Die Päpste von Avignon und der Hundertjährige Krieg: Spätmittelalterliche Diplomatie und kuriale Verhandlungsnormen (1337-1378) 9783050063379, 9783050063362

This book offers a detailed presentation of the peace negotiations conducted by the Popes of Avignon during the early ph

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Die Päpste von Avignon und der Hundertjährige Krieg: Spätmittelalterliche Diplomatie und kuriale Verhandlungsnormen (1337-1378)
 9783050063379, 9783050063362

Table of contents :
Vorwort
A) Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung
I. Viae Pacis: Die Päpste als Vermittler
II. Forschungsstand und Begrifflichkeiten
1. Methoden der päpstlichen Friedensvermittlung
2. Die Historiographie des Papsttums von Avignon
3. Historiographie der anglo-französischen Spannungen sowie des Hundertjährigen Krieges
4. Ritual- und Konfliktforschung
5. Diplomatiegeschichte und Geschichte des Gesandtschaftswesens
6. Politisches Milieu und handlungstheoretische Begrifflichkeiten
III. Quellenlage
1. Diplomatische Rechtsquellen und Korrespondenz
a) Vatikanische Quellen
b) Englische Quellen
c) Französische Quellen
2. Erzählende Quellen
a) Methodische Vorüberlegungen
b) Chroniken englischer Provenienz
c) Chroniken französischer Provenienz
d) Sonstige narrative Quellen
e) Jean le Bel und Jean Froissart
f) Die päpstliche Friedensvermittlung im Spiegel narrativer Quellen
IV. Überblick über die einzelnen Phasen des Hundertjährigen Krieges (1337–1453) und den Untersuchungszeitraum (1337–1378)
V. Überblick über die Arbeit und ihre übergeordneten Fragestellungen
B) Viae Pacis (1337–1378)
I. Hundertjähriger Krieg und Avignon: Voraussetzungen der viae pacis
1. Die Ursachen des Hundertjährigen Krieges (1328–1340)
2. Die Ankunft der Päpste in Avignon (1305/1309)
3. Zwischen Tradition und Innovation: Die Friedenvermittlung der Päpste vor und nach Ausbruch des Hundertjährigen Krieges
a) Die Pontifikate Coelestins V., Bonifaz’ VIII. und Clemens’ V
b) Der Pontifkat Johannes’ XXII
c) Der Pontifikat Benedikts XII
II. Avignon (1343-46) als Milieu politischer Entscheidungen
1. Überblick über die Verhandlungen in Avignon (1344–1345)
a) Der Doppelcharakter der Verhandlungen und der englische Pfründenstreit
b) Der anglo-französische Friedensgipfel (22. Oktober 1344 – 29. November 1344)
2. Verhandlungsnormen und Verhandlungstopographie
3. Die Bewertung der Vermittlungspraxis Clemens‘ VI
4. Die päpstliche Geheimdiplomatie während des Friedensgipfels (1344/45)
5. Die Korrespondenz zwischen Eduard III. und Clemens VI. im Mai/Juli 1345
Zusammenfassung
III. Informationshorizont und Kommunikationsstruktur. Die Zusammenarbeit zwischen Kurie und Nuntien im Vorfeld der Schlacht von Crécy (1346)
1. Die Bereitung der Viae pacis nach dem Ersten Friedensgipfel in Avignon (1345)
2. Kuriale Kommunikation und päpstliche Informationsbeschaffung am Beispiel der Ablehnung des freien Geleits für die apostolischen Nuntien Kardinäle (1345/1346)
3. Die Vorbereitung der Kurie auf die Landung Eduards im Frühjahr/Sommer 1346
4. Die gescheiterte „Pendeldiplomatie“ der Kardinäle im August 1346
a) Verhandlungen zwischen Lisieux und Neubourg
b) Ex post facto? – Kuriale Entscheidungsfindung im Nachhinein
c) Die päpstlichen Friedensinitiativen im Vorfeld der Schlacht von Crécy
5. Überblick: Von Crécy nach Calais (September 1346)
Zusammenfassung
IV. Ortsveränderung und Diplomatisches Interim: Die Marken von Calais als Stätte der Entscheidungsfindung (1347–1353)
1. Der Waffenstillstandsvertrag von Calais (1347)
a) Rückkehr nach Avignon?
b) Bewertung des Waffenstillstands von Calais in der zeitgenössischen Chronistik
2. Die Marken von Calais als Stätte der Konfliktintervention (1347–1353)
a) Calais oder Avignon?
b) Institutionalisierung von Calais als Stätte der Konfliktintervention
V. Avignon (1354/55): Gefangen im Netzwerk. Gui de Boulogne und die Rückkehr in das politische Milieu
1. Kardinal Gui de Boulogne – Mediatour zwischen allen Fronten
2. Gui de Boulogne und der Vertrag von Guines (1354)
3. Der Zweite Friedensgipfel an der Kurie von Avignon (1354/55)
a) Diplomatische und organisatorische Vorbereitungen
b) Ablauf und Ergebnis der Friedensverhandlungen
c) Interpretation des Geschehens
5. Gui de Boulogne, die navarresische Intrige und die konspirative Nutzung des politischen Milieus in Avignon
Zusammenfassung
VI. Poitiers (1356): Die Intervention Talleyrands de Périgord im Spiegel der zeitgenössischen Chronistik
1. Einführung: Poitiers, 18. September
2. Die Gesandtschaft Talleyrands de Périgord und Niccolò Capoccis
a) Hintergrund der Vermittlung
b) Die umstrittene Wahl der Nuntien
3. Die ersten Vermittlungsversuche Talleyrands de Périgord im Vorfeld der Schlacht
a) Die Vorverhandlungen bei Breteuil (Juli 1356)
b) Vorverhandlungen bei Montbazon am 12. September 1356
4. Poitiers als Ort der Konfliktintervention: Die Vermittlung Kardinals Talleyrand de Périgord (18. / 19. September 1356)
a) Rekonstruktion des äußeren Ablaufes und der Verhandlungsnormen
b) Darstellungsschemata der Vermittlung (I): Auftreten und Rhetorik des Kardinals
c) Darstellung des Auftritts und der Rhetorik
d) Rhetorik und Argumentation
e) Bewertung der Vermittlung Talleyrands durch die zeitgenössische Chronistik
f) Darstellungsschemata der Vermittlung (II): Verhandlungsbereitschaft und Verhandlungsvollmachten der Kontrahenten in der zeitgenössischen Chronistik
Zusammenfassung
VII. Brétigny (1360): Notarielle Aufgaben und zeremonielle Funktion apostolischer Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny
1. Einführung
2. Militärgeschichtlicher Hintergrund des Vertragsabschlusses
3. Die Rolle der päpstlichen Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny
a) Brétigny als Stätte der Entscheidungsfindung – Organisation und Verhandlungsnormen
b) Einfluss apostolischer Nuntien auf Abschluss und Gestaltung des Vertrags von Brétigny (8. Mai 1360)
4. Die Rolle päpstlicher Nuntien bei der Ratifikation des Vertrages in Calais
a) Die päpstlichen Ratifikationsschreiben
b) Die päpstliche Korrespondenz während der Verhandlungen in Calais (September–Oktober 1360)
c) Die Ratifikationszeremonie in Calais am 24. Oktober 1360
5. Die Friedensvermittlung der Kurie von Avignon im Spiegel der Vertragsartikel
a) Schutz durch den Papst oder vor dem Papst? Der Spiegel der päpstlichen Friedensvermittlung in den Vertragsartikeln
b) Schutz durch den Vertrag vor dem Papst
c) Die zwei diplomatischen Körper des Papstes
d) Friedensrhetorik der königlichen Ratifikationsschreiben
e) Die päpstliche Legitimation oder die Geschichte der päpstlichen Friedensvermittlung
f) Interpretation und Synthese
Zusammenfassung
VIII. Brügge (1375–1377): Dezentralisierung der päpstlichen Friedensvermittlung und ihre Konsequenzen
1. Die päpstlichen Friedensinitiativen der Jahre 1370–72
a) Urban V. und der Ausbruch des Hundertjährigen Krieges
b) Die ersten Verhandlungen (1371–72)
c) Exkurs: Die neuen Verhandlungsnormen
2. Die Wahl Brügges als neuer Ort der Entscheidungsfindung (1373–75)
a) Entscheidung(en) für Brügge (1372–75)
b) Niedergang der Attraktivität Avignons als politisches Milieu
c) Das anglo-päpstliche Konkordat in Brügge (1374–75)
3. Die Friedensverhandlungen Brügge (1375–77): Eine Strukturanalyse
a) Überblick
b) Topographischer Überblick der Verhandlungen in Brügge
c) Rolle der Nuntien bei der Vorbereitung und zeremoniellen Durchführung der Verhandlungen
d) Evolution der Verhandlungsnormen am Beispiel der Ersten Verhandlungsphase (1375)
4. Kommunikation zwischen dem Milieu in Avignon und Brügge als Stätte der Entscheidungsfindung
Zusammenfassung
C) Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie während des Hundertjährigen Krieges
I. Selbstverständnis der Päpste als Vermittler
II. Methodische Einzelaspekte der päpstlichen Friedenspolitik während des 14. Jahrhunderts
1. Systematisierung der päpstlichen Friedensvermittlung
2. Übergreifende Faktoren
III. Vom Ort der Konfliktintervention bis zum Milieu politischer Entscheidungen: Terminologisierung der Verhandlungsorte während des Hundertjährigen Krieg
1. Terminologisierung und Abgrenzung
2. Beschaffenheit und Attraktivität des politischen Milieus an der Kurie von Avignon
3. Wahl des Ortes und Verhandlungstopographie während laufender Kampagnen
IV. Apostolische Nuntien als Repräsentanten der päpstlichen Diplomatie
1. Allgemeine Charakterisierung
2. „Legatus vel nuntius?“ Ein Beitrag zu der Terminologisierung des päpstlichen Gesandtschaftswesens
3. Zusammenstellung und Auswahlkriterien apostolischer Nuntien
4. Praktische Aspekte kurialer Friedensmission
V. Päpstlicher Informationshorizont und kuriale Kommunikationspraxis
1. Kommunikationswissenschaftliche Grundvoraussetzungen
2. Päpstlicher Informationshorizont und Informationsquellen
VI. Verhandlungspraxis und Erfolgschancen päpstlicher Vermittler während Waffenstillstands- und Friedensgipfel des Hundertjährigen Krieges
1. Konfliktinterventionen und Waffenstillstandsverhandlungen
a) Vorbereitung
b) Verhandlungsleitung und Vertragsratifikation
c) Erfolgschancen
2. Friedensgipfel
a) Vorbereitung
b) Verhandlungsleitung und Vertragsratifikation
c) Erfolgschancen
VII. Die Bedeutung symbolischer Kommunikation bei Vertragsabschlüssen des Hundertjährigen Krieges (1328–1360)
D) Zusammenfassung
Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
II. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Archivalische Quellen
2. Erzählende Quellen
3. Edierte urkundliche und andere nicht-erzählende Quellen
4. Internet
5. DVD/CD-Rom
6. Literatur
Personen-, Orts- und Sachregister

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Andreas Willershausen Die Päpste von Avignon und der Hundertjährige Krieg

Andreas Willershausen

Die Päpste von Avignon und der Hundertjährige Krieg Spätmittelalterliche Diplomatie und kuriale Verhandlungsnormen (1337 – 1378)

ISBN 978-3-05-006336-2 eISBN 978-3-05-006337-9 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Akademie Verlag GmbH Ein Unternehmen von De Gruyter Druck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt

Vorwort ......................................................................................................................

13

A) Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung ................................................

15

I. Viae Pacis: Die Päpste als Vermittler...............................................................

15

II. Forschungsstand und Begrifflichkeiten ..........................................................

22

1. Methoden der päpstlichen Friedensvermittlung........................................ 2. Die Historiographie des Papsttums von Avignon ..................................... 3. Historiographie der anglo-französischen Spannungen sowie des Hundertjährigen Krieges ................................................................... 4. Ritual- und Konfliktforschung .................................................................. 5. Diplomatiegeschichte und Geschichte des Gesandtschaftswesens .......... 6. Politisches Milieu und handlungstheoretische Begrifflichkeiten .............

22 28 35 42 47 50

III. Quellenlage ...................................................................................................

56

1. Diplomatische Rechtsquellen und Korrespondenz ................................... a) Vatikanische Quellen .......................................................................... b) Englische Quellen .............................................................................. c) Französische Quellen .........................................................................

56 56 63 65

2. Erzählende Quellen................................................................................... a) Methodische Vorüberlegungen........................................................... b) Chroniken englischer Provenienz ...................................................... c) Chroniken französischer Provenienz.................................................. d) Sonstige narrative Quellen ................................................................. e) Jean le Bel und Jean Froissart ............................................................ f) Die päpstliche Friedensvermittlung im Spiegel narrativer Quellen ...

67 67 68 71 75 76 80

IV. Überblick über die einzelnen Phasen des Hundertjährigen Krieges (1337–1453) und den Untersuchungszeitraum (1337–1378) ........................

86

V. Überblick über die Arbeit und ihre übergeordneten Fragestellungen .............

91

6

Inhalt

B) Viae Pacis (1337–1378) ......................................................................................

95

I. Hundertjähriger Krieg und Avignon: Voraussetzungen der viae pacis ...........

95

1. Die Ursachen des Hundertjährigen Krieges (1328–1340) ....................... 2. Die Ankunft der Päpste in Avignon (1305/1309)...................................... 3. Zwischen Tradition und Innovation: Die Friedenvermittlung der Päpste vor und nach Ausbruch des Hundertjährigen Krieges ........... a) Die Pontifikate Coelestins V., Bonifaz’ VIII. und Clemens’ V. ......... b) Der Pontifkat Johannes’ XXII. .......................................................... c) Der Pontifikat Benedikts XII. ............................................................

95 102 107 107 111 115

II. Avignon (1343-46) als Milieu politischer Entscheidungen ........................... 124 1. Überblick über die Verhandlungen in Avignon (1344–1345) ................... 126 a) Der Doppelcharakter der Verhandlungen und der englische Pfründenstreit ..................................................................... 127 b) Der anglo-französische Friedensgipfel (22. Oktober 1344 – 29. November 1344) ......................................... 129 2. Verhandlungsnormen und Verhandlungstopographie ............................... 3. Die Bewertung der Vermittlungspraxis Clemens‘ VI. .............................. 4. Die päpstliche Geheimdiplomatie während des Friedensgipfels (1344/45) ................................................................................................. 5. Die Korrespondenz zwischen Eduard III. und Clemens VI. im Mai/Juli 1345 ...................................................................................... Zusammenfassung.........................................................................................

133 139 143 146 149

III. Informationshorizont und Kommunikationsstruktur. Die Zusammenarbeit zwischen Kurie und Nuntien im Vorfeld der Schlacht von Crécy (1346) ..... 150 1. Die Bereitung der Viae pacis nach dem Ersten Friedensgipfel in Avignon (1345) ......................................................................................... 2. Kuriale Kommunikation und päpstliche Informationsbeschaffung am Beispiel der Ablehnung des freien Geleits für die apostolischen Nuntien Kardinäle (1345/1346) ................................................................ 3. Die Vorbereitung der Kurie auf die Landung Eduards im Frühjahr/Sommer 1346 ............................................................................. 4. Die gescheiterte „Pendeldiplomatie“ der Kardinäle im August 1346 ...... a) Verhandlungen zwischen Lisieux und Neubourg .............................. b) Ex post facto? – Kuriale Entscheidungsfindung im Nachhinein ....... c) Die päpstlichen Friedensinitiativen im Vorfeld der Schlacht von Crécy ...........................................................................................

150

154 157 159 159 160 162

5. Überblick: Von Crécy nach Calais (September 1346) .............................. 163 Zusammenfassung......................................................................................... 164

7

Inhalt

IV. Ortsveränderung und Diplomatisches Interim: Die Marken von Calais als Stätte der Entscheidungsfindung (1347–1353) ........................................ 165 1. Der Waffenstillstandsvertrag von Calais (1347) ...................................... a) Rückkehr nach Avignon? ................................................................... b) Bewertung des Waffenstillstands von Calais in der zeitgenössischen Chronistik .............................................................. 2. Die Marken von Calais als Stätte der Konfliktintervention (1347–1353).. a) Calais oder Avignon? ......................................................................... b) Institutionalisierung von Calais als Stätte der Konfliktintervention ..

165 165 167 168 168 171

V. Avignon (1354/55): Gefangen im Netzwerk. Gui de Boulogne und die Rückkehr in das politische Milieu................................................................... 178 1. Kardinal Gui de Boulogne – Mediatour zwischen allen Fronten ............. 2. Gui de Boulogne und der Vertrag von Guines (1354) .............................. 3. Der Zweite Friedensgipfel an der Kurie von Avignon (1354/55).............. a) Diplomatische und organisatorische Vorbereitungen ........................ b) Ablauf und Ergebnis der Friedensverhandlungen ............................. c) Interpretation des Geschehens ...........................................................

179 184 188 188 192 196

5. Gui de Boulogne, die navarresische Intrige und die konspirative Nutzung des politischen Milieus in Avignon ........................................... 197 Zusammenfassung......................................................................................... 204 VI. Poitiers (1356): Die Intervention Talleyrands de Périgord im Spiegel der zeitgenössischen Chronistik ................................................................... 205 1. Einführung: Poitiers, 18. September ........................................................ 2. Die Gesandtschaft Talleyrands de Périgord und Niccolò Capoccis ......... a) Hintergrund der Vermittlung .............................................................. b) Die umstrittene Wahl der Nuntien ..................................................... 3. Die ersten Vermittlungsversuche Talleyrands de Périgord im Vorfeld der Schlacht ............................................................................................. a) Die Vorverhandlungen bei Breteuil (Juli 1356) ................................. b) Vorverhandlungen bei Montbazon am 12. September 1356 .............. 4. Poitiers als Ort der Konfliktintervention: Die Vermittlung Kardinals Talleyrand de Périgord (18. / 19. September 1356) ................................. a) Rekonstruktion des äußeren Ablaufes und der Verhandlungsnormen .. b) Darstellungsschemata der Vermittlung (I): Auftreten und Rhetorik des Kardinals ..................................................................................... c) Darstellung des Auftritts und der Rhetorik ........................................ d) Rhetorik und Argumentation .............................................................

205 208 208 210 214 214 215 216 216 219 221 223

8

Inhalt

e) Bewertung der Vermittlung Talleyrands durch die zeitgenössische Chronistik ......................................................................................... 226 f) Darstellungsschemata der Vermittlung (II): Verhandlungsbereitschaft und Verhandlungsvollmachten der Kontrahenten in der zeitgenössischen Chronistik ............................................................... 228 Zusammenfassung......................................................................................... 234 VII. Brétigny (1360): Notarielle Aufgaben und zeremonielle Funktion apostolischer Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny............ 1. Einführung ................................................................................................ 2. Militärgeschichtlicher Hintergrund des Vertragsabschlusses ................... 3. Die Rolle der päpstlichen Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny ............................................................................................ a) Brétigny als Stätte der Entscheidungsfindung – Organisation und Verhandlungsnormen ......................................................................... b) Einfluss apostolischer Nuntien auf Abschluss und Gestaltung des Vertrags von Brétigny (8. Mai 1360) ........................................... 4. Die Rolle päpstlicher Nuntien bei der Ratifikation des Vertrages in Calais .................................................................................................... a) Die päpstlichen Ratifikationsschreiben .............................................. b) Die päpstliche Korrespondenz während der Verhandlungen in Calais (September–Oktober 1360)................................................. c) Die Ratifikationszeremonie in Calais am 24. Oktober 1360 .............. 5. Die Friedensvermittlung der Kurie von Avignon im Spiegel der Vertragsartikel .......................................................................................... a) Schutz durch den Papst oder vor dem Papst? Der Spiegel der päpstlichen Friedensvermittlung in den Vertragsartikeln .................. b) Schutz durch den Vertrag vor dem Papst ........................................... c) Die zwei diplomatischen Körper des Papstes .................................... d) Friedensrhetorik der königlichen Ratifikationsschreiben .................. e) Die päpstliche Legitimation oder die Geschichte der päpstlichen Friedensvermittlung .......................................................................... f) Interpretation und Synthese ................................................................ Zusammenfassung......................................................................................... VIII. Brügge (1375–1377): Dezentralisierung der päpstlichen Friedensvermittlung und ihre Konsequenzen ............................................. 1. Die päpstlichen Friedensinitiativen der Jahre 1370–72 ............................ a) Urban V. und der Ausbruch des Hundertjährigen Krieges................. b) Die ersten Verhandlungen (1371–72) ................................................ c) Exkurs: Die neuen Verhandlungsnormen ..........................................

236 236 237 241 241 245 247 247 249 254 259 259 261 261 263 265 267 269 271 271 272 276 279

9

Inhalt

2. Die Wahl Brügges als neuer Ort der Entscheidungsfindung (1373–75) ... a) Entscheidung(en) für Brügge (1372–75)............................................ b) Niedergang der Attraktivität Avignons als politisches Milieu ........... c) Das anglo-päpstliche Konkordat in Brügge (1374–75)...................... 3. Die Friedensverhandlungen Brügge (1375–77): Eine Strukturanalyse ... a) Überblick ............................................................................................ b) Topographischer Überblick der Verhandlungen in Brügge ............... c) Rolle der Nuntien bei der Vorbereitung und zeremoniellen Durchführung der Verhandlungen ..................................................... d) Evolution der Verhandlungsnormen am Beispiel der Ersten Verhandlungsphase (1375) ................................................................ 4. Kommunikation zwischen dem Milieu in Avignon und Brügge als Stätte der Entscheidungsfindung .............................................................. Zusammenfassung ........................................................................................

283 284 288 291 293 296 296 299 304 308 316

C) Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie während des Hundertjährigen Krieges ..................................................................................... 319 I. Selbstverständnis der Päpste als Vermittler ..................................................... 319 II. Methodische Einzelaspekte der päpstlichen Friedenspolitik während des 14. Jahrhunderts ....................................................................................... 329 1. Systematisierung der päpstlichen Friedensvermittlung ............................ 329 2. Übergreifende Faktoren ............................................................................ 334 III. Vom Ort der Konfliktintervention bis zum Milieu politischer Entscheidungen: Terminologisierung der Verhandlungsorte während des Hundertjährigen Krieg ............................................................................ 338 1. Terminologisierung und Abgrenzung ....................................................... 338 2. Beschaffenheit und Attraktivität des politischen Milieus an der Kurie von Avignon .............................................................................................. 341 3. Wahl des Ortes und Verhandlungstopographie während laufender Kampagnen ............................................................................................. 345 IV. Apostolische Nuntien als Repräsentanten der päpstlichen Diplomatie ......... 349 1. Allgemeine Charakterisierung .................................................................. 2. „Legatus vel nuntius?“ Ein Beitrag zu der Terminologisierung des päpstlichen Gesandtschaftswesens ........................................................... 3. Zusammenstellung und Auswahlkriterien apostolischer Nuntien ............ 4. Praktische Aspekte kurialer Friedensmission ...........................................

349 353 360 366

V. Päpstlicher Informationshorizont und kuriale Kommunikationspraxis .......... 369

10

Inhalt

1. Kommunikationswissenschaftliche Grundvoraussetzungen .................... 369 2. Päpstlicher Informationshorizont und Informationsquellen ..................... 371 VI. Verhandlungspraxis und Erfolgschancen päpstlicher Vermittler während Waffenstillstands- und Friedensgipfel des Hundertjährigen Krieges........... 375 1. Konfliktinterventionen und Waffenstillstandsverhandlungen................... a) Vorbereitung ....................................................................................... b) Verhandlungsleitung und Vertragsratifikation ................................... c) Erfolgschancen ................................................................................... 2. Friedensgipfel ........................................................................................... a) Vorbereitung ....................................................................................... b) Verhandlungsleitung und Vertragsratifikation ................................... c) Erfolgschancen ...................................................................................

376 376 378 379 386 386 387 390

VII. Die Bedeutung symbolischer Kommunikation bei Vertragsabschlüssen des Hundertjährigen Krieges (1328–1360) ................................................ 391 D) Zusammenfassung ............................................................................................... 399 Quellen- und Literaturverzeichnis ............................................................................ 413 I. Abbildungsverzeichnis ..................................................................................... 413 II. Quellen- und Literaturverzeichnis .................................................................. 413 1. Archivalische Quellen............................................................................... 2. Erzählende Quellen................................................................................... 3. Edierte urkundliche und andere nicht-erzählende Quellen ...................... 4. Internet ...................................................................................................... 5. DVD/CD-Rom ......................................................................................... 6. Literatur ....................................................................................................

413 415 417 421 421 422

Personen-, Orts- und Sachregister ............................................................................. 465

In Liebe und Dankbarkeit meinen Eltern und meiner Frau Carolin gewidmet.

Vorwort

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die für den Druck überarbeitete Fassung meiner Dissertation, welche im Frühjahr 2010 im Fachbereich der Philosophischen Fakultät II der Universität Augsburg eingereicht wurde. Das Thema entstand auf Anregung meines Doktorvaters, Herrn Professor Dr. Martin Kaufhold, dem ich für sein großes Vertrauen zu Dank verpflichtet bin und der mir stets ‚Schutz und Schirm‘ gewährte. Eine große Hilfe bei der Themenfindung und Methodik war mir von Anfang an Herr PD Dr. Stefan Weiß (Paris) gewesen, der auch freundlicherweise die Zweitkorrektur übernahm, sowie Herr PD Dr. Thomas Krüger (Augsburg), der unser kleines Augsburger Forscherteam über die Kurie von Avignon frühzeitig in die Bestände des Vatikanischen Geheimarchives einführte. Auch meinen „Avignonesischen Mitstreitern“, Julius Leonhard und Sebastian Zanke bin ich für ihre treue Begleitung und ihre vielen Anregungen dankbar. Gefördert wurde meine Recherchearbeit zunächst durch Forschungsstipendien des Deutschen Historischen Instituts in Paris unter Werner Paravicini, das für Mediävisten stets ein sicherer Hafen gewesen ist, sowie des Deutschen Historischen Instituts in London unter Andreas Gestrich und seinen ebenso kritischen wie hilfsbereiten Mitarbeitern. Während der Synthesephasen in Augsburg halfen mir Anstellungen als Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Wissenschaftliche Hilfskraft und Lehrbeauftragter dabei, bereits frühzeitig erste Lehrerfahrungen zu sammeln, was eine übertriebene Fokussierung auf die eigene Forschung zu vermeiden half. In der Schlussphase der Promotion wurde ich schließlich für knapp zwei Jahre durch das Evangelische Studienwerk Villigst e.V. gefördert, welches den Humor besaß, auch eine Promotion über positive Aspekte des vorreformatorischen Papsttums zu unterstützen. Ich möchte meine Doktorarbeit daher gleichzeitig als Beitrag zur nicht immer selbstverständlichen Ökumene verstanden wissen. Bedeutende Impulse, Hinweise und technische Unterstützung gegeben haben mir Forschungskollegen, Archivare und Bibliothekare im Ausland wie Pierre Jugie (Paris), Karsten Plöger (London, jetzt Zuoz), Laurent Vallière (Avignon), Janine Mathieu (Avignon), Hélène Millet (Paris), Mathias Nuding (Paris), Sean Cunningham (London), Arno Mentzel-Reuters (München) und Thomas Hoffmann (Rom) sowie gute Kollegen und Freunde im Inland wie Jessika Nowak (Frankfurt/Freiburg) und Wolfgang Untergehrer (München). Ihnen und allen nicht im Einzelnen aufzählbaren, hilfsbereiten Menschen sei an dieser Stelle herzlichst gedankt. Für die freundliche Aufnahme als Einzelpublikation

14

Vorwort

in sein Verlagsprogramm habe ich dem Akademie Verlag zu danken. Ich bedanke mich zu guter Letzt für die moralische Unterstützung meiner Eltern während des für sie zunächst schwer einschätzbaren Abenteuers der Promotion ihres Sohnes und schließlich meiner lieben Frau Carolin für ihre Geduld und Liebe sowie ihr unermüdliches Lektorat meiner Dissertation in sämtlichen Redaktionsstufen. Buseck/Trohe, im März 2013

A) Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

I. Viae Pacis: Die Päpste als Vermittler im Hundertjährigen Krieg. Überblick und Orientierung Unter den Wünschen unseres Herzen ist jener als herausragend bekannt [und] diesen ersehnt unser Geist unaufhörlich [herbei], nämlich dass wir unter unseren teuersten Söhnen in Christo, den erlauchten Königen Karl [V.] von Frankreich und Eduard [III.] von England, aufrichtige Eintracht sehen mögen. Weil nämlich der Krieg besagter Könige in etwa die Ursache allen Übels ist, würde sich ein guter Frieden als gewinnbringend und daher als notwendig für den katholischen Glauben sowie für das gesamte Christenvolk erweisen.1

Auf diese schlichte wie unmissverständliche Weise hielt Papst Gregor XI. (1370–1378) die Monarchen von Frankreich und England dazu an, miteinander Frieden zu schließen. Die Könige waren verfangen in einem Konflikt, der bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken konnte. Benedikt XII. (1334–1342), der zweite dauerhaft in der Stadt Avignon residierende Pontifex, war zugleich der Papst, in dessen Amtszeit der Ausbruch eines anglo-französischen Krieges von bislang unbekannten Ausmaßes fiel. Der Pontifex befand, dass wir nämlich, die, wenn auch unwürdig, als irdische Stellvertreter des friedensstiftenden Königs eingesetzt wurden, durch die Zwänge unseres Amtes gebunden sind, unablässig für die Gesamtheit der Christen über Wege des Friedens [vias pacis] nachzudenken.2 1

2

Inter desiderabilia cordis nostri illud noscitur esse precipuum, illud indesinenter solicitat mentem nostram, ut inter carissimos in Christo filios nostros, Carolum Francie, et Edwardum Anglie Reges illustres, sinceram vigere concordiam videamus. Sicut enim guerra dictorum regum est fere omnium causativa malorum, sic pax bonorum existeret productiva ac admodum necessaria catholice fidei et toti populo christiano (Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 2687). Das Schreiben ist undatiert, aber vermutlich in den Kontext von Friedensappellen zu stellen, welche am 9. Februar 1375 versandt wurden. Vgl. Grégoire XI (1370–1378), Lettres secrètes & curiales du pape Grégoire XI relatives à la France, hrsg. von L. Mirot und H. Jassemin, Paris 1935 [künftig: „Grégoire XI (France)“], N. 1759–1760 sowie N. 1761 mit einem nur leicht variierten Beginn des Schreibens an den Herzog von Burgund. Nos igitur, licet immeriti, ejusdem Regis pacifici in terris vicarii constituti, injuncti officii necessitate constringimur pro universo populo christiano cogitationes pacis assidue cogitare (Benoît XII (1334–

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Kraft ihres Amtes sahen sich die Päpste also zur Friedensvermittlung verpflichtet, darüber ließen sie in einer Vielzahl von Friedensappellen und Ernennungsbullen für ihre Gesandten im Verlauf des 14. Jahrhunderts keinen Zweifel.3 Die bekannteste Verwendung der viae pacis befindet sich im Gesang des Zacharias aus Lk 1, 794. Sein Ursprung befindet sich im 59. Kapitel des Buches Jesaja, welches häufig in Predigten am Papstpalast rezipiert wurde.5 Die viae pacis wurden in päpstlichen Schreiben, aber auch der Korrespondenz der englischen Königskanzlei meist als Metapher für die nötigen Verhandlungsschritte bis zur Konziliation der Kriegsparteien verstanden. Der Historiker gewinnt aus ihrer relativ häufigen Erwähnung den Eindruck, dass der Begriff auch als Chiffre für den Friedensprozess selbst verwendet wurde.6 Als den für die spätmittelalterliche Kurie7 sowie das Europa des 14. und 15. Jahrhunderts einschneidendsten Konflikt, in dessen Kontext die genannten Worte fielen, wird der Leser den Hundertjährigen Krieg (1337– 1453)8 erkannt haben. In der Tat waren die Päpste seit dessen Ausbruch im Jahre 1337 bis

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1342). Lettres Closes, Patentes et Curiales se rapportant à la France, hrsg. von G. Daumet, Paris 1920 [künftig: „Benoît XII (France)”, N. 305 (24. Juni 1337). Die Datierung von Georges Daumet auf den 23. Juni ist fehlerhaft und kommt durch einen Transkriptionsfehler bei der Datierung zustande (ix kalendas statt der korrekten viii kalendas julii). Vgl. Reg. Vat. 123 f. 3 v. f. Wörtlich entsprechend: Clément VI (1342–52). Lettres closes, secrètes et curiales se rapportant à la France, hrsg. von E. Déprez, J. Glénisson und G. Mollat, Rom 1910 [künftig: „Clément VI (France)”], N. 94 (31. Mai 1342). Zur Rhetorik und zum Aufbau päpstlicher Friedensapelle siehe Kapitel C) I. „auf daß er erscheine denen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ (Lk 1,79) – Verwendet wird in dieser Arbeit grundsätzlich die Übersetzung der Lutherbibel von 1984. „sie kennen den Weg des Friedens nicht, und ist kein Recht in ihren Gängen; sie sind verkehrt auf ihren Straßen; wer darauf geht, der hat nimmer Frieden“ (Jes 59,8). Vgl. B. R. Beattie, „Coram papa“ preaching and rhetorical community at papal Avignon, in: Preacher, sermon and audience in the Middle Ages, hrsg. von C. A. Muessig, Leiden, 2002, S. 75. Vgl. für einen exemplarischen Überblick: Benoît XII (France), N. 620, 644, 763; Clément VI (France), N 1155, 1158, 1326, 1844; Innocent VI. (1352–62). Lettres secrètes et curiales, hrsg. von P. Gasnault, M.-H. Laurent, N. Gotteri, Paris 1976, Band 4 [künftig: „Innocent VI”], N 2022; Grégoire XI (France), N. 8; Englische Königskanzlei: T. Rymer/ A. Clarke/ F. Holbrooke ; J. Caley (Hrsg.), Foedera, Conventiones, Litterae et cuiusque generis Acta Publica inter Reges Angliae et alios quosvis Imperatores, Reges, Pontifices, Principes, vel Communitates, Edition, London 4 1816–1869 [künftig: „Rymer (Hrsg.), Foedera”], Band III, 1, S. 41, 45, 50, 72, 100, 169, 183, 204, 259, 274, 303, 328, 338. Erzählende Quellen: Robertus de Avesbury. De gestis mirabilius regis Edwardi tertii, hrsg. von E. M. Thompson, London 1889 [künftig: „Robert Avesbury“], S. 390; Journal des conférences d‘Avignon (22 octobre - 29 novembre 1344), in: Jean Froissart. Oeuvres de Froissart: Chroniques, hrsg. von K. de Lettenhove [Gesamte Edition künftig: „Froissart (Lettenhove)”], Band 18, S. 235–56, bes. 236, 237, 238, 240, 241, 242, 247, 252, 255. Zur Friedensvermittlung der Päpste von Avignon in anderen Auseinandersetzungen als den anglofranzösischen vgl. W. Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum im 12. und 13. Jahrhundert, in: J. Fried (Hrsg.), Träger und Instrumentarien des Friedens, Sigmaringen 1996, S. 252–264, 271–274; H. Kamp, Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter. Symbolische Kommunikation in der Vormoderne (Studien zur Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2001, S. 95 ff., 232. Rascher Überblick in: J. Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, München 2009; P. Contamine, Art. „Hundertjähriger Krieg“ in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 1977–1999; R. Cazelles, Art. „Hundred

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zum Tode Gregors XI. im Jahre 1378 ein knappes Jahr nach seiner Rückkehr nach Rom fast kontinuierlich um die Beilegung der Kampfhandlungen und um den Abschluss eines endgültigen Friedens (pax finalis) bemüht gewesen.9 Der Krieg war im Jahre 1337 über lehnsrechtliche Streitigkeiten hinsichtlich der Superiorität des englischen Festlandsbesitzes ausgebrochen.10 Anders als seine zahlreichen Vorgängerkonflikte hatte der Hundertjährige Krieg aber auch eine tiefergehende dynastische Komponente, welche sich auf den konkurrierenden Thronanspruch Eduards III. von Plantagenet und Philipps VI. von Valois aus dem Jahre 1328 zurückführen lässt. Die Verschränkung beider Konfliktfelder machte eine direkte Diplomatie zwischen den Kriegsparteien in den entscheidenden ersten Kriegsjahren unmöglich. Nachdem sich die englischen Könige über 40 Jahre lang vergeblich darum bemüht hatten, im Falle von Konflikten mit den französischen Monarchen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln, sprach Eduard III. spätestens im Jahre 1340 Philipp VI. öffentlich das Recht ab, der rechtmäßige Herrscher von Frankreich zu sein.11 Dies hatte Konsequenzen für die gegenseitige Wahrnehmung der beiden Könige. Für Philipp VI. war Eduard seit dem Einzug von dessen Kronlehen Aquitanien im Jahre 1337 lediglich ein rebellischer Vasall ohne Territorium. Eduard betrachtete dagegen seinen Gegenspieler als ‚Philipp von Valois‘, den Usurpator auf dem französischen Thron. Der englische König befahl daher seinen Gesandten seinen Kontrahenten im diplomatiYears War“, in: Encyclopedia Britannica (1970), Band 11, S. 844–49. Einziges Lexikon des Krieges: J. A. Wagner, Encyclopedia of the Hundred Years War, London 2006. Der Begriff entstammt aus dem 18. Jahrhundert. Vgl. A. Curry, The Hundred Years War, London 22003, S. 5. Zeitgenossen und erste Chronisten des Krieges empfanden den Krieg als unglückliche Verstrickung paralleler Kampfhandlungen: In einem undatierten Brief an Papst Clemens VI., in welchem der Standpunkt König Philipps VI. von Frankreich hinsichtlich der Angelegenheiten des Kreuzzuges sowie der römischen Königswahl wiedergegeben wurde, argumentierte der französische Herrscher damit, dass er sich aufgrund hoher Ausgaben, welche allein in diesem Jahre Kriege in der Gascogne, Flandern und die Landung Eduards im Königreich Frankreich verursacht hätten, derzeit zu keiner Unterstützung der päpstlichen Kreuzzugsprojekte in der Lage sehe. Vgl. Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 1722. Ähnlich schätzte einer der ersten Chronisten des Krieges, Jean le Bel, die zeitgenössischen Kampfhandlungen seiner Zeit ein: Vous avez bien entendu, cy devant, comment cil roy Edowart avoit à mener grandes guerres en pluseurs marches et pays, à grands cousts et despens. C‘est assavoir: en Piccardye, en Normandie, en Gascongne, en Xanctonge, en Poytou, en Bretaigne et en Escoce (Chronique de Jean le Bel, hrsg. von Jules Viard und Eugène Déprez, Band 2, Paris 1905 [künftig: „Jean Le Bel“], S. 1 f.). Dagegen bewertete der Ende der 1360er Jahre schreibende Geoffrey le Baker die im Jahre 1337 entfachten Auseinandersetzungen bereits als nicht enden wollenden Krieg: Unde guerra terribilis fuit suscitata, quam ipse, de prelio navali [die Seeschlacht von Sluis 1340] et campestri pluries fugatus, post occisionem et capturam regum Boemie [Schlacht von Crécy, 1346], Scocie, et Francie [Schlacht von Poitiers, 1356] et multam Christi sanguine redemptorum sanguinis effusionem, non potuit terminare (Geoffrey le Baker. Chronicon Galfridi le Baker de Swynebroke, hrsg. von Edward M. Thompson, Oxford 1889 [künftig: „Geoffrey le Baker“], S. 58). 9 Vgl. M. Jones, Relations with France, 1337–1399, in: Ders; M. Vale (Hrsg.), England and her Neighbours, 1066–1453. Essays in Honour of Pierre Chaplais, London 1989, S. 242. 10 Siehe im Folgenden ausführlich Kapitel B) I. 1. 11 Siehe im Folgenden Kapitel B) I. 1. und 3.

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schen Verkehr entsprechend zu titulieren.12 Philipp wiederum beharrte darauf, dass der Thronverzicht Eduards die conditio sine qua non für einen Friedensschluss darstellte.13 Während bis zum Jahre 1342 der überwiegende Teil der anglo-französischen Diplomatie noch durch Gesandtschaften nach Paris bewältigt worden war, rissen diese direkten Kontakte in den Anfangsjahren des Krieges ab.14 Exemplarisch für die Schwierigkeit einer bilateralen Diskussion der unvereinbaren Rechtsansprüche kann ein Bericht aus den Chroniques von Froissart15 über einen frühen Verhandlungsversuch aus dem Jahre 1336 stehen. In einer Verdrehung der realen Tatsachen schrieb der Chronist, dass Papst Benedikt XII. auf die Fürbitte böhmischer, niederländischer und deutscher Großen, dem König von Böhmen, dem Herzog von Lothringen, dem Grafen von Bar und Namur sowie der Gräfin von Hennegau und Schwester Philips VI. und Schwiegermutter Eduards III., Johanna von Valois,16 hin seine Friedensvermittlung begonnen habe.17 Zwei Kardinäle wären mit Friedensappellen nach Paris geschickt worden. Diese hätten darauf den französischen König von der Aufnahme von Verhandlungen zu überzeugen versucht, die in Valenciennes stattfinden sollten. Als jedoch nur die englische Gesandtschaft am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen war, hätten die versammelten Fürsten und Eduards Verbündete den bereits schwer gichtkranken Graf Wilhelm von Hennegau darum gebeten, seine Gattin Johanna in Begleitung des Grafenbruders Johann zu dem Bruder der Gräfin, König Philipp von Frankreich zu schicken. Letzterer sollte zur 12 [A]d alia faciendum quaeque in dictis litteris continentur, specialem commiserimus potestatem,

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certis de causis omnes & singulas litteras nostras, commissiones, & procuratoria, si quae fecimus, in quibus idem Philippus nominatur Rex Franciae, penitus revocamus & adnullamus; Adimentes expresse [...] quod nobis in possessione dicti regni Franciae praejudicare valeat quomodolibet (Rymer, Band II, 2, S. 1051 (22. Juli 1338) sowie Noveritis quod, ad instantiam reverendorum patrum, P.tituli Sanctae Praxedis prebiteri, & B. Sanctae Mariae in Aquiro diaconi cardinalium, ad procurandum pacem inter dominum Philippum de Valesio, pro Rege Franciae se gerentem (Rymer, Band II, 2, S. 1084 (1. Juli 1339 – Hervorhebung durch den Autor). Vgl. Schreiben des französischen Königs an Papst Benedikt XII., übernommen in die Vatikanischen Register Reg. Vat. 135, f. 114 v, N. ccciv, ediert in: Benoît XII. (France), N. 787 (27. Oktober 1340). Vgl. Chronique Latine de Guillaume de Nangis de 1113 a 1300 avec les continuations de cette chronique de 1300 a 1368, hrsg. von Hercule Géraud, 2 Bände, Paris 1843 [künftig: „Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette)“], S. 154. Im Sommer 1338 hatten die Bischöfe von Canterbury und Durham mit einer französischen Gesandtschaft über eine Waffenruhe in Amiens verhandelt und sich darauf mit Philipp VI. in Paris getroffen. Weitere Gespräche in Arras und Paris folgten beim Jahreswechsel 1338/39 bis zum kommenden Juni. Vgl. J. Sumption, The Hundred Years War, Band 1 (Trial by Battle), Pennsylvania 21999, S. 239, 245. Vgl. im Folgenden: Jean Froissart, Chroniques. Livre I. Le manuscrit d‘Amiens, hrsg. von G. T. Diller, Genève 1991–98, Band 1, S. 184 ff. Vgl. N. Dessaux, [Hrsg.], Jeanne de Constantinople, comtesse de Flandre et de Hainaut, Paris 2009; T. de Hemptinne, Art. Johanna, Gräfin von Flandern und Hennegau († 1244) in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 526–527. Angesichts der päpstlichen Praxis weitreichender Beglaubigungsschreiben an weltliche wie geistliche Fürsten für seine Gesandten wirkt die Darstellung Froissarts geradezu wie eine Umkehrung der zeitgenössischen, diplomatischen Praxis. Vgl. Benoît XII (France), N. 311 (Schreiben an den Adel Frankreichs, 23. Juni 1337). Siehe Kapitel C) II.

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Aufnahme diplomatischer Kontakte bewegt werden. Nachdem der König die Gesandtschaft angehört hatte, erklärte Philipp jedoch nach Rücksprache mit seinem Kronrat, dass er nicht dazu gehalten sei, der Bitte Folge zu leisten. Sich auf Verhandlungen einzulassen bedeute für ihn eine Schande, weil der König von England kein Recht auf Philipps Erbe habe.18 Die Gräfin erwiderte jedoch, dass Philipp sich dennoch zur Aufnahme letzter Gespräche überwinden solle, par quoy vous [die Könige Philipp und Eduard] demorissiés bien amis enssamble. Auch werde ein Krieg zwischen den beiden mächtigsten Königen der Welt verheerende Konsequenzen haben. Daher solle der Kronanspruch und eventuelle Entschädigungsleistungen im Interesse einer Konflikteindämmung zumindest überprüft werden.19 Drei Tage später ließ Philipp jedoch verkünden, dass er der Bitte nicht nachkommen könne, da er sonst dem englischen König zu verstehen geben würde, dass er, Philipp, kein Recht zu der gegenwärtigen Auseinandersetzung habe.20 Diese Entwicklung führte nach Froissart schließlich zum Schmieden einer anti-französischen Allianz zwischen Eduard III. und weiteren Fürsten. Jean-Marie Moeglin betont sicher zu recht, dass es sich bei der Darstellung von Froissart um eine Verschmelzung mehrerer tatsächlicher Begebenheiten vor Ausbruch des Hundertjährigen Krieges21 handelte, wie etwa ein in Valenciennes abgeschlossenes Bündnis zwischen Eduard III. und einer Reihe niederländischer Fürsten22 sowie den Beginn der Vermittlung Benedikts XII., welche vom Chronisten methodisch missverstanden worden war.23 Gleichwohl besitzt die Episode einen unschätzbaren Quellenwert für unser Verständnis der existenziellen Grundbedingungen der anglo-französischen Diplomatie zu Beginn des Krieges. Unbestreitbarer Fakt ist, dass es in den ersten 23 Jahren unseres Untersuchungszeitraumes (1337–1377) aufgrund der ungeklärten Rechtslage im Thronstreit zu keinem direkten Treffen zwischen beiden Herrscher kam24, was nur noch Raum für symbolische 18 De quoy, tout considéré et ymaginé les affaires, j’ay trouvet en mon consseil que de là envoyer je

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ne sui en riens tenus et que se je le faisoie ou euisse fet, che euist estet ou seroit à mon blamme et grandement au préjudisce de mo royaumme; car li roys d’Engleterre n’a nul droit de calenge, de de partir à mon hiretaige (Froissart (Lettenhove), Band 2, S. 366 ff.). Vgl. Ebd., S. 367. [C]ar si il le feist, il donroit à entendre au roy d’Engleterre que il n’avoit aucun droit en ceste querelle (Ebd., S. 367). Vgl. J.-M. Moeglin, Heurs et malheurs de la négociation du Moyen Âge à l‘époque moderne, in: J.-M. Moeglin; M. T. Ferrer Mallol; S. Péquignot u.a (Hrsg.), Negociar en la Edad Media / Négocier au Moyen Âge. Actas del Coloquio celebrado en Barcelona los días 14, 15 y 16 de octubre de 2004 / Actes du Colloque tenu à Barcelone du 14 au 16 octobre 2004, Barcelona 2005, S. 5–26, bes. 15 ff. mit der Einschätzung der Gesandtschaft Johanna von Hennegaus als tatsächliche Begebenheit in: Sumption, Trial by Battle, S. 195 f. Auf diesem wurde unabhängig eventueller, letzter Vermittlungsbemühungen ein Bündnis gegen den französischen König geschlossen. Vgl. J. A. Wagner, Art. „Anti-French coalition (1337–1340)”, in: Ders., (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 12 f.; Rogers, War, S. 131–141; Sumption, Trial by Battle, S. 194 ff. 218 ff. Zur Technik der Konfliktbeilegung Benedikts XII. siehe ausführlich Kapitel B) I. 3. Ein solches Treffen zwischen zwei Königen mit Anspruch auf dieselbe Krone hätte zur Verdeutlichung des beiderseitigen Verhältnisses verbindliche zeremonielle Akte erforderlich gemacht, welche

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Formen der Provokation ließ.25 Das beschriebene Dilemma machte die Intervention einer übergeordneten Partei unverzichtbar. In vergleichbaren Konfliktfällen, wie etwa in den Auseinandersetzungen Eduards III. gegen David the Bruce von Schottland hatten die Päpste bereits ein Monopol in der Friedensstiftung für sich beansprucht.26 Nur wenige Jahre nach Kriegsausbruch war für zeitgenössische Autoren der Frieden zwischen den Königen von England und Frankreich ohne ein päpstliches Eingreifen bereits undenkbar geworden. Der Peregrinarius Hugo, der Verfasser eines Gedichtes, welches in den Jahren 1342/1343 in Lüttich entstand, berichtet in auktorialer Form von einem Traumgesicht, in welchem Hugos literarischem „Ich“ die neun Musen27 erscheinen, die ihn zu einer Friedensmission zu König Philipp VI. von Frankreich und an den Hof des erst kürzlich zum Papst gewählten Clemens VI. ermuntern.28 Der literarische Hugo fordert darauf sowohl Philipp VI. als auch den Papst zum Verfassen bzw. Vervollständigen eines Briefes an den englischen König Eduard III. auf. Dieser soll den Monarchen aus humanitären Gründen zu einem Friedensschluss und einem Kreuzzug animieren. Nach dem Überbringen des Schreibens an den König von England durch die Muse pax kommt es tatsächlich zu einem „Gipfeltreffen“ beider Monarchen am päpstlichen Hof. Infolge einer Belehrung

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von beiden Seiten aber lieber vermieden wurden. Vgl. G. Althoff, Art. „Symbolische Emotionen“, in: Enzyklopädie des Mittelalters, hrsg. von Gert Melville und Martial Staub, Band 1, Darmstadt 2008, S. 256. Vgl. ferner G. Schwedler, Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen (Mittelalter-Forschungen 21, Stuttgart 2008, S. 239 ff. mit A. Reitemeier, Außenpolitik im Spätmittelalter. Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Reich und England 1377–1422 (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Band 45), Paderborn u.a. 1996, S. 482. Letzterer machte die Perfektionierung des Gesandtschaftswesens für diese Entwicklung verantwortlich. Verbleibende Kommunikationsversuche stellten Akte symbolischer Provokation wie etwa gegenseitige Aufforderungen zum Zweikampf (1340) oder Kampfansagen zum Schlagen einer Entscheidungsschlacht (1346/47) dar. Diese wurden jedoch vom taktisch überlegenen Kontrahenten stets verworfen. Vgl. Paris, AN J 636 (Angleterre VII), N. 12 bis; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1131–32 ; E. Déprez, Eugène, Les préliminaires de la Guerre de Cent Ans. La Papauté, la France et l‘Angleterre (1328–1342), Paris/Genève 1904/1975, S. 328 FN 1, 320 FN 3. Allgemein über Fürstenzweikämpfe im Mittelalter vgl. M. Prietzel, Kriegführung im Mittelalter: Handlungen, Erinnerungen, Bedeutungen, Paderborn 2006, S. 73–105, 266–318; W. Goez, Über Fürstenzweikämpfe im Mittelalter, in: Archiv für Kulturgeschichte, 49 (1967) S. 135–163. Der Papst verwandte sich gegen den Versuch einer weltlichen Vermittlung Philipps VI. von Frankreich mit der Begründung, dass eine Vermittlung rasch in eine offene Parteinahme münden könne: Preterea non videmus quod per aliquem principem secularem sicut per te, fili dilectissime, inter reges dissidentes predictos sic commode possit pacis concordia reformari et si te contingat partem cum illorum altero facere, de te postmodum ille contra quem partem facies non confidet, sicque perdentur quo ad te tam desiderabiles fructus pacis (Benoît XII, N. 90). Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 112–119. Vgl. E. R. Curtius: Die Musen im Mittelalter, in: Zeitschrift für romanische Philologie, 59 (1939) S. 129–188. Vgl. im Folgenden: F. Unterkirchner, „Peregrinarius Hugonis“ vom Jahre 1342. Ein Gedicht aus der ersten Zeit des „Hundertjährigen Krieges“, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschungen, 59 (1951) S. 123–135, bes. 129 ff.

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durch den Papst wird der ersehnte Frieden tatsächlich geschlossen und ein erfolgreicher Kreuzzug in Angriff genommen. In diesem Moment „erwacht [Hugo] aus seiner Verzückung und findet sich in der rauen Wirklichkeit“ wieder. Aber auch in der Realität erkannte der Lütticher Priester Clemens VI. als Hoffnungsträger zum Abschluss eines Friedens an. In der Tat konnte sich der genannte Papst an einer jahrhundertelangen, friedensstifterischen Tradition der Kurie orientieren,29 welche sowohl in rhetorischer Hinsicht richtungsweisend für das Verfassen von Friedensappellen an die Kriegsparteien als auch in methodischer Hinsicht eine Richtlinie für die eigene Praxis der Konfliktbeilegung sein konnte. Nicht zuletzt hatte gerade der Versuch der Beilegung anglo-französischer Kampfhandlungen stets einen wichtigen Stellenwert in der kurialen Diplomatie des Hoch- und Spätmittelalters gehabt.30 Die sich rapide wandelnden politischen wie diplomatischen Verhältnisse im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts verdeutlichten den Päpsten von Avignon, dass es nicht mehr genügen konnte, sich an der friedenstiftenden Tradition ihrer Vorgänger zu orientieren. Vielmehr waren Veränderungen des eigenen Selbstverständnisses als Vermittler erforderlich, wollten sie die Kriegsgegner von der Betretung der viae pacis überzeugen.31 Welche Mittel und Argumente die Päpste also verwendeten, um die Kriegsgegner an einen Tisch zu bringen, zu welchen Verhandlungsorten die genannten Wege führten, wie sich die Interaktion der päpstlichen Vermittler an diesen Stätten mit den Kriegsparteien gestaltete und nicht zuletzt ob, und wenn ja unter welchen Faktoren der Versuch einer Konfliktlösung erfolgreich sein konnte, ist bislang noch nicht in seiner Gesamtheit untersucht worden und daher Gegenstand dieser Arbeit. Die Gesamtdarstellung der päpstlichen Friedensvermittlung während des Hundertjährigen Krieges wird unter Berücksichtigung eines höchst fragmentarischen Forschungsstandes und durch das Anwenden vielfältiger Forschungsansätze unternommen. Dazu zählen in erster Linie die Diplomatiegeschichte und die jüngere Konflikt- und Ritualforschung. Mit ihren Definitionen der Begriffe ‚Diplomatie‘, ‚Informationshorizont‘, ‚Ritual‘ oder ‚Zeremoniell‘ leisten diese Disziplinen eine wichtige Grundlage für eine sprachlich transparente Beschreibung der zu analysie29 Vgl. für einen raschen Überblick W. Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum im 12. und 13. Jahr-

hundert, in: J. Fried (Hrsg.), Träger und Instrumentarien des Friedens, Sigmaringen 1996, S. 249– 332, bes. 251; H. Müller, Konzil und Frieden. Basel und Arras (1435), in: Fried (Hrsg.), Träger und Instrumentarien des Friedens, S. 333–390, bes. 339 ff.; J. Gaudemet, Le rôle de la papauté dans le règlement des Conflits entre États aux XIIIe et XIVe siècles, in: La Paix (Receuils de la société Jeans Bodin pour l’histoire comparative des institutions, Band 15), Brüssel 1961, S. 79–106. 30 Vgl. ausführlich: Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 264 ff., 274 ff; T. Frenz, Das Papsttum im Mittelalter, Köln/Weimar/Wien 2010, S. 80; „Keine weltliche Affaire beschäftigte das Papsttum jedoch mehr als die Kontroverse zwischen den Königen von England und Frankreich“ (B. Guillemain, Kapitel „I. Kirche und weltliche Macht in der römischen Christenheit. 5. Die päpstliche Diplomatie“, in: M. M. du Jourdin; A. Vauchez (Hrsg.); Die Geschichte des Christentums, Band 6 (Die Zeit der Zerreißproben 1274 – 1449), Freiburg 1990, S. 599); Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 89, 94, 98 f.; Renouard, Le conflit Franco-Anglais, S. 263 ff. 31 Siehe dazu Kapitel B) I. 3. sowie C) I.

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renden Ereignisse und Konstellationen. Sachdienliche Terminologisierungen, welche wie etwa die des ,Milieu‘, ‚Feld‘, ‚Kapital‘ oder ‚Kommunikation‘ über das mediävistische Vokabular hinausreichen, werden der modernen Soziologie oder den Kommunikationswissenschaften entnommen. Sie sind pragmatisch unter Berücksichtigung der mittelalterlichen Gegebenheiten anzuwenden, wobei eigene Definitionen hinzukommen. Die Wahl eines Themas in der Schnittmenge zu den Komplexen Avignonesisches Papsttum und Hundertjähriger Krieg erfordert gesonderte, forschungs- wie strukturgeschichtliche Einleitungen und vorgeschaltete Analysen, welche die damalige Notwendigkeit gerade einer päpstlichen Konfliktschlichtung verdeutlichen werden.

II. Forschungsstand 1. Methoden der päpstlichen Friedensvermittlung Die päpstliche Friedensvermittlung im Frühmittelalter darf nicht im Sinne einer modernen Vorstellung einer unparteiischen Konfliktschlichtung wie zum Beispiel bei der Aushandlung bei Tarifverträgen oder der Intervention kirchlicher Würdenträger in politische Konflikte der Gegenwart verstanden werden. Innerhalb der Geschichte päpstlicher Friedensbemühungen im Mittelalter lassen sich bis ins Spätmittelalter hinein mehrere, teilweise konträre Entwicklungslinien festmachen. Im Frühmittelalter agierte der oberste Pontifex zunächst als Fürsprecher32 und typischerweise parteigebundener Vermittler zwischen hochadeligen Spitzen. Die Bindung an weltliche Herrschaftsdynastien, in deren Schutzherrschaft die frühen Bischöfe von Rom gerieten, spielte eine ebenso große Rolle wie der Versuch der Beilegung von Familienfehden zwischen den Söhnen Ludwigs des Frommen und ihrem kaiserlichen Vater.33 Eine kontinuierliche Zunahme der päpstlichen Konfliktschlichtung34 ist im Zuge des beginnenden Investiturstreites erkennbar.35 In der überwiegenden Mehrheit der Konfliktfälle wurde der oberste Pontifex auf Anfrage einer Partei und zu deren Gunsten tätig.36 Gerade der Konflikt zwischen den Königen von England und 32 Vgl. im Folgenden: Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 64–75, 80–82. 33 Vgl. B. Schimmelpfennig, Das Papsttum. Von der Antike bis zur Renaissance, Darmstadt 62009, S. 114;

J. Haller, Das Papsttum. Anspruch und Wirklichkeit, Band 2 (Der Aufbau), Stuttgart 31996, S. 45.

34 Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 255. 35 Vgl. W. Hartmann, Der Investiturstreit (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Band 21), München

3 2007; C. Zey, Papsttum und Investiturstreit, in: H. Ottomeyer; J. Götzmann (Hrsg.), Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Altes Reich und neue Staaten 1495 bis 1806, Dresden 2006, S. 147–157. 36 Vgl. zur Vermittlung Papst Johannes‘ XXII. in den Auseinandersetzungen zwischen England und Schottland sowie zwischen dem Königreich Frankreich und der Grafschaft Flandern im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts: S. Menache, The Failure of John XXII‘s Policy toward France and England: Reasons and Outcomes, 1316–1334, in: Church History, 55, 4 (1986) S. 423–437 und demnächst eine Studie von Sebastian Zanke.

Forschungsstand

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Frankreich waren im Mittelalter von einer longue durée.37 Die Interventionen Papst Innozenz‘ III. zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurden dabei als Parteinahme zugunsten Johann Ohnelands von England während dessen häufiger Kriege mit Philipp II. von Frankreich interpretiert. Diese geschahen im Licht der päpstlichen Suche nach Verbündeten für den von Innozenz im römischen Thronstreit favorisierten Otto (IV.) von Braunschweig.38 In beiden Kontexten, beim anglo-französischen Konflikt wie dem Thronstreit von 1198, ist die Konfliktschlichtung des Papstes von der Forschung als grundsätzlich parteiisch kritisiert worden.39 Eine Systematisierung fand die Betätigung der obersten Hirten als „Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter“ innerhalb des Kontextes der allgemeinen Genese der mittelalterlichen Konfliktbeilegung. Hermann Kamp40 differenziert dabei wie vor ihm Werner Maleczek zwischen einer Betätigung der Päpste als Richter und der Möglichkeit der Einberufung eines Schiedsgerichtes. Ein solches konnte im Mittelalter durch das Zusammentreffen einer paritätischen Schiedskommission,41 aber auch durch die Bestellung eines Schiedsrichters zustande kommen, welcher unterschiedliche Kompetenzen und Titulierungen haben konnte. Nach Kamp war im 12./13. Jahrhundert die Grenze zwischen der Vermittlung und Schlichtung und einem Schieds- oder Gerichtsverfahren jedoch fließend.42 Grundsätzlich unterschieden werden muss zwischen dem Anspruch des Bischofs von Rom als oberste Richter (iudex ordinarius omnium) und der gleichfalls möglichen Betätigung als Schiedsrichter (arbiter). Der richterliche Anspruch fußte auf der von den 37 Zum Begriff vgl. F. Braudel, Historie et sciences sociales. La longue durée, in: Annales, 13 (1958)

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S. 725–753. Für eine entsprechende Sichtweise hinsichtlich der anglo-französischen Kriege im Mittelalter vgl. C. Smalley, The Four Hundred Years War (1066 - 1453), Lewes 1990. Vgl. zum Ausbruch des Thronstreits und zur Bewertung des Eingreifens Innozenz’ III.: S. Krieb, Vermitteln und Versöhnen. Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198–1208, Köln 2000, S. 5–22; Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 91. Zum Thronstreit von 1198 vgl. F. X. Seppelt, Die Vormachtstellung des Papsttums im Hochmittelalter. Von der Mitte des elften Jahrhunderts bis zu Coelestin V. (Geschichte der Päpste, Band 3), München 21956, S. 330–343. Hinsichtlich des verwandtschaftlichen wie lehnsrechtlichen Verhältnisses zwischen König Johann Ohneland von England und Kaiser Otto IV. vgl. B. U. Hucker, Kaiser Otto IV. (Monumenta Germaniae Historica, Band 34), Hannover 1990, S. 220 ff. Freilich gelang es Steffen Krieb innerhalb des letzteren Kontexts zu zeigen, dass der Anspruch Innozenz‘ III. auf Approbation des römischen Königs und das kuriale Eigeninteressen bei der Förderung des „geeignetsten“ Thronkandidaten nicht als Widerspruch zu einem päpstlichen Bedürfnis nach einer Wiederherstellung des Friedens interpretiert werden muss. Vgl. Krieb, Vermitteln und Versöhnen, S. 229–235 mit der traditionellen Interpretation des päpstlichen Eingreifens als Bruch in der ansonsten kontinuierlichen Geschichte der päpstlichen Friedenspolitik in: Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 280–82. Vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 218 ff., 230 ff. Zur Entstehung und Bewertung dieser Tradition der Schiedsgerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Römischen Reichs zur Zeit des Interregnums vgl. M. Kaufhold, Entscheidungsstrukturen in Dynastie und Reich des 14. Jahrhunderts. Ein Versuch zur Formierung der Reichsverfassung am Beispiel der Wittelsbacher, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte/Germ. Abt., 120 (2003) S. 126–149. Vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 58–59.

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Päpsten beanspruchten Kompetenz, im Falle des Fehlens einer anderen richterlichen Instanz, was bei anglo-französischen Auseinandersetzungen in der Praxis grundsätzlich der Fall war, oder einer Sünde, welche allein durch die vielen, gebrochenen Waffenstillstände nachweisbar war, Konflikte durch einen richterlichen Spruch zu beenden. Am Beispiel der vielfältigen Interventionsversuche Innozenz‘ III. wurde festgehalten, dass der Papst nach einer Deeskalationsstrategie verfuhr, welche hinsichtlich ihrer Intensivität gestaffelt war: Der Ermahnung zum Frieden durch Briefe und der Entsendung seiner Gesandten folgte zumeist die Aufforderung an die Kriegsparteien, sich auf ein Schiedsgerichtsverfahren einzulassen – vorzugsweise unter päpstlicher Leitung. War auch das nicht zielführend, behielt sich der Pontifex das Fällen eines Richterspruchs kraft römisch-kanonischem Prozessrechtes vor.43 Bedeutende Grundsatzentscheidungen hielt Innozenz in den Dekretalen Per venerabilem (1202)44 und Novit ille (1204)45 fest. So akzentuierte der Papst in letzterer Dekretale seine „Befugnis, ja geradezu seine Verpflichtung, über das zu urteilen, was Heil oder Verdammnis der Seele betreffe, und den Sünder zur Umkehr zu mahnen.“46 In der Praxis gab ihm diese Argumentationswese das Recht, das Begehen einer Sünde (ratione peccati) zu verhindern und bei Fehlverhalten eines Herrschers korrigierend eingreifen zu dürfen.47 Zeitgenössische Kanonisten wie Huguccio (†1210) oder Ricardus Anglicus (†1225) entwickelten in dieser Konsequenz die Vorstellung einer strikt weisungsbefugten päpstlichen plenitudo potestatis, deren Durchsetzung auch geistliche Zwangsmaßnahmen einschloss.48 Eine zusätzliche Autorität gewannen die Päpste durch das erstmals von Innozenz III. beanspruchte Christusvikariat.49 Aus demselben Amtsverständnis, nämlich die 43 Vgl. Krieb, Vermitteln und Versöhnen, S. 219 f.; Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum,

S. 274.

44 Edition: (Liber Extra 4.17.13), in: Corpus Iuris Canonici, hrsg. von Emil Friedberg, Band 2 (De-

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cretalium Collectiones), Leipzig 1881 [RP 1959], Sp. 714 ff. Kommentare: O. Hageneder, Anmerkungen zur Dekretale Per venerabilem Innocenz‘ III. (X 4.17.13), in: Anmerkungen zur Dekretale Per venerabilem Innocenz‘ III. (X 4.17.13), in: Mathias Thumser; Annegret Wenz-Haubfleisch und Peter Wiegand (Hrsg.), Studien zur Geschichte des Mittelalters. Jürgen Petersohn zum 65. Geburtstag, Stuttgart 2000, S. 159–173; D. Courtney-Batson, Per venerabilem: Form Practical Necessity to Judicial Suprematy, in: John C. Moore; Brenda Bolton und James M. Powel (Hrsg.), Pope Innocent III and His World, Aldershot (u.a.) 1999, S. 287–303. Edition: (Liber Extra 2.1.13), in: Corpus Iuris Canonici, hrsg. Friedberg, Band 1, Sp. 242 ff. Kommentare: M. Maccarone, La papauté et Philippe Auguste: la décrétale Novit ille, in: R-H Bautier (Hrsg.), La France de Philippe Auguste. Le temps des mutations. Actes du Colloque international organisé par le C.N.R.S., (Paris, 29 septembre - 4 octobre 1980), Paris 1982, S. 385–409; Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 282 ff. Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 285. Vgl. Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 203 f. So führte Huguccio hinsichtlich der Zwangsgewalt des Papstes gegenüber dem Kaiser aus: Set numquid potest papa iudicae imperatorum in temporalibus? Credo quod sic; per excommunicationem enim coget eum respondere coram se (Summa, C. 15, qu. 6, c. 3; V, zitiert in: Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 88. Vgl. Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 203 f.; A. P. Bagliani, Der Leib des Papstes. Eine Theologie der Hinfälligkeit, München 1997 (Torino 1994) S. 68 ff., Ders., Art. Die päpstliche Vorrangstellung

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des vicarius summi mediatoris, fühlte sich Innozenz III. in Anlehnung an eine Stelle aus dem ersten Brief des Paulus an Timotheus (1. Tim 2,5) zu einer Betätigung als Friedensstifter berufen. Der Papst sah sich in der Nachfolge des größten Vermittlers Christi, „der durch seinen Tod am Kreuz Gott mit den Menschen versöhnt hat“, gleichzeitig aber auch in der Tradition aller seiner Vorgänger, welche die Vermittlerrolle von Petrus selbst geerbt hatten.50 Zu den wichtigsten Medien des Papsttums zählte das aus der Zeit der Kirchenreform bewährte Legatenwesen.51 Als Zwangsmaßnahme für renitente Verhandlungspartner und Unruhestifter galt das „geistlichen Schwert“, welches die Form einer persönlichen Exkommunikation oder des Interdikts über ein ganzes Gebiet annehmen konnte.52 Die Betätigung des Papstes als Schiedsrichter war dagegen an andere Voraussetzungen geknüpft: „Das klassische römische Recht hatte ein hochentwickeltes privates Schiedsgericht, das heißt die Einigung der Streitparteien durch compromissum auf einen arbiter, der außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit einen für die Beteiligten bindenden Spruch fällte, welcher durch gegenseitige Strafstipulation abgesichert war.“53 Im Zuge der Entwicklung des innerkirchlichen Jurisdiktionsprimats während der Kirchenreformbewegung wurde das Schiedsverfahren zunehmend auch für zivilrechtliche Verfahren geöffnet. So war es beispielsweise bei territorialen Streitigkeiten gefragt, bei welchen die Streitparteien iudicem superiorem non recognoscant oder einer der Konfliktpartner bei eigener Beteiligung an Konflikten aus realpolitischen Gründen auf sein angestammtes Richteramt verzichten mussten.54 Die eigene Betätigung als Schiedsrichter ging zugleich mit einem Prestigegewinn einher, weshalb diese Form der Konfliktaustragung zusätzliche Attraktivität nicht zuletzt bei geistlichen Kirchenfürsten gewann.55 Als Vorteile der

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(1198–1274). III. Der päpstliche Primat, in: Machtfülle des Papsttums (1054–1274) (Die Geschichte des Christentums. Religion. Politik. Kultur, Band 5), Freiburg/Basel/Wien 1994, S. 621 ff.; M. Maccarone, Vicarius Christi. Storia del titolo papale, Rom 1952. Vgl. Krieb, Vermitteln und Versöhnen, S. 224 ff. Zum Einsatz des päpstlichen Gesandtschaftswesen im Hundertjährigen Krieg siehe ausführlich Kapitel C) IV. Als Beispiel für den päpstlichen Versuch der Auferlegung eines Waffenstillstand in anglo-französischen Auseinandersetzungen vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, 1, Den Haag 31745, S. 60 (22. April 1214). Für einen raschen Überblick über geistliche Kirchenstrafen vgl. H. Zapp, Art. „Exkommunikation“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 170; Ders., Art. „Interdikt“, in: LexMA, Band 4 (1991) Sp. 468. Vgl. V. Beaulande, Le malheur d‘être exclu?: excommunication, réconciliation et société à la fin du Moyen Âge, Paris 2006; F. E. Hyland, Excommunication: Its Nature, Historical Development and Effects, The Catholic University of America 1928, Zu den Auswirkungen des Kirchenbannes auf das Reich zur Zeit des Avignonesischen Papsttums vgl. M. Kaufhold, Gladius spiritualis. Das päpstliche Interdikt über Deutschland in der Regierungszeit Ludwigs des Bayern (1324 - 1347), Heidelberg 1994. Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 288. Vgl. am Beispiel der Erzbischöfe von Köln im 13. Jahrhundert: W. Jannsen, Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191–1515, Teil 1 (Geschichte des Erzbistums Köln, Band 2,1), Köln 1995, S. 161; Ders., Bemerkungen zum Aufkommen der Schiedsgerichtsbarkeit am Niederrhein im 13. Jahrhundert, in: Jahrbücher des Kölner Geschichtsvereins, 43 (1971) S. 77–100. Vgl. Jannsen, Erzbistum Köln, S. 161.

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Schiedsgerichtsbarkeit sieht Jannsen „seine relative Schnelligkeit, seine großzügige Behandlung prozessualer Verfahrensnormen, sein Ausschluß weiterer Rechtsmittel ersparte den Parteien tatsächlich viel Mühe und Geld“.56 Nachdem die Schiedsgerichtsbarkeit zunächst durch die Rezeption des römischen Rechts im hochmittelalterlichen Italien Etablierung und Weiterentwicklung gefunden hatte, wurde sie schließlich im Liber Extra festgehalten (De arbitris). Der einflussreiche Dekretalist Guilelmus Durandus maß dem Schiedsgericht einen bedeutenden Anteil in seinem Speculum iudicale von 1271/76 bei.57 Am Ende des Verfahrens stand die erneute Anerkennung der Gültigkeit des Schiedsspruches und, mutatis mutandis, das Aufsetzen der Vertragsurkunden.58 Im Hinblick auf die Geschichte der päpstlichen Friedenspolitik lag das besondere Charakteristikum des Verfahrens in der Überparteilichkeit des Schiedsrichters (arbiter).59 Dieser letzte Punkt ist aus dem Grund bedeutsam, weil der ursprünglich aus der Fürsprache entwachsene Vermittler (mediator) traditionell auf Anfrage einer bestimmten Partei und in deren Interesse tätig gewesen war.60 Entscheidend zur Beurteilung der durch die Päpste von Avignon gewählten Form der Vermittlung erscheint die frühe juristische Differenzierung zwischen dem arbiter genannten eigentlichen Schiedsrichter und seiner technischen Variante, dem arbitrator oder amicabilis compositor61, welcher im Folgenden als Schlichter bezeichnet werden soll. Er war weitaus geringer an feste Formen der Prozessführung gebunden, verfügte im Gegenteil zum arbiter aber über keine Möglichkeit den gefällten Schiedsspruch durchzusetzen. Da der Begriff des arbitrator im Justinianischen Recht noch unbekannt war, musste er aufgrund der praktischen Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit im 12. Jahrhundert juristisch definiert werden. Die zunächst eindeutige Abgrenzung der Begrifflichkeit führte jedoch im legistischen Sprachgebrauch zu einer derartigen Verwischung der Formen, bis die Termini arbiter, arbitrator seu amicabilis compositor in der Vermittlungspraxis unterschiedslos gebraucht wurden.62 56 Jannsen, Bemerkungen zum Aufkommen der Schiedsgerichtsbarkeit, S. 81. 57 Guillaume Durand, Speculum iudiciale, S. 102–132 (lib. I. Partie I. (De Arbitro & arbitratore). Vgl.

Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 229.

58 Ebd., S. 295. 59 Vgl. L. Fowler, Forms of Arbitration, in: S. Kuttner (Hrsg.), Proceedings of the Fourth International

Congress of Medieval Canon Law, Toronto, 21–25 August 1972, Città del Vaticano 1976, S. 133– 147; Jannsen, Bemerkungen zur Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit, S. 83. 60 Kamp, Friedensstifter und Vermittler,S. 63 ff. 80–82, 179 ff. 61 Zur Gleichsetzung der beiden Begrifflichkeiten bei Durandus vgl. Guillaume Durand, Speculum iudiciale, S. 102–132 (lib. I. Partie I. (De Arbitro & arbitratore, § 7, 11). 62 Gegen die denkbare Inflation des Wortes als reine Leerformel argumentiert Kampmann mit dem praktischen Nutzen der unspezifischen und damit mehrdeutigen Begrifflichkeit in der frühneuzeitlichen Diplomatie. Vgl. Fowler, Forms of Arbitration, S. 135–136; K. Bader, Arbiter, Arbitrator seu amicabilis compositor, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Kan. Abt.), 27 (1960) S. 239–277, bes. 271 ff.; K.-H. Ziegler, Arbiter, Arbitrator und amicabilis compositor, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Rom. Abt.), 84 (1967) S. 239–276; Kampmann, Arbiter und Friedensstifter. Die Auseinandersetzung um den politichen Schiedsrichter im Europa der Frühen Neuzeit, Paderborn 2001, S. 26–31, bes. 29 f.

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Häufige Rollenwechsel der kurialen Friedensstifter vom neutralen Schiedsrichter zum parteiischen Vermittler und schließlich zu einem mit kirchlichen Zwangsmaßnahmen drohenden Richter können als typisch für das 13. Jahrhundert gelten.63 Ein letztes Mal als Schiedsrichter in einem anglofranzösischen Konflikt hatte sich Bonifaz VIII. nach dem Ende eines Krieges im Jahre 1298 betätigt.64 Auf zukunftsträchtige Weise hatten dabei die Franzosen darauf bestanden, dass sich der Papst tanquam in privatam personam et dominum Benedictum Gaietanum und nicht als oberster Pontifex mit richterlichem Anspruch das Verfahren leiten sollte – in der Sache mit wenig Erfolg.65 Hierbei handelte es sich um einen ersten Hinweis darin, dass die Person des Papstes im Kontext tatsächlicher wie projektierter Friedensaktivitäten als Person mit zwei Körpern unterschiedlicher politischer Bedeutung wahrgenommen wurde. Da die Übertragung des bekannten Konzepts der „King’s Two Bodies“ bereits kursorische wie punktuell auf das Papsttum angewandt wurde, wird sich im Folgenden die Frage stellen, inwieweit ein solcher Ansatz auch im Kontext der Diplomatie des Hundertjährigen Krieges existiert haben könnte.66 Nach wenig substantiellen Versuchen der Konfliktschlichtung unter Clemens V. und Johannes XXII.67 63 Vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 227–231. Zur Entwicklung einer ursprünglich paritäti-

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schen Form der Schiedsgerichtsbarkeit ohne zentrale Vermittlerinstanz im Reich vgl. M. Kaufhold, Entscheidungsstrukturen in Dynastie und Reich des 14. Jahrhunderts. Ein Versuch zur Formierung der Reichsverfassung am Beispiel der Wittelsbacher, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte/Germ. Abt., 120 (2003) S. 126–149, bes. 126 ff. mit Literatur. Zu den in dieser Arbeit Krieg von 1294–98 genannten militärischen Auseinandersetzung vgl. Wagner, Jack A., Art. „Anglo-French War of 1294–1303”, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 9–11; Sumption, Trial by Battle, S. 79 ff. Vgl. Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 90. Verkürzen lässt sich die Diskussion dadurch, dass laut Kantorowicz ein König neben seinem sterblichen Körper einen politischen, das corpus mysticum besaß, welcher ihn, verkörpert durch sein Königreich, überdauerte. Vgl. E. H. Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters, München 1990 (The King’s Two Bodies. A Study in Mediaevel Political Theology, Princeton, N. J. 21966), S. 193–206. Die Übertragung des Konzeptes auf das Papsttum wurde bislang von Agostino Paravicini Bagliani und Reinhard Elze bestritten. Vgl. Bagliani, Der Leib des Papstes, S. 11 ff.; R. Elze, Sic transi gloria mundi. Zum Tode des Papstes im Mittelalter, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, 34 (1978) S. 1–18. Bekräftigt wurde das Konzept eines päpstlichen corpus mysticum bzw. politicum aus kunstgeschichtlichem wie verfassungsgeschichtlichem Blickwinkel von Thomas Krüger. Vgl. T. M. Krüger, Die zwei Körper des Papstes: Zur politischen Theologie des Renaissancepapsttums, in: Heinz Krieg; Alfons Zettler (Hrsg.), In frumento et vino opima (Festschrift für Thomas Zotz zu seinem 60. Geburtstag), Ostfildern 2004, S. 297–316, bes. 312 ff. Hinweise frühester päpstlicher Differenzierungen zwischen privatem Körper und Amtskörper können bei der Selbsternennung Papst Nikolaus III. (1277–1280) als Senator von Rom vorgefunden werden, welche als Privatmann erfolgte. Vgl. Frenz, Papsttum, S. 96. Die seit dem 9. Jahrhundert verstärkt anzutreffende Tendenz der Päpste, in ihren Briefen alternierenden zwischen Pluralis majestatis und erster Person Plural Singular zu wechseln, möchte Dietrich Lohrmann indes eher als „Hilfsmittel zur Bestimmung von unmittelbarer Beteiligung der Päpste am Diktat ihrer Briefe“ verstanden wissen. Vgl. D. Lohrmann, Das Register Papst Johannes‘ VIII. (872–882), Tübingen 1968, S. 291–296, bes. 296 (Zitat). Siehe Kapitel B) I. 3.

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sieht Kamp einen Höhepunkt der päpstlichen Vermittlung im Mittelalter erst wieder zu Beginn des Hundertjährigen Krieges erreicht. Erstmals unter Benedikt XII. (1334–1342) habe sich das friedensstifterische Selbstverständnis des Papsttums durch den Anspruch der Überparteilichkeit ausgezeichnet.68 Eine Untersuchung der praktischen Implikationen der neuen Vermittlerstellung im Hundertjährigen Krieg ist gerade im stichprobenartigen Vergleich zu päpstlichen Interventionsversuchen während früherer kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Königen von England und Frankreich im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert sowie wenigen Beispielen weltlicher Vermittlung sinnvoll.69

2. Die Historiographie des Papsttums von Avignon Eine Analyse der päpstlichen Friedenspolitik des 14. Jahrhundert gewinnt ihre Brisanz durch die beinahe 80jährige Abwesenheit der Päpste aus Italien sowie dem Aufenthalt der Kurie in der im Arelat gelegenen Stadt Avignon. Das systematische Interesse an der Erforschung der Kurie in Avignon (1305–1403)70 erwachte kurz nach Eröffnung des Vatikanischen Geheimarchivs (Archivum Secretum Vaticanum) unter Papst Leo XIII. im Jahre 1881.71 Wichtige Pionierarbeit leisteten in dieser Hinsicht Kulturinstitute wie die École Française de Rome und das Deutsche Historische Institut in Rom. Einschlägige Studien und Forschungsprojekte über die Entwicklung der zentralisierten Finanzverwaltung und Pfründenpolitik der Kurie72 wurden vorgelegt. Über sozialgeschichtliche Studien des 68 Grundlegend: G. Althoff, Art. „Vermittler“, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 1555–56 sowie die syste-

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matisierende Rezension: K. van Eickels: Rezension zu: Kamp, Hermann: Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter. Darmstadt 2001, in: H-Soz-u-Kult, 12.04.2002, < http://hsozkult.geschichte. hu-berlin.de/rezensionen/MA-2002–010 > (Zuletzt abgerufen am 20. 04. 2013). Dem entspricht ein jüngerer Ansatz von Kampmann, welcher am Beispiel der frühneuzeitlichen, päpstlichen Diplomatie Rivalitäten zwischen dem Sendungsbewusstsein des Papstes und weltlichen Formen der Konfliktvermittlung im Kampf um den Titel des „Arbiters der Christenheit“ ausmacht. Vgl. Kampmann, Arbiter und Friedensstifter, S. 9 ff., 36 ff. Siehe Kapitel A) I. und D) Zur allgemeinen Einführung in das Thema vgl. jüngst K. Herbers, Geschichte des Papsttums im Mittelalter, Darmstadt 2012, S. 225–248; M. Menzel, Die Zeit der Entwürfe (1273–1347) (Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Band 7a), Stuttgart 2012, S. 193–196; T. Frenz, Das Papsttum im Mittelalter. Köln 2010, S. 52 ff.; A.-M. Hayez u. M. Hayez, Art. ‚Papst, Papsttum, VII. Das Papsttum in Avignon’, in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 1677–1682. Die in der Zeit von 1378–1403 in Avignon residierenden ‚Gegenpäpste’ werden von der Forschung zunehmend als der römischen Sukkzessionslinie gegenüber gleichrangig bewertet. Vgl. J. Favier, Les Papes d’Avignon, Paris 2006, S. 9. Weitere Überblicksdarstellungen: G. Mollat, Les papes d’Avignon (1305–1378), Paris 101964; Y. Renouard, La papauté à Avignon, Paris 31954 [RP 2004] ; B. Guillemain, Les papes d’Avignon (1309–1376), Paris 31969. Geschichtsdidaktisch: R. Lefranc, Avignon. Un palais pour le prince de l’église, Avignon 1999. Ein ausführlicher Überblick über die Geschichte und Funktionsweise des vatikanischen Archivs befindet sich auf: www.archiviosegretovaticano.va/archivio (Zuletzt aufgerufen am 8. April 2013). Zuletzt: J. Erdmann, “Quod est in actis, non est in mundo“: Päpstliche Benefizialpolitik im sacrum imperium des 14. Jahrhunderts, Tübingen 2006 sowie G. Mollat, La Collation des Bénéfices Ec-

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päpstlichen Hofes und individuellen Biographien einzelner Päpste73 hinaus wurde nicht zuletzt die Beschaffenheit und politische Bedeutung des Kardinalskollegiums des 14. Jahrhundert untersucht und biographische Arbeiten über einige von dessen prominenteste Mitglieder geschrieben.74 Während die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen75 des clésiastiques à l‘Époque des Papes d‘Avignon (1305–1378) (Bibliothèque des Écoles françaises de Rome et d’Athènes), Paris 1921; C. Samaran; G. Mollat, La Fiscalité Pontificale en France au XIVe siècle (Période d‘Avignon et Grand Schisme d‘Occident) (Bibliothèque des écoles françaises d‘Athènes et de Rome, Band 96), Paris 1905. 73 Vgl. R. Lützelschwab, Flectat Cardinales ad velle suum? Clemens VI. und sein Kardinalskolleg. Ein Beitrag zur kurialen Politik in der Mitte des 14. Jahrhunderts, München 2007; L. Vones, Urban V. (1362–1370). Kirchenreform zwischen Kardinalkollegium, Kurie und Klientel (Päpste und Papsttum, Band 28), Stuttgart 1998; D. Wood, Clement VI. The Pontificate and Ideas of an Avignon Pope, Cambridge 1989; A. Pélissier, Clément VI le Magnifique, premier pape limousin (1342– 1352). „Honneur des hommes et ornement de son pays, Brive (Corrèze) 1951; A. Pélissier, Innocent VI le reformateur. Deuxième pape Limousin (1352–1362), Tulle 1961; A. Pélissier, Grégoire XI ramène la papauté à Rome. Troisième pape limousin , Tulle 1962; P. R. Thibault, Pope Gregory XI: The Failure of Tradition, New York/London 1986; J. Gay, Le Pape Clement VI et les Affaires d‘Orient (1342–1352), Paris 1904. 74 Jüngster, umfassendster Überblick über die Geschichte des Kardinalskollegiums: J. Dendorfer; R. Lützelschwab, Geschichte des Kardinalats im Mittelalter (Päpste und Papsttum, 39), Stuttgart 2011. Das Buch ging aus einem DFG-Projekt hervor, welches sich seit dem Jahre 2006 einer Untersuchung der Kardinäle des Mittelalters widmete: http://www.kardinaele.geschichte.uni-muenchen.de/projekt/ index.html (Zuletzt aufgerufen am 30. November 2012). Überblicke über das Kardinalskollegium im 14. Jahrhundert und kurze Einzelbiographien sämtlicher Protagonisten zur Zeit Clemens VI., in: Lützelschwab, Flectat cardinales, S. 17–44, 433–496; Favier, Les Papes d’Avignon, Paris 2006, S. 155–80; G. Mollat, Contribution à l’histoire du sacre collège de Clément V à Eugène IV, in: Revue d`histoire ecclésiastique, 46 (1951) S. 22–112, 566–94. In Vorbereitung befindet sich: P. Jugie, Le Sacré collège et les cardinaux de la mort de Benoït XII à la mort de Grégoire XI (1342–1378). Für das 13. Jahrhundert vgl. W. Maleczek, Papst und Kardinalskollegium 1191–1216. Die Kardinäle unter Coelestin III. und Innozenz III., Wien 1984. Zur Reform der Mitbestimmungsrechte des Kardinalskollegiums vgl. Kaufhold, Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter, S. 170 ff. + FN 81 mit umfangreichen Literaturangaben. Zur Genese von Kardinalsfamilien und deren Einflüsse auf die französische Politik bis zum Ausbruch des Abendländischen Schismas vgl. H. Bresc, Les parties cardinalices et leurs ambitions dynastique, in: Genèse et débuts du Grand Schisme d‘occident. Colloques internationaux du C. N. R. S. No. 586. Avignon 25–28 septembre 1978, Paris 1980, S. 45–57. 75 Vgl. S. Weiß, Die Versorgung des päpstlichen Hofes in Avignon mit Lebensmitteln (1316–1378). Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte eines mittelalterlichen Hofes, Berlin 2002; Ders., Rechnungswesen und Buchhaltung des Avignonesischen Papsttums (1316–1378). Eine Quellenkunde (Monumenta Germaniae Historica. Hilfsmittel, Band 20), Hannover 2003 sowie C. Schuchard, Oculus camere. Die Apostolische Kammer und ihre Kollektoren im 14. Jahrhundert: Wege, Medien und Hemmnisse der Kommunikation, in: Gisela Drossbach; Hans-Joachim Schmidt (Hrsg.), Zentrum und Netzwerk. Kirchliche Kommunikationen und Raumstrukturen im Mittelalter, Berlin 2008, S. 93–125; Dies., Päpstliche Legaten und Kollektoren nördlich der Alpen, in: Siegfried de Rachewiltz; Josef Riedmann (Hrsg.), Kommunikation und Mobilität im Mittelalter. Begegnungen zwischen dem Süden und der Mitte Europas (11.-14. Jh.), Siegmaringen 1995, S. 261–275; B. Guillemain, La cour pontificale d’Avignon 1309–1376. Étude d‘une société, Paris 1962; P. M. Baumgarten, Untersuchungen und Urkunden über die Camera Collegii Cardinalium, Leipzig 1898.

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Papsttums von Avignon gut erforscht sind, leiden viele enzyklopädische Überblicksartikel und Kurzbeträge über die Kurie von Avignon unter dem hartnäckigen Forschungsparadigma eines Papsttums von Avignon, welches sich im „babylonischen Exil“ im französischen Einflussbereich befunden habe und daher politisch wie wirtschaftlich „definitiv unter die Kontrolle des Königs von Frankreich geraten“ sei.76 Gleichfalls strittig bleibt die Bewertung der Konsequenzen aus der zunehmenden Zentralisierung der römischen Kurie in Avignon.77 Während die Involviertheit der Päpste in den weitgehend auf heimisch-französischem Boden geführten Krieg allein aus biographischem Interesse erklärbar bleibt,78 so wurde die bereits zeitgenössische Kritik79 an ihrer phasenweisen Parteinahme für die französische Kriegspartei sowie die Zweckentfremdung von insbesondere englischen Erträgen des Benefizialwesens zur Füllung französischer Kriegskassen zumindest sophistisch bis in jüngere Überblicksdarstellungen übernommen.80 In jüngerer Zeit mehrten sich Einschätzungen, welche zwar die Anomalität des Aufenthaltes der Kurie in Avignon betonen, die kirchenfiskalische Zentralisierung des Papsttums gerade angesichts des relativen Verfalls des Kirchenstaates sowie der Stadt Rom kritisch akzentuieren, dabei aber in Abgrenzung zu dem Paradigma der Abhängigkeit die Zeit des Avignonesischen Papsttums als letzten Höhepunkt vor einer endgültigen „Schwächeperiode des Papsttums“ bewerten.81 76 Zitat und Wertung in: H. Thomas, Ludwig der Bayer. Kaiser und Ketzer, Regensburg/Graz/Wien

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1993, S. 30. Auch Denzler gibt bei aller Sachlichkeit seinem Kapitel über die Päpste von Avignon im Verweis auf Petrarca den Titel „Das Papsttum im Exil“. Vgl. G. Denzler, Das Papsttum. Geschichte und Gegenwart, München 1997, S. 58 f. Noch pauschaler: „Als [Clemens V.] dann Papst wurde, geriet er völlig unter den Einfluss der französischen Könige, was das Exil der Päpste in Avignon zur Folge hatte“ (D. Suhr; M. T. Mall, Hirten, Bischöfe, Patriarchen. Päpste des Mittelalters, Stuttgart 2007, S. 93 f.). Vgl. zur Forschungsgeschichte über das Avignonesische Papsttum: D. Waley, Opinions of the Avignon Papacy: A historiographical sketch, Storiografico e storia. Studi in onore di Eugenio Dupré Theseider, Rom 1974, S. 176–188. Unreflektiert fundamentalkritisch: T. M. Martin, Das Avignonesische Papsttum im Spiegel der zeitgenösischen Kritik, in: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Giessen, 76 (1991) S. 445–476. Kritisch gegenüber der Charakterisierung des Attentats von Anagni als Epochengrenze und dem Beginn des politischen Niedergangs der Kurie: J. Röhrkasten, Die Päpste und das englische Königreich im frühen 14. Jahrhundert, in: Drossbach; Schmidt (Hrsg.), Zentrum und Netzwerk, S. 128–181. S. 127–38. Vgl. in Abgrenzung zur französischen Sichtweise: Frenz, Thomas, Das Papsttum im Mittelalter, Köln 2010, S. 51. Herbers konterkariert dagegen unter der Überschrift „Erholung in der Fremde?“ gelungene Strukturentwicklungen mit gestiegenen finanziellen Ausgaben, zeitgenössischer Sozialkritik und dem Druck nach Reformen. Vgl. Herbers, Geschichte des Papsttums, S. 247 f. So bereits Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 235. Geprägt wurde dieses Bild nicht zuletzt von kurienkritischen Zeitzeugen des Avignonesischen Papsttums wie etwa die Briefsammlung Liber sine nomine Francesco Petrarcas, welche insbesondere die Fiskalisierung des kurialen Geschäftsganges sowie die Moral hochrangiger Kurialer kritisiert. Vgl. P. Piur (Hrsg.), Petrarcas ‚Buch ohne Namen‘ und die päpstliche Kurie. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte der Frührenaissance (Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Buchreihe, Band 6), Halle a.d. Saale 1925, S. 228 ff. [Brief 18], bes. 234. Vgl. Herbers, Geschichte des Papsttums, S. 231 ff. Menzel, Die Zeit der Entwürfe, S. 12, 193 f.; Frenz, Papsttum, S. 90, 96.

Forschungsstand

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Aufgrund der Tatsache, dass sich zahlreiche der besser erforschten Kardinäle wie Gui de Boulogne,82 Élie Talleyrand de Périgord83 oder Annibaldo Ceccano84 in herausragender Weise als Friedensvermittler hervortaten, besitzen entsprechende Studien eine hohe Relevanz auch zur Erforschung der päpstlichen Friedenspolitik während des Hundertjährigen Krieges und regen zu einem Vergleich des biographischen Hintergrundes und der Selektionskriterien der kurialen Vermittler an. Die genannten Werke stellen eine wichtige Grundlage zur Erforschung des Milieus85 an der Kurie von Avignon sowie der Verhandlungstopographie während der Friedensverhandlungen dar. In politischer Hinsicht wurden die Päpste des 14. Jahrhunderts bis heute seltener durchleuchtet.86 Auch die Stadt Avignon wurde abgesehen des klassischen Konfliktfeldes der Auseinandersetzungen der Avignonesischen Kurie mit Ludwig dem Bayern87 zumeist als wirtschaftliches und soziales Zentrum untersucht, weniger aber als ein Ort, an dem politische Entscheidungen getroffen wurden.88 82 Vgl. P. Jugie, Le Cardinal Gui de Boulogne (1316–1373). Biographie et Étude d’une “Familia” Car-

dinalice, 3 Bände, Paris 1986 ms. und dessen zahlreiche Aufsätze. Siehe Kapitel B) V. Anm. 475.

83 N. P. Zacour, Talleyrand: The Cardinal of Périgord (1301–1364), in: Transactions of the American

Philosophical Society, N.S. Band 50, 7, Philadelphia 1960.

84 M. Dykmans, Le cardinal Annibal de Ceccano (vers 1282–1350). Etude biographique et testament

du 17 juin 1348, in: Bulletin de l’Institut historique belge de Rom, 43 (1973), S. 145–344.

85 Zur Definition und Anwendung des Begriffs siehe insbesondere Kapitel A) II. 6. und Kapitel C) III. 1. 86 Überblick über die „Außenbeziehungen“ der Kurie in: Herbers, Geschichte des Papsttums, S. 243–

245. Bezogen auf das Reich: M. Kaufhold, Gladius Spiritualis. Das päpstliche Interdikt über Deutschland in der Regierungszeit Ludwigs des Bayern (1324–1347) (Heidelberger Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte, Band 6), Heidelberg 1994; H. Thomas, Clemens VI. und Ludwig der Bayer, in: Hermann Nehlsen; Hans-Georg Hermann (Hrsg.), Kaiser Ludwig der Bayer. Konflikte, Weichenstellungen und Wahrnehmung seiner Herrschaft, Paderborn 2002, S. 75–117. Bezogen auf Frankreich: F. J. Felten, Avignon und Paris. Spielräume und Prinzipien politischen Handelns des frühen avignonesischen Papsttums, Habil-Schrift FU Berlin 1990 m.s.; M. Prou, Étude sur les relations politiques du pape Urbain V (Bibliothèque de l‘École des Hautes Études) Paris 1888. Zur europäischen Bedeutung des Papsttums in der Frühphase des 14. Jahrhunderts mit einem Schwerpunkt auf die Beziehungen Clemens‘ V. mit den englischen Königen Eduard I. und Eduard II.: Röhrkasten, Die Päpste und das englische Königreich, S. 128–181. Zur Kreuzzugspolitik der Päpste von Avignon vgl. zusammenfassend N. Housley, The Avignon Papacy and the Crusades, New York 1986. Die Politik der Päpste zur Zeit des Schisma untersuchte: Vgl. P. Genequand, L‘organisation et la politique de La cour pontificale d‘Avignon sous Clément VII (1378–1394), 5 Bände, Genf 2003 (Dissertation m.s.). Zum Zeitpunkt der Drucklegung noch im Entstehen begriffen waren die Augsburger Dissertationen meiner Kollegen Julius Leonhard über die Politik der Kurie gegenüber Genua und Sebastian Zankes vergleichende Studie über die Politik Papst Johannes‘ XXII. 87 Vgl. zu dem Konflikt der Kurie mit Ludwig dem Bayern mit weiterführender Literatur: Menzel, Zeit der Entwürfe, S. 164–170,176–183, 194. 88 Bedeutende Ausnahmen stellen K. Plöger, England and the Avignon Popes. The Practice of Diplomacy in Late Medieval Europe, London 2005, S. 197–218 und Felten, Avignon und Paris, dar. Ein Einblick in die unpubliziert gebliebene Habilitationsschrift wurde mir leider nicht ermöglicht. Der Autor veröffentlichte jedoch Kernergebnisse der Arbeit in zahlreichen Aufsätzen: Ders., München, Paris und Avignon im Frühjahr 1337: Anmerkungen zur Wirkmächtigkeit von Geschichtsbildern, in: K. Amann; L. Pelizaeus; A. Reese; H. Schmahl (Hrsg.), Bayern in Europa, Frankfurt am Main 2005, S. 1–16, Ders., Verhandlungen an der Kurie im frühen 14. Jahrhundert. Spielregeln der Kommunikation in konfliktge-

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Hinsichtlich der Friedenspolitik der Kurie während des Hundertjährigen Krieges hatte frühzeitig Edouard Perroy, einer der besten Kenner des Krieges, festgestellt, dass ohne ein Verständnis der päpstlichen Friedensvermittlung auch kein Verständnis der spätmittelalterlichen Diplomatie zu erwarten sei.89 Das Desiderat einer monographischen Behandlung der kurialen Friedenspolitik stellt sich umso dringender als es im Gegenzug auch keine umfassende Studie über die überschaubaren weltlichen Konfliktintervention in den ersten Phasen des Krieges gibt,90 direkte Kontakte zwischen den Kriegsparteien wiederum in den Jahren 1338–1340 abrissen. Eine derartige Untersuchung würde rasch den zunehmenden Schwierigkeiten auf englischer Seite auf die Spur kommen, das geeignete Personal für eine juristische Verfechtung deren Standpunktes zu finden.91 Die kuriale Vermittlung wurde bis jetzt schlaglichtartig in Überblicksdarstellungen und Detailstudien92 und Aufsätzen über einzelne Fallbeispiele vom 13. bis 15. Jahrhundert,93 nicht

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ladenen Beziehungsnetzen, in: K. Herbers, N. Jaspert (Hrsg.), „Das kommt mir spanisch vor“ – Eigenes und Fremdes in den deutsch-spanischen Beziehungen des späten Mittelalters, Münster 2004, S. 411– 474; Ders., Kommunikation zwischen Kaiser und Kurie unter Ludwig dem Bayern (1314–1347): Zur Problematik der Quellen im Spannungsfeld von Schriftlichkeit und Mündlichkeit, in: Kommunikationspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter und in der Renaissance, hrsg. von H.-D. Heimann. Paderborn 1998, S. 51–89. Vgl. auch L. Mirot, La politique pontificale et le retour du Saint-Siège à Rome en 1376, Paris 1899 mit dem Widerspruch in: S. Weiß, Onkel und Neffe. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich unter Kaiser Karl IV. und König Karl V. und der Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas, in: Ders. (Hrsg.) Regnum und Imperium. Die französisch-deutschen Beziehungen im 14. und 15. Jahrhundert, hrsg. von Stefan Weiß, München 2008, S. 101–164. Vgl. E. Perroy, Historical Revision – Franco-English Relations, 1350–1400, in: History, 21 (1936) S. 281 mit Verweis auf ein entsprechendes Forschungsdesiderat für die Zeit ab 1340. Die hypothetisierte Studie müsste zudem der Flut an anglo-französischen „Prozessen“ zur Regelung der Umsetzung vergangener Friedensverträge nachgehen. Am ehesten erfüllt in seiner ereignisgeschichtlichen Gesamtheit die Erwartungen: Déprez, Les préliminaires, S. 49 ff. 53 ff., 83 ff. Für einen Überblick über den Hundertjährigen Krieg siehe Kapitel A) IV. Zum unsicheren Verhältnis weltlicher zu geistlicher Friedensvermittlung in der Frühphase des Krieges (1337–1345) siehe punktuell Kapitel B) I. 3. und Kapitel D). Vgl. London, PRO C 47/28/3 N. 48, 47/28/4 N. 4, C 47/28/5 N. 27. Das Verbot Eduards III. an seine Gesandten, Philipp VI. anders zu titulieren als als Philippe de Valois, beendete diese Möglichkeit der direkten Diplomatie im Grunde bereits im Jahre 1338. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1066 (16. November 1338). Vgl. jüngst G. Minois, La guerre de Cent Ans, Paris 2008, S. 554 ff. Ferner: M. A. C. Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes during the first Part of the Hundred Year’s War. Case Study of Innocent VI, Pennsylvania State University 1977 m.s; H. Jenkins, Papal Efforts for Peace under Benedict XII, 1334–1342, Philadelphia 1933. Grundlegend zur Friedenspolitik der Päpste des 13. Jahrhunderts: Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 249–332. Überblick über die päpstliche Diplomatie und Vermittlung des 14. Jahrhunderts: B. Guillemain, Kapitel „I. Kirche und weltliche Macht in der römischen Christenheit. 5. Die päpstliche Diplomatie“, in: M. M. du Jourdin; A. Vauchez (Hrsg.); Die Geschichte des Christentums, Band 6 (Die Zeit der Zerreißproben 1274–1449), Freiburg 1990, S. 598–607. Aktueller Forschungsstand: F. Autrand, Les artisans de paix face à l‘état. La diplomatie pontificale et le conflit francoanglais au XIVe siècle, in: P. Contamine (Hrsg.), Guerre et concurrence entre les États européens du XIVe au XVIIIe siècle, Paris 1998; S. 305–337 [Engl. Übersetzung 2000]; Prägnante Kurzfassung:

Forschungsstand

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aber monographisch in ihrer Gesamtheit behandelt. Aufgrund zu enger oder zu weiter zeitlicher Perspektiven beurteilen die bisherigen Arbeiten die Vermittlungsarbeit zumeist als erfolglos.94 Diese Einschätzung war vereinzelt noch weit über das Ende der 1980er Jahre hinaus dem Forschungsparadigma eines unter Einfluss des französischen stehenden Papsttums von Avignon geschuldet,95 welches schon aus politischen wie fiskalischen Gründen nicht unparteiisch habe vermitteln wollen oder können.96 Demgegenüber stehen F. Autrand, Les Papes d‘Avignon: Artisans de paix, in: Les Papes d‘Avignon et la culture (Annuaire de la société des amis du palais des papes et des monuments d’Avignon, Band 77), Avignon 2000, S. 119–121; D. Wood, Omnino a partialitate cessante: Clement VI. and the Hundred Years War, in: W. J. Sheils (Hrsg.), The Church and War, Oxford 1983, S. 179–189; Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 79–107. B. Guillemain, Les tentatives pontificales de médiation dans le litige franco-anglais de Guyenne au XIV siècle. Bulletin philologique et historique du Comité des Travaux Historiques et Scientifiques (1958) S. 423–432; P. Chaplais, Règlement des conflits internationaux franco-anglais au XIVe siècle (1293–1377). Le Moyen Âge 1951, S. 269–302 [ND in: Ders. (Hrsg.), Essays in Medieval Diplomacy and Administration, London 1981], Y. Renouard, Les papes et le conflit FrancoAnglais en Aquitaine de 1259 a 1337, in: Mélanges d’Archeólogie et d’Histoire (Band 51), Paris 1934; J. Gruber, The Peace Negotiations of the Avignon Popes, in: The Catholical Historical Review, 19 (1934) S. 190–199; E. Déprez, La Conférence d’Avignon (1344). L’arbitrage pontifical entre la France et l’Angleterre, in: A. G. Little und F. M. Powicke (Hrsg.), Essays in Medieval History presented to T. F. Tout, Manchester 1925, S. 301–321; G. Mollat, Innocent VI et les tentatives de paix entre la France et l’Angleterre (1353–1355), in: Revue d’Histoire Ecclésiastique, 10 (1909) S. 729–743. Für die päpstliche Diplomatie des 15. Jahrhunderts (mit entsprechenden Rückblicken) vgl. H. Müller, Konzil und Frieden, Basel und Arras (1432), in: J. Fried (Hrsg.), Träger und Instrumentarien des Friedens (Vorträge und Forschungen, Band 43), Sigmaringen 1996, S. 333–390, bes. 339–344; J. G. Dickinson, The Kongress of Arras 1435 (A Study of medieval diplomacy), Oxford 1955, S. 79–102. 94 Vgl. „De toute façon, la guerre de Cent Ans marque la faillite complète de la diplomatie pontificale. […] Le temps n’est plus où le pape se permettait de dicter ses conditions […]” (Minois, La Guerre, S. 557) sowie das bezeichnende Kapitel „La vaine défense de la paix?“, in Guillemain, Les Papes d’Avignon, Paris 22000, S. 77–82 mit „The history of the later medieval papacy as a peace-maker in Europe has still to be written; acting through its accredited representatives or sometimes by personal intervention, the papacy was in this sphere the equivalent of the modern United Nations“ (Dickinson, The Congress of Arras, S. 78). Ansätze für ein differenzierteres Bild bieten auch Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 101 und die Zusammenfassung der Diplomatie in: Jones, Relations with France, S. 242. 95 Klassisch hierzu Pastor: „Das wesentliche der neuen Epoche in der Geschichte des Papstthums, welche mit Clemens V. und Johann XXII. beginnt, beruht auf dieser dauernden Trennung von dem traditionellen Sitze des heiligen Stuhles und dem italienischen Boden überhaupt, welche die Päpste in eine verderbliche Abhängigkeit von Frankreich brachte und ihre universale Stellung nachdrücklich gefährdete”, (L. Pastor, Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renaissance bis zur Wahl Pius II. (Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Band 1), Freiburg 1886, S. 53 f.). 96 Vgl. Minois, La Guerre, S. 554 ff.; D. Wood, Clement VI, S. 138 ff.; Dies., Omnino a partialitate cessante: Clement VI. and the Hundred Years War, in: Studies of Church History, Band 20, Woodbridge 1983, S. 179–189; J. Barker, Agincourt. The King, the Campaign, the battle, London 2006, S. 13; „Mais il [Bonifaz VIII.] ne s’attaque pas au fond du probleme et ne cherche pas à faire disparaître les causes de conflits” (Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 99). Vgl. Renouard, Les papes et le conflit, S. 275 f., 281 f.; Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège de 1285 à 1304, Paris 1936, S. 364 ff. mit einigen merklichen Relativerungen in: Menzel, Die Zeit der Entwürfe, S. 193 f.

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freilich schlaglichtartige Heraushebungen individueller überparteilicher Vermittlungsbemühungen einzelner Pontifikate, welche sich nicht in das erwähnte Forschungsparadigma fügen lassen.97 Differenzierter betont Guillemain die naturgemäße wie politische Notwendigkeit der Päpste von Avignon schon allein aufgrund ihrer Herkunft und Kreuzzugsverpflichtungen im Hundertjährigen Krieg zu vermitteln. Der Autor billigt ihnen darin sogar eine „besonders wirksame Rolle“ zu.98 Vor allem in der französischen Historiographie wird jedoch unterstrichen, dass die päpstliche Vorstellung einer durch das Vergießen christlichen Blutes gefährdeten Christenheit, welche nach der Beilegung ihrer Zwistigkeit auf paneuropäische Weise die vordringenden Muslimen in Kleinasien und im Mittelmeerraum abwehren solle, sich in der politischen Realität des 14. Jahrhunderts als äußerst schwierig erwies. Die Ursache des relativen Scheiterns sehen Georges Minois, François Autrand und andere in der aufkommenden Staatsräson souveräner Königreiche und der beginnenden Nationalstaatlichkeit des 14. Jahrhunderts, die keine päpstliche Einmischung mehr duldete,99 wobei der päpstliche Beitrag zu Waffenstillständen entweder nur wenig gewürdigt oder gar missverstanden wurde.100 Das vermeintliche Versagen der Päpste im Hundertjährigen Krieg wurde geradezu als Gipfel einer fehlgeleiteten Interventionspolitik zugunsten scheinbar rechtmäßiger, königlicher Amtsinhaber verstanden.101 Freilich relativierte gerade Jens Röhrkasten am Beispiel der gleichfalls nur begrenzt erfolgreichen Interventionsversuche Bonifaz‘ VIII. die Vorstellung eines plötzlichen realpolitischen Bedeutungsverlustes der Päpste im 14. Jahrhundert, da dieser Prozess seiner Meinung nach bereits früher begonnen habe.102 Hinsichtlich ihrer Bemühungen um eine Beilegung von Konflikten zwischen den Königen von England und Frankreich ist immerhin die Monopolstellung der obersten Hirten gewürdigt worden, welche erst durch das Große Abendländische Schisma eine Unterbrechung gefunden habe.103 Als Hemmnis der 97 So demonstrierte laut Seppelt gerade Benedikt XII. „eine bemerkenswerte Unabhängigkeit ge-

genüber französischen Interesssen“ (F. X: Seppelt, G. Schwaiger, Das Papsttum im Spätmittelalter und in der Renaissance von Bonifaz VIII. bis zu Klemens VII. (Geschichte der Päpste, Band 4), München 2 1957, S. 125). Vgl. dagegen die gegenteilige Einschätzung, wonach lediglich Innozenz VI. und Gregor XI. unparteiisch vermittelt hätten in: Jones, Relations with France, S. 242. 98 Vgl. Guillemain, Art. „Die päpstliche Diplomatie”, S. 599, 603 (Zitat). 99 Vgl. Autrand, Les artisans de la paix, S. 327 ff., Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 85–106; Renouard, Les papes et le conflit, S. 285–92. 100 „Les légats, nous l’avons vu, suivent les armées françaises et anglaises, mais les souverains ne les écoutent que lorsqu’ils sont en difficulté et qu’ils ont besoin d’une trêve pour souffler” (Minois, La Guerre, S. 557). 101 Das Scheitern des Papsttums war nach Sophia Menache die Konsequenz einer innerkirchlichen Führungsschwäche: „[T]he outbreak of the Hundred Years War signaled not only the ineffectiveness of papal arbitration but also the collapse of a united Christendom under papal leadership“ (Menache, The Failure of John XXII‘s Policy, S. 423–437, bes. 431, 435 ff.). 102 Vgl. Röhrkasten, Die Päpste und das englische Königreich, S. 135. 103 Vgl. mit dieser Forschungsmeinung übereinstimmend: J. Sumption, The Hundred Years War, Band 3 (Divided Houses), London 2009, S. 349; Minois, La Guerre, S. 244; Guillemain, Art. „Die päpstliche Diplomatie“, S. 606; J. Grohe, Art. „Gregor XI.“, in: LexMA, Band 4 (1389) Sp. 1674 f.

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Friedensbemühungen wurde die parallele Entwicklung des Prinzips der Souveränität und der Unteilbarkeit des französischen Kronbesitzes erkannt.104 Das aufgrund der flächendeckenden finanziellen Abschöpfung und Eintreibung von Erträgen aus den Pfründen nach der Provision hoher Prälatenstellen moralisch geschwächte Papsttum von Avignon konnte unter diesen Bedingungen nach bisherigen Interpretationen allenfalls die Aushandlung kurzfristiger Waffenruhen erreichen.105 Der skizzierte fragmentarische Forschungsstand sowie das erwähnte Paradigma der Kurie als erfolglose Vermittlerin standen einem umfassenden Verständnis der Methodik kurialen Friedensvermittlung bislang eher im Wege. Immerhin wurde aus konfliktgeschichtlicher Perspektive die Friedenspolitik Benedikts XII. zu Beginn des Hundertjährigen Krieges als Weiterentwicklung der mittelalterlichen Vermittlungstechnik im Hinblick auf das Gebot der Überparteilichkeit verstanden.106 Der kuriale Entscheidungsprozess sowie die auf diesen einwirkenden Faktoren blieben aber bislang ebenso unberücksichtigt wie eine Analyse der diplomatischen Konsequenzen und beträchtlichen politischen Folgen dieser Entscheidung. Der päpstliche Beitrag zur Genese spätmittelalterlicher Verhandlungsnormen wurde in jüngerer Zeit exemplarisch von Jean-Marie Moeglin gewürdigt.107 Eine abschließende Bewertung für die Gesamtzeit des Hundertjährigen Krieges steht dagegen bislang noch aus.

3. Historiographie der anglo-französischen Spannungen sowie des Hundertjährigen Krieges Unverzichtbar zur Bewertung des sich wandelnden Verhältnisses zwischen den englischen und französischen Königen vom 9. bis zum 13. Jahrhundert ist Klaus van Eickels‘ Untersuchung der von einer ursprünglichen „Gleichrangigkeit in der Unterordnung“ geprägten Beziehung zwischen den Königen von England und Frankreich bis zum erwähnten Bruch des vasallitischen Verhältnisses im Vorfeld des Hundertjährigen Krieges.108 Die 104 Vgl. zusammenfassend: Autrand, Les Artisans de la Paix, S. 327–337; Dies., Charles V. le sage,

Paris 1994, S. 622.

105 Vgl. Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 105 f.; L Caillet, La Papauté d’Avignon et l’église de

france. La politique bénéficiale du Pape Jean XXII en France (1316–1334) La politique bénéficiale du Pape Jean XXII en France (1316–1334), Paris 1975. 106 Vgl. Benoît XII, (France) N. 644, zitiert in: Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 13. Vgl. ebd., S. 233 ff. 107 Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte der spätmittelalterlichen Diplomatie, S. 255–276. 108 Methodisch richtungsweisend sind Versuche von van Eickels, scheinbare Widersprüche in erzählenden und diplomatischen Quellen durch getrennte Diskursanalysen für die eigene Fragestellung nutzbar zu machen. Vgl. K. van Eickels, Gleichrangigkeit in der Unterordnung. Lehensabhängigkeit und die Sprache der Freundschaft in den englisch-französischen Beziehungen des 12. Jahrhunderts, in: H. Vollrath (Hrsg.), Der Weg in eine weitere Welt. Kommunikation und Außenpolitik im 12. Jahrhundert, Münster 2008, S. 13–34; Ders., Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt. Die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter (Mittelalterforschungen, Band 10), Stuttgart 2002 sowie am Beispiel des Vertra-

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von Eickels und vor ihm John Gillingham und Malcolm Vale gewonnen Erkenntnisse sind bedeutsam zur Beurteilung der politischen Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Notwendigkeit einer päpstlichen Konfliktbeilegung erwachsen sollte. Das anglo-französische Verhältnis war erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts durch den Abschluss des Vertrages von Paris (1259)109 zwischen Ludwig IX. dem Heiligen und Heinrich III. von England auf eine ganz neue Grundlage gestellt worden. Der berühmte Vertrag von Paris, der im Oktober 1259 in letzter Instanz ohne das Beisein päpstlicher Repräsentanten abgeschlossen wurde,110 sowie das charismatische wie verwandtschaftliche Verhältnis der englischen und französischen Königsdynastien hatte schließlich in den kommenden 35 Jahre eine merkliche Konsolidierung beider Königreiche zur Folge.111 Das Ziel der Bemühungen gerade Ludwigs IX. von Frankreich war eine Institutionalisierung und Verrechtlichung des beiderseitigen Verhältnisses bei einer gleichzeitigen dynastischen Annäherung der Dynastien. Heinrich und Ludwig (sowie deren Brüder) hatten allesamt Töchter des Grafen Raimund Berengar V. von der Provence geheiratet und waren somit vierfach verschwägert.112 ges von Paris (1259): Ders. Vom freundschaftlichen Konsens zum lehensrechtlichen Konflikt, die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter, in: D. Berg, M. Kintzinger, P. Monnet (Hrsg.), Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter (13.–16. Jahrhundert) (Europa in der Geschichte, Band 6), Bochum 2002, S. 87 f. 109 Der König von England hatte zunächst auf die Normandie, das Anjou, Maine, Touraine und das Poitou zu verzichten. Die Diözesen Limoges, Cahors und Périgeux sollten unter dem Vorbehalt in englischen Besitz bleiben, dass die Rechte bisheriger Anteilseigener gewahrt bleiben mussten. Das Agenais und die Saintonge sollten zu Lebzeiten im Besitz Alfonsos von Poitiers bleiben. Im Gegenzug wurde Heinrich III. zu einem der Pairs de France erhoben und erhielt von Ludwig IX. die dringend benötigte Unterstützung von 500 Panzerreitern in innerenglischen Auseinandersetzungen. Vgl. E. Lalou, Art. „Vertrag von Paris, 1259“ in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 1721 f.; Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 208–229; Berg, Die Anjou-Plantagenet, S. 145–147. f.; Vale, Angevin Legacy, S. 53; P. Chaplais, Le traité de Paris de 1259 et l‘inféodation de la Gascogne allodiale, in: Le Moyen Âge, 61 (1955) S. 121–137 [ND 1981]; Ders. The making of the treaty of Paris (1295) and the royal style, in: The English historical review, 67 (1952) S. 235–253. 110 Obwohl sowohl Heinrich III. als auch Ludwig IX. im Sommer 1258 um die Entsendung eines Kardinallegaten zu den bevorstehenden Friedensverhandlungen in Cambrai gebeten hatten, verweigerte sich der Papst mit dem Argument, dass ihm keiner seiner derzeit neun Kardinäle für diese Aufgabe zur Verfügung stünde. Trotz einer Verschiebung der Ratifikation auf das Folgejahr durch die Opposition der englischen Barone standen dem erfolgreichen Abschluss des Vertrages und dem Leisten der ligischen Mannschaft im Oktober bzw. Dezember 1259 schließlich nichts mehr im Wege. Vgl. Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 303 f. mit reichhaltiger Literatur. 111 Im Falle Englands spricht Vale von einer „Anglo-french civilization“ mit regem Kulturtransfer. Vale, England, France and the Origins of the Hundred Years War, S. 199–202; Ders., Angevin Legacy, S. 3, 21–47; Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 166–174. Hinsichtlich einer skeptischen Bewertung des Friedens von Paris sowie dessen Bedeutung für die Reichspolitik vgl. M. Kaufhold, Das Interregnum. Deutsche und europäische Politik. Konfliktlösungen und Entscheidungsstrukturen (Monumente Germaniae Historica Schriften, Band 49), Hannover 2000, S. 83–97. 112 Vgl. B. W. Häuptli, Art. „Raimund Berengar V.“, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 25 (2005) Sp. 1118–1122; Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 145; 187–198.

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Das Vorgehen des später heiliggesprochenen Königs war keinesfalls unumstritten. Kritikern aus dem Kreise französischer Kronjuristen, welche sich im Jahre 1259 anlässlich des Abschlusses des Vertrages darüber beklagt hatten, dass Ludwig dem englischen König zuviele Zugeständnisse gemacht habe, konnte der im Jahre 1297 heiliggesprochene Monarch erwidern, dass er mit Heinrich III. nicht nur einen bedeutenden Lehnsmann gewonnen habe, sondern auch Liebe stiften [wollte], zwischen meinen Kindern und den seinigen, die ja Geschwisterkinder sind.113 Der Vertrag konnte künftige Spannungen nicht ausschließen, denn immerhin „symbolisierte [er] jetzt die Zugehörigkeit [von Heinrichs] Herzogtum [Aquitanien] zum Zuständigkeitsbereich des entstehenden Parlement de Paris und die Verpflichtung [des englischen Königs] zur Heeresfolge mit festen Kontingenten.“114 Im Hinblick auf spätere Konflikte, welche sich über nicht realisierte Vertragsinhalte entzündeten, ist der Vertrag von Paris indes von Lalou als „Brandherd der Zwietracht“ erkannt worden.115 Bei der Beilegung der gleichwohl erstmals Ende des 13. Jahrhunderts entstandenen Spannungen war die päpstliche Diplomatie nur ein untergeordneter Bestandteil eines „differenzierten Instrumentariums der Konfliktbeilegung“116 gewesen, das sich zwischen den Königreichen von England und Frankreich entwickelt hatte.117 Vale vermutet eine Hierarchisierung sämtlicher Friedensinitiativen. Nach dieser stünden der Papst und seine Kardinäle an der Spitze und darunter eine Vielzahl von Gesandten und Bevollmächtigten beider Herrscher.118 Tatsächlich gibt es aber wenig Anzeichen für eine so eindeutige Orchestrierung sämtlicher Friedensinitiativen. Traditionell hatten die Könige von England und Frankreich ihre Spannungen durch paritätische Verhandlungen an den jeweiligen Territoriumsgrenzen zu lösen versucht.119 Auch erfolgten die notwendigen Zeremonien der ligischen Huldigung für den englischen König auf noch erträgliche Weise. Die Regelung sämtlicher strittiger territorialer wie lehnsrechtlicher 113 Jean de Joinville, Vie de Saint Louis, hrsg. von Jacques Mondring, Paris 1995, S. 339), zitiert und in

dieser Form übersetzt in: Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 199.

114 Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 402. 115 Lalou, Art. „Vertrag von Paris, 1259“, Sp. 1721 f. – Bereits der erste Punkt des Vertrages, die Rege-

lung der Abtretung der Bistümer Limousin, Quercy und Périgords sowie der Städte Limoges, Cahors und Périgueux ebenso wie das Agenais sollte sich als problematisch herausstellen. Der französische König besaß zur Herausgabe der Territorien nicht die notwendigen Rechte und konnte die Übertragung der Territorien nicht vollständig umsetzen. Vgl. Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 211 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 73 ff. Inwieweit die negative Entwicklung zu seiner Entstehungszeit intendiert gewesen war, ist umstritten. Vgl. kritisch Déprez, Les préliminaires, S. 1–26 mit der Einordnung des Vertrages in die Kontinuität früherer anglo-französischer Bündnisse in: Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 208–229 bes. 224 f. 116 Begriff bei: Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 142. 117 Vgl. Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 142–181, 187 ff.; Vale, Angevin Legacy, S. 21 ff., 54 ff., 172 f. 118 M. G. A. Vale, The Ancient Enemy. England, France and Europe from the Angevins to the Tudors, 1154 – 1558, London 2007, S. 40. 119 Vgl. J. E. M. Benham, Anglo-French Peace Conferences in the Twelfth Century, in: A. Brown (Hrsg.), Anglo-Norman Studies, Woodbridge 2005, S. 52–67.

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Details wurde in aufwändigen Abkommen objektiviert und nicht zuletzt die beiden Dynastien durch ausgeklügelte Heiratsverbindungen eng miteinander verbunden.120 Die Päpste konnten innerhalb dieses „Instrumentariums“ solange als Schlichter zurücktreten, wie dessen prinzipielle Funktionsfähigkeit gewährleistet war.121 Zu Beginn des 14. Jahrhunderts ließen sich nach der Beilegung eines weiteren, in der Forschung noch mit keinem eindeutigen Namen versehenen, Krieges in den Jahren 1294–1298 erneut konstruktive Familienbande durch die Doppelhochzeit Eduards I. mit Margarete, der Schwester Philipps IV., und seines Thronfolgers Eduard (II.) mit Philipps Tochter Isabella knüpfen.122 Dass gerade aus letzterer Ehe am 25. Januar 1308 durch den erwähnten englischen Anspruch auf die Krone Frankreich über die weibliche Linie der entscheidende Zündstoff für eine Verschärfung der Spannungen gelegt wurde, ist eine bittere Ironie der Geschichte.123 Vorerst noch kam aber mit den jeweiligen Königinnen auch das geeignete ‚Personal‘ zur Ausräumung neuer Zwistigkeiten auf der Basis einer stärker symmetrischen Kommunikation in die Ehe.124 Erstmals nach dem erwähnten Krieg von 1294/98 hatten die Kontrahenten in Montreuil, später in Périgeux, Agen und Paris schiedsgerichtliche Kommissionen zur Klärung akuter Streitfälle eingerichtet, wie zum Beispiel die Reparation von Kriegsschäden oder die Klärung der französischen Souveränität über das Herzogtum Aquitanien. Aufgrund des richterlichen Anspruchs der französischen Delegationen entwickelten sich diese freilich zu 120 Vgl. Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 187–198, 333–341, 365 ff. 121 So strichen einzelne Päpste bei Konflikten die Notwendigkeit einer lehnsrechtlichen Unterordnung

der englischen Könige klar hervor: Sane cum homagium quod carissimo in Christo filio nostro Carolo, regi Francie et Navarre illustri, pro ducatu Aquitanie rationabiliter debere assereris, dicaris nondum sibi juxta debitum prestitisse, nosque cupiamus utrinque velut inter notabiles reges catholice fidei et preclara generis affinitate conjunctos, Deo fragrantia et tam utrique fructifera quam subditis pacis et concordie peremnis aromata redolere (Jean XXII, N. 1998). Die Anregung von Heiratsabkommen blieben bis zum Jahre 1345 zu den bevorzugten Konfliktlösungvorschlägen der Päpste. Vgl. Froissart (Edition Lettenhove), Band 18, S. 221, 237 mit der sarkastischen Einschätzung Gaudemets am Beispiel der Friedensvermittlung Bonifaz’ VIII.: „[I]l cherche simplement à fortifier la paix par des liens familiaux entre les deux dynasties et pousse au mariage d’Edouard II avec Isabelle, fille de Philippe le Bel, qui sera celébré le 25 janvier 1308. On ne saurait dire que cette union ait réduit les occasions de conflit“ (Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 99); Renouard, Le conflit Franco-Anglais, S. 266, 274. 122 Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 21 ff.; Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 191 f. Bei ihrer Vermittlung im Jahre 1324 argumentierte Isabella gleichfalls mit dem engen Grade der Verwandtschaft zwischen beiden Herrscherhäusern, welcher sich nicht zuletzt durch ihre Person konstituierte. Vgl. P. Chaplais (Hrsg.), The War of Saint-Sardos. Gascon Correspondence and Diplomatic Documents (1323–1325) (Camden Society: Third series, Band 87), London 1954, S. 42 [N. 29], zitiert in: Vale, Angevin Legacy, S. 22. 123 „On ne saurait dire que cette union ait réduit les occasions de conflit“ (Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 99). 124 Vgl. Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 187–98. Die englische Königin und Gemahlin Heinrichs III., Eleonore von der Provence, genoss als Friedensstifterin Hochachtung unter Zeitgenossen wie Nachkommen. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 54 f.

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regelrechten „Prozessen“.125 Paritätische Phasen der Problemlösung (conférences amiables) harmonierten schlecht mit Phasen gerichtsähnlicher Anhörungen (process).126 Bilaterale Friedenstreffen in Paris setzten diese Traditionen eine Weile fort, bis eine Verschlechterung des Verhandlungsklimas die Rekrutierung englischer Prokuratoren für Verhandlungen in Paris schwierig machte.127 Abgesehen der erwähnten ‚Prozesse‘ können alle genannten Initiativen als direkte, bilaterale und außergerichtliche Versuche der Konsensfindung bezeichnet werden. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts ließen die französischen Könige jedoch eine verstärkte Tendenz zur asymmetrischen, juristischen Lösung ihrer Streitfälle erkennen. Das Fundament dieser veränderten Rechtspraxis stellte die wachsende Bedeutung einer einflussreichen Gruppe von Verwaltern und Kronjuristen und die Etablierung des erwähnten Parlement de Paris dar.128 Vom französischen Standpunkt aus waren Streitigkeiten über den englischen Festlandsbesitz nunmehr lehnsrechtliche Konflikte geworden, welche durch die Bestrafung des widerspenstigen Vasallen enden musste. Bis zum Jahre 1337 hatte diese Rechtsauffassung zu einer Reihe schwerwiegender feudaler Krisen geführt, welche durch die der Vorladung des englischen Königs als Herzog von Aquitanien bzw. seiner Stellvertreter vor das Parlement de Paris ausgelöst worden waren. Die Interventionsbemühungen der Päpste Bonifaz‘ VIII. und Johannes‘ XXII. während des Krieges von 1294/98 sowie des darauffolgenden Krieges von Saint-Sardos 125 Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 72; 254; G. P. Cuttino, English Diplomatic Administration, 1259–

1339, Oxford 1971, S. 62–126. Von Prinzip handelte es sich bei den Prozessen um eine anerkannte Form der Konfliktbeilegung, welche sich an das Gewohnheitsrecht des maritimen, französischen Küstenstreifens (loi de marche) anlehnte. Ein archaisches System kontrollierter Vergeltungsschläge (prises) wurde dabei durch schiedsgerichtliche journées de marche ergänzt. Dabei sollte eine paritätische Kommission die Streitigkeiten im Bedarfsfall einem Schlichter übertragen. Vgl. Chaplais, Règlement des conflits internationaux franco-anglais, S. 275 f.; Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 59–62, 236–42. 126 Die Entscheidung für eines der beiden Modelle hing davon ab, ob Probleme geklärt werden sollten, welche zur Zeit eines bestehenden Lehnsverhältnisses zwischen den Königen von England und Frankreich in Friedenszeiten oder zur Zeit einer aufgelösten Vasallenschaft zu Kriegszeiten entstanden waren. Die Prämisse des römischen Rechtes, welche eine Betätigung als Kläger und Richter untersagte, war von den Kapetingern im Eigeninteresse durch eine Ausnahmeregel außer Kraft gesetzt worden. Vgl. Chaplais, Règlement des conflits, S. 270 mit FN 4, 280 ff.; Déprez, Les préliminaires, S. 50–64, 71–73. 127 Vgl. London, PRO C 47/28/3 N. 48, 47/28/4 N. 4, C 47/28/5 N. 27. Die beiderseitigen Positionen und Forderungen können in der Convention du Bois de Vincennes vom 8. Mai 1330 nachvollzogen werden. Diese kreisen um ausstehende Zahlungen bei der Übertragung des Lehens auf Eduard II., die Übergabe ausstehender französischer Festungen an die Engländer und nicht zuletzt die Auslieferung von Verbannten des Königreichs Frankreich. Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 59 f. 128 Nach dem Vertrag von Paris (1259) war das französische Hofgericht für die Klärung von Streitfällen verantwortlich, die sich aus dem Vertrag ergaben. Aus diesem entwickelte sich schließlich das Parlament de Paris. Vgl. Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 221 ff.; J. Ehlers, Geschichte Frankreichs im Mittelalter, Stuttgart 2009, S. 180–88; J. Ehlers, Die Kapetinger, Stuttgart/Berlin/Köln 2000, S. 194 ff.

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(1324–25) hatten sich an diesen Rahmenbedingungen zu orientieren, wobei der genaue Stellenwert der Päpste innerhalb der diversen weltlichen Friedensinitiativen aufzuzeigen ist.129 Neben dem Rückgriff auf etablierte Modelle päpstlicher Konfliktbeilegung wie das Anbieten und Durchführen von Schiedsgerichten, die Propagierung des Kreuzzuges und die Entsendung von Friedensbotschaften und Gesandten, regten die obersten Pontifexe immer wieder auch neue Ehebündnisse an.130 Während zum Verständnis des Hundertjährigen Krieges ein zusätzlich komplexer, lehnsrechtlicher wie dynastischer Kontext vorauszusetzen ist,131 können die Hintergründe des späteren Kriegsgeschehens, vor dem die Päpste zu agieren hatten, dagegen den zahlreichen militär-, technik-, sozial-132 oder auch personengeschichtlichen Studien und Überblicksdarstellungen des Hundertjährigen Krieges entnommen werden.133 In personaler Hinsicht stellten auf englischer 129 Siehe Kapitel B) I. 3. 130 Johannes XXII. schlug nach dem Sturz Eduards II. im Jahre 1328 vergeblich ein Ehebündnis zwi-

schen einem Sohn Philipps VI. und der Schwester Eduards III., Eleonore von Frankreich vor. Bei dem französischen Kronprinz sollte es sich um Johann (II.) handeln. Gleichzeitig verhandelten die beiden Könige auch um die Eheschließung von Eduards Bruder, Johann von Eltham, und Philipps IV. Tochter Marie. Vgl. Jean XXII (France), N. 3591–3592, 3557–3659; Déprez, Les préliminaires, S. 47; Renouard, Les papes et le conflit, S. 283. Im Jahre 1332 wurde auch eine Ehe von Prinz Eduard (III.) mit der französischen Kronprinzessin Johanna ersonnen. Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 80, 84. 131 Die Kriegsursachen sind an gesonderter Stelle zu behandeln. Siehe Kapitel B) I. 1. 132 P. Reid, The Fire and the Sword. The rise and fall of English Supremacy at arms, 1314–1485, London 2007; J. Prestwich, The three Edwards. War and state in England 1272–1377, London 2003; C. J. Rogers, War Cruel and Sharp. English Strategy under Edward III, 1327–1360, Woodbridge 2000; R. A. Kaner, The management of the mobilization of English armies from Edward I to Edward III University of New York 1999 (Diss.); D. Green, The household and military retinue of Edward the Black Prince, Nottingham 1998; H. J. Hewitt, The Organization of War under Edward III (1338–1362), New York 1966; A. Ayton; P. Preston (Hrsg.), The Battle of Crécy, 1346, Woodbridge 2005; M. Livingstone; M. Witzel, The road to Crécy : the English invasion of France, 1346, London 2005; D. Green, The Battle of Poitiers 1356, Stroud 2002; H. J. Hewitt, The Black Prince’s Expedition of 1355–1357; A. L. J. Villalon; D. J. Kagay (Hrsg.), The Hundred Years War. Different vistas (History of warfare, Band 51) Leiden 2008; T. J. Grade, Warfare, the royal image, and national identity: Succession and propaganda during the Hundred Years War, 1337–1422 (England), University of Notre Dame 2005 (Dissertation); C. J. Rogers, The Wars of Edward III. Sources and Interpretations, Woodbridge 2000; C. T. Allmand, Society at war: The experience of England and France during the Hundred years war, Edinburgh 1973; K. A. Fowler (Hrsg.), The Hunded Years War, London 1971; P. Contamine, La Guerre au Moyen Âge, Paris 62003. Aufsatzsammlungen: P. Contamine (Hrsg.), Guerre et Concurrence entre les États Européens du XIVe au XVIIIe siècle, Paris 1998; Ders. (Hrsg.), De Jeanne d‘Arc aux guerres d‘Italie. Figures, Images et Problèmes du XVe siècle, Orléans 1994; Ders. (Hrsg.), La France au XIVe et XVe siècles. Hommes, Mentalités, Guerre et Paix, London 1981; Handbuch: P. Contamine; A. Corvisier; A. Blanchard (Hrsg.), Histoire militaire de la France. Des Origines à 1715, Band 1, Paris 21997. 133 J. Sumption, The Hundred Years War, 3 Bände, London 1990–2009 [ND Bände 1+2, Pennsylvania 1999]; Minois, La guerre de Cent Ans; P. Contamine, La guerre de Cent Ans, Paris 92010; J. Favier, La guerre de Cent Ans, Paris 1998; E. Perroy, La guerre de Cent Ans 1976 [Engl. Übersetzung: 4 1965]; C. T. Allmand, The Hundred Years War. England and France at War c. 1300 –1450, Cambridge 22001; A. Curry, The Hundred Years War, London 22003; D. Seward, A brief history of the Hundred Years War: the English in France, 1337 – 1453, London 22003.

