthaftes Anliegen, dem deutschen Soldaten und Propagandarezipienten auf Augenhöhe zu begegnen und ihn nicht für dumm zu verkaufen. Damit er und seine Kameraden gefällige und zielgruppengerechte Flugblätter entwerfen konnten, studierte er als Verhörsoldat und Vertreter der sogenannten Propaganda Intelligence bzw. Psychological Warfare Intelligence (PWI) die „Kundenwünsche“, Meinungen, fixen Ideen, Ängste und Hoffnungen seiner soldatischen Gesprächspartner genau. Hier regte sich der instinktsichere, hemdsärmelige und Boulevard-gestählte Journalist in Habe, der wusste, dass der mediale Köder dem Fisch und nicht dem Angler zu schmecken hatte: Die Flugblätter sollten bereits in der Experimentalphase der USKampfpropaganda daher nicht nach Gutdünken der Produzenten und ins Blaue hinein, sondern im Sinne einer pragmatisch ausgerichteten Rezipientenforschung unter enger Einbeziehung der (potentiellen) Leser erstellt werden. „Large numbers of prisoners“, so der Ritchie Boy Leon Edel über diese kriegspublizistische Aufklärungsarbeit,162 „would let us draw a fever chart of German morale.“163 In einer seiner Verhörmitschriften für die später als D-Section bezeichnete Moralaufklärungsabteilung von PWB/5th Army führt Habe etwa vor, wie die – in künftigen Appellen an den Feind zu berücksichtigende – „Einstellung auf die unterschiedli-

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

chen Persönlichkeiten der Verhörten entsprechend ihrer Bildung, Intelligenz oder den Grad ihrer ideologischen Fixierung von statten geht.“164 In einem Gruppeninterview, das er mit acht Soldaten im Oktober 1943 geführt hatte, stellte Habe diesen unter anderem die Frage, ob sie über die Existenz der „Geheimwaffen“ Deutschlands Bescheid wüssten. Während etwa Fanatiker, wie ein gewisser Hauptmann Helmuth von der Aue – der auf Habe den Eindruck eines „German S. S.-murderer of the Hollywood-type“ machte165 – sowie zwei weitere Kameraden von tausenden neuen Flugzeugen bzw. einem deutschen Rüstungswunder schwadronierten, sah es beim Rest der Gruppe anders aus: Ein Grenadier mit „niedriger Kampfmoral“ erachtete das Verhältnis zwischen deutschen und westalliierten Rüstungskapazitäten als ausgewogen und ein 18jähriger, vom apokalyptischen Kriegstreiben sichtlich überforderter Pionier aus Leipzig sowie ein Zivilist positionierten sich eher neutral. Zwei weitere Soldaten jedoch, ein österreichischer Landwirt („strongly anti-Nazi“) und ein ebenfalls als antifaschistisch klassifizierter Zirkusartist und Truppenunterhalter, gaben sich keinen Illusionen hin und sprachen von einem durchschaubaren Propagandatrick von Goebbels, der nur bei dummen Menschen funktioniere.166 Den Bauern und den Clown bzw. „zwei aus acht“ – genau diese im obigen Gruppenverhör von Habe ausfindig gemachte, desillusionierte und nicht mehr allzu kampfwillige Minderheit unter den Landsern am italienischen Kriegsschauplatz versuchten die Kampfpropagandisten nun mit ihrem Flugblatt-Narrativ zu erreichen. Es handelte sich bei solch idealen Adressaten oft um jene, die angesichts der zunehmend an eigener Haut erfahrbar werdenden167 alliierten Materialüberlegenheit die Siegesparolen und Versprechungen der deutschen Kriegslenker anzuzweifeln begannen. Schon beim ersten Kampfeinsatz von Hans Habe, einem ausgewiesenen Avantgardisten unter den Propagandisten aus dem Camp-Ritchie-Komplex, zeigt sich also: Die Propaganda Intelligence bzw. Moralaufklärung ist ein zentrales und handlungsleitendes Paradigma der modernen psychologischen Kriegsführung amerikanischer Prägung. Alfred de Grazia beschreibt, wie gemäß dieser Methode essenzielle Informationen und Ideen für aktuelle und attraktiv gestaltete Propagandatexte von der Front bis zu Habes Schreibstube weitergereicht wurden: [A]long the way, I sometimes visited infantry units and got their ideas of what might

bother or affect in advantageous ways the conduct of the enemy, and I talked with prisoners and prisoner interrogators for their information about specific weaknesses and

details that would lend authenticity to the propaganda when received by the enemy. This information went to the [PWB/5th Army] Team, the intelligence and ideas to Martin Herz and Hans Habe.168

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Habe besaß zudem auch die Fähigkeit, seine Erkenntnisse aus diesen Verhören in konkreten und griffigen Propaganda-Output zu überführen: Nicht nur in seinen literarischen Werken, sondern gerade in seinen Propagandaproduktionen169 zeigt sich in Folge, dass die Umwandlung von geheim- und nachrichtendienstlicher Tätigkeit in Narration „sein genuines Feld“ ist.170

3  Laut Verhörberichten bestärkten Flugblätter wie dieses vom Propagandatrupp der 5. US-Armee in Italien vereinzelte deutsche Landser in ihrem positiven Bild von der US-Gefangenschaft, Herbst 1943

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

Wie sahen nun die Medienprodukte genau aus, die als Konsequenz derartiger Propagandaaufklärung von den Textern und Redakteuren der 1st MRBC unter dem Dach der PWB/AFHQ geschaffen wurden? Neben seiner Tätigkeit als Moralverhörspezialist war Habe auch bei der Konzeption von Druckschriften und Rundfunksendungen von PWB/5th Army führend beteiligt und verbrachte „die meiste Zeit in Italien […] mit der Abfassung von Flugblättern.“171 Ein Beispiel für solche Arbeiten ist das wohl von ihm oder Herz verfasste172 Flugblatt unter dem sich weltanschaulich neutral lesenden Titel Wie wurden deutsche Soldaten gefangen genommen? – dieses gehörte zu den „first P. W. B. leaflets for 5th Army“.173 Das Flugblatt zitiert etwa einen gewissen „Gefreite[n] Werner S. vom 21. Panzergrenadier-Regiment, 29. Pz. Gren. Div.“. Letzterer will den hohlen Durchhaltephrasen über deutsche Verstärkungen und Waffennachschub keinen Glauben mehr schenken und spricht nun aus der Gefangenschaft zu seinen Ex-Kameraden. Ob es sich hier um ein authentisches Zitat handelt oder nicht, ist einerlei: In funktionaler Hinsicht ist er die schriftliche Repräsentation, das Sprachrohr der beiden in Habes Gruppenverhör zu Wort kommenden defätistischen Wehrmachtskämpfer. Er spricht für den Bauern und für den Clown: „Unser Hauptmann“, so der Panzergrenadier im (angeblichen) O-Ton, „hat uns schon seit Sizilien immer Verstärkungen versprochen, aber die blieben eben dort, wo die Luftwaffe ist. Es ist ja nutzlos, hier noch Widerstand zu leisten […].“174 Der Frontsoldat Werner S. richtet sich hier an seinesgleichen, also an die „potential waverers“,175 die noch nicht desertiert sind, aber ähnlich denken wie er, ähnlich fühlen wie er und ihm daher in die Gefangenschaft nachfolgen sollen: Dieser mit einer provokanten Frage (Wie wurden deutsche Soldaten gefangen genommen?), nicht mit einem plumpen und durchsichtigen Desertionsappell beginnende Flugblatttext176 ist zwar handfeste und klar Partei ergreifende Feindpropaganda, lässt aber mit seiner Einstiegsfrage dem Empfänger genügend Raum für „eigensinnige“ Lesarten und Aneignungsprozesse177 sowie für Widerspruch und autonome Handlungsentscheidungen.178 Auch ein weiterer grundlegender Zug in Habes Propagandatätigkeit ist bereits in diesen frühen Flugblattaktivitäten erkennbar: Trotz aller Anstrengungen, den Empfänger geistig zu überwältigen, hielt sich die PWB-Propaganda von Habe und Herz weitgehend an die Fakten. Laut dem MRBC-Kommandeur Caskey machte sich ein derartiger Ansatz bezahlt: „Both Germans and Italians (prisoners) […] insisted that they were mostly impressed with the veracity of our leaflets.“179 Zudem vermied man die aus der Sicht der deutschen Frontkämpfer eher abstrakt wirkenden Themen- und Argumentationskomplexe wie Politik und amerikanisch-demokratischer Idealismus. Auch die ersten Gehversuche der wöchent-

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lich erscheinenden – und von Habe wesentlich mitgeprägten – Frontpost, einer propagandistischen, aber sehr informationsreichen Flugblattzeitung für deutsche Soldaten,180 gehen auf diese frühe Phase in der MRBC-Geschichte zurück. Die für den Druck solcher Flugblätter zuständige Printing Section der 1st MRBC stand nun unter der Kontrolle der PWB/AFHQ und leistete im Hintergrund und bei der Unterstützung der PWB-Teams im Feld beachtenswerte Arbeit. „As the Section“, so steht in der Unit History zu lesen, „operated near our artillery a propaganda message could be composed, the type set, photographed, a plate made, the leaflets printed, rolled into shells and fired by the artillery in no more than two hour’s time.“ Wie oft in derartigen militärischen Selbstdarstellungen, wird im Einsatzbericht auch der angebliche Erfolg solcher Operationen hervorgehoben: „The effectiveness of propaganda leaflets“, so der zweite MRBC-Kommandeur Rathbun, „is indicated by the large number of captured enemy troops in whose possession were found various kinds of leaflets, especially the ‚surrender ticket‘ type.“ Die geistige und technische Produktion von Flugblättern entwickelte sich in Folge zu einer zentralen Aufgabe der 1st MRBC, die während des gesamten Feldzugs aufrecht blieb.181 Der Flugblattspezialist und Moralanalyst Habe gibt in seinen Memoiren auch pointiert Einblick in die Rundfunk-Agenda der 1st MRBC, die ihn im Oktober 1943 offensichtlich als Teil einer kampfpropagandistischen Task Force nach Neapel entsendete: Einige Ereignisse […] unterbrachen die Monotonie eines mehr unerfreulichen Sitz-

krieges. Eines davon war die Eroberung Neapels durch die 82. Fallschirmjäger-Division, an der ich teilnehmen durfte, weil es galt, die Rundfunkstation Neapels rechtzeitig für

unsere Ziele zu sichern. Zusammen mit einigen anderen Offizieren und Soldaten meiner

Einheit drang ich frühzeitig in Neapel ein, und wir entdeckten eine alte, von den Ital-

ienern Jahre zuvor aufgegebene, aber schnell zu reparierende Station. Radio Neapel war

von den zurückströmenden Deutschen in die Luft gesprengt worden. Um so größer war

die Überraschung, als sich vierundzwanzig Stunden nach der Besetzung Neapels durch die Amerikaner der Armeerundfunk über Radio Neapel meldete. Dies trug mir übrigens meine spätere Beförderung zum „first lieutenant“ ein.182

Insgesamt stellte sich trotz dieser spektakulären (und anhand der gesichteten Quellen nicht verifizierbaren)183 Rundfunk-Episode heraus, dass die 1st MRBC technisch und organisatorisch zu stark auf „radio broadcasting and monitoring“ ausgerichtet war. In einer 1946 erschienen Armeestudie zur Kampfpropaganda wird darauf hingewiesen, dass das Radio eigentlich eine eher strategische Waffe sei und daher für künftige MRBC- oder PWB-Trupps mehr Ressourcen für eine direktere

Die Entstehung der Mobile Radio Broadcasting Companies

Propagandadissemination mittels taktischer Flugblatt- und Lautsprecherpropaganda geschaffen werden sollten.184 Auch eine stärkere Berücksichtigung der Propagandaaufklärung durch Moralverhöre schälte sich für zukünftige Operationen heraus. Der umtriebige Lieutenant de Grazia berichtet in diesem Zusammenhang rückblickend darüber, dass die Propagandahandwerker und Wortkünstler der ersten mobilen „Rundfunkkompanie“ nur unzureichend auf den Psychokrieg in Nordafrika und Italien vorbereitet worden waren und mittels „learning by doing“ schrittweise ihre Tätigkeit und Organisationsstruktur anpassen mussten. „There was no manual“, so de Grazia, „no routine, no training program, no tests, nothing but serious talk and good fellowship, it would appear, for the forty intellectuals of the Company. We should have been, but were not, being trained in the interviewing prisoners of war, of politicians, of ordinary civilians, in the production of certain kinds of reports on the political situation as known to or believed in by respondents and informants, in map-reading, and in propaganda analysis and propaganda policies. Never mind the manual of arms, firing of small weapons, boobytraps and mines, vehicle driving and maintenance, and in the actual preparation of propaganda.“185 Eine Wiederholung dieser Fehler konnte demnach nur vermieden werden, wenn man Menschen vom Schlage eines Hans Habe – also Ritchie Boys und Soldaten mit ausgewiesenen fremdsprachlichen, psychologischen und journalistischen Fähigkeiten – noch stärker in die neuen Kampfpropagandakompanien einbinden und deren Ausbildung mit Curricula, Methoden und Materialien im Sinne von de Grazias Analyse anreichern würde. Während die 1st MRBC bis zum Kriegsende als Personal- und Technikpool für Propaganda-, Rundfunk- und Presseoperationen im Bereich der 15. Armeegruppe186 diente und danach – passend zum Thema dieses Buchs – ihre Zelte im nun befreiten Österreich aufschlug,187 kehrte First Lieutenant Habe bereits im Dezember 1943 mit einem prallen Rucksack voller praktischem Know-how als Psychokrieger nach Amerika zurück. Nachdem er heil einem fliegenden, Brant’schem Narrenschiff voller „Sturzkampfflieger, […] die entweder ein Rad zuviel oder zuwenig“ hatten, entstiegen war, fand er sich nach kurzem Briefing in Washington wieder in Camp Ritchie, diesem „Narrenschiff vor Anker“, ein.188 Über die do’s und don’ts im Kampfeinsatz nunmehr Bescheid wissend, leitete er damit die zweite, wesentlich bedeutendere Phase seiner Kriegstätigkeit ein. Auch für die bis jetzt noch kaum erwähnten anderen Protagonisten dieses Buchs markierte die Rückkehr Habes eine bedeutende Zäsur: Das pittoreske Camp Ritchie mit seiner Intelligence-Ausbildung bzw. den Armeedrill in anderen Kasernen hinter sich lassend, sollten sie nun an einem anderen Ort und in einer neuartigen Truppenformation von Hans Habe auf den geistigen Kampf gegen das „Dritte Reich“ vorbereitet werden.

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Die Experimentalphase

1.3 Hans Habes Journalistenakademie: Camp Sharpe und die Ausbildung von österreichischen Exilanten zu Medienhandwerkern Unser Camp steckt mitten im Dreck. Kein anständiges Trinkwasser. – Ein Klo für ungefähr 16 Personen, wie am Land, ohne Wasserspülung. […] Die Baracken sind stockfinster, sodass man nicht lesen kann. Zum Waschraum und den Toiletten ist es durch Dreck ungefähr 100 Meter, vom Waschraum bis zur Toilette ist es ungefähr 25 Schritte, da es in der „Toilette“ ja kein Wasser gibt. Bää!! An all das gewöhnt man sich ebenso rasch wie an die ziemlich primitive und ordinäre Umgangssprache, an der auch führende Intellektuelle aus Europa teilnehmen. Walter Klinger, ein österreichischer „Sharpe Boy“ 189 My duffelbag was packed. It was the evening before our departure when I was called to report to Captain Hans Habe, a distinguished German novelist. He had heard that I was an actor in civilian life and asked me to join one of the four Radio Mobile Broadcasting Companies, which he had recently organized in a camp not far from Ritchie. Walter Kohner, Schüler Hans Habes in der Propagandaschule von Camp Sharpe190 Very intelligent. Good education. Rather unsoldierly. Rather good interrogator. Good academic grades. Charakterisierung des österreichischen Sharpe Boy Emil Lehman in den Ausbildungsakten191 It was like perpetually being at a show, at a circus just to see this guy perform. I would have paid money for it. Peter Weidenreich, ein weiterer Schüler Hans Habes192

Mit deftigen Worten beschreibt der im ersten Zitat erwähnte Walter Klinger, ein 1938 aus Österreich geflohener Hollywood-Publizist und Filmvertriebs-Experte, jenes Barackenlager bei Gettysburg in Pennsylvania, in das ihn das Schicksal bzw. die schwer zu durchschauenden Mechanismen des Militär- und Geheimdienstapparats der USA Anfang Februar 1944 verschlagen hatten. Wer, wie der erst kurz zuvor vom OSS zu den Aufklärungsexperten nach Maryland versetzte Klinger, die Annehmlichkeiten des in einem bukolischen Umfeld gelegenen193 Camp Ritchie kennengelernt hatte, der dürfte über seine Versetzung in das von einem „sea of mud“ umgebene Camp Sharpe194 zunächst wenig erfreut gewesen sein. Die an sein im fernen Kalifornien weilendes „Katzerl“ adressierte Ekelbekundung Klingers ist auch exil- und militärsoziologisch vielsagend: Man kann anhand dieses Einblicks in soldatische Lebenswelten erkennen, wie schwer es einem kultivierten Wiener gefallen sein muss, seine zivilen und eher privilegierten Schreibtisch- und Propagandajobs für das OWI und das OSS hinter sich zu lassen und nach einem kur-

Hans Habes Journalistenakademie

zen Aufenthalt im mondänen Camp Ritchie195 in ein derartiges „Loch“ versetzt zu werden. Die elenden Baracken voller Spinnweben und Mäusedreck waren nicht nur für ihn eine Art Kulturschock.196 Auch ein weiteres Problem bzw. Konfliktfeld ist in Klingers Brief greifbar. Weil die US-Armee trotz ihrem formidablen und illustren Personalreservoir in Camp Ritchie nicht über genügend Personal mit Propagandaexpertise verfügte, musste sie auf ausgewiesene Spezialisten mit Medien- und Kulturerfahrung zurückgreifen. Zu diesen hauptsächlich aus den Reihen des zivilen OSS und des OWI197 oder der (mit Migranten durchsetzten) Zivilgesellschaft selbst stammenden, untypischen Soldaten gehörten eben schöpferische Köpfe198 wie Hans Habe und der erwähnte Ex-OSS-Mann Walter Klinger. Atmosphärisch blieb das nicht ohne Folgen. Einerseits fühlten sich Menschen wie Klinger im oft derben und autokratisch geprägten Umfeld der Armee – dazu gehörte letztlich auch die neuartige Propagandatruppe – eher unwohl. Der in Klingers Brief als primitiv und ordinär eingestufte Soldatenslang in Camp Sharpe relativiert etwa das von Habe noch 1942 gezeichnete, idealisierende Bild der US-Armee im Sinne einer „zielbewussten und dabei gut gelaunten Fabrik“ begeisterter Demokraten.199 Andererseits beäugten die herkömmlichen Soldaten und Unteroffiziere (und später auch die US-Kommandeure im Feld) die neu rekrutierten „Propaganda-Zivilisten“ in den MRBCs ebenso mit Argwohn wie Letztere die normalen Soldaten. Dass just die, teils durch einen ausländischen Akzent auffallenden, oft launisch und undiszipliniert auftretenden, „oddballs“200 aus der zivilen Sphäre in der MRBC-Kompanie oder in anderen Kampfpropagandaeinheiten vielfach bedeutendere Funktionen zugewiesen bekamen als sie selbst, stieß nicht wenigen Militärs sauer auf.201 Während die „Sterngucker“,202 also die aus Sicht bestimmter Armeeangehöriger verträumten Kulturschaffenden und geschwätzigen Journalisten, oft zu weiten Teilen die inhaltliche Arbeit in der psychologischen Kriegsführung bestimmten, mussten die klassischen Soldaten und Unteroffiziere in den Kampfpropagandaeinheiten meist mit technischen oder administrativen Funktionen Vorlieb nehmen.203 Umso erstaunlicher ist es daher, dass es den verantwortlichen Propaganda-Offizieren im oben erwähnten Camp Sharpe in Folge gelungen ist, derartige Konfliktfelder weitgehend einzuhegen. Mehr noch: Im Sinne von produktiver Reibung vermochten sie es sogar, die performativen Fähigkeiten und musischen Talente ihrer bunten Multi­kulti-Truppe so zu kanalisieren und mit den Technikern zu harmonisieren, dass am Ende vier gut ausgebildete und mit einigem Enthusiasmus ans Werk gehende MRBC-Kompanien der 1st MRBC auf die europäischen Schlachtfelder nachfolgen sollten. Und wie der oben ebenfalls zitierte Peter Weidenreich, später ein enger Mitarbeiter des „Habe-Zirkels“, verrät, ging es im anarchisch angehauchten Propagandazirkus in

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Camp Sharpe alles andere als langweilig zu. In diesem Lager sowie im nahe gelegenen Gettysburg wurde nicht nur eifrig über Politik, Literatur und Publizistik diskutiert, sondern auch vergorener Gerstensaft in rauen Mengen konsumiert.204 Camp Sharpe war daher nicht nur ein Instrument soldatischer Disziplinierung, sondern – ähnlich wie das MITC-Stammlager Camp Ritchie – auch eine Foucault’sche Heterotopie mit unverschämt hohem Spaßfaktor. Ein Raum der relativen Freiheit und des prononcierten Individualismus inmitten des sonst so repressiven und gleichmacherischen Umfelds namens Militär.205 Oder wie es der Sharpe Boy Fred Perutz in seinen Memoiren ausdrückt: „Hans Habe’s Propaganda Program was so unique and creative that I could see great things ahead for us. The caliber of individuals was exceptional. I found the work to be challenging and stimulating every day.“206 Obwohl das landschaftliche Setting, die allgemeine Lebensqualität und die sanitären Bedingungen in Camp Sharpe nicht gerade State of the Art waren, dürfen die Truppe bzw. die Ausbildungsschiene, bei der Klinger nun gelandet war, als

4  Walter Klinger, PR-Agent, Filmexperte, Publizist und Sharpe Boy

Hans Habes Journalistenakademie

fortschrittlich bezeichnet werden. Einmal mehr spielte Habe dabei eine bedeutende Rolle. Nach seiner Rückkehr in die USA wurde er nach Washington D. C. beordert, wo er den Auftrag erhielt, „zwanzig Meilen von meiner alten Alma mater ‚Camp Ritchie‘ ein eigenes, streng geheimes Trainingslager zu errichten und vier neue Kompanien für die Landung in Frankreich vorzubereiten.“ Neben taktischer Kampfpropaganda sollte Habe Seite an Seite mit den Absolventen dieses Lagers auch Konsolidierungspropaganda im eroberten Deutschland betreiben und das Pressewesen nach dem Krieg im demokratischen Sinne wieder aufbauen.207 Angeblich hat „General Banfill“ Habe wissen lassen, dass er „zum einzigen Instrukteur“ dieses „‚noch geheimeren‘ Lagers bestimmt sei.“208 Angesichts dieses für die literarische Figur Hans Habe typischen Vexierspiels zwischen Dichtung und Wahrheit lohnt sich hier ein nüchterner Blick auf die Dokumente der US-Militärbürokratie und auf andere Quellen: Banfill war zu dem Zeitpunkt demnach kein General, sondern Colonel; Habe selbst war zwar der wichtigste, aber nicht der einzige Ausbilder in Camp Sharpe; und auch die vermeintlich arkane Existenz von Camp Ritchie und seines Nebenlagers in Gettysburg war von Anfang an ein eher schlecht gehütetes „Geheimnis“,209 wie die auf dem Briefpapier des „Hotel Gettysburg“ niedergeschriebenen und teilweise unter genauer Absenderangabe („Pvt. Walter Klinger, #39713200, 2nd Mobile Radio Broadcasting Co., Camp Ritchie, Maryland“)210 verschickten Briefe Klingers an seine Frau belegen. Bleiben wir gleich bei den harten Fakten: Vom Armeenachrichtendienst MID wurde im November 1943 – wieder einmal – eine Propaganda Branch (PWB/G-2) installiert.211 In einem späteren Dokument des War Department wird ersichtlich, dass diese Propagandastelle von der amerikanischen „homebase“ aus mit den im europäischen Feld stehenden Mediensoldaten ein möglichst harmonisches Konzert zu spielen hatte. Letztere waren ja teilweise vom Militärnachrichtendienst MIS, dem operativen Arm der MID, ausgebildet worden. In dem Rundschreiben steht auch, dass die zivilen Propagandaämter der USA sowohl in der Heimat als auch in Übersee zunehmend auf die militärischen „propaganda items“ und PolicyVorstellungen Rücksicht zu nehmen hatten und dass die G-2-Offiziere auf USGeneralstabsebene stets über Propagandaangelegenheiten in aller Welt informiert zu werden hatten: [The MID] Propaganda Branch

a. Coordinates all propaganda functions for the War Department.

b. Prepares and disseminates propaganda items for the use of Office of War Information, Coordinator of Inter-American Affairs and other non-military and quasi-military organizations.

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Die Experimentalphase

c. Advises the Assistant Chief of Staff, G-2 on all propaganda problems presented by commanders of overseas theaters.

d. Advises on and coordinates War Department action on all propaganda matters brought before the Combined and Joint Chiefs of Staff.

e. Processes all Office of War Information and Coordinator of Inter-American Affairs propaganda plans through the Joint Chiefs of Staff.

f. Coordinates its activities with the similar office in the Navy Department, State Department, and other interested agencies of the Government.

g. Chief of Branch is Army member of the Joint Chiefs of Staff liaison with the Office of War Information and Coordinator of Inter-American Affairs.212

Das bereits in Afrika und Südeuropa erstmals ausprobierte Konzept der Mobile Radio Broadcasting Company wurde bei all diesen Planungen berücksichtigt. Von Seiten des Generalstabs im War Department war nun für jede einzelne zukünftig im European Theater of Operations (ETO) kämpfende „Field Army“ (z. B. die First US Army) eine MRBC-Kompanie als Propaganda produzierende Auxiliareinheit vorgesehen – zwei Kompanien sollten hierfür zunächst bis Februar, eine bis Mai und eine weitere bis Juni 1944 einsatzbereit sein.213 In gemeinsamen Konferenzen mit dem Stab des westalliierten Oberkommandeurs Eisenhower sowie den im ETO zuständigen US-Führungsoffizieren und Vertretern der zivilen Propagandainstitutionen von OWI und OSS wurde über die Zusammensetzung der künftigen MRBCs bzw. neuer Kampfpropagandatruppen beraten. Dabei griff man auch auf die Erfahrungen der 1st MRBC und der übergeordneten amerikanisch-britischen PWB/AFHQ in Nordafrika und Italien zurück.214 Unter dem Dach einer der PWB/ AFHQ ähnlichen, neu zu gründenden Instanz namens PWD/SHAEF215 sowie der jeweiligen Armeegruppe operierend, sollten nun auch in Nordwesteuropa die MRBC-Truppen gemeinsam mit zivilen Medien- und Propagandaspezialisten spezielle Kampfpropagandaformationen bilden.216 Da zur Jahreswende 1943/44 die Vorbereitungen für die Invasion in der Normandie (D-Day) bereits pressierten,217 nahmen die Kriegsplaner in Washington in Kauf, dass die Mitglieder der MRBCs notfalls auch ohne spezielle Vorbereitung nach Europa eingeschifft werden sollten.218 Dementsprechend hektisch verlief die Suche nach geeignetem Personal. Habe durfte als künftiger Ausbilder dieser Einheiten in der neuen MITC-Dependance in Camp Sharpe auf die Lochkarten-Personalkartei des War Department sowie die in Camp Ritchie trainierten Intelligence-Spezialisten zurückgreifen. „Dieses Lochkartensystem […] schüttete ihm eine sehr bunt zusammengewürfelte und abenteuerliche Gesellschaft in den Schoß“219 – Habe konnte sich so innerhalb kurzer Zeit zahlreiche hand-

Hans Habes Journalistenakademie

verlesene Kandidaten herauspicken.220 Wie die unten angeführten Beispiele aus der Rekrutierungspraxis noch zeigen werden, hält die von ihm in seinem kriegsbiografischen Buch Im Jahre Null wiedergegebene Schilderung dieses Vorgangs einer kritischen historischen Überprüfung weitgehend stand: „Im Pentagon“, so Habe, „übergab ich einem Offizier der Abwehr [sic! recte: MID/MIS bzw. G-2-Sektion des War Department] eine ‚Wunschliste‘. Meine Wünsche waren, unter anderem: Soldaten, die Deutsch in Wort und Schrift fehlerfrei beherrschen, vornehmlich frühere Redakteure, Journalisten und Schriftsteller, Druckereileiter, Metteure und Maschinensetzer, Intellektuelle, die mit der besonderen Beschaffenheit und Kultur verschiedener deutscher Städte vertraut sind, Juristen, Schauspieler, Rundfunkreporter – und dazu sollten es auch junge Leute sein, die keine Strapazen scheuen würden und denen man geheimes Material anvertrauen dürfe.“221 Mit Hilfe der „mustergültig organisierten Kartotheken des Kriegsministeriums“ fischte er letztlich geeignete Propagandaleute für die neu aufzustellenden MRBC-Kompanien heraus.222 Wie so manch anderer Ritchie&Sharpe Boy – und wie auch heutige Computerbenützer, die den IT-Spezialisten bei ihren magischen Tipp- und Programmierritualen ehrfürchtig über die Schulter blicken – erliegt auch Habe dem Reiz der Maschine und der „geheimnisvollen […] Lochkartenmühle in Washington“:223 Meine „Wünsche“ wurden in riesige Maschinen geworfen – ein Computermechanismus wohl, der mir bis heute ein spanisches Dorf ist –: heraus fielen Dutzende von Karteifor-

mularen mit den Namen der „Wunschsoldaten“. Von den Karten konnte man ablesen, wo diese Männer, die ich mir buchstäblich „ausgedacht“ hatte, gerade stationiert waren. Der eine versah Küchendienst in einem kalifornischen Lager, der zweite reparierte Panzer in Maryland, der dritte arbeitete in der Schreibstube eines Nachschublagers in Ten-

nessee, der vierte befand sich in einer Infanterieschule Iowas, einzelne waren zufällig224 schon in Camp Ritchie.225

Habe, der Journalist und Wortmensch, inszeniert sich also in seinen Kriegsmemoiren als geistige Schöpferfigur, welche mithilfe dieser rätselhaften und metaphysisch verklärten Computermaschine im Pentagon reale Wunschsoldaten erschaffen kann. Bezeichnet er Camp Ritchie als seine Alma mater, seine Nährmutter, so sind die von ihm „buchstäblich ‚ausgedacht[en]‘“226 MRBC-Soldaten nun seine Wunschkinder, die er als Chefinstrukteur in Camp Sharpe persönlich unter die Fittiche nimmt. Der hier eifrig an seinem eigenen Mythos strickende Habe stellt eine erzählerische Parallele zum antiken Göttervater Zeus her, der aus seinem Kopf die Athene, „die Intellektuelle vom Olymp“ (und „Göttin der kriegerischen

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Die Experimentalphase

Strategie und Taktik“),227 geboren hat: Wie auch die smarten Sharpe Boys der USArmee galt Letztere als Kind des Geistigen. Drei Offiziere und 19 – vermutlich von Habe (mit) ausgesuchte – Mannschaftssoldaten wurden nun am 29. Dezember 1943 in einer Baracke in Camp Ritchie Zeugen des formlosen Gründungsakts der Second Mobile Radio Broadcasting Company (2nd MRBC). Diese anfangs unter dem Kommando von Maxwell Grabove stehende Truppe war das Basismodell aller vier in Nordwest- und Mitteleuropa (ETO) operierenden MRBC-Einheiten.228 Es war der Grundstock, auf dem Habe nun mit seinen weiteren „Wunschsoldaten“ aufbauen konnte. Die auf Grundlage der Personalstruktur und Lernerfahrungen der noch in Italien weilenden 1st MRBC erarbeitete „Table of Organization&Equipment“-Aufstellung der 2nd MRBC sah eine Gesamtstärke von 165 Personen vor. Neben der weiter unten detailliert veranschaulichten Propaganda Section scheinen noch folgende MRBC-Abteilungen im Organigramm auf: Company Headquarters [Stab&Administration]

Fixed Radio (R/T) Service Sect. [Signaltechnik und Rundfunk] Fixed Radio 1 KW (W/T) Service Section Mobile Radio (R/T) Service Section

Service Section [Logistik und Versorgung] Publication Section [Druckerei]229

Das meiste Personal der MRBC-Kompanien wurde also auf diese Sektionen bzw. „Platoons“ aufgeteilt.230 Für den Propagandazug selbst, also für das Herz der Kompanie, waren 45 Mann mit folgenden Aufgaben vorgesehen: Propaganda Section (Fixed and Mobile)

First Lieutenant [Propaganda Officer] 2 [men] Second Lieutenant [Propaganda Officer] 2 Tech. Sergeant (Incl[uding:]) 2 Chief Linguist (1) Editor (1)

Technicians, Grade 3 (Incl) 10 Analysts (2)

Announcers (4) Translators (2)

Script Writers (2)

Technicians, Grade 4 (Incl) 10 Announcers (4)

Hans Habes Journalistenakademie

Translators (3)

Script Writers (3)

Technicians, Grade 5 (Incl) 19 Announcers (4) Translators (3)

Script Writers (3)

Radio Technicians (4) Photographer (1) Stenographer (4)

[Total: 45 men]231

Diese offenen Stellen galt es nun unter den IPW-Spezialisten in Camp Ritchie bzw. in anderen Armee-, Geheimdienst- und Propagandainstitutionen sowie in der zivilen Sphäre ausfindig zu machen. Neben Ritchie Boys wurden hierfür auch Fernmelde- und Rundfunktechniker des Signal Corps Replacement Center in Fort Monmouth rekrutiert.232 Hans Habe war laut dem späteren Kommandeur und Verfasser der „Unit History“ der 2nd MRBC, Arthur Jaffe, hauptsächlich für die Rekrutierung von Medienexperten der Propaganda Section und die „examination of the linguists“,233 also die Einschätzung der propagandabezogenen Qualifikationen dieser meist aus Deutschland oder Österreich stammenden Spezialisten zuständig.234 Auch wenn die Rundfunktechniker, Drucker, Kraftfahrer und das administrative Personal die Mehrzahl der künftigen MRBC-Trupps stellten und wichtige, ja unverzichtbare Tätigkeiten ausübten, waren die Mitglieder dieses Propagandazuges235 die prägenden Akteure in inhaltlicher Hinsicht. Ihre „brains and talents“236 zeichneten wesentlich für die schöpferisch-redaktionelle Arbeit – also den Kern jeglicher Medienunternehmung – verantwortlich. Aus den Akten des War Department geht auch hervor, welche Fähigkeiten und welcher biografische Background bei den wichtigsten Propagandahandwerkern der vier neu zu schaffenden MRBCs erwartet wurden: Propaganda Section

[Nr. of men:] 4 [Position:] Chief Linguists [Grade:] T/Sgt

[Necessary Qualifications:] European background. Speak German and French. Other

European language if possible. Should have studied in Europe and be able to speak languages like cultured native. 4 Editors, T/Sgt

European background. Newspaper or editorial experience in Europe – Germany or Austria preferred. 8 Analysts, T/3

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Capable of analyzing news and propaganda. Newspaper experience desirable. European language desirable.

48 Announcers, 16 T/3, 16 T/4, 16 T/5

Speak European language like professional European radio announcers. (24 of those men

should be German – the rest divided among French, Dutch, Flemish, Nordic, Polish, etc.) 16 Radio Technicians, T/5

Maintain and operate loudspeaker equipment. […] 4 Photographers, T/5

Former newspaper photographer preferred. Must have sense of news values of pictures. 16 Stenographers, T/5

Must be able to take dictation in European languages or take down and transcribe European broadcasts.

28 Translators, 8 T/3, 8 T/4, 12 T/5

Translators of European language – speak, read and write. 32 Script Writer, 8 T/3, 12 T/4, 12 T/5

Capable of writing radio script or leaflet copy in European languages.237

Auf Grundlage solcher Suchprofile stellten Habe und Kommandant Grabove nun das Personal zusammen. Die in der 165 Mann starken 2nd MRBC keinen Platz mehr findenden Neuangeworbenen bildeten den Grundstock für die gleichzeitig gegründete 3rd MRBC oder fanden sich in der später geschaffenen 4th MRBC wieder.238 Sie alle wurden in den Personalkarteien des MITC bürokratisch erfasst, also als Ritchie Boys geführt. Unabhängig davon, ob sie vorher bereits einen MITCBasiskurs oder eine reguläre IPW-Ausbildung absolviert hatten,239 wurden sie den einzelnen MRBC-Kompanien zugeteilt, um in Hans Habes „Sandkasten“240 eine Spezialausbildung in psychologischer Kriegsführung zu erhalten. Die Erinnerungen des österreichischen Kulturschaffenden und eigentlich als IPW-Verhörer für den Militärnachrichtendienst vorgesehenen Walter Kohner zeigen, wie sich die Erfindung von Camp Sharpe auf konkrete Lebensläufe auswirkte: I became an expert in the interrogation of prisoners of war. Shortly before my departure for the European theater I was promoted to sergeant.241 There was a raucous celebration in the mess hall [of Camp Ritchie], which died rather quickly when word got

around our unit would be shipped out that weekend. My duffelbag was packed. It was

the evening before our departure when I was called to report to a Captain Hans Habe, who was a distinguished German novelist. He had heard that I was an actor in civilian life and asked me to join one of the four Radio Mobile Broadcasting companies, which he had recently organized in a camp not far from Ritchie.242

Hans Habes Journalistenakademie

5  Luftaufnahme des Civilian-Conservation-Corps-Arbeitslagers MP-2 (NP-2) bei Gettysburg, dem späteren Camp Sharpe, zirka 1940

Unsere Ritchie-Boys-Datenbank nennt 41 Ritchie Boys österreichischer Herkunft, die – wie Walter Kohner – eine kampfpropagandistische MRBC-Ausbildung in Camp Sharpe durchlaufen haben. Drei davon schieden vor dem Kriegseinsatz in Europa aus. Weitere drei Ritchie Boys absolvierten zwar keinen Propagandakurs in Campe Sharpe, aber einen nachrichtendienstlichen Kurs in Camp Ritchie – sie traten im späteren Kriegseinsatz als Propagandist in Erscheinung und werden daher auch als Sharpe Boys bezeichnet. Derzeit kann man daher von 41 aktiven österreichstämmigen Sharpe Boys ausgehen. Nur ein Teil des 800 Köpfe zählenden MRBC-Personals setzte sich jedoch aus vor dem Nationalsozialismus geflohenen Österreichern oder Deutschen zusammen. Für die technisch-administrativen Aufgaben und für die Führung der jeweiligen Kompanie wurden vorwiegend Amerikaner, für die Propagandatätigkeiten selbst hingegen Menschen mit verschiedenstem interkulturellem Background angeworben. Einer der ersten Rekruten der 3rd MRBC war etwa der in Kanada aufgewachsene Franko-Amerikaner, Europakenner und spätere Literaturkritiker Leon Edel. Er erinnert sich an seinen Transfer in die „Schlammgrube“ von Camp Sharpe und bedauert dabei wie auch

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sein österreichischer Kompaniekollege Walter Klinger zunächst den Abschied aus dem weltoffenen und „europäischen“ Camp Ritchie. Gleichzeitig lässt er anklingen, dass die Psychokrieger in Camp Sharpe nicht minder exzentrisch und buntscheckig waren als die regulären Ritchie-Schüler: „Our feasting“, so Edel, „was behind us. […] It was January 2, 1944. […] we would be leaving this camp [Ritchie] next morning. We were divided into two Mobile Radio Broadcasting Companies. The name emphasized radio, although we were in reality being transferred from intelligence to Psychological Warfare. Our captain introduced himself at reveille. He and the commander of the 2nd [MRBC] company used the phrase esprit de corps. […] In civilian life he led a jazz band; his presence among us was due to his radio experience.“243 Edels darauf folgender Beschreibung über das in der düsteren Versammlungshalle des Camps erfolgte erste Aufeinandertreffen mit dem gockelhaften Propaganda-Chefausbilder Hans Habe lässt sich ein gewisser Unterhaltungswert nicht absprechen.244 Wer waren nun die Österreicher, die Habes Ansprüchen gerecht und für die oben angeführten Posten in den MRBCs rekrutiert wurden? Einer der ersten prominenten MRBC-Anwerbungen aus der Rekrutierungswelle zwischen Dezember 1943 und Jänner 1944 war der promovierte Jurist und ehemalige Attaché des Bundespressediensts der Ständestaatdiktatur, Francis Seidler (Franz von Seidler). Er brachte nicht nur journalistische Erfahrung für eine mögliche Tätigkeit als Chief Linguist, Editor, Analyst, Announcer oder Scriptwriter mit, sondern war (laut eigenen Angaben) als ehemaliger Offizier der – teilweise faschistisch ausgerichteten – paramilitärischen Heimwehr und Mitglied der zivilen US-Küstenartillerie auch mit dem soldatischen Habitus bestens vertraut. Seidler, eine ambivalente Figur, die an anderer Stelle noch eingehend durchleuchtet wird, wurde im Jänner 1944 direkt vom OSS abgeworben245 und zur 2nd MRBC geschickt, später landete er in der 3rd MRBC. Er sollte als Propagandaredakteur arbeiten sowie als Moralverhörer gefangene Wehrmachtskämpfer oder wichtige deutsche Zivilisten interviewen. Dabei kreuzten seine Wege sich zumindest indirekt mit jenen von Saul K. Padover. Obwohl dieser ebenfalls aus Österreich stammende und dem Marxismus nahestehende Historiker nicht als Ritchie Boy in Maryland ausgebildet worden war, arbeitete er in einer speziellen PWB-„T-Force“ auch als Verhöroffizier und versuchte wie auch Seidler Einfluss auf besatzungspolitische Aktivitäten im befreiten Deutschland zu nehmen – allerdings mit völlig anders gelagerten politischen Absichten.246 Einer der weniger prominenten, aber vielversprechenden „junge[n] Leute“, die laut Habe „keine Strapazen scheuen würden und denen man geheimes Material anvertrauen dürfe“,247 war der 21jährig in die USA geflohene Artillerieund Nachrichtenoffizier Jacob Tennenbaum.248 Er sollte es vom Wiener Nähma-

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schinenhändler bis zum Chief of Intelligence des PWB Combat Team der ersten US-Armee bringen, dabei viel gelesene Moral- und Propagandawirkungsanalysen verfassen und an der Westfront wesentlich erfahrenere Leute wie Seidler unter seinem Befehl haben. Einschlägig qualifiziert war auch der 1910 in Wien geborene Hans Adler. In seiner in Camp Ritchie angelegten Personal History Card stand unter der Rubrik „Zivile Beschäftigung“ Folgendes zu lesen: „Intelligence work – Research work, translating[,] analyzing, and working along phycological [sic! recte: psychological] lines“.249 Nach abgebrochenem Germanistik- und Psychologiestudium an der Universität Wien als Sportjournalist, Speditions- und Reisebüromanager tätig, floh Adler 1938 in die USA, arbeitete dort als Übersetzer, Rechercheassistent und als PropagandaAnalyst für die jüdische Anti-Defamation-League, ehe er im April 1941, also noch vor dem Kriegseintritt der Amerikaner, in die US-Armee einberufen wurde. Bevor er ins Visier von Hans Habe geriet, war Adler Munitionsträger, Verwaltungskraft und Nachrichtenunteroffizier gewesen und hatte von der Armee eine universitäre ASTP-Ausbildung erhalten.250 Dieser hochqualifizierte Mann wurde, ohne vorher einen MITC-Grundkurs in Camp Ritchie absolviert zu haben, direkt nach Camp Sharpe geschickt und sollte später als Flugblattautor und Propagandadramaturg („Script Writer“) mit der 4th MRBC in den Krieg ziehen.251 Adlers Beispiel zeigt: Geeignetere Leute konnte Habe für die Aufstellung und Ausbildung der MRBCs kaum finden. Jemand, der nicht nur aus dem Inneren der feindlichen Gesellschaft kam und deren Mentalität, Kultur und Sprache kannte, sondern schon vor dem Kriegsdienst als Zivilist im Aufklärungs- oder Propagandasektor gearbeitet hatte, drängte sich für den militärischen Medienjob regelrecht auf. Ein ähnliches Profil wie Adler wies auch der Journalist und Übersetzer Richard Akselrad, der den 16. MITC-Basiskurs in Ritchie absolviert hatte, auf. „Edited Viennese Anti-Nazi Magazine“ steht etwa in seinem Qualification Record zu lesen.252 Akselrad war später als Mitglied der elitären Kriegsgefangenen- und Zivilistenverhörtruppe „Kampfgruppe Rosenberg“ tätig und wurde unter anderem mit dem Horror des Konzentrationslagers Buchenwald konfrontiert.253 Eine schillernde Figur war auch Jules Jerome Bond alias Jussy Bondy, laut Hans Habe ein „Sohn eines berühmten Wiener Verlegers“254 und studierter Jurist. Bond hatte als Übersetzer, Journalist und Korrespondent sein Geld verdient, ehe er in die USA emigrierte, um dort in einer der ersten MITC-Klassen und in Camp Sharpe ausgebildet zu werden und mit der 3rd MRBC als Radio- und Flugblattredakteur in den Krieg zu ziehen – er sollte später mit einem Metropolitan Opera Cookbook und anderer sinnesfreudiger Prosa einigen Erfolg haben.255 Der vom OSS abgeworbene

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und der 2nd MRBC zugeteilte Walter Straus, Sohn des Komponisten Oscar Straus, war nicht nur beschlagen im Feld von Theater, Kunst und Literatur, sondern wäre als ehemaliger Rundfunkmitarbeiter auch ein idealer Radiosprecher oder Lautsprecherpropagandist gewesen.256 Traurige Ironie: Ausgerechnet psychische Gründe dürften der Grund gewesen sein, warum Straus nie als psychologischer Krieger in Europa eingesetzt wurde. Laut seinem Personalakt erhielt er nach einem Aufenthalt in einem Armeespital in Ohio im Dezember 1944 seinen letzten Sold als GI257 und beging im September 1945 in einem Hotelzimmer in Baltimore Selbstmord.258 Der Wiener Schauspieler und Kabarettist Fred Lorenz (früher Manfred Inger) sollte hingegen an der Seite seines exildeutschen MRBC-Kollegen Benno Frank als tatsächlich umtriebiger Rundfunksprecher auftreten und an der Westfront dank seiner imaginativen und sprachlichen Fähigkeiten ebenso unterhaltsamen wie experimentierfreudigen Radioproduktionen seinen Stempel aufdrücken.259 Entsprechend des breiten Medien- und Technikportfolios der MRBC-Kompanien, vor allem für das im Namen der Einheit so prominent geführte Broadcasting, fanden sich unter den österreichischen Neuzugängen nicht nur Literaten, Journalisten und Kulturschaffende. So landete der jüdische Werkzeugmacher und Maschinenbauer Erwin Benkoe nach einer militärischen Grundausbildung sowie einem Speziallehrgang, wo er unter anderem in Chemical Engineering geschult worden war, im Jänner 1944 in Camp Ritchie und wurde direkt zur 2nd MRBC geschickt. Später sollte dieser vielseitig begabte Mann nicht nur, wie zu erwarten, als Rundfunktechniker agieren, sondern als Mitglied einer T-Force deutsche Zivilisten befragen und als Monitoring-Experte feindliche Rundfunksendungen aufzeichnen.260 Auch sein exilösterreichischer MRBC-Kollege Kurt Wittler, ein Blechschlosser und „draftsman“, hatte einen ähnlichen zivilberuflichen Hintergrund, dazu besaß er bereits militärische Erfahrung. Er galt, wie viele andere Österreicher, ob seiner bloßen Sprachkenntnisse jedoch auch als Linguist – wie später noch detailliert dargelegt wird, sollte er im Krieg zum Chef-Flugblattschreiber des PWB Combat Teams der dritten US-Armee aufsteigen. Zwei weniger elitäre Beispiele für MRBC-Rekrutierungen im Technik- und Broadcasting-Bereich sind Felix Mayer und Rudolf Moskovits. Mayer, ein gelernter Kürschner aus Großpetersdorf, der eigenen Angaben zufolge – wie Hans Habe – in der französischen Armee gedient hatte und dort als Übersetzer tätig war, besuchte 1943 die 12. MITC-Klasse in Camp Ritchie, konnte die IPW-Verhörausbildung aber nicht abschließen. Seine Leistungen wurden als nicht zufriedenstellend eingestuft und zwischenzeitlich wurde er gar in den Rang eines Private zurückgestuft. Im Februar 1944 versetzte man ihn zur 2nd MRBC, später landete er bei der 4th MRBC. Die Kriegserfahrung und die geleistete Arbeit als Übersetzer prädes-

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tinierten Mayer eigentlich für die Einstufung als „Linguist“; Hinweise für eine derartige Tätigkeit wurden in den operativen Akten aber bis dato nicht gefunden. Vermutlich war er nicht für die inhaltliche Propagandaarbeit geeignet und dürfte in Europa als technischer Hilfsarbeiter eingesetzt worden sein.261 Rudolf Moskovits, ein jüdischer Kaufmann und Barbier, der in den USA als Versandmitarbeiter sein Brot verdient hatte, konnte in Camp Ritchie ebenfalls keinen Abschluss im MITC-Kurs erlangen – „Not recommended for IPW Team“ steht auf seiner Personalkarte zu lesen. Er wurde daraufhin der 2nd MRBC zugeteilt. Moskovits schrieb letztlich keine Flugblätter, verhörte keine Gefangenen und arbeitete nicht an Radiosendungen mit, sondern übte den Job eines Leaflet Shell Loader (Präparator von artilleristischen Flugblattladungen) aus.262 Nicht jeder Österreicher, den es zu den Psychokriegern der MRBCs verschlug, war also ein Medienstar, Sprachgenie oder ein Alphatier aus dem Kulturmilieu. Entsprechend der Entwicklung der Massenmedien im 20. Jahrhundert und der zunehmenden Bedeutung von Bildern und vor allem von gedruckten Fotografien263 als semiotisch dichten und emotionsfördernden Propagandaträgern264 spielten Letztere auch eine gewisse Rolle im ursprünglichen MRBC-Konzept. Es brauchte daher Personen, die sich auf die mediale Fixierung von publicityträchtigen und propagandarelevanten Geschehnissen durch Fotografie verstanden – „Berufsfelder wie der Illustrationsfotograf oder der Fotoreporter“,265 aber auch einfache Fototechniker standen daher ebenfalls im Fokus der Personalsuche. So verschlug es drei Wiener mit einem derartigen Ausbildungs- oder Berufshintergrund ins Camp Ritchie bzw. zu den MRBCs nach Pennsylvania. Der 1938 in die USA geflüchtete Howard K. Marr etwa hatte in New York eine Zeit lang nicht nur Advertising and Drafting studiert, sondern auch einen Fotografiekurs an einer Abendschule absolviert und als Fotograf gearbeitet, bevor er in die Armee einrückte. Nach kurzem Aufenthalt im MITC wurde er zur 4th MRBC versetzt und landete letztlich mit der 5th MRBC in Europa, wo er zur PWB/1st Army stieß.266 Wie mindestens 14 andere Landsleute in den MRBC-Truppen sollte er letztlich auch als PWI-Verhörer in einem Kampfpropagandateam arbeiten und später für „superior intelligence reports“ gelobt werden.267 George R. Rowen wiederum hatte 1938 in Wien, wo er unter anderem als Fotoredakteur für die Österreichische Illustrierte Zeitung tätig gewesen war,268 eine „Photographer Tng[.] Sch[ool].“ abbrechen müssen. Im US-Exil war er sowohl als selbstständiger Fotograf als auch als Militärfotograf in Fort Benning tätig, ehe er in Camp Ritchie die 16. MITC-Klasse als Document Examiner im Bereich IPW/German abschloss.269 In seiner Personal History Card erfährt man nicht nur von seinen lichtbildnerischen Tätigkeiten, sondern auch über den technischen Hintergrund derselben: „Photographer,

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News – Made photographs of sports&news events for daily papers, periodicals. Used contax, miroflex, speed graphic&ruleflex cameras with speed lens. Developed, printed, and enlarged pictures.“270 Im Gegensatz zu Howard Marr wurde der – zwischenzeitlich vom Unteroffizier (T/4) zum einfachen Private degradierte271 – Fotograf Rowen tatsächlich in seinem erlernten Zivilberuf eingesetzt. Er sollte als Mitglied der 5th MRBC für die Psychological Warfare Division im Bereich der 12. Armeegruppe tätig sein, wo er unter anderem die Truppe von Radio Luxemburg und das „Habe Personnel“ fotografierte.272 Aus der Fotografenecke kommt auch Fred Perutz. Nach seiner dramatischen Flucht aus Österreich – von einer Gestapostreife im Zug gestellt, hatte er vorgegeben, nur Französisch zu sprechen und war mit diesem Hasard durchgekommen273 – hatte er eine lichtbildnerische Ausbildung in New York abgeschlossen und als Fotograf gearbeitet. Er hatte zudem bereits vor dem Armeedienst einen Abendschullehrgang in militärischer Luftbildauswertung und Landkartenkunde absolviert und wurde im Februar 1943 zum „Austrian Battalion“ nach Camp Atterbury geschickt.274 Diese von Otto Habsburg und monarchienahen und konservativen Aktivisten initiierte und als vitales Symbol des österreichischen Exilwiderstands intendierte Einheit der USArmee stand politisch unter keinem guten Stern. Das teilweise aus zwangsrekrutierten Einwanderern aus den Nachfolgestaaten der k.u. k. Monarchie bestehende und von linksliberalen Kreisen sowie einzelnen Kongressabgeordneten heftig befehdete „Österreich-Bataillon“ wurde bereits im Mai 1943 sang- und klanglos aufgelöst.275 Laut dem Ritchie Boy Joseph Simon wurden die Reste des Österreich-Bataillons zum MITC nach Maryland geschickt,276 insgesamt landeten laut unserer Datenbank aber nur 24 Bataillonsangehörige österreichischer Herkunft direkt oder über Umwege im Camp Ritchie.277 Unter ihnen befand sich auch Fred Perutz. Nach einem kurzen Intermezzo bei der Pioniertruppe absolvierte er die IPW-Verhörausbildung in Camp Ritchie als „Stenoypist“.278 Der später beim Rundfunk eingesetzte Perutz betätigte sich vor seiner Versetzung in die Propagandaschule in Camp Sharpe auch als Headhunter, der quer durchs Land reiste, um auf verschiedenen ASTP-Ausbildungsstätten und Universitäten279 deutsch- oder französischsprachige Neuzugänge für die 5th MRBC aufzutreiben:280 „I would be part of a team of three who would seek new talent for Army Intelligence from a select group of college students around the United States enrolled in the Army Special Training Program.“281 Nicht alle Sharpe Boys waren also handverlesene Wunschkandidaten Hans Habes oder wurden mithilfe der wundersamen Lochkartenmaschinen gefunden. Außerdem bekam Habes kleine Rekrutierungsagentur bald mächtige Konkurrenz. Gerade am Beispiel eines weiteren österreichischen Neuzugangs von Perutz’

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5th MRBC zeigt sich, dass auch andere Propagandainstitutionen im selben Teich nach vielversprechenden Mitarbeitern fischten: Während sich die wichtigsten militärischen und zivilen US-Propagandainstitutionen (neben der Armee waren dies das OWI und das OSS) auf die kriegsentscheidende Einsatzphase nach der geplanten Invasion in der Normandie vorbereiteten, kämpften sie – jede für sich – um organisatorischen Einfluss, Macht, Ressourcen und Personal. Innerhalb der SHAEF-Struktur und unter dem Befehl Eisenhowers stehend, waren die drei rivalisierenden Propagandainstitutionen künftig zur engen Zusammenarbeit bei der Kampfpropaganda gezwungen. Besonders das OWI fühlte sich dank des bereits erwähnten Erlasses durch Präsident Roosevelt vom März 1943 und seiner aktiven Rolle am nordafrikanischen und italienischen Kriegsschauplatz nicht nur für offizielle und aufklärerische Propaganda, die sich an Zivilisten im In- und Ausland richtete, sondern auch für die „weiße“ psychologische Kriegsführung im Kampfgebiet zuständig. Gleichzeitig hatte die US-Armee, ein selbst verschuldeter Spätstarter im Feld der Kampfpropaganda, ihre Position in der „Psywar“-Struktur noch nicht gefestigt. Wie sich diese Entwicklungen und Machtkämpfe im Großen auf die konkrete Militärbiografie österreichischer Ritchie Boys im Kleinen auswirken konnte, zeigt nun das Beispiel von Eric Winters, um dessen Verwendung sich das OWI und die US-Armee eine Art Match um die besten Köpfe lieferten. Winters entspricht dem klassischen Beuteschema Habes: der promovierte Jurist aus Wien, der sich nach seiner Flucht in die USA mitunter als Expedient durchschlagen musste, hatte in Camp Ritchie im April 1944 die 16. MITC-Klasse als IPW-Verhörassistent abgeschlossen.282 Das wie erwähnt offiziell für sämtliche überseeischen „Informations“-Tätigkeiten, also auch für Propaganda im militärischen Bereich, zuständige OWI283 wollte wie schon im Mittelmeerraum 1942/43 auch nach der Landung in der Normandie als entscheidender Player im Feld der Kampfpropaganda agieren. Daher versuchte es Leute wie Winters von der Armee abzuwerben und unter dem Dach der PWD/SHAEF in speziellen OWI-Combat Teams einzusetzen. So traf im Mai 1944 folgender, von OWI-Chef persönlich unterzeichneter Brief beim zuständigen Adjutant General in Washington ein: Dear Sir,

[…] It is requested that the enlisted man described below [Eric Winters] be released

from military duty in the U. S. Army, for other services essential to the war effort, in order

to help to fill the urgent need for civilian specialists in psychological warfare recently

described by Brigadier Robert A. McClure of PW[D], SHAEF, in a message to General George C. Marshall, Chief of Staff, asking that the War Department render all aid to expedite transportation of such personnel to the European theater.

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If released, the soldier will be immediately employed by the Office of War Information and sent overseas […].

The foreign propaganda program of the Office of War Information makes it essential for a large augmentation in personnel to be made in order to obey the executive order to conduct a foreign propaganda program in present and future war theaters. […]

If released, Winters will be assigned to the Psychological Warfare Division of the Allied armies as a member of a combat team, under the control of General Dwight D. Eisen-

hower. The program of psychological warfare as developed in North Africa, Sicily and Italy, and to be followed in the Europan theater, calls for combat teams to accompany and follow the armed forces into liberated areas, there taking over the operation and supervi-

sion of broadcasting stations, newspapers, and other means of disseminationg information, and carrying out informational and propaganda activities directed at the civil popu-

lation of the areas and at enemy forces and areas. This work includes the preparation and

dissemination of radio broadcasts, surrender leaflets and other publications, posters, etc. The specific job of Winters will be the writing and translation into German of radio scripts, leaflets and other material. […] Very truly,

Elmer Davis, Director284

Am Ende kam die US-Armee dem OWI zuvor, indem sie den begehrten Einwanderer unmittelbar nach seinem Intelligence-Basiskurs in Camp Ritchie nach Camp Sharpe schickte und Winters dort ab Mai 1944 als Propagandaspezialisten in den Reihen der 4th und 5th MRBC ausbildete.285 Winters sollte später redaktionell bei Hans Habes Flugblattoperationen mitwirken und dort laut der Unit History der 5th MRBC große Wertschätzung erfahren.286 Auch wenn er letztlich in den vom OWI geplanten Propagandateams eine ziemlich ähnliche Position bekleidet und nach der Landung an den Stränden der Normandie möglicherweise sogar Seite an Seite mit den MRBC-Kameraden aus dem Militär in bunt zusammengewürfelten Kampfpropagandatrupps operiert hätte,287 nimmt der Fall Winters bereits die künftigen Machtverhältnisse am westeuropäischen Kriegsschauplatz vorweg: Die US-Armee begann seit Anfang 1944 zunehmend damit, die „civilians“ unter ihre Kontrolle zu bringen und unter dem Dach der entstehenden PWD/SHAEF eine machtvolle Stellung im Propagandasektor aufzubauen. Der oben gegebene, nicht vollständige Einblick in die illustre Ansammlung österreichischer Propagandasoldaten in Camp Sharpe zeigt: Der Mix aus technisch avancierter Militärbürokratie (Lochkartenmaschinen für die Personalsuche) und archetypisch-amerikanischer Experimentierfreude (Einsatz von Flüchtlingen

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an wichtigen Stellen) ermöglichte es dem zu Beginn des Kriegs strukturell noch schlecht aufgestellten US-Militärapparat also, die vielfältigen Potenziale der heterogenen und multikulturellen Einwanderergesellschaft der USA in militärische oder geheimdienstlich-propagandistische Bahnen zu lenken.288 Im War Department und bei MID/MIS war man trotz einiger Skepsis gegenüber den unmilitärischen Propaganda-Hasardeuren letztlich aufgeschlossen genug, „kluge Köpfe und schräge Vögel aus unterschiedlichen Ländern“289 nach Camp Ritchie und Camp Sharpe zu lotsen und diesen Zivilisten und exzentrischen Figuren vom Schlage eines Hans Habe dort viel Freiraum („freewheeling“)290 zu geben. Freiraum, der nötig war, um die bemerkenswerten Fähigkeiten dieser Männer für militärische Zwecke nutzbar zu machen.291 Entsprechend dem Motto „personnel is policy“ sollten diese illustren Einwanderer in Folge den militärischen Propagandaapparat entscheidend mitprägen. Wie ein Blick in die Geschichte der am 22. Jänner 1944 in Camp Ritchie formierten 5th MRBC zeigt, wurde den in Gettysburg ausgebildeten MRBC-Männern bzw. Sharpe Boys bald klar, was ihre Aufgabe im Krieg sein würde: Within a few weeks, every man in the company had a clear concept of the company’s

mission – to bring about the surrender of the enemy by lowering his morale. This task, known as psychological warfare, would be carried out by combat public address systems, leaflets, radio broadcasts, and by the interrogation of prisoners for estimates of morale and for the gathering of new information to be used in subsequent propaganda material.292

Anfang Februar 1944 übersiedelten die ausgewählten Kader der 2nd und 3rd MRBC als erster Teil der vier Kampfpropagandagruppen schließlich zu ihrer neuen Trainingsstätte. Das Lager war nach einem gewissen General George H. Sharpe benannt. Dieser Jurist und Diplomat ist nicht nur als fähiger Aufklärungsoffizier der Unionsarmee im Bürgerkrieg gegen die Sklaverei-befürwortenden Südstaaten in Erscheinung getreten,293 sondern war gut zehn Jahre davor Sekretär der US-Gesandtschaft in Österreich gewesen294 – einen passenderen Namensgeber für ein von zentraleuropäischen und antifaschistischen Intellektuellen durchwimmeltes Lager des militärischen Nachrichtendiensts, der gegen einen rassistischen Unrechtsstaat kämpfte, hätte man kaum finden können.295 Das „notdürftig zusammengetakelte“296 und von vielen als wenig beschaulicher Ort beschriebene Camp Sharpe fungierte nun als das erste Psychological Warfare Training Center der USMilitärgeschichte und Ausbildungsstätte der vier künftigen MRBC-Trupps.297 Bevor es dem MITC Camp Ritchie vom Pennsylvania State College zur Verfügung gestellt wurde, war Camp Sharpe unter anderem als Arbeitslager vom Civi-

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lian Conservation Corps298 benutzt worden. Laut der Geschichte des MITC bot das Lager Unterkunft für rund 200 Personen und seine Infrastruktur bestand aus einem „superintendent’s house, five barracks, an instructional building, a recreational hall, an infirmary, a mess hall, an officer’s club, and various other miscellaneous structures.“299 Vor dem Eintreffen der „Psycho Boys“ in Camp Sharpe war das Lager vom MITC auch für körperlich intensive Infanterieausbildung genutzt worden.300 Während über die allgemeine Lageradministration und den von rund 450 österreichischen Ritchie Boys absolvierten nachrichtendienstlichen Basiskurs sowie die einschlägigen Spezialisierungen im MITC Camp Ritchie ausführliche Unterlagen vorliegen, konnte ich über das Propaganda-Nebenlager Camp Sharpe bis dato keine vergleichbaren Quellen finden. Mithilfe der Sekundärliteratur,301 der sogenannten Unit Histories,302 der persönlichen Erinnerungen vieler MRBC-Soldaten und Medienkrieger303 sowie des „PWB Combat Team“-Handbuchs304 war es möglich, die grundlegenden Abläufe, Inhalte und Ziele des Propagandatrainings grob zu rekonstruieren. Aber auch über archivalische Umwege, etwa die teilweise erhalten gebliebenen (i. e. vor einem verheerenden Feuer im Jahr 1973 geretteten) Militärpersonalakten in der NARA-Niederlassung in St. Louis, konnten Informationen über das Training in Camp Sharpe ausgegraben werden. So erfährt man etwa im Personalakt des „playwright“ und Flugblattschreibers Hans Adler, dass er eine sechswöchige „PWD Sch[ool]“ in „Cp Ritchie“ im Fach „Psych War“ besucht hat – das hier eigentlich gemeinte, „geheime“ Camp Sharpe taucht als Ausbildungsort an dieser Stelle namentlich gar nicht auf.305 Die Auswertung solcher Quellen, dazu gehört auch die mit „2 M RA BR CO CP RITCHE MD“ beschriebene Morgenappell-Stechkarte Adlers,306 legt daher den Schluss nahe, dass das eher informell geführte und weitgehend dem Gutdünken von Hans Habe und den Lagerkommandanten ausgelieferte Camp Sharpe gar keine eigene bürokratische Entität war und das, was an Administration anfiel, über das Stammlager Camp Ritchie abgewickelt wurde. Arthur Jaffes Einschätzung, dass das unter dem Kommando des gelernten Anwalts Major Arthur T. Jarecki307 und des bereits einsatzerprobten Edward Caskey stehende Camp Sharpe nur lose organisiert war bzw. als „First Provisional Psychological Warfare Battalion“ geführt wurde, fügt sich gut in dieses Bild.308 Wie lief nun der Lageralltag der „Insassen“ in der ersten militärischen Propagandaschule der amerikanischen Geschichte ab? Laut dem Truppenhistoriker der fünften MRBC-Kompanie wurde – aller Freigeistigkeit seiner illustren Zöglinge zum Trotz – die militärische Disziplin in Camp Sharpe weitgehend aufrechterhalten: Der in fünfzigminütige, durch zehnminütige Pausen unterbrochene, Unter-

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richtseinheiten aufgeteilte Tag startete um 6.45 Uhr (laut anderen Berichten teilweise noch früher)309 und endete manchmal erst um Mitternacht oder später.310 So berichtet der Kommandeur der 2nd MRBC, Arthur Jaffe: At Sharpe, the company’s specialists received intensive training in their respective fields. The most important course was offered by Capt. Habe. For five weeks he held daily classes from 0900 to 1700, explaining the employment of combat propaganda by American

units in the Mediterranean campaigns and describing the possibilities of psychological warfare in Europe. The trainees simulated combat situations in practical exercises, pre-

paring leaflets and newspapers, writing scripts for radio broadcasts and even producing complete radio shows in French and German.311

Hans Habe – das bestätigen auch zahlreiche seiner Schüler, die mitunter weltanschaulich völlig anders gepolt waren als ihr Lehrer – war der unbestrittene Star der deutschsprachigen Exil-Community im Camp Sharpe, der vor allem den Schülern der Propaganda Section „the use of psychological warfare’s weapons“ näherbrachte. Laut seinem österreichischen Schützling Fred Perutz von der 4th MRBC war Habe ein „gifted communicator and very active in our training. He conveyed his theories on the essence of psychological warfare and gave us a good feel for how we could impact German soldiers through creative broadcasting strategies.“312 Die hier gemeinten psychologischen Waffen waren die „controlled dissemination of news, facts and ideas“.313 Auch wenn sie nicht immer ganz faktennah sind und nicht mit Übertreibungen und Superlativen geizen, vermitteln die memorialliterarischen Berichte der Camp-Sharpe-„Veteranen“ das wohl anschaulichste Bild des Ausbildungsalltags der Linguists, Editors, Announcers und Script Writers in der Propaganda Section.314 So schreibt etwa der tschechische Regisseur und Autor Hanuš Burger, dass die Inhalte des sechswöchigen Kampfpropagandakurses mit körperlicher Intensität und großer Verve eingelernt wurden. Habes Ausbildungslehrgang für die Leute der jeweiligen MRBC-Propaganda Section war für Burger ein Schulungskurs, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Der Stundenplan glich dem einer höheren Journalistenakade-

mie. In einer Deutschlektion (täglich) lernten wir, uns kurz und prägnant auszudrücken und überflüssige Worte zu vermeiden. Wir lernten, wie man eine Zeitungsseite zusammenstellt, wie man Überschriften erfindet und anordnet und welche Schrifttypen man

dazu verwendet. Wir mußten Rundfunknachrichten abhören, mitschreiben, verarbeiten

und neu formulieren. Jeden Tag war ein anderer von uns „Chefredakteur“, stellte mit Hilfe

zweier gewöhnlicher Rundfunkempfänger die wichtigsten Tagesnachrichten zusammen,

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faßte sie in knappe, leicht sprechbare Sätze, zwang das Ganze in die uns bewilligten fünf­

zehn Minuten und wies den Sprecher – jeden Tag war es ein anderer von uns – an, wie er sprechen sollte. Alle übrigen, samt dem Instruktor, mußten diese fünfzehn Minuten

scharf kritisieren. In einem weiteren Kurs lernten wir Zeitgeschichte […]. Wir lernten, welche Zeitungen [in Deutschland] wessen Interessen vertraten, wer sie finanzierte, wer von den wichtigen Männern für sie schrieb. Und wir analysierten Nachrichten und Kom-

mentare und schrieben selber welche. Jede Unterrichtsstunde dauerte fünfzig Minuten, wir konnten mit unseren Notizen kaum nachkommen und unseren Kopf auf das nachfolgende Thema umstellen. Dem Instruktor bereitete diese Umstellung offenbar keine Schwierigkeiten – es war immer derselbe: Oberleutnant Hans Habe.315

Kurz sei ein Blick auf die Statistik und die quantitativen Auswertungen im Zuge unseres Ritchie-Boy-Projekts geworfen: War Habe – wie auch sieben weitere Landsmänner in den MRBCs – Protestant (mit jüdischen Wurzeln) und gab es nur vier ausgewiesene Katholiken, so waren mindestens 24 der 41 aktiven exilösterreichischen Kampfpropagandisten Juden (58,5 %).316 In dieser hohen Dichte an österreichisch-jüdischen Mediensoldaten und Propagandaspezialisten spiegelt sich nicht nur die insgesamt hohe Zahl von „38er“-Flüchtlingen wider, sondern auch das Faktum, dass die jüdische Bevölkerung vor der NS-Machtübernahme im Medien- und Kulturwesen in Österreich, vor allem in Wien, überproportional präsent war.317 Derartiges Hirnschmalz stand nun der amerikanischen Militärpropaganda reichlich zur Verfügung. Ein zentraler Punkt der Propagandaausbildung war natürlich auch das bereits zuvor im MITC Camp Ritchie intensiv eingeübte Durchspielen von Kriegsgefangenenbefragungen zur Feindmoral und die Schulung der künftigen Moralverhörer in Bezug auf die empfohlenen Zeitpunkte, Methoden und Psychotricks für dieses Unterfangen.318 Die sprachlich und interkulturell versierten Performer von solchen Vernehmungsübungen gaben dabei gerne ihren unmilitärischen Impulsen nach, was sich auf die heutige Lektüre ihrer biografischen Berichte durchaus vorteilhaft auswirkt. So fand der spätere Camp-Sharpe-Schüler Walter Kohner bereits während der Intelligence-Ausbildung in Camp Ritchie einige Freude daran, seinem vorgesetzten Offizier spitzbübische Streiche zu spielen. Sein Landsmann, der später als Anarcho-Chansonnier bekannt gewordene Georg Kreisler, erinnert sich: Ein amerikanischer Offizier, der nur gebrochen Deutsch spricht, gibt die Anweisungen. Die Schüler machen sich einen Jux daraus, deutsche Dialekte zu erfinden, von denen

der arme Mann kein Wort versteht. „Ich erinnere mich daran, dass der kleine dicke, sehr

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jüdisch aussehende Walter Kohner einmal den deutschen Gefangenen spielen musste, und ich sollte ihn verhören. Ich stellte ihm die vorgeschriebene Frage: ‚Was waren Sie im Zivilberuf ?‘ Er antwortete: ‚Hirt.‘ Worauf ich natürlich in unkontrollierbares Lachen ausbrach.“ Der daneben sitzende amerikanische Offizier kann das nicht begreifen, fühlt

sich veralbert und fragt böse: „What’s wrong? What happened?“ Kreisler kann sich kaum einkriegen.319

Habe setzte vermutlich auch im Bereich der Moralaufklärung und der Verhörtechniken weniger auf festgefügte Regeln sowie behavioristische oder Pawlow’sche Ansätze. Vielmehr ermutigte er die Soldaten, auf ihren menschlichen Hausverstand und ihr psychologisches Feingefühl zu setzen und anlassbezogen auf die künftigen Gesprächspartner aus den Reihen der Wehrmacht einzugehen. Nur so könnte man diese als konstruktive Feedback-Geber für die US-Propaganda gewinnen.320 Das auf den Erfahrungen der 1st MRBC in Italien und der PWB/AFHQ basierende und wahrscheinlich von Habe (und/oder von Edward Caskey) verfasste instruktive Handbuch namens PWB Combat Team diente vor allem für die 4th und 5th  MRBC als wichtiger Leitfaden für den Einsatz in Psychological-WarfareBranch-Einheiten während der Kampfphase. Gleichzeitig verrät dieses Büchlein viel über das Propagandatraining in Camp Sharpe. Während der Ausbildungsphase der 4. und 5. Kompanien (und wohl auch fürs Training der 2nd und 3rd MRBC) in Camp Sharpe wurden die Inhalte oder eine Alpha-Version dieses Handbuchs gelehrt.321 Folgende Kapitel bzw. Ausbildungsabschnitte werden darin angeführt: Definitions [of Propaganda] Rules of Propaganda PWB Taboos PWB Orders

Morale of the German Soldier German Propaganda

Combat Team in the Field (Chart) The D-Section

Psychological Interrogation The PWB Poll

Area Investigation Monitoring

Radio News and Features The Frontpost Leaflets

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Die Experimentalphase

Posters

Loudspeakers

The Liaison Team The PWB Shop

The Radio Section

The Printing Section Appendix322

Greifen wir kurz ein paar Inhalte des Ausbildungshandbuchs heraus. Mit den Punkten, die sich zu Beginn der definitorischen Erläuterung von Propaganda und den ihr angeblich inhärenten „Regeln“ widmen, wurden die Camp SharpeSchüler zunächst in den fachlichen Grundlagen und der sogenannten „strategy of truth“323 unterwiesen. Auch über den Unterschied zwischen strategischer und taktischer sowie weißer und schwarzer Propaganda wird darin aufgeklärt. Das alles geschieht in einer narrensicheren und leicht verständlichen Sprache, die bereits die nötige Direktheit und Schlichtheit der späteren Propagandaflugblätter und Radioansprachen im Feld vorwegnimmt. Den MRBC-Soldaten wurde dabei klargemacht, dass es sich bei der hier vermittelten Form der psychologischen Kriegsführung (PWB-Kampfpropaganda) um kein potentes Allheilmittel, sondern eine unterstützende Waffe und um einen möglichen „Verstärker“ von Stimmungen und Gefühlen handelt324 und dass es bei der täglichen Propagandaarbeit nicht primär um Ästhetik, Sprachkunst und Diskurs, sondern um ein niederschwelliges, lebensnahes und glaubwürdiges Kommunikationsangebot geht: DEFINITIONS …

PROPAGANDA is a calculated effort to create desired reactions or opinions through

the controlled dissemination of facts and ideas, and through actions.325

TACTICAL PROPAGANDA is addressed to a small, distinct group and pursues a

short range (immediate) objective.

STRATEGIC PROPAGANDA is addressed to large groups of people and pursues

long range objectives.

We distinguish between WHITE and BLACK propaganda. When the origin is disc-

losed, the propaganda is white. When the origin is not disclosed, the propaganda is black, i. e.,

a. Posing as an enemy station.

b. Posing as a station behind the enemy lines. c. Imitation of enemy material. […]

Hans Habes Journalistenakademie

AIMS OF COMBAT PROPAGANDA

In general, we aim to destroy ENEMY MORALE and DISLOCATE enemy troops. Specificially, in accordance with the lowering of their morale: 1. Individuals may be induced to surrender. 2. Individuals may be induced to desert. 3. Groups may be induced to desert. RULES OF PROPAGANDA

PWB propaganda is based fundamentally on the success of our military forces. PWB propaganda then becomes a propaganda of logic, of proving to the enemy that his position is untenable by the communication of depressing facts. Our success in lowering the

enemy morale and effecting his dislocation is dependent upon the credibility of those facts. PWB’s consistent principle of propaganda, therefore, is the TRUTH.

These „truths“ are not disinterested. By the selection and omission of facts, our propa-

ganda must exploit the enemy’s loves, fears, prides, and antagonisms within the given military situation. Our main method of propaganda is the INTENSIFICATION OF EXISTING FEELINGS.326

Wie Theresia Klugsberger ausführt, ist der kompromisslos auf das Leitmotiv der Wahrheit fixierte Medienorganisator Habe „ein Paradebeispiel für einen weißen Propagandisten“, der – vielleicht auch aufgrund der negativen Erfahrungen, die er als Sohn eines umstrittenen Zeitungsverlegers im anrüchigen Feld des Boulevardjournalismus gesammelt hat – beim feindlichen Rezipienten einen Eindruck der Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit hinterlassen will. Die weiße Propaganda als der Mainstream-Modus der psychologischen Kriegsführung der amerikanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg ist jedoch keineswegs die Erfindung Hans Habes. Vielmehr ergab sich die „Strategie der Wahrheit“ auch aus dem konservativen „mindset“ der Armeeführung und dem auf Ernsthaftigkeit abzielenden Kommunikationsstil des obersten Feldherren Dwight D. Eisenhower. Wenn die Fakten auf dem Schlachtfeld (seit 1943) ohnehin für die vorrückende USArmee sprechen, warum nicht ehrlich darüber berichten? Warum nicht „handfest und direkt auf die Wirklichkeit ausgerichtet“ sein?327 Auch das dem Präsidenten ideologisch nahestehende, eher linksliberale Office of War Information prägte als wichtigstes ziviles Propagandaamt diese Fixierung auf weiße, wahrheitsnahe Kampfpropaganda mit. Ideengeschichtlich gesehen handelt es sich bei der „Strategie der Wahrheit“ daher auch um eine idealistische, ja quintessenziell US-amerikanische Grundierung:328 Im Gegensatz zur nationalsozialistischen „Strategie der großen Lüge“329 und dem subversiven Nischenprodukt der schwarzen Pro-

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Die Experimentalphase

paganda (das ebenfalls auf Täuschen und Tarnen beruhte und sich bei genauerer Betrachtung für den feindlichen Leser oder Hörer als ein „unehrliches“ sowie moralisch fragwürdiges mediales Kuckucksei entpuppen sollte), konnte sich die weiße Propaganda auf das Gütesiegel des Wahrheitsversprechens berufen. Dass Habes Wahrheitsbegriff den erkenntnistheoretischen und diskursiven Ansprüchen der Poststrukturalisten und „Kulturwissenschaftlichen Linken“ keinesfalls gerecht werden kann,330 liegt natürlich auf der Hand. Ich halte es hier eher mit Siegfried Kracauer. Laut seinem Biografen Jörg Später blieb er ein Leben lang der Überzeugung treu, dass die Wahrheit „nicht ein für alle Mal zu finden [ist], aber man durfte auch nicht aufhören, nach ihr zu suchen“.331 Für die bodenständigen angloamerikanischen Kampfpropagandisten sollte sich ihre Art der publizistischen Wahrheitssuche als hochgradig funktional erweisen: Sie sollten durch ihre – mit Karl Poppers praxistauglichem Ansatz des piecemeal social engineering332 konform gehende – Überzeugungsarbeit auch zahlreiche Soldaten vom sinnlosen Widerstand gegen die Alliierten abbringen und dadurch Menschenleben retten. Ironischerweise präsentierte sich die US-Militärpropaganda im Zweiten Weltkrieg in vielerlei Hinsicht faktenbasierender und wahrheitsliebender als der für seine jahrhundertealte demokratische Tradition berühmte US-Journalismus.333 Habe hatte für das Festhalten an der mit amerikanischem Idealismus und puritanischem Sendungsbewusstsein334 gut zusammenpassenden Kommunikationsphilosophie der weißen Propaganda nicht nur private Motive, sondern auch militärstrategische Argumente vorzuweisen: „Stefan Heym“, so Klugsberger, sieht als Grund für Habes unbedingtes „Festhalten an ‚Wahrheit‘ eine Kompensationsbestrebung seines väterlichen Erbes, aber auch seine Menschenkenntnis und seine journalistischen Erfahrungen, wenn er die Dynamik einer solchen typischen Diskussion schildert, in der es angesichts vielleicht bevorstehender Niederlagen (es ist Spätherbst 1944) um Essenzielles geht: Soll ein solches Scheitern, im Fall des Falles, negiert werden, verschwiegen werden oder die Realität zugegeben? ‚Die Wahrheit! Immer die Wahrheit, Sergeant, auch wenn sie im Moment gegen uns spricht! Glaubwürdig bleiben, darum geht es, denn morgen ist die Wahrheit wieder auf unserer Seite, und dann werden wir diese Glaubwürdigkeit brauchen‘,335 verkündet Habe.“336 Die Ausbildung der Propagandakrieger in Camp Sharpe hielt sich an diese Vorgaben. Aus einer Liste von 17 dauerhaften und weniger dauerhaften Grundregeln, Versprechungen und Drohungen, die allesamt auf der „Truth“-Prämisse, dem Zuckerbrot&Peitsche-Prinzip und den Erfahrungen der 1st MRBC mit ihren Offizieren Habe und Caskey in Nordafrika und Italien fußen, seien einige herausgegriffen, die für dieses Buch noch Relevanz haben werden:

Hans Habes Journalistenakademie

- Die eigene militärische Stärke (der US-Armee) muss besonders hervorgehoben werden. Dies beinhaltet „battle strength, production superiority. Especially use statements by German leaders on Alliied superiority in numbers, materiel, weapons.“ - Die (angeblichen) „Geheimwaffen“ der Deutschen sollten hinterfragt werden: „Why aren’t they being used, what has been the effect of: the Luftpressbombe, Goliath, Tankhund, Do-Geraet, Radiobomben, Schlittengeschuetz, Schlangenkopf, Mudrider.“ - Die Privilegien der (künftigen) Kriegsgefangenen werden aufgelistet. „We promise:

a. Immediate removal from the battle zone. b. Same food as Allied soldiers.

c. Same hospital care as Allied soldiers.

d. P. W.’s can write four letters and three postcards a month. e. Payment for voluntary work. f. Voluntary trainig courses.

g. Return to Germany as soon as possible after the war.“

- Detailwissen über die Deutschen „and especially of the particular groups being addressed is impressive.“ - Deutsche Charaktereigenschaften dürfen nicht ins Klischeehafte übersteigert werden, „i. e., stereotypes like beer, sausages, junkers, are detrimental to clear analysis of the German mind.“ - Die Beziehungen zwischen Offizier und einfachem Soldat müssen (propagandistisch) ausgenutzt werden: „i. e., officer leadership in the rear, sadism, Ritterkreuz-Halsschmerzen.“ - Die Ausländer- bzw. Volksdeutsche-Differenzen (mit den Deutschen) müssen ausgenutzt werden: „Austrians do not like Germans, Yugoslavs and Poles less so. Foreigners feel they are being sacrificed for Germany. Other army differences ought to be stressed: i. e., Wehrmacht Beamte with Regular Army. Waffen-SS and Conscription army.“337 Neben dem unten noch weiter anzusprechenden Bereich der guten Behandlung deutscher „POWs“ durch die US-Armee ist für dieses Buch natürlich der zuletzt angeführte Punkt der angeblich „antigermanischen“ Österreicher von großem Interesse. So waren Hans Habe und Martin Herz als Propagandaoffiziere der 1st MRBC bei ihren experimentellen Moralverhören in Italien auf „ostmärkische“ Wehr-

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Die Experimentalphase

machtssoldaten getroffen, die sich als nationalbewusste Österreicher ausgaben oder von Habe als solche eingestuft wurden.338 Bei diesen Personen schien eine gezielte antideutsche Spaltpropaganda, „die verschiedene Gesellschaftssegmente auseinander- und gegeneinander aufzubringen“ versuchte, ein lohnenswerter Ansatz zu sein.339 Die – die weitere Propagandatätigkeit wohl beeinflussende – Einschätzung, dass Österreicher ein lohnendes Ziel für Kampfpropaganda darstellen, fand ihren Niederschlag in der ebenfalls abgedruckten „PWB-Direktive“ vom Mai 1944. Ein halbes Jahr nach der Moskauer Deklaration über Österreich vom November 1943 wurden in dieser Direktive folgende (zweckoptimistische und von der heutigen Forschung weitgehend widerlegte) Thesen aufgestellt bzw. operative Vorgaben definiert: Austria to be stressed more strongly than ever (up to 89 % anti-Nazi). Increasing signs

of revolt. Also stress Austria’s capacity to live as an independent state. We will say that Austria is not self-sufficient, but that does not mean that it cannot exist as a state.340

Soweit ein Einblick ins Handbuch der Propaganda Sections der vierten und fünften MRBC in Camp Ritchie und Habes Ausbildungstätigkeit. In den einzelnen Fallstudien zu den konkreten Kriegsbiografien der hier untersuchten MRBC-Propagandisten, etwa im Kapitel über den österreichischen Flugblattredakteur und -texter Kurt Wittler, wird in Folge noch auf weitere Inhalte von Habes Unterricht eingegangen. Die Ausbildung erschöpfte sich jedoch nicht nur in Medienkunde und Propagandatechniken, sondern es bildete sich die ganze Bandbreite einer „mobilen Rundfunkkompanie“ ab. „As training proceeded“, so Clive Shives über die weniger prominenten Abteilungen der 5th MRBC, „the separate sections soon became ‚expert‘ in their jobs. When the radio men disappeared inside their ‚rigs‘, they unravelled many of the mysteries of their equipment. Our printing section, all of whom where skilled craftsmen, were getting the feel of their mobile equipment and growing accustomed to working in confined quarters; […] the motor pool bristled with activity for they were busily engaged in the never-ending, unsung task of maintainance and care of the Fifth’s vehicles, which ranged from the lowly jeep to the huge ten ton semitrailers.“341 Auch klassisch Militärisches gehörte zum Lageralltag in Camp Sharpe. So wurden das Hantieren mit Handgranaten und dem M-1-Gewehr geübt (hier scheiterten manche zart besaiteten Grüblernaturen kläglich),342 Trainingsfilme gezeigt, Märsche durchgeführt und die Teilnahme am „rough and tumble infiltration course“ im Stammlager Camp Ritchie war Pflichtprogramm.343 Walter Kohner etwa erinnert sich an eine 48stündige Übung, bei der in den Feldern und Wäldern Marylands „Invasion“ gespielt wurde. „The German front“, so Kohner, „was so carefully duplicated that some of the soldiers dressed in

Hans Habes Journalistenakademie

German uniforms not only were captured by our own units and interrogated, but also by some Gettysburg farmers, who took them for escaped POWs.“344 Beim Training wirkte übrigens ein weiterer Österreicher als Ausbilder mit, der vor seinem Transfer nach Camp Ritchie unter anderem beim kurzlebigen Austrian Battalion gedient hatte: der Infanterie-Leutnant Alfred W. Bass von der 5th MRBC.345 Er wurde im Juni 1944 zum stellvertretenden Kommandanten der Propaganda Section ernannt346 und sollte später an der Westfront als umtriebiger PWB-Verbindungs- und Verhöroffizier in Erscheinung treten. Anfang April setzten die 2nd und die 3rd MRBC schließlich nach Nordwesteuropa, genauer gesagt nach England, über, um sich dort auf ihren Einsatz im Gefolge der geplanten Invasion der D-Day-Armada vorzubereiten. Mit an Bord der Queen Elizabeth waren dabei zahlreiche Österreicher wie Jules Bond, Francis Seidler, Jacob Tennenbaum oder Kurt Wittler.347 Während einige seiner einst aus ihrem Heimatkontinent vertriebenen oder geflüchteten Schützlinge in Glasgow erstmals wieder Fuß auf europäischen Boden setzten, machte sich Hans Habe zu einer Erkundungstour quer durch die USA auf. Diesmal hielt er keine Reden vor amerikanischen Soldaten, sondern versuchte in einer zweiwöchigen Reise durch Kriegsgefangenenlager, deren Insassen Wehrmachtskämpfer des südeuropäischen Kriegsschauplatzes waren, „information of importance for Combat propaganda, […] which can be used in P. W. B. activities, especially when adressing German soldiers to surrender“, zu sammeln.348 Einer der wichtigsten Schlussfolgerungen Habes war, dass alle bisherigen Aussagen in amerikanischen Kampfpropagandaflugblättern über die Behandlung von deutschen Kriegsgefangenen in US-Lagern – überspitzt gesagt – untertrieben waren! Der tatsächliche Umgang mit den deutschen Gefangenen, so Habe, übertreffe in moralischer und materieller Hinsicht jegliche Erwartung und völkerrechtliche Norm. So würden die Amerikaner nicht nur üppig „Taschengeld“ ausschütten, den Hitlergruß unter den Insassen tolerieren und die Errichtung von einer Art Gefangenen-„Betriebsrat“ mitsamt Lagersprecher gutheißen, sondern nahezu alles unternehmen, um den kulinarischen Bedürfnissen der „Gäste“ gerecht zu werden – dreimal die Woche Schweinefleisch inklusive. Habe gibt zum Beleg die „Menükarte“ vom 6. April 1944 für die 230 Mann starke „D“-Gefangenenkompanie in Camp Ashford wieder: Fruehstueck Milchsuppe Kaffee

Marmelade Brot

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Mittagessen

Schweinebraten Sauce

Kartoffelbrei

Schnittbohnensalat Kompott Brot

Abendbrot

Kalte Platte Kaffee

Brot349

Habe gibt sich in seinem Bericht überzeugt, dass die US-Kampfpropaganda großartige Erfolge feiern würde, wenn es ihr nur gelänge, den noch zäh weiterkämpfenden Wehrmachtssoldaten nichts anderes als die „entire truth“ über die von ihm persönlich wahrgenommene gute Behandlung der Deutschen in den amerikanischen Kriegsgefangenen-Camps glaubwürdig näherzubringen. Das auf seiner Erkundungsreise durch die Lager gesammelte Material schickte er nicht nur zu PWB/5th Army und zur PWB/AFHQ-Zentrale in Italien, sondern brachte es in die laufende Ausbildung der 4. und 5. MRBC-Kompanien in Camp Sharpe und in seine konkrete Propagandatätigkeit an Seiten weiterer Schüler von ihm ein. „A few leaflets – ‚guides‘ to the American P/W-Camps“, so Habe, „are now in preparation under the supervision of this officer [Habe], based upon suggestions from PWB-classes conducted by him [in Camp Sharpe].“ Viele der von ihm persönlich aufgeschnappten deutschen Ausdrücke in seinem Report, so Habe, können wortgleich in die künftigen Rundfunk- und Flugblatttexte übernommen und als „authentic ‚weapons‘ to PWB-men in the field“ eingesetzt werden.350 Dies geschah im Kampfpropagandaeinsatz tatsächlich, und zwar durch Wort und Bild. Wie einflussreich Hans Habes Pionierarbeit im Feld der angewandten Rezipientenforschung tatsächlich war, zeigt sich konkret in den später noch genauer zu thematisierenden Flugblättern seiner Schützlinge Kurt Wittler und Oskar Seidlin, welche 1944/45 im Feld geschaffen wurden und relativ faktennah über die gute Behandlung von Kriegsgefangenen berichteten.351 Die beiden MRBC-Männer sollten es besser machen als die Schöpfer des vom OWI und der PWB/AFHQ bereits 1943 produzierten „Passierschein“-Flugblatts USG 15.352 Dieses vom Typus her im Prinzip sehr erfolgreiche Flugblatt widerlegt zunächst Habes oben zitierte Aussage, dass das Thema der Behandlung und Privilegien der

Hans Habes Journalistenakademie

Kriegsgefangenen von der US-Propaganda mit zu wenig Nachdruck „verkauft“ worden sei. Auf der semiotisch durchaus gelungenen Vorderseite dieses vermutlich in London hergestellten und über deutschen Truppen in Europa abgeworfenen Druckwerks wird mittels einer großflächigen Fotografie das „Mittagessen in einem amerikanischen Lager“ dargestellt: So ist darauf freundlich lächelndes amerikanisches Küchenpersonal zu sehen, das die sich brav in Reih und Glied anstellenden deutschen Gefangenen mit ordentlich gesotten’ Fleisch und Beilagen versorgt. Der eigentliche Clou dieses Kommunikats will aber die Rückseite sein. Habes wenige Monate später vor Ort erhobene „Wahrheit“ über die Verpflegung der deutschen Gefangenen wird in diesem frühen Flugblatt auf völlig überzogene Art und Weise dargestellt. Anstatt ein realistisches Bild einer durchaus herzeigbaren Lager- oder Feldkantine wie jener in Camp Ashford zu vermitteln, wird hier sehr dick aufgetragen und ein wahrer Gourmet-Tempel imaginiert, bei dem eigentlich nur mehr Kaviar und Sekt fehlen: Frühstück

Pfirsichkompott Hülsenfrüchte Milch

Rührei

Marmelade Butter

Geröstete Brotscheiben Kaffee

Mittagessen

Tomatenscheiben Rinderbraten

Bratkartoffeln

Gebackener Kürbis Brot

Butter

Pfirsiche

Heisser Kaffee Abendbrot

Gebratene Wurst Bohnengemüse

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Die Experimentalphase

Käse

Salzkartoffeln Brot

Apfelmarmelade Mehlpudding Kaffee353

Wie in einem später noch zu erwähnenden Propagandaaufklärungsbericht des PWB Combat Team der Third US Army beispielhaft zu lesen sein wird, dürften derartig schöngefärbte und übertriebene Darstellungen auf starke kognitive Abwehrkräfte des Rezipienten – also den gesunden Menschenverstand – gestoßen sein. In dem von Paul J. Friedman (ebenfalls ein Schüler Habes) verfassten Wirkungsbericht von der Westfront ist von einem deutschen Landser die Rede, der, mit demselben „kulinarischen“ Flugblattmotiv konfrontiert, über die von den Amerikanern in Aussicht gestellten Massen an Weißbrot und Schokolade bloß ungläubig den Kopf schüttelte.354 Hans Habes eherne Regel, stets nahe an den Fakten und glaubwürdig zu bleiben, wäre daher für die Produzenten des oben zitierten OWI-Flugblatts gewiss ein besserer methodischer Ansatz gewesen. Oder um es in Habes eigenen Worten auszudrücken: „Great importance was however attached to the accuracy of all statements, so that in addressing the enemy understatements rather than overstatements may be made.“355 Von Understatement kann im obigen Flugblatt-Beispiel wohl kaum die Rede sein. Die im Gefolge der Landung in der Normandie ihrem Einsatz entgegenfiebernden bzw. noch zur Hälfte in den USA weilenden Schützlinge von Habes Propagandaschule sollten in Folge genug Möglichkeit haben, es besser zu machen. Als der Österreicher Walter Kohner und sein Landsmann Robert Breuer (Brewer) als frischgebackene Absolventen des sechswöchigen Propagandakurses in Camp Sharpe an einem heißen Junitag 1944 auf Coney Island Sonne und Strand in weiblicher Begleitung genossen, vernahmen sie aus dem öffentlichen Lautsprecher eine aufgeregte Stimme, die über die weniger beschaulichen Geschehnisse auf der anderen Seite des Atlantiks berichtete und die Zuhörer jäh aus ihrem Müßiggang riss: „Die alliierten Streitkräfte sind an den Stränden der Normandie gelandet! Sämtliches Militärpersonal auf Freigang ist angewiesen, sich sofort bei seinen Einheiten zurückzumelden!“356 Kohner und Breuer brachten die Damen nach Manhattan zurück, nahmen den nächsten Greyhound-Bus nach Gettysburg und wurden am folgenden Morgen von Habe darüber informiert, dass sie mit ihrer 4th MRBC der 2. und 3. Schwesterkompanie in den Einsatz nachfolgen würden.357 Während

Hans Habes Journalistenakademie

einer der Hauptprotagonisten dieses Buchs, der Propaganda-Aufklärungsoffizier Jacob Tennenbaum, sich bereits am berüchtigten Omaha Beach in der Normandie unter die Kampftruppen mischte, erste deutsche Kriegsgefangene verhörte und nach günstigen Propagandasituationen Ausschau hielt, machten sich die restlichen „Psycho Boys“ in Camp Sharpe für die Überfahrt ins European Theater of Operations bereit. Auch die 5th MRBC brach in dieser zweiten Welle nach Großbritannien auf, um sich dort auf ihren bevorstehenden Einsatz vorzubereiten. Die exilösterreichischen „media soldiers“ aus Camp Sharpe traten nun langsam, aber sicher in die heiße Phase ihres Kriegsdiensts ein. Gemessen an der bis vor Kurzem de facto nicht existenten Propagandastruktur innerhalb der US-Kriegsmaschinerie und der knappen Zeit, in der diese hoch talentierten und eher unmilitärisch sozialisierten Männer aus Österreich und anderen Ländern Europas gesucht, gefunden und ausgebildet wurden, stellten sie eine bemerkenswerte und aus einem innovativen Geist geborene Waffe im total geführten Zweiten Weltkrieg dar.

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2 Die Sharpe Boys am Zenit: Kampfeinsatz in Westeuropa und Deutschland

2.1 Die Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers und die Rolle der Kampfpropagandakompanien rund um den „D-Day“ [P]sychological warfare must at all times be geared to proposed or actual military operations. Brigadier General Robert McClure, Chef der Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers in (Nordwest-)Europa, Jänner 19441 By mid-1944, after two-and-a-half years of turmoil at home and abroad, the U. S. Army had developed a useful military propaganda organization. Clayton D. Laurie2

Im vorherigen Kapitel wurde berichtet, wie sehr in der Anfangsphase des Kriegs zivile Institutionen wie das Office of War Information (OWI) und das Office of Strategic Services (OSS) den Takt bei der amerikanischen Auslands- und Militärpropaganda vorgaben. Ganze Hundertschaften von habituell eher der musischen und weltanschaulich eher der linksliberalen Sphäre zuzurechnenden Journalisten, Autoren und Entertainmentprofis hatten sich im US-Propagandaapparat in Stellung gebracht, bevor sich die weniger buchstabenaffinen und konservativen Kriegslenker in der Armee dieses Themas annahmen. Erst nach einigem Zögern und aufgrund situativer Zwänge, die der zunehmend „totaler“ werdende Krieg mit sich brachte, hatte die US-Armee die Bedeutung und das Potential der psychologischen Kriegsführung erkannt. Die Schaffung einer Psychological Warfare Branch innerhalb des Armeenachrichtendiensts G-2 (MID/MIS) und die Gründung der Mobile Radio Broadcasting Companies in Camp Ritchie und Camp Sharpe waren die Reaktion auf diese Erkenntnis. In der Endphase des Kriegs, nachdem das Militär als „late comer“ in diesem Bereich eine Reihe von strategischen und operativen Problemen bewältigt und die Intensivierung der Kriegsanstrengung rund um die Landung in der Normandie für einen pragmatic turn in der amerikanischen Propagandapolitik gesorgt hatte, stieg die US Army schließlich zur dominierenden Kraft in Fragen der Kriegspropaganda in Europa auf.3 War es der ebenfalls von

Die Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers

Armeeoffizieren geführten, ab 1943 in Südeuropa wirkenden Psychological Warfare Branch/Allied Forces Headquarters (PWB/AFHQ) noch mit wechselhaftem Erfolg gelungen, sich zu einer koordinierenden Instanz und zu einem Policy Maker am psychologischen Schlachtfeld zu entwickeln, führte die im Frühjahr 1944 geschaffene Psychological Warfare Division/Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force (PWD/SHAEF) in Nordwest- und Zentraleuropa diesen Weg entschieden weiter. Dabei konnte man auch auf die wertvollen Lernerfahrungen, die Leute wie Hans Habe oder Martin Herz mit der 1st MRBC und der PWB/AFHQ im „Mediterranean Theater of Operations“ gemacht hatten, zurückgreifen. Kommen wir zur Entstehungsgeschichte der PWD/SHAEF: Seit Mitte 1943 gab es in London mehrere Planungstreffen von Vertretern britischer und amerikanischer Ministerien und Kriegsinstitutionen, um eine militärisch geführte Organisation zu schaffen, welche die unterschiedlichen Propagandaakteure, -methoden und -sichtweisen in Einklang bringen und der komplexen Herausforderungen im Bereich der psychologischen Kriegsführung im „European Theater of Operations“ Herr werden sollte. Dabei wurde festgelegt, dass diese geplante Propagandastelle im alliierten Hauptquartier kein Anhängsel des Militärnachrichtendiensts G-2, sondern eine eigene „staff division“4 sein sollte. Nichts weniger als die gesamte „control, coordination, and operation of psychological warfare within the Allied Expeditionary Force“5 fiel nun also in den Zuständigkeitsbereich dieser neuartigen interalliierten Dachorganisation, die von Brigadegeneral Robert A. McClure, einem Intelligence-Offizier aus dem Stab von General Eisenhower und vormaliger Chef der (der PWB/AFHQ in Italien übergeordneten) Information and Censorship Branch, geleitet wurde: Psychological Warfare Division, Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force, was a special staff division of SHAEF charged with responsibility for the prosecution of psychological warfare in the area of continental Europe controlled by the Supreme

Commander. Unlike the other divisions of SHAEF, PWD had both staff-planning and operational functions. The missions of PWD were:

a. To wage psychological warfare against the enemy.

b. To use the various media available to psychological warfare to sustain the morale of

the people of friendly nations occupied by the enemy and to cause the people of these countries to acquiesce in the wishes of the Supreme Commander.

c. To conduct so-called Consolidation Propaganda operations in liberated friendly countries.

d. To control information services in Allied-occupied Germany. Propaganda against the enemy fell into two categories:

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Die Sharpe Boys am Zenit

a. Combat propaganda, which is tactical propaganda conducted in the forward areas and toward those relatively limited groups of the populations immediately behind the enemy lines.

b. Strategic propaganda, the function of which is to further long-term strategic aims.6

Die sich nun formierende, unter dem direkten Befehl von SHAEF-Oberkommandeur Eisenhower stehende Superbehörde sollte sich nicht selbst um die taktische Kampfpropaganda kümmern, sondern dies der Armeegruppenebene und den ihr unterstellten Verbänden überlassen. Die für dieses Buch so wichtige Publicity&Psychological Warfare Section der 12. Armeegruppe nahm sich in Folge etwa der kampfpropagandistischen Bedürfnisse der einzelnen Korps, Divisionen und kleineren Einheiten an.7 Die auf langfristige Zermürbung der psychologischen Resistenzkräfte des Feindes angelegten, also eher strategischen, Medienaktivitäten ressortierten hingegen bei der PWD/SHAEF-Zentrale selbst. In einem der Londoner Protokolle dieser neuen Psychological Warfare-Organisation wird jedoch festgehalten, dass die drei Kernbereiche Kampf-, Konsolidierungs- und strategische Propaganda keine „watertight compartments“ seien, die unabhängig voneinander zu betrachten sind.8 Wie in Folge die häufig zitierten Situation Reports der Propagandaabteilung der 12. Armeegruppe an die PWD/SHAEF-Spitze noch zeigen werden, kam es später in der Tat zu einer intensiven Kommunikation und einer Art interdisziplinären Kooperation zwischen den verschiedenen Hierarchieebenen und Einheiten der PWD/SHAEF. Nach dem D-Day am 6. Juni 1944 galt es für die PWD/SHAEF, die taktischen „Psywar“-Unternehmungen in Nordwesteuropa und die konsolidierenden Informations- und Medienkontrollmaßnahmen in befreiten Gebieten sowie im Deutschen Reich lenkend, koordinierend und unterstützend voranzutreiben. Die Erfordernisse eines blutigen Kriegs sowie die lähmenden, teilweise in drastischen „purges“ kulminierenden Konflikte zwischen den zivilen Propaganda-Institutionen OWI und OSS/Morale Operations ermöglichten es der US-Armee als lachendem Dritten schließlich, die Militarisierung der angloamerikanischen Propagandamaschinerie in Europa zielstrebig voranzutreiben.9 Mit Erfolg: Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, gelang es OWI-Chef Elmer Davis im Mai 1944 etwa nicht mehr, exilösterreichische Armeeangehörige wie den späteren MRBC-Mann Eric Winters für geplante OWI-Kampfpropagandatrupps zu rekrutieren10 – mit den MRBCs, den „mobilen Rundfunkkompanien“ aus Camp Sharpe, hatte die US-Armee nun selbst ein probates Mittel gefunden, um künftige Kampfpropagandatrupps mit Männern und Material zu versorgen. Die angekündigten OWI-Kampfpropagandateams waren aus militärischer Sicht mehr oder weniger obsolet geworden.

Die Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers

Robert Sherwood wiederum, Leiter der eigentlich für jegliche US-Propaganda in der westlichen Hemisphäre zuständigen OWI-Auslandsinformationsabteilung, war im September 1944 schließlich zur Einsicht gekommen, dass man sich in Hinblick auf die künftige Besetzung Deutschlands jegliche „Army-Civilian Agency wrangles“ ersparen sollte und die Zivilisten aus seiner Organisation den Primat des Militärischen schlichtweg anerkennen müssten.11 Die mittels Direktive als „sole military agency for verbal propaganda to the enemy in Europe“ eingesetzte PWD/ SHAEF12 entwickelte sich daher zur obersten Kommandoebene sowie Verbindungs- und Clearing-Stelle zwischen den zivilen Propagandaämtern der Amerikaner und Briten und den militärisch geführten Propagandatrupps an der Front.13 In inhaltlicher Hinsicht war für die PWD/SHAEF weder das von sendungsbewussten und linksliberalen Zivilisten aus dem OWI praktizierte, „gut demokratische Anargumentieren“14 gegen den totalitären Feind noch das von den forschen OSS-Psychokriegern mit subversiven Guerillamethoden befeuerte Anstiften zu einer Revolution im Inneren des Reichs oder der Wehrmacht ein gangbarer Weg. Die sowohl im ideologischen als auch im strukturellen Sinne konservative USOffizierskaste hatte für die missionarischen Narrative der Ersteren und die aggressiven Desinformationsspiele der Letzteren wenig übrig. Die soldatische Elite des Landes, dazu zählten etwa der US-Generalstabschef George C. Marshall oder Eisenhowers mürrischer Stabschef in Europa, Walter Bedell Smith, begegnete nahezu allem, was sich neu, unerprobt oder unorthodox anhörte, „with skepticism and a dose of practicality.“15 Dieser illusionsbefreite Ansatz fand schließlich auch in der Ausrichtung der PWD/SHAEF seinen Niederschlag und wirkte sich auf die Propagandapolitik und -produktion nachhaltig aus. Überspitzt gesagt kümmerten sich McClures Stab und seine PWD-, MRBC- und PWB-Unterorganisationen vor allem um publizistische Hilfsdienste für die westalliierten Kampftruppen, etwa wenn diese versuchten, der in die Enge getriebenen und moribunden Wehrmacht den einen oder anderen Kämpfer abspenstig zu machen. In solchen Fällen regneten regelmäßig tausende in London produzierte PWD-Flugblätter auf die feindlichen Verbände herab, die oft gleichzeitig von den US-Kampfpropagandisten am Boden – also unseren Sharpe Boys aus Gettysburg – mit lautstarken taktischen Kapitulationsaufrufen „bearbeitet“ wurden. Da nach dem D-Day etwa die in Kontinentaleuropa abgeworfenen westalliierten Flugblätter einen klar militärischen Fokus hatten, übernahm die PWD/SHAEF nunmehr weite Teile der strategischen Flugblattproduktion von den zivilen „agencies“ – Letztere wurden fast nur mehr in Koordinations- und Planungsfragen eingebunden.16 „[T]o help win the war by facilitating enemy surrender“ 17 – das war nun das ebenso simple wie prosaische Hauptziel von McClures weitgehend ideologiefrei und mit soldati-

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scher Hemdsärmeligkeit ans Werk gehender Organisation. In einem PWD-Rundschreiben an die Kommandeure der jeweiligen Ameegruppen vom Oktober 1944 werden die Empfänger dezidiert darauf hingewiesen, dass die in ihrem Bereich betriebene Kampfpropaganda „no political implications or commitments beyond those expressly made by responsible spokesmen of the [Allied] Governments“ aufweisen darf.18 Wie an anderer Stelle noch zu sehen ist, hielten sich unsere Protagonisten nicht immer an diese Vorgabe. Obgleich ihr Hauptziel in der militärischen Schwächung der gegnerischen Streitkräfte bestand, waren die Aufgaben der PWD breit gefächert: - Koordination der Themen und „policies“ in Hinblick auf die Arbeit der zivilen Propagandainstitutionen - Planen von groß angelegten Propagandakampagnen und Operationen - Ausgeben von Direktiven - Formulieren von Kampfpropaganda-Vorgaben - Bereitstellen von Personal und Equipment für Kampfpropagandatruppen im Feld - Oberaufsicht und Training von militärischem Propagandapersonal - Produktion und Verbreitung von (strategischen) Flugblättern durch Abwurf aus dem Flugzeug - Betreiben von strategischen Rundfunksendern - Durchführung, Koordination und Kontrolle von Konsolidierungspropaganda in befreiten Gebieten19 Die Amerikaner, die ja mit SHAEF-Oberbefehlshaber Eisenhower einen Landsmann an den Schalthebeln westalliierter Militärmacht eingesetzt hatten, waren nunmehr ihrem Status als Juniorpartner der erfahreneren Briten entwachsen und nahmen insgesamt die dominantere Rolle in der PWD/SHAEF ein.20 An dieser Stelle ist zu ergänzen, dass – trotz dem nunmehrigen Primat des Militärischen – die Direktiven, nach denen die PWD/SHAEF ihr Tun ausrichtete, ursprünglich von den zivilen Propagandaämtern stammten.21 So waren neben den zivilen USPropagandainstitutionen OWI und OSS auch die für die britische Propaganda„Policy“ zuständige Political Warfare Executive (PWE), das ebenfalls britische Political Intelligence Department (PID) und das Ministry of Information (MOI) in der PWD prominent vertreten. Dem PWD-Chef wurden zudem vier „deputies“ von OWI, OSS, PID und MOI zur Seite gestellt, welche die zivile Mitsprache auf oberster Ebene garantieren sollten.22 Viele der 1944 am europäischen Kriegsschauplatz eingetroffenen und eigentlich im Dienste des OWI und des OSS stehenden Zivilisten, darunter einige Exilös-

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terreicher, arbeiteten nun für die PWD/SHAEF oder wurden von Letzterer kooptiert (das OWI stellte hierbei das Gros der Mitarbeiter).23 Das sogenannte Tripartite Committee, in dem Propaganda-Alphatiere von PWD, OWI und PWE unter dem Vorsitz von PWE-Chef Robert H. Bruce Lockhart zusammentrafen, war ein wichtiges Instrument für eine effiziente und umsichtige Propagandapolitik in Europa und künftige Konsolidierungsmaßnahmen im zu besetzenden Deutschland. Auch ein Special Operations Committee, das sich mit der Planung und Produktion von subversiver Propaganda im Stile des OSS befasste, wurde, ebenso wie ein Joint Planning Committee, das die Zusammenarbeit der PWD-Leitung mit den Propagandastäben der 12. und 21. Armeegruppe optimieren sollte, eingerichtet.24 Während die Zentrale der PWD bis Kriegsende in London verblieb (PWD/Rear bzw. PWD/SHAEF Headquarters), gab es gemäß dem Verlauf des westalliierten Vormarschs auch das „Gehirn“ in Paris (PWD/Main) und Stützpunkte im Feld (PWD/Advance bzw. Forward).25 Die vielen strukturellen Verbesserungen im amerikanischen und westalliierten Propagandasystem zeigten sich unter anderem in einem im April 1944 gestarteten und äußerst ambitionierten „PWD-PWE-OWI Flugblattproduktions- und -verteilungsprogramm“, das alle bisherigen Aktivitäten in diesem Bereich verblassen lassen sollte.26 Klaus-Dietmar Henke sieht im ideenreichen PWD/SHAEF-Stab und dessen Mitarbeitern eine Art kreatives Powerhouse, das in der „riesenhaften, weltweit operierenden Propagandamaschinerie der Westmächte“ zwar „nur ein kleines, aber doch wichtiges Rad“ war.27 Dies galt vor allem für den Kriegsschauplatz in Europa: In ihrer rund einjährigen Geschichte konnte die PWD zahlreiche Akzente im geistigen Krieg gegen Hitlerdeutschland und in der Konsolidierungsphase rund um den Mai 1945 setzen. Diese waren nicht nur quantitativer – zwischen der Landung in der Normandie und der Kapitulation des Deutschen Reichs warfen die Westalliierten Milliarden von Flugblättern ab –, sondern auch qualitativer Natur: So gelang es in einem groß angelegten Zusammenspiel mit amerikanischen und britischen Intelligence-Diensten und dank systematischer Befragung deutscher Kriegsgefangener, den Propaganda-Output mit Fortdauer des Einsatzes laufend zu optimieren.28 Dies wirkte sich auf die Professionalität und persuasive Kraft der Flugblätter, Rundfunksendungen und Lautsprecheransagen sicherlich positiv aus; in zahlreichen Fällen stellten sich auch erkennbare Erfolge in Bezug auf die Reaktion der deutschen Empfänger ein, etwa wenn diese sich mit PWDFlugblättern in der Hand den GIs ergaben und dabei exakt die „Anweisungen“ auf derartigen Druckschriften befolgten. Als quellenkritischer Historiker kommt man jedoch bei genauerem Hinsehen zum Schluss, dass es sich hierbei nur um punktuelle Propaganda-Highlights handelte, die den groben Verlauf der militä-

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rischen Operationen nur marginal beeinflussten, und dass die handlungsleitende Wirkung der PWD-Propaganda überschaubar war. Aufgrund der bei der alliierten Konferenz in Casablanca Anfang 1943 beschlossenen – und propagandistisch nur schwer verkäuflichen – Negativformel der „bedingungslosen Kapitulation“ des Kriegsgegners Deutschland29 und der letztlich begrenzten Wirkmächtigkeit von psychologischer Kriegsführung wuchsen die Bäume für die PWD-Leute nicht in den Himmel. Dennoch war die Themenbandbreite der Arbeiten der PWD/ SHAEF und ihrer Untereinheiten im Feld erstaunlich und die „sprachliche und graphische Gestaltung von großer Virtuosität.“30 Nicht zuletzt war man in Eisenhowers SHAEF-Stab selbst realistisch genug, im „Sykewar“ (Daniel Lerner) keinen kriegsentscheidenen Zauberkasten,31 sondern eine nützliche Auxiliarwaffe zu sehen, welche der kämpfenden Truppe zuarbeitete. So fügte sich die von jedem utopischen Versprechen weit entfernte Casablanca-Formel am Ende sogar gut in die weiße Propaganda à la Hans Habe ein: Es blieb eigentlich nichts anderes übrig, als mit nüchternen Fakten zu arbeiten. Genau das sollte sich letztlich als halbwegs glaubwürdige und auch anständige Antithese zur pathetischen Lügenpropaganda der Nationalsozialisten erweisen. Eine Schlüsselrolle im Hinblick auf die Akteure dieses Buchs kam der Führung der 12. US-Armeegruppe (dem „Kraftzentrum der Expeditionsstreitkräfte“)32 zu, die bis Sommer 1944 noch unter dem Namen First US Army Group firmierte. Von der PWD/SHAEF mit der Durchführung und Koordination der Kampfpropaganda sowie der damit verbundenen Personal- und Ressourcenzuordnung im Einsatzgebiet der 1., 3. und 9. US-Armee beauftragt, war die Publicity&Psychological Warfare Section der 12th Army Group der Dreh- und Angelpunkt und bedeutendste Kommandoebene für MRBC-Spezialisten wie Hans Habe. „The control of psychological warfare in this command is centralized in this headquarters and staff coordination will be handled by the Publicity&Psychological Warfare Section“, steht Anfang Juli 1944 in einem Grundsatzpapier der späteren 12th Army Group zu lesen.33 Die darin erwähnte, hybride „P&PW“-Abteilung, die auch für allgemeine Presse- und Public Relations-Arbeit (etwa Frontberichterstattung) zuständig war, bestand aus folgenden Einheiten: a. A special staff section

b. Publicity and Psychological Warfare Detachment, Special Troops […] c. 72[n]d Publicity Service Battalion, Special Troops […]34

Das Publicity and Psychological Warfare Detachment war wiederum aufgegliedert in eine Public Relations Branch, eine Press&Censorship Branch und die hier

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im Mittelpunkt stehende Psychological Warfare Branch unter Führung von Colonel Clifford Powell35 – die in Folge verwendete Abkürzung P&PW/12th Army Group bezieht sich stets auf diese „PWB Branch“. Für die Aufklärung zur Feindmoral war in dieser Einheit etwa Alfred „Al“ Toombs zuständig – er hatte bereits bei der Spezial- und Intensivausbildung des MRBC-Personals vor dem D-Day in Großbritannien seine Hand im Spiel36 und gab später einen täglichen Intelligence Report zu einschlägig relevanten Themen heraus, der von den Propagandapraktikern im Feld, aber auch auf der höheren PWD/SHAEF-Ebene eifrig gelesen wurde. Das „German Editorial“ in Bezug auf die bemerkenswerten Flugblatt- und Rundfunkoperationen der P&PW/12th Army Group fiel in Folge niemand anderem als dem exilösterreichischen Propaganda-Avantgardisten Hans Habe zu. Auch sein Schüler, der aus Wien stammende MRBC-Nachrichtenoffizier und Propagandaanalyst Jacob Tennenbaum, scheint in der Kaderliste des PWB Detachment von P&PW/12th Army Group als Mitarbeiter auf.37 Die Kampfpropaganda selbst überließ P&PW/12th Army Group den ihr unterstellten „armies“ (1., 3. und 9. US-Armee), mit der Auflage, dass deren Tun sich innerhalb der SHAEF-Direktiven und der Vorgaben der eigenen Armeegruppe abspielen würde.38 Hier kamen nun wieder die MRBC-Kompanien aus Camp Sharpe ins Spiel: In einem SHAEF-Memorandum vom 22. April 1944 wurde dekretiert, „that an MRB Co[mpany] accompany each of the First and Third US Armies and employ in the combat zone such personnel and equipment (PW Intelligence, leaflet, public address, monitoring units and reconnaissance teams) as would be required.“39 Die ab April 1944 in England eintreffenden und nach der Landung in der Normandie am französischen Festland einzusetzenden Kompanien der 2nd, 3rd und 5th MRBC (die 4th MRBC war später direkt der PWD/SHAEF unterstellt) wurden in Folge organisatorisch unter die Fittiche der P&PW/12th Army Group genommen.40 Die MRBCs hatten nun während des gesamten Kriegseinsatzes im Armeegruppenbereich Personal und Ausrüstung für die Durchführung der psychologischen Kriegsführung bereitzustellen.41 In Folge arbeitete die 2nd MRBC großteils der 1. US-Armee, die 3rd MRBC der 3. US-Armee und die 5th MRBC der 9. US-Armee zu bzw. gingen ihre Propagandaspezialisten in diesen Truppenkörpern weitgehend auf. Der Einstieg in die heiße Phase ihres Kriegsdiensts war für die Sharpe Boys kein einfacher. Ein „Echo“ auf die ebenso chaotische wie lehrreiche Experimentalphase der US-Kampfpropaganda in Nordafrika und Italien war die Entdeckung, dass „many elements and much equipment“ der MRBCs ohne Wert für die im Feld kämpfende Truppe waren.42 Diese Probleme konnten durch Hilfe von britischer Seite, durch Improvisation und informelle Zusammenarbeit zwi-

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schen Armeegruppen- und Armeeebene sowie durch umfangreiches Training in diversen SHAEF-Ausbildungsstätten weitgehend in den Griff bekommen werden. Nachdem sie im April 1944 in Glasgow dem Bauch der Queen Elizabeth entstiegen waren, durchliefen die Militärpropagandisten der 2nd MRBC und der 3rd MRBC43 eine allgemein soldatische Ausbildung sowie „propaganda classes“ in Clevedon in Somersetshire. Hier trafen die Sharpe Boys erstmals auf den Kern der späteren P&PW/12th Army Group und auf Elemente der 1. US-Armee. An der Seite von vielen zur militärischen Propagandaausbildung geschickten (OSSund OWI-)Zivilisten erhielten die MRBC-Soldaten sowie ihre Kollegen aus den Bereichen Publicity, Press und Censorship ein der jeweiligen Spezialisierung entsprechendes Technical Training.44 Die „broadcasting men“ der 2nd MRBC und amerikanische „radio operators“ bekamen etwa hilfreiche Tipps von Spezialisten der BBC.45 Der breit gefächerte Lehrplan in Clevedon sah – zumindest auf dem Papier – folgende Inhalte vor: a. Policy Control (Instruction coordinated with SHAEF) b. Intelligence (Instruction coordinated with SHAEF) 1. Collection of material

2. Monitoring of enemy media 3. Evaluation of material

c. Censorship d. Press

1. Editing and Censoring

2. Operation of press facilities

e. Radio

1. Operation

2. Installation and repair of radio facilities

f. Loud Speaker

g. Propaganda photography h. Film Distribution

i. Distribution and display j. Leaflets

1. Preparation and censoring 2. Production

3. Dissemination

k. Military liaison and procedure

l. Security (coordinated with military security)46

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Nachdem sie ein Screening in Bezug auf ihre persönlichen Fähigkeiten und militärische Eignung durchlaufen hatten, wurden die Angehörigen des Propagandazugs der 2nd MRBC und (in begrenztem Umfang) der 3rd MRBC47 ab Mitte April 1944 spontan zu einem Intensivkurs an die „joint British-American Psychological Warfare School“ in Brondesbury Park bei London abkommandiert.48 In dieser von heftigen deutschen Bombenangriffen heimgesuchten Gegend waren die militärisch unerfahrenen, „grünen“ Propagandasoldaten und einige Rundfunkspezialisten aus Hans Habes Gettysburger „Narrenschiff“ erstmals direkt mit der Realität des total geführten Kriegs konfrontiert. Sie lernten nun, „to behave like the English, who slept in subway shelters but otherwise went about business and pleasure as usual.“49 Bei den ungeheuer disziplinierten und die Fährnisse des Kriegs mit Würde ertragenden Engländern50 verlebten die MRBC-Mannen angenehme Tage. Die in Brondesbury in hoch komfortablen Behausungen logierenden, von lieblichen „chamber maids“ umsorgten51 sowie hedonistischen Umtrieben nicht abgeneigten US-Persuasionskünstler hatten in Folge auch wenig Mühe, dem Bild des amerikanischen GIs, der „overpaid, overfed, and oversexed“ ist, gerecht zu werden.52 In Brondesbury profitierten die amerikanischen Schüler vom Wissen der Briten über den Feind. „For two weeks“, so Arthur Jaffe, Commanding Officer und Chronist der 2nd MRBC, „they heard lectures and participated in discusssion on propaganda work in the field, new directives on the writing of leaflets and the preparation of loudspeaker appeals and on the overall plan for the ‚psychological attack‘ on the Germans.“53 In der Unit History der später angekommenen 5th MRBC wird über die in diesem Fall auch körperlich herausfordernde Intensivschulung der „‚Prop‘ section“ in Brondesbury berichtet.54 Auch in britisch-amerikanischen Verhör- und Abhörlagern waren exilösterreichische Sharpe Boys tätig: Der im Juli 1944 extra mit dem Flugzeug nach London eingeflogene Fred Perutz führte, teilweise unter Beobachtung von Hans Habe, Moralverhöre durch.55 Diese ersten direkten Begegnungen und Dialoge mit dem Feind waren für den unerfahrenen Propagandasoldaten mitunter frustrierend, teilweise aber auch sehr aufschlussreich: So erfuhr der eine Zeit lang vermutlich Seite an Seite mit dem späteren Chef des berühmten Elite-Verhörtrupps „Kampfgruppe Rosenberg“, Albert Rosenberg, wirkende Perutz viel über die „German soldiers’ fear of being captured by the Russians“56 – diese „Russenangst“ sollte von ihm und seinen MRBC-Kameraden wenige Monate später massiv ausgenutzt werden. Nach dem Vernehmen von Wehrmachtssoldaten in Kettering verhörte Perutz für kurze Zeit deutsche Offiziere bei London.57 Die mit dem fiebrigen Blick über den Zaun in Richtung Kontinentaleuropa durchlaufene Ausbildung in Großbritannien hatte also einen realitätsnaheren und militärischtaktischeren Fokus, der in Camp Sharpe offensichtlich vernachlässigt worden war.58

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Dasselbe Phänomen – „echte“ Verhöre und mehr soldatischer Realismus – war in Großbritannien auch bei den regulären Ritchie Boys, also den künftigen Militärverhörern zu beobachten, die sich im Frühjahr 1944 beim sogenannten Field Interrogation Detachment in Broadway auf den großen Einsatz vorbereiteten.59 In der angloamerikanischen „Psywar School“ in Brondesbury sollten die österreichischen MRBC-Spezialisten unter anderem mithilfe der Analysen und Thesen des britischen Armeepsychologen und Oberstleutnants Henry Dicks ein fachliches Rüstzeug bekommen, um auf ihre künftigen „Kunden“, die feindlichen Propagandarezipienten in Europa, besser eingehen zu können. Dicks hatte sich bereits seit Längerem an den Psychological Foundations of the Wehrmacht abgearbeitet, sich in einem britischen Verhörlager intensiv mit gefangenen Landsern beschäftigt und etwa ein Gutachten über Rudolf Heß verfasst.60 In einem mit „The German Deserter“ überschriebenen Aktenkonvolut klassifiziert Dicks die deutschen Frontkämpfer unter anderem wie folgt: - Active Anti-Nazis

- Passive Anti-Nazis

- Believers with Reservations - Fanatics

- Unpoliticals61

Auch wenn solche holzschnittartigen, eher essentialistischen Kategorien in erkenntnistheoretischer Hinsicht kritikwürdig sind, basierten sie doch auf breiter Empirie und auf der peniblen Auswertung von Kriegsgefangenenbefragungen aus Nordafrika und Italien. Mit der Einschätzung, dass die „Unpolitischen“ die mit Abstand größte Gruppe unter den Wehrmachtssoldaten waren,62 sollte Dicks – zumindest aus der Sicht des Propagandapraktikers – später richtig liegen: So veranschaulicht dieses Buch an mehreren Stellen, dass „high-minded political appeals“63 und andere Meta-Themen zwischen Juni 1944 und Mai 1945 ein wenig erfolgversprechendes Mittel waren, um den feindlichen Soldaten geistig zu beinflussen oder gar zu bestimmten Handlungen zu bewegen. Auch mit seiner im Februar 1944 publizierten Absage an die weit verbreitete Ansicht, dass der Zusammenbruch der Wehrmacht unmittelbar bevorstehe, bewies Dicks Realitätssinn. Gleichzeitig benannte er aber auch Symptome für den Verfall der Letzteren und „typisch deutsche“ Schwachstellen, die psychologisch ausgenutzt werden könnten. Eine davon war für Dicks der ausgeprägte Hang zur Unterwürfigkeit der deutschen Kämpfer64 (siehe hierfür die Beispiele für die erfolgreichen Passierschein-Flugblätter der PWD/SHAEF und ihrer PWB Combat Teams in diesem Buch). Die US-Psy-

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chokrieger sollten sich in Folge mit großem Eifer daran machen, den deutschen Befehls-, Kasernen- und Verordnungston für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Dicks’ teilweise mit schillernden psychologischen Interpretationen zu „homosexual trends“ oder „hypochondria“65 unterfütterten Feindtypologien gaben den noch unerfahrenen US-Moralverhöroffizieren, Flugblattschreibern und Lautsprecheransagern wohl ein gewisses Orientierungswissen und eine methodische Hilfestellung für künftige Herausforderungen mit. Beim ambitionierten Bestreben, dem deutschen Kämpfer in die Seele zu blicken, erschien Dicks’ Ansatz, die „connections which exist between character structure and political ideology“ zu beleuchten,66 für die Briten ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg zu sein. Das folgende, später noch einmal aufzugreifende Beispiel aus den kanonisierten Unterrichtsmaterialien dieses Militärpsychologen hat US-Propagandaschüler und Kampfpropaganda-Spezialisten wie Jacob Tennenbaum oder Kurt Wittler in ihrer späteren Tätigkeit vermutlich beeinflusst: So wurden im Jänner 1944, wenige Wochen nach der Verlautbarung der alliierten Moskauer Deklaration über Österreich, 443 kriegsgefangene Wehrmachtssoldaten in Hinblick auf ihre nationale Zugehörigkeit, ihren Status als Deserteur oder Nicht-Deserteur, ihre Motive für Ersteres oder Letzteres, die Rolle, die Propaganda und andere Faktoren dabei spielten, sowie ihre Meinung zur Moskauer Deklaration befragt. Aufgrund der Auswertung dieses Samples kommt Dicks zum Schluss, dass sich unter den 180 reichsdeutschen Soldaten 53 Deserteure, unter den 200 Österreichern hingegen 115 „Fahnenflüchtige“ befanden. Ein Verhältnis von 28 % zu 55 %! „This shows clearly that […] half of Austrians were ready to desert, whereas only 28 % of the Germans were prepared to do so“, konkludiert Dicks.67 Da diese Studie im Mai 1944 – also rund um den Aufenthalt der MRBC-Schüler in Brondesbury – veröffentlicht wurde,68 ist es möglich, dass dieses sehr plakativ aufbereitete Detailergebnis der Massenbefragung bzw. ähnliche Auswertungen auf so manche Schüler in Brondesbury Eindruck gemacht haben. Ein Eindruck, der bei unseren ehemaligen Österreichern in US-Uniform wohl so groß war, dass die in obiger Studie beigefügte Bemerkung, Kriegsmüdigkeit sei der hauptsächliche Grund für Desertionen in der Wehrmacht, unter den Tisch gefallen ist. Im folgenden Kapitel werden wir das hier angerissene Thema noch problematisierend erörtern. In Zusammenarbeit mit dem Soziologen Edward Shils zeichnete Dicks auch für das stilprägende „Dicks Questionnaire“ verantwortlich, das eine gewisse Standardisierung und Quantifizierung der Ergebnisse der Kriegsgefangenenbefragung ermöglichte.69 Dieser Musterfragebogen beeinflusste in methodischer und formaler Hinsicht unzählige „Moralverhöre“ im Bereich der PWD/SHAEF und somit auch einige Akteure dieses Buchs.

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Nach den letzten Vorbereitungen im Vereinigten Königreich neigte sich das „Coming of Age“ der Kampfpropagandatruppen aus Camp Sharpe seinem Ende zu. Wichtige Schlüsselakteure wie der Österreicher Jacob Tennenbaum von der 2nd MRBC absolvierten unter Ausnutzung britischer Infrastrukturen knapp vor dem D-Day noch wertvolle „last minute practical trainings“, führten Verhöre und nahmen an Flugblattoperationen teil. Manche von ihnen, darunter auch Tennenbaum, wurden Ende Mai als „early lifts“ abgezogen und zu Spezialeinsätzen im Zuge der Invasion in der Normandie zugeteilt.70 Wie Clayton D. Laurie festhält, ging es nach den erfolgreichen Landeoperationen der alliierten Armada bald auch für die restlichen „Paragraphtroopers“ aus Camp Sharpe ans Eingemachte: „As with the First MRBC in Italy, the combined civilian and military [MRBC and PWB] units bore the brunt of the tactical propaganda campaign after 6 June 1944.“71 In den personenbezogenen Fallstudien wird noch im Detail auf die Einsätze der einzelnen MRBC-Kompanien und die Performance der Österreicher in ihren Reihen eingegangen werden. Vorweg ist festzuhalten, dass die MRBCs nach ihrem Eintreffen im Feld nicht als kompakte oder autarke Formationen auftraten, sondern sich rasch als Material- und Equipmentpool sowie Personalreservoir für verschiedenste Propagandaoperationen und -einheiten der 12. Armeegruppe entpuppten. „There would be“, so Arthur Jaffe, „a dozen teams of, say, a driver, interrogator, and photographer. But maybe if they needed a photographer and didn’t have one on hand they could get one from another company. So everybody knew everybody pretty well.“ 72 Stilbildend waren hier vor allem die 2nd MRBC und ihre Schwesterkompanie, die 3rd MRBC, deren (Voraus-)Trupps bereits unmittelbar bzw. bald nach der Landung in der Normandie Fuß auf das europäische Festland gesetzt hatten. Die MRBCs behielten zwar ihre „organizational identity“, spielten aber nunmehr eher die Rolle eines Zulieferers, auf das die Kampfpropagandateams, Rundfunk-Abteilungen und Spezialtrupps der P&PW/12th Army Group und der übergeordneten PWD/SHAEF je nach Bedarf zugreifen konnten.73 Das heißt, das bestimmte Protagonisten dieses Buchs formell einer MRBC angehörten, aber ihren eigentlichen Kriegsdienst im Kampf der Worte, Klänge und Bilder für ein PWB Combat Team, eine PWB-T-Force, eine OSS-Rundfunkstation usw. leisteten. Für die von ihnen verliehenen Soldaten waren die MRBCs nun vornehmlich eine bürokratische Entität und Soldauszahlungsstelle.74 Die von ihren quer über West- und Mitteleuropa verstreuten Mitgliedern im Feld erbrachten Leistungen und Erfolge reklamierten die MRBCs in ihren Unit Histories aber weiterhin für sich.75 Unter dem Dach der PWD/SHAEF spielten die in kurzer Zeit „hochgefahrenen“ Mobile Radio Broadcasting Companies aus Gettysburg

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nunmehr eine wichtige, ja unverzichtbare Rolle. Auch wenn er später nicht vergisst, auf die unmittelbar nach der Ankunft im „European Theater of Operations“ offenbar werdenden Schwachstellen des MRBC-Konzepts hinzuweisen, ist Stefan Heym recht zu geben, wenn er behauptet, dass seine bunt zusammengewürfelte Immigrantentruppe (die 2nd MRBC) ein beeindruckender Beleg des findigen Unternehmergeists seines Gastlands war.76

2.2 Ins Hirn des Feindes kriechen: Österreichische Sharpe Boys als Moralanalysten, Verhör- und Abhörspezialisten an der Westfront Die Westmächte verfügen über einen weitverzweigten und ausgezeichneten Nachrichtendienst. Wolfgang Lange, Kommandeur der 183. Volksgrenadierdivision der Wehrmacht77 Commercial broadcasting had ratings; we would get ours from the war prisoners. Leon Edel, Propagandaexperte der 3rd MRBC78 Our existence as a functioning tactical weapon depended on intelligence from prisoners. We ate, slept, and drank with prisoners. David Hertz, Rundfunkpropagandist der 12. US-Armeegruppe79 Der „fesche Rudi“ verhörte mit besonderer Vorliebe Generäle. Und gegen das Ende hin kamen sie zu Dutzenden herein, ohne daß etwas von ihrem Ruhm übriggeblieben wäre außer die roten Streifen. […] Der brillante Feuilletonstil seiner Berichte vermittelte einen lebendigen Eindruck von den oberen Schichten der Wehrmacht und ihr Wahrheitsgehalt wurde durch seine Gewohnheit, sie schon vor dem tatsächlichen Verhör der Gefangenen zu schreiben, nicht gemindert. Karl Frucht, IPW-Verhöroffizier bei der G-2-Abteilung der ersten US-Armee, über einen Kameraden80

2.2.1 „Nachrichten“ als zentrales Paradigma der US-Kriegsführung – die Psychological Warfare Intelligence Während des Zweiten Weltkriegs waren die USA nicht nur eine riesige, Feuer und Eisen speiende Waffenschmiede, nicht nur das von Präsident Roosevelt gepriesene „Arsenal der Demokratie“, sondern auch ein intellektuelles Treibhaus, das „brains and talents“ aus aller Herren Länder anzog und militärisch nutzte.81 Das Beispiel der vom Nachrichtendienst G-2/MIS in Camp Ritchie und Camp Sharpe geschulten österreichischen Aufklärungsspezialisten und Kampfpropagandisten zeigt, dass die amerikanische Armee nicht nur auf materielle und personelle Überlegenheit

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im Feld setzte. Vielmehr hielt das US-Militär, überspitzt formuliert, „einen möglichst hohen Informationsstand für den Schlüssel zum Sieg“.82 Der eben zitierte Militärhistoriker Martin van Creveld behauptet in seiner Vergleichsstudie über die Wehrmacht und die US-Armee, dass die – von ihm kritisch beurteilte – „Informationssucht“ der Amerikaner zu einer Konzentration der „Besten und Intelligentesten“ im nachrichtendienstlichen Bereich führte.83 Dies trifft besonders auf die mitteleuropäischen Verhörsoldaten und Intelligence-Offiziere aus dem Lagerkomplex in Maryland und Pennsylvania zu. Nicht das Gewehr, sondern der Schreibstift war ihre wichtigste Kriegswaffe. Was für die kämpfende Truppe an der Front, wo solche gut ausgebildeten und analytisch denkenden Offiziere natürlich fehlten, ein Nachteil war, erwies sich für militärische Aufklärung als Segen. Die Briten,84 im Laufe des Kriegs zunehmend auch die Amerikaner, verfügten dank ihrer großzügig subventionierten Nachrichten- und Geheimdienstapparate und ihrer ausgeklügelten Verhör- und Abhörlager über ein enormes Wissen über den Feind und setzten dieses soweit möglich auch operativ ein.85 Doch was hat das mit Propaganda zu tun? Nun, wie sich bereits im Abschnitt über die Experimentalphase der US-Kampfpropaganda in Nordafrika und Italien gezeigt hat, ist psychologische Kriegsführung „eng mit dem militärischen Nachrichtendienst G-2 verbunden, da dieser Informationen über die Feindmoral besitzt und weiß, welche Art der [Propaganda-]Manipulation am besten zum Erfolg führt.“86 Nach Daniel Lerner ist dieses Wissen über das Zielpublikum unverzichtbar für jeden Propagandisten. Daher sieht er in der Aufklärung durch Propaganda Intelligence bzw. Psychological Warfare Intelligence (PWI) eines der wichtigsten Werkzeuge des Persuasionshandwerkers. Da gerade während eines Kriegs auch der erfahrenste Propagandist von seinen normalen Informationsquellen abgeschnitten sei, habe die Propagandaaufklärung diese Lücke zu füllen, so Lerner.87 Seit dem Schlüsseljahr 1941/42 – hier erfolgte die Gründung des zivilen USKriegsgeheimdiensts OSS sowie die Reform des US-Armeenachrichtendiensts G-2 mitsamt der Schaffung der Aufklärungs- und Propagandaausbildungsstätte Camp Ritchie – griff das „Intelligence-Paradigma“ tief in die amerikanische Kriegsführung sowie in die Kriegsgesellschaft als Ganzes hinein. Das gilt auch für die psychologische Kriegsführung im militärischen Bereich: Unter dem Eindruck der Erfahrungen in Nordafrika und Italien stehend, hat die US-Armee ab 1943 an allen europäischen Kriegsschauplätzen eine Reihe von PWI-Aufklärungsabteilungen innerhalb der Propagandatruppen der „field armies“ und Army Groups geschaffen.88 Die MRBC-Kader aus Camp Ritchie respektive Camp Sharpe haben in diesen neuartigen, eng mit der jeweiligen G-2-Stelle an der Front kooperierenden Aufklärungstrupps hartnäckig über mehrere Jahre versucht, ins Hirn des

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Feindes zu kriechen. Mit ihren unzähligen Verhörberichten und Propagandawirkungsanalysen halfen sie mit, die Qualität und Überzeugungskraft von amerikanischen Flugblättern, Lautsprecheransagen und Radioproduktionen sukzessive zu verbessern. „Die amerikanische Militärpropaganda“ konnte durch die Arbeit solcher Propagandaaufklärer mit „Informationen angereichert werden, um auf diese Weise um so wirksamer gegen die kämpfende deutsche Truppe eingesetzt werden und deren Kampfmoral untergraben zu können.“89 Die innerhalb der USKriegsmaschinerie so wichtige Intelligence Culture wurde daher auch im Bereich der militärischen Propaganda zu einem zentralen und handlungsleitenden Paradigma. Der „besonders stark entwickelt[e]“90 nachrichtendienstliche Komplex der Amerikaner bzw. der Westalliierten war – trotz zahlreicher Rückschläge und hausgemachter Kompetenzkonflikte – in der Tat so weitverzweigt und produktiv, wie ihn der oben zitierte Wehrmachtsoffizier ehrfürchtig beschrieb. Dieses im Großen beobachtbare Phänomen lässt sich im Kleinen auch mittels der Datenbank aus dem Ritchie-Boys-Projekt belegen: nicht weniger als 15 der 41 österreichischen Sharpe Boys bzw. MRBC-Absolventen waren im Krieg hauptsächlich oder zumindest zeitweise für die Propagandaaufklärung als PWI-Verhörer tätig! Welchen Platz hatten diese PWI-Aufklärer innerhalb der militärischen Propagandastruktur? Nun, obwohl ein Großteil der in Camp Sharpe ausgebildeten Österreicher als Propagandaproduzent im eigentlichen Sinn (Autor, Redakteur, Sprecher usw.) bezeichnet werden kann, handelt es sich bei diesen speziellen GIs um unverzichtbare „Zuarbeiter“ der psychologischen Kriegsführung: Sie hatten jene Informationen zu beschaffen, die nötig waren, um wirkungsvolle oder zumindest gelungene Propagandakommunikate in die Welt setzen zu können. Hanuš Burger ist durchaus Recht zu geben, wenn er im Rückblick die vom Militärnachrichtendienst G-2/MIS ausgebildeten Propagandaspezialisten aus Camp Ritchie bzw. Camp Sharpe als „Nachrichtensoldaten“ bezeichnete, „wobei ‚Nachrichten‘ sowohl im herkömmlichen Sinn (Intelligence) als auch im wörtlichen [also Propaganda] zu nehmen war.“91 Die exilösterreichischen US-Kampfpropagandisten, PWI-Verhörer und Nachrichtenoffiziere hielten sich während des Kriegs an die Faustregel, dass wir uns als Kommunikationsteilnehmer „um so besser austauschen, je mehr wir voneinander und über uns selbst wissen.“ Ein Grundsatz, der letztlich „für jede Art persuasiver Kommunikation wie Werbung und Propaganda“ gilt.92 Und die Moralaufklärer unter den Sharpe Boys, vor allem der im nächsten Abschnitt zu erwähnende Jacob Tennenbaum, wollten viel über den feindlichen Kommunikationsteilnehmer wissen! Die methodisch fortschrittliche Verzahnung von Intelligence und Propaganda wurde auch durch die rasante technologische und sozialwissenschaftliche

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Entwicklung in den USA, durch die uramerikanische Experimentierfreude und die „let’s do it“-Philosophie der Kriegsplaner in Washington und am Schlachtfeld vorangetrieben. Die ernsthaft betriebene und trotz allem theoretischen Überbau93 sehr praxisorientierte Moral- bzw. Rezipientenforschung trug zur ständigen Verbesserung des propagandistischen Fachwissens der Sharpe Boys bzw. der Kampfpropagandaeinheiten bei. Die eifrig Daten über den Feind sammelnde US Army ging dabei mit einer Mischung aus sozialwissenschaftlicher Analytik94 und handfester „Macher“-Attitüde ans Werk: Anders als etwa die sehr auf die vermeintliche Überlegenheit ihrer starren Ideologie vertrauenden sowjetischen oder nationalsozialistischen Propagandakrieger verfolgten die Amerikaner einen flexiblen, stark an den Bedürfnissen des „Kunden“ ausgerichteten Ansatz bei der Konzeption und Produktion ihrer Texte und Bilder. So konnten laut dem hemdsärmeligen Paul Linebarger vor allem jene Feldpropagandisten reüssieren, die folgende Grundregeln berücksichtigten: Nutze dein nachrichtendienstliches Insiderwissen, indem du als eine Art „Honorary G-2 to the enemy“, also als bestens informierter Nachrichtenbote fungierst, der „simple, factual and plainly honest statements“ und exklusive oder geheime News aus dem Lager des Feinds bzw. zur allgemeinen Lage überbringt. Verwende die aus den Moralverhören und PWI-Analysen stammenden Informationen anlassbezogen und überbringe sie zum richtigen Zeitpunkt. Und am allerwichtigsten: Wenn du aus den Kriegsgefangenen die Essenz für zukünftige Nachrichten extrahieren und die Gestalt neuer Propagandainhalte erfolgversprechend vorwegnehmen willst, musst du ein Gespür für die persönlichen Bedürfnisse der „POWs“ haben. Die Fragen, die du deinen Verhörobjekten stellst, sollten sich nicht nach der Meinung erkunden, die der Befragte zu Gott, zu seinem Führer, zu seinem Land usw. hat, sondern sollten jene Dinge, die den Gefangenen selbst am meisten interessieren, ansprechen: Does his wife write that the babies have enough diapers? How is the mail service? Is he

worried about war workers getting his prewar job? How much money is he saving? How is the food? How were the non-coms95 – did they treat him right? Did he get enough furloughs? Does he think that anybody is making too much money at home?96

Die großteils pragmatisch, nicht ideologisch zu Werke gehenden „Psycho Boys“, Feldforscher und Sozialempiriker aus den MRBC-Kompanien und der PWD/ SHAEF wollten also nicht nur Phrasen in die Welt hinausposaunen, sondern herausfinden, was sich so an Alltagssorgen, Ängsten und Hoffnungen in den Köpfen ihrer Kontrahenten und Kommunikationspartner befand – und wie die Propagandabeispiele in Folge noch zeigen werden, nahmen sie dieses erworbene Wissen ernst.

Ins Hirn des Feindes kriechen

Besonders die österreichischen und deutschen Flüchtlinge, die nunmehr als amerikanische Moralverhörer und Propagandaanalysten ihren Dienst in den MRBCs und PWB Combat Teams versahen, betrieben in den PWI-Stellen eine Art militärische Markt- und Meinungsforschung. Indem diese sprachlichen und kulturellen Insider, die ja selbst aus dem Inneren der deutschen „Volksgemeinschaft“ gekommen bzw. verstoßen worden waren, die deutsche Kampfmoral „wissenschaftlich“ untersuchten,97 arbeiteten sie den Propagandahandwerkern entscheidend zu. Sie lieferten ihnen geistigen Rohstoff und aktuelle Informationen zu solchen Fragen: Wie sieht es mit der Stimmung im Infanterieregiment X nach der eben geschlagenen, verlustreichen Schlacht aus? Welche Spannungen zwischen Offizieren und Mannschaften gibt es in Volksgrenadierdivision Y? Wieviel Mann sind von der eingekesselten Kampfgruppe Z noch am Leben? In einer offiziellen Darstellung der ersten US-Armee wird das Tätigkeitsprofil der PWI-Abteilung des dortigen Kampfpropagandateams umrissen. Dessen intelligence mission was to provide a continued flow of psychological warfare material from the field to its own and higher echelons, both for immediate output through exist-

ing propaganda media, such as radio, newspapers and leaflets and for use as background

information in the formation of policies of higher warfare activities. To carry out this task, the intelligence section assessed the reaction of the enemy to the propaganda distributed at the front.98

Zur Kerntätigkeit eines solchen Propagandaaufklärungstrupps gehörte auch, dass man mit seinen Intelligence-Aktivitäten nicht nur selbstreferenziell um die Medienproduktion der eigenen Einheit sowie deren Rezeption durch den Feind kreist, sondern auch die Stärken und Schwächen der deutschen Propaganda und jene der alliierten Mitstreiter analysiert – daraus galt es, kluge Schlüsse fürs eigene Tun zu ziehen. Dazu der Aufklärungsoffizier und MRBC-Mann Albert de Grazia, der angibt, in Nordafrika ein Vorreiter solcher PWI-Tätigkeiten gewesen zu sein: I was shown several leaflets that had been showered on the Germans [by the British in

El Alamein]. Thus, over a score of meals, and by evening’s dim light, and driving along here and there, I picked up their knowledge, the first in the American army to do so.99

„[I] picked up their knowledge“ – wie Hans Habes Kampfeinsatz mit der 1st MRBC im Mittelmeerraum gezeigt hat, setzte die amerikanische Propagandaaufklärung neben dem Auswerten von erbeuteten Feinddokumenten und dem Abhören feindlicher Rundfunkkommunikation (Monitoring) vor allem auf Human Intelligence:

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also auf propagandabezogene Verhöre und Gespräche mit Zivilisten im Kampfgebiet, vor allem aber auf das „Auspressen“ von feindlichen Kriegsgefangenen. Wie auch bei den klassischen IPW-Vernehmungen der Military Intelligence stand bei den PWI-Verhören der Moralforscher der Mensch als Wissensspeicher und soziales Wesen im Vordergrund. Rafael Zagovec weist in einem luziden Beitrag darauf hin, dass die deutschen „Kriegsgefangenen als Informationsträger und Repräsentanten ihrer nationalen Gesellschaft“ fungierten und ihre Befragung durch hochspezialisierte Verhörsoldaten bzw. unsere Ritchie&Sharpe Boys tiefe „Einblicke in die gegnerische Gesellschaft als Ganzes“ und in den „Geist des Feinds“ zuließen.100 Dieser dialogische, mitunter sehr scharfe Blick in die Seele des deutschen Landsers war nicht nur bei der Gestaltung der Propagandatexte hilfreich, sondern schlug sich auch in einem reichen militärischen Schrifttum nieder. Die tausenden von den Protagonisten dieses Buchs zwischen 1943 und 1945 verfassten Berichte über die Moral und Stimmung im Feindeslager waren Teil jener gigantischen, oft redundanten, oft widersprüchlichen und kaum überblickbaren Datenmenge, welche die alliierte Aufklärungs- und Propagandamaschinerie in Europa hervorbrachte.101 Die Verschränkung von Intelligence und Propaganda konnte viele Gestalten annehmen: Denn nicht nur die Propagandisten waren an militärischer Aufklärung interessiert und in letztere involviert, sondern auch die militärischen Aufklärer selbst wurden oft in Propagandaaktivitäten hineingezogen. So vernahmen etwa die Militärverhörer des an die 14. US-Panzerdivision angegliederten IPWTeams #120, darunter der österreichische Ritchie Boy und „Soldier Pianist“ Otto K. Gruenbaum,102 nicht nur feindliche Wehrmachtskrieger, sondern beschallten diese auch mit Propagandaansagen.103 Kommen wir zurück auf die von den Offizieren der Propaganda Intelligence eingeholten Informationen. Inmitten dieses Dickichts an (Verhör-)Berichten, Analysen und Korrespondenzen stößt man auf so manch pralle Frucht, die nur aufgrund der weitverzeigten US-Aufklärungstätigkeit und des regen Informationsaustauschs im Bereich Feindmoral und Propagandaplanung geerntet werden konnte. So finden sich im Juli 1944 in den Unterlagen Daniel Lerners, damals ein wichtiger Mann in der Nachrichtenabteilung der PWD/SHAEF in Nordwesteuropa, die „Notes of an Austrian deserter who gave himself up to the Allied troops in Rome“.104 Der Verfasser dieser „Notes“, ein gewisser Rolf Mahatsek aus Wien, hatte sich nach dem Einmarsch der Anglo-Amerikaner im Juni 1944 in Rom der 5. US-Armee ergeben und sogleich den neuen Machthabern seine Dienste als Propaganda-Zuarbeiter angeboten. Um die Spitze der westalliierten Propagandaaufklärung darüber in Kenntnis zu setzen, wurde eine Abschrift dieser Zeilen nun von einem Armeeposten in Italien bis zum höchsten Intelligence-Stab der

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PWD/SHAEF weitergereicht (eigentlich wäre hier die PWB/AFHQ zuständig gewesen). Doch in Italien selbst wurde der Fall Mahatsek damit nicht ad acta gelegt: So haben Ritchie Boys und IPW-Verhöroffiziere der G-2-Abteilung der 5th US Army, wie etwa der Österreicher Joseph Kolisch, eng mit dem im Sommer in Bari gegründeten 2677. Regiment des Kriegsgeheimdiensts OSS zusammengearbeitet. Kolischs G-2-Verhörstelle befand sich in Italien nun „Tür an Tür“105 mit Spezialisten des OSS wie dem exilösterreichischen OSS-Verhörer, Geheimdienstanalysten und Propaganda-Kreativkopf Oliver Schneditz-Rockhill.106 Es ist daher wahrscheinlich, dass die unter Kolischs Kommando stehenden Armeeverhörer, die auch Stimmung und Moral unter den gefangenen Soldaten genau beobachteten,107 den Wiener Deserteur, der sich als Österreichpatriot der amerikanischen Sache empfahl,108 nach der Vernehmung an das OSS weitergereicht hatten.109 Mahatsek bekam kurz darauf in dessen Abteilung Morale Operations (OSS/MO) tatsächlich einen Job im geistigen Kampf gegen NS-Deutschland. So sollte er ab Juli 1944 im Zuge der ebenso unkonventionellen wie spektakulären OSS-Propagandaoperation SAUERKRAUT110 – nun wieder in Wehrmachtsuniform steckend, aber mit falscher Identität auftretend – schlüpfrige und aggressive Anti-NS-Flugblätter im deutschen Frontsektor in der Toskana verteilen.111 Ab September 1944 hatten die „Sauerkrauts“ neben ihrem Propagandaauftrag auch Spionage für das OSS zu betreiben. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten arbeiteten die umtriebigen Propaganda-Artisten des OSS intensiv mit der G-2-Abteilung Kolischs zusammen.112 So geschah es, dass Rolf Mahatsek als „humane Ressource“ von den findigen USPropagandakriegern gleich zweifach wahrgenommen wurde: Im PWD/SHAEFIntelligence-Stab in Westeuropa studierte man sein Schreiben an die US-Armee in Rom, um damit den Informationen zur deutschen Feindmoral einen weiteren Mosaikstein hinzuzufügen. In der anderen Ecke Europas rekrutierte der von der lokalen G-2-Abteilung über den Fall Mahatsek informierte Kriegsgeheimdienst OSS den Österreicher für eine Propagandamission. Noch plakativer lässt sich die Verschränkung von nachrichtendienstlicher (Vor-)Arbeit und Propagandatätigkeit unter Mithilfe der Ritchie&Sharpe Boys kaum veranschaulichen. Auch wenn Mahatsek nicht ganz wahrheitsgemäß über seine Tätigkeiten als „Propagandabriefträger“ im Zuge der SAUERKRAUT-Einsätze berichtet hat113 und der von ihm zuvor der US Army vorgelegte Propaganda-Artikel wohl nirgends publiziert worden war, zeigt sein Beispiel: Die Amerikaner sahen die Schnittstelle von Aufklärung und Propaganda als essenziell an. Und sie waren gewillt, der Einholung von Nachrichten über den Feind konkreten Propaganda-Output folgen zu lassen. Anhand dieses Exkurses über kreativ an den Mann gebrachte „schwarze“ Propaganda des Kriegsgeheimdiensts OSS kommen wir zum Abschluss dieser Ein-

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führung noch einmal auf das in den USA mit Fortdauer des Kriegs zunehmend um sich greifende Intelligence-Paradigma sprechen. Es handelte sich dabei um ein doppeltes „Nachrichten“-Paradigma: Nachrichten über den Feind (Aufklärung) waren mit der Nachrichtenproduktion für den Feind (Propaganda) eng verwoben und bedingten einander.114 Zudem ist die unter dem oben erwähnten Motto „I picked up their knowledge“ stattfindende moralanalytische Aufklärungstätigkeit exilösterreichischer US-Soldaten nicht nur für Militärhistoriker oder Propagandaforscher aufschlußreich, sondern stellt ein faszinierendes Stück Mentalitätsund Sozialgeschichte dar. 2.2.2 Hoch produktiver Nachrichtenoffizier und Informationsdrehscheibe zu sämtlichen Fragen der „Feindmoral“: Jacob Tennenbaum vom Psychological Warfare Combat Team der First US Army Mitten in sein Nachdenken hinein, es ist zeitiger Nachmittag in Rennes und er liegt, halbnackt, auf seinem Bett, hört er die eiligen Schritte auf der steilen Stiege. Jemand ruft ihn. Die Tür wird aufgerissen, und in ihr steht, gestiefelt und behelmt, der Lieutenant Tennenbaum, seit neuestem geheimer Nachrichtenoffizier der Kompanie und der ihr zugeordneten Détachements. Tennenbaum – nach Kriegsende wird er nach Palästina gehen und in der Haganah kämpfen115 – sieht sich um im Raum, ohne sich zu dem Komfort darin zu äußern und wartet, bis der der Sergeant S. H. in seine Hosen geschlüpft ist. Sorry, sagt er dann, aber nun habe es ein Ende mit dem geruhsamen Leben; S. H. werde in Colombières gebraucht, und zwar dringend. Stefan Heym über Jacob Tennenbaum116

Der hier in dritter Person erzählende Autor und US-Propagandakrieger Stefan Heym hat in seiner Autobiografie instinktiv das passende Setting und die richtigen Worte gewählt, um seinen Lesern einen gewissen Lieutenant Tennenbaum zu vorzustellen. Der 1938 als 21jähriger jüdischer Flüchtling in die USA eingereiste und in seiner neuen Heimat rasch alle Türen aufreißende und die steile Stiege einer Offizierslaufbahn erklimmende Jacob Isaac Tennenbaum war jemand, der das von Heym erwähnte Nachdenken in das Zentrum seines Kriegsdiensts stellte: Nämlich das Nachdenken darüber, was im Kopf des deutschen Feinds vorgeht und wie man das Ergebnis dieses Nachdenkens für die eigene Kriegsanstrengung nutzen kann. Und auch die forsche, rastlose und energische Haltung, mit der dieser gestiefelte und behelmte Leutnant sich dem exildeutschen Wortkünstler im Buch nähert, geht mit den (Charakter-)Beschreibungen von Tennenbaums Vorgesetzten in der US Army d’accord.117 Demnach vermochte es dieser ehrgei-

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zige Jungoffizier, den Habitus eines Buchstaben aneinanderreihenden Geistesmenschen vom Schlage Stefan Heyms mit klassischen Militärtugenden zu verbinden – ideale Voraussetzung also für eine Karriere in jenem Feld, in dem sich Kulturproduktion und Kriegshandwerk treffen – dem Feld der Propaganda bzw. der „Geheimdienstarbeit“ für die psychologische Kriegsführung. Dieses Kapitel, das die Tätigkeit einer Handvoll von Nachrichtensoldaten und Moralanalysten unter den österreichischen Propagandisten aus Camp Sharpe skizziert, zeigt aber auch: Heyms Hervorhebung des Geheimnisses ist ein narrativer Topos, der Aufmerksamkeit erregt und eine soziale Abgrenzung vom „gewöhnlichen“ Militäralltag anderer Soldaten markiert. Die komplexe, doch auch faszinierende Tätigkeit der expandierenden amerikanischen Nachrichten- und Geheimdienste im Zweiten Weltkrieg bereitete nämlich auch den Boden für einen neu entstehenden Intelligence- und Geheimdienst-Mythos.118 Trotz aller publizistischen Elogen auf heldenhafte GIs und Wildwest-Draufgängertum an der Front konnte die sich vor allem auf ihre Materialüberlegenheit auf dem Feld verlassende US Army sich in handwerklicher Hinsicht nämlich nicht wirklich mit der Wehrmacht messen119 – die sinnstiftende, auch von Heym aufgegriffene, Erzählung über die umtriebigen, „geheimen“ Nachrichtenspezialisten bot daher die Möglichkeit, einen neuen amerikanischen Mythos zu schaffen, der militärische Defizite übertünchen und das Sozialprestige des Einzelnen erhöhen konnte. Der stolze Verweis auf die vielen in Erfahrung gebrachten „Geheimnisse“ über den Feind sollte in den Memoiren mehrerer Propagandakrieger später einen festen Platz einnehmen.120 So inszenierten sich nicht nur Heym, sondern auch andere Akteure dieses Buches nicht nur als einfallsreiche Schreibtischarbeiter, sondern schmückten sich gerne mit jenem Arkanen, das eigentlich nur „echten“ Geheimdienstmitarbeitern wie den Agenten des OSS vorbehalten ist.121 So handelt es sich bei Heyms „geheime[m] Nachrichtenoffizier“ um eine sprachliche Arabeske,122 die mit den historischen Fakten und dem Kriegsalltag eines Jacob Tennenbaum nur wenig zu tun hat. Denn wenn man sich wissenschaftlich mit der Arbeit solcher Moralanalysten und Propagandaaufklärer im Krieg gegen die deutsche Wehrmacht beschäftigt, wird so manche autobiografische Anekdote über die ach so geheime Arbeit der Ritchie&Sharpe Boys unter der Ägide der PWD/SHAEF, der MRBCs und PWB Combat Teams rasch entmystifiziert: Das vermeintliche Geheimnis, das Tennenbaums Arbeit als Propagandanachrichtenoffizier der USArmee umgab, mag für Schriftsteller ein dramaturgisch lohnendes Motiv sein, ist „seinem Wesen nach aber wißbar“123 und oft weniger spektakulär als man glauben mag.124 Denn über weite Teile hatte Tennenbaum während des Kriegs einen trockenen Bürojob zu erledigen:

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„[T]he major tool of the intelligence trade is the 3 by 5 index card, not the gun or the knife, for only through the organization and study of individual pieces of information does an agency learn anything worth knowing.“125 Die vielen „Secret“-Aufschriften auf den G-2- und PWI-Akten126 sollten daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Arbeit Jacob Tennenbaums und seiner Kollegen zu weiten Teilen wenig Geheimes beinhaltete, sondern auf unaufgeregter Analyse- und Schreibarbeit beruhte – die Nachrichten selbst, nicht das Arkane und Geheimdienstliche, standen im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Umso mehr ist es daher bemerkenswert, mit wie viel psychologischem Geschick, mit wie viel Vorstellungskraft, Einfühlungsvermögen und Fleiß sich die Protagonisten dieses Kapitels durch die hohen Papiertürme, bestehend aus Verhörreports, Feinddokumenten und seitenlangen Mitschriften von Rundfunksendungen, arbeiteten. Sie taten dies, um den Flugblattautoren, Radioredakteuren und Lautsprecherpropagandisten der PWD/SHAEF verwertbare Informationen über die Gedanken- und Seelenwelt des Feinds zukommen zu lassen. Unter den rund 40 „Psywarriors“ aus Camp Sharpe hat Jacob Tennenbaum eine der ereignisreichsten und dichtesten Kriegsbiografien aufzuweisen: Der innerhalb weniger Jahre vom Wiener Nähmaschinenhändler zum Chief of Intelligence der

6  Jacob Tennenbaum, gezeichnet vom Propagandakameraden Tony Strobl

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Kampfpropagandaabteilung der ersten US-Armee aufgestiegene und für seine scharfsichtigen Analysen über die Feindmoral vielfach gelobte Nachrichtenoffizier kann als einer der produktivsten Mitarbeiter des gesamten „Sykewar“-Unternehmens an der Westfront bezeichnet werden.127 Obwohl ich bereits in meiner Arbeit über Österreicher in US-Propagandainstitutionen im Zweiten Weltkrieg eine Kriegsbiografie über Jacob Tennenbaum vorgelegt habe, konnten Robert Lackner und ich im Rahmen des Ritchie-Boys-Projekts neue Archivmaterialien zu Jacob Tennenbaum finden, die weitere Details zu Tage bringen und seinen nachrichtendienstlichen Austausch mit anderen Protagonisten veranschaulichen. Die folgende Fallstudie ist daher nicht bloß ein Aufguss eines älteren Beitrags, sondern Ausdruck eines neue Einsichten vermittelnden „work in progress“ zu einer Schlüsselfigur meiner Forschungen – denn der Name Tennenbaum spannt sich wie ein Netz über die Propagandaaktivitäten und Kriegsbiografien in diesem Buch. So verfasste er nicht nur umfangreiche Wirkungsanalysen zur US-Flugblatt- und Rundfunkpropaganda oder Berichte über das amerikanisch-deutsche Fraternisierungsverbot in befreiten deutschen Zonen.128 Der Name Tennenbaum taucht unter anderem auch in den Akten der „Medienkontroll-Truppen“, die nach der Kapitulation des NS-Reichs das publizistische und kulturelle Geschehen im Land im demokratischen Sinne wieder zu beleben hatten, auf.129 Nach dem „Anschluss“ und seiner Flucht aus Österreich arbeitete Tennenbaum zunächst in New York als Lagerist und Expedient, bis er im Februar 1941, also bereits vor dem Kriegseintritt der USA, in die Armee einrückte. Tennenbaum stieg im Coast Artillery Corps (CAC, Fliegerabwehr) vom einfachen Private rasch zum Unteroffizier auf und nahm zwischen August 1942 und Februar 1943 im Südpazifik an der Seite der ersten US-Marineinfanteriedivision der Navy130 an den blutigen Inselschlachten gegen die japanischen Streitkräfte teil. Ab August 1942 kämpfte er als „Instrument Sergeant“, der bei Aufklärungsflügen über dem Zielgebiet mit an Bord war, mit dem 244th (später 259th) Coastal Artillery Regiment auf den Inseln Tulagi und Guadalcanal gegen die Japaner und publizierte darüber einen erzählerisch gut gestrickten Schlachtbericht.131 Während in Washington D. C. etwa darüber gefeilscht wurde, ob der Armeenachrichtendiest G-2 oder der Kriegsgeheimdienst OSS nun für die Ausbildung zukünftiger Kampfpropagandisten zuständig sei oder nicht, hatte Tennenbaum bereits ein halbes Jahr Gefechtserfahrung auf dem Buckel und verfügte über bedeutende „intelligence skills“. Und während spätere Camp-Sharpe-Schüler noch in den USA den Freuden des Zivilistendaseins frönten, sah der junge Exilösterreicher mit eigenen Augen, wie japanisches Artilleriefeuer „das Bild wunderbarer Kokosnussplantagen in eine düstere Realität, bestehend aus Krieg und Blut“, verwandelte.132 Wieder in die USA

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zurückgekehrt, absolvierte der vielversprechende Artillerist die Offiziersschule in Fort Monroe, Virginia, die er als 2nd Lieutenant abschloss.133 Die im artilleristischen Kampfeinsatz erworbenen Fähigkeiten konnte er nach seiner im November 1943 erfolgten Verlegung nach Camp Ritchie gut gebrauchen: Er absolvierte die 14. Klasse des MITC (IPW-Verhörausbildung „5A German“) und wurde, wohl auch aufgrund seiner exzellenten Leistungen während dem Basic Course,134 zum Officer in Charge eines künftigen IPW-Verhörteams bestimmt.135 Da Jacob Tennenbaum nicht nur Kampferfahrung und nachrichtendienstliches Know-how, sondern als geflohener Österreicher auch Kenntnisse über die Mentalität des Feinds mitbrachte und textanalytische Fähigkeiten besaß, entdeckte man ihn im Februar 1944 schließlich für die psychologische Kriegsführung: So wurde er zur 2nd MRBC nach Camp Sharpe geschickt, um als Nachrichtenoffizier und „specialist“ des dortigen Propagandazugs der Kompanie den sechswöchigen Propaganda-Intensivkurs von Hans Habe zu absolvieren.136 Der frisch graduierte IPW-Offizier Tennenbaum spezialisierte sich vermutlich schon in Habes „Sandkiste“ auf Psychological Warfare Intelligence mit Schwerpunkt auf Kriegsgefangenenverhöre: Er hatte zukünftig als PWI-Offizier die psychische Verfasstheit und Moral des Gegners durch spezielle Befragungen zu erforschen und mithilfe dieser Informationen den amerikanischen Propaganda-Output zu optimieren – angekommen auf den Schlachtfeldern Europas sollte der gelernte Artillerieoffizier also versuchen, „die geistige Siegfried-Linie, die Goebbels rund um das Reich gezogen hatte, zu durchdringen.“137 Und so viel gleich vorweg: Gemessen an den faktischen Grenzen, die ihm bei diesem Unterfangen gesetzt waren, hat Tennenbaum eine bemerkenswerte Performance hingelegt. Nach der Anfang April 1944 erfolgten Überfahrt der 2nd MRBC und 3rd MRBC nach Großbritannien – mit an Bord der HMT Queen Elizabeth befanden sich andere Protagonisten dieser Studie, wie etwa Erwin Benkoe, Herbert Lobl, Paul Eisler, Julius Schreiber und Kurt Wittler – erhielt Tennenbaum nun eine weitere fachliche Vertiefung. Er besuchte Propaganda-Kurse in Clevedon138 und erhielt eine Ausbildung mit Schwerpunkt auf „Technik der Meinungsbefragung“ in der bereits erwähnten britisch-amerikanischen Psychological-Warfare-Schule in Brondesbury Park bei London.139 In der Propaganda Section der 2nd MRBC war Jacob Tennenbaum auch für die – vermutlich nachrichtendienstliche – Schulung anderer Soldaten zuständig.140 Da viele der Erfahrungen, die etwa die MRBC-Pionierfigur Hans Habe in Sachen Moralanalyse und Propagandaaufklärung in Nordafrika und Italien gemacht hatte, kaum ins Bewusstsein der nun in Westeuropa tätigen Militärs und Propagandakrieger gedrungen waren,141 war knapp vor dem „D-Day“ eine derartige Intensivschulung offenbar nötig. Nachdem innerhalb

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der P&PW-Sektion der zukünftigen 12. Armeegruppe (1., 3. und 9. US-Armee) eigene kampfpropagandistische „intelligence teams“ aktiviert und durch Zivilisten vom OSS und OWI142 ergänzt worden waren, stießen mehrere PWI-Spezialisten der 2nd und 3rd MRBC, darunter auch Tennenbaum, zu diesen PWI-Kernteams.143 Die Propaganda Sections der neu eingetroffenen MRBCs dienten hierbei als Personalreservoir. Nach der Landung der ersten Teile seiner MRBC-Truppe in der Normandie sollte Tennenbaum als PWI-Spezialist mit einem kleinen Team zu speziellen „intelligence gathering missions“ aufbrechen, um sich vor Ort ein genaues Bild von der Lage im eroberten Gebiet zu machen, persönlich Kriegsgefangene zu verhören und die gesammelten Erkenntnisse auf ihre propagandistische Verwertbarkeit hin zu analysieren. Hatten sie ihre PWI-Nachrichten zur Feindmoral eingeholt, so sollten Tennenbaum und seine Kollegen wertvollen „Rohstoff“ für die Kampfpropaganda im Bereich der ersten US-Armee und der Propaganda-IntelligenceKader144 zur Verfügung stellen. Auch Liaison, also regelmäßiger Austausch mit anderen G-2- und PWI-Offizieren sowie mit Kommandeuren von Infanterie und Artillerie, gehörte zu den zukünftigen Aufgaben des jungen Offiziers.145 Nach monatelangen Vorbereitungen in den USA und England stand Ende Mai der Kriegseinsatz der 2nd MRBC unmittelbar bevor. Tennenbaums „zweite mobile Rundfunkkompanie“ war die erste Einheit aus Camp Sharpe, die am französischen Kriegsschauplatz eintraf und die Rolle als Personal- und Material-„Lieferant“ für Kampfpropagandateams und Einheiten der PWD/SHAEF und der P&PW/12th Army Group spielte. Wahrscheinlich ab 23. Mai 1944, also nur zwei Wochen vor dem Losschlagen der D-Day-Armada in der Normandie, besuchte der nunmehr der First US Army zugeteilte Tennenbaum im Rahmen eines „last-minute practical training“ ein Kriegsgefangenlager bei London, um sich in Verhörtechniken zu üben.146 Es handelte sich hierbei wohl um das Combined Services Detailed Interrogation Centre (CSDIC, UK) in Trent Park.147 In diesen gemeinsam von Briten und Amerikanern betriebenen CSDIC-Verhörlagern wurde vor allem strategische Intelligence von den Gefangenen gesammelt. Das von der MIS betriebene US-Abhörlager Fort Hunt, bei dem einige österreichische Ritchie Boys, darunter Eric Waldman, tätig waren, stellt eine Weiterentwicklung dieses Konzepts dar.148 Beim ersten Feldeinsatz lag Tennenbaums Fokus jedoch klar auf taktischer Kampfpropaganda. Er landete mit einem Voraus-Trupp der 2nd MRBC149 zwei Tage nach dem Beginn der angloamerikanischen D-Day-Invasion am Omaha-Beach und hatte als PWI-Verhörer jegliche Informationen zu sammeln, die für künftige Propagandaoperationen am Festland nötig und hilfreich waren:

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He [Tennenbaum] immediately undertook to gain a picture of the general situation and

the order of battle of enemy forces in the area by carrying out interrogations of prisoners of war at the newly-established „cages“ in the vicinity. His principal aim was to acquire as much information as possible that would be of value to the psychological warfare detachment that was to arrive a couple of days later.150

Tennenbaum stieß danach zu einer kleinen „psychological warfare operational unit“ der ersten US-Armee, die aus einigen Nachrichtendienstlern, einem Flugblattschreiber, einem Rundfunk-Tonaufnahmetechniker, zwei Liaison-Offizieren (einer davon sollte bei Kampftruppen „Ausschau nach günstigen Propagandasituationen halten“,151 der andere die Verteilung von Flugblättern durch spezielle Artilleriegeschosse sicherstellen) sowie einem Lautsprecherteam bestand. Diese flexible Vorauseinheit war – nicht zuletzt dank Tennenbaums gesammelter Morale Intelligence über den Feind – in der Lage, ad hoc konkrete Propaganda zu produzieren. Dies geschah etwa in einem umkämpften Sektor des Utah Beach, wo mithilfe einer Druckerei in Bayeux 38.000 Stück eines taktischen Flugblatts produziert und mittels Artillerie ins Feindeslager abgefeuert wurden. Dieses hastig zusammengestellte Druckwerk von Tennenbaums (später durch neun weitere Propagandisten verstärkte) Propagandagruppe war der „first notable combat success“ der 2nd MRBC und führte angeblich zum kampflosen Überlaufen von 30 Wehrmachtssoldaten und zu einer Welle an neuen Flugblatt-Bestellungen von Seiten regulärer Kampfeinheiten.152 In diesen ersten Einsätzen in Nordfrankreich erkannten die von ihren MRBC-Stammeinheiten und Propaganda Sections nun losgelösten PWI-Offiziere sofort, dass sie auf eine enge Zusammenarbeit mit den klassischen G-2-Organen und den nachrichtendienstlich ausgebildeten Ritchie Boys aus Maryland angewiesen waren: „It was in the first few days“, so der offizielle Operationsbericht von P&PW/12th Army Group, „that the [PWB] Intelligence Section learned its first new lesson – that the most productive source of Psychological Warfare Intelligence was the G-2 Section of any unit.“153 Erfolgreicher Nachrichtenoffizier beim PWB Combat Team der ersten US-Armee

Tennenbaums 2nd MRBC operierte stets im Bereich der First US Army154 und schlug Ende Juni 1944 ihr Lager im Chateau de Colombieres bei Isigny auf – jenem Ort, zu dem er seinen Kameraden Stefan Heym hinbefohlen hatte. Hier befanden sich der Feldstützpunkt der Publicity&Psychological Warfare Section (P&PW) der späteren zwölften Armeegruppe (die 2nd MRBC war dieser später dauerhaft unterstellt) und der Nukleus des sich formierenden Kampfpropagandateams der

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1. US-Armee. Jacob Tennenbaum, nunmehr zum Assistant Chief of Intelligence aufgestiegen,155 nahm hier an langen nächtlichen Besprechungen teil, bei denen unter anderem der Nachrichtenoffizier und OSS-Mann Alfred Toombs und zivile Propagandaexperten anwesend waren. Dieser Kreis besprach die Informationen über die Feindmoral, die von den Nachrichten-Unteroffizieren auf Divisions- und Korpsebene sowie durch Besuche von Gefangenenlagern der First US Army und durch Zivilistenbefragungsteams eingeholt worden war. Diese „close-range intelligence“ wurde durch globalere Informationen aus der Hand von Spezialisten der Monitoring Section der 2nd MRBC (die alliierte und feindliche Radioprogramme abhörten) erweitert. Das Planungsteam rund um Tennenbaum entschied nun, wie diese Informationen über den Kriegsgegner in konkrete Propagandaoperationen umgemünzt werden sollten: After the intelligence material was digested, ideas for new psychological attacks were thrashed out and decisions made on activities for the next few days. The following morn-

ing the wheels would be set in motion either for production of a new leaflet, the carrying out of a combat loudspeaker appeal or the employment of a radio broadcast.156

So berichtet ein Wochenreport von Anfang Juli 1944 über die Kampfpropagandaaktivitäten im Bereich der ersten US-Armee von 550 speziellen Artilleriegeschossen, die vollgestopft mit Flugblättern aus „Eigenproduktion“ auf die feindlichen Einheiten abgeschossen wurden.157 Am 6. Juli regneten im Rahmen einer Kooperation zwischen dem XIX. US-Korps und dem sich formierenden Kampfpropagandateam der ersten US-Armee etwa „50 rounds of a German leaflet [named] ‚Menschenhände gegen Stahl‘“ auf die Gegner der 30. US-Infanteriedivision herab.158 Aus dem vielleicht von Tennenbaum mitverfassten Anhang über die Befragungsergebnisse zur Flugblattwirkung geht hervor, dass der Großteil der befragten Kriegsgefangenen aus dem First-Army-Sektor diese Flugblätter gesehen und überwiegend als glaubwürdig eingestuft hat. Nicht nur Kämpfer von regulären Infanteriedivisionen seien „reif für Propaganda“ gewesen,159 sondern auch bei Mitgliedern der WaffenSS habe man interessante Reaktionen beobachtet – so hätten etwa Offiziere der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“ die Befürchtung geäußert, dass derartige Flugblätter ihre Männer zum Aufgeben bringen würden. Gleichwohl wird im selben PWI-Bericht auch eingeräumt, dass gewisse Zweifel an der Repräsentativität und Faktizität der hier herausgegriffenen Verhöraussagen bestehen.160 Nach dem Ende Juli 1944 erfolgten Durchbruch des (kurzzeitig vom knorrigen Haudegen George Patton von der Third US Army angeführten) VIII. USKorps bei Saint-Lô wurden einzelne MRBC-Kader von ihrer nunmehrigen Kom-

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mandoinstanz, der P&PW/12th Army Group,161 nun „specific jobs“ zugeteilt. Die PWD/SHAEF und die obersten Propagandisten der 12. Armeegruppe erkannten rasch, dass bestehende Truppengliederungen wie jene der MRBC dringend an die Bedürfnisse vor Ort angepasst werden mussten und der „frequent dispatch of small independent groups, or task forces, to accomplish specific missions“ nötig war.162 Jacob Tennenbaums Stammeinheit 2nd MRBC fungierte nun wie bereits erwähnt nur mehr als eine Art organisatorische Klammer für die übers ganze Einsatzgebiet verstreuten Propagandaspezialisten. Er selbst befand sich nun einmal mehr an einer kampfpropagandistischen Speerspitze: nämlich einer sich aus Personal der 2nd und 3rd MRBC zusammensetzenden, 28köpfigen Task Force mitsamt Lautsprecheranlagen und mobiler Flugblattdruckerei, die im Bereich der neu gegründeten 3. US-Armee unter dem Namen PWB Advance, VIII Corps operierte. Diese im Windschatten von rasch vorrückenden Panzer- und Infanteriedivisionen agierende Propagandatruppe hatte im August 1944 in der Bretagne den Auftrag, im Kampf um die letzten deutschen „pockets“ wie Brest, St. Nazaire und Lorient neue Kampfpropagandatechniken auszuprobieren und wichtige Erfahrungen für weitere Operationen zu sammeln.163 Tennenbaums Aufgabe als Nachrichtenchef dieser Truppe war einmal mehr die Einholung und Aufbereitung von Informationen über die „enemy morale“. Der Liaison-Unteroffizier dieser aus Spezialisten sowie aus Sharpe Boys zusammengesetzten Einheit sammelte auf Divisions- und Korpsebene täglich Intelligence-Material und klapperte die Kriegsgefangenenlager der First US Army auf der Suche nach brauchbarem Material für Flugblätter und Rundfunksendungen ab. Diese Informationen und Reports wurden vom nachrichtendienstlichen Zirkel rund um Tennenbaum jede Nacht evaluiert und an die betreffenden Stäbe weitergeleitet, damit „the most suitable form of the next psychological ‚attack‘“ geplant und lanciert werden konnte.164 Die Flugblattexperten des PWB Advance-Teams nutzten das gesammelte Material umgehend für ihren Output. So wurden – vermutlich unter Beteiligung des in diesem Buch noch zu erwähnenden Österreichers Kurt Wittler – taktische Flugblätter geschrieben, die unter anderem den sogenannten Amerikanischen Feldfunk von Lorient unterstützten; bis Mitte September wurden 16 – laut Eigendarstellung in der Unit History der 2nd MRBC großteils erfolgreiche – Lautsprecher-Operationen durchgeführt.165 Rund um den 10. September 1944, knapp vor dem Ansturm der angloamerikanischen Verbände auf den deutschen „Westwall“, erhielt der bei Brest eingesetzte Tennenbaum die Order, nach Verdun zu kommen – dort wurde auf Betreiben des Chefs der P&PW-Abteilung der 12. Armeegruppe, Clifford Powell, ein dauerhaftes Kampfpropagandateam unter der Leitung von Albert Salvatori installiert, das in weiterer Folge zur Blaupause für vergleichbare Einheiten werden sollte: nämlich

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das Psychological Warfare Combat Team der ersten US-Armee (in weiterer Folge als PWB/1st Army bezeichnet).166 Auf Grundlage der Erfahrungen mit Tennenbaums Voraustrupp beim VIII. Korps schuf man eine flexible, mit den höheren Stäben der P&PW/12th Army Group und PWD/SHAEF gut vernetzte167 Medienkompanie, die im Kampfraum der einzelnen Korps der ersten US-Armee eingesetzt werden konnte. Ähnlich wie die ersten PWB Combat Teams in Afrika und Südeuropa entwickelte sich diese Einheit aus operativen Notwendigkeiten und situativen Zwängen heraus. Strukturell und personell eng mit den in Camp Sharpe ausgebildeten MRBC-Kompanien verzahnt, war die anfangs 20 Mann starke, später auf rund 60 Personen angewachsene PWB/1st Army in der Lage, „all phases of combat propaganda“ selbstständig zu bewältigen sowie ausgefeilte Kommunikate im Bereich der Flugblatt-, Lautsprecher- und Rundfunkpropaganda zu konzipieren, zu produzieren und zu evaluieren.168 Der als leitender PWI-Nachrichtenoffizier mit der „collection of intelligence“ und der Dokumentation der deutschen Empfängerreaktionen auf die eigenen Aktivitäten betraute Jacob Tennenbaum hatte in diesem Setting eine Schlüsselfunktion inne. Eng und ertragreich mit dem G-2-Stab der ersten US-Armee unter Oberst Benjamin Dickson und mit dem Propaganda-Verbindungsoffizier Shepard Stone zusammenarbeitend,169 war er nun nicht mehr persönlich fürs Verhören von feindlichen Kämpfern, sondern vor allem für die Auswertung und analytische Gewichtung dieser Interrogation Reports und anderer propagandarelevanter Informationen zuständig. Laut dem in einer Studie des War Department umrissenen Jobprofil hatte Tennenbaum als Intelligence Officer die Aktivitäten seiner Nachrichtenabteilung und der ihr zugehörigen Verhöroffiziere zu lenken und „daily reports for the detachment commander based on information by his section“ zu erstellen.170 Ähnlich wie es Hans Habe mit den PWB Combat Teams in Südeuropa erlebt hatte, hatten sich die exilösterreichischen Aufklärungspezialisten also auch hier an der Westfront an den militärischen Bedürfnissen ihres übergeordneten Großverbands zu orientieren und dabei engen Kontakt mit der G-2-Stelle zu pflegen: In action, however, it immediately became apparent that all Psychological Warfare activities would be geared closely to the activities of the Army. Therefore, it was necessary to build up information on order of battle, on the tactical situation and on all other phases

of military information. From that day on all interrogators and intelligence men maintained closest contact with G-2 at the level where they were working. Indeed, the Psy-

chological Warfare Intelligence became a miniature G-2. The section kept a situation

map, an order of battle file and intelligence log, and followed closely the reports made

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by tactical interrogators and by G-2 officers at all levels. Psychological Warfare interrogators specialized in seeking from prisoners information which would reveal weak-

nesses in enemy morale. These interrogations, along with captured documents which were obtained from G-2, furnished themes for tactical leaflets. An Army [PWB] Team, which

is putting out only combat leaflets, actually does not need a great volume of intelligence. But in order to get the special items of intelligence which are needed, it is necessary to obtain a good bit of information.171

Hauptaufgabe Tennenbaums war es also, den Medienhandwerkern seiner Einheit, den Flugblattredakteuren, Rundfunkautoren und Lautsprecheransagern, direkt zuzuarbeiten, indem er konkrete „output intelligence“ und unmittelbar verwendbare Informationen – etwa Soldatenzitate und inhaltliche „Schmankerl“ aus den Verhören – für taktische Propagandaattacken aufbereitete. In den Unterlagen der 12. Armeegruppe erfährt man auch, dass jegliches Material, das von Tennenbaums PWI-Stelle nicht für diese taktische Flugblattproduktion gebraucht wurde, an höhere PWD-Einheiten weitergereicht und für strategische Flugblätter (etwa die ZG-Serie der PWD/SHAEF) und Radiosendungen (etwa von Radio Luxemburg) verwendet wurde. Er übermittelte dadurch der PWD/SHAEF-Spitze tiefe Einblicke über die allgemeinen Haltungen und Stimmungen der feindlichen Kämpfer.172 Alle propagandabezogenen G-2- und PWI-Berichte wurden archiviert, die gesammelten Verhörreports gemäß ihrer Herkunft den einzelnen US-Divisionen zugeordnet und in Folge ein „rather complete picture“ über Akteure und Truppenmoral aller feindlichen Divisionen im Operationsgebiet erstellt. Wann immer sich eine passende Situation für ein taktisches, also an eine bestimmte deutsche Einheit oder ein bestimmtes soldatisches Milieu gerichtetes Flugblatt ergab, konnte man dank der aktuell vorliegenden nachrichtendienstlichen Erkenntnisse der PWB/1st Army also aus dem Vollen schöpfen.173 Welche Vernehmungsberichte und Moralanalysen landeten eigentlich auf Tennenbaums Schreibtisch und welche Inhalte hatte er für die Flugblatt- und Rundfunkredakteure seiner Truppe zu erarbeiten? Bereits in den ersten Verhör- und Stimmungsberichten, die im September 1944 im Bereich der ersten US-Armee erstellt wurden, ist herauszulesen, dass die PWI-Verhöroffiziere nach Konfliktfeldern im Feindeslager suchten, damit diese für zersetzende Spaltpropaganda und das Säen von Zwietracht (Mannschaft gegen Führung, „Reichsdeutsche“ gegen „Ostmärker“ usw.) verwendet werden konnte. Ein immer wieder auftauchendes und in der amerikanischen Propaganda genüsslich breitgewalztes Thema ist dabei der manchmal latente, manchmal offen zu Tage tretende Konflikt zwischen „gewöhnlichen“ Feldsoldaten der Wehrmacht und den vermeintlich elitäreren Vertretern

Ins Hirn des Feindes kriechen

7  Struktur des Kampfpropagandateams der ersten US-Armee, Februar 1945

der Waffen-SS174 bzw. der SS generell. Hier ein Auszug aus einem vielsagenden und beinahe in einem heftigen Scharmützel endenden Streitgespräch, das sich im September 1944 im Inneren des „First Army Cage“ ereignet hat: PW from Army [Wehrmacht]: Look at those … from the Waffen SS. As usual they want to be first on the trip backward.

SS PW ’s to other SS PW: Ignore those deserting swine. They know damned well that

they can thank the SS if Germany today is still free from the Bolshevik and Jewish carpet baggers.

Wehrmacht PW ’s: Thank you like hell. We can thank you for the fact that the French population is throwing rocks at us now as we pass by.

SS PW: What do you mean? You did everything we did when things were going well. Now you try to make us the sole scapegoats.

Wehrmacht PW, picking up rock: Why, you … You lie and you know it. One more remark and I’ll show you how well the Army can throw grenades. At that point the interrogator intervened.175

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Ein kurz darauf von PWB/1st Army-Verhöroffizier Samson Knoll an ­Tennenbaums Abteilung übermittelter Verhörbericht verdichtet dieses Motiv. So erfuhr Knoll von deutschen Kriegsgefangenen, dass es ein lohnender Propagandaansatz wäre, den Landsern zu erzählen, „that the SS and similar crack units were withdrawn farther into the Reich in order to do police jobs at home, while everybody, even those unfit for military service, were sent to the actual fighting fronts in an attempt to stem our advance.“176 Das Reizthema SS schien überhaupt bei zahlreichen Soldaten auf Resonanz zu stoßen: Ohne konkret danach gefragt zu werden, gaben bei einer breit angelegten PWI-Befragung der P&PW/12th Army Group 25 von 264 Kriegsgefangenen an, der SS gegenüber äußerst negativ eingestellt zu sein.177 Die SS-Mitglieder wurden von ihnen in drastischer Sprache für die Fortdauer des Kriegs und die Feindseligkeit, die den deutschen Soldaten in besetzten Ländern entgegengeschlagen sei, sowie die bedrückenden Zustände in der Heimat verantwortlich gemacht.178 Dass sich die amerikanischen Psychokrieger rhetorisch auf die Seite der „Deserteursschweine“ schlugen und die SS und Waffen-SS in die Rolle des korrupten – aber innerhalb des NS-Unrechtsregimes schamlos privilegierten – Sündenbocks pressten, liegt auf der Hand. In der US-Flugblattpropaganda fungierte die Chiffre „SS“ im Kontext mit dem ebenfalls eher unbeliebten „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler, daher als veritable Zornsammelstelle,179 bei der von den deutschen Empfängern aufgestaute Frustgefühle, Angst und Hass in etwa so abgeladen werden konnten: „Schuld sind die SS und ihr größenwahnsinniger Chef, nicht ich!“ Der wichtigste Flugblattschreiber der PWB/1st Army, Oskar Seidlin, baute auf Basis derartiger Inputs aus Tennenbaums Nachrichtenabteilung gezielte Angriffe gegen den SS-Komplex in seine Texte ein. Durch die Verwendung von aggressiv wirkenden, spitzen Runen für das Akronym „SS“ wurde dabei auch ein semiotischer Marker gesetzt, der in anderen Flugblättern in ähnlicher Form anzufinden ist.180 So wird mit dem Flugblatt CT 3 der PWB/1st Army, das sich im Oktober 1944 an den „Soldat am Westwall“ richtete, verkündet: „Dich zwingt man zum Weiterkämpfen, um mit Deinem Leben das Leben der SS und der Parteiführer zu erkaufen.“181 Auch in seinen späteren Wochenberichten sollte Tennenbaum auf Aussagen von Soldaten stoßen, die sich kritisch über die SS äußerten.182 Der Kampf um Aachen

Die ab September 1944 ausgefochtenen Kämpfe der US Army im Raum Aachen183 waren ein echter Prüfstein für die US-Kampfpropaganda und die österreichischen Camp Sharpe-Absolventen. So wurde die vor Kurzem erst neu gegründete

Ins Hirn des Feindes kriechen

PWB/1st  Army auf Wunsch des – mit der Eroberung der Stadt beauftragten – VII. US-Korps mit flankierenden Propagandamaßnahmen rund um den Angriff betraut. Für Tennenbaums Einheit handelte es sich um die bisher größte mit den höheren Stäben der PWD/SHAEF abgestimmte Propagandaoperation.184 Die amerikanische Propaganda Intelligence hat im Vorfeld der Operation einigen Aufwand betrieben, um den Output-Produzenten wichtige Informationen und Inhalte für Flugblatt-Kampagnen und Lautsprecher-Operationen bei und in Aachen zu liefern. So hat eine von PWI-Spezialisten der P&PW-Abteilung der 12. Armeegruppe im September 1944 im „Prisoner Cage“ der dritten US-Armee durchgeführte Umfrage mit 50 einfachen Soldaten und Unteroffizieren unter anderem folgende Frage an die deutschen Gefangenen gestellt: „Wenn Sie ein an Ihre Kameraden gerichtetes Flugblatt zu verfassen haetten, was wuerden Sie ihnen sagen? (Anmerkung: die alliierten Truppen haben die deutsche Grenze überschritten und stehen vor Aachen und Trier.)“ Als Antwort dachten sich 22 von den 50 Befragten Formulierungen aus, die zum Strecken der Waffe oder zur Desertion aufriefen. „Zerstört Eure Heimat nicht noch mehr, macht Schluß“, schlug einer der Befragten vor; „Gebt den Kampf auf[,] rettet Euer Leben“, gab ein Angehöriger der „Kampfgruppe XV“ (Kampfgruppe Heitmann)185 als weiteren Vorschlag an.186 Die Propagandatrupps der ersten US-Armee und der PWD/SHAEF machten sich sogleich daran, derartige Vorschläge umzusetzen: Ab 9. Oktober 1944 erging von amerikanischer Seite an das in Aachen kämpfende deutsche Gewimmel, das aus der 246. Volksgrenadierdivision bzw. einer „mixture of infantry, panzergrenadiers, Luftwaffe, SS, marine infantry and Hitler Jugend volunteers“ bestand,187 die Aufforderung zur friedlichen Übergabe der Stadt. Über mehrere „Combat Loudspeaker“ der PWB/1st Army und via Rundfunk, wo Hans Habe persönlich für Radio Luxemburg sprach, wurden die Verteidiger aufgefordert, ihren Widerstand einzustellen.188 In diesen Tagen regneten auch tausende Flugblätter auf die deutschen Mannschaften und in Aachen verbliebenen Zivilisten herab. Ein Flugblatt beinhaltete den Wortlaut des 24 Stunden lang gültigen Ultimatums,189 mit dem die Amerikaner in Person von General Clarence Huebner nach dem Motto „surrender or be leveled“190 die kampflose Übergabe der Stadt einforderten. Den von den oben erwähnten beiden Kriegsgefangenen empfohlenen Appellen an die Rettung des eigenen Lebens und die Verhinderung sinnloser Zerstörungen wird darin viel Raum gegeben: Aachener! Ich habe soeben dem Kommandierenden der Truppen in und um Aachen und

den Bürgermeister oder seinen Bevollmächtigten das nachstehende Ultimatum über-

reichen lassen: „Die amerikanischen Streitkräfte haben Aachen jetzt völlig umzingelt. Ihnen stehen genügend Bombenflugzeuge und Artilleriestücke zur Verfügung, um die

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Stadt, wenn nötig, restlos zu vernichten. Die Stadt wird von uns genommen – entweder

durch sofortige bedingungslose Übergabe oder durch rücksichtslosen Sturmangriff […]. Kurz – es gibt keinen „Mittelweg“. Entweder Sie übergeben die Stadt mit ihrem jetzigen

Bestande bedingungslos und vermeiden dadurch sinnlosen Verlust an deutschem Leben

und Eigentum, oder Sie weigern sich und sehen der völligen Vernichtung entgegen. […]. [Rückseite:] […] wenn der militärische Befehlshaber und die Parteiführer von weiteren

Blutopfern nicht ablassen wollen, so bleibt uns nichts anderes übrig, als Eure Stadt, die schon so viel gelitten hat, restlos zu vernichten […]. Aachener! Handelt – ohne Verzug!

Werdet vorstellig bei den verantwortlichen Stellen, um dem sinnlosen Blutvergießen und der völligen Zerstörung Einhalt zu gebieten. Für die Vertreter der Bürgerschaft, für

jeden von Euch ist die Stunde gekommen, seine Stimme unerschrocken vernehmen zu lassen. Morgen – ist es zu spät. Aachener! Es gibt nur eine Wahl – sofortige ehrenvolle Übergabe oder völlige Zerstörung.“191

In einem weiteren, sicherlich unter Mitarbeit Tennenbaums vom PWB/1st ArmyTrupp vor Ort produzierten Flugblatt stand zu lesen, dass die Stadt „von drei Seiten umzingelt“ ist. Ähnlich wie ihm oben zitierten „Westwall“-Flugblatt wird auch hier behauptet, dass die Wehrmachtsführung „weiss, dass der Krieg verloren ist“ und die deutschen Kämpfer von SS und Partei regelrecht verheizt werden. Den Empfängern – deren Ethos und Loyalitätsgefühl als deutsche Krieger nicht zu sehr verletzt werden soll – wird dabei versichert, dass sie fünf Jahre lang ihre „Pflicht als deutsche Soldaten erfüllt“ hätten. Jetzt aber würden andere Pflichten gelten: „Du und Dein Kamerad, Ihr habt jetzt die Pflicht, Euer Leben zu retten“.192 Auf das angesprochene Pflicht- und Ehrgefühl der Verteidiger Aachens werden wir noch zurückkommen. Vergleichbar mit den Aufforderungen in den „Passierschein“- und „Ei Sörrender“-Flugblättern der PWD/SHAEF wurden auf der Rückseite dieses Flugblatts „Anweisungen zur Lebensrettung“ gegeben, um unbehelligt in die US-Gefangenschaft gelangen zu können. Das alles war wie erwähnt Teil einer groß angelegten Kampagne, bei der die US-Propagandisten die Veröffentlichung der einzelnen Appelle an den Feind in Aachen weitgehend aufeinander abstimmten.193 Wie erfolgreich war die Kampagne in und rund um Aachen? Obwohl im Operationsbericht der „Special Troops“ der 12. Armeegruppe194 und im Historical Report der 2nd MRBC von exzellenten Resultaten in Aachen die Rede ist, erfährt man in der offiziellen Geschichte der PWD/SHAEF, dass die Kampagne keinen nennenswerten taktischen Erfolg auf dem Schlachtfeld zeitigte.195 In einem seiner fatalen „Nero-Befehle“ hatte Adolf Hitler Mitte September 1944 die Losung ausgegeben, Aachen bis zum letzten Mann bzw. „Haus für Haus“ zu verteidigen,196

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und der angebliche Versuch mehrerer Delegationen von Aachener Bürgern, den Kampfkommandanten zum Aufgeben zu bewegen, schlug laut Klaus Schwabe fehl.197 Noch am 19. Oktober, zwei Tage vor der Kapitulation, traf ein Fernschreiben von Generalfeldmarschall Rundstedt ein, das dem Kampfkommandanten mitteilte, dass er „im Bewußtsein der Bedeutung der alten deutschen Kaiserstadt erforderlichenfalls unter ihren Trümmern untergehen muss.“198 Wie so oft versuchte also die deutsche Führung das animal symbolicum199 im deutschen Menschen zu wecken: Man hoffte auf die emotionalisierende und handlungstreibene Kraft von Symbolen und Mythen. Arthur Jaffe, der Kommandeur von Tennenbaums Stammeinheit (2nd MRBC), berichtet sehr anschaulich – und verklärend – darüber, wie intensiv Tennenbaums PWI-Abteilung zu dieser Zeit arbeitete und bei den Nachrichtenabteilungen der einzelnen Divisionen sowie bei den Kriegsgefangenen Material sammelte: With operations at top speed, especially during the Aachen phase, the [PWB/1st Army] team’s task of gathering information and preparing propaganda was more effectively

accomplished than it had been at any time previously by Psychological Warfare units. Intelligence N[on]C[ommisioned]O[fficer]’s went out every day to each corps and divi-

sion in the line for the purpose of obtaining the latest information on enemy morale from the various lower echelon intelligence sections, and occasionally also carried out

personal interrogations of prisoners of war to obtain first-hand reactions to our propa-

ganda. A small group of interrogators was located at the Army „cage“ at Herbestal under Lt. Bird, and it was there that morale estimates were drawn up, together with background

material for new psychological attacks. […] This intelligence material was all digested

and used in new psychological attacks against the enemy’s troops. Higher headquarters was kept informed through daily morale reports and weekly intelligence summaries.200

Doch spektakuläre Medienwirkungen zeigten sich in Aachen kaum: Eine von Gerhard Graf von Schwerin, Kommandeur der 116. Panzerdivision, schon im September offensichtlich angestrebte kampflose Übergabe der Stadt wurde zwar von amerikanischen PWI-Offizieren wohlwollend wahrgenommen, rasch zur Heldentat verklärt und später von der PWD/SHAEF propagandistisch ausgeschlachtet.201 Doch der sich über mehrere Wochen erstreckende Flugblätterregen und die zahlreichen akustischen Bombardements durch die PWB-Lautsprecher konnten den Durchhaltewillen der Verteidiger nicht wirklich untergraben. Ebenso wie die ihm nachfolgenden Kampfkommandanten Aachens führte nämlich auch der vermeintliche Regimegegner Schwerin den militärischen Widerstand gegen die US-Armee nach einer kurzen Atempause bzw. seiner Abberufung aus Aachen mit unver-

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minderter Intensität fort. Auch die Emissäre der ersten US-Armee, die den neu eingesetzten Stadtkommandanten Max Leyherr am 10. Oktober zum Aufgeben bewegen wollten, scheiterten. Der Weg nach Aachen musste gegen den energischen Widerstand der Verteidiger202 mit Gewalt freigemacht werden. So titelte die von Hans Habe redigierte und an deutsche Soldaten adressierte Frontpost203 am 13. Oktober martialisch: „Aachen wird vernichtet“.204 Die deutschen Soldaten kämpften allen psychologischen Angriffen zum Trotz zäh um diese mythisch verklärte Stadt am „Westwall“.205 Obwohl die militärischen Ereignisse von der Propagandaoffensive der Amerikaner nicht entscheidend beeinflusst worden sind, dürfte das eine oder andere Flugblatt von PWB/1st Army im Zuge der Operationen in und bei Aachen einen Reflexionsprozess oder sogar eine konkrete Handlung (mit-)ausgelöst haben: So stellte die PWI-Abteilung der PWD/SHAEF aufgrund der Reports aus der Zone der ersten US-Armee fest, dass rund 50 % von 200 Mitte Oktober im Raum Aachen gefangenen Wehrmachtssoldaten amerikanische Flugblätter bei sich trugen. Jenes Flugblatt, in dem das Aachener Ultimatum vom 10. Oktober abgedruckt worden war, brachte laut PWI-Befragungen einen „antipreußischen“ Bayern und einen Wiener Landser dazu, sich zu ergeben und gleich 11 weitere Soldaten in die Gefangenschaft „mitzunehmen“.206 Und nicht zuletzt konnten die G-2- und PWIStellen der ersten US-Armee im Rahmen der Kämpfe an der westlichen Reichsgrenze auch vereinzelte Hinweise auf propagandistische Erfolge und „Auswirkungen“ auf gegnerische Soldatenseelen dokumentieren. Wie ein vom – ebenfalls bei der ersten US-Armee tätigen – Ritchie Boy und IPW-Verhörassistenten Karl Frucht207 ins Englisch übersetzter Auszug aus dem Tagebuch eines Österreichers, der im Raum Aachen gekämpft hatte, zeigt, sorgte das multimediale Zusammenspiel von Lautsprecher, Flugblatt und Rundfunk fallweise für kritische Denkanstöße oder Angstgefühle bei den Empfängern. So hat eine nervenzerrüttende Mischung aus amerikanischen „Surrender Appeals“ und „Hitsongs“ etwa beim Wachtmeister Franz Schön aus Wien sichtbare seelische Spuren hinterlassen. In seinem Tagebuch reflektiert er Anfang Oktober 1944 in einem verzweifelten Tonfall über den Wahrheitsgehalt der feindlichen Propaganda und spricht dabei die (in den Aachen-Flugblättern von PWB/1st Army später wortwörtlich aufgegriffene) Angst vor einer „Umzingelung“ und einem „Todesurteil“, offen aus: „Muss ich so enden wie Loisl bei Stalingrad?“, fragt sich der Österreicher.208 Derartige Aussagen waren für Moralanalysten wie Jacob Tennenbaum eine Goldgrube. Der Soldat Schön, ein ideales Ziel für Zersetzungspropaganda, dürfte sich kurz darauf den Amerikanern ergeben haben. Wenige Tage später sollten ihm viele seiner Kameraden der Aachener Garnison freiwillig oder unfreiwillig nachfolgen. Nach

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8  Die „weiße“ Flugblattzeitung Frontpost der 12. US-Armeegruppe mischte im Propagandagefecht um Aachen intensiv mit

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einem wochenlangen, „sinnlosen Blutvergießen“209 mitsamt opferreichem Häuserkampf, horrenden Verlusten, vor allem auf Seiten der 30. US-Infanteriedivision,210 und einem gescheiterten deutschen Entsatzversuch durch die 116. Panzer- und die 3. Panzergrenadierdivision fiel am 21. Oktober Aachen der Status der ersten von den Westalliierten eroberten Stadt des Deutschen Reichs zu. Der letzte Kampfkommandant der Kampfgruppe Aachen, Gerhard Wilck, hatte all seiner Durchhalterhetorik zum Trotz schließlich aufgegeben – 10 Tage waren inzwischen vergangen, seit sein Vorgänger Leyherr das Ultimatum ignoriert hatte. Die sich mit der G-2-Abteilung der First US Army, aber auch mit den Zivilistenverhörern,211 regelmäßig „synchronisierende“ Propagandaaufklärungsabteilung von PWB/1st Army war in diesen turbulenten Tagen eine wichtige Informationsdrehscheibe und „the first outlet for the story of the fall of Aachen“. Auch die schwarzen Rundfunksender des OSS griffen deren detail- und faktenreiche Berichte über das teils sehr gewaltsame Geschehen in der Stadt auf und bliesen diese zu schauerlichen Gruselgeschichten auf.212 Während der Übergangsphase zwischen Frontkampf und Besatzungsregime zeigte sich auch, dass Tennenbaums nachrichtendienstliche Arbeit nicht nur im taktischen Feld des „Gefangene Machens“, sondern auch im besatzungspolitischen Bereich Gewicht hatte: Während in Aachen die letzten Scharmützel stattfanden, erreichte Tennenbaum, den Chief of Intelligence von PWB/1st Army, ein an ihn adressiertes Schreiben eines gewissen Francis Seidler mit dem Betreff „Befragung des katholischen Bischofs von Aachen, Deutschland.“213 Wie das ausführliche Kapitel über Seidler und den sogenannten „Aachen Scandal“ am Ende dieses Buchs noch zeigen wird, war dieses Dokument brisant und folgenreich. Denn nicht nur der militärische Kampf um Aachen war brutal gewesen – auch das Ringen um die politische Nachkriegsordnung in der Stadt wurde mit harten Bandagen geführt. Und exilösterreichische PWI-Aufklärer wie Tennenbaum und Seidler spielten in diesem Psychodrama eine zwar nicht entscheidende, aber alles andere als unbedeutende Nebenrolle. Zurück zur militärischen Propaganda: Die Tatsache, dass der – am Ende verlorene – Kampf um Aachen von der NSDAP im Vorfeld zur epischen Verteidigungsschlacht hochstilisiert und vom „Nazi-Kommandeur“ auf Flugblättern noch vollmundig das Eintreffen „[s]tarker Kräfte“ zur Entlastung versprochen worden war, wurde von den Nachrichtenoffizieren wie Tennenbaum genau beobachtet und in Folge von der US-Flugblattpropaganda breitgetreten. Für die Propagandakrieger der 12. Armeegruppe erwies sich die Kapitulation Wilcks langfristig gesehen sogar als „propagandistisch wertvoller“ als ein „Heldentod“ Wilcks.214 „Psychologisch“, so René Rohrkamp, „war die Eroberung von Aachen für die Alliierten ein enorm wichtiger Erfolg.“215 Wilck wurde daher in einer gezielten Negativ-Kampagne ex

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post für den hohen Blutzoll, der bei der Verteidigung der Stadt geleistet worden war, verantwortlich gemacht. Anhand des in Aachen militärisch statuierten Exempels, des desparaten Dagegenhaltens der Verteidiger und der dennoch nicht abwendbaren Niederlage wurde an andere Wehrmachtsverbände in Folge die Warnung gerichtet, dass blindes Vertrauen in die Lügen der NS-Führung ein „Todesurteil“216 oder „Vernichtung“ bedeuten würden.217 Derartige, an die im noch nicht eroberten Teil des Deutschen Reichs befindlichen Feinde gerichtete Propagandatexte betonten die Sinnlosigkeit jeglicher Verteidigung von „besieged cities“ und versuchten die moralische Richtigkeit einer Kapitulation aufzuzeigen.218 Wie oben erwähnt, waren später einzelne Soldaten von solchen Propagandainhalten, dazu gehörten vor allem die „So fiel Aachen“-Flugblätter, beeindruckt.219 Nicht nur jenen Flugblattempfängern, die viel auf Mythen und große Erzählungen hielten, sondern auch vielen anderen Deutschen präsentierte sich der Fall der alten Kaiserstadt als ein starkes Zeichen. Der Verlust Aachens wog schwer. Es ist jedoch zweifelhaft, ob bereits in den Kämpfen um Aachen selbst die medial breit getretene Maximalforderung nach kampfloser Aufgabe in Hinblick auf die Schlüsselakteure – die deutschen Kommandanten – eine kluge Propagandataktik war. So mussten die US-Kommunikationspraktiker zur Kenntnis nehmen, dass ein Ultimatum an den Befehlshaber eines eingeschlossenen Wehrmachtsverbands besser nicht coram publico, sondern diskret und begleitet vom Angebot für Geheimverhandlungen erfolgen sollte.220 Auch Tennenbaum selbst weist in einem seiner späteren Wochenberichte zur Feindmoral auf den Handlungstreiber der „deutschen Ehre“ hin: „[I]t is still the sense of honor as a German combined with the discipline which takes hold of him as soon as he’s in the frontline.“221 In einer anderen, durchaus erfolgreichen Propagandaschlacht an der Frontlinie der First US Army, nämlich der mit britischer Hilfe durchgeführten Lautsprecheroperation bei und in Cherbourg Ende Juni 1944, waren die Amerikaner mit diesem so stark ausgeprägten Ehrgefühl konfrontiert. Nach der kampflosen Aufgabe seiner rund 600 Köpfe zählenden Mannschaft forderte der in einem Wald ausharrende befehlshabende deutsche Offizier laut US-Quellen einen „ehrenhaften“ Weg in die Kriegsgefangenschaft: A few minutes after the last man had surrendered, the German captain […] appeared. He reported to Colonel McMahan [of the 79th US Infantry Division] and informed him

that the colonel commanding the unit would not surrender until the conditions were made honourable. It appeared that the German commander desired the American troops to throw phosphorus grenades into his position as he had no answer to phosphorus. Six

grenades were thereupon produced and thrown. The exploded grenades were inspected

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by the German party, who appeared satisfied, and the unit as a whole was then considered to have surrendered.222

Tags darauf wiederholte sich das Spiel: Nach einem Lautsprecher-Ultimatum wollte der deutsche General der Garnison des „Cherbourg Arsenal“ einen Panzer zu Gesicht bekommen. Als in der Tat ein Sherman-Panzer vor den Mauern auffuhr, sah sich der gute Mann „subjected to a tank-attack and could surrender honourably.“223 Hier – und das gilt auch für die Gemütslage des Aachener Kampfkommandanten – kam wieder der Mensch als animal symbolicum ins Spiel: So hätten auch Oberstleutnant Leyherr bzw. sein Nachfolger Wilck im Falle der Kapitulation der Stadt in Folge eines diskreten Verhandlungsgesprächs eher ihr Gesicht und ihre Soldatenehre wahren224 und der „soziale[n] Kontrolle“ durch andere Kameraden und Offiziere entgehen können. Denn „Männlichkeit, Ehre, Härte, Kampfgeist, Tapferkeit, Einsatzbereitschaft, Pflichterfüllung, Kompetenz, Gehorsam, Patriotismus und Gemeinschaftssinn“ gehörten zu den obersten Tugenden für deutsche Soldaten.225 Gerade in einer derart von militaristischem Ethos geprägten Institution wie der Deutschen Wehrmacht ist das demonstrative Vorleben solcher Verhaltensweisen durch Führungspersonen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Und schließlich kämpfte man in Aachen auf „heiligem“ deutschem Boden!226 Martin Herz’ kritischer Hinweis auf die gefährdete „Ehre“ der Kommandanten eingekesselter Truppen, die mit Kapitulationsaufrufen von PWB/1st Army angesprochen wurden, trifft daher einen wichtigen Nerv. Es sei psychologisch schlichtweg kontraproduktiv, so Herz, jener Person, die kraft ihrer Autorität am ehesten eine Kapitulation ermöglichen kann, vor den Augen der Truppe einen „ehrenvollen“ Ausweg aus ihrem Dilemma zu verwehren, indem man von ihr lauthals eine kampf- und ehrlose Übergabe fordere.227 Aufgrund der manichäisch-binären Logik des Nationalsozialismus228 („Sieg oder Sibirien!“) fiel es zudem vielen Deutschen offensichtlich schwer, sich einen Mittelweg zwischen dem opferreichen Abwehrkampf samt späterem Endsieg oder dem sicheren Untergang mit Haut und Haar vorzustellen.229 Für den PWI-Offizier Jacob Tennenbaum bedeutete dies, dass er bei zukünftigen nachrichtendienstlichen Analysen über die Feindmoral dieses Faktum zu berücksichtigen bzw. andere psychologische Angriffsflächen aus den Verhörberichten herauszudestillieren hatte. Das so stark ausgeprägte und kaum ins Wanken zu bringende Ehrgefühl der Wehrmachtssoldaten war allgemein kein wunder Punkt des Gegners, der sich als primäres Ziel für künftige Propagandakampagnen eignen würde; ebenso wenig konnte man die „Sieg oder Untergang!“Logik bei bestimmten Feindkämpfern aushebeln. Sehr wohl aber stellten die Alltagssorgen und Ängste der Landser sowie der Überlebensdrang von potentiellen

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Überläufern230 in der Wehrmacht ein „taktisch produktives“231 Analyse- und Propagandabetätigungsfeld dar. Auch Tennenbaum sollte an anderer Stelle auf derartige „moral fears“ eingehen.232 Ungeachtet einzelner Misserfolge seiner PWB-Truppe und der schweren Nachweisbarkeit der Effekte, die während der frühen Einsatzphase in der Bretagne und in Aachen aus seiner nachrichtendienstlichen Zuarbeiter-Tätigkeit für die US-Kampfpropaganda erwuchsen, wurde Tennenbaum im November 1944 der Bronze Star verliehen: First Lieutenant Tennenbaum […] was intelligence officer for the [2nd MRBC and the PWB/1st Army] company. By his shrewd analysis of information obtained from Prisoners of War he was able to furnish information to the company that was used in pre-

paring succesful psychological warfare methods thereby reducing the fighting morale of the enemy.233

Der junge, exilösterreichische Artillerie- und Nachrichtenoffizier war binnen kurzer Zeit also zu einem wichtigen und geschätzten Player im Feld der psychologischen Kriegsführung aufgestiegen. Von seinem Vorgesetzten Arthur Jaffe, dem Kommandeur der Muttereinheit 2nd MRBC, wurde Tennenbaum in einer späteren Leistungsbeurteilung mit positiven Attributen regelrecht überhäuft. Demnach sei Tennenbaum „[e]nergetic, enthusiastic, intensely loyal, unassuming, assiduous, ambitious“ und habe die aufgrund seiner europäischen Herkunft bestehenden Hürden rasch überwunden. Jaffe hob auch Tennenbaums „excellent knowledge of the German language and Austrian people“ hervor, bezeichnete ihn als geübten Verhörexperten und „[v]ery fine intelligence officer for propaganda work.“234 Die vom jungen Karrieresoldaten geführte Abteilung für Psychological Warfare Intelligence bei der ersten Armee erwies sich als derart stilprägend, dass auch die hierarchisch übergeordnete PWI-Abteilung der P&PW-Sektion der 12. US-Armeegruppe nach dem Modell der Propagandaaufklärungsstelle von PWB/1st Army geschaffen wurde.235 Zudem tauschte sich Tennenbaum auch mit wichtigen Aufklärungsoffizieren wie dem PWD/SHAEF-Experten für Zivilistenverhöre und Political Intelligence, Saul Padover, regelmäßig aus.236 Wie sahen nun Tennenbaums Moralanalysen konkret aus? Vor allem für die Zeit nach Jänner 1945 findet sich in US-Archiven eine Antwort auf diese Frage. Bereits während der Operationen in Aachen hatte Tennenbaum als leitender Nachrichtenoffizier wöchentliche Moralberichte über die wichtigsten Erkenntnisse und Entwicklungen im PWI-Bereich seiner ersten US-Armee verfasst, die an höhere Stäbe und andere PWB-Kompanien weitergeleitet wurden.237 Anfang

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Die Sharpe Boys am Zenit

1945 entwickelte sich aus diesen Vorläufern der regelmäßig erscheinende Weekly Intelligence Report for Psychological Warfare der PWB/1st Army. Letzterer war ein sich hauptsächlich auf den direkten Kontakt mit dem Feind (IPW- und PWIKriegsgefangenenbefragung) stützender Bestandteil des beeindruckenden und komplexen westalliierten Informationsmosaiks.238 Jacob Tennenbaums moralanalytische Wochenschau war also für die Produktion von Flugblättern und anderen Propagandatexten von großer Bedeutung.239 Sie war sein Premium-Produkt, wenn man so will. Die zentralen Inhaltspunkte eines solchen Weekly Intelligence Reports zur Feindmoral, den Jacob Tennenbaum im Februar 1945 verfasst hat, sind folgende: - Im Punkt 1, Military Situation (aus US-Perspektive), zeichnet Tennenbaum ein situ-

atives Gesamtbild der militärischen Vorgänge im Kampfraum der ersten US-Armee.

- In Punkt 2, Losses und Replacements, berichtet der Autor über die für die psychologische Kriegsführung interessanten Verluste und Personalrochaden auf der feindlichen Seite.

- Der umfangreiche Punkt 3, Morale, ist der Kernbereich des Weekly Intelligence Report. Er untersucht folgende Themenbereiche und ihren Zusammenhang mit der Feindmoral des Landsers:

a) Military Situation (Frontlage der Wehrmacht mit Bezug auf Kampfkraft und -wille)

b) Food (Ernährungs- und Versorgungslage)

c) Weapons (Waffen- und Materialnachschub)

d) Clothing and Health (Zustand der Kleidung und Ausrüstung, Gesundheits­fragen) e) Desertion (Fallbeispiele und Informationen über Deserteure)

f ) Surrender (Methoden und beobachtete Arten des „Sich-Ergebens“)

- Der Punkt 4, Propaganda, ist der letzte große Bereich und beinhaltet eine Besch-

reibung sowie eine Effizienzanalyse feindlicher und eigener Propagandatexte. Er teilt sich auf in:

a) Enemy (deutsche Feindpropaganda)

b) Allied (Reaktionen der feindlichen Kämpfer auf PWD/SHAEF- und PWB-Propaganda)240

Im Buch Geistiger Widerstand von außen habe ich bereits eine Detailanalyse dieses Quellentypus vorgelegt, daher verzichte ich hier auf eine Wiederholung. Vielmehr sollen folgende im PWI-Wochenbericht der PWB/1st Army von 5. Februar 1945 niedergeschriebenen Zeilen Tennenbaums über die gewünschten Feindreaktionen Desertion und Surrender einen kurzen Einblick in seine Arbeitsweise geben. In Ten-

Ins Hirn des Feindes kriechen

nenbaums „destillierter“ Darstellung der ihm vorliegenden Verhör- und Aufklärungsberichte jener Woche spiegelt sich die Tatsache wieder, dass die im Dezember 1944 angelaufene deutsche Ardennenoffensive zu diesem Zeitpunkt längst zurückgeschlagen worden war und die Amerikaner sich wieder am Vormarsch befanden. Beim Lesen derartiger Reports wird einem eindrucksvoll bewusst, dass es sich bei dieser Textsorte um eine Art Fenster in die Gedankenwelt des deutschen und österreichischen Landsers handelt: e. Desertion

The critical situation and its recognition by the German soldier produced a large num-

ber of individual desertions and interrogation revealed that most of those contemplated such action for some time and seized the first opportunity to execute their plans. The

existing confusion during the steady retreat gave them ample opportunity to sneak away unobserved. Even though it is difficult to determine if our propaganda by radio or leaflet produced a state of mind leading to desertion, it nevertheless became evident that leaflets played a vital part in the mental process since many of those desert-

ers admitted having behaved according to instructions issued on our leaflets including the words „I surrender“. Interrogation also revealed that discussions about desertion

and surrender are more frequent now than ever, but there still exists the fear of denun-

ciation by other soldiers; and the discussions are mostly held in small groups up to

four unless a small unit or squad hat been together for a long time and the members were well acquainted with one another. We heard of cases where special patrols were

made up in which every member including the noncom is known to have the intention of deserting with the patrol. We also learned that desertion in groups of three or

four is preferred to single actions since detection is less likely and the belief of capture more plausible.

But again the number of deserters is no indication of all the would-be deserters still fight-

ing against us. The main deterrent remains the fear of retaliation and fear of court-mar-

tial in case of premature detection.241 Desertion to the rear is considered impossible on account of the SS and Feldgendarmerie who are ordered to apprehend everybody behind

a certain point. Besides this physical fear there exists the moral fear of becoming a prisoner the last minute of the war. Many feel that they would rather take the chance by

staying in line and even getting wounded since it would mean a „Heimatschuss.“ The

more convinced the soldier is of the early collapse the more hesitant does he become to desert, but the greater also does his anxiety to stay alive in battle become as evidenced

by his reluctance to engage in needless firefights and by the numerous cases of individual and group surrender.

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Die Sharpe Boys am Zenit

f. Surrender

According to prisoner of war statements confirmed by G-2 reports from lower echelons, cases of individual surrenders reached a new high during this period, and is a definite indication that the German soldier of today is less willing to die for a lost cause

than he was at any other time since the invasion. Not only did many German soldiers raise their hands when they were surrounded and had no way out, but they actually

awaited the arrival of our troops with the intention to surrender. In many cases, whole

groups under the leadership of their NCOs, or less frequently with their officers, acted similarly, admitting that they would rather give up than die in a lost war for a lost cause. […]

Three NCOs of the 277[th Volksgrenadier] Div[ision] surrendered with their squads after a token resistance. They stated that they had the opportunity to withdraw but

preferred captivity to senseless slaughter. – Another case is that of U[ntero]ff[i]z[ier] Werner Haashagen of the 990th Regt of the 277 VG. He was leading his squad back to a new position marching in front of his men. They received fire from both sides of the road and when he wanted to order his men to take cover he found that they had

already lifted their hands above their heads, indicating their willingness to surrender. After realizing that further resistance was useless he followed the example of the men

under his command. – Gefreiter Anton Sehr242 of the 991 Regt, 277 VG, states that

while they were resting in a cellar at BERK our troops entered the town and all seven men surrendered immediately and were glad of the opportunity. Fear of family retaliation kept them from going over to the Americans earlier.243

Anknüpfend an die eben erwähnten Episoden im Bereich der 277. Volksgrenadierdivision – einer Einheit, in der viele „Ostmärker“, also ehemalige Landsleute Tennenbaums, kämpften – möchte ich die sogenannten „friendly prisoners“, die Tennenbaum jeweils in der Rubrik Surrender seines Wochenberichts erwähnt, herausgreifen. Das waren in der Regel Deserteure, die – oft aus Überzeugung heraus, fallweise auch aufgrund opportunistischer Überlegungen – mit den US-Vernehmungsspezialisten gerne und ausführlich über ihre Beweggründe zum Überlaufen, über ihre Einstellung zur alliierten Propaganda, über die Reaktion ihrer Kameraden auf einzelne Flugblätter usw. sprachen. Diese sehr authenthisch wirkenden Stimmen mit hoher intrinsischer Motivation waren den PWI-Offizieren beim Vorbereiten bevorstehender Operationen in vielen Fällen eine wertvolle Hilfe.244 Doch auch unfreiwillige „POWs“ zeigten sich oft kooperativ: Der von der dritten US-Armee gefangen genommene Infanterist Gerhard Baldauf war zunächst sehr skeptisch in Bezug auf die Propagandaversprechen über die gute Behandlung

Ins Hirn des Feindes kriechen

von Kriegsgefangenen durch die Amerikaner gewesen. Doch nachdem er selbst in Gefangenschaft geraten war, änderte er seine Meinung, wandelte er sich rasch zum „friendly prisoner“ und Propaganda-Zuarbeiter und verfasste sogar einen persönlichen Appell an seine ehemaligen Kameraden. Diese sollten alles dafür tun, so Baldauf, um den sicher verlorenen „Krieg vorzeitig zu Ende zu bringen.“245 Der Akt der Desertion, der oft mit dem performativen Sprechakt „Ich ergebe mich“ – „I surrender“ – einherging, wurde von Tennenbaum und seinen Kollegen nachrichtendienstlich vielfach beobachtet und als rhetorisches Instrument in die künftige US-Propaganda eingebaut. So versuchte man das stets wachsende Heer der Defätisten in der Wehrmacht direkt anzusprechen. Hier muss einmal mehr kritisch angemerkt werden, dass auch die prinzipiell als glaubwürdig eingestuften Verhöraussagen der Deserteure und „friendly prisoners“ keine monokausalen Rückschlüsse über die Wirkung der PWD- und PWB-Flugblattpropaganda rechtfertigen. Auch Tennenbaum selbst ist realistisch genug, um zu behaupten, dass die Zahl der deutschen Deserteure über all die weiterhin Widerstand leistenden deutschen Frontkämpfer wenig bis gar nichts aussagt. Es wäre naiv zu glauben, dass Soldat X sich wegen des Flugblatts Y ergeben hat und bereitwillig übergelaufen ist. Trotzdem gilt: Auch wenn ihr intellektueller Beitrag zur alliierten Propaganda nur schwer mess- oder quantifizierbar ist, haben die kooperativen und gesprächigen Überläufer nach ihrer Gefangennahme der Propaganda Intelligence zugearbeitet und viel zur Sublimierung der Flugblätter und Radiosendungen der PWD/SHAEF beigetragen. Diese Feedback-Schleifen hatten zur Folge, dass die taktische Desertionspropaganda permanent verbessert und adaptiert wurde und den potenziellen Deserteuren noch ausgefeiltere Flugblätter vorgesetzt wurden, was den Aktionsdruck in Richtung Desertion noch weiter erhöhte usw.246 Insgesamt kann festgehalten werden, dass die von der modernen Kommunikationswissenschaft schon seit Längerem kritisch hinterfragten Dichotomien von „aktivem“ Sender und „passivem“ Empfänger247 sowie von „Agitator und verführbahrer Masse“248 durch die Einbindung und den inhaltlichen Input der kriegsgefangenen Feedbackgeber in die Flugblattproduktion stark aufgeweicht wurden – die „German POWs“ waren daher nicht nur (ehemalige) Propagandaadressaten, sondern schrieben auch als Berater und Impulsgeber in gewisser Weise an den zukünftigen Propagandatexten mit. PWI-Offiziere wie Tennenbaum nutzten diese Zusammenarbeit mit den kooperativen (aber auch mit den indifferent oder feindselig eingestellten) Kriegsgefangenen etwa, um Wirkungsanalysen zu US-Flugblättern zu erstellen.249 So hebt er in seinem Wochenbericht vom 5. Februar 1945 unter dem Punkt „Allied Propaganda“ hervor, dass ein Wiener Wehrmachtssoldat der 277. Volksgrenadierdivision von

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Die Sharpe Boys am Zenit

Flugblättern mit Österreich-Bezug sehr beeindruckt war.250 Im selben Text erwähnt er auch einen Kriegsgefangenen aus den Reihen der 89. deutschen Infanteriedivision, der das von Tennenbaums Einheit geschaffene Flugblatt CT 44, („Himmlers Weihnachtsgabe“, siehe Abb. 9)251 gesehen hatte und den US-­Verhöroffizieren Folgendes rückmeldete: „[H]e and his comrades thought that it hit the nail on the head.“252 Der schon zu Lebzeiten zu einer Ikone des Bösen gewordene „Schweinehund“ Heinrich Himmler war in der Tat ein lohnendes Propagandaziel. Für Freund und Feind fungierte er als eine Art nützlicher Schachtelteufel, der immer dann aus der Kiste herauszuspringen hatte, wenn es um das Benennen des Schlechten in der Welt ging. Das eben zitierte Rezipientenfeedback in Bezug auf den mörderischen Reichsführer SS und Chef des Ersatzheeres ist in diesem Fall wohl mehr als nur ein subjektiver Eindruck,253 sondern dürfte nahezu den soldatischen Mainstream repräsentiert haben. Zumindest behaupteten dies die Propaganda-Direktiven der PWD/SHAEF-Spitze.254

9  Eine gegen Heinrich Himmler gerichtete Propagandaattacke: das Flugblatt CT 44 (PWB/1st Army), Anfang 1945

Ins Hirn des Feindes kriechen

Kommen wir nun zur wichtigen Arbeit der Vernehmungssoldaten, die Tennenbaum nahezu täglich mit neuen Materialien und Berichten über die Wehrmacht und ihr Personal versorgten. Schülern Hans Habes, wie dem Moralverhörexperten Walter Glass (ursprünglich Walter Heinz Frauenglas), kam hierbei die Aufgabe zu, die Reaktionen und Meinungen der deutschen Soldaten in Bezug auf die Aktivitäten der psychologischen Kriegsführung der US-Armee zu erfragen, zu dokumentieren und an PWI-Offiziere wie Tennenbaum weiterzuleiten. Glass, ein 1921 in Wien geborener, studierter Ökonom und jüdischer „38er“-Flüchtling, war in Camp Ritchie zunächst als regulärer IPW-Verhörexperte ausgebildet worden, wurde aber noch vor Abschluss seines MITC-Kurses zur 5th MRBC nach Camp Sharpe versetzt und im Frühjahr 1945 in Europa von dieser Einheit zum PWB Combat Team der ersten US-Armee entsendet.255 Er verhörte etwa im März 1945 einen ostpreußischen Landwirt, Lastwagenfahrer und Volksgrenadier, der laut eigenen Angaben als Kommandeur eines „Panzerschreck“-Trupps eine vierzehnköpfige Gruppe von Kameraden zur Aufgabe bewegen hatte wollen – was letztlich auch gelang. Der „ex-socialist, now communist“ gab sich als begeisterter Hörer des berühmten britischen Soldatensenders Calais256 zu erkennen und hatte bei seiner Gefangennahme ein „Passierschein“Flugblatt der PWD/SHAEF bei sich getragen. Der Befragte behauptete zudem, dass ihn die US-Flugblätter, besonders ein Beitrag über deutsche Kriegsverbrecher, der mit Aussagen von Kriegsgefangenen ergänzt worden war, beeindruckt und überzeugt hätten.257 Ein von Glass im selben Monat befragter Volkssturmausbilder, der ein PWD-Flugblatt namens „Ei Sörrender“ mit Anweisungen zur kampflosen Aufgabe bei sich trug, gab an, dass er sich gemäß dieser „Vorschriften“ ergeben und in Richtung von amerikanischen Panzern die Worte „Ui soerrender“ gerufen habe.258 Derartige von Glass erhobenen und von Tennenbaum analysierten PWIErkenntnisse wurden vom PWB Combat Team der ersten US-Armee auch in konkrete Propaganda umgemünzt, deren (vermutete) Auswirkungen auf die Zielgruppe – siehe das obige „Ui soerrender!“-Zitat – genau beobachtet wurden. So war etwa die Aufstellung des deutschen Volkssturms laut Daniel Lerner a golden opportunity for Sykewar’s output personnel. The prospect of an army of aged, infirm and crippled being rushed to the defense of the Fatherland on crutches and

stretchers raised limitless possibilities for jokes about „scrapping the bottom of the bar-

rel“, for indignant attacks on the Nazi leaderhip responsible for such inhumanity to its own people, for stern admonitions to surrender quickly lest the whole German people be made to perish.259

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Eine solch „stern admonition to surrender“ der PWB/1st Army war etwa das im Frühjahr 1945 erschienene Flugblatt CT 56 mit der raffinierten Überschrift Vorschriften für den Volkssturm. Im „typisch deutschen“ Kasernenton richtet sich „der Befehlshaber der anrückenden amerikanischen Armee“ darin an die oft verschreckten Volkssturmkämpfer und klärt sie darüber auf, dass sie nicht als Mitglieder der Wehrmacht betrachtet und verschont werden, wenn sie die Volkssturm-Armbinde und Waffen zuvor ablegen würden. Das Flugblatt macht sich nicht über das marode Volkssturmaufgebot lustig und wählt einen der Ernsthaftigkeit der Situation angepassten „no nonsense“-Zugang. Es überlässt es zwar dem Leser, zu entscheiden, ob er als NS-Kombattant oder friedlicher Zivilist der vorrückenden US-Armee entgegentreten will, der Text ist jedoch durchgehend in einem unmissverständlichen Befehls- und Verordnungston gehalten.260 Der oben erwähnte Volkssturmausbilder dürfte derartige „Vorschriften“ im Kopf gehabt haben, als er seine Hände gehoben und „Ui soerrender“ gerufen hat. Auch Howard K. Marr, ein österreichischer Sharpe Boy und Kompaniekollege von Glass und Tennenbaum, berichtet über eine derartige Flugblattpädagogik, die – zumindest bei verängstigten Volksturmleuten kurz vor Kriegsende – vielfach gegriffen hat. Sie wollten nur ihre Haut retten und waren dankbar über die Gebrauchsanweisung zum fachgerechten Desertieren: LEAFLET REACTION BY PRISONERS-of-WAR. NAME&RANK: Heinrich Behner UNIT: Volkssturm-Mann

CAPTURED BY: First US Army

PLACE OF CAPTURE: Flammersfeld

TIME OF CAPTURE: about 28 March 45 SURRENDERED: see below

IPW [sic! recte: PWI] Report, Howard K. Marr, First US Army, PW „Combat“ Team REACTION TO LEAFLETS:

While waiting for the Americans, the men studied leaflet for directions in how to sur-

render and some learned how to say „Ei soerrender“. Many of them, like PW [Behner], had taken along a white towel to us as white flag, which they wore around their necks

before the actual surrender. […] Leaflets were studied for instructions in how to sur-

render, [these leaflets] should, in PW’s opinion, be even more detailed in this respect.261

Lassen derartige „Erfolge“ der US-Flugblattpädagogik generelle Rückschlüsse auf das Wirken Tennenbaums und seiner Propagandaaufklärungstruppe zu? Die eben wiedergegebenen Wirkungsberichte stammen aus einer Phase, in dem der Krieg schon so gut wie beendet und die Bereitschaft eines Volkssturmmitglieds zum Auf-

Ins Hirn des Feindes kriechen

geben sehr hoch war. Gewiss, es gab auch den fanatisierten und regimetreuen Jungsoldaten, doch der repräsentierte nicht die Mehrheit der verbliebenen Kämpfer. So knapp vor dem absehbaren Kriegsende war dem bedrängten deutschen Vaterlandsverteidiger ein „Fuck Hitler!“262 also wesentlich einfacher zu entlocken als ein Jahr zuvor. Unabhängig vom Stadium des alliierten Vormarschs und nationalsozialistischen Niedergangs gibt es trotzdem einige Indikatoren, die Tennenbaum als guten Handwerker der Propaganda Intelligence ausweisen: Um grundlegende Haltungen und Dispositionen der Kämpfer auf der anderen Seite der Front identifizieren und benennen zu können, mussten er und seine Kollegen bei der Lektüre solcher Verhörreports zunächst das Bedeutende vom Unbedeutenden, das Wahrscheinliche vom Unwahrscheinlichen, das Allgemeingültige vom Einzelfall, das Opportunistische vom Integren sowie die Wahrheit vom Kontrafaktischen trennen.263 Tennenbaum oblag es auch, mögliche Zusammenhänge zwischen den politisch-ideologischen Einstellungen der Soldaten – etwa im Fall des von Glass interviewten, kommunistischen Volksgrenadiers – und ihrer Propagandarezeption zu erkunden und darauf aufbauend Vorschläge für die inhaltliche Ausgestaltung der Kampfpropaganda zu machen. Innerhalb des nachrichtendienstlichen Intelligence Cycle entstand in Folge eine dialektische Dynamik: Die von Jacob Tennenbaum analysierte und zu wöchentlichen Moralberichten kondensierte PWI- und IPW-Verhörtätigkeit seiner Kameraden aus Camp Ritchie und Camp Sharpe „wurde zu einem fortlaufenden, vielstimmigen ‚Gespräch mit der Volksgemeinschaft‘“,264 das es ermöglichte, die (empirisch schwer greifbaren) „Wirkungen“ der US-Kampfpropaganda bzw. die daraus resultierenden Handlungen der deutschen Empfänger mit den Tätigkeiten der US-Propagandaproduzenten immer wieder aufs Neue in Einklang zu bringen. Das einschlägige Welt- und Fachwissen sowie die Textproduktion der Amerikaner wurden also – vor allem dank der hermeneutischen Auswertung der Human-Intelligence-Informationen aus den Kriegsgefangenen- und Zivilistenverhören,265 aber auch dank der statistischen Auswertung quantitativer Umfragedaten – ständig erweitert, neu bewertet und mit jeder nachrichtendienstlichen Zirkelbewegung auf eine höhere, subtilere Ebene gestellt.266 Dieses Buch veranschaulicht an mehreren Stellen, wie dies erfolgte und – im Rahmen der Möglichkeiten – auch erfolgreich war. Jacob Tennenbaum gelang es mit seinen wöchentlichen Moralreports also, aus vielen Handlungen, Aussagen und (teils niedergeschriebenen) Gedanken feindlicher Gefangener sowie aus unzähligen weiteren geheimdienstlichen und militärischen Informationen propagandarelevante Ereignisse, Stimmungsbilder und Themen herauszufiltern. Die zwischen September 1944 und Frühjahr 1945 von Tennenbaum verfassten wöchentlichen PWI-Berichte für das Kampfpropagandateam der ersten US-Armee waren Ausdruck eines innerhalb des amerikanischen

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Militärapparats und der US-Gesellschaft als Ganzes zunehmend mächtiger und handlungsleitender werdenden Intelligence-Paradigmas. Als vermeintliches bzw. mühsam rekonstruiertes Spiegelbild der Gedankenwelt des Feinds lieferten solche Moralberichte und Propagandaanalysen die geistige Munition für die taktische Kampfpropaganda der PWB-Einheiten (Desertionsflugblätter und LautsprecherAnsagen) und für die strategisch angelegten Flugblatt- und Rundfunkkampagnen der übergeordneten PWD/SHAEF. Tennenbaums quasi frisch vom Schlachtfeld stammenden Berichte zur Feindmoral kletterten bis in die obersten Zonen militärischer Kommunikation und sie wurden von den Propagandaplanern und -produzenten, aber auch von vielen Entscheidungsträgern gelesen.267 So konnte die unter seinem Kommando stehende Propagandaaufklärungstruppe zu Kriegsende stolz vermelden, dass auch höhere Stäbe im westalliierten Hauptquartier die Analysen und Reports aus Tennenbaums Schreibstube und „seiner“ PWI-Verhörer im Feld schätzten und diese konkret auf Großkampagnen wie die auflagenstarke „Passierschein“-Serie der PWD/SHAEF ummünzten: Intelligence operations carried out by the intelligence section of [the] PW combat team adequately met the needs of higher headquarters for data on which to make necessary changes in output guidance to assure increased efficiency of Allied propaganda. A notable contribution of the intelligence section was the discovery that the signature of General Eisenhower on safe-conduct was unrecognizable as such and that it was necessary

for the signature to be followed by the printed name, a change which vastly increased the effectiveness of these passes.268

Auch für den omnipräsenten Hans Habe, der bei der 12. Armeegruppe mit einem Team von Vertrauten, darunter die österreichischen Camp-Sharpe-Schüler Jules Bond, Otto Brand und Fred Perutz, für das „German Editorial“ bei der Flugblattzeitung Frontpost269 und bei Radio Luxemburg zuständig war,270 waren die Verhörberichte und PWI-Reports von Tennenbaum relevant. Dies galt nicht nur für die Informationsgewinnung für die Textproduktion, sondern auch für die Wirkungsanalyse: In seinem Weekly Intelligence Report vom 12. Februar 1945 hält Tennenbaum etwa auf Grundlage der eingegangenen Verhörberichte fest, dass die sehr informative und vergleichsweise „unpropagandistische“ Frontpost-Flugblattzeitung von vielen feindlichen Empfängern goutiert wird.271 Das war wohl auch deshalb der Fall, weil das Redaktionsteam der Frontpost rund um Habe eifrig die „interrogation reports“ und Analysen der Moralaufklärer studierte, um folgenden „attitudes of the German soldier“ auf den Grund gehen zu können: „What was keeping him going? What kept him from giving up? What could

Ins Hirn des Feindes kriechen

we tell him that would lower his morale and make him more susceptible to the idea of surrender?“272 Die Tätigkeit Tennenbaums war für viele Propagandasituationen und Herausforderungen, mit denen sich die Akteure dieses Buchs konfrontiert sahen, derart relevant, dass an vielen weiteren Stellen dieses Buchs der Name Jacob Tennenbaum auftauchen und mehrfach aus den PWI-Wochenberichten sowie anderen Arbeiten dieses „conspicuously successful writers“ zitiert wird.273 „Gott sei Dank gefangen!“ Österreicher als subversives Agens in der Wehrmacht?

Nach wochenlangem „bitter combat“ im Zuge einer amerikanischen Großoffensive im Bereich des Hürtgenwalds274 gelang es dem der ersten US-Armee unterstellten VII. Korps Anfang Dezember 1944, bis zum Fluss Rur vorzustoßen und zahlreiche Gefangene zu machen – am 16. Dezember vermeldete die First US Army die Anzahl von nicht weniger als 215.000 feindlichen Kriegsgefangenen in ihrer Obhut.275 Zu diesem Zeitpunkt schien ein Durchbruch Richtung Düren und Köln in Reichweite und die ersten unheilvollen Vorboten der deutschen Ardennenoffensive wurden vom G-2-Stab der 12. US-Armeegruppe offensichtlich noch als Anzeichen einer „diversionary counter-attack“ gedeutet.276 Einer der PWI-Verhörsoldaten im Feld, der deutsche Sharpe Boy Walter Reichenbach, übermittelte vor und während der deutschen Überraschungsoffensive mehrere Interrogation Reports an Tennenbaum, seinen Nachrichtenoffizier der PWB/1st Army, der nun im belgischen Spa tätig war. Ein interessantes Beispiel ist der hier in voller Länge wiedergegebene Moralbericht über den Fallschirmjäger Kurt Babschek, der Tennenbaums Blick unter anderem auf die propagandistisch spannende Frage nach der Kampfmoral und den ideologischen Triebkräften seiner (ehemaligen) österreichischen Landsleute in der deutschen Wehrmacht lenkte: PW COMBAT TEAM

FIRST UNITED STATES 

SUBJECT: PW INTERROGATION

Dec. 9, 1944

TO: LT. JACOB I. TENNENBAUM

FROM. T/4 W.M. REICHENBACH SOURCE

1 PW, 5th Co. II Bn., 8th Reg. 3rd Para.[chute] Div.[ision]

Obergefreiter Kurt Babschek, age 23, Home Vienna, Single, Catholic. In [the] army

[for] 3 years. Was always with Anti-Aircraft unit in Norway, until October, when ent-

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ire unit was sent to Germany. Were told that they were going to Russian Front, but

suddenly changed to Fallschirmjaeger. It is well known by now in [the] German Army that assignment to Para. Division means combat as ordinary infantryman, and all men were disappointed.

INFORMATION ON UNIT

Company strength is estimated by PW at 170 men (?). Many of the men are 17/18 years old, balance from Flak and Luftwaffe. There are some Volksdeutsche, majority are

Reichsd.[eutsche] including about 30 Austrians. (PW class[ifi]ed himself and other Austrians as Volks-[,] rather than Reichs-Deutsch. Did not know that Austrians are members of, rather than merely associates of the Master Race.) --- PW states that ther[e] were only 65 carbines issued in his company. 3 or 4 men had Panzer-Faust, there

were 2 L[ight]M[achine]G[un]’s. Drivers, etc. had no weapons; [they] got them from

the men they relieved when they came in line. The „Tross“ was too far behind the lines, and food was always cold when it arrived at all. METHOD OF CAPTURE

Company made a counter-attack without any tanks. Their own artillery fired short, due

to lack of observation, killing 4 and wounding 19 men of [the] company. (Questioned

as to the accuracy of these figures, PW stated that he saw the 4 dead, and that he heard

from other PW’s that 19 had been injured.) When [the] attack was broken up, PW did not retreat; instead he slipped over to our line. He had wanted to desert before, but was afraid to do so because of probable repercussions on his family. MORALE

Very low in unit. Food bad, clothes insufficient for winter. Men are threatened with shooting if deserted. Hptm. Wilhelm is company CO. PW states that whenever there was an attack, he and the other officers always developed a sickness which needs immediate

attention, and left for the rear. --- When the unit moved into the area, PW was with

some men who came into a little village. There was an infantry captain there who said: „Euer Gastspiel war kurz.“ (Your appearance was short.) When PW did not understand, it finally come out that Captain thought they were now being relieved because of

heavy losses. This incident brought forcibly to the men the fact that they were in a bad spot, and morale noticably dropped. PROPAGANDA

Saw Passierschein [PWD/SHAEF Leaflet]. Also another leaflet which said somet-

hing about „Eine Division aufgerieben.“ Men discuss leaflets but none have been shot

Ins Hirn des Feindes kriechen

in [the] area since their arrival. They like the Passierschein most, because it has Gene-

ral Eisenhower’s signature. (This interrogator wonders whether it would not be possible to have that signature on the back of every leaflet. Perhaps the wording of the „Condi-

tions for PW’s[“] could be changed somewhat, so that the General’s signature would

be usable. The Germans set so much store by it, that its propagandistic value should be more widely employed.) Sgt. Reichenbach.277

Ein sichtlich kriegsmüder und von amerikanischen Flugblättern angetaner Österreicher, der sich dagegen sträubt, als „Reichsdeutscher“ bezeichnet zu werden, und sich offensichtlich in die Arme des vertrauenswürdigen US-Oberbefehlshabers

10  Ein deutscher Kriegsgefangener wird bei Eupen in Belgien von seinem Landsmann, dem US-Moralaufklärer Walter M. Reichenbach verhört, Dezember 1944

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Eisenhower flüchten will – es ist verlockend, aus derartigen Verhörprotokollen pauschalisierende Schlüsse über die negative Einstellung der „Ostmärker“ gegenüber ihrem Dienst in der Wehrmacht und dem NS-Regime im Ganzen abzuleiten und sich in weiterer Konsequenz für eine österreichpatriotische und antideutsche Ethnopropaganda stark zu machen. Jacob Tennenbaum gehörte zu jenen PWIOffizieren, die in den Österreichern „propagandistic value“278 und ein subversives Agens erkannten. Er räumte solchen explizit „österreichischen“ Surrender Narratives in seinen Reports und Analysen viel Platz und Bedeutung ein. In seinem von vielen Propagandisten der 12. US-Armeegruppe gelesenen Weekly Intelligence Report vom 12. Februar 1945 behauptete er, dass „Österreicher definitiv williger sind, [den Kampf ] aufzugeben und in vielen Fällen ihre deutschen Kameraden überreden, dasselbe zu tun“. Einmal mehr steht hierbei die 277. Volksgrenadierdivision im Mittelpunkt: The following is the story of an Austrian from the Regimentsstab, 991 Reg[imen]t, 277

V[olks]G[renadierdivision]. While he was in a bunker with the regimental commander, Oberstleutnant Jaquet, the P[risoner of ]W[ar], a switchboard operator, received mes-

sages from different units of the regiment that they were all surrounded by the enemy. The C[ompany]O[fficer] grabbed the phone and called up division, asking: „Welche Frei-

heiten stehen mir zu, wenn ich tuermen gehen muss?“ […] whereupon the reply was: „Gar keine.“ Fight to the last man. […] But after his [the CO’s] C[ommando]P[ost]

was practically surrounded and after alarming all the surrounding bunkers, the CO gave

order to leave the position, intending to get permission afterward. After they marched through our fire as if on parade and had suffered heavy casualties, they finally dispersed

and [the] PW found himself in the company of ten more men and two noncoms on a

small sideroad. After talking it over with one another they decided to hide in a bunker and surrender instead of going to certain death. When they heard the platoon commander calling for his men, [the] PW advised them to keep quiet and after the others withdrew his group proceeded farther into the woods until they found a small bunker occupied by

one U[ntero]ff[i]z[ier] and two men also waiting for an opportunity to surrender. That night the discussion revolved around surrender, and the main argument was that even

if they should be able to make their way back they would be thrown into another commitment anyway. Of the men in hiding seven were Austrians who were the principal talkers

in favour of surrendering, citing the lost war and the hopelessness of their position. They pre-

pared a flag out of a pole and a white towel and on the morning of Feb 1 the PW went

outside to look for American soldiers and noticed two sentries 50 metres away from him. Waving the flag, the entire group surrendered to the two Americans. […] The division was originally about 70 % Austrian, which accounted for the bad morale, and after it had

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been practically wiped out it received Luftwaffe replacements with equally bad morale. […] How bad the morale is with the Austrians is characterized in an often heard expres-

sion: „Wenn ich nur schon wieder arbeitslos waer,’ da ist’s mir besser gegangen“ […], alluding to Hitler’s main argument that he ended unemployment.279

In unzähligen Verhörakten verschiedenster Provenienz finden sich ähnliche Aussagen oder ausführliche Belege für desertionswillige bzw. bereits desertierte Österreicher in den Reihen der deutschen Armee. Tennenbaums oben wiedergegebene These, dass Österreicher weniger loyale Kämpfer der Wehrmacht als Deutsche waren und eher zur Desertion neigten, wurde vielfach vertreten und auch in seiner PWB-Einheit in konkrete Propagandaoperationen umgemünzt.280 Die PWD/ SHAEF-Moralanalysten Edward Shils und Morris Janowitz präsentierten etwa kurz nach Kriegsende eine Auswertung über 443 in Nordafrika gefangen genommene deutsche Soldaten, die den Schluss nahelegt, dass Österreicher in der Wehrmacht besonders zur Desertion neigten. So klassifizierten die Autoren 29 % aller reichsdeutschen Befragten als Deserteure oder potenzielle Deserteure, während 55 % der österreichischen Kriegsgefangenen in eine dieser beiden Gruppen fielen.281 Diese Zahlen wurden übrigens bereits in den Deserteursstudien von Henry Dicks erwähnt, die Jacob Tennenbaum und seine PWI-Kollegen im Frühjahr 1944 bei der Propagandaschule in London näher kennengelernt hatten.282 Kurt Bauer weist auf Grundlage von Rüdiger Overmans’ Studien darauf hin, dass 8 % aller männlichen Österreicher als Angehörige der Wehrmacht oder Waffen-SS ums Leben gekommen sind, während 13,2 % der Vergleichsgruppe aus dem „Altreich“ starben. Ein auffälliger Unterschied, der für ihn die Frage nach der Motivation aufwirft. „War die Bereitwilligkeit“, so Bauer, „gegebenenfalls das eigene Leben für Volk, Reich und Führer hinzugeben, bei Österreichern erkennbar geringer als bei Altreichsdeutschen? Kann es sein, dass österreichische Soldaten weniger fanatisch, dafür mit größerer Selbstschonung ans Werk gingen? Waren sie erfolgreicher darin, geeignete Vermeidungsstrategien zu entwickeln? Anders ausgedrückt: Verstanden sie es besser, sich vor Gefahren zu drücken? Waren sie deshalb signifikant überlebensfähiger, weil ihre Loyalität zum Reich Hitlers alles in allem schwächer war als die ihrer Kameraden aus dem Altreich?“283 Auch wenn die Komplexität menschlicher Gedanken und Handlungen schwer mit den drögen Zahlenreihen von Shils/Janowitz entschlüsselt werden kann, liegen in den US-Archiven hunderte, wenn nicht tausende von Interrogation Reports wie jener über den Deserteur Kurt Babschek oder jener über die eben erwähnten „fahnenflüchtigen“ Volksgrenadiere, welche Tennenbaums Bild des desertionsfreudigen und weniger „opferwilligen“ Ostmärkers284 impressionistisch verdichten: Der im

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August 1943 in Italien zu den Amerikanern übergelaufene und als „typical independence-loving Austrian“ eingestufte Österreicher Werner Kammerdiener gab etwa seinen PWI-Verhörern nicht nur bereitwillig Einblicke in die Feindmoral und die Flugblattwirkung; als kooperativer „friendly prisoner“ steuerte er auch zwei eigene (inhaltlich schwache) Flugblattvorschläge mit Österreich-Bezug bei;285 der ebenfalls in Italien tätige Propaganda-Liaison-Offizier Alfred de G ­ razia berichtet von einem österreichischen Kriegsgefangenen, der vor Kurzem vom Genesungsurlaub aus der Heimat an die Front zurückgekehrt war und bei seinem Verhör behauptete: „Austrians are cracking up.“286 Der unter anderem auch von Hans Habe verhörte und laut eigenen Angaben propagandagläubige österreichische Panzergrenadier Leopold Scheibelreiter stieß ins selbe Horn, als er sagte, dass zu Hause ohnehin jeder ein „anti-Nazi“ sei und er immer schon mit der Idee des Überlaufens geliebäugelt habe;287 die Kampfpropagandisten der 5. US-Armee in Italien resümierten, „that Austrians look for leaflets more diligently than Germans. They certainly impress Austrians more“;288 in einem (wahrscheinlich auch von Tennenbaum gelesenen) G-2-Verhörprotokoll des IPW-Teams Nr. 5 der ersten US-Armee an der Westfront werden zwei andere österreichischen Panzergrenadiere genannt, die den Fluss Our durchschwommen haben, um zu den Amerikanern überzulaufen;289 der Panzerkommandeur Heinrich von Lüttwitz nahm mit Sorge zur Kenntnis, dass Österreicher seiner Truppe sich scharenweise ins Feindeslager absetzten;290 im Nachlass des PWI-Offiziers Albert Rosenberg, der gemeinsam mit dem Österreicher Richard Akselrad in der 4th MRBC und der berühmten „Kampfgruppe Rosenberg“, einer veritablen Elite-Verhörtruppe,291 wirkte, finden sich lange „Protokolle von Vernehmungen diverser Kriegsgefangener, so etwa Franz Steins, Emmerich Kovacs’, Emmerich Maurers und anderer, die mit ‚Warum trete ich für ein freies Osterreich ein‘? betitelt sind“.292 Sogar in vermeintlich unpolitisch motivierte Aussagen von kampflos überlaufenden Wehrmachtskämpfern aus Österreich lassen sich „österreichische“ Motive hineininterpretieren: etwa jenes des katholischen Regimegegners aus dem Alpenland, der nur auf die Gelegenheit wartet, dem neuheidnischen Führerkult der „Preußen“ dem Rücken zu kehren.293 So schrieb der am 17. Juni 1944 in der Normandie gefangen genommene Wiener Medical Sergeant Franz Angel erleichtert in sein von den Amerikanern penibel inspiziertes Tagebuch: „Gefangen! Bei Nehou Mittags bei Amerikanern! Gott sei dank!“294 Dieser auf den ersten Blick beeindruckende politische Eigensinn und nationale Bewusstseinsgrad „ostmärkischer“ Soldaten und die laut Shils und Janowitz teils hohen Zahlen an österreichischen Deserteuren wurden einerseits oft mit dem angeblich stark ausgeprägten Widerstandswillen der Österreicher und andererseits

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mit den Spannungen zwischen „faschistischen Piefkes“ und „antifaschistischen“ Österreichern im deutschen Militär begründet. Auch für solche Friktionen und Konflikte lassen sich zahlreiche Einzelbelege finden: So behauptete ein Kriegsgefangener von der 17. SS-Panzergrenadierdivision im Juli 1944 in einem PWI-Verhör der ersten US-Armee, dass Österreicher und Volksdeutsche regelrecht verheizt würden, um die „purely German units“ auf ihrem Rückzug vor den vorrückenden Westalliierten abzuschirmen;295 der berühmte Ritchie Boy Klaus Mann vom PWB Combat Team der 5. US-Armee zitiert die Klagen eines österreichischen Gebirgsjägers namens Andreas Tanner ob der Kommentare deutscher Militärs über „die bloeden Ostmaerkler“;296 ein österreichischer Wehrmachtssoldat, der von CSDICVerhöroffizieren als „anti-Nazi“ eingestuft wurde, sprach über eine „Austro-Prussian animosity“ unter den Landsern und beschwerte sich über die herablassende Behandlung durch die deutschen Kameraden;297 Bertrand Buchmann erwähnt einen „echt preußischen“ Oberfeldwebel, der sich über „Scheiß-Wiener Schlappschwänze“ ausließ;298 im Mai 1943 berichtete ein österreichischer Kriegsgefangener über eine „open hostility“ zwischen Österreichern und Deutschen im nordafrikanischen „P/W Camp 126“.299 Auch Thomas Grischany gibt beispielhafte Einblicke in die punktuelle Diskriminierung von Österreichern in der Wehrmacht.300 Der von Harry Branton (ein exilösterreichischer Absolvent von Camp Ritchie) im strategischen Verhörlager PWE Nr. 1 in London verhörte, sozialistisch geprägte Gefreite Rudolf Pichler aus Wien gab an, ein vehementer Gegner des Nationalsozialismus zu sein. Er sprach laut Branton „in a very resentful way against the Prussians, who are pillaging Austria.“301 In manchen Fällen schienen also Antifaschismus, Österreichpatriotismus und Hass auf die „Preußen“ Hand in Hand zu gehen: Der damals noch für die 3. US-Armee tätige und später für Tennenbaums PWI-Abteilung arbeitende Österreicher Francis Seidler zitiert in einem Verhörprotokoll vom September 1944 einen sich als Sozialisten gerierenden Deserteur aus dem oberösterreichischen Ebensee namens Rudolf Preinfalk mit folgenden Worten: „Kein Österreicher bildet sich heute noch ein, Deutscher zu sein.“302 Es zahlt sich aus, diesen Verhörbericht in voller Länge zu lesen: Central Group of Armies

Publicity &Psychological Warfare APO 655

13 September 1944 3rd Army – PWE

Name Rudolf Preinfalk; Rank Obgftr.; Div 19th; Rgt. 73rd; Unit 14th Co. (Anti-Tank);

Job in Armed forces Gruppenführer; Age 22; Education Elementary (Volksschule);

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Home and nat. Ebensee, Upper Austria; Austrian; Relig. R.-Catholic; Occup. ­Worker

(Hilfsarbeiter) Deserter Yes

If not, desirous of deserting? [–]

Place&Date of desertion or capture Böttlingen, Luxembourg, 11 September 1944. No. of Pw’s with whom capt. or deserted alone

Circumstances of desertion or capture (detailed): PW was in charge of group equip-

ped with German copy of Bazzoka [sic!]. His regiment arrived in Luxembourg (city) after leaving Oxpül, Denmark, on September 3rd. Marched 54 km from L. to near Metz

then back in „Absetzbewegung“ to Pettenburg, Luxembourg. There on night of 9–10 Sept. new order to retreat. PW left unit with excuse of getting little cart to transport

bazooka and ammo. Spent two nights with Luxembourgers in Böttlingen, had a warm reception when declared himself as Austrian and gave his pistol to Luxembourg Forces

of the Interior. Whole family accompanied him to U. S. tank unit to which he surrendered. Originally intended to desert together with Pole from other unit but could not make contact with him.

Deterrents to desertion, if any: While serving in Russia two years ago PW wanted to desert but was frustrated by close watch of Germans and also by alleged fact that Russians shot on single German soldiers coming across the lines. Expects German defeat: Yes

when? Within 2 months. „Jedermann in Deutschland erwartet die Niederlage vor Ende des Jahres.“

Attitude concerning Hitler anti the party anti

Familiar with Allied Radio? Yes

which? BBC Austrian Broadcasts

Preferences All BBC Austrian broadcasts

Comment: Listened to them while visiting his uncle in Vienna. Uncle is police-ser-

geant and has not been promoted as all higher police officials of Vienna are „Piefkes“. Most Austrians listen to BBC or ABSIE regularily but in the Army [it is] impossible to get safely to a radio. Seen leaflets? No Where? [–]

Which? [–]

Frontpost? No Where? [–]

Reactions and suggestions for improvement: [–] Plans of Nazis for going underground? No

Ins Hirn des Feindes kriechen

Evidence: None

Opinion: The nazis in Austria will all be killed off with many of the lesser Nazis themselves helping in the killing. In Germany he thinks the same thing will happen but PW draws clear line between Germany and Austria. „Kein Oesterreicher bildet sich heute noch ein Deutscher zu sein.“

What is to be gained if the Wehrmacht makes another stand? Nothing.

Evidence of conflict in ranks (SS, officers, etc.) PW and his outfit called SS only „Mörderstandarte“. PW’s unit belonged to Himmler’s Ersatzheer. Morale very bad, no Hitlerpictures in barracks allowed by soldiers; [according to] Himmler’s order Ersatzheer works 18 hours per day like workers in armament industries.

What kind of government will be best for Germany: PW doesn’t care about Germany. For Austria he has heard a lot about Archduke Otto and wouldn’t mind him, just wants to be free from Germany.

What should be done with the war criminals? „Genau so erschiessen wie man unsere sozialistischen Führer erschossen hat.“

Other postwar expectations and desires: To work and earn his living in a free Austria. His parents were Socialists and he never was member of Nazi Party. He hopes Americans will get to Austria before Russians. FRANCIS SEIDLER, Tec 4303

Mehrere US-Moralanalysten, darunter auch Tennenbaum, hielten gezielt nach solchen Austriaca Ausschau. Rafael Zagovec erwähnt, dass die US-Verhöroffiziere, vor allem die mitteleuropäischen Exilanten unter ihnen, bewusst österreichische Wehrmachtskämpfer herauspickten, um sie nach ihrer nationalen Einstellung zu befragen. „During the so-called ‚tactical squeezes‘ immediately after capture“, so Zagovec, „interrogation teams often singled out those soldiers who had ‚Ostmark‘ printed into their Soldbücher and specifically asked them about their national affiliation. […] U. S. front-line troops were generally highly aware of the ideological issues at stake.“304 Ein solch gezielt herausgefischter Österreicher und „friendly prisoner“ gab den IPW-Verhörern der 5. US-Armee in Italien folgende Ratschläge, um mit Spaltpropaganda psychologisch auf die Österreicher einwirken zu können: For Austrian troops: (a) Why do Austrians have to share their homes with the bombed

refugees from Germany, who do not appreciate and consider themselves the masters, especially in Vienna? Why did Goering take the valuable Gobelins from Schoenbrunn to Karinhall?305 Why the Austrian crown to Nuernberg? (b) Austria will not be bombed

except the war factories, which the Germans have set up. (c) The United Nations guarantee the independence of Austria.306

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Tennenbaum setzte mit einigem Zweckoptimismus stark auf diese nationale Karte und war offensichtlich überzeugt, dass die Rezeption von „wehrkraftzersetzender“ Ethnopropaganda mit Österreich-Bezug bei den Adressaten auf positive Resonanz stoßen würde. Er ermutigte die PWB-Texter und Redakteure mit seinen PWI-Wochenberichten dazu, diese „output intelligence“ in Flugblättern und Lautsprecheransagen zu verwerten. Man hoffte dadurch, einen Keil zwischen die „Nazi-Preußen“ und die „widerständigen Österreicher“ treiben zu können. Angesichts der veritablen, sich auch heute noch zeigenden Mentalitätsunterschiede und Rivalitäten zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen bzw. Nationen schien dieser Ansatz manchen US-Propagandisten durchaus vielversprechend zu sein. So stand kurz nach der im November 1943 erfolgten Bekanntmachung der Moskauer Deklaration über Österreich (auf die später noch im Detail eingangen wird) folgendes im Plan of Psychological Warfare for Austria der PWB/AFHQ zu lesen: The main objects of psychological warfare against Austrians are: a) encouragement of desertion by Austrian soldiers incorporated in the German Army […] b) stimulation

of Austrian action against Hitlerite Germany, more particularly action tending to slow

down production in Austrian factories working for the German war machine and to paralyse German lines of communication running across Austria.307

Wie die Analyse von österreichbezogener Kampfpropaganda im Kapitel über Kurt Wittler noch zeigen wird, wurde vor allem im Bereich der Flugblattproduktion einiges an Aufwand betrieben, um die Österreicher gegen ihre deutschen „Waffenbrüder“ aufzubringen. Die in den Verhörberichten dokumentierten schillernden und mitunter blumigen Erzählungen über sich subversiv verhaltende ethnische oder nationale Minderheiten innerhalb der deutschen Wehrmacht lieferten den Propagandisten der PWB Combat Teams der US-Armee griffige Inhalte. Doch kann man aus wissenschaftlicher Sicht Tennenbaums Aussage, dass Österreicher eine treibende Kraft hinter grassierendem Defätismus und zunehmender Desertionslust im deutschen Heer waren, Glauben schenken? Oder handelte es sich hier nur um Wunschdenken, das die US-Propagandisten auf eine falsche Fährte führte? Im folgenden Exkurs werden wir dieser Frage auf den Grund gehen. 2.2.3 Exkurs: Ein ernüchternder Patrioten-Check: Die Moralverhöre von acht österreichischen Wehrmachtssoldaten Die Frage nach dem „Widerstandsgeist“ und dem Nationalbewusstsein von österreichischen Wehrmachtssoldaten wurde in jüngster Zeit von Forschern wie Tho-

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mas Grischany gestellt.308 Letzterer kommt im Gegensatz zu Tennenbaum und den oben zitierten Stimmungsbildern zum Schluss, dass die Desertionsrate von Österreichern „unauffällig“ gewesen sei und sie mit überwältigender Mehrheit eng an der Seite ihrer Kameraden aus dem „Altreich“ gekämpft haben.309 Auch für Kurt Bauer waren die Österreicher im Großen und Ganzen eine „funktionierende“ Soldatengruppe. Gleichwohl stellt er der laut Grischany unauffälligen Desertionsrate von Österreichern deren auffällig niedrige Todesrate sowie die These, dass Österreicher eher Risikovermeider mit vermutlich geringerer Kampfmoral waren, entgegen.310 Insgesamt geht die neuere Forschung eher davon aus, dass der Österreicher weitgehend im Gleichschritt mit dem deutschen Landser marschierte. Dies ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass es das NS-Regime und die Wehrmacht mit ihrer integrativen (und rassistischen) Meta-Erzählung einer großdeutschen Volks- und Wehrgemeinschaft gut verstanden, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert eher schwach ausgeprägte Österreich-Identität311 zu untergraben. Rafael Zagovec verweist in diesem Zusammenhang einerseits auf die Tatsache, dass Nationen und die damit verbundenen kollektiven Identitäten312 und Traditionen letztlich nur sozial und diskursiv konstruierte Konzepte sind.313 So argumentiert etwa Philipp Sarasin in Anlehnung an Benedict Anderson, dass nationalistische Symbole oft wenig mehr als „leere“ Signifikanten sind, die man „mit dem nationalen Imaginären füllen kann“.314 Andererseits geht Zagovec auch auf die bis Mitte des 20. Jahrhunderts keineswegs klar zu beantwortende Grundsatzfrage ein, ob die österreichische Teil einer deutschen Identität ist, oder ob sie sich von dieser wesentlich unterscheidet.315 Bei einem derartig fragilen nationalen Bewusstsein verwundert es nicht, dass hunderttausende österreichische Wehrmachtssoldaten kein Problem damit hatten, sich ab 1938 vom historischen Konzept Österreich zu lösen und sich der „overarching political entity“, also dem starken Deutschen Reich mit seiner anfangs dynamischen, erfolgreichen und straff organisierten Wehrmacht, unterzuordnen.316 Da vor allem bei Grischanys Studien hauptsächlich auf deutsche Quellen bzw. Briefe und autobiografische Texte von österreichstämmigen Wehrmachtsoffizieren (die ja aufgrund ihres höheren Bildungsgrads eher „Vielschreiber“ waren und wegen ihrer Führungsrolle mehr Spuren in den Archiven hinterlassen haben) zurückgegriffen wurde, 317 scheint ein ergänzender Blick auf die Quellen der „Anderen“ hilfreich. Diese Perspektive der Anderen lässt Grischany, der in seinem Buch für Resistenzverhalten und Widerständigkeit innerhalb der Wehrmacht auffällig wenig Sympathie erkennen lässt, weitgehend außen vor. Diese Anderen waren die in Gefangenschaft geratenen einfachen österreichischen Mannschaftssoldaten, deren Verhöraussagen sich vor allem in den Human-Intelligence-Akten der

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Amerikaner tausendfach wiederfinden. Weil es sich bei diesen US-Kriegsgefangenen auch um jene Österreicher handelte, die tendenziell eher bereit waren, sich vom Feind gefangen nehmen zu lassen, anstatt – wie der überwältigende Großteil ihrer Landsleute in Wehrmachtsuniform – „treu“ bis zum Ende für das Deutsche Reich weiterzukämpfen, stellt diese zusätzliche Perspektive eine Ergänzung zu den einschlägigen, auf deutschsprachigen Quellen basierenden, Arbeiten dar. Dies soll mithelfen, ein differenzierteres Gesamtbild über die geistige und ideologische Verfasstheit der österreichischen Landser zu zeichnen. In vorhergehenden Arbeiten wurde von mir zwar bereits eine solche komplementäre Analyse angestrengt,318 doch stützte sich meine Darstellung der amerikanischen PWI-Verhöre nur auf subjektive und vereinzelte Verhörimpressionen. Eine systematische und auf breiter Quellenbasis durchgeführte Studie zu den USMoralverhören von österreichischen Kriegsgefangenen kann auch diese Arbeit nicht leisten; doch aufgrund eines interessanten Archivfunds in den PWI-Akten liegt nun eine Art „Österreicher“-Stichprobe vor. Letztere ist einem Propagandamann aus Camp Sharpe zu verdanken. Wie kam es dazu? Nun, in einer nach dem Krieg durchgeführten Ermittlung des militärischen Abwehrdienstes CIC kommen die zuständigen Special Agents zum Schluss, dass es in der Propagandatruppe der 9. US-Armee zu einer „Violation of Army Regulation 380–5 by Technician Third Grade Emanuel Rapoport“ gekommen ist.319 Hinter diesem spröden Juristensprech und den Unannehmlichkeiten, die aus dieser Causa für den erwähnten Soldaten erwuchsen, verbirgt sich ein regelrechter Glücksfall für die Forschung: Emanuel Rapoport – seines Zeichens als österreichstämmiger Propagandaaufklärungsexperte und Lautsprecher-Ansager wichtiger Protagonist dieses Buchs –320 hatte im März 1945 zahlreiche, damals noch als „geheim“ erachtete, Berichte zu Moralverhören des Kampfpropagandateams der 9. US-Armee (PWB/9th Army) vorschriftswidrig mit „vertraulich“ gekennzeichnet und an seine Frau weitergegeben. Mrs. Rapoport wollte diese Dokumente in die USA mitnehmen, doch die brisante Sendung wurde abgefangen: Als Folge der militärinternen Erhebungen wurde dieses Aktenbündel in der später in St. Louis, Missouri, lagernden Military Personnel File von Rapoport abgelegt. Die Angelegenheit dürfte für den Betroffenen keine einschneidenden Konsequenzen gehabt haben. Für diese Studie bringt diese Unachtsamkeit eines Einzigen aber einigen „windfall profit“: Normalerweise enthält ein Personalkt in St. Louis nur militärbiografische und formelle Angaben über den Kriegsdienst des jeweiligen GI. Da aber im Zuge der CIC-Untersuchung ausnahmsweise auch operative Akten wie PWI-Verhörberichte in Rapoports Personalakt abgelegt wurden, befinden sich heute nicht weniger als 51 davon in diesem corpus delicti. In der Regel sind die Verhörberichte von österreichischen Nachrichtensoldaten in US-

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Uniform über mehrere Archive oder Bestände verstreut oder gar verloren gegangen. In den Hoover Archives in Stanford bin ich ergänzend zu diesen Berichten noch auf ein paar weitere vereinzelte Verhörprotokolle Rapoports gestoßen, die sich teilweise mit dem vorliegenden Konvolut überschneiden.321 Insgesamt besteht das Rapoport-Konvolut daher aus 53 Verhörberichten. Unter den PWI-Unterlagen, die Rapoport seiner als Kriegskorrespondentin tätigen Frau ausgehändigt hatte, befand sich auch ein „Intelligence Summary“-Wochenbericht der PWB/1st Army aus der Feder von Jacob Tennenbaum.322 Rapoport maß diesem Report offensichtlich so viel Bedeutung zu, dass er ihn zusätzlich zu seinen eigenen Verhörberichten mit nach Hause nehmen wollte. Dadurch ist belegt, dass Tennenbaums wöchentlicher Moralbericht nicht nur von höheren Stäben, sondern auch von Vertretern anderer PWB Combat Teams eifrig gelesen und verwertet wurde. Mit dem Rapoport-Konvolut konnte ich also auf ein dichtes empirisches Sample von 53 Verhörberichten, die alle von einer Person verfasst worden sind und sich auf den Zeitraum von November 1944 bis März 1945 erstrecken, zurückgreifen. In diesem Bestand befinden sich nun wiederum sieben Protokolle, in denen sich PWIInterviews mit insgesamt acht österreichischen Wehrmachtssoldaten finden, eines davon war eine Zweierbefragung. In diesen Moralverhören fragt Rapoport seine Gesprächspartner mittels eines weitgehend gleichbleibenden thematischen Rasters über ihre Militärlaufbahn, ihre Einstellung zur Wehrmacht und ihre Reaktion auf die US-Kampfpropaganda ab. Paul Linebarger behauptet in seinem methodisch etwas überholten, aber praxisnahen Standardwerk zur Psychologischen Kriegsführung, dass mithilfe einer derartigen empirischen Grundlage wertvolle Einblicke in die Gedanken des Feinds möglich sind. „By using the familiar statistical and questionnaire procedures“, so Linebarger, „the psychologist can quiz a small cross section of enemy prisoners and from the results estimate the mentality of an entire enemy theater of war at a given period.“323 Angesichts solch optimistischer Aussagen über die „Vermessung“324 menschlicher Gedanken und Gefühle und der damit verbundenen Essentialisierung ist Skepsis angebracht: Die geringe Anzahl von acht kriegsgefangenen Österreichern, die noch dazu zu verschiedenen Zeitpunkten des Kriegs325 von einem einzigen US-Soldaten befragt wurden, erlauben meiner Meinung nach keine generalisierenden Rückschlüsse auf Psyche, Verhalten und ideologische Disposition der Mehrheit der Österreicher in deutscher Uniform. Schon Alexander von Humboldt behauptete: „Was zu unserem Gemuete spricht, entzieht sich der Messung.“326 Jede einzelne hier zu Wort kommende Stimme war nicht mehr als eine Insel, eine im Meer der deutschen Volks- oder Soldatengemeinschaft dahintreibende Eisscholle, die vom US-Verhörsoldaten Rapoport mit all seiner subjektiven Wahr-

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nehmung, seinen Vorurteilen und Wertmustern befragt, interpretiert, klassifiziert und sprachlich repräsentiert worden ist. Doch allen erkenntnistheoretischen Einwänden zum Trotz handelt es sich bei dieser Stichprobe um ein vergleichsweise kompaktes und kohärentes Sample, das sich an den standardisierten Musterfragebogen der PWD/SHAEF hielt und das interessante Details und Interpretationsmöglichkeiten über die weltanschauliche und seelische Verfasstheit der verhörten „Austrians“ zu Tage bringt. Die Gruppe der acht Befragten dürfte nach einem Erstverhör oder einem Screening durch reguläre G-2/IPW-Experten für eine eingehende Moralbefragung ausgewählt worden und dann der PWB/9th Army, also dem PWI-Verhörer und Österreich-Experten Emanuel Rapoport, anvertraut worden sein. Kommen wir daher zu den Auswertungsergebnissen: Altersmäßig waren die Betroffenen zwischen 20 und 37 Jahre alt, wobei nur eine Person älter als 26 Jahre war. Es handelte sich um sieben Mannschaftssoldaten (vier Gefreite, drei Obergefreite)327 und einen Unteroffizier (Stabsfeldwebel),328 der auch der älteste in dieser Riege war. Die aus verschiedenen Regionen Österreichs stammenden „POWs“ waren allesamt römisch-katholisch und hatten vor dem Wehrdienst, soweit angegeben, folgende zivile Berufe ausgeübt: Landwirt, Maschinenschlosser-Lehrling, Tapezierer, Fußballprofi, Bäckereiangestellter und Installateur. Zwei der Männer stammten aus Wien, ein weiterer vermutlich aus Wien, einer aus Wiener Neustadt (Niederösterreich), je ein weiterer aus Annaberg,329 Wels (Oberösterreich), Melk (Niederösterreich) und Hartberg (Steiermark). Wir finden hier also eine junge Personengruppe vor – die „meist jüngeren Männer“ stellten das Gros der rund 1,3 Millionen Österreicher in der Wehrmacht.330 Abgesehen von einer schillernden Ausnahme (der Fußballprofi) gehört diese Gruppe eher der Mittel- und Unterschicht (Arbeiter, Handwerker und Bauern) an und deckte ein insgesamt breites soziales und regionales Spektrum ab. Da die Offiziere, die nur drei Prozent des Wehrmachtspersonals stellten, in schriftlichen Hinterlassenschaften und Geschichtsbüchern massiv überrepräsentiert sind, aber gleichzeitig der „typische Arbeiter“ aus Österreich weniger Quellenspuren hinterlassen hat, kann diese Stichprobe – bei allen methodischen Problemen – als eine Art Fenster in den eigentlichen Mainstream der „Ostmärker“ in der Wehrmacht gesehen werden: Denn diese breite Masse bestand eben nicht aus Offizieren, sondern aus dem Fußvolk der Mannschaftssoldaten und Unteroffiziere. So hatten vier der Befragten in der 183., einer in der 246., einer in der 363. Volksgrenadierdivision sowie ein weiterer in der 353. Infanteriedivision gedient – es handelte sich hierbei um einfache Schützen, Artilleriebeobachter, Sanitäter, kurzum: um die Plebs der deutschen Militärmaschinerie. Lediglich der Stabsfeldwebel hatte der 9. Panzer-

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division angehört und eine etwas elitärere Position als Befehlshaber eines Panzerfaust-Stoßtrupps bekleidet. Wie waren die PWI-Verhöre der acht Österreicher aufgebaut? In Grundzügen angelehnt an den für die PWD/SHAEF entwickelten Musterfragebogen („Dicks Questionnaire“), stellt Rapoport in allen Gesprächen Fragen zu folgenden Themen: - biografischer Hintergrund des Soldaten - Militärbiografie in der Wehrmacht - Umstände der Gefangennahme durch die US-Armee - Moral (in seiner Truppe) - „Heimatmoral“ (Stimmungsbilder aus der Heimat des Soldaten) - Flugblätter etc. (Berichte und Eindrücke des Soldaten zur US-Propaganda) - Schlussfolgerungen (nur teilweise ausgefüllt) Je nach Verlauf des Gesprächs und abhängig von spezifischen Informationsbedürfnissen und aktuellen Geschehnissen auf dem Schlachtfeld kamen propagandarelevante Themenbereiche vor, wie etwa die deutsche Ardennenoffensive, Nachrichten über Versorgungs- und Ausrüstungsprobleme (Waffen!), Sabotageaktivitäten in der Wehrmacht, Personalia und Konflikte innerhalb der deutschen Truppe (z. B. reguläre Wehrmachtskämpfer versus Waffen-SS, Offiziere versus Mannschaftssoldaten) usw. Für die Fragestellung dieser Detailanalyse ist vor allem aufschlussreich, dass Rapoport seine Gesprächspartner nicht nur nach der Stimmung an der Front und nach der Propagandawirkung, sondern auch nach der „Home Morale“, also nach der (politischen) Stimmungslage und dem Durchhaltewillen in der österreichischen Heimat fragt. Ein Ziel der Auswertung dieser Einzelinterviews ist es daher, so weit als möglich zu eruieren, wie es mit dem Österreich-Bewusstsein der acht Befragten steht und ob dieses ein wichtiges Handlungsmotiv für verminderte Kampfmoral oder gar Desertion darstellt. Um die Verhöraussagen gemäß dieser Forschungsfrage quantifizieren zu können, habe ich alle acht Verhöraussagen zu diesem Thema ausgewertet und in ein vierstufiges Schema eingeordnet („positives und/oder patriotisches Österreich-Bewusstsein“, „kein klar ersichtliches ÖsterreichBewusstsein“, „eher neutrales Österreich-Bild“ und „negatives Österreich-Bild“). Auch andere Einstufungen über körperliche oder geistige Zustände und bestimmte Handlungsmuster wie Art der Gefangennahme (z. B. freiwillig vs. unfreiwillig), Gesundheitszustand/Kampfkraft (z. B. Traumatisierung vs. psychische Robustheit), Moral/Kampfwille (z. B. Defätismus vs. Fanatismus), Politische Einstellung gegenüber dem NS-System (z. B. Gegner vs. Befürworter), Einstellung gegenüber den Deutschen bzw. „Preußen“ (Vorurteile gegen „Piefkes“ vs. freundschaftlicher Blick auf die nördlichen Nachbarn) und Propagandarezeption (z. B. eifriger Flugblattleser vs.

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Propaganda-Verweigerer) habe ich nach diesem Schema vorgenommen. Dadurch habe ich versucht, die einzelnen Positionen, Zustände bzw. Handlungsmuster der Betroffenen miteinander zu vergleichen und mögliche Motivbündel und Korrelationen aufzuzeigen. Beginnen wir mit der Gretchenfrage des Österreich-Bewusstseins: Laut den Verhörprotokollen stellte (der Ex-Österreicher) Rapoport seinen Gesprächspartnern nie eine direkte Frage nach ihrem Nationalbewusstsein. Auch nach den damit zusammenhängenden ideologischen Antrieben der Gefangenen fragte er nicht. Beim Punkt „Home Morale“ hatten die Interviewten jedoch genug Möglichkeiten, über ihre Einstellung zur österreichischen Heimat und Nation zu sprechen sowie sich gegenüber den „Germanen“ und „Nazis“ abzugrenzen. Auch beim Punkt „Flugblätter“ bzw. Propagandarezeption gab es reichlich Möglichkeit, sich als überzeugter Österreicher zu präsentieren – etwa indem man sich von den österreichspezifischen Flugblättern der amerikanischen PWB-Teams begeistert zeigt und vorgibt, ein eifriger Leser derselben zu sein. Eines gleich vorweg: Kein einziger der acht von Rapoport befragten Österreicher bekennt sich in den Verhörakten offen als „Österreich-Patriot“ – wie die weiter oben zitierten Soldaten Babschek und Preinfalk – oder nutzt eine der Fragestellungen, um sich explizit als solcher zu deklarieren. Lediglich bei einem scheint es ein halbwegs ausgeprägtes Österreich-Bewusstsein zu geben, bei fünf anderen kann es ansatzweise „hinein interpretiert“ werden. Zudem gibt keiner der acht Soldaten von sich aus einen Grund für verminderte Kampfkraft, kampflose Aufgabe oder gar Desertion zu Protokoll, der mit Österreichertum zu tun hat. Rudolf Rockenbauer, ein 26jähriger Obergefreiter, vom Zivilberuf Installateur und Eisenbahner und vermutlich sozialistischen Kreisen nahestehend,331 ist der Einzige, der eine proösterreichische Haltung erkennen lässt. Diese steht mit antinationalsozialistischem (und antideutschem) Ressentiment in einem losen Zusammenhang. Bei Rockenbauer ist eine Korrelation bzw. ein mögliches Zusammenwirken folgender Punkte zu beobachten: schlechte Kampfmoral, eher negative Einstellung gegen das NS-Regime (nur indirekt geäußert), eher negatives Bild über die „Preußen“ (indirekt artikuliert), positives Österreichbild (indirekt geäußert, aber motivisch sehr präsent) und positive Reaktion auf US-Propaganda ohne Österreichbezug (indirekt geäußert, aber als Motiv erkennbar). Rockenbauer berichtet etwa über Konflikte mit NS-Organen und Widerstand gegen das Regime in Wien: Viennese gripe quite openly about the Nazis; once it happened in a street, when a uni-

formed brownshirt took issue with the people and threatened them. The Nazi was thrown from the moving vehicle by the angry passengers. […] PW is convinced there

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is an underground movement in VIENNA based on the relative small number of able bodied men left and on many women[.]332

Des Weiteren sah der von Rapoport als gut informiert und intelligent beschriebene Rockenbauer in den alliierten Luftangriffen eine strategische Notwendigkeit, die von der Wiener Bevölkerung erkannt werden würde. Und in einer sehr expliziten Passage sieht er sich als eine Art Sprachrohr der Österreicher: „Austrians hope that they will be permitted to unite with Bavarian since they both dislike the Prussians.“333 Sogar vor der so gefürchteten Roten Armee – Rockenbauer hatte auch in Russland gekämpft – bräuchten die Österreicher keine Angst haben, da sie durch die feindlichen Radiosender über wohlwollende alliierte Österreichpläne (gemäß der Moskauer Deklaration) informiert worden seien. Rockenbauer gibt an, drei bis vier US-Flugblatttypen studiert zu haben und regelmäßiger Schwarzhörer (BBC, Radio Luxemburg) zu sein. Er behauptet zudem, den Versprechen über gute Behandlung von Kriegsgefangenen und an die Wirkung der Sabotageaktionen durch Fremdarbeiter im Deutschen Reich zu glauben. Insgesamt also weist einiges darauf hin, dass es sich hier um einen Regimegegner mit einem gewissen Österreich-Bewusstsein handelt, der alliierter Kriegsgefangenschaft nicht abgeneigt war. Doch war dieses aus den hier dargelegten Aussagen herauslesbare Österreichertum in irgendeiner Form Ausschlag gebend für Rockenbauers Desertion? Der bereits zweifach im Krieg verwundete Rockenbauer wurde nach langer Rekonvaleszenz am 22. Dezember 1944 in die Schlacht geschickt, nur vier Tage später saß er im US-Kriegsgefangenenlager. Nachdem seine Sturmkompanie in einer ungünstigen Position von den Amerikanern unter Beschuss genommen worden war, gab er als Teil einer Gruppe von 16 oder 17 Männern kampflos auf. Er deklarierte sich nicht als Deserteur und führte wie erwähnt sein Österreichertum nicht direkt als handlungsleitendes Motiv ins Feld. Rockenbauer kann sich wie erwähnt an US-Flugblätter erinnern, äußerte sich aber nicht über seine persönlichen Medienrezeptionsgewohnheiten oder die Wirkung von US-Kampfpropaganda mit österreichischen Inhalten – derartige Leerstellen sind in diesem Zusammenhang durchaus vielsagend: Was vom Soldaten erinnert wird und was nicht, sagt nämlich viel über seine Prioritäten und Werte aus. Auch die österreichspezifischen Angaben zur Lage und Stimmung in der Heimatstadt Wien dürfte er erst auf Nachfragen Rapoports getätigt haben – dieser war ja als Propagandanachrichtenoffizier auf der Suche nach Rohmaterial für die antideutsche Spaltpropaganda mit Österreich-Bezug. Und obwohl es sich bei Rockenbauer um einen laut dem Verhörprotokoll intelligenten Gesprächspartner gehandelt hat, also jemand,

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der wohl wusste, dass es gegen Kriegsende vorteilhaft war, sich als antideutscher „Österreicher“ auszugeben,334 ließ er sich – abgesehen von einem Verweis auf die „Unbeliebtheit der Preußen“ in Bayern und Österreich – nicht auf ein derartiges Rollenspiel ein. Sehr wohl spricht er ausführlich über die (leeren) Versprechungen und wüsten Drohungen des Nationalsozialistischen Führungsoffiziers (NSFO)335 seiner Einheit angesichts der noch laufenden Ardennenoffensive, über die niedrige Truppenmoral und unter den Landsern verbreitete Korruption sowie die Verbrechen der Wehrmacht im Osten. Wie viele seiner in US-Gefangenschaft geratenen Kameraden aus dem „Altreich“ beklagt er sich auch über eine „definitiv bevorzugte Behandlung von SS-Männern“.336 In Bezug auf die letzteren Punkte unterscheidet er sich jedoch kaum von vielen anderen deutschen Soldaten, die Rapoport interviewt hatte. Man kann also über diesen – unter den acht betroffenen Soldaten am ehesten noch als „Österreich-Bewussten“ auszumachenden – Gefangenen festhalten: Es handelt sich bei Rudolf Rockenbauer um einen vom Krieg gezeichneten, aber körperlich und geistig gesunden, dem NS-Regime wohl nicht nahestehenden Mann, der auf Nachfragen des PWI-Verhörers ausgiebig über Schwachpunkte und innere Konflikte in der Wehrmacht sowie über angebliche Widerstandshandlungen in seiner Heimatregion berichtet. Derartige Gesprächsthemen sind keineswegs ein Spezifikum, sondern finden sich in Abertausenden von Protokollen mit Wehrmachtssoldaten aus allen Teilen des Deutschen Reichs wieder. Rockenbauer lässt lediglich einige wahrscheinlich emotional, nicht ideologisch fundierte Ressentiments (Österreicher versus Preußen) und Frustgefühle zu Tage treten und es scheint, dass er über seine Gefangennahme letzten Endes durchaus froh war. Wenn man in solchen Verhöraussagen gezielt nach Indizien für einen kausalen Zusammenhang zwischen der österreichischen Herkunft gewisser Soldaten und ihrer niedrigen Kampfmoral oder ihrem defätistischen oder gar „antifaschistischen“ Verhalten sucht, lassen sich gewiss einige Auffälligkeiten entdecken. Stößt man in anderen Archivbeständen noch punktuell auf weitere, teilweise wesentlich forschere „Österreich-Bekenner“, wie der von PWB/1st Army verhörte Kurt Babschek oder die von Tennenbaum erwähnten, desertionsfreudigen Volksgrenadiere der 277. Division, dann kann sich durchaus das Bild verfestigen, dass es sich hier um ein weit verbreitetes Phänomen handelt. Doch sind dies impressionistische Eindrücke,337 die von vielen PWI-Offizieren mit sehr viel Aufmerksamkeit bedacht wurden und oft zu Fehlschlüssen geführt haben. Karl Popper hat mit seiner Kritik an dieser Art von Induktionslogik einen argumentativen Pflock eingeschlagen: „Bekanntlich“, so Popper, „berechtigen uns noch so viele Beobachtungen von weißen Schwänen nicht zu dem Satz, daß alle Schwäne weiß sind.“338 Und es ist natürlich umgekehrt genauso fragwürdig, a priori von der These des antifaschistischen und desertions-

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freudigen Österreichers auszugehen, und deduktiv nach Einzelbelegen für diese These zu suchen. So lassen sich viele vermeintlich „österreichische“ Handlungsweisen auch bei Wehrmachtssoldaten anderer Herkunftsländer festmachen. Vergleicht man nämlich Rockenbauers Interview mit den anderen rund 40 Verhörberichten,339 die Rapoport über seine Gespräche mit den reichsdeutschen (und teilweise volksdeutschen) Kameraden angefertigt hat, so unterscheiden sich seine Moralbilder über die Ostmärker kaum oder wenig von jenen über ihre deutschen Kameraden. Man ärgerte sich wie die Wiener, Steirer, Tiroler, Bayern und Hessen über die SS, über die Korruption der „Nazi-Bonzen“,340 über ausbleibenden Nachschub, hatte Angst um sein Leben, war besorgt über die alliierten Bombenangriffe in der Heimat usw. Aus der Gemengelage dieser negativen Faktoren ergab sich oft eine zumindest geminderte Kampfmoral, die im Falle einer Krisensituation (Beschuss durch überlegene US-Verbände) wohl die Entscheidung zur kampflosen Aufgabe begünstigt hat. Ein intrinsisches oder gar von außen durch amerikanische Österreichpropaganda entscheidend gestärktes und sich vom „deutschen“ Nationalsozialismus abgrenzendes landsmannschaftliches Bewusstsein war wohl nur in wenigen Fällen ein handlungsleitender Faktor. Kommen wir zur quantitativen Auswertung des Rapoport-Konvoluts zurück. So lassen von den anderen sieben Soldaten, die neben ihrem vergleichsweise österreichpatriotisch erscheinenden Landsmann Rockenbauer Rapoports Verhörstube betraten, fünf ein zumindest in Ansätzen vorhandenes Österreich-Bewusstsein und zwei eine indifferente oder nicht klar ersichtliche Einstellung in Bezug auf ihre nationale Identität erkennen. Sehr vielsagend ist hier jedoch, dass fünf von den acht Befragten sich weder auffallend positiv noch negativ über die Deutschen oder die „Preußen“ äußern, zwei – darunter auch Rockenbauer – ein eher negatives Bild von Letzteren haben und nur einer klar antideutsche Äußerungen von sich gibt. Doch beziehen sich diese wiederum nicht auf Konflikte unter Soldaten, sondern auf Episoden aus der zivilen Sphäre.341 Auch hier wird eher Grischanys unbequeme These der insgesamt guten und weitgehend konfliktfreien Beziehung zwischen Österreichern und Deutschen in der Wehrmacht gestützt. Der einzige wirkliche Deserteur bzw. Überläufer in der Runde war ein vom Krieg offensichtlich sehr mitgenommener Stabsfeldwebel und Panzerfaust-Stoßtruppkommandeur namens Kern. Er hatte das Eintreffen der Amerikaner in einem Keller abgewartet. In seinem Verhörakt korrelieren eine freiwillige Gefangennahme, schlechte Kampfkraft und -moral, eine nicht klar einordenbare Einstellung gegenüber der NS-Herrschaft und „den Deutschen“ sowie ein eher positives Österreichbild und ein Ausbleiben von aktiver Rezeption von US-Propaganda (von Flugblättern mit Österreich-Inhalten ganz zu schweigen). Er erwähnt auf

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Nachfrage Rapoports zwar die angeblich wohlwollende Aufnahme der Moskauer Deklaration über Österreich in seiner Heimat in Wien,342 aber in Bezug auf sein Überlaufen im Feld dürften für ihn folgende Faktoren wesentlich bedeutender gewesen sein: der nach einem gescheiterten Gegenangriff erlittene Nervenzusammenbruch (bereits 1942 war er laut PWI-Bericht in Russland schwer verwundet worden), die von ihm beklagte militärische Aussichtslosigkeit seines Feldeinsatzes und sein laut Rapoport allgemeiner Zustand des Ausgebrannt-Seins.343 Anders formuliert: der nervlich und körperlich völlig abgewrackte Stabsfeldwebel Kern konnte einfach nicht mehr – die Desertion dieses „von Pessimismus, Sorgen und Kummer“ zermürbten „Moralgefangenen“344 dürfte eher dem Überlebensinstinkt oder der Kriegsmüdigkeit als irgendeinem ideologischen oder nationalistischen Motiv geschuldet gewesen sein. Auffällig ist daher, dass bei den zwei freiwillig (Kern) bzw. vermutlich freiwillig Gefangenen (Rockenbauer) zwar verschieden intensive Ansätze bzw. Ausprägungen von Österreichpatriotismus erkennbar sind (sie sprechen im Verhörakt nie in erster Person als bekennende „Österreicher“ bzw. über den österreichischen Widerstand oder die Reaktion auf alliierte Österreichplanungen); gleichzeitig jedoch lassen sich mangelnde Kampfmoral (Kern) sowie Kritik an der verbrecherischen Natur des Hitler’schen Kriegs (Rockenbauer) aus ihren Artikulationen herauslesen. Die letzteren Punkte scheinen für die Befragten wichtiger zu sein als die Österreich-Identität. Neben den „Defätisten“ Rockenbauer und Kern hatten noch drei weitere der acht Soldaten eine offensichtlich niedrige Kampfmoral, die in zwei Fällen mit einem eher positiven, aber einmal mehr nur indirekt artikulierten Österreich-Bewusstsein korreliert. Dieses Schlaglicht auf ein kompaktes Sample österreichischer Wehrmachtskämpfer stützt daher die Behauptung, dass „auch in der Kriegsgefangenschaft, wo die kriegsbedingten Integrationsmechanismen merklich nachließen, […] nur eine vernachlässigbare Minderheit unter den österreichischen Gefangenen […] einen dezidiert österreichisch-nationalen Standpunkt vertrat“.345 Genau genommen hat in der hier untersuchten Gruppe kein einziger aus eigenem Antrieb einen solch expliziten Standpunkt eingenommen. Was bedeutet das für die US-Kampfpropaganda? Da sechs der acht Österreicher im Rapoport-Sample aus Volksgrenadierdivisionen stammten (vier dienten allein in der 183. Volksgrenadierdivision),346 stellt sich nun die Frage, ob nicht jene Flugblätter von PWB/1st Army, die sich mit gezielter Ethnopropaganda an Österreicher in der 183. Volksgrenadierdivision richteten,347 eine Themenverfehlung darstellten. Interessierten sich die Rezipienten weltanschaulich oder lebensweltlich überhaupt für das Thema Österreich? War die sprachliche Konstruktion von nationaler Identität in Bezug auf Österreicher in der Wehrmacht ein lohnendes Unterfangen? Die

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im niederösterreichischen Döllersheim im September 1944 (neu) aufgestellte 183. Division war, wie in der Regel andere Volksgrenadiereinheiten auch, eine hektisch zusammengewürfelte, militärisch schwache Soldatenschar, die aus „definitely second rate troops“,348 darunter zahlreiche Österreicher, bestand. Nach fürchterlichen Verlusten im Kampf gegen Rapoports 9. US-Armee am „Westwall“349 gerieten die obigen vier Österreicher Ende 1944 in Kriegsgefangenschaft. Obwohl drei der vier von Rapoport verhörten Österreicher der erwähnten 183. Division leichte österreichpatriotische Ansätze erkennen lassen, war keiner der vier Volksgrenadiere ein Deserteur, und nur bei einem, dem Textilarbeiter Franz Neugschwendtner aus Melk, gibt es Indizien für das Rezipieren von allgemeiner Feindpropaganda und das bewusste Wahrnehmen von Österreich-Propaganda sowie für ein geplantes Sich-Gefangennehmen-Lassen.350 Doch auch bei ihm lassen sich im Verhörbericht ein Reihe von anderen „push factors“ für ein mögliches Überlaufen identifizieren: seine im Krieg erlittenen Erfrierungen, der von ihm ausführlich beschriebene schlechte Zustand seiner Division, der Frust über die deutschen Anführer, besonders Himmler usw.351 Der jeglichen „großen Erzählungen“ und militärischen Mythen kritisch gegenüberstehende US-Kriegsbeobachter Melvin Laskey hegte daher den nicht ganz unberechtigten „Verdacht, dass die ‚Deserteure‘“ – seien es nun „Ostmärker“ oder Reichsdeutsche – keine durch Propaganda politisierten oder zu aktivem Resistenzverhalten ermutigten Soldaten, sondern „durchweg die schlecht ausgebildeten, schlecht ernährten Rekruten sind, die in der militärischen Notlage der letzten Zeit zum Militär gepresst wurden …“352 Am Ende dieses Exkurses zeigt noch ein Beispiel aus der Österreicher-Stichprobe, dass selbst dann, wenn „ostmärkische“ Soldaten über antideutsche und österreichpatriotische Gefühle oder Ereignisse berichten und sich mit ihnen indirekt identifizieren, die Bereitschaft, weiter den deutschen Waffenrock zu tragen, meist ungebrochen ist. So behauptet Rapoport in einem Bericht über das Doppelverhör zweier Freunde, nämlich des Ex-Fußballers Theodor Bartmann und des Bäckereiangestellten Rudolf Zinke: There is no love lost between Austrians and Germans. (A) [Bartmann] tells that during

soccer matches German referees would refuse to recognize goals scored by the Austrians

to keep the German teams from taking a beating. The Viennese would boo and protest; once the stormy crowd surrounded BALDUR VON SCHIRACH’s car at the stadium and smashed it. However the Americans are no longer as well thought of as formerly

due to the destruction of sections of the city which contain only worker’s homes[.] […]

A feeling of fanatism is gripping many who have lost everything[.] […] PW’s did not know about the promised post-war Austrian independence.353

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Und weiter oben im Verhörprotokoll heißt es: [B]oth PW’s give the impression of being grimly determined to fight it out to the bitter end, no matter how hopeless the cause may be. (A) [Bartmann] was not very perturbed when he was redrafted because he felt that the recent bombing attacks on VIENNA

which he had experienced while on furlough last Nov[ember 1943] were indiscriminate and called for the utmost resistance.354

Das oben erwähnte however wiegt schwer: Einerseits berichtet Bartmann lang und breit vom Missmut gegenüber den Deutschen, ja sogar von offensichtlich antideutschen Ausschreitungen durch randalierende Wiener Sportfans,355 andererseits ist man deswegen nicht bereit, sich pro-amerikanisch zu verhalten. Zudem wissen er und sein Freund nicht einmal über die Moskauer Deklaration und die Österreich-Versprechungen der Alliierten Bescheid, lassen also kein nationales oder österreichpolitisches Bewusstsein erkennen. Ein vielsagendes Beispiel, das gut zu einem österreichischen US-Kriegsgefangenen der deutschen Heeresgruppe Afrika passt, der erst durch ein Verhör daran „erinnert“ wurde, dass er ein „Austrian“ und kein Deutscher sei. Ein derartiger Gedanke war dem strammen Nationalsozialisten vorher laut eigener Aussage nicht in den Sinn gekommen.356 Das eigentlich gar nicht so regimetreue Duo Bartmann und Zinke zeigte sich auch von der USFlugblattpropaganda („Passierschein“-Flugblatt) unbeeindruckt bzw. schweigen die beiden sich über die an Österreicher adressierten Flugblätter aus.357 Vergleicht man dies mit einschlägigen Forschungen, zeigt sich, dass „ostmärkische“ Soldaten an anderen Kriegsschauplätzen von der österreichspezifischen Flugblattpropaganda ebenfalls oft wenig angetan waren: So bezeichnete der – wie Bartmann – aufgrund der alliierten Bombenangriffe auf seine österreichische Heimat sehr wütende, an der Ostfront kämpfende Wehrmachtssoldat Karl Pohanka die Alliierten als „verruchte und niederträchtige Bande“, die Flugblätter abwerfen würde, welche „uns“ aufforderten, wie der „Verbrecher Tito“ bei der Befreiung Österreichs mitzuhelfen, während daheim „Eltern und Geschwister von ihren Bomben erschlagen werden“.358

Bartmann und Zinke können daher als eher unpolitische, kaum „nationalbewusste“ sowie frustrierte Soldaten, die trotzig gegen die Westalliierten weiterkämpfen, charakterisiert werden. Der Obergefreite Neugschwendtner behauptet, mit drei weiteren Kameraden die westalliierte Radiosendung „Austrian FREIHEITSKAEMPFER“ gehört

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zu haben.359 Er ist damit in Bezug auf die Medienrezeption der einzige der acht Österreicher im Rapoport-Sample, der sich – eigenen Angaben zufolge – persönlich und näher mit der österreichspezifischen Spaltpropaganda der Westalliierten bzw. der PWD/SHAEF auseinandergesetzt hat. Von einer wie auch immer gearteten „Wirkung“ dieser Österreich-Propaganda ist hier ganz zu schweigen. Eine ernüchternde Erkenntnis. Wie erwähnt erlauben diese Verhörstichprobe und die simplifizierenden Schubladen, in die ich die Soldaten dabei gesteckt habe, keine allgemeinen Rückschlüsse auf die rund 1,3 Millionen Österreicher in der Wehrmacht und noch weniger lassen sich mit derartiger Kategoriebildung Propagandawirkungen belegen.360 Auch die Art und Weise, mit der der Verhörsoldat Emanuel Rapoport hier seine österreichischen (Ex-)Landsleute zu Wort kommen lässt und wie er sie in den Akten repräsentiert, soll noch kurz angerissen bzw. reflektiert werden: Als bereits 1932 in die USA ausgewanderter jüdischer Wiener, der nun mit der Brille des distanzierten Neo-Amerikaners auf seinen ehemaligen Heimatkontinent blickt, mag er verständlicherweise – anders als manche exilpatriotischen Kameraden – die Österreich-Frage als Nebensächlichkeit abgetan und dieses Thema bei seinen Verhören nicht mit Emphase verfolgt haben. Und zudem lassen sich – verstreut über diverse Archive und Aktenbestände, aber doch zahlreich – auch gegenteilige Indizien finden, welche die Existenz antifaschistischer Österreicher, die auf österreichpatriotische Kampfpropaganda positiv reagieren, suggerieren.361 Insgesamt fügt diese Stichprobe sich weitgehend in neuere Studien362 ein, die im Großen und Ganzen folgendes Bild zeichnen: Der typische Österreicher in der Wehrmacht mag manchmal über „Piefkes“, „Preußen“ und „Nazis“ gewettert haben und dadurch ein Ventil für einen Minderwertigkeitskomplex oder Frustgefühle gefunden haben; in bestimmten Fällen und vermutlich etwas häufiger als der typische Kamerad aus dem deutschen Altreich ließ er sich vom „Tommy“ gefangennehmen und erzählte Letzterem manchmal, dass er Österreichpatriot oder „Anti-Nazi“ sei; dabei redete der österreichische Landser nicht selten seinem amerikanischen Gegenüber nach dem Mund. In der Regel aber kämpfte er, teils zähneknirschend, teils fatalistisch, manchmal auch fanatisch, bis zum bitteren Ende an der Seite der deutschen „Waffenbrüder“. Bis auf eine von den Amerikanern gut dokumentierte – und in Grischanys Buch weitgehend außer Acht gelassene –, nationalbewusst und/oder prononciert antinationalsozialistisch auftretende Minderheit dürften die meisten Frontkämpfer aus Wien, Tirol oder dem Burgenland „funktionierende“ Wehrmachtsoldaten363 gewesen sein.

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2.2.4 Mit dem Ohr am Äther: Die Rundfunk-Abhörspezialisten Erwin Benkoe und Herbert Lobl Dass Kriegsgefangene zwar die bedeutendste, aber bei Weitem nicht die einzige Informationsquelle für die militärische Propagandaaufklärung eines Emanuel Rapoport und für PWI-Offiziere wie Jacob Tennenbaum waren, zeigt das Beispiel des vielseitigen Ernst Benkoe. 1922 in Wien geboren und 1939 in die Vereinigten Staaten geflohen, trat dieser katholische Werkzeugmacher und „mechanical developer“364 mit jüdischen Wurzeln im Mai 1943 in die US-Armee ein. Nach der Grundausbildung in Camp Wheeler wurde der offensichtlich ebenso technisch wie intellektuell begabte Jungsoldat im Rahmen des Army Specialized Training Program nach Chicago entsandt, wo er Kurse in Chemical Engineering und „Foreign Areas“ belegte.365 Im Dienstbüchlein wurde seine soldatische Effizienz meist mit „excellent“ bezeichnet, interessanterweise empfahl ein Vorgesetzter aber im Jahr 1943, ihm keine „good conduct medal“ zu verleihen.366 Benkoe sollte sich bald darauf zu einer Gruppe von Männern gesellen, bei der ebenfalls hohe Leistungsfähigkeit und geistiges Potenzial mit eher schwach ausgeprägter militärischer Disziplin einhergingen: den Ritchie&Sharpe Boys. Im Jänner 1944 wurde er im MITC Camp Ritchie aufgenommen und direkt zur MRBC-Propagandaausbildung nach Camp Sharpe geschickt.367 In Habes Propaganda-„Kindergarten“ wurde er als Übersetzer und Nachrichtenspezialist ausgebildet und erhielt vermutlich erst knapp vor der Operation OVERLORD einen Schnellkurs als Rundfunkabhörer in der britischamerikanischen Propagandaschule in Clevedon sowie bei der Monitoring-Station der BBC – seine Ausbildung zum Abhörspezialisten wurde daher erst mit dem Kampfeinsatz abgeschlossen.368 Am 17. Juli 1944 setzte Benkoe mit der 3rd MRBC schließlich Fuß auf das europäische Festland. Anfang September 1944, nach einer organisatorischen Umgruppierung, wurde Benkoe dem damals 16 Mann starken369 „P[sychological]W[arfare]B[ranch] Advance Detachment“ der T Forces der 12. Armeegruppe unterstellt.370 Dieser in unmittelbarer Nähe der Kampfverbände agierende Voraustrupp hatte wie auch die regulären T-Force-Einheiten des Armeenachrichtendiensts die Aufgabe, in den eben von den Westalliierten eroberten Gebieten, vor allem in größeren Städten, wichtige Intelligence-Ziele („targets“) anzusteuern, sensible Dokumente sicherzustellen, deutsche Schlüsselpersonen zu befragen und feindliches Know-how im zivilen, politischen und industriellen Bereich „anzuzapfen“. Eine Direktive des SHAEF-Stabschefs Walter Bedell Smith vom 17. Juli 1944 verlautbarte hinsichtlich des geplanten Einsatzes solcher T(arget) Forces, „that the capture of large towns both in enemy occupied and enemy territory may mean that much valuable and special information including documents, equipment and person, both enemy

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and others, may become available to the Allied Forces.“371 Auch die Propagandastrategen der PWD/SHAEF erkannten nach der Landung in der Normandie, that Psychological warfare field operations would require frequent dispatch of small independent groups, or task forces, to accomplish specific missions […]. These missions

included special forces to seize or operate radio stations; to make political surveys, search for documents, gather specialized intelligence, and so on.372

Die Mitglieder von Benkoes PWB/T Force-Truppe hatten daher nach jeglicher „special information“ Ausschau zu halten,373 die für die Kampfpropagandaeinheiten der 12. Armeegruppe, wie etwa Jacob Tennenbaums PWB/1st Army, aber auch für die Militärregierungsabteilung G-5, nützlich sein könnte. Der Fokus lag hier naturgemäß weniger auf militärischer Intelligence, sondern stärker auf psychologischer, politischer und kommunikationsbezogener Nachrichtengewinnung. Es ging darum, ein möglichst vielschichtiges Stimmungsbild vom Feind zu zeichnen und dabei vor allem der Bevölkerung, die im deutschen Kernland lebte oder von dort geflüchtet war und sich nun in Auffang- und Evakuierungslagern für Zivilisten aufhielt, politisch auf den Zahn zu fühlen. Benkoes PWB/T Force-Trupp hatte in den „forward areas in France, Luxemburg, Belgium and Germany“374 daher nicht nur mit gefangen genommenen Wehrmachtskämpfern, sondern vor allem mit Zivilisten aus dem Deutschen Reich oder anderen Nationen zu tun, die zu tausenden interviewt wurden. Alfred Toombs, Aufklärungsoffizier und Chef der PWI-Stelle der Propagandaabteilung der 12. Armeegruppe, gibt einen Einblick in den Job, den ein Moralverhörer im Dienste der T Force im besetzten Teil Deutschlands zu erledigen hatten. Our mission […] is to conduct surveys of public opinion and morale and to report on the relations of [German] people with M[ilitary]G[overnment]. […] We are directed to get into occupied territory and to determine the morale and general outlook of the population.375

Doch Benkoes Hauptaufgabe war nicht das Verhören, sondern das Abhören. Er übte als „monitor“ nun eine Tätigkeit aus, bei der er seine technische Ausbildung mit seinen analytischen Fähigkeiten verbinden konnte. So nahmen bereits bei den ersten Planungen für die späteren Mobile Radio Broadcasting Companies im Jahr 1942 die sogenannten Monitoring Units einen wichtigen Platz ein.376 Es handelt sich dabei um bestens ausgerüstete Rundfunk-Abhörstationen, mit denen alliierte und deutsche Radiosendungen, also „friendly and enemy broadcasts“,377 mittels

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speziellen Geräten und Receivern mitverfolgt werden konnten. Das MonitoringEquipment der MRBCs an der Westfront wurde vom T-Force-Voraustrupp und vergleichbaren Einheiten im Bereich der P&PW/12th Army Group378 genutzt, um die „close-range intelligence“ in Form von PWI-Verhören und G-2-Informationen durch aktuelle „News“ und „open source intelligence“ aus aller Welt zu erweitern.379 Dadurch waren die Nachrichtenanalysten, Skriptschreiber und andere Propagandaexperten der 12. Armeegruppe bei der „compilation of various propaganda themes“ nicht nur über die Vorgänge an der Front, sondern auch über Neuigkeiten aus dem Inneren Deutschlands sowie globale Entwicklungen bestens informiert.380 Benkoes Abhörtrupp war also eine Art Nachrichtenagentur: The Chief Monitor’s report provides news of the world. The Monitoring section is the [PWB] Combat Team’s news-gathering section. Its „beat“ is the world. Its medium for

gathering news is the radio receiver. Each monitor is a news reporter. The chief monitor is a news editor, insofar as he arranges the news and judges completeness and accuracy

of items reported. He does not evaluate their significance. The report thus produced provides the only daily news report available at the front. It is distributed to PW Combat

Team headquarters, D-section, radio section, Frontpost, leaflet and poster teams and also to high-ranking officers throughout the area.381

Laut seinem T-Force-Vorgesetzten Ray Craft hat der im Herbst 1944 vor allem in Luxemburg tätige Rundfunkabhörer Erwin Benkoe den Job eines „news reporters“ sehr kompetent ausgeführt.382 Gemeinsam mit zwei Kollegen produzierte er einen täglichen Monitoring-Bericht über die abgehörten deutschen und alliierten Rundfunkachrichten, der an andere Propagandaeinheiten im Bereich der 12. Armeegruppe, wie etwa das Radio-Luxemburg-Detachment und Hans Habes Frontpost-Redaktion weitergeleitet wurde.383 Auch für die taktische Flugblattproduktion mit ihren „Output requirements“ waren solche Monitoring Reports und die beigefügten Propagandaanalysen ein wichtiges Steinchen im großen Informationsmosaik zur Feindmoral.384 In den Unterlagen der PWD/SHAEF erfährt man, dass im Bereich der ersten US-Armee Anfang Oktober 1944 ein „SCR-696 Studio and Monitoring Van“ der 3rd MRBC operierte und einen „daily monitoring report of German radio output for G-2 and PW leaflet operations with First Army“ produzierte.385 Vermutlich handelte es sich dabei um Benkoes Team. Er und andere Abhörspezialisten „listened to voice broadcasts, taking notes by hand or the typewriter; employed recording machines and reproduction devices; recorded messages sent in Morse code“ usw.386 Ein Beispiel vom italienischen Kriegsschauplatz zeigt, wie ein militärisches Ereignis in einem Monitoring Report als Information mit hohem Nachrichtenwert dokumentiert wurde:

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NAPLES  – ALLIED HEADQUARTERS ANNOUNCED TODAY THAT

5 TH ARMY TROOPS HAD CAPTURED LANUVIO, NEMI, AND MOUNT

CASTELLACIO, WHILE THE BRITISH 8 TH ARMY TOOK ALATRI. A JUNCTION BETWEEN THE 5 TH AND 8 TH ARMIES WAS EFFECTED TEN MILES

SOUTHEAST OF YALMONTONE, ALONG THE VIA CASILINA. THE BRITISH TOOK 1000 PRISONERS IN THE FIGHTIHG AT ALATRI, AND ARE PROGRESSING STEADILY.

Aus diesem langen Rundfunktext notierten sich die Abhörspezialisten die prägnantesten „cue words“. Die Mitschrift durch den „monitor“ sah so aus: NPL – AL HQ 5 AR CAP LAN NEMI MT CAST 8 AR CAP ALA 5 AR 8 AR JN 10 M SE VAL ON VIA CAS 8 AR 1000 PW ALA PRO387

Da Benkoes Team im Herbst 1944 mit der Monitoring-Tätigkeit nicht voll ausgelastet war, wurde er auch als PWI-Vernehmer eingesetzt388 – einmal mehr zeigt sich, dass österreichische Absolventen von Camp Sharpe vielseitig verwendbar waren und während des Kriegs in den immer wichtiger werdenden Human-Intelligence-Bereich und die Verhörtätigkeit regelrecht hineingedrängt wurden. Ray Craft ist voll des Lobes über seinen wendigen und vielseitigen Monitoring-Experten: „Since the volume of necessary monitoring has been small enough to require the time of only one of the three monitors in the team“, so der T-Force-Kommandeur, „two have been used as intelligence interrogators. The high standard of the personnel of this team (Sgt. Martin, Sgt. Michels, and Tec 5 Benkoe) has made this use productive.“389 So interviewte Benkoe gemeinsam mit Peter Michels Ende September zwei luxemburgische Eisenbahnarbeiter, die zwischen 1942 und 1944 in Deutschland Dienst geleistet hatten. Ihrer Einschätzung zufolge waren rund 80 % der Deutschen auf Seiten des Regimes. In bestimmten Regionen, wie dem nun zum Kampfgebiet werdenden katholischen Rheinland, stehe hingegen nur die Hälfte der Bevölkerung im nationalsozialistischen Lager und die katholische Zentrumspartei sei noch immer ein positiver politischer Referenzpunkt für viele Menschen. Allgemein rege sich kaum antifaschistischer Widerstand im Land, doch die Deutschen stünden den Amerikanern vorsichtig positiv gegenüber; vor den Russen hingegen würden sie sich, nicht zuletzt aufgrund des Wissens um die Verbrechen der Deutschen im Osten, sehr fürchten. Auch die von den beiden Luxemburgern im Reich beobachtete Wirkung der „Allied broadcasts“ registrierten die Rundfunkexperten Benkoe und Michels genau. Den beiden Eisenbahnern zufolge waren sich die Deutschen

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weitgehend darüber bewusst, dass sie von der NS-Propaganda mit Unwahrheiten zugedröhnt werden und westalliierte Sender wie die BBC, der Soldatensender Calais oder die Voice of America eher faktennah berichten. Es handelt sich hier also um ein – abgesehen von den schwer zu belegenden quantitativen Angaben der Verhörten – durchaus realitätsnahes Stimmungsbild, das Benkoe und sein Kollege hier dokumentierten.390 In einem anderen, von ihm allein verfassten Zivilistenvernehmungsbericht berichtet Benkoe von einem luxemburgischen Metallarbeiter, der zum Zwangsdienst in einer Rüstungsfabrik in Niederschelden im Grenzgebiet von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gezwungen worden und kurz vor der Befreiung seiner luxemburgischen Heimat durch die Amerikaner im August 1944 geflohen war. Er behauptete gegenüber Benkoe, dass die protestantische Bevölkerung Niederscheldens ausnahmslos nationalsozialistisch gewesen sei und die Leute sich stets enthusiastisch mit „Heil Hitler!“ gegrüßt hätten und auf Befehl des „Führers“ sogar für desparate Guerilla-Gefechte gegen die US-Besatzer zu begeistern wären. Der einzige oppositionelle Deutsche in der Belegschaft der „Schalottenhuette“ (Charlottenhütte) sei ein Sozialist gewesen.391 Hier zeigt sich also ein drastischeres, von jeglichen Grautönen befreites Bild. Kommen wir wieder zur Monitoring-Tätigkeit Benkoes zurück. Zu Jahresbeginn 1945 dürfte er für P&PW/12th Army Group am Bericht über die „Trends and Analysis“ zur feindlichen Rundfunkpropaganda mitgewirkt haben, die der Nachrichtenoffizier Al Toombs seinem täglichen Moralbericht für die 12. Armeegruppe beilegte.392 Nun kam offensichtlich Bewegung in Benkoes bisher nicht tagesfüllenden Einsatz als Rundfunk-Abhörer. Wie aus einer Nachkriegsstudie zur psychologischen Kriegsführung in Europa zu entnehmen ist, wurden überall dort, wo PWI-Aufklärer sowie Propagandaplaner und -produzenten operierten, „field monitoring“-Trupps gebraucht. Da der superbe, über 1.000 Mitarbeiter zählende Abhördienst der BBC seine wertvollen Mitschriften und Propagandanalysen zu Radiosendungen aus aller Welt nicht zeitnah an die PWB-Trupps im Feld weiterleiten konnte, sollten frontnah operierende PWB-Monitoring-Trupps selbst möglichst viel über das Weltgeschehen „erlauschen“ und auch taktisch verwertbare Informationen sammeln.393 Die Aufklärungsstelle der ersten US-Armee hatte zum Jahreswechsel 1944/45 etwa festgestellt, dass ein geheimer deutscher Tarnsender namens Voice of Arnhem (Radio Arnheim) in englischer Sprache versuchte, die Moral von westalliierten, vor allem britischen Truppen zu untergraben, indem er Letztere mit Zwietracht säenden „issues as national differences and non-fraternization“ konfrontierte. Um über derartige subversive Propaganda des Feinds in Kenntnis gesetzt zu werden und adäquat reagieren zu können, forderte die G-2-Abteilung der 1. US-Armee (mit der auch Tennenbaums PWI-Stelle eng verbunden war)

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Mitte Jänner 1945 bereits zum wiederholten Male bei der P&PW-Sektion der 12. Armeegruppe ein Monitoring-Team an. Erwin Benkoe und sein österreichischer Landsmann Herbert Lobl wurden nun für diesen speziellen Job auserkoren und für die PWB/1st Army abgestellt.394 Bevor sich der 1922 in Wien geborene Lobl vor der NS-Verfolgung in Sicherheit bringen und über den großen Teich flüchten konnte, hatte er in seiner Heimatstadt die ganze Palette des Judenhasses und der zwischendurch aufblitzenden Mitmenschlichkeit erlebt. Er war nicht nur Zeuge von glühender Bosheit,395 sondern ist selbst auch lebendes Zeugnis für „stories of courage, faith and humanity“ geworden: In einem wenige Monate vor seinem Tod geführten, berührenden Filminterview, welches der wegen mehrerer zuvor erlittener Herzattacken und eines Schlaganfalls sichtlich gezeichnete Mann 1991 auf dem Krankenbett gegeben hat, berichtet er unter anderem über seine Kindheits- und Jugenderlebnisse in Wien. Vor dem Krieg, so der dicke Kunststoffschläuche in seiner Nase habende und nur mit Mühe atmende und sprechende Lobl, habe es in Österreich einen eher subtilen und schaumgebremsten Antisemitismus gegeben. Doch nach der Übernahme Österreichs durch die Nationalsozialisten, so Lobl, „it became rampant“. Der MRBC-Veteran, der als ehemaliger Schüler der Chemischen Versuchsanstalt in Wien einen ähnlichen Ausbildungshintergrund wie sein hagerer „pal“396 Erwin Benkoe hatte, erinnert sich im Interview an Schilder mit Aufschriften wie „No Dogs and Jews allowed“ sowie einen „specific incident, when I was in the park where we used to play, when a group of Nazis were [sic!] chasing me, and luckily one of them recognized me as his friend or his acquaintance and he said: ‚he is not going to hurt us – let him go‘“.397 Dank der so oft bei Fluchtbiografien festzustellenden Mischung aus Geschick, Mut und Fortüne gelang es Lobl, über Jugoslawien in die USA auszureisen, wo er sich im November 1939 in einen Überlandbus setzte, um zu seiner Tante und seinem Onkel nach Seattle zu fahren. Im Sommer 1943 rückte er zur US Army ein, durfte – ähnlich wie Benkoe – einen ASTP-Lehrgang am Grinnell College und an der University of Illinois besuchen und wurde im Jänner 1944 nach Camp Sharpe geschickt, wo er mit Letzterem den Propagandakurs der 3rd MRBC besuchte.398 Nachdem Lobl zuerst vermutlich als Abhörer im rund um die Uhr arbeitenden Monitoringtrupp des PWB Combat Team der dritten USArmee399 und im Propaganda-Detachment von P&PW/12th Army Group gedient hatte,400 stieß er Ende Jänner 1945 mit Benkoe, der auch als Fahrer des Teams fungierte,401 zu Tennenbaums PWB/1st Army. Sofort nach seiner Ankunft im Einsatzgebiet der ersten US-Armee wurde das Österreicher-Duo mit Arbeit regelrecht eingedeckt. Ab 20. Jänner 1945 schrieben sie die Sendungen des „‚black‘ radio Arnhem“ mit und leiteten die Erkennt-

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Die Sharpe Boys am Zenit

nisse an die Stäbe der 12. Armeegruppe weiter; auch andere feindliche Transmitter wurden von ihnen aufgespürt und ein täglicher Nachrichtenüberblick für die Mitternachtssendung des Militärrundfunks der First US Army bereitgestellt.402 Ab 22. Jänner starteten Benkoe und Lobl mit der Publikation eines täglichen Abhörberichts, der in Kommandostuben und Feldposten mit großem Interesse gelesen wurde. „When monitors were set up“, so der MRBC-Chronist Arthur Jaffe, „it was decided that as well as monitoring [Radio] Arnhem they would prepare a digest of news and enemy propaganda for Army Headquarters staff sections and for distribution to major units in the vicinity. This daily four-page paper [became] known as the ‚First Army Army Monitoring Report‘“.403 Herbert Lobl erinnert sich im Interview, wie er auf der Ladefläche seines Trucks die – zwischen militärischer Information und feuriger Propaganda schwankenden –404 Tagesberichte des Oberkommandos der Wehrmacht mitverfolgte und in diversen Rundfunksendungen die Namen von prominenten Kriegsgefangenen auf verschiedenen Seiten aufschnappte.405 Der Abhörbericht für PWB/1st Army bestand aus den vier Bereichen Allied News, Enemy News, Enemy Propaganda Front und First Army Press Reports (Letztere stammten aus der Feder eines US-Kriegsberichterstatters). Der Monitoring Report, den Benkoe und Lobl am 7. Februar 1945 verfasst haben, wird hier vollständig wiedergegeben: HQ First U. S. Army

Psychological Warfare Combat Team P and PW Section

MONITORING REPORT #16

0001, 7 February 1945

ALLIED NEWS:

EASTERN FRONT: A special order of the day from Marshal Stalin last night

announced that troops of Marshal Koniev’s First Ukrainian Army have crossed the Oder southeast of Breslau and in three days of fighting have advanced up to 13 miles

and have extended their bridgehead to 53 miles. They have pierced the main German defenses on the west bank of the river and have captured Ohlau, Brieg and Loewen and

over 60 localities. This announcement follows German statements to the effect that the

Russians have several bridgeheads across the Oder. Today’s German High Command

communique also reveals that the Germans had to give up Steinau, northwest of Breslau and on the west bank of the Oder. There has been no official Russian announcement about any bridgeheads in this area.

The Russian communique last night reported advances in East Prussia north of Allenstein.

Ins Hirn des Feindes kriechen

There was no mentioning about Marshal Zhukov’s forces last night, who were last

reported massing on the east bank of the Oder on a 100 mile front north and south of Frankfurt. This almost continuous front is only broken at Frankfurt and Kuestrin, where the Germans have bridgeheads across the river. The Germans say the Russians have pen-

etrated into Kuestrin and house to house fighting is in progress there. They also report the Russian in the outskirts of Frankfurt. House to house fighting in Poznan was also reported by the Germans.

The commander of the 433rd German Infantry Division, Lt. General Luber, was captured yesterday by the Russians on the front south of Stettin. In Budapest mopping up operations are continuing and the Russian communique reported the clearing of another 12 blocks of houses.

WESTERN FRONT: First U. S. Army troops last night were half a mile from Schleiden

and Gemuend, where they are blasting their way through the second belt of the Sieg-

fried line, after having left the western defense belt in a heap of rubble. They now control two of the 5 dams which are supplying electricity for the Ruhr industrial area. Further

north, press dispatches put the 78th Division of the First U. S. Army 1500 yards from the village of Schmidt in the Huertgen forest.

To the south of the First U. S. Army, the Third U. S. Army of General Patton is through

the main fixed defenses of the Siegfried line and its crack troops are now facing the so-called mobile defense zone of the West Wall.

In southern Alsace the Seventh U. S. Army driving south along the Rhine, has cut the road from Neu-Breisach to the Rhine bridge. They also stormed the town of Neu-Breisach and are now mopping up there.

French First Army troops have occupied Muenster in the lower Vosges west of Colmar. The entire area from the Vosges to the river Ill has been cleared of the Germans. In the last 24 hours, the French have captured 3500 German prisoners.

Following the RAF raid on Berlin in the night to Tuesday, 1300 American Liberators

and Flying Fortresses with a fighter escort of 850 Mustangs and Lightnings yesterday attacked industrial targets in the Magdeburg, Leipzig and Chemnitz areas. ITALIAN FRONT: There was no change in the ground fighting in Italy.

500 American heavy bombers based in Italy yesterday attacked oil storages in Regens-

burg. Medium bombers bombed again the Brenner pass railway line and other railway lines in northern Italy.

PACIFIC FRONT: The northern part of Manila is now completely liberated. In the

remainder of the city, hand to hand fighting continues. The Japanese are burning thou-

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Die Sharpe Boys am Zenit

sands of tons of bombs, ammunition and other stores. The main resistance from the

Japanese in the capital comes from snipers and machine gunners. So far 5000 Allied internees were freed in the Philippines.

General MacArthur last night told his troops: „The fall of Manila ends one great phase of

the Pacific war and sets the stage for another one. Our motto now becomes ‚on to Tokyo‘“. In the raid on the oil centre of Palanbaug on Sumatra by Brithish naval and air forces, 73 Japanese planes were destroyed in the air and on the ground, while the British lost

15 planes. In Burma the British are meeting stiff opposition from the Japanese in their southern bridgehead across the Irrawaddi.

MISCELLANEOUS: Sir Walter Citrine, the Secretary General of the World’s trade

Unio[n] congress, yesterday told the delegates that the reason why Winston Chur-

chill is no[t] able to address their conference is because he is now having a confer-

ence with Roosevelt and Stalin. This is the first Allied statement in regard to the Three Power meeting. German reports stated that the meeting is taking place at a Rumania[n] Black Sea port, while neutral reports indicate that the place of the conference is Bucha-

rest or somewhere in Russia. There has been no official Allied statement as t[o] the location.

The talks between the Greek Government and the EAM have been resumed today after a two day recess. The prospects for a peace have improved since the EAM has agreed to the government’s view on amnesty and actions against criminal offenders.

Radio Berlin yesterday announced that the chief of the SS, Himler [sic!] has purged the

police chief of Bromberg, which was captured a week ago by the Russians. The reason given was „cowardice before the enemy“. ENEMY NEWS:

GERMAN HIGH COMMAND COMMUNIQUE FOR 6 FEBRUARY 1945:

In the southern border area of Slovakia and north of the western Beskides a number of

penetrations, which the enemy was able to achieve, were sealed off. In the area around the castle in Budapest the German garrison continues to offer heroi[c] resistance against the Bolshevists, who attack with far superior forces.

On the Oder front 71 enemy tanks were knocked out in the course of fierce attacks

and defensive battles between Ratibor and Glogau. The Garrison of Brieg accounted

for 22 tanks alone. Southwest of Brieg the enemy was able to enlarge his bridgehead in spite of the fierce resistance of the German troops.

The engineer Justus Juergensen, member of the construction and repair battalion „Crossen o[n] the Oder“ sacrificed his life in dynamiting the Oder bridge at Fuersten­berg. He was awarded the Ritterkreuz of the Iron Cross posthumously.406

Ins Hirn des Feindes kriechen

Enemy attacks against our main defenses east of Frankfurt on the Oder and against

Kuestrin were repulsed. The Soviets were able to penetrate into the city center of Poznan yesterday. Heavy house to house fighting is in progress.

In the southern part of Pomerania and in western Prussia the enemy attacked without

success. 51 tanks and 71 guns were destroyed in the course of the fighting. The garrison of the town of Elbing resisted the further onslaughts of the Bolshevis[ts.]

On the whole East Prussian front the bitter fighting continues. Counterattack of German formations narrowed down several enemy penetration areas. No major fighting action was reported from Latvia yesterday.

In the West, the British and Americans continued their reconnaissance operations along the entire Roer front, partly under the protection of artificial smoke screens.

In the fighting sector of Schleiden German troops repulsed numerous enemy attacks, while south of the Urfthalsperre the enemy was able to make local advances. [In] The West Wall sector east of St. Vith heavy fighting is reported for some localitie[s] and bunkers.

German artillery dispersed enemy concentrations near Eschweiler with concentrated

fire. The German formations, which had been holding out northeast of the [unleser-

lich] in the Vosges, fought their way back across the river according to orders. The enemy, who tried to interfere with these disengagement moves, was repulsed. After strong artillery preparation the enemy attacked at Ensisheim, but was repulsed, suffering heavy losses.

In central Italy German troops in the Sergio valley [sic! recte Valle del Serchio] recap-

tured several positions in counterattack, which had been lost temporarily near Gallicano.407 Reconaissance attacks of the enemy south of Bologna remained unsuccessful.

In eastern Croatia bandit raids against the Syrmian front were repelled with high losses

for the enemy. On the central Drina German Grenadiers captured the town of Zvornik after bitter fighting.

The Non Commissioned Officers Training School, under the Command of Colonel

Reichhart has held the town of Steinau in gallant fighting for 5 days against the attacks of the enemy, numerically far superior in tanks and infantry. Only after their ammunition was exhausted, the heroic garrison fought its way back to their lines. ENEMY PROPAGANDA FRONT

GERMAN HOMEFRONT: „The German people have to cope with two situations at

present“[,] Dr. Otto Driegk [sic! recte Kriegk] stated in yesterday’s ‚Review of the Sit-

uation‘. „One is a militar[y:] the holding of the Bolshevist attacks along the new Oder front and in the west the dealing with the new Allied onslaught, which we expect with

certainty in the near future. The second situation arises from the ‚Three Power Confer-

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ence‘, which is now in progress, and in which the enemy is trying to achieve by political

means what he could not achieve by military measures.“ Going into the often repeated tirade about the stabilization of the eastern front, Dr. Kriegk pointed out that the Bol-

shevists has [sic!] intended to reach the Oder last summer, but failed, and now had to resort to a second mass of forces which they actually had prepared to overrun western

Europe and to drive the western Alliies out of the continent. However, more blows from

the east and the west can be expected, he warned. „But unity is the strongest weapon“, he maintained, „and the spirit of resistance of the German people, which has now flared

up to an all time high, will stand off the onslaught of the Asiatic Bolshevist horde in the

east and the invasion of the Jewish Plutocrats from the west. A united Germa[n] people at home, at work, and at the front is more than a match for anything the enem[y] can

throw against us and the determination of the people is based on a moral stren[gth,] on

the achievement of National Socialist Germany in creating a national unity, which now proves unconquerable to the enemy.“

At this point Dr. Kriegk stated that since the enemy might not be able to achie[ve] his

aims by military means he will try to launch a large political offensive, namely an appeal to the German people to overthrow the government and to ask for „unconditional sur-

render“. This has been decided on at the Stalin-Roosevelt-Churchill conference now in progress, the commentator claimed. „But we know what to expect from an unconditional surrender, we have ample evidence in most recent history. In Bulgaria, Roumania and

Finland, and in the future in France, Belgium and Italy, Bolshevism is taking over and

thus the whole of Europe would soon be overrun by those hord[es] if it would not be for us – Germany. The western Allies themselves want to disconti[nue] the war, which has proven so terrible for them, so they are resorting to such an app[eal] to tempt us to give up, because they know that we are the indestructible bulwark against the ­Bolshevist flood and the Plutocratic Jewry.“

In conclusion Dr. Kriegk stated: „The Allied appeal for unconditional surrender belongs in their file of unsuccesful military political offensives. One has only to see the German

people at work and in the fight in order to realize that eve[n] in the face of these military and political onslaughts we are inconquerable.“

Lt. General Dittmar last night took up the same propaganda line which had been used by Dr. Kriegk earlier in the day. It appeared as if he would be answering to an appeal

made by the Allies for unconditional surrender. He pictured the German nation walk-

ing on a narrow path, on both sides of which a horrible abyss was gaping. „Only sober confidence and determination can prevent us from losing balance and falling into this abyss, but if we can hold on to this we will cross this path and come out succes[s]fully.“

Dittmar pointed out that it is not a question of a few provinces for which the war is

being fought, but a matter of life and death. „We want to give Germany its rightful place

Ins Hirn des Feindes kriechen

among the powers of the world, a nation of first rank, which is destined for big things to come, and not a nation of slaves, subjugated by the Bolshevists.

The enemy is using two weapons to place the noose around our neck. One is his military onslaught, which has proven insufficient and costly for his purposes, and the second is

the political weapon, the appeal for unconditional surrender. However, as much as we

have to bear and to sacrifice now, we know that we would have to expect much more horrible things should we capitulate. We would be living in fear without end, instead of being free of fear in the end. The enemy wants to achieve a quick victory without

cost, because of his innerpolitical crisis and desparate situation, and because he fears a

repetition of Germany’s feat [sic!] of December 16th. But the situation is different now, the Oder has become Germany’s river of fate and ene[my] operations have come to a standstill there during the past few days. And in the we[st] the enemy is still under the

impression of our winter offensive and is not so sure of himself, as the appeal for unconditional surrender proves.“

At this point Dittmar came back to his picture which he had described in the begin-

ning of the commentary and concluded: „Thus we are walking with somnambulistisc sureness along this narrow path, and with determined step and incomparable willpower

we disregard the abyss gaping on both sides. No one can ask us to continue on this path indefinitely, but at the same time no one can ask us to throw ourselves into th[e] abyss of unconditional surrender.“

FIRST ARMY PRESS REPORTS

By Jack Bell

War Correspondent, Chicago Daily News WITH THE FIRST U. S. ARMY, BELGIUM – (Feb. 6) – The attack was due to

jump off. What lay ahead? „Get some prisoners“, ordered the general at corps. The order went „through channels“, to the division general, through regiment, battalion, company

and so on down to the intelligence and reconnaissance platoon where the captain said, „All right. Sergeant; get ready!“

Sergeant Alfred Raymond, Reading, Pa., picked up two extra clips of ammunition[,]

stuffed a couple of K rations in his pockets, attached two grenades to his blouse just under the shoulders where he could get at them quickly, called a curt „Okay, lets [sic!]

travel“ to Cpl Ted LaFree and a private, and they slipped through the forest down a ravine and disappeared into the dusk.

Out there between armies its [sic!] deadly business. Sentries trained for the job listen for every sound, guns cocked and trigger-fingers eager. Jackets must not brush against

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tree branches or shoes tread on infirm sticks. Even breathing is dangerous, for its [sic!] no man’s land where they shoot first and don’t even investigate later.

Sergeant Raymond rated the best scout in the 82[n]d Airborne Division, knew what

he wanted, and also knew the trio was on the most dangerous of all missions. „Go get prisoners.“ It means, when troops aren’t moving that you’ve got to surprise and capture an enemy tensely alert; that doing it quietly to prevent a hail of fire almost means life instead of death.

The night was bitterly cold but they had to move slowly, often standing for long periods to be sure they weren’t detected. When they drew near the machine gun nest they

dropped to their bellies and crawled silently through the snow. Sergeant Raymond cursed

to himself when he saw the gunners had posted sentries, one directly in front of them. This made flanking out of the question because they could hear the Germans talking in the trenches behind the outpost.

Sergeant Raymond lay near a path running from the machine gun nest back to the Ger-

man trenches, ten yards from the sentry. LaFree was on the other side, the private back fifty yards. Along the path beside Raymond German soldiers were coming forward, a tense moment.

Then it happened: Back of them a branch cracked whiplike in the cold silence. Raymond instinctively thought, „That damned kid; hope he ducks.“ Even as the thought flashed

through his brain the sentrys [sic!] rifle cracked. The German machine gunner and a

burpgunner poured lead toward the unfortunate private. Raymond felt happy that LaFree,

realizing they were detected, blazed away with his tommygun at the machine gun nest. Amid the rattle of fire Raymond’s rifle, which spoke but once, went unnoticed but the

sentry dropped into the snow. The Germans turned and ran back the path followed by those from the nest. Raymond heard them tumble into their holes.

Then the silence, so violently interrupted, stole back again; silence so tense and intense

that Raymond hardly dared breathe. Getting a prisoner was out of the question; but out there in the snow, in plain sight of himself and the Germans as well lay the dead man – and the general wanted information.

The sergeant didn’t hesitate. Silently he crawled to the inert [sic!] form. Using the body to shield him from the Germans, he slipped one hand deftly into the dead man’s pockets, withdrew his papers and vanished into the friendly shadows of the forest.

The captain swore softly, because the lad was loved by all his comrades. The colonel grabbed the German papers eagerly, military intelligence rubbed its hands gleefully and the information vitally effected operations when the 82[n]d went into action next day.408

Die am Ende platzierte Story des Sergeant Raymond zeigt: Der Monitoring Report war nicht nur eine Ansammlung von Nachrichten über Freund und Feind,

Ins Hirn des Feindes kriechen

die als Grundlage für US-Flugblätter und Propagandaplanungen zur Verfügung gestellt wurde. Er diente auch der amerikanischen Binnenpropaganda. Den feindlichen Artikulationen des OKW und der Herren Kriegk und Dittmar über deutsche Kampfeskunst, Widerstandskraft und Wehrmachtsmärtyrer vom Schlage eines Justus Jürgensen, denen breiter Raum gegeben wurde, wurde hier eine sinnstiftende und spektakuläre Erzählung aus Sicht eines amerikanischen GIs gegenübergestellt. Diese war anders als die NS-Parabel des „gerechten“ Herrn Justus nicht von „peinlich archaisierender Opferrhetorik“ durchsetzt,409 sondern erzählte vom Heldenmut und der Kaltblütigkeit eines Wildwestschützen.410 Eines Manns also, der mit seiner heroischen Individualität aus der amorphen Masse eines Millionenheers heraussticht. Diese letzte Seite von Benkoes und Lobls Monitoring Report ist auch im Kontext einer anderen Entwicklung zu lesen: So nahmen die oft als „Manipulatoren“ verschrienen psychologischen Krieger aus den MRBCs mit ihrer weißen Propaganda die Fakten sehr ernst; die oft als aufklärerisch eingeschätzten zivilen Print-Journalisten411 tendierten hingegen zur Fabulierlust und Verzerrung von Fakten. Dass also die US-Propagandasoldaten mit ihren unaufgeregten und informativen Flugblattschriften ihren feindlichen Lesern mehr oder weniger die Wahrheit sagten, während die hurrapatriotischen Kriegskorrespondenten, wie der eben zitierte Jack Bell, dem US-Publikum alle möglichen Fantastereien auftischten,412 gehört zu den Paradoxien der Kommunikationsgeschichte des Zweiten Weltkriegs. Doch bei allen erzählerischen Freiheiten, die sich der im Monitoring Report erwähnte Frontberichterstatter der Chicago Daily News nimmt: Am Ende dreht sich seine Story weniger um forsches Draufgängertum oder um die „Probe des Feuers“,413 sondern um das Intelligence-Paradigma. Der im Text erwähnte, informationshungrige US-Oberst muss sich nicht lange über die ausbleibenden „prisoners“ ärgern, sondern kann sich über die vom Helden Raymond erbeuteten Papiere des toten Wehrmachtskämpfers freuen. Dieser Aufklärungserfolg wiegt letztlich mehr als das Erfolgserlebnis im Infanteriekampf (bei dem die deutsche Wehrmacht den Amerikanern handwerklich meist überlegen war). Es wird hier also bereits eifrig am Mythos der Geheim- und Nachrichtendienste gebastelt. Welche Erkenntnisse bringt der oben wiedergegeben Monitoring Report nun zur deutschen Feindmoral? Am Beispiel des zweifach erwähnten italienischen Kriegsschauplatzes zeigt sich etwa, wie hilfreich die im täglichen Abhörbericht einander gegenübergestellten „Allied News“ und „Enemy News“ für die PWIMoralanalysten und die Propagandisten in den Flugblatt- und Rundfunkredaktionen waren. Sprechen alliierte Quellen laut Benkoe und Lobl von „keinen Veränderungen“ im Bodenkampf in Italien, so verlautbart man auf Seiten der Wehrmacht,

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dass im Zuge eines deutschen Gegenangriffs mehrere Stellungen im Apennin zurückerobert worden sind. Die praxisorientierten Dialektiker in den US-Propagandaabteilungen konnten sich so ein Bild von der militärischen Lage machen, das der Realität nahe kam: Sie durften einerseits darauf vertrauen, dass etwa die Meldungen der Stäbe von der 15. alliierten Armeegruppe über die relativ ruhige Lage in Italien grundsätzlich auf Fakten basierten; andererseits wurden sie dank des Monitoring-Berichts darüber in Kenntnis gesetzt, dass die sich in einem „beweglichen Verteidigungskrieg“ (also einem ständigen Rückzug)414 befindliche Wehrmacht nach wie vor in der Lage war, einzelne Gefechte für sich zu entscheiden und diese „Abwehrerfolge“415 in Form von mutmachenden Heldengeschichten in die zunehmend peinlicher und verlogener werdende Durchhaltepropaganda einzuweben. Der Monitoring Report von PWB/1st Army war also eine Art Meinungsforum, eine diskursive Begegnungszone. In Letzterer trafen die Lageeinschätzungen der Amerikaner und Briten auf leidenschaftlich vorgetragene NS-Miniaturen über Vertreter des „ritterlich kämpfenden“ Germanentums, die dem Ansturm der „asiatischen Bolschewikenhorde im Osten“ und der „jüdischen Plutokraten im Westen“ tapfer standhielten.416 Ergänzt wurde das Ganze wie bereits erwähnt durch saftige Reportagen und patriotische Stories von US-Kriegskorrespondenten zum Alltag an der Front. Aufgrund seiner Vielstimmigkeit war Benkoes und Lobls Bericht daher ein nicht zu unterschätzender Beitrag zu einer ausgewogenen Einschätzung der Gesamtkriegslage. Des Weiteren zeigte der tägliche Abhörbericht, dass auch die NS-Propagandisten trotz ihrer pathostriefenden und realitätsfernen Rhetorik fallweise imstande waren, rationale Überlegungen in konkrete „propaganda policy“ einfließen zu lassen. Wenn etwa der mehrfach zitierte Goebbels-Mitarbeiter mit dem programmatischen Namen „Dr. Kriegk“417 das bei der alliierten Konferenz in Casablanca ( Jänner 1943) beschlossene gemeinsame Kriegsziel der bedingungslosen Kapitulation Hitlerdeutschlands (unconditional surrender) öffentlich anspricht, trifft er damit einen sensiblen Punkt auf Seiten der Anti-Hitler-Koalition. Besonders die angloamerikanischen Militärpropagandisten sahen sich durch diese wenig inspirierende Negativformel in ihrer Tätigkeit eingeengt. Kritische US-Stimmen behaupteten, dass die Forderung nach bedingungsloser Kapitulation NS-Propagandisten wie Kriegk reichlich Munition zur Stärkung der deutschen Moral in die Hand gegeben habe. Das NS-Regime habe durch den mit schriller Apokalyptik vorgetragenen Verweis auf die Motive hinter der bedingungslosen Kapitulation das Schreckgespenst der totalen Versklavung oder Zerstörung Deutschlands an die Wand malen und dem deutschen Kampfgeist

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neue Impulse geben können.418 Auch wenn Daniel Lerner anhand der abgefangenen Briefe deutscher Zivilisten und der Ergebnisse der U. S. Strategic Bombing Survey argumentiert, dass breite Segmente der deutschen Bevölkerung den Amerikanern ein derartiges Verhalten nicht zutrauten,419 zeugt der im obigen Monitoring-Bericht dokumentierte Versuch des Otto Hermann Kriegk vor allem eines: Die weit verbreitete Angst vor „dem Russen“ mit dem Unbehagen über die von den Alliierten geforderte bedingungslose Kapitulation zu verbinden, ist eine durchdachte NS-Strategie.420 Das von Generalleutnant Dittmar gezeichnete Bild des tiefen Abgrunds, in den Deutschland fallen würde, falls es sich für die Kapitulation entscheidet, soll den Empfängern zeigen: Jede andere Handlung als Kampf bis zum Schluss mündet in die Schreckensherrschaft der anstürmenden Bolschewiken! Angesichts des hohen Durchhaltewillens der Zivilbevölkerung und des bis Fünf vor Zwölf aufrecht erhaltenen Kampfgeists der Wehrmacht421 dürfte diese rhetorische Bewirtschaftung von Angstgefühlen und die Zuspitzung auf binäre Logiken (Leben oder Tod, Alles oder Nichts, „Sieg oder Sibirien!“)422 zu weiten Teilen erfolgreich gewesen sein. Den mit dem Rücken zur Wand stehenden faschistischen Meinungslenkern ist es so erstaunlich lang gelungen, „den rationellen Diskurs zu untergraben und durch eine emotionale Logik zu ersetzen.“423 Dennoch: Der Sieg der materiell, personell und publizistisch überlegenen Westalliierten ließ sich durch derartige „last ditch“-Kämpfe der Goebbels-Leute höchstens verzögern, aber keinesfalls aufhalten. Das gilt gerade für das Feld der Propagandaaufklärung. Das methodisch moderne, enge Ineinandergreifen von globalen, eher strategischen Monitoring-News und regionalen, eher taktischen PWI-Verhörreports lässt sich anhand des Kampfpropagandateams der ersten US-Armee gut veranschaulichen. So ist die laut OKW-Tagesbericht bzw. Benkoes und Lobls Monitoring Report Anfang Februar 1945 zunehmend in Bedrängnis geratene Urfttalsperre, die den Fluss Urft (ein Nebenfluss der Rur) zu einem großen See aufstaute, nur wenige Tage nach der Niederschrift des obigen Abhörberichts ins Visier des PWI-Chefs und Kollegen Jacob Tennenbaum geraten. In seinem Propagandaaufklärungs-Wochenbericht für PWB/1st Army erwähnt Letzterer die Episode einer deutschen Streife, der befohlen wurde, den „Urft Dam“ aus militärischen Gründen zu sprengen. Der Trupp erkannte laut eigenen Angaben jedoch den Wahnwitz dieser „Selbstmordmission“, lief zu den Amerikanern über und unterzog sich bereitwillig einem Verhör;424 der Damm fiel den Amerikanern schließlich unbeschädigt in die Hände.425 Die mittels mehrerer Kanäle erfolgende Informations- und Erkenntnissuche der Propagandaaufklärer von PWB/1st Army zu Themen wie der Urfttalsperre brachte die Amerikaner sehr nahe an die „Wahrheit“

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heran. Und Letztere wurde in der Propaganda sehr oft auch thematisiert und den oft unwahren deutschen Durchhalteparolen entgegengestellt. Der First Army Monitoring Report war bald so gefragt, dass das später auf fünf Personen angewachsene Abhörteam mit der Produktion desselben fortfuhr, nachdem das deutsche Radio Arnhem längst seine Bedeutung verloren hatte. Ende April 1945 wurden zwischen 700 und 900 Kopien des Berichts täglich erstellt und an die First Army Headquarters sowie an „all the Army’s major lower echelons“ (Korps-, Divisions-, vielleicht auch Regimentsstäbe) weitergeleitet.426 Zusätzlich zu seinem allgemeinen Wert als Nachrichtenquelle, die den Flugblattschreibern427 und Aufklärungsexperten ein Bild der strategischen Grundzüge der Feindpropaganda vermittelte, war der Monitoring Report die offizielle Quelle für News bei der Stabsbesprechung im Hauptquartier der ersten US-Armee. Der tägliche Monitoring Report wurde daher als „one of the most valuable documents to reach the desk of busy officers of the First Army each day“ bezeichnet.428 Als den Amerikanern in einer Zeitungsredaktion in Marburg ein sogenannter Hell-Schreiber429 in die Hände fiel, nutzte das Monitoring Team von PWB/1st Army gegen Ende des Kriegs auch die Möglichkeit, auf die offizielle „news file“ des Deutschen Nachrichtenbüros (DNB) zuzugreifen.430 Im Monitoring Team übten die „German linguists“ Benkoe und Lobl nicht nur abhörbezogene, stenografische und redaktionelle Tätigkeiten aus. Als vielseitig einsetzbare Schlüsselkräfte waren sie auch Rundfunktechniker, störten deutsche Frequenzen, überprüften die Empfangsqualität britischer und amerikanischer Sendungen und verhörten vermutlich auch weiterhin Kriegsgefangene. Nach der Befreiung ihres ehemaligen Heimatlands vom Nationalsozialismus kehrten Erwin Benkoe und Herbert Lobl nicht mehr dauerhaft nach Wien zurück. Sie waren emotional und kulturell keine Österreicher mehr. Während Lobl – mit der Ausnahme eines Freunds, den er im Konzentrationslager Dachau unter den Überlebenden antraf – seine „lots of friends“, die vor 1938 seinen Weg begleitet hatten, nie mehr wiedersehen sollte,431 schien Benkoes Namen nur noch in einem Schreiben an die US-Besatzungsbehörden in Wien auf, in denen es um die Klärung von Eigentums- und Geschäftsverhältnissen seines Schwiegervaters ging.432 Benkoe diente ab Juli 1945 im Raum Frankfurt noch einige Monate lang als Nachrichten-Unteroffizier des 6871st District Information Services Control Command (DISCC) im Bereich „Media Reconnaissance“,433 Lobl war bei der 6870 th DISCC in der Rundfunksektion tätig.434 Der 1977 verstorbene Benkoe suchte sein Glück später als Spielzeugdesigner in Los Angeles,435 Lobl war nach dem Krieg unter anderem im Immobilien-Business tätig. Körperlich äußerst geschwächt, aber geistig bis zum Schluss wach, zeigt Lobl durch sein Oral History Interview

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für das US Holocaust Memorial Museum knapp vor seinem Lebensende auf, dass Juden wie er sich während der Shoah nicht nur passiv verhielten oder sich ins „bequeme“ Exil verabschiedet hatten. Der moribunde Kriegsveteran, der 1945 als „investigator“ und Befrager von KZ-Insassen den Horror von Buchenwald und Dachau gesehen hatte, legt Zeugnis darüber ab, dass er gegen das NS-Regime aktiven Widerstand von außen geleistet hat. In einer hochgradig emotionalen Passage erzählt Lobl davon, wie er als nunmehriger Staff Sergeant einer Überlebenden des „Altersghettos“ Theresienstadt gegenübertrat. Die Frau, so Lobl, sei in einem miserablen Zustand gewesen, Wiener Gestapobeamte hätten ihr noch vor der Deportation und den späteren Qualen und Erniedrigungen im Lagerkosmos die Zähne ausgeschlagen. Beim Anblick des jungen US-Soldaten seien ihr die Worte „Herbert, kommst‘ mich retten“ über die Lippen gekommen.436 Die geschundene, aber in diesem Moment wohl glückliche Frau war seine Mutter. Gefragt, welche Botschaft er den künftigen Generationen mit auf den Weg geben will, bricht der in die Herzkammer des Bösen437 vorgedrungene Ex-Österreicher in Tränen aus und fleht mit gepresster, hoher Stimme in Richtung Kamera: „Don’t forget us. Don’t forget us. Don’t forget the Holocaust.“438 2.2.5 Resümee Mindestens 15 österreichische Sharpe Boys, also gut ein Drittel der im Rahmen dieses Buchs untersuchten Propagandaspezialisten, waren während des Kriegs vollzeitig oder teilweise als Verhör- oder Nachrichtensoldaten für die Propagandaaufklärung tätig. Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse und ihres kulturellen Wissens wurden diese Menschen während ihres Einsatzes vielfach in diese Arbeit „gedrängt“, da die überwältigende Anzahl an deutschen Kriegsgefangenen und die Intensivierung der US-Propagandaproduktion zunehmend mehr Ressourcen für die Psychological Warfare Intelligence erforderte. Moralverhörer wie Hans Habe, Jacob Tennenbaum oder Emanuel Rapoport waren zwischen 1943 und 1945 intensiv in das „Gespräch mit der Volksgemeinschaft“ des Kriegsgegners involviert.439 Eines Feinds, den sie als Flüchtlingssoldaten, die aus dem Herzen des Deutschen Reichs kamen, nur zu gut kannten. Die Feedback-Schleifen in Form der Gefangenenbefragung ermöglichten es den Protagonisten dieses Kapitels, die vermeintlichen Wirkungen und Reaktionen der deutschen Empfänger auf amerikanische „broadcasts“ und Flugblattabwürfe mit den Tätigkeiten der US-Propaganda­produzenten stets aufs Neue zu synchronisieren. An dieser Stelle ist einmal mehr festzuhalten, dass nicht nur qualitative Einzelverhöre die Moralaufklärung und Propaganda beeinflussten. Obwohl sie eher mit

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taktischer Frontpropaganda bzw. dem unmittelbaren „Kriegsgefangenen-Machen“ befasst waren, landeten auf den Schreibtischen der Moralaufklärer auch die Ergebnisse von Massenumfragen zur Feindmoral. Diese „strategic intelligence“ stammte aus den westalliierten (CSDIC-)Verhörlagern und der SHAEF-Zentrale. Zeichneten die von den Kampfpropagandisten aus Camp Sharpe im Feld geführten Einzelinterviews ein eher subjektives Bild der deutschen Soldatenseele, so sorgten die standardisierten Fragenkataloge in Form der sogenannten Morale Questionnaires und PWI Surveys für generalisierbare Einschätzungen der Feindmoral. Die Morale Questionnares etwa „konstituierten eine der umfangreichsten zeitgenössischen Meinungsumfragen“, die deutschen Soldaten in Verhörlagern zur Beantwortung vorgelegt wurden.440 Auf diese Weise wurden tausende Gefangene „zum vermuteten Kriegsausgang, ihre Haltung zu Hitler und zum Nationalsozialismus, ihr Eindruck von der Moral in der Wehrmacht, ihr Bild von ihren Kriegsgegnern und zu anderen Aspekten“ befragt.441 Die quantitativen Daten solcher Fragebögen wurden in der Folge mit qualitativen Inhalten aus den Einzelverhören abgeglichen. Obwohl die „nur an unmittelbar verwertbaren Erkenntnissen interessiert[en]“ USMilitärs442 nicht immer mit wissenschaftlicher Exaktheit zu Werke gingen, war die von ihnen teilweise umgesetzte Synthese aus quantitativer Breitenanalyse und qualitativer Tiefenanalyse, aus Empirie und Hermeneutik, innovativ.443 Gelang es doch dadurch, die hundert- und tausendfach zur Verfügung stehenden, aber oft wenig aussagekräftigen Zahlenkolonnen und Daten der Meinungsumfragen mit der biografischen Einzelbetrachtung in Einklang zu bringen: Die Analysen der „Military Intelligence“ [und „Propaganda Intelligence“] weisen […] in ihrer Kombination von Einzelinterview und quantitativen Umfragen bereits auf die

Nachkriegsentwicklung der Sozialforschung hin. Zum methodischen Herzstück dieser Annäherung wurde neben den Meinungsumfragen das lebensgeschichtliche Interview

ausgesuchter Kriegsgefangener, so genannter „representative types“, die man aufgrund

von Herkunft, Beruf oder Elternhaus für repräsentativ für ein bestimmtes Milieu oder eine bestimmte soziale Schicht hielt.444

Falko Bells Beschreibung der britischen „POW-Intelligence“ trifft insgesamt auch auf die US-Propagandaaufklärung zu.445 Bis „zum Kriegsende“, so Bell, „vergrößerte sich die POW Intelligence um ein Vielfaches. Insbesondere Soldaten des deutschen Heeres strömten nun in die britischen Verhörlager. Methodisch war man durch die Informationen, die seit etwa einem Jahr rege in Nordafrika und dann in Italien gewonnen wurden, von Einzelinterviews und kleineren statistischen Ehrebungen zur Massenbefragungen und theoretisch fundierten Studien übergegangen.