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Seite herausragende Persönlichkeiten wie König Eduard III.,134 sein Sohn, der Schwarze Prinz Eduard,135 Prinz Johann von Gent136 oder Herzog Henry von Lancaster137 die Ansprechpartner und Hoffnungsträger der päpstlichen Diplomatie dar. Eine zuverlässige Bewertung der Verhandlungskonstellationen während der Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen oder anderen politischen Entscheidungsfindung auf Seiten der französischen Könige ermöglichen eine Reihe struktur- oder personengeschichtlichen Studien wie etwa über die Mitarbeiter der französischen Kanzlei, des Kronrates oder des Parlement de Paris.138 Am fesselndsten präsentieren sich die strukturgeschichtlichen Erkenntnisse der französischen Geschichtsschreibung in Biographien der französischen Könige und ihrer Brüder.139 Allgemein sind gegenüber dem militärisch überlegenen Karl V. „le Sage“140 die erfolgloseren Könige von Frankreich unseres Zeitraumes, 134 Erwähnt seien nur folgende, jüngere Titel: I. Mortimer, The Perfect King. The Life of Edward III.

Father of the English Nation, London 2007; W. M. Ormrod, The reign of Edward III, Stroud 2005 (strukturgeschichtlich); S. L. Waugh, England in the Reign of Edward III, Cambridge 1991, J. Vale, Edward III and chivalry. Chivalric Society and its Context 1270–1350, Woodbridge 1983; J. S. Bothwell, Edward III and the English peerage: royal patronage, social mobility, and political control in fourteenth-century England, Woodbridge 2004; J. S. Bothwell (Hrsg.), Age of Edward III, New York 2001 (Sammelband). 135 D. Green, Edward the Black Prince. Power in Medieval Europe, Harlow 2007; Ders., The household and military retinue of Edward the Black Prince; R. W. Barber, The Black Prince, Stroud 2003; Ders., Edward, Prince of Wales and Aquitaine. A biographie of the Black Prince, London 1978. 136 A. Weir, Katherine Swynford: the story of John of Gaunt and his scandalous duchess, London 2007; A. E. Goodman, John of Gaunt: The Exercise of Princely Power in Fourteenth-Century Europe, London 1992; M. E. Arvanigian, A Lancastrian polity? John of Gaunt, John Neville and the war with France, 1368–88, in: Fourteenth century England 3 (2004) S. 121–142. 137 K. A. Fowler, The King‘s Lieutenant. Henry of Grosmont, First Duke of Lancaster (1310–1361), New York 1967. 138 P. Contamine; C. Giry-Deloison; M. H. Keen (Hrsg.), Guerre et Société en France, en Angleterre et en Bourgogne, XIVe-XVe siècle (Collection Histoire et littérature régionales, Band 8), Lille 1991; C. Beaune, Naissance de la Nation France, Paris 1985 [engl. Übersetzung 1991]; M. M. du Jourdin, La guerre de Cent Ans vue par ceux qui l‘ont vécue (Points Historie, Band 164), Paris 1992; R. Cazelles, Société politique, noblesse et Couronne sous Jean le Bon et Charles V, Paris 1982; F. Autrand, Naissance d‘un Grand Corps d‘État. Les Gens du Parlement de Paris, 1345–1454, Paris 1981; R. Cazelles, La Société Politique et la Crise de la Royauté sous Philippe de Valois, Paris 1959; R.-H. Bautier, Recherches sur la Chancellerie Royale au Temps de Philippe VI, in: Bibliothèque de l‘École des Chartes, 122–123 (1964) S. 89–176, (1965) 313–459; F. Aubert, Le Parlement de Paris de Philippe le Bel A Charles VII (1314–1422). 1. Band (Sa compétence, ses attributions); 2. Band (Son organisation), Paris 1890 [ND 1975]. 139 Überblicke über die kuriale Diplomatie, das Wirken herausragender Vermittler wie Gui de Boulogne und die Darstellung einzelner Friedensgipfel in Avignon nehmen einen wesentlichen Bestandteil in ihren Werken ein. Vgl. Autrand, Charles V le Sage, Paris 1995; Dies., Charles VI. La Folie d’un Roi, Paris 1986; Dies., Jean de Berry. L‘art et le pouvoir, Paris 2002. 140 Autrand, Charles V (wie Anm. 139). Ein Klassiker: R. Delachenal, Histoire de Charles V, 5 Bände, Paris 1909–31. Des Weiteren: J. Quillet, Charles V, le roi lettré. Essai sur la pensée politique d‘un règne, Paris 2002; T. Pécout, Charles V et les premiers Valois, Paris 2001; J. Calmette, Charles V, Paris 1945.

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Philipp VI.141 und Johann II.,142 biographisch unterrepräsentiert geblieben. Nur selten wurde der Hundertjährige Krieg bislang in der deutschen Geschichtsschreibung thematisiert.143 Abgesehen von einzelnen biographischen Ansätzen über französische Herrscher und deren Beziehungen zum Reich am Ausgang des 14. Jahrhunderts144 sind die militär- und mentalitätsgeschichtlichen Arbeiten Malte Prietzels von großem Interesse, da sie auch quellenkritisch zukunftsweisend sind.145

4. Ritual- und Konfliktforschung Eine Studie über einen Krieg, in dessen Vorfeld es massive Streitigkeiten über den Charakter und den Ablauf lehnsrechtlicher Zeremonien zwischen zwei Königen gegeben hatte, und dessen Konfliktvermittlung mit durchaus prägnanten Formen der symbolischen Kommunikation einherging, wäre ohne einen Rückgriff auf die in der deutschen Mediävistik bestens etablierte Konflikt- und Ritualforschung kaum vorstellbar. Letztere ist 141 Kurzbiographien in: G. Bordonove, Les Valois de Philippe VI à Louis XII (Les rois qui ont fait la

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France) Paris 2007; B. Töpfer, Philipp VI (1328–1350), in: Joachim Ehlers; Heribert Müller; Bernd Schneidmüller (Hrsg.), Die französischen Könige des Mittelalters, München 22006, S. 251–265. Bordonove, Jean II le Bon (Les Rois qui ont fait la France. 3, 1), Paris 2000; J. Deviosse, Jean le Bon, Paris 1985. Bislang einzige deutsche Überblicksdarstellung: J. Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, München 2009. Aufmerksamkeit fanden jedoch historische Auswirkungen oder militärgeschichtliche Aspekte einzelner Schlachten: Vgl. M. Kaufhold, 1346. Die Schlacht bei Crécy. Edwards III. erfolgreicher Weg in den Hundertjährigen Krieg, in: Ders., Wendepunkte des Mittelalters. Ostfildern 2004, S. 152–159; U. Lehnart, Crécy 1346, in: D. Ebeling (Hrsg.), Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft, Trier 2001, S. 167–196; K. Lampe, Die Schlacht bei Maupertuis (19. September 1356), Berlin 1908. Die Ausnahme stellen Biographien über Jeanne d’Arc dar: M. Prietzel, Jeanne d‘Arc. Das Leben einer Legende, Freiburg 2011; G. Krumeich, Jeanne d‘Arc. Die Geschichte der Jungfrau von Orleans 2006; H. Thomas, Jeanne d‘Arc: Jungfrau und Tochter Gottes, Berlin 2000. Vgl. die Kurzbiographien Philipps VI.; Johanns II. und Karls V. von Bernd Töpfer und Heinz Thomas in: Joachim Ehlers; Heribert Müller; Bernd Schneidmüller (Hrsg.), Die französischen Könige des Mittelalters: von Odo bis Karl VIII. ; 888 – 1498, München 2006, S. 251–302 (alle drei Beiträge); S. Weiß, Das Papsttum, Frankreich und das Reich. Zwischenhöfisches im Zeitalter der Goldenen Bulle, in: U. Hohensee; M. Lawo; M. Lindner; M. Menzel und O. B. Rader (Hrsg.), Die Goldene Bulle. Politik – Wahrnehmung – Rezeption (Berichte und Abhandlungen. Sonderband 12), Band 2, Berlin 2009, S. 917–930; Ders., Onkel und Neffe. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich unter Kaiser Karl IV. und König Karl V. und der Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas, in: Ders. (Hrsg.), Regnum und Imperium. Die französisch-deutschen Beziehungen im 14. und 15. Jahrhundert, München 2008, S. 101–164 in merklicher Abgrenzung von: H. Thomas, Frankreich, Karl IV, und das Große Schisma, in: Peter Moraw (Hrsg,), „Bündnissysteme“ und „Außenpolitik“ im späteren Mittelalter (Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft 5), Berlin/München 1988, S. 69–104. M. Prietzel, Kriegführung im Mittelalter: Handlungen, Erinnerungen, Bedeutungen (Krieg in der Geschichte, Band 32), Paderborn 2006; Ders., Blicke auf das Schlachtfeld. Wahrnehmung und Schilderung der Walstatt in mittelalterlichen Quellen. Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung, 13,1 (2008) S. 28–45.

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bekanntlich maßgeblich von Gerd Althoff initiiert worden.146 Vertieft wurden die ritualgeschichtlichen Erkenntnisse durch die im Umfeld des Münsteraner Sonderforschungsbereich SFB 496 „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution“ vorgelegten Arbeiten.147 In der Form einer farbenprächtigen Ausstellung148 wurden Rituale als „Spektakel der Macht“ zuletzt einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Bedeutsam für eine differenzierte Betrachtungsweise 146 Standen bei Althoff zunächst die Organisationsform von Defensiv- und Freundschaftsbündnissen

im Vordergrund des Interesses, führte die Suche nach „Schranken der Gewalt“ zunächst zur Konzentration auf das Unterwerfungsritual der deditio. Vgl. G. Althoff, Amicitiae und pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert (Schriften der Monumenta Germaniae Historica, Band 37), Hannover 1992, S. 16–36, 69–87; Ders., Schranken der Gewalt: Wie gewalttätig war das „finstere Mittelalter“?, in: H.Brunner (Hrsg.), Der Krieg im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Gründe, Begründungen, Bilder, Bräuche, Recht, Wiesbaden 1999, S. 1–23; Ders., Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft, in: Ders., (Hrsg.), Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S. 99–125. Dieses führte auf gütliche Weise Versöhnungen innerhalb der hochadeligen Kreise des ostfränkischen Reiches im 10. Jahrhundert herbei, war dabei aber an bestimmte Konditionen wie vertrauliche Vorabsprachen und zudem meist an die Verwandtschaft der Akteure und das Kriterium der Nichtwiederholbarkeit geknüpft. Vgl. die Zusammenfassung der Ansätze durch Althoff selbst, in: H. Keller; G. Althoff, Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888 - 1024 (Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, Band 3), Stuttgart (2008) S. 358–64. Rascher, aktueller Überblick in: G. Althoff, Art. „Zeremoniell und Ritual“, in: Enzyklopädie des Mittelalters, hrsg. von Gert Melville und Martial Staub, Band 1, Darmstadt 2008, S. 248–256. Prägnanteste Synthesen des Forschungsansatzes: G. Althoff; B. Stollberg-Rillinger, Rituale der Macht in Mittelalter und früher Neuzeit, in: Axel Michaels und Gerd Althoff (Hrsg.), Die neue Kraft der Rituale (Sammelband der Vorträge des Studium Generale der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2005/2006), Heidelberg 2007; F. Rexroth, Rituale und Ritualismus in der historischen Mittelalterforschung. Eine Skizze, in: H.-W. Goetz (Hrsg.), Mediävisitik im 21. Jahrhundert. Stand und Perspektiven der internationalen und interdisziplinären Mittelalterforschung, München 2003, S. 391–406; S. Esders (Hrsg.), Rechtsverständnis und Konfliktbewältigung. Gerichtliche und außergerichtliche Strategien im Mittelalter, Köln/Weimar/Wien 2007; J. Martschukat und S. Patzold, Geschichtswissenschaft und „performative turn“: Eine Einführung in Fragestellungen, Konzepte und Literatur, in: J. Martschukat und S. Patzold (Hrsg.), Geschichtswissenschaft und » perfomative turn «. Ritual, Inszenierung und Performanz vom Mittelalter bis zur Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2003, S.1–31, bes. 12–18; Vgl. des Weiteren: Gerd Althoff, Hrsg., Zeichen, Rituale, Werte: Internationales Kolloquium des Sonderforschungsbereichs 496 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Münster 2004; Ders., Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2003; Ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997; H. Kamp, Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter. Symbolische Kommunikation in der Vormoderne (Studien zur Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2001. Vgl. kritisch dazu: S. Patzold, Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik, in: H.-W. Goetz (Hrsg.), Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung, Darmstadt 1999, S. 198–205. 147 Internet: http://www.uni-muenster.de/SFB496/ (Letzter Aufruf am 7.01.2012) 148 G. Althoff; J. Götzmann; M. Puhle; B. Stollberg-Rillinger, Spektakel der Macht. Rituale im alten Europa; 800–1800. Katalog [21. September 2008 - 4. Januar 2009 im Kulturhistorischen Museum Magdeburg], Darmstadt 2008.

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erscheint die möglicherweise durch die anfängliche Kritik von Jean-Marie Moeglin149 beeinflusste Definition Althoffs und Stollberg-Rillingers der Begrifflichkeiten ‚Ritual‘ und ‚Zeremoniell‘: „Unter einem Ritual verstehen wir im Folgenden eine formal normierte, symbolische Handlungssequenz, die eine spezifische Wirkmächtigkeit besitzt. Ritualen liegen Konventionen für die Zuständigkeit der Akteure und die formale Richtigkeit der Gesten, Worte und Umstände zugrunde. Ihre Formen bedürfen zwar grundsätzlich einer gewissen Konstanz, sie können für die Akteure aber gleichwohl in Grenzen verfügbar und veränderbar sein. Wirkmächtig sind Rituale in dem Sinne, dass sie eine – soziale, politische, spirituelle usw. – Zustandsveränderung bewirken (Statuswechsel, Transsubstantion usw.). Tun sie das nicht, so sprechen wir lieber von Zeremonien. Rituale haben performativen Charakter: Sie bewirken, was sie bezeichnen, und verpflichten die Beteiligten auf entsprechendes Verhalten in der Zukunft.“150

Rituale und symbolische Kommunikation wurden nicht nur als Regelwerk zur Lösung von Konflikten verstanden. Vielmehr wurden Konflikte selbst in jüngerer Zeit – in Anlehnung an Bourdieu151 – als Motoren der Entwicklung erkannt. Nach Althoff und Kintzinger boten sie häufig den Anlass mittels einer Intensivierung mittelalterlicher Kommunikationsmittel152 die Machtverhältnisse und Beziehung der Konfliktpartner zu modifizieren und die neu gefundenen Regelungen gegebenenfalls durch neue symbolhafte Handlungen zu bekräftigen.153 Nach Kintzinger vermag die Konfliktgeschichte zusammen mit der funktionalistischen Rechts- und Symbolgeschichte auch einen Beitrag zur Diplomatiegeschichte zu leisten.154 Eine Berücksichtigung dieser Ansätze erscheint umso bedeutsamer, weil ritualgeschichtliche Ansätze bislang im Kontext des Hundertjährigen Krieges nur bei der Analyse anglo-französischer Herrschertreffen von Gerald 149 Vgl. J.-M. Moeglin, Rituels et „Verfassungsgeschichte“ au Moyen Âge. A propos du livre de Gerd

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Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter, in: Francia (Mittelalter – Moyen Âge), 25 (1998) S. 245–250 sowie die Kritik u.a. an der mangelnden Differenzierung zwischen „illustrierenden“ und „verpflichtenden Ritualen“ (Ebd., S. 248). Aufgegriffen und in Althoffs jüngere Studien integriert wurde Moeglins Kritik einer Beschränkung der Forschung auf Rituale in lediglich hochadeligen Kreisen sowie die von ihm damals kritisierte, fehlende Berücksichtigung der Geschichtlichkeit von Ritualen in Bezug auf das Hoch- und Spätmittelalter. Vgl. Althoff, Die Macht der Rituale, S. 26 ff., 189–99. Vgl. Althoff; Stollberg-Rillinger, Rituale der Macht, S. 144 mit der auf die Interaktion zwischen Herrschern, Beherrschten sowie Repräsentanten fokussierten Definition in: T. Rahn, Art. „Person und Rang. Hofzeremoniell“, in: W. Paravicini; J. Hirschbiegel (Hrsg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich: Ein dynastisch-topographisches Handbuch, Ostfildern 2003, S. 307. Vgl. P. Bourdieu, Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft, Frankfurt 1976 [Paris 1972], S. 11–46. Vgl. M. Kintzinger, Kontakt und Konflikt. Herausforderungen der Diplomatie im Spätmittelalter, in: O. Auge; F. Biermann; M. Müller und D. Schultze (Hrsg.), Bereit zum Konflikt. Strategien und Medien der Konflikterzeugung und Konfliktbewältigung im Mittelalter, Stuttgart 2008, S. 275–298, bes. 276 ff. Vgl. Althoff, Die Macht der Rituale, S. 26–28; 195–99. Vgl. Kintzinger, Bereit zum Konflikt, S. 284.

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Schwedler155 oder kulturgeschichtlichen Studien über spätmittelalterliche ‚Gesten des Friedens’ von Nicolas Offenstadt angewandt worden sind.156 Von diesen Ausnahmen abgesehen, kann in der Historiographie eine deutliche Trennung zwischen diplomatiegeschichtlichen und ritualgeschichtlichen Aspekten der mittelalterlichen Kommunikation festgestellt werden. Die erwähnten Ansätze der Konflikt- und Ritualforschung gerade auf der Basis narrativer Quellen wurden dagegen zugunsten rechtsgeschichtlicher Zugriffe im Kontext lokaler Konfliktfälle im hochmittelalterlichen Frankreich nur selten aufgegriffen.157 Im Falle klösterlicher Konflikte oder anglo-französischer Auseinandersetzungen sind sie mitunter relativert oder gar zurückgewiesen worden.158 Diese Zurückhaltung mag durch eine Scheu vor einer gezielten Komparatistik erzählender und diplomatischer 155 Vgl. Schwedler, Herrschertreffen des Spätmittelalters, S. 257–77. 156 Gesamtüberblick: N. Offenstadt, Faire la paix au Moyen Âge. Discours et Gestes de Paix pendant la

guerre de Cent Ans, Paris 2008. Vgl. des Weiteren: Offenstadt, Nicolas, Traités et paix entre Armagnacs et Bourguignons: les valeurs de l‘engagement - Résumé, in: François Foronda (Hrsg.), Avant le contrat social. Le contrat politique dans l‘Occident médiéval (Histoire ancienne et médiévale, Band 107), Paris 2011, S. 721ff.; Ders., Le serment de paix dans le royaume de France a la fin du Moyen Âge: remarques sur une pratique politique, in: Françoise Laurent (Hrsg.), Serment, promesse et engagement. Rituels et modalités au Moyen Âge (Les cahiers du CRISIMA, 6), Montpellier 2008, S. 489–504; S. Caucanas; R. Cazals; Ders. (Hrsg.), Paroles de Paix en Temps de Guerre, Toulouse 2006; Ders., La Paix proclamée. Acteurs, Gestes et Réception de la Publication des Accords de Paix pendant la guerre de Cent Ans, in: R. M. Dessi (Hrsg.), Prêcher la Paix et Discipliner la Société. Italie, France, Angleterre (XIIIe-XVe siècle), Turnhout 2005, S. 201–224; Ders., De la joie et des larmes: émotions. Négociations et paix pendant la guerre de Cent Ans, in: J.-M. Moeglin; M. T. Ferrer Mallol; S. Péquignot u.a (Hrsg.), Negociar en la Edad Media / Négocier au Moyen Âge. Actas del Coloquio celebrado en Barcelona los días 14, 15 y 16 de octubre de 2004 / Actes du Colloque tenu à Barcelone du 14 au 16 octobre 2004, Barcelona 2005, S. 349–368; Ders., Paix de Dieu et paix des hommes. L‘Action Politique à la fin du Moyen. Politix, Band 58 (2002) S. 61–81; Ders., Interaction et régulation des conflits. Les gestes de l‘arbitrage et de la conciliation au Moyen âge (XIIIe-XVe siècles), in: C. Gauvard ; R. Jacob (Hrsg.), Les rites de la justice. Gestes et rituels judiciaires au Moyen-Âge occidental, Paris 2000, S. 201–28. 157 Vgl. Patzold, Konflikte als Thema, S. 199 ff. sowie als Beispiel einer jüngeren Anwendung des Forschungsansatzes auf das frühmittelalterliche Frankreich: I. Krause, Konflikt und Ritual im Herrschaftsbereich der frühen Capetinger. Untersuchungen zur Darstellung und Funktion symbolischen Verhaltens (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme, Band 13), Münster 2006. 158 Vgl. die pauschale Zurückweisung von Althoffs Ansatz für anglo-französische Verhandlungen des 12. Jahrhunderts „most conferences were clearly not, as Gerd Althoff has claimed, pre-negotiated, calculated or exaggerated“, in: J. E. M. Benham, Anglo-French Peace Conferences in the Twelfth Century, in: A. Brown (Hrsg.), Anglo-Norman Studies, Woodbridge 2005, S. 52–67, S. 66. Differenzierter: S. Patzold, Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs (Historische Studien, 463), Husum 2000, S. 328 ff.; M. Prietzel, Reden als Waffen der Diplomatie. Rhetorik, Zeremoniell und Politik in den FranzösischBurgundischen Verhandlungen 1456–1465, in: S. Dünnebeil und C. Ottner (Hrsg.), Außenpolitisches Handeln im ausgehenden Mittelalter: Akteure und Ziele, Wien/Köln/Weimar 2007, S. 73–96 plädoyiert letztlich für eine ereignisgeschichtliche Neubewertung von Reden in Abgrenzung zu deren zeremoniellen Bestandteilen.

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Rechtsquellen begründet sein.159 Das umstrittene Postulat einer Existenz friedenssichernder Rituale160 und der Wirkmächtigkeit verbindlicher „Spielregeln“ im Mittelalter161 wird in der vorliegenden Studie anhand der Wirkungsweise der sich häufig wiederholenden symbolischen Kommunikation bei Waffenstillstands- und Friedensschlüssen überprüft. Dies geschieht in Anlehnung an ebenso ritual- wie rechts- und diplomatiegeschichtliche Überlegungen über das Verhältnis von Ritualität und Schriftlichkeit bzw. Recht und Ritual im Mittelalter,162 welche an der Untersuchung von „Wechselwirkungen zwischen normsetzenden Schriften und ritueller Inszenierung“ interessiert sind.163 Zum anderen steht die Frage im Vordergrund, inwiefern sich die kurialen Vermittler und ihre Verhandlungspartner in der Phase der Sondierung und Vorverhandlung an Gesetzmäßigkeiten zu halten hatten, welche nach bisherigen Erkenntnissen für erfolgreiche Konfliktbeilegun159 Vgl. dagegen exemplarisch: Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 183–244 und C. Garnier. Zei-

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chen und Schrift. Symbolische Handlung und litterale Fixierung am Beispiel von Friedensschlüssen des 13. Jahrhunderts, in: Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster, 32 (1998) S. 263–287. Zur Benutzung erzählender Quellen in der Konfliktforschung vgl. Patzold, Konflikte als Thema, S. 203. Vgl. die anlässlich von Althoffs „Die Macht der Rituale“ entstandene Kritik über die empirische Zuverlässigkeit erzählender Quellen, in: H. Vollrath, Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, in: Historische Zeitschrift, 284 (2007) S. 385–400; welche aufgegriffen und erwidert wurde in: G. Althoff, Hinterlist, Täuschung und Betrug bei der friedlichen Beilegung von Konflikten, in: O. Auge; F. Biermann; M. Müller; D. Schultze (Hrsg.), Bereit zum Konflikt – Strategien und Medien der Konflikterzeugung in mittelalterlichen Integrations- und Differenzierungsprozessen, Ostfildern 2008, S. 19–29. Vgl. J. M. Moeglin, Négocier pour concilier les « négociations» d’Avignon en 1344–1345 entre le roi d’Angleterre et le roi de France, in: Actes de la table ronde « Négocier et consilier» organisée à l’université de Paris X le 11 octobre 2008 (Bulletin du CHiSCO, aux Presses universitaires de Nanterre) (in Vorbereitung); Kintzinger, Kontakt und Konflikt, S. 283 ff.; 287 ff. Hinsichtlich des Zusammenhangs von „Ritualität und Schriftlichkeit“ ist in erster Linie auf den Münsteraner Sonderforschungsbereich 231 „Träger, Felder und Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ (1986/88–99) unter der Leitung von Hagen Keller zu verweisen: http://www. uni-muenster.de/Geschichte/MittelalterSchriftlichkeit. (Zuletzt aufgerufen am 7.01.2012) An dieser Stelle kann nur auf einige wenige Forschungsüberblicke sowie fallbezogene Pilotstudien verwiesen werden: C. F. Weber; C. Dartmann, Rituale und Schriftlichkeit, in: Althoff; Stollberg-Rillinger; Puhle; Götzmann (Hrsg.), Spektakel der Macht, S. 51–55; Goetz, Moderne Mediävistik, S. 339–65 (mit Beiträgen von Marcus Späth und Ulrike Petter); H. Keller, Die Herrscherurkunden - Botschaften des Privilegierungsaktes - Botschaften des Privilegierungstextes, in: Fondazione Centro Italiana di Studi sull‘Alto Medioevo (Hrsg.), Comunicare e significare nell‘ alto medioevo 15–20 aprile 2004, Spoleto 2005, S. 231–279; Ders., Schriftgebrauch und Symbolhandeln in der öffentlichen Kommunikation. Aspekte des gesellschaftlich-kulturellen Wandels vom 5. bis zum 13. Jahrhundert, in: Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster, 37 (2003) S. 1–24; Garnier, Zeichen und Schrift, S. 263–287. Hinsichtlich des Komplexes von „Recht und Ritual“ vgl. A. Angenendt, Verschriftlichte Mündlichkeit - vermündlichte Schriftlichkeit. Der Prozeß des Mittelalters, in: H. Duchhardt; G. Melville (Hrsg.), Im Spannungsfeld von Recht und Ritual. Soziale Kommunikation in Mittelalter und Früher Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 1997, S. 3–25, bes. 16 ff. Siehe Kapitel C) V. Vgl. Weber; Dartmann, Rituale und Schriftlichkeit, S. 54.

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gen im ostfränkischen und späterem römisch-deutschen Reich galten. Konfliktgeschichtliche Berührungspunkte ergeben sich bei einer vergleichende Analyse der Interaktion des Papstes und seiner Stellvertreter an den diversen Verhandlungsorten geradezu von selbst. Hierbei bietet sich eine Gelegenheit zur Fortentwicklung bisheriger Ansätze über spätmittelalterliche Verhandlungsnormen, welche gerade die Alterität mittelalterlicher „négociations“ betonen und auf die Risiken von zu modernen Interpretationen hinweisen. Jean-Marie Moeglin arbeitete am Beispiel narrativer Quellen die Funktionsweisen mittelalterlicher Verhandlungen heraus, bei denen die Ehre der Verhandlungspartner einen Kompromiss angesichts der Rechtmäßigkeit des eigenen Standpunktes eigentlich gar nicht zuließ. Nach Moeglin entsprachen mittelalterliche Verhandlungen – auch unter päpstlicher Vermittlung – mehr der juristischen Proklamation von Rechtsansprüchen und weniger der Suche nach einem Kompromiss.164 Nur durch die Vermittlung einer dritten Partei mit spiritueller Autorität konnte es auf informellem Wege zu einer Einigung kommen. In der beiderseitigen und im Vorfeld abgesprochenen Berufung auf den Papst als Vermittler konnte ein Nachgeben in der eigenen Verhandlungsposition als ein „Akt der Gnade“ ausgelegt werden. Ein Vergleich einschlägiger Waffenstillstands- und Friedensgipfel bietet somit die Chance für eine übergreifende Überprüfung dieses Ansatzes und lässt eine Bewertung der Möglichkeiten geistlicher Vermittler zu.

5. Diplomatiegeschichte und Geschichte des Gesandtschaftswesens Eine Erforschung der päpstlichen Friedensvermittlung ist nicht zuletzt den Forschungsergebnissen und der Terminologie von Studien der „Außenpolitik“ und „Diplomatie“ im Spätmittelalter verpflichtet.165 Grundlegende Quellenkunden und Monographien zur 164 Vgl. im Folgenden: J.-M. Moeglin, Strukturelle Aspekte der spätmittelalterlichen Diplomatie – die

Verhandlungsnormen am Anfang des Hundertjährigen Krieges, in: C. Zey, C. Märtl (Hrsg.), Aus der Frühzeit europäischer Diplomatie. Zum geistlichen und weltlichen Gesandtschaftswesen vom 12. bis 15. Jahrhundert, Zürich 2008, S. 255–75. In Vorbereitung: Ders., Négocier pour concilier – les « négociations» d’Avignon en 1344–1345 entre le roi d’Angleterre et le roi de France, in: Actes de la table ronde « Négocier et consilier » organisée à l‘université de Paris X le 11 octobre 2008. Forschungsüberblick in: J.-C. Waquet, Négocier au Moyen Âge. La négociation avant la négociation, in: Francia, 35 (2009) S. 541–549 in Bezugnahme auf: J.-M. Moeglin; M. T. Ferrer Mallol; S. Péquignot u.a (Hrsg.), Negociar en la Edad Media / Négocier au Moyen Âge. Actas del Coloquio celebrado en Barcelona los días 14, 15 y 16 de octubre de 2004 / Actes du Colloque tenu à Barcelone du 14 au 16 octobre 2004, Barcelona 2005. 165 Für einen pragmatischen Umgang mit dem Begriff „diplomacy“ plädiert: D. Queller, Art. „Diplomacy, Western European“, in: Dictionary of the Middle Ages, Band 4 (1984) S. 207–14. Vgl. die jüngeren Forschungsüberblicke: S. Pequignot, Europäische Diplomatie im Spätmittelalter. Ein historiographischer Überblick, in: Zeitschrift für historische Forschung, 39 (2012) S. 65–96; K. Plöger, Foreign Policy in the Late Middle Ages, in: Bulletin German Historical Institute London, 28, Nr. 1 (2006) S. 35–46 sowie in Bezug auf die englischen Gepflogenheiten des 14. und 15. Jahrhunderts, auch unter Berücksichtigung päpstlicher Vermittler: Harriss, Shaping the Nation, S. 419 ff. Des Weiteren: C. Ottner, Einleitung, in: S. Dünnebeil und Dies. (Hrsg.), Außenpolitisches Handeln im

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anglo-französischen Diplomatie wurden bereits in den 1960er und siebziger Jahren von George Cuttino166 und Pierre Chaplais167 in Angriff genommen. Während Cuttino verstärkt Inhalt und Organisation der Diplomatie in den Blick nahm, widmete Chaplais sein Lebenswerk den Formen der Diplomatie, also der Systematisierung der gebräuchlichsten diplomatischen Quellenzeugnisse. In der Forschung hat sich ein Konsens darüber gebildet, dass die politische Kommunikation des 14. Jahrhunderts mangels dauerhafter Botschaften und der Abnahme fester Prokuratoren an der Kurie von Avignon als Diplomatie auf der Basis von ad hoc Gesandtschaften verstanden werden kann.168 Klassisch für diese Periodisierung ist die Konstatierung des Beginns stehender Gesandtschaften von Mattingly auf die Blütezeit der italienischen Stadtstaaten nach dem Frieden von Lodi (1454) in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.169 Die personalen Strukturbedingungen der Diploausgehenden Mittelalter: Akteure und Ziele, Wien/Köln/Weimar 2007, S. 9–20; P. Contamine, F. Autrand, Naisance de la france, Naissance de sa diplomatie. Le Moyen Âge, in: Dominique de Villepin (Hrsg.), Histoire de la diplomatie française, Paris 2005, S. 41–156; Autrand, Les Artisans de la Paix, S. 311–16; P. Chaplais, English Diplomatic Practice in the Middle Ages, London u. New York 2003; D. Berg u.a. (Hrsg.), Auswärtige Politik und internationale Beziehungen im Mittelalter (13. bis 16. Jahrhundert), Bochum 2002, M. Kintzinger, Westbindung im spätmittelalterlichen Europa. Auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Sigmunds (Mittelalterforschungen, Band 2), Stuttgart 2000; Reitemeier, Außenpolitik im Spätmittelalter; Moraw, „Bündnissysteme“ und „Außenpolitik“ im späteren Mittelalter; D. Berg, England und der Kontinent, Bochum 1987; L. Ganshof, Le Moyen Âge (Historie des Relations Internationales, Band 1), Paris 1953. 166 Vgl. G. P. Cuttino, English Medieval Diplomacy, Bloomington, Ind. 1985; Ders., English Diplomatic Administration. 167 Vgl. P. Chaplais, English Diplomatic Practice in the Middle Ages; Ders. (Hrsg.), English Medieval diplomatic practice, 3 Bände, London 1975–1982; Ders., Essays in medieval diplomacy and administration, London 1981. 168 Überblick: S. Müller, Art. „Boten, Diplomatie, Herolde“, in: Enzyklopädie des Mittelalters, hrsg. von Gert Melville und Martial Staub, Band 1, Darmstadt 2008, S. 310 f. sowie A. Reitemeier, Diplomatischer Alltag im Spätmittelalter: Gesandte in den englischen Beziehungen zu Frankreich und zur Hanse, in: Schwinges, Rainer Christoph; Wriedt, Klaus, (Hrsg.), Gesandtschafts- und Botenwesen im spätmittelalterlichen Europa (Vorträge und Forschungen, Band 60), Stuttgart 2003, S. 135–167 mit FN 139; Ders. Außenpolitik, S. 17 ff. mit Literaturangaben. C. T. Allmand, Society at war: The experience of England and France during the Hundred years war, Edinburgh 1973, S. 163; Cuttino, English Diplomatic Administration, S. 127–44. Vgl. die kritischen Bewertung der Effizienz der Diplomatie im Spätmittelalter von Sumption: „[T]he classic vices of the `solemn embassy´: ambassadors ill informed, instructions overtaken by events, failure humilating and public“ (Sumption, Trial by Battle, S. 137) mit der Differenzierung Reitemeiers, dass aufgrund des hochentwickelten Gesandtschaftswesens keineswegs auf eine „ad-hoc“-Diplomatie bzw. -Politik geschlossen werden kann. Vgl. Reitemeier, Gesandtschaftswesen, S. 244; Ders., Außenpolitik, S. 483 f. 169 Kurze Rekapitulation des Forschungsstandes mit weiterführender Literatur: C. Märtl; C. Zey (Hrsg.), Aus der Frühzeit moderner Diplomatie. Einleitung, in: Dies. (Hrsg.), Aus der Frühzeit Europäischer Diplomatie (wie Anm. 164), S. 9–21, bes. 10 ff. Die klassische Chronologisierung des Beginns der neuzeitlichen Diplomatie durch die Einrichtung fester Botschafter durch italienische Stadtstaaten an der römischen Kurie kann am prägnantesten nachverfolgt werden in: G. Mattingly, The First

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matie wurden von Arndt Reitemeier für die Beziehungen zwischen dem Reich und England (1377–1422)170 und anschließend von Karsten Plöger für die Beziehungen Englands mit der Kurie in den Blick genommen.171 Dank der sorgfältigen Analyse der Tragweite und Eigenheiten von „diplomatic documents“ englischer Gesandtschaften sowie der Bewertung ihrer Interaktionsmöglichkeiten am päpstlichen Hof172 stellt Plögers Arbeit die Referenz für jede komplementäre Untersuchung der päpstlichen Diplomatie gegenüber dem Königreich England dar. Hinsichtlich der Verwendung moderner Begrifflichkeiten im mittelalterlichen Kontext, hat sich in jüngerer Zeit ein gewisser Pragmatismus durchgesetzt. Dieser charakterisiert „Außenpolitik“ als interdependente Beziehungen zwischen geographisch entfernten Fürsten mit eigenem Territorium, definiert „Diplomatie“ als das „Instrumentarium politischer Kommunikation“ und begreift „Diplomaten“ allgemein als gesandtschaftliche Funktionsträger.173 Auf der Basis der bislang umfangreichen Vorarbeit zur Erforschung des spätmittelalterlichen Gesandtschaftswesens174 wurde von Rei-

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Resident Embassies. Medieval Italian Origins of Modern Diplomacy, in: Speculum. A Journal of Medieval Studies, 12 (1937) S. 423–439, bes. 429 f., 432 ff., 435 (Zitat). Vgl. Ders., Renaissance Diplomacy, Mineola, N.Y. 31988 [Boston 1955]. Vgl. Reitemeier, Außenpolitik. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes; Ders., Die Entführung des Fieschi zu Avignon (1340). Zur Entwicklung der diplomatischen Immunität in der Frühphase des Hundertjährigen Krieges, in: Francia, 30,1 (2003) S. 73–105; Ders., Englische Gesandtschaftsrechnungen. Zur innerenglischen Kommunikation zwischen dem sich auf dem Kontinent befindlichen Eduard III. und seiner Rumpfregierung in England vgl. E. Andre, Ein Königshof auf Reisen. Der Kontinentaufenthalt Eduards III. von England 1338–1340, Köln/Weimar/Wien 1996, S. 56–59. Allgemein zur Verhandlungspraxis an der Kurie, mit einem Schwerpunkt auf Aragon und den ‚stilus curiae‘ vgl. Felten, Verhandlungen an der Kurie (wie Anm. 88) Diesen Begriffsverwendungen schließt sich der Autor dieser Studie aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit an. Vgl. Plöger, England and the Avignon popes, S. 16; Reitemeier, Außenpolitik, S. 21–27; D. Berg, Deutschland und seine Nachbarn 1200–1500, München 1997, S. 1–4, 47–58; Ders., England und der Kontinent, S. 4 ff. mit der kritischen Rezension von Timothy Reuter in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, 48 (1992) S. 317 ff. Vgl. Märtl; Zey (Hrsg.), Aus der Frühzeit Europäischer Diplomatie (wie Anm. 164); M. C. Hill, The King’s Messengers 1199–1377. A Contribution to the History of the Royal Household, London 1961. Jüngste Beiträge zum geistlichen Gesandtschaftswesen mit weiterführender Literatur: C. Zey, Handlungsspielräume – Handlungsinitativen. Aspekte der päpstlichen Legatenpolitik im 12. Jahrhundert, in: Drossbach; Schmidt (Hrsg.), Zentrum und Netzwerk, S. 63–92; Dies., Die Augen des Papstes. Zu Eigenschaften und Vollmachten päpstlicher Legaten, in: H. Müller; J. Johrendt (Hrsg.), Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie. Das universale Papsttum als Bezugspunkt der Kirchen von den Reformpäpsten bis zu Innozenz III., Berlin 2008, S. 77–108; B. Studt, Anspruch und Wirklichkeit. Der Wandel von Handlungsspielräumen und Reichweite päpstlicher Diplomatie im 15. Jahrhundert, in: Märtl; Zey (Hrsg.), Aus der Frühzeit Europäischer Diplomatie (wie Anm. 164). Erster Sammelband zum Thema päpstliche Legaten: H. Millet (Hrsg.), Les légats pontificaux. Paix et unité de l’Eglise, de la restructuration grégorienne à l’aube du concile de trente (mi XIe - mi XVIe siècle) (in Vorbereitung); W. Maleczek, Die päpstlichen Legaten im 14. und 15. Jahrhundert, in: R. C. Schwinges; K. Wriedt (Hrsg.), Gesandtschafts- und Botenwesen im spätmittelalterlichen Europa (Vorträge und Forschungen, Band 60), Stuttgart 2003, S. 33–86; Ders., Papst und Kardinalskolleg von 1191 bis 1216, S. 336–50.

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temeier eine einprägsame Klassifizierung diverser Gesandtschaftstypen vorgenommen, welcher zwischen „Verhandlungsgesandtschaften“, „repräsentative[n] Gesandtschaften“ und „Repräsentativgesandtschaften“ hierarchisiert.175 In Bezug auf die von der Kurie selbst verwandte Terminologie bei der Ernennung von Gesandten besteht dagegen noch ein Differenzierungsbedarf zwischen dem legatus und dem nuntius.176 Dieser ist auch deshalb notwendig, weil die Päpste während unseres Untersuchungszeitraumes, der ersten 41 Jahre des Hundertjährigen Krieges, zumindest nach dem Sprachgebrauch kurialer Rechtsquellen keine (Kardinal-)Legaten zur anglo-französischen Vermittlung entsandten. In dem strukturellen Teil der Studie werden daher gezielt päpstliche Gesandten als die eigentlichen Handlungsträger der päpstlichen Friedenspolitik in den Mittelpunkt gestellt (Kapitel C) IV.) Dabei werden den Selektionskriterien, Aufgabenfeldern und Handlungsspielräumen apostolischer Nuntien nachgegangen. Sprachlich wird im Rahmen dieser Studie meist eine, zugegebenermaßen artifizielle, sprachliche Unterscheidung zwischen „Gesandten“ der beiden Kontrahenten sowie apostolischen „Nuntien“ vorgenommen.

6. Politisches Milieu und handlungstheoretische Begrifflichkeiten Eine Analyse päpstlicher Vermittlung ist nicht zu trennen von der raumtheoretischen Frage nach den Wirkungsstätten und Zentralorten der päpstlichen Diplomatie. In dieser Hinsicht erschiene eine Anlehnung an die bereits geleistete Definitionsarbeit der renommierten Residenzenforschung177 naheliegend. Könnte Avignon doch nach Ahrens allein 175 Vgl. A. Reitemeier, Das Gesandtschaftswesen im spätmittelalterlichen England, in: C Märtl; C. Zey,

(Hrsg.), Aus der Frühzeit Europäischer Diplomatie (wie Anm. 164), S. 231–253; Ders., Außenpolitik, S. 345. Die von Hlavécek vorgenommene Differenzierung zwischen „Feierliche[n], formell umfassend ausgestattete[n] Gesandtschaften“ bzw. „Großgesandtschaften“ und „bloße[n] Botschaften“ mit „Verwaltungstätigkeit“ oder „Daueraufträgen“ bleibt indes für unsere Zwecke zu unscharf. Vgl. I. Hlavécek, Kommunikation der Zentralmacht mit den Reichsuntertanen sowie fremden Mächten unter König Wenzel (IV.), in: H.-D. Heimann (Hrsg.), Kommunikationspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter und in der Renaissance, Paderborn 1998, S. 19–30, bes. 23 ff. Nicht auf das 14. Jahrhundert übertragbar scheint die Differenzierung Hollegers zwischen Anlassgesandtschaften, ständigen Gesandtschaften und Sondergesandtschaften. Vgl. F. Hollegger, Anlassgesandtschaften Ständige Gesandtschaften - Sondergesandtschaften. Das Gesandtschaftswesen in der Zeit Maximilians I., in: Dünnebeil; Ottner (Hrsg.), Außenpolitisches Handeln im ausgehenden Mittelalter, S. 213–225, bes. 213 ff. 176 Siehe Kapitel C) IV. 177 Für eine umfassende Diskussion des Forschungsstandes vgl. J. Kolb, Heidelberg. Die Entstehung einer landesherrlichen Residenz im 14. Jahrhundert (Residenzenforschung, Band 8), Sigmaringen 1999, S. 15–25. Inwieweit aufgrund der geographisch wie strukturell heterogenen Residenzenlandschaft auf dem Reichsgebiet eine einheitliche Definition einer Residenz möglich ist, bleibt umstritten. Während Neitmann anhand des Zusammenhangs residenzieller Herrschaftspraxis und festangesiedeltem Verwaltungsapparat primär eine Deskription der Residenz als Ort mit erhöhter „Mittelpunktfunktion“ unternahm (Vgl. K. Neitmann, Was ist eine Residenz? Methodische Überlegungen zur Erforschung der spätmittelalterlichen Residenzenbildung, in: P. Johannek, Vorträge

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aufgrund des seit Johannes XXII. (1316–1334) erheblich verringerten Itinerars der Päpste als Residenz bezeichnet werden. Durch die geographische Kumulation entscheidender Bestimmungsfaktoren der Residenzenforschung wie der festen Ansiedelung von Behörden wie Kanzlei, Kammer und Pönitentiarie, der erkennbaren „Mittelpunktfunktion“ aufgrund des simultanen Vorhandenseins eines umfangreichen Archivs, einer, wenn auch bescheidenen Universität und Palastschule und prinzipiellen Möglichkeit der Grablege erfüllt Avignon auch die von Neitmann genannten, entscheidenden Erkennungsmerkmale einer Residenz in vollstem Umfang.178 Dies beantwortet freilich noch nicht die erstaunliche Tatsache zunehmend ausgelagerter Verhandlungsstätten im Hundertjährigen Krieg, an welchen in zunächst situativer, gegen Ende des Untersuchungszeitraum jedoch auch räumlich verstetigter Hinsicht kuriale Gesandte als Vermittler tätig waren. Dass der päpstliche Hof in Angelegenheiten der kurialen Diplomatie gleichzeitig auch Ort der stärksten Mittelpunktfunktion war, sollte nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet werden. Hatte im Jahre 1299 etwa König Eduard I. von England durchaus noch die Hoffnung, dass Bonifaz VIII. zur Beilegung des anglo-französischen Konfliktes personaliter nach Lyon kommen werde.179 Mit Paravicini könnten alternative bzw. parallele Verhandlungsorte in der Stadt Avignon selbst wie zum Beispiel Kardinalspaläste im gleichen Aktionsradius noch als „polynuklearer Hof der Einzelhaushalte“180 beschrieben werden. Dezentrale Verhandlungsorte an denen kuriale Vermittler wirkten könnten aufgrund der an ihnen zu beobachteten Interaktion von Gesandten der Kriegsparteien, päpstlichen Vermittlern und geeignetem Kanzleipersonal aufgrund der von Neitmann festgestellten spätmittelalterlichen Tendenz der Distanzierung von Herrschaft und Zen-

und Forschungen zur Residenzfrage (Residenzenforschung, Band 1), Sigmaringen 1990, S. 11–43) definiert Kolb in Orientierung an die mittelalterliche Herrschaftspraxis eine Residenz als „ein Ort, an dem in quantitativ und qualitativ deutlich höherem Maße als an anderen Orten des Herrschaftsgebietes die mit der formalen Herrschaftsausübung verbundenen Funktion – selbst herrschen und Herrschaft verwalten lassen – erfüllt werden“ (Kolb, Heidelberg, S. 24). Vgl. die vielfältigen Veröffentlichungen der Residenzenkommission der Akademie der Wissenchaften Göttingen, hrsg. von Peter Johannek; Kurt-Ulrich Jäschke; Konrad Amann; Dieter Kerber; Werner Paravicini; Michael Scholz; Johann Kolb; Volker Hirsch; Mark Mersiowsky; Liliane Châtelet-Lange; Jörg Wettlaufer; Cordula Nolte; Jan Hirschbiegel; Karl-Heinz Spieß; Ralf-Gunnar Werlich; Andreas Bihrer; Cornell Babendererde; Gerhard Fouquet; Oliver Auge; Ralf-Gunnar Werlich; Gabriel Zeilinger, 22 Bände, Stuttgart/Sigmaringen1990–2010 sowie A. Ranft, Art. „Residenz und Stadt“, in: Paravicini; Hirschbiegel (Hrsg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, S. 27–32. 178 Vgl. Neitmann, Residenz, S. 33 ff. Dass Avignon überdies als „Ort der regelmäßigen Ausübung von Herrschaft und Verwaltung“ durch Fürst und Herrschaftsapparat bezeichnet werden kann, erscheint zwangsläufig. Vgl. Kolb, Heidelberg, S. 24. 179 Ein Ansinnen, das der Papst angeblich aufgrund corporis nostri conditio abschlägig beschied, wobei er den Aufenthaltsort der Kurie aber durchaus offen ließ. Vgl. Rymer (Hrsg.), Band I, 2, S. 915. 180 W. Paravicini, Alltag bei Hofe, in: Ders. (Hrsg.), Alltag bei Hofe. 3. Symposium der Residenzen – Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Ansbach 28. Februar bis 1. März 1992 (Residenzenforschung, Band 5), Sigmaringen 1995, S. 9–30, bes. 26.

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tralverwaltung181 zumindest theoretisch nach Kriterien der Residenzenforschung verortet werden. Gleichwohl stellt sich die Frage nach der Belastbarkeit dieser Definitorik. Denn zum einen kann am Ausgangspunkt einer diplomatiegeschichtlichen Untersuchung die Vermittlung der Päpste ohne deren subsidiäre Unterordnung unter eine im Vorfeld postulierte, eindeutige politische Zielsetzung kaum als eindeutige Herrschaftstätigkeit begriffen werden. Zum anderen stellte die kuriale Friedensvermittlung aufgrund der Heterogenität ihres Personals auch keine Tätigkeit einer Behörde dar, welche sich, etwa durch die Annahme eines „Residenzenpluralismus“182, an von Avignon und damit der päpstlichen Hofhaltung entfernten Orten wie den sogenannten Marken von Calais183 bzw. der flämischen Handelsstadt Brügge niedergelassen hätte. Auch bliebe in dieser Hinsicht die Grundprämisse Max Webers zur Definition eines potentiell mit einer Residenz gleichzusetzenden Herrscherhofes unerfüllt, nämlich die auch im Falle Avignons zwingende Nähe einer Residenz zur Person des Herrschers.184 Insofern erscheint ein Untersuchungsraster empfehlenswert, welches stärker die Vermittlungstätigkeit und damit die Handlungen der Päpste von Avignon in den Blickfeld nimmt, und weniger eine dichte Beschreibung eines einzelnen Ortes versucht. Da bis Ende des 14. Jahrhunderts bereits von einer europaweit vergleichbaren Ausstattung diplomatischer Gesandtschaften mit Beglaubigungsschreiben (Kredentien), Niederschriften ihrer Verhandlungsvollmachten (Prokuratorien185) und informellen Instruktionen ausgegangen werden kann,186 lassen sich Interaktionen päpstlicher Vermittler mit Repräsentanten der beiden Kriegsparteien als ein normativer Vorgang begreifen, der unter vergleichbaren Gesetzmäßigkeiten stattfand. In Anlehnung an Bourdieu wird in dieser Studie daher der geographische Ort des kommunikativen Austauschs handlungstheoretisch187 als „Feld“ begriffen, auf dem sich dessen Akteure nach einem bestimmten Regelwerk zu bewegen hatten. Nach der Vermengung der physikalischen Feldtheorien Faradays mit älteren Theorien der Gravitationslehre und psychophysiologischer Theorien des Gestaltcharakters ge181 Neitmann, Residenz, S. 31. 182 Zum Begriff vgl. L. Petry, Residenztypen im Moselland, in: Festschrift Wolfgang Jungandreas zum

70. Geburtstag (Schriftenreihe zur Trierischen Landesgeschichte und Volkskunde, Band 13), Trier 1964, S. 70–77, hier 77. 183 Zum Begriff siehe Kapitel B) IV. 2. b) 184 Vgl. O. Auge; K.-H. Spieß, Art. „Hof und Herrscher“, in: Paravicini; Hirschbiegel (Hrsg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, S. 3–15, hier S. 3, 6. 185 Von engl. „procuration“ vgl. G. P. Cuttino, English Diplomatic Administration, 1259–1339, Oxford 1971, S. 154 ff., deutscher Begriff in: Felten, Kommunikation zwischen Kaiser und Kurie, S. 59. 186 Vgl. im Folgenden: A. Reitemeier, Diplomatischer Alltag, S. 148 und Ders., Außenpolitik im Mittelalter, S. 49–56, 61–75; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 186–89; Felten, Verhandlungen an der Kurie, S. 423 ff. 187 Vgl. überblickend zu Handlungstheorien: R. Bernecker, Art. „Handlungsräume“, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Band 3 (1996) S. 1286–1297. In Hinblick auf Pierre Bourdieu und in Bezug auf die Untersuchung englischer Fürstenspiegel: U. Graßnik, Ratgeber des Königs. Fürstenspiegel und Herrscherideal im spätmittelalterlichen England, Köln/Weimar/Wien 2004, S. 14–32.

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langte die Theorie des „Feldes“ durch Kurt Lewin in die Sozialwissenschaften. Nach Bourdieu beschreibt die Theorie des „Feldes“ den Wirkungsbereich innerhalb dessen sich Menschen unter Berücksichtigung ihrer kulturellen wie sozialen Voraussetzungen („Habitus“) und bestimmter, ontogenetischer „Spielregeln“ zu bewähren haben und innerhalb dessen sie benennbaren Kräften ausgesetzt sind.188 Besagte „Spielregeln“ waren im Spätmittelalter durch Vollmachten, die Eigenheiten mittelalterlicher Verhandlungsnormen und die ihnen zur Verfügung stehenden Formen symbolischer Kommunikation diktiert. Der Begriff des Feldes ist eine Grundvoraussetzung zum Verständnis des in dieser Arbeit gebrauchten Begriffs des Milieus189 politischer Entscheidungen an der Kurie von Avignon. Darunter wird an dieser Stelle das räumliche, personale und kommunikative Interaktionsfeld190 an der Kurie bei der längerfristigen und/oder wiederholten Zusammenkunft des Papstes (oder dessen Stellvertreter) mit weiteren Parteien zum Treffen einer politischen Entscheidung verstanden. Zu berücksichtigen ist bei dieser Eingrenzung die Möglichkeit der Verhandlungspartner, auf alle dort verfügbaren räumlichen wie personalen und infrastrukturellen Gegebenheiten zurückgreifen zu können. Eine handlungs- wie raumtheoretische Annäherung an unser Thema war umso notweniger, als die für die Epoche des Avignonesischen Papsttums verfügbaren Quellen wie Zeremonienbücher oder aragonesische, italienische bzw. hanseatische Prokuratorenberichte besser zur Beschreibung bilateraler Einzelverhandlungen an der Kurie geeignet sind als zum Verständnis 188 Vgl. im Folgenden: Fröhlich, Gerhard; Rehbein, Boike (Hrsg.), Bourdieu Handbuch. Leben-Werk-

Wirkung, Stuttgart 2009, S. 99–103. Allgemein zu aktuellen Raumtheorien und der Definition von „Raum als ein Medium zu betrachten, auf die Herstellung von mit Bedeutung aufgeladenen Objekten und ihrer Situierung in einem räumlichen Ensemble in der Geschichtswissenschaft“ vgl. E. Piltz, „Trägheit des Raums“. Fernand Braudel und die Spatial Stories der Geschichtswissenschaft, in: J. Döring, T. Thielmann (Hrsg.), Spatial turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften, Bielefeld 2008, S. 75–102. Sowie allgemein unter Bezug auf die Residenzenforschung: W. Paravicini, Zeremoniell und Raum, in: Ders. (Hrsg.) Zeremoniell und Raum: 4. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, veranstaltet gemeinsam mit dem Deutschen Historischen Institut Paris und dem Historischen Institut der Universität Potsdam. Potsdam, 25. bis 27. September 1994 (Residenzenforschung, Band 6), Sigmaringen 1997, S. 17–27. 189 Von seiner ursprünglichen Bedeutung als „Umwelt“ in der Evolutionstheorie Lamarcks und der begrifflichen Verwendung als lebensweltlicher Teil in der „Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und Milieu“ (G. Saint Hilaire) wurde das „Milieu“ zu einem der Zentralbegriffe der Soziologie. Er dient in Abgrenzung der Kategorien „Klasse“ oder „Schicht“ zur existenziellen Beschreibung der zunächst äußeren gesellschaftlichen wie kommunikativen Voraussetzungen („äußeres Milieu“), in die ein Individuum eingebunden ist und auf die es unter Berücksichtigung seiner inneren Voraussetzungen („inneres“ bzw. subjektivierte[s] Milieu“) sowohl einwirken kann, als auch von ihm geprägt ist. Vgl. K. Gründer (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 5 (1980) Sp. 1393–95. 190 Dass Bourdieu selbst von der Existenz einer praktisch unbegrenzten Zahl von Feldern überzeugt war, steht dabei in keinem Widerspruch, da auch die vorliegende Arbeit von der Existenz unterschiedlicher Verhandlungsorte verschiedensten Charakters ausgeht. Vgl. P. Bourdieu, Rede und Antwort, Frankfurt 1992 [Paris 1987], S. 111. Siehe zusammenfassend Kapitel C) III.

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größerer Friedensgipfel.191 Zudem erfassen die genannten Quellen schwerpunktmäßig die Zeit vor unserem Untersuchungszeitraum oder sind an anderen Schwerpunktfeldern orientiert.192 Verhandlungen an der Kurie können dagegen auf der Basis edierter Briefsammlungen und Tagebücher englischer Gesandter sowie narrativer Quellen analysiert werden, welche bereits vereinzelt ausgewertet worden sind. Im strukturellen Teil unserer Studie (Kapitel C) ist daher eine Differenzierung und Hierarchisierung der verschiedenen Stätten der viae pacis auch hinsichtlich der Qualität der an ihnen versuchten Entscheidungsfindungen möglich. Dies ist gerade unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität des Milieus politischer Entscheidung in Avignon von Interesse. Zur Bestimmung des Stellenwertes der Päpste von Avignon als Vermittler in anglofranzösischen Streitfällen wird in dieser Studie zudem auf den von Bourdieu geprägten Begriff des Kapitals zurückgegriffen. Dieses lässt sich knapp als „notwendige Ressource für jedes Handeln“ umschreiben.193 Zusammen mit dem (hier nicht weiter verfolgten) Terminus des Habitus misst das Kapitel die unterschiedlichen Kapazitäten der beteiligten Personen(gruppen) zur erfolgreichen Interaktion innerhalb des erwähnten, regelgeleiteten Feldes. Bourdieu differenziert ursprünglich zwischen den Ausgangsdispositionen des ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapitals und nimmt als übergeordneten Aggregatszustand ein symbolisches Kapital an. Dieses kann bei Bedarf durch das Umwandeln einer der übrigen Kapitalformen gebildet werden, ist aber ansonsten von gesellschaftlicher Anerkennung abhängig. Angesichts der von philosophiegeschichtlicher Seite gern attestierten Offenheit des Kapitalbegriffes194 erscheint es legitim, auch ein 191 Vgl. Rat und Domkapitel von Hamburg um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Teil 1. Die Korrespon-

denz zwischen dem Hamburger Rat und seinen Vertretern an der päpstlichen Kurie in Avignon 1337–1359 (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der freien und Hansestadt Hamburg, Band 9, Teil 1), hrsg. von Richard Salomon, Hamburg 1968; Acta Aragonensia. Quellen zur deutschen, französischen, spanischen, zur Kirchen- und Kulturgeschichte aus der diplomatischen Korrespondenz Jaymes II. (1291–1327), hrsg. von Heinrich Finke, Band 3, Berlin/Leipzig 1922; I Dispacci di Christophoro da Piacenza Procuratori Mantovano alla Corti Pontificia (1371–83), hrsg. von A. Segre, in: Archivio storico italiano, 5. Serie, 43 (1909) S. 27–95; Sommarii e Documenti del Tempo Avanti e Dopo il Tribunato di Cola di Rienzo, in: Archvio storico italiano, Appendice 7 (1849) S. 358 [N. VI]; Felten, Verhandlungen an der Kurie; Ders., Kommunikation zwischen Kaiser und Kurie. In Bezug auf trilaterale Verhandlungen vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 203 ff. 192 Edierte wie nicht edierte Zufallsfunde erleuchten vereinzelte Verhandlungen und Entscheidungsfindungen in England oder am französischen Hof. So etwa der Bericht über das Auftreten der Kardinalnuntien Bertrand de Montfavès und Pedro Gomez da Barroso bei einer Kirchenversammlung London am Jahresende 1337. Vgl. Chaplais (Hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice, Band 1, S. 286 ff. [N. 154]. Für eine Wiedergabe des Verlaufes einer Diskussion des französischen Kronrates hinsichtlich der Subsidien für päpstliche Kreuzzugsprojekte bzw. eine mögliche Kandidatur von Philipps VI. Sohn Philipp von Poitiers und Burgund für die römische Königswahl vgl. Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 1722 (1346). 193 Vgl. im Folgenden: G. Fröhlich; B. Rehbein (Hrsg.), Bourdieu Handbuch. Leben-Werk-Wirkung, Stuttgart 2009, S. 134 ff.; Graßnik, Ratgeber des Königs, S. 19 ff. 194 „Es liegt der Verdacht nahe, dass letztlich beliebig viele Kategorien ge- und erfunden werden können, weil das soziale Handeln in beliebig viele Kategorien einsortiert werden kann“ (G. Fröhlich; B. Rehbein (Hrsg.), Bourdieu Handbuch, S. 140).

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diplomatisches Kapital der Päpste anzunehmen. Dieses wird als Sammelbegriff für deren nachweisbare notarielle, juristische wie administrative Kompetenz zur Aufnahme und Aufrechterhaltung politischer Kommunikation sowie zur Erschaffung und Bekräftigung von Vertragswerken verstanden. Diplomatisches Kapital war die Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Akzeptanz der obersten Brückenbauer als Friedensstifter. Es wird in dieser Studie nach Offenstadt als relativer Maßindex auch für das „symbolische Kapitel“ der Päpste verstanden.195 Die Akzeptanz der Päpste als Vermittler ist auch im Hinblick auf etwaige frühere oder gar zeitgleiche direkte und weltliche Formen der Konfliktbeilegung zu analysieren, welche an verschiedenen Stellen in dieser Arbeit zu berücksichtigen sein werden.196 Das kuriale Prestige zur Durchsetzung einer universalen Friedensordnung sank laut Jean Gaudemet während des 14. Jahrhunderts rapide und war bei Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas (1378–1415) auf dem Nullpunkt angelangt.197 Aus dem Grunde erscheint es lohnend, Entwicklungslinien innerhalb unseres Untersuchungszeitraums aufzuzeigen. Eng mit der Definition des Kapitals verknüpft ist die Bestimmung des durch narrative wie diplomatische (Rechts-)Quellen nachweisbaren Ausmaßes an topographischer Mobilität. Am Beispiel der kurialen198 Vermittler wird zu prüfen sein, inwieweit es mit deren Prestige und symbolischem Kapital in Einklang stand. Insgesamt werden Verhandlungsorte in dieser Arbeit arbeitsdefinitorisch als diplomatisches Interaktionsfeld begriffen, auf dem ein bevorzugt vom Papst dominierter Friedensdiskurs zwischen Vermittlern und Verhandlungspartnern über eine endgültige Friedenslösung weitergeführt wurde. Dieser Diskurs wird als multilateraler Kampf in einem sprachlichen Feld zur Legitimation und Durchsetzung einer endgültigen Friedenslösung verstanden, bei dem das symbolische Kapital der Päpste zur Thematisierung und Durchsetzung dieser Friedensordnung sowie das Renommee der Kurie von Avignon als Milieu politischer Entscheidungsfindungen d.h. als Austragungsort der Verhandlungen und zur Ratifikation eines endgültigen Friedens als Bestimmungsfaktoren genannt werden können.

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Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 77. Siehe insbesondere Kapitel B) I. 1. und 3., Kapitel B III., Kapitel B VII. und Kapitel C) III. Vgl. Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 105. Einer kurzen Erklärung bedürfen die in dieser Arbeit im Hinblick auf Formen der Konfliktbeilegung verwandten Adjektive „päpstlich“ bzw. „kurial“. Besagt ersteres die direkte Partizipation des Papstes, so weist letzteres auf das Vorhandensein und den Einsatz der geballten administrativen und personalen Kommunkationsmaschinerie der Päpste hin, welche vor allem beim Einsatz der apostolischen Nuntien zum Einsatz kam. Inwieweit die beiden Sphären deckungsgleich waren, wird im Rahmen unserer Untersuchung deutlich werden. Siehe zur Ausarbeitung dieses Arguments Kapitel B) VIII., C) II., IV. und VI.

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III. Quellenlage 1. Diplomatische Rechtsquellen und -Korrespondenz a) Vatikanische Quellen Et tamen quia labilis est hominum memoria, registra nostra in quibus omnes et singule littere nostre quas regibus et principibus ac quibusvis personis aliis postquam ad summi pontificatus apicem divina miseratio nos assumpsit, destinaviums et nos destinare contingit, registrate sunt et registrantur de verbo ad verbum continue199

Nicht nur im Selbstbewusstsein der frühen Päpste von Avignon stellte ihre Registerüberlieferung eine unerschöpfliche Quelle dar. Auch nach der Ansicht von Karl A. Fink können die Vatikanischen Register200 zweifellos als „[b]este Quelle zur Europäischen Geschichte des 13. und 14. Jahrhunderts“ bezeichnet werden.201 Trotz des beträchtlichen 199 Benoît XII (France), N. 888 (21. September 1341). 200 Der Begriff selbst ist zeitgenössisch. Rasche Überblicke in: T. Frenz, Papsturkunden des Mittelalters

und der Neuzeit (Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen, Band 2), Stuttgart 1986, S. 46–49; J. Lenzenweger (Hrsg.), Acta Pataviensia Austriaca. Vatikanische Akten zur Geschichte des Bistums Passau und der Herzöge von Österreich (1342–1378), Band 1 (Klemens VI. (1342–1352), Wien 1974, S. 19; F. Bock, Päpstliche Sekretregister und Kammerregister. Überblick und Ergänzung früherer Studien zum Registerwesen des Spätmittelalters, in: Archivalische Zeitschrift, 59 (1963) S. 31 ff. Forschungsüberblicke in: O. Hageneder, Die päpstlichen Register des 13. und 14. Jahrhunderts, in: Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell‘Università di Roma, 12 (1972) S. 45–76; Y. Renouard, Les minutes d’Innocent VI aux archives du Vatican, in: Archivi. Archivi d’Italia e rassegne internazionale degli archivi (Serie II, Anno II), 13 (1935) S. 14–26; M. Tangl, Die päpstlichen Register von Benedikts XII. bis Gregor XI., in: Max Büdinger (Hrsg.), Festgaben zu Ehren Max Büdingers von seinen Freunden und Schülern, Innsbruck 1898, S. 287–309 [Neu aufgelegt unter: M. Tangl (Hrsg.), Das Mittelalter in Quellenkunde und Diplomatik. Ausgewählte Schriften. Graz 1966 S. 289–309]; F. Bock, Kodifizierung und Registrierung in der spätmittelalterlichen kurialen Verwaltung. Ein Immediatforschungsbericht über die päpstlichen Register. Archivalische Zeitschrift, 56 (1960) S. 11–75; Ders., Einführung in das Registerwesen des avignonesischen Papsttums (Ergänzungsband mit Tafeleinlagen), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, 31 (1941) S. 1–107; Ders., Studien zur Registrierung der politischen Briefe und der allgemeinen Verwaltungssachen Johanns XXII. Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 1940 S. 137–188; Ders., Über Registrierung von Sekretbriefen (Studien zu den Sekretregistern Benedikts XII.), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, 29 (1938–39) S. 41–88; C. Erdmann, Zu den Sekretregistern Johanns XXII. Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, 29 (1938–39) S. 233–248; G. Opitz, Über Registrierung von Sekretbriefen (Studien zu den Sekretregistern Clemens VI.), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken (1938–39) S. 89–134; F. Bock, Über Registrierung von Sekretbriefen (Studien zu den Sekretregistern Johanns XXII.), in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, 28 (1937–1938) S. 147–234. 201 K. A. Fink, Das Vatikanische Archiv. Einführung in die Bestände und ihre Erforschung unter besonderen Berücksichtigung der deutschen Geschichte, Rom 1943, S. 31.

Quellenlage

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Stolzes einzelner Päpste wie etwa des oben zitierten Benedikts XII. auf die Vollständigkeit der Register202 sind diese keinesfalls lückenlos erhalten geblieben.203 Durch die Differenzierung des Geschäftsganges seit Johannes XXII. (1316–34) und die Ausbildung von Sekret-, Kommun- und Kurialregistern müssen alle drei genannten Reihen fallbezogen konsultiert sowie mit ihren nationalen Empfängerüberlieferungen verglichen werden. Letzteres Unterfangen blieb in unserem Falle indes wenig ergiebig.204 Nach Lenzenweger können die Registra Vaticana (Reg. Vat. 1–545, 872–1471) in mehrere Großgruppen, darunter die Sekretregister, die Abschriften der Registra Avenionensia (Reg. Aven. 1–349, 1316–1418) und der uns hier nicht betreffenden Registra Lateranensia sowie weitere Beständen untergliedert werden.205 Die Vatikanischen Register stellen nach heutigem Erkenntnisstand die spätere Textstufe der auf Papier verfassten Avignonesischen Register dar.206 Für die Pontifikate Innozenz‘ VI. und Urbans V. müssen ganze verloren gegangene Serien der Registra Vaticana durch das Heranziehen der Registra Avenionensisa gewonnen werden.207 Entscheidend ist die politische Korrespon202 Vgl. Erdmann, “Quod est in actis, non est in mundo“, S. 24 ff.; Hageneder, Die päpstlichen Register,

S. 70 f.; Bock, Registrierung von Sekretbriefen (Benedikt XII), S. 52.

203 Konkordanzien befinden sich in: G. Gualdo (Hrsg.), Sussidi par la consultazione dell’ Archivio Vati-

204

205 206

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cano (Collectanea Archivi Vaticani, Band 17, Città del Vaticano 1989, S. 167–174. Für die Pontifikate Clemens’ VI. bis Urbans V. vgl.: J. Lenzenweger (Hrsg.), Acta Pataviensia Austriaca. Vatikanische Akten zur Geschichte des Bistums Passau und der Herzöge von Österreich (1342–1378), Band 1 (Klemens VI. (1342–1352), S. 38–167; Band 2 (Innozenz VI. (1352–1362), S. 23 – 87; Band 3 (Urban V. (1362–1370), S. 24–110, Wien 1974–1996; Bock, Einführung in das Registerwesen, S. 8–32. Gefunden wurde kein nennenswertes Schreiben, das nicht schon aus den Editionen bekannt gewesen wäre, sieht man einmal von einem Friedensappell des kurzzeitigen Papstes Coelestins V. ab. Vgl. für England: London, PRO E 30 (Diplomatic Documents) sowie generell P. Zutshi, Original Papal letters in England 1305–1415 (Index actorum Romanorum pontificum, 5), Città del Vaticano 1990; Ders., The political and administrative correspondance of the Avignon Popes, 1305–1378: a contribution to papal diplomacy, in: Aux origines de l’état moderne. Le fonctionnement administratif de la papauté d’Avignon (Collection de l’ École Française de Rome, Band 138), Rom 1990, S. 372–384; Ders., Original Papal Letters in England (1305–1415), in: Jones; Vale (Hrsg.), England and her Neighbours, S. 259–275. Für das 13. Jahrhundert vgl. C. R. Cheney, Some features of surviving Original Papal letters in England, in: Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell’ Università di Roma, 12 (1972) S. 1–25. Vgl. im Folgenden: Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 40 ff. Vgl. Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 29–38. Nach Fink zählen dazu auch Reg. Vat. 214–18, 243–44, 252, 262, 272, 288–90, 300–09, 321–332. Während die Registra Vaticana im Schedario Garampi des Vatikanischen Archivs nicht ausgewertet sind, verfügen sie über einen alphabetischen und einen chronologischen Index im Sala dei Indice, N. 557–641, 642–669. Vgl. Fink, Vatikanisches Archiv, S. 35. Zeitpunkt und Vorlagen der diversen Abschriften sind umstritten. Vgl. Hageneder, Die päpstlichen Register, S. 59–68. Lenzenweger nimmt einen weitgehend gleichzeitigen Abfassungszeitpunkt von Reg. Aven. und Reg Vat. an, bei dem Konzept und Original abgeglichen wurden. Vgl. Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 37; Tangl, Die päpstlichen Register, S. 7. Allgemein ist von einer Abnahme der Kongruenz seit dem Pontifikat Innozenz‘ VI. auszugehen. Vgl. K. Borchardt, Die römische Kurie und die Pfründenbesetzung in den Diözesen Würzburg, Bamberg und Eichstätt im späten Mittelalter, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung, 57 (1997) S. 71–96, bes. 73; K. Rieder (Hrsg.), Römische Quellen zur Konstanzer Bistumsgeschichte zur Zeit

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denz der Päpste, welche in der apostolischen Kammer zunehmend von Privatsekretären verfasst wurde. Hier sind (in folgender chronologischen Reihenfolge) die auf Initiative der Kurie hin entstandenen littere de curia,208 ferner die politische Korrespondenz, deren Konzepte unter den Augen der Päpste zustande kamen, sogenannte littere secrete209 und schließlich die seit Innozenz VI. regelmäßig geführten Kammerregister210 zu nennen. Die Sekretregister, jenes „eigenartige Erzeugnis des Avignonesischen Papsttums“,211 wurden als littere secrete erstmals von Clemens VI. (1342–52) bezeichnet.212 Begonnen wurde die Reihe jedoch von dem ersten, regelmäßig in Avignon residierenden Papst Johannes XXII. (1316–34). Als immanente Merkmale der Sekretbriefe gelten seit Bock ihr politischer Inhalt, ihre Entstehung in der Gegenwart des Papstes und ihre relative Vollständigkeit.213 Vollständig gebunden wurden dessen Briefe wohl erst von seinem Nachfolger Benedikt XII. (1334–42).214 Der erste Papst des Hundertjährigen Krieges sammelte akribisch themenbezogene Prozessakten und Memoranden über die Politik seiner Vorgänger um sich und seinen Nachfolgern eine einheitliche Politik zu ermöglichen.215 Ein zusätzliches Motiv war die gerade zu Beginn des Hundertjährigen Krieges noch nicht gewährleistete Geheimhaltung der päpstlichen Korrespondenz in der apostolischen Kammer.216 Aus diesem Grund ließ Benedikt die Sekretbriefe (Reg. Vat. 130–36), welche zunächst noch der Päpste in Avignon 1305–1378 (Monumenta Vaticana Historiam Episcopatus Constantiensis in Germania Illustrata), Innsbruck 1908, S. XIX. 208 Die littere de curia tauchten erstmals unter Gregor IX. auf und hatten von Schreibern ohne Taxe erstellt zu werden. Während die littere zunächst in die Kommunregister der Kanzlei eingebunden waren, fanden sie schließlich Einzug in die Sekretbriefe der apostolischen Kammer. Vgl. Hagenender, Die Päpstlichen Register, S. 49; Bock, Päpstliche Sekretregister und Kammerregister, S. 42 f.; Ders., Einführung, S. 37 ff. 209 Ebd., S. 67 unter Bezug auf Bock, Über Registrierung, S. 45 ff., 70. 210 Die Bezeichnung geht auf die Konzentration der Ausstellung sämtlicher Urkunden auf die apostolische Kammer seit dem einflussreichen Kämmerer Cencius (1188–1216), des späteren Papstes Honorius III., zurück. Vgl. Hageneder, Die päpstlichen Register, S. 51; Bock, Sekretregister und Kammerregister, S. 37 ff.; Ders., Einführung, S. 62–76; Tangl, Die päpstlichen Register, S. 18 f.; Bock, Kodifizierung und Registrierung, S. 72; B. Roberg, Art. „Honorius III.“ in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 120 f. Die Kammerregister dürfen nicht mit den ‚Kammerakten‘ verwechselt werden. Vgl. Weiß, Rechnungswesen und Buchhaltung. 211 Vgl. Bock, Über Registrierung (Benedikts XII), S. 70. 212 Erste Erwähnung des Begriffs wohl unter Nikolaus III.: Hagenender, Die Päpstlichen Register, S. 50 f. 213 Vgl. Bock, Über Registrierung von Sekretbriefen, S. 147–134; Bock, Kodifizierung, S. 40 ff. 214 Vgl. im Folgenden: Bock, Kodifizierung, S. 13 ff. mit Bezug auf Ders., Über Registrierung (Johannes XXII.), S. 149 ff.; Ders., Über Registrierung (Benedikts XII.), S. 69. 215 Dafür spricht auch die Anlage von Sonderregistern zur raschen Erarbeitung geschlossener politischer Themenkomplexe wie etwa Reg. Vat. 62 (Registrum Tartatorum), in welchem der Pontifex ein Memorandum für die Angelegenheiten der Mongolen bzw. Chinamission anlegen ließ und welches auch die relevante Korrespondenz seiner Vorgänger enthielt. Vgl. Reg. Vat. 62., f. 100–124; J. Muldoon, The Avignon Papacy and the frontiers of Christendom: The evidence of Vatican Register 62, in: Archivium Historiae Pontificiae, 17 (1979) S. 125–195. 216 Vgl. Benoît XII (France), N. 532 (23. November 1338).

Quellenlage

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littere patentes et clause genannt wurden, durch eine abgetrennte „Kabinettskanzlei“ unter Leitung seines Scriptors und Familiaren, Gasbertus de Septemfontibus, anfertigen.217 Hinsichtlich ihres vertraulichen Charakters dürfen die Sekretbriefe nicht überbewertet werden. Spätestens seit Gregor XI. (1370–78) hatten diese stärker die Bedeutung „versiegelt“ (clausa) denn „geheim“.218 Vitale Informationen wurden häufig in Form beigefügter cedulae bzw. litterae interclusae oder aufgrund des zeittypischen Misstrauens gegenüber dem Medium Schrift gleich vivae vocis an die Adressaten übermittelt.219 Die besagten zusätzlichen Urkunden lassen tiefergehende Einblicke in die päpstliche Friedenspolitik zu. Die Serie der Sekretbriefe riss schließlich nach dem fünften Jahr Gregors XI. ab und wurde nach seiner Rückkehr nach Rom für künftige Pontifikate durch die Kammerregister abgelöst.220 Alle genannten Reihen waren für unseren Zeitraum Gegenstand großer nationaler Editionsvorhaben wie der englischen Calendars of Entries in the Papal Registers,221 die auf der Basis der Vatikanischen Register in Regestenform entstanden sind sowie den französischen Publikationen der École Française de Rome222 oder den belgischen 217 Begriff von: Tangl, Die päpstlichen Register, S. 11 f. Vgl. Bock, Über Registrierung (Benedikts XII),

S 76, 81 f.

218 Vgl. Hageneder, Die päpstlichen Register, S. 55; Bock, Über Registrierung (Benedikts XII.),

S. 69 f.

219 Zum Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit siehe Kapitel C) V. 2. 220 Vgl. G. Mollat, Appendice in: Grégoire XI (1370–78). Lettres secrètes et curiales se rapportant à

la France, hrsg. von L. Mirot, H. Jassemin, J. Vieillard und G. Mollat, Paris 1935–1955, S. 678 f.; Bock, Einführung, S. 50; Ders., Päpstliche Sekretregister und Kammerregister, S. 45, 54. 221 W. H. Bliss (Hrsg.), Calendar of Entries in the Papal Registers relating to Great Britain and Ireland. Papal Letters, Band 2–4 (1305–1404), London 1895–1902. 222 Zur Edition der l’ École francais vgl. B. Galland, La publication des registres de lettres pontificales par l’École francaise de Rome. Bibliothèque de l’École des Chartes, 154 (1996) S. 625–634; P. Fournier, Rapport sur les travaux l’École francaise Rome pendant l‘année 1926–1927, in: Comptes rendus des séances de l’Académie des Insriptions et Belles-lettres, 71 (1928) S. 160–176, bes. 170 ff. Herangezogen wurden für die Arbeit: Jean XXII (1316–1334). Lettres secrètes et curiales relatives à la France, hrsg. von A. Coulon und S. Clémencet, 6 Bände, Paris 1900–1972 [künftig: „Jean XXII (France)”], Jean XXII, Lettres Communes, Hrsg, von G. Mollat, 16 Bände in 31 Fasz, Paris 1962–1965; Benoît XII (1334–42). Lettres closes, patentes et curiales se rapportant à la France, hrsg. von G. Daumet, Rom 1899–1920 [künftig: „Benoît XII (France)“ ]; Benoît XII (1334–42). Lettres closes et patentes intéressant les pays autres que la France, hrsg. von J.-M. Vidal, 2 Bände, Rom 1913–50 [künftig: „Benoît XII (Étranger)“]; Clément VI (1342–52). Lettres closes, secrètes et curiales se rapportant à la France, Hrsg. E. Déprez, J. Glénisson und G. Mollat, Rom 1910–61 [künftig: „Clément VI (France)“]; Clément VI. (1342–52). Lettres closes, secrètes et curiales intéressant les pays autres que la France, hrsg. von E. Déprez und G. Mollat, Paris 1960–1961 [künftig: „Clément VI (Étranger)“]; Clément VI (1342–1352). Lettres Closes, Patentes et curiales, hrsg. von Eugène Déprez, Band 1, 2, Paris 1925 [unvollendeter Versuch einer kombinierten Edition französischer und nichtfranzösischer Betreffe]; Clément VI. (1352–62). Lettres Closes, Patentes et curiales se rapportant à la France, Band 1, Paris 1909 [nur ein Band vorhanden]; Innocent VI. (1352–62). Lettres secrètes et curiales, hrsg. von P. Gasnault, M.-H. Laurent, N. Gotteri, 5 Bände, Paris 1959–2006 [künftig: „Innocent VI (Étranger)“]; Urbain V. (1362–70). Lettres secrètes et curiales se rapportant

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Analecta Vaticano-Belgica. Letztere wurden von mir nur in Ausnahmefällen zur Verifizierung paralleler Überlieferungen herangezogen.223 Unter Berücksichtigung auch der Avignonesischen Register entstand auf französischer Initiative eine stärker selektive Edition der politischen wie benefizialen Schreiben. Trotz einer über 130jährigen Schaffensphase ist gerade die französische Publikationsreihe noch nicht vollständig und überdies hinsichtlich der von ihr verwendeten Terminologie und ihrer anfänglichen Trennung in „französisch relevante“ und „ausländische“ Betreffe umstritten.224 Aufgrund einer geà la France, hrsg. von P. Lecacheux, und G. Mollat, Rom 1902–55 [künftig:„Urbain V. (France)“]; Urbain V (1362–1370), Lettres communes, hrsg. von A.-M. und Michel Hayez, J. Mathieu und M. –F. Yvan, 12 Bände, Paris 1954–1989 [künftig: „Urbain V, Lettres Communes“]; Grégoire XI (1370–78). Lettres secrètes et curiales se rapportant à la France, éd. L. Mirot, H. Jassemin, J. Vieillard und G. Mollat; Paris 1935–1955 [künftig: „Grégoire XI (France)“]; Grégoire XI (1370–78) Lettres secrètes et curiales intéressant les pays autres que la France, hrsg. von G. Mollat, Rom 1962–65 [künftig: „Grégoire XI (Étranger)“]. – Auf sämtliche Editionen (auch der Lettres Communes und teilweise bereits der Suppliken) kann dank der Bemühungen des Centre de la Recherche sur la Papauté d’Avignon ‘Ut per litteras apostolicas’ (Brepols 32008) auf Bibliotheksservern und via DFG Nationallizenz zurückgegriffen werden. Die Online-Edition hat die Aufnahme sämtlicher edierter Papstbriefe des 13. und 14. Jahrhunderts zum Gegenstand. Vgl. www.brepols.net (Ut per litteras apostolicas) (Zuletzt aufgerufen am 08.01.2013). Exklusiv online verfügbar sind: Grégoire XI (1370–1378), Lettres communes (années I à V), Avignon 1990–1998 (support electronique). Die Edition dreier Jahrgänge von Lettres Communes auf CD-Rom blieb ein singulärer Testfall: Les Lettres communes de Jean XXII (1316–1334), Benoît XII (1334–1342) et Urbain V (1362–1370), Turnhout 2002. Vgl. als Überblick über Forschungsstand und –Perpektiven: A. Sohn, Frankreich, das Papsttum und römische Kurie. Zur Bilanz der Forschung und zu neuen Herausforderungen für die Geschichtswissenschaft, in: Michael Matheus (Hrsg.), Friedensnobelpreis und historische Grundlagenforschung : Ludwig Quidde und die Erschließung der kurialen Registerüberlieferung (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts, Band 124), Berlin (u.a.) 2012, S. 563–584. 223 Vgl. für die Zeit der vorschismatischen Päpste von Avignon (1316–1378): Lettres de Jean XXII., Band 1 (1316–1324) (Analecta Vaticano-Belgica, Band 1), hrsg. von Arnold Fayen, Rom 1908; Lettres de Jean XXII (Analecta Vaticano-Belgica, Band 2–3), Band 2–3, hrsg. von Arnold Fayen, Rom 1908–1912; Lettres de Benoît XII (1334–1342) (Analecta Vaticano-Belgica, Band 4), hrsg. von Alhonse Fierens, Paris 1910; Lettres de Clément VI (1342–1346) (Analecta Vaticano-Belgica, Band 6), hrsg. von P. van Isacker und Ursmer Berlière, Rom/Brüssel/Paris 1914; Lettres d‘Innocent VI, Band 1 (1352–1355) (Analecta Vaticano-Belgica, Band 17), hrsg. von Georges Despy, Rom, Brüssel, Paris 1953; Lettres d‘Urbain V Band 1 (1362–1366), Band 2 (1366–1370) (Analecta Vaticano-Belgica, Band 9, 15), hrsg. von Alphonse Fierens und Camille Tihon, Rom/Brüssel/Paris 1928–1932; Lettres de Grégoire XI (1371–1378) (Analecta Vaticano-Belgica, Band 11, 20, 25), hrsg. von Camille Tihon, Rom/Brüssel/Paris 1958. 224 Hinsichtlich der Terminologisierung vgl. kritisch: Bock, Sekretregister und Kammerregister, S. 30 f. mit Anm. 5. Die (unpaginierte) Einführung ‚Au lecteur‘von Pierre Gasnault im ersten Band der Edition der lettres secrètes Innozenz‘ VI. bringt das Problem auf den Punkt: „Quelles limites convenaitil d’assigner au mot « France » ? Chacun des éditeurs a résolu ce problème suivant un point de vue personnel“. Noch deutlicher Paul Fournier in seinem Rapport sur les travaux de l‘écôle francaise de Rome pendant l‘année 1926–1927: „Je n’ai pas besoin de dire que cet état de choses provoque, surtout à l’étranger, des réflexions peu flatteuses pour notre amour-propre national“ (Ebd., S. 175). Die Herausgeber der lettres secrètes et curiales Innozenz‘ VI. gaben daher die bisherige länderbezogene Editionsweise auf zugunsten einer vollständigen Publikation der politischen Korrespondenz. Vgl.

Quellenlage

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schlossenen Überlieferungssituation und des begreiflichen Interesses ihrer Herausgeber für den Hundertjährigen Krieg ist jedoch von einer weitgehenden Vollständigkeit der bereits vorgelegten Editionen der École Française für die Zwecke dieser Studie auszugehen.225 Dies trifft gerade für die Frühphase des Krieges zu, da für die Pontifikate Benedikts XII.226 und Clemens VI.227 von einer weitgehenden quantitativen Vollständigkeit der politischen Sekretbriefe ausgegangen wird.228 Für diese Wahrscheinlichkeit spricht auch die thematisch fortlaufende Registrierung relevanter Schreiben an geistliche Gesandte, welche fortlaufend registriert wurde.229 Von größeren Verlusten ist dagegen der Pontifikat Innozenz VI. betroffen.230 Zum einen enthalten einige Registra Avenionensia aus dem 6. Jahr Urbans V. Briefe aus demselben Jahr des Vorgängers (Reg. Aven. 167 f. 38 r.- 425 v.). Zum anderen fehlen bei Innozenz VI. große Teile der Registra Vaticana für das achte Jahr, die des zehnten Jahres sogar vollständig. Die Bestände des neunten Jahres (1361) wiederum befinden sich im Archivio di Stato in Rom, können aber im Thesaurus novus anecdotorum eingesehen werden.231 Mangels existierender Editionen für das sechste bis achte Jahr mussten allerdings die littere de curia (Reg. Vat. 233; Reg. Aven. 138 / Reg. Vat. 234, Reg. Aven. 141/ Reg. Aven. 142, 143), die Sekretbriefe (Reg. Vat. 240 I/ 240 I/II, 241, 240 II) sowie die

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den Versuch einer nachträglichen Inkorporierung ausländischer Betreffe in die Fortsetzung einer bereits existierenden Edition: Clément VI (1342–1352). Lettres Closes, Patentes et curiales, hrsg. von Eugène Déprez, Band 1, 2, Paris 1925. So wurden beispielsweise Kopialenüberlieferungen der päpstlichen Korrespondenz Clemens‘ VI. mit seinen Nuntien Pierres Desprez und Annibaldo Ceccano während ihrer Friedensmission der Jahre 1342–43 geschlossen registriert und sind auch heute noch seriell auf einer CD-Rom einsehbar. Vgl. Reg. Vat. N. 1–63 (Rubriken), f. 16 r - 26 v, N. 1–63 (Briefe). Vgl. Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 56 ff. Vgl. Bock, Einführung in das Registerwesen, S. 4 f. 40 Briefe an die Nuntien Betrand de Montfavès und Pierre Desprez im Juni 1337 in: Reg. Vat. 123 f. 1–9 finden sich identisch in Reg. Vat. 216 f. 3 v. - 10 r. wieder. Vgl. Benoît XII. N. 305–334; C. I. Kyer, Misplaced Quaternion of Letters of Benedict XII, in: Archivum Historiae Pontificiae, 16 (1978) S. 337–340. Konkordantien: Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 43–167; Bock, Einführung, S. 8–13. Dass im Falle Clemens VI. die Sekretbriefe (Reg. Vat. 137–146) in den Avignonesischen Registern fehlen, erklärt sich durch ihren Entstehungsort in der apostolischen Kammer. Vgl. im Folgenden: Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 36; Opitz, Über Registrierung von Sekretbriefen (Clemens VI.) S. 89 ff. Vgl. Bock, Über Registrierung von Sekretbriefen (Benedikts XII), S. 56 mit Bezug auf die den Hundertjährigen Krieg betreffenden Sekretbriefe des fünften Jahres. Man beachte die fortlaufende Registrierung im Vergleich zur chronologischen Vorgehensweise der Edition: Vgl. Reg. Vat. 134, f. 113 r-131 r. mit Benoît XII (France), N. 559, 574, 582, 583, 590–91, 595–97, 603, 18, 620, 624, 642–44, 648–653, 662, 664, 670–672. Vgl. im Folgenden: P. Gasnault, Contribution à l‘histoire des registres de lettres secrètes d‘Innocent VI. Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell‘Università di Roma, 12 (1972) S. 77–97; Ders. ‚Au lecteur‘, in: Innocent VI, keine Paginierung; Lenzenweger (Hrsg.), Innozenz VI., S. 21 ff., 29–87 (Konkordanz); Bock, Einführung, S. 13–23. Vgl. Rom, ASR, Collezione Acquisiti e Doni, dono 17 busta 23/4), publiziert in: Thesaurus novus anecdotorum, Band 2, Hrsg von E. Martène, U. Durand, Paris 1819, Sp. 843–1072.

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Kammerregister für das sechste bis siebte Jahr (Reg. Vat. 243) vollständig neu ausgewertet werden.232 Ebenfalls durchgesehen wurden die Registra Avenionensia (Reg. Aven. 146–149), welche die in den Vatikanischen Registern fehlenden littere de curia des 9. und 10. Jahres ersetzen.233 Der Pontifikat Urbans V. (1362–70)234 gewinnt für unsere Fragestellungen erst im zeitlichen Umfeld des Neuausbruchs des Hundertjährigen Krieges in dessen letzten drei Pontifikatsjahren Brisanz (1368–70) an Interesse. Hierbei ist es betrüblich, dass ausgerechnet die Sekretbriefe des siebten und neunten Jahres (1368, 1370) verloren gingen.235 Die littere de curia (Reg. Vat. 259) des siebten Jahres sind teilweise durch die Registra Avenionsia (Reg. Aven. 166, 169) zu ergänzen. In dieser Hinsicht war ebenso ein Bedarf zur Überprüfung gegeben wie für Teileditionen des achten Jahres (1369/70) und der ersten sechs Wochen des neunten Jahres bis zum Tode Urbans (6. November bis 18. Dezember 1370).236 Die für uns relevanten Registra Vaticana Gregors XI. (1370–78)237 wurden von der päpstlichen Kanzlei und Kammer für die ersten vier Pontifikatsjahre praktisch vollständig aus den Registra Avenionensia übertragen. Nicht registriert wurden indes die littere de curia des fünften bis siebten Jahres (Reg. Aven. 197, f. 382–95, Reg. Aven. 200, f. 534 ff. und Reg. Aven. 203 f. 23 ff., f. 47 ff.),238 was zur generellen Dürftigkeit der politischen Korrespondenz in den diplomatisch entscheidenden Kriegsjahren 1376–78 beiträgt.239 Die von Benedikt XII. vorbereiteten, von Clemens VI. begonnenen und bis 1899 fortgeführten Registra Supplicationum (Reg. Suppl.)240 werden derzeit vom Centre de Re232 Die Auswertung der Registra Vaticana erfolgte auf CD-Rom bei den Monumenta Germaniae His-

torica in München, dem Deutschen Historischen Institut in Rom, dem Centre de la Recherche sur la Papauté d’Avignon in Avignon und dem Archivio Segreto Vaticano. Ausgewählte Registra Avenionensia wurden im Archivio Segreto Vaticano sowie im IRHT Paris auf Mikrofilm (MF 63010, 65707–9) eingesehen. Mit bestem Dank an Armin Mentzel-Reuters (München), Ludwig Hofmann (Rom) und Laurent Vallière (Avignon). 233 Es handelt sich um Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 146 f. 27 r-v (5. Eintr., Keine Rubrizellen), 147 f. 102 r.-111 v. (keine Rubrizellen erhalten, N.1–20); 148, f. 1 r (Rubrizellen, N. 1–15), 46–48 v., 149 f. 1 r (Rubrizellen), f. 197 r + v (nur fragmentarisch erhalten). Vgl. Lenzenweger (Hrsg.), Innozenz VI., S. 78–87 (Konkordanz). 234 Vgl. im Folgenden: Lenzenweger (Hrsg.), Urban V., S. 22 ff., 99–110 (Konkordanz). 235 Vgl. Bock, Einführung in das Registerwesen, S. 48. 236 Sekretregister und littere de curia des 8. Jahres wurden von Lecacheux und Mollat ebenso berücksichtigt (Reg. Vat. 250, 260; Reg. Aven. 171, 172) wie die Serie Dominorum cardinalium des 9. Pontifikatsjahres. Vier Eintragungen der littere de curia (Reg. Aven. 166, f. 56 r-58) mussten frisch durchgesehen werden. Mit bestem Dank an Julius M. Leonhard für seine freundliche Durchsicht. 237 Vgl. im Folgenden: G. Mollat, Préface in: Grégoire XI (France) S. I-VIII; Bock, Einführung in das Registerwesen, S. 31 ff. 238 Relevant sind Reg. Aven. 197 f. 382–395 (littere de curia des 5. Jahres), Reg. Aven. f. 534 ff., 544 (Rubriken der littere de curia Gregors XI. des 6. Jahres, die Briefe selbst fehlen); Reg. Aven. 203 f. 23 - 44 r, 47 r - 59 v. (littere de curia des 7. Jahres Gregors XI.). 239 Vgl. G. Mollat, Appendice, in: Gregoire XI. (France) Sp. 677 ff. 240 Vgl. Lenzenweger (Hrsg.), Klemens VI., S. 20–29; Bock, Einführung in das Registerwesen, S. 5 ff.; Ders., Über Registrierung (Benedikts XII), S. 87; P. Kattenbach, Inventario die Registri delle Sup-

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cherche sur la Papauté d’Avignon auf elektronischem Wege herausgegeben.241 Für unsere Arbeit wurde exemplarisch das achte Pontifkatsjahr Innozenz VI. (1360) herangezogen, was personale Dependenzen zwischen der Kurie und den Beteiligten am Friedensvertrag von Brétigny (1360) aufzeigen sollte. Tatsächlich gelang dies aber nur in einem Fall.242 Zur Ergänzung der seriellen Quellen wurden die Bestände der Instrumenta Miscellanea (Instr. Misc.) im Vatikanischen Archiv vollständig berücksichtigt.243 b) Englische Quellen Die Bestände der Königskanzlei (chancery),244 des exchequer245 und weiterer künstlich gewachsener special collections246 des ehemaligen Public record office (PRO) in den National Archives in London247 bieten einen reichhaltigen, beinahe lückenlosen Fundus zur Erforschung der anglo-französischen Diplomatie, des englischen Gesandtschaftswesen sowie der Beziehungen zwischen Kurie und englischem Hof. Diese ergänzen unvollständige, frühneuzeitliche Publikationen ausgewählter Bestände in den Foedera, conventiones, literæ, et cujuscunque generis acta publica, inter reges Angliæ et alios [...] von Thomas

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pliche, Citta del Vaticano 1932. Einziger edierter Band der Supplikenregister: Suppliques de Clément VI (1342–1352). Textes et Analyses (Analecta Vaticano-Belgica publiès par l’institut historique belge de Rome, Band 1), hrsg. von D. Ursmer Berlière, O.S.B., Rom 1906. Vollständig ediert sind bislang die ersten vier Jahre Urbans V. Vgl. Urbain V (1362–1370), Suppliques de 1362 à 1365 (années I à IV), 1978–1989 (elektronische Publikation) auf www.brepols.de (Ut per litteras apostolicas). Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Supll. 33 f. 119 f. (8. Jahr Innozenz VI., 1360). Vgl. Fink, Das Vatikanische Archiv, S. 122. Für englische Betreffe vgl. C. Burns, Sources of British an Irish History in the Instrumenta Miscellanae of the Vatican Archives, in: Archivum historiae pontificae, 9 (1974) S. 7–142. London, PRO C 47/28–32 (Miscellanea, Diplomatic Documents); C 55/12–13 (Close Rolls, Supplementary, 1342–1358); C 61/50–90 (Gascon Rolls, 1339–1377); C 53 (Charter Rolls) C 62/ 115–144 (Liberate Rolls, 1339–1377); C 70 / 16–25 (Roman Rolls, 1339–1358); C. 76/14–60 (Treaty Rolls/ French Rolls, 1339–1377). Bestände: E 30 (Diplomatic Documents), E 101 (Accounts various) und ihre Unterkategorien mit den Gesandtschaftsrechnungen (particule compoti) der ‚Nuncii’ (E 101 / 311/35 – 317/40; 1339– 1377), den Rechnungsbestätigungen des King’s Remembrancer (Memoranda Rolls: E 159/116–154; 1339–1377; E 101/20/36 – 36/21; 1339–1377) und des Lord Treasurer’s Remembrancer: (Memoranda rolls: E 368/112–150; 1339–1377). Zahlungsvermerke in den Issue rolls: E 403/305–462; 1339–1377). Gegenzeichnung in den Pipe Rolls bzw. Great Rolls of the Exchequer: E 372/185–14; 1339–68) bzw. der Foreign Accounts (E 364/2–51; 1368–1377); Warrants for issue’ des Exchequer of Receipt (E. 404/4–10, files 22–70; 1339–1377). Konzise über die Erfassung englischer Gesandtschaftsabrechnungen: K. Plöger, Englische Gesandtschaftsrechnungen‘, in: H. von Seggern; G. Fouquet (Hrsg.), Adel und Zahl. Studien zum adligen Rechnen und Haushalten in Spätmittelalter und früher Neuzeit (Pforzheimer Gespräche zur Sozial-, Wirtschafts- und Stadtgeschichte, Band 1), Ubstadt-Weiher 2000, S. 247–54. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 6–11. Vgl. Guide to the Contents of the Public Record Office, 3 Bände, London 1963–1968.

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Rymer248 sowie die Editionen der Rolls Series des Public Record Office.249 Die Bestände, darunter zahlreiche Gesandtschaftskredentien, Prokuratorien und Ratifikationen von Waffenstillständen, ermöglichen die Rekonstruktion der Reaktionen des englischen Hofes auf die päpstliche Friedenspolitik. Bestände des exchequers wurden nur exemplarisch zur Erforschung einzelner Gesandtschaften in Augenschein genommen.250 Die Special collection 7 (papal bulls) wurde für unseren Untersuchungszeitraum bereits regestenhaft von Patrick Zutshi erfasst.251 Die Hauptkonzentration unserer Studie lag auf der systematischen Überprüfung der erwähnten Editionen und der Analyse bislang unveröffentlichter Diplomatic Documents (C 47). Aus diesen können Verhandlungsstrategien des englischen Königs gegenüber der Kurie in der Frühzeit des Konfliktes nachvollzogen werden.252 248 Quellenkundlicher Überblick: M. M. Condon; E. Hallam, Government printing of the Public Records

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in the eighteenth century in: Journal of the Society of Archivists, 7 (1984) S. 348–85; A. Clarke, General Introduction to the Foedera. Official Copy For the Use of His Majesty’s Commissioners on The Public Records of the Kingdom (not published), London 1817. Überwiegend benutzt wurde die vierbändige, vierte Auflage der Record Commission (1066–1383): T. Rymer; A. Clarke; F. Holbrooke; J. Caley (Hrsg.), Foedera, Conventiones, Litterae et cuiusque generis Acta Publica inter Reges Angliae et alios quosvis Imperatores, Reges, Pontifices, Principes, vel Communitates, Edition, London 41816–1869 [künftig abgekürzt mit „Rymer (Hrsg.), Foedera”]. Für die Jahre ab 1384 sowie zur Überprüfung weiterer Quellenzitate v.a. aus der Regierungszeit Richards II. wurde auf Bände der dritten Auflage von Johannes Neaulme (Den Haag) [künftig abgekürzt mit „Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, Den Haag 31740“] zurückgegriffen. Zusätzliche Aufzeichnungen Rymers mit teilweise unveröffentlichtem Material in 57 Bänden: London, BL, Add. Ms. 4582–4590 (10 Bände, Eduard III., 1332–1377). Fehlerkorrekturen, Konkordanzen und Hintergrundinformationen liefert: T. D. Hardy (Hrsg.), Syllabus of the Documents realating to Rymer’s Foedera, 3 Bände, London 1869. Vollständig mit Suchfunktion digitalisiert auf CD-Rom und E-book wurden die Foedera samt Syllabus durch TannerRitchie Publishing (7+13 Bände auf der Basis der 2. und 4. Auflage). Kommerzieller Überblick: http://www.tannerritchie.com/books/index.php?bid=408 (Zuletzt aufgerufen am 8. Januar 2012). Vgl. Calendar of the Charter Rolls preserved in the Public Record Office, B. 5 (15 Edward III. - 5 Henry V), London 1916; Calendar of the Patent Rolls preserved in the Public Record Office, Bände 4–16 (Edward III.), London 1891–1916; Calendar of the Close Rolls preserved in the Public Record Office, Bände 4–14 (Edward III.), London 1896–1913; Parliamentary Writs and Writs of Military Summons, 4 Bände, London 1827–1834; T. Carte (Hrsg.), Catalogue des Rôles Gascons, Normans et Français, Paris 1743. Einordnung: Plöger; England and the Avignon Popes, S. 11. Regestenhafte Auswahl an Dokumenten über „Foreign relations“ aus vielerlei Beständen aus exchequer und chancery: Public Record Office. London. Lists and indexes, No. XLIX, List of Diplomatic Documents, Scottish Documents and Papal Bulls preserved in the Public Record Office, London 1923 [RP New York 1963]. Vgl. London, PRO E 101/620/7 (Abrechnung von Reisen John Wellewyks nach Paris für Treffen mit Kardinal Gui de Boulogne von Juli bis Dezember 1353). Vgl. L. Mirot; E. Déprez (Hrsg.), Les ambassades anglaises pendant la guerre de Cent Ans. Catalogue Chronologique (1327–1450), in: Bibliothèque de l’École de Chartes, 59 (1898) S. 550–77 und 61, S. 20–58. Korrektur von Fehlern der Gesandtschaftsliste leistet: A Larson, English Ambassies during the Hundred Years War, in: The English Historical Review (Band 55), Oxford 1940. Eine kritische Neuerfassung der Listen stellt immer noch ein Desiderat dar. Dank an den Hinweis von Karsten Plöger. Siehe oben, Anm. 6. Vgl. London, PRO C 47 (Miscellanea: Diplomatic Documents) 29–32 (Diplomatic Documents), deren Bestände teilweise von Pierre Chaplais auf Karteikarten transcribiert wurden, welche sich

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Des weiteren herangezogen wurden ausgewählte Sammlungen aus der British Library (BL)253 und regionaler Bibliotheken, welche wertvolle Empfängerüberlieferungen päpstlicher Schreiben,254 vereinzelte Korrespondenz mit Kardinälen255 oder Auskünfte über regionale, kirchenfinanzielle Auswirkungen der kurialen Friedensvermittlung enthalten.256 Einige Dossiers wie Briefe und Konferenztagebücher englischer Abgesandte257 und apostolischer Nuntien, haben ihrerseits Einzug in einschlägige Editionen258 oder andere ergänzende ‚pièces justifcatives‘ in Quelleneditonen gefunden.259 c) Französische Quellen Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte Eugène Déprez darauf verweisen, dass die französische diplomatische Korrespondenz in den Archives Nationales (AN)260 und Sammlungen der Bibliothèque Nationale de Paris (BN)261 hinsichtlich ihrer Vollständig-

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unter Aufsicht des Archivars Sean Cunningham befinden. Mit bestem Dank an Cunningham für den freundlichen Hinweis. Besonders wertvolle Funde enthalten: London, BL Cotton Caligula D. iii.; Cleopatra E. ii.; Galba B i, Harl. CH. 43. B. 43. Die Internetseite der British Library stellt einen im Umgang sperrigen Handschriftenkatalog zur Verfügung: http://www.british-library.uk/catalogues/manuscripts/ (Stand 11. November 2009). Korrespondenz zwischen Eduard III. und der Kurie (u.a. über den Anspruch auf die Krone Frankreichs in London, BL Cott. Vitel. E. x. 8; Cott. Tit A. XIX. 22. f. 85 ; Add. Ms. 48079, ff.139–146b (Ylverton MS.); Add. Ms. 48179 ff. 6b-8b. London, BL Cod. Vesp. F. xiii (4); Cott. Cleop. E. ii., f. 57; Cott. Cleop. E. ii, f. 113–114; Cott. Cleop. E. ii, f. 115 ff. Vgl. London, Lambeth Palace, Register Wittlesey (1368–1375); Register Sudbury (1375–1381); Canterbury, Canterbury Cathedral Archives, CCA-DCc-ChAnt/P/61A; CCA-DCc-ChAnt/P/84; CCA-DCc-ChAnt/X/6; CCA-DCc-ChAnt/C/257F. Allgemein über Gesandtschaftstagebücher vgl. F. Autrand, Gontier Col, un „conseiller diplomatique“ de Charles VI, in: D. Clauzel; C. Giry-Deloison und C. Leduc (Hrsg.), Arras et la diplomatie européenne, XVe-XVIe siècle, Arras, S. 27–45. Vgl. The Anglo-French Negotiations at Bruges (1374–1377) (Camden Miscellany, Band 19), hrsg. von E. Perroy, London 1952. Jean Froissart, Oeuvres de Froissart. Chroniques, hrsg. von Kervyn de Lettenhove, Band 18 (Pièces justificatives (1319–1399), Bruxelles 1874 [ND Osnabrück 1967]. Veralteter Überblick: W. Paravincini (Hrsg.), Das Nationalarchiv in Paris. Ein Führer zu den Beständen aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit (Dokumentation Westeuropa, Band 4), München 1980. E. Taillemitt; J. Favier (Hrsg.) Les Archives Nationales. État Général des Fonds. Tome Premier. L’Ancien regime, Paris 1978 ist inzwischen auf der Homepage der Archives digitalisiert und verweist auf lokale Inventare: www.archivesnationales.culture.gouv.fr/chan/chan/index.html (Zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2013). Vgl. W. Paravicini (Hrsg.), Die Nationalbibliothek in Paris, ein Führer zu den Beständen aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit, München/New York/London/Paris 1981. Die diversen Bestände der Bibliothèque Nationale können durch umfangreiche Findbücher erschlossen werden: Catalogue des manuscrits françaises [mit nouvelles acquisitions], 25 Bände, Paris 1888–1948; Catalogue général des manuscrits latins, 7 Bände, Paris 1939–1988. Der Internetkatalog http://archivesetmanuscrits. bnf.fr / mit Auswahlinventaren ist derzeit nicht zu empfehlen (Zuletzt aufgerufen am 18. 03. 2013).

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keit keinesfalls an die englischen Bestände heranreichen.262 Die Geschichte der päpstlichen Friedenvermittlung muss in dieser Studie verstärkt aus englischem Blickwinkel erzählt werden. Die Empfängerüberlieferungen päpstlicher Urkunden in den Archives Nationales ist überschaubar und bestens erschlossen.263 Die nur auszugsweise edierten Briefsammlungen der Könige von Frankreich im Trésor des chartes (Paris, AN J)264 und diverser manuscrits françaises der Bibliothèque nationale de France265 bestechen eher durch ihren feudalen bzw. juristischen Charakter266 als durch ihre politische Aussagekraft.267 Mit besonderer Konzentration wurden Sammlungen von Waffenstillstands- und Friedensverträgen sowie entsprechende Ratifikationsschreiben in den Archives Nationales268 herangezogen, deren vielfache Überlieferung im Vergleich mit ihren englischen Pendants einen Informations- und Bedeutungszuwachs gegenüber bisherigen Teileditionen269 darstellt. Sie wurden überwiegend zur Ermittlung der päpstlichen Partizipation am anglo-französischen Friedensprozess herangezogen. 262 Déprez, Les préliminaires, S. v. 263 Bestände: Paris, AN LL (Archives Ecclésiastiques) 306–14 (Benedikt XII.- Gregor XI.); Stärker für

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das 14. Jahrhundert relevant sind L 394 (Lettres des papes, 1198–1621); J 711 (Kampf gegen die Söldnerkompanien) 716–720 (Bulls, 1275–1354). Überblick: B. Barbiche (Hrsg.), Les Actes Pontificaux Originaux des Archives Nationales de Paris, 3 Bände (1305–1415), Città del Vaticano 1982. Der komplette Bestand L (220–366) ist inventarisiert in: H. F. Delaborde, (Hrsg.), Bullaire des Papes (788–1787). Inventaire Sommaire des manuscrits, Paris 1898. Vgl. die inzwischen größtenteils in digitaler Form einsehbaren Bestände für Philipp VI.: Trésor des Chartes: JJ. 65–79, Johann II.: JJ. 80–84, JJ. 96–117; die Regentschaft Karls V. (1356–60): JJ. 85– 90; Johann II. und Karl V.: JJ. 91–95 + JJ. 99; Karl V.: JJ. 96–117. Für die Zeit Philipps VI. sind als Hilfsmittel verfügbar: Registres du Trésor des Chartes, Band 3 (Règne de Philippe de Valois), hrsg. von Jules Viard; Aline Vallée, 3 Bände, Paris 1984. Zu ausgewählten Persönlichkeiten existieren zudem ältere Urkundensammlungen vgl. L. Delisle (Hrsg.), Mandements et actes divers de Charles V (1364–1380): recueillis dans les collections de la Bibliothèque Nationale, Paris 1874; II Roi de Navarre et comte d’Evreux surnommé le Mauvais, hrsg. von Denis-François Secousse, Paris 1758. Vgl. La guerre de Cent Ans vue à travers les registres du parlement (1337–1369), hrsg. von PierreClément Timbal, Paris 1961; Ordonnances des roys de France de la troisième race, Band 2–5, hrsg. von Denis-François Secousse, Paris 1729–36. Ausnahmen stellen Sammlungen von Verträgen, politischer Korrespondenz und Kredentien für Gesandte seit dem Ende unseres Untersuchungszeitraumes dar: Paris, BN ms. fr. 2699, 2873, 6377, 16956, 20369, 20980, 15490, ms. fr. N.a. 5846. Vgl. zum Thema der diplomatischen Gedächtnispflege im Mittelalter: F. Autrand, L’Écrit et l’Oral dans les Négociations Diplomatiques entre France et Angleterre xive et xve siècle, in: J.-M. Moeglin; M. T. Ferrer Mallol; S. Péquignot u.a (Hrsg.), Negociar en la Edad Media / Négocier au Moyen Âge. Actas del Coloquio celebrado en Barcelona los días 14, 15 y 16 de octubre de 2004 / Actes du Colloque tenu à Barcelone du 14 au 16 octobre 2004, Barcelona 2005, S. 303–319; C. Taylor, War, propaganda and diplomacy in fifteenth-century France and England, in: Christopher T. Allmand (Hrsg.), War, Government and Power in Late Medieval France, Liverpool 2000. AN, Trésor des Chartes J 628–655 (Angleterre I-XX), bes. 636–40 (1340–61), 654 (Memorandum für französische Gesandten für ihre Verhandlungen in Calais, 1372). Vgl. Les grands traités de la guerre de Cent Ans, hrsg. von Eugène Cosneau, Paris 1889.

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2. Erzählende Quellen a) Methodische Vorüberlegungen Es ist unbestritten, dass die große Zahl erzählender Quellen für die Zeit vom Ausbruch des Hundertjährigen Krieges bis zum Beginn des Großen Abendländischen Schismas ein Quellenkorpus erster Güte zur Erforschung des Krieges, seiner Schlachten sowie der res gestae großer Persönlichkeiten darstellt. Auch für jüngere Studien zur Konfliktforschung und symbolischen Kommunikation stellen narrative Quellen bekanntlich eine entscheidende Grundlage dar.270 Diplomatiehistorikern gelten sie zudem als Fundgrube zur Rekonstruktion kultur- und sozialgeschichtlicher Zusammenhänge, welche in seriellen Quellen nur schwer zu erfassen sind.271 Dennoch sind der Auswertung erzählender Quellen in methodischer Hinsicht enge Grenzen gesetzt. So kreisen zurückliegende quellenkundliche Debatten einerseits um die Verlässlichkeit der in Chroniken wiedergegebenen symbolischen Handlungen,272 zum anderen stellen sie die Eindeutigkeit der in diesen wiedergegebenen Ritualen in Frage.273 Die Problematik der zuverlässigen Rekonstruktion historischer Ereignisse aus narrativen Quellen aufgrund von Verformungen des menschlichen Gedächtnisses ist freilich grundsätzlicher Natur. Nach Frieds historischer „Memorik“274 kann dieses Manko nur durch präzise Quellenvergleiche, die Trennung zwischen individuellem, kommunikativem und kollektivem Gedächtnis sowie der Berücksichtigung des biographischen Hintergrunds der Chronisten gemeistert werden.275 Auch bei der Bewertung der Faktizität und Bedeutung einer kurialen Konfliktintervention erscheint nach Prietzel die sorgfältige Trennung von Handlungsschemata einer tatsächlich stattgefundenen Vermittlung sowie Darstellungsschemata 270 Vgl. S. Patzold, Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik, in: H.-W. Goetz (Hrsg.), Moder-

ne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung, Darmstadt 22002, S. 198–205.

271 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 12. 272 „Die vielfach gestellte Frage, wie man denn sicherstellen könne, dass das geschilderte Ritual tat-

sächlich so durchgeführt worden sei, wie beschrieben, lässt sich so gut wie nie beantworten“ (G. Althoff. Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2003, S. 29 mit Anm. 48). 273 Vgl. Ebd., S. 23 ff. bes. Anm. 38, 40 mit der Weiterentwicklung von Althoffs Interpretationsgang in: Ders., Art. „Interaktion und Kommunikation. Symbolische Formen“, in: Enzyklopädie des Mittelalters, Band 1, S. 247. Vgl. dazu auch zusammenfassend: J. Martschukat und S. Patzold, Geschichtswissenschaft und „performative turn“: Eine Einführung in Fragestellungen, Konzepte und Literatur, in: J. Martschukat und S. Patzold (Hrsg.), Geschichtswissenschaft und » perfomative turn «. Ritual, Inszenierung und Performanz vom Mittelalter bis zur Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 16 ff. sowie kritisch: S. Patzold, ‚inter pagensium nostrorum gladios vivimus‘. Zu den „Spielregeln“ der Konfliktführung in Niederlothringen zur Zeit der Ottonen und frühen Salier, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte Germanische Abteilung, 118 (2001) S. 97 ff. 274 Vgl. jüngst J. Fried, Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift, Berlin 2012, S. 19–30. 275 Vgl. J. Fried, Der Schleier der Erinnerung. Grundzüge einer historischen Memorik, München 2004, S. 223–291 (Mediävistische Beispiele), 327–93 (Methodische Erwägungen).

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bei der nachträglichen, ausschmückenden Stilisierung eines Chronisten ein eindeutiges Desiderat. Gerade spätere Chronisten mochten sich an der bekannten ‚Norm‘ eines derartigen Vorganges orientiert haben. Im Falle sich wiederholender Abläufe bei der Beschreibung von Vorgängen, über die dem Schreiber wenig oder keine Augenzeugenberichte vorlagen, liegt der Verdacht auf entsprechende „Darstellungsschemata“ nahe, welche gleichwohl einen ganz eigenen Erkenntniswert zur Ermittlung der idealtypischen Vorstellung einer kurialen Friedensvermittlung besitzen.276 Überraschend wirkt hierbei die weitgehende Ausblendung derartiger methodischer Probleme in Werken der anglo-amerikanischen Historiographie des Hundertjährigen Krieges, in welchen trotz großer Anstrengungen bei der Sichtung und Kompilation von Chroniken die Quellenkritik häufig nach kaum nachvollziehbaren Kriterien erfolgt.277 Stark veraltete, zu knappe oder methodisch schwierig auf deutsche Verhältnisse übertragbare französische oder englische Quellenkompendien278 mögen ein Übriges zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Ein folgender Überblick sowie eine Bewertung der Spiegelung der kurialen Vermittlung in der zeitgenössischen Historiographie soll dieses Defizit auszugleichen helfen. b) Chroniken englischer Provenienz Die englische Chronistik in unserem Untersuchungszeitraum279 ist durch die Heterogenität ihrer Autoren bestimmt. Weltgeistliche Autoren mit besten Kontakten zur englischen Kronkanzlei oder zu den Archiven von St. Paul oder Westminster wie Adam Murimuth,280

276 M. Prietzel, Kriegführung im Mittelalter: Handlungen, Erinnerungen, Bedeutungen (Krieg in der

Geschichte, Band 32), Paderborn 2006, S. 18 ff., 360 ff.

277 Vgl. die Darstellungen der Vermittlung Annibaldo Ceccanos und Étienne Auberts vor dem Fall von

Calais (1347) sowie der Intervention Talleyrands de Périgord vor der Schlacht von Poitiers (1356) in: C. J. Rogers, War cruel and sharp English Strategy under Edward III, 1327–1360, Woodbridge 2000, S. 67–72, 278–82 oder Sumption, Trial by Battle, S. 578–82 und Ders., Trial by Fire, S. 236 f. mit der methodischeren Vorgehensweise in: L. G. O. F. de Bréquigny (Hrsg.), Mémoires pour servir a l‘Histoire de la ville de Calais depuis le siége et la prise de cette place, en 1347 par Édouard III, Paris 1890. Siehe hierzu Kapitel B) IV. und Kapitel B) VI. 278 Vgl. die nicht zwischen Chroniken, Annalen oder Gestae trennende A. Gransden, Historical Writing in England, Band 2 (c. 1307 to the early sixtenth century), London 1982 mit der dieses Faktum bemängelnden Rezension von K. Schnith, in: Deutsches Archiv zur Erforschung des Mittelalters, 39 (1983) S. 633 f. 279 Vgl. im Folgenden: Gransden, Historical Writing in England (wie Anm 278), Band 2, S. 58–156. 280 Die Continuatio Chronicorum Adam Murimuths umfasst die Jahre 1324–1347. Ihr Autor war mit den führendsten Abgesandten Eduards III. bekannt. Edition: Adae Murimuth. Continuatio Chronicorum, hrsg. von E. M. Thompson, London 1889 [künftig: „Adam Murimuth”]. Hilfsmittel: Plöger, England and the Avignon Popes, S. 13, FN 50; Gransden, Historical Writing in England, S. 63–67; A. Molinier, Les Sources de l‘Histoire de France, Band 4 (Les Valois, 1328–1461), Paris 1902–1906 [ND New York 1967], S. 84.

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Robert Avesbury281 oder Geoffrey Le Baker282 aus Oxfordshire stehen herausragenden weltlichen Chronisten wie dem Ritter Sir Thomas Gray283 oder dem Herold von Sir John Chandos284 gegenüber. Ferner existieren traditionell monastische Geschichtsschreiber wie John of Reading285 aus Westminster, der anonyme Verfasser des Eulogium Histori281 Trotz einer panegyrischen Tendenz dem englischen König gegenüber gelten Avesburys De gestis

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mirabilius regis Edwardi terti (1303–1356) in erster Linie als herausragende Chronik der Kampfhandlungen Eduards III. Edition: Robertus de Avesbury. De gestis mirabilius regis Edwardi tertii. hrsg. von E. M. Thompson, London 1889 [künftig: „Robert Avesbury”]. Vgl. Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 67–71; Molinier, Les Sources, S. 85. Das Chronicon (1303–1356) des Säkularkanonikers Geoffrey le Baker aus Osney, Oxfordshire besitzt trotz seiner frankreichfeindlichen Tendenz und starken Anleihen an Adam Murimuth für die englischen Kampagnen der 1340er und 1350er Jahre eine hohe Relevanz. Editionen: Chronicon Galfridi le Baker de Swynbroke (1303–1356), hrsg. von Thomas M. Thompson, Oxford 1889 [künftig: “Geoffrey le Baker“], S. i-xvii (Einführung); Galfridi Le Baker de Swinbroke, Chronicon Angliae. Temporisbus Edwardi II et Edwardi II et Edwardi III (Chronica Monastici), hrsg. von John A. Gilles, London 1897. Überblick: Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 37–42, 77–80; Molinier, Les sources, Band 4, S. 85. Thomas Gray, ein Ritter aus Northumberland, war einer der wenigen englischen Adeligen, die sich als Chronist versuchten. Seine Scalacronica (1272–1366) entstand in schottischer Gefangenschaft in den Jahren 1355–1359. Dabei stand ihm offensichtlich eine umfangreiche Bibliothek zur Verfügung. In den Jahren 1339–1355 ist die Chronik äußerst lückenhaft. Über die Kampagnen des Schwarzen Prinzen war er vielleicht durch Eduard persönlich informiert. Thomas Gray war einem Friedensschluss zu ehrenvollen Konditionen überaus aufgeschlossen und schenkte den diversen Verhandlungen trotz mancher Fehldeutungen viel Aufmerksamkeit. Bemerkenswert ist die Einschätzungen Grays, dass unter Vermittlung Henrys von Lancaster in den Jahren 1348–1355 ein siebenjähriger Friedenszustand realisiert worden sei, während der Waffenstillstand tatsächlich mehrfach erneut wurde (siehe Kapitel B) IV.). Daraus kann geschlossen werden, dass aus der Sicht der englischen Ritterschaft die Friedenspolitik der Kurie mitunter effizienter eingeschätzt wurde, als dies bei heutigen Historikern der Fall war. Edition: [Sir] Thomas Gray, Scalacronica 1272–1363, hrsg. und übersetzt von Andy King, Woodbridge 2005 [künftig: „Sacalacronica“]. Überblicke: Gransden, Historical Writing, S. 92–96. Auguste Molinier ging irrigerweise davon aus, dass es sich bei Thomas Gray um einen schottischen Ritter in englischer Gefangenschaft gehandelt habe. Vgl. Molinier, Les sources, Band 4, S. 87. Der anonyme Herold von John Chandos, einer der Konservatoren des Friedens von Brétigny, wurde vermutlich in Valenciennes geboren und kam im Jahre 1360 in die Dienste seines Herren. Für den Feldzug seines Herren nach Kastilien und die für die Armee Prinz Eduards siegreiche Schlacht von Najéra gilt die vermutlich erst im Jahre 1385 zu Papier gebrachte Vie du Prince Noir als Augenzeugenbericht. Der Herold war möglicherweise mit Jean Froissart bekannt, welcher diesen mehrfach in seinen Chroniques erwähnte und auch Teile seiner – vielleicht mündlich tradierten – Chronik in sein eigenes Werk integrierte. Edition: Chandos Herald, La vie du Prince Noir by Chandos Herald (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie, Band 147), hrsg. von Diana B. Tyson, Tübingen 1975 [künftig: „Chandos Herald“]. Überblicke: R. B. McDonald, Art. „Chandos Herald”, in: Encyclopedia of medieval literature, Westport, Conn. 2000, S. 86–87; Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 97–100; R. W Barber, Jean Froissart and Edward the Black Prince, in: J. J. N. Palmer (Hrsg.), Froissart: Historian, Suffolk/Totowa 1981, S. 25–35; Molinier, Les Sources, Band 4, S. 86. Edition: John of Reading, Chronica. Johannis de Reading et Anonymi Cantuariensis, hrsg. von James Tait, Manchester 1914, S. 187–227 [künftig: „John of Reading“].

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arum aus Malmesbury,286 Henry Knighton aus Leicester,287 das vermutlich in York verfasste Anonimalle Chronicle288 und schließlich das in St. Albans entstandene Chronicon Majora sowie das Chronicon Angliae Thomas Walsinghams.289 Das herausstechende Merkmal der ersten Großgruppe ist ihre ausgezeichnete Kenntnis und Wiedergabe offizieller Dokumente. Gerade in dem Werk des Kanonikers Adam Murimuth, der als Diplomat Eduards II. die Kurie von Avignon kennen lernte, sowie in der Chronik des Archivars Robert Avesbury aus Canterbury, der vielleicht im Auftrag Eduards III. schrieb, befinden sich Auszüge der Korrespondenz Eduards III. mit der Kurie, offizielle Briefe im Umfeld einzelner Kampagnen sowie bedeutende Friedensverträge. Insbesondere für die Frühphase der päpstlichen Friedenspolitik erlauben die genannten Chroniken zusammen mit der im Public Record Office und Vatikanischen Geheimarchiv erhaltenen politischen Korrespondenz eine weitgehende Rekonstruktion und Interpretation der Funktions- und Wirkungsweisen der päpstlichen Friedensvermittlung. Hinsichtlich ihrer Informationsquellen lagen Geoffrey Le Baker oder dem Verfasser des Eulogium Historiarum gerade zur Schilderung militärischer Kampagnen Aufzeichnungen in der Form von „newsletters“ oder Berichten heimkehrender Ritter vor.290 Aus diesem Grund sind sie zur Rekonstruktion des Ablaufs gerade von ergebnislosen Friedensgesprächen von Interesse, welche in diplomatischen Quellen zwangsläufig keine Beachtung fanden.291 Die einzigen Chroniken in unserem Untersuchungszeitraum mit einer 286 Das aufgrund der Ereignislosigkeit des Lebens seines mönchischen Autors verfasste, fünfbändige

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Eulogium aus Malmesbury (bis 1366) gilt aufgrund eines, in ihm enthaltenen Itinerars als Autorität für die „Poiters“-Kampagne des Prinzen von Wales des Jahres 1356. Edition: Eulogium (Historiarum sive Temporis), 3 Bände, hrsg. von F. S. Haydon, London 1863 [künftig: „Eulogium Historiarum”]. Überblick: Gransden, Historical Writing, S. 103–105. Vgl. Rogers (Hrsg.), The Wars of Edward III., S. 353 mit FN 24. Edition: Henry Knighton, Chronicon Henrici Knighton vel. Cnitthon Monachi Leycestrensis, hrsg. von Joseph R. Lumby, Band 2, London 1895 [künftig: „Henry Knighton“]. Überblick: Knighton‘s Chronicle 1337–1396, hrsg. von Geofrrey H. Martin, Oxford 1995, S. i - lxxx. Vgl. The Anonimalle Chronicle 1333 to 1381: From a MS. written at St. Mary‘s abbey, York, and now in the possession of lieut.-col. Sir William Ingilby, Bart., Ripley Castle, Yorkshire (Publications of the University of Manchester, Band 175), hrsg. von Vivian H. Galbraith, Manchester/London 1927 [künftig: „Anonimalle Chronicle”]. Die bedeutende Chronik des Priors von Wymondham, Thomas Walsingham, basiert im Kern auf einer Fortsetzung der Chronica Majora des Matthaeus Parisiensis und umfasst die Jahre 1227–1422. Ein eigenständiges Manuskript stellt Walsinghams parallel dazu verfasstes Chronicon Angliae dar, welches die Jahre 1328 bis 1388 umfasst und in unserem Zeitraum weitgehend textidentisch ist. Vgl. Editionen: Thomas Walsingham, Chronica Monasterii S. Albani Thomae Walsingham, Quondam Monachi S. Albani, Historia Anglicana, hrsg. von Henry T. Riley, 2 Bände, London 1863–1864 [RP 1965] [künftig: „Thomas Walsingham“]; Chronicon Angliae. Ab Anno Domini 1328 Usque Ad Annum 1388, Auctore Monacho Quodam Sancti Albani, hrsg. von Edward M. Thompson, London 1874 [künftig: „Chronicon Angliae“]. Hintergrundinformationen: Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 118–56, bes. 123 ff. mit Anm. 55 und 59; Molinier (Hrsg.), Les sources, Band 4, S. 86. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 13; Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 69, 77. So schildern Henry Knighton und Le Baker den rhetorisch eindrucksvollen Abbruch des Zweiten Friedensgipfel an der Kurie von Avignon (1355). Vgl. Henry Knighton, S. 78; Geoffrey le Baker, S. 124 f.

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beschränkten Augenzeugenschaft bzw. nachweisbarem Zugang zu Gewährsmännern der Friedensverhandlungen der Jahre 1356–1360 sind die Scalacronica Thomas Grays sowie die Reimchronik La vie du prince noir des Herolds von John Chandos. Ersterer erhielt seine Informationen über die Kampagne des Schwarzen Prinzen nach Poitiers (1356) aus dem Gefolge des Prinzen selbst. Gray war zudem Teilnehmer der Kampagne Eduards vor den Toren von Paris im Jahre 1359–60 gewesen. Die Verhandlungen, die zum Abschluss des Vertrages von Brétigny (1360) führten, erlebte er zeitgleich mit. Da John Chandos an den Verhandlungen vor Poitiers am 18./19. September 1356 teilnahm, dürfte sein Herold über diese Treffen Informationen aus erster Hand verfügt haben. Über die Gestaltung der daraufhin in Paris und Louviers stattfindenden Zeremonien zur Ratifikation des Vertrages292 durch den Dauphin Karl (V.) und den Schwarzen Prinzen waren in bemerkenswert exakter Weise John of Reading293 und das Chronicon Anonymi Cantuariensis294 informiert. c) Chroniken französischer und flämischer Provenienz Im Gegensatz zu dem heterogenen Befund der englischen Quellen entstammt die Mehrheit der französischen Chroniken einem einzigen Ort, nämlich dem „Geschichtslabor“295 der frühmittelalterlichen Krönungsstätte und spätmittelalterlichen Königsgrablege SaintDenis. Im Norden von Paris strömten nicht nur Informationen aus königlicher Hand 292 Siehe Kapitel B) VII. 2 c). 293 Die Chronik des Mönches John of Reading aus Westminster stellte zunächst eine Fortsetzung der

Flores Temporum Roberts von Reading der Jahre 1346–1367 dar. Während die Chronica insbesondere aus mentalitätsgeschichtlichen Gründen für ihre beißend moralisierende Gesellschaftskritik bekannt ist, finden sich in ihr gleichermaßen aufschlussreiche Einschätzung über den Missbrauch der Fakultäten Talleyrands de Périgord und Niccolò Capoccis auf ihrer ergebnislosen Friedensmission nach England im Jahre 1357. In seiner Beschreibung der Kriege Eduards III. nahm Reading vor allem auf die Chronik Robert Avesburys Bezug. Besondere Aufmerksamkeit schenkte der Chronist, wie ausgeführt, den Friedensbemühungen der Jahre 1357–1360. Es wird vermutet, dass der Autor über guten Zugang zu Informationen über die Kurie von Avignon verfügte. Vgl. John of Reading, S. 1–24 (Biographischer Überblick), 24–36 (Vorlagen Readings), 99–186 (Chronik). Hintergrund: Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 105–109, 294 Das anonyme Chronicon Anonymi Cantuariensis umfasst die Jahre 1346–1365 und verfügte über ausgezeichnete Informationen über diplomatische Vorgänge sowie den gesamten Text des Vertrages von Brétigny (1360). Fehlten in früheren Editionen der Chronik die für die Aushandlungen und Abschluss des besagten Vertrages zentralen Jahre 1357–64, so konnten sie von Scott-Strokes und GivenWilson für ihre Ausgabe auf der Basis eines Mansukriptes aus Reigate (Surrey) rekonstruiert werden. Der ‚Anonymus‘ beschrieb die Friedensverhandlungen des Jahre 1346 auf der Basis eines Briefes des Beichtvaters Eduards III., Richard de Winkley, wobei er diesen jedoch veränderte bzw. ergänzte. Editionen: Chronicon Anonymi Cantuariensis. The Chronicle of Anonymous of Canterbury, 1346–65, hrsg. von Charity Scott-Strokes und Chris Given-Wilson, Oxford 2008, S. ix – lv, bes. xxi-xxix (literarische Vorlagen) [künftig: „Chronicon Anonymi Cantuariensis“]. Vgl. Zu den biographischen Details ausführlich: Chronica. Johannis de Reading et Anonymi Cantuariensis, hrsg. von James Tait, Manchester 1914, S. 63–75 (Einführung); Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 109–111. 295 Vgl. Grandes Chronique de France (Jean II et Charles V), hrsg. von R. Delachenal, Band 3, Paris 1920, S. xxvii.