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Mit Hilfe des sich herausgebildeten mehrstufigen Extraktionsprozesses wurden Kriegsgefangene aus dem Mittelmeer und Frankreich an verschiedenen Stellen angezapft. Dadurch war es auch möglich, mittels Fragebögen, Gruppenverhören und einer großen Zahl an Detailbefragungen ein breites Bild von der deutschen Wehrmacht zu erlangen. Die Glaubwürdigkeitsproblematik von einzelnen POWBerichten wurde damit ausgehebelt.“446 Doch trotz dieser beachtlichen Ausdifferenzierung des angloamerikanischen Aufklärungs- und Verhörkomplexes kann man festhalten: Das persönliche Gespräch mit dem deutschen Kriegsgefangenen blieb bis Kriegsende der Dreh- und Angelpunkt der frontnahen Propaganda Intelligence der (exilösterreichischen) MRBC-Kampfpropagandisten. Der de facto permanent verfügbare, örtlich gebunde und immer wieder befragbare „POW“ war – ungeachtet aller erkenntnistheoretischen Probleme und Fragezeichen zur Verwertbarkeit seiner Aussagen – „a pollster’s dream“.447 Und die Meinungen, Ängste und Hoffnungen des befragten Wehrmachtskämpfers wurden von den US-Psychokriegern vielfach ernst genommen und in konkrete publizistische Produkte eingewoben. Alfred de Grazia schildert diesen – inmitten eines hart geführten Kriegs – ­Diskussions-, Kooperations- und Aushandlungsprozess zwischen amerikanischen Propagandaleuten und deutschen Frontkämpfern scharfsichtig: Amidst the continual blasting of the cannon, in this desolate landscape, party to the fall-

ing dead and anguished wounded, there was a considerable dialogue going on between the

German common soldier and the little propaganda group inside the cave, representing the Allied troops. Troops knew this and, although they soon wanted to carry on discussions and became eager to hear what his representatives were telling the other side, and why weren’t we telling them that they had better surrender right away or else we’d massacre them, something they, of all people, did not really believed could be done. They wanted to

give voice. The propagandists gave voice. There were developed several potent and tested messages, based upon careful analysis of expertly conducted interviews of the enemy.448

Die PWI-Vernehmungen ermöglichten den Amerikanern also nicht nur die aktive Einbeziehung der Adressaten in die Flugblatt- und Textproduktion, sondern stellten auch eine Art diplomatische Kontaktzone dar. Der deutsche „POW“ in amerikanischer Hand war wie ein Repräsentant, eine Art Parlamentär, der stellvertretend für sein Lager mit der feindlichen Gesandschaft verhandelt bzw. sich mit ihr austauscht – das Ergebnis dieser Kommunikation konnte in zahlreichen Fällen zeitverzögert in Form von Flugblatt- oder Rundfunkzitaten nachgelesen oder nachgehört werden. Mit seinen Verhöraussagen und seinem Benutzer-Feedback zu den PWB-Propagandatexten konnte der deutsche Kriegsgefangene auch Ein-

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fluss auf die „Nachrichten“ der US-Armee nehmen und damit indirekt spannende Informationen an seine äußerst nachrichtenhungrigen Wehrmachtskameraden auf der anderen Seite der Front zurückspielen. Denn Letzteren wurden ja regelmäßig wichtige Informationen von Seiten der Heeresführung und des Regimes zurückgehalten.449 Und noch etwas begünstigte unsere Sharpe Boys bei ihrer Moralaufklärung: Immer wieder erfährt man in den Memoiren der Intelligence-Offiziere, dass viele Deutsche in den Vernehmungen überraschend gesprächig waren. Das ist wohl auch damit begründbar, dass ein Verhörgespräch mit einem deutschsprachigen „Landsmann“ und „intellectual peer“450 nicht nur eine einschüchternde, sondern auch eine therapeutische Wirkung auf den Befragten haben kann. Dem Schlachtentaumel eben erst entronnen, konnte Letzterer durch offenes Aussprechen der durchlebten Ängste und Unbilden manche dieser Erfahrungen besser verarbeiten – und nebenbei den lauschenden US-Psychokriegern Informationen oder griffiges, „menschelndes“ Output-Material mitliefern. Bei der Propaganda Intelligence geht es also um nichts weniger als um das systematische Abtasten jener „Wirklicheit“, die man in Folge mit publizistischen Mitteln zweckdienlich beeinflussen will. Auf ihre je eigene Weise versuchten die Protagonisten dieses Kapitels, „der Wirklichkeit habhaft zu werden.“ Die Möglichkeiten, ihr individuelles Erleben als Moralaufklärer mit der Wirklichkeit des Kriegs in Einklang zu bringen, reichten „von der sinnlichen Wahrnehmung über die systematische Qualifikation bis zur mythischen Sinnstiftung.“451 Ratio und Logos behielten dabei klar die Oberhand über Pathos und Mythos: Indem sie sehr realitätsnah und bodenständig im „Zwischenreich von Worten und Dingen“452 operierten, versuchten die exilösterreichischen PWI-Experten aus Camp Sharpe die diskursive und die soziale Ebene des Kriegs zusammenzuführen und abzugleichen, um in weiterer Folge die „reale Welt“ nach ihren eigenen Vorstellungen formen zu können. Das von den US-Moralanalysten angewandte, praxisorientierte und intuitive Verfahren zur Herstellung von Repräsentativität hat hierbei mehr mit Siegfried Kracauers gegenstandsbezogener und handfester Gesellschaftsanalyse453 oder Karl Poppers piecemeal social engineering454 als mit abstrakten Theoriegebäuden gemeinsam. Der oft weltfremde, „jenseits aller sozialen Realitäten angesiedelte“ Campus Radicalism der späteren Cultural Studies455 war für den westalliierten Militär-, Propaganda- und Geheimdienstapparat, der einen existenziellen Kampf gegen den Nationalsozialismus zu führen hatte, kein gangbarer Weg. Und was noch wichtiger ist: Während die Nationalsozialisten ähnlich wie Platon mit ihrer pervertierten Form des utopian engineering einen perfekten Staat und einen neuen, rassisch „reinen“ Menschen erschaffen wollten456 und hierfür auch die Wehrmacht und die Propaganda als Instrument ihrer von der Realität weitgehend abgekop-

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pelten Politik einsetzten, war man in den angloamerikanischen Kommandoposten und Redaktionsräumen an pragmatischeren Lösungen interessiert. So wurde das erworbene Wissen aus der PWI-Aufklärung von den US-Kampfpropagandisten entsprechend der Popper’schen Politik der kleinen Schritte und des trial and error-Prinzips laufend in neue Propagandaexte eingearbeitet. Diese wiesen in der Regel einen engen Bezug zur subjektiven Erfahrungswelt der Empfänger auf. Die reale Lebenswelt der deutschen Soldaten außerhalb des diskursiven Kosmos wurde von Leuten wie Jacob Tennenbaum nicht nur tausendfach untersucht und interpretiert. Durch die auf solchen Erkenntnissen fußende Arbeit amerikanischer Propagandaaufklärer und -produzenten wurde diese Realität auch permanent beeinflusst, verändert und stets aufs Neue (mit-)erschaffen, stets neu konstruiert.457 Zwar entfernte man sich mit jedem einzelnen Moralverhör, das von den PWISpezialisten schriftlich festgehalten und in die „Welt der Zeichen“ bzw. später in Flugblätter überführt wurde, von der Vielfältigkeit, Komplexität und Materialität der „Welt der Dinge“;458 andererseits wurde „bei jedem Schritt“, jedem Verhör, jeder Meinungsumfrage, jeder Analyse „auch etwas gewonnen, denn wir haben durch ebendiese Arbeit der Re-repräsentation ein Mehr an Kompatibilität, Standardisierung, Text, Berechnung, Zirkulation und relativer Universalität erreicht.“459 In Anlehnung an den eben zitierten Bruno Latour kann man stark überspitzt behaupten: Die US-Propagandakrieger an der Westfront hielten mit ihren auf zahlreichen Informationsquellen und menschlicher Kooperation fußenden Moralanalysen am Ende die „einsehbaren“ deutschen Soldatenhirne in der Hand.460 Ohne diesen – erkenntnistheoretisch gewiss problematischen – Glauben an das Simulacrum, an die Rekonstruktion von Wirklichkeit mithilfe von ausgefeilten Transformationsketten, hätte sich die US-Kampfpropaganda niemals als so flexibel, „kundenorientiert“, faktennah und responsiv entpuppt, wie sie es schließlich gewesen ist. Wie mehrfach gezeigt, floss das, was die PWI-Offiziere über Psyche und Kampfkraft der Wehrmacht zu wissen glaubten, oft direkt in die Flugblätter und Radiosendungen ein. Die in diesem Buch zitierten Beispiele für gelungene oder glaubwürdige Propagandakampagnen zeigen, wie sehr die analytischen Anstrengungen der US-Moralaufklärung den Bedürfnissen der „realen Welt“ entgegenkamen. Der dialektische und dialogische Blick der Amerikaner in die Seele des Landsers war ein scharfer. Dies ändert natürlich nichts daran, dass bis zum Ende des Kriegs die Kampfkraft der Wehrmacht und der kameradschaftliche Zusammenhalt innerhalb der soldatischen Primärgruppen groß und die Zahl der Desertionen niedrig war. Die meisten blieben dem „Führer“ treu.461 Wie bei ihren deutschen Kameraden war etwa bei den österreichischen Kämpfern gegen Kriegsende wohl eine höhere Desertionsneigung zu beobachten, von „einer Massenflucht konnte aber keine Rede sein“462 –

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auch wenn sich die amerikanischen Propagandakrieger defätistische Volksgrenadiere, frustrierte Österreicher und desertierende Unteroffiziere herbeischreiben wollten. Die begrenzte Wirksamkeit der US-Kampfpropaganda wird besonders bei jenen Themen sichtbar, die für den Adressaten keine existenzielle Bedeutung hatten. So legt etwa die stichprobenhafte Auswertung von acht PWI-Verhören, die der Sharpe Boy Emanuel Rapoport mit österreichischen (Ex-)Landsleuten geführt hat, den Schluss nahe, dass die gern aufgegriffene Österreich-Ideologie oder gar österreichpatriotisch motivierter Widerstandsgeist für die Befragten kaum Bedeutung hatten. Hätte man in der US Army die Ergebnisse dieses kleinen Verhörsamples operativ als Maßstab genommen, wäre der bisherige „Erwartungshorizont zu korrigieren“463 und die Produktion spezieller Österreich-Flugblätter obsolet gewesen. Doch einflussreiche Moralanalysten wie Jacob Tennenbaum haben derartige Hinweise auf die schwache Wirkung von nationalistischen Appellen auf die Landser bewusst oder unbewusst ignoriert und an der Westfront gern auf das schwer „verkaufbare“ Thema der Österreich-Identität gesetzt. Dies zeugt auch von einem gewissen Wunschdenken, das mit der sozialen Realität der weitgehend „funktionierenden“ ostmärkischen Landser nur schwer zu vereinbaren war. Gerade die Kluft zwischen propagandistischem Desiderat (Österreicher zum Desertieren bewegen) und Resultat (Österreicher desertieren selten) legt schonungslos offen, dass die Propaganda Intelligence all ihren innovativen Ansätzen, akkumulierten Daten und ambitionierten Zielen zum Trotz auch eine „widersprüchliche Mischung aus Rationalität und Vermutungen“ war.464 Die Tätigkeit der Feldhermeneutiker im Rahmen der Moralaufklärung sollte jedoch nicht nur in Bezug auf ihre erkenntnistheoretische Konsistenz und persuasive Effizienz hin bewertet werden. So waren die von Tennenbaum mit angestoßenen, sehr zweckoptimistischen und manchmal auch verklärenden „Österreich“-Appelle der Kampfpropagandateams für jene Minderheit an Soldaten, die dem Mitläufertum innerhalb der Wehrmacht trotzten, auch ein wichtiges und moralhebendes Signal, nach dem Motto: Wir vergessen Euer Österreich und Euren Widerstand nicht! Eure Stimme wird von uns gehört! Nicht zuletzt finden sich in den riesigen Beständen zu den Moralverhörakten zahlreiche Hinweise auf nationalbewusste und/oder antifaschistische Österreicher, die eigenen Angaben zufolge dankbare Rezipienten derartiger Ethnopropaganda waren. Viele von ihnen erklärten sich nach der Gefangennahme bereit, den US-Moralaufklärern Feedback für künftige Flugblätter zu geben. Sie redeteten dadurch gemeinsam mit den Flüchtlingssoldaten in US-Diensten einem wiederaufkeimenden, demokratischen Österreichpatriotismus das Wort und legten geistige Grundsteine für das Nation Building nach dem Krieg.

Ins Hirn des Feindes kriechen

Als Teil des Propagandaapparats der US-Armee bzw. des alliierten Oberkommandos in Europa versuchten die in Camp Ritchie und Camp Sharpe ausgebildeten Propagandaaufklärer zwischen Juni 1944 und Kriegsende direkt in das Hirn des Feindes zu kriechen – eines Feindes, den sie in der Regel gut kannten. Mit ihren Moralanalysen und PWI-Reports, die insgesamt von „einem bemerkenswert komplexen Gesellschaftsbild“ ausgingen,465 hatten Leute wie Jacob Tennenbaum einen wichtigen Anteil an den einzelnen „Psywar“-Erfolgen der PWD/SHAEF bzw. der PWB/1st Army. PWI-Offiziere wie er haben aber nicht nur eine seelische Tiefenbohrung bei den deutschen Soldaten unternommen, sondern auch zur geistigen Beeinflussung der Letzteren beigetragen. Denn nicht nur die Flugblattautoren und Output produzierenden Psychokrieger, sondern auch die PWI-Offiziere, die mit ihren Moralanalysen den Rohstoff für die Flugblätter und andere Propagandatexte lieferten, waren – ebenso wie die von ihnen verhörten bzw. analysierten Landser selbst – aktive Produzenten der US-Kampfpropaganda.466 Wie viele andere zentraleuropäische Verhöroffiziere besaßen die aus Österreich stammenden Immigranten und Flüchtlinge „[t]he sensitivity and the intimate knowledge of the German psyche“, die nötig waren, um den „mostly prosaic detritus of the crumbling Third Reich into an effective tool of psychological warfare“ zu verwandeln.467 Im Gegensatz zu den stark auf irrationaler Selbsttäuschung beruhenden und ideologiegetränkten NS-Propaganda-„Analysen“ und -Texten haben bei der Psychological Warfare Intelligence amerikanischer Prägung die rationalen und realistischen Aspekte überwogen. Obwohl sich die Effizienz nachrichtendienstlich gestützter Meinungsbeeinflussung im Feld – sofern Letztere überhaupt wissenschaftlich belegt werden kann – in Grenzen hielt, kann die Propagandahermeneutik dieser Menschen als bemerkenswert bezeichnet werden. Letztlich ging es den Moralforschern beim US-Militär weniger darum, exakte und positivistische Wissenschaft zu betreiben, sondern auf Basis einer vernünftigen und abwägenden Evaluation der „enemy morale“ praktikable Lösungen für künftige Propagandakommunikate auszuarbeiten: „Evaluation is based more on experienced judgement than on scientific measurement.“468 Auch wenn die von ihnen mit detaillierten Einblicken in die feindliche Soldatenseele versorgten Propagandaschreiber und -sprecher weit weniger deutsche Wehrmachtssoldaten „umdrehen“ konnten als erhofft – die in diesem Kapitel erwähnten Exilösterreicher haben als Meinungsforscher und Gesprächspartner tausender gefangener Landser sehr oft die richtigen Fragen gestellt. Als mit interkulturellen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete nachrichtendienstliche Schlüsselkräfte haben sie in Bezug auf ihre (ehemaligen) Landsleute und „Volks-

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genossen“ in der Wehrmacht Empathie, psychologischen Spürsinn und Bodenständigkeit bewiesen. Als „Zuarbeiter“ der Propagandatexter und -redakteure haben sie Letztere dazu angehalten, dem Feind mit all seinen Nöten, Ängsten und Hoffnungen auf Augenhöhe zu begegnen. Und sie waren auch bereit, von diesem Feind zu lernen, wie es im Ovid’schen Sinne auf den MITC-Abschlusszeugnissen der Ritchie Boys zu lesen ist: „Fas est et ab hoste doceri.“469 „Unsere Buchstabenketten“, so der Protagonist eines Briefromans von Martin Walser, „sind Hängebrücken über einem Abgrund namens Wirklichkeit. Ich erlebe mich, mich hinüberhangelnd, ohne je drüben den Fuß setzen zu können auf etwas, was mich trägt. Ich lebe von ihnen. Das erlebe ich. Das ist doch nicht nichts. Auch wenn es nichts ist als Buchstaberei.“ 470 Das gilt in besonderem Maße für die Propagandaaufklärer und Moralanalysten aus Camp Sharpe. Die Buchstaberei eines Jacob Tennenbaum, Emanuel Rapoport oder Erwin Benkoe – sie darf als ein bemerkenswertes Kapitel der Militär-, Kommunikations- und Sozialgeschichte bezeichnet werden.

2.3 Vom kalifornischen Blechschlosser zum Chef-Flugblattschreiber der 3. US-Armee – Kurt Wittler There can be no question that the bread-and-butter weapon of psychological warfare is the leaflet. Rückblick der PWD/SHAEF auf den „Sykewar“ in Nordwesteuropa471 Die Army hatte dem deutschen Soldaten nichts mitzuteilen, die Alliierten hatten keine wirklich substanzielle Botschaft für ihn. Auch wenn seine politische Vertrauensseligkeit überstrapaziert war (nachdem Hitler-HimmlerGoebbels ihm eine ganze Serie von Enttäuschungen und Betrug zugemutet hatten), war an seiner Weltanschauung nicht zu rütteln; die Alliierten konnten nichts unternehmen, um sie zu erschüttern, umzupolen, neu auszurichten. Die Abteilung Psychologische Kriegführung ist fast ausschließlich dafür da, Kriegsgefangene zu machen. Melvin J. Laskey über die US-Flugblattpropaganda an der Westfront 472 [O]ur enormous leaflet output which was dropped on Germany during the war, on which so little evidence of effectiveness has been obtained, can really be judged only in terms of whether it built up belief in our essential honesty. Martin Herz, Chef-Flugblattschreiber der PWD/SHAEF473 Der Krieg ist verloren – Ein Leben gewonnen Entwurf für ein US-Flugblatt an deutsche Soldaten an der Westfront474

Vom kalifornischen Blechschlosser zum Chef-Flugblattschreiber der 3. US-Armee

Der Militärdienst als Psychokrieger in einer Propagandaeinheit der US-Armee ermöglichte es vielen Sharpe Boys, eine Tätigkeit auszuüben, die sowohl ihrem zivilberuflichen Hintergrund als auch ihren intellektuellen Neigungen entgegenkam: Gelernte Journalisten wie Hans Habe redigierten nun Flugblattzeitungen und bildeten zukünftige Propagandisten aus, ehemalige Schauspieler wie Fred Lorenz traten als Radiosprecher und Stimmenimitator in Erscheinung, Historiker und Literaturwissenschaftler wie Emil Lehman arbeiteten als Skriptschreiber und PWI-Verhörsoldaten. Für andere in Camp Ritchie und Camp Sharpe trainierte Österreicher erwies sich die Arbeit für die US-Armee und die PWD/SHAEF jedoch als Bruch mit ihrem bisherigen Berufsleben. Dies gilt etwa für den 1921 in Wien geborenen und 1938 in die USA geflohenen Kurt Wittler. Nach der Grundschulzeit im Österreich der Dollfuß- und Schuschnigg-Diktatur, bei der er auch eine zweijährige „vormilitärische Ausbildung“ erhalten hatte, begann Wittler als Einwanderer am City College of New York Maschinenbau zu studieren. Der Übersiedlung nach Los Angeles und der abgebrochenen CollegeAusbildung folgte eine Tätigkeit als Blechschlosser und technischer Konstruktionszeichner in einer Firma, die Hotels mit Heizungs- und Ventilationsgeräten belieferte. Im Mai 1943 in die US Army eingezogen, wurde er nach der Grundausbildung in das Engineer Replacement Training Center (ERTC) in Camp Abbot in Oregon geschickt, wo er vermutlich ein Training als „Combat Engineer“ (Pionier) durchlief und auch zum Scharfschützen ausgebildet wurde. Im Herbst wurde der technisch und militärisch versierte Einwanderer im Rahmen des Army Specialized Training Program (ASTP) an die University of Illinois und zu einem vertiefenden Kurs nach Los Angeles entsandt. Die technische Expertise allein qualifizierte Wittler wohl noch nicht zum Ritchie Boy, aber seine Deutsch- und Französischkenntnisse dürften ihm im Verbund mit dieser akademischen ASTP-Spezialausbildung den Marschbefehl nach Maryland eingebracht haben.475 Nach der Grundausbildung in Camp Ritchie wurde Wittler als „Translator“ (i. e. „Linguist“ und Übersetzer) eingestuft, in die im Dezember 1943 neu aufgestellte Third Mobile Radio Broadcasting Company (3rd MRBC)476 entsandt und in Camp Sharpe in psychologischer Kriegsführung instruiert.477 Anstatt, wie eher zu erwarten, als Pionier oder „Techniker“ in den Krieg zu ziehen, diente Wittler nun als „media soldier“.478 Nach einer vermutlich von Hans Habe selbst durchgeführten Einzelbefragung und der ihm daraufhin offensichtlich zugewiesenen Funktion als Flugblattschreiber erhielt Wittler mit seinen Kollegen in Habes Journalistenakademie479 eine Einführung in die Grundlagen und wesentlichen Anwendungsformen der militärischen Propaganda. Er sollte es am Ende vom Blechschlosser zu einem der angesehensten US-amerikanischen Flugblattauto-

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ren des Zweiten Weltkriegs bringen. Trotz der für Immigranten erstaunlich großen vertikalen Mobilität und der vergleichsweise guten Karrieremöglichkeiten innerhalb des G-2- und Propagandaapparats der US-Armee ist dies eine beachtliche Leistung. Nicht zuletzt gab es in Wittlers Ausbildungsbereich prominente „Konkurrenz“: Sein Pendant als Flugblattschreiber in der Schwesterkompanie (2nd MRBC), Oskar Seidlin, war etwa ein berühmter Germanist und Autor von Jugendbüchern, der mit Klaus Mann in Camp Ritche darüber diskutiert hatte, „ob Billingers ‚Rauhnächte‘ Blut- und Boden-Dichtung repräsentieren oder später Realismus sind.“480 Kurt Wittler hätte zu diesem Zeitpunkt wohl nur über die metallurgische Beschaffenheit oder die Montage von „heating, ventilating&kitchen equipment“ ähnlich detaillierte Fachgespräche führen können.481 William E. Daugherty weist in einem sehr praxisorientierten Beitrag aber zu Recht darauf hin, dass große Literaten oder Künstler nicht automatisch einen fähigen Kampfpropagandisten abgeben, und „fachfremde“ Soldaten wie Wittler oft sogar die besseren Fähigkeiten für diese sehr spezialisierte Tätigkeit mitbrachten: „[L]iterary skill“, so zitiert Daugherty einen US-Propagandaausbilder, „has absolutely nothing to do with leaflet writing.“482 Auch im Zwischenbericht über die Kampfpropaganda der PWB/5th Army steht 1944 zu lesen: „Leaflets don’t have to be in academic German“483 Vielmehr brauche es, so Daugherty weiter, neben zumindest grundlegenden Fertigkeiten als „writer or draftsman“ ein gerüttelt Maß an Hausverstand und Bodenständigkeit sowie die Fähigkeit, sich direkt und verständlich auszudrücken: When we first started recruiting people for leaflet writing, we naturally turned toward

writers, either of fiction or newspapermen, radio writers, and so on. While many of these people turned out to be excellent leaflet writers it was not because of their special

skill with words. What it really required was a basic intelligence […] so that a man or a woman can grasp quickly what the elements of a leaflet are, for example. The capacity to write would have nothing to do with it; the capacity to understand the necessity for saying something briefly even if ungrammatically, was important.484

Die mit Informationen aus Archiven und Büchern gefütterte Personendatenbank unseres Ritchie-Boys-Projekts spuckt insgesamt neun österreichische CampSharpe-Absolventen als Flugblattschreiber bzw. -Redakteur aus, wobei sich für sechs Personen ziemlich eindeutige Belege finden lassen: Hans Adler, Jules Bond, Otto Brand, Hans Habe, Eric Winters und eben Kurt Wittler. Der Flugblatt­ spezialist Martin Herz beschrieb während seines Einsatzes für die PWD/SHAEF einmal die Anforderungen, die an einen guten Flugblattautor gestellt werden.

Vom kalifornischen Blechschlosser zum Chef-Flugblattschreiber der 3. US-Armee

Dieser brauche ein Kompetenzen-Portfolio, das sprachliche und interkulturelle Fähigkeiten mit psychologischem und militärischem Wissen über den feindlichen deutschen Kämpfer vereint.485 Neben den erstgenannten Punkten wurde Wittler vor allem auch dem Desiderat der militärischen Expertise gerecht: Er sprach nicht nur drei Sprachen, sondern hatte als Schüler bereits am vormilitärischen Unterricht des semifaschistischen Ständestaatregimes teilgenommen und sich später wie erwähnt auch als Scharfschütze der US Army profiliert. Während so manche Intellektuelle unter den Wortartisten oft große Mühe hatten, ein Gewehr ohne größere Zwischenfälle in die Hand zu nehmen, geschweige denn ein Ziel damit zu treffen,486 tat sich Wittler mit dem bodenständigeren Tagwerk und dem Habitus eines Feldsoldaten schon leichter. Vermutlich konnte er in Folge auch deshalb ein gutes Gespür für die lebensweltlichen und kommunikativen Bedürfnisse des deutschen Landsers entwickeln. 2.3.1 „The Leaflet should be simple but striking“ – Spezialausbildung in Hans Habes Propagandaschule Wittler hatte nun einen wichtigen Job, denn das Flugblatt stellt das mit Abstand bedeutendste Medium der militärischen Frontpropaganda im Zweiten Weltkrieg dar. Leicht einzustecken, handlich, wiederholt lesbar und in Bezug auf die Rezeption nicht von technischen Empfangsmitteln wie einem Rundfunkgerät abhängig, war es das ideale Medium für die Verbreitung militärischer Propagandabotschaften. Wie sah nun Wittlers Ausbildung aus? Für seine spätere Tätigkeit im Feld waren vor allem die in Camp Sharpe gelehrten Techniken der taktischen, also sich direkt und appellativ an den jeweiligen Feind wendenden, Flugblatt­ propaganda von Bedeutung. Waren die laut Joseph Simon „unsinnigen“ und halbherzig durchgeführten Flugblatt-Übungen im Hauptlager in Maryland487 noch ein Randaspekt neben dem Intelligence-Schwerpunkt des MITC,488 ging es ab Anfang 1944 schon wesentlich professioneller zu: In seinem neu gegründeten, staubigen „Sandkasten“ in Pennsylvania stützte sich Instruktor Habe bei den Ausbildungseinheiten vor allem auf die Erfahrungen, die er mit der 1st MRBC 1943 im Italienfeldzug als Flugblattschreiber und PWI-Verhörer bei der Psychological Warfare Branch des Alliierten Hauptquartiers (PWB/AFHQ) und der PWB-Truppe der 5. US-Armee gemacht hatte. Das Flugblatt, so Habe im PWB-Combat-Team-Handbuch,489 sei neben der Lautsprecheransage das direkteste Propagandamittel, um den Feind zu erreichen. Basierend auf genauer und nachrichtendienstlich gestützter Beobachtung der allgemeinen militärischen Situation, der Stimmung und des Sozialgefüges im Feindeslager habe der Flug-

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blattschreiber bei seiner so essenziellen Tätigkeit auf die Bedürfnisse der „Kunden“490 einzugehen: Sometimes using information collected by monitors and G-2 […], the tactical leaflet

attacks the morale of the enemy at its weakest point in a given military area. Leaflet writers, therefore, must be constantly aware not only of general morale, but also of the

degrees and shifts of specific relationships: How does the enemy enlisted man react to

his officers, to foreign troops, to local and general defeats, to our artillery and air force.491

Habe war trotz der Kampfpropaganda-Empirie und der vielen „Do’s“ and „Don’ts“, die er in den Lehrplan einbrachte, kein „Behaviorist“ und kein naiver Anhänger der These, dass mithilfe von PWI-Meinungsumfragen und Zahlenkolonnen menschliches Verhalten „berechnet“ und in Folge im Sinne eines simplen Stimulus-Response-Modells konditioniert werden könne. Er glaubte als leidenschaftlicher Journalist mit einem Sinn für griffige, auch reißerische, Stories offensichtlich nicht daran, dass mit „festgefügten Regeln“ allein eine hohe Propagandawirksamkeit garantiert sei.492 Habe hatte daher den MRBC-Kompanien kein fixes Rezept für das Anfertigen von Flugblättern zu bieten.493 Vielmehr forcierte er einen flexiblen, intuitiven und gleichzeitig – durchaus auch im sprachwissenschaftlichen Sinne zu verstehenden – pragmatischen Ansatz, der die jeweiligen situativen Gegebenheiten und Empfänger-Bedürfnisse ernst nahm und auch Raum für den kreativen Genius und psychologischen Riecher der Flugblattschreiber ließ: „Again and again, Habe enjoined us to be sensitive to the enemy’s feelings. Our leaflets must be persuasive without being coercive. We had to treat our enemy as equals. They were soldiers. We were soldiers.“494 Neben der Aufforderung, eine faktennahe und informative Propagandarhetorik im Sinne der amerikanischen „Strategie der Wahrheit“495 zu forcieren, schärfte Habe seinen propagandistischen Wortkünstlern auch ein, dass Einfachheit in der Kommunikation496 und Vermeidung von hoher Politik in der militärischen Flugblattarbeit zentrale Vorgaben sind („The leaflet should be simple but striking enough to have souvenir value“).497 Auch laut David Welch ist die Erfolgsformel für ein Flugblatt bis heute eine direkte, im Stil des Empfängers gehaltene Sprache und leicht zu verstehende Bilder.498 Auf Basis seiner Propagandatätigkeit und der zahlreichen von ihm geführten PWI-Verhöre in Italien wusste Habe, dass vor allem die taktischen Flugblätter die klare, mitunter auch derbe Diktion des einfachen Soldaten verwenden sollten und die deutschen Landser eher bodenständigen Argumenten gegenüber ideologischen, revolutionären oder moralisierenden Appellen den Vorzug gaben.499 Doch ist Einfachheit in der sprachlichen Darstel-

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lung keineswegs mit einfacher Arbeit gleichzusetzen: So verriet der hochgebildete Vielschreiber und Flugblattautor Oskar Seidlin dem Ritchie-Boy-Kameraden Guy Stern nach dem Krieg, „that he found leaflet-writing as demanding a task as the composition of the most scholarly Germanist articles and books.“500 In einem Ende Oktober 1943 verfassten Resümee über die PWI-Tätigkeit des PWB-Teams der 5. US-Armee kamen Habe, Martin Herz und Propaganda­ offizier James Clark zum Schluss, dass die PWB-Flugblätter von zwei Dritteln der zuletzt befragten feindlichen Soldaten gesehen oder indirekt wahrgenommen worden waren.501 Während dieser Zeit waren die Moral und die Kampfkraft im Feindeslager noch vergleichsweise gut und die Deutschen stemmten sich den alliierten Angreifern am italienischen Kriegsschauplatz hartnäckig entgegen.502 Laut den Autoren des Moralberichts hatte man in dieser Phase nur wenige Desertionen direkt auf die Flugblattlektüre zurückführen können. Die größte Stärke des Mediums Flugblatt sei es jedoch, dass der durchschnittliche Landser in vielen Fällen leichter und rascher zur Aufgabe oder Desertion hingeführt werden könnte.503 Unter richtigen Umständen eingesetzt, markierte das Flugblatt für Habe und die PWB-Experten einen Kippmoment in einem psychischen Entwicklungsprozess des feindlichen Kämpfers. Wenn es etwa darum ging, von den Amerikanern eingeschlossene und heillos unterlegene deutsche Verbände zur Aufgabe zu bewegen, könne das Zusammenspiel von militärischen Entwicklungen und multimedialer Propaganda via Lautsprecher, Rundfunk und Flugblatt zum Erfolg führen: „The surrender of a prisoner is effected by the interplaying elements of military circumstance and our total propaganda control, through […] broadcasts, and leaflets.“504 Der von den PWI-Offizieren der ersten US-Armee später an der Westfront verhörte, zuvor in einer „Festungs-Panzerabwehr-Abteilung“ kämpfende Obergefreite Erich Griesbach behauptet in diesem Kontext, dass Flugblätter dem Landser helfen würden, „die Brücke zu überschreiten zwischen Wollen und Nichtwollen. Es erleichtert ihm den Entschluss, indem es ihm den Weg zeigt.“505 Um diesen geistigen, letztlich auch in Form einer konkreten Handlung, also performativ,506 erfolgenden Brückenschlag zu erleichtern, wurden taktische Flugblätter mit Hinweisungen zur gewaltlosen Aufgabe oder vertrauenserweckende „Dokumente“, wie der später noch zu erwähnende „Passierschein“, entwickelt. Schon in Italien erkannte die Gruppe um Hans Habe, dass instruktive Flugblätter, die auf niederschwellige und scheinbar unpropagandistische Weise den deutschen Kämpfern Anweisungen gaben, damit Letztere heil in die US-Kriegsgefangenschaft gelangen und dabei möglichst ihre „Soldatenehre“ wahren konnten, am ehesten für

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Resonanz auf der anderen Seite der Front sorgten.507 In der Geschichte von Habes 1st MRBC wird behauptet, dass der Passierschein- und „surrender ticket“-Typus sich auffällig oft im Besitz deutscher Kriegsgefangener in Italien befand.508 Der moralanalytische Mastermind der PWB-Abteilung der ersten US-Armee, Jacob Tennenbaum, betonte ebenfalls die graduelle Hinführung zur Desertion, die im Laufe des Kriegs zunehmend mit instruktiven Flugblättern und „Blitzsprachkursen“509 zum Erlernen von Schlüsselphrasen wie I surrender („Ei Sörrender“/„Ich ergebe mich“) begleitet wurde: „[L]eaflets played a vital part in the mental process since many of those deserters admitted having behaved according to instructions issued on our leaflets including the words ‚I Surrender‘.“510 Gerade für spätere Kampfpropagandisten wie Kurt Wittler erwiesen sich die positiven Erfahrungen mit jenen Flugblättern, die Anleitungen zum Überlaufen gaben und eine gute Behandlung511 in US-Kriegsgefangenschaft versprachen, als wertvoll. Wie Habe in Italien beobachtet hatte, machten Berichte über die – selbst

11  Detail aus der illustrierten ­Geschichte der Fifth Mobile Radio Broadcasting Company

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von den Wehrmachtsoffizieren kaum angezweifelte – gute Versorgung in westalliierter Gefangenschaft den deutschen Landser Glauben, „that he can count on a fair deal if he is captured.“512 Diese „Belohnung“ versprechende Flugblattrhetorik wurde auch im Ausbildungsleitfaden für die MRBCs in Camp Sharpe als zentrales Motiv hervorgehoben.513 Neben solch erbauender Propaganda befasste sich Habe bereits in Italien aber auch mit moralbrechender Propaganda und fertigte Analysen über feindliche Urängste an. So stellten er und andere Intelligence-Experten fest, dass nahezu alle befragten Kriegsgefangenen – vor allem jene, welche eigenen Angaben zufolge die „russische Passion“514 an der Ostfront durchlitten haben – ein tief sitzendes Gefühl der Furcht teilten, nämlich die Grand Peur vor „dem Russen“, dem angeblich von mörderischen Politkommissaren immerfort angetriebenen, „barbarischen“ Rotarmisten:515 The German soldier hates and fears the Russian; for him a Russian breakthrough is

infinitely worse than anything else that can happen to Germany. […] [Prisoners] are

eager to impress us with the horrors of the Ostfront, the barbaric nature of the Russian, and the chaos that will engulf all Europe if Bolshevism triumphs.516

Ähnlich wie ihre Kollegen aus Camp Ritchie, die IPW-Militärverhörer, die sich mit ihren mitunter grotesken und kindischen Verstellungskünsten als russische Offiziere ausgaben, um unkooperative deutsche Gefangene durch die vorgespielte Übergabe an die Rote Armee zum Reden zu bringen,517 sollten auch Flugblattautoren wie Kurt Wittler diese Russenangst später zu nützen wissen. Unter dem Motto „Achtung, da kommt der Russe!“ setzten sie hier auf die sogenannte propaganda of despair.518 Aus den zahlreichen Flugblatttechniken und -tricks und aus einer Reihe von 36 zu vermeidenden „Fehlern“ in Habes PWB-Lehrbuch für die MRBCs sei hier noch ein weiterer Punkt herausgegriffen: Nämlich die den Schülern in Camp Sharpe eingetrichterte Empfehlung, Adolf Hitler nicht direkt in Kampfpropaganda-Flugblättern anzugreifen. In einem Wochenbericht über die PWI-Verhöre in Italien steht, dass so mancher „kriegsmüder Defätist“, wie etwa der Gefreite Ernst Urban aus dem 115. Panzergrenadier-Regiment, die US-Flugblätter wohlwollend zur Kenntnis nahm und sich den Amerikanern bereitwillig ergab – propagandistische Angriffe der PWB gegen den „Führer“ goutierten er und andere Kameraden jedoch gar nicht.519 Ein Rat, der auf Basis breit angelegter Propaganda-Intelligence-Studien später auch in Westeuropa ausgesprochen werden520 und dem Kurt Wittler Folge leisten sollte. So hatten sowohl die im geheimen US-Abhör- und Verhörlager Fort Hunt erhobenen Daten aus den Morale Questionnaires als auch die von PWD/SHAEF in Europa eingeholten Umfrage-

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und Interviewergebnisse gezeigt, dass das in Hitler gesetzte Vertrauen unter den deutschen Soldaten groß war: Für die zweite Jahreshälfte 1944 gaben die Moralanalysten der PWD/SHAEF auf Grundlage von rund 3.000 Interviews mit deutschen Soldaten in Bezug auf Hitler einen Zustimmungswert von durchschnittlich 60 % an. Ein Vertrauen, das bis kurz vor Kriegsende anhalten sollte.521 Der von so vielen Landsern geschätzte Diktator zog auch „lauwarme Nationalsozialisten und selbst Gegner dieser Weltanschauung in seinen Bann.“522 Der Führer-Kult war laut Thymian Bussemer das „erfolgreichste Produkt der NS-Propaganda.“523 Hitler, der charismatische und verehrte Übervater, blieb trotz aller Katastrophen und Verwerfungen weitgehend eine „no go area“ für die psychologische Kriegsführung und die weiße Propaganda an der Front. Wittler sollte später andere Bösewichte ins Visier nehmen. 2.3.2 Chef-Flugblattschreiber im Psychological Warfare Combat Team von Pattons dritter US-Armee Als die Vorbereitungen für die westalliierte Operation OVERLORD ernsthafte Formen annahmen, ging Wittlers Zeit in der Habe’schen „Spielwelt“ von Camp Ritchie und Camp Sharpe zu Ende – bald konnten die findigen Überzeugungskünstler der dritten MRBC das Gelernte auf seine Praxistauglichkeit testen. Doch auf der anderen Seite des großen Teichs wartete zunächst eine weitere Fortbildung auf Wittler. Nach der Atlantik-Überfahrt der 2nd und 3rd MRBC Anfang April 1944 besuchten er und exilösterreichische Medienkrieger wie Jacob Tennenbaum die bereits erwähnten Kurse in Clevedon und Brondesbury Park, wo er unter anderem die neuesten PWD-Direktiven für die Flugblattarbeit kennen lernte.524 Vermutlich befand sich Wittler an der Seite der Flugblattspezialisten der Schwester-Kompanie 2nd MRBC, als diese beim PWD/SHAEF-Hauptquartier in London an der vom Office of War Information produzierten Flugblattzeitung Sternenbanner mitarbeiteten.525 Als Teil einer breiten und strategischen Propagandaattacke begleitete dieses Druckwerk die Landung in der Normandie und wurde auch über deutschen Städten abgeworfen, um der „mental confusion“ von Zivilisten und Militärs sowie der Schwächung des Widerstandsgeists Vorschub zu leisten.526 Trafen einzelne Kollegen von Wittler schon wenige Tage oder bald nach dem D-Day in der Normandie ein,527 landete der Rest der 3rd MRBC am 17. oder 18. Juli 1944 am berühmten Omaha Beach. Die Einheit wurde nun für KampfpropagandaAktivitäten im Operationsbereich der neu aufgestellten und unter dem Oberbefehl George Pattons stehenden dritten US-Armee zugewiesen und schlug ihr BiwakLager bei deren Hauptquartier nahe Néhou auf. Die Kompanie wurde vorerst in

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die funktionalen „operational sections“ Rundfunk, Flugblatt, Front-Lautsprecher und Intelligence (PWI) aufgegliedert, um dann verschiedenen Kampftruppen und temporären Einsätzen zugeteilt und aufgesplittet zu werden.528 Analog zum Vorbild, dem PWB Combat Team der First US Army, formierte sich nun das auf die speziellen Bedürfnisse von Pattons Großverband zugeschnittene Kampfpropagandateam der dritten US-Armee (PWB/3rd Army), das zu einem großen Teil aus dem Personalpool der 3rd MRBC und den Reihen der P&PW/12th Army Group gebildet wurde. Der Kommandeur dieser Einheit, der „daring liberal journalist“ und aktivistische Abenteurer Louis Huot,529 empfahl klugerweise dem obersten Stab der dritten Armee, dass er mit seiner PWB/3rd Army an die militärnachrichtendienstliche Abteilung (G-2) angegliedert wird.530 Der Weg zur Propagandaaufklärung und zu den Informationen über den Feind, die ja für die Erstellung von aktuellen und faktenbasierenden taktischen Flugblättern unverzichtbar sind, werde dadurch ein kürzerer sein – ähnlich also, wie es bei PWB/1st Army zwischen PWI-Chef Tennenbaum und G-2-Offizier Dickson gehandhabt wurde. Die PWI-Nachrichtenabteilung der PWB/3rd Army konnte am Beginn ihres Einsatzes auch direkt auf die bisher gesammelten Intelligence-Dossiers der ersten US-Armee zurückgreifen.531 Huot verfügte bereits über einige Erfahrung im geheimdienstlichen Bereich. So hatte er im Oktober 1943 als OSS-Agent und „communications officer“ Spezialoperationen am Balkan lanciert und – ohne lang und breit um die Erlaubnis des alliierten Hauptquartiers in Italien gefragt zu haben – tonnenweise Waffen, Uniformen und Medikamente ins Lager der jugoslawischen Tito-Partisanen geschmuggelt.532 Bereits in England hatte Huot als designierter Befehlshaber der späteren PWB/3rd Army mit Angehörigen der 3rd MRBC Kontakt gepflegt und erste Präferenzen bei der Auswahl seiner späteren Mitarbeiter erkennen lassen.533 Trotz aller weltanschaulichen Unterschiede zwischen den zwei ehrgeizigen Offizieren stand Huot mit seinem forschen „Let’s roll“-Aktionismus seinem Vorgesetzten Patton, der schon Ende Juli mit dem ihm kurzzeitig unterstellten VIII. US-Korps mit einem „lightning-quick blow“ bei Avranches die deutschen Linien durchbrechen konnte, um nichts nach.534 Im August wurde die dritte USArmee schließlich offiziell aktiviert und erwies sich – bald aus dem Windschatten der First US Army hervortretend – als ein bei den Deutschen gefürchteter Gegner. „Patton’s divisions“, so Antony Beevor, „sliced through the German rear in the sort of armoured cavalry campaign for which he had been born.“535 Patton setzte dabei nicht nur auf „das plötzliche und brutale Durchbrechen der gegnerischen Front mit konzentrierten Panzerkräften und das rasche Ausnutzen eines derartigen Erfolges, sondern auch die Umfassung und Vernichtung der feindli-

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chen Kräfte, die sich jenseits der Durchbruchstelle befanden.“536 Im Gegensatz zu G-2-­Kommandeur Dickson von der First US Army war der bereits 1916 von General John J. ­Pershing als großes Talent entdeckte und ab 1942 mit wichtigen Kampfeinsätzen in Nordafrika und Italien beauftragte Patton537 gegenüber OSS-­ Männern wie Huot weniger kritisch eingestellt. Der ehrgeizige, schillernde, streit-

12  Streitbar und charismatisch: George Patton, Oberbefehlshabender der 3. US-Armee, August 1944

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bare und mitunter faschistoide Züge aufweisende, aber auch sehr einfallsreiche und charismatische Patton538 gehört zweifelsfrei zu den interessantesten Akteuren des Zweiten Weltkriegs. Während Meredith Hindley versucht, auch die „intellektuelle“ und warmherzige Seite des vormaligen Kavallerieoffiziers herauszuarbeiten,539 war Patton laut dem MRBC-Mann Alfred de Grazia nichts anderes als ein obszönes Großmaul.540 Der zu Gewalttätigkeiten und antisemitischen Ausfällen neigende541 und sich laut seinem Kriegstagebuch am „lovely weather for killing Germans“ erfreuende542 West-Point-Absolvent und Panzergeneral mag vielschichtiger gewesen sein, als ihm manche nachsagen, und er kämpfte mit Verve und Rastlosigkeit für den militärischen Erfolg eines demokratischen Staats. Allerdings liebte er den Krieg selbst wohl mehr als Menschenrechte, Humanismus und Redefreiheit. Für viele Zeitgenossen war Patton letztlich so wie der hemdsärmelige OSS-Agent Jack Singlaub „the kind of guy you would want with you in the trenches. But not necessarily after the shooting stops.“543 Die Tätigkeiten der G-2-Abteilungen und IPW-Teams wurden von Pattons Stab auf jeden Fall geschätzt und gefördert. Wittlers österreichischer Kollege aus Camp Ritchie, der gegen Kriegsende durch eine Bombe schwer verwundete Verhörsoldat Julius Wolf,544 sammelte etwa für die ebenfalls in der Normandie agierende 6. Panzerdivision der 3. US-Armee wertvolle taktische Informationen.545 Anders als sein Gegenüber bei der First Army arbeitete der Nachrichten- und Propagandadienst der Third Army intensiv mit dem ihm zugewiesenen, später bis zu 80 Mann starken, OSS Secret Intelligence Detachment zusammen.546 Zu dieser Geheimdiensttruppe gehörte auch der französischsprachige Österreicher und vormalige GI Herbert T. Baru, dem nach einer Initiativbewerbung die Aufnahme in Camp Ritchie verwehrt geblieben war. Vom OSS zum Agenten ausgebildet, diente er ab Herbst 1944 im Hauptquartier der dritten Armee.547 Auf Empfehlung seines kompetenten G-2-Chefs Oscar Koch548 war Patton im Vorfeld des deutschen Überraschungsangriffs in den Ardennen auch weitsichtig genug, um einen Notfallplan für den Fall eines deutschen Gegenangriffs Ende 1944 vorbereiten zu lassen.549 Patton war nicht nur ein erfolgreicher, innovativ denkender und instinktsicherer Offizier, sondern aufgrund seiner positiven Erfahrungen, die er 1943 mit der gegen die Italiener gerichteten Flugblattpropaganda in Sizilien gemacht hatte, prinzipiell zur engen Kooperation mit den Psychokriegern bereit.550 Begierig fragte er bei den Propagandisten, vor allem bei den neu entwickelten mobilen Lautsprecherteams, um „frontline support“ an.551 Und nicht zuletzt sollte die auf schnelle Vorstöße mit motorisierten Kampfverbänden angelegte Vorgehensweise von Pattons „Panzerarmee“ die deutschen Wehrmachtssoldaten oft in genau jene Situationen bringen, in denen sie derart überrascht oder überwältigt wurden, dass sie für kampfpropa-

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gandistische Desertionsaufrufe empfänglich waren. Laut Elmer Davis, dem Leiter des Office of War Information, konnte etwa ein Flugblatt einem derart in die Enge getriebenen Landser „den Rest geben“: „[M]ilitarily in a tough spot, propaganda gives them the shove.“552 Im August 1944 wurden bei der dritten US-Armee die letzten grundlegenden Personalentscheidungen im Bereich der Propaganda getroffen und Leute wie Kurt Wittler ihren Bestimmungen zugeordnet: Louis Huot hatte in seinem Psychological-Warfare-Grundsatzpapier unter anderem empfohlen, dass die PWB/3rd Army einen Verbindungsoffizier für jedes Armeekorps vorsehen und ein „leaflet writing team“, bestehend aus zwei Zivilisten und zwei Mannschaftssoldaten, installieren sollte.553 Als er kurz darauf die gewünschten Mitarbeiter bekanntgab, befand sich unter den Ausgewählten neben dem Flugblatt-Experten Wittler auch sein Landsmann und 3rd MRBC-Kollege, der Kochbuchautor und Journalist Jules J. Bond.554 Major Huot erlebte, wie seine organisatorischen Vorschläge in Folge weitgehend umgesetzt wurden. So hatte sich mit der PWB-Kompanie eine Truppe aus zwei Offizieren, zwei Zivilisten und elf Soldaten formiert, die als G-2-Unterabteilung mit dem Einholen von propagandarelevanten Feindnachrichten, dem permanenten Austausch von Informationen mit höheren und niedrigeren Instanzen und natürlich der Propagandaproduktion für die „lower echelons“ der dritten US-Armee beauftragt war.555 Huot konnte sich zusätzlich über die Einsetzung der bereits im Kapitel über den Nachrichtenoffizier Jacob Tennenbaum erwähnten Task Force namens PWB Advance, VIII Corps freuen. Letzterer Name stand für die wichtigste Kampfpropagandaoperation im Bereich der dritten US-Armee.556 Zu dieser in der noch umkämpften Bretagne operierenden und experimentellen Propagandatruppe gesellten sich auch Autoren und Redakteure wie der feinfühlige Intellektuelle Simon Lewin (Si Lewen), dessen taktische Flugblätter mit Artilleriegeschützen „verschickt“ wurden.557 Eine der bemerkenswertesten Operationen der PWB Task Force des VIII. Korps war die Teilnahme an der laufenden Flugblatt- und Radiokampagne gegen die eingeschlossene – und von den Amerikanern letztlich nicht im Kampf genommene bzw. verschonte – deutsche Garnison in der zum Marinestützpunkt und zur U-Boot-Produktionsstätte ausgebauten Hafenstadt Lorient. Während sein österreichischer MRBC-Kollege, der Sharpe Boy Fred Lorenz, im taktischen Feldfunk von Lorient mit humorvollen Rundfunksendungen, etwa über stotternde und Hitler-treue, aber liebenswürdige Eisenbahner, versuchte, die Moral der Verteidiger „aufzuweichen“ oder sie zum Aufgeben zu bewegen (was fallweise gelang),558 warfen die aus Großbritannien kommenden Bomberschwadronen tausende strategische PWD/SHAEF-Flugblätter ab, die die Eingeschlossenen über die Aus-

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sichtslosigkeit ihrer Lage informierten.559 Als Teil eines multimedialen Angriffs vor Ort (Rundfunk, Flugblatt, Lautsprecher) unterstützten die Propagandaautoren der PWB-Task Force den Feldfunk und die 94. US-Infanteriedivision mit taktischen Flugblättern wie dem folgenden: ACHTUNG[:] Der amerikanische Feldfunk (695 K. C. oder Meterband 432) bringt

Euch die letzten Nachrichten über Lorient Wie Ergibt Man Sich?

SOBALD DU DICH UNSERER STELLUNG, EINER UNSERER SPAEH­ TRUPPEN ODER UNSEREN SOLDATEN NAEHERST

1. … Halte Deine Haende über dem Kopf, die Handflaechen nach vorne.

2. … falls moeglich, zeige dieses Flugblatt oder sonst etwas Weisses, um Deine Absicht kundzutun

3. … gehe in gewoehnlichem Schritt, in gerader Linie, ungetarnt und unbewaffnet auf uns zu.

4. … laufe nicht, verstecke Dich nicht hinter Baeumen oder Büschen, um in keiner Weise Verdacht zu erwecken.

Falls schwer verwundet, oder ausserstande aufrecht zu gehen, bleibe in einer geschützten

Stelle, und bei Ankunft unserer Truppen gib Deine Absicht so gut wie moeglich bekannt. 1. … wenn in Hoerweite unserer Truppen, rufe: „ei ssoerrender“. Das bedeutet: „Ich ergebe mich.“

2. … zeige dieses Flugblatt dem ersten alliierten Soldaten, den Du antriffst. (Ein Flugblatt genügt auch für Gruppen.)560

Da sich das „Wie ergibt man sich?“-Flugblatt und ein weiteres Lorient-Flugblatt in der Kurt-Wittler-Sammlung im Holocaust-Museum in Los Angeles befinden und er selbst den Inhalt des obigen Texts später fast identisch in seine Flugblätter einbaute, scheint es möglich, dass Wittler hier an der Seite von Si Lewen im Flugblatt-Team gearbeitet hat.561 Wittlers Performance als Propagandaredakteur und/ oder Flugblatt-(Ko-)Autor war auf jeden Fall so überzeugend, dass die mehrköpfige Flugblattredaktion der PWB/3rd Army im September 1944 aufgelöst wurde und er alle Aufgaben dieser Gruppe selbst übernahm. Wittler war nun haupt- und gesamtverantwortlich für die Flugblattproduktion: Er wertete das nachrichtendienstliche PWI-Material über die Feindmoral aus, konzipierte und verfasste die Texte der Flugblätter der „PWB“-Serie der PWB/3rd Army und beaufsichtigte den Druckprozess. Sein Chef Louis Huot stufte den Exilösterreicher als harten und schnellen Arbeiter ein, der ein Gespür für jene schnörkellose und direkte Sprache hatte, die vom Stab der dritten US-Armee bevorzugt wurde.562 In diesem Umfeld,

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in dem die Offiziere und Untergebenen ihr Verhalten stark an jenes des forschen Alphatiers George Patton anpassten,563 schätzte man jenen eher rustikalen Stil, den ein anderer US-Propagandaoffizier in einem Brief an seine Frau beschreibt: „The simple things really count in this war. It is won less by romantic strategy than by gasoline, guts, and organization.“564 Als ehemaliger „draftsman“ und Vorarbeiter in der Metallindustrie war Wittler es gewohnt, sich in einer klaren (Zeichen-)Sprache auszudrücken, die auch von Technikern, Hilfsarbeitern – oder eben Soldaten – verstanden und geschätzt wurde: er war ein Flugblatt-Handwerker im besten Sinne. Der zwar musisch begabtere, aber sensiblere und vom Habitus völlig unmilitärische Si Lewen konnte mit diesen bei der Third US Army so gefragten Qualitäten offensichtlich nicht aufwarten und schied aus der Königsdisziplin, der Flugblattproduktion, aus.565 Immerhin besaß Letzterer als Exilant genug Spezialwissen über die Deutschen sowie „empathy and timing“,566 um als Lautsprecheransager zu reüssieren.567 Im Rahmen einer Anfang September 1944 erfolgten Umgruppierung wurden Wittler und die Propagandapraktiker seiner Einheit (Flugblattautoren, Radioredakteure, Monitoring- und PWI-Experten) nun der 2nd MRBC unterstellt. Formell auf der „payroll“ der 2nd MRBC stehend,568 blieb Wittler bis Kriegsende als Flugblattschreiber und Propaganda Editor bei der PWB/3rd Army. Von September 1944 bis Kriegsende verfasste er mindestens 45 der insgesamt 56 Flugblätter der „PWB“-Serie der 3. US-Armee und passte die Inhalte der Druckwerke den jeweiligen militärischen und taktischen Notwendigkeiten an. Wie lief eigentlich der Produktionsvorgang eines Kampfpropagandaflugblatts ab? In den Unterlagen des PWB Combat Team der 1. US-Armee findet sich eine sehr plastische Darstellung, die auch die Bedeutung der PWB-Verbindungsoffiziere und die enge Zusammenarbeit der Propagandasparte mit dem Nachrichtendienst G-2 veranschaulicht: A typical tactical leaflet was usually prepared as follows. The PW Liaision Officer, in his

daily call on divisions, was informed by division G-2’[commander]s of the tactical situa-

tion in their respective sectors. If a division was planning an operation, its G-2 consulted with the PW Liaison Officer as to the advisability of employing any or all psychological

weapons. The tactical plan in detail and all information pertaining to the enemy units

expected to be encountered was gathered by the liaison officer. A preliminary psychological warfare plan was outlined on the spot by the PW liaison officer who then returned

to the [PWB] headquarters to work out the details with the Intelligence and Operations Sections. Immediately upon his return, the various section heads under the supervision

of the PW officer were called together to work out the details. A brief conference was

held, at which time the intelligence officer supplied all additional material pertaining to

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the enemy unit in question, and the writer received all suggestions as to the type of leaf-

let the tactical situation required. The printing chief was informed of the time he would receive the written leaflet and the quantity to be printed, and the Artillery Liaison Officer

was instructed as to when and where to make the deliveries. While the leaflet was being

written (2 to 3 hours), typeset (3 to 4 hours), laid out (1 hour), photographed (2 hours), plate made (2 hours) and printed (50.000 copies – 3 to 4 hours), the Artillery Liaison

Section utilized the time (13 to 16 hours) to draw the required amounts of ammunition and prepare them for loading.569

13  Von der Moralaufklärung durch Kriegsgefangenenverhöre bis zum Artillerie-„Verschuss“ oder Abwurf aus Flugzeugen: Produktionszyklus eines taktischen Flugblatts

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Nach dem Durchbruch in der Normandie im Zuge der Operation COBRA durchquerte die Third US Army binnen weniger Wochen halb Frankreich, legte dabei in einem geschichtsträchtigen „dash“ an die 700 Kilometer zurück und konnte im September Brückenköpfe beim Mosel-Fluss installieren, ehe der Vorstoß von Pattons Speerspitzen, die mit Treibstoffknappheit zu kämpfen hatten, bei Metz zum Erliegen kam. Aufgrund der Rasanz dieser Offensive hatten die Verhörexperten des IPW-Teams Nr. 70, das die 7. US-Panzerdivision der dritten US-Armee begleitete, mit derartigen Massen an Kriegsgefangenen zu tun, dass man mit den Vernehmungen kaum nachkam. Mitglied dieses Verhörteams war auch der auch der aus Wien stammende Ritchie Boy und spätere Soziologe Peter M. Blau.570 Um die Patton’sche Dynamik des forschen Überrumpelns des Feinds nachrichtendienstlich auszunutzen, setzten Blau und andere Verhörspezialisten der Military Intelligence daher auf unmittelbare und spontane Verhörmethoden, ja stürzten sich sogar selbst ins Kampfgetümmel: „At times“, steht über das Team Nr. 70 in der Geschichte des Field Interrogation Detachment zu lesen, „IPW personnel was sent forward, participating in the skirmished [sic!] with the enemy, to be able to interrogate captured Germans right on the spot, question wounded Germsn [sic!] before their medical evacuation, and obtain information from documents on killed Germans.“571 Was bedeutet das für die Kampfpropaganda? Wie in Folge anhand des Flugblatts PWB 15 dargelegt wird, waren solche erbeuteten Dokumente von getöteten oder gefangen genommenen Deutschen auch für die PWB-Abteilung und die Propaganda Intelligence der dritten US-Armee von großer Bedeutung. Es war vorteilhaft, dieses „Fallobst des Schlachtfeldes“ aufzulesen und „auszudeuten“.572 2.3.3 Die „Anständigen“ vom „Mordhaufen“ loslösen – Wittlers PWB-Flugblätter An wen richtete sich Kurt Wittler mit seinen Flugblättern? Nun, eines seiner „targets“ zu Beginn seines Feldeinsatzes war die 17. SS-Panzergrenadierdivision „Götz von Berlichingen“. Dieser Kampfverband ging ab September 1944 im Bereich des XX. US-Korps gegen die amerikanischen Brückenköpfe an der Mosel vor und traf dabei auf die 5. und 8. Infanteriedivision der 3. US-Armee. Die nach sehr harten und verlustreichen Abwehrkämpfen gegen die vorrückenden US-Verbände „müden“ SS-Panzergrenadiere konnten zwar aufgrund der Einberufung von Reserven und der Reorganisation einzelner Kampfgruppen auf volle Truppenstärke zählen, aber die militärische Qualität des Ersatzpersonals war niedrig.573 Im Zuge des alliierten Durchbruchs in der Normandie (Operation COBRA) hatte sich Hitler selbst große Sorgen um den Verbleib der „Götz von Berlichingen“-Division gemacht.574 Dennoch hielt der ex officio auch als oberster Chef seiner PWB-Mitarbeiter gel-

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tende575 G-2-Kommandeur der dritten US-Armee, Oscar Koch, dieser einige Male bereits fast völlig zerschlagenen Einheit zugute, sich den Vorstößen der Amerikaner verbissen entgegengestemmt zu haben.576 Umso mehr versuchte man daher, das militärische Vorgehen gegen diese Einheit der Waffen-SS durch Flugblattpropaganda zu unterstützen. Wie dem österreichischen Moralanalysten Jacob Tennenbaum war es auch seinen Kollegen in der G-2-Abteilung der dritten US-Armee nicht entgangen, dass es zwischen den SS-Offizieren und den gewöhnlichen Mannschaften Spannungen, Neidgefühle und Konflikte gab. Mitte September 1944 – Wittlers „Psywar“Tross befand sich zu dieser Zeit bei Châlons-sur-Marne –577 befragte einer der vier PWI-Verhörer578 der Third US Army einen gewissen Emanuel Kachel, Sturmmann des 37. Grenadierregiments der erwähnten 17. SS-Panzergrenadierdivision. Der als ruhiger Zeitgenosse eingestufte und über seine Gefangennahme sichtlich erleichterte Gesprächspartner579 verriet, dass er es bevorzugt hätte, in einer gewöhnlichen Einheit anstelle dieses „Mordhaufens“ (so hätten seine Eltern die SS bezeichnet) zu landen. Er berichtete auch, dass die gewöhnlichen Wehrmachtssoldaten auf die angeblich besser ausgerüstete und privilegierte SS und Waffen-SS eifersüchtig seien, und dass seine Loyalität eher Hitler als SS-Reichsführer Heinrich Himmler gelte.580 Bereits im Abschnitt über die PWI-Moralanalysen der PWB-Truppe der ersten US-Armee wurde herausgearbeitet, dass Kachels Abneigung gegenüber der SS und Himmler keine Einzelmeinung darstellte – dieses für manche Rezipienten emotional bedeutsame Motiv war auch für Kurt Wittler ein Dauerbrenner. Während die Gefechte im Abschnitt des XX. US-Korps im Oktober 1944 nahezu zum Erliegen kamen, versuchten die Kampfpropagandisten der PWB/3rd Army nun die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse und die Aussagen von Kämpfern wie Emanuel Kachel in konkrete Propaganda zu überführen und mit Flugblättern gegen die 17. SS-Panzergrenadierdivision vorzugehen. „Major Huot reports leaflet addressed to troops of 17th SS PG Div. ‚Goetz von Berlichingen‘ was prepared per request from 20 Corps from all available intelligence“, steht etwa in einem der späteren Situationsberichte an die PWD/SHAEF-Zentrale zu lesen.581 In einem anderen PWD-Bericht heißt es in Bezug auf eine ähnliche Situation: „[Intelligence] Material turned over to Sgt. Wittler“582 – Kurt Wittler wurde also von der G-2-Abteilung laufend mit Informationen über die wichtigsten SS-Offiziere und die „Sollbruchstellen“ zwischen Führung und kämpfender Truppe versorgt. Derer gab es einige: Wie die deutschen Hörer in einer Sendung des westalliierten Radio Luxemburg später erfahren konnten, handelte es sich bei der „Götz von Berlichingen“-Truppe um „die erste SS-Division, die nicht aus Mannschaften bestand, die sich freiwillig zur SS gemeldet hatten.“583 Was jedoch nicht heißt, dass es in die-

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ser heterogenen,584 aber teilweise elitären Formation keine mörderischen Fanatiker gab.585 Wittler schuf daher für die „anständigen“, also nicht freiwillig eingetretenen Kämpfer dieser Division, das vermutlich ab Oktober verbreitete Flugblatt PWB 14. Gemäß der „Wedge-Driving“-Methode versuchte man mit diesem Text einen Keil zwischen die sich angeblich aufopfernden einfachen Landser und die abgehobenen SS-„Herren“ bzw. „SS-Verbrecher“ zu treiben. In PWB 14 rief man nun die „Soldaten der 17. SS-Panzergrenadierdivison GÖTZ VON BERLICHINGEN“ auf, die Fesseln zu brechen: Eure SS-Offiziere interessieren sich nur für ihre Beförderungen und Dekorationen, die sie sich durch Eure Blutsopfer erkaufen wollten.

Während Ihr in Euren nassen Schützenlöchern und Bunkern friert und den Bombardierungen durch unsere Ar[tiller]ie und Luftwaffe ausgesetzt seid, lassen es sich

Eure Offiziere wie z. B. SS-Sturmbannführer Umschlag, SS-Sturmbannführer Fleischer, SS-Sturmbannführer Weisskopf, SS-Hauptsturmführer Rechenberg kilometerweit hinter der Front gut gehen.586

Als Führungskräfte einer Eliteninstitution werden die als karriereversessen beschriebenen SS-Offiziere hier mit der durch und durch populistischen Anklage gegen „die da oben“ konfrontiert. Wittler wollte dadurch Nähe zum einfachen Soldatenvolk suggerieren. Während der „kleine Mann“ an der Front wortwörtlich ausblutet, sei eine privilegierte Offizierskaste nur an ihrem Wohlergehen interessiert. Wie sein Kollege Seidlin von PWB/1st Army setzt Wittler hier auch auf gezackte und gelängte „SS“-Siegrunen,587 welche die Botschaft der diabolischen und bösartigen SS semiotisch betonen sollen, indem der SS-feindliche Textinhalt mit der von der SS regelmäßig verwendeten Typografie quasi verschmilzt. Dadurch werden die Runen negativ kodiert und sollen wie ein Alarmsignal oder ein schmerzerfüllter Aufschrei wirken. Werden auf der Vorderseite des Flugblatts die „leeren Versprechen“ der SS-Offiziere seziert und vier von ihnen als Sündenböcke genannt, ist auf der Rückseite das Faksimile eines strategischen PWD/SHAEF-Flugblatts abgedruckt, das „die deutsche Frau“ unter anderem auffordert, den „heimkehrenden deutschen Soldaten“ zu fragen, „ob er will, dass sein Heimatort so aussieht wie die zerschossenen Dörfer und Städte der Normandie, Italiens und Russlands. Die Treue des deutschen Soldaten“, so das Flugblatt, „gehört nicht der bankrotten Partei, sondern Dir, deutsche Frau, Deinen Kindern und der Heimat.“588 Dieses von Wittler aus zwei Textquellen im copy-&-paste-Stil zusammengeflickte Flugblatt versucht den deutschen Panzergrenadier gleich zweifach unter Druck zu setzen: Will er nicht als unschuldiges „Blutsopfer“ dargebracht werden,

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so muss er die Fesseln brechen und desertieren; will er nicht, dass Krieg und Zerstörung auch seinen Heimatort samt Frau und Kind erreichen, muss er ebenfalls rasch die Waffe niederlegen, um mitzuhelfen, eine friedliche Machtübernahme durch die Alliierten zu beschleunigen. Neben einem pragmatischen Populismus (der sich mit dem „kleinen Mann“ im Schützengraben solidarisch erklärt und Neid gegen die karrieresüchtigen SS-Granden wecken will) setzt Wittler hier gleichzeitig auf jenen großen Gestus, mit denen deutsche Zivilisten und Soldaten im Jahr 1944 bestens vertraut waren: So wird etwa die pathostriefende, quasireligiöse NS-Diktion („Blutsopfer“) rhetorisch übernommen, inhaltlich aber umgedreht. Denn in der nationalsozialistischen Weltanschauung war Blut (Blut und Boden, Blutfahne, Blutorden usw.) „eine zentrale, biologistisch aufgeladene Kategorie“.589 Wie viele andere brachte auch diese ideologische Fixierung bald Probleme für die Nationalsozialisten mit sich. Solange das Regime Erfolg hatte und nur ein paar frühe Hardcore-Braunhemden und terroristische Schläger als „Blutopfer“ der frühen „Kampfzeit“ (1923) zu beklagen waren, wurde der Mehrheitsbevölkerung vorgegaukelt, dass sie für den großdeutschen Aufstieg kaum Opfer zu bringen hatte. Hatte nicht Hitler 1939 – als die Zeichen noch auf Wachstum und „Lebensraum“Vergrößerung standen – vollmundig davon gesprochen, dass es den Nationalsozialisten ganz „[o]hne Blutopfer […] gelungen“ sei, „das große Reich des deutschen Volkes endlich aufzurichten“?590 Die in den darauffolgenden Jahren einsetzende, für die Bürgerschaft des NS-Reichs hochgradig ungünstige Transformation vom Sieger und Profiteur zum Unterlegenen und regelrecht verheizten Menschenmaterial wurde von Wittler auf beunruhigende Art thematisiert. Nämlich durch die geschickte Verwendung des Reiz- und Trigger-Worts „Blut(s)opfer“: Wie kommt man als einfacher Schütze an der Westfront im Jahr 1944 dazu, sein Blut für ein kollabierendes und Menschen sinnlos opferndes Germanenimperium hinzugeben? Hat Hitler nicht von der Vermeidung von Blutsopfern gesprochen? Was geht mich der Mordhaufen namens SS an? Diese und ähnliche Reaktionen und Reflexionen sollten bei den Empfängern durch derartige Textcollagen angestoßen werden. Wie haben die Empfänger auf derartige Druckwerke reagiert? Natürlich lässt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten. Es sei daher lediglich ein Schlaglicht erwähnt: Ein OSS-Agent – das zahlreiche französische Widerständler und Offiziere in seinen Reihen habende OSS/SI Detachment der dritten US-Armee unternahm laut Kermit Roosevelt rund 100 Infiltrationsunternehmungen, die teilweise beachtliche „combat intelligence“ zu Tage brachten –591 berichtete wenige Wochen später, dass die Moral in der 17. SS-Panzergrenadierdivision äußerst niedrig und die Soldaten des Kämpfens müde seien. Der OSS-Mann gab auch an, dass die Soldaten der von den Amerikanern kurz zuvor zusammengestutzen „Götz von

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14  Flugblatt von Kurt Wittler, das die „Sollbruchstelle“ zwischen SS-Männern und gewöhnlichen Panzergrenadieren strapazieren will, Oktober 1944

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Berlichingen“-Truppe zeitweise respektlos gegenüber ihren Offizieren seien und die kampflose Aufgabe bei der nächstbesten Gelegenheit hoch im Kurs stehe.592 Auch wenn man das hier skizzierte Moralbild nicht monokausal auf die Zersetzungspropaganda im Stile des PWB-14-Flugblatts rückkoppeln darf und derartige Geheimdienstberichte mit quellenkritischer Vorsicht zu genießen sind, entspricht das hier geschilderte soldatische Verhalten genau jenen Absichten, die der Autor, also Kurt Wittler, mit diesem Druckwerk verfolgte: Nach den jüngsten Niederlagen Anfang November 1944 herrschte – zumindest laut dieser amerikanischen Quelle – also Missgunst bei den Panzergrenadieren und die Desertionsfreudigkeit war ausgeprägt. Das „SS“-Flugblatt könnte sich hier durchaus als Stimmungsverstärker erwiesen haben. Laut dem After Action Report von PWB/3rd Army wurden allein im Oktober 1944 rund zwei Millionen solcher „special tactical leaflets“, welche die im Kampfbereich der dritten US-Armee operierenden Feindverbände gezielt ansprachen, mit mobilen Druckerpressen hergestellt und mit der Artillerie verschossen. Dabei stimmten sich die Propagandisten auf Armeeebene mit der Psychological-Warfare-Abteilung der 12. Armeegruppe und der PWD-Spitze im SHAEF-Hauptquartier ab.593 Neben der bereits erwähnten 17. SS-Panzergrenadierdivision wandte sich Kurt Wittler mit seinen taktischen Flugblättern auch an andere Kampfverbände. Auf Befehl Hitlers unternahm die bereits zum wiederholten Mal reaktivierte und mit Reserveformationen verstärkte Fünfte deutsche Panzerarmee Ende September einen Gegenangriff auf die vermeintlich offene Flanke von Pattons Truppen im Sektor des XII. US-Korps bei Nancy. Teil dieser letztlich erfolglosen Offensive war neben der 559. Volksgrenadierdivision auch die kampferprobte 11. Panzerdivision („Gespensterdivision“) unter Generalleutnant (später General) Wend von Wietersheim.594 Die Einheit Wietersheims traf auf die 4th US Armored Division und focht hartnäckig gegen ihr amerikanisches Gegenüber. Die 11. Panzerdivison war nach einer späteren Einschätzung von G-2/3rd Army-Chef Koch „the best of the P[an]z[er]-type divisions now on the Third US Army front“595 und daher eine wichtige Zielscheibe der Propagandisten. Nach dem sich Wietersheim in den Panzerschlachten in Lothringen geschlagen geben musste und offensichtlich für einige Zeit von der Bildfläche der Westfront verschwand, geriet er ins publizistische Visier der dritten Armee. Das in der ersten Oktoberhälfte 1944 von Wittler verfasste Flugblatt mit dem Kürzel PWB 15 versuchte aus der zwischenzeitlichen Absenz des Kommandeurs Kapital zu schlagen und Unfrieden und Gerüchteprozesse im feindlichen Lager zu provozieren. Wittler arbeitete hier mit dem Prinzip der assoziativen Kopplung: Die jüngsten militärischen Rückschläge der 11. Panzerdivision und anderer Truppen der 5. Panzerarmee und die daraus resultierenden

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Frustgefühle sollten vom Leser mit dem Verlangen nach einer „Antwort“ auf jene brennenden und existenziellen Fragen, die der Herr Generalleutnant angeblich an den „Führer“ gestellt hatte, verknüpft werden: „Wie schaut es mit dem Nachschub für unsere Truppe aus?“ „Sind harsche Strafmaßnahmen gegen die ohnehin schon arg gebeutelten Männer wirklich notwendig?“ „Warum funktioniert die Feldpost schon seit Wochen nicht mehr?“ „Wo, bitte schön, bleiben denn die versprochenen ‚neuen Waffen‘?“ Hier eine erhalten gebliebene Abschrift des Flugblatts: Warum ist Generalleutnant v. Wietersheim nicht zurückgekehrt?

Generalleutnant von Wietersheim suchte Adolf Hitler zwecks Beratung auf. Er wollte wissen …

- wie seine Division ohne den nötigen Nachschub weiterkämpfen soll

- wie man die Stimmung von Soldaten aufrecht erhält, die seit 6 Wochen ohne Briefe sind

- ob die schweren Strafen, die Oberleutnant Pfefferkorn vom 110. Pz. Gren. Regt. verhängt, das richtige Mittel zur Aufrechterhaltung der Kampfmoral sind

- was er seinen Soldaten am 1. November versprechen soll, wenn die „neuen Waffen“ wieder ausbleiben

Generalleutnant von Wietersheim ist von seinem Besuch noch nicht zurückgekehrt … Konnte auch Hitler diese Fragen nicht beantworten?596

Wittler operierte auch hier nicht ins Blaue hinein, sondern thematisierte derartige Fragen auf Grundlage empirisch erhobener Informationen zur Feindmoral. Die westalliierte Human Intelligence konnte vielfach in Erfahrung bringen, dass angesichts der Kaskade an militärischen Niederlagen im Westen ab Sommer 1944 solche bohrenden Fragen auf deutscher Seite tatsächlich immer häufiger gestellt und auch Wünsche nach ehrlichen Lageberichten immer öfter geäußert wurden. Felix Römer berichtet, dass der Major Leonhard Mayer und seine Truppe während der Kämpfe in der Normandie derartig „in der Scheiße drinstanden“, dass es in seiner Einheit zu rumoren begann. „Spätestens jetzt merkte“ der in seiner Gefangenenzelle in Fort Hunt von G-2-Experten und den Ritchie Boys aus Maryland belauschte „Mayer, dass ‚seine Soldaten nicht mehr aufs Hirn gefallen‘ waren, sondern sich angesichts der Lage entsprechende Fragen zu stellen begannen: ‚M[ayer]: Ja, die Soldaten natürlich, die haben da die Köpfe zusammengesteckt, eines Tages ist da ein Offiziere zu mir gekommen, der hat gesagt: Herr Major, Sie müssen auch mal irgendeinen Lagebericht geben, nicht wahr, und da habe ich einige zusammengeholt und einen Lagebericht gegeben, aber ich habe in dem Lagebericht nichts zu

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sagen gehabt, mich so gewunden, denn einerseits habe ich ja schließlich die Pflicht, die Soldaten geistig zusammenzuhalten, auf der anderen Seite ist es dann eben doch schwer, irgendwas Positives zu sagen, wenn man nichts Positives weiß.“597 Sehr wohl hatten die amerikanische Feindpropaganda und die damit verbundenen Nachrichtenblätter (wie die Frontpost) den Landsern einiges zu sagen. Es verwundert daher nicht, dass das „Wietersheim“-Flugblatt PWB 15 auf der deutschen Seite offensichtlich für Unruhe und konspiratives „Köpfe zusammenstecken“ gesorgt hat. So sah sich Generalleutnant von Wietersheim gezwungen, noch am selben Tag, an dem er der Feindschrift PWB 15 ansichtig wurde, eine Reaktion darauf zu schreiben. In Wittlers Nachlass befindet sich eine Kopie dieses Texts, der mit „Der Feind hat heute folgendes Flugblatt verschossen:“ beginnt, um dann den (oben zitierten) Inhalt von Wittlers Flugblatt wiederzugeben und schließlich in folgender Stellungnahme zu münden: Ihr wisst, daß ich bei Euch bin. Den Führer habe ich zuletzt im April dieses Jahres bei

der Verleihung der Schwerter gesehen, die ich Eurer Tapferkeit verdanke. Die Fragen, derentwegen ich beim Führer gewesen sein soll, können wir uns selbst beantworten. 1. Daß der Nachschub geregelt ist und klappt, wisst Ihr selbst.

2. Durch die Terrorangriffe auf unsere Städte sind gelegentliche Stockungen der Post-

beförderungen unvermeidlich. Aber jeder weiss, daß die Männer von der Feldpost alles daran setzen, um die Verbindung mit der Heimat aufrecht zu erhalten. Verzö-

gerungen von 6 Wochen dürften, wenn sie überhaupt vorgekommen sind, zu den größten Seltenheiten gehören.

3. Oberleutnant Pfefferkorn hat mit Euch in vorderster Linie gekämpft. Ihr kennt ihn und wisst, daß törichte Verleumdungen ihn nicht treffen.

4. Durch die Frage nach den neuen Waffen, die der Gegner mehr als alles andere fürchtet, versucht er Zweifel und Zwietracht zu säen. Ich verweise auf die Worte des Reich-

führers SS Himmler vom heutigen Tage: „Die neuen Waffen werden am rechten Ort und zur rechten Stunde eingesetzt werden.“

Ihr seht an diesem Beispiel, das Ihr selbst nachprüfen könnt, wie verlogen die feindliche Propaganda ist. Denkt daran, wenn der Feind in Zukunft versuchen sollte, Euch mit seiner Propaganda zu beglücken. Unsere stolze Division kämpft unbeirrt und furchtlos bis zum Siege.“598

Die wort- und pathosreichen Gegenargumente, mit denen der Panzeroffizier hier die Spaltpropaganda der PWB/3rd Army zu zerstreuen sucht, können – zugegebenermaßen blicke ich hier mit dem Wissen der Nachkommenden auf diese Aus­

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sagen – nur teilweise überzeugen: Mit der Feststellung, dass er die ihm vom Führer im April 1944 (wohl zusammen mit dem Ritterkreuz) verliehenen „Schwerter“ nur der Tapferkeit seiner Truppe verdanke, versucht Generalleutnant von Wietersheim nicht nur darüber aufzuklären, dass die Amerikaner lügen, wenn sie behaupten, er habe jüngst Hitler getroffen; gleichzeitig unterstreicht er damit auch die „Charakterstärke“ und das hohe soldatische Ethos seiner Truppe – kurzum: er umschmeichelt seine Untergebenen mit einem Argument, für das sie, wie auch Millionen anderer Wehrmachtskämpfer, trotz aller Rückschläge und Niederlagen nach wie vor empfänglich waren: dem Kameradschafts- und Tapferkeitsmotiv.599 Auch das sprachliche Ablenkungsmanöver, mit dem von Wietersheim auf die „Terrorangriffe auf unsere Städte“ verweist, dürfte beim einen oder anderen Soldaten noch auf Zustimmung gestoßen sein.600 Rhetorisch und argumentativ weniger geschickt hingegen waren hilflose Ausflüchte und vage (von den Soldaten nicht nachprüfbare) Versprechungen über „neue Waffen“, die noch dazu an eine Person und eine Institution gekoppelt wurden, die im Vergleich zum relativ respektierten „Führer“ zunehmend unbeliebt waren: Heinrich Himmler und die SS. Von Wietersheims Argument, dass der Gegner die neuen Waffen „mehr als alles andere fürchtet“, weist zudem eine doppelte Realitätsferne auf: Erstens war das Mantra von neuen Waffen eine Schimäre; zweitens hatten die deutschen Soldaten, darunter auch viele Linientreue, ab Sommer 1944 am eigenen Leib erfahren, wie erdrückend die Materialüberlegenheit der Westalliierten war. „Alle Landser fluchen, weil es nicht genug schwere Waffen gibt“, behauptet etwa der von der 9. US-Armee gefangen genommene deutsche Volksgrenadier und Journalist Richard Arnhold im November 1944.601 Desillusionierte oder nonkonformistische Soldaten wie er waren gegen Kriegsende zunehmend gewillt, die Durchhaltelügen der eigenen Führung mit den oft sehr faktennahen Informationen auf den US-Flugblättern abzugleichen und kritisch zu hinterfragen. Nichtsdestotrotz gab von Wietersheim auf gebetsmühlenartige Weise jene kontrafaktischen NS-Propagandaphrasen wieder, die etwa in einem an amerikanische GIs gerichteten NS-Flugblatt breitgetreten und darin mit dem ideologischen Reizwort „Bolschewismus“ vermischt werden: „They [the German soldiers] are equipped not only with new weapons (and you will have the honour to make their acquaintance) but also with the experience of three years war against the Bolshies.“602 Von dem ebenfalls auf deutscher Seite gerne ins Feld geführten Hoffnungsmotiv der durchschlagkräftigen „Wunder“- und Vergeltungswaffen (V-1 und Nachfolgemodelle)603 ist in Bezug auf von Wietersheims Argumentationskette ganz zu schweigen. So richtete die fiktive soldatische US-Propagandafigur namens Joe Jones den deutschen Kämpfern quasi im Vorfeld aus, die US Army glaube „nicht an Wunder.

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Wir glauben an Flugzeuge, Kanonen, Granaten, Panzer und Maschinen.“604 Im Gegensatz zum weit verbreiteten und desparaten NS-Glauben an ein fünf vor zwölf stattfindendes deutsches Rüstungswunder und den damit verbundenen Aporien beruhte die amerikanische Propagandarhetorik in diesem Fall auf handfesten Tatsachen. Eine wohl ständig zunehmende Zahl von deutschen Landsern wusste oder begann zu ahnen,605 dass es sich bei solchen Aussagen wie jener des Generalleutnants über „Waffen zur rechten Zeit“ um hohle Phrasen und „silly Nazi arguments like Bolshevism and jews“ handelte.606 Auch wenn so mancher Wehrmachtskämpfer sich an die Hoffnung klammerte, dass Deutschland in seiner Waffenkammer „noch etwas in Reserve haben“ müsse607 – eine derartige Rhetorik musste früher oder später an der Realität des Kriegs und am nüchternen Pragmatismus der materiell haushoch überlegenen Westalliierten scheitern608 – die dreisten Behauptungen der deutschen Propaganda wurden von PWD/SHAEF und Leuten wie Kurt Wittler letztlich sowohl diskursiv als auch am realen Schlachtfeld dekonstruiert. So führte das Kampfpropagandateam der 9. US-Armee den Glauben an das heilsbringende deutsche Waffenwunder genüsslich und mit beißender Ironie ad absurdum, indem die Empfänger in einem an die 183. Volksgrenadierdivision gerichteten Flugblatt aufgefordert werden, ihre allseits gefürchtete Wunderwaffe einzusetzen: Setzt V-2* ein!

*V-2 bedeutet beide Arme zur ehrenvollen Übergabe zu erheben.609

Und schließlich ist Panzerkommandeur von Wietersheim mit seinem Lobpreis auf angeblich zur rechten Zeit eintreffende Waffen noch ein weiterer, schwerer Fehler unterlaufen: Mit seinen zweckoptimistischen, wohl auch auf Selbsttäuschung beruhenden, aber letztlich unrealistischen Hoffnungsbekundungen in Bezug auf derartige Materiallieferungen schwächt und unterminiert er die zuvor von ihm so gepriesene humane Komponente, die ein zentrales Motiv im Helden- und Aufopferungsnarrativ der Wehrmacht und ihrer Kameraden darstellt. Sind es doch laut deutscher Selbstdarstellung die tapferen, loyalen, treuen Soldaten selbst, nicht ihre (wenigen) Waffen, die für die Standhaftigkeit der Truppe gegen einen materiell und waffentechnologisch vielfach überlegenen, aber soldatisch unterlegenen Feind verantwortlich zeichnen! Denn diesem bis wenige Wochen vor Kriegsende ungebrochen hohen soldatischen Ethos der Wehrmacht und der unbestrittenen Kampfkraft der Deutschen wurde hüben wie drüben ein gewisser Respekt gezollt. Auch das Eingeständnis des Offiziers, dass es zu „Stockungen der Postbeförderung“ kommt, entkräftet nicht, sondern verstärkt das apokalyptische Bild, das die Amerikaner von den Zuständen auf der deutschen Seite zeichneten. Und indem

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von Wietersheim nicht zuletzt den Fehler macht, seine Gegenargumente zur Feindpropaganda nicht exklusiv und autoritativ für sich sprechen zu lassen, sondern in seinem Schreiben auch die Hauptbotschaft von Wittlers Flugblatt vollinhaltlich zitiert, tritt er dabei auch als eine Art unfreiwilliger Multiplikator und Briefträger der US-Propagandisten auf. Es ist daher verständlich, wenn der stellvertretende Kommandeur von PWB/3rd Army der PWD/SHAEF-Zentrale ausführlich über dieses Flugblatt, das ein derartiges Echo bei deutschen Offizieren und Mannschaften hervorgerufen hatte, berichtet: Lt. Collette, Ass[istan]t P[sychological]W[arfare]O[fficer], 3[rd]A[rmy], reported Lt.

Gen. von Wietersheim wrote an answer to leaflet PWB 15, prepared by this Branch. (PWB 15 asks four questions as to why Gen[.] Wietersheim has not returned from visit with Hitler ostensibly to request methods of raising morale of his troops as regards supplies, mail, punitive measures and „new weapons“). One copy of this answer, which was signed, and in which the General repeated verbatim contents of original leaflet, was found on dead German private.610

Aus Sicht der PWB-Offiziere zeigen die Reaktion Wietersheims und dieses mediale „Comeback“ 611 eines Flugblattthemas in feindlichen Schriften, dass das Flugblatt PWB 15 das bisher wirkungsvollste Kommunikat aus Wittlers Schreibstube war.612 Sie lagen damit wohl nicht ganz falsch: Noch im selben Monat, im Oktober 1944, wurde von der Wehrmacht mit den Mitteilungen für die Truppe eine Art „Katechismus“ zur Indoktrination herausgegeben, der beschwichtigende Antworten auf unangenehme Fragen zu „Geheimwaffen“ und Problemen bei den Feldpostsendungen lieferte.613 Der Flugblattspezialist Martin Herz nennt solche „Gegenpropaganda“ und derart geäußerten Reaktionen von deutschen Kommandeuren zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Truppenmoral nach einer US-Propagandaoperation als einen wichtigen Effizienzindikator.614 Natürlich änderte dieses vergleichsweise „erfolgreiche“ Flugblatt und die Tatsache, dass auf deutscher Seite ab Sommer 1944 die NS-Ideologie ebenso viel an ihrem Reiz verloren wie der Glaube an den „Endsieg“ abgenommen hatte, wenig am Durchhaltevermögen der meisten Propagandaadressaten und an der nach wie vor hohen Leistungsfähigkeit der Wehrmacht. Der deutsche Soldat kämpfte laut Martin van Creveld in der Regel nicht im Glauben an die nationalsozialistische Ideologie – tatsächlich kam in vielen Fäl-

len wohl eher das Gegenteil der Wahrheit näher. Stattdessen kämpfte er aus den Gründen, aus denen Männer schon immer gekämpft haben: Weil er sich als Mitglied einer

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einheitlichen, gut geführten Gemeinschaft empfand, deren Struktur, Verwaltung und Funktionieren im großen Ganzen […] als recht und billig erkannt wurden.615

Der deutsche Landser des Zweiten Weltkriegs gleicht in vielerlei Hinsicht der sagenhaften Figur des Langobarden Droctulft, der laut Jorge Luis Borges „weißhäutig, beherzt, naiv, treu seinem Führer und seiner Sippe, nicht dem Universum“ war.616 So betonen mehrere Kriegsgefangene im Zuge einer PWD-Umfrage zur Flugblattwirkung dezidiert „the soldier’s duty to fight on, as a German, against all appeals“617 – der deutsche Soldat habe also seine Pflicht zu erfüllen, Flugblätter hin oder her. Sogar ein angesichts des irrsinnigen und mörderischen Eroberungskriegs Hitlers desillusionierter NS-Gegner wie der junge Soldat Willy Reese meldete sich nach mehreren Verwundungen und krankheitsbedingten Ausfällen immer wieder freiwillig zum Waffendienst an die Ostfront zurück. In einem Gedicht bezeichnet Reese die gen Osten marschierende Wehrmacht als eine von einem „Clowne geführte“, „brüllende Horde“, die „Juden ermordet“, „Menschen geknebelt“ und im „Blute gesäbelt“ habe. Inspiriert von den existenzialistischen Schriften Ernst Jüngers und fasziniert vom vitalistisch-nihilistischen „Heroismus“ im Schützengraben fiel ihm letztlich nichts Anderes ein, als an der Seite seiner Kampfgefährten unbeirrt und „unpolitisch“ für sich und seine deutsche Nation618 weiterzukämpfen: „Unsere Kameradschaft entstand aus zwingender Abhängigkeit voneinander […] Der Krieg ging weiter. Ich wanderte wieder hinaus. Ich liebte das Leben.“ Anders als die Geschwister Scholl, die Stauffenberg-Brüder oder antifaschistische Deserteure der Wehrmacht konnten sich Soldaten wie Reese nicht dazu durchringen, „den Krieg als ‚nationalsozialistischen Krieg‘ zu sehen oder selbst eine politische Entscheidung zu treffen“.619 Gerade in solchen Fällen werden die Grenzen alliierter Kampfpropaganda schonungslos aufgezeigt. Kommen wir nach diesem kurzen Exkurs wieder zu Wittlers Flugblatt zurück. Es ist angesichts der stichhaltigen Moralaufklärung und den Informationen aus den Verhörzelten und Kriegsgefangenenlagern verständlich, dass Wittler eine ähnlich erfolgversprechende Thematik wie im Wietersheim-Flugblatt auch im nachfolgenden Werk (PWB 16) aufgriffen hat. Dieses richtete sich an das 38. SSPanzergrenadierregiment der zuvor erwähnten „Götz von Berlichingen“-Division (vgl. PWB 14) und grenzte dabei die Zielgruppe noch stärker ein. Darin wird auf Grundlage aktueller nachrichtendienstlicher Erkenntnisse behauptet, dass bataillonsweise „SS-Männer in die Heimat“ geschickt, während die zurückbleibenden „Grenadiere in den sinnlosen Tod“ gehen würden. Die aufwühlende Botschaft und der indirekte Desertionsaufruf auf der Vorderseite werden mit folgenden Ermutigungsformeln und motivierenden „Ausblicken“ auf der Rückseite kombiniert:

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PASSIERSCHEIN

An die amerikanischen Vorposten:

Der deutsche Soldat, der diesen Passierschein vorzeigt, benutzt ihn als Zeichen seines ehrlichen Willens, sich zu ergeben. Er ist zu entwaffnen. Er muss gut behandelt werden. Er hat Anspruch auf Verpflegung und, wenn nötig, ärztliche Behandlung. Er ist

so bald wie möglich aus der Gefahrenzone zu entfernen. Dieser Passierschein genügt auch für Gruppen.

Kriegsgefangenen ist zugesichert:

1. ANSTÄNDIGE BEHANDLUNG. Auf Grund des Genfer Abkommens werdet Ihr wie Soldaten behandelt. Kriegsgefangene behalten Rang und Ehrenzeichen. 2. GUTES ESSEN. Ihr erhaltet die selbe Kost wie die alliierten Truppen.

3. LAZARETTBEHANDLUNG. Deutsche Verwundete und Kranke werden genau so behandelt wie die unseren.

4. SCHREIBGELEGENHEIT. Jeder Kriegsgefangene kann im Monat 4 Briefe und 4 Karten nach Hause schreiben.

5. BALDIGSTE HEIMKEHR. Mit Rücksicht auf das baldige Kriegsende werden Kriegsgefangene jetzt nicht mehr nach Übersee versandt. Nach dem Kriegsende werdet Ihr so bald wie möglich in die Heimat zurückkehren.620

Die eben zitierte Rückseite des Flugblatts PWB 16 ist eine Variaton des „Passierschein“-Motivs. Aus der ab Sommer 1944 immer stärker anschwellenden „Flut von raffinierten Appellen“ an den deutschen Feind621 ragt dieser sogenannte Safe Conduct Pass als das wohl bemerkenswerteste Kommunikat der weißen Militärpropaganda der Westalliierten heraus. Der Passierschein war ein auf den ersten Blick nicht „propagandistisch“ oder ideologisch argumentierendes Flugblatt, sondern ein eher subtiles „ticket of admission into captivity“,622 das den deutschen Empfängern im Falle des freiwilligen Streckens der Waffen eine korrekte Behandlung durch die Soldaten der US Army zusicherte. Der Kommandeur der fünften US-Armee in Italien, Mark W. Clark, zeigte sich etwa beeindruckt von den zahlreichen Wehrmachtssoldaten, die solche Passierschein-Flugblätter aufgelesen hatten, um in Folge auf den richtigen Moment für die kampflose Aufgabe zu harren und das Flugblatt dem nächsten GI vorzuweisen. Auch die gegenüber so manchem „damn travel folder“ skeptisch eingestellten US-Militärs in Italien (dazu zählte in bestimmten Fällen auch der prinzipiell propagandaaffine Patton) wichen aufgrund derartiger Teilerfolge von ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Propaganda ab „and gradually accepted is use.“623 Der später in Westeuropa millionenfach vom Flugzeug aus abgeworfene und mittels Artillerie verschossene Passierschein wurde – wie Wittlers Beispiel zeigt –

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oft mit gratifikatorischen und verlockenden Angeboten sowie mit narrensicheren Anleitungen zum Akt des Sich-Ergebens kombiniert. Aufgrund der PWI-Befragungen erfuhr die US-Armee, dass die „dry, curt summary of the essential facts about captivity“624 in Form der berühmten „Sechs Punkte“ (im obigen Fall von Wittlers Variante waren es fünf ) zur guten Behandlung der Kriegsgefangenen von den Lesern aufmerksam wahrgenommen wurden.625 So hatte Wittler gegen Kriegsende das Glück, einen deutschen Sonderführer namens Wiebe befragen zu können, der das exakte Gegenstück eines amerikanischen PWI-Analysten darstellte. Wiebe hatte die Aufgabe gehabt, alliierte Propaganda zu analysieren und zu evaluieren und fallweise Gegenmaßnahmen auf deutscher Seite anzustoßen. Er war daher ein Experte, der PWB/3rd Army wertvolles Feedback aus der Perspektive des Feinds geben konnte und sich zudem sehr für Flugblätter interessierte: Neben dem hohen Informations- und Faktizitätsgrad amerikanischer Propagandakommunikate beeindruckte ihn vor allem das amerikanische Versprechen einer guten Behandlung der Kriegsgefangenen: PW [Wiebe] thinks Allied leaflets are very cleverly done […] He thinks they are very effective. As a matter of fact he thinks that straight news is a very strong weapon in our

arsenal. Another thing he thinks [to be] very effective is the enumeration of the privileges a soldier has after he becomes a PW.626

In Bezug auf das Hauptthema des Safe Conduct Pass bzw. Passierscheins fiel den Verhöroffizieren der Propaganda Intelligence wiederum auf, wie beeindruckt die Deutschen von den „amtlich“ wirkenden Siegeln und der autoritativen Unterschrift des obersten feindlichen Schlachtenlenkers Eisenhower (ab 1944) waren. Viele Landser betrachteten den Passierschein daher als glaubwürdiges oder zumindest nützliches „Dokument“, das man im Fall einer freiwilligen oder unfreiwilligen Gefangennahme seinen Feinden vorweisen könnte. Als im Rahmen eines Gegenangriffs der ersten US-Armee bei St. Vith und Trois Points einem vom IPW-Team Nr. 156 verhörten deutschen Sanitäter angeboten wurde, unbehelligt wieder über die Linien zurückzugehen, habe dieser den verdutzten GIs geantwortet: „‚You can’t send me back; I’ve got a ticket to stay here‘, producing from his pocket his American Passierschein!“627 Ein anderer, Ende September 1944 im „Third Army Cage“ von Julius Schreiber, einem österreichischen Sharpe Boy, MRBC-Soldaten und engen Kollegen Kurt Wittlers, vernommener Gefangener hatte sich laut eigenen Angaben unter dem Vorwand, Brennholz zu sammeln, zu den amerikanischen Linien abgesetzt, wo er sich mit dem Passierschein in der Hand ergab. Als Motiv gab der 21jährige Bäcker

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15  Vermutlich von Si Lewen und Kurt Wittler (PWB/3rd Army) geschaffene Version des „Passierscheins“, August oder September 1944

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aus dem Rheinland später an: „Ich gehe in Gefangenschaft und hab’ meine Ruhe.“628 Ob es sich nun um den im Herbst 1944 bei Metz kämpfenden Grenadier-Infanteristen oder den im März 1945 von den von Pattons Truppen schlichtweg überrollten Volkssturmmann in Saarburg handelt629 – in unzähligen PWI-Reports der dritten US-Armee und auch anderer Organe der PWB/AFHQ630 und der PWD/ SHAEF631 stößt man auf das Passierschein-Motiv. Viele Kriegsgefangene, auch solche, die der Feindpropaganda nicht sonderlich zugetan waren, trugen eine oder mehrere Ausgaben des Passierscheins bei sich, um diese im Bedarfsfall wie eine Art Versicherungspolice den amerikanischen „captors“ vorweisen zu können.632 „The safe-conduct leaflet with its official appearence“, so Guy Stern, „became the favorite illegal hoard of the German soldiers – just in case of emergency.“633 Was ist der Grund für den Erfolg dieses Flugblatttyps, der selbst von so skeptischen und ironiefähigen Kriegschronisten wie Melvin J. Laskey nicht ernsthaft in Frage gestellt wurde?634 Auch wenn man an dieser Stelle in Gefahr gerät, holzschnittartige Ethnostereotypen zu zeichnen, kann man doch behaupten: Die in der Regel bürokratieaffinen, obrigkeitshörigen und gründlichen deutschen Bürger, vor allem die Soldaten des „Dritten Reichs“, neigten dazu, behördlichen Verlautbarungen, Mitteilungen in „Amtsblättern“ und Äußerungen von Uniformierten Glauben zu schenken – die US-Propagandisten versuchten mit dem Passierschein diese unterwürfige und militaristisch kanalisierte Bürokratievernarrtheit für ihre Zwecke zu nutzen. Ob seines vertrauenerweckenden Erscheinungsbilds und der semantischen Dehnbarkeit des Worts passieren erleichterte der Safe Conduct Pass auch jenen Wehrmachtssoldaten, die in Hinblick auf ihre Soldatenehre und der Loyalität zum „Führer“ der Desertion abgeneigt waren, den Akt des Überlaufens: Mit einem Passierschein in der Tasche konnte der zur Aufgabe bereite Landser sich einreden, die Linie zum Feind mit einem offiziellen Dokument in der Hand zu „passieren“, anstatt opportunistisch und feige Fahnenflucht zu begehen635 – „‚willing capture‘ rather than desertion“ lautet hier also das sprachliche (Re-)Framing.636 An mehreren Kriegsschauplätzen verwendet, sollte dieser bereits in Italien eingesetzte Flugblatttyp vielen kriegsmüden Soldaten der Wehrmacht so die Desertion erleichtern. Der laufend überarbeitete und mithilfe der Rückmeldungen kooperativer Gefangener schrittweise optimierte Passierschein war das Produkt eines kreativen und dynamischen Prozesses, an dem mehrere österreichische Ritchie&Sharpe Boys, darunter vermutlich der im Hauptquartier der PWD/SHAEF dienende Public-Relations-Autor und Hollywood-Insider Walter Klinger und der OWI-Mitarbeiter und PWD-„Senior“-Offizier Bert L. Werner, beteiligt waren.637 Der unter anderem in Südfrankreich kämpfende österreichische Infanterist und Verhörsoldat Georg Troller begründet den Erfolg des Safe Conduct Pass damit, dass er einer-

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seits die Ehrgefühle der Deutschen nicht verletzte, andererseits den Lesern klar die Nützlichkeit eines solchen „ermächtigenden“ Papierzettels vor Augen führte: Für Troller war der Passierschein eine Aufforderung zur Übergabe, deutsch und englisch gedruckt. Oben sehr heroisch-heraldisch das amerikanische und britische Wappen, unten die persönliche Unterschrift

Eisenhowers. Schon das Wort Passierschein war ein genialer Einfall, weil es nichts Uneh-

renhaftes in sich schloß. Das Ganze, fein gedruckt vor gestochenem grünem Hintergrund, wirkte wie ein kostbares Wertpapier. Oder eine solide Versicherungspolice aufs

Überleben. Und an viel anderem waren die Krauts jetzt ohnehin nicht mehr interessiert.638

Gerade jene von Troller angesprochene Ausgabe des Passierscheins, die ein Faksimile von General Eisenhowers Unterschrift zeigt (PWD/SHAEF ZG 61), war laut einer Anfang November 1944 durchgeführten PWI-Befragung von 315 Kriegsgefangenen das verbreitetste bzw. am meisten akzeptierteste Feind-„Dokument“.639 Kommen wir wieder zu unserem Flugblatt PWB 16 zurück. Während die PWD/ SHAEF allgemeine, strategische Passierschein-Flugblätter von ihrer Special Leaflet Squadron millionenfach via Flugzeug abwerfen ließ, widmete sich Wittler im Operationsbereich von PWB/3rd Army der taktischen Adaption dieses Motivs. Er kombinierte bei seiner Version des Passierscheins jene Inhalte, die für die jeweiligen feindlichen Einheiten, denen man im Feld gegenüberstand, von direkter Relevanz waren, mit dem Motiv des „freien Geleits“. Wittler legte also im Fall seines Appells an die einfachen Angehörigen des 38. SS-Panzergrenadierregiments das Narrativ einer abgehobenen und bevorzugt behandelten SS-Einheit als provozierende Negativfolie über seine Version des Passierscheins. Auf amerikanischer Seite werden auch die kleinen Leute, nicht nur die SS-Leute, „wie Soldaten behandelt“, falls sie nur bereit wären, die Linien zu passieren – so lautet eine der zentralen Botschaften von Wittlers Textcollage. 2.3.4 Exkurs: Zahnlose Österreich-Ideologie trifft auf sperriges Textdesign: Das Flugblatt PWB 20 Ende Oktober und Anfang November 1944 – man befand sich in einer Phase der „comparative inactivity in the Third US Army zone“ rund um Metz und Luneville640 – wurden von Wittler mehrere taktische Flugblätter konzipiert. Als Ergänzung zu den via Flugzeug abgeworfenen, auf kontinuierliche Moralaufweichung abzielenden, strategischen PWD/SHAEF-Flugblättern riefen diese unmissverständlich zur Niederlegung der Waffen auf. In den Serien PWB 18, 19 und 20 wurde

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daher als eine Art Vorbereitung auf die bevorstehende Offensive von Pattons Truppen „[d]ie sichere Weise sich zu ergeben“ herausgearbeitet.641 Wittler kombinierte derartige Gebrauchsanweisungen für Überläufer auch mit zielgruppenspezifischer Ethno- und Spaltpropaganda, die einzelne Gesellschaftsgruppen gegeneinander ausspielte.642 Ein inhaltlich sehr dichtes Beispiel dafür ist das „Österreicher!“-Flugblatt (PWB 20) von Ende 1944. Als gebürtiger und gelernter Österreicher wusste Wittler um die politischen Unterschiede und Konfliktfelder zwischen Reichsdeutschen und Österreichern. Umso hellhöriger waren er und die Moralanalysten der US-Armee, wenn dieses Thema in den PWI-Verhören auftauchte. Wie bereits im Kapitel über die österreichischen Propaganda-Intelligence-Experten kurz erwähnt, gab im September 1944 der österreichische Sozialist und Deserteur Rudolf Preinfalk gegenüber dem österreichischen Sharpe Boy Francis Seidler (der damals für PWB/3rd Army tätig war) an: „Kein Österreicher bildet sich heute noch ein, Deutscher zu sein.“643 Preinfalk hörte laut eigenen Angaben auch eifrig die ÖsterreichSendungen der BBC. Der von Klaus Mann im Herbst 1944 an der italienischen Front verhörte österreichische „Anti-Nazi“ und Gebirgsjäger Andreas Tanner wiederum „remembered a leaflet promising Austrian independence“ und gab zu Protokoll, dass die Österreicher nicht mehr an das NS-Regime glauben würden.644 Wittler verwob derartige Erkenntnisse von Seiten seiner PWI-Kameraden mit seinem Propaganda-Output und verknüpfte diese in mehreren PWI-Berichten eingeholte „ethnic intelligence“ über angebliche Ressentiments zwischen Österreichern und „Piefkes“ nun mit einem politischen Thema, nämlich mit der alliierten „Moskauer Deklaration über Österreich“ von November 1943. Wittler hoffte also, aus dem „erzwungenen Anschluss“ an das Deutsche Reich und der Österreich durch die Alliierten zugewiesenen Rolle als „erstem Opfer Hitlers“ psychologisches Kapital zu schlagen und durch das aufklärerische und demokratische Anargumentieren645 gegen die bösen Preußen Handlungsdruck auslösen zu können: Wenn die österreichischen Soldaten sich gemäß den Forderungen und Ermutigungen der Moskauer Deklaration im Sinne eines emanzipatorischen Austro-Nationalismus für die „Wiedererrichtung eines freien und unabhängigen Österreich“ einsetzen würden, dann könnten sie die Fesseln und Verbrechen des preußischen Militarismus und des NS-Regimes abschütteln646 und an der Seite ihrer „Lieben“ am „Wiederaufbau eines neuen Österreich“ mitwirken, so die Botschaft des einleitenden Textabschnitts. Dies setzt natürlich die freiwillige Aufgabe oder Desertion und die Entscheidung fürs „Leben“ anstelle des „Sterben[s]“ voraus. Diese existenzielle Entscheidung wird von Kurt Wittler – entsprechend des schon bei Hans Habe gelernten Gebots der Einfachheit – als klare, unmissverständliche Frage formuliert und typografisch durch fette und unterstrichene Versalien hervorgehoben.

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Wenige Wochen vor der Veröffentlichung der Moskauer Deklaration hat etwa der sich als Österreichpatriot präsentierende Deserteur Alfred Franz Waitusch eine handgeschriebene Empfehlung für eine „Positive Propaganda Policy for Austria“ abgegeben. Darin schreibt dieser in seinen Landsleuten ein regimefeindliches und subversives Agens sehende Gefangene: There are some points on which the Austrians should be informed: a. Details of the Allied plan for freeing of Austrian territory.

b. What regime will be set up in Austria and what its status will be. […] For instance, the Austrian people should be informed of the Teheran Conference plan to reconstitute Austria as a free and independent country. […] Such an Allied pro-

paganda campaign will bring many groups in Austria into active co-operation against the Germans. It will create a resistance movement in Austria like that of France and Belgium …647

Es scheint fast, als hätten die Verfasser der Moskauer Erklärung und der Flugblattredakteur Kurt Wittler in diesem Dokument gelesen, bevor sie sich dem Thema Österreich widmeten. Die folgende Analyse des Flugblatts PWB 20 wird sich der zweckoptimistischen Annahme, dass Leute wie Waitusch den Mainstream unter den Ostmärkern repräsentierten und das Thema Österreichpatriotismus ein lohnendes Thema militärischer Propaganda ist, kritisch annähern. Interessant an diesem textlastigen Flugblatt (siehe Abb. 20) ist, dass es eine Verbindung der politischen Meta-Ebene des Kriegs (Moskauer Deklaration) mit dem – davon weit entfernten – soldatischen Mikrokosmos und der Lebenswelt des (österreichischen) Empfängers herzustellen versucht: Der im Flugblatt namentlich erwähnte Oberleutnant Wilhelm Vollenberg war Kommandeur der 4. Kompanie des Festungs-Maschinengewehr-Bataillons Nr. 51,648 das an der Westfront eingesetzt wurde und ab Oktober der zuvor stark dezimierten und nahezu zerschlagenen 553. Volksgrenadierdivision649 zugewiesen war (wo es später aufgelöst wurde und offensichtlich im 1119. Grenadierregiment aufging).650 Generell hatte die 553. Volksgrenadierdivision ein Problem mit Desertionen: In einem einzigen Monat im Spätherbst 1944 kam laut US-Quellen von allen Streifen, die von einer Kompanie ausgeschickt wurden, nur eine einzige zurück.651 Das hastig zusammengestellte und östlich der Linie Metz-Nancy eingesetzte Bataillon Nr. 51 tauchte im Oktober 1944 in den Intelligence-Berichten und „Order of Battle Notes“ der dritten US-Armee und den Situation Reports für die PWD/SHAEF auf652 und geriet umgehend in das Visier der Propagandaredakteure. Die G-2-Stelle hat dank

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16  Ein nationalistischer Appell an die (ehemaligen) Landsleute: das „Österreicher“-Flugblatt von Kurt Wittler

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den Order-of-Battle-Spezialisten und PWI-Kriegsgefangenenbefragungen erfahren, dass die Mannschaft dieses im Wehrkreis XVIII (Salzburg, Tirol-Vorarlberg, Steiermark und Kärnten)653 aufgestellten Bataillons zu weiten Teilen aus Österreichern bestand und einige davon offensichtlich auf Offiziere wie Buchloh nicht gut zu sprechen waren. Der im Flugblatt geäußerte Vorwurf, Buchloh würde die österreichischen Mannschaften herablassend oder gar wie Menschen zweiter Klasse behandeln, ist ein beliebter Topos der antipreußischen Österreich-Propaganda des Zweiten Weltkriegs und wird hier dementsprechend breitgetreten. Ergänzt wird die österreichspezifische Ethnopropaganda im Flugblatt PWB 20 durch die auf der Rückseite angeführten, „idiotensicheren“ Anleitungen für das richtige Überlaufen, die zum Großteil bereits im oben erwähnten, wohl von Si Lewen verfassten, „Lorient“-Flugblatt der PWB/3rd Army enthalten sind: „halte Deine Hände über dem Kopf, …“ usw. Diese Vorlage wurde also von Wittler hier übernommen, sprachlich etwas vereinfacht und durch einen einleitenden Absatz, der gleich doppelt den „ehrlichen Willen“ des deutschen Lesers betont, ergänzt: DIE SICHERE WEISE SICH ZU ERGEBEN

Die alliierten Truppen sind angewiesen, alle deutschen Soldaten, die den ehrlichen Willen haben sich zu ergeben, unbehelligt aus der Gefahrenzone zu entfernen. Um Deinen ehrlichen Willen zu zeigen …

- halte Deine Hände über dem Kopf, die Handflächen nach vorne. - falls möglich zeige dieses Flugblatt oder sonst Weisses.

- gehe in gewöhnlichem Schritt, in gerader Linie, ungetarnt und unbewaffnet auf uns zu.

- laufe nicht, verstecke Dich nicht hinter Bäumen oder Büschen, um in keiner Weise Verdacht zu erwecken

Falls verwundet, oder ausserstande aufrecht zu gehen, bleibe in einer geschützten Stelle, und bei der Ankunft unserer Truppen gib Deine Absicht so gut wie möglich bekannt.

- wenn in Hörweite unserer Truppen, rufe „Ei ssörender.“ Das bedeutet: „Ich ergebe mich.“

- zeige dieses Flugblatt dem ersten alliierten Soldaten, den Du antriffst. EINIGE ENGLISCHE ASUDRÜCKE, DIE DIR IM FALLE DER GEFANGENNAHME NÜTZLICH SEIN KONNEN [sic!] Ich bin verwundet … ei äm wuhndet Wasser, bitte … water plies

Ich habe Hunger … ei äm hangri

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Ich brauche Kleidung … ei nied klohs

Ich möchte meine Angehörigen benachrichten … ei want tu notifei mei rälativs Rotes Kreuz … räd kross654

Sehen wir uns nun einige der – aus meiner Sicht gelungeneren – Inhalte und Methoden, die Kurt Wittler in dieses Kommunikat hineingepackt hat, an. Zunächst ist hier neben der Österreich-Thematik auf der Vorderseite die Gegenüberstellung Leben versus Sterben zu erwähnen: Zahlreiche PWI-Experten und Propagandaforscher wie Edward Shils und Morris Janowitz haben auf breiter empirischer Grundlage behauptet, dass die westalliierte Propaganda bei den deutschen Wehrmachtssoldaten dann am ehesten etwas bewirkt hat, wenn sie die existenziellste aller Fragen thematisierte, nämlich: „Leben oder Tod?“655 Die Deutschen waren aufgrund der manichäischen Holzhammerpropaganda des NS-Regimes, die ja ebenfalls permanent vom Sein oder Nichtsein, vom Überleben oder Untergang des deutschen Volks sprach, an diese binäre Sprachregelung gewöhnt.656 Daher war nur eine Art antinationalsozialistisches Reframing der Leben-oder-Tod-Frage nötig. Wittler und auch zahlreiche andere Flugblattschreiber haben in ihren Flugblättern diese Grundsatzfrage daher an einfache, leicht zu verstehende Anweisungen zur „Lebensrettung“ gekoppelt und dadurch in vielerlei Hinsicht einen gewissen Nerv bei einem militärisch zunehmend bedrängten Gegner getroffen. Und auch wenn jemand das Kleingedruckte zwischen den fetten Leben-oder-Tod-Zeilen nicht liest – die eindrückliche Kernbotschaft ist selbst beim flüchtigen Blick auf das kleine Papierblatt sofort erkennbar. Auf der „unpolitischen“ Rückseite des Flugblatts wurden mehrere der von Hans Habe in Camp Sharpe sowie in der Propagandaschule in Großbritannien gelehrten Vorschläge umgesetzt, teilweise wurden auch neue Elemente eingeführt bzw. Modifikationen an einer bereits bestehenden Textvorlage vorgenommen. Hier ist etwa die neu hinzugekommene, zweifach abgetippte Phrase „ehrlichen Willen haben(/zeigen)“ zu erwähnen. Wittler versucht sich hier an einer semantischen Umkodierung der von ihm miteinander verbundenen Begriffe „Ehrlichkeit“ und „Willen“: Die – aus nationalsozialistischer Sicht – „ehrlose Fahnenflucht“ wird also geschickt zum „ehrlichen“ Akt und „defätistische“ Willenlosigkeit zur „entschlossenen“ Willensstärke umgedeutet: Da ist ein ehrlicher, ja ehrenwerter Mann, der mit dem Mut der Entschlossenheit aus der Gefahrenzone will! Der „leaflet draftsman“ Wittler erwies sich in diesem Fall auch als sehr zweckorientiert und funktional denkender Kommunikationspraktiker: Er übernahm wie erwähnt bereits erprobte Passagen anderer Flugblätter und ergänzte sie mit neuen Inhalten, die sich dank der Auswertung von Propaganda Intelli-

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gence aufgedrängt haben. So wurde von ihm zunächst der Hauptteil des rückseitigen Texts fast ident aus dem „Lorient“-Flugblatt von September 1944 übernommen. In diesem copy-&-paste-Textblock befinden sich neben den praktischen Anweisungen zum Überlaufen und der „Passierschein“-Funktion („zeige dieses Flugblatt dem ersten alliierten Soldaten …“) weitere Dauerbrenner der Kampfpropaganda: Indem dezidiert und mit fett und kursiv gesetzten Lettern die „verwundet[en]“ und nicht mehr gehfähigen Landser angesprochen (aber natürlich indirekt alle anderen Leser mitgemeint) werden, suggeriert das Flugblatt, dass die Betroffenen im Fall der Kampfunfähigkeit aus ihren Stellungen – eben der „Gefahrenzone“ – geborgen werden würden. So entsteht der Eindruck, als ob jemand aus einem sich im Epizentrum eines Erdbebens befindlichen, zertrümmerten Haus in Sicherheit gebracht würde und es sich nicht um Krieg mit all seinen moralischen Implikationen, sondern um eine Naturkatastrophe handelt. Dies deckt sich mit der in Erinnerungsschriften von deutschen Kämpfern oft artikulierten – nicht selten apologetischen – Wahrnehmung vom Krieg als Elementargewalt, der über die „unpolitischen“ Soldaten mehr oder weniger hereinbricht.657 Durch den weltanschaulich neutral wirkenden Hinweis über die mögliche Bergung aus solchen Katastrophengebieten räumt dieses Flugblatt auch die von Martin Herz eingeforderte Möglichkeit eines „ehrenvollen“ Sich-Ergebens658 ein und setzt Letzteres (bzw. das „passive“ Desertieren) in einen anderen sprachlichen und kognitiven Frame. Wir betreten nun also ein anderes semantisches Feld: Es kann sich bei diesen „Geborgenen“, den Verletzten, ja nicht um „Kameradenschweine“ oder Fahnenflüchtige handeln! Das sind Opfer, die dort rausgeholt werden müssen!659 Interessant ist dabei auch das Detail, dass Wittler in diesem Flugblatt im Gegensatz zur älteren Vorlage von Si Lewen die Formulierung „falls schwer verwundet“ durch „falls verwundet“ ersetzt und damit den Kreis der direkt Angesprochenen noch vergrößert: Es reicht auch eine kleine Verletzung, um sich angesprochen fühlen zu dürfen! Eine weitere indirekt vermittelte Schlüsselbotschaft auf der Rückseite von Wittlers „Österreicher“-Flugblatt war die Anweisung zum phonetisch verständlichen Aussprechen der Phrase „I surrender“. Sein Kompanie-Kollege Lewen behauptete, dass die auf diesem Flugblatt und in unzähligen anderen PWD-Produktionen abgedruckte Phrase „Ei sörrender“ auf seine persönliche Anregung zurückgegangen ist – schenkt man Christian Bauer und Rebekka Göpfert Glauben, dann ist er in Camp Sharpe auf diese bereits existierende Formulierung gestoßen.660 Lewen, der auch Lautsprecheransagen an den Feind richtete, schlug seinen Vorgesetzten vor, bei den Appellen an den noch immer „pflichtbewusst“ und zäh kämpfenden Wehrmachtssoldaten nicht auf politische Themen oder pathetische Sterben-

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oder-Sich-Ergeben-Formeln661 zu setzen, sondern den Schwerpunkt auf „definite simple instructions on ‚how to surrender‘“662 zu legen. „Repeated over and over“, so resümiert Lewen optimistisch in seinen Memoiren, „this tactic proved increasingly effective. Eventually, I learned, from some just captured prisoners, that long before surrendering, they had practiced among themselves the ‚correct‘ pronunciation. ‚Ei ssorenda‘ [sic!] became an insidious challenge, intruding into enemy minds and eventually the trigger for surrender. Subtly and obliquely, the strategy – call it brainwashing – worked.“663 Wenige Wochen nach der Publikation des obigen Flugblatts ergab sich an der Frontlinie von Wittlers 3. US-Armee eine sechsköpfige Soldatenschar, die entsprechend der Anweisungen auf den Flugblättern „I surrender“ rief.664 Auch im historischen Rückblick der Propagandaabteilung der 12. Armeegruppe gibt man sich überzeugt, dass die Phrase „I surrender/Ei sörrender“ bei vielen Flugblattrezipienten eine Sickerwirkung entfaltete und ins Hirn des Landsers regelrecht eingepflanzt werden konnte: The leaflets were intended […] to plant in the mind of the German soldier the thought of surrender, the idea that surrender was not so terrible after all, that surrender was honorable, that surrender was the most reasonable action to take under the circumstances.665

Der von Wittler am Ende der Rückseite platzierte Englisch-„Blitzsprachkurs“ gibt Sprachtipps für diejenigen Landser, die „im Falle der Gefangennahme“ angeblich darauf angewiesen sein könnten. Die hier verwendete Technik ist die sogenannte Indirektion. Damit wollte man vermeiden, dass das Flugblatt als allzu plumper Aufruf zur Desertion rezipiert wird. Siegwald Ganglmair behauptet, dass es wenig sinnvoll ist, „einem Soldaten, der vis-a-vis im Schützengraben liegt“, zu erzählen „er solle zur Feindseite herüberkommen und er könne dann genug Zigaretten haben, eine zweite Tasse Kaffee zum Frühstück, mit warmem Wasser baden, eine zweite Decke beim Schlafen benützen, Lektüre für seine Freizeit verlangen sowie Schreibpapier für Briefe“ – der Angesprochene würde, so Ganglmair, diese durchschaubaren „Versprechen als ‚Propaganda‘ abtun und keines zweiten Blickes würdigen.“666 Passend dazu steht in einem PWI-Bericht von Wittlers G-2 Stelle bei der Third US Army über den Gefreiten und Angehörigen der Heeresflak-Artillerie-Abteilung 305, Johannes Koch, zu lesen: PW [Koch] saw leaflets in the VOSGES such as PASSIERSCHEIN and the one with the pictures about the PW’s eating etc. They believed most of it but they did not believe

much about the food situation, it seemed impossible to believe the story about so much white bread and chocolate.667

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Versteckt man nun die üblichen amerikanischen Versprechen über die gute Verpflegung und Behandlung in US-Kriegsgefangenschaft in einem instruktiven, handlungsanleitenden Text, könne man damit den kognitiven Abwehrreflex des Empfängers gegenüber den propagandistischen Anstrengungen seiner amerikanischen Feinde umgehen: „[V]erpackt“, so Ganglmair, „in einem ‚Blitzsprachkurs für Landser‘, aber auf der Rückseite eines Flugblattes, abgedruckt auf Englisch, Deutsch und in der Lautschrift, mit dem Vermerk versehen, daß solche Sätze dem potenziellen Kriegsgefangenen von Nutzen sein könnten, konnten solche Versprechen indirekt im feindlichen Soldaten die Grundhaltung unterwandern und in einer kritischen Situation, in der er sich zu entscheiden hat, den Ausschlag im – vom alliierten Standpunkt aus – positiven Sinn geben.“668 Natürlich war das Interesse der US-Propagandisten am Fremdspracherwerb der deutschen Feinde nicht selbstloser Natur: Der US-Armee war es in der Kampfphase weithin egal, ob deutsche Soldaten wussten, was das englische Wort für Kleidung ist und wie man es verständlich ausspricht. Ihr Ziel war es vielmehr, dass der feindliche Kämpfer aus dem militärischen Geschehen ausscheidet – im Idealfall geschah dies durch kampflose Aufgabe. Die Indirektion ermöglichte es also, in die vorgeblich so wichtigen Englisch-Phrasen die zentralsten US-Garantien für die ach so gute Behandlung der Deutschen in amerikanischer Kriegsgefangenschaft dezent einzuweben (Gutes Essen, Lazarettbehandlung, Schreibgelegenheit etc.) – das Flugblatt PWB 20 wirkt auf der Rückseite daher mehr wie eine informative, nicht persuasive Textsorte und riecht kaum nach „Propaganda“. Solche instruktiv angelegten Flugblätter, steht in der Geschichte von P&PW/12th Army Group zu lesen, sollten dem Rezipienten nicht nur die Schlüsselphrase „Ei ssörrender“ schmackhaft machen, sondern ihm auch eine Art Toolbox und Rüstzeug für das möglichst einfache Überlaufen bei gleichzeitiger Wahrung der „Soldatenehre“ und Selbstachtung mitgeben: [T]he leaflets were intended to convey the means of surrender – to give the German soldier the necessary equipment which would make surrender (whether desertion or

capture) as easy as possible when the moment came at which point his patriotism, his sense of soldierly duty, his loyalty to his oath and his self-respect all crumbled under the pressure of outward events or inward discouragement.669

Trotz dieses auf den ersten Blick beeindruckenden Flugblatt-Arrangements bei PWB 20 lassen sich mehrere kritische Punkte beim „Österreicher“-Druckwerk festmachen, die sich weniger auf die solide Rück-, sondern vor allem auf die ideologisch und nationalistisch argumentierende Vorderseite beziehen. Hier möchte ich zunächst auf das Textdesign,670 nicht auf den Inhalt selbst, eingehen. Aus der

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Ex-post-Perspektive eines im 21. Jahrhundert – dem Zeitalter der schnellen Bilder, kurzen Texte und multimodalen Sehflächen671 – lebenden Historikers bzw. Medienkonsumenten wirkt das gesamte Flugblatt sehr schriftlastig:672 In vielen von Wittlers Texten, vor allem aber in diesem Kompositionsschema, ist „das multimodale Zusammenspiel materiell verschiedener Zeichenträger“673 auf ein Minimum beschränkt – im PWB 20-Flugblatt fehlen zu weiten Teilen die semiotischen Raffinessen, psychoästhetischen Elemente674 und vor allem die fesselnden Bilder, also die „schnellen Schüsse ins Gehirn“, die mithelfen, die Aufmerksamkeit und das Interesse des Lesers zu wecken.675 „[I]n vielfacher Hinsicht“, so Hartmut Stöckl, „haben visuelle Zeichen einen höheren Wirkungsgrad als verbale“ und sind „gut dazu geeignet, Emotionen auszulösen.“ Bilder eignen sich aufgrund ihres „wirklichkeitsspiegelnden Potentials“ und der von ihnen suggerierten Faktizität daher sehr gut, um „ideologische Embleme und Mythen zu transportieren“676 – Bilder wirken schneller, direkter und intensiver als verbalsprachliche Texte auf den Betrachter ein und sind verglichen mit dem Zeichensystem Schrift emotionsfördernder und -verstärkender. Ähnlich wie ein lockendes oder marktschreierisches Coverbild einer Illustrierten kann ein Bild dafür sorgen, dass der soldatische Adressat sich angesprochen fühlt und „zugreift“. Nicht zuletzt können Bilder neben ihren wirkungsästhetischen Qualitäten auch von weniger belesenen Empfängern – dazu gehörten besonders auch die Mitglieder der sich aus allen Bildungs- und Bevölkerungsschichten zusammensetzenden Wehrmacht – leicht verstanden bzw. dekodiert werden.677 Wenn ein solch attraktiver oder interessanter visueller Köder existiert, ist wohl so mancher Empfänger eher geneigt, ein Stück Feindpropaganda zu lesen. Wittler hat sich jedoch dafür entschieden, sich der Leben-versus-Tod- und Österreicher-versus-Deutsche-Thematik nur mit einem politisch-propagandistischen Text (Erwähnung einer bereits ein Jahr zurückliegenden Konferenz der Feindmächte) zu nähern – und somit zum ohnehin bereits ausführlichen Kleingedruckten noch ein Stück Langeweile hinzuzufügen. Emotionalisierung sieht anders aus, möchte man ergänzen. Weil Wittler hier ganz auf ein Bild als emotionalisierenden Blickfang verzichtet, kann er in diesem logozentristischen Flugblatt auch keine funktionalen und trickreichen Verknüpfungen zwischen Bild und Schrift („Kohäsionen“) herstellen,678 um das Flugblatt methodisch „aufzupeppen“. Es bleibt ihm nur mehr die geschickte Aufbereitung der Schrift selbst – hier nutzte der Autor immerhin die „paraverbale semiotische Ressource“679 der Typografie, um eine Verbindung zwischen Form (Typografie) und Inhalt (Textaussage) herzustellen: Indem Wittler jene zwei Passagen im Fließtext, welche sich explizit an Österreicher und ihre „Lieben“ richten, mit einer harmonisch wirkenden Serifenschrift680 versah, konnte er diese Textblöcke vom serifenlosen und schmuckloseren Textteil,

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der über Untaten von deutschen Offizieren und die „gewissenlose Führung“ NSDeutschlands berichtet, abgrenzen. Wittler hat hier also versucht, bei den Lesern mit „typographischen Mitteln Assoziationen hervorzurufen“ (konnotative Funktion der Typografie), bzw. „die Einstellungen […] des Schreibers auszudrücken“ (expressive Funktion),681 also dem Rezipienten nicht nur inhaltlich, sondern auch formal zu mitzuteilen: „Liebe österreichische Kameraden, ich stehe voll und ganz auf der selben Seite wie Ihr!“ Ein methodischer Lichtblick in diesem sonst eher sperrigen Flugblatt-Arrangement also. Wie hier zumindest in zarten Ansätzen erkennbar, kann ein ausgefeiltes, mit visuellen und psychoästhetischen Mitteln (Schriftarten, Farben und natürlich die hier ausgesparten Bilder usw.) arbeitendes Textdesign dazu beitragen, dem Betrachter die propagandistische Kernbotschaft mit voller semiotischer Wucht näherzubringen. Ein weiterer handwerklicher Kritikpunkt ist die Frage, ob das Argument, dass Österreicher von Wehrmachtsoffizieren wie Buchloh als „Menschen zweiten Ranges“ behandelt werden, bei den landsmännischen Adressaten im Festungs-Maschinengewehr-Bataillon 51 bzw. dessen Nachfolgeeinheit (1119. Infanterieregiment der 553. Volksgrenadierdivision) tatsächlich verfing. Thomas Grischany zitiert in diesem Zusammenhang eine nahezu idente Wortwahl von Franz Studeny, einem österreichischen Unteroffizier, der Mitglied der innermilitärischen österreichischen Widerstandsgruppe um Major Carl Szokoll war. Laut Studeny, der im April 1946 einen Widerstands-Tätigkeitsbericht verfasste, seien die Österreicher in der Wehrmacht „‚auf Befehl der obersten Führung‘ und ‚mit voller Absicht‘ als Menschen ‚zweiter Ordnung‘ diskriminiert“ worden. Doch kann man daraus auch schließen, dass derartige Aussagen die Mehrheitsmeinung unter den Österreichern widerspiegeln? Grischany resümiert in Folge, dass solche Aussagen zwar dem (opportunistischen) Nachkriegs- und Opfernarrativ der Alpenrepublik Auftrieb gaben, aber angesichts der insgesamt erfolgreichen Integration der Österreicher in die Wehrmacht als kontrafaktisch zu betrachten sind.682 Sowohl US-Propagandisten wie Kurt Wittler als auch österreichpatriotische Widerstandskämpfer sowie spätere Historiker, „denen die Eigenständigkeit Österreichs besonders am Herzen lag“, haben ungeachtet dessen jedoch versucht, den deutschen Kriegsdienst von Österreichern „so darzustellen, als ob die Österreicher unwillige Opfer gewesen wären, deren Widerstandsgeist nur kontrolliert und gebrochen werden konnte, indem man sie ihrer Identität beraubt und vollkommen in eine ‚preußische‘ Armee eingeschmolzen hatte.“683 Auch wenn es vereinzelte Unmutsbekundungen von österreichischen USKriegsgefangenen über die realen oder als solche wahrgenommenen Erniedrigungen durch reichsdeutsche Vorgesetzte gegeben haben mag und diese von

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PWB/3rd  Army penibel dokumentiert und in Flugblättern „verwertet“ worden sind, dürften derartige Propaganda- und Widerstandsmythen in Einheiten wie dem 51. Festungs-MG-Bataillon oder dem 1119. Grenadierregiment keineswegs den Mainstream der Stimmungen und Haltungen in der Einheit widergespiegelt haben. Sogar die bereits mehrfach zitierte Aussage des Deserteurs und „Österreichpatrioten“ Preinfalk („Kein Österreicher bildet sich heute noch ein, Deutscher zu sein“) ist in diesem Zusammenhang vielsagend, lässt sie doch die Interpretation zu, dass sich die „Ostmärker“ vor dem ominösen heute, also vor dem September 1944, durchaus mit der Wehrmacht identifizierten und sich die angebliche „(Wieder-) Entdeckung ihrer österreichischen nationalen Identität großteils fünf Minuten vor zwölf ereignete“684 – zu einem Zeitpunkt also, als die Wehrmacht an der Westfront schon mit dem Rücken zur Wand stand und sich wohl nicht wenige Österreicher aus opportunistischen Motiven den amerikanischen IPW- und PWI-Offizieren als antideutsche Patrioten präsentierten.685 In zahlreichen anderen Moralverhörberichten lassen sich ebenfalls verräterische semantische Marker finden, die eher auf österreichischen Opportunismus als österreichische Gesinnungsethik hinweisen.686 Liest man etwa das bereits in diesem Buch zitierte Verhörprotokoll des sich über angebliche „preußische“ Repressionen gegen die armen Österreicher alterierenden und selbsternannten „ANTI-NAZI“ Rudolf Pichler aus Wien ganz zu Ende, stößt man auf folgenden Schlusssatz: „He […] desires after the war to stay in some American or English enterprise.“687 Die demonstrative Abgrenzung dieses Österreichers vom faschistischen Germanentum fiel also mit seinem Wunsch auf einen Nachkriegsjob auf Seiten von Uncle Sam zusammen. Vielleicht kein Zufall. Wie auch immer, manche Nachrichtensoldaten entwickelten mit der Zeit ein ziemlich gutes Gespür in Bezug auf den Wahrheitsgehalt solcher Aussagen. Ein PWI-Offizier der ersten US-Armee stand im Juli 1944 der bereits erwähnten Aussage eines unbekannten Kriegsgefangenen der SS-Panzergrenadierdivision Götz von Berlichingen, dass Österreicher bewusst zu riskanteren und halsbrecherischen Einsätzen abkommandiert worden seien, mit Vorsicht gegenüber: Er vergaß in diesem Zusammenhang nicht, darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um Meinungen von einzelnen Gefangenen handelte, „of which there is no adequate evidence of their being widely shared.“688 Hatte das auf mehr oder weniger authentischen Stimmungsberichten aus dem Mund von Kriegsgefangenen basierende Argument, dass Österreicher von bestimmten „preußischen“ Offizieren schlecht behandelt wurden, noch einen direkten und lebensweltlichen Bezug zur kämpfenden Truppe, so trifft dies auf die im Flugblatt ebenfalls erwähnte Moskauer Deklaration keineswegs zu. Wittler war sich bewusst, dass diese außenpolitische Grundsatzerklärung der Alliierten eine

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Art Propagandamanifest, eine „Handreiche für einen nationalen österreichischen Gründungsmythos“ war689 und „altreichsfeindlichen Elementen“ (so die Lingua Tertii Imperii)690 ordentlich Auftrieb geben sollte. Wittler versuchte nun, dieses österreichnationalistische Narrativ auf verständliche und greifbare Art und Weise in die taktische Frontpropaganda einzuweben: „the leaflet writer must know how propaganda policy can be most effectively converted into texts designed for the eyes of the audience“, schreibt Daniel Lerner in seinem Standardwerk.691 Wie Wittlers Zugang zu dieser Problemstellung in diesem Fall jedoch zeigt, ist eine solche „publizistische Übersetzung der hohen Politik in die Sprache der Menschen“692 ein schwieriges Unterfangen: Die von Wittler thematisierte Moskauer Deklaration vom November 1943 war für die im November 1944 an der Westfront kämpfenden Österreicher eine eher abstrakte Sache, die wohl nur in den seltensten Fällen ein treibendes Movens für „österreichpatriotische“ oder antifaschistische Aktionen wie Desertionen darstellte. Laut Clayton D. Laurie erwarteten sich die Soldaten – dazu gehörten Österreicher ebenso wie Reichsdeutsche – in einer Kampf- oder Frontsituation eher „nonpolitical, commonsense, and straightforward appeals“ und lebensweltlich relevante Botschaften anstelle hochtrabender Rhetorik oder Ideologie.693 So zeigt die Analyse von 371 (geheim abgehörten) Gesprächen von Wehrmachtssoldaten in einem britischen Lager, dass die Gedanken und Gesprächsthemen der Gefangenen auch Wochen nach Ende ihres Kampfeinsatzes sich kaum um Politik oder Strategie, sondern vielmehr um Gefechtssituationen und klassische Erlebnisse von Frontsoldaten drehten.694 Laut Manfried Rauchensteiner hatte die Moskauer Deklaration „so gut wie keine Auswirkungen auf das Verhalten der ‚ostmärkischen‘ Soldaten, bei denen vielleicht eine stärkere Neigung zur Desertion zu erwarten gewesen wäre.“695 Richard Germann, der sich näher mit dieser Personengruppe befasst und auch in westlichen Archiven Grundlagenforschung dazu betrieben hat, behauptet, dass auch bei jenen Österreichern, die in den Kriegsgefangenenlagern von den Inhalten der Moskauer Deklaration erfahren hatten, keine nennenswerten Reaktionen darauf festzustellen gewesen seien.696 Auch in einer 35seitigen Studie des US-Kriegsgeheimdiensts OSS kommt man zu folgendem Schluss: Die österreichischen Kriegsgefangenen hätten – ebenso wie die meisten Zivilisten in der Heimat – auf die Berichterstattung über die Moskauer Deklaration generell apathisch reagiert oder wüssten kaum etwas darüber.697 Und selbst in jenen Fällen, in denen „POWs“ dezidiert ihr Österreichertum betonten, waren die Beweggründe oft profan und vielfach war wohl auch der oben erwähnte Opportunismus im Spiel: Franz Rotschädl, Unteroffizier in der 277. Volksgrenadierdivision (die viele österreichische Soldaten in ihren Reihen hatte), erinnert sich, dass er nach seiner Gefangennahme

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im Sommer 1944 bald aus der westalliierten Kriegsgefangenschaft entlassen worden sei, „da ich mich als Österreicher ausgegeben habe … was ja als Gefangener immer etwas Beliebtes (war).“698 Gleichwohl sehnte sich laut dem Verhöroffizier Francis Seidler ein anderer „Ostmärker“ aus Rotschädls Division nach einem unabhängigen Heimatland: Gr[ena]d[ie]r. Ernst Sägmüller, 2nd Batln., 990th Rgt., 277th Volksgrenadier Div., a native of Gmünd, Austria, said Austria’s desire for independence was shared by the entire

population. The people hate the German rule and even their traditional dislike of the Czechs has given way to a feeling of sympathetic cooperation under the common German pressure[.]699

Aber ähnlich wie viele andere „Regimegegner“ in seiner Heimat konnte sich der sich als Österreichpatriot bezeichnende Volksgrenadier Sägmüller nicht zum aktiven Kampf gegen das Regime aufraffen und führte die totale Kontrolle der NSDAP über die Bevölkerung als Begründung für das Ausbleiben (s)eines Widerstands an.700 Es ist zudem offen, ob nicht auch seinem (späten) Bekenntnis zum Österreichertum opportunistische Überlegungen zugrunde lagen. Hier legten gerade die exilösterreichischen Propaganda Boys aus Camp Ritchie und Camp Sharpe oft einen auffälligen Zweckoptimismus an den Tag: Der wie sein oben erwähnter Landsmann Seidler offensichtlich dem katholisch-konservativen Österreich-Patriotismus der Christlich-Sozialen nahestehende Flüchtling und Hitler-Gegner701 Wittler übersah wohl, dass für ihn persönlich und die Flugblattexperten unter den „38er“-Exilanten solche österreichischen Identitätsentwürfe und Politikdiskurse wichtiger waren als für die „ostmärkischen“ Pflichterfüller in der Wehrmachtsuniform. Letztlich dürften die österreichischen Landser dieselbe Politikferne an den Tag gelegt haben, die in der „Österreicher-Stichprobe“ der PWI-Verhöre Emanuel Rapoports im Kapitel 2.2.3 erkennbar ist und die laut Felix Römer auch auf ihre deutschen Kameraden zutraf. Denn dass Letztere wie die Österreicher „insgesamt wenig Interesse an politischen Themen besaßen, die sie nicht unmittelbar betrafen, bekundeten sie“, so Römer, „ganz explizit. Immer wieder beteuerten sie in den Verhören und Zellengesprächen [im US-Lager Fort Hunt], dass sie ‚unpolitisch‘ seien, sich ‚nie um Politik gekümmert‘ hätten und auch ‚nichts mit Politik zu tun haben‘. Die Behauptung, ‚unpolitisch‘ zu sein, diente zwar auch als patriotische Chiffre für die bedingungslose Loyalität zur Nation jenseits aller Parteibindungen oder aber als rhetorische Distanzierung vom NS-Regime in den Verhören. In den meisten Fällen bedeutete sie jedoch tatsächlich nichts anderes, als dass das Politische für die Soldaten kaum Relevanz besaß.“702

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17  Eine gelungene Mischung aus Todesdrama und Faktendarstellung: das „Kreuzweg“-Flugblatt von Oskar Seidlin (PWB/1st Army), vermutlich Ende Dezember 1944

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Kurt Wittlers Arbeit wurde von seinen Vorgesetzten und von anderen Flugblattexperten wie Martin Herz in der Regel sehr gelobt. Die Vorderseite des eben thematisierten Flugblatts PWB 20, vor allem die Passage mit der Moskauer Deklaration, gehört meiner Meinung nach aber zu seinen weniger gelungenen Arbeiten. Um zu veranschaulichen, wie man die Absicht Wittlers, „ostmärkische“ Soldaten in den Volksgrenadierdivisionen von der Sinnlosigkeit weiteren Widerstands gegen die US-Armee zu überzeugen, besser auf den Boden bringen kann, werfen wir kurz einen Blick kurz auf zwei Flugblätter von einem seiner Kollegen. Der Literat, Germanist, Ritchie Boy und nunmehrige Propagandaautor Oskar Seidlin entwarf für die Kampfpropagandakompanie der ersten US-Armee wahrscheinlich im Oktober 1944 das Flugblatt CT 4, das sich „[a]n die ‚Volksgrenadiere‘ der 183. Division“ richtete. Seidlin stellte darin die österreichischen Kämpfer dieser Einheit als „letzte Hoffnung“ eines nicht näher genannten „SS-Führer[s]“ dar, der sich angeblich an diese Truppe gerichtet hatte, kurz bevor sie „unzureichend ausgerüstet und unzureichend ausgebildet, von Oesterreich an die Front“ geworfen wurde. Dem stellte Seidlin die persönlichen Hoffnungen des Lesers gegenüber: Eure Hoffnung

Ist ein freies und unabhängiges Oesterreich, das von den Alliierten bereits garantiert worden ist.703

Diese vermutlich im Oktober 1944 abgeworfene bzw. verschossene Druckschrift argumentiert ähnlich wie Wittlers „Österreicher“-Flugblatt ideologisch. Zwar werden lebensweltliche und für die Soldaten bedeutende „hard facts“ wie die Materialknappheit der Deutschen Wehrmacht rhetorisch ins Feld geführt, die eigentliche Botschaft ist aber das nationalistische Argument: Als Österreicher möge man doch bitte das Kriegführen den Deutschen und der SS überlassen und sich besser für ein freies Österreich einsetzen und zu den Westalliierten überlaufen. Wie oben bereits ausgeführt, ist jedoch äußerst fraglich, dass dieses Argument gezogen hat. Doch aufgrund des laufend eintreffenden Feedbacks in Form der PWI-­ Verhöre hatte der Verfasser hier die Möglichkeit, nachzubessern: Ein weiteres, sich an eine sehr ähnliche Zielgruppe richtendes, inhaltlich wesentlich ausgereifteres Flugblatt aus Seidlins Feder ist „Am Kreuzweg“ (CT-Serie, PWB/1st Army, siehe Abb. 17).704 Dieses vermutlich ab Ende Dezember 1944 bis Mitte Jänner 1945 ausgegebene Druckwerk richtete sich an die Angehörigen der 272. und 277. Volksgrenadierdivisionen, die im Eifelgebiet im Zuge der blutigen Schlacht im „dunklen“ Hürtgenwald705 eingesetzt wurden. Wie das Beispiel des bereits erwähnten Franz Rotschädl zeigt, befanden sich vor allem in der 277. Volksgrenadierdivision viele

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Österreicher. Laut Steven J. Zaloga bestanden die ausgehobenen Ersatzsoldaten der in der Normandie zersprengten und im Herbst 1944 in Ungarn als Volksgrenadierdivison neu aufgestellten 277. Division mehrheitlich aus „young Austrian conscripts who lacked the paramilitary training that was standard in Germany and who in many cases had not received basic training.“706 Jacob Tennenbaum war wie oben beschrieben aufgrund detaillierter Berichte von Überläufern der 277. Volksgrenadierdivision zur Überzeugung gelangt, dass in dieser Einheit „Austrians the principal talkers of surrendering“ waren.707 Im Buch Geistiger Widerstand habe ich eine detaillierte Analyse dieses Flugblatts vorgenommen, an dieser Stelle sollen daher nur die wichtigsten Inhalte und formalen Besonderheiten dieses Texts mit dem „Österreicher“-Flugblatt Wittlers abgeglichen werden. Seidlins Flugblatt richtet sich – ebenso wie Wittlers Pendant – also an Volksgrenadier-Regimenter oder Bataillone, in denen mitunter zahlreiche Österreicher kämpften; und ebenso wie Wittler und seinem PWB-Team lagen auch der Flugblattredaktion von PWB/1st Army nachrichtendienstliche Erkenntnisse über Kampfkraft, Truppenstärke und Moral der gegnerischen Volksgrenadier-Truppen vor.708 Um diese Adressatengruppe gezielt anzusprechen, versuchte Wittler wie bereits dargelegt eine abstrakte politische Ebene (Moskauer Deklaration) mit dem engeren sozialen Umfeld und der Individualsphäre des Landsers (der angeblich unter alltäglichen Schikanen durch die „preußischen“ Vorgesetzten leidet) zu verbinden. Dadurch sollte eine Emotionalisierung des österreichischen Rezipienten herbeigeführt und dieser zur Desertion angestachelt werden. Seidlin entschied sich auf der Vorderseite von CT 40 für eine andere Formel: Als Blickfang wählte er keinen Text und keine Symbole mit nationalem Bezug, sondern ein Bildsujet, das auf eindringliche, dramatische und einprägsame Weise den Scheideweg zwischen dem Tod in der Schlacht und dem lebensrettenden Gang in die amerikanische Kriegsgefangenschaft veranschaulicht: An der Weggabelung zwischen Sterben oder Leben angekommen, wird der Soldat der 272. oder 277. Volksgrenadierdivision aufgefordert, zwischen einem „Kreuz in der Eifel oder ein[em] Weg aus der Eifel“ zu wählen. Während Wittler sich mit hochpolitischen Österreich-Diskursen der alles entscheidenden Frage „Wollt ihr sterben oder wollt ihr leben?“ annähert, weist Seidlin mit der christlich konnotierten Bildmetaphorik des Kreuzwegs auf die konkrete Wahlmöglichkeit zwischen Leben und Tod hin. Seidlins Bildsujet zielt also auf eine existenzielle und universelle, nahezu jeden Soldaten an der Front betreffende Grundsatzfrage ab. Dadurch appelliert er im Gegensatz zu Wittler vor allem an dessen Überlebensinstinkt, nicht an dessen Nationalstolz. Seidlins dramatischer Bild-Schrift-Appell ist zwar mindestens ebenso pathetisch wie Wittlers Aus-

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führungen zur österreichischen Nation und zu seiner Version der Leben-TodAlternative, aber die Botschaft des Ersteren ist im Gegensatz zu Wittlers Flugblatt klarer und wohl auch überzeugender: sowohl das von ihm verwendete Bild als auch der Text basieren auf militärisch oder lebensweltlich relevanten Sprachund Zeichencodes sowie den dazugehörigen Assoziationsketten (Wegkreuzung zwischen Leben und Tod, Stahlhelm, Grabkreuz, Ritterkreuz, Kreuzzeichen des Kämpfers vor der Schlacht usw.). Wittlers Einstieg ins „Österreicher“-Flugblatt hingegen besitzt den spröden Charme einer juristischen Präambel oder eines politischen Protokolls – das im Falle der Moskauer Deklaration obendrein schon ein Jahr alt und tausende Kilometer von der Westfront entfernt von Politikern und Diplomaten verkündet („deklariert“) worden war. Und nicht zuletzt dürfte schon die bloße Erwähnung des Wortes Moskau bei den mehrheitlich russlandfeindlich eingestellten Wehrmachtssoldaten eher negative Assoziationen hervorgerufen haben, die keineswegs im Sinne des Verfassers sein konnten. Ein österreichischer Nationalmythos, der ausgerechnet im Herzen des gefürchteten und von vielen gehassten Sowjetreichs seinen Ausgang nehmen sollte, konnte sich in einem solchen Kontext wohl kaum entfalten. Laut Kurt Bauer erklärte ein Kriegsgefangener den Amerikanern einen nicht unerheblichen Grund für die Probleme, die viele Österreicher mit der

Erklärung hatten. Die Deklaration war bekannt. Man wisse, dass sie ein Versprechen der Unabhängigkeit enthalte, aber da die Erklärung mit „Moskau“ in Verbindung gebracht werde, stehe sie in den Köpfen der Menschen für den Bolschewismus.709

Das aus den Begriffen Moskau und Deklaration bestehende Syntagma wurde von vielen Lesern wohl weder kognitiv noch affektiv an einen handlungsleitenden Österreichpatriotismus gekoppelt und ließ sich daher nicht einfach mit „dem nationalen Imaginären füllen“.710 Die Behauptung des Deserteurs Alfred Franz Waitusch, durch „positive“ Österreichpropanda (im Sinne der später verlautbarten Moskauer Deklaration) würde aktiver Widerstand vieler Österreicher gegen die Deutschen ausgelöst werden,711 wurde faktisch widerlegt. Wenn überhaupt wurden Signifikanten wie Moskau von den Flugblattempfängern mit negativen und abwertenden Signifikaten gefüllt: Denn in der Abneigung gegenüber dem „Bolschewiken“ und der „asiatischen Horde“ waren sich Reichsdeutsche und Österreicher in der Wehrmacht weitgehend einig. So beendete etwa ein zuvor bereits erwähnter und laut Eigendefinition sozialistischer (!) Österreicher seine PWI-Verhöraussage im Kriegsgefangenenlager der dritten US-Armee mit der Minimalhoffnung, dass „Americans will get to Austria before Russians“.712

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Der abschließende Vergleich der Fließtexte im Hauptteil der jeweiligen Flugblatt-Vorderseite fördert auf den ersten Blick einige Parallelen zu Tage: Sowohl Wittler als auch Seidlin haben nachrichtendienstliche Informationen über die angesprochenen feindlichen Einheiten und deren personelle Zusammensetzung bzw. Kommandeure in ihr jeweiliges Flugblatt eingearbeitet. Doch während die von Wittler publizierten Anschuldigungen gegen zwei „österreichfeindliche“ Offiziere in der 2. und 4. Kompanie des 51. Festungs-Maschinengewehr-Bataillons auf Gerüchte und subjektive Antipathien einzelner Kriegsgefangener zurückgehen dürften, stützt sich Seidlin stärker auf nüchterne und eher verifizierbare „hard facts“: Die Einschätzung der G-2-Experten im Bereich der First US Army zur Truppenstärke der Kampfgruppe Pieper (hervorgegangen aus dem II. Bataillon des 981. Grenadierregiments der 272. Volksgrenadierdivision) wird von ihm auf dem Flugblatt als fakten- und zahlenbasierendes Rechenbeispiel und ohne irgendwelche ideologische, moralisierende oder nationalistische Nebentöne wiedergegeben. Verstärkt wird diese rationale Argumentation noch durch Verweise auf bedrängte oder zerschlagene Wehrmachtsstellungen und die Materialüberlegenheit der Alliierten. Beide Flugblätter richten sich also an (Untereinheiten von) Volksgrenadierdivisionen. Wittler wusste ebenso wie Seidlin, dass es mit der Moral und der Kampfkraft dieser militärisch schwachen Großverbände nicht allzu weit her war. So konnte es durchaus vorkommen, dass ein Wehrmachtsoffizier die Soldaten der spät aufgestellten und meist schlecht auf den Kriegsdienst vorbereiteten Volksgrenadierdivisionen als „Einäugige, Finger ab, Magenkranke, die, die früher u. k. gestellt worden sind, Kriegsneurose, Plattfüße, auch so körperlich Behinderte“ verspottete.713 Dieser Befund korrelierte nun mit der Tatsache, dass im von Wittler per Flugblatt angesprochenen Maschinengewehr-Bataillon Nr. 51 (bzw. im 1119. Infanterieregiment) der 553. Volksgrenadierdivision und der von Seidlin ins Auge gefassten 277. Volksgrenadierdivision viele Österreicher dienten. Der PWI-Offizier von PWB/1st Army, Jacob Tennenbaum, ging wie bereits erwähnt gar so weit zu behaupten, dass es in der 277. Division einen direkten Zusammenhang zwischen der angeblich niedrigen Moral und der hohen Desertionsrate von Österreichern gebe.714 Die Methoden, welche die beiden PWB-Flugblattschreiber nun wählten, um die (österreichischen) Volksgrenadiere für die amerikanische Seite zu gewinnen, waren jedoch sehr verschieden. Seidlin ging im Gegensatz zu Wittler nicht auf die Nationalitätenthematik im Sinne antideutscher Spaltpropaganda ein, sondern setzte auf einprägsame Bilder und auf Überzeugungskraft durch faktennahe Information. Und er bewies damit ein gutes Gespür. Wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, kann die These, dass die Österreicher in der 277. Volksgrenadierdivision eher zur Desertion neigten als ihre deutschen Kamera-

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den, weitgehend widerlegt werden – die angeblich besonders defätistischen Österreicher verhielten sich in der Regel kaum antifaschistischer oder „antideutscher“ als ihre reichsdeutschen Kameraden. Anders als von Tennenbaum propagiert und von Wittler erhofft, gab es in solchen Einheiten wohl nicht zwingend einen kausalen Zusammenhang zwischen den Faktoren „Österreichertum“ und „niedrige Moral“– vielmehr handelte es sich um eine Korrelation dieser Faktoren. Es fanden sich gewiss viele Österreicher unter den Deserteuren und Überläufern, weil eben proportional gesehen entsprechend viele Österreicher in dieser Volksgrenadiertruppe dienten – zahlreiche Angehörige der 277. Division dürften aber desertiert sein, nicht weil sie Österreicher waren, sondern weil sie im Vergleich zu anderen Wehrmachtseinheiten kaum auf den Kampf vorbereitet, gesundheitlich in einem schlechten Zustand und militärisch schlichtweg unerfahren waren. Durch einzelne Stichproben aus den PWI-Akten lässt sich dieses Zusammenfallen von mangelnder Kampfkraft und -moral und österreichischer Nationalität exemplarisch veranschaulichen, kausale Zusammenhänge zwischen diesen beiden Faktoren können damit aber nicht belegt werden.715 So trifft folgende Verhöraussage eines österreichischen Kriegsgefangenen der 183. Volksgrenadierdivision aus dem „Rapoport-Sample“ wohl weitgehend auch auf Einheiten der 277. Volksgrenadierdivision zu: Neither the early men of PW’s co[mpany], nor the replacements have any stomach left for the war. […] The 1st Co[mpany of the 343rd Regiment, 183rd Volksgrenadier Division]

no longer has the 60 % Austrians but only 3 or 4. Most of the men are between 30 and 40 with all kinds of ailments; few are really fit.716

Gewiss, die Österreicher in der obigen Kompanie schrumpften dahin, sicherlich sind manche auch desertiert, aber die Gründe dafür sind nicht mit ihrem Österreich-Bewusstsein, sondern mit wesentlich banaleren und ideologiefreien Antrieben zu erklären. Dies, und nicht die nationale Frage, war wohl der Hauptgrund für die niedrige Moral. Dennoch sind die Reports von PWB/1st Army und PWB/3rd Army über die schlechte Stimmung und die niedrige Kampfkraft der zusammengewürfelten Volksgrenadierdivisionen im Kern zutreffend717 – die operativen Schlüsse, die Wittler für die Gestaltung des Flugblatts PWB 20 daraus gezogen, und die Inhalte, die er in dieses eingebracht hat, waren es allerdings nicht. Gleichwohl muss man bei dieser vergleichenden Analyse auch erwähnen, dass Wittler sein Flugblatt etwa sechs Wochen vor dem Werk Seidlins verfasste – die Zusammensetzung und Charakteristik und die wunden Punkte der Volksgrenadiereinheiten hatten sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll erschlossen718 und auch

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Seidlins im Oktober an die 183. Volksgrenadierdivision gerichtetes Flugblatt (CT 4) war eher schwach. Zudem befand sich die dritte US-Armee zu dieser Zeit in einer eher statischen Frontsituation – man konnte den Feind nicht mit taktischen Flugblättern in die Enge treiben, sondern setzte eher auf strategische Themen, die auf Grundhaltungen, nicht situative Stimmungen, abzielten: Dazu gehörte auch das auf einem zweckoptimistischen Österreich-Widerstandsmythos fußende Propagandamotiv der starken nationalen Identität der „Ostmärker“. Nicht zuletzt waren in dieser frühen Phase des Einsatzes an der Westfront die Propagandaattacken von PWB/3rd Army in vielfacher Hinsicht experimentell angelegt. Wittlers Lernkurve war jedoch sehr steil, und in weiterer Folge wurden seine Botschaften an diverse Volksgrenadierverbände zielgruppengerechter aufbereitet und zunehmend durch direkte Lautsprecheransagen von MRBC-Kollegen wie den Österreichern Julius Schreiber und Paul Eisler verstärkt: So dürfte das im Februar 1945 von Wittler verbreitete und weniger ideologische Flugblatt PWB 48, das sich an die 256. Volksgrenadierdivision richtete, wesentlich erfolgreicher als PWB 20 gewesen sein. Diese im September 1944 neu gegründete Division, die nun unter anderem dem XX. US-Korps von Pattons Armee gegenüberstand,719 nahm ab November 1944 an den Mosel- und Saarlandschlachten teil, wurde im Elsass übel zugerichtet720 und war laut G-2-Chef Oscar Koch ein Beispiel für die nach dem Scheitern der Ardennenoffensive rasch fortschreitende, wechselseitige Kannibalisierung von stark dezimierten deutschen Divisionen an der Front: Die 256. Volksgrenadierdivision, so Koch, „was so badly battered in six days of attempting to stem the XX US Corps that at the close of the week it was apparently employing armband uniformed Volkssturmers as replacements.“721 Es verwundert nicht, dass Wittler in dieser zusammengewürfelten Truppe ein lohnendes Propagandaziel zu erkennen meinte – einzelne Berichte zur Flugblattrezeption zeigen, dass er damit nicht ganz falsch lag.722 Dieses leider bis dato von mir im Original nicht aufgefundene Druckwerk hat offensichtlich einen sensiblen Nerv beim feindlichen Führungspersonal freigelegt, was die deftige – und sich vom sprachlichen und kulturellen Niveau her bescheiden ausnehmenden – Reaktion eines gewissen Generalmajors Franz zeigt: Mimeographed sheets with the following text were found on members of the 256th Volksgrenadier-Division

ES LIEGT AN DIR!

Unsere Antwort: Der Feind überschüttet Euch mit vergiftenden Flugblättern und mit Lautsprecherparolen. Er fordert Euch damit auf, den Führer und Volk gegebenen Eid

zu brechen. Kameraden, alles ist erlogen! Er ist zu feige, sich mit uns zu messen. So will er Euch zum Verrat bewegen. Wir sind Volksgrenadiere des Führers und stolz, dass

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unsere Division überall, wo sie eingesetzt war, den Feind auf ’s Haupt geschlagen hat,

dass er genug hatte. Soll sich der Ami nur bei seiner 79., 70. u. 45. Division erkundigen, wie es denen ergangen ist. Und so wird es auch bleiben, das versichere ich Euch als Euer Divisionskommandeur.

ES GIBT NICHT ZWEI MÖGLICHKEITEN, ES GIBT NUR EINE!

Wir kämpfen und werden siegen für Führer, Volk u. Heimat, für unsere Zukunft, sonst werden sie uns kastrieren, diese Judenknechte.

Wir wollen frei sein, wie die Väter waren! Wir wollen kämpfen als wahre deutsche

Volksgrenadiere in Treue und Kameradschaft wie immer. Jedem Verräter oder Feigling aber gehört die Kugel.

Feindl. Flugblätter brauchen wir nur für hinterlistige Zwecke! Ran an den Feind bleibt die Parole! Heil dem Führer

Euer Divisionskommandeur Franz

Generalmajor723

Generalmajor Gerhard Franz wusste auf den mit harten Fakten unterfütterten amerikanischen Hinweis auf die Entscheidungsmöglichkeit des Volksgrenadiers zwischen „Leben“ und „Tod“ letztlich nur mit Durchhalteparolen, Invektiven, Gewaltandrohungen und „Argumenten“ vom Stile der „Judenknechte“ zu antworten – der hier so augenscheinlich zu Tage tretende intellektuelle Bankrott des deutschen Faschismus geht mit dem sich nunmehr anbahnenden aktionalen Bankrott der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik und Kriegsmaschinerie Hand in Hand.724 Ein weiteres Flugblatt aus der PWB-Reihe weist ein anderes Erscheinungsbild als der „Österreicher!“-Text auf und setzt – ausnahmsweise – auf eine Emotionalisierung durch aussagekräftige Bilder. Waren die bisher analysierten Arbeiten Kurt Wittlers eher textlastig und mit einem minimalistischen, nüchternen Layout versehen, so versucht er sich mit dem Flugblatt PWB 22 an genau jenem „schnellen Schuss ins Gehirn“, der im „Österreicher“-Text nicht vorhanden ist. Dieses Flugblatt wurde im Vorfeld einer am 8. November 1944 einsetzenden Großoffensive der dritten US-Armee gegen Metz und die deutsche Defensivlinie an der Westfront produziert. Das unter anderem durch die Artilleriegeschütze der 5. US-Infanteriedivision verbreitete Flugblatt725 richtete sich an keine spezifische Einheit, sondern sollte im Sinne der schuldzuweisenden Propaganda die allgemeine Moral strategisch unterminieren. Es wurde gemeinsam mit einer der elaboriertesten Versionen des „Passierscheins“ (PWD/SHAEF ZG 61) verschossen. Was war das

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Thema dieses neuen Flugblatts? Es ging um Heinrich Himmler, den Reichsführer SS, obersten Polizeichef, Innenminister und Kopf der Geheimdienste SD und Abwehr (Letzteres seit Februar 1944), Befehlshaber des Ersatzheers und ab Herbst 1944 Verantwortlichen für die Aufstellung der Volksgrenadierdivisonen und der desparaten Volkssturm- und „Werwolf“-Einheiten.726 Himmler, der vor dem Hintergrund der niedrigen Kampfmoral der Volksgrenadiereinheiten die Anwendung der Sippenhaft auf die Familie von Deserteuren verfügte und dadurch für Furcht und Schrecken bei manchen Soldaten sorgte,727 war ab Mitte 1944 der mächtigste Nationalsozialist nach Hitler. Wie bereits in diesem Buch erwähnt, war er auch eine personifizierte Zornsammelstelle: Für zahlreiche deutsche Soldaten, die den Weg von Pattons Armee kreuzten, dazu gehörten etwa der bereits genannte Sturmmann Emanuel Kachel728 oder der Österreicher Rudolf Preinfalk, waren der gern zwischen Gerissenheit und Monstrosität angesiedelte SS-Führer729 sowie die SS selbst in den letzten Kriegsmonaten eine Projektions- und Assoziationsfläche für negative Gefühle aller Art. So behauptete Preinfalk nach seiner Gefangennahme: PW and his outfit called SS only „Mörderstandarte“. PW’s unit belonged to Himmler’s Ersatzheer. Morale very bad, no Hitlerpictures in barracks allowed by soldiers; [according to] Himmler’s order[,] Ersatzheer works 18 hours per day like workers in armament industries.730

Obwohl Preinfalks Aussagen quellenkritisch zu lesen sind, kann man aufgrund dieser und hunderter ähnlicher Unmutsbekundungen731 von deutschen „POWs“ in Bezug auf Himmler und den SS-Komplex konstatieren: Der geschickte Netzwerker, aber als Militärorganisator an der Ostfront klar gescheiterte Himmler wurde in der Truppe im Gegensatz zu Hitler nicht als fürsorglicher Über-Vater, sondern als kalter, gewissenloser „Unsympathler“, ja sogar als Mörder wahrgenommen. Freund und Feind sahen in ihm eine archetypische Schurkenfigur, wie sie auch wenige Jahre später in J. R. R. Tolkiens Fantasy-Epos Der Herr der Ringe auftauchen sollte. Dort hält sich ein mit dem eigentlichen Fürsten der Finsternis eng zusammenarbeitender Zauberer namens Saruman seine private Ork-Armee und verfolgt als Meister der Intrige seine ganz eigenen, finsteren Pläne.732 Die erzählerischen Parallelen zwischen diesem weißhaarigen Magier mit dem schwarzen Herzen und dem von Okkultismus und Hexerei faszinierten NS-Ränkeschmied Himmler sind verblüffend. Die US-Propagandakrieger und der einflussreiche Autor arbeiteten sich hier an einem mächtigen Archetyp ab. Dies sorgte in den Moralverhören für Resonanz: Ein Gefangener der 89. deutschen Infanteriedivision, der ein AntiHimmler-Flugblatt namens „Himmlers Weihnachtsgabe“ von PWB/1st Army gese-

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hen hatte, gab an, dass derartige Angriffe gegen diese Person den „Nagel auf den Kopf treffen“ würden.733 Die alliierte Propaganda identifizierte und brandmarkte Heinrich Himmler in den letzten Kriegsmonaten folgerichtig als den wichtigsten Vertreter des sich radikalisierenden nationalsozialistischen Terrorsystems, das idealerweise durch eine harte, aber faire US-Militärregierung, angeführt vom integren Herrn Eisenhower, abgelöst werden sollte.734 Die Flugblattredaktion der PWD/ SHAEF rund um Martin Herz und vermutlich auch die PWB/3rd Army Leaflet Section rund um Kurt Wittler wurden daher von den G-2- und PWI-Abteilungen im Feld regelmäßig über die Stellung und den Einfluss Himmlers innerhalb der Wehrmacht und der Volksgrenadierdivisionen unterrichtet.735 Himmler war aber nicht nur verhasst, er wurde auch mit Vorliebe verspottet. In den Nachrichten- und Flugblattredaktionen der 12. Armeegruppe war man sich dessen bewusst und sammelte eifrig anekdotisches Material, das die Überlegenheitsideologie von Himmler und der (Waffen-)SS ad absurdum führte. So fanden die US-Propagandaaufklärer heraus, dass der Anfang 1945 gefangen genommene Rudolf Stemp von der ersten SS-Panzerdivision zu seinem Einsatz offensichtlich zwangsverpflichtet worden war. Hätte dieser stets ein Buch mit Gedichten Heinrich Heines im Feldmantel herumtragende Mischling zweiten Grades sich vorher freiwillig zur Waffen-SS gemeldet, wäre er schon allein wegen der Unterschreitung des körperlichen „Himmler-Minimums“ von ursprünglich 170 Zentimeter chancenlos gewesen: Stemp maß nur 163 Zentimeter.736 Mit dem Fortschreiten ihrer militärischen Bedrängnis nahmen es die „Nazi-Prätorianer“ mit ihren Kriterien bei der Personalsuche also nicht mehr so genau – ihnen drohten ja die Kämpfer auszugehen. Es mag nicht verwundern, wenn sich Flugblattschreiber wie Wittler genüßlich an derartigen Widersprüchen im Schattenreich des Heinrich Himmler weideten. Somit boten sie – ähnlich wie heutige Kabarettisten, die über korrupte Politiker herziehen – ihren Lesern auch ein Ventil an, um angestaute Frustgefühle abbauen zu können.737 Dass der verhasste Himmler laut einem Moralbericht von P&PW/12th Army Group noch in den letzten Wochen des „Dritten Reichs“ den Soldaten aller SS-Divisionen zum Behufe der Aufrechterhaltung der Kampfkraft jegliche „überflüssigen“ Aktivitäten wie Lachen oder Geschlechtsverkehr untersagen wollte, ist zwar eindeutig unter die Rubrik soldatische Satire einzuordnen, geht aber mit Himmlers katastrophalen Beliebtheitswerten durchaus konform: An order to all SS Divs signed by HIMMLER and dated 28 March [1945] was among the papers found on Generaleutnant [sic!] von SARGNAGEL who was captured at

his Div C[ommando]P[ost] in an alcoholic stupor. „The time has come for Germany to gird her loins for the final decisive battle. I call upon every one of my soldiers to pre-

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serve every ounce of energy for this twelve o’clock crisis. I therefore order that all my

soldiers from this date cease all superfluous physical activity[.] The principal energy-sav-

ing measures are that all soldiers will refrain from laughing and from all commerce with women (VOEGELN). Subsidiary measures will be left to the discretion of Div Cos.“ 738

Im selben Intelligence Report, den der mit imaginativen Fähigkeiten reich gesegnete Al Toombs „ausschließlich an Offiziere“ richtete, ist übrigens auch von einer „Hotzenplotz-Garnison“ sowie vom „Vorstoß der siebten US-Armee über Unterschonmattenwag zum Zwecke der Umgehung von Oberschonmattenwag“ die Rede739 – Fake News können durchaus unterhaltsam sein. Doch kehren wir zurück zur Propagandaanalyse: „Himmlers Kanonenfutter – Oder Deutschlands Stütze?“ – mit dieser Frage wird der Leser konfrontiert, wenn er das Flugblatt PWB 22 wendet. Wittler lässt im Textteil auf der Rückseite bewusst wenig Interpretationsspielraum offen, wenn er insgesamt fünf (teils redundante) anklagende „Wer?“-Fragen mit einem repetitiven „Himmler und Kon-

18  Der gefühllose Schlächter füttert die deutschen Geschütze mit „Menschenmaterial“. Rückseite des PWB/3rd Army-Flugblatts „Himmlers Kanonenfutter“, November 1944

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sorten“ beantwortet.740 Aber letztlich wird dieses Flugblatt nicht vom geschriebenen Wort, sondern vom schockierenden und aufrüttelnden Cartoon dominiert: Himmler schaufelt Menschen in die Kanone hinein. Wittler versucht sich hier an der Personalisierung des Bösen, um einer Emotionalisierung von dessen Opfern den Boden aufzubereiten. Ergänzt wurden derartige Aktivitäten im Bereich der militärischen Frontpropaganda auch von den Anti-Himmler-Sendungen des Radio Luxemburg, die in den letzten Kriegswochen an Intensität zunahmen.741 Fakt ist: Heinrich Himmler war – anders als Adolf Hitler – spätestens seit Herbst 1944 ein erklärtes Ziel für personenbezogene Angriffe der psychologischen Kriegsführung.742 Mit dem bildmächtigen Himmler-Flugblatt griff Wittler zudem nicht nur eine unbeliebte Person in der NS-Hierarchie an, sondern auch das Reizthema der Versorgungsknappheit auf deutscher Seite auf. Das Flugblatt PWB 22 sendet also folgende Botschaft aus: Während die tapfer kämpfenden, einfachen Feldsoldaten gegen eine hochgerüstete westalliierte Übermacht verbissenen, aber letztlich vergeblich Widerstand leisten, schaufelt der gefühllose Schlächter Himmler soldatisches Menschenmaterial in ein deutsches Artilleriegeschütz – da Munition und anderer Nachschub zunehmend ausbleiben, versucht der – auch für den Holocaust und die systematische Dehumanisierung und Vernichtung von Menschen wesentlich mitverantwortliche – Himmler die deutsche Feuerkraft durch das metaphorische Verheizen von menschlichem Kanonenfutter am Leben zu halten. Bevor die Wucht der November-Offensive über die deutschen Linien hereinbrechen und andere Arten von Flugblättern auf die Wehrmachtskämpfer herabregnen würden, sollte das Himmler-Flugblatt die Gegner moralisch „aufweichen“. Am 8. November 1944 konnte es George Patton schließlich kaum mehr erwarten, die sich über Wochen hinziehende, statische Phase an der Front zu beenden und mit dem XX. US-Korps und anderen Großverbänden seiner Armee endlich gegen Metz und die Stellungen der deutschen Heeresgruppe G östlich der Mosel loszuschlagen. Sollte dieser Vorstoß erfolgreich sein, lag das Saarland, das neben dem Ruhrgebiet eine sehr wichtige industrialisierte Region für die Rüstungsproduktion des kriegführenden Deutschen Reichs war, in Griffweite.743 Der an Kriegsbegeisterung dem Adolf Hitler des Jahres 1939 („Seit 5.45 wird jetzt zurückgeschossen“) kaum nachstehende Patton notierte in sein Tagebuch: „At 05.15, the artillery preparation woke me. […] The discharge of over 400 guns sounded like the slamming of doors in an empty house.“744 Während die 5., 83., 90. und 95. USInfanteriedivision sowie die 6. und 10. US-Panzerdivision im Sektor des XX. Korps sich in Richtung Osten wälzten, warfen die Kampfflieger- und Bomberschwadronen des XIX Tactical Air Command mit einem „hideous shower of death und

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destruction“745 nicht weniger als 134 Tonnen an Bomben ab und ließen dabei auch gezielt Napalm-Brandsätze auf die deutschen Infanteriestellungen und Schützengräben herabregnen – „with good results“, wie im publizierten Kampfbericht der dritten US-Armee lapidar festgestellt wird.746 Begleitet wurde diese Boden- und Luftoffensive von einer – bereits von Hans Habe in Camp Sharpe grundsätzlich empfohlenen –747 wesentlich schärferen und konzessionslosen Propagandarhetorik, die auch in Wittlers Arbeiten erkennbar ist. „With the opening of the offensive on November 8“, steht im Operationsbericht von PWB/3rd Army zu lesen, „the language of the leaflets changed. No further appeals were made to deserters, the theory being that the maximum number of these which might be taken in the operations would not be important in any case; but a new form of address, harder and more direct than that used previously, was adopted.“ Dieser gewandelte Sprachstil fußte auf dem – durchaus schlüssigen – Argument, dass es für die vorrückende US-Kriegsmaschinerie letztlich irrelevant war, ob der deutsche Leser sich nach der Lektüre der PWB-Flugblätter ergab oder nicht – „they stated simply that when the attack came the Germans would have a chance to choose either to resist and die uselessly or surrender and become prisoners of war, and instructed them in how to proceed should they decide to surrender. In some leaflets they were not told to surrender, in others they were ordered to do so; but in all leaflets virtual indifference was expressed regarding the decision they might be moved to take.“748 Auch ein österreichischer Ritchie Boy war vom Offensivgeist und dem forschem Tatendrang dieser Tage, der gut mit der schärferen Propagandalinie seiner Kameraden aus Camp Sharpe zusammenpasste, getrieben. So verließ der Verhöroffizier Peter Skala auf eigenen Wunsch sein IPW-Verhörteam und stürzte sich als Kommandant der Company I des 377. Infanterieregiments der 95. US-Infanteriedivision freiwillig in den Häuserkampf in Metz, wo er Ende November laut Armeeberichten heroisch agierte und für die Gefangennahme von hunderten feindlichen Kämpfern (mit)verantwortlich war.749 Die bereits mehrfach erprobten und nun erneut aufgegriffenen „Anweisungen zur Lebensrettung“ erscheinen im ungleich repressiveren Diskursrahmen der Novemberoffensive nun nicht mehr als wichtige Kriegsführungs-Maßnahme, mit der die US-Armee eine responsive Kooperation der feindlichen Kämpfer „erbat“, sondern als gnadenvolles „Angebot“ einer bereits als Sieger feststehenden Streitmacht, nach dem Motto: „Wir werden so oder so triumphieren und die Wehrmacht vernichten, aber wir räumen dir als feindlichem Kämpfer gönnerhaft die Chance ein, aus dem Inferno lebend rauszukommen – es liegt an dir.“ Eine Konsequenz dieses humorlosen Ansatzes ist das Flugblatt „Im Angriff“ (PWB 27), das ab Mitte November unter anderem im Sektor des XII. US-Korps abgeworfen

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wurde.750 Es handelte sich dabei um ein „Specific ‚Tactical‘ Leaflet“, also ein Flugblatt, das für eine spezielle Situation in einem bestimmten Gebiet geschrieben wurde, um lokale Entwicklungen und Gegebenheiten für „Sykewar purposes“ ausnützen zu können.751

19/20  „Wir bieten Dir an, unseren unaufhaltbaren Angriff zu überleben“ als zentrale Botschaft an den deutschen Kämpfer – Flugblatt von Kurt Wittler, November 1944

Wittler verzichtet in diesem „straighten“ Flugblatt auf unterschwellige Botschaften und sprachliche Twists sowie auf den Einsatz von Bildern; auch eine „Vorderseite“ in Form eines hervorgehobenen Blickfangs ist nicht erkennbar. Er baut beide Seiten symmetrisch auf – ein völlig reduziertes und nüchternes, ja ernüchterndes Setting, das der Schwere und Ernsthaftigkeit der Situation, in der sich der idealtypische Leser Anfang November 1944 befand, ziemlich gerecht wurde. Die (nur formell als solche zu bezeichnende) Vorderseite titelt mit der Phrase „Im Angriff“. Das Wort Angriff ist verschieden auslegbar und funktioniert in verschiedenen Rezeptionskontexten: Es kann sich etwa ein wenig kriegsbegeisterter

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Landser angesprochen fühlen, der zu einem deutschen (Gegen-)Angriff gezwungen wird; oder ein kampfwilliger Wehrmachtssoldat, der im Schützengraben vom amerikanischen Angriff schlicht überrollt wird: Die Führung kann Dich in den Einsatz zwingen, aber sie kann Dich nicht zwingen zu

kämpfen. Trotzdem [sic!] die Führung dich als Kanonenfutter verwenden will, kannst Du die Gewalt unseres Angriffs, der zum sicheren Sieg führt, überleben.752

Trotz aller Anweisungen und Imperative auf diesem Flugblatt signalisiert Wittler dem Leser deutlich, dass Letzterer selbst entscheiden kann, ob er handlungsleitende Schlüsse aus der Lektüre dieser Zeilen ziehen will oder nicht – der grundlegende Respekt vor der Autonomie und Mündigkeit des Rezipienten bleibt gewahrt, es wird dem Landser nichts „aufs Auge gedrückt.“ Er kann sein Leben retten, es liegt ganz an ihm. Das Flugblatt argumentierte also nicht nur mit „soldierly (non-political) terms, avoiding any political arguments“, sondern „‚left the decision to the reader‘, seemingly not urging him to desert.“ 753 Obwohl dieser Text völlig von Bildlosigkeit und kompositorischer Strenge dominiert wird, greift Wittler auf mentale Bilder im Kopf des Landsers zurück und adaptiert oder verstärkt diese. So reaktiviert er im Fließtext das bereits im Himmler-Flugblatt PWB 22 zuvor mithilfe eines einprägsamen, anklagenden Bilds ins Hirn „eingebrannte“ Kanonenfutter- und Himmler-Motiv durch explizite Nennung. Weiter unten im Fließtext wird der feindliche Kämpfer aufgefordert, sich an die „Anweisungen“ zu halten und zwischen Sterben oder Leben zu entscheiden. Um dem Leser Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit zu vermitteln, wird auch eine englische „Übersetzung für die amerikanischen Soldaten“ abgedruckt. Blättert man um, dann drängt sich der Imperativ „Deckung Nehmen!“ auf: Bleibe in geschützter Stellung, bis die amerikanischen Soldaten nahe genug sind. Dann wirf Deine Waffe weg und stehe aufrecht, ohne Helm und Koppel, Hände über dem

Kopf, die Handflächen nach vorne. Schwenke dieses Flugblatt oder sonst etwas Weisses und rufe:

„Ei Ssörender“

Das bedeutet: „Ich ergebe mich“

Vergleicht man dieses trockene, aber unmissverständliche Kommunikat mit ideologischeren Texten wie dem „Österreicher“-Flugblatt über die Moskauer Deklaration und die ach so Ostmärker-feindlichen Nazi-Offiziere, so kommt man zum

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Schluss, dass Wittler seinen ohnehin eher pragmatischen und nüchternen Kommunikationsstil nun noch mehr zur Geltung kommen lässt. Statt hochtrabende Reden über alliierte „Meta“-Ziele und die Vorzüge der amerikanischen Demokratie zu schwingen, gibt er seinem Gegenüber während einer Phase der amerikanischen Überlegenheit im Feld lieber Überlebenstipps und Blitz-Sprachkurse zum richtigen, also gefahrlosen Sich-Ergeben mithilfe der Schlüsselphrase „Ei Ssörender“. Wie die PWI-Analysen und führende Propagandaexperten darlegten, war dieser Zugang der erfolgversprechendste.754 „A Five Minute Blitz Course for German G. I.s […] seems to be getting results“ und „‚Ai Ssorrenda‘ Does The Trick“ steht wenige Tage nach dem Auftauchen dieses Flugblatts auch in einem Wirkungsbericht der zentralen PWD/SHAEF-Flugblattabteilung zu lesen.755 Ein anderer Bericht stammt direkt von Wittlers PWI-Kollegen: „Intelligence reported German C[ommanding]O[fficer] and 5 of his men advanced to American lines yelling ‚I surrender‘ as leaflets had instructed them to do.“756 Auch die 35. US-Infanteriedivision war Ende November 1944 ob der vielen Kriegsgefangenen, die mit Wittlers PWB-Druckwerken in der Hand aufgegriffen worden waren, beeindruckt.757 Frank Kaufman und Martin Herz, den Flugblatt-Tüftlern im PWD/SHAEF-Hauptquartier, blieb ebenfalls nicht verborgen, dass die Abteilung Publications von PWB/3rd Army mit Wittler als führendem Flugblattredakteur und -autor gute Arbeit leistete und auf sich rasch ändernde psychologische sowie militärische Bedingungen zu reagieren imstande war. Besonders das eben besprochene Werk hat das Duo überzeugt. „PWB 27“, so die beiden Spezialisten in einem Schreiben an Wittlers Chef Huot, „is an excellent job in our opinion and illustrates the unfortunate fact that SHAEF is unable to deliver tactical leaflets with anything like the speed that you can print here.“ 758 Das gelungene Flugblatt PWB 27 wurde übrigens nach dem Erlahmen der deutschen Ardennenoffensive im Jänner und Februar 1945 nachgedruckt und erneut verschossen.759 Am 28. November 1944 empfahl Kurt Wittlers Vorgesetzter Louis Huot ausdrücklich eine Beförderung seines Flugblattschreibers, der aus seiner und Martin Herz’ Sicht exzellente Arbeit leistete: 1. It is recommended that Tec 4 Kurt Wittler, 39574521, should be promoted from his present rank to that of Technician Third Grade in acknowledgment of his superior performance of duty.

2. T/4 Wittler is in full charge of the Leaflet Section, which includes supervision of the

printer’s work, study of intelligence material, and drafting of the actual leaflets. Captain Herz who is in charge of the Leaflet Section at PWD, Supreme Headquarters, expressed

his admiration of the excellent work done at this headquarters, claiming that the PWB

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series of leaflets were perhaps the best of their kind on the Western front. […] T/4 Wittler is hard working, fast and has flair for the straightforward language preferred by this headquarters.760

Obwohl in Wittlers Fließtexten immer wieder Redundanzen, Überlängen und sperrige Argumentationslinien auftreten, kann man konstatieren, dass er es insgesamt sehr gut verstanden hat, „heiße“ Themen zielgruppengerecht anzusprechen und seine „Kommunikationsintentionen in leicht eingängige und schnell fassbare verbale und visuelle Sentenzen zu gießen.“761 Wittler gelang es dabei meist, einen roten Faden zu verfolgen und klare Botschaften auszusenden. So beschloss er eine von ihm vorgenommene kritische Analyse eines amateurhaften und unausgegorenen „leaflet drafts“ mit einer programmatischen Beschreibung seiner eigenen Arbeit: „A leaflet should try to exploit a certain thought and it should attempt to carry that thought in a manner that is easy to understand through the whole leaflet.“762 Als ab 16. Dezember 1944 die „sudden German counter-offensive“ in den Ardennen über die bis dahin so selbst- und siegesbewussten Amerikaner hereinbrach, kam die ohnehin nicht allzu erfolgreich verlaufende November-Offensive763 der dritten US-Armee mit Stoßrichtung Saarland zum Erliegen. Die Propagandatruppe der PWB/3rd Army geriet nun zwei Wochen lang in die geistige Defensive und verfolgte eine „more cautious and controlled policy“ 764 – wie ein von den Amerikanern zu dieser Zeit erbeuteter Brief eines deutschen fanatischen Leutnants zeigt, waren Selbstvertrauen und Zuversicht des bereits angezählten Gegners nun mit einem Schlag wieder hergestellt. Am 22. Dezember schrieb Letzterer an seine Frau, dass die „American idiots“ dem kraftvollen deutschen Vorstoß nichts entgegenzusetzen hätten. „It was a magnificient blood bath, a revenge for our destroyed Fatherland. Our soldiers still have the old spirit“ – so zitiert Al Toombs in seinem täglichen Moralbericht der P&PW/12th Army Group aus der englischen Übersetzung des Schreibens.765 Nicht wenige im feindlichen Lager – darunter vor allem die jungen, noch begeisterungsfähigen Soldaten – glaubten, an einem späten Wendepunkt des Kriegs zu stehen.766 Letztlich gelang es den Propagandalenkern in der PWD-Zentrale und den an der Front operierenden PWB-Teams in Folge aber recht gut, sich mit einer weitgehend faktennahen und nüchternen Nachrichten- und Propagandalinie (auch Niederlagen und Verluste der Westalliierten wurden offen als solche benannt) durch diese Wochen zu lavieren. Wittler und seine Kameraden teilten dem Feind mit, dass man zwar Verluste durch diesen überraschenden Coup erlitten habe, aber dass es sich hier um den letzten und mit Sicherheit zum Scheitern verurteilten

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Versuch der Wehrmacht handle, das Ruder noch herumzureißen. Gegen Ende des Jahres 1944 und vor allem im Jänner 1945, als das Momentum der Operation HERBSTNEBEL längst vorbei war und Pattons Panzer wieder ostwärts rollten, setzte man wieder auf die klassischen Propageme, Bildmotive und Phrasen.767 Wie Wittler aufmerksam mitverfolgte, haben die deutsche Heeresführung und die Wehrmachtskommandeure in der Endphase des Kriegs mit einigem Aufwand versucht, ihre Soldaten von den zunehmend schlechter werdenden Nachrichten über die militärische Lage abzuschirmen. So befindet sich in Wittlers Nachlass ein – wahrscheinlich von ihm selbst verfasster – Flugblattentwurf, in dem die Euphemismen in den Tagesberichten des Oberkommandos der Wehrmacht und der Lingua Tertii Imperi gnadenlos aneinandergereiht und als faktenverzerrende Beschwichtigungsformeln dekuvriert werden: „ … wurden zur Kräfteeinsparung in einigen Abschnitten vorspringende Frontbogen zurückgenommen. Im Zuge dieser Frontbegradigung wurden ………. geräumt“ „ … setzten sich an einigen Abschnitten plangemäss vom Feinde ab.“

„ … sind wechselvolle Kämpfe mit vordringenden feindlichen Angriffsspitzen im Gange.“ „ … setzten sich unsere Truppen weiter plangemäss ab.“ „ … wurde befehlsgemäß geräumt.“

„ … setzten sich unsere Verbände zur Verkürzung der Front befehlsgemäß ab.“

„ … wurde ohne Behinderung durch den Feind zur Verkürzung der Front geräumt.“ „ … verlaufen unsere Absetzbewegungen planmässig.“

= DAS SIND DIE TÄGLICHEN PHRASEN DER OKW-BERICHTE VON ALLEN FRONTEN: SIE SIND EIN BEWEIS, DASS DEUTSCHLAND DEN KRIEG VERLOREN HAT …768

Während also auf Seiten der Wehrmacht laut Victor Klemperer „niemals kraß herausgesagt“ wurde, dass all die „Frontbegradigungen“ und „Absetzbewegungen“ aufgrund des Vormarschs der 3. US-Armee769 und anderer alliierter Verbände Zeichen einer sich anbahnenden Katastrophe waren,770 machte sich die von der USMilitärpropaganda auch in der kritischen Phase der Ardennenschlacht verfolgte „strategy of truth“ hingegen bezahlt. In der kurzen Zeitspanne der militärischen Rückschläge an der Westfront haben die Psychokrieger der 12. Armeegruppe wenig beschönigt, sondern auch über eigene Verluste und Niederlagen offen berichtet – und damit auch ihr psychosoziales Kapital bzw. das bisher aufgebaute Vertrauen771 in sie als relativ glaubwürdige Kommunikatoren wesentlich vergrößert. Für manche Landser dürften der „truthful account“, etwa in Hans Habes Frontpost, oder die „essential honesty“ 772 in Wittlers PWB-Flugblättern, mehr Informationswert

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besessen haben als die Verlautbarungen der eigenen Kriegslenker. So behielten die laut Stefan Heym „hinter dem Rücken der Landser“ 773 mauschelnden NS-Spitzen und führenden Offiziere regelmäßig wichtige Informationen für sich und ließen die eigenen Truppen über viele (negative) Entwicklungen auf deutscher Seite bewusst im Unklaren: „Every effort was made by their own command to keep news of the disasters that were overtaking German arms from them and it is probable that for most of them a knowledge of the true state of affairs was conveyed by PWB leaflets.“774 Mithilfe der Analysen der Morale Intelligence, etwa über den im März 1945 von der 9. US-Armee gefangen genommenen und zur Flugblattwirkung befragten Stabsgefreiten Hans Wiesemeyer von der 180. Infanteriedivision, lassen sich solche – zugegebenermaßen zweckoptimistischen – Annahmen von Seiten der PWB Combat Teams stichprobenartig erhärten. Wiesemeyers Aussage, dass er „glaube, dass die alliierte Propaganda auf Tatsachen beruht“,775 taucht in dieser oder ähnlicher Form immer wieder in den PWI-Akten auf – für mich ein Indikator dafür, dass viele Gefangene gegen Kriegsende nicht nur dem amerikanischen Sieger opportunistisch nach dem Mund redeten, sondern auch die faktenbasierende Propaganda dieses Feinds als Informationsquelle vielfach zu schätzen wussten oder zumindest respektierten. So zeigte sich bereits im September 1944 ein im Rahmen einer PWI-Studie befragter Wehrmachtsoldat im Bereich von Wittlers 3. US-Armee von einem Flugblatt, in dem die in Nordafrika aufgeriebenen deutschen Divisionen erwähnt werden, sehr beeindruckt. „Die Flugblätter“, so der Umfrageteilnehmer, „haben auf mich den Eindruck gemacht, dass alles auf Wahrheit beruht. Und das kann ich mit Bestimmtheit sagen, weil ich selbst drüben in Afrika war.“ 776 Ein anderer Landser erklärte einem PWI-Offizier der ersten US-Armee gar, „that our [the US] leaflets are believed and trusted more than German newspapers.“ 777 Solche Einzelstimmen bestätigen punktuell, wie ernst Leute wie Habe und Wittler die amerikanische „strategy of truth“ nahmen. Zwar hatten auch die Westalliierten militärische Niederlagen zu verbuchen und so manche bittere Pille zu schlucken – sie waren aber den deutschen Propagandisten „gerade dadurch überlegen, dass sie deprimierende Misserfolge relativ offen publizierten.“778 2.3.5 Exkurs: Eine semiotisch gelungene Instrumentalisierung der „Russenangst“: Die Landkartenflugblätter PWB 42 und 49 Die Verhöre und Umfragen der Propaganda Intelligence zeigen auch, dass mit dem Niederwerfen der deutschen Ardennenoffensive und dem unaufhaltsamen Vormarsch der Alliierten auf das Kernland des Deutschen Reichs neben fakten-

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nahen Texten und emotionalisierenden Bildern eine weitere „Textsorte“ zunehmende Bedeutung für die Rezipienten erlangte: nämlich Landkarten und – um einen modernen Begriff zu verwenden – Infografiken zum Stand der militärischen Dinge. Die zunehmende Publikation der zum Zeichensystem Bild gehörenden779 Grafiken und Landkarten dürften dem Bedürfnis vieler Landser nach „ehrlicher“ Information über die Frontlage entgegengekommen sein. Und weil sie nicht zuletzt im Gedächtnis der Empfänger mit dem unverdächtig wirkenden semantischen Feld bzw. Frame „Wissenserwerb“ in Verbindung gebracht werden,780 sind Landkarten auch ein hervorragendes Mittel, um dem Feind propagandistische Botschaften bzw. demoralisierende „Nachrichten“ in einem Gestus der Objektivität und vermeintlichen Nüchternheit zu überbringen.781 So schreibt etwa Jacob Tennenbaum in einem seiner Wochen-Reports: „[O]ur own leaflet CT 45 containing the map of the eastern front was most effective since it gives the soldier an exact picture of what he wants to know.“782 Die Tatsache, dass die grafische Darstellung der Frontlage auf diesen US-Flugblättern mit den militärischen Fakten im Großen und Ganzen übereinstimmte und damit den ideologischen Textteilen dieser Sehfläche einen Anstrich der Objektivität gab, machte die Landkarten-Flugblätter zu einer wichtigen kognitionspsychologischen Waffe im Arsenal der Propagandakrieger. Emotionen und Ängste konnten dadurch in einen rational erscheinenden Rahmen eingebettet werden.783 Jacob Tennenbaum fordert an anderer Stelle, die in diesem Abschnitt bereits mehrfach erwähnte „russische Gefahr“784 auch im Kampfgebiet der Westalliierten propagandistisch auszuschlachten und in konkrete mediale Formen wie eben Landkarten und Flugblatttexte zu überführen.785 Ab Mitte Jänner 1945 wurde daher den deutschen Soldaten an der Westfront die „story of the great Russian offensive“ mit Nachdruck erzählt. Die von den Monitoring-Experten wie Herbert Lobl und Erwin Benkoe regelmäßig abgehörten NSPropagandisten wie der Korrespondent und Journalist Wilfried von Oven gaben diesen Ängsten von höchster Stelle Nahrung, wenn sie im Rundfunk berichteten, dass „die Bolschewiken bereits an den Toren Berlins klopfen.“786 Aus Sicht der deutschen Kämpfer wurden nun der offizielle, ideologisch aber stark auffrisierte, Wehrmachtsbericht der Amtsgruppe für Wehrmachtpropaganda, die meist wenig erkenntnisreichen (Durchhalte-)Ansprachen der Offiziere und das inoffizielle „word of mouth“-Getuschel unter den Soldaten durch eine bedeutende alliierte Informationsquelle über die Geschehnisse im Osten ergänzt.787 Mit speziellen, oft farbig gestalteten Flugblättern und Flugblattzeitungen sollte der deutsche Rezipient „as fully informed as possible about this new and for him terrifying development“ im Osten sein.788 In der G-2/PWB-Abteilung der dritten US-Armee war

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man zu diesem Zeitpunkt über die militärischen Entwicklungen an der „Russian Front“ gut informiert.789 Wittler schien daher den Rat seines exilösterreichischen Kollegen Tennenbaum, die „Russenangst“ in konkrete Propaganda einfließen zu lassen, wohlwollend aufgenommen zu haben. So platzierte er auf der Rückseite des ab 4. Februar 1945 verbreiteten Flugblatts PWB 42790 eine in einem alarmistischen Rot gehaltene, querformatige Landkarte des Deutschen Reichs, in der der „Vormarsch der Alliierten vom 1. Jänner bis zum 3. Februar 1945“ durch schraffierte Flächen veranschaulicht wurde. Während die Gebietsgewinne der Westalliierten sich auf dieser Karte vergleichsweise bescheiden ausnehmen, gleicht das von der roten Armee eingenommene Territorium einem gigantischen, fast ganz Ostpreußen sowie weite Teile Polens überspannenden Dreieck, dessen westliche Spitze wie ein Sporn tief ins Herzen des Deutschen Reichs hineinragt. Daneben steht in blutroten – man denke an die Rote Armee und die „blutgierigen Bolschwiken“ – und fetten Lettern zu lesen: „Angst?“791 Ein großer Teil von insgesamt 44 Deserteuren der 256. Volksgrenadierdivision hat gegenüber den PWI-Befragern der dritten US-Armee angegeben, dieses Flugblatt gesehen zu haben.792 Eine solche abrufbare Erinnerung von deutschen Soldaten an bestimmte Flugblätter ist laut Martin Herz einer von fünf Effizienzindikatoren von Flugblattpropaganda.793 Dieses Emotionen und tief-

21  Propagandistische Ausnutzung der deutschen „Russenangst“ durch Landkarten – Wittlers Flugblatt PWB 42, Februar 1945

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sitzende Ängste mit harten, nüchternen – und wohl auch überzeugenden – Fakten und Bildinformationen mischende Flugblatt ist eine der beeindruckendsten Arbeiten Wittlers bzw. seines Redaktions- und Grafikerteams. Durch amerikanische Landkarten wurde nun also auch den gegen US-Verbände wie die 5th Infantry Division kämpfenden Landsern794 auf eindringliche und beängstigende Weise das „big picture“ des russischen Vormarschs im Osten vor Augen geführt. Eingebettet war diese Propaganda der Furcht („shock and awe“ nannte man einen ähnlichen Ansatz während des Irakkriegs 2003) in die größte Propagandaoffensive in der kurzen Geschichte von PWB/3rd Army: Diese brachte eine Intensivierung der immer zielgruppengerechter gestalteten Propagandakommunikation und -distribution durch Artillerie sowie Frontlautsprecher (taktische Propaganda) und Flugzeugabwurf (eher strategische Flugblätter) mit sich. So wurden im Bereich der dritten US-Armee allein im Februar 1945 – Wittlers Team befand sich zu dieser Zeit in Luxemburg – 2.031.200 vorwiegend taktische Flugblätter durch Artilleriegeschütze verschossen, während mit den sieben verfügbaren Lautsprecheranlagen insgesamt 85 an feindliche Kämpfer und 79 an Zivilisten gerichtete „Public Address“-Missionen durchgeführt wurden. Von nachrichtendienstlicher und moralanalytischer Seite wurden in diesem Monat 182 PWI-Berichte von Verhörteams aus den „Army cages“ beigesteuert; 75 weitere Reports stammten von Verhörsoldaten „in forward areas with the combat loudspeakers or with the liaison officers“ und lieferten jene taktischen Informationen, die in Wittlers PWB-Flugblättern und anderem „output material“ verwertet wurden; weitere 22 Berichte gaben über die Stimmungslage unter der Zivilbevölkerung in eben besetzten Gebieten Aufschluss.795 Der bereits erwähnte, von Wittler im März 1945 im PWB/3rd Army-Quartier in Luxemburg796 persönlich interviewte NS-Propagandaexperte Wiebe zeigte sich von den zunehmend grafischer gestalteten Flugblättern wie etwa Wittlers PWB 49 („So sprach Hitler“) sehr beeindruckt. Dieses Anfang Februar 1945 produzierte und noch im selben Monat abgeworfene Druckwerk797 liefert demaskierende Hitler-Zitate und „beruhigende“ Ansagen der Alliierten zur Zukunft des besetzten Deutschland. Es will auch durch die Ausnutzung der deutschen Russenangst mithilfe einer Landkarte punkten. Unter der Überschrift „Für die Vernichtung der NSDAP“ wird mithilfe von wuchtig gezeichneten, schwarzen Pfeilen veranschaulicht, dass nicht nur an der West- und an der Italienfront die Alliierten sich auf das Deutsche Reich zubewegen, sondern dass „der Russe“ 798 die östliche Reichsgrenze schon längst überschritten hat und bald Berlin erreichen wird. Würde der aufmerksame Leser eins und eins zusammenzählen, würde er einsehen, dass das „Dritte Reich“ in seinen letzten Zügen liegt – ganz so, wie Victor Klemperer es einem hurrapatriotischen, Hitler-treuen – aber letztlich doch still zweifelnden –

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Bauern aus Pommern, der ihm in einem Wald bei Pfaffenhoffen knapp vor Kriegsende über den Weg lief, beibringen wollte: „Die Russen stehen doch schon vor Berlin, und die Engländer und Amerikaner …“799 Auch der gegenüber seinen westalliierten „captors“ äußerst gesprächige Feedback-Geber und Propagandakenner Wiebe wusste: Für die vielen russophoben Soldaten im deutschen Lager war die Vision eines von Sowjets dominierten Deutschland ein Horrorszenario mit apokalyptischen Implikationen. Laut Ian Kershaw kämpften die Landser im Osten, auch als eine Kriegsniederlage bereits absehbar war, weiter verbissen gegen die sowjetischen Armee, „whose vengeful victory would surely bring the destruction of all that they held dear.“800 Für die Wehrmachtssoldaten an der Westfront tat sich hingegen die Option auf, sich rasch dem „Tommy“ zu ergeben, anstatt später möglicherweise in die Fänge des angeblich barbarischen und entmenschlichten Ostvolks zu geraten.801 Dies erwies sich als eine wertvolle Waffe im Arsenal der Flugblattschreiber. Wiebe erinnerte sich hierbei vor allem an jene Flugblätter, „which featured maps. He thinks they are very effective. […] PW recalls a leaflet which included a passage about the Roosevelt, Churchill and Stalin meeting – he refers to leaflet PWB 49. He thinks this passage about the future of Germany made a deep impression on the German soldiers. The advance of the Russian Armies into Eastern Germany affected the German soldiers greatly, especially those from the Eastern provinces.“802 Neben Wiebe scheinen übrigens auch andere deutsche Propagandisten den von ihnen über Jahre hinweg unablässig propagierten, hasserfüllten Zerrbildern über „Bolschewisten“ und „slawische Untermenschen“ in erschreckend hohem Maß Glauben geschenkt zu haben: Die rassenideologisch deformierte Wahrnehmung des „asiatischen“ Kriegsgegners wirkte nachhaltig und vermischte sich mit anderen mentalen Projektionen. Nicht zuletzt waren es aber die drückenden, wenn auch selten offen geäußerten Schuldgefühle angesichts der eigenen Verbrechen im Osten, die am Gewissen vieler deutscher Beteiligter nagten.803 Emanuel Rapoport von PWB/9th Army vernahm diese Angst vor der Rache der Roten Armee aus dem Mund eines österreichischen Russland-Kämpfers: While in Russia P[risoner of ]W[ar] was told that Germans after invading the country took to killing PW’s thus leading to the later savagery of which Germans are now

so afraid; the German soldiers who admitted that to PW revealed that fear of Russian retaliation is based on bad conscience.804

Nun schlug das Pendel in Richtung des deutschen Aggressors zurück, und zwar mit der Wucht einer Abrissbirne: Wegen der erwähnten Kriegsverbrechen der

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SS-Einsatzgruppen und der Wehrmacht und natürlich auch wegen der wechselseitigen Eskalation der Gewalt an der Ostfront „ging auf der deutschen Seite die Furcht vor Misshandlung und Ermordung in sowjetischer Gefangenschaft um. Auch der 35-jährige Propagandasoldat Paul Lindemann aus Dortmund wurde davon erfasst. Wie viele andere Frontsoldaten machte er es sich deshalb zur Devise, eine Gefangennahme an der Ostfront um jeden Preis zu vermeiden“805 – sein laut eigener Aussage feiges „Überlaufen beim Ami“ habe ihm letztlich die Katastrophe einer russischen Gefangenschaft erspart: Jeder hat gesagt, wenn ich bloß nicht in russische Gefangenschaft komme. Das war auch

der allgemeine Standpunkt. Ja, nun war es auch so, ich habe mir fest vorgenommen, bevor ich in russische Kriegsgefangenschaft komme, habe ich immer meine Pistole für mich selbst. Ganz bestimmt.806

Aus Sicht amerikanischer Flugblattschreiber wie Kurt Wittler galt es nun, die weit verbreitete und nahezu psychotische Russen-Obsession auszunutzen. Der hemdsärmelige Propagandapraktiker Paul Linebarger bringt einen überzeugenden Punkt vor, wenn er argumentiert, dass eine „streak of irresponsibility“ viele Menschen auf bad news in den Medien intensiver reagieren lässt als auf gute Nachrichten. Dieses Phänomen gelte gerade für US-Landkartenpropaganda, die aus Sicht der Leser die furchteinflößende militärische Entwicklung faktennah abbildet: So hätten auch jene Japaner, die auf ihre amerikanischen Feinde mit Hass und Abneigung blickten, die Landkarten über die Gebietsgewinne des Feinds aufmerksam studiert und deren Informationsgehalt zu schätzen gewusst. Ähnlich, so Linebarger weiter, hätten sich auch eingefleischte „Nazis“ verhalten.807 „Infografiken“ über den russischen Vormarsch im Osten boten Leuten wie Wittler daher die Chance, tiefsitzende und irrationale Ängste ebenso zu instrumentalisieren wie dem Bedürfnis nach ehrlicher Aufklärung über die Lage („yearning for news“)808 entgegenzukommen. Wie vor allem die „Landkarten“-Flugblätter PWB 42, 47 und 49 zeigen, waren solche Einsichten und die Erkenntnisse aus den oben zitierten Kriegsgefangenenbefragungen für die Redakteure und Texter sehr wertvoll und flossen vielfach in den medialen Output ein. Es entbehrt letztlich nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Leute wie der mit einem hohen Maß an Medienkompetenz und Wissen über Machart und Wirkungsabsicht von (amerikanischen) Feindschriften ausgestattete Propagandasoldat Lindemann letztlich zu den idealen Empfängern von Wittlers PWB 49-Flugblatt gehörten – ganz nach dem Motto: „Bevor mich der Russe gefangen nimmt, befolge ich lieber die durchschaubaren, aber für mich nützlichen Flugblatt-‚Anweisungen‘

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des Ami!“. War das „Heraushalten der Roten Armee aus Deutschland“ für einen großen Teil der Wehrmachtssoldaten „eine Hauptmotivation für den Kampf bis zum Schluss“,809 so sollte es für die an der Westfront stehenden und mithilfe von „Landkartenpädagogik“ nun über das baldige Ende ihres sinnlosen Kampfs aufgeklärten Soldaten ebenso eine Motivation sein, in angloamerikanische anstelle von sowjetischer Kriegsgefangenschaft zu gehen! Insgesamt dürften die Visualisierungen des alliierten Vormarschs bei so manchem nach aktuellen und halbwegs vertrauenswürdigen Lageberichten dürstenden deutschen Betrachter810 nicht nur für Informationsgewinn, sondern für jenen emotionalen und „schnellen Schuss ins Gehirn“ gesorgt haben, den die deutschen Kriegsstrategen und NS-Größen so sehr fürchteten. Schenkt man den Verhörberichten der Moralanalysten von PWB/3rd Army und P&PW/12th Army Group Glauben, dann war die Stimmung unter Wittlers „Kunden“ nach dem Verschuss der eben erwähnten PWB-Flugblätter generell schlecht: PWs at Third US Army showed low morale usual[ly] at cages these days – personal discomforts, lack of food and rest were about equal with conviction that the war is lost in

determining their lack of spirit. Complaints that O[fficer]s did not share the discomforts of their men were heard.811

Obwohl man ausgehend von solch impressionistischen Stimmungsbildern einmal mehr keine einseitigen Rückschlüsse zur Flugblattwirkung ziehen sollte, ist es angesichts der beachtlichen Propagandatätigkeit des Hauptprotagonisten dieses Kapitels doch legitim zu behaupten: Kurt Wittler hatte wohl einen gewissen Anteil an den Manifestationen von „low morale“ im Feindeslager. Gegen Kriegsende verfolgten einzelne Flugblätter Wittlers für PWB/3rd Army wie jenes an die „Volkssturmmänner!“ (PWB 51) noch militärische Ziele, insgesamt richteten sich seine Texte im Sinne der consolidation propaganda aber an eine Bevölkerung, die auf die bevorstehende US-Besetzung und die Pax Americana mental und nachrichtenpolitisch vorbereitet werden sollte. Dies war durchaus zweckmäßig, da etwa die Offiziere im Hauptquartier des Wehrkreises IX in Kassel wenige Wochen vor dem militärischen Zusammenbruch des Deutschen Reichs mehr damit beschäftigt waren, geheime Dokumente zu verbrennen, als irgendwelche Militärplanungen für auseinanderfallende Regimenter und Kampfgruppen vorzunehmen.812 So informierte das Flugblatt PWB 52 über den Zusammenbruch des NS-Reichs und den bevorstehenden Neubeginn und „Deutschlands Zukunft“, während PWB 56 sich bereits an den künftigen „Bürgermeister“ wendete.813 Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reichs im Mai 1945 hätte sich

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der Titel jenes „leaflet draft“, der später in Wittlers Nachlass auftauchen sollte, auch als Aufmunterungsruf für die tausenden heimkehrenden Angehörigen der Wehrmacht geeignet: „Der Krieg ist verloren – [D]ein Leben gewonnen.“814 2.3.6 Resümee „Perhaps the most important work of your team was accomplished in the field of combat leaflets.“ 815 Mit diesen, zwei Tage nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Europa formulierten Worten drückte der oberste Kommandeur der Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers, General Robert McClure, seine Wertschätzung gegenüber der Arbeit, welche Menschen wie Kurt Wittler im Dienste des Kampfpropaganda-Teams der 3. US-Armee geleistet hatten, aus. „Working with the intelligence obtained in most cases by the organic facilities of your team“, so McClure weiter, „you have produced a [leaflet] series whose effectiveness is unquestioned. The efficient dissemination of these as well as other leaflets supplied to you, has enabled us to exploit the psychological factors making for lessened enemy resistance to capture, and finally for the complete disintegration of the Wehrmacht.“816 Auch der Stab der 34. US-Infanteriedivision konnte offenbar Wittlers Buchstaberei einiges abgewinnen und zeigte sich „well impressed by reports of their IPW[ interrogator]s showing the number of prisoners coming in with 3[rd]A[rmy] leaflets.“817 Das wertschätzende Urteil des oben zitierten McClure ist sicherlich auch vom Stolz auf die Arbeit seiner Propagandainstitution geprägt und in einen Legitimierungsdiskurs in Bezug auf die vom Verfasser angestrebte Anerkennung bzw. Aufrechterhaltung dieser Abteilung eingebettet. Dennoch bewies der oberste westalliierte Militärpropagandist in der obigen Passage Sinn für Realismus – McClure gibt implizit zu, dass Propaganda keine Wunder wirken, sondern im Idealfall lediglich die geistigen Resistenzkräfte des Feinds „verringern“ kann. Genau diesen unaufgeregten und pragmatischen Zugang forcierte auch der aus Österreich geflohene „draftsman“ Kurt Wittler. Als Chef-Redakteur und -Texter der „Publications“-Redaktion von PWB/3rd Army zeichnete er für mindestens 45 FlugblattKommunikate der PWB-Serie (end-)verantwortlich. Laufend mit aktueller und stichhaltiger Propaganda Intelligence von Seiten der Verhöroffiziere und Moralanalysten versorgt und über ein gutes Gespür für die mentale Verfasstheit und die „daily worries of the Landser“818 verfügend, hat Wittler in seinen Flugblättern auf geschickte Art und Weise Gefühle und Fakten angesprochen und psychologisch

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ausbalanciert. Durch eine nicht nur persuasive, sondern auch informative – den Rezipienten in bestimmten Fällen die Möglichkeit zum „fact check“ und zur eigenen Meinungsbildung gebende – weiße Kampfpropaganda konnte er den deutschen Feind mit einer anderen Kriegs-Realität außerhalb des zunehmend realitätsfernen Weltbilds der Nationalsozialisten konfrontieren. Dies dürfte etwa mit Wittlers „Russen-Landkarten“ (PWB 42 und 49) gut gelungen sein. Nicht zuletzt auch aufgrund der enormen nachrichtendienstlichen Anstrengungen der US Army im Bereich der angewandten Rezipientenforschung gelang es Wittler erstaunlich gut, die abstrakte Welt der Worte bzw. der Propaganda „über sukzessive Schritte mit der Welt“ der feindlichen Soldaten, der Welt der Dinge also, zu verbinden.819 Die formidable Performance des gelernten Blechschlossers Kurt Wittler bestätigt William Daughertys Aussage, dass Literaten oder journalistische Wortkünstler im Vergleich zu Technikern und Ingenieuren nicht automatisch die besseren Flugblattschreiber sind.820 Die unaufgeregte Zweckorientiertheit Wittlers erwies sich im soldatischen Kommunikationskontext als eine seiner größten Stärken. Gleichwohl liegt in diesem technisch-funktionalistischen Minimalismus auch eine der größten Unzulänglichkeiten Wittlers in seiner Rolle als Flugblatt-„Komponist“: Bei seinen textlastigen, ästhetisch eher bescheidenen, oft eng beschriebenen und wenig Dynamik ausstrahlenden Flugblättern verzichtete er vielfach auf ein ausgefeiltes Grafik- und Textdesign bzw. auf die Nutzung von multimodalen Zeichenressourcen, welche die zentrale Botschaft des jeweiligen Texts unterstützen. Bei den von mir eingesehenen Arbeiten setzte der österreichische Exilant auch das Zeichensystem Bild erstaunlich selten ein. Er nutzte Bilder eher als illustrierendes und – vor allem in Form von Landkarten – informierendes, jedoch nur bedingt als emotionalisierendes Gestaltungselement (das figurative und auf die Gefühlsebene abzielende Anti-Himmler-Flugblatt PWB 22 ist hier eher die Ausnahme von der Regel). Während sein Kollege, der Büchermensch Oskar Seidlin vom PropagandaTeam der First US Army, im oben analysierten „Kreuzweg“-Flugblatt (CT 40) auf eindringliche und direkt ins Hirn springende Bildsymbole wie einen Wehrmachtshelm auf einem Holzkreuz sowie eine Wegkreuzung zwischen „Leben und Tod“ setzte, vertraute der Minimalist Wittler auf dick unterstrichene Schriftzüge mit viel Kleingedrucktem dazwischen, die – etwas arm an Emotion und Imagination – zur selben Entscheidung auffordern (PWB 20 und 27). Die Schrift dominiert auch beim Flugblatt PWB 35, wo deutschen Soldaten in Frakturschrift die Warnung vor „[t]odbringende[n] Granaten“ überbracht wird: Diese von Wittler hier jedoch geschickt genutzte Schrifttype wurde von den angesprochenen Zeitgenossen „als ‚deutsche‘ Schrift verstanden“ und war „als Ausdruck nationaler Gesinnung kennzeichnend“ für NS-Propaganda.821 Solche die Textbotschaft ergänzen-

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den und verstärkenden Bedeutungselemente können daher mithelfen, dass Bild, Typografie und Schrift besser ineinandergreifen und sich der Landser nicht nur in „seiner“ (Bild-)Sprache, sondern auch in „seiner“ Schriftart angesprochen fühlt.822 Doch auch wenn Wittler nicht die oben erwähnten Kreativitätsdefizite und handwerklichen Schwächen aufgewiesen und er ein feineres ästhetisches Gespür besessen hätte, wären der Wirkung von seinen Flugblättern auf die große Masse der feindlichen Kämpfer strikte Grenzen gesetzt gewesen. Denn nicht nur fanatische Kämpfer, wie der 19jährige Leutnant und Volksgrenadier Max Gottwald,823 oder eiserne Nationalsozialisten, wie der unverdrossen auf ein deutsches (Waffen-) Wunder hoffende österreichische Oberleutnant Franz Bachmann,824 blieben von den Worten des „Tommy“ und seinen „lächerlichen“ Flugblättern825 unbeeindruckt – Hunderttausende gewöhnliche, weniger linientreue Landser taten es ihnen gleich und kämpften unbeirrt (oder auch unterwürfig, eingeschüchtert und verängstigt) weiter für ihren „Führer“, für ihre Kameraden, für die Verteidigung ihrer „Heimat“,826 gegen die angloamerikanischen „Terrorbomber“, gegen den „feigen Ami“, der nur wegen seiner Materialüberlegenheit imstande sei, der tapferen Wehrmacht so arg zuzusetzen usw. Weder Kurt Wittler noch irgendein anderer PWD/SHAEFExperte war letztlich im Besitz einer magischen Formel, um diese Menschen zum Abkehr vom Kampf zu bewegen oder die sozialen Mechanismen und die Binnenlogik des Wehrmachts- und NS-Systems nachhaltig zu durchkreuzen. Wittlers taktische Flugblätter, die nichts anderes als unvollkommene Konstrukte waren und nur in seltenen Fällen „außermediale Kriegsrealitäten“827 schaffen konnten, zielten angesichts dieser begrenzten Wirkung von Kampfpropaganda daher weniger darauf ab, die Empfänger ideologisch vollends umzudrehen oder kognitiv zu überwältigen. Vielmehr hatten sie, wie Melvin Laskey es überspitzt feststellt, den bloßen Zweck, „Kriegsgefangene zu machen.“828 Das von PWB/5th Army zu Kriegsende in Italien gezogene Resümee zur Wirksamkeitsfrage trifft daher auch auf die weitgehend illusionsbefreite, hemdsärmelige, jedoch stets auf moralanalytisch fundierten Argumenten und Evidenzen basierende Flugblattarbeit Wittlers an der Westfront zu. In most cases the effect of leaflets, of broadcasts and loudspeaker operations is gradual and cumulative. […] Many thus came finally to a point where they either surrendered

without fight when the attack came, or at least gave up in difficult situations without fighting to the last bullet. This was undoubtedly achieved with regard to a great number

of German soldiers. It was achieved partly by acquainting the Germans with the facts of their real situation, partly by impressing on the certain arguments. This sort of effect

is not measurable in exact figures but all the evidence […] points to it that the propaganda put by […] Allied PWB units has contributed in this way to final collapse.829

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Wie die bereits zu Beginn dieses Kapitels zitierte Aussage Laskeys darlegt, vermochten die US-Propagandisten mit dem geschriebenen und gedruckten Wort kaum, Hitlers Soldaten in großer Zahl „zu erschüttern, umzupolen, neu auszurichten.“830 Dennoch wirkten Wittlers Flugblätter sowie viele andere US-Propagandakommunikate vielfach als Stimmungsverstärker, der graduell die Kampfkraft des Gegners unterminierte und fallweise die Desertion oder kampflose Aufgabe beeinflusste oder erleichterte. Denn genau dies ist Stephanie Weber zufolge „eigentlich der Inbegriff des Propagandakonzepts: Dass man Meinung nicht radikal ändert, sondern dass man sie verstärkt und kanalisiert.“831 Aller Kritikpunkte zum Trotz kann man daher behaupten: Der von mehreren Experten und Vorgesetzten für seine Arbeit hoch geschätzte Sharpe Boy und Leaflet Editor Kurt Wittler hat – innerhalb der eng gesteckten erkenntnistheoretischen Grenzen der Propaganda Intelligence und des überschaubaren Horizonts realer Medienwirkungen – zielgruppenorientierte, weitgehend ideologiefreie und inhaltlich mitunter überzeugende Propagandatexte in die Welt gesetzt und dabei ein hohes Maß an Hausverstand und Respekt vor den intellektuellen Fähigkeiten, den emotionalen Bedürfnissen und der jeweiligen Lebenswelt des feindlichen Kämpfers und Flugblattempfängers bewiesen. Da das Flugblatt im Zweiten Weltkrieg als Königsdisziplin der psychologischen Kriegsführung im militärischen Bereich galt, ist Wittler neben dem Nachrichtenoffizier Jacob Tennenbaum und neben dem Multipropagandisten Hans Habe die bedeutendste Figur dieses Buchs. In der Hochphase des gemeinsamen Einsatzes als Psychokrieger richtete der ebenfalls in Österreich geborene Amerikaner Charles Lowenthal anerkennende Worte an seinen Kompaniekollegen Wittler: „Off the records, and from a strictly non-operational point of view, (for I know nothing of the results) I think the leaflets are very well done.“832

2.4 „Ihr seid umzingelt!“: Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen Then something odd occurred. The Americans brought up loudspeakers to the front. Voices in German boomed out asking men to surrender and promising good treatment. Surrender leaflets dropped from the sky. Many Volksdeutsche took up this opportunity to desert. Leutnant Heinze tried to keep these men well supervised, but knew that nothing could keep those absolutely determined to get out of the war from deserting. Vince Milano und Bruce Corner über eine Episode im Zuge der Kämpfe in der Normandie ( Juli 1944)833

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

It’s a wonderful moonlit night and the enemy loudspeaker from the Bismarck tower announces clearly: German soldiers, surrender! You are encircled. Our planes bomb AACHEN, our Arty shells AACHEN. You have no other way out! (Is that actually true?) Then we hear some recent hitsongs until the finale comes with a tremendous barrage from all the guns around AACHEN. There is nothing else which could be more demoralizing. Auszug aus dem erbeuteten und vom österreichischen Ritchie Boy und ­Verhörassistenten Karl Frucht übersetzten Tagebuch des Wiener Wehrmachts­ soldaten Franz Schön (Oktober 1944)834 There were plenty of missions where the reports all ended in „No immediate results were observed“[.] Schlachtbericht über die Lautsprechereinsätze des Kampfpropagandateams der 9. US-Armee (Mai 1945)835

Anfang November 1944 zirkuliert innerhalb der 183. Volksgrenadierdivision der Wehrmacht ein „Feindnachrichtenblatt“. Die an der Westfront stationierten und personell schlecht aufgestellten sowie schlecht ausgerüsteten „Volksgrenadiere“836 erfahren durch dieses Schreiben allerlei Wissenswertes über den amerikanischen Kriegsgegner und über „[n]euartige fdl. Waffen, Geräte und Fahrzeuge“. In der auffällig langen Auflistung amerikanischer Ingenieurskunst wird auch ein „Nachrichtengerät“, bestehend aus einer „Bordsprechanlage aus [einem] Beute-Panzer-Kampfwagen, insbesondere hierzu Fernhörer und Mikrophone“ erwähnt.837 Rund zwei Wochen nach der Herausgabe des obigen Nachrichtenblatts werden die Soldaten der 183. Division von eben jenen technisch hochgerüsteten Amerikanern angegriffen. Die US Army bietet alles auf, was ihr an materiellen Ressourcen und menschlichen Fähigkeiten zur Verfügung steht: Dazu gehören moderne Feldlautsprecher sowie bestens ausgebildete „Deutschsprecher“ in US-Uniform. Bei der laufenden Operation spielt ein österreichstämmiger GI aus Camp Sharpe eine tonangebende Rolle: Er ist „loudspeaker announcer“, Lautsprecherpropagandist. Rasch zeigt sich also, dass diese Attacke weniger von tödlicher, sondern von akustischer Natur ist. Laut amerikanischen Armeeberichten können hunderte von deutschen Frontkämpfern dem psychischen Druck, der durch die amerikanische Propaganda erzeugt wird, nicht standhalten und geben auf. So weit die Erzählung des US-Militärs. Doch werfen wir zuerst einen kurzen Blick auf die Entwicklung und Bedeutung der taktischen Lautsprecherpropaganda der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. Bereits in den ersten ernsthaften US-Planungen für zukünftige Combat Propaganda Companies im Jahr 1942 waren mobile Lautsprecher als integraler Teil der psychologischen Kriegsführung vorgesehen gewesen.838 In der bis etwa Ende 1943 dauernden Experimentalphase der US-Kampfpropaganda setzte die

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hierfür technisch nicht adäquat ausgerüstete 1st MRBC im Mittelmeerraum aber fast ausschließlich auf das Medium Rundfunk sowie auf Flugblätter. Das Radio entpuppte sich trotz des Einsatzes der mobilen Rundfunkanlagen der MRBCs rasch als eher strategische839 bzw. nicht für alle Empfänger leicht zugängliche Propaganda­waffe.840 Es wurde schnell klar, dass in speziellen Gefechtssituationen direkt vor Ort kommunizierte Desertionsappelle bzw. „Nachrichten“ an den Feind erfolgversprechend waren: Mit den technisch laufend verbesserten Lautsprechern841 konnten die Amerikaner mit relativ geringem personellen und logistischen Aufwand flexibel und rasch842 auf militärische Entwicklungen an der Front sowie auf neue moralanalytische Erkenntnisse reagieren, um in Folge den Empfängern zielgruppengerechte Botschaften durchs Mikrofon zu übermitteln. Vor allem bei in die Enge getriebenen Wehrmachtsverbänden waren die Erfolgsaussichten für akustische „surrender appeals“ am höchsten.843 Diese Tätigkeit war jedoch alles andere als ein angenehmer Medienjob, wie er etwa vom in der Stube sitzenden Flugblattredakteur ausgeübt wurde: So zeigen etwa die haarsträubenden Operationen des am Anfang dieses Buchs erwähnten MRBC-Manns Paul Eisler, dass die „announcers“ oft unter feindlichen Beschuss844 gerieten und diese Einsätze in einigen Fällen mit ihrem Leben bezahlten.845 Denn nicht immer wurde die Sicherheitsmaßnahme, die trichterförmigen Lautsprecher („horns“) durch lange Kabel vom Mikrofon und vom Sprecher zu trennen,846 beherzigt. Zudem sollte ein oft nur wenige Dutzend Meter von seinen bewaffneten Zuhörern entfernt sprechender Lautsprecher-Ansager auch auf überlebensnotwendige militärische Kenntnisse wie Waffengebrauch, Schützengraben schaufeln usw. zurückgreifen können – diese Ausbildungsinhalte waren in Camp Ritchie und in Camp Sharpe zumindest gestreift worden.847 Nach ersten, vom Feind mit heftigem Artilleriebeschuss beantworteten und wenig ertragreichen Einsätzen solcher „hogcaller“ in Italien (Anzio-Front, April 1944)848 waren in Westeuropa nach dem D-Day dutzende Lautsprecherteams im Einsatz. In der Regel bestanden diese kleinen Spezialtrupps aus mindestens zwei Mann, die wiederum Teil einer übergeordneten Public-Address-Sektion (PA) waren.849 Ein Wochenbericht über die frühen Kampfpropagandaaktivitäten der ersten US-Armee vom Juli 1944 erwähnt, dass die einzelnen Divisionen eifrig nach Lautsprecherpropagandisten und ihren sprechenden Trucks verlangten.850 Bei der bereits erwähnten Propagandaschlacht um Cherbourg haben sich laut Armeeberichten zwischen 1.200 und 2.800 Mann den Wortkünsten einer britisch-amerikanischen „amplifier unit“ ergeben.851 Eine Mitte August 1944 als Unterstützung für die 6. US-Panzerdivision von einem PWB-Spezialtrupp durchgeführte Lautsprecher-­Mission bei Concarneau soll an einem einzigen Tag zur Aufgabe bzw. Desertion von 102 deutschen

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

Soldaten beigetragen haben. Die am 19. September 1944 bei Beaugancy erfolgte Kapitulation von rund 20.000 Wehrmachtssoldaten unter dem Befehl des Generalmajors Botho Henning Elster wurde laut dem MRBC-Kommandanten Arthur Jaffe durch zwei Lautsprecheranlagen erleichtert.852 Die Handwerker des gesprochenen Worts waren an der Front also zunehmend gefragt.

22  Ein MRBC-Propagandaansager wendet sich von einem „sound truck“ nahe dem bretonischen St. Malo aus an deutsche Soldaten, Spätsommer 1944

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Wie der Camp Sharpe-Absolvent, Propagandaverbindungsoffizier und Lautsprecherkommandant Arthur Hadley jedoch anmerkt, waren die Combat Loudspeakers für viele Infanterieoffiziere „still new and suspect. Many broadcasts produce no prisoners but draw heavy fire from the Germans. We loudspeaker personnel can pack up and leave.“853 Stefan Heym weist zudem darauf hin, dass die anfangs noch nicht mit dem geeigneten Equipment agierenden Amerikaner in der Anfangsphase „Lautsprecherwagen von Engländern“ ausborgen mussten.854 Dennoch – eine der wichtigsten Lektionen der Kampagne von Jacob Tennenbaums Spezialeinheit in der Bretagne war, dass Lautsprecher als mobile taktische Waffe nicht nur auf Armeegruppen- oder Armee-, sondern auch auf der Korpsebene stets verfügbar sein sollten.855 Nachdem bereits durch den Einsatz von Jeeps die Mobilität erhöht worden war, kamen in den letzten vier Monaten des Kriegs auch sogenannte „talking tanks“ zum Einsatz, also Panzer, auf denen spezielle Lautsprecheranlagen angebracht worden waren.856 Diese technische Weiterentwicklung erlaubte die Unterstützung dynamischer Panzeroffensiven durch psychologische Attacken auf die oft überrumpelten Gegner857 und war auch bei der „Konsolidierungspropaganda“ in eroberten Ortschaften von Nutzen.858 Zudem ist die Umwandlung von Kampfpanzern zu „sprechenden“ Gefährten auch ein starkes Symbol für einen Paradigmenwechsel, der sich während des Kriegs in Bezug auf die Verwendung und Akzeptanz von Militärpropaganda vollzogen hat: „The amplifiers, with their sensitive tubes, were installed inside the tank, in a space cleared by removing the ammunition racks. This symbolic act completed the transformation of a shooting tank into a talking tank.“859 Die Lautsprecheranlagen und vor allem die innovativen „sprechenden Panzer“ waren also eine offensichtlich erfolgreiche Auxiliarwaffe der US-Kampfeinheiten.860 Wenn die G-2-Abteilung der 2nd US Armored Division jedoch die Gefangennahme von 7.000 (!) Soldaten zwischen Rhein und Elbe direkt auf die Aktivitäten eines einzigen Lautsprecherpanzers zurückführt, sind freilich Quellenkritik und Realitätssinn angebracht.861 Dennoch – der Einsatz von Lautsprechern im Bereich der MRBC- und PWBKompanien war aus amerikanischer Sicht nicht nur in taktischer, sondern auch in kultureller Hinsicht funktional: So wohnten einem solchen Live-Auftritt mit Lautsprechern – bei all dem Kampf um Leben und Tod – auch Show- und Entertainmentelemente inne. Diese sind eine ureigene Stärke der in die Kriegsanstrengung eng eingebunden gewesenen US-Medien- und Unterhaltungsindustrie. Das Beispiel des von einem Kriegsberichterstatter als „Schauspieler“ bezeichneten und mit großer Emphase agierenden Lautsprecheransagers Paul Eisler zeigt, dass der „expressive Individualismus“862 der amerikanischen Populärkultur in den Schrift-

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

stellern, Künstlern oder anderweitig begabten GIs aus Österreich seine kongeniale Ergänzung fand. Es ging für diese Lautsprecherpropagandisten darum, den Geschmack und den Nerv der Hörer zu treffen. Vor allem an den Hausverstand und an den Selbsterhaltungstrieb appellierende sowie gleichzeitig kurzweilige (also maximal eineinhalb Minuten lange) Lautsprechersentenzen seien imstande, die Aufmerksamkeit der Hörer zu garantieren, steht in einer Nachkriegsstudie des War Department zu lesen.863 Die Beschreibung einer idealtypischen Lautsprecheransage findet sich im Field Operations Report der P&PW-Abteilung der 12. US-Armeegruppe. Darin werden die Sprecher der MRBC- und PWB-Kompanien angehalten, möglichst aktuelle und zuverlässige nachrichtendienstliche Erkenntnisse in ihre Appelle einfließen zu lassen – die oft spontan und unmittelbar auf das Geschehen am Schlachtfeld reagierenden und live dargebotenen Lautsprecher-Performances erforderten nämlich noch mehr als die printmedial verbreiteten Propagandatexte einen kurzen Nachrichten-Zyklus. Neben den üblichen pragmatischen Ratschlägen findet sich in diesem instruktiven Papier auch das Ethnostereotyp des strammen Preußen wieder, dessen übertriebene Obrigkeitshörigkeit von der US-Lautsprecherpropaganda möglichst ausgenutzt werden sollte: The text must have a firm note which stresses the inevitability of death or surrender.

The enemy appreciates and is impressed by a detailed report on his tactical situation. The script should be short and contain punch lines which are repeated throughout the address for emphasis. […] The [loudspeaker] address should be personalized and the unit addressed by name if possible, but all intelligence must be accurate. […] The script

should be free from strategic propanda and should refrain from argument; […] The best broadcast script will fall flat if not spoken properly. For the Germans this means a firm commanding voice, harsh and arrogant. As one prisoner, acting as spokeman for

the group that deserted with him, said: „They [i. e. the Germans] could not imagine that anyone would lie so loudly and publicly.“864

Gute Faktenrecherche, Vermeidung von abstrakten Themen und strenge Sprache für stramme Deutsche – wie wurden diese Vorgaben im kampfpropagandistischen Einsatz nun umgesetzt? Ein gutes Beispiel für das Einweben von „intelligence nuggets“ in eine taktische Lautsprecheransage und für das Erwecken eines Eindrucks von amerikanischer Allwissenheit und Informationshoheit findet sich in den Akten der 28. US-Infanteriedivision. Der Österreicher Eisler verlas diesen hier in der englischen Übersetzung wiedergegebenen Text, der sowohl auf eine pathetische, religiös konnotierte Sprache („your comrades have chosen to sacri-

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fice you“) als auch auf Urinstinkte, wie den Überlebensdrang der Empfänger, setzt. Gemäß der von Hans Habe mit initiierten Strategie der Wahrheit versorgt Eislers Text dem von der Goebbels- und Wehrmachtspropaganda permanent mit „Informationen“ gefütterten und doch gleichzeitig massiv unterinformierten deutschen Hörer mit harten Fakten: Attention, Attention, all German soldiers from the 1055[th] Regiment of the 89th Infantry

division. Here speaks an American GI to you, he has an important message for you. This

is not a propaganda broadcast, for we realize that you are indoctrinated with propaganda day in and day out, this broadcast is meant to tell you facts, nothing but bare facts. […]

Do you know that Koenigsberg is captured by the Russians? Do you know that Bres­

lau is completely encircled? Do you know that the Allies are just a few kilometers away

from Cologne? All these statements are bare facts, but you might not know these facts. You heard the terrific thunder, roaring high over your heads, you might be wondering what they were up to. They are bombing and strafing your comrades, who have chosen

to sacrifice you and have [sic!] are fleeing towards the Rhine. We know that during the past two days you have been moving all your equipment to the rear. They have left you there to hold the line. You know that this is impossible.865

Ein ähnlicher Text, der sich an dieselbe Truppe richtete, geht auf konkrete Verluste der angesprochenen Einheit ein: ATTENTION, ATTENTION, […] [.] You have a choice – honorable surrender

to a vastly superior force, or certain death in MUELLENDORF. We know that the 1055th Regiment has been reduced to less than one-third of its combat effectiveness – you

have hardly the fire power of one battalion. The American forces opposing you are vastly superior in numbers and equipment, we can reduce MUELLENDORF to a heap of rubble in little more than an hour. Resistance is useless and retreat is impossible […]866

Beeinflussten Qualität, Stichhaltigkeit und Timing der von den PWI-Leuten eingeholten „morale intelligence“ in vielen Fällen das Resultat einer Lautsprecheroperation, so war die gut austarierte Mischung von verschiedenen Propagandastimuli oft ebenfalls ein entscheidender Faktor für das Gelingen einer taktischen Kampagne. Wie das Fallbeispiel zur Operation in Geilenkirchen unten noch zeigen wird, lancierten die PWB Combat Teams Angriffe auf alle Sinne des Rezipienten, indem sie – oft alternierend mit massiven Artillerie- oder Luftangriffen – Flugblatt-„Bombardements“, Rundfunkansagen und Lautsprecher-Appelle auf nervenzerrüttende Weise kombinierten.867 Wenn etwa ein kampfmüder und/oder ideologisch zwei-

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

felnder sowie zuvor durch strategische Propaganda und taktische „Wie ergibt man sich?“-Flugblätter „aufgeweichter“ Landser sich in einer militärisch hoffnungslosen Lage wiederfand, dann war er gewiss empfänglicher für Desertionsappelle. Er war dann eher gewillt, sich zu ergeben. So bemerkte etwa der vom LautsprecherAnsager und PWI-Vernehmer Emanuel Rapoport, dem Hauptprotagonisten dieses Kapitels, verhörte, 18 Jahre alte Gefreite Heinz Bloch, dass die Amerikaner ein umkämpftes Dorf, aus dem er sich zurückziehen sollte, abgeschnitten hatten. Für den jungen Landser eine gute Chance, zu türmen. „PW surrendered with pleasure“, vermerkte Rapoport über die Reaktion des Befragten in seinem Bericht.868 Wurde in Situationen eklatanter deutscher Unterlegenheit zusätzlich noch eine US-Lautsprecheransage in Richtung deutsche Stellungen gemacht, steigerte sich der psychologische Druck auf die „wankenden“ Empfänger mitunter noch mehr. Si Lewen von der 3rd MRBC erinnert sich an eine etwas infantil anmutende, aber eigenen Angaben zufolge gut verlaufene „Public Address“-Mission, die nach einem vorhergehenden Flugblattabwurf den performativen Sprechakt Ei Sörrender in das Hirn des Adressaten einzubrennen versuchte: Wenn das Flugblatt über den deutschen Linien abgeworfen worden war, rückte Lewen mit seinem […] gepanzerten Lautsprecherwagen nach: „Ich habe gerufen: ‚Habt ihr’s

schon gelernt? Ei Sörrender! Sagt mir’s nach: Ei Sörrender! Es ist doch ganz einfach! Ei Sörrender.‘ Das haben sie sich dann doch gemerkt.“869

Schauplatz der zu Beginn dieses Kapitels bereits geschilderten Szene, in der die Soldaten der 183. Volksgrenadierdivision es mit der Medienmaschinerie der Amerikaner sowie deren deutschsprachigen Propagandaansagern zu tun bekamen, war die 20 Kilometer nördlich von Aachen an einer alten Römerstraße und einem kleinen Eisenbahnknotenpunkt gelegene Stadt Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen. Dieser geschichtsreiche Ort war ein integraler und relativ gut befestigter Teil der deutschen „Siegfried-Linie“ am „Westwall“.870 Für die Angloamerikaner hatte sich das in einem Sporn, der die zweite britische Armee vom amerikanischen Sektor trennte, befindliche Geilenkirchen als harte Nuss erwiesen.871 Im Zuge der von den Briten angeführten872 Offensivoperation namens CLIPPER (die Teil der größeren „Roer River Offensive“ war) nahmen auch Kontingente der unerfahrenen 84. US-Infanteriedivision an den Gefechten teil. Die 84. Division, die teilweise von den Panzerformationen der britischen Sherwood Rangers Yeomanry unterstützt wurde, hatte ab 18. November den ersten Hauptschlag nahe der Stadt zu führen, später sollte Geilenkirchen mit vereinten alliierten Kräften eingekesselt werden.873

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Der Psychological Warfare-Verbindungsoffizier874 der vor allem aus Mitgliedern der 5th MRBC geformten PWB-Kampfpropagandatruppe der 9. US-Armee (PWB/9th US Army) bot dem Stab der „84th“ die Dienste der Psychokrieger an, um deren Kampftruppen zu unterstützen.875 Für den Liaison-Offizier war der von der militärisch schwachen 183. Volksgrenadierdivision und anderen deutschen Einheiten verteidigte „Geilenkirchen salient“876 der ideale Anwendungsfall für ein „Specific ‚Tactical‘ Leaflet“,877 welches den „Krauts“ mitteilen würde, dass sie umzingelt sind und keine Chance haben.878 PWI-Analysen hatten nämlich ergeben, dass etwa das Anfang November verbreitete PWB/9th Army-Flugblatt CPH 1, das den Kämpfern dieser Division das blutige Schicksal der Verteidiger der kurz zuvor gefallenen ehemaligen Kaiserstadt Aachen vor Augen führte, einen sensiblen Nerv bei einigen Empfängern getroffen hatte.879 Wie der PWB-Kommandeur Edward Caskey in einem Augenzeugenbericht später behauptete, war Geilenkirchen zu diesem Zeitpunkt, es war etwa am Nachmittag des 18. November, jedoch noch nicht eingekesselt!880 Vielmehr war die am Flugblatt bereits als Faktum dargestellte Einnahme von umliegenden Ortschaften wie Süggerath und die Einkreisung der Stadt erst am nächsten Tag vorgesehen und einige Angloamerikaner befürchteten gar einen harten Schlag durch die 9. Panzerdivision der Wehrmacht.881 Es handelte sich hier also um „one of the rare instances when information in the leaflet preceded the intelligence“882 – ein kühner, durchaus gewagter Zug.883 Der PWB-Verbindungsoffizier schlug also ganz im Sinne der bei Hans Habe respektive in Camp Sharpe gelernten Methoden884 nun einen multimedialen Angriff vor: Zuerst sollte das oben angesprochene appellative Flugblatt über dem Feind abgeworfen werden; als „follow-up“ sollte ein PWB-Lautsprecherteam die anstürmenden Regimenter der 84. Infanteriedivision psychologisch unterstützen und die Verteidiger zur Aufgabe bewegen. Nachdem der G-2- und G-3-Offizier885 diesem Plan zugestimmt hatten, stürzte sich das Redaktionsteam von PWB/9th Army sofort in die Arbeit: „Half an hour later, he [the liaison officer] was sitting in a group, […] which included the commanding officer, the leaflet writer, the layout artist and the unit intelligence officer.“886 Wie später in einer Nachkriegsstudie zu lesen ist, handelt es sich beim Ergebnis dieser Bemühungen um ein Idealbeispiel einer Einbindung eines Propagandaplans in einen allgemeinen Plan für eine Offensivoperation.887 Nach vier weiteren Stunden von intensivem Teamwork wurden rund 30.000 Kopien des Flugblatts gedruckt und in der Nacht vom 18. auf den 19. November den deutschen Truppen in und bei Geilenkirchen per Artilleriegeschütz „zugestellt“. Bereits zuvor waren über diesem Gebiet strategische bzw. allemeine Flugblätter der PWD/SHAEF

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

via Flugzeug abgeworfen worden.888 Die Kernbotschaft des taktischen Flugblatts unserer Protagonisten lautetete „Geilenkirchen [ist] umzingelt“; sie sollte dem Leser die Schlussfolgerung nahelegen, dass er nur als Kriegsgefangener der „Vernichtung“ entgehen könnte.889 Während auf der Vorderseite des Papiers eine Zange den eisernen Ring, den Amerikaner und Briten angeblich rund um Geilenkirchen gelegt haben, eindringlich veranschaulicht und vor dem jeden Moment losbrechenden „Sturmangriff“ warnt, wird auf der Rückseite in Kurrentschrift ein Ausweg angeboten: Ihr seid umzingelt. Ringsum sind amerikanische Geschützrohre auf Euch gerichtet. Ihr seid lebendige Zielscheiben.

Immer wieder werden an allen Fronten deutsche Soldaten umzingelt. In den Kesseln von

BREST, CALAIS, ST. MALO und AACHEN haben sich tausende Eurer Kameraden

unnützes Blutvergießen erspart, indem sie sich gefangen gaben.

In einem bereits verlorenen Krieg steht ihr auf verlorenem Posten. Euer Auftrag ist erfüllt. Eure Pflicht längst getan. Wer jetzt noch in Geilenkirchen stirbt, fällt umsonst.

NUR ALS KRIEGSGEFANGENE ENTGEHT IHR DER VERNICHTUNG!890

23  Teil einer multimedialen Attacke auf alle Sinne: das Geilenkirchen-Flugblatt CPH 6 von PWB/9th Army

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Bis zum Abend des 18. November war es britischen und amerikanischen Verbänden tatsächlich gelungen, den Großteil der im Flugblatt als „erobert“ dargestellten Orte einzunehmen: Während Einheiten der 43. britische Division nach Bauchem, Niederheid und Rischden891 vorgestoßen waren, war es dem 334th Infantry Regiment der 84. US-Infanteriedivision gelungen, Prümmern zu nehmen – der Ring um Geilenkirchen hatte sich de facto geschlossen892 (Süggerath wurde erst am 19. November gegen 17.00 befreit).893 Nachdem das „unverbrauchte“ 333. Infanterieregiment am Morgen des 19. November seinen Frontalangriff auf die Stadt begonnen hatte, konnte das im Gefolge dieser Einheit agierende Lautsprecherteam Rapoports sich daher selbstbewusst auf die „Fakten“ des Geilenkirchen-Flugblatts berufen und daran argumentativ anknüpfen.894 Obwohl die vom forschen Propaganda-Verbindungsoffizier von PWB/9th Army in dieses Flugblatt hineinreklamierte Aussage über die Einkreisung der Verbände in und um Geilenkirchen sich kurz darauf als „wahr“ herausstellen sollte, waren viele deutsche Soldaten mit einer schriftlichen Aufforderung zur Kapitulation allein wohl kaum zu beeindrucken. Es war daher die Aufgabe von Spezialisten wie dem gebürtigen Österreicher Emanuel Rapoport, den Appell „Gib auf !“ durch Lautsprecherpropaganda zu verstärken. Der 1914 in Wien geborene (bereits in Kapitel 2.2.3 prominent erwähnte) Mann war schon 1932 in die USA eingewandert. Nachdem er einen Abschluss am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) erlangt hatte, arbeitete er als „management engineer“ und trat im Juli 1943 den Wehrdienst in der US Army an. Nach der Grundausbildung wurde er nach Camp Ritchie transferiert und beendete den 11. MITC-Basiskurs als „Typist/Linguist“ bzw. IPW-Verhörer. Nach einem kurzen Intermezzo als Offiziersanwärter – Rapoport erlangte schließlich nur den Unteroffiziersrang eines Technician 4th Grade – kehrte er Mitte 1944 ins MITC zurück, von wo er bald ins Camp Sharpe geschickt wurde, um den Psychological-Warfare-Lehrgang zu besuchen.895 Nach der Atlantiküberquerung seiner fünften mobilen Rundfunkkompanie (5th MRBC) verschlug es ihn in das bereits erwähnte Kampfpropagandateam der 9. US-Armee.896 In der ersten Phase seines Einsatzes bei PWB/9th Army arbeitete er als Sprecher für taktische Lautsprecheroperationen.897 Das Anforderungsprofil für diesen Job wurde kurz nach dem Krieg so beschrieben: These men [the announcers] should be fluent in the enemy language, both academic and colloquial. They should have clear, well-modulated voices, and should be trained to

speak distinctly, separating their syllables, in order to achieve good enunciation. […] The announcer should be trained to write his own script or to speak extemporaneously.898

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

In Geilenkirchen erlebte Emanuel Rapoport gleich den wichtigsten Einsatz in seiner kurzen Laufbahn als Lautsprecheransager der Public Address Section des Detachment A der PWB/9th Army. Möglicherweise wurde er deshalb für diese Aufgabe ausgewählt, weil er als gebürtiger und in Wien aufgewachsener Österreicher ein besonderes Gespür für die Zielgruppe hatte – wie bereits erwähnt, war die in Geilenkirchen kämpfende 183. Volksgrenadierdivision eine Truppe, in der sich überdurchschnittlich viele 24  Emanuel Rapoport Österreicher befanden.899 Sie hatten das Los für die Verteidigung des „Westwalls“ gezogen – eine Aufgabe, für die sie weder adäquat vorbereitet noch geeignet waren.900 An diesen Feind richtete Rapoport nun direkte Lautsprecheransprachen, welche die drückende Übermacht der angloamerikanischen Kriegsmaschinerie und die Hoffnungslosigkeit jeglichen Widerstands betonten und gleichzeitig die Kernbotschaft des Geilenkirchen-Flugblatts wiederholten: Nur die kampflose Aufgabe oder die Desertion würden dem Leid und der existenziellen Not der Verteidiger Abhilfe schaffen! „[T]heir only choice“, so Caskey, „was between surrender and death“.901 Nachdem die deutschen und österreichischen Rezipienten in Geilenkirchen in der Nacht vom 18. auf den 19. November bzw. in den Morgenstunden durch das Geilenkirchen-Flugblatt von PWB/9th Army „aufgeweicht“ worden waren, hatte Emanuel Rapoport nun mündlich nachzusetzen und die Verteidiger in der Stadt aus kurzer Distanz zum Strecken der Waffen aufzurufen. An diesem Tag sollte Rapoports Team drei Lautsprechereinsätze absolvieren. Ein PWB-Kollege berichtet über Rapoports Rolle in der multimedialen und synästhetischen Propagandakampagne und veranschaulicht eindringlich, dass man als Lautsprecher-Kampfpropagandist nicht nur der erste GI war, der mit den Feinden akustisch Kontakt aufnahm, sondern oft auch der erste Mann, auf den das feindliche Feuer gerichtet wurde: The night before, we fired leaflets at the Germans. Then about 10 a. m. [on November, 19th] we made our first broadcast. We were about 1.000 yards from the town. I put

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the loudspeaker on top of a bunker of the Siegfried line and Sergeant Rapoport talked from inside the pillbox. The prisoners began coming in very slowly. At 11:30 we broad-

cast again from another spot on the Siegfried line which was just outside Geilenkirchen. A few more prisoners wandered in. Our troops then entered the town. […] Then we

went into the middle of town and went into a house which was supposed to have some Germans left in it. About that time Sergeant Rapoport opened up with the loudspeaker and 47 prisoners walked out of the house with their hands up. Ninety per cent of them

were carrying our leaflets and were only waiting for us to arrive for them to surrender. I got a jeep full of German sub-machine guns and other things. […] We started back

toward the jeep walking along the road. A sniper opened up on us – and we hit the dirt again. I shall never forget the whine of those bullets.902

Schenkt man der hier zitierten Stimme Glauben, dann war die Operation im von den Kämpfen arg mitgenommenen Geilenkirchen ein voller Erfolg. Doch was berichten die deutschen Quellen? Ein von Divisionskommandeur Wolfgang Lange ausgegebener Tagesbefehl spricht davon, dass die Volksgrenadiere der 183. Division in Geilenkirchen „auf die härteste Probe gestellt“ wurden und sie „die volle Wucht des ersten feindl. Ansturmes abzufangen“ hatten. Von feindlichen Lautsprechern erwähnt er nichts. In den „erbitterten Kämpfen, zum Teil Mann gegen Mann“,903 haben sich aber zahlreiche Landser aus irgend einem Grund nicht so verhalten, wie es General Lange in seinem euphemistischen Durchhaltetext904 beschrieben hat, sondern ihr Heil in der kampflosen Aufgabe gesucht. Obwohl diese Überläufer oder „Defätisten“ wohl eingesehen hatten, dass sie militärisch unterlegen und noch dazu „umzingelt“ waren, dürfte den meisten von ihnen die kampflose Aufgabe nicht leichtgefallen sein, da auch viele Kriegsmüde oder Regimegegner in einem hohen Maß emotional und sozial mit ihren Kameraden, teilweise auch mit ihrem „Führer“,905 verbunden waren. Vielfach schwang wohl auch die Angst vor der Ergreifung und härtester Bestrafung oder im Falle der gelungenen Desertion auch vor Repressionen gegen die eigene Familie mit.906 Um den inneren Konflikt zwischen den beiden Polen „Sich durch kampflose Aufgabe in Sicherheit bringen“ und „Seine Soldatenehre aufrechterhalten“ im Sinne der Amerikaner und Briten aufzulösen, musste der Lautsprecheransager Rapoport hier eine gute rhetorische Balance finden. Während Propagandaaufklärer wie Jacob Tennenbaum etwa in Aachen im Herbst 1944 noch feststellen mussten, dass man das Ehrgefühl und das kameradschaftliche Ethos der Adressaten bei den PWB-Kapitulationsappellen an Verteidiger zu wenig berücksichtigt hatte,907 hob Rapoport zu Beginn seiner Ansprache im Stadtinneren von Geilenkirchen demonstrativ die soldatische Ehre der Volksgrenadiere hervor. Danach ging er erst auf die auf die

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

militärischen „hard facts“, also die (nun tatsächlich vollzogene) Umzingelung seiner Hörer durch die Westalliierten ein. In seinen Erinnerungen an die Operation in Geilenkirchen beschreibt der PWB-Kommandeur Edward Caskey den Ablauf einer solchen koordinierten Kampf- und Propagandaattacke sowie den Inhalt der Lautsprecheransagen Rapoports bzw. seines Kollegen William Plice: At 0655 that morning [on November, 19th], the artillery fired a five-minute preparation, the last rounds of which were the modified smoke shells containing the special leaflets. At 0700, the 333[r]d [Infantry Regiment] jumped off with the 1st Battalion in the

lead; Company A on the left side of the Wurm River, and Company B on the right. Company C, held in reserve, followed behind Company B. A loudspeaker team from

the Tactical Propaganda Company [PWB/9th Army] went along behind Company C. About eight hundred yards southeast of Geilenkirchen, the loudspeaker team halted

and made a broadcast. The announcer told the Germans that they are gallant soldiers, and had done all in their power for their Fatherland, but their country could gain no possible advantage from the useless sacrifice of their lives. He pointed out that retreat

was impossible, because we held the ground in their rear, and that their only sensible recourse was to surrender.908

Auch wenn ein Originalmanuskript dieser Lautsprecheransage von mir nicht aufgefunden wurde, ist aufgrund des obigen Zitats mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Rapoport die Flugblattaussage „Geilenkirchen [ist] umzingelt“ mehrmals mündlich wiedergegeben hat. Die Wirkung dieser „live“ performten Texte war laut amerikanischen Armeequellen groß. Ein an die höchsten Stäbe der PWD/SHAEF übermittelter Tagesbericht erwähnt, dass allein die „broadcasts“ am 19. November 1944 nicht weniger als 350 deutsche Soldaten zur Aufgabe bewegt hätten.909 In seiner idealisierenden Unit History schreibt Clive Shives folgendes über die Taten der „first ‚official heroes‘“910 der 5th MRBC bzw. der PWB/9th Army: The activities of the P[ublic]A[ddress] section got off to a rather sensational start with

the Geilenkirchen operation. Bombarded first with leaflet section’s products, Rap[oport] and Plice went in with their PA and told the „Jerries“911 they had better come out with their hands up. They did, 350 of them!“912

Der in denselben begeisterten Chor einstimmende – und wohl auch um die Legitimierung seines eigenen Tuns bemühte – PWB-Offizier Caskey behauptet im Rückblick, dass der normale deutsche Soldat ohne die ihm via Flugblatt und Lautsprecheransage mitgeteilte Kunde zum Schlachtverlauf in Geilenkirchen

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nichts von seiner aussichtslosen Position erfahren hätte: „How many American lives“, so Caskey, „would it have cost to take the town, if those 350 Germans had fought instead of surrendering? The full credit for the reduction of the Geilenkirchen salient must rightfully go to the 84th Infantry Division. But didn’t tactical propaganda help a little?“913 Emanuel Rapoport und sein Lautsprecherkollege wurden bald darauf für ihren Einsatz mit dem Bronze Star ausgezeichnet.914 Obgleich in der Chronik von Rapoports Muttereinheit (5th MRBC) das Wirken der PWB/9th Army mehr oder weniger als eine durchgehende Erfolgsgeschichte dargestellt wird, ist deren Verfasser ehrlich genug, um zu erwähnen, dass nach dem sensationellen Start in Geilenkirchen viele Lautsprecheraktivitäten keine unmittelbaren Resultate brachten.915 Werfen wir daher einen skeptischen Blick auf den eben behaupteten hohen Wirkungsgrad der psychologischen Kriegsführung von Rapoport und seinen Kollegen. Der die Schlacht um Geilenkirchen als Regionalhistoriker erforschende pensionierte deutsche Oberstabsfeldwebel Norbert Rosin verweist etwa darauf, dass in amerikanischen Erinnerungen von Augenzeugen der Schlacht etwa eine USLautsprechereinheit gar nicht erwähnt wird916 – nimmt man die angeblich so entscheidende Rolle, die die „Public Address“-Mission hier gespielt haben soll, zum Maßstab, ist dies ein erstaunlicher Befund.917 Zudem, so Rosin weiter, wurden in Geilenkirchen „nicht sehr viele Gefangene gemacht, denn sie hatten sich zeitig in Richtung Süggerath zurückgezogen. Vereinzelte Scharfschützen und normale Soldaten, die es nicht rechtzeitig schafften, sowie die Besatzung eines Gefechtstandes in der Stadt gingen in Gefangenschaft.“ Rosin nimmt daher an, dass die Zahl von angeblich über 300 aufgrund von Lautsprecherpropaganda gefangen genommenen Deutschen mit der allgemeinen Zahl der „POWs“ in Geilenkirchen ident ist. Jede beteiligte Einheit, so Rosin, würde versuchen, ihren Performance Record mit dieser Zahl zu schmücken.918 Gewiss, es handelt sich hier um einen ehemaligen deutschen Bundeswehrsoldaten, der naturgemäß einen distanzierteren Blick auf amerikanische Propaganda- und Heldenerzählungen hat als ein GI des Zweiten Weltkriegs. Doch da auch das definitiv US-patriotische, auf Augenzeugenberichten von Männern der Company K des 333. Infanterieregiments der 84th US Infantry Division basierende Zeitzeugenbuch sich über den Lautsprechereinsatz ausschweigt,919 ist eine gewisse Skepsis an dieser Stelle durchaus angebracht. Und in der Begründung für die Verleihung des Bronze Star an den Geilenkirchener „Helden“ Emanuel Rapoport steht zu lesen, dass „[f ]orty-seven enemy troops were seen to surrender after the third appeal. It was conservatively estimated that half of the three hundred fifty prisoners taken in this sector were directly influenced by the loudspeaker appeals and by propaganda leaflets shot into the town prior

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

to the attack.“920 Hier werden also vom US-Militär nicht alle 350 Gefangenen als „Moralgefangene“ deklariert. Das S-2-Journal921 des 333. Regiments erwähnt, dass seit Beginn des Frontalangriffs auf die Stadt am 19. November 1944 bis in die frühen Morgenstunden des 20. November (dem Tag nach Rapoports Lautsprecheraktivitäten) insgesamt 275 Gefangene gemacht wurden.922 Es ist schwierig bis unmöglich einzuschätzen, wie viele davon „responsive actions“ auf US-Kampfpropaganda bzw. auf konkrete Lautsprecherappelle waren. Ein weiterer von der G-2-Abteilung der 9th US Army selbst herausgegebener Intelligence-Bericht erwähnt eine synoptische Gruppenbefragung von 39 Mitgliedern der 183. Volksgrenadierdivision, von denen ein Teil in der Frühphase des britisch-amerikanischen Angriffs auf den „Geilenkirchen salient“ im Stadtgebiet selbst gefangen genommen wurde. Das grundlegende Movens für die kampflose Aufgabe dieser Menschen ist demnach eher auf verheerende Artillerie- und Panzeroperationen der Amerikaner und nicht auf Flugblätter oder Lautsprecheransagen der Letzteren zurückzuführen: The U. S. Army attack [on] 18 Nov[ember] was described by [the] PWs as the heaviest

and most demoralizing art[iller]y barrage they had ever experienced. Tanks followed so close behind barrage that many troops were too dazed to fire a shot.923

Auch wenn mehrere Männer der oben erwähnten Gruppe positiv auf die Überredungskünste der US-Propagandatruppe reagiert haben sollten, so ist die Gefangennahme von rund 300 Wehrmachtskämpfern in Geilenkirchen großteils auf die Performance der beteiligten Infanterie-, Artillerie- und Panzerverbände zurückzuführen. Auch in den Moralverhören von PWB/9th Army stößt man auf Zweifel in Bezug auf die Propagandawirksamkeit. Nach dem Rollenwechsel vom „announcer“ zum „interrogator“ interviewte Emanuel Rapoport im Jänner 1945 den Hauptmann Friedrich Zöller, der ein Bataillon des 351. Volksgrenadierregiments der 183. „VGD“ kommandiert hatte. Dieser von Rapoport als „ruggedly handsome“, „reasonably honest“, aber ziemlich indoktriniert charakterisierte Vollblutsoldat gibt sich eher skeptisch, was die Auswirkungen dieser publizistischen Maßnahmen auf die Moral seiner Einheit anbelangt. So hat Zöller eigenen Angaben zufolge nur wenige Flugblätter selbst gesehen. Es sei die Aufgabe seines Nachrichtenoffiziers, so Zöller, „to keep track of them [the leaflets] and he does not bother with them. Asked whether he thought that his men read them he laughs and says: Ich kann mir leicht vorstellen, dass sie die vor dem Abliefern lesen“. Aber, so Rapoport über seinen Gefangenen weiter, „he denies that the leaflets affect the morale of the men, summarizing the Allied propaganda effort with the words: Viel Papier“.924

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Kritisch resümierend kann man festhalten, dass all die eben zitierten Quellen und Stimmen sich nur schwer mit den etwas auffrisiert wirkenden Zahlenangaben und dem – manchmal an schiere Naivität grenzenden – Optimismus, welcher in der „unit history“ von Rapoports 5th MRBC zu Tage tritt, vereinbaren lassen. So steht in Letzterer zu lesen: The leaflet section [of PWB/9th Army] […] produced numerous leaflets, so outstanding

and convincing that it was exceedingly difficult for a „superman“ to resist surrendering. […] Rod and Plice [beide Nachfolger oder Kollegen Rapoports als Ansager] were cred-

ited with 4000 prisoners. The [public address] section […] did a lot to make the job an easier one for the Infantry.925

Wie an vielen anderen Stellen dieses Buchs ist beim Analysieren solcher Kommunikate und Kampagnen ein gesundes Maß an Skepsis gegenüber den oft monokausalen Annahmen und simplen Reiz/Reaktions-Logiken in den Wirkungsberichten der US-Propagandisten angebracht. Denn natürlich hatten Letztere auch ein Interesse daran, ihr eigenes Tun zu legitimieren und schönzureden – mit der paradoxen Folge, dass in derartigen postoperativen Reports wohl oft mehr gelogen bzw. mehr Fakten und Zahlen zurechtgebogen wurden als in den (großteils faktennahen) US-Lautsprecheraussagen und Flugblättern selbst! Heinz Starkulla jr. ist recht zu geben, wenn er im Überlaufen von Soldaten keinen ultimativen „Beweis für die Wirksamkeit“ von Feindpropaganda, sondern eher „eine hoffnungsfrohe Wunschvorstellung“ sieht.926 Gerade weil die Medienwirkung von Rapoports „Public Address“ an die Wehrmachtskämpfer am Westwall mit derartig interessensgeleiteter Quantifizierung mittels „Überläufer-Statistiken“ nicht eindeutig abschätzbar ist,927 lohnt sich zur Ergänzung ein sprachwissenschaftlicher Blick auf die sowohl via Flugblatt als auch via Lautsprecher kommunizierte(n) Aussage(n) Geilenkirchen [ist] umzingelt (!) / Ihr seid umzingelt. Im Zuge der sogenannten pragmatischen Wende in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts haben Geisteswissenschaftler, darunter Philosophen und Soziologen, vor allem aber Linguisten, ein analytisches Werkzeug entwickelt, um „das praktische Funktionieren von sprachlicher Kommunikation zu erfassen“. Es ging dabei vor allem darum, die bis dahin eher statische, strukturalistisch orientierte sowie gesellschaftsentbundene Sprachforschung hinter sich zu lassen und stärker den „Zusammenhang zwischen sozialen und sprachlichen Strukturen“ herauszuarbeiten.928 Anknüpfend an den Sprachspiel-Begriff des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein schufen John L. Austin929 und John R. Searle in dieser Zeit ihre pragmatische bzw. pragmalin-

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25  Ein Soldat des Kampf­ propagandateams der 7. US-­ Armee hält einen Lautsprecher aus dem Fenster einer Fabrik im Rheinland, März 1945

guistische930 „Basisthese, […] wonach jedes Sprechen als ein Tun, eine Tätigkeit, ein Handeln zu begreifen ist: ‚Jedes Sprechen heißt, Handlungen vollziehen.‘“931 Diese laut Austin und Searle mittels sogenannten Sprechakten hergestellte Verbindung zwischen der Welt der Zeichen und der Welt der Dinge bzw. der sozialen und realen Handlungen ist nichts weniger als auch das Ziel jeglicher Propaganda: (Amerikanischen) Worten sollen (deutsche) Taten folgen! Auch wenn Rapoport im Jahr 1944 noch nicht über linguistisches Know-how zur Sprechakttheorie verfügen konnte, haben er und das für das Verfassen der Zeile Geilenkirchen [ist] umzingelt verantwortliche Redaktionsteam der PWB/9th Army wohl in Ansätzen geahnt, „dass mit der Äußerung eines [solchen] […] Satzes mehrere Teilhandlungen (=Akte) vollzogen werden:“932 1. der LOKUTIVE AKT, die Tatsache, dass man etwas sagt, die Äußerung des Satzes schlechthin

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2. der ILLOKUTIVE AKT, der angibt, was mit der Äußerung bewirkt werden soll. Er

bezeichnet das Ziel der Äußerung, die Illokution (z. B. […] jemanden WARNEN, jemanden zu etwas AUFFORDERN)

3. der PERLOKUTIVE AKT, der die Wirkung der sprachlichen Äußerung auf den Rezipienten erfasst, also da, was beim Partner bewirkt wurde (dass er sich freut, dass er etwas gelernt hat …)933

Wie jeder normale Sprecher auch, will der Propagandist mit der Äußerung eines Sprechakts etwas erreichen (pragmatischer Ansatz). Laut Wolfgang Heinemann werden die oben idealtypisch beschriebenen drei Teilakte daher nicht hintereinander, sondern in ein und demselben Sprechakt vollzogen. Wenn nun Emanuel Rapoport zu seinen feindlichen Hörern Geilenkirchen ist umzingelt! hinüberruft, dann vollzieht er zunächst einen lokutiven Akt, indem er eine Äußerung erzeugt, die, so Heinemann, „eine grammatische Struktur aufweist und deren Zeichenfolge etwas bedeutet.“ Doch bei der Bedeutung allein bleibt es nicht: Mit dem Erzeugen dieser Äußerung spricht er zugleich eine indirekte WARNUNG aus (etwa im Sinne von: „Wenn ihr nicht aufgebt, werdet ihr – weil umzingelt – getötet!“), vollzieht also einen illokutiven Akt. Und wenn die Wehrmachtssoldaten dann mit erhobenen Armen aus ihren Schützengräben steigen, „dann ist das die Folge, die Wirkung eben dieser Äußerung, der perlokutive Akt.“934 Aufgrund der vom Geilenkirchen-Flugblatt bereits überzeugend vorweggenommenen und von den alliierten Kampftruppen schließlich tatsächlich geschaffenen Fakten war der Druck, diesen perlokutiven Akt durch eigenes Handeln tatsächlich zu vollziehen, für viele Landser ein hoher: „Suffering and exertion increase realism[.]“935 Natürlich ist auf die angeblich 350 Überläufer bzw. „Aufgeber“ in Geilenkirchen kein simples handlungsleitendes Muster gemäß dem Motto „Reiz führt zu Reaktion“ anwendbar; selbstredend führte nicht (nur) Propaganda diese deutschen Soldaten zur Aufgabe oder Desertion, sondern vielmehr war es ein „mental process“ ( Jacob Tennenbaum), der auf einer Art kumulativen Mischung aus Motiven, Stimmungen, Ereignissen und Dispositionen beruhte.936 Dennoch kann man im pragmalinguistischen Sinne festhalten: Der von Rapoport „warnend“ und „auffordernd“ dargebotene Sprechakt Geilenkirchen ist umzingelt! dürfte bei so manchen deutschen (Gesprächs-)Partner einiges „bewirkt“ oder – vor allem wenn Letzterer sich am „tipping point“ zwischen Weiterkämpfen und Aufgeben befand – zumindest einen Anteil am Aufgeben gehabt haben.937 Damit im Zusammenhang steht ein weiterer Grund für die zahlreichen Desertionen und „surrenderers“ in den Reihen der 183. Volksgrenadierdivision. Nämlich, dass diese Männer schlicht und

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

einfach „fertig“ und daher teilweise aufgabewillig waren.938 Einen Monat nach den Kämpfen in Geilenkirchen hat Emanuel Rapoport seinen bereits in diesem Buch erwähnten Landsmann Franz Neugschwendtner verhört. Letzterer hatte vor seinem Einsatz in Frankreich und am Westwall schon in Russland bei Temperaturen um -50 Grad Celsius gekämpft und dabei schwere Erfrierungen erlitten. Seine damalige Einheit war aufs Übelste zugerichtet worden. Neugschwendtners neue Truppe, die 183. Volksgrenadierdivision, war dann im Geilenkirchener Sektor aufgerieben worden, bevor sie später wieder neu gruppiert wurde. In seiner Kompanie, die seinen Angaben nach ursprünglich aus 60 % Österreichern bestanden hatte, hätten weder die altgedienten noch die neu rekrutierten Kämpfer „any stomach left for the war. Few of the new men had adequate t[raini]ng. Niemand will zur Front. […] [In the 1st Company] [m]ost of the men are between 30 and 40, with all kinds of ailments; few are really fit.“939 In der eben geschilderten Extremsituation, in der sich der als eher empfänglich für taktische Propaganda einzustufende Neugschwendtner940 und seine Kameraden befunden hatten, dürften die Lautsprecheransagen Rapoports doch so manchem desparaten Volksgrenadier den letzten Kick gegeben haben. Ist ein Soldat im Gefecht einmal derartig in die Enge getrieben und moralisch geschwächt, dann mag in der Tat gelten, was Paul Linebarger mit großem Selbstbewusstsein postuliert: „All the psychological warfare people need to do“, so Linebarger, „is to go in with map leaflets, surrender leaflets, loudspeakers and a near-by radio.“941 Es handelte sich bei der Geilenkirchener Lautsprecherkampagne um eine klar kommunizierte, verständliche, offensichtlich für viele Empfänger lebensweltlich relevante und letzten Endes auch handlungsleitende Botschaft. In konzeptueller Hinsicht ist die um die simple Signifikantenkette Geilenkirchen ist umzingelt! kreisende, multimediale Kampagne von PWB/9th Army vom 18. und 19. November 1944 daher als gelungen einzustufen.942 Rapoport und seine Kameraden schafften es, die drei Sprechakt-Teilhandlungen äußern – auffordern – bewirken in einen prägnanten und glaubhaften Kernsatz zu packen, der eine gewisse Wirkung in der außersprachlichen Realität (mit-)verursachte: Geilenkirchen ist umzingelt (= geäußerter lokutiver Akt) – Nichts wie raus aus dem umzingelten Geilenkirchen! (= „mitgemeinter“ illokutiver Akt) – Deutsche Soldaten verlassen ihre Position in Geilenkirchen und gehen mit erhobenen Händen Richtung US-Truppen (= teilweise eingetretene Folge bzw. perlokutiver Akt). Während es rund 20 Jahre später innovativen Sprachforschern gelungen ist, „das enge Miteinander von gesellschaftlichen Bedingungen und sprachlichen Strukturen in konkreten linguistischen Untersuchungen zu operationalisieren“,943 ist es dem nicht minder findigen Kampfpropagandateam Edward Caskeys in Geilenkirchen geglückt, kommuni-

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Die Sharpe Boys am Zenit

katives Handeln so zu gestalten, dass zumindest einige Menschen einem sinnlosen Tod im Rahmen der Verteidigung des längst porös gewordenen „Westwalls“ entgangen sind. Bei aller nötigen Quellenkritik und wissenschaftlichen Skepsis an zweifelhaften US-Statistiken und über Gebühr betonten Propagandawirkungen schließe ich mich Martin Manning und Herbert Romerstein an, wenn sie in der auf Multimedialität und semiotische Synergieeffekte944 setzenden Geilenkirchen-Kampagne einen „[w]ell-conceived, efficiently coordinated propaganda plan“ erkennen: „It was tactical propaganda that saved lives.“945 Emanuel Rapoport war nicht der einzige austroamerikanische Sharpe Boy, der an der Westfront Lautsprecheransagen verlas. Neben dem bereits in der Einleitung dieses Buchs vorgestellten, risikoaffinen Exzentriker Paul Eisler war auch Julius Schreiber von der 3rd MRBC in den Krieg gezogen, um auf die Deutschen regelrecht einzureden. Bereits vor dem Pearl-Harbor-Erlebnis in die US-Armee eingetreten, war er unter anderem Übersetzer bei der 1201st Corps Area Service Unit in Fort Jay und durfte im Oktober 1943 einen Lehrgang des Army Specialized Training Program an der Universität Stanford absolvieren.946 Neben dem Verlesen von (vor allem gegen Ende des Kriegs) erfolgreichen „surrender appeals“ und Ultimaten an eingebunkerte feindliche Kämpfer947 betätigte sich Schreiber für das PWB Combat Team der 3. US-Armee auch als eine Art Nachrichtensprecher und berichtete den deutschen Hörern an der Kampflinie über die aktuellsten Kriegsgeschehnisse. So hat der Chef-Flugblattschreiber von PWB/3rd Army, Kurt Wittler, etwa folgenden Lautsprechertext verfasst, der seinen Angaben nach von Schreiber am 2. November 1944 performt wurde: Achtung Achtung Achtung

Der amerikanische Frontlinien-Nachrichtendienst bringt Euch die letzten Nachrichten: Die Westfront:

Gestern landeten britische Kommando-Truppen der kanadischen ersten Armee auf der Insel Walcheren. Diese Truppen machten Fortschritte in der Naehe von Westkapelle und besetzten Vlissingen. Andere britische und kanadische Einheiten, die am Fahrdamm

von Sued Beveland gegen Walcheren vordringen, konnten weitere bedeutende Erfolge erzielen. Die Reste der deutschen Garnisonen von Sued Beveland und Walcheren sind

nun auf ein Zehntel von Walcheren zusammengedraengt. Sie haben die Wahl zwischen

Uebergabe und Vernichtung. Im Schelde-Kessel wurden die deutschen Truppen auf Knocke zurueckgeworfen. Die letzten Berichte besagen, dass in Knocke von Haus zu Haus

gekaempft wird. Mehr als 18.000 deutsche Soldaten haben sich in diesem Abschnitt

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

ergeben. Sie sahen ein, dass es sinnlos ist, fuer die Parteibonzen zu sterben. Sie genies-

sen jetzt die gute Behandlung in unseren Kriegsgefangenenlagern. Beinahe das ganze

Suedufer der Maas ist nun in den Haenden der Alliierten Truppen in Holland. Oestlich und suedoestlich von Liessel konnten britische Einheiten gestern weitere Erfolge erzie-

len. In Ost-Frankreich befreiten Truppen der amerikanischen dritten Armee Letricourt, oestlich von Pont-a-Mousson. Die Ostfront:

In Ungarn machten die Russen in ihrem Vormarsch gegen Budapest gestern grosse Fort-

schritte. Russische Truppen marschieren jetzt vom Osten, Suedosten und Sueden gegen die Hauptstadt Ungarns. Zwei russische Kolonnen zwischen der Tisza und der Donau sind jetzt weniger als 50 Kilometer von Budapest entfernt.

Eine russische Einheit legte in zwei Tagen 85 Kilometer zurueck und besetzte Kalocsa, Kis Koros, Dunapataz und Iszak. Russische Truppen suedlich der tschechoslowakischen Grenze sind ueber 90 Kilometer suedwestlich von Nyiregyhaza vorgestossen. Marschall Stalin gab gestern die Befreiung der Provinz Petsamo bekannt. Die schweren Kaempfe

in Ost-Preussen dauern an. Tausende von Volkssturmmaennern sendet die deutsche Fuehrung dort ins Verderben … Die Balkanfront:

Alliierte Truppen befreiten gestern Saloniki, die Hauptstadt von Mazedonien in Griechenland.

Die Luftfront:

Alliierte Flieger belegten gestern Geilenkirchen, Hamm, Koblenz, Oberhausen und andere Ziele in West-Deutschland mit Bomben. Bombenflugzeuge von Italien griffen gestern Ziele in der Umgebung von Wien an. Im fernen Osten:

Die Ueberreste der japanischen Truppen auf der Philippinen-Insel Leyte sind im Nordwesten der Insel eingekesselt. In der neuen Offensive in Birma sind die alliierten Truppen 20 Kilometer ueber Tiddim vorgestossen. Es gelang ihnen endlich, die fliehende japanische Nachhut im Calodan-Tal zu erreichen.948

Laut Wittlers Notizen informierte neben Julius Schreiber auch sein Kollege Stevens mit diesem Text die deutschen Soldaten vor allem über das strategische „big picture“. In einem Tagesbericht der PWD/SHAEF vom 7. November 1944 werden für den 2. November nun in der Tat zwei separate Lautsprecheroperationen

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von Stevens und Schreiber erwähnt, bei denen solche „news in German“ verlesen wurden. Stevens hat bei Malecourt und Jallecourt an der Frontlinie der 35. USInfanteriedivision diesen oder einen ähnlichen Text ins Mikrofon gesprochen. Da die darin enthaltenen – gewiss nicht beruhigenden – Militärnachrichten und Appelle an den „common sense“ offensichtlich für die spezielle taktische und individuelle (Lebens-)Situation der angesprochenen Wehrmachtskämpfer keine Relevanz hatten bzw. nicht der Stimmungslage der Hörer entsprachen, wurden keine Reaktionen auf diesen „broadcast“ beobachtet.949 Anders sah es bei einem weiteren Einsatz aus: Schreiber wandte sich am selben Tag mit seinen Kollegen Remak und Peddicord an der Front der 26. US-Infanteriedivision bei den Dörfern Moncourt, Bezange-la-Petite und Xanrey an deutsche Kämpfer. Neben dem erwähnten „Nachrichten“-Block sprachen sie in ihren Ansagen auch über die Regeln der Genfer Konvention in Bezug auf die gute Behandlung von Kriegsgefangenen und gaben Tipps zum Überlaufen („how to surrender“). Tags darauf war Schreiber in ein veritables Wortgefecht mit einem deutschen Lautsprecher-Team verwickelt. Dabei griffen Schreiber und sein Kollege einen deutschen Offizier verbal an und bezichtigten ihn der Feigheit vor dem Feind.950 Ein IPW-Verhörteam des 357. Regiments der 26. Division berichtete bald darauf, dass man mit der gut argumentierten Attacke auf den gegnerischen Leutnant einen wunden Punkt getroffen hatte und immerhin 16 Überläufer während der letzten Lautsprecheransage zu verzeichnen waren. Letztere gaben gegenüber ihren US-Verhörern an, dass sie aufgegeben hatten, weil sie die Aussagen in den zuletzt gehörten „broadcasts“ beeindruckt hätten. Ein weiterer Verhörter war vom Versprechen auf gute Ernährung im Kriegsgefangenenlager angetan.951 Auch hier gilt: Es spielten wohl mehrere Faktoren zusammen und simple Reiz-Reaktions-Logiken greifen zu kurz. Der oben wiedergegebene, von Kurt Wittler verfasste und von Julius Schreiber rezitierte „Nachrichten“-Text allein war kein magisches Rezept – es brauchte noch weitere Zutaten, die im Idealfall direkt der Lebens- und Erfahrungswelt des angesprochenen Wehrmachtssoldaten entnommen waren und existenzielle Bedürfnisse adressierten. Insgesamt zog das amerikanische Militär, dazu gehört etwa Jacob Tennenbaums PWB-Trupp bei der First US Army, ein positives Resümee zu den Lautsprecheroperationen an der Westfront.952 So schönfärberisch und zweckoptimistisch die (Selbst-)Beurteilung der Psychokrieger in vielen Fällen auch war – gegen Ende des Kriegs, als die volle Wucht der westalliierten Kriegsmaschinerie auf eine sich unaufhaltsam desintegrierende Wehrmacht traf, waren auch distanziertere Beobachter, wie etwa die G-2-Offiziere des V. US-Korps, vom Nutzen der Feldlautsprecher überzeugt. „During the final weeks of the campaign“, so deren Bericht, „the

Emanuel Rapoport als Lautsprecher-Propagandist in Geilenkirchen

loud speakers in particular were of considerable benefit in urging isolated groups to surrender, and the teams accounted for many prisoners of war.“953 Die den deutschen Hörern unter Zuhilfenahme modernster Technik live dargebotenen „Frontnachrichten“ und Desertionsaufrufe eines Emanuel Rapoport, Paul Eisler oder Julius Schreiber sollten nicht nur an ihrer (kaum quantifizierbaren) „Effizienz“, sondern auch an ihrer performativen Kraft und schauspielerischen Verve gemessen werden. Die auf die Captatio benevolentiae zielende amerikanische Show- und Entertainmentkultur ging hier mit dem prosaischen Kriegshandwerk eine spannende Symbiose ein. Dies zeigt sich in einem journalistischen Frontbericht des umtriebigen Hanuš Burger, der nicht nur Dramaturg und Filmemacher, sondern selbst als PWB-Lautsprecheransager tätig war. In dem reißerischen, mit allen möglichen dramaturgischen Mitteln – darunter das Beschwören des Wildwest- und Frontiermythos – aufgepeppten Artikel setzt der tschechische Exilant und MRBC-Propagandist unter anderem Wehrmachtssoldaten pauschal mit „Nazis“ gleich und tischt seinen Lesern einige Fantastereien auf. Dennoch verweist er im selben Text nicht nur auf das emotionale Kampferlebnis der „loudspeaker announcers“, sondern auch auf die rationale amerikanische Strategie der Wahrheit, die von Letzteren nachweislich umgesetzt wurde. Burger wähnt sich in einem Westernfilm, als ihm eigenen Angaben zufolge nach einer „Public Address“ deutsche Kugeln um die Ohren fliegen: When the noise died down I started: „Achtung, achtung.“ Funny how my voice sounds. The loudspeaker is about forty yards ahead. I am telling the Nazis what to do and how to come over. About their position I tell the absolute truth. We have established confidence with them and don’t ever abuse it. After ten words the first 88954 comes over again. […]

What happened now looked exactly as I had seen it in countless movies: In the dirt wall at our left appeared a [unleserlich] of little holes, just neat little holes, and little clouds

of dust and splinters around them. Where did I see that last? In that Milestone picture

with Ann Sheridan? Or maybe in Chapaiev? It doesn’t look real, because the sound is

inaudible in the general racket. And then it is so close. They wouldn’t do the real thing that close! It must be a camera trick!955

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Die Sharpe Boys am Zenit

2.5 Harte Fakten, garniert mit Psychotricks: Hans Habes „weiße“ Rundfunkspezialisten und ihr „schwarzer“ Kollege Fred Lorenz Der Grund für das massenhafte Abhören von ausländischen Sendern war ­verständlich: Man wollte wissen, was tatsächlich auf den Kriegsschauplätzen los war. Denn zu Recht traute man den eigenen Medien nicht. Kurt Bauer über österreichische „Schwarzhörer“ im Zweiten Weltkrieg956 The main reason German civilians give for liking our programmes was simply that they told the truth. Auszug aus einem Bericht der PWD/SHAEF über eine Umfrage unter deutschen Hörern von Feindsendern957 [W]e are telling the truth and therefore somewhat doubtful articles, ­especially figures, are accepted without too much question. Moralaufklärer Jacob Tennenbaum über das Wahrheits-Gütesiegel der west­ alliierten Propaganda und den damit verbundenen Spielraum für Fake News958

2.5.1 „… to establish strong credibility“ – Der Freie Sender Luxemburg als Informationsangebot an den Feind „Ich saß fest“, so der US-Kampfpropagandist Stefan Heym in seinen Kriegserinnerungen, „während Pattons Panzer, Paris umgehend, weiter vorstießen und ganz Ostfrankreich befreiten und Luxemburg dazu, und ich dachte schon, man hätte mich vergessen und ich würde den Rest des Krieges in Le Mans, der mit Abstand langweiligsten Stadt Frankreichs, zu verbringen haben, da kam, zusammen mit der Routinesendung von druckfertigen Manuskripten, die Order: Report to Luxemburg. In Luxemburg, im Erdgeschoß des Senders, in einem wenn auch nicht luxuriös, so doch recht großzügig ausgestatteten Büro, empfing mich Lieutenant Habe […]. Und er hatte weiß Gott genug Arbeit für mich.“959 Wie dieses Zitat zeigt, wäre ein Buch über die Protagonisten der „mobilen Rundfunkkompanien“ nicht vollständig, würde man nicht auf deren Nutzung des Radios, also des namensgebenden Mediums der MRBCs, eingehen. Das ein Gefühl der Intimität zwischen Sprecher und Hörer vermittelnde Rundfunkgerät hatte sich im Krieg als ein zentrales und vielgenutztes Mittel zur Verbreitung von weltanschaulich aufbereiteten Informationen erwiesen.960 Bald sollte sich jedoch herausstellen, dass das als Nachrichtenquelle und mitunter als Stimmungsverstärker,961 weniger aber als Handlungsauslöser funktionierende Radio ein eher strategisches962 und für zivile Rezipienten geeigneteres Kommunikationsmittel ist. Da obendrein der feindliche Kämpfer an der Front nicht immer Zugang zu Empfangsgeräten hatte,963 konzentrierten sich die amerikanischen MRBC- und PWB-Einheiten nach der Experimentalphase in Afrika und Südeuropa mehr auf taktische Flugblatt- und Lautsprecherpropanda

Hans Habes „weiße“ Rundfunkspezialisten und ihr „schwarzer“ Kollege Fred Lorenz

sowie das Abhören von allen möglichen Rundfunksendern.964 Dennoch waren (exilösterreichische) MRBC-Soldaten von Anfang an in Rundfunkoperationen aller Art involviert. Hans Habe etwa war 1943/44 im Maghreb und in Italien als Ideengeber, Dramaturg und Sprecher in Erscheinung getreten und die zu den PWB Combat Teams entsandten Propaganda-Intelligence-Offiziere ließen den westalliierten Radiosendern Unmengen an Material über den Feind zukommen. Ein unerwarteter Glücksfall sollte zudem dafür sorgen, dass die militärischen Psychokrieger ab Herbst 1944 in Sachen Rundfunkpublizistik einen Gang höher schalteten: Als die Stadt Luxemburg am 11. September 1944 von den Angloamerikanern befreit wurde, traf im Windschatten der Kampfeinheiten umgehend ein Aufklärungsteam, die „Task Force Luxembourg“, bestehend aus Radioexperten der PWD/SHAEF und Propagandaleuten aus Camp Sharpe965 bzw. der T Force der 12th Army Group966 ein. Es stellte sich heraus, dass die zurückweichende Wehrmacht die dortigen, seit den dreißiger Jahren kommerziell betriebenen und zuletzt von den Deutschen selbst benützten Rundfunkanlagen nicht vollends zerstört hatte967 und der Sender wider alle Erwartungen funktionierte. Im nah gelegenen Junglinster wurde tags darauf ein von einem örtlichen Radioingenieur vorsorglich vergrabenes „spare set“,968 das Senderöhren für einen der leistungsstärksten Transmitter Europas zum Inhalt hatte, sichergestellt. Morris Pierce, Mitarbeiter des Office of War Information (OWI) und angesehener Veteran der frühen Radio-Unternehmungen in Nordafrika, meldete den Fund ins Pariser Hauptquartier (PWD Main) und am 18. September begann ein aus OWI-Zivilisten, BBC-Mitarbeitern und US-Militärs bestehendes PWD-Team mit „radio operations in accordance with directives prepared many months ago in England“.969 Der nun geborene frontnahe Langwellensender namens Radio Luxemburg war ab sofort das wichtigste Propagandainstrument der PWD/SHAEF-Radioabteilung.970 Sowohl die in London sitzende, strategisch ausgerichtete und laut Stefan Heym „die Deutschen mit nicht sehr wirkungsvollen Ermahnungen behark[ende]“ PWD/ SHAEF-Zentrale als auch das Propaganda-Detachment der 12. Armeegruppe, das sich „für taktische Propaganda zuständig [fühlte] und interessiert daran war, daß möglichst viele deutsche Soldaten sich bald ergaben“, verlangten nun ihren Anteil am Luxemburger Kuchen.971 Es kam zu einer Struktur und „policy“, die beiden Philosophien Entfaltungsmöglichkeiten gab: Taktische bzw. aggressivere Programme wurden der Armeegruppen- und Armeeebene und ihren Kampfpropagandatrupps überlassen, strategische Radiopropaganda (etwa Sendereihen für Fremdarbeiter) wurde von der BBC oder dem amerikanischen Voice-of-AmericaAbleger ABSIE972 mittels Relais-Ausstrahlung übernommen sowie von PWD/ SHAEF-Mitarbeitern des Radio Luxembourg Detachment selbst beigesteuert.973

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Diese Zusammenarbeit von Zivilisten und Militärs lief, wie so oft, nicht ohne Friktionen ab. Die PWD/SHAEF, so erfährt man in der Geschichte der PWBAbteilung der 12. Armeegruppe, undertook the housekeeping, the management, and the greater part of programming. PW 12 A[rmy]G[roup] retained essential broadcasting time in which to fulfill tactical

needs. […] These programmes might be compared to patrol acitivities and (at times)

reconnaissance in force. They were designed to harass and threaten the enemy, to sow seeds of discord, of distrust, and of uneasiness.974

Hatte die PWD/SHAEF formell die Oberhoheit über den Sender und redeten britische und amerikanische Zivilisten ein gewichtiges Wort bei der Programmgestaltung mit, so mischte die US-Armee nun doch mithilfe ihrer MRBC-Spezialisten aus Camp Sharpe als prägender Akteur im Ätherkrieg mit. Ein amerikanischer Kriegsjournalist schrieb später euphorisch über die Genese der „GI Radio Station[:] It’s a new weapon of war.“975 Der aus Österreich stammende Fred Perutz von der 4th MRBC beschreibt den Start in Luxemburg wie folgt: Radio Luxembourg’s signal could reach virtually the entire continent. It would be the

perfect place for the U. S. Army’s Mobile Radio Broadcasting Company to set up propaganda operations. The radio station was located in a large, modern building and we

were fortunate that the facilities had been damaged, but not destroyed. The electrical

equipment and transmitter needed considerable repair and it was necessary to erect new

towers, but our Electrical and Service Platoons proved most capable in making us operational. Meanwhile my colleagues and I in [the] Propaganda Platoon began the planning, organization and preparation for the launch of „Radio Luxembourg – the Voice of the United Nations in Europe.“976

Nachdem das Radioprojekt in Luxemburg Schwung aufgenommen hatte, rückte einmal mehr eine zentrale Figur dieses Buchs, der österreichische Camp-SharpeAusbilder und Multipropagandist Hans Habe, ins Zentrum des Geschehens. Habe, der im Sommer 1944 mit anderen österreichischen Ritchie&Sharpe Boys wie Perutz977 und dem in den Londoner Verhörlagern agierenden Willy Perl in Kontakt gestanden war,978 sollte in Nordwesteuropa zum Kopf des „Editorial Department“ des Propaganda-Detachments von P&PW/12th Army Group aufsteigen.979 In Luxemburg übte Habe nun „teils unter Oberstleutnant Samuel S. Rosenbaum, teils unter William H. Hale, dem späteren Chefredakteur der Zeitschrift New Republic“,980 die Position eines Chefredakteurs der deutschsprachigen Abteilung des

Hans Habes „weiße“ Rundfunkspezialisten und ihr „schwarzer“ Kollege Fred Lorenz

Senders in Luxemburg aus: Habe „organisiert die Teams, verteilt die Aufgaben, beurteilt die Ergebnisse und vermittelt die Propagandaziele.“981 So wird im knapp gehaltenen Situation Report der PWD/ SHAEF erwähnt, dass „Lt Habe and [his] group“ bis zum Sendestart am 23. September 1944 die „first four programs for Radio Luxembourg“ vorbereitet hätten.982 Habe stand in den folgenden Monaten eine illustre Gruppe von Mitarbeitern zur Seite, darunter etwa Hanuš Burger, Stefan Heym und der deutschsprachige Tscheche Joseph Wechsberg. Vor allem Kampfpro26  Aus Wien geflüchteter Sharpe Boy und pagandisten der erst kurz zuvor Redaktionsmitarbeiter bei Radio Luxemburg: in der Normandie eingetroffenen Fred Perutz th  983 4 MRBC sollte es nun in das an Hitlers Türschwelle gelegene Herzogtum verschlagen. Dort waren sie bald umgeben von kreativen Köpfen und „Wiener und Budapester Kaffeehausliteraten“:984 Zu den mit oder für Habe im Rundfunk-, Flugblatt- und Zeitungsbereich arbeitenden Sharpe Boys gehörten die Österreicher Frederick Bauer (Ton- und Aufnahmetechniker, 2nd MRBC),985 Otto Brand (Skriptschreiber, 2nd MRBC),986 Jules Bond (Redakteur, 3rd MRBC), Ernest H. Loewenbein (vermutlich Redakteur und PWI-Verhörer, 4th MRBC),987 Walter Kohner (Übersetzer und Redakteur, 4th MRBC),988 der oben erwähnte Fred Perutz (Rundfunkautor und Redakteur, 4th MRBC),989 Robert Brewer (vermutlich Redakteur und/oder PWI-Verhörer, 4th MRBC)990 sowie der bereits über Erfahrung in Befragungstechniken und im Militärdienst verfügende ehemalige Fremden­ legionär Stephen Brown-Joussard (Aufnahmetechniker und PWI-Verhörexperte, MITC-Absolvent).991 Wahrscheinlich arbeitete auch der Wiener Anwalt Eric Winters (5th MRBC, Redakteur für „German newspapers“) in Luxemburg für Habe.992 Im Laufe der Rundfunkoperationen in der Luxemburger Kapitale gesellten sich zudem mitteleuropäische Zivilisten und OWI-Mitarbeiter zu den Exilsoldaten aus Camp Sharpe bzw. lösten diese ab, als der militärische Tross weiterzog.993 Einer von ihnen war der ab März 1945 in Luxemburg weilende österreichische Anwalt und

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Journalist Edmund Schechter, ein NS-Gegner und ehemaliger Kämpfer der dem deutschen Ansturm letztlich nicht gewachsenen französischen Armee. Schechter konnte sich über verschlungene Pfade via Frankreich und Marokko in die USA durchschlagen, wo er als Rundfunkredakteur und -sprecher sehr gefragt war und zum stellvertretenden Leiter des OWI-Senders ABSIE in London aufstieg.994 Der Sharpe Boy Fred Perutz behauptet, dass die sehr spannenden Jobprofile der Radiopropagandisten in Luxemburg sich organisch entwickelten, „with some of us becoming writers, some serving as broadcasters and others working as producers or program staff. The work was highly creative and stimulating; laughter was frequent as we brainstormed and invented material to go on the air.“995 Perutz, der in Großbritannien eine vermutlich nicht sehr erfolgreiche Performance als Moralverhörer und Intelligence-Spezialist abgeliefert hatte,996 gehörte offensichtlich nicht zum engeren Zirkel rund um Hans Habe bzw. hatte er mit diesem wenig Kontakt.997 In Luxemburg war er nun als Nachrichtenredakteur und -autor tätig. Als solcher hatte er die Habe’sche Philosophie der wahrheitsnahen, „weißen Propaganda“ in die Tat umzusetzen: My main involvement was on the team developing and writing the content for our news programs. This was the core of „The Voice of the United Nations in Europe.“ We aired

news broadcasts several times each day and had orders to report the news objectively. If the Allies had a setback on the battlefield, we would report it. Naturally we did the

same for positive developments in the Allied war effort. Our goal was to establish strong

credibility and increase listenership by reporting solid, verifiable news, not propaganda. By being a reliable news source, our other programs would reach a bigger audience.998

Nach dem Krieg erlitt Perutz an Seite seines Freunds, Landsmanns und Rundfunkkollegen Walter Kohner einen Autounfall mitsamt einer Verletzung am Bein – eigenen Angaben zufolge flickte ihn ein SS-Chirurg im tschechischen Karlsbad wieder zusammen.999 In derartigen Erinnerungen der Habe-Schüler wird Radio Luxemburg weniger als Kooperationsprojekt mit einer hybriden Personal- und Organisationsstruktur dargestellt, sondern oft als Haus- und Hofsender der Ritchie&Sharpe Boys und Propagandaartisten der 12. Armeegruppe imaginiert. „We took over the station at once“, behauptet etwa der aus der Filmbranche kommende Kohner. „Our news team“, so Kohner weiter, „wrote and translated the daily news and bulletins into German, French, Italian, Russian, Czech and Dutch. Different announcers were broadcasting around the clock. I transmitted the news in German three times daily. There were musical interludes during the news breaks.“1000 Kohner wurde später Film-Agent und Hollywood-Insider. Sein Lebensweg war

Hans Habes „weiße“ Rundfunkspezialisten und ihr „schwarzer“ Kollege Fred Lorenz

übrigens selbst filmreif: Der vor dem Krieg als Hitler-Stimmimitator auftretende jüdische Flüchtling sollte später als Befreier in US-Uniform die Auschwitz- und Mauthausen-Überlebende Hanna Bloch-Kohner heiraten.1001 Wie sahen nun die Inhalte von Radio Luxemburg konkret aus und an wen richtete es sich? Das „Dritte Reich“ und seine Bewohner und Soldaten waren das primäre Ziel der Radiomacher. Neben speziellen Zielgruppenformaten waren auch Musik, Entertainment und Humor (Soldatenwitze!) wichtige Elemente des Programms. Hier etwa die Einleitung der sogenannten Story of the Day am 17. Oktober 1944: ANSAGER: Die amerikanische Armee bringt Ihnen jetzt über den Freien Sender Lux-

emburg einen Tatsachenbericht. Dieser Bericht ist sowohl für Wehrmachtsangehörige wie für die Zivilbevölkerung in den Kampfgebieten von grossem Interesse. Hier ist der Tatsachenbericht, der heute auf einem vertraulichen Dokument beruht.1002

An einem Abendprogramm vom 2. Oktober 1944 ist ersichtlich, dass die strategischen „news and features“ aus den Händen des OWI und der BBC dominieren;1003 dennoch gab es von Anfang an auch eine militärisch-kampfpropagandistische Programmschiene, die im Laufe der Zeit offensichtlich noch stärker zum Vorschein kam.1004 Hans Habe war dabei nicht nur ein redaktioneller Mastermind und feuriger Regisseur von Radio Luxemburg, sondern trat auch selbst vors Mikrofon – im Zuge der Schlacht von Aachen etwa forderte er die Verteidiger persönlich auf, ihren Widerstand einzustellen.1005 Heym, neben Habe einer der produktivsten „Luxemburger“, erinnert sich, dass die Medienmenschen aus den MRBC-Kompanien neben diversen Sondersendungen zu speziellen Ereignissen (wie etwa die grausigen Enthüllungen zu den Konzentrationslagern)1006 zwei regelmäßige Sendeformate produzierten: die bereits erwähnte Story of the Day und die Frontpost Show. In diesen dialogisch und hörspielartig angelegten Sendungen versuchte man den Empfängern das Gefühl zu geben, mit ihnen „geheimes“ Wissen zu teilen – was auch tatsächlich geschah: So wurde etwa in der Frontpost Show eine erbeutete, geheime Gestapo-Tagesmeldung verlesen, die darüber berichtet, dass in Offenburg subversive Plakate mit der Aufschrift „Die Nazis sind mit dem Arsch an der Wand!“ gefunden worden sind.1007 Zu diesen Sendungen gesellten sich noch eine Leaflet Show und das auf Vorlesen von abgefangenen oder von Kriegsgefangenen abgenommenen Korrespondenzen beruhende Format Letters that they never received (dt.: „Briefe, die sie nie erreichten“).1008 Im US-Nationalarchiv findet sich etwa eine Story of the Day, die auf Grundlage von „special intelligence items reported by PWI“1009 von Leuten wie Heym,

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Perutz oder dem Wiener Journalisten Otto Brand auf „lappigem, grün oder rosa getöntem Papier“1010 geschrieben wurde: (Glockengeläute, leise, lauter werdend, verhallend. Schritte, schwer und unbeholfen sind hörbar.) 1. Stimme: (Hart, schneidend) Halt! (Schritte kommen hörbar zu einem Halt). Halt! Wohin gehen Sie?

2. Stimme: (Mit starkem polnischen Akzent). Zu die Kirche. Es ist doch Sonntag. 1. Stimme: Wie heissen Sie?

2. Stimme: Thaddeusz Miecislav Kovalks ich heiss, gnädiger Herr. 1. Stimme: Sie sind Pole?

2. Stimme: Ja, gnädiger Herr, ich bin P-Pole.

1. Stimme: Marsch zurück, Polen haben in der Kirche nichts verloren. 2. Stimme: (Kleinlaut) Jesus Maria, aber ich bin ein guter Christ.

1. Stimme: Weitergehen[.] (drohend) Marsch[,] weitergehen, oder ich lass Dich sofort verhaften! (Kirchenmusik, ganz leise, verhallend).1011

Die eben wiedergegebene Hörspielszene führt nicht nur in medias res in die „Geschichte des Tages“ ein, sondern ist die dramaturgische Schlüsselpassage eines 11 Seiten langen Dramoletts. Dem Hörer wird hier eine auf den ersten Blick wenig spektakuläre Alltagsepisode aus dem rheinländischen „Gau Köln-Aachen“ erzählt: Einem polnischen Zwangsarbeiter wird demnach durch einen Funktionsträger des Regimes der Kirchgang verwehrt. Es geht hier also weder um den Terror der Gestapo noch um den Horror an der Ostfront, auch nicht um den Zivilisationsbruch des Holocaust. Es geht hier vielmehr um eine „Kleinigkeit“, um ein Straßengespräch. Dennoch oder gerade deshalb vermag es diese Passage, den Deutschen vor dem Rundfunkgerät die fundamentale Bösartigkeit der NS-Herrschaft und die ganze Bandbreite der perfiden Erniedrigungsrituale, die diese Herrschaft mit sich brachte, vor Augen zu führen. „Dem Polen“, diesem in Hitlerdeutschland nahezu rechtlosen slawischen Heloten,1012 wird nun auch noch eines der letzten Trost­rituale verweigert: der sonntägliche Kirchgang. Für Menschen, die aus einer durch und durch katholischen Gesellschaft wie der polnischen stammen, muss dies ein schwerer Schlag sein. So sehr sich Thaddeus Miecislav Kovalks auch bemüht, einen redlichen Eindruck bei seinem schroffen deutschen Gegenüber zu hinterlassen, so sehr er sich auch „integrationswillig“ zeigt – das Gotteshaus bleibt für ihn ein unerreichbarer Sehnsuchtsort. Die seelenwärmende Kirchenmusik, sie verhallt; er bleibt nackt in der existenziellen Dunkelheit zurück. Es ist eine typische Hans-Habe-Geschichte, die hier erzählt wird, ein herzzerreißendes Drama, eine Miniatur, die nun an ein größeres Publikum herangetragen

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27  Auszug aus einer deutschen Frontpost-Radiosendung auf Radio Luxemburg, Oktober 1944

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wird. Die Botschaft ist klar: Im sadistischen, ganz und gar von der (widersprüchlichen) völkischen Ideologie durchdrungenen Herrschaftssystem des Hitler-Staats zählen Menschlichkeit und soziale Ordnungskategorien wie Anstand, Meritokratie und christliche Nächstenliebe nichts – es gibt einfach keine „basic human decency“.1013 Das Einzige, auf das man am Ende zählen kann, ist gewalttätiger Nihilismus. Gleichzeitig wird jedoch auch kein Zweifel daran gelassen, dass die vorrückenden Briten und Amerikaner diesen Zustand bald beenden werden: „Gau Köln-Aachen? Das ist doch Kampfzone!“, platzt eine der mitwirkenden Stimmen im selben Radiostück heraus, als ihr die Diskussion über die nicht nur grausamen, sondern schlichtweg absurden Segregations- und „Anstands“-Regeln in Bezug auf „Altpolen“, „Zivil-Polen“ alias „‚P‘-Polen“ usw. in dieser Region zu bunt wird.1014 Mit trockenem Scharfsinn hat Ignazio Silone derartige Auswüchse des Faschismus einmal als „legislativen Kretinismus“ bezeichnet.1015 Der propagandistische Subtext lautet hier also: „Wir, die alliierten Streitkräfte, werden Menschlichkeit, Anstand und Recht wieder herstellen, sobald wir Euch befreit haben.“ Die restlichen 10 Seiten dieses „Tatsachenbericht[s] über die Behandlung der Fremdarbeiter in Deutschland“ und die darin genüsslich sezierten Bestimmungen zur Separation der Ostarbeiter von der Volksgemeinschaft kommen dramaturgisch nicht an die obige Einstiegsszene heran. Obendrein wird am Ende mit erhobenem Zeigefinger auf die Überlegenheit der amerikanischen Demokratie verwiesen. Dennoch dürfte der auf christliche Empathie- und Solidaritätsgefühle zielende Beginn dieser Story of the Day dem einen oder anderen Zuhörer aus den Reihen der mehrheitlich katholischen Bevölkerung des Rheinlands einen Denkanstoß gegeben haben. Dem globalen Charakter und Grenzen transzendierenden Wesen der katholischen Kirche1016 gerecht werdend, sollten die via Funkwelle erreichten Aachener und Kölner handlungsleitende Schlüsse aus der Parabel des Thaddeusz Miecislav Kovalks ziehen und aktiven oder zumindest passiven Widerstand gegen das Regime leisten – so zumindest die Hoffnung der amerikanischen Rundfunkpublizisten. Gegen Kriegsende fokussierten die Macher der Story of the Day zunehmend auf die langsam, aber sicher auseinanderfallende Wehrmacht und unterstützten nun gezielt die taktische Desertionspropaganda der PWB-Trupps im Feld.1017 So steht in einem im Februar 1945 verfassten Tagesbericht an die PWD-Spitze zu lesen: „23[.]15 Story of the Day described how more and more German soldiers surrender to Americans, [and] played P[risoner of ]W[ar] records on mass surrenders.“1018 Das zweite „eigene“ Radioformat der Habe-Gruppe, die Frontpost Show, geht ursprünglich nicht auf eine Rundfunk-, sondern eine Flugblattreihe zurück. Laut dem nicht nur für die Wortkünstler der ersten US-Armee, sondern auch für die Propagandaabteilung von P&PW/12th Army Group arbeitenden Moralanalysten

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und Nachrichtenoffizier Jacob Tennenbaum galt diese via Luftpost zugestellte Flugblattzeitung in den Reihen der Wehrmacht als eine der am meisten wahrgenommenen und geschätzten US-Feindschriften. „Among the airdrops“, so Tennenbaum in einem seiner PWI-Wochenberichte zur Feindmoral, „the ‚Frontpost‘ was the most frequently mentioned […] and in many cases Frontpost was favored because it contained less propaganda than [‚]Nachrichten [für die Truppe[‘] [i. e. ein schwarzes OSS-Flugblatt].“1019 Die Frontpost war eine von der P&PW/12th Army Group unter Federführung Habes geschaffene und teilweise mehrmals wöchentlich erscheinende Truppenzeitung, die durch die 9th US Air Force und andere Flugzeugverbände abgeworfen wurde. Gegen Kriegsende wurde die Produktion zunehmend professioneller und laut amerikanischen Verhörberichten und Meinungsumfragen galt die faktennahe Frontpost als glaubwürdiges und den Informationsbedürfnissen deutscher Soldaten sehr entgegenkommendes Periodikum – ganz dem Zeitungsmotto „Der Starke braucht die Wahrheit nicht zu fürchten“ entsprechend. Tennenbaum behauptet in einem Moralbericht auf Basis der Aussagen eines gefangenen Fallschirmjägers, dass die „straight facts“ von dessen Wehrmachtskameraden am meisten geschätzt würden.1020 Dass die Macher der Frontpost obendrein auf weltanschauliche Predigten verzichteten und einen Duktus bevorzugten, der „informal and chatty, but not friendly“ war,1021 dürfte ebenfalls zur Akzeptanz und „Beliebtheit“ dieses Formats beigetragen haben. Erbeutete NS-Geheimdokumente, die von der Propagandaaufklärungsabteilung der 12. Armeegruppe zur Verfügung gestellt wurden und die über die voranschreitende Panik in hohen Wehrmachtszirkeln und die korrupte Ruchlosigkeit brauner Funktionäre Aufschluss gaben, publizierte die Frontpost gerne unter dem Label „Geheim!“ – so bot man dem gemeinen Soldat an, einen Blick auf das, was ihm von oben her verschwiegen wurde, zu erhaschen. Diese Dokumente wurden stets mit genauen Daten, Namen, Orten und Zahlen abgedruckt, um den Eindruck zu vermeiden, sie seien frei erfunden.1022 Die in Italien eingesetzte PWB/5th Army vermeldete, dass „Nachrichtenflugblätter“ wie die Frontpost für die dort kämpfenden Landser oft die einzige glaubwürdige Informationsquelle über die Katastrophen an der Ostfront gewesen seien. Sie hätten die Entscheidung vieler Soldaten, sich zu ergeben, stark beeinflusst.1023 Derartige, vielerorts und oft eingeholte Aussagen zur Propagandawirkung waren – bei allem erkenntnistheoretischen Bauchweh, das damit einhergeht – Wasser auf die Mühlen des „Wahrheits“-Verfechters Hans Habe. Die Frontpost galt als Erfolg – als sein Erfolg. Aufgrund der großteils identen Rundfunk- und Flugblattredaktion und des ohnehin bereits als „Rohstoff“ vorliegenden und bewährten Textkorpus aus der Flugblattarbeit war es naheliegend, einen Rundfunkableger der Frontpost für Radio Luxemburg zu schaffen. Sehen wir uns nun einen Radiotext aus der Frontpost Show

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vom 8. Oktober 1944 an. Darin kommt ein gewisser Korporal Tom Jones zu Wort. Diese entweder von Habe oder dem US-Theologen Richard Hanser erfundene und von Letzterem dargestellte Figur „sprach als GI zu dem gegenüberliegenden Landser und erzählte ihm, was Sache war“.1024 In den ersten Wochen der Rundfunkarbeit hatte diese „vertrauenerweckende Stimme“1025 nicht nur die Aufgabe, „Stimmungshöfe zu schaffen“1026 und auflockernde Witze zu erzählen, sondern die Desertionsappelle der taktischen Flugblatt- und Lautsprecherpropaganda zu verstärken. In der folgenden Szene wird etwa versucht, den Sprechakt I Surrender mittels eines harmlos wirkenden „Blitz-Sprachkurses“ in die Hirne der Hörer einzupflanzen und diese Aussage so zu framen,1027 dass der performative Vollzug dieses Sprechakts, die Desertion, dem Angesprochenen als redliche Handlung erscheint: 1. Stimme: Wie täglich, so bringt die „Frontpost“ auch heute ihre ständige Rubrik „Der

Yankee spricht“. Der Verfasser dieser Rubrik ist Tom Jones aus Green Bay, Wisconsin, einem der amerikanischen Staaten, in dem recht viel deutsch gesprochen wird. 2. Stimme: Hallo, Tom! Wie geht es? 4. Stimme [sic!]: How do you do?

2. Stimme: Du scheinst heute keine Lust zu haben, Deutsch zu sprechen.

4. Stimme: Du willst doch immer, dass ich unseren Hörern Sprechstunden gebe. Heute bin ich einmal bereit[,] so etwas zu tun.

2. Stimme: Da muss ich wohl die Gelegenheit beim Zipfel nehmen. Sag uns doch mal gleich, was „how do you do“ bedeutet.

4. Stimme: How do you do heisst: Wie geht’s? Aber in Amerika und mehr noch in

England wird es statt „Guten Tag“ verwendet. Wenn man dich fragt „how do you do“, dann antwortest Du selbst „how do you do“ – kein Mensch erwartet, dass Du wirklich mitteilst, wie es Dir geht.

2. Stimme: Wenn also ein deutscher Soldat in Gefangenschaft gerät, dann nähert er sich dem Posten und sagt „How do you do?[“]

4. Stimme: Na, das ist vielleicht keine gute Idee. Wenn einer die redliche Absicht hat, sich zu ergeben, dann hebt er besser die Hände hoch, nähert sich dem nächsten Ame­ ri­kaner und sagt „I surrender.“

2. Stimme: I surrender? Was heißt das?

4. Stimme: Das heisst „ich ergebe mich“.1028

So durchschaubar und naiv ein derartiger Ansatz auch war: Hunderte, vielleicht sogar tausende Landser, darunter auch zahlreiche Regime- oder Wehrmachtstreue, griffen in bestimmten Gefechtssituationen genau auf diese, ihnen von der Militärpropaganda unablässig vorgekauten Worte zurück und riefen mit erhobenen Armen: I surrender!

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28  Tonaufnahmen für Propagandasendungen in Luxemburg, Dezember 1944

Eine der schillerndsten und auch von anderen Zeitzeugen bestätigten Episoden in Bezug auf das Wirken von Hans Habe und seiner „Sergeanten“ in Luxemburg war die Ergreifung und angebliche Zusammenarbeit mit Generalmajor Ernst von Poten, dem Habe in seinen Memoiren den Decknamen „General R.“ zuweist. Der österreichische Offizier, der laut Hanuš Burger nun seiner Offiziersuniform beraubt war und daher „wie ein pensionierter, leicht degenerierter Hofrat aus Graz“ aussah,1029 wurde vom MRBC-Mann und Habe-Mitarbeiter Joseph Eaton gefangen genommen. Um dem „interesting prisoner“ von Poten,1030 einem langgedienten Artillerieoffizier,1031 das peinliche Gefühl, von einem einfachen Unteroffizier gefangen genommen worden zu sein, zu ersparen, gab er sich diesem gegenüber als amerikanischer Hauptmann aus.1032 „‚Captain‘ Eaton“, so Habe, „führte nun General R. [Generalmajor von Poten] herein, einen äußerst kultivierten und liebenswürdigen Offizier der alten Schule, der alle meine Fragen geflissentlich beantwortete. Seine eigene Geschichte war viel interessanter als die militärischen Informationen, die seine Unkenntnis der Lage verrieten. Der in Österreich geborene Berufsoffizier

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war mehrere Jahre hindurch und bis vor kurzem Kommandant der französischen Festungsstadt Metz gewesen, wo er in der Besatzungszeit ein mildes, beinahe Franz-Josephsches-Regiment führte. Ein begeisterter Musikliebhaber, veranstaltete der General allsonntägliche Platzkonzerte. […] Mit einer bestechenden und zugleich überaus aufschlußreichen Naivität beendete der General seine Erzählung, indem er sich an mich wandte und ernsthaft erklärte: ‚Wenn der Nationalsozialismus in die Musik eingreift, hört sich der Spaß auf.‘ Seit seiner Zwangspensionierung hatte der General auf die Alliierten gewartet. ‚Jeder Idiot kann sehen‘, sagte er, ‚daß der Krieg verloren ist. Die Fortsetzung des Krieges ist ein Verbrechen am deutschen Volk.‘ ‚Würden Sie das dem deutschen Volk sagen, Herr General?‘ fragte ich. ‚Deshalb wollte ich mich in Gefangenschaft begeben‘, erwiderte er prompt. ‚Ich höre regelmäßig Ihre Sendungen und möchte über Radio Luxemburg zum deutschen Volk sprechen.‘“1033 Habe gibt an, dass sein „General“ zwei Wochen lang Rundfunkreden an das deutsche Volk gehalten hat, die laut dem Chef der P&PW/12th Army Group, Clifford Powell, „insbesondere im Rheinland einen tiefen Eindruck machten“.1034 Sein Mitarbeiter Eaton wiederum behauptet, dass von Potens Beiträge nicht gesendet wurden.1035 Unabhängig davon, welche der beiden Darstellungen näher an der Wahrheit liegt, zeigt diese Episode einmal mehr, wie sehr die psychologischen Krieger aus Camp Sharpe die Kriegsgefangenen in die Propagandaproduktion eingebunden hatten, um zielgruppengerechte Botschaften, etwa an kriegsmüde Landser und „antifaschistische“ Österreicher, zu produzieren. Auch mentalitätsgeschichtlich und gesellschaftspolitisch ist der Fall interessant: So wird von Poten von Habe, der wie er selbst dem konservativen Lager der Ersten Republik angehört hatte, hier in ein allzu vorteilhaftes Licht gerückt. Gemäß dem mit dem österreichischen Nachkriegs-Opfermythos äußerst kompatiblen Phäakenstereotyp1036 stellt er von Poten als friedfertigen und gemütlichen Österreicher dar, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte und dem der Nationalsozialismus völlig wesensfremd ist. Sein marxistisch ausgerichteter Kamerad Burger charakterisierte von Poten hingegen als windigen Opportunisten.1037 Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Ein Blick in den online einsehbaren und vermutlich authentischen Kriegsbericht von Potens vermittelt ein differenziertes Bild: Der sich im rücksichtslosen Angriffskrieg im Osten durchaus ins Zeug legende Ostmärker beklagt sich darin darüber, dass „der Russe“ deutsche Soldaten, die bei Fedosia in Lazaretten lagen, „abscheulich behandelt“ hat. „Sie hatten diese aus den Fenstern geworfen, sie mit Wasser begossen und erfrieren lassen. Bei dieser Gelegenheit“, fährt von Poten fort, „wurden uns zum ersten Male die Schäden der maßlosen Führung durch Hitler klar.“1038 Vermutlich waren Charakter und Verhalten dieses Offiziers, ähn-

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lich wie auch die ihm von Habe zugeschriebene „österreichische Gemütlichkeit“ selbst, voller Ambivalenzen und Grautöne.1039 Ein harmloser Walzerfreund allein war von Poten jedoch nicht. Obwohl die eben erwähnten Programme bzw. fertigen Produkte der US-Kampfpropaganda sowie deren austro-amerikanische Verfasser und Performer im Mittelpunkt dieses Buchs stehen, sollen auch jene Menschen nicht vergessen werden, die die technischen Grundlagen für diese publizistischen Aktivitäten schufen. Einer davon war der 1919 in Österreich geborene und in der NS-Zeit nach Kalifornien geflüchtete Protestant Frederick K. Bauer. Nachdem er den Intelligenceund Verhörkurs IPW/5A German in Camp Ritchie abgeschlossen hatte, rückte der studierte Maschinenbauer ursprünglich zur 4th MRBC ein.1040 Mit Habes „Journalistenakademie“ bei Gettysburg besaß das US-Militär nun ein Vehikel, um die technischen Fähigkeiten dieses Einwanderers mit seinen Fremdsprachenkenntnissen produktiv zusammenzuführen. Eingetroffen an der Westfront und ein kurzes Gastspiel als Lautsprecheransager bei Kurt Wittlers Kampfpropagandatruppe PWB/3rd Army in der Bretagne gebend,1041 landete er schließlich bei der 2nd MRBC und bei PWB/1st Army.1042 Hier wurde Bauer vor allem als Ton- und Aufnahmetechniker für spezielle Aufträge ins Feld oder ins Kriegsgefangenencamp in Luxemburg geschickt, um O-Töne aus dem deutschen und österreichischen Soldatenmund auf Tonträger zu bannen („on the spot recording“).1043 In einem reißerischen, mit dem holzschnittartig gezeichneten Bild des teutonischen SS-Manns unterlegten, aber auf jeden Fall spannend zu lesenden Artikel der USArmeezeitung The Yank erfährt man viel Aufschlussreiches über Bauers tägliche „recordings“. Auch die würdelose Larmoyanz, die mancher gefangener „Nazi“ angeblich an den Tag legte, tritt dabei zu Tage: The German medic lieutenant had been captured just a few minutes before, near U[e]-

bach in Germany, and he was still sullen and battle-jumpy. He was taken into a garage near the battalion C[ommando]P[ost]. T-4 Fred Bauer of Hollywood, Calif., was waiting for him with a recording machine. „What is your name, rank and serial number?“, asked

Bauer in perfect German. The German told him. „Why does an SS man like you surren-

der?“, Bauer asked quietly. The German stopped short. Then he stepped forward and spat

out a series of short, ugly Teutonic words. Bauer, a patient young man who had been cut off ahead of the Infantry at Aachen and who had spoken to Nazi Col. „Madman“ von

Aulock for 12 days through a loudspeaker at St. Malo, let the German medical officer

rage on. Then he said softly, „Do you know, Herr Leutnant, German doctors like you are

even bigger war criminals than the Gestapo in Poland? The Gestapo killed foreigners. You declare the lame, the halt and the blind fit for military service. And in that way you

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kill your own people.“ At the mention of the words „war criminal“, the Nazi lieutenant stared. Then he began to break down. „It wasn’t I“, he said. „I tell you it wasn’t I. I knew

those men weren’t fit to be soldiers. But the Party told me to do it. My God, what can a man do in Germany these days if the Party gives him orders?“ He went on like that

for about 10 minutes, cursing the Nazi Party for Germany’s ills. When the German was

finished, Bauer thanked him for his co-operation and flicked a switch turning off the

recording machine that had been on throughout the interview. That night the recording of the Nazi medical officer’s outburst against the Nazi Party was broadcast over Radio Luxembourg to every corner of the Greater Reich.1044

In einem Propaganda-Wochenreport der 12. Armeegruppe vom Jänner 1945 wird hervorgehoben, dass die von Bauer zusammengetragenen Originalaufnahmen von deutschen Soldatenstimmen dem Rundfunkprogramm des „freien Senders“ mehr Authentizität verleihen würden. Solche „[w]ell-known voices, speaking to their families and friends from west of the Rhine“, seien überzeugender als der mitreißendste Radiosprecher.1045 Mit seinem Kameraden Princi landete Bauer in derselben Woche einen aufsehenerregenden PR-Coup: In den befreiten deutschen Ort Alsdorf hatten sie laut eigenen Angaben einen Kriegsgefangenen der Wehrmacht mitgenommen und sich mit ihm und ihren Aufnahmeanlagen in dessen Haus breitgemacht. Als die vom unerwarteten Rückkehrer nichts ahnende Ehefrau heimkam, bannten die beiden GIs den bewegenden Moment des Wiedersehens auf Tonträger. Wenig später wurde dieses eindringliche Audio-Dokument von Radio Luxemburg und anderen alliierten Rundfunkstationen ausgestrahlt.1046 Bauer hielt in Folge immer wieder auch gezielt nach seinen österreichischen Landsleuten in Feinduniform Ausschau, um deren Gedanken und Kommentare für spezielle Soldatensendungen aufzunehmen.1047 Wie bei allen anderen „Psywar“-Aktivitäten, in die er während des Kriegs involviert gewesen war, setzte der Multipropagandist Hans Habe auch in Luxemburg kompromisslos auf faktennahe und informierende Propaganda. Er setzte auf „Tatsachenberichte“, welche nicht nur für die Männer im Schützengraben, sondern auch für die Angehörigen zuhause von Interesse sein sollten. Geistige Schützenhilfe erhielt Habe hierfür von Seiten der Moralaufklärung, etwa durch den auf Zivilisteninterviews spezialisierten Ex-Österreicher und „T Force“-Mann Saul Padover. Bereits kurz nach dem Sendestart von Radio Luxemburg lagen den Propagandaanalysten der P&PW-Abteilung der 12. Armeegruppe interessante Erkenntnisse und Rückmeldungen zur allgemeinen Rezeption und Wirkung von solchen und anderen Rundfunkprogrammen vor. Im „Psychological Warfare Estimate“ über deutsche Bürger im Nordwesten des Reichs wird aufgrund der Befragungsproto-

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kolle Padovers über einen aus Deutschland zurückgekehrten Luxemburger Zivilisten im Oktober 1944 folgendes festgestellt: One intelligent Luxembourger broke down German radio listeners into 3 categories:

a. those who never listen to the foreign radio because they consider listening to be treason; they are Deutschtreu rather than Nazi.

b. those who listen, digest, and keep the news to themselves and a small circle.

c. those who swallow everything the foreign radio says and pass it on uncritically. The second group is the largest, so far, and constitutes a critical and responsible audience that

will probably never be induced to action. In contrast to listeners in allied countries who turn on the foreign radio for the sake of of curiosity, these people are serious, anxious to

be informed. They include government officials, police, teachers, librarians, industrialists, etc. They are in a position to influence category (a) if they find the foreign programs well-balanced and‚ pure information.1048

Für die angewandte Zielgruppenforschung in Bezug auf die Produktion von alliierten Rundfunksendungen waren derartige Informationen von hohem Wert. Die von Padover und seinem Kollegen festgehaltenen, durchaus scharfsichtigen Aussagen des oben zitierten Beobachters bestätigen den von Habe und den PWB Combat Teams eingeschlagenen Kurs, weitgehend wahrheitsgetreue „News“ zu berichten und weiße Propaganda zu produzieren. Es gab nach dem obigen Bericht, korrespondierend zu den faktenhungrigen „Feindsender“-Hörern in den Reihen der Wehrmacht, eine nicht zu unterschätzende zivile Gruppe im deutschen Lager, die sich wohl nie selbst zum Widerstand aufraffen würde, die aber dankbar für ehrliche Nachrichten war! Würde diese mit einer Propaganda, die „well-balanced“ und faktenorientiert ist, konfrontiert, sei eine indirekte Beeinflussung der „Deutschtreuen“ möglich, behauptet der Befragte. Gerade bei Radio Luxemburg wurden solche von PWI-Spezialisten erhobenen Wünsche der deutschen Hörer konkret umgesetzt: etwa in den stets auf aktuellen Monitoring-,1049 Augenzeugen- und Verhör-Reports fußenden „Tatsachenberichten“ des Senders.1050 Allein, die Wirkungen oder Nichtwirkungen der Sendungen von Radio Luxemburg auf die Rezipienten waren und bleiben schwer festzustellen. Der Behauptung des als Programmplaner für den Sender tätigen Werbeexperten Robert Colwell, dass drei von der 3. US-Armee gefangen genommene Landser nur deswegen übergelaufen seien, weil sie eine Mitarbeit bei Radio Luxemburg angestrebt hätten, darf mit Skepsis begegnet werden.1051 Dennoch waren mehrere Protagonisten dieses Buchs vom Erfolg des Radioprojekts in Luxemburg überzeugt. Jacob Tennenbaum

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etwa berichtet im Jänner 1945 von „vielen Fällen“, in denen Radio Luxemburg von deutschen Soldaten in der Eifel gehört wurde. Der laut Letzteren einwandfrei zu empfangende Sender wurde umfangreich gehört, wobei die Sendungen für Kriegsgefangene am beliebtesten gewesen seien.1052 Eine kurz nach dem Krieg von der Nachrichtenabteilung der PWD/SHAEF durchgeführte Befragung zu den Meinungen und Vorlieben der zivilen Hörer in Deutschland gibt an, dass nicht weniger als 48 % der 164 befragten Personen regelmäßig die Frequenz von Radio Luxemburg eingestellt hätten – das ist der Spitzenwert unter den angeführten westalliierten Sendern.1053 Gleichwohl weist Conrad Pütter darauf hin, dass „die Hörer oft die Deutschen Dienste der BBC, der Stimme Amerikas, Radio Luxemburgs und von ABSIE verwechselten.“1054 Doch taucht der Name des Senders auch in vielen individuellen Hörerbefragungen auf. So behaupten in einem Interview mit zwölf Frauen und zwei Männern aus Deutschland die Befragten, dass die Deutschen insgesamt eifrig ausländische Sender hörten und Radio Luxemburg nach dem Soldatensender Calais und der BBC die beliebteste Frequenz war.1055 „In many localities“, so resümiert Douglas Schneider von der Radio Section der PWD/SHAEF optimistisch, „it seems probable that the broadcasts from Radio Luxembourg were prime factors to the breaking of the will to resist of German civilians.“1056 Es gibt also zumindest Indizien dafür, dass der „Freie Sender Luxemburg“ nicht ganz ins Blaue hinein gesendet und er bei soldatischen ebenso wie zivilen Hörern zwar nicht als der Handlungstreiber für Widerstand, aber doch als Akzeptanzverstärker in Hinblick auf die kommende US-Militärregierung gewirkt hat. So sorgte in den letzten Monaten des Kriegs die normative Kraft des Faktischen, sprich der für Deutschland ungünstige Kriegsverlauf, dafür, dass man westalliierten Radiostimmen mehr Aufmerksamkeit und Glauben entgegenbrachte als zuvor: „Only toward the end of the war, or in any morale downgrade, the man who says, ‚Come on over! See? I’m here. It’s fine‘, has a chance of being believed.“1057 „Wie wirkungsvoll die Arbeit der Leute um Captain Hans Habe war“, so Stefan Heym, „läßt sich nicht genau feststellen. Die Macht des Wortes, die Kraft der Argumente sind schwer meßbar. Das entscheidende Wort werden wohl doch die Waffen gesprochen haben. Aber Begriffe wie Freiheit und Demokratie, Widerstand und Wiederbeginn wurden zum ersten Mal den Deutschen nahegebracht, auch wenn diese nicht immer aufnahmebereit waren. Zwischen totaler Niederlage und zaghaftem Neubeginn war erst einmal die große Leere, überwogen Verzweiflung und Skepsis und Hunger nach einem Stück Brot und die Sehnsucht nach einem warmen Ofen. Aber die Truppe von Radio Luxemburg hat mit ihren Ideen und Idealen ganz sicher etwas in die Fundamente gepackt, auf denen das Nachkriegsdeutschland erwuchs.“1058 Hier an der Schnittstelle des marxistisch inspirierten

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Idealismus eines Stefan Heym und des sendungsbewussten, demokratischen Universalismus der kriegsführenden USA zeigt sich die enorme ideengeschichtliche Schubkraft, welche die von Hans Habe mitgeprägte „Strategie der Wahrheit“ entwickelt hat. Die weiße Propaganda als der hauptsächliche Propagandamodus der US Army lag nicht nur nahe an der Wahrheit, sie ging auch von einem positiven, rationalen Menschenbild aus. Im folgenden Teilkapitel wird dies nicht der Fall sein. 2.5.2 „Fuck your Enemy“ – Fred Lorenz’ subversive Rundfunkarbeit bei der OSS-Operation ANNIE Verpflegung kann […] nur schwer durchkommen, aber auch das kann die Volksgrenadiere [bei Bastogne] nicht zur Aufgabe des Kampfes zwingen. Sie wissen sich zu helfen. Feindlicher Ja[gd]bo[mber]beschuss hat unerwarteter Weise für frische Nahrung gesorgt. Zahlreiche tote Pferde und Kühe, die auf den vereisten Feldern liegen, wurden von den Küchenbullen an Ort und Stelle zerschnitten, und so erhielten zumindest die Verteidiger der hinteren Linien ihr erstes warmes Essen nach zehn Tagen. Fred Lorenz, Rundfunksprecher des US-Tarnsenders „1212“, zeigt in dessen teils erfundenen „Nachrichten für die Wehrmacht“ die Absurditäten der NS-Durchhalterhetorik auf.1059 Aber glaubst du, der Durchschnittsdeutsche hört überhaupt hin, wenn du ihm diese Tatsache, diese Wahrheit[,] in allgemeinen Sätzen an den Kopf wirfst? Propaganda, Feindpropaganda[,] wird er sich sagen, oder sein NSFührungsoffizier sagt es ihm. So eine [die Wahrheit nicht ganz genau nehmende Propaganda-]Nachricht […] erreicht ganz andere Gehirnzellen als die Holzhammerwahrheiten, mögen sie auch noch so unbestreitbar sein. Hanuš Burger gibt literarisch einen Dialog über die Wirkung der „schwarzen“ Rundfunkpropaganda wieder.1060

Einer der schillerndsten Exilösterreicher, die in den Reihen der „mobilen Rundfunkkompanien“ und in Hans Habes Propaganda-Sandkasten ihr Stelldichein gegeben haben, ist der 1907 in Wien geborene Schauspieler und Kabarettist Manfred Inger. Vor dem Krieg am Raimundtheater und bei der „Literatur am Naschmarkt“ aktiv, flüchtete er 1938 in die USA, wo er unter dem Namen Fred Lorenz im exilösterreichischen Kulturmilieu an der Ostküste Fuß fassen konnte. Laut seinem MITC-Personalakt spielte Lorenz „mostly comedy parts“ in Bühnenproduktionen wie From Vienna oder Winter Soldiers.1061 Propagandistisch aktiv war er in Amerika erstmals in der antifaschistischen Propagandasendung We Fight Back des OWI und der jüdischen Exilzeitung Aufbau. Im April 1943 wurde er zum Militär eingezogen und nach der Grundausbildung rekrutierte ihn der Kriegsgeheimdienst

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OSS für den Bereich Morale Operations. Lorenz’ Gastspiel beim OSS war kurz. Weil die neuen MRBC-Kompanien für den Einsatz in Westeuropa mittlerweile konkrete Gestalt angenommen hatten, wurde er im Jänner 1944 als deutschsprachiger Propagandaexperte zur 2nd MRBC nach Camp Ritchie, später zur 3rd MRBC nach Camp Sharpe transferiert.1062 An der Westfront in Europa trat er nach der Landung in der Normandie als Radiosprecher in verschiedenen Propagandaabteilungen der PWD/SHAEF und der 12. Armeegruppe in Erscheinung. Mit seinem exzentrischen Nonkonformismus und seinem komödiantischen Talent sorgte er nicht nur für disziplinäre Herausforderungen und organisatorische Probleme, sondern garantierte auch ein gerüttelt Maß an Humor im düsteren Kriegsalltag.1063 Schon bei seinem ersten Einsatz nach der Landung in Frankreich konnte der gelernte Schauspieler viele seiner Stärken kriegspublizistisch nutzen. Der Amerikanische Feldfunk von Lorient, der von den Flugblättern der PWB Task Force des VIII. US-Korps unterstützt worden war,1064 produzierte von August bis etwa 10. Oktober 19441065 täglich Rundfunkprogramme für die bis zu 28.000 in der Küstenstadt Lorient befindlichen Soldaten. Dadurch versuchte man die bis zum Kriegsende hoffnungslos eingeschlossenen Hörer im Inneren dieses Orts, einem deutschen Marinestützpunkt, zum Überlaufen zu bewegen.1066 Lorenz erlangte als Sprecher des Feldfunk-Senders, der vor allem mit dem PWB-Personal der 1., 3. und 9. US-Armee betrieben wurde,1067 eine gewisse Berühmtheit. Wie in der Geschichte der 2nd MRBC festgehalten wird, war der mit Schweijk’schen Performances oft zur Hochform auflaufende Wiener ein veritabler Star des Feldfunks, der mit insgesamt 104 Sendungen an 62 Tagen1068 zum Überlaufen angeblich einiger Hundert Soldaten einen Teil beigetragen hat. So hat Lorenz zum Gaudium seiner Kollegen (und wohl auch mancher Hörer) gerne einen stotternden Eisenbahner in der eingeschlossenen Garnisonsstadt persifliert. Diese „pretty close satirization“ sollte in Folge eines seiner Markenzeichen werden.1069 Die nötigen Details sowie den neuesten Tratsch aus dem Inneren von Lorient hatte er zuvor bei den Moralverhören mit den Überläufern aufgeschnappt.1070 Redaktionelle Unterstützung erhielt Lorenz vom promovierten österreichischen Literaturwissenschaftler und Historiker sowie „Editor&Lecturer“ Emil Lehman. Dieser Propagandamann aus Camp Sharpe und spätere Leiter des Theodor-Herzl-Instituts in New York griff dem kleinen Radiotrupp in Lorient als Programmautor unter die Arme.1071 Das mitunter leicht anarchische Züge annehmende Experiment in Lorient war sehr lehrreich für die amerikanischen Psychokrieger. „This was the first sustained use of tactical radio broadcasting for propaganda purposes“, resümiert der MRBC-Offizier Jaffe über Radio Lorient. „Success of the operation“, so Jaffe weiter, „was due largely to the imagination and resources of Tec 3 [Benno] Frank and Tec 5 Lorenz.“1072 Bei diesem

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sich durch einen vollständigen „lack of orthodoxy“1073 auszeichnenden Projekt, das letztlich eine Art unter Gefechtsbedingungen betriebenes Kreativlabor war, nahmen die die intensiv geführten Moralverhöre einmal mehr eine zentrale Rolle ein.1074 Nachdem seine anekdotenreiche, aber militärisch trotz gegenteiliger Behauptungen in den After Action Reports der 2nd MRBC1075 de facto irrelevante Tätigkeit in Lorient beendet war, wurden Lorenz und seine Mitstreiter Benno Frank und David Hertz versetzt. Der neue Dienstgeber war der wesentlich bedeutendere USSchwarzsender 1212 (auch Operation ANNIE genannt). Dieser agierte am selben Ort wie Radio Luxemburg und kann pointiert als der ungezogene kleine Bruder des weißen Hauptsenders charakterisiert werden. Die vom OSS-Major Patrick Dolan, einem ehemaligen PR-Manager des Musiklabels Columbia Records, geleitete und von Hanuš Burger später fantasiereich beschriebene1076 Operation ANNIE war eine Kooperation von PWD/SHAEF und OSS/Morale Operations. Bald nach der Befreiung Luxemburgs wandte sich der auf einer modifizierten Frequenz von Radio Luxemburg ausstrahlende Sender 1212 jede Nacht zwischen 2 und 6 Uhr an die Bevölkerung des Rheinlands. Bestehend aus einer Mischung von militärischem „Informations“-Dienst, unterschwellig antifaschistischem Boulevardrundfunk und populärkulturellem Musikprogramm, suggerierte dieser eher strategisch angelegte Zersetzungs- und Tarnsender seinen Hörern, dass er eine deutsche Rundfunkstation sei und eine Dissidentengruppe mit Verbindungen zu höheren Wehrmachtskreisen ihre Finger im Spiel hätte. War Hans Habes Radio Luxemburg also für Information zuständig, sorgte 1212 für Desinformation, indem letzterer Sender nicht nur seine alliierte Urheberschaft zu verschleiern suchte, sondern auch alle verfügbaren sprachlichen Täuschungsmittel und „dirty tricks“ einsetzte, um die deutsche Kriegsgesellschaft moralisch zu schwächen: Dazu gehörten neben blanken Lügen auch Übertreibungen, Verzerrungen sowie geschickt platzierte assoziative Kopplungen und semantische Implikationen, die stets auf Kosten des NS-Regimes ihre rhetorische Wirkungen entfalten sollten. Gemäß der forschen Subversionsdoktrin des Kriegsgeheimdiensts OSS und seines Direktors William Donovan1077 hatte man bei 1212 keine Scheu davor, gezielt mit unwahren oder irreführenden Informationen zu arbeiten. Mit ihren aufwändig betriebenen Tarnunternehmen wollten die von einem „offensive and imaginative spirit“ beseelten1078 schwarzen Propagandisten des OSS das „Gift des Defätismus“ in die Köpfe ihrer deutschen Hörer einträufeln.1079 Verhaltenskreative und unorthodoxe Armeepropagandisten wie Fred Lorenz erwiesen sich hierfür als höchst geeignet. „Man beschrieb“, so Conrad Pütter, „mit bewußt falschen oder halbwahren Meldungen die Absurdität der letzten Kriegsmonate“.1080 Das Magazin Time hat schon 1946 über den kreativen Umgang mit „Fakten“ im Rahmen der Operation ANNIE berichtet:

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Annie would innocently report „facts“ that troubled civilians. Example: the Reich’s carto-

graphical institute, said Annie, was short of maps numbered 315 to 318; they were badly needed for national defense. Why, the Germans asked themselves, did the high command need maps of Westphalia, still 300 miles inside the Reich?1081

In auffallend vielen Meinungsumfragen, Verhörberichten und persönlichen Soldatenerinnerungen finden sich Hinweise darauf, dass diese mitunter sehr spielerische und anarchische Form der Propaganda von deutschen Hörern, darunter auch Soldaten, als erfrischend empfunden wurde.1082 Aufgrund ihrer mit „schmissiger“ Populärmusik unterlegten Programme sowie ihrer spannenden Mischung aus faktennahen, aber doch unterschwellig antifaschistischen Kriegsnachrichten einerseits und handfesten Lügen bzw. Gerüchten andererseits sorgten diese Sender für so manches Aha-Erlebnis bei der feindlichen Hörerschaft.1083 Burger erzählt etwa vom bereits erwähnten, von den Radio Luxemburg-Mitarbeitern Hans Habe und Joseph Eaton (möglicherweise) als Radiosprecher rekrutierten Generalmajor Ernst von Poten. Als er von Burger über seine Meinung zur anglo-amerikanischen Propaganda befragt wurde, packte der Angesprochene seinen österreichischen Dialekt aus: „Rundfunk? Dös ham mer ja aa g’mocht“, so von Poten, „zuerscht in Frankreich und dann von Belgrad aus, für die englischen und amerikanischen Soldaten. I glaub aber net, daß allzu viele drauf ’ reing’fallen sind. Was anderes ist natürlich so ein Soldatensender Calais. Das muß a großes [sic!] Gaudi sein. I hab’ seinerzeit bei uns was Ähnliches vorgeschlagen – in Rußland. A Mordshetz is auch euer Sender Zwölfhundertzwölf. I muß sagen – der fasziniert mich direkt.1084 Eine Hauptrolle bei dieser „Mordshetz“ spielte wie gesagt der österreichische Sharpe Boy und MRBC-Mann Fred Lorenz. Burger, ein propagandistischer und literarischer Hans Dampf in allen Gassen, erwähnt ihn in seinen Erinnerungen unter dem Decknamen Toni Breuer:1085 „Eine andere Neuerwerbung [des Senders 1212]“, so Burger, „war Toni Breuer [i. e. Fred Lorenz], ein Wiener Schauspieler, der gerade begonnen hatte, sich einen Namen zu machen, als die Nazis einmarschierten. […] Er war lang, dünn und unbeholfen. Seine Haltung war denkbar unmilitärisch. Mit den unbequemen Notwendigkeiten des Soldatenlebens schloß er auf seine Weise Frieden: Er betrachtete das Ganze einfach als Engagement an einer kleinen, primitiven Provinzbühne. […] Toni fügte sich schnell in unseren Kreis. Was er von unserem Unternehmen hielt, verriet er nie. Das sei eine Rolle für ihn, erklärte er auf meine direkte Frage. Es machte ihm Heidenspaß, verschiedene Dialekte zu kopieren. Er hatte ein gutes Ohr und überraschte uns nach drei Stunden Verhör eines Kriegsgefangenen aus Offenbach zwar keineswegs mit wichtigen Informationen, dafür aber mit unverfälschtem ‚Offebächerisch‘“.1086

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Anhand dieser gewiss etwas ausgeschmückten, aber im Kern zutreffenden Schilderung zeigt sich, wie wichtig das Verhören von Kriegsgefangenen und das Paradigma der (Psychological Warfare) Intelligence waren, um überzeugende, fesselnde und aktuelle Propagandatexte für die deutschen Landser und Zivilisten in die Welt zu setzen. Als Sprecher des Senders 1212 war Fred Lorenz ein eifriger Rezipient der PWI-Verhörberichte und vernahm selbst Gefangene, um Material für die Sendungen zu sammeln. Die Bedeutung der Human Intelligence mittels Kriegsgefangenenbefragung kann daher auch im Rundfunkbereich gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.1087 Wie die folgenden Beispiele noch zeigen werden, ging die Propagandaaufklärung der US-Armee mit dem immer wieder aufblitzenden Genius exileuropäischer Wortkünstler und machiavellistischer Psychokrieger vom Schlage eines Fred Lorenz eine fruchtbare Beziehung ein. Wie sahen die Inhalte von Lorenz’ Arbeit nun aus? Seinen Hörern im Rheinland und darüber hinaus versuchte er als „Nachrichten“-Sprecher von 1212 die Widersprüchlichkeit des im Niedergang befindlichen NS-Regimes und dessen grotesken Rechts- und Moralverständnisses näherzubringen. Lorenz wusste, dass viele deutsche Hörer aufgrund der selektiven und manipulativen Nachrichtenpolitik des Hitler-Regimes für Kriegsinformationen aus anderen Quellen durchaus empfänglich waren. Das galt wohl auch für die angloamerikanischen Tarnsender, von denen man meist wusste, dass sie ein Fake sind; aber man wusste oder ahnte eben auch, dass Letztere mitunter wahrheitsgetreuer berichteten als die eigenen Medien. So geht Lorenz Ende Jänner 1945 in der 1212-Sendung Nachrichten für die Wehrmacht auf die deutschen Hoffnungen auf eine angebliche Rückeroberung Aachens ein. Ein offensichtlich von der eigenen Jubelpropaganda vollkommen verblendeter Oberleutnant namens Jeser hat laut Lorenz diesem „spirit of counterattack“1088 allzu sehr Glauben geschenkt. Jeser hätte behauptet, dass die alte Kaiserstadt im Rahmen der Ardennenoffensive befreit worden sei. Doch wie die Zuhörer gleich darauf erfahren, hätte er das besser nicht tun sollen: Von der Propagandastelle des Oberkommandos der Wehrmacht kommt die Warnung vor dem haeufigen Gebrauch ueberoptimistischer Behauptungen. Als Beispiel

wird der Fall des Oberleutnant Jeser der 5. Kompanie des 987. Regiments der 276. Volksgrenadierdivision angefuehrt. In einer kurzen Ansprache an seine Mannschaften erklaerte der Oberleutnant, dass Aachen am 16. Dezember von deutschen Truppen befreit worden sei. Deutsche Artillerie habe den Grossangriff vorbereitet, und 7.000

Nordamerikaner seien gefangen genommen worden. Oberleutnant Jeser erhielt eine schwere Verwarnung.1089

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Handelt es sich hier um eine auf simplen Lügen basierende Rundfunkmeldung? Im engeren Sinne vermutlich ja; doch das Redaktionsteam von 1212 tischte den deutschen Hörern mit dieser „Meldung“ nicht nur platte Unwahrheiten auf, sondern vermischte subtil Erfundenes mit Tatsächlichem: Obwohl etwa die von Lorenz indirekt thematisierte deutsche Rückeroberung Aachens niemals stattgefunden hat, hat es auf deutscher Seite in der Tat überzogene Hoffnungen auf ein Comeback der Wehrmacht und des Nationalsozialismus gegeben.1090 Das wusste man aus den Moralverhören und vielen anderen Quellen. Wie bereits in diesem Buch anhand eines fanatischen Leutnants, der sich am wiedererweckten Kampfgeist und am „Blutbad“ unter den zurückweichenden Alliierten erfreute,1091 veranschaulicht, wurden durch die nun wieder selbstbewusst krähende NS-Propaganda große Erwartungen geweckt. In Berlin wurde etwas voreilig „die gesamte weihnachtliche Schnaps-Sonderzuteilung konsumiert, um auf das ‚Weihnachtsgeschenk des Führers‘ anzustoßen“.1092 Und auch im von den Amerikanern besetzten Aachen selbst traute man der Wehrmacht noch einiges zu und war ob der möglichen Rückkehr des Hakenkreuzes sehr besorgt.1093 Wie Lorenz in den aktuellen PWIWochenberichten der PWD/SHAEF nachlesen konnte, hatte das letzte Aufbäumen des deutschen Heers eine „considerable impression upon the population of the Occupied Zone“ gemacht.1094 Allein, die Wehrmacht konnte diese Erwartungen in Folge nicht einlösen. Das wussten die amerikanischen Moralaufklärer natürlich. Lorenz, der über derartige Stimmungsbilder laufend informiert wurde und der wohl auch über den angesprochenen Leutnant Jeser einiges in Erfahrung gebracht hat, setzt genau an diesem Punkt an. Er zeigt durch das Beispiel des so hoffnungsvollen und letztlich abgestraften Leutnants auf, dass selbst diejenigen, die dem Selbstbetrug und den Lügen der NS- und Wehrmachtsführung aufsitzen, im perversen und nunmehr selbstzerstörerischen NS-System nicht belohnt, sondern bestraft werden. Ob Jesers Geschichte nun wahr ist oder nicht, interessierte die ebenso aggressiv wie pragmatisch agierenden schwarzen Propagandisten wie Lorenz nicht: Es ging lediglich darum, den Feind psychologisch und strategisch zu schwächen. Die mittels solcher Fake News vorangetriebene Dekonstruktion jeglicher Glaubwürdigkeit der NS-Führung sowie Unterminierung jeglicher sozialen Bindekraft war das Ziel der schwarzen Propaganda. Es war der Stil des OSS. Die weiße Informationspropaganda der PWD/SHAEF und der US Army wurde nun also von der fintenreichen Desinformationstätigkeit des Fred Lorenz ergänzt oder – je nach Einschätzung – konterkariert. Sehen wir uns ein weiteres Beispiel aus der Trickkiste der 1212-Redaktion an. Die „Fakten“, die Lorenz seinen Hörern auftischte, waren, wie erwähnt, zu weiten Teilen korrekt oder hatten einen realen, überprüfbaren Kern. Der sowohl vom

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weißen Propagandisten Habe als auch von den OSS-Mannen der Operation ANNIE vernommene Generalmajor Ernst von Poten hatte laut Burger behauptet, dass die Informationen von 1212 in Bezug auf seinen eigenen Frontabschnitt immer „äußerst korrekt“ waren.1095 Diese von den Deutschen vielfach selbst bestätigte Wahrheitsnähe „seems to be the most convincing argument that we are telling the truth,“ so Jacob Tennenbaum.1096 So kann also die Berichterstattung von 1212 über die Westfront als fast objektiv eingestuft werden, während laut Christof Mauch „der für die westdeutsche Bevölkerung durchaus ominöse Vormarsch der Sowjets gezielt in den düstersten Farben geschildert wurde.“1097 Die Art jedoch, wie die der 1212-Redaktion vorliegenden Fakten und Daten sprachlich gerahmt wurden, war hochgradig subversiv und „süß ideologisch“.1098 In den Sendungen, in denen Lorenz als Sprecher auftrat, wechselten sich unter anderem professionell produzierte und populäre Musikbeiträge mit Sportnachrichten ab. Angelehnt an das Konzept des Infotainments wurden die angenehmen und vermeintlich unpolitischen Programmteile mit antinationalsozialistischen Inhalten verwoben oder wechselten sich mit diesen ab. So schlachteten der ehemalige Wiener Kabarettist und seine Kollegen reale oder fiktive Missstände innerhalb des NS-Systems genüsslich aus. Wie etwa im Falle eines „Betrugsskandals“, in den laut Sprecher Lorenz ein NS-Ortsgruppenleiter verwickelt war: Oberbürgermeister Fitzmar ist grösstenteils für die schnellen Fortschritte der Aufräu-

mungsarbeiten und Reparaturen verantwortlich. Auch Ortsgruppenleiter Neuser, der

Ortsgruppenleiter Burg [sic! recte: Burk] nach dem kürzlichen Betrugsskandal ablöste, verdient hohes Lob. Oberbürgermeister Fitzmar blieb im Amte, da seine Mitschuld nie nachgewiesen werden konnte.1099

„Was war“, so Burger in seinem Tatsachenroman, an einer derartigen „Nachricht für den normalen Rundfunkhörer kontrollierbar?“1100 Im Kern, so Burger, gab es meistens nur ein nachprüfbares Faktum, in diesem Fall sind es real existierende Personen: Im Gau Westfalen-Süd waren dies der Kreisleiter (und wohl nicht „Ortsgruppenleiter“) vom Kreis Siegerland, Hermann Burk, und sein Nachfolger Walter Neuser. In der Tat war es während des Kriegs zu einem Amtsverlust des nur „primitiv gebildete[n]“ Burk1101 gekommen – da er jedoch nur interimistisch als Kreisleiter bis 1942 eingesetzt worden war und danach plangemäß wieder auf den niedrigeren Posten eines Kreisamtsleiters rückgestuft worden ist, hatte dies mit einem Betrugsskandal vermutlich nichts zu tun.1102 Da die Gründe solcher Amtsverluste laut Wolfgang Stelbring dennoch sehr oft „im Bereich

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persönlicher oder dienstlicher Verfehlungen“ zu suchen waren,1103 lag es für die gut informierten US-Radiokrieger auf der Hand, dass man hier eine assoziative Kopplung gemäß der Formel NS-Funktionär = korrupter Funktionär herzustellen versuchte, indem man dem glücklosen Herrn Burk eine Betrugsaffäre andichtete: „Dann“, so Burger, „kommt es zu Assoziationen. Gerüchte, die der Hörer in den letzten Tagen in sich aufgesogen hat, werden aufleben.“1104 Auch wenn die 1212-Redaktion hier die Funktionen und Taten der NS-Funktionäre nicht ganz genau beschrieben hatte, gab es in Lorenz’ Beitrag einen belegbaren faktischen Kern, dem der gewünschte Spin gegeben wurde. Der in der Sendung auch erwähnte NS-Funktionär Walter Neuser dürfte übrigens gegen Kriegsende Selbstmord begangen haben.1105 Bereits im nächsten Absatz nach dem „Betrugsskandal“-Bericht schildert Lorenz im aufgeräumten Tonfall die „feindlichen“ Bombenangriffe, welche die erdrückende Überlegenheit der Westalliierten betonen und indirekt auf die Aussichtslosigkeit jeglichen deutschen Widerstands hinweisen: Wie 1212 erfährt, fanden gestern Angriffe auf Aschaffenburg, Mannheim, Heilbronn, Euskirchen und Mayen statt. Damit war Mannheim zum zweiten Male innerhalb zweier

Tage das Opfer eines Feindangriffs. Die anglo-amerikanischen Fliegerverbände sollen über 1000 Maschinen umfasst haben.1106

Die hier zu Tage tretende, „gezielte Falsch- oder Halbinformation“ wurde später übrigens auch in ähnlicher Form von anderen Geheimdiensten wie der DDRStaatssicherheit „gründlich und gewissenhaft“ betrieben1107 – mit all den ethischen und gesellschaftlichen Kollateralschäden, die damit einhergingen. Die US-Propagandainstitutionen des Zweiten Weltkriegs, nicht einmal der machiavellistische Kriegsgeheimdienst OSS, übertrieben es mit dem Zurechtbiegen von Tatsachen und Herbeilügen von „alternativen Fakten“ (© Kellyanne Conway, 2017) allerdings noch nicht: In jenen Fällen, in denen deutsche Rundfunkhörer die Möglichkeit zum „fact check“ in Bezug auf all diese aufwühlenden Behauptungen des OSSRadiosenders hatten, konnten sie herausfinden, das vieles, oder zumindest der Kern davon stimmte. Zudem war die schwarze Propaganda nie mehr als ein launiges Nischenprodukt – hegemonial war die weiße, „ehrliche“ Propaganda. Auch wenn man auf deutscher Seite der alliierten „Feindpropaganda“ also skeptisch gegenüberstand und in manchen ihrer Aussagen Lügen sah, waren die Informationen der Amerikaner über die Lebenswelt der Deutschen und die wichtigsten Entwicklungen an der Front oft akkurat und realitätsnah – das galt nicht nur für weiße, sondern teils auch für schwarze US-Propaganda.

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Literarisch prägnant eingefangen hat Hanuš Burger die verdutzten Reaktionen vieler Rezipienten, die sich angesichts der ebenso informationsreichen wie aufwühlenden Radioproduktionen fragten: „Wo haben die Kerle ihre Informationen her?“1108 Die Antwort darauf wird in diesem Buch etwa anhand der Moralaufklärungsarbeit eines Jacob Tennenbaum, Erwin Benkoe und auch Fred Lorenz veranschaulicht. Die von diesen und anderen PWI-Spezialisten an die westalliierten Rundfunkredaktionen und andere Propagandastellen weitergereichten Informationen stammten aus unzähligen Befragungen von deutschen Soldaten und Zivilisten – so half etwa der als Aufklärungs-Offizier des Senders tätige1109 Zivilistenverhörer Saul Padover dabei mit, „raw intelligence reports“ für die OSS-Operation ANNIE aufzubereiten.1110 Eine ergiebige und „strategische“ Nachrichtenquelle für die 1212-Redaktion waren weiters erbeutete deutsche Dokumente sowie die Berichte der OSS-Agenten und Geheimdienstanalysten, die wertvolle Einblicke in das Alltagsleben in Deutschland lieferten. Doch auch die Open-Source-Quellen aus dem Deutschen Reich, darunter „Berge von Speisekarten, Preiskatalogen, Vereinsnachrichten, Sportberichten“,1111 ermöglichten es den Redakteuren von 1212, ein facettenreiches und „glaubwürdiges“ Bild über die Zustände im Inneren des Rheinlands bzw. Deutschlands zu zeichnen.1112 Nachdem die schwarzen Psychokrieger wie Fred Lorenz nun den Grundsatz „Know your Enemy“ internalisiert hatten, gingen sie ohne mit der Wimper zu zucken zur Maxime „Fuck your Enemy“ über:1113 Desinformation, Gerüchte, Fake News – vermischt mit Fakten. Die typisch „österreichische“ bzw. zentraleuropäische Art von Fred Lorenz, sich künstlerisch auszudrücken, war im Krieg der Worte und im Kampf um die Gunst der deutschen Propagandarezipienten sehr gefragt. Sein „Wiener Schmäh“ und sein Talent als unorthodoxer, zu körperlich-performativen Grenzgängen neigender Stimmenimitator1114 bescherten dem Wiener Exilkabarettisten einen – gemessen an den Umständen der Zeit – vergleichsweise angenehmen US-Kriegsdienst. Mit seinen schrägen Rundfunksatiren und antifaschistischen Desinformationstexten hat Lorenz aber nicht nur für „Chaos und Radau“,1115 Verstörung oder seelische Unruhe gesorgt, sondern wohl auch den düsteren Kriegsalltag der Empfänger das eine oder andere Mal aufgehellt und ein Schmunzeln auf deren Gesichter gezaubert. Wie in den US-Archiven hundert-, ja tausendfach dokumentiert, attestierten zahlreiche feindliche Hörer, darunter etwa der erwähnte österreichische Generalmajor von Poten, der schwarzen Rundfunkpropaganda der Alliierten einen hohen Informationsgehalt und einen ebenso hohen Entertainmentfaktor.1116 Das Spiel, das semiotische Guerillakrieger1117 wie Lorenz mit ihren Hörern trieben, wirkte durchaus auch erheiternd.1118 Die bübische Lust am Täuschen und Tarnen, am Karne-

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valesken und Spielerischen, war eine Eigenschaft, welche den „black boys“1119 des OSS ebenso wie einigen exilösterreichischen MRBC-Propagandisten aus Camp Sharpe zu eigen war. Die von diesen Akteuren gemeinsam durchgeführte Operation ANNIE sorgte daher wohl nicht nur für Irritationen im Feindeslager, sondern auch für eine gewisse plaisir du texte. Nach dem Krieg war der exzentrische und in seinem Herzen stets ein Zivilist gebliebene Fred Lorenz einer der wenigen exilösterreichischen US-Kampfpropagandisten, die nach Österreich zurückgekehrt sind. Heimwehgefühle trieben ihn, nun wieder unter seinem alten Namen Manfred Inger auftretend, zurück auf die Wiener „Brettl“-Bühnen. Er nahm sich letztlich genau das zu Herzen, was sein ebenfalls als Rundfunkpropagandist tätiger OSS-Kollege Lothar Metzl den österreichischen Hörern des Soldatensender Calais in einem Antikriegslied nahegelegt hatte: Mich hat das Heimweh packt mit Haenden wie Stahl. Mich zieht’s mit aller G’walt zum Donaukanal.1120

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3 Jenseits des Schlachtfelds: „Political Intelligence“, Konsolidierungs- und Umerziehungspropaganda im besetzten Deutschland 3.1 Die Propagandaaufklärung im Spannungsfeld von psychologischer Kriegsführung und Besatzungspolitik – Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“ Wenn es nur fiele, Aachen wäre die erste größere deutsche Stadt in den Händen der Amerikaner. Der Symbolwert wäre kolossal: hier hatte schon Karl der Große residiert, hier waren bis ins späte Mittelalter die deutschen Kaiser und Könige gekrönt worden; deutscher als Aachen ging’s nicht. Und hier würde man zeigen können: Deutschland unter amerikanischer Besetzung, Ordnung und Friede, Schluß mit dem Terror der Nazis. Hier würde man demonstrieren können: demokratische Anfänge, neue Leute in den Behörden, Wiederaufbau. Stefan Heym1 P. W. interrogators are usually the first Americans that the residents have been able to meet and talk with. Auszug aus dem wöchentlichen Bericht für die psychologische Kriegsführung der PWD/SHAEF 2 It is not your function, working in the field, to conduct your own foreign policy[.] Direktive der PWD/SHAEF-Spitze an die in befreiten Gebieten agierenden US-Feldpropagandisten3

Die alte Kaiserstadt Aachen hatte im Zweiten Weltkrieg nicht nur für die Deutschen, sondern auch für die Westalliierten eine enorme symbolische und politische Bedeutung. An die Einnahme dieser Stadt waren große Erwartungen geknüpft. Erwartungen, die – Stefan Heym deutet es oben bereits an – vielfach enttäuscht wurden. In der historischen Fachliteratur über die von der US-Armee durchgeführte Besetzung des Rheinlands stellt der sogenannte „Aachen Scandal“ zur Jahreswende 1944/1945 eine viel beachtete und kontrovers diskutierte Episode dar. Wie bereits in der Fallstudie zum österreichischen Propaganda-Nachrichtenoffizier Jacob Tennenbaum gezeigt, sind den besatzungspolitischen Turbulenzen in der ersten von den Amerikanern befreiten deutschen Stadt große militärische und propagandistische Anstrengungen vorangegangen. Auch wenn die psychologischen Krieger von PWB/1st Army wenig Zählbares zur Eroberung Aachens beigetragen haben, war das Einrücken der Amerikaner in die Stadt für die US-Armee per se

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schon ein historisches Ereignis. Aachen war zwischen Oktober 1944 und Februar 1945 nun „ein Stück Deutschland, in dem die Amerikaner und ihre Verbündeten, gleichsam wie bei einem Experiment, wichtige Erfahrungen für das Militärregime zu machen hofften, das nach der Kapitulation Hitlers für ganz Deutschland vorgesehen war.“4 Und auch für einige österreichische Propagandisten aus Camp Sharpe sollte in Aachen der politische Aspekt der Propaganda Intelligence zunehmend in den Vordergrund treten. Für Nachrichtenoffiziere wie Jacob Tennenbaum und die PWI-Verhörsoldaten sowie die Propagandaautoren ging es im Herbst 1944 nicht mehr nur um die Frage: Wie bringt man den noch kämpfenden Feind dazu, seinen Widerstand aufzugeben und wie kann man auf amerikanischer Seite dafür passende Flugblätter schreiben? Es ging nun vielmehr verstärkt darum, Material für „Konsolidierungspropaganda“ in den befreiten Gebieten und politische Informationen für die künftige US-Militärregierung zu sammeln: Wie wird sich der geschlagene Feind in der Phase zwischen Niederlage und Neubeginn uns gegenüber verhalten? Wie tickt er ideologisch? Wie kommen wir publizistisch an ihn ran? Wie kann er uns helfen, eine Militärverwaltung aufzubauen? Welche Gefahr geht von ihm (noch) aus? Der vor allem von Klaus Dietmar Henke detailliert aufgearbeitete5 besatzungspolitische Testlauf im befreiten Aachen fand unter aufmerksamer Beobachtung der westlichen Öffentlichkeit statt. „In Aachen“, so Klaus Schwabe, „konnte ausprobiert werden, welche Behandlung der Deutschen die beste Gewähr dafür bot, dass die zukünftigen Siegermächte ihr Hauptkriegs- und Friedensziel wirklich erreichten: Deutschland und die Deutschen so umzuwandeln, dass diese nie wieder die Welt mit einem Krieg bedrohen konnten.“6 Wer hatte in der besetzten Stadt eigentlich das Sagen? Die Zuständigkeit lag formell und in der unmittelbaren Praxis der Zivilverwaltung in Händen von SHAEF, Abteilung G-5, das heißt des Obersten Hauptquartiers der westalliierten Expeditions-

streitkräfte in Europa. Es mischten freilich noch alle möglichen anderen Stellen mit: in Geldfragen das Finanzministerium, für Medien und für Feindaufklärung die Abteilung für Psychologische Kriegführung bei SHAEF, und für politische Fragen das State Department, bei General Eisenhower vertreten durch Robert Murphy, einen hoch an­gesehenen Karrierebeamten des diplomatischen Dienstes. Im Hintergrund blickte die Presse mit Argusaugen auf das Verhalten der amerikanischen Besatzungsstellen […].7

Bereits hier sieht man: Die siegreich einziehende US Army saß in Aachen auf einem veritablen Pulverfass. Inmitten der wechselhaften Ereignisse in und rund um Aachen spielten zwei aus Österreich stammende Psychological-Warfare-Offiziere, deren Biografien,

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

Weltanschauungen und kulturellen Prägungen sich drastisch voneinander unterschieden, eine wichtige Rolle: nämlich der Aristokrat, Sharpe Boy und MRBCPropagandaaufklärer Francis Seidler alias Franz von Seidler und der mittlerweile einem größeren (Fernseh-)Publikum bekannte Historiker und Aufklärungsoffizier Saul K. Padover, der kein klassischer Ritchie Boy bzw. Sharpe Boy war. Diese beiden politisch selbstbewussten und publizistisch kompetenten Propagandaexperten8 waren Schlüsselakteure im „Aachen Scandal“ und bildeten am Anfang bzw. am Ende desselben eine dramaturgische Klammer rund um eine – allzu menschliche – Geschichte über zähe Machtkämpfe innerhalb des US-Militärapparats, über die Sehnsucht nach persönlicher Anerkennung, über das Ringen um die Durchsetzung der eigenen Ordnungsvorstellungen und die allgemeinen Fragen von Integrität und Ethik. Es handelt sich dabei um Fallstudien über die mit ideologischer Voreingenommenheit gepaarte Selbstüberschätzung österreichstämmiger und anderer Uniformträger im Dienste der PWD/SHAEF und deren PWB-Teams. Nicht zuletzt wirft die folgende Abhandlung auch ein Schlaglicht auf die enorme Produktivität und die unbestreitbaren Leistungen und Talente zweier Exilanten im Zweiten Weltkrieg. Als „Field Intelligence“-Experten der Psychological Warfare Division sollten zahlreiche Ritchie&Sharpe Boys bzw. ehemalige Österreicher wie Seidler und Padover nach der Überschreitung der Reichsgrenze der deutschen Zivilbevölkerung in den eroberten Gebieten „politisch am Puls fühlen“9 und die dabei gewonnene „Political Intelligence“ den PWD- und PWB-Propagandaproduzenten zur Verfügung stellen. Letztere betrieben nun neben Kampf- auch Konsolidierungspropaganda zur Befriedung und Stabilisierung des eroberten deutschen Gebiets. Denn die Besatzungsmacht brauchte eine starke öffentliche Stimme, die ebenso informierend wie überzeugend für die Amerikaner sprechen würde: „If the occupation had no voice“, so stellt Earl Ziemke luzide fest, „the people live on rumors.“10 3.1.1 Kein leichter Job – Politische Aufklärung im befreiten Deutschland Eng mit der politischen Aufklärung verzahnt ist die „Occupational Intelligence“: Als über den Feind gut informierte Spezialisten arbeiteten die PWI-Aufklärungsoffiziere im befreiten Gebiet den Militärverwaltungseinheiten der Civil Affairs Division (G-5) zu. „Psychological Warfare Officers will supply Civil Affairs at all practicable levels with any relevant information collected by them“, steht etwa in einer PWD-Grundsatzdirektive.11 Die Propagandaaufklärer beobachteten die Aktivitäten der Militärverwaltung sowie die Reaktion der deutschen Bevölkerung auf die organisatorischen und politischen Maßnahmen der Besatzungsmacht genau. Die PWI-Befragungen wurden gegen Kriegsende mit dem Ziel durchgeführt,

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langfristig verwertbare Muster von Meinungsbildern bestimmter Personengruppen zusammensetzen zu können, beispielsweise im Hinblick auf die Sicherheit der Besatz-

ungstruppen, auf die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Militärverwaltung oder auf das Schicksal der deutschen Evakuierten und Flüchtlinge und ausländischer Zwangs­ arbeiter.12

Im Operationsbericht des Psychological Warfare Combat Team der ersten USArmee werden daher neben den klassischen militärischen Propagandaaktivitäten auch folgende Tätigkeiten zum Aufgabenbereich der Einheit gezählt: 3. Assisting G-5 in the consolidation of liberated territories by:

a. Providing means for the distribution of news and information to civilians.

b. Organizing surveys of public opinion on matters of vital interest to the populations of liberated communities.