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zusammen, sondern es standen den mönchischen Geschichtsschreibern offizielle Dokumente zur Verfügung, welche sie in ihr Werk integrierten.296 Die Tatsache, dass nicht nur die Grandes Chroniques de France sondern auch deren sämtliche Vorlagen und Weiterbearbeitungen eigene Editionen gefunden haben, erschwert den Überblick zunächst beträchtlich. Die sogenannten Grandes Chroniques de France 297 wurden nicht zu Unrecht als „Bible de la France“298 sowie als „œuvre de premier ordre“299 bezeichnet und vermutlich zur Zeit Ludwigs IX. des Heiligen von einem Mönch namens Primas begonnen. Durch die ständige Mitgliedschaft des Abtes von Saint-Denis am Parlement de Paris verfügte die Abtei über Informationen von erstem Rang. Seit dem Jahre 1340 gewinnen die Grandes Chroniques de France einen verstärkt offiziellen Charakter.300 Für die Zeit zwischen 1285 und 1350 orientieren sie sich auf höchst komplexe Weise an einer Reihe anderer, ebenfalls in der französischen Grablege entstandener Chroniken. In den Jahren 1300–1344 bzw. 1350 dienten die mönchischen Fortsetzer des früheren Archivars von Saint-Denis, Guillaume de Nangis, und die Chronik Richard Lescots als Vorlage. Die für unsere Zeitspanne höchst relevanten301 Fortsetzer Nangis‘ führten die Chronik zunächst bis zum Jahre 1340 fort. Der letzte Fortsetzer in den Jahren 1340 bis 1368, ein Pariser Karmelitermönch mit dem Namen Jean de Venette,302 ist mit seiner Chronik stilistisch 296 Vgl. zur Karriere des Verfassers der Chronique du Religieux du Saint-Denys, Michel Pintoin: H.

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Millet, Michel Pintoin, Chroniqueur du Grand Schisme d’Occident, in: F. Autrand; J. Moeglin und C. Gauvard (Hrsg.), Saint-Denis et la royauté. Ètudes offertes à Bernard Guenée, Paris 1999, S. 213–235 [RP in: H. Millet (Hrsg.), L’Èglise du Grand Schisme 1378–1417 (Les médiévistes français, Band 9), Paris 2009, S. 148–171]. Vgl. die quellenkundlichen Ausführungen in: Les Grandes Chroniques de France, hrsg. von Viard, Band 9, Paris 1937, S. ix. Vgl. im Folgenden: B. Guenée, Les Grandes Chroniques de France. Le Roman aux Roys (1274– 1518), in: P. Nora (Hrsg.), Les lieux de mémoire, Paris 1986, Band 1, S. 189–214; Edition: Les Grandes Chroniques de France, hrsg. von Viard, Band 9, Paris 1937, S. ix [künftig: „Grandes Chroniques de France“]. Hintergrund: Molinier, Les Sources, Band 4, S. 21 ff. Les Grandes Chroniques de France, hrsg. von Jules Viard, Band 1, Paris 1920, S. xxxi. Molinier, Les Sources, Band 4, S. 23. Laut Vernet handelte es sich bei den Chroniques um die „Vermittlung einer autorisierten Version der nationalen frz. Geschichte an ein breites Laienpublikum“ (A. Vernet Art. „Chroniques (Grandes) de France“, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 2034–35). Edition: Chronique Latine de Guillaume de Nangis de 1113 a 1300 avec les continuations de cette chronique de 1300 a 1368, hrsg. von Hercule Géraud, 2 Bände, Paris 1843 [künftig: „Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette)“]. Überblicke in: P. Bourgain, Art. „Guillaume de Nangis, Chronist“, in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 1015; Molinier, Les Sources, Band 4, S. 18. Dabei handelte es sich um einen ebenso volkstümlichen wie weinseligen Mönch aus einem Kloster bei Maubert, welcher ab dem Jahre 1356 bis zu seinem Tode im Jahre 1370 eine stilistisch schmucklose, lateinischsprachige Chronik verfasste. Die Grandes Chroniques (Jean II et Charles V) sind in den Jahren 1350 und 1364 nur unwesentlich durch Venette geprägt worden. Überblick: Molinier, Les Sources, Band 4, S. 20; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), Band 1, S. xxii. Die Chronik Venettes entspricht der dritten Fortsetzung der sogenannten Chroniken Guillaumes de Nangis (wie Anm. 301), Band 2, S. 179–378 [künftig: „Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette)“]. Englische Übersetzung: The Chronicle of Jean de Venette, hrsg. von Richard A. Newhall; Übersetzung von Jean Birdsall, New York 1953.

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wie entstehungsgeschichtlich als unabhängig von den Grandes Chroniques zu sehen, da erstere vor allem für die Jahre 1340–1368 lokale Relevanz hat. Neben ihrer offenkundigen Parteinahme des Autors für die einfache Bevölkerung und deren merklichen Kritik an der Willkür des Adels sind vor allem Venettes ausgeprägten anti-englischen Ressentiments bemerkenswert.303 Wie für einen ortsgebundenen Autor zu vermuten, ist Venette bei seiner Darstellung der Vermittlung vor Poitiers (1356) fehlerbehaftet.304 Von den Grandes Chroniques de France wurde Venette nur noch sporadisch als Vorlage herangezogen.305 Bei der ab dem Jahre 1344 verfassten Chronik Richard Lescots306 (1328–1344) handelte es sich dagegen um das einzige bekannte Geschichtswerk, welches in SaintDenis in den Jahren 1340 bis 1364, also in der Frühphase des Hundertjährigen Krieges verfasst wurde. Die chronistische Tätigkeit Lescots beschränkte sich zunächst auf die Fortführung und Kompilation älterer Chroniken und kann lediglich für die Jahre 1340 bis 1344 als originell eingeschätzt werden. Besagter Abschnitt, aus dem Informationen über die Kampagne Eduards III. in der Bretagne und den Abschluss des Waffenstillstands von Malestroit (1343) entnommen werden können, wurde (anstelle der Fortsetzer Guillaumes de Nangis) von den Grandes Chroniques bis zum Jahre 1350 aufgegriffen. Eine erst nach dem Jahre 1390 entstandene Fortsetzung führte die Chronik Lescots ihrerseits bis zum Jahre 1364 fort und griff dabei wiederum auf den letzten Fortsetzer Guillaumes de Nangis, Jean de Venette, zurück. Eng sowohl mit den Grandes Chroniques de France, der an anderer Stelle zu behandelnden Chronique normande du XIVe siècle verwandt ist die erst Anfang des 15. Jahrhunderts in Saint-Denis verfasste Chronographia Regum Francorum.307 Die mannigfaltigen Beziehungen und Übereinstimmungen der genannten Quellen haben die Forscher die Existenz einer sämtlichen genannten Chroniken zugrundeliegenden, lateinischen Urquelle erörtern lassen.308 303 Vgl. Chronique des quatre premiers Valois (1327–1393), hrsg. von Siméon Luce, Paris 1862, S. xxxii

(Vorwort) [künftig: „Chronique des quatre premiers Valois“].

304 Wie eine stattliche Zahl anderer Chroniken ging Venette von der Vermittlung zweier Kardinäle an-

stelle des einzig nachweisbaren Talleyrand de Périgord aus. Siehe Kapitel B) VI. 3.

305 Grandes Chroniques de France, Band 9, S. ii ff. 306 Ihr Autor, ein Mönch schottischer Abstammung vielleicht mit der Stellung eines Kantors, hatte sich

in zahlreichen Traktaten mit der Frage der umstrittenen Thronfolge Philipps VI. befasst und war zu einem positiven Ergebnis für diesen gekommen. Vieles spricht dafür, dass Lescot einen gewissen Einfluss auf die geschichtsschreiberische Tätigkeit in der Abtei hatte und diese möglicherweise sogar überwachte. Edition/Überblick in: Chronique de Richard Lescot Religieux de Saint-Denis (1328–1344) suivie de la Continuation de cette Chronique (1344–1364), hrsg. von Jean Lemoine, Paris 1896, S. i ff [künftig: „Richard Lescot“]. 307 Edition: Chronographia regum francorum, hrsg. von Henri Moranvillé, 3 Bände, Paris 1891–97 [künftig: „Chronographia regum francorum“]. 308 Trotz der deutlichen Prägung der Grandes Chroniques durch die Continuateurs Guillaumes de Nangis konnte eine Autorenschaft de Nangis oder eine Werken zugrunde liegende Urchronik bislang nicht eindeutig bewiesen werden. Vgl. Grandes Chroniques de France, Band 1, S. xxxiii f.; Ebd., Band 8, S. ix-vi; Ebd., Band 9, S. ii-vi; Chronographia regum francorum, Band 1, S. xxvii-xxx, xlv f.

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Für die Zeit der Könige Johanns II. und Karls V. (1350–1364, 1364–1380) fand erneut ein spürbarer Wandel der Chroniques hinsichtlich Stil und Verfasserschaft statt. Die redaktionelle Endverantwortung des von Roland Delachenal edierten und von ihm als „Chroniques des Régnes de Jean II et Charles V“ bezeichneten Teils der Grandes Chroniques de France wird dem französischen Kanzler Pierre d’Orgemont zugesprochen. Sie wurden nachweislich von Karl V. in Auftrag gegeben.309 Dank Orgemont verstärkte sich nach André Vernet die Tendenz der Chroniques, in zielgerichtet-politischem Duktus „den Standpunkt des frz. Königtums zu propagieren“.310 Delachenal zufolge reflektiert die Chronik ebenso konstant wie präzise den Standpunkt Karls V.311 Dabei ist grundsätzlich von der Wiedergabe einer „version favorable“ für das französischen Königtums auszugehen.312 Die anonyme und vielleicht ab dem Jahre 1369 von einem niederadeligen Normannen und Befehlshaber verfasste Chronique normande du XIVe siècle313 (1337–1372) ist in erster Linie auf militärische Zusammenhänge fixiert. Ab dem Jahre 1364 ist von einer detaillierteren Berichterstattung und möglichen Augenzeugenschaft des Autors auszugehen. Es existieren umstrittene Zusammenhänge zwischen der Chronique normande und der Chronographia Regum Francorum, welche, wie ausgeführt, auf den gleichen lateinischen Urtext zurückgehen könnten, der bereits den Grandes 309 Pierre d‘Orgemont war durchaus qualifiziert für diese Aufgabe. 1373 wurde er zum ersten Prä-

sidenten des Parlement de Paris und französischen Kanzler gewählt, dessen Stellung er bis zum Tode des Königs im Jahre 1380 behielt. Bei aller Offizialität war der Verbreitungsgrad der letzten Redaktionsstufe der Chroniques bis zum Jahr 1400 nur sehr begrenzt. Vgl. F. Autrand, Art. „Pierre d’Orgemont“, in: LexMA (Band 6) Sp. 1452 f. Edition: Les Grandes Chroniques de France. Chronique des règnes de Jean II et de Charles V, hrsg. von R. Delachenal, 4 Bände, Paris 1910–20 [künftig: „Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V)“]. Vgl. B. Guenée, Les Grandes Chroniques de France, S. 201 ff.; L. Mirot, Les d’Orgemont, Leur origine, leur fortune – le Boiteux d’Orgemont, Paris 1913 [RP Genève 1977], S. 9–19; Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 3, S. xii. Übertragungen ins moderne Französisch: Pierre d’Orgemont, Chronique de Jean II : 1350–1364, Traduction de l‘ancien français par Nathalie Desgrugillers, Clermont-Ferrand 2003 [künftig: „Grandes Chroniques de France (Jean II, Übersetzung Desgrugillers“]; Pierre d’Orgemont, Chronique de Charles V : 1364–1380, Traduction de l‘ancien français par Nathalie Desgrugillers, Clermont-Ferrand 2003. 310 Dies machte sich durch den Versuch der Erklärung der Niederlage von Poitiers durch einen missglückten Befehl Johanns II. bemerkbar, aber auch bei der Rechtfertigung der Neuaufnahme des Krieges durch Karl V. durch die gascognischen Appelationen im Jahre 1369 sowie der Interpretation des Vertrages von Brétigny durch die Chroniques. Vgl. Vernet, Art. „Grandes Chroniques de France“ Sp. 2035; Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 3, S. xix f. 311 „Si le sage roi avait laissé des mémoires personnels, il ne les eût pas rédigés autrement que maints chapitres de la chronique, dont on veut faire honneur à son chancelier“ (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 3, S. xix). 312 Molinier, Les Sources, Band 4, S. 21. 313 Edition: Chronique normande du XIVe siècle, hrsg. von Auguste und Émile Molinier, Paris 1882, S. i-lxxv [künftig: „Chronique normande“]. Überblick: Molinier, Les Sources, Band 4, S. 23. Moranville nahm dagegen die Autorenschaft eines möglicherweise geistlichen Einwohners aus Beauvais an. Vgl. Chronographia regum francorum, hrsg. von M. H. Moranville, Band 1, S. xviii f.

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Chroniques de France vorgelegen haben mag.314 Die von einem Kleriker verfasste und gegenüber Entscheidungen der Adelsschicht ungewöhnlich kritisch eingestellte Chronique des Quatre Premiers Valois315 (1327–1393) ist in erster Linie ab dem Jahre 1350 relevant. Ihr Autor griff zahlreiche mündliche Hinweise auf und verfasste die Chronik mit deutlichem Abstand zu den hier behandelten Ereignissen in den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts. Prägnant ist die Einfügung legendenhafter Berichte, welche den Lesern des Werks eindeutige, friedfertige Botschaften mit auf den Weg geben sollten. Nicht nur für lokalgeschichtliche Zusammenhänge in der Umgebung Tournai aufschlussreich sind die Chroniques des früheren Abtes Saint-Martins in Tournai, Gilles li Muisit.316 Sein Werk ist eine bedeutende Quelle für den Abschluss des Waffenstillstands von Esplechin (1340) nach der Belagerung Tournais durch Eduard III. unter laikaler Vermittlung.317 Nicht zuletzt war die Stadt regelmäßige Ausgangsbasis apostolischer Nuntien im Verlauf von Friedensmissionen.318 d) Sonstige erzählende Quellen Nur sporadisch für diese Arbeit herangezogen wurden die Cronica der Florentinischen Chronisten Giovanni und insbesondere Matteo Villanis.319 Von ihrem Umfang und mentalitätsgeschichtlichem Wert sind diese zwar durchaus mit den Chroniques von Froissart vergleichbar, doch hätten sie in dem in dieser Arbeit angestrebten Wechselspiel aus durch Augen- und Zeitzeugen aus den Ländern der Kriegsparteien rekonstruierbaren Handlungsschemata und durch spätere Chronisten gebildeten Darstellungsschemata wie ein Fremdkörper gewirkt. Systematisch ausgewertet wurden dagegen die von Baluze und Mollat 314 Vgl. Ebd., S. xxvii-xxxiv; xli-xlviii. mit weiterführender Literatur der quellenkundlichen Kontro-

versen.

315 Der Autor der Chronique des quatre premiers Valois war Kleriker aus Rouen und Familiar Erzbi-

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317 318 319

schofs Philippe d’Alencon (1359–1374). In ihrem Stil gilt die Chronique als hochmoralisch und ähnlich wie das Werk Jean de Venettes am Gemeinwohl des einfachen Volkes orientiert. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois (wie Anm. 303), S. i—xlv. Vgl. R. Fossier, Art. „Chronique des quatre premiers Valois“, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 2033; Molinier, Les Sources, Band 4, S. 25. Nach seiner Erblindung im Jahre 1344 diktierte li Muisit seinem Kaplan eine Chronik, welche die Geschichte Flanderns für die Jahre 1294–1352 wiedergibt. Überblick: F. Vieilliard, Art. „Muisis, Gilles li“, in LexMA, Band 6 (1993) Sp. 893 f.; Chronique et Annales de Gilles li Muisit Abbé de Saint-Martin de Tournai (1272–1352), hrsg. von Henri LeMaitre, Paris 1906, i-xxiv [künftig: „Gilles li Muisit“]; Molinier, Les sources, Band 3, S. 89. Zur Rolle Flanderns im Hundertjährigen Krieg vgl. H S. Lucas, The Low Countries and the Hundred Years War, 1326–1347, Michigan 1929. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 357 ff. Siehe insbesondere Kapitel A) III. 2. f) und B) I. 3. Siehe Kapitel C) IV. 3. Editionen: Matteo Villani. Cronica di Matteo e Filippo Villani, 6 Bände, Florenz 1823 [RP Rom 1980, künftig: „Matteo Villani“]; Matteo Villani, Matthaei Villani ejusque filii Philippi Historia (Rerum Italicarum Scriptores, Band 24), Mailand 1729. Überblick: Menzel, Zeit der Entwürfe, S. 22; G. Porta, Art. „Villani, Matteo († 1363)“, in: Encyclopedia of the Middle Ages, hrsg. von André Vauchez, Richard Barrie Dobso, Michael Lapidge, Band 2, Chicago u.a. 2000, S. 1517–1518.

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

veröffentlichte Sammlung der Vitae Paparum Avenionensia,320 welche jedoch zumeist nur die Faktizität vereinzelter kurialer Vermittlungsbemühungen bestätigen helfen. e) Jean le Bel und Jean Froissart Die beiden stilistisch brillanten, extrem einflussreichen Chroniques der Hennegauer Säkularkanoniker Jean le Bel (gest. 1370)321 und Jean Froissart (gest. ca. 1404)322 entstanden unabhängig von den historiographischen Strömungen von Saint-Denis.323 320 Edition: Vitae Paparum Avenionensium, hrsg. von Étienne Baluze und neu bearbeitet von Guillaume

Mollat, 4 Bände, Paris 1914–1927 [künftig: „Vitae Paparum Avenionensium“]. Nach Mollat stellen eine große Zahl von Choniken Fortsetzungen der Chroniken Ptolomeus‘ von Lucca dar. Darunter befinden sich etwa die Chronik Heinrichs von Diessenhofen (Fünfte Vita Johannes‘ XXII., Dritte Vita Benedikts XII.) und weitere italienische Fortsetzungen des 15. Jahrhunderts (Sechste Vita Benedikts XII. und Vierte Vita Clemens‘ VI.) sowie die Dritte Vita Innozenz‘ VI. und Dritte Vita Gregors XI.). Des Weiteren finden sich zahlreiche französische Fortsetzungen der Flores Chronicorum von Bernard Gui unter den Papstviten: Darunter etwa die Zweite und Fünfte Vita Benedikts XII. sowie die Dritte Vita Clemens‘ VI. Die Sechste Vita Clemens‘ VI. stammt aus dem 15. Jahrhundert, aus dem darauffolgenden Jahrhundert dagegen jeweils Zweite Vita Clemens‘ VI. und Gregors XI. Fortsetzungen Martins von Troppau stellen die Achte Vita Benedikts XII., sowie die Chronik Werners von Hasselbeckes dar, aus welcher die Vierte Vita Benedikts XII., die Zweite Vita Innozenz‘ VI. und die Zweite Vita Urbans V. hervorgehen. Französische Fortsetzung Troppaus aus dem 16. Jahrhundert sind ferner die jeweils ersten Viten Benedikts XII., Clemens‘ VI., Innozenz‘ VI., Urbans V. sowie Gregors XI.). Die Vierte Vita Gregors XI. stammt dagegen aus dem Italien des 15. Jahrhunderts. Aus einem großen Kompendium Peters von Herenthals (1322–1390) gehen die Sechste Vita Johannes‘ XXII., die Siebte Vita Benedikts XII., die Fünfte Vita Clemens‘ VI., die Vierte Vita Innozenz‘ VI., die Dritte Vita Urbans V. und die Fünfte Vita Gregors XI. hervor. Auf die von den übrigen Autoren hervorgehenden Chroniken kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Vgl. zur Bewertung der älteren Edition der Vitae durch Baluze in: Molinier, Les sources, Band 4, S 97 (N. 3487) sowie präziser: G. Mollat, Étude critique sur les Vitae Paparum Avenionensium d‘ Ètienne Baluze, Paris 1917. Zu Heinrich von Diessenhoven vgl. Menzel, Zeit der Entwürfe, S. 19 f.; P. Moraw, Politische Sprache und Verfassungsdenken bei ausgewählten Geschichtsschreibern des deutschen 14. Jahrhunderts, in: Hans Patze (Hrsg.), Geschichtsschreibung und Geschichtsbewußtsein im späten Mittelalter (Vorträge und Forschungen, Band 31), Sigmaringen 1987, S. 695–726. 321 Edition: Jean le Bel, Chronique de Jean le Bel, Hrsg von Jules Viard und Eugène Déprez, 2 Bände, Paris 1904–1905 [RP: New York 2004] [künftig: „Jean le Bel“]. Überblicke in: Ebd., Band 1, S. i-xlv; Molinier, Les Sources, Band 4, S. 4; Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 88–92; N. Chareyron, Jean le Bel: Le maître de Froissart, Grand imagier de la guerre de Cent Ans (Bibliothèque du moyen âge, Band 7), Brüssel/Rom 1996; L. Shopkow, Art. „Jean le Bel“, in: Medieval France. An Encyclopedia, New York 1995, S. 490–491. 322 Für einen Überblick vgl. D. Hoeges, Art. „Froissart, Jean, französischer Chronist und Dichter (1337– um 1404)“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 984–85; Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 89–92. Weiterführende Literatur: Peter F. Ainsworth, Stylistic Evolution in Froissart‘s Chroniques, with particular reference to the three versions of Book one, University of Manchester 1971, Ders., Le Manteau trouvé: étude littéraire des Chroniques de Froissart, Paris 1984; Palmer (Hrsg.), Froissart: Historian (wie Anm. 284). 323 Lediglich für das Manuskript „A“ der sog. Version „A/B (SHF)“ des ersten Buches von Froissart konnte für die Jahre 1350–1356 eine wörtliche Übernahme der Grandes Chroniques de France

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Le Bel widmete sich ausführlich der Vorgeschichte und den ersten 23 Jahren des Hundertjährigen Krieges. Seine Chroniques enden kurz nach Abschluss des Vertrages von Brétigny (1360). Als Teilnehmer einer militärischen Expedition nach Schottland auf Seiten Eduards III. im Jahre 1328 wusste Le Bel nur zu gut, worüber er schrieb. Durch seinen langjährigen Mäzen Jean de Beaumont, den Grafen von Hennegau und Herren von Valenciennes, verfügte der Chronist über Informationen aus erster Hand.324 Le Bel war primär an der Verherrlichung von Rittern insbesondere der anglo-flämischen Koalition Eduards III. interessiert, auch wenn er seine Überparteilichkeit stets betonte.325 Schlechter war der Autor über politische oder diplomatische Zusammenhänge informiert. Die Erwähnung apostolischer Nuntien oder deren Friedensverhandlungen erfolgt bei ihm zumeist schablonenhaft und ohne weitere Bewertung. Le Bel diente bis zum Jahre 1361 als primäre Vorlage der Chroniques Jean Froissarts.326 Le Bels Nachfolger in Stil und Geiste, Froissart, wird aufgrund seiner schlüssigen Schilderung des Handelns herausragender Charaktere vor dem sozialen Hintergrund seiner Zeit als detailgetreuer Porträtist der ritterlichen, spätmittelalterlichen Gesellschaft geschätzt.327 Froissart ist aufgrund seiner konzisen Erzählung des Ausbruchs der anglofranzösischen Kampfhandlungen sogar als erster „Historiker“ des Hundertjährigen Krieges bezeichnet worden.328 Hinsichtlich Froissarts Stellenwert als Chronist der Frühphase des Krieges verweisen Quellenkunden bis zum Jahre 1361 eher auf seinen sekundären Rang.329 Geboren wurde der Chronist im Jahr des Kriegsausbruches 1337 in Valenciennes. Froissart wurde im Jahre 1361 Kleriker und Hofpoet der englischen Königin Philippa, in deren Diensten er bis zu ihrem Tod am 15. August 1369 stand. Obwohl er mit dem englischen Hochadel in engster Berührung stand, vermutlich Zugang zu offizibeobachtet werden, welche in dem darauffolgenden Manuskript „B“ ersetzt wurde. Vgl. J. Palmer, Book I (1325–1378) and its Sources, in: Ders. (Hrsg.), Froissart: Historian, S. 9, 13. 324 Zudem hatte Le Bel Zugang zu Augenzeugenberichten der kriegerischen Ereignisse in Frankreich aus dem Hennegau oder etwa dem Gefolge des blinden Königs Johann von Böhmen bei der Schlacht von Crécy. Vgl. Molinier, Les sources, Band 4, S. 4. 325 Bekannt ist Le Bels Titulierung Eduards III. als noble roi, welche er dessen Rivalen Philipp VI. vorenthielt, da dieser sie bislang noch nicht verdient habe. Vgl. Le Bel, Band 1, S. 65 ff. mit N. Chareyron, Jean le Bel, S. 151 ff. 326 Vgl. Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 91. 327 Vgl. Ebd. S., 159. Molinier galt Froissart als Betrachter der „société au milieu de laquelle il a vécu, il est le chroniquer fidèle du monde chevaleresque vu et aimé par lui“ (Molinier, Les Sources, Band 4, S. 13); George T. Diller zufolge verfasste Froissart eine „forceful interpretation of events which was widely accepted among the governing classes of fourteenth-century Europe“ (Diller, Froissart: patrons and texts, in: Palmer (Hrsg.), Froissart: Historian, S. 160). Vgl. allgemein zur quellenkundlichen Bedeutung des Chronisten für das zeitgenössische Rittertum: P. F. Ainsworth, Jean Froissart and the Fabric of History. Truth, Myth and Fiction in the Chroniques, Oxford 1990, S. 70–106. 328 J.-M. Moeglin, Froissart, le métier d‘historien et l‘invention de la guerre de Cent Ans, in: Romania. Revue tisemestrielle 124 (2006) S. 429–470, bes. 470. 329 „As a source for its period, Book I is undoubtedly much inferior to Books II, III and IV and ranks very low indeed among the surviving literary sources of the age” (Palmer, Book I (1325–1378) and its Sources, S. 7). Vgl. Barber, Jean Froissart and Edward, S. 35 f.

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ellen Dokumenten hatte und ausgeprägte Reisen unternahm, beschränkten sich Froissarts geschichtsschreiberische Versuche zunächst lediglich auf eine heute verschollene Verschronik, mit welcher er die Aufmerksamkeit Philippas geweckt hatte.330 Nach seiner Rückkehr nach Valenciennes im Jahre 1370 fand er das Gehör zahlreicher Gönner, darunter dem früheren Auftraggeber Jean le Bels, Jean de Beaumont, dazu Philippas Schwiegersohn Robert de Naumur und Guy de Chatillon, Graf von Blois. Unterstützt durch eine Pfründe in Lestinnes-au-Mont und später eine Kanonikerstelle in Chimay begann er zu einem nicht gänzlich geklärten Zeitpunkt mit der Verfassung seiner Chroniques. Froissarts Werk basiert auf eigenen Aufzeichnungen sowie mündlichen Tradierungen durch Kriegsteilnehmer und Herolde. Insbesondere Froissarts persönliche Bekanntschaft mit dem gleichfalls in Valenciennes geborenen Autor der im Jahre 1385 niedergeschriebenen Vie du Prince Noire, dem Herold von John Chandos, ist als Informationsquelle für Froissarts Beschreibung der Kampagnen Prinz Eduards etwa nach Kastilien in den Jahren 1366–67 erkannt worden.331 Es lassen sich auch Parallelen zwischen dem Herold und Froissart bei ihrer Beschreibung der Friedensverhandlungen vor der Schlacht von Poitiers (1356) feststellen, welche für unsere spätere Analyse der kurialen Vermittlungsbemühungen mit Gewinn herausgearbeitet werden können.332 Hinsichtlich des uns hier ausschließlich interessierenden ersten Buches seiner Chroniques (1325–1378) existieren Unsicherheiten hinsichtlich seiner Entstehungszeit sowie der Reihenfolge seiner deutlich voneinander abweichenden Redaktionsstufen. Dieses quellenkundliche Problem müsste hier keine größere Berücksichtigung finden, gäbe es nicht deutliche Abweichungen hinsichtlich der Darstellung der für diese Studie höchst bedeutsamen Jahre 1346–1356. Größere Übereinstimmungen lassen sich dagegen in den Jahren 1373–1378 feststellen.333 Froissarts frühere Editoren Siméon Luce und Kervyn de Lettenhove vermuteten noch eine serielle Redaktion und Revision dreier entscheidender Redaktionsstufen. Über deren Reihenfolge fochten sie einen erbitterten Disput aus: Laut de Lettenhove folgte der angeblich in den Jahren 1377–78 für Guy de Chatillon geschriebenen und nach dem Aufenthaltsort ihres maßgeblichen Manuskriptes benannten ersten Redaktion „Amiens“ zunächst unter dem Einflusses von Froissarts neuem Mäzen, Robert de Naumur, eine zweite Redaktion der Chroniques, die in dieser Studie „BN, A/B (SHF)“ genannt wird. Im Gegensatz zur Fassung „Amiens“ trug diese Redaktion stärker englandfreundliche Züge.334 Dieser Version folgte daraufhin die zweifelsfrei letzte Über330 Vgl. R. Barber, Jean Froissart and Edward the Black Prince, in: Palmer (Hrsg.), Froissart: Historian,

S. 26 f.

331 Vgl. Jean Froissart, Chroniques. Livre I. Le manuscrit d‘Amiens, hrsg. von G. T. Diller, Genève

1991–98, Band 1, S. ix ff. [künftig: „Froissart (Amiens)“]; Barber, Jean Froissart and Edward, S. 31 ff. Über die Expedition nach Spanien vgl. G. Minois, La guerre de Cent Ans. Naissance de deux nations, Paris 2008, S. 196–204. 332 Siehe Kapitel B) V., S. 190 ff. 333 Palmer, Book I (1325–1378) and its Sources, S. 12; Froissart (Amiens), Band 1, S. x. 334 Vgl. Jean Froissart. Oeuvres de Froissart: Chroniques, hrsg. von Kervyn de Lettenhove, Band 1, Bruxelles 1870 [RP Osnabrück 1967], S. 1–185 [künftig: „Froissart (Lettenhove)“]. De Lettenhove

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arbeitung, die abermals nach dem Aufenthaltsort ihres einzigen Manuskripts benannte Version „Rome“ (1327–1350), welche jedoch bereits im Jahre 1350 endet.335 Im Zug seiner Edition der Chroniques für die Société de l’Histoire de France (SHF) nahm Luce dagegen aufgrund textimmanenter Zusammenhänge336 die umgekehrte Reihenfolge der beiden ersten Fassungen an.337 Herkömmliche Quellenkunden übernahmen meist Luces Interpretation des Sachverhaltes,338 während jüngere Editionen und militärgeschichtliche Studien – übereinstimmend mit de Lettenhove – von einer jüngeren Autorenschaft der Version „Amiens“ ausgehen.339 Durch einen originellen Blickwinkel gelang in einem einflussreichen Aufsatz zuerst John J. N. Palmer eine vorläufige Lösung des Problems: Palmer – und nach ihm Diller in seiner Edition der Version „Amiens“ – führte erfolgreich alle Versuche ad absurdum, durch eine Textanalyse oder Vergleiche mit potentiellen Vorlagen Froissarts zu einer Antwort auf die Reihenfolge der Redaktionen zu gelangen:340 Aufgrund von Anspielungen auf die Regierungszeit Richards II. in allen Versionen sowie Vorausblicken der Ver-

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argumentiert, dass in der zweiten Redaktion zahlreiche Ereignisse ausführlicher wiedergegeben worden seien. Vgl. Ebd., S. 48. – Die Edition Lettenhoves ist gegenüber der ‚rivalisierenden‘ Fassung Luces aufgrund ihrer simultanen Wiedergabe aller Redaktionsstufen vorzuziehen und wird für Ereignisse ab dem Jahre 1350 herangezogen, die in der jüngsten wissenschaftlichen Edition der Chroniques Dillers nicht mehr enthalten sind (siehe Anm. 335). Diese Version gilt unstrittig als ausgefeilteste, reifste Fassung. Ihr Manuskript endet jedoch bereits im Jahre 1350. Edition: Jean Froissart, Chroniques. Derniere redaction du premier livre. Edition du manuscrit de Rome Reg. lat. 869, hrsg. von George T. Diller, Geneve 1972 [künftig: „Froissart (Rome)“]. Vgl. Chroniques de Jean Froissart, hrsg. von Siméon Luce, Band 1, Paris 1869, S. viii (Vorwort) [künftig: „Froissart (Luce)“]. Diese klassische Edition Luces für die Société de l’Histoire de France (SHF, 1869–99) wurde für diese Arbeit aus methodischen Gründen nur sporadisch herangezogen. Sie stellte jedoch die Grundlage für die jüngste Auswahledition von Ainsworth und Diller dar: J. Froissart, Chroniques. Livre I (première partie, 1325–1350) et Livre II., hrsg. von Peter F. Ainsworth; Georges T. Diller. Paris 2001 [künftig: „Froissart (BN A/B SHF)“]. Auf eine zunächst stärker englandfreundliche „version ordinaire“ (Version „BN, A/B (SHF)“) für Robert von Namur sei eine französisierte Version „Amiens“ für Guy von Blois gefolgt, welche sich zudem weniger an Jean Le Bel orientiert habe. Die Version „Rome“ habe sich dann völlig von Le Bel und dem ursprünglichen pro-englischen Sentiment gelöst. Vgl. Froissart (Luce) S. iii-lxvii. – Luces Argument des jugendlicheren Sprachstils der Version „BN, A/B (SHF)“ als Belege für deren frühere Entstehungszeit wurde von Palmer als zu subjektiv verworfen. Vgl. (Froissart (Luce), Band 1, S. xxvi mit Palmer, Book I (1325–1378) and its Sources, S. 10–13. Vgl. Hoeges, Art. „Froissart“, Sp. 984 f.; Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 90 FN 200; Molinier, Les Sources, Band 4, S. 5–18. Froissart (BN, A/B SHF), S. 66; Rogers, War, S, 369 mit FN 114. „The Amiens MS [Version „Amiens“] is neither first nor second edition but both simultaneously. It also follows, of course, that the A and B MSS are also both first and second editions simultaneously“, (Palmer, Book 1, S. 18). Vgl. Froissart (Amiens), Band 1, S. xv-xiii. Während Diller in früheren Aufsätzen der Ansicht Luces gefolgt war, dass „ [f]or conveniance we shall refer to these texts of Book I as the ‚first’ (SHF), the ‚second’ (Amiens) and the ‚third’ (Rome) texts“ (Diller, Froissart: patrons and texts, S. 147), tendiert Diller in seiner jüngsten Edition zu der Einschätzung De Lettenhoves. Vgl. Froissart (BN A/B, SHF), S. 66.

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sion „A/B (SHF)“ auf Ereignisse des Jahres 1391 vermutete Palmer341, dass sämtliche Fassungen des ersten Buches der Chroniques nicht nur wesentlich später entstanden sein mussten, als bisher angenommen. Auch schienen ihm alle drei Versionen auf kuriose, nicht-lineare Weise parallel statt sequentiell verfasst worden zu sein. Eine eindeutige Reihenfolge der Versionen ‚Amiens’ und ‚A/B (SHF)’ könne daher methodisch nicht einwandfrei nachgewiesen werden.342 Jean-Marie Moeglin, der auf der Grundlage eigener Studien insgesamt die ältere Ansicht Luces vertritt, betont mit Recht die innere Geschlossenheit und Gleichwertigkeit aller Fassungen.343 Diese relativierenden Erkenntnisgewinne zwingen freilich jeden Historiker dazu, seine eigene Methodologie im Umgang mit den Chroniques zu entwickeln, was in dieser Studie exemplarisch am Beispiel sich widersprechender Angaben zur Vermittlung päpstlicher Gesandte insbesondere im Vorfeld der Schlacht von Poitiers (1356) unternommen wird.344 f) Die päpstliche Friedensvermittlung im Spiegel narrativer Quellen Die Päpste von Avignon finden in der Mehrheit der für diese Studie erzählender Quellen jeglicher Provenienz – im Gegensatz zu heutigen kirchengeschichtlichen Handbüchern345 – in erster Linie im Zusammenhang mit ihrer Friedenspolitik Erwähnung. Der Ausbruch des Krieges und der Beginn der päpstlichen Vermittlung bilden für die überwiegende Zahl der Chroniken eine unzertrennliche Einheit.346 Die kuriale Friedenspolitik wiederum rückte insbesondere durch die Vermittlungstätigkeit päpstlicher Stellvertreter ins Zentrum der Aufmerksamkeit, welche bei der Darstellung von Kampfhandlungen ansonsten stärker auf Kampagnen der jeweils vom Verfasser favorisierten Seite fokussiert war. Lediglich Le Bel und Froissart interessieren sich ‚überparteilich‘ für bilaterale Vermittlungskonstellationen zwischen päpstlichen Gesandten und den jeweiligen Kontrahenten ohne diese als Mittel zum Zwecke der Erhöhung bzw. Erniedrigung einer der beiden Konfliktparteien zu verwenden. Nur scheinbar eine Ausnahme von dieser Regel stellt die Erwähnung des Gefolges Kardinals Talleyrand de Périgord durch Froissart dar, welches sich während der Schlacht von Poitiers (1356)347 nach der gescheiterten Vermittlung 341 Palmer, Book I (1325–1378) and its Sources, S. 11 f. 342 Ebd., S. 18 f. Nicht durchsetzen konnte sich Palmers Mutmaßung einer abweichenden Verfasser-

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schaft der Version „Amiens“. Vgl. Ebd., S. 19 ff. Stattdessen verwies Diller auf die Möglichkeit, dass Froissart seine Chroniques unterschiedlichen Schreibern diktiert haben könnte. Vgl. Diller, Froissart: patrons and texts, S. 150–152. Vgl. Moeglin, Froissart, le métier d‘historien, S. 432 mit Froissart (Luce), Band 1, Paris 1969, S. iii. Siehe Kapitel B) VI. K. A. Fink, Die Kurie in Avignon, in: H. Jedin (Hrsg.), Die mittelalterliche Kirche (Handbuch der Kirchengeschichte, Band III, 2), Freiburg/Basel/Wien 1968, S. 403–412, bes. 395, 400 Vgl. Adam Murimuth, S. 80 f.; Geoffrey Le Baker, S. 60; Henry Knighton, S. 1 f.; Anonimalle Chronicle, S. 13 f.; Thomas Walsingham, S. 221 f.; Chronicon Angliae, S. 60; Gilles li Muisit, S. 111; Richard Lescot, S. 44 f.; Chronographia regum francorum, S. 55 ff. Siehe Kapitel B) VI.

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ihres Herren in das französische Heer einreihte und sich damit den berechtigten Zorn des Prinzen zuzog. Bemerkenswerterweise nutzte der Chronist die Episode jedoch keineswegs zur Diskreditierung von Talleyrands Vermittlungsarbeit, sondern wusste anders als mancher heutiger Historiograph zwischen Herren und Gefolge zu differenzieren.348 Rein quantitativ nehmen bei drei nach repräsentativen Gesichtspunkten ausgesuchten Chroniken, nämlich dem Oxforder Chronist Geoffrey le Baker, dem Pariser Autor Jean de Venette sowie Gilles li Muisit aus Tournai Schilderungen der Friedensvermittlung der Päpste zumeist den größten Anteil ihrer Berichterstattung über Päpste und Papsttum ein.349 Lediglich der von de Venette gesetzte Schwerpunkt auf die kuriale Politik gegenüber dem Franziskanerorden kann als quellenkundliche Besonderheit gelten. Einen 348 Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 441 f.; Ainsworth, Jean Froissart and the Fabric of His-

tory, S. 79 mit der fundamentalkritischen Interpretation des Vorganges bei Sumption, Trial by Fire, S. 237. 349 Kriterien waren die homogene Verfasserschaft der Autoren aus dem Mönchsklerus und der vergleichbare Abfassungszeitpunkt in den 1350er und 1360er Jahren. Am eindeutigsten ist die Gewichtung der Informationen bei dem regionalgeschichtlich fixierten Gilles li Muisit und dem stark am anglo-französischen Kriegsgeschehen interessierten Geoffrey le Baker gewichtet. Vgl. Gilles li Muisit, S. 111 f. (Start der päpstlichen Friedensvermittlung, 1337), 138 ff. (Friedensmission der Kardinäle Désprez und Aubert und Waffenstillstand von Malestroit, 1342–43), 149 ff. (Vermittlung der Kardinäle Ceccano und Aubert während der Crécy Kampagne, 1346), 166 f. (Vermittlung derselben während der Belagerung von Calais, 1346), 175 f. (Exkommunikation der Flamen, 1347), 181 (Vermittlung vor dem Fall Calais, 1347) mit Ebd., S. 110 (Erneuerung monastischer Regeln durch Benedikt XII., 1336), 114 (Datierung nach Pontifikatsjahr, 1338), 115 (Diplomatie mit den Mongolen, 1338). Geoffrey Le Baker, Benutzte Edition: Galfridi Le Baker de Swinbroke, Chronicon Angliae. Temporisbus Edwardi II et Edwardi II et Edwardi III (Chronica Monastici), hrsg. von John A. Gilles, London 1897, S. 130 ff. (Beginn der kurialen Friedensvermittlung, 1337–1338), 136 f. (Friedensmission der Kardinäle Gomez und Montfavès, 1338), 161 (Begleitung der CrécyKampagne durch Ceccano und Aubert, 1346), 179 (Vermittlung und Waffenstillstand von Calais, 1347), 223 (Vermittlung Gui de Boulognes, 1352), 253 ff., (Verhandlungen Talleyrands de Périgord auf der Poitier-Kampagnes, 1360), 270 f. (Friedensverhandlungen Périgords bei Poitiers, 1356) mit S. 187 (Provision John Offords auf den Erzbischofsstuhl von Canterbury, 1348), 202 (Ausrufung des Jubeljahres durch Clemens VI., 1356), 206 ff. (Bitte um die Aufnahme der Bischöfe Ralph Stafford von London und William Bateman von Norwich in das Kardinalskollegium, 1350), 223 ff. (Tod Clemens‘ VI.), 233 (Erwähnung Papst Johannes‘ XXII.). Lediglich Jean de Venette, legte den Akzent stärker auf religiöse und kirchenrechtliche Akzente. Vgl. Continuateurs Guillaumes de Nangis (Venette), S. 192 (Aushandlung des Waffenstillstands von Malestroit durch Desprès und Ceccano, 1342/43), S. 228 (Vermittlung Gui de Boulognes), 239 f. (Vermittlung Capoccis und Périgords bei Poitiers,1356) mit S. 190 (Erwähnung des Interdikts über Flamen und dessen spätere Lösung durch Innozenz VI., 1341), 191 (Erwähnung des Todes Benedikts XII. und Wahl Clemens‘ VI. (1342), 204 (Eintreibung des Zehnten durch Philipp VI. mit päpstlicher Genehmigung), 212 f. (Pest in Avignon, Tod von Kardinälen, 1348–49), 217 f. (Vorgehen Clemens‘ VI. gegen Flagellanten), 220 f. (Ausrufung des Heiligen Jahres, 1350), 223 ff. (Mendikantenpolitik Clemens‘, 1351), 226 (Tod Clemens‘ VI. und Wahl Innozenz‘ VI.), 234 (Episode eines prophetischen Minderbruders in Avignon, 1351), 253 (Bericht über die an der Kurie vorgebrachten Traktate des Bischofs von Armagh gegen die Minderbrüder, 1352), 316 (Bedrohung Avignons durch die Großen Kompanien, 1360), 320 f. (Tod Innozenz‘ VI. und Wahl Urbans V., 1362).

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bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Avignonesischer Kurie und dem Verlauf des Hundertjährigen Krieges zog Jean de Venette am Beispiel des kurialen Prozesses gegen Jean de la Roquetaillade wegen falscher Prophetie im Jahre 1356.350 Als er vom Erzbischof von Toulouse durch einen Brief gefragt wurde, wie lange der gegenwärtige Krieg auf französischem Boden noch dauern werde, zog der Mönch eine direkte Verbindung mit dem derzeitigen Sitz der Päpste in der von ihm als sündhaft empfundenen Stadt an der Rhône. Die Kurie werde aus der Stadt fliehen müssen und könne binnen sechs Jahren nicht mehr dorthin zurückkehren. Erst nach einer Zeit der schwersten Prüfung werde ein Engel und wahrer Stellvertreter Christi auf Erden den beklagenswerten Zustand beenden und einen Frieden herbeiführen, der 1000 Jahre halten werde. Dieser beinhalte nach de Venette auch eine Rückkehr der Geistlichen zu den Lebensgewohnheiten Jesu Christi und seiner Apostel, also den Zustand der Besitzlosigkeit.351 Nach de la Roquetaillade hatte der Aufenthalt der Kurie in Avignon die systematische Ausbeutung des Volkes zur Folge.352 An dieser Stelle kann die vor dem Hintergrund des theoretischen Armutsstreites353 begreifbare Episode nicht weiter vertieft werden. Es genügt festzuhalten, dass 350 Vgl. im Folgenden: Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 234 ff. Der Kontext der

von Jean de Venette beobachteten Prozesse gegen Mitglieder des Franziskanerordens wie Englesa Pradelle, Marianus Marthioni de Marchia, Andreas de Galiano und andere in den Jahren 1355 und 1357 kann in der umfangreichen Sammlung von Inquisitionsprotokollen im Archivio Segreto Vaticano nachverfolgt werden, wobei jedoch die Aussagen de la Roquetaillades nicht enthalten sind. Vgl. Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 4269. Zu Jean de la Roquetaillades vgl. A. Vauchez, Jean de Roquetaillade († 1366 ca.). Bilan des recherches et état de la question, in: A. Patschovsky, F. Šmahel (Hrsg.), Eschatologie und Hussitismus: Internationales Kolloquium, Prag 1. - 4. September 1993, Prag 1996, S. 25–37; J-P. Torrell, La conception de la prophétie chez Jean de Roquetaillade, in: Mélanges de l‘Ecole française de Rome / Moyen Âge, Band. 102 (1990) S. 557–576; N. Housley, Religious Warfare in Europe 1400–1536, Oxford 2002, S. 22, 25. 351 Et sunt plusquam viginti anni, et antequam guerrae hodiernae inciperent, quod ista publice praedicabam et ideo stultus reputabar et amens. De redditibus Ecclesiae hoc vobis notum sit, quod omnes in brevi perdentur, quia populi ecclesiasticos viros spoliabunt a rebus temporalibus, ita ut vix habeant victum suum. Curia Romana fugiet a civitate peccatrice Avinione, et non erit ibi ubi nunc est antequam compleantur sex anni ab [isto praesenti] anno mccclvi (Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 235). 352 Dies deckt sich mit der traditionellen Charakterisierung des Avignonesischen Papsttums bei Seppelt, Schwaiger, Die Geschichte der Päpste, Band 4, S. 176 ff. und Pastor, Geschichte der Päpste, Band 1, S. 54 ff. 353 Zum Theoretischen Armutsstreit vgl. jüngst J. Miethke, Der „theoretische Armutsstreit“ im 14. Jahrhundert. Papst und Franziskanerorden im Konflikt um die Armut, in: H.-D. Heimann (Hrsg.), Gelobte Armut: Armutskonzepte der franziskanischen Ordensfamilie vom Mittelalter bis in die Gegenwart, Paderborn 2012, S. 243–284; S. Conrad, Der „theoretische Armutsstreit“ als Medienereignis: Neue Beobachtungen in kommunikationstheoretischer Absicht, in: R. Butz; J. Oberste (Hrsg.), Studia monastica. Beiträge zum klösterlichen Leben im Mittelalter, Gert Melville zum 60. Geburtstag, Münster 2004, S. 171–190 sowie als konziser Überblick: M. Basse, Entmachtung und Selbstzerstörung des Papsttums (1302–1414) (Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen II/1), Leipzig 2011, S. 103–116; Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 240; Seppelt, Schwaiger, Die Geschichte der Päpste, Band 4, S. 110 ff.

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bereits zeitgenössische Chronisten eine Verbindung zwischen der geographischen Verortung der Päpste in Avignon, der Ausweitung und Zentralisierung des päpstlichen Fiskalismus sowie dem Hundertjährigen Krieg sahen. Die Chronique des quatre premiers Valois erwähnte im Vorfeld der Schlacht von Poitiers354 eine Episode, in welcher König Johann II. von Frankreich noch vor Beginn seines Feldzuges durch einen Wink Gottes vergeblich durch einen frommen Schäfer vor der verhängnisvollen Katastrophe gewarnt worden war.355 Der Schäfer war dreimal durch Christus dazu aufgefordert worden, den König von einer Aufnahme des Kampfes abzuraten. In Paris wurde er jedoch trotz Fürsprache des königlichen Hofstaates vom kampfeslustigen König ignoriert. Die warnende Vermittlung des Kardinals vor Poitiers kann also in der Tradition prophetischer Mahner aus einfachster Herkunft gesehen werden, welche in einer Vielzahl französischer Chroniken zum Hofe des Königs reisten. Deren Botschaften konnten nicht gefahrlos ignoriert werden.356 Insgesamt weisen die erwähnten Beispiele darauf hin, dass nach der Überzeugung französischer Chronisten mit Tätigkeitszentrum außerhalb der Chronikenschmiede von Saint-Denis die päpstliche Friedenspolitik gottgewollt war und der König von Frankreich aufgrund seiner Uneinsichtigkeit gleichsam durch Gottes Hand besiegt worden war.357 Angesichts des Abfassungszeitpunktes der Chronique des quatre premiers Valois während des Großen Abendländischen Schismas kann darauf geschlossen werden, dass sich die päpstliche Friedensvermittlung im kommunikativen Gedächtnis des niederen französischen Klerus ihren festen Platz bewahrt hatte, Friedensstiftung als symbolisches Kapital der Päpste begriffen wurde, ihr Fehlen dagegen als Lücke empfunden wurde. Andere Akzente setzten dagegen englischen Chroniken: Da das Königreich England seit Beginn des 14. Jahrhunderts eine Art Experimentierfeld für die Einführung der Annaten und anderer mit dem Ausbau des kurialen Pfründenwesens einhergehenden Abgaben 354 Siehe Kapitel C) VI. 355 Vgl. im Folgenden: Chronique des quatre premiers Valois, S. 46 ff. mit der unkritischen Wiederga-

be der Episode bei J. Deviosse, Jean le Bon, Paris 1985, S. 325 f. Autrand zieht dagegen durchaus eine Parallele zwischen der Episode mit den Verhandlungen vor Poitiers. Vgl. Autrand, Charles V, S. 216 f. 356 Zumeist wird der prophetische Bote als wahrhaftiger Verkünder des Willen Gottes verstanden, dem man besser Glauben schenken sollte. Könige, welche sich dagegen der Botschaft verschlossen, waren für ihre Konsequenzen selbst verantwortlich: „Si le roi reste sourd à leurs averitssements, il n’aura pas d’héritier qui lui survive, il souffrira en sa personne ou il perdra la guerre, faute d’avoir eu pitié du royaume de France“ (C. Beaune, Jeanne d’Arc, Paris 2004, S. 93); „Il [der Hirte] se persuada naturellement que, si Jean fut vaincu, ce fut moins par les Anglais que par le Ciel dont ce prince était accusé d’avoir négligé les avis et méconnu les ordres “ (Chronique des quatre premiers Valois, S. xxiii (Einleitung). Allein seit Beginn des 14. Jahrhunderts sind knapp zwanzig Fälle prophetischer ‚Warner‘ bekannt. Vgl. Beaune, Jeanne d’Arc, S. 91 f. mit FN 15. Vgl. G. Krumeich, Jeanne d’Arc, München 2006. 357 Nach der Ansicht des Herausgebers Siméon Luce „se persuada [der Hirte] naturellement que, si Jean fut vaincu, ce fut moins par les Anglais que par le Ciel dont ce prince était accusé d’avoir négligé les avis et méconnu les ordres“ (Chronique des quatre premiers Valois, S. xxiii (Einleitung).

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darstellte,358 wurden von den Chronisten auch alle übrigen Aktivitäten des Papsttums unter dem Generalverdacht der finanziellen Bereicherung bewertet. In der Tat hatte sich die Mehrheit der Chronisten eine dezidierte Meinung über die Finanzpolitik des Papstes gebildet.359 Friedensmissionen apostolischer Nuntien nach England wurden lakonisch unter dem Gesichtspunkt der Prokurationsgelder geschildert, welche die Gesandten mit päpstlicher Vollmacht von kirchlichen Einrichtungen kassieren durften.360 Der von den Autoren darüber hinaus erkannte Zusammenhang aus erfolgreichen englischen Feldzügen und der raschen Aushandlung von Waffenstillständen führte ungeachtet der tatsächlichen Hintergründe zum Vorwurf einer gezielten Parteinahme der päpstlichen Vermittler für die Interessen des glücklosen französischen Königtums.361 Das von den Chroniken aufgegriffene Stimmungsbild des englischen Hochadels gegenüber der Avignonesischen Kurie geht symbolkräftig aus einem Hinweis Adam Murimuths hervor, nach welchem in Smithfield nach dem Fest Johannes des Täufers 1345 ein Turnier stattgefunden habe, in welchem eine Zahl von 13 englischen Rittern eine identische Zahl Berittener herausgefordert habe, die sich ausgerechnet als Papst und zwölf Kardinäle verkleidet hatten.362 Ein Beispiel für eine regelrechte Umdeutung des ursprünglichen Gehalts einer päpstlichen Friedensmission stellt die Darstellung des Auftritts der Kardinalnuntien Bertrand de Montfavès und Pedro Gomez während einer Kirchenversammlung der Londoner Karmeliter im November 1337 dar, auf welcher die Kardinäle eine Waffenruhe unter Androhung von Exkommunikation und Interdikt durchgesetzt hatte.363 Thomas Walsingham gibt das Geschehen freilich in dem Sinne wieder, dass die Nuntien ihren Auftritt vor allem dazu genutzt hätten, um öffentlich den Thronanspruch Eduards III. zurückzuweisen. Eine flammende Gegenrede des Erzbischofs von Canterbury habe daraufhin das nötige Rechtsbewusstsein für die englische Anfechtung des Königtums Philipps VI. geschärft.364 Der zeitnäher schreibende Henry Knighton lag näher an der Wahrheit, 358 Überblick zur Intensivierung der kirchlichen Einkommenssteuern, darunter vor allem der Servitien

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und der gerade auch niedere Pfründen betreffenden Annaten vgl. Favier, Papes d’Avignon, S. 238 f.; W. E. Lunt, Financial Relations, Band 1, S. 463 ff. (Servitien); 482 ff. (Visitationsgelder), 486 ff. (Annaten); Ders., Papal Revenues in the Middle Ages (Records of civilization. Sources and studies, Band 19), Band 1, New York 1934, S. 83–99; Mollat, Les Papes d‘Avignon, S. 273–87; J. Haller, Papsttum und Kirchenreform. Vier Kapitel zur Geschichte des ausgehenden Mittelalters, Berlin 1903 (RP 1966) S. 375–465, bes. 375–401. Vgl. Adam Murimuth, S. 138 ff., 149 ff., 153 ff.; Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 41; Chronicon Angliae, S. 14 f.; Thomas Walsingham, S. 316 f.; Eulogium Historiarum, S. 337. Adam Murimuth, S. 81 f.; Robert Avesbury, S. 458 ff. Vgl. Henry Knighton, S. 2, 58, 94 f., 98; Anonimalle Chronicle, S. 69 f., 75; Gransden, Historical Writing, Band 2, S. 106 mit FN 32. Vgl. Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 235; Mollat, Les Papes d’Avignon, S. 252. Siehe die entsprechenden Bewertungen in Kapitel B) IV. Adam Murimuth, S. 143–146; Green, Edward the Black Prince, S. 110; Mortimer, The Perfect King, S. 212. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2. S. 1009 (5. Januar 1338), 1014 (24. Februar 1338); Rogers, War, S. 144 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 218. Für einen Bericht über das Auftreten der Kardinäle vgl. Chaplais (Hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice, Band 1, S. 286 ff. [N. 154]. Zur praktischen Entwicklung des englischen Rechtsbe-

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wenn er berichtet, dass den Kardinälen erwidert wurde, dass sich Eduard III. nur dann auf einen Frieden einlassen könne, wenn der französische König sämtliche widerrechtlich besetzt gehaltenen Festlandsgebiete restituiere.365 Die Aufmerksamkeit der Chronisten für päpstliche Formen der Konfliktbeilegung schwand dagegen umso stärker, je mehr Formen direkter weltlicher Interaktion sie vorzufinden glaubten. In diesem Fall lag ihr Fokus merklich stärker auf Formen adeligen Konfliktführungsverhaltens.366 Chronisten wiederum, welche auf keine bekannten Augenzeugenberichte über die jeweiligen Friedensverhandlungen zurückgreifen konnten, sind für unsere Betrachtung in anderer Hinsicht aufschlussreich. Bei ihrer Beschreibung des Waffenstillstandsvertrages von Esplechin,367der im Jahre 1340 auf Vermittlung der Gräfin Johanna von Hennegau368 ausgehandelt worden war, gehen nicht wenige Chroniken fälschlicherweise davon aus, dass der Waffenstillstand von zwei Kardinälen ausgehandelt worden war.369 Trotz der Entsendung niederrangiger apostolischer Nuntien zu Beginn der Belagerung von Tournai durch Papst Benedikt370 kann hiervon aber ebensowenig die Rede sein371 wie eine durch Kelly DeVries angenommene Betätigung der Gräfin als Legat.372 Besser informierte Quellen bezeugen, dass die Gräfin durchaus selbst die mehrtägigen Verhandlungen leitete.373 Es soll hierbei die These aufgestellt werden, dass gerade später oder ohne Zugang zu Augenzeugen schreibende Chronisten eindeutig kardinalizische Darstellungsschemata bei wusstseins als Nachweis in diplomatischen Quellen vgl.: Hoc anno [die Datierung des Chronisten in das Jahr 1338 ist fehlerhaft], cum compertum fuisset Cardinales, qui pro pace venerant reformanda inter Reges Angliae et Franciae, plus favere Regi Franciae quam Regi Angliae, ut patebat in sermone unius Cardinalis ad clerum habito, surrexit Archiepiscopus Cantuariensis, et praedicavit publice assertiones Cardinalis fore vanas. Et post modicum tempus manifeste dicebatur per totam Angliam, quod Rex Angliae habuit jus in regnum Franciae, quod prosequi intendebat (Thomas Walsingham, S. 222) mit der im fraglichen Zeitraum noch gesteigerten Agumentationsweise Eduards III., wonach sich Philipp VI. in erster Linie als konventioneller Aggressor betätigt habe. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1004 (17. Oktober 1337). Innerhalb des Königreich Englands machte sich der König dagegen durchaus für seine Rechte stark. Vgl. Ebd. 1025 (28. März 1339). 365 Sicque responsum est cardinalibus in principio quadragesimae quod rex non se concordaret cum rege Franciae nisi sub conditione quod redderet ei terras suas quas ultra mare nequiter et injuste ei detinuerat et adhuc occupaverat (Henry Knighton, S. 3). 366 Vgl. die Beschreibung der Kampfansage Philipps VI. an Eduard III. während der Belagerung von Calais in: Geoffrey le Baker, S. 90; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 206. 367 Zum Abschluss und den Konsequenzen des Vertrags von Esplechin vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 354–360; K. R. DeVries, Contemporary views of Edward III‘s failure at the Siege of Tournai, 1340, in: Ders. (Hrsg.), Guns and men in medieval Europe, 1200–1500, Aldershot 2002, S. 74, 84, 90 [Kapitel 4]; Lucas, The Low Countries and the hundred years war, S. 418–421; Déprez, Les préliminaires, S. 334–346. Zum Fallbeispiel siehe auch Kapitel B) I. 3. c). 368 Siehe zur Biographie der Gräfin Kapitel A) I. und Kapitel B) III. 3. c) 369 Adonqes vendrent deux cardynales et pristrent une trewe parentre les deux rois (Anonimalle Chronicle, S. 17). Vgl. Richard Lescot, S. 53; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 171. 370 Vgl. Benoît XII, N. 764, 767–768. 371 Vgl. Rogers, War, S. 213. 372 Vgl. DeVries, Contemporary Views, S. 74. 373 Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 333 ff.

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der Beschreibung von Waffenstillstandsverhandlungen bevorzugten bzw. entwickelten. Oder um es etwas überspitzt auszudrücken: Waren einmal keine apostolische Nuntien an einer Waffenstillstandsverhandlung beteiligt, mussten sie eben erfunden werden.

IV. Überblick über die einzelnen Phasen des Hundertjährigen Krieges (1337–1453) und den Untersuchungszeitraum (1337–1378) Bei aller Grundlagenarbeit konnte sich bislang keine einheitliche Untergliederung des Hundertjährigen Krieges in verschiedene Phasen durchsetzen.374 Dieser wird meist als eine ganze Reihe von Kriegen wechselnder Ursache zwischen verschiedenen Dynastien (Plantagent – Valois, 1337–1396; Lancaster – Valois, 1396–1453) charakterisiert.375 Bisherige Ansätze orientieren sich am häufigen Wechsel von Zeiten des Krieges und (relativen) Friedens oder an der gefühlten Dominanz eines bestimmten Königs. So hat John A. Wagner die erste Phase von Kriegsausbruch (1337) bis zum Abschluss des Friedensvertrages von Brétigny (1360) als „Edwardian War“ (nach Eduard III. von England) bezeichnet, die Zeit vom Neuausbruch des Krieges bis zu den großen Waffenstillständen von Leulinghen in den späten achtziger- und neunziger Jahren des 14. Jahrhunderts dagegen im Hinblick auf die Erfolge Karls V. von Frankreich als „Carolinian War“. Im diese Studie nicht mehr betreffenden 15. Jahrhundert lässt sich grundsätzlich eine dritte Phase ausmachen, welche von der Kriegserklärung Heinrichs V. von England im Jahre 1415 bis zu den Friedensverträgen von Troyes (1420) und Arras (1435) geht. Eine vierte Phase reicht von der Vertreibung der Engländer aus der Normandie bis zum endgültigen französischen Sieg in der Schlacht von Castillon (1453). Wagner hat letztere beide Phasen in Anlehnung an König Heinrich V. von England und dessen gleichnamigen, glücklosen Sohn aus dem Hause Lancaster zusammenfassend als „Henrician or Lancastrian War“ bezeichnet, was nach seinem eigenen Raster aber kaum zutreffend erscheint.376 374 Über die Historiographie des Hundertjährigen Krieges siehe Kapitel A) II. 3. 375 Jüngster Beitrag zum Thema: K. DeVries, The Hundred Years War: Not one, but many, in: A. L. J.

Villalon; D. J. Kagay (Hrsg.), The Hundred Years War. Different vistas (History of warfare, Band 51, London 2008, S. 3–36. Laut Claudia Schnurmann handelte es sich beim Hundertjährigen Krieg „nicht um einen Krieg, sondern um mehrere Konflikte unterschiedlicher Ursachen, Intensität und Charaktere, die als Adelsfehden um Besitz, Kronen und Prestige begannen und sich später zu Kriegen zweier Nationen [...] auswuchsen“ (C. Schnurmann, Vom Inselreich zur Weltmacht. Die Entwicklung des englischen Weltreichs vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Stuttgart 2001, S. 46 ff.). Weniger differenziert dagegen Norbert Ohler: „Unter der Bezeichnung „Hundertjähriger Krieg“ fassen Historiker seit dem 19. Jahrhundert eine Abfolge von Feldzügen, Waffenstillständen, Belagerungen und Schlachten zusammen“ (N. Ohler, Krieg und Frieden im Mittelalter, München 1997, S. 237). 376 Vgl. J. A. Wagner, Art. „Hundred Years War, phases of“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 160–64; H. Thomas, Jeanne d‘Arc: Jungfrau und Tochter Gottes, Berlin 2000, S. 13 f.

Überblick über die einzelnen Phasen des Hundertjährigen Krieges

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Zur besseren Orientierung über die Kriegsphasen unseres Untersuchungszeitraumes (1337–1378), welcher sich von Kriegsausbruch bis zum Tode des letzten unangefochtenen „Papstes von Avignon“ Gregors XI. ein Jahr nach der Rückkehr der Kurie nach Rom erstreckt,377 bietet sich stärker eine Unterteilung in Phasen größerer Kämpfe und Zeiten des Waffenstillstands oder verstärkter Friedensaktivitäten an.378 Die erste Kriegsphase erstreckt sich von Ausbruch des Krieges nach der Konfiskation Aquitaniens durch Philipp VI. im Juni 1337 bis zum Abschluss des Waffenstillstands von Esplechin (24. September 1340). Letzterer wurde als herausragende Besonderheit des Zeitraums nicht durch apostolische Nuntien, sondern von weltlicher Seite, nämlich durch die Intervention Johannas von Hennegau ausgehandelt.379 In diesem Abschnitt des Krieges hatten kleinere Kampagnen auf französischem Territorium nach Thierach und Buironfosse sowie die für England siegreiche Seeschlacht von Sluis am 24. Juni 1340 stattgefunden.380 Die erfolglose Belagerung von Tournai im selben Jahre durch Eduard III. überzeugte beide Seiten von der Notwendigkeit der genannten Waffenruhe.381 Eine weitere zeitliche Einheit kann ferner zwischen dem Eingriff der rivalisierenden Könige in den bretonischen Erbfolgekrieg (1341–65) bis zum Abschluss des Waffenstillstands von Malestroit im Januar 1343 ausgemacht werden.382 Nach gut zwei Jahren intensivster Diplomatie durch Gesandtschaften zwischen Westminster, Avignon und Paris383 fand schließlich am Jahreswechsel 1344/1345 ein Erster Friedensgipfel in Avignon statt.384 Nach dessen Scheitern wurde der Waffenstillstand von Malestroit (1343–1345) aufgekündigt, was im Folgejahr zu mehreren, für die französische Seite verlustreichen englischen Kampagnen in die Languedoc sowie zu einer Invasion der Normandie durch König Eduard III. führte.385 Zwei Kardinäle, Annibaldo Ceccano und Étienne Aubert, bemühten sich vergeblich um die Eindämmung der Kampagne durch eine riskante „Pendeldiplomatie“.386 Nach seinem zweiten, erdrutschartigen Erfolg in der Schlacht von Crécy (26. August 1346)387 konzentrierte sich der englische König nicht auf die systematische Vernichtung seines Gegners, sondern belagerte stattdessen Calais.388 Vermutlich im Rahmen einer 377 378 379 380 381

Vgl. kursorisch: Herbers, Geschichte des Papstums, S. 245. Vgl. Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, S. 17–48; Allmand, The Hundred Years War, S. 12–36. Siehe Kapitel A) III. 2. f) und Kapitel B) I. 3. c). Vgl. Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, S. 17 ff. Vgl. im Folgenden: Froissart (BN, A/B SHF), S. 333 ff.; Rogers, War, S. 207–16; Sumption, Trial by Battle, S. 348–60, bes. 356 mit einer Karte des Verhandlungsortes. 382 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 370–410. 383 Vgl. insbesondere Plöger, England and the Avignon Popes, S. 29 ff. 384 Siehe Kapitel B) II. 385 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 455–520. 386 Siehe Kapitel B) IV. Begriff von Lützelschwab anlässlich der bilateralen Verhandlungen der Kardinäle zwischen dem englischen und französischen Heer bei Calais. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 209. 387 Vgl. Ayton; Preston (Hrsg.), The Battle of Crécy. Knapper: Sumption, Trial by Battle, S. 525– 534. 388 Siehe Kapitel B) IV., C) VI, S. 329 ff.

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Doppelstrategie sollte zum einen durch die Eroberung der für die Engländer lästigen Seeräuberstadt eine feste Ausgangsbasis für künftige Kampagnen geschaffen werden, zum anderen Philipp VI. zu einer weiteren militärischen Konfrontation provoziert werden, die sein Untergang hätte sein sollen.389 Eduard hatte nur mit dem ersten Teil des Planes Erfolg. Ein bereits arrangierter Entscheidungskampf mit einer französischen Rettungsarmee fand dagegen nicht statt. Stattdessen unterwarfen sich Garnison und „Bürger von Calais“ dem englischen König am 3. August 1347.390 Nach einigen Monaten kostspieliger Folgekampagnen waren die Kriegsparteien mehr als bereit dazu, die päpstliche Vermittlung zu akzeptieren. Deswegen wurde am 28. September 1347 ein zunächst einjähriger Waffenstillstand in Anwesenheit der zuvor erfolglosen Kardinäle Annibaldo Ceccano und Étienne Aubert abgeschlossen. Anders als in dem Vertragsdokument beschlossen, kam es in den acht Folgejahren nicht zur Durchführung eines neuen Friedensgipfels, sondern zu über einem Dutzend Waffenstillstandsverhandlungen, welche zumeist im Niemandsland zwischen dem englischen Hoheitsgebiet rund um das eroberte Calais und jeweils einer weiteren französischen Festungsstadt durchgeführt wurden.391 Diese Phase wird in dieser Studie aufgrund ihres retardierenden, unentschlossenen Charakters sowie ihres geographischen Spannungszustandes zwischen der Kurie von Avignon als Ziel der viae pacis und dem sich zunehmend als regulärem Verhandlungsort etablierenden Umland von Calais als Diplomatisches Interim (1347–1354) bezeichnet.392 Das Interim erreichte seinen dramatischen Endpunkt nach der nicht erfolgreichen Ratifikation des Vorvertrages von Calais (6. April 1354) auf dem Zweiten Friedensgipfel an der Kurie von Avignon (1354/55).393 Der Vertrag hätte eine umfassende Konfliktlösung auf der Basis der Gleichrangigkeit beider Könige darstellen sollen. Er sah die Restitution des englischen Festlandsbesitzes unter voller Souveränität vor. Erstmals hatte der Verzicht Eduards III. auf die Krone Frankreich eine zentrale Verhandlungsbasis dargestellt. Nach dem Scheitern des Friedensgipfels folgten Kampagnen insbesondere in Nord- und Südfrankreich. Hierbei erwiesen sich insbesondere die englischen Reiterzüge (chevauchées) des Thronfolgers Eduard, des Schwarzen Prinzen, als verheerend für die französische Infrastruktur der Languedoc.394 Diese Phase des Krieges kumulierte in der für König Johann II. von Frankreich verheerenden Schlacht von Poitiers am 19. September 1356,395 bei welcher der französische König mit der Schlacht auch seine Freiheit verlor. In den drei Folgejahren bis zum Jahre 1359 wurden zwei nicht realisierte Friedensabkommen, der Erste und Zweite Vertrag von London (1358/59) abgeschlossen. Protorevolutionäre Auseinandersetzungen zwischen dem fran389 So Rogers, War, S. 73-85. Vgl. dagegen Perroy, La guerre de Cent Ans, S. 94 ff.; Favier, La guerre

de Cent Ans, S. 107. Vgl. J.-M. Moeglin, Les Bourgeois de Calais: Essai sur un mythe historique, Paris 2002. Siehe Kapitel B) IV. Siehe Kapitel B) IV., C) III. Vgl. Autrand, Charles V, S. 136–149. Siehe Kapitel B) V. Vgl. Rogers, War, S. 304–324; N. Fryde, Natalie, Les „chevauchées“ du Prince Noir (1330–1376), in: L‘Histoire, 26 (1980) S. 48–57. 395 Vgl. Rogers, War, S. 348–384. 390 391 392 393 394

Überblick über die einzelnen Phasen des Hundertjährigen Krieges

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zösischen Regenten Karl (V.) und Étienne Marcel,396 dem Vorsteher der Pariser Kaufmannschaft sowie Bauernaufstände und weitere bürgerkriegsähnliche Unruhen führten zu einer zunehmenden Desintegration des Königreichs Frankreich.397 Die zahlreichen Wirren verhinderten gleichzeitig aber die Umsetzung der genannten Vertragswerke und sorgten für einen Autoritätsverlust des sich immer noch in Gefangenschaft befindlichen Königs von Frankreich. Johann II. gelang es zwar in bemerkenswerter Übereinstimmung mit Eduard III. Friedensentwürfe zu schmieden, konnte diese aber nicht auf dem Kontinent durchsetzen. Die letzte Kampagne des englischen Königs auf französischem Festland (1359/60) beendete diese Phase der Unentschlossenheit. Nachdem Eduard III. zunächst vergeblich Reims belagert hatte, vermutlich um sich dort zum König von Frankreich krönen zu lassen, blieb auch eine Bedrohung der französischen Hauptstadt Paris aufgrund der defensiven Strategie des Dauphins Karl (V.) ergebnislos. Weder wollte sich Karl, welcher vier Jahre zuvor vom Schlachtfeld bei Poitiers geflohen war, zur Schlacht stellen, noch führten zwei Friedensverhandlungen unter der Vermittlung vierer apostolischer Nuntien zum Erfolg. Erst ein Hagelsturm brachte einen Meinungsumschwung des sich bereits auf dem Rückzug befindlichen Königs von England mit sich. Es kam zur Aufnahme neuer Gespräche und zum Abschluss des Vertrages von Brétigny am 8. Mai 1360.398 Dieses, von der Forschung auch nach dem Ort seiner endgültigen Ratifikation in Calais am 24. Oktober 1360 als Vertrag von Brétigny bzw. Vertrag von Calais bezeichnete Abkommen,399 sah erneut den Verzicht des englischen Königs auf die Krone Frankreichs sowie die Aufgabe der französischen Souveränität über den englischen Festlandsbesitz vor. Ausgerechnet diese beiden entscheidenden Vertragspunkte wurden jedoch in Calais noch nicht ratifiziert, sondern in zwei Sonderklauseln mit dem gefundenen Sammelnamen c’estassavoir ausgeklammert.400 Deren geplante Ratifikation in Brügge im Folgejahr fand jedoch nicht statt, weshalb es nach einer Phase relativen Friedens zwischen den Kriegsparteien auf französischem Boden erneut zum Ausbruch des Krieges kommen konnte.401 Anlass waren die nach traditionellem Muster an das Parlament de Paris herangetragen Klagen gegen den, inzwischen zum Herzog von Aquitanien ernannten Prinzen Eduard durch gascognische Adelige, die sich über dessen Besteuerung und drakonische Strafverfolgung beklag396 Vgl. R. Cazelles, Étienne Marcel. La révolte de Paris, Paris 2006, bes. 166–327. 397 Vgl. W. Paravicini, Die Krise der französischen Gesellschaft im Zeitalter des Hundertjährigen Krie-

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ges, in: F. Seibt (Hrsg.), Europa 1400. Die Krise des Spätmittelalters, Stuttgart 1984, S. 212 ff.; Autrand, Charles V, S. 273–317, 318–330, 331–356; Sumption, Trial by Fire, S. 250–350. Vgl. C. J. Rogers, The Anglo-French Peace Negotiations of 1354–1360 reconsidered, in: J. Bothwell (Hrsg.), The Age of Edward III, New York 2001, S. 193–214. Als „Vertrag von Brétigny/Calais“ bezeichnet in: Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 271. Im Verlauf der Studie wird der Vertrag aus Gründen der Vereinfachung stets Vertrag von Brétigny genannt. Siehe Kapitel B) VII. J. Le Patourel, The Treaty of Bretigny, 1360, in: J. Le Patourel (Hrsg.), Feudal Empires. Norman and Plantagenet, London 1984, S. XIII, 19–39. Vgl. im Folgenden: G. L.Harriss, Shaping the Nation. England 1360–1461 (The New Oxford History of England), Oxford/New York 22008, S. 405–410.

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ten.402 Der aufgenommene Prozess führte nach eingehender Beratung des französischen Königs durch Parlement und Kronrat sowie auswärtiger Gutachten403 zur ritualisierten Vorladung des Prinzen vor Gericht, welche Eduard durch markige Drohungen parierte, er werde dortselbst an der Spitze einer gewaltigen Armee erscheinen.404 Es kam zur unvermeidlichen Konfiszierung von Aquitanien und zur erneuten Annahme des französischen Königstitels durch Eduard III. Die folgende, knapp fünfjährige Phase des Krieges (1369– 74) zeichnete sich durch einen radikalen Strategiewechsel auf französischer Seite aus. In Absprache mit seinem König führte der Konnetabel Bertrand du Guescelin (1320–1380) eine neue Defensivstrategie ein, die aus kontrollierten Militärschlägen in Guerillamanier auf den immer noch militärisch beeindruckenden Gegner bestand. Den gewaltigen englischen Reiterzügen wurden so kaum noch Chancen zur Ausschöpfung ihres Militärpotentials geboten. Innerhalb kürzester Zeit kam es zur Rückeroberung beinahe sämtlicher, von den Engländern eroberter französischer Territorien.405 Die Kurie hatte sich zur Zeit des Kriegsausbruchs seit knapp zwei Jahren wieder in Rom befunden, konnte sich dort aber geopolitisch nicht halten.406 Ein erneuter Umzug nach Avignon im Herbst 1370 hinderte den Pontifex an einer effektiven Konfliktintervention.407 Erst nach der Wahl Gregors XI. im Dezember 1370 kam es zur Entsendung zweier Kardinalnuntien und zu zwei kurzen, ergebnislosen Friedensgipfeln in Calais (1372) und Brügge (1373). Die finanzielle wie militärische Erschöpfung auf beiden Seiten sowie innenpolitische Unruhen im Königreich England, welche sich an der erfolglosen Kriegspolitik des altersschwachen Eduards III. entzündet und zur Errichtung des ‚Good Parliament‘ geführt hatten,408 ermöglichten das erneute Beschreiten der viae pacis.409 Diese letzte Phase unseres Untersuchungszeitraumes ist durch eine Reihe von Einzelverhandlungen gekennzeichnet, die in langjährige Friedensgipfel in Brügge (1375–77) kumulierten. Erstmals wurden 402 Forschungskonsens besteht inzwischen darin, dass es sich bei dem Prozess gegen den Schwarzen

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Prinzen um eine gezielte Rechtsprovokation ausgelöst durch Graf Armand-Amanieu d’Albret sowie Jean d’Armagnac gehandelt hatte.Vgl. E. Perroy, Edouard III d‘Angleterre et les seigneurs gascons en 1368, in: E. Perroy (Hrsg.), Études d’histoire médiévale, Paris 1979, S. 299–303 in Abgrenzung zu Delachenal, Charles V, Band 4, S. 67 ff., 83–109. Weiterhin: Autrand, Charles V, S. 544–567; Barber, Edward, Prince of Wales, S. 207–221. Zu diesen gehörten auch Richard Saliceto und Giovanni de Legnano von der Universität Bologna. Letzterer hatte nicht von ungefähr in dieser Zeit eine Erneuerung von Augustinus‘ und Thomas von Aquins Theorie des bellum iustum entwickelt, welche sogar im Angriff noch eine legitime Verteidigung sah. Vgl. J. M. Pinzino, Just War. Joan of Arc, and the Politics of Salvation, in: L. J. A. Villalon; D. J. Kagay (Hrsg.), The Hundred Years War: a wider focus, Leiden 2005, S. 365–396; P. Chaplais, Some Documents Regarding the Fulfillment and Interpretation of the Treaty of Brétigny (1361–1369). II. Camden Miscellany, 19, Camden 3rd S. 80), London 1952, S. 51–78. Vgl. Chandos Herald, S. 265 f. Vgl. im Folgenden: Harriss, Shaping the Nation, S. 411 ff.; Autrand, Charles V, S. 568–612. Favier, Les papes d‘Avignon, S. 534. Zum Umzug Urbans V. nach Rom vgl. Favier, Les papes d‘Avignon, S. 530–538. Siehe Kapitel B) VIII. Vgl. L. Prussack, John of Gaunt and the Good Parliament, Adelphi University 1990 ms.; G. Holmes, The Good Parliament, Oxford 1975. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 212–221.

Überblick über die Arbeit und ihre übergeordneten Fragestellungen

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längere Friedensgespräche kontinuierlich unter der Leitung einer ständigen päpstlichen Gesandtschaft durchgeführt, ohne dass eine Verlagerung der Verhandlungen nach Avignon beschlossen worden wäre. Der Friedensgipfel brachte eine große Zahl von Konfliktlösungsvorschlägen hervor.410 Er verzögerte deswegen sogar den geplanten, erneuten Umzug der Kurie nach Rom.411 Nach schwindenden Erfolgschancen der Verhandlungen in Brügge und der militärischen Erhebung eines italienischen Städtebundes rund um die Kommune Florenz gegen die päpstliche Herrschaft in Mittel- und Oberitalien im Krieg der otto santi musste der Umzug nach Rom schließlich ohne Abschluss eines pax finalis stattfinden.412 Nach dem Tode Eduards III., dem Verstreichen einer weiteren Waffenruhe sowie dem Scheitern letzter Gespräche brach der Hundertjährige Krieg schließlich 1378 erneut aus.413 Der Tod Gregors XI. ein gutes Jahr nach seiner Rückkehr nach Rom beendete schließlich für die nächsten Jahrzehnte die Friedensvermittlung der Päpste, da die in zwei rivalisierenden Obödienzlinien zerstrittenen Nachfolger Gregors XI. schon bald nach Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas (1378–1415) andere politische Prioritäten setzen mussten.414

V. Überblick über die Arbeit und ihre übergeordnete Fragestellungen Der Hauptteil B), Viae Pacis (1337–1378), untersucht nach einer Klärung ereignisgeschichtlicher und struktureller Voraussetzungen die Friedenspolitik der Päpste anhand von sieben einschlägigen Fallbeispielen in chronologischer Reihenfolge. Wie ausgeführt, 410 411 412 413 414

Siehe Kapitel B) VIII. 3. Vgl. Grégoire XI (France), N. 1932–35, 1937–39, 1942 (8. Juli – 8. August 1375). Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 538–545. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 277 ff. Ansätze zu einer Fortführung der Friedensvermittlung können in den ersten Pontifikatsjahren Clemens‘ VII. noch festgestellt werden. So entsandte der erste Pontifex der Avignonesischen Obödienzlinie während des Schismas Kardinalpresbyter Guido von Sanctae Crucis in Hierusalem und Kardinalbischofs Johannes von Penestrina nach England, Irland, Schottland und Flandern. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 291, f. 28 r-40 r. Die päpstliche Diplomatie während des Schismas ist ein noch vergleichsweise junger Untersuchungsgegenstand, auf welchem gleichwohl bereits beachtliche Einzelarbeiten vorliegen bzw. im Erscheinen begriffen sind. Vgl. P. Genequand, L‘organisation et la politique de La cour pontificale d‘Avignon sous Clément VII (1378–1394) : à partir des documents comptables et des lettres, Genf 2004 (Dissertation); H. Labarthe, Un espace-frontière à l‘épreuve du schisme pontifical (Gascogne, 1370–1430): modalités, théories et pratiques du consentement politique (in Vorbereitung); A. Brabant, Les Normands et le Grand Schisme d’Occident (1378–1417) (in Vorbereitung). Zum Abendländischen Schisma vgl. allgemein: H. Müller, Die kirchliche Krise des Spätmittelalters (Enzyklopädie der Deutschen Geschichte, Band 90), München 2012, S. 1–24; Basse, Entmachtung und Selbstzerstörung, S. 156–173.

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stehen dabei übergeordnete Fragestellungen nach 1) der Vorbereitung, 2) der Beschaffenheit der Stätten sowie 3) den Erfolgschancen der viae pacis im Vordergrund. Zugunsten einer differenzierten Vorgehensweise werden im Hauptteil die Fallbeispiele allerdings nicht allesamt nach dem genannten Raster untersucht. Nach einer stärker synthetisch angelegten Schilderung der historischen Grundlagen unseres Themas in Kapitel B) I., nämlich der Ursachen des Hundertjährigen Krieges, den Beginn des Avignonesischen Papsttums und der frühen anglo-französischen Vermittlungsversuche Benedikts XII. und seiner Vorgänger geht es in einer Reihe von Fallbeispielen zunächst um Form und Methodik der päpstlichen Konfliktinterventionen: Kapitel B) III., Informationshorizont und Kommunikationsstruktur zwischen Kurie und Nuntien im Vorfeld der Schlacht von Crécy (1346); Kapitel B) V., Avignon (1354/55). Gefangen im Netzwerk; Kapitel B) VI., Poitiers (1356): Die Vermittlung Talleyrands de Périgord sowie Kapitel E) VIII, Brügge (1375–77). Neben Fragen nach der Effektivität der päpstlichen Kommunikation zwischen der ‚Zentrale‘ Avignon und ihren mobilen ‚Vermittlungseinheiten‘ vor Ort oder nach den Wirkensmöglichkeiten Kardinals Gui de Boulogne innerhalb des verstrickten politischen Milieus der Kurie angesichts der bis dorthin wirkenden dynastischen Spannungen am französischen Königshof werden auch Persuasionszusammenhänge im Vorfeld der Schlachten von Crécy (1346) und Poiters (1356) erörtert. Auf ganz unterschiedliche Weise stehen in den Kapiteln B) II., Avignon (1344/45), IV., Ortsveränderung und Diplomatisches Interim: Die Marken von Calais als Ort der Entscheidungsfindung (1347–53), Kapitel V., Avignon (1354/55), Kapitel VII., Brétigny (1360); Notarielle Aufgaben und zeremonielle Funktion apostolischer Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny und Kapitel VII., Brügge (1375–77): Dezentralisierung der päpstlichen Friedensvermittlung die Stätten der viae pacis im Vordergrund. Neben der Rekonstruktion von Zusammenhängen zwischen Verhandlungstopographie und Verhandlungspraxis werden konstruktive wie störende Einflüsse auf die Friedensgipfel in Avignon und Brügge in den Blick genommen. Dabei interessiert sich diese Arbeit nicht zuletzt für die Kriterien, welche bei der Auswahl der genannten Verhandlungsorte eine Rolle spielten. In einem zweiten Schritt werden dann die Aufgaben des Papstes und apostolischer Nuntien bei der Verhandlungsführung sowie deren zeremonielle wie notarielle Gestaltung von Vertragsabschlüssen untersucht. Die Frage nach den Erfolgschancen der viae pacis stellt sich diachron in der gesamten Arbeit. In den Kapiteln B) II., V und VIII. steht in erster Linie der Erfolg der Verhandlungsführung des Papstes und seiner Stellvertreter im Vordergrund, während im Kapitel B) VI. die von den Chronisten vermuteten sowie tatsächlichen Erfolgsaussichten des als geschmeidig charakterisierten Kardinalnuntius Talleyrands de Périgord im Vorfeld der Schlacht von Poitiers Untersuchung finden. Besonderen Fragestellungen wird in Kapitel B) IV., Ortsveränderung und ‚diplomatisches Interim‘, nachgegangen. Es gilt hierbei ‚Rivalitäten‘ zwischen dem vom Papst beeinflussten Milieu in Avignon und sowie lokalen Verhandlungsorten im geopolitischen Einflussfeld rund um das 1347 eroberte Calais aufzuzeigen sowie Entscheidungsfaktoren für die beiden Verhandlungsorte zu benennen. Um den scheinbaren Widerspruch zwi-

Überblick über die Arbeit und ihre übergeordneten Fragestellungen

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schen privater Konfliktbeilegung bzw. amtlicher Friedenswahrung der Päpste geht es in Kapitel B) VII., wo der Stellenwert der kurialen Vermittlung anhand der Vertragsartikel des Friedens von Brétigny (1360) durchleuchtet wird. Kapitel C) Strukturen und Wirkungsweisen der päpstlichen Diplomatie während des Hundertjährigen Krieges fasst die bisherigen Forschungsergebnisse zusammen. Dabei steht nicht zuletzt die kuriale Verhandlungspraxis im Vordergrund (Kapitel C) III. und VI.). Anhand der bislang in dieser Arbeit unberücksichtigten Rhetorik der Päpste in ihren Ernennungsbullen und Friedensappellen wird auch deren Selbstverständnis als Friedensstifter, sodann der spezielle Charakter der kurialen Friedenspolitik seit Kriegsausbruch (Kapitel C) I. und II.) unterstrichen. Ein gesondertes Kapitel ist den Hauptakteuren der kurialen Vermittlung, den apostolischen Nuntien, gewidmet (Kapitel C) IV.). Angesichts bislang noch ausstehender Untersuchungen zum Stellenwert der meist unter dem Terminus päpstlicher Legaten subsummierten, besonderen Kategorie kurialer Gesandter erscheint dies sinnvoll. Wir lernen die Kriterien ihrer Auswahl ebenso wie ihren Rang und Stellenwert als päpstliche Repräsentanten kennen und gehen ihren individuellen Aufgaben nach. Fragen nach dem Informationshorizont415 vor den politischen Entscheidungen der Päpste sowie den Kommunikationsstrukturen zwischen dem obersten Pontifex und seinen Nuntien während einer Friedensmission stellen sich dabei fast von selbst und werden anhand von naheliegenden Fallbeispielen beantwortet (Kapitel C) V). Die Erfolgschancen der päpstlichen Friedenspolitik finden in Kapitel C) VI. eine abschließende Bewertung. In Kapitel C) VII. wird abschließend die Bedeutung symbolischer Kommunikation bei Friedensmissionen aufgezeigt. Im Kapitel D) Zusammenfassung erfolgt neben einer abschließenden Charakterisierung der päpstlichen Friedenspolitik im punktuellen Vergleich mit sporadischen weltlichen Friedensstiftern im ausgehenden 14. und beginnendem 15. Jahrhundert ein Ausblick auf die Weiterentwicklung der anglofranzösischen Diplomatie. Hierbei werden punktuelle Nachwirkungen der Friedensvermittlung sichtbar gemacht.

415 Dieser kann nach Reitemeier als Korrelation sämtlicher verfügbaren Informationen über die anglo-

französischen Beziehungen, die bekannten Mechanismen der Diplomatie und die gegenwärtige politische und militärische Lage vor Ort bezeichnet werden. Vgl. Reitemeier, Außenpolitik, S. 25.

B) Viae Pacis (1337–78)

I. Hundertjähriger Krieg und Avignon: Voraussetzungen der viae pacis 1. Die Ursachen des Hundertjährigen Krieges (1328–1340) Jede Studie über einen Krieg muss sich über dessen Ursachen im Klaren sein. Wie eingangs angedeutet, gibt es im Falle des Hundertjährigen Krieges mindestens zwei Antworten auf diese Frage, nämlich eine lehnsrechtliche sowie eine dynastische.1 Es handelt sich hierbei um weitaus mehr als um ein Spezialproblem der Historiographie. Der Diskurs über dessen Ursachen ist vielmehr zeitgenössisch. Bereits während der ersten Kriegsjahre wurden zwischen den beteiligten Parteien und dem Papst über dieses Reizthema debattiert. Hatte der Papst zunächst gänzlich konträre Standpunkt zu kommentieren bzw. zu kanalisieren, so bewirkte bereits die von der Kurie zunächst mitgetragene Negation des englischen Standpunktes durch den französischen König in einer Vielzahl von Briefen, Gesandtschaftsprokuratorien und Verhandlungsprotokolle eine Veränderung der trilateralen Gesprächsführung hin zu einer weiteren Öffnung der Verhandlungspositionen.2 1

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Knappe Überblicke über die Kriegsursachen bieten: Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, S. 13 ff.; Allmand, The Hundred Years War, S. 7 ff.; Andre, Ein Königshof auf Reisen, S. 4–17; Thomas, Ludwig der Bayer, S. 303 f.; Curry, The Hundred Years War, S. 26–31; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 13–73; Vale, The Ancient Enemy; Ders., England, France and the Origins of the Hundred Years War, in: Medieval History, Ser. NS 1 (2002) S. 49–58; Ders., England, France and the Origins of the Hundred Years‘ War, in: Michael Jones, Ders. (Hrsg.), England and her Neighbours, 1066–1453. Essays in Honour of Pierre Chaplais, London/Ronceverte 1989, S. 199–216; J. R. Maddicott, The Origins of the Hundred Years War, in: History Today, 36 (1986) S. 31–37; J. le Patourel, The Origins of the Hundred Years War, in: Ders. (Hrsg.), Feudal Empires, S. 28–50 (Kapitel XI); G. P. Cuttino, Historical Revision. The Causes of the Hundred Years War, in: Speculum. A Journal of Medieval Studies, 31 (1956) S. 463–477; G. Templeman, Edward III and the Beginning of the Hundred Years War, in: Rogers (Hrsg.), The Wars of Edward III., S. 231–246; Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 1–28. Ausführliche Monographie aus lehnsrechtlicher Perspektive: M G. A. Vale, The Origins of the Hundred Years War. The Angevin Legacy (1250–1340), Oxford 32000. Siehe insbesondere Kapitel B) II.

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Viae Pacis (1337–1378)

Nach einem ersten Erklärungsversuch, welcher – in auffälliger Übereinstimmung mit der anglo-amerikanischen Historiographie – zeitgenössisch durch die päpstlichen Vermittler sowie König Philipp von Frankreich vertreten wurde, brach der Hundertjährige Krieg im Jahre 1337 aufgrund eines Konfliktes zwischen dem französischen und englischen König über das Herzogtum Aquitanien (frz. Guyenne) aus.3 Dieses war seit Abschluss des Vertrages von Paris (1259) erstmals in vollem Umfang in französische Lehnsoberhoheit geraten. Selbiges betraf auch einen der ältesten Kernbestandteile des ehemaligen Herzogtums, die Gascogne,4 welche sich bislang weitgehender Autonomie erfreut hatte.5 Seit Mitte des 12. Jahrhunderts waren die englischen Herrscher ihren französischen Pendants auch als Herzöge von Aquitanien lehnspflichtig gewesen.6 Es handelte sich um eine besonders enge, weil Mehrfachvasallitäten ausschließende Form der Lehnsnahme, welche von der Forschung als ligische Mannschaft bezeichnet wird und im spätmittelalterlichen Frankreich nach einem höchst charakteristischen Zeremoniell durchgeführt werden muss3

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Vgl. Curry, The Hundred Years War, S. 32–44. Für einen raschen Überblick über die Beschaffenheit Aquitaniens und den Stellenwert des Herzogtums innerhalb der anglo-französischen Beziehungen vgl. C. Higounet, Art. „Aquitanien III.“, in: LexMA, Band 1 (1980) Sp. 831; J.A.Wagner, Art. „Aquitaine“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 15 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 69–72. Das Herzogtum wurde seit dem Vertrag von Paris (1259) im französischen Sprachraum stets als Guyenne bezeichnet und als neue territoriale Einheit betrachtet. Vgl. B. Cursente, Art. „Guyenne“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 1807–1809. Mit diesem Namen wird ein Teil Aquitaniens beschrieben, welcher von seinen Ausmaßen dem alten Herzogtum Gascogne entsprach und sich von der Garonne bis hin zu den Pyrenäen erstreckte. Seit dem Jahre 1063 setzte es sich aus dem Herzogtum Aquitanien im engeren Sinne sowie der erwähnten Gascogne zusammen. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 61. Nach dem weitgehenden Verlust der englischen Festlandsgebiete unter der Herrschaft Philipps II. Auguste wurde die Gascogne zum Kerngebiet des Herzogtums. Vgl. B. Cursente, Art. „Gascogne“, in: LexMA, Band 4 (1991) Sp. 1126–29. Trotz der verwirrenden Tatsache, dass in der englischen Historiographie „Gascony“ (ähnlich wie in den Quellen) häufig synonym für das Herzogtum als Ganzes verwendet wird, handelte es sich hierbei stärker um einen sprachlichen Großraum als um ein politisches oder verwaltungstechnisches Territorium. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 6. Aquitanien selbst kam einem „bundel of rights and privileges [gleich], both claimed and exercised“ (Ebd., S. 60). Dessen Jahreseinnahmen von 13.000 Pfund Sterling etwa im Jahre 1324 machten das Herzogtum jedoch zu einem äußerst lukrativen Teil des englischen Kronbesitzes. In den Jahren 1305 und 1336 wurden im Durchschnitt 83.000 Tonnen Wein von Bordeaux auf die Insel transportiert. Vgl. Vale, Ancient Enemy, S. 39. War die Forschung ursprünglich der Ansicht gewesen, dass die Gascogne erstmals 1259 unter französische Lehnsoberhoheit gekommen sei, betonen Gillingham und van Eickels, dass es für diese Behauptung keinerlei Anhaltspunkt gibt. Vgl. Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 225 f.; Gillingham, The Angevin Empire, S. 82 f.; Vale, Angevin Legacy, S. 60; P. Chaplais, Le Traité de Paris, in: Ders. (Hrsg.), Essays in Medieval Diplomacy and Administration, London 1981, S. 135 f. Vgl. zu diesem Punkt auch die Rezension von Vales The Angevin Legacy durch Gillingham in: History Today, 41 (1991) S. 58–59. Nach dessen Hochzeit mit Eleonore von Aquitanien im Jahre 1152 verfügte der im Jahre 1154 zum König gekrönte Heinrich II. von England über den Großteil von Nordwest– Frankreich. Zum ‚Angevinischen Reich‘ gehörten neben Aquitanien auch die Normandie, Maine, Anjou, Touraine und das Poitou. Vgl. Vale, The Ancient Enemy, S. 23–29; Eickels, Vom inszenierten Konsens, S. 84–86; J. S. Critchley, Art. „Heinrich II., König von England (1154–1189)“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 2050 f.

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te. Hierbei wurde eine Urkunde mit Art und Umfang des Lehens verlesen, welches dann vom Vasallen durch ein einfaches „Ja“ (frz. voie) bekräftigt wurde. Als nächstes erfolgte der Lehnskuss, den hommage […] par la bouche, welche als Besonderheit des französischen Sprachraums gilt und daher auch für Eduard III. verpflichtend war. Den Schluss der Zeremonie bildete das Leisten des Handgangs. Dieser galt als das eigentliche Leisten der Mannschaft (Homagium) und damit als der eigentlich verpflichtende Bestandteil der Zeremonie. 7 Bereits der Ablauf des Zeremoniells, geschweige denn der Ablauf als solches konnten Anlass zu Spannungen geben.8 Die Verschränkung des Angevinischen Reiches9 mit dem erstarkenden Königreich Frankreich und die unheilsame Konstellation, als König Vasall eines anderen Königs zu sein, wurde auf englischer Seite zunehmend als Belastung des beiderseitigen Verhältnisses empfunden. Laut Jacques le Goff stellten dagegen die „englischen Besitzungen in Frankreich und in der Gascogne [...] die schlimmste Bedrohung für die Einheit und Unabhängigkeit des französischen Königreichs [dar]“10 Im Zuge der aufkommenden Staatsräson beanspruchten die französischen Herrscher jedenfalls oberste Gerichtsbarkeit über sämtliche ihrer Territorien. Dies schloss auch das Recht zur Ahndung von Übergriffen auf französische Untertanen ein. Als Grundlage der französischen Politik galt die Trias von Ressort, Homagium und Souveränität.11 Dank der Konstituierung des Parlement de Paris in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts12 stand 7 Vgl. Paris AN 635 N. 6 (Brief vom 30. März 1331), teilweise wiedergegeben bereits in zeitgenössi-

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schen Quellen: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil 2, S. 813–14. Froissart (BN A/B SHF), S. 160; Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 101–03. In seiner klassischen Einführung über das Lehnswesen geht François L. Ganshof von einer ganz unterschiedlichen Abfolge aus. Vgl. F. L. Ganshof, Was ist das Lehnswesen?, Darmstadt 61983, S. 73–81. Zu den Begrifflichkeiten siehe des Weiteren: B. Diestelkamp, Art. „homo ligius“, in: HRSG. Zweite Auflage, Band 2 (2012) Sp. 1124–1125; Ders; Art. „Lehnswesen; Lehnrecht. 4. Lehnrecht“, in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 1809–1811; C. Reinle, Art. „Vasall, Vasallität“, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 1416–1419; B. Diestelkamp, Art. „Hulde“, in: HRG. Zweite Auflage, Band 2 (2012) Sp. 1155–1158; Ders., Art. „Huldigung“, in: Ebd., Band 2 (2012) Sp. 1159–1161; Vgl. K.-H. Spieß, Art. „Lehnseid“, in: HRG. Erste Auflage, Band 2 (1978) Sp. 1707 f. Ders., Art. „Lehnsdienst“, in: Ebd., Band 2 (1978) Sp. 1704–1707; Ders., Art. „Lehnskuss“, in: Ebd., Band 2 (1978) Sp. 1721–22. Für den jüngsten Überblick in Bezug auf das Reich vgl. K.-H. Spieß, Das Lehnswesen im Deutschland im hohen und späten Mittelalter, Idstein 2009, S. 33 ff. Im Jahre 1329 verweigerte Eduard III. dem französischen König Philipp VI. in Amiens den Handgang, leistete aber Treueeid und Lehnskuss. Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 157; Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 96–103. Vgl. John Gillingham, The Angevin Empire, London 1984. J. LeGoff, Ludwig der Heilige, Stuttgart 2000, S. 224 f. Vgl. Ganshof, Was ist das Lehnswesen?, S. 175 ff. Zu den Begrifflichkeiten: R. Fossier, Art. „Réserve“, in: Dictionnaire du Moyen Âge, hrsg. von Claude Gauvard; Alain de Siberia und Michel Zink, Paris 2002, S. 1204; T. Pécout, Art. „Hommage“, in: Dictionnaire Encyclopédique du Moyen Âge, Band 1, hrsg. von André Vauchez, Catherine Vincent, Cambridge, Paris 1997, S. 738 f.; J. Krynen, Art. „Souveraineté“, in: Ebd., S. 1349; J. Miethke, Art. „Souveränität“, in: LexMA, Band 7 (1995) Sp. 2068–71; Autrand, Charles V, S. 624. Vgl. F. Autrand, Art. „Parlement“, in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 1731–33; J. H. Shennan, The Parlement of Paris Stroud 21998; M. Langlois, Parlement de Paris, Paris 1958; F. Aubert, Le Parlement de Paris de Philippe le Bel A Charles VII (1314–1422), 2 Bände, Paris 1890 [ND 1975].

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den letzten Königen aus der Dynastie der Kapetinger die notwendige Zwangsgewalt zur Durchsetzung besagter Ansprüche zur Verfügung.13 Die französischen Kronjuristen verfuhren nach der Devise, dass ihr König juristische Entscheidungen ohne Möglichkeit der Berufung treffen könne und in weltlichen Belangen keine übergeordnete Entscheidungsgewalt hinnehmen müsse: [R]ex franciae est princeps in regno suo14. Der Widerstand von Thronvasallen galt als Felonie und konnte mit der Annektierung von Territorien bestraft werden.15 Diese Entwicklung führte auf englischer Seite zur bewussten Entwicklung konträrer Argumentationsmodelle wie dem einer „allodialen“ Gascogne, über welche die Engländer nach angeblich altem Herkommen volle Souveränität beanspruchen konnten.16 Durch die juristische Aufwertung bestehender Institutionen wie die der Seneschalle der Gascogne, welche mit ihren Prokuratoren als Rechtsvertreter ihres Königs und als Zwischeninstanz für mögliche Appellationen ihrer Untertanen fungierten, sollte die Anrufung des Parlement de Paris verzögert werden. Der Seneschall von Aquitanien besaß seit dem Jahre 1289 den Oberbefehl über die Sub-Seneschalle der Agenais, Landes, Quercy und des Limousin. In einer juristischen Fiktion zur Wahrung der Reputation der Plantagent trug besagter senecalcus superior – und nicht etwa der König von England bzw. Herzog von Aquitanien – die juristische Alleinverantwortung über Aquitaniens und sämtliche laufenden Prozesse am Parlement de Paris.17 Keiner dieser Reformversuche erwies sich aber als dazu geeignet, den Kern der Spannungen zu entschärfen.18 Wie erwähnt, war es daher bereits zweimal, in den Jahren 1294–98 und, erneut 1324–25 zu kurzen Kriegen gekommen. Bei letzteren waren es vor allem Übergriffe englischer Untertanen Aquitaniens gewesen, welche den französischen König dazu bewogen, den englischen Monarchen selbst bzw. dessen Stellvertreter vor Gericht zu laden. Den unmittelbaren Anlass des Hundertjährigen Krieges schließlich stellte die Weigerung Eduards III. dar, den französischen ‚Staatsfeind’ und ehemaligen Pair de France, Robert von Artois, auszuliefern.19 Robert 13 Von englischen Historikern wird dies als regelrechte Unterwanderung der englischen Herrschaft

interpretiert. Vgl. Le Patourel, Origins, S. 31–35, 44; Cuttino, Causes, S. 464–466.

14 Ebd., S. 470. Der Standpunkt war bereits durch Innozenz III. in der Dekretale Per venerabilem fest-

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gehalten worden und fand sich Ende des 13. Jahrhunderts im zweiten Band des Speculum iudiciale von Guillaume Durand wieder: [Q]uum rex ipse [francorum] superiorem in temporalibus minime recognoscat (Liber Extra 4.17.13), in: Corpus Iuris Canonici, hrsg. von Friedberg, Band 2, Sp. 715. Vgl. Guilelmus Durandus, Speculum iudiciale, hrsg. von G. Andrea; B. Degli Ubaldi, Band 1, Basel 1574 [RP 1975], S. 838 § 3, 3 (lib. II., Partic. III. (De Appelationibus); G. D.-van Rossum, Staatsformen im Mittelalter, in: A. Gallus; E. Jesse (Hrsg.), Staatsformen von der Antike bis zur Gegenwart. Ein Handbuch, Köln 2007, S. 110; Vgl. K. F. Krieger, Art. „Felonie“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 344 f. Vgl. Vale, Ancient Enemy, S. 68 f.; P. Chaplais, English Arguments concerning the feudal Status of Aquitaine in the 14th century, in: Bulletin of the Institute of Historical Research, 21 (1946–48) S. 203–213. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 66–70. „[N]one of these legal tricks could alter one formidable fact: the king of England, as duke of Aquitaine, as technically a vassal of the French crown“ (Vale, Angevin Legacy, S. 70). In zeitgenössischen Chroniken und Versen wird Robert von Artois ein übertrieben großer Anteil am Ausbruch des Hundertjährigen Krieges beigemessen. So habe er Eduard III. im Rahmen eines

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von Artois, der Graf von Beaumont-le-Roger, hatte sich zunächst engster Beziehungen zu seinem Schwiegervater König Philipp VI. erfreut. Nach einer Reihe von Prozessen um die Grafschaft Artois mit seiner Tante Mahaut wurde er jedoch der Urkundenfälschung überführt und zum Tode verurteilt. Er floh schließlich nach England. Diese Weigerung interpretierte der französische König als Akt des Ungehorsams und nahm ihn zum Anlass, Aquitanien zu konfiszieren. Der französische König handelte auf der alleinigen Grundlage der Lehnsoberhoheit – auch wenn der Streitfall als solcher keinerlei personale wie territoriale Beziehung mehr zu den englischen Besitztümern aufzuweisen hatte. Die dritte Konfiszierung des Herzogtums Aquitanien und der Grafschaft von Ponthieu am 24. Mai 1337 bedeutete den katastrophalen Endpunkt der beschriebenen Entwicklung und mündete im Hundertjährigen Krieg.20 Als spätester Zeitpunkt des Kriegsausbruches gilt das Verlesen einer schriftlichen Kampfansage Eduards III. am 1. November 1337 in Paris durch Bischof Henry Burghersh von Lincoln. Einezweite,derdeutschsprachigenHistoriographiebislangattraktivererscheinende,21 dynastische Erklärung besteht darin, dass Eduard III. nach dem Tod des letzten Kapetinger Karls VI. im Jahre 1328 durch seine Mutter Isabella, der Tochter König Philipps IV. des Schönen, einen besseren Anspruch auf die Krone Frankreichs vorzuweisen hatte, als sein Mitbewerber Philipp (VI.) von Valois. Letzterer verfügte freilich über den weitaus größeren Rückhalt unter den übrigen Pairs de France.22 Zum fraglichen Zeitpunkt war Eduard erst 16 Jahre alt gewesen und stand unter Kuratel seiner in Frankreich verfemten Mutter Isabella sowie ihres Geliebten Mortimer. Philipp dagegen war der Sohn Karls von Valois, des jüngeren Bruders Philipps VI. und Grafen von Anjou und Maine. Die Vorgehensweise der Noblesse kam einem Präzedenzfall gleich. Bislang hatte aufgrund einer ausreichenden Zahl direkter männlicher Erben noch nie die Notwendigkeit bestanden, über die Vererbung des Kronanspruchs über eine Königstochter befinden zu müssen. Letzteres war ebenso wie eine direkte weibliche Thronfolge im 14. Jahrhundert Banketts durch eine Beleidigung (Schwüre des Kranichs) von dessen Anrecht auf den französischen Thron überzeugt. Vgl. B. Delmaire, Art. „Robert von Artois“, in: LexMA, Band 7 (1995) Sp. 890 sowie Ehlers, Geschichte Frankreichs, S. 209 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 170–73; Cazelles, La Société politique, S. 75–105. 20 Der genaue Zeitpunkt des Ereignisses ist umstritten und wird manchmal auf den Frühling 1338 datiert. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 33–38; Froissart (Amiens), Band 1, S. 225, kommentiert in: Cuttino, English Diplomatic Administration, S. 129; Favier, La guerre de Cent Ans, S. 75. Vgl. Le Patourel, Origins, S. 52–54 mit Sumption, Trial by Battle, S. 232 f., 295. 21 Vgl. Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, S. 13 ff.; Thomas, Ludwig der Bayer, S. 303 f. 22 Vgl. B. Töpfer, Philipp VI (1328–1350), in: J. Ehlers; H. Müller; B. Schneidmüller (Hrsg.), Die französischen Könige des Mittelalters, München 22006, S. 251–265; H. Millet (Hrsg.), Les chanoines du chapitre cathédral de Laon, 1272–1412, Rom 1982, S. 839–47. Le Patourel, Origins, S. 44 f. Eine originelle Interpretation der französischen Entscheidungsfindung, nach welcher der Kronrat durch sein Urteil Konflikte sogar verhindert habe, lieferte Raymond Cazelles. Vgl. Cazelles, La société politique, S. 48–52. Zur Reputation Königin Isabellas in Frankreich in den 1320er Jahren vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 101, 107.

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Viae Pacis (1337–1378)

Philipp III. von Frankreich (1270-1285)

Karl, Graf von Valois (+ 1325)

Philipp IV. „der Schöne“ (1285-1314)

Karl IV. (1322-1328)

Philipp VI. von Frankreich (1328-1350)

Eduard I. Plantagenet (1307-27)

Isabella (+ 1357)

Eduard II. von England (1307-27)

Eduard III. (1328-77)

Abb. 1: Die strittige französische Thronfolge des Jahres 1328

durchaus eine europaweit übliche Praxis.23 Im Königreich Frankreich wurde dagegen die Ernennung eines Regenten bevorzugt, der beim Ausbleiben männlichen Nachwuchses König werden konnte. Nachdem zwei englische Bischöfe im Jahre 1328 vergeblich versucht hatten, den Anspruch Eduards auf die französische Krone geltend zu machen,24 fügte sich der englische Hof zunächst der Entscheidung des französischen Adels. Diese ging faktisch mit einem Imageverlust Philipps und seiner Verspottung als „roi trouve“ einher, da er letztlich seine Krone der Wahl seiner Kronvasallen zu verdanken hatte.25 Diese Umstände ließen den französischen König bei lehnsrechtlichen Spannungen zum Gebrauch militärischer Stärke tendieren. Eduard III. nahm die Krone Frankreichs erstmals im Jahre 1337 innerhalb Englands an. An Allerheiligen des Jahres 1337 ließ er durch den Bischof von Lincoln ein Schreiben mit einer Kampfansage (défi) an König Philipp überbringen. Erst drei Jahre nach Kriegsausbruch machte Eduard III. seinen Anspruch schließlich in Gent geltend. Bereits der zeitnah schreibende Mathias von Neuenburg 23 Im spätmittelalterlichen Europa ebenso wie bei französischen Kronlehen war diese Form der Erb-

folge durchaus gebräuchlich und wurde auch nach 1328 noch praktiziert. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 105 f.; Perroy, La guerre de Cent Ans, S. 50 f. 24 Vgl. H. Pirenne, La première tentative faite pour reconnaitre Edouard III d‘Angleterre comme roi de France (1328), in: Handelingen der Maatschappij voor Geschiedenis en Oudheidkunde te Gent, 5 (1902) S. 5–11. 25 Vgl. Töpfer, Philipp VI., S. 253; Cazelles, La société politique, S. 71 ff.; Vale, Angevin Legacy, S. 250 ff.; Perroy, La guerre de Cent Ans, S. 55 f.; Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 233.

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machte in seiner Chronik deutlich, dass die Annahme des französischen Königstitels aus einer Art Vorwand,26 d. h. aus propagandistischen Gründen erfolgte. Als plausibelste Erklärung für diesen Schritt gilt Eduards Suche nach potentiellen Verbündeten, die ihn wohl nur unter dieser Prämisse zu unterstützen bereit waren.27 Die dynastische Komponente des Konflikts kann somit kaum als kriegsauslösende Ursache gelten,28 trug aber zweifellos zur Intensivierung des Konfliktes bei. Direkte Formen der Diplomatie wurden aus diesem Grund in den ersten fünf Kriegsjahren schwer bis unmöglich. Einem bislang wenig beachteten Gesandtschaftsbericht William Batemans, des Dekans von Norwich, vom Jahresende 1340 zufolge, machte Philipp VI. sogar deutlich, dass es keinen Frieden geben könne, solange ein König nicht Herr beider Königreiche werden würde.29 Auch die Absage eines Kreuzzuges durch Benedikt XII. im Jahre 1336, welcher ein Prestigeprojekt des französischen Königs hätte werden sollen und für welchen Philipp VI. lange Jahre mit Eduard III. verhandelt hatte, erwies sich als verheerend.30 Mit der Auflösung der Expedition ins Heilige Land durch den Papst im Jahre 1336 aus Furcht vor einem Scheitern des Projektes erreichte Benedikt die endgültige Entzwei26 Vgl. Mathias von Neuenburg. Die Chronik des Mathias von Neuenburg (Chronica Mathiae de Nu-

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wenburg) (Monumenta Germaniae Historica, Script. rer. Germ. N. S., Band 4), hrsg. von Adolf Hofmeister, Berlin 1924–40, S. 150–158 [Kapitel 57] [künftig: „Mathias von Neuenburg“]. Vgl. Curry, Hundred Years War, S. 44–58. Diesem Schritt zuvorgegangen war die interne Proklamation des Thronanspruches am 7. Oktober 1337 durch offene Briefe in Westminster und schließlich die demonstrative Aufforderung durch den Bischof von Lincoln an Philipp VI. im November selben Jahres auf die Krone Frankreichs zu verzichten. Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 171–73. Die Flamen waren an einem Bündnis mit England auch deswegen interessiert, weil Eduard III. am 12 August einen Exportstopp für englische Wolle an die Verbündeten Frankreichs verhängt hatte. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 943–945. Zur Verfahrensweise der englischen Königskanzlei bei der Verwaltung und der Ausstellung von Urkunden der „Doppelmonarchie” Eduards III. vgl. W. M. Ormrod, A Problem of Precedence: Edward III., the Double Monarchy, and the Royal Style, in: J. Bothwell (Hrsg.), The Age of Edward III., Woodbridge 2001, S. 133–153. Ormrod verwies im Gegensatz zu älteren Studien auch auf die Notwendigkeit der innerenglischen Überzeugungskraft von Eduards Thronanspruch. Vgl. Ebd., S. 144 f. sowie hinsichtlich des juristischen Stellenwertes und der Weiterentwicklung des Thronanspruchs. C. Taylor, Edward III. and the Plantagenet Claim to the French Throne, in: J. Bothwell (Hrsg.), The Age of Edward III., Woodbridge 2001, S. 155–169. „It was not the dynastic question that brought about the war, though, war being inevitable, Edward might well, as he himself said, use his claim as a buckler to protect himself from his enemies. The fundamental difference between the two countries lay in the impossible situation of Edward in Gascony”(T. F. Tout, The History of England from the Accession of Henry III. to the Death of Edward III. (The Political History of England 3), London 1930, S. 337). Vgl. Perroy, La guerre de Cent Ans, S. 69). Vgl. dagegen die Argumentation in: Ehlers, Hundertjährige Krieg, S. 13 ff. und J. le Patourel, Edward III and the Kingdom of France, in: Rogers (Hrsg.), The Wars of Edward III., S. 247–264, bes. 253 ff.; J. Le Patourel, The treaty of Bretigny, 1360, in: Ders. (Hrsg.), Norman and Plantagenet, London 1984, S. 19–39 [XIII]. Vgl. Benoît XII (Étranger), N. 2981 (11. Dezember 1340). Vgl. Benoît XII (Étranger), N. 786 (4. März 1336). Zum Kreuzzug Philipps VI. und seinen Vorbereitungen vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 84 ff., 105–109. Zur Zahl der Schiffe vgl. Plöger, Die Entführung des Fieschi, S. 80 mit FN 33.

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ung der beiden Herrscher: „Benedict’s cancellation itself pushed Western Europe nearer war“,31 urteilt Anne Curry. Tatsächlich richtete Philipp VI. mit der Verlegung der Kreuzzugsflotte in den Ärmelkanal sein starkes Militärpotential gegen England, was im Inselreich die Furcht vor einer Invasion weckte. Auch das militärische Eingreifen Eduards III. in die Auseinandersetzungen zwischen Edward Balliol und David the Bruce um die Krone Schottlands im Jahre 1333 kann als ein zusätzlicher, konfliktschürender Faktor geltend, da Philipp VI. den Schotten im Rahmen der „auld alliance“ zur Hilfeleistung verpflichtet war.32 Die Kumulation dieser Anlässe zusammen mit den sich verschränkenden übergeordneten Kriegsursachen erklärt die Länge und Intensität des Hundertjährigen Krieges.

2. Die Ankunft der Päpste in Avignon (1305/1309) Obwohl der päpstliche Hof in zeitgenössischen, französischsprachigen Quellen wie selbstverständlich als court de rome bezeichnet wurde,33 befanden sich die Päpste bei Ausbruch des Hundertjährigen Krieges in der Stadt Avignon an der Rhône und blieben dort bis zur Rückkehr der Kurie nach Rom im Jahre 1376. Erst die Etablierung einer zweiten Kurie in Avignon durch Clemens VII. im Jahre 1379 nach Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas (1378–1415) sah die Rückkehr der päpstlichen Herrschaft nach Avignon. Die Politik dieser Obödienzlinie ist jedoch nicht mehr Gegenstand dieser Studie.34 Mit einer Einwohnerzahl von 5000 Einwohnern galt die Stadt an der Rhône bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts nicht gerade als das natürliche Zentrum der Christenheit.35 Auf der anderen Seite verbrachten die Päpste zwischen den Jahren 1100 und 1304 gerade einmal 80 Jahre in der Heiligen Stadt. Aufgrund der unsicheren politischen Verhältnisse und des ungesunden Klimas in der römischen Metropole hatten diese seit dem 13. Jahrhundert ihr bevorzugtes Domizil in den klimatisch reizvollen und besser zu verteidigenden Bischofsstädten des Kirchenstaates gefunden.36 Aus dem Aufenthalt im „Arelat“ genannten, königsfernen Reichsgebiet in der Dauphiné und der Provence war dem Papsttum zudem eine weitere attraktive Option erwachsen.37 31 Vgl. C. J. Tyreman, Philip VI and the Recovery of the Holy Land, in: English Historical Review, 100

(1985) S. 25–52, bes. 48, zitiert in: Curry, Hundred Years War, S. 52.

32 Vgl. Grandes Chroniques de France, S. 142–143, zitiert und kommentiert in: Rogers, The Wars of

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Edward III., S. 44–45. Ferner: N. A. T. MacDougall, An antidote to the English: the auld alliance, 1295–1560, East Linton 2001; Sumption, Trial by Battle, S. 123–151; Templeman, Origins, S. 243 ff. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 100, 492, 517, 534; Ebd., Band III, 2, S. 716. Zur Politik und Hofhaltung Clemens’ VII. vgl. P. Genequand, L’organisation et la politique de La cour pontificale d’Avignon sous Clément VII (1378–1394), 5 Bände, Genf 2003 m.s. Für Überblicke über die Stadtgeschichte seit dem hohen Mittelalter vgl. J. -P Poly; B. Guillemain, Deuxième Partie. De la citadelle du fleuve à la capitale de la chretienté: viie-xive siècle, in: Histoire d’Avignon, Aix-en-Provence 1979, S. 123–275, bes. 134–75; Guillemain, La cour pontificale, S. 80–88. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Viterbo, Anagni, Orvieto und Perugia. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 92 ff. mit weiterer Literatur; Mollat, Les Papes d’Avignon, S. 9 ff. Vgl. Guillemain, La cour pontificale, S. 78 ff.

Hundertjähriger Krieg und Avignon: Voraussetzungen der viae pacis

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Der folgenreiche Weg der Päpste an die Rhône begann im Jahre 1303 in Anagni, führte im kommenden Jahr nach Perugia und sollte sich schließlich zwei Jahre später auf einer Reise des Erzbischofs von Bordeaux, Bertrand de Got, durch das Poitou entscheiden. Es gibt keine monokausale Erklärung dafür, dass sich die Kurie des 14. Jahrhunderts erstmals sporadisch seit dem Jahre 1309 und schließlich sieben Jahre später für sechs Jahrzehnte dauerhaft in Avignon etablierte. Der Aufenthalt der Kurie in Avignon hatte mehr mit der biographischen Zusammensetzung der Kardinäle und der ersten Amtsträger des 14. Jahrhunderts zu tun als mit einer Verknechtung des Papsttums im bis heute kolportierten ‚babylonischen Exil‘ durch den französischen König.38 Der erste Aufzug des Dramas war freilich handfester Natur. Ein Handstreich, den ein französischer Stoßtrupp unter dem Kommando des Beraters und Großsiegelbewahrers Philipps IV., Guillaume de Nogaret, unternahm, setzte am 7. September 1303 kurzzeitig Papst Bonifaz VIII. in seinem Adelspalast in Anagni gefangen.39 Vermutlich am Tag darauf hatte der Pontifex vorgehabt, den französischen König in den Kirchenbann zu stellen. Jedoch starb der Papst schließlich an den Spätfolgen des Überfalls in Rom gut einen Monat später am 11. Oktober. Das Vorhaben Bonifaz‘ stellte den Gipfel einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen dem Papst und Philipp IV. dar.40 Diese hatte sich ursprünglich anhand der Besteuerung des Landesklerus aufgrund der finanziellen Erfordernisse des anglo-französischen Krieges von 1294–98 entzündet und eine Fortsetzung in dem päpstlichen Eintreten gegen die Strafverfolgung französischer Geistlicher durch die weltliche Gerichtsbarkeit gefunden.41 Auf päpstlicher Seite war der Konflikt durch den Erlass der Bullen Clericis laicos (1296) sowie Ausculta fili (5. Dezember 1301) verschärft worden. Den Höhepunkt der Debatte stellte die vermutlich unpubliziert gebliebene Konstitution Unam sanctam am 18. November 1302 dar. Diese hatte auf energische wie abstrakte Weise die Unterordnung des weltlichen Schwertes unter das geistliche Schwert zum Inhalt und beschwor die Heilsnotwendigkeit einer Unterwerfung unter die eine, heilige, apostolische, katholische Kirche.42 Der französische König 38 Zu diesem Forschungsparadigma siehe Kapitel A) II. 39 Einschlägigste Quellen zum Attentat von Anagni sind: G. Digard, Un nouveau récit de l‘Attentat

d’Anagni, in: Revue des Questions Historiques, 23 (1888) S. 557–561; K. Lettenhove, Une relation inédite de l’Attentat d’Anagni, in: Revue des Questions Historiques, 11 (1872) S. 511–520. 40 Vgl. Herbers, Geschichte des Papsttums, S. 219–224; A. P. Bagliani, Boniface VIII. Un pape hérétique?, Paris 2003, S. 142–45, 147–51; 299–336, 373–91, 393; Ehlers, Geschichte Frankreichs im Mittelalter, S. 177 ff.; M. Kaufhold, 1303. Das Attentat von Anagni, in: Ders. (Hrsg.), Wendepunkte des Mittelalters, Ostfildern 2004, S. 145–51; Thomas, Ludwig der Bayer, S. 30 f.; L. Mirepoix, L‘Attentat d‘Anagni. Le conflit entre la Papauté et le Roi de France, Paris 1969, S. 187 ff. 41 J. Miethke, Politiktheorie im Mittelalter – Von Thomas von Aquin bis William von Ockham, Tübingen 2008, S. 68–126; Schimmelpfennig, Das Papstttum, S. 218 ff.; Seppelt; Schwaiger, Geschichte der Päpste, Band 4, S. 9–55; J. Haller, Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit, Band 5 (Der Einsturz), München 1965, S. 107–124, 151–217. 42 Vgl. Les Registres de Boniface VIII, hrsg. von G. Digard, M. Faucon, A. Thomas und R. Fawtier, Band 1, Paris 1907 [künftig: „Boniface VIII“], N. 5382; K. Urbl, Die Genese der Bulle „Unam sanctam“: Anlass, Vorlagen, Intention, in: M. Kaufhold (Hrsg.), Politische Reflexion in der Welt

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reagierte auf diese Maßnahmen im Jahre 1296 zunächst mit einem Exportstopp kriegswichtiger Güter sowie mit einer Ausweisung päpstlicher Kollektoren. Als nach dem Tode Bonifaz‘ VIII. auch dessen Nachfolger Benedikt XI. (1303–1304) früh starb,43 spaltete sich das Kardinalskollegium in Perugia im Jahre 1304 in zwei Fraktionen.44 Während die alten Anhänger Bonifaz‘ VIII. um Matteo Rosso Orsini für eine Fortsetzung des Konfrontationskurses gegen Philipp IV. plädierten, favorisierte die Partei seines Neffen Napoleon Orsini eine rasche Versöhnung mit dem französischen König. Nach beträchtlichem Druck durch den persönlich in Perugia anwesenden Cousin Philipps IV., König Karl II. von Sizilien/Neapel, und latenten Drohungen Guillaume de Nogarets wurde am 5. Juni 1305 ein Kompromisskandidat außerhalb des Kreises der Kardinäle erkoren.45 Der Bischof von Bordeaux, Bertrand de Got, erwies sich als ideal zur Überwindung des Lagerkampfes. Der Papst, welcher schließlich den Namen Clemens V. (1305–14) annahm,46 war aufgrund seiner gascognischen Beziehungen und guter Kontakte mit dem französischen König dafür prädestiniert, einen Ausgleich auch zur Überwindung der anglo-französischen Spannungen zu erzielen. Nach seiner Ernennung zum Erzbischof von Bordeaux war Philipp IV. Bertrand de Got mit einer großen Zahl von Privilegien entgegengekommen, so etwa in der Rückgabe der von königlichen Offizieren besetzten Abtei von Guîtres. Auch Bertrands Stellung als Metropolit war vom König gestärkt worden. Philipp IV. war nach dessen Krönung zum Papst durch den Einsatz von mindestens zehn Prokuratoren in engster Verbindung zur römischen Kurie verblieben. Der Papst wiederum ehrte den französischen König 1305 durch die Wahl neun seiner Landsmänner ins Kardinalskollegium sowie durch die Entsendung der Kopfreliquie Ludwigs IX. Auch die Kardinäle aus der Familie der Colonna wurden wieder ins Kollegium aufgenommen. Clemens nahm schließlich die Bullen Clericis laicos und Unam sanctam für das Königreich Frankreich zurück.47 Die andauernde Reisetätigkeit des Papstes in Südfrankreich, der kirchenrechtlich problematische Prozess des französischen Königs zur Vernichtung des Templerordens und die Durchführung des Konzils von Vienne führten schließlich zu einer ersten Ansiedelung der Kurie in Avignon im Jahre 1309. Als „premier pape d‘Avignon“ kann Clemens V. nach der Meinung Guillemains aufgrund seiner häufig wechselnden Residenzen und der Zerstreuung der Kurie auf multiple Administrations-

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des späten Mittelalters = Political thought in the age of scholasticism: essays in honour of Jürgen Miethke, Leiden 2004, S. 129–149; J. Miethke, Art. „Unam Sanctam“, in: LThK, Band 10 (2001) Sp. 375. Deutsche Übersetzung der Bulle und Interpretation in: Herbers, Geschichte des Papsttums, S. 230 f. Zum Pontifikat und frühen Tode Benedikts XI. am 7. Juli 1304 vgl. A. Viganò, Il Papa domenicano Benedetto XI (1240–1304), in: Ders. (Hrsg.), Benedetto XI, Papa domenicano (1240–1304), Florenz 2006, S. 29–96, bes. 87 ff.; V. Sibilio, Benedetto XI. Il papa tra Roma e Avignone (Dissertationes Historicae, Band 30), Rom 2004; L. Gautier, Benoît XI. Étude sur la papauté au commencement du xive siècle, Paris 1863, S. 184 ff. Vgl. im Folgenden: Herbers, Geschichte des Papsttums im Mittelalter, S. 226–233. Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 38–42; Menache, Clement V, Cambridge 1998, S. 11, 13–15. Kurzbiographien: Favier, Les Papes d’Avignon, S. 38–109; Menache, Clement V, S. 6–23. Vgl. Menache, Clement V, S. 40 ff., S. 177 ff.

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zentren in Groseau, Carpentras und Avignon in seinen letzten beiden Lebensjahren indes nicht gelten.48 Gleichwohl traf der Pontifex eine Reihe organisatorischer Veränderungen und Personalentscheidungen, welche richtungsändernd wirkten. Die anfängliche Reisetätigkeit Clemens‘ ging zunächst mit dem Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft bei der Bezahlung der Kurialen einher. Sein späterer Aufenthalt in der Grafschaft Venaissin hatte zudem eine Straffung der zuletzt schwachen Hofadministration zur Folge.49 Die nahezu ausschließliche Promotion von Franzosen in das Kardinalskollegium änderte dessen Zusammensetzung beträchtlich und brachten nach dem Tode des Papstes eine erneute Spaltung zwischen einer französischen, gascognischen und italienischen Fraktion hervor,50 welche eine knapp dreijährige Sedisvakanz zur Folge hatte.51 Durch die Überzeugungskraft Kardinals Napoleon Orsini einigte sich schließlich auch ein Teil der verbliebenen italienischen Kardinäle auf den 72jährigen Jacques Duèse aus Cahors. Bei Johannes XXII.,52 dem früheren Bischof von Avignon (1310–13), sollte es sich vermutlich um einen Übergangskandidat handeln. Der ebenso zielstrebige wie temperamentvolle Papst überlebte aber nicht nur mühelos die Mehrzahl seiner Wähler, sondern beschloss nach seiner Wahl die Kurie in seiner ehemaligen Bischofsstadt anzusiedeln.53 Als Motive für diesen Schritt haben schon Zeitgenossen die zentrale Lage der Stadt, gleichzeitig die territoriale Zugehörigkeit Avignons zum Reich und nicht zuletzt deren gute Versorgungsmöglichkeit mit Lebensmitteln sowie ihre Fremdenfreundlichkeit benannt.54 Avignon grenzte unmittelbar an die Grafschaft Venaissin, welche seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Enklave des Kirchenstaates geworden war.55 Bis zum Kauf der Stadt durch Clemens VI. im Jahre 1348 befand sich die Stadt an der Rhône im Besitze der Könige von Neapel und gleichzeitigen Grafen der Provence. Diese waren den Päpsten für das Königreich Neapel lehnspflichtig, besuchten Avignon im 14. Jahrhundert aber nur selten.56 In einem Jahrhundert, in welchem sich die Aufmerksamkeit 48 Vgl. Guillemain, La cour pontificale, S. 75 ff. 49 Vgl. Weiß, Die Versorgung, S. 77, 109 f.; Guillemain, Cour Pontificale, S. 45 ff., 70, 72 ff. 50 Vgl. Nach dem Tode des Papstes standen acht verbleibenden Italienern vierzehn Süd- und zwei

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Nordfranzosen gegenüber. Vgl. Favier, Papes d’Avignon, S. 109 ff.; Guillemain, Cour Pontificale, S. 185. Vgl. Vitae Paparum Avenionensium, Band 1, S. 107 (Prima vita Joannis XXII), 172 (Quinta vita Joannis XXII). Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 109 ff. Vgl. Kurzbiographien in: Favier, Les Papes d’Avignon, S. 121–26, Mollat, The Popes at Avignon, S. 9–25, zu Johannes’ Friedensbemühungen im anglo-französischen Konflikt vgl. S. Menache, The Failure of John XXII’s Policy toward France and England: Reasons and Outcomes, 1316–1334, in: Church History, 55, 4 (1986) S. 423–437; Renouard, Les papes et le conflit, S. 277–291. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 96 f. Vgl. A. Marchal, L’Etablissement de la papauté à Avignon, in: Annales de l’école palatine, 1 (1921– 25) S. 37 f., zitiert bei Weiß, Versorgung, S. 97 FN 7; Renouard, La papauté d’Avignon, S. 9 ff. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 104,108 ff.; Renouard, La Papauté à Avignon, S. 9, 14; Weiß, Versorgung, S. 98; Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 224. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 104 f.; A.-M. Hayez, Art. „Avignon. I. Geschichte der Stadt und der Seigneurie“, in: LexMA, Band 1 (1980) Sp. 1301–02.