4. Facilitating the military operations of the occupying forces, and implementing Allied policies in the occupation of Germany by the control of information disseminated to the enemy population resident therein by:

a. Providing for the distribution of information, through the publishing of newspapers and other means.

b. Organizing public opinion surveys on matters relating to Military Government control measures.13

Gleichwohl wurde das G-5-Militärverwaltungspersonal darüber informiert, dass es „in the closest cooperation with Psychological Warfare personnel“ vorzugehen hatte und man im Feld der Aufklärungsarbeit und der zukünftigen Verlautbarungen an die örtliche Bevölkerung auf die Kampfpropagandaexperten angewiesen sei. Nicht nur die Propagandisten hatten die Aufgabe, Informationen weiterzugeben. Auch die Militärverwaltung selbst habe eigene Erkenntnisse, die für die Propagandateams operativ wichtig sein könnten, an diese weiterzuleiten.14 In einer Armeestudie über Psychological Warfare in Europa wird deutlich, dass vor allem das Zuarbeiten der Propagandaaufklärung für die Civil-Affairs-Stellen nicht klar umrissen war und einige Herausforderungen und Probleme für die PropagandaIntelligence-Spezialisten mit sich brachte: The mission of supplying political intelligence to the G-5 section was never clearly

defined, and led in some instances to misunderstandings. Political intelligence of value

to G-5 was a normal by-product of psychological warfare interrogations and surveys. This was particularly true after the occupation of areas in Germany when it became nec-

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

essary to learn the „Political Climate“ in Germany, and intelligence became increasingly a job of political reporting.15

Mit dem militärischen Abwehrdienst CIC arbeiteten die Propagandatruppen ebenfalls zusammen, um einen Einblick in die Denkweise der Zivilbevölkerung und damit zusammenhängende Sicherheitsfragen zu bekommen. So war etwa das IPWTeam #94 zwischen November und Dezember 1944 im Flüchtlingslager Brand damit beauftragt, für das CIC rund 11.000 Zivilisten aus dem Raum Aachen auf Herz und Nieren zu überprüfen16 und Personen zu identifizieren, die für die USBesatzer ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten. Als Teil dieses zur Target Force (T Force) der 12. Armeegruppe verliehenen IPW-Verhörteams hatte der österreichische Ritchie Boy Richard Schifter Screenings bei den befragten Personen durchzuführen.17 Durch diese Arbeit konnte er auch einen Blick auf die Haltungen und Meinungen der (Rest-)Bevölkerung Aachens erlangen.18 Dieses wertvolle Material über die politischen Stimmungslagen und die „morale“ aller verbliebenen Bewohner der Stadt waren laut seinem Kommandanten Morris Parloff auch für die Kameraden im Propaganda- und Militärverwaltungssektor erhellend. Dank dem Informationsaustausch zwischen dem CIC und der P&PW-Abteilung der 12. Armeegruppe konnten die Propagandaproduzenten – im Idealfall – auf vom CIC empfohlene zivile Informanten zurückgreifen19 und zielgerichtete psychologische Maßnahmen zur Konsolidierung der besetzten deutschen Zone lancieren: [C]o-operation between PPW [Publicity&Psychological Warfare, 12th Army Group]

and CIC, which has the opportunity to speak not merely to a cross-section, but rather to all the inhabitants, will pay large dividends to both agencies. Persons with apparently sound views on the trends of thought in the occupied areas, and other intelligent persons of firm conviction should be forwarded to PPW, in order that personnel of that agency keep a sensitive finger on the pulse of public opinion. Moreover, PPW, by means

of newspapers, posters, loudspeakers […], can play a large part in the molding of the

public opinion in such a manner as to be benificial to all agencies interested in security.20

Die Realität der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit im US-Militär- und Geheimdienstkomplex sah letztlich nicht so rosig aus, wie Parloff es hier darstellt, aber dennoch war die Kooperation fallweise erfolgreich. So hatte das CIC bzw. Schifters IPW-Team von wilden Gerüchten rund um eine Wiederkehr der NSHerrschaft in Aachen während der Ardennenoffensive erfahren. Weil sie diese Informationen laut Parloff den Propagandisten weitergegeben hatten, konnten Letztere mit ungeschönten und ehrlichen Schlachtberichten in ihren Flugblättern

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auf diese Gerüchte eingehen und sie entkräften.21 Flankiert wurde diese weiße und aufklärerische „Beruhigungspropaganda“ der PWD/SHAEF durch die schwarze und subversive Propaganda des OSS-Tarnsenders 1212 (Operation ANNIE) – hier sandten österreichische Sharpe Boys wie Fred Lorenz listige DesinformationsBotschaften an die Wehrmacht und deutsche Zivilisten aus. Wie oben dargelegt, waren Propagandaaufklärung, Propagandaproduktion und Besatzungspolitik eng miteinander verwoben. Dies sollte bald zu Konflikten und Verwerfungen innerhalb der Besatzungsarmee führen. Seinen Anfang nahm der „Fall Aachen“ am 20. Oktober 1944, einen Tag, bevor die deutschen Verteidiger nach aussichtslosem Kampf mit der First US Army kapitulieren sollten.22 Laut einem Situationsbericht der G-2-Abteilung der 1st Infantry Division glich das – auch aufgrund von massiven Luftangriffen der Alliierten im Jahr 194423 – devastierte Aachen zu diesem Zeitpunkt eher einer römischen Ruinenstadt als einer deutschen Provinzmetropole. Im Gegensatz zum antiken Vorbild besaß Aachen aber „none of the grace of gradual decay“.24 Vor dem Hintergrund dieses apokalyptischen Szenarios hatte ein amerikanischer Unteroffizier der Kampfpropagandatruppe der ersten US-Armee nun eine wichtige Mission im Sinne des oben skizzierten „politischen“ Auftrags zu erfüllen: Noch bevor der Gefechtslärm im Stadtgebiet überall verstummt war, klopfte bereits ein deutschkundiger Emissär in der Bischofswohnung25 an, um im Auftrag amerikani-

scher Kommandostellen offiziellen Kontakt aufzunehmen. Da sich der Mittelsmann bei Bischof van der Velden zudem als Neffe des einstigen Kardinalstaatssekretärs Merry de

Val vorstellte, entwickelte sich unerwartet rasch ein Gesprächsklima, in dem sich der

Bischof mit unverstellter Offenheit äußerte. Noch am gleichen Tag […] wurden die

Hauptpunkte der Befragung in einem ausführlichen […] Protokoll für den militärischen Geheimdienst [PWI-Abteilung von PWB/1st Army und G-2/1st Army] festgehalten.26

Mit diesen Worten beschreibt Ludwig Volk jenes Gespräch, das für die weiteren besatzungspolitischen Entwicklungen in der eroberten Stadt Aachen eine vorentscheidende Rolle spielen sollte. Der erwähnte Geistliche, Bischof Johannes Joseph van der Velden, gehörte zu jenen geschätzten 6.000 Zivilsten die – entgegen dem NS-Evakuierungsbefehl vom September 1944 und trotz der Drohungen, die damit einhergingen – bis zum Ende der Kämpfe in der Stadt ausharrten.27 Die westdeutschen Bischöfe hatten im Vorfeld gemeinsam entschieden, in ihren Diözesen zu bleiben – van der Velden war der erste, der diesen Beschluss auch in die Tat umsetzte. Nachdem Bischof van der Velden am 18. Oktober von amerikanischen Infanteristen aus dem Keller des „Geka“-Warenhauses geholt28 worden war, wurde er als

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

bevorzugt zu behandelnder Gast ins US-Evakuationslager Brand, ein für Aachener Zivilisten kurzfristig eingerichtetes Baracken- und Kasernenlager in Belgien, und später in ein Frauenkloster in Gemmenich gebracht. Für Major Leo Swoboda, seines Zeichens Kommandant des Lagers Brand und zugleich auch „Legal Officer“ der Aachener Militärregierungs-Einheit F1G2 des Second European Civil Affairs Regiment (2nd ECAR) sowie Verbindungsoffizier zur G-5-Abteilung der ersten US-Armee, war der bei der Bevölkerung beliebte Bischof „ein Geschenk des Himmels.“29 Der damalige Leiter seiner Einheit, Albert Carmichael, hatte ihn nämlich damit beauftragt, „geeignete Männer für die Stadtverwaltung ausfindig zu machen. Als sicherster Weg zur Erfüllung solcher Aufträge“, schreibt Henke, „galt den amerikanischen Soldaten zu Beginn der Besetzung die Mithilfe der Kirche. Gab es also jemanden, der ihm, Swoboda, besser behilflich sein konnte als der Bischof von Aachen persönlich?“30 3.1.2 Konservativ, kirchennah, umstritten: Francis Seidler Der hohe kirchliche Würdenträger galt für den militärischen Nachrichtendienst also als Schlüsselfigur „an der Nahtstelle zwischen Hitlerdiktatur und Besatzungsherrschaft“.31 Ist die Rolle des Bischofs rund um die Befreiung Aachens und den darauffolgenden politischen „Skandal“ in der Forschung und Memorialliteratur ausführlich – und kritisch – durchleuchtet worden, so wusste man über den Hintergrund des amerikanischen Mittelsmanns, des „Sergeant Frank Siedler“, wie der österreichische Exilant Francis Seidler fälschlicherweise von Henke bezeichnet wird,32 lange Zeit nichts. Wirft man einen genauen Blick auf Seidlers beruflichen Werdegang, dann zeigt sich, warum der politisch brisante Auftrag, den er als PWI-Verhörer der PWB/1st Army und Gesprächspartner des Bischofs auszuführen hatte, sich schnell zu einem jovialen, mehrere Stunden dauernden Zwiegespräch entwickelte: Der freundliche Dialog des unter dem Befehl von Jacob Tennenbaum stehenden Seidler mit dem hohen Geistlichen erwuchs aus der Tatsache, dass hier zwei Menschen mit ähnlicher Gesinnung aufeinan29  Francis Seidler

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dertrafen. Seidlers später noch zu erwähnender Kollege Saul Padover hätte es als das Gespräch von zwei „autoritären Faschisten“33 bezeichnet. Wer war nun dieser Francis Seidler? 1913 als Baron Franz von Seidler geboren, wurde er durch ein rechtskatholisches Umfeld geprägt. Während seines JusStudiums in Wien, das er mit einem Doktorat abschloss, diente er laut eigenen Angaben als Leutnant in der paramilitärisch-autoritären Heimwehr. Obwohl der Heimwehr-Bundesführer Richard Steidle und wichtige Heimwehrverbände in Österreich spätestens seit dem sogenannten Korneuburger Eid antidemokratisch eingestellt waren und dem Faschismus nahestanden, bezeichnete Seidler in einer selbst verfassten Kurzbiografie, die seinem OSS-Personalakt beigelegt ist, die Heimwehr euphemistisch als „nationale Miliz, deren Aktivitäten prinzipiell antinationalsozialistisch“ ausgerichtet gewesen seien. In Folge machte Seidler in der Zeit des Ständestaatregimes bzw. der Dollfuß- und Schuschnigg-Kanzlerdikatur34 eine steile Karriere: So arbeitete er unter anderem als Sekretär des Straf- und späteren Entnazifizierungsrichters Alfred Baschiera, als Attaché des Pressediensts des Kanzleramts, als zweiter Sekretär des – dem Nationalsozialismus nahestehenden – Staatssekretärs für Äußeres, Guido Schmidt, und als Botschaftssekretär mit Schwerpunkt auf Südamerika-Handelsangelegenheiten.35 Seidler bewegte sich also im großbürgerlichen und rechtsautoritären Milieu. Als Vertreter der bei den Nationalsozialisten verhassten „System“-Diktatur hatte er es laut Angaben amerikanischer Diplomaten unmittelbar nach dem „Anschluss“ sehr eilig, das Land zu verlassen.36 Nach seiner 1939 geglückten Ausreise in die USA strebte Seidler sofort zum US-Militär. So diente er zunächst als freiwilliger Zivilist bei der Fliegerabwehr/ Küstenartillerie37, absolvierte 1943 eine Ausbildung als Luftbildaufklärer und war (erfolgloser) Offizierskandidat bei der Army Air Force in Florida. Das OSS, das auf diesen „politischen Immigranten“ schon länger ein Auge geworfen hatte, rekrutierte den Österreicher Ende 1943 schließlich für seine Propagandaabteilung.38 In dem OSS-Bewerbungsbogen gab Seidler an, dass er eine spanische Mutter – offensichtlich die Schwester des im Gespräch mit dem Aachener Bischof im Oktober 1944 erwähnten Kardinals und „Onkels“, Rafael Merry de Val y Zulueta – habe und er neben Deutsch, Englisch und Spanisch auch fließend Französisch und Italienisch spreche.39 Er konnte zudem auf eine dreijährige journalistische Tätigkeit für amerikanische Zeitungen verweisen. So schrieb Seidler 1942 eine Zeit lang für den Washington Times Herald, den er aber aufgrund der isolationistischen Blattlinie bald verließ.40 Sein zentraleuropäischer Hintergrund sowie seine Erfahrungen, die er – eigenen Angaben zufolge – mit der aggressiven NS-Agitation gegen den österreichischen „Ständestaat“ gemacht hatte, weckten das Interesse der amerikanischen Geheimdienst- und Propagandaoffiziere:

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

As a former member of the Austrian Diplomatic Service I [Seidler] have been in very

close touch with Central European political problems and have acquired some experience

as to the working of Nazi propaganda and subversion methods in my former homeland. I have travelled a lot and speak, write, and read five languages fluently.41

Doch war die für die Beobachtung der politischen Immigration im Land zuständigen Foreign Nationalities Branch (FNB) des OSS42 auch auf mögliche dunkle Flecken in Seidlers Lebenslauf aufmerksam geworden: In einem im April 1944 direkt an OSS-Direktor Donovan gerichteten Memorandum stellte der letzte amtierende US-Botschafter in Wien und nunmehrige Leiter von OSS/FNB, John C. Wiley, dem österreichischen Flüchtling kein gutes Zeugnis aus. Der profunde Österreichkenner Wiley43 zitiert darin ein auf Mai 1941 zurückgehendes Schreiben des damaligen US-Botschafters in Moskau, Adolph Steinhardt, an Außenminister Cordell Hull, in dem Seidler als rückgratloser, extravaganter und unzuverlässiger Zeitgenosse charakterisiert wird. Den in Steinhardts Bericht (der wiederum auf Angaben seines Diplomatenkollegen Frederick Reinhardt beruht) Raum gegebenen Aussagen und Gerüchten44 zufolge hätte Seidler vor 1938 sogar versucht, sich den illegalen Nationalsozialisten in Österreich anzuschließen, sei aber wegen seiner teilweise „jüdischen“ Herkunft daran gehindert worden. Dennoch habe er sich an faschistischen Umtrieben beteiligt. Wegen dieser Tätigkeiten in Bedrängnis gekommen, habe er seine Haut gerettet, so eine weitere Vermutung in Wileys bzw. Steinhardts Bericht, indem er andere Nationalsozialisten bei den Behörden des Ständestaatregimes angeschwärzt habe. Daher habe Seidler 1938 wohl Angst vor der Rache der Hitler-Anhänger gehabt. „The most favorable thing in Seidler’s record“, so der Diplomat, „is the fact that while serving in the Austrian Foreign Office he was unable to get on with Guido Schmidt.“45 Trotz diesem – vielleicht auch auf persönlicher Abneigung beruhenden und widersprüchlich wirkenden – Bericht lagen der FNB auch positive Einschätzungen über Seidler vor. In einem OSS-Memorandum von September 1942 wurde er etwa als „reliable and solid person“ charakterisiert,46 während ein weiterer FNBAkt von ihm das Bild eines moderaten Konservativen zeichnet.47 Aufgrund seiner sprachlichen Fähigkeiten und seines Insiderwissens in Sachen zentraleuropäischer Mentalität und Politik wurde er daher mit offenen Armen in die Propagandaabteilung des OSS aufgenommen. Er hätte später in Europa im Rahmen der psychologischen Kriegsführung gegen Hitlerdeutschland in einem „Radio Field Print Team“ bei OSS Morale Operations eingesetzt werden sollen.48 Letztere Einheit war den Mobile Radio Broadcasting Companies, die in ihrer Urform zwar vom War Department bzw. von MID/MIS in Camp Ritchie aufgestellt worden

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waren, aber dann unter dem Namen First Combat Propaganda Company kurzzeitig unter der Kontrolle des OSS standen,49 ähnlich. Im Jänner 1944 entließ man Seidler vom OSS in Richtung Camp Ritchie, wo er schließlich bei der 3rd MRBC landete. Weder in seinem OSS-Personalakt noch in seinen Armeedokumenten wird er in irgendeiner Form negativ beurteilt – im Gegenteil, im OSS-Akt wird unter anderem ein persönliches Empfehlungsschreiben für die zivile Küstenartillerie erwähnt.50 Da der Seidler-Kritiker John Wiley nach seinem Dienst im State Department zum Coordinator of Information (dem Vorläufer des OSS) gewechselt war, um dort die FNB-Abteilung zu leiten, waren die von ihm zitierten Negativberichte des Duos Steinhardt/Reinhardt über Seidler in Geheimdienstkreisen wohl schon seit Längerem bekannt. Dennoch glaubte man dort offensichtlich nicht, dass es sich bei dem österreichischen Flüchtling um eine zwielichtige Figur oder ein Sicherheitsrisiko handeln könnte. John Wileys Behauptung, dass Seidler ausgerechnet zu jenem Politiker des späten Ständestaatregimes ein schwieriges Verhältnis hatte, der dem Nationalsozialismus nahestand – nämlich Guido Schmidt51 – lässt zudem eher auf eine antinationalsozialistische Haltung Seidlers schließen. Gleichwohl erweist es sich für ihn nicht gerade als vorteilhaft, dass der einflussreiche Wiley als erstgenannte Referenz auf einer Liste von zehn möglichen Auskunftspersonen, die Seidler dem OSS gegeben hat, Letzteren als Faschisten und Wendehals bezeichnet.52 Auch die kirchenhistorische Detailinformation, dass der vom US-Besatzungssoldaten Seidler gegenüber dem Bischof von Aachen stolz erwähnte „Onkel“, also Kardinalstaatssekretär Merry de Val, ein eifriger Förderer53 des österreichischen Klerikers und späteren NS-Fluchthelfers Alois Hudal54 war, wirkt in diesem Kontext nicht unbedingt vertrauensfördernd. Ob Seidler in der Zwischenkriegszeit in Österreich nun eine fragwürdige Rolle gespielt und sich den Nationalsozialisten und ihren Netzwerken angedient, oder ob er als strammer, gewiss autoritär veranlagter, aber „gefestigter“ Konservativer und Österreichpatriot einfach nur gegen die NS-Ideologie Widerstand geleistet hat, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Fakt ist, dass es sich hier um einen gebildeten, sprachlich gewandten Aristokraten handelte, der in katholischen Zirkeln bestens vernetzt war und der über militärische, journalistische, politische und diplomatische Erfahrung verfügte. Vermutlich war auch eine gewisse Ignoranz in Bezug auf die politischen Gepflogenheiten, Hintergründe und Rivalitäten in Mitteleuropa für die wohlwollende Behandlung Seidlers durch den US-Geheimdienst- und Militärapparat ausschlaggebend. Die Nachrichten-, Propaganda- und Militärregierungsoffiziere55 der US Army hatten vor und vielfach auch während dem Einmarsch in Zentraleuropa wenig Ahnung von den sozialen, politischen und kulturellen Gegebenheiten und

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Fallstricken, die im zu befreienden Deutschen Reich auf sie warteten. Wie sollten diese Leute daher im Vorfeld jene Maßstäbe bei der Beurteilung von Leuten wie Francis Seidler anlegen, von denen sie selbst wenig wussten? Im Gegensatz zu den kaum vorbereiteten und von der Komplexität der Besatzungstätigkeit in Deutschland überforderten Militärregierungssoldaten war der ehemalige Österreicher vom Hintergrundwissen her haushoch überlegen. Erhard Dabringhaus, Zeitzeuge und Kommandant eines IPW-Verhörteams,56 gibt in einem Rückblick zu diesem Problem pointiert Auskunft: We never occupied a country before. What the hell did we know about occupying Ger-

many? We made so many mistakes. We sent colonels in who needed another year for retirement, we made them military governors of Bavaria. They’d never been in Europe. We

taught ’em for a couple of weeks in South Carolina what kind of trees grow in Bavaria.57

Seidlers propagandistische und nachrichtendienstliche Kompetenz schien also die US-Militärs zu beeindrucken und es stand zudem außer Frage, dass man diese – vor allem in der Kampf- und Konsolidierungsphase – auch ausspielen würde. Die mit „den robusten Gummistiefeln des angelsächsischen Pragmatismus“ gegen Deutschland marschierenden Amerikaner58 hatten schließlich einen Krieg zu gewinnen und ein erobertes Land administrativ in den Griff zu kriegen. Dass es sich bei Seidler um einen – im Widerspruch zu den hehren demokratischen Idealen der amerikanischen Befreiungsarmee stehenden – „Proponenten der Antidemokraten und Antimodernen“59 handelte, war in diesem Zusammenhang kein Hindernis für seine Beschäftigung. Wie bereits erwähnt, wurde der ehemalige OSS-Mann Seidler – ohne einen Intelligence-Grundkurs besucht zu haben – in Camp Ritchie zur 3nd MRBC abkommandiert.60 Nach dem Propagandalehrgang in Camp Sharpe und der Überfahrt nach Europa war Seidler an der Westfront im Bereich des Kampfpropagandateams der dritten US-Armee (PWB/3rd Army) tätig. Infolge einer Personalrochade im Herbst 1944 arbeitete Seidler schließlich an der Seite von Jacob Tennenbaum für PWB/1st Army als Übersetzer, Propagandaredakteur und -autor.61 Wie viele seiner MRBC-Kameraden führte auch er PWI-Verhöre durch und erstellte auf Basis seiner Befragungen moralanalytische Berichte über deutsche Kriegsgefangene. Und zwischen den Zeilen kann man in diesen Dokumenten einiges über Seidlers Weltbild erfahren: Bereits im September 1944 hatte er im „POW cage“ der dritten USArmee den Österreicher Rudolf Preinfalk interviewt. In diesem Interview hegte Letzterer Ressentiments gegen die „Piefkes“ und gab sich als Österreichpatriot aus. In diesem Zusammenhang ist ein Detail interessant: Obwohl Seidler hier einen

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standardisierten Fragebogen ohne vorgedruckte Österreich-Fragen verwendete, hat er in den Antwortspalten viele österreichbejahende Aussagen seines Gesprächspartners dokumentiert. Das könnte einerseits mit der patriotischen Überzeugung des Interviewten zu tun haben. Das hohe sprachliche Aggressionslevel des jungen Soldaten Preinfalk („the nazis in Austria will all be killed off“; „Genau so erschiessen wie man unsere sozialistischen Führer erschossen hat“) weist in eine solche Richtung. Andererseits könnte dies auch mit dem Opportunismus des Befragten erklärbar sein: Bekennende Österreicher gingen – etwa bei jener belgischen Familie, die Preinfalk nach der Desertion beherbergt hatte – leichter als „Anti-Nazis“ durch und der demonstrative Hass gegenüber den „Piefkes“ und „Nazis“ könnte den Zweck gehabt haben, einen politisch sympathischen Eindruck zu hinterlassen. Es scheint aber auch möglich, dass der ehemalige Ständestaat-Funktionär Seidler das Gespräch bewusst in die von ihm gewünschte Richtung lenkte, damit der Verhörbericht später mit seinem Österreichbild korrespondierte. So hätte der laut Seidlers Mitschrift sich als Sozialist ausgebende Wiener keinerlei Probleme mit einem „Archduke Otto“ (i. e. Otto von Habsburg) an der Regierungsspitze eines neu zu errichtenden Nachkriegsösterreich.62 In Anbetracht der Gegnerschaft zwischen „internationalistischen“ Sozialisten und „österreichischen“ Monarchisten bzw. Konservativen ist das eine ungewöhnliche Positionierung. Seidler könnte an dieser Stelle also ein frisiertes Verhörprotokoll geschrieben haben. Auf jeden Fall ist das Preinfalk-Verhör ein plakatives Beispiel für die nicht selten auftauchenden Österreich-Bekenntnisse in den amerikanischen PWI-Reports in der Spätphase des Kriegs. Ob Preinfalk aus Überzeugung handelte, oder ob er nur seinem Verhörer nach dem Mund redete, kann hier nicht beurteilt werden. Ein anderer von Seidler im November 1944 verfasster – und bis in die obersten Stäbe der PWD/SHAEF weitergeleiteter – Report war für den Fall Aachen sehr aufschlussreich: So zeigte die Befragung von 24 gefangenen Wehrmachtssoldaten zu propagandarelevanten Themen (allgemeine Verfasstheit und geistig-seelischer Zustand des Gegners, Wirkung der US-Flugblätter etc.) nicht nur, wie prekär die Lage der deutschen Infanterie- bzw. Volksgrenadierdivisionen im Kampfraum der First US Army war, sondern sie gab auch Aufschluss über die Erwartungen der feindlichen Soldaten in Bezug auf das besiegte Nachkriegsdeutschland. Immerhin gaben 15 Gefangene darin an, dass sie sich ein demokratisches Deutschland wünschten.63 Genau diesem von ihm mitnotierten Wunsch vieler deutscher Landser nach einer Umwandlung Deutschlands von einer Diktatur zur einer demokratischen Staatsform sollte der ironischerweise aus einem autoritären Umfeld kommende Seidler während seines Einsatzes im Herbst 1944 im Rheinland zuarbeiten. Er war der Propaganda- und Nachrichtenabteilung der 1. US-

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Armee ein äußerst willkommener Experte, als es darum ging, mit dem geistlichen Oberhaupt des Bistums Aachen das zuvor erwähnte Sondierungsgespräch zu führen, das besatzungspolitisch noch bedeutend werden sollte. Dass Seidler hier zum Zug kam, ist nicht nur seinen sprachlichen Fähigkeiten und seinem Status als ein im orbis catholicus bestens vernetzter Mann, sondern auch systemischen und besatzungspolitischen Rivalitäten zu verdanken: In seinem Einsatzbereich duldete der Chef der G-2-Abteilung der 1st US Army, Colonel Dickson, keine anderen nachrichten- oder geheimdienstlichen Akteure, wie jene des semizivilen OSS.64 Dickson schenkte auch den von außen anklopfenden „hoffnungslos unmilitärischen Figuren“ der PWD/SHAEF65 kein Vertrauen: Obwohl ein kleines, auf politische Gespräche und PWI-Verhöre mit deutschen Zivilisten spezialisierte Psychological-Warfare-Team der 12. Armeegruppe (PWB/T Force 12th Army Group) lange Zeit versuchte, „nach Aachen hineinzukommen, […] betrachtete der militärische Nachrichtendienst die Stadt als seine Domäne, die er mit niemandem, auch nicht mit der Abteilung für Psychologische Kriegsführung, teilen wollte“.66 Dies schreibt Saul Padover, der als „Special Interrogator“ Mitglied dieser Target Force war und auch auf der Personalliste des OSS stand, in seinen Kriegsmemoiren. Padover, einem vom Ehrgeiz und moralischer Empörung getriebenen und vom „dummdreisten“ Opportunismus67 der deutschen Bevölkerung angewiderten Idealisten, blieb in dieser heißen Phase rund um den US-Einmarsch in die Stadt der Kontakt mit prominenten und gewöhnlichen Aachener Bürgern verwehrt. Und wie sich später herausstellen sollte, hatte er diese persönliche Kränkung keineswegs vergessen. Was dem linksliberalen und jüdischen Altösterreicher nicht möglich war, wurde nun einem anderen gebürtigen Österreicher, der für die – in Aachen privilegierte – Abteilung für Psychologische Kriegsführung der ersten US-Armee (PWB/1st Army) tätig war, gewährt: eben Francis Seidler. Er, nicht Padover und sein Team, führte als Insider das erste bedeutende Gespräch eines Vertreters der Besatzungsmacht mit dem Bischof von Aachen.68 Die Entscheidung, den Katholiken Seidler zum Zug kommen zu lassen, spiegelt auch den Pragmatismus und die Zielgruppenorientierung des US-Propagandaapparats wider. So hatte man bereits während der Operation TORCH in Nordafrika „die Vernehmungsoffiziere auf Probanden mit katholischem Hintergrund, auf Industriearbeiter, Lehrer oder Soldaten aus Österreich angesetzt, immer in der Hoffnung, Sympathisanten der alliierten Sache einfacher zu identifizieren“.69 Der Bischof, dem von Robert Murphy aufgrund seines Verhaltens im Zuge der teils chaotischen NS-Evakuierung von Aachen „beträchtliche Tapferkeit“ attestiert wurde,70 empfing Sergeant Seidler wie erwähnt mit offenen Armen. Van der Velden war ein begehrter Informant und genoss in Folge eine bevorzugte Behandlung von

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Seiten des Militärregierungs-Detachments und der Vertreter von PWB/1st Army. Diese hingebungsvolle, ja nahezu servile Haltung gegenüber dem Bischof war übrigens eine klare Verletzung des Fraternisierungsverbots mit der deutschen Zivilbevölkerung,71 die einen kurzen Exkurs wert ist: Dieses vom angloamerikanischen Generalstab erlassene Verbot (das Teil der von Eisenhower abgesegneten Direktive „CCS 551“ für eine zu errichtende Militärverwaltung in den deutschen Gebieten war) basierte mitunter auf der pessimistischen Annahme, dass die über Jahre hinweg faschistisch „geimpfte“ deutsche Bevölkerung den amerikanischen Befreiern gegenüber feindselig eingestellt sein und dass man die deutschen Zivilisten am ehesten mit autoritärem Auftreten und militärischer Härte beeindrucken würde. „In jeder Armeezeitung, an jedem Feldposten“, so Martin Herzog in der Zeit, „steht in großen Lettern die Losung zu lesen: Don’t fraternize! ‚Wer in einer deutschen Stadt ein hübsches Mädchen grüßt oder ein deutsches Kind tätschelt‘, warnt der Armeesender, ‚der verneigt sich vor Hitler und seinem Blut-Regime. Don’t fraternize!‘ Die Deutschen sollen als Kriegsgegner gesehen werden, nicht als befreites Volk.“72 Letztlich sollte eher das Gegenteil der amerikanischen Befürchtungen eintreten: Zwar waren – nach Jahren hämmernder Rassenpropaganda – einige Aachener Zivilisten wegen der schwarzen Kraftfahrer, die sie ins Flüchtlingslager Brand brachten, aufgewühlt.73 Auch der österreichstämmige US-Militärregierungssoldat Charles Winter erinnert sich an eine Episode mit einer deutsche Zivilistin, die ihn, den von der NS-Propaganda verteufelten Besatzer, gefragt hatte: „When do you take our children away?“ Als Winter die Dame in seiner Muttersprache aufklärte, dass dies nicht geschehen würde, sei Letztere allerdings schockiert über die Lügen der eigenen Regierung gewesen. Derartige Aha-Erlebnisse hätten die Akzeptanz der US-Herrschaft im Land erhöht und den Job der Military Government-Experten um einiges leichter gemacht, so Winter.74 Kommen wir zurück in die Aachener Region: Wie die Moralanalysten der PWD/ SHAEF sehr rasch feststellen konnten, verhielt sich die Rheinländer Bevölkerung den Westalliierten gegenüber fügsam und kooperativ75 und das Fraternisierungsverbot schien sie mehr zu irritieren als zu beeindrucken. Jacob Tennenbaum hat gegen Kriegsende herausgearbeitet, dass gerade jene Rheinländer, die den US-Befreiern gegenüber freundlich eingestellt gewesen waren, ein gewisses Ressentiment gegen das Fraternisierungsverbot hegten. Diese Leute, die wie Bischof van der Velden gegen die Anordnung des örtlichen Kreisleiters Eduard Schmeer in Aachen geblieben waren, wollten nicht mit „Nazis“ in einen Topf geworfen werden76 und waren „auf muntere Kooperation mit den Amerikanern“ erpicht.77 Wie weitere, teils schlüpfrige, Details aus Tennenbaums Bericht und die Episode um den Bischof zeigen, waren Soldaten der US Army bereit, mit den Prinzipien amerikanischer Besatzungspolitik zu brechen, wenn es taktisch oder zwischenmenschlich78 opportun erschien.

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3.1.3 Die Katholische Kirche als logische Verbündete? In vielen Fällen klammerten sich die unerfahrenen und von den gewaltigen politischen, administrativen und psychologischen Herausforderungen in Deutschland oft schlichtweg überforderten Besatzungssoldaten an jeden Strohhalm, der ihnen dabei helfen konnte, geeignete Personen für die neu aufzubauende Militärverwaltung zu finden. Und gerade das seelsorgliche Personal der katholischen Kirche schien aus amerikanischer Sicht Ausnahmen beim Fraternisierungsverbot zu rechtfertigen: Stärker als die evangelische Kirche, in deren Reihen es durchaus mutige und integre NS-Gegner wie Dietrich Bonhoeffer gegeben hat, galt die katholische Kirche für die Amerikaner als strukturelle Gegnerin des NS-Regimes. So verweist ein Bericht der PWD/SHAEF anerkennend auf die „many staunch Catholics“ unter befragten Zivilisten im Bereich der ersten US-Armee und stellt einen Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit des Bevölkerungsgroßteils zur katholischen Kirche und dem angeblich niedrigen Ansehen der NSDAP im Rheinland her.79 Das Rheinland galt vielen US-Nachrichtenexperten neben den ebenfalls katholisch geprägten Ländern Österreich und Bayern als Gebiet, das sich „relatively friendly to Americans“ verhalten würde.80 Des Weiteren wussten die US-Nachrichtenoffiziere von den „politischen Predigten“ des mehrmals verhafteten Pfarrers Adolf Rosch im rheinischen Andernach – diese waren auch bemerkenswert, weil der Ort als eher NS-linientreu bekannt war.81 In Aachen selbst gab es in der Pfarre St. Fronleichnam neben dem regimetreuen Kaplan Hilmer den Kaplan Sparbrodt, der sich bei Firmungsvorbereitungen und Beichtgesprächen mit Soldaten gegen „Haßpredigten“ und den „religionslosen Staat“ aussprach.82 Der während der NS-Zeit in Aachen und Tirol wirkende Jugendseelsorger Karl Loven kritisierte eigener Darstellung nach in seinen Predigten die anti-kirchlichen Repressionen des Regimes.83 Und nicht zuletzt hatte das Bistum Aachen laut Ludwig Volk eine Reihe von „Blutzeugen“, die im Konzentrationslager oder in NS-Haft der ihnen zugefügten Gewalt erlagen, zu beklagen.84 Neben einigen Priestern zeigten auch Aachener „Laien“ Resistenzverhalten oder widersetzten sich im Herbst 1944 dem NS-Evakuationsbefehl.85 So etwa der katholische Geschäftsmann Bernard Thiele: Er gab gegenüber US-Verhöroffizieren an, ein Regimegegner zu sein und sich fünf Wochen lang in Aachen versteckt zu haben, während die Stadt von Amerikanern beschossen und vom deutschen Militär und der „Nazi party“ terrorisiert worden sei.86 Gleichwohl gab es auch anders tickende Katholiken in der Stadt, wie den Oberregierungsrat und Schulrat Josef Burens, der aufgrund einer PWI-Befragung zwar nicht als fanatischer Nazi, aber als langjähriges NS-Parteimitglied und „eternal German“, also als nationalistisch-konservativer Großbürger mit „preußischem“ Gedankengut bezeichnet wurde.87

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Summa summarum sollte sich das katholische Milieu für die US-Armee als naheliegendster Ausgangspunkt für die Nachrichtengewinnung im Bereich der Political Intelligence erweisen. Symbolisch verdichtet wurde das positive Image der katholischen Kirche durch die von Stefan Heym erzählte Begebenheit, dass im saarländischen Ort Ensdorf eine das „weiße Meßgewand des Pfarrers als Parlamentärsfahne schwingende“ Frau sich den Amerikanern ergeben hatte.88 Da es den neuen Machthabern – nicht zuletzt aufgrund der Angst vieler kooperationswilliger Deutscher vor NS-Racheakten – schwerfiel, geeignete Personen für verantwortungsvolle Verwaltungsposten zu finden, war man nolens volens auf kirchliche Mithilfe angewiesen. Weil zahlreiche „natürliche“ Regimegegner und mögliche Andock-Stellen wie Sozialisten und Kommunisten im Oktober 1944 in der zwangsgeräumten und fast menschenleeren Stadt (noch) nicht anwesend waren, stellten die katholischen Geistlichen eine logische Nachrichtenquelle für die informationshungrigen US-Offiziere dar. Auch wenn es vereinzelt kritische Stimmen gab, die – wie Saul Padover – davor warnten, dem Klischee der NS-feindlichen Katholiken zu sehr Glauben zu schenken,89 hatten die US-Nachrichtenund Propagandaoffiziere im Herbst 1944 zahlreiche Hinweise gesammelt, um zum Schluss zu kommen, dass viele Priester und Laien mitunter eine treibende Kraft im Widerstand waren oder zumindest dem Regime kritisch gegenüberstanden. Earl Ziemke ist Recht zu geben, wenn er behauptet, dass die rheinländischen Priester nahezu jedermann kannten und „a great deal about local politics“ wussten.90 So urteilte ein Major des Counter Intelligence Corps: Wenn es auch verfehlt ist, den Katholizismus als eine Widerstandsorganisation zu bezeichnen, umfaßt er doch einen starken Anti-Nazi-Block, der sich als der fruchtbarste

Boden verläßlicher Informationen erweisen kann. Katholische Priester sind im allgemei-

nen bereitwillige Informanten gewesen und haben auch den Weg zu anderen gewiesen.91

Es erschien also zweckmäßig, auf die katholische Kirche im Rheinland zurückzugreifen, als es darum ging, eine neue Stadtverwaltung in Aachen zu installieren. Vor allem höhere Geistliche, deren Stimme bei großbürgerlichen Kreisen, der konservativen Intelligenz und Wirtschaftstreibenden Gewicht hatte, erschienen als ideale Wegbereiter beim Aufbau der neuen Besatzungsadministration. Der 53jährige Bischof von Aachen passte genau in dieses Beuteschema. Kommen wir daher wieder auf das Interview Seidlers mit dem Oberhirten zurück. Neben dem eher positiven Widerstands-Image der katholischen Kirche ist vor allem diese pragmatische und soziopolitische Hintergrundfolie bei der Beurteilung des in Folge dargestellten Gesprächs vom 20. Oktober 1944 zwischen dem exklusiv

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von PWI-Chef Tennenbaum dafür abgestellten austro-amerikanischen GI Seidler und dem rheinländischen Kirchenmann von Bedeutung. Das rund dreieinhalb Stunden (!) dauernde Interview (man sah vom Terminus „Verhör“ bewusst ab), das sich zwischen Seidler und van der Velden entfaltete, wurde von Letzterem laut dem Gesprächsprotokoll mit „unverstellter Offenheit“ geführt.92 Der katholische Emissär in US-Uniform und der nach mehrwöchigem „Kellerdasein“ sehr vertrauens- und redselige Bischof93 waren weltanschaulich auf einer Linie. Seidler schwärmt in seinem Gesprächsbericht von van der Veldens „Überzeugungskraft und logischer Klarheit“. Bevor er 1943 die geistliche Führung in Aachen übernehmen sollte, war der Bischof unter anderem als Generaldirektor des sozialreformatorischen – und von den Nationalsozialisten 1933 verbotenen – Mönchengladbacher Volksvereins für das katholische Deutschland94 sowie als Moraltheologe und Regens des örtlichen Priesterseminars tätig gewesen.95 Der Bischof präsentierte sich laut der Mitschrift Seidlers als überzeugter NS-Gegner – was aufgrund seiner zweiwöchigen Inhaftierung durch die Gestapo im Jahr 1933, seines Nichtbefolgens des Evakuationsbefehls und einer Reihe von weiteren Indizien durchaus glaubwürdig erscheinen musste. Der Oberhirte, der tagelang wie andere in der Stadt zurückgebliebene Aachener „in ständiger Angst vor den Häschern der SS“ und anderen NS-­Organen gelebt hatte,96 sprach auch davon, dass 997 von 1000 Priestern des Aachener Bistums antinationalsozialistisch eingestellt gewesen wären. Dies ist eindeutig eine idealisierende Verzerrung der Fakten, die der – später noch zu erörternden – ambivalenten Rolle, welche die katholische Kirche während der NS-Zeit, gerade auch im Rheinland, spielte, nicht gerecht wird. Auch der Jesuit Ludwig Volk versteigt sich in seiner Analyse des Berichts über das Gespräch von Seidler und van der Velden zur verklärenden Aussage, dass allein der „wesenhafte Gegensatz von Christentum und Nationalsozialismus“ und die Kirchenverfolgung des Regimes dem Befrager die „entscheidenden Daten“ für die Beurteilung des Bischofs als NS-Gegner liefern hätten müssen. Der GI Seidler, der den Bischof in seinem Report als NSGegner einstuft, sei, so Volk, durch „sekundäre oder gar sachfremde Indizien, wie die Bekanntschaft mit ehemaligen Zentrumspolitikern und aus Interesse an soziologischen Fragen“ zu dieser politischen Einschätzung gelangt.97 Folgt man Volks Logik des „wesenhaften Gegensatzes“, müssten nicht nur der Bischof selbst, sondern alle 1.000 Priester unter van der Veldens Ägide als Christen ausnahmslos Regimegegner oder Widerstandskämpfer gewesen sein, was definitiv nicht der Fall war.98 Vielmehr schwankte die Katholische Kirche in Bezug auf den Nationalsozialismus – auch in Aachen – zwischen Koexistenz, Zusammenarbeit und Resistenz.99 Wenn Volk dem „Amerikaner“ Seidler hier nun Kenntnislücken in Bezug

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auf den NS-Staat unterstellt, fehlt dem Autor natürlich das Hintergrundwissen über Seidlers politische, geheimdienstliche und militärische Biografie und dessen durchaus profunde Kenntnisse über Mitteleuropa und das Hitlerregime. Letztlich sollten aber genau jene alles andere als „sekundären Indizien“, wie die politischen Kontakte des Bischofs zur konservativen Zentrumspartei und zu rechtsstehenden großbürgerlichen Zirkeln, im Mittelpunkt des späteren Besatzungs-„Skandals“ um die Stadtverwaltung von Aachen stehen. In Ludwig Volks Aufsatz spiegelt sich daher jenes innerkirchliche – und von Wissenschaftlern und Publizisten oft unkritisch übernommene –100 Narrativ wider, das „katholisch“ automatisch mit „antinationalsozialistisch“ gleichsetzt. So ist etwa der von Volk als Beleg für die christlich-antifaschistische Widerstands- und Opferrolle der Aachener Ortskirche verwendete Begriff Blutzeuge äußerst problematisch, wenn nicht sogar selbstentlarvend: „Wenn der Begriff“, so David Wagner, „auch eine seit dem 17. Jahrhundert gebräuchliche Eindeutschung des griechischen ‚Märtyrer‘ sein mag – durch die ausgiebige Verwendung in der Zeit, an deren Untaten hier eigentlich erinnert werden soll (‚Blutzeugen der [NS-]Bewegung‘) ist er doch kontaminiert.“101 Während die US-Armee und die PWD/SHAEF bei ihren Aachen-Flugblättern Ende 1944 dieses Blut-Motiv rein pragmatisch aufgriffen („Blutopfer“; „Blutvergießen“; „Blutschuld“),102 um die deutschen Empfänger so mit gängigen sprachlichen Mustern – aber ideologisch umgedrehten Inhalten! – für sich zu gewinnen, sollten für einen im Jahr 1982 publizierten Aufsatz andere semantische Maßstäbe gelten. Johannes van der Velden gab bei seiner Befragung durch Seidler nicht nur Einblick in seine Gefühle gegenüber dem NS-Staat, sondern ließ auch tief in seine Weltanschauung blicken. So erkannte der Bischof im Nationalsozialismus die „größte Schweinerei der Welt“. Die Kirche habe unter dauerndem Druck durch die Behörden sehr zu leiden gehabt und der Durchschnittsdeutsche sei ein „geborener ‚Unteroffizier‘“. Der Nationalsozialismus habe davon profitiert, dass es nie gelungen sei, ein geeintes und zivilisiertes Großdeutschland zu schaffen. Das katholisch geprägte Rheinland und der ebenfalls katholische Süden des Lands, so van der Velden, würden hier in Zukunft eine Vorreiterrolle für ein neues Deutschland, das idealerweise eine konstitutionelle Monarchie oder eine straff geführte Präsidialrepublik sein sollte, einnehmen können. Vom kaum christianisierten Ostdeutschland war der Bischof hingegen weniger angetan. Im „Land der Junker“, also Ostpreußen, wären die Menschen bis vor Kurzem „wie Affen auf den Bäumen gesessen.“ Nach diesem chauvinistischen Ausfall empfahl der Kleriker, dass das neu zu gründende Deutschland idealerweise „von allen konservativen Kreisen, katholischen und anderen, gestaltet werden“ sollte, um es vor der Wiedererstarkung der braunen Diktatur oder vor einer kommunistischen Revolution zu schützen. Eine umfassende

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

„Umerziehung“ der Bevölkerung sei möglich, wenn die Wirtschaft stabilisiert sei und die Arbeiterschaft ausreichende Verdienstmöglichkeiten vorfände. Hier blitzt kurz van der Veldens „Verwurzelung in der katholischen Arbeitnehmerbewegung“ auf103 – eine über die bloße materielle Grundversorgung hinausgehende Rolle des Arbeiter- und Gewerkschaftsmilieus oder gar dessen aktive Einbindung in die Staatsführung oder die örtliche Stadtverwaltung hatte der Bischof aber nicht in den Raum gestellt. Dies wurde auch von Seidler nicht weiter kritisch hinterfragt. Mit Ausnahme der „verlorenen“ Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 22 Jahren sah van der Velden für die jüngere Generation gute Chancen auf eine geistige Entnazifizierung. Wie das folgende, wenige Wochen nach diesem Zwiegespräch von der Aufklärungsabteilung der PWD/SHAEF-Zentrale hervorgehobene Verhör-Schlaglicht auf einen 17jährigen Soldaten aus dem Rheinland nahelegt, hatte der Bischof hier ein gutes Gespür für die Gedankenwelt seiner jungen, „verlorenen“ Schäfchen: Der fanatische Wehrmann, vom zuständigen PWI-Offizier als „catholic, blind follower of the Fuehrer“ bezeichnet, behauptete, dass Hitler „weiss was er tut. Wir haben nur seinen Befehlen zu folgen.“104 Auch hier zeigt sich, dass die „soziologischen Fragen“ der PWI-, IPW- und CIC-Offiziere für die Meinungsbildung über Mentalität und Ideologie von Personen und Milieus keineswegs „sekundär“ waren, wie der Jesuit Volk es in seiner Bischofs-Apologie unterstellt. Ob der Bischof sich „über die Schuld und Mitschuld der Deutschen an der Entstehung des verbrecherischen nationalsozialistischen Systems geäußert hat“, ist aus Seidlers Bericht nicht zu erfahren. In späteren Befragungen durch den PWD-Offizier Padover und in der Nachkriegszeit ließ van der Velden jedoch Selbstkritik erkennen: „Wir sind weithin schuld an unserem Elend“, schrieb er 1947 in einem Fastenbrief.105 Nachdem er seine paternalistisch und autoritär gefärbten Vorstellungen über die Nachkriegsordnung bei seinem wohlwollenden Gegenüber deponiert hatte, bot der Bischof – aus patriotischer Pflicht, wie er zu Protokoll geben ließ – den Amerikanern schließlich seine Hilfe an: Van der Velden sei, so Seidler, bereit, mit den US-Besatzungsbehörden zusammenzuarbeiten, unter der Bedingung, dass diese enge Kooperation unter äußerster Diskretion erfolgt. Zudem warnte der Geistliche auch „vor den vielen Informanten, die überall aus dem Boden schießen“ würden, sowie vor jeglichem Medienrummel um diese künftige Zusammenarbeit und „empfahl größte Vorsicht bei der Ämterbesetzung.“106 Wie weitere Ausführungen noch zeigen werden, hat der Bischof damit Instinkt bewiesen. Angesichts späterer dramatischer Ereignisse und des Faktums, dass er zur selben Zeit von der Gestapo gesucht wurde und noch im Jänner 1945 in einem Gestapo-Memorandum als eines der „members of the higher clergy, […] who allowed themselves to be overrun by

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the Front and are with the enemy“ bezeichnet wurde,107 war seine Vorsicht mehr als verständlich. Der Bischof hatte wohl jene Hetze und jene Drohungen gegen kollaborationswillige Deutsche in seinem Hinterkopf, die in einer Ausgabe der SS-Zeitung Das Schwarze Korps nachzulesen waren: Wir wollen nicht daran zweifeln, daß der Feind, so er daranginge, in besetzten deutschen

Landesteilen eine Zivilverwaltung aufzubauen, die Lumpen fände, die bereit wären, seine Geschäfte zu besorgen. […] die Frage ist nur, ob man die Lumpen und Fei-

glinge gewähren läßt! […] Kein Beamter dürfte feindlichen Befehlen folgen, ohne die

Gewißheit zu haben, daß er bald darauf kalt und starr hinter seinem Schreibtisch hockt, niemand wäre Vollstrecker feindlichen Willens, ohne daß sich hinter ihm der Rand des Grabes auftäte […].108

Angesichts solcher Drohungen ist es nachvollziehbar, dass der Bischof es vermeiden wollte, als Denunziant wahrgenommen und drohenden Racheakten regimetreuer „Werwölfe“ ausgesetzt zu sein. Francis Seidler resümiert am Ende seines Berichts voller Zuversicht: [D]er Bischof ist offensichtlich ein Gegner des Nazismus. […] Er liebt uns nicht, aber

er ist willens, zu helfen und sein Bestes zu tun. Er weiß, daß es mit dem Nazismus

aus ist und verabscheut das Dritte Reich aus ganzem Herzen. Dank seiner Intelligenz und seiner Kenntnis aller Nazi-Bestimmungen gelang es ihm immer, für seine Diözese den schwierigen Kurs zu steuern und zwar ohne die vielen Konflikte, die einige

andere Bischöfe zu bestehen hatten. Der Bischof ist ein wertvoller Aktivposten für die

amerikanischen Behörden. Er kann Auskünfte nicht nur über alle wichtigen Leute in Aachen, sondern im ganzen Rheinland erteilen, und auch seine 1000 Geistlichen dürften von großem Nutzen sein. Der Bischof muß mit größter Diskretion und Diplomatie behandelt werden.109

Nicht alle amerikanischen Militärs, die rund um den Einmarsch in Aachen mit dem Bischof Kontakt hatten, kamen zu einem derart positiven Urteil. Liest man etwa in den Erinnerungen des US-Offiziers Erhard Dabringhaus, bekommt Seidlers Aussage „Der Bischof liebt uns nicht“ einen schalen Beigeschmack: „[S]ome GIs“, so Dabringhaus, „brought me a prisoner. I immediately recognized him as the bishop of Aachen. He had his ecclesiastic uniform on. He was known to have stirred up the Germans to keep fighting to the last minute. Our division chaplain, a colonel, who happened to be a Catholic, was there at the time. When he saw the bishop of Aachen, he came running, kneeled down, and kissed his ring. A half-

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hour ago, he was blessing our troops hoping to beat the Germans. And the bishop had just been stirring up the Germans that with God’s help they could beat the Americans.“ 110 Ohne hier Wahrheit von Fiktion genau unterscheiden zu können, lässt sich schlussfolgern: Der politisch geschickte Bischof von Aachen hat sich offensichtlich mit ideologischer Flexibilität durch die NS-Zeit laviert und dabei so manche Zugeständnisse an die NS-Machthaber gemacht. Nicht zuletzt ließ er in seinem Gespräch mit Seidler auch erkennen, dass er – wie weite Teile des Klerus – autoritärem Denken nicht abgeneigt war. Dennoch war der hohe Geistliche, so wie der Großteil der „Aachener Restbevölkerung“,111 gewiss erleichtert, dass die NS-Herrschaft im Rheinland und die damit verbundenen Repressionsmaßnahmen gegen die Kirche ihr Ende gefunden hatten. All die Ambivalenzen und Widersprüche der Person Johannes van der Velden werden im wohlwollenden Bericht Seidlers jedoch ausgespart oder von katholischen Exegeten wie Ludwig Volk später ins Positive gewendet. 3.1.4 Die „klerikale“ Fraktion setzt sich in Aachen durch Im amerikanischen Militär fand der Report Seidlers interessierte Leser. Das Dokument erging umgehend an seinen Landsmann, den einflussreichen und umtriebigen Kommandeur der Propaganda-Nachrichtenabteilung (PWI) von PWB/1st Army, Jacob Tennenbaum. Da die PWI-Abteilung Tennenbaums mit dem G-2-Stab der ersten US-Armee eng zusammenarbeitete, erfuhr auch Oberst Dickson rasch davon. Er gab die Losung aus, dass ab sofort nur Seidler für Gespräche mit diesem für die künftigen Besatzungsaktivitäten offensichtlich bedeutsamen Kirchenmann zuständig sei: „Lt. Tannenbaum [sic!] […] told us that Sgt. Seydler [sic!] is the only authorised by Col. Dixon [sic!] to talk to the Bishop of Aachen[.]“112 Seidler war freilich nicht der einzige US-Soldat, der in diesen Tagen den Bischof befragte oder Berichte über ihn schrieb. Armin Boyens erwähnt, dass aus dem Bericht eines „Offiziers der ersten US-Armee“ über den Bischof vom 8. November 1944 des Jahres ein „Gemisch von Neugier und Mißtrauen“ gegenüber dem Kirchenmann spricht. Darin wird gefordert, trotz der Kooperationsbereitschaft des Letzteren die „Überwachung“ des Geistlichen fortzusetzen. Es folgten eine Reihe von weiteren Befragungen des Bischofs durch Offiziere der Kampftruppen und des Aachener Military Government Detachment.113 Seidlers Bericht markierte aber eine Art Initialzündung für die intensive Zusammenarbeit mit dem Bischof. Da die Militärregierungstruppen den Kampfverbänden hierarchisch untergeordnet waren,114 hatten derartige Statements ein großes Gewicht. Der Report schien

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auch inhaltlich alle Hoffnungen, die Major Swoboda von der MilitärregierungsAbteilung G-5 in den Bischof gesetzt hatte, zu bestätigen: Der Bischof setzte sich bald nach dem Gespräch mit Seidler in den Jeep von Swoboda und machte sich mit Letzterem auf die Suche nach einer geeigneten Person, die in der neu aufzustellenden Aachener Stadtverwaltung eine Führungsrolle einnehmen würde. Derartige Jobs waren in der Bevölkerung aber alles andere als begehrt. PWI-Aufklärer haben für die erste US-Armee im Rahmen einer „morale survey“, die mit 100 Zivilisten in den US-Ausweichlagern Brand und Roetgen durchgeführt worden war, festgestellt, dass die Deutschen nach über einem Jahrzehnt der „nazi rule“ und einem fünfjährigen Krieg ein „geschlagenes und rückgratloses Volk“ seien, das nicht mehr die Kraft habe, sich selbst zu regieren. Auch die Suche nach dem Bürgermeister, fährt der PWD-Wochenbericht fort, habe sich als äußerst zäh erwiesen, weil von 20 angefragten Personen der Großteil abgesagt habe.115 Mithilfe des Klerikers stieß man schließlich auf Franz Oppenhoff: ein 42jähriger, angesehener Rechtsanwalt, der für das Aachener Bistum früher als Verteidiger und als Justitiar des Päpstlichen Werks der Glaubensverbreitung tätig gewesen war. Nach einigem Zaudern sagte Oppenhoff zu und stellte als neuer Oberbürgermeister – sein Name wurde aus Sicherheitsgründen vorerst geheim gehalten – schließlich neun Dezernenten ein, die allesamt einen „Bürgermeister“-Titel trugen. Es war eine weltanschaulich homogene, also eher konservativ sowie katholisch geprägte Expertengruppe, die sich aus hoch gebildeten Honoratioren und dem Geldadel Aachens zusammensetzte, darunter etwa ein Tuchfabrikant, ein Verwaltungsjurist und ein Modehausbesitzer. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich die Sicht von Francis Seidler auf den Bischof und dessen besatzungspolitische Empfehlungen vorerst durchgesetzt hatte. Die „wohl auch mit autoritären Elementen durchsetzten Ordnungsvorstellungen“ des Bürgermeisters und seiner wichtigsten Ressortleiter resultierten in einer politischen Rhetorik, die auf Patriotismus und Opferbereitschaft bei der „Schaffung eines neuen Vaterlands“ abzielte.116 Oppenhoff, der auf die Unterstützung von weiten Teilen des Militärregierungs-Detachments zählen konnte, verlangte von seinen engsten Mitarbeitern neben Fachkompetenz und Nichtverstrickung in das NS-Regime eine demokratische Grundhaltung. In einem Aufruf an die Aachener Bevölkerung trat der Oberbürgermeister mit einem Appell hervor, der Vergleiche zur berühmten „Weihnachtsansprache“ des österreichischen Nachkriegskanzlers Leopold Figl erlaubt. So wendete sich der neue Chef der Stadtverwaltung an seine Mitbürger: „Aachener! […] Es gibt nichts mehr zu verwalten, alles ist neu zu erarbeiten.“117 Oppenhoff, der ein gutes – in Bezug auf das Fraternisierungsverbot zu gutes – Verhältnis zu Major Swoboda und zum ab Dezember 1944 eingesetzten Chef der

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örtlichen Militärregierungsabteilung, Hugh Jones, hatte, gelang es in Folge relativ rasch, die Infrastruktur der Stadt wiederaufzubauen, die Versorgungslage zu verbessern und für vergleichsweise stabile Verhältnisse zu sorgen. Sogar als während des letzten großen Aufbäumens der Wehrmacht in Form der Ardennenoffensive ab Mitte Dezember 1944 die Situation in Aachen ungemütlicher wurde und die Angst vor einer Rückkehr der NS-Herrschaft118 und damit zusammenhängenden Racheakten an „Kollaborateuren“ und „Verrätern an der Volksgemeinschaft“119 grassierte, blieb der Oberbürgermeister tapfer.120 So wird in einem Geheimdienstbericht der Pariser OSS-Stelle erwähnt: „The mayor of Aachen, though frightened, asserts his willingness to risk lives in order to help to rebuild a defeated Germany.“121 Anders als es die täglichen „horror stories“ der lokalen NS-Zeitung Westdeutscher Beobachter vermitteln wollten,122 schien die Lage in Aachen für Besetzer und Besetzte weitgehend zufriedenstellend zu sein. Auch den tonangebenden Militärregierungsoffizieren der G-5-Abteilung erschienen Oppenhoffs Aussagen, seine Personalentscheidungen und kommunalpolitischen Aktivitäten vernünftig.123 Insgesamt bot die Stadtverwaltung relativ wenig Angriffsflächen für Kritik und Aachen schien auf dem besten Wege in eine demokratische Nachkriegsära zu sein. Zwar hätten, so Henke, amerikanische Beobachter in den Reihen von PWB/1st Army bereits festgestellt, dass sich „unter den Augen der Militärregierung eine konservativ-katholische politische Clique“ in eine machtvolle Position manövriert habe;124 und des Weiteren stand im nachrichtendienstlichen Wochenreport für psychologische Kriegsführung der PWD/SHAEF bereits Ende November 1944 zu lesen, dass es „familiar accusations“ gebe, dass die neu ernannte Stadtverwaltung ehemalige NS-Kollaborateure in ihren Reihen hätte. Zu diesem Zeitpunkt jedoch beschwichtigte man von Seiten der PWD/SHAEF noch und verwies unter anderem auf „personal jealousies“ vor Ort sowie wenig später auf das „wiedererwachte“ Interesse an politischer Betätigung. Die Unterstützung für Oberbürgermeister Oppenhoff von Seiten der Bevölkerung wurde von den PWI-Analysten der PWD daher Ende 1944 insgesamt noch positiv eingeschätzt.125 Selbst spätere Kritiker der Oppenhoff-Regierung urteilten in dieser Phase eher neutral über ihn und seine Mannschaft und beriefen sich dabei auf deren vorherige Sicherheitsüberprüfung durch das CIC.126 Auch im PWD/SHAEF Weekly Intelligence Summary wird am 23. Dezember 1944 das Bild einer wieder auf die Beine kommenden und die US-Vorherrschaft akzeptierenden Stadt gezeichnet.127

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3.1.5 Sozialistisch, idealistisch, moralisierend: Saul K. Padover Doch der Weihnachtsfrieden war trügerisch. Eine härtere Gangart der Amerikaner gegenüber dem befreiten Deutschland hatte sich schon Mitte Dezember 1944 angekündigt, als eine US-Direktive den Besatzungsbehörden einschärfte, „keine Schritte“ zu unternehmen, „die auf einen

wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschland[s] und die Erhaltung der Stärke der deutschen Wirtschaft hinzielen – es sei denn, es geht um die Vermeidung von Epidemien, ernsthaften Krankheiten und Unruhen, die unsere Truppen gefährden würden.“128

Als die deutsche Ardennenoffensive für Nervosität in der Stadt sorgte und in Folge auch der noch näher zu betrachtende sogenannte „Aachen Scandal“ seinen Lauf nahm, schlug das oben gezeichnete Bild nach Jahreswechsel drastisch ins Gegenteil um: So war es dem Österreicher Helmut Pontesegger, der das Aachener Bürgermeister-Referat für Recht und Verwaltung bekleidete, Anfang 1945 nicht entgangen, dass die eifrige Umsetzung der gegenüber Francis Seidler vorgebrachten politischen Vorschläge des Bischofs durch den Oberbürgermeister und sein Team auch Gegner auf den Plan rief. Es habe offensichtlich, so Pontesegger, „auch deutsche ‚Kräfte‘ gegeben, die ‚die derzeitige Stadtregierung stürzen wollten‘ und denen auch der amerikanische Geheimdienst Glauben zu schenken schien.“129 Auch immer wildere Gerüchte über die „Nazi“-Vergangenheit hoher und niedrigerer Mitglieder der Stadtverwaltung, eifrig befeuert durch Pamphlete und Berichte in der neu gegründeten, von einem Press Control Team der PWD gelenkten, Zeitung Aachener Nachrichten, tauchten nun auf; plötzlich verweigerten die amerikanischen Besatzungsbehörden dem Oberbürgermeister den Handschlag und achteten penibel auf die Einhaltung des Fraternisierungsverbots; Dezernenten wie der (Unter-)Bürgermeister Heinrich Faust wurden Opfer einer Säuberungswelle gegenüber ehemaligen NS-Mitgliedern in der Verwaltung; internationale Pressemeldungen orteten einen politischen Skandal größeren Ausmaßes und der Oberbürgermeister selbst war „amtsmüde und von Todesvorahnungen verfolgt“;130 unter linksliberal, sozialdemokratisch und kommunistisch gesinnten Aachenern herrschte Unmut über die angebliche Willkürherrschaft einer hermetisch abgeschlossenen, konservativen, am Ende sogar „faschistisch“ agierenden Stadtregierung; und eine Aufklärungs-Einheit im Dienste der psychologischen Kriegsführung versetzte mit alarmistischen Berichten aus Aachen die Stäbe der 12. Armeegruppe und des SHAEF-Hauptquartiers in hellen Aufruhr. Spielte der Bischofs-Vertraute und MRBC-Soldat Seidler eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Genese der Aachener Stadtregierung, war es nun ein weiterer (ehe-

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maliger) Österreicher und Experte der psychologischen Kriegsführung, der die zweite Phase des Aachener Dramas einläutete: Saul Padover, Verhörexperte der PWD/SHAEF und politischer Analyst des Kriegsgeheimdiensts OSS. Obwohl über diesen umtriebigen Offizier bereits einiges geforscht und geschrieben wurde, ist ein neuerlicher Blick auf diese besondere Phase seiner Kriegsbiografie lohnend, da in dieser Darstellung neben anderen Primärquellen auch erstmals sein OSSPersonalakt eingeflossen ist und mit 30  Saul K. Padover älteren – teils fehlerhaften – Darstellungen abgeglichen wird. Wenngleich er nie in Camp Ritchie und auch kein Sharpe Boy war, arbeitete Padover doch im selben Bereich wie die hier behandelten exilösterreichischen Kameraden und hatte laufend mit ihnen zu tun. Als Sohn eines amerikanischen Vaters und einer zum Landadel gehörigen und gebildeten altösterreichischen Mutter wurde Saul Kussiel Padover 1905 im galizischen Rozwadów,131 das damals noch zu Österreich-Ungarn gehörte, geboren. Wie viele andere Galizier jüdischen Ursprungs zog er mit seiner Mutter und seinem Bruder während des Ersten Weltkriegs nach Wien. Nach dem Niedergang des Habsburgerreichs folgte Frumet Goldmann-Padover mit ihren Kindern schließlich ihrem Mann nach Amerika.132 Die erste Phase des 1920 in Detroit angekommenen Neo-Amerikaners war für den jungen Saul ein Schock. Nach der Grandeur Wiens erschien ihm die Industriestadt in Michigan „ugly, sprawling, slummy and dirty“.133 Der ehrgeizige und von seiner Mutter auf Disziplin und Leistung getrimmte Immigrant machte in den USA aber rasch Karriere und studierte Geschichte und Politikwissenschaften in Detroit, an der Yale University und in Chicago. Mitunter als freischaffender Journalist und „researcher“ aktiv und in Kontakt mit Sozialwissenschaftlern und Propagandaexperten wie Harold Lasswell stehend, war er Mitarbeiter der Roosevelt-Administration und brachte es 1938 zum Berater und Assistenten von US-Innenminister Harold Ickes.134 Der stark von marxistischen Theorien beeinflusste und promovierte Historiker hatte sich seit Anfang der dreißiger Jahre mit ökonomischen Fragen und „Labor Psychology“ befasst.135 Dank

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eines Guggenheim-Stipendiums hielt sich Padover 1931 in Paris, Wien und London auf und war Mitautor eines Buchs zur Geschichte der Geheimdiplomatie – ein Thema, „das alsbald seine praktische, politische Tätigkeit mitbestimmen sollte.“136 Er hatte unter anderem populärwissenschaftliche Biografien über Kaiser Joseph II. und – den von ihm hoch geschätzten – Thomas Jefferson verfasst, sich mit der Französischen Revolution beschäftigt und 1942 die politischen Grundsätze und Ideale von Woodrow Wilson in Buchform herausgegeben. Gerade bei letzterem Werk zeigen sich die hochtrabenden politischen Ziele, die Saul K. Padover mit Wilson teilte und die ab 1944 wohl auch seine Wahrnehmungen und Urteile über die deutsche Kriegsgesellschaft beeinflussten. „Wilson“, so schreibt Padover im Vorwort, „represented the force of moral righteousness in international affairs, for which National Socialism, with its cult of Machtpolitik, had nothing but contempt.“ Mit derselben moralischen Selbstgewissheit, die mit einem gesinnungsethischen und völlig „konzessionslosen Demokratieverständnis“ einherging137 sowie jeglichem „Realitätssinn wenig Beachtung schenkt“,138 sollte er später auch in Aachen agieren. Im Herzen mehr animal politicum als Historiker, wollte Padover eine idealistische Propagandageschichte der erfolgreichen Läuterung und Demokratisierung des Feinds erzählen und war in Deutschland, ähnlich wie der dem Kommunismus zugeneigte Stefan Heym, fieberhaft „auf der Suche nach den Gerechten, auf der Suche nach Widerstand.“ Und wie bei seinem deutschstämmigen Kollegen verlief diese Suche für ihn enttäuschend.139 Bei aller ideologischen Intransigenz, für die er stand: Fachlich war Padover für den „Sykewar“ gegen Hitlerdeutschland hochqualifiziert: Nachdem von der Federal Communications Commission kriegsbedingt eine britische Außenstelle des Abhördiensts für ausländische Rundfunksender eingerichtet worden war, ging er in deren Auftrag im Jänner 1944 nach London, um als politischer Analyst deutsche Propagandamaterialien auszuwerten und detaillierte Moralanalysen nach Washington zu telegrafieren.140 Nachdem er sich im Mai 1944 erfolgreich um eine Anstellung beim Kriegsgeheimdienst OSS beworben hatte, wurde Padover als Mitteleuropa-Experte von der Londoner Research&Analysis Branch (OSS/ R&A), dem intellektuellen Rückgrat des OSS, als politischer Analyst übernommen. Er hatte hier ursprünglich sämtliche Informationen, die an diesem nordwesteuropäischen Kriegsschauplatz über den Balkan sowie Süd- und Zentraleuropa zusammengetragen wurden, zu überblicken und sollte als Verbindungsoffizier zu britischen und amerikanischen Nachrichtendiensten fungieren. In London pflegte Padover offensichtlich auch Kontakt mit der Labor Section der Secret Intelligence Branch des OSS, einer Abteilung, die OSS-Agenten aus dem linken Milieu für Geheimdiensteinsätze in Mitteleuropa ausbildete und ihren Fokus auf „labor in

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

its economical und political aspects“ legte.141 Auch sein späterer Vorgesetzter in der US-Armee, Al Toombs, war bei der Morale Operations Branch des OSS für „Labor Intelligence&Operations“ zuständig.142 Mit einer im Dienst der angloamerikanischen Propagandabehörde PWD/SHAEF stehenden Vorauseinheit von OSS/R&A sollte Padover nach der Invasion in der Normandie als Nachrichtenund Verbindungsoffizier zwischen der 1st Army Group (i. e. die spätere 12th Army Group) und dem OSS tätig sein.143 Im Juni 1944 wurde Padover vom OSS zu der „Intelligence Sub-Branch“, also der nachrichtendienstlichen Stelle der Propagandaabteilung der 12. Armeegruppe, entsandt. Unmittelbar nach der Landung der Alliierten in der Normandie war Padover alleine mit der Aufgabe betraut, mit französischen Zivilisten, die aus Paris nach Norden geflohen waren, Gespräche zu führen, um von diesen Informationen über das künftige Operationsgebiet der 12th Army Group144 und die Einstellungen und Befindlichkeiten der dort lebenden Menschen zu erhalten. Ab August 1944 wurde Padover als „Civilian“ an die T Force der 12. Armeegruppe nach Paris verliehen.145 Als wichtiges Mitglied des PWB Advance Detachment der T Force sollte Padover ab Herbst 1944 in Frankreich, Luxemburg und im Rheinland vor allem „political surveys“ über die Bevölkerung der noch zu befreienden deutschen Gebiete erstellen.146 Winfried Lerg behauptet, dass Padover selbst den leitenden Offizieren von P&PW/12th Army Group in diesem Zusammenhang vorgeschlagen hätte, „eine vorgeschobene Aufklärungseinheit zu bilden und sie so nahe wie irgend möglich an die Front heranzulassen.“147 Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Einrichtung einer solchen Voraustruppe die Erfindung Padovers war. Er wurde vielmehr in ein bereits bestehendes T-Force-Gefüge übernommen: So bereitete sich seine Stammeinheit, die OSS/R&A-Abteilung in Paris, Ende September 1944 auf eine engere Kooperation mit den T Forces vor: Kurz vor dem bevorstehenden Großangriff ins deutsche Kernland, am 29. September 1944, besprach der örtliche R&A-Chef in Luxemburg mit dem Chef der T Force der 12. Armeegruppe, Colonel Tompkins, die fixe Eingliederung von R&A-Spezialisten des OSS in die T Force.148 Wenige Tage später verkündete Ray Craft, der Kommandeur des PWB/Advance Detachment der T Force, dass Padovers fixe Aufnahme in diese Einheit eine „große Verstärkung“ für dessen nachrichtendienstliche Sparte darstellte.149 In Folge befragte Padover gemeinsam mit anderen PWI-Analysten der PWD/ SHAEF wie Lewis Gittler französische und luxemburgische Zivilisten, die zuvor in Deutschland gearbeitet hatten.150 Auch mit dem bereits erwähnten MRBC- und T-Force-Mann, Rundfunk-Abhörspezialisten und Teilzeit-Moralverhörer Erwin Benkoe dürften sich die Wege Padovers in dieser Zeit gekreuzt haben. Aufgabe Padovers war es, aktuelle Informationen über die soziale, politische und wirtschaft-

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liche Lage in den zu befreienden Gebieten in Frankreich und Deutschland zu erhalten. Während andere T-Force-Trupps oft wichtigen Dokumenten oder seltenen Kulturgütern nachjagten, war Padover bei seinen moralanalytischen Aufklärungsmissionen stark auf menschliche Ziele, vor allem auf Zivilisten, fokussiert: „Für mich“, sollte er später schreiben, „war jeder Deutsche ein Mikrokosmos, den es zu studieren galt, ein Bruchstück des Feindes, den man verstehen mußte, wenn man ihn besiegen wollte.“151 Mit seinem PWB/T-Force-Team sollte er in Folge durch methodisch ausgefeilte, qualitativ-biografische Befragungen152 die Stimmungslage unter der Zivilbevölkerung in den neu eroberten Gebieten erkunden und erheben, wie die Menschen politisch tickten. Der ehemalige Österreicher erwies sich dabei mitunter als äußerst scharfsinnig und einfallsreich. „During this time“, schreibt sein Vorgesetzter Al Toombs, „[Padover] developed new techniques of interrogation and reporting. His reports on political attitudes and conditions in German towns furnished the first adequate picture of life in Nazi-Germany.“ Die teilweise unter Gefechtsbedingungen verfassten153 Berichte Padovers wurden laut Toombs nicht nur von den Propagandaeinheiten, sondern auch von den G-2- und G-5-­Stäben verschiedenster Ebenen gelesen und verwertet. Über mehrere Monate seien die Analysen des „Dr. Padover“ als die akkuratesten und interessantesten PoliticalIntelligence-Erkenntnisse, die aus und über Deutschland zu den Amerikanern drangen, wahrgenommen worden.154 Padover stand nun also als politischer Analyst unter dem Kommando der T Force und der P&PW/12th Army Group,155 schien aber auch in den OSS-Akten auf.156 Prinzipiell war er auf strategische und politische Moralaufklärung und weniger auf konkrete „Output-Intelligence“ für die Kampfpropaganda fokussiert. Da der Nordwesten des Deutschen Reichs ab September 1944 aber zum Kampfgebiet wurde, bekamen für kurze Zeit auch Aussagen von deutschen Zivilpersonen „große taktische Bedeutung für die gezielte Ansprache bestimmter Personengruppen oder bestimmter Ortschaften über die PWD-Medien.“157 Als sich in den ersten Gebieten jedoch das Ende der Kämpfe abzuzeichnen begann und das Innerste des Reichs zunehmend ins Interesse der amerikanischen Aufklärung rückte, wurde das Befragungsmaterial der PWD-Aufklärungs-Teams wieder verstärkt für strategische Propagandaziele verwandt, und zwar im Sinn einer ordnungspolitischen, die exekutiven Maßnahmen der Militärregierung des Alliierten Oberkommandos stützenden Information und Argumentation.158

Padover richtete daher bei seinen Befragungen von Zivilisten seinen Blick zunehmend auf Aachen und das Rheinland: Im Zusammenhang mit den zuvor erwähn-

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

ten, sehr positiven Einschätzungen der US-Militärnachrichtendienste über die dortigen Katholiken und der wohlwollenden Behandlung des Aachener Bischofs durch die Besatzungsmacht ist hier ein Befragungsbericht von Mitte Oktober 1944 von Interesse. So erwähnt Padover einen Luxemburger Eisenbahnarbeiter, der ein Jahr lang bei einer streng katholischen „Anti-Nazi“-Familie in der Nähe von Trier gelebt habe. Diese Familie habe trotz ihrer christlichen Prägung und regimefeindlichen Einstellung die NS-Verbrechen still akzeptiert und Hitlers Außenpolitik unterstützt. Mitleid für die europäischen Opfer Hitlers habe es in der Familie keines gegeben, schreibt der Intelligence-Offizier, und sie habe auf einen für Deutschland positiven Ausgang des Kriegs gehofft. „Catholics“, so Padover, „may not like Nazis, but they do not dislike them sufficiently to do much about it.“ Und er fügt hinzu: „Our troops, however, will probably find Catholics, by and large, more friendly than non-Catholics.“159 Dass jedoch bei den zitierten Aus­ sagen aus dem Mund eines Nicht-Deutschen vielleicht auch Rachegefühle gegen den NS-Staat mitschwangen, erwähnte Padover in seinem flammenden Bericht nicht. Sein österreichischer T-Force-Kollege Erwin Benkoe, der sich zuvor bei der bereits erwähnten Vernehmung160 von zwei luxemburgischen Eisenbahnarbeitern auf eine sehr ähnliche Informationsquelle stützte, zeichnete hier ein anderes, weniger alarmistisches Bild der Rheinländer.161 Nahezu süffisant berichtet Padover in einem anderen T-Force-Report über den 33jährigen Aachener Fabrikarbeiter Wilhelm Gillet, den er kurz vor dem Fall Aachens in Bad Homburg interviewt hatte. Gillet sei sowohl körperlich als auch allgemein ein „typischer ‚kleiner Mann‘“, ein angeblich „Unpolitischer“, der wegen der Kirchenfeindlichkeit des Regimes aber ein Gegner Hitlers gewesen sei. Gillet habe nie gegen irgendetwas protestiert, weil man mit den Wölfen eben mitheulen müsse.162 Padovers Berichte über die Evakuierten aus Aachen erreichten zu dieser Zeit wohl auch bereits die oberste PWD/SHAEF-Spitze.163 Die T-Force-Reports waren ein schonungsloses Sittenbild „über sogenannte kleine Leute. Mitläufer“, so ­Christoph Dieckmann, „heißen sie in Diktatur-Geschichten. Das Volk, obgleich nicht ‚überzeugt‘, fügt sich in die anbefohlenen Rituale.“164 Padover wurde bis Kriegsende und darüber hinaus nicht müde, diese Mitläufer- und Diktaturgeschichten lautstark zu erzählen. Seine dabei zu Tage tretende, auffällig kritische Haltung gegenüber der katholischen Kirche und dem konservativen Milieu stellt hier eine Konstante dar, die im scharfen Widerspruch zum Weltbild Francis Seidlers und dem vorherrschenden Meinungsbild der eher pragmatisch agierenden amerikanischen Moralanalysten stand. Als Aachen am 21.  Oktober 1944 kapitulierte, wollte Padover mit seinem T-Force-Trupp umgehend in die Stadt fahren, um dort Befragungen von Zivilis-

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ten und gefangenen Militärs durchzuführen. Doch obwohl sein PWB/T ForceTeam zu dieser Zeit sogar der 1st US Army zugeteilt war,165 verweigerte G-2-Chef Dickson ihm den Zutritt zur Stadt und er durfte nur ein paar allgemeine Erkundungen am Stadtrand machen. Padover, dessen Probleme mit Dickson sinnbildlich für die friktionsreiche Beziehung zwischen dem regulären Militär und Sondereinheiten wie der PWD/SHAEF oder dem OSS sind,166 behauptet in seinen Memoiren, das „Ende von Aachen“ aus einem Mansardenfenster beobachtet zu haben; Belege für einen Aufenthalt oder Gespräche mit wichtigen Persönlichkeiten in der Stadt selbst lassen sich für diese Zeit in den Archiven tatsächlich nicht finden.167 Auch Padovers Kollege vom PWB Advance Detachment der T Force, Peter Michels, berichtete wie bereits erwähnt darüber, dass laut Jacob Tennenbaum nur Francis Seidler, also jemand von der „Stammmannschaft“ der PWB/1st Army, mit dem Bischof sprechen dürfe.168 Während Seidler also mit Letzterem vertrauliche Gespräche führte und die US-Militäradministration eifrig an der Aufstellung einer konservativen Stadtregierung unter Mithilfe des örtlichen Kirchenfürsten feilte, blieb Padover in diesen Tagen nichts anderes übrig, als mit einem Fernglas auf das „ein, zwei Kilometer entfernt[e], und doch zum Greifen nah“ gelegene Aachen zu blicken169 und in Flüchtlingslagern wie jenem in Bad Homburg die Befragungen von deutschen Zivilisten fortzusetzen.170 Es sollte noch mehrere Wochen dauern, bis der ehrgeizige Nachrichtenoffizier Zugang zur Stadt erhalten sollte. Von oberster Stelle erhielt Padover indirekte Unterstützung für sein Vorhaben: So forderte der Kopf des PWD/SHAEF-Propagandaapparats, Robert McClure, Ende November 1944 von der Propagandaabteilung der 12. Armeegruppe ein, dass die PWB-Abteilung der First US Army die Ressourcen für „intelligence studies on the attitudes of German civilians in newly occupied territories“ verstärken solle, um besser auf die Bedürfnisse der G-5-Abteilung eingehen und künftige Medienkontrolltätigkeiten im Militärverwaltungsbereich vorbereiten zu können.171 Dies erhöhte gewiss auch den Druck auf die Stäbe der ersten Armee, Experten für Zivilistenverhöre wie Padover stärker im PWB Combat Team einzubinden – auch in Aachen. Zudem begann sich der politische Wind in der Stadt langsam zu drehen: Die Stadtspitze rund um Franz Oppenhoff, der laut Ziemke klar antidemokratische Züge aufwies,172 hatte sich nach einigen Wochen im Amt als eine Art elitärer Club mit formidabler Expertise, aber wenig politischem Fingerspitzengefühl erwiesen und geriet vor allem von Seiten links eingestellter US-Militärregierungsoffiziere, aber auch von öffentlicher Seite her zunehmend in die Kritik. Und gerade die öffentliche Meinung war für die Propagandabehörden der Amerikaner das zentrale Handlungskriterium: „The Psychological Warfare Division, SHAEF“, so Ziemke, „did not have the same priorities

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and responsibilities as military government. Its job was to create an image of the occupation in the German mind, and to do so PWD wanted to get on with the business of democratization. For this purpose, the Oppenhoff administration was not ideal raw material.“173 Anfang Dezember 1944 erfuhr Padover plötzlich, „daß der militärische Geheimdienst [ihm] die Erlaubnis zum Betreten von Aachen erteilt habe.“174 Er nahm dankend an und interviewte mit seinen Kollegen eine Reihe von Aachener Bürgern mit Blick auf Political Intelligence. Nach und nach schürfte Padover bei seinen Befragungen tiefer und stieß auf „übersehene“ oder seiner Meinung nach vom Oppenhoff-Komplex benachteiligte Angehörige des linken Milieus. Die Ankunft des Propagandisten Padover machte sich diskursiv rasch bemerkbar. Keine drei Wochen später liest man etwa in den PWD/SHAEFMoralberichten, dass ein „middle-aged Socialist“ und ehemaliger KZ-Häftling den Amerikanern anbot, den „Faschismus zu bekämpfen“.175 Zu diesen Menschen, die seiner Meinung nach „nie Kompromisse gemacht haben“, gehörte für Padover der Aachener Polizeibeamte Richard Gärtner. Dank des Military Government durfte Gärtner wieder einen ähnlichen Job im Polizeiapparat der neu installierten Stadtverwaltung bekleiden. Obwohl Padover und Gittler den Sozialdemokraten – wie zuvor viele befragte Konservative und Katholiken – auch als „kleinen Mann“ einstuften und der Angesprochene auf die Frage, was er gegen die Nationalsozialisten an Widerstand zu leisten bereit wäre, nur in Tränen und Selbstzweifel ausgebrochen war, sahen die beiden PWI-Experten in Gärtner aber interessanterweise einen charakterfesten Mann, der „niemals von der Hitler-Epidemie erfasst“ worden sei.176 Sozialist ist gleich Antinationalsozialist lautet also die Gleichung. Hier zeigt sich die sehr willkürliche Form der „Wahrheitsfindung“, der Padover anhing: Die kirchennahe Rechte wurde von ihm tendenziell als moralisch schwach, larmoyant und reaktionär, die Linke hingegen als selbstkritisch, integer und antifaschistisch dargestellt. Zwar hatte auch der von Erwin Benkoe interviewte Zwangsarbeiter Feitler aus Luxemburg behauptet, dass ein Sozialist der einzige Deutsche in seiner Fabrik gewesen sei, der „outspoken against the party“ war.177 Doch während Benkoe solche impressionistischen Momentaufnahmen nicht überbewertete und anderen politischen Meinungen in seinen Reports ausreichend und eher neutral Raum gab,178 war Padover fest davon überzeugt, dass „die linken Arbeiter trotz ihrer geradezu kriminellen und moralisch verwerflichen Passivität als die einzigen nichtmilitaristischen und nichtfaschistischen Elemente Deutschlands einzige Hoffnung waren.“179 So behauptet er in einem Zwischenresümee über die mehrwöchigen Befragungen von ca. 100 deutschen Zivilisten Anfang Dezember 1944, dass einzelne Manifestationen eines realen Widerstandswillens nur bei der Linken festzustellen gewesen seien:

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„Of all the people whom we interrogated, only 2 expressed a desire to fight the Nazis physically and overtly. One was a seasoned Social Democrat of 47 and the other a young Communist of 24.“180 Nur durch die politische Tätigkeit dieser Gruppe schien dem gelernten Historiker also eine moralische Katharsis und wahrhafte Demokratisierung Deutschlands möglich. Hier stand der OSS-„Civilian“ Padover übrigens dem Direktor des Kriegsgeheimdiensts OSS, William Donovan, nicht völlig fern. Dieser pflegte einen unverkrampften Umgang mit der politischen Linken und hatte auch eine eigene Labor Section aufbauen lassen.181 Doch war Donovan von radikalem Pragmatismus geleitet, so war Padover von politischem Eifer getrieben. Dadurch war er analytisch auf einem Auge blind: Neuere Studien zum Sozialprofil der NSDAP-Wähler in der späten Weimarer Republik widerlegen bzw. relativieren etwa die von Padover oft auf Sozialisten und Arbeiter gemünzte „Resistenzthese“.182 Während „kleine“ Sozialdemokraten wie Gärtner immerhin eine akzeptable Beschäftigung unter der neuen Stadtregierung fanden – und so das Narrativ der unterdrückten Linken im Kleinen widerlegten –, begann Padover durch seine Aktivitäten und kritischen Reports zunehmend die Großerzählung einer systematisch unterdrückten sozialdemokratischen, gewerkschaftlichen und kommunistischen Elite zu propagieren. Damit gelang es ihm, Druck auf die obersten zivilen und militärischen verwaltungspolitischen Ebenen in der Stadt auszuüben. Stets hatte der Ex-Österreicher dabei auch die katholische Kirche im Visier. Seine Aktivitäten gingen am PWB Combat Team der 9th US Army, das Ende Dezember 1944 in Aachen eingetroffen war und Padovers Texte wohl rezipiert hatte, nicht spurlos vorbei. So spiegeln sich Padovers alarmistische (Vor-)Urteile und Thesen über Aachen etwa in einem Verhörbericht des österreichischen MRBC-Manns und PWI-Verhörers Emanuel Rapoport wider. Der den angeblich von der Katholischen Kirche mitgetragenen Machinationen der „ewigen Deutschen“ ähnlich kritisch gegenüberstehende Rapoport schlussfolgert darin über einen „preußisch“ auftretenden Kriegsgefangenen: PW is a most dangerous type of German […]. There is already evidence from what can

be observed in occupied German towns that these vicious forces utilizing the consid-

erable prestige of the Catholic church and Allied unfamiliarity with German tricks of political trade, are regrouping to establish themselves in key positions for a German postwar comeback.183

Auch zur Personalpolitik im Mediensektor haben die Berichte Padovers und seines Aufklärungstrupps sicherlich ihr Scherflein beigetragen. Der prominente, von Padover und Gittler ebenfalls sehr positiv beurteilte, Sozialdemokrat Heinrich Hol-

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lands sollte im selben Monat zum Chefredakteur der neu gegründeten Aachener Nachrichten aufsteigen.184 Diese Form der Konsolidierungspropaganda der PWD/ SHAEF war nun also linksliberal gefärbt. Über die von ihm wahrgenommene Nichteinbindung des linken Milieus in die oberen Ebenen der Aachener Stadtverwaltung unter Oppenhoff war Padover maßlos enttäuscht. Parallel zu seinen immer kritischeren und angriffigeren Berichten zirkulierte im Dezember 1944 ein vom alten Gewerkschafter und ehemaligen Arbeitsamtsdirektor Erich Remmel verfasstes Pamphlet unter dem Titel „Worüber man in Aachen spricht“. Darin stand wenig Schmeichelhaftes über die „besseren Herren“ der Stadtverwaltung und ihre angebliche Neigung zum Nepotismus sowie die Beschäftigung von Mitarbeitern der NS-kompromittierten Firma Veltrup (diese hatte V-1-Raketenteile hergestellt) zu lesen.185 Für Oberbürgermeister Oppenhoff war diese sich regende „rote“ Opposition ein schwerer Schlag, der durch einen Konflikt mit dem links eingestellten Press Control Team der PWD/ SHAEF in Aachen noch verstärkt wurde. Auch wenn die Oppenhoff-Administration laut Henke keine gezielte Strategie zur Ausschaltung der „Anderen“, sprich der Sozialisten und Kommunisten, verfolgt hatte,186 ist es nicht verwunderlich, dass Aachen sich zunehmend zu einem idealen Nährboden für besatzungs- und parteipolitische Machtkämpfe und Rankünen aller Art entwickelte. Gegen Jahresende 1944 hielt sich Padovers PWB/T-Force-Trupp wieder außerhalb Aachens auf und er war unter anderem in Würselen, im belgischen Spa, in Luxemburg und Paris stationiert (wo er „sich bezeichnenderweise zuerst im dortigen OSS-Büro“ anmeldete).187 Doch Anfang 1945 war in Aachen endgültig „das linke Gewissen einiger Angehöriger der Besatzungsmacht […] erwacht“ und plötzlich wurde aus der Stadt der Ruf nach einer politischen Untersuchung und „objektiven Analyse“ der vorherrschenden Zustände laut.188 Beunruhigende „Berichte und Gerüchte über Aachen“, so Klaus-Dietmar Henke, ließen „zunehmend auch die Verantwortlichen in höheren Stäben aufhorchen.“189 Eine Durchsuchung durch die Political-Intelligence-Experten des PWB/T-Force-Teams war von der 1. USArmee stets abgelehnt worden. Da im Zuge der amerikanischen Truppenbewegungen während der Ardennenschlacht (der deutsche Vorstoß betraf nur Gebiete südlich von Aachen) aber die permissiver agierende 9. US-Armee das Kommando in Aachen übernommen hatte, wandte sich Oberst Clifford Powell, der Kommandeur der P&PW/12th Army Group, nunmehr an das PWB-Team Padovers.190 Nach der Einschätzung von Winfried Lerg waren dem neuen US-Stadtkommandanten und seinem Stab „die Leute im Rathaus nicht geheuer.“191

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3.1.6 Der Skandal Und so kam es, dass der ehemalige Österreicher, der im Oktober 1944 noch von Oberst Dickson von sensiblen Aufträgen im Feld der politischen Aufklärung in Aachen ferngehalten worden war, nun mit seinen Kollegen Lewis Gittler und Paul Sweet explizit darum ersucht wurde, die politische Lage in der Stadt eingehend zu erkunden. Dem „‚emotional thinking‘ eines Morgenthau“ verhaftet,192 ging es Padover längst nicht mehr nur darum, „die deutsche Verwaltung in Aachen unter die Lupe zu nehmen, sondern auch die amerikanische Militärverwaltung, die sie eingesetzt hatte.“193 Da er hierfür nun alle nötigen Vollmachten und auch Einsicht in die Akten des CIC bekommen hatte,194 war das ein brisanter Auftrag. So kehrte Saul Kussiel Padover, der die Zurückweisung durch den G-2-Chef der 1. US-Armee nicht vergessen hatte, Anfang Jänner 1945 voller Tatendrang und mit einer offenen Rechnung nach Aachen zurück. Die Ankunft des PWI-Trios läutete zudem auch „the arrival of a powerful ally for radical denazifation“ ein, nämlich „the traditional American democratic idealism.“195 Während die Kämpfe in den Ardennen noch tobten und die Aachener zwischen der Hoffnung auf die materielle Überlegenheit der amerikanischen Truppen und der Furcht vor einer Rückkehr der deutschen Truppen mit den dann zu erwartenden national­ sozialistischen Repressalien gegen Kollaborateure schwebten,196

begann Padovers Team mit seinen Erhebungen. Er kam nicht, um die Lage rund um die Oppenhoff-Verwaltung und ihr Naheverhältnis zur katholischen Kirche und zum konservativen Wirtschaftsbürgertum zu erkunden. Darüber hatte er laut Henke bereits das Grundlegendste erfahren. Er kam nach Aachen, weil er nun gegen diese Leute „Anklage erheben“197 und „all den Dreck“ vor Ort aufwühlen wollte.198 Am Ende dieser Erhebungen durch die drei Mitarbeiter der Psychologischen Kriegsführung sollte kaum ein Stein auf dem anderen bleiben. Im Zuge dieser neuerlichen Operation seines PWB-Trupps in Aachen sollte Padover die Möglichkeit haben, mit allen führenden Mitgliedern der Stadtverwaltung und mit Bischof van der Velden intensive Gespräche zu führen. Er knüpfte nach seiner Rückkehr in die Stadt umgehend dort an, wo er aufgehört hatte, und begann belastendes Material über den Bürgermeister und sein Netzwerk zu sammeln. Am 2. Februar 1945, über drei Monate waren nun seit seiner erstmaligen Abweisung an den Toren Aachens vergangen, durfte Padover endlich ein ausführliches Gespräch mit Bischof Johannes van der Velden führen. Und es war ein ganz anderes Gespräch als jenes, das sein Landsmann Seidler geführt hatte. Der Kirchenmann, steht im Padover-Bericht zu lesen, „is definitely an activist, not a

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preacher.“ Van der Velden sprach sich laut dem vorliegenden Report im Gespräch mit dem PWB-Team für Gewerkschaften unter kirchlicher Ägide aus, machte sich Gedanken über die Rückgewinnung der Jugend für das Christentum und übte – wie schon im Gespräch mit Seidler – Kritik am Totalitarismus des NS-Regimes. Er habe sich aber geweigert zuzugeben, dass er bei der Aufstellung der Aachener Stadtregierung seine Hand im Spiel hatte. Lediglich seine Erwähnung des Namens Oppenhoff als Anlaufstelle für Konsultationen für die US-Offiziere im Oktober 1944 habe der Bischof zugegeben und sich zudem von jeglichen „clique politics“ distanziert. Im Wissen, dass die Stadtregierung unter schwerer Kritik stand, habe van der Velden auch zu Protokoll gegeben, dass er keinen Gewerkschafter gekannt habe, der damals in der Stadt gewesen sei, und dass er daher auch niemand aus diesem Bereich empfehlen konnte. Dennoch habe er immer wieder ein verräterisches „wir“ verwendet, wenn er über die Stadtregierung, deren Vertreter er als „prächtige Leute“ bezeichnet habe, sprach. Es sei, so der Bischof, eine wahrlich das Volk repräsentierende Regierung, auch wenn sich angesichts des „emergency setup“ und der Turbulenzen des kriegsbedingten Neubeginns die Arbeiter nicht darin wiederfinden würden. Man müsse Oppenhoff und seinem Einschätzungsvermögen vertrauen.199 Weltanschaulich wurde der Bischof von seinen Gesprächspartnern als deutscher Nationalist mit chauvinistischen Zügen und als Anhänger der „Volk ohne Raum“-Theorie eingestuft, der in erwerbslosen Arbeitern und verarmten Bauern die Hauptunterstützer des Hitler-Regimes sah. Man müsse das Aufkommen eines solchen Elendsproletariats vermeiden, damit man auch vor dem Kommunismus gefeit sei, zitierten Padover und Gittler den Kleriker. Gegen Ende des Gesprächs fragten die PWI-Männer nach eigener Darstellung provokant: „If the bishop was so great a lover of truth, why, then did neither he, nor the Church as a whole, nor most decent Germans fight openly against Hitlerism?“ Der Bischof habe geantwortet, dass der Terror zu groß gewesen sei und die Menschen 1933 den Fehler gemacht hätten, nicht lautstark „Nein“ zu sagen. Freilich habe auch die katholische Kirche versagt und es verabsäumt, gemeinsam mit den Protestanten gegen Hitler mutig vorzugehen. Von einem durchschnittlichen Menschen dies einzufordern, sei jedoch zu viel. Als die beiden Verhörspezialisten – im Sinne Dietrich Bonhoeffers, der behauptete, dass es Aufgabe der Kirche sei, „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“200 – dem Bischof das Idealbild des christlichen Märtyrers vorhielten, stieg dieser laut dem Bericht nicht weiter darauf ein. Er habe den amerikanischen Truppen gegen Ende des Gesprächs aber noch empfohlen, beim Einmarsch in deutsche Städte sich jeweils an den örtlichen Pfarrer zu wenden und volles Vertrauen in die Kirche

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zu legen. Bei seinen Befragern hinterließ der Bischof den Eindruck eines „gefinkelten, ambitiösen, weltgewandten und sich seiner persönlichen Macht bewussten“ Gesprächspartners, der vor allem der Kirche und erst in zweiter Linie Deutschland gegenüber loyal sei.201 Verglichen mit dem Bericht, den Francis Seidler im Oktober 1944 über sein Gespräch mit dem Bischof verfasst hat, hat der Leser es hier mit einem ganz anderen, ja dämonisch wirkenden Charakter zu tun. Oberbürgermeister Franz Oppenhoff wurde von Padover ähnlich hart angepackt: Der Gesprächsbericht rückt ihn als Anhänger eines zwar nicht totalitären, aber hierarchischen und autoritären Gesellschaftsmodells in die Nähe von Mussolini, Franco und Petain bzw. „professioneller Anti-Demokraten“. Für Oppenhoffs – für heutige Leser erstaunlich progressiv klingende – Ideen zu einem vereinigten, grenzenlosen europäischen Wirtschaftsraum (unter Ausschluss Russlands) hatten die mit inquisitorischem Eifer vorgehenden PWB-Experten freilich kein positives Wort übrig: „In his opinion, frontiers are ‚a joke‘. What really matters is a unified economic area. Europe, Oppenhoff said, must develop such a unified region, ‚or it is dead‘“. Ohne derartigen positiven und durchaus visionären Projektionen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, versteiften sich die PWI-Experten auf die Negationsebenen des Verhörten, wie etwa die Vorbehalte und Ängste des Oberbürgermeisters gegenüber Sowjetrussland. In seinen antirussischen „Tiraden“ habe Oppenhoff vielmehr wie ein „gewöhnlicher Nazi“ geklungen, fügen Padover und Gittler hinzu. 202 Als interessantes Beispiel für die laut Eigendarstellung „objektive Analyse“203 und die Art und Weise, wie Padover Anfang 1945 Urteile über die Mitglieder der Stadtverwaltung Aachens und die politische Lage fällte, sei auch das Gespräch, das er und Gittler mit dem österreichstämmigen Bürgermeister Helmut Pontesegger geführt haben, erwähnt. Dem 36jährigen, „schlecht bezahlten“ Pontesegger hielt das Duo zugute, nie in der NSDAP aktiv gewesen zu sein, wegen seiner Zugehörigkeit zum ehemaligen Dollfuß-Lager könne er aber eindeutig als „Fascist-minded“ eingestuft werden. Zudem verstehe es Pontesegger gut, seine „russophoben“ Ansichten vor den mit den Sowjets verbündeten Amerikanern zu verbergen. Der Österreicher tue das, was Oppenhoff ihm anschaffe, so Padover. Für die fünf ehemaligen NSDAP-Mitglieder in der von ihm geleiteten Abteilung würde er die Hand ins Feuer legen, habe Pontesegger den beiden Verhörspezialisten versichert. Auch hätte die US-Militärregierung (bzw. vor allem das für die Screenings von möglichen Mitarbeitern der Militärverwaltung zuständige CIC) anfangs keine Einwände gegen diese Beamten vorgebracht. Auf die Frage, warum keine Sozialdemokraten oder Gewerkschafter in seiner Abteilung arbeiteten, hätte P ­ ontesegger 204 mit Beschämung reagiert. Im berühmt-berüchtigten Abschlussreport über die

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politischen Verhältnisse in Aachen zählten Padover und seine Kollegen Pontesegger später zu den „schwächeren Männern“ der Stadtregierung und stuften ihn als „Werkzeug“ der herrschenden Elite rund um Oppenhoff ein.205 Auch führende Militärregierungsoffiziere wie Major Swoboda wurden auf ähnliche Weise befragt und ihre Performance in Aachen in ebenfalls sehr kritischen Berichten beschrieben. Die wochenlangen Erhebungen des Trios Padover-Gittler-Sweet gipfelten Anfang Februar 1945 schließlich in der Niederschrift und der bald darauffolgenden Veröffentlichung des besagten „Aachen Report“. Dieser ursprünglich 21seitige Bericht war eine drastische Anklage gegen das bestehende politische System in der Stadt. Nach einer kurzen Einleitung und ein paar Dankworten greifen die Autoren die Oppenhoff-Administration und Bischof van der Velden frontal an: In the last 3 months a new elite has emerged in Aachen, an elite made up of technicians, lawyers, engineers, businessmen, manufacturers, and churchmen. This elite is shrewd,

strongwilled, and aggressive. It occupies every important job in the administration. Its leader is Oberbuergermeister Oppenhoff. […] Behind Oppenhoff is the Bishop of Aachen, a powerful figure with a subtlety of his own and a program of the Church. […]

Oppenhoff[’s] collaborators are Faust and Op de Hipt, both executives in the Veltrup works. […] All these men managed to stay out of the Nazi party; most of them were directly connected with town’s leading war industries, Veltrup und Talbot.206

Auf den folgenden Seiten fuhr Padovers Team mit zahlreichen weiteren rhetorischen Geschützen auf: Oppenhoff sei de facto ein Faschist, der mit einem zielbewussten elitären „Herrenclub“ einen ausgeklügelten „Basic Plan“ zur Errichtung eines klerikal-autoritären, von Wirtschaftsbossen getragenen Ständestaats verfolge. Breite Massenparteien, Wahlen und Gewerkschaften würden von den antidemokratischen „Buergermeisters“ abgelehnt und eine paternalistisch-autoritäre Gesellschaftsform mit einer „‚managerial‘ conception of government“ angestrebt werden. Keiner von Oppenhoffs Männern habe unter dem NS-Regime gelitten oder habe je durch Wort oder Tat Widerstand geleistet. „The record shows they prospered under Hitler“, steht zu lesen.207 Der Oberbürgermeister habe zwar fähige – und einzeln betrachtet – ungefährliche Leute angeheuert, aber als Gruppe seien sie „tyrannisch“ und nur auf ihren Vorteil bedacht. Zudem seien sie politisch unerfahren. Jegliche „labor organization“ würde von dieser Gruppe nach Kräften unterbunden werden – dies stellt für die Verfasser des Berichts eine direkte Infragestellung des von General Eisenhower garantierten Rechts zur Bildung von freien Gewerkschaften dar. Oppenhoffs „executive officer“, Bürgermeister Op de Hipt, sei de facto ein Gestapo-Informant gewesen und allein in den Schlüsselpositionen

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der Stadtverwaltung befänden sich über 20 ehemalige NSDAP-Mitglieder.208 Laut dem Oberbürgermeister seien die von ihm ausgewählten Leute aber als „unpolitisch“ einzustufen und für das reibungslose Funktionieren der Verwaltung allesamt „indispensable“. Die Special Branch der Military Government-Abteilung und das CIC hätten zwar auf die Entlassung von politisch vorbelasteten Personen gedrängt, aber Oppenhoff glaube in einer Position zu sein, die ihm „the right to hire and fire“ gäbe. Es sei ihm – nicht zuletzt dank der Duldung von Seiten des örtlichen MG Detachment mit Kommandeur Hugh M. Jones und vor allem dem Bischofsfreund Leo Swoboda an der Spitze – bis dato gut gelungen, die meisten der von ihm ausgewählten Mitarbeiter (und Kriegsprofiteure) im Amt zu halten. Hier fehle es eindeutig an einer klaren „guidance“ und besatzungspolitischen Vorgaben für die MG-Offiziere. „Thus“, fahren Padover, Gittler und Sweet mit angriffigem Duktus fort, „Nazi sympathizers, Party members, or German nationalists are appointed by the MG team as the ‚only available specialists.‘“ In moralischer Hinsicht, so die Autoren, sei es „hardly a fitting reward to Allied soldiers to place in power men who did their best to serve Nazi war production in key positions.“209 Das Naheverhältnis des oben erwähnten Bürgermeisters Helmut Pontesegger zum „österreichischen Halbfaschisten Dollfuß“, ergänzt Klaus Schwabe lakonisch, „machte die Sache nicht besser.“210 Auch das örtliche MG Detachment bekam im Bericht sein Fett ab: Die Indifferenz der militärischen Besatzungsorgane gegenüber den politischen Implikationen in Aachen nach dem simplen Motto „Laß’ die Verwaltung der Stadt den Beamten“211 habe laut Padovers Team zu einem politischen Schlamassel geführt, das schließlich – und das ist der fundamentale Punkt der flammenden Philippika – in der Ausgrenzung der Linken seinen sichtbarsten Niederschlag gefunden habe. Obwohl die Vertreter der US-Militärregierungstruppe vorgegeben hätten, offen für jegliche Einbindung von Sozialdemokraten zu sein, würde dies durch den verschwörerischen Basic Plan Oppenhoffs, der jegliche „post-war economic oppurtunities“ seinem konservativen und reaktionären Elitenzirkel zuschieben wolle, hintertrieben. Der von Major Swoboda bevorzugt behandelte und „wie eine Glucke behütete“ Bischof – und nun schließt sich der Kreis der beiden Gespräche von Seidler und Padover mit Johannes van der Velden – stellte für die dreiköpfige PWI-Gruppe den Geburtshelfer und Strippenzieher beim Aufbau der unheilvollen Oppenhoff-Regierung dar. Die Autoren sind auch auf die öffentliche Reaktion auf die politischen und administrativen Vorgänge seit Ende Oktober 1944 eingegangen: Die politisch wacheren Menschen in Aachen hätten das „Gefühl“, dass im Umfeld der Oppenhoff-Clique etwas Unkorrektes vorgehen würde und dass Vertreter der Linken ebenso unwillkommen wie unterrepräsentiert wären. Die

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nicht zufrieden stellende „labor policy“, die Beschäftigung von Nationalsozialisten in Führungspositionen und die Charakteristik der Zivilverwaltung der Stadt als exklusiver, vom Bischof unterstützter Herren-Club seien die drei Hauptpunkte für Unzufriedenheit unter den Aachener Bürgern.212 Zwei gewichtige Kritikpunkte Padovers – die systematische Ausgrenzung der Linken und die große Macht des Bischofs – werden gegen Ende des „Aachen Report“ mit einem anonymen Fallbeispiel aus einer Reihe von befragten Bürgern untermauert: The most serious objection to the administration is that it represents only one body of opinion. We heard this objection from a businessman, a small manufacturer, a property

owner, a former publisher, and an office secretary. Here is a typical comment: „The town

officials may be respectable, but there are too many around the Bishop. One hears grum-

bling: Of course, the Bishop is not objectionable, but there should be people in there

from other political camps, men who know the plain people better and have had contact with them for years. The Herren in charge now are all Direktoren …“213

Es sticht ins Auge, dass Padover und seine Kollegen ihre heftigen Anschuldigungen mit Formulierungen wie „Man hört ein Murren, dass …“ zu belegen versuchten. Sie scheuten auch nicht davor zurück, klassische – und nicht zwingend ideologisch oder politisch unterfütterte – Ressentiments gegen die „Herren“ und „Direktoren“, wie sie vielfach von frustrierten „kleinen Männern“ heute noch am Stammtisch geäußert werden,214 auf eine Ebene mit schwerwiegender („most serious“) politischer Kritik an der einseitig zusammengesetzten Stadtregierung zu heben. Bereits im nächsten Absatz schwächen die Autoren jedoch ihre Vermengung von politischen und unpolitischen Argumenten ab, indem sie genau dieselben Frustund Neidgefühle über die angeblich komfortabel in ihren Villen lebenden und mit Kraftfahrzeugen munter durch die Gegend fahrenden Herren Bürgermeister plötzlich als „non-political discontent“ einstufen: „Why cannot the Buergermeister walk a few miles to their homes like the rest of us, or ride bycicles?“215 Vielsagend ist auch die von Padover stolz nacherzählte Begebenheit, dass er dem deutschen KPD-Sympathisanten Georg Thesen zuliebe den Fraternisierungsbefehl missachtet habe.216 Bei Angehörigen anderer politischer Lager sah er in freundlichen Beziehungen zwischen Eroberer und Eroberten hingegen ein großes Problem: So zeigte er sich im Aachen-Bericht „überrascht davon“, wie viel das amerikanische Military Government in einer „Kampfzone“ wie Aachen auf „die Meinung eines deutschen Zivilisten hielt, der zufälligerweise ein Geistlicher war.“217

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Abgeschlossen wird der „Aachen Report“ mit der Prognose, dass – sollte das Oppenhoff-Regime an der Macht bleiben und seinen antidemokratischen „Plan“ rücksichtslos weiter verfolgen – die bereits misstrauisch gewordene arbeitende Bevölkerung sich rasch erheben und für ihre Rechte kämpferisch einstehen würde.218 Es ist überflüssig zu erklären, dass dieser Bericht, der von Padover umgehend seiner eigentlichen Stammeinheit, dem zivilen OSS, sowie der amerikanischen Presse zugespielt wurde, in den Stäben des US-Militärs und in der Aachener Politszene für Aufregung sorgte. Padover hatte nun, was er wollte und er später in seinen Kriegsmemoiren so eifrig betonte, nämlich Aufmerksamkeit: Meine Berichte, die ich abends schrieb, gingen durch „Kanäle“ an das Hauptquartier

der I. Armee und der 12. Heeresgruppe, an das Oberkommando der Alliierten, nach London und Washington. […] Sie wurden in den Propagandaabteilungen gelesen und von hochrangigen Politikern.219

Der Antrieb Padovers war vor allem sein missionarischer Eifer. Seine scharfen, mitunter vernichtenden Urteile – so beklagt er sich in einer Art Tagebuch einmal über den „boche barbarism“ der Deutschen –220 beruhten vielfach auf einer unversöhnlichen ideologischen Grundhaltung. Seine Weltsicht war nicht nur antiklerikal und antikonservativ geprägt, sondern atmete auch den revanchistischen Geist der Morgenthau-Doktrin. Ein Grund für Padovers moralische Empörung waren möglicherweise die erschütternden Berichte, die ihm über die Shoah zu Ohren kamen. Am 1. Oktober 1944, also noch vor seinem Aachen-Aufenthalt, verfasste er etwa einen Bericht über sein Gespräch mit Jean Chaussy. Letzterer war ein Luxemburger Kraftfahrer mit „Hang zum Drama“, der laut eigenen Angaben von den Nationalsozialisten ins KZ Sachsenhausen bzw. dessen Außenstelle in Oranienburg verbracht worden war. Chaussy berichtete über die dort vorherrschende, unsägliche Brutalität gegenüber den Gefangenen (Bestrafungen seien etwa durch Schläge mit Lederpeitschen auf das nackte Gesäß des Opfers erfolgt; falls dessen Anus durch diese Misshandlungen „gespalten“ worden war, habe man das Opfer ins „Revier“ gebracht, wo es durch eine Giftinjektion rasch getötet worden sei). Die Schilderung von Chaussy über seine Arbeit als Leichen-Wegräumer zwischen „gas house“ und Krematorium im Stammlager war für Padover „possibly the only firsthand account on the subject available“.221 Die technisch-architektonische Beschreibung der Gaskammer und des Krematoriums der Sachsenhausener „Station Z“ in der einschlägigen Fachliteratur weicht aber erheblich von Chaussys Schilderung ab.222 Ob nun in allen Details wahr oder nicht: Offensichtlich hinterließen derartige Schilderungen bei Padover einen bleibenden Eindruck. Er sah laut Win-

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

fried Lerg eine direkte Verbindungslinie zwischen den Gaskammern, von denen Chaussy erzählte, und jenen „guten“ Deutschen, die sich als willige Befehlsausführer und Vollstrecker von Hitlers Untaten erwiesen haben. Zu diesen gehörte seiner Meinung nach auch der von der US-Militärregierung im deutschen Ort Kornelimünster eingesetzte und von ihm befragte Vize-Bürgermeister August Wagemann.223 Die Verbrechen der Nationalsozialisten und die von ihm gleichzeitig wahrgenommene Uneinsichtigkeit und der Opportunismus solcher „unpolitischen“ Mitläufer trugen wohl dazu bei, dass Padovers großes „Engagement ‚mit antideutschen Gefühlen vermischt‘“ war.224 Die Radikalität des Aachen-Papiers, die darin feststellbare, fast völlige Absenz jeglicher Differenzierungen und Grautöne und die Art und Weise, wie es veröffentlicht wurde, gingen sogar Al Toombs, dem Chef der PWI-Abteilung der P&PW/12th Army Group, zu weit. Selbst sozialistischen Kreisen nahe stehend und in der Regel voll des Lobs über Padovers methodisch ausgefeilte und ergiebige Moralanalysen, kritisierte er Letzteren und seine Kollegen Gittler und Sweet, wenige Tage nachdem der Aachen Report ein „Pandämonium der Panik“ in der US-Militärführung entfacht hatte,225 hart. Gewiss seien die Ergebnisse der Erhebungen des PWI-Trios „schockierend“, so Toombs, doch sei der Bericht in einer viel zu sensationslüsternen Sprache gehalten („a tone of muckraking“). Eine nüchterne Darlegung der Fakten hätte dem Leser eher erlaubt, seine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Toombs erinnerte die Verfasser daran, dass sie nun für die US-Armee Dienst leisteten und dass es nicht angehe, die Militärregierung per se zu untersuchen oder ihre Aktivitäten aggressiv zu kritisieren. Die Mission der Politik- bzw. Propagandaaufklärung im Rahmen der PWB/T Force und anderer PWI-Einheiten der 12. Armeegruppe sei es, die öffentliche Meinung und Moral der deutschen Bevölkerung zu erkunden und über die Beziehungen der Leute mit der Militärregierung zu berichten. Padover und sein Team hätten streng genommen kein Mandat für Untersuchungen über den politischen Hintergrund der vom Military Government Detachment ausgewählten Zivilverwaltung oder über die Arbeitsweise von G-5-Offizieren. Wenn man bei diesen Erhebungen – so wie dies in Aachen der Fall war – feststelle, dass es Unzufriedenheit in der Bevölkerung angesichts der von der Militärregierung eingesetzten Stadtregierung gebe, dann sei es die Pflicht des PWB-Teams, dem MG Detachment unter Bekanntgabe aller eingeholten Wissensstände diskret mitzuteilen, warum die Leute unzufrieden sind. Der Report hätte sich daher auf die Schilderung der Reaktionen der Aachener Bürger über die „Regierungs-Clique“ und auf eine faktentreue Beschreibung der amtierenden Regierungsmitglieder beschränken sollen. In Zukunft sollten die drei Autoren um mehr Objektivität bemüht sein und gefälligst die Direktiven befolgen.

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Auf die nun stark beeinträchtigte Beziehung der Propagandasparte zur Militärregierung bzw. dem G-5-Stab gemünzt, schloss Toombs: „[I]f we start off on a witchhunt, with M[ilitary]G[overnment] officers as the witches, we are going to get slapped down.“226 Winfried Lerg weist darauf hin, dass Padover und seine Kollegen bereits im Oktober 1944 mehrere Angehörige der Oppenhoff-Gruppe, als diese Evakuierte in den US-Lagern Malmedy, Eupen und Bad Homburg waren, vernommen hatten. Diese Berichte seien zwar nach Paris, „nicht aber in die Hände der Aachener C[ivil]A[ffairs]D[ivision]-Offiziere gelangt. Erst Anfang Dezember, bei seinem ersten Aachen-Besuch, hatte Padover selbst sie dem stellvertretenden Stadtkommandanten überreicht; doch zu diesem Zeitpunkt saß die OppenhoffGruppe bereits fest in ihren Sätteln.“227 Der hier suggerierten Schlussfolgerung, dass Padovers kassandrische Warnungen vor der „faschistischen“ Oppenhoff-Clique der inkompetenten Militärbürokratie oder besatzungspolitischen Rivalitäten zum Opfer gefallen seien und der Skandal um Aachen dank dieser in den Wind geschlagenen Berichte verhindert hätte werden können, sollte mit Skepsis begegnet werden. So vermittelt etwa ein von Padover und Gittler am 29. Oktober 1944 verfasstes Befragungsprotokoll mit einem führenden Angehörigen der späteren Oppenhoff-Administration alles andere als ein alarmierendes Bild. Bei diesem Bericht handelt es sich um das Gespräch der beiden PWI-Offiziere mit Dr. Hans Mies, der kurz darauf in der neuen Aachener Stadtverwaltung als Bereichsleiter für Technik, Stadtwerke und Straßenbahn eingesetzt werden sollte. Zwar beschreiben die Befrager Mies als einen jener typisch „Unpolitischen“, die nie etwas Mutiges gegen Hitler unternommen hätten und die mit der Demokratie amerikanischer Prägung wenig anfangen könnten. Gleichwohl wird dem Ingenieur attestiert, „religious, well-mannered and sensitive“ und ein „kindly individual“ zu sein. Mies sei, so Padover und Gittler, definitiv kein Nazi und auch kein Radikaler. Er sei ein Wirtschaftsliberaler mit internationalistischer Ausrichtung, der die nationalsozialistische Abkapselung von der Welt als „Blödsinn“ erachtete. Da Deutschland sich spirituell versündigt habe, hoffe er auf eine US-amerikanische Besetzung und Umerziehung im Geiste der Freiheit. Auf das – für Padovers ideologiegetriebene Arbeitsweise typische – bohrende Nachfragen der beiden Gesprächspartner zu Mies’ Weltanschauung hin habe der belesene 44jährige sogar angegeben, dem Grenzen transzendierenden und kosmopolitischen Kommunismus einiges abgewinnen zu können.228 Um auf Grundlage solcher Interviews einen faschistischen Masterplan herauszulesen, muss man schon kreativ vorgehen. Auch wenn Mies nur eine Nebenfigur war: Die von Padover bzw. von seinen Apologeten später vertretene Ansicht, sein PWB/T-Force-Team hätte durch derartige Berichte schon ab

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Oktober 1944 eindringlich vor der Gefährlichkeit der „gerissenen“, reaktionären und rabiat antikommunistischen Oppenhoff-Gruppe gewarnt, wird durch solche Aussagen aus den Kreisen der inkriminierten „Clique“ eher widerlegt als bestätigt. Sogar noch Mitte Dezember zeichnete das nun offiziell zu Aufklärungszwecken in Aachen weilende Team Padovers ein moderates Bild von der Oppenhoff-Administration. Einzig die Erwähnung der einseitigen politischen Zusammensetzung der Verwaltung sticht als zarte Kritik ins Auge.229 Auch die oberen Stäbe der 12. Armeegruppe und des SHAEF-Kommandos mitsamt der für die Militärregierung zuständigen Civil Affairs Division sahen ob der zwar kritischen, aber noch vergleichsweise gemäßigten Berichte Padovers im Herbst 1944 offensichtlich keinen akuten Handlungsbedarf. Vieles, auch Kritisches, dürfte allerdings in der täglichen Flut an Intelligence-Korrespondenzen untergegangen sein – dies sollte sich noch rächen: Da sich Padover über die „mangelnde Resonanz auf seine Studien ärgerte“, hatte er laut Henke schließlich andere Wege gesucht, um sich Gehör zu verschaffen.230 Hierfür wählte er eine Methode der doppelten Eskalation, indem er dem zuvor erwähnten Aachen-Bericht dank einer schrillen und dramatisierenden Sprache einen extremen Spin gab und das Papier vor allem linksgerichteten Zeitungen in Großbritannien und den USA zuspielte. Es überrascht nicht, dass eine derartige Vorgangsweise einer kritisch-wissenschaftlichen Untersuchung Angriffsflächen bietet. Der eher zu den Padover-Kritikern zählende Klaus-Dietmar Henke weist zu Recht darauf hin, dass die am Ende des Aachen Report geäußerte Prophezeiung einer argwöhnisch gewordenen und in naher Zukunft zum Kampf für die ihr verwehrten Rechte schreitenden Arbeiterklasse im Widerspruch zu anderen Aussagen des Ex-Österreichers steht: „Der Schlußsatz von Padovers Analyse“, so Henke, „kontrastiert nicht nur mit seiner an anderer Stelle zum Ausdruck gebrachten Auffassung von der ‚verhängnisvollen und moralisch gesehen kriminellen Passivität‘ der Linken während der NS-Zeit, auch die Behauptung der Existenz eines ‚Basic Plan‘ ließ sich nur schlecht mit seinem gleichzeitigen Befund vereinbaren, daß die Männer der Oppenhoff-Clique politisch in jeder Hinsicht sehr unerfahren seien.“231 Und angesichts jenes schockierenden und tragischen Ereignisses, das noch ein letztes Mal die Monstrosität des braunen Verbrecherregimes ins Herz der Stadt Aachen trug, fügt Henke an, dass Padover allzu leichtfertig mit Faschismusdiagnosen um sich geworfen habe: Padovers immanentes Fazit schließlich, in Aachen herrschten wegen der Machenschaften Oppenhoffs und des Bischofs im Grunde noch immer die gleichen Verhältnisse wie

unter der Herrschaft der Nazis, wurde am Palmsonntag, dem 25. März 1945, auf tragische Weise ad absurdum geführt. Am Abend dieses Tages ermordete nämlich im Auf-

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trag Himmlers und des Höheren SS- und Polizeiführers West, Karl Gutenberger, ein kleiner Trupp von ‚Werwölfen‘ den Aachener Oberbürgermeister […].232

„Die Mordtat, die“, so Henke, „so gar nicht zu seinen Theorien passen wollte, konnte sich Padover […] 1946 nur mit der armseligen Annahme erklären, der Anschlag auf den Oberbürgermeister sei in Wirklichkeit von seinem zwei Häuser weiter wohnenden Kollegen, Bürgermeister Heinrich Faust, inszeniert worden, und zwar deshalb, weil Oppenhoff sich nach dem ‚Aachen Scandal‘ um ein besseres Verhältnis zur Linken bemüht habe.“233 In der Tat kann man attestieren, dass die nahezu diabolisch anmutende und zutiefst verletzende Karikatur, die Padover von der couragierten und verantwortungsbewussten – und gewiss auch mit zahlreichen Fehlern und politisch blinden Flecken behafteten – Person Franz Oppenhoff gezeichnet hatte, der historischen Realität nicht gerecht wurde. Saul Padover – das zeigen seine Biografie (die ein als objektive Mentalitätsgeschichte getarntes Schwarzbuch der Deutschen ist), gewisse Aussagen in seinen Memoiren und seine PWI-Reports eindrücklich – war wesentlich von Selbstüberschätzung234 und politischer Voreingenommenheit getrieben und bewegte sich hart an der Grenze zum Verschwörungstheoretiker. Dennoch: Allen Übertreibungen und seinem Hang zum Zeichnen von unfairen, moralinsauren Zerrbildern zum Trotz traf Padovers heftige Kritik an der Ausgrenzung der Sozialdemokraten und Linken in der Aachener Administration aber in vielerlei Hinsicht ins Schwarze. Die höheren Offiziere in den G-2- und G-5-Abteilungen der US Army wären gut beraten gewesen, professionell und inhaltsorientiert mit den Berichten dieses unbequemen „OSS Civilian“ umzugehen. Warum? Die im „Aachen-Report“ pathetisch angeprangerte Tatsache, dass Vertreter der Linken von den führenden Positionen in der Stadtverwaltung de facto ausgeschlossen waren, ist insofern bemerkenswert, da nicht nur Padovers Trupp, sondern auch andere Organe der Target Force der 12. Armeegruppe und der Abwehrdienst CIC über die Bedeutung und den hohen Grad der Politisierung dieses Milieus in Aachen Bescheid wussten. So kam etwa Richard Schifters IPW-Team in der groß angelegten Befragungsaktion unter jenen Aachenern, die im Oktober 1944 in der Stadt zurückgeblieben waren oder bis Jahresende dorthin zurückkehrten, zur Erkenntnis, dass die „rund 20 % sozialdemokratisch Orientierten“ die größte „politisch bewusste Gruppe in Aachen“ darstellten. Zwar bekannten sich rund 60 % der Befragten in Bezug auf ihre Parteipräferenzen zur früheren Zentrumspartei, doch damit wollten sie wohl Nähe zur „unverdächtigen“ katholischen Kirche ausdrücken oder andere „cogent reasons for their dislike of the Nazis“ vorbringen.235 Dennoch ist dieses Ergebnis ein starkes Indiz für die Bedeutung und Kraft des linken Lagers. Eine andere –

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

vielleicht von Padover selbst durchgeführte – Umfrage Anfang 1945 im „Museum in Aachen“ (vermutlich dem Suermondt-Museum) kam zu einem noch brisanteren Resultat. Die an ein wesentlich kleineres Sample von 136 Personen gerichtete Frage: „If there were an election with the pre-HITLER parties on the ballot, how would you vote?“ brachte hierbei folgendes Ergebnis: - 39 Stimmen für die Kommunisten (29 %) - 62 für die Sozialdemokraten (46 %) - 16 für die (katholische) Zentrumspartei (11 %) - 19 für die (konservative) Volkspartei (14 %)236 Auch wenn man wegen mangelndem Wissen über Methode, Kontext und Validität dieser Umfragen vorsichtig mit Generalisierungen sein sollte, stützen deren Ergebnisse Padovers anklagende Aussagen über die politische Zusammensetzung der Oppenhoff-„Clique“: Die Spitze der Stadtverwaltung repräsentierte politisch gesehen nur einen überschaubaren Teil der Aachener Bevölkerung. So hatte ­Padover „richtig erkannt, dass die Linke mit dem Bürgermeister Carl (für Arbeit) und der kommunistischen Dezernentin für das Jugendamt lediglich in zwei Ressorts der Stadtverwaltung vertreten war“.237 Dies musste früher oder später für Kritik sorgen und Fragen nach der Legitimation aufwerfen. Selbst Henke stellt fest, dass Padovers Abschlussbericht über Aachen „doch mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthielt.“ Der austroamerikanische Aufklärungsoffizier wollte kritisch darauf hinweisen, dass „‚linke Gruppierungen so unerwünscht sind, wie sie in der Verwaltung unterrepräsentiert sind‘. Das war in der Tat ein fatales Faktum, erklärbar zwar, aber dennoch ein Affront nicht nur für die Linke, sondern“, so Henke, „auch für jeden politisch Bewußten in der Stadt, der sich nicht der besseren Gesellschaft von Aachen zugehörig fühlte.“238 Padovers parteiische Einmischung in die Angelegenheiten der Civil Affairs Division und ihrer Military Government Detachments „warfen daher noch grundlegendere Fragen der amerikanischen Besatzungspolitik in ihrem Erprobungsstadium auf.“239 Es ist das Verdienst von Padovers Verhörteam, auf diese Probleme, die ja für die Glaubwürdigkeit der von den Amerikanern noch im Rest des Lands zu implementierenden demokratischen Regierungsform bedeutend waren, zu einem wichtigen Zeitpunkt hingewiesen zu haben. So verwundert es nicht, dass im Zuge des Aachener Skandals im amerikanischen Militär das Pendel nun in die andere politische Richtung ausschlug und sich Padovers Sicht der Dinge vorerst durchsetzte. Die Oppenhoff-Gruppe und das örtliche Militärregierungs-Detachment gerieten nun ob der empörten „Nazis regieren in Aachen!“-Rufe angloamerikanischer Medien rasch in die Defensive. So verloren – unter Protest von Bischof van der Velden – ab Februar 1945 beinahe

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alle ehemaligen NSDAP-Mitglieder ihre Verwaltungsposten. Leute des inneren Kreises um Oppenhoff, wie Matthias Op de Hipt, mussten ihren Bürgermeistersessel räumen.240 Die Säuberungswelle wurde „von einer erheblich verschärften Entnazifizierungsdirektive Eisenhowers, die jedes Mitglied der NSDAP oder ihren Unterorganisationen vom öffentlichen Dienst ausschloß,“241 und von der Abberufung Major Swobodas, des Schutzherren des Oberbürgermeisters, begleitet.242 Und spät, aber doch, wurde auch Franz Oppenhoff schmerzhaft bewusst, dass es eines „Brückenschlag[s] nach links“ bedurfte,243 um nicht „diejenigen von der Mitbestimmung der Geschicke der Stadt auszuschließen, die nach dem Ende der NS-Diktatur mit guten Gründen von sich sagen konnten, historisch recht behalten zu haben.“244 Mitte März 1945, kurz vor seiner Ermordung, unterstützte und beglückwünschte Oppenhoff etwa die Gründung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds. Doch setzten sich die Verfechter einer „politischen“ statt „funktionalen“ Besatzungspolitik nicht in allen Belangen durch: Der weltanschaulich ähnlich wie Padover gepolte Vizekommandeur des MG Detachment F1G2, Jack Bradford, sah nun die Stunde für eine linkere und härtere Besatzungspolitik gekommen – er wurde von den höheren Militärs aber nicht unterstützt. Auch das Faktum, dass mit dem Österreicher Helmut Pontesegger ein „Faschist“ vorläufiger Nachfolger des Ermordeten wurde, zeigt, dass die Besatzungsbehörden kein allzu radikales Einschwenken in eine „politischere“ Richtung im Sinn hatten.245 Allen Unschärfen, Verzerrungen und Fehleinschätzungen Padovers zum Trotz: Sein lautstarkes Anprangern des Opportunismus und Selbstmitleids vieler NSMitläufer, „Dummdreister“,246 Wendehälse, „Unpolitischer“ und „Befehlsempfänger“ hat auch den ab Kriegsende aufkeimenden Versuchen, einen deutschen Opfer- und Schuldumkehr-Mythos zu schaffen, entgegenwirkt. So hält René Rohrkamp zu Recht fest, dass die Ermordung des Aachener Oberbürgermeisters gut in das bequeme Opfernarrativ der vielen vermeintlich Unschuldigen, die angeblich unter dem Nationalsozialismus nichts als gelitten hätten, passte – „machte es doch einen weiteren Aachener zum Opfer des Regimes, ein Gefühl, das sich nicht nur in Aachen, sondern bald in ganz Nachkriegs-Deutschland festsetzen sollte.“247 Auch hier haben sich die kritischen, bis heute nachhallenden Padover-Berichte im Zusammenhang mit dem „Aachen Scandal“ als unverzichtbares Gegennarrativ erwiesen. Und nicht zuletzt gelang es Padover mit seinen zwar weltanschaulich motivierten, aber sehr penibel und systematisch durchgeführten politischen Analysen vielfach, auf problematische Aspekte im Leben seiner katholischen oder konservativen Verhör-„Opfer“ hinzuweisen, die sonst wohl unter den Tisch gekehrt worden wären. So lassen sich die von ihm beim Bischof von Aachen festgestellten „chauvinisti-

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

schen“ Züge nicht nur aus dem hart geführten Gespräch mit seinem PWB-Team, sondern bei vergleichender Lektüre bereits aus dem jovialen Austausch mit dem kirchenfreundlichen US-Propagandisten Francis Seidler herauslesen. Laut Daniel Lerner besaß Padover die „unusual powers of systematic and penetrating policy analysis at the highest level“, um zu solchen Ergebnissen zu kommen.248 Padovers gebetsmühlenartig wiederholte Aussage, dass Katholik-Sein nicht automatisch mit Widerständler-Sein gleichgesetzt werden darf, war daher ein forsches Korrektiv zu den schönfärberischen Erzählungen über die frommen Hitler-Bekämpfer, die in den Intelligence-Abteilungen und höheren SHAEF-Stäben nur zu gern für bare Münze genommen wurden. Der gewiss nicht der Kirchenfeindlichkeit verdächtige Nachkriegskanzler Konrad Adenauer zeichnet in einem 1946 verfassten Brief an einen katholischen Geistlichen ein mit Padovers Vorstellungen weitgehend übereinstimmendes Bild vom Verhalten der deutschen Bischöfe, zu denen auch der Aachener Oberhirte gehörte: [D]as deutsche Volk, auch die Bischöfe und der Klerus zum großen Teil, sind auf die

nationalsozialistische Agitation eingegangen. […] Ich glaube, daß, wenn die Bischöfe alle miteinander an einem bestimmten Tage öffentlich von den Kanzeln aus dagegen

Stellung genommen hätten, sie vieles hätten verhüten können. Das ist nicht geschehen

und dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn die Bischöfe dadurch ins Gefängnis oder

in Konzentrationslager gekommen wären, so wäre das kein Schade [sic!], im Gegenteil. Alles das ist nicht geschehen und darum schweigt man am besten.249

Leute desselben politischen Lagers wie der konservative Exilant und Moralverhörer Seidler haben jedoch in ihren PWI-Reports ein strahlendes und von jeglicher Ambivalenz befreites Bild der katholischen Kirche gezeichnet. Dadurch haben sie der später aufkommenden Empörung im sozialdemokratisch und gewerkschaftlich orientierten Teil der Bevölkerung über den politischen Einfluss einer angeblich klerikalfaschistischen Gruppe in Aachen den Boden mit aufbereitet. Padover streute letztlich nur grobkörniges Salz auf diese bereits offene Wunde. Seine teils tiefschürfenden Einblicke in die Seele der Deutschen waren in vielen Fällen zudem nicht nur für langfristige besatzungspolitische Planungen, sondern auch für die Propaganda-Intelligence-Stellen der 12. Armeegruppe und die konkrete Flugblatt- und Rundfunkproduktion eine wichtige Arbeitsgrundlage. So interviewte er im Herbst 1944 einen aus Deutschland zurückgekehrten Luxemburger Zivilisten250 zu den Radio-Rezeptionsgewohnheiten der feindlichen Bevölkerung und konnte dabei den US-Rundfunkredakteuren wertvolles Feedback geben.251 Die speziell auf Zivilisten fokussierende Propaganda Intelligence Padovers vermochte

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es in einigen Fällen also, eine moralanalytische Brücke zwischen den tausendfach erhobenen Nutzergewohnheiten und Meinungen der Wehrmachtssoldaten und jenen der deutschen Zivilbevölkerung zu schlagen. Im täglich erscheinenden Nachrichtenüberblick für psychologische Kriegsführung hat auch Al Toombs für die P&PW/12th Army Group zahlreiche der von Padovers Team dokumentierten Erkenntnisse für die Output produzierenden Propagandisten aufbereitet und weitergegeben. Die von Padover durchgeführte Wirkungsüberprüfung eines „[a]n die deutschen Eisenbahner“ im Rheinland und im Ruhrgebiet gerichteten PWD/ SHAEF-Flugblatts vom Februar 1945 zeigt zudem, dass er gegen Ende des Kriegs auch analytisch gereift ist. Hier hat sich Padover nicht mehr von seinen marxistischen Hoffnungen in eine sich gegen das NS-Joch erhebende Arbeiterklasse leiten lassen. Mag sein, dass ihm die Schelte von Al Toombs über seine reißerische Darstellung der Zustände in Aachen hier schon zusetzte. Vielmehr zog er eine nüchterne Bilanz, in der nur mehr die Enttäuschung eines Idealisten über das deutsche Mitläufertum und nicht mehr die Begeisterung über das revolutionäre Potential der Arbeiter erkannbar ist: „Verschwendet eure Zeit nicht damit, die deutschen Eisenbahner anzusprechen. Sie werden bis zum allerletzten Augenblick für Hitler arbeiten. Anschließend werden sie mit dem gleichen blinden Gehorsam für uns arbeiten.“252 Damit näherte sich Padover spät, aber doch, dem Mainstream seiner pragmatisch agierenden PWI-Kollegen und der allgemeinen PWD/SHAEF-Propagandapraxis an, die nicht zuletzt auch auf der empirischen Grundlage ihrer umfangreichen Moralanalysen jegliche Form von revolutionärer Propaganda „eliminiert“ hatte.253 3.1.7 Resümee Was sind nun die Lehren aus dem „Aachen Scandal“ und der Rolle, die zwei österreichstämmige Propaganda-Nachrichtenoffiziere, nämlich der Sharpe Boy und MRBC-Mann Francis Seidler und der PWD- und OSS-Offizier Saul ­Kussiel Padover, dabei gespielt haben? Diese Frage will ich anhand der Art und Weise, wie die beiden Protagonisten mit der Schlüsselperson Bischof Johannes van der Velden und mit der katholischen Kirche generell umgegangen sind, erörtern: Eine über weite Strecken kluge Darstellung der Rolle der katholischen Kirche vor dem Hintergrund der Besetzung Deutschlands im Allgemeinen und des „Aachen Scandal“ im Speziellen liefert der US-Diplomat Robert Murphy im Mai 1945: „Alles in allem“, so der Katholik,254 der bereits seine Lehren aus den Ereignissen in Aachen gezogen hatte, „war die katholische Kirche in Deutschland, auf Grund ihrer festeren Organisation und ihrer Verbindung zu einer souveränen aus-

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

wärtigen Macht (Vatikan) fähig, eine geschlossenere und stabilere Front gegen die Nazis zu halten als die evangelische Kirche. Dennoch ist das Gesamtbild äußerst fleckig. Es gibt herausragende Beispiele tapferer Anti-Nazis wie Bischof Graf ­Preysing in Berlin, Kardinal Faulhaber in München,255 Bischof Graf Galen in Münster und andere. Ihrem Vorbild folgten viele der unteren Kirchenmänner und Kleriker. Andererseits nahmen zahlreiche ihrer Kollegen nicht die gleich kompromißlose Haltung ein, und es gibt keine Rechtfertigung dafür, deren Rat als Rat verläß­licher Anti-Nazis einzuholen. Kurzum, man wird sich zu einem guten Teil auf die Fähigkeit des einzelnen Militärregierungsoffiziers zu verlassen haben, das Verhalten der Kirchenbehörden in seinem Bereich festzustellen und sich davon leiten zu lassen. Zweifellos sollte noch eine weitere Meinung zur Vorsicht hinzugefügt werden, ehe man allzuviel Vertrauen in den politischen Rat von Kirchenmännern setzt. In der Regel wird ein solcher Rat auf eine konservative politische Ausrichtung gestützt sein, und von Kirchenmännern empfohlene Ernennungen werden wahrscheinlich, wie […] unsere Erfahrungen, so glaube ich, in etlichen Orten bereits gezeigt haben, das Gewicht der ‚konservativen‘ Elemente verstärken. Wenn wir uns zu sehr oder gar ausschließlich von kirchlichem Rat leiten lassen, würden wir uns also dem Vorwurf aussetzen, ‚rechtsgerichtete‘ und ‚reaktionäre‘ politische Bewegungen mit Haltungen auf Kosten mehr ‚liberaler‘ Kräfte zu begünstigen. Wir müssen ständig im Auge behalten …, daß viele der rechten und konservativen Elemente zwar anti-nazistisch waren, zugleich aber sehr nationalistisch und durchdrungen von der deutschen militaristischen Tradition.“256 Auch Nicholas Stargardt weist darauf hin, dass die neuere historische Forschung Murphys Analysen stützt und es zwischen katholischer Kirche und NS-Regime „zu einer unbehaglichen ‚antagonistischen Kooperation‘“ gekommen sei.257 Zu einer – sieht man von Murphys falschem Bild über vermeintliche „Widerständler“ wie Faulhaber einmal ab – solchen Komplexitätsbejahung und Dialektik waren weder der Rechtskatholik Seidler noch der Linkssozialist Padover oder die von Murphy angesprochenen Militärregierungsoffiziere fähig oder willens. Die beiden aus Österreich stammenden Propagandaspezialisten haben zwischen Oktober 1944 und März 1945 nur ansatzweise derartige Maßstäbe bei der Verfassung ihrer Moralanalysen und Political-Intelligence-Berichte angewendet: Wider ihr Mandat gerierten sie sich im Fall Aachen nicht nur als Verhörsoldaten und Analysten, sondern auch als politische Akteure. Seidler ergriff klar Partei für die Kirche, den Aachener Oberhirten und die Rechtskonservativen, Padover stellte sich eindeutig auf die Seite der Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschafter und glaubte, dass der Bischof „Nachhut der Nazis spielte“.258 Beide haben nicht nur die eingangs zitierte PWD-Direktive missachtet („It is not your function,

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working in the field, to conduct your own foreign policy“), sondern waren auch in vielerlei Hinsicht von ihrer Ideologie geblendet: Das Versagen Seidlers – eines Vertreters des österreichischen Ständestaat-Regimes und seiner paramilitärischen Satelliten259 – war es, ein zwar besatzungspolitisch praktikables, aber allzu rosiges, exkulpierendes und für sein eigenes Milieu vorteilhaftes Bild vom Aachener Bischof und der „widerständigen“ Kirche zu zeichnen. Das Versagen Padovers war es wiederum, seine berechtigte Kritik am teilweise reaktionären und demokratiefeindlichen Gedankengut des Bischofs und des kirchlich-bürgerlichen Lagers mit einer inquisitorischen Inbrunst vorgetragen zu haben, die ihm nicht ganz zu Unrecht den Vorwurf einbrachte, eine Stimme der „extremen Linken“ zu sein.260 Dass es zwischen bedingungslosem Widerstand und blindem NS-Fanatismus auch menschliche Grautöne gab, blendeten sowohl Seidler als Padover weitgehend aus. So war der sich durch den Krieg lavierende Bischof von Aachen weder ein Widerständler, noch war er ein Faschist. Und dass es während des Kriegs realpolitische Zwänge gab, bei denen eine pragmatische Vorgehensweise – man denke etwa an den faustischen, aber strategisch sinnvollen und letztlich viele Menschenleben verschonenden Pakt Eisenhowers und Murphys mit dem zwielichtigen NS-Kollaborateur Darlan in Französisch-Nordafrika261 – vernünftig sein kann, kam gerade jemand wie Padover kaum in den Sinn. Beide Ex-Österreicher haben zudem den Fehler gemacht, ihre eigenen ordnungspolitischen Vorstellungen und persönlichen Überzeugungen nahezu absolut zu setzen und die jeweiligen Gesprächsprotokolle und PWI-Analysen danach auszurichten. Doch während Padover nie einen Zweifel über sein Bekenntnis zur Demokratie offenließ, haftet Seidler das Odeur des einstigen Antidemokraten, „Austrofaschisten“ und Wendehalses an. Dennoch waren Seidlers und besonders Padovers (Verhör-)Reports wertvolle Bausteine im bunten Informationsmosaik der westalliierten Nachrichten- und Propagandadienste. Ganz im Sinne von Robert Murphy hätte man diese beiden besatzungspolitischen Positionen durch intensivere Liaison-Kontakte und vorbehaltslose, abteilungsübergreifende Kooperation zusammenführen und durch eine vergleichende Analyse als Entscheidungsgrundlage für die militärischen „policy maker“ aufbereiten können. Hätte man bei der Aufklärungsstelle der 1st US-Army und in den G-5-Stäben Seidlers schmeichelnden Bericht über Bischof van der Velden rechtzeitig mit Padovers zirkulierenden, eher kritischen Recherchen über das katholische Milieu im Rheinland abgeglichen und in die Personalentscheidungen für die Stadtverwaltung miteinbezogen, wäre es vielleicht nicht zum Skandal in Aachen gekommen. Und auch die Vorschläge von moderaten Katholiken, wie dem von der Mobile Field Interrogation Unit Nr. 2 im November 1944262 verhörten Aachener Journalisten und Kriegsgefangenen Peter Basten, hätten bei besat-

Francis Seidler, Saul K. Padover und der „Aachen Scandal“

zungspolitischen Entscheidungen eine große Hilfe sein können. Basten sprach sich für ein ausdifferenziertes föderales System mit demokratisch zu legitimierenden Parteien und Gewerkschaften in Deutschland aus. Die geistig auf Diktatur eingestellten Menschen sollten von den Besetzern behutsam an die Demokratie herangeführt werden.263 Die vorerst einzusetzenden Bürgermeister der deutschen Städte und ein ihnen beistehendes Gremium aus „councilmen“ sollten im Einvernehmen mit der Militärregierung ernannt und nach einer Art Probejahr plebiszitär wieder abberufen werden können. Als zentralem Punkt schwebten Basten drei politische Parteien vor, die sich gemäß der bestehenden Lager und Milieus dem demokratischen Wettbewerb stellen und Menschen verschiedener Weltanschauung eine Stimme geben sollten: eine sozialistische Partei für die Arbeiterklasse, eine liberale Fraktion für „business, middle class, and sections of the farmers“, und eine konservative Partei „for all the remaining groups“. Die Kirche jedoch sollte nach den schmerzhaften Irrwegen und Erfahrungen zwischen 1914 und 1945 tunlichst von parteipolitischer Betätigung Abstand nehmen und „all ihren Einfluss zum Zwecke der Erziehung des Volks und dessen spirituellem Wohlergehen“ geltend machen: „Thus“, sagt Basten am Ende seiner Empfehlungen, „the Church will be better served than if she – often the cause of friction – should become a party herself.“264 Gerade dies ist in Aachen jedoch nicht wirklich passiert: Der von Fancis Seidler als politischer Ratgeber gepriesene und sich als eine Art „Schattenbürgermeister“ hinter Franz Oppenhoff erweisende Bischof und die als dominierend wahrgenommene Rolle der katholischen Kirche sorgten für Gerüchte und politische Unzufriedenheit und führten zur Niederschrift von Padovers hitzigem Report. Bastens Empfehlungen wurden an G-2-Stäbe und auch an die amerikanische Botschaft weitergeleitet. Vermutlich sind sie dort versandet. Eine derartige „Occupational Intelligence“ hätte es aber verdient gehabt, von den Entscheidungsträgern in der Civil Affairs Division und der Aachener Militärverwaltung rezipiert und in konkrete Überlegungen zur Besatzungspolitik mit einbezogen zu werden. Schließlich haben die „schmerzlichen Erfahrungen in Aachen“ und die Überbetonung des klerikalen, konservativen und wirtschaftsnahen Elements in der Stadtverwaltung die US-Besatzungsbehörden davon überzeugt, dass „es nicht ratsam war, jede Empfehlung von kirchlicher Seite unkritisch zu übernehmen“, und dass es für die Zukunft notwendig war, Kommunalverwaltungen „paritätisch“ zu besetzen. Für zukünftige Herausforderungen in der amerikanischen Besatzungszone erwiesen sich daher die in Aachen durch Leute wie Seidler mit angestoßenen und von Padover heftig kritisierten Entwicklungen „als ein wertvolles Kapital, auf das zurückzugreifen sich lohnte.“265 Und bei aller Polarisierung, die in Aachen zu Tage trat, muss man diesen beiden österreichstämmigen US-Soldaten

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zugute halten, dass sie – wenn auch mit verschiedenen Mitteln – jeweils einen Beitrag leisten wollten, das sich am Abgrund befindliche Deutschland wieder zu einem lebenswerteren Platz zu machen und das politische Leben wieder in Gang zu bringen. Francis Seidler und Saul Padover wollten letztlich nichts anderes als ihr ehemaliger Landsmann Charles Winter, der 1945 als amerikanischer Militärregierungssoldat im besetzten Deutschland tätig war. Gefragt, ob es für ihn als Juden eine Genugtuung gewesen sei, in US-Uniform gegen NS-Deutschland zu kämpfen, antwortet er: „Oh, sure. Look, in my family in my generation a third died in the Holocaust. But gratification is a difficult word. It needed to be done. Gratification in my mind was to help to get the political process started again.“266

3.2 Zwischen Hollywood und Militärregierung, zwischen „Schönheit und Krieg“ – Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier Wie stark auch immer die faschistischen Maechte gewesen sein moegen, wieviel staerker auch die Alliierten heute sein moegen, keine Macht ist stark genug, gegen Eros zu kämpfen. Der Camp-Sharpe-Absolvent, PR-Mann, Film-Experte und Propagandajournalist Walter Klinger (1943)267 I tried to make a niche for myself and do something for the war effort. Derselbe über seinen publizistischen Kriegsdienst268 … a determined publicity drive [is required]. Derselbe über seine Tätigkeit als Kulturoffizier im Rahmen der filmischen „Umerziehung“ der besiegten Deutschen269

War dieses Buch bisher stark auf das militärische, also kampfpropagandistische Wirken der Akteure bezogen, so setzt diese Fallstudie über ein „life straight out of the movies“270 einen anderen Schwerpunkt. Auf den folgenden Seiten stehen kulturelle, zivilgesellschaftliche und sinnliche Aspekte von publizistischer Tätigkeit im Vordergrund. Propaganda hat im Kriegsfall hauptsächlich die Aufgabe, der militärischen Gewalt einer Partei, der hard power also, Nachdruck zu verleihen. Die (Nach-)Kriegsbiografie des jüdischen „38er“-Flüchtlings, Public-Relations-Experten, Hollywood-Insiders und Journalisten Walter Klinger zeigt jedoch eindrücklich, dass der Wesenskern von Propaganda aus soft power271 besteht: Als Kultur-, Kommunikations- und Sozialtechnik, die stark mit Emotion und Eindruck operiert, zielt sie nicht nur auf die Hirne, sondern vor allem auf die Herzen

Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier

der Menschen. Sind Letztere einmal emotional angesprochen, will Propaganda sie schließlich in einen geistigen Aushandlungsprozess verwickeln.272 Das Ziel all dieser persuasiven Kultur- und Textproduktion mag das Überwältigen oder Beeinflussen des Empfängers sein. Nicht selten werden durch Propaganda aber auch ästhetische Energien freigesetzt, welche deren nüchterne Zweckmäßigkeit übersteigen. Der graue, stählerne, Menschen zermalmende Krieg mag alles überschattet, alle Lebensbereiche berührt, alle Räume durchdrungen haben. Doch die Schönheit und Daseinsfreude, wie sie von Amerikanern verstanden wurden, suchten sich inmitten des realen und medialen Schlachtengetümmels Raum und fanden ihn – sei es durch Anflüge von Poesie in Flugblättern und Zeitschriften, durch opulent illustrierte „fashion stories“273 und „Society“-Nachrichten inmitten des Kriegs, durch die Darstellung von attraktiven, weiblichen Stars in Druckwerken für Frontsoldaten und in Filmen für Zivilisten verschiedenster Nationen oder durch humorvolle Radiosketches. Diese „weiche“, sehr an den Bedürfnissen der Empfänger orientierte und methodisch moderne Form der Propaganda setzt also nicht einzig und allein auf Politisches bzw. auf Ideologiediffusion, sondern geht „mit künstlerischen oder unterhaltenden Angeboten einher.“274 Leute wie Walter Klinger, also Zivilisten, waren Katalysatoren dieses ästhetischen Erlebens. Besonders in der unmittelbaren Nachkriegszeit kam ihnen hierbei eine bedeutende Aufgabe zu: Als US-Kulturpropagandisten und spätere Medien- und Kulturkontrolloffiziere im befreiten Deutschland repräsentierten sie den American Way of Life und versuchten auf mehr oder weniger subtile Weise die Meinung der Weltöffentlichkeit zu beeinflussen und die hinter der amerikanischen Gesellschafts- und Lebensform steckende Außenpolitik zu legitimieren. Sie waren bereits während des Kriegs, vor allem aber nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa, treibende Akteure der politischen und gesellschaftlichen „re-education“ und „Coca-Colonization“275 Deutschlands und Österreichs. Der sendungsbewusste Propaganda-Doyen Hans Habe nahm etwa die Wiedererrichtung eines demokratischen Medienwesens im befreiten Deutschland als einen der Hauptgründe wahr, der den militärischen Nachrichtendienst überhaupt erst zur Schaffung des Propaganda-Ausbildungslagers in Camp Sharpe bewogen hatte.276 Um die deutschen Zivilisten nach dem Sieg über die deutschen Soldaten für die Demokratie zu gewinnen, brauchten die in Gettysburg ausgebildeten Mobile Radio Broadcasting Companies nicht nur eine Einführung in militärischer Kampfpropaganda, sondern auch zivile Zugänge, zivile Kreativität und zivile „mindsets“. Wie dieser Abschnitt noch zeigen wird, wurde der R ­ itchie Boy und Camp-Sharpe-Absolvent Walter Klinger, dessen ganzes berufliches Tun vor

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seinem Kriegsdienst um zivile Medienkonsumenten und Filmliebhaber dies- und jenseits des Atlantiks gekreist war, diesen Anforderungen gerecht. Die eigentliche Ernte fuhren Klinger und seine Mitstreiter aber erst einige Zeit nach dem militärischen Sieg und nach Ende ihres Einsatzes ein: Das in den 50er Jahren im oberösterreichischen Ort Mauerkirchen aufgewachsene Nachkriegskind Reinhold Wagnleitner war insgeheim davon überzeugt, „that an army advancing to the rhythm of swing music deserved to win the war.“ Auch Wagnleitners Vater erfreute sich regelmäßig an den amerikanischen Actionstreifen, die mit der US Army ins kleine Kino der Gemeinde gekommen waren.277 Die von Hollywood und von uramerikanischen Mythen mitgeprägte Nachkriegspropaganda der amerikanischen Besatzer half den Besetzten offensichtlich dabei, die „harten“ Maßnahmen der Alliierten wie Militärherrschaft und Zensur in einem helleren Licht zu sehen, milder zu beurteilen, oder gar voll und ganz zu akzeptieren. Klinger, der gerne als ideologischer „Lautsprecher“ für US-Filmstars auftrat, stellte sich während und nach dem Krieg voll in den Dienst der amerikapatriotischen Sache. So beruft er sich 1943 auf den berühmten exileuropäischen „Filmbösewicht“ (bzw. einfühlsamen Darsteller von gebrochenen Persönlichkeiten) Peter Lorre, der, selbst ein Einwanderer wie Klinger, mit großem Pathos für die Utopie einer gerechten Pax Americana nach dem Krieg geworben hat: Jeder Europaer [sic!], nach Lorre’s Meinung, muss mit Sehnsucht und Verlangen nach dem Westen blicken, wo sich der gewaltigste Kontinent unserer Erde vom hohen Norden nach dem Sueden erstreckt[,] eine Kette bildend, in der sich Laender nicht nur

geographisch an den Haenden halten, sondern die Voelker selbst einander symbolisch, bruederlich die Haende reichen. Nach dem Kriege wird die Flamme des Fortschrittes und der Freiheit von diesem Kontinent, der der einzige sein wird, dessen Boden von Bomben und Massenangriffen verschont geblieben sein wird, hinaus in die Welt strah-

len. Man wuerde Peter Lorre, der so viele Uebeltaeter auf der Leinwand dargestellt hat, kaum zumuten, dass er ueber so starke humanitaere Gefuehle verfuegt.278

Walter Klinger wurde im Mai 1912 als Sohn von Adolf Klinger und Julia B ­ ellak Klinger in Wien geboren. Nach der Grundschule schloss er eine dreijährige Handelsschule ab. Schon früh lernte er Französisch und Englisch zu sprechen und kosmopolitisch zu denken. Im zarten Alter von 18 Jahren übersiedelte er nach Berlin, wo er als PR-Agent, „movie distributor“ und Sales Manager für diverse Firmen der amerikanischen Filmindustrie, darunter Metro Goldwyn Mayer, tätig war. Klinger war also bereits vor seiner Flucht nach Übersee ein Trans­ atlantiker und Mittler zwischen den Kulturen. Ab 1933 – als Jude fühlte er sich

Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier

in NS-Deutschland nicht mehr sicher – kehrte Klinger über Umwege279 wieder nach Österreich zurück und arbeitete unter anderem für Warner Bros in Wien, bis schließlich die seismischen Erschütterungen des „Anschluss“-Jahrs 1938 seine Existenz ins Wanken brachten. Das Ehepaar Klinger musste seine Wiener Wohnung mitsamt all den Kunstwerken und kostbaren Büchern zurücklassen und sich mit zwei „duffel bags“ und ein paar Hundert Dollar in der Tasche bis zum rettenden Schiff nach Übersee durchschlagen.280 Über die Zwischen­ station Trinidad, wo Walter ein Importgeschäft und eine eigene Film-Werbeagentur führte, reisten die zwischenzeitlich in einem Flüchtlingslager internierten Klingers schließlich 1941 mithilfe des sprichwörtlichen Onkels aus Amerika in die USA ein und ließen sich in Kalifornien nieder. Klingers Vater hatte im Exil Selbstmord begangen. Einmal mehr landete der der konservativ-österreich­ patriotischen Exilorganisation Free Austrian Movement angehörige281 Klinger bei Warner Bros, wo er als Publizist und Assistent der Leitung in der Abteilung für Foreign Relations, Publicity and Propaganda in Burbank wirkte. Weil er Spanisch sprach, war er in Abstimmung mit dem Office of the Coordinator of Inter-American Affairs vor allem für US-Propaganda in lateinamerikanischen Ländern zuständig,282 er schrieb aber auch deutschsprachige PR-Texte. „During that time I met people I had never dreamed of meeting“, wird Klinger später in einer Lokalzeitung zitiert.283 In seinen Nachlässen in Los Angeles und Stanford findet man stapelweise Bilder, die ihn mit glamourösen Filmstars zeigen. Er verkehrte während und nach dem Krieg unter anderem mit Größen wie Bette Davis, ­Ingrid Bergman, Ida Lupino und Paul Henreid. Doch es ging dabei nicht nur um Glamour und Glitter und das, was heute als Society-Szene bezeichnet wird. Ab 1940 und vor allem nach dem Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 waren Hollywood und die Entertainment-Industrie intensiv in die Kriegsanstrengungen eingebunden – selbst Donald Duck hatte es nunmehr auf The Fuehrer’s Face abgesehen.284 Noch unter dem Eindruck des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor stehend, bezeichnete Präsident Roosevelt selbst den amerikanischen Film nicht nur als „one of our most effective media in informing and entertaining our citizens“, sondern sah diesen auch als äußerst nützlichen Beitrag zur US-Kriegsanstrengung an.285 Klinger befasste sich nun nicht mehr ausschließlich mit Vertriebs- und PRAgenden, sondern schrieb ab 1942 Propagandatexte und Skriptvorlagen für das Office of War Information (OWI).286 „Good fortune“, so Klinger, „brought me into the Foreign Relations Department [of Warner Bros] were I could make use of my perfect knowledge of German as well as my command of Spanish language. My experience while in the countries that later were subdued by Hitler gave me

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an excellent opportunity to study the Nazi methods of propaganda. Have had the privilege […] of supplying the Office of War Information with propaganda stories which I write and which the O. W. I. has made extensive use of in all the countries of the world.“287 Bei ihrem Versuch, die „gospel of democracy“288 in die Welt zu tragen, konnten das OWI und andere US-Propagandainstitutionen Zuarbeiter wie Klinger dringend brauchen. Mehrsprachige Hollywood-Insider wie er vermochten es, im Sinne der soft power Stories über den populärkulturell spannenden Lifestyle in den USA so zu verbreiten, dass sie international ausstrahlten.289 „Mr. Klinger“, steht in einem OSS-Memo zu lesen, nutzte seine Kontakte zu den Stars der Filmszene, um wöchentlich zirka 500 Wörter lange Stories im proalliierten, deutschsprachigen Argentinischen Tageblatt zu lancieren. Dabei wob er unter dem Deckmantel von Mode- und Filmberichterstattung demokratische, USpatriotische und kapitalistisch-liberale Ideologeme sowie scheinbar unverdächtige „‚remarks‘ of filmland notables“ in seine Artikel ein.290 Beim Durchforsten von Klingers Nachlässen wird deutlich, wie sehr Klinger

31  Walter Klinger (r.) mit Helen Mallman, Carl Schaefer und Dario Sabatello bei der Arbeit in Hollywood, Juni 1941

Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier

bei dieser von opulenten Bildern begleiteten Kulturpropaganda auf die Anziehungskraft des Systems Hollywood setzte. Das eine universale Sprache, eine Art „Esperanto for the Eye“ sprechende Medium Film291 war in der Tat in der Lage, physische und psychische Grenzen und Barrieren zu überwinden. Der amerikanische Film und die US-Schauspieler standen für den „expressiven Individualismus“, standen für eine Sprache „der Visualität, der Performanz, des ‚Spektakels‘“,292 die auch Angehörige anderer Kulturkreise verstehen konnten – ein ideales Diskursfeld für Auslandspropaganda. Denn bis 1941 waren selbst im fernen Deutschland „die amerikanischen Produktionen mit Clark Gable, Errol Flynn und Olivia de Havilland die großen Kassenschlager.“293 Die Filmstars und Publikumslieblinge aus Übersee fungierten daher als Projektionsflächen und Köder, mit denen kognitive und emotionale Abwehrreflexe der nicht-amerikanischen Rezipienten („Das ist doch Feindpropaganda!“) umgangen werden konnten.294 Im Wissen um diese enorme kulturelle Attraktivität und soziale Wirkmächtigkeit Hollywoods schrieb der Influencer Klinger im Juni 1942 eine Antwort auf die briefliche Kontaktanfrage von zwei in einer Schweizer Klosterschule feststeckenden Mädchen an den gebürtigen Australier und US-Filmstar Errol Flynn. Die nach einer Portion Eskapismus dürstenden Schülerinnen konnten natürlich nicht wissen, dass die Figur Errol Flynn in diesem Antwortschreiben mit jener des Propagandaautors Walter Klinger überblendet wurde: Realizing the opportunity for subtle Democratic propaganda, Mr. Klinger obtained the

cooperation of Mr. Flynn and answered the letter via the well-known Swiss magazine „Schweizer Film-Zeitung“. […] Mr. Klinger also exhibited a letter from the editor-inchief of the magazine, stating that „The letter and picture of Errol Flynn were grandi-

ose and had terrific success“, indicating, according to Mr. Klinger, that the Swiss were

pleased to publish and read material favorable to the Allies where such was sufficiently subtle to avoid too much German wrath.295

Die breitenwirksam veröffentlichte Übersetzung von Flynns Antwort an die zwei weiblichen Fans weist in der Tat eine politische Schlagseite auf. Laut diesem offenen Brief seien die USA in einen „Krieg gezwungen worden“, unter dem auch die „unschuldige“ Filmindustrie und der schauspielernde „Autor“ Flynn selbst leiden würden. Gleichzeitig versucht Ghostwriter Klinger, die Schweizer Leser, deren „freie Demokratie“ im Krieg offiziell neutral war, ideologisch zu vereinnahmen und die Schweiz als Antithese zur „brutalen Waffengewalt“ des amerikanischen Kriegsgegners Deutschland zu positionieren:

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My dear friends,

Your lines really have brought me a pleasure which seldom comes with any of my fan letters. Not knowing your language, I asked a friend here in the Studio to translate your letter and he did so, word for word.

I am to tell you about my work in pictures: At present I am working in a picture that

tells the life story of the greatest prize-fighter of all times – „Gentleman Jim Corbett“; another picture in which I play the leading part, „Desperate Journey“, has just been

finished and certainly shall be released in the course of this year in the United States. When my new pictures will be released in Switzerland I do not know because unfor-

tunately we have been forced into a war which affects even such innocent things as motion pictures.

I love to hear of your wonderful home-land and whenever my friend Hans Schneider, correspondent of the „Schweizer Film Zeitung“ comes to see me, he must tell me of your Switzerland, which for us Americans is a brilliant symbol of a free democracy.

Apparently you are no longer in the convent, but if I may give you some advice, do learn as much as possible because knowledge alone is power, and not brute force and weapons.

Should you find time again, write to me and tell me of your Switzerland. I am enclosing with this letter two pictures of myslef [sic!] and I hope they will arrive safely. With heartiest regards and the best wishes to you both, I am yours, (signed) Errol Flynn296

Obgleich die NS-Propaganda mit ihrem „rabiat anti-amerikanischen Spin“297 und ihren wüsten Attacken auf die vermeintlich dekadenten, „verjudeten“ und plutokratischen USA298 dagegenhielt und die Wirksamkeit des obigen Texts hier nicht beurteilt werden kann: Die internationale Popularität von US-Stars wie Flynn begünstigte wohl die Verbreitung derartiger Propaganda. Sehen wir uns noch ein weiteres Beispiel für Klingers Tätigkeit, das sich vor allem an die deutschsprachige Community in Argentinien richtete, an. In einem Ende 1943 im Argentinischen Tageblatt verfassten Beitrag über den eminent politisch agierenden „Oskarkönig“ Gordon Hollingshead feuert Klinger in Form einer Zitatmontage eine Breitseite gegen den deutschen NS-Expansionismus ab: [Hollingshead, zitiert von Klinger:] Ich betrachte diese Art Filme als besonders wichtig, weil ich der Meinung bin, dass man Patriotismus mit Nationalismus verwechselt. Ich möchte mit diesen Filmen beweisen, dass man ein guter Patriot sein kann, und trotzdem

seinen Nachbarn respektieren und schätzen kann. Leider hat die Liebe zum eigenen

Lande in manchen Menschen eine so krankhaft verzerrte Form angenommen, dass sie

Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier

glauben, ihrem eigenen Lande zu Liebe den Nachbarn geringschätzen zu müssen. Damit erweisen sie aber ihrem eigenen Lande einen schlechten Dienst, denn sie schaffen sich selbst und ihrem Lande Feinde.299

Als Myriam Lefloch, Archivarin bei der Hoover Institution in Stanford, Jahrzehnte später die Kopien von solchen Artikeln in der Hand hielt, kam sie zum Schluss, dass Walter Klinger der Erfinder einer „powerful method of influence“ gewesen sei, indem er auf geschickte Weise über „all the celebrities at Hollywood, their political backgrounds, integrity and democratic beliefs“ berichtet habe.300 Als Uncle Sam schließlich nach dem wehrpflichtigen Herrn Klinger rief, kam dem alles andere als militärisch eingestellten Exilanten sein breites Netzwerk im Film- und Medienbusiness zu Gute. Knapp vor seinem Eintritt in die US-Armee im Herbst 1943 deponierte er in einem Schreiben an den einflussreichen WarnerBros-Kollegen und Ex-FBI-Mann William Guthrie die Hoffnung, entsprechend seiner Erfahrungen und Fähigkeiten eingesetzt zu werden. Klinger empfahl sich dabei ausdrücklich für nachrichtendienstliche oder kriegspublizistische Tätigkeiten in Hinblick auf den nationalsozialistischen Feind im Herzen Europas: „In Europe I had traveled extensively and therefore became very familiar with the geographical and psychological peculiarities of the European people.“301 Dieser Wunsch sollte sich rasch erfüllen und die zu Beginn dieser Fallstudie erwähnte Nische für ihn war rasch gefunden. Lieutenant Patrick Dolan von der Morale Operations Branch des Kriegsgeheimdiensts OSS ließ sich von den Fähigkeiten des „self-possessed, courteous“ und „cleancut young man“ überzeugen.302 Zuvor hatte ein OSS-Mitarbeiter bei Dolan die Episode rund um den offenen Brief Errol Flynns als Beispiel für „some of his [Klinger’s] experiences in the field of political propaganda“ gepriesen.303 Das OSS, das bei der Produktion seiner ebenso aggressiven wie kreativen Subversionspropaganda massiv auf die diskrete Zusammenarbeit mit den Entertainment- und Medienkomplexen in Hollywood und New York setzte,304 hatte wohl enge Verbindungen mit Walter Klingers Brötchengeber, dem Warner-Bros-Konzern.305 Aufgrund dieser und anderer bis nach Washington reichender Kontakte306 und der zunehmenden Bedeutung von Auslandspropaganda als immer stärker genutzte Auxiliarwaffe im Krieg war Klingers Weg zum Kriegsgeheimdienst ein kurzer. Nach dem üblichen Sicherheits-Check wurde Klinger vom „induction center“ Fort MacArthur rasch in die Washingtoner Zentrale des OSS versetzt. Ursprünglich plante man ihn als Propagandaautor am nordafrikanischen Kriegsschauplatz einzusetzen.307 Doch bereits wenige Wochen später klopfte der Militärnachrichtendienst MID/MIS beim OSS an und lotste den ehemaligen Wiener im Jänner 1944 in den babylonischen Turm der US Army,308

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ins Military Intelligence Training Center Camp Ritchie. Sein späterer MRBCKollege Leon Edel setzte die liberale und kosmopolitische Lager-­Heterotopie namens Camp Ritchie mit einem Umfeld gleich, das dem Neo-Kalifornier Klinger definitiv gefallen haben muss: „It’s like being in Hollywood.“309 Doch wie bereits im ersten Kapitel dieses Buchs erwähnt, sollte sich der feinsinnige Klinger nicht lange am angenehmen Leben in den Blue Ridge Mountains erfreuen: Als ausgewiesener Medienspezialist wurde er umgehend in Hans Habes „mitten im Dreck“ befindliches310 Propagandalager nach Camp Sharpe geschickt und in die 3rd MRBC gesteckt, wo er an der Seite von Landsleuten wie Erwin Benkoe, Kurt Wittler und Jules Bond den sechswöchigen „Psywar“-Kurs durchlief und im April 1944 vom einfachen Private zum Technician 4th Grade befördert wurde.311 In den kultivierten und in geschwungener, harmonischer Handschrift verfassten Briefen an seine Frau Herta berichtet Klinger darüber, wie Camp Sharpe für ihn „langsam […] von einem Schweinestall zu einem Menschenstall“ wurde und er der Arbeit im Camp – nämlich Propaganda – Positives abgewinnen konnte; „das kann ich recht gut“, fügt er hinzu. Und „wieder möchte ich betonen“, so Klinger an sein „Hasele“, „daß ich froh bin in diese Organisation gekommen zu sein“.312 Klinger setzte im Frühjahr mit seiner 3rd MRBC nach Europa über und diente spätestens ab November 1944 bei der PWD/SHAEF direkt in „Eisenhower’s Headquarters“,313 also bei „PWD Rear“, der Londoner Zentrale der wichtigsten westalliierten Militärpropagandabehörde.314 Hier wurde er offensichtlich als Texter und Flugblattredakteur eingesetzt. Laut den Korrespondenzen in seinem an der University of Southern California lagernden Teilnachlass hatte er etwa bei einer Version des berühmten „Passierschein“-Flugblatts der PWD/SHAEF seine Hände im Spiel. So ist in einem Brief an ihn von den „propaganda leaflets you wrote, especially the surrender pass“,315 die Rede. Allerdings konnte der Propagandaexperte Clayton D. Laurie jene Version des Passierscheins, an der Klinger laut eigenen Angaben gearbeitet hatte, nicht finden.316 Auf Grundlage der bisher eingesehenen Dokumente kann seine behauptete Rolle in der Flugblattpropaganda daher nicht bestätigt oder genauer rekonstruiert werden. Als sich das Ende des Kriegs in Europa zunehmend abzuzeichnen begann, war die Expertise des Hollywood-Insiders Klinger ohnehin in einer anderen PWDSparte mehr gefragt: nämlich in der lange Zeit nur rudimentär vorhandenen und operativ unbedeutenden Film-Abteilung.317 Neben der Aufgabe der PWD/SHAEF, kampfpropagandistisch gegen die feindlichen Truppen vorzugehen und strategische Propaganda an deutsche Zivilisten zu richten, wurde bis knapp vor Kriegsende im Feld ihres dritten großen Aufgabenbereichs, nämlich der Kontrolle der deutschen

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Medienlandschaft („information services“),318 wenig unternommen.319 Unter dem Dach der euphemistisch als Allied Information Services (AIS) bezeichneten Unterabteilung der PWD/SHAEF,320 welche für Konsolidierungspropaganda und Aufrechterhaltung der öffentlichen Informationskanäle und der Kontrolle der Medien in befreiten Gebieten zuständig war, wurde bald nach der Invasion in der Normandie immerhin eine Cinema Section gegründet. Diese hatte hauptsächlich den Job, deutsche bzw. faschistische Filme durch alliierte Filmproduktionen zu ersetzen.321 Versuchte Walter Klinger in der Frühphase der amerikanischen Kriegsteilnahme noch mit Berichten über ferne US-Filmstars die deutsche und internationale Öffentlichkeit zu beeinflussen, war der amerikanische Film, der Hollywood-Film, dieser „text of power“,322 nun (wieder) direkt im Herzen Europas angekommen. Das Medium Film entfaltete sofort seine Wirkung: Einerseits waren Lichtspielvorführungen eines der effektivsten Mittel, um die Bevölkerung eines befreiten Gebiets mit Informationen, etwa durch Wochenschauen, zu versorgen und auf die Kinobesucher propagandistisch-„konsolidierend“ einzuwirken. Andererseits war nach den Entbehrungen des Kriegs das Interesse der Mitteleuropäer an bewegten Bildern, schönen Menschen und kulturellen Sinneserlebnissen sehr groß: „In Paris, almost the first question asked by the people after the liberation of the city was: When will the cinemas reopen? When shall we see ‚Gone With The Wind‘?“323 Doch nachdem die Film-Abteilung der PWD die Distribution von Filmproduktionen in den befreiten Ländern an zivile Behörden wie das OWI und private Medienunternehmen abgetreten hatte, war diese Sparte bis knapp vor Kriegsende de facto bedeutungslos.324 Umso mehr dürften gut vernetzte Hollywood-Experten mit wertvollen Vorkriegskontakten zur amerikanischen und europäischen Filmindustrie wie Klinger dabei mitgeholfen haben, in diesem Medienbereich präsent zu bleiben und die Verbindung zur zivilen Filmindustrie aufrechtzuerhalten. Walter Klinger arbeitete deshalb in den letzten Kriegsmonaten in der Deutschland-Abteilung der Film Control Section der PWD und bewies dabei „exceptional ability in both the organisation of a department and the handling of men“.325 Da diese Tätigkeit wegen der zu dieser Zeit noch überschaubaren Aktivitäten der Film Section wohl nicht umfangreich war, dürfte Klinger auch als „Public Relations Writer“326 aktiv gewesen sein. Neben der von ihm behaupteten Mitarbeit in der PWD-Flugblattredaktion hat er vermutlich journalistische Propagandatexte geschrieben. Weder in seinem OSS-Personalakt noch in seinen umfangreichen Nachlässen konnte ich bisher herausfinden, wie die militärischen Propagandatätigkeiten von Klinger zwischen Sommer 1944 und Frühjahr 1945 genau ausgesehen haben. Lediglich in den Personallisten der PWD/SHAEF wird er als Mitarbeiter der Zentrale in London geführt.327 Es handelt sich hier um eine vielsagende bio-

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grafische Leerstelle: Denn trotz aller Forschungslücken scheint offensichtlich zu sein, dass der Durch-und-durch-Zivilist Walter Klinger als Publizist der zivilen Sphäre umtriebiger und öffentlichkeitswirksamer gewesen war als der psychologische Krieger und GI Walter Klinger. Gegen und nach Kriegsende, als es galt, die militärisch unterworfenen Deutschen, vor allem die Zivilisten, emotional für sich zu gewinnen, und die soft power, etwa in Form der neu gegründeten Film(s), Theaters&Music Control Section der PWD/SHAEF, in den Vordergrund rückte, sollte sich dies jedoch ändern. Nun taucht der Name Klinger wieder öfter in den Militärdokumenten auf und auch in seinen persönlichen Unterlagen finden sich Zeugnisse des aktiven und einflussreichen Mitmischens im Bereich der Kulturpropaganda. Da sein zukünftiger Job im Bereich der Film- und Medienkontrolle „much representation before German executives and frequent working contact“ mit US-Militärs erforderte, waren seine zivilberuflichen soft skills und seine interkulturelle Mittlerrolle nun umso mehr gefragt.328 Nach dem Ende der Kampfhandlungen in Deutschland wurde Klinger in die Filmabteilung des Munich Detachment des 6870 th District Information Service Control Command (DISCC) versetzt.329 Hinter dieser sperrigen Bezeichnung verbarg sich eine „Unit which is charged with the control of German information services in a Military District“330 – eine den Übergang von der Kampf- zur Besatzungszeit markierende Truppe also, die das publizistische und kulturelle Geschehen in den Hauptbereichen Presse, Rundfunk und Entertainment im Sinne der amerikanischen Besatzer inhaltlich, ideologisch und organisatorisch zu lenken und zu kontrollieren hatte. Die herausfordernde Arbeit der zwei völlig neuartigen DISCCEinheiten, so Wilfried Schöntag, bestand darin, jegliche Nazipropaganda zu unterbinden, zur Sicherheit der alliierten

Truppen beizutragen, indem durch Zensur und Kontrolle von Radio, Presse und anderen Medien alle gefährlichen Entwicklungen und Bestrebungen sofort entdeckt und

bekämpft werden konnten. Darüber hinaus sollten durch öffentliche Veranstaltungen

und durch die Verbreitung von Nachrichten Ziele und Auffassung der Besatzungsmacht bekannt gemacht und damit zur Umerziehung der Deutschen beigetragen werden. Die

Entnazifizierung und die Lizenzierung aller Personen, die für die Medien arbeiteten, stand zunächst im Mittelpunkt der Arbeit,

die wesentlich dazu beitrug, dass ab Sommer 1945 das kulturelle und intellektuelle Leben im Land wieder in Gang kam.331 Bald nach Kriegsende ersetzte die eigens für die neuen Herausforderungen der Nachkriegs- und Militärregierungszeit gegründete, rein amerikanische Informations Control Division, US Forces, Euro-

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pean Theater (ICD/USFET) die interalliierte PWD/SHAEF als übergeordnete Kommandoebene für die zwei DISCC-Truppen.332 Gemäß einer Direktive der PWD/SHAEF gab es drei Phasen für die „control of Information services“, welche einen dauerhaften Strukturwandel der deutschen Medienlandschaft und des Kulturbetriebs einläuten sollte: 1. Einstellung aller bestehenden deutschen Informationsaktivitäten und Mediendienste 2. Einsatz alliierter „information services“ und nachrichtendienstliche Durchleuchtung („reconnaissance“) der deutschen „information services“ 3. Schrittweiser Übergang, je nach jeweiliger Region und jeweiligem Medium, zu rein deutschen „information services“333 Die Anwendung dieses Dreischritts im hier im Mittelpunkt stehenden Bereich Film sah nach Johannes Hauser zunächst eine Phase des von den Westalliierten „verordneten filmwirtschaftlichen Stillstands“ vor, auf die „eine privatwirtschaftlich organisierte ‚freie‘ und ‚offene‘ Konkurrenzwirtschaft“ folgen sollte. Gleichzeitig, so Hauser, entzogen sie dem „Kreislauf filmwirtschaftlichen Kapitals“ die bisher in der deutschen Filmwirtschaft zirkulierenden Mittel, indem sie die staatsmittelbaren Filmunternehmen

beschlagnahmten und diesen – bis zum Abschluß der beabsichtigten Entflechtung und Reprivatisierung – die Produktion und den Verleih von Filmen untersagten.334

Wechseln wir wieder in die biografische Nahaufnahme. Klinger arbeitete nun innerhalb des im Oktober 1945 einen Höchststand von 264 Mitarbeitern erreichenden335 6870th DISCC in der Film, Theater&Music Control Section.336 Die Film- und Theaterabteilung hatte gemäß des oben geschilderten DISCC-Auftrags Befehlsgewalt über und Zugriffsrecht auf die wichtigsten Kulturstätten und Produktionsmittel im „Eastern Military District“ (Bayern) und konnte unter anderem Direktiven zur Nutzung der Kapazitäten der Filmstudios in München ausgeben.337 Laut Will Roland, Chef der Film- und Theatersektion des 6870th DISCC, stürzten sich seine Mitarbeiter mit einem derartigen Übereifer in ihre Arbeit, dass sie vor lauter Interesse für die „creative aspects of the professions which they are trying to control“ dazu neigten, das militärisch-repressive Element ihrer Tätigkeit zu vergessen.338 Das mag nicht verwundern, da sie ja selbst oft Kulturschaffende oder Intellektuelle waren! Walter Klinger wandelte also auf dem schmalen Grat zwischen Ermöglichung und Unterdrückung von kultureller Tätigkeit – nicht zuletzt pflegte er zu den Kulturleuten und Filmexperten, die er unter die Lupe nehmen musste,

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wohl auch freundschaftliche Kontakte.339 Ab Sommer 1945 war Klinger Chef der Unterabteilung für Film-Distribution bzw. Film Control Officer der Film- und Theatersektion.340 In dieser Funktion war er für die Koordination des amerikanischen Filmverleihs341 sowie diverse bürokratische und operative Maßnahmen, darunter so prosaische Tätigkeiten wie das Anfordern von Zensurformularen und Kraftwagen, zuständig.342 Seiner Einheit lag eine Liste von allen Filmen (deutsche, neutrale und alliierte Produktionen) vor, die von der SHAEF-Zensur zugelassen worden waren und im lokalen Wirkungsbereich bedarfsgerecht freigegeben werden konnten.343 Die Überprüfung des ideologischen Hintergrunds von Kulturschaffenden und möglichen zukünftigen Mitarbeitern fiel ebenfalls in Klingers Aufgabenbereich.344 So stellt der Filmjournalist Robert Joseph die von Klinger in seiner Einsatzzone durchgeführte „investigation of theatre-ownership titles and subsequent de-Nazification of all movie houses in the Zone“ als große Leistung dar.345 Im Juli 1945 holte der mit späteren Genregrößen wie Eric Pleskow346 zusammenarbeitende Klinger etwa Informationen über den in Öster32  Amerikanische Soft Power: Walter Klinger in München, 1945 reich aufgewachsenen Journalisten, Filmproduzenten und NS-Kriegsberichterstatter Heinz Kuntze-Just ein. Die Militärregierung und vor allem der Abwehrdienst CIC wollten herausfinden, wie dieser nun in US-Diensten stehende Freund des Filmschauspielers Curd Jürgens weltanschaulich und menschlich tickte. Während Klinger von einem Informanten kaum etwas über den Charakter sowie den politischen oder beruflichen Hintergrund von Kuntze-Just erfahren hatte, fanden er und sein Begleiter in einer Garage einer Maschinenfabrik in Coburg kompromittierende Papiere. Aus diesen ging hervor, dass Kuntze-Just bereits als Schüler im Jahr 1930 wegen NS-Agitation verurteilt worden und 1933 in Wien Mitglied der verbotenen NSDAP gewesen war. Ab 1941 sei Kuntze-Just demnach als Mitglied einer SS-„Pressekompagnie“ in Erscheinung getreten und habe in Folge das volle Vertrauen des Reichspro-

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pagandaministeriums und der Reichsfilmkammer genossen. Allerdings erfuhr Klinger aus diesen Dokumenten auch, dass Kuntze-Just von einem SS-Gericht zu vier Monaten Haft wegen Weitergabe von Militärgeheimnissen zur russischen Front verurteilt worden war347 – was durchaus mit Curd Jürgens’ Erinnerungen an einen bereits während des Kriegs am Regime zweifelnden Medienmenschen übereinstimmt, der, unter dem Einfluss von Alkohol und Pervitin stehend, folgendes gesagt haben soll: „Ich habe meine Jugend, meine Arbeit mit einer Horde von Mördern verbracht. (…) Aber ich habe mich gerächt. Bei Smolensk hat man hundert Genickschüsse gefilmt.“348 Egal, ob es sich hier um den Versuch, Kuntze-Just in ein günstiges Licht zu rücken, oder um eine wahrheitsgetreu wiedergegebene Aussage handelt: Klingers „Drehbuch“ über das Leben dieser Figur liest sich auf jeden Fall ganz anders. Sein DISCC-Report endet mit einem nahezu vernichtenden Fazit. Er sieht in KuntzeJust einen „vicious nazi of the calibre of which underground men are made“. Als die Amerikaner einmarschierten, hätte er sich servil auf die Seite der Sieger geschlagen. Die moralischen Qualitäten von Kuntze-Justs Frau, so fügt der von deren „pornographic sketches“ angewiderte konservative Schöngeist noch hinzu, „are of the lowest order“. Klinger resümiert: The undersigned [Klinger] does not know what section CIC may take. But there is strongest evidence that K[untze]-J[ust] [is] a man of about 33 years [who] has all the qualifications of a trouble maker, organizer, agitator and propagandist and that[,] if left at liberty[,] may be [an] element who will disrupt Allied post war aims.349

Der erfahrene Propagandist Klinger urteilte vielleicht deshalb so negativ über Kuntze-Just, weil Letzterer als Ex-Kriegsberichterstatter und Medienprofi die schmutzigen Tricks und Mechanismen der Überzeugungskunst, auch jene der Filmpropaganda, kannte und dieses brisante Wissen zum Schaden der Besatzer einsetzen könnte. Kuntze-Just wäre entsprechend einer solchen Logik als Konkurrent am Markt der Meinungen im Stande gewesen, die „Umerziehung“ der Deutschen ernsthaft zu durchkreuzen – eine Parallele zu den ebenfalls befürchteten paramilitärischen Sabotageakten und Mordanschlägen der „Werwolf“-Bewegung, welche die alliierte Herrschaft unterminieren sollten.350 In einer 1946 verfassten Mischung aus historischem Traktat und Mahnschrift namens Films in Wrong Hands erwähnt Klinger voller Sorge, dass im zerstörten Berghof des „Führers“ in Berchtesgaden die dortigen „skeletal remains of the latest type of German movie projectors“ auf beunruhigende Weise an die Gefahren der NS-Filmpropaganda erinnerten. Den

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unter Beteiligung von „finest actors“ wie der Österreicherin Paula Wessely produzierten antipolnischen NS-Propagandafilm Heimkehr (1941, später von den Besatzungsbehörden indiziert) bezeichnet Klinger in letzterem Text etwa als emotional aufpeitschendes Werk, das den Deutschen die letzten Zweifel an der „Blitz-invasion in Poland“ ausgetrieben habe. Nie mehr dürfte daher die enorme Wirkungsmacht von Filmen von politischen Akteuren mit finsteren Absichten instrumentalisiert werden, so Klinger351 – in Kuntze-Just meinte er offensichtlich einen solchen zu erkennen. Nun wieder ganz dem zivilen Wirken innerhalb des marktliberalen Systems Hollywood verhaftet, schließt der Ex-Propagandasoldat sein Grundsatzpapier mit einem wohl gut gemeinten, aber etwas fragwürdigen Appell: It may seem far-fetched to compare motion pictures with atomic power; yet, both are tremendously powerful weapons if controlled and used by political cliques. Yet both films and atomic power can be a blessing if left to private industry.352

Wie viele weitere amerikanische Befreier und Besatzer sollte Klinger mit seinem Pessimismus353 großteils falschliegen: Die deutsche Bevölkerung zeigte sich in den ersten Jahren nach Kriegsende zwar alles andere als nachhaltig geläutert bzw. entnazifiziert, verhielt sich aber den siegreichen US-Soldaten gegenüber sehr fügsam und kooperationsbereit354 – der von Klinger als potentieller „Gefährder“ wahrgenommene Kuntze-Just stellte hier keine Ausnahme dar. Das CIC und die Militärbehörden stuften ihn schließlich in Bezug auf Sicherheitsfragen als Leichtgewicht ein und er übte in den Nachkriegsjahren trotz mancher amerikakritischer Töne keinen antidemokratischen Einfluss in der deutschen Öffentlichkeit aus. Eine typische postnationalsozialistische Karriere also, die nicht zuletzt auch der pragmatischen und oft wenig zimperlichen Nachkriegs-Personalpolitik der Amerikaner,355 welche (jüdische) Exilpropagandisten aus Camp Sharpe oft sehr enttäuschte,356 geschuldet war. Man hatte ja schließlich ein Land wieder in Schwung zu bringen! Kommen wir zurück in die unmittelbare Nachkriegszeit: Besonderes Augenmerk schenkte der Kulturoffizier357 Klinger den Kinos und Filmstudios. In München, der vom Bombenkrieg stark mitgenommenen ehemaligen „Hauptstadt der Bewegung“,358 hatte ein PWD-Filmtrupp bereits kurz nach Ende der Kampfhandlungen die Bavaria Filmkunst-Studios in hervorragendem Zustand vorgefunden und „two German-English secretaries for the Film-Theatre-Music Control officers“ aufgestöbert;359 kurz darauf tauschte man den Geschäftsführer mit einem vertrauenswürdigen Nachfolger aus360 und die Film- und Theaterabteilung der 6870th DISCC bezog dort Quartier.361 Es kam nun in der gesamten US-Zone zu einer schrittweisen Reaktivierung der Kinos362 und am 3. August 1945 berich-

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tet Klinger dem damaligen DISCC-Kommandeur Colonel McMahon über die (Wieder-)Eröffnung der ersten vier für deutsche Zivilisten zugänglichen Lichtspieltheater in München.363 In der Regel wurden die zugelassenen Kinos „with selected U. S. features, documentaries and short[film]s, as well as a joint AngloAmerican weekly newsreel“ bespielt.364 Wurde bis 1947 nur ein einziges Filmprojekt, nämlich die eben angesprochene Umerziehungs-Nachrichtenschau namens Welt im Film, direkt in München gedreht,365 zeigte man derweil viele importierte und mit deutschen Untertiteln versehene US-Spielfilme und Unterhaltungsproduktionen wie Seven Sweethearts oder Gold Rush.366 Ab Jänner 1946 wurden in der gesamten amerikanischen Zone die ersten politisch unbedenklichen deutschen Produktionen gespielt367 und laut Klinger zeigte man Letztere in einem Verhältnis von 1 zu 8 zu den alliierten Pendants.368 Die Kulturoffiziere mussten rasch feststellen, dass deutsche Filmwerke, auch jene in bescheidenerer Qualität, aufgrund ihres typisch mitteleuropäischen Gepräges und ihres Lokalkolorits bei den Kinobesuchern vielfach beliebter waren als die aufwändig produzierten USProduktionen.369 Der streitbare Dominator der deutschen Nachkriegspresse, Hans Habe, lag mit seiner Kritik am Glauben, „Deutschland müsste am Amerikanismus genesen“ und die USA müssten bloß ihren Way of Life auf dieser Seite des Atlantiks verbreiten, um die Umerziehung im Sinne der Besatzungsmacht erfolgreich voranzutreiben,370 wohl nicht ganz falsch. Denn so einfach war es freilich nicht. Die Deutschen und Österreicher schätzten neben den teilweise attraktiv aufbereiteten, aber lebensweltlich oft weit entfernten Artikulationen der US-Populärkultur nach wie vor ihre von intellektueller und historischer Substanz geprägte (Hoch-)Kultur. Die „Gotik des Kölner Doms“, „die Verse Goethes und Heines“, aber auch die später in den 50er Jahren in kitschigen Heimatfilmen idealisierten „Dörfer Bayerns und Österreichs Berge“ rührten nicht nur das Herz von konservativen Exilanten wie Habe,371 sondern vor allem das der Umzuerziehenden. Trotz aller Faszination an Filmen aller Art: Nicht immer gelang es den transatlantischen Kulturvermittlern, die ebenso professionell wie fremdartig wirkenden Mainstream-Streifen aus Amerika ihren ehemaligen Landsleuten in Europa zu „verkaufen“.372 Dies war dem im Mai 1946 bereits besatzungspolitisch erfahrenen Soldaten Klinger nicht entgangen: The different mentality and the different way of living portrayed in American films, as compared with the German, require a determined publicity drive in order to tell: a. Why the American is the better way of life. b. Explain Democracy and

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„Assure success of American films“ – dieser fromme Wunsch erwies sich nicht nur bei leichtgewichtigen Unterhaltungsfilmen und „weichen“ Vorhaben als schwer umsetzbar; als noch herausfordernder entpuppte sich die tiefgreifende moralischpolitische Umerziehung der Deutschen durch aufrüttelnde Aufklärungsstreifen, die mithilfe deutschsprachiger Exilanten und Hollywood’scher Filmästhetik geschaffen wurden. So war Walter Klinger gemeinsam mit anderen Ritchie&Sharpe Boys bei der vom britischen Ministry of Information, vom amerikanischen OWI sowie der PWD/SHAEF und ihrer Nachfolgerin ICD/USFET geschaffenen374 Dokumentation Die Todesmühlen beteiligt. Dieser rund zwanzigminütige „atrocity film“375 versuchte gemäß des Sprichworts vom jungen Hund, der mit dem Kopf voraus in sein Exkrement gestupst wird, um sein Fehlverhalten zu erkennen, die deutsche und österreichische Bevölkerung „mit der Nase auf jene Greuel zu stoßen, die während des Kriegs begangen worden waren.“376 Da viele ehemalige Angehörige der NS„Volksgemeinschaft“ entgegen aller faktischen Evidenz nicht in der Lage waren, die Ursachen der deutschen Katastrophe in der militärischen und rassistischen Megalomanie des verblichenen Regimes zu suchen,377 schien für viele Besatzungsplaner ein derartiger Ansatz dringend nötig zu sein. In einem bereits im Oktober 1943 für eine künftige „Besatzungsarmee“ geschriebenen Memorandum über die deutsche Filmindustrie empfahl der scharfsinnige Zeitdiagnostiker und Propagandaanalyst Siegfried Kracauer, „dass die Besatzer den Deutschen Dokumentarfilme vorführen sollten, die das Leiden der Bevölkerung unter dem deutschen Krieg zeigten und den entschlossenen Widerstand dagegen. Überall sollte zudem der Horror der Konzentrationslager sichtbar ausgestellt werden, denn ‚die Deutschen werden vortäuschen, von diesen Dingen nichts gewußt zu haben. Sie sollen das mit eigenen Augen sehen‘“, so Kracauer.378 Mit Die Todesmühlen wurde diese Idee zwei Jahre später Realität. Der nach PWD-Vorgaben möglichst tatsachengetreue379 und in den Münchner Bavaria-Studios im Sommer 1945 mit Kommentar und Musik unterlegte380 Dokumentarfilm basierte hauptsächlich auf Aufnahmen amerikanischer Militärs. Mithilfe dieses unmittelbar oder in den Wochen und Monaten nach der Befreiung mehrerer NS-Konzentrationslager aufgenommenen Materials wollte man die tausendfach verübten Verbrechen in diesen „Todesmühlen“ veranschaulichen. Der in diesem Buch schon erwähnte deutsche Germanist, Autor und ehemalige PWB-Flugblattschreiber Oskar Seidlin (Oskar Seydlitz) schrieb laut einem US-Zeitungsbericht hierfür das Skript;381 Klingers MRBC-Kamerad, der seit Sommer 1945 ebenfalls der Münchner Abteilung der 6870th DISCC zugeordnete382 Hanuš Burger, hatte die „Chance, etwas zur Umerziehung der Menschen beizutragen“,383 ebenfalls wahrgenommen und im Auftrag der PWD Regie geführt; Klinger selbst war vor allem für den Filmvertrieb in Bayern zuständig.384

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Wie der ehemalige Radiosprecher der subversiven Operation ANNIE und nunmehrige Deputy Chief der Film, Theater and Music Branch der ICD, Benno Frank, Anfang 1946 festhielt, sollte der – wohl auf Anraten des Hollywood-Starregisseurs Billy Wilders radikal gekürzte –385 Film in allen regulären Kinos und Lichtspielstätten der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland gezeigt werden. Der Besuch war dabei für die deutschen Bürger in der Regel nicht verpflichtend.386 Vielmehr hofften die Amerikaner, dass das Kinoprogramm, in das dieser dramaturgisch dick auftragende und aufrüttelnde Gräuelfilm eingebettet war, die Leute schon an ihren Kinosessel fesseln würde. Aus heutiger Sicht ist festzuhalten, dass zumindest eines der Ziele dieses „volkspädagogischen“ Projekts verfehlt worden ist: nämlich, bei den Deutschen neben dem Gefühl „öffentlicher Beschämung“387 vor allem ein Gefühl des Schuldbewusstseins und der Mitverantwortlichkeit hervorzurufen. Zwar sorgten die überzeugenden und effektvoll inszenierten – und von den meisten Besuchern in ihrer Authentizität388 kaum angezweifelten – Schockbilder von Leichenbergen und „Haufen von Brillen, Zähnen und Haaren der Ermordeten“ für weinende Frauen und betretenes Gemurmel über die Täter-„Bestien“.389 Dazu passt die Aussage einer Zeitzeugin, die eigenen Angaben zufolge den Film in Wittenberge bei Berlin persönlich gesehen hatte Naja, es waren ganz schreckliche Bilder. Die Amerikaner haben ja damals die Konzentrationslager gefilmt und haben … mein Gott, es waren Leichenberge, ausgemergelte

abgemagerte Menschen, sie haben die Gaskammern gezeigt, sie haben alle Räume, in den KZs … – es war wirklich unangenehm. Und ich muss sagen, ich wär’ nicht freiwillig in den Film gegangen, aber wir haben eben müssen.390

Ob der Besuch nun freiwillig war oder nicht: Der KZ-Horror hatte sich nun definitiv ins hegemoniale visuelle Gedächtnis einer Nation eingebrannt.391 Doch die „Angst vor der Wahrheit“392 und die kognitive Dissonanz eines Großteils der deutschen Kinobesucher, also deren „Weigerung, die Wirklichkeit anzuerkennen oder die Verantwortung für sie in einem speziellen Fall zu übernehmen, der unangenehm oder schuldbeladen ist“, konnte durch die Alliierten auch mit großem produktivem Aufwand nicht überwunden werden.393 So ließen die erkennbaren „responsive actions“ der Kinobesucher auf das gezeigte Werk aus Sicht der Amerikaner zu wünschen übrig. Gerade in Klingers bayrischer Einsatzzone registrierten die Besatzungsbehörden neben bescheidenen Besucherzahlen ernüchternde Aussagen wie „Ich habe nichts davon gewußt und kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden“.394 Die „beschämten“ Kinobesucher kamen dem Wunsch der sie Beschämenden, sich offen und eindeutig zur (Mit-)Schuld am Holocaust zu bekennen,

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kaum nach.395 Es scheint also auf deutscher Seite zu einer kollektiven Ablehnung des (als solchen empfundenen) Kollektivschuld-Vorwurfs gekommen zu sein. „Dieses hier beschriebene Phänomen“, so Michaela Anderle, „fand ich in einem meiner [Todesmühlen-]Interviews wieder: mit den Bezeugungen, man habe selber auch viel durchgemacht, unterstellt man den Alliierten indirekt, dass sie nicht in der Position seien, das Leiden der Zivilbevölkerung kategorisierend abzuwerten.“396 Dass die oben zitierte Zeitzeugin sich daran zu erinnern meint, den Film gesehen haben zu müssen, ist zudem vielsagend im Sinne von: Die Alliierten haben uns dazu gezwungen, uns schuldig zu fühlen! Doch darf man hier nicht von einer einheitlich fühlenden und handelnden deutschen „Erinnerungsgemeinschaft“ ausgehen,397 welche die moralische Verantwortung für das im Film Gesehene in Bausch und Bogen von sich wies. Ulrike Weckel weist zu Recht darauf hin, dass das offensichtlich bei vielen Seherinnen und Sehern letztlich doch geweckte Gefühl tiefer Scham gegenüber den Befreiern und Besatzern sich nicht automatisch in sichtbaren Akten der Reue zeigte.398 Die Bandbreite der Rezeptionsarten und der nicht sofort wahrnehmbaren Reaktionen auf die Todesmühlen war daher wohl größer als gedacht. Dennoch dürfte es nach Weckel gesamtgesellschaftlich zumindest zur zähneknirschenden Akzeptanz einer Art „Kollektivscham“ gekommen sein: Man fühlte sich ertappt und beschämt und reagierte darauf zunächst einmal lieber mit stillem Trotz anstatt mit einem öffentlichen Schuldbekenntnis. Wie auch immer dieser Film langfristig gesehen nachgewirkt hat – von einem unmittelbaren und nachweisbaren Erfolg dieses Lehrstücks kann man mit Blick auf das Jahr 1946 keineswegs sprechen. Der „KZ-Film“ wühlte zwar viele Menschen auf und beschämte sie, mündete aber nicht, wie intendiert, in eine Schuld- und Verantwortungskultur. Fallweise wurde er von den Rezipienten sogar als alliierte „Propaganda“ abgetan.399 Das System Hollywood stieß also hier, wo es mit all seinen materiellen und menschlichen Ressourcen nicht grazile Schauspielerkörper, schöne Landschaften und harmlose Entertainmentdiskurse, sondern moralische Grundsatzfragen und eine geschichtspädagogische Agenda in den Mittelpunkt stellte, an Grenzen. Ähnlich wie bei den großteils indifferenten Reaktionen der Wehrmachtskämpfer auf die US-Kampfpropaganda mussten die Amerikaner nun auch bei ihrer cineastischen Umerziehung feststellen, dass selbst mit ausgeklügeltesten Mitteln und all den „brains and talents“400 der Männer aus Camp Sharpe keine handlungsleitende Wirkung von Propaganda garantiert war. Der nun in militärisch-ziviler Doppelfunktion (Distributionsoffizier der US Army und Mitglied des Warner Bros Hollywood International Department)401 auftretende Walter Klinger konnte daher wohl nur mit dem professionell abgewickelten Vertrieb des Todesmühlen-Streifens restlos zufrieden sein.402

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Vielsagend in Bezug auf die von den amerikanischen Kulturpropagandisten wie Klinger gern praktizierte, aber nicht immer funktionierende Vermengung von US-Entertainment mit (Nach-)Kriegspropaganda ist auch das Layout einer Ausgabe der Daily News von Los Angeles: Während in der linken Seitenspalte unter einem Porträtbild der attraktiven US-Schauspielerin Jacqueline Dewit über ihren „feminine lead“ in einer Bühnenkomödie berichtet wird, wird man im unmittelbar rechts angrenzenden Fließtext ins Nachtmahr der verbrannten KZ-Leichen im Todesmühlen-Film katapultiert. Ein derartig krasses semiotisches Ineinandergreifen von „Schönheit und Krieg“403 mochte im fernen Kalifornien goutiert, naiv weggelächelt oder schlichtweg ignoriert worden sein.404 Im zu weiten Teilen von „dumpfe[r] Apathie“405 erfassten, kriegs- und propagandamüden und gleichzeitig nach unpolitischer Zerstreuung lechzenden Nachkriegsdeutschland406 wollte das Zusammenspannen von Hollywood-Ästhetik und Holocaust-Moralkeule hingegen nicht so recht funktionieren. Auch wenn ein allgemein gültiges Urteil über die Filmwirkung nicht möglich ist und unterschiedliche Rezeptionskontexte sowie langfristige Sickerwirkungen des Streifens407 in der Forschung wohl noch nicht in all ihrer Komplexität berücksichtigt worden sind: Ich vertrete die These, dass diese mit erzieherischer Emphase verbreitete, filmische Todesfuge mit den unmittelbar nach dem Krieg vorherrschenden emotionalen und kulturellen Bedürfnissen und dem Eigensinn der Rezipienten nur schwer in Einklang zu bringen war.408 Klaus-Dietmar Henke ist in Bezug auf den Todesmühlen-Film recht zu geben, wenn er das Beschämungs-Motiv von Weckel quasi vorwegnimmt und behauptet, dass die Erfahrung mit einer insgesamt nachgerade beschämend fairen, humanen und unmi-

litärischen Besatzungsarmee […] die deutsche Wendung zum Westen vielleicht mehr

gefördert [hat] als manche spätere Reform und manches Umerziehungsprogramm der Militärregierung.409

Der menschliche Kontakt mit sich anständig benehmenden GIs war demnach wirkmächtiger als aufwändige Filmprojekte. Auch wenn spätere Umerziehungsfilme „die Frage nach Schuld, Verdrängung und kollektiver Verantwortung“ angeblich erfolgreicher stellten,410 bin ich der Meinung, dass gemäß des Mottos „Schuster bleib bei deinen Leisten“ die amerikanische Kulturpropaganda im befreiten und besetzten Deutschland dann am authentischsten war, wenn sie sich nicht auf die moralisierende Belehrung der Deutschen, sondern auf ihre ureigenen Stärke besann: auf das Entwerfen und Verbreiten von „Konzeptionen des Wünschenswerten“,411 auf die Captatio benevolentiae. Sprich: auf

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gut gemachte, unterhaltsame und sinnlich ansprechende Populärkultur. Denn „Hollywood verstand sich in erster Linie als Traum- und nicht als Realitätsfabrik.“412 3.2.1 Resümee Der österreichische Exilant und Camp-Sharpe-Absolvent Walter Klinger war anders als die meisten seiner Kameraden in den MRBC-Kompanien mehr Kultur- als Kampfpropagandist. Er war ein „civilian at heart“,413 eine vom Habitus her völlig unmilitärische Person, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg großteils Propaganda für eine ebenfalls unmilitärische Zielgruppe produzierte bzw. deren Verbreitung koordinierte. Wohl mehr als allen anderen Protagonisten dieses Buchs gelang es ihm, seinen Lebensstil und sein berufliches Profil auch in US-Uniform aufrechtzuerhalten. Bereits vor seiner Flucht aus Mitteleuropa wurde der von Hitler aus seiner europäischen Umlaufbahn geworfene Wiener von der Anziehungskraft des Planet Hollywood erfasst und arbeitete als PR-Agent für international tätige amerikanische Filmstudios und -vertriebe. Angekommen in den USA, dockte er umgehend bei seinen vorherigen Arbeitgebern an und von 1941 bis 1943 „verkaufte“ er einer internationalen Leserschaft Society-Neuigkeiten und Insider-Reportagen über Stars und Sternchen aus der kalifornischen Traumfabrik. Diese zwischen Klatsch-Journalismus, ästhetisch ansprechender Kulturpublizistik und handfester Propaganda anzusiedelnden Texte rückten das damit verbundene US-Gesellschaftsmodell und die amerikanische Kriegsanstrengung in ein möglichst günstiges Licht. Diese bereits in der zivilen Frühphase seiner Kriegsbiografie erkennbare Mischung aus „political propaganda and cultural self-portrayal“414 sollte Klinger auch in seiner Karriere als US-Soldat beschäftigen: Nach kurzem Gastspiel beim ebenfalls eher zivil formatierten Kriegsgeheimdienst OSS wechselte er Anfang 1944 nach Camp Ritchie bzw. Camp Sharpe. Die dort gelernten Kampfpropagandatechniken konnte Klinger im Kriegseinsatz in der PWD/ SHAEF-Zentrale in London anwenden und er hatte vermutlich bei einigen an Wehrmachtssoldaten adressierten Flugblättern seine Hand im Spiel. Seit Anfang 1945 kümmerte er sich als wichtiger Mitarbeiter der Filmkontrollabteilung der PWD/SHAEF und später des 6870th DISCC der ICD/USFET in Mitteleuropa einmal mehr um die zivile Sphäre und die Kulturpropaganda im Sinne der kriegsführenden USA. Als jemand, der bereits auf zwei Kontinenten für die amerikanische Filmindustrie berufliche Erfahrung gesammelt hatte, kam ihm hierbei die Rolle eines kulturellen Vermittlers zu. Der für diese Aufgabe „ideal gerüstet[e]“415 Klinger befand sich nun an der spannenden Nahtstelle zwischen Kriegs- und Nachkriegszeit, zwischen Besatzern und Besetzten, zwischen amerikanischen und

Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier

europäischen Filmproduzenten und -rezipienten sowie zwischen privaten, staatlichen und militärischen Kultur-„Playern“. Auf einem etwas verschwommenen Foto aus dem Jahr 1945 ist der Technician 3rd Grade Walter Klinger dabei zu sehen, wie er, inmitten einer Gruppe von offensichtlich gut gelaunten Kameraden und einem Zivilisten, auf „Hitler’s Berghof“ am Obersalzberg in die Kamera blickt. Es ist ein Bild voller Symbolik: Klingers Feldhemd ist bis zur Brusthöhe aufgeknöpft, sein rechter Arm ruht locker auf seinem angewinkelten Knie, der darunterliegende Fuß auf dem sichtlich derangierten Hitler’schen Mauerwerk. Die strammen Nazis am Boden, die lässigen Amis obenauf – so könnte man die Szene beschreiben. Der einzige Mann in Zivilkleidung verharrt in ähnlicher Pose wie Klinger neben ihm in der Bildmitte. Ersterer hat einen autochthon wirkenden Hut auf dem Kopf und scheint zu schmunzeln. Trotz dem soldatischen Kontext und der damit verbundenen Siegerpose ist es nicht militaristischer Triumphalismus, der hier die Szene beherrscht. Vielmehr zeigen sich in dieser Aufnahme und besonders in der Körperhaltung des Exilösterreichers die Entspanntheit des zivilen Hollywood-Hedonisten, welche in der bajuwarischen „Gemütlichkeit“416 des fidelen Hutträgers eine kongeniale Ergänzung findet. Der alles andere als athletisch oder kämpferisch wirkende Film-Vermarkter, Kulturpublizist und homo transatlanticus Klinger repräsentiert auf diesem Foto, aber auch durch seine gesamte Kriegsbiografie, jenes „Element der Americanità“,417 jene soft power, die neben der unverzichtbaren militärischen hard power ein zentraler Faktor für die Festigung der amerikanischen Machtposition in Mitteleuropa war. Die von Leuten wie Klinger trotz aller anfänglichen Herausforderungen und Schwierigkeiten mit in Gang gebrachte Akzeptanz und breite Rezeption der US-Populärkultur „rejuvenated and revitalized European postwar cultures with its elementary connotation of freedom, casualness, vitality, liberality, modernity and youthfulness.“418 Unterstützt wurde die amerikanische soft power übrigens durch soft drinks: Bereits 1943 kümmerte sich AFHQ-Kommandeur Dwight Eisenhower höchstpersönlich um den Coca-Cola-Nachschub für seinen Soldaten in Nordafrika und Südeuropa.419 Neben der dunklen Kultlimonade sollten Berge von Kaugummi und Schokolade die kulinarischen Begleiter des saturierten, erfolgreichen und „lässigen“ Amerikaners sein. Sie waren auch ein propagandistischer Köder und besaßen einen kulturellen Eros, der für viele schlicht unwiderstehlich war und gemeinsam mit dem System Hollywood zu einem der wichtigsten Geburtshelfer des demokratisch-kapitalistischen Blocks in Mittel- und Westeuropa wurde. Mit seinem lockerem Habitus und seinem Wirken als nur oberflächlich militarisierter „propaganda civilian“ steht Walter Klinger pars pro toto für aufregende Filme, für spannende Stars und Entertainment, für Jazz und Swing, für aparte

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Frauenkörper, für die emotionale Wucht und den expressiven Individualismus der amerikanischen Populärkultur.420 Auch wenn Leute wie Klinger nach Mai 1945 als „Kontroll“-Offiziere und Zensoren im Medien- und Kulturbereich eine formell repressive Rolle spielten und bei Weitem nicht alle ihre Anstrengungen von Erfolg gekrönt waren, gilt: Die Entertainmentspezialisten der US Army halfen führend mit, die Kultur-, Medien- und Unterhaltungsszene in Mitteleuropa entsprechend dem gemäßigt aufklärerischen Wirkungsprinzip des prodesse et delectare421 wieder in Schwung zu bringen. Billy Wilder ist wohl recht zu geben, wenn er behauptet, dass die Deutschen „sick and tired of the past“ waren und man es mit vorwurfsvoller, moralinsaurer Umerziehungspropaganda nicht übertreiben dürfte.422 Walter Klinger selbst wusste spätestens nach den Lernerfahrungen mit dem Todesmühlen-Projekt, dass kulturelle US-Aktivitäten im befreiten Deutschland dann am ehesten „prodesse“, also politisch nützlich und moralhebend im Sinne der Besatzer sein konnten, wenn sie eine „süße Verpackung“ hatten. Vielmehr hatten sie zu allererst zu „delectare“, also das Herz zu erfreuen. Denn „um das Ziel eines Nutzens bzw. einer Belehrung zu erreichen, ist eine gefällige Präsentation unabdingbar.“423 In der „rough and tumble period“424 und Übergangsphase von der NS-„Volksgemeinschaft“ zur demokratischen Nachkriegsgesellschaft brauchte es die soft power. Und es brauchte Menschen, die imstande waren, die Attraktivität der amerikanischen Populärkultur den Deutschen professionell zu „verkaufen“ und als Instrument des besatzungspolitischen Social Engineering zu nutzen. Menschen wie der künstlerisch empfindsame und gleichzeitig pragmatisch-marktliberale Exilösterreicher und Neo-Amerikaner Walter Klinger also. Millionen von ehemaligen Bürgern des „Dritten Reichs“ sollten der von ihm im Eingangszitat beschworenen Macht des Eros am Ende erliegen und die über weite Strecken unpolitische und eine zivile Handschrift tragende US-Kulturpropaganda entfaltete in den folgenden Jahren eine erstaunliche Wirkmacht. Anders als von Klinger befürchtet, waren die von ihm in Hitlers Berghof vorgefundenen Filmprojektoren kein Menetekel dafür, dass das Medium Film wieder in „falsche Hände“ geraten würde.425 Nicht nur die GIs und Rotarmisten haben am Schlachtfeld des Zweiten Weltkriegs die Landser niedergerungen. Auch Hollywood-Stars und US-Nationalpersonifikationen wie Errol Flynn haben gemeinsam mit den amerikanischen Propagandasoldaten und Kulturoffizieren letztlich über Goebbels-Günstlinge wie Heinz Kuntze-Just gesiegt. Ein dauerhafter Triumph: Der 1945 noch von Klinger als potentiell gefährliches Agens für die deutsche Nachkriegsgesellschaft eingeschätzte Kuntze-Just hatte keinerlei Ambitionen, die Pax Americana zu durchkreuzen. Er schrieb 10 Jahre nach dem Krieg Drehbücher für Tierdokumentationen in Afrika.426

Walter Klinger als Kulturpropagandist und Filmoffizier

Im Nachlass Walter Klingers in Stanford findet sich ein im Juli 1945 verfasstes Skript für einen „halbe[n] Film[,] geschrieben von unsichtbarer Hand, jeder ‚Zensur‘ entgangen“. Die erste Seite dieses halbfiktionalen Texts vermittelt einen schillernden Einblick in Klingers spannenden Nachkriegsjob, welcher mit streng wissenschaftlicher Sprache niemals so plastisch und klangvoll wiedergegeben werden könnte: Nach dem Vorspann folgender Text:

„Es begann am 28. Juli des denkwürdigen Jahres 1945 in der Nähe des Münchner Waldfriedhofs. Frau Käsberg, Fräulein Grafenberg und Herr Volksheimer stellten sich der

Militärregierung, d. h. Mr. Klinger, vor. Deutscherseits wurde sie von Herrn Kubaschewski427 in Augenschein genommen.“ 1. Einstellung:

Rasendes Auto mit Vorgenannten auf dem Weg nach Geiselgasteig.428 2.

Die ersten Afifen429 beim „organisieren“ nach der Parole „Jeder hilft sich, wie er kann“. Überblenden 3.

Grossaufnahme der Münchner Bavaria, die sich verzweifelt die steinernen Haare rauft. 4.

Klinger und Kuba[schewski] auf dem Weg zum ersten Kunden in Bad Tölz. Im Fond des Mercedes ein paar Filmrollen. 5.

Klinger am Steuer, Kuba auf dem Nebensitz. Klinger fragt: Was hast du eingepackt? Kuba antwortet: Erdölleitung, Welt im Film Nr. 10,430 Toscanini.431 6.

Klinger und Kuba nach einem begeisterten Blick auf die herrliche Landschaft: Wo’s Business sich mit dem Privaten,

Wo zwei wie Klinger und Kuba sich paarten,

Wo man ’ne Erdölleitung mit Toscanini verband, Da gab es stets ’nen guten Klang!432

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4 Schlusswort

Jenen, die Amerika nie bereist haben, muss das Phänomen „Amerika“ schwer verständlich sein. Wie sollten auch Hitler und Gefolgsmänner je verstehen, dass Neu-Ankömmlinge, die noch kaum ihre „First Papers“ haben, Amerika bereits stolz ihre Heimat nennen und sich voll Begeisterung und Opferbereitschaft in den Dienst dieses – ihres – Landes stellen. Walter Klinger, Exilant, Filmexperte und Propagandapublizist der Third Mobile Radio Broadcasting Company der US Army1 Die 2nd Mobile [Radio] Broadcasting Company war eine Prachteinheit, ein Produkt amerikanischen Erfindergeistes und Organisationstalents. […] nur taugte sie leider nicht ganz für die Zwecke, für die sie vorgesehen war. Stefan Heym über eine der Kampfpropagandakompanien aus Camp Sharpe 2 Viel Papier [– aber] etwas bleibt doch haengen. Friedrich Zöller, Hauptmann der 183. deutschen Volksgrenadierdivison, berichtet dem austro-amerikanischen „Moralverhörer“ Emanuel Rapoport von der Wirkung der US-Propaganda auf seine Soldaten3

Die Erkenntnis, dass nicht Worte, Bilder und Klänge, sondern Flugzeuge, Panzer und Bomben den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben, gehört heute zum Mainstream der Geschichtsforschung. Dass aber die Vereinigten Staaten den Krieg gegen Hitlerdeutschland nicht nur am Schlachtfeld (hard power) für sich entschieden, sondern auch am Feld der Ideen und der Kultur (soft power) eine stärkere oder zumindest glaubwürdigere Performance abgeliefert haben, verdanken sie zu einem großen Teil europäischen Flüchtlingen. Sie verdanken es Leuten, die ihren kulturellen Rucksack aus der alten Welt mitgebracht und als Soldaten der United States Army ausgepackt haben. Leuten wie dem oben zitierten Walter Klinger. Wie rund 40 weitere Exilösterreicher wurde er im „Military Intelligence Training Center“ des Armeenachrichtendiensts in Camp Ritchie bzw. in dessen Dependance, der Propagandaschule in Camp Sharpe, zum Kampfpropagandisten ausgebildet und mit einer „mobilen Rundfunkkompanie“ auf seinen europäischen Heimatkontinent zurückgeschickt. Der Auftrag von Klinger und anderen von der US-Militärpropagandaabteilung rekrutierten Österreichern war es, möglichst viele ihrer nunmehr in Wehrmachtsuniform steckenden ehemaligen Landsleute bzw. die deutschen Frontkämpfer geistig umzudrehen: Dies geschah etwa, indem die Protagonisten dieses Buchs, die österreichstämmigen „Sharpe Boys“, Verhöre mit

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gefangenen Wehrmachtskämpfern durchführten und Analysen zur „Feindmoral“ erstellten, die von den amerikanischen Feldpropagandisten umgehend verwertet wurden. Letztere schufen auf Grundlage solcher Informationen über den seelischen Zustand des Feinds zielgruppengerechte Flugblätter, Lautsprecheransagen und Rundfunksendungen, um so die Landser auf der anderen Seite der Front zur Aufgabe zu bewegen oder deren Kampfkraft zu schwächen. Die exilösterreichischen Kampfpropagandisten erfüllten ihren Auftrag mit Einfallsreichtum und Verve. Sie waren meist „fueled by adrenaline and determination“4 und stellten „sich voll Begeisterung und Opferbereitschaft in den Dienst dieses – ihres – Landes“ (Walter Klinger). Obwohl es sich beim eben zitierten Satz um den Text eines Kriegsverkäufers und Meinungsmachers handelt, übersteigt der idealistische und zu weiten Teilen wahre Kern dieser patriotischen Aussage deren propagandistische Funktion: Nach ihrer Ankunft in der neuen Welt fanden tausende Exilösterreicher den Weg in die US-Armee. Mehr als drei Dutzend wurden ins Propagandalager Camp Sharpe geschickt und dienten in Folge wie erwähnt an Klingers Seite als hoch spezialisierte Psychokrieger. Ihrem Gastland für die Aufnahme im Moment größter Not in der Regel sehr dankbar und mit dem NS-Regime meist eine persönliche Rechnung offen habend, akzeptierten und „umarmten“ diese eher musischen und unmilitärischen Propagandasoldaten die typisch amerikanische Trias von Patriotismus, demokratischer Mission und Fortschrittsglauben.5 Als „aggressively imaginative and administratively irresponsible symbol-manipulators“6 bereicherten sie diese drei Grundpfeiler des amerikanischen Gesellschaftsmodells um eine kreative sowie anarchische Note. Ohne das Zutun österreichischer und deutscher Einwanderer und Flüchtlinge wäre die Schaffung von Camp Sharpe und die Aufstellung der Mobile Radio Broadcasting Companies als neuartige „Prachteinheiten“ der psychologischen Kriegsführung (Stefan Heym) schlicht unmöglich gewesen; ohne sie, die vom Nationalsozialismus vertriebenen Dichter und Denker,7 aber auch Hilfsarbeiter und Studenten, hätte es keinen „Sykewar“ gegen die deutsche Wehrmacht gegeben.8 Nach jahrelangen militärpolitischen Ränkespielen und der Überwindung einer Reihe von organisatorischen, personellen und logistischen Herausforderungen hatten die US-Streitkräfte Mitte 1944 einen straff geführten, aber dennoch schöpferischen Freiraum bietenden Propagandazweig geschaffen, bei dem deutschsprachige Flüchtlinge eine unverzichtbare (Vorreiter-)Rolle spielten. Warum funktionierten die Amerikanisierung und Integration dieser Zuwanderer in der US-Armee letztlich so gut und warum taten sich diese innerhalb der Psychological Warfare so hervor? Nun, das, was „Hitler und Gefolgsmänner“ laut dem Sharpe Boy Walter Klinger nicht verstehen konnten, hatten die Amerikaner erkannt: nämlich, dass die

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Minderheiten und Anderen, dass die Abertausenden deutschen und österreichischen Geflohenen weniger ein Problem als eine Chance für das Land darstellten. Eine Chance, die von den USA – die ja mit dem Herkunftsland der migrierenden Massen einen Krieg von noch nie dagewesener Intensität und Totalität führten – genutzt wurde: Nach anfänglichem Misstrauen gegenüber den Flüchtlingen und Enemy Aliens aus dem Deutschen Reich hatten die Vereinigten Staaten und ihre Kriegsinstitutionen einen Weg gefunden, die kulturelle und intellektuelle Vitalität und Hybridität9 ihrer buntscheckigen Einwanderergesellschaft nutzbar zu machen. Dies gelang, indem sie das Insiderwissen der mitteleuropäischen Neuankömmlinge über den Feind und seine Lebens- und Denkweise militärisch kanalisierten: durch den gezielten Einsatz von Exilanten im nachrichtendienstlichen und vor allem kampfpropagandistischen Bereich. So sind laut Reinhold Wagnleitner das moderne Amerika und dessen in zwei Weltkriegen siegreich gebliebene Maschinenzivilisation nicht einfach vom Himmel gefallen. Die Wurzeln des amerikanischen Modells, das sich hier in der innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampften Kriegs-, Geheimdienst- und Propagandamaschinerie des Zweiten Weltkriegs manifestierte, waren zu weiten Teilen europäisch. Über mehrere Jahrhunderte lang brachte Europa nicht nur den (ethnozentrischen) Glauben des weißen Manns an Fortschritt und Technologie nach Amerika.10 Im Zuge der Fluchtwellen der dreißiger Jahre und der Shoah „exportierte“ bzw. trieb der alte Kontinent auch zahlreiche kluge Köpfe, unternehmerische Geister und Virtuosen des geschriebenen, gesprochenen und gesungenen Worts in die USA. Dabei handelte es sich um geborene Propagandisten. Die exilösterreichischen Flüchtlingssoldaten bzw. Sharpe Boys haben als menschliches Exportgut – das sich mitunter wohl als atlantisches Treibgut gefühlt hat – einen nicht kriegsentscheidenden, in kultureller und geistiger Hinsicht aber bemerkenswerten Teil zum Sieg der US-Armee über die deutsche Wehrmacht beigetragen. Anstatt mit Kanonen und Gewehren auf den Feind, dessen Sprache und Mentalität sie als gelernte Österreicher sehr gut kannten, zu schießen, traten sie mit Letzterem als Propagandisten in eine Art Dialog. So konnten sie einerseits ihre Talente und Fähigkeiten sinnvoll in ihren Kriegsdienst einbringen; andererseits konnten sie auch so manchen Landser vor einem sinnlosen Heldentod für den „Führer“ bewahren – eine zivilisatorische Leistung wider die dumpfe Sprachlosigkeit des Kriegs, die von gesinnungsethischen Moralisten und dauerempörten Propagandakritikern heute gerne übersehen wird. Systematische Überzeugunstätigkeiten in Form von Propaganda, so der ebenso weit verbreitete wie überzogene Pauschalvorwurf, müssen demnach per se machiavellistisch, verrucht und bösartig sein.11 Gewiss, die gegen das Deutsche Reich gerichteten kriegs­publizistischen

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Tätigkeiten der US-Armee zwischen 1943 und 1945 dienten handfesten machtpolitischen bzw. militärischen Interessen und es ging letztlich mehr um Überzeugung oder Überwältigung als um Information oder Aufklärung. Vergleicht man die Aktivitäten der Sharpe Boys jedoch mit der völlig enthemmten NS-Propaganda, den hysterischen Lügen- und Sudelkampagnen rechtspopulistischer USPolitiker im 21. Jahrhundert (!), oder den manipulativen Propagandaaktivitäten von russischen Staats-Fernsehsendern derselben Ära, so kann man konstatieren, dass die großteils „weiße“, also wahrheitsnahe Kampfpropaganda der US-Armee im Zweiten Weltkrieg nahezu idealistisch und rational angelegt war. Im Gegensatz zu der von den Amerikanern wesentlich ideologischer geführten „Kampagne der Wahrheit“ des Kalten Kriegs12 oder den infantilen Fake News-Scharmützeln in der Ära Trump präsentierte sich die zu weiten Teilen an Fakten orientierte Militärpropaganda der Sharpe Boys den Empfängern als moderate und ja, integre Kommunikations- und Sozialtechnik. Der für die Amerikaner erfolgreiche Kriegsverlauf auf dem europäischen Schlachtfeld spiegelt sich auch in den Entwicklungen im Feld der Propaganda und in den Kriegskarrieren wichtiger Akteure dieses Buchs wider: So hat der Exilösterreicher und Vollblutjournalist Hans Habe bereits im Nordafrika- und Italien-Feldzug ab 1943 Pionierarbeit als Moralverhörer und Propagandaredakteur geleistet; in ideengeschichtlicher Hinsicht hat er die für die psychologische Kriegsführung der US-Armee zentrale Doktrin der weißen Propaganda wesentlich mitgeprägt und diese auch seinen späteren Schülern in Camp Sharpe eingeschärft. Diese auf breitem empirischen Fundament und umfangreicher nachrichtendienstlicher Tätigkeit fußende „Strategie der Wahrheit“ sprach nicht nur Gerechtigkeitsfanatiker und antifaschistische Idealisten, sondern auch Realisten und Überlebenskünstler auf der anderen Seite der Front an. Da die von ihm mit entwickelte und produzierte weiße Propaganda wegen ihres hohen Informationsgehalts von den feindlichen Empfängern vielfach akzeptiert oder zumindest respektiert wurde, kann Habes Rolle – allen autobiografischen Prahlereien zum Trotz – gar nicht bedeutend genug eingeschätzt werden. Auch die Kriegsbiografien des Wiener Propaganda-Nachrichtenoffiziers Jacob Tennenbaum bzw. jene der insgesamt 15 Aufklärungsspezialisten und Moral­ verhörer unter den insgesamt 41 exilösterreichischen Sharpe Boys zeigen, dass das von Francis Bacon („Wissen ist Macht“) inspirierte „doppelte“ Nachrichten-­ Paradigma für das amerikanische Propagandasystem essenziell war: Man holte Nachrichten über den Feind und seine Moral ein (Intelligence), um darauf aufbauend maßgeschneiderte und stichhaltige Nachrichten für diesen Feind zu produzieren (Propaganda). Die nach einem holprigen Start rasch professionalisierte

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amerikanische Kampfpropaganda orientierte sich dabei nicht nur an der Realität und der von der US-Armee in die Welt gesetzte Propaganda-Output hielt sich nicht nur über weite Teile an die von charismatischen Alphatieren wie Habe in den Mittelpunkt gestellten Fakten. Vielmehr wurde die amerikanische Militärpropaganda von umfangreichen nachrichtendienstlichen Analysen begleitet – dazu zählte etwa Tennenbaums viel gelesener Weekly Intelligence Report for Psychological Warfare, den er im letzten Kriegshalbjahr regelmäßig verfasste. Das Propaganda­ system Hitlerdeutschlands konnte in diesem Bereich nur irrationale, pseudoreligiöse Mythen und völkische Ideologien entgegensetzen13 und die deutsche Propaganda stützte sich weniger auf Moralforschung, sondern setzte auf eine permanente und fast pathologische Verzerrung der Realität. Dadurch öffneten die hysterisch krähenden NS-Propagandisten der Selbsttäuschung Tür und Tor. Doch der Täuschung hatte die Volksgemeinschaft irgendwann genug. Wie Harald Welzer ausführt, ist die „Tragfähigkeit der Sprachpolitik mittels manifester Lügen […], begrenzt, wenn die eigene Erfahrung das Gegenteil nahelegt.“14 Genau diese den GoebbelsLügen diametral gegenüberstehenden Erfahrungen wurden von unzähligen deutschen Soldaten im Krieg tagtäglich gemacht. Und diese Erfahrungen wurden in vielen Fällen nicht nur mit der deutschen, sondern auch mit der feindlichen, also amerikanischen oder britischen Propaganda abgeglichen: etwa wenn der deutsche Frontkämpfer ein informatives, mit realistischen Fakten und Zahlen unterfüttertes Flugblatt der US-Kampfpropagandisten aus Camp Sharpe studierte. Letzteres hat beim Fact Check wohl besser abgeschnitten als die Aussagen der Wehrmachtsführung. Langfristig gesehen war daher der „informierende“ (und teilweise sehr unterhaltsame) und nur selten auf dreiste Lügen setzende Zugang der Amerikaner der glaubwürdigere und erfolgreichere. Die Informationen, Ankündigungen und die Versprechungen, die etwa ein eingekesselter Volksgrenadier in Geilenkirchen am „Westwall“ im Herbst 1944 auf den US-Flugblättern, die auf ihn herabregneten, lesen konnte, stellten sich später, etwa in Gefangenschaft, im Großen und Ganzen als wahr heraus. Der während des Kriegs propagandistisch befeuerte und jahrelang erfolgreich verbreitete Irrglaube der Deutschen an die Allmacht eines unbesiegbaren, gottähnlichen Führers, der ein rassisch überlegenes und mit Wunderwaffen bestücktes Heer zum Endsieg führt,15 musste früher oder später an der Realität und am Pragmatismus der Westalliierten zerschellen.16 So wurde die in einem Tagesbericht des Oberkommandos der Wehrmacht pathetisch gefeierte Selbstaufopferung des Pioniers Justus Jürgensen bei einer Brückensprengung an der Oder von den austroamerikanischen Moralaufklärungs- und Monitoring-Experten Erwin Benkoe und Herbert Lobl genau mitgehört und trocken protokolliert. Die beiden auf der Lade-

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fläche eines zum Aufnahmestudio umfunktionierten Lastwagens sitzenden Sharpe Boys wussten: Mit Durchhaltetexten wie der Anfang Februar 1945 publizierten Märtyrerparabel dieses gefallenen „Gerechten“ konnten die NS-Kriegslenker kaum mehr handlungsleitenden Akzente setzen, nur mehr wenige Wehrmachtskämpfer indoktrinieren, geschweige denn amerikanische GIs zum Überlaufen bewegen. Benkoe und Lobl ahnten wohl auch, dass auf den intellektuellen Bankrott faschistischer Propaganda der unabwendbare aktionale Bankrott des Faschismus selbst17 folgen würde und dass die in ihren Abhörberichten dokumentierten, hohlen Pathos- und Beschwörungsformeln der deutschen Wehrmachtsführung ein entlarvendes Textkorpus bildeten; ein Korpus, aus dem sich die US-Propagandakrieger eifrig bedienten, um möglichst vielen deutschen Kämpfern im Zuge des Untergangs der Wehrmacht die Augen zu öffnen und dem im braunen Morast versinkenden Hitler-Imperium geistig das Wasser abzugraben. Gerade der massive Einsatz nachrichtendienstlich geschulter und deutschsprachiger Propagandaaufklärer und die geerdeten Botschaften der amerikanischen Seite veranschaulichen, dass die US Army im Gegensatz zum deutschen Kriegsgegner nicht auf chauvinistische, kontrafaktische und haarsträubende Propaganda, sondern auf praxisnahe Analytik, sozialwissenschaftlichen Realismus und militärische Zweckmäßigkeit setzte.18 Wie am regulären Schlachtfeld setzte also auch am Kampfplatz der Worte, Überzeugungen und Ideen letztlich „die liberaldemokratisch, rechtsstaatlich orientierte amerikanische Großmacht ihre stärkeren Kräfte durch“.19 Zahlreiche glaubwürdige Berichte über die gute oder zumindest faire Behandlung durch die Amerikaner drangen etwa mittels der von Hans Habe und seinen österreichischen Sharpe Boys mitgestalteten Sendungen von Radio Luxemburg bis zu den Soldatenfrauen und Familienangehörigen im deutschen Reich vor. Das dank „ehrlicher“ und informativer Flugblätter und Frontnachrichten schon während des Kriegs zwischen den künftigen Besetzern und Besetzten aufgebaute Vertrauen sollte sich – allen anfänglichen Schwierigkeiten und Herausforderungen zum Trotz – auch bei der Re-Demokratisierung Deutschlands und Österreichs bezahlt machen. In der Phase der erzwungenen Ausnüchterung nach dem faschistischen Rausch waren viele Deutsche froh über die „essential honesty“ der Amerikaner20 und über die bloße Tatsache, dass ihnen von den neuen Machthabern nicht täglich bombastische Heilslehren und irrwitzige Propagandaversprechen aufgetischt wurden.21 Ein weiteres Beispiel für den einerseits faktenbasierenden und andererseits bodenständigen Kommunikationsansatz der Amerikaner im Zweiten Weltkrieg ist der ehemalige Blechschlosser und „draftsman“ Kurt Wittler aus Wien, der es als Flüchtlingssoldat zum Chef-Flugblattschreiber im Kampfpropagandateam

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von George Pattons dritter US-Armee gebracht hat. Obwohl Radio bzw. Rundfunk sogar namensgebend für die Mobile Radio Broadcasting Companies waren, hat sich das taktische Flugblatt letztlich als wichtigstes und einflussreichstes Propagandamedium im Feld erwiesen. Unaufgeregt und zweckorientiert gestaltete Wittler bei der Third US Army mindestens 45 Flugblätter, darunter auch eine Version des berühmten Passierscheins oder spezielle Landkartenflugblätter, die tiefsitzende Ängste vor „dem Russen“ mit nüchternen und glaubhaft aufbereiteten Militärinformationen vereinten. In diesen Arbeiten, die teilweise an österreichische Zielgruppen gerichtet waren, ging der durch die Propagandaaufklärung bestens informierte jüdische Flüchtling meist niederschwellig auf die Alltagssorgen und Bedürfnisse seiner feindlichen „Kunden“ ein und vermochte es, Gefühle und Fakten geschickt auszubalancieren. Natürlich stieß Wittler auch auf Grenzen der Medienwirkung und einige seiner Flugblätter beruhen auf methodischen, ideologischen oder erkenntnistheoretischen Prämissen, die aus heutiger Sicht kritikwürdig sind. Besonderes Augenmerk auf den eben angesprochenen Gefühlshaushalt der soldatischen Propagandaempfänger legte auch der mit der 9. US-Armee bei Geilenkirchen als Lautsprecherpropagandist tätige Emanuel Rapoport. Mit seinen via moderner Technik übermittelten „Frontnachrichten“ und Kapitulationsaufforderungen trug der bereits 1932 in die USA emigrierte Wiener nicht nur dazu bei, umzingelten Volksgrenadierverbänden die Aussichtslosigkeit ihrer Lage vor Augen zu führen; seine Desertionsaufrufe an die nur wenige hundert Meter entfernten Landser wurden durch das Live-Erlebnis noch performativ verstärkt – eine solche direkt vor den Empfängern dargebotene Lautsprecheransage war, bei all dem blutigen Drama, das sich rundherum abspielte, auch eine Art Show, die das „Publikum“ mit emotionaler Wucht traf: Allein an einem Tag folgten angeblich über 300 Feindsoldaten Rapoports Appellen und ergaben sich. Wenige Tage später sollte er dieselbe Personengruppe als Moralverhörer geistig „abtasten.“ Dass die populärkulturelle Energie, welche von den Vereinigten Staaten ausgeht, ein gewichtiger Faktor im Krieg der Worte, Bilder und Klänge war, zeigt schließlich das Beispiel des Walter Klinger. Als PR-Agent, der bereits vor dem Krieg von Europa aus für die Hollywood’sche Traumfabrik gearbeitet hatte, trug der ehemalige Wiener und polyglotte Neo-Kalifornier nach seiner Flucht in die USA als ziviler Propagandist den amerikanischen Way of Life publizistisch in die Welt hinaus. Nach dem Einrücken in die US Army und dem Besuch von Hans Habes „Journalistenakademie“ in Camp Sharpe war er in den letzten Kriegsmonaten für die Film(s), Theaters&Music Control Sections der Psychological Warfare Division des alliierten Hauptquartiers in London tätig. Nach dem Ende der Kampfhandlungen betrieb Klinger als Film Control Officer in Bayern Kulturmanagement „an

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der Gelenkstelle zweier Zeitalter“:22 Er kümmerte sich um die Verbreitung von prowestlichen Umerziehungsfilmen, war für das weltanschauliche Screening von zu entnazifierenden Kunst- und Filmschaffenden zuständig und half mit, die Pax Americana gesellschaftspolitisch zu festigen. Die von Leuten wie ihm mit angestoßene Coca-Colonization Mitteleuropas (Reinhold Wagnleitner) war langfristig gesehen ein voller Erfolg. Doch nicht nur der (Nach-)Kriegsdienst stand für Walter Klinger und für viele Sharpe Boys unter positiven Vorzeichen. Während im Zweiten Weltkrieg hunderttausende Menschen an Vertreibung und Flucht regelrecht zerbrachen oder in ihre Seelen ein tiefschwarzes Loch gerissen wurde, erwies sich das US-Exil für „einen geistigen Menschen“ wie Klinger als „Antrieb zur inneren Sammlung“ (Stefan Zweig).23 Das Exil, dieses „gesegnete Missgeschick“,24 katapultierte Walter Klinger und auffällig viele seiner aus der alten Welt geflohenen US-Kampfpropagandakameraden in eine andere Sphäre und ein spektakuläreres, wohl erfolgreicheres Leben, als es in ihrer alten Heimat je gelebt worden wäre. Wenn sich der Historiker Arvid Schors in seinem Habilitationsprojekt die rhetorische Frage stellt, ob es sich bei den deutschsprachigen Soldaten im alliierten Dienst um „lucky victims“ handelte, so kann ich diese Frage für die Protagonisten dieses Buchs weitgehend mit „Ja“ beantworten. Die Sharpe Boys aus Österreich, sie traten nach 1945 unter anderem als Filmproduzenten, Unternehmer, Designer, Wissenschaftler und Medienzaren in Erscheinung. Allem Organisationstalent und Einfallsreichtum zum Trotz waren die in diesem Buch erwähnten Menschen während des Kriegs mit der Tatsache konfrontiert, dass die überwältigende Mehrheit der deutschen und österreichischen Soldaten wenig Anstalten machte, aus dem Sozialgefüge der Wehrmacht auszubrechen. Propaganda war und ist keine Wunderwaffe. Der von Emanuel Rapoport am „Westwall“ vernommene Hauptmann Friedrich Zöller von der 183. Volksgrenadierdivision gab etwa an, nicht an eine nennenswerte Wirkung von Flugblattpropaganda auf seine Truppe zu glauben: „[H]e denies that the leaflets affect the morale of the men, summarizing the Allied propaganda effort with the words: Viel Papier.“25 Als er vom gebürtigen Wiener darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ja auch die Deutschen sehr viel Papier – das sie im Vergleich zu den Amerikanern nur mit Ach und Krach aufbringen konnten – für Propaganda verschwenden würden, lachte der Hauptmann angeblich auf und gestand seinem Gegenüber ein: „Ja etwas bleibt doch hängen.“26 Bei aller Skepsis an der Wirksamkeit und der moralischen Legitimation von Propaganda und Persuasion: Es blieb davon etwas hängen. Vor allem bei jenen, die kriegsmüde, die körperlich und mental „fertig“ waren, oder die sich plötzlich

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einer lebensbedrohenden US-Übermacht am Schlachtfeld gegenübersahen. Die mit Hilfe von findigen und umtriebigen Flüchtlingssoldaten laufend überarbeitete und großteils faktenorientierte Kampfpropaganda der Amerikaner war nicht nur ziemlich gut gemacht, sondern hat vereinzelt, aber doch, feindliche Kämpfer zur Aufgabe bewegt und so dafür gesorgt, dass „Hunderte Eimer Blut, das noch in diesen Männern floss“, so kurz vor Kriegsende nicht „verspritzen, verrinnen, schließlich versickern“ sollten.27 Die eher unmilitärisch auftretenden, exilösterreichischen Psychokrieger aus Camp Sharpe haben nicht nur geistigen Widerstand von außen gegen jenen „Bankrotteur, der das Faustrecht zum bestimmenden ethischen Prinzip hatte erheben wollen“,28 geleistet. Mit der von ihnen meist mit Fleiß, Leidenschaft und Ideenreichtum praktizierten „Buchstaberei“ (Harald Walser) haben diese Menschen eine kulturelle Leistung erbracht, die gedächtnispolitische Anerkennung verdient. Im Krieg um die Herzen und Hirne der Menschen stellten sich Camp Sharpe und die aus ihm hervorgehenden Mobile Radio Broadcasting Companies als „das größte Imaginationsarsenal“,29 das die US Army aufzubieten hatte, heraus. Gewiss, die publizistisch geschickten und zur Selbstinszenierung neigenden Vertreter unter den Sharpe Boys bzw. Ritchie Boys haben es nach dem Krieg gut verstanden, eine an geheimnisumwitterten und charakterfesten Helden aufgehängte „Geschichte der schönen Gefühle und Worte“30 zu erzählen und zu vermarkten. Der tiefe Blick des Historikers in die Akten mag so manche dieser Narrative und G’schichterln etwas zurechtrücken, relativieren oder gar widerlegen. Er mag in Bezug auf die handelnden Akteure Ambivalenzen, Widersprüche und Schattenseiten zu Tage fördern. Dennoch bestätigen die tausenden schmutzig weißen Papierstücke, die in Archiven oder Bibliotheken zwischen Washington D. C. und Los Angeles jahrzehntelang in normierten Kartonboxen eingepfercht waren, im Kern diese Geschichten und verdichten diese zu einer größeren Erzählung: Es ist jene von einer bemerkenswerten Gruppe von mitteleuropäischen Flüchtlingssoldaten, die sich als Kampfpropagandisten in amerikanischer Uniform dem Nationalsozialismus intellektuell widersetzten. Der die militärhistorischen Fakten nicht immer ganz getreu wiedergebende, aber die gefühlte Wahrhaftigkeit des erlebenden Zeitzeugen virtuos erfassende Stefan Heym hat hier die treffendsten Worte gefunden: „Und wenn auch nur eine Kompanie Soldaten vor der letzten Kanonade die Hände hob, auch nur eine Stadt verschont blieb, dann ist es schon etwas gewesen, und das geringste war es nicht.“31 Ich will dieses Buch mit einem Gedanken von Jorge Luis Borges beschließen: Wenn die fabelhafte Geschichte der aus Österreich geflüchteten Wort- und Bildkünstler aus Camp Sharpe „nicht als Tatsache wahr ist, wird sie es als Symbol sein.“32

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5.1 Kurze Kriegsbiografien aller österreichstämmigen MRBC-Absolventen und Kampfpropagandisten aus Camp Sharpe

Österreicher, die im MITC Camp Ritchie bzw. in Camp Sharpe ausgebildet worden sind und als Sharpe Boys von der PWD/SHAEF oder einer MRBC-Kompanie aktiv im Propagandabereich eingesetzt wurden:

Hans Adler, geboren am 16. Februar 1910 in Wien;1 Germanistik- und Psychologiestudium an der Universität Wien (Letzteres abgebrochen), Sportjournalist, Speditions- und Reisebüromanager; 1938 Flucht in die USA, dort tätig als Übersetzer, Rechercheassistent und Propaganda-Analyst für die Anti-Defamation-League, bereits im April 1941 Einberufung zum Armeedienst, infanteristische Grundausbildung in Camp Croft und Munitionsträger beim 130. Infanterieregiment in Camp Forrest, ab Jänner 1942 dort Verwaltungssoldat, später Nachrichten-Unteroffizier beim Stab der 33. US-Infanteriedivision, ab Juli 1943 ASTP-Qualifizierungskurs am Chaffey Junior College in Kalifornien und ASTP-Lehrgang an der Universität von Illinois in Champaign; im Jänner 1944 Transfer nach Camp Ritchie, direkte Zuteilung zur 2nd MRBC, Versetzung zur 4th MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe; ab Oktober 1944 Kriegseinsatz mit der 4th MRBC als Flugblattschreiber und Dramaturg in Frankreich, Luxemburg und Deutschland, vmtl. zu PWD/SHAEF oder P&PW/12th Army Group detachiert. Bei Kriegsende Tätigkeit für die Intelligence Section des 6870th District Information Service Control Command (DISCC) der Film, Theater and Music Control Section der PWD/SHAEF (spätere Information Control Division). ASN 36015121; als Tech Sergeant 1945 abgerüstet. Richard Akselrad, geboren am 16. Juni 1906 in Wien (gest. 1980), jüdisch, abgebrochenes Publizistikstudium in Wien und Leipzig. Journalist, Versicherungsagent und Übersetzer; 1938 Flucht in die USA über Großbritannien; ab Juni 1943 Basic Training im Infantry Replacement Center Camp Wheeler, im November 1943 versetzt nach Camp Ritchie, Absolvent des 16. MITC-Basiskurses (IPW/5D German), ab April 1944 Propagandaausbildung bei der 4th MRBC in Camp Sharpe, Spezialisierung als Verhörsoldat und Flugblattschreiber, ab September 1944 als Kriegsgefangenverhörspezialist für die 4th MRBC („Kampfgruppe

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Rosenberg“) und für die PWD/SHAEF in Frankreich und Deutschland tätig. Ab April 1945 im 6870th District Information Service Control Command (DISCC) der Film, Theater and Music Control Section der PWD/SHAEF (spätere Information Control Division). ASN 35804724. Als Technician 4th Grade 1945 aus dem Armeedienst entlassen. Henry C. Alter (Heinrich Alter), geboren am 14. Juni 1918 in Wien (gest. 1999), katholisch (jüdische Herkunft), abgebrochenes Musik- und Kunststudium, Dramaturg und Regieassistent. 1939 Flucht in die USA, abgeschlossenes Studium der dramatischen Literatur (BA), Sekretär für Filmschauspieler P. Henreid. Im September 1943 freiwillige Meldung zur US-Armee, artilleristische Grundausbildung in Fort Sill, ab Jänner 1944 in Camp Ritchie, Absolvent der 16. MITCKlasse (IPW/5A German), direkte Beförderung zum Second Lieutenant, ab Juni 1944 bei der 4th MRBC, Kriegseinsatz als PWI-Verhöroffizier und IntelligenceOffizier, u. a. für das PWD/SHAEF-Hauptquartier, P&PW/12th Army Group und PWB/9th Army in Großbritannien, Frankreich, Belgien, Luxemburg (vielleicht Radio Luxemburg) und Deutschland, ab April 1945 beim 6871st DISCC und nach Kriegsende Theater&Kultur-Kontrolloffizier in Österreich. ASN 0552538, vermutlich 1950 abgerüstet. Albrecht B. Barsis, geboren am 21. Juli 1916 in Wien, protestantisch, Mathematik- und Physikstudium (abgebrochen), Elektrotechnikstudium in Washington D. C., Rundfunktechniker und Elektroingenieur. Im Oktober 1942 zur US-Armee eingezogen, Fernmeldeausbildung in Fort Monmouth, ASTP-Lehrgang an der Rutgers University in New Jersey, ab Mai 1943 in Camp Ritchie, Absolvent der 8. MITC-Klasse (IPW/5D German), im Jänner 1944 zur 3rd, später zur 2nd MRBC versetzt, bei Letzterer ab Mitte 1944 in Frankreich, Belgien und Deutschland als Rundfunktechniker (Radio Repairman) tätig. ASN 33446585; als Master Sergeant 1946 abgerüstet. Alfred W. Bass, geboren am 29. Mai 1922 in Österreich (gest. 2001), katholisch; abgebrochenes Wirtschaftsprüfungsstudium in New York, Handelsangestellter. Spätestens im Frühjahr 1942 Eintritt in die US-Armee, Basic Training und Zugführer beim „Österreich-Bataillon“ (101st Infantry Battalion) in Camp Atterbury, ab August 1943 in Camp Ritchie, Absolvent der 11. MITC-Klasse (IPW/5A German), Infanterieoffiziersausbildung in Fort Benning, ab Juni 1944 Ausbilder der 5th MRBC in Camp Sharpe, ab Herbst 1944 in Frankreich und Deutschland Propaganda-Liaison-Offizier, PWI-Verhörer und Lautsprechertrupp-Kommandeur u. a. im Bereich des XX. und III. US-Korps und für die P&PW T-Force (Köln) der P&PW/12th Army Group. ASN 01326149; als First Lieutenant 1947 abgerüstet.

Kurze Kriegsbiografien

Frederick K. Bauer, geboren am 13. Oktober 1919, protestantisch; nach Flucht in die USA Maschinenbaustudium (BS) in Kalifornien. Ab Dezember 1942 Basic Training und Dienst als Automechanik-Inst[ruktor] im Ordnance Training Center in Los Angeles, Qualifizierungskurs bei der Army Specialized Training Assignment and Reclassification Unit in Stanford, ab Februar 1944 Schüler der 17. MITCKlasse (IPW/5A German, ohne Abschluss) in Camp Ritchie; ab April 1944 Ausbildung bei der 4th MRBC in Camp Sharpe, Kriegsdienst in Frankreich, Belgien und Deutschland, ab August 1944 im Einsatz für PWB/3rd Army, spätestens im Oktober d. J. Transfer zur 2nd MRBC und PWB/1st Army, kurzer Einsatz als Lautsprecherpropagandist, danach als Ton- und Aufnahmetechniker (u. a. für Radio Luxemburg) tätig. ASN 39547064. Erwin Benkoe, geboren am 18. März 1922 in Wien (gest. 1977), jüdisch (später katholisch), Flucht in die USA 1939, Werkzeugmacher und Maschinenentwickler. Im Mai 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Camp Wheeler, ASTP-Studienlehrgang SCU 3653 an der Universität in Chicago (Kurse: Chemical Engineer, German Language und Foreign Areas), ab Jänner 1944 im MITC Camp Ritchie, direkte Zuteilung zur 2nd MRBC, später zur 3rd MRBC mit Ausbildung zum Übersetzer und Propagandasoldaten in Camp Sharpe; ab Mitte Juli 1944 Kriegsdienst mit der 3rd und 2nd MRBC in Frankreich, Belgien und Deutschland als „News Writer“, PWI-Verhörer für Zivilisten, Radiotechniker und (Rundfunk-)Abhörexperte, im Herbst 1944 zugeteilt zum PWB Advance Detachment der T-Force der P&PW/12th Army Group, später v. a. beim Monitoring Team der ersten US-Armee; ab Juli 1945 Tätigkeit als Medien-Aufklärungsspezialist beim 6871st  DISCC. ASN 32907329, 1946 als Technician 4th Grade aus Armeedienst entlassen. Jules J. Bond, geboren am 31. März 1909 in Wien (gest. 1993), jüdisch; studierter Jurist, Übersetzer, Journalist und Korrespondent, 1935 erster USA-Aufenthalt; im Dezember 1942 zur US-Armee eingezogen, Grundausbildung in Camp Phillips, ab Jänner 1943 Schüler der 5. MITC-Klasse (IPW/Section 9, German, mit Abschluss) in Camp Ritchie, Ausbildung zum Document Examiner, Anfang 1944 Zuteilung zur 3rd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe, ab August 1944 Einsatz mit der 3rd MRBC und PWB/3rd Army in Frankreich, Luxemburg und Deutschland, Redakteur für Nachrichtensendungen (Radio Luxemburg) und Flugblattzeitungen bei P&PW/12th Army Group. ASN 32657995, 1946 als Technician 5th Grade aus Armeedienst entlassen. Otto Brand, geboren am 18. Juli 1910 in Wien; promovierter Jurist, vermutlich journalistisch tätig. In den USA Arbeit als Lichtbogenschweißer; Eintritt in die US-Armee im Oktober 1942, infanteristisches Basic Training in Camp Lee, Fort

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Jackson und beim 101st Infantry Battalion (Austrian Battalion) in Camp Atterbury, ab Oktober 1943 Army Specialized Training Program-Kurs (ASTU #3905, Linguistic Fields) an der Universität Stanford, ab Jänner 1944 im MITC Camp Ritchie, direkte Zuordnung zur 2nd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe, ab Sommer 1944 Einsatz mit der 2nd MRBC in Frankreich, Luxemburg und Deutschland. Redakteur, Script Writer und Lektor bei Radio Luxemburg und für Flugblattzeitungen bei P&PW/12th Army Group. ASN 32501235, 1945 als Technician Third Grade aus Armeedienst entlassen. Paul A. Eisler, geboren am 16. Mai 1921 in Wien (gest. 1987), jüdisch; (lt. eigenen Angaben) Kadett der Theresianischen Militärakademie, 1939 Ausreise über Großbritannien in die USA, Bankangestellter und Buchhalter; im April 1943 zur US-Armee eingerückt, Grundausbildung in Camp Fresno, ASTP-Lehrgang (European Languages) in Champaign an der Universität von Illinois, im Jänner 1944 in Camp Ritchie, direkte Zuteilung zur 2nd MRBC, später zur 3rd MRBC, Ausbildung als Übersetzer, Propagandakurs in Camp Sharpe, ab Juli 1944 Einsatz mit der 3rd MRBC, ab September für die 2nd MRBC und P&PW/12th Army Group in Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland als Lautsprecheransager, Verhörsoldat und Propagandatexter im Bereich des V. US-Korps (1. und 3. US-Armee), im März 1945 verwundet und mit Purple Heart ausgezeichnet. ASN 39129139, 1946 als Technician 5th Grade aus Armeedienst entlassen. Eric Feiler, geboren am 3. April 1915 in Wien, jüdisch; wegen NS-Herrschaft abgebrochener Diplomstudiengang an der Hochschule für Welthandel in Wien, 1938 Flucht in die USA, dort Expedient/Abnahmebeamter; im November 1942 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Camp Robinson und beim 110th Infantry Battalion, Ausbildung im 375. Medical Battalion, ASTP-Kurs (ASTU #3905, Linguistic Fields) an der Universität Stanford; ab Jänner 1944 in Camp Ritchie, Zuteilung zur 2nd MRBC, später zur 3rd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe; ab Juli mit der 3rd MRBC, ab September mit der 2nd MRBC in Frankreich und Deutschland im Einsatz; genaue Art der Propagandatätigkeit unklar, gegen Kriegsende Dienst beim 6870th DISCC. ASN 32648513, im Jahr 1956 als Master Sergeant geführt. Walter H. Glass (Walter Heinz Frauenglas), geboren am 13. Februar 1921 in Wien (gest. 2012), jüdisch; 1939 Flucht in die USA, abgeschlossenes Ökonomie-, Verwaltungs- und Mathematikstudium, abgebrochenes Studium der Rechtswissenschaften in Harvard; im April 1943 zur US-Armee, Basic Training in Camp Lee, ASTP-Testschüler in der Specialized Training Assignment and Reclassification Unit in Virginia; ab September 1943 Schüler der 13. und/oder 14. MITC-Klasse in Camp Ritchie (IPW/5A German, nicht abgeschlossen), ab

Kurze Kriegsbiografien

März 1944 bei der 3rd und 4th MRBC, schließlich 5th MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe; ab Herbst 1944 Einsatz bei der 5th MRBC, im Frühjahr 1945 detachiert zu PWB/1st Army, als PWI-Verhörexperte in Frankreich, Belgien und Deutschland im Einsatz. ASN 32883220, 1945 vermutlich als Technician 3rd Grade aus der US-Armee ausgeschieden. Hans P. Greenwood, geboren am 4. September 1908 in Wien, ohne Bekenntnis; studierter Jurist, Flucht in die USA 1939, abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium an der Universität von Nebraska, als Ökonom tätig; Eintritt in US-Armee im Jänner 1944, infanteristische Grundausbildung direkt in Camp Ritchie, Schüler der 18. MITC-Klasse (IPW/5D, German, nicht abgeschlossen), im Mai 1944 zur 5th MRBC versetzt, Ausbildung als Übersetzer, Propagandakurs in Camp Sharpe; ab Herbst 1944 in Frankreich, Belgien und Deutschland als Mitglied der 5th MRBC tätig und als Nachrichtenunteroffizier an PWB/9th Army bzw. G-2/9th Army verliehen. ASN 42070409, 1946 als Staff Sergeant abgerüstet. Hans Habe ( János Békessy), geboren am 12. Februar 1911 in Budapest (gest. 1977), protestantisch; abgebrochene Jus- und Germanistik-Studien in Heidelberg, ab 1930 Journalist und Zeitungsherausgeber in Wien und Genf, 1939 Ausreise nach Frankreich, Kriegsdienst in der französischen Armee und deutsche Kriegsgefangenschaft, 1940 Flucht über Portugal in die USA, dort Tätigkeit als Autor und Vortragender; im Jänner 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Camp Aberdeen, Transfer nach Camp Ritchie, im Frühjahr 1943 Einsatz als Flugblattautor, PWI-Analyst und Verhöroffizier mit der 1st MRBC (teilweise detachiert zu OSS/MO und PWB/5th Army) in Algerien und Italien (Beförderung im Feld zum 2nd Lieutenant), im Dezember 1943 Rückkehr ins MITC Camp Ritchie, MRBCAusbildungsleiter für Psychological Warfare in Camp Sharpe, ab April oder Mai 1944 Kriegseinsatz in Großbritannien, zwischenzeitlich Rückkehr in die USA, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Frankreich, als Propagandainstruktor, PWIVerhöroffizier, leitender German Editor, Flugblatt- („Frontpost“) und Rundfunkredakteur sowie Radiosprecher (Radio Luxemburg) beim PWB/P&PW Detachment von P&PW/12th Army Group tätig; nach Kriegsende Chefherausgeber für von der Militärregierung kontrollierte deutsche Zeitungen. ASN 32719455 (Mannschaftssoldat) und 0521505 (Offizier), 1946 als Major abgerüstet. George A. Hahn (Georg Alfred Hahn), geboren am 22. Dezember 1921 in Wien, abgebrochenes College in Großbritannien, Einreise in die USA vermutlich 1939; dort als Stenograph tätig. In die US-Armee im September 1942 eingerückt, Basic Training und Ausbildung beim Training Center der US Army Air Force in Atlantic City, Ende 1943 ASTP-Kurs an der Universität von Illinois, vermutlich im Frühjahr 1944 nach Camp Ritchie versetzt, Zuteilung zur 4th MRBC. Ausbil-

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dung in Camp Sharpe, ab September 1944 Einsatz für die 2nd MRBC in Frankreich, Belgien und Deutschland, genaue Propagandatätigkeit unklar. Ab März 1945 vermutlich für das Information Control Team im Bereich der 3. US-Armee tätig; ASN 33334116, 1945 als Technician 3rd Grade aus dem Armeedienst entlassen. Walter A. Klinger, geboren am 12. Mai 1912 in Wien (gest. 2003), jüdisch; PR-Agent und Sales Manager für US-Filmunternehmen in Europa; 1938 über Frankreich und später Trinidad in die USA geflüchtet (1941 Einreise); in den USA Manager, Publizist und PR-Agent im Filmsektor, Skriptautor für das Office of War Information; im September 1943 in die US-Armee eingezogen, versetzt zu OSS Morale Operations in Washington D. C., Ausbildung als Propagandaautor, im Jänner 1944 nach Camp Ritchie und direkte Zuweisung zur 2nd MRBC, später zur 3rd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe. Als Mitglied der 3rd MRBC ab Sommer 1944 Einsatz als Public Relations Writer und Flugblattschreiber in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, bei der PWD/SHAEF in London, gegen Kriegsende Mitarbeit in der Film, Theater and Music Control Section (PWD/SHAEF, später ICD), beim 6870th DISCC als Film Distribution Officer tätig. ASN 39713200, 1946 als Master Sergeant abgerüstet. Walter Kohner, geboren am 12. Oktober 1914 in Trnovany bei Teplice/Teplitz-Schönau (damals Österreich-Ungarn) (gest. 1996), jüdisch; Grundschule und später Schauspielausbildung in Wien, Kulturreporter in Berlin, abgebrochene Handelsschule in Prag; 1938 Flucht in die USA, als Hilfsarbeiter, Bürokraft, Schauspieler und Regisseur tätig; bereits im Oktober 1941 zur US-Armee eingezogen, Grundausbildung im Armored Force Replacement Training Center in Fort Knox, im Februar 1942 Schreibkraft und Verwaltungssoldat beim Quartermaster Corps in Fort F. E. Warren, ab August 1942 Übersetzer und Clerk im Stringtown Internment Camp für deutsche „enemy aliens“, im Juli 1943 nach Eigenbewerbung Versetzung nach Camp Ritchie, Absolvent der 11. MITC-Klasse (IPW/5C German), Einstufung als Chauffeur, im März 1944 Zuteilung zur 4th MRBC, Propagandaausbildung in Camp Sharpe; ab September 1944 Einsatz mit der 4th MRBC im Bereich der 12. US-Armeegruppe in Frankreich, Luxemburg (Radio Luxemburg) und Deutschland als Übersetzer und Redakteur im Rundfunkbereich eingesetzt. ASN 39167571, 1945 als als Technician 3rd Grade aus dem Kriegsdienst entlassen. Emil Lehman (Emil Sprinzeles), geboren am 6. August 1907 in Mattersburg (gest. 1999), jüdisch; abgeschlossenes Literatur-, Geschichte- und Pädagogikstudium, Promotion in Geschichte und Literaturwissenschaft, 1938/39 über Großbritannien Flucht in die USA; Wissenschaftlicher Publizist, leitender Sekretär in jüdischen Organisationen; im Februar 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung als Bürokraft (Librarian) beim 82nd Combat Engineer Battalion in

Kurze Kriegsbiografien

Camp Swift, ab September 1943 in Camp Ritchie, Absolvent der 13. MITCKlasse (IPW/5C German), im Jänner 1944 zur 2nd MRBC, Einstufung als TypistLinguist, Propagandalehrgang in Camp Sharpe. Als Mitglied der 2nd MRBC ab Sommer 1944 Einsatz als Rundfunkautor und PWI-Verhörspezialist für PWD/ SHAEF und P&PW/12th Army Group in Frankreich (Radio Lorient), Luxemburg (vmtl. Radio Luxemburg) und Deutschland. Zu Kriegsende im Rundfunkstudio des 6870th DISCC tätig. ASN 32019848, vermutlich als Technician 3rd Grade 1945/46 abgerüstet. Herbert Lobl, geboren am 28. Februar 1922 in Wien (gest. 1992), jüdisch; abgebrochener Besuch der Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Chemische Industrie in Wien, 1939 Flucht über Jugoslawien in die USA; Tätigkeit als Maschinist, 1942 viermonatige Ausbildung an einer „National Defense School“ in Seattle, im Juni 1943 in die US-Armee eingerückt, Basic Training in Fort Lewis und vmtl. in Jefferson Barracks, ab Oktober 1943 ASTP-Lehrgang am Grinnell College und an der University of Illinois, im Jänner 1944 nach Camp Ritchie, direkt zur 2nd MRBC, später zur 3rd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe. Ab Juli 1944 Kriegseinsatz als Mitglied der 3rd und 2nd MRBC in Frankreich, Belgien und Deutschland als PWI-(Rundfunk-)Abhörspezialist beim Monitoring Team der dritten und ersten US-Armee sowie bei P&PW/12th Army Group. Ab Juli 1945 beim 6870th DISCC in der Rundfunksektion tätig. ASN 39209709. 1946 als Staff Sergeant aus dem Militärdienst entlassen. Ernest H. Loewenbein (Ernst Löwenbein), geboren am 28. Februar 1918 in Wien, jüdisch; Medizinstudent (1938 vertrieben), in den USA Büroangestellter; im August 1942 in US-Armee eingerückt, Grundausbildung im Medical Replacement Training Center Camp Pickett und Camp Ritchie sowie als Sanitäter/Mediziner beim 399. Infanterieregiment; ab Mai 1943 in Camp Ritchie, Propagandaausbildung mit der 3rd MRBC in Camp Sharpe, mit der 4th MRBC ab Herbst 1944 Kriegsdienst in Frankreich, Luxemburg und Deutschland (Radio Luxemburg) für PWD/SHAEF im Einsatz, wahrscheinlich als Propagandaredakteur und PWIVerhörer. ASN 32431304, 1945 als Technician 4th Grade abgerüstet. Fred Lorenz (Manfred Inger), geboren am 7. Jänner 1907 in Wien (gest. 1984), jüdisch; abgebrochenes Schauspielstudium, Schauspieler und Kabarettist. 1938 Flucht über Belgien in die USA, Schauspieltätigkeit, im April 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Camp Croft, Dienst bei der „1309th SU“ in Fort Meade, vermutlich im Herbst 1943 Versetzung zu OSS/Morale Operations; im Jänner 1944 in Camp Ritchie direkte Zuteilung zur 2nd MRBC, später 3rd MRBC. Propagandalehrgang in Camp Sharpe. Mit der 3rd, später mit der 2nd MRBC ab Sommer 1944 Einsatz als Rundfunksprecher, -autor und PWI-Verhörspezialist

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für PWD/SHAEF, P&PW/12th Army Group und das OSS in Frankreich (Radio Lorient), Luxemburg (Operation ANNIE/1212) und Deutschland. ASN 32897532, als Private 1945 abgerüstet. Howard K. Marr, geboren am 15. Juni 1919 in Wien (gest. 2003), Flucht in die USA 1938; abgebrochenes Advertising&Drafting-Studium und Fotografie-Kurs in New York, als Büromaschinentechniker und Fotograf tätig; Anfang 1943 in die US-Armee eingerückt, Basic Training und Ausbildung als Waffen- und Gerätewart bei der 75. Infanteriedivision, vmtl. in Fort Leonard Wood, ab August 1943 ASTPLehrgang an der University of Wisconsin, im April 1944 nach Camp Ritchie, Schüler der 18. MITC-Klasse (IPW/5C German, nicht abgeschlossen), Zuteilung zur 4th MRBC, Versetzung zur 5th MRBC, Propagandalehrgang in Camp Sharpe, ab Herbst 1944 mit der 5th MRBC im Kriegseinsatz, als PWI-Verhör- und Nachrichtenexperte der PWB/1st Army in Frankreich Belgien und Deutschland eingesetzt. ASN 32688904, 1945 als Technician 5th Grade aus dem Armeedienst entlassen. Felix Mayer, geboren am 20. Mai 1914 in Großpetersdorf (gest. 1993), jüdisch; gelernter Kürschner; vmtl. 1939/40 in der französischen Armee als Übersetzer tätig, Ausreise in die USA 1941; im April 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Fort McClellan, im August 1943 Transfer nach Camp Ritchie, Schüler der 12. MITC-Klasse (IPW/5C German, nicht abgeschlossen), im Februar 1944 zuerst der 2nd, dann der 4th MRBC zugeteilt, Leistung im MITC als nicht zufriedenstellend eingestuft und zwischenzeitlich zum Private degradiert; wahrscheinlich ab Sommer/Herbst 1944 mit der 4th MRBC im Kriegseinsatz in Frankreich und Deutschland, genaue Propagandatätigkeit unklar, vielleicht als technischer Zuarbeiter oder „Linguist“ eingesetzt. ASN 32871971, 1945 als Technician 5th Grade aus dem Armeedienst entlassen. Rudolf Moskovits, geboren am 22. Mai 1907 in Wien (gest. 1992), jüdisch; gelernter Kaufmann und Barbier, 1940 Ausreise in die USA, dort als Versandmitarbeiter tätig; im Mai 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung beim Medical Replacement Training Center in Camp Pickett, im Juli 1943 nach Camp Ritchie, Schüler der 11. MITC-Klasse (5C German, nicht abgeschlossen), im Dezember 1943 zur 2nd MRBC, vmtl. Zuteilung zur Printing Section (keine propagandistische Spezialausbildung in Camp Sharpe), ab Sommer 1944 Kriegseinsatz in Frankreich, Belgien und Deutschland mit der 2nd MRBC als Leaflet Shell Loader (Präparator von Artillerie-Flugblatt-Geschossen), v. a. im Bereich der ersten US-Armee. ASN 32908556, 1945 als Technician 5th Grade aus dem Armeedienst entlassen. George F. Muller, geboren am 28. Juli 1919 in Wien (gest. 2012), protestantisch, Besuch von rechtswissenschaftlichen Vorlesungen an der Universität Wien,

Kurze Kriegsbiografien

1938 abgebrochene Diplomaten-Ausbildung an der Konsularakademie und Ausreise über Großbritannien, Ankunft in den USA 1939; abgeschlossenes Jus- und Diplomatiestudium in Medford, 1942 Doktorand; im Jänner 1944 freiwilliger Eintritt in die US-Armee, im Februar vermutlich direkte Zuweisung nach Camp Ritchie, Schüler der 17. MITC-Klasse (IPW/5B German, nicht abgeschlossen), im April 1944 Transfer zur 4th MRBC (kurzzeitig bei der 5th MRBC), Propagandalehrgang in Camp Sharpe, Kriegseinsatz mit der 4th MRBC in Frankreich, Luxemburg und Deutschland; genaue Art der Propagandatätigkeit unklar (vermutlich im Rundfunkbereich eingesetzt). ASN 31429225. Als Technician 4th Grade 1946 aus dem Armeedienst entlassen. Fred Perutz, geboren am 22. Mai 1919 in Wien, jüdisch; 1938 Flucht in die USA; in New York abgeschlossene Fotografieausbildung, als Fotograf und Außenhandels-Expedient tätig, abgebrochener Abendschullehrgang in militärischer Luftbildauswertung&Map Reading; im Jänner 1943 freiwilliger Eintritt in die USArmee, infanteristische Grundausbildung beim 101st Infantry Battalion (Austrian Battalion) in Camp Atterbury und beim 275th Combat Engineer Battalion in Fort L. Wood; ab Mai 1943 in Camp Ritchie, Absolvent der 8. MITC-Klasse (IPW/5B German), Einstufung als Stenotypist, Mitarbeiter bei der Rekrutierung neuer MRBC-Soldaten an US-Universitäten; im April 1944 Transfer zur 4th MRBC, Propagandaausbildung in Camp Sharpe; Verhörtätigkeit in England, Landung und Einsatz für PWD/SHAEF im September oder Oktober 1944 in Frankreich, Luxemburg (Radio Luxemburg) und Deutschland, v. a. als Rundfunkmitarbeiter und -redakteur. ASN 32715877. Als Technical Sergeant 1945 abgerüstet. Fred Placek, geboren am 16. Februar 1912 in Wien (gest. 1995), presbyterianisch; abgebrochenes Jus-Studium in Wien; Auswanderung in die USA vor 1936, Ausbildung und Tätigkeit als Frisör; Eintritt in die US-Armee im November 1943, Grundausbildung beim 31st Combat Engineer Battalion in Fort Leonard Wood; im Februar 1944 direkte Zuteilung in Camp Ritchie zur 2nd MRBC, Propagandaausbildung in Camp Sharpe, Einstufung als Übersetzer. Ab Sommer 1944 Kriegseinsatz als nachrichtendienstlicher Sekretär (Intelligence Clerk) für die 2nd MRBC in Frankreich, Belgien und Deutschland. ASN 34894493, 1946 als Technician 5th Grade abgerüstet. Emanuel Rapoport, geboren am 4. Juli 1914 in Wien (gest. 1993), jüdisch; Einwanderung in die USA bereits 1932, abgeschlossenes Business-Studium am Massachusetts Institute of Technology, als Planer und leitender Ingenieur tätig; im Juni 1943 Einberufung US-Armee, infanteristische Grundausbildung in Camp Wolters, ab Juli 1943 als Schüler der 11. MITC-Klasse in Camp Ritchie, (5A German, abgeschlossen), Einstufung als Linguist-Typist, Anfang 1944 nicht erfolgrei-

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che Infanterieoffiziersausbildung in Fort Benning, ab Mai 1944 Propagandaausbildung mit der 5th MRBC in Camp Sharpe, ab September 1944 Kriegseinsatz mit der 5th MRBC in Frankreich, Belgien, eingesetzt bei PWB/9th Army als Lautsprecheransager und PWI-Verhörspezialist. Gegen Kriegsende an der Ausforschung von Kriegsverbrechern beteiligt und ab Juli 1945 in der Intelligence Section der 6870th DISCC tätig. ASN 36665217; als Technician 3rd Grade 1945 abgerüstet. Bernhard H. Reijmers, geboren am 19. November 1921 (gest. 1994), Zugehörigkeit zur Niederländisch-Reformierten Kirche; 1937 Mittelschulabschluss in Wien, vermutlich 1938 Ausreise in die USA, dort Besuch der Handelsschule und Lehrgangsbesuch am Institute of Photography in New York (1942 abgeschlossen), Tätigkeit als Bildentwickler; im März 1943 Eintritt in die US-Armee, infanteristische Grundausbildung in Camp Croft, ab Oktober 1943 wahrscheinlich als Fototechniker Training mit dem Signal Corps („4448th SCU“) in Fort McPherson, im März 1944 Versetzung nach Camp Ritchie, Absolvent der 18. MITC-Klasse (IPW/5D German), Zuteilung zur 5th MRBC, Training in Camp Sharpe, später versetzt zur 4th MRBC, vermutlich ab Herbst 1944 Einsatz im Technikbereich; möglicherweise in eine andere Einheit versetzt, genaue (Propaganda-)Tätigkeit im Kriegseinsatz unbekannt. ASN 32864069, 1946 als Private aus dem Armeedienst entlassen. Henri R. Reiman, geboren am 25. November 1920 in Wien (gest. 1982), katholisch; 1938 Abschluss der Handelsakademie in Wien, in New York Rechnungswesen-Studium (1942 abgebrochen), Rundfunktechniker und Großhandelskaufmann; im Juni 1943 Eintritt in die US-Armee, infanteristisches Basic Training in Camp Wheeler, ASTP-Qualifizierungskurs in Collegeburg und ASTP-Lehrgang (Foreign Areas and Languages/Deutsche Geschichte&Geografie) in Philadelphia, im März 1944 Transfer nach Camp Ritchie, Schüler der 18. MITC-Klasse (IPW/5D German, abgebrochen), im April 1944 Zuteilung zur 4th MRBC, Propagandaausbildung und Training als Übersetzer in Camp Sharpe, später versetzt zur 5th MRBC, ab Herbst 1944 Einsatz mit der 5th MRBC in Frankreich, Belgien, Luxemburg und Deutschland, tätig als Übersetzer und nachrichtendienstlicher Chief Clerk, vermutlich bei der Intelligence Section der P&PW/12th Army Group, gegen Kriegsende Lautsprecherpropagandist für PWB/1st Army und Mitarbeiter der Rundfunksektion des 6870th DISCC. ASN 32970232, 1946 als Technician 4th Grade aus dem Armeedienst entlassen. George R. Rowen, geboren am 25. November 1920 in Wien, jüdisch; 1938 Abbruch des Medizinstudiums und einer Fotografie-Schule, Mitarbeit als Fotoredakteur bei einer Illustrierten; selbstständiger Fotograf; im Februar 1943 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Fort Benning, danach Dienst als Fotograf

Kurze Kriegsbiografien

im dortigen Public-Relations-Office; im Jänner 1944 Transfer nach Camp Ritchie, Absolvent der 16. MITC-Klasse (IPW/5B German), Einstufung als Document Examiner, im April 1944 Zuteilung zur 4th MRBC, im Mai 1944 versetzt zur 5th MRBC, zum Private degradiert; ab September 1944 mit der 5th MRBC im Kriegseinsatz in Frankreich und Deutschland, Dienst als Chief Photographer bei der PWD/SHAEF im Bereich der 12. Armeegruppe, ASN 36637003, 1945 als Technician 5th Grade aus dem Armeedienst entlassen. Rudolph Schattner (Rudolf Schattner), geboren am 3. März 1916 in Wien; abgebrochenes Jus-Studium in Wien; in den USA als Kaufmann tätig; Eintritt in die US-Armee im November 1942, Basic Training in Camp Wheeler, Spezialisierung ab Mai 1943 als Rundfunktechniker bei der Infanterie, im September 1943 ASTP-Lehrgang vmtl. an der Universität von Wyoming und in Stanford; vermutlich Anfang 1944 direkte Zuteilung in Camp Ritchie zur 2nd MRBC, Propagandaausbildung in Camp Sharpe. Ab Sommer 1944 als nachrichtendienstlicher Sekretär (Intelligence Clerk) für die 2nd MRBC in Frankreich, Belgien und Deutschland im Einsatz. ASN 32590442, 1945 als Technician 5th Grade abgerüstet. Julius Schreiber, geboren am 6. September 1919 in Wien (gest. 1995), jüdisch; abgebrochene Wirtschaftshochschule in Wien, Einwanderung in die USA vmtl. 1938, Eintritt in die US-Armee bereits im Mai 1941, Grundausbildung beim 99th Quartermaster Corps Battalion, im April 1942 Ausbildung als Übersetzer bei der 1201st Corps Area Service Unit in Fort Jay, danach militärische „Processing“-Tätigkeit beim Colorado State College of Agriculture and Mechanic Arts, im Oktober 1943 ASTP-Lehrgang (ASTU #3905, Linguistic Fields) an der Universität Stanford; spätestens Anfang 1944 Transfer nach Camp Ritchie, Zuteilung zur 4th MRBC, Propagandaausbildung in Camp Sharpe; Transfer zur 3rd MRBC und ab September 1944 Kriegseinsatz als PWI-Verhörsoldat und Lautsprecheransager mit PWB/3rd Army in Frankreich und Deutschland. ASN 32048084; als Technician 3rd Grade 1945 aus der US Army entlassen. Francis Seidler (Franz von Seidler), geboren am 2. Februar 1913 in Wien (gest. 1999), katholisch; abgeschlossene Studien der Rechtswissenschaften in Wien und Innsbruck (Dr. jur.), politischer Sekretär, Attaché des Bundespressediensts, Heimwehroffizier, Botschaftssekretär; 1938/39 Flucht über Großbritannien in die USA, als Journalist und Redakteur in Washington D. C. tätig; ab 1940 Dienst als freiwilliger Zivilist in der Küstenartillerie, im März 1943 Eintritt in die US-Armee, Ausbildung als Luftbildaufklärer beim 7th Photographic Intelligence Detachment der Army Air Force, abgebrochene Air-Force-Offiziersschule und anschließend Grundausbildung in Miami, im November 1943 Transfer zu OSS Morale Operations; im Jänner 1944 Versetzung nach Camp Ritchie, direkte Zuteilung zur 2nd,

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später zur 3rd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe; Kriegsdienst als Übersetzer, Propagandaredakteur und PWI-Verhörsoldat mit der 3rd MRBC in Frankreich, Belgien und Deutschland, zunächst bei PWB/3rd Army, später für PWB/1st Army. ASN 33737376; 1945 als Technician 4th Grade aus der US-Armee entlassen. Jacob I. Tennenbaum (später Jack Tilden), geboren am 11. März 1917 in Wien (gest. 1988), jüdisch; Abschluss einer technischen Fachschule (Mathematik-­Physik) und Import-Export-Unternehmer und Nähmaschinenhändler in Wien, Automechaniker-Ausbildung, 1938 Flucht in die USA, dort Tätigkeit als Lagerist und Expedient; bereits im Februar 1941 in die US-Armee einberufen, Basic Training und artilleristische Spezialausbildung, u. a. als „Gun Pointer“ beim Coastal Artillery Corps (CAC, Fliegerabwehr), 244th Coastal Artillery Regiment, in Camp Pendleton, von August 1942 bis cirka Februar 1943 als Instrument Sergeant und „Chief Plotter“ mit dem 3. Bataillon des 244. (später 259.) Küstenartillerieregiments an der Seite der 1. US-Marineinfanteriedivision im Kriegseinsatz im Pazifik (u. a. bei Tulagi und Guadalcanal), im Herbst 1943 Abschluss der Coast Artillery Officer Candidate School in Fort Monroe als 2nd Lieutenant; im November 1943 Transfer nach Camp Ritchie, Absolvent der 14. MITC-Klasse (IPW/5A German), im Februar 1944 Zuteilung zur 2nd MRBC, Propagandalehrgang in Camp Sharpe, ab Mai 1944 Kriegseinsatz mit der 2nd MRBC in Großbritannien, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Deutschland als Propagandaausbilder, PWI-Verhöroffizier und Moralanalyst, ab September 1944 Chief of Intelligence bei PWB/1st Army, und Mitarbeit beim PWB/P&PW Detachment von P&PW/12th Army Group, mehrfache Auszeichnungen. Nach Kriegsende für das 6871st DISCC im Medienund Informationskontrollbereich tätig; ASN 01081764, 1945 als Captain aus der US-Armee entlassen. Eric Winters, geboren am 13. März 1907 in Wien (gest. 2001), jüdisch; Jusstudium mit Promotion in Wien 1931, Tätigkeit als Anwalt, 1938/39 Flucht in die USA; Arbeit als Expedient; Eintritt in die US Army im Juli 1943, Grundausbildung und Dienst beim Transportation Corps in New Orleans; im April 1943 Transfer nach Camp Ritchie, Absolvent der 16. MITC Klasse (IPW/5A German), Einstufung als Verhörassistent und Übersetzer, Zuteilung zur 4th MRBC, im Mai 1944 Wechsel zur 5th MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe; ab Dezember 1944 Kriegseinsatz mit der 5th MRBC in Frankreich, Luxemburg und Deutschland, zuerst vermutlich detachiert zur PWB/9th Army (wahrscheinlich als PWI-Verhörer eingesetzt), Redakteur für Propaganda-Flugblattzeitungen bei P&PW/12th Army in Luxemburg, nach Kriegsende Arbeit im Medienbereich für das 6870th DISCC in Deutschland. ASN 34813484, 1945 als Technician 3rd Grade aus der US-Armee ausgeschieden.

Kurze Kriegsbiografien

Kurt Wittler, geboren am 8. April 1921 in Wien (gest. 2005), jüdisch; Grundschule in Wien, 1938 Flucht in die USA; ab 1941 abgebrochene Maschinenbau-­ Studienlehrgänge am City College of New York und in Los Angeles, Blechschlosser und Konstruktionszeichner, Einberufung in die US-Armee im Mai 1943, Grundausbildung und Scharfschützentraining im Pionierlager Camp Abbot, ASTP-Lehrgang an der University of Illinois und der University of Califorina in Los Angeles; vmtl. im Dezember 1943 Transfer nach Camp Ritchie, Anfang 1944 Zuteilung zur 3rd MRBC, Propagandakurs in Camp Sharpe, ab Juni 1944 Einsatz mit der 3rd MRBC und 2nd MRBC in Großbritannien, Frankreich, Luxemburg und Deutschland als Flugblattautor, Redakteur und PWI-Verhörer bei PWB/3rd Army. Bei Kriegsende Tätigkeit für die Information Control Division. ASN 39574521, 1945 als Staff Sergeant aus dem Kriegsdienst entlassen. Ewald Ziffer, geboren am 24. Juni 1918 in Wien (gest. 2000), jüdisch, auch polnischer Staatsbürger; 1938 abgebrochenes Medizinstudium in Wien und Flucht in die USA; Tätigkeit als technischer Produktionsleiter, abgebrochene College-Ausbildung in New York; im August 1942 Eintritt in die US-Armee, Grundausbildung in Camp Wheeler und Camp Gordon, Ausbildung zum General Clerk, im November 1943 ASTP-Kurs an der University of North Carolina; wahrscheinlich Anfang 1944 Transfer nach Camp Ritchie, Zuteilung zur 4th MRBC und Spezialausbildung in Camp Sharpe; ab Herbst 1944 Kriegseinsatz mit der 4th MRBC, gegen Kriegsende u. a. bei PWD/SHAEF (Main) in Paris und beim 6870th DISCC, genaue Propagandatätigkeit unbekannt. ASN 32502324, 1946 als Technician 4th Grade aus dem Kriegsdienst entlassen. Österreicher, die im MITC Camp Ritchie, nicht aber in Camp Sharpe ausgebildet worden sind und von der PWD/SHAEF oder einer MRBC-Kompanie aktiv im Propagandabereich eingesetzt wurden:

Robert K. Brewer (Robert Breuer), geboren am 27. Mai 1910, jüdisch; 1935 abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften in Wien, Tätigkeit als Theater­ direktor, vermutlich 1938 Flucht in die USA; Anfang 1943 Eintritt in die USArmee, infanteristische Grundausbildung, Dienst als „Comm. Chief“ in Fort Wood; ab August 1943 in Camp Ritchie, Absolvent der 10. MITC-Klasse (Order of Battle), Spezialisierung als Verhörassistent, offensichtlich keine Propagandaausbildung in Camp Sharpe, aber spätestens ab Juni 1944 Mitglied der 4th MRBC; ab Herbst 1944 vmtl. als Redakteur und/oder PWI-Verhörer im Einsatz in Frankreich, Luxemburg (Radio Luxemburg) und Deutschland. ASN 36635442, letzter bekannter Dienstgrad Master Sergeant.

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Stephen W. Brown-Joussard, geboren am 12. August 1912, protestantisch; Medizin- und Psychologie-Studium in Wien (abgeschlossen) und Paris (abgebrochen), 1935 Umzug nach Frankreich, dort als Sekretär in der österreichischen Flüchtlingshilfe tätig, Dienst in der französischen Fremdenlegion, nach 1940 Ausreise in die USA; im Jänner 1943 Basic Training beim Quartermaster Corps der US-Armee in Camp Lee, ab Februar 1943 Schüler der 6. MITC-Klasse (IPW/Section 4, German, abgeschlossen) in Camp Ritchie, Ausbildung zum Assistant Interrogator; zwischenzeitliche Ausbildung in der Officer Candidate School in Fort Benning (nicht abgeschlossen), keine Teilnahme an Propagandakursen in Camp Sharpe und keiner MRBC angehörig, ab Sommer Einsatz als PWI-Verhörer und Aufnahmetechniker in Frankreich, Luxemburg (Radio Luxemburg) und Deutschland unter der Ägide von P&PW/12th Army Group. ASN 32708728, zu Kriegsende Tech Sergeant. Bert L. Werner (Berthold Leo Werner), geboren am 22. Jänner 1898 in Wien (gest. 1984), protestantisch (vorher jüdisch); Studium der Rechtswissenschaften mit Promotion 1920 in Wien, Bankangestellter und Rechtsanwaltsanwärter, lt. eigenen Angaben Militärdienst als Leutnant im österreichischen Bundesheer, Kurse in Automechanik und Elektrotechnik, 1939 Flucht in die USA, dort Tätigkeit als Social Case Worker und Sekretär; im Oktober 1942 Eintritt in die US-Armee, nach der Grundausbildung Dienst beim Medical Department in Raritan Arsenal in Metuchen, ASTP-Lehrgang bei der der 3206th Service Command Service Unit an der Cornell University in New York, ab Juli 1943 ASTP-Lehrgang (ASTU #3905, Linguistic Fields, 9L, German) an der Universität Stanford, Zentraleuropa-Analyst für strategische Bombardierung für das Military Intelligence Service des War Department; im September 1943 Transfer nach Camp Ritchie, Absolvent der 12. MITC Klasse (IPW/5A German), nicht tauglich für „full field duty“, Versetzung zur Medical Section in Camp Ritchie und Entlassung aus der US-Armee im Juni 1944; ab Herbst 1944 als German Intelligence Officer und Moralanalyst für das zivile Office of War Information in London tätig (indirekt der PWD/SHAEF unterstellt), nach Kriegsende für die ICD und im Presse­wesen und die United States Information Agency als Radioredakteur und -ansager eingesetzt. ASN 32544119. Österreicher, die in Camp Sharpe ausgebildet worden sind, aber nicht von der PWD/SHAEF oder einer MRBC-Kompanie im Propagandabereich eingesetzt wurden:

John A. Gruber, geboren am 22. September 1910 in Wien, jüdisch; promovierter Jurist, vermutlich 1938 Flucht in die USA, dort als Buchdrucker und Lithograf tätig; bereits im Frühjahr 1941 Eintritt in die US-Armee und Grundausbildung im Signal Corps, 1942 neuerliches Basic Training, Transfer nach Camp Ritchie im

Kurze Kriegsbiografien

Oktober 1943, Absolvent der 13. MITC-Klasse (IPW/5F German), Ausbildung als Typist-Linguist, Anfang 1944 Propagandaausbildung mit der 3rd und 2nd MRBC in Camp Sharpe; im Herbst 1944 aus gesundheitlichen Gründen vermutlich abgerüstet, ASN 32021031, letzter Dienstgrad T/3. Walter Straus, geboren am 21. Juni 1913 in Wien (gest. 1945), jüdisch; Grundschule in der Schweiz, Tätigkeit als Schriftsteller, Rundfunkmitarbeiter und Regisseur in Wien und Salzburg; 1938/39 über Frankreich in die USA geflüchtet, dort Tätigkeit als Booking Agent (vmtl. Künstlervermittler); im März 1943 Eintritt in die US Army, Basic Training in Camp Wolters und Ausbildung ebendort als Medical Technician, im Jänner 1944 als Intelligence-Analyst und Propagandaautor von OSS Morale Operations rekrutiert; umgehender Transfer nach Camp Ritchie, Schüler der 13. MITC-Klasse (IPW/5C German, nicht abgeschlossen), im Februar 1944 Zuteilung zur 2nd MRBC, vermutlich Propagandaausbildung in Camp Sharpe; wahrscheinlich aus gesundheitlichen Gründen kein Kriegseinsatz in Kontinentaleuropa, im Dezember 1944 Krankenhausaufenthalt und letzte Soldauszahlung (Abrüstung im Rang eines Private) in Cambridge, Ohio; ASN 32863447. Im September 1945 Suizid in Baltimore. Friedrich Wolinsky, geboren am 24. September 1909 in Wien (gest. 1986), jüdisch; Grundschule und abgeschlossenes Doktorat der Rechtswissenschaften in Wien, 1940 Flucht in die USA, dort Tätigkeit als Expedient und vermutlich als Rechtsanwalt, Eintritt in die US-Armee im September 1942, Grundausbildung beim 376th Infantry Regiment, ab August 1943 ASTP-Lehrgang (ASTU #3905, Linguistic Fields) an der Universität Stanford; kurz darauf Transfer nach Camp Ritchie, im Jänner 1944 direkte Zuteilung zur 2nd MRBC (schließlich 3rd MRBC), Propagandaausbildung in Camp Sharpe; keine Belege für Propagandatätigkeit in Europa, vmtl. im Frühjahr 1944 Versetzung von der MRBC- bzw. Propagandatruppe zu einer anderen Einheit, vmtl. im Intelligencebereich. ASN 32659188; letzter bekannter Dienstgrad Technician 5th Grade.

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5.2 Die Deutschsprecher: Das Military Intelligence Training Center in Camp Ritchie und seine österreichischen Absolventen im Kurzüberblick2 Gastbeitrag von Robert Lackner It is not a history of a few spectacular achievements, although such do exist, but of a continuing flow of information of the utmost importance to the commander in the field.3 Ib Melchior, „Ritchie Boy“, US-Aufklärungsexperte und Mitglied des „Military Intelligence Interpreters-Team 425-G“

Gründung Obwohl in diesem Buch ausführlich beschrieben, war die innovative Propagandaschule in Camp Sharpe genau genommen nur ein kleiner und infrastrukturell schon etwas in die Jahre gekommener Außenposten des sogenannten Military Intelligence Training Centers (MITC) in Camp Ritchie. Der US-Militärnachrichtendienst betrieb mit Camp Ritchie nicht nur das Mutterlager von Camp Sharpe, sondern darf als der Geburtshelfer der modernen psychologischen Kriegsführung innerhalb der amerikanischen Streitkräfte gelten: Die Protagonisten dieses Buchs, die exilösterreichischen Sharpe Boys bzw. Kampfpropagandisten, sind daher eine Spezialform und ein „byproduct“ der berühmten Ritchie Boys – sie sind also „Nachrichtensoldaten“ im doppelten Wortsinn: Ohne den Nachrichtendienst G-2 und ohne das Nachrichtenlager Camp Ritchie hätte es für die Protagonisten dieser Werks keine amerikanische Kampfpropagandaausbildung und in weiterer Folge keine amerikanischen „Nachrichten für den Feind“ im Zweiten Weltkrieg gegeben. Es lohnt sich am Ende dieses Buchs daher, einen Blick auf Camp Ritchie zu werfen, um die Propagandatätigkeiten der österreichischen Sharpe Boys in einen größeren Kontext zu stellen. Der Hauptstandort des MITC, dieser einzigartigen Einrichtung der US-Armee, lag im rund zwanzig Kilometer von Camp Sharpe entfernten Camp Ritchie in Maryland. Dort unterrichtete die US-Armee zwischen Juli 1942 und Oktober 1945 mehr als 20.000 Personen in verschiedenen nachrichtendienstlichen Disziplinen.4 Die Gründung des MITC an sich ging auf eine Initiative mehrerer Entscheidungsträger in Armee und Kriegsministerium zurück. Diesen wurde ab Beginn des Zweiten Weltkriegs und damit lange vor dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten schnell bewusst, dass man den Achsenmächten nachrichtendienstlich nicht gewachsen war. Hatte das Nachrichtendienstwesen im Ersten Weltkrieg einen Aufschwung erlebt, kehrte sich diese Entwicklung in der Zwischenkriegszeit geradezu ins Gegenteil. Wenn also die gesamten Landstreitkräfte in den 1920er und 1930er Jahren drastische Budgetkürzungen hinneh-

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men musste, war der Heeresnachrichtendienst, die Military Intelligence Division (MID) mit ihrem operativen Arm im Feld (G-2)5, ganz besonders von Sparmaßnahmen betroffen und verschwand in der Versenkung. Dazu trug freilich auch bei, dass nachrichtendienstliche Arbeit gerade in Friedenszeiten keinen hohen Stellenwert besaß und von Berufsoffizieren mitunter als Sackgasse ihrer Karriere angesehen wurde. Es mag also wenig verwundern, dass es der Army daher an Personal mit entsprechender Erfahrung und Expertise mangelte, als die Weichen auf Krieg gestellt wurden. Generalstabschef George C. Marshall, der sich dieses Problems bewusst war, entsandte im April 1941 eine sechzehnköpfige Militärbeobachtermission nach England, um sich beim britischen Verbündeten Anregungen zu holen. Diese empfahl nach ihrer Rückkehr im Sommer bzw. Herbst desselben Jahrs die Einrichtung einer zentralen Ausbildungsstätte für die gesamte Armee, in erster Linie für die Bereiche Kriegsgefangenenbefragung und Luftbildauswertung. Obwohl also konkrete Pläne auf dem Tisch lagen,6 dauerte es jedoch beinahe ein weiteres Jahr, ehe Camp Ritchie im Juli 1942 seine Pforten öffnen sollte. Zu einer treibenden Kraft wurde der Kommandant der Landstreitkräfte, Lesley J. McNair. Frustriert über den Stillstand, brachte dieser zusätzlich zur Forderung nach einer zentralen Ausbildungsstätte in den Bereichen Kriegsgefangenenbefragung und Luftbildauswertung die Sprachkomponente als entscheidenden Faktor ins Spiel, wie er im April 1942 an Marshall schrieb: There is a definite need in the Army for a means of training interrogators of prisoners

of war; German, Japanese and Italian. There is also a need for training interpreters and

translators of the languages of our enemies, allies, and of countries in which United States troops may be called upon to operate.7

Dieser Vorstoß gab dem Projekt offensichtlich neuen Antrieb, denn bereits am 26. Mai 1942 genehmigten Kriegsminister Henry L. Stimson sowie der Generalstab die Gründung des MITC, das dem Military Intelligence Service (MIS), dem erst im März 1942 in Dienst gestellten operativen Arm der MID, der mit dem G-2 verschmolz, unterstellt wurde. Dass gerade Camp Ritchie, ein landschaftlich reizvoll gelegenes ehemaliges Lager der Nationalgarde Marylands, als Standort ausgewählt wurde, lag an den Anforderungen, die die Armee an ihr neues Ausbildungszentrum stellte. Es musste sich in Nähe der Hauptstadt befinden, aber über ausreichend Platz sowie die topografischen Voraussetzungen für große Manöver auf Wiesen und in Wäldern verfügen. All diese Punkte trafen auf Camp Ritchie zu, sodass nach Genehmigung des Plans durch Kriegsminister und Generalstab das

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neue Military Intelligence Training Center in einer schlichten Zeremonie bereits am 19. Juni 1942 eröffnet wurde; interessanterweise noch bevor die nötigen Adaptierungsarbeiten überhaupt begonnen hatten.8 Ausbildungsschwerpunkte Einen Monat später rückte die erste Klasse des regulären MITC-Kurses ein, die zunächst nur aus 36 Offizieren bestand.9 Das damals entwickelte Trainingsprogramm wurde zwar laufend adaptiert und basierend auf den Rückmeldungen von Absolventen an die Erfordernisse im Feld angepasst, blieb aber im Prinzip bis zum Ende in seinen Grundzügen erhalten. Der Kurs dauerte acht Wochen und umfasste neben einer allgemeinen Basisausbildung sechs Bereiche, wobei sich die Studenten in einem Bereich spezialisierten:10 Interrogation of Prisoners of War (IPW), Military Intelligence Interpretation (MII), Photo Interpretation (PI), Counterintelligence (CI), Order of Battle Analysis (OB), Terrain Intelligence (TI) und Signal Intelligence (SI).11 Um überhaupt für eine Ausbildung am MITC in Frage zu kommen, mussten die Soldaten neben den allgemeinen Aufnahmebedingungen wie geistige und körperliche Fitness eine Reihe von Spezialanforderungen erfüllen. Für den größten Bereich, das Verhören von Kriegsgefangenen, zählten in erster Linie die Sprachkenntnisse: Fluency in speaking, reading, translating, and writing German or Italian. Knowledge of other European languages is desirable as Germany employs many non-Germans in its

armed forces. Foreign travel, knowledge of foreign countries, cultures, economics, and government are desirable.12

Für die verwandte Tätigkeit der Military Intelligence Interpreters, die als Liaisonsoldaten bei alliierten Verbänden eingesetzt werden oder Zivilisten im jeweiligen Operationsgebiet befragen sollten, galten ähnliche Voraussetzungen: Same qualifications as interrogators of prisoners of war except that language requirement depends on country in which personnel is expected to operate. French and Rus-

sian have been the principal language specialties utilized. Spanish, Portuguese, Arabic, Italian, Polish, Dutch, Balkan, and Scandinavian languages have also been found useful.13

Für die anderen Spezialisierungen waren nicht die Sprachkenntnisse ausschlaggebend, sondern spezifische Vorerfahrungen und einmal mehr die körperliche Eignung. So zählte für Luftbildauswerter nicht nur ein gutes Sehvermögen, son-

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dern auch der berufliche Hintergrund; vor allem Architekten, Ingenieure, Piloten, technische Zeichner, Kartografen, Topografen und Fotografen wurden als besonders aussichtsreiche Kandidaten für diesen Bereich eingestuft. Auch bei Terrain Intelligence mussten die Kandidaten ausgezeichnet sehen und über eine herausragende Fitness verfügen. Für den Bereich der Counter Intelligence wiederum zählten Berufe mit investigativem Charakter wie Rechtsanwälte und Ermittler, wobei die Auszubildenden mindestens zwei Jahre Arbeitserfahrung aufweisen mussten. Für Signal Intelligence war naturgemäß eine technische Expertise Voraussetzung. Einen Sonderfall stellte die OB-Analyse dar, also die Analyse der Beschaffenheit des feindlichen Heeres (Aufbau, Einheiten, Truppenstärke, Kommandeure etc.). Für sie waren die intellektuellen Anforderungen am höchsten. Die Ausbildung erfolgte daher nicht im Rahmen des regulären MITC-Kurses, sondern in einem daran anschließenden Lehrgang. Demnach waren auch nur erfolgreiche IPWAbsolventen des Grundkurses zu einem weiterführenden OB-Training zugelassen.14 Die Ausbildung an sich stützte sich auf eine Mischung aus klassischem Schulbetrieb im Klassenzimmer mit Frontalunterricht und schriftlichen Tests sowie praktischen Übungen und Manövern im Freien. Das Faible des Kommandanten des Lagers, Charles Y. Banfill, für den größtmöglichen Grad an Realismus, über den sich ehemalige Ritchie Boys in ihren Memoiren immer wieder lustig machen,15 brachte es mit sich, dass sich die Wälder um das Camp herum in Schlachtfelder verwandelten, auf denen sich die Studierenden mit auf Bäumen lauernden Scharfschützen in feindlicher Uniform auseinandersetzen mussten. Banfill hatte dafür eine eigene Feinddarstellereinheit ins Leben gerufen, die sich zumeist aus den Kindern deutscher Einwanderer zusammensetzte – Leute, die gut genug Deutsch sprachen, um einen Wehrmachtssoldaten zu mimen, aber nicht gut genug, um selbst für eine Ausbildung am MITC infrage zu kommen. Die lagereigenen Werkstätten bauten zudem die Silhouetten deutscher und japanischer Fahrzeuge nach und montierten sie auf amerikanische Jeeps, die dann durch die Wälder fuhren – sofern Banfill nicht ohnehin über echtes Kriegsmaterial der Achsenmächte verfügte, das ihm von den Briten zur Verfügung gestellt wurde. Dass jedoch die Ausbildung bei Weitem nicht den Realitätsgrad erreichte, um im Feld von Anfang an bestehen zu können, zeigt sich an der Kritik, mit der Banfill und seine Schützlinge vor allem zu Beginn ihres Einsatzes konfrontiert waren. Abgesehen davon, dass den Ritchie Boys gravierende Mängel als Soldaten attestiert wurden, was zu einer Stärkung von infanteristischen Skills im MITC-Lehrplan führte, benötigten sie eine gewisse Zeit, um sich an die Bedingungen im „echten“ Krieg außerhalb Banfills Mikrokosmos zu gewöhnen.16 Diesem Umstand wurde später auch Rechnung getragen, indem am westeuropäischen Kriegsschauplatz (European Theater of Operations,

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ETO) den eben erst aus Amerika eingetroffenen Frischlingen aus Camp Ritchie in England weiterer Unterricht erteilt wurde, ehe sie tatsächlich auf dem Festland in den Einsatz gingen. Die „österreichischen“ Ritchie Boys Bevor der Einsatz der Ritchie Boys hier kurz beleuchtet wird, stellt sich zunächst die Frage, wie sie überhaupt den Weg von ihren bisherigen Armeeeinheiten ans MITC fanden. Abgesehen davon, dass sie natürlich die bereits erwähnten Grundvoraussetzungen mitbringen mussten, die sie für die Ausbildung qualifizierten, mussten sie von Banfill bzw. seinem Mitarbeiterstab im Camp überhaupt einmal ausgewählt werden.17 Denn bis auf die erste Klasse, für die ausschließlich Offiziere zugelassen waren, scheint eine Initiativbewerbung für die eigentlich ja streng geheime MITC-Ausbildung die Ausnahme gewesen zu sein. Die große Mehrheit der insgesamt rund 15.000 potentiellen Kandidaten18 für eine Karriere als Nachrichtendienstexperte wurde vom Erhalt des plötzlichen Marschbefehls nach Camp Ritchie überrascht. Das traf mit ziemlicher Sicherheit auch auf die 573 Personen österreichischer Herkunft zu, die sich zumindest so lange im MITC aufhielten, dass von ihnen Personalakten angefertigt wurden. 79 von ihnen schieden jedoch aus den verschiedensten Gründen wieder aus,19 ohne jemals einen Abschluss zu erlangen; bis auf wenige Ausnahmen20 wurden sie nach ihrem mehr oder weniger kurzen MITC-Aufenthalt wieder in gänzlich anderen Bereichen eingesetzt. 429 Personen österreichischer Herkunft beendeten den regulären MITC-Kurs erfolgreich und erhielten ein entsprechendes Zeugnis. Als Ritchie Boys zu werten sind jedoch ebenso jene 38 Personen, die noch vor Beendigung ihrer Ausbildung in den nachrichtendienstlichen Einsatz beordert wurden, da ihre Expertise bereits dringend benötigt wurde und daher anzunehmen ist, dass sie ihre jeweilige Klasse wohl ebenfalls erfolgreich abgeschlossen hätten. Ähnliches gilt für die 27 Propagandaexperten ohne Abschluss am MITC, die gemeinsam mit mehr als zwei Dutzend weiteren MITC-Absolventen in Camp Sharpe ausgebildet wurden. Über sie berichtet dieses Buch an anderer Stelle ausführlich. Bezieht man diese beiden Gruppen in die Rechnung mit ein, ergibt dies demnach eine Gesamtzahl von 494 österreichischen Ritchie Boys, die zum überwiegenden Teil aus Wien stammten. Bei 91 Prozent dürfte es sich angesichts ihres Einreisedatums in die USA auch tatsächlich um Flüchtlinge vor dem Hitler-Regime gehandelt haben, die somit als „Widerstandskämpfer von außen“ zu werten sind; beim Rest stand die Immigration in die USA in keinem Zusammenhang mit dem „Anschluss“ und dem NS-Regime.

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Die sogenannten Personal History Cards, die Personalakten aus dem MITC, sind eine wahre biografische Schatzkiste, über die sich noch eine Reihe weiterer statistischer Rückschlüsse ziehen lassen. Am wichtigsten ist die Frage der Spezialisierung und hier dominiert, wie zu erwarten war, die Kriegsgefangenenbefragung mit 86 Prozent.21 Darauf folgt die Verwendung als Propagandaspezialist mit acht Prozent und als MII-Experte mit knapp dreieinhalb Prozent.22 Sieben Prozent der Kriegsgefangenenbefrager absolvierten zudem eine weiterführende OB-Ausbildung. Dass sich also über 97 Prozent der Österreicher auf die Bereiche IPW (einschließlich OB-Analyse), MII und Propaganda verteilten, ergibt sich aufgrund ihrer Herkunft und des damit verbundenen linguistischen und kulturellen Know-hows. Abgesehen von Signal Intelligence und Terrain Intelligence, die ohnehin als eigenständige Spezialisierung wenig relevant waren, spielte demnach auch die Luftbildauswertung für sie keine große Rolle. Ähnliches lässt sich auch für die Spionageabwehr sagen, für die Sprachkenntnisse prinzipiell gefragt waren, bei der aber Sicherheitsüberlegungen ins Spiel kamen, sodass dafür primär gebürtige Amerikaner mit Erfahrung im US-Justizsystem bzw. der Strafverfolgung ausgewählt wurden. Da diese aber selten über Fremdsprachenkenntnisse verfügten, musste sich die Spionageabwehr die benötigten Sprachexperten später im Einsatz ausborgen, sodass der Anteil der Österreicher im CIC-Bereich, die sich vor allem gegen Ende des Kriegs auf die Jagd nach Kriegsverbrechern machten, wesentlich höher ausfiel.23 Vor allem für die Juden unter den MITC-Spezialisten muss die letztgenannte Tätigkeit während ihres Kriegseinsatzes eine enorme psychische Herausforderung dargestellt haben. Laut den auf den Personal History Cards gemachten Angaben machten sie rund 62 Prozent der österreichischen Ritchie Boys aus, gefolgt von 13 Prozent Protestanten24, zehn Prozent Katholiken und drei Prozent Konfessionslosen. Zu 12 Prozent liegen keine Angaben vor.25 Bei den „Ritchie Boys“ also von einer Art jüdischer Spezialeinheit zu sprechen, wie es manche populärwissenschaftlichen Werke tun, ist demnach falsch.26 Auch der Mythos vom reinen Camp für Intellektuelle ist nicht uneingeschränkt haltbar. Es ist zweifellos richtig, dass es zahlreiche Schriftsteller, Künstler und Denker nach Camp Ritchie verschlug. Der Anteil der Absolventen, die eine Universität besucht hatten, liegt jedoch, zumindest bei den Österreichern, bei nur 56 Prozent.27 Fabrikarbeiter und Bankangestellte waren ebenso vertreten wie Anwälte oder Journalisten. Wahr ist jedoch ebenso, dass die Zahl der österreichischen Ritchie Boys, die nach dem Krieg mithilfe der sogenannten G. I. Bill28 ein Studium an angesehenen US-Hochschulen abschließen konnte, überdurchschnittlich hoch ausfällt, was angesichts der in Camp Ritchie und seiner Propaganda-Dependance Camp Sharpe versammelten

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Intelligenz in Verbindung mit dem „Integrationsmotor Armee“ als zusätzlichem Katalysator für den sozialen Aufstieg nicht überrascht.29 Daneben zeigt sich: Das politische Spektrum der Ritchie Boys war äußerst heterogen. Die Selektion der US-Armee brachte in Camp Ritchie Konservative, Ständestaatler und Legitimisten mit Sozialdemokraten und Kommunisten an einen Tisch bzw. zumindest in das gleiche Klassenzimmer. Der Einsatz Nicht bei allen Österreichern lässt sich der Weg, den sie nach der Ausbildung am MITC nahmen, nachverfolgen; wie für die Ritchie Boys insgesamt ging es für die überwiegende Mehrheit nach Westeuropa. Einer Aufstellung in den MITC-Akten zufolge kamen rund 9.000 Absolventen – 6.000 Enlisted Men und 3.000 Offiziere – auch tatsächlich in den nachrichtendienstlichen Einsatz an den verschiedenen Kriegsschauplätzen.30 Von diesen wurden rund 6.000 ins ETO geschickt, von denen etwas weniger als die Hälfte Kriegsgefangenenbefrager waren. Knapp 800 Personen wurden am Mittelmeerschauplatz (MEDTO) eingesetzt, während über 1.300 ihren Dienst im Pazifik versahen.31 Knapp 1.000 MITC-Absolventen blieben in den USA und operierten in speziellen Einrichtungen wie dem Verhörund Abhörzentrum in Fort Hunt oder direkt im Kriegsministerium, wobei knapp ein Drittel auf den Spionageabwehrbereich entfiel. Eine kleine Gruppe von etwas mehr als 100 Personen, darunter lediglich zwei Kriegsgefangenenbefrager, verschlug es an die Nebenschauplätze des Kriegs, zum Beispiel in den Nahen Osten, nach Lateinamerika oder in die Karibik. Die große Zahl der Absolventen in den (auch für dieses „Propagandabuch“ relevanten) Bereichen Kriegsgefangenenbefragung/IPW und MII wurde ihrer Ausbildung entsprechend eingesetzt, das heißt, bei taktischen Kampfeinheiten. Der Plan, den das MITC bzw. der MIS für seine Spezialisten entworfen hatte, sah vor, dass diese in sechsköpfigen Teams operierten, wobei diese Teams sowohl am Mittelmeer-Schauplatz als auch in Westeuropa an die verschiedenen Regimenter, Divisionen, Korps, Armeen und Armeegruppen sozusagen nur „verliehen“ wurden. Denn mit der 2680th Headquarters Company im MEDTO und dem Field Interrogation Detachment im ETO schuf der MIS einen eigenständigen administrativen Überbau für das jeweilige Operationsgebiet, der weiterhin für die Spezialisten aus Camp Ritchie verantwortlich war, was vertiefende Trainings, Nachschub, Versetzungen, Beförderungen etc. betraf. In der Praxis bedeutete dies, dass diese Teams zwar mit ihren Kampfeinheiten in den Einsatz gingen und in operativer Hinsicht dem jeweiligen G-2-Offizier im Stab des Kommandeurs unterstanden,

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formal aber nicht zu dieser Einheit gehörten. Daher besaßen sie ein hohes Maß an Autonomie – ein Umstand, der von mehreren Kommandeuren und G-2-Offizieren nicht unbedingt goutiert wurde. Dieses Schema zeigt aber jedenfalls recht deutlich, dass der MIS keinesfalls gewillt war, den Zugriff auf seine Spezialisten, in deren Ausbildung er viel Zeit und Geld investiert hatte, aufzugeben. Denn so konnte verhindert werden, dass die Teams von ihren Kommandeuren zu „fachfremden“ Tätigkeiten herangezogen wurden, und sichergestellt werden, dass sie die Aufgabe erfüllten, für die sie ausgebildet worden waren. Das wiederum bedeutete, dass die Teams in den Kriegsgefangenensammelpunkten und -lagern stationiert waren, dort Personen befragten und Dokumente analysierten und ihre taktischen Erkenntnisse, z. B. zur Position feindlicher Truppen, Geschütze und Minenfelder, schriftlich und in besonders dringenden Fällen mündlich an den zuständigen G-2-Offizier weiterleiteten. Daraus ergibt sich, dass sie selten an vorderster Front eingesetzt und in Kampfhandlungen verstrickt waren, von speziellen Ereignissen wie der Landung in der Normandie oder der deutschen Ardennenoffensive sowie einigen besonders draufgängerischen Einzelfällen einmal abgesehen. Demnach hielten sich auch die Verluste unter den Ritchie Boys in Grenzen: Sofern man ihm Vollständigkeit attestieren kann, verzeichnet ein Dokument aus dem ETO vom August 1945 nur 100 IPW-Spezialisten und 35 MII-Spezialisten als „Battle Casualties.“ Dies soll aber keineswegs die Leistungen der Ritchie Boys schmälern, die abseits dieser „konventionellen“ Verwendung bei taktischen Kampfeinheiten auch anderweitig herangezogen wurden. So kamen sie bei den sogenannten Target Forces zur Sicherstellung und Ergreifung wichtiger Personen und Güter in eben erst besetzten Städten ebenso zum Einsatz wie im Bereich der strategischen Intelligence zur Analyse der gegnerischen Moral, Kapazitäten und Aufmarschpläne, etwa bei den Mobile Field Interrogation Units in den großen Kriegsgefangenenlagern im Hinterland der Front, beim Combined Services Detailed Interrogation Centre (CSDIC) in London oder im bereits erwähnten Fort Hunt in den Vereinigten Staaten. Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die nach den Techniken der Informationsgewinnung. Ein immer wieder auftauchender Aspekt ist hierbei die Anwendung psychologischer Tricks. Das Vorgaukeln falscher Tatsachen und das Bedrohen von Gefangenen war eine Methode, die sich zwar vermutlich zufällig im Feld entwickelt hatte, aber mit der Zeit bewusst am MITC gelehrt wurde. Dafür spricht, dass sich manches Motiv in verschiedenen Variationen nahezu archetypisch wiederfindet. So ließen Verhörsoldaten ihre Gefangenen vermeintliche Gräber ausheben und drohten ihnen, sie an die Russen oder die Partisanen auszuliefern – Teil dieser Vorführung war stets ein IPW-Kollege, der sich

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als Sowjetkommissar oder Partisanenführer verkleidete. Auch das systematische Ausschlachten aller verfügbaren Informationen über den jeweiligen Gefangenen, das diesem vorgaukelte, die Amerikaner wüssten ohnehin bereits alles über den deutschen Gegner, ist ein Thema, das sich nahezu in den Memoiren eines jeden exildeutschen oder -österreichischen Verhörsoldaten findet. Oftmals war es aber gar nicht nötig, den Gefangenen zu „brechen“; unter Ausnutzung des Schockzustands nach der Gefangennahme oder aufgrund der allgemeinen Kriegsmüdigkeit zeigten sich gerade deutsche Landser entgegen der weitverbreiteten Meinung oftmals äußerst gesprächsbereit. Die IPW-Spezialisten entwickelten in der Regel ein feines Gespür für ihr Gegenüber, wofür natürlich ein gewisser Grad an Erfahrung Voraussetzung war; Erfahrung, die sich nicht am MITC, sondern nur im Einsatz erwerben ließ. In manchen Fällen reichte es aufgrund der von den Amerikanern georteten deutschen Unterwürfigkeit bereits aus, wenn sich der Verhörsoldat mittels geborgter Abzeichen als Offizier präsentierte, auch wenn er in Wirklichkeit nur den Rang eines Sergeants bekleidete. Bei Gefangenen, die Kriegsverbrechen verdächtigt wurden, half es zudem, sie gegeneinander auszuspielen oder wie in Fort Hunt mehrere Soldaten gemeinsam in einen mikrofonierten Raum zu sperren und einfach nur abzuwarten. Blieb es aber tatsächlich nur bei Bluffs und psychologischen Tricks, um an die gewünschten Informationen zu gelangen, wie zahlreiche MITC-Absolventen behaupten? Dass die IPW-Soldaten jedenfalls prinzipiell um die Achtung der Menschenrechte der Gefangenen bemüht oder zumindest dazu angehalten waren, zeigt sich nicht nur daran, dass die Genfer und die Haager Konventionen auf dem Lehrplan am MITC standen, sondern auch daran, dass mehrere Ritchie Boys vor wenigen Jahren öffentlich gegen die von den Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terror angewandten Methoden in Abu Ghraib und Guantanamo Stellung bezogen und versicherten, in ihren Befragungen niemals physische Gewalt angewandt zu haben. Allerdings sind das Androhen von Exekution, die Weigerung, den Gefangenen bei Nicht-Kooperation die Toilette benutzen zu lassen, oder die absichtliche Demütigung etwa durch Entkleiden hart an der Grenze des völkerrechtlich und ethisch Zulässigen bzw. überschreiten diese bereits. Vereinzelt klingt in den Memoiren von Ritchie Boys auch an, dass sie oder ihre Kollegen den Gefangenen gegenüber handgreiflich wurden. Jedoch geschah dies in den meisten Fällen offenbar im Affekt oder aus einem herausbrechenden Rachegefühl heraus, aber nicht als gezielte, systematische Methode zur Gewinnung von Informationen. Dies galt vor allem für die Spätphase des Kriegs bzw. die unmittelbare Nachkriegszeit, als die Suche nach Kriegsverbrechern in den Mittelpunkt rückte. Dass dies natürlich vor allem für Juden, die nun ihren ehemaligen Peinigern in vertauschten

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Rollen gegenübersaßen und damit vom „victim“ zum „victor“ wurden, oftmals zu einem moralischen Dilemma führte, ist ebenfalls mehrfach dokumentiert. Nicht zu Unrecht stellt der Historiker James Weingartner daher die Frage, ob jüdische IPW-Soldaten, die persönlich unter dem NS-Regime gelitten hatten und um das Grauen des Holocaust wussten, hinsichtlich ihres Temperaments bzw. ihrer seelischen Verfassung tatsächlich geeignet waren, mutmaßliche Kriegsverbrecher zu verhören.32 Seine Schlussfolgerung: „Under different circumstances, such questions might have been raised. In 1945, with wartime passion still high and the need for German-speaking personnel desperate, they were not.“33 Bedeutung und Wirkung Welche Rolle spielten nun die Ritchie Boys für die Kriegsanstrengungen der USA im Zweiten Weltkrieg? Waren sie tatsächlich die definitiv kriegsentscheidende Spezialeinheit, als der sie in der US-Memorialliteratur gerne dargestellt werden? Eine geheime Waffe, die dem Hitler-Regime den Garaus machte? Die Fakten sprechen dagegen. Die MITC-Absolventen operierten nicht als eine in sich geschlossene Formation, sondern wurden nach Beendigung ihrer Ausbildung anderen Einheiten, die Bedarf an ihrer Expertise hatten, zugeteilt. Ebenso wenig agierten sie – sieht man von wenigen Ausnahmen ab – im Geheimen bzw. im Arkanbereich der „Spionage“, sondern trugen reguläre Uniformen und Insignien, auch wenn ihnen aufgrund ihrer Tätigkeit und der erwähnten administrativen Zuordnung von ihren Kommandeuren im Feld ein gewisses Maß an Autonomie zugestanden wurde bzw. werden musste. Vor allem die Aussage, sie hätten kriegsentscheidende Arbeit geleistet, ist jedoch zu hoch gegriffen. Dies zeigt sich besonders anschaulich an der die Alliierten vollkommen überraschenden deutschen Ardennenoffensive im Dezember 1944. Auch wenn zahlreiche Ritchie Boys in ihren Memoiren angeben, eindeutige Beweise für den deutschen Angriff gehabt oder diesen gar vorausgesagt zu haben, zeichnen die zahlreichen Primärquellen wie Verhörprotokolle, Lageberichte und nachrichtendienstliche Zusammenfassungen ein differenzierteres Bild. Die Entscheidungsträger auf Armee- und Armeegruppenebene sowie beim alliierten Oberkommando für Westeuropa (SHAEF) verloren sich bei der Betrachtung des Big Picture in einem Sumpf aus teils widersprüchlichen Informationen, von denen sich verschiedene Szenarien ableiten ließen, womit auch verschiedene Orte und Zeitpunkte für einen eventuellen deutschen Angriff im Raum standen. Die Alliierten hätten den Krieg demnach auch ohne die Kriegsgefangenenbefrager aus Camp Ritchie gewonnen, das steht außer Frage. Allerdings, und dies

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lässt sich nicht bestreiten, trugen die MITC-Absolventen wesentlich dazu bei, durch gezielte und effektive Informationsgewinnung und Propagandaarbeit unter schwierigsten Umständen Zeit und Material zu sparen und vor allem Menschenleben zu retten. Und zwar auf beiden Seiten und in manchen Fällen unter einem erheblichen persönlichen Risiko, das zeigen die Kriegsbiografien der in dieser Studie behandelten Österreicher. Trotz aller existenziellen Krisen, die mit Vertreibung, Entwurzelung, Flucht und Integration oft einhergehen, lässt sich daher festhalten: Die Geschichte der „österreichischen“ Ritchie Boys in der US-Armee ist insgesamt eine veritable Erfolgsstory, die sich als faszinierender und – trotz aller nötigen wissenschaftlichen Skepsis und Quellenkritik – weitgehend faktenbasierender Mythos in die kollektive Erinnerung des Einwanderungslands USA eingeschrieben hat. Auch die in diesem Buch dargelegten Kriegsbiografien von exilösterreichischen Kampfpropagandisten aus dem Ritchie-Nebenlager Camp Sharpe sind Teil dieser Erzählung.

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Zum Combat Commando B gehörten Panzer-, Infanterie-, Artillerie- sowie Spezialverbände. Waldemar Becker, „Die Kämpfe zwischen Eggegebirge und Weser im Frühjahr 1945“, in: Westfälische Zeitschrift, Bd. 135, 1985, 293–366, hier 307. Clive E. Shives (Hg.), History of the 5th Mobile Radio Broadcasting Company. Bad Nauheim: 1945, unpaginiert, in: NARA, RG 407, E 427, B 18359. Florian Traussnig, Geistiger Widerstand von außen. Österreicher in US-Propagandainstitutionen im Zweiten Weltkrieg. Wien: 2017, 29 und 363. C. Howard, Reserve Command, 16th Armored Division, attached to 9th Armored Division, Certificate on Loudspeaker Broadcasts of Technician 5th Grade Paul Eisler, 3912919, 2nd MRB, 12th Army Group, 1.4.1945. National Archives and Records Administration [NARA], National Personnel Records Center [NPRC], Military Personnel File of Paul E. Eisler, ASN 3912919. Jimmy Cannon, „Act Draws Fire – Mortars Applaud“, in: Stars and Stripes, undatiert, wohl Herbst 1944. Los Angeles Museum of the Holocaust [LAMOTH], Kurt Wittler Papers 1944–1945, RG-40.03.04. Peter Steinbach, „Nur ein brauner Spatz auf dem Heldenplatz“ [Rezension zu: Florian Traussnig, Geistiger Widerstand von außen. Österreicher in US-Propagandainstitutionen im Zweiten Weltkrieg. Wien: 2017], in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.7.2017, 6. Citation for the Bronze Star of Technician Fifth Grade Paul A. Eisler, Twelfth Army Group, undatiert (1945). Military Personnel File Eisler. Intelligence Operation of the V U. S. Corps in Europe, 134. NARA, RG 407, E 427, B 2872; Arthur Jaffe, [US Army], History, Second Mobile Radio Broadcasting Company, September 1943–May 1945. [ohne Ort:] 1945, 74; auch Eisler selbst wurde bei diesem Einsatz verletzt und das Equipment zerstört. Amy Cohen, „Fred’s Story: A Boyhood in Jesberg in the 1930s“, in: https://brotmanblog.com/2017/07/24/freds-story-a-boyhood-in-jesberg-in-the-1930s/ (letzter Zugriff: 21.9.2017). Wolfgang Weisgram, „Sich erinnern, wo einst die Schul’ war“, in: Der Standard, 2.11.2017, 10. Cohen, „Fred’s Story“, unpaginiert. So schreibt Konrad Kellen, ein aus Hitlerdeutschland geflohener, jüdischer Ritchie Boy und Propagandakamerad Paul Eislers, in seiner sprachlich deftigen Autobiografie über „seine Stellung im Dritten Reich“ im Jahr 1935: „Denn ich war vogelfrei in des Wortes mittelalterlichem Sinn: Jeder konnte mir straffrei antun, was immer er wollte, selbst mich totschlagen, ohne von einem deutschen Gericht das geringste befürchten zu müssen.“ Konrad Kellen, Katzenellenbogen. Wien: 2003, 209 f. Siehe den gleichnamigen Film aus dem Jahr 2009. Joseph T. Simon, Augenzeuge. Erinnerungen eines österreichischen Sozialisten. Eine sehr persönliche Zeitgeschichte. Herausgegeben von Wolfgang Neugebauer. Wien: 1979, 280.

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Siehe hierzu den Exkurs über Camp Ritchie als geheimen, „anderen“ Ort in der gleichzeitig erschienen Buchpublikation zu diesem Forschungsprojekt: Florian Traussnig, „Das Lager und das Geheimnis“, in: Robert Lackner, Camp Ritchie und seine Österreicher. Deutschsprachige Verhörsoldaten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. Wien: 2020, 236–255. Gemeinsam mit Robert Lackner führte der Verfasser von 2015 bis 2017 das von Siegfried Beer geleitete und vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank und dem Österreichischen Zukunftsfonds finanzierte ACIPSS-Projekt „Österreichische Exilanten im Nachrichtendienst der US-Armee. Eine kollektive Kriegsbiografie der ‚Ritchie Boys‘“ durch. Die ebenfalls 2020 erschienene Publikation von Lackner, Camp Ritchie, und dieser Band dokumentieren die Forschungsergebnisse. Für eine Kurzzusammenfassung von Lackners Publikation siehe den Essay im Anhang dieses Buchs. Beverley Driver Eddy, Camp Sharpe’s „Psycho Boys“. From Gettysburg to Germany. Bennington, VT: 2014, 5. Nicht alle „Schüler“ von Camp Sharpe waren jedoch „media soldiers“ oder übten Propaganda im engeren Sinne aus. Siehe dazu das nächste Kapitel. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 277–280. Vgl. das im journalistischen Stil geschriebene Buch von Herbert Lackner, Die Flucht der Dichter und Denker. Wie Europas Künstler und Intellektuelle den Nazis entkamen. Wien: 2017. Siehe hierzu den Buchtitel von Eddy, Camp Sharpe. Siehe hierzu Lackner, Camp Ritchie, 13–15. Siehe hierzu etwa die Darstellung der Rundfunkpropagandatätigkeiten eines Ritchie Boy und Propagandasoldaten bei Hanuš Burger, 1212 sendet. Tatsachenroman. Berlin: 1965. Siehe hierzu vor allem Florian Traussnig, Militärischer Widerstand von außen. Österreicher in US-Armee und Kriegsgeheimdienst. Wien: 2016, 9–25, sowie Peter Steinbach, „Der Kampf gegen den Nationalsozialismus – von außen. Emigranten, Flüchtlinge, Kriegsgefangene, Fallschirmagenten als Regimegegner“, in: Hans Schafranek/Johannes Tuchel (Hgg.), Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg. Wien: 2004, 16–32. Martin Walser, Das 13. Kapitel. Hamburg: 32012, 111. Vgl. Traussnig, „Lager“, 236–255. Leon Edel, The Visitable Past. A Wartime Memoir. Honolulu: 2001, 11. Kurt Bauer, Die dunklen Jahre. Politik und Alltag im nationalsozialistischen Österreich 1938 bis 1945. Frankfurt am Main: 2017, 262. Ähnlich in Traussnig, Geistiger Widerstand, 22. Ebd., 26. Siehe hierzu die rezente Arbeit von Peter Pirker, Codename Brooklyn. Jüdische Agenten im Feindesland. Die Operation Greenup 1945. Innsbruck: 2019. Christian Staas, „Umkämpfte Helden“, in: Die Zeit, 18.07.2019, 35 f., hier 36. Ebd. Ebd. Siehe Traussnig, Militärischer Widerstand, 93–151, sowie Traussnig, Geistiger Widerstand, 263–353. Eine schlanke Variante unserer Gesamt-Datenbank zu den Ritchie&Sharpe Boys ist als Andockpunkt für Wissenschaftler, interessierte Laienforscher oder Nachfahren frei im Internet abrufbar: www.acipss.org/research-teaching (letzter Zugriff: 7.9.2019). Bei den fehlenden vier Personen ist in der MITC Personal History Card oder in den übrigen Quellen keine Religionszugehörigkeit ersichtlich. Daniel Kehlmann, Tyll. Reinbek: 22017, 241.

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Ebd. Lucien Fevbre, zitiert in: Ernst Hanisch, Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. Wien: 1994, 11.

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Die Experimentalphase: Erste Propagandaeinsätze im Mittelmeer und Gründung eines innovativen „Psywar“-Camps in Gettysburg

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Daniel Lerner, Psychological Warfare Against Nazi Germany. The Sykewar Campaign, D-Day to VE-Day. Cambridge und London: 21971, 71. Ebd., 67. „He was Colonel Charles H. Mason who, as Chief of the Intelligence Branch, Military Intelligence Division (MID) from November 1940 to July 1941, had tried to reestablish a branch for psychological warfare planning and operations. His attempts failed, however.“ Alfred H. Paddock Jr., US Army Special Warfare. Its Origins. Psychological and Unconventional Warfare, 1941–1952. Washington, D. C.: 1982, 8; vgl. Clayton D. Laurie, The Propaganda Warriors. America’s Crusade Against Nazi Germany. Lawrence: 1996, 145. Lyman H. Butterfield, „Psychological Warfare in 1776: The Jefferson-Franklin Plan to cause Hessian Desertions“, in: William E. Daugherty/Morris Janowitz (Hgg.), A Psychological Warfare Casebook. Baltimore: 41968, 62–72. Siehe hierzu Lackner, Camp Ritchie, 20–23. Jared M. Tracy, „A Centennial of Subterfuge: The History of Army Psychological Operations“, unpaginiert, in: www.army.mil/article/199431/a_centennial_of_subterfuge_the_history_of_army_psychological_operations (letzter Zugriff: 2.5.2018). Der Vorgesetzte Blankenhorns, der oben als einziger propagandaerfahrener US-Generalstabsoffizier des Jahrs 1941 erwähnt wird, attestiert 1918 ersterem in einem Schreiben „good judgement, quick grasp of affairs and […] efficiency.“ Zwei Monate später durfte Blankenhorn mit einem Kampfpropagandatrupp in den Krieg nach Frankreich ziehen. C. Mason, General Staff, Military Intelligence Branch, to H. Blankenhorn, Commendation, 24.5.1918. NARA, RG 165, E 84171, B 1, in: www.facebook.com/PsyopRegimentalAssociation/ (letzter Zugriff: 24.1.2018). Martin Manning/Herbert Romerstein (Hgg.), Historical Dictionary of American Propaganda. Westport, CT und London: 2004, 28; Clayton D. Laurie, „‚The Chanting of Crusaders‘: Captain Heber Blankenhorn and AEF Combat Propaganda in World War I“, in: The Journal of Military History, Vol. 59, Nr. 3, 1995, 457–481, hier 457. „G-2-D carried out a wide spectrum of other information-related activities. It was charged with preparing propaganda to undermine German morale—by the fall of 1918 a rain of 3 million propaganda leaflets from G-2-D was blanketing German lines, distributed by plane and balloon and even by rifle grenade and patrol.“ John Patrick Finnegan, Military Intelligence (= Army Lineage Series). Washington, D. C.: 1998, 37. George B. Bruntz, „Allied Propaganda and the Collapse of German Morale in 1918“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 96–105, hier 97–99; vgl. Tracy, „Centennial of Subterfuge“, unpaginiert. Paddock, US Army, 8; „Interrogations of German prisoners-of-war and statements of key German leaders after the war provided strong indication that U. S. and Allied PSY[CHOLOGICAL]OP[ERATIONS] had contributed to the rapid erosion of morale and unit cohesion in the last months of the war. Unfortunately, the U. S. Army would have

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to re-learn many of these lessons during World War II“. Tracy, „Centennial of Subterfuge“, unpaginiert. Vgl. Traussnig, Militärischer Widerstand, 27 f. Laurie, Warriors, 104. Solide Überblickswerke zum OWI und zur Propagandaabteilung des OSS sind Allan Winkler, The Politics of Propaganda. The Office of War Information 1942–1945. New Haven und London: 1978, und Laurie, Warriors. HQ 12th Army Group, History: Publicity and Psychological Warfare, 12th Army Group, January 1943–August 1945, 1. (Typoskript bzw. Rohfassung). NARA, RG 331, E 194, B 3. Winkler, OWI, 113. Laurie, Warriors, 145. Leo J. Margolin, Paper Bullets. A Brief Story of Psychological Warfare in World War II. New York: 1946, 93. Hans Habe beschrieb Eisenhowers Stellvertreter als „kleine[n] Mann mit dem mißgelaunten, aber klugen Bulldoggengesicht.“ Habe, Ich stelle mich, 490. Klaus-Dietmar Henke, Die amerikanische Besetzung Deutschlands. München: 21996, 302. Military Intelligence: Propaganda, with foreword of Mjr. P. M. Robinett, General Staff, NARA, RG 165, E 207, B 269. Ebd. Der österreichische Geophysiker Walter Munk meldete sich, weil er gegen die NS-Herrschaft in Österreich „etwas unternehmen wollte“, bereits im Herbst 1940 für den Kriegsdienst und wurde zumindest in die Nationalgarde aufgenommen (während des Kriegs arbeitete er dann als Wissenschaftler für die US Navy). Transcript of Interview Finn ­Aaserud with Walter Munk, 30.6.1986. Niels Bohr Library&Archives with Center for History of Physics, in: www.aip.org/history-programs/niels-bohr-library/oral-histories/4790 (letzter Zugriff: 18.5.2018). Vgl. Laurie, Warriors, 145 f. Paddock, US Army, 8 f. Ebd. Winkler, OWI, 113; Paddock, US Army, 9; für eine detaillierte Funktionsbeschreibung siehe ebd. Barbara Aulinger, „Vorwort“, in: Birgit Witamwas. Geklebte NS-Propaganda. Verführung und Manipulation durch das Plakat. Berlin und Boston: 2016, 11 f., hier 11. Paul M. A. Linebarger, Psychological Warfare. Landisville, PA: 2010, 129–131; Laurie, Warriors, 145–149. Laurie, Warriors, 147. O. Verf. [US Army], Brief Summary of War Department Participation in Psychological Warfare, undatiert, 1 f., hier 2, in: www.cia.gov/library/readingroom/docs/CIARDP80R01731R003600020029–4.pdf (letzter Zugriff: 3.8.2018). „At both the War Department and theater [of operations] levels, the definition of Military Intelligence was enlarged to include the collection of political, economic, and social data. Finally, intelligence activities were expanded to include the allied fields of deception and propaganda.“ Finnegan, Military Intelligence, 39. Vgl. Lackner, Camp Ritchie, 26, und Traussnig, Militärischer Widerstand, 95 f. Paddock, US Army, 10. Winkler, OWI, 113. „Simultaneously with the preparation of the London teams a group of about fifteen, mostly

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civilians, was organized in Washington to accompany the Western Task Forces to Casablanca. This team […] was in charge of Mr. Jay Allen, of OWI.“ PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, Part I, 31.8.1945, 2. NARA, RG 208, E 6G, B 12; siehe auch Winkler, OWI, 115. Laurie, Warriors, 149 f. Winkler, OWI, 113; Linebarger, Psychological Warfare, 132. Laurie, Warriors, 148. PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 2. Vgl. Lackner, Camp Ritchie, 20–52. MITC Camp Ritchie, Maryland, Tentative Manual prepared for Use as a Training Text. 15.11.1942, 33. NARA, RG 165, E 207, B 249. „In July of 1942 a conference was held in London which included, besides officers of General Eisenhower’s staff – a representative of OWI, and Sir Robert Bruce Lockhart and Ritchie Calder of the Political Warfare Executive’s office. […] Major General George V. Strong, Assistent Chief of Staff G-2, in Washington, was planning the organization of the psychological warfare teams to participate with the Western Task Force in the African Landings. […] The group which formed the nucleus of what later became the Psychological Warfare Branch of AFHQ was assembled in London in early October 1942.“ PWB/ AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 1 f.; siehe auch Winkler, OWI, 114 f. Alfred de Grazia, The Taste of War. Soldiering in World War II. Princeton: 1992, 157. Laurie, Warriors, 149 f. Siehe hierzu den solide recherchierten und flüssig zu lesenden Band über dieses „War Theater“ von Meredith Hindley, Destination Casablanca. Exile, Espionage, and the Battle for North Africa in World War II. New York: 2017. Ebd., 318. Winkler, OWI, 85–87. Laurie, Warriors, 151–153; PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 2–4. Laurie, Warriors, 151 f. und 164, sowie Traussnig, Geistiger Widerstand, 356. Laurie, Warriors, 163 f.; Zu diesen einflussreichen Figuren zählte etwa der laut Alfred de Grazia anstelle des inkompetenten Colonel Hazeltine als eigentlicher Leiter der PWB/ AFHQ fungierende OSS-Mann C. D. Jackson. De Grazia, Taste, 219. Obwohl die PWB/AFHQ ein britisch-amerikanisches Gemeinschaftsprojekt war, stellten die Amerikaner das Gros des Personals und der Ressourcen und hatten dementsprechenden Einfluss. D. Rathbun, Headquarters First Mobile Radio Broadcasting Company, US Army, Unit Historical Report, undatiert, vermutlich August 1945, 1–28, hier 1. NARA, RG 407, E 427, B 18468. Vgl. Paddock, US Army, 10. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 2. Paddock, US Army, 10. Finnegan, Military Intelligence, 66. Vgl. Traussnig, Militärischer Widerstand, 33. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 2; vgl. Lerner, Sykewar, 71. Trent Christman, Brass Button Broadcasters. A Lighthearted Look at 50 Years of Military Broadcasting. Paducah: 1992, 36 f.; O. Verf., „Voice of America: Shipboard Radio Sta-

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tions“, in: mt-shortwave.blogspot.co.at/2011/11/voice-of-america-shipboard-radio.html (letzter Zugriff: 8.8.2017); Laurie, Warriors, 156 f.; Laurie verwechselt in seiner (von mir im Buch Geistiger Widerstand übernommenen) Darstellung die zwei BSOD-Kompanien mit den zwei später geschaffenen [Signal] Radio Service Sections, die schließlich in der 1st MRBC aufgegangen sind. Ebd.; im Februar 1943 wurde die operativ durchaus erfolgreiche „group of broadcasters“ der BSODs der neu aufgestellten Dachorganisation PWB/ AFHQ zugeteilt. PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 5. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 27. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1. Ebd. Lerner, Sykewar, 67; Robert Lackner/Florian Traussnig, „The US Army’s Creativity Lab: Camp Ritchie and its Austrian Trainees in World War II“, in: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies ( JIPSS), Vol. 9, Nr. 2/2015, 7–23, hier 14. De Grazia, Taste, 137. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1 f.; Paddock, US Army, 10; Kermit Roosevelt (Hg.), The Secret War Report of the OSS. Volume 1. Washington, D. C.: 1976, 213; Laurie, Warriors, 156 f. Intelligence School, Fort Riley, Kansas, Department of General Subjects, Tactical Psychological Warfare. The Combat Psychological Warfare Detachment, 23.9.1946, 1–19, hier 1. NARA, RG 165, E 208, B 308. Für ein anschauliches Beispiel hierfür siehe Eddy, Camp Sharpe, 25. Günter Bischof, „‚Quiet Invaders‘ Revisited: Austrian Immigration to the United States“, in: Günter Bischof (Hg.), „Quiet Invaders“ Revisited. Biographies of Twentieth Century Immigrants to the United States (= TRANSATLANTICA, Bd. 11). Innsbruck, Wien und Bozen: 2016, 7–23, hier 18. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 7 f. Siehe hierzu die teilweise autofiktionale Biografie: Habe, Ich stelle mich. Richard Akselrad und Walter Kohner arbeiteten wie Habe bereits vor der Flucht in die USA als ziviler Journalist oder Reporter. Walter Klinger und Francis Seidler waren erst in den USA als (Propaganda-)Journalisten tätig, ähnliches dürfte für Hans Adler und Jules Bond gelten, die teilweise Journalisten waren. Theresia Klugsberger, „An allen Fronten: Hans Habe als Lehrmeister psychologischer Kriegsführung und Medienorganisator in der US Army“, in: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies ( JIPSS), Vol.11, Nr. 1/2017, 62–76, hier 62. Reinhard K. Zachau, „‚Gute Europäer in Amerikas Uniform‘. Hans Habe und Stefan Heym in der Psychological Warfare“, in: Helmut Pfanner (Hg.), Der Zweite Weltkrieg und die Exilanten. Eine literarische Antwort. Bonn und Berlin: 1991, 177–186, hier 177. Edel, Visitable Past, 23. Klugsberger, „Fronten“, 63. Habe, Ich stelle mich, 492. Klugsberger, „Fronten“, 63. Ebd., 63 und 74. Bei seinem Kollegen bei Radio Luxemburg, Joseph Goularte, zeigt sich in einem Interview, wie mächtig der von Habe selbst mit erschaffene Mythos um seine Person ist: „Hans [Habe] had been very ashamed of his father [Imre Békessy] when the war broke out in […] in ’39, he signed up in the Foreign Legion and was taken prisoner by the Germans and escaped, and wrote a book about the whole situation; his service, his family, and it became a best

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seller. So this is how, because of the book, he was invited to lecture all over the country […]. And he signed up in the American army, and he […] distinguished himself in North Africa.“ United States Holocaust Memorial Museum, Washington D. C., Interview with Joseph Eaton by Judith Cohen and Steven Luckert, 27.5.2010, RG-50.030*0581, in: collections.ushmm.org/search/catalog/irn41725 (letzter Zugriff: 11.8.2017). 81 Klugsberger, „Fronten“, 64; Hans Habe, A Thousand Shall Fall. New York: 1941. 82 Klugsberger, „Fronten“, 64; Habe, Ich stelle mich, 389. 83 Hans Habe, „Reise durch die Army Camps“, in: Der Aufbau, 25.9.1942, 3. 84 Doris Griesser, „Die Geschichte der fabelhaften Ritchie Boys“, in: Der Standard, 26.8.2015, 32; vgl. auch den Aufsatz von Lackner/Florian Traussnig, „US Army“, 7–23. 85 Klugsberger, „Fronten“, 65. 86 Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Hans Habe [ASN 05210505]. NARA, RG 165, E 206, B 37; in einem für Hans Habe 1946 ausgestellten Payment Voucher als Offizier steht, dass er am 27. Mai 1943 in Oran in die „active duty“ als Offizier eingestiegen ist. Da er zuvor schon im Armeedienst war und ein anderer Payment Voucher für seine Zeit als einfacher Soldat bzw. Korporal (Army Serial Number 32719455) eine „discharge“ für Auslandsdienste bei der 1st Mobile Broadcasting Company vom 10. bis 26. Mai 1943 erwähnt, fiel der Start seiner Offizierslaufbahn mit dem Beginn des Afrika-Einsatzes zusammen. Die (großteils nicht ausgefüllte) Personal History Card zu Habe in Camp Ritchie dürfte daher erst nach seinem Afrika-Aufenthalt angelegt worden sein – zu einem Zeitpunkt also, indem man über seine Qualifikationen bereits Bescheid wusste und man diese nicht mehr zu dokumentieren brauchte. War Department, Officers’ Pay, Allowance, and Mileage Voucher, H. Maj. Habe-Bekessy, ohne Tagesdatum, April 1946. NARA, NPRC, Military Personnel File of Hans Habe, ASN 0521505; Klugsberger, „Fronten“, 65 f. 87 Habe, Ich stelle mich, 431 f. 88 Klugsberger, „Fronten“, 64; Habe, „Reise“, 3. 89 Habe, Ich stelle mich, 440; vgl. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 23 f. 90 Es ist möglich, dass sich manche im Zuge weiterer Recherchen noch als Österreicher herausstellen. 91 Edward Caskey, zitiert in Paddock, US Army, 13. 92 Laurie, Warriors, 157. 93 De Grazia, Taste, 130. 94 Rathbun, 1st MRBC, Historical Report, until August 1945, 1–5; die PWB/AFHQ war wiederum der INC unter General McClure unterstellt. 95 William E. Daugherty, „Martin F. Herz, A Propagandist of World War II“, in: Daugherty/ Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 251–257, hier 254. 96 War Department, Army Service Forces, Office of the Adjutant General, Washington, Special List of Equipment for the 1st Mobile Radio Broadcasting Co., 18.4.1943. NARA, RG 165, E 207, B 253. 97 Rathbun, 1st MRBC, Historical Report, until May 1944, 4. 98 Section I, Organization, [First] Mobile Radio Broadcasting Co[.] 4.10.1943. NARA, RG 165, E 207, B 253. 99 „[B]oth organizations [OWI and OSS] had spent months establishing a presence in the future combat zones, long before the U. S. Army arrived.“ Laurie, Warriors, 157; PWB/ AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 5. 100 Daugherty, „Martin Herz“, 254.

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„Due to the need for these specialists in various sections of PWB[/AFHQ], the 1st MRBC was not used as a propaganda unit, although its three propaganda sections and mobile 1 kw transmitters were prepared for special assignments.“ PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 5; siehe weiters Rathbun, 1st MRBC, Historical Report, until May 1944, 4; Paddock, US Army, 13; Traussnig, Geistiger Widerstand, 282. Zu Radio Algier siehe Conrad Pütter, Rundfunk gegen das „Dritte Reich“. Deutschsprachige Rundfunkaktivitäten im Exil 1933–1945. Ein Handbuch (= Rundfunkstudien, Bd. 3). München, London, New York, Oxford, Paris: 1986, 248–250; PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 5. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 5; Laurie, Warriors, 157 f. und 161. De Grazia, Taste, 164. Klugsberger, „Fronten“, 66. Habe, Ich stelle mich, 440–444. De Grazia, Taste, 164. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 4 f. Hindley, Destination Casablanca, Prologue, I–XVIII, hier XVII. Ebd., 5–7. De Grazia, Taste, 216. Später kehrte Caskey noch einmal zurück und übernahm bis 28. März 1944 das Kommando. [US Army,] Fifth Mobile Radio Broadcasting Company, PWB Combat Team, 5, in: cgsc.contentdm.oclc.org/cdm/ (letzter Zugriff: 2.5.2018). PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 6. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 8–13. Siehe das Organigramm in 5th MRBC, PWB Combat Team, 90. Laurie, Warriors, 163. Vgl. PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 8. Ebd. Paddock, US Army, 13. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 18. Für eine kurze Beschreibung eines solchen „small PWB Team“ siehe etwa de Grazia, Taste, 205. Christof Mauch, Schattenkrieg gegen Hitler. Das Dritte Reich im Visier der amerikanischen Geheimdienste 1941 bis 1945. München: 1999, 190 f. „If released the soldier will be immediately employed by the Office of War Information and sent overseas under the authority of and for the purposes set forth by the Executive Order of the President of March 9, 1943, which orders the Office of War Information to plan, develop, and execute all phases of the federal foreign propaganda program in theaters of military operations, coordinated with military plans through the planning agencies of the War and Navy Departments, subject to the approval of the Joint Chiefs of Staff and to control of the teater commanders.“ E. Davis, Office of the Director, Office of War Information, to Adjuntant General, Attention of M. Richeson, Washington D. C., on Proposed Reclassification of Eric Winters, Tagesdatum unleserlich, Mai 1944. NARA, NPRC, Military Personnel File of Eric Winters, ASN 34813484; siehe auch Winkler, OWI, 124 f. „[T]o meet specific tactical or combat propaganda needs, the U. S. Army began to co-opt OWI and OSS civilians and to develop U. S. Army psychological warfare units, which though relying on civilian expertise, were organized as military formations and were lar-

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gely apolitical and which used personnel and equipment under army control.“ Laurie, Warriors, 144. Ebd., 163–165; Winkler, OWI, 87–101; eine weniger analytische, OWI-freundliche Darstellung findet sich bei Margolin, Paper Bullets, 93. De Grazia, Taste, 179. Mauch, Schattenkrieg, 191. „The [8th] Army staff did not understand combat propaganda yet, didn’t really want to, they were interested in killing the ‚Boche‘“. De Grazia, Taste, 168. Winkler, OWI, 118–120; Margolin, Paper Bullets, 93–100. Siehe auch Talk by M. Eisenhower, Associate Director of [Office of ] War Information, before the Kansas Bankers’ Association, Topeka, Kansas, 22.5.1943. NARA, RG 208, E 1, B 9, zitiert in Traussnig, Geistiger Widerstand, 27. „As deserters carrying leaflets arrived at Allied lines in March and April [1943], the American Army became more enthusiastic about the PWB program […].“ Winkler, OWI, 117; vgl. Paddock, US Army, 14 und Caskey, „Introduction“, in: 5th MRBC, PWB Combat Team, 2 f. Wohl etwas übertrieben ist Caskeys Aussage: „ [I]n Sicily, thousands of Germans and Italians, carrying PWB leaflets and safe-conduct passes, laid down their arms.“ Caskey, „Introduction“, 3; siehe auch Margolin, Paper Bullets, 95 und 97. PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 5. Lerner, Sykewar, 83; Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 18. Caskey, Introduction, 3; siehe auch de Grazia, Taste, 165 und 239. De Grazia, Taste, 165. Die amerikanisch-russische Sängerin Regina Spektor fängt in ihrem Lied The Party (2012) den Reiz solcher hedonistischen Konfetti-Kanonaden im Stile der Urban Poetry großartig ein: „You’re like a big parade through town / you leave such a mess but you’re so fun“. De Grazia, Taste, 239 f.; siehe auch [PWB/AFHQ] HQ 5th Army Psychological Warfare Branch, Functions of the 5th Army Combat Propaganda Team, 1–61, hier 21, in: www.psywar.org/psywar/reproductions/5ACPTPWB.pdf (letzter Zugriff: 13.10.2017). HQ 5th Army/PWB, Functions, 21. Margolin, Paper Bullets, 193; Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 24. De Grazia, Taste, 239. William E. Daugherty, „Personnel Qualifications for Psychological Warfare“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 157–184, hier 161–166. „The initial PWB Combat Propaganda Team for service with the Fifth Army was attached to Fifth Army units in Mostaganem, Algeria, late in August. The team was in charge of Mr. John Whitaker of OSS […] Lt. Col. John O. Weaver, American, was second in command […].“ PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 7; Vgl. de Grazia, Taste, 161 f.; laut der Personalliste der 1st MRBC sind Habe und Herz seit November 1944 offiziell „tr[ans]f[ere]d to PWB“. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, Consolidated Roster, 1–5, hier 1. Vgl. Lackner, Camp Ritchie, 58–80. Vgl. Edel, Visitable Past, 22; Traussnig, Geistiger Widerstand, 284. Laut Fritz Molden war von Ripper „als OSS-Agent im arabischen Untergrund tätig“ und dann „gelang es ihm, in Italien während des Feldzuges von Sizilien nach Rom noch vier- bis fünfmal verwundet zu werden.“ Fritz Molden, Fepolinski und Waschlapski auf dem berstenden Stern. Bericht einer unruhigen Jugend. Wien: 1984, 319; „Wenig davon ist wahr“,

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urteilt Peter Pirker treffend über derartige Fantastereien Moldens. Pirker, Codename Brooklyn, 16. Stichhaltige Belege für derartig abenteuerliche Unternehmungen Moldens konnten Siegfried Beer bzw. ich in den OSS-Akten bis dato nicht finden, aber Operationsplanungen für eine Infiltrationsunternehmung Rippers über die Schweiz nach Österreich sind nachweisbar. Siehe A. Ulmer, OSS Operational Officer, G-A Section, to Chief, German-Austrian Section, OSS Report on GILPIN mission, 15.2.1945. NARA, RG 226, E 124, B 26; für den OSS-Personalakt Rippers siehe OSS Personnel File of Rudolf C. von Ripper. NARA, RG 226, E 224, B 808. R. von Ripper, HQ 34[th] Infantry Division, G-2, PW Interrogation Report #32 [for PWB Fifth Army], 21.10.1943. NARA, RG 407, E 47, B 1761. Siehe dazu detaillierte Case Studies in Traussnig, Militärischer Widerstand, 264–312, und Traussnig, Geistiger Widerstand, 153–213, sowie Lackner, Camp Ritchie, 68–72. Caskey, „Introduction“, 3 f. „The separate Army groups and field armies seldom found it advantageous to keep the [MRBC] companies intact. Experience demonstrated that the most effective manner of utilizing the personnel was to dispatch personnel and teams on detached duty to specific locations or to certain units for certain designated operations. When the operation for which they were assigned was completed the personnel involved were returned to the parent company for assignment elsewhere.“ William E. Daugherty, „US Psychological Warfare Organizations in World War II“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 126–135, hier 132. De Grazia, Taste, 215 f. Bill Davidson, „GI Station“, in: Yank, The Army Weekly, Vol. 3, Nr. 47, 11.5.1945, 16 f., hier 17. Diese von Habe als „531st Combat Engineer Regiment“ bezeichnete hoch spezialisierte Pioniertruppe hat „the early assault waves“ an den Stränden bei Salerno unter schwierigen Bedingungen begleitet. Martin Blumenson, Salerno to Cassino (= United States Army in World War II: The European Theater of Operations). Washington D. C.:1993, 80. Klugsberger, „Fronten“, 66; Habe, Ich stelle mich, 447–451. De Grazia, Taste, 156 f. Davidson, „GI Station“, 17. Caskey, „Introduction“, 3; dazu passt die Aussage vom (späteren) PWB-Verhörspezialisten Habe, dass er zur „H-hour plus 40 minutes“ den Kampfsoldaten in Schnellbooten nachfolgte. Habe, Ich stelle mich, 447. Davidson, „GI Station“, 17. Herz, der weniger zur Selbstdarstellung und Übertreibung neigte als Habe, riskierte laut de Grazia im Jänner 1944 bei der alliierten Landung bei Anzio als Lautsprecheransagen sein Leben und wurde dabei auch verwundet. De Grazia, Taste, 242 f. Habe, Ich stelle mich, 446; „Martin Herz arranged a number of excursions to prison camps“. De Grazia, Taste, 161; siehe auch ebd., 152. Habe, Ich stelle mich, 446 f. Kehlmann, Tyll, 223–225. Winfried B. Lerg, „Alliierter Psychokrieg am Niederrhein 1944/45. Aus den Erinnerungen eines Vernehmungsoffiziers. Ein Beitrag zur Kommunikationsgeschichte“, in: Kurt Koszyk/Volker Schulze (Hgg.), Die Zeitung als Persönlichkeit. Festschrift für Karl Bringmann (= Journalismus, Bd. 17). Düsseldorf: 1982, 195–203, hier 197. Edel, Visitable Past, 24. Klugsberger, „Fronten“, 66.

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H. Habe-Bekessy, PWB/5th Army, to HQ Fifth Army, Psychological Warfare Branch, Interrogation of P/W’s, 7.10.1943, 1–6, hier 3 und 5. NARA, RG 407, E 427, B 1761. Ebd. Der Österreicher Leopold Scheibelreiter behauptete am 29. Oktober 1943 gegenüber Habe: „Everything [that you told us in your US propaganda leaflets] about your artillery affected us. We know that this is true.“ H. Habe-Bekessy, PWB In the Field, to HQ Fifth Army, Psychological Warfare Branch, Interrogation of P/W’s, 29.10.1943, 1–4, hier 4. NARA, RG 407, E 427, B 1761. De Grazia, Taste, 239. So wandelte er etwa die in Erfahrung gebrachten Geschichten von jungen Italienern „in eine Art Hörspiel um“, das sich an italienische Hörerinnen und Hörer richtete – mit dem Ziel, den Widerstandsgeist gegen die Deutschen anzustacheln. H. Habe-Bekessy, Subject: Incidential intelligence (Italians), 1. The Story of Giacomo. 2. The Story of Anselmo. 3. The Story of Antonio, 9.10.1943. NARA, RG 407, E 427, B 1761, zitiert in: Klugs­berger, „Fronten“, 75. Klugsberger, „Fronten“, 66. Habe, Ich stelle mich, 453. „[A]t Headquarters, Fifth US Army, in Italy, he [Herz] was placed in charge of leaflet writing and interrogation of prisoners of war for psychological warfare purposes.“ Daugherty, „Martin Herz“, 254. PWB/AFHQ, PWB/5th Army-Flugblatt „Wie wurden deutsche Soldaten gefangen genommen?“, ohne Datum, vermutlich Herbst 1943. NARA, RG 226, E 92, B 508. PWB/5th Army-Flugblatt „Wie wurden deutsche Soldaten gefangen genommen?“. Martin F. Herz, „Some Psychological Lessons from Leaflet Propaganda in World War II“, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 13, Nr. 3, 1949, 471–486, hier 475. Im vermutlich von Habe auf Basis solcher Arbeiten mitverfassten MRBC-Handbuch namens PWB Combat Team stand daher folgerichtig zu lesen: „Outright propaganda – such as direct appeals to German soldiers to surrender – must be scrupulously avoided.“ 5th MRBC, PWB Combat Team, 52. Siehe hierzu Rainer Gries, „Zur Ästhetik und Architektur von Propagemen. Überlegungen zu einer Propagandageschichte als Kulturgeschichte“, in: Rainer Gries/Wolfgang Schmale (Hgg.), Kultur der Propaganda (= Herausforderungen, Bd. 16). Bochum: 2005, 9–36, hier 16. „[D]ie ‚Leute‘ […] werden nur diejenigen [Propaganda-]Texte auswählen, die auch die Möglichkeit zum Widerstehen, Ausweichen und Empören anbieten.“ Winfried Fluck, „‚Amerikanisierung‘ der Kultur. Zur Geschichte der amerikanischen Populärkultur“, in: Harald Wenzel (Hg.), Die Amerikanisierung des Medienalltags. Frankfurt am Main und New York: 1998, 13–52, hier 14 f. Edward Caskey, zitiert in Paddock, US Army, 13 f. Caskey, „Introduction“, 3; für ein Beispiel aus der Italien-Phase siehe PWB/AFHQFlugblatt Frontpost, Nr. 6, 8.12.1943, in: www.psywar.org/product_1943PWBFP006.php (letzter Zugriff: 11.8.2017). Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 24. Habe, Ich stelle mich, 452; Vgl. dazu die offizielle PWB/AFHQ-Historie: „With the Salerno landing on September 9, 1943, and the capture of Naples on October 1, PWB took advantage of the facilities available for printing leaflets, news dissemination, radio propaganda activity and motion picture programs. Large numbers of specialists, mostly civilian, were

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rushed to the new center at Naples, where the Italy Headquarters of PWB was set up […].“ PWB/AFHQ, Psychological Warfare in the Mediterranean Theater, 7. In der von Rathbun verfassten Unit History der 1st MRBC erfährt man etwa nichts über eine derartige Aktion Habes. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1–28. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 1; dies trägt auch der bereits erwähnten Kritik des Ritchie Boy und 1st MRBC-Manns Alfred de Grazia Rechnung. De Grazia, Taste, 130 und 133 f. De Grazia, Taste, 134 und 166; vgl. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 2. Diese bestand aus 5. US-Armee und 8. britischer Armee. Die Einheit wurde der Information Services Branch zugeteilt und war im Zuge der pressemedialen Besatzungstätigkeit für die Inbetriebnahme von „Radio Linz“ verantwortlich. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 25 f. Habe, Stunde Null, 7–9. Brief von W. Klinger, 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, an H. Klinger, Burbank, Kalifornien, 6.2.1944. USC [University of Southern California, Los Angeles] Special Collections, Walter A. Klinger papers 6044, B 5, F 3. Hanna Kohner/Walter Kohner (mit Frederick Kohner), Hanna and Walter. A Lovestory. New York: 1984, 132. MITC Camp Ritchie, Maryland, Grades&Qualifications, 13th Class, 30.10.1943. NARA, RG 165, E 207, B 259. Peter Weidenreich, zitiert in Eddy, Camp Sharpe, 21. Kohner, Hanna and Walter, 131. Jaffe, History, 2nd MRBC, 19. Dazu der frankophile, US-amerikanische MRBC-Soldat Leon Edel: „I left Camp Ritchie with distinct regrets. It had been a lively little Europe, a glance back in my own cosmopolitan roots.“ Edel, Visitable Past, 22. Ebd., 22; vgl. Habe, Stunde Null, 9. Laurie, Warriors, 157. Daugherty, „Personnel“, 161–181. Habe, „Reise“, 3; in seinen klugen und teils geschichtsphilosophisch angelegten Aussagen im Zuge eines Oral-History-Interviews stellt der (zum Zeitpunkt der Aufnahme 81jährige) exilösterreichische „Combat Engineer“ und Militärregierungsmann Charles Winter klar: „The military organization is not a democracy, and we tend to forget that.“ Interview Lee Cortnage with Charles Winter, 14.5.2003. Library of Congress, American Folklife Center, Veterans History Project, Charles Winter Collection (AFC/2001/001/18478). Arthur T. Hadley, Heads or Tails. A Life of Random Luck and Risky Choices. New York: 2007, 85. So schreibt etwa Paul Linebarger in Hinblick auf die Kampfpropagandateams, die in Nordafrika und Italien operierten: „OWI and other civilian persons were put into uniform and given simulated rank, sometimes wildly disproportionate to their Army counterparts.“ Linebarger, Psychological Warfare, 251. Siegwald Ganglmair, Amerikanische Kriegspropaganda gegen das Deutsche Reich in den Jahren 1944/45. (Diss.) Wien: 1978, 127. Laurie, Warriors, 157; Traussnig, Geistiger Widerstand, 289 f. Milton R. Stern, zitiert in Eddy, Camp Sharpe, 33; vgl. Kohner, Hanna and Walter, 132.