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der Kurie auf die Rückeroberung der iberische Halbinsel, die Intensivierung der päpstlichen Reservationen in Skandinavien und die Ausbreitung des Glaubens bis nach China, Island, Ungarn und Litauen erstreckte,57 war mit Avignon gleichsam auch das ‚Gravitationszentrum‘ der Christenheit nach Norden gerückt. Von der Rhône aus konnten sternförmig sämtliche Grenzen der Christenheit mit Hilfe gut ausgebauter Landrouten und einem weitgeknüpften Netz von Wasserstraßen erreicht werden.58 Nachdem sich die Pläne Johannes‘ XXII. und seines Nachfolgers Benedikts XII. einer Pazifizierung der verworrenen Verhältnisse Oberitaliens und des Kirchenstaates trotz einer Reihe geharnischter Legationen als illusorisch erwiesen hatten, wurde die Absicht einer temporären Verlegung der Kurie nach Bologna und damit auch die Rückkehr nach Rom aufgegeben.59 Die Konsequenz war die Errichtung eines monumentalen Palastes zur festen Residenz der Päpste.60 Der von Benedikt XII. initiierte klösterliche Festungsbau mit Wehrcharakter wurde schließlich unter Clemens VI. mit üppigen Gastierungsmöglichkeiten und einem doppelgeschössigen Südflügel für Festgottesdienste und Audienzen erweitert.61 Durch den konsequenten Ausbau einer straffen Zentralverwaltung, einer Reform des Pfründenwesens im Sinne einer exklusiven Providierung von Stellen durch den Pontifex mit einhergehender Besteuerung, erwies sich die Avignonesische Epoche gemäß Schimmelpfennig als die Zeit der „effektivsten fiskalischen Erfassung […] der Gesamtkirche durch das Papsttum“.62

57 Zu den Missionierungsbestrebungen der Päpste von Avignon vgl. Favier, Papes d’Avignon,

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S. 500 ff.; Guillemain, Papes d’Avignon, S. 88 ff. und ausführlich: Muldoon, The Avignon Papacy and the Frontiers of Christianity, S. 125–195. Vgl. Renouard, La papauté à Avignon, S. 26 ff., Ders., Les voies de communication entre pays de Mediterranée et pays de l‘Atlantique au Moyen âge. Problèmes et hypothèses, Paris 1968. B. R. Beattie, Angelus Pacis. The legation of Giovanni Orsini, 1326–1334 (The medieval Mediterranean. Peoples, economies and cultures, 400–1453, Band 67), Leiden 2007, S. 1–22, 28–40; Guillemain, Papes d’Avignon, S. 121 ff.; Schimmelpfennig, Papsttum, S. 242 ff. Zur Etablierung der Kurie in Avignon und zur stufenweisen Errichtung einer straffen Zentralverwaltung vgl. Herbers, Geschichte des Papsttums, S. 233–237. Vgl. zum Bau des Papstpalastes klassisch: F. P. Cazelli, La construzione del Palazzo dei Papi di Avignone (1316–1367), Mailand 1981, S. 59–90, bes. 69, 88 (Karten) sowie Weiß, Versorgung, S. 99 f. mit FN 5 mit Literatur und Karten ab S. 719 ff. (ohne Paginierung). Vgl. Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 229 ff. sowie „La centralisation bureaucratique de l’Eglise représente l’avatar de l’universalisme chrétien au siècle des papes d’Avignon“ (B. Guillemain, Sur l‘efficacité de l‘administration pontificale au XIVe siècle, in: W. Paravicini ; K. F. Werner (Hrsg.), Histoire comparee de l‘Administration (IVe-XVIIIe siècles), München 1980, S. 143–148.

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3. Zwischen Tradition und Innovation: Die Friedensvermittlung der Päpste vor und nach Ausbruch des Hundertjährigen Krieges a) Die Pontifikate Coelestins V., Bonifaz‘ VIII. und Clemens‘ V. Zur ersten Bewährungsprobe der kurialen Diplomatie nach Abschluss des Vertrages von Paris (1259) kam es im Jahre 1293. Nach dem Überfall englischer Seeleute aus Bayonne auf normannische Schiffe, in dessen Verlauf La Réole geplündert wurde, folgte die förmliche Vorladung Eduards I. vor das Parlement de Paris. Der englische König wurde zur Übergabe des Herzogtums und zum Stellen von Geiseln aus Bayonne bis zu einer Klärung der Vorgänge aufgefordert.63 Den Vorschlag Eduards I., die Vorfälle durch englische Gerichte oder eine einberufene Kommission zu untersuchen oder gar den Papst um Schlichtung zu bitten, lehnte Philipp IV. von Frankreich ab. Im Namen seines Königs gab der Bischof von Orleans den englischen Gesandten zu verstehen qu’aucune des trois voies que vous avez offertes ici n’est suffisante ni honorable pour lui et pour son royaume; aussi est-il d’avis de n’en accepter aucune.64 Inwieweit dem Papst durch die Kontrahenten überhaupt ein diplomatisches Kapital zur Vermittlung zugebilligt worden wäre, ist schwer zu ermitteln, da sich der Heilige Stuhl zum damaligen Zeitpunkt in einer Sedisvakanz befunden hatte.65 Jedenfalls kam es im darauffolgenden Jahr zum Krieg von 1294/98. Erst die Wahl des „Engelspapstes“ Coelestin V. am 5. Juli 1294 brachte die Wiederaufnahme der päpstlichen Friedenspolitik mit sich.66 Bis zu seinem freiwilligen Rücktritt im Dezember gleichen Jahres kamen die friedensstiftende Maßnahmen Coelestins über die Entsendung des gascognischstämmigen Kaplans und späteren Papstes Clemens V., Bertrand de Got, als Nuntius aber kaum hinaus.67 Der Nachfolger des von den realpolitischen Anforderungen seines Amtes überforderten Pontifex erwies sich als das Gegenteil des „Engelspapstes“: Bonifaz VIII. warf sofort nach Amtsantritt sein ganzes Gewicht als hierokratischer Leiter der Universalkirche in die Waagschale.68 63 Vgl. im Folgenden: Berg, Anjou-Plantagenet, S. 173–175; Vale, Angevin Legacy, S. 183 –200;

Sumption, Trial by Battle, S. 80–85.

64 London, BL Cotton Julius D II, f. 189 r., zitiert in: Chaplais, Règlement, S. 272. 65 Vielleicht auf prophylaktische Weise wurde von Eduard I. am 15. Juli 1293 eine Vermittlung der

Kurie vorgeschlagen. Vgl. Ebd., S. 272.

66 Vgl. G. Diehl, Art. „Nikolaus IV.“, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band 6

(1993) Sp. 869–871; F. W. Bautz, Art. „Coelestin V.“, in: Ebd., Band 1 (1990) Sp. 1078 f.; P. Herde, Cölestin V. Peter von Morone der Engelspapst, Stuttgart 1981. 67 Bertrand de Got sollte eine höherrangige Gesandtschaft, bestehend aus seinem Neffen, Kardinal Bérard de Got, und Simon de Beaulieu ankündigen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, Teil 3, S. 137; Regesta Pontificum Romanorum, hrsg. von August Potthast, Band 2, London/Paris/Turin 1875, S. 1919 [N. 23986 (2. Oktober 1294)]; G. Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège de 1285 à 1304, Band 1, Paris 1936, S. 185–93, bes. 188. 68 Vgl. im Folgenden: Bagliani, Boniface VIII., S. 139–145, 147–151. Zu den Beziehungen des Papstes zum Königreich England vgl. B. Bolton, Boniface VIII and the Kingdoms of England, in: Bonifacio VIII. Ati del xxxix Convegno storico internazionale, Spoleto 2003, S. 329–353.

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Zunächst bemühte sich der neue Bischof von Rom vergeblich darum, den Krieg durch die Entsendung der Kardinäle Bérard de Got und Simon de Beaulieu sowie die Auferlegung von Waffenstillständen zu beenden. Dies entsprach einem zwar traditionellen, aber auch veralteten Verständnis der realpolitischen Möglichkeiten des Heiligen Stuhls. Gleichwohl stimmte Philipp der Schöne der Auferlegung eines neuen Waffenstillstands vom 18. August 1296 schließlich aus freien Stücken zu.69 Ein für den Herbst 1295 in Cambrai geplanter Friedensgipfel zwischen Philipp IV. und den miteinander verbündeten Herrschern Eduard I. und Adolf von Nassau wurde von den Kriegsparteien verschoben.70 Als sich die Kontrahenten im zweiten Kriegsjahr auch noch zu einer Besteuerung ihres Klerus entschlossen,71 griff der Papst zu massiven Gegenmaßnahmen. Am 24. Februar 1296 publizierte Bonifaz die Bulle Clericis laicos, welche jegliche Besteuerung der Geistlichkeit untersagte.72 Es sollte mit diesem Schritt der Kriegführung in beiden Königreichen die materielle Grundlage entzogen werden,73 womit sich der Pontifex allerdings der Gegnerschaft Philipps IV. sicher sein konnte. Letzterer reagierte mit einem Exportstopp kriegswichtiger Waren und einer Ausweisung päpstlicher Nuntien und Kollektoren. Den streitbaren Papst traf dies besonders hart, da er zusammen mit Herzog Robert von Anjou die Rückeroberung Siziliens und die Vertreibung des gebannten König Friedrichs III. von Sizilien plante.74 Am 31. Juli 1297 revidierte Bonifaz VIII. die Bulle schließlich auch aufgrund einer parallelen Auseinandersetzung mit der Kardinalsdynastie der Colonna. Wenig später einigten sich die Kriegsparteien auf den Abschluss eines Waffenstillstandes, der schließlich bis zum Epiphaniasfest des Jahres 1298 verlängert werden sollte.75 Zunächst hatte Bonifaz in der Bulle Ineffabilis amoris vom 20. September 1296 noch mit dem Gedanken gespielt, einen Prozess gegen Philipp den Schönen zu beginnen, um dessen Kampfkraft zu schwächen. Die Grundlage für ein derartiges Prozessverfahren ratione peccati hätten Anschuldigungen Eduards I. und des römischen Königs Alfred von 69 Vgl. Boniface VIII, N. 868–70 (28. Mai 1295), 890, 1584 (13. April 1296); Rymer (Hrsg.), Foedera,

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Band 1, Teil 3, S. 189. Überblicke: Bagliani, Boniface VIII, S. 139 f., 151–52; Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège, S. 246 ff. Vgl. Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège, S. 252 ff. Die Kampfhandlungen in der dezentralen Gascogne erwiesen sich für beide Parteien als äußerst kostspielig. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 200 f., 206–08, 225 f.; Digard, Philippe le Bel et le SaintSiège, S. 253 ff. Orginaltext der Bulle in: Boniface VIII, N. 1567 (24. Februar 1296). Bonifaz war dazu bereit, die Dekretale in dem Moment zurückzuziehen, wenn sich sich die Kontrahenten zu einem trilateralen Treffen in Rom unter seiner Leitung bereit erklären sollten. Vgl. Boniface VIII, N. 1643; Bagliani, Boniface VIII, S. 142–145, 147–151; 299–336, 373–91; T. Schmidt, Art. „Bonifaz VIII.“, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 414–416; Kaufhold, 1303. Das Attentat von Anagni, S. 145–51; Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège, S. 257–72. Vgl. S. Fodale, Art. „Sizilien. II. Herrschaft der Anjou und Aragón“, in: LexMA, Band 7 (1995) Sp.1960 ff.; A. Haverkamp, Italien im hohen und späten Mittelalter 1056–1454, in: Theodor Schieder; Ferdinand Seibt (Hrsg.), Europa im Hoch- und Spätmittelalter (Gebhardt. Handbuch der Europäischen Geschichte, Band 2), Stuttgart 1987, S. 546–681, bes. 633 ff.; Haller, Das Papsttum, Band 5, S. 102 ff. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, 2, S. 878–82, 885 ff.

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Nassau darstellen können, welche im Juni 1294 bereits ein Offensivbündnis gegen den französischen König geschlossen hatten.76 Aufgrund der beschriebenen Entwicklungen gab Bonifaz sein Vorhaben jedoch rasch wieder auf.77 Stattdessen beschlossen Vermittler und Kriegsparteien, wie erwähnt, die Akzeptanz eines päpstlichen Schiedsgerichts. Bei diesem sollte sich der Papst freilich nur als Privatmann, Benedetto Gaietani, betätigen. Nachdem auf dem Friedenskongress von Rom78 im März 1298 über die Frage der Souveränität des englischen Festlandsbesitzes, eine Hochzeitallianz zwischen Eduard I. und Philipp IV. und schließlich sogar über eine Lehnsnahme des englischen Königs für Aquitanien aus der Hand des Papstes debattiert worden war, sah der Schiedsspruch Gaietanis vom 30. Juni 1298 im Wesentlichen eine Wiederherstellung des Vertrages von Paris (1259) vor.79 In Reminiszenz an frühere dynastische Bande zwischen beiden Königreichen sollte der Friede durch ein doppeltes Ehebündnis besiegelt werden. Geplant waren die Vermählung Eduards I. mit Margarete, der Schwester Philipps’ „des Schönen“, sowie die Hochzeit des englischen Thronfolgers Eduard (II.) mit der französischen Kronprinzessin Isabella. Der Papst hatte die strittigen Festlandsgebiete als Treuhänder zu verwalten.80 Das Strafgeld bei einer Zuwiderhandlung wurde auf 100.000 Silbermark festgesetzt.81 Selbst wenn beide Kriegsparteien den Schiedsspruch im Folgejahr bei Montreuil-sur-Mer vertraglich anerkannten,82 konnte von einer Übertragung auf den Papst keine Rede mehr sein.83 Nachdem sich der Friedensschluss weiter in die Länge zog, war das Selbstverständnis Bonifaz’ VIII. als Friedensstifter von Selbstzweifeln geplagt: Gegenüber Gesandten Eduards I., welche den oberste Pontifex im Jahre 1300 erneut um einen Schiedsspruch gebeten hatten, bekannte er nüchtern die Fruchtlosigkeit eines solchen Vorgehens: Ein compromissum sei gerade von der französischen Seite kaum zu erwarten und auch einer Strafstipulation stand der Papst aufgrund deren schwieriger Exekutierbarkeit skeptisch gegenüber. Lediglich ein Richterspruch aus der päpstlichen Vollgewalt blieb für Bonifaz denkbar. Er regte daher die Aufnahme eines kirchenrecht76 Vgl. Berg, Anjou-Plantagenets, S. 176 f.; 184 f.; Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 327. 77 Vgl. Gaudemet, Le rôle de la Papauté, S. 94 ff. 78 Der Kongress bestand aus einer Reihe von Einzelverhandlungen des Papstes mit flämischen, eng-

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lischen und französischen Abgesandten im März 1298 sowie aus Plenarversammlungen seit Juni desselben Jahres. Vgl. Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège, S. 344 f., 350–69. Vgl. im Folgenden: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band 1, 2, S. 894 ff.; Boniface VIII, N. 2826 (30. Juni 1298). Eine derartige Treuhänderschaft sollte in Zukunft in kleineren Kontexten zu einer gebräuchlichen Praxis werden. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 407, 432. Siehe Kapitel B) II. 5. und Kapitel B) VIII. 3. c) Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, Teil 3, S. 200; Gaudemet, Le rôle de la Papauté, S. 90. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band 1, 2, S. 906 f., 952–54 (2. Vertrag von Paris, 20. Mai 1303); Cuttino, English Diplomatic Administration, S. 62–87. Vgl. Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège, S. 384 ff. Der Papst bedauerte bei Verhandlungen mit Gesandten Eduards I. ausdrücklich die Weigerung des englischen Königs, sich dessen Schiedsspruch zu beugen. Vgl. J. G. Black, Edward I. and Gascony in 1300, in: English Historical Review, 17 (1902) S. 518–527.

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lichen Verfahrens ratione peccati an, wobei die Beweislast bei der englischen Seite zu liegen hatte.84 Der päpstlichen Skepsis zum Trotz wurde am 20. Mai 1303 zwischen den Kriegsparteien der Zweite Vertrag von Paris (1303) abgeschlossen.85 Nach Leistung des Lehnseides durch seine Lieutenants ‚in proxi‘ wurde Eduard I. das Herzogtum Aquitanien im Juni bei Saint-Emilion zurückgegeben. Erleichtert wurde der Vertrag durch die verheerende Niederlage eines französischen Heeres am 11. Juli 1302 bei Kortrijk sowie die Unterwerfung Roberts the Bruce durch Eduard I. im selben Jahr.86 Auch nach dem Krieg von 1294–98 zwischen Eduard I. und Philipp IV. „dem Schönen“ hatte das eingangs skizzierte Instrumentarium direkter, symmetrischer und dynastischer Formen der Konfliktschlichtung noch nicht ganz seine Wirkmächtigkeit eingebüßt. Es wird daher begreiflich, dass es für den ersten kurzzeitig in Avignon residierenden Pontifex Clemens V. (1305–1314)87 kaum nötig war, einen diplomatischen Neuansatz zu entwickeln. Der in familiärer Hinsicht fest mit dem Herzogtum Aquitanien verwurzelte Papst war bereits im Jahre 1294 von Coelestin V. als Friedensvermittler ernannt worden88 und verfügte über die besten Kontakte zu den Königen von England89 und Frankreich.90 Bereits anlässlich seiner Krönung in Lyon am 14. November 1305 gelang es Clemens V., zwischen dem bei den Feierlichkeiten anwesenden Philipp IV. sowie Gesandten Eduards I. erste Details zu regeln.91 Ebenso unterstützte der Pontifex die Prozesse von Périgeux und Montreuil zur Regelung von Reparationszahlungen und lehnsrechtlicher Details. Obwohl Bonifaz VIII. bereits im Jahre 1298 festgelegt hatte, dass die Erstattung von Entschädigungszahlungen aus der Vorkriegszeit auf paritätische Weise und nicht durch ein Gerichtsverfahren geregelt werden sollte, entwickelten sich seit dem Jahre 1306 sämtliche Kommissionen zu Prozessen, in welchen die Ungleichrangigkeit zwischen Engländern und Franzosen deutlich wurde.92 Das ostentative Eingreifen zugunsten einer dritten 84 Vgl. Ebd., S. 525. Übersetzung der Passage in: Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum im Mittel-

alter, S. 330 f.

85 Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 200–225. 86 Vgl. Berg, Anjou-Plantagenet, S. 185–187; Vale, Angevin Legacy, S. 224; E. Lalou, Art. „Vertrag

von Paris von 1303“, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 1722.

87 Hinsichtlich der Stellung des Papstes im Spannungsfeld der Könige von England und Frankreich

vgl. Renouard, Les papes et le conflit, S. 267–71.

88 Die Brüder Béraud und Bertrand de Got hatten sich auf den Wunsch Coelestins V. im Krieg von

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1294–98 als päpstliche Gesandte nach England bzw. Frankreich betätigt. Im Folgejahr hatte Béraud als Kardinallegat Bonifaz’ VIII. vergeblich versucht, den vom Papst auferlegten Waffenstillstand durchzusetzen. Vgl. Menache, Clement V., S. 8; Maleczek, Das Frieden stiftende Papsttum, S. 327. Siehe Kapitel B) I. 2. Vgl. Menache, Clement V., S. 8 f., S. 249–65; Mollat, The Popes of Avignon, S. 257–59. Vgl. Menache, Clement V, S. 40 ff., S. 177 ff.; B. Barbiche, Les Procureurs des Rois de France à La cour pontificale d‘Avignon, in: Le fonctionnement administratif de la papauté d‘Avignon. Actes de la table ronde organisée par l‘École francaise de Rome avec le concours du CNRS, du Conseil général de Vaucluse et de l‘Université d‘Avignon (Avignon, 23–24 janvier 1988), Rom 1990 S. 81– 112. Vgl. Menache, Clement V, S. 249. Vgl. Chaplais, Règlement des conflits, S. 279, 283.

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Partei kam für Clemens jedoch nicht mehr in Frage, mochte er beim englischen König auch Petitionen hinsichtlich konfisizierter Güter französischer Kaufleute einbringen.93 Mit Nachdruck trieb der Papst die in den Friedensverhandlungen vereinbarte Hochzeit des 24jährigen Eduards II. mit der nur halb so alten Isabella von Frankreich voran.94 Die Vermählung galt als Grundvoraussetzung für die praktisch bereits erfolgte Rückgabe des während des Krieges besetzten Herzogtums Aquitanien95 und wurde mit apostolischem Segen am 25. Januar 1308 in Boulogne geschlossen. Zeitgenössische Chronisten wie die königlichen Häupter Westeuropas sahen in der Vermählung eine Chance für eine neue Ära des Friedens. Teilgenommen hatten acht Monarchen, darunter die Könige von England und seine Gemahlin Margarete von Frankreich, Philipp IV. von Frankreich, sein Sohn König Ludwig (IX.) von Navarra, der römische König Albrecht von Habsburg und seine Gattin, König Karl II. von Sizilien und die Königinnenwitwe Marie von Brabant.96 In der Tat sollte sich die spannungsgeladene Ehe aufgrund des persönlichen Engagements der in England isolierten Isabella kurzfristig positiv auf die Beilegung künftiger Konflikte auswirken. Eine frühe Krise im Jahre 1312, welche durch die gewalttätigen Auseinandersetzung von Eduards Seneschall John Ferrers und Amanieu VII. d’Albret ausgelöst worden war, konnte schließlich nach der Ermordung d’Albrets durch ein am 14. März 1313 arrangiertes Treffen zwischen Philipp IV. und seiner Tochter beigelegt werden.97 b) Der Pontifikat Johannes‘ XXII. Clemens‘ Nachfolger, Johannes XXII. (1316–34), sah dagegen vor allem in der Integrität des Lehnsverhältnisses zwischen französischem Lehnsherren und englischem Vassall den besten Garant für Frieden und ermahnte daher Eduard II. eindringlich zum Leisten des aufgrund des häufigen Herrscherwechsels98 auf französischer Seite seit längerem fälligen Lehnseides.99 Als im Jahre 1324 nach der Zerstörung einer befestigten 93 Vgl, Menache, Clement V, S. 268 f.; Cuttino, English Diplomatic Administration, S. 75. 94 Vgl. Renouard, Les papes et le conflit, S. 267, 274; Gaudemet, Le rôle de la papauté, S. 99 f. 95 Clemens V. hatte zu diesem Zwecke Kardinalbischof Peter von Sabina mit einem für beide Seiten ak-

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zeptablen, neuen Vertragsentwurf zum Parliament von Carlisle entsandt. Die Wertung der Zeitgenossen kann nachvollzogen werden in: A. Weir, Isabella: She-Wolf of France, Queen of England, London 2006, S. 28; Menache, Clement V, S. 267; mit weiterführenden Quellenangaben. Vgl. Dies., Isabelle of France, Queen of England: a Reconsideration, in: Journal of Medieval History, 10 (1984) S. 107–124. Vgl. Weir, Isabella, S. 27; Menache, Clement V, S. 268. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 164–173. Zur kurzen Regierungszeit der Söhne Philipps IV. vgl. B. Töpfer, Die letzten Kapetinger: Ludwig X. (1314–1316), Philipp V. (1316/17–1322), Karl IV. (1322–1328), in: Joachim Ehlers; Heribert Müller, Bernd Schneidmüller (Hrsg.), Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888–1498, München 1996, S. 231–250. Der Papst pries das Homagium als Garant der vias pacificas sowie den Erfolg eines Kreuzzuges. Vgl. Jean XXII, N. 1998 (12 März 1324), 2130 (2. Juli 1324). Vgl. Grundlegend: Chaplais (Hrsg.), The War of Saint-Sardos, S. ix-xiii (historischer Abriss), 1–266 (Quellen). Überblicke in: J. A.Wagner,

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Siedlung (bastide) des Benediktinerklosters von Saint-Sardos in der Agenais durch den Herrn von Montpezat, Raymond-Bernard, im Oktober 1323 der Krieg von Saint-Sardos (1324–1325) ausbrach,100 reagierte der Papst sofort. Johannes‘ Interventionen begannen im April 1324 mit einer Reihe von Ermahnungen an das englische Königshaus.101 Der Pontifex forderte zudem alle Beteiligten dazu auf, eine militärische Eskalation zu vermeiden, da bereits Kampfverbände zusammenströmten.102 Johannes XXII. begründete seine Friedensappelle mit der Notwendigkeit der Friedensstiftung zur Realisierung eines Kreuzzugsprojektes (transmarinum negotium) und verwies erst nachrangig auf die mannigfaltigen Gefahren für das Seelenheil (animarum pericula innumera) der Kontrahenten.103 Erst am 10. Juni 1324 entsandte er die Bischöfe von Vienne und Orange.104 Dem mit der Vollstreckung der Konfiskation beauftragen Karl von Valois gelang es den Bruder Eduards II., Edmund von Woodstock, nach nur sechs Wochen Kampfhandlungen am 22. September 1324 zu einer Waffenruhe (suffrance) bis zum kommenden Fest Christi Himmelfahrt (14. April 1325) zu zwingen.105 Dem Papst blieb für eine Lösung des Konfliktes also nur wenig Zeit. Offenbar wurde der Charakter und das Ausmaß des päpstlichen Eingreifens und damit das ihm zugesprochene diplomatische Kapital selbst zu diesem Zeitpunkt noch als Verhandlungsbasis verstanden: Ende September 1324 erhielt Eduard II. den Ratschlag, in seinem Kronarchiv ältere Friedensverträge und Lehnsnahmen der Könige von England ausfindig zu machen, [a] la fin qe la court de Rome et le pople [sic] cristien puissent saver qe les covenans de pees faites entre vos ancestres et les ancestres le roi de France.106 Die von den Franzosen gebrochenen Vertragsartikel sollten dem Papst angezeigt werden, wie es die Engländer bei vergleichbaren Fällen bereits gegenüber Bonifaz VIII. und Clemens V. getan hatten.107 Die Quelle weist auf

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Art. „Saint Sardos, War of (1323–1325)“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 277–78; Sumption, Trial by Battle, S. 90–99; Vale, Angevin Legacy, S. 232–44. Über die Lehnseide Edwards II. nach dem Tode Philipps IV. vgl. Curry, The Hundred Years War, S. 42 ff.; Déprez, Les préliminaires, S. 18. Vgl. N. Fryde, The Tyranny and Fall of Edward II 1321–1326, New York 1979, S. 141 ff. Sane cum homagium quod carissimo in Christo filio nostro Carolo, regi Francie et Navarre illustri, pro ducatu Aquitanie rationabiliter debere assereris, dicaris nondum sibi juxta debitum prestitisse, nosque cupiamus utrinque velut inter notabiles reges catholice fidei et preclara generis affinitate conjunctos, Deo fragrantia et tam utrique fructifera quam subditis pacis et concordie peremnis aromata redolere (Jean XXII, N. 1998); Renouard, Les papes et le conflit, S. 282. Jean XXII, N. 2011, 2042, 2049, 2123, 2130. Brief an Charles de Valois (2. Juli 1324): Et quia, fili, ex guerra hujusmodi strages corporum, lapsus rerum, et animarum pericula innumera possunt sequi, et difficultas ingeri negotio transmarino, et ardua negotia ad que intendit prefatus rex, sicut novit tua prudentia, forsitan impediri (Jean XXII, N. 2127). Ebd., N. 2188. Im Monat davor ist eine Gesandtschaft Johannes’ XXII. an Edmund bezeugt, deren Beglaubigungen jedoch abstrakt bleiben. Vgl. Jean XXII, N. 2184 (15. August 1324). Chaplais (Hrsg.), The War of Saint-Sardos, S. 68 [N. 51]. Pleise a vostre roiale hautesse faire charger levesqe de Wyncestre qe il preigne a lui deux ou treis (des clers) de vostre conseil et face survoer les articles des dites pes qi furent enfrens par les rois de

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die Bereitschaft der englischen Seite hin, angesichts der drohenden militärischen Niederlage auch eine richterliche Akzeptanz des Papstes in Betracht zu ziehen. Die Vorstellung war nicht abwegig, wenn man das gleichermaßen rigorose, aber parteigebundene Eingreifen Johannes‘ XXII. zugunsten Eduards II. in seinen Auseinandersetzungen mit Robert the Bruce von Schottland bedenkt. Sophia Menache erkannte in diesem Vorgehen den für diesen Papst typischen und letztlich fehlgeleiteten Versuch einer autoritativen Friedensstiftung. Ein solcher war in Johannes‘ Pontifikat stets zugunsten eines von ihm als rechtmäßig empfundenen Königs gegen eine separatistische Opposition erfolgt, was eine europaweite Verringerung der Akzeptanz der päpstlichen Friedenspolitik herbeigeführt habe.108 Auch im anglo-französischen Konflikt wäre die exklusive Unterstützung einer juristisch legitimierten sowie militärisch überlegenen, königlichen Zentralgewalt denkbar gewesen. Hierzu sollte es nicht kommen: Eine englische Gesandtschaft unter Leitung der Bischöfe von Winchester und Norwich bemühte sich vielmehr darum, den Waffenstillstand am Jahreswechsel 1324/25 in einen Friedensschluss umzuwandeln.109 Ihre Prokuratorien schrieben den englischen Gesandten vor, über die Rückgabe der derzeit besetzten oder noch von früheren Verträgen ausstehenden Gebiete zu verhandeln.110 Der Vorschlag eines eventuellen Hochzeitsbündnisses sollte ebenso ausgetestet werden wie das Leisten des homagiums durch den englischen König oder eine Übertragung der Lehnsnahme auf den Thronfolger Eduard (III.). Dieser Schritt erklärt sich durch die Furcht Eduards II. und seiner Günstlinge, in dieser kritischen Phase das Königreich England verlassen zu müssen, da zeitgleich von seiner Gemahlin Isabella und ihrem Geliebten Mortimer sein Sturz vorbereitet wurde.111 In einem Brief Eduards II. vom 14. Mai 1325 versprach er, selbst nach Frankreich zu kommen und das homagium zu leisten. Auch in einem Vorvertrag vom 31. Mai wurde noch von einem persönlichen Lehnseid durch Eduard II. in Beauvais an Maria Himmelfahrt ausgegangen. Erst am 4. September 1325 erklärte sich Karl IV. schließlich dazu bereit, der Übertragung der Mannschaftsleistung auf Prinz Eduard zuzustimmen.112 Nur im Falle unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten sollte der Papst in seiner Kapazität als Privatperson schiedsrichterlich France et purposez (en partie) a mesmes la fin en cas semblable devant le pape Boniface et le pape Clement par procureurs et messages vostre pere (Chaplais (Hrsg.), The War of Saint-Sardos, S. 68 [N. 51]). 108 Vgl. Menache, The Failure of John XXII‘s Policy, S. 426 ff., 435 f. 109 Die geistlichen Spitzen der Gesandtschaft wurden im Dezember durch den Grafen von Richmond, John von der Bretagne, sowie Henry Beaumont ergänzt. Vgl. Jean XXII. (France), N. 2293. 110 Vgl. Chaplais (Hrsg.), The War of Saint-Sardos, S. 192 [N. 167]. Trotz der Umschreibung der Urkunde als credence, handelte es sich um eine, für den internen Gebrauch bestimmte Prokuratorie. Vgl. Reitemeier, Außenpolitik, S. 49–56. 111 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 97–103. 112 Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 241; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil I, S. 599, S. 601–602, S. 607. Zur älteren Annahme, dass der Papst selbst das Leisten der Mannschaft durch Prinz Eduard (III.) vorgeschlagen habe, dabei aber zunächst auf wenig Enthusiasmus seitens der Könige gestoßen wäre, vgl. Renouard, Le Papes et le Conflit, S. 284.

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tätig sein.113 Anders als im Jahre 1298 kam es dazu jedoch nicht. Die kuriale Politik wird insbesondere durch die Vermittlungspraxis der päpstlichen Gesandten deutlich.114 Diese scheinen in erster Linie für den Informationsaustausch zwischen beiden Parteien zuständig gewesen zu sein. Die kurialen Vermittler überbrachten auf Geheiß des französischen Kronrates Vorschläge für die Abtrennung der bereits eroberten Agenais vom Gebiet des Herzogtums Aquitaniens. Auch die Idee einer persönlichen Vermittlung Isabellas von Frankreich kam auf diese Weise zustande.115 Nach der Regelung letzter Details und der Zustimmung des englischen Kronrates brach die Königin am 9. März 1325 nach Frankreich auf.116 Als eine Waffenruhe zwischen Poissy und Paris vermittelt war, gelang der Königin schließlich der Abschluss eines Präliminarfriedens im Bois de Vincennes.117 Johannes begleitete den Abschluss des Friedensvertrages118 durch eine umfangreiche Korrespondenz, während seine Vermittler zwischen den Delegationen hin- und hier pendelten.119 Man einigte sich darauf, dass die Franzosen ihre besetzten Territorien behalten sollten, darunter den größten Teil der Agenais und das Saintongue. Von dem einst stattlichen Angevinischen Reich verblieb den Engländern lediglich der schmale Küstenstreifen von Bayonne bis Bordeaux.120

113 Et, sils ne puissent acorder en cele fourme, adonqes sacordent si le roi de France sacord qe le debat

de ce soit mis en le dit le pape, come de prive persone, sage et descret’. […] Item, en cas qe acorde poet estre qe la restitucion des choses occupees, sicome desus est dit, soit fait au dit roi Dengleterre et qe le roi de France saforce daver ascune summe des deners pur despense qil ad mys en les dites busoignes par defalte du dit roi Dengleterre, a ce qil dit, les ditz messages se acordent de mettre teu point sur le dit nostre seint piere le pape a la fyn qe a ce qil en dirra les ditz deux rois tendront son dit (Chaplais (Hrsg.), The War of Saint-Sardos, S. 193 f. [N. 167]). 114 Hierbei handelte es sich die bereits erwähnten Bischöfe Guillelmus (de Laudun) von Vienne und Hugo von Orange. Bei beiden Geistlichen handelte es sich um den ehemaligen Magister der päpstlichen Schule für Theologie (1317–21) bzw. um den Dekan von Avignon. Vgl. Jean XXII (France), N. 2221, 2293; Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 117; Guillemain, La cour Pontifical, S. 382 ff., bes. FN 182. 115 Item, si vous plest qe ma dame la royne Dengleterre et mon seignur vostre filz eignez [Prinz Eduard (III.)] viegnent au roi de France, ceux de son conseil assignez par lui de tretter ove voz messages et les messages nostre seint piere le pape entendent pur certein qele purra faire qe les suffrances soient esloignes et qe vous eiez totes les terres qe vous soleiez aver dela la meer come devant, fesant homage au roi de France et il ostera sa main des dites terres ou qe mon seignur vostre fiz eit celes terres de vostre doun, fesant au roi de France homage pur yceles et voudroit le roi de France en teu cas [qe] les alliaunces entre lui et vous feussent renovelles (Chaplais (Hrsg.), The War of SaintSardos, S. 195 [N. 167]). 116 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 98. Itinerar der Königin in: Chaplais (Hrsg.), The War of SaintSardos, S. 267–270. 117 Vgl. Chaplais, (Hrsg.), The War of Saint-Sardos, S. 195–198, 199–207 [N. 167]. 118 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 137 (13. Juni 1325). 119 Jean XXII (France), N. 2421, 2427, 2450, 2469, 2473, 2474, 2484, 2508, 2509, 2510–12, 2535– 2536, 2552, 2588, 2617, 2652 (10. März-18. November 1325); Chaplais, (Hrsg.), The War of SaintSardos, S. 198 f. [N. 167]. 120 Vgl. Jean XXII (France), N. 2533, 2582; Vale, Angevin Legacy, S. 241.

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c) Der Pontifikat Benedikts XII. Der Pontifikat Benedikts XII. (1334–1342) wurde, wie bereits erwähnt, als maßgeblich zur Herausbildung einer systematisierten, weil überparteilichen Form der spätmittelalterlichen Diplomatie erkannt.121 Dies ist keineswegs selbstverständlich, da gerade von der englischen Kriegspartei eine autoritativere Intervention des Papstes in der Tradition Bonifaz‘ VIII. während des Krieges von 1294/98 erhofft worden war.122 Da der künftige Pontifex, Jacques Fournier, erst am 18. Dezember 1327 zum Kardinal kreiert worden war, hatte er wesentliche politische Entscheidungen seines Vorgängers gegenüber den Königreichen England und Frankreich nicht persönlich miterleben können.123 Aufgrund seiner seriellen Registrierung politischer Korrespondenz seines Vorgängers in den Registra Vaticana und der Erstellung themenorientierter Dossiers hätte es somit nahegelegen, dass sich Benedikt an der Interventionspolitik Johannes‘ XXII. während des Krieges von Saint-Sardos angelehnt haben könnte. Doch hatte sich der Pontifex, welcher mit unpopulären theologischen Entscheidungen seines Vorgängers brechen und sich in begrenztem Maße als Kirchenreformer bewähren sollte,124 zu Beginn seines Pontifikats innerhalb der verschiedensten Krisenfeldern neu zu orientieren. Deren chronologische wie personenbezogene Überlappung erschwerte eine fallbezogene Konsolidierung einzelner Konflikte beträchtlich. Dazu gehörte die Vermittlung im anglo-schottischen Krieg, der Versuch der Rückforderung des bereits für den geplanten Kreuzzug von 1336 gesammelten Zehnten des französischen Landesklerus125 und nicht zuletzt das scheiternde Lossprechungsverfahren Ludwigs des Bayern vom Kirchenbann.126 In letzterem Zusammenhang musste der Papst den Fehlschlag seiner ernsthaften Prozessverfolgung erleben. 121 Siehe Kapitel A) II. 1. 122 [A]d finem quod innocencia domini nostri regis & antecessorum suorum in omnibus guerris, resis-

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tenciis & rebellionibus inter Anglie & ffrancie reges, & eorum antecessores ac ministros, & subditos, confederatos & adjutores quondam & nuper habitos adeo sufficienter ostendatur summo Pontifici, [...]quod summus Pontifex sufficienter materiam habere possit ad inchoandum processum contra ffrancorum regem per viam peccati & ipsum compellendum per excommunicacionis & interdicti sentencias & alias censuras ecclesiasticas ad restituendum domino nostro regi & subditis suis omnes terras & iurisdictiones eis indebite subtractas (London, PRO C 47/28/3 N. 18). Vgl. Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 15. Zum theologischen Problem der von Johannes XXII. negierten visio beatifica vgl. Favier, Les Papes, S. 283–287. Hinsichtlich Benedikts Betätigung als Reformer des päpstlichen Provisionswesens sowie der Mönchsorden vgl. F. J. Felten, Die Ordensreformen Benedikts XII. unter institutionsgeschichtlichem Aspekt, in: G. Melville (Hrsg.), Institutionen und Geschichte. Theoretische Aspekte und mittelalterliche Befunde, Köln [u.a.] 1992, S. 369–435; Seppelt; Schwaiger, Geschichte der Päpste, Band 4, S. 120 ff. Vgl. Benoît XII (France), N. 260 (21. Januar 1337), 443 (27. Mai 1338), 449 (19. September 1338). Vgl. Thomas, Ludwig der Bayer, S. 259–288, 298–303; Schimmelpfennig, Papsttum, S. 237 f.; Seppelt; Schwaiger, Geschichte der Päpste, Band 4, S. 93 ff., 126 ff., 136 ff.; H. O. Schwöbel, Der diplomatische Kampf zwischen Ludwig dem Bayern und der römischen Kurie im Rahmen des kanonischen Absolutionsprozesses 1330–1346, Weimar 1968, S. 150–421, bes. 268–77 (Verhandlungen der Jahre 1336/37).

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Als Mitursache ist hierbei die geschmeidige Doppelstrategie seiner Verhandlungspartner zu benennen. Ludwigs Gesandten hielten solange gegenüber dem Papst und einer französischen Gesandtschaft eine Konsensfassade aufrecht, bis durch die geschickte Diplomatie des Markgrafen Wilhelm von Lüttich ein militärisches und politisches Bündnis mit dem englischen König geschlossen werden konnte.127 Ein derartiges Bündnis mit einem gebannten Herrscher musste der Papst jedoch kategorisch ablehnen.128 In diesem Kontext sind auch die kurzlebigen Versuche Ludwigs zu sehen, sich als Friedensvermittler im anglo-französischen Krieg zu profilieren.129 Um Philipp VI. vor der neu entstandenen Allianz Eduards III. mit dem Herzog von Brabant sowie den Grafen von Hennegau und Jülich zu schützen, überließ Benedikt dem französischen König einen mehrjährigen Zehnten zur Landesverteidigung.130 Aus englischem Blickwinkel erhärtete ein derartiges Vorgehen gemeinsam mit der von den Avignoneser Päpsten perfektionierten Abschöpfung von Einnahmen aus englischen Pfründen den Generalverdacht einer französischen Kriegsbegünstigung.131 Dabei war Benedikts Vorgehen in erster Linie durch seine rigorose Prinzipientreue in Fragen der Orthodoxie bestimmt. Eindeutige Eingriffe zugunsten eines Konfliktpartners wie bei seinem Vorgänger verboten sich für den zu einem Neuanfang entschlossenen Pontifex.132 Bei seinen Versuchen der europäischen Konfliktvermittlung war Benedikt XII. zum Treffen einsamer Entscheidungen bereit, die das Profil der Päpste als Friedensstifter schärfen sollten. Im Falle des anglo-schottischen Krieges, der zu Beginn der 1330er Jahre neu entflammt war, verwehrte sich der Papst bezeichnenderweise gegen eine Vermittlung Philipps VI. Der Pontifex sah bereits eine offene Parteinahme des französischen Königs voraus.133 Als sich die Konflikte zwischen den englischen und französischen Königen zuspitzten, stiegen auf Seiten der Parteien die Erwartungshaltungen, Benedikt als Verbündeten für die eigene Sache zu überzeugen. Der von bisherigen Studien gerne als über127 Vgl. K. Plöger, Das Reich und Westeuropa: Zur Wende in der Politik. Ludwigs des Bayern in den

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Jahren 1336–1337, in: S. Weiß (Hrsg.), Regnum und Imperium. Die französisch-deutschen Beziehungen im 14. und 15. Jahrhundert, München 2008, S. 41–54. Vgl. an Eduard III.: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, S. 1063 ff. (13. November 1338), 1092 (12. Oktober 1339); Benoît XII (France), N. 650 (An Erzbischof John Stratford mit der Bitte um Unterstützung, 12. Oktober 1339). An Philipp VI.: Benoît XII (France), N. 832 (23. April 1341). Vgl. Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 28, 30 ff., 42 ff., 68 f.; Déprez, Les préliminaires, S. 170–222, 370 ff. Vgl. Thomas, Ludwig der Bayer, S. 338 ff.; Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 61, 69; Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 151 ff., 175 ff., 195 ff., 237 ff., 289 f. Vgl. Schimmelpfennig, Papsttum, S. 230 ff., 235 f. Zur Bewertung der päpstlichen Vermittlung vor Calais in englischen Chroniken siehe Kapitel A) III. 2. f) sowie Kapitel B) IV. 1. Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 126 ff.; Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 228 ff., 241. Siehe im Vergleich dazu die gegensätzliche Politik seines Vorgängers Johannes’ XXII. Siehe oben, S. 79. Preterea non videmus quod per aliquem principem secularem sicut per te, fili dilectissime, inter reges dissidentes predictos sic commode possit pacis concordia reformari et si te contingat partem cum illorum altero facere, de te postmodum ille contra quem partem facies non confidet, sicque perdentur quo ad te tam desiderabiles fructus pacis (Benoît XII, N. 90). Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 112–119.

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fordert charakterisierte Papst war dem Druck durchaus gewachsen. Standhaft widersetzte er sich den Versuchen der Kontrahenten, ihn zu einer einseitigen Parteinahme zu beeinflussen.134 Benedikt ließ sich letztlich weder vom englischen König zur Unterstützung seines Kronanspruchs135 noch zu einem kirchenrechtlichen Vorgehen gegen Eduard III. aufgrund von dessen Aufbegehren gegenüber seinem Lehnsherren bewegen.136 Der Standpunkt und die Hoffnungen der englischen Seite gehen aus einer bislang kaum bekannten Sammlung von Memoranden transcriptum brevis directi magister Johanni Pieres pro processibus terram Vasconi et alias terras domini nostri regis tangentibus sowie der Cedula De guerrarum materia et remediis hervor. Die Traktate waren durch eine englische Kommission bestehend aus Rechtsgelehrten im Auftrag des Königs noch vor Kriegsbeginn erarbeitet und ins Jahr 1338 hinein fortgeführt worden. Die Kommission bestand aus dem zukünftigen Chronisten Adam Murimuth, Richard de Chaddeley, Henry de Iddelesworth, Thomas de Plumstok und Michael Northburg sowie den Magistern Andrew de Ufford, Henry de Cantuaria und Roger de Staunford. Ihnen lagen offenbar Prozessakten aus der Zeit des Krieges von 1294–97 vor,137 auf die sich bereits die Prokuratoren englischer Seeleute und Städtevertreter gegenüber Bonifaz VIII. gestützt hatten.138 Die neuerliche Kommission hatte letztlich die Anregung eines abermaligen Prozesses gegen den französischen König an der römischen Kurie in Avignon im Sinn,139 um Philipp VI. schließlich zur Herausgabe der in den vorangegangenen Auseinandersetzungen konfiszierten Städte und Territorien zu zwingen.140 Zu diesem Zwecke mussten jedoch erst Papst und Kardinalskollegium von der 134 Dies steht zudem im Gegensatz zu frühen Bewertungen der politischen Qualität von Benedikts Pontifi-

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kat. Vgl. Menache, The Failure of John XXII, S. 423–437; Guillemain, L’efficacité de l’administration pontificale, S. 147. Aufgrund des Verhaltens Benedikts während des Losprechungsverfahrens Ludwigs des Bayern sowie der Gewähr von Kirchenzehnten an Philipp VI. zur militärischen Unterstützung gegen das englisch-deutsche Bündnis befand Jacob „die Abhängigkeit vom französischen König hinderten ihn, ein großer Diplomat zu sein.“ (K. Jacob, Papst Benedikt XII. (20. Dezember 1334 bis 25. April 1342), Berlin 1910, S. 94–153, bes. 108, 118 ff., 132 ff., 152 -153 (Zitat)). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1086 f., 1117. Vgl. Benoît XII (France), N. 495 (7. September 1338); 537 (29. November 1338); Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 44 ff., 51 f.; Déprez, Les préliminaires, S. 203. Vgl. London, PRO und C 47/28/5 N. 34; C 47/30/6 N. 13. Vgl. London PRO C 47/28/3 N. 14–15, 18–19; C 47/28/4 N. 3, 32; C 47/30/6 N. 1; C 47/32/21 – Die bedeutendsten Funde in: C 47 (Diplomatic Documents) wurden von Pierre Chaplais auf Karteikarten transkribiert und den National Archives hinterlassen (Freundlicher Hinweis von Sean Cunningham). Vgl. London, PRO C 47/28/3 N. 18 (Doublette 47/30/6 N. 1), 19; 28/4 N. 3 (Doublette: C 28/3 N. 18), N. 13 (Doublette C 47/32/21). Furcht vor Exkommunikation und Interdikt sowie vor einem gegen Frankreich gerichteten Kreuzzug sollten den Monarchen gefügig machen, so wie das bereits bei dessen Onkel Philipp IV. beabsichtigt gewesen war: [L]e pape boniface comencea proces en moys de Decembre lan de grace Mil CCC ij par vertu du quiel le roi de France, & les prelatz furent escomingez en mois daveril & le roiaume de France entredit en mois de maij prochein suiaunt. Dount le roi de France fuit mis en necessite de accorder au dit roi Dengleterre & lui faire restitucioun des chaitels, cites, & villes, etc. par peur des dites sentences descominge & dentredit & del execucioun dycelles par croicerie & aide de bras seculer etc (London, PRO C 47/32/21).

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vraye matire des dites guerres überzeugt werden. Durch das Ausgleichen eines der Kurie generell unterstellten Informationsdefizits, so hoffte man in England, müsse dem Pontifex alleine durch die Kraft der Argumente die Rechtmäßigkeit der eigenen Sache verdeutlicht werden. Ein letztes Mal war dies von englischer Seite anlässlich der Mission Bertrands de Montfavès und Pedro Gomez‘ in England in den Jahren 1338–1339 angeregt worden.141 Hinweise auf eine konkrete Umsetzung des Vorhabens gibt es jedoch nicht. Die Absicht Eduards III. scheint in der Tat zunächst der Versuch gewesen zu sein, Benedikt XII. von der Rechtmäßigkeit seines bewaffneten Kampfes zu überzeugen. Gleichzeitig initiierte der englische König eine komplexe Bündnispolitik mit den Flamen sowie Kaiser Ludwig dem Bayern,142 was sich in der Übertragung des Reichsvikariates in Koblenz am 5. September 1338 niederschlug.143 Der Abschluss von Waffenruhen Eduards III. mit Philipp VI. wiederum hatte in der Frühphase des Krieges die Funktion, einen zeitlichen Puffer für die nur schleppende, englische Militärlogisitk zu schaffen.144 Im Jahre 1337 begründete Eduard seinen Widerstand gegen die Konfiszierung Aquitaniens durch Philipp VI. als einen Akt der Selbstverteidigung angesichts der Unterstützung schottischer Rebellen durch den französischen König sowie der Bedrohung der englischen Küste durch Philipps ursprüngliche Kreuzzugsflotte.145 Eduards defensive Apologetik wandelte sich kurz darauf zu dem offensiven Vorwurf der Usurpation des französischen Throns durch seinen als Philipp von Valois bezeichneten Kontrahenten.146 141 [L]es mariners Dengleterre & daillours de la seignurye le dit roi Dengleterre avoient enpris les

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charges de moustrer au dit pape & au college des cardinaux susditz la verray matire des dites guerres & les remedes necessaires a ferme pees (London, PRO C 47/30/6 N. 13). Vgl. Menzel, Zeit der Entwürfe, S. 183 ff.; P. Schmid, England. Bayerns Blick nach Westen: Ludwig der Bayer und König Eduard III., in: Alois Schmid; Katharina Weigand, Bayern – mitten in Europa. Vom Frühmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, München 2005, S. 75–91; Thomas, Ludwig der Bayer, S. 315–322; Sumption, Trial by Battle, S. 197–200, 217 f., 240, 362 sowie strukturgeschichtlich Andre, Ein Königshof auf Reisen, S. 198–210. Vgl. Ebd., S. 210–218. Vgl. hierzu Sumption, Trial by Battle, S. 283 f, 380 ff., 385 ff., 398 ff. Die Diplomatie Papst Benedikts XII. in diesem Kontext wurde daher von Eugène Déprez als nichtintendierte, indirekte englische Kriegsbegünstigung bewertet. Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 119, 203, 303, 307 und bes. 401 ff. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1004 (17. Oktober 1337). Die Rhetorik Eduards III. sowie seine Titulierung Philipps VI. in den ersten Kriegsjahren war nicht einheitlich. Dennoch lässt sich eine gewisse Zuspitzung feststellen: Vgl. Per quarum alteras vestra benignitas pacem ineundam cum domino Philippo, Regem Franciae se dicente, nobis curavit (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1004 (17. Oktober 1337); domino Philippo Rege Franciae illustri, consanguineo nostro carissimo, (Ebd., S. 1044, 21. Juni 1338); [Benedikt XII.] dolens gravem commotionis seu guerrae materiam inter dominum Philippum de Valesio, consanguineum nostrum (Ebd., S. 1065 (14. November 1338) mit Ad tractandum de pace, inter quemcumque Regem, seu Reges, principem, seu principes catholicos & nos, ineundâ, & ad alia faciendum, quae in dictis litteris continentur, specialem commiserimus potestatem, ne dicti, archiepiscopus, episcopi, seu alii, in dictis litteris nominati, vel eorum aliquis, [...] cum domino Philippo de Valesio, tanquam eum Rege Franciae (Ebd., S. 1066, 16. November 1338); Iidem archiepiscopus, episcopi, [...] habent consimile procuratorium ad tractandum cum excellentissimo principe, domino Philippe, Rege Franciae illustri, (Ebd., S. 1068 (Keine Datierung, vermutlich Dezember 1338); Noveritis quod,

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Die Versuche des Königs und seiner Gesandten den Papst von der Rechtmäßigkeit seines lehensrechtlichen wie dynastischen Zwistes zu überzeugen, wurden von Benedikt XII. und später auch seinem Nachfolger Clemens VI. mit traditionalen wie juristischen Argumenten pariert.147 So lehnte Clemens VI. im Herbst 1343 die englischen Forderungen während eines kleineren Friedensgipfels in Avignon mit einer dreiteiligen Begründung ab: 1) Die nähere Verwandtschaft möglicher Thronprätendenten auf männlicher Linie; 2) die mangelnde Thronfolgeberechtigung Isabellas von Frankreich sowie 3) die auch dynastische Verbindlichkeit der ligischen Mannschaft in den Jahren 1329 und 1331.148 Allein die Notwendigkeit der Diskussion des Anspruchs in der kurialen Korrespondenz bereitete indes eine kommende Verhandlungslösungen vor.149 Vermutlich angesichts des erwähnten Drucks hielt es der Papst für erforderlich, seit August 1338 seine Überparteilichkeit herauszustellen, indem er verdeutlichte, dass er und seine Nuntien in Zukunft non ut superiores[,] sed ut communes amicos et tractatores laboraturos150 beziehungsweise non tanquam judices vel arbitros, sed velut mediatores et amicos communes agieren wollten.151 Durch seine theoretische wie praktische Lösung

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ad instantiam reverendorum patrum, P. tituli Sanctae Praxedis presbiteri, & B. Sanctae Mariae in Aquiro diaconi cardinalium, ad procurandum pacem inter dominum Philippum de Valesio, pro Rege Franciae se gerentem (Ebd., S. 1084, 1. Juli 1338) – Hervorhebungen durch den Autor. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1086 f. (16. Juli 1339), 1107 (keine Datierung, Jahresanfang 1340), 1109 f. (Öffentlicher Kronanspruch, 1340) mit der Zurückweisung durch den Papst mit dem Argument des Ausschlusses einer Vererbung auf weiblicher Linie sowie der Gültigkeit von Eduards homagium gegenüber Philipp VI.: Siquidem certum et indubitatum asseritur quod cum consuetudo hactenus inconcusse servata successionem ad regnum Francie per femininam lineam non admittat, tibi qui, ut nosti, de stirpe domus Francie descendisti ex feminina linea, dicitur successio non debere, […] quod carissimo in Christo filio nostro Philippo rege Francie illustri regnante, qui per multos annos tanquam rex Francie regnum pacifice tenuit et possedit, et cui tu sicut tali pro terris infra dictum regnum ad te pertinentibus, fidelitatem et homagium ligium faciendo, eum in regem Francie tuumque dominum pro terris recognovisti predictis, te regem Francie facias nominari (Benoît XII (France, N. 699 (5. März 1340). Vgl. Adam Murimuth, S. 147; Déprez, Les préliminaires, S. 226–232. Vgl. Benoît XII (France), N. 787 (27. Oktober 1340), 801 (21. Dezember 1340). Si quidem, licet dudum videntes periculosam nimis dissensionem inter reges ipsos suscitari et obviare periculis ex illa imminentibus cupientes, ad ea que clausula ipsa continet nos obtulerimus non ut superiores sed ut communes amicos et tractatores laboraturos fideliter et solerter, idem tamen rex Francie recusavit recipere illam viam, quamobrem refricare sibi modo quod ipse tunc recusavit, ut premittitur, non vidimus expedire, nec nos qui variis aliis negociis arduis sumus continue prepediti ad suscipiendum illud onus, sponte voluimus nos offerre (Benoît XII (France), N. 481). Benoît XII (France), N. 644 (21. September 1339). Kamp hält den Ursprung dieser konkreten Formulierung letztlich für ungewiss. Anhand des früheren Auftauchens einer ähnlichen Passage kann jedoch auf eine Genese der neuen ‚Formel‘ am päpstlichen Hof in Avignon geschlossen werden: Si quidem, […], ad ea que clausula ipsa continet nos obtulerimus non ut superiores sed ut communes amicos et tractatores laboraturos fideliter et solerter, idem tamen rex Francie recusavit recipere illam viam (Benoît XII (France), N. 481 (9. August 1338). Die Einstellung Benedikts ist von Déprez und Chaplais vorschnell mit einer passiven Grundhaltung gleichgesetzt worden. Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 254; Chaplais, Règlement, S. 286 ff.

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eines erstmals vor 40 Jahren anlässlich der Friedenspolitik Bonifaz‘ VIII. angestoßenen Problems gelang es dem Pontifex, dem Begriff des Vermittlers im Mittelalter eine neue Qualität zu verleihen, welche auch für seine Nachfolger Gültigkeit besitzen sollte.152 Dieser Entschluss wirkte sich zudem, wie noch zu zeigen sein wird, beim Arrangement von Friedensgipfeln sowie bei der künftigen „Legatenpolitik“153 der Päpste aus. Benedikt gelang es, die Kampfhandlungen der Jahre 1337 bis 1339 durch breit gefächerte Gesandtschaften einzudämmen.154 Methodisch musste sich die kuriale Friedenspolitik erst noch etablieren: Nachdem seine Gesandten während ihrer Friedensmission nach England zunächst auf Widerstand gestoßen waren, setzten sie zunächst eine Waffenruhe unter Androhung der Exkommunikation durch.155 Als der englische König diese jedoch brach und mit seiner Streitmacht über den Ärmelkanal setzte, war der Papst vor die Entscheidung gestellt, ob seine Kardinäle Eduard III. nun gemäß ihrer Vollmachten bannen und das Inselreich unter ein Interdikt stellen sollten. Benedikt entschloss sich gegen diesen Schritt, weil er nicht mit der von ihm angestrebten Stellung als neutraler Vermittler in Einklang zu bringen war.156 Inwieweit Überparteilichkeit mehr bedeuten konnte, als rein 152 Siehe insbesondere Kapitel A) II. 1. und B) II. 2. a) 153 Siehe Kapitel C) IV. Zum Begriff vgl. C. Zey, Zum päpstlichen Legatenwesen im 12. Jahrhundert:

Der Einfluß von eigener Legationspraxis auf die Legatenpolitik der Päpste am Beispiel Paschalis‘ II., Lucius‘ II. und Hadrians IV., in: E. Dieter Hehl (Hrsg.), Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts, Stuttgart 2002, S. 243–262 sowie demnächst: Dies., Die päpstliche Legatenpolitik im 11. und 12. Jahrhundert (Habilitationsschrift im Druck). 154 Der Papst agierte durch drei Gesandtschaften. Dabei handelte es sich im November 1336 zunächst um eine niederrangige Verhandlungsgesandtschaft bestehend aus dem Genter Archidiakon Philippus de Cambarlhaco. Der päpstliche Nuntius sollte unter anderem Eduard III. zur Ausweisung Roberts von Artois drängen. Vgl. Benoît XII, (France), N. 238, 241, 242, 264; Benoît XII (Étranger), N. 1155–58; Lunt, Financial Relations, Band 2, S. 624. Am 24. Juni 1337 bat Benedikt die Erzbischöfe von Guillelmus von Sens und Petrus von Rouen (Pierre Roger/Clemens VI) um ihre Vermittlung. Vgl. Benoît XII (France), N. 335, 342. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine hochrangige Verhandlungsgesandtschaft der Kardinalbischöfe Pedro Gomez von St. Praxedis und Bertrand de Montfavès von St. Maria in Aquiro angekündigt, jedoch noch nicht am Zielort. Vgl. Benoît XII (France), N. 305–334 (24. Juni 1337). Zur falschen Datierung Daumets auf den 23. Juni siehe bereits Kapitel A) I. Anm. 2. Der Papst selbst ließ sich durch seinen, zu diesem Zweck als apostolischem Nuntius ernannten Kaplan, Petrus von Burgund, vom Voranschreiten der Verhandlungen unterrichten. Vgl. Benoît XII (France), N. 336 (8. August 1337). 155 Vgl. Chaplais (Hrsg.), English Medieval diplomatic practice, Band 1, S. 288 [N. 154]; Rogers, War, S. 144 ff.; Sumption, Trial by Battle, S. 218. Bereits am Jahresende 1337 versprach Eduard III. die Verschiebung seiner geplanten Invasion auf das französische Festland bis Anfang März 1338. In seinem Schreiben vom 24. Dezember 1337 betonte Eduard III., dass die Verschiebung der geplanten Invasion aufgrund der Vermittlung des Papstes und seiner Nuntien erfolgt sei. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1007, 1009. Während einer Parlamentssitzung im Februar verlängerte der englische König den Waffenstillstand erneut bis zum Fest Johannes’ des Täufers (24. Juni) 1338. Gleichzeitig bereitete er aber eine Kriegsflotte für einen Militärschlag im kommenden April vor. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1014 f.; Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 37 ff. 156 Vgl. Benoît XII, N. 537 (29. November 1338); Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 44 ff., 51 f.; Déprez, Les préliminaires, S. 203.

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passiv Kontakte zwischen beiden Kontrahenten aufrecht zu erhalten, entschied Benedikt situationsabhängig. Wies der Papst seine Repräsentanten zeitweilig noch dazu an, als diskrete Arrangeure bilateraler Gespräche der Kontrahenten in Erscheinung zu treten und suchte eine direkte Form der Vermittlung zu vermeiden, so widerrief Benedikt im November 1338 seine früheren Anweisungen und sprach den beiden Kardinalnuntien Pierre Bertrand und Pedro Gomez nun eine aktivere Gesprächsführung und damit ein erkennbar größeres diplomatisches Kapital zu.157 Die Notwendigkeit der Korrelation divergierender Verhandlungsoptionen seiner Kontrahenten ließen auf der Seite Benedikts schon bald ein stringenteres Vorgehen ratsam erscheinen. Die Grenze zu einer aktiven Form der Vermittlung war damit an der Kurie bereits vollzogen.158 Da der Papst aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nur in Avignon verhandeln konnte, mussten Friedensgespräche an anderen Orten zwangsläufig von apostolischen Nuntien durchgeführt werden. Der Pontifex alleine verfügte bei Ausbruch des Krieges noch nicht über das diplomatische Kapitel, die Gegner zu Verhandlungen in Avignon zu laden, sondern musste sich nach den Wünschen der Könige richten.159 Am 25. September 1340 kam es ein letztes Mal in unserem Untersuchungszeitraum zu einer erfolgreichen Konfliktintervention einer weiteren Partei als der römischen Kurie, nämlich durch die bereits erwähnte Schwester Philipps VI. und Schwiegermutter Eduards III., Gräfin von Hennegau und zu diesem Zeitpunkt bereits Äbtissin von Fontenelles, Johanna von Valois (†1352).160 Es lohnt sich an dieser Stelle auf den Fall näher einzugehen, 157 Quamvis in quibusdam aliis litteris per nos vobis directis specialiter sit expressum nostre inten-

tionis et voluntatis non esse quod super tractatu reformationis pacis inter carissimos in Christo filios nostros .. Francie et .. Anglie reges illustres invicem dissidentes solicitudini vestre commisse, partibus seu tractatoribus deputatis vel deputandis super hoc offerretis nos reformationis ejusdem negotium suscepturos in nobis, sed si offerretur ab eis sub certis modis per vos recipere nostro nomine volebamus, […] pro ea non respueremus anxios et intollerabiles etiam subire labores; propter quod premissis vobis alias scriptis, ut prefertur, non obstantibus, nos cum Illius auxilio qui vera pax est, suscepturos labores hujusmodi, si, quando et prout honori nostro et Ecclesie ac vobis et negotio de quo agitur expedire, previa deliberatione cognoveritis, offeratis (Benoît XII (France), N. 528 (17. November 1338). 158 Vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 9. 159 Auszug aus den internen Aufzeichnungen des apostolischen Nuntius Guilelmus Amici hinsichtlich der Unterbreitung möglicher Verhandlungsvorschläge: Et si ista via non placeret, quod sanctitas vestra vult laborare in propria persona, et quod rex mittat personas pacis et concordie zelatrices, […] sic quod pacis ordinatio efficaciter observetur, dicteque persone possent compromittere in sanctitatem vestram ut in privatam personam, sed quod sanctitas vestra posset ut superior compellere ad observationem pacis. Et si via ista non placeret, sanctitas vestra, cum non possit accedere quia processit in diebus suis et quia debilis in tibiis propter longam infirmitatem quam passus fuit, et etiam occurreret magna perplexitas circa locum in quo maneret, et locus in quo manet sit satis propinqus et communis, mittet solennes nuncios si placet regi. Oporteret autem quod si per aliquam de viis predictis tractatus haberetur, quod hinc et inde guerra cessaret (Benoît XII, N. 763). Zur Gesundheit der Päpste von Avignon allgemein vgl. Bagliani, Der Leib des Papstes, S. 180 ff.; Guillemain, La cour pontificale, S. 113 ff.; Bagliani, Der Leib des Papstes, S. 180 ff. 160 Siehe Kapitel A) III. 2. f) mit Quellen und weiterer Literatur.

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da aus ihm allgemeine Erkenntnisse über zeitgenössische Praktiken der Konflikteindämmung gewonnen werden können. Als vergleichende Schablone erweitern diese auch unser Verständnis der Grundvoraussetzungen und Verfahrensweisen der kurialen Diplomatie. Dies ist im konkreten Beispiel umso mehr der Fall, als die Witwe des drei Jahr zuvor verstorbenen Grafen nach ihrem Eintritt in das Zisterzienserkloster Fontenelles bei Valenciennes selbst in die geistliche Sphäre übergewechselt war und als ausgesprochen fromm galt.161 Ihr symbolisches Kapital war also in religiöser Hinsicht zumindest zeitweilig und situationsabhängig dem der Päpste angenähert. Eduard III. begann seine Belagerung von Tournai mit Hilfe seiner Koalition niederländischer Verbündeter am 1. August 1340.162 Ein weitaus stärkeres, französisches Heer rückte heran, so dass Eile geboten schien. Nachdem sich die Verteidigung der gut befestigten Stadt als hartnäckiger erwiesen hatte wie erwartet, war Eduard III. zum ersten, aber nicht zum letzten Mal vor die Entscheidung gestellt, ob er sich zum Kampf gegen ein französisches Heer stellen oder auf die baldige Einnahme einer in Kürze ausgehungerten Stadt hoffen sollte. Nachdem sich seine Verbündeten, darunter vor allem der Herzog von Brabant, als nur wenig zuverlässig erwiesen hatten und auf ihre seit längerem überfällige Bezahlung bestanden, wurde eine dritte Alternative in Form der Annahme der Vermittlung seiner Schwiegermutter Johanna greifbar. Ähnlich wie zahlreiche apostolische Nuntien nach ihr, versuchte sich die Gräfin zunächst mit der Führung von Sondierungsgesprächen. Nachdem sie zunächst ihren Bruder Philipp zur Aufnahme von Gesprächen und zur Entsendung von Unterhändlern überzeugt hatte, entschloss sich Eduard nach einer desillusionierenden Ratsversammlung seiner Bündnispartner163 zur Eröffnung von Waffenstillstandsverhandlungen. Diese begannen schließlich am 23. September 1340 in einer kleinen Kapelle bei Esplechin in der Mitte zwischen beiden Heeren und waren drei Tage später mit dem Abschluss eines Waffenstillstands beendet, der nach einer Verlängerung im darauffolgenden Jahr insgesamt zwei Jahre währen sollte.164 In Abschriften der Bibliothèque national de France enthaltende erzählende Quellen gehen von einer lückenlosen Fortsetzung der Friedensbemühungen durch die Kurie nach dem Ausscheiden der Gräfin aus ihrer Vermittlerrolle aus.165 161 An der Frömmigkeit und Rechtschaffenheit der als sanctissima et nobilissima geltenden sowie als

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bonne dame bezeichneten Gräfin besteht in den Chroniken kein Zweifel. Vgl. Jean le Bel, Band 1, S. 202; Gilles li Muisit, S. 133; Froissart (BN, A/B SHF), S. 334. Vgl. im Folgenden Gilles le Musit, S. 133 ff.; Jean le Bel, Band 1, S. 202 ff.; Chronographia regum francorum, S. 152 f.; Rogers, War, S. 195–216; Sumption, Trial by Battle, S. 354–360; DeVries, Contemporary Views, S. 70–105 [Kapitel IV]. Als größter Unsicherheitsfaktor gilt der Herzog von Brabant, welcher zudem über die Ermordung eines seiner Ritter durch den einflussreichen Genter Kaufmann Jacques d’Artefelde erbost war. Eduard wurde vor einer möglichen Desertation seiner Verbündeten gewarnt. Vgl. Chronographia regum francorum, S. 152 f.; Jean le Bel, Band 1, S. 207 f. Vgl. Rymer (Hrsg.), Band II, 2, S. 1135 ff. (25. September 1340), 1177 (27. September 1341); Gilles li Muisit, S. 133. In consequence du traité fait a la chapelle d’Esplotin en 1340. on l’on estoit convenu d’une treve d’un an entre la France et l’angleterre, clement 6, envoya pour legats le cardinal de naples et le cardinal de clermont, lesquels vindrent a paris ou il furent fort bien receus du roy – puis vindrent a

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Bei einer näheren Analyse des Vermittlungsvorganges ist augenfällig, dass die Gräfin bei der Aufnahme der Sondierungsgespräche zunächst eines männlichen Fürsprechers166 bedurfte und ihr Anliegen in einem fortgeschritteneren Stadium durch den massiven Einsatz symbolhafter Handlungen wie der Proskynese und des Einsatzes von Tränen gegenüber den engstens mit ihr verwandten Verhandlungspartnern vorbrachte.167 Auch ist festzuhalten, dass Johanna schließlich erfolgreich war. Im Folgenden ist daher auf die Grundbedingungen zu achten, unter denen auch kuriale Vermittlungsversuche in der Darstellung chronikalischer Berichte erfolgreich sein konnten.168 Bereits jetzt kann betont werden, dass die Päpste von Avignon eine stringentere Friedenspolitik betrieben. Dies zeigen nicht zuletzt ihre bereits erwähnten, prinzipiellen Versuche einen abgeschlossenen Waffenstillstand sogleich in einen dauerhaften Friedensvertrag (pax finalis) umzuwandeln.169 Der Tod Benedikts XII. am 25. April 1342 machte jedoch den Plan eines größeren Friedensgipfels vorerst zunichte. Erst Benedikts Nachfolger, Clemens VI., sollte es nach dem Eingreifen seiner Gesandten im Bretonischen Erbfolgekrieg (1341–1365)170 gelingen, am 19. Januar 1342 bei Malestroit einen Waffenstillstand herbeizuführen, der bis auf drei Jahre verlängert werden konnte.171 Die Kontrahenten beschlossen darin, bis zum kommenden Fest Johannes des Täufers (24. Juni 1343) hochrangige Kronadelige mit ausreichenden Vollmachten zur Kurie von Avignon zu entsenden um in der Gegenwart des Papstes jegliche Kontroversen und Zwistigkeiten

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arras, que les rois de France et dangleterre avoint choisi pour y traicter de la paix (Paris, BN ms. fr. N. 20980, f. 19). Vgl. Nach le Bel und Froissart handelte sich bei diesen um den in beiden Heerlagern geschätzten Louis d’Agimont sowie König Johann von Böhmen. Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 334 mit Anm. 2. In der Chronographia regum francorum wird Johannas und Philipps Bruder Charles d’Alencon für ausschlaggebend für die Anbahnung von Kontakten mit der französischen Seite gehalten. Zur Genese der Institution des Fürsprechers im Frühmittelalter vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 63–128. Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 334; Chronographia regum francorum, S. 158. Siehe als einziges, durch Quellen auf vergleichbare Weise dokumentiertes Beispiel die Vermittlung Talleyrands de Périgord im Vorfeld der Schlacht von Poitiers (1356) in Kapitel B) VI. sowie allgemein C) VI. und VII. Vgl. zu diesem Ideal: J. M. Moeglin, A la recherche de la „paix finale“. Guerre et paix dans les relations des rois de France et d‘Angleterre au XIVe siècle: references normatives et pratiques politiques, in: G. Naegle (Hrsg.), Frieden schaffen und sich verteidigen im Spätmittelalter (Pariser historische Studien, Band 98), München 2012, S. 51–82. Vgl. Ehlers, Geschichte Frankreichs im Mittelalter, S. 221 ff.; Sumption, Trial by Battle, S. 370– 375; J. A. Wagner, Art. „Breton Civil War“ in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, London 2006, S. 59–61; R.-H. Bautier, Art. „Bretagne. B. Spätmittelalter“, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 622 f. Publikation des Vertrages in: Adam Murimuth, S. 129–135). Original: Paris, AN J 636 17. Hinsichtlich der Aushandlung des Waffenstillstands vgl. insbesondere: Gilles li Muisit, S. 139 f.; Froissart (Amiens), Band 2, S. 298; Froissart (BN, A/B SHF), S. 450 ff.; Froissart (Rome) S. 591 f. Literatur: Sumption, Trial by Battle, S. 407; J. A. Wagner, Art. „Truce of Malestroit “, in: Ders. (Hrsg.) Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 207 f.

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

zwischen den beiden Königen beizulegen.172 Das symbolische Kapital der Kurie und das diplomatische Kapital des obersten Pontifex war lediglich durch den Passus des Abkommens getrübt, dass sich Clemens VI. darauf zu beschränken hatte, zwischen beiden Seiten zu verhandeln, aber keine Urteilssprüche zu fällen.173 Der Papst bekam von beiden Kriegsparteien also lediglich das Mandat, sich als Vermittler, nicht aber als Schiedsrichter oder Richter zu betätigen. Mit Hilfe der kurialen Vermittler sollten die Gespräche bis Weihnachten 1343 beendet sein.174 Der Vertrag war auch dann einzuhalten, wenn die Vermittlung des Papstes aus irgendeinem Grunde misslingen sollte.175 Inwieweit der Inhalt des Vertrages mit der Wirklichkeit in Übereinklang zu bringen war, wird in den kommenden Fallbeispielen deutlich werden.

II. Avignon (1343–46) als Milieu politischer Entscheidungen Bei dem ersten anglo-französischen Friedensgipfel an der Kurie von Avignon vom September 1344 bis Frühjahr 1345 handelt es sich laut der Encyclopedia of the Hundred Years War um „the most ambitious papal attempt to achieve a negotiated settlement of the Hundred Years War.“176 Auch wenn diesem Urteil angesichts des Vertrages von Brétigny (1360) oder der über zweijährigen Friedensgipfel in Brügge (1375–77) kaum zugestimmt werden kann, sind die Verhandlungen von Oktober 1344 bis Frühjahr 1345 zweifellos der am besten dokumentierte und am sorgfältigsten untersuchte Vermittlungsversuch der Päpste von Avignon. Während die Chroniken mit Ausnahme des im zeitnahen Austausch mit den englischen Delegationsteilnehmern stehenden Adam Murimuth177 kaum aussagekräftig sind, liegt mit der Sammlung von Briefen der englischen Abgesandten und ihres 172 [Q]uod super omnibus controversiis et dissensionibus mittantur aliqui de sanguine dictorum regum

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et aliqui alii ad curiam Romanam, potestatetem habentes concordandi, firmandi et roborandi super praedictis, secundum tractatum domini nostri papae et tractatorum praedictorum (Adam Murimuth, S. 130). Die beiden Kardinäle waren tatsächlich maßgeblich an den späteren Friedensgesprächen an der Kurie von Avignon beteiligt. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 204. Poterunt autem partes rationes suas coram dicto domino papa dicere et proponere, non ad finem decisionis et ferendae sententiae sed melioris tractatus et pacis fiendae (Adam Murimuth, S. 130), zitiert in: Plöger, England and the Avignon Popes, S. 33 mit weiteren Beispielen. Ebd., S. 132. Der Zeitplan der Verhandlungen ist durch den Schreiber der Grandes Chroniques de France missverstanden worden. In diesen heißt es, dass die Gesandten bis zum 8. September 1344 an die Avignonesische Kurie entsendet werden sollten. Dies entspricht zwar dem tatsächlichen Ablauf des Geschehens, nicht aber den Bestimmungen des Vertrages von Malestroit. Vgl. Déprez, La conférence d’Avignon, S. 301–320. Vgl. Adam Murimuth, S. 130. Tatsächlich wurde der Krieg im Jahre 1345 nach den gescheiterten Friedensverhandlungen des Jahres 1344/45 vorzeitig wieder aufgenommen, vgl. J. A. Wagner, Art. „Truce of Malestroit“, S. 208. Siehe Kapitel B) III. Vgl. Überblick in: J.A.Wagner, Art. „Avignon Peace Conference”, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 39. Vgl. Adam Murimuth, S. 159–163.

Avignon (1343–46) als Milieu politischer Entscheidungen

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sogenannten Journal des conférences d’Avignon178 eine vielbeachtete Quelle vor, welche bis heute in politischer wie zeremonieller Hinsicht eine Fundgrube für Analysen darstellt.179 Die Stellung des Papstes als Friedensvermittler wird aus diesem ebenso deutlich wie in groben Zügen die Verhandlungstopographie des Friedensgipfels und die Interaktionsstruktur der englischen Gesandten mit dem Papst und seinen Vermittlern. Nach sieben Jahren intensivster Anstrengungen Benedikts XII. und seines Nachfolgers war es der Kurie gelungen, die Kriegsparteien von der Notwendigkeit von Verhandlungen zu überzeugen und Friedensgespräche vorzubereiten. Spätestens seit Abschluss des Waffenstillstands von Malestroit (1343) war klar, dass ein Friedensgipfel an der Kurie von Avignon stattfinden sollte. Wie aus dem Verhandlungsprotokoll in Avignon hervorgeht, hatten die Kardinalnuntien Eduard III. bei Malestroit zweieinhalb Jahre zuvor weitreichende Versprechungen gemacht und umfangreiche Entschädigungen für einen möglichen Verzicht auf die Krone Frankreichs unterbreitet.180 Im dritten Vertragsartikel war ferner eine Reise nach Avignon zur Durchführung letzter Verhandlungen oder zum Abschluss eines Waffenstillstands vorgesehen gewesen. Wir können in diesem Reiseziel den Zielpunkt der von den Päpsten oft beschworenen viae pacis erkennen. Das offizielle Credo der englischen Abgesandten in Avignon bei der Eröffnung der Gespräche war die Überzeu178 Eine kritische Edition des (schwer lesbaren) Textes der British Library stellt ein unbedingtes Deside-

rat dar. Vgl. London, BL Cotton Cleop. E II f. 36–40 v (Journal), 47–57 (Briefe); Froissart (Edition Lettenhove), Band 18, S. 202–235 (Briefe) 235–256. Vergleichbare Quellen zur Rekonstruktion der französischen Perspektive auf die Verhandlungen existieren für diesen Zeitraum der Verhandlungen nicht. Dies erklärt das Ungleichgewicht sämtlicher bisheriger (und wohl auch künftiger) Darstellungen des Friedensgipfels. 179 Journal und Briefe wurden zuerst im Jahre 1925 von Eugène Déprez als Nachzügler seiner grundlegenden Studie „Les préliminaires da la guerre de Cent Ans“ analysiert. Als Hauptursache für das Scheitern der Verhandlungen sah Déprez die „visées impérialistes“ Eduards III., welche eine Konfliktlösung unmöglich gemacht hätten. Vgl. Déprez, La conférence d‘Avignon, S. 301–320. Diana Wood nutzte die Verhandlungen mehrfach als Beleg der persönlichen, aus seiner Biographie hervorgehenden Parteilichkeit Clemens‘ VI. Diese habe in deutlichem Gegensatz zu dem vom Papst beanspruchten Monopol als alleiniger Friedensstifter bestanden. Vgl. Wood, Clement VI, S. 133–41; Dies., Omnino a partialitate cessante: Clement VI and the Hundred Years War S. 179–189. Ähnlich urteilt Jonathan Sumption in seinem gleichwohl neutralen Überblick in: Sumption, Trial by Battle, S. 436–44. Karsten Plöger dienten das Journal und die Briefe der Abgesandten zusammen mit der verfügbaren Korrespondenz zwischen Avignon und Westminster sowie ausgesuchten Quellen des Public Record Office der Jahre 1343–45 gar zu einer konzisen diplomatischen und prosopographischen Fallstudie. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 29–38 (Überblick), 125–36 (Organisation und Freie Geleite), 181–89 (Vollmachten und Kommunikationsmittel), 198–208 (Fragen des Protokolls und des Zeremoniells). Die diplomatischen Chancen und Grenzen des Papstes während der Verhandlungen sowie den Einfluss des Kardinalskollegs auf die Gespräche untersuchte scharfsinnig: Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 161–184. Gegenüber der bisherigen Forschungsmeinung (insbes. Déprez) kritisch äußerte sich Jean-Marie Moeglin, der in einem überzeugenden Essay die Entwicklung der „Realpolitik“ Eduards III. nachvollzog und die mittelalterlichen Verhandlungsnormen präzisierte. Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 255–276; Ders., Négocier pour concilier (in Vorbereitung). 180 Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 242; Adam Murimuth, S. 148.

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gung ihres Königs, dass unter Clemens’ Vermittlung besser als durch die jedes anderen ein guter Friede abgeschlossen werden könne.181 Aufgrund zahlreicher Verzögerungen begann der ursprünglich für den 24. Juni 1343 angesetzte Friedensgipfel schließlich erst Ende September 1344.182

1. Überblick über die Verhandlungen in Avignon (1344–1345) Die englische Delegation erreichte Avignon am 3. September 1344.183 Damit waren die Gesandten Eduards III. anderthalb Monate eher in der Rhônestadt angekommen als ihre französischen Kollegen, die nach dem Zeugnis der Engländer am Fest des Evangelisten Lukas, dem 18. Oktober nach Avignon gekommen waren.184 Die Zeit bis zum eigentlichen Beginn des Friedensgipfels nutzten die englischen Gesandten zur Verdeutlichung ihrer Verhandlungsposition. Die Rechte Eduards III. auf die Krone Frankreichs sollten proklamiert, aber auch auf eine Wiedergutmachung der Verletzung des Vertrages von Malestroit (1343) durch die Franzosen bestanden werden. Ein Friedensschluss (peis finale) auf der Grundlage dieser Bedingungen war ebenfalls englisches Verhandlungsziel.185 Die Problematik der Vertragsbrüche des Prätendenten um den Titel des Herzogstitels der 181 Et tunc diximus quod dominus rex fuit et est bonae spei quod per mediationem Sanctitatis Suae plus

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quam per aliam personam mundi invenirentur via bonae pacis (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 236). Als Ursache gilt eine gezielte Politik der Obstruktion des bereits an eine Neuaufnahme des Krieges denkenden Eduards III. Dies drückte sich durch die Entsendung von unbedeutenden Gesandten und sein übertriebenes Bestehen auf freie Geleite an die Kurie aus. Die Widerstände konnten von Clemens VI. schließlich durch eine aufwändige Überzeugungsarbeit und Koordination zwischen den Königen von England und Frankreich überwunden werden. Vgl. Plöger, Die Entführung des Fieschi, S. 97–105. Die englische Delegation wurde angeführt durch den Bischofselekten von Norwich, William Bateman und den königlichen Privatsekretär und Dekan von Lincoln, John Offord. Ersterer sollte zu einem der bedeutendsten Diplomaten Eduards III. in den 1340er und 1350er Jahren werden. Sie wurden begleitet durch Ritter Hugh Neville, den Kanzleikleriker Andrew Offord und den ehemaligen englischen Prokurator und Genueser Agenten Nicolino Fieschi. Vgl. Adam Murimuth, S. 156; Sumption, Trial by Battle, S. 437. Bei den französischen Gesandten handelte es sich um den Dekan von Paris und 1342 zum Bischof von Clermont gewählten Pierre André, den Großenkel Ludwigs IX., Louis d’Espagne, Ludwig von Poitiers und Parlamentspräsident Simon de Bucy. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 225; Zu Pierre André vgl. Histoire genealogique et chronologique de la maison royale de France, Band 2, Paris 1726 [ND New York/London 1867], S. 401; Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 192. Zu Ludwig von Poitiers vgl. Art. „Poitiers, comtes“, in: Dictionnaire de la Noblesse, hrsg. von D. und B. de la Chenaye, Band 16, Paris 31870 [ND Nendeln 1909], Sp. 4; zu Ludwig d’Espagne, vgl. Art. Espagne (Louis d’), in: Dictionnaire historique de France, hrsg. von Ludovic Lalanne, Band 1, Genève 1977, S. 714; Sumption, Trial by Battle, S. 437. [J]eo purposay vos bosoignes en melioure manère que jeo savoie et com Dieu le me dona, et fust la matire de ce journée en espécial des attemptats contre les treuves prises en Britaine et auxint de peis finale (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 203 (Brief vom 14. September 1344).

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Bretagne, Karls von Blois,186 wurde von Clemens VI. zunächst zur Zufriedenheit der Abgesandten zur Kenntnis genommen. Es folgte eine Ermahnung Karls seitens des Papstes bzw. die Weiterleitung eines Briefes der Bevollmächtigten Philipps VI. an die englischen Nuntien. a) Der Doppelcharakter der Verhandlungen und der englische Pfründenstreit In der zu Beginn gastfreundlichen, später aber angespannten Atmosphäre wurden zudem auch die schwelenden Auseinandersetzungen zwischen Kurie und England hinsichtlich der päpstlichen Provisionen thematisiert. Die Initiative zur Thematisierung des Pfründenstreits stammte offenbar von den Engländern selbst.187 Seit dem Erlass der Ordinance of Provisors von 1343 durch die Lords und Commons drohte allen Prokuratoren in England die Verhaftung, wenn sie englische Pfründen auf der Grundlage einer päpstlichen Provision für sich oder einen ihrer Klienten beanspruchen wollten.188 Die verschärften Maßnahmen Eduards III. in dieser Angelegenheit wie etwa die Verhaftung von Unterhändlern zweier Kardinäle Clemens‘ VI. in England sorgten ebenso für Konfliktstoff wie das Verlesen einer Protesterklärung Eduards III. im Konsistorium am 12. November 1345. Diese war zudem in bewährter Manier an Kirchenpforten – in dem Fall der Kirchen St. Paul in London und Westminster Abbey – angeschlagen worden.189 Zwei apostolische Nuntien wurden daraufhin vom Papst zur Untersuchung dieses Vorfalles entsandt. Den englischen Delegierten in Avignon trugen ihre Vertrauten, die sie trotz ihres isolierten Zustandes an der Kurie hatten, die Warnung zu, dass ein hohes Kurienmitglied sich dafür ausgesprochen habe, im Falle einer neuerlichen Verhaftung apostolischer Nuntien in England den Gesandten Eduards dasselbe Schicksal angedeihen zu lassen.190 Sogar eine Exkommunikation König Eduards oder ein Interdikt über England schwebten im Raum.191 Die prakti186 Letztere Ansprüche waren die Auslöser des Bretonischen Erbfolgekrieges gewesen, in welchen Edu-

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ard III. und Philipp VI. im Jahre 1342 eingegriffen hatten. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 370– 410. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 203 f. Zum gespannten finanziellen Verhältnis zwischen dem Königreich England und der Kurie vgl. W. E. Lunt, Financial relations of the papacy with England, 1327–1534, Cambridge, Mass. 1962, S. 307–79; Ders., Financial relations of the papacy with England to 1327, Cambridge, Mass. 1939. Zusammenfassung in: Favier, Les Papes d’Avignon, S. 413–17; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 42–53; Mollat, The Popes at Avignon, S. 257–68; Haller, Papsttum und Kirchenreform, S. 375–479. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 43 f.; A. D. M. Barrel, The Ordinance of Provisors of 1343, in: Historical Research. The Bulletin of the Institute of Historical Research, 64 (1991) S. 264–277. Dies ging aus dem Text eines Schreibens Eduards III. an seinen Klerus vom 20. Januar 1344 hervor: Adam Murimuth, S. 153 f. Praemunitus sum etiam per unum dominum et amicum quod unus maximus homo debuit heri dixisse in consistorio haec verba: ‘Si isti prelati qui mittuntur in Angliam in ambassatia, non recipiantur et capiantur, faciemus illud idem de suis qui in curia hic existunt’ (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 228 (Brief vom 12. November 1344). Ebd., S. 207, 213 (Briefe vom 14. September und 18. Oktober 1344).

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sche Vermischung der beiden thematisch voneinander unabhängigen Verhandlungsebenen ist von der Forschung oft als Kompromittierung des Papstes in seiner Eigenschaft als Friedensstifter interpretiert worden. Wood sieht darin eine Belastung des Friedensgipfels sowie einen Ausdruck der französischen Parteinahme Clemens VI.: „In any case, it was virtually impossible to separate the ‚unofficial’ peace discussion from the other affair being thrashed out ‚officially’ by the Pope and the English envoys, that of papal provisions“.192 Ebenso sieht Lützelschwab den Papst „in die Defensive gedrängt und seine Rolle als unparteiischer Vermittler in Frage gestellt.“193 Angesichts der von Clemens während der anglo-päpstlichen Verhandlungen beanspruchten Suprematie und Lehensherrschaft gegenüber dem englischen König sei „die Rolle des Papstes als unparteiischer Vermittler ad absurdum geführt.“194 Sumption urteilt lakonisch: „Clement VI himself was a smooth diplomat, but it was not easy for him to present himself as an impartial arbiter to a government which he was denouncing as the worst oppressor of the Church since the days of Thomas Becket.”195 Auch wenn die beiden Verhandlungsebenen letztlich chronologisch wie inhaltlich getrennt verliefen, beurteilten bereits die englischen Gesandten die rasche Beilegung der kirchenfinanziellen Spannungen als entscheidend für den Erfolg der Friedensgespräche.196 Gleichwohl muss festgehalten werden, dass die beklagte Vermischung beider Sphären in Avignon weniger der Parteinahme Clemens‘ VI. sondern den Spezifika der spätmittelalterlichen Diplomatie geschuldet war: Nicht nur die Diplomaten Eduards III. fuhren ‚zweigleisig‘, sondern auch die Nuntien der Kurie hatten häufig in Doppelfunktionen als Friedensvermittler sowie Vollstrecker der päpstlichen Finanzpolitik bzw. als Eintreiber der ihnen zustehenden Prokurationsgelder tätig zu werden.197 Was ihre jeweiligen Auftraggeber anbelangt, konnte es hierbei sogar zu Seitenwechseln kommen. Päpstliche Gesandte wie William Bateman oder Simon Sudbury etwa kamen in die Dienste Eduards III. und wurden schließlich ranghohe Prälaten.198 Allein der Aufenthalt der englischen Gesandtschaft in Avignon brachte deren Verstrickung in sämtliche laufenden Problemfelder mit sich. Dies bedeutete aber noch nicht, dass die Friedensvermittlung vernachlässigt worden wäre: Am 25. Februar 1345 zeigte sich Eduard III. schließlich kompromissbereit und ließ päpstliche Provisionen unter bestimmten Bedingungen zu.199 Sein Einlenken ging freilich keineswegs mit einem Fortschritt des anglo-französischen Friedensgipfels einher. 192 193 194 195 196

Wood, Clement VI, S. 133. Lützelschwab Flectat Cardinales, S. 166. Ebd., S. 172. Sumption, Trial by Battle, S. 438. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 212, 219, 224 f. (Briefe vom 18. und 28. Oktober 1344 oder ohne Datierung). 197 Vgl. Quinto die ante natale Domini venerunt duo cardinales in Angliam pro concordia facienda inter reges Angliae et Franciae, et quolibet die ceperunt de ecclesia Anglicana l. marcas pro suis expensis (Henry Knighton, S. 2). Vgl. Adam Murimuth, S. 81 f.; Benoît XII, N. 304 (23. Juni 1338); Innocent VI, N. 2023; Grégoire XI, 580, 1040. Siehe Kapitel C) IV. 198 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 94 f. 199 Ebd., S. 48 f.

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b) Der anglo-französische Friedensgipfel (22. Oktober 1344 – 29. November 1344) Die erste Phase der Friedensgespräche begann am 22. Oktober 1344 mit einer Reihe isolierter Vorladungen der englischen Gesandtschaft vor dem Papst in Gegenwart sechs ausgesuchter Kardinäle200 und war bereits sechs Tage später mit der Übertragung der Vermittlung auf Annibaldo Ceccano und Pierre Desprez beendet. Beide Gesandtschaften verhandelten unabhängig voneinander mit Clemens, der für den Austausch zwischen beiden Seiten sorgte. Bis jetzt waren lediglich erste Sondierungsgespräche und die Kenntnisnahme der beiderseitigen Positionen erfolgt. Die Engländer proklamierten demonstrativ den englischen Anspruch auf die Krone Frankreichs und versuchten dem Pontifex klar zu machen, dass von dieser Forderung auch das Gelingen des Friedensschlusses abhing.201 In zweiter Instanz sollte dann, wie erwähnt, die französischen Vertragsbrüche in der Bretagne geklärt werden. Dieses Anliegen Eduards III. ist durchaus ernstzunehmen. Der Versuch des Papstes Karl von Blois an die Kurie von Avignon vorzuladen, scheiterte Ende Oktober an der erneuten Aufnahme von Kampfhandlungen in dem umstrittenen Herzogtum.202 Da Clemens bereits von der französischen Delegation erfahren hatte, dass eine Diskussion über die Krone Frankreichs mit deren Vollmachten unvereinbar war, schlug er vor, den Thronanspruch einstweilen ruhen zu lassen und sich greifbareren Konfliktlösungsvorschlägen zuzuwenden. Aus einer gewissen Tradition heraus stellte sich der Pontifex ein Heiratsbündnis, aber auch Gespräche über das Herzogtum Aquitanien vor.203 Es sollte sich rasch zeigen, dass die Verhandlungsvollmachten beider Gesandtschaften auch in diesem Punkt nicht kompatibel waren: Während es für die Engländer nur um die Restitution eines vollständigen Aquitaniens unter der vollen Souveränität vor dem Krieg von Saint-Sardos (1324) gehen konnte, galten den Franzosen große Teile dieses 200 Neben den Vermittlern von Malestroit, Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano, befanden sich da-

runter Pedro Gomez, einer der Nuntien Benedikts XII. aus den Jahren 1337–38, sowie Gaucelme de Jean, Raymond de Farges und Bertrand de Deux. Mit Ausnahme letzterem hatten sich alle Kardinäle entweder als Diplomat in Englandangelegenheiten einen Namen gemacht oder verfügten über besonders enge, auch finanzielle Beziehungen mit dem Inselreich. Lützelschwab vermutet jedoch nicht unbegründet, dass ihr Anteil an den laufenden Gesprächen „lediglich in ihrer Anwesenheit bestanden zu haben [scheint]“ (Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 165–169). 201 [E]t diximus quod alias in tractatu ultimo habito coram eo super reformatione pacis constabat sibi de hujus petitione dicti domini nostri regis (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 236). 202 Vgl. Ebd., S. 239. Durch die Entsendung Magister John Thoresbys und Ritter Ralph Spigurnells Ende Oktober drängte Eduard III. darauf, dass zunächst die Frage der Waffenstillstandsverletzungen zu klären seien, ehe ein Friedensschluss erzielt werden könne. Vgl. Ebd., Band 18, S. 232 ff. (Brief William Batemans an Eduard III. vom 26. November 1344 sowie ein weiteres Schreiben ohne bekannten Absender). 203 Demum post aliqua verba dixit dominus papa quod nuntii partis adversae nullo modo consentirent quod regnum Ffranciae poneretur in discussione seu disputatione, nec jus ad regnum. Quapropter videbatur sibi, ut dixit, plus expedire pro tractatu, quod quasi dormitaret petitio de regno dum tractabitur de viis pacis quae possent esse de ducatu Acquitanniae et de matrimoniis, et quod nullum fieret praejudicium petitioni nostrae hujus dum tractaretur (Froissart, (Lettenhove), Band 18, S. 237).

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Herzogtums seit besagtem Krieg als dauerhaft annektiert. Wollten die Franzosen auf der Basis des Friedensvertrages von 1325 verhandeln, war für die Engländer dieser seit dem Jahre 1328 angesichts der Thronrechte Eduards bereits überholt. Ihrer Meinung nach hatten diese das Verhältnis beider Könige grundlegend verändert und stellten obendrein die Ursache des jüngsten Krieges dar.204 Wir können in diesen Äußerungen letztlich ritualisierte Sprechakte durch die Verhandlungspartner sehen,205 welche wiederum durch die Vollmachten der Könige definiert worden waren. Mehrfach wurde von den päpstlichen Vermittlern, vermutlich auf Vorschlag der Franzosen, die Debatte über eine Gebietskompensation Eduards III. durch ein anderes Herzogtum angestoßen.206 Erst durch einen umfassenden Kompromissvorschlag konnte es dem Papst gelingen, die „Macht der Rituale“ zu überwinden und die Tür in eine produktive Sphäre der mittelalterlichen Kommunikation aufzustoßen. Durch die Vergabe neuer Vollmachten hätte es nach dem von Moeglin skizzierten Modell der Konfliktbeilegung eigentlich gelingen müssen, dass die Könige aus einem Akt der Gnade heraus von ihren Maximalforderungen hätten absehen und sich auf die päpstlichen viae pacis einlassen hätten können.207 Die in der Praxis schwierige Aufgabe Aufgabe der Kompromissfindung überließ der Papst vom 3. bis zum 7. November überraschenderweise Stellvertretern. Die zweite Phase der Verhandlungen fand unter Vermittlung der Kardinäle Pierre Desprez und Annibaldo Ceccanos statt. In umgekehrter Reihenfolge nahmen die Verhandlungen des Jahres 1344 die späteren historiographischen Kontroversen über den Ausbruch des Hundertjährigen Krieges vorweg:208 Gesprächsgrundlage sollte auf Wunsch der Vermittler das Herzogtum Aquitanien sein, da über dieses der Krieg ausgebrochen sei.209 Den Engländern erschien dieser Vorschlag aber nicht mehr zeitgemäß. Ihrer Ansicht nach war der Konflikt durch den Streit über die Krone Frankreichs entstanden. Sämtliche Zwistigkeiten ihres Königs zu seiner Zeit als Herzog von Aquitanien verlören darüber an Gültigkeit. Nachdem die Vermittler vergeblich versucht hatten, dem Kronanspruch Eduards mit historischen Argumenten die Grundlage zu entziehen, stellten sie schließlich resigniert fest: Vos ergo vultis persistere in petitione regni et non alterius rei. Sic nunquam erit utilis tractatus pacis. Den Engländern gelang es, die Verhandlungen in konstruktivere Bahnen zu lenken, indem sie die Kardinäle an die Notwendigkeit einer umfassenden Kompensation Eduards III. erinnerten, welche sie seinerzeit ihrem König in der Bretagne in Aussicht gestellt hätten.210 Dieser Vorschlag der Gesandten stellte den Teil einer Strategie des englischen Königs seit Oktober 1337 dar, den Anspruch auf die Krone Frankreichs mit Hil204 Vgl. Ebd., Band 18, S. 222. 205 Vgl. G. Althoff, Demonstration und Inszenierung. Spielregeln der Kommunikation in mittelalterli-

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cher Öffentlichkeit, in: Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster, 27 (1993) S. 27–50, S. 254 f. Vgl. Froissart, (Lettenhove), Band 18, S. 237, 242–243, 248–49. Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 255 ff. Siehe Kapitel B) I. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 241. Vgl. Ebd., Band 18, S. 242.

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fe der Kurie zur Verhandlungsbasis zur Grundlage der Verhandlungen zu machen bzw. für dessen Aufgabe eine umfassende Entschädigung zu erhalten.211 Bei einer derartigen Kompensation, das ließen die Gesandten die Kardinäle nun allerdings wissen, konnte es sich nur um ein freies Aquitanien in voller Souveränität ohne jegliche Verschränkung der Herrschaftsbereiche handeln, da sonst neue Konflikte zu erwarten seien.212 Die Engländer, die Kardinäle sowie der Papst waren sich in letzterem Punkt einig.213 Allerdings schätzten die Vermittler die Akzeptanz eines derartigen Konfliktlösungsvorschlages auf französischer Seite als zu gering ein und brachten alternative Optionen ins Spiel. Diese scheiterten an ihrer mangelnden Praktikabilität sowie ihrer geringen Prestigeträchtigkeit und Relevanz, welche ihnen von den englischen Gesandten zugemessen wurde. Im Einzelnen handelte es sich um die bekannten Vorschläge einer Gebietskompensation für das zunehmend indiskutabler gewordene Herzogtum Aquitanien durch 1) die englischen Territorien des Hospitaliterordens und anderer ausländischer Landbesitzer, 2) einer Übertragung des Königreich Schottlands auf Eduard III., 3) eine Entschädigung durch eine große Summe Geldes oder 4) eine Hochzeitsallianz mit dem Hause Valois. Eine finanzielle Entschädigung wurde dem Verhandlungswert gegenüber jedoch für unwürdig befunden. Die Hochzeitsallianz bewerteten die Engländer allenfalls als ein mögliches, zusätzliches Verhandlungsziel (accessoria ad tractatum), welches aber nicht den Hauptgegenstand der Verhandlungen (principalia media) darstellen könne. Am 7. November lehnten die Engländer die päpstlichen Vorschläge geschlossen ab.214 Eine dritte Phase der Verhandlungen kann vom 8. November bis 13. November ausgemacht werden. Die Kardinäle kehrten zu ihrer bislang fruchtlosen Strategie einer erneuten Konzentration der Verhandlungen auf das Herzogtum Aquitanien zurück. In einer für die Akzeptanz von Eduards Kronanspruch erhellenden Weise bemühten sie sich zudem nach Kräften darum, die englischen Rechte auf den französischen Thron ad absurdum zu führen. Ihre Argumente entsprachen durchaus der Politik der Kurie zu Beginn des Krie211 Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 269–271. Angedeutet wird so eine Vorgehensweise in den

Rolls of Parliament der Sitzung vom 28. April bis 20. Mai 1343: Et en cas qe nostre seignur le roi envoiast solempnes messages pur purposer ses droitz et treter de la pees, come desus est dit. Et en cas qe nostre seignur le roi purra aver honurable pees et profitable pur lui et pur les soens, q’il condescendroit a la dite pees aver. Et en cas q’il ne la purra mye aver, les dites communes granterent de lui eider a mayntenir sa querele ove tote lour poair (S. Philipps; W. M. Ormrod (Hrsg.). Edward III (1327–1348) (The Parliament Rolls of Medieval England, Band 4), Woodbridge 2005, S. 325, 331–32). 212 Respondimus quod de statu tali [eines lehensabhängigen Aquitaniens] non expediret loqui, nec quoad partem ducatus, nec quoad totum ducatum, quia per communionem eorum in superioritate et subjectione non duraret pax aliqua in illo ducatu, nec in alio (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 242). 213 Vgl. folgende die Aussage Clemens’ VI. in der vierten Verhandlungsphase: Causa istius guerra ortum habuit propter terras ducatus Acquitanniae et diversitatis in ipso ducatu contingentes tam inter Ffranciae et ducem propter communionem quam habebant, quam inter ipsos et subditos ducatus et etiam inter ipsosmet subditos guerras singulares inter se plerumque suscitantes (Ebd., S. 251). 214 Vgl. Ebd., Band 18, S. 243–45.

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ges.215 Es würde zu weit führen, alle Winkelzüge der von den Kardinälen und Gesandten vorgebrachten Argumente zu verfolgen. Stattdessen sollen zwei konstruktive Vorschläge der Nuntien Erwähnung finden, von denen letzterer noch gut 30 Jahre später auf den Friedensgipfeln in Brügge und erneut in den 1390er Jahren eine der Hauptverhandlungspositionen darstellen sollte.216 Dabei handelte es sich um die (auf englischer Seite erstmals Ende des 13. Jahrhunderts geforderte) Statusveränderung Aquitaniens als ein Allodium217 und die Übertragung Aquitaniens an einen Kronprinzen aus dem Hause Plantagenet in französischer Lehnsabhängigkeit. Damit einhergehen sollte die territoriale Entkoppelung Aquitaniens vom englischen Königreich. Der Punkt, an welchem die Positionen aufeinander prallten, war die von den Kardinälen behauptete Unmöglichkeit einer Abtrennung des Herzogtums von der französischen Krondomäne. Die Engländer befürchteten, dass Eduard III. bei einer Konfliktlösung, bei welcher ihm sowohl sein angestammtes Herzogtum als auch die Krone Frankreichs verlustig ginge, eine Ehrenkränkung erleiden würde (et sic perderet commodum et honorem). Der Versuch von Desprez und Ceccano, erneut eine Gebietskompensation ins Spiel zu bringen, ging aufgrund schlechter Sondierung ins Leere. Weder wussten die Kardinäle die Gebiete zu benennen, welche dafür in Frage kämen, noch konnten sie den Engländern die volle Souveränität eines derartigen ‚Phantomherzogtums‘ garantieren. Dass es die englischen Delegierten stattdessen vorzogen, über das real existierende Aquitanien zu sprechen, erscheint verständlich. Zunehmend begannen die Engländer den Friedensgipfel als diffusum tractatum zu begreifen, welches sich im Kreise drehte.218 Die Drohung einer öffentlichen Verteidigung von Eduards Kronanspruch wurde laut. Letzteres wäre einem Eklat gleichgekommen und hätte wohl die Auflösung des Gipfels zur Folge gehabt. Die Engländer signalisierten den Kardinälen damit auf deutliche Weise, dass Eduard III. seine Nuntien zu Weihnachten abberufen könne, falls er das Gefühl habe, dass nicht mehr effectualiter verhandelt würde.219 Der von den Verhandlungspartnern erzeugte Druck führte ebenso wie der ausbleibende Verhandlungsfortschritt dazu, dass die Kardinäle ihre Vermittlung am 13. November 1344 niederlegten. Eine letzte Verhandlungsphase startete am 20. November erneut unter der Leitung des Papstes und war praktisch neun Tage später beendet. Kurz darauf begann sich die englische Delegation trotz Widerstand des Papstes aufzulösen. Nur noch der Dekan von Lincoln, John Offord, blieb in der Stadt. Während aus den Briefen der Engländer deutlich deren Perspektivenlosigkeit entnommen werden kann, bestand auf Seiten Clemens‘ VI. – und dieser Sachverhalt ist bislang oft unberücksichtigt geblieben – dagegen eine reelle Hoffnung auf einen baldigen Durchbruch der Verhandlungen. Dieser sollte durch die Einbringung neuer Instruktionen und/oder eine höherrangige englische 215 216 217 218 219

Siehe Kapitel B) I. 3. S. 83 ff. Siehe Kapitel B) VIII., S. 260. Vgl. Vale, Angevin Legacy, S. 60 ff. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 240, 41. Ebd., S. 250. Der weitere Fortgang der Gespräche sollte zeigen, dass es sich dabei um einen Wunschtraum der Gesandten handelte. Diese baten schließlich Eduard III. selbst um die Erlaubnis zu ihrer Rückkehr. Vgl. Ebd., S. 233 (anonymer, undatierter Brief an Eduard III. Ende November 1344).

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Gesandtschaft erfolgen. Inhaltlich kreisten die Gespräche immer noch um die eventuelle Akzeptanz eines Herzogtums Aquitaniens unter französischer Lehnsoberhoheit oder die Entschädigung durch ein neu zu kreierendes Herzogtum. Im Detail konnten die Engländer in Erfahrung bringen, dass ihr französischer Gegner dabei allenfalls an die Wiederherstellung eines verkleinerten Aquitaniens dachte. Die im Verlauf des Krieges von Saint-Sardos eroberten Gebiete waren nach der Vorstellung der Franzosen dagegen endgültig kassiert.220 Auf Nachfragen der Engländer wurde vom Papst lediglich Flandern als territoriale Entschädigung ins Spiel gebracht. Der von den englischen Gesandten bereits am 4. November gemachte Vorschlag eines allodialen Aquitaniens wurde nicht weiterverfolgt. Stattdessen teilte der Papst den Engländern mit, dass die Franzosen ihnen allenfalls Territorien unter französischer Oberhoheit zu überlassen bereit waren. Die Engländer beteuerten wiederum, nicht auf ihre Festlandsgebiete verzichten zu können. Der Friedensgipfel war endgültig an einem Engpass angelangt. Vergeblich versuchte der Papst das Patt durch den Versuch einer Einbindung beider Könige durch Hugh Neville und Simon de Bucy zu überwinden.221 Als die gewünschte Antwort von englischer Seite ausblieb und eine bereits seit längerem vom Papst erwartete Gesandtschaft des Grafen von Derby, Henry von Lancaster, abgesagt wurde, blieb den verbliebenen englischen Teilnehmern der Konferenz nichts mehr anderes übrig, als Avignon nach Ostern (27. März 1345) hastig zu verlassen,222 womit der Friedensgipfel endgültig gescheitert war.

2. Verhandlungsnormen und Verhandlungstopographie Bei dem beschriebenen Friedensgipfel handelte es sich um die sukzessive Abfolge getrennter bilateraler Verhandlungen des Papstes und/oder zweier ausgesuchter Kardinäle mit beiden Verhandlungspartnern. Lediglich zweimal war es im Konsistorium zu Plenarsitzungen in Anwesenheit beider Delegationen gekommen. Letztere Zusammentreffen dienten der Disziplinierung der Verhandlungspartner nach einer längeren Phase der Erfolglosigkeit bzw. der Verkündigung päpstlicher Entscheidungen.223 Hinsichtlich der Lokalität der Verhandlungen hinterließen die Gesandten in ihren Schreiben und ihrem Journal des conférences nur wenige konkrete Informationen. Während erste Sondierungsgespräche und Debatten über das päpstliche Provisionswesen vermutlich entweder in der Paramentenkammer oder Kammer des Papstes im Tour des Anges bzw. Tour du Pape im Obergeschoss des östlichen Konsistorialflügels des Palastes durchgeführt wurden, in wel220 Die Engländer hatten in dem Krieg von 1324–25 das Agenais, Teile Périgords und La Réole verlo-

ren. Vgl. J.A.Wagner, Art. „Saint-Sardos, War of (1324–1325)“, in: Ders., (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 277–78; Sumption, Trial by Battle, S. 95–98. 221 Clément VI, N. 1304–05 (6. Dezember 1344). 222 Vgl. Adam Murimuth, S. 163. 223 Felten zeigt, dass das Konsistorium als Versammlungsort vor allem zur Verkündigung negativer Entscheidungsfindungen gewählt wurde. Vgl. Felten, Verhandlungen an der Kurie, S. 448, 465.

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chem sich die Gemächer des Papstes, aber auch seine Schatzkammer befanden,224 fanden die späteren Friedensverhandlungen überwiegend im Konsistorium im Erdgeschoss statt, welcher an die Salle bzw. Chambre de Jesus angrenzt.225 Dies passt gut zu den Angaben der englischen Delegation, dass Clemens VI. in der ersten und letzten Verhandlungsphase die Gespräche im Beisein von sechs Kardinälen geleitet habe. Die Verhandlungsführung gestaltete sich auf ihm genehme und daher autoritäre Weise. Der verfahrenstechnische Freiheit eines amicus communis bzw. eines ebenso ungebundenen mediators wusste sich der Pontifex also zunächst durchaus zu bedienen. Mochten seine vorgebrachten Schiedssprüche auch keine juristische Verbindlichkeit haben, so wurde die Stellung des Papstes alleine durch die Erwartungshaltung der Kriegsparteien auf die Unterbreitung konstruktiver Vorschläge aufgewertet. Was also auf die bilaterale Debattierung der Ordinance of Provisors und weitere englische Übergriffe gegen die kirchlichen Prärogative zutraf, galt für die anglo-französischen Hauptverhandlungen ebenso: Eine Aufwertung des symbolischen Kapitals des Papstes als politischer Entscheidungsfinder. Der oberste Hirte bestimmte folglich den Zeitplan der Verhandlungen, verhandelte von zentraler Stelle aus und lud beide Parteien wechselseitig vor (papa fecit nos vocari coram eo).226 Mitunter wurden beide Delegationen an den päpstlichen Hof zitiert und jeweils eine Seite gebeten, für die Dauer des Gespräches mit der anderen Fraktion in einer getrennten Kammer Platz zu nehmen.227 Dabei könnte es sich um den Salle de Jesus oder die angrenzenden Appartements privées am Südende des Konsistoriums gehandelt haben.228 Abgesehen eines gemeinsamen Banketts am 15. November 1344229 gibt es für informelle Berührungspunkte zwischen den Delegationen in den Quellen keine Belege. 224 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 201. 225 So etwa der Hinweis der Gesandten zu Beginn der zweiten Verhandlungsphase, am 3. November,

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von den Kardinälen in palatio apostolico videlicet domo consistoriali geladen worden zu sein, womit aber auch allgemein der östliche Konsistorialflügel (aile du consistoire) gemeint sein konnte. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 241 mit Ebd., S. 245. Pläne des Papstpalastes befinden sich in: B. Schimmelpfennig, Der Palast als Stadtersatz. Funktionale und zeremonielle Bedeutung der Papstpaläste in Avignon und im Vatikan, in: G. Kreuzer; S. Weiß (Hrsg.), Papsttum und Heilige: Kirchenrecht und Zeremoniell ; ausgewählte Aufsätze, Neuried 2002, S. 239–256, S. 337 (Karte des Untergeschosses), 339 (Obergeschoß) und in: M. Mollat du Jourdin; A. Vauchez; B. Schimmelpfennig (Hrsg.), Die Geschichte des Christentums, Band 6 (Die Zeit der Zerreißproben 1274 – 1449), Basel/Freiburg/Wien 1991, S. 63 (Ober- und Untergeschoss) sowie Cazelli, La construzione del Palazzo, S. 69 (Untergeschoss), 88 (Obergeschoss). [T]unc dominus papa praecepit quod traheremus nos ad aliam cameram, et fecit venire coram eo et dictis cardinalibus nuntios Ffranciae cum quibus tractatum tenuit usque ad noctis tenebras (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 238). Ebd., Band 18, S. 238. Siehe Anm. 225 für ausführliche topographische Nachweise. Vgl. Das Festmahl stand im Rahmen der Kreation des französischen Gesandtschaftsmitgliedes Ludwig de la Cerda zum Fürsten der Kanarischen Inseln, ein Vorfall der vom Chronisten Adam Murimuth zusammen mit der damit einhergehenden Ausrüstung einer Expeditionsstreitmacht als ein von Zeitgenossen als potentiell gegen England gerichteten Akt begriffen wurde. Vgl. Adam Murimuth, S. 162 f.

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Am 24. September versuchte Clemens, das Gesprächsarrangement für die englischen Gesandten dadurch zu erleichtern, dass er die Kardinäle bat, sich zeitweilig zu entfernen. Als die Engländer aber auch in der Sphäre erhöhter Verschwiegenheit nicht zu größeren Zugeständnissen zu bewegen waren, beendete der Papst dieses Experiment und kam im Folgenden nicht mehr darauf zurück.230 Die Gesandten hatten auch kurzfristige Verschiebungen der Gespräche oder die Übertragung der Vermittlung an zwei Kardinäle zu erdulden. Letzteres begründete der Pontifex mit seinem gewaltigen Arbeitspensum, das den Delegierten bekannt sein müsse.231 Die Übertragung der Vermittlung auf die Kardinäle ist von Diana Wood als Bruch des Versprechens gewertet worden, als Privatmann vermitteln zu wollen.232 Mit der Bestellung von Stellvertretern unterstrich Clemens jedoch bei dem Friedensgipfel gerade seine nicht-richterliche bzw. schiedsrichterliche Funktion. Nach dem Kirchenrecht war es lediglich dem arbiter untersagt, das Schiedsverfahren durch einen Stellvertreter abwickeln zu lassen.233 Bei der Auswahl der neuen Vermittler billigte der oberste Pontifex den Gesandtschaften immerhin ein Mitspracherecht zu, was auch einer Annäherung an das Dekretalenrecht entsprach.234 Von dieser Möglichkeit machten freilich nur die französischen Gesandten Gebrauch – und erregten prompt das päpstliche Missfallen.235 Als Grund für Clemens’ wenig zurückhaltende Gesprächsführung kann das frühe Stadium angeführt werden, in welchem sich die Gespräche befanden. Trotz umfangreicher Waffenstillstandsbedingungen existierte noch kein Entwurf eines Friedensvertrags. Neben Fragen des Protokolls und des Arrangements von Verhandlungen hatte Clemens als zusätzliches „diplomatisches Kapital“ die Informationshoheit während der Verhandlungen inne. So setzte er die Engländer über den Verbleib der verspäteten französischen Gesandtschaft oder andere aktuelle Entwicklungen in Kenntnis236 und 230 (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 240. 231 [E]t dixit [der Papst] qualiter ipse fuit circa diversa et ardua, sicut bene scivimus, adeo occupatus quod

non vacavit sibi commode insistere circa tractatum nostrum personaliter (Ebd., Band 18, S. 240).

232 Vgl. Wood, Clement VI, S. 132–35. 233 Vgl. Guillaume Durand, Speculum iudiciale, S. 108 (lib. I.Partic.I (De Arbitro & arbitratore,

§ 4, 6)

234 So wird bei einem Schiedsgericht die Möglichkeit der Wahl eines neuen Schiedsrichters ausdrück-

lich bestätigt, wobei partes communi consensu vorausgesetzt wird. Vgl. Ebd., S. 110 (lib. I. Partic.I (De Arbitro & arbitratore, § 5, 7). 235 [E]t quaesivit [der Papst] a nobis an mallemus tractare cum duobus cardinalibus qui fuerant in Britannia vel cum omnibus sex [die Kardinäle, welche von Anfang an den Gesprächen beigewohnt hatten]. Respondimus quod hoc foret in electione sua quia adeo libenter vellemus unum sicut alium. Et ipse dixit quod nuntii Ffranciae dixerunt quod pro parte sua volebant deliberare. Nos iterum respondimus quod deliberare super hoc nollemus, sed quod ipsemet eligeret quod sibi plus placeret. Et ipse tunc dixit: « Melius respondetis quam illi.» (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 240). Die Entscheidung Clemens‘ für die früheren Vermittler in der Bretagne (1342) war wohl der Tatsache geschuldet, dass Pierre Desprez sich vier Tage zuvor bereits mit den Verhandlungsvollmachten beider Delegationen vertraut gemacht hatte. Vgl. Ebd., Band 18, S. 241. 236 L’endemeyn, c’est-à-savoir le vendredy il nous bailla une copie des lettres queles il entent et quide que vostre adversarie à sa instaunce sealera (Ebd., Band 18, S. 204).

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hatte zusammen mit seinen Kardinälen als einziger direkte Einblicksmöglichkeiten in die Verhandlungspositionen der Franzosen. Auch griff der Papst gekonnt während der Verhandlungssitzungen auf die päpstlichen Register zum Beleg eigener Positionen zurück.237 Die Engländer waren auf offizielle wie inoffizielle Botschaften oder Gerüchte angewiesen, welche sie durch Briefe und Gesandtschaften ihres Königs oder die mit der Finanzierung ihres Unterhalts beauftragten Bankiers der Bardi erhielten.238 Wie erwähnt, verfügten die englischen Delegierten selbst auf dem allein aufgrund der kirchenfinanziellen Differenzen des 14. Jahrhunderts zunehmend feindseligen Avignonesischem Terrain239 über ihnen wohlgesonnene Informanten unter den Kurialen.240 Hinsichtlich des Zugriffs auf schriftliche Untermauerungen des eigenen Standpunkts erwiesen sich die englischen Gesandten dem Papst an bestimmten Punkten als ebenbürtig: Der Papst ließ eigens den Lehnsvertrag Johann Ohnelands aus den Registern holen, um die feudale Unterordnung des englischen Königs unter den Heiligen Stuhl in benefizialer und kirchenfinanzieller Hinsicht aufzuzeigen ([e]t statim ipsemet pulsavit unam campanam et fecit aportari sibi unum librum registralem et legit complete tenorum litterarum Innocentii Tertii et litterarum regis Johannis continentium recognitionem homagii et census annui supradicti).241 Um die Forderung Eduards III. auf die Krone Frankreichs als Kriegsursache ad absurdum zu führen, zitierten die Kardinäle Desprez und Ceccano das Eschatokoll eines aktuellen Schreibens Eduards III.242 Die englischen Gesandten wussten dagegen zum Nachteil der kurialen Vermittler korrekt heikle Artikel des Waffenstillstands von Malestroit (1342/43) zu benennen, wie etwa die Gültigkeit der Waffenruhe auch für die Anhänger der Kontrahenten im Bretonischen Erbfolgestreit, Karl von Blois und Johann von Montfort.243 Der Papst verfügte innerhalb des Milieus an der Kurie von Anfang über das nötige symbolische Kapital zur Gestaltung des Interaktionsfeldes, innerhalb dessen er die Konfliktpartner je nach Gutdünken warten lassen oder empfangen konnte. Er besaß über den nötigen Informationshorizont und das nötige diplomatische Kapital um die Verhandlungen thematisch voranbringen zu können. Seine Verhandlungspartner konnten dem lediglich in sachlicher Hinsicht bis zu einem bestimmten Maße Paroli bieten, waren hinsichtlich ihrer Entschlussfähigkeit aber auf die Vollmachten ihres Königs angewiesen 237 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 180 f. 238 Zur finanziellen wie kommunikativen Rolle der italienischen Handelsgesellschaften innerhalb der

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englischen Diplomatie an der Kurie von Avignon vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 101–105. Vgl. Guillemain, La cour pontificale, S. 612–615, bes. 614 („Pour les Anglais,Avignon n’était pas un bon lieu“). Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 228 f. Vgl. Ebd., S. 217 f. Certe immo, antequam fieret per dominum regem Angliae mentio de jure ad regnum Ffranciae, erat inchoata ista guerra pro ducatu, et diu post locutus est rex vester de jure ad regnum, quod apparet ex stilo tituli sui quem ponit in litteris suis videlicet: Dat. anno regni nostri Ffranciae quinto, regni vero Angliae XVIII. (Ebd., 18, S. 246). Vgl. Ebd., S. 203, 209.

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und verfügten über kein eigenes symbolisches Kapital um die Verhandlungen in ihrem Sinne gestalten zu können. Dennoch war die Ebene der symbolischen Kommunikation den Gesandten keineswegs verschlossen. Zwar konnte es sich lediglich der Papst leisten, zu kalkulierten Ausbrüchen des Zorns oder gar kaum verhüllten Drohungen zurückzugreifen.244 Doch kam den Engländern innerhalb des verkleinerten „Feldes“ der Einzelsitzungen, von einem handlungstheoretischen Gesichtspunkt aus eine bestimmte Eigenart mittelalterlicher Verhandlungsnormen zugute, welche die Handlungsspielräume diplomatischen Personals in erster Linie durch deren Prokuratorien begrenzte. Bereits aus den Eröffnungsprotokollen der bilateralen Verhandlungen kann der Eindruck gewonnen werden, dass sich die Gespräche trotz der Bitte des Papstes um mäßige Einstiegsangebote245 nicht zu seinen Gunsten gestalteten. Im Bedarfsfall wussten sich die Engländer daher gekonnt hinter Fassaden zu flüchten. Zu diesen gehörten die erwähnte Maximalforderung nach der Krone Frankreichs und die Aufforderung an den Papst, ihnen einen ‚Weg des Friedens‘ aufzuzeigen.246 Damit war weder dem Friedensprozess noch dem Interesse Eduards III. an einer Verhandlungslösung gedient. Doch wurde zumindest die Ehre des englischen Königs bewahrt und die Gesandten hatten sich gegenüber dem Druck des Papstes zu einem durch ihre Verhandlungsvollmachten nicht abgedeckten Kompromiss behauptet. Bald beklagte sich der Papst darüber, dass der englische König keine Gesandtschaft mit weiter reichenden Vollmachten geschickt habe.247 Der skizzierte Start der Gespräche wirft Fragen über die konkrete Rolle des Papstes während des Friedensgipfels auf. Von englischer Seite wurde Clemens in einer Reihe diplomatischer Dokumente im Vorfeld der Verhandlungen aber auch in dem Journal des conférences mehrfach und eindeutig als privata persona et amicabili mediatore de consensu ipsarum partium [Engländer und Franzosen] electo [...] legum et jurium omissis allegationibus charakterisiert.248 Der juristisch versierte Adam Murimuth weist in seiner Continatio Chronicarum eindeutig darauf hin, dass diese Stellung keineswegs dazu bestimmt war, endgültige Entscheidungen oder einen Urteilsspruch zu fällen.249 244 Vgl. die harsche Reaktion Clemens‘ VI. auf die Beteuerung der englischen Gesandten der Ungül-

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tigkeit des Lehnseides König Johann Ohnelands gegenüber Papst Innozenz III. sowie die indirekte Androhung der Exkommunikation Eduards III., welche nicht ohne Eindruck auf die Gesandten verblieb. Vgl. Ebd., S. 216 ff. (Brief vom 29. Oktober 1344). [E]t dixit [Clemens VI.] quod libenter vellet quod nos [die engl. Gesandten] de parte nostra aperiremus nos et intentionem domini nostri regis quoad media pacis et quod faceremus petitiones quae non forent nimis excessivae, sed quae forent inductivae bonae pacis, et voluit quod diceremus (Ebd., S. 236 – Hervorhebungen durch den Autor). [E]t supplicavimus Sanctitati Suae quod aperiret aliquam viam pacis quia plus deceret et expediret quod ipse tangeret aliqiam viam quam vellet, quam quod nos tangeremus aliquam (Ebd., S. 236). Et dominus papa tunc respondit quod hujus petitio non foret forsitan initium boni tractatus, et dixit quod multotiens scripsit domino nostro regi rogando eum quatinus mitteret nuntios suos ad tractandum de pace plene de intentione sua informatos et quod ipsemet mediaret quantum melius posset (Ebd., S. 236). Ebd., S. 235. Vgl. Adam Murimuth, S. 130.

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Noch eindeutiger ist die Darstellung der englischen Parlamentsakten, den rotuli parlementorum, in welchen festgehalten wurde, dass Clemens als gemeinsamer Freund, nicht als Richter oder Schiedsrichter zu vermitteln versprochen habe. Trotz prinzipieller Konfliktbereitschaft im Falle eines negativen Verhandlungserfolges war man sich von englischer Seite über den Charakter der päpstlichen Verhandlungstechnik sehr wohl bewusst.250 Compromissum bezeichnet dabei das Fällen eines Schiedsspruches durch einen Schiedsrichter (arbiter).251 Clemens dagegen kam mehr die Rolle eines Vermittlers (mediator) zu. Zwar hatten sich zwei Parteien auf seineAnrufung und Intervention geeinigt, doch sollte dabei weder eine paritätische Schiedskommission noch ein Schiedsspruch zustande kommen.252 Am Beispiel Benedikts XII. kommt auch Hermann Kamp zu einem entsprechenden Urteil: „Der Vermittler, den der Papst vor Augen hatte, war nicht mehr nur ein Vermittler des Friedens, er war weder Richter noch Schiedsrichter, sondern nahm sich zurück und sorgte sich um den Eindruck der Unparteilichkeit.“253 Demgegenüber steht die wiederholte Aufforderung der Gesandtschaft an Clemens VI. zur Eigeninitiative: «Pater Sancte, vos estis mediatores ad inveniendum media pacis, et ad nos pertinet audire et tractare».254 Sowohl Kamp als auch Plöger weisen in ihrer Charakterisierung der päpstlichen Vermittlung darauf hin, dass der Pontifex auf Wunsch der Konfliktparteien durch das Angebot von Konfliktlösungsvorschlägen deutlich die Kompetenzen eines Vermittlers im engeren Sinne überschritten hatte und sich dem arbiter annäherte, der er ja ursprünglich gerade nicht sein sollte! Dem schiedsrichterlichen Amt ähnelt auch Clemens‘ Erwählung durch die beiden Kontrahenten.255 Lediglich das Fehlen einer Übereinkunft seitens der Kriegsparteien, sich seinem Urteil zu beugen, trennte ihn davor, auch in der Praxis als Schiedsrichter zu agieren. „Aber da im Prozess der Konfliktbeilegung schnell der Wunsch geäußert werden konnte, der Vermittler möge eigene Vorschläge unterbreiten und ein Urteil sprechen, blieb die Abgrenzung des Vermittlers vom Schiedsrichter eine Frage der Situation“256 250 Et coment nostre seignur le roi, apperceivant qe la forme de ces trewes fu honorable et profitable

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a lui et as soens, assenti as dites trewes. aufyn qe durantes celles trewes tretee de pees se ferroit devant le dite pape, come meen amy, et noun pas come juge ne compromessair (Rolls of Parliament, Band 4 (Edward III., 1327–48), S. 331). Vgl. Guilelmus Durandus, Speculum Iudiciale, Band 1, S. 104 f. [§ 2, 1–3]; Fowler, Forms of Arbitration, S. 133–147. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 34 + FN 81–84 mit Verweis auf die bisherige Lehrmeinung, die Clemens VI. als Schlichter charakterisiert. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 235. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 238. Vgl. die zahlreichen Differenzierungen Guillaume Durands zwischen einem Schiedsrichter (arbiter) und einem Schlichter (arbitrator) in: Guilelmus Durandus, Speculum Iudiciale, Band 1, S. 103– 132. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 235; „The mediator thus becomes more than an intermediary; he is no longer a more or less passive third party but takes on the substantive function of a maker of proposals or suggestions. The English delegation clearly expected Clement VI to take on such an active role in the 1344 negotiations“ (Plöger, England and the Avignon Popes, S. 34, 206 ff.).

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Da die spätmittelalterliche Diplomatie aber – wie von Ralf Lützelschwab bemerkt – gerade nicht in der „Kunst [bestand] Kompromisse einzugehen“257, sondern, wie von Moeglin attestiert, auf englischer Seite in der bestmöglichen Bewahrung der Ehre ihres Königs Eduard bestand,258 waren der Papst und seine Stellvertreter geradewegs dazu gezwungen, Vorschläge aufzuzeigen. Da diese freilich regelmäßig an der Intransigenz ihrer Verhandlungspartner scheiterten, von ihren ursprünglichen Maximalforderungen abzuweichen, war die Frustration der kurialen Friedensvermittler vorprogrammiert.259

3. Die Bewertung der Vermittlungspraxis Clemens‘ VI. Soll über eine „Paraphrase“ des Journal des conférences hinausgegangen werden,260 bieten sich zwei Schlüssel zum Verständnis des gescheiterten Friedensgipfels an: Zum einen gelang es dem Papst – was bereits Zeitgenossen bemerkten261 – nur selten trotz seines Übergewichts an symbolischem Kapital innerhalb des politischen Milieus der Kurie von Avignon die alle Beteiligten einengenden Verhandlungsnormen zu durchbrechen und eine geeignete Verhandlungslösung stringent weiterzuverfolgen. Zum anderen ist hier der gescheiterte Versuch des Pontifex zu erwähnen, einen Durchbruch durch eine aufwändige briefliche und mündliche Geheimdiplomatie mit herausragenden Vertretern beider Konfliktparteien zu erzielen. Nachgegangen wird abermals der Effektivität von Clemens‘ Vermittlung innerhalb des von ihm selbst erzeugten Interaktionsfeldes an der Avignonesischen Kurie. Hinsichtlich ersteren Kritikpunktes fällt die Unfähigkeit Clemens‘, Profit aus seinem im Vergleich zu seinen Verhandlungspartnern verdoppelten Informationsstand zu ziehen oder Rücksicht auf die spezifischen Wünsche seiner Verhandlungspartner zu nehmen durchaus ins Gewicht. So hatte die englische Gesandtschaft mehrfach Vertragsverletzungen des französischen Verbündeten Karls von Blois zu beklagen und wünschte diese auf dem Friedensgipfel zu thematisieren.262 Obwohl Clemens VI. mehrfach versprochen hatte, sich um die Angelegenheit zu kümmern, beließ er es bei der Zitation Karls von 257 Vgl. Lützelschwab, Flectat cardinales, S. 180. 258 Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 271 ff. 259 Neben der bereits zitierten Resignation der Vermittler ist die Aussage Clemens’ VI. vom 26. Ok-

tober 1344 erhellend, mit welcher er auf die wiederholte Proklamation der englischen Thronrechte reagierte: Et tunc dixit nobis dominus papa: ‚Vos tenetis vos multum clausos, et ita se tenent clausos nuntii alterius partis‘ (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 238). 260 Vgl. die Kritik an Déprez in: Moeglin, Strukturelle Zusammenhänge, S. 269 mit FN 37. 261 [E]piscopus Northwycensis et magister Johannes Offord, decanus Lincolniensis, videntes quod in tractatibus pacis coram papa habitis nihil penitus profecerunt, circa finem Quadragesimae curiam Romanam quasi subito exiverunt (Adam Murimuth, S. 163). 262 Die englischen Gesandten hatten diesen Sachverhalt frühzeitig als ‚conditio sine qua non’ für einen guten Beginn der Verhandlungen genannt: Diximus etiam quod bonum initium foret incipere ab attemptatis (Froissart (Edition Lettenhove), Band 18, S. 237).

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Blois an die Kurie, welche von diesem jedoch nicht befolgt wurde. Versprechungen, mit der französischen Delegation die Vertragsverletzungen zu thematisieren, blieben ohne konkretes Resultat. Dies war vermutlich der Tatsache geschuldet, dass die französische Gesandtschaft gleichsam den Spieß umgedreht und eine Stellungnahme des englischen Königs über seine eigenen Vertragsbrüche verlangt hatte.263 Nichtsdestoweniger mussten die Engländer den Eindruck gewinnen, von Clemens hingehalten zu werden. Dies musste unangenehme Erinnerungen an die Verhandlungsführungen auf den sogenannten Prozessen von Montreuil und Perigeux wachrufen, in der die englischen Gesandten gleichfalls unerwartet mit einer asymmetrischen Verhandlungskonstellation konfrontiert worden waren.264 Wie noch gezeigt werden soll, bemängelte Eduard III. später die Ergebnislosigkeit des Gipfels gerade im Hinblick auf die mangelhafte und unausgewogene Klärung diplomatischer Details. Bereits am zweiten Verhandlungstag, dem 24. Oktober, stellte sich heraus, dass der Papst durch die getrennte Vernehmung beider Gesandtschaften mehr Verwirrung als Klarheit in den Friedensprozess brachte. Auf der ersten Sitzung erreichte er noch die Zustimmung der Engländer, den Kronanspruch Eduards zunächst ruhen zu lassen, um über viis pacis sprechen zu können.265 Dabei hatte es sich ursprünglich um die Rückgabe des Herzogtums Aquitanien oder um eine Hochzeitsallianz gehandelt. Zwei Tage später schlug Clemens unter Bezugnahme auf vorangegangene Sondierungsverhandlungen mit den Franzosen die erwähnte Kompensation Eduards durch ein unbestimmtes Herzogtum oder einen anderen Gegenwert vor. Durch die Sprunghaftigkeit des Papstes verwirrt, forderten die Engländer ihren Vermittler dazu auf, ihnen die Verhandlungsvollmachten der Franzosen offen zu legen. Dass Clemens dies als Versuch wertete, die Verhandlungen zu obstruieren,266 spricht kaum für das ihm bisweilen attestierte diplomatische Feingefühl.267 Stattdessen hielt es der Papst für angebracht, die Vollmachten zur Vermeidung von Anfechtungen oder Rechtsverdrehungen bis zum Schluss der Verhandlungen unter Verschluss zu halten. Stattdessen sollte der Vizekanzler der Kurie, Pierre Desprez, die beiden Vollmachten einholen und inspizieren.268 Einen erkennbaren Nutzen zog Clemens aus dem ihm zur Verfügung stehenden diplomatischen Kapital aber nicht. Die einzigen Konsequenzen dieser treuhänderischen Maßnahmen in dieser Verhandlungsphase waren jedoch die zusätzliche Befähigung Pierre Desprez als späteren Stellverteter des Papstes in der Vermittlung sowie möglicherweise eine durch den Papst intendierte Verschleppung des Verfahrens. 263 264 265 266

Vgl. Ebd., S. 237. Vgl. Chaplais, Règlement des conflits, S. 279, 283 Vgl. Ebd., S. 222. Petitum fuit etiam per nos quod exhiberetur potestas nuntiorum Ffranciae. Dominus papa respondit: « Bene video quod non vultis vos aperire, sed vos tenetis vos clausos.» (Ebd., S. 237). 267 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 438; Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 177 f. 268 Quantum vero ad potestatem nuntiorum Ffranciae, respondit quod melius esset eam non exhiberi usque ad finem tractatus quam quod exhiberetur propter impugnationes et calumpnias vitandas (Ebd., Band 18, S. 238).