Anmerkungen

205 Traussnig, „Lager“, 251. 206 Fred Perutz (with David Wilk), From Anschluss to America, unpaginiertes und undatiertes Manuskript, Chapter Seven, Military Intelligence. Privatbestand David Wilk. 207 Habe, Ich stelle mich, 454; Eddy, Camp Sharpe, 12. 208 Habe, Stunde Null, 9. 209 Vgl. Traussnig, „Lager“, 244–25. 210 Brief von W. Klinger, 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, Camp Ritchie, Maryland, an H. Klinger, Los Angeles, Kalifornien, 7.2.1944. USC, Klinger papers, B 5, F 3. 211 US Army, Brief Summary of War Department Participation in Psychological Warfare, 2. 212 War Department General Staff Circular No. 5–2, Organization Military Intelligence Division, G-2, Propaganda Branch, 19.10.1944, in: in: www.cia.gov/library/readingroom/docs/ CIA-RDP80R01731R003600020029–4.pdf (letzter Zugriff: 3.8.2018). 213 J. Hull, Acting Assistant Chief of Staff, to War Department General Staff, Operations Division, Memorandum for Assistant Chief of Staff, G-2 and Commanding General, Army Service Forces, Activation of Mobile Radio Broadcasting Companies, 14.12.1943. NARA, RG 165, E 207, B 253. 214 History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 9. 215 Siehe hierzu das nächste Kapitel. 216 History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 9. 217 „The organization of these [MRBC] companies was the result of hasty improvisation in the US in 1943 and 1944.“ Daugherty, „US Psychological Warfare Organizations“, 132. 218 Hull, Memorandum, Activation of MRBCs, 14.12.1943. 219 Hanuš Burger, Der Frühling war es wert. Erinnerungen. Frankfurt am Main, Berlin und Wien: 1977, 141. 220 Habe, Ich stelle mich, 454; vgl. Kohner, Hanna and Walter, 132. 221 Hans Habe, Im Jahre Null. München: 21977, 11 f. 222 Habe, Ich stelle mich, 454. 223 Burger, Frühling, 125 und 139. 224 Diese Soldaten waren natürlich nicht „zufällig“ in Camp Ritchie, sondern wurden vom Lockartensuchsystem auf Grundlage ihrer Fremdsprachenkenntnisse und intellektuellen Eignung fürs MITC ausgewählt. Dass derartige Soldaten auch bei der Propagandatruppe gefragt sind, liegt auf der Hand. 225 Habe, Im Jahre Null, 12. 226 Ebd., 8. 227 Michael Köhlmeier, Das große Sagenbuch des klassischen Altertums. München: 82007, 28. 228 Jaffe, History, 2nd MRBC, 17. 229 Section I, Organization, Mobile Radio Broadcasting Co[.] 18.10.1943. NARA, RG 165, E 207, B 253. 230 In manchen Aufstellungen wird auch der sogenannte Motor Pool (Kraftfahrzeuge und Fahrer) erwähnt. Siehe Eddy, Camp Sharpe, 18; Jaffe, History, 2nd MRBC, 28. 231 Section I, Organization, 18.10.1943. 232 A. Jaffe to Commanding General, Special Troops 12th Army Group, Report of Activities of Second Mobile Radio Broadcasting Company, 12.4.1945. NARA, RG 338, E 4072, B 5711. 233 Mit „linguists“ sind hier wohl allgemein „sprachkundige“ bzw. deutschsprachige Propagandamitarbeiter gemeint. 234 Jaffe, History, 2nd MRBC, 19.

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Stefan Heym, Reden an den Feind (Herausgegeben von Peter Mallwitz). Frankfurt am Main: 1988, 9. A. Jaffe, HQ 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, First Anniversary of Company, 29.12.1944. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Hull, Memorandum on Activation of MRBCs, 14.12.1943, Inclosure: Spec[.] T/O&E for Mob[.] Radio Broadcasting Co., Propaganda Section. Jaffe, History, 2nd MRBC, 17. Siehe Lackner, Camp Ritchie, 39. Burger, Frühling, 143. In der Tat wurde Kohner am 25. Mai 1944 im MITC befördert, aber nicht zum Sergeant, sondern zum „Technician 4th Grade“, was vom Dienstrang fast gleichwertig ist. Training Records MITC Camp Ritchie, Class Card of Walter Kohner. NARA, RG 165, E 206, B 10. Kohner, Hanna and Walter, 132. Edel, Visitable Past, 22. Ebd., 22–24. F. Seidler, Application for [OSS-]Employment, 23.1.1943; OSS Personnel File of Francis Seidler. NARA, RG 226, E 224, B 694. Vgl. das Kapitel 3.1. zum „Aachen Scandal“ in diesem Buch. Habe, Im Jahre Null, 12. Training Records of the Military Intelligence Training Center, Camp Ritchie, Personal History Card of Jacob I. Tennenbaum, ASN 01081764. NARA, RG 165, E 206, B 50. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Hans Adler. NARA, RG 165, E 206, B 29. Das Army Specialized Training Program (ASTP) war ein mit amerikanischen Hochschulen umgesetztes Ausbildungsprogramm der US Army, das vielversprechenden, wissenschaftlich oder technisch beschlagenen Soldaten eine straffe Spezialausbildung auf akademischem Niveau, die den Anforderungen der modernen Kriegführung entsprechen sollte, angedeihen ließ. Das ASTP versuchte also an über 200 Universitäten ambitionierte Kurse in Bereichen wie Medizin, Technik, Agronomie, Kommunikationslehre und Psychologie mit einer anspruchsvollen militärischen Ausbildung zu verbinden. Es war ein Sammelbecken für vielversprechende Offiziersanwärter mit hoher Intelligenz (auch „quiz kids“ genannt). Das ASTP-Konzept war jedoch nicht ausgereift und wurde vor allem wegen der „manpower shortage“ an der europäischen Front vorzeitig eingestellt. Weitgehend übernommen aus Traussnig, Militärischer Widerstand, 76 und 84; Lackner, Camp Ritchie, 205 f. MITC, Personal History Card Adler; US Army Separation Qualification Record of Hans Adler, ASN 36015121, undatiert, wahrscheinlich November 1945. NARA, NPRC Military Personnel File of Hans Adler, ASN 36015121. US Army Separation Qualification Record of Richard Akselrad, ASN 35804724, 26.10.1945. NARA, NPRC, Military Personnel File of Richard Akselrad, ASN 35804724. David A. Hackett (Hg.), Der Buchenwald Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. München: 22010, 425. Habe, Ich stelle mich, 454. Jules Jerome Bond (Hg.), The Metropolitan Opera Cookbook. New York: 1988. E. Cushing, Area Operations Officer, MO Branch, ETO, OSS Requisition Sheet of Walter Straus, 7.12.1943. OSS Personnel File of Walter Straus. NARA, RG 226, E 224, B 752 Detachment of Patients, 3593rd Service Unit, Fletcher GH, Cambridge, Ohio, Final Pay-

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ment Roll for Private Walter Straus, 19.12.1944. NARA, NPRC, Military Personnel File of Walter Straus, ASN 32863447. Eddy, Camp Sharpe, 135 f. Eddys Behauptung, dass Straus in England gedient hätte, konnte ich bis dato nicht verifizieren. A. Jaffe, HQ 2d Mobile Radio Broadcasting Company, Report „After Action Against Enemy“, 30.10.1945. NARA, RG 407, E 427, B 18468; für eine Kriegsbiografie zu Lorenz siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 341–353 sowie das Kapitel 2.5.2 in diesem Band. R. Craft, HQ T-Force, Twelfth Army Group, Commendation of Tec 5 Erwin Benkoe, 32907329, 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, 28.12.1944; Question Sheet zu T/5 Erwin Benkoe, undatiert, vermutlich Ende November 1944; beide in NARA, NPRC, Military Personnel File of Erwin Benkoe, ASN 32907329. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Felix Mayer. NARA, RG 165, E 206, B 43. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Rudolf Moskovits. NARA, RG 165, E 206, B 44; Jaffe, History, 2nd MRBC, 13; Traussnig, Geistiger Widerstand, 289 und 293. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es weltweit „die ersten Blütphasen der gedruckten Fotografie. Der Bedarf an Bildern für die Presse war enorm […] In den zwanziger und dreißiger Jahren entstanden in Europa und in den USA – nicht zuletzt auch unter dem Einfluss von Bauhaus und künstlerischer Avantgarde – neue Formen der gedruckten Fotografie. Die mediale Praxis betraf hierbei insbesondere die Werbung (Zeitungsanzeigen, Prospekte) und die politische Propaganda (Plakate, Flugblätter), aber auch die Presse.“ Irene Ziehe/ Ulrich Hägele, „Fotografie gedruckt“, in: Irene Ziehe/Ulrich Hägele (Hgg.), Gedruckte Fotografie. Abbildung, Objekt und mediales Format (= Visuelle Kultur. Studien und Materialien, Bd. 10). Münster: 2015, 9–12, hier 9. Widerstand, 188. Hartmut Stöckl, „Multimediale Diskurswelten“, in: Bernhard Kettemann/Martin Stegu/ Hartmut Stöckl (Hgg.), Mediendiskurse. verbal-Workshop Graz 1996. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris und Wien: 1998, 73–92, hier 77; Traussnig, Geistiger Widerstand, 188. Ziehe/Hägele, „Fotografie“, 9. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Howard K. Marr. NARA, RG 165, E 206, B 42. Clive E. Shives (Hg.), History of the 5th Mobile Radio Broadcasting Company. Bad Nauheim: 1945, unpaginiert, in: NARA, RG 407, E 427, B 18359. George Rowen Papers, Special Collections Research Center, Syracuse University Libraries [Online Inventory], in: library.syr.edu/digital/guides/r/rowen_g.htm (letzter Zugriff: 21.8.2017). Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of George R. Rowen. NARA, RG 165, E 206, B 47. Ebd. Training Records MITC Camp Ritchie, Class Card of George R. Rowen. NARA, RG 165, E 206, B 15. George Rowen Papers, Online Inventory; da der Nachlass Rowens für dieses Buch nicht ausgewertet wurde, fehlen hier genauere Angaben über Rowens Fotografentätigkeit in Nordwest- und Mitteleuropa. Vermutlich produzierte er Bilder für die armeeinterne PR und vielleicht auch Output-Material für die Feindpropaganda in Flugblättern. Perutz, Anschluss, Chapter Two, Escape, unpaginiert.

425

426

Anmerkungen

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294 295

US Army, Service Record of Frederick Perutz, [wegen Brandschäden] unpaginiert. NARA, NPRC, Military Personnel File of Fred Perutz, ASN 32715877. Für eine detaillierte Darstellung vor dem Hintergrund der österreichischen Exilwiderstandsdebatte siehe Traussnig, Militärischer Widerstand, 36–93. Simon, Augenzeuge, 281. Lackner, Camp Ritchie, 43. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Fred Perutz. NARA, RG 165, E 207, B 45. Es gibt für Anfang 1944 Marschbefehle, die Perutz’ Aufenthalt in Universitätsstädten wie New York, Boston, Grinnell oder Portland belegen. T. Knipe, Extract S[pecial]O[rder] 9, for Timothy W. Knipe, Martin I. Freeman Jr., Harry Herzog, Peter R. Michel, Frederick W. Perutz, 11.1.1944. NARA, RG 165, E 207, B 274; W. Rapp, Extract SO 50, for Walter H. Rapp, Henry Goldschmidt, Frederick W. Perutz et al., 28.2.1944. NARA, RG 165, E 207, B 275. Perutz, Anschluss, Chapter Seven, Military Intelligence, unpaginiert; Eddy, Camp Sharpe, 15. Perutz, Anschluss, Chapter Seven, unpaginiert. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Eric Winters. NARA, RG 165, E 206, B 52; Training Records MITC Camp Ritchie, Class Card of Eric Winters. NARA, RG 165, E 206, B 19. Gemäß der präsidialen Verfügung Nr. 9312 vom März 1943 ist OWI „die Behörde, die Informationen im Ausland verbreitet und die offene, offizielle amerikanische Propaganda betreibt. Es wird ihr die Einschränkung auferlegt, daß bei beabsichtigten militärischen Operationen Propagandakampagnen von der Genehmigung der Vereinten Stabschefs abhängig sind“. Zitiert in: Klaus Kirchner, Flugblätter aus den USA 1943/44 (= Flugblattpropaganda im 2. Weltkrieg. Europa, Bd. 6), XIV. Davis, OWI, Reclassification of Eric Winters, Mai 1944. MITC Class Card Winters. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Office of War Information, OWI in the ETO. A Report on the Activities of the Office of War Information in the European Theatre of Operations, January 1944–January 1945. London: 1945, 22; History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 10. Traussnig, Militärischer Widerstand, 18. Robert Lackner/Florian Traussnig, „Kluge Köpfe statt Bomben und Drohnen“, Gastkommentar in: Die Presse, 11.12.2015, 26. Edel, Visitable Past, 61. „[T]he Americans […] were not afraid to listen to bright civilians […] now in uniform and above all they were not afraid to experiment.“ Antony Beevor, D-Day. The Battle for Normandy. London: 2012, 14. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Sharpes zukunftsweisende Intelligence-Einheit arbeitete 1863 bereits mit Kriegsgefangenenbefragungen und war eine „all-source intelligence organization, arguably the first in the Army.“ Ruth Quinn, „Col. George H. Sharpe appointed Army of the Potomac’s Intelligence Chief, Feb. 11, 1963“, in: www.army.mil/article/119748/Col__George_H__ Sharpe_appointed_Army_of_the_Potomac_s_intelligence_chief__Feb__11__1863/ (letzter Zugriff: 15.8.2017); siehe auch Finnegan, Military Intelligence, 10. Ebd. Vgl. Burger, Frühling, 140.

Anmerkungen

296 Habe, Ich stelle mich, 454. 297 Jaffe, History, 2nd MRBC, 19. 298 Das Civilian Conservation Corps (CCC) war ein Programm, mit dem die Roosevelt-Administration im Zuge des New Deal die aufgrund der Weltwirtschaftskrise hohe Jugendarbeitslosigkeit bekämpfte. Das zuvor als CCC Camp MP-2 (später NP-2) bekannte Lager beherbergte „an all-Black unit of Civilian Conservation Corps members brought in to clear the battlefield of brush, build bridges, roads, and outbuildings, and in general beautify the battlefield [of Gettysburg] […].“ Eddy, Camp Sharpe, 12; siehe auch Casimer Rosiecki, „Fighting Today for a Better Tomorrow. The Civilian Conservation Corps at Gettysburg“, unpaginiert, in: The Blog of Gettysburg National Park, https://npsgnmp. wordpress.com/2015/03/26/fighting-today-for-a-better-tomorrow-the-civilian-conservation-corps-at-gettysburg/ (letzter Zugriff: 3.8.2018); Habe, Stunde Null, 9. 299 History of Military Intelligence Training at Camp Ritchie, Maryland, Vol. I, Development, 28 f. NARA, RG 319, E 145D, Microfilm Copy of Unpublished WWII and Korean Conflict Publications, B 1, Rolls A1-A3. 300 Ebd.; Eddy, Camp Sharpe, 13 f.; Finnegan, Military Intelligence, 67. 301 Siehe hierzu Eddy, Camp Sharpe. 302 Sehr informativ ist die Kompaniegeschichte der 2nd MRBC: Jaffe, History, 2nd MRBC. 303 Neben den Erinnerungen des Exilösterreichers Habe sind hier unter anderem die Schriften seines Landsmanns Walter Kohner und jene des deutschen Multipropagandisten Stefan Heym zu nennen: Kohner, Hanna and Walter; Stefan Heym, Nachruf. München: 2011; sowie Heym, Reden. 304 5th MRBC, PWB Combat Team; mit PWB Combat Teams sind in diesem Buch in der Regel jene Kampfpropagandatruppen gemeint, die an eine (amerikanische) Feldarmee angeschlossen sind. Im Appendix des genannten PWB-Handbuchs wird ein PWB Combat Team erwähnt, das eine direkt der PWB/AFHQ unterstellte Organisationsform darstellt und den Kampfpropagandatrupps im Feld quasi übergelagert ist. Ebd., 90. 305 US Army Separation Qualification Record of H. Adler, undatiert. 306 Morning Report Locator Card of Hans Adler, 36015121, S SG, DML, 2 M RA BR CO CP RITCHIE, 17[.]01[.194]4. Military Personnel File Adler. 307 Eddy, Camp Sharpe, 17. 308 Jaffe, History, 2nd MRBC, 19. 309 Walter Klinger sah im Februar 1944 mit der 2nd und 3rd MRBC „schon um 5h morgens die ‚Stars + Stripes‘ aufziehen“. Brief, W. Klinger, 2nd MRBC, an H. Klinger, Los Angeles, 7.2.1944. USC, Klinger papers, B 5, F3. 310 Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. 311 Jaffe, History, 2nd MRBC, 19. 312 Perutz, Anschluss, Chapter 7, unpaginiert. 313 Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. 314 Vgl. Hull, Memorandum on Activation of MRBCs, 14.12.1943, Inclosure: Propaganda Section. 315 Burger, Frühling, 142. 316 Da auf vier Personalkarten keine Angabe zur Religion gemacht wurde, ist der Anteil der Juden wohl noch höher. 317 Manfried Rauchensteiner, Unter Beobachtung. Österreich seit 1918. Wien, Köln und Weimar: 2017, 181. 318 Eddy, Camp Sharpe, 23 f.

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428

Anmerkungen

319

Hans-Jürgen Fink/Michael Seufert, Georg Kreisler. Gibt es gar nicht. Die Biographie. Frankfurt am Main: 2005, 113. 320 Vgl. Habe, Ich stelle mich, 446 f. 321 „Material [of the PWB Combat Team Handbook] is drawn largely from lectures received by the Fourth and Ftfth Mobile companoies during their training course“. 5th MRBC, PWB Combat Team, unpaginiertes Vorwort. 322 5th MRBC, PWB Combat Team, Contents, unpaginiert. 323 Vgl. Lerner, Sykewar, 27–29. 324 Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 262, 322, 326 und 336 f. 325 Vgl. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. 326 5th MRBC, PWB Combat Team, 6 f. 327 Jörg Später, Siegfried Kracauer. Eine Biographie. Berlin: 2016, 45. 328 Siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 36 f. 329 Lerner, Sykewar, 29; für eine sehr gegenwartsbezogene und pointierte Problematisierung dieses Phänomens siehe Harald Welzer, „Was Hitler sagt, das glaube ich“, in: ZEITGeschichte, Nr. 3/2017, 76–81. 330 Eine beißende – und lesenswerte – Kritik an solchen „pubertären Theoretikern“, die mit ihrem selbstgerechten und theoriegeschwängerten Relativismus jeglichen Glauben an die Existenz von wissenschaftlicher Erkenntnis und Fakten jahrzehntelang unterminiert und dadurch auch den 2016 erfolgten Triumphzug des Postfaktischen und die Wahl Donald Trumps mit ermöglicht hätten, liefert: Michael Hampe, „Katerstimmung bei den pubertären Theoretikern“, in: Die Zeit, 19.12.2016, in: www.zeit.de/2016/52/kulturwissenschaft-theorie-die-linke-donald-trump-postfaktisch-rechtspopulismus (letzter Zugriff: 1.9.2017). 331 Später, Kracauer, 45. 332 Karl R. Popper, The Open Society and its Enemies. The Spell of Plato, Bd. 1. London 51966, 22 f. und 157–159; vgl. auch den Ansatz des empirischen Realismus in der Propagandaanalyse bei: William E. Daugherty, „Evaluation of Combat Propaganda“, in: Daugherty/ Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 684–696. 333 Vgl. hierzu allgemein den Band von Andreas Elter, Die Kriegsverkäufer. Geschichte der USPropaganda 1917–2005. Frankfurt am Main: 2005. 334 Jürgen Heideking, „Die Amerikaner am Rhein. Kriegsende und frühe Besatzungszeit in amerikanischer Perspektive“, in: Jost Dülffer (Hg.), „Wir haben schwere Zeiten hinter uns.“ Die Kölner Region zwischen Krieg und Nachkriegszeit (= Veröffentlichungen des Kölner Geschichtsvereins e. V., Bd. 40). Vierow: 1996, 71–87, hier 71; siehe auch Traussnig, Geistiger Widerstand, 35–38, sowie Henry Kissinger, Weltordnung. München: 2014, 265. 335 Zitat aus Heym, Nachruf, 326. 336 Klugsberger, „Fronten“, 69. 337 5th MRBC, PWB Combat Team, 7 f. 338 Exemplarisch ist hier der Fall des Leopold Scheibelreiter zu nennen. M. Herz, Morale Interrogations of German Prisoners, Weekly Report, 23.10.1943; H. Habe-Bekessy, Interrogation of P/W’s, 29.10.1943, 1–4, hier 4; beide in NARA, RG 407, E 427, B 1761. 339 Heinz Starkulla jr., Propaganda. Begriffe, Typen, Phänomene. Baden-Baden: 2015, 314. 340 5th MRBC, PWB Combat Team, 15. 341 Vgl. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. 342 Eddy, Camp Sharpe, 30 f. 343 Ebd; im Personalakt des Österreichers Herbert Lobl erfährt man, dass dieser den Umgang

Anmerkungen

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mit Granaten geübt und den Infiltration Course absolviert hat. US Army, Service Record of Herbert Lobl, ASN 39209709, unpaginiert. Military Personnel File Lobl. Kohner, Hanna and Walter, 133. Dabei handelt es sich wohl um einen Ausbildungsteil aus seinem vorher absolvierten MITC-Basiskurs in Camp Ritchie. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Alfred W. Bass. NARA, RG 165, E 206, B 30; Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. War Department, MITC Camp Ritchie, Maryland, Special Orders by Command of Col. Banfill, 13.6.1944, 1–3, hier 2. USHMM, Henry Alter papers, 1840–1999, Series 3: Military Service, Material from Bound File „Personal 201 File: Henry C. Alter, Aug–Oct 43“. Jaffe, History, 2nd MRBC, 21. H. Habe-Bekessy, [to] PWB/5th Army, On Special Mission, Report on the Visit to the P/W Camps in the United States, 18.4.1944, 1–36, hier NARA, RG 208, E 360, B 118. Ebd. 8. Ebd. 35 f. Für Wittlers Arbeiten siehe die Kapitel 2.3.2–2.3.5 in diesem Band. Für Seidlin vgl. auch Traussnig, Geistiger Widerstand, 335. Zur Genese dieser Flugblatt-Variante und zu konkreten Beispielen siehe das Kapitel 2.2.2 dieses Buchs. OWI-[PWS/AFHQ]-Flugblatt USG 15 FL, „Passierschein“, vermutlich November oder Dezember 1943. NARA, RG 226, E 112, B 1. P. Friedman, Report on PW Interrogation of J. Koch, PWE 10, 3rd Army, 15.12.1944. Hoover Institution Archives, Daniel Lerner collection, B 54, F 5. Siehe hierzu S. 215 in diesem Buch. Habe-Bekessy, Report on the Visit to the P/W Camps, 35. Von mir paraphrasiert und in direkte Rede gesetzt nach der englischen Vorlage von Kohner, Hanna and Walter, 134. Ebd., 135.

2

Die Sharpe Boys am Zenit: Kampfeinsatz in Westeuropa und Deutschland

1

R. McClure, Chief, P&PW Div., Headquarters COSSAC, Publicity and Psychological Warfare Division, Psychological Warfare Branch. Composition, Functions and Relations to other Agencies or Departments, 8.1.1944, 1–5, hier 2. NARA, RG 208, E 6G, B 10. Laurie, Warriors, 191. Siehe hierzu das informative Standardwerk von Laurie, Warriors. General Board, Psychological Warfare in the ETO, 21; Zeitweilig figurierte diese „staff division“ im SHAEF-Organigramm als Publicity&Psychological Warfare Division unter dem Begriff „G-6“. Headquarters US Forces, European Theater (Hg.), The Psychological Warfare Division, Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force. An Account of Its Operations in the Western European Campaign 1944–1945. Bad Homburg: 1945, 16. Ebd., 13. Laurie, Warriors, 187; siehe auch PWD/SHAEF, Account, 16. McClure, Psychological Warfare Branch. Composition, 8.1.1944, 1. Laurie, Warriors, 186. Davis, OWI, Reclassification of Eric Winters, Mai 1944.

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R. Sherwood, to W. B. Smith, Chief of Staff, Supreme Headquarters, Alllied Expeditionary Force, 14.9.1944. NARA, RG 331, E 88, B 53. Lerner, Sykewar, 47. Ganglmair, Kriegspropaganda, 83. Vgl. Starkulla jr., Propaganda, 322. Hindley, Destination Casablanca, 149. PWD/SHAEF, Account, 161. Jan Isenbart, „Britische Flugblattpropaganda gegen Deutschland im Zweiten Weltkrieg“, in: Jürgen Wilke (Hg.), Pressepolitik und Propaganda. Historische Studien vom Vormärz bis zum Kalten Krieg. Köln, Weimar und Wien: 1997, 191–256, hier 210. [PWD/SHAEF], Provisional Directive for Psychological Warfare and Control of Information Services in Germany, 8.10.1944, unpaginierter Annex. NARA, RG 331, E 87, B 19. Nach Laurie, Warriors, 188 f. Hier ist anzumerken, dass die britischen und kanadischen Verbände der 21. Armeegruppe dazu neigten, ihre eigene Propaganda-„Show“ abzuliefern und sich wenig um die Vorgaben der PWD-Spitze zu scheren. Lerner, Sykewar, 56. PWD/SHAEF, Account, 13. Ebd., 15; „Die Stellvertreter von General McClure, welche mit der Formulierung der Propagandapolitik für die ganze psychologische Kriegführung von SHAEF veranwortlich waren, trafen sich mit dem PWD-Chef an jedem Wochentag außer Samstag, um die aktuellen ‚policy‘-Angelegenheiten zu besprechen. Dieses ‚Joint Deputy Committee‘, das in ‚Psychological Warfare and Policy Committee‘ umbenannt wurde, war das ‚top policy committee‘ der PWD.“ Ganglmair, Kriegspropaganda, 107. Dazu zählt auch der 1944 bereits abgerüstete, vom OWI aber wieder „reaktivierte“ Ritchie Boy und österreichische MITC-Absolvent Bert L. Werner. Er arbeitete auch unter dem Dach der PWD/SHAEF als Propaganda-Nachrichtenoffizier in London. Obwohl er keine MRBC-Ausbildung in Gettysburg erhalten hat, zählt er im weiteren Sinne auch zu den Sharpe Boys. Siehe hierzu detailliert Traussnig, Militärischer Widerstand, 137–147 sowie J. Dunner, [OWI London] Intelligence Section, Progress Report for September, 4.10.1944. NARA, RG 208, E 6J, B 4. Ganglmair, Kriegspropaganda, 107. Ebd., 106. Ebd., 107. Klaus-Dietmar Henke, Die amerikanische Besetzung Deutschlands. München: 21996, 299 f. Ähnlich dargestellt in Traussnig, Geistiger Widerstand, 288. Laut Henke machte Churchill in Casablanca den letztlich umgesetzten Vorschlag, „unter Verwendung des Terminus ‚unconditional surrender‘ eine Erklärung herauszugeben, daß die Vereinten Nationen den Krieg bis zu seinem ‚bitteren Ende‘ führen und in ihre Anstrengungen so lange nicht nachlassen würden, bis Deutschland und Japan bedingungslos kapituliert hätten.“ Ebd., 59; vgl. auch Lerner, Sykewar, 21–23; siehe für eine spannende historische Rahmung Hindley, Destination Casablanca, 378–383. Henke, Besetzung, 300. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 45. Henke, Besetzung, 42. L. Allen, Chief of Staff, GSC, Chief of Staff, HQ First US Army Group, Publicity and Psychological Warfare Organziation and Operation, 3.7.1944, 1–5, hier 4. NARA, RG 331, E 198, B 140.

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Ebd., 1. Vgl. die Beschreibung dieses Postens bei History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 13. Jaffe, History, 2nd MRBC, 25. 12th Army Group, Report of Operations, P&PW Section, 3 f. Allen, Publicity and Psychological Warfare Organziation, 3.7.1944, 1. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 19. Formell gehörten die MRBCs zu den sogenannten Special Troops und zum 72nd Publicity Service Battalion. 12th Army Group, Report of Operations, P&PW Section, 2–4. L. Allen, Chief of Staff, GSC, Chief of Staff, HQ 12th US Army Group, Publicity and Psychological Warfare Organziation and Operation, 21.6.1945, 1–5, hier 5. NARA, RG 331, E 198, B 140. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 19. Report of Operations 12th Army Group, HQ Special Troops, 72. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 27–29; Jaffe, History, 2nd MRBC, 23–25. Eddy, Camp Sharpe, 45; History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 29 f. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 29. „2nd MRB, which arrived 7 April 1944, recieved [sic!] quite extensive training. However[,] 3rd MRB, which arrived 23 May 1944, had insufficient time to take full advantage of the training program and facilities which had been provided.“ History, P&PW, 12th Army Group (Typoskritpt), 19. Jaffe, History, 2nd MRBC, 24 f. Igor Cassini, zitiert in Eddy, Camp Sharpe, 45. Fink/Seufert, Kreisler, 117. Jaffe, History, 2nd MRBC, 25. Igor Cassini, zitiert in Eddy, Camp Sharpe, 45. Jaffe, History, 2nd MRBC, 25. „Our ‚Prop‘ section was bundled off to Brondesbury for three weeks of intensive training. They were given physical endurance tests […]. The physical training strongly indicated preparation for combat, however, the men received technical training along the lines of information control in an occupation area which portrayed Allied leaders’ confidence of an early victory.“ Shives, History, 5 th MRBC, unpaginiert; vermutlich aus Zeitmangel mussten bei der 5th MRBC Körperertüchigung und Propagandatraining in Brondesbury zusammengelegt werden. Perutz, Anschluss, Chapter 8, unpaginiert; Perutz’ autobiografische Angaben zum „Exklusivflug“ nach Europa werden bestätigt durch die Militärakten. Extract SO 169, for Albert G. Rosenberg, Frederick W. Perutz, Paul A. Mayer et al., 16.7.1944. NARA, RG 165, E 207, B 275. Perutz, Anschluss, Chapter 8, unpaginiert. Die Beschreibung des mit Perutz offensichtlich rivalisierenden Teamkameraden Paul Mayer legt nahe, dass es sich bei diesem „lonely place“ um das CSDIC-Verhörlager und -Abhörlager Trent Park handelt. Auf das CSDIC-Konzept komme ich in diesem Buch noch zu sprechen. P. Mayer, 32420055, Psych. Warf. Div., Supr. Hqs. All. Exp. Force, [United Kindgom] to M. Mayer, New York, 8.8.1944. Leo Baeck Institute, Papers of Paul A. Mayer, AR 255 89, in: http://access.cjh.org/query.php?term=%22paul+a.+mayer%22&qtype=basic&stype=contains&paging=25&dtype=any&repo=all&go=#1 (letzter Zugriff: 3.8.2018).

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Leon Edel von der 3rd MRBC hingegen, der eine „series of crash lectures, mostly by executives from the National and Columbia Broadcasting Systems, and by journalists from Time, Life, Newsweek“ erhalten hatte, blickte auf seine journalistische Schnellausbildung in London mit Skepsis zurück. Edel, Visitable Past, 32. Lackner, Camp Ritchie, 86–91 und 107 f. Falko Bell, Britische Feindaufklärung im Zweiten Weltkrieg. Stellenwert und Wirkung der „Human Intelligence“ in der britischen Kriegführung 1939–1945 (= Krieg in der Geschichte, Bd. 95). Paderborn: 2016, 288 und 311. Unbetitelte Inhaltsangabe im Folder „The German Deserter“ etc by Lt. Col. Dicks, undatiert. NARA, RG 331, E 87, B 21. Die „Unpoliticals“ schätzte Dicks mit 40 % hier als größte Gruppe ein. Siehe Henry Dicks, „German Personality Traits and National Socialist Ideology. A War-Time Study of German Prisoners of War“, in: Daniel Lerner (Hg.), Propaganda in War and Crisis. New York: 1951, 100–161, hier 112. Dicks, „German Personality Traits“, 112. Gerd Horten, Radio Goes to War. The Cultural Politics of Propaganda during World War II. London: 2003, 7. Bell, Britische Feindaufklärung, 311 f. Dicks, „German Personality Traits“, 126 f. und 130. Ebd., 100. H. Dicks, The German Deserter, undatiert, unpaginierter Abschnitt: A Report from A.F.H.Q. NARA, RG 331, E 87, B 21. Bell, Britische Feindaufklärung, 312. Andreas Kranebitter, „Die Vermessung der Konzentrationslager. Soziologiegeschichtliche Betrachtungen zum sogenannten Buchenwaldreport“, in: Regina Fritz/Éva Kovács/Béla Rásky (Hgg.), Als der Holocaust noch keinen Namen hatte. Zur frühen Aufarbeitung des NSMassenmordes an den Juden. Wien: 2016, 63–86, hier 71 f. und 75; siehe vor allem Lerner, Sykewar, 109 f. und 121–124. Jaffe, History, 2nd MRBC, 25 f. Laurie, Warriors, 191. Arthur Jaffe, zitiert in: Eddy, Camp Sharpe, 50. R. Craft, Chief, Psychological Warfare Section, General Board, US Forces, ETO, Report on Psychological Warfare, Study Nr. 131, 11.5.1946, 1–55, hier 12. NARA, RG 407, E 427, B 266. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 293. Siehe allgemein Jaffe, History, 2nd MRBC, sowie Shives, History, 5th MRBC. Heym, Reden, 9. W. Lange, 183. Volks Grenadier Division, Div. Gef. St., Abwehrblatt Nr. 1, 22.9.1944. NARA, RG 242, in: downloads.sturmpanzer.com/NARA_RG242/T315R1552_77579. pdf (letzter Zugriff: 13.7.2017). Edel, Visitable Past, 24. David Hertz, „The Radio Siege of Lorient“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 384–392, hier 386. Karl Frucht, Verlustanzeige. Ein Überlebensbericht. Wien: 1992, 199. Jaffe, 2nd MRBC, First Anniversary, 29.12.1944. Martin van Creveld, Kampfkraft. Militärische Organisation und Leistung der deutschen und amerikanischen Armee 1939–1945. Graz: 42009, 195. Ebd. Siehe hier vor allem das informative Buch von Bell, Feindaufklärung.

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Ähnlich in Traussnig, Geistiger Widerstand, 301 f. Ganglmair, Kriegspropaganda, 117. Lerner, Sykewar, 94. Nicht zuletzt hatte der Intelligence-Ausbildungsstrang ja beim Armeenachrichtendienst G-2/MIS und beim MITC Camp Ritchie selbst seinen Ausgang genommen. 89 Klaus Schwabe, „Vorgriff auf die Nachkriegszeit. Kriegsende und Besatzungsbeginn in Aachen 1944/45“, in: Dülffer, Zeiten, 105–128, hier 116. 90 Lange, Abwehrblatt Nr. 1, 22.9.1944. 91 Burger, Frühling, 141. 92 Lerg, „Psychokrieg“, 197. 93 Zur Rolle des damals dominanten empirischen Paradigmas in der sozialwissenschaftlichen Propagandaforschung in den USA, etwa am Beispiel von Harold Lasswells „War-Time Communications Project“, siehe Bussemer, Propaganda, 299–310. 94 Kranebitter, „Vermessung“, 70–73. 95 Abkürzung für Non Commissioned Officers (Unteroffiziere). 96 Linebarger, Psychological Warfare, 180–196. 97 Nicholas Stargardt, Der Deutsche Krieg 1939–1945. Frankfurt am Main: 2015, 538. 98 First US Army, Report of Operations, 1.8.1944–2.2.1945, Annex Nr. 14, P&PW Section Report, 269–294, hier 290. NARA, RG 407, E 427, B 1383. 99 De Grazia, Taste, 166. 100 Rafael A. Zagovec, „‚The Mind of the Enemy‘. Kriegsgefangenenverhöre und die Moralanalysen der westalliierten Aufklärung“, in: Günter Bischof/Stefan Karner/Barbara StelzlMarx (Hgg.), Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges. Gefangennahme – Lagerleben – Rückkehr (= Kriegsfolgen-Forschung, Bd. 4).Wien und München: 2005, 267–286, hier 269 und 286; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 274. 101 Traussnig, Geistiger Widerstand, 301. 102 O. Verf., „Soldier Pianist fled from Nazi’s Terror in Vienna“, in: The Beam, 9.10.1943, 1 und 4. Für die Bereitstellung dieser Quelle danke ich Irene Wittig. 103 „One of the more unusual assignments was the preparation and delivery of propaganda broadcasts addressed to the 47th Volks-Grenadier-Division[.]“ G-2/MIS, History of the Field Interrogation Detachment, FID Team Operation, Team History of IPW-Teams, ohne Datum, 58 f. NARA, RG 498, E 95A, B 376. 104 Document Report for PWD, Notes of an Austrian Deserter ( June 1944), 5.7.1944. Hoover, Lerner collection, B 6, F 2. 105 Lackner, Camp Ritchie, 68. 106 In der OSS-Korrespondenz findet sich Anfang November 1944 etwa folgende Adresszeile: „TO: Mr. Oliver Rockhill c/o Capt. J. M. Kolisch IPW 5th Army“. F. Burkhardt, Headquarters 2677 Regt. OSS. Prov., U. S. Army, to O. Rockhill, c/o J. Kolisch, IPW 5th Army, 1.11.1944. NARA, RG 226, E 119, B 7. 107 Lackner, Camp Ritchie, 66 f. 108 So schrieb Mahatsek: „Ich moechte hiermit einen kleinen Artikel veroeffentlichen in welchem ich einiges aus meiner Militaerzeit und einiges Erlebtes aus dem deutschen politischen Leben wiedergeben moechte.“ Um dann mit seinem Artikel zu beginnen: „Ein oesterreichischer ehemaliger Soldat berichtet Die Wahrheit ueber deutsches Militaerleben und die deutsche Politik. […]“ Document Report, Notes of an Austrian Deserter, 5.7.1944. 109 So schreibt etwa Joseph Persico, der mit McCulloch ein Telefoninterview geführt hat: „[OSS Officer] McCulloch enjoyed recruiting […]. McCulloch would take a list of likely candida-

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tes provided by G-2 and engage them [the prospective agents] in disarming small talk.“ Persico, Piercing, 148; vgl. ebd, 152 und 154. Vgl. auch Traussnig, Militärischer Widerstand, 294. Traussnig, Geistiger Widerstand, 153–213; siehe auch Lackner, Camp Ritchie, 68–72. OSS Data Sheet on Sauerkraut Agent Rolf Mahatsek; OSS Report on Operation „SAUERKRAUT“, Teams „Berta“, „Mitzi“ and „Rita“, by [E.] Zinder, 29.7.1944. Beide in NARA, RG 226, E 210, B 204. „[W]e are receiving very fine assistance from Capt. Kolisch in charge of the 5th Army POW Cage“ liest man in einem Report der Propagandisten der OSS-Kompanie „D“ im Oktober 1944. OSS, 2677th Regiment, Semi-Monthly Report, Morale Operations, 1.–15.10.1944, 20.10.1944. NARA, RG 226, E 99, B 27. OSS Data Sheet Mahatsek. Vgl. Burger, Frühling, 141. Diese Behauptung konnte bisher nicht verifiziert werden. Heym, Nachruf, 334. A. Jaffe, US Army Efficiency Report for Jacob I. Tennenbaum, 72[n]d Publicity Service Bn, 2[n]d Mobile Radio Broadcasting Co, 24.1.1945, NARA, NPRC, Military Personnel File of Jacob Tennenbaum, ASN 01081764. Mauch, Schattenkrieg, 11. Dies ist auch der Grundtenor bei van Creveld, Kampfkraft. Mit diesem erzählerischen Rekurrieren auf den Mythos des Geheimen ließen sich praktischerweise auch die geschaffenen Strukturen, Ämter und Einflusssphären im Bereich der Nachrichtendienste legitimieren. Vgl. Traussnig, „Lager“, 252 f. Das Syntagma „geheimer Nachrichtenoffizier“ kann als partielle Tautologie definiert werden. Ingo Meyer, „Simmels ‚ Geheimnis’ als Entdeckung des sozialkonstitutiven Nichtwissens“, in: Cecille Ról/Christian Papilloud (Hgg.), Soziologie als Möglichkeit. 100 Jahre Georg Simmels Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Wiesbaden: 2009, 115–134, hier 115. Vgl. Traussnig, „Lager“, 247. Bradley F. Smith, The Shadow Warriors. O. S. S. and the Origins of the C. I. A. New York: 1983, 361. Auch der als Flugblattschreiber und PWI-Verhörer tätige Burger vergisst in seinen Kriegsmemoiren nicht auf die angeblich arkane Natur seiner Schreibtischarbeit hinzuweisen: „Der Oberst hielt mir eine Art Telex hin, das am oberen Rand den Vermerk Confidential trug.“ Burger, Frühling, 171; derartige Vermerke waren Usus. C. Klinck, Memorandum to Col. O’Hara, Bronze Star Medal for Personnel in 2nd Mobile [Radio] Broadcasting Company, 13.11.1944, 1 f., hier 1. NARA, RG 331, E 172, B 21; siehe weiters Lerner, Sykewar, 75 f. sowie Jaffe, Efficiency Report for J. Tennenbaum, 24.1.1945. J. Tennenbaum, HQ PW Combat Team, First United States Army, Reaction to Non-Fraternization Order in Occupied Germany, 21.2.1945, 1–8, hier 5. Rauner Library, Shepard Stone Papers, ML 99, Series II, 3–47. H. Garlitz, Plans and Operations Officer, HQ 6870th District Information Services Control Command, SHAEF, US Army, Newsletter, 10.7.1945, 1–3, hier 3. NARA, RG 260, E 246, B 63. F. Knox, Secretary of the Navy, Presidential Citation of The First Marine Division, Reinforced, reproduced at HQ, 259th Sep. C. A. Bn., 4.2.1943, sowie J. Richards to Comman-

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ding Officer 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, Citation for Jacob I. Tennenbaum, for serving with the Americal Division, which reinforced the First Marine Division in the Solomon Islands between 7 August and 9 December 1942, 27.9.1944; beide in Military Personnel File Tennenbaum. Jacob I. Tennenbaum, „Combat on Guadalcanal. Instrument Sergeant’s Story“, in: Coast Artillery Journal, September-October 1943, Vol. 86, 19 f.; für eine detaillierte Darstellung siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 269 f. Jacob I. Tennenbaum, „Combat on Guadalcanal. Instrument Sergeant’s Story“, in: Coast Artillery Journal, Vol. 86, September–October 1943, 19 f., hier 19. Übersetzung von mir; Traussnig, Geistiger Widerstand, 269. Pay Roll, Final Payment for Enlisted Men, October 1943, Coast Artillery School, Ft. Monroe, Virginia, Class #26, Tennenbaum J., 21.10.1943. Military Personnel File Tennenbaum (Mannschaftssoldat). J. Zimmerman, War Department, MITC Camp Ritchie, Attendance of Officers at Special Service Schools, Jacob Tennenbaum Class Nr. 14, IPW German., 14.2.1944. Military Personnel File Tennenbaum (Offizier), ASN 01081764; Memorandum, T. Taylor, G. S. C., to G. Rogers, Chief, Training Branch, MID, 22.3.1946; sowie E. Wilde, HQ, MITC, Camp Ritchie, to AC of S, G-2, War Department, on German IPW-Graduates, 27.3.1946 und Attachment: List of IPW-Graduates, beide in NARA, RG 165, E 207, B 252. Training Records MITC, Personal History Card J. Tennenbaum. Er gehörte ab Februar 1944 offiziell zur Company I des 3rd Military Intelligence Training Battalion und war „attached“ an die 2nd MRBC. J. Zimmerman, War Department, MITC Camp Ritchie, Special Orders, 8.2. und 1.3.1944, 1–3, hier 2. NARA, NPRC, Military Personnel File Tennenbaum (Offizier). Lerg, „Psychokrieg“, 203. Report of Operations 12th Army Group, HQ Special Troops, 72. Burger, Frühling, 151. Klinck, Bronze Star Medal for Personnel in 2nd MRBC, 13.11.1944, 1. „[I]t is safe to say that practically nothing was known about the processes of gathering intelligence for Combat Psychological Warfare Operations. There had been a history of intelligence activity in the North African and Italian campaigns, it is true, but little information about this operation ever came back to those who were setting out to support the invasion of France.“ 12th Army Group, Report of Operations, Final After Action Report, Vol. XIV, Publicity and Psychological Warfare Section, 202 f. NARA, RG 407, E 427, B 1316. Vgl. Davis, Reclassification of Eric Winters, 10.3.1943. 12th Army Group, Final After Action Report, Vol. XIV, P&PW Section, 202. Ebd. Ähnlich dargestellt in Traussnig, Geistiger Widerstand, 284; zur Arbeit von Liaison-Offizieren siehe Linebarger, Psychological Warfare, 294 f. Jaffe, History, 2nd MRBC, 25. Vgl. hierzu den Marschbefehl: HQ First United States Army, Orders to J. Tennenbaum, 0–1081764, to proceed to London, England, 22.5.1944. Military Personnel File Tennenbaum (Offizier). Im berüchtigten, Major Alexander Scotland unterstellten London District Cage in Kensington wurden vor allem im regulären G-2-Bereich eingesetzte Ritchie Boys in Verhörtechniken unterrichtet. Lackner, Camp Ritchie, 81 f. Siehe hierzu Zagovec, „Mind of the Enemy“, 272, und Felix Römer, Kameraden. Die Wehrmacht von innen. München: 2012, 33, sowie Bell, Feindaufklärung und Lackner, Camp

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Ritchie, 212–216; Aufgrund der Aktivitäten im MIS-Abhörlager Fort Hunt konnten die qualitativen und quantitativen Verhör- und Umfragemethoden der amerikanischen (Propaganda) Intelligence durch ein drittes Datenerhebungsverfahren, nämlich das geheime Abhören von Gefangenengesprächen, ergänzt werden und der Erkenntniswert der Human Intelligence war so ein höherer. Siehe hierzu Traussnig, Geistiger Widerstand, 338. Der Marschbefehl führte ihn über Plymouth: Orders to J. Tennenbaum, 0–1081764, to proceed to Plymouth, England, 26.5.1944. Military Personnel File Tennenbaum (Offizier). Jaffe, History, 2nd MRBC, 25 und 31. Ganglmair, Kriegspropaganda, 109. Jaffe, History, 2nd MRBC, 31 f.; ähnlich dargestellt in Traussnig, Geistiger Widerstand, 290. 12th Army Group, Final After Action Report, Vol. XIV, P&PW Section, 202. Siehe hierzu etwa den Bericht über den Besuch von PWD-Chef McClure und die Propagandaoperationen im Bereich des XIX. Korps der ersten US-Armee: L. Lawrence, HQ Psychological Warfare Division, First United States Army, to D. Page, Chief P&PW, First US Army, Operations Report, 8.7.1944. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Diese Funktion bezieht sich wohl weniger auf die 2nd MRBC, sondern auf die IntelligenceAbteilung der P&PW 12th Army Group (der Tennenbaum später angehörte). Jaffe, History, 2nd MRBC, 34. Report on Combat Zone Propaganda Activities conducted in First US Army sector, 3.–9.1944, 15.7.1944. NARA, RG 331, E 87, B 10. Lawrence, Psychological Warfare Division, First US Army, Operations Report, 8.7.1944. Siehe hierzu die Schilderung solcher mitunter durchaus erfolgreichen Propaganda­attacken in der Normandie, bestehend aus Flugblättern und Lautsprecheransagen, aus deutscher Perspektive (352. Infanteriedivision der Wehrmacht): Vince Milano/Bruce Corner, Normandiefront. D-Day to Saint-Lo Through German Eyes. Gloucestershire: 2014, 216. Report on Combat Zone Propaganda Activities conducted in First US Army sector, 3.–9.1944, 15.7.1944, Annex A, Summary of Intelligence [sic! recte Interrogation] Reports, 15.7.1944. NARA, RG 331, E 87, B 10; in seinen späteren PWI-Wochenberichten nimmt Tennenbaum mitunter ähnlich skeptische Positionen ein. First US Army, P&PW Section Report, Psychological Warfare, 282. Craft, ETO, Report on Psychological Warfare, 12. After Action Report, Third US Army, 1.8.1944–9.5.1945, Vol. II, Staff Section Reports, G-2 Section, 13 f. NARA, RG 407, E 427, B 1571G; Jaffe, History, 50 f. Jaffe, History, 2nd MRBC, 50; Traussnig, Geistiger Widerstand, 292. Jaffe, History, 2nd MRBC, 53–58. Ähnlich wie bei P&PW/12th Army Group wurde bei der First US Army offiziell eine „P&PW Section“ installiert, an die das Psychological Warfare Combat Team angegliedert wurde. „The most important improvement of this team over previous ones was its close liaison with higher headquarters, so that the use of tactical radio and air power could be included in planning, and constant touch could be kept with the overall situation.“ Jaffe, History, 2nd MRBC, 61 f. PWB/1st Army „was equipped to perform all phases of combat propaganda, including the collection of intelligence, the operation of public address units and moible radio stations and the writing and printing of leaflets for air and artillery dissemination.“ First US Army, P&PW Section Report, Psychological Warfare, 282. „In the early days there was an insufficient Liaison with G-2 at [First] Army. This was cor-

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rected late in the campaign and G-2 First Army gave its active and wholehearted support to the work of the Psychological Warfare Intelligence officers. The sympathetic understanding of Col. B. A. DICKSON, the G-2 at First Army, and Major STONE, the Liaison officer with Psychological Warfare, made Intelligence activities much more effective.“ Headquarters 12th Army Group, History: Publicity and Psychological Warfare, 12th Army Group, January 1943–August 1945, 240. NARA, RG 331, E 194, B 3. [War Department/US Army] Study prepared for the Intelligence School, Fort Riley, Tactical Psychological Warfare – The Combat Psychological Warfare Detachment, 23.9.1946. NARA, RG 165, E 208, B 380. 12th Army Group, Final After Action Report, Vol. XIV, P&PW Section, 203. So finden sich in den Unterlagen des wichtigen PWD/SHAEF-Intelligence-Analysten und -Redakteurs Daniel Lerner PWI-Verhörberichte an Jacob Tennenbaum, welche die strategisch relevante Frage, wie Österreicher in der Wehrmacht weltanschaulich „ticken“, behandeln. PWB/1st Army hatte diese an PWD/SHAEF weitergeleitet. Siehe hierzu etwa W. Reichenbach, First US Army, PW Combat Team, PW Interrogation of Kurt Babschek, 9.12.1944. Hoover, Lerner collection, B 54, F 8; Tennenbaum hat dieses Dokument offensichtlich bewusst an die höhere Ebene weitergegeben. HQ 12th Army Group, History: Publicity and Psychological Warfare, 240. Wie Martin Moll festhält, war das zu weiten Teilen von der SS-Propaganda-Kompanie geschaffene Bild der Waffen-SS als einheitliche und durchgehend elitäre „Eingreiftruppe“ ein Trugbild. Vielmehr, so Moll, gab es große „Unterschiede zwischen einer Handvoll mechanisierter Elitedivisionen und der Masse der übrigen […] Verbände mit minimalem Kampfwert.“ Martin Moll, Rezension zu: Jochen Lehnhardt, Die Waffen-SS: Geburt einer Legende. Himmlers Krieger in der NS-Propaganda. Paderborn: 2017, in: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies ( JIPSS), Vol. 11, Nr. 2/2017, 228–230, hier 230. HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Consolidated Report on 264 PW Interrogation Reports, 13.9.1944, 1–15, hier 7. Hoover, Lerner collection, B 51, F 6. S. Knoll, PWB Combat Team First US Army, Report on PW Interrogation, Group Interrogation of 8 PWs, 23.9.1944, 1–9, hier 8. Hoover, Lerner collection, B 51, F 6; auch ein ehemaliger Kämpfer des Sturm-Bataillons „Messerschmidt“ berichtete etwa in einem Verhör über die angebliche Arroganz der SS: „SS ordered wine in a Cafe and invited some soldiers to drink. They insisted that the soldiers pay the bill. ICH HAETT’N BALD UEBERN HAUFEN GEKNALLT (I almost shot them [sic!] down.)“ Ebd. HQ 12th Army Group/P&PW, Consolidated Report, 1 und 5–7; Reguläre Wehrmachtsund Luftwaffenoffiziere hatten sich laut G-2-Informationen der Third US Army geweigert, in den Dienst der SS bzw. der 17. SS-Panzergrenadierdivision zu treten: „Relations between the Army and the SS: […] Several Army and Air Force officers of the recently dissolved K[ampf ]G[ruppe] NIELS […] were approached several times by officers of the 17 SS Div and asked to volunteer as SS leaders. None of them was willing to join the SS, even after being obliged to state the reasons for their refusal in writing.“ O. Koch, Annex Nr. to G-2 Periodic Report Nr. 148, Tactical IPW-Report‚ #83, 6.12.1944, 1–6, hier 5. NARA, RG 338, E 50451, B 2; deutsche Gefangene in den CSDIC-Verhörlagern im Hinterland behaupteten ebenfalls, dass „too much power in the hands of the SS and the Gestapo“ läge. Siehe exemplarisch den Befragungsbericht in: POW Interviews CSDIC West/NOI/460, undatiert, vermutlich Herbst 1944. NARA, RG 498, E 211, B 1231; Traussnig, Geistiger Widerstand, 297. HQ 12th Army Group/P&PW, Consolidated Report, 1 und 5–7.

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Vgl. Christa Zöchling, „Erschöpfungsgeschichten: Die politische Apathie in Österreich“, in: profil, 23.12.2013, in: www.profil.at/oesterreich/erschoepfungsgeschichten-die-apathieoesterreich-371052, (letzter Zugriff: 22.5.2017). 180 Vgl. die Flugblätter PWB 14 und 42 im Kapitel über Kurt Wittler in diesem Band. 181 PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 3, „Deutscher Soldat am Westwall“, zirka Oktober 1944, in: www.psywar.org/product_PWDUS01CT03.php (letzter Zugriff: 19.7.2017). 182 J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, PW Combat Team, Intelligence Report, 15.1.–21.1.1945, 21.1.1945, 1–13, hier 11 f. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 183 Zum Kampf um Aachen siehe den detaillierten Beitrag von René Rohrkamp, „Die ‚Schlacht um Aachen‘. Eine Rekonstruktion der militärischen Operationen im September/ Oktober 1944“, in: www.freeaachen44.de/wp-content/uploads/2014/06/ROHRKAMP_ Kriegsende-Aachen-1944–2.pdf (letzter Zugriff: 25.4.2018). 184 Report of Operations 12th Army Group, Vol. IX, HQ Commandant Section and Special Troops, 70 f. NARA, RG 407, E 427, B 1315. 185 O. Verf. „Kampfgruppe Heitmann“, Forum der Wehrmacht, in: www.forum-der-wehrmacht.de/index.php/Thread/21788-Kampfgruppe-Heitmann/ (letzter Zugriff: 30.3.2017). 186 HQ 12th Army Group, P&PW, Result of poll conducted in PW cage 3rd Army, 17.9.1944, Angehöriger des [unleserlich] 90. Regiments, Gau Essen und Angehöriger der Kampfgruppe XV, Gau Moselland. Hoover, Lerner collection, B 51, F 9. 187 Antony Beevor, The Second World War. London: 2014, 776; für eine detaillierte Schilderung der deutschen Truppenkörper in Aachen siehe Rohrkamp, „Schlacht“, 1–34. 188 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sit[uation]rep[orts] Nr. 56, 10.10.1944 und Nr. 57, 11.10.1944, beide in NARA, RG 331, E 88, B 39; Siehe auch: „Aachen ist eine Warnung. Leaflet Broadcast, 24. Oktober 1944“, in: Heym, Reden an den Feind, 91–93; Heym, Nachruf, 356 f. 189 Jaffe, History, 63. 190 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF Main for McClure, Sitrep Nr. 56, 10.10.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 191 Abgedruckt in: Claudia Conrads, Die Christlich-Demokratische Union in Aachen. Von der Gründung bis zur Konsolidierung (Diss.) Bonn: 2006, 17 f. Hervorhebung von mir. 192 PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt [1A-]CT 2, „Deutscher Soldat in Aachen!“, undatiert, Herbst 1944, in: www.psywar.org/product_PWDUS01CT02.php (letzter Zugriff: 20.03.2017). 193 Jaffe, History, 2nd MRBC, 63; vgl. Heym, Nachruf, 356 f. 194 Report of Operations 12th Army Group, HQ Special Troops, 71. 195 PWD/SHAEF, Account of Operations, 150 f. 196 Rohrkamp, „Schlacht“, 14. 197 Schwabe, „Vorgriff“, 107; vgl. Heym, Nachruf, 357. 198 Rohrkamp, „Schlacht“, 24. 199 Vgl. Ernst Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen. Zweiter Teil: Das Mythische Denken. Darmstadt: 1973. 200 Jaffe, History, 2nd MRBC, 64. 201 Heym, Reden, 77 und 249; Padover, Lügendetektor, 40; in einem Flugblatt der PWD/SHAEF von November 1944 wird Schwerin in der Tat als Held, Wilck hingegen als Verbrecher dargestellt: „Generalleutnant von Schwerin war von der Führung seines Kommandos enthoben worden, weil er sich weigerte, […] Aachen zum Schlachtfeld werden zu lassen […].

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Auch die Bevölkerung von Aachen, die weisse Fahnen aushing, wusste das. Auch Oberst Wilck wusste es. Dennoch übernahm er die Verantwortung für den Widerstand. […] Auf ihm lastet die Verantwortung für die Zerstörung Aachens, die Blutschuld gegenüber seinem Volk.“ Zitiert in: Christoph Rass/Renè Rohrkamp/Peter M. Quadflieg, Gerhard Graf von Schwerin und das Kriegsende in Aachen. Ereignis, Mythos, Analyse (= Gutachten im Auftrag des Oberbürgermeisters der Stadt Aachen – Bereich Kataster und Vermessung). Aachen: 2007, 71; einige US-Psychokrieger haben im Fall Schwerin ihren zweckoptimistischen Propagandaargumenten gegenüber den Fakten den Vorzug gegeben. Neueren Forschungen zufolge beruhten die von Schwerin für kurze Zeit gestoppte Evakuation der Zivilbevölkerung in Aachen und seine in präventiver Absicht verfasste Bitte an sein amerikanisches Gegenüber, die Zivilisten in der Stadt zu verschonen, nur teilweise auf humanitären Motiven, sondern mehr auf handfesten militärtaktischen Überlegungen. Siehe ebd., 48–51 und 95–97. B. Dickson, HQ First US Army, G-2 Periodic Report, 22.10.1945, 1–6, hier 2. NARA, RG 407, E 427, B 1392. A. Jaffe, HQ 2nd Mobile Radio Broadcasting Report, After Action against Enemy, 30.10.1944. NARA, RG 407, E 427, B 18468. „Aachen wird vernichtet“, in: P&PW-12th Army Group-Flugblattzeitung Frontpost, 13.10.1944, 1. Hoover Institution Archives, Julius Schreiber Collection, B 1. Vgl. Rohrkamp, „Schlacht“, 24. PWD/SHAEF, Account, 175. Für eine detaillierte Kriegsbiografie zu Frucht siehe Traussnig, Militärischer Widerstand, 107–125. First US Army, Prisoner of War Interrogation Reports, Excerpts from the Diary of Sgt Franz Schoen, translated by K. Frucht 11./12.10.1944. NARA, RG 498, E 245, B 1282. Hervorhebungen von mir. Für Details siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 256 f., und Traussnig, Militärischer Widerstand, 118 f. So Kommandeur Gerhard Wilck in einem IPW-Verhör. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #16, 13.1.1945 1–10, hier 8. NARA, RG 331, E 87, B 18. Charles B. MacDonald, The Siegfried Line Campaign (= United States Army in World War II. The European Theater of Operations). Washington D. C.: 1993, 318; Beevor, Second World War, 776. Siehe hierzu das „Aachen“-Kapitel 3.1. in diesem Band. First US Army, P&PW Section Report, Psychological Warfare, 291. Ludwig Volk, „Ausblick auf Trümmer. US-Protokoll über eine Befragung des Bischofs Johannes Joseph van der Velden nach der Einnahme Aachens im Oktober 1944“, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Nr. 88/89, 1982, 205–214, hier 205. Aachener Geschichtsverein e. V., „Online-Beiträge. Die Schlacht um Aachen“, in: www. aachener-geschichtsverein.de/Online-Beitraege/die-schlacht-um-aachen (letzter Zugriff: 20.3.2017); PWD/SHAEF-Flugblatt WG 26, „Verteidiger von Aachen!“, vermutlich November 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. Rohrkamp, „Schlacht“, 24. PWD/SHAEF-Flugblatt WG 26, „Verteidiger“; die Rückseite dieses Flugblatts richtete sich an die Aachener Zivilisten – ihnen wird Sicherheit vor „Zwangsevakuierung“ und vor den Nachstellungen der Gestapo versprochen. Ein Flugblatt von PWB/7th Army behauptete später: „Das [Aachener] Ultimatum blieb unbeantwortet. 200 schwere Geschütze und mehrere Geschwader Sturzkampfflieger eröff-

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neten darauf das Bombardement, das die Stadt in Trümmer legte. Aachen wurde als erste deutsche Stadt der Parole der Führung ‚Kampf bis zum letzten‘ sinnlos geopfert.“ PWD/ SHAEF, PWB/7th Army-Flugblatt „Aachen-Deutschland“. NARA, RG 331, E 88, B 36. Auf einem von amerikanischen B 17-Bombern abgeworfenen PWD-Flugblatt wird nach dem Motto „surrender or die“ auf die (Flugblatt-)„Lehre von Aachen“ verwiesen: „Es gibt keinen ‚Mittelweg‘ zwischen Kapitulation und Vernichtung.“ PWD/SHAEF-Flugblatt WG 17 B, „Die Lehre von Aachen!“, November 1944, in: www.psywar.org/product_1944WG0017B.php (letzter Zugriff: 20.3.2017); vgl. auch das „Aachen“-Flugblatt CPH 1 des Kampfpropagandateams der 7. US-Armee. NARA, RG 331, E 88, B 36 „PW saw leaflet SO FIEL AACHEN; he agreed with its thesis that the war was lost […].“ E. Rapoport, PW Detachment, 9th US Army, Interrogation Report, PW Max Beck, 21.11.1944. Hoover, Lerner collection, B 54; siehe auch Fitzgerald for Powell, to PWD/ SHAEF Main for McClure, Sitreps Nr. 84, 7.11.1944 und Nr. 90, 14.11.1944, beide in NARA, RG 331, E 88, B 39. Vgl. PWD/SHAEF, Account, 149 f. J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, Office of the P&PW Officer, PW Combat Team, Weekly Intelligence Report, unnummeriert, undatiert, vermutlich Jänner 1945, 1–19, hier 17. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. G. Sheperd, P&PW 21 AG, Main, Operations of No. 13 A[mplifier].U[nit]. against the Cherbourg Garrison 26/27 June, 44. NARA, RG 331, E 56, B 16. Ebd. Lerner, Sykewar, 277–279; In der Geschichte der PWD/SHAEF steht zu lesen: „The Aachen leaflet was a long-range propaganda asset, but tactically unproductive. The German commander who is in a position to accept an ultimatum is more likely to arrange his surrender at a parley.“ PWD/SHAEF, Account, 151; vgl. Martin F. Herz, „Ultimatums and Propaganda to Surrounded Units“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 397–403, hier 397 f. und 400. Römer, Kameraden, 115. „By 1944–45 […] vague hopes [of a ‚new order‘ and German victory] had vanished. But the war still had meaning. That it was fought so resiliently to the end now rested predominantly upon a different ideological imperative: ‚defence of the Reich‘“. Ian Kershaw, To Hell and Back. Europe, 1914–1949. London: 2016, 377. „The ultimatum of the First US Army […] made no attempt to salve his [i. e. Leyherr’s] honor […].[…] Wilck surrendered […] only when almost all of Aachen had been fought over and occupied […] and after thousands of soldiers and civilians had perished. The fanaticism of his resistance […] proved highly undesirable. It might be said if ultimata and propaganda had been left aside, it is entirely possible that the city might have been surrendered by von Schwerin, and at an earlier time.“ Herz, „Ultimatums“, 401; vgl. Lerner, Sykewar, 145 f. und 272–284. Norman Domeier, Rezension zu: Nicholas Stargardt, The German War. A Nation under Arms, 1939–45. London: 2015, in: H-Soz-Kult, 14.06.2016, in: www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-26339 (letzter Zugriff: 9.11.2017). Ähnliches galt wohl auch für die alliierte Forderung der Unconditional Surrender des NSReichs, auf welche die deutschen Entscheidungsträger und Propagandaempfänger oft ähnlich reagierten. Herz, „Psychological Lessons“, 475. PWD/SHAEF, Account, 151.

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J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, Office of the P&PW Officer, PW Combat Team, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 29.1.–4.2.1945, 5.2,1945, 1–19, hier 7 f. und 10. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Klinck, Bronze Star Medal for Personnel in 2nd MRBC, 13.11.1944, 1. Jaffe, Efficiency Report Tennenbaum, 24.1.1945. HQ 12th Army Group, History, P&PW, 241. S. Padover, undatiertes Manuskript, Eintrag vom 14.11.1944. The New York Public Library, Manuscripts and Archives Division, Saul K. Padover papers. Siehe hierzu Kapitel 3.1 in diesem Band. Jaffe, History, 2nd MRBC, 64. Für eine detaillierte Darstellung der umfangreichen quantitativen und qualitativen Informationsquellen von PWI-Offizieren wie Tennenbaum siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 302 f. Ähnlich dargestellt in ebd., 303 f. J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, Office of the P&PW Officer, PW Combat Team, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 5.2.–11.2.1945, 12.2.1945, 1–24. NARA, RG 338, E 37042, B 5711, 12.2.1945. Die teilweise online einsehbaren Akten der 183. Volksgrenadierdivision geben Aufschluss darüber, wie gnadenlos mit aufgegriffenen Deserteuren, darunter der Pionier Isidor Seitz, verfahren wurde. W. Lange, Kommandeur, 183. Volksgren.-Division, Div. Gef. Stand, Divisions-Tagesbefehl, Vollstreckung Todesurteil Isidor Seitz, 25.11.1944. NARA, RG 242, in: downloads.sturmpanzer.com/NARA_RG242/T315R1552_77579.pdf (letzter Zugriff: 13.1.2018). Es handelt sich hier wohl um einen österreichischen Soldaten. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 7 f. und 10. Hervorhebungen von mir. Ähnlich dargestellt in Traussnig, Geistiger Widerstand, 326 f.; Daugherty, „Evaluation“, 691. O. Verf., Report on P. o. W. Interrogation at 3rd Army PWE; Script of P. o. W. G. Baldauf, beides undatiert, vermutlich Oktober 1944. Hoover, Lerner collection, B 51, F 1. Weitgehend übernommen aus Traussnig, Geistiger Widerstand, 326. Gries, „Ästhetik“, 15; Traussnig, Geistiger Widerstand, 29 f. Thymian Bussemer, Propaganda. Konzepte und Theorien. Wiesbaden: 22005, 309. Siehe hierzu auch den Abschnitt über das „Kreuzweg“-Flugblatt in Traussnig, Geistiger Widerstand, 332–337. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 16. PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 44, „Himmlers Weihnachtsgabe“, zirka Jänner 1945, in: www.psywar.org/product_PWDUS01CT44.php (letzter Zugriff: 15.1.2018). Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 15. Dazu ein von E. Rapoport verhörter deutscher Soldat: „HIMMLER is considered a SCHWEINEHUND (dirty dog) who is too RABIAT (wild) and who asks too much of the soldier […]. HIMMLER is held responsible for the atrocities but PW feels that HITLER must at least know of them.“ E. Rapoport, PW Detachment, 9th US Army, Interrogation Report, PW Walter Streich, 5.1.1945, 1 f., hier 2. Hervorhebung von Rapoport. NARA, NPRC, Military Personnel File of Emanuel Rapoport, ASN 36665217. „From all sources, military and civilian, evidence accumulates that Himmler’s unpopularity is growing as rapidly as his grip is strengthening on every department of the German State.“ R. McClure, Chief, Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force, Psycho-

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logical Warfare Division, Guidance for Output in German for the Week December 18–25, 16.12.1944, 1–9, hier 2. NARA, RG 331, E 87, B 3. Training Records of the Military Intelligence Training Center, Camp Ritchie, Personal History Card of Walter H. Glass. NARA, RG 165, E 206, B 36; MITC Grades&Qualifications, 13th Class, 30.10.1943; Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Siehe hierzu die Fallstudie zur exilösterreichischen OSS-Propagandistin und Sängerin dieses Rundfunkprojekts, Vilma Kuerer, in Traussnig, Geistiger Widerstand, 213–262. W. Glass, First US Army, PW Combat Team, PW Interrogation of Emil Becker, 1.3.1945, 1–3 Hoover, Lerner collection, B 57, F 5. PWD/SHAEF, Leaflet Reaction by Prisoners of War, 4.4.1945, Uffz. Werner Patzwald, from IPW Report (W. Glass) First US Army, 29.3.1945. NARA, RG 331, E 87, B 31. Lerner, Sykewar, 102. PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 56, „Vorschriften für den Volkssturm“, zirka März 1945, in: www.psywar.org/product_PWDUS01CT56.php (letzter Zugriff: 4.8.2017). PWD/SHAEF, Leaflet Reaction by Prisoners of War, 4.4.1945, Heinrich Behner, from IPW Report, H. Marr, First US Army, PW „Combat“ Team, undatiert. NARA, RG 331, E 87, B 31. Siehe den Eintrag zum 4. März 1945 bei Melvin J. Laskey, Und alles war still. Deutsches Tagebuch 1945. Berlin: 2014, 68–72, hier 72. Vgl. Lerner, Sykewar, 96 und 100. Zagovec, „Mind of the Enemy“, 269. Die für die sogenannten Military Intelligence Interpreter Teams tätigen Zivilverhörer wie der österreichische Ritchie Boy Felix Arnstein arbeiteten neben dem CIC oder den regulären G-2-Stellen auch der PWI zu. So berichtet ein Kollege Arnsteins von einem 15jährigen Burschen, der „disgusted with the treatment of the German youth“ und daher zu den Amerikanern gegangen war. P. Tieszen, [G-2/ETOUSA, MIS/FID,] MII-Team 425-G, Account of experiences and activities from December 1944, 1 f., hier 1, 29.5.1945. NARA, RG 498, E 99, B 380; vgl. Lackner, Camp Ritchie, 149–164. Ähnlich dargestellt in Traussnig, Geistiger Widerstand, 337 f. Diese Berichte, so Daniel Lerner, „originated in the field and worked their way up the echelons of higher authority, one step at a time. At each echelon, the reports were used for whatever local purposes they served and passed up, together with all other reports received from below, to the ‚next higher headquarters‘ until they reached SHAEF, which was the ‚supreme‘ level for [any] intelligence reporting, as for other matters. […] The overall objective of these analyses, as of the whole PWI effort, was to provide Sykewarriors with current and accurate information on the shifting attitudes and behavior of ‚Hitler’s Germans.‘ This kind of information […] was what Sykewarriors most needed.“ Lerner, Sykewar, 117 und 120. First US Army, P&PW Section Report, Psychological Warfare, 291. Jaffe, History, 2nd MRBC, 39. 12th Army Group, Report of Operations, P&PW Section, 3. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 20; siehe hierzu detaillierter Traussnig, Geistiger Widerstand, 227–331. HQ 12th Army Group, History, P&PW, 118. Lerner, Sykewar, 75 f. Zur verlustreichen Hürtgenwald-Schlacht siehe Beevor, Second World War, 786–788, und die detaillierte Beschreibung von Charles B. MacDonald, The Last Offenisve (= United

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States Army in World War II. The European Theater of Operations). Washington D. C.: 1993, 377–496. Headquarters Twelfth Army Group, Office of the Assistant Chief of Staff, G-2, Weekly Intelligence Summary Nr. 19, 16.12.1944, 1–16, hier 3 und 15, in: http://cgsc.contentdm. oclc.org/cdm/ref/collection/p4013coll8/id/645, letzter Zugriff 28.7.2019. Ebd., 3. Reichenbach, PW Interrogation of Kurt Babschek, 9.12.1944. Einige Tippfehler in diesem Bericht wurden von mir bereinigt. Ebd. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report Nr. 3, 12.2.1945, 12 f., Hervorhebungen von mir; siehe auch Traussnig, Geistiger Widerstand, 313 f. Siehe hier das „Österreicher“-Flugblatt PWB 20 von Kurt Wittler in diesem Band, 208–228. Edward A. Shils/Morris Janowitz, „Cohesion and Disintegration in the Wehrmacht in World War II“, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 12, Nr. 2, 1948, 280–315, hier 285. Dicks, The German Deserter, unpaginiert. Bauer, Jahre, 347. Ebd., 408. Allied Force Headquarters, Psychological Warfare Branch, CSDIC-Report on the interrogation of 2 individuals for P.W.B, 3.9.1943. NARA, RG 226, CID 44556 [Diese Zitation ist veraltet]; Traussnig, Geistiger Widerstand, 316 f. De Grazia, Taste, 288. Herz, Morale Interrogations of German prisoners, 23.10.1943; Habe-Bekessy, Interrogation of P/W’s, 29.10.1943, 4; ähnliches behauptete der Deserteur Franz Waitusch, der im Verhör angab, nur 10 % der Österreicher würden innerlich den Nationalsozialismus unterstützen. Document Report for PWD, Documents hand-written by Austrian deserter Alfred Franz Waitusch, 20.10.1944, 1 f., hier 1. Hoover, Lerner papers, B 7, F 7. HQ 5th Army/PWB, Functions, 48. First US Army, G-2, Prisoner of War Interrogation Reports, Cpt. R. Grunfeld, First Army, PWI Report Nr. 6, 20./21.12.1944. NARA, RG 407, E 427, B 1497. Beevor, D-Day, 340 f. Leute der Kampfgruppe Rosenberg ließen sich unter anderem in Wehrmachtsuniform stecken, um gefährliche Erhebungen in Kriegsgefangenenlagern einzuholen. Kranebitter, „Vermessung“, 78. Ebd., 75. Bukey wiederum sieht im österreichischen Katholizismus einen Hauptgrund für das Pflichterfüller- und Duckmäusertum der Österreicher in der Wehrmacht. Evan Burr Bukey, "Die Stimmung in der Bevölerung während der Nazizeit", in: Emmerich Tálos/ Ernst Hanisch/Wolfgang Neugebauer/Reinhard Sieder (Hgg.), NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch. Wien: 2000, 73-87, hier 80. Document Report for PWD, Diary of Medical Sergeant Franz Angel, 22.8.1944, 1 f., hier 2. Hoover, Lerner collection, B 6, F 7. Report on Propaganda Activities in First US Army sector, 3.–9.1944, 15.7.1944, Appendix A. K. Mann/Sgt. Gerstmann, PWB Eighth Army (UK), German Intelligence Report based on the interrogation of 15 German Ps/W at Nr. 370 POW Cage, 11./12.9.1944, 1–8, hier 2. Münchner Stadtbibliothek, Nachlass Klaus Mann/Manuskripte Klaus Mann, KM M

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37, Interrogation of German Prisoners-of-War, in: www.monacensia-digital.de/content/ titleinfo/31634 (letzter Zugriff: 8.8.2017). POW Interviews CSDIC West/NOI/408, 1944; ähnlich Bertrand Michael Buchmann, Österreicher in der Deutschen Wehrmacht. Soldatenalltag im Zweiten Weltkrieg. Wien, Köln und Weimar: 2009, 40–44. Buchmann, Österreicher, 42. Rafael A. Zagovec, „Islands of Faith. National Identity and Ideology in German POW Camps in the United States, 1943–1946“, in: zeitgeschichte, 3/2002, 29. Jg., 113–122, hier 114. Siehe exemplarisch: Thomas R. Grischany, Der Ostmark treue Alpensöhne. Die Integration der Österreicher in die großdeutsche Wehrmacht, 1938–45. Göttingen: 2015, 63 f. H. Branton, PWE Nr. 1, Report of Interrogation of Rudolf Pichler, 9.10.1944, 1 f., hier 2. NARA, RG 498, E 101, B 398; vgl. Lackner, Camp Ritchie, 187 f. F. Seidler, PW Interrogation of Rudolf Preinfalk, 3rd Army PWE, 13.9.1944. Hoover, Lerner Collection, B 51, F 9. Ebd. Zagovec, „Islands“, 114; Peter Pirker weist darauf hin, dass die Lagerverwaltung im POW Camp 209 in Italien „explizit zwischen Deutschen und Österreichern unterschied.“ Pirker, Codename Brooklyn, 152. Carinhall war ein Anwesen Hermann Görings nordöstlich von Berlin. HQ 5th Army/PWB, Functions, 47. C. Hazeltine, AFHQ, Information and Censorship Section, Psychological Warfare Branch, P. W. B. Plan of Psychological Warfare for Austria, 9.11.1943. NARA, RG 208, E 6G, B 10. Grischany, Ostmark; Thomas R. Grischany, „Mental Aspects of Austrian Wehrmacht Service“, in: Günter Bischof/Fritz Plasser/Barbara Stelzl-Marx (Hgg.), New Perspectives on Austrians and World War II (= Contemporary Austrian Studies, Bd. 17). New Brunswick und London: 2009, 45–65. Grischany, Ostmark, 18 und 289 f.; ähnlich Rauchensteiner, Unter Beobachtung, 190, 195, 207 f. und 225. Bauer, Jahre, 200–202, 347 und 409. Der von den Siegermächten nach dem Ersten Weltkrieg erzwungene „Wechsel von der selbstbestimmenden Großmacht zum Kleinstaat“ trug laut Rauchensteiner in der Frühphase der Ersten Republik zu einer „Ablehnungspsychose“ gegenüber dem als kaum lebensfähig erachteten „Zwangsstaat“ Österreich bei. Rauchensteiner, Unter Beobachtung, 58 f. Laut Stuart Hall gehört die „Nation“ neben „Klasse, Rasse und Gender“ zu den „großen sozialen Kollektivitäten, die unsere Identitäten stabilisiert haben.“ Stuart Hall, „Ethnizität. Identität und Differenz“, in: Jan Engelmann (Hg.), Die kleinen Unterschiede. Der Cultural Studies Reader. Frankfurt und New York: 1999, 83–122, hier 87. Vgl. hierzu Benedict Anderson, Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts. Berlin: 1998. Philipp Sarasin, Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. Frankfurt am Main: 2003, 157. Zagovec, „Islands“, 113. Ebd., 119; dazu gibt es eine Parallele zum 21. Jahrhundert: Auch das nach dem Irakkrieg 2003 im Arkanen entstandende, später in Syrien massiv expandierende und 2014 als „Kalifat“ errichtete Terrorkonglomerat des Islamischen Staats (IS) verzeichnete viele Rekruten aus anderen Nationen. Der Grund für die Attraktivität der Terrormiliz war keineswegs nur religiöser Fanatismus (der „Islamische Staat“ weist eher nihilistische Züge auf ), sondern basierte bis 2015 auch auf dem militärischen Erfolg und der „heroischen“ Dynamik,

Anmerkungen

die er ausstrahlte. So lange ihm die Feldzüge etwas einbrachten und er große Landstriche kontrollierte, konnte der IS sein Momentum propandistisch nutzen und seine Symbole mit sinnstiftenden Identitäsentwürfen sowie dem religiös verbrämten Imaginären füllen (P. Sarasin). Das geschah vor allem im Internet. Tausende Menschen, darunter viele Jugendliche aus Wien, London oder Paris, nahmen dieses Identitätsangebot an, radikalisierten sich oder reisten gar nach Syrien, um Teil des IS-Kosmos zu werden. Mit dem militärischen Niedergang des IS büßte letzterer auch weitgehend seine sinnstiftende Funktion und propagandistische Strahlkraft ein. 317 Grischany, Ostmark, 32. 318 Siehe hierzu etwa Traussnig, Geistiger Widerstand, 277–341. 319 P. Hart, Chief of Intelligence, HQ 6870th District Information Service Control Command, Intelligence Section, Violation of Army Regulation 380–5 by Technician Third Grade Emanuel Rapoport, 19.12.1945, 1 f., hier 1. Military Personnel File Rapoport. 320 Für seine Kriegsbiografie siehe Kapitel 2.4 in diesem Band. 321 Diese sind einsehbar unter: Hoover, Lerner collection, B 54 und 57. 322 „[T]he one document which was classified SECRET was a weekly summary of the First Army PW Detachment [PWB/1st Army] […]. Furthermore, the summary […] was signed only by the PW intelligence officer (a 1st Lt) [i. e. J. Tennenbaum] […].“ (Es handelt sich dabei um folgenden Akt, der eine Frühform des Weekly Intelligence Report/PWB 1st Army ist: J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, PW Combat Team, Intelligence Report, 22.1.–28.1.1945, 29.1.1945. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. E. Rapoport, Bad Homburg, Occupied Germany, Statement concerning the Transfer of Classified Documents, 12.9.1945, 1–4, hier 3. Military Personnel File Rapoport. 323 Linebarger, Psychological Warfare, 45. 324 Vgl. den Aufsatztitel von Kranebitter, „Vermessung“, 63–86. 325 Nach dem Scheitern der deutschen Ardennenoffensive im Dezember 1944 war etwa eine pessimistischere Stimmung unter den Wehrmachtssoldaten erkennbar als zuvor. 326 Alexander von Humboldt, zitiert bei Andrea Wulf, „250 Jahre Alexander von Humboldt. Die Vermessung der Welt“, in: National Geographic, Juli 2019, 38–63, hier 48. 327 E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Fritz Boettcher [German] and Josef Zoisl [Austrian], 9.12.1944, 1–4; E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Vinzenz Schoen, 15.12.1944; E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Franz Neugschwendtner, 19.12.1944, 1 f; E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Karl Oswald, 19.12.1944, 1 f.; E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Theodor Bartmann and Rudolf Zinke [both Austrian], 20.12.1944, 1 f.; E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Rudolf Rockenbauer, 26.12.1944, 1–4; alle in: Military Personnel File Rapoport. 328 E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of [PW] Kern, 21.11.1944, 1 f. Military Personnel File of Emanuel Rapoport. 329 Eine genaue Lokalisierung ist wegen mehrerer Orte mit diesem Namen nicht möglich. 330 Martin Moll, Rezension zu: Thomas R. Grischany, Der Ostmark treue Alpensöhne. Die Integration der Österreicher in die großdeutsche Wehrmacht, 1938–45. Göttingen: 2015, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 75/2, November 2016, 596–599, hier 596. 331 Rockenbauer erwähnt auch den sozialistischen Republikanischen Schutzbund und dürfte sich als Arbeiter des „roten Wien“ verstanden haben. Das erklärt vielleicht auch seine

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Anmerkungen

russlandfreundliche Haltung, die vermutlich auf einer ideologischen Nähe zum Sowjetkommunismus beruht. 332 E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Rudolf Rockenbauer, 26.12.1944, 1–4, hier 2. Military Personnel File Rapoport. 333 Ebd. 334 „[U]nlike their German peers, they [the Austrian Prisoners of War] had also the option to resort to a national identity supposedly unblemished. […] Many Ostmärker had now [in late 1944] realized that they, unlike their German comrades, could abandon what was bound to fail.“ Zagovec, „Islands“, 119; vgl. das opportunistische „Österreich-Bekenntnis“ eines US-Kriegsfangenen in: Wingolf Scherer/Ernst-Detlef Broch, Untergang. Kampf und Vernichtung der 277. Division in der Normandie und in der Eifel. Aachen: 2005, 113. 335 „Das Regime erkannte zudem, dass die Wehrmacht von der Roten Armee etwas über ideologische Kontrolle lernen konnte, und erweiterte im Herbst 1944 in aller Eile das Netz ihrer – recht schwachen – Version der Politkommissare, der nationalsozialistischen Führungsoffiziere. Diese Freiwilligen übernahmen neben ihren normalen Dienstpflichten die Aufgabe, die Moral zu heben und die Truppen zu erziehen, besaßen aber keine Befugnisse, Befehle von Vorgesetzten aufzuheben.“ Stargardt, Krieg, 543 f. 336 Rapoport, PW Interrogation Report Rockenbauer, 26.12.1944, 3. 337 Lerner, Sykewar, 112. 338 Karl Raimund Popper, „Was ist Wissenschaft“, in: Volker Steenblock (Hg.), Philosophisches Lesebuch. Von den Vorsokratikern bis heute. Stuttgart: 2007, 346–352. 339 Einige PWI-Reports beziehen sich auf Zivilistenbefragungen, die hier ausgespart werden. 340 Exemplarisch beschwert sich ein reichsdeutscher Gefangener im Gespräch mit Rapoport über das Wohlleben der „Party bigshots“ in Aachen: E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of a number of POW’s concerning information, incidents and situations suitable for leaflets, Frontpost and Radio Luxembourg, 6.12.1944, 1–3, hier 3. Military Personnel File Rapoport. 341 Rapoport, PW Interrogation Report Bartmann/Zinke, 20.12.1944, 2. 342 Vgl. Rauchensteiner, Unter Beobachtung, 225. 343 Rapoport, PW Interrogation Report Kern, 21.11.1944, 1 f. 344 Laskey, Tagebuch, 71. 345 Grischany, Ostmark, 290. 346 Bevor er Angehörige der 183. VGD interviewte, hatte Emanuel Rapoport im Kampf um Geilenkirchen als Lautsprecherpropagandist mit ihnen zu tun. Siehe hierzu das Laut­ sprecher-­Kapitel 2.4. in diesem Band. 347 Siehe hierzu das Kapitel 2.3. über Kurt Wittler in diesem Band. 348 Harold P. Leinbaugh/John D. Campbell, The Men of Company K. Autobiography of a World War II Rifle Company. Toronto: 1987, 21; vgl. Römer, Kameraden, 372 und Traussnig, Geistiger Widerstand, 305 f. 349 Samuel W. Mitcham, Jr., German Order of Battle, Volume One: 1st-290 th Infantry Divisions in WWII. Mechanicsburg: 2007, 237. 350 Rapoport, PW Interrogation Report Neugschwendtner, 19.12.1944, 2. 351 Ebd., 1 f. 352 Laskey, Tagebuch, 72. 353 Rapoport, PW Interrogation Report Bartmann/Zinke, 20.12.1944, 2; Hervorhebung von mir.

Anmerkungen

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Ebd. Laut Stargardt ging es bei den Protesten und Krawallen rund um dieses Fußballspiel nicht auschließlich oder gar weniger um eine politische Demonstration (wie dies der Sicherheitsdienst der SS einschätzte), sondern „mindestens ebenso um männlichen Lokalpatriotismus wie um einen österreichischen Protest gegen den Zustrom arroganter ‚Piefkes‘ nach Wien seit dem ‚Anschluss‘ im März 1938.“ Stargardt, Krieg, 26. 356 Zagovec, „Islands“, 113 f. 357 Rapoport, PW Interrogation Report Bartmann/Zinke, 20.12.1944, 2. 358 Grischany, Ostmark, 250. 359 Rapoport, PW Interrogation Report Neugschwendtner, 19.12.1944, 2. 360 Bussemer, Propaganda, 308. 361 Mann/Gerstmann, PWB Eighth Army, German Intelligence Report, 4 und 7. 362 Siehe hierzu neben Grischanys Arbeiten Richard Germann, „Austrian Soldiers and Generals in World War II“, in: Bischof et al., New Perspectives, 29–45, hier 38; derselbe, „‚Österreichische‘ Soldaten im deutschen Gleichschritt?“, in: Harald Welzer/Sönke Neitzel/ Christian Gudehus (Hgg.), „Der Führer war wieder viel zu human, viel zu gefühlvoll“. Der Zweite Weltkrieg aus der Sicht deutscher und italienischer Soldaten. Frankfurt am Main: 2011, 217–233; Günter Bischof, „Einleitung. Kriegsgefangenschaft und Österreichbewußtsein im Zweiten Weltkrieg“, in: zeitgeschichte, 3/2002, 29. Jg., 109–112; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 318 f. 363 Bauer, Jahre, 202. 364 V. McHugh, US Armed Forces, Ind[uction] Sta[tion] GPC N[ew]Y[ork]C[ity], Report of Physical Examination and Induction of Erwin Benkoe, 14.5.1943, 1–4, hier 1. NARA, NPRC, Military Personnel File of Erwin Benkoe, ASN 32907329. 365 US Army, Service Record of Erwin Benkoe, 1–39, hier 27 f. Military Personnel File Benkoe; A. Vogel, 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, Educational and Other Data of E[nlisted]M[en], 29.11.1944. NARA, RG 338, E 37042, B 5710. 366 Ebd., 19, 26–28 34–36. 367 Training Records of the Military Intelligence Training Center, Camp Ritchie, Personal History Card of Erwin Benkoe. NARA, RG 165, E 206, B 30. 368 General Board, Psychological Warfare in the ETO, 26. 369 12th Army Group, Final After Action Report, T Force and T Branch, Annex „B“, Troop List, T Force at Verdun, 9.9.1944. NARA, RG 331, E 180, B 44. 370 R. Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG (Attchd. T Force 12 AG), to Tec 5 Erwin Benkoe, 2nd Mobile Radio Broadcasting Company, Commendation, 28.11.1944. Military Personnel File Benkoe. 371 W. Bedell Smith, Intelligence Directive 17, 27.7.1944, in: 12th Army Group, Final After Action Report, T Force, Annexes. Siehe auch Lackner, Camp Ritchie, 165 f. 372 Craft, ETO, Report on Psychological Warfare, 12. 373 Ebd.; Strength Report for T Force, P&PW Section 12th AG, 2.9.1944. NARA, RG 331, E 180A, B 54. 374 Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Benkoe Commendation, 28.11.1944. 375 A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, [Reaction to] Aachen Report, 14.2.1945, 1 f., hier 1. The New York Public Library, Manuscripts and Archives Division, Saul K. Padover papers. 376 Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1. 377 The General Board, U. S. Forces European Theater of Operations, Psychological Warfare in

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Anmerkungen

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the European Theater of Operations (= Psychological Warfare Section Study Nr. 131). Undatiert, vermutlich 1946, 26. General Board, Psychological Warfare in the ETO, 26. Jaffe, History, 2nd MRBC, 34. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1. 5th MRBC, PWB Combat Team, 35. Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Benkoe Commendation, 28.11.1944. R. Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, HQ T Force Twelfth Army Group, Report on Activities from activation of Detachment on 10 Sept. 1944 through 30 September 1944, 4.10.1944, 1 f. hier 2. NARA, RG 331, E 180, B 50; „‚Frontpost‘ […] was written and edited […], with material obtained by the intelligence personnel as well as the Group monitoring section.“ Jaffe, History, 2nd MRBC, 39. General Board, Psychological Warfare in the ETO, 26; 5th MRBC, PWB Combat Team, 60. W. Paley, Chief, Radio Section, PWD/SHAEF, to General McClure, Disposition of Radio Equipment and Personnel, 3.10.1944. NARA, RG 331, E 87, B 30. General Board, Psychological Warfare in the ETO, 26. 5th MRBC, PWB Combat Team, 36. Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Benkoe Commendation, 28.11.1944. Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Report on Activities, 2. P. Michels/E. Benkoe, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, HQ T Force, Interview with two Railroad Workers of the Luxembourg Railroad Company, 28.9.1944. NARA, RG 331, E 180, B 50. E. Benkoe, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, HQ T Force, Interrogation of Mr. Feitler, 4.10.1944, 1 f. NARA, RG 331, E 180, B 50. L. Allen, HQ Twelfth Army Group, Enemy Broadcast Propaganda, Trends and Analysis, prepared by P&PW Detachment, 14./15.1.1945, 1–4, Annex to: A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 15.1.1945, 1–4, hier 3. Daniel Lerner collection, B 39, F 10; vgl. Laut Jaffe haben Benkoe und Lobl vor Ende Januar für „Group“, also das zentrale Propaganda-Detachment von P&PW/12th Army Group, gearbeitet. Jaffe, History, 2nd MRBC, 67. General Board, Psychological Warfare in the ETO, 26. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF Main for McClure, Sitrep, nicht nummeriert, 15.1.1945. NARA, RG 331, E 88, B 39; Jaffe, History, 2nd MRBC, 67. Ernst Benedikt, Wiener Journalist, zitiert in Bauer, Jahre, 184. USHMM, Surviving Generation of the Holocaust, Washington State oral history collection, Oral History Interview of Michael Spektor with Herbert Lobl, 21.3.1991. RG-50.307*0019, in: collections.ushmm.org/search/catalog/irn512675 (letzter Zugriff: 24.8.2015); laut der Tauglichkeitsuntersuchung war Benkoe im Mai 1943 182 cm groß und wog 74 Kilogramm. US Armed Forces, Report of Physical Examination Benkoe, 14.5.1943, 3. USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991. Ab Oktober 1944 befand er sich auf der Kaderliste der 2nd MRBC. Vogel, 2nd MRBC, Educational Data of Enlisted Men. USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991; Monthly Operational Report, Third US Army, Vol. II, Chapter 8, August 1944, Psychological Warfare Branch; Monthly Operational Report, Third US Army, Vol. II, Chapter 6, September 1944, Psychological Warfare Branch; beide in NARA, RG 338, E 50451, B 1. Jaffe, History, 2nd MRBC, 67; 12th Army Group, Report of Operations, P&PW Section, 6. USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991.

Anmerkungen

402 First US Army, Report of Operations, P&PW Section Report, 289. 403 Ebd.; Jaffe, History, 2nd MRBC, 67 f. 404 Dieser von der Abteilung bzw. der Amtsgruppe für Wehrmachtpropaganda täglich via Rundfunk und andere Kanäle verbreitete Bericht informierte Soldaten und Zivilbevölkerung über die militärische Lage des Deutschen Reichs und ließ dabei nie Zweifel darüber, wie die Empfänger diese Informationen weltanschaulich zu deuten hatten. Die Schöpfer des Wehrmachtsberichts hatten „zu informieren und zugleich Propaganda zu treiben“ und dabei auch noch haarsträubende last-minute-Überarbeitungen aus der Hand des erratischen „Führers“ zu akzeptieren. Um die immer düster werdende Kriegsrealität mit der eschatologischen Sprache der auf den „Endsieg“ ausgerichteten NS-Ideologie zu synchronisieren, mussten sich die Autoren laufend neue Euphemismen und Fakes ausdenken. O. Verf, „Wehrmachtsbericht. Dreck im Hirn“, in: Der Spiegel, Nr. 18/1962, 59–64, hier 60 und 62; Siehe hierzu auch Erich Murawski, Der deutsche Wehrmachtbericht 1939–1945. Ein Beitrag zur Untersuchung der geistigen Kriegführung. Mit einer Dokumentation der Wehrmachtberichte vom 1. Juli 1944 bis zum 9. Mai 1945. Boppard: 1962; ideologiekritischer als Murawskis überaltetes Werk gibt sich die Arbeit von Daniel Uziel, The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front. Oxford und Bern: 2008. 405 USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991. 406 Jürgensen fiel „bei einer Brückensprengung. Nachdem der elektrische Zünder ausgefallen war, zündete er unter Einsatz seines Leben [sic!] mit einer Handgranate das vorhandene Sprengmaterial.“ Eintragung zum Ritterkreuzträger Jürgensen, Justus, in: www. das-ritterkreuz.de/index_search_db.php?modul=search_result_det&wert1=2831 (letzter Zugriff: 29.10.2017). 407 Im Kriegstagebuch des OKW wird etwa für 6. Februar 1945 erwähnt, dass es wegen dem „Versagen“ der italienischen 1. Division „Einbrüche“ zuungunsten der Deutschen im Serchio-Tal gegeben habe, am Tag darauf sei eine deutsche Gegenoffensive gestartet worden. Der Tagesbericht der Wehrmachtsführung erzählt hier also höchstens die halbe Wahrheit, indem er nur die partielle Rückgewinnung des Terrains, nicht aber die Verluste erwähnt. Percy E. Schramm (Hg.), Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab) 1940–1945. Geführt von Helmuth Greiner und Percy E. Schramm. Band 4/2, Januar 1944–22. Mai 1945. Zusammengestellt und erläutert von Percy Ernst Schramm. Bonn: 1996, 1074 und 1077. 408 HQ First U. S. Army, Psychological Warfare Combat Team, P and PW Section, Monitoring Report #16, 7.2.1945, 1–4. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 409 Henke, Besetzung, 29. 410 So ist im obigen Bericht von einer Zone „where they shoot first and don’t even investigate later“ die Rede. HQ First U. S. Army, Monitoring Report #16, 7.2.1945. 411 Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 104. 412 De Grazia, Taste, 383. 413 Claude Haas, „Krieg ist Aufbruch und Erotik“, in: Die Zeit, 19.10.2017, 54. 414 Victor Klemperer, LTI. Notizbuch eines Philologen. Leipzig: 31975, 290 f. 415 Vgl. o. Verf., „Wehrmachtsbericht“, 60 f. 416 Ebd. 417 Für heutige Satiriker wären Figuren wie Dr. Otto Hermann Kriegk und Justus Jürgensen eine ideale Zielscheibe für überdrehte Nazi-Parodien. So ersann das Komikerduo Christoph Grissemann und Dirk Stermann etwa den Zahnarzthelfer „Marcel Maulschlacht

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von der Mundkriegtöte“, der in der Praxis eines gewissen „Herrn Doktor Rachenfeldzug-Gaumenschuss“ tätig ist. Die Karriere des Zahnarzthelfers nimmt ein ähnlich bitteres Ende wie jene des NS-fanatischen Doktor Kriegk: Er wird entlassen, weil die Anrufer am anderen Ende der Leitung sich ob des furchteinflößenden Personennamens zu sehr schrecken. Christoph Grissemann/Dirk Stermann, Speichelfäden in der Buttermilch. Gesammelte Werke I. Stuttgart: 2011, 536. Lerner, Sykewar, 21–23. Ebd. „Propaganda played upon the fears not just of military defeat but of the entire destruction of Germany, and of the German people, should the unholy coalition of the Reich’s enemies – the western Allies and the dreaded Bolsheviks – prevail.“ Kershaw, Hell, 402. Vgl. ebd., 377. Domeier, Rezension zu: Stargardt, War, unpaginiert. Rolf Felbinger/Katja Scherl, „‚Flieger sind Sieger!‘ Konstruierte Erlebniswelten in der Populärkultur des Nationalsozialismus“, in: Gries/Schmale, Kultur der Propaganda, 119– 165, hier 133. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 1 f. In Charles B. MacDonalds Gefechtsbericht werden die deutschen Zerstörungs- und Flutungsversuche bei den „Roer River Dams“ erwähnt. Aufgrund gezielter Zerstörungen bei anderen Anlagen wie der Schwammenauel-Sperre sei die Zerstörung der Urfttalsperre von deutscher Seite demnach nicht notwendig gewesen. MacDonald, Last Offensive, 70–82. Es ist jedoch aufgrund der oben zitierten Verhöraussage nicht auszuschließen, dass auch am „Urft Dam“ deutsche Sprengungsversuche geplant waren (und scheiterten). Jaffe, History, 2nd MRBC, 68 und 71; First US Army, Report of Operations, P&PW Section Report, 289. 5th MRBC, PWB Combat Team, 60. 12th Army Group, Final After Action Report, Vol. XIV, P&PW Section, 202. Es handelt sich um ein von Ingenieur Rudolf Hell 1927 entwickeltes Gerät zur Fernübermittlung von Nachrichten via Funkwellen. Jürgen Wilke, „Deutsche Telegraphenbureaus und Nachrichtenagenturen“, in: Hans-Jürgen Teuteberg und Cornelius Neutsch (Hgg.), Vom Flügeltelegraphen zum Internet. Geschichte der modernen Telekommunikation. Stuttgart: 1998, 163–178, hier 169. Jaffe, History, 2nd MRBC, 71. USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991. P. Natonek, New York, to Major Weaver, Property Control Officer, American Military Government in Vienna, APO 777, concerning written agreement about partnership in a News-rell-theatre on Graben, Vienna, 6.1.1946, in: www.fold3.com (letzter Zugriff: 12.3.2015). J. Stanley, Commander, HQ 6871st District Information Services Control Command, SHAEF, US Army, Directions for Music and Theater Licences, 6.9.1945, [Annex:] List of Personnel at Outposts as of 8 September 1945, 1 f., hier 1. NARA, RG 260, E 246, B 63. Garlitz, 6870th DISCC, Newsletter, 10.7.1945, 2. O. Verf., „Erwin Benkoe [Obituary]“, in: The New York Times, 22.1.1977, 19. USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991. Rückübersetzung ins Deutsche von mir. Vgl. den Buchtitel von Robert H. Abzug, Inside the Vicious Heart. Americans and the Liberation of Nazi Concentration Camps. New York und Oxford, 1985. USHMM, Interview Lobl, 21.3.1991.

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Zagovec, „Mind of the Enemy“, 269. Römer, Kameraden, 39. Ebd. Bussemer, Propaganda, 303. Siehe hierzu Lerner, Sykewar, 112 f. Zagovec, „Mind of the Enemy“, 284 f. Der vorhergehende Absatz ist angelehnt an Traussnig, Geistiger Widerstand, 294–296. Einige Verhörlager wurden von Briten und Amerikanern gemeinsam betrieben. Bell, Britische Feindaufklärung, 309. Lerner, Sykewar, 111. De Grazia, Taste, 254. Hervorhebungen von mir. „News is main interest of Landser“. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 19; Grischany, Ostmark, 236. Zagovec, „Mind of the Enemy“, 278. Hans-Rüdiger Schwab, „Nachwort“, in: Herman Melville, Meistererzählungen. Zürich: 2008, 347–358, hier 352. Lutz Musner, „Jenseits von Dispositiv und Diskurs. Historische Kulturwissenschaften als Wiederentdeckung des Sozialen“, in: Jan Kusber/Mechthild Dreyer/Jörg Rogge/Andreas Hütig (Hgg.), Historische Kulturwissenschaften. Positionen, Praktiken und Perspektiven. ­Bielefeld: 2010, 67–80, hier 79. Kracauer ging es laut Jörg Später darum, „Phänomene in einen größeren Zusammenhang [zu] stellen, ohne den Kontakt zu den Phänomenen selbst zu verlieren oder sie gar nur als Mittel der Spekulation zu benutzen“. Später, Kracauer, 429; vgl. ebd., 44 f. „[T]he social engineer believes that a scientific basis of politics would […] consist of the factual information necessary for the construction or alteration of social institutions, in accordance with our wishes and aims.“ Popper, Open Society, Bd. 1, 22; vgl. ebd, 158 f. Siehe Pierre Bourdieu, Ein soziologischer Selbstversuch. Frankfurt am Main: 2017, 16 f. Erich Keller sei für diesen Hinweis herzlich gedankt. Popper, Open Society, Bd. 1, 22; vgl. ebd, 158 f. Bruno Latour, „Zirkulierende Referenz. Bodenstichproben aus dem Urwald am Amazonas“, in: Bruno Latour, Die Hoffnung der Pandora. Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft. Frankfurt am Main: 2000, 36–95, hier 94 f. Wolfgang Göderle, Zensus und Ethnizität. Zur Herstellung von Wissen über soziale Wirklichkeiten im Habsburgerreich zwischen 1848 und 1910. Göttingen: 2016, 49. Latour, „Zirkulierende Referenz“, 86 f. Vgl. ebd. Römer, Kameraden, 470; vgl. Welzer, „Hitler“, 79 f. Rauchensteiner, Unter Beobachtung, 237. William Berkston/John Wettersten, Lernen aus dem Irrtum. Karl Poppers Lerntheorie. Hamburg: 1982, 19. Paul Bernays, zitiert in ebd., 83. Ebd., 285. Traussnig, Geistiger Widerstand, 340. Guy Stern, „In the Service of American Intelligence. German-Jewish Exiles in the War Against Hitler“, in: Leo Baeck Institute Year Book 37, 1992, 461–477, hier 472. Daugherty, „Evaluation“, 685; Ähnlich bei Traussnig, Geistiger Widerstand, 340 f. Auf Deutsch in etwa: „Auch vom Feind lernen ist recht.“

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Anmerkungen

470 Martin Walser, Das 13. Kapitel. Hamburg: 32012, 111. Für den Hinweis zu diesem Zitat danke ich Julia Wurzinger. 471 PWD/SHAEF, Supreme Headquarters, Preparation of Historical Record, European Theater of Operations, U. S. Army, 15.5.1945, 15. NARA, RG 331, E 87, B 16. 472 Laskey, Tagebuch, 70. 473 Herz, „Psychological Lessons“, 486. 474 Flugblattentwurf, vermutlich von K. Wittler, undatiert. LAMOTH, Wittler Papers 1944– 1945, RG-40.03.02. 475 Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Kurt Wittler. NARA, RG 165, E 206, B 52; US Army Separation Qualification Record of Kurt Wittler, ASN 39574521, 26.11.1945; US Army Enlisted Record and Record of Separation of Kurt Wittler, 24.11.1945. Beide in NARA, NPRC, Military Personnel File of Kurt Wittler, ASN 39574521. 476 Personal History Card Wittler. Zahlreiche Soldaten der 3rd MRBC entstammten dem „überschüssigen“ Personal der 2nd MRBC. Jaffe, History, 18. 477 Report of Operations 12th Army Group, HQ Special Troops, 72. 478 Edel, Visitable Past, 26. 479 Burger, Frühling, 142. 480 Simon, Augenzeuge, 278. 481 Separation Qualification Record Wittler, 26.11.1945. 482 Daugherty, „Personnel“, 176. 483 HQ 5th Army/PWB, Functions of the 5th Army CPT, 17. 484 Daugherty, „Personnel“, 176. 485 „We have a small leaflet writing team which by background and linguistic qualifications is in itself very closely geared to German soldier psychology.“ M. Herz, Supreme HQ, PWD/ SHAEF, to R. Scott, [Response to Leaflet drafts], 2.12.1944. NARA, RG 331, E 87, B 10. 486 Eddy, Camp Sharpe, 30. 487 Simon, Augenzeuge, 279. 488 Siehe hierzu Lackner, Camp Ritchie, 29 f.; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 279 f. 489 Vgl. Eddy, Camp Sharpe, 6 und 27. 490 5th MRBC, PWB Combat Team, 51; vgl. Edel, Visitable Past, 24. 491 5th MRBC, PWB Combat Team, 60. 492 Bussemer, Propaganda, 306 und 308; vgl. Zagovec, „Mind of the Enemy“, 268; Traussnig, Geistiger Widerstand, 323. 493 „There is no orthodox prescription for the making of leaflets.“ 5th MRBC, PWB Combat Team, 61. 494 Edel, Visitable Past, 24. 495 Für eine Darstellung der politischen und weltanschaulichen Grundierung dieses Konzepts siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 35–37. 496 Vgl. etwa die Empfehlung des zivilen Office of War Information für die Gestaltung von Postern: „The keynote of a good poster is simplicity; simplicity in subject, simplicity in design and composition, simplicity in lettering.“ OWI Graphic Division, Bulletin for Graphic Specialists (undatiert, i. e. 1943). NARA, RG 208, E 6A, B 1. 497 5th MRBC, PWB Combat Team, 61; vgl. Eddy, Camp Sharpe, 27. 498 David Welch, Propaganda. Power and Persuasion. London: 2013, 96. 499 Herz, „Psychological Lessons“, 478; Linebarger, Psychological Warfare, 186; Laurie, Warriors, 145; Lerner, Sykewar, 172; vgl. auch Traussnig, Geistiger Widerstand, 298 f.

Anmerkungen

500 Stern, „Service“, 471. 501 H. Habe/M. Herz/J. Clark, HQ Fifth Army, Psychological Warfare Branch, Consolidated Report on German Morale on the Fifth Army, 30.10.1943, 1–3, hier 3. NARA, RG 407, E 427, B 1761. 502 Winkler, OWI, 120. 503 Habe/Herz/Clark, PWB Consolidated Report, 30.10.1943, 3; siehe hierzu auch Winkler, OWI, 120 504 5th MRBC, PWB Combat Team, 60. 505 History, P&PW, 12th Army Group, 127. Anm.: Zwei Tipp- bzw. Rechtschreibfehler des Verfassers wurden in diesem Zitat bereinigt. 506 Der Akt der Desertion, der oft mit dem performativen Sprechakt „Ich ergebe mich“ – „I surrender“ einherging, wurde von amerikanischen Soldaten vielfach beobachtet sowie nachrichtendienstlich dokumentiert und in Folge als rhetorisches Instrument in die USPropaganda eingebaut. Traussnig, Geistiger Widerstand, 326. 507 Siehe hierzu Martin F. Herz, „Mechanics of Surrender, Capture and Desertion“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 392–396. 508 Rathbun, 1st MRBC Historical Report, 24. 509 Ganglmair, Kriegspropaganda, 190. 510 Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 7. 511 Dazu Tennenbaum: „It was found again that the greatest interst is shown in the ‚prisoner of war treatment‘ points […].“ Ebd., 14. 512 Habe/Herz/Clark, PWB Consolidated Report, 30.10.1943, 3. 513 5th MRBC, PWB Combat Team, 60. 514 Stargardt, Krieg, 493. 515 Hanisch, Langer Schatten, 429 f; Römer, Kameraden, 276 f. 516 Habe/Herz/Clark, PWB Consolidated Report, 30.10.1943, 3; vgl. H. Habe-Bekessy, HQ Fifth Army, Psychological Warfare Branch, Report on German deserters, 25.10.1943, 1–3, hier 2. NARA, RG 407, E 427, B 1761. 517 Siehe Lackner, Camp Ritchie, 9 f. Auf dem französischen Kriegsschauplatz wurde die unter den Deutschen grassierende Angst vor „dem Bolschewiken“ ausgenutzt, indem ein gewisser Kommissar Krukow (ein von Guy Stern verkörperter, in Fantasieuniform auftretender Liaison-Offizier) die „unkooperativen“ Gefangenen in einem kunstvoll dekorierten „Russenzelt“ erwartete. Humoristische Nebeneffekte waren dabei garantiert. Christian Bauer/Rebekka Göpfert, Die Ritchie Boys. Deutsche Emigranten beim US-Geheimdienst. Hamburg: 2005, 122, 141–144; Traussnig, Militärischer Widerstand, 116; Wittlers Landsmann, der Habe-Schüler Fred Perutz (4th MRBC), berichtet über eine im Sommer 1944 im britischen Kettering erprobte Verhörtaktik. Diese, so Perutz „centered on [the] German soldiers’ fear of being captured by the Russians. Germany’s invasion of Russia had been vicious and murderous. They had massacred hundreds of thousands of Russians, soldiers and citizens, including women and children. Nearly a million Russians were captured and forced into slave labor in Germany, where the majority did not survive. When Russia halted the invasion and began to push back over conquered territory, Stalin’s army was hungry for vengeance. They hated the Germans and were known to take joy in killing soldiers. But being taken as a prisoner was perhaps even worse: Germans were sent to frozen Gulag slave labor prison camps and rarely survived even a few months in the terrible conditions. It was known that German soldiers fervently hoped that if they were captured, it would be by the Americans

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Anmerkungen

or British – and not the Russians. We attempted to use that to our advantage.“ Perutz, Anschluss, Chapter 8, unpaginiert. 518 Lerner, Sykewar, 202. 519 M. Herz, HQ Fifth Army Psychological Warfare Branch, Morale interrogations of German prisoners. Weekly report, 23.10.1944, 1–5, hier 3 und 5. NARA, RG 407, E 427, B 1761. Vgl. Ganglmair, Kriegspropaganda, 299, und Traussnig, Geistiger Widerstand, 296 f. 520 Lerner, Sykewar, 167 f. und 172. 521 Felix Römer, „Volksgemeinschaft in der Wehrmacht? Milieus, Mentalitäten und militärische Moral in den Streitkräften des NS-Staates“, in: Welzer et al., „Führer“, 55–94, hier 61 f.; Lerner, Sykewar, 114 f. und Traussnig, Geistiger Widerstand, 296. 522 Ganglmair, Kriegspropaganda, 299 und 435; Traussnig, Geistiger Widerstand, 297. 523 Thymian Bussemer, zitiert in Witamwas, Geklebte NS-Propaganda, 105. 524 Vgl. Eddy, Camp Sharpe, 45–47; Jaffe, History, 2nd MRBC, 24 f. 525 Jaffe, History, 2nd MRBC, 25. 526 First US Army, Report of Operations, 1.8.1944–2.2.1945, 283; informierte das Sternenbanner seine Leser im November 1943 noch über den bedrohlichen russischen Vormarsch im Osten und die Moskauer Deklaration, titelte das vierseitige Blatt am 8. Juni 1944, dass die „Eröffnung der Vierten Front“ – man beachte die rhetorische Zuspitzung auf vier anstelle der sonst im alliierten Lager gebräuchlichen Formulierung der zwei Fronten – angelaufen ist und die Alliierten in der Normandie stehen. OWI-PWB/AFHQ-Flugblattzeitung Sternenbanner, USG 14. NARA, RG 226, E 112, B 1; OWI-PWD/SHAEF-Flugblattzeitung Sternenbanner, USG 44, abgebildet in: Herbert Friedman, „D-Day Psyop“, in: www. psywarrior.com/DDAYPSYOP.html (letzter Zugriff: 24.4.2017). 527 Si Lewen landete eigenen Angaben nach sechs Tage nach dem D-Day in der Normandie. Eddy, Camp Sharpe, 51 und 54; Leon Edel traf mit einer Spezialistengruppe am 7. Juli 1944 am Omaha Beach ein. Edel, Visitable Past, 33–35. 528 Report of Operations 12th Army Group, HQ Special Troops, 72; formell und logistisch gehörte die 3rd MRBC zum 72nd Publicity Service Battalion der 12. Armeegruppe. 529 R. Harris Smith, OSS. The Secret History of America’s First Central Intelligence Agency. Berkeley, Los Angeles und London: 1972, 136. 530 L. Huot, HQ Third US Army, Psychological Warfare Activities in the Third Army, 23.8.1944. NARA, RG 331, E 198, B 140. 531 History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 241. 532 Smith, OSS, 136; siehe auch Edel, Visitable Past, 32 f. 533 Edel, Visitable Past, 32. 534 Charles M. Province, Patton’s Third Army. A Daily Combat Diary. New York: 1992, 15. 535 Beevor, Second World War, 740. 536 John Keegan, Der Zweite Weltkrieg. Berlin: 2004, 597 f. 537 Leo Barron, Patton at the Battle of the Bulge. How the Generel’s Tanks Turned the Tide at Bastogne. New York: 2015, 52. 538 Martin Blumenson, Breakout and Pursuit (= United States Army in World War II. The European Theater of Operations). Washington D. C.: 1993, 344. 539 Hindley, Destination Casablanca, 216 und 347. 540 De Grazia, Taste, 182. 541 Henke, Besetzung, 1000. 542 Beevor, Second World War, 740. 543 Joseph E. Persico, zitiert in: Christof Mauch, „Top Secrets und Gefährliche Spiele oder: Was

Anmerkungen

man aus der Geschichte des amerikanischen Geheimdiensts OSS lernen kann“, in: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies ( JIPSS), Vol. 7, Nr. 2/2013, 7–19, hier 11. 544 G-2/MIS, K. Ganzlin, [IPW-]Team Status Report for the Month of April 1945, Team Nr. 53, 8.4.1945, Appendix A, Report on Casualties. NARA, RG 498, E 103, B 413. 545 Traussnig, Militärischer Widerstand, 128 f. Der ebenfalls bei der 6. Panzerdivision als IPWMann dienende Österreicher und Ritchie Boy Herbert Siebert wurde im März 1945 bei Landstuhl im Einsatz getötet. G-2/MIS, J. Tichy, Team Status Report for the Month of May 1945, Team 64, to HQ MIS, ETO, US Army. 15.5.1945, Appendix A, Report on Casualties. NARA, RG 498, E 103, B 413. 546 Kermit Roosevelt (Hg.), The Secret War Report of the OSS. Volume 2 – The Overseas Targets. Washington, D. C.: 1976, 217 f. 547 OSS Theater Service Record of Herbert T. Baru, undatiert. OSS Personnel File of Herbert T. Baru. NARA, RG 226, E 224, B 41. 548 „As the senior intelligence officer in General George S. Patton’s vaunted Third Army, he [Koch] was one of the reasons for Patton’s string of successes throughout the war in Europe and the Mediterranean. Koch had an innate ability to understand the enemy, and as the war progressed, so did his skills. Patton and his staff developed plans based on Koch’s assessments, and most of the time Koch was right.“ Barron, Patton, 35 f. 549 Ebd., 35–38; Beevor, Second World War, 799 f. 550 Winkler, OWI, 119. 551 Saul K. Padover und Harold D. Lasswell, zitiert in: Paddock, US Army, 15. 552 Elmer Davis, zitiert in: Winkler, OWI, 118. 553 Huot, Psychological Warfare Activities in the Third Army, 23.8.1944. 554 L. Huot, HQ Third US Army, Psychological Warfare Branch Personnel, Third US Army, 29.8.1944. NARA, RG 331, E 198, B 140; zu J. Bond siehe Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Jules J. Bond NARA, RG 165, E 206, B 52; Eddy, Camp Sharpe, 5. 555 Laurie, Warriors, 190 f.; After Action Report, Third US Army, Vol. II, 13 f. 556 After Action Report, Third US Army, Vol. II, 13 f. 557 „If a leaflet were required, the leaflet writer would prepare it, and after approval the printing section would carry out the job of reproduction. A crew of local girls would then roll the leaflets and the artillery liaison section would see to it that they were loaded into shells and delivered to the battery positions for firing.“ Jaffe, History, 51; vgl. Eddy, Camp Sharpe, 55. Si Lewen war daher neben Wittler wohl einer der vier von Huot vorgesehenen Mitglieder des „leaflet writing team“ von PWB/3rd Army. Huot, Psychological Warfare Activities, Third Army, 23.8.1944 und Huot, Psychological Warfare Branch Personnel, Third US Army, 29.8.1944. Beispiele aus dieser Phase sind die Flugblätter PWB 8, „Knapp vor dem Kriegsende …“ und PWB 9, „Ihr seid abgeschnitten!“, undatiert, zirka August/September 1944. Beide einsehbar in: Hoover Institution Archives, Julius Schreiber collection, B 1. 558 Siehe die detaillierte Darstellung in Traussnig, Geistiger Widerstand, 343–347. 559 PWD/SHAEF, Flugblatt ZG. 47, „To the German troops surrounded at Lorient!“ (engl. Übersetzung), undatiert, zirka August 1944 abgebildet in: Manning/Romerstein, Historical Dictionary, 174; vgl. After Action Report, Third US Army, Vol. II, 14. 560 PWB-Flugblatt „Wie Ergibt Man Sich?“, undatiert, vermutlich Ende August 1944. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.02. 561 Auch aufgrund seiner Nennung in den Kaderlisten Huots und seiner sich ab Septem-

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Anmerkungen

ber herauskristallisierenden Stellung als wichtigster Flugblattschreiber der 3. US-Armee scheint es möglich, dass Kurt Wittler bei dieser Mission dabei war. 562 L. Huot, Psychological Warfare Officer, to C. Powell, P&PW/12th Army Group, Promotion of Tec[hnician] 4[th Grade] Kurt Wittler, 395774521, 28.11.1944; L. Huot, Psychological Warfare Officer, to C. Powell, Recommendation for Commission S/Sgt Kurt Wittler et al., 18.1.1945. Beide in: LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.01. 563 Blumenson, Breakout, 344 f. 564 De Grazia, Taste, 399. 565 Vgl. Daugherty, „Personnel“, 176. 566 Lerner, Sykewar, 88. 567 Laut Eddy war Si Lewen wegen seiner geringen Körpergröße gut für diesen Job geeignet: Sollte er während seiner „Public Address“-Ansprachen unter Feuer genommen werden, war er ein schwieriger zu treffendes Ziel. Beverley Driver Eddy, „‚The Psycho Boys of Gettysburg’s Camp Sharpe‘“, Vortrag am US Army Heritage Education Center am 3.11.2016, in: www.youtube.com/watch?v=-hQbkpGIisI (letzter Zugriff: 14.7.2017). 568 Vogel, 2nd MRBC, Educational and Other Data of EM, 29.11.1944. 569 First US Army, P&PW Section Report, 285. 570 Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Peter M. Blau, ASN 36575896. NARA, RG 165, E 206, B 31; US Army, G-2, Military Intelligence Service, Personnel Reports 1943–1945, IPW-Teams, April 1944, IPW-Team Nr. 70, 7th US Armored Division. NARA, RG 498, E 110, B 365. 571 G-2/MIS, History of the Field Interrogation Detachment, FID Team Operation, Team History of IPW-Teams, ohne Datum, 37 f. NARA, RG 498, E 95A, B 376. Siehe auch Lackner, Camp Ritchie, 98. 572 Burger, Frühling, 135. 573 Hugh M. Cole, The Lorraine Campaign (= United States Army in World War II. The European Theater of Operations). Washington D. C.: 1993, 47, 100, 118, 143–150 und 173–176. 574 Beevor, D-Day, 365. 575 Siehe Linebarger, Psychological Warfare, 251. 576 O. Koch, HQ Third US Army, Annex Nr. 2 to G-2 Periodic Report Nr. 189, Order of Battle Notes, 17.12.1944, 1–6, hier 2. NARA, RG 338, E 50451, B 2. 577 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF Sykewar London, Sitrep Nr. 30, 9.9.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 578 After Action Report, Third US Army, Vol. II, 22. 579 Kachel gab an, bei seinem bisherigen Einsatz keinen einzigen Schuss abgefeuert zu haben. Vgl. einen ähnlichen Fall bei Römer, Kameraden, 369 f. 580 P. Moeller, HQ Third US Army, Psychological Warfare G-2, Interrogation of German PW E. Kachel, 19.11.1944. Hoover Institution Archives, Daniel Lerner collection, B 51, F 6. 581 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF for McClure, Sitrep Nr. 56, 10.10.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 582 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 84, 7.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 583 So Stefan Heym im „Leaflet Broadcast“ mit dem Titel Götz von Berlichingen, am 7.11.1944. Heym, Reden, 134. 584 Vgl. die Ergebnisse einer 1945 durchgeführten Massenbefragung mit 400 Kämpfern dieser Division bei Zagovec, „Mind of the Enemy“, 284.

Anmerkungen

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Der im G-2-Lager Fort Hunt ver- und abgehörte Fritz Swoboda, ein extremes Beispiel eines NS-Gewalttäters, der mit dieser Division in Frankreich kämpfte, ermordete „bei mindestens einer Gelegenheit wehrlose amerikanische Kriegsgefangene.“ Römer, Kameraden, 407 f. 586 PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 14, „Soldaten der 17. SS-Panzergrenadierdivision“, zirka Mitte Oktober 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. 587 „Das zu trauriger Berühmtheit gelangte Emblem der SS, […] griff auf die s-Rune der älteren Runenreihe zurück, die historisch für das Begriffszeichen der Sonne stand. [Der völkische Pseudowissenschaftler und Esoteriker] Guido List machte daraus in seiner erfundenen Runenreihe die ‚Siegrune‘, die dann mit dem Spruch ‚sal und sig!‘ (‚Heil und Sieg‘) von der SS übernommen wurde.“ Arnulf Krause, Runen. Geschichte – Gebrauch – Bedeutung. Wiesbaden: 2017, 203 f. 588 PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 14, „Soldaten“. 589 Mit dem Begriff Blutopfer bezeichnete man „in der ‚Kampfzeit‘ getötete Mitglieder der NSDAP“. Uffa Jensen, „Blut, Blutfahne, Blutopfer, Blutorden“, in: Wolfgang Benz/Hermann Graml/Hermann Weiß (Hgg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Stuttgart: 1997, 399. 590 Auszüge aus Hitlers Ansprache vor dem „Ersten Großdeutschen Reichstag“, 30.1.1939, in: germanhistorydocs.ghi-dc.org/docpage.cfm?docpage_id=2936&language=german (letzter Zugriff: 14.7.2017). 591 Roosevelt, OSS War Report, Vol. 2, 218. 592 O. Koch, Third US Army, Annex to G-2 Periodic Report Nr. 174, Miscellaneous Intelligence Report Nr. 66, 30.11–1.12.1944, 2.12.1944. NARA, RG 338, E 50541, B 2. 593 After Action Report, Third US Army, Vol. II, 25. 594 Cole, Lorraine Campaign, 237. 595 Koch, Annex Nr. 2, Order of Battle Notes, 17.12.1944, 2 f. 596 Transkript von PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 15, „Warum ist Generalleutnant v. Wietersheim nicht zurückgekehrt?“, ca. 15.10.1944, zitiert in: W. von Wietersheim, Panzer-Division Abt. I c, Div. Gef. St., Reaktion auf Feind-Flugblatt 18.10.1944. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.03. 597 Römer, Kameraden, 267. 598 Von Wietersheim, Reaktion, 18.10.1944. 599 Römer, Kameraden, 115. 600 Vgl. aus den Verhören bei der 9. US-Armee: Rapoport, PW Interrogation Report Bartmann/Zinke, 20.12.1944, 2; Grischany fand in Briefen „ostmärkischer“ Wehrmachtsoldaten regelrechte Hasstiraden gegen die „Terrorangriffe“ der Bomberverbände der Alliierten sowie Hinweise auf hasserfüllte Reaktionen deutscher Zivilisten gegen diese Bombenangriffe. Grischany, Ostmark, 221. 601 O. Verf., Interrogation Report, PW Richard Arnhold, CO, PW Detachment, 9th US Army, 20.11.1944. Hoover, Lerner collection, B 54, F 1; auch die einen Tag vor Beginn der Ardennenoffensive vom Panzeroffizier Westerhof in Aussicht gestellte Waffenhilfe aus der Luft vermochte die ansonsten durchaus motivierte Truppe nicht zu überzeugen: „[H]is men were skeptical of […] promises of 3000 ‚Turbinenjaeger‘ that they never saw“, wurde in einem Verhör behauptet. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 23.1.1945, 1–4, hier 1. Hoover, Lerner collection, B 39; in einem anderen Moralbericht der Kampfpropagandisten der 9. US-Armee steht zu lesen: „Like all PW’s this PW [Franz Wutzel] too was overwhelmed with the impres-

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Anmerkungen

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sion of American [material] superiority.“ C. Weston, PW Detachment Ninth US Army, Daily Interrogation Report, 2 PW’s at 9th Army PWE, 20.11.1944, 1–3, hier 2. Hoover, Lerner collection, B 51, F 9; siehe auch die drastische Schilderung Overys über die vernichtende Wirkung der amerikanischen Artillerie und Bomber auf die Reste der PanzerLehr-Division in der Normandie am 25. Juli 1944. Richard Overy, Why the Allies Won. London: 22006, 255 f. N-Flugblatt SW 5, „When you left your wife“, vermutlich Sommer/Herbst 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. Der regimetreue Offizierskollege von Wietersheims und Träger des Eisernen Kreuzes zweiter Klasse, Franz Bachmann, ist sichtlich detached from reality, wenn er Mitte Juni 1944 Folgendes seinem Tagebuch anvertraut: „Ein Raetselraten geht durch die Welt ob der Art der neuen Waffe, die deutscher Erfindergeist geboren, deren Wirkung so ist, dass nach dem ersten Angriff Morison [sic!] die Englaender vor Panik warnt; […] Furchtbar muessen die Verheerungen in England sein und das soll erst die 1. Phase der Vergeltung sein, noch staerkere Waffen sollen bereitstehen.“ Document Report for PWD, Diary of Austrian Officer, Oberleutnant Franz Bachmann, 6.9.1944, 1–3, hier 2. Hoover, Lerner collection, B 7, F 2. PWD/SHAEF, [P&PW/12th Army Group-]Flugblatt „Mein Name ist Joe Jones“, gedruckt ab Oktober 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. Lerner zitiert einen jungen, offensichtlich ironiefähigen SS-Hauptmann, der auf die Frage, ob er nach dem Auftauchen des neuen deutschen Königstiger-Panzers und der V-2 in den Lüften auch etwas über geheime deutsche Waffen wüsste, galgenhumoristisch replizierte: „‚Oh yes‘, was the SS captain’s deadpan reply, ‚we’ve got a new tank with a 150-man crew. One man steers and 149 push.“ David Hertz, zitiert in Lerner, Sykewar, 205; ein anderer „POW“ ergänzte in Bezug auf die V-1: „I would like to know why they keep that thing so secret. Perhaps they don’t want the people at home to know how ineffective it is. A single American Army shell does more damage.“ Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 110, undatiert, circa 3.12.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 20; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 327. Grischany, Ostmark, 249. Ähnlich bei Traussnig, Geistiger Widerstand, 339 f. PWD/SHAEF, PWB/9th Army-Flugblatt CPH 2, „Vorschlag zur Abwehr“, zirka Herbst 1944, zitiert in Lerner, Sykewar, 206. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 78, 1.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 168; für Berichte zu „Comebacks“ auf die schwarze Propaganda des OSS siehe Excerpts from MO/MEDTO Field Report, April 1945. NARA, RG 226, E 99, B 88, F 4. Fitzgerald, PWD/SHAEF Sitrep Nr. 78, 1.11.1944. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 23.1.1945, 1–4, hier 3 f. Hoover, Lerner collection, B 39. Herz, „Psychological Lessons“, 472 f. Van Creveld, Kampfkraft, 190 f.; vgl. Moll, Rezension zu Grischany, Ostmark, 598. Jorge Luis Borges, Das Aleph. Erzählungen 1944–1952 (= Jorge Luis Borges, Werke in sieben Bänden, herausgegeben von Gisbert Haefs und Fritz Arnold, Bd. 6). Frankfurt am Main: 112017, 46.

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W. Gallie, Supreme Headquarters, PWD/SHAEF, Ps/W Reactions to Allied Leaflets (Results of Poll of 20th January 1945), 5.2.1945, 1 f., hier 2. NARA, RG 331, E 87, B 32. Stargardt, Krieg, 492–495; vgl. die differenzierte Analyse der „unpolitischen“ Wehrmachtssoldaten bei: Römer, Kameraden, 65. Stargardt, Krieg, 492–495. PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 16, „Grenadiere des 38. SS-Panzergrenadierregiments“. Hoover, Schreiber collection, B 1. Laskey, Tagebuch, 70. 5th MRBC, PWB Combat Team, 64. Winkler, OWI, 120 und 129. Herz, „Psychological Lessons“, 481. HQ 12th Army Group, P&PW, Result of poll conducted in PW cage 3rd Army, 17.9.1944, Angehöriger der Kampfgruppe XV, Gau Westmark (Pfalz). Hoover, Lerner collection, B 51, F 9. K. Wittler, HQ Third US Army, Psychological Warfare Branch, Interrogation of German Propaganda Man, 12.3.1945. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.01.02; vgl. Lerner, Sykewar, 76. G-2/MIS, History of the FID, History of IPW-Teams, 69. J. Schreiber, to HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, IPW Report on Richard Rawiel, 3rd Army PWE, 29.9.1944. Hoover, Lerner collection, B 51, F 6. HQ 12th AG, P&PW, poll 3rd Army, 17.9.1944, Angehöriger der Kampfgruppe XV, Gau Moselland; PWD/SHAEF, Leaflet Reaction by Prisoners of War, Volkssturm in Saarburg, 3[rd] Army, 17.3.1945. NARA, RG 331, E 87, B 31. Nach einer Statistik von PWB/5th Amy führten von mehreren hundert deutschen Soldaten, die im Jänner 1944 in der Nähe des italienischen Orts Garigliano den Passierschein gelesen hatten, mindestens 40 % ein solches Flugblatt mit sich. HQ 5th Army/PWB, Functions of the 5th Army CPT, 20. Ein kriegsgefangener „Volksgrenadier“ der First US Army, der sehr viele Flugblätter gesehen hatte, konnte sich Anfang 1945 nur an den „Passierschein“ und an ein weiteres Flugblatt aus der Feder von Wittlers Kollegen Seidlin bei der PWB/1st Army erinnern. J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, PW Combat Team, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 5.2.–11.2.1945, 12.2.1945, 1–24, hier 23. NARA, RG 338, E 37042, B 5711; Traussnig, Geistiger Widerstand, 332. Vgl. Georg Stefan Troller, Selbstbeschreibung. München: 21991, 211; ein deutscher Deserteur trug im November 1944 sogar fünf Passierscheine bei sich. Fitzgerald, PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 84, 7.11.1944. Guy Stern, „The Exiles and the War of the Minds“, in: Pfanner, Der Zweite Weltkrieg, 311–324, hier 315. „[I]ch kann mich nur an die Erklärung der Abteilung [PWB/7th Army] halten, dass ihre ‚wirksamste‘ Aktion die die ‚US/GB/F-ZG 87–1944‘ [i. e. das PWD/SHAEF-Flugblatt ZG 87] sei, die einfallsreich als gedruckter ‚Passierschein‘ gestaltet ist. […] auf der Rückseite [waren] die in der Haager Konvention von 1907 festgelegten hehren Grundsätze des Kriegsgefangenenrechts aufgeführt, die so wunderbar ermutigend klangen, dass womöglich ganze Bataillone auf den Propagandaschwindel hereinfallen würden“. Laskey, Tagebuch, 71 f. Traussnig, Geistiger Widerstand, 309–311. HQ 5th Army/PWB, Functions of the 5th Army CPT, 17. Brief von E. Shafer an W. Klinger, 14.11.2001. USC Klinger papers, B 5, F 20; im Nachlass

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Werners findet sich ein undatiertes Flugblatt mit dem Titel „Geleitpass nach Hause“ – es handelt sich um eine frühe Version des „Safe Conduct“-Passes mit Italien-Bezug, die vielleicht die späteren Versionen mit beeinflusst hat. Flugblatt „Deutsche Soldaten“, undatiert. Leo Baeck Institute, Martha Werner Collection, Series IV: Berthold Werner, AR 7261, Box 3. Für Details siehe die Dissertation: Florian Traussnig, Geistiger Widerstand von außen. Österreicher in US-Propagandainstitutionen des Zweiten Weltkriegs. (Diss.) Graz: 2013, 292 f.; neben Klinger und Werner ist auch der Nachrichtenoffizier und „Materiallieferant“ Tennenbaum als Impulsgeber für den Passierschein zu nennen. Georg Stefan Troller, Selbstbeschreibung. München: 21991, 211. Dieser Absatz ist teilweise übernommen aus Traussnig, Geistiger Widerstand, 308–310. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 88, 12.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39; in einem PWI-Bericht wird gar Folgendes behauptet: „Intelligence reported 1 soldier’s decision to surrender after reading ZG 61 – Passierschein – snowballed into a surrender of 200 of his comrades.“ Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep, nicht nummeriert und datiert, vermutlich 28. oder 29.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. After Action Report, Third US Army, Vol. II, 25. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 68, 22.10.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Starkulla jr., Propaganda, 314. F. Seidler, PW Interrogation of Rudolf Preinfalk, 3rd Army PWE, 13.9.1944. Hoover, Lerner collection, B 51, F 9. Mann/Gerstmann, PWB Eighth Army, German Intelligence Report, 4 und 7. Vgl. Starkulla jr., Propaganda, 322. „The Allied promise to reestablish Austrian nationhood played a crucial role in the rediscovery of ‚Austrianness‘. […] The Allies thus offered Austrians a way out of the community of complicity which the Nazi war effort had quite effectively installed within the Wehrmacht.“ Zagovec, „Islands“, 119. PWD Document Report Waitusch, 20.10.1944, 2 Eintrag zu Vollenberg, Wilhelm, in: en.ww2awards.com/person/20078 (letzter Zugriff: 5.5.2017). Siehe Cole, Lorraine Campaign, 292, 313. Die neu aufgestellte und an der Mosel-Linie in die Schlacht geworfene 553. VGD wurde im Spätsommer 1944 vom IPW-Team Nr. 76 (zugehörig zur 80. US-Infanteriedivision) als Erstes identifiziert. G-2/MIS, History of the FID, History of IPW-Teams, 41. O. Koch, HQ Third US Army, Annex Nr. 3 to G-2 Periodic Report Nr. 154, Order of Battle Notes, 12.11.1944, 1–4, hier 1. NARA, RG 338, E 50451, B 2. Annex Nr. 5 to HQ Twelfth Army Group, Office of the Assistant Chief of Staff, G-2, Weekly Intelligence Summary Nr. 19, 16.12.1944., 1–5, hier 1. PDF-Datei aus dem Internet, URL-Angabe nicht mehr auffindbar. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 60, 14.10.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Grischany, Ostmark, 58 f. PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 20, „Österreicher!“, vermutlich Anfang November 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. Shils/Janowitz, „Cohesion“, 285. Domeier, Rezension zu Stargardt, German War, unpaginiert. Laut Nicholas Stargardt machten bestimmte Wehrmachtssoldaten „den Krieg zu einer

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Elementargewalt, zu einer Naturkatastrophe, die sich menschlicher Moral und Macht entzog“. Stargardt, Krieg, 495. Im Flugblatt CPH 2 von PWB/9th Army werden die Empfänger etwa aufgefordert, „beide Arme zur ehrenvollen Übergabe zu erheben“. Lerner, Sykewar, 206. Siehe Martin F. Herz, „Mechanics of Surrender, Capture and Desertion“, in: Daugherty/ Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 392–396. Bauer/Göpfert, Ritchie Boys, 138. Die Leben-vs.-Tod-Formel wurde diesen Ratschlägen zum Trotz von Wittler und nahezu allen Flugblattschreibern von PWD/SHAEF regelmäßig verwendet. Zu diesem „Wie?“ siehe auch Lerner, Sykewar, 185 und 187. Si Lewen, zitiert in Eddy, Camp Sharpe, 54; vgl. Bauer/Göpfert, Ritchie Boys, 138 f., und Lerner, Sykewar, 216 f. Fitzgerald to Powell, for PWD/SHAEF Main to McClure, Sitrep. Nr 104, undatiert, zirka 27.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 127. Ganglmair, Kriegspropaganda, 190. Friedman, Report on PW Interrogation of J. Koch, 15.12.1944; auch der bereits erwähnte, ebenfalls von der dritten US-Armee gefangen genommene Infanterist Gerhard Baldauf (416. Infanteriedivision), der nach eigenen Angaben bei Sierck an der Mosel „Tag und Nacht auf kalter Erde“ liegen musste und vier Tage nichts zu essen bekommen hatte, war zunächst skeptisch in Bezug auf die versprochene gute Behandlung durch die Amerikaner. Er änderte seine Meinung, nachdem er selbst in Gefangenschaft geraten war. O. Verf., Report on P. o. W. Interrogation 3rd Army PWE, ca. Oktober 1944. Ganglmair, Kriegspropaganda, 190; Traussnig, Geistiger Widerstand, 253 f. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 127. Beim Begriff Textdesign handelt es sich um ein junges Konzept, das in Grundzügen durchaus auf die Flugblattpropaganda des Zweiten Weltkriegs übertragbar ist: „Der Begriff Textdesign soll sowohl die Präsentationsformen als auch die Informationsziele umfassen. Textdesign ist eine Strategie, um die Lücke zwischen Layout und Text, zwischen Seitengestaltung und Beitragsgestaltung, zwischen Inhalt und Form zu schließen. Textdesign ist eine Verbindung von Optik und Stilistik.“ Hans-Jürgen Bucher, „Textdesign – Zaubermittel der Verständlichkeit? Die Tageszeitung auf dem Weg zum interaktiven Medium“, in: Ernest W. B. Hess-Lüttich/Werner Holly/Ulrich Püschel (Hgg.), Textstrukturen im Medienwandel. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien: 1996, 31–59, hier 33. Hartmut Stöckl bezeichnet jene Texte als mulitmodal, die „mehrere Zeichensysteme (Sprache, Bild, Ton) beinhalten.“ Für die vorliegende Studie ist diese Definition die wichtigste. Nicht per se im Widerspruch zu Stöckls Definition stehend ist die auf Bernd Weidenmann zurückgehende Aussage, dass jene Texte multimodal sind, die beim Rezipienten „verschiedene Sinnesmodalitäten wie Sehen, Hören, Tasten ansprechen.“ Hartmut Stöckl und Bernd Weidenmann, zitiert in: Wibke Weber/Michael Burmester/Ralph Tille (Hgg.), Interaktive Infografiken. Berlin und Heidelberg: 2013, 15; siehe grundlegend auch Hartmut Stöckl, „Sprache-Bild-Texte lesen. Bausteine zur Methodik einer Grundkompetenz“, in: Hajo Diekmannshenke/Michael Klemm/Hartmut Stöckl (Hgg.), Bildlinguistik. Theorien – Methoden – Fallbeispiele. Berlin: 2011, 45–72. Ein selbsterklärter NS-Gegner und gleichzeitig von Hitler beeindruckter Oberfeldwebel beschwerte sich in einem PWI-Verhör darüber, dass die PWB-Flugblätter „too much text“ beinhalten würden. J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, PW Combat Team, Weekly

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Intelligence Report, Nr. 4,.12.2.–18.2.1945, 19.2.1945, 1–14, hier 11. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Ulrich Schmitz, „Sehflächenforschung. Eine Einführung“, in: Diekmannshenke et al., Bildlinguistik, 23–42, hier 24. Aulinger, „Vorwort“, 11. „‚Bilder sind schnelle Schüsse ins Gehirn‘ – mit dieser Sentenz fasste der Saarbrücker Verhaltenswissenschaftler und ‚Marketing-Papst‘ Werner Kroeber-Riel seine Studien zur Bildsemantik und zur Bildwirkung zusammen. Denn um ein Bild mittlerer Komplexität zu erfassen, so der Sozialwissenschaftler weiter, benötige der Mensch gerade einmal zwei Sekunden, wohingegen die Aufnahme von Wörtern und Texten weit größeren zeitlichen Aufwand erfordere.“ Rainer Gries, Rezension zu: Stefan Aust/Stefan Kiefer (Hgg): Die Kunst des SPIEGEL. Titel-Illustrationen aus fünf Jahrzehnten. Kempen: 2004; Hans-Dieter Schütt/Oliver Schwarzkopf (Hgg.): Die SPIEGEL-Titelbilder 1947–1999. Berlin: 2000, in: H-Soz-Kult, 28.03.2006, in: www.hsozkult.de/publicationreview/id/ rezbuecher-5896 (letzter Zugriff: 10.5.2017); Nina Janich, Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: 22001, 129 f. Hartmut Stöckl, „Multimediale Diskurswelten“, in: Bernhard Kettemann/Martin Stegu/ Hartmut Stöckl (Hgg.), Mediendiskurse. verbal-Workshop Graz 1996. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris und Wien: 1998, 73–92, hier 77; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 188. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 188. Die Kohäsion soll „semantische Beziehungen zwischen Bild und Text mit formalen Mitteln unterstützen“. Schmitz, „Sehflächenforschung“, hier 36; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 189 f. Stöckl, „Sprache-Bild-Texte“, 45. Eine moderne Serifenschrift ist heute Times New Roman, eine serifenlose Schriftart hingegen ist Arial. Jürgen Spitzmüller, „Typographie“, in: Christa Dürscheid, Einführung in die Schriftlinguistik (Mit einem Kapitel zur Typographie von Jürgen Spitzmüller). Göttingen: 52016, 209–242, hier 224. Grischany, Ostmark, 63 f. Ebd., 63. Ebd., 259. Bischof stellt ebenfalls fest, „daß sich die österreichischen Kriegsgefangenen der Wehrmacht nur ansatzweise und meist erst gegen oder nach Kriegsende wieder mit Österreich zu identifizieren begannen.“ Bischof, „Einleitung“, 110; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 319–322. „Nachdem die Alliierten Österreich offiziell als Hitlers erstes Opfer betrachteten, bot die Kriegsgefangenschaft österreichischen Soldaten […] die Möglichkeit einer bevorzugten Behandlung.“ Grischany, Ostmark, 260. Auch der bereits erwähnte, selbst erklärte „Anti-Nazi“ und Gebirgsjäger Andreas Tanner wählt eine ähnlich vielsagende Formulierung, indem er beim Verhör durch Klaus Mann in Italien behauptet, dass „practically all Austrians by now lost sympathies for Nazi-­ Germany“. Mann/Gerstmann, PWB Eighth Army, German Intelligence Report, 4, Hervorhebung von mir. Branton, Report of Interrogation Pichler, 2. Report on Propaganda Activities in First US Army sector, 3.–9.1944, 15.7.1944, Appendix A.

Anmerkungen

689 Peter Pirker, Subversion deutscher Herrschaft. Der britische Kriegsgeheimdienst SOE und Österreich (= Zeitgeschichte im Kontext, Bd. 6). Wien: 2012, 218. 690 Rauchensteiner, Unter Beobachtung, 225. 691 Lerner, Sykewar, 90. 692 Starkulla jr., Propaganda, 315. 693 Laurie, Warriors, 145 und Traussnig, Geistiger Widerstand, 298, 300 und 334. 694 Alexander Hoerkens, „NS-Nähe als Generationsfrage“, in: Welzer et al., „Führer“, 299– 314, hier 303; ähnlich in Traussnig, Geistiger Widerstand, 194. 695 Rauchensteiner, Unter Beobachtung, 225. 696 Sinngemäßes Zitat von Richard Germann im Rahmen der Diskussion zum Vortrag „Soziale Zusammensetzung von Wehrmachtseinheiten im Verhältnis zur österreichischen Opferthese“ am Österreichischen Zeitgeschichtetag 2016 an der Karl-Franzens-Universität Graz, 11.6.2016; gleichwohl behauptete der von Emanuel Rapoport verhörte, in der 183. Volksgrenadierdivision dienende österreichische Stabsfeldwebel Kern im PWI-­Verhör, dass die Reaktionen auf die „Roosevelt-Stalin-Garantie“ für ein freies Nachkriegs­österreich zumindest an der „Heimatfront“ in Wien sehr positiv aufgenommen worden sei. E. Rapoport, PW Detachment, 9th US Army, Interrogation Report, PW Kern, 21.11.1944. Hoover, Lerner collection, B 54, F 1; vgl. Kapitel 2.2.3 in diesem Band. 697 OSS Planning Group, Implementation Study for the Special Strategic Services Activities in Austria, 3.7.1944. NARA, RG 226, E 92, B 80, F 2. 698 Scherer/Broch, Untergang, 113. 699 Sgt. F. Seidler, First US Army, PWB Combat Team, Interrogation of PWs at Master P[risoner of ]W[ar]E[nclosure], 19.11.1944. Hoover, Lerner collection, B 54, F 1. 700 „PW [Ernst Sägmüller] does not believe in possibility of revolution in AUSTRIA as Nazi control is still severe and men are all at fronts.“ Ebd. 701 So lobte Wittler in einem Brief vom Dezember 1944 an die einflussreiche US-Journalistin Dorothy Thompson den ehemaligen rechtskonservativen Bundeskanzler und Prälaten Ignaz Seipel: „Dear Miss Thompson, just now I got through reading your column in the Los Angeles Daily News of November 23rd, which deals with the idea of making Austria a sort of world District of Columbia and that Vienna be made the future seat of the League of Nations. I am a native of Vienna myself and I have made extensive studies of the Austrian problem during the pre-Anschluss years in Austria and afterwards while I lived in the United States. The idea you put forward is a very good one […]. The same idea was put forward in 1929 by Dr. Ignatz Seipel, who was then the Austrian chancellor. Unfortunately, nobody, or only very few people, paid any attention to his plan at that time.“ K. Wittler, PWB G-2 Sect, HQ, Third U. S. Army, an D. Thompson, 9.12.1944. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.01.02. 702 Römer, Kameraden, 65. 703 PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 4, „An die ‚Volksgrenadiere‘ der 183. Division“, zirka Ende Oktober 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. 704 PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 40, „Am Kreuzweg“, zirka Ende Dezember 1944. Privatbestand Traussnig (Schenkung von Klaus Kirchner). 705 Bei der Beschreibung dieses bewaldeten Höhenplateus wandelt Antony Beevor auf J. R. R. Tolkiens Spuren: „The Hürtgen Forest, south-east of Aachen, was a dark, sinister concentration of pine trees up to thirty metres tall on steep hillsides. Soldiers constantly lost their bearing in its frightening depths. They saw the areas as an ‚eerie haunting region fit for a witch’s lair.‘“ Beevor, Second World War, 786.

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706 Steven J. Zaloga, US Infantryman versus German Infantryman. European Theater of Operations 1944 (Combat). Oxford: 2016, 19. 707 Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 12 f. 708 First US Army, G-2, Prisoner of War Interrogation Reports, First Army, Summary on 272 VG Div[ision] 22./23.12.1944. NARA, RG 498, E 245, B 1282; mehrere Einschätzungen zur Moral innerhalb der („ostmärkisch“ dominierten) 277. Volksgrenadierdivision stammen von Jacob Tennenbaum. Siehe Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 16; derselbe, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 12 f. 709 Bauer, Jahre, 317. 710 Sarasin, Geschichtswissenschaft, 157. 711 PWD Document Report Waitusch, 20.10.1944, 2. 712 Seidler, PW Interrogation Preinfalk, 3rd Army PWE, 13.9.1944. Laut der Darstellung von Grischany waren die österreichischen Wehrmachtssoldaten zwar von der „Zähigkeit“ und Opferbereitschaft der sowjetischen Soldaten beeindruckt, aber die Wahrnehmung des „barbarischen“, eine „kommunistisch-ostische“ Denkweise an den Tag legenden „Russen“ ist aus den von ihm gesichteten Quellen stets präsent. Grischany, Ostmark, 204 f. 713 Römer, Kameraden, 372. 714 „The division was originally about 70 % Austrian, which accounted for the bad morale […]“. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 13. 715 Rapoport, PW Interrogation Report Schoen, 15.12.1944. 716 Rapoport, PW Interrogation Report Neugschwendtner, 19.12.1944, 2. 717 Ähnlich wiedergegeben in Traussnig, Geistiger Widerstand, 336. 718 Ende November 1944 wurde laut dem Hauptquartier von P&PW/12th Army Group erst ein „comprehensive report on Volksgrenadier units“ als Vorhaben ins Auge gefasst. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 99, 22.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 719 A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 14.2.1945, 1–9, hier 5. Hoover, Lerner collection, B 39. 720 MacDonald, Last Offenisve, 126; laut Harry Yeide haben die harten Kämpfe im Februar 1945 dazu geführt, dass die Truppenstärke der 256. Volksgrenadierdivision um 73 % reduziert wurde. Harry Yeide, Fighting Patton. George S. Patton Jr. Through the Eyes of His Enemies. Minneapolis: 2011, 390; für allgemeine Informationen zur Gliederung dieser Division siehe Mitcham, Order of Battle, Bd. 1., 303–305. 721 O. Koch, HQ Third US Army, Annex Nr. 1 to G-2 Periodic Report Nr. 260, Significant Order of Battle Facts in the West, 26.2.1945, 1–4, hier 1. NARA, RG 338, E 50451, B 4. 722 „In one day 44 men of the 256 th Volksgrenadier division deserted to a Third Army unit and nearly all carried the Safe Conduct surrender pass.“ O. Verf, „The Voices of Freedom“, in Army Talks, Vol. IV, No. 18, 16.9.1945, zitiert in: www.psywarrior.com/GermanSCP.html (letzter Zugriff: 24.5.2017). Vgl. The Leaflet Propaganda Front (A Review of February Activities), 20.3.1045, 1–3, hier 2. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.03. 723 K. Wittler, to L. Huot, HQ Third US Army, Psychological Warfare Branch, CG of 256th VGDivision answers leaflet PWB-48, 27.2.1945. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.01. 724 Konrad Ehlich, „Über den Faschismus sprechen – Analyse und Diskurs“, in: Konrad Ehlich (Hg.), Sprache im Faschismus. Frankfurt am Main: 1989, 7–34, hier 23. 725 „3rd Army: 50 rounds PWB (Himmlers cannon fodder) and ZG 61 were delivered to 5th Infantry Division on 6 November“; Fitzgerald, PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 88, 12.11.1944. 726 Siehe zur „Werwolf“-Bewegung auch Volker Koop, Himmlers letztes Aufgebot. Die NS-

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Organisation „Werwolf“. Köln: 2008; Henke, Besetzung, 943–954, und Lackner, Camp Ritchie, 158–160. So wird der Österreicher F. Neugschwendtner am 19. Dezember 1944 im PWI-Verhör zitiert: „PW [Neugschwendtner] confirms that information from home substantiates the threats of reprisals for relatives of men who surrender. Tendency is therefore more toward waiting in position to be captured.“ Rapoport, Ninth US Army, PW Interrogation Report Neugschwendtner, 19.12.1944; Neugschwendtners Landsmann Rudolf Rockenbauer erwähnt, wie sein NS-Führungsoffizier als „Motivation“ während der Ardennenoffensive eine Tirade gegen Deserteure vom Stapel ließ, „saying that if anyone quits without a fight the family will be sent to the concentration camp in serious cases, will lose the allowances in milder cases.“ Rapoport, Ninth US Army, PW Interrogation Report Rockenbauer, 26.12.1944, 1–4, hier 1; siehe auch PWD/SHAEF Rear to PWD/SHAEF Main for McClure, Daily Sitrep Nr. 209, 28.3.1945. NARA, RG 331, E 90, B 68; vgl. Beevor, Second World War, 787. Moeller, HQ Third US Army, Interrogation, 19.11.1944. O. Verf., „Kalender von Heinrich Himmler offenbart den Alltag eines Massenmörders“, in: Focus Online, 23.8.2016, in: www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/nationalsozialismus/spektakulaerer-fund-kalender-von-heinrich-himmler-offenbart-den-alltag-einesmassenmoerders_id_5789485.html (letzter Zugriff: 22.5.2017). Seidler, PW Interrogation Preinfalk, 3rd Army PWE, 13.9.1944. Der von Emanuel Rapoport verhörte Neugschwendtner behauptete: „the leaders, principally HIMMLER, are determined to prolong the war to postpone the day of reckoning for themselves, SELBST WENN DAS VOLK DABEI ZUGRUNDE GEHT“. Rapoport, Ninth US Army, PW Interrogation Report Neugschwendtner, 19.12.1944. Hervorhebungen durch Rapoport. Siehe hierzu J. R. R. Tolkien, The Two Towers. Being the Second Part of The Lord of the Rings. London: 1999. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 15. Lerner, Sykewar, 178; Radio Luxemburg widmete der moralisierenden Gegenüberstellung von Himmler und Eisenhower Anfang Dezember eine „story of the day“. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 112, undatiert, circa 5./6.12.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39.; das PWD/SHAEF-Flugblatt WG 44 titelte etwa „Eisenhower gegen Himmler!“, siehe Herz, „Psychological Lessons“, unpaginierter Bildteil. E. Fontaine for M. Gurfein, Chief, Intelligence Section, PWD/SHAEF, Position of Himmler and German Army, 18.12.1944. NARA, RG 331, E 87, B 19. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 25.2.1945, 1–10, hier 5. Hoover, Lerner collection, B 40. Stemp behautpete, dass Himmler 180 cm Körpergröße festgelegt hatte. Laut R. Rohrkamp durften die Bewerber Anfang 1940 170 cm groß sein, später senkte man die Vorgabe auf 166 cm. René Rohrkamp, „Hitlers freiwillige Kämpfer“, in: DAMALS.de, in: www.wissenschaft.de/magazin/weitere-themen/hitlers-freiwillige-kaempfer/, 26.1.2012, (letzter Zugriff: 29.07.2019). Solche Akte des humoristischen „Dampf-Ablassens“ schärfen zwar den kritischen Geist und attraktivieren das Propagandaprodukt, sind meiner Meinung nach aber nicht wirklich dazu geeignet, aktive Widerstandshandlungen oder Desertionen zu befeuern. Siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 66 f. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 15.1.1945, 1–5, hier v. a. 2 f. NYPL, Padover papers.

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739 Ebd. 740 „Wer verlängert den bereits verlorenen Krieg? Himmler und Konsorten Wer bringt damit unnötig massloses Leid über die deutsche Zivilbevölkerung? Himmler und Konsorten Wer versucht durch Kriegsverlängerung ihr gutes Leben in der Heimat noch um einige Wochen zu verlängern? Himmler und Konsorten Wer versucht Dich zum Weiterkämpfen gegen einen an Zahl und Kriegsmaterial überlegenen Gegner zu zwingen? Himmler und Konsorten Wer opfert sinnlos Tausende deutscher Soldaten, die die Stützen Deutschlands beim Wiederaufbau nach dem Krieg sein sollten? Himmler und Konsorten Deutscher Soldat! Was wird Dein Schicksal sein: Himmlers Kanonenfutter ODER DEUTSCHLANDS STÜTZE?“. PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 22, „Himmlers Kanonenfutter“, zirka Anfang November 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. 741 Radio Luxemburg, The Man in the Street, Transcript, 6.3.1945. Hoover Institution Archives, Radio Luxembourg miscalleneous records, B 1. 742 Siehe hierzu die Statistik in Lerner, Sykewar, 188 f. 743 Barron, Patton 15 f. 744 G. Patton, zitiert in Beevor, Second World War, 785. 745 Charles Fitzmaurice, zitiert in Overy, Allies, 128. 746 Province, Patton, 86. 747 „In general, the textual and visual tone of a leaflet will be sober and terryfing.“ 5th MRBC, PWB Combat Team, 61. 748 Monthly Operational Report, Third US Army, Vol. II, Chapter 8, November 1944, Psychological Warfare Branch. NARA, RG 338, E 50451, B 1. 749 HQ 95th Infantry Division, General Orders, Record of Award of Silver Star for Peter H. Skala, 30.11.1944. NARA, NPRC, Military Personnel File of Peter H. Skala, ASN 01326224. Detailliert bei Lackner, Camp Ritchie, 96–106; 750 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 106, ohne Datum, vermutlich 29.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 751 Lerner, Sykewar, 214. 752 PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 27, „Im Angriff“, zirka Anfang November 1944. Hoover, Schreiber collection, B 1. Hervorhebungen durch Wittler. 753 Herz, „Psychological Lessons“, 481. 754 Laurie, Warriors, 145 und Traussnig, Geistiger Widerstand, 298, 300 und 334. 755 „According to reports from the First Army front, the course seemed to stick in P/Ws’ minds. Many come over, leaflet in hand, shouting the words. Others, who had thrown away the leaflet, had copied down the phrase on a piece of paper.“ PWD/SHAEF, Leaflet Section, Latest reports of Leaflet Reactions, Nr. 14, 22.11.1944, in: www.psywar.org/ psywar/images/LRLR-14–01.jpg (letzter Zugriff: 23.5.2017). 756 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 104, 27.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 757 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 102, 25.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. In diesem Bericht wird die 35. US-Infanteriedivision irrtümlich als „34 Div“ bezeichnet. 758 F. Kaufman/M. Herz, PWD/SHAEF, to L. Huot, PWB (G-2), HQ Third Army, 19.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 31. 759 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitreps, nicht nummeriert, 6.1. und 12.2.1945. NARA, RG 331, E 88, B 39. 760 Huot, to Powell, Promotion of Tec 4 Wittler, 28.11.1944; auch der als Supply Officer der 2nd MRBC beim P&PW Detachment der 12. Armeegruppe dienende, in Österreich

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geborene Ritchie Boy Charles Lowenthal zeigte sich von den Werken seines Landsmanns sehr beeindruckt. Lt. Lowenthal, 2[nd] Mobile Radio B’cast Co, to Sgt. Wittler, 2 Mobile Radio B’cast Co, 12.12.1944. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.02. Gries, „Ästhetik“, 16. K. Wittler, PWB Publications, Third US Army, Objections to Leaflet Draft: Corporal Mueller is dead (Translation), 26.11.1944. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.03. Beevor, Second World War, 785. Monthly Operational Report, Third US Army, Vol. II, Chapter 8, December 1944, Psychological Warfare Branch. NARA, RG 338, E 50451, B 1. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 3.1.1945, 1–4, hier 4. Hoover, Lerner collection, B 39. „There is no doubt that the German drive has given the young soldier new hope and courage. Some of those talk already about a second DUNKIRK. However it is surprising how many of the older men, incl[uding] the experienced soldier, are skeptical and worried even in the face of seemingly gratifying facts.“ E. Rapoport, PW Detachment, 9th US Army, Interrogation Report, PW August Papst, 28.12.1944, 1–6, hier 1. Hervorhebung von Rapoport. Military Personnel File Rapoport. Vgl. Beevor, Second World War, 792. Monthly Operational Report, Third US Army, December 1944, Psychological Warfare Branch. Flugblattentwurf Wittler, undatiert. Auf den massiven Geländegewinn der Third US Army im luxemburgischen Sauer-OurFlussgebiet reagierte die deutsche Seite mit einem Kommuniqué, das den Landsern der 212. und 560. Volksgrenadierdivision erklärte, „that the Americans were able to push back our positions a little“. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 18.2.1945, 1–6, hier 1. Hoover, Lerner collection, B 40. Klemperer, LTI, 291. So behauptete etwa der von PWB/9th Army befragte Österreicher Franz Wutzel über diverse US-Flugblätter: „[t]he [US] panzerplow leaflet was good on account of the information it revealed (All the facts […] were known […])[.] The fairness angle in the Aachen leaflet pleased PW. Everybody knew that the Americans were fair.“ Weston, Daily Interrogation Report, 2 PW’s at 9th Army PWE, 20.11.1944, 2. Herz, „Psychological Lessons“, 486. Heym, Reden, 122. Monthly Operational Report, Third US Army, Vol. II, Chapter 8, December 1944, Psychological Warfare Branch. NARA, RG 338, E 50451, B 1; siehe auch Grischany, Ostmark, 236. PWD/SHAEF, Leaflet Reaction by Prisoner of War Hans Wiesemeyer, 4.4.1945. NARA, RG 331, E 87, B 31. HQ 12th AG, P&PW, poll 3rd Army, 17.9.1944, Angehöriger der Kampfgruppe XV, 6. Kompanie, Gau Baden; PWD/SHAEF, Leaflet Reaction by Prisoners of War, Volkssturm in Saarburg, 3[rd] Army, 17.3.1945. NARA, RG 331, E 87, B 31. Fitzgerald, PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 84, 7.11.1944. Clemens Zimmermann, Medien im Nationalsozialismus. Deutschland 1933–1945, Italien 1922–1943, Spanien 1936–1951. Wien, Köln und Weimar: 2007, 41; dazu ein OWI-Mitarbeiter: „[I]n our most important audiences the great hunger is for very hard, factual news. […] They want information, hard news – the true account of what is going on, even when the news is unpleasant. American short wave radio, therefore, insists upon truth in its news […]. Such bitter pills as Pearl Harbor have been presented without apology.“ Leonard

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Anmerkungen

Carlton, „Voice of America. The Overseas Radio Bureau“, in: Public Opinion Quarterly, Vol. 7, Nr. 1, 1943, 46–54, hier 47. 779 Weber et al., Infografiken, 5. 780 „Der Sender [sowie hier auch der Empfänger, Anm. von mir] greift beim Herstellen und Verstehen von Äußerungen auf bestimmte mentale Voraussetzungen zurück. Er bezieht sich auf seine Wissens- und Erfahrungsbestände und geht mit den aus der zurückliegenden kommunikativen Praxis gewonnenen Erwartungen an Künftiges heran. […] Unser Gedächtnis speichert begriffliches Wissen nicht in isolierten Einheiten, sondern in Kernkonzepten. Zu einem solch umfassenden integrierenden Kernkonzept […] gehört als grundlegende Struktureinheit ein semantisches Feld, das aus einer Menge einander bedeutungsnaher Lexembedeutungen besteht. Das semantische Feld für alles, was z. B. unter den Oberbegriff Reise mit allen dazugehörigen Substantiven, Verben, Adjektiven gehört, ist dem Sprachteilnehmer mehr oder weniger vollständig bekannt und kann zu Assoziationen bzw. in Texten zu Vernetzungen führen, also Textkohärenz und Sinnangebote herstellen. Auch mit Frames […] werden konzeptuelle Teilsysteme unseres Wissens erfasst. […] Nicht das sprachliche Zeichen ist hier also der Ansatzpunkt, sondern die Strukturen sind es, in denen Ausschnitte der Wirklichkeit in unserem Gedächtnis fixiert sind.“ Ulla Fix, „Text und Textlinguistik“, in Nina Janich (Hg.), Textlinguistik. 15 Einführungen. Tübingen: 2008, 15–34, hier. 25. 781 Linebarger, Psychological Warfare, 185 f. 782 Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 2, 5.2.1945, 15. 783 „The […] map has been […] the fundamental requirement for meaningful mass propaganda to carry a specific and easily comprehended message combining reason and emotion-provoking content.“ William R. Young, „Gulag – Slavery, Inc.: The Use of an Illustrated Map in Printed Propaganda“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 597–602, hier 602. 784 Vgl. Habe/Herz/Clark, PWB Consolidated Report, 30.10.1943, 3. 785 „The news about the Russian offensive is spreading fast among the troops. […] Again we want to point out that thorough exploitation by Psychological Warfare of the Russian danger to Germany could produce an early collapse in the West since the signs are already pointing towards a general passive resistance and apathy in many units.“ Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 1, 29.1.1945, 14. 786 A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 3.2.1945, 1–9, hier 5. Hoover, Lerner collection, B 39. 787 Ebd., 14 f. 788 Monthly Operational Report, Third US Army, January 1945, Psychological Warfare Branch. 789 O. Koch, HQ Third US Army, Annex Nr. 1 to G-2 Periodic Report Nr. 237, Order of Battle Notes, 3.2.1945, 1–4, hier 2. NARA, RG 338, E 50451, B 4. 790 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep, nicht nummeriert, 8.2.1945. NARA, RG 331, E 88, B 39. 791 PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 42, „Die Stunde hat geschlagen“, zirka Anfang Februar 1945. Hoover, Schreiber collection, B 1; laut einem Leaflet Report der P&PW/12th Army Group vom März 1945 wurde dieses Flugblatt auf der ganzen Armeegruppenebene verwendet. The Leaflet Propaganda Front, February 1945, 2. 792 The Leaflet Propaganda Front, February 1945, 2. 793 Herz, „Psychological Lessons“, 472 f. 794 Fitzgerald, PWD/SHAEF, Sitrep, 8.2.1945. 795 „February operations of the Psychological Warfare Branch were characterized by a sub-

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stantial increase in the number of leaflets delivered by artillery, an increase in the number of combat loudspeaker operations, and an increase in the number of leaflets dropped by fighter-bombers. All three figures represent new records.“ Monthly Operational Report, Third US Army, February 1945, Psychological Warfare Branch. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 213, undatiert, circa 20.3.1945. NARA, RG 331, E 88, B 39. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep, nicht nummeriert, 8.2.1945. NARA, RG 331, E 88, B 39. „12.7.44: Der Russe 100 km vor Ostpreussen, was soll das werden?“, schrieb der NS-Überzeugte Franz Bachmann in sein Kriegstagebuch. PWD, Diary of Austrian Officer Bachmann, 6.9.1944, 2. Klemperer, LTI, 140. Kershaw, Hell, 377. Die vom 35jährigen, am „Unternehmen Barbarossa“ beteiligt gewesenen Obergefreiten Otto Nitz getätigte Einschätzung der Rotarmisten war typisch: „‚Der Russe ist kein schlechter Soldat, aber er ist brutal. Er ist nur in Gruppen effektiv.‘ ‚Die Russen‘ als Ganzes bezeichnet er schlicht als ‚barbarisch‘; er und seine Kameraden, so Nitz, hätten ‚genug gesehen in Russland.‘ Der Kontrast zu den Erfahrungen aus den Kämpfen gegen die Westmächte war stark“, wie Römer anhand der in Fort Hunt niedergeschriebenen Aussage des 21jährigen Heinz Balcerkiewicz, der an der Ostfront und in Italien eingesetzt wurde, zeigt: „Die Russen kämpfen mechanisch in Massen, wie sie dazu gezwungen werden. Außerdem kämpfen die Russen mit Messern und sind sehr heimtückisch. Der Gefangene war empört über die Tatsache, dass auch Frauen gekämpft haben. Er denkt, dass die Amerikaner und Briten sehr viel fairer kämpfen.“ Römer, Kameraden, 276 f. Wittler, PWB Interrogation of German Propaganda Man, 12.3.1945. „[H]is fear of Russia“, schreibt Jacob Tennenbaum über die PWI-Verhöre mit deutschen Soldaten, „[is] only increased by the bad conscience due to his own behavior in Russia which he won’t admit to the interrogator but which lies heavy on his own mind.“ Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 1, 29.1.1945, 17. Rapoport, PW Interrogation Report Rockenbauer, 2; vgl. Grischany, Ostmark, 205. Römer, Kameraden, 279. Ebd., 279 f. „The Japanese who obediently hated the Americans when it was their duty to do so nevertheless could not help looking at maps that showed where the Americans actually were. Nazis who despised us and everything we stood for nevertheless studied the photographs of our new light bombers.“ Linebarger, Psychological Warfare, 186 f. Ebd. Grischany, Ostmark, 221 f. Vgl. Römer, Kameraden, 265 f. Toombs, P&PW/12th Army Group, Daily Summary of Intelligence, 18.2.1945, 1. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 10.4.1945, 1–7, hier 3. Hoover, Lerner collection, B 40. Ein unvollständiger Überblick über die PWB-Serie und die Flugblatttitel ist online abrufbar unter: McMaster University, Hamilton, Canada, The William Ready Division of Archives and Research Collections, World War, 1939–1945, Propaganda Collection. Air Dropped and Shelled Leaflets and Periodicals, in: library.mcmaster.ca/archives/w/ww2airdrop2.pdf (letzter Zugriff: 31.5.2017).

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Flugblattentwurf Wittler, undatiert. R. McClure, Chief Psychological Warfare Division, PWD/SHAEF, to L. Huot, PW Officer, HQ, Third US Army, 10.5.1945. LAMOTH, Wittler Papers, RG-40.03.01. Ebd. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF for McClure, Sitrep Nr. 102, undatiert, circa 25.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Weston, Daily Interrogation Report, 2 PW’s at 9th Army PWE, 20.11.1944, 2. Latour, „Zirkulierende Referenz“, 94 f.; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 338. Vgl. Daugherty, „Personnel“, 176. Birgit Witamwas, Geklebte NS-Propaganda. Verführung und Manipulation durch das Plakat. Berlin und Boston: 2016, 36. Siehe hierzu Stöckl, „Sprache-Bild-Texte lesen“, 45; für ein konkretes Beispiel aus der OSS-Propaganda siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 189 f. E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report, PW Max Gottwald, 24.12.1944, 1 f. hier 1. Hervorhebung von Rapoport. NARA, NPRC, Military Personnel File of Emanuel Rapoport, ASN 3665217. PWD, Diary of Austrian Officer Bachmann, 6.9.1944. Rapoport, Ninth US Army, PW Interrogation Report Gottwald, 1. Kershaw, Hell, 377. Zimmermann, Medien, 41. Laskey, Tagebuch, 70. PWB/AFHQ, PWB Combat Propaganda Team 5th US Army, Propaganda Reaction Survey, Italian Campaigns, 9.9.1943–2.5.1945, 13. NARA, RG 208, E 6G, B 12. Hervorhebung von mir. Laskey, Tagebuch, 70. Stephanie Weber, Kuratorin der Ausstellung „After the Fact: Propaganda im 21. Jahrhundert“, zitiert in: Simon Hadler, „Die Ichbotschaft im Wandel der Zeit“, in: orf.at/stories/2393447/2393448/ (letzter Zugriff: 18.7.2017). Lowenthal to Wittler, 2nd MRBC, 12.12.1944. Milano/Corner, Normandiefront, 216. First US Army, Excerpts from the Diary of Sgt Franz Schoen, 11./12.10.1944; vgl. Traussnig, Militärischer Widerstand, 118 f. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. „They were definitely second rate troops“. Leinbaugh/Campbell, Men of Company, 21. R. Japs für den Divisionskommando, 183. Volks Grenadier Division, Div. Gef. St., Feindnachrichtenblatt Nr. 5, 4.11.1944. NARA, RG 242, in: http://downloads.sturmpanzer.com/ NARA_RG242/T315R1552_77579.pdf (letzter Zugriff: 13.1.2018). Einige Abkürzungen wurden hier von mir im vollen Wortlaut ausgeschrieben. Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1; Laurie, Warriors, 157. Der die (soldatischen und zivilen) Empfänger auch tief im Hinter- und Feindesland erreichende Rundfunk ist ein quintessenziell strategisches Medium. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 347. „Das mobile Radio war näher an den Landser herangekommen und konnte auch auf die lokalen Bedürfnisse mehr Rücksicht nehmen als die strategischen und statischen Rundfunkstationen, doch der Zuhörer brauchte noch immer ein Empfangsgerät. Der Lautsprecher eliminierte dieses Manko.“ Ganglmair, Kriegspropaganda, 388. Ebd., 390 f.

Anmerkungen

842 Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 12. 843 Laurie, Warriors, 227; hier eine Beschreibung einer typischen Lautsprecheroperation: „A loudspeaker unit (jeep-trailer, half-track, weapons-carrier or tank) with a minimum crew of driver-technician and a language announcer, stationed at corps headquarters, would receive instructions from G-2 to proceed to a certain division in the line and report to its G-2 [officer]. From there, the unit would be sent to a regimental S-2 [officer], who would explain the tactical situation, usually a pocket of the enemy that was to be asked to surrender. The S-2 would provide a guide or might himself accompany the individual in charge of the loudspeaker unit on his reconnaissance to acquaint him with the lower echelon S-2 s. If a suitable position were found at the front, arrangements would be made for coordinated artillery fire and, perhaps, for a cub plane to fly overhead during the broadcast to silence enemy artillery in the area. When all plans had been laid, the loudspeaker unit would move forward to the selected position and, after a few words of explanation to our own troops, the announcer would deliver a surrender appeal to the enemy. Despite all precautions, some enemy fire would almost always be attracted by the unit.“ Jaffe, History, 2nd MRBC, 87. 844 Howard, 9th Armored Division, Certificate on Loudspeaker Broadcasts [of ] Eisler, 1.4.1945. 845 Intelligence Operations of the V[th] U. S. Corps in Europe, 18.5.1942–10.5.1945, 134. NARA, RG 407, E 427, B 2872; Eddy, Camp Sharpe, 135 f. 846 5th MRBC, PWB Combat Team, 72; Ganglmair, Kriegspropaganda, 391. 847 Daugherty zitiert einen Lautsprecher-Veteran, der auf die Notwendigkeit von militärischen Vorkenntnissen verwies: „‚For a man who did loudspeaker work on the front lines, like myself, you had to have military training. You had to dig foxholes, you’ve got to know what to do when you’re being shelled or when you get into small arms fire, and you’ve got to know how to use your weapons. […] to make the most effective and efficient use of their particular weapon, psywar operations must know how it relates to the actual military situation. …‘“ William E. Daugherty, „Personnel“, 178. 848 Nach diesem Versuch erfolgte im November 1944 der nächste „Loudspeaker broadcast“ von PWB/5th Army: „Appeals and instructions were broadcast in German […] while artillery and mortar fire was held. Sometimes a smoke-screen was laid immediately after so as to give eventual deserters a chance to come over unnoticed. First used at Anzio […], this method of propaganda was used many times with considerable success towards the end of the campaign in Italy.“ PWB/AFHQ, PWB Combat Propaganda Team 5th US Army, Propaganda Reaction Survey, Italian Campaigns, 9.9.1943–2.5.1945, 12 und Appendix C. NARA, RG 208, E 6G, B 12; de Grazia, Taste, 242 f. 849 Laurie, Warriors, 227. 850 Report on Combat Zone Propaganda Activities conducted in First US Army sector, 3.–9.1944, 15.7.1944. NARA, RG 331, E 87, B 10. 851 First United States Army, Report of Operations, Annex Nr. 18, Publicity and Psychological Warfare Section, 198–212, hier 202, in: www.fold3 (letzter Zugriff: 6.7.2016); Sheperd, Operations of No 13 A.U. against the Cherbourg Garrison 26/27 June, 44. 852 Jaffe, Report After Action, 30.10.1944. 853 Hadley, Heads, 91. 854 Heym, Reden, 10; siehe hierzu auch History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 196; in den Akten von PWB/1st Army findet sich eine Beschreibung der Technikkomponenten des im Bereich der 12. US-Armeegruppe später viel benutzten Lautsprechersystems AN/ UIQ-1: „Public address set AN/UIQ-1 ist a portable electro-acoustic system consisting

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of two amplifiers MC-225, a multi-unit horn type speakers [sic!], two lip microphones T-45, two switches SW-141 and two power units PE-75; the system is a portable [sic!] and permits rapid assembly with maximum safety to personnel in its installations, operation, adjustment, and maintenance.“ [PWB/1st Army], P. A. System, undatiert. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Traussnig, Geistiger Widerstand, 292; Jaffe, History, 2nd MRBC, 52; vgl. ebd., 87. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 10; Ganglmair, Kriegspropaganda, 391– 394; Rapoports Muttereinheit, die 5th MRBC, entsandte die ersten zwei Spezialisten für eine Mission mit der 4. US-Panzerdivision und „gave birth to the ‚Talking Tank‘“ an der Westfront. Report of Operations 12th Army Group, HQ Special Troops, 75. praxisbezogen siehe hierzu R. Asti, HQ, Fifth Mobile Radio Broadcasting Company, After Enemy Action Report, 31.3.1945; A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, Annex B, 12.4.1945; T. Larkin, HQ, European Theater of Operations, USA Army, Immediate Report Nr. 107 (Combat Observations), 15.4.1945. Alle zitiert in NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Siehe exemplarisch Hadley, Heads, 93. Ganglmair, Kriegspropaganda, 400 f.; siehe hierzu Lackner, Camp Ritchie, 149. Lerner, Sykewar, 242. Vgl. Hadley, Heads, 92–94. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 10. Siehe hierzu Fluck, „Amerikanisierung“, 13–52. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 11. History, P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 207 f. P. Eisler, P[&]PW Broadcast for 28th US Infantry Division, undatiert, vermutlich April 1945. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. Zitiert in Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 12. Siehe hierzu das im zweiten Einleitungszitat erwähnte Beispiel von Franz Schön, im Detail nachzulesen in Traussnig, Militärischer Widerstand, 118 f. E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Heinz Bloch, 27.11.1944, 1 f., hier 1. Military Personnel File Rapoport. Si Lewen, zitiert in: Bauer/Göpfert, Ritchie Boys, 139; Traussnig, Geistiger Widerstand, 254; Belegt sind derartige „surrender broadcasts“ von Lewen und seinen Mitstreitern auch in den Armeequellen: [P&PW 12th Army Group,] Weekly PW Operations Report, 15.–21.1.1945, 1–7, hier 6. NARA, RG 331, E 88, B 39. MacDonald, Siegfried Line, 252 f. Edward A. Caskey, „Coordinated ‚Assault‘ on the Geilenkirchen Salient“, in: Daugherty/ Janowitz, A Psychological Warfare Casebook, 627–631, hier 627. Am 13. Nov. 1944 wurde das XXX. britische Korps von Arnheim (das zuvor bei der Operation MARKET GARDEN im Einsatz war) in den Geilenkirchner Raum verlegt, wo es einen 25 Kilometer langen Streifen im deutschen Grenzraum übernahm, welcher von der 9. US Army besetzt war. E-Mail von Norbert Rosin an Florian Traussnig, 27.1.2018. MacDonald, Siegfried Line, 546. First US Army, P&PW Section Report, 285; siehe zur Funktion des PWB Liaison Officer bei der Flugblattgenese das Kapitel 2.3. über Kurt Wittler in diesem Band; der auch im Umfeld der 5th MRBC tätige Österreicher Alfred W. Bass übte auch einen solchen Job aus. Clives, History, 5 th MRBC, unpaginiert. Die 84. Division war der nun temporär an das XXX. britische Korps angegliedert.