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Bereits bei den Folgeverhandlungen über den Umfang des gegebenenfalls zu restaurierenden Herzogtums Aquitanien musste Clemens seine Informationen erneut durch die Befragung der französischen Gesandten einholen. Am 20. November 1344 forderte der Papst die Franzosen dazu auf, ihre Instruktionen offen zu legen, welche ihm tags darauf bekannt gemacht wurden.269 Nach der Beteuerung der englischen Gesandten, dass der Krieg um die Krone Frankreichs ausgebrochen sei, wies Clemens schnippisch darauf hin, diese Antwort vorausgesehen und bereits den Gesandten Philipps VI. mitgeteilt zu haben.270 Freilich ging diese weise Voraussicht und deren anschließend spitzfindige Kommentierung keineswegs mit einer größeren Umsicht in der Gesprächsführung einher. In einem gewissen Gegensatz zu seiner früheren Privatmeinung als Kardinal Pierre Roger und der Verhandlungsposition seiner Kardinäle fügte Clemens hinzu, dass er den englischen Kronanspruch für nicht unberechtigt hielt, ohne aber diesen Gedankengang fortzuführen.271 Auch in den folgenden beiden Verhandlungsphasen unter Leitung der Kardinäle zeigte es sich, dass das diplomatische Kapital der päpstlichen Vermittler, welches sich weitgehend aus der Kenntnis der Verhandlungspositionen der Kontrahenten konstituierte, dem Finden einer Übereinkunft eher im Wege stand. Zudem gelang es der Kurie erkennbar schlecht, an ihren Verhandlungserfolg in der Bretagne vor knapp zwei Jahren anzuknüpfen: Desprez und Ceccano hatten den Engländern damals die Hoffnung gemacht, dass ihr König eine angemessene Entschädigung dafür erhalten werde, dass er seinen Thronanspruch aufgebe.272 Als Gegenleistung schlugen die englischen Gesandten ihrerseits ein souveränes Aquitanien vor. Nach Einwänden der Kardinäle, dass dies den französischen Grundsätzen widerspräche, modifizierten die Engländer, wie ausgeführt, den Vorschlag dementsprechend, dass Aquitanien in ein Allodium verwandelt werden solle. Weder die Kardinäle noch der Papst waren in kommenden Verhandlungsphasen dazu bereit, durch eine Veränderung des Verhandlungsarrangements oder ihrer Verhandlungstaktik auf die angebotenen Konfliktlösungsvorschläge einzugehen. Stattdessen brachten sie auf fast penetrante Weise Wege ins Spiel, welche schon zuvor auf keinerlei Gegenliebe seitens der Engländer gestoßen waren. Die Kardinäle riskierten es somit, 269 Et dixit quod vidit informationem eorum scriptam de puncto ad punctum et signatam signo majoris

et senioris notarii Ffranciae videlicet Barres (Ebd., Band 18, S. 253). Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 185. 270 Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 239. 271 Vgl. Ebd., S. 239 f.; In einer Predigt an Aschermittwoch des Jahres 1338 hatte Pierre Roger die Berechtigung der Konfiskation der Gascogne durch Philipp VI. verteidigt und alle weitergehenden Rechte Eduards III. verworfen. Vgl. Wood, Clement VI, S. 130, 135. Obwohl der Papst den englischen Kronanspruch zunächst weder befürwortet noch verworfen hatte, wurde seine Haltung durch zeitnahe Chronisten als eindeutig profranzösisch beurteilt. Vgl. Adam Murimuth, S. 148 (Verhandlungen des Jahres 1343); Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 176 f. 272 Nos repplicavimus quod, stante petitione nostra tanquam dormitante sine praejudicio, ex quo hoc voluit dominus noster papa, tractari poterit de viis talibus, per quas verisimiliter posset et deberet moneri dominus noster rex ad concordiam et ad pacem, et propter quas deberet omnino dimittere pro bono pacis prosecutionem tanti juris, et quod talis spes dabatur per eosdem dominos cardinales in Brittania (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 242).

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dass in Avignon durch die englischen Delegierten erneut eine Grundsatzdebatte über die Berechtigung von Eduards Thronanspruch aufgerollt wurde.273 Auch der Vorschlag einer Entschädigung Eduards durch ein neues Herzogtum innerhalb oder außerhalb Frankreichs wurde weder von den Kardinälen noch kurz darauf vom Papst ausreichend transparent gemacht. Man gewinnt bei der Analyse des Journals nicht den Eindruck, als ob alle Verhandlungspartner das Gefühl gehabt hätten, von derselben Sache zu sprechen.274 Schwerer wirkt noch die mangelnde Lernfähigkeit der Engländer und der päpstlichen Vermittler, welche sich über die gesamten Verhandlungsphasen erstreckte. Im Hinblick auf die Annahme eines im Vorfeld zwischen Engländern und dem Pontifex etablierten Modells einer Konfliktbeilegung durch den Papst wirkt dies erstaunlich.275 Die von den englischen Prokuratoren beschriebenen Probleme in ihren Briefen an den König und zur internen Dokumentation sind zu konsistent um annehmen zu müssen, dass Eduard mit einem baldigen Durchbruch in den Verhandlungen gerechnet, geschweige denn auf einen solchen hingearbeitet hätte. In einem derartigen Fall hätten sich die Engländer wohl bestimmt nicht nach weiteren fruchtlosen Gesprächen mit dem Verweis auf mangelnde Vorabsprachen mit ihrem König und nicht ausreichende Instruktionen aus der Affäre ziehen müssen.276 Gleichwohl hielt auch der Papst eine Rückbindung beider Gesandtschaften an Eduard und Philipp für entscheidend. Clemens war der Meinung, dass größere Zugeständnisse von beiden Seiten nur durch die Entsendung einer höherrangigeren Delegation zu erwarten seien.277 Dies bringt uns zur abschließenden Erklärung der wenig effizient erscheinenden Verhandlungstaktik des Papstes sowie zum eigentlichen Grund für das Scheitern des Friedensgipfels in Avignon.

273 Vgl. Ebd., S. 245 f. 274 Tunc quaesivimus: « An infra regnum vel extra?» Ipsi [die Kardinäle] dixerunt quod cogitaverant

quod fieret compensatio extra, sed dixerunt se adhuc nescire ubi extra regnum vel qualiter. […] « Pater Sancte, vos vultis scire de nobis an vellemus tractare de via recompensationis faciendae domino nostro regi de aliis terris ducatus ; et quia non clare intelleximus an intelligeretis quod fieret recompensatio secundum intentionem adversarii nostri pro toto ducatu praedicto vel pro parte ipsius ducatus, supplicamus Sanctitati Vestrae quatinus placeat vobis clare nobis illud aperire. [...] Nichilominus instetimus quantum potuimus ad sciendum clare intentionem nuntiorum nostri adversarii supradicti. » [...] Et semel tetigit dominus papa quod poterit esse forsitan tractas de terris in Imperio vel etiam in Fflandriae, et quod fieret recompensatio comiti Fflandriae alibi. (Ebd., S. 248 f., 251–52). 275 Siehe Kapitel A) II. 4. 276 [S]ed tractare inconsulto domino nostro rege de via recompensationis fiendae sibi pro terris ducatus praedicti, per quam viam ipse haberet omnino dimittere dictum ducatum quam progenitores sui a tempore cujus contrarii memoria non existit, jure haereditario obtinebant, non videbatur nobis faciendum, praesertim quia non credebamus quod de via tali fuisset per partem nostram unquam aliqualiter cogitatum, sicque super via tali tractare nunquam fuimus informati (Ebd., Band 18, S. 252). 277 Ebd., S. 253.

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4. Die päpstliche Geheimdiplomatie während des Friedensgipfels (1344/45) Noch vor Beginn der Friedensgespräche hatte Clemens VI. einen vertraulichen Briefwechsel mit dem Earl von Derby, Henry von Lancaster,278 begonnen, der schließlich auf die Könige Eduard III. und Philipp VI. sowie Erzbischof John Stratford von Canterbury ausgeweitet wurde.279 Aus den Schreiben geht hervor, dass der Papst mit Lancaster einen Konfliktlösungsvorschlag erarbeiten wollte, der in die noch laufenden Verhandlungen in Avignon hätte eingebracht werden sollen. Der Earl von Derby sollte dabei als Mittelsmann fungieren und mit einem fertigen Friedensplan und ausreichenden Vollmachten in der Tasche zu dem Friedensgipfel stoßen.280 Den Hintergrund des gemeinsamen Ringens um Wege des Friedens stellte eine kuriose Reise des Earls nach Avignon im vorangegangenen Frühjahr dar, über den zeitgenössische Chronisten nur unzureichend informiert waren (quas causas valde fuit incertum281). Zu diesem Zeitpunkt hatte sich eine prominente französische und eine niederrangige englische Delegation an der Rhône eingefunden. Lancaster nahm jedoch nicht an diesen ergebnislosen Verhandlungen teil, sondern erklärte seinen Besuch durch religiöse Motive.282 Lancasters Gespräch mit Clemens stellte den Auftakt zu einer ganzen Reihe 278 Über Henry von Grosmont, den Earl von Derby, seit 1351 Herzog von Lancaster, vgl. J.A. Wagner,

Art. „Henry of Grosmont, Duke of Lancaster (c. 1310–1461)”, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 153 f.; M. Jones, Art. „Henrich von Grosmont“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 2071. Zur Betätigung Henrys als Diplomat vgl. Fowler, King’s Lieutenant, S. 48 f., 111 ff., 122–46, 209 ff., 214–221. 279 Vgl. Clément VI (France), N. 1155, 1158, 1322, 1326, 1357, 1446, 1475, 1476, 1574. 280 Vgl. im Folgenden die Darstellung aus einem Brief des Papstes an Eduard III. vom 21. Juli 1345: Denique dilecto filio, nobili viro, Henrico comite Derbye, causa devotionis, suisque aliis oportunitatibus, ad Sedem veniente Apostolicam, ac a nobis letanter et benigne recepto, super modis et viis quibus […] posset attingi ad pacis reformationem predicte cum ipso tractatus habuimus familiariter et secrete. Et attendentes diligentius quod tu, fili dilectissime, quem distributor gratiarum omnium multis virtutibus decoravit, ad prosequendum Dei negotium adversus hostes fidei Christiane, inter ceteros principes catholicos orbis terre valde ydoneus existebas, perpendimus, et in tractatibus familiaribus et secretis hujusmodi revolvimus, nos et comes predictus, quod per viam passagii, ad liberandam de manibus infidelium Terram Sanctam, defendendamque et dilatandam in partibus transmarinis fidem catholicam, ad pacis reformationem predicte, via facilior et honorabilior videbatur […]. Hiis autem, et aliis multis utilibus, inter nos et comitem supradictum, sub familiari et secreto tractatu hujusmodi collocutis, idem comes de Romana curia cum gratia nostre benedictionis recedens, et ad partes Anglie tuamque presentiam se conferens, premissa, per nos et ipsum tractata et collocuta, ut premittitur, tue celsitudini exposuit seriose, sicut nobis per suas litteras et dilectum filium Johannem de Ripis, ordinis B. M. de Monte Carmelo, penitentiarium nostrum, tunc confessorem suum et nuncium, studuit intimare (Clément VI (France), N. 1844). 281 Adam Murimuth, S. 156. 282 Der Earl erbat von Clemens VI. unter anderem einen Hochzeitsdispens für die Ehe seiner Schwester Eleonore mit seinem Waffengefährten Richard von Arundel. Vgl. Fowler, The King‘s Lieutenant, S. 48. Siehe Kapitel C) II. 1.

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von Versuchen Clemens‘ und seines Nachfolgers Innozenz‘ VI. dar, den späteren Herzog von Lancaster, bei dem es sich – neben Prinz Eduard von Wales – um den erfolgreichsten militärischen Anführer König Eduards handelte, in den Friedensprozess einzubinden. Nach Henrys Rückkehr nach England fand am 11. August ein geheimer Kronrat statt. Als dieser abgeschlossen war, wurde auch die englische Gesandtschaft nach Avignon entsandt.283 Der Earl war mit dem Papst über seinen Beichtvater, den päpstlichen Kaplan und Karmelitermönch John Reppes, in Kontakt geblieben.284 Karsten Plöger weist darauf hin, dass in der Diplomatie zwischen der Avignonesischen Kurie und dem englischen Königshof Beichtväter aus dem Umfeld der Bettelorden einen besonderen Stellenwert einnahmen.285 Durch ihr Beichtgeheimnis unterstanden sie der höchsten ‚Geheimhaltungsstufe’. Clemens VI. bot an, Lancasters Nachrichten sub secreto tanquam confessionis sigillo entgegen nehmen zu wollen.286 Lancaster bedeutete dem Papst, dass sich dieser zum Zwecke eines Friedensschlusses an einen uns unbekannten Ort begeben solle.287 Bei dem Konfliktlösungsvorschlag handelte es sich um eine Entschädigung Eduards durch Ländereien oder Geld.288 Man wird nicht fehlgehen, darin eine Kompensation des englischen Königs für einen Verzicht auf die Krone Frankreichs zu erkennen.289 Die Fortführung der Vermittlung schien dem Papst durch einen in Aussicht gestellten Kreuzzug schmackhaft geworden zu sein.290 Entsprechendes war am 4. November zwischen der englischen Gesandtschaft und den beiden Kardinälen besprochen worden und hatte die Grundlage des Waffenstillstands von Malestroit dargestellt. Trotz allem war Clemens auf Vorsicht bedacht: Um sich Frustrationen und Illusionen zu ersparen, bestand er darauf, dass sich Lancaster Eduards Zustimmung zu besagtem Friedensplan einholen und danach den Papst durch einen vertraulichen Boten oder Geheimbriefe in Kenntnis setzen sollte.291 Clemens VI. wollte anschließend durch die Beeinflussung Philipps VI. auch dessen Zustimmung herbeiführen und sich erst danach an den besprochenen Ort begeben, um den Frieden zum gewünschten Abschluss 283 284 285 286 287 288

Vgl. Adam Murimuth, S. 158 f. Vgl. Ebd., S. 160. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 76–79. Vgl. Ebd., S. 78. [A]d locum de quo eadem tua nobilitas nobis scripsit (Clément VI (France), N. 1155). [N]os [der Papst] super via pacis predicte aliqua de intentione partium magis specifice pressentire presertim cum, licet dictus capellanus nobis super predicta credentia explicasset, quod certe terre ac pecunie regi Anglie darentur predicto, tamen quas terras et pecunie summas sibi rex ipse dari vellet, nescivit aliquatenus explicare (Ebd., N. 1155). 289 Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 262–71. 290 Über die Kreuzzugsambitionen Clemens’ VI. vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 389–95; A. Demurger, Le pape Clément VI et l’ Orient: ligue ou croisade?, in: J. Paviot; J. Verger (Hrsg.), Guerre, pouvoir et noblesse au Moyen âge, Mélanges en l’honneur de Philippe Contamine, Paris 2000, S. 207–214; Housley, The Avignon Papacy and the Crusades, S. 31 ff.; Gay, Le Pape Clement VI et les Affaires d’Orient, Paris 1904. 291 Besagtes Geheimschreiben wurden vom Papst seinem Sekretär Raymundus de Valle nur im Beisein John Reppes und John Offords diktiert. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 216.

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zu bringen.292 Damit der Plan reifen konnte, musste der Pontifex den Friedensgipfel um jeden Preis aufrechterhalten. Dem von den Engländern Ende November geäußerten Wunsch, in das Inselreich zurückzukehren, erteilte der Papst eine Absage. Clemens musste den Eindruck vermeiden, dass der Friedensgipfel geplatzt sei.293 Er bewahrte damit der zusammen mit Lancaster vorbereiteten Konsensfindung die nötige Bühne und das dazugehörige Personal. Das Delegationsmitglied John Offord, Dekan von Lincoln und Privatsekretär Eduards III., war eingeweiht und konferierte gleichermaßen mit dem nach seiner karmelitischen Ordenstracht als message Blank bezeichneten John Reppes und dem Papst über den Fortgang des Geschehens.294 Von nun an wartete der Papst sehnsüchtig auf eine Nachricht von Lancaster, welche endlich die letzte Phase der viae pacis einläuten sollte, also die gütliche Konfliktbeilegung durch die Akzeptanz eines von einer dritten Person vorgebrachten Kompromisslösungsvorschlags. Jede neue Gesandtschaft ließ Clemens auf eine neue Entwicklung der Dinge hoffen und seine Appelle an Lancaster und König Eduard erneuern.295 Seit Jahresende 1344 ging der Papst von der baldigen Ankunft des Earls von Derby in der Rhônestadt aus. Anfang Februar hatte er von dem Entschluss des englischen Kronrates erfahren, Lancaster und Bartholomew Burghersh mit ausreichenden Vollmachten und freien Geleiten für ihre Reise nach Avignon auszustatten. Über Bischof Guido von Autun forderte Clemens nun auch Philipp VI. zur Entsendung einer Delegation und zu einer ersten Stellungnahme gegenüber Einzelartikeln des abzuschließenden Bündnisses auf.296 Am 17. März 1345 überbrachte der Kanoniker Michael Northburg aus Lichfield und Ritter Nigel Loring die an sich unspektakuläre Nachricht König Eduards, dass die Gesandtschaft Henrys von Lancaster aufgrund aktueller Vertragsverstöße in der Bretagne abgesagt worden war. Dies kam für Clemens jedoch einer Hiobsbotschaft gleich. Die diffizile Geheimdiplomatie des Papstes war ebenso gescheitert wie der erste Friedensgipfel in Avignon. Es blieb 292 Quapropter, ut negocium ipsum inchoaretur feliciter sub spe divine misericordie, fine votivo et pros-

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pero consummandum, quam plurimum expediens et utile crederemus, quod se tibi memoratus rex Anglie super hiis aperiret, tuque nobis viam, quam reperires super hoc per te, si videres expediens, vel per fidelem nuncium vel secretas litteras specifice intimares, quia nos ea, que in hac parte referres vel scriberes, sub secreto tanquam confessionis sigillo reciperemus, et teneremus, laboraremusque fideliter et soleriter, ut predictus rex Francie se ad ea que decentia et tolerabilia existerent inclinaret, tuncque si, partium hinc inde intentione prescita, materiam videremus dispositam, circa concordiam hujusmodi reformandam, et quod non esset frustratorius vel illusorius labor noster, apropinquare libenter et letanter parati erimus, et aliis pretermissis negociis expensis et laboribus non parcendo, cum omni studio et diligentia super predictis interponere solicitudinis nostre partes (Clément VI (France), N. 1155). Si vos reverteremini, statim diceretur ubique quod ruptus esset tractatus pacis, quod non expediret (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 253). Vgl. Ebd., S. 212–213. Über die Ankunft der englischen nuncii mediocres, John Thoresby und Ralph Spigurnell, welche von Seiten Eduards III. letztlich nur eine Verschiebung des Waffenstillstands in die Verhandlungen einbrachten, vgl. Clément VI (France), N. 1305 1322–24; Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 231– 34, 255; Adam Murimuth, S. 159 f. Clément VI (France), N. 1357, 1475.

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Clemens VI. neben bitteren Vorwürfen an den Earl von Derby am 23. März 1345 darüber, dass der Papst doch bereit gewesen sei, alles Besprochene umzusetzen, 297 nur noch übrig, den französischen König vor der in Kürze zu erwartenden Neuaufnahme des Krieges zu warnen.298

5. Die Korrespondenz zwischen Eduard III. und Clemens VI. im Mai/Juli 1345 Der Friedensgipfel hatte ein publizistisches Nachspiel, welches ein aufschlussreiches Licht auf die Wahrnehmung der Verhandlungen durch zwei der drei Hauptbeteiligten wirft: Eduard III. hatte spätestens im Januar 1345 den Entschluss gefasst, den Waffenstillstand im Sommer 1345 zu widerrufen, um eine breitgefächerte Invasion des französischen Festlandes zu unternehmen.299 Der verhinderte Friedensstifter Lancaster war als Anführer eines Stoßtrupps nach Aquitanien auserkoren. Bereits vor zwei Jahren hatte das englische Parlament in einem bemerkenswerten Protokoll beschlossen, den Krieg mit einem dreieinhalbjährigen Sonderzoll auf den Wollexport zu unterstützen. Ein rascher Krieg erschien den Lords und Commons billiger und zukunftsträchtiger als ein unbefriedigender Friedensschluss; und zwar „all messages and protests of the pope notwithstanding“.300 Am 14. und 15. Juni gab der König die Auflösung des Waffenstillstands bekannt und bat seine Bischöfe darum, für die erfolgreiche Verteidigung seiner Erbrechte zu beten.301 Zwei Wochen zuvor hatte der König jedoch eine geharnischte Protestnote an Clemens VI. verfasst, in welcher er sich gegen die Vertragsverletzungen Philipps VI. wandte und die vorangegangene Friedensvermittlung in Avignon als uneffektiv und ergebnislos geißelte.302 Am 21. Juli 1345 konterte Clemens mit einem viermal so langen Rechtfertigungsschreiben, das in einer wenig diplomatischen Schelte der englischen Kriegspolitik mündete und Eduard seinerseits Vertragsbrüche vorhielt.303 297 [I]nfestum est nobis et molestum quod adventum tuum, quem avide prestolabamur, ad nostram pre-

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senciam, sicut condictum extiterat, non videmus. Nam nos amore pacis, ex qua, si daret eam Dominus, inenarrrabilia bona spiritualia et temporalia procul dubio provenirent, parati eramus exequi et complere omnia que fuerant circa materiam hujusmodi prolocuta (Clément VI (France), N. 1591). Ebd., N. 1574. Siehe Kapitel B) III. Vgl. Rolls of Parliament, Band 2, S. 138, zitiert in: Sumption, Trial by Battle, S. 452 f.; J.-P. Genet, Paix et Guerre dans les Sermons Parlementaires Anglais (1362–1447), in: R. M. Dessi (Hrsg.), Prêcher la Paix et Discipliner la Société. Italie, France, Angleterre (XIIIe-XVe siècle), Turnhout 2005, S. 167–199. [A]d defendendum & recaperandum haereditaria jura nostra (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 44, 45). Protestschreiben Eduards vom 26. Mai an Clemens VI. und vier Kardinäle in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 41; Adam Murimuth, S. 165–68. Antwort Clemens‘ vom 21. Juli 1345 in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 53–55; Clément VI, N. 1844; Adam Murimuth, S. 177–188.

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Es ist hier nur auf die Punkte einzugehen, welche auf direkte Weise den Friedensgipfel in Avignon zum Gegenstand haben: Nachdem Eduard III. auf die übliche apologetische Weise304 seine Kompromissbereitschaft wider besserer Ansprüche beteuerte und die vulpina caliditate seines Gegners beklagte, welcher ihn trotz aller vorgebrachter viae pacis betrügen wolle, rekapitulierte der König von England zunächst die päpstlichen Friedensbemühungen vom Abschluss des Vertrages von Malestroit bis zum Beginn der Verhandlungen an der römischen Kurie. Während dessen hätten die Engländer Kunde von zahlreichen Vertragsverstößen in der Bretagne, der Gascogne und andernorts erhalten,305 welche gleichfalls in Avignon zur Sprache hätten gebracht werden sollen. Nachdem der englischen Delegation aber keine via pacis rationabilis unterbreitet worden sei und sich selbst der päpstliche Konservator in Vannes feindselig verhalten habe,306 sei Eduard keine andere Möglichkeit mehr als die Selbstverteidigung geblieben.307 304 Zur königlichen Rhetorik zur Begründung von Friedensschlüssen während des Hundertjährigen

Krieges siehe Kapitel B) VIII. 5. d).

305 Die Exekution des französischen Überläufers Olivier de Clisson während des Waffenstillstands in

Paris durch Philipp VI. zählte zu den englischen Gravamina, welche auch von der Chronistik ernst genommen wurden. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 41 mit Froissart (BN, A/B SHF), S. 507. Hintergrund: Sumption, Trial by Battle, S. 411–13. 306 Dabei handelte sich um den von Clemens getreu dem Waffenstillstand von Malestroit (1343) eingesetzten Dekan von Bourges, Stephan de Molceone, welcher von den Engländern jedoch wieder vetrieben worden war. Vgl. Adam Murimuth, S. 132; Clément VI (France), N. 279, 292, 363, 420, 530, 635, 697–98, 1534, 1844. 307 Et, cum ibidem in expeditione guerrae nostrae ageremus, supervenerunt reverendi patres P. Penestrini, & A. Tusculani, episcopi cardinales, vestri & sedis apostolicae nuncii, de treugis, cum praefato Philippo [VI. von Frankreich] ad tempus, infra quod coram sanctitate vestrâ tractari posset de pace finali, ineundis, ex parte dictae sanctitatis, cum instantiâ nos rogantes, adicientesque quod eadem sanctitas crederet invenire viam, per quam pax posset commodè reformari. Et, sub spe pacis bonae per sanctam mediationem vestram faciendae, specialiter ob vestri dictaeque sedis reverentiam, consensimus dictis treugis; & propter hoc nuncios, cum potestate sufficienti, ad sanctitatis vestrae praesentiam destinare. [...] Et licet, treugis per culpam dicti Philippi sic dissolutis, potuissemus, sicut adhuc de jure possumus, guerram contra eum statim licitè resumpsisse, ad vitandum tamen guerrarum discrimina, volentes primitùs experiri si possemus reformationem attemptatorum hujusmodi amicabiliter optinere, misimus, diversis vicibus, diversos nuncios nostros ad sanctitatis vestrae praesentiam, tam ad tractandum de pace praedictâ quam ad petendum reformationem attemptatorum praedictorum, statutos terminos ad sic tractandum pluries prorogando; reservatâ semper nobis libertate resumendi guerram, per culpam praefati Philippi nobis, ut praedicitur, adquisitâ. Et quia jam elapsi sunt statuti termini ad tractandum; & nulla via pacis rationabilis adhuc nobis, seu dictis nostris nunciis, est aperta; nec idem Philippus attemptata praedicta in aliquo reformare curavit [...] set sempter multiplicantur contra nos tirannides, conspirationes, & alligantiae, in subversionem nostram, per praefatum Philipum, contra formam dictarum treugarum, subdolè machinatae, ut taceamus de excessibus per nuncium sanctitatis vestrae, pridem pro conservatione treugarum praedictarum missum in Britanniam, perpetratis; qui quod sedâsse debuit dissidium propensiùs excitavit, non conservatorem treugarum set partem contra nos & nostros potiùs se ostendens; super quo sanctitatis vestra, salvâ pace suâ, remedium non adhibuit, licet super huoc fuisset, ut decuit, requisita [...] protestantes nos nolle quicquam in offensam, quod absit, sanctitatis vestrae, vel sedis apostolicae, quas

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In seiner Antwort wiederholte der Papst zunächst protokollarisch die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, er habe kein Heilmittel gegen die Philipp unterstellten Vertragsbrüche finden können. Clemens ließ dem eine längere Gegendarstellung mit einer Auflistung sämtlicher englischer Versäumnisse zur Zeit des Waffenstillstands von Malestroit folgen.308 Die Vorwürfe, er habe die Vertragsverletzungen in der Bretagne befürwortet, wies der Pontifex kategorisch zurück. Im Gegenzug griff Clemens Beschwerden des Königs von Frankreich auf, dass Eduard III. seinerseits die Waffenruhe gebrochen habe.309 Als Ursache für die ergebnislosen Verhandlungen in Avignon führte Clemens wenig überzeugend die im Vergleich zu Philipp VI. zu spät entsandten Instruktionen Eduards an.310 Vor allem aber ging der Papst in nun ungeschützter Weise auf die gescheiterte Geheimdiplomatie mit Henry von Lancaster ein. Der Pontifex wies besonders darauf hin, dass er dem englischen König, ebenso wie seinem Verhandlungsleiter Offord sowie dem Earl von Derby deutlich gemacht habe, dass zur Umsetzung des Friedensplanes eine zunächst vertrauliche Konsensfindung stattfinden müsse, bevor diese an dem revereri cupimus in omnibus, ut debemus, nec in alicujus injuriam, attemptare; set solum cum ordinato moderamine jura nostra prosequi, & defendere nos & nostra (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 41). 308 Novit enim tua sublimitas quod, licet tractatum et ordinatum in eisdem treugis extitisset, ut pro pace tractanda, solennes nuncii (quorum essent aliqui de prosapia regalis generis) ad nostram presentiam mitterentur hinc inde, prelibatusque rex Francie suos nuncios solennes, inter quos erant dilecti filii, nobiles viri, Petrus dux Borbonesii, et Humbertus dalphinus Viennensis, de genere regio, et multi alii prelati, et magne auctoritatis viri, prout ordinatum extiterat, cum mandatis sufficientibus destinarit, qui se ad procedendum in tractatu pacis hujusmodi multum voluntarios exhibebant, tu tamen, fili amantissime, quamvis aliquos (inter quos non erat aliquis de prosapia regali, nisi duntaxat dilectus filius nobilis vir Johannes de Guliaco) miseris; idem tamen nobilis, sine aliis nunciis majoribus, tam de genere tuo regio, quam aliis quos ad nostram presentiam venturos dicebat, nec procedere nec expectare voluit, sed potius de curia Romana recessit, qui nec rediit, nec alii, de genere tuo predicto, tui postmodum nuncii advenerunt (Clément VI (France), N. 1844). Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 436. 309 So hätten Eduards Männer die päpstlichen Konservatoren über Vannes durch einen Handstreich vertrieben: Sed de civitate Venetensi que secundum tenorem treugarum ipsarum, in manibus nunciorum nostrorum predictorum, nomine nostro et Ecclesie Romane remansit, et toto tempore treugarum eodem nomine teneri debuit et etiam gubernari, et de qua, in fine treugarum suam poterant iidem nuncii facere voluntatem; quam, illi de parte tua, expulsis de ipsa, illis qui eam, nostro et Ecclesie Romane nomine, tenebant et regebant, violenter et turpiter, in nostrum et ejusdem Ecclesie contemptum et opprobrium, veniendo contra treugas notorie, occuparunt (Ebd., N. 1844). Von Adam Murimuth ist das Schreiben als eindrückliches Zeugnis der Parteinahme des Papstes für Frankreich eingeschätzt worden: [E]x praefatis literis colligeres evidenter quod papa regem Franciae ab omni culpa nititur excusare et regi Angliae impingere omnem culpam (Adam Murimuth, S. 188). 310 Tu vero, fili precarissime, tuas nobis destinasti super hoc litteras, sed adeo brevem terminum continentes quod, a tempore presentationis earum computando, infra illum vix potuisset bene ac commode hujusmodi reformationis negotium inchoari (Clément VI (France), N. 1844). Aufgrund der mehrfachen Aufforderungen der englischen Delegation an den Papst, die Vertragsverletzungen zu thematisieren und angesichts der häufigen Bitten der Gesandten an Eduard III. ihnen neue Auskünfte und Anweisungen zu schicken, wirkt das Argument der Zeitnot aber kaum schlüssig. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 203, 204, 223, 231, 233.

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uns unbekannten Ort hätte umgesetzt werden können.311 Das Ausbleiben detaillierter Informationen sowohl seitens Eduards als auch das Nichtzustandekommen der Gesandtschaft Lancasters brachte Clemens direkt mit dem Scheitern des Friedensgipfels in Verbindung.312

Zusammenfassung Der Erste Friedensgipfel in Avignon schlug nicht nur aufgrund der Unvereinbarkeit der anglo-französischen Standpunkte und Verhandlungsvollmachten fehl, sondern auch aufgrund der Verhandlungsstrategie des Papstes. Die Kombination aus der Gleichzeitigkeit der von autoritärem Vermittlungsstil bestimmten Verhandlungen in Avignon und der diffizilen Geheimdiplomatie Clemens‘ VI. war letztlich zu instabil, um eine Konsensfindung zu ermöglichen. Die Protestnote Clemens‘ kann hierbei als zusätzlicher Beleg zum Nachweis einer retardierenden Verhandlungstaktik des Papstes dienen, welche einzig und allein auf eine aufwändige, externe und direkte Konfliktlösung unter päpstlicher Regie mit den beiden Königen setzte. Dass Clemens hierbei das ernsthafte Bedürfnis der Konfliktgegner unterschätzte, auch scheinbar niederschwellige Verhandlungsgegenstände in Avignon durch ihre Gesandten verhandeln zu lassen, dürfte aus dem Schreiben Eduards deutlich geworden sein. Die vom Papst stattdessen angestrebte Friedensstiftung sub se311 Sed, sicut cum prefatis decano et Johanne de Ripis condixeramus, et comiti rescripseramus predicto

hujusmodi appropinquatio nequaquam expediens videbatur, quousque de tua et regis predicti essemus intentionibus super hiis magis specifice informati. Quapropter tuam excellentiam rogandam duximus et hortandam, ut, attentis bonis ejusdem pacis inenarrabilibus, et negocii dicti passagii commodis et honoribus, te nobis velles sub secreto aperire predicto; quia nos procurare intendebamus, quantum bono modo possemus, quod rex predictus se nobis super sua intentione similiter aperiret, ut, si videremus materiam ad viam pacis predicte dispositam, tam ad appropinquationem predictam quam ad alia, que per nos fieri possent in hac parte, commodius libenter et placide nos disponere valeremus (Clément VI (France), N. 1844). 312 Post recessum autem nuntiorum tuorum predictorum de curia, intellecto et nobis intimato quod, facta tibi relatione de hiis, que responderamus ipsis nunciis, et perceptis per te, que nostre, inde tibi et dilecto comiti directe littere continebant, salubri et sano ductus consilio eundem comitem et dilectum filium, nobilem virum Bartholomeum de Burgash, nuncios tuos, ydoneo mandato suffultos, ac de intentione tua hujusmodi plenius informatos, ad nostram pro premissis ordinaveras presentiam destinare. […] A quo quidem rege responsum recepimus nobis gratum videlicet quod mox, dum ipse audiret tuos predictos nuncios, mare veniendo ad eandem nostram presentiam transivisse, suos solennes nuncios sufficienti potestate munitos, et de sua intentione plene instructos, ad eandem nostram presentiam mittere non tardaret. Cumque, concessis per nos et regem prefatum litteris de conductu securo pro tuis predictis nunciis eorumque familiis et rebus juxta formam quam alii tui nuncii, qui tunc erant in curia, dictaverunt, nunciorum tuorum predictorum cum gaudio et ingenti desiderio prestolaremur adventum, supervenerunt rumores displicibiles, citharam exultationis in luctum tristitie proh dolor! convertentes, scilicet quod predicti non venirent nuncii, nec illos vel alios mittere intendebas; et nichilominus alii tui nuncii, qui tunc erant, ut premittitur, in curia recesserunt ab inde (Ebd., N. 1844).

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creto, durch vertrauliche Nuntien und Mittelsmänner zur trilateralen Meinungsbildung tanquam confessionis sigillo, war jedoch von zu vielen äußeren Faktoren abhängig, welche der Papst gar nicht kontrollieren konnte. In Avignon nutzte der Papst zudem das von ihm perfekt kontrollierte Milieu politischer Entscheidungen und das ihm in diesem zur Verfügung stehende diplomatische wie symbolische Kapital, also die ihm von anderen zugesprochene Fähigkeit zur Konfliktlösung, denkbar schlecht: Dem Pontifex war es sichtlich misslungen, eine Verhandlungsführung zu ermöglichen, welche beide Konfliktgegner befriedigt hätte. Das diplomatische ‚Alltagsgeschäft‘, wie die von Eduard III. erstrebte Konfliktlösung über die brüchige Waffenruhe in der Bretagne, wurde darüber vernachlässigt. Das bilaterale Verhandlungsarrangement verhinderte zwar größere Konflikte zwischen den Delegationen, ging aber gleichzeitig mit einem Stillstand der Verhandlungen einher. Die unheilvolle Dissonanz aus Kontrolle und Machtverlust, die auch einem intelligenten Papst an einem perfekten Verhandlungsort widerfahren konnte, ging mit einer mangelnden Aufmerksamkeit für Details einher, welche die viae pacis nach Avignon schließlich für die nächsten zehn Jahre versperren sollte.

III. Informationshorizont und Kommunikationsstruktur. Die Zusammenarbeit zwischen Kurie und Nuntien im Vorfeld der Schlacht von Crécy (1346) 1.

Die Bereitung der Viae pacis nach dem Ersten Friedensgipfel in Avignon (1345)

Als die Blüte der Französischen Ritterschaft bei Crécy vergeblich gegen eine übermächtige Defensivstellung der englischen Truppen anrannte, von den Pfeilen der walisischen Bogenschützen durchbohrt und schließlich in der Abenddämmerung des 26. August 1346 scharenweise von den abgesessenen Fußtruppen niedergemetzelt wurde, ging auch alle Hoffnung auf eine rasche Bereitung der viae pacis verloren.313 Gleichwohl erscheint es zum Verständnis der kurialen Friedensvermittlung lohnend, sich mit den diplomatischen Schritten und Entscheidungsfindungsprozessen der Kurie in den Jahren 1345/1346 aus313 Neueste Darstellung der Kampagne Eduards im Jahre 1346 und der Schlacht von Crécy stellt M.

Livingstone; M. Witzel, The Road to Crécy. The English Invasion of France, Harlow 2005 dar. Militärgeschichtliche, wirtschaftliche, topographische wie quellenkundliche, kaum aber mentalitätsgeschichtliche Details werden behandelt in: Ayton; Preston (Hrsg.), The Battle of Crécy. Eine unorthodoxe Interpretation der Strategie Eduards III. auf seiner Kampagne bietet: Rogers, War, S. 217–271. Traditionelle Darstellungen in: Sumption, Trial by Battle, S. 500–534; A. H. Burne, The Crecy War. A military history of the Hundred Years War from 1337 to the peace of Brétigny, New York 1955, S. 169–203.

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einander zu setzen.314 Stärker als eine Rekonstruktion der Ereignisse sollen dabei Fragen nach dem Informationshorizont Clemens‘ VI. im Vorfeld seiner Konfliktinterventionen nachgegangen werden. Daraus wird auch die Funktionalität der Kommunikationsstrukturen zwischen der Kurie in Avignon und ihren Nuntien vor Ort ersichtlich. Eduard III. kündigte den Waffenstillstand von Malestroit (1343) Mitte Juni 1345 auf.315 Der Beginn von Kampfhandlungen durch lokale Truppen in der Gascogne316 war die Folge. Clemens VI., der noch in diplomatische Rückzugsgefechte nach dem gescheiterten Ersten Friedensgipfel an der Kurie verwickelt war, reagierte einen Monat später durch eine neue Friedensoffensive beträchtlichen Ausmaßes: Ende Juli wurden der französischen Seite Annibaldo Ceccano und Étienne Aubert angekündigt.317 Ihre Prokuratorien erhielten die beiden kardinalizischen Friedensstifter drei Monate später,318 verließen die Kurie aber erst am 28. November 1345.319 Am 7. September bat Clemens VI. nicht nur nachdrücklich um die Unterstützung seiner Nuntien,320 sondern kündigte den beiden rivalisierenden Königen auch Erzbischof Niccolò Canali von Ravenna an. In seinem Brief an den englischen König bat Clemens diesen lediglich um freies Geleit für den Erzbischof. Welche Aufgabe Niccolò Canali zukam, kann aus den Ankündigungsschreiben nur notdürftig ermittelt werden. Aus einem Schreiben an Henry von Lancaster vom 15. September geht hervor, dass dieser certis ex causis nichilominus interim vor der 314 Detaillierteste Untersuchung der Diplomatie Clemens‘ VI. im fraglichen Zeitraum: Lützelschwab,

Flectat Cardinales, S. 193–212.

315 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 454. 316 Zunächst fand eine Invasion der durch die Franzosen besetzten Saintonge statt, in deren Verlauf die

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Feste Montravel besetzt wurde. Der englische Seneschall Ralph Stafford begann Ende Juni mit der Belagerung von Blaye und Langon. Die Armee Henry von Lancasters, die ebenfalls die Gascogne als Ziel hatte, wurde jedoch aufgrund widriger Winde in Southampton festgehalten und traf erst am 9. August 1345 in Bordeaux ein. Ein gleichzeitiger Einfall in die Bretagne durch Thomas Dagworth war nur zu Beginn erfolgreich und kam im September aufgrund ausbleibender Verstärkungen und dem Tod Johanns von Montfort am 26. September zum Stillstand. Eduard III. hatte zunächst ebenfalls vorgehabt in der Normandie zu landen, war aber zunächst gezwungen, auf innere Unruhen in Flandern zu reagieren. Eine anschließende militärische Operation wurde durch Stürme auf dem Kanal zunichte gemacht. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 456–471. Aus dem Schreiben an Philipp VI. vom 27. Juli wird deutlich, dass die Kardinäle auch als Vertreter der finanziellen Interessen der Kirche auftreten sollten. Die formelle Titulatur als pacis angelus kann keinesfalls ausschließlich als Umschreibung der friedensstifterischen Tätigkeit päpstlicher Gesandter gesehen werden. Vgl. Clément VI (France), N. 1850–1852 sowie demnächst: A. Jamme « Ange de la paix » ou agents de conflictualité ? Nonces et légats dans l’Italie du XIVe siècle, in: H. Millet (Hrsg.), Les légats pontificaux. Paix et unité de l’Eglise, de la restructuration grégorienne à l’aube du Concile de Trente (mi XIe - mi XVIe siècle) (in Vorbereitung). Nicht weiter erläutert wird die Bezeichnung in der gleichnamigen Biographie: Beattie, Angelus Pacis. Das Ernennungsschreiben stammte vom 31. Oktober 1345. Vgl. Clément VI (France), N. 2076– 77. Vgl. Dykmans, Annibal de Ceccano, S. 222. Am 27. November 1345 wurden in zahlreichen Schreiben neben den beiden Königen, Königinnen und Kronprinzen auch deren geistlichen wie weltlichen Großen angeschrieben. Vgl. Clément VI (France), N. 2158–2169.

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Mission der Kardinäle entsandt worden war. 321 Canali sollte die erwähnte, höherrangige Verhandlungsgesandtschaft nach England vorbereiten. Der päpstliche Kollektor und Nuntius Raimundus Pelegrini hatte ihn bei seiner Aufgabe zu unterstützen.322 Über den großflächigen Beginn der Kampfhandlungen in der Gascogne nach der Ankunft Henrys von Lancaster am 9. August 1345323 war Clemens VI. in weniger als drei Wochen im Bilde: Während an der Kurie noch hitzig über den Krieg in Aquitanien diskutiert worden war, erhielt der Papst seine Informationen aus erster Hand: Kein geringerer als Graf Jean von Armagnac,324 Lieutenant der Languedoc und künftiger Widersacher der englischen Truppen in Bordeaux hielt den Pontifex auf dem Laufenden.325 Dabei tauschten Clemens VI. und Armagnac auch den Inhalt ihrer Korrespondenz mit dem Earl von Derby aus – discretam versteht sich.326 Auf die kriegerischen Entwicklungen im alten Brandherd Aquitanien reagierte Clemens mit einer Ermahnung Lancasters327 sowie der Ankündigung einer dritten Gesandtschaft am 7. Oktober 1345. Erzbischof Hugo von Besançon bekam die Aufgabe, die ausgebrochenen Feindseligkeiten in der Gascogne und der Languedoc zu beenden. Wie Clemens bemerkte, stellten die Kriegswirren ein ernsthaftes Hindernis für künftige Friedensverhandlungen dar.328 Der Nuntius wurde den Oberbefehlshabern der Feld321 Vgl. Clément VI (France), N. 1943–45, 1969; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Band 1, S. 59.

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Der Erzbischof war erst im vergangenen Jahr bei einer Reise mit Bischof Petrus von Astorgia von Königin Philippa von England Anfang freundlich empfangen worden. Die Nuntien waren sowohl als Friedensvermittler als auch als päpstliche Repräsentanten innerhalb des Pfründenstreites nach England gereist. Vgl. Clément VI (France), N. 1909; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 29 (Brief an die beiden, von Rymer fälschlich als Kardinale bezeichneten, Bischöfe vom 8. Februar 1345); Adam Murimuth, S. 163–64. Vgl. Clément VI (France), N. 2070. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 463. Gratanter recepimus nobilitatis tue litteras, per quas statum partium Vasconie nobis intimare curasti, quarum serie diligentius intellecta, nobilitatem eandem super significatione illorum, que inter multa que multi locuntur in curia indubie supponimus esse vera, multipliciter in Domino cum gratiarum actionibus commendantes, attente rogamus eandem quatenus de hiis, que occurrerint, nos efficere, sicut comode fieri poterit, tua prudentia studeat certiores (Vgl. Clément VI (France), N. 1927). Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 458, 466, 541. Aktuellste Studie über den Grafen: D. Barrois, Jean Ier, comte d‘Armagnac (1305–1373), son action et son monde, Lille 2003 (Internet: http://www.univlille3.fr/theses/barrois-dominique/html/these.html) (Zuletzt aufgerufen am 8. September 2009). Licet autem deliberaverimus et ardentibus desideremus affectibus inter dissidentes pacis concordiam Deo gratam et mundo valde utilem reformari, tamen secundum cursum illorum que aguntur presentialiter responsionem per te, ut scripsisti, factam dilecto filio nobili viro Henrico, comiti Derbeye, reputamus discretam (Clément VI (France), N. 1927). Der Papst deckte seinen Informanten nicht auf: Relatibus fidedignis percepto, te, fili, venisse hiis diebus ad partes ducatus Aquitanie... (Ebd., N. 1927). [Q]uamquam adhuc durarent ac usque ad instans festum beati Michaelis durare juxta tenorem et continentiam earundem debeant treuge supradicte, inter utriusque regum ipsorum gentes et subditos, presertim in partibus Lingue Occitane ac ducatu Britannie commotiones, invasiones et congressus hostiles suscitati fuerunt, ex quibus dampna multiplicia sunt secuta et ampliora nisi provideretur aliter subsequi prodolor formidatur, nos igitur attendentes quod ex hiis tractatus pacis circa quem

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züge, Henry von Lancaster und dem französischen Thronfolger, Herzog Johann von der Normandie,329 sowie einer großen Zahl weiterer Fürsten angekündigt, die zu dieser Zeit mit der Kriegführung in der Languedoc betraut waren.330 Unter Androhung der Exkommunikation sollte der Bischof die Einhaltung des Waffenstillstands bis zum Michaelisfest des nächsten Jahres überwachen.331 Trotz des breitgefächerten „Engagement des Papstes in epistolis“332 und der aufwändigen Verwendung gleich dreier Gesandtschaften kann die Friedensvermittlung der Kurie bis zur Landung des englischen Königs in SaintVaast-la-Hougue am 12. Juli des Jahres 1346333 als erfolglos bezeichnet werden: Dem Nuntius Hugo von Besançon misslang es sichtlich, die Kampfhandlungen in Südfrankreich zu beenden: Im Anschluss an die Eroberung Bergeracs am 21. Oktober besiegte Lancaster zusätzlich eine französische Streitmacht bei Auberoche.334 Die ursprünglich von Clemens befürchtete Konfrontation zwischen den Armeen Prinz Johanns von der Normandie und Henrys von Lancaster blieb zwar aus,335 doch war dies wohl nicht auf den Einsatz des Nuntius zurückzuführen.336 Noch gravierender ist das Scheitern der kurialen Diplomatie einzuschätzen, ein Treffen zwischen den Kardinälen und dem König inter memoratos reges laborare intendebamus et intendimus impediri seu turbari posset, et alia dampna et scandala varia non reparanda faciliter multiplicari valerent, et propterea observari dictas treugas juxta formam ipsarum, ut interim procurari possint oportuna remedia cupientes (Clément VI (France), N. 2018). 329 Vgl. Ebd., N. 2021–2022. 330 Unter den Adressaten befanden sich auf englischer Seite unter anderem der Seneschall der Gascogne, Ralph Stafford, sowie der lokale Machthaber Bernard-Aiz d’Albret, auf französischer Seite der Lieutenant der Languedoc, Herzog Pierre von Bourbon, sowie der die Saintonge verteidigende Bischof Jean (de Marigny) von Beauvais – ein Zeichen für die präzise Erfassung von Machtstrukturen durch den Papst. Vgl. Clément VI (France), N. 2024–25; Eubel (Hrsg.), Hierachia catholica, Band 1, S. 132. 331 Ebd., N. 2024–25 – In einer zweiten Prokuration Hugos wurde der Erzbischof explizit dazu aufgefordert, die gegenseitigen Vertragsverletzungen wieder rückgängig zu machen und den Zustand vor dem Bruch der Waffenruhe wieder herzustellen: abstinere procurent et nichilominus attemptata quecunque contra tenorem treugarum ipsarum, quantum erit in eis et fuerit possibile, realiter et effectualiter revocare ac ad statum quo erant tempore quo indicte fuerunt treuge supradicte reducere studcant hinc et inde (Clément VI (France), N. 2019). 332 Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 198. 333 Vgl. Rogers, War, S. 238. 334 Dem Herzog von Lancaster und den anglo-gascognischen Truppen war es im Herbst/Winter 1345/46 durch die Einnahme Périgords und weiterer Kampagnen in der Agenais gelungen, seine bisherigen Erfolge auszubauen, ohne dass der französische Lieutenant, Pierre von Bourbon, etwas hätte unternehmen können. Das unmittelbare Resultat war die wirtschaftliche Schwächung des französischen Königtums, welche durch die Beibehaltung von Sondersteuern und durch Geldanleihen bei Johann von Böhmen und der Kurie ausgeglichen werden musste. Nachdem ein Neffe Clemens‘ VI. bei der Schlacht von Auberoche gefangengenommen worden war, gingen dessen bisherige Skrupel bei der Finanzierung der französischen Kriegsführung merklich zurück. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 470–71, 473–484. 335 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 467 ff. 336 Sumption mutmaßt, dass Johann von der Normandie nach Erhalt der Nachricht von der Schlacht seinen Feldzug ergebnislos abgebrochen hatte. Ebd., S. 470.

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von England zu arrangieren: Alle Versuche des Papstes, ein Geleit für seine Nuntien zu erwirken, liefen ins Leere. Im Folgenden wird exemplarisch die Beschaffenheit der Kommunikationsstrukturen der Kurie während dieser kritischen Phase der Friedensmission unter die Lupe genommen.

2. Kuriale Kommunikation und päpstliche Informationsbeschaffung am Beispiel der Ablehnung des freien Geleits für die apostolischen Nuntien Kardinäle (1345/1346) Erzbischof Niccolò von Ravenna kam nach einer etwa dreiwöchigen Reise am Martinsfest in London an. Den englischen König konnte er jedoch erst am 17. Dezember in Westminster sprechen. Aus einem Schreiben an Clemens VI. vom 11. November geht freilich hervor, dass die Ankunft des Nuntius durch die königliche Kanzlei wohl registriert worden war. Der Papst könne in Kürze mit einer Antwort rechnen. 337 Aufgrund der Tatsache, dass in dem Schreiben erneut apologetisch auf jüngere Vorwürfe Clemens‘ Bezug genommen worden war und diesem versichert wurde, quod nichil nobis ad culpam debeat rationabiliter imputari klingt freilich ein gewisser nervöser Unterton in dem Schreiben mit. Noch hingen in Westminster die Exkommunikationsdrohung der Kardinäle Bertrand de Montfavès und Pedro Gomez bzw. Gerüchte hinsichtlich einer Publikation päpstlicher Prozesses im Frühjahr 1345 in der Luft.338 Zuvor hatte der Nuntius bereits dem englischen Kronrat seine Beglaubigungen und ein dazugehöriges päpstliches Schreiben überreichen können.339 Neben der Bitte um Geleit für Ceccano und Aubert forderte Clemens VI. den König darin zur Einhaltung des Waffenstillstandes bis zum Michaelsfest nächsten Jahres auf. Die Kardinäle sollten in der Zwischenzeit entweder einen Frieden herbeiführen oder zumindest den Waffenstillstand verlängern. Eduard wurde gebeten, den Kardinälen zu diesem Zwecke einen festen Ort und Termin für Verhandlungen zu nennen. Tags darauf, am 21. Dezember, wurde der Erzbischof jedoch von Eduard III. über einen seiner diplomatisch versiertesten Mitarbeiter, Bartholomew Burghersh,340 kontrafaktisch belehrt, dass der französische Gegner den Waffenstillstand gebrochen und damit die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen forciert habe. Der König konnte dem Papst derzeit keine Friedensgespräche in Aussicht stellen, da er sich zunächst noch mit seinen flämischen Verbündeten über die weitere Vorgehensweise ver337 Vgl. im Folgenden: Adam Murimuth, S. 189 f. 338 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 63. 339 Beglaubigung und Brief des Papstes waren dem Nuntius gemeinsam übergeben worden und be-

zogen sich aufeinander. Der Brief des Papstes ist nicht mehr existent. Vgl. Clément VI (France), N. 1943; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 59. 340 Burghersh, ein langjähriges Mitglied der Kammer Eduards III. und zeitweiliger warden des Towers sowie Seneschall von Ponthieu, war einer der erfahrensten Diplomaten und Unterhändler der englischen Krone. Er war bei den Friedensgesprächen von Saint-Antoing (1341) beteiligt und hatte den Waffenstillstand von Malestroit mit ausgehandelt. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 67 ff.

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ständigen musste.341 Mit Hilfe dieser sollte der englische Erbanspruch auf die Krone Frankreichs durchgesetzt werden. Anschließend beteuerte Eduard, für jede via rationabili aufgeschlossen zu sein.342 Auf die Frage des Nuntius, wo die Kardinäle Eduard denn erwarten sollten, wurde dem Bischof schnippisch bedeutet, dass die gesamte Christenheit von der Ankunft des englischen Königs auf französischem Boden erfahren und somit auch der Papst schwerlich im Unklaren bleiben würde.343 Die Aufforderung des Erzbischofs nach einer Konkretisierung der weiteren Verhandlungsschritte aber auch die Nachfragen der Kardinäle344 sowie des Papstes345 nach der Vergabe des freien Geleites zerschlugen sich dadurch. Aufgrund der skizzierten parallelen Vorgehensweise stellt sich die Frage, inwieweit und auf welchem Wege es dem Papst gelang, sich einen Überblick über die drei Verhandlungsebenen zu verschaffen und wie es um seinen Informationshorizont vor seinen politischen Entscheidungen bestellt war.346 In dieser Hinsicht wirkt es überraschend, dass Clemens ausgerechnet durch die englische Königskanzlei regelmäßig und zuverlässig über jeden Verhandlungsschritt und Entschluss in Westminster informiert worden war.347 Auch den Kardinälen wurden im Auftrag des englischen Königs regelmäßig die negativen Bescheide hinsichtlich ihres Anliegens übermittelt.348 Die päpstlichen Friedensstifter 341 Vgl. Adam Murimuth, S. 191. Eine Koordinierung zwischen Eduard III. und seinen flämischen Ver-

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bündeten über eine gemeinsame Vorgehensweise hinsichtlich der päpstlichen Friedensvermittlung am 2. April 1346 ist tatsächlich nachweisbar. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 80–81. Ebenso große Anstrengungen sind freilich auf Seiten des englischen Königs erkennbar, durch die Ernennung Hugh von Hastings als Lieutenant in Flandern die taktische Flankierung seiner eigenen Kampagne in Nordfrankreich vorzubereiten. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Band 1, S. 83; Sumption, Trial by Battle, S. 498. Vgl. Adam Murimuth, S. 191; Sumption, Trial by Battle, S. 473. Zur skeptischen Bewertung von Eduards Anspruch auf die Krone Frankreich vgl. Fowler, War Aims of the Protagonists, S. 58; Sumption, Trial by Fire, S. 4 mit Patourel, Edward III and the Kingdom of France, S. 247–264. [Q]uod, cum dominus rex venerit, sic veniet quod toti Christianitati innotesceret ejus adventus, ita quod dominus papa tunc de loco non poterit probabiliter haesitare (Adam Murimuth, S. 192). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 84. Vgl. Clément VI (France), N. 2177. Siehe Kapitel C) V. Erst am 8. Oktober 1345 wurde der Papst über den Erhalt seiner Protestnote vom 21. Juli informiert. Clemens wurde bedeutet, dass sich Eduard darüber mit seinem Kronrat beraten werde. Über die Ankunft Niccolò von Ravennas und über das freie Geleit für seine Person wurde der Pontifex am 11. November in Kenntnis gesetzt. Dem Papst wurde ferner mitgeteilt, dass seine Vorwürfe über den Bruch des Waffenstillstandes haltlos seien. Nach einem Treffen mit dem Kronrat werde er eine entsprechende Antwort erhalten. Am 20. Dezember wurde Clemens knapp bestätigt, dass sich Eduard mit dem Erzbischof getroffen und dessen mündliche wie schriftliche Nachricht zur Kenntnis genommen habe. Dem Papst wurde ein Bote angekündigt, der ihn über das Ergebnis des Gesprächs informieren werde. Am 8. Januar 1346 wurde Clemens zudem der Londoner Kanoniker Richard Vaughan angekündigt. Den abschlägigen Bescheid hatte Clemens bis spätestens 13. März 1346 erhalten. Vgl. London, PRO C 70/20 m.1; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 63, 66, 68; Clément VI (France), N. 2177. Briefe vom 24. Februar, 15. März, 26. April und 2. Juli 1346: London, PRO C70/22 m. 2; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Band 1, S. 80 f., 84.

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mussten sich mit der Versicherung zufrieden geben, dass dies nicht aus Respektlosigkeit gegenüber ihrer eigenen Person oder dem Papst geschehe.349 Dass Eduard den Nuntius über sein Landungsziel bei der kommenden Kampagne informiert hätte, davon kann umso weniger ausgegangen werden, da der König, wie noch gezeigt werden wird, selbst gegenüber seinen engeren Mitarbeitern um strengste Geheimhaltung bemüht war. Es ist sicherlich korrekt, dass es sich insgesamt um eine latente Obstruktion der päpstlichen Friedenspolitik handelte. So gab Eduard III. in einem Schreiben an den Kronadel und die Geistlichkeit vom 8. Oktober 1345 zu verstehen, dass er gegenwärtig nicht mit dem Erzbischof von Ravenna verhandeln wolle. In der Zwischenzeit sollten diese eine Kommission benennen, welche die von Niccolò Canali überbrachten Briefe in Empfang nehmen sollte.350 Dies ging aber keineswegs mit einer Desinformation der päpstlichen Kurie einher. Ein Angebot des englischen Königs scheint von den Kardinälen indes gar nicht ergriffen worden zu sein: Eduard schickte auf ihren Wunsch im April 1346 nämlich zwei ‚commissarii’ auf den Kontinent, um mit den Vermittlern Gespräche aufzunehmen.351 Der Königs wollte sich durch diesen Schritt genauer über deren Absichten informieren.352 Die apostolischen Nuntien scheinen diese Chance zur direkteren Kontaktaufnahme jedoch nur unvollständig genutzt zu haben. Obwohl der englische König nach eigener Aussage an neuen Verhandlungsvorschlägen stets interessiert war,353 brachten die Kardinäle weder neue Optionen zur Konfliktlösung ein, noch baten sie den Papst um neue Instruktionen. Abermals ließen sie Eduard über dessen Gesandten Andrew Offord die stereotyp gewordene Bitte um ein freies Geleit zur Überquerung des Ärmelkanals übermitteln.354 Ebenfalls ist festzustellen, dass die wiederholten Absagen den Papst keineswegs zu einem Strategiewechsel veranlassten. Gerade angesichts des zufriedenstellenden Informationshorizontes zeugt das Vorgehen Clemens‘ beim Verfolgen seiner Ziele von einer nur geringen diplomatischen Flexibilität. 349 [N]e ne avons done en offense, ne en contempt, de nostre seint piere le pape, ne de voz persones

(London, PRO C70/22 m. 2).

350 Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 62. Weitere Fälle, in denen von einer gezielten Behinderung

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bzw. Verzögerung gesprochen werden kann, stellt Eduards Verweigerung des freien Geleites an die Kardinäle Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano im Jahre 1343, die späte Entsendung seiner Abgesandten zu den ersten Friedensgesprächen an der Kurie von Avignon im Jahre 1344 sowie dessen gezielte Behinderung der Einreise apostolischer Nuntien im Januar 1345 und im Sommer 1371 dar. Vgl. Clément VI (France), N. 1269–69; Grégoire XI (France), N. 310; Adam Murimuth, S. 160; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 32. Bei den Gesandten handelte es sich um den verhandlungserfahrenen Professor des Zivilrechts, Andrew Offord, und um den Kanoniker aus Suthwell, William de Bomere. Ersterer war bereits Teilnehmer der ersten trilateralen Friedensgespräche in Avignon gewesen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 84; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 33. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 199. Vgl. Adam Murimuth, S. 191. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 84. Auch Clemens VI. schien im Frühjahr 1346 keine Chance zum Beginn weitergehender, trilateraler Verhandlungen gesehen zu haben. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 199. Von einer Aufforderung des Papstes an Philipp VI. um die Entsendung von Unterhändlern ist nichts bekannt.

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3. Die Vorbereitung der Kurie auf die Landung Eduards im Frühjahr/Sommer 1346 Nach der Ablehnung des freien Geleits durch den englischen König blieben Clemens VI. und seinen Vermittlern nichts anderes mehr übrig, als die englische Invasion auf dem französischen Festland zu erwarten. Da Eduards Landungsziel bis zuletzt geheim gehalten worden war,355 wies der Papst seine Nuntien in einem Brief vom 22. März 1345 an, sich von ihrem derzeitigen Aufenthaltsort Arras nach Chartres zu begeben. Von dort aus wären sie in der Lage, gleich schnell in der Gascogne, Flandern, der Bretagne oder gar der Normandie einzugreifen.356 Die Tatsache, dass der Papst über die konkreten Absichten des Königs von England nicht informiert war und auch seine Friedensvermittler über keine näheren Informationen verfügten, sondern lieber „eine zeitaufwändige Rückbindung an die Kurie vor[zogen]“, sollte indes nicht überbewertet werden.357 Die Geheimhaltung Eduards III. scheint im Gegensatz zu früheren Kampagnen im Jahre 1346 überaus gründlich gewesen zu sein.358 Abgesehen davon glaubte Clemens VI. das englische Kampagnenziel zu kennen: Er teilte den Kardinälen mit, dass er von vielerlei Quellen erfahren habe, dass der englische König in der Gascogne landen würde.359 Mit dieser Einschätzung war Clemens VI. nicht allein. Auch der französische König ging zu diesem Zeitpunkt von einer Landung Eduards in der Gascogne oder der Bretagne aus. Seine Küstenverteidigung ließ er vor allem in diesen Regionen verstärken.360 Selbst das engere Umfeld des englischen Königs war bis kurz nach Aufbruch von Eduards Invasionsflotte nicht über dessen Pläne eingeweiht worden. Ein nach der Landung Eduards in der Normandie verfasster Brief Bartholomew Burghershs an den Erzbischof von Canterbury bestätigt, dass der englische König ursprünglich tatsächlich in der Gascogne hatte landen wollte, es die englische Flotte jedoch nach einem Sturm auf die Isle of Wight verschlug. Nach dem erneuten Aufbruch sei das Landungsziel dann dem Willen Gottes überlassen worden.361 Es kann hierbei angenommen werden, dass Eduard seine Entscheidung bereits vor der Abfahrt in einem Kriegsrat getroffen, die Mehrzahl seiner Flottenangehörigen aber aus Furcht vor Spionage erst nach der Abfahrt von seinem Ziel 355 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 493. 356 [V]ideretur nobis expediens quod ad civitatem Carnotensem unde, si veniret in Vasconiam vel Flan-

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driam, Britanniam vel Normanniam, possetis ad eum accedere satis cito, vos curaretis conferre, ibidem expectando et faciendo diligenter, quantum possibile fuerit, ad quem locum ipsum regem declinare contingeret percunctari (Clément VI (France), N. 2390). Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 199 mit FN 282. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 493. [A]ttendentes quod si rex ipse transeundo citra mare in Vasconiam, sicut multe littere tam nobis quam aliquibus de curia Romana directe continent (Clément VI (France), N. 2390). Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 494. In der Normandie war lediglich eine kleine Zahl von Truppen unter dem Kommando des Marshalls Robert Bertrand verblieben, dem es jedoch im weiteren Verlauf der Kampagne an Entschlossenheit mangelte. Vgl. Rogers, War, S. 218 f. Vgl. Adam Murimuth, S. 200.

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in Kenntnis gesetzt hatte.362 Dies ändert freilich nur wenig an der Tatsache, dass in Avignon unmöglich aufgrund besserer Sachkenntnis hätte entschieden werden können. Dennoch wirkt es auf den ersten Blick verwunderlich, weshalb Clemens in Anbetracht seines Informationshorizontes seine Kardinäle nicht unverzüglich angewiesen hatte, sich in die Gascogne zu begeben sondern sie darum bat noch mindestens einen Monat in Arras zu bleiben. Der Papst begründete seine Entscheidung damit, dass es seine Nuntien derzeit riskieren würden, den Truppen des französischen Kronprinzen Johanns von der Normandie zu begegnen, welche in der Gegend vermutet wurden und eine große Gefahr für sie darstellten.363 Tatsächlich hatte sich im Februar eine große französische Streitmacht im Auftrag Johanns in südlicher Richtung auf den Weg gemacht. Nachdem der Prinz dazu gestoßen war, begab sich seine Armee Mitte April in das Tal der Garonne, um die strategisch bedeutsame Stadt Aiguillon zu belagern.364 Dass der Papst bereits einen knappen Monat zuvor diesen Sachverhalt in seinen Anweisungen miteinkalkulierte, zeugt davon, dass er zumindest über die französischen Truppenbewegungen gut im Bilde und daher bei seiner Friedenspolitik zur Differenzierung im Stande war. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Anweisung Clemens’ an seine Kardinäle, sich nach Chartres zu begeben, nicht unbedingt auf „Unsicherheit und Ratlosigkeit“ des Papstes hindeuten muss.365 Aufgrund der tatsächlichen Änderung des englischen Kampagnenziels und der französischen Militäroperationen im Frühjahr 1346 gewinnt die Friedenspolitik Clemens VI. vielmehr ein strategisches Element. Die Krisenbewältigung des Papstes im Vorfeld der Landung Eduards III. in der Normandie zeugt von der effektiven Nutzung zeitgenössischer Kommunikationsmittel bei der zeitnahen Koordination seiner Friedensvermittler.

362 Rogers vermutet eine gezielte Desinformationskampagne des englischen Königs. Vgl. Rogers,

War, S. 217 f., 223 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 497 f. In der späteren Chronistik wird dagegen angenommen, dass der südnormannische Niederadelige, Geoffrey von Harcourt, welcher nach einem misslungenen Aufstand gegen die französische Krone am Jahresbeginn 1345 Eduard III. Mannschaft geleistet hatte, den englischen König dazu angestachelt habe, die Normandie zu erobern. Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 538; Sumption, Trial by Battle, S. 412–414, 453, 497– 498. 363 [A]pplicaret, vos de civitate Atrabatensi, ubi ad presens morari noscimini, de uno mense vel forsan ampliori tempore, propter loci distantiam, ipsum non possetis adire timereturque medio tempore, cum dilectus filius nobilis vir Johannes, primogenitus carissimi in Christo filii nostri Philippi, regis Francie illustris, dux Normannie, cum potentia magna gentis armigere in partibus illis esse dicatur, posse magna pericula, quod avertat Dominus, evenire (Clément VI (France), N. 2390). 364 Die Belagerung Aiguillons zog sich über den ganzen Sommer hin und wurde schließlich am 20. August 1346 von Johann ergebnislos abgebrochen. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 484 ff., 519. 365 Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 199.

Die Zusammenarbeit zwischen Kurie und Nuntien im Vorfeld der Schlacht von Crécy

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4. Die gescheiterte „Pendeldiplomatie“ der Kardinäle im August 1346 a) Verhandlungen zwischen Lisieux und le Neubourg Nach der Landung Eduards auf französischem Boden gelang es den apostolischen Nuntien aufgrund ihrer zentralen Ausgangsposition bereits zwei Wochen später, am 3. August, mit dem König bei Lisieux Kontakt aufzunehmen.366 Obwohl sich der Empfang höchst unverbindlich gestaltete,367 gelang es den Vermittlern, den König von England von einer „Pendeldiplomatie“368 mit dem Heer des französischen Königs zu überzeugen. Anschließend tauschten sich die Kardinäle mit Philipp VI. aus, dessen Heer sich in unmittelbarer Nähe der englischen Truppen befand.369 Ceccano und Aubert stießen anschließend wieder zum bereits auf dem Marsch befindlichen englischen Heer. Neue Optionen hatten sie dabei nicht im Marschgepäck. Bei le Neubourg unterbreiteten sie Eduard III. lediglich die altbekannten Vorschläge einer Rückgabe der Grafschaft Ponthieu und eines Herzogtums Aquitanien370 unter französischer Lehnsoberhoheit oder eine Hochzeitsallianz mit dem Hause Valois.371 Beide Optionen waren bekanntlich schon auf dem Friedensgipfel in Avignon auf keine Gegenliebe gestoßen. Eduard lehnte sie daher konsequenterweise ab, worauf sich die Kardinäle enerviert zurückzogen.372 366 Vgl. Ebd., S. 201. 367 Geoffrey le Baker zufolge dauerten die Verhandlungen drei Tage. Vgl. Geoffrey Le Baker,

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S. 161. Aus einem Brief seines Beichtvaters Richard Winkeley an dessen Dominikanerkonvent in London geht hervor, dass Eduard prinzipiell zu Verhandlungen bereit war. Er verbat sich aber eine Gefährdung seines Anrechts auf die Krone Frankreichs: [L]icet in praejudicium non modicum causae suae; et quod adhuc paratus est pacem admittere, dum tamen sibi via rationabilis offeratur (Adam Murimuth, S. 215). Der Brief befindet sich ebenso in: Robert Avesbury, S. 362 f. Begriff von Lützelschwab anlässlich der bilateralen Verhandlungen der Kardinäle zwischen dem englischen und französischen Heer bei Calais. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 209. Das französische Heer befand sich in unmittelbarer Nähe der englischen Truppen. Die Kardinäle trafen den französischen König gleichfalls in Lisieux an. Nach der Unterredung zog sich Philipp VI. nach Rouen zurück. Dabei muss es ihm gelungen sein, die Truppen Eduards zu überholen, der gleichfalls nach Osten zog. Philipp VI. schien genügend Zeit gehabt zu haben, eine Brücke zu zerstören, die über die Rhône führte, um damit Eduards Weg abzuschneiden. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 513, 505 (Karte); Rogers, War, S. 253, 239 (Karte). Dabei handelte es sich wohl um ein Herzogtum, das durch die während des Krieges von SaintSardos im Jahre 1324 verlorengegangen Gebiete erweitert werden sollte. Vgl. Adam Murimuth, S. 215. Vgl. Adam Murimuth, S. 215; Sumption, Trial by Battle, S. 514. [D]esperati de fine bono, simpliciter recesserunt (Adam Murimuth, S. 215). Eo tempore duo supradicti cardinales iverunt ad regem Franchie et ad regem Anglie pro concordia impetranda. Qui, suas vo Luntates facere non volentes, reversi sunt apud Sanctum Dyonisium prope Parisius (Gilles li Muisit, S. 152). Vgl. Robert Avesbury, S. 362; Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 5–7. Das Eulogium Historiarum verkürzt die Verhandlungen zu einem Treffen mit dem englischen König. Vgl. Eulogium Historiarum, S. 207.

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b) Ex post facto? – Kuriale Entscheidungsfindung im Nachhinein In den Monaten vor der Landung des englischen Königs in Saint-Vaast-la-Houghe hatte sich der Papst im Wesentlichen darauf beschränkt, seinen Nuntien zu raten, mit König Philipp und seiner Gemahlin in Kontakt zu bleiben. Ansonsten schlug Clemens ihnen vor, nach eigenem Gutdünken zu verfahren.373 Am 24. April erneuerte der Pontifex aus unersichtlichen Gründen die Vollmacht der Kardinäle, einen Waffenstillstand zur Not auch mit dem Mittel der Exkommunikation durchzusetzen, auch wenn sich bereits sein Vorgänger gegen derartige Maßnahmen ausgesprochen hatte.374 Die Nuntien betrieben in dieser Zeit einen regen Kontakt mit der Kurie: Auf deren Nachfrage blieb dem Papst lediglich übrig, seine Überforderung angesichts zahlreicher, paralleler Krisenherde in Europa, so insbesondere in Deutschland und der Lombardei, einzuräumen.375 Von der Landung Eduards III. erfuhr Clemens über seine Nuntien Anfang August. Dies kommt einer Reaktionszeit von knapp drei Wochen gleich. Angesichts der Tatsache, dass sich die Kardinäle in Chartres aufhielten, als sie von der englischen Invasion erfuhren, kann die Kommunikationsgeschwindigkeit zwischen den Nuntien und der Kurie als hoch eingeschätzt werden.376 Bereits am 3. August – dem Tag der Verhandlungen der Kardinäle mit Eduard bei Lisieux – ist ein Brief des Papstes an die Nuntien bezeugt. Clemens lobte seine Vermittler dafür, dem englischen König sogleich entgegen geeilt zu sein.377 Der Papst schien aufgrund dieser alarmierenden Neuigkeit seine kurzzeitige Lethargie überwunden zu haben. Am selben Tag ließ er Ceccano und Aubert frische Beglaubigungen für ihr Gespräch mit dem englischen König zustellen.378 Angesichts der knappen Zeit hatte Clemens auf neue Prokuratorien verzichtet, sondern verwies auf die Gültigkeit seiner bisherigen Ratschläge in Wort und Schrift. Gleichwohl schärfte er den Nuntien ein, ihn bestmöglichst auf dem Laufenden zu halten.379 Acht Tage später ließ ihnen der Papst ein aufschlussreiches Memorandum über die bisherige Friedens373 Vgl. Clément VI (France), N. 2390. 374 Vgl. Ebd. N. 2440 mit Benoît XII (France), N. 495. 375 Super hiis pro quibus pridem dilectos filios Androynum abbatem monasterii S. Cecani O.S.B., et

Audoynum Alberti, decanum ecclesie S. Aredii, Lingonensis et Lemovicensis diocesium, nuncios vestros, ad nostram presentiam cum vestris litteris destinastis, per nos diligentius intellectis certis rationabilibus causis suadentibus, deliberare ommisimus, et etiam respondere presertim quia eramus, sicut adhuc sumus, magnis diversis arduis aliis negociis, propter guerras et dissensiones que in Alamannia, Sicilia, Lombardia et aliis diversis mundi partibus ingruunt multipliciter impediti (Clément VI (France), N. 2596). Lützelschwab meint darin „einen verärgerten Unterton herauszuhören“ und konstatiert die „Hilflosigkeit“ seiner Kardinäle. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 200. 376 Angesichts der günstigsten Schätzung der Durchschnittsgeschwindigkeit eines Eilboten zu Beginn der Frühen Neuzeit von 100 Kilometern pro Tag ist das Zurücklegen der Distanz Saint-Vaast-laHogue – Chartres – Avignon von etwa 876 Kilometern als durchaus respektabel zu bezeichnen. Vgl. K. Beyrer, Art. „Botenwesen“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 2 (2005) Sp. 361–367. 377 Vgl. Clément VI (France), N. 2695 (3. August 1346). 378 Vgl. Ebd., N. 2694 (3. August 1346). 379 Vgl. Ebd., N. 2695 (3. August 1346).

Die Zusammenarbeit zwischen Kurie und Nuntien im Vorfeld der Schlacht von Crécy

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vermittlung der Kurie während des Hundertjährigen Krieges zukommen.380 Laut der in diesem enthaltenen Prokuratorien hatten Annibaldo und Étienne nach dem gewohnten Mehrstufenplan der Kurie zur Friedensstiftung zu verfahren, also zunächst einen Waffenstillstand auszuhandeln versucht um anschließend beide Könige von der abermaligen Entsendung von Unterhändlern mit ausreichenden Vollmachten an die Kurie von Avignon zu überzeugen. Clemens ermutigte sie ferner, von ihren aktuellen und früheren Vollmachten Gebrauch zu machen, falls ihnen das sinnvoll erscheine.381 Hierbei waren abermals ausdrücklich der Gebrauch von Exkommunikation und Interdikt mit eingeschlossen.382 Wie sehr die Kardinäle um eine schnelle Benachrichtigung des Papstes bemüht waren, zeigt die Tatsache, dass Clemens bereits zehn Tage nach ihrem vermutlichen Treffen mit König Philipp VI.383 über den Ausgang des Gespräches informiert war. Clemens bemühte sich sogleich darum, seinen Nuntien neue Anweisungen für ihr darauffolgendes Treffen mit Eduard III. zu übermitteln.384 Auf Nachfrage der französischen Königin Johanna ließ ihr Clemens VI. ausrichten, dass er sich bereits der Sache angenommen habe.385 Die Tatsache freilich, dass die bereits erwähnten, erfolglosen Verhandlungen der Kardinäle mit Eduard bereits acht Tage zuvor stattgefunden hatten, zeigt überdeutlich die Grenzen des päpstlichen Handlungsspielraums innerhalb der immer rapideren Dynamik auf, welche die Verhandlungsführung inzwischen angenommen hatten. So bizarr die Regulierungswut des Papstes angesichts längst geschaffener Tatsachen auch erscheinen mag, umso weniger kann darin ein kommunikatives Versäumnis gesehen werden. Dieser bediente sich lediglich mit angemessener Geschwindigkeit der Informationsmittel seiner Zeit. Erst 380 In diesem wurde ausgerechnet der Erste Friedensgipfel von Avignon (1344/45) nicht mit aufgeführt.

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Vgl. Clément VI (France), N. 2726 (11. August 1346); Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 200. Siehe Kapitel B) II. Per premissa vero vel eorum aliqua quibusvis commissionibus per nos vobis super predictis seu quibusvis aliis seu processibus per vos habitis, nolumus in aliquo derogare, immo nostre intentionis existit et volumus quod, si premissa vel aliqua de illis contineantur in litteris nostris vobis directis hactenus, vigore illarum vel presentium litterarum possitis procedere, quando et quociens vobis videbitur expedire (Clément VI (France), N. 2726). Prefatum quoque regem Francie, premissis etiam erga eum exhortationibus et monitis similibus, ut ad statum reducat pristinum, quantum in eo fuerit, quecumque per eum seu adherentes eidem contra formam treugarum predictarum fuerint innovata et juramentum per ipsum regem Francie in treugis predictis prestitum et ipsas treugas pro toto tempore ipsarum studeat observare per excommunicationis in personas regum predictorum et adherentium eorumdem, et interdicti sententias in regna et terras ipsorum, auctoritate nostra promulgandas, appellatione postposita compellatis (Ebd., N. 2726). Dafür kommt nur der Zeitraum zwischen dem ersten und zweiten Treffen der Nuntien mit dem französischen König (3.-6. August) in Frage. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 88; Rogers, War, S. 252. Am 14. August verließ ein Brief an die beiden Vermittler die Kurie mit neuen commissiones, über die im Konsistorium beraten worden war und deren Inhalt die Gesandten beherzigen sollten. Vgl. Clément VI (France), N. 2727. Vgl. Clément VI (France), N. 2728.

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die negative Erfahrung der Konfliktinterventionen zu Beginn der 1340er sollten die Kurie lehren, hinsichtlich der Möglichkeit einer zeitnahen Instruktion ihrer Gesandten eine realistischere Grundhaltung anzunehmen.386 c) Die päpstlichen Friedensinitiativen im Vorfeld der Schlacht von Crécy Nach dem Scheitern der Verhandlungen bei le Neubourg sah sich Clemens VI. durch das französische Königshaus in die Defensive gedrängt. Der Papst rechtfertigte sich am 27. August in Schreiben an Philipp VI. und seine Gattin Johanna über den ausbleibenden Erfolg der Verhandlungen. Clemens tat dies, indem er zunächst emotionalisierend, auf seinen Schmerz verwies, den er als französischer Landsmann über die verheerenden Verwüstungen durch die englische Landung in der Normandie, empfunden hatte.387 Am Kern der Sache vorbei argumentierte der Clemens, dass ein Raubüberfall auf seine Kardinäle durch englische Truppen diese auf effektive Weise von der Friedensstiftung abgehalten hätte. Er bat Johanna darum, dieses Missgeschick nicht seinen Nuntien zur Last zu legen.388 Eduard III. dagegen rügte der Papst scharf für seine Invasion, da dieser damit aus seiner Sicht sein Desinteresse an einer Verhandlungslösung klar herausgestellt hatte.389 Clemens fühlte sich dazu berufen, den englischen König an die Ungewissheit des Schlachtenglücks zu erinnern und riet ihm nachdrücklich dazu, wieder die vias pacis zu betreten.390 Der Papst „forderte [den König] auf, von allgemeinen Absichtserklärungen gegenüber den Nuntien Abstand zu nehmen“, da diese ebenso wenig sachdienlich seien.391 Am Tag darauf bereitet Clemens VI. einen Brief mit neuen Anweisungen an seine Nuntien vor, welchem er die vorangegangene Korrespondenz mit dem französischen 386 Siehe unten, Kapitel C) V. 2. 387 [D]isplicenter nimis audivimus regem ipsum Anglie, in partibus Normannie, regnum Francie intra-

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visse hostiliter, et dampna ibidem aliqua intulisse, de quo dolore cordis affligimur, verentes tractatum ipsum turbari vel impediri propter hoc, et quia regnum predictum Francie, de quo traxisse noscimur originem, ledi non potest, non existentibus nobis lesis (Clément VI (France), N. 2760). Angeschrieben wurde Bona, die Gattin des Herzogsprätendenten Johanns von Montfort von der Normandie, sowie der König von Frankreich. Vgl. Ebd., N. 2761–62. Porro, dilectissima filia, displicenter nimis audivimus quod ab aliquibus popularibus, seu indiscretis hominibus predictis cardinalibus impropreratur plerumque imponendo eisdem imperfectionem reformationis pacis predicte, subtrahendoque non absque tua displicentia, sicut industrie credimus, reverentiam quam eis, qui tamquam pacis angeli missi sunt, exhibere deberent, non attendentes prudenter quod corda regum in manu Dei sunt (Ebd., N. 2761). [A]d nostri perduxit apostolatus auditum, te, fili dilectissime, regnum predictum Francie hostiliter intravisse, locaque ipsius regni aliqua cum tua gente armigera discurrisse, non intendendo tractatui dicte pacis (Ebd., (France), N. 2763). [E] tiam consideranter pensares quod bellorum incertus est finis, quem habent potissimum metuere qui pacem seu pacis tractatum refugiunt, et se voluntarie fortune bellorum exponunt, que, licet quandoque arideat, postea frequenter illudit, […] et tue salutem anime devotis affectibus querere debes, summopere ad viam tractatus pacis predicte, ommissis hujusmodi congressibus bellicis, pio animo te convertes (Ebd., N. 2763). Vgl. Clément VI (France), N. 2760; Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 202.

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und englischen Königs beifügte.392 Sogar der römische Königselekt Karl (IV.) wurde um seinen mäßigenden Beistand gebeten.393 So gut gemeint die genannten Aktivitäten auch gewesen sein mögen: Abermals war der Papst mit seinen Appellen gegenüber dem Kriegsverlauf hoffnungslos ins Hintertreffen geraten. Nur zwei Tage zuvor, am 26. August 1346, hatte Eduard III. bei Crécy seinen entscheidenden Schlachtensieg errungen.394

5. Überblick: Von Crécy nach Calais (September 1346) Anders als von manchen englischen Chronisten vermutet, kehrten die Kardinäle nach dem Fehlschlag der Verhandlungen nicht nach Avignon zurück,395 sondern waren Eduards Heer auf den Fersen geblieben. Auch weitere Vermittlungsversuche der Kardinäle während der Belagerung von Calais und beim Rückzugsort Philipps VI. in Amiens im September 1346 gingen ins Leere.396 Ceccano und Aubert brachen daraufhin nach Tournai auf, wo sie auf eine frühere Anweisung Clemens’ VI. hin am 13. Mai 1347 die Flamen exkommunizierten, welche Anfang August in das Königreich Frankreich eingefallen waren.397 Trotz der nachdrücklichen Bitte Königin Johannas von Frankreich war Clemens noch nicht dazu bereit, auch Eduard III. zu exkommunizieren, ne ipsius posset impediri tractatus. In einem Brief vom 13. April hatte er ihr jedoch versichert, dass er „gewisse processus vorbereite, die bei Bedarf auch eingesetzt würden.“398 392 [P]er dilectum filium Johannem Camarlenchi, ejusdem regine clericum, sed non sic, ut deceret,

aspere, sicut exigebat rei qualitas, scripsimus, ne afflictis afflictionem addere videremur, quarum quidem litterarum, necnon et illarum quas regi Anglie ac carissimis in Christo filiis nostris Carolo, in regem Romanorum electo, et Johanni, regi Boemie illustri, genitori suo, dirigimus, seriem vobis indicabit plenius cedula presentibus interclusa (Clément VI (France), N. 2766). 393 Vgl. Clément VI (France), N. 2767. 394 Von der Niederlage bei Crécy hatte Clemens vergleichsweise spät, nämlich am 8. September erfahren. An diesem Tag ist ein Brief an die französische Königin bezeugt, in welchem Clemens seine Erleichterung darüber zum Ausdruck brachte, dass ihr Mann nicht gefangengenommen worden oder gar gefallen war. Vgl. Clément VI (France), N. 2790. 395 Vgl. Adam Murimuth, S. 215. 396 Vgl. Gilles li Muisit, S. 166; Sumption, Trial by Battle, S. 538. 397 Dabei bezog sich der Papst wohl auf die militärischen Kampagnen, welche der englische Lieutenant Flanderns, Hugo Hastings, Anfang August begonnen hatte. Die entsprechende Anweisung des Papstes vom 1. September kann gleichzeitig als umfassendes Memorandum über alle bisherigen Prozesse gegen die Flamen im 14. Jahrhunderts verstanden werden. Aus der Korrespondenz Clemens‘ mit seinen Kardinälen im Herbst 1347 wird deutlich, dass der Pontifex sein Vorgehen in dieser Angelegenheit auf das Genaueste mit dem französischen König abgestimmt hatte. So war Philipp VI. und seinem Kronrat daran gelegen, aufgrund laufender Verhandlungen von einer Veröffentlichung des Prozesses abzusehen. Die Nuntien sollten durch ihre Vollmachten aber in die Lage versetzt werden, diese jederzeit einsetzen zu können. Vgl. Clément VI (France), N. 2766, 2773; Gilles li Muisit, S. 176; Sumption, Trial by Battle, S. 503, 519. 398 Porro super hiis, que de faciendis processibus contra..(sic) regem Anglie nuper tua excellentia nobis scripsit, breviter respondemus quod amore pacis quam desideravimus et desideramus ferven-

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Zusammenfassung Die Kommunikation zwischen Papst und Kardinälen in den Jahren 1345 bis 1346 zeigt, dass es der Kurie gelungen war, ein komplexes Krisengeflecht differenziert wahrzunehmen und darauf mit zweckmäßigen politischen Entscheidungen zu reagieren. Die Informationspolitik der Kurie war insgesamt effizient und erfolgreich: Clemens VI. war in zeitgemäßem Tempo über aktuellen militärischen Entwicklungen sowie die jeweiligen Verhandlungsschritte informiert. Seine Hauptinformationsquellen stellten neben den apostolischen Nuntien und hochrangigen Vertretern des französischen Kron- und Hochadels insbesondere die englische Königskanzlei dar. Die Reaktionen der Kurie auf die ihnen bekannte Faktenlage sind in qualitativer Hinsicht jedoch unterschiedlich zu bewerten: Auf die wiederholte Ablehnung des freien Geleites durch Eduard III. gelang es der Kurie nicht, mit einem angemessenen Strategiewechsel zu reagieren. Dagegen traf Clemens VI – trotz seiner Fehlinformationen hinsichtlich des Landungsziels Eduards III. in Frankreich – aufgrund seines guten Überblicks über das Kriegsgeschehen die richtigen Entscheidungen. Dass es Clemens nicht mehr rechtzeitig gelang, durch das Entsenden von Memoranden und neuen Anweisungen an seine Kardinäle Einfluss auf die Verhandlungen in der Normandie zu nehmen, ist den mittelalterlichen Kommunikationsmöglichkeiten geschuldet und kann nicht der päpstlichen Friedensvermittlung zur Last gelegt werden.

tibus desideriis, et ne ipsius posset impediri tractatus, per cardinales nuncios a processibus, prout nobis scripserunt, cessatum extitit usque modo; nunc vero aliquos ordinari de novo facimus diligenter, quibus breviter ordinatis, illorum tibi mittemus copiam, et eos absque cunctatione faciemus nichil aliud expectando ulterius expediri (Clément VI, N. 3227); Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 206.

Die Marken von Calais als Stätte der Entscheidungsfindung (1347–1353)

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IV. Ortsveränderung und Diplomatisches Interim. Die Marken von Calais als Stätte der Entscheidungsfindung (1347–1353) 1.

Der Waffenstillstandsvertrag von Calais (1347)

a)

Rückkehr nach Avignon?

Zwei Monate nach Einnahme der Stadt, am 28. September 1347, wurde in campis propè Calesium, Morinensi dioecese399 also den Ländereien um die alte Handels- und Seeräuberstadt Calais,400 ein Waffenstillstand abgeschlossen, der 15 Tage nach dem Fest Johannes des Täufers im Jahre 1348 auslaufen sollte.401 Als Aussteller der Urkunde sind die Kardinäle Annibaldo Ceccano und Étienne Aubert bezeugt.402 Die apostolischen Nuntien hatten sich seit Anfang August 1348 trotz schlechter Erfolgsaussichten auf den ausdrücklichen Wunsch des Papstes403 hin bemüht, einen Waffenstillstand auszuhandeln.404 Ein weiteres Mal hatte die Vermittlung im unmittelbaren Vorfeld einer drohenden Stadt 399 Entnommen der Datierung des Waffenstillstands selben Datums in: Rymer (Hrsg.), Foedera,

Band III, 1, S. 138.

400 Calais gehörte kurz vor Ausbruch des Hundertjährigen Krieges noch den Grafen von Artois und

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ging dann in den Besitz Herzog Odos IV. von Burgund über. Die Stadt war bei Ausbruch des Krieges noch überwiegend aus Holz gebaut, wenn man von wenigen öffentlichen Repräsentativgebäuden absieht. Vgl. M. Rouche, Art. „Calais”, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 1387; F. Lennel, Calais au Moyen Âge. Des Origines aus Siège de 1346, Calais 1909, S. 73ff, 196 ff., 239 f. Dessen Bedingungen gestalteten sich überaus günstig für den englischen König. Behielt er doch sämtliche seiner gegenwärtigen Besitztümer in den Marken von Calais, in Flandern, der Bretagne, Aquitanien, dem Poitou und Schottland. Sumption folgerte daraus, dass Eduard nach Abschluss des Vertrages als französischer Territorialherr bestätigt worden sei. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 585. Während Protokoll und Narratio von beiden Kardinälen in Latein verfasst worden waren, ist der eigentliche Kontext mit seinen 21 Vertragsartikeln auf Französisch gehalten. Orginale: Paris, AN J 636, N. 20, 20 bis; London, PRO E 30/66. Editionen: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 136 f.; Robert Avesbury, S. 396–406. Zwei Monate zuvor hatten sie Clemens VI. darum gebeten, zur Kurie zurückkehren zu dürfen. In einem Brief vom 15. Juli 1347 wurde ihnen jedoch beschieden, dass Papst und Kardinalskollegium eine Fortsetzung ihrer Friedensmission beschlossen hatten. Vgl. Clément VI (France), N. 3373; Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 209. Eine knappe Behandlung der Friedensvermittlung befindet sich in: Sumption, Trial by Battle, S. 579, der im Wesentlichen der Darstellung Froissarts folgt, sowie in: Burne, The Crecy War, S. 215, der lapidar bemerkt, es seien „the usual pair of of cardinals sent by the Pope“ gewesen, welche den vor Calais stattfindenden Friedensgesprächen Vorschub geleistet hätten. Gänzlich ohne eine Erwähnung der Kardinalnuntien kommen aus: Rogers, War, S. 273–285 und Favier, La guerre de Cent Ans, S. 120–126. Ein kurzer Abriss der „Pendeldiplomatie“ der Nuntien bis Abschluss des Waffenstillstands vom 28. September und ein Überblick über die wichtigsten Quellen befindet sich bei Lützelschwab, Flectat cardinales, S. 209 f. + FN 323.

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Viae Pacis (1337–1378)

stattgefunden, war aber letztlich an der mangelnden Symmetrie der Verhandlungskonstellation gescheitert: Angesichts einer halbverhungerten Stadt, einer überlegenen Defensivstellung und einer großen militärischen Überzahl kann es nicht überraschen, dass die von den apostolischen Nuntien angeregten Friedensverhandlungen405 ergebnislos blieben und auch ein Angebot des französischen Königs zu einer Entscheidungsschlacht vom englischen König abschlägig beschieden wurde.406 Die Einnahme der Stadt war unaufhaltsam, die englische Defensivstellung unüberwindlich und der Preis für eine militärische Konfrontation stand auf beiden Seiten in keiner Relation zu dem zu erwartenden Nutzen. Die durch die legendäre Plastik von Rodin heroisch überhöhten Kapitulationsbemühungen der Bürger von Calais vom 4. August 1347 sind von Moeglin als Beispiel für eine bewusst verformt wiedergegebene deditio entlarvt worden.407 Die Rolle der Kardinäle von Calais wurde dagegen bislang vermutlich aufgrund ihres ursprünglichen Misserfolges kaum gewürdigt.408 Zu Unrecht, wie sich Ende September 1347 zeigen sollte: Nach dem Erlahmen der finanziellen, wirtschaftlichen und militärischen Kräfte kurz nach dem Fall der Stadt409 standen die Zeichen inzwischen auf Frieden. Die Kardinalnuntien standen für Verhandlungen immer noch zu Verfügung. Anfang September handelten die Kardinäle zwischen Calais und Amiens die eigentlichen Vertragsdetails aus. Ein bereits vor dem 20. September abgeschlossener Waffenstillstand stand dabei einige Tage darauf 405 Ausführlich berichten über die Friedensvermittlung: Jean le Bel, Band 2, S. 157 sowie Jean Frois-

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sart (BN, A/B SHF), S. 637. Knapper gestreift wird die Vermittlung bei: Gilles li Muisit, S. 181; Robert Avesbury, S. 390, 392 (inklusive Brief Eduards III. an John Stratford); Henry Knighton, S. 50; Chronique Normande, S. 89 sowie, fehlerhaft, in den Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 311. Keine Erwähnung findet die Vermittlung der Kardinäle dagegen in der Redaktion ‚Amiens‘ der Chroniques von Froissart: Froissart (Amiens), S. 44 f.; Geoffrey le Baker, S. 90 f.; Eulogium Historiarum, S. 212 f.; Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 14–13; Anonimalle Chronicle, S. 23 f.; Thomas Walsingham, S. 271 f.; Chronicon Angliae, S. 25 f.; John of Reading, S. 104; Richard Lescot, S. 76 und den Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 206. Über eine sofortige Aufforderung zum Kampf berichten: Jean le Bel, Band 2, S. 157; Froissart (Amiens), Band 3, S. 45 f.; Froissart (BN A/B SHF), S. 635 f.; John of Reading, S. 104. In einer ganzen Reihe von Chroniken erfolgt die Aufforderung zum Kampf erst nach erfolglosen Friedens-, bzw. Waffenstillstandsverhandlungen. Vgl. Robert Avesbury, S. 391; Chronique Normande, S. 89; Henry Knighton, S. 50; Geoffrey le Baker, S. 90. Einigen Chroniken zufolge fanden weder Verhandlungen noch Kampfansagen statt, da Philipp VI. gleich nach seiner Ankunft aus Konfliktscheue wieder den Rückzug angetreten habe. Vgl. Eulogium Historiarum, S. 212; Anonimalle Chronicle, S. 29; Thomas Walsingham, S. 271; Chronicon Angliae, S. 25. Eine originelle Erklärung, wonach Königin Johanna von Frankreich ihren Gemahl zum Rückzug gebeten habe, überliefern: Chronique des quatre premiers Valois, S. 18. Ausschließlich von der Intervention der Nuntien berichten: Gilles li Musit, S. 181 f.; Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 311. Eine solche stand auch hochrangigen Bürgerlichen zu. Vgl. Moeglin, Les Bourgeois de Calais; Ders., Von der richtigen Art zu kapitulieren: Die sechs Bürger von Calais (1347), in: H.-H Kortüm (Hrsg.), Krieg im Mittelalter, Berlin 2001 S. 141–165. Vgl. Ainsworth, Jean Froissart and the Fabric of History, S. 296–300. Ein Grund dafür wird nicht zuletzt in der heterogenen Berichterstattung über die Verhandlungen in der Chronistik zu finden sein, welche die Kardinäle nicht selten unerwähnt lässt (wie oben, Anm. 405). Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 583 ff.; Favier, La guerre de Cent Ans, S. 127; Rogers, War, S. 283.

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kurz vor dem Scheitern. Am 25. September wurden von Seiten Eduards III. schließlich Abgesandte zu Friedensverhandlungen entsandt. Am 28. September unterzeichneten die Nuntien ihre selbst aufgesetzten Vertragsartikel.410 In der Narratio des schließlich erfolgreich abgeschlossenen Vertrages schätzten die Kardinäle nach zahlreichen Verhandlungen das Geschäft der Friedensvermittlung als zu anspruchsvoll und schwierig ein, um zum gewünschten Ziel zu gelangen. Durch niemanden besser als durch den Papst könne daher ein vollständiger Friede zwischen besagten Königen hergestellt werden. Es wurde beschlossen, dass von beiden Königen Abgesandte mit umfassenden Vollmachten zur Kurie geschickt werden sollten. Bis kommende Mariae Lichtmess sollten diese in Avignon eingetroffen sein.411 b) Bewertung des Waffenstillstands von Calais in der zeitgenössischen Chronistik Die zeitgenössische Chronistik berichtet über den Waffenstillstand von Calais Widersprüchliches: Im 127 Kilometer entfernten Tournai wurde die Waffenruhe drei Tage darauf verkündet. Unter der einfachen Bevölkerung hätten dagegen zahlreiche Gerüchte kursiert, nach denen der Waffenstillstand durch den Papst für fünf Jahre auferlegt worden sei.412 Die Quarta vita clementi sexti vermutet dagegen, dass die Waffenruhe ursprünglich drei Jahre dauern sollte, in der Gascogne und Bretagne aber nur wenig gehalten worden sei.413 Der ritterliche Autor der englischen Scalacronica wollte wissen, dass die päpstlichen Nuntien mit Henry von Lancaster gar einen achtjährigen Waffenstillstand ausgehandelt hatten.414 Andere verstanden den Vertrag dementsprechend, dass von beiden Königen ein vollkommener Friede abgeschlossen worden sei.415 In einer gerade für diesen Chronisten typischen Verwechslung macht Jean Froissart fälschlicherweise den Kardinalbischof 410 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 f.; Froissart (BN, A/B SHF), S. 549; Clément VI

(France), N. 3486; Sumption, Trial by Battle, S. 585.

411 [Et] super premissis cum quolibet dictorum Regum, necnon cum tractatoribus, per eosdem depu-

412 413 414 415

tatis, super ipso pacis tractatu multos & diversos tractatus habuimus; Nos tamen, considerantes quod negotia ipsa adeò magna, & ardua existebant, quod nequaquam ad praesens poterant optatum sortiri effectum, & quod per nullum, aequè, bené, sicut per dictum dominum nostrum Papam, pax plena, atque perfecta, inter Reges praefatos poterat reformari, pro quâ, actore Domino, faciliùs reformandâ, concordaverunt tractatores inferiùs nominati, quod, pro parte Regis utruisque, mittentur, ad praesentiam praefati domini nostri Papae aliqui, ab ipsis Regibus plenam potestatem habentes, qui coram eodem domino nostro infra instans festum Purificationis Beatae Mariae personaliter se praesentent (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136). Bei dieser Rhetorik handelte es sich um den formelhaften Rückgriff auf ein französisches Beglaubigungsschreiben Eduards I. für seine Gesandten im Vorfeld des Friedenskongresses in Rom im Jahre 1298: [A] la parfin pour aucuns empeschemens qui cheoient, ou cheoir pouvoient au traicté lequel pouvient estre miuex osté par nostre S. pere (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, 2, S. 885). Vgl. Gilles li Muisit , S. 190. Vgl. Prima vita Clementis sexti, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 247; Quarta vita Clementis sexti, in: Ebd., Band 1, S. 293. Vgl. Scalacronica, S. 116 f. Vgl. Gilles li Muisit, S. 190.

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von Porto, Gui de Boulogne, für den Verhandlungserfolg verantwortlich,416 welcher aber erst Ende 1352 als Friedensvermittler im Hundertjährigen Krieg tätig wurde.417 Was die Bewertung des Waffenstillstands anbelangt, so mutmaßen englische Chroniken, dass externe, an ihren König herangetragene Ursachen für dessen Abschluss ausschlaggebend gewesen sein mussten. Nach Robert Avesbury war es Philipp VI. gewesen, der aus Konfliktscheue um den Abschluss eines Waffenstillstands gebeten habe.418 Geoffrey le Baker weist darauf hin, dass es die Pest gewesen sei, welche den französischen König zu so einer Bitte veranlasst habe.419 Thomas Walsingham führt den Abschluss des Vertrages eindeutig auf den Einfluss des Papstes zurück und wertete dies als parteiischen Schiedsspruch des obersten Pontifex zugunsten Frankreichs und zwar aus niederen Motiven.420 Korrekt informiert war indes in seiner Chronik der im Dienste des Bischofs von Basel stehende Mathias von Neuenburg. Sein späterer Herausgeber und Übersetzer nahm hierbei jedoch eine Erstreckung der Waffenruhe bis ins Jahre 1351 an.421

2. Die Marken von Calais als Stätte der Konfliktintervention (1347–1353) a) Calais oder Avignon? Die widersprüchlichen Bewertungen des Waffenstillstands haben eine klare Ursache: Während im Herbst des Jahres 1347 die Unterzeichner des Waffenstillstandes erkennbar in der Tradition der viae pacis mit dem Ziel einer Friedenskonferenz in Avignon verfuhren, konnten sie nicht ahnen, dass sich die für den Juli 1348 geplanten Friedensgespräche in der Stadt an der Rhône aufgrund vielfältiger Faktoren um mehr als sechs Jahre verschieben sollten. Die Friedensverhandlungen des Jahres 1347 führten vielmehr zu einer räumlichen wie personalen Verstetigung der Verhandlungen: Item, a tempore reddicioneis uille de Kaleys, semper de anno in annum habitis diuersis tractatibus pacis inter Anglicos et Gallicos, habitis tam in uilla de Kaleys quam ad calcetum eiusdem, et continuatis treugis sub spe pacis, nichil’ effectuale quo ad pacem aliquam erat factum, urteilte das 416 Froissart vermutete fälschlicherweise, dass die Bretagne vom Waffenstillstand ausgenommen wor-

den sei. Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 649.

417 Siehe Kapitel B) V. 418 [S]emper dilationes quaerentis (Robert Avesbury, S. 396). 419 Vgl. Geoffrey le Baker, S. 92. Die Pest brach freilich erst im Jahre 1348 aus. Vgl. jüngst: N. Bulst,

Der ‚‘Schwarze Tod‘‘ im 14. Jahrhundert, in: M. Meier (Hrsg.), Pest. Die Geschichte eines Menschheitstraumas, Stuttgart 2005, S. 142–161; W. G. Naphy; A. Spicer, Der schwarze Tod: Die Pest in Europa, Essen 2003; K. Bergdolt, Der Schwarze Tod in Europa. Die Große Pest und das Ende des Mittelalters, München 2003. 420 Papa vero, considerans rem contigisse contrariam votis suis, et jam Regem Angliae effectum celeberrimum inter omnes reges, interposuit partes suas, ut treuga fieret inter regna (Thomas Walsingham, S. 271; Chronicon Angliae, S. 25). 421 Vgl. Mathias von Neuenburg, S. 233 f. [Kapitel 91]. Vgl. Mathias von Neuenburg, Die Chronik des Mathias von Neuenburg (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, Band 84), hrsg. und übersetzt von Georg Grandauer, Leipzig 1892, S. 151 [Kapitel 92 mit Anm. 5].

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Chronicon Anonymi Cantuariensis.422 Auch heutige Historiker schildern in Überblicken den Zeitraum von der Einnahme von Calais im Jahre 1347 bis zum Jahre 1355 meist als singulären Waffenstillstand, der mehrfach verlängert worden sei.423 Tatsächlich lassen sich nicht weniger als zwölf Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen in diesen Jahren ausmachen, welche sowohl direkt zwischen den Abgesandten der beiden Könige, als auch unter Vermittlung der Kurie und ihrer Stellvertreter stattfanden.424 Dabei bestand auf Seiten der Konfliktparteien das diplomatische Personal weitgehend aus denselben Abgesandten.425 Mindestens zehnmal wurden diese Gespräche en noz tentes entre Guynes & Caleys durchgeführt, wobei es sich sich um „a patch of open ground to the north of Guines“ handelte.426 In quantitativer Hinsicht können aber in nur fünf Fällen päpstliche Vermittler bei diesen Treffen nachgewiesen werden.427 Angesichts der Tatsache, dass die 422 Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 16–17. 423 Fowler urteilte entsprechend, dass „[s]uccessive prolongations of the last agreement until June 1355,

424 425

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and the constant endeavours of the papacy to convert it into a peace, led to an almost permanent conference at work“ (Fowler, Truces, S. 185). Nach Wagner war der Waffenstillstand von Calais (1347) “the first of a series of truces that limited fighting until 1355” (J. A. Wagner, Art. „Calais, Truce of (1347)”, in: Ders. (Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 74). Vgl. ebenso: Ormrod, Edward III, S. 35; Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 88. Für einen kompakten Überblick über die wichtigsten Einzelverhandlungen vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 43 ff.; Sumption, Trial by Fire, S. 15–50; 51–101; 102–142. Auf englischer Seite sind hier insbesondere der Earl von Derby und spätere Herzog von Lancaster, Henry von Grosmont, Graf William Clynton von Huntingdon und Bischof William Bateman von Norwich aufzuführen. Auf französischer Seite handelte es sich um den französischen Kanzler und Bischof von Paris (später Rouen), Pierre, sowie Herzog Pierre de Bourbon, Ritter Geoffrey de Charney und Kämmerer Robert de Lorris. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 129 (1.-4. August 1347), 136 ff. (28. September 1347); 177 (13. November 1348), 184 f. (März - 2. Mai 1349), 197 f. (13. Juni 1350). British Library, Harl. CH. 43. B. 43 sowie Sumption, Trial by Fire, S. 81 f. (14. Juli 1351); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 232 (8.- 11. September 1351), 254 f. (10. März 1353), 268; Paris, AN 637, N. 7 bis (6. November 1353, 3. Dezember 1353), 276 f. (6. April 1354). Bei den Verhandlungen im November/Dezember 1350 zur Erneuerung des Waffenstillstands nach dem Tode Philipps VI. sind die französischen commissarii bislang nicht rekonstruierbar. Vgl. Rymer Band III, Teil 1, S. 207 (November/Dezember 1350). Sumption, Trial by Fire, S. 15 f. Der erste Waffenstillstand wurde bekanntlich unter kurialer Vermittlung am 28. September 1347 abgeschlossen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 ff. Am 13. Juni 1350 lassen sich die Erzbischöfe Guillaume von Braga und Johannes von Brindisi als Vermittler nachweisen. Vgl. Ebd., S. 197 f. Ob und inwieweit die von Papst Clemens VI. zur Vermittlung entsandten Bischöfe Pastor von Evers und Betrandus von Senéz an den Verhandlungen am 2. Mai 1349 teilnahmen, ist unsicher. Vgl. Ebd., S. 184 f.; Clément VI (France), N. 4092 ff. Im Dezember 1350 kann aufgrund der Korrespondenz geschlossen werden, dass die getrennt in Paris bzw. Westminster verhandelnden Nuntien, Abt Androin de la Roche von Saint-Seine und Cluny sowie Raymond Pelegrini, den Vorsitz über Waffenstillstandsverhandlungen im gleichen Monat hätten inne haben sollen. Vgl. Clément VI, N. 4813; Rymer Band III, Teil 1, S. 207. Über insgesamt zwei gestreckte Verhandlungen von März bis November/Dezember 1353 sowie im April 1354 präsidierte zwischen Guines und Calais Kardinal Gui de Boulogne. Vgl. Ebd., S. 254 f. (10. März 1353), 268; Paris, AN 637, N. 7 bis (6. November 1353, 3. Dezember 1353), 276 f. (6. April 1354). Siehe Kapitel B) V.

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Gegner ihre direkten Kontakte bereits kurz nach Kriegsausbruch abgebrochen hatten, ist dies ein erstaunlicher Befund! Es stellt sich zu Recht die Frage, was diese Weiterentwicklung der anglo-französischen Diplomatie ermöglicht haben könnte. Unklar wirkt, inwieweit die Gespräche in Guines/Calais qualitative Unterschiede aufzuweisen hatten. Für unser Verständnis des Stellenwertes der kurialen Friedenspolitik ist es entscheidend, inwieweit sich Ablauf und das Ergebnis der Verhandlungen änderten, wenn sie ohne die Partizipation päpstlicher Vermittler durchgeführt wurden.428 In qualitativer Hinsicht läge nach konfliktgeschichtlichen Studien die Vermutung nahe, dass es sich bei den Verhandlungen in Calais um Vorabsprachen für eine endgültige Entscheidungsfindung an der Kurie von Avignon gehandelt haben könnte.429 Tatsächlich wurde von englischen und französischen Abgesandten in den Jahren 1348 bis 1354 nachweislich dreimal beschlossen, die Verhandlungen an den päpstlichen Hof zu verlegen,430 um dort den Abschluss eines pax finalis in Angriff zu nehmen. Dieser Entschluss wurde in der Narratio der entsprechenden Verträge stets in rhetorisch eindrucksvoller Weise als Akt der Hilflosigkeit der Vermittler angesichts der schweren Aufgabe eines Friedensschlusses begründet. Die Gesandten brachten – vermutlich federführend durch die das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnenden apostolischen Nuntien – ihre Hoffnung auf die moralischen wie moderationstechnischen Qualitäten des Papstes zum Ausdruck, welcher Verhandlungen besser als jeder andere zum Abschluss bringen könne.431 428 Hierbei handelte es sich im Einzelnen um Verhandlungen, welche am 5. September 1348 in London

zwischen Henry von Lancaster und dem bei der Schlacht von Crécy gefangengenommenen Konnetable Raul de Eu durchgeführt worden war, Folgeverhandlungen vom 28. September bis 5. November 1348 sowie Waffenstillstandsverhandlungen vom 8. bis 11. September 1351 in Calais. 429 Vgl. G. Althoff; H. Keller (Hrsg.), Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen, S. 361; Ders:, Colloqium familiare - colloquium secretum - colloqium publicum, in: Ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S. 166. 430 Am 6. August 1348 wurde im Rahmen bilateraler Verhandlungen zwischen englischen Abgesandten und dem Papst in Avignon eine Verlängerung des Waffenstillstands bis zum 24. Juni 1349 beschlossen. Am 2. Mai 1349 wurde, vielleicht unter Vermittlung des Erzbischofs Pastor von Evers und Bischofs Betrand von Sens, ein Waffenstillstand bis zum Pfingstfest im Jahre 1350 abgeschlossen. Die Verhandlungen sollten an der Kurie bis spätestens Allerheiligen stattfinden. Der Ausbruch von Kampfhandlungen in der Languedoc unter der Leitung Henrys von Lancaster verhinderte diesen Entschluss jedoch nachhaltig. Tatsächlich fanden erst wieder Friedensgespräche am 13. Juni 1350 unter der Vermittlung der Erzbischöfe Wilhelm von Braga und Johannes von Brindisi bei Calais statt. Neben der Verlängerung des Waffenstillstands bis zum 1. August 1350 wurde die Verlagerung der Gespräche an die Kurie bis spätestens November 1350 beschlossen, was aufgrund eines Überfalls auf englische Gesandte jedoch scheiterte. Vgl. Clément VI, N. 1813 (23. November 135). Avignon selbst wurde daraufhin erst wieder am 6. April 1354 von Gui de Boulogne als Ort der Ratifikation des abgeschlossenen Vorvertrages von Guines ins Spiel gebracht. Siehe Kapitel B) V. 431 Vgl. Come [...] nous depar eaux [die Könige von Frankreich und England] aiomz este envoiez as ditz lieus, & plusurs fois este assemblez en lieu acoustume a traiter & parlementer sur ceo, finalement, apres plusures traites; Nous consideranz que soit, & grant chose serroit, de mettre telle & si grant bosoigne a bone & parfaite fin par nous, ou autres messages de noz ditz seigneurs, si n‘estoit par un bon & grant moienneur, confianz aussi du bien & loyaulte de nostre seint pere le Pape, & que par son sens & discrecion l‘ent peut, & pourra mieux & plustost vener a bon traictie de pais,

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Da dieser dritte und letzte Schritt der viae pacis, der Transfer der Entscheidungsfindung an das politische Milieu der Kurie von Avignon, aber erst acht Jahre später gelang, ist nach den Gründen für die Verschiebung dieses Schrittes sowie die Etablierung Calais’ als neuen Verhandlungsort nachzugehen. Das räumliche, personale und kommunikative Interaktionsfeld der neuen Stätte der viae pacis sowie dessen Beziehung zum politischen Milieu an der Kurie von Avignon ist dabei einer vergleichenden Bewertung zu unterziehen. b) Institutionalisierung von Calais als Stätte der Konfliktintervention Im Jahre 1348 kann als Grund für das Ausbleiben einer größeren Friedensverhandlung der Ausbruch der Pest festgehalten werden. Ende Januar hatte die Seuche, welche im Jahre 1347 von Genua aus ihren Vernichtungszug durch Europa angetreten hatte,432 Avignon und ihre Nachbarstädte erreicht. Dabei raffte sie mehr als die Hälfte der Einwohner und allein sechs Kardinäle hinweg.433 Nach Plöger legte die Krankheit aber nur kurzfristig die Kommunikation zwischen der Kurie und England lahm.434 Allerdings führte bereits eine kurzzeitige Kommunikationspanne zwischen Avignon und Westminster im Februar 1348 dazu, dass von englischer Seite aus die geplanten trilateralen Friedensgespräche an der Kurie verschoben wurden.435 Stattdessen wurden Archidiakon Thomas Fastolf und Kanoniker John Carleton von Welles zusammen mit dem bereits während des Ersten Friedensgipfels von Avignon (1344/45) als ‚Geheimagenten‘ bewährten John Reppes zu Verhandlungen nach Avignon zur Verlängerung des Waffenstillstands entsandt.436 Clemens VI. setzte sich gegenüber Eduard III. mit Nachdruck zumindest für die Verlängerung des ursprünglich bis zum 24. Juni 1348 ausgehandelten Waffenstillstandes ein. Währenddessen sollten auf gewohnte Weise Verhandlungen bis zum Michaelisfest an der Kurie von Avi-

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que par nul autre, a l‘honeur de Dieu, de nostre dit seint pere, & de l‘eglise, avoms acorde, de commun assentement, que, depar noz ditz seignurs, serront envoiez, devers y celui nostre seint pere à Avignon, ou la ou il sera [!], certains messages, qui auront plein poer, chescon de la partie de son seigneur, de traicter en sa presence, & de faire & acorder totes choses, que profitables seront a vener a bone pais (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 184 (Waffenstillstand vom 2. Mai 1349 – Hervorhebung durch den Autor) mit Ebd. Band III, 1, S. 197 (Waffenstillstand vom 13. Juni 1350). Vgl. G. Keil, Art. „Pest. A. Westen“, in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 1913. Über die Verbreitung der Pest von Italien über Avignon nach der Gascogne und Spanien vgl. Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), Band 2, S. 212; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 520 f. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 136–39. Als wenig produktiv erwies sich der Austausch einer englischen Gesandtschaft bestehend aus dem Londoner Kanoniker John Carleton, dem Beichtvater Henrys von Lancaster, John Reppes, sowie dem aus dem Haushalt des Königs stammenden Ritter Hugh Neville mit dem französischen Königshof im Frühjahr 1348. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 36 f. Die ursprünglich geplante, hochrangige englische Gesandtschaft unter der Leitung Henrys von Lancaster und des Grafen von Huntingdon verblieb daher in England: De quibus quidem nunciis, seu eorum expeditione, hactenus non recepimus quicquam certum, propter quod missionem majorum nunciorum nostrorum solempnium adhuc posuimus in suspenso (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 151 (14. Februar 1348). Vgl. Ebd., Band III, 1, S. 161 (15. Mai 1348).

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gnon stattgefunden haben.437 Eine Atempause war auch im Interesse der Engländer. Finanzielle Schwierigkeiten verhinderten zunächst die Aushebung einer neuen Streitmacht. Der französische König war dagegen im Mai 1348 im Begriff, eine schlagkräftige Armee zusammenzustellen.438 Daher wurde nach vereinzelten französischen Militärschlägen im Umland von Calais im Sommer 1348 der Waffenstillstand durch die genannten niederrangigen Gesandten an der Kurie um ein weiteres Jahr verlängert.439 Als die für den September geplanten Verhandlungen jedoch aufgrund des Ausbruches einer Revolte in Flandern ausfielen und die Pest im Spätherbst/Winter 1348 London und Paris erreichte, wurde in der Stadt an der Themse kurzfristig eine weitere Waffenruhe von anderthalb Monaten ausgehandelt. Zu diesem Zwecke trafen sich Henry von Lancaster und der bei der Schlacht von Crécy gefangengenommene, französische Konnetabel Raoul d’Eu.440 Die beiden waren in dem Vertragstext, wenn auch nicht in dessen englischer Ratifikation, aufschlussreicherweise als Repräsentanten der Könige von England und Frankreich ausgewiesen, wobei der englische Thronanspruch subtil fallengelassen wurde.441 Auf einem Friedenstreffen zwischen Calais und Boulogne sollte eine neue Schiedskommission unter dem ‚Ehrenvorsitz‘ der englischen und französischen Königinnenwitwen Isabella bzw. Johanna von Evreux, der Witwe Karls IV. von Frankreich, zusammenkommen. In etwas unklarer Form sollte eine paritätische Kommission unter bewährter Zusammensetzung devers noz dictes dames hin- und her verhandeln, wobei 437 [C]um Joannes de Carlton, canonicus Wellensis, missus a papa in Angliam, scripserit se venturum

cum sufficiente mandato apud S.A. usque ad festum corporis Christi pro prorogatione dictarum treugarum, propter epidimiam «que in partibus Occitanis communiter imminet». « Ceterum memoratus Johannes dilecto filio Johanni de Rippis, ordinis Carmelitarum, per litteras suas scripsit quod, licet ipse prorogandi dictas treugas plenam habeat potestatem, habet tamen in mandatis ad partem quod prorogationis treugarum hujusmodi nonnisi ad unum annum debeat consentire (Clément VI (France), N. 3890). Vgl. Ebd., N. 3742, 3797–3798. Als Unterhändler waren ursprünglich Henry von Lancaster, Richard von Arundel und Bartholomew Burghersh vorgesehen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 165. 438 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 45. 439 Es lassen sich nur die prinzipielle Existenz des Waffenstillstands sowie das Ergebnis der Verhandlungen festmachen. Ablauf und Verhandlungsnormen wie auch die Zusammensetzung der französischen Abgesandten bleiben uns verschlossen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 165 166 (Ratifikation Eduards III. am 6. August 1348); Plöger, England and the Avignon Popes, S. 37; Sumption, Trial by Fire, S. 12. 440 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 170 f.; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 38; J. A. Wagner, Art. „Guines, Treaty of (1354)“, in: Ders., Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 142. 441 Pour ce que [...] chascun doit vouloir, querrer, & desirer pees, pur eschuier aux mauls & inconveniens qui de descors & de guerres peuent ensuir, consideranz que la guerre & descort de entre les Roys de France & d’Engleterre, est damageuse au peuple Crestien [...], avons traictie, parle, acorde, & jure, en nom de noz seigneurs les Roys dessuz diz (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 170, Vertrag vom 5. September 1348) mit Cum treugae, sive sufferentiae guerrae, inter nos, pro nobis, & subditis nostris, ac nobis benivolis & adhaerentibus, & adversarium nostrum Franciae (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 171 (11. September 1348, Hervorhebungen vom Autor).

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keine Beteiligung der Kurie vorgesehen war.442 Letzterer Plan wurde nach der Meinung von Alison Weir aufgrund der Vorbehalte Eduards III. aufgegeben, welche er gegenüber seiner Mutter hegte. Aus diesem Grund sei es lediglich zu einem Treffen der üblichen Verhandlungspartner gekommen.443 Von einer Rückkehr nach Avignon konnte zu dieser Zeit keine Rede sein und es ist auch keine Stellungnahme seitens der Kurie in dieser Phase des Friedensprozesses bekannt. Hinsichtlich der Verhandlungsnormen lässt sich aus den wenigen Quellen, die wir über das Treffen Ende September 1348 besitzen, der bekannte Zweischritt aus Vorgesprächen durch eine unbekannte Zahl von Unterhändlern, welche zwischen Calais und der französischen Festung Boulogne pendelten444 und abschließenden Gesprächen der genannten Hauptverhandlungsführer am 13. November feststellen. Letztere Verhandlungen fanden in Zelten im Niemandsland zwischen Guines und Calais statt, „which was to serve for many years as the traditional meeting place of the ambassadors of the two realms“.445 Das Ergebnis jedoch war enttäuschend: Abermals wurde nur ein einjähriger Waffenstillstand abgeschlossen, der zur Aufnahme von Friedensverhandlungen am Sonntag Lätare 1349 am selben Orte führen sollte.446 Aufschlussreicherweise entschied sich zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate eine auf direkte Weise und ohne päpstliche Vermittlung interagierende Schiedskommission gegen einen Transfer der endgültigen Friedensgespräche nach Avignon. Die Abwesenheit apostolischer Nuntien hatte weder eine prinzipielle Veränderung der Verhandlungsnormen noch eine höhere Effizienz der Friedensgespräche bewirkt. Wohl aber ist ein Nachlassen der Attraktivität Avignons als politisches Milieu festzustellen, da beide Kontrahenten zu geographisch näherliegenden Optionen tendierten. Begreiflicherweise schaltete sich nun der Papst in den Friedensprozess ein und kündigte den bereits bei Calais versammelten englischen und französischen Abgesandten 442 Et se notre chiere dame & cousine, madame la Royne Johanne pooit bonnement estre au dit lieu de

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Bouloigne, elly y seroit, comme moien pour nous; Et la Royne Ysabel d‘Angleterre seroit au dit lieu de Calais, se estre y pooit, comme moien pur le Roy d‘Angleterre son filz; Toute voies, soient ou non soient aus dix lieux les dittes Roynes, le diz traicteurs traicteront de paix & d‘accort (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 172 f.). Vgl. Weir, Isabella, S. 368. Verhandlungsführer waren auf englischer Seite Bischof William Bateman von Norwich, Graf Henry von Lancaster, Robert Suffolk und Walter de Manny, auf französischer Seite Bischof Hugh von Laon, Sire Jean de Neelle d’Offemont, Geoffrey de Charny sowie der Meister der Armbrustschützen, Robert Boucicout. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 177 f. Hauptgegenstand der Verhandlungen war eine erst kürzlich südlich von Calais von Geoffrey de Charny errichtete Feste, gegen welche die englische Seite Protest erhob. Erst die Ankündigung eines Militärschlages Eduards III. brachte die Franzosen dazu, in diesem Punkt nachzugeben. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 12 f., 16. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 177 f.; Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 317. Es war vorgesehen, dass die Verhandlungen innerhalb von acht Wochen beendet sein sollten. Falls es in dieser Zeit zu keiner Einigung gekommen sein sollte, werde der Waffenstillstand dennoch in Kraft bleiben. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 177.

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sowie ihren Königen am 7. März 1349 die Bischöfe Pastor von Evers und Bertrandus von Sénez als apostolische Nuntien an.447 Dies erfolgte motu proprio, da nicht davon auszugehen ist, dass Clemens um seine Mithilfe gebeten worden wäre. Inwieweit die Gesandten letztlich an den Verhandlungen beteiligt gewesen waren, geht aus den urkundlichen Quellen bei Abschluss eines weiteren Friedensvertrages am 2. Mai 1349 nicht hervor.448 Gerade im Vergleich mit dem Formular eines Waffenstillstandes im gleichen Zeitraum, der von apostolischen Nuntien ausgestellt wurde, sind deutliche Unterschiede hinsichtlich Arenga und Eschatokoll festzumachen.449 Darüber hinaus sind aber auch auffällige Übereinstimmungen zu beobachten: Zum einen wurde in der Arenga des Vertrages unter bereits bekannter kurialer Rhetorik erneut die Verlagerung der Friedensgespräche nach Avignon ins Auge gefasst. Zum anderen sah ein Vertragsartikel vor, dass die Kapitäne von Calais, Merk, Oye, Saint-Omer, Boulogne, Guines und Montoire sowie deren Lieutenants binnen eines Monats den Vertrag am leu accoustume […] as Seintz Evangelles de Dieu, touche le livre, q‘il tendront & gardront beschwören sollten.450 Beides, sowohl die Bemühung der päpstlichen Absenz als angebliche Ursache für den abermals verfehlten Durchbruch, als auch die liturgisierte Form der Eidesleistung können eigentlich als typisch für ein durch päpstliche Vermittlung ausgehandeltes Abkommen während unseres Untersuchungszeitraumes gelten. So wurde im Falle direkter Verhandlungen der Parteien häufiger die Kürze der Zeit als Begründung für den Abschluss eines weiteren Waffenstillstands angeführt. Bei der Beeidigung der Urkunde wurde auf das Evozieren einer religiösen Bekräftigung zumeist verzichtet.451 447 Entsandt wurden Erzbischof Pastor von Embrun und Bertrandus von Sénez, welche Bischof Beltra-

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minus Paravicini von Bologna ersetzten, der aus Krankheitsgründen zu Hause bleiben musste. Da Beltraminus erst im darauffolgenden Jahr verschied, muss sein Ausfall aber nicht zwangsläufig durch die Pest erklärt werden. Vgl. Reg. Vat. 142 f. 165 r f. = Clément VI (France), N. 4092 (nur Regest), 4094–4101, 4104 (7. – 13. März 1349); Eubel (Hrsg.), Hierachia catholica, Band 1, S. 141, 234, 445. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 184 f. mit den Originalen der Urkunden in: London, PRO C 76/28, m. 8; Paris AN, J 636, N. 22. Vgl. A Touz ceux, qui ces presentes lettres verront; [es folgen die Namen der englischen und französischen Unterhändler] aienz plein poer, pur noz seignours les Roys d‘Engleterre & de France, pur parfaire les choses a dessouz escriptes, salutz. [...] Les quelles treues, ainsi traicties & accordez [...] Avomz en bone foy, sanz mal engyn, creancees & jurees, en l‘ames de noz seignours les Roys dessus ditz, come eiantz plein poer de par eaux a ceo faire (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 184 f. (2. Mai 1349) mit Universis, praesentes literas inspecturis, nos, permissione Divinâ, Gullielmus Bracharensis, & frater Johannes, Brundusii, archiepiscopi, apostolicae sedis nuncii, notum facimus per praesentes, […] Quas treugas, cum praescriptis omnibus & singulis capitulis seu articulis earumdem, firmiter & inviolabiliter observandas, praenominati tractatores & deputati episcopi [...] caeteri verò corporaliter manutactis sacrosanctis Evangeliis, nominibus & in animas dictorum dominorum Regum, in nostris manibus juraverunt (Ebd., Band III, 2, S. 197 f. (13. Juni 1350). Vgl. Ebd., S. 184. [N]ous par manere des treues, avons accorde, promys, enconvenante, & jure en non [sic!] des Roys dessusditz […] Les queles treues, & toutes les choses cy dessusecriptes, nous, messages dessusditz, c‘est assavoir, chescon de nous, en non [sic] & pour son dit seigneur [...] les uns de nous, es mains des autres, tenir & accomplir (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 232 (11. September 1351).

Die Marken von Calais als Stätte der Entscheidungsfindung (1347–1353)

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Die Aufnahme von Kämpfen durch Eduard III. im Sommer 1349 in der Gascogne, in der Saintongue und im Bas-Poitou veranlasste jedoch die Franzosen konsequenterweise zur Aufkündigung der Waffenstillstände und zur Absage der geplanten Gesandtschaft nach Avignon.452 Zumindest gelang es Clemens VI. bis zum Beginn des Februars 1350, die Kampfhandlungen in der Languedoc zu beenden, welche zwischen Henry von Lancaster und dem Bischof und König Philipps Lieutenants der Languedoc, Guillaume von Auch sowie Jacques de Bourbon ausgebrochen waren.453 Die zu diesem Zwecke entsandten Nuntien Johannes von Brindisi und Guillelmus von Braga erreichten nicht nur die Aushandlung eines lokalen Waffenstillstands bis zum 12. April 1350, sondern auch das Arrangieren neuer Friedens- oder Waffenstillstandsverhandlungen innerhalb dieses Zeitraums. Eine Bedingung der Kontrahenten zu diesem Schritt war offenbar die erneute Wahl von Calais als Treffpunkt für die geplanten Gespräche.454 Dem Papst blieb nichts anderes übrig, als sich damit zufrieden zu geben, wollte er nicht den mühsam wieder aufgenommenen Friedensprozess gefährden. Folglich lassen sich die Bischöfe von Braga und Brindisi auch als Verhandlungsleiter der im darauffolgenden Juni zwischen Guines und Calais stattfindenden Friedensgesprächen nachweisen. Es dürfte keine Überraschung mehr darstellen, dass in dem am 13. Juni 1350 abgeschlossenen Waffenstillstandsvertrag erneut die Kurie von Avignon als Verhandlungsort zum Abschluss eines Friedensvertrages auserkoren wurde. Im Falle einer Stagnation des Friedensprozesses und/oder der Anwesenheit apostolischer Nuntien wuchsen das symbolische Kapital der Kurie als Vermittlerin und damit ihre Akzeptanz als Milieu politischer Entscheidungen offenbar beträchtlich. In den Folgemonaten wurde eine hochrangige Gesandtschaft unter der Leitung Henrys von Lancaster, Richards von Arundel und William Batemans vorbereitet, welche sich bis Allerheiligen in Avignon einfinden sollte.455 Alleine durch ihre Anwesenheit konnten die kurialen Vermittler bei der Entscheidung über den Ort der kommenden Verhandlungen ihre Autorität geltend machen. Trotz dieser geplanten geopolitischen Veränderung waren die Verhandlungspartner ihrem eigentlichen Ziel, nämlich einer Beilegung des Hundertjährigen Krieges zu für beide Seiten angemessenen Bedingungen, keinen Schritt näher gekommen. Im Sommer des Jahres 1350 ereignete sich zudem ein gravierender Zwischenfall, welcher die Verlegung der Verhandlungen nach Avignon für Jahre unmöglich machen sollte: Als Ende Juli zwei englische Proklamatoren des Waffenstillstands456 bei Tours 452 Ursache der erneuten Kampfhandlungen scheint die zu späte Umsetzung des Waffenstillstands in

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der Gascogne gewesen zu sein. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 38; Sumption, Trial by Fire, S. 50–62. Vgl. Clément VI (France), N. 4315, 4317, 4336–4338, 4341, 4399, 4401, 4404; Sumption, Trial by Fire, S. 63. Vgl. Clément VI (France), N. 4426, 4442–4445. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 197; Clément VI (France), N. 4639; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 38. Zur Umsetzung und Durchführung von Waffenstillständen bzw. Friedensverträgen vgl. K. A. Fowler, Truces, in: Ders. (Hrsg.), The Hundred Years War, London 1971, S. 184–210; Offenstadt, La Paix proclamée, S. 201–224.

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getötet worden waren, kamen für Eduard III. die Entsendung hochrangiger Abgesandter nicht mehr in Frage.457 Stattdessen kristallisierte sich das zwischen dem Ende der 1340er Jahre systematisch als Festungsstadt ausgebaute Calais und das französische Guines als Stätte der Entscheidungsfindung bzw. des Abschlusses neuer Waffenstillstände heraus. Nachdem im Jahre 1352 Guines an die Engländer fiel, wurde seit dem Jahre 1348 mehrfach auch Boulogne bzw. Montreuil als französischer Verhandlungsort genutzt oder in Betracht gezogen.458 Seit dem Waffenstillstandsvertrag vom Mai 1349 wurde das im späteren Friedensvertrag von Brétigny (1360) den Engländern als marche de Calais (Mark von Calais)459 zugesprochene Niemandsland in diplomatischen Dokumenten als lieu acoustume460 bezeichnet. Der neue Verhandlungsort wurde also bereits nicht mehr zwangsläufig als reines Provisorium auf dem Weg zum Delta von Rhône und Durance angesehen. Nach dem Tode Philipps VI. am 22. August 1350461 konnte der Waffenstillstand Ende Oktober 1350 bei Calais verlängert werden. Eine Beteiligung der getrennt mit den Kriegsparteien verhandelnden Nuntien Raymond Pelegrini und Androin de la Roche war vorgesehen gewesen, ließ sich durch englische Obstruktion aber scheinbar nicht realisieren.462 Anlässlich der Erneuerung des Waffenstillstands kam es vorerst ein letztes 457 Eindringliche Beteuerungen des Papstes, dass der Raubmord nicht auf Geheiß Philipps VI. oder

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dessen Ministerialen geschehen sei, halfen da wenig. Vgl. Clément VI (France), N. 4813; Sumption, Trial by Fire, S. 64 f. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 172 f.; Sumption, Trial by Fire, S. 88 f. Im Jahre 1347 wurden die englischen Eroberungen als ville de Calais, la seigneurie de Marck et d’Oye et leurs territoires, nach deren endgültigen territorialen Absicherung im Vertrag von Brétigny (1360) wurde das Gebiet offiziell als le comté de Guines avec les signeuries de Calais et de Marck bezeichnet. Der Begriff marche de Calais geht aus den Ernennungsurkunden der englischen Militärkapitäne von Calais hervor und bezeichnet seit dem Vertrag von Brétigny (1360) das Umland von Calais inklusive des Territoriums von Marck. Spätestens in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts war der 120 km2 große Landstrich auch als Pale bekannt, behielt jedoch den inoffizielen Namen Calais et les Marches bis zum Jahre 1558 bei. Vgl. Vale, Ancient Enemy, S. 47 ff.; Sumption, Trial by Fire, S. 18–24; Rouche, Art. „Calais”, Sp. 1387; J. l. Patourel, L’occupation anglaise de Calais au xive siècle, in: Ders. (Hrsg.), Feudal Empires, S. 228–241. Zur englischen Verwaltung Calais’ zu Beginn der 1370er Jahre vgl. E. Perroy, L’administration de Calais en 1371–1372, in: Ders. (Hrsg.), Études d’histoire médiévale, S. 319–328. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 184 f., 197 f., 232 f. (Waffenstillstandsverträge vom 2. Mai 1349, 13. Juni 1350 und 12. September 1351). Vgl. E. Lalou, Art. „Philippe VI . v. Valois“, in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 2064 f. Zwei auf bewährt paritätische Weise ausgesuchten Nuntien, vermittelten im September getrennt in Paris (Abt Androin de la Roche von Saint-Seine und Cluny) und England (Raymond Pelegrini). Vgl. Clément VI (France), N. 4691–4694, 4696–4705, 4707. Unter anderem waren sie für die gegenseitige Übersendung freier Geleite für die aufkommenden Verhandlungen zuständig. Vgl. Clément VI (France), N. 4710. Bei dem schließlich am Jahresende verlängerten Waffenstillstand lässt sich weder eine Beteiligung Pelegrinis und de la Roches noch die Anwesenheit der vom Papst gleichfalls vorgeschlagenen Bischöfe von Braga und Brindisi nachweisen. Vgl. Ebd., N. 4813; London PRO, C 76/28 m. 2; Rymer (Hrsg.), Band III, 1, S. 207 (Prokuratorien für die englische Delegation vom 2. bis 16. November 1350 für die kommenden Verhandlungen).

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Mal am 8.-11. September 1351 zu bilateralen Verhandlungen bei Calais.463 Vielleicht in weiser Voraussicht hatte Clemens VI. bereits im November des Vorjahres betont, dass Friedensverhandlungen unter seiner Ägide vielversprechender seien, als unter der Vermittlung anderer, quod in presentia nostra pacis tractatus melius et favorabilius, prestante Domino, dirigetur, pro eo quod, si quid in eo difficultatis emergeret, nos qui ad utramque partem zelo paterne caritatis afficimus, assumeremus efficacioris mediatoris partes, quam aliquis.464 Die nunmehr erneut direkt miteinander verhandelnde anglo-französische Schiedskommission war hier offenbar anderer Auffassung und vereinbarte lediglich die einjährige Verlängerung des Waffenstillstands unter für den neuen König von Frankreich, Johann II., vorteilhaften Konditionen.465 Friedensgespräche sollten daraufhin zwischen Guines und Calais in der Karwoche des Jahres 1352 erfolgen.466 Als Begründung dieses Entschlusses wurde nicht mehr die für den endgültigen Friedensschluss angeblich unverzichtbare friedensstifterische Qualität des Papstes betont, sondern lapidar die Kürze der Zeit als Ursache dafür verantwortlich gemacht, dass es zu einer abermaligen Verschiebung des Friedensschlusses gekommen war.467 Die Zeit des selbstverständlich von der Kurie und ihren Nuntien dominierten Friedensprozesses war merklich vorbei. Es schien inzwischen durchaus mit der Ehre der Verhandlungspartner bzw. der Strategie Eduards III. vereinbar, direkte Verhandlungen mit dem französischen Kontrahenten zu führen.468 Dies vielleicht auch deswegen, weil eine endgültige Konfliktlösung in weite Ferne gerückt war. Die kurialen Vermittler hatten durch ihren unermüdlichen Einsatz gewissermaßen den Waffenstillstand als Friedensersatz etabliert, so dass die Gefahr einer Düpierung der 463 Ihnen gingen Verhandlungen voraus, bei denen eine lokale Waffenruhe für die Mark Calais be-

schlossen worden war. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 81.

464 Vgl. Clément VI (France), N. 4813 (23. November 1350). Die hier gebrauchte Wortbildung der

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paterne caritatis erinnert entfernt an das frühneuzeitliche Konzept des Papstes als pater communis. Vgl. Kampmann, Arbiter und Friedensstifter, S. 62 f.; J. Burkhardt Abschied vom Religionskrieg. Der siebenjährige Krieg und die päpstliche Diplomatie (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Band 61), Tübingen 1985, S. 369 ff. Der Vertrag wurde auf König Johanns ausdrücklichen Wunsch erst nach der Kapitulation der von seinen Truppen seit längerem belagerten Stadt Saint-Jean d’Angély ratifiziert. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 82. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 232. Come nous aions este assemblez par plusurs foiz, & par plusurs jours au lieu accoustume a parlementer, entre Calays & Guynes, pour traicter de bon accort, & de paiz final, entre les ditz Roys, & tant pour la brivete du temps, come plusurs autres causes, nous n‘aions peu mettre les ditz traictiez a plein fyn (Ebd., Band III, 1, S. 232). Vgl. die Prokuratorien für die englischen Gesandten Michael Northburg, William Bateman, William Huntingdon, Bartholomew Burghersh und Robert Herle: [N]uncios nostros ex parte unâ, & venerabilem patrem, Petrum episcopum Parisiensem, Johannem de Boloigne comitem de Mountford [...] nuncios adversarii nostri Franciae, ex parte alterâ (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 230, 4. September 1350) mit dem endgültigen Vertragstext: Primerement, nous avons accorde que bones treues & loiaux soient prises, par mer & par terre, par nous messages dessusditz, entre les dessusditz seigneurs Roys d‘Engletere & de France (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 232, Waffenstillstand vom 11. September 1351 - Hervorhebungen vom Autor).

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Forschungsstand, Quellenlage und Eingrenzung

Verhandlungspartner bei einer direkten Interaktion minimiert wurde. In der Forschung ist diese Entwicklung freilich alles andere als ein Fortschritt sondern vielmehr als verhängnisvolle Spirale immer neuer Abkommen und brüchiger Waffenruhen bewertet worden, welche ständig durch lokale Kampfhandlungen in den vielen französischen Krisenherden durchbrochen wurden.469 Aufgrund des komplexen Geflechtes von Waffenstillständen, Kampfhandlungen und Konziliationsversuchen wirkt es nicht verwunderlich, dass Sumption einzelne Verträge, wie den Waffenstillstand vom 13. November 1348 aufgrund dessen Nichtbeachtung im Südwesten Frankreichs als „dead letter“ bezeichnete. Der Historiker verwies darauf, dass spätestens seit den Verhandlungen am 13. Juni 1351 eine „complete severence between the work of diplomats and that of the soldiers” beobachtet werden könne. Zwar räumt Sumption ein, dass zwischen den Jahren 1347 und 1355 keine größeren Militärkampagnen Eduards III. stattgefunden hätten. Doch führten zahlreiche Feldzüge seiner Unterfeldherren dazu, den Krieg in „a formless mêlée fought between small forces of half-disciplined soldiers and punctuated by ill-observed truces“ zu verwandeln.470 Zweifellos erforderte es außergewöhnliche Umstände und eine ungewöhnlich exaltierte Persönlichkeit, um die Kriegsparteien wieder für die Beschreitung der viae pacis zu gewinnen und gegenüber dem skizzierten Diplomatischen Interim wieder die Attraktivität des politischen Milieus an der Kurie von Avignon zu erhöhen.

V. Avignon (1354/55): Gefangen im Netzwerk. Gui de Boulogne und die Rückkehr in das politische Milieu Als „the most mysterious episode in the entire war“ sind die Friedensgespräche der Jahre 1354–1355 von J. J. N. Palmer bezeichnet worden.471 Begonnen am bereits vorgestellten lieu accoustume in Calais, fanden sie ihren desaströsen Abschluss an der Kurie von Avignon. Nach Jahren provisorischer Verhandlungen in der Picardie und Mark Calais während des Diplomatischen Interims hatten die Kontrahenten endlich den päpstlichen Wünschen entsprochen und waren in das politische Milieu der Rhônestadt zurückgekehrt. Die Verblüffung des britischen Historikers bezieht sich auf die eigentümliche Tatsache, dass die französischen Abgesandten am 6. April 1354 in Guines unter kurialer Vermittlung zwar einen geheimen Vorvertrag unterzeichneten, diesen aber neun Monate später in Avignon widerriefen. Eine Ursache für diesen Sachverhalt war lange Zeit nicht bekannt. Im Vertrag war abgemacht, dass Eduard III. den größten Teil des Südwesten Frankreichs, darunter ein restauriertes Herzogtum Aquitanien in seiner Ausdehnung vor dem Krieg 469 Auf die zahlreichen Kampfhandlungen des Jahres sowie die Eroberung Guines kann an dieser Stelle

nicht weiter eingegangen werden. Sumption beurteilte diese Kehrseite der Waffenstillstände als „a continuous guerilla war, interrupted by periodic chevauchées” und als „half-war“. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 83–98, 142 (Zitate). 470 Ebd., Trial by Fire, S. 2, 47, 63. 471 Palmer, War Aims of the Protagonists, S. 58.

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von Saint-Sardos (1324–1325), dazu das Poitou, Maine, Anjou, Touraine und das Limousin erhalten sollte. Alle Territorien würden frei von französischer Lehnsabhängigkeit sein. Der englische König, welcher es dank päpstlicher Vermittlung nach jahrzehntelanger Anstrengung endlich geschafft hatte, seinen Thronanspruch zur Verhandlungsbasis zu machen,472 erklärte sich nun dazu bereit, auf die Krone Frankreichs zu verzichten und in Zukunft Frieden zu wahren.473 Die Ratifikation des Vertrages sollte unter der Aufsicht des Papstes in Avignon erfolgen. Das symbolische Kapital der Kurie bei der Durchführung von Friedensschlüssen und Vertragsabschlüssen schien nach den Jahren des Diplomatischen Interims (1347–54) wieder zweifelsfrei akzeptiert worden zu sein. Nach der überraschenden Verweigerung der bereits getroffenen Abmachungen durch die Gesandten Johanns II. acht Monate später an der Kurie kam es dort aber lediglich zu einer kurzen Verlängerung des Waffenstillstands bis zum 24. Juni 1355.474 Nach dem Verstreichen dieser Frist brach erneut der Krieg aus.

1. Kardinal Gui de Boulogne – Mediatour zwischen allen Fronten Rätselhaft an der „mysterious episode“ erscheint nicht nur die Ursache des französischen Sinneswandels, sondern auch die Rolle des neuen päpstlichen Vermittlers dieser Jahre: Der Kardinalbischof von Porto, Gui de Boulogne (1316–1373), ein jüngerer Sohn des Grafen Roberts VII. der Auvergne und Boulogne, zählte bald nach seiner Kreierung zum Kardinalpriester von St. Cecilia im Jahre 1342 zu den profiliertesten Mitgliedern des Heiligen Kollegiums.475 Der Einfluss des Kardinals war bei weitem nicht auf die Kurie von 472 Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 267 ff. 473 Überblick in: Wagner, Art. „Guines, Treaty of (1354)“, S. 142 f. Der Vertrag, der nicht in den Foe-

dera enthalten ist, wurde ediert in: F. Bock, Some New Documents illustrating the Early Years of the Hundred Years War (1353–1356), in: Bulletin of the John Rylands Library, 15 (1931) S. 71 ff., 91–93. Als Grund für dessen Geheimhaltung kann die Schwere der französischen Zugeständnisse genannt werden. Bei frühzeitiger Bekanntgabe hätten sie zu einem politischen Stimmungswandel in Paris führen können. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 135 f.; Cazelles, Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 162. Der gleichzeitige Waffenstillstandsvertrag befindet sich in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 276 f. 474 Vgl. für den Zweiten Friedensgipfel von Avignon (1354/55): Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 48 f.; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 403–407. Mit der Kapitelüberschrift „Les Faux Pas de Guy de Boulogne“ vermittelt Favier seinen Lesern einen klaren Anhaltspunkt, wie seiner Ansicht nach die kurialen Friedensaktivitäten zu bewerten sind. Des Weiteren: Rogers, The Anglo-French Peace Negotiations of 1354–1360, S. 193–214; Sumption, Trial by Fire, S. 139–142. 475 Bei Gui de Boulogne handelt es sich um den am besten erforschten Kardinal der Avignonesischen Zeit. Kurze Überblicke über Biographie und Diplomatie des Kardinals in: Favier, Les Papes d’Avignon, S. 164 ff., 403 ff.; Guillemain, Cour pontifical, S. 249 ff. Maßstäbe gesetzt hat das Werk von Pierre Jugie: Vgl. seine unpublizierte, aber in den Archives Nationales de Paris einsehbare thèse der École des Chartes: P. Jugie, Le cardinal Gui de Boulogne (1348–1373): Biographie et étude d‘une ‚familia‘ cardinalice, 3 Bände, Paris 1986; zusammenfassend in: Ders., Le cardinal Gui de Boulogne (1316–1373). Biographie et étude d‘une familia cardinalice, in: Positions des thèses de

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Avignon oder gar die eigene Lebenspanne beschränkt: Durch seine gezielte Förderung von Verwandten und Familiaren hatte Boulogne nach jüngeren prosopographischen Erkenntnissen sogar wichtige strukturellen Grundlagen für den späteren Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas gelegt.476 Das Klientel des Kardinals stand nicht zuletzt auch für die Entstehung einer neuen Generation besonders effizienter und gut miteinander vernetzter französischer Kronbeamten, der sogenannten Marmousets Pate.477 Durch das enge Verhältnis von Boulognes älterem Bruder, Graf Jean von Boulogne, zu Johann II.478 stand Gui gleichfalls in engster persönlicher Beziehung zum neuen französischen König. Durch die Ehe Johanns II. mit Boulognes Nichte Johanna am 9. Februar 1350 war der König gar zum Neffen des großen Kardinals geworden.479 Ab Ende des Jahres 1352 übte Gui als Mitglied des französischen Kronrates zusätzlichen politischen Einfluss aus. Aus diesem Grund wurde er von den Engländern für suspekt gehalten und seine Friedensvermittlung von Eduard III. aufgrund des Vorwurfs der Parteilichkeit mit Argwohn betrachtet. Innozenz VI., welcher am gleichen Tag wie Boulogne zum Kardinal promoviert worden war, versuchte die durch König Eduards

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l‘École des Chartes (1986) S. 83–92. Der Autor hat seine grundlegendsten Forschungsergebnisse in einer Vielzahl von Aufsätzen publiziert, aus denen teilweise auch die diplomatiegeschichtliche Bedeutung des Kardinals ersichtlich wird. Vgl. Ders., L‘activité diplomatique du cardinal Gui de Boulogne en France au milieu du xive siècle, in: Bibliothèque de l‘École des Chartes, 145 (1987) S. 99–127; Ders., La légation en Hongrie et en Italie du cardinal Gui de Boulogne (1348–1350), in: Il Santo, 29 (1989) S. 26–69; Ders., Le vicariat impérial du cardinal Gui de Boulogne à Lucques en 1369–1370, in: Mélanges de l‘École Francaise de Rome. Moyen âge, 103 (1991) S. 261–357; Ders., Un discours inédit du cardinal Gui de Boulogne, légat en Espagne, prononcé devant le roi d‘Aragon (24 janvier 1359), in: F. Bériac-Lainé (Hrsg.), Les prélats, l‘église et la société, XIe-XVe siècles. Hommage à Bernard Guillemain, Bordeaux 1994, S. 219–227. Grundlagenarbeit zu dieser Fragestellung geleistet hat: H. Bresc, Les parties cardinalices et leurs ambitions dynastiques, in: Genèse et débuts du Grand Schisme d‘Occident (Colloques internationaux du C. N. R. S., No. 586), Paris 1980, S. 45–57. Das simultane Zusammenspiel der ehemaligen Familiaren Boulognes, Bischof Pierre Ameilh, mit dem Sekretär Karls V., Pierre de Corbie, in Paris zusammen mit den im „relais avignonnais“ verbliebenen Kardinälen Jean de Blauzac und Gilles Acelin de Montagut sowie dem die Angelegenheiten in Fondi organisierenden Jean de la Grange hatte im Jahre 1378 Wahl und rasche Anerkennung eines weiteren Boulogne-Schützlings, Robert von Genf, als Papst Clemens VII. zur Folge. Es gelang ihnen schließlich, die Universität von Paris und den Hof Karls V. von der Unrechtmäßigkeit der Wahl Urbans VI. zu überzeugen. Die Rückkehr Clemens‘ VII. nach Avignon war schließlich der krönende Abschluss des Unterfangens. Vgl. Favier, Les papes d’Avignon, S. 549–567; Autrand, Charles V, S. 828–835. Die Marmousets werden als maßgeblich für die Entwicklung einer französischen, hierarchischen Staatsadministration nach dem Effizienzkriterium in den Jahren 1382–1389 angesehen. Vgl. F. Autrand, Charles VI. La folie du roi, Paris 1986, S. 188–194; Dies., Naissance d‘un grand corps de l‘Etat: Les gens du Parlement de Paris 1345 – 1454, Paris 1981. Jean von Boulogne war seit dem Jahre 1350 Mitglied des Kronrates und königlichen Haushaltes geworden und bekam von Johann II. die Grafschaft Montfort-L’Amaury übertragen. Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 103 f. Vgl. Ebd., S. 102. Stammbaum des Kardinals in: Favier, Les Papes d’Avignon, S. 773 [Tableau généalogique 4].

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Beichtvater John Woderove übermittelten Vorbehalte nach Kräften zu zerstreuen. Gleichwohl war Innozenz so umsichtig, um dem Mediator Raymond Pelegrini, den englischstämmigen, päpstlichen Kollektor der Jahre 1343–1349 an die Seite zu stellen, welcher sich vorsichtig danach erkundigen sollte, ob Eduard ein anderer Vermittler genehmer sei. Eine konkrete Reaktion aus Westminster ist nicht bekannt. Die weiteren Verhandlungen wurden in der zweiten Jahreshälfte jedenfalls getrennt durch Pelegrini (England) und Gui de Boulogne (Frankreich) durchgeführt. Die endgültigen Friedensgespräche fanden dann bereits wieder unter der Leitung des Kardinals statt.480 Boulognes Rolle im Friedensprozess der Jahre 1352–1354 gewann eine zusätzliche Brisanz durch dessen gleichzeitige enge familiäre wie politische Bindung zu dem ebenso jungen wie ehrgeizigen König von Navarra, Karl II. „dem Bösen“. Bei dem im Jahre 1332 geborenen König handelte es sich um ein territorialpolitisch machtloses Mitglied des französischen Kronadels, der über seine Mutter, Johanna von Navarra, der einzigen Tochter König Ludwigs X. „des Zänkers“, einen noch besseren Anspruch auf die Krone Frankreichs vorweisen konnte, als Eduard III. oder Johann II. Seine Tante Johanna von Evreux, war zudem die Witwe Karls IV., seine Schwester Blancha die zweite Gemahlin Philipps VI. gewesen. Karl war nach seiner Hochzeit mit Johanna von Valois am 12. Februar 1352 zudem der Schwiegersohn Johanns II. geworden.481 Karl fühlte sich durch die Günstlingspolitik seines Schwiegervaters zugunsten des von Johann protegierten und daher in Hofkreisen umstrittenen Konnetable Frankreichs, Charles d’Espagne, in seinen territorialen Ambitionen und politischen Einflussmöglichkeiten in ein in politischer Hinsicht abgehängtes, kronadeliges Prekariat gedrängt.482 Bei Nacht und Nebel ließ „der 480 Vgl. Innocent VI, N. 433, 436–440; 466–468. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 39; Sump-

tion, Trial by Fire, S. 118 f. Zu Raymond Pelegrini vgl. W. E. Lunt; E. B. Graves, Accounts rendered by Papal Collectors in England (1317–1378), Cambridge 1968, S. xxxi-xxxv. 481 Gui de Boulogne selbst war durch die Ehe seines Bruders Guillaume de Boulogne mit Marguerite von Évreux der Onkel Karls von Navarra, welcher der Sohn von Marguerites Bruders, des Grafen Philipps von Évreux war. Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 109; Sumption, Trial by Fire, S. 103–109. Allgemein zu Navarra vgl. B. Leroy, Art. Karl II. „der Böse“, König von Navarra (1331–1387), in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 981; D. M. Besson, Charles of Navarre and John II: disloyalty in northern France, 1350–1360, Toronto 1983; A. Plaisse, Charles, dit le Mauvais: comte d’Évreux, roi de Navarre, capitaine de Paris, Évreux 1972. Rein populärwissenschaftlicher Natur ist: M. Peyrebonne, La véritable historie de la loi salique. Charles de France et de Navarre, Paris 1992. Speziell zu den Konflikten mit Johann II. vgl. Bordonove, Jean II le Bon, S. 129–54; Delachenal, Histoire de Charles V, Band 1 (1338–1358), S. 75–83; Autrand, Charles V, S. 109–124; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 69–75. 482 Der Familie Navarra war von den letzten Kapetingern und ersten Königen der Valois-Dynastie nicht nur der Anspruch auf die Krone Frankreichs, sondern auch die Mehrheit ihres rechtmäßigen Erblands, die Grafschaft Champagne und Brie, sowie eine Entschädigungssumme vorenthalten worden. Selbst um die Mitgift Johannas von Valois war Navarra gebracht worden. Der Streit um die Grafschaft Angoulême schließlich, welche sich kurzzeitig im Besitz von Karls Mutter befunden hatte, im Jahre 1352 aber an Charles d’Espagne de la Cerda übertragen wurde, führte zum Entstehen der Feindschaft zwischen Navarra und dem nur entfernt mit der Königsdynastie verwandten Konnetable. Vgl. Autrand, Charles V, S. 109–124.

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Böse“ daher seinen gleichnamigen Widersacher am 7. Januar 1354 bei Laigle ermorden. Navarras Bruder Philipp und Karls normannischer Verbündeter, Graf Jean d’Harcourt, waren die gedungenen Mörder. In Schreiben an die monarchischen wie geistlichen Spitzen Europas brüstete sich „der Böse“ daraufhin mit der begangenen Tat.483 Es ist kaum überraschend, dass der aufrührerische Karl von Navarra daraufhin in eine bittere Fehde mit dem Hause Valois verwickelt wurde, welche erst mit dessen Tod im Jahre 1386 ihr natürliches Ende finden sollte.484 Gui de Boulogne sah in den besagten innerfranzösischen Auseinandersetzungen nicht nur eine Gefährdung des Wohls Frankreichs, sondern auch eine veritable Bedrohung des von ihm initiierten Friedensprozesses. Eine solche Gefahr war umso wahrscheinlicher, als Karl von Navarra nach der Ermordung seines Nebenbuhlers alternierend versuchte, sich mit Johann II. auszusöhnen und gleichzeitig ein Militärbündnis mit Eduard III. zur Eroberung Frankreichs zu schmieden.485 Boulogne war jedes Mittel recht, um als erfolgreicher Friedensstifter brillieren zu können: Als Mitglied einer französischen Schiedskommission arbeitete er fieberhaft auf die Beilegung der Fehde zwischen Johann II. und Karl von Navarra hin. Diese Versöhnungsbemühungen fanden zeitlich parallel zu den eingangs erwähnten anglo-französischen Friedensverhandlungen zwischen Guines und Calais statt.486 Allein daran müsste noch nichts verdächtig erscheinen. Vielmehr fand jedoch das Resultat von Boulognes Bemühungen das Misstrauen der Forschung: Im Abstand von nur zwei Monaten war Boulogne mit weitgehend identischem diplomatischen Personal487 am Abschluss zweier bedeutender Vertragsabschlüsse beteiligt. Als französisches Delegationsmitglied handelte er am 22. Februar 1354 einen Friedensvertrag zwischen Johann II. und Navarra bei Mantes aus.488 Als päpstlicher Vermittler ratifizierte 483 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 124; Autrand, Charles V, S. 124 ff. 484 Vgl. Leroy, Art. “Karl II. “der Böse”, Sp. 981. 485 Hinsichtlich des anglo-navarresischen Militärbündnisses vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5,

S. 314–320. Als englischer Unterhändler in der navarresischen Angelegenheit betätigte sich Herzog Henry von Lancaster. Vgl. R. Delachenal, Premières négociations de Charles le Mauvais avec les anglais, in: Bibliothèque de l‘ École des Chartes, 61 (1900) S. 253–282; Sumption, Trial by Fire, S. 127 f., 141. 486 Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 117–119; Cazelles, Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 158–164. 487 Darunter befanden sich die Bischöfe Guillelmus (Bertrand) von Beauvais, Robert le Coq von Laon und der ehemalige Privatsekretär Johanns II., Robert de Lorris. Vgl. Cazelles, Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 159, 163; Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 132. Die Behauptung, Gui de Boulogne habe bei den Verhandlungen bei Guines die französische Delegation angeführt, hat Jugie als „tendancieuse“ zurückgewiesen. Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 117. 488 Der Vertrag wurde am 22. Februar 1354 in der Feste Mantes abgeschlossen und übertrug Karl von Navarra die Grafschaft von Beaumont-le-Roger, Breteuil und Conches, die Vizegrafschaft von PontAudemer, die Städte Mantes, Meulan und Èvreux sowie die Halbinsel der Cotentin. Im Vertrag war freies Geleit nach Paris zur Versöhnung Karls mit seinem Schwiegervater vorgesehen. Vgl. Paris AN, Trésor des chartes J 615 f. 12 (Vertrag von Mantes, 22. Februar 1354), f. 13, 14, 14 bis (Verhandlungsvollmachten Johanns II. für Gui de Boulogne, 8. Februar 1354). Am 4. März 1354 wurde Karl mit König Johann II. in der Kammer des Parlaments von Paris in Anwesenheit der meis-

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der Kardinal schließlich am 6. April 1354 den erwähnten Vorvertrag bei Guines, der ein Friedensbündnis zwischen England und Frankreich vorbereiten sollte.489 In beiden Fällen war dies nur durch gravierende Gebietsverluste auf französischer Seite zu realisieren. Bedenkt man, dass Karl „der Böse“ gleichzeitig mit Henry von Lancaster Angriffspläne ersann, wird es verständlich, dass die Friedensmission des Kardinalbischofs von der Forschung in ein zwielichtiges Licht gerückt worden ist. Die kontroverse Bewertung des in seiner Motivation und Handlungsweise schwer durchschaubaren Kardinals dient Historikern oft als Gradmesser für die Bewertung der Friedenspolitik der Kurie als Ganzes, wobei ein Bündel an kontroversen Einschätzungen und Interpretationen entstand.490 Dieses soll an dieser Stelle freilich nur insoweit entwirrt werden, wie sich daraus nutzbare Erkenntnisse zur Rekonstruktion des Selbstverständnisses und der Aktionsmöglichkeiten eines in der Tat ausgefallenen päpstlichen Vermittlers gewinnen lassen. Aufgrund des Schauplatzes der schließlich in einer Tragödie endenden Friedensverhandlungen in der Rhônestadt wird gleichzeitig auch unser Verständnis der Beschaffenheit des politischen Milieus an der Kurie von Avignon erweitert. Bevor wir uns tiefer ins Reich der Intrigen und diplomatischen Schattenspiele begeben, wird jedoch der Ablauf und das Ergebnis der anglo-französischen Gespräche an der Kurie von Avignon im Jahre 1355 im Vordergrund stehen.

ten Pairs de France versöhnt. Die Tante und Schwester Karls, die Königinnenwitwen Johanna und Blanca, baten in einer als Inszenierung erkennbaren Zeremonie den König kniend um Gnade. Es war die Aufgabe Boulognes, die Versöhnungsworte vorzusprechen und im Rahmen einer Ansprache demonstrativ um die Begnadigung des blutsverwandten Pairs de france zu bitten: Monseignur de Navarra, nuls ne se doit esmerveillier se le Roy monseigneur s’est tenus pour mal contempt de vous pour le fait qui est avenu, le quel il ne convient jà que je die, car vous l’avez si publié par voz lettres et autrement par tout que chacun le scet. Car vous estes tant tenus à li que vous ne le deussiez avoir fait. Vous estes de son sanc, si prochain comme chascun scet: vous estes son homme et son per, et si avez espousée ma dame sa fille, et de tant avez plus mespris. Toutesvoies pour l’amour de mes dames les roynes qui ci sont, qui moult affectueusement l’en ont prié, et aussi pour ce que il tient que vous l’avez fait par petit conseil, il le vous pardonne de bon cuer et de bonne volonté (Grandes Chroniques de France (Jean II et de Charles V), Band 1, S. 44). Navarra hatte daraufhin Kapellen samt entsprechende Kaplanstellen zu stiften, in denen für das Seelenheil des Ermordeten gebetet werden sollte. Vgl. Continuateuers de Guillaume de Nangis (Venette), Band 2, S. 228 f.; Chronique des quatre premiers Valois, S. 29. 489 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 125–130, 490 Es gibt drei Erklärungsmodelle, nach denen der Kardinal entweder als weitgehend französischer Parteigänger (vgl. Bock, Some New Documents, S. 70 FN 8; Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 736–738), als ausgemachter Gegner der Valois-Dynastie und Schirmherr eines anglo-navarresischen Komplotts zur Zersplitterung der französischen Krondomäne (vgl. Cazelles, Société politque (Jean II et Charles V), S. 162–165) oder gar als ernsthafter, aber durch zahlreiche verwandtschaftliche Interessenskonflikte kompromittierter Friedensvermittler charakterisiert worden ist (vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 123–124).

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2. Gui de Boulogne und der Vertrag von Guines (1354) Über den Beginn der Vermittlung des Kardinalbischofs von Porto sind wir gut informiert: Gui hatte sich im Spätherbst 1352 aus eigenem Antrieb nach Paris begeben. Offenbar wollte der Kardinal seinen Einfluss am Hof seines königlichen Neffen geltend machen.491 Bei dieser Gelegenheit begegnete Boulogne dem Herzog von Lancaster, der sich ebenfalls in Paris anlässlich eines geplanten Duells mit dem Herzog Otto von Braunschweig in Begleitung der Kronräte Eduards’ III., Reginald Cobham und Bartholomew Burghersh, befand. Der Zweikampf konnte durch die Intervention des französischen Königs verhindert werden, die Kontrahenten wurden anschließend auf einem Bankett versöhnt.492 Vielleicht bei dieser Gelegenheit griff Boulogne die Gelegenheit am Schopfe, um – nunmehr in Absprache mit Clemens VI. – eine neue Friedensinitiative zu beginnen. In einem Schreiben an den König von England betonte der Kardinal unverblümt, dass er von Seiten des Papstes ursprünglich keinerlei Weisung hinsichtlich der begonnenen Verhandlungen erhalten hatte.493 Die Quarta vita Innocentii VI geht dagegen von einem bereits in Übereinkunft mit Clemens VI. gefällten Entschluss aus.494 Trotz laufender Kampfhandlungen in der Languedoc wurde ein Treffen englischer und französischer Gesandte für den kommenden März 1353 bei Guines verabredet.495 Die ursprünglichen Verhandlungen in Paris liefen nicht allzu diskret ab, da sie nach Einschätzung des Papstes in geringer Zeit omnibus notum gewesen seien.496 Innozenz VI., dem Nachfolger des am 6. Dezember 1352 verstorbenen Clemens VI.497, sind wir bereits unter dem Namen Étienne Aubert als Nuntius bei den Kampagnen Eduards III. in den Jahren 1346–47 begegnet. Der neue Papst unterstützte sogleich nach Kräften die Friedensmission Boulognes mit offiziellen Begleitbriefen.498 Es ist Jugies Verdienst, darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass der Kardinal bei seiner Aufgabe zu keinem 491 Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 403. 492 Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 35 ff.; Fowler, King’s Lieute-

nant, S. 106 ff.; Sumption, Trial by Fire, S. 112 f.

493 [Q]uant nous venymes pardeça, nous n’estiens chargiez de parler d’aucun traitiez avecques vous

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ou vos gens (E. Perroy, Quatre Lettres Du Cardinal Guy de Boulogne, in: Ders. (Hrsg.), Études d’histoire médiévale, S. 339). Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 105 f. Hujus tempore dominus Guido, Boloniensis cardinalis, de consensu pape et mutu proprio, ivit in Franciam, suis expensis, ad tractandum pacem cum dicto rege et Edoardo rege Anglie (Ptolemeius de Lucca, Quarta vita Innocenti VI, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 296). Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 113; Jugie, L’activité diplomatique, S. 100 f. In einem vermutlich im Juni 1353 geschriebenen Memorandum an den apostolischen Nuntius Raymond Pelegrini, welcher den gegenüber den Engländern in Misskredit geratenen Kardinal bei seinen Friedensbemühungen unterstützen sollte, wies Innozenz darauf hin, dass Gui de Boulogne sicut omnibus notum est, de hujusmodi negocio colloquium habuerat de beneplacito dicti regis Franciae cum duce Lancastrie et postea ab utroque dictorum regum obtinuerat quod nuncii eorum cum eodem cardinali pro hujusmodi negocio convenirent (Innocent VI, N. 433 – Hervorhebung durch den Autor). Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 141 ff. Vgl. Innocent VI, N. 61, 83, 84, 119.

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Zeitpunkt in einem päpstlichen Ernennungsschreiben mit dem Rang eines Nuntius oder gar Legaten bedacht wurde.499 Stattdessen umschrieb der Papst Boulognes Tätigkeit als interpositio, was auf eine unspezifische Vorstellung seiner Vermittlung schließen lässt.500 Der Kardinal titulierte sich in den von ihm beglaubigten Waffenstillstands- und Friedensverträgen in leicht exaltierter Weise als mediatour, was als einzigartig für unseren Untersuchungszeitraum gelten kann.501 Dabei handelt es sich um eine juristisch unverbindliche, dafür aber sehr viel pragmatischere Amtsauffassung, welche ein Widerhall der zeitgenössischen Tätigkeitsbeschreibung eines päpstlichen Vermittlers darstellte.502 Auf den zeitnah schreibenden Chronisten Jean Le Bel hinterließ der Kardinal sichtlich einen großen Eindruck. Er schrieb, dass Gui de Boulogne mit größerem Pomp in Frankreich angekommen sei, als ihn einst der heilige Petrus zur Schau stellte. Er habe 700 Pferde in seinem Gefolge gehabt und sei vollständig von den französischen Kirchen unterhalten worden.503 Auch in letzterer Hinsicht dürfte Boulogne dem Apostel etwas voraus gehabt haben: Der Kardinal konnte auf einträgliche Prokurationszahlungen bestehen, wie sie typischerweise im Mittelalter ein apostolischer Legat oder Nuntius für sich in Anspruch nehmen konnte.504 499 Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 101, 104 f. Gleichwohl bat der Kardinal im Januar 1353 um

die Übersendung zahlreicher kirchenrechtlicher Vollmachten, welche er kurz darauf auch weitgehend erhielt. Vgl. Reg. Vat. 25, f. 9 v-10 (Supplikenregister) mit Reg. Vat. 219, f. 4–11, 13–16, 28. Innozenz VI. übersandte dem Kardinal zudem Anfang Mai 1353 die Vollmachten Allianzen und Eide aufzulösen, wenn sie dem Friedensprozess entgegenlaufen sollten sowie Verträge zu bekräftigen und deren Einhaltung gegebenenfalls mit der Exkommunikation zu sichern. Vgl. Innocent VI, N. 272, 275, 284. 500 Kamp differenziert sprachlich Verben der imperativen Streitschlichtung wie reconciliare oder pacificare von Verben des Vermittelns wie intervenire oder mediare. Unter letztere Kategorie würde auch das von Kamp nicht ausgemachte, aber vom Kardinal gebrauchte interponere fallen. Vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 21 ff. In meinem Untersuchungszeitraum wurde es von Jean de Venette anlässlich der Friedensvermittlung Kardinals Talleyrand de Périgord bei Poitiers (1356) aufgegriffen. Vgl. Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 240. 501 Et nous, cardinal desusdit, pur ce ques ces choses ont este einsi faites, jurees, covenauntes, & acordees en nostre presence, come mediatour, avoms mis nostre propre seal a ces lettres (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 255 (Beglaubigung des Waffenstillstands vom 10. März 1353). 502 [A]d mediacionem venerabili fratris nostri Guidonis Episocopi Portuensis (Vatikanstadt, ASG Reg. Vat. 244 B). Dem Mediator wurde begriffsgeschichtlich in Spätantike und Frühem Mittelalter eine theologisch fundierte Mittler- bzw. Fürsprechertätigkeit zwischen Gott und den Menschen zugesprochen. Zunächst war der Begriff in erster Linie auf Christus bezogen. In seiner erweiterten Bedeutung wurde der Mediator auf die Tätigkeit der hohen Geistlichkeit ausgedehnt und zunehmend als Funktionsträger begriffen, der zwischen zwei Parteien stand. Im Hohen und Spätmittelalter entwickelte sich der „Vermittler“ in seiner, von der Kurie gebrauchten Bedeutung stärker zu einem Schiedsrichter, bis es im Zuge der anglo-französischen Friedensvermittlung zu einem unparteiischen, nicht-richterlichen Amtsverständnis gelangen konnte. Vgl. Kamp, Friedensstifter und Vermittler, S. 14–20, 230–235. 503 Vgl. Jean le Bel, Band 2, S. 202. 504 Siehe Kapitel C) IV.

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Die Verhandlungen des Jahres 1353 gingen nicht ohne Verzögerungen und Rückschläge, insgesamt aber zielführend zur Sache.505 Am 1. März 1353 wurde zwischen Guines und Calais ein erster Waffenstillstand abgeschlossen.506 Nach dem Nichtzustandekommen eines weiteren Treffens im Mai wurde die Waffenruhe am 26. Juli und 26. Oktober in Paris bzw. Westminster verlängert,507 so dass schließlich Ende November Friedensverhandlungen für das Frühjahr 1354 beschlossen werden konnten.508 Am 6. April 1354 wurden in Präsenz des Kardinals ein einjähriger Waffenstillstand509 sowie in einer gesonderten Urkunde der eingangs erwähnte Vorvertrag von Guines abgeschlossen. Dieser sah den Verzicht König Eduards auf die Krone Frankreichs vor, welcher durch großzügige Gebietskompensationen in Südwestfrankreich entschädigt wurde. Der Vertrag von Guines sollte bekanntlich bis zum Michaelsfest an der Kurie von Avignon ratifiziert werden. Über den Umfang der zu übertragenden Ländereien hatten sich bereits Gesandte Eduards III. mit Innozenz VI. auf Separatverhandlungen in Avignon verständigt.510 Die dem Papst überreichte Cedula mit englischen Forderungen fand namentliche Erwähnung in der endgültigen Vertragsurkunde.511 Eduard ließ bei dieser Gelegenheit sein bereits erwähntes Misstrauen gegenüber Gui de Boulogne zum Ausdruck bringen. Trotz der demonstrativen Verteidigung seines Kardinals ist nicht auszuschließen, dass sich der Papst ebenfalls von dem Vermittler zu distanzieren begann.512 Für diese Annahme spricht etwa, dass in einem Konzeptentwurf der apostolischen Kammer für die Ausstellung des freien Geleits der englischen Gesandtschaft für die Ratifikationsverhandlungen in Avignon der Hinweis darauf gestrichen wurde, dass der Vertrag von Guines (1354) ad mediacionem venerabili fratris nostri Guidonis Episocopi Portuensis ausgehandelt worden war.513 Weitere Anhaltspunkte für diese These stellte die erwähnte parallele Entsendung des ehemaligen englischen Kollektors Raimund Pelegrinis als Nuntius nach England und der Transfer der Verhandlungen nach Avignon dar.514 War Gui de Boulogne 505 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 38 f.; Fowler, King’s Lieutenant, S. 111–16; Hen-

nigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 49–66, 94–99. Anders als von Cuttino behauptet; war die Vermittlung keineswegs vorrangig auf Wunsch des französischen Königs zustande gekommen. Vgl. Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 89 mit Innocent VI, N. 437, 465. 506 Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 254 f. 507 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 261 f., 266. 508 Paris, AN, J 637 N. 9, 9 bis – ter. 509 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 276 f. 510 Zwischen Mai und August wurden zwei Gesandtschaften an die Kurie entsandt, welche aus dem Beichtvater Eduards III., John Woderove, dem Ritter Richard de la Bere sowie Magister John Welwick bestanden. Vgl. Mirot/Déprez (Hrsg.), Ambassades, S. 374. 511 Premerement assentu est quod dominus Rex Angliae habebit in forma pacis omnia et singula contenta in quadam cedula, quam idem dominus Rex transmisit domino papa, et iuxta formam in eadem contenta, videlicet quod habebit totum ducatum Aquitanie seu Guyenne pro se et heredibus suis imperpetuum libere et in allodio et absque quacumque superioritate homagio seu resorto (Bock, Some New Documents, S. 91). 512 Vgl. Innocent VI, N. 465, 467; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 53–55, 92 ff. 513 Vgl. Innocent VI, N. 1019 mit Reg. Vat. 244 B, f. 1, ep. 2. 514 Siehe oben, Anm. 10. Vgl. Innocent VI, N. 336, 466; Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 731–736.

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desavouiert worden?515 Dies braucht dennoch nicht angenommen zu werden: Die Entsendung zweier in biographischer Hinsicht mit beiden Verhandlungspartnern verbundener Vermittler ist als Versuch Innozenz‘ zu begreifen, bei der Auswahl seiner Gesandten nach einem System paritätischer personaler Bindungen zu den Verhandlungspartnern zu verfahren. Es handelte sich dabei um eines der hervorstechendsten Merkmale des päpstlichen Gesandtschaftswesens während des Hundertjährigen Krieges.516 Der Plan einer Unterzeichnung des Vertrages in Avignon wiederum entsprach vollkommen der traditionellen Auffassung der Kurie, nach welcher die viae pacis nach Avignon führen sollten. Allen Widerständen zum Trotz behielt Boulogne dabei die Fäden in der Hand. Einfluss auf die diplomatischen Prozesse versuchte er durch eine Reihe von Briefen an Henry von Lancaster und den englischen König zu gewinnen.517 Boulogne arrangierte zudem das freie Geleit für die englischen Gesandten beim Papst.518 Der Bedeutung des Kardinals entsprach auch das gesteigerte Interesse am englischen Königshof an der Aufrechterhaltung des Kontaktes mit dem Purpurträger im Jahre 1353.519 Hinsichtlich der Verhandlungsnormen während der Konferenz in Guines ist nichts Näheres bekannt. Die seit den anglo-französischen Friedensverhandlungen vom 28. September 1347 als Ort der Entscheidungsfindung bekannten tentes entre Calais et Guynes finden in den Waffenstillstandsverträgen lediglich insofern eine Spezifizierung, als diese coram venerabili patre cardinali Bolonensis abgeschlossen worden waren. Inwieweit der in seinen Titulierungen selbstbewusste Kardinal seinen Status als mediatour auch mit einer entsprechenden Hofhaltung zum Ausdruck brachte, bleibt in der relevanten Urkunde offen.520 Auf englischer Seite wurde der Vertrag vom Parliament Mitte Mai 1354 ohne Kenntnis seines Inhaltes stürmisch begrüßt. Es sind sogar Anstrengungen Eduards III. zu erkennen, den Termin für die geplante Friedenskonferenz nach vorne zu verlegen.521 Dies ist kaum verwunderlich, da nach Clifford Rogers der Vertrag von Guines, wäre er ratifiziert worden, die Erfüllung der ursprünglichen Kriegsziele Eduards III. bedeutet hätte.522

515 Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 404. 516 Siehe Kapitel C) IV. 3. 517 Vgl. Perroy (Hrsg.), Quatres Lettres, S. 339–342 mit der Korrektur ihrer Datierung durch Jugie, La

diplomatie, S. 254 ff. [Annexe N. I.].

518 Vgl. Perroy (Hrsg.), Quatre Lettres, S. 341 f. [N. IV (27. Mai 1354]. 519 Boulogne wurde zwischen Juli und Dezember 1353 viermal von John Welwick in Paris besucht.

Vgl. London, PRO E 101/620/7.

520 Vgl. Paris, AN J 637, N. 9 mit der französischen Fassung der Urkunde: [P]ar devant, reverent piere

en Dieu, monsieur Guy de Boloigne, cardinal de la seinte eglise de Rome, evesque de Pors, & mediatour entre nous en ceste partie (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 1, S. 276). 521 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 133. 522 Vgl. Rogers, Anglo-French Peace Negotiations, S. 195; Sumption, Trial by Fire, S. 133–135.

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3. Der Zweite Friedensgipfel an der Kurie von Avignon (1354/55) Bei den zweiten großen Friedensverhandlungen an der Kurie von Avignon fällt in quellenkundlicher wie ereignisgeschichtlicher Hinsicht die enorme Divergenz zwischen den bestens in den päpstlichen Kammerakten sowie in der anglo-französischen Korrespondenz nachvollziehbaren, organisatorischen und diplomatischen Vorbereitungen der Gespräche523 und deren nur bruchstückhaft bekannter Ablauf auf. Aber nicht nur die Quellenlage ist enttäuschend, sondern auch das Ergebnis des Friedensgipfels war es. Das Äußerste, was Papst Innozenz VI. hatte erreichen können, war die Verlängerung des Waffenstillstands um drei Monate vom 1. April bis zum 24. Juli 1355. Nach Ablauf dieser Frist sollte König Johann eine Reihe verheerender Verwüstungen französischen Bodens erleben sowie in der Schlacht von Poitiers im Jahre 1356 seine Freiheit einbüßen.524 a) Diplomatische und organisatorische Vorbereitungen In organisatorischer Hinsicht hatte sich der Papst zusammen mit seinem Vermittler um freies Geleit für die beiden Gesandtschaften zu kümmern. Auf englischer Seite wurden diese Geleitschreiben Anfang Juni an der Kurie von Eduards Beichtvater John Woderove und Richard de la Bere erbeten.525 Am 10. Juli 1354 gewährte ihnen Innozenz VI. schließlich Geleit für eine Gesandtschaft von über 500 Reitern.526 Ende August erhielten die englischen Abgesandten, darunter Herzog Henry von Lancaster, Graf Richard von Arundel, Bischof William Bateman von Norwich, Bischofselekt Michael von London, Bartholomew Burghersh und Gui de Brian von Seiten Eduards III. eine Reihe von Beglaubigungen und Prokurationen für die geplanten Friedensgespräche.527 Darunter befand sich auch eine Vollmacht, im Namen ihres Königs auf den französischen Thron zu verzichten. Der Papst sollte den einmal geschlossenen Frieden unter Androhung von Exkommunikation und Interdikt bewahren528 und sich notfalls sogar als Schiedsrichter 523 Vgl. K.-H. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der päpstlichen Kammer unter den Päpsten Benedikt XII,

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Klemens VI. und Innocenz VI. (1335–1362) (Vatikanische Quellen zur Geschichte der päpstlichen Hof- und Finanzverwaltung 1316–1378, Band 3), Paderborn 1914, S. 549, 579, 558. Siehe Kapitel B) VI. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 39. Deren Geleit für ihre Reise war wiederum von Gui de Boulogne erbeten worden, der somit gleichwohl in Absprache mit der Kurie agierte. Vgl. Perroy (Hrsg.), Quatre Lettres, S. 341 f. [N. IV (27. Mai 1354]. Vgl. Innocent VI, N. 1019. Vgl. im Folgenden: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 283. Et, cum inter procuratores & nuncios utriusque partis sic transactum fuerit & finaliter concordatum, ut sic concordata, quantum ad nos attinet, fideliter in omnibus observentur, submittendi nos, haeredes & subditos nostros, ac terras & dominis, […], jurisdictioni dicti domini Summi Pontificis, videlicet ut ipse, per censuras ecclesiasticas, & alias viaes legitimas, ad observationes praemissorum, nos, & haeredes & subditos nostros, compellere valeat & artare, & omnia, sic concordata, auctoritate apostolica confirmare, omolgare, & quacumque firmitate vallare (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 283).

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betätigen, wenn es bei den abschließenden Verhandlungen zwischen den Abgesandten zu Unstimmigkeiten bei der Definition zu übertragender Ländereien kommen sollte.529 Die beschriebene Akzeptanz des Papstes als Schiedsrichter bei einem eventuellen Stocken der Verhandlungen sowie als Richter bei künftigen Vertragsbrüchen steht in eigenwilligem Kontrast zu der inhaltlich bereits bekannten Forderung Eduards III., wonach Innozenz VI. bei den eigentlichen Verhandlungen extra judicialiter, tanquam coram persona privata, non tanquam eorum judice, nec in forma nec figura judicii vermitteln sollte.530 Der scheinbare Widerspruch kann an dieser Stelle nicht befriedigend aufgelöst werden. Er wird uns aber bei der Interpretation des kommenden Vertrages von Brétigny (1360) erneut begegnen und dort analysiert.531 Jedenfalls zeigen die bisherigen Ausführungen, dass durchaus von einem großen Interesse der englischen Seite an einem Friedensschluss ausgegangen werden kann. Auch Geoffrey le Baker bestätigte in seiner Chronik, dass der Vertrag an sich bereits fertig und die englische Delegation nur noch pro assecuritatione tantarum convencionum [...] ad sedem apostolicam entsandt worden war.532 Die Gesandtschaft Eduards staffelte sich auf in insgesamt drei Gruppen mit unterschiedlicher Zielsetzung.533 Anders als bei den ersten Friedensgesprächen an der Kurie zehn Jahre zuvor534 stand den Gesandten ein beachtliches Arsenal an Verhandlungsfreiheiten zur Verfügung. Die Vermutung Mollats, dass die englischen Gesandten lediglich die Vollmacht besessen hätten, den Waffenstillstand zu verlängern, ist somit unzutreffend.535 Die ersten beiden Gruppen, darunter Bartholomew Burghersh, Michael Northburg, Gui de Brian und William Bateman wurden am 29. August und 4. Oktober entsandt. Nach ihrer Vereinigung an der Kurie sollten sie in Zusammenarbeit mit den Franzosen die diplomatischen Sondierungsgespräche führen.536 Dem Herzog von Lancaster und dem Grafen von Arundel war dagegen die endgültige Ratifikation des Vertrages zugedacht.537 Laut Plöger ver529 [S]i inter dictos nuncios nostros & nuncios partis alterius, super castris, terris, dominiis, & eorum

limitibus, seu finibus, quae ad nos, virtute dictae concordiae, perinere praetendentur, difficultas evenerit vel debatum, submittendi super hoc nos, & haeredes nostros, ordinationi, dicto, arbitrio, seu diffinitioni dicti domini Summi Pontificis, necnon ipsius jurisdictioni, ut ipse per censuras ecclesiasticas... (Ebd., Band III, 1, S. 284). 530 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 284. Mollat, der darin eine Distanzierung des englischen König von der Kurie sieht, verkennt die Formalhaftigkeit und Regelmäßigkeit, mit der dieser Anspruch an die Päpste während der anglo-französischen Kriege herangetragen wurde. Vgl. Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 739. 531 Siehe Kapitel B) VII. 3. 532 Vgl. Geoffrey le Baker, S. 123. 533 Vgl. im Folgenden: Fowler, King’s Lieutenant, S. 134 ff.; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 240 f. 534 Siehe Kapitel B) II. 535 Vgl. Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 797 mit Anm. 66. 536 Im Vordergrund stand die Einigung über die zu übertragenen Gebiete. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 289. 537 Henry von Lancaster hatte zu diesem Zwecke sowohl eine vertrauliche Prokuration (credence secree) als auch eine geheime Instruktionen (charge) erhalten: Erstere berechtigte den Herzog im Falle der vereinbarten Umsetzung des Vertrages von Guines auf einige der angestammten, englischen

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deutlichte diese Arbeitsteilung die Trennung zwischen den rechtlichen und zeremoniellen Aspekten der Diplomatie, welche gerade in der Auswahl gesonderten Personals zum Ausdruck komme.538 Bei der englischen Gesandtschaft, die sich schließlich auf den Weg zur Kurie machte, handelte es sich mit geschätzten 630 Mann und 602 Pferden, um „probably the largest English diplomatic mission of the mid-fourteenth century“. Die Zahl übertraf sogar die von Bernard Guillemain angegebene Höchstzahl der Kurialen engeren Sinnes zur Zeit der Päpste Innozenz‘ VI. und Urbans V.539 Den für den formvollendeten, zeremoniellen Aspekt der Gespräche verantwortlichen Anführern der englischen Gesandtschaft, Lancaster und Arundel, wurde bei ihrer Ankunft in Avignon ein festlicher Empfang bereitet.540 Päpstlichen Zeremonienbüchern des 14. Jahrhunderts zufolge stand ein solcher Aufwand einem Kaiser oder König zu.541 Der Herzog muss mit seinem Gefolge

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Erbrechte zu verzichten. Im Fall von Schwierigkeiten sollte die Schiedsgerichtsbarkeit des Papstes angerufen werden. Die credence sollte nur dann vorgezeigt werden, falls die Verhandlungen plangemäß voranschritten. Die charge gestattete Lancaster den Anspruch auf die englische Krone im Gegenzug zu den mit dem Papst vereinbarten Gebietskompensationen aufzugeben. Nach einer Benennung der zu beanspruchten Gebiete erhielten die Gesandten die Vollmacht, gegebenenfalls auf die Normandie, Cahors, Quercy und Angoulême zu verzichten, um einen bonne pees zu ermöglichen. Auch gestattete Eduard seinem Verhandlungsführer den Waffenstillstand bis zum kommenden Pfingstfest (24. Mai 1355) zu verlängern. Vgl. Bock, Some new Documents, S. 73 ff., S. 94 f. Zur Wahrnehmung der Entscheidungsbefugnisse der englischen und französischen Delegationen durch Besucher der Kurie vgl. Item ambassiatores et nuntii regis Francie et regis Angliae iam actu sunt in Romana curia pro pace inter dictos reges ordinanda. Pro parte regis Francie sunt ibidem dux de Burbun et archiepiscopus Rothomagen. cum magna potentia, et pro parte regis Anglie sunt ibidem dux Lancastrie, comes de Arundel et dominus Willelmus episcopus Norwicen. similiter cum magna potentia (Rat und Domkapitel von Hamburg um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Teil 1. Die Korrespondenz zwischen dem Hamburger Rat und seinen Vertretern an der päpstlichen Kurie in Avignon 1337–1359 (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg 9, Teil 1), hrsg. von Richard Salomon, Hamburg 1968, S. 233 [N. 239 (29. Januar 1355)]). Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 205 mit der Unterscheidung einer Verhandlungsund einer repräsentativen Gesandtschaft in: Reitemeier, Diplomatischer Alltag, S. 146. Plöger, Engand and the Avignon Popes, S. 161; Guillemain, Les Papes d’Avignon, S. 147 (Document 4); Fowler, King’s Lieutenant, S. 136 ff. Als Höchstzahl der Kurialen im engeren Sinne unter Urban V. nennt Weiß 300 Personen. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 134 unter Berufung auf A.-M. Hayez, Les fonctionnaires de la cour pontificale d‘Urbain V. (1362–1370), in: Crises et réformes dans l’église de la réforme grégorienne à la préréforme. Actes du 115e Congrès National des Sociétés Savantes, Paris 1991, S. 229–248, bes. 231 f. Le Baker schrieb, dass [Lancaster] obviaverunt multi cardinales et episcopi, qui a duobus miliaribus ipsum conduxerant ad civitatem. Diese hätten ihn schließlich vor das Konsistorium geführt. Laut dem etwa zehn Jahre nach dem Ereignis schreibenden Henry Knighton seien zwar keine Kardinäle zum Empfang erschienen, doch hätten den Herzog und sein Gefolge eine so große Menge an Bischöfen, Nobelmännern und Städtern zwei Meilen vor der Stadt eingeholt, dass der Tross nur mit Mühe die Brücke nach Avignon habe passieren können. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 123; Henry Knighton, S. 78. Vgl. B. Schimmelpfennig, Die Zeremonienbücher der römischen Kurie im Mittelalter (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Band 40), Tübingen 1973, S. 206; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 202.

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Avignon kurz nach Weihnachten erreicht haben.542 Nach einer kurzen Audienz beim Papst begab sich Lancaster in seine Unterkunft. Der Herzog wurde bezeichnenderweise ebenso wie kurz darauf der Anführer der französischen Gesandtschaft,543 Herzog Pierre de Bourbon, im Papstpalast untergebracht. „Man hat sie im Appartement des Kardinals Audoynus Alberti einquartiert, der bereits als Mitbewohner des Palastes unter Innozenz VI. namhaft gemacht worden ist. Man mag gehofft haben, dass die Unterbringung in einem gemeinsamen Quartier dem Erfolg der Verhandlungen förderlich sein werde.“544 Der Palast war für die Delegation mit roten Teppichen, Behängen aus Serge und mit Seide ausstaffiert worden. Weiß und Fowler nehmen an, dass dem Herzog von Lancaster für sein Gefolge auch noch eine zweite Unterkunft zur Verfügung stand. Die beiden Gefolgschaften der gegnerischen Verhandlungsführer wohnten über die gesamte Stadt verteilt, damit sie sich nicht in die Haare kommen konnten.545 Als eine für die englische Gesandtschaft außergewöhnliche Ehre kann die Tatsache gelten, dass Henry von Lancaster am 25. Dezember zu einem mehrtägigen Gelage im oberen Kaminzimmer (grand tinel) des Papstpalastes geladen wurde.546 Für die Anführer der englischen Gesandtschaft weniger erfreulich war der Umstand, dass sich die Franzosen wie schon beim Friedensgipfel zehn Jahre zuvor verspätet hatten. Die eigentliche Vorarbeit musste daher unerledigt bleiben. Auch lag der Bischof von Norwich, William Bateman, im Sterben. Er war ein Veteran von insgesamt acht Friedensverhandlungen in der Mark von Calais gewesen.547 Zu allem Überfluss drangen am Jahresende 1354, vielleicht aus dem Haushalt einiger französischer 542 Geoffrey le Baker berichtete, dass der Herzog in der Frühe des Weihnachtstages in die Stadt geritten

sei, doch liegt uns ein Bericht eines englischen Gesandten vom 26. Dezember vor, nach dem Lancaster und Arundel am Weihnachtsfest noch nicht die Stadt erreicht hätten. In den Kammerakten ist die Anwesenheit Lancasters dagegen bei einem Fest Innozenz‘ VI. am 25. Dezember gut bezeugt. Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter Benedikt XII., Klemens VI. und Innozenz VI., S. 558. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 123; Chaplais, English Medieval diplomatic practice Part I, Band 1, S. 297 [N. 156]. 543 Die französische Gesandtschaft bestand aus Herzog Petrus von Bourbon, Erzbischof Pierre de la Forêt von Rouen, Bischof Robert Le Coq von Laon, Kämmerer Robert de Lorris und dem Grafen Jean von Armagnac. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 47; Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 312; Sumption, Trial by Fire, S. 140. 544 Bei Audoyinus Alberti [Aubert] handelte es sich um einen weiteren Neffen Innozenz‘ VI., welcher bereits bei dessen erster Kardinalskreation berücksichtigt worden war und über entsprechende Räumlichkeiten im Papstpalast verfügte. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 185 f., 249. Stammbaum der Familie Aubert in: Guillemain, La cour pontificale, S. 160 mit Anm. 356 [Faltblatt]. 545 Vgl. Weiß, Versorgung, S. 249; Fowler, The King’s Lieutenant, S. 137. 546 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 208. Währenddessen hatten neun Männer die Küche zwei Tage lang mit Wasser zu versorgen. Vgl. Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 740 f. 547 Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 74. Der frühere apostolische Nuntius, Mitglied des englischen Kronrates, Archidiakon und spätere Bischof von Norwich wurde schließlich im Karmeliterkloster in Avignon bestattet. Henry von Lancaster und Richard von Arundel erreichten daraufhin umgehend an der Kurie die Ernennung des erst 22jährigen Thomas Percy als Nachfolger. Vgl. Anonimalle Chronicle, S. 32.

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Kardinäle, beunruhigende Nachrichten an das Ohr der englischen Gesandten. Gerüchte kamen auf, nach denen auf französischer Seite die Verantwortlichen für die Friedensverhandlungen ausgetauscht worden seien, die Franzosen nicht mehr im gleichen Maße am Frieden interessiert seien wie zuvor. Das englische Delegationsmitglied, Gérard du Puy, empfahl Eduard III. daher seine Truppen in der Gascogne kampfbereit zu machen – für alle Fälle. Eine Ratifikation des Friedensvertrages in Avignon schien nicht mehr gewährleistet zu sein.548 b) Ablauf und Ergebnis der Friedensverhandlungen Die Friedensgespräche begannen nach Ankunft der französischen Gesandtschaft Mitte Januar 1355549 und dauerten etwa einen Monat.550 Lediglich eine Handvoll Chroniken berichten über den genauen Fortgang der Diskussion.551 Auch liegt uns ein bislang kaum berücksichtigter, fragmentarischer Bericht Henrys von Lancaster und Richards von Arundel in einem Schreiben an den Bischof von Minden vor, in welchem anhand des textimmanenten Kontexts die zweiten Friedensgespräche in Avignon 1354/55 gemeint sein müssen.552 Die Darstellungen Lancasters und der narrativen Quellen sind nicht unbedingt in ihren Details, wohl aber in ihrer prinzipiellen Einschätzung des Geschehens einheitlich: Geoffrey le Baker553 zufolge wurden die Gesandten vom Papst vor ein Konsistorium geladen. Anders als bei vorangehenden Verhandlungen an der Kurie fand die Anhörung 548 Et homme parle et pense qauquns qe soi melloient du treite ne sont mie si bien de lour seignour come

il furent et qe auquns autres nont mie si grand desir de la pais come devant par cele cause (Chaplais, English Medieval Diplomatic Practice Part I, Band 1, S. 297 [N. 156] mit aufschlussreichem Regest). 549 Am 14. Januar erhielt der Papst als Geschenk der Königin Johanna eine bestimmte Menge an Webstoffen (telarum), welche von Waffenknechten überbracht wurden waren. Man wird nicht fehl gehen, darin ein Gastgeschenk der französischen Delegation zu erkennen. Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter Benedikt XII., Klemens VI. und Innozenz VI., S. 568; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 40. 550 Am 28. Februar 1355 ließ der Anführer der französischen Gesandtschaft, Herzog Pierre de Bourbon, sechs päpstliche Bedienstete sein Quartier mit Wasser und Holz versorgen. Er rechnete zu diesem Zeitpunkt also zumindest noch nicht mit einem sofortigen Aufbruch. Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter Benedikt XII., Klemens VI. und Innozenz VI., S. 579; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 39 f.; Autrand, Charles V, S. 142 ff. 551 Die Grandes Chroniques de France sind in ihrem Bericht der Jahre 1354–55 stärker auf den Konflikt des französischen Königs mit Karl von Navarra fokussiert und halten lediglich Teilnehmer und Ausgang des Friedensgipfels fest. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 37–49. Vgl. auf englischer Seite: Robert Avesbury, S. 421; Geoffrey Le Baker, S. 124 f.; Henry Knighton, S. 78; Thomas Walsingham, S. 278 mit dem wenig aussagekräftigen Chronicon Anonymi Cantuariensis, S 18. 552 Vgl. London, BL Cotton Caligula D iii., f. 93. Ediert und in den rechten Zusammenhang gerückt wurde dieses Dokument von: Chaplais, English Medieval diplomatic practice, Band 1, S. 297 f. [N. 157 a]. 553 Vgl. im Folgenden: Ipso [Innozenz VI.] et cardinalibus atque nuntiis utriusque partis presentibus [im Konsistorium] fuerunt exposite cause nunciorum; quibus auditis, Anglici pecierunt convencio-

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gemeinsam statt. Zunächst hatten beide Seiten in allgemeiner Form die Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen.554 Anschließend forderten die Engländer umgehend die Umsetzung des Vorvertrages von Guines. Die französischen Unterhändler weigerten sich daraufhin, Aquitanien und die weiteren im Vertrag genannten Gebiete den Engländern zu übertragen. Ihre Ablehnung begründeten die Franzosen mit Eiden, in denen sie geschworen hatten, den Besitz ihres Königs nicht zu veräußern.555 Sie waren lediglich dazu bereit, den Engländern das Herzogtum in derselben Lehnsabhängigkeit zu übertragen, wie sie bereits die Vorgänger Eduards III. hatten erdulden müssen. Korrekterweise interpretierte die englische Delegation die französische Forderung als eine Rückkehr zum verhängnisvollen lehnsrechtlichen Zustand, der bereits Ursache des derzeitigen Krieges gewesen war. Gui de Boulogne, dessen Friedenswerk vor der Zerstörung stand, wies auf die Bedingungen des Vertrages von Guines hin, welchen er beglaubigt hatte, und nach welchem der Gebietstransfer gleichzeitig mit der Übertragung des ressort und voller Souveränität an den englischen Königs einhergehen solle. Entweder von Seiten der engnes confirmari, dudum apud Calesiam inter seipsos et nuncios Francie ibidem presentes constitutas. Anglicis Gallici responderunt, quod libenter vellent pacem; set de Aquitannia et de prefatis comitatibus, ut dixerunt, non posset rex Francie, set nec ipsi assentirent, quod de integritate regni, ad quam rex et ipsi fuerant iurati, forent, cum omni iure quo predicto regno pertinebant, alienata; bene tamen consentirent quod utile dominium predictorum ducatus et comitatuum regi Anglie devolveretur, sicud habuerunt Aquitanniam sui antecessores, ita tamen quod regalitas regie corone Francie reservaretur. Anglici vero, considerantes quod regalitas predicta pro dilacione homagiorun et liganciarum solebat antiquos reges Anglie et Francie ad discrimina guerrarum commovere, pecierunt, pro habenda pace perpetua, quod prefata dominia forent absolute et sine condicione suo regi concessa, ut premittitur. Que peticio, quamvis nuper apud Calesiam, ut testabatur cardinalis Bononiensis, fuerat admissa et per habentes autoritatem confirmata, tamen ibi [in Avignon] fuit pertinaciter denegata. Fuit eciam responsum racioni Gallicorum de sui regis et suo iuramento, quo videlicet fuerunt obligati ad conservandam integritatem honoris regni et illi pertinencium, quod scilicet dominus papa, si eii placeret, posset pro bono pacis eos absolvere a predicto iuramento, et hoc quoad certos articulos premissos foret consulte faciendum. Attamen per papam nihil fuit innovatum neque reformatum, quod ad pacem ecclesie et regnorum notabiliter valeret (Geoffrey le Baker, S. 124 f.). 554 Dies konnte in Form einer Predigt eines geistlichen Delegationsmitgliedes erfolgen. Ähnlich einer Arenga einer Urkunde ähnelte dies der redensartlichen Begründung des eigenen Standpunktes. Vgl. den Bericht der apostolischen Nuntien Pileus von Ravenna und Guillelmus von Carpentras über die Friedensverhandlungen in Brügge 1375–1377, in: Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 10. 555 Der Eid war spätestens seit dem 10. Jhd. fester Bestandteil der französischen Krönungszeremonie geworden. Er folgte noch vor den eigentlichen Weihehandlungen und hatte 1) die Verteidigung des Glaubens, 2) die Aufrechterhaltung der kirchlichen Privilegien, 3) die Wahrung des Friedens im Volke, 4) die Achtung des Rechts, 5) Verfolgung der Häretiker und 6) spätestens seit Karl V. auch die Erhaltung der französischen Krondomäne zum Inhalt. Vgl. P. Contamine, Art. „Sacre (des rois de France)”, in: LexMA, Band 7 (1995) Sp. 1246 f. Aufgrund des zeitnahen Abfassungszeitpunktes der Chronik Geoffrey le Bakers kann die Tatsache, dass letzterer Punkt schon von Kronbeamten Johanns im Jahre 1355 vorgebracht worden war, als glaubwürdige Tatsache gelten. Vgl. Gransden (Hrsg.), Historical Writing in England, Band 1, S. 77 ff.

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lischen Gesandten oder des Kardinals wurde daraufhin der Vorschlag zur Diskussion gestellt, dass der Papst die Franzosen und ihren König von den geleisteten Eiden entbinden könne. Le Baker zufolge habe Innozenz daraufhin jedoch nichts unternommen, was dem Frieden dienlich gewesen sei.556 Trotz hoher Kosten und Aufwendungen war die Mission Boulognes und damit auch der Friedensgipfel gescheitert. Von den übrigen Chroniken wird diese Darstellungsweise weitgehend bestätigt.557 Lediglich auf eine aufschlussreiche Version soll näher eingegangen werden: Henry Knightons Darstellung der Ereignisse reduziert den Gipfel auf einen stereotypen Schlagabtausch zwischen beiden Delegationen ohne Rückbezug auf die päpstliche Diplomatie oder vorangegangene Friedensverhandlungen. Erzähltechnisch setzt Knighton558 dort ein, wo le Baker endet, nämlich bei der englischen Reaktion auf die unerwartete Veränderung des Verhandlungsgegenstands: Nachdem die Franzosen forderten, dass Eduard III. das Wappen des Königs von Frankreich fallen lassen und Johann II. für Aquitanien den Lehnseid schwören solle, konterte der Herzog von Lancaster damit, dass Eduard III. das Königreich Frankreich nach dem Rat seiner Rechtsexperten zustehe. Sein König denke gar nicht daran, zu Lebzeiten auf seine Rechte zu verzichten. Eduard werde kaum einem Manne das Homagium leisten, der ein schlechteres Anrecht auf die Krone Frankreich habe als er selbst. Nachdem die Engländer durch die demonstrative Proklamation der eigenen Rechtsansprüche ihre Bereitschaft zur Fortführung des Konfliktes demonstriert hatten, prahlten die Franzosen fol556 Die auf der Grundlage eines gewachsenen diplomatischen Gedächtnisses agierenden Engländer

mochten sich dabei an das Beispiel des Friedenskongresses von Rom (1298) erinnert haben. In dessen Rahmen löste Bonifaz VIII. mit einer Bulle die Eide der Engländer gegenüber ihrem Verbündeten, dem römischen König Adolph von Nassau, auf, keinen Frieden ohne seine Beteiligung zu schließen. Vgl. Boniface VIII, N. 2812; Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siège, S. 367. Zum Friedenskongress siehe Kapitel B) I. 3. 557 In der Quarta vita Clemens VI. [sic!] wird bestätigt, dass der, hier fälschlicherweise auf das Erste Pontifikatsjahr Innozenz‘ VI. datierte Vertrag von Guines propter defectum partis regis Franciae gebrochen wurde. Vgl. Ebd., in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 296. Vgl. ebd., S. 311, 333; Chronicon Angliae, S. 31. Dem wenig überzeugenden Bericht Robert Avesburys zufolge hätten die Franzosen beteuert, dass die englische Forderung nach einem souveränen Aquitanien der Abmachung widersprochen hätte. Vgl. Ebd., S. 421. Die Scalacronica geht irrigerweise davon aus, dass der angeblich von Lancaster ausgehandelte Vorvertrag an der Kurie ratifiziert worden sei, aber nur wenig Wirkung gezeigt habe. Vgl. Scalachronica, S. 117. Richard Lescot berichtet, korrekt, dass in Avignon der Waffenstillstand bis zum 24. Juni 1355 verlängert wurde. Vgl. Richard Lescot, S. 95. Keine weiteren Erkenntnisse bietet: Anonimalle Chronicle, S. 32. 558 Vgl. im Folgenden: Cum autem ambassiatores Franciae […] dedixerunt cunctos articulos ad quos assensum praebuerant et convenerant apud Calesiam, et sub brevi eloquio, nullam concordiam amplecti volebant nisi ad suam propriam voluntatem, et dixerunt, “Se paratos et satis potentes ad tuendam partem suam contra Anglicos cunctis diebus seculi, et sic abinvicem recesserunt.“ Nam primo petierunt Franci, quod rex Angliae omitteret arma Franciae. Item quod rex Angliae faceret homagium regi Franciae pro Vasconia. Respondit dux Lancastriae, Quod arma Franciae quae tulerat de consilio hominum suorum legiorum de Franciae non omitteret pro quoquam vivente. Item rex Angliae non faceret homagium homini de quo clamat superior esse jure hereditario ex parte matris suae. Quod si aliam viam pacis rationabilem capere vellent, rex Angliae tanquam pacis amator amplecti desiderat (Henry Knighton, S. 78).

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gerichtig damit, dass sie allzeit bereit seien, ihr Land gegen die Engländer zu verteidigen. Die beschriebene Reaktion lässt sich klar als symbolische Reaktion auf den französischen Einwurf verstanden werden. Dass Henry von Lancaster und seine Getreuen zum Abschluss eines Friedensvertrages nach Avignon gekommen waren, darüber lassen die breitgefächerten Prokurationsschreiben der englischen Gesandtschaft keinen Zweifel. Auch war gerade der Thronanspruch ursprünglich nur in negativer Weise in dem zu ratifizierenden Vertragswerk tangiert worden war und zwar in dem Sinne, dass Eduard III. auf diesen im Gegenzug zur vollen Souveränität über seinen französischen Festlandsbesitz hatte verzichten wollen. Wie hätte das Vertragswerk von französischer Seite aus besser zurückgewiesen werden können als mit der Forderung nach dem Schwur eines neuen Lehnseides? Für unsere Fragestellungen von großem Interesse ist die Rolle, welche nach zeitgenössischer Auffassung Innozenz VI. bei der Durchführung der Verhandlungen spielte. In ihrem Bericht über die Verhandlungen bestanden Henry von Lancaster und Richard von Arundel darauf, dass die nouvel, also die oben beschriebene, unerhörte Veränderung des Vertrages von Guines vom obersten Pontifex in die Verhandlungen eingebracht worden sei.559 Von englischer Seite aus wurde dem Papst also eine Mitverantwortung für das Scheitern der Verhandlungen zugesprochen. Gleichwohl gaben Lancaster und Arundel die Hauptschuld für das Nichtzustandekommen des Abkommens aber den Franzosen.560 Dies widerspricht der Darstellung le Bakers, nach welcher die französische Delegation in direkter Verhandlung mit ihrem englischen Widerpart, aber ohne eine aktive Beteiligung des Papstes die Verhandlung zu Fall gebracht hätte. Das kommunikative Gedächtnis der englischen Chronistik befand schließlich, dass die Verhandlungen zwar dolo et fraude Gallorum, aber cum conniventia Domini Papae torpediert worden seien.561 Naturgemäß neutraler konstatieren die Grandes Chroniques de France dass Innozenz VI. keinen Weg des Friedens habe finden können, auf den sich beide Könige einigen konnten.562 In der Historiographie wurde dagegen mit wenigen Ausnahmen an der Ernsthaftigkeit der englischen Friedensbeteuerungen gezweifelt.563 Dieser Lesart hat jüngst Clifford Rogers überzeugend widersprochen.564 559 [E]t la requeste faite par le pape que on traitast sur un nouvel, le quel nostre signeur le roy neust

560 561 562

563

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jamais assenti ne li signeur qui la estoient ne ausi pooir’ nen avoient (Chaplais (hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice Part I, Band 1, S. 298 [N. 157 a]). [L]e traitie de la pais estoit fallis en deffaut des Franchois, tous articles accorde et jure par le consels des ij signeurs et recorde devant le pape non obstant (Ebd., S. 298). Thomas Walsingham, S. 278. [P]our ce que le dit Pape n’avoit peu trouver voie de paix à la quelle les diz tracteurs qui estoient à Avignon […] se vousissent consentir (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 49). Auch Mollat hält dies für den wahrscheinlichsten Ablauf des Geschehens. Vgl. Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 742. Vgl. Taylor, Craig, Edward III. and the Plantagenet Claim to the French Throne, in: J. Bothwell (Hrsg.), The Age of Edward III., Woodbridge 2001, S. 155–169; Le Patourel, Edward III and the Kingdom of France, S. 53–64; Mollat, Innocent VI et les tentatives, S. 737 ff. Vgl. Rogers, Anglo-French Peace Negotiations, S. 195–198.

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c) Interpretation des Geschehens Zunächst wird aus den Darstellungen der Gespräche deutlich, dass es sich bei der zweiten Friedenskonferenz um eine trilaterale Verhandlungskonstellation handelte. Dies macht nach unseren bisherigen Erkenntnissen Sinn, weil anders als im Jahre 1344 in Avignon vom Papst keine Entscheidungsfindung betrieben wurde. Stattdessen schuf Innozenz VI. durch die Ladung der Gesandten an seinen päpstlichen Hof die passenden Rahmenbedingungen für die zeremonielle Ratifikation eines allen Beteiligten vorliegenden Vorvertrages. Die direkte Interaktion der Abgesandten, die schließlich im Falle eines Eklats die Gefahr eines hohen Ehrverlustes mit sich trug,565 spricht ebenso für eine derartige Interpretation wie die im Vergleich zu den Verhandlungen des Jahres 1344 hochkarätigeren Delegationsmitglieder.566 Innozenz VI. schwebte vermutlich eine ebenso inszenierte und liturgisierte Ratifikation dieses Vertrages vor, wie das bereits bei den Waffenstillstandsverträgen in der Kirche Sainte-Maria Madelaine im Jahre 1343 in Malestroit oder unter Innozenz’ eigener Beteiligung als Kardinal beim Abschluss des Waffenstillstandsvertrages von Calais (1347) der Fall gewesen war. Dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung, weil die Vollmachten der französischen Gesandten, welche sie ihrem König zuvor unter Eid beschworen hatten, erkennbar nicht mehr mit den Bedingungen des Vertrages von Guines (1354) übereinstimmten. Der französische König hatte sich also für den Abbruch seiner Friedenspolitik entschieden, dem der Papst und Gui de Boulogne machtlos gegenüber standen. Überhaupt hinterlassen Innozenz und sein Vermittler, sofern sie überhaupt in den Quellen bei diesem kritischen Punkt der Verhandlungen Erwähnung finden, einen eher konturlosen Eindruck.567 Weder in organisatorischer noch inhaltlicher Weise hatten sie dem Abbruch der Verhandlungen etwas entgegenzusetzen. Offensichtlich waren dem Papst und seinen Nuntien in so einem späten Stadium einer Verhandlung die Hände gebunden, wollten seine Verhandlungspartner nicht mehr nach den „Spielregeln der päpstlichen Friedenspolitik“ spielen.568 Das symbolische Kapitel zur Ratifikation eines Friedensvertrages, welches Innozenz VI. nach Abschluss des Vorvertrages von Guines (1354) noch zugestanden wurde und welches zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder die viae pacis nach Avignon bereitet hatte, musste in dem Moment wieder sinken, als der Papst dem Aufeinanderprallen der unvereinbaren Standpunkte seiner Verhandlungspartner keine diplomatischen Optionen mehr entgegen setzen konnte. Die unglückliche Wahl einer trilateralen Verhandlungsform sowie der vermutliche Verzicht auf eine Phase sondierender Vorverhandlungen wirkten sich ferner ungünstig auf das Verhandlungsergebnis des Zweiten Friedensgipfels in Avignon aus. 565 Vgl. G. Althoff; H. Keller (Hrsg.), Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen, S. 361. 566 Diese entstammten zudem dem von den Päpsten favorisierten Hochadel. Vgl. Clément VI (France),

N. 1844.

567 Vgl. die Berichte Geoffrey le Bakers und Henry Knightons (siehe Anm. 553 und 558). 568 Für Begriff und Vertiefung vgl. Althoff (Hrsg.), Spielregeln der Politik im Mittelalter.

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Das sinkende diplomatische und schließlich auch symbolische Kapital der kurialen Vermittler hatte unweigerlich eine Aufwertung der symbolischen Gestaltungshoheit der Kriegsparteien zur Folge. An der Kurie war man nicht in der Lage zu verhindern, dass die Kontrahenten das Konsistorium als Schaubühne für die demonstrative Proklamation ihrer Rechtsansprüche und Konfliktbereitschaft missbrauchten. Die tieferliegende Ursache für das Scheitern des kurialen Friedensprozesses Mitte der 1350er Jahre war jedoch weniger die päpstliche Passivität oder die handlungs- und raumtheoretische Dysfunktionalität eines politischen Milieus, sondern der Politikwechsel Johanns II. seit Frühjahr 1354. Eine Rekonstruktion der Kräfteverhältnisse, welche auf die französische Entscheidungsfindung einwirkte, kann somit über Umwege die Frage klären, weshalb Historiker die Phase der Vorbereitung der zweiten Friedensgespräche in Avignon als rätselhafteste Episode des Hundertjährigen Krieges bezeichnen. Auf diese Weise wird auch die bislang undurchsichtig gebliebene Rolle des Kardinalbischofs von Porto als Friedensstifter beleuchtet und unser Bild des politischen Milieus an der Kurie von Avignon um eine wichtige Facette erweitert.

4. Gui de Boulogne, die navarresische Intrige und die konspirative Nutzung des politischen Milieus in Avignon Zahlreiche Historiker, welche sich das Scheitern des Friedensgipfels zu erklären versuchten, haben zumeist folgendes Detail ins Bild gerückt: Kein anderer als Karl II. „der Böse“, der König von Navarra, hielt sich während der gesamten Konferenz in Avignon auf! Wir sind dem ränkeschmiedenden und mit seinem Schwiegervater König Johann II. von Frankreich verfeindeten Monarchen bereits im Februar 1354 begegnet. Nach der Ermordung Charles d’Espagnes, bei welchem es sich um den Rivalen Navarras um die Gunst am Hofe Johanns II. gehandelt hatte, war es Gui de Boulogne gelungen, die beiden Gegner auszusöhnen. Im Interesse eines anglo-französischen Friedensschlusses wurde zwischen Johann und Karl der Vertrag von Mantes (1354) abgeschlossen, welcher dem Navarresen zahlreiche Territorien verschaffte, auf die er seit längerem Anspruch erhoben hatte. Ende des Jahres hatte es inzwischen jedoch den Anschein, als wollte König Johann II. den Vertrag nicht mehr einhalten.569 Der König konfiszierte zahlreiche Güter „des Bösen“.570 Aus diesem Grund war Karl von Navarra um seine Sicherheit besorgt und nach Avignon gereist.571 Auf der Gästeliste in der Rubrik Introitus Exitus der apostolischen Kammer ist Navarra spätestens seit dem 8. Dezember in Avignon nachweisbar.572 Bei einem gemeinsamen Abendessen am gleichen Tag muss 569 Vgl. Autrand, Charles V, S. 141. 570 Darunter etwa Avranches, Pont-eau-de-met, Cherbourg, Gauray und Mortage. Vgl. M. Secousse

(Hrsg.), Mémoires pour servir a l’histoire de Charles II. Roi von Navarra et comte d’Evreux surnommé le Mauvais, Paris 1758, S. 49 f. 571 Vgl. Ebd., S. 49 f. und im Folgenden: Autrand, Charles V, S. 137 ff. 572 Vgl. Weiß, Versorgung, S. 508.

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Innozenz VI. von seinem Gast darum gebeten worden sein, sich für ihn gegenüber Johann II. als Fürsprecher zu betätigen.573 Navarra war zu dieser Zeit in dem eigens für ihn mit Möbeln und Teppichen ausgestatteten Quartier des künftigen Kämmerers der Kurie, nämlich demjenigen des Bischofs von Carcassone und eines weiteren Papstneffen, Arnaud Aubert, untergebracht. Dem Eindruck der englischen Gesandtschaftsmitglieder zufolge hatte Karl bei dieser Gelegenheit auch erneuten Umgang mit Gui de Boulogne.574 Nach der Ankunft der französischen Abgesandten verließ der König von Navarra zwar demonstrativ die Stadt, kehrte jedoch in der Nacht heimlich nach Avignon zurück. Die nächsten Wochen schmiedete er mit Henry von Lancaster ein anglo-navarresisches Komplott gegen Johann II.575 Bereits ein Jahr zuvor hatten beide den Plan gehegt, mit Hilfe englischer Truppen Frankreich mit Krieg zu überziehen. Erst der erwähnte Vertrag von Mantes hatte nach der Meinung Gui de Boulognes das Loch verstopft, auf welchem die Engländer nach Frankreich gelangen konnten.576 Im Januar 1355 ersannen Lancaster und Navarra gar einen Plan zur Teilung des Königreichs Frankreich.577 573 Vgl. Autrand, Charles V, S. 144. Dieser Bitte kam der Papst in einem Schreiben vom 12. Februar

1355 nach. In seinem Brief bat er Johann II. um freies Geleit für seinen Schwager nach Paris, wo es zu einer Versöhnung kam. Vgl. Innocent VI, N. 1374. 574 Weiß, Versorgung, S. 249. Dies war bezeichnenderweise auch der ersten Gruppe der englischen Abgesandten bewusst, welche ihren König über diesen Sachverhalt informierten. Dabei verkannten sie, dass es sich bei Arnaldus Alberti um den künftigen, nicht aber um den ehemaligen Kämmerer handelte: Et le roi de Naverre ad este a Avign’ pieca et devers le pape et les cardinals et unqore est qe le cardinal Boloigne et celui qe fut chamberlain autresi (Chaplais, English Medieval Diplomatic Practice Part I, Band 1, S. 297 [N. 156]). 575 Dies geht aus einem Verhör des im Jahre 1355 gefangenen Anhänger Navarras, Friquet de Fricamps, hervor, welcher behauptete, dass Navarra mit acht maßgeblichen Personen nach Avignon ins Haus des Kardinals von Arras gekommen sei. Tatsächlich handelte es sich bei dem zweiten Kardinal jedoch um den aus der Diözese Vienne stammenden Kardinalbischof von Ostia, Pierre Bertrand de Colombier. Vgl. Secousse (Hrsg.), Mémoires, S. 50–52 (der Verweis Secousses auf die Ordonnances des Rois, Band 3, S. 212 auf Seite 52 ergibt chronologisch keinen Sinn). Über Kardinal Pierre Bertrand de Colombier vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 483–85; Duchesne, Histoire des cardinaux françaises, S. 525. 576 Stilgerecht antwortete ihm darauf der Herzog, dass eine Maus, welche kein anderes Loch zu finden verstünde, ernsthafte Schwierigkeiten bekomme. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 360 f. 577 Lancaster und Navarra hatten geplant, sich im Falle einer Ratifikation des Bündnisses durch Eduard III. in ihre Königreiche zu begeben, eine Armee aufzustellen und gemeinsam im Sommer 1355 eine Invasion der Normandie zu beginnen. An deren Ende sollten die Einnahme von Paris und die Krönung Eduards III. als König von Frankreich in Reims stehen. Vermutlich bei dieser Gelegenheit entstand ein vom Bischofselekten von London, Michael Northburg, aufgezeichneter Geheimplan, in welchem folgende Aufteilung des Königreichs Frankreichs beschlossen wurde: Der darin als cadet bezeichnete Karl von Navarra und der als l’aîne umschriebene Eduard III. verabredeten darin, dass Navarra die Normandie, das Brie, die Champagne, der Großteil der Languedoc sowie 100.000 Ecu d’or erhalten solle. Das Dokument, dessen exakte Datierung umstritten ist, wurde ediert in: Delanchenal, Premières Négociations, S. 280–82. Vgl. Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 74 FN 75; Sumption, Trial by Fire, S. 141; Jugie, L’activité diplomatique, S. 123.

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Die Verhandlungen fanden ausgerechnet in den Gemächern der in enger Beziehung zueinander stehenden Kardinäle Pierre Bertrand de Columbiers und Gui de Boulognes statt.578 Da sich der Palast (livrée) Pierre Bertrands zur fraglichen Zeit im Westen bzw. Nordwesten von Villeneuve-les-Avignon befand, Gui de Boulogne in diesem Jahr aber in Avignon im livrée Annibaldo Ceccanos, dem heutigen Stadtarchiv, residierte, werden die Verhandlungen nicht allzu diskret vonstattengegangen sein.579 Kenneth Fowler mutmaßte sogar einen gezielten Akt der Provokation von Seiten des Kardinals.580 Die ebenso kreative wie konspirative Nutzung des politischen Milieus durch Lancaster und Boulogne zur Durchführung von Friedensverhandlungen auf der einen Seite und zum Abschluss eines Angriffspaktes auf der anderen konnte sich Guillaume Mollat dagegen schwerlich anders als mit der grundsätzlichen Unaufrichtigkeit des englischen Königs und seiner Gesandten erklären. Mollats Argumentation folgend wären die englischen Gesandten im Grunde nur deshalb nach Avignon gekommen, um die Friedensverhandlungen als eine Art Ablenkungsmanöver zur Vertuschung des besagten Teilungspaktes zu missbrauchen.581 Einer Variante der Chronik Geoffrey le Bakers zufolge habe Navarra dabei Lancaster in Vertretung Eduards III. in Avignon den Treueid geleistet.582 Auch 578 Et fu depuis par quinze jours tant en l’ostel du cardinal d’Ostie comme en celui du cardinal de Bo-

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logne, parlant et conseillant toutes les nuicts avec ledit duc de Lencastre que tant que demoura pour ceste cause (Vitae Paparum Avenionensium, Band 2 (Notae ad Vitas), Paris 1927, S. 381, basierend auf den Verhöraussagen des Navarra-Anhängers Friquet de Fricamps). Pierre Bertrand hatte einen Trakt das ‚montaut‘ genannten Gebäudes im Westen Villeneuve-lesAvignons von seinem gleichnamigen kardinalizischen Vetter geerbt. Vgl. H. Aliquot, Les livres cardinalices de Villeneuve-les-Avignon, in: Genèse et débuts du Grand Schisme d‘occident. Colloques internationaux du C. N. R. S. No. 586. Avignon 25–28 septembre 1978, Paris 1980, S. 397–408 (inklusive Kartenskizze des Autors auf S. 399). Gui de Boulogne ist erst 1356 in Villeneuve nachweisbar. Vgl. Jugie, Le cardinal Gui de Boulogne (1348–1373), Band 2, S. 22–29 (inklusive Photo des Autors). Zur Zeit des Friedensgipfels wohnte er aber im Livrée de Ceccano bzw. de La Vergne, dem Palast des vier Jahre zuvor verstorbenen Kardinals Annibaldo Ceccano südwestlich der Kirche Saint-Didier. 1361 wohnte er erneut in Avignon, diesmal im Livrée d’Amiens, 1372 dann im Livrée de Giffon. Vgl. M. Dykmans, Les palais cardinalices d‘Avignon, in: Mélanges de l‘Ècole Francaise de Rome. Moyen Âge (1971) S. 389–438, 406 f., 409 f.; P. Pansier, Les palais cardinalices d‘Avignon aux xive et xve siècles 1926–1933, Band 1, S 129–134. Neuester Überblick über die Kardinalspaläste in Avignon und Umgebung: A.-M. Hayez, Les livrées cardinalices de la période pontificale, in: Mémoires de l’academie de vaucluse, 1–3 (1992–94) S. 92–130, 15–57, 33–89. Übersichtsplan in Avignon mit Verzeichnis sämtlicher Livrées, in: Guillemain, La cour pontifical, Karte 2 (im Anhang). Zur Topographie der Kardinalspaläste zur Zeit Urbans V. vgl. A.-M. Hayez (Hrsg.), Le terrier avignonnais de l’évêque Anglic Grimoard (1366–1368) (Collection de Documents Inédits sur l’Historie de France Section d’Historie Médiévale et de Philologie, Band 21), Paris 1993, Karte 4 im Anhang. „Fearing that the French would refuse to ratify it [den Vertrag von Guines], the cardinal tried to push them into it by allowing Charles and Lancaster to hold ostentatious secrecy in his rooms“ (Fowler, King’s Lieutenant, S.143). Vgl. Mollat, Innocent VI, S. 737, 741. Delachenal vermutet, dass der Chronist aus Swynbrook dabei das Ereignis von 1355 auf den Jahresbeginn 1354 übertrug. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 1, S. 90 mit FN 2.

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Roland Delachenal sah in der Geheimdiplomatie zwischen Lancaster und Navarra einen wichtigen Grund für das Scheitern des Friedenskongresses.583 Auf eine komplexere, prosopographische Art und Weise versuchte sich Raymond Cazelles in seiner großen Sozialstudie über die Regierungszeit Johanns II. das Geschehen zu erklären: Für ihn stand klar der Kardinalbischof von Porto im Zentrum des Geschehens. Nach Cazelles Erklärungsmodell habe der Kardinal nach seiner Ankunft in Paris im Jahre 1352 den Anschluss an eine, sich just zu dieser Zeit formierende, nordfranzösische Interessensfraktion rund um Karl von Navarra gefunden. Diese habe systematisch den französischen Kronrat unterwandert („noyautage de conseil“).584 Nachdem die navarresischen Parteigänger zunächst in ihren Ambitionen durch den nicht minder netzwerkfähigen, aber königstreuen Charles d’Espagne gehindert worden wären,585 hätten sie die Ermordung des verhassten Konnetables und Erzfeindes des Königs von Navarras in die Wege geleitet. Anschließend verfolgten sie alternierend ein Bündnis mit den Engländern oder eine Versöhnung Karls mit Johann II. zu für Navarra günstigen Konditionen.586 Endziel der Intriganten sei in jedem Fall die Errichtung einer durch gemeinsame, wirtschaftliche wie militärische Interessen verbundenen Gemeinschaft maritimer Territorien im Norden und Westen Frankreichs gewesen („communauté des pays de l’ouest“). Diese sollte sich von Flandern über die englische Mark Calais, die Normandie, die Bretagne, das Herzogtum Aquitanien bis hin zum Königreich Navarra erstrecken.587 Den Beweis für die systematische Verfolgung dieses Zieles sah Cazelles in den Verträgen von Mantes und Guines im Jahre 1354 gegeben, welche der anglonavarresischen Fraktion einen Großteil der genannten Gebiete zur Verfügung gestellt hätten. Die Tatsache, dass sich die französischen Delegationen bei beiden Verhandlungen aus einer homogenen Personengruppe aus Sympathisanten Navarras’ unter maßgeblicher Beteiligung Boulognes zusammengesetzt hätten, spräche ebenso für die Umsetzung eines derartigen Planes wie die Tatsache, dass Entscheidungen und königliche Schrieben Johanns II. unter dem Einfluss der Navarresischen Partei bewusst blockiert und verzögert worden seien.588 Erst die Versöhnung des französischen Königs mit zwei ehemaligen Verbündeten Navarras hätte ihm das ganze Ausmaß der Verschwörung klar583 Vgl. Ebd., Band 1, S. 88–93. 584 Cazelles rechnet zu dieser Gruppe Bischof Robert le Coq von Laon, den künftigen Großkämmerer

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und Bischof von Paris, Jean de Meulan, Kämmerer Robert de Lorris, den Herren Amaury de Meulan von Neubourg, Bischof Guillaume Bertran von Beauvais, Abt Hugue de Ver von Corbie, den Befehlshaber der frz. Truppen im Artois, Geoffrey de Charny, Guillaume de Melun und die Picardischen Adeligen Jean de Picquigny und Simon le Maire. Vgl. Cazelles, Société politique (Jean II et Charles V), S. 149 ff., 160 ff.; Sumption, Trial by Fire, S. 109. Kritisch dagegen: Autrand, Charles V, S. 106. Vgl. Cazelles, Société politique (Jean II et Charles V), S. 164 ff.; Autrand, Charles V, S. 109–111, 118–124. Vgl. Cazelles, Société politique (Jean II et Charles V), S. 157 ff. Vgl. Ebd., S. 163 ff. Vgl. Cazelles, Société politique (Jean II et Charles V), S. 162.

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gemacht.589 Die stabilisierende Rolle von Reformern im französischen Kronrat von Prälatenrang590 sowie die militärischen Erfolge des Lieutenants der Languedoc, Jean d’Armagnac,591 habe Johann II. den nötigen Rückhalt zu einem Befreiungsschlag gegeben. Die Intrige sei zerschmettert und die Urheber des Komplotts, darunter neben Gui de Boulogne auch Robert de Lorris und Robert le Coq, seien vom Hof des Königs vertrieben worden.592 Johann II. habe sich nun auch stark genug gefühlt, den Vertrag von Guines auf die beschriebene Weise in Avignon widerrufen und den Krieg gegen die Engländer und Karl von Navarra wieder aufnehmen zu können. Tatsächlich bestätigt Pierre Jugie das Ausmaß der engen personellen Verstrickung des Kardinals mit den Parteigängern Navarras.593 Im Jahre 1353 zogen sich regelrechte Maschen eines navarresischen Netzes um den Kardinalbischof zusammen.594 Dennoch verweist Jugie und nach ihm Françoise Autrand auf die gleichzeitige Verbundenheit des Kardinals mit den Interessen Frankreichs und auf Boulognes Ringen um einen endgültigen Friedensschluss.595 Es kann nach Jugie und Sumption von dem geschärften Bewusstsein des Kardinals für die Tatsache ausgegangen werden, dass ein Frieden nur zu einem hohen Preis, nämlich einer Aufteilung des französischen Kronbesitzes in Zonen getrennter französischer und englischer Souveränität erkauft werden konnte. Dies war ein Preis, den der Kardinal einzugehen bereit war.596 Auch der zitierte Hinweis Guis nach Abschluss des Vertrages von Mantes in einem Brief an Henry von Lancaster, in welchem er den Herzog selbstbewusst von dem Scheitern seines Militärbündnisses mit 589 Dabei handelte es sich um die Brüder Jean und Louis Harcourt, von denen ersterer, Graf Jean, im-

merhin an der Ermordung Charles d’Espaignes beteiligt gewesen war. Vgl. Ebd., S. 165 f.

590 Guillaume Melun, Guillaume Betran und Jean de Meulan waren zwar ursprünglich navarresische

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Parteigänger, hätten sich jedoch dem Teilungsplan des Königreich Frankreichs verweigert und im Kronrat Johanns II. einen Umschwung herbeiführt. Vgl. Ebd., S. 166. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 136 ff. Vgl. Ebd., S. 166 ff. Was die Bindungen des Kardinals zu den Parteigängern Navarras anbelangt, so gehörten zu den Familiaren Boulognes in Paris die Söhne des Admirals Hue Quierét, Gui und Henri, welche zusammen mit Jean de Picquigny im Jahre 1357 für die Befreiung Karl von Navarras aus der Kerkerhaft verantwortlich gewesen waren. Boulogne war teils in verwandtschaftlicher, teils in politischer Bindung mit den Bischöfen Jean de Craon von Mantes, Raymond Saquet von Thérouanne und Robert le Coq von Laon liiert. Von den Familiaren Boulognes war dessen Auditor und Begleiter auf vielen Legationen, Pierre Ameilh, besonders mit Navarra sowie Robert de Lorris vertraut. Auch der in hohem Maße für den späteren Ausbruch des Großen Abendländischen Schisma mitverantwortliche Jean de la Grange zählte in den 1350er und 1360er zu den Parteigängern Karl von Navarras. Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 109–115. Vgl. Ebd., S. 114. Autrand verweist im Gegenteil darauf, dass der Vorvertrag von Guines nichts als ein Konzept dargestellt habe und der Kardinal seinem König mehr als ein Jahr Zeit zur Rüstung verschafft habe. Vgl. Autrand, Charles V, S. 140. Dies widerspricht freilich Jugies Charakterisierung Boulognes als unbedingten Friedensstifter. Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 123. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 112; Autrand, Charles V, S. 149; Jugie, L’activité diplomatique, S. 123 f.; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 83.

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dem König von Navarra informierte, sprechen gegen eine eindeutige Komplizen- oder gar Urheberschaft Boulognes an einem „diabolischen Plan“ zur Teilung des Königreichs Frankreich.597 Weder gibt es ausreichende Belege, um eine effektive Behinderung der Amtsführung Johanns II. durch eine navarresische Hofpartei annehmen zu müssen, noch um eine regelrechte Flucht Gui de Boulognes vor der „reprise en main“ des französischen Königs nachweisen zu können.598 Es ist eher davon auszugehen, dass die Verträge von Mantes und Guines durchaus mit Zustimmung Johanns II. erfolgten. Obendrein hätte der König wohl kaum für die anglo-französischen Friedensverhandlungen Personen ausgewählt, von denen er den dringenden Verdacht haben musste, dass sie schon einmal gegen ihn gearbeitet hatten.599 Dies erklärt freilich noch nicht, weshalb der Kardinal parallel zu den Friedensverhandlungen ausgerechnet den Herzog von Lancaster und Karl von Navarra in seinem Hause beherbergte, von denen er schließlich wusste, dass sie sich schon einmal gegen Frankreich verschworen hatten! Nach allem, was wir über Gui de Boulogne wissen, kann eine konspirative Hintertreibung seiner eigenen Friedensgespräche zum Zwecke eines Militärbündnisses, also eine regelrechte „reniement de son passe“600 ausgeschlossen werden. Nicht einmal Cazelles schien Gui de Boulogne so recht die Partizipation an dem geheimen Pakt zwischen Navarra und Lancasters zur gewaltsamen Zerschlagung Frankreichs zuzutrauen.601 Schließlich stellten die Verhandlungen des Jahres 1355 den Höhepunkt seiner mehrjährigen Bemühungen als mediatour dar. Auch Kardinal Pierre Bertrand, in dessen Haus gleichfalls konferiert wurde, kommt als Verräter am Hause Valois kaum in Frage.602 Es steht zu vermuten, dass die Gespräche der beiden mit Boulogne schließ597 Für den Begriff vgl. Autrand, Les artisans de la paix, S. 331. Der von Cazelles unterstellte Plan spie-

gelt sich zudem nicht in der Korrespondenz des Kardinals mit Herzog Henry von Lancaster wider. Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 118 f.; Autrand, Charles V, S. 147. 598 Vgl. Cazelles, La société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 183 mit Jugie, L’activité diplomatique, S. 118, 120 f. 599 Vgl. Jugie, L’activité diplomatique, S. 118. 600 Vgl. G. Mollat, Art. „Gui de Boulogne“, in: Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques, Band 10 (1938) Sp. 101–106, hier: 104. 601 Vgl. Cazelles, Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 168. 602 Der am 26. Februar 1344 zum Kardinalpresbyter von St. Susanna promovierte Kardinal Pierre Bertrand (junior) de Colombier konnte auf eine lange Karriere als „Kleriker und Ratgeber“ Philipps VI. zurückblicken. Im Mai 1353 erhielt er von Johann II. Ländereien in der heutigen Ardèche im Wert von 50 livres tournois quod carissimus & fidelis amicus nostri, Petrus Bertrandus dominus de Columberio Ostiensis & Velletrensis Episcopus Cardinalis in nostre agendere promocione & directione in curia sedis appostolice hactenus fecit & impendit, ac facere fideliter & impendere non desistit (Paris, AN JJ 82, f. 71 f.). Vgl. AN, JJ 81, fol. 432v (mit bestem Dank an Pierre Jugie). Nachdem Pierre Bertrand im selben Jahr zum Kardinalbischof von Ostia promoviert worden war, krönte er schließlich im Jahre 1355 als apostolischer Nuntius Kaiser Karl IV. in Rom. Vgl. R. Salomon (Hrsg.), Johannes Porta de Annoniaco. Liber de coronatione Karoli IV. imperatoris (MGH SS rer Germ. 35), Hannover/Leipzig 1913. Zudem fungierte er „seit 1356 als Führer der päpstlichen Truppen im Kampf gegen marodierende Söldnerbanden im Gebiet um Avignon“ (Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 483).

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lich eng verwandten bzw. vertrauten Hochadeligen Lancaster und Navarra zunächst zum Zwecke eines Separatfriedens begonnen wurden. Dies kann aus dem Hintergrund der beiden Kardinäle geschlossen werden. Ein solches Bündnis, so mochten alle Beteiligten gehofft haben, hätte nach der Ratifikation des Vertrages von Guines nachträglich in den endgültigen Friedensvertrag integriert werden können.603 Dem ehrgeizigen Kardinal wäre es somit gelungen, alle Brand- und Krisenherde der letzten Jahre in einem Zuge zu beseitigen.604 Erst die Weigerung der französischen Delegation in Avignon, den Vorvertrag von Guines zu bestätigen, mögen zu einer Radikalisierung der Gespräche zwischen Lancaster und Navarra und zu einem neuen Angriffspakt gegen den König von Frankreich geführt haben.605 Ein Angriffspakt freilich, welcher nach der Aussage des im Jahre 1356 gefangengenommenen Anhängers Navarras, Friquet de Fricamps, lediglich dazu gedient habe, gegenüber Johann II. eine Drohkulisse aufzubauen, welche schließlich der erneuten Versöhnung der beiden Könige und der endgültigen Übertragung der von Navarra ersehnten Ländereien habe weichen sollen!606 Am 10. September des Jahres 1355 kam es anlässlich des Vertrages von Valognes tatsächlich zu einer solchen Annäherung von Schwiegervater- und Sohn.607 Inwieweit der Kardinal diesen Lauf der Dinge vorausgesehen hatte, er vielleicht sogar selbst mit Navarra diesen Hintergedanken gehegt hatte, muss an dieser Stelle offen bleiben. Was Innozenz VI. anbelangt, so stand dieser in der Historiographie meist im Schatten seines schillernden Kardinals. Mary Hennigan urteilte über die Verhandlungen 1354– 55, dass „[w]ithin the tangled web of negotiations, the capricious activities of Gui de Boulogne presumably contributed to the failure of Pope Innocent VI to realise a treaty 603 Zu einer Interpretation, nach welcher Boulogne die in „ostentatious secrecy“ miteinander taktieren-

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den Verschwörer als Druckmittel gegenüber dem sich einem Friedensschluss verweigernden Johann II. habe verwenden wollen vgl. Fowler, The King’s Lieutenant, S. 143 f. Dies muss keineswegs als utopisch eingeschätzt werden. Schließlich erfolgte am 10. September des kommenden Jahres mit dem Vertrag von Valognes (1355) ein weiterer Friedensschluss zwischen Johann II. und Karl von Navarra, bei dessen Vorbereitung auf Navarresischer Seite immer wieder Gui de Boulogne als ‚Kronzeuge‘ mit ins Spiel gebracht wurde. Vgl. Paris, BN ms. fr. N. 2876 f. 158–165 v. Im Jahre 1360 nach Abschluss des Vertrages von Brétigny (1360) bemühte sich schließlich Karl von Navarra erfolgreich darum, nachträglich noch in den größten Friedensschluss des Hundertjährigen Krieges im 14. Jahrhundert integriert zu werden. Es überrascht kaum, dass sich für die Navarresische Seite ausgerechnet Henry von Lancaster als moyen betätigte. Vgl. Paris, BN ms. fr. N. 16956 f. 147 f. In mittelfristiger Sicht sollte sich das Bündnis freilich als genauso brüchig erweisen, wie das, welches Lancaster und Navarra im Januar 1354 geschlossen hatten. Der König von Navarra schreckte abermals nicht davor zurück, die Allianz mit Eduard III. in dem Moment zu annullieren, wie sich die Chancen für eine weitere Versöhnung mit Johann II. als günstig erwiesen. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 160–68. Vgl. Autrand, Charles V, S. 144 f., 164; Secousse (Hrsg.), Mémoires, S. 50 ff. Im September 1355 wurde unter der erneuten Vermittlung der beiden Königinnenwitwen, Johanna und Blanca, der Friedensvertrag von Valognes abgeschlossen, welcher das anglo-navarresische Bündnis zerschlug. Für den Vertrag von Valognes vgl. Paris, AN K 166 b, Dossier 5, N. 11; Bordonove, Jean II le Bon, S. 141 ff.; Sumption, Trial by Fire, S. 166–168.

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of peace.“608 Zumindest hinsichtlich der französisch-navarresischen Verhandlungen erkennt die Autorin jedoch ein eigenes Profil des Papstes an. Im Frühjahr 1354 sei eine direkte Beteiligung Innozenz’ an den Friedensbemühungen seines Kardinals zwischen Johann II. und Karl von Navarra jedenfalls nicht zu erkennen.609 Dem Plan der Spaltung Frankreichs setzte der Papst im Frühjahr 1354 eine Politik der Rekonziliation und Eintracht entgegen.610 Aus den bekannten Versöhnungsbemühungen Innozenz‘ VI. zwischen Johann II. und Navarra im Jahre 1355 kann jedoch geschlossen werden, dass sich Boulognes Aktivitäten in prinzipiellem Übereinklang mit der Kurie befanden.611

Zusammenfassung Wie immer man die zweiten Friedensgespräche an der Avignonesischen Kurie auch bewerten mag: Den Wirren der Jahre 1354–55 kommt nach der Meinung Autrands zweifellos das Verdienst zu, einmal mehr die Aufmerksamkeit auf die Kurie von Avignon als „le centre de décision capital pour les relationes internationales“ gerichtet zu haben.612 Damit ist Autrand nur einen kleinen Schritt von einer Interpretation Avignons als politisches Milieu entfernt. Gui de Boulogne nutzte dieses im Januar 1355 auf vielfältige Weise zur Verwirklichung seiner Pläne. Dabei konnte er jedoch nicht verhindern, dass sich die Fäden seiner seit längerem gesponnenen diplomatischen Aktivitäten auf derart ungünstige Weise miteinander zu verstricken begannen, dass sie sich schließlich gegen seine ursprüngliche Absicht eines umfassenden Friedensschlusses richteten. Das Milieu war zu komplex geworden, als dass es seine Angehörigen und Nutznießer noch jederzeit hätten kontrollieren können.

608 Vgl. Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 106. 609 Vgl. Ebd., S. 83 f., 106. 610 Vgl. Innocent VI, N. 788–789; Autrand, Charles V, S. 149; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon

Popes, S. 84 ff. Von einer naiven Vorgehensweise des Papstes braucht dabei nach der Meinung Autrands nicht ausgegangen zu werden. Durch den Appell an das Seelenheil der Entzweiten nahm der Papst vielmehr die Kontrahenten moralisch und theologisch in die Pflicht und konnte so bei einem Scheitern des Friedensprozesses eine Eigenschuld überzeugend von sich weisen. Vgl. Autrand, Les artisans de paix, S. 321 f. 611 Vgl. Innocent VI, N. 1159, 1236, 1374–75. 612 Autrand, Charles V, S. 147.

Poitiers (1356): Die Intervention Talleyrands de Périgord

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VI. Poitiers (1356): Die Vermittlung Talleyrands de Périgord im Spiegel der zeitgenössischen Chronistik 1.

Einführung: Poitiers, 18. September 1356

Der Kampf schien unausweichlich, als sich die etwa 7000 Mann starke anglo-gascognische Streitmacht des englischen Thronfolgers Eduard, der als ‚Schwarzer Prinz’ in die Geschichtsbücher eingehen sollte,613 im Morgengrauen des 18. Septembers 1356 auf den 10 Kilometer langen Marsch nach Poitiers begab. Seit einigen Tagen hatte sich Eduards Verdacht zur Gewissheit bestätigt: Die zahlenmäßig bei weitem überlegene Armee des französischen Königs, welche ihm seit seinem Aufbruch von Tours am 8. September auf den Fersen gewesen war, erwartete ihn dort.614 Johann II. war fest dazu entschlossen, sich zum Kampf zu stellen und den Plünderungszug des Prinzen zu stoppen.615 Eduard musste befürchten, dass ihm der Rückweg nach Bordeaux abgeschnitten würde.616 Gleichwohl ließ er kein Bemühen erkennen, die drohende Schlacht zu vermeiden, sondern marschierte durch das Tal des Flusses Miosson zügig nach Poitiers.617 Schon während des Anmarsches hatten seine Späher die Stellung des französischen Heeres auf dem Feld zwischen der Stadt Poitiers und der Ortschaft Savigny-Lescaut entdeckt.618 Mit seinem Aufgebot von 8000 bewaffneten Reitern und 3000 Mann Fuß613 Für einen kurzen biographischen Überblick über Prinz Eduard vgl. M. Jones, Art. „Eduard,

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Prince of Wales“, in: LexMA, Band 3 (1986) Sp. 1592–93. Die biographischen wie ökonomischen Hintergründe von Eduards Feldzügen in Frankreich und Spanien nahm Fryde, Les „chevauchées“ du Prince Noir (1330–1376), S. 48–57 in den Blick. Das biographische Standardwerk ist Barber, Edward, Prince of Wales and Aquitaine geblieben. Der jüngste Beitrag von David Green untersucht stärker geopolitische und kulturgeschichtliche Aspekte der Zeit des Prinzen. Vgl. D. Green, Edward the Black Prince. Power in Medieval Europe, Harlow 2007, S. 9–18 (Kurzbiographie des Prinzen). Vgl. Letter of the Black Prince to the Mayor and citizens of London, 22 October 1356, in: H. T. Riley, Memorials of London Life in the XIIIth, XIVth, XVth Centuries, London 1868, S. 287 f. [künftig: “Letter of the Black Prince”]. Moderne Übertragung in: R. W. Barber (Hrsg.), The life and campaigns of the Black Prince. From contemporary letters, diaries and chronicles. Including Chandos Herald’s Life of the Black Prince, Woodbridge 1997, S. 57–59. Dies hatte der französische König dem Chronisten Jean Froissart zufolge, in Gegenwart seiner Männer mit einem Eide versichert. Vgl. Rogers, War, S. 366; Froissart (BN, A/B SHF), S. 383. Vgl. Rogers, War, S. 366. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 233; H. Denifle, La guerre de Cent Ans et la désolation des églises, monastères & hôpitaux en France [künftig: „La guerre de Cent Ans“], Band 2, Teil 1, Paris 1899, S. 124. Für traditionelle Interpretationen, nach denen Eduard die Schlacht durch einen strategischen Rückzug habe vermeiden wollen, vgl. H. J. Hewitt, The Black Prince‘s Expedition of 1355–1357, Manchester 1958, S. 110; J. S. J. Moisant, Le Prince Noir en Aquitaine. 1355–1356 - 1362–1370, Paris 1894, S. 53. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 235.

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truppen war Johanns Armee der des Prinzen bei weitem überlegen.619 Die französische Armee befand sich bereits in Schlachtaufstellung, welche aus drei Reihen mit jeweils zwei Flügeln bestand.620 Unverzüglich befahl auch Prinz Eduard seinen Reitern gemäß der traditionellen englischen Kampftaktik abzusitzen.621 Die Earls von Warwick und Oxford übernahmen die Vorhut, der Prinz von Wales führte die zweite Heeresabteilung, während die Earls von Suffolk und Salesbury eine dritte Schlachtreihe bildeten.622 An den Flanken postierten sich wie bereits bei früheren englischen Schlachterfolgen in Schottland und Frankreich die gefürchteten englischen Bogenschützen.623 In der Tat war die Position der Engländer taktisch klug gewählt: Ihre Front wurde durch dichte Dornenhecken und verstreute Böschungen und Weinstöcke geschützt. Im Rücken der Armee bot ein Waldstück in der Nähe der Abtei Nouaillé Schutz vor einem Hinterhalt. Für den Notfall standen ausgebaute Wege und eine Furt über den Fluss Moisson als Rückzugsmöglichkeit zur Verfügung. Auch König Johann II. war inzwischen über die Ankunft des Prinzen informiert. Ein Aufklärungstrupp des Oberbefehlshabers der Mark Flandern, Eustache de Ribbemont, schätzte trotz Skepsis über die Unzugänglichkeit des Geländes die Chancen für einen Angriff auf die englische Stellung als insgesamt günstig ein.624 In den Reihen der Engländer begann sich Unruhe auszubreiten. Manche bedauerten, so viele Bewaffnete zur Verteidigung Aquitaniens zurückgelassen zu haben.625 Viele unter ihnen litten an Hunger oder Durst.626 In diesen Augenblicken der Siegesgewissheit und Verzweiflung, der Todesverachtung und der Furcht ritt in vollem Galopp der Kardinalpriester von St. Petri ad Vincula, Élie Talleyrand de Périgord627 mit einem 619 Rogers, War, S. 377 mit FN 150 stützt sich dabei auf den Brief Bartholomew Burghershs sowie eng-

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lische Chroniken wie La Vie du prince noir von Chandos Herold, welcher Zugang zu französischen Musterlisten gehabt hatte. Vgl. im Folgenden: Sumption, Trial by Fire, S. 237 f.; Rogers, War, S. 376 mit abweichenden Details. Vgl. Green, Edward the Black Prince, S. 39–45; Rogers, War, S. 42, 68, 169 f., 266 f.; C. J. Rogers, Edward III and the Dialectics of Strategy, 1327–1360, in: Ders (Hrsg.), The Wars of Edward III., S. 265–283. Rogers, War, S. 367. Ebd., S. 377; Sumption, Trial by Fire, S. 235. Der Chronist machte freilich deutlich, dass der König keine andere Einschätzung habe hören wollen. William Douglas, ein Veteran der Schottlandkriege, riet zu einem Angriff zu Fuß. Auf diese Weise sollte den englischen Bogenschützen ein kleineres Ziel geboten werden. Gleichzeitig war geplant, die Stellungen der gefürchteten englischen Langbögen durch gezielte Attacken der Marschälle Audrehem und Clermont niederzureiten. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 100 f.; Sumption, Trial by Fire, S. 238. Vgl. Ebd., S. 225. Vgl. Rogers, War, S. 372; Sumption, Trial by Fire, S. 238; Hewitt, The Black Prince‘s Expedition, S. 111; Barber, Edward, Prince of Wales, S. 138. Einzige Biographie des Kardinals, welcher zu den einflussreichsten Mitgliedern des Kardinalskollegs seiner Zeit gehörte, ist: Zacour. Talleyrand, S. 7 f. (Jugend und geistliche Erziehung), 10 f. (Aufnahme in das Kardinalskolleg), 45 f. (Ernennung als päpstlicher Nuntius im Jahre 1356), 51–53 (Friedensvermittlung bei Poitiers). Biographische Überblicke: Lützelschwab, Flectat Cardinales,

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großen Gefolge zwischen die Reihen.628 Er war fest dazu entschlossen, das drohende Blutvergießen zu verhindern.

Von Fakten zu Interpretationen: Der Sinn einer Anatomie eines Fehlschlages Die Friedensvermittlung im Vorfeld der Kampagne des Schwarzen Prinzen629 stellte die größte Herausforderung der päpstlichen Diplomatie nach dem Scheitern dem Zweiten Friedensgipfel von Avignon im Vorjahr dar. Insbesondere die Konfliktintervention Talleyrands de Périgord bei Poitiers fand große Aufmerksamkeit bei Chronisten und Historikern gleichermaßen.630 Der Ausgang der Vermittlung ist bekannt: Der Kardinal scheiterte, die darauf stattfindende Schlacht von Poitiers gilt mehr noch als die Schlacht von Crécy zehn Jahre zuvor als die „wohl schwerste Niederlage Frankreichs im Hundertjährigen Krieg“.631 Trotz einer gewissen Lernfähigkeit der diesmal besser gepanzerten französischen Ritterschaft, der die bei Crécy noch schlachtentscheidenden englischen Bogenschützen632 zunächst keinen großen Schaden zufügen konnten, hatte die französische Ritterschaft abermals schwerste Verluste zu beklagen. Die gravierendste Folge der Schlacht war die Gefangenschaft König Johanns II.633 Die Haft des französischen Königs erhöhte das symbolische Kapital Eduards III. und seiner Unterhändler beträchtlich.

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S. 447–449; M. Hayez, Art „Élie de Talleyrand“, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 449 f.; Guillemain, La cour pontificale, S. 244 ff. (mit Stammbaum); Sumption, Trial by Fire, S. 231. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 414. Rogers bezeichnet den Feldzug des Prinzen als „[T]he most important campaign of the Hundred Years War”. Er räumt ein, dass es sich gleichzeitig um die bestuntersuchte und umstrittenste Kampagne handelt. Die Niederlage habe den französischen Staat in fiskalischer Hinsicht grundlegend zugunsten einer zentralisierte Form der Besteuerung verändert. Militärgeschichtliche Analyse der Kampagne samt Karten in: Rogers, War, S. 348–384; Sumption, Trial by Fire, S. 237 ff. Allmand erwähnt die Vermittlung Talleyrands als Musterbeispiel einer kirchlichen Friedensvermittlung. Vgl. Allmand, Society at war, S. 164 ff. Kurze Analysen liefern: Rogers, War, S. 367–361; Sumption, Trial by Fire, S. 236 f.; Barber, Edward, S. 137 f.; Hewitt, The Black Prince’s Expedition, S. 111 f. Einen ebenso knappen wie scharfsinnigen Quellenvergleich leistete frühzeitig H. Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, Paris 1899, S. 125 f. Die aktuellste, populär gehaltene Überblicksdarstellung des Papsttums von Avignon widmet der Friedensvermittlung des Kardinals von Périgord sogar ein eigenes, wenn auch wenig quellennahes Kapitel: Favier, Les Papes d‘Avignon, S. 407 ff. Vgl. P. Contamine, Art. „Poitiers, Schlacht von (19. September 1356)“, in: LexMA, Band 7 (1995) Sp. 984 f. mit F. Autrand, La déconfiture. La bataille de Poitiers (1356) à travers quelques textes francais des xive et xve siècles, in: P. Contamine; C. Giry-Deloison; M. H. Keen (Hrsg.), Guerre et société en France, en Angleterre et en Bourgogne, xive-xve siècle (Collection histoire et littérature régionales, Band 8), Lille 1991, S. 93–122 Zur gegenteiligen Ansicht siehe U. Lehnert, Crécy 1346, in: D. Ebeling (Hrsg.), Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft, Trier 2001, S. 167–96. Über die Gefangenschaft Johanns II. vgl. Schwedler, Herrschertreffen, S. 203–17; Deviosse, Jean le Bon, S. 378–95, 445–459.

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Unter Mitwirkung der Kurie konnten in den Folgejahren 1358 und 1359 eine Reihe von Entwürfen für Lösegeld- bzw. Friedensverträge ausgehandelt werden, deren Konditionen für England überaus günstig waren. Nach einer weiteren Kampagne Eduards III. bis vor die Tore von Paris wurde schließlich – auf Grundlage der intensiven diplomatische Vorarbeit – der Friedensvertrag von Brétigny (1360) ausgehandelt, der fast zehn Jahre hielt.634 Waren die Langzeitfolgen der Schlacht von Poitiers zweifellos von größter Bedeutung für den anglo-französischen Friedensprozess, so bedarf die ausführliche Analyse der ergebnislosen Vermittlung vom 18.- 19. September 1356 einer gewissen Rechtfertigung. Tatsächlich bietet aber die Untersuchung einer gescheiterten Konfliktintervention eine unschätzbare Gelegenheit, nähere Erkenntnisse über die Handlungsschemata eines päpstlichen Vermittlers bzw. über mittelalterliche Verhandlungsnormen zu gewinnen.635 Zusätzlich stellt die vielbeachtete Konfliktintervention bei Poitiers die Chance dar, Darstellungsschemata der Chronisten bei der Schilderung einer kardinalizischen Vermittlung herauszuarbeiten. Dadurch werden Bedingungen aufgezeigt, unter denen sich Chronisten eine Konfliktbeilegung zumindest vorstellen konnten.

2. Die Gesandtschaft Talleyrands de Périgord und Niccolò Capoccis a) Hintergrund der Vermittlung Die militärische Vorgeschichte der berühmtesten Konfliktintervention während des Hundertjährigen Krieges ist facettenreich, lässt sich aber auf einige wesentliche Punkte reduzieren. Seit der Ernennung des Schwarzen Prinzen als Lieutenant der Gascogne war den Franzosen ein gewaltiger Gegner erwachsen. Auf einem Reiterzug (chevauchée) im Jahre 1355 hatte Eduard eine Spur der Verwüstung in der Languedoc hinterlassen. Ein ähnlich verheerender Kriegszug war auch im darauffolgenden Jahre zu erwarten.636 Johann II. von Frankreich begegnete der Bedrohung durch die Aushebung einer großen königlichen Armee und der Ausrufung des arrière-ban.637 Der englische Plan war eine Einkreisung des Königs durch einen Zangenangriff dreier Heeresabteilungen, von denen sich aber 634 Siehe Kapitel B) VII. 635 Leitquelle hierfür ist der Brief des Schwarzen Prinzen an lord mayor, aldermen und commons der

Stadt London vom 22. Oktober 1356, welcher nur in englischer Übersetzung vorliegt. Vgl. Letter of the Black Prince (wie Anm. 614), S. 287 f. Ähnlich wie andere Schreiben ‚offizieller Natur’ im Kontext militärischer Kampagnen des Hundertjährigen Krieges ist auch dieser Brief entweder als Autorität betrachtet oder mit Skepsis aufgenommen worden. Vgl. Rogers, War, S. 349 mit FN 7. 636 Vgl. Innocent VI, N. 1946–1948. Hennigan zufolge befürchtete der Papst eine erneute Niederlage des französischen Königs, was nach den militärischen Erfolgen Johanns II. im November 1355 aber übertrieben erscheint. Vgl. Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 131 mit Sumption, Trial by Fire, S. 171 ff., 201. 637 Zum Begriff, der einer Generalmobilmachung aller verfügbaren Aftervasallen entsprach: Contamine, Guerre, état et société à la fin du Moyen Âge, Paris 1972, S. 26–38; Ders., Art. „Arrière-ban“, in: LexMA, Band 1 (1980) Sp. 1031.

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im Frühjahr nur die Armee des Prinzen und Henrys von Lancaster auf den Weg machte. Letztere war auf ihrem Marsch bald sehr zurückgefallen. Für den Prinzen schieden die Truppen Lancasters schließlich vor Poitiers als taktische Größe aus.638 Eduard bot sich letztlich nur die Entscheidung zwischen einem Kampf zu günstigen Konditionen oder einem Rückzug nach Bordeaux.639 Während dieser Monate hatte sich der Papst zu einer aufwändigen Verhandlungsgesandtschaft zweier Kardinalnuntien entschlossen, welche er durch zwei niederrangige Nuntien ankündigen ließ.640 Nachdem Eduard III. das Ansinnen neuer Verhandlungen in Calais ebenso diplomatisch wie kategorisch abgelehnt hatte,641 änderte sich seine Haltung im Kontext der Bedrohung der Küste von Kent durch eine aragonesische Flottille in der ersten Augustwoche.642 Der König erteilte seinem Sohn umfangreiche Verhandlungs638 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 222 f.; Rogers, War, S. 349 f. 639 In der Forschung stehen ältere Interpretationen einer ‚Flucht‘ des Prinzen neueren Ansätzen einer

kalkulierten Offensivtaktik gegenüber. Vgl. Jones, Art. „Eduard. Prince of Wales“, Sp. 1592; Barber, Edward, S. 135; Perroy, Hundred Years War, S. 104; B. Tuchmann, Der ferne Spiegel. Das dramatische 14. Jahrhundert, München 182002, S. 141 ff.; Perroy, La guerre de Cent Ans, S. 104 f.; Delachenal, Charles V, Band 1, S. 209 ff.; Moisant, Prince Noir, S. 52 mit Rogers, War, S. 138 f., 348 f., 360, der die Suche nach einer Entscheidungsschlacht als wichtigste englische Strategie im Hundertjährigen Krieg sieht. Vgl. Ders., Henry V’s Military Strategy in 1415, in: L. J. A. Villalon; D. J. Kagay (Hrsg.), The hundred years war, Leiden [u.a.] 2005, S. 399–428. Die Interpretation Rogers wurde kritisiert von: W. Koller, Rezension von „War, cruel and sharp“, in: DA, Band 59, Heft 2, S. 754. Strittige Quellen: Eulogium Historiarum, S. 219; Geoffrey le Baker, S. 141 f. Skeptisch hinsichtlich des Prinzips der ‚Entscheidungsschlacht’, welche das Konstrukt einer „abendländischen Kriegsführung‘ sei: H. Sidebottom, Der Krieg in der antiken Welt, Stuttgart 2008. 640 Dabei handelte es sich um den damaligen Bischof von Ely und päpstlichen Kaplan, Simon Sudbury, und den Archidiakon und päpstlichen Kaplan Reginaldus de Molinis aus der Diözese Sens. Vgl. Innocent VI. N. 1946–48. Über die Gespräche vor Ort sollten zwei noch ungenannte Kardinäle präsidieren: [D]uos cardinales, pacis hujusmodi fervidos zelatores, ad certum diem, & locum aptum propè Calesium, pro dicto negotio transmittere, si tunc illuc aliquos de nostris, cum potestate sufficienti, vellemus propter hoc destinare (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 328). 641 Trotz seiner demonstierten Friedensliebe glaubte der König nicht daran, sich ohne eine Minderung seiner Rechte auf ein weiteres fruchtloses Friedensunternehmen einlassen zu können. In der Vergangenheit habe dies seinem Anrecht auf den französischen Thron stets zum Schaden gereicht: [P]ropter hoc resumpserimus guerram nostram, cujus expeditionem prosequi disposuimus, sub spe Divini praesidii, juxta vires, non intendimus, sicut nec valemus, sine subversione statûs & guerrae nostrae, ut de dampnis & derisione, quibus ex vanâ missione hujusmodi subjaceremus, sicut aliàs pluries subjecti fuimus, taceatur, sub spe fragili & remotâ tractatûs hujusmodi, nuncios, jam circa dictam guerram occupatos; transmittere; nec hoc habet a nobis rationabiliter postulari (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 328 (2. Mai 1356). 642 Quia, ut intelleximus, quamplure galeas & naves guerrinae cum ingenti numero armatorum inimicorum nostrorum, supra mare congregatae existunt, ad navigium dicti regni nostri Angliae destruendum, idem regnum hostiliter invadendum (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 337 (Mobilmachung Eduards III. vom 10. August 1356 an die Kustoden der Grafschaften Kent, Wessex, Sussex, Norfolk und Southampton) mit Ebd., S. 339 (25. August 1356); Sumption, Trial by Fire, S. 226.

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vollmachten über einen Friedensschluss.643 Seit seiner Ernennung zum Lieutenant vom 10. Juli 1355 war er zudem in allgemeiner Form zum Abschluss von Waffenruhen befugt gewesen.644 b) Die umstrittene Wahl der Nuntien Innozenz VI. gab seine Entscheidung für den Kardinalbischof von Albano, Talleyrand de Périgord, und den Kardinalpresbyter von Vitalis, Niccolò Capocci645 als Verhandlungsführer bereits am 8. April bekannt.646 Die beiden Nuntien verließen die Kurie daraufhin in gemäßigten Tempo am 21. Juni 1356.647 Die Personalentscheidungen des Papstes wurden von der Forschung mit Unverständnis quittiert,648 wobei vor allem die Wahl des Kardi643 Prinz Eduard wurde nicht nur erlaubt, über Waffenstillstände aller Art (treugas, sufferentias, absen-

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tias), sondern auch über einen endgültigen Friedensschluss (super pace finali) zu verhandeln. Sogar über Eduards III. Anspruch auf die Krone Frankreichs durfte er debattieren. Der König garantierte floskelhaft alles zu gewähren und einhalten zu wollen, was sein Sohn veranlassen werde. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 333 f. (1. August 1356). Vgl. Hewitt, The Black Prince’s Expedition, S. 111 mit Bezugnahme auf Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 302. Die Ernennung zum Lieutenant wurde am 12. Januar 1356 zusammen mit Vollmachten zum Abschluss von Waffenstillstandsabkommen bestätigt. Vgl. London, PRO C 61/68 m. 6 N. 32; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 302, 316. Zu Niccolò Capocci, welcher aus einer einflussreichen, mit den Colonna verwandten Familie stammte, welche bereits zahlreiche Mitglieder des Kardinalskollegs hervorgebracht hatte, vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 476–478; B. Guillemain, Art. „Capocci, Niccolò“, in: Dizionario Biografico Degli Italiani, Band 18, S. 600–603; Art. „Cappochi, Nicolas“, in: C. Berton, J. P. Migne (Hrsg.), Dictionnaire des cardinaux, Paris 1857, Sp. 617 f. Der Kardinal kann in Quellen meist über seinen Beinamen Urgellensis identifiziert werden, den er seit seiner Zeit als Bischof der Stadt Urgell (1348–51) besaß. Vgl. Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 19, 510. In ihren Ernennungsbullen vom 8. April 1356 erhielten die Kardinäle die Weisung, englischen Übergriffen Edwards auf die Rechte der Kirche Paroli zu bieten. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 134, f. 12–13 (De curia N. 1 + 12); Reg. Aven. 134, f. 14 v (De curia N. 13), ediert von: Moisant, Le Prince Noir, S. 233–247. Eodem anno, die martis post octabas Penthecostes [21 junii 1356], mittuntur in Franciam legati a latere [!] cardinales Albanensis, qui et Petragoricensis, et Nicholaus de Capociis, qui et Urgellensis dicebantur, pro sedandis dissidiis inter reges (Secunda vita Innocentii VI, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 334). Item sub anno MCCCLVJ. de mense junii, dominus Talarandus Petragoricensis, et dominus Nicolaus Capocci, cardinales, transmissi fuerunt in nunciis apostolicis per dictum papam adponendam pacem finalem vel treugam fiendam inter Reges Iohannem Franciae & Eduardum Anglie, ipsorumque regna. Qui cardinales de mense predicto, de curia recesserunt et in regno Francie applicuerunt continuando ipsorum dietas pro pace vel treuga inter ipsos reges & regna ponenda (Tertia vita Innocenti VI (Ptolomäus de Lucca), in: Ebd., Band 1, S. 344 f.). Die Kredentien der Kardinäle an die Könige Eduard III. und Johann II. sowie ihre Großen datieren vom Vortag. Vgl. Innocent VI, N. 2202–2204). Die Nuntien erhielten zu diesem Zweck erweiterte Vollmachten. Vgl. Ebd., N. 2191–2196. Einigkeit herrscht darüber, dass die erneute Entsendung Gui de Boulognes kaum vorstellbar gewesen wäre. Vgl. Zacour, Talleyrand, S. 45; Favier, Les papes d’Avignon, S. 407; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 131.