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Caskey, „Assault“, 627. Lerner, Sykewar, 214. Caskey, „Assault“, 629. „PWs from 183rd VG Div had seen CPH 1 (Aachen Leaflet). They were in their unit and had been generally believed even by N[on]C[ommissioned]O[fficer]’s.“ Fitzgerald to Powell, PWD-Sitrep Nr. 97, undatiert, [20.11.1944]. NARA, RG 331, E 88, B 39. Caskey, „Assault“, 630. MacDonald, Siegfried Line, 550 f. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 16. „In the case of this leaflet, security was a problem which had to be considered. If the information contained in it had gotten into wrong hands before the actual attack, it would have been like handing out copies of the G-3 plan for the operation.“ Caskey, „Assault“, 630; auch das Vertrauen in den Wahrheitsgehalt der weißen Propaganda der Amerikaner hätte wohl gelitten, wenn sich das Flugblatt als kontrafaktisch herausgestellt hätte. 5th MRBC, PWB Combat Team, 60. Der G-3-Offizier ist zuständig für „training and operations“. Caskey, „Assault“, 631. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 16. Leinbaugh und Campbell behaupten, dass parallel dazu „night bombers […] several million propaganda leaflets over German positions in the Ninth Army’s sector“ abgeworfen hatten. Leinbaugh/Campbell, Men of Company K, 17; im Frontgebiet der 9. US-Armee wurden zu dieser Zeit in der Tat großflächig Flugblätter abgeworfen. So erfährt man im PWD/SHAEF-Tagesreport vom 20.11.1944, dass vom 29th Tactical Air Command allein am 17.11. entlang der Frontlinie der 9. US-Armee 24 Flugblatt-„Bomben“ mit Exemplaren des ZG 61-(„Passierschein“-) und des ZG 73-Flugblatts der PWD/SHAEF abgeworfen wurden. Je nach Typus bzw. Größe der verwendeten „leaflet bomb“ bedeutet dies eine Gesamtabwurfzahl zwischen 360.000 und 1.920.000 „strategischen“ bzw. inhaltlich allgemein gehaltenen Flugblättern. Fitzgerald to Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 97, 20.11.1944; Psychological Warfare Division/Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force, Leaflet Operations in the Western European Theatre, 1944–1945, 1–33, hier 22 f., in: www.psywar.org/psywar/reproductions/LeafletReport.pdf (letzter Zugriff: 12.1.2018). Leinbaugh/Campbell, Men of Company K, 79. PWD/SHAEF, PWB/9th Army-Flugblatt CPH 6, „Geilenkirchen umzingelt“, 18.11.1944. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, siehe Illustration zwischen 16 und 17. Ken Ford, Assault on Germany. The Battle of Geilenkirchen. Barnsley: 2009, 63–67. E-Mail Rosin an Traussnig, 27.1.2018. „Situation at 1800 hours, Saturday, 18 November: By nightfall, the British 43rd Division had captured all its objectives. Geilenkirchen was effectively surrounded. The 5th Dorsets’ possession of Bauchem and the 5th Cornwalls’ arrival outside Suggerath had sealed the western side of the trap. To the south, the US 405th Regiment held a solid line in front of the town. In the east, the US 334th Regiment on the high ground west of Prummern completed the great encirclement. Geilenkirchen was gradually being squeezed on three sides by a gigantic pincer movement. The intended attack by the 333rd Regiment the next morning should see the town finally fall.“ Ford, Assault, 73 f. E-Mail Rosin an Traussnig, 27.1.2018. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 16; Caskey, „Assault“, 630.

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Anmerkungen

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Training Records, Military Intelligence Training Center Camp Ritchie, Personal History Card of Emanuel Rapoport. NARA, RG 165, E 206, B 46. Clives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Ab Juli 1945 sollte er dann in der Intelligence Section der Informations- und Medienkontrolltruppe 6870th DISCC unter anderem mit dem Aufstöbern von „war criminals in and around Stuttgart“ beschäftigt sein. US Army, Service Record of Emanuel Rapoport, unpaginiert. Military Personnel File Rapoport; Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 10 f. In einer Namensliste von gesuchten Soldaten und/oder „Fahnenflüchtigen“ dieser Division vom Oktober 1944 wimmelt es von österreichisch klingenden Namen: Franz Aigner, August Czerny, Josef Eitler, Gottfried Grundböck, Johann Himmelbauer, Rupert Matzinger, Anton Prantl, Leopold Schilcher, Otto Seiler u. v. m. W. Lange, Kommandeur, 183. Volksgren.-Division, Div. Gef. Stand, Divisions-Tagesbefehl Nr. 6, 23.10.1944. NARA, RG 242, in: http://downloads.sturmpanzer.com/NARA_RG242/T315R1552_77579.pdf (letzter Zugriff: 13.1.2018). Zaloga, US Infantrymen, 18 f. Caskey, „Assault“, 630. Gaston Pender, zitiert in: Eddy, Camp Sharpe, 139 f. W. Lange, 183. Volksgren.-Division, Div. Gef. Stand, Tages-Befehl, 26.11.1944. NARA, RG 242, in: http://downloads.sturmpanzer.com/NARA_RG242/T315R1552_77579.pdf (letzter Zugriff: 13.1.2018). Lange berichtet darin von einem Verhindern eines „entscheidende[n] Durchbruch[s]“ und von „geringfügigem feindl. Geländegewinn“. Ebd.; dennoch verlief die Operation CLIPPER aus Sicht der Westalliierten trotz mancher Schwierigkeiten und Misserfolge weitgehend zufriedenstellend – der „Geilenkirchen Salient“ wurde eliminiert und die Deutschen zurückgedrängt. MacDonald, Siegfried Line, 554 f. „Noch in der Situation des schwindenden militärischen Erfolges zählen viele Wehrmachtsoldaten auf den ‚Führer‘“, schreibt Harald Welzer. Welzer, „Hitler“, 79. Dazu General Lange im September 1944: „Die Truppe ist entsprechend der Norm zu belehren, daß Überläufer auch für ihre eigenen Angehörigen Rückwirkungen zu erwarten haben. In diesem Zusammenhang ist […] auf die Strafbestimmungen über unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht hinzuweisen.“ Lange, 183. VGD, Abwehrblatt Nr. 1, 22.9.1944. Siehe hierzu das Kapitel 2.2.2 in diesem Buch sowie Herz, „Ultimatums“, 397 f. und 400. Caskey, „Assault“, 630. Field Operations 12th Army Group, Fitzgerald for Powell to PWD/SHAEF Main for [Robert] McClure, Sit[uation]Rep[ort on Psychological Warfare Operations] No. 101, 24 November 1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Shives, 5th MRBC, unpaginiert. US-Soldatenslang für „Deutsche“. Shives, 5th MRBC, unpaginiert. Caskey, „Assault“, 631; den Anteil, den auch britische Formationen an dieser Operation stark beteiligt waren, erwähnt Caskey hier nicht. Shives, History, 5 th MRBC, unpaginiert; Record of Award of Decoration, Bronze Star Medal, for Emanuel Rapoport, Broadcasting Co Sig C 5 Mbl Radio, 6.2.1945. Military Personnel File Rapoport. Ebd. Siehe die betreffende Passage in Leinbaugh/Campbell, Men, 15–31. Hier soll jedoch auch

Anmerkungen

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angemerkt werden, dass laut derselben Quelle die erwähnte Company K des 333. Regiments nur eine untergeordnete Rolle bei der Einnahme Geilenkirchens gespielt hat und die PWB-„Umzingelt“-Flugblätter nach der Schlacht von diesen Soldaten durchaus wahrgenommen wurden. Ebd., 19 und 79; Ford wiederum erwähnt in seinem umfangreichen Schlachtbericht das US-Lautsprecherteam kein einziges Mal. Ford, Assault. In einem Tagesbericht der 183. VGD vom 22.9.1944 wird laut Rosin eine US-Lautsprecheroperation im Sektor der 116. deutschen Panzerdivision erwähnt. Die gegnerische Seite hatte zwei Monate vor der Episode in Geilenkirchen diese Art der Kampfpropaganda also bereits registriert. E-Mail von Norbert Rosin an Florian Traussnig, 4.1.2016. E-Mail von Norbert Rosin an Florian Traussnig, 11.8.2015. Leinbaugh/Campbell, Men, 15–31. Record, Bronze Star, Rapoport, 6.2.1945. S-2 entspricht dem G-2-Bereich auf Regimentsebene. WW II Operation Reports, 84th Infantry Division, S-2 Journal, 333rd Infantry Regiment, Organization Doughboy, 9 Nov 1944 to 14 Feb 1945, 19/20 November 1944. NARA, RG 407, E 427, B 10649. HQ 9th US Army, Annex Nor. 2 to G-2 Periodic Report #76, Report of Interrogation of Prisoners of War, 18/19 November 1944, 3. NARA, RG 338, E 50366, B 4; vgl. Ford, Assault, 71. E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Friedrich Zoeller, 27.1.1945, 1–3, hier 1. Military Personnel File Rapoport. Hervorhebungen von Rapoport; vgl. eine ähnliche Aussage von Generalmajor Ernst von Poten, zitiert bei Burger, 1212, 179. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Starkulla jr., Propaganda, 294 f. Vgl. Bussemer, Propaganda, 308. Wolfgang Heinemann, „Textpragmatische und kommunikative Ansätze“, in: Janich, Textlinguistik, 113–143, hier 123 f. Siehe hierzu programmatisch John L. Austin, How to do things with Words. The William James Lectures delivered at Harvard University in 1955. Oxford: 1962. Die Pragmalinguistik untersucht, welche Sprachhandlungen ein Sprecher verwendet, um mit einem Sprechakt eine gewünschte Wirkung zu erzielen. Jede Form von sprachlicher (linguistischer) Kommunikation, die darauf abzielt, das Gegenüber bzw. den Adressaten (pragmatisch) zu einer bestimmten Handlung – etwa zum Öffnen eines Fensters oder zum Wählen einer politischen Partei – zu bewegen, kann als pragmalinguistisch bezeichnet werden. Übernommen aus Traussnig, Geistiger Widerstand, 124. Heinemann, „Textpragmatische Ansätze“, 120. Ebd. Ebd. Der gesamte Absatz basiert konzeptuell auf ebd. Linebarger, Psychological Warfare, 277. Traussnig, Geistiger Widerstand, 290; PWB/AFHQ, PWB/5th US Army, Propaganda Reaction Survey, 9.9.1943–2.5.1945, 13. „[M]ilitarily in a tough spot, propaganda gives them the shove“, sagte, wie bereits erwähnt, OWI-Direktor Davis. Elmer Davis, in: Winkler, OWI, 118. Vgl. Ford, Assault, 59 f. Rapoport, PW Interrogation Report Neugschwendtner, 19.12.1944, 2. Hervorhebung von Rapoport. Ebd, 1 f.

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Anmerkungen

941 Linebarger, Psychological Warfare, 220. 942 Dasselbe Ineinanderfließen der drei oben dargelegten Teilakte einer Sprachhandlung gilt auch für den von der US-Militärpropaganda über zwei Jahre hinweg multimedial (Flugblatt, Radio, Lautsprecher) und multisensorisch (Seh- und Hörsinn) mit großem Aufwand verbreiteten Satz Ei Sörrender!. 943 Heinemann, „Textpragmatische Ansätze“, 124. 944 Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 254. 945 Manning/Romerstein, Historical Dictionary, 116. 946 Training Records, Military Intelligence Training Center Camp Ritchie, Personal History Card of Julius Schreiber, ASN 32048084. NARA, RG 165, E 206, B 48. 947 „Ref Broadcast of C[ombat]-L[oudspeaker] Team Tracy, Sgt Schreiber and T/5 Carraway on 20 Feb. [1945] […] S-2 319 Reg[imen]t 80 Div[ision] reported immediately after C-L ultimatum to pillboxes[.] 20 PW’s came running out, hands up and […] waving white handkerchiefs, making thus our prepared assault unnecessary.“ Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 78, 24.2.1945. NARA, RG 331, E 90, B 67. 948 K. Wittler, Public Address Broadcasts (News), [Broadcast] Prepared for and delivered by Sgt. Stevens and Sgt. Schreiber, 2nd November [19]44. LAMOTH, Kurt Wittler Papers 1944–1945, RG-40.03.03. 949 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 84, 7.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. 950 „Interrogators stated that German CO was attacked over our P[ublic]A[ddress] as staying behind lines and showing up only during safe moments. 6 P/Ws reported that this Lt. [Lieutenant] was ordered by [his] regiment [the] day after PA broadcast to go to Mezieres and remain in one of the cellars.“ Ebd. 951 Ebd. 952 „During the period 56 PA missions were performed on the First Army front. These contributed to the desertion of many enemy troops who, after hearing the voice of our announcer telling them of their hopeless situation and believing his promises of good treatment by our troops, decided that further fighting was senseless.“ First US Army, P&PW Section Report, 288. 953 Intelligence Operations, V Corps, 134. 954 Es handelt sich hier um eine deutsche Flug- und Panzerabwehrkanone mit einem Durchmesser von 8,8 Zentimeter. In vielen US-Quellen wird diese gefürchtete Waffe erwähnt – ob es sich dabei tatsächlich immer um eine „88“ handelte, sei dahingestellt. Für Technik- und Militaria-„buffs“ mag folgender Internetlink hilfreich sein: O. Verf. „Die 8,8 cm – Flak“, in: http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Vorschriften/Flak88.pdf (letzter Zugriff: 28.1.2018). 955 H. H. Burger, „Episode on the Western Front“, in: The New York Times Magazine, 26.11.1944, 5 f., hier 6. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 956 Bauer, Jahre, 330. 957 PWD/SHAEF, Intelligence Section, Listening to Allied Radio Broadcasts by German Civilians under the Nazis, 3.6.1945, 1–5, hier 3, in: www.fold3.com (letzter Zugriff: 14.8.2016). 958 Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 20. 959 Heym, Reden, 11. 960 Nach Traussnig, Geistiger Widerstand, 45. 961 Ebd. 262.

Anmerkungen

962 Intelligence School, Tactical Psychological Warfare, 1. 963 Auf die Frage: „Haben Sie irgendwelche Sendungen alliierter Rundfunkstationen gehoert?“ antwortete ein Landser: „Es fehlte die Gelegenheit dafür“. HQ 12th AG, P&PW, poll 3rd Army, 17.9.1944, Angehöriger Kampfgruppe XV, Gau Westmark (Pfalz); vgl. Heym, Reden, 11. 964 „[T]he U. S. Army had shown little interest in radio for supporting combat operations before 1944“. Laurie, Warriors, 224. 965 Jaffe, History, 2nd MRBC, 42 f. 966 12th Army Group, Final After Action Report, T Force, 1–31, hier 11. 967 „[T]he besieging outfit“, so Irving Berenson, „succeeded in driving out the enemy before any damage could be done to the transmitter, antennas and other properties.“ I. Berenson, PWD-SHAEF, Radio Luxembourg, Administrative Officer to W. Greene, Chargé d’Affaires of the USA, American Legation, Luxembourg, Account on the Activities of the Psychological Warfare Division Team operating Radio Luxembourg, 27.10.1944, 1–3, hier 1. NARA, RG 208, E 6G, B 10. 968 Eddy, Camp Sharpe, 81. 969 Berenson, PWD-SHAEF, Radio Luxembourg, Account, 1; die PWD/SHAEF-Koryphäen Richard Crossman und William Paley übten von Paris politische Kontrolle über den Sender aus. Habe, Ich stelle mich, 461. 970 D. Schneider, Deputy Chief, Radio Section, PWD SHAEF (Main), Summary of the Activities of the Radio Section PWD, 5.5.1945. NARA, RG 331, E 88, B 21; vgl. Lerner, Sykewar, 225, sowie History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 173. 971 Heym, Reden, 11. PWD/SHAEF-Chef McClure reklamierte die Rundfunkstation kurz nach deren Inbetriebnahme als wichtiges strategisches Organ für die SHAEF-Kommandoebene und sah in ihr eine Art „Lautsprecher“ der Armeegruppen: „The control of Radio Luxembourg by this Divsion [PWD/SHAEF]“ ermögliche es, diesen Sender „as a medium for the issue of order by the Supreme Commander to German military forces and civilians“ und als Mittel der „dissemination of news and other Psychological Warfare Programs“ zu nutzen. „Radio Luxembourg provides the only means available to Army Groups to convey radio instructions and proclamations to the inhabitants of Northwest, West and Southwest Germany in or near the line of advance“, so McClure. R. McClure, Chief, Psychological Warfare Division, Supreme Headquerters, Allied Expeditionary Force, to Chief of Staff, Operation of Radio Luxembourg, 25.9.1944. NARA, RG 331, E 88, B 53. 972 Die American Broadcasting Station in Europe war der wichtigste OWI-Sender in Europa, erhielt Direktiven vom SHAEF-Stab und arbeitete unter dem Dach der PWD/SHAEF. Siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 54. 973 PWD/SHAEF, Plan for Operation of Radio Luxemburg, 7.10.1944, 2 f.; siehe auch Pütter, Rundfunk, 237. 974 History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 180. 975 Davidson, „GI Station“, 16. 976 Perutz, Anschluss, Chapter 8, unpaginiert. 977 Ebd. 978 Lackner, Camp Ritchie, 197. 979 Davidson, „GI Station“, 17; Klugsberger, „Fronten“, 68; Habe war wie bereits erwähnt Chef des Bereichs „German Editorial“ des Publicity and Psychological Warfare Detachment der PWB Branch/P&PW-Abteilung der 12. Armeegruppe. 12th Army Group, Report of

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Anmerkungen

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Operations, P&PW Section, 3; in den Armeeunterlagen steht zu lesen: „Captain HabeBekessy organized, trained and supervised the combat operations of his Section with outstandingly successful results, and published propaganda leaflets and newspapers which have resulted in the surrender of many enemy combatants.“ HQ, 12th Army Group, Citation for Bronze Star Medal to Captain Hans Habe-Bekessy, undatiert, etwa Anfang 1945, zitiert in: Klugsberger, „Fronten“, 68. Habe, Ich stelle mich, 461; zu Rosenbaums und Hales exakter Rolle siehe Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force Psychological Warfare Division, to R. McClure et al., Plan for Operation of Radio Luxemburg, 7.10.1944, 1–4, hier 2. NARA, RG 331, E 88, B 53. Klugsberger, „Fronten“, 68. Fitzgerald for Powell, to Sykewar London, Sitrep Nr. 40, 23.10.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Anders als ihre Schwesterkompanien war diese Einheit direkt der PWD/SHAEF unterstellt. Roger Wayne (vermutlich ein Pseudonym), zitiert in Burger, 1212, 198. Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF Main for McClure, Sitrep Nr. 87, 10.11.1944. NARA, RG 331, E 90, B 68; Vogel, 2nd MRBC, Educational and Other Data of EM, 29.11.1944; Davidson, „GI Station“, 16. Brand gehörte auch dem Propaganda Detachment der P&PW/12th an. 12th Army Group, Report of Operations, P&PW Section, 5; Davidson, „GI Station“, 17; Stefan Heym, Nachruf, 368 f. G. Pender, Executive Officer, 4th Mobile Radio Broadcasting Company, VIII District Transient Camp, No. 1, U. S. Army, Order Nr. 9, 13.8.1944. United States Holocaust Memorial Museum, Washington D. C., Henry Alter papers, 1840–1999, Series 3, Military Service, B1, F 1.; Eddy, Camp Sharpe, 82 und 87; Kohner, Hanna and Walter, 167 f. Kohner, Hanna and Walter, 166. Perutz bekam die Luxemburger „Médaille de Vermeil“ für seine Dienste verliehen. Siehe W. Farquhar, Assistant Adjutant General, HQ US Forces, European Theater, to Adjutant General, Washington 25, D. C., Foreign Award for Perutz, Frederich [sic!], 14.8.1946. Military Personnel File Perutz. Eddy, Camp Sharpe, 82. Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Stephen W. BrownJoussard. NARA, RG 165, E 206, B 31; Donald Forbes, „Ex-Member Says Life in Legion was no Bed of Roses“, in: Fort Benning Bayonet, Vol. 2, Nr. 6, 21.10.1943, 1; Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 102, undatiert, vermutlich 24.11.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Shives, History, 5th MRBC, unpaginiert. Pütter, Rundfunk, 237. Hindley, Destination Casablanca, 46–50; Angela Cziczatka, US-Propaganda im Zweiten Weltkrieg. Österreich im Spiegel des US-Rundfunks. Frankfurt am Main und Wien: 2003, 257; Ernst C. Stiefel/Frank Mecklenburg, Deutsche Juristen im amerikanischen Exil (1933– 1950). Tübingen: 1991, 139; Schechters OWI-Rundfunktätigkeit in Europa wird auch erwähnt bei G. Hanfmann, Memorandum an die Mitglieder des [ABSIE] German Desk, 13.2.1945. DÖW 9549; siehe auch Peter Eppel (Hg.), Österreicher im Exil. USA 1938–1945. Eine Dokumentation. Bd. 2. Wien: 1995, 39. Perutz, Anschluss, Chapter 9, unpaginiert.

Anmerkungen

996 Perutz gibt in seinen Memoiren selbst zu, dass seine Verhöre und Gespräche mit deutschen Gefangenen eher wenig zufriedenstellend waren. Sein vermutlicher Rivale Paul Mayer sah dessen Leistung überhaupt als „inferior“ an. Perutz, Anschluss, Chapter 8, unpaginiert; P. Mayer to A. Mayer, 8.8.1944. 997 Perutz, Anschluss, Chapter 9, unpaginiert. 998 Ebd. 999 Eddy, Camp Sharpe, 166 f; im Militärpersonalakt finden sich Hinweise auf Geschwüre und Röntgenaufnahmen, ein Bericht über die besagte Operation ist darin nicht zu finden. Military Personnel File Perutz. 1000 Kohner, Hanna and Walter, 166. 1001 Rudolf Ulrich, Österreicher in Hollywood. Verlag Filmarchiv Austria, Wien 2004, 245 f. 1002 [PWD/SHAEF, Radio Luxembourg, Broadcast Script] Story of the Day, 17.10.1944, 1–11, Deckblatt. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 1003 [PWD: Radio Luxembourg] Present Luxembourg Evening Schedule, 2.10.1944. NARA, RG 208, E 6 g, B 10. 1004 Siehe die Meldung zu den taktischen Sendungen bei Fitzgerald for Powell, to PWD/ SHAEF Main for McClure, Sitrep Nr. 193, 26.2.1945. NARA, RG 331, E 90, B 65. 1005 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF Main for McClure, Sitreps Nr. 56, 10.10.1944 und Nr. 57, 11.10.1944. 1006 Siehe hierzu eine spätere Sendung zu diesem Thema: [Radio Luxembourg, Broadcast Scripts], Account of Conditions in the Auschwitz concentration camp 24.3.1945. Hoover Institution Archives, Radio Luxembourg records, B 1. 1007 Heym, Reden, 227; vgl. History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 114. 1008 General Board, Psychological Warfare in the ETO, 22. 1009 Lerner Sykewar, 225; vgl. Robert T. Colwell, „Radio Luxembourg Uses Jokes as Propaganda Against Nazis“, in: Life, 5.3.1945, 17 f., hier 18. 1010 Heym, Reden, 13. 1011 PWD/SHAEF, Radio Luxembourg, Story of the Day, 17.10.1944, 1. 1012 Siehe illustrierend das Faksimile der Verordnung Himmlers über die Kennzeichnung polnischer Zwangsarbeiter im Text von Birgit Maaß, „Zwangsarbeit von Polen und Polinnen im Dritten Reich“, in: http://expolis.de/schlesien/texte/maas.html (letzter Zugriff: 7.2.2018); grundlegend siehe Ulrich Herbert, Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Bonn: 31999. 1013 Michelle Obama, zitiert in: The White House, Office of the First Lady, „Remarks by the First Lady at Hillary for America Campaign Event in Manchester, NH“, 13.10.2016, in: https://obamawhitehouse.archives.gov/the-press-office/2016/10/13/remarks-first-lady-hillary-america-campaign-event-manchester-nh (letzter Zugriff: 7.2.2018). 1014 PWD/SHAEF, Radio Luxembourg, Story of the Day, 17.10.1944, 5. 1015 Ignazio Silone, Der Fascismus. Seine Entstehung und Entwicklung. (Reproduktion der Erstausgabe von 1934). Frankfurt am Main 1984: 195. 1016 Das traf besonders auf die bis auf die Spätantike zurückgehende, „besondere Stellung Kölns“ in der weltweit vernetzten katholischen Kirche zu. Peter Burian, „Die katholische Kirche“, in: Dülffer, Zeiten, 294–311, hier 294 f. 1017 Vgl. Colwell, „Radio Luxembourg“, 18. 1018 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 193, 26.2.1945. 1019 Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 20. 1020 Ebd., 23.

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Anmerkungen

1021 History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 112 f. 1022 Ebd., 114. 1023 [PWB/AFHQ/]PWB-CPT 5th US Army, Propaganda Reaction Survey, Italian Campaigns, Period from 9.9.1943–2.5.1945, 6. NARA, RG 208, E 6G, B 12. 1024 Heym, Reden, 13. 1025 Ebd. 1026 Fluck, „Amerikanisierung“, 37.; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 262. 1027 Vgl. History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 113. 1028 [PWD/SHAEF, Radio Luxembourg, Broadcast Script] Frontpost Broadcast, 8.10.1944. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 1029 Burger, 1212, 179. 1030 USHMM, Interview Eaton, 27.5.2010. 1031 O. Verf., „von Poten, Ernst“, in: www.lexikon-der-wehrmacht.de/Personenregister/P/PotenErnstv-R.htm (letzter Zugriff: 2.2.2018). 1032 Auch wenn er einige Details aus Habes Erzählung nicht erwähnt, erinnert sich Eaton ebenfalls ähnlich an dieses Ereignis. USHMM, Interview Eaton, 27.5.2010. 1033 Habe, Ich stelle mich, 462 f. 1034 Ebd., 464. 1035 USHMM, Interview Eaton, 27.5.2010. Eaton und Habe geben aber übereinstimmend an, dass der Gefangene eigentlich General Patton „gehöre“ und man von Poten daher der 3. US-Armee überlassen hatte. 1036 Ruth Wodak/Rudolf de Cillia/Martin Reisigl/Karin Liebhart/Klaus Hofstätter/Maria Kargl, Zur diskursiven Konstruktion nationaler Identität. Frankfurt am Main: 1998, 123. Traussnig, Geistiger Widerstand, 68 f. 1037 Burger, 1212, 180 f.; Laut Eatons Erinnerungen inszenierte sich von Poten als judenfreundlicher Offizier und Österreicher, der von der einmarschierenden Wehrmacht mehr oder weniger übernommen worden war und der später mit führenden NS-Funktionären Konflikte ausgefochten hatte (USHMM, Interview Eaton, 27.5.2010) – das mag vielleicht wahr sein, entspricht aber auf auffällige Weise dem Narrativ des österreichischen NS-Opfermythos. Der aus dem konservativen Lager kommende Hans Habe behauptete jedenfalls, dass er und seine Kollegen den „General [sic!] […] liebgewonnen“ hätten. Habe, Ich stelle mich, 462. 1038 E. von Poten, „Den Kameraden des 240. Artillerieregiments“, 1–40, hier 9, in: Wo sind sie geblieben? Interessensgemeinschaft Geschichte der 170. Infanterie-Division, in: www.ostvermisste-1944.de/Den%20Kameraden/9.htm (letzter Zugriff: 2.2.2018). 1039 Siehe hierzu Peter Melichar, „Die Gemütlichkeit oder der Wille zur Abstraktion“, in: Emil Brix/Ernst Bruckmüller/Hannes Stekl (Hgg.), Memoria Austriae I. Menschen, Mythen, Zeiten. Wien: 2004, 271–300. 1040 Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Frederick K. Bauer. NARA, RG 165, E 206, B 30. 1041 Huot, Third US Army, Psychological Warfare Branch Personnel, 29.8.1944; Davidson, „GI Station“, 17. 1042 1st US Army, HQ PW Combat Team, Roster of Psychological Warfare personnel attached to First U. S. Army, 4.10.1944. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 1043 History P&PW, 12th Army Group (Typoskript), 181. 1044 Davidson, „GI Station“, 17. 1045 P&PW 12th Army Group, Weekly PW Operations Report, 15.–21.1.1945, 5. 1046 Ebd.

Anmerkungen

1047 Fitzgerald for Powell, Sitrep, 15.1.1945. 1048 A. Toombs/S. Padover/L. Gittler, HQ 12th Army Group, Psychological Warfare Estimate, Attitude of German Citizens in Path of 12 AG, 13.10.1944, 1–8, hier 2 f. The New York Public Library [NYPL], Manuscripts and Archives Division, Saul K. Padover papers. Hervorhebungen von mir. 1049 General Board, Psychological Warfare in the ETO, 26; vgl. den Unterabschnitt 2.2.4. zu Erwin Benkoe in diesem Band. 1050 Siehe etwa Heyms Rundfunkansprache vom 29. Oktober 1944 über die „tote Stadt“ Aachen in Heym, Reden, 106–110; die darin gegebene Schilderung geht mit dem ersten Bericht der amerikanischen Befreier weitgehend konform: „Aachen is as dead as a Roman ruin“. G-2 Periodic Report der 1st Infantry Division, Aachen Today, 20.10.1944; auch mit der später von Padover festgehaltenen Schilderung des Aacheners B. Thiele über diverse Plünderungen und Alkoholexzesse durch deutsche Soldaten gibt es Übereinstimmungen. Padover/Gittler, Sacking of Aachen, 31.10.1944. 1051 Colwell, „Radio Luxembourg“, 18. 1052 J. Tennenbaum, HQ 1st US Army, PW Combat Team, Weekly Intelligence Report, 15.1.– 28.1.1945, 21.1.1945, 1–13, hier 13. NARA, RG 338, E 37042, B 5711. 1053 PWD/SHAEF, Intelligence Section, Listening to Allied Radio Broadcasts, 3. 1054 Pütter, Rundfunk, 235. 1055 Saul K. Padover, Lügendetektor. Vernehmungen im besiegten Deutschland 1944/45. München: 2001, 222. 1056 Schneider, Summary of the Activities of the Radio Section PWD, 5.5.1945, 1. 1057 Linebarger, Psychological Warfare, 89. 1058 Heym, Reden, 351. 1059 PWD/SHAEF, Subject Files, Radio Broadcast Scripts, Radio Annie/1212, 7.1.1945. NARA, RG 331, E 88, B 50. 1060 Burger, 1212, 167 f. 1061 Training Records MITC Camp Ritchie, Personal History Card of Fred Lorenz. NARA, RG 165, E 206, B 42; siehe auch Traussnig, Geistiger Widerstand, 341 f. 1062 MITC Personal History Card Lorenz; OSS HQ&HQ Det., Washington DC, Special Orders Nr. 8/Cpt. G. Riggin, Special Orders, 11.1.1944. OSS Personnel File of Henry Koerner [Lorenz wird darin erwähnt]. 1063 Nach Traussnig, Geistiger Widerstand, 343. 1064 Siehe hierzu das im Kapitel über Kurt Wittler erwähnte Lorient-Flugblatt auf S. 189 in diesem Band sowie Jaffe, History, 2nd MRBC, 51. 1065 Fitzgerald for Powell, to PWD/SHAEF, Sitrep Nr. 58, 12.10.1944. 1066 Ebd., 53 f.; vgl. Eddy, Camp Sharpe, 76. 1067 Pütter, Rundfunk, 253; Jaffe, History, 2nd MRBC, 50. 1068 Ebd., 56. 1069 Hertz, „Radio Siege“, 388. 1070 Für einen detaillierten Einblick in die sehr stark auf Propaganda Intelligence mittels Moralverhören fußende und durchaus unterhaltsame Tätigkeit von Lorenz beim Feldfunk von Lorient siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 343–347. 1071 Vogel, 2nd MRBC, Educational and Other Data of EM, 29.11.1944; Jaffe, History, 2nd MRBC, 12 und 54. 1072 Jaffe, Report After Action, 30.10.1944. Vermutlich ging Lehman, der neben seiner Rundfunk-

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Anmerkungen

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arbeit später auch für die P&PW-Abteilung der 12. Armeegruppe Moralverhöre durchführte, mit seinem Kollegen Lorenz danach nach Luxemburg, um dort Rundfunkarbeit zu verrichten. William E. Daugherty, „Benno Frank. An American Propagandist“, in: Daugherty/Janowitz, Psychological Warfare Casebook, 248–251, hier 251; siehe auch Eddy, Camp Sharpe, 75. Jaffe, Report After Action, 30.10.1944; ähnlich Eddy, Camp Sharpe, 76; zur Operation allgemein siehe Hertz, „ Radio Siege “, 386. „Interrogation of prisoners indicated that the broadcasts were widely heard and effective.“ Jaffe, Report After Action, 30.10.1944. Siehe den Band von Burger, 1212. Siehe hierzu Douglas Waller, Wild Bill Donovan. The Spymaster Who Created the OSS and Modern American Espionage. New York: 2011. William J. Donovan, zitiert in Hindley, Destination Casablanca, 136. Ähnlich bei Traussnig, Geistiger Widerstand, 260 und 366 f. Pütter, Rundfunk, 165. O. Verf., „Radio: Operation Annie“, in: Time, 25.2.1946, unpaginiert, in: http://content. time.com/time/magazine/article/0,9171,852708,00.html (letzter Zugriff: 27.1.2013). Bei einer standardisierten Meinungsumfrage zur Propagandawirkung im September 1944 gab etwa ein befragter Infanterist durch dickes Unterstreichen an, dass er den schwarzen PWE- und OSS-Sender Soldatensender Calais oft gehört habe. HQ 12th AG, P&PW, poll 3rd Army, 17.9.1944, Angehöriger der 16. [Infanterie-]Division, 221. Regiment, Gau Schlesien; Hoover, Lerner collection, B 51, F 9; siehe weitere Wirkungseinschätzungen und Moralberichte zu schwarzen OSS-Rundfunkaktivitäten bei Traussnig, Geistiger Widerstand, 241 f. Vgl. ebd., 367. Burger, 1212, 180 f. Im später erschienenen Werk Der Frühling war es wert verwendet Burger schließlich Lorenz’ früheren Namen Manfred Inger. Burger, 1212, 160 f. Nach Traussnig, Geistiger Widerstand, 348.; vgl. Lerner, Sykewar, 101. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary #13, 23.12.1944, 8. PWD/SHAEF, Radio Broadcast Scripts, Radio Annie/1212, 7.1.1945. Stargardt, Krieg, 565–567. Toombs, P&PW/12th Army Group, Daily Summary of Intelligence, 3.1.1945, 4. Stargardt, Krieg, 565. Vgl. das Kapitel 3.1. über den „Aachen-Skandal“ in diesem Band. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary #13, 23.12.1944, 1. Burger, 1212, 180. Tennenbaum, Weekly Intelligence Report, Nr. 3, 12.2.1945, 20. Mauch, Schattenkrieg, 208. O. Verf., „Neue Bücher“ [Kurzbesprechung zu Traussnig, Geistiger Widerstand], in: Kurier, 21.5.2017. PWD/SHAEF, Subject Files, Radio Broadcast Scripts, Radio Annie/1212, 22.1.1945. NARA, RG 331, E 88, B 50. Burger, 1212, 166. Wolfgang Stelbring, Die Kreisleiter der NSDAP in Westfalen und Lippe (= Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen, Reihe C: Quellen und Forschungen, Bd. 48). München: 2003, 106. Ebd., 67 f. und 222.

Anmerkungen

1103 1104 1105 1106 1107 1108 1109 1110 1111 1112 1113 1114 1115 1116 1117 1118 1119 1120

Ebd., 62. Burger, 1212, 167. Stelbring, Kreisleiter, 81 und 257. PWD/SHAEF, Broadcast Scripts, Radio Annie, 22.1.1945. Daniela Münkel, „Alternative Fakten aus Ost-Berlin“, in: ZEITGeschichte, Nr. 3/2017, 90–94, hier 92. Burger, Frühling, 197. Pütter, Rundfunk, 164. Lerner, Sykewar, 88. Burger, 1212, 45. Nach Traussnig, Geistiger Widerstand, 350 f. Vgl. Jörg Späters Ausführungen über Siegfried Kracauers Mitarbeit in der psychologischen Kriegsführung der USA. Später, Kracauer, 427 und 448. So steigerte sich Lorenz laut David Hertz als Sprecher bei Radio Lorient derartig in die Rolle eines gewissen Herrn Schimak hinein, dass er von seinen Kameraden regelmäßig vom Mikrofon weggezerrt werden musste. Ebd.; Hertz „Radio Siege“, 388. Pirker, Subversion, 41. Burger, 1212, 180 f.; vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 220 und 351. Dieser Begriff ist hier an Umberto Eco angelehnt. Siehe Felbinger/Scherl, „Flieger“, 129 f. So werden die Schwarz- und Grausender der Westalliierten etwa in den Befragungen von Rückkehrern aus dem Innern des NS-Reichs als beliebte Medienangebote bezeichnet. OWI Radio Report by Gripsholm Repatriates, 28.3.1945. Habe, Ich stelle mich, 461. OSS/MO Washington, All Musac Lyrics 1944–1945, Zum Donaukanal. NARA, RG 226, E 139, B 172; siehe auch die Fallstudie zu Lothar Metzl, in: Traussnig, Geistiger Widerstand, 231–237.

3

Jenseits des Schlachtfelds: „Political Intelligence“, Konsolidierungs- und Umerziehungspropaganda im besetzten Deutschland

1 2

Heym, Nachruf, 356. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #13, 23.12.1944, 1–11, hier 2. NARA, RG 331, E 87, B 24. PWD/SHAEF, Plans&Directives Service, Guidance Notes, Part II, Consolidation Activities in Liberated Areas, 14.6.1944, 1–8, hier 1. NARA, RG 331, E 87, B 5. Klaus Schwabe, „Aachen am Ende des Zweiten Weltkrieges: Auftakt zur Nachkriegszeit?“, in: www.regionalgeschichte.net/bibliothek/aufsaetze/schwabe-aachen-zweiter-weltkriegnachkriegszeit.html, unpaginiert (letzter Zugriff: 13.1.2020). Henke, Besetzung, 252–296. Schwabe, „Aachen“, unpaginiert. Ebd. Nach Lerg, „Psychokrieg“, 200. Schwabe, „Vorgriff“, 116. Earl F. Ziemke, The U. S. Army in the Occupation of Germany 1944–1946. Washington D. C.: 1975, 174. PWD/SHAEF, Guidance Notes, Consolidation Activities in Liberated Areas, 4.

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Anmerkungen

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Lerg, „Psychokrieg“, 198 f. First US Army, Report of Operations, P&PW Section Report, 282. Information on Activities of PWD/SHAEF for Inclusion in Civil Affairs Handbook, Inter-Relations of C[ivil]A[ffairs] and PW, undatiert, vermutlich Sommer 1944. NARA, RG 331, E 87, B 5. Craft, ETO, Report on Psychological Warfare, 23. Vgl. Bauer/Göpfert, Ritchie Boys, 158–160, 215 f. Vgl. Lackner, Camp Ritchie, 178–180. M. Parloff, HQ „T“ Force 12th Army Group, Report of IPW Teams 90, 94 on Aachen Experience, 1.1.1945, 1–27, hier Vorbemerkungsseite. USHMM, Morris B. Parloff papers, 1942–1945, 2015.495.1, F 4. Vgl. H. Lewis, T Force, in: 12th Army Group, Final After Action Report, T Force and T Branch, unpaginierter Annex. NARA, RG 331, E 180, B 44, 20.8.1945. Parloff, Report on Aachen Experience, 1.1.1944, 14. Hervorhebung von Parloff. Ebd. Dickson, First US Army, G-2 Periodic Report, 22.10.1945, 1 f. Rohrkamp, „Schlacht“, 3 f. Annex Nr. 3 to G-2 Periodic Report Nr. 134, „Aachen Today“, 1st Inf[antry] Div[ision], G-2 Periodic Report, Nr. 123, 20.10.1944, 1 f., hier 1. NARA, RG 407, E 427, B 1392. Der Bischof weilte zu dieser Zeit nicht in Aachen, sondern in einem belgischen Frauenkloster. Volk, „Ausblick“, 205. Rohrkamp, „Schlacht“, 15 f. Laut Padover wurde er im Dom angefunden. S. Padover/L. Gittler/P. Sweet, The Political Situation in Aachen, ohne Datum, wahrscheinlich Ende Jänner 1945, 1–21, hier 15. Henke, Besetzung, 272. Ebd. Volk, „Ausblick“, 205. Henke, Besetzung, 272. Padover, Lügendetektor, 177. Gerhard Botz, „Der ‚Christliche Ständestaat‘: Weder System, noch Faschismus, sondern berufsständisch verbrämte, ‚halbfaschistisch‘-autoritäre Diktatur im Wandel“, in: Lucile Dreidemy/Richard Hufschmied/Agnes Meisinger/Berthold Molden/Eugen Pfister/Katharina Prager/Elisabeth Röhrlich/Florian Wenninger/Maria Wirth (Hgg.), Bananen, Cola, Zeitgeschichte. Oliver Rathkolb und das lange 20. Jahrhundert, Bd. 1. Wien, Köln, Weimar: 2015, 202–220, hier 214. Ebd; Franz von Seidler, Biography, 1.9.1942. OSS Personnel File Seidler. Die Biografie Seidlers findet sich auch unter den Akten der Foreign Nationalities Branch unter OSS/ FNB, Biography of Franz von Seidler, 1.9.1942. NARA, RG 226, NY-FNB-INT-AU-207; Training Records of the Military Intelligence Training Center, Camp Ritchie, Personal History Card of Francis Seidler. NARA, RG 165, E 206, B 48. Ebd.; J. Wiley, OSS/FNB-Memorandum to W. Donovan, 1.4.1944. NARA, RG 226, NY-FNB-INT-AU-514. Seidler diente in der Batterie G der 207th Coast Artillery/Anti-Aircraft („Old Seventh Regiment“ der New Yorker Nationalgarde). F. Seidler, Application for [OSS-]Employment and Personal History Statement, 23.1.1943; F. Seidler, Biography, 1.9.1942. Beides in OSS Personnel File Seidler.

Anmerkungen

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Siehe auch Training Records MITC, Personal History Card F. Seidler. Seidler, Biography, 1.9.1942; 2nd Lt. C. Crosby, Personnel Officer A. U. S., to Commanding Officer 2nd MRBC, Camp Ritchie, Transmittal of Q. M. C. Form Nr. 487 for F. Seidler; alle in: OSS Personnel File Seidler. Seidler, Biography, 1.9.1942. Siehe hierzu Mauch, Schattenkrieg, 27 f. sowie Siegfried Beer, „Exil und Emigration als Information. Zur Tätigkeit der Foreign Nationalities Branch (FNB) innerhalb des Kriegsgeheimdienstes COI bzw. OSS, 1941–1945“, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Jahrbuch 1989. Wien: 1989, 132–143. Eppel, Exil, Bd. 2, 46. Die Anschuldigungen gegenüber Seidler werden von Wiley bzw. Steinhardt mit vagen und wenig überzeugenden Formulierungen wie „it was generally said that …“, „it is rumored …“, „I have heard, thought it cannot be substained …“ eingeleitet. Wiley, OSS-Memo to Donovan, 1.4.1944; Wiley stand laut Martin Fuchs dem konservativ-monarchietreuen Zirkel um Otto Habsburg und das sogenannte Austrian Battalion nahe. Siehe Memorandum von Martin Fuchs, 14.12.1942, in: Eppel, Exil, Bd. 2, 104–107, hier 105. Es ist denkbar, dass Rivalitäten im konservativen Lager seine Beurteilung Seidlers beeinflussten. P. Horton to D. Downes, OSS/FNB-Memorandum [on German Personalities], 22.9.1942. NARA, RG 226, NY-FNB-INT-13GE-305. OSS/FNB, List of politically active Austrians in America, 14.2.1942. NARA RG 226, NY-FNB-INT-4AU-38. V. Taylor, to Chief, Personnel Procurement Branch, OSS Requisition Sheet for Francis Seidler, 24.11.1943. OSS Personnel File Seidler. Laurie, Warriors, 148 f., 155–157. Hinweis von Francis Seidler auf drei beigelegte Empfehlungsschreiben, in: Seidler, Application for Employment, 23.1.1943. Oliver Rathkolb, „Erste Republik, Austrofaschismus, Nationalsozialismus (1918–1945)“, in: Christian Lackner/Brigitte Mazohl/Walter Pohl/Oliver Rathkolb/Thomas Winkelbauer (Hg.: Thomas Winkelbauer), Geschichte Österreichs. Stuttgart: 22016, 477–524, hier 506; Schmidt wurde von der Morale Operations Branch des OSS gezielt mit Gerüchten („rumors“) in Verbindung gebracht. Diese sollten durch subversive Rundfunksendungen und Flugblätter den Ruf der NS-Führungsfiguren untergraben. Der „Rumor“-Vorschlag C/21 etwa stellt Letzteren als korrupten NS-Bonzen dar: „Dr. Guido Schmidt, formerly Austrian Foreign Minister, recently arrived at Istanbul. […] His intention to take with him a million gold marks, which he had brot [sic!] into Turkey, led to questions by the Turkish police.“ L. Williams to B. Ames, Chief, MO-OSS. M.[iddle]E.[ast], on Rumors to push out, 29.11.1943. NARA, RG 226, E 215, B 2. Seidler, Biography, 1.9.1942. O. Verf., „Tragische Figur mit braunen Rändern“, in: www.kath.net/news/26869, 29.5.2010 (letzter Zugriff: 10.2.2017). Siehe hierzu auch Alois Hudal, Römische Tagebücher. Lebensbeichte eines alten Bischofs. Graz: 1976. So steht in einem OSS-Geheimdienstbericht über den ehemaligen Grazer Bibelwissenschaftler und „Brückenbauer“ zwischen Nationalsozialismus und Kirche zu lesen: „Bishop Hudal […] was the first bishop to point out in the past that a good German Catholic could also be a good Nazi. […] Other unfavorable opinions regarding Bishop Hudal’s political thinking have been received.“ OSS London, Report from Caserta, Cat-

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Anmerkungen

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holic View on Catholic and other Personalities, 18.12.1944. Hoover Institution Archives, Daniel Lerner collection, B 49, F 8; Dominik Burkard will aus den Publikationen Hudals hingegen herausgelesen haben, dass Letzterer ein „Mahner und Warner“ gegen den Nationalsozialismus war. Dominik Burkard, Vortrag „Katholische Theologie im Nationalsozialismus. Facetten, Perspektiven“ im Rahmen der Tagung „Historische Zugänge. Gegenwärtige Relevanz. Zukünftige Herausforderungen (Zum Gedenken an die Abschaffung der Grazer Theologischen Fakultät durch das NS-Regime vor 80 Jahren)“, am 7.5.2019 an der Universität Graz. Für eine je kritische Kurzbiografie siehe Eva Maria Kaiser, Hitlers Jünger und Gottes Hirten. Der Einsatz der katholischen Bischöfe Österreichs für ehemalige Nationalsozialisten nach 1945. Wien, Köln und Weimar: 2017, 314–323, sowie Heimo Halbrainer/Gerald Lamprecht (Hgg.), Nationalsozialismus in der Steiermark. Opfer. Täter. Gegner (= Nationalsozialismus in den Bundesländern, Bd. 4). Innsbruck, Wien und Bozen: 2015, 76 f.; Kritisch ist auch das neu erschienene Hudal-Buch von Johannes Sachslehner, Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche. Wien: 2019. Henke ortet bei den Detachments der Militärregierung im Herbst 1944 eine „beklagenswerte politische Orientierungslosigkeit“. Henke, Besetzung, 261. US Army, G-2, Military Intelligence Service, Personnel Reports 1943–1945, IPW-Teams, April 1944, IPW-Team Nr. 37, 1st Infantry Division. NARA, RG 498, E 110, B 365. Erhard Dabringhaus, zitiert in: Studs Terkel, The Good War. An Oral History of World War II. New York und London: 1984, 472; Auch der für die MFIU Nr. 1 in Belgien tätige österreichische Ritchie Boy Hans G. Stein ( John Stewart) teilt diese Meinung: „Our Civil Affairs department is a complete flop. Men who do not speak the language learn about the country in which they now serve in a few weeks. They are now in charge of things they cannot understand.“ John G. Stewart, World War II Through My Eyes. An Austrian Refugee in the United States Army, 1941–1945 (Typoskript), 1–229, hier 187. Leo Baeck Institute Archives, Memoir Collection, ME 1367. Iris Radisch, „Genug dekonstruiert!“, in: Die Zeit, 29.12.2016, 45. Rainer Leitner, Rezension zu: Lucile Dreidemy, Der Dollfuß-Mythos. Eine Biographie des Posthumen. Wien: 2014, in: H-Soz-Kult, 12.3.2015, www.hsozkult.de/publicationreview/ id/rezbuecher-23140 (letzter Zugriff: 27.7.2017). Training Records MITC, Personal History Card F. Seidler; zuerst wurde er der 2nd MRBC zugeteilt. Vogel, 2nd MRBC, Educational Data of Enlisted Men; In einer Kaderliste von PWB/1st Army scheint Seidler im Oktober 1944 als „Technician 4th Grade“ auf. 1st US Army, Roster of Psychological Warfare personnel, 4.10.1944. Seidler, PW Interrogation Preinfalk, 3rd Army PWE, 13.9.1944. F. Seidler, First US Army, PWB Combat Team, Interrogation of PWs at Master P[risoner of ]W[ar]E[nclosure], 19.11.1944. Hoover Institution Archives, Daniel Lerner collection, B 54, F 1. Hervorhebung von Seidler; ein Volksgrenadier der teils „österreichischen“ 277. Volksgrenadierdivision sehnte sich laut dem Report regelrecht nach einem unabhängigen Österreich. Für eine konkrete Flugblattkampagne der PWB/1st Army gegen diese VGDivision siehe Traussnig, Geistiger Widerstand, 333–337 und das Kapitel 2.3. über Kurt Wittler in diesem Band. William Casey, The Secret War Against Hitler. Washington, D. C.: 1988, 174 und 185; Traussnig, Militärischer Widerstand, 124. Lerg, „Psychokrieg“, 201.

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Padover, Lügendetektor, 40; rund um den 20. Oktober 1944 hielt sich Colonel Dickson persönlich im Raum Aachen auf, „to find out the prospects of getting certain kinds of civilian intelligence back to London.“ PWD/SHAEF, Semi-Monthly Progress Report of Psychological Warfare Division Sections (Main), Period Nov 1 – Nov 16, 24.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 14. Lerg, „Psychokrieg“, 208; zur Angewidertheit eines US-Korrespondenten ob der „Servilität der Deutschen“ siehe Heideking, „Amerikaner“, 77. Cpl. Michel, Lt. Weikershein, Cpl. Kerr, [PWD/SHAEF Interrogation] Progress Report, 1.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 23. Zagovec, „Mind of the Enemy“, 285; vgl. Trausnig, Geistiger Widerstand, 313. Henke, Besetzung, 272. Vgl. ebd. Martin Herzog, „Wir haben es geschafft!“, in: Die Zeit, 21.10.2004, in: www.zeit. de/2004/44/A-Aachen/komplettansicht (letzter Zugriff: 20.3.2017). Beevor, World War, 777. Interview Winter, 14.5.2003, LoC. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #6, 4.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 24, 1–10, hier 1; Vgl. Schwabe, „Aachen“, unpaginiert; schon im September 1944 erfuhr man bei Kriegsgefangenenverhören von PWB/1st Army, dass im Rheinland ein „freundlicher“ Empfang für die US-Truppen zu erwarten sei. S. Knoll, PWB Combat Team, First US Army, Report on PW Interrogation, 23.9.1944. Hoover Institution Archives, Daniel Lerner collection, B 51, F 6; vgl. auch den mehrere Monate später stattfindenden, ebenfalls freundlichen Empfang der US Army in Köln bei Heideking, „Amerikaner“, 73. J. Tennenbaum, HQ PW Combat Team, First United States Army, Reaction to Non-Fraternization Order in Occupied Germany, 21.2.1945, 1–8, hier 5. Rauner Library, Shepard Stone Papers, ML 99, Series II, 3–47. Henke, Besetzung, 268; Ähnlich Schwabe, „Vorgriff“, 108. Vgl. die Erwähnung des „sex problem“ bei Tennenbaum, PWB/1st Army, Reaction, 6 und 8; vgl. auch Ziemke, U. S. Army, 179 f., und Hans Habes Aussage: „Man konnte nicht […] die Umzuerziehenden [i. e. die Deutschen] gesellschaftliche meiden, aber die Preise auf dem Hurenmarkt in die Höhe treiben“[.] Habe, Ich stelle mich, 496. J. Dickson, PWD/SHAEF, Intelligence Notes on Interrogation of Civilians in First Army Area, 10.11.1944, 1–8, hier 4. NARA, RG 331, E 87, B 23. E. Rapoport, PW Detachment, Ninth US Army, Interrogation Report of Theodor Bartmann, 20.12.1944, 1 f., hier 2. Military Personnel File Rapoport. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #14, 30.12.1944, 1–12, hier 3. NARA, RG 331, E 87, B 24. Stargardt, Krieg, 420 f. Siehe hierzu Karl Loven, Das Gipfelkreuz. Jugend in Kampf und Bewährung. Recklingshausen: 1951. Für diesen Hinweis danke ich Bernhard Valentinitsch herzlich. Volk, „Ausblick“, 213. In ihrem Brief an einen Angehörigen behauptet eine offensichtlich tief gläubige und hilfsbereite Aachener Zivilistin: „Geruechte von ev. Raeumung gingen rund, Krankenhaeuser wurden geraeumt usw. […] Ich bleibe solange es geht, obdach- und heimatlos kann ich noch frueh genug werden.“ Document Report for PWD, Letter from Aachen describing conditions there in the first days of September, 6.9.1944. Daniel Lerner collection, B 7, F5.

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Anmerkungen

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S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, The Sacking of Aachen by the Reichswehr [sic! recte: Wehrmacht], undatiert, vermutlich 31.10.1944. NARA, RG 331, E 180, B 45. 87 S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, Oberregierungsrat in charge of a large school system, undatiert. NYPL, Padover papers. 88 Heym, Nachruf, 362. 89 Toombs/Padover/Gittler, Psychological Warfare Estimate, 13.10.1944, 6. 90 Ziemke, U. S. Army, 140; vgl. Lackner, Camp Ritchie, 139. 91 Major Dorsett, zitiert in Henke, Besetzung, 264. 92 Volk, „Ausblick“, 205 f. 93 Ebd. 94 1930 publizierte dieser Verein ein Flugblatt, auf dem folgender Inhalt zu lesen ist: „Nur wer den Verstand verloren hat, kann als Katholik Nationalsozialist sein!“ Wolfgang Löhr, „Johannes Joseph van der Velden (1891–1954), Bischof von Aachen (1943–1954)“, in www. rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/V/Seiten/JohannesJosephvanderVelden. aspx (letzter Zugriff: 9.3.2017). 95 Henke, Besetzung, 273. 96 Schwabe, „Vorgriff“, 107. 97 Volk, „Ausblick“, 206. 98 „In retrospectively turning the [Catholic] Church into a vehicle of resistance against Nazism, a veil was drawn over the pre-existing spheres of approval and collaboration.“ Kershaw, Hell, 445. 99 „[A] closer look revealed that the Church had been not so much anti-Nazi as neutral“. Ziemke, U. S. Army, 181. 100 Conrads, Christlich-Demokratische Union, 23; Conrads verwechselt in ihrer Arbeit zudem auch den Bischof mit Seidler, indem sie van der Velden als „amerikanische[n] Katholik[en]“ bezeichnet. Ebd. 101 David Wagner, „Meine Hoffnung und meine Freude“, Die Zeit, 4.12.2017, 49. Die sein „Problem mit dem Wort Blutzeuge“ offenlegenden Ausführungen Wagners beziehen sich auf seinen Besuch in der Kirche Maria Regina Martyrum in Berlin, die laut katholischem Verständnis als „Gedächtniskirche der deutschen Katholiken zu Ehren der Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit in den Jahren 1933–1945“ gilt. Ebd.; vgl. Jensen, „Blut“, 399. 102 Siehe die Flugblattabschriften in Conrads, Christlich-Demokratische Union, 17 f., sowie in Rass/Rohrkamp/Quadflieg, Graf von Schwerin, 71.; vgl. weiters das PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 14, „Soldaten“. 103 Henke, Besetzung, 271. 104 PWD/SHAEF, Intelligence Section, Opinions on „Last Ditch Warfare“ among German P[risoner]s/[of ]W[ar], 21.11.1944, 14, hier 1. NARA, RG 331, E 87, B 17; vgl. Römer, Kameraden, 115 und Kershaw, Hell, 289, sowie Stargardt, Krieg, 541. 105 Löhr, „Johannes Joseph van der Velden“, unpaginiert. 106 Volk, „Ausblick“, 209. 107 PID Daily Intelligence Summary for Germany and Austria, Nr. 208, 20.4.1945, in: www. fold3.com (letzter Zugriff: 10.7.2016). 108 Henke, Besetzung, 264. 109 Volk, „Ausblick“, 214. 110 Terkel, Good War, 472; der hier zitierte, später für das CIC tätige Nachrichtenoffizier ließ zwar selbst analytische Fähigkeiten vermissen, als er den NS-Verbrecher Klaus Barbie, den

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„Schlächter von Lyon“, als Informanten unter seinen Fittichen hatte: Inkriminierenden Berichten zu Barbies Vorgeschichte ist er offensichtlich nie mit Nachdruck nachgegangen. Siehe das CIC-bezogene Kapitel in der Studie von Peter Hammerschmidt, Deckname Adler. Klaus Barbie und die westlichen Geheimdienste. Frankfurt am Main: 2014, 55–180. Schwabe, „Vorgriff“, 109. Cpl. Michel, Lt. Weikershein, Cpl. Kerr, [PWD/SHAEF Interrogation] Progress Report, 1.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 23. Armin Boyens, „Die Kirchenpolitik der amerikanischen Besatzungsmacht in Deutschland von 1944 bis 1946“, in: Armin Boyens/Martin Greschat/Rudolf von Thadden/Paolo Pombeni (Hgg.), Kirchen in der Nachkriegszeit. Vier zeitgeschichtliche Beiträge. Göttingen: 1979, 7–57, hier 20 f. Henke, Besetzung, 206 und Traussnig, Militärischer Widerstand, 77. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #7, 11.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 24, 1–10, hier 1; Vgl. Schwabe, „Aachen“, unpaginiert. Franz Oppenhoff, zitiert in Henke, Besetzung, 276 Ebd., 275. Parloff, Report on Aachen Experience, 1.1.1945, 14. So Gauleiter Grohè in seinem „Aufruf an die Volksgenossinnen und Volksgenossen“ angesichts der Evakuierung der Gebiete vor dem Westwall. Zitiert in Rohrkamp, „Schlacht“, 8. Ziemke, U. S. Army, 181. OSS London, Report from Paris, Reaction of German Civilians in the Aachen Area to the Nazi Counter-Offensive, 28.12.1944. Daniel Lerner collection, B 49, F 8; dasselbe galt laut Ziemke auch für die anderen höheren Stadtbeamten. Ziemke, U. S. Army, 157. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 15.1.1945, 1–4, hier 3. Daniel Lerner collection, B 39, F 10. Henke, Besetzung, 276. Ebd., 279; Henke ordnet offensichtlich den Bericht „Aachen – Three Weeks after Surrender“ des „Psychological Warfare Combat Teams der First U. S. Army“ vom November 1944 Padovers kleinerem Verhörtrupp zu. In Padovers Nachlass finden sich für Mitte November 1944 zwar Belege für Gespräche mit Aachener Bürgern, dass diese aber in der Stadt selbst stattfanden und der angesprochene Bericht von Padovers Trupp stammt, ist unwahrscheinlich. Vielmehr gibt Letzterer sogar selbst an, sich im November in Roetgen und Eupen aufgehalten zu haben. Padover, Lügendetektor, 58–100. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #8, 18.11.1944, 1–9, hier 1; PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #11, 9.12.1944, 1–10, hier 2. Beide in NARA, RG 331, E 87, B 24. Annex Nr. 3 to G-2 Periodic Report Nr. 187, 14.12.1944, S. Padover/L. Gittler, First US Army PWB Combat Team, Aachen. A Dead City Begins to Live, 1–5, hier 1. NARA, RG 407, E 427, B 1392. In Padovers Nachlass in der New York Public Library befindet sich eine kondensierte Version dieses Reports mit Verweis auf die Urheberschaft Padovers und Gittlers. Siehe S. Padover/L. Gittler, Annex B, Aachen Comes Back to Life, 13.12.1944. NYPL, Padover papers; ebenfalls erwähnt wird dieser Report in Padover, Lügendetektor, 128. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary #13, 23.12.1944, 2 f. Schwabe, „Vorgriff“, 116. Helmut Pontesegger, zitiert in Schwabe, „Vorgriff“, 112. Ob Pontesegger damit OSS, G-2 oder die PWI-Abteilung der PWD/SHAEF gemeint ist, sei dahingestellt. Ebd., 112 f.

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Henke und andere Autoren behaupten fälschlicherweise, Padover wäre in Wien geboren. Henke, Besetzung, 284. Saul K. Padover, Application for Federal Employment [OSS], 30.5.1944; OSS Personnel File of Saul K. Padover. NARA, RG 226, E 224, B 580. Saul K. Padover, zitiert in Lerner, Sykewar, 85. Padover, Application for Employment, 30.5.1944. Ebd. Lerg, „Psychokrieg“, 202. Schwabe, „Vorgriff“, 116; vgl. Lerner, Sykewar, 87. Kissinger, Weltordnung, 304. Heym, Nachruf, 358 und 360; vgl. Zachau, „Europäer“, 179. Lerg, „Psychokrieg“, 205; Padover, Application for [OSS-]Employment; laut Lerg arbeitete Padover während seiner Tätigkeit für Innenminister Ickes als Berater für das Office of Facts and Figures, einer Behörde, die unter anderem Radiosendungen koordinierte. Im OSS-Bewerbungsbogen findet sich kein Vermerk dazu. G. Pratt, OSS London, to K. Bruce, Plans for Proposed Operations on the Continent – Labor Desk, 23.3.1944, 1–21, hier 2. NARA, RG 226, E 110, B 44. E. Cushing, Data on Civilians employed by ETO, [OSS] MO Branch, 6.12.1944. NARA, RG 226, E 92, B 517. OSS Memorandum R. Terry to Mr. Bishop, Description of the work Mr. Saul Padover is to do with the R and A Branch, 30.5.1944. OSS Personnel File Padover; Padover schien im November 1944 auf der Personalliste des PWD/SHAEF-Hauptquartiers als OSSZivilist auf. PWD/SHAEF HQ, Nominal Roll of P. W. D. Personnel, Roster of Civilian Personnel on Field Strength – American, 6.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 12. Wie Robert Lackner exemplarisch an den Zivilverhöraktivitäten des österreichischen Ritchie Boys Felix Arnstein zeigt, sind militärbezogene Aussagen von Zivilisten mit besonderer Quellenkritik zu lesen. Lackner, 151 f. HQ 12th Army Group, General Staff, G-2 Section, Target Branch Operations Reports, 1944–45, List of Personnel, assigned or attached to „T“ Force, during stay in Paris, 25.8.– 7.9.1944. NARA, RG 331, E 180A, B 54. Vgl. Craft, ETO, Report on Psychological Warfare, 12, sowie den Abschnitt 2.2.4 über Erwin Benkoe und Herbert Lobl im Kapitel über die Propagandaaufklärung in diesem Band. Lerg, „Psychokrieg“, 204. H. Deutsch, OSS Progress Report, R&A/Paris, 28.9.–15.10.1944. NARA, RG 226, E 110, B 44. Craft, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Report on Activities, 2. J. Morgan, HQ&HQ Detachment OSS, European Theater of Operations, US Army, Recommendation for Award of Bronze Star, 24.5.1945. OSS Personnel File Padover. Padover, Lügendetektor, 107. „[S]ome interrogators began to demonstrate unusual skill at ‚prolonged interrogation.‘ This is a variant of the qualitative method, familiar to social scientists and psychiatrists as ‚the life history‘ or the ‚interview in depth.‘“ Lerner, Sykewar, 111. Morgan, OSS Recommendation Padover, 24.5.1945. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Recommendation for Bronze Star, 24.5.1945. OSS Personnel File Padover; ähnlich Padover, Lügendetektor, 106 f. Formell gehörte er auch der (der T Force übergeordneten) „Psychological Warfare Branch,

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Publicity and Psychological Warfare Detachment“ der 12. Armeepgruppe an. 12th Army Group, Report of Operations, P&PW Section, 5. So im Fall eines Dienstauftrags Mitte Oktober 1944 für das OSS in Brüssel Deutsch, OSS Progress Report, 28.9.–15.10.1944. Lerg, „Psychokrieg“, 203 f. Ebd. Toombs/Padover/Gittler, Psychological Warfare Estimate, 13.10.1944, 6. Siehe den Abschnitt 2.2.4 über Erwin Benkoe und Herbert Lobl in diesem Band. Michels/Benkoe, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Interview, 28.9.1944. S. Padover, Adv. Det. PWB, P&PW, HQ T Force, 12th Army Group, to Psychological Warfare Officer, P&PW, 12th Army Group, A German Tailor, 18.10.1944. NYPL, Padover papers. „Civilian interview reports received from Headquarters T Force covering interviews with evacuees from Aachen.“ Fitzgerald to Powell, PWD-Sitrep Nr. 77, 31.10.1944. NARA, RG 331, E 88, B 39. Christoph Dieckmann, „Stalin, Rias, Zungenkuss [Buchbesprechung zu: Dieter Krause, Kollwitz 66. Frankfurt am Main: 2017]“, in: Die Zeit, Beilage Zeit Literatur, Nr. 12, 16.3.2017, 45. So lautete der Absender auf den meisten von seinen Befragungsberichten am 18.10.1944: „Adv. Det. PWB, 1st Army“. Siehe S. Padover/L. Gittler, Adv. Det. PWB, 1st Army, Young Woman from Munich, 18.10.1944. NYPL, Padover papers; vgl. auch Padover, Lügendetektor, 42. Lerg, „Psychokrieg“, 200; Ganglmair, Kriegspropaganda, 127. Vgl. Padover, Lügendetektor, 37; Henke ordnet den (vielleicht vom IPW Team Nr. 37 mitverfassten) Bericht der G-2-Abteilung der 1st Infantry Divison vom 20.10.1944 fälschlicherweise dem „Psychological Warfare Team der First US Army“ (PWB/1st Army) zu, das er – ebenfalls ein Fehlschluss – mit dem damaligen PWB Advance Detachment/T Force-12th  Army Group-Trupp Padovers gleichsetzt. Siehe: „Aachen Today“, 1st Inf Div, G-2 Report, Nr. 123, 20.10.1944, und Henke, Besetzung, 266; die Verhörberichte und T Force-Reports in Padovers Nachlass geben aber keine Hinweise darauf, dass Padover am 20./21. Oktober in Aachen war. Zwar wurden von seinem Team vor dessen angeblichem Aufenthalt in Aachen, etwa bis 18.10.1944, tatsächlich Berichte mit der Überschrift „First U. S. Army PW Combat Team“ oder „PWB Combat Team 1st Army“ im Operationsbereich der ersten US-Armee verfasst, doch handelt es sich hier um eine zwischenzeitliche Zuordnung seines Verhörteams zu diesem Truppenkörper und nicht um die eigentliche Bezeichnung des separat agierenden PWB/-T-Force-Teams selbst. So senden Padover und Gittler ihre tatsächlich aus Aachen stammenden PWB-Berichte erst ab cirka 9. Dezember 1944 mit dem Hinweis auf ihre Zuordnung zu PWB/1st Army ab, was mit ihrem vorherigem „Ausschluss“ aus Aachen begründbar ist. Exemplarisch hierfür: S. Padover/L. Gittler, First US Army, PW Combat Team, Anti-nazi daughter of a Nazi, 9.12.1944. NYPL, Padover papers; vgl. auch Lerg, „Psychokrieg“, 208. Michel[s]/Weikershein/Kerr, Progress Report, 1.11.1944. Padover, Lügendetektor, 39. S. Padover/L. Gittler, Adv. Det. PWB, 12 AG, Half-Jewish German civilian, 22.10.1944. NYPL, Padover papers. R. McClure, PWD/SHAEF, to L. C. Allen, Chief of Staff, 12th Army Group, ohne Betreff, 24.11.1944, 1 f., hier 2. NARA, RG 331, E 87, B 19. Ziemke, U. S. Army, 182.

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Anmerkungen

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Ebd., 183. Padover, Lügendetektor, 100. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary #13, 23.12.1944, 2. S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, A middle-aged Social Democrat, a little man who never compromised, 12.12.1944. NYPL, Padover papers. 177 Benkoe, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Interrogation, 4.10.1944, 2. 178 Michels/Benkoe, Adv. Det. PWB, P&PW, 12 AG, Interview, 28.9.1944. 179 Padover, Lügendetektor, 106. 180 S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, An Impression of Germans in Germany, 1.12.1944. NYPL, Padover papers. 181 Schwabe, „Vorgriff“, 118. Siehe hierzu das Kapitel über Rudolf Anzböck und die OSS Labor Section in Traussnig, Militärischer Widerstand, 217–263. 182 „Workers, skilled and unskilled, supported fascism more than once thought.“ Kershaw, Hell, 231; basierend auf Jürgen Falters Arbeiten kommt Peter Borowsky zum Fazit, dass „die NSDAP 1932 tendenziell den Charakter einer rechtsradikalen Volkspartei annahm, die zwar immer noch erheblich stärker von Mittelschichtsangehörigen als von Arbeitern gewählt wurde, die aber immerhin auch rund 5 Millionen Arbeiter für ihre Ziele zu mobilisieren vermochte.“ Peter Borowsky, „Wer wählte Hitler und warum? Ein Bericht über neuere Analysen der Wahlergebnisse 1928 bis 1933“, in: Peter Borowsky, Schlaglichter historischer Forschung. Studien zur deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert (aus dem Nachlass herausgegeben von Rainer Hering und Rainer Nicolaysen). Hamburg: 2005, 235–253, hier 249. 183 E. Rapoport, PW Detachment, 9th US Army, Interrogation Report, PW Klaus Mappes, 2.1.1945, 1–3, hier 3. Military Personnel File Rapoport. 184 S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, A Social Democrat master printer, 10.12.1944. NYPL, Padover papers; Henke, Besetzung, 279; PWD/SHAEF, Account, 86 f. 185 Henke, Besetzung, 280. 186 Ebd., 278 f. 187 Lerg, „Psychokrieg“, 209. 188 Ebd. 189 Henke, Besetzung, 284. 190 Padover, Lügendetektor, 174; spätestens ab 16. Dezember 1944 richtete Padovers PWB/T-ForceTrupp seine Berichte daher an das „PW Combat Team 9th U. S. Army“ (= PWB/9th Army). Siehe S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, German civilians blown up by German mines in the German town of Wuerselen, 16.12.1944. NYPL, Padover papers. 191 Lerg, „Psychokrieg“, 210. 192 Henke, Besetzung, 30. 193 Schwabe, „Vorgriff“, 119. 194 Ebd. 195 Ziemke, U. S. Army, 183. 196 Schwabe, „Vorgriff“, 119. 197 Henke, Besetzung, 284. 198 Burger, 1212, 207. 199 S. Padover/L. Gittler, HQ Ninth US Army PW Detachment, The Bishop of Aachen, 2.2.1945. Rauner Library, Shepard Stone Papers, ML 99, Series II, 3–41. 200 Heinrich Bedford-Strohm, „Wer fromm ist, muss politisch sein“, in: Die Zeit, in: www.

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zeit.de/2015/15/dietrich-bonhoeffer-todestag-protestantismus-widerstand/komplettansicht (letzter Zugriff: 13.4.2017), unpaginiert. Padover/Gittler, Bishop of Aachen, 2.2.1945. S. Padover/L. Gittler, HQ Ninth US Army PW Detachment, The Oberbuergermeister of Aachen, 2.2.1945. Rauner Library, Shepard Stone Papers, ML 99, Series II, 3–41. Padover, Lügendetektor, 174. S. Padover/L. Gittler, HQ, Ninth United States Army, PW Detachment [PWB/9th Army], [Interrogation Report on] Buergermeister for Law and Administration, Aachen, 2.2.1945. Rauner Library, Shepard Stone Papers, ML 99, Series II, 3–41. Padover/Gittler/Sweet, The Political Situation in Aachen, 4. Ebd., 1. Ebd., 1–3; vgl. Henke, Besetzung, 284 f. Henke stimmt dieser Aussage grundsätzlich zu. Henke, Besetzung, 286. Padover/Gittler/Sweet, The Political Situation in Aachen, 5–11. Schwabe, „Vorgriff“, 120. ECAR-Kommandeur John J. Maginnis, zitiert in Henke, Besetzung, 77. Padover/Gittler/Sweet, The Political Situation in Aachen, 12–21. Ebd., 20. Der 2012 veröffentlichte Remix-Song „7200 Schilling“ des Mashup-Künstlers Kurt Razelli gibt einen grandiosen Einblick in derartige Neid-Tiraden gegen den „Herrn Minister“, vorgetragen im Wiener Dialekt. Kurt Razelli, „7200 Schilling“, in: www.youtube.com/ watch?v=4VTTz6CrFM4 (letzter Zugriff: 19.7.2017). Padover/Gittler/Sweet, The Political Situation in Aachen, 21. Lerg, „Psychokrieg“, 207. Padover/Gittler/Sweet, The Political Situation in Aachen, 16. Übersetzung von mir. Ebd., 21. Padover, Lügendetektor, 43; aus den Cable Logs vom März 1945 geht hervor, dass Nachrichten Padovers in der Tat bis zum PWD/SHAEF-Direktor McClure weitergeleitet wurden. PWD/SHAEF (Main), Intelligence, Radio Transmission Message Form, 16.3.1945. NARA, RG 331, E 89A, B 65; ähnlich Morgan, OSS Recommendation Padover, 24.5.1945; auch im Personalakt von Emanuel Rapoport, Lautsprecherpropagandist und PWI-Spezialist von PWB/9th Army, befinden sich zwei Ende Jänner 1945 von Padover und Gittler verfasste Berichte über den Sozialisten M. Kampf und den Kommunisten G. Grosse. Military Personnel File Rapoport. S. Padover, undatiertes Manuskript, Eintrag vom 14.11.1944. NYPL, Padover papers. S. Padover, Adv. Det. PWB, P&PW, Sachsenhausen&Oranienburg Concentration Camp and Gas House, 1.10.1944. NYPL, Padover papers. Siehe hierzu Günter Morsch (Hg.), Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936–1945 (= Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Bd. 13). Berlin: 22008, 59–69; der Holocaust-Forscher Andreas Kranebitter von der KZ-Gedenkstätte Mauthausen vermutet, dass im Fall Chaussy „eine Identifizierung des Stammlagers Sachsenhausen mit Oranienburg“ erfolgt ist. Kranebitter fand in einer Gedenkstättenübergreifenden Datenbank auch einen gewissen Jean Chassin, der 1921 in Poitiers geboren ist und der mit unserem Chaussy ident sein könnte. E-Mail A. Kranebitter an den Autor, 16.1.2019. Lerg, „Psychokrieg“, 205; dazu Padover: „Wagemann knew of the atrocities committed by the SS and Gestapo […] against the Jews and Slavs. He spoke about it as if the SS

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Anmerkungen

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and Gestapo were foreigners, not Germans, and hence the whole question was really no deep concern of his.“ Wagemann habe auch Folgendes behauptet: „An order is sacred. […] When they [the German soldiers] obey their superior officers they cannot be held legally responsible.“ Die sich ebenfalls in Padovers Nachlass befindlichen handschriftlichen Notizen stimmen übrigens an dieser Stelle mit dem getippten Report weitgehend überein. S. Padover, Adv. Det. PWB, P&PW, The Burgomaster of a small German town, 18.10.1944, 1–3, hier 2 f. NYPL, Padover papers. Lutz Niehammer, zitiert in Lerg, „Psychokrieg“, 226; Lerg, der ein sehr positives Bild von Padover zeichnet, behauptet auf Grundlage von Padovers Angaben, dass dieser sich gegenüber führenden PWD-Offizieren sehr wohl „gegen eine Politik der Härte“ gegenüber den Deutschen eingesetzt und sozialliberale Ideen verfolgt habe. Ebd., 209 und 226; vgl. Padover, Lügendetektor, 173. Walter L. Dorn, zitiert in Henke, Besetzung, 284. Toombs, Reaction to Aachen Report, 2. Lerg, „Psychokrieg“, 210. „He [Mies] said that he himself would lose from a communist revolution, but that, on the whole, it might not be bad for Germany.“ S. Padover/L. Gittler, Adv. Det., PWB, 12 AG, An engineer from Cologne, 29.10.1944. NYPL, Padover papers. „The German members of the city administration […] have been chosen mainly because they are experts in their particular field. None of them is a former Nazi party member. None of them belongs to the left. They are former (Catholic Party) Centrists, or Nationalists, or Volkspartei. The Oberbuergermeister is a lawyer, the chief of the public utilities, an engineer, the chief of public works is a professor of architecture. All of them have been screened by CIC.“ Padover/Gittler, Aachen. A Dead City Begins to Live, 14.12.1944. Henke, Besetzung, 284. Ebd., 285. Ebd.; Koop weist darauf hin, dass die Tat zwar der Werwolf-Bewegung zugeschrieben, letztlich aber von SS und Luftwaffe durchgeführt wurde. Koop, Himmlers letztes Aufgebot, 122–132. Henke, Besetzung, 284; vgl. Padover, Lügendetektor, 199 f. Zagovec, „Mind of the Enemy“, 268. Parloff, Report on Aachen Experience, 1.1.1944, 8–10; Henke, Besetzung, 269 f. A. Toombs, HQ 12th Army Group, Publicity&Psychological Warfare, Daily Summary of Intelligence, 29.1.1945, 1–4, hier 3. Hoover Institution Archives, Daniel Lerner collection, B 39, F 8. Schwabe, „Vorgriff“, 120. Henke, Besetzung, 286 f. Schwabe, „Vorgriff“, 122. Henke, Besetzung, 287; Schwabe, „Vorgriff“, 121 f. und 126. Schwabe, „Vorgriff“, 122; vgl. Henkes skeptische Überlegungen über die Wirksamkeit solcher Direktiven. Henke, Besetzung, 195. Schwabe, „Vorgriff“, 126. Ebd., 121. Henke, Besetzung, 287. Schwabe, „Vorgriff“, 127. Vgl. Lerg, „Psychokrieg“, 208. Rohrkamp, „Schlacht“, 25.

Anmerkungen

248 Lerner, Sykewar, 84. 249 Konrad Adenauer, zitiert in: Herbert Gutschera/Joachim Maier/Jörg Thierfelder, Geschichte der Kirchen. Ein ökumenisches Sachbuch. Freiburg im Breisgau: 2006, 333. 250 Für eine detaillierte Darstellung dieser Befragung siehe den Abschnitt 251 über Radio Luxemburg in diesem Band. 251 Toombs/Padover/Gittler, Psychological Warfare Estimate, 13.10.1944, 2 f.; auch zur Frage, wie die – in unzähligen PWD-Flugblättern breitgetretene – alliierte Materialüberlegenheit von den Deutschen wahrgenommen wurde, konnten Padover und seine Kollegen die Meinungsbilder der deutschen Soldaten um ihre zivilen Befragungsergebnisse ergänzen. S. Padover/P. Sweet/L. Gittler, Annex B, An Introduction to the Herrenvolk, 16.12.1944. NYPL, Padover papers. 252 Lerg, „Psychokrieg“, 215 f.; vgl. die Eigendarstellung Padovers in Padover, Lügendetektor, 252–255. 253 Daniel Lerner, Paper Bullets. Great Propaganda Posters, Axis&Allied Countries WWII. New York und London: 1977, unpaginierter Einleitungsteil. 254 Hindley, Destination Casablanca, 80. 255 Faulhaber trat im Ersten Weltkrieg als militaristischer Patriot und Feldpropst auf, der den Friedensaufrufen von Papst Benedikt XV. nicht Folge leistete. Auch während des NSRegimes spielte er eine sehr ambivalente Rolle. 256 Robert Murphy, zitiert in Henke, Besetzung, 293; vgl. Kershaw, Hell, 445. 257 Stargardt, Krieg, 31; zum erwähnten Begriff siehe Winfried Süß, „Antagonistische Kooperationen. Katholische Kirche und nationalsozialistische Gesundheitspolitik“, in: KarlJosef Hummel/Christoph Kösters (Hgg.), Kirchen im Krieg 1939–1945. Paderborn: 2007, 317–342; vgl. auch Kershaw, Hell, 439; auf Österreich bezogen siehe Bauer, Jahre, 174 und Kaiser, Hitlers Jünger, 16. 258 Burger, 1212, 209. 259 Seidler, Biography, 1.9.1942. 260 Lutz Niehammer, zitiert in Lerg, „Psychokrieg“, 226. 261 Vgl. Hindley, Destination Casablanca, 306–318 und 325; ähnlich wie Ende 1944 in Aachen waren die französische und weite Teile der muslimisch-nordafrikanischen Bevölkerung im November 1942 den vorrückenden Amerikanern eher positiv gegenübergestanden. In beiden Fällen entschied sich das US-Militär für eine pragmatische Zusammenarbeit mit Schlüsselpersonen, die nach Padovers Verständnis als „Faschisten“ zu bezeichnen wären: Darlan und Oppenhoff. Und in beiden Fällen zahlten die „Faschisten“ dafür mit dem Leben – sie fielen ideologischen Fanatikern zum Opfer. 262 Zu diesem Zeitpunkt waren die „Troubles“ in Aachen noch nicht publik geworden. 263 Eine ähnliche, wenn auch etwas pessimistischere Meinung wurde von einem der österreichischen MFIU-Verhörexperten und Ritchie Boys vertreten, der sich auf Grundlage solcher Befragungsergebnisse über die Re-Demokratisierung der Deutschen den Kopf zerbrach ( Jänner 1945): „Democracy, as in the United States, has no place here, yet. By playing democracy in a country which is not suited to it now, we alienate these willing people here. […] People all over the world want a new deal, but they know that we are not prepared for it yet. We are making a big mess over here, at least for the time being.“ Stewart, World War II, 187. 264 G-2 Section, POW Interrogation Section (MIS-Y), Mobile Field Interrogation Unit No. 2, PW Intelligence Bulletin, 17.11.1944. NARA, RG 498, E 271, B 1315. Vgl. hierzu auch die ähnlichen Erkenntnisse des Mariazeller Manifests in Österreich. O. Verf., „Das

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Mariezeller Manifest von 1952“, in: www.bischofskonferenz.at/hirtenbriefe/das-mariazeller-manifest-von-1952 (letzter Zugriff: 11.4.2017). Henke, Besetzung, 294 und 297. Interview Winter, 14.5.2003, LoC. Walter Elinger [sic! recte Klinger], „Schoenheit und Krieg“, in: Freie Presse für Texas, 31.12.1943, 1. Laine Waggoner, „A life straight out of the movies“, in: Our Town [Camarillo], Mai 1997, Tagesdatum unleserlich, C1 und C4, hier C4. Hoover Institution Archives, Walter A. Klinger papers, B 1. W. Klinger, [Warner Bros] International Department, Brief Report on the Film Situation in Germany, 24.5.1946, 1–5, hier 4. USC, Klinger papers, B 7, F 29; Waggoner, „Life“, C1. Siehe hierzu den aktuellen Sammelband von Thomas L. Ilgen (Hg.), Hard Power, Soft Power and the Future of Transatlantic Relations. London und New York: 2016; siehe grundlegend Joseph S. Nye Jr., Soft Power. The Means to Success in World Politics. New York: 2004, sowie Rob Kroes, „American Empire and Cultural Imperialism. A View from the Receiving End“, in: Thomas Bender (Hg.), Rethinking American History in a Global Age. Berkeley, Los Angeles und London: 2002, 295–313. Vgl. de Grazia, Taste, 254; Edel, Visitable Past, 11. W. Katzenstein, Buenos Aires, to C. Schaefer, Burbank, on Mr. Klinger’s articles, genaues Tagesdatum unbekannt, April 1943. Hoover, Klinger papers, B 1. Bussemer, Propaganda, 403. Siehe hierzu den Band von Reinhold Wagnleitner, Coca-Colonization and the Cold War. The Cultural Mission of the United States in Austria after the Second World War. Chapel Hill und London: 1994. Habe, Stunde Null, 8 f.; Habe versuchte mit dieser Darstellung seinen persönlichen Beitrag zu diesem Nachkriegs-Medienprojekt in einem möglichst günstigen Licht erscheinen zu lassen. Dass aber nicht nur die strategische Nachkriegs-, sondern vor allem die taktische Kampfpropaganda die Schaffung der militärischen Propagandasparte notwendig machten, wird von Habe hier nicht herausgearbeitet. Bereits in einem frühen G-2-Papier wurde etwa darauf hingewiesen und aus dem MedTO erschallte kurz darauf der Ruf nach einer dezidiert taktischen Propagandatruppe. Siehe MITC Tentative Manual, 15.11.1942, 33, sowie Rathbun, 1st MRBC, Historical Report until August 1945, 1. Wagnleitner, Coca-Colonization, IX f. [Foreword to the American Edition]. Walter Klinger, Hollywood, Peter Lorre … Einmal anders, Typoskript, undatiert, vermutlich 1943, 1–4, hier 2. USC, Klinger papers, B 1. Nachdem ein Drohanruf eines „Nazi official“ ihn und seine Frau zur Flucht bewegt hatte, schlugen sie sich nach Frankreich durch, wo Klinger eigenen Angeben zufolge antifaschistische Propagandatexte für die Ligue contre l’Antisémitisme verfasste. Finding aid for the Walter A. Klinger papers 6044, in: http://pdf.oac.cdlib.org/pdf/usc/spcoll/6044klinger. pdf (lezter Zugriff: 16.11.2017). Waggoner, „Life“, C1. The Free Austrian Movement, Southern California Branch, to Mr. and Mrs. Klinger, on Definite Membership Cards, undatiert, wahrscheinlich Frühjahr 1942. USC, Klinger papers, B 5, F 1. So schrieb er „fashion stories“ und andere proamerikanische Artikel über den amerikanischen Way of Life im Argentinischen Tageblatt. W. Katzenstein, Buenos Aires, to C.

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Schaefer, Burbank, on Mr. Klinger’s articles, genaues Tagesdatum unbekannt, April 1943. Hoover, Klinger papers, B 1. „I have written for more than a year, anti-Nazi propaganda stories in German for various anti-totalitarian publications in Latin America which have been translated into Spanish and English.“ Walter Klinger, undatiertes autobiografisches Typoskript, vermutlich Oktober 1943, 1–3, hier 2. USC, Klinger papers, B 7, F 29; über die Bedeutung Lateinamerikas als frühes Versuchslabor für Techniken zur Beeinflussung fremder Kulturkreise siehe Wagnleitner, Coca-Colonization, 51. Waggoner, „Life“, C1. Johannes Hauser, Neuaufbau der westdeutschen Filmwirtschaft 1945–1955 und der Einfluß der US-amerikanischen Filmpolitik. Pfaffenweiler: 21989, 134–143. Franklin D. Roosevelt, zitiert in Winkler, OWI, 57. „Innerhalb der Domestic Branch des OWI gab es (neben anderen Abteilungen) ein Bureau of Motion Pictures […], das neben eigener Produktion von ‚non-theatrical-films‘ eine ‚industry-liaison‘ zu Hollywood unterhielt, mit dem Ziel, Hollywood zur Stimulierung der Bevölkerung im Sinne der Regierung zu gewinnen. […] Was dann auch gelang. Nach Berechnungen der Filmzeitschrift Hollywood Quarterly verfolgte so ziemlich die vollständige Hollywood-Produktion der Jahre 1942–1944 mit ungefähr 375 Filmen ‚mehr oder weniger deutlich patriotische Zwecke‘.“ Ebd., 137 f.; siehe auch ebd., 161–165, sowie Winkler, OWI, 57–60. W. Klinger an W. Guthrie, Warner Bros. Studios, Burbank, 13.10.1943. OSS Personnel File of Walter Klinger. NARA, RG 226, E 224, B 411. Winkler, OWI, 27 und 76. Beispielhaft dafür sind Klingers spanischsprachige Beiträge über diverse Schauspielerinnen in der Fachzeitschrift Cinelandia, einsehbar unter anderem in USC, Klinger papers, B 3, F 1. OSS, Interoffice Memo, M. Easton to P. Dolan, on Walter Klinger, 27.10.1943, 1 f. hier 1. USC, Klinger papers, B 7, F 29. Wagnleitner, Coca-Colonization, 223. Siehe hierzu den Aufsatz von Fluck, „Amerikanisierung“, 13–52, hier vor allem 14 f., sowie Traussnig, Geistiger Widerstand, 227–229. Ulrich Herbert, Das Dritte Reich. Geschichte einer Diktatur. München: 2016, 107. Vgl. Traussnig, Geistiger Widerstand, 66. OSS Memo, Easton to Dolan, on Klinger, 1. Translation of Answer to Letter which was received by Errol Flynn from two Swiss Girls, 20.6.1942. Hoover, Klinger papers, B 1. Lackner, Camp Ritchie, 155. „[American Theatre and Circus is] [f ]ooling the public for profit with bluff and sensationalism.“ Diese Aussage und damit verbundene, abwertende Darstellungsmuster identifizierte der US-Zivilistenverhörer Felix Arnstein bei einer Diskursanalyse deutscher Magazine. F. Arnstein, MII-Team 425-G, MII Report 31, Enemy Propaganda Methods, 28.2.1945, 1 f. NARA, RG 338, E 37042, B 4838; siehe auch Lackner, Camp Ritchie, 155 f. Walter Klinger, „Der Oskaerkoenig“, in: Argentinisches Tageblatt, undatiert, vermutlich September oder Oktober 1943. USC, Klinger papers, B3, F 4. Brief von M. Lefloch, Hoover Institution Archives, Stanford University, an W. Klinger, Camarillo, on Donation of OSS Material to the Hoover Institution Archives, 22.2.2002. USC, Klinger papers, B 5, F 20. Klinger an Guthrie, 13.10.1943. OSS Personnel File Klinger. W. Nee, Chief, Ground Office of Technical Information, an P. Dolan, Office of Strategic

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Services, Recommendation for Walter Klinger, Washington D. C., 2.11.1944. OSS Personnel File Klinger; vgl. die Kopie in USC, Klinger papers, B 7, F 29; ein OSS-Propagandaoffizier beschreibt den talentierten Herrn Klinger wie folgt: „Private Klinger“, so der Geheimdienstmann, „speaks fluent German, good Spanish and slight French. He was inducted into the Army on October 9th, 1943. He has had the equivalent of a high school education in Vienna and did some work of a college grade. He has had experience as foreign Assistant Sales Manager, salesman and publicity agent for American film companies. He was employed in the foreign department of Warner Brothers where he wrote anti-Nazi propaganda stories in German for various publications in Latin America. His main qualification for P[sychological]W[arfare]B[ranch] is that of a writer.“ V. Taylor, OSS Area Operations Officer, NATO-MO, to W. Petter, Pentagon, 15.1.1944. OSS Personnel File Klinger. OSS Memo, Easton to Dolan, on Klinger, 2. Siehe hierzu das Kapitel über die OSS-Radiopropagandistin Vilma Kuerer in Traussnig, Geistiger Widerstand, 213–263. Herman Waltzer, „Profile: Walter Klinger“, in: The Camarillo Star, 24.11.1995, unpaginiert. Hoover, Klinger papers, B 1. Nee an Dolan, Recommendation Klinger, 2.11.1944. OSS Interoffice Memo, P. Dolan, Acting Chief, MO, to Personnel Officer, PWO, on Walter Klinger, 26.10.1943. OSS Personnel File Klinger. Edel, Visitable Past, 15. Ebd. Brief W. Klinger, 2nd MRBC, an H. Klinger, 6.2.1944. Zimmerman, MITC Special Orders, 17.4.1944. Brief, W. Klinger an H. Klinger, 7.2.1944. USC, Klinger papers, B 5, F 3. W. Klinger, A Human Interest Story! [undatierte Notizblätter]. Hoover, Klinger papers, B 1. Für den Technician 4th Grade Walter Klinger findet sich für Herbst 1944 in der Tat ein Eintrag in den Kaderlisten der PWD/SHAEF in London. Supreme HQ Allied Expeditionary Force, Psychological Warfare Division (Rear), [Roster of ] U. S. Enlisted Men, Headquarters, vermutlich Teil der Nominal Roll of P. W. D. Personnel vom 6.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 12; im Dezember 1944 wurde Klinger zum Technician 3rd Grade befördert, daher ist eine weitere Nennung in der Kaderliste der PWD in London nach 23.12.1944 zu datieren. Vgl. Roster of Enlisted Men assigned to Psychological Warfare Division on Duty in London, undatiert. NARA, RG 331, E 87, B 12, sowie W. Sterns, jr., Headquarters Detachment, Supreme Headquarters AEF (PW Division), Special Orders, 23.12.1944. USC, Klinger papers, B 7, F 29. Brief Shafer an Klinger, 14.11.2001. USC, Klinger papers, B 5, F 20; vgl. das Kapitel 2.3 über Kurt Wittler in diesem Buch. C. Laurie, National Reconnaissance Office, Chantilly, VA, an W. Klinger, Camarillo, on Surrender Pass/Archival Research, 26.3.2002. USC, Klinger papers, B 7, F 36. PWD/SHAEF, Account, 84. „[T]he term ‚information services‘ is used to denote the following media of news and opinion dissemination in Germany [after May 1945]: press, news agencies, publications (including periodicals and books) and posters; radio broadcasting, wired radio transmission over telephone lines (Drahtfunk); television; films; musical performances; mechanical an electrical recordings; opera; theatrical performances and other public entertainment.“ Psychological Warfare Division, Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force,

Anmerkungen

Manual for the Control of German Information Services, General Policy, 16.4.1945, 1–17, hier 1. NARA, RG 331, E 87, B 20. 319 PWD/SHAEF, Account, 84. 320 Ebd., 57 f. 321 „The informational value of visual education by the movies is recognized as hard fact, and most of latter day Europe’s picture of America has come from Hollywood on the one hand and from the Germans on the other. To eradicate the latter version was the job of AIS. The Cinema Section was charged with replacing German and Vichy films with those of the Allies in the theaters of Western Europe. Its wares included entertainment feature films contributed by the major commercial producing companies of America and Britain, together with documentaries and newsreels contributed by the America British, and Russian governments.“ Robert A. McClure, Allied Information Service on the Western Front (World War II). Historical Survey of Operations of the 6805th Allied Information Service Group as part of the Operations of the Psychological Warfare Division, Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force, undatiert, 1–35, hier 35, in: www.psywar.org/ pdf/6805AIS (letzter Zugriff: 11.3.2018). 322 Wagnleitner, Coca-Colonization, 223. 323 PWD/SHAEF, Account, 74. 324 Ebd., 74 und 84. 325 F. Evans, Film Section, PWD, Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force, Psychological Warfare Division (Rear), T/3 Walter Klinger, 39713200, 24.3.1945. USC, Klinger papers, B 7, F 29. 326 US Army Enlisted Record and Report of Separation for Walter A. Klinger, 27.4.1946. USC, Klinger papers, B 7, F 29. 327 Eine genauere NARA-Recherche in Hinblick auf operative Akten der PWD/SHAEF zu den Tätigkeiten der Film Section vor Frühjahr 1945 wurde von mir noch nicht durchgeführt. 328 Evans, Film Section, PWD/SHAEF on Klinger. 329 Garlitz, 6870th DISCC, Newsletter, 10.7.1945, 2. 330 U. S. Army, Manual for the Control of German Information Services, 12.5.1945, 7. NARA, RG 331, E 49, B 82; siehe grundlegend auch Hauser, Neuaufbau, 208–217. 331 Wilfried Schöntag, „Office of Military Government for Württemberg-Baden“, in: Christoph Weisz (Hg.), OMGUS-Handbuch. Die amerikanische Militärregierung in Deutschland 1945–1949 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Band 35). München: 1994, 455–596, hier 533; siehe auch den Klingers Einsatzbereich Bayern betreffenden Beitrag von Reinhard Heydenreuter, „Office of Military Government for Bavaria“, in ebd., 143–316. 332 „The ICD and its subordinate commands had two missions: the first was to act as the communications link between the German people and the U. S. occupation authorities; the second was to control and reconstitute the German information services ‚as instrumentalities of a democratic, peace loving society‘“. Ziemke, U. S. Army, 367. 333 Ebd., 3 f.; Robert Joseph, „German Film Production today“, in: The Screen Writer, Nr. 2, Vol. 7, November 1946, 22–32, hier 23. Hoover, Klinger papers, B 1. 334 Hauser, Neuaufbau, [Einleitung, X-XIII, hier] XI f. 335 Reinhard Heydenreuter, „Office of Military Government for Bavaria“, in: Weisz, OMGUSHandbuch, 143–316, hier 246. 336 U. S. Army, Manual for the Control, 12.5.1945, 7 und 10. 337 K. Manchester, HQ 6870th District Information Services Control Command, Summary

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Anmerkungen

of Activities for Week Ending 10 August, 10.8.1945, 1–7, [Film, Theater and Music Section Sub-Report by W. Roland, 4–6] hier 5. NARA, RG 260, E 247, B 75. 338 W. Roland, 6870th District Information Services Control Command, SHAEF, Periodical Report; Films, Theatre and Music Section, 6.7.1945, 1 f., hier 1. NARA, RG 260, E 247, B 75. 339 In einem vermutlich von Klinger selbst verfassten „Filmskript“ lässt sich dies zumindest herauslesen. O. Verf., Und der Eientopp geht weiter … Ein halber Film, Typoskript, Juli 1945, 1–12. USC, Hoover papers, B 1. 340 In dem im Mai 1945 aktualisierten Regelwerk und Handbuch für die Mitarbeiter der „information control“-Einheiten findet sich ein Jobprofil, das mit Klingers Tätigkeit übereinstimmt: „[The] specific function [of the second Film Control Officer] will be the supervision of distribution of films. He will examine and report on records and film found in all exchange with particular reference to local methods of distribution, personnel, and stock of film. He will be responsible for control in the proper handling of Allied films. He will examine and report on records, personnel and practices of branches and Reichsfilmkammer and other regulatory agencies.“ U. S. Army Manual for the Control, 12.5.1945, 142. 341 Hauser, Neuaufbau, 482. 342 B. McMahon, HQ 6870th Dist[.] Info[.] SV Cont[.] Com[.]d, US Army, to Chief, Information Control Division, United States Forces, European Theater, on Report of Walter Klinger, 3.8.1945. USC, Klinger papers, B 7, F 29, sowie Hoover, Klinger papers, B 1. 343 PWD/SHAEF, Manual for the Control, Entertainment Control, 16.4.1945, 1–9, hier 7; Vgl. U. S. Army, Manual for the Control, 12.5.1945, 140 und 142. 344 Das Personal der Bavaria Filmkunst-Studios wurde etwa von der Intelligence Section von Klingers Einheit und wohl auch von ihm selbst durchleuchtet. Hartman, 6870 DISCC Report, 24.8.1945, 2; Joseph, „German Film Production“, 24. 345 Joseph, „German Film Production“, 32; zur Entnazifizierung der Filmbranche siehe detailliert und quellengesättigt Hauser, Neuaufbau, 229–275. 346 O. Verf, Eientopp, 8. 347 W. Klinger, HQ, 6870th District Information Services Control Command, Films Theaters and Music Control Section, to I. Richards, USNR, Report on Heinz Kuntze-Just, 18.7.1945, 1–4, hier 1. Klinger papers, B 7, F 29. 348 Heinz Kuntze-Just, zitiert in: Heike Specht, Curd Jürgens. General und Gentleman. Die Biographie. Berlin: 2015, 143 f.; somit dürfte Spechts Frage, „was mit dem Filmmaterial, das offenbar Kriegsverbrechen der Wehrmacht dokumentierte, weiter gesch[ehen ist]“, zumindest teilweise beantwortet sein. Ebd. 349 Klinger, HQ, 6870th DISCC, Report on Kuntze-Just, 18.7.1945, 3 f. 350 Vgl. Lackner, Camp Ritchie, 159 f. 351 W. Klinger, Warner Bros. Studios, Hollywood, Films in Wrong Hands, undatiertes Typoskript, vermutlich 1946, 1–9, hier 1, 7 und 9. USC, Klinger papers, B 2, F 6. 352 Ebd., 9. 353 Siehe hierzu auch das mit einer geschichtsdidaktischen Parabel über den Ende des 18. Jahrhunderts in Bayern wirkenden Politiker, Naturwissenschaftler und Offizier Benjamin Thompson kombinierte Klagelied Klingers über den grassierenden Antiamerikanismus nach dem Zweiten Weltkrieg. W. Klinger, A Yankee who did not go home, undatiertes Typoskript. USC, Klinger papers, B 1, F 2. 354 Vgl. etwa den eher freundlichen Empfang der US-Truppen durch die Zivilisten im

Anmerkungen

Rheinland. PWD/SHAEF, Weekly Intelligence Summary for Psychological Warfare #6, 4.11.1944. NARA, RG 331, E 87, B 24, 1–10, hier 1. 355 Siehe Hauser, Neuaufbau, 233 f. 356 Vgl. Eddy, Camp Sharpe, 182. 357 Streng genommen war er Unteroffizier. 358 Siehe das Zitat bei Stefan Drößler, „Über die Filme“ [Begleittext zu den Filmen München 1945 und Zwischen gestern und morgen], in: www.edition-filmmuseum.com/product_info. php/info/p85_M-nchen-1945---Zwischen-gestern-und-morgen.html (letzter Zugriff: 7.1.2018). 359 J. Foss, Deputy Chief, Film, Theater and Music Control Section, to R. McClure, Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force, Psychological Warfare Division, Report on Reconnaissances of Film, Theatre and Music Control activities in Germany, 19.6.1945. NARA, RG 260, E 249, B 124. 360 Roland, 6870th DISCC Periodical Report, 6.7.1945, 1. 361 R. Hartman, HQ Third US Army, 6870[th] DISCC Report for Week Ending 24 August, 24.8.1945, 1 f., hier 1. NARA, RG 260, E 247, B 75. 362 Ziemke, U. S. Army, 376. 363 McMahon, HQ 6870th DISCC, on Report of Klinger, 3.8.1945; vgl. Drößler, „Filme“, unpaginiert. 364 PWD/SHAEF, Account, 104; Hauser, Neuaufbau, 183–185; siehe auch die Auflistung des Verleihangebots für den US-Sektor Berlin in ebd., 485 f. 365 PWD/SHAEF, Account, 104; Frank to McClure, Data on Film, 1; Manchester, 6870th DISCC Summary of Activities, 10.8.1945; siehe auch Hauser, Neuaufbau, 196. 366 Klinger, Brief Report, 3; vgl. W. Klinger, to W. Roland, Chief, Film, Theatre and Music, 6870th District Information Services Control Command, Weekly Report, 4.10.1945, 1 f. hier 2. NARA, RG 260, E 247, B 75. 367 Frank to McClure, Data on Film, 1. 368 Klinger, Brief Report, 4. 369 Ziemke, U. S. Army, 376. 370 Habe, Ich stelle mich, 496. 371 Ebd. 477 f.; siehe hierzu weiters Eddy, Camp Sharpe, 185, sowie Wagnleitner, Coca-Colonization, 44 und 59. 372 Klinger berichtet ebenfalls von schlecht ausgewählten und dilettantisch untertitelten USFilmen. Klinger, Brief Report, 4. 373 Ebd., 4 f. 374 Gegen Ende des Projekts kontrollierte die PWD/ICD die Produktion und Herausgabe des Films. Siehe Brewster S. Chamerberlin, „Todesmühlen. Ein früher Versuch zur Massen-‚Umerziehung‘ im besetzten Deutschland 1945–1946“, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 29. Jg. (1981), Heft 3, 420–436, hier 430. 375 B. Frank, to General McClure, HQ US Forces European Theatre, Office of Military Government (U. S. Zone) Information Control Division, Data on Film, Theatre and Music Control Branch, 10.1.1946, 1–5, hier 2. NARA, RG 260, E 249, B 124; laut Franks Bericht hatte bei diesem Film auch das britische Political Intelligence Department seine Finger im Spiel. 376 Chamberlin, „Todesmühlen“, 420. 377 Wagnleitner, Coca-Colonization, 66. 378 Später, Kracauer, 439.

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Anmerkungen

379 Chamberlin, „Todesmühlen“, 423. 380 Hauser, Neuaufbau, 191. 381 Robert Joseph, „Concentration camp pictures being exhibited to Germans“, in: Daily News [Los Angeles], 21.8.1946, 21 und 24, hier 21. USC Klinger papers, B 3, F 11. 382 Garlitz, 6870th DISCC, Newsletter, 10.7.1945, 2. 383 Burger, Frühling, 232–265. 384 Joseph, „Concentration camp pictures“, 21. 385 Burger, Frühling, 256–259; laut Chamberlin ist Wilders Rolle in der Fertigstellung des Films „unklar“. Er hatte aber an Probeaufführungen teilgenommen. Chamberlin, „Todesmühlen“, 427–430; der gegenüber dem Holocaust und seinem Heimatkontinent eher indifferent wirkende Ex-Österreicher Wilder dürfte als abgebrühter Hollywood-Profi und einflussreicher „OMGUS film officer“ den ideologischen Furor des Kommunisten und „Umerziehers“ Burger gebremst haben. Siehe hierzu Cora Sol Goldstein, Capturing the German Eye. American Visual Propaganda in Occupied Germany. Chicago und London: 2009, 54 f. 386 Frank to McClure, Data on Film, 2. 387 Ulrike Weckel, Beschämende Bilder. Deutsche Reaktionen auf alliierte Dokumentarfilme über befreite Konzentrationslager. Stuttgart: 2012, 528. 388 Siehe hierzu das umfangreiche und differenzierende Werk von Weckel, Beschämende Bilder. 389 Chamberlin, „Todesmühlen“, 430 f.; vgl. Goldstein, German Eye, 57. 390 Transkript des Interviews mit Dorothea R., in: Michaela Anderle, Todesmühlen in Wien. Auf den Spuren eines Films im Dienste der Re-Education. (Phil. Dipl.) Wien: 2009, 206. 391 Vgl. Henke, Besetzung, 29. 392 Hauser, Neuaufbau, 190. 393 Chamberlin, „Todesmühlen“, 423, 433 und 436. 394 Ebd., 432 f. 395 Siehe Anderles auf Weckels Thesen aufbauende Darstellung. Anderle, Todesmühlen, 36. 396 Ebd. 397 Weckel, Beschämende Bilder, 37. 398 Vgl., ebd. 518. 399 Ebd., 499; Im Internierungslager für NS-Funktionäre und -Eliten im österreichischen Wolfsberg waren die Lagerinsassen laut Christian Klösch vom Todesmühlen-Streifen „nicht sonderlich beeindruckt und hielten ihn für einen Propagandafilm der Siegermächte. Die gezeigten Leichen aus Konzentrationslagern hielt man mehrheitlich für verhungerte Menschen aus Indien.“ Christian Klösch, Lagerstadt Wolfsberg. Flüchtlinge – Gefangene – Internierte. Dokumentation zur Ausstellung / Camp town Wolfsberg. Refugees – Prisoners – Internees. Texts and Documents (= Edition Museum im Lavanthaus, Bd. 1, herausgegeben von Igor Pucker). Wolfsberg: 2013, 80. 400 Jaffe, HQ 2nd MRBC, First Anniversary, 29.12.1944. 401 Joseph, „Concentration camp pictures“, 21. 402 „Klinger, who established the exhibition policy for “Mills of Death„ under directives from ICD headquarters in Berlin, used the 133 prints to blanket his portion of Germany [i. e. Bavaria].“ Ebd. 403 Klinger, „Schoenheit und Krieg“, 1. 404 Der zuvor erwähnte Artikel spricht übrigens von „generell zufriedenstellenden“ Resultaten des Todesmühlen-Projekts. Joseph, „Concentration camp pictures“, 21. 405 Heideking, „Amerikaner“, 84.

Anmerkungen

406 Vgl. Heym, Reden, 351. 407 Die von den Alliierten herbeigeführte Beschämung über die im Todesmühlen-Film gezeigten NS-Verbrechen hat langfristig wohl auch einen Teil dazu beigetragen, dass die spätere Bundesrepublik Deutschland sich in Folge vom Konzept des Nationalsozialismus dauerhaft und glaubwürdig abwenden sollte. 408 Vgl. hierzu auch Goldsteins Antagonismus-These: „Judged by psychological warfare criteria, the film violated the main tenet of advertising – the propagandist must not antagonize the target audience. Todesmühlen clearly antagonized viewers and made them react against its message.“ Goldstein, German Eye, 57. 409 Henke, Besetzung, 29. 410 Dazu zählt laut Drößler der erste „deutsche“ Film der US-Zone Zwischen gestern und morgen. Drößler, „Filme“, unpaginiert. 411 Helene Karmasin, „In illo tempore. Wie Werbung mit Vergangenheit umgeht“, in: Gries/ Schmale, Kultur der Propaganda, 59–92, hier 73. 412 Elter, Kriegsverkäufer, 93. 413 Herbert A. Friedman, „Obituary: Edmund F. Lindner, (1918–2007)“, in: www.psywar.org/ lindner.php (letzter Zugriff: 16.12.2017). 414 Wagnleitner, Coca-Colonization, 54. 415 Leo Lania, „Mein Sohn ist in der U. S. Armee“, in: Der Aufbau, 18.6.1943, 4. Siehe auch Traussnig, Militärischer Widerstand, 9 und 328. 416 Siehe hierzu die Analyse der österreichischen „Gemütlichkeitspropaganda“ der OWIRundfunkabteilungen im Zweiten Weltkrieg, in Traussnig, Geistiger Widerstand, 33–80. 417 Klugsberger, „Fronten“, 70. 418 Reinhold Wagnleitner, zitiert in: Joseph S. Nye, Jr., „Soft Power and European-American Affairs“, in: Ilgen, Hard Power, 25–35, hier 29. 419 Wagnleitner, Coca-Colonization, 184. 420 Fluck, „Amerikanisierung“, 14 f. 421 Das aus Horaz’ Ars poetica stammende Zitat „aut prodesse volunt aut delectare poetae“ (dt. „entweder nützen/belehren oder erfreuen/unterhalten wollen die Dichter“) wurde im Barock und in der Aufklärung in die weniger differenzierende Formel „nützen und erfreuen“ gepresst. Karlheinz Barck/Martin Fontius/Dieter Schlenstedt/Burkhart Steinwachs/Friedrich Wolfzettel (Hgg.), Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 3: Harmonie bis Material. Stuttgart: 2010, 581 f. 422 Goldstein, German Eye, 53. 423 Barck et al., Grundbegriffe, 582; vgl. Bussemer, Propaganda, 403. 424 Henke, Besetzung, 97. 425 Klinger, „Films in Wrong Hands“, 1–9. 426 O. Verf., „Heinz Kuntze-Just (1913–1980)“, in: www.imdb.com/name/nm0475308/ (letzter Zugriff: 5.1.2018). 427 Hans Wilhem Kubaschewski war vor 1945 UFA-Mitarbeiter und später Vorstand der Bavaria-Filmgesellschaft. Beim AFI (siehe unten) war er Assistent Walter Klingers, denn er laut einem Zeitzeugen „aus alten UFA-Tagen“ kannte. Hauser, Neuaufbau, 482 f. 428 Standort der Bavaria-Studios. 429 AFI steht für [Amerikanischer] Allgemeiner Filmverleih, einer der ICD bzw. dem 6870th DISCC unterstellten und anfangs von Klinger selbst geleiteten Einrichtung, die vor allem für den Vertrieb bzw. Verleih im US-Besatzungsgebiet zuständig war. Siehe Hauser, Neuaufbau, 482–486; Drößler, „Filme“, unpaginiert; im weiteren Sinne sind damit vielleicht auch (ehe-

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Anmerkungen

malige) Mitarbeiter der Aktiengesellschaft für Filmproduktion (AFIFA, ab 1927 in der UFA eingegliedert) bzw. verallgemeinernd deutsche Kulturschaffende gemeint, denen zu dieser Zeit die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit nur unter US-Aufsicht erlaubt war. 430 Eine Ausgabe der westalliierten Wochenschau Welt im Film. 431 Ein vom OWI ausgewählter US-Dokumentarfilm (1944), der auch Hymn of Nations genannt und vom deutschen Publikum gut aufgenommen wurde. Hauser, Neuaufbau, 186 und 193; dazu später Irving Lerner: „Einer der Filme, auf die ich wirklich stolz bin, auch heute noch, ist ein Film über Arturo Toscanini. Er hatte ein Benefizkonzert im Madison Square Garden angesagt und wollte eine Komposition namens Hymn of the Nations spielen. Ich war sofort der Ansicht, man müßte dieses Konzert filmen, zumal es bis dahin noch nicht eine einzige Filmaufnahme mit Toscanini gegeben hatte. Wir könnten diesen Film zeigen, wenn […] Italien befreit werden würde. […] In diesem Moment marschiert Hitler in die Sowjetunion ein, und Toscanini besteht darauf, auch die sowjetische Nationalhymne in sein Konzert miteinzubeziehen. Wir wußten nur zu genau, was das für uns bedeutete: kein Film mehr – denn die Sowjetunion war zwar theoretisch ein Alliierter, in Wirklichkeit aber natürlich nicht, in Wirklichkeit natürlich der wirkliche Feind, usw. Ein Regierungsfilm mit der sowjetischen Nationalhymne […]. Ich redete auf Toscanini ein, aber er bestand darauf […]. Zum Schluß einigten wir uns aber doch. Toscanini spielt die Internationale.“ Zitiert in: Anderle, Todesmühlen in Wien, 95. 432 O. Verf, Eientopp, 2; vgl. die reale Zusammenarbeit Klingers mit Kubaschewski bei W. Klinger to W. Roland, Chief, Films, Theatre and Music Section, 6870th District Information Services Control Command, Memorandum on Film Distribution, 31.7.1945, 1 f., hier 2. NARA, RG 260, E 247, B 75.

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Schlusswort

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Walter Klinger, „Vom Wüstensand zum Donaustrand“, in: Argentinisches Tagblatt, unpaginiert, undatiert, zirka Sommer 1943. USC, Klinger papers, B 3, F 4. Heym, Reden, 9. Rapoport, PW Interrogation Report Zoeller, 27.1.1944, 1. Perutz, Anschluss, Chapter 9, unpaginiert. Wagnleitner, Coca-Colonization, 37. Lerner, Sykewar, 67. Vgl. den Buchtitel von Lackner, Flucht. Lerner, Sykewar, 72. Vgl. Fluck, „Amerikanisierung“, 35 f. Wagnleitner, Coca-Colonization, 25. Ein Teilnehmer der im Sommer 2017 in Graz abgehaltenen „ersten Studenten-Tagung“ von ACIPSS unter dem Titel „Approaching (Dis)Information from Pre-Modern Times to a Post-Truth Era“ fragte nach einem Vortrag von mir, bei dem auch die weiße Propaganda der US-Armee thematisiert wurde: „What is good in propaganda?“; Hanuš Burger blickte nach dem Krieg ähnlich kritisch auf die Lehrinhalte in Camp Ritchie und Camp Sharpe sowie den Einsatz der Ritchie Boys zurück: „[S]oviel Mittel, soviel Intelligenz und soviel Phantasie am rechten Ort eingesetzt, hätten anderes hervorbringen müssen als jene groteske, diabolische, machiavellistische Institution namens psychologische Kriegführung.“ Burger, Frühling, 132.

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Anmerkungen

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Wagnleiter, Coca-Colonization, 55 f. In einem ans NS-Propagandaministerium geschickten Entwurf für ein Flugblatt, das über alliierten Kampftruppen abgeworfen werden sollte, schrieb ein Schuldirektor aus Kaiserslautern: „Christen sollen nie für Juden kämpfen (…) helft uns, die Vereinigten Staaten von Europa zu gründen, in denen es keine Juden mehr gibt.“ Stargardt, Krieg, 563. Welzer, „Hitler“, 80. „Their high morale stemmed from their esprit de corps, their training, their belief in miracolous ‚secret weapons‘ to come. They were dedicated to Adolf Hitler.“ De Grazia, Taste, 269. Weitgehend übernommen aus Traussnig, Geistiger Widerstand, 339 f. Ehlich, „Faschismus“, 23. Traussnig, Geistiger Widerstand, 340. Henke, Besetzung, 25. Herz, „Psychological Lessons“, 486. Interview Winter, 14.5.2003, LoC. Henke, Besetzung, 29. Stefan Zweig, Sternstunden der Menschheit. Vierzehn historische Miniaturen. Frankfurt am Main: 472000, 251. Ebd. Rapoport, PW Interrogation Report Zoeller, 27.1.1945, 1. Ebd. Kehlmann, Tyll, 265. Henke, Besetzung, 27. Michel Foucault, „Andere Räume“, in Karlheinz Barck et al. (Hg.), Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Leipzig: 1992, 34–46, hier 46. Leo N. Tolstoi, Krieg und Frieden. München: 172002, 1457. Heym, Reden, 351. Borges, Aleph, 47.

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Anhang

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Sofern beim jeweiligen Soldaten nicht angegeben, ist das Todesdatum unbekannt bzw. die Person war beim Verfassen dieses Buchs noch am Leben. Ist die Religion nicht angegeben, so konnte diese beim jeweiligen Soldaten ebenfalls nicht festgestellt werden. Dieser Essay fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Band über die „österreichischen“ Verhörspezialisten aus Camp Ritchie zusammen. Auch er ist Teil des gemeinsam von Robert Lackner und Florian Traussnig ausgeführten Forschungsprojekts zu den österreichischen Ritchie Boys. Auf weitere Quellenangaben wird daher mit Ausnahme von Verweisen auf direkte Zitate verzichtet. Vgl. Lackner, Camp Ritchie. Ib Melchior, Case by Case. A U. S. Army Counterintelligence Agent in World War II. Novato, CA: 1993, 109. In Camp Ritchie wurden verschiedene Kurse abgehalten, die in Inhalten und Dauer variierten. Für diese Studie relevant ist jedoch nur der achtwöchige reguläre MITC-Basiskurs, wie noch zu erläutern sein wird. Die Bezeichnung „G-2“ geht auf das französische Stabssystem zurück, das der Kommandant des Amerikanischen Expeditionskorps in Frankreich im Ersten Weltkrieg, John J. Pershing, übernommen und 1921 als Generalstabschef in leicht modifizierter Form auf

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die gesamte US-Armee übertragen hatte. Demnach gab es fünf Offiziere im Stab eines Kommandeurs, die jeweils für einen Bereich verantwortlich zeichneten: Personnel and Administration (G-1), Intelligence (G-2), Operations and Training (G-3), Supplies (G-4) und War Plans (G-5). Eine Konferenz von Offizieren der Bereiche G-2 (Intelligence) und G-3 (Operations and Training), die für den 8. Dezember 1941 anberaumt worden war, wurde aufgrund des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor erst verschoben und schließlich komplett abgesagt. History of Military Intelligence Training, Volume I, 9. Bis Kriegsende sollte die Army rund fünf Millionen Dollar in das MITC stecken. Das MITC sollte nach Abschluss der grundlegendsten Umbauarbeiten durch das Pionierkorps im Frühjahr 1943 rund 5.000 Personen Platz bieten. Es wurden 44 Klassenzimmer, 42 Mannschafts- und elf Offiziersunterkünfte sowie 22 Gebäude für das Lagerspital errichtet, dazu Gebäude für Verwaltung und Freizeit wie ein Kino mit über 900 Sitzplätzen, Tennisplätze, Bowlinganlagen sowie eine Kapelle, in der regelmäßig katholische, evangelische sowie jüdische Gottesdienste stattfanden. Die Spezialisierung konnten die Soldaten nicht selbst auswählen; die Entscheidung wurde ihnen basierend auf der persönlichen Eignung von den Ausbildnern abgenommen. Terrain Intelligence und Signal Intelligence wurden mit der Zeit nicht mehr als Spezialfach gelehrt, sondern in den allgemeinen Ausbildungsteil überführt. History of Military Intelligence Training, Volume I, 50. Ebd. Die OB-Analyse ist eng mit der Kriegsgefangenenbefragung vernetzt. Zum einen ist der OB-Analyst auf die Erkenntnisse des Verhörers angewiesen, um sein Wissen über den Feind zu vervollständigen. Zum anderen kann sich der Verhörer des Wissens des OB-Analysten über den Feind bedienen, um einen Kriegsgefangenen aus der Reserve zu locken – eine am MITC gelehrte Methode zur Informationsgewinnung. Überhaupt hat sich der exzentrische Banfill ins Gedächtnis seiner ehemaligen Schützlinge eingebrannt. So ließ er nicht nur einmal im Monat während der „Mad Minute“ alle Geschütze des Camps abfeuern, sondern führte auch eine Acht-Tage-Woche ein. An sieben Tagen fand die Ausbildung statt, der achte Tag war dienstfrei. Durch dieses durch die Woche wandernde Wochenende wollte Banfill den Ritchie Boys jegliche Routine austreiben – angeblich, weil die Japaner in Pearl Harbor an einem Sonntag über die arglosen Amerikaner hergefallen waren. Ein Schwachpunkt der Ausbildung lag zweifellos in der Intensität bzw. in der relativ kurzen Dauer des regulären MITC-Kurses, in dem zu viele Inhalte in zu kurzer Zeit vermittelt werden mussten. Gewissermaßen versuchte sich der Armeenachrichtendienst hier an der Quadratur des Kreises: Gut ausgebildete Analytiker, die gleichzeitig auch im infanteristischen Sinn gut ausgebildete Kämpfer waren, gingen aus Camp Ritchie kaum hervor. Auch das war wohl ein Grund, warum am Anfang die „School of the Soldier“ vernachlässigt wurde. Problematisch wurde es vor allem dann, wenn Studenten aufgrund des Bedarfs an Intelligence-Personal zudem vorzeitig aus der Grundausbildung geholt und nach Camp Ritchie verlegt wurden. Die Auswahl der künftigen Ritchie Boys erfolgte hierbei über die Personalakten aller US-Armeeangehörigen, die von einer IBM-Lochkartenmaschine im Kriegsministerium anhand derer Sprachkenntnisse vorselektiert wurden; später kamen auch sogenannten Procurement Teams zum Einsatz, die in den Service Schools der Armee Ausschau nach

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potentiellen Kandidaten hielten. Diese wurden danach ins Camp Ritchie beordert, wo sie sich einem Auswahlverfahren zu unterziehen hatten. Für diese Studie relevant ist nur die Zahl derer, die den achtwöchigen MITC-Grundkurs, der in den zweieinhalb Jahren des Bestehens des Camps in insgesamt 31 Klassen abgehalten wurde, erfolgreich absolvierten und damit jene Personengruppe konstituieren, die allgemein als „Ritchie Boys“ zu bezeichnen ist. In den MITC-Aufzeichnungen, in denen sich allerdings leicht divergierende Angaben finden, ist diesbezüglich von 3.368 Offizieren (29 Prozent) und 8.269 Enlisted Men (71 Prozent), also von insgesamt 11.637 Soldaten im Zeitraum vom Juli 1942 bis zum September 1945 die Rede. Weitere 3.616 Personen – 574 Offiziere und 3.042 Enlisted Men – wurden als potentielle Kandidaten ins MITC verlegt, schieden jedoch ohne Abschluss aus oder wurden überhaupt nicht zur Ausbildung zugelassen. In rund 40 Prozent war die physische Konstitution für ein Ausscheiden verantwortlich, in weiteren 25 Prozent die intellektuellen Fähigkeiten. Teilweise wurden Kursabbrecher bzw. Abgelehnte als Hilfspersonal ins MITC übernommen. Jede Spezialisierung war in weitere Teilbereiche unterteilt, da die MITC-Spezialisten in der Regel in Teams agierten. So entfielen im IPW-Bereich nur knapp 15 Prozent auf tatsächliche Verhörer, da in erster Linie Offiziere mit dieser Aufgabe betraut waren, diese aber unter den Österreichern unterrepräsentiert waren. Elf Prozent wurden als Assistant Interrogators, 23 Prozent als Documents Examiners eingestuft. Beim Großteil mit beinahe 38 Prozent handelte es sich um Typists, Linguists, Stenographers und Chauffeurs. Vier Prozent wurden trotz bestandenem Kurs als nicht geeignet für die IPW-Tätigkeit eingestuft, zu weiteren elf Prozent liegen keine spezifischen Angaben vor. Im Feld waren die Grenzen zwischen den Funktionen allerdings fließend. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von deutschsprachigen IPW-Spezialisten bei Erreichen der deutschen Grenze im Herbst 1944 MII-Teams zugeteilt wurde. Bei ihnen handelte es sich in der Regel um IPW- oder MII-Spezialisten. Unter dieser Kategorie sind sämtliche protestantischen Glaubensrichtungen subsummiert. Anzumerken ist, dass der Anteil der Juden sicherlich um einige Prozentpunkte nach oben korrigiert werden muss: Unter den Nicht-Juden lässt sich zum einen eine Reihe von Konvertiten ausfindig machen, während zum anderen auch davon auszugehen ist, dass manche Emigranten aufgrund der auf ihrer Flucht gemachten Erfahrungen und angesichts des latenten oder offenen Antisemitismus in der US-Armee ihre Konfession bewusst verschwiegen. Unter den amerikanischen Ritchie Boys war die Zahl der Juden zudem sicherlich geringer. Den Soldaten der MITC-Verwaltung, die die Personalkarten der Neuankömmlinge ausfüllten, scheint eine einwandfreie Zuordnung aufgrund der divergierenden Bildungssysteme in Österreich und den Vereinigten Staaten mit unterschiedlichen Einrichtungen nicht immer möglich gewesen zu sein. Daher beschränken sich die Studienautoren in ihrer statistischen Auswertung auf die rudimentäre Einteilung zwischen sekundärer (Absolvierung einer Lehre, einer Berufsschule, einer Handelsakademie, eines Gymnasiums bis zur Matura, eines Kollegs oder ähnlichem) und tertiärer (Besuch einer Universität) Bildungsstufe, wobei Personen mit begonnenem, aber nicht abgeschlossenem Studium der zweiten Kategorie zugeordnet werden. Grund dafür ist, dass zahlreiche aus

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Europa geflüchtete Ritchie Boys ihr Studium abbrechen mussten und es in den USA nicht wieder­aufnehmen konnten. Ein 1944 verabschiedetes Bundesgesetz, der Servicemen’s Readjustment Act, umgangssprachlich G. I. Bill genannt, ermöglichte jedem Kriegsteilnehmer Zugang zu universitärer Bildung. Da die österreichischen Ritchie Boys, sofern sie vor dem NS-Regime geflohen waren, meistens zu Hilfsarbeiterjobs gezwungen waren, um sich über Wasser zu halten, kann auch die Angabe des Zivilberufs auf den Personal History Cards nicht unbedingt als Indikator des sozialen Milieus dienen. Die Quote derer, die nach ihrer Ausbildung tatsächlich in den nachrichtendienstlichen Einsatz geschickt wurden, betrug also rund 80 Prozent. Bei diesen handelte es sich beinahe ausschließlich um Luftbildauswerter und CIC-Agenten, da die Ausbildung für die Befragung japanischer Kriegsgefangener nicht dem MITC oblag, sondern der Military Intelligence Service Language School (MISLS) in Minnesota. Auf eine Auseinandersetzung mit den Kriegsverbrecherprozessen in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde verzichtet, da diese den zur Verfügung stehenden Rahmen dieser Studie gesprengt hätte. Festgehalten werden muss allerdings, dass gerade dieser Aspekt – die Geschichte der Verhörer und Ermittler bei den Kriegsverbrecherprozessen, aber auch die Rolle von Ritchie Boys in der alliierten Militärregierung und im Entnazifizierungsprozess – ein Forschungsdesiderat darstellt. James J. Weingartner, Crossroads of Death. The Story of the Malmédy Massacre and Trial. Berkeley, CA et al.: 1979, 217.

7 Dank

Meinem Kollegen, Projektpartner und Freund Robert Lackner, mit dem ich fast fünf Jahre lang intensiv am Ritchie-Boys-Projekt gearbeitet habe und der in diesem Buch auch als Gastautor zu Wort kommt, möchte ich herzlichen Dank aussprechen: Seine Professionalität, Klarheit, Loyalität und organisatorische Kompetenz werde ich vermissen. Siegfried Beer, mein akademischer Mentor und langjähriger Leiter des Forschungszentrums und Projektträgers ACIPSS (Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies) hat zum wiederholten Male den akademischen Begleitschutz sichergestellt, ohne dabei seine liberalen Prinzipien zu opfern. Einmal mehr möchte ich ihm für ein gemeinsames Wegstück und das vertrauensvolle Miteinander danken. Akten, Materialien, Bilder und/oder wertvolle fachliche Unterstützung bzw. konstruktive kritische Anregungen verdanke ich neben Robert Lackner und Siegfried Beer vor allem Kurt Bauer, John Capasso, Beverley Driver Eddy, Wolfgang Göderle, dem „Ritchie Boy Historian“ Daniel Gross, John Heiser, Günter Kaindlstorfer, Erich Keller, Andreas Krane­bitter, Bernie Lubran von der Ritchie-BoysFacebook-Community, Madeline ­Gardner Meryash, Peter Pirker, Susan Rabinek-Birnberg, Lee Richards, Norbert Rosin, Andreas Schönhart, Arvid Schors, Bernhard Valentinitsch, David Wilk, Irene Wittig und Julia Wurzinger. Besonders verbunden bin ich Michaela Ullmann, Marje Schuetze-Coburn und Louise Smith von der Feuchtwanger Memorial Library an der University of Southern California, die mir im Zuge einer US-Archivreise einen geförderten Forschungsaufenthalt in Kalifornien und somit ein Kapitel dieses Buches ermöglichten. Vladimir Melamed und dem Los Angeles Museum of the Holocaust gilt ebenfalls großer Dank – ein ganzes Hauptkapitel hat sich vor allem aus dort lagernden Akten ergeben. Ich bitte um Nachsicht, falls ich hier jemanden nicht erwähnt habe. Der langjährig als meine Medien-„Advokatin“ und Ratgeberin tätigen Elisabeth Dechant und den kompetenten Projektansprechpartnerinnen Ursula Huber und Julia Beenken vom Verlagshaus Böhlau bin ich zum dritten Mal in Folge für die wohlwollende Begleitung und Unterstützung sehr dankbar. Finanziert wurde diese Studie bzw. das „Ritchie Boys“-Projekt durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank und den Zukunftsfonds der Republik Österreich. Ich danke beiden Fördergebern für die großzügige Unterstützung

510

Dank

und das Vertrauen – gerade in einer Zeit des vielerorts grassierenden populistischen Nationalismus und einer repressiven Haltung gegenüber Flüchtlingen bin ich überzeugt, dass die Förderung von Projekten über das österreichische „38er“Exil notwendiger denn je ist. Für Druckkostenzuschüsse bedanke ich mich für die Unterstützung beim Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, dem Zukunftsfonds der Republik Österreich und der Stadt Wien. Neben meinen großartigen Eltern Anneliese und Karl Traußnig danke ich auch meinen Kindern Valerie und Jakob für ihre Engelsgeduld mit mir – sie hätten kein Problem damit gehabt, wenn das eine oder andere Kapitel dieses Buchs nicht so ausführlich ausgefallen wäre und ihr Vater da und dort einmal auf die Lektüre all dieser seltsamen Kriegsbücher und Aktenbündel verzichtet und hätte. Weil Dank allein an dieser Stelle nicht ausreicht: Katja, dieses Buch ist Dir gewidmet. Graz, im Februar 2020 Florian Traussnig

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533

9 Abbildungsnachweis

Abb. 1: Foto von P. Eisler und C. Leveille. © US Signal Corps. NARA, RG 208, abgebildet in: www.psywar.org/photos/30 (letzter Zugriff 31.7.2018). Für die Bereitstellung dieses Fotos möchte ich Lee Richards von www.psywar.org herzlich danken.

Abb. 2: Foto von H. Habe u. a. aus: Bill Davidson, „GI Station“, in: Yank, The Army Weekly, Vol. 3., Nr. 47, 11.5.1945, 16 f., hier 17, in: www.indianamilitary.org/YANK/1945–05– 11 %20Yank%20Magazine.pdf (letzter Zugriff: 3.8.2018).

Abb. 3: PWB/AFHQ, PWB/5th Army-Flugblatt G-204–1111–243, „Euren Kameraden geht es gut“, ohne Datum, vermutlich Herbst 1943. NARA, RG 226, E 92, B 508.

Abb. 4: Foto von W. Klinger. University of Southern California, Los Angeles, Special Col-

lections, Walter A. Klinger papers 6044, B 5, F 3. Courtesy of University of Southern California, on behalf of the USC Libraries Special Collections.

Abb. 5: Foto von Camp Sharpe. © Gettysburg National Military Park.

Abb. 6: Arthur Jaffe, [US Army], History, Second Mobile Radio Broadcasting Company, September 1943–May 1945. [ohne Ort:] 1945, 59.

Abb. 7: Arthur Jaffe, [US Army], History, Second Mobile Radio Broadcasting Company, September 1943–May 1945. [ohne Ort:] 1945, 75.

Abb.: P&PW/12th Army Group-Flugblattzeitung Frontpost, 13.10.1944. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abb. 9: PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 44, „Himmlers Weihnachtsgabe“, zirka Jänner 1945, in: www.psywar.org/product_PWDUS01CT44.php (letzter Zugriff: 15.1.2018). Für die Bereitstellung dieses Fotos möchte ich Lee Richards von www.psywar.org herzlich danken.

Abb. 10: Foto von W. Reichenbach beim Kriegsgefangenenverhör © US Signal Corps, J. Malan Heslop. NARA, RG 338, B 5711.

Abb. 11: Zeichnung, abgebildet in: Clive E. Shives (Hg.), History of the 5th Mobile Radio

Broadcasting Company. Bad Nauheim: 1945, unpaginiert, in: NARA, RG 407, E 427, B 18359.

Abb. 12: Foto von G. Patton. World War II Database, https://ww2db.com/image.php?image_ id=25187 (letzter Zugriff: 31.7.2018).

Abb. 13: Undatiertes Typoskript zur PWB-Flugblattproduktion, vermutlich Herbst 1944. NARA, RG 338, E 37042, B 5711.

Abb. 14: PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 14, „Soldaten der 17. SS-Panzergrenadierdivision“, zirka Mitte Oktober 1944. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abbildungsnachweis

Abb. 15: PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 9, „Ihr seid abgeschnitten!“, undatiert, zirka August/September 1944. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abb. 16: PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 20, „Österreicher“, vermutlich

Anfang November 1944. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abb. 17: PWD/SHAEF, PWB/1st Army-Flugblatt CT 40, „Am Kreuzweg“, zirka Ende Dezember. Privatbestand Traussnig (Schenkung von Klaus Kirchner).

Abb. 18: PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 22, „Himmlers Kanonenfut-

ter“, zirka Anfang November 1944. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abb. 19/20: PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 27, „Im Angriff“, zirka Anfang November 1944. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abb. 21: PWD/SHAEF, PWB/3rd Army-Flugblatt PWB 42, „Die Stunde hat geschla-

gen“, zirka Anfang Februar 1945. Hoover Institution Archives, Stanford, Kalifornien, Julius Schreiber collection.

Abb. 22: Foto von US-Lautsprecheransager in St. Malo. © Office of War Information, abgebildet in: www.psywar.org/photos/39 (letzter Zugriff 2.8.2018). Für die Bereitstellung dieses Fotos möchte ich Lee Richards von www.psywar.org herzlich danken.

Abb. 23: PWD/SHAEF, PWB/9th Army-Flugblatt CPH 6, „Geilenkirchen umzingelt“, 18.11.1944. Intelligence School, Fort Riley, Kansas, Department of General Subjects,

Tactical Psychological Warfare. The Combat Psychological Warfare Detachment, 23.9.1946, 1–19, hier Illustration zwischen 16 und 17. NARA, RG 165, E 208, B 308.

Abb. 24: Foto von E. Rapoport. Clive E. Shives (Hg.), History of the 5th Mobile Radio

Broadcasting Company. Bad Nauheim: 1945, unpaginiert, in: NARA, RG 407, E 427, B 18359.

Abb. 25: Foto eines Lautsprecher-Kampfpropagandaeinsatzes der 7. US-Armee. © US Signal Corps. NARA, RG 208, abgebildet in: www.psywar.org/photos/39 (letzter Zugriff

2.8.2018). Für die Bereitstellung dieses Fotos möchte ich Lee Richards von www.psywar.org herzlich danken.

Abb. 26: Foto von F. Perutz. © Privatbestand Fred Perutz.

Abb. 27: PWD/SHAEF, Radio Luxembourg, Story of the Day, 17.10.1944, 1. NARA, RG 338, E 37042, B 5711.

Abb. 28: Foto von Radioaufnahmen in Luxemburg. © US Signal Corps, J. Malan Heslop. NARA, RG 338, B 5711.

Abb. 29: Foto von F. Seidler. F. Seidler, Application for [OSS-]Employment, 23.1.1943; OSS Personnel File of Francis Seidler. NARA, RG 226, E 224, B 694.

535

536

Abbildungsnachweis

Abb. 30: Foto von S. Padover. © US Signal Corps, J. Malan Heslop. Brigham Young University, Provo, Utah, Harold B. Lee Library, L. Tom Perry Special Collections, J. Malan Heslop Photograph Collection, MSS-P-661–1037.

Abb. 31: Foto von W. Klinger u. a. University of Southern California, Los Angeles, Special Collections, Walter A. Klinger papers 6044, B 5, F 3. Courtesy of University of Southern California, on behalf of the USC Libraries Special Collections.

Abb. 32: Foto von W. Klinger. University of Southern California, Los Angeles, Special Col-

lections, Walter A. Klinger papers 6044, B 5, F 3. Courtesy of University of Southern California, on behalf of the USC Libraries Special Collections.

10 Namensregister

Aaserud, Finn 414, 532 Abzug, Robert H.  450 Adenauer, Konrad 347, 494 Adler, Hans 57, 64, 178, 385, 416, 424, 427 Aigner, Franz 474 Akselrad, Richard 57, 134, 385, 416, 424 Allen, Jay 415 Allen, L. C. 430 f., 448, 491 Alter, Heinrich (siehe Alter, Henry C.) Alter, Henry C. 386, 429, 478 Ames, B. 485 Anderle, Michaela 370, 502, 504 Anderson, Benedict 139, 444 Angel, Franz 134, 443 Anzböck, Rudolf 492 Arnhold, Richard 200, 457 Arnstein, Felix 442, 490, 497 Arnold, Fritz 458 Asti, Robert 472 Aue, Helmuth von der 41 Aulinger, Barbara 414, 462 Aulock, von 287 Aust, Stefan 462 Austin, John L. 266 f., 475 Babschek, Kurt 129, 133, 144, 146, 437, 443 Bachmann, Franz 249, 458, 469 f. Bacon, Francis 379 Balcerkiewicz, Heinz 469 Baldauf, Gerhard 122 f., 441, 461

Banfill, Charles Y. 49, 403 f., 429, 506 Barbie, Klaus 488 Barck, Karlheinz 503, 505 Barron, Leo 454 f., 466 Barsis, Albrecht B. 386 Bartmann, Theoder 149 f., 445–447, 457, 487 Baru, Herbert T. 187, 455 Baschiera, Alfred 308 Bass, Alfred W. 73, 386, 429, 472 Basten, Peter 350 f. Bauer, Christian 214, 453, 461, 472, 483 Bauer, Fred (siehe Bauer, Frederick K.) Bauer, Frederick K. 277, 287 f., 387, 480 Bauer, Kurt 133, 225, 274, 412, 443 f., 447 f., 464, 476, 495, 509 Beck, Max 440 Becker, Emil 442 Becker, Waldemar 411 Bedford-Strohm, Heinrich 492 Beenken, Julia 509 Beer, Siegfried 412, 420, 485, 509 Beevor, Antony 185, 426, 438 f., 442 f., 454–456, 463, 465–467, 487 Behner, Heinrich 126, 442 Békessy, Imre 30, 416 Békessy, János (siehe Habe, Hans) Bell, Jack 163, 165 Bell, Falko 170, 432, 435, 451 Bellak-Klinger, Julia 354 Bender, Thomas 496

538

Namensregister

Benedikt, Ernst 448 Benedikt XV, Papst 495 Benkoe, Erwin 5, 58, 102, 152–158, 165–168, 176, 241, 299, 327, 329, 331, 360, 380, 381, 387, 425, 447 f., 450, 480, 490–492 Benz, Wolfgang 457 Berenson, Irving 477 Bergman, Ingrid 355 Berkston, William 451 Bernays, Paul 451 Billinger, Richard 178 Bird, William B. 113 Bischof, Günter 416, 433, 444, 447, 462 Bishop 490 Black, Percy G. 22 Blankenhorn, Heber 18, 413 Blau, Peter M. 192, 456 Bloch, Heinz 257, 472 Bloch-Kohner, Hanna (siehe Kohner, Hanna) Blumenson, Martin 420, 454, 456, Boettcher, Fritz 445 Bond, Jules Jerome 57, 73, 128, 178, 188, 277, 360, 387, 416, 424, 455 Bondy, Jussy (siehe Bond, Jules Jerome) Bonhoeffer, Dietrich 315, 335, 492 Borges, Jorge Luis 203, 384, 458, 505 Borowsky, Peter 492 Botz, Gerhard 484 Bourdieu, Pierre 451 Boyens, Armin 321, 489 Bradford, Jack 346 Brand, Otto 128, 178, 277, 280, 387, 478 Branton, Harry 135, 444, 462

Breuer, Robert (siehe Brewer, Robert K.) Breuer, Toni (siehe Lorenz, Fred) Brewer, Robert K. 76, 277, 397 Bringmann, Karl 420 Brix, Emil 480 Broch, Ernst-Detlef 446, 463 Brown-Joussard, Stephen W. 277, 398, 478 Bruce, K. 490 Bruckmüller, Ernst 480 Bruntz, George B. 413 Bucher, Hans-Jürgen 461 Buchloh 212, 218 Buchmann, Bertrand Michael 135, 443 f. Bukey, Evan Burr 443 Burens, Josef 315 Burger, H. H. (siehe Burger, Hanuš) Burger, Hanuš 65, 93, 273, 277, 285 f., 291, 293 f., 297–299, 368, 412, 423 f., 426 f., 433–435, 452, 456, 475, 478, 480–483, 492, 495, 501 f., 504 Burian, Peter 479 Burk, Hermann 297 f. Burkard, Dominik 485 Burkhardt, Frederick 433 Burmester, Michael 461 Bussemer, Thymian 184, 433, 441, 447, 450, 452, 454, 475, 496, 503 Butterfield, Lyman H.  413 Calder, Ritchie 415 Campbell, John D. 446, 470, 473–475 Cannon, Jimmy 411 Capasso, John 509 Carlton, Leonard 467

Namensregister

Carmichael, Albert 307 Carraway 476 Casey, William 486 Caskey, Edward A. 33, 35, 37, 39, 43, 64, 67, 70, 258, 261, 263 f., 269, 417–421, 472–474 Cassini, Igor 431 Cassirer, Ernst 438 Chamberlin, Brewster S. 501 f. Chassin, Jean 493 Chaussy, Jean 340 f., 493 Christman, Trent 415 Churchill, Winston 160, 162, 244, 430 Cillia, Rudolf de 480 Citrine, Walter 160 Clark, James 181, 452 f., 468 Clark, Mark W. 25, 39, 204 Cohen, Amy 411 Cohen, Judith 417 Cole, Hugh M. 456 f., 460 Collette 202 Colwell, Robert T. 289, 479, 481 Conrads, Claudia 438, 488 Conway, Kellyanne 298 Corbett, Jim 358 Corner, Bruce 250, 436, 470 Cortnage, Lee 422 Craft, Ray 154 f., 327, 425, 432, 436, 447 f., 483, 490 Creveld, Martin van 92, 202, 432, 434, 458 Crosby, C. 484 Crossman, Richard 477 Crowell, Tom 37 Cushing, E. 424, 490 Czerny, August 474 Cziczatka, Angela 478

Dabringhaus, Erhard 311, 320, 486 Dampf, Hans 294 Darlan, François 25, 350, 495 Daugherty, William E. 178, 248, 413, 417, 419–423, 428, 432, 440 f., 451–453, 456, 461, 468, 470–472, 481 Davidson, Bill 420, 477 f., 480 Davis, Bette 355 Davis, Elmer 19, 62, 80, 188, 418, 426, 429, 435, 455, 475 Dechant, Elisabeth 509 Deutsch, H.  490 Dewit, Jacqueline 371 Dicks, Henry 88 f., 133, 143, 432 f. Dieckmann, Christoph 329, 491 Diekmannshenke, Hajo 461 Dickson, Benjamin 107, 185 f., 313, 321, 330, 334, 437, 439, 484, 486 Dickson, J. 487 Dittmar, Kurt 162 f., 165, 167 Dolan, Patrick 293, 359, 497 f. Dollfuß, Engelbert 177, 308, 336, 338, 486 Domeier, Norman 440, 450, 460 Donovan, William J. 19, 293, 309, 332, 482, 484, 485 Dorn, Walter L. 494 Dorsett 488 Downes, D. 485 Dreidemy, Lucile 484, 486 Dreyer, Mechthild 451 Drößler, Stefan 500 f., 503 Duck, Donald 355 Dülffer, Jost 428, 433, 479 Dürscheid, Christa 462 Dunner, J. 430

539

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Namensregister

Easton, M. 497 f. Eaton, Joseph 285 f., 294, 417, 480 Eco, Umberto 483 Eddy, Kimberley Driver 412, 416, 422, 423, 425–428, 431 f., 452, 454–456, 461, 471, 474, 477 f., 481, 500 f., 509 Edel, Leon 14 f., 40, 55 f., 91, 360, 412, 416, 419 f., 422, 424, 426, 432, 452, 454, 496, 498 Ehlich, Konrad 464, 505 Eisler, Paul A. 5, 9–13, 102, 228, 252, 254–256, 270, 273, 388, 411, 471 f. Eisenhower, Dwight D. 21, 24 f., 35, 50, 61 f., 69, 79–82, 84, 128, 131 f., 205, 208, 231, 302, 314, 337, 346, 350, 360, 373, 414 f., 419, 465 Eitler, Josef 474 Elster, Botho Henning 253 Elter, Andreas 428, 503 Engelmann, Jan 444 Eppel, Peter 478, 485 Evans, F. 499

Fitzmar 297 Fitzmaurice, Charles 466 Fleischer 194 Fluck, Winfried 421, 472, 479, 497, 503 f. Flynn, Errol 357–359, 374, 497 Fontaine, E. 465 Fontius, Martin 503 Forbes, Donald 478 Ford, Ken 473–475 Foss, J. 501 Foucault, Michel 505 Franco, Francisco 336 Frank, Benno 58, 292 f., 369, 481, 501 f. Franz, Gerhard 228 f. Frauenglas, Walter Heinz (siehe: Glass, Walter H.) Freeman, Martin I. jun. 426 Friedman, Herbert 454, 503 Friedman, Paul J. 76, 429, 461 Fritz, Regina 432 Frucht, Karl 91, 114, 251, 432, 439 Fuchs, Martin 485

Falter, Jürgen 492 Farquhar, W. 478 Faulhaber, Michael von 349, 495 Faust, Heinrich 324, 337, 344 Feiler, Eric 388 Feitler 331, 448 Felbinger, Rolf 450, 483 Fevbre, Lucien 17, 413 Figl, Leopold 322 Fink, Hans-Jürgen 428, 431 Finnegan, John Patrick 413–415, 426 f. Fitzgerald 438, 440, 448, 456, 458– 461, 464–469, 472–474, 476, 478– 481, 491

Gable, Clark 357 Gärtner, Richard 331 f. Galen, Clemens August von 349 Gallie, W. 458 Ganglmair, Siegwald 215 f., 422, 430, 433, 436, 453 f., 461, 470–472, 491 Ganzlin, K. 454 Gardner Meryash, Madeline 509 Garlitz, H.  434, 450, 499, 501 Germann, Richard 220, 447, 463 Gerstmann 443, 447, 460, 462 Gillet, Wilhelm 329 Gittler, Lewis 327, 331 f., 334–338, 341 f., 480 f., 484, 487–489, 491–495

Namensregister

Glass, Walter H. 125–127, 388, 442 Goebbels, Joseph 41, 102, 166 f., 176, 256, 374, 380 Göring, Hermann 137 Goethe, Johann Wolfgang von 367 Göderle, Wolfgang 451, 509 Göpfert, Rebekka 214, 453, 461, 472, 483 Göring, Hermann 444 Goldmann-Padover, Frumet 325 Goldschmidt, Henry 426 Goldstein, Cora Sol 502 f. Gottwald, Max 249, 470 Goularte, Joseph 416 Grabove, Maxwell 52, 54 Grafenberg, Fräulein 375 Graml, Hermann 457 Grazia, Alfred de 33, 36, 38 f., 41, 45, 95, 134, 171, 187, 415–422, 433, 443, 449, 451, 454, 456, 471, 496, 504 Greenwood, Hans P. 389 Greiner, Helmuth 449 Greschat, Martin 489 Gries, Rainer 421, 441, 450, 462, 466, 503 Griesbach, Erich 181 Griesser, Doris 417 Grischany, Thomas R. 135, 139, 147, 151, 218, 444–447, 451, 457 f., 460, 462, 464, 467, 469 Grissemann, Christoph 449 f. Grohè 489 Gross, Daniel 509 Grosse, G. 493 Gruber, John A. 398 Gruenbaum, Otto K. 96 Grundböck, Gottfried 474 Grunfeld, R. 443

Gudehus, Christian 447 Gurfein, Murray 465 Gutenberger, Karl 344 Guthrie, William 359, 497 Gutschera, Herbert 494 Haas, Claude 449 Haashagen, Werner 122 Habe, Hans 5 f., 15, 29–36, 38–54, 56–58, 60–67, 69–76, 79, 84 f., 87, 95, 102, 107, 111, 114, 125, 128, 134, 152, 154, 169, 177–184, 209, 213, 234, 239 f., 250, 256, 258, 274–280, 282–291, 293 f., 297, 353, 360, 367, 379–382, 389, 414, 416–424, 427– 429, 443, 452 f., 468, 477, 480, 483, 487, 496, 501 Habsburg-Lothringen, Joseph von ( Joseph II. von Österreich) 326 Habsburg, Otto von 60, 312, 485 Hackett, David A. 424 Hadler, Simon 470 Hadley, Arthur T. 254, 422, 471 f. Haefs, Gisbert 485 Hägele, Ulrich 425 Hahn, Georg Alfred (siehe Hahn, George A.) Hahn, George A. 389 Halbrainer, Heimo 486 Hale, William Harlan 276, 477 Hall, Stuart 444 Hammerschmidt, Peter 488 Hampe, Michael 428 Hanfmann, G. 478 Hanisch, Ernst 413, 453 Hanser, Richard 284 Hart, P. 445 Hartman, R. 500 f.

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Namensregister

Hauser, Johannes 363, 497, 499–503 Havilland, Olivia de 357 Hazeltine, Charles B. 24, 33, 39, 415, 444 Heideking, Jürgen 428, 487, 502 Heine, Heinrich 231, 367 Heinemann, Wolfgang 268, 475 Heinze 250 Heiser, John 509 Heitmann 111, 438 Hell, Rudolf 450 Henke, Klaus-Dietmar 83, 302, 307, 323, 333 f., 343–345, 371, 414, 430, 449, 454, 464, 483 f., 486–489, 491–495, 502 f., 505 Henreid, Paul 355, 386 Herbert, Ulrich 479, 497 Hering, Rainer 492 Hertz, David 91, 293, 432, 458, 481, 483 Herz, Martin F. 34, 38, 41, 43, 71, 79, 118, 176, 178, 181, 202, 214, 223, 231, 237, 242, 417, 419–421, 428, 440, 443, 452 f., 458 f., 461, 465–468, 474, 505 Herzl, Theodor 292 Herzog, Harry 426 Herzog, Martin 314, 487 Hess-Lüttich, Ernest W. B. 461 Heß, Rudolf 88 Heydenreuter, Reinhard 499 Heym, Stefan 12, 70, 91, 98 f., 104, 240, 254, 274 f., 277, 279, 290 f., 301, 316, 326, 376 f., 384, 416, 424, 427 f., 432, 434, 438, 456, 467, 471, 476– 479, 481, 483, 487, 490, 502, 504 f. Hilmer 315 Himmelbauer, Johann 474

Himmler, Heinrich 110, 124, 137, 149, 176, 193, 199, 200, 230–233, 236, 248, 344, 437, 441, 464–466, 479, 494 Hindley, Meredith 187, 415, 418, 430, 454, 478, 482, 495 Hipt, Matthias Op de 337, 346 Hitler, Adolf 16, 31, 112, 133, 176, 183 f. 192, 195, 197 f., 200, 202, 230, 233, 243, 286, 302, 314, 319, 335, 342, 355, 376 f., 418, 428, 441, 457, 462, 486, 492, 504 Hoerkens, Alexander 463 Hofstätter, Klaus 480 Hollands, Heinrich 332 f. Hollingshead, Gordon 358 Holly, Werner 461 Horaz 503 Horten, Gerd 432 Horton, P. 485 Howard, C. 411 Huber, Ursula 509 Hudal, Alois 310, 485 f. Huebner, Clarence 111 Hufschmied, Richard 484 Hull, Cordell 309 Hull, J. 423, 424, 427 Humboldt, Alexander von 141, 445 Hummel, Karl-Josef 495 Hütig, Andreas 451 Huot, Louis 185 f., 188 f., 193, 237, 454 f., 464, 466, 469, 480 Ickes, Harold 325, 490 Ilgen, Thomas L. 496, 503 Inger, Manfred (siehe Lorenz, Fred) Isenbart, Jan 430

Namensregister

Jackson, C. D. 415 Jaffe, Arthur 53, 64 f., 87, 90, 113, 119, 158, 253, 292, 411, 422–425, 427, 429, 431 f., 434–436, 438 f., 441, 442, 447 f., 450, 452, 454 f., 471, 477, 481, 502 James, William 475 Janich, Nina 462, 468, 475 Janowitz, Morris 133 f., 213, 413, 417, 419 f., 428, 432, 440, 443, 453, 460 f., 468, 472, 481 Japs, R. 470 Jarecki, Arthur T. 64 Jaquet 132 Jefferson, Thomas 326 Jensen, Uffa 457, 488 Jeser 295 f. Jones, Hugh M. 323, 338 Jones, Joe 200, 458 Jones, Tom 284 Joseph, Robert 364, 499–502 Jüngers, Ernst 203 Jürgens, Curd 364, 365, 500 Jürgensen, Justus ( Juergensen, Justus) 160, 165, 380, 449 Kachel, Emanuel 193, 230, 456 Käsberg 375 Kaindlstorfer, Günter 509 Kaiser, Eva Maria 486, 495 Kammerdiener, Werner 134 Kampf, M. 493 Kargl, Maria 480 Karmasin, Helene 503 Karner, Stefan 433 Katz, Manfred 11 Katzenstein, W. 496 Kaufman, Frank 237, 466

Keegan, John 454 Kehlmann, Daniel 17, 40, 412, 420, 505 Kellen, Konrad 411 Keller, Erich 451, 509 Kern 147 f., 445 f., 463 Kerr 487, 489, 491 Kershaw, Ian 244, 440, 450, 469, 470, 488, 492, 495 Kettemann, Bernhard 425, 462 Kiefer, Stefan 462 Kirchner, Klaus 426 f. Kissinger, Henry 428, 490 Klemm, Michael 461 Klemperer, Victor 239, 243, 449, 467, 469 Klinck, C. 434 f., 441 Klinger, Adolf 354 Klinger, Herta 49, 360, 422 f., 427, 496, 498 Klinger, Walter A. 6, 46–49, 56, 207, 352–377, 382 f., 390, 416, 422 f., 427, 459, 460, 495–504 Klösch, Christian 502 Klugsberger, Theresia 30 f., 69 f., 416– 418, 420 f., 428, 477 f., 503 Knipe, Timothy W. 426 Knoll, Samson 110, 437, 487 Knox, F. 434 Koch, Johannes 215, 429, 461 Koch, Oscar 187, 193, 197, 228, 437, 455–457, 464, 468 Koerner, Henry 481 Köhlmeier, Michael 423 Kösters, Christoph 495 Kohner, Frederick 422 Kohner, Hanna 279, 422–424, 427, 429, 478 f.

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Namensregister

Kohner, Walter 46, 54 f., 66 f., 72, 76, 277 f., 390, 416, 422–424, 427, 429, 478 f. Kolisch, Joseph 38, 97, 433 f. Koniev, Ivan 158 Koop, Volker 464, 494 Koszyk, Kurt 420 Kovacs, Emmerich 134 Kovács, Éva 432 Kovalks, Thaddeusz Miecislav 280, 282 Kranebitter, Andreas 432 f., 443, 445, 493, 509 Kracauer, Siegfried 70, 172, 368, 428, 451, 483, 501 Kraus, Karl 30 Krause, Arnulf 457 Krause, Dieter 491 Kreisler, Georg 66 f., 428, 431 Kriegk, Otto Hermann 161 f., 165–167, 449 Kroeber-Riel, Werner 462 Kroes, Rob 496 Krukow 453 Kubaschewski, Hans Wilhelm 375, 503 f. Kuerer, Vilma 442, 498 Kuntze-Just, Heinz 364–366, 374, 500, 503 Kusber, Jan 451 Lackner, Christian 485 Lackner, Robert 3, 13, 17, 24, 101, 400, 412–417, 419 f., 424, 426, 432–435, 442, 444, 447, 452 f., 456, 464, 466, 472, 477, 483, 488, 490, 497, 500, 504 f., 509 LaFree, Ted 163 f.

Lamprecht, Gerald 486 Lange, Wolfgang 91, 262, 432 f., 441, 474 Lania, Leo 503 Larkin, T. 472 Laskey, Melvin J. 149, 176, 207, 249 f., 442, 446, 452, 459, 470 Lasswell, Harold 325, 433, 455 Latour, Bruno 173, 451, 470 Laurie, Clayton D. 22, 33, 35, 78, 90, 220, 360, 413–419, 422, 429, 430, 432, 452, 455, 463, 466, 470, 471, 476, 485, 498 Lawrence, L. 413, 436 Lefloch, Myriam 359, 497 Lehman, Emil 46, 177, 292, 390, 481 Lehnhardt, Jochen 437 Leinbaugh, Harold P. 446, 470, 473– 475 Leitner, Rainer 486 Lerg, Winfried B. 327, 333, 341 f., 420, 433, 435, 483, 486 f., 490–495 Lerner, Daniel 18, 84, 92, 96, 125, 167, 220, 347, 413, 415 f., 419, 428– 430, 432–434, 437 f., 440–446, 448, 450–454, 456–469, 472, 477, 479, 482 f., 485–487, 489 f., 494 f., 504 Lerner, Irving 503 Leveille, Charles 10 f. Lewen, Si (Lewen, Simon) 188–190, 206, 212, 214 f., 257, 454–456, 461, 472 Lewis, H. 484 Leyherr, Max 114, 116, 118, 440 Liebhart, Karin 480 Lindemann, Paul 245 Lindner, Edmund F. 503

Namensregister

Linebarger, Paul M. A. 94, 141, 245, 269, 414 f., 422, 433, 435, 445, 452, 456, 468 f., 475, 481 Lippmann, Walter 19 List, Guido 457 Lobl, Herbert 5, 102, 152, 157 f., 165–169, 241, 380 f., 391, 428 f., 448–450, 490 f. Lockhart, Robert H. Bruce 83, 415 Loewenbein, Ernest H. (Löwenbein, Ernst) 277, 391 Löhr, Wolfgang 488 Lorenz, Fred 6, 58, 177, 188, 274, 291–300, 306, 391, 425, 481–483 Lorre, Peter 354, 496 Loven, Karl 315, 487 Lowenthal, Charles 250, 466, 470 Luber 159 Lubran, Bernie 509 Luckert, Steven 417 Lüttwitz, Heinrich von 134 Lupino, Ida 355 Maaß, Birgit 479 MacArthur, Douglas 160 MacDonald, Charles B. 439, 442, 450, 464, 472–474 Maginnis, John J. 493 Mahatsek, Rolf 96 f., 433 f. Maier, Joachim 494 Mallman, Helen 356 Mallwitz, Peter 424 Manchester, K. 499, 501 Mann, Klaus 12, 135, 178, 209, 443, 447, 460, 462 Mann, Thomas 12 Manning, Martin 270, 413, 455, 476

Margolin, Leo J. 414, 419 Marr, Howard K. 59, 60, 126, 392, 425, 442 Marshall, George C. 22, 61, 81, 401 Martin 155 Mason, Charles H 413 Matzinger, Rupert 474 Mauch, Christof 297, 418 f., 434, 454, 482, 485 Maurer, Emmerich 134 Mayer, A. 431, 478 Mayer, Felix 58 f., 392, 425 Mayer, Leonhard 198 Mayer, M. 431 Mayer, Paul A. 431, 478 Mazohl, Brigitte 485 McCloy, John 22 McClure, Robert A. 25, 61, 78 f., 81, 247, 330, 417, 429 f., 436, 438, 440 f., 448, 456, 461, 465, 469, 474, 477–479, 491, 493, 499, 501 f. McCulloch, John 433 McHugh, V. 447 McMahan 117 McMahon, B. B. 367, 500 f. McNair, Lesley J. 401 Mecklenburg, Frank 478 Meisinger, Agnes 484 Melamed, Vladimir 509 Melchior, Ib 400, 505 Melichar, Peter 480 Melville, Herman 451 Metzl, Lothar 300, 483 Meyer, Ingo 434 Michel, Peter R. 426 Michels, Peter 155, 330, 448, 487, 489, 491 f.

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Namensregister

Mies, Hans 342, 494 Milano, Vince 250, 436, 470 Mitcham, Samuel W. 446, 464 Moeller, P. 456, 465 Molden, Berthold 484 Molden, Fritz 419 f. Moll, Martin 437, 445, 458 Morgan, J. 490, 493 Morgenthau, Henry 334, 340 Morison (vmtl. Morrison, William Shepherd) 458 Morsch, Günter 493 Moskovits, Rudolf 58 f., 392, 425 Mueller 466 Münkel, Daniela 482 Muller, George F. 392 Mundkriegtöte, Marcel Maulschlacht von 449 Munk, Walter 414 Murawski, Erich 449 Murphy, Robert 25, 302, 313, 348–350, 495 Musner, Lutz 451 Mussolini, Benito 336 Natonek, P. 450 Nee, W. 497, 498 Neitzel, Sönke 447 Neugebauer, Wolfgang 411 Neugschwendtner, Franz 149 f., 269, 445–447, 464 f., 475 Neuser, Walter 297 f. Neutsch, Cornelius 450 Nicolaysen, Rainer 492 Niehammer, Lutz 494, 495 Nitz, Otto 469 Nye, Joseph S. jun. 496, 503

Obama, Michelle 479 Oppenhoff, Franz 322 f., 330 f., 333– 338, 340, 342–346, 351, 489, 495 Oswald, Karl 445 Oven, Wilfried von 241 Overmans, Rüdiger 133 Overy, Richard 457 f., 466 Paddock Jr., Alfred H. 413–419, 421, 455 Padover, Saul Kussiel 6, 56, 119, 288 f., 299, 301, 303, 308, 313, 316, 319, 324–352, 438, 441, 447, 455, 465, 480 f., 484, 486–495 Paley, William 448, 477 Papilloud, Christian 434 Papst, August 467 Parloff, Morris B. 305, 484, 489, 494 Patton, George S. jun. 6, 15, 37, 105, 159, 184–187, 190, 192, 197, 204, 207, 209, 228, 230, 233, 239, 274, 382, 454 f., 464, 466, 480 Patzwald, Werner 442 Peddicord 272 Pender, Gaston 474, 478 Perl, William (Perl, Willy) 276 Pershing, John J. 186, 505 Persico, Joseph 433 f., 454 Perutz, Frederick W. 48, 60, 65, 87, 128, 276–278, 280, 393, 423, 425– 427, 431, 453, 477–479, 504 Pétain, Philippe 336 Petter, W. 498 Pfanner, Helmut 416, 459 Pfefferkorn 198 f. Pfister, Eugen 484 Pichler, Rudolf 135, 219, 444, 462 Pierce, Morris 275

Namensregister

Pirker, Peter 412, 420, 444, 462, 483, 509 Placek, Fred 393 Plasser, Fritz 444 Pleskow, Eric 364 Plice, William 263, 266 Pohanka, Karl 150 Pohl, Walter 485 Pombeni, Paolo 489 Pontesegger, Helmut 324, 336–338, 346, 489 Popper, Karl Raimund 70, 146, 172 f., 428, 446, 451 Poten, Ernst von 285–287, 294, 297, 299, 475, 480 Powell, Clifford 85, 106, 286, 333, 438, 440, 448, 455 f., 458, 460 f., 464– 466, 468 f., 472–474, 476, 478–481, 491 Prager, Katharina 484 Prantl, Anton 474 Pratt, G. 490 Preinfalk, Rudolf 135, 144, 209, 219, 230, 311 f., 444, 460, 464 f., 486 Preysing, Konrad von 349 Princi 288 Province, Charles M. 454, 466 Pucker, Igor 502 Püschel, Ulrich 461 Pütter, Conrad 290, 293, 418, 477 f., 481 f. Quadflieg, Peter M. 439, 488 Quinn, Ruth 426 R., Dorothea 502 R., Werner 43 Rabinek-Birnberg, Susan 509

Radisch, Iris 486 Rand, Eleanor Close 32 Rapoport, Emanuel 6, 15, 140–149, 151 f., 169, 174, 176, 221, 227, 244, 250, 257, 260–270, 273, 332, 376, 382 f., 393, 440 f., 445–447, 457, 463–465, 467, 469 f., 472–475, 487, 492 f., 504 f. Rapoport, Joan 140 f. Rapp, Walter H. 426 Rásky, Béla 432 Rass, Christoph 439, 488 Rathbun, Darrell 35, 44, 415–419, 421 f., 447 f., 453, 470, 496 Rathkolb, Oliver 484 f. Rauchensteiner, Manfried 220, 427, 444, 446, 451, 462, 463 Rawiel, Richard 459 Raymond, Alfred 163–165 Razelli, Kurt 493 Ready, William 469 Rechenberg 194 Reese, Willy 203 Reichenbach, Walter M. 129, 131, 437, 443 Reichhart (vmtl. Reichert, Rudolf ) 161 Reijmers, Bernhard H.  394 Reiman, Henri R. 394 Reinhardt, Frederick 309 f. Reisigl, Martin 480 Remak 272 Remmel, Erich 333 Richards, I. 500 Richards, J. 434 Richards, Lee 509 Richeson, M. 418 Riggin, G. 481

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Namensregister

Ripper, Rudolf Charles von 38, 419 f. Robinett, P. M. 21 f., 26, 414 Rockenbauer, Rudolf 144–148, 445 f., 465, 469 Rod 266 Röhrlich, Elisabeth 484 Römer, Felix 198, 221, 435, 440, 446, 450 f., 453 f., 456–458, 463 f., 469, 488 Rogers, G. 435 Rogge, Jörg 451 Rohrkamp, René 116, 346, 438 f., 465, 484, 488 f., 494 Ról, Cecille 434 Roland, Will 363, 499, 501, 504 Romerstein, Herbert 270, 413, 455, 476 Rommel 40 Roosevelt, Franklin D. 19, 36, 61, 91, 160, 162, 244, 325, 355, 427, 463, 497 Roosevelt, Kermit 195, 416, 455, 457 Rosch, Adolf 315 Rosenbaum, Samuel S. 276, 477 Rosenberg, Albert G. 87, 134, 431 Rosiecki, Casimer 427 Rosin, Norbert 264, 472–475, 509 Rotschädl, Franz 220 f., 223 Rowen, George R. 59 f., 394, 425 Rundstedt, Karl Rudolf Gerd von 113 Sabatello, Dario 356 Sachslehner, Johannes 486 Sägmüller, Ernst 221, 463 Salvatori, Albert 106 Sam, Uncle 219, 359 Sarasin, Philipp 139, 444 f., 464 Sargnagel 231

Schaefer, Carl 356, 496 Schafranek, Hans 412 Schattner, Rudolph (Schattner, Rudolf ) 395 Schechter, Edmund 278, 478 Scheibelreiter, Leopold 134, 421, 428 Scherer, Wingolf 446, 463 Scherl, Katja 450, 483 Schifter, Richard 305, 344 Schilcher, Leopold 474 Schimak 483 Schirach, Baldur von 149 Schlenstedt, Dieter 503 Schmale, Wolfgang 421, 450, 503 Schmeer, Eduard 314 Schmidt, Guido 308–310, 485 Schmitz, Ulrich 461, 462 Schneditz-Rockhill, Oliver von 38, 97 Schneider, Douglas 290, 477, 481 Schneider, Hans 358 Schoen, Vinzenz 445, 464 Schön, Franz (Schoen, Franz) 114, 251, 439, 470, 472 Schönhart, Andreas 509 Schöntag, Wilfried 362, 499 Scholl 203 Schors, Arvid 383, 509 Schramm, Percy Ernst 449 Schreiber, Julius 102, 205, 228, 270– 273, 395, 439, 455, 457–460, 463, 466, 468, 476 Schuetze-Coburn, Marje 509 Schütt, Hans-Dieter 462 Schulze, Volker 420 Schwab, Hans-Rüdiger 451 Schwabe, Klaus 113, 302, 338, 433, 438, 483 f., 487–490, 492–494 Schwarzkopf, Oliver 462

Namensregister

Schweijk 292 Schwerin, Gerhard Graf von 113, 438–440, 488 Scotland, Alexander 435 Scott, R. 452 Searle, John R. 266 f. Sehr, Anton 122 Seidler, Francis (Seidler, Franz von) 6, 15, 56 f., 73, 116, 135, 137, 209, 221, 301, 303, 307–313, 316–322, 324, 329 f., 334–336, 338, 347–352, 395, 416, 424, 444, 460, 463–465, 484–486, 488, 495 Seidlin, Oskar (Seydlitz, Oskar) 12, 74, 110, 178, 181, 194, 222–224, 226 f., 248, 368, 429, 459 Seiler, Otto 474 Seipel, Ignaz 463 Seitz, Isidor 441 Seufert, Michael 428, 431 Shafer, E. 459, 498 Sharpe, George H. 63, 426 Sheridan, Ann 273 Sherwood, Robert 81, 430 Shils, Edward A. 89, 133, 134, 213, 443, 460 Shives, Clive E. 72, 263, 411, 425–429, 431 f., 442, 470, 473–475, 478 Siebert, Herbert 455 Siedler, Frank (siehe Seidler, Francis) Silone, Ignazio 282, 479 Simmel, Georg 434, 521 f. Simon, Joseph T. 12, 13, 60, 179, 411, 426, 452 Singlaub, Jack 187 Skala, Peter H. 234, 466 Smith, Bradley F. 434 Smith, Louise 509

Smith, R. Harris 454 Smith, Walter Bedell 21, 81, 152, 430, 447 Solbert, Oscar 23 Später, Jörg 428, 451, 483, 501 Sparbrodt 315 Specht, Heike 500 Spektor, Michael 448 Spektor, Regina 419 Spitzmüller, Jürgen 462 Sprinzeles, Emil (siehe Lehmann, Emil) 390 Staas, Christian 16, 412 Stalin, Josef 158, 160, 162, 244, 271, 453, 463, 491 Stanley, J. 450 Stargardt, Nicholas 349, 433, 440, 446 f., 450, 453, 458–460, 482, 487 f., 495, 504 Starhemberg, Fürst Ernst Rüdiger 30 Starkulla, Heinz jun. 266, 428, 430, 460, 462, 475 Stauffenberg, Claus Schenk Graf von 203 Steenblock, Volker 446 Stegu, Martin 425, 462 Steidle, Richard 308 Stein, Hans G. 486 Steinbach, Peter 411 f. Steinhardt, Adolph 309 f., 485 Steinwachs, Burkhart 503 Stekl, Hannes 480 Stelbring, Wolfgang 297, 482 Stelzl-Marx, Barbara 433, 444 Stemp, Rudolf 231, 465 Stermann, Dirk 449 f. Stern, Guy 181, 207, 451–453, 459 Stern, Milton R. 422

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Namensregister

Sterns, W. jun. 498 Stevens 271, 272, 476 Stewart, John (siehe Stein, Hans G.) 486, 495 Stiefel, Ernst C. 478 Stimson, Henry L. 401 Stöckl, Hartmut 217, 425, 461, 462, 470 Stone, Shepard 107, 434, 437, 487, 492, 493 Straus, Oscar 58 Straus, Walter 58, 399, 424, 425 Streich, Walter 441 Strong, George V. 415 Studeny, Franz 218 Süß, Winfried 495 Sweet, Paul 334, 337, 338, 341, 484, 493, 495 Swoboda, Fritz 456 Swoboda, Leo 307, 322, 337, 338, 346 Szokoll, Carl 218 Tanner, Andreas 135, 209, 462 Tarantino, Quentin 12 Taylor, T. 435 Taylor V. 485, 498 Tennenbaum, Jacob Isaac 5, 15, 56, 73, 77, 85, 89 f., 93, 98–108, 110–114, 116–129, 132–135, 137–139, 141, 146, 152 f., 156 f., 167, 169, 173–176, 182, 184 f., 188, 193, 224, 226 f., 241 f., 250, 254, 262, 268, 272, 274, 283, 289, 297, 299, 301 f., 307, 311, 314, 317, 321, 330, 379 f., 396, 424, 434– 438, 440–443, 445, 450 f., 453, 458–461, 463–465, 468 f., 476, 479, 481 f., 487 Terkel, Studs 486, 488 Terry, R. 490

Teuteberg, Hans-Jürgen 450 Thadden, Rudolf von 489 Thesen, Georg 339 Thiele, Bernard 315, 481 Thierfelder, Jörg 494 Thompson, Benjamin 500 Thompson, Dorothy 463 Tichy, J. 455 Tieszen, P. 442 Tilden, Jack (siehe Tennenbaum, Jacob I.) Tille, Ralph 461 Tito, Josip 150, 185 Tolkien, John R. R. 230, 463, 465 Tolstoi, Leo N. 505 Tompkins 327 Toombs, Alfred (Toombs, Al) 85, 105, 153, 156, 232, 238, 327, 328, 341, 342, 348, 447, 448, 457, 458, 464, 465, 467–469, 472, 480, 482, 488– 491, 494 Toscanini, Arturo 375, 503 f. Tracy, Jared M. 413 f., 476 Traussnig, Florian 3, 411 f., 414–420, 422–426, 428–430, 432–437, 439, 441–443, 445–447, 449, 451–455, 458–466, 470–473, 475–477, 479– 483, 486, 489, 492, 497 f., 503–505, 510 Traussnig, Jakob 510 Traussnig, Katja 510 Traussnig, Valerie 510 Traußnig, Anneliese 510 Traußnig, Karl 510 Troller, Georg Stefan 207, 208, 459, 460 Trump, Donald 379, 428 Tuchel, Johannes 412

Namensregister

Ullmann, Michaela 509 Ulmer, A. 420 Ulrich, Rudolf 479 Umschlag 194 Urban, Ernst 183 Uziel, Daniel 449 Val, Merry de 306, 308, 310 Val y Zulueta, Rafael Merry de 306, 308, 310 Valentinitsch, Bernhard 487, 509 Velden, Johannes Joseph van der 306, 313 f., 317–319, 321, 334 f., 337, 338, 345, 348, 350, 439, 488 Vogel, Arthur 447 f., 456, 478, 481, 486 Volk, Ludwig SJ 306, 315, 317–319, 321, 439, 484, 487 f. Volksheimer 375 Vollenberg, Wilhelm 210, 460 Wagemann, August 341, 493 Waggoner, Laine 495–497 Wagner, David 318, 488 Wagnleitner, Reinhold 354, 378, 383, 496 f., 499, 501, 503 f. Waitusch, Alfred Franz 210, 225, 443, 460, 464 Waldman, Eric 103 Wallenberg, Hans 34 Waller, Douglas 482 Walser, Harald 384 Walser, Martin 176, 412, 451 Waltzer, Herman 498 Wayne, Roger 478 Weaver, John O. 38, 419, 450 Weber, Stephanie 250, 470 Weber, Wibke 461, 467

Wechsberg, Joseph 277 Weckel, Ulrike 370 f., 502 Weidenmann, Bernd 461 Weidenreich, Peter 46, 47, 422 Weikershein 487, 489, 491 Weingartner, James J. 409, 508 Weisgram, Wolfgang 411 Weisskopf 194 Weisz, Christoph 499 Weiß, Hermann 457 Welch, David 180, 452 Welzer, Harald 380, 428, 447, 451, 454, 463, 474, 504 Wenninger, Florian 484 Wenzel, Harald 421 Werner, Bert L. (Werner, Berthold Leo) 207, 398, 430, 459 f. Werner, Martha 459 Wessely, Paula 366 Westerhof 457 Weston C. 457, 467, 470 Wettersten, John 451 Whitaker, John 38, 419 Wiebe 205, 243, 244 Wielandt, Ute 4 Wiesemeyer, Hans 240, 467 Wietersheim, Wend von 197–203, 457 f. Wilck, Gerhard 116, 118, 438–440 Wilde, E. 435 Wilder, Billy 369, 374, 501 f. Wiley, John C. 309 f., 484 f. Wilhelm 130 Wilk, David 423, 509 Wilke, Jürgen 430, 450 Williams, L. 485 Wilson, Woodrow 20, 326 Winkelbauer, Thomas 485

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Namensregister

Winkler, Allan 20, 37, 414 f., 418 f., 453, 455, 459, 475, 497 Winter, Charles 314, 352, 422, 487, 495, 505 Winters, Eric 61 f., 80, 178, 277, 396, 418, 426, 429, 435 Wirth, Maria 484 Witamwas, Birgit 414, 454, 470 Wittgenstein, Ludwig 266 Wittig, Irene 509 Wittler, Kurt 6, 15, 58, 72–74, 89, 102, 106, 138, 176–179, 182–184, 187–190, 192–195, 197–199, 201–206, 208–215, 217–221, 223–229, 231–240, 242 f., 245–250, 270–272, 287, 360, 381 f., 397, 411, 429, 438, 443, 446, 452 f., 455–457, 459, 461, 463 f., 466 f., 469 f., 472, 476, 481, 486, 498 Wodak, Ruth 480 Wolf, Julius 187 Wolfzettel, Friedrich 503 Wolinsky, Friedrich 399 Wulf, Andrea 445 Wurzinger, Julia 451 Wutzel, Franz 457, 467, 509

Yeide, Harry 464 Young, William R. 468, 491 Zachau, Reinhard K. 416, 490 Zagovec, Rafael A. 96, 137, 139, 433, 435, 442, 444, 446 f., 450–452, 456, 460, 487, 494 Zaloga, Steven J. 224, 463, 474 Zhukov, Georgi (Schukow, Georg) 159 Ziehe, Irene 425 Ziemke, Earl F. 303, 316, 330, 483, 487–489, 491 f., 499, 501 Ziffer, Ewald 397 Zimmerman, J. 435, 498 Zimmermann, Clemens 467, 470 Zinder, E. 434 Zöchling, Christa 438 Zöller, Friedrich (Zoeller, Friedrich) 265, 376, 383, 475, 504 f. Zoisl, Josef 445 Zweig, Stefan 383, 505