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nals von Périgord im Zentrum der Kritik steht: „Talleyrand was a surprising choice for an embassy to the king of England, and his appointment demonstrated more than anything how little Innocent VI understood about English politics“649, urteilt Sumption vernichtend. Die Kritik basiert auf der Tatsache, dass Talleyrand in England als einer der größten Sammler englischer Kirchenpfründen berüchtigt war. Zudem hatte der Streit zwischen Avignonesischen Kurie und englischem Parlament und Krone um die Auswirkungen der päpstlichen Provisionen in den Jahren 1351 und 1353 einen Höhepunkt erreicht. Bereits zehn Jahre zuvor, im April 1343, waren von den commons die negativen Auswirkungen des päpstlichen Pfründenwesens auf die Kirche Englands kritisiert worden. Einige Kardinäle, darunter Talleyrand, erhielten zur damaligen Zeit Pfründen von über 10.000 Mark.650 Der Kardinalbischof von Albano galt folglich in England als the most bitter enemy that is in the curia, and the most hostile to the business of our Lord the king.651 Das Gegengewicht zu Talleyrand de Périgord bildete, wie erwähnt, der Italiener Niccolò Capocci. Bei Capocci handelte es sich um einen der wenigen Nichtfranzosen im Kardinalskollegium Innozenz‘ VI. Vermutlich sollte seine Ernennung „der Legation [...] den Anstrich der Unparteilichkeit geben, da Talleyrand durch Familienbande zu stark der französischen Sache verpflichtet war“652. Capocci war im Konsistorium nicht gerade für 649 Sumption, Trial by Fire, S. 231. Skepsis über die Ernennung äußert auch: Zacour, Talleyrand, S. 45

(Tallyerand was far from being an obvious choice for the task.“). Allgemein kritisch zur diplomatischen Finesse Innozenz’ VI.: Favier, Les papes d’Avignon, S. 145 („Innocent n’est pas un diplomate. Il est naïf et il est versatile. Cela se sait vite.“). Anders dagegen die Einschätzung von Hennigan („Innocent’s choice of Talleyrand was a sound one.“). Die Autorin begründet ihr Urteil mit der administrativen und juristischen Erfahrung des Kardinals sowie seinen Vermittlungsbemühungen zwischen französischer Krone und avignonesischer Kurie. Vgl. Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 131. Vgl. auch die Beurteilung Innozenz’ als politisch „in hohem Grade tätig[en] und befähigt[n Papst]“ (Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter Benedikt XII., Klemens VI. und Innocenz VI., S. 510) sowie als „ausgezeichneten“ und aufgrund seiner innerkirchlichen Reformvorhaben „geradezu trefflichsten und besten der avignonesischen Päpste“ in: Pastor, Geschichte der Päpste, Band 1, S. 78. 650 Für eine vollständige Liste aller Pfründen Talleyrands vgl. Zacour, Talleyrand, S. 74 f.; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 413 f.; Mollat, Les Papes d’Avignon, S. 274–87; J. Haller, Papsttum und Kirchenreform. Vier Kapitel zur Geschichte des ausgehenden Mittelalters, Berlin 1903, S. 375–479. Auf dem Parlament von 1343 wurde daraufhin eine Ordinance erlassen, welche die Vergabe von Pfründen an ausländische Kleriker untersagte, aber nur kurz in Kraft war. Vgl. Barrel. The Ordinance of Provisors of 1343, S. 264–77. Ein Jahr zuvor war dem Kardinal von Albano von Eduard III. die Pfründe zu einer Kanonikerstelle in Lincoln, deren Einkünfte Talleyrand bereit seit neun Jahren erhielt, mit der Begründung konfisziert worden, er sei ein Anhänger des Königs von Frankreich. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1184; Zacour, Talleyrand, S. 47 ff. All dies sorgte für einen hohen Bekanntheitsgrad des Kardinals in England und führte dazu, dass Talleyrand zu den häufigsten Adressaten der englischen Königskanzlei innerhalb des Kardinalkollegs zählte. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 248. 651 Philipps; Ormrod, Edward III (1328–1377), S. 349. Im Parliament wurde daraufhin eine Ordinance erlassen, welche die Vergabe von Pfründen an ausländische Kleriker untersagte, aber nur kurz in Kraft war. Vgl. Barrel, The Ordinance of Provisors of 1343, S. 264–77. 652 Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 477.

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sein diplomatisches Fingerspitzengefühl bekannt.653 Mindestens einmal zuvor hatte Capocci bereits mit Talleyrand de Périgord die Klingen gekreuzt. Im Zuge der Friedensmission sollte es zu einem erneuten Zerwürfnis der beiden Purpurträger kommen,654 weshalb es schließlich nur Talleyrand war, der bei Poitiers zwischen die Fronten geritten war. Die Bewertung des biographischen Hintergrunds der Gesandtschaft kann sich daher auf den Kardinal von Périgord beschränken: Helié Talleyrand de Périgord wurde im Jahre 1301 inmitten der militärischen und diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich in Folge der ersten Konfiszierung der Gascogne geboren. Sein Vater gleichen Namens, Graf Helié Talleyrand VII. von Périgord, war einer der treuesten Angehörigen des französischen Königs in der Frühphase des anglo-französischen Konfliktes (1294–1325) gewesen.655 Sein Sohn erhielt im Alter von sieben Jahren seine erste Tonsur sowie das Recht zum Empfang kirchlicher Pfründen.656 Die Dankbarkeit der französischen Könige gegenüber der Familie von Périgord sowie die konsequente Zentralisierung des päpstlichen Provisionswesens stellten günstige Voraussetzungen für den raschen Aufstieg des jungen Talleyrand in der Kirchenlaufbahn dar.657 Auf Bitten König Philipps VI. wurde Élie schließlich im Jahre 1331 von Papst Johannes XXII. zum Kardinalpriester von St. Peter ad Vincula kreiert.658 An der Diplomatie der Kurie zur Verhinderung und Beilegung des Hundertjährigen Krieges beteiligte sich der Kardinal in keinem erkennbaren Maße. Stattdessen vertiefte Talleyrand seine Beziehung zur französischen Krone. Sein Gönner Philipp VI. machte sich bei mehreren Gelegenheiten Talleyrands prominente Stellung im Kardinalskollegium zunutze, um etwa Benedikt XII. um finanzielle Unterstützung zu bitten. Im Jahre 1340 hatte der französische König vergeblich darum gebeten, den vor kurzem gewährten Zehnten für den vom selben Papst abgesagten Kreuzzug für die Landesverteidigung verwenden 653 Vgl. Prima vita Urbani V, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 367 f., zitiert in: Guillemain,

La cour pontificale, S. 233 FN. 261.

654 Vgl. Zacour, Talleyrand, S. 11 f., 54 ff.; Sumption, Trial by Fire, S. 232. 655 Als nach dem Zweiten Vertrag von Paris (1303) zwischen Eduard I. und Philipp IV. zahlreiche Län-

dereien des Grafen an die Engländer verloren gingen, wurde de Périgord durch Gebiete im Quercy und der Toulousaine entschädigt. Vgl. Zacour, Talleyrand, S. 5; Art. „Périgord“, in: Dictionnaire Historique de la France, S. 1441. Auch im Krieg von Saint-Sardos im Jahre 1324 konnte König Karl IV. fest mit der Unterstützung der Grafen von Périgord rechnen. Als die Auseinandersetzungen schließlich im Folgejahr durch die Vermittlung Johannes‘ XXII. beigelegt werden konnten, kehrte die Grafschaft Périgord wieder vollends in den Familienbesitz zurück. Zum Krieg von Saint-Sardos (1324–25) siehe Kapitel B) I. 3. 656 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 231; Zacour, Talleyrand, S. 8. 657 Im Alter von 10 Jahren wurde Talleyrand in einem Schreiben Clemens‘ V. als Schüler des Kollegiatsstifts von Saint-Front tituliert. Er studierte das Zivilrecht und erhielt von Clemens V. und dessen Nachfolger Johannes XXII. eine großzügige Pfründenausstattung zu diesem Zweck. Im Jahre 1324 wurde Talleyrand zum Bischof von Limoges promoviert, ohne dass er darüber hinaus seine Studien vernachlässigt hätte. Vier Jahre später wurde er Bischof von Auxerre, wobei er die Verwaltung seiner Diözese anderen überließ. Vgl. Zacour, Talleyrand, S. 8 ff.; Eubel (Hrsg.)., Hierarchia catholica, Band 1, S. 120, 301. 658 Vgl. Zacour, Talleyrand, S. 9 f.; Eubel (Hrsg.)., Hierarchia catholica, Band 1, S. 15.

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zu dürfen.659 Der Kardinal verstand es auf geschickte Weise seine Position als Kurienmitglied dazu zu verwenden, um in finanzieller und diplomatischer Hinsicht seinen Bruder, Graf Roger-Bernard, im Kampf gegen anglo-gascognischen Truppen zu unterstützen.660 Eine ebenso prekäre Rolle spielte Talleyrand zuletzt im Februar 1356 während der Belagerung seiner Heimatstadt Périgeux durch den mit Prinz Eduard verbündeten Captal de Buch.661 Avesbury berichtet, dass der Graf von Périgord seinen Bruder an der römischen Kurie um Hilfe gebeten hatte.662 Nachdem Innozenz VI. von Talleyrand in Kenntnis gesetzt worden war, bat er den Prinzen, die Stadt in Frieden zu lassen und bot ihm eine stattliche Summe Goldes als Schutzgeld (patis) an. Der Prinz versicherte jedoch dem Papst, dass ihm nicht an Gold und Silber gelegen war, sondern dass es ihm darum ging, die Stadt wieder unter englische Oberhoheit zu bringen.663 Die Tatsache, dass derartige Details einem so zeitnah schreibenden Chronisten bekannt waren, lässt darauf schließen, dass Talleyrand als hervorstechendes Mitglied eines politischen Milieus bekannt war, in welchem Entscheidungen keineswegs zu englischen Gunsten getroffen wurden. Auch seine Ernennung als Nuntius könnte ein Vorschlag des Kardinals von Périgord gewesen sein, um seinen Beitrag zur Bewahrung des angegriffenen Familienbesitzes zu leisten.664 Auf der anderen Seite fügt sich die Betätigung des Kardinals Talleyrands als Friedensstifter nahtlos in seine Aktivitäten als Verfechter des Kreuzzuges, welche erst mit seinem Tode im Jahre 1364 als designierter Kreuzzugslegat ihr Ende fanden.665 Es wird zu prüfen sein, inwieweit sich das ‚Image‘ Talleyrands auch bei seiner Konfliktintervention bemerkbar machen sollte.

659 Vgl. Housley, The Avignon Papacy and the Crusades, S. 177–89; Zacour, Talleyrand, S. 20. Fünf

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Jahre später machte sich der Kardinal bei Papst Clemens VI. erfolgreich für den französischen König um eine Leihgabe von insgesamt 300.000 florin stark. Eine zusätzliche Summe von 1000 florin überließ der Kardinal Philipp VI. aus den königlichen Einkünften der Kirchenprovinz von Narbonne. Vgl. Ebd., S. 20. Im Frühjahr 1354 setzte Talleyrand anlässlich des Aufenthaltes Johanns II. an der Kurie von Avignon durch, dass der König für Roger-Bernard die Stadt und Feste Revel für eine Rente von 5.000 livres d’or in seine Obhut nahm. Dies geschah unter der Auflage, dass der Graf für diese Summe die Verteidigung der Festung organisieren sollte. Vgl. Paris, BN ms fr. N. 22382, f. 4. Über Jean de Grailly vgl. J. A. Wagner, Art. „Grailly, Jean de, Captal de Buch (d. 1376)“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 138 f. [S]cripsit fratri suo, cardinali in Romana curia, pro consilio et auxilio super hoc habendo (Robert Avesbury, S. 456 f.). Kurz darauf wurde die Stadt vom Captal de Buch eingenommen und mit einer Garnison von 100 Mann versehen. Vgl. Register of Edward, the Black Prince preserved in the Public Record Office, hrsg. von Michael C. Dawes, Band 4 (England. 1351–1365), London 1933, S. 337; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 132; Hewitt, The Black Prince’s Expedition, S. 89; Rogers, War, S 330. Vgl. Guillemain, La cour pontificale, S. 217. C. Deluz, Croisade et paix en europe au XIVe siècle. Le rôle du cardinal Hélie de Talleyrand, in: Croisades et idée de croisade à la fin du Moyen Âge (Cahiers de recherches médiévales, Band 1), Paris 1996, S. 53–64; Favier, Les papes d’Avignon, S. 498 ff.; Zacour, Talleyrand, S. 18 ff.; 69 ff.

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3. Die ersten Vermittlungsversuche Talleyrands de Périgord im Vorfeld der Schlacht a) Die Vorverhandlungen bei Breteuil (Juli 1356) Nach ihrem Aufbruch von der Kurie begaben sich Périgord und Capocci zunächst nach Paris.666 Den König von Frankreich dürften sie dabei kaum angetroffen haben, da Johann II. zu diesem Zeitpunkt damit beschäftigt war, den Herzog von Lancaster in der Normandie in die Schranken zu weisen.667 Nachdem der König die Armee Lancasters vertrieben hatte, wandte er sich am 12. Juli gegen Breteuil, das von Verbündeten Karls von Navarra besetzt gehalten wurde. Nachdem der König die Stadt einen guten Monat vergeblich belagert hatte, erreichte er am 20. August deren Übergabe durch eine stattliche Entschädigungssumme.668 Innerhalb dieses Zeitrahmens kam es vor Breteuil zu einem Treffen zwischen Johann und den beiden apostolischen Nuntien, über dessen Verlauf wir nur unzureichend und widersprüchlich informiert sind. Aus einem Schreiben Papst Innozenz‘ VI. vom 17. Juli geht hervor, dass sich der französische König dabei kooperativ verhalten habe. Freilich ist die benignam responsionem, welche die Kardinäle erhalten hätten, durchaus vielfältig zu interpretieren.669 In der zweiten Redaktion der Chroniques von Froissart erfahren wir, dass das Treffen zu keinem Ergebnis führte.670 Froissarts Chroniques und die Chronique des Quatre Premiers Valois betonen einstimmig, dass die Kardinäle mit Johann in erster Linie über die Beilegung des Konfliktes des Königs mit Karl von Navarra verhandeln wollten.671 König Johann hatte zu diesem Zeitpunkt aber andere Sorgen als seine Auseinandersetzungen mit seinem verhassten Schwiegersohn, da er über den Feldzug des Schwarzen Prinzen beunruhigt war.672 Vor seiner Abreise aus Avignon war Talleyrand de Périgord in einem persönlichen Gespräch mit Innozenz VI. 666 Vgl. Innocent VI, N. 2481. 667 Der Herzog von Lancaster versuchte in der Normandie Garnisonen zu errichten und Städten der mit

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England verbündeten Anhänger Karls und Philipps von Navarra gegen französische Belagerungstruppen beizustehen. Vgl. Rogers, War, S. 341–347; Sumption, Trial by Fire, S. 221 f. Vgl. Rogers, War, S. 367. Litteras vestras per quas nobis prosecutionem itineris vestri et honorem quem carissimus in Christo filius noster Johannes, rex Francorum illustris, ac regales aliique magnates et proceres regni sui in receptione vestra vobis impenderant ac benignam responsionem factam vobis per eundem regem Francorum super negocio pacis inter eum et carissimum in Christo filium nostrum Eduardum, regem Anglie illustrem, actore Domino, reformande nobis particulariter descripsistis benigne placideque recepimus (Innocent VI, N. 2267). Die Redaktion ‚Amiens‘ berichtet nichts von dem Treffen. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 397 (beide Fassungen). En ce temps avoient esté envoyet en France, de par nostre Saint-Père le pape Innocent VIe, messires Talerans, cardinauls de Pieregorch, et messires Nicoles, cardinauls d’Urgel, pour trettier pais et concorde entre le roy de France et ses malvoelens, premièrement contre le roy de Navare que il faisoit tenir en prison (Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 397). Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 46. Vgl. Ebd., S. 46.

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zur Initiierung französisch-navarresischer Friedensgespräche beauftragt worden.673 Die wenig konstruktive Vermischung beider Verhandlungssphären vor Breteuil stellt in der Tat unsere beste Erklärung für den Abbruch der Friedensgespräche dar. Die Kardinäle hatten also möglicherweise die falsche Verhandlungstaktik gewählt.674 Es ist nicht zu gewagt, in dem gescheiterten Vermittlungsversuch zwischen Johann II. und Karl „dem Bösen“ einen Mitgrund für die spätere Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden apostolischen Nuntien zu erkennen.675 In der Tat zog Talleyrand de Périgord anschließend alleine weiter nach Tours. Dort erfuhr er von der Absicht des französischen Königs, Prinz Eduard zur Schlacht zu stellen und begab sich weiter nach Poiters, um genau dies zu verhindern.676 b) Vorverhandlungen bei Montbazon am 12. September 1356 Nur drei englische Chroniken berichten von einem früheren Vermittlungsversuch Talleyrands gegenüber dem Prinzen bei Montbazon am 12. September 1356.677 Auch der Brief des Schwarzen Prinzen an die Stadt London thematisiert die Vermittlung Talleyrands. Sir Thomas Gray zufolge nahm der Kardinal dem Prinzen das Versprechen ab, dass er sich jederzeit mit einer vernünftigen Konfliktlösung einverstanden erklären wolle.678 Diese Darstellung wird durch den Brief Eduards wiederlegt. Seiner Ansicht nach gab er dem Kardinal zu verstehen, dass er von seinem Vater über keine ausreichenden Verhandlungsvollmachten erhalten habe.679 Freilich war Eduard, wie erwähnt, bereits anlässlich seiner Ernennung als Lieutenant der Gascogne dazu bevollmächtigt worden, Waffenstillstände abzuschließen. Die Tatsache, dass sich der Prinz gleichwohl auf mangelnde Kompetenzen berief, kann nur dadurch erklärt werden, dass der Kardinal zu weitreichende Forderungen – etwa nach einem pax finalis – gestellt hatte. Ernst zu nehmen ist die Beteuerung 673 Quod nos hactenus cogitantes tibi antequam discessisses a nobis dedimus vive vocis oraculo in

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mandatis ac deinde inculcatis sepe litteris id idem injunximus ut in casu quo, Deo propitio, contingeret te super negocio pacis tue promotioni commisso aliquem utiliter subire tractatum carissimi in Christo filii nostri Caroli, regis Navarre illustris, ut videlicet in pace includeretur. (Innocent VI, N. 2462 – Hervorhebung durch den Autor). Die vom Papst erwähnten Briefe sind bisher nicht gefunden bzw. ediert worden. Über die Bedeutung oraler Instruktionen für apostolische Nuntien siehe Kapitel C) V. Dass auch die Vermittlung zwischen Johann II. und Karl von Navarra eine Konstante in der Frankreichpolitik Innozenz‘ VI. darstellte, wurde bereits an anderer Stelle deutlich. Siehe Kapitel B) V. Da Innozenz in dem Brief vom 29. Oktober an Talleyrand nur auf sein persönliches Gespräch mit dem Kardinal eingeht, aber nicht Niccolò Capocci erwähnt, besteht die Möglichkeit dass der Kardinal von St. Sixtus nicht in diesen Plan eingeweiht worden war und diesen daher auch nicht mitgetragen hatte. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 397. Vgl. Scalacronica, S. 144; Eulogium Historiarum S. 221; Anonimalle Chronicle, S. 36. Le Cardenal Peregor aprocha au prince, enpriaunt de tretice, qi courtoisement fust respondu, qe touz iours serroit prest a prendre et a faire resoun (Scalacronica, S. 144). Vgl. Letter of the Black Prince (wie Anm. 614), S. 286.

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Eduards, dass er und seine Männer aufgrund des heranrückenden französischen Heeres keinen Sinn in Verhandlungen gesehen hätten.680 Geht man von einer großen Bereitschaft des Prinzen zur Konfrontation aus,681 dann handelte es sich am 12. September um einen denkbar schlechten Zeitpunkt für einen Waffenstillstand. Noch war der Gegner nicht ausgemacht, das Schlachtfeld nicht gewählt und noch waren keinerlei Prognosen über den Ausgang einer militärischen Auseinandersetzung möglich.

4. Poitiers als Ort der Konfliktintervention: Die Vermittlung Kardinals Talleyrand de Périgord (18./19. September 1356) a) Rekonstruktion des äußeren Ablaufes und der Verhandlungsnormen Nach unserer Leitquelle für die Ermittlung der Handlungsschemata des Kardinals im Vorfeld der Schlacht von Poitiers, dem Brief des Schwarzen Prinzen an die Stadt London vom 22. Oktober 1356, näherte sich Talleyrand in dem Moment seinem Heer, als sich dieses in Schlachtordnung befand. Er bat um eine kurze Waffenruhe und schlug eine Kommission von Männern auf beiden Seiten vor, um über ein Friedensabkommen zu sprechen. Nach eingehender Beratung der Engländer wurde dieser Bitte stattgegeben und Unterhändler zu Verhandlungen geschickt. Nichts kam dabei heraus. Stattdessen bat der Kardinal um einen weiteren Waffenstillstand nach seinem Gutdünken, was der Prinz aber ablehnte.682 Stattdessen wurden auf französischen Wunsch auf beiden Seiten Ritter ernannt, um einen Kampfplatz abzustecken und eine Schlacht in die Wege zu leiten. Obwohl am Sonntagabend jeweils vier Ritter zu dieser Aufgabe entsandt worden seien, habe sich der Prinz aufgrund logistischer Schwierigkeiten for default of victuals, as well as for other reasons am Folgetag zu einem strategischen Rückzug entschlossen.683 Dieser wurde in geschlossener Formation seiner Truppen durchgeführt, um einen französischen Angriff abwehren zu können.684 Die Mehrheit der englischen Chroniken bestätigen die vom Prinz beschriebenen Verhandlungsnormen in weiten Zügen.685 Lediglich Le Baker berichtet, dass der Abbruch der vorangegangenen Verhandlungen durch die Franzosen zur Schlacht geführt habe.686 Auf 680 Vgl. im Folgenden: Letter of the Black Prince (wie Anm. 614), S. 286 f. 681 Über Eduards Strategie während der Poitiers-Kampagne vgl. Rogers, War, S. 348–67. Siehe unten,

Anm. 80.

682 And then the said Cardinal wished to obtain a truce, by way of putting off the battle at his pleasure

(Letter of the Black Prince (wie Anm. 614), S. 287).

683 Vgl. ebd. 684 Vgl. Rogers, War, S. 373; Hewitt, The Black Prince’s Expedition, S. 119. 685 Vgl. Chandos Herald, S. 57 f.; Anonimalle Chronicle, S. 37 f.; Eulogium Historiarum, S. 223 f.;

Scalacronica, S. 123. Mit Ausnahme des wesentlich später verfassten Anonimalle Chronicle ist bei allen genannten Chroniken von einem direkten Zugang zu Augenzeugenberichten auszugehen. Siehe Kapitel A) III. 2. 686 Nach Geoffrey le Baker habe sich der Prinz am Sonntag trotz grundsätzlicher Kampfbereitschaft auf eine eintägige Waffenruhe eingelassen, da er nec bellum timet nec pacem recusavit, set prefati sancti

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Bitten des Kardinals687 wurden vom Prinzen jedenfalls eine bestimmte Menge von Unterhändlern ernannt, die sich daraufhin mit einer gleichen Zahl französischer Abgesandten von fünf bis zwölf Teilnehmern trafen.688 Die Verhandlungen fanden auf freiem Feld statt – jeweils nur einen Bogenschuss von beiden Schlachtreihen entfernt689 – und dauerten die ganze Nacht.690 Geoffrey Le Baker, das Eulogium Historiarum und die Scalacronica betonen eindringlich die Tatsache, dass das französische Heer im Zuge der Verhandlungen ständig Verstärkung erhalten hatte, während die Kräfte und Vorräte des englischen Heeres geschmälert worden seien.691 Aus letzterem Grunde habe sich der Prinz trotz seines ursprünglichen Wunsches nach einer Schlacht und der erwähnten französischen Kampfansage für einen strategischen Rückzug entschieden.692 Der Anteil des Kardinals an den Verhandlungen wird aus den Chroniken ebenso wenig deutlich wie aus dem Brief des Prinzen.693 Hinsichtlich der Handlungsschemata und Verhandlungsnormen wird nach dem Quellenvergleich immerhin klar, dass es sich bei

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patris peticioni modeste condescendit. Über die in der Zwischenzeit stattgefundenen Verhandlungen waren bis nach Oxford dagegen offenbar keine Nachrichten gelangt. Stattdessen habe der Kardinal am Montag um einen einjährigen Waffenstillstand gebeten, was der Prinz zuerst verweigerte, dann aber bis Weihnachten gestattet habe. In einer bei diesem Chronisten einzigartigen Schilderung der Entscheidungssituation innerhalb des französischen Heerlagers sei es daraufhin jedoch zur Ablehnung der Verhandlungen gekommen. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 143. Vgl. Scalacronica, S. 123. Der Herold von John Chandos nennt als einziger glaubhaft konkrete Namen. Von französischer Seite aus waren die Verhandlungsführer der Bischof von Sens, der Graf von Tancarville sowie Jean Boucicout und der Marshall von Clermont, auf englischer Seite die Earls von Warwick und Suffolk, Bartholomew Burghersh, James Audely sowie John Chandos selbst. Vgl. Chandos Herald, S. 59 f. Vgl. Anonimalle Chronicle, S. 37. Vgl. Chandos Herald, S. 58 f. Unde per tota ille diem, reparacioni pacis assignatam, crevit exercitus Francigenum (Geoffrey le Baker, S. 144); Nam Franci in quantum poterant distulerunt ut et cuneus illorum augmentaretur (Eulogium Historiarum, S. 223); Mais ceo ne fust fait com aparaunt fust, mais pur taster le purpos de ly prince, et pur aloigner la bosoigne au damage du dit prince en defaut de vitail et autres estofferis, et en encressement de lour poair, qe touz iours enuindrent, tout enfist le cardynal pur bien (Scalacronica, S. 144). Die Kampfbereitschaft Eduards ist umstritten. Bereits bei der Analyse seiner Kampagne gehen die Meinungen darüber auseinander, ob der Prinz nach seinem Aufbruch von Tours am 10./11. September 1356 seinem Gegner zu entkommen versuchte oder ob er sich vielmehr in eine für ihn vorteilhafte Position an die Spitze des französischen Heeres manövrieren wollte. Von dieser aus hätte er eine Schlacht zu seinen Bedingungen schlagen können. „Once again we see the delicate balance between avoiding a trap and not avoiding battle“ (Rogers, War, S. 363 f.). Sumption schließt aus den beschriebenen Marschbewegungen Eduards ebenfalls, dass dieser die Schlacht gesucht habe. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 233. Denifle mutmaßt, dass der Prinz dem französischen König leicht hätte entkommen können und geht daher ebenfalls von einem Konfrontationskurs Eduards aus. Vgl. Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 122–124 mit den gegenteiligen Ansichten von Hewitt, The Black Prince’s Expedition, S. 108 f. und Moisant, Le Prince noir, S. 94. Der Mönch aus Malmesbury erwähnt als einziger die Beteiligung des Kardinals an den Verhandlungen, bleibt mit dem Zusatz cardinalem mediantem jedoch denkbar vage. Vgl. Eulogium Historiarum, S. 223.

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der Vermittlung Talleyrands von Poitiers um trilaterale Verhandlungen handelte. Lediglich Geoffrey le Baker schildert die Vermittlung als bilaterale Pendeldiplomatie des Kardinals zwischen beiden Heerbännen.694 Damit steht der Chronist aus Swinbrook im Einklang mit den narrativen Quellen Frankreichs695 und des Hennegau.696 In der Vie du Prince Noir des Herolds von Chandos wird farbenprächtig eine Kombination aus beiden Verhandlungsformen beschrieben. Den Auftakt der Gespräche bildete die rhetorisch ausgefeilte Pendeldiplomatie des Kardinals, während die anschließenden Friedensverhandlungen aus einer direkten Interaktion einer anglo-französischen Delegation bestanden.697 Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass sich die Verhandlungen durchaus in einem fortgeschrittenen Stadium befunden hatten.698 Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten sich wohl kaum Unterhändler zu direkten Gesprächen an dem improvisierten locum medium vor Poitiers eingefunden. Die Art der Konfliktlösung kann als das Zusammenkommen einer paritätischen Schiedskommission verstanden werden, bei der dem Kardinal möglicherweise die Rolle eines unspezifischen Vorsitzenden zugedacht gewesen war. Direkte Gespräche zwischen beiden Heerführern wären dagegen mit den konkurrierenden Rechtsansprüchen Eduards III. und Johanns II. schwer zu vereinen gewesen. Das Eulogium, die Scalacronica, das Anonimalle Chronicle sowie die Chronik le Bakers berichten in Übereinstimmung mit den Chroniken der Hennegauer Tradition von Versuchen des Kardinals, noch am Morgen des 19. Septembers entweder einen Friedensvertrag oder einen weiteren Waffenstillstand abzuschließen, um den Kampf doch noch zu verhindern. Diese Verhandlungen fanden in der nervösen Spannung zwischen dem immer stärker werdenden französischen Heer und den Mannen des Prinzen statt, denen das Wasser und die Nahrungsmittel ausgingen. Während der Prinz, dem Eulogium zufolge, den Vorschlag des Kardinal ablehnte, sei er laut den Scalacronica und Le Baker zu einem Waffenstillstand bereit gewesen,699 worauf aber die Franzosen die Gespräche abgebrochen hätten. Jean Froissart zufolge, wurde dem Kardinal von französischer Seite aus unwirsch bedeutet, um seiner eigenen Sicherheit willen nicht wiederzukommen, worauf Talleyrand nach einer letzten Benachrichtigung des Prinzen nach Poitiers zurückgeritten sei.700 694 Vgl. Geoffrey le Baker, S. 144. 695 Gerade die Werke der Chronistenschmiede von Saint-Denis, welche durch die enge Verbindung ihrer

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Verfasser zum französischen Hofe hätten besser informiert sein müssen, schildern die Vermittlung auf dieselbe, stereotype Weise: Et là vint le cardinal de Pierregort, qui qvoit esté envoié en France par le Pape, pour traictier de la paix entre les diz roys de France et d’Angleterre; le quel cardinal ala pluseurs foiz de l’un ost à l’autre, pour savoir se il pourroit trouver aucun bon traictié; mais il ne pot (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 71 ff.). Vgl. Richard Lescot, S. 162; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 239 f.; Chronographia regum francorum, S. 62 mit dem Bericht der dezentral entstandenen Quellen: Chronique des quatre premiers Valois, S. 50 ff.; Chronique normande, S. 113 f. Zu französischen, erzählenden Quellen siehe Kapitel A) III. 2. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 413 ff. Vgl. im Folgenden: Chandos Herald, S. 50 ff. Zum typischen Ablauf der Verhandlungsphasen während Konfliktinterventionen siehe Kapitel C) III. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 144; Scalacronica, S. 123 f. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 104; Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 420.

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b) Darstellungsschemata der Vermittlung (I): Auftreten und Rhetorik des Kardinals Nach der Rekonstruktion und Bewertung des äußeren Ablaufes der Vermittlung bei Poitiers wird im Folgenden den Darstellungsschemata kurialer Friedensvermittler auf den Grund gegangen. Dass auf diese Weise stärker allgemeine Aussagen über die Wahrnehmung geistlicher Konfliktlösung im 14. Jahrhundert zu erwarten sind, weniger jedoch über die konkrete Vermittlung Talleyrands de Périgord am 18./19. September 1356, wird dabei mit Gewinn berücksichtigt. Zunächst ist auf einen kuriosen Befund einzugehen. Sowohl die Redaktion ‚Amiens’ von Jean Froissart als auch eine stattliche Zahl französischer und englischer Quellen berichten, dass Talleyrand de Périgord nicht alleine, sondern zusammen mit seinem Kollegen Niccolò Capocci auf eingangs skizzierte Weise zwischen die Heerbänne geritten sei.701 Gleichwohl ist unbestritten, dass der Kardinal von Périgord der alleinige Vermittler bei Poitiers gewesen ist.702 Am überzeugendsten wird dies durch den Brief des Prinzen703 sowie durch Chronisten deutlich, welche in irgendeiner Art Zugang zu Augenzeugenberichten gehabt haben.704 Konsequenterweise wurde dieser Detailfehler von Froissart in der Redaktion ‚BN, A/B SHF’ ausgemerzt.705 In dieser Hinsicht kann bei aller Strittigkeit der Entstehungszeit der verschiedenen Redaktionsstufen der Chroniques eindeutig konstatiert werden, dass zumindest die Darstellung der Schlacht in letzterer Version zu einem späteren Zeitpunkt verfasst worden sein muss. Bei der Beantwortung der Frage nach der Zahl der Vermittler hilft uns die päpstliche Korrespondenz nur bedingt weiter: Das früheste Schreiben Innozenz’ VI. an Kardinal Capocci, in welchem der Papst die erwähnte Trennung der Kardinäle vor der Schlacht thematisiert, stammt vom 3. Oktober 1356.706 Frühestens drei Tage zuvor hatte der oberste Pontifex die Nachricht über den Sieg des Prinzen erhalten.707 Es steht daher zu vermuten, 701 Venerunt autem illuc duo cardinales... (Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 239.

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Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 101 f.; Chronique des quatre premiers Valois, S. 50; Henry Knighton, S. 88; Chronicon Angliae, S. 35; Thomas Walsingham, S. 281. Auch der Bonner Autor der Secunda vita Innocentii VI berichtet von der Vermittlung beider Kardinäle. Vgl. Werner von Bonn, Secunda vita Innocentii VI ,in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 334. Vgl. als Beispiel einer unzureichend belegten Sekundärliteratur: Bordonove, Jean II le Bon, S. 187 f. Vgl. Maleczek, Die päpstlichen Legaten im 14. und 15. Jahrhundert, S. 74 mit FN 155 mit dazugehörigen Quellenangaben. Des Weiteren: Zacour, Talleyrand, S. 52 FN 8; Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 121 ff. Vgl. Letter of the Black Prince (wie Anm. 614), S. 285 ff. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 144; Eulogium Historiarum, S. 221; Chandos’ Herold, S. 50. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 414. In dieser gab Froissart an, Informationen aus dem Gefolge des Kardinals erhalten zu haben, qui là furent présent et qui bien en cuidoient sçavoir aucune cose (Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 416). Siehe Kapitel A) III. 2 e). Der Papst befahl Capocci, sich emotional wie physisch wieder seinem Kollegen anzunähern und die Friedensvermittlung gemeinsam fortzusetzen. Vgl. Innocent VI, N. 2402. Die frühesten Kondolenzschreiben Innozenz‘ an die französische Königin Johanna, Philipp von Burgund und die Königinnenwitwen Johanna und Blanche hinsichtlich der Gefangennahme des

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dass es nicht allzu lange Zeit vor der Schlacht zum Bruch zwischen beiden Kardinälen gekommen war. Aus einer Antwort Innozenz‘ VI. auf eine schriftliche Rechtfertigung Capoccis vom 28. November 1356 geht hervor, dass die Probleme zwischen den Kardinälen von Albano und Vitalis bereits nach ihrer Ankunft in Paris ihren Anfang genommen hatten.708 Wie oben geschildert, waren beide Kardinäle einem Schreiben Innozenz’ zufolge bei ihren Verhandlungen vor Breteuil mit dem französischen König noch vereint.709 Erst Jean Froissart berichtet, dass Talleyrand allein nach Poitiers geritten war.710 Der quellenkundliche Exkurs lässt aufschlussreiche Erkenntnisse über die Prägung der späteren Chronistik durch die päpstliche Diplomatie zu. Dass so viele Chronisten ohne Zugang zu Augenzeugenberichten von der Vermittlung zweier Kardinäle ausgehen, kann aus mehreren Gründen erklärt werden: So könnten sie in ihrer Darstellung der Vermittlung durch ihre zu vermutende Kenntnis der päpstlichen Beglaubigungsschreiben mit Bitte um Unterstützung der Nuntien geprägt worden sein.711 Dass etwa Chronisten in St. Albans, Rouen oder Paris mangels besseren Wissens von der planmäßigen Durchführung der Friedensmission ausgingen, ist möglicherweise mit subordinierten Gesandtschaften oder kurialen Schreiben an deren eigene oder zumindest angrenzende Diözesen erklärbar.712 Es kann hier durchaus von einem publizistischen Erfolg der päpstlichen Friedensvermittlung gesprochen werden. Im Falle des Leicester Chronisten Henry Knighton oder der Redaktion ‚BN, A/B (SHF)’ der Chroniques von Froissarts ist freilich nach einer anderen Ursache für diese Fehlermeldung zu suchen. Päpstliche Schreiben etwa an die Diözese Leicester sind nicht bekannt. Froissart hatte bekanntlich bei seinem Aufenthalt in England gute Zugriffsmöglichkeiten zu diplomatischen Dokumenten gehabt. Gleichwohl schien er kaum Gebrauch davon gemacht zu haben.713 Die naheliegendste Erklärung für das Auftauchen Capoccis in diesen narrativen Texten besteht darin, dass die genannten Chronisten den Auftritt eines Zweifranzösischen Königs stammen vom 1. Oktober 1356. Dies entspricht bei einer Entfernung von 574 Kilometern zwischen Poitiers und Avignon einer Reisegeschwindigkeit von ca. 52 km/Tag. Vgl. Innocent VI, N. 2398–2401. 708 [C]ommissis tibi negociis postquam applicuisti Parisius particulariter descripsisti quibusque te multis rationibus excusasti super eo quod multorum habebat et habet assertio te ac venerabilem fratrem nostrum Talayrandum, episcopum Albanensem (Innocent VI, N. 2481). 709 Vgl. Innocent VI, N. 2267. 710 Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 397. 711 Vgl. Innocent VI, N. 2203–2204 712 Vgl. das unspezifische Schreiben an den englischen Klerus mit der Bitte um die Aufnahme des päpstlichen Nuntius Simon Sudbury sowie das französische Pendant für Reginaldus de Molinis: Innocent VI, N. 1947, 1948 (23. Februar 1356). Die Diözese Paris war zwar nicht ausdrücklich angeschrieben worden, doch erhielt der Bischof von Rouen in seiner Funktion als Kanzler Frankreichs ein Schreiben, so dass die päpstlichen Appelle theoretisch auch in Saint-Denis bekannt geworden sein könnten. Vgl. die Schreiben an die Diözesen London und Winchester: Ebd., N. 2190 (16. Juni 1356), 2302 (2. August 1356) sowie Rouen: Ebd., N. 2204 (20. Juni 1356); Chronicon Angliae, S. 35; Thomas Walsingham, S. 281; Chronique des quatre premiers Valois, S. 50; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 239. 713 Zur Gefahr einer möglichen Überschätzung Froissarts als ‚Historiker’ siehe Kapitel A) III. 2.

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mannteams bei päpstlichen Vermittlungsversuchen als „allgemein übliche Handlung“714 begriffen, die sie umso bereitwilliger kolportierten, je weniger Augenzeugenberichte ihnen vorlagen.715 In dieser Hinsicht können wir in der falschen Schilderung der Friedensvermittlung durch die Chroniken ein weit „verbreitetes Darstellungsschema“716 erkennen, welches im Geschichtsbewusstsein der zeitgenössischen Chronisten fest verankert war.717 Auch das lässt sich als Resultat der päpstlichen Friedensvermittlung festhalten. Der Papst drängte jedenfalls nach dem Bruch der beiden Nuntien mit geharnischten litterae auf die Kooperation der beiden Vermittler, welche auch tatsächlich ihre Tätigkeit kurz darauf in Bordeaux und London wieder gemeinsam fortsetzten.718 c) Darstellung des Auftritts und der Rhetorik des Kardinals Jean Froissart schildert den Auftritt Kardinals Talleyrand überaus spektakulär:719 Mit donnernden Hufen sei er zunächst zum französischen König geritten und habe ihn in tiefer Verbeugung aus Gründen der Demut (en cause d’umilité) mit gefalteten Händen (à mains jointes) gebeten, ihn anzuhören. Einem der detailfreudigsten und farbenprächtigsten Erzähler dieser Zeit verdanken wir somit ein kleines ‚Zeremonienbuch’ eines päpstlichen Vermittlungsversuches. Nach der Interpretation Jean-Claude Schmitts drückte die gestische Kombination aus gefalteten Händen und Kniefall während eines Gebetes seit 714 715 716 717

Prietzel, Kriegführung im Mittelalter, S. 18. Siehe oben, Anm. 93. Prietzel, Kriegführung im Mittelalter, S. 18. An Beispielen früherer Interventionen von Kardinälen zum Verhindern einer Schlacht herrscht kein Mangel. In unserem Zeitraum kämen dafür die Entsendung von Kardinälen nach England durch Benedikt XII. im Jahre 1338, die Vermittlungen apostolischer Nuntien bei Malestroit (1343) und Calais (1347) in Frage. Eine Potenzierung erfährt dieses Erklärungsmodel durch die kuriose ‚Erfindung’ päpstlicher Vermittler bei der Aushandlung des Waffenstillstands von Esplechin (1340) durch fehlinformierte Chronisten, der einzige Fall einer weltlichen Friedensvermittlung in unserem Untersuchungszeitraum. Vgl. Richard Lescot, S. 53; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), Band 2, S. 171 mit der korrekten Darstellung der Vermittlung Johannas von Hennegau in: Froissart (BN, A/B SHF), S. 337 ff. 718 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 290; Zacour, Talleyrand, S. 56. In den Kredentien der Kardinäle in Schreiben an Prinz Eduard nach der Schlacht von Poitiers war immer noch von beiden Vermittlern die Rede. Et ne longis sermonibus diffusius extendamus epistolam precibus nostris adicimus ut que venerabilis frater Talayrandus, episcopus Albanensis, et dilectus filius nostri Nicolaus, tituli s. Vitalis presbyter cardinalis, apostolice Sedis nuntii, vel alter eorum tibi super hoc pro parte nostra per se vel alios retulerint aut litteris indicarint credas indubie illaque speratis operum fructibus pia velis prosecutione complere (Innocent VI, N. 2406 – Hervorhebung durch den Autor). Die Tatsache, dass Innozenz die Sache offen ließ, ob beide oder nur einer der Nuntien tatsächlich vor Eduard treten würde, entsprach indes der diplomatischen Gepflogenheit dieser Zeit. Siehe Kapitel C) IV. 3. 719 Vgl. im Folgenden: Ensi que li François devoient approcier et estoient par samblant en grant volenté de requerre leurs ennemis, evous le cardinal de Pieregorch qui vient férant batant devers le roy, et estoit partis moult matin de la cité de Poitiers, et encline devant le roy moult bas, en cause d’umilité, et li prie à mains jointes, pour si hault seigneur que Diex est, que il se voelle astenir et afrener un petit, tant qu’il ait parlé à lui (Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 414).

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dem 11. Jahrhundert innere Frömmigkeit und Bereitschaft zur Unterwerfung vor Gott aus. Gerade erstere Geste erinnert nicht ganz zufällig an die Kommendation als Bestandteil einer Lehnsnahme.720 In der Interaktion zwischen bittendem Kardinal und gewährendem Prinzen waren gefaltete Hände und angedeutete Proskynese auf vielfältige Weise sowohl in geistlicher wie weltlicher Hinsicht zu interpretieren, vollbrachten aber gerade durch ihre geringe Spezifizierung die erwünschte Wirkung. Ergänzt wird der Bericht Froissarts in zwei englischen Chroniken um eine wichtige Besonderheit. Dem Eulogium Historiarum zufolge sei der Kardinal zu Beginn der Verhandlungen dem Prinzen tränenumflort mit ausgestreckten Armen entgegengekommen.721 Laut dem Herold von Chandos habe der Kardinal bei seiner ersten Begegnungen mit Eduard, zwischen einzelnen Verhandlungsschritten und noch bei seiner ergebnislosen Rückkehr nach Poitiers geweint.722 Seit Studien über symbolische Kommunikation bei Konfliktbeilegungen von Althoff ist das Zeigen von Emotionen, insbesondere Tränen der Rührung bei inszenierten Konfliktlösungen im Mittelalter bestens bekannt.723 Der Einsatz von Tränen in einem derart frühen Stadium der Konfliktlösung mutet zunächst seltsam an. Nach Offenstadt waren sie jedoch ein fester Bestandteil eines begrenzten Sortiments an Gesten, welches jeglicher Bevölkerungsschicht bei Bitten in einem öffentlichen Rahmen zur Verfügung stand.724 Althoff zufolge gehörten besagte Gesten zu einem „Gesamtsystem, mit dem Verhältnisse in ihrer Komplexität abgebildet werden konnten.“725 Offenstadt unterscheidet zwischen Tränen, welche wie bei der Vermittlung von Poitiers, zur Unterstreichung der Dringlichkeit eines Anliegens vergossen wurden von solchen welche von den Anwesenden bei einer inszenierten Konfliktlösung vorgebracht wurden und die Funktion kirchlicher Bußriten gehabt hätten.726 Die performative Wirkung der vom Kardinal durchgeführten symbolischen 720 Vgl. J.-C. Schmitt, La raison des gestes dans l‘ Occident médiéval, Paris 1990, S. 295–301. Ein Leis-

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tungskriterium der symbolischen Kommunikation stellt nach Althoff gerade deren Mehrdeutigkeit dar. Diese sollte unklare Aspekte in der Beziehung zweier Interaktionspartnern vertuschen. Vgl. Althoff, Art. „Symbolische Emotionen‘‘, S. 256. [M]anus et brachia extendens in sublimi lachrymando rogans principem ut modicum sisteret donec voluntatem suam enarraverat (Eulogium Historiarum, S. 222). Der Herold begründete die Tränen des Kardinals mit dessen Mitleid angesichts der vielen Adeligen, welche an diesem Tag vielleicht ihr Leben lassen würden. Vgl. Chandos Herald, S. 53, 56, 60. Vgl. G. Althoff, Tränen und Freude: Was interessiert Mittelalter-Historiker an Emotionen?, in: Frühmittelalterliche Studien 40 (2006) S. 1–11; Ders., Empörung, Tränen, Zerknirschung: „Emotionen‘‘ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters. Frühmittelalterliche Studien, 30 (1996) S. 60– 79. Allgemein zur Verwendung von Emotionen innerhalb Symbolischer Formen der Interaktion und Kommunikation: Ders., Art. „Symbolische Emotionen, Ehrungen und Geschenke“, in: Enzyklopädie des Mittelalters, Band 1, S. 255. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 201. Vgl. Althoff, Art. „Symbolische Emotionen“, S. 256. Am Beispiel der Bitte Philippas von Hennegau um die Begnadigung der Bürger von Calais im Jahre 1347 und den anschließenden Zeichen der Rührung von Eduards Großen bei der Verschonung der Bürger zeigt Offenstadt, dass durchaus beide Formen bei einem Anlass vereint sein konnten. Der Historiker weist zudem auf die Ambivalenz von Tränen in der zeitgenössischen Chronistik hin. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 202 f.

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Kommunikationsleistung ist also nicht von der Hand zu weisen. Bei den Darstellungen über die Tränen Talleyrands de Périgord möchte Offenstadt eine zugrundliegende Urquelle nicht ausschließen, verkennt dabei aber auch nicht die Mehrheit aller übrigen Quellen, in denen der Kardinal gerade nicht weint.727 Bei der Suche nach „Mechanismen der Wahrnehmung“728 der beiden englischen Chronisten fällt auf, dass Talleyrands Tränen sowohl von einem Chronisten erwähnt werden, der die Vermittlung des Kardinals als einen ernstgemeinten Versuch der Gewaltvermeidung bewertete, als auch von einem Autor, der dem Nuntius unverhohlen französische Parteinahme vorwarf.729 Auch wenn die Tränen also nach der Meinung des Eulogiums unter Umständen heuchelhafterweise vergossen worden waren, sahen beide Chronisten in ihnen eine übliche symbolhafte Handlung, welche eine friedensstiftende Aktion unterstrich.730 Nach der Ansicht der Chronisten wirkten sie zumindest insofern zusammen mit den Worten des Kardinals statusverändernd, als eine Aufnahme von Verhandlungen ohne Zweifel ermöglicht wurde. Ein Interaktionsfeld für bedingungslose Konsolidierungen schufen sie dadurch aber zweifellos nicht. d) Rhetorik und Argumentation Froissart ist einer der wenigen Chronisten unseres Untersuchungszeitraumes, der bei seiner Beschreibung der Konfliktintervention bei Poitiers auf das Stilmittel fingierter Dialoge in Prosaform zurückgreift:731 In seinem Appell an Johann II. verwies Talleyrand 727 728 729 730 731

Vgl. Ebd., S. 201 mit FN 132 (Quellenlage). Prietzel, Kriegführung im Mittelalter, S. 18. Siehe unten, S. 186 f. Zur Abgrenzung von „Zeremoniell“ und „Ritual“, siehe Kapitel A) II. 4. Vgl. im Folgenden: Li rois de France qui estoit assés descendans à toutes voies de raison, li acorda et dist: «Volentiers, que vous plaist-il à dire ?» – Très-chiers sires, dist li cardinauls, vous avés ci toute le fleur de le chevalerie de vostre royaulme assamblet contre une puignie de gens que li Englès sont ens ou regart de vous, et se vous les poés avoir et qu’il se mettent en vostre merci sans bataille, il vous seroit plus honnourable et proufitable à avoir par celle manière, que de enventurer si noble chevalierie et si grant que vous avés ci : si vous pri, ou nom de Dieu et d’umilité, que je puisse chevaucier devers le prince et li remonstrer en quel dangier vous le tenés. » Encores li acorda li rois et li dist: «Sire, il nous plaist bien, mès retournés tantost » A ces parole se parti li cardinauls dou roy de France, et s’en vint moult quoiteusement devers le prince, qui estoit entre ses gens […]. Si trètost que li cardinauls fu venus, il descendi à piet et se traist devers le prince qui moult bénignement le recueilli, et li dist li cardinauls, quant il l’eust saluet et enclinet: « Certes, biaus fils, se vous aviés justement considéret et imaginet le poissance dou roy de France, vous me lairiés convenir de vous acorder envers lui, se je pooie.» Dont respondi li princes, qui estoit lors uns jones homs, et dist: «Sire, l’onneur salve de moy et de mes gens, je vorroie bien enchèir en toutes voies de raison.» Dont respondi li cardinauls et dist : «Biaus fils, vous dittes bien, et je vous acorderai se je puis; car ce seroit grans pités, se tant de bonnes gens qui ci sont et que vous estes d’un lés et d’aultre, venoient ensamble par bataille, et trop y poroit grans meschiés avenir.» A ces mos se départi li cardinauls dou prince, sans plus riens dire, et s’en revint arrière devers le roy de France et commença à entamer trettiés d’acort et à mettre pareçon avant et à dire au roy, pour li mieuls attraire à se intention: «Sire, vous ne vous avés que faire de trop haster pour yaus combatre, car il sont tout vostre sans cop férier,

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zunächst auf die versammelte Blüte der französischen Ritterschaft und die Größe des französischen Heeres. Wie unterschiedlich sei dagegen der kleine Heerhaufen des Prinzen. Um wie viel ehrenvoller müsse es für Johann sein, in einer solchen Situation nicht anzugreifen, sondern ihn, Talleyrand, die Engländer davon überzeugen zu lassen, sich der französischen Gnade kampflos zu ergeben? Diesem Argument stimmte der König zu, worauf Talleyrand zum Prinzen ritt. Wieder vom Pferd gestiegen deutete der Kardinal auf die Stärke der französischen Truppen und bat den Prinzen ihm aus diesem Grund die Vermittlung anzuvertrauen. Auch der Prinz war einverstanden und versprach, dass er sich auf alle Wege der Vernunft einlassen wolle, solange nur seine Ehre gewahrt bliebe. Nachdem der Kardinal den Wunsch zum Ausdruck gebracht habe, Menschenleben zu schonen, kehrte er zum französischen Heer zurück, um die eigentlichen Verhandlungen aufzunehmen. Der Argumentationsgang Talleyrands hatte nun eine verschlagene Wendung angenommen, in dem er Johann II. um einen eintägigen Waffenstillstand bat, mit der Begründung, die Sache eile nicht, da ihm Prinz Eduard ohnehin nicht mehr entkommen könne.732 In ihrer detailreichen Darstellung der taktischen Argumentationsweise des Kardinals kann die Redaktion ‚BN, A/B SHF’ als einzigartig bezeichnet werden. Weder Froissarts Vorlage Jean le Bel733 noch seine Redaktion ‚Amiens’734 gehen so detailliert auf die Überzeugungsversuche des Kardinals ein. Letztere Fassung der Chroniques akzentuierte freilich die Rhetorik des Kardinals gegenüber dem Prinzen insofern, als der Kardinal Eduard davon zu überzeugen versuchte, dass für ihn aufgrund der ungleichen Kräfteverhältnisse Verhandlung trotz aller Unannehmlichkeiten noch die beste Option darstellte. Man wird nicht fehlgehen, in dieser Feststellung des Kardinals die Meinung Froissarts und seines von den Idealen der Ritterlichkeit geprägten Umfeldes erkennen zu können. ne il ne vous poeent fuir, ne eslongier: si vous pri que hui tant seulment et demain jusques soleil levant vous leur acordés respit et souffrance.» (Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 414 f.). 732 Jean Deviosse erklärt diesen Vorschlag des von ihm als „vieux renard“ bezeichneten Kardinals mit dessen Kenntnis der Unattraktivität eines Friedensschlusses für beide Parteien. Vgl. Deviosse, Jean le Bon, S. 353. 733 Adoncq vint le cardinal de Pyerregord et ala pluseurs foys entre les II ostz pour y trouver quelque acord; enfin fut tant traittié que le prince de Galles s’acordoit de laissier toutes les villes et chasteaulx qu’il avoit conquis, et quittier de prison le seigneur de Craon et pluseurs aultres prisonniers, mais que le roy Jehan le laissast issir hors de son pays; et avecques ce il creanteroit qu’il ne seroit armé jusques à VII ans contre le royaume de France. Mais le roy Jehan ne voulut point accepter celle belle offre par nul conseil du monde; si luy en meschey (Jean le Bel, Band 2, S. 233 f.). 734 Über eine rituelle Unterstreichung des Anliegens ‚der Kardinäle’ berichtet Froissart in seinem Manuskript „Amiens“ nichts. Zunächst seien die Nuntien zu König Johann II. gekommen und hätten ihn en nom de pité et d’umelité um einen Tag Waffenruhe gebeten. Der König solle sich à aucune belle pais öffnen. Nach dessen – im Gegensatz zur Version „BN, A/B SHF“ – zögerlicher Zusage, hätten Talleyrand und Capocci Prinz Eduard auf folgende Weise um eine Übereinkunft gebeten: [E]t li priierent que il volsist entendre et descendre à tretié d’acort, à quel meschief que ce fust car il estoit en .I. mout dur parti, worauf der Prinz für Verhandlungen aufgeschlossen gewesen sei. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 102 ff.

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Die Mehrzahl der englischen Chroniken reduziert die Rhetorik Talleyrands stereotyp auf den nur knapp angedeuteten religiösen bzw. humanitären Diskurs.735 Im Eulogium Historiarum und der Scalacronica fordert der Kardinal den Prinzen dezidiert dazu auf, nicht das Blut der Christen, sondern stattdessen das Blut der Heiden zu vergießen.736 Da keiner von beiden Chronisten als Augenzeuge des Geschehens gelten kann, wäre gleichfalls von einem Rückgriff auf Darstellungsschemata auszugehen. Allerdings vereinte Talleyrand auch nach der Vie du Prince Noir des Herolds von Chandos, welcher mit höchster Wahrscheinlichkeit über den Hergang des Ereignisses informiert gewesen war, in seinem Appell an den König von Frankreich sowie Prinz Eduard humanitäre mit religiösen Aspekten. Gegenüber König Johann argumentierte der Kardinal: Sire, fait-il pur l’amour Dieu, Bone parole tient bon lieu. […] Car certes ceste grant bataille Tant sera horrible, sanz faille […] Que tant beale creature Faudra morir de grief mort seure[.]737

Und auch in seiner nachfolgenden Verhandlung mit Prinz Eduard brachte Talleyrand seine Sorge zum Ausdruck, dass das Treffen ein großes Blutvergießen nach sich ziehen werde: Sire, fait-il, pur Dieu merci, Car prendrez ce jour-de-hui merci De si mainte noble persone Que au jour-de-hui, c’est la some, Purroient ci perdre la vie En yceste grant estormye.738

In den mitunter zeitnah entstandenen, aber vermutlich über keinen direkten Zugang zu Augenzeugen verfügenden französischen Quellen erfährt der Auftritt Talleyrands bzw. Talleyrands und seines imaginierten Kollegen keine so detaillierte Schilderung.739 Die 735 Laut Geoffrey le Baker habe der Kardinal per honorem Dei passi et amorem Virginis matris eius

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reverenciamque pacis ecclesiastice atque parcitatem effusionis sanguinis Christiani um die Ausrufung einer Waffenruhe gebeten (Geoffrey le Baker, S. 144). Auch der Mönch aus Malmesbury spricht davon dass beide ‚Kardinäle’ praedicando de pietate et misericorida an die allgemeine Frömmigkeit der Kontrahenten appelliert hätten (Eulogium Historiarum, S. 220). Vgl. Eulogium Historiarum, S. 223; Scalacronica, S. 144. Zur prinzipiellen Übereinstimmung der Argumente des Kardinals mit dem Friedensdiskurs der Kurie siehe Kapitel C) I. Chandos Herald, S. 51 ff. Ebd., S. 53. Die französischen Chroniken erwähnen lediglich, dass der Kardinal vom Papst bzw. von der Kirche entsandt worden sei, um zwischen den Königen von England und Frankreich einen Frieden herbeizuführen. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 71; Chronique des quatre premiers Valois, S. 50 f.; Chronique Normande, S. 113 f.; Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 239.

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taktische Vorgehensweise der Kardinäle gegenüber Prinz Eduard in der Chronique des Quatre premiers Valois wirkt spürbar von Froissart beeinflusst,740 wenngleich Akzentverschiebungen bei der Identifikation der Bedenkenträger gegenüber einem französischen Angriff auf das englische Heer auszumachen sind. So hätten die ‚Kardinäle‘ sowie der eigentlich in einem Waffenstillstand mit den Engländern stehende Schotte William Douglas741 die starke Defensivstellung des Prinzen erkannt und Johann II. ausdrücklich vor einem Angriff gewarnt. Einer der Marschälle, Jean de Clermont, teilte ihre Einschätzung, konnte sich aber nicht gegen den zweiten Marshall Audrehem sowie den kampfeslustigen König durchsetzen. e) Bewertung der Vermittlung Talleyrands durch die zeitgenössische Chronistik Die Intervention Talleyrands de Périgord wird von den erzählenden Quellen englischer und französischer Provenienz stark unterschiedlich bewertet und kann nicht einmal im Falle der englischen Chroniken als einheitlich gelten. Eulogium Historiarum und Scalacronica unterstreichen zunächst die religiöse Fundierung der kardinalizischen Intervention. Gleichwohl begründen sie die Vermittlung Talleyrands aus einem zusätzlichen Hintergedanken, nämlich der versuchten Parteinahme für die französische Seite heraus. Die Vermittlung fand zu dem Zweck statt, die Absichten des Prinzen auszukundschaften, und seine Armee während der Verhandlungen auszuhungern. Gleichzeitig sei das gegnerische Heer immer noch stärker geworden.742 Zwar erklärt der Mönch aus Malmesbury den Versuch einer Verzögerungstaktik als französischen Einfall, doch zog im Eulogium auch der Prinz den Schluss, dass sich die Vermittlung Talleyrands nicht zu seinen Gunsten entwickelte. Eduard schleuderte dem Kardinal den Satz ins Gesicht, er möge sich seine zusammengereimten Worte sparen, da er dem König von Frankreich ohnehin in größerer Liebe verbunden sei als ihm selbst.743 Hierin spiegelt sich auch der schlechte Ruf des Kardinals in England wieder. Teilweise entkräftet wird diese Einschätzung bei einem Vergleich mit den übrigen Chroniken. Auch Geoffrey le Baker war sich des Problems des französischen Truppen740 So hätten die ‘Vermittler’ den Prinzen gleichermaßen darauf hingewiesen que le roy de France avoit

si grant quantité de gens qu’il seroit impossible chose que il ne les syens peussent arrester à lui (Chronique des quatre premiers Valois, S. 51). 741 Vgl. Ebd. S. 50. Zu William Douglas, welcher sich zu dieser Zeit freilich im Gefolge Johanns II. befand und mitverantwortlich für die französische Strategie während der Schlacht gewesen war. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 147, 238 ff.; Rogers, War, S. 328 ff., 371 ff. 742 Le cardinal ly pria, qe ordeiner voroit .ix dez soens pur treter en my lieu dez .ij. ostes de vn voy resonable de pese, encountre autres .ix. de le lour, quoy fust ottroie et parfourny, mais rien nen prist a affecte. Mais ceo ne fust fait com aparount fust, mais pur taster le purpos de ly prince, et pur aloigner la bosoigne au damage du dit prince en defaut de vitails et autres estofferis, et en encressement de lou poair, qe touz iours enuindrent, tout enfist le cardynal pu bien. La trtice fust proloigne tout la nuyte. Lendemain au solail leuant, reueint ly cardynal, touz jours curious a destourber la batail, enpressaunt longs trewis, en queux pooit estre trete final pese (Scalacronica, S. 144). 743 Vgl. Eulogium Historiarum, S. 223.

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nachschubs bewusst.744 Der Autor aus Swinbrook zweifelte die Aufrichtigkeit des Vermittlers aber nicht an: Kurz nach der Schlacht schildert Le Baker den Besuchs Talleyrands bei Prinz Eduard in Bordeaux.745 Der Kardinal brachte seine Zerknirschung darüber zum Ausdruck, dass die Verhandlungen nicht zu Gunsten der Engländer gewesen seien, führte dies aber nicht auf sein Verschulden zurück. Der Prinz akzeptierte diese Entschuldigung und die beiden wurden regelrecht Freunde. Eine eigentümliche, chronologisch unhaltbare Episode berichtet das Anonimalle Chronicle: Der Kardinal habe sich bereits kurz nach der Vermittlung wieder in Avignon befunden. Nach dem Erhalt eines kurialen Gerüchts, nach welchem die Armee Johanns II. siegreich gewesen sei, habe sich Talleyrand, der ein Freund der Engländer gewesen sei (!), betrübt in sein Anwesen zurückgezogen. Eine Dankprozession sowie das Singen des ‚Te Deum’ habe er erst dann in seinem Palais angeordnet, als die Meldung vom Sieg des Prinzen in Avignon bekannt gewesen sei. Aufgrund des späten Abfassungszeitpunkts der Chronik kann somit auf eine Imageverbesserung des Kardinals in England am Ende des 14. Jahrhunderts geschlossen werden – vielleicht auch in Folge seiner Friedensvermittlung.746 Aufschlussreich ist die Einschätzung des Herolds von Chandos, dass nach der gescheiterten Vermittlung bei Poitiers der Kardinal von beiden Seiten des Verrates bzw. unlauterer Motive bezichtigt worden war. Konkrete Details dieses Vorwurfes nennt der Herold nicht, doch wiedersprach er diesen Vorwürfen in eloquenter Form.747 In den französischen Chroniken herrscht kein Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Friedensmission. Jean de Venette betont die emsige Betriebsamkeit der ‚Kardinäle’, welche um des Friedens willen wechselseitig vermittelnd, beide Seiten aufgesucht hätten.748 Von ihrer dramaturgischen Funktion her wurde die Vermittlung der ‚Nuntien‘ innerhalb der 744 Vgl. Geoffrey le Baker, S. 144. 745 Vgl. Ebd., S. 155. Zur anglo-französischen Diplomatie der Jahre 1357–59 siehe Kapitel B) VII.

Anm. 12.

746 Vgl. Anonimalle Chronicle, S. 39. Vgl. zu den für ihn persönlich fruchtbaren Aufenthalt des Kar-

dinals in England: Zacour, Talleyrand, S. 56–64. Talleyrand gelang es nicht nur, die Einkünfte seiner lange umstrittenen Dekanatsstelle in York zu sichern, einen Schutzbrief für seinen Familiaren Bischof Pierre Itier von Sarlat zu erreichen und im Jahre 1362 die Besitztümer seines Neffen Archambaud V. von Périgord zu sichern. Als besonderes Zeichen des englischen Wohlwollens wurde er durch Prinz Eduard obendrein mit drei Tonnen Wein beschenkt, in Schreiben der englischen Königskanzlei sogar als amicus noster carissimus bezeichnet. Vgl. Ebd., S. 61; Register of Edward, the Black Prince, Band 4 (England. 1351–1365), S. 247. Ein Grund für die Annäherung zwischen Kardinal und Prinz könnte in deren beiderseitigen Förderung des seinerzeit bei Stiftern wie Unterstützern nicht armen Kartäuserordens zu finden sein. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 297 f. (Gründungsurkunde Eduards III. für ein Kartäuserdamenstift bei Cadzand, ratifiziert durch Prinz Eduard). Vgl. Green, Edward the Black Prince, S. 170 f.; Zacour, Talleyrand, S. 24 f., 70. 747 Chescun disoit en son parti : / «Cil Cardinal nous ad traï.» / E las! pur Dieu, mais noun avoit, / Car tout plorant s’en departoit ! / Et chivachoit devers Paitiers. / Cela lui estoit bien mestiers,/ Car certes il n’avoit bon gré / N’onques grace de nul costè (Chandos Herald, S. 60). 748 [D]omini cardinales pro pace ambas partes saepius adierunt, interponentes sollicite vices suas (Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 239 f.).

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Erzählung auch nicht als Nachteil für die französische Seite begriffen.749 Dies wäre deswegen zu vermuten gewesen, weil angenommen werden müsste, dass die kuriale Vermittlung wie andere rituelle Handlungen vor einer Schlacht vor allem dann thematisiert worden wäre, wenn durch sie der Gegner in ein negatives Licht gerückt oder eigenes d.h. in diesem Falle französisches Fehlverhalten entschuldigt werden könnte.750 Keinen größeren Zusammenhang ziehen die englischen Chroniken indes zwischen der bewussten wie unbewussten Parteinahme des Kardinals mit der französischen Seite und dem negativen Ausgang der Ermittlung, welcher in jedem Fall taktisch oder durch eine Missachtung der päpstlichen Konfliktintervention auf Seiten des französischen Königs motiviert gewesen war. f) Darstellungsschemata der Vermittlung (II): Verhandlungsbereitschaft und Verhandlungsvollmachten der Kontrahenten in der zeitgenössischen Chronistik Noch stärker als die Darstellung des Auftritts und der Rhetorik Talleyrands dienen die Reaktionen Johanns II. und des Prinzen von Wales als Gradmesser für den potentiellen Erfolg der päpstlichen Friedensvermittlung. Die Verhandlungsbereitschaft Prinz Eduards Dem bereits analysierten Brief des Schwarzen Prinzen zufolge war Eduard, dessen „diplomatische Fähigkeiten [von der Forschung] nur [als] mittelmäßig“751 eingeschätzt worden sind, für Verhandlungen durchwegs aufgeschlossen gewesen. Nach ersten, ergebnislosen Gesprächen lehnte er den Vorschlag des Kardinals einer weiteren, diesmal unbefristeten Waffenruhe ab. Trotz der erwähnten Debatten über die Strategie des Prinzen kann dieses Verhalten am besten mit den logistischen Schwierigkeiten Eduards und seiner Bereitschaft zu einer Entscheidungsschlacht unter für ihn günstigen Bedingungen erklärt werden, welche ihn schließlich zu seinem strategischen Rückzug in Schlachtaufstellung veranlassten. Froissart zufolge war Eduard, wie erwähnt, solange bereit, sich auf die Wege der Vernunft einzulassen, wie seine Ehre dabei gewahrt würde. Einer vom Kardinal nach Rücksprache mit Johann II. vorgeschlagenen Waffenruhe waren die Engländer allein deswegen zugeneigt, weil sie sich angeblich noch nicht über ihre Schlachtaufstellung im Klaren gewesen waren.752 Der Redaktion ‚Amiens’ zufolge waren die Engländer auch deswegen kooperationsbereit, weil sie besorgt waren, von den Franzosen auf fremdem Terrain umzingelt und kampflos zermürbt zu werden.753 Nach Jean Le Bel sei die englische Versorgungslage so verheerend gewesen, dass sie seit drei Tagen kein Brot mehr 749 Im Gegensatz dazu interpretieren jüngere Biographien Johanns II. die Vermittlung des Kardinals als

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nützlich für die englische Seite. Vgl. Bordonove, Jean II, le Bon, S. 188 ff.; Deviosse, Jean le Bon, S. 352 ff. Vgl. Prietzel, Kriegführung im Mittelalter, S. 360 f. Jones, Art. „Eduard, Prince of Wales“, Sp. 1592–93. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 416. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 102.

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zu essen gehabt hätten. Gleichwohl scheuten Eduards Mannen den Kampf als solchen nicht, sondern zogen ihn einer schmachvollen Flucht vor.754 Auch alle englischen und zwei französischen Chroniken charakterisieren den Prinzen zu Beginn der Verhandlungen als aufgeschlossen und gesprächsbereit, wobei letztere dies mit der Übermacht von Johanns Heer erklärten.755 Das gut über die Kampagne Eduards informierte Eulogium Historiarum schildert das Auftreten des Prinzen gegenüber dem Kardinal als recht forsch. Er forderte den Kardinal dazu auf, sein Anliegen rasch vorzubringen, da nicht die Zeit zum Predigen, sondern vielmehr zum Kämpfen gekommen sei.756 Anschließend ließ sich der Prinz aber durchaus vom Kardinal von der Notwendigkeit zu Friedensgesprächen überzeugen.757 Auch Geoffrey Le Baker, der zu den großen Bewunderern Eduards zählte, beschreibt den Prinzen als ebenso furchtlos wie friedensliebend und unterstrich dessen Kooperationsbereitschaft. In aller Bescheidenheit ließ er sich zu den Bitten des Kardinalbischofs herab und fügte sich ihm.758 In den Hennegauer Chroniken sowie der Chronique Normande und der Chronique des Quatre Premiers Valois war der Prinz zu stattlichen Zugeständnissen bereit, um eine gütliche Einigung mit Johann II. zu erzielen und freien Abzug für seine Armee bis nach Bordeaux zu erhalten.759 So versprach Eduard, alle Städte und Festungen zurückzugeben, welche er bislang erobert hatte.760 Zusätzliche Angebote stellten dabei die Zahlung einer stattlichen Summe Geldes bzw. die Freilassung einer Zahl von Gefangenen dar. Froissart und le Bel berichten zudem, dass Eduard dazu bereit war, sieben Jahre lang nicht mehr die Waffen gegen das Königreich Frankreich zu erheben. 754 Vgl. Jean le Bel, Band 2, S. 233 ff. 755 In der Chronique des quatre premiers Valois war diese Einsicht der überzeugenden Argumentation

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des Kardinals geschuldet. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 51. Die Chronique normande ging davon aus, dass sich der Prinz auf der Flucht befunden und am glücklichen Ausgang des Kampfes gezweifelt habe. Vgl. Chronique normande, S. 112 f. Dic propositum tuum velociter, quia jam non vacat tempus praedicandi sed potius pugnandi (Eulogium Historiarum, S. 223). Es scheint nicht nur quellenkundlicher Hochachtung gegenüber dem Eulogium geschuldet, dass in Darstellungen anglo-amerikanischer Historiker der Schlacht von Poitiers vor allem diese Äußerung des Prinzen Verwendung fand. Vgl. Rogers, War, S. 367; Sumption, Trial by Fire, S. 236. Vgl. Eulogium Historiarum, S. 223. [N]ec belum timuit nec pacem recusavit, set prefati sancti patris peticioni modeste condescendit (Geoffrey le Baker, S. 144). Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 416; Froissart (Amiens), Band 3, S. 102; Jean le Bel, Band 2, S. 233; Chronique normande, S. 113; Chronique des quatre premiers Valois, S. 51 f. Der Chronique des quatre premiers Valois zufolge fügte der Prinz den zurückzugebenden Städten und Festungen, die er erobert habe auch noch Calais und Guines hinzu. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 51 f. Wie Karl Lampe bei seiner Interpretation der ähnlichen Zugeständnisse des Prinzen in der Chronik Villanis bemerkte, hätte eine Diskussion über eine Rückgabe nordfranzösischer Städte aber in jeder Hinsicht Eduards Kompetenzen überschritten. Vgl. Matteo Villani, Sp. 412–14; Lampe, Die Schlacht bei Maupertuis (18. September 1356), S. 42. Die Chronik Richard Lescots geht einen Schritt weiter und lässt den Kardinal von Périgord Johann II. sämtlichen englischen Festlandsbesitz in Aussicht stellen. Vgl. Richard Lescot, S. 162.

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Die Verhandlungsvollmachten Eduards und die Bedingungen Johanns II. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, erneut auf die Vollmachten des Prinzen zum Zeitpunkt der Vermittlung einzugehen. Diese hatte er ja bekanntlich nach eigener Aussage sechs Tage zuvor bei seinem ersten Treffen mit dem Kardinal von Périgord noch nicht erhalten. Dass sich diese Situation inzwischen geändert hatte, ist unwahrscheinlich.761 Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass Eduard nach wie vor lediglich zum Abschluss eines Waffenstillstandes, nicht aber eines Friedensvertrages berechtigt war. Laut der Scalacronica sowie dem gut informierten Herold von Chandos war dem Verhandlungsspielraum des Prinzen in der Tat enge Grenzen gesetzt.762 Der Herold ließ Eduard einräumen, dass er lediglich zum Abschluss eines Waffenstillstands befugt sei. Ainz en feray tout mon pooir. Mais sachez que, tout pur le voir, Je ne puis pas ceste matiere Acomplir sanz le roy, mon piere; Mais respit puis-je bien doner De mes hommes et accorder[.]763

Wiederholend lässt sich feststellen, dass der Umfang dieser Vollmachten mehr der Ernennungsurkunde des Prinzen als Lieutenant Aquitaniens entsprach als den jüngsten Vollmachten Eduards III. vom 1. August 1356.764 Dementsprechend wirkt es konsequent, dass Eduard in der Vie du Prince Noir keinerlei Kompromissvorschläge unterbreitete und sich der Kardinal mit leicht prahlerischen Unverbindlichkeiten zufrieden geben musste.765 Kurioserweise stellte dem Herold zufolge nunmehr Johann II. die Forderung nach einer Rückgabe sämtlicher Festungen und Ländereien, welche der Prinz seit seinem Aufbruch aus England erobert hatte. Auch solle er die Gründe für das Wiederaufflammen des Krieges ausräumen.766 Es kann die These aufgestellt werden, dass es sich bei den Zugeständnissen des Prinzen bei Le Bel und Froissart ursprünglich um die Forderungen Johanns II. gehandelt haben könnte, welche durch die orale Tradition des Ereignisses bei 761 Englische Chroniken wissen nichts von einer Gesandtschaft. Siehe oben, Anm. 73. 762 Ly prince luy [Talleyrand] disoit touz iours, qen ceo qil auoit poair il se acorderoit uolontiers, et

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ceo ne passeroit il my (Scalacronica, S. 123). Über Vollmachten dürfte zumindest der Herold von Chandos informiert gewesen sein, da sein Herr an den Verhandlungen beteiligt gewesen war. Vgl. Chandos Herald, S. 54 f. Ebd., S. 55. Siehe oben, Anm. 32. Car notre querelle est si vraye / Que de combatre ne m’esmaye; /Mais pur destourner le damage / De la mort et le grant outrage, / Le ferai à votre plaisir / Ou gré de mon piere assentir (Chandos Herald, S. 55 f.). Die zweite Bedingung Johanns muss letztlich verschwommen bleiben. Sie kommt entweder einer Entschädigung des Prinzen für seine Feldzüge seit dem Jahre 1355 gleich, oder entspricht der Forderung nach einer ‚Kriegesschulderklärung’ Eduards III. Diese hätte freilich mit dem Leisten einer neuen ligischen Mannschaft einhergehen müssen. Vgl. Chandos Herald, S. 52.

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den Chronisten des Hennegau zu den Konditionen Eduards für einen Friedensschluss umgeformt worden waren.767 Die Verhandlungsbereitschaft Johanns II. und seiner Getreuen Allgemein lässt sich feststellen, dass das Verhalten Johanns II. vor der Schlacht von den französischen Chroniken alles andere als vorbildlich gezeichnet wurde.768 Geradezu hitzköpfig und übereilt war Johann gewesen, sowie vollends entschlossen, den Prinzen nicht kampflos ziehen zu lassen.769 Trotz des Angebots umfangreicher Entschädigung durch Eduard lehnte er weitere Verhandlungen ab und schickte den Kardinal fort.770 Dass es sich bei dieser Charakterisierung um kein positives Darstellungsschema gehandelt haben wird, lässt sich daran erkennen, dass die Entscheidung Johanns nicht durch eine militärische Notwendigkeit oder gar mit der Wahrung seiner Ehre begründet wurde. Die verschiedenen Redaktionsstufen Froissarts sind sich über die Verhandlungsbereitschaft Johanns II. vor Poitiers in Detailfragen uneins.771 Dennoch berichten beide, dass es im Gefolge des französischen Königs zu Debatten über die weitere Vorgehensweise gekommen sei. Insbesondere seine engsten Vertrauten Jean de Landas und Eustache de Ribbemont waren gegen die von Talleyrand vorgeschlagenen Waffenruhe.772 Der Kardinal musste alle Überzeugungskraft aufwenden, um den französischen König auch von der weiteren Waffenruhe bis zum Montagmorgen überzeugen zu können. Für den Chronist aus Valenciennes konnten Friedensvermittlungen nur schwer gegen den Widerstand der Großen eines Feldherrn durchgesetzt werden, auch wenn seiner Meinung nach die letzte Entscheidung immer noch der König zu treffen hatte.773 Noch stärker wird die Rolle der Fürsten Johanns II. bei der Entscheidungsfindung über Krieg und Frieden in der Chronik 767 Zur Verwandtschaft zwischen der Vie du Prince Noir und Froissart siehe Kapitel A) III. 2 e). 768 Vgl. P. Contamine, Art. „Poitiers, Schlacht von (19. September 1356)“, Sp. 45 f., der eine Kontras-

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tierung in den Quellen zwischen der „unerschrockenen Standfestigkeit“ des Königs und der „Feigheit der Adeligen“ zu erkennen vermag. Anhand den Grandes Chroniques de France kann dies kaum nachvollzogen werden. Vgl. Grandes Chronqiues de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 72 mit Richard Lescot, S. 162 f. Mais Jehan le roi de France fut si plain de grant courage et de hastive voulenté qu’il dist qu’il ne lairoit pas fuire les ennemis puis qu’il les avoit atains (Chronique des quatre premiers Valois, S. 50 f.). Ebd., S. 52. Während die Redaktion „Amiens“ bereits von Anfang an von einem Widerstand der Großen Johanns gegen eine friedliche Konfliktbeilegung ausgeht, betonte Froissart in der Redaktion „BN, A/B SHF“ zunächst die Offenheit des Königs gegenüber toutes voies de raison. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 101 f. mit Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 414 f. Letzterer sei es laut Froissart auch gewesen, welcher dem König nach der Auskundschaftung des englischen Heeres trotz einiger Einschränkungen zum Angriff geraten habe. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 97. Zur Beratung von Fürsten durch ihre Ratgeber und Getreuen in Fragen über Krieg und Frieden im Spätmittelalterlichen England vgl. Graßnik, Ratgeber des Königs, S. 166 ff., 180 ff. Allgemein vgl. K. Görich, Die Ehre Friedrich Barbarossas. Kommunikation, Konflikt und politisches Handeln im 12. Jahrhundert (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Darmstadt 2001, S. 27 ff.

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Geoffrey Le Bakers hervorgehoben, wobei sich der Chronist einige spöttische Seitenhiebe auf die französische Krönungstheologie nicht verkneifen zu können glaubte.774 Während sich der Marschall Jean de Clermont auf den Waffenstillstand einließ, widersprachen ihm sein Kollege, Marschall André Audrehem, der Schotte Sir William Douglas und der königliche Standartenträger Geoffrey de Charny entschieden.775 Der König wurde schließlich mit folgenden Argumenten davon überzeugt, sein Glück im Kampfe zu suchen: Nach dem natürlichen Lauf der Dinge könnten die Engländer gar nicht gewinnen, da sie in der Minderzahl, nicht ortskundig und zudem erschöpft seien. Selber verteidige man aber die Heimat, sei ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgt und bestens ausgeruht. Alleine aus der Anwesenheit des Königs sei schon ein Zuwachs an Wagemut zu erwarten und nicht zuletzt sei dieser ja auch mit dem Öl der heiligen Ampulle gesalbt worden. Sich diesen Beweggründen entgegenzustellen, grenze an Majestätsbeleidigung. Nach diesem Bündel traditionaler Rhetorik blieb dem Kardinal nichts anderes übrig, als dem Prinzen mitzuteilen, dass die Franzosen nicht eher Frieden wollten, bis der Zorn des Kriegsgottes verraucht sei.776 Bemerkenswert an dem Bericht le Bakers ist vor allem die zeitgenössische Vermutung, dass die Berater des französischen Königs ausschlaggebend für dessen Entscheidungsfindung gewesen seien, sich diese auf französischer Seite als kollegialer Prozess gestaltete. Die Bemühungen der Päpste, Friedensmissionen möglichst flächendeckend den geistlichen wie weltlichen Großen beider Königreiche anzukündigen, erfährt also in dem Bericht eine gewisse Berechtigung wie auch die bittere Bestätigung, dass sie in diesem Fall erfolglos gewesen waren.777 In den Hennegauer Chroniken brachte der französische König dagegen die Verhandlungen durch seine überhöhte Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation und Geiselhaft des Prinzen mitsamt dem Großteil seines Gefolges zum Wanken.778 Eduard lehnte dies ab und unterbreitete stattdessen das bereits erwähnte umfangreiche Gegenangebot einer Entschädigung Johanns für die Schäden seiner bisherigen Feldzüge. Jean le Bel zufolge wollte Johann II. dieses Angebot jedoch par nul conseil du monde akzeptieren. Anders als die französischen und englischen Chroniken erklärte sich der Chronist 774 Dass der Autor aus Oxfordshire Informationen aus erster Hand besaß, braucht in diesem Fall nicht

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vermutet zu werden. Allenfalls könnten Berichte über die Situation im französischen Heereslager über gefangene Franzosen nach England gekommen sein. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 144 f. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 50 f. [Q]uod dux francigenum nullam penitus pacem volebat, nisis furore Martis adeptam (Geoffrey le Baker, S. 145). Zu den am 20. Juni 1356 von Innozenz VI. angeschriebenen sieben französischen Fürsten und Geistlichen fielen alleine drei in der Schlacht. Darunter waren Herzog Philippe von Bourbon, Konnetable Gautier de Brienne und Bischof Reginald Chauveau von Châlons-sur-Marne. Letzterer zählte noch dazu zu den glühendsten Verfechtern einer militärischen Entscheidung. Vgl. Innocent VI, N. 2190, 2203–04, 2302. Eine Auflistung der anwesenden und gefallen französischen Adeligen und Geistlichen befindet sich in: Matteo Villani, Sp. 412–418. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 237, 247. [Q]ue il ne voloient nullement descendre à acord, se il n’avoient de V les IIII, et que li princes et ses gens se rendesissent simplement, ce que il [der Prinz] n’euissent jamais fait (Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 416). Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 102; Jean le Bel, Band 2, S. 233 f.

Poitiers (1356): Die Intervention Talleyrands de Périgord

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aus Lüttich die ablehnende Haltung des Königs damit, dass für Johann ein Vertrag auch zu fürstlichen Bedingungen noch eine Schande dargestellt hätte. Das mag damit zusammenhängen, dass sich Johann dem Chronisten zufolge den Kampf gegen Eduard zu einer persönlichen Sache gemacht hatte, die nicht durch einen Friedensschluss beendet werden könne.779 Der französische König war Gründungsmitglied eines Ritterordens, dem die Flucht auf dem Schlachtfeld untersagt war.780 Es ist daher wahrscheinlich, dass es sich bei seinen Forderungen um einen demonstrativen Abbruch der Verhandlungen handelte. Johann II. reduzierte seine Forderungen zwar insofern, als er nur noch den Prinzen und 100 Getreue als Geiseln forderte, doch wiesen der Prinz und seine Berater auch dieses Angebot zurück, worauf es schließlich zum Abbruch der Verhandlungen und zum Kampf kam.781 Die Verhandlungsbereitschaft Johanns II. wird in mindestens zwei französischen,782 aber auch einigen englischen Quellen783 als ähnlich gering eingeschätzt und teils direkt mit dem Abbruch der Gespräche in Verbindung gebracht. Die Grandes Chroniques de France hüllen sich bezeichnenderweise über den Grund für den negativen Ausgang der Vermittlung in Schweigen und betonen stattdessen unverfänglich die Entschlossenheit Johanns II. bei seinem Sturm auf die überlegene Defensivstellung der Engländer.784 Der dritte Fortsetzer der Chroniken Guillaumes de Nangis, Jean de Venette, gibt keine nähere Auskunft über das Verhalten Johanns II., sondern bewertet das Scheitern der Vermittlung als Teufelswerk.785 Statt Frieden habe Hochmut geherrscht sowie übersteigertes Selbstvertrauen in die Stärke der eigenen Streitkräfte. Dies stellt einen ersten Anhaltspunkt dafür dar, dass der Versuch der Verhinderung einer letztlich verlorenen Schlacht von französischen Geschichtsschreibern als gottgewollt eingeschätzt wurde. Entsprechend deutlich fällt daher die Beurteilung durch Richard Lescot aus. Auf die vom Kardinal vorgebrachten, weitreichenden Friedensangebote reagierten die Adeligen Johanns II. mit 779 Bei seinem Auszug aus Paris befahl König Johann allen Adeligen und Nichtadeligen die Beteiligung

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an seinem Feldzug. Ein Zurückbleiben bedeute Schande. Johann II. litt unter spürbarem Erwartungsdruck. Vgl. Le Bel, Band 2, S. 230. Relativierend hinsichtlich Johanns Aufgebot dagegen: Sumption, Trial by Fire, S. 227. Vgl. D. M. Bessen, Wishing upon a Star: King John, the Order of the Star, and Politics, in: Esssays in medieval studies, 3 (1986) S. 193–206; Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, S. 29; J. A. Wagner, Art. „Star, Order of the“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 288; Sumption, Trial by Fire, S. 87 ff.; Cazelles, Société politique (Jean II et Charles V), S. 144 ff. Et quant le prince sceut celle response, il ordonna ses gens et attendi la bataille mout doubtablement (Chronique normande, S. 113); Princips autem audita hujuscemodi responsione, ordinavit acies suas et multum hesibundus expectavit bellum propter maximum exercitum regis Francie (Chronographia regum francorum, S. 260). Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 50 f.; Chronique normande, S. 113. Vgl. Scalacronica, S. 146; Geoffrey le Baker S. 144 f. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 72. Sed impediente humani generis inimico cum aliquibus filiis Belial, partibus discordantibus, non potuit pax apponi; quinimio, superbia regnante et confidentia in potentia et multitudine armatorum hominum durante, campale bellum statuiter ordinate (Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 240).

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Hochmut und bezichtigten den Vermittler des Verrates, worauf dieser sich nach einer Segnung beider Heere aufgewühlt zurückzog.786

Zusammenfassung Die wichtigste Aufgabe eines päpstlichen Friedensvermittlers war die Durchführung von Sondierungsgesprächen zur Einleitung einer tiefergehenden Verhandlungsphase. Während die Sondierung vom Kardinal mit Hilfe der bereits bewährten Pendeldiplomatie durchgeführt wurde, fand letztere Phase auf direkte Art und Weise zwischen den beiden Delegationen statt. Eine vermittelnde Beteiligung des Kardinals ist nicht erkennbar. Zur Überwindung des anfänglichen Widerstands auf beiden Seiten war es nach Einschätzung der Chronisten entscheidend, dass der Vermittler die Konfliktpartner davon überzeugen konnte, dass das Sich-Einlassen auf Verhandlungen mit ihrer Ehre vereinbar blieb. Dies funktionierte nur mit einer geschliffenen Rhetorik und mitunter verschlagenen Argumenten. Dass der Kardinal gegenüber dem Prinzen von Wales zunächst Erfolg hatte, ist aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit seiner Truppen leicht verständlich, dass dies beim französischen König zu größeren Widerständen führte, ebenfalls. Talleyrand bemühte sich darum, die päpstliche Diplomatie mit Hilfe einer angepriesenen ‚Wertsteigerung‘ der königlichen Ehre bei der Vermeidung einer ‚unfairen’ Schlacht zu ‚verkaufen‘. Zusätzlich griff Talleyrand auf ein dezidiert symbolhaftes Handeln zurück, das von Gesten der Frömmigkeit, Tränen zur Unterstreichung seines friedensstiftenden Anliegens bis hin zu gleichfalls formelhaften, religiösen Friedensappellen reichte. Semantisch vergleichbar ist das verbale Verhalten des Kardinals am ehesten mit der päpstlichen Korrespondenz, die nonverbalen Akte symbolischer Kommunikation dagegen mit der Darstellung der Vermittlung Johannas von Hennegau bei ihrer Vermittlung in Esplechin im Jahre 1340.787 Das Verhalten des Kardinals kann mit einer „Kette von Handlungen, Gesten und auch Worten [gleichgesetzt werden], die Mustern verpflichtet sind, sie wiederholen und so einen Wiedererkennungseffekt erzielen“ und somit, kurz, als Ritual begriffen werden.788 Bei der Frage nach dessen Wirkmächtigkeit kann nach einer Analyse der zeitferneren Chroniken in der Tat ein „liminaler Effekt“ zu Beginn der Friedensvermittlung beobachtet werden.789 In allen Berichten war der Kardinal zu Beginn der 786 Quo peracto, cum princeps suos pugiles quarris et quadrigis et omni genere vehiculorum cinxisset

ad resistendum fortius, per cardinalem Petragoricensem illuc pacis occasione a papa destinatum, regi Francie trina vica offerri fecit omnia que pacis erant et cum perpetua pace quidquid citra mare Anglici possidebant. Quibus cum indignatione spretis et cum tanta superbia ut nobiles assistentes publice ipsum dominum cardinalem de proditione notarent, confusus inde recedens, cum hostes ab eo flexis genibus benedictionem accepissent, tunc fortunam prelii expectare statuunt pede fixo (Richard Lescot, S. 102). 787 Siehe Kapitel A) III. 2. f) und Kapitel B) I. 3. 788 Althoff, Die Macht der Rituale, S. 13. 789 Ebd., S. 193.

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Vermittlung selbst dann erfolgreich, wenn ihm seine Verhandlungsgegner zunächst mit Skepsis begegnet waren. Dass die Vermittlung schließlich misslang, ist zunächst mit den widrigen äußeren Faktoren zu erklären, denen der Kardinal bei Poitiers ausgesetzt war. Hierbei ist zunächst erneut an die vermeintliche Asymmetrie des Kräfteverhältnisses zu erinnern. Nur wenige Augenzeugen des Ereignisses erkannten, dass dieses tatsächlich zu Ungunsten des französischen Heeres beschaffen war.790 Die Ehre eines zahlenmäßig überlegenen Gegners konnte bei Verhandlungen anscheinend nur durch weitgehende Forderungen bewahrt werden. Aufgrund der mangelnden Verhandlungsvollmachten des Prinzen und weitergehenden, quellenkritischen Argumenten kann mit der Vie du Prince Noire angenommen werden, dass es sich bei der vorgeschlagenen Herausgabe sämtlicher von den Engländern eroberten Städte und Festungen ursprünglich um eine Forderung Johanns II. gehandelt hatte, welche von später schreibenden Chronisten nach dem Aufgreifen oraler Traditionen zu einem Angebot des Prinzen gemacht worden war. Dadurch gaben sie aber ihren Lesern zu verstehen, dass für einen taktisch unterlegenen Gegner selbst weitreichendste Zugeständnisse keine Gefahr für seine Reputation darstellten, während für den überlegenen Gegner allenfalls Maximalforderungen den Ausgleich herbeiführen konnten. Die darüber hinaus drakonischen Forderungen Johanns II. kurz vor Abbruch der Vermittlung können daher vielmehr als symbolhafte Handlung zum Abbruch der Diplomatie und als Demonstration der eigenen Friedfertigkeit angesichts der bereits beschlossenen Schlacht interpretiert werden.791 Obendrein verdeutlicht die Vermittlung Talleyrands, dass einem päpstlichen Friedensvermittler nur ein knappes Zeitfenster für seine Arbeit offen stand. Er durfte den Verhandlungspartnern keinesfalls das Gefühl vermitteln, dass die Verhandlungen zu ihren Ungunsten stattfanden, da sonst militärische Gesichtspunkte die Oberhand gewinnen mussten. Das Ablehnen des letzten Vermittlungsversuchs Talleyrands am 19. September 1356 zeigt, dass die Dynamik eines Feldzuges keine Aussicht auf einen Stillstand zuließ. Es war folglich beinahe unmöglich für einen apostolischen Nuntius den Ausgleich herbeizuführen, wenn die Zeit knapp und das Kräfteverhältnis asymmetrisch war. Der eingangs geschilderte schlechte Ruf des Vermittlers schien dagegen in keiner Phase der Verhandlungen einen Einfluss auf die taktischen Entscheidungen der Kontrahenten gehabt zu haben, auch wenn sich die englischen Chronisten dessen durchaus bewusst waren. Der Erfolg päpstlicher Friedensmissionen hing folglich in diesem Fall nur wenig vom biographischen Hintergrund und der Selektion der Vermittler ab.792

790 Skeptisch waren etwa der französische Bundesgenosse William Douglas und der schlachterprobte

Eustache de Ribemont. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 50; Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 410 ff. 791 Vgl. Ohler, Krieg und Frieden im Mittelalter, S. 251. 792 Siehe Kapitel C) IV.

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VII. Brétigny (1360): Notarielle Aufgaben und zeremonielle Funktion apostolischer Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny 1.

Einführung

Am 8. Mai 1360 wurde zwischen englischen und französischen Gesandten unter der Vermittlung apostolischer Nuntien der Vertrag von Brétigny unterzeichnet.793 Dabei handelte es sich um einen bedeutenden Vorvertrag zu dem ersten von insgesamt drei Friedensschlüssen während des Hundertjährigen Krieges.794 Der Vertrag sah die Übertragung von nicht weniger als einem Drittel des französischen Kronbesitzes an Eduard III. vor, darunter ein vergrößertes Herzogtum Aquitanien inklusive dem Poitou, Angoulême, der Saintongue, dem Quercy und Rouergue sowie die Grafschaften Ponthieu, Montreuil und der Mark Calais. Für seine Freilassung aus englischer Gefangenschaft hatte Johann II. die stattliche Summe von 3.000.000 Écu d’or zu bezahlen. Die spektakulärste Bestimmung des Vertrages hatte aber den Verzicht Eduards auf die Krone Frankreichs im Gegenzug zum Erhalt der vollen Souveränität über den englischen Festlandsbesitz zum Gegenstand.795 793 Der Vertrag kann im Original in seiner Ratifikation durch den Schwarzen Prinzen in den Archives

Nationales eingesehen werden. Vgl. Paris AN J 638 N. 8. Er wurde ediert in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 487–494 und im vollen Wortlaut wiedergegeben in den Grandes Chroniques de France. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 267–99. Für rasche Überblicke vgl. im Folgenden: P. Contamine, Art. „Brétigny, Friede v.”, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 630 f.; J. A. Wagner, Art. „Brétigny, Treaty of (1360)“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 58 f. Tiefergehende, kontroverse Interpretationen bieten: J. le Patourel, The Treaty of Brétigny, 1360, in: Transactions of the Royal Historical Society, 10 (1960) S. 19–39 [ND in Ders., Feudal Empires Feudal Empires. Norman and Plantagenet, London 1984, S. 19–39 (Kapitel XIII.)] und Rogers, War, S. 388–400, 416–424, welcher den Vertrag und seinen Inhalt einer Neubewertung unterzog. Die Ereignisgeschichte des Vertragsabschlusses kann nachgelesen werden in: Sumption, Trial by Fire, S. 444 ff.; Autrand, Charles V, S. 391 ff.; Favier, La guerre de Cent Ans, S. 273–286. Dagegen leidet Deviosse, Jean le Bon, S. 445–459 an Fehlern im Detail. In diplomatiegeschichtlicher Hinsicht maßgeblich bleiben: Delachenal, Charles V, Band 2, S. 193–216; Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 360–70. 794 Dazu zählen neben dem sowohl als Vertrag von Brétigny als auch als Vertrag von Calais bezeichnetem Frieden des Jahres 1360 auch die Kombination aus einer Hochzeitsallianz zwischen Richard II. und Karl VI. und einem 28 jährigen Waffenstillstand im Jahre 1396 sowie der Abschluss des Vertrages von Troyes im Jahre 1420, der nach der Ehe Heinrichs V. mit Katharina von Valois eine Personalunion über die Königreiche England und Frankreich nach dem Tode Karls VI. regelte. Vgl. J. A. Wagner, Art. „Richard II.“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 296 f. sowie Ders., Art. „Troyes, Treaty of”, in: Ebd., S. 302 f. 795 Eine entsprechende Regelung war bereits Bestandteil des Vertrages von Guines (1354) gewesen. Siehe Kapitel B) V.

Brétigny (1360): Notarielle Aufgaben und zeremonielle Funktion

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Das Abkommen beendete keineswegs dauerhaft den Krieg, neutralisierte aber doch für die kommenden neun Jahre sämtliche Hauptkonfliktherde auf französischem Boden. Für die Päpste von Avignon stellte der Vertrag von Brétigny den Höhepunkt der jahrzehntelangen anglo-französischen Friedensbemühungen der Kurie seit dem Pontifikat Bonifaz’ VIII. dar.796 Für die Könige Eduard III. und Johann II. bedeutete die Regelung viel mehr als eine weitere Waffenruhe. Anders als der Vertrag von Paris (1259)797 hundert Jahre zuvor, war der Friedensschluss die radikale Umwälzung des als konfliktverschärfend erkannten vasallitischen Verhältnisses beider Herrscher. Nach dem Willen der Könige sollte dieses nunmehr durch ein Freundschaftsbündnis auf gleicher Augenhöhe abgelöst werden. In künftigen Urkunden bezeichneten sich die Könige von England und Frankreich daher als Brüder.798 Der 31. Artikel des Vertrages besagte nichts weniger, als dass zwischen beiden Königen perennes alligantis, amicitiae, confoederationes geschlossen und gehalten werden sollten.799 Es kann hier nicht die Aufgabe sein, den in seiner politischen wie rechtlichen Bedeutung umstrittenen und in seinen rechts- und mentalitätsgeschichtlichen Aspekten bis heute unvollständig untersuchten Vertrag einer umfassenden Würdigung zu unterziehen. Für uns stellt sich in erster Linie die Frage nach der Rolle der päpstlichen Friedensstifter beim Zustandekommen des Vertrages sowie bei der zeremoniellen Gestaltung der endgültigen Ratifikationsfeierlichkeiten des 24. Oktobers in Calais.

2.

Militärgeschichtlicher Hintergrund des Vertragsabschlusses

Am Montag, den 13. April 1360 geriet die Invasionsstreitmacht Eduards III. am Ende einer wenig ruhmreichen Kampagne800 bis vor die Tore von Paris in einen verheerenden Hagelsturm.801 An diesem Unglückstag, der später ‚Schwarzer Montag‘ genannt worden ist, wurde der größte Teil des englischen Vorratstrosses vernichtet und zahlreiche Zug-

796 Vgl. Favier, La guerre de Cent Ans, S. 281. 797 Siehe Kapitel A) II. 3. und Kapitel B) I. 1. 798 [I]l [Johann II.] rapassa le mer à grant quantité de signeurs et de barons et vint de rechief à Calais:

là eut grans parlemens de l’une partie et l’autre dou conseil des II rois, qui par l’ordenance de la paix s’appelloient frère (Froissart (Lettenhove), Band 6, S. 301). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 512 ff., 518 ff. 799 Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 492. 800 Für kurze Überblicke über die letzte Kampagne Eduards III. vgl. J.A.Wagner, Art. „Rheims Campaign (1359–1360)“, in: Ders. (Hrsg.), Encyclopedia of the Hundred Years War, S. 265; Rogers, War, S. 385–422; Sumption, Trial by Fire, S. 424–452. 801 Vgl. Französische Chroniken: Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 308; Chronique Normande, S. 152; Richard Lescot, S. 145. Englische Chroniken: Henry Knighton zufolge hätte der Hagelsturm die Engländer zur Rückkehr nach England veranlasst. Vgl. Henry Knighton, S. 112; Scalacronica, S. 184; Anonimalle Chronicle, S. 47; Nach Walsingham starben plura millia hominum et equorum in Regis exercitu versus Aurelianum (Thomas Walsingham, S. 289).

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tiere getötet.802 Von Anfang an hatte der Feldzug unter keinem guten Stern gestanden. Eduard III. hatte im Frühsommer des Jahres 1360 eine erneute Invasion Frankreichs beschlossen. Zuvor war ein im Mai 1359 unmittelbar zwischen den Königen Eduard III. und Johann II. ausgehandeltes Abkommen, der sogenannte Zweite Vertrag von London von den französischen Generalständen und Beratern des Regenten Karls (V.) abgelehnt worden.803 Letztere beteuerten laut den Grandes Chroniques de France, den Vertrag aufgrund überzogener Forderungen nicht hinnehmen zu können.804 In der Zeit der Gefangenschaft Johanns II. (1356–1360) war die Diplomatie weitgehend durch die Reise der Nuntien Niccolò Capocci und Talleyrand de Périgord sowie dem am Jahresanfang zum Kardinal ernannten, vormaligen Erzbischof von Rouen, Pierre de la Forêt, nach England aufrechterhalten worden. Zwischen dem gefangenen König Johann und seinem Sohn und Regenten Karl (V.) hatte zu diesem Zweck ein reger und schließlich vergeblicher Gesandtenverkehr stattgefunden.805 Nachdem ein Vertragsschluss aussichtslos geworden waren, schwor der englische König nach seiner Landung in Calais, nicht eher nach England zurückzukehren, bis er ein Ende des Krieges bzw. einen Frieden herbeigeführt habe, der seiner Ehre genüge tue.806 Ursprünglich hatte Eduard III. die Einnahme der französischen Krönungsmetropole Reims im Sinn gehabt. Durch diesen Schritt sollte sein bislang nur propagandistisch und publizistisch vertretener Anspruch auf die Krone Frankreichs auf eine reale Grundlage gestellt werden.807 In militärischer Hinsicht erwies sich die Kampagne als Fehlschlag: Eine Belagerung von Reims war in logistischer Hinsicht zu schwierig gewesen und musste im Frühjahr 1360 abgebrochen werden.808 Auch während seiner anschließenden Bela802 803 804 805

Vgl. Rogers, War, S. 414. Vgl. Le Patourel, The Treaty of Brétigny, S. 92. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II. et Charles V), Band 1, S. 234 ff. Für einen Überblick über die anglo-französischen Friedensverhandlungen der Jahre 1358–59, welche zum Abschluss des sogenannten Ersten und Zweiten Vertrages von Londons führten, vgl. Innocent VI, N. 2553, 2574, 2586, 2587, 2588, 2644–2646, 2753, 2759, 2779, 2781–2783; Reg. Vat. 239, f. 74; Reg. Vat. 240 f.; Rogers, The Anglo-French Peace negotiations, S. 198–208; Sumption, Trial by Fire, S. 262 ff., 281 ff., 288 ff., 298 f., 308 ff., 326 ff., 373 ff., 400 ff.; Autrand, Charles V, S. 246 ff., 270 ff., 357 ff., 364 ff.; Le Patourel, The treaty of Brétigny, S. 19–31; Cazelles, La Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 354–85; Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 91 f.; Zacour, Talleyerand, S. 55–64. Der Erste Vertrag von London (1358) wurde ediert von Delachenal, Charles V, Band 2, S. 402–411. Der Zweite Vertrag von London (1359) wurde herausgegeben und kommentiert von E. Cosneau (Hrsg.), Les grands traités de la guerre de Cent Ans, Paris 1889, S. 1–32. Innozenz VI. beauftragte die Vermittler dieser Jahre, Talleyrand de Périgord und Niccolò Capocci, parallel mit der Beilegung der Konflikte zwischen Karl von Navarra und dem Dauphin Karl (V.). Als Verbindungsmann diente der Waffenknecht Guillelmus de Guillernia. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. f. 70 v.- 72. 806 Quant tous furent assemblez, le roy fist assembler toute la compaignie en une place, et leur dit plainement que son intencion estoit de retourner ou royaume de France et de jamais n’en retourner ne repasser la mer, s’il n’avoit fait fin de guerre ou paix à son honneur grandement, ou il morroit en la plain (Jean le Bel, Band 2, S. 298). 807 Sumption, Trial by Fire, S. 404; Rogers, War, S. 397; Autrand, Charles V, S. 383 f. 808 Vgl. Rogers, War, S. 405–409; Sumption, Trial by Fire, S. 427–432; Fowler, King’s Lieutenant, S. 203.

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gerung von Paris gelang es dem englischen König nicht, eine ernsthafte Bedrohung für die stark befestigte französische Hauptstadt darzustellen. Eine Herausforderung Eduards an den Dauphin zu einer Entscheidungsschlacht verhallte wirkungslos vor den Mauern der französischen Metropole,809 weshalb sich der König zu einem strategischen Rückzug entschloss.810 Die konsequente Strategie der Schlachtvermeidung seitens Karls [V.] und seiner städtischen Befehlshaber hatten den Feldzug Eduards zu einem vergeblichen Vernichtungskrieg auf leerem Land werden lassen.811 Zwei Tage darauf wurde der englische König auf dem Weg nach Chartres von dem eingangs beschriebenen Unwetter überrascht. Veranlasst durch eine Mischung aus logistischer Notwendigkeit und strategischem Kalkül, religiöser Ehrfurcht aufgrund eines so eindeutigen Himmelszeichens812 sowie dringenden Empfehlungen der eigenen militärischen Anführer, nahm Eduard III. schließlich am 1. Mai bei Sours Verhandlungen auf.813 Die Voraussetzungen für erfolgreiche Gespräche waren bereits zwischen dem 3. und 10. April gelegt worden. An diesen Tagen hatten zwei zunächst ergebnislose Sondierungsgespräche vor den Toren von Paris in den Hospizen von Longjumeu und la Banlieu bei Tombe-Issoire unter der Vermittlung zweier Teams apostolischer Nuntien stattgefunden. Dabei handelte es sich zunächst um den Ordensgeneral der Dominikaner, Simon de Langres,814 und den englischen Dekan aus Chichester und päpstlichen Auditor, William Lynn.815 Diesen stellte Innozenz VI. noch vor den Verhandlungen Abt Androin de la Roche 809 Eduard versprach bei dieser Gelegenheit angeblich sich im Falle einer Niederlage jeglicher Ansprü-

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che auf das Königreich Frankreich zu entsagen. Vgl. John of Reading, S. 135 f. mit der Schilderung der Grandes Chroniques, welche nichts von diesem, für die Darstellung der Entschlossenheit des Dauphin ungünstig auslegbaren Vorschlag berichten. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 259 f. Froissart zufolge beabsichtigte Eduard sich den Sommer über in die Bretagne zurückzuziehen und mit neuen Kräften im Sommer wiederzukehren. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 6, S. 279 mit der skeptischen Bewertung von Eduards Chancen und Intentionen in: Delachenal, Charles V, Band 3, S. 190. „[U]ne chevauchée vaine dans un pays vide“ (Favier, La guerre de Cent Ans, S. 274). So die eindringliche Interpretation in: Rogers, War, S. 414 ff.; Ders., Anglo -French Peace Negotiations, S. 212 ff; Mortimer, The Perfect King, 341. Einen Überblick zur praktischen Manifestation von Eduards Frömmigkeit bieten: Andre, Ein Königshof auf Reisen, S. 180–185; Ormrod, Edward III., S. 56. Henry von Lancaster riet Eduard III. Anfang April dazu, die französischen Angebote anzunehmen, da die aktuelle Kampagne dem König bislang nur hohe Kosten verursacht habe. Der König riskiere an einem Tag soviel zu verlieren, wie er in zwanzig Jahren erobert habe. Ein Gefolgsmann Eduards interpretierte das Unwetter als Zeichen für den Zorn Gottes und für die Notwendigkeit eines Friedensschlusses. Eduard III. schwor daraufhin zur Kathedrale in Chartres zu pilgern und der Jungfrau Maria zu geloben, sich auf einen Friedensschluss einzulassen. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 241 ff. Über den 1352 zum Ordensgeneral ernannten Langres vgl. H. Denifle; E. Chatelain; C. Samaran (Hrsg.), Chartularium Universitatis parisienisis, Band 2, Paris 1891, S. 519 [N. 1052 mit FN 2]; J. Quétif und J. Echard (Hrsg.), Scriptores Ordinis Praedicatorum (1), Paris 1719, S. 636. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 455 (17. Nov. 1359).

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von Cluny und Ritter Hugues de Genève von Anthon, einen Schlachtgefährten des englischen Königs, an die Seite.816 Der genaue Ablauf der Verhandlungen und die Partizipation der kurialen Friedensstifter an den Gesprächen lassen sich aus den englischen817 und französischen818 Chroniken sowie Jean Froissart819 immerhin soweit rekonstruieren, dass 816 Vgl. Ebd., S. 486 (4. März 1360); Reg. Vat. 240 f. 21 v ff.; 25 r ff.; Reg. Aven. 143 f. 26 v f.; Lunt,

Financial relations, Band 2, S. 657 ff. Aus den Beglaubigungsschreiben des Papstes geht hervor, dass die zweite Gesandtschaft Anweisungen vive vocis oraculo erhalten hatte, dass sie der frühere Gesandtschaft unter Leitung Simons de Langres weisungsgebunden war. Vgl. Reg. Vat. 240 f. 22 v. 817 Im Chronicon Anonymi Cantuariensis werden eindeutig legatos Pape als für die Aufnahme von Gesprächen und den erfolgreichen Abschluss zunächst eines Waffenstillstandes und darauf eines Friedensvertrages verantwortlich gemacht. Vgl. Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 54–57. Nach Thomas Walsinghams wurden die Vorverhandlungen vor Paris von französischer Seite aus im Auftrag des Dauphin durch den Abt von Cluny und dem Grafen von Tancarville sowie Jean de la Maingre („Boucicaut“) aufgenommen. Von päpstlicher Vermittlung ist in der Chronik keine Rede. Die von den Franzosen unterbreiteten Bedingungen wurden von Eduard III. zurückgewiesen, weitere Gespräche sogar untersagt. Vgl. Thomas Walsingham, S. 288. Die Darstellung des Chronicon John of Readings folgt im Wesentlichen Thomas Walsinghams. Vgl. John of Reading, S. 136. 818 Die Grandes Chroniques de France stellen auf französischer Seite unsere Leitquelle dar. Sie benennen und identifizieren korrekt die beiden nacheinander agierenden Teams der päpstlichen Vermittler unter der Leitung Simon de Langres bzw. Androins de la Roche. Diese bereiteten in Einzelgesprächen mit den Kriegsparteien weiterführende Verhandungen vor. Die eigentlichen Friedensgespräche scheinen dagegen durch direkte Verhandlungen zwischen den Kontrahenten durchgeführt worden zu sein. Auch bei den zweiten Verhandlungen am 10. April waren die Nuntien lediglich für die Aufnahme der Gespräche zuständig gewesen. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 258. Die Chronique des quatre premiers Valois weiß nichts von der Beteiligung apostolischer Nuntien an den Verhandlungen. Nach ihr war trotz der englischen Misserfolge abermals der Regent für die Aufnahme von Verhandlungen verantwortlich gewesen. Diese wurden daraufhin vom Grafen von Tancarville und dem Konnetable Jean de la Maingre durchgeführt. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 115 f. Die Continuatio Richard Lescots berichten korrekt, dass die ersten Verhandlungen am 3. April auf magna instantia des apostolischen Nuntius Simon de Langres zustande kamen. Die Friedensgespräche fanden auf direktem Wege zwischen der französischen und englischen Delegation statt. Vgl. Richard Lescot, S. 143 f. 819 Nach Froissart war Eduard III. von doy prelat de Sainte Eglise qui estoient dou plus estoit consseil le ducq de Normendie aufgesucht worden, bei denen es sich um den Bischof von Thérouanne, Gilles Aycelin de Montaigut und Abt Androin de la Roche gehandelt habe, welche allesamt grant traiteur de pés gewesen seien. Zusammen mit anderen weisen Männern Frankreichs erkannten sie, dass das Königreich Frankreich den derzeitigen verheerenden humanitären wie wirtschaftlichen Zustand nicht mehr länger ertragen könnte: [Q]ui [die beiden Vermittler de Montagut und de la Roche] veoient avoecq aucuns sages hommes du royaumme de France, que li dis royaummes estoit durement blechiez et grevés de cief en quor et se doubtoient que il ne peuuissent longement porter si grans fés car on ne poot aller en nulle marce dou royaume de France qu’il n’y euuist Englés ou Navarois. Eine Linderung der Verhältnisse sowie eine Rückkehr Johanns II. ne se pooit faire sans pés. Dem Dauphin wurde von seinen Beratern empfohlen, zum Wohle des ganzen Königreiches Frieden mit den Engländern schließen. Karl ließ sich daher davon überzeugen, Frieden zu schließen, egal welche Unannehmlichkeiten dies mit sich bringe, car tous li royaummes le desiroit. Froissart zufolge scheiterten die Verhandlungen letztlich aus einem Stimmungswandel Eduards III. heraus. Der englische König war über den Tod des mit ihm eng verwandten Konstablers, des Grafen de la Marche sowie

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entweder die apostolischen Nuntien oder eine französische Gesandtschaft den englischen König um die Aufnahme von Verhandlungen gebeten hatten. Aufgrund zu weitgehender englischer oder französischer Forderungen wurden diese aber letztlich abgebrochen. Die Chronique des Quatre Premiers Valois berichten, dass von englischer Seite Ansprüche erhoben würden, welche dem ein knappes Jahr zuvor vom Dauphin abgelehnten Zweiten Vertrag von London entsprochen hätten,820 was in der militärischen Lage als überaus ambitioniert bezeichnet werden kann.

3. Die Rolle der päpstlichen Nuntien beim Abschluss des Vertrages von Brétigny Trotz des Scheiterns der Gespräche war die Kommunikation zwischen beiden Seiten durch das Engagement der apostolischen Nuntien aufrechterhalten worden. Dieser Sachverhalt sorgte mit weiteren günstigen Faktoren dafür, dass beide Parteien nach ihrer erneuten Zusammenkunft am 1. Mai in Brétigny in nur sieben Tagen zu einem so beachtlichen Ergebnis gelangen konnten.821 Bereits am 7. Mai einigten sich die Bevollmächtigten beider Könige in Brétigny zunächst auf einen Waffenstillstand bis zum 29. September 1361.822 a) Brétigny als Stätte der Entscheidungsfindung – Organisation und Verhandlungsnormen In der Narratio des Waffenstillstandsvertrages wird die maßgebliche Rolle der päpstlichen Friedensstifter am Abschluss des Vertrages betont. Androin de la Roche, Hugues de Genève und Simon de Langres werden namentlich als especiales messagers hervorgehoben.823 Dies widerspricht eigentümlicherweise den Berichten der narrativen Quellen

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über den Überfall einer französischen Invasionsflotte auf die Hafenstadt Winchelsea erzürnt gewesen. Ähnlich wie Thomas Walsingham und weitere Chronisten war sich Froissart nicht über die Trennung zwischen päpstlichen Vermittlern und französischen Abgesandten im Klaren, auch wenn er die Funktion einzelner Beteiligte im anglo-französischen Friedensprozess korrekt wieder gab. Dennoch fällt es schwer, aus den Chroniques Rückschlüsse über die Art der Verhandlungsführung zu ziehen. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 240 f. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 115 mit der Vermutung Faviers, dass der Stein des Anstoßes der englische Thronanspruch gewesen sei. Vgl. Favier, La guerre de Cent Ans, S. 276, Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 445; Autrand, Charles V, S. 393; Delachenal, Charles V, Band 2, S. 198 f. Der Waffenstillstandsvertrag befindet sich im Original in: London, PRO E 30/1493 und wurde publiziert in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 486. Nous pour l‘onneur & reverence de nostre seint pere le Pape, qui pour ce a envoie devers nous ses especials messagers, c‘estassaver, L‘abbe de Clugny, Monsieur Hughes de Geneve, & La Maistre de l‘ordre des Freres Precheurs, qui sur ce nous ont requis, a grant instance, en nom de monseigneur, & de nous, pour lui & pour nous, & pour ses subgez, aliez, aidans, & amis, & pour les nostres, avons ottroie & acorde, acordons & ottroions, au dit Roy d‘Engleterre, a ses subgiz, aliez,

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französischer824, englischer825 und hennegauer825 Provenienz. Diese betonen mit Ausaides, & amis, bonnes trieues & loials, du date de ces lettres, jusques au jour de la Saint Michel prochein venant, & d‘icellui jour jusques a la Saint Michel qui serra l‘an M.CCC.LXI, & tout le jour de la dite fest, jusques au soleil couche (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 486). 824 Trotz der korrekten Darstellung der apostolischen Nuntien als Vermittler in den Grandes Chroniques de France zwischen Eduard III. und dem Dauphin wird das Zustandekommen des Friedensvertrages eher dem Numinösen als dem konkreten Vermittlungsgeschick der Nuntien zugeschrieben: Et firent assez sentir, tant par l’abbé de Cligny, legat de par le Pape en France pour traictier de paix, comme par autres, que ilz entendroient volentiers au traictié de paix, se le dit regent vouloit envoier par devers euls. Et pour ce, par deliberacion de conseil, le dit regent envoia à Chartres pluseurs de son Conseil, entre les quelz furent messire Jehan de Dormans, evesques de Beauvais et chancelier de Normandie, messire Jehan de Meleun, conte de Tanquarville, le quel estoit encore prisonnier des Anglois dès la bataille de Poitiers, là où le roy de France avoit esté pris […]. Et partirent de Paris le lundy après la saint Marc, xxviie jour du dit mois d’avril. [...] Item, le vendredy premier jour de may, l’an dessus dit, assemblerent au dit lieu de Bretigny les dessus nommez de la partie de France et les gens du dit roy anglois; entre les quelz furent le duc de Lenclastre (sic), la conte de Norentonne, le conte de Waruhic, le conte de Surfort, messire Regnaut de Cobehan, messire Berthelemy de Broueiz, messire Gauthier de Manni, touz chevaliers, et pluseurs autres jusques au nombre de xxii personnes. Et toute la semaine continuerent le traictié, tant que par le plaisir de Dieu et de la glorieuse vierge Marie, le vendredy ensuyvant viiie jour du dit mois de may, ilz furent à acort de paix par la manière qui ensuit [es folgen die Vertragsbestimmungen] (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 259 ff.). Die Chronique des quatre premiers Valois weiß trotz der Erwähnung Androins de la Roche nichts von einer päpstlichen Beteiligung an den Verhandlungen. Fälschlicherweise nimmt die Chronik ebenso wie die Chronica Anglicana an, dass sich der Abt von Cluny unter den französischen Delegationsmitgliedern befunden habe und geht irrigerweise von der Anwesenheit des Erzbischofs von Sens, Guillaume de Melun, sowie des Grafen von Tancarville bei der Ratifikation des Friedensvertrages aus. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 116 f. Jean de Venette berichtet vage, dass der Vertrag zwischen solemnes ambiassatores [bzw.] nuntios beider König ausgehandelt worden sei. Der Friede sei inspirante Spiritu Sancto zustande kommen. Der Abschluss des Vertrages wird in der Chronik uneingeschränkt positiv bewertet und war mehr dem Wirken Gottes als der Vermittlung der Nuntien zuzuschreiben. Vgl. Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 310. Der Chronique Normande zufolge bat Eduard III. nach dem genannten Hagelsturm um einen Friedensschluss, was ihm der Regent der Freilassung seines Vaters zuliebe gewährte. Vgl. Chronique Normande, S. 152. Nach der Fortsetzung der Chronik Richard Lescots verständigten sich die Engländer nach dem verheerenden Hagelsturm unter der Vermittlung des vom Papst entsandten Androin de la Roche mit den französischen Abgesandten auf die Aufnahme von Verhandlungen. Diese fanden auctoritate domini ducis Normannie quia rex presens non erat ac principis Wallie primogenitorum amborum regum statt. Daraufhin wurde ein Vertrag von 40 Artikeln aufgesetzt. Vgl. Richard Lescot, S. 145. 825 Nach Henry Knighton wandelte Gottes Barmherzigkeit die durch das Unwetter erzwungene Rückkehr des englischen Heeres in honorem regiae majestatis. Für das ausführende Organ des göttlichen Willens hielt der Chronist aus Leicester zweifellos die apostolischen Nuntien, mit denen Eduard Anfang Juni (sic!) Verhandlungen in die Wege geleitet hatte. Über die Verhandlungsnormen ist aus der Chronik nichts weiter in Erfahrung zu bringen. Der König von Frankreich beteiligte sich dem Leycestrensis Chronicon zufolge erstmals an den Friedensverhandlungen in Calais. Vgl. Henry Knighton, S. 112 f. Die Scalacronica berichtet aufgrund der Anwesenheit ihres Autors im englischen Heer detailliert, aber nicht immer fehlerfrei über die Kampagne Eduards und die stattfindenden Friedensgespräche. Die Initiative für Verhandlungen ging hier vom Grafen von Tancarville

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nahme der Chroniques von Froissart sehr viel deutlicher die direkte Interaktion der Gegner. Bleiben die Nuntien in den Chroniken nicht gänzlich unerwähnt oder werden mit den Beteiligten der französischen Delegation verschmolzen, so werden sie als rein passive Kontakteknüpfer eingeschätzt. Ein wie auch immer geartetes diplomatisches Kapital ist in den erzählenden Quellen kaum wahrnehmbar. Die Friedensvermittlung der Nuntien wird selbst in den Vitae Paparum Avenionensium nur knapp gestreift.827 Durch den Quellenvergleich wird aber erkennbar, dass die Vermittler dank ihrer konstanten Pendeldiploaus. Dieses Ansinnen stieß auf die Zustimmung Eduards III. Die Friedensverhandlungen fanden in der Beauce in der Nähe von Orleans (sic!) statt. Der französische Kronrat bat um die Aufnahme der Gespräche, während als Vermittler korrekt Labbe de Cluny, monsire Hugues de Genève genannt und als messager du Pape, mediatours bezeichnet worden war. Ohne auf die Art der Gesprächsführung weiter einzugehen, führt Thomas Gray aus, dass am 7. Mai (sic!) bei Chartres der Frieden zwischen den beiden Kronräten ausgehandelt worden war. Vgl. Scalacronica, S. 182–187. Dem Anonimalle Chronicle zufolge wurden die Verhandlungen über einen Friedensschluss und einen Lösegeldvertrag Johanns II. zwei Meilen von Chartres entfernt auf die Bitte des labbe de Clane (sic!) et autres legates et messagers del couurt de Rome aufgenommen und par graunt mediacioun et graunt prier [...] entre les deux roies et deux roialmes zum Abschluss gebracht. Vgl. Anonimalle chronicle, S. 47. Laut Thomas Walsingham wurde der Vertrag nach dem ‚Schwarzen Montag‘ unter der Zustimmung des Regenten und des englischen Königs am 15. Mai (sic) bei Chartres abgeschlossen, wobei die Initiative auf französischer Seite gelegen hatte. Der englische König ordnete daraufhin an, dass der Vertrag auf die heilige Hostie und das heilige Evangelium beschworen werden sollte. Dies geschah zunächst in Paris und Louviers durch die beiden Thronfolger Karl und Eduard. Ohne den Friedensschluss mit der päpstliche Friedenspolitik in Verbindung zu bringen, schreibt Walsingham die Ratifikation des Vertrages in der Form liturgisierter rechtssymbolischer Handlungen der sapientia Eduards III. zu. Die Beteiligung apostolischer Nuntien wurde durch den Chronisten von St. Albans erst bei der Bekräftigung des Vertrages von Brétigny durch Innozenz VI. berücksichtigt. Vgl. Thomas Walsingham, S. 288–294. Die Darstellung des Chronicons Johannis de Reading folgt im Wesentlichen Thomas Walsingham. Vgl. John of Reading, S. 137 f. Das Chronicon Anonymi Cantuariensis bringt keine neuen Aspekte, benennt korrekt die Vermittlung apostolischer legates, irrt aber in der Behauptung, der Dauphin habe in Gegenwart Prinz Eduards in Paris den Vertrag ratifiziert. Vgl. Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 55 ff. mit der korrekten Darstellung in den Grandes Chroniques de France (wie Anm. 824). 826 Froissart wies in seinen Chroniques am stärksten auf den Zusammenhang zwischen dem Hagelstum vom 13. April und der Erkenntnis des englischen Königs für die Notwendigkeit von Verhandlungen hin. Wie erwähnt, unterschied der Hennegauer Chronist nicht zwischen Nuntien und der französischen Delegation. Aus dem Kontext wird ersichtlich, dass die als Prälaten bezeichneten Vermittler das Darstellungsschema päpstlicher Friedensvermittler einnahmen: À lendemain, revinrent li prelat deviers lui [Eduard], qui tant li prechierent et remonstrerent de biaux exemplez et de bonnes parolles, que on li entama le coer, enssi que par force, à le pés car trop à envis de premiers y entendoit. Nachdem auch Eduards Getreue, darunter Henry von Lancaster, auf ihn überzeugend eingewirkt hatten, zog sich Eduard III. auf die Bitte Androin de la Roches ins Hinterland von Chartres zurück, um dort über den Frieden zu verhandeln. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 242. 827 Ad que nonnulli aspectum habentes [Innozenz VI.], et specialiter dominus Androinus de Rocha, tunc abbas Cluniacensis, ad id intendere et vacare decrevit; et tandem, Domino sibi assistente, post multos et varios labores in tantum operatus est quod dictos reges ad hanc concordiam inclinavit et induxit [Es folgt eine Paraphrase der Vertragsartikel] (Prima vita Innocenti VI, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 324 f.).

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matie stets dann als Vermittler bereit standen, wenn dies aufgrund der sich verändernden militärischen Lage geboten schien. Bei der Wahl eines Ortes der Entscheidungsfindung wirkten die Nuntien laut Jean Froissart immerhin vorselektierend. Den englischen König veranlassten sie dazu, sich in die merce de Cartres zurückzuziehen. Auch steht zu vermuten, dass die Vermittler aufgrund der Abwesenheit König Johanns II. in London und des Aufenthalts des Dauphin in Paris darauf bedacht waren, den englischen König und seinen Sohn Eduard während der eigentlichen Gespräche auf Distanz zu halten. Dadurch sollte offenbar eine paritätische Verhandlungssituation geschaffen werden. Die Einigung auf Brétigny als Verhandlungsort erfolgte letztlich zwischen der Delegation des Dauphins und dem englischen König.828 Berücksichtigt man zudem, dass nicht nur zeitnahe englische Chroniken sondern auch die Grandes Chroniques de France der französischen Seite den initiierenden Anteil bei der Aufnahme der Diplomatie zusprechen, so verstärkt sich unser Eindruck, dass Eduard III. im Mai 1360 von einer Position der Stärke aus verhandelte.829 828 Et celi jour furent à Chartres, et depuis passerent oultre, en alant vers le dit roy d’Angleterrre, et

envoierent par devers li et son Conseil, pour savoir où ilz assembleroient pour traictier, as quelz de la partie de France fu fait savoir que ilz retournassent à Chartres, et que le dit roy anglois se trairoit vers là. Et ainsi le firent, car les François retournerent à Chartres. Et le roy anglois se ala logier à une lieue près ou environ, en un lieu appelé Sours. Et pristrent place de assembler pour traictier en un lieu, appellé Bretigny, près de Chartres […]. Item, le vendredy premier jour de may, l’an dessus dit, assemblerent au dit lieu de Bretigny les dessus nommez de la partie de France et les gens du dit roy anglois (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles Vl), Band 1, S. 261 f.) 829 Dies widerspricht gängigen Interpretationen, nach welchen Eduards Kampagne der Jahre 1359/60 ein militärisches wie politisches Desaster, der Abschluss des Vertrages dagegen ein französischer Triumph gewesen sei und demzufolge die Aufnahme von Gesprächen von englischer Seite aus einer akuten militärischen Notlage geschuldet gewesen sei: „Resté vainqueur par la bataille de Poitiers, Édouard était vaincu dans sa dernière campagne et perdait pour jamais l’espérence si longtemps caressée de briser les Français“ (Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 363). Auch Perroy und Fowler bewerteten Eduards Kampagne aufgrund der vergeblichen Belagerungen von Reims und Paris gemessen an den eigenen Ansprüchen des englischen Königs als misslungen. Dem englischen König müsse eine regelrechte „failure of strategy“ attestiert werden. Vgl. Fowler, The King’s lieutenant, S. 209 mit Perroy, La guerre de Cent Ans, S. 112 ff. Nach Favier, „Édouard III avait raté son affaire“ (Favier, La guerre de Cent Ans, S. 274). Auch Patourel bewertete den Abschluss des Vertrages klar als französischen Triumph über den angeblich geschwächten Gegner. Vgl. Le Patourel, The Treaty of Brétigny, S. 133–39 [Kapitel XIII]. Cuttino beurteilt die Kampagne als ergebnislos, hielt den Abschluss des Vertrages aufgrund dessen faktischer Restitution des Angevinischen Reiches aber für erfolgreich. Vgl. Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 93. „Edward’s army may have been impressively large and superbly equipped, but the Dauphin’s policy of refusing battle and defending the walled towns had left them with no way of coming to grips with the enemy before they starved. So Edward authorized a message to be sent to the abbot of Cluny. He told him that he was willing to treat with the Dauphin” (Sumption, Trial by Fire, S. 444). Insbesondere die Chronique des quatre premiers Valois schildert die englische Lage als hoffnungslos (wie Anm. 824). Demgegenüber beurteilt lediglich Rogers den Abschluss des Vertrages von Brétigny als Eduards „victory“. Der Chronik Froissarts zufolge war der Dauphin aufgrund der englischen Kampagnen und innerfranzösischen Unruhen der späten 1350er Jahre handlungsunfähig geworden. Die Aufnahme von Verhandlungen habe eine dringende politische Notwendigkeit dargestellt, um in Zukunft Schlimmeres zu vermeiden. Vgl. Rogers, War, S. 416–422 mit Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 321, 324.

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Bei den Gesprächen im Frühjahr handelte es sich um einen mehrwöchigen Prozess, innerhalb dessen die beiderseitigen Positionen auf kontrollierte Weise aneinander angeglichen wurden. Das Endergebnis war, wie bereits eingangs geschildert, für Eduard III. durchaus profitabel. Gemessen an seinen eigenen Ansprüchen kann seine Kampagne als Erfolg gewertet werden. b) Einfluss apostolischer Nuntien auf Abschluss und Gestaltung des Vertrags von Brétigny (8. Mai 1360) Am 8. Mai 1360 setzten 16 französische und 21 englische Abgesandte830 eine beeindruckende Urkunde von insgesamt 40 Artikeln auf. Der Abschluss eines Abkommens im Mittelalter lässt sich nach George Cuttino in ein dreistufiges Phasenmodell gliedern. Nach diesem wurde zunächst der Frieden – wie in Brétigny – von Gesandten abgeschlossen (pax inita), darauf, ebenfalls von den Delegierten, durch einen Eid auf die Seele ihrer Herrscher bekräftigt (pax firmata) und schließlich durch eine erneute Bestätigung der Könige und das Aufsetzen und den Austausch der beiden Vertragsdokumente ratifiziert (ratificatio).831 Der Vertrag von Brétigny sollte also ein Vorvertrag für dessen endgültige Redaktionsstufe sein, welche schließlich, mit inhaltlichen Modifikationen, am 24. Oktober 1360 von beiden Herrschern in Calais beeidigt werden sollte. Die uns im Folgenden begegnende Vielzahl an gestaffelten Ratifikationsleistungen haben Nicolas Offenstadt dazu inspiriert, die Beeidigung derartiger Verträge nicht mehr als Einzelvorgang sondern vielmehr als „processus“ bzw. als „institution“ anzusehen.832 Hinsichtlich der zeremoniellen Gestaltung des langersehnten Friedensschlusses sowie einer möglichen Beteiligung apostolischer Nuntien an den Friedensverhandlungen gibt uns die Vertragsurkunde als solche nur wenig Auskunft.833 Dies wirkt überraschend, da bereits sehr viel einfachere Waffenstillstandsverträge mit der Schilderung ausgefeil830 Bei den Franzosen handelte es sich um eine vergleichsweise niederrangige Delegation unter der Lei-

tung des Bischofselekten von Beauvais und Kanzler des Dauphins, Jean de Dormans. Auf englischer Seite wurde das eingeschworene Team Henrys von Lancaster aktiv. Die Aussteller des Waffenstillstands vom 7. Mai sowie des Vertrages von Brétigny waren hinsichtlich der englischen Delegationsspitzen nicht identisch. Lancaster und die Grafen William von Northampton und Thomas von Warwick wurden als Ratifikanten erst des Vorvertrages aktiv. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 486 mit Ebd., S. 493. 831 Vgl. Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 7–10 mit der Definition Heinemeyers, welcher die beschriebene Vorgehensweise als charakteristisch für das sich im Spätmittelalter entwickelnde, „[z]usammengesetzte Vertragsschließungsverfahren“ sieht. Vgl. W. Heinemeyer, Studien zur Diplomatik mittelalterlicher Verträge vornehmlich des 13. Jahrhunderts, in: Archiv für Urkundenforschung, 14 (1936) S. 321–413, hier 357 ff. 832 Offenstadt, Faire la paix, S. 265. 833 Den Foedera zufolge gibt es, anders als in der Urkunde des vorausgehenden Waffenstillstandes vermerkt, keinen Hinweise auf die Beteiligung päpstlicher Nuntien an dem Friedensvertrag, auch wenn, wie gezeigt werden soll, der Papst im 34. und 36. Artikel als Garant des Friedens festgelegt wurde. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 486–494.

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ter Rituale aufwarten können. Diese gingen dem Erstellen der eigentlichen Vertragsurkunde jeweils voraus und können daher als statusverändernd gelten.834 Bei der Suche nach Formen symbolischer Kommunikation während des Abschlusses des Vorvertrages werden wir dagegen in der anglo-französischen Chronistik fündig. Bemerkenswerterweise fanden die Bekräftigungen um einige Tage zeitversetzt und an mehreren Orten statt. Die Firmatoren waren die von ihren Vätern mit der Verhandlungsführung beauftragten französischen und englischen Kronprinzen Eduard von Wales und Karl [V.] von der Normandie. Die Modalitäten für die kommenden Abschlusszeremonien wurden den hier textidentischen Chroniken von John of Reading und Thomas Walsingham zufolge noch am 8. Mai beschlossen und zwar bezeichnenderweise durch König Eduard III. selbst. Der Vertrag von Brétigny sollte durch einen Eid auf die gleichzeitig in Händen gehaltene, geweihte Hostie und das heilige Evangelium beschworen werden.835 Zu diesem Zwecke wurden von beiden Seiten sechs Vertrauenspersonen, darunter zwei Bannerträger, zwei Barone und zwei Ritter damit beauftragt, vom Dauphin Karl bzw. Prinz Eduard den Eid entgegen zu nehmen.836 Aufgrund der Abwesenheit des Dauphins bei den Verhandlungen bei Chartres fand der erste Teil des Zeremoniells in Paris statt.837 Im hôtel des Erzbischofs von Sens wurde am 10. Mai in Anwesenheit der englischen Ritter, der engsten Berater Karls und des Vorstehers der französischen Kaufmannschaft der Vertrag mit allen seinen Artikeln dem Dauphin durch den Pariser Bürgerlichen Jean de Marés verlesen.838 Nach einer vom Erzbischof persönlich zelebrierten Messe begab sich Karl nach dem Singen des dritten Agnus Dei839 zum Fuße des Altars, beeidigte mit einer Hand über 834 Siehe Kapitel C) VII. 835 Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 179 ff. 836 Vgl. John of Reading, S. 137; Thomas Walsingham, S. 289. Beide Chroniken irren sich im Tag des

ursprünglichen Vertragsabschlusses, indem sie den 15. Mai benennen. Ein verständlicher Irrtum, da an jenem Tag auf identische Weise der Vertrag durch den Schwarzen Prinz bei Louviers bekräftigt wurde. Durch einen Quellenvergleich gelang es Delachenal auf englischer Seite Reginald Cobham, Bartholomew Burghersh, Frank de Hall, Miles Stapleton, Richard de la Vache und Nigel Loring als Teilnehmer zu identifizieren. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 207 FN 2. 837 Vgl. Ebd. S. 207. 838 Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II und Charles V), Band 1, S. 315 ff. mit der abweichenden und weniger überzeugenden Darstellung Froissarts, dass die Eidesleistung bereits im Vorfeld der Reise nach Paris in Gegenwart der beiden Thronfolger stattgefunden habe. Anschließend kamen vier englische Ritter nach Paris um den Eid vor den Einwohnern von Paris zu leisten: Et envoya li dis rois englés ces IIII. chevaliers, [...] à Paris pour jurer le pés au palais devant tous le peuple. Im Zuge einer Reliquienschau in der Saint-Chapelle seien die Ritter daraufhin mit einem Dorn aus der sich dort befindlichen Dornenkrone Christi sowie mit einem prächtigen Schlachtross beschenkt worden. Anschließend wurden die Ritter wieder ins englische Heerlager zurückgeleitet. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 246; Sumption, Trial by Fire, S. 448; Autrand, Charles V, S. 391. 839 Beim Agnus Dei handelte es sich um ein klassisches Friedensgebet, welches sowohl inneren wie äußeren Frieden schaffen sollte. Seit dem 11. Jhd. wurde vermutlich in Folge der Gottesfriedensbewegung die dritte Anrufung Christis als Lamm Gottes durch den Halbsatz Dona nobis pacem ergänzt. Die Platzierung performativer Akte gerade nach dieser Zeile im Vorfeld der Eucharistie erscheint schlüssig. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 177.

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dem Evangelium, mit der anderen über der geweihten Hostie die Vertragsbestimmungen und garantierte deren Umsetzung. Nach einem weiteren Wortgottesdienst, ebenfalls nach dem Agnus Dei, schritt der Dauphin in Begleitung der englischen Ritter erneut zum Altar und bekräftigte den Vertrag unter Zuhilfenahme einer Schriftrolle mit dem Wortlaut des Eides. Anschließend ging ein Waffenjunker zum Fenster der erzbischöflichen Residenz, um den Frieden auszurufen,840 wonach alle Beteiligten in die Kathedrale Nôtre-Dame zogen und ein Te Deum anstimmten. Dabei läuteten die Glocken sämtlicher Kirchen in Paris.841 Jean de Venette bemerkte bei dieser Gelegenheit trocken, dass mit Ausnahme von Waffenfabrikanten und Plünderern die gesamte französische Bevölkerung über den Friedensschluss begeistert gewesen sei.842 Nach einem Kulturprogramm für die englischen Ritter mit Ausflügen zum benachbarten Palais und der Sainte-Chapelle, wurde die gegnerische Delegation reich beschenkt zu ihrem Heerlager zurückgeleitet. Am 15. Mai wurde der Vertrag dann in komplementärer Weise in Anwesenheit französischer Ritter durch Prinz Eduard in der Kathedrale von Louviers beeidigt.843 Nach vollbrachter Tat verbrannte der englische König alles überflüssige Gepäck und marschierte so rasch wie möglich gen Norden. Am 19. Mai 1360 schiffte sich Eduard mit seinen Söhnen nach England ein, um zusammen mit Johann II. die weiteren Schritte zur Unterzeichnung des Vertrages zu regeln.844

4. Die Rolle päpstlicher Nuntien bei der Ratifikation des Vertrages in Calais a) Die Päpstlichen Ratifikationsschreiben Bei der zweiten Stufe des Vertragsabschlusses (pax firmata) konnte bis jetzt keine direkte Beteiligung apostolischer Vermittler nachgewiesen werden. Dabei war in zeitgleichen Bekräftigungsschreiben der positive Einfluss des Papstes auf das Zustandekommen des Vertrages von den ursprünglichen Firmatoren Karl (V.) und Prinz Eduard noch eigens hervorgehoben worden.845 Im Folgenden ist daher nach einer direkteren Form 840 Vgl. Offenstadt, Nicolas, Annoncer la paix. Publication et sujétion pendant la Guerre de cent ans, in:

Cahiers d‘histoire, 66 (1997) S. 23–36; Ders., La Paix proclamée, S. 201–224.

841 Als Lobpreisung Gottes markierte das Te Deum das Überschreiten der Grenze zwischen Krieg und

842 843 844 845

Frieden. Während des gesamten Mittelalters bis zum Ende des Ancien Régimes war es in Frankreich als typisches Lied bei Friedensschlüssen bezeugt. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 171 f. Vgl. Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 311. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 316 f.; Scalacronica, S. 188; John of Reading, S. 138. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 448 f. Karl (V.) und Prinz Eduard strichen in der Narratio bzw. dem Eschatokoll ihrer Vertragsbestätigungen die Bedeutung der päpstlichen Nuntien klar heraus: [P]our la reverence de nostre saint pere le Pape Innocent VIe, le quel, quant il estoit cardinal en sa personne, et puis sa promocion par reverens peres en Dieu les cardinals de Bouloigne et de Pierregort, noz cousins, et d’Urgel, qui furent de par li envoiez en France et en Angleterre, qui en faire ceste paix et accort ont adjousté et mis tres grant et bonne diligence, et de noz bien amez frere Andruyn de la Roche, abbé de Cligny, et messire

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der päpstlichen Einflussnahme innerhalb der stattlichen Reihe von Ratifikationsschritten zu fragen. Auch in der Ratifikation des Vorvertrages durch Johann II. am 14. Juni befindet sich kein Hinweis auf eine Anwesenheit der Nuntien in London.846 In England war der Aufenthaltsort des französischen Königs noch vor Bekanntwerden des Friedensschlusses in den Tower verlegt worden.847 Am 14. Juni ratifizierten die Könige dort den Vertrag von Brétigny anlässlich eines feierlichen Banketts. Die Mehrzahl der gefangenen französischen Ritter war bei der Gelegenheit anwesend. Über den Ablauf der Ratifikationszeremonie kann aus den Berichten der Notare Johanns und Eduards immerhin soviel in Erfahrung gebracht werden, dass sie mit den Ratifikationsfeierlichkeiten beim Schwur der beiden Thronfolger identisch gewesen sein dürften.848 Innozenz brachte seine Erleichterung über die beiden Vertragsbekräftigungen in Gratulationsschreiben der päpstlichen Kammer an die beiden Könige zum Ausdruck.849 Für Innozenz galt nach seinen bisherigen Erfahrungen selbst nach der erneuten Beeidigung des Vorvertrages der Frieden noch keineswegs als sicher. Der Papst erteilte den Bischöfen von Winchester, London, Rochester, Paris, Thérouanne und Arras sowie seinem Nuntius Androin de la Roche die Erlaubnis zur Lösung der Könige und ihrer Untertanen von sämtlichen Eiden, wenn sie dem Frieden zuwiderlaufen sollten.850 Auch durften die genannten Geistlichen sämtliche Personen in den Königreichen Frankreich und England von der Exkommunikation befreien, wenn diese befürchten mussten, im Verlauf des Krieges gebannt worden zu sein.851 Dies machte der Pontifex aber alleine vom erfolgreichen Abschluss

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Hue de Genevre, seigneur d’Anton, messages derrenierement envoiez par devers nous sur ce, de par nostre dit saint pere, qui ont sur ce diliganment travaillé et traicitié (Paris, AN J 638 N. 8., ediert in: Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 266 f). Vgl. Martène (Hrsg.), Thesaurus Novus anecdotorum, Band 1, Sp. 1427. Nach Erhalt der Nachricht durch Boten des Grafen von Tancarville und der Königin Philippa wurden die Freiräume Johanns so weit vergrößert, dass er Bootsfahrten auf der Themse unternehmen sowie die St. Paul’s Cathedral und den Zoo des Königs besichtigen konnte. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 449. Item ce mesmes xiiij jour de juyng’, en un tourelle dedans le chastiel appelle la Tour de Londres, les deux roys chascun par sa partie ratifierent et confermerent par leur foy donne de lun a lautre le traictie fait en non deux par les procuratours et deputees de leurs deux filz ainsnez de paix et daccord a Bretigny pres de Chartres le viij jour de may darrein passe en la forme qil est jurez par les dictes filz ainsnez (Chaplais, English Medieval Diplomatic Practice I, Band 1, S. 363 [N. 202]; Martène (Hrsg.), Thesaurus novus anecdotorum, Band 1, Sp. 1426 f.). Innozenz VI. hatte die Botschaft zunächst durch königliche Gesandtschaften und eine knappe Woche später auch von seinen Nuntien erhalten: Ex felicibus tuorum & carissimi in CHRISTO filii nostri, Johannis Regis Francorum illustris nunciorum relatibus, laetis auribus & exultantibus animis nuper acceptis, quod inter te & Regem ipsum, actore Deo, pax est salubriter reformata (Rymer, Band III, 1, S. 501 (30. Juni 1360); Intelleximus namque tam multorum fidedigna relationem quam deinde nobius plenius referentibus dilectis filiis Andruyino Abbate monasterii Cluniacensis et nobili viro hugone de Gebenna domino de Anton, apostolice nunciis (Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240 f. 95 v. (6. Juli 1360). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 501 f. Vgl. ebd., Band III, 1, S. 502.

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des Friedens abhängig.852 Bei beiden Schreiben verblüfft deren alleinige Adressierung an den Abt von Cluny. Aus Folgebriefen wird nämlich deutlich, dass der Abt zusammen mit seinem Kollegen Hugues de Genève853 bereits zur Kurie zurückgekehrt war.854 Nach England sollten diese vielmehr erst wieder pro felici consummatione incepti negotii zurückkehren. Ihre erneuten Beglaubigungen erhielten die Nuntien in einem Schreiben an Eduard III. Der Papst drängte den englischen König dazu, bei der weiteren Umsetzung des Friedenswerkes nicht nachzulassen.855 Aus dem päpstlichen Ernennungsschreiben an seine Vermittler vom 6. Juli wird deutlich, dass Innozenz VI. bei den endgültigen Verhandlungen nach der Überführung Johanns II. nach Calais, welche dem Vertrag von Brétigny zufolge drei Wochen nach dem Fest Johannes des Täufers (24. Juni) zu erfolgen hatte, mit Verzögerungen und Komplikationen rechnete.856 Damit sollte er Recht behalten. b) Die päpstliche Korrespondenz während der Verhandlungen in Calais (September-Oktober 1360) König Johann II. wurde fristgerecht am 8. Juli nach Calais gebracht und dort in Gewahrsam genommen. Die weitere Vorgehensweise für die Umsetzung des Friedensvertrages war im Vertrag von Brétigny peinlichst genau geregelt worden: An erster Stelle stand die Bezahlung von Johanns Lösegeld. Vier Monate nach der Ankunft Johanns II. musste mit 852 [N]ostrae tamen intentionis existit quod praemissa omnia & singula, in praedictis supplicationum

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capitulis per nos concessa, in casu, in quo pax sortietur effectum, & non aliter, intelligantur fore concessa (Ebd., Band III, 1, S. 501 f.). Vom dritten Vermittler im Bunde vor Paris und Brétigny, Simon de Langres, sollte von nun an keine Rede mehr sein. Aus einer Supplik in Briefform vom 6. Juni 1360 und einem Bericht des Kardinals Franciscus de Patis von St. Markus geht hervor, dass der Ordensgeneral des Dominikanerordens während seiner Abwesenheit von einem in Perpignan (Diözese Elne) begonnenen Generalkapitel in einen Rechtstreit mit sechs Abweichlern des Ordens verwickelt worden war. Trotz päpstlicher Schlichtungsversuche, wie die Entsendung des genannten Kardinals, hielt das laufende Verfahren de Langres nachhaltig von einer weiteren Beteiligung am Friedensprozess ab. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Supl. 33 f. 119 ff. (6. Juni 1360); Constitutiones et Acta Capitulorum Generalium Ordinis Fratrum Praedicatorum, 1232–2001 (Digitale Bibliothek Spezial: Constitutiones et Acta Ordinis Fratrum Praedicatorum), hrsg. von Istituto Storico Domenicano Roma, Berlin 2002, S. 2592–2596; Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 19. Zur weiteren Karriere Langres, der in den Jahren 1366 bis 1383 Bischof von Nantes wurde vgl. S. de la Nicolliere-Teijeiro, Simon de Langres. Evêque de Nantes 1336–1383, in: Annales de Brétagne, 5 (1890) S. 319–324. Vgl. Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 361 FN 4. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 502 f. Die Transkription des Schreibens in den Annales Ecclesiastici ist unvollständig. Vgl. Annales Ecclesiastici, Band 26, S. 46 f. mit dem Originalschreiben in: Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240 f. 93 v. Entsprechende Briefe an Johann II., Karl (V.), Prinz Eduard und den englischen Kronadel und Klerus befinden sich in: Reg. Vat. 240 f. 95 v- 99 r. [V]os ad eosdem Reges presentialiter destineniemus volumus quod si inter Reges eosdem super conditionibus conventionibus et pactis in dicto tractatu continentis aliqua dubia forsitan orientur vos inter Reges ipsos, quibus convenire videretis viis et modis prefata submonere dubia, et eorum alios ad prefatam melinare concordiam studeatis (Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240 f. 98 r.).

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600.000 Ecu d’or die erste Rate des Lösegeldes von insgesamt 3.000.000 Ecu d’or übergeben worden sein. In den sechs Folgejahren waren jeweils 400.000 Ecu zu bezahlen.857 In der Zwischenzeit sollten in einem gestaffelten Verfahren die Sicherheit der Zahlung durch das Stellen einer Reihe prominenter Geiseln sicher gestellt werden, worunter sich auch die Kronprinzen Ludwig von Anjou und Johann von Berry sowie der Bruder Johanns II., Philipp von Orleans, und dessen Schwager Ludwig von Bourbon befanden.858 Es genügt an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es der französischen Seite trotz origineller Finanzierungspläne und massiver, monetärer Unterstützung durch die Kurie von Avignon nicht gelang, den vollen Betrag der ersten Rate zu bezahlen.859 Gleichwohl gab sich Eduard III. schließlich am 24. Oktober auch mit 400.000 Écu zufrieden und gestattete eine spätere Begleichung des Differenzbetrages.860 Zuvor fanden in Calais jedoch Verhandlungen über die letzten Friedensbedingungen statt. Die englischen Abgesandten waren zu diesen am 24. August aufgebrochen.861 Knapp zwei Monate sollte es dauern, bis auf beiden Seiten ein neues Vertragswerk herangereift war und per manum publicam, womit in der Praxis die Nuntien gemeint sein könnten, auf Pergament verschriftlicht wurde.862 Der Dauphin Karl war am 7. August in Saint-Omer eingetroffen, um die Sammlung des Lösegeldes zu überwachen. An den Verhandlungen nahm er ebenso wenig teil wie Eduard III.,863 der Ende August die Aushandlung und Umsetzung der Vertragsdetails auf den Schwarzen Prinzen übertrug. Er selbst traf am 9. Oktober in Calais ein.864 Die praktische Seite der Gespräche fand unter der bewährten Leitung Henrys von Lancasters statt.865 In einem Brief vom 6. September 857 Artikel 13: Item est accorde, a fin que ce presente traittie puisse estre plus briefment accompli, que

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le Roy d‘Engleterre fera amener le Roy de France a Calais, dedens iii. sepmaines apres la Nativitate Saint Jehan Baptiste, prochein venant, cessant tout juste empeschement, aus despenz du Roy d‘Engleteterre; hors les frais de l‘ostel du dit Roy de France (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 489). Artikel 14: Item, est accorde, que le Roy de France paiera au Roy d‘Engleterre iii. milions d‘escuz d‘or; dont, les ii. valent un noble, de la monnoie d‘Engleterre: Et en serront paiez au dit Roy d‘Engleterre, ou a ses deputez, vie mille escuz a Calais, dedenz quatre mois, a compter depuiz que le Roy de France sera venu a Calais: Et, dedenz l’an, deslors ensieuvant, en seront paiez ive mille escuz, tels comme dessuz, en la cite de Londres en Engleterre: Et deslorz, chascun an prochein ensuivant, en seront paiez ive mille escuz, tels comme devant, en la cite de Londres en Engleterre: Et deslorz, chascun an prochein ensuivant, ive mille escuz, tels comme devant, en la ditte cite, jusques a tant que les diz iii. millions, seront parpaiez (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 489). Nach Favier „décapite [die Zahl der Gefangenen] vraiment la noblesse de France jusqu’au paiement complet de la rançon“ (Favier, La guerre de Cent Ans, S. 277). Vgl. die Anweisung Innozenz‘ VI. an den Kollektor Raimundus Pelegrini, 5000 in England gesammelte Goldflorin secrete et caute an Johann II. zu übergeben sowie die Empfehlung an den französischen König, frei über sein Geld zu verfügen. Vgl. Innocent VI (France), N. 2743–2744 (27. Mai 1357). Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 449–452; Delachenal, Charles V, Band 1, S. 220–231. Vgl. Mirot; Déprez (Hrsg.), Ambassades anglaises, S. 477. Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 66–67. Vgl. Autrand, Charles V, S. 408. Vgl. Ebd., S. 408; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 508. Vgl. Fowler, King’s Lieutenant, S. 219.

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ließ der englische König erkennen, dass diese unter der Vermittlung Androins de la Roche und Hugues de Genève bereits gut vorangekommen seien. Dabei scheinen sich die päpstlichen Friedensstifter nunmehr durchaus aktiv an der Verhandlungsführung beteiligt zu haben und mehrere Vorschläge eingebracht zu haben.866 Auch der Papst bemühte sich mit Hilfe seiner Nuntien Einfluss auf die Gesprächsführung zu nehmen, selbst wenn über den Inhalt dieser Initiativen wenig bekannt ist. Bereits Ende Juli erhielt Androin de la Roche zusammen mit Hugues de Genève freies Geleit für ein Gefolge von 50 Personen nach England.867 Innozenz’ Interventionsversuche erstreckten sich zunächst auf Fürsprachen territorialer Art, die für die Gesamtverhandlungen keine große Bedeutung hatten.868 Am 25. September wurde den beiden Königen, dem Dauphin Karl, dem französischen Kanzler Gilles Aycelin de Montaigut sowie dem geistlichen Klerus Englands eine neue Gesandtschaft empfohlen. Unter den Gesandten befanden sich der Abt von Cluny und der Thesaurar der Diözese Lichfield, Hugh Pelegrini, dessen Bruder Raymond sich bereits sieben Jahre zuvor als kurialer Vermittler betätigt hatte.869 Die Botschaft des Papstes hatten sie vivae vocis zu übermitteln.870 Aus den Schreiben geht hervor, dass es Innozenz neben allgemeinen Friedensappellen auch um die Bitte von subsidia für seinen Kampf gegen Barnabò Visconti ging.871 Dass seine Adressaten gerade andere Sorgen als den Kampf gegen Feinde des Kirchenstaates hatten, ignorierte der Papst dabei geflissentlich.872 Insgesamt kann die päpstliche Korrespondenz als Versuch einer Koordination sämtlicher diplomatischer Aktivitäten in Calais mit Hilfe der Kommunikation zwischen Androin de la Roche und Eduard III. charakterisiert werden. Pelegrini diente dabei als eigentlicher Mittelsmann, welcher vom Papst auf mündlichem Wege instruiert wurde, um die Entscheidungsfindung zu beeinflussen. 866 [N]ostre trescher filz le prince nous ad certifie par ses lettres de vostre venue sauvement a Caleys,

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dont nous sumes bien leez, et aussint de les responses faites a les trois pointz purposez par labbe de Cluygny et sire Hugh’ de Geneve (P. Chaplais (Hrsg.), Some documents, S. 6 FN 1). Dagegen hatte Delachenal ursprünglich vermutet, dass die Verhandlungen erst nach dem Eintreffen Eduards III. am 8. Oktober begonnen hätten und rasch abgeschlossen gewesen seien. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 241. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 505. So bat er den Abt von Cluny am 20. Oktober darum, von den Königen die Rückgabe des Kastells Tannay in der Diözese Saintes an Vicomte Jean von Rochechouart zu erwirken. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240, f. 109 r f. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240 f. f. 110 r- 112 r. Denifle nahm irrigerweise an, dass es sich auch bei dem zweiten Ernennungsschreiben des Papstes um Androins Kollegen Hugues de Genève gehandelt habe. Vgl. Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 367. Zu Hugh Pelegrini, welcher ab dem Jahre 1349 das Amt seines Bruders Raymond Pelegrini als päpstlichen Kollektor übernommen hatte, vgl. Lunt; Graves (Hrsg.), Accounts rendered, S. xxxi-xxxv. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240, f. 111 v. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240, f. 112 v. Erst zwei Jahre später wurde durch die beiden Erzbischöfe von York und Canterbury ein Betrag von 100.000 florin zu diesem Zwecke eingesammelt. Vgl. Lunt (Hrsg.), Accounts rendered, S. xlvixlvii. Zur Rückeroberung und Befriedung des Kirchenstaates vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 474 ff.; Mollat, Les Papes d’Avignon, S. 148 ff.

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Aber was wurde eigentlich besprochen? Warum waren nach den massiven Vorarbeiten vor Paris und bei Brétigny überhaupt noch weitere Verhandlungen nötig gewesen? Anders als von Sumption vermutet, war der Wunsch des Papstes nach einer Beteiligung seiner Vermittler an dem endgültigen Vertragsschluss wohl kaum ausschlaggebend für die beträchtlichen Verzögerungen gewesen. Schließlich lassen sich päpstliche Vermittler bereits Anfang September bei den Verhandlungen nachweisen. Schwerer wogen vielmehr die Implikationen, welche der brisanteste Bestandteil des Vertrages für die Umsetzung des Friedenswerkes mit sich bringen sollte, nämlich die Verzichtserklärungen (renonciations) der Könige auf ihre Rechtsansprüche auf die Krone Frankreichs bzw. die Souveränität des englischen Festlandsbesitzes. Die betreffenden Passagen befanden sich in der zweiten Hälfte des 11. sowie des 12. Artikels des Vertrages. König Eduard wurde darin die Übertragung der fraglichen Territorien comme les Roys de France les avoient versprochen.873 Der 12. Artikel garantierte Johann II. und seinen Nachfolgern zudem, dass Eduard III. und sein Sohn in Zukunft auf weitere territoriale Ansprüche und neue Forderungen auf die Krone Frankreichs verzichteten.874 Neben den erwähnten Verzögerungen der ersten Rate des Lösegeldes von König Johann führten Unstimmigkeiten über die Reihenfolge der zu leistenden Verzichtserklärungen dazu, dass im Oktober 1360 die entsprechenden Artikel aus dem Vertrag entfernt wurden.875 Stattdessen wurden diese in ein Zusatzdokument integriert, welches von Kanzleischreibern ebenso diskret wie einfallslos nach den quellentypischen Anfangsworten einer Spezifizierung Rechtsbestimmungen als Klausel c’estassavoir bezeichnet worden war.876 Zunächst sollte der Transfer der Lehnsoberhoheit über die dem Gegner zu übertragenden Städte, Festungen und Territorien abgeschlossen werden.877 Einem Separatvertrag vom 24. bzw. 26. Oktober zufolge, welcher die beiderseitigen Verzichtserklärungen regelte, war daraufhin geplant, die fehlenden Artikel auf simultane Weise bis zum Andreastag 873 In dem von Cosneau gesondert edierten 12. Artikel war zusätzlich versichert worden, que le Roy

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de France et son ainsné filz renounceront expressement aus diz ressorz et souvereinetés et à tout le droit qu’il ont ou povent avoir en toutes les choses qui, par ce présent traittié, doivent appartenir au Roy d’Engleterre (Cosneau (Hrsg.), Les grands traités de la guerre de Cent Ans, S.174 ff. (Vertrag vom 8. Mai 1360). [E]t semblablement, le Roy d’Engleterre et son ainsné fils renounceront […], par espécial, au nom et au droit de la couronne et du royaume de France (Ebd., S. 175 (Vertrag vom 8. Mai 1360). Der endgültige Vertrag von Calais besteht aus 39 Einzelartikeln. Während der ursprüngliche 12. Artikel ersatzlos gestrichen wurde, wurde Artikel 11 in verkürzter Form beibehalten. Entfernt wurden sämtliche Hinweise auf die Souveränität der französischen Festlandsgebiete. Vgl. im Folgenden: Delachenal, Charles V, Band 2, S. 242–249; Sumption, Trial by Fire, S. 451 ff.; Hennigan, Peace Efforts of the Avignon Popes, S. 193 f. Das Zusatzabkommen und seine zusätzlichen Ausfertigungen können in einer ganzen Reihe von Ausfertigungen in den Nationalarchiven in London und Paris eingesehen werden. Vgl. Paris, AN J 638 N. 3; London, PRO C 76/43 m. 7 + 8. Die althergebrachten Militärbündnisse mit Schottland bzw. Flandern wurden bis zur endgültigen Ratifikation der clause c’estassavoir aufrecht erhalten. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 530.

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(30. November) des Jahres 1361 im Konvent der Augustiner in Brügge zu ratifizieren.878 Dabei mag auch eine dritte Redaktionsstufe des Vertrages vorgesehen gewesen sein.879 Trotz wechselseitiger Gesandtschaften im Folgejahr und der Ermahnung durch Innozenz VI. über den Abt von Cluny kam es zu diesem letzten Schritt jedoch nie.880 Neben Brügge wurde von päpstlicher Seite konsequenterweise die Kurie von Avignon als Ort der Entscheidungsfindung ins Spiel gebracht.881 Johann II. war zu diesem Schritt freilich nur dann bereit, wenn die angeregte endgültige Ratifikation des Vertrages den gleichen Charakter wie die gemeinsame Verzichtserklärung in Brügge haben werde.882 Gleichwohl war es schließlich das Zögern Eduards III., welches die Umsetzung der letzten Vertragsartikel verhinderte. Der englische König wollte sich offenbar bis zuletzt die Option eines erneuten Thronanspruches aufrecht erhalten.883 Bis auf weiteres beschränkten sich beide Könige darauf, durch ihr neu geknüpftes Band der Freundschaft vereint, wider geltendes Rechts so zu tun, als sei die Klausel c’estassavoir bereits umgesetzt.884 Dieser offene Rechtszustand funktionierte so lange, wie die beiden Verhandlungspartner hierzu willens, vor allem aber noch am Leben waren. Nach dem frühen Tode Johanns II. (1364) und der Wahl des unpolitischeren Papstes Urban V.885 wurde dagegen der beschriebene Schwebezustand von Karl V. mit einigem juristischen Aufwand als Legitimation einer erneuten französischen Wiederaufnahme des Krieges genutzt. Es ist umstritten, inwieweit dies von den Beratern des damaligen Dauphins bereits 1360 intendiert gewesen sein mag.886 Ein 878 879 880 881

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Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 527 ff. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 245. Vgl. Chaplais (Hrsg.), Some Documents, S. 45–50. Instruktionen Johanns II. an seine Gesandten Jacques le Riche und Alphon Chivrier vom 20. März 1362: Et premierement le cardinal de Clugny nous a expose quil a receu commandement de nostre Saint Pere le pape daler par devers nous et aussi par devers nostre tres chier frere, le Roy Dangleterre, pour lacomplissement de bonne paix, et nous a requis que nous envoyons en Avignon noz messaiges et procureurs pour faire submissions et requerre que le dit traittie de paix soit conferme par nostre Saint Pere le pape etc. A la quelle requeste avons respondu que nous y envoyerons volontiers et ferons tout ce que nous devons faire selon la forme du traictie ou cas que nostre dit frere le roy Dangleterre y envoyeroit aussi. Si soront noz diz messaigers par le moyen du dit cardinal lentencion de nostre dit frere et respondront comme dit est (Chaplais (Hrsg.), Some Documents, S. 46). Vgl. Ebd., S. 46. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 493–496, 503. Le Patourel sah darin ein Indiz für die Wahrhaftigkeit des Thronanspruches Eduards als Kriegsziel. Vgl. Le Patourel, Treaty of Brétigny, S. 37 ff. [XIII]. Vgl. Chaplais (Hrsg.), Some Documents, S. 51. Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 145–152. Klassisch die Argumentation in: C. Petit-Dutaillis; P. Collier, La diplomatie francaise et le traité de Brétigny, Paris 1897, S. 17 ff., nach welcher die hinausgezögerte und schließlich unterlassene Ratifikation der clause c’estassavoir ein meisterhafter Schachzug der Berater Karls (V.) gewesen sei. Durch den Sieg über Eduard III. auf dem Verhandlungswege, habe neun Jahre später auf legitime Weise der Krieg begonnen werden können. Auch Froissart hatte – wenig korrekterweise – das heimtückische Einschleusen von Passagen unterstellt, und zwar par manniere de langage que li Englés au lire n’entendirent mies bien ne examinerent més le laissierent legierement passer [...] affin que pour le temps à venir il [die Franzosen] y euuissent droit de callenge (Froissart (Amiens), Band 3, S. 245). Vgl. die überzeugende Relativierung in: Delachenal, Charles V, Band 2, S. 248–250.

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allzu großer Spielraum für Manipulation braucht nicht vermutet zu werden, da die letztlich gefundene Kompromisslösung auch von den apostolischen Nuntien mitverantwortet worden war, welche ebenfalls der französischen ‚Finte’ auf den Leim gegangen sein müssten. c) Die Ratifikationszeremonie in Calais am 24. Oktober 1360 Am Samstag den 24. Oktober war es endlich soweit:887 Beide Könige zogen mit ihrem Gefolge in die Kirche Saint-Nikolas in Calais ein. Abt Androin de la Roche erwartete sie 887 Vgl. im Folgenden: Item, le samedy xxiiiie jour du dit mois d’octobre, l’an mil CCCLX dessus dit,

les diz roys de France et d’Angleterre jurerent à Calais ensemble, sur le corps Jhesu-Crist et sur les saintes euvangiles, tenir perpetuelment la paix faite entre eulz sans enfraindre, et ouyrent les deux roys messe ensemble, en deux oratoires, et ne alerent point à l’offrande, pour ce que l’un ne vouloit aler avant l’autre, mais l’en porta la paix au roy de France premierement, le quel ne la voult prendre et issy de son oratoire et la porta au roy d’Angleterre, le quel ne la voult prendre, et baisierent l’un roy l’autre sanz prendre autre paix (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 1, S. 322). Vgl. den Bericht des Notars des Bischofs von Winchester: Missâ ibidem de Sancto Spiritu ter decantatâ, per venerabilem patrem dominum Audoynum, abbatem monasterii Cluniacensis, Matiseonensi dioecese, ipso domino abbate pontificalibus induto, & sacrum corpus Christi per ipsum dominum abbatem tunc confectum, super calicis deaurati patenam; Ac venerabilibus patribus, dominis Wyntoniensi & Morinensi episcopis, missale, in quo sacrosancte Christi Ewangelia, infra manus ipsorum reverenter tenentibus, versis eorum vultibus erga illustres principes, dominos Edwardum Angliae, & Johannem Franciae, Reges, super gradus ejusdem altaris, ob ipsam reverentiam, sicut mihi notario videbatur, pariter genua flectentes; Expositoque, per dictum dominum abbatem, coram ipsis dominis Regibus, sub compendio, pacis tractatu, habito Bretigniaci, juxta Carnotum, inter conciliarios hinc & inde, super quo nonullae literae ordinatae fuerant ibidem paratae & exhibitae, pro cujus pacis observatione plenariâ, idem dominus abbas tanquam.... mediator in tractatibus pacis hujusmodi, sacramentum à dictis Regibus, tam supra sacrum corpus Christi, quam Sancti Dei Ewangelia, praestari exigebat, sub formâ in eisdem contentâ. Rex Anglia, habitâ prius, penes se ipsum, sicut mihi apparuit, aliquali deliberatione, protestabatur publice, ore suo proprio, & dixit expressè dicto domino Regi Franciae, haec quae sequuntur in substantia & effectu.“DECORE frater; Caveatis benè vobis quod super omnibus & singulis tractatis & conventis, inter nos & vos, nostra ac vestra concilia, prout in literis, indè confectis pleniùs continentur, habitis, bonam conventionem observetis; quia aliter nullum praestare volumus nec intendimus juramentum; &, in eventum quod juraveramus, non est, nec erit, voluntatis aut intentionis nostrae aliqualiter vel quomodolibet obligari, nisi quatenùs vos teneatis & observetis nobis fideliter omnia promissa & concordata pro parte vestrâ; tenebimus & servabimus bonam conventionem super omnibus quae promittemus aut jurabimus.“ Respondet quidem, incontinenter, dictus Rex Franciae, „DECORE frater, In... [Abriss der Überlieferung] & dictis praecedentibus, & per ipsum dominum Johannem Regem Franciae, sicut videbitur, admissis, …[Abriss der Überlieferung] Franciae primò, & deinde Rex Angliae... [Abriss der Überlieferung] communibus hinc & inde praestiterunt.“ De quibus quidem protestatione & dictis, idem dominus Rex Angliae protinus requisivit, expressè, indè fieri publica instrumenta. Acta sunt, haec, quae supra scribuntur, anno, indictione, pontificatu, mense, die, & loco praedictis (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 520). Für eine ritualgeschichtliche Interpretation des Geschehens im Kontext von Herrscherbegegnungen vgl. Schwedler, Herrschertreffen, S. 216 f.

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im Chorraum stehend und im Bischofsornat.888 Der Abt hatte die geweihte Hostie auf einer goldenen Opferschale angerichtet. Flankiert wurde er auf beiden Seiten des Altares jeweils durch den derzeitigen englischen und französischen Kanzler, die Bischöfe William Edington von Winchester889 und Gilles Aycelin de Montaigu von Thérouanne.890 Diese knieten an den Stufen des Altares und boten den Königen die Missale dar, welche das Evangelium enthielt. Zunächst sang der Abt von Cluny – dem Anlass entsprechend – drei Messen des Heiligen Geistes. Die Messfeierlichkeiten verfolgten die beiden Könige von einem eigenen oratoire aus, einer Art Pavillon im Chorraum.891 Der Dauphin befand sich dagegen in Boulogne, was vielleicht ein Indiz für seine spätere geringe Gebundenheit durch das Friedenswerk darstellt.892 Anschließend beschworen beide Könige die vom Abt von Cluny verlesenen Vertragsartikel sowohl auf dem dargebotenen Leib Christi als auch dem Evangelium.893 Dieser Schwur im liturgischen Rahmen hatte nicht zuletzt die Aufgabe, potentielle Eidbrecher von vorneherein zu stigmatisieren. Diese hätten sich nicht nur eine Vertragsverletzung zu Schulden kommen lassen, sondern eine regelrechte Blasphemie gegen den Willen Gottes. Das Vorgehen gegen Eidbrecher war traditionellerweise Aufgabe der Kirche.894 Angesichts der Tatsache, dass der Vertragstext im Wesentlichen dem des Vorvertrages von Brétigny vom 8. Mai entsprach und auch in seiner neuen Ausfertigung bereits Bestandteil der Ratifikationszeremonie gewesen war, kann bei dem Zeremoniell des 888 In kirchenrechtlichen Ausnahmefällen war dies für einen Abt zulässig. Dieser erhielt seit dem Hoch-

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mittelalter ohnehin bei der Weihe Mitra und Stab. Vgl. K. S. Frank; V. Dammertz, Art. „Abt“, in: LexMA, Band 1 (1980) Sp. 61; Delachenal, Charles V, Band 2, S. 252 mit FN 4. Zu William Edington, der in den Jahren 1356 bis 1363 die Funktion eines Kanzlers von England inne hatte, vgl. I. J. Sprey, Art. „Edington, William, Bishop of Winchester (c. 1310–1366)“, in: Historical Dictionary of late medieval England, 1272–1485, Westport, Conn. 2002, S. 166 f. Vgl. zu Gilles Aycelin de Montaigu, welcher im Jahre 1356 zum französischen Kanzler befördert und im Jahre 1361 Kardinal wurde: Art. „Montaigu (Gilles-Aycelin de)“, in: Dictionnaire Historique de la France, S. 1296; Art. „Montaigu (Gilles-Aycelin de)“, in: Berton; Migne (Hrsg.), Dictionnaire des Cardinaux, Sp. 1247. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 253. Der Dauphin holte die Beeidigung des Vertrages in Gegenwart des Prinzen von Wales am 26. Oktober nach. Vgl. Autrand, Charles V, S. 413. Offenstadt betont, dass bei dem Schwur die Hostie als „objet-mémoire“ sowohl zur Verinnerlichung des Vertragsartikels, als auch als „objet-neutralisation“ zur Unterstreichung der Gleichheit vor Gott diente. In zahlreichen Folgeratifikation des Vertrages wurde die Eidesleistung am Beginn der Narration oder im Eschatokoll noch einmal mit folgenden Worten evoziert: „Nous avons jure sur le corps de Jésus-Christ et, encore jurons et promettons...“ (Offenstadt, Faire la paix, S. 179). Vgl. die sprachlichen Varianten in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 522, 526, 531. „Dès lors l’Église se considère comme légitime pour intervenir dans toute cas où l’on soupçonne la rupture d’un serment, it il y a là, pour elle, un atout politique“ (Offenstadt, Faire la paix, S. 259). Der Papst wurde im Falle einer Vertragsverletzung häufig zur Exkommunikation des Gegners aufgefordert. So wurde Papst Martin V. durch die Burgundische Fraktion des Königreich Frankreichs nach der Ermordung Herzogs Johanns Ohnefurcht im Jahre 1419 darum gebeten, den Dauphin Karl (VII.) aufgrund der Nichtbeachtung seiner Eidesleistungen exkommunizieren. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 259; Autrand, Charles VI, S. 566–576.

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Friedensschlusses gegenüber dem des früheren Vertrags eine symbolische Akzentverschiebung zugunsten der Schriftlichkeit festgestellt werden. Dies schwächte einerseits die Macht des Rituals der Eidesleistung, gab andererseits aber den rechtssymbolischen Handlungen die zusätzliche Bedeutung einer verbalen Verkündigung und damit Publikation des Abkommens in Gegenwart der Großen beider Königreiche.895 Nach den maßgeblichen Berichten über die Friedenszeremonie kam es entweder vor oder nach dem plangemäß verlaufenen Schwur auf Hostie und Evangelium zu einer scheinbar spontanen Verzögerung bzw. Veränderung des Programmablaufes. Den Grandes Chroniques zufolge weigerten sich beide Könige nach dem Ende der Messe als Erstes die offrande entgegen zu nehmen. Dabei handelte es sich um das Entgegennehmen und Küssen des Oskulatoriums, einer sinnbildlichen Darbietung des Friedens (la paix) in Form einer Metallplakette, „qué on presente aux simples fidèles“.896 Nachdem diese zuerst Johann II. dargereicht wurde, bot sie dieser wiederum Eduard III. an, was der englische König aber verweigerte.897 Beide Herrscher einigten sich darauf, sich gegenseitig den Friedenskuss zu geben, ohne ein versinnbildlichtes Hilfsmittel zu benutzen.898 Nach der Darstellung des die Zeremonie protokollierenden Notars Johannes von Winchester meldete Eduard unmittelbar vor der Beeidigung des Vertrages noch Protest an und ließ die Zeremonie unterbrechen.899 Eduard ermahnte den französischen König höchstpersönlich, den Vertrag auch wirklich zu halten, so wie er in allen Einzelheiten abgeschlossen worden war. Andernfalls werde er den Schwur nicht durchführen geschweige denn ihn beachten, wenn er ihn einmal geleistet habe. Der französische König, dessen Antwort teilweise verloren gegangen ist, beteuerte daraufhin seine bedingungslose Be895 Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 256. Aber auch hier wurden die symbolische Handlung ergänzt

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durch die schriftliche Vervielfältigung des Vertrages und seiner Einzelartikel. Viele Hochadelige besaßen eine Abschrift des Vertrages. Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 242. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 253 FN 3. Dabei handelte es sich nicht um die l’offrande du corps du Christ, wie es die Übersetzerin der Chronique de Jean II. angenommen hatte. Auch handelte es sich um den 24. und nicht um den 23. Oktober 1360. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II, Übersetzung Desgrugillers), S. 172. Seit dem 2. Jhd. n. Chr. lässt sich in frühchristlichen Gemeinden der Friedenskuss im Vorfeld der Eucharistie nachweisen. Bezug genommen wurde dabei auf 1 Kor 16,20–21: „Grüßt Euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen Euch alle Gemeinden Christi“. Der Friedenskuss erfolgte seit Beginn des 13. Jahrhunderts bei Laien zunehmend durch den Kuss auf ein den Frieden symbolisierendes Bildnis und konnte sowohl vor als auch während der Kommunion stattfinden. Das Oskulatorium seinerseits wurde „paix“ genannt. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 178 f.; F. Cabrol, Art. „Baiser. VI. L’osculatorium“, in: Dictionnaire d’Archéologie Chrétienne et de Liturgie, Band 2 (1910), Sp. 126 ff.; H. Leclercq, Art. „Paix. V. Au Sujet du baiser de Paix“, in: Dictionnaire d’Archéologie Chrétienne et de Liturgie, Band 13 (1937) Sp. 481 ff. Offenstadt zufolge handelte es sich um die liturgische Entsprechung einer symbolhaften Verweigerung eines Geschenkes im Sinne demonstrativer Gleichrangigkeit. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 179. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 253. Die Übersetzung des Geschehens als ‚Umarmung‘ bei Desgrugillers ist zu schwach geraten. Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II, Übersetzung Desgrugillers), S. 172. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 520.

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reitschaft zur Vertragserfüllung. Gleichwohl bestand der englische König darauf, dieses Ereignis und den Text der beiden Statements zu Protokoll zu geben. Noch bedeutsamer erscheint, dass beiden Königen innerhalb der Zeremonie ein Rahmen ermöglicht wurde, innerhalb dessen sie auf verbale Weise ihre Ebenbürtigkeit unterstreichen konnten, indem sie sich demonstrativ mit frater anredeten. Durch die neu gefundene Anrede der Brüderlichkeit wurde nämlich die Umwandlung des alten Lehnsbündnisses in einen Freundschaftsbund symbolisiert.900 So aufschlussreich diese Erkenntnis ist, umso stärker muss betont werden, dass das neu gestiftete Verhältnis keine performative Konsequenz der symbolischen Kommunikation des Vertragsschlusses darstellte, sondern sich tatsächlich bereits zehn Tage zuvor als Titulatur in der Narratio urkundlicher Quellen wiederfinden lässt.901 In strenger Definition müsste es sich also bei den Handlungen in Calais um ein statusbekräftigendes Zeremoniell handeln, welches aufgrund des geringen zeitlichen Abstandes und der erstmaligen, öffentlichen Ratifikation des Verhandlungsergbnisses durch die beiden anwesenden Hauptakteure dennoch einen moderat konstitutiven Charakter annehmen musste. Unabhängig der rechtlichen Einschätzung der symbolischen Kommunikation wird es es sich bei dieser keineswegs um spontane Ereignisse gehandelt haben, vielmehr dürften deren wichtigste Einzelheiten im Vorfeld abgesprochen gewesen sein. Als wahrscheinlichster Kandidat für den Posten des „Regisseurs“ der Ratifikationsfeierlichkeiten kommt Androin de la Roche, der apostolische Nuntius, in Frage.902 Aber auch Eduard III. wird eine solche Inszenierungsleistung durchaus zugetraut.903 Auf diese Weise entstand ein liturgisiertes Milieu für Ritualhandlungen, welche den Friedensvertrag von Brétigny/Calais bindend machten. Gerade im Falle des plötzlichen Protestes Eduards wirkt dies mehr als wahrscheinlich: Die Anwesenheit von nicht weniger als sieben englischen und franzö900 Vgl. Froissart (Amiens), Band 3, S. 252; Offenstadt, Faire la paix, S. 189; Autrand, Charles V,

S. 411. Zum Herrschertreffen Johanns II. mit Eduard III. und allen dazugehörigen Aspekten des Treffen zweier Könige desselben Reiches sowie das gefundene, neue Verhältnis der Brüderlichkeit vgl. konzise Schwedler, Herrschertreffen, S. 213–218. 901 Wurde Johann II. von englischer Seite am 24. Mai 1360 noch in alter Kriegsrhetorik als consanguineum nostrum Franciae tituliert, so wandelte sich dieses zugeschriebene Verhältnis in einer Urkunde vom 16. Oktober, welche den zollfreien Import von Lebensmittel zum Gegenstand hatte, erstmals zum fratre nostro Franciae. Vgl. Rymer (Hrsg.), Band III, 1, S. 495, 511 (16. Oktober 1360). 902 Zum Begriff des „Regisseurs“ bzw. der „Inszenierung“ vgl. Keller, Die Herrscherurkunden, S. 243; Althoff, Die Macht der Rituale, S. 192; Ders., Demonstration und Inszenierung, S. 256. 903 John of Reading traute dem englischen König ohne weiteres das nötige symbolische wie diplomatische Kapital zur Regelung des Ratifikationszeremoniells des (Vor-)vertrages von Brétigny im Mai 1360 zu: Quibus inspiciendis habita sapienti deliberatione, dominus rex Angliae annuit ut, juratis in Corpore Dominico, tactis similiter sacrosanctis Evangeliis, partibus, pacta formata | stabilirentur; et concordarunt. Gratiose diriguntur igitur ab utraque parte viri electi fide digni, duo videlicet barones, duo baronetti, militesque duo, corporale sacramentum domini Karoli, regentis Franciae, ac domini Edwardi regis Angliae primogeniti, admittere (John of Reading, S. 137 f.). Der englische König war auch bei der Designation von Orten der Konfliktintervention bei Malestroit (1342/43) und Calais (1347) federführend gewesen. Siehe Kapitel C) III. Zu den Qualitäten König Eduards als „natural showman“ vgl. Ormrod, Edward III., S. 56.

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sischen Notaren gibt ein beredtes Zeugnis für den Inszenierungscharakter des Ereignisses ab.904 Während es sich im Falle des beiderseitigen Friedenskusses um die demonstrative Performanz eines ansonsten nur auf dem Vertragspapier stehenden Freundschaftsbundes der beiden Könige handelte, so stand im zweiten Fall das Sicherheitsdenken Eduards III. im Vordergrund.905 Anschließend beeidigten die beiden Könige, wie abgemacht, die von Androin de la Roche verlesenen Vertragsartikel, indem sie ihrerseits Urkunden mit jeweils 10 Artikeln verlasen, welche eigens für diese Feierlichkeit vorbereitet worden waren.906 Der entsprechende Schwur wurde innerhalb der nächsten Tage von der überwiegenden Mehrzahl der anwesenden Kronprinzen sowie geistlichen und weltlichen Hochadeligen gleichermaßen geleistet.907 Am Morgen des 25. Oktobers war Johann II. ein freier Mann. Der König begab sich nun nach Boulogne, um dort die Ratifikation auch noch der letzten Vertragsartikel zu überwachen.

904 Neben dem Hauptaussteller der Urkunde, John Branketre, waren noch Archidiakon John Barnet

aus London, Kanoniker John Buckingham aus London sowie der spätere Bischof von Winchester, William Wykham, sowie William Hilton und John le Ryoer anwesend. Auf französischer Seite handelte es sich um den bereits bei der Vertragsratifikation bei Brétigny anwesenden Advokaten am Parlament de Paris und späteren Kanzler des Herzogs von der Normandie und Regenten Karl (V.), Guillaume de Dormans. Im Jahre 1371 wurde Guillaume in Vertretung für seinen als apostolischen Nuntien ernannten Bruder Jean de Dormans zum französischen Kanzler ernannt, starb aber bereits im Jahre 1373. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 520. Zu Dormans vgl. Histoire genealogique et chronologique de la Maison Royale de France, Band 17, Paris 1730 [ND New York/ London 1967], S. 336. 905 In einer vermutlich auf den 13. Dezember 1369 zu datierenden, französischen wie lateinischen Legitimation des Kriegsausbruches bezog sich Eduard III. ausdrücklich auf die von Johann II. und ihm auf die geweihte Hostie und Evangelium beschworenen Friedensvertrag. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 883 f. 906 Die Könige schworen dabei 1) die erwähnten Verzichtserklärungen und Gebietstransfers durchzuführen, 2) Souveränität und ressort hinsichtlich der zu übertragenen Gebiete bzw. den Anspruch auf die Krone Frankreichs zum vereinbarten Zeitpunkt aufzugeben, 3) sämtliche auszutauschenden Festungen, Städte und Landstriche zu übergeben, 4) die verabredeten Gelder [an Eduard III.] zu bezahlen, 5) dem Kriege und gerichtlichen Prozessen abzuschwören, 6. die gegen den jeweils anderen König gerichteten Bündnisse [mit Ausnahmen, Flanderns, Schottland und der Bretagne] aufzugeben, 7) die [anlässlich der Schlacht von Poitiers] gemachten Geiseln freizulassen, 8) sämtlichen während des Krieges geraubten Kirchenbesitz zurückzugeben, 9) die Beeidigung des Vertrages durch die Kronprinzen durchzusetzen sowie 10) alle besprochenen Einzelratifikationen des Vertrages zum verabredeten Zeitpunkt auszutauschen und umzusetzen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 520 f. 907 Darunter befanden sich auf französischer Seite die Kronprinzen Ludwig von Anjou, Johann von Berry und Philipp von Touraine, auf englischer Seite Eduard, Prinz von Wales, Lionel Graf von Ulster und Edmund, Graf von Langley. Der Dauphin leistete den Eid am 26. Oktober in Boulogne in Gegenwart seines diplomatischen und später auch militärischen Widersachers, des Schwarzen Prinzen. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 2, S. 255 f.; Autrand, Charles V, S. 413.

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5. Die Friedensvermittlung der Kurie von Avignon im Spiegel der Vertragsartikel Die Bestände J 638 bis 640 des Trésor des Chartes in den Archives Nationales de Paris bestehen aus einer Reihe von Kartons, in welchen sich die zweite Redaktionsstufe des Vertrages von Brétigny befindet.908 Angesichts der über 55 Einzeldokumente, welche im Zeitraum vom 24. bis 28. Oktober in Calais bzw. Boulogne und Chartres in vielfacher Ausfertigung entstanden, wird die Einschätzung Charles Petit-Dutailles begreiflich, dass der Vertrag von Brétigny/Calais mehr Pergament verschlungen habe als jedes andere Vertragswerk der französischen Geschichte.909 Auch Delachenal konnte sich dem Reiz der diplomatischen Masse nicht entziehen: „Jamais, à propos d’un traité de paix, les garanties matérielles et morales n’ont été multipliés au même degré; jamais on ne vit autant de confirmations, de ratifications, de promesses, de serments, il semble que tout ait été prévu et rien oublié.“910 Bei dieser Sorgfalt drängt sich die Frage nach dem Stellenwert der Kurie innerhalb des Vertragswerkes und bei der künftigen Umsetzung des Vertragswerkes auf. Zudem ist von nicht geringem Interesse, welchen Eindruck die Friedensvermittlung der Päpste in der Wahrnehmung der Zeitgenossen hinterlassen hatte. a) Schutz durch den Papst oder vor dem Papst? Der Spiegel der päpstlichen Friedensvermittlung in den Vertragsartikeln Innerhalb des eigentlichen Vertragswerkes nehmen Papst und Kurie in rechtlicher Hinsicht eine eigentümlich gegenläufige Funktion ein, welche einer Erklärung bedarf. Im 33. Artikel des Vertrages wurde der Kurie eine eindeutig rechts- und friedensbewahrende Funktion zugedacht:911 Der Papst sollte auf den Geheiß der Könige alle Vertragsbestand908 Das Originaldokument des Vertrages vom 8. Mai 1360 mit dem Siegel Eduards III. befindet sich im

Musee de l’Histoire de la France unter der Signatur AE III, 13 (ursprünglich Paris, AN J 638 N. 1). Identische und gleichfalls besiegelte Ausstellungen können in den Archives Nationales eingesehen werden. Vgl. Paris, AN J 638 N. 2, 8. Die französischen Pendants mit ebenso vielen Einzelstücken befinden sich in den National Archives in London, C 76/ 41–43, Das Hauptvertragswerk wurde ediert von Cosneau (Hrsg.), Grands Traites de la guerre de Cent Ans, S. 33–68, zuvor publiziert von Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, S. 514–518. Zahlreiche aufwändig illuminierte Kopien des Vertrages mit allen Einzelbestandteilen befinden sich in der British Library (etwa Cotton Nero D. VI.) und in der Bibliothèque National de Paris (ms. fr. 2699 f. 8 r- 73 v). Eine umfassende, kritische Edition der gesamten Vertragsartikel steht noch aus. 909 Vgl. Petit-Dutaillis; Collier, La diplomatie francaise, S. 16. 910 Delachenal, Charles V, Band 2, S. 255. 911 Artikel 33: Item, que les Rois dessusdiz soient tenuz de faire confermer toutes les choses dessus dictes par nostre saint père le pape; et seront vallées par seremens, sentences et censures de court de Rome et touz autres liens, en la plus forte manière que faire se pourra; et seront empétrées dispensacions et absolucions et lectres de la dicte cour de Rome, touchanz la parfection et acomplissement de ce present traictié, et seront baillées aus parties, au plus tart, dedanz les trois semaines, après ce que le Roi sera arrivez à Calais (Cosneau (Hrsg.), Grands traites, S. 61 (Vertrag vom 8. Mai 1360).

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teile bestätigen und diese darauf durch seremens, sentences et censures de court de Rome bekräftigen bzw. sichern. Innozenz VI. wurde in der ursprünglichen und im Folgenden nicht mehr geänderten Formulierung des Vertrages von Brétigny vom 8. Mai darum gebeten, entsprechende Bestätigungsschreiben drei Wochen nach der Ankunft des französischen Königs in Calais zu schicken. Im 35. Artikel versprachen beide Könige gemeinsam gegen rebelles, also Vertragsbrecher und Störer des Friedens vorzugehen.912 Sich selbst unterwarfen die Monarchen mitsamt ihren Erben und Königreichen dabei der Zwangsgewalt des Papstes, afin qu’il puisse contraindre, par sentences, censures d’église et autres voyes deues, celui qui sera rebelle, selon ce qu’il sera de raison. Die Bekräftigung des Abkommens sollte ausdrücklich par le pape, [et] le collège de la cour de Rome unternommen werden. Generell waren beide Seiten dazu angehalten, sich alle erdenklichen Arten von Sicherungsmaßnahmen einfallen zu lassen. Tatsächlich kann man den Verhandlungspartnern nicht vorwerfen, in dieser Hinsicht auf dem Gebiet nachträglicher, schriftlicher Ratifikationen auch nur das Geringste unterlassen zu haben. Das Eschatokoll des Vertrages greift den Aspekt der Rechtssicherung durch den Papst noch einmal auf.913 In diesem wird der Willen der Beteiligten, sich und kommende Generationen der Gerichtsbarkeit und Zwangsgewalt der römischen Kirche zu unterwerfen, noch einmal betont. Der Papst wurde erneut um die Ratifikation und Bewahrung des Vertrages durch Ermahnungen und allgemeine Weisun912 Artikel 35: Item, afin que les choses dessus dictes, traictées et parlées soient plus fermes, stables

et valables, seront faictes et données les fermetés qui s’ensuivent, c’est assavoir lectres scellées des seaux des diz Rois et des ainsnez fils d’iceulx, les meilleurs qu’il pourront faire et ordener par les conseils des diz Rois. […] Et s’il y avoit aucun du dit royaume de France, ou du royaume d’Angleterre, qui fussent rebelles, ou ne vousissent accorder les choses dessus dictes, les diz Rois feront tout leur povoir, de corps, de biens et d’amis, de mectre les diz rebelles en vraie obeissance, selon la fourme et teneur du dit traictié. Et, avec ce, se soubsmettront les diz Rois et leurs hoirs et royaumes à la cohercion de nostre saint père le pape, afin qu’il puisse contraindre, par sentences, censures d’église et autres voyes deues, celui qui sera rebelle, selon ce qu’il sera de raison. Et, parmi les seurtez et fermetez dessus dictes, renonceront les diz Rois et leurs hoirs, par foi et par serement, à toutes guerres et à tous proces de fait. Et se, par désobéissance, rebellion ou puissance de aucuns subgiez du royaume de France, ou autre juste cause, le Roi de France, ou ses hoirs, ne povoient acomplir toutes les choses dessus dites, le Roi d’Angleterre, ses hoirs, ou aucun pour eulx, ne feront, ou deveront faire guerre contre le Roi de France, ses hoirs, ne son royaume, mais touz ensamble se enforceront de mectre les diz rebelles en vraie obeissance et de accomplir les choses devant dictes. […] Et seront aussi faites et données, d’une partie et d’autre selon la nature du fait, toutes manières des fermetez et seurtez que l’en saura ou pourra deviser, tant par le pape, le collège de la cour de Rome, comme autrement, pour tenit et garder parpetuelment la paix et toutes les choses par dessus accordées (Cosneau (Hrsg.), Grands traites, S. 61 ff. (Vertrag vom 8. Mai 1360). 913 Artikel 39: Et souzmettons, quant à toutes ces choses, nous et noz hoirs et successeurs à la jurisdicion et cohercion de l’eglise de Rome, et volons et consentons que nostre saint père le pape conferme toutes ces choses, en donnant monicions et mandemens generaux sur l’acomplissement d’icelles, contre nous, noz hoirs et successeurs et contre touz nos subgiez […] et en donnant sentences generaux d’excommuniement, de suspension et de entredit (Cosneau (Hrsg.), Grands traites, S. 64 f. (Vertrag vom 8. Mai 1360).

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gen, notfalls auch mittels Exkommunikation und Interdikt gebeten. Dieser Sachverhalt wurde in groben Zügen von der Historia Anglicana Thomas Walsinghams bestätigt, welche die kommunikative Funktion der Nuntien bei dem Vertragsabschluss betont.914 b) Schutz durch den Vertrag vor dem Papst Konnte in den bislang ausgeführten Artikeln die eindeutige Unterstellung beider Könige unter die Binde- und Lösegewalt des Papstes erkannt werden, so scheint der 38. Artikel dem geradezu zu widersprechen:915 Eduard und Johann versprachen darin keine Beschwerden oder [Gesetzes]novellen bei der römischen Kirche oder anderen kirchlichen Personen vorzubringen bzw. vorbringen zu lassen, welche sich gegen den gegenwärtigen Friedensschluss, einen der Vertragspartner oder dessen Ländereien und Untertanen richteten und den Krieg wiederanzuheizen drohten. Falls der Heilige Vater oder irgendjemand anders so verfahren sollte, würden die beiden Könige diesen nach Kräften daran hindern. Ein ähnlicher Artikel hatte sich bereits im Waffenstillstandsvertrag von Esplechin (1340) und weiteren Vertragstexten gefunden.916 Er war vereinzelt als Emanzipation der Kriegsparteien gegen die Einmischung des Papstes in weltliche Angelegenheiten interpretiert worden.917 c) Die zwei diplomatischen Körper des Papstes Die scheinbar widersprüchliche Funktion des Pontifex und der Kurie in den Vertragsartikeln spiegelt sich in einem Interpretationsmodell der päpstlichen Friedenspolitik von Nicolas Offenstadt wieder.918 Älteren Diskussionen über eine Transpersonalität des Papstes 914 Hiis ita gestis, confestim mittuntur nuncii Summo Pontifici, pro pace et pactis mutuis confirmandis

(Thomas Walsingham, S. 294).

915 Vgl. Artikel 38: Item, est accordé que nul des Rois avant diz, ne procurera, ne fera procurer, par

lui, ne par autre, que aucunes nouvelletez ou griefs se facent par l’église de Rome, ou par autres de sainte Eglise, quelconques il soient, contre ce présent traictié, sur aucun des diz Rois, leurs coadjuteurs, adherens, ou alliez, quelconques il soient, ne sur leurs terres, ne leurs subgiez, pour achoison de la guerre, ou pour autre cause, ne pour services que les diz coadjuteurs ou alliez aient faiz aus diz Rois, ou à aucun d’iceulx; et, se nostre dit saint père, ou autre, le vouloient faire, les deux Rois le destorberont, selon ce qu’il pourront, bonnement, sanz mal engin (Cosneau (Hrsg.), Grands traites, S. 63 f. (Vertrag vom 8. Mai 1360). 916 Vgl. Artikel 4: Item, Est accorde que les deux Rois ne procurent, ne ferront procurer par eux, ne par altres, que nulle novelle ne outrees se facent par la eglise de Rome, ou par autres de seinte eglise, quels q’ils soient, sur asqun des ditz Rois, de ses adjutours, & allies, quels q’ils soient, ne sour lour terres, ou de lour suggitz, par encheson de la ditte guerre, ou par autre cause, ne pur service, que les dites allies & coadjutours eient faitz as ditz Rois, ou a ascun de yeux; & si nostre seinte piere, le Pape, ou altres, les voillent faire, les deux Rois les destourberont, a lour poair, sans mal engyn, les ditz trewes durauntz (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1136) mit Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 232 (11. September 1351). 917 Vgl. Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 64. 918 Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 79 ff. mit dazugehöriger Literatur.

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setzte Offenstadt dabei in Anlehnung an Kantorowicz das Modell des „double corps du pape“ entgegen.919 Dieser Dualismus äußerte sich während des Hundertjährigen Krieges auf vielfältige Weise. Während narrative Quellen wie etwa die Vitae Paparum Avenionsium oder päpstliche Schreiben meist die individuellen Friedensbemühungen und die Friedensliebe einzelner Bischöfe von Rom betonen, heben offizielle Schreiben wie Ernennungsbullen häufiger die institutionelle Gesamtverantwortung des Papstes für die Eintracht der Christenheit hervor.920 In der diplomatischen Praxis machte sich, wie in den Einführungen bemerkt, der Unterschied zwischen Institution und Repräsentant dergestalt bemerkbar, dass der oberste Pontifex seit Ende des 13. Jahrhunderts in seiner – noch jungen – Rolle als unparteiischer Vermittler von den Kriegsparteien nur noch als „Privatmann und gemeinsamer Freund“ akzeptiert worden war.921 Aus den Friedensappellen und Ernennungsschreiben der Päpste von Avignon wurde bereits an anderer Stelle deutlich, dass diese prinzipiell dazu bereit waren, dem Wunsch einer Trennung zwischen Amt und Amtsträger zu entsprechen. Die Kriegsparteien konnten auf keinen dieser Körper verzichten. Aus dem gemeinsam zwischen Kurie und Engländern geführten Diskurs wird deutlich, dass der private Körper des Papstes der des Vermittlers, der amtliche dagegen der des Schiedsrichters und Richters war, der gerade nach dem Abschluss größerer Vertragswerke aktiv werden sollte. Anhand des 33., 35. und 38. Artikels des Vertrages von Calais konnte gezeigt werden, dass gerade der amtliche Körper des Papstes bei der Planung einer Friedensordnung als zwiespältig empfunden wurde. Ein juristischer Eingriff in das Vertragswerk oder gar dessen Aufhebung wäre von den Kriegsparteien als bedenklicher Eingriff in die Souveränität ihrer Königreiche empfunden worden. Eine derartige Nivellierung des Vertrages wurde daher ausgeschlossen. Das Abkommen als Textcorpus, das bekanntlich auch ein Freundschaftsbündnis zweier gleichrangiger Könige war, sollte dagegen – ex positivo – durch die päpstliche Schlüsselgewalt gemäß der Artikeln 33, 35 sowie des Eschatokolls von Papst und Kardinalskolleg bekräftigt und geschützt werden. Zu diesem Zwecke wurden rechtliche Stellungnahmen und Anweisungen der Kurie erbeten. Am 26. November brach der königliche Konsiliar und derzeit bedeutendste Vertreter Eduards III. an der Kurie, William Burton, zu einer Mission nach Avignon auf. Er sollte vermutlich die päpstliche Kooperation bei der Überwachung des Vertrages sicherstellen.922 Der Wunsch auf englischer Seite nach einer Unterwerfung unter die päpstliche Gerichtsbarkeit ist bereits am Beispiel des Vorvertrages von Guines (1354) festgestellt worden.923 Dadurch sollte die eigene Ernsthaftigkeit unterstrichen, zugleich aber die Option offengehalten werden, die Schuld für einen potentiellen Vertragsbruch dem Gegner anzulasten. 919 920 921 922

Siehe Kapitel A) II. 1. Siehe Kapitel A) I. und Kapitel C) I. Siehe Kapitel A) II 1., Kapitel B) I. 3 a) und Kapitel B) II. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 68 f.; Mirot; Déprez (Hrsg.), Ambassades anglaises, S. 178. 923 Siehe Kapitel B) V.

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d) Friedensrhetorik der königlichen Ratifikationsschreiben In seiner, von Vermittler Androin de la Roche beglaubigten Ratifikationserklärung vom 24. Oktober 1360 ließ Johann II. keinen Zweifel daran, was ihn zur Aufnahme von Verhandlungen veranlasst hatte: Jehan, par la grace de DIEU, Roy de France, sçavoir faisons a touz, presens & a venir, que comme guerres morteles aient longuement dure entre nôtre treschier seigneur & pere, jadiz Roy de France, lui vivant, & apres son deces, entre nous d‘une partie, & le Roy d‘Angleterre, nôtre frere, le quel reclamoit soy avoir droit en dit royaume, d‘autre partie, ayent porte mult grans dommages non pas seulement a nous & a tout nôtre royaume, mais aux royaumes voisniz (sic) & a toute christiente; Car par les guerres, sont mantefoit avenues batailles mortales, occisions de gens, pillemens, & arsures, & destructions de gens, & perilz de ames, deflorations de pucelles & de vierges, dehonnestations de femmes marieez & vefues, arsures de villes, d‘abbayes, de manoirs, & edifices, roberies & oppressions, & guyetemens de voyes & de cheminz, justice en est faillie, & la foy crestienne refroidie, & merchandise perie, & tant d‘autres malefices & orribles faiz s‘en sont ensuiz, qu‘il ne pourront estre diz, nombre, ne escriptz, par les quelx nôtre dit royaume & les autres royaume par crestiente, ont soustenu mult d’afflictions & de dommages irreparables. Pourqoy nous, consideranz & pensanz les maulx dessusdiz, & que vray semblable estoit, que plus grans s’en pourroient ensuyvre ou temps a venir, & aians grant pitie & compassion de nôtre bon & loyal pueple, qui, si fermement & si loyaument, s’est tenu, si longuement, en vraye constance & obeissance envers nous, en exposant leurs corps & leurs biens a touz perilz, sanz eschouer despens & mises, dont nous devons bien avoir parpetuel memoire, avons pour ce soustenu par plusieurs foiz traittie de paix.924

Die Rechtfertigung Johanns II. findet sich in praktisch identischer Form in zahlreichen zur gleichen Zeit abgefassten Briefen des Königs an seine Untertanen wieder. Inwieweit die königliche Rhetorik auch die Darstellung des Königreichs Frankreichs in der französischen und Hennegauer Chronistik beeinflusste muss an dieser Stelle offen bleiben.925 Wie Offenstadt nachweist, findet sich die Vorstellung einer Verantwortung des Königs für den Frieden im Inneren nicht nur in Fürstenspiegeln zu dieser Zeit wieder,926 sondern 924 Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 525. 925 Vgl. „King Jean’s Letter on the Treaty of Brétigny“, in: Rogers (Hrsg.), The Wars of Eduard III.,

S. 183f. [N. 113], zitiert und übersetzt nach: Procès-verbal de l’delivrance à Jean Chandos, commissaire du roi d’Angleterre, des places françaises abandonnées par la traité de Brétigny, hrsg. von Auguste Bardonnet, Niort 1867, S. 14–19 mit Froissart (Amiens), Band 3, S. 241; Continuateurs Guillaumes de Nangis (Venette), S. 93 ff. 926 Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 85 ff. Basierend auf der Vorstellung der römischen pax romana zählte seit karolingischer Zeit die Friedenswahrung im Inneren zu den obersten Pflichten eines Königs. In Folge der Gottesfriedensbewegung(en) sowie des Kreuzzugsgedankens wurde die Wahrung des Friedens nach außen in erster Linie durch die mittelalterliche Papstkirche forciert. Über Gelehrtentraktate wie des Songe du vieil pélérin von Philippes de Mezières hielt der Friedensgedanke auch in monarchische Kreise Frankreichs Einzug. Vgl. S. Penth, Konzeptionen Historischer Semantik am Beispiel der Begriffe ‚Friede‘ und ‚Krieg‘. Vom gegenseitigen Nutzen der Nachbarwissenschaften in der historischen Forschung, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift, 65 (2006) S. 5–18; Rossum, Staatsformen im Mittelalter, S. 98 ff.; H. Dubois, La Paix au Moyen âge, in: P. Chaunu (Hrsg.), Les

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war geradezu Teil eines ebenso ausgefeilten wie formelhaften, königlichen Friedensdiskurses.927 Eduard III. und seine Widersacher Philipp VI. und Johann II. bedienten sich dessen bevorzugt zur Begründung der Wiederaufnahme von Kampfhandlungen oder von Waffenstillständen. Wichtigstes Stilmittel war die Brandmarkung des jeweils unkooperativen Gegners, der bei aller gebotenen eigenen Friedensliebe diesen Schritt provoziert habe, oder wie in unserem Fall, die Heraufbeschwörung des Mitleids gegenüber der eigenen Bevölkerung zur Begründung eines Friedensschlusses.928 In der Arenga des Freundschafts- und Bündnisvertrages zwischen Johann II. und Eduard III. vom 26. Oktober 1360 steht geschrieben, dass es die Pflicht der Könige und christlicher Fürsten war, ihre Untertanen gut zu regieren, Kriege, Unruhen und Zwietracht zu meiden, welche Gott ein Gräuel seien. Stattdessen sollten sie im eigenen Interesse und dem ihrer Untertanen nach Frieden, Einigkeit und Eintracht streben.929 Angesichts der aktiven Rolle beider Monarchen im Rahmen der Verhandlungen sowie der – auch symbolisch hervorgehobenen – Gleichrangigkeit der von nun an in guter Freund- und Nachbarschaft vereinten Könige kann die Interpretation Autrands des Vertrages als „paix du roi“ gut nachvollzogen werden.930 Gleichwohl muss betont werden, dass der erwähnte Friedensdiskurs der Könige in semantischer Hinsicht über weite Passagen hin dem Diskurs der Päpste in ihren Friedensappellen und Ernennungsbullen für ihre Nuntien seit Beginn des Krieges entlehnt war, wobei in beiden Fällen der Katalog an Kriegsgräueln in letzter Instanz auf die drohenden perilz de ames bzw. die animarum pericula verwies. 931

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fondements de la paix. Des origines au début du XVIIIe siècle, Paris 1993, S. 95–109, bes. 97 ff. Die Vorstellung eines friedenswahrenden Königs hatte sich auch in zeitgenössischen Fürstenspiegeln verfestigt. Vgl. U. Graßnik, Ratgeber des Königs, S. 162 und allgemein C. Reinle (Hrsg.), Historische Exempla in Fürstenspiegeln und Fürstenlehren (Kulturgeschichtliche Beiträge zum Mittelalter und zur Frühen Neuzeit, Band 4), Frankfurt 2011. Zur ‚Gottesfriedensbewgung‘ vgl. klassisch: Hoffmann, Hartmut, Gottesfriede und Treuga Dei, Stuttgart 1964. Dieser bestand aus einem rhetorischen Idiom, welches 1) aus dem Beklagen der Schrecken und Übel des Krieges, 2) der Vermeidung vergossenen christlichen Blutes, 3) der Betonung der Beständigkeit der eigenen Friedensliebe, 4) der Wiedergabe der eigenen Friedensbemühungen, 5) der Aufzählung der dazu aufgewandten Mittel und 6) der Schilderung der eigenen Opfer zusammengesetzt war. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 86 ff. Vgl. Ebd., S. 89 f. Klassisch: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 72 (15. März 1346). Sçavoir faisons que nous, pensanz & consideranz que les Roys & les princes Crestiens, qui veulent bien governer le peuple qui leur est subget, doivent fuyr & eschiver guerres, dissensions, & discordes, dont, Dieu est offendu, & querrer & avier, pour eulx, & pour leurs subgez, paiiz, unite & concorde (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 530). Angesichts der für Eduard III. profitablen Vertragsbedingungen glaubt Autrand zwischen den Zeilen der Vertragsartikel einen Dialog zwischen Eduard III. als Sieger und Johann II. als Besiegten erkennen zu können. Ein solcher entsprach freilich mehr den Bedingungen der beiden Verträge von London als der militärischen Lage des Frühjahrs 1360. Vgl. Autrand, Charles V, S. 393 sowie Dies., Les Artisans de la Paix, S. 305. Siehe oben, Anm. 802. Vgl. [C]omme guerres morteles [...] ayent porte mult grans dommages non pas seulement a nous & a tout nôtre royaume, mais aux royaumes voisniz (sic) & a toute christiente; Car, par les guerres, sont mantefoit avenues batailles mortales, occisions de gens, pillemens, & arsures, & destruc-

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e) Die päpstliche Legitimation oder die Geschichte der päpstlichen Friedensvermittlung Der Friedensdiskurs Johanns II. wird in dem Ratifikationsschreiben ergänzt durch eine zusätzliche Begründung des Vertragsschlusses durch die kuriale Friedensvermittlung. Der König bekannte, den Vertrag zu Ehren Gottes sowie aus Ehrfurcht vor der Heiligen Kirche, dem Heiligen Vater und seinen in dem Schreiben bereits genannten Gesandten abgeschlossen, ratifiziert und gebilligt zu haben.932 Gerade letztere Formel ist in Variationen serienmäßig in Prokuratorien oder Waffenstillstandsverträgen des Hundertjährigen Krieges anzutreffen.933 Folgende Passagen aus einem Ratifikationsschreiben des französischen Königs sind jedoch hinsichtlich ihrer Ausführlichkeit hervorstechend: Premierement, par le moyen d‘honnorables peres en Dieu plusieurs cardinauls & messagers depar ,nostre saint pere, le Pape, qui, a grant diligence & instance, y traveillerent pour lors: Et, depuis, ce y ait en plusieurs traittiez, parlez, & plusieurs voies touchieez, entre nous & le dit Roy d‘Angleterre nôtre frere; Finablement, en moys de May, darnier passe, vindrent en France, messages depar nôtre saint pere le Pape, noz chiers & feauls amis, l‘abbe de Clugny, frere Symon de Lengres, maistre en divinite, maistre de l’order des Freres Prescheurs, & Hugue de Geneve, seigneur d’Auton, chivaler, ou estoit lors le dit Roy d‘Angleterre & son ost; Et tant alerent & vindrent les diz messages, devers Charles, nôtre treschier ainsne filz, & devers le dit Roy d‘Engleterre nôtre frere, qu‘en plusieurs lieux s‘assemblerent traitteurs, d‘une partie & d‘autre, pour parler, & traittier de paix entre nous, qui lors estions en Engleterre, & le dit Roy d‘Englererre & les royaumes de l‘une & de l‘autre; Et au dernier s‘assemblerent les traitteurs & procurers, de nous & depar nôtre dit filz, aians povoir & auctorite souffiser de nous et de nôtre dit filz, & les procureurs & traitteurs de nôtre neveu, le prince de Gales, filz ainsne du dit Roy d‘Angleterre, nôtre frere, aiant povoir & auctorite de son dit pere en ceste partie, a Bretigny pres chartres; Ou quel lieu fu parlee, traitie, & accorde final paix & concorde, des traitteurs & tions de gens, & perilz de ames, deflorations de pucelles & de vierges, dehonnestations de femmes marieez & vefues, arsures de villes, d’abbayes, de manoirs, & edifices, roberies & oppressions, & guyetemens de voyes & de cheminz, justice en est faillie, & la foy crestienne refroidie, & merchandise perie, & tant d’autres malefices & orribles faiz s’en sont ensuiz, qu’il ne pourront estre diz, nombre, ne escriptz, par les quelx nôtre dit royaume & les autres royaume par crestiente, ont soustenu mult d’afflictions & de dommages irreparables (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 525 (24. Oktober 1360 – Hervorhebungen durch den Autor) mit Sane, […] hostis humani generis, pacis emulus, et dissensionum ac guerrarum non solum amator sed etiam suscitator, inter carissimos in […] Philippum Francie et Eduardum Anglie reges illustres, et nonnullos alios principes et magnates, valitores auxiliatores, […]gravis dissensionis materiam adeo bellicosis actibus et hostilibus congressionibus terrestribus et maritimis dure commovit, quod ex hujusmodi periculosa discordia, diversis vicibus et temporibus eorum constatis viribus in unum, hinc inde strages hominum, effusio sanguinis christiani, qui de terra clamat in celum, depopulationes et incendia locorum ac ecclesiarum destructiones, rapine, spolia, facultatum lapsus, subditorum exilia et oppressiones innumere, et quod deflendum est potius, animarum pericula, […] sunt secuta (Clément (France), N. 94 – Hervorhebungen durch den Autor). Siehe Kapitel C) I. 932 A l’onneur & a la gloire du Roy des Roys, & pour reverence de sainte eglise, de nôtre saint pere le Pape, & de ses diz messages, avouns consenti, & consentons, & les ratiffions, greons, & approuvons (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 525). 933 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 ff., 348, 519, 527; Band III, 2, S. 934, 1021, 1022, 1024, 1031, 1048.

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procureurs, de l‘une & de l‘autre partie, sur tous les descors, dissentions, & guerres, que nous & le dit Roy d‘Angleterre nôtre frere avions l‘une contre l‘autre[.]934

Johann II. hielt es nicht für ausreichend, bloß in allgemeiner Form auf die päpstliche Vermittlung zu verweisen. Das Schreiben gab diese vielmehr durch eine chronologisch weitumfassende Erzählung wieder. Als mögliche Vorbilder hierfür kommen in erster Linie das regelmäßige Auflisten von Maßnahmen kurialer Diplomatie in Friedensappellen oder Memoranden für apostolische Nuntien in Frage.935 Doch während die Päpste die ‚Geschichte der bisherigen kurialen Friedensbemühungen‘ zumeist als Instruktionen für die eigenen Gesandten oder zur Steigerung des eigenen symbolischen Kapitals gegenüber Verhandlungspartnern anwendeten, nutzten die englischen Könige die Schilderung gescheiterter päpstlicher Friedensbemühungen bevorzugt zur Rechtfertigung einer erneuten Aufnahme des Krieges.936 In inhaltlicher Hinsicht fällt auf, dass in den königlichen Schreiben frühere Friedensinitiativen der Kurie oft abstrakt zusammengefasst wurden, während lediglich diejenige Friedensmission ausführlicher thematisiert wurde, welche unmittelbar zum gegenwärtigen Zustand des Friedens oder der Waffenruhe geführt hatte.937 Die Wahrnehmung der päpstlichen Vermittlung erfolgte demnach hauptsächlich nach dem Effizienzprinzip. In dieser Hinsicht ist es aufschlussreich, dass aus dem Kontext einer weiteren Ratifikation des Vertrages von Brétigny vom 24. Oktober 1360 eine historisch komplexere Variante entnommen werden kann.938 Johann II. begann seine Schilderung naheliegenderweise mit den Friedensinitiativen des Pontifikats Innozenz‘ VI. und endete mit der Friedensmission Androins de la Roche und Ritter Hugues de Genève, wobei Dominikanergeneral Simon de Langres ungenannt blieb. Anders als in der oben genannte Argumentation vom 26. Oktober 1360 wurden in diesem zweiten Beispiel 934 Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 527 (26. Oktober 1360). 935 Vgl. insbesondere Benoît XII (France), N. 763 (26. August 1340); Clément VI, N. 2173 (29. Novem-

ber 1345), 2726 (11. August 1346) mit einem späteren Beispiel für die Verwendung dieser rhetorischen Technik in: Grégoire XI. (France), N. 1047 (17 Dezember 1372). 936 Vgl. Clément VI (France), N. 1844 (21. Juli 1345) mit den entsprechenden Quellenbeispielen der englischen Seite in Kapiteln B) II. 5. und B) VI. 2. 937 Vgl. Rymer (Hrsg.) Foedera, Band III, 1, S. 136 f. (Vollmacht zur Durchführung von Friedensverhandlungen für englische Gesandte, 25. September 1347), 276 f. (Waffenstillstand von Guines, 6. April 1354), 283 (Vollmacht für englische Abgesandte zum Zweiten Friedensgipfel von Avignon, 28. August 1354) um nur wenige Beispiel in den Jahrzehnten vor Abschluss des Vertrages von Brétigny zu nennen. 938 A l‘honneur de la benoît Trinite, le Pere, & le Fil, & le Saint Esperit, & de la glorieuse Virge Marie, & pour la reverence de nôtre saint pere le Pape Innocent VI. Le quel’, quant il estoit cardinal, en sa personne, & puis sa promocion, par reverens peres en Dieu, les cardinalz de Bouloigne & de Pierregort, noz cousinz, & d‘Urgel, qui furent depart li envoies en France & en Angleterre, qui en faire ceste paix & acord, ont adjouste, & mis tresgrant & bonne diligence, & de noz bien amez, frere Andruyn de la Roche, abbe de Clugny, & monsieur Hague (sic) de Geneve, chivaler, seignur d‘Auton, messagiers derriere envoiez par devers nous sur ce de par nôtre dit saint pere, qui ont sur ce diligenment traveillie & traittie, & receu les seremens des dis procureurs, & autres pleusieurs dessus nommez (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 519).

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auch die gescheiterten Friedensvermittler Gui de Boulogne, Talleyrand de Périgord und Niccolò Capocci namentlich erwähnt. Eine zusätzliche Besonderheit stellt die ausdrückliche Integration Innozenz‘ als Kardinal in diese friedensstifterische Tradition dar: Dieser habe sowohl quant il estoit cardinal [Étienne Aubert] als auch puis sa promocion zum Papst mit großer Sorgfalt um die Wiederherstellung Frieden gerungen.939 Die bisherige diplomatische Tätigkeit Innozenz’ VI. als Kardinalnuntius wurde folglich mit seiner späteren pazifikatorischen „Legatenpolitik“ 940 im Kontext der kurialen Friedensvermittlung in Übereinstimmung gebracht. f) Interpretation und Synthese Bei einer synchronen Interpretation beider Diskursebenen läge die Vermutung nahe, dass Johann II. durch seine aufwändige Rhetorik die überaus schmachvollen Bedingungen des Friedensschlusses zu entschuldigen suchte. Diese Vermutung scheint sich dadurch zu erhärten, dass sich semantisch parallele Konstruktionen und Satzbausteine auch in Ratifikationsschreiben von Waffenstillständen während der Friedensgipfel von Brügge in den Jahren 1375–1377 wiederfinden lassen – diesmal aber auf Seiten des zu dieser Zeit militärisch ins Hintertreffen geratenen Eduards III. Es ist auffällig, dass sich gerade der englische König in der für ihn erfolglosesten Phase seiner Regierungszeit ganz gleichartiger humanitärer wie papstkirchlicher Argumente bediente wie Johann II. im Jahre 1360.941 Bei der Betrachtung der komplementären französischen Ratifikationsschreiben fällt immerhin auf, dass sich der in den 1370er Jahren militärisch wie politisch überlegene Karl V. nicht gleichermaßen des klassisch-königlichen Friedensdiskurses bediente. Anders sah die Sache jedoch bei der Evozierung des friedensstiftenden Papsttums als Legitimation für die Aufnahme von Verhandlungen und den Abschluss von Waffenstillständen aus. 939 Zur Friedensvermittlung Kardinal Étiennes Aubert siehe Kapitel B) III. und IV. 940 Zum Begriff „Legatenpolitik“ und den Verfahrensweise bei der Auswahl und Entsendung von Lega-

ten im 12. Jahrhundert vgl. demnächst Zey, Die päpstliche Legatenpolitik im 11. und 12. Jahrhundert (Habilitationsschrift im Druck). 941 Narratio mit Evozierung der päpstlichen Vermittlung: Savoir faisons que come nostre tresseint piere le Pape eit plusours foiz prie & requis, par ses lettres, et fait prier et requerer, par ses sollenez messagers, et darreinement par reverentz pieres en Dieu l‘ercevesque de Ravennes et l‘evesque de Carpentras, nostre tresredoubte seigneur et piere de encliner et condescendre a bone paix et accord ovesque son adversaire de France; Et pour ceo, nostre dit tresredoubte seigneur et piere, a la request des ditz messages de nostre dit seint piere, nous eit commis et envoie, par devers eux, es parties de Flaundres, pur traiter de la dit paix ovesque nostre cousyn le duc de Burgoign, frere au dit adversaire, sicome il appert par ses lettres, de quelles le tenour s‘ensuit; Königlicher Friedensdiskurs: Finablement, a lour request, en esperaunce de bon paix et bon acord estre mis procheinement entre les dites parties, nous, pur l‘amour de Dieu, et reverence de nostre seint piere le Pape, et pour la grante pite et compassion que nous avons du poeble, qui par cause de dites guerres […] avons ottroie, promis, et accordez, et par ces presentz lettres ottroions, promettons, et accordons, ovesque nostre dit cousin, par verteu du pouoir a nous donnez par nostre dit cousin, par verteu du pouoir a nous donnez par nostre dit tresredoute seigneur et piere (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1031 (Waffenstillstandsratifikation durch Johann von Gent, 27. Juni 1375).

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Hier lassen sich in Urkunden auf beiden Seiten knappe Geschichten der päpstlichen Friedensvermittlung vorfinden, welche zudem textidentisch sind.942 Dies war bereits im Jahre 1360 der Fall gewesen: Eduard III. griff in seinen Ratifikationsschreiben auf die Rechtfertigung des Vertragsschlusses aufgrund der eigenen Ergebenheit zur römischen Kirche bzw. aufgrund der Akzeptanz der Friedensmission durch die drei päpstlichen Nuntien zurück. Das Schreiben enthielt neben einer Narratio der kurialen Vermittlung zudem formelhafte Elemente des erwähnten königlich–humanitären Friedensdiskurses.943 Die kuriale Diplomatie stellte also in jedem Fall eine hinreichende Legitimation eines Waffenstillstandsvertrages oder Friedensschlusses dar. Sie wurde deswegen so stark betont, um das eigene Einlenken in bestimmten Aspekten als „unverdienten Akt der Gnade“ erscheinen zu lassen und nicht etwa als politisches Einlenken gegenüber der gegnerischen Forderungen.944 Eine entsprechende Unterwerfung in Vertragsdokumenten unter ein weltanschauliches Programm eines anderen Vermittlers wäre im Hundertjährigen Krieg kaum vorstellbar gewesen.945 Der Diskurs wurde unabhängig davon aufgegriffen, ob die Verhandlungen aus einer militärischen Zwangslage oder aus einer Position der Stärke geführt wurden. Abgesehen von dem sich ändernden dynastischen Blickwinkel und Varianten in der Rechtschreibung entsprach das englische Ratifikationsschreiben vollständig dem der französischen Seite.946 942 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1031–33; London, PRO C 76/58 m. 1 f., 16 f. 943 Premierement, par le moyen de, honurables peres en Dieu, pluseurs cardinalx & messages de nos-

tre saint pierre le Pape, qui a grant diligence & instance, y traveillerent pur lors: Et, depuis ce, y ait en pluseurs traities, parles, & pluseurs voies toucheez, entre nous & nostre frere de France, finablement en mois de May darreine passe, vindrent en France, messages depar nostre saint piere le Pape, nostre chere & foial l‘abbe de Clugny, frere Symon de Lengres, maistre en divinite, maistre de l‘ordre des Freres Prescheurs, & Hugue de Geneve, chivaler, seigneur d‘Auton, ou nous estoions lors en nostre host; Et tant alerent & vinrent les diz messages, devers nous & devers nostre treschere neveu, le duc de Normandie, lors Regent le roialme de France, qui en plusieurs lieux d‘assemblerent traitteurs, d‘une part & d‘autre, pur parler, & traittier de paix entre nous & nostre dit frere de France, & les roialemens de l‘un & de l‘autre; Et au darrenier s‘assemblerent les traiteurs & procureurs, depar nous & depar nostre ainsne filz, le prince de Gales, as choses dessus escriptz par especial deputez; Et les procureurs & traiteurs, de nostre dit frere & son ainsne filz, aiant a ce povoir & auctorite de l‘un & de l‘autre; A Bretigny pres de Chartres, ou quel lieu feu parlee, traitee, & acordee de traitteurs & procureurs, de l’une & de l‘autre partie, sur touz le descors, dissentions, & guerres, que nous & nostre dit frere avoions l‘une contre l‘autre; Le quel traitie & paix les procureurs, d‘une partie & d‘autre, pur l‘une partie & pur l‘autre, jureront aus Saintz Evangiles, tenir & garder;[...] Pour appaisier les guerres, & les maux, & doleurs dessusdiz, dont le poeple estoit si malmene, come dessus est dit, a l‘onneur & a la gloire du Roy des Roys, & pur reverence de sainte esglise, de nostre saint pere le Pape, & de ses messages, avons consenti, & consentons, & les ratifions, greons, & approvons (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 528 f.). 944 Vgl. Moeglin, Strukturelle Aspekte, S. 257, 267 f. 945 Siehe Kapitel D). 946 Edward, par la grace de Dieu, Roi d‘Engleterre, seigneur d‘Irlaunde & d‘Aquitain, savoir faisons a touz, presentz & a venir, que, come guerres mortieles aient longuement durrez entre nous, qui avons reclamez avoir droit au roialme & a la coronne de France, d‘une part, & le Roi Phelip de France, lui vivant, & apres son deces, entre nostre treschier frere, le Roi de France d‘autre part, aient porte

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Was aber war der Grund für diese rhetorischen Konvergenzen? Die wahrscheinlichste Erklärung stellt die redaktionelle Betreuung der Vertragsurkunden durch den Nuntius Androin de la Roche dar. Beglaubigungen einzelner Ratifikationsschreiben durch den Abt von Cluny lassen sich etwa für den 25. Oktober 1360 nachweisen.947 In diesen bekräftigte der Nuntius ausdrücklich, quod, illustrissimus princeps & dominus, dominus Johannes, divinâ providentiâ, Rex Francorum, in pace finali, inter ipsum & excellentissimus principem & dominum, dominum Regem Angliae, reformatâ, literas suas eidem Regi Angliae, nobis praesentibus, concessit & tradi fecit.948 Neben den bislang bekannten notariellen Aufgaben apostolischer Nuntien bei einem Vertragsschluss steht also zu vermuten, dass diese auch bei der rhetorischen Ausgestaltung der Ratifikationsschreiben Pate standen.

Zusammenfassung Bei der Beurteilung der Rolle der Kurie während der Verhandlungen, Ratifikationsfeierlichkeiten sowie in den Artikeln des Vertrages von Brétigny/Calais fällt auf, dass sich diese sowohl in der Synthese narrativer Quellen wie auch bei der Analyse und Interpretation der Vertragsartikel und Ratifikationsschreiben beider Könige in einem oszillierenden Spannungsfeld bewegte. Befunden, nach welchen die Aufnahme von Verhandlungen und deren Durchführung durch das Wirken von Repräsentanten des Papstes im Umland von Chartres oder der Stätte der Entscheidungsfindung Calais stattfanden, stehen Belegstellen gegenüber, welche von einem Friedensschluss in einem von königlichem Charisma und unmittelbarer Formen der Entscheidungsfindung geprägten Umfeld sprechen. Auch innerhalb des Vertrages ist es augenfällig, dass die juristische Durchsetzung der moult grantz damages, non pas seulement a nous, & a tout nostre roialme, mes aus roialmes voisins, & a toute Cristiente, car, par les dites guerres, sont mainteffoiz avenuez batailles morteles, occisions des genz, pillemenz, & arsures, & destrucions des gentz, & paril d‘almes, defloracions des pucelles & de vierges, deshonnestations des femmes mariees & veuves, arsures des villes, d‘abbeies, de manoirs, & edifices, roberies & oppressions, guyetemenz de voies & de chemyns, justice en est failli, & la foy Cristienne refroidie, & marchandise perie, & tant d‘autres malefices & horibles faiz s‘en sont ensuiz, qui ne pourroient estre ditz, nombrez, ne escriptz, par les queles nostre dit roialme & les autres roialemes par Cristiente, ont soustenu molt d‘afflictions & de damages irreparables. Par quoi nous, considerantz & pensantz les maulx dessusdiz, &, qui vrais semblables estoit, qui plus grantz s‘en porroient ensuyvre en temps a venir, & aiantz grant pitie & compassion de nostre poeple, qui, en la prosecution de noz guerres, ont exposes leurs corps & leur biens a touz perils, sanz eschiver despens & mises, dont nous devons bien avoir parpetuel memoire, avons pur ce sustenu, par pluseurs foiz traittie de paix (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 528). 947 Vgl. Ebd., S. 525, 530. 948 Universis, praesentes literas inspecturis, frater Androynus, miseratione divinâ, humilis abbas Cluniacensis, apostolicae sedis nuncius, salutem in eo Qui est omnium vera salus [es folgen die oben zitierte Beglaubigung des Abtes und das Ratifikationsschreiben Johanns II.]. In quorum omnium testimonium nos, abbas praedictus, sigillum nostrum hiis praestantibus, fecimus apponi. Datum apud Calesium, Morinensi dioecese, xxv. die Octobris, anno Domini millesimo trecentesimo sexagesimo (Ebd. S. 525 f.).

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Artikel durch die Kurie ebenso ersehnt wurde wie gleichzeitig der Vertrag als Ganzes jeglichen päpstlichen Eingriffsmöglichkeiten entzogen werden sollte. In dessen Arenga und Narratio stehen königliche Friedensdiskurse mit der Betonung humanitärer Motive gleichwertig neben Abschnitten, in denen der Frieden durch die päpstliche Friedenspolitik begründet wurde. Während der Papst als Privatmann in Vertretung seiner Nuntien in der Mehrheit der erzählenden Quellen durchaus als Vermittler und Initiator von Friedensverhandlungen charakterisiert wurde, so betonen zeitgenössische Chronistik ebenso wie notarielle Urkunden bei der Schilderung von Friedensschlüssen häufiger die direkte Interaktion der Könige und deren Agenten. Stärker noch als die Beeidigung des vom Abt von Cluny verlesenen Vertrages durch den Schwur auf Hostie und Evangelium stand die symbolhafte Inszenierung des neuen Freundschaftsbundes durch die Könige im Vordergrund des Interesses der Chronisten. Innerhalb der Vertragsartikel stand wiederum das Papsttum als Institution im Vordergrund, welche sowohl im theoretischen wie praktischen Sinne die Artikel zu bestätigen und künftige Verstöße zu ahnden hatte. Dies bedeutete freilich nicht, dass jegliche Art der Einmischung gestattet wurde. Während die einen Artikel also an die päpstliche Binde- und Lösegewalt appellierten, suchten andere diese im Falle künftiger Konflikte in ihre Schranken zu weisen. Die widersprüchliche Betätigung des obersten Pontifex kann durch das Interpretationsmodell ‚Zweier Körper des Papstes‘ erklärt werden. Während der private Körper des Papstes der des Vermittlers war, welcher ein Vertragswerk herbeiführte, entsprach dem amtlichen Körper des Papstes die Aufgabe des Protektors des Friedensvertrages. Wie gezeigt wurde, war das Papsttum als Institution zum Schutz des Vertrages sehr erwünscht, seine mögliche Manipulation des Vertrages im Auftrag eines der Kriegsgegner kraft seiner Binde- und Lösegewalt aber gefürchtet. Bereits frühzeitig hatten sich Engländer und Franzosen während des Krieges durch salvatorische Klauseln gegen einen solchen Eingriff zu schützen versucht. Im Laufe der anglo-französischen Auseinandersetzung lernten die Päpste ihre Doppelrolle als ein von Amts wegen dem Frieden verpflichteter Pontifex und dem aus rein persönlicher Grundhaltung heraus vermittelnder Privatmann, aber immer besser zu meistern.949 Der Vertrag von Brétigny stellt ein ausgesprochen plastisches Beispiel für die Wandlungsfähigkeit des kurialen, friedensstifterischen Selbstverständnisses dar. Jedenfalls scheinen die Päpste das letzte Wort beim Zustandekommen des Friedens gehabt zu haben. Zunächst einmal fanden im Herbst 1360 gerade die letzten, entscheidenden Verhandlungen über die beiderseitige Verzichtserklärung unter der Leitung päpstlicher Vermittler statt. Der Abt von Cluny präsidierte über die letzte und feierlichste Ratifikationszeremonie am 24. Oktober 1360 und verlas persönlich die Artikel des Vertrages vor deren endgültiger Beeidigung. Der apostolische Nuntius war auch für die Koordinierung und redaktionelle Vereinheitlichung der Vertragsurkunden verantwortlich gewesen. Neben seiner Beglaubigung von Einzelbestandteilen sprechen auch die 949 „Les Papes eux-mêmes savent jouer du double registre en mettant en avant tant leurs devoirs de

pontife que leurs efforst personnels pour la paix“ (Offenstadt, Faire la paix, S. 83).

Dezentralisierung der päpstlichen Friedensvermittlung und ihre Konsequenzen

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textidentischen Ratifikationsurkunden der Könige für eine maßgebliche Prägung des Vertragsschlusses durch die päpstlichen Vermittler. Die Formulierung gerade humanitärer Begründungen des Friedensschlusses lehnte sich dabei semantisch an vorausgegangene päpstliche Friedensappelle an. Die Vermittler leisteten geradezu Schützenhilfe bei der Gestaltung der Legitimationstexte und halfen so die Ehre der Könige bei dem erzielten Kompromiss zu bewahren. Einmal fertiggestellt, konnten diese Textbausteine nicht nur in weiteren Urkunden wiederverwendet werden, sie dienten origineller Weise jeweils beiden Gegnern als ‚Passepartout’ für ihre Rechtfertigung des Friedens. Zumindest rhetorisch unterwarfen sich beide Könige also dem Idiom der päpstlichen Friedensvermittlung.950 Auch in argumentativer Hinsicht muss der kurialen Diplomatie ein hohes Maß an Überzeugungskraft attestiert werden. Erst die Zeit sollte zeigen, ob es den Päpsten gelingen sollte, ihren größten diplomatischen Erfolg im Hundertjährigen Krieg zu bewahren.

VIII. Brügge (1375–1377): Dezentralisierung der päpstlichen Friedensvermittlung und ihre Konsequenzen 1.

Die Päpstlichen Friedensinitiativen der Jahre 1370–72

Nach dem erneuten Ausbruch des Hundertjährigen Krieges im Jahre 1369 nach der Entgegennahme der Appellationen gascognischer Adeliger an das Parlement de Paris gegen ihren Lehnsherren, Prinz Eduard von Wales, gelang es dem französischen König dank einer neu entwickelten Strategie der Defensive innerhalb nur weniger Jahre sämtliche territorialen Verluste seiner Vorgänger wieder rückgängig zu machen.951 Die parallelen Friedensinitiativen der Kurie sind in ereignisgeschichtlicher Hinsicht bereits ausführlich von Sumption oder Perroy zusammengefasst worden.952 Eine Wiedergabe der wesentlichsten Zusammenhänge erscheint aber lohnenswert, da durch unseren Zugriff Erkenntnisgewinne für Problemstellungen gewonnen werden, welche bislang eher beiläufige Beachtung gefunden haben.

950 „Il reste cependant légitimant pour les rois de Faire la paix en se soumettant discursivement aux

instances du successeur de Pierre“ (Ebd., S. 83).

951 Vgl. Ehlers, Geschichte Frankreichs im Mittelalter, S. 263 ff.; Curry, Hundred Years War, S. 74 ff.

Eine Karte der französischen Gebietsgewinne und englischen Feldzüge der 1370er Jahre befindet sich in: Autrand, Charles V, S. 574. 952 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 212–80; E. Perroy, Louis de Male et les négociations de Paix Franco-Anglaise, in: Ders. (Hrsg.), Études d’histoire médiévale, S. 306–317; The Anglo-French Negotiations at Bruges (1374–1377) (Camden Miscellany, 19), hrsg. von E. Perroy, London 1952. In chronologischer Hinsicht unzuverlässig ist: Delachenal, Charles V, Band 4, S. 552–67.

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a) Urban V. und der Ausbruch des Hundertjährigen Krieges Zunächst ist der bei näherer Betrachtung nebulösen Friedensvermittlung Urbans V. (1362–1370)953 bei Ausbruch der Kampfhandlungen im Jahre 1369 nachzugehen. Der wichtigste Beleg darauf, dass sich der häufig als unpolitisch abqualifizierte Pontifex954 überhaupt in die neu aufgeflammten Kampfhandlungen einschalten wollte, stellt ausgerechnet ein Schreiben seines Nachfolgers Gregors XI. dar. Bereits dessen achter in der Edition von Mollat veröffentlichter Sekretbrief befasst sich mit dem Hundertjährigen Krieg. Am 12. Januar 1371, nur sieben Tage nach seiner Krönung, forderte der Papst den Erzbischof von Canterbury dazu auf, Gebete anlässlich seiner Wahl zu sprechen. Auch sollte er pazifizierend auf Eduard III. einwirken. Der Bischof hatte die zu diesem Zwecke entsandten Nuntien bei ihrer Mission unterstützen.955 Gregors Beglaubigungsschreiben enthält den Hinweis, dass bereits sein am 19. Dezember 1370 verstorbener Vorgänger die Kardinalpresbyter von Sankt Sixtus, Simon Langham, und Sanctorum Quatuor Coronatorum, Jean de Dormans, für diese Aufgabe ausgewählt hatte.956 Aus einem Schreiben Kardinal Langhams an den Bischof von Exeter am 18. März 1370 geht hervor, dass sich der Kardinal nach seiner Ernennung zu der besagten Mission erst nach Avignon begeben und die Neuetablierung der Kurie in Avignon abwarten sollte. Die finalen Vollmachten für seine Vermittlung hatte Langham letztlich am 14. November 1370 erhalten.957 953 Vgl. G. Kreuzer, Art. „Urban V.“, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 19

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(2001) Sp. 1459–1461; Ders.; Art. „Urban V. “, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 1284 ff.; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 145–52; Mollat, Papes d’Avignon. S. 102–16. Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 145–49 mit dem vorsichtigen Plädoyer für die politische Bedeutung von Urbans Pontifikat in: Vones, Urban V., S. 3–30, 200–208, bes. 4 und 207. Dass Urban V. durchaus realpolitisch zu denken verstand, beweist seine umstrittene Entscheidung hinsichtlich des Hochzeitsdispenses für die Vermählung Marguerites von Flandern mit Philipps von Burgund. Diesen zog er dem englischen Prinzen Edmund, Graf von Cambridge, vor, was dem Pontifex in älteren, nationalfranzösischen Studien hohes Prestige unter den Päpsten von Avignon einbrachte. Vgl. Lanouvelle, Le Bienheureux Urbain V, S. 372–95; Prou, Étude sur les relations politiques du pape Urbain V, S. 74 ff. [N. LXI]; Autrand, Les Artisans de la Paix, S. 124–27 mit der kritischen Einschätzung durch: J. J. N. Palmer, England, France, the papacy and the Flemish succession, in: Journal of Medieval History, 2 (1976) S. 339–64. Vgl. Grégoire XI (France), N. 8. Weitere apostolische Nuntien, die in lokale Brandherde im Großraum Aquitanien und der Languedoc geschickt wurden, waren Bischof Johannes von Sarlat (Vgl. Ebd., N. 17), Abt Petrus von Marmoutier (Vgl. Ebd., N. 44) und Bischof Galfridus von Autun (Vgl. Ebd., N. 53–68, 71, 2136). Ceterum quia pacis negocium inter carissimos in Christo filios nostros, Karolum Francie, et Eduuardum reges Anglie illustres auctore Domino reformande, super quo felicis recordacionis Urbanus papa V., predecessor noster, eisdem regibus, ut ad hoc suos habilitarent animos, disponerent mentes, litteras suas direxit, et pro quo adimplendo duos ex dilectis filiis nostris Sancte Romane Ecclesie cardinalibus, videlicet Symonem Sancti Sixti, et Johannem Sanctorum Quatuor Coronatorum tituli presbyteros cardinales, ad eosdem reges voluit destinare, inter cetera mundi negocia, eciam dum minori fungebamur officio (Gregoire XI (France), N. 8; Annales Ecclesiastici, Band 26, S. 187). Der Kardinal teilte dem Bischof mit, dass er von Urban V. keine Vollmachten zum Erhalt von Prokurationsgeldern erhalten hatte, da der englische Klerus durch die Friedensmission nicht finanziell

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Der Verweis auf Gregors Vorgänger auf dem Stuhle Petri, Urban V., steht mit der häufig kolportierten Bemerkung aus den Vitae Paparum Avenionsium sowie eines Schreibens des Florentinischen Kanzlers Coluccio Salutati im Einklang, dass besagter Papst noch kurz vor seinem Tod die ausbrechenden anglo-französischen Kampfhandlungen habe verhindern wollen. Aus diesem Grund habe er sich auch zur Rückkehr der Kurie nach Avignon entschlossen, nachdem er erst drei Jahre zuvor nach Rom gezogen war.958 Urban habe dabei angeblich vorgehabt, die beiden Könige persönlich aufzusuchen.959 Getreu einer Prophezeiung Brigittas von Schweden ereilte ihn jedoch nur wenige Wochen nach seiner Rückkehr in die Stadt an der Rhône der Tod.960 Hätte Urban seinen Plan realisiert, wäre dies einer kühnen Umdeutung der viae pacis gleichgekommen. Die Vorstellung eines obersten Hirten, der seine spätgotische Trutzburg verlässt, um sich anstelle seiner Nuntien auf die Wege des Friedens zu begeben, hätte eine Novität für die Geschichte des Avignonesischen Papsttums dargestellt. Dabei war dem ‚Außenseiter‘ auf dem Throne Petri eine gewisse Widerspenstigkeit im Hinblick auf bürokratische Traditionen in der Tat zu Eigen.961 Die diplomatischen Rechtsquellen stützen diese Version der Dinge indes kaum. Es ist lediglich eine späte Gesandtschaft des Waffenknechbelastet werden sollte. Bereits am 8. März hatte der Kardinal eine Vollmacht zur Lösung englischer Invasoren vom Kirchenbann erhalten. Vgl. Urbain V (Lettres Communes), N. 26531; 27872–74, 27876, 27879, 27880–81 (nur Regest); The Register of Thomas de Brantyngham, bishop of Exeter (A.D. 1370–1394), hrsg. von F. C. Hingeston, London/Exeter 1901, S. 221; Lunt, Financial relations, Band 2, S. 662. 958 Zur Rückkehr Urbans V. nach Avignon sowie seinen Motiven vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 530–38; P. Amargier, Urbain V. Un homme. Une vie, Marseille 1987, S. 127; Mollat, Les Papes d’Avignon, S. 262 ff.; M. Chaillan, Le Bienheureux Urbain V (1310–1370), Paris 1911, S. 198 f. De Lanouvelle behauptet unbelegt, der Papst habe sogleich nach Ausbruch der Feindseligkeiten seine Vermittlung angeboten, hätte aber von Eduard III. eine Zurückweisung erhalten. Vgl. E. de Lanouvelle, Le Bienheureux Urbain V et la Chrétienté aus milieu du xive siècle, Paris 1928, S. 391 ff., 402 f. 959 Ab alia vero audiebat mala que continue fiebant, et majora fieri sperabantur occasione guerre noviter suscitate et exorte inter reges Francie et Anglie memoratos; quibus ut obviare posset, multum inerat menti sue, eratque intentionis sue, Domino favente, circa hujusmodi guerre sedationem totis viribus laborare et intendere, etiam in propria ad dictos reges accedendo hac de causa, ubi alias super hoc se non posse proficere reperiret.[...] Postquam rediit de partibus Ytalie, totaliter mente disposuit in propria laborare circa pacificationem dictorum regum Francie et Anglie, ad quod etiam circa preparativa ordinavit (Prima vita Urbani V, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 375, 381). Inchoataque noviter guerra inter reges Francie et Anglie, volens personaliter dicta regna visitare, et dictos reges insimul congregare, rediit Avinionem pro pace inter eos pertractanda (Aymericus de Peyraco, Sexta vita Urbani V., in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 413). 960 Traditionellste Wiedergabe der Ereignisse in: Renouard, La papauté à Avignon, S. 51; Prou, Étude sur les relations politiques du pape Urbain V, S. 78–81. Zur Prophezeiung Birgittas von Schweden vgl. G. Schiwy, Birgitta von Schweden. Mystikerin und Visionärin des späten Mittelalters. Eine Biographie, München 2003, S. 314 ff. 961 Dazu zählen die zurückgezogene, einfache Lebensweise des Papstes im Benediktiner Habit ebenso wie sein Vorgehen gegen Pfründenhäufungen. Siehe oben, Anm. 951.

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tes Hugolinus aus Bologna an die Könige von England und Frankreich super certis negociis kurz vor dem Tode des Papstes, am 2. November, bekannt.962 In einem Brief an die Römer vom 26. Juni 1370 deutete Urban vage an, dass ex certis causis non solum utilibus pro universali Ecclesia, sed etiam urgentibus ad easdem ultramontanas partes intendimus.963 Auch Coluccio Salutati hatte so seine Zweifel an den wahren Motiven des Pontifex.964 Es muss zudem festgehalten werden, dass Urbans Umzug am 5. September 1370 begann, also zu einem Zeitpunkt, an dem der Krieg bereits wieder seit einem Jahr tobte. Kurz vor der Rückkehr des Papstes nach Avignon hatte unter dem Kommando Robert Knolles ein zweiter englischer Chevauchée sein todbringendes Werk begonnen.965 Dem Kriegsausbruch unterschwellig vorangegangen waren anglo-französische Spannungen, welche eine Eruption in den Appellationen der Fürsten Aquitaniens gegen ihren Lehnsherren Prinz Eduard an das Parlement de Paris gefunden hatten.966 Eine tagende Kommission über die Übergabemodalitäten hinsichtlich der Grafschaft Belleville war gleichfalls in einen Engpass geraten.967 Besagte Zwistigkeiten hatten in eine erbitterte Kontroversliteratur in Traktatform gemündet. Eine Intervention der Kurie von Avignon war von beiden Seiten zwar in Betracht gezogen, anscheinend aber nicht realisiert worden.968 Auf französischer Seite wurde unter anderem der Standpunkt vertreten, dass der 962 Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer, Band 6, S. 277. 963 Vgl. Urbain V (France), N. 3114. 964 [P]uto, et sic fama est, ut, sicque credi volebat, Anglie ac Francorum reges conciliaret; et forte, ut

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fas est de tanto viro presumere, et ut ad Italiam quandoque rediret, sit hoc tamen ut velit (Coluccio Salutati. Epistolario di Coluccio Salutati (Fonti per la Storia d’Italia, Epistolae. Secolo XIV), hrsg. von Francesco Novati, Rom 1891, S. 141 f. (Brief an den päpstlichen Sekretär Francesco Bruni, 29. Januar 1371). Minutiös hinsichtlich des Kriegsausbruches und seiner strategischen Hintergründe vgl. Sumption, Divided Houses, S. 4–17, 18–60, 84–93. Vgl. Barber, Edward, Prince of Wales, S. 207–221. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 568–79; Barber, Edward, Prince of Wales, S. 207 ff.; E. Perroy, Charles V et le Traité de Brétigny, in: Ders. (Hrsg.), Études d’histoire médiévale, S. 241–267, bes. 260 f. Französische Antwort auf teilweise verlorengegangene, englische Anschuldigungen, dass sich der französische König einer bilateralen Kommission verweigere: Qu’il est verité que le roy de France, par ses diz messages, fist offrir au roy d’Angleterre, pour le debat de la terre de Belleville […] dont le dit roy d’Angleterre faisoit ou povoit faire demande à cause du traictié de la paix, […] et ceste offre faisoit le roy de France pour avoir paix au dit roy d’Angleterre et pour oster toutes matieres de debaz et de questions, car le roy de France n’y estoit, ne est en riens tenuz; ainçois tient, et tout son Conseil, que le dit roy d’Angleterre n’a cause, ne raison de faire les demandes qu’il fait des dites terres de Belleville et autres contencieuses. Et a tousjours offert le roy de France que le Pape et l’eglise de Rome, à qui les parties se sont soubmises de tout l’acomplissement de la paix, par foy et sairement, cognoisse et determine du debat des dites terres contencieuses, veu le dit traictié et oyes les parties sommierement et de plain, ou, se le Roy d’Angleterre veult que les commissions soient renouvelées aus commissaires, autrefoiz esleuz des parties, sur le debat des dites terres, ou à autres, […] Sur quoy le roy de France a tousjours offert que bonnes personnes soient esleues des parties, qui en sachent la verité, et le roy de France en fera et tendra tout ce qui sera trouvé qu’il en devra faire, ou que le Pape et l’eglise de Romme en cognoissent comme dessus. [...] [Debatten

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Schwarze Prinz für sein militärisches Vorgehen gegen die gascognischen Beschwerdeführer an das Parlement de Paris nach dem Vertrag von Calais die Exkommunikation verdient habe.969 War für Urban V. der Vertrag von Brétigny nur eine abstrakte Vorstellung jenseits seines innerkirchlichen Horizonts?970 Gleichwohl kam der Bruch des Friedens nicht unerwartet. Es muss die Frage gestellt werden, ob die Kurie nicht eher hätte aktiv werden müssen. An mangelnden Informationen kann es nicht gelegen haben.971 Über die laufenden Kampfhandlungen wusste man an der Kurie durchaus Bescheid.972 Ende April 1370 erhielt der Papst nämlich einen Hilferuf der Bewohner von Périgeux, durch die er von ihrer Bedrängung durch die englischen Truppen Prinz Eduards in Kenntnis gesetzt wurde. Urban V. gestattete dem dortigen Bischof notfalls von den Bullen seines Vorgängers Innozenz‘ VI. Gebrauch zu machen und den Schwarzen Prinzen samt seiner Männer mit dem Kirchenbann zu belegen.973 Urban V. betrachtete die Kampfhandlungen sichtlich als Störung des inneren Friedens im Königreich Frankreich und griff zu denselben Maßnahmen wie bei seiner Bekämpfung der großen Söldnerkompagnien zurück, welche im Zuge des Vertrages von Brétigny (1360) das Königreich Frankreich unsicher

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über die Übertragung von Montreuil-sur-mer und anderer Territorien :] La quinte raison, car le roy d’Angleterre […], veult que le roy de France li delivre certaines terres, les quelles, par le traictié de la paix, ne regardent en riens le fait des renonciacions, si comme Monstereul-sur-la-mer […] les quelles le dit roy d’Angleterre veult avoir, pour ce qu’il dit qu’il y a droit et qu’il en est bien enformez; et le roy de France dit que elles ne doivent point appartenir au dit roy d’Angleterre par le tracitié de la paix, et n’en veult point estre juges en sa cause, ainçois en veult estre jugiez par le Pape et l’eglise de Romme, à qui les parties se sont soubmises, ou par commissaires, esleuz ou à eslire des parties, ainsi comme autre foiz a esté fait (Paris, AN J 654 N. 3; ediert in: Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles), Band 2, S. 83 f., 86 f., 92 f. mit dem ursprünglichen Wortlaut der englischen Protestnote in: Ebd., Band, S. 76–81 – Hervorhebungen durch den Autor). Abschrift mit Varianten in: Paris, BN ms. fr. 2699, f. 115 - 116 v, 119 f. Item, qu’il n’est pas doubte que, en ce faisant, ilz ont fait contre les bulles et les proces du Pape, et en encourant les paines et sentences, contenues en ycelles, puis qu’ils se aident et sont aidiez des dites compaignes et [ont] ycelles confortées et aidié[es] contre le royaume de France (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 100). „[L]e traité de Brétigny n‘est pour lui qu’un événement étranger à l’Église“ (Favier, Les Papes d’Avignon, S. 149). Zum Informationsstand der Päpste im Vorfeld politischer Entscheidungen siehe Kapitel B) IV. und C) V. So hatte bereits am 18. Juli 1369 der frühere Familiar des Kardinals Gui de Boulogne, Erzbischof von Embrun Pierre Ameilh, seinen ehemaligen Gönner darüber informiert, dass die Mitglieder von Söldnerbanden des Prinzen nach deren Rückkehr aus ihrer Expedition aus Kastilien von den Franzosen hart bedrängt würden. Bald sei auch ein allgemeiner Krieg denkbar. Anfang Dezember informierte der Erzbischof Urban V. und den Kardinal über die Invasion der Provence durch Söldnerkompanien. Vgl. H. Bresc (Hrsg.), La correspondance de Pierre Ameilh, Archevêque de Naples puis d‘Embrun (1363–1369), Paris 1972, S 558 f., 592–96 [N. 374, 401–403]. Vgl. Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 529. Zu Ameilh vgl. K. M. Setton, Archbishop Pierre d‘Ameil in Naples and the Affair of Aimon III. of Geneva (1963–1964), in: Speculum. A Journal of Mediaeval Studies, 28 (1953) S. 648 f. Vgl. Denifle, La Désolation des églises, Band II, S. 180 ff.

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machten.974 Zusätzlich bat der Papst den Kardinalpresbyter von St. Markus, Johannes de Blandiaco, um seine Intervention.975 Dabei handelt es sich um das einzige Beispiel dafür, dass sich Urban im Jahre 1370 seiner Aufgabe bewusst gewesen sein könnte, gegen Brüche des Vertrages von Brétigny vorzugehen. Aktiver schritt der Papst dagegen im gleichen Zeitraum bei Bekanntwerden von Feindseligkeiten zwischen König Heinrich Trastamera von Kastilien und Leon sowie Fernando von Portugal ein. Der Papst zeigte sich durch zuverlässige Quellen informiert und entsandte die Bischofsnuntien Bertrandus von Comminges sowie Agapit von Brescia.976 Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Waffenruhe zwischen den beiden Monarchen konnte der Pontifex seine Gesandten sogleich zur Kreuzzugspredigt auffordern.977 Inwieweit die nicht mehr effektive Konfliktintervention Urbans V. auf den Ausbruch des Hundertjährigen Krieges dessen mangelhaften Informationshorizont, seiner politischen Unerfahrenheit oder vielmehr dem organisatorischen Aufwand seiner zeitgleichen Rückkehr nach Avignon geschuldet ist, muss aufgrund der lückenhaften Quellenlage aber letztlich offen bleiben. b) Die ersten Verhandlungen (1371–72) In einem nächsten Schritt ist anhand eines außergewöhnlichen Memorandums Karls V. an seine Abgesandten im Jahre 1372 der Wahrnehmung des Einflusses apostolischer Nuntien auf die spätmittelalterlichen Verhandlungsnormen auf den Grund zu gehen. 974 Der Papst hatte in den Jahren 1364–65 mit Cogit nos (27. Februar 1364), Miserabilis nonnullorum

(27. Mai 1364) und Clamat ad nos (5. April 1365) eine Reihe von Bullen gegen die Söldnerbanden publiziert. Neben einer Exkommunikation der Kompanien dienten diese auch zur Isolierung der Banden sowie als Kreuzzugsaufruf. Sie versprachen Ablässe für die Bekämpfung der routiers sowie Strafen für deren Unterstützer. Urbans Kampf gegen die Söldnerbanden entsprang jedoch mehr dessen Wunsch nach der Bewahrung der französischen Krondomäne, der Vorbereitung eines allgemeinen Kreuzzugsprojektes (passagia generalis) sowie dem Schutz päpstlicher Territorien. Ob Urbans Engagement aus seiner Schirmherrschaft über den Vertrag von Brétigny (1360) entsprang, darf bezweifelt werden. Konsequenterweise bemühte sich der Papst nach dem Fehlschlag seiner Aktionen darum, die Söldner in Kreuzzugsprojekte einzubinden. Vgl. Edition von Cogit nos, in: Denifle, La guerre de Cent Ans, Band 2, Teil 1, S. 445, 504. Vgl. K. A. Fowler, Medieval Mercenaries. 1 The Great Companies, Oxford 2001, S. 118–154; Ders., The Wages of War: The Mercenaries of the Great Companies, in: Viajeros, peregrinos, mercaderes en el Occidente Medieval (Actas de la XVIII Semana de Estudios Medievales de Estella. 22–26. de julio de 1991), Navarra 1992, S. 217–244; Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 223 ff.; Ders., The Mercenary Companies, the Papacy, and the Crusades, 1356–1378, in: Traditio, 38 (1382) S. 253–280; Sumption, Trial by Fire, S. 523–539; Lanouvelle, Le Bienheureux Urbain V, S. 388; Prou, Étude sur les relations politiques du pape Urbain V, S. 36 ff, 47 ff. (der dortige Hinweis auf den Anhang (Pieces justificatives) N. L ist irreführend!). 975 Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 171, f. 358 v. Vgl. zu dem 1379 verstorbenen Johannes Blandiaco über dessen Friedensmission keine ausreichende Quellen vorliegen: Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 19. 976 Fidedignis […] relatibus audientiam nostram perducto, quod… (Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 6209 (22. Februar 1370). Vgl. Urbain V (France), N. 3042 (28. Februar 1370), 3049 (14. März 1370), 3050 (15. März 1370). 977 Vgl. Urbain V (France), N. 3107 (9. Juni 1370); Housley, Avignon Papacy, S. 63.

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Obgleich das Jahr 1371 als Zeit (innerfranzösischer) Ruhe gilt, wurden neue Kampfhandlungen im Herzogtum Aquitanien und im Poitou vorbereitet, was ein nur geringes Zeitfenster für eine Annäherung der Kriegsparteien offenließ.978 Auf die heraufziehenden Bedrohungen reagierte Gregor XI. mit der bereits von seinem Onkel Clemens VI. bekannten, simultanen Entsendung unabhängiger Gesandtschaften mit unterschiedlich gestreuten Zielen und Aufgabenbereichen. Zwei niederrangige Gesandte, Bischof Johannes von Sarlat und Galfridus von Autun, sollten die Bereitschaft Johanns von Gent und Ludwigs von Anjou gegenüber einem Friedensschluss in Erfahrung zu bringen sowie zwischen den Grafen von Armagnac und Foix vermitteln.979 Bei der erwähnten Hauptgesandtschaft handelte es sich auf den ersten Blick um die am meisterhaftesten komponierte Auswahl apostolischer Nuntien in unserem Untersuchungszeitraum: Simon Langham war vor seiner Promotion in das Kardinalskollegium Erzbischof von Canterbury (1366–68) und zuvor englischer Kanzler (1363–66) gewesen.980 Gleichwohl existierten seit einiger Zeit kirchenpolitische Spannungen zwischen Langham und dem englischen König. Eduard III. hatte dies ursprünglich zu Protesten gegen eine Kreierung Langhams zum Kardinalat im Jahre 1368 veranlasst. Erfolgreicher gelang es dem König acht Jahre darauf seine erneute Wahl zum Erzbischof von Canterbury zu verhindern.981 Jean de Dormans bekleidete zum Zeitpunkt seiner Ernennung auf französischer Seite das Amt des Kanzlers.982 Er operierte zunächst direkt von seiner Residenz am Hofe Karls V. aus. Beide Kardinäle waren zusammen mit zehn weiteren Kollegen in derselben Erhebung am 22. September 1368 promoviert worden. Nach der Einschätzung Vones‘ entsprang dies dem Wunsch des Papstes der Etablierung direkter Kommunikationswege während des tobenden Kirchenkampfes in England um die Frage 978 Am 25. März 1371 kam es zu einer weiteren Versöhnung Karls V mit seinem Erzrivalen Karl „dem

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Bösen“ von Navarra. Ein Defensivbündnis zwischen Karl V. und Kaiser Karl IV. im Folgejahr stärkte die Position des französischen Königs zusätzlich. Vgl. Minois, Guerre de Cent Ans, S. 223–26; Autrand, Charles V, S. 580–85. Vgl. Grégoire XI (France), N. 48, 53–68, 71, 207. Vgl. Simon Langham war nach dem Tode Thomas Jorz‘ im Jahre 1310 der erste und letzte Engländer, welcher von den Päpsten von Avignon zum Kardinal promoviert worden war. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 28; E. O. Blake, Art. „Langham, Simon OSB, Bischof von Ely (1362–1366)“, in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 1686; P. Jugie, Cardinaux et Chancelleries. Une Voie Royale vers les Honneurs, in: Armand Jamme; Oliver Poncet (Hrsg.), Offices et Papauté (XIVe– XVIIe siècle). Charges, Hommes, Destins, Paris 2005, S. 672. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 113; Vones, Urban V., S. 253–254. Den Grandes Chroniques de France zufolge legte Jean de Dormans sein Siegel als Kanzler zu Beginn seiner Mission nieder und übergab das Siegel seinem Bruder Guillaume. Nach dessen Tod im Jahre 1373 wiederum wurde der Kardinal erneut Kanzler, starb jedoch bereits am 7. November desselben Jahres. Der Kardinal war nie in Avignon gewesen! Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 160–161 mit FN 2; Jugie, Cardinaux et Chancelleries, S. 670; Guillemain, La cour pontificale, S. 199, 239; Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 20. Allgemein zu Dormans vgl. F. Laperrine, La fortune d‘un clerc du roi au XVIe siècle: Jean de Dormans, cardinal de Beauvais, Chancelier de France, in: Etudes & Documents, 8 (1996) S. 3–36; L. Carolus-Barré, Le cardinal de Dormans, chancellier de France, « principal conseiller » de Charles V, d’après son testament du Vatican, in: Mélanges d’archéologie et d’historie de l’École françaises de Rome, 52 (1935) S. 314–365.

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der Provisionen sowie einer Begegnung der Dominanz der Familiaren Gui de Boulognes am französischen Hof.983 Als früherer Bischof von Beauvais hatte er bereits zu den Abgesandten des damaligen Dauphins Karl (V.) bei Abschluss des Vertrages von Brétigny gezählt. Die Nuntien wurden von Karl V. ehrenvoll empfangen. Der König von Frankreich erklärte sich prinzipiell gesprächsbereit.984 Weniger Glück hatte der Kardinal aus England dagegen bei seinem Versuch, mit seinen eigenen Landsleuten Kontakt aufzunehmen. Zwar bekamen die Ritter Arnaud Savage und Hugo Segrave im Mai 1371 die Aufgabe im Namen ihres Königs mit dem Kardinal zu verhandeln, doch machen ihre Gesandtschaftsrechnungen deutlich, dass die Gespräche lediglich in Calais stattfanden und einen knappen Monat dauerten.985 In einer Reihe von Briefen Ende Juli forderte der Papst den englischen Episkopalklerus und Eduard III. dazu auf, unverzüglich die Einreise Langhams zu ermöglichen.986 Furcht vor einer französischen Invasion sowie die Unentschlossenheit des englischen Kronrates gegenüber der Aufnahme von Verhandlungen zu einer unkalkulierbaren Phase des Krieges waren plausible Gründe für die zögerliche Aufnahme Langhams.987 Berechtigt war die Skepsis der Engländer, dass die Friedensmission des Kardinals Hand in Hand mit päpstlichen Versuchen der Besteuerung des englischen Klerus gehen würde.988 Vom Au983 Vgl. Vones, Urban V, S. 250–53. 984 Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 160 f. Der Papst versuchte wäh-

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rend des offensichtlich kulinarisch erfreulichen Aufenthaltes seiner Kardinäle in Paris Einfluss auf den König und Ludwig von Anjou zu nehmen. Auch sollte die Dauerfehde zwischen den Grafen Gaston „Phoebus“ von Foix und Jean d’Armagnac beendet werden. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 183 f. mit weiterführender Literatur. Zu dieser Aufgabe wurden von Gregor XI. und Karl V. die Bischöfe von Sarlat, Orleans und Autun entsandt. Vgl. Grégoire XI (France), N. 177–179, 181, 218–19, 223. Mirot; Déprez (Hrsg.), Les ambassades, S. 187 [N. ccc]. Der Papst hob insbesondere die Tatsache hervor, dass es sich bei Langham um einen englischen Kardinal mit größter Verbundenheit zum Inselreich handelte: [I]idemque nuncii, qui ejusdem Ecclesie Romane membra honorabilia existunt et nostram personam representant, premissis ad dictum regem Anglie et ad nonnullos eciam prelatos ipsius regis consiliarios litteris, regem ipsum, ut predictum regnum Anglie secure et libere intrarent, duxerint requirendum; tamen, sicut nuper displicenter accepimus, nonnulli prelati ejusdem regni Anglie, sue salutis et juramenti per eos in eorum promocionibus Romano pontifici et Ecclesie Romane prestiti immemores, nonnullique alii consiliarii ejusdem regis Anglie, ne eisdem nunciis nostris, ymo nec eciam eidem Symoni cardinali et nuncio, qui nacione Anglicus esse dignoscitur et ipsius regis Anglie honorem et commodum semper dilexit et diligit, aditus tutus daretur, in animarum suarum periculum impedire presumpserunt hactenus et presumunt (Grégoire XI (France), N. 297, Briefe an die Bischöfe von Canterbury, Chichester, Ely, Exeter, Herford, London, St. Davids, Lichfield, Norwich, Rochester, Winchester vom 28. Juli 1371– Hervorhebungen durch den Autor). Vgl. Ebd., N. 310 (Brief an Eduard III.). Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 113 f.; Thibault, Pope Gregory XI, S. 172. Der ehemalige Primas von England war ebenso wie sein Konterpart Dormans dazu ermächtigt worden, Abgaben einzutreiben sowie beim englischen Klerus jurisdiktionelle Maßnahmen zu ergreifen. Vgl. Grégoire XI (France), N. 2141–43; Sumption, Divided Houses, S. 113 f. Anfang des Jahres 1372 lassen sich Versuche des Papstes nachweisen, mit Hilfe des gleichfalls nach England entsandten Bischofs Guillelmus von Carpentras Subsidien für die Kriege der Kurie zur Befriedigung des Kirchenstaates (pro subsidio dando Romanae ecclesiae pro defensione et recuperatione bonorum ipsius) einzutreiben. Vgl. Grégoire XI (France), N. 2462 (10. März 1372). Zwei Kardinäle, welche

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tor des Anonimalle Chronicle wurde der Kardinal beschuldigt, nichts Konstruktives zum Friedensprozess beigetragen zu haben sondern vielmehr seine eigenen Taschen bereichert zu haben.989 Anfang November stand jedoch Eduard III. neuen Verhandlungen nicht mehr im Wege. Die Wahl eines Verhandlungsortes war erst Ende Januar gefallen,990 wobei sich die Kontrahenten ganz offensichtlich ohne päpstliche Einflussnahme auf Calais verständigt und den Beginn von Verhandlungen auf Anfang März 1372 gelegt hatten.991 Über seinen domicellus und Familiaren Betrandus de Vayraco wünschte Gregor über den Fortschritt der Verhandlungen beständig informiert zu werden.992 Zur Unterstützung der Kardinäle entsandte der Papst auch seinen älteren Bruder, Vicomte Guillaume von Turenne,993 und Bischof Guillelmus von Carpentras nach Calais.994 c) Exkurs: Die neuen Verhandlungsnormen Die Verhandlungen im März waren von lediglich kurzer Dauer und blieben schließlich ergebnislos.995 Bedeutsamer als das Geschehen selber erscheinen die aus diesem rekonstruierbaren Verhandlungsnormen in der Spätphase des Avignonesischen Papsttums. Anhand des Memoire pour les messages du Roy qui iront en Picardie pour le traitié de la paix liegt uns hierfür eine sprechende Quelle vor. Aufgrund ihres Verfassungszeitpunktes kommt aus dieser naturgemäß die Erwartungshaltung Karls V. hinsichtlich des zu vermutenden Hergangs des Ereignisses zum Ausdruck.996 Der König von Frankreich versuchte in seinem Memorandum mit juristischer Sorgfalt jegliche diplomatischen Risiken für seine Abgesandten zu minimieren und spannte diese in ein enges Korsett. Da es seit über

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sich zu dieser Zeit in Genua aufhielten, beteiligten sich im April 1372 ebenfalls an dieser Aktion. Vgl. London, BL, Cotton Cleopatra, f. 113 (N. 122), 115 (N. 124). [P]luis demurra [Simon Langham] pur profite des confessiouns et absoluciones prendre qe pur perpetuel peas fair et les deux roys acorder (Anonimalle Chronicle, S. 70). Vgl. Grégoire XI (France), N. 454–460. In einem Schreiben an Johann von Gent vom 13. November bat ihn Gregor darum, den König zu überzeugen, geeignete Gesandte ad aliquem locum ydoneum communiter eligendum zu schicken. Der Ort sollte dazu geeignet sein commode convenire (Ebd., N. 456, 460). Gregor XI. war über diesen Sachverhalt von Simon Langham informiert worden. Vgl. Grégoire XI (France), N. 644. Vgl. Grégoire XI (France), N. 604–606 (Briefe vom 23. Januar 1372 an Karl V. und die beiden Vermittler). Guillaume Rogers Grafschaft war im Jahre 1350 durch Clemens VI. erworben worden. Zur Zeit seiner Beauftragung zählte er zu den Anhängern Prinz Eduards, bevor er im Jahre 1373 Karl V. als Oberherrn anerkannte. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 112. Vgl. Grégoire XI (France), N. 665–685 (Bitte an den englischen und französischen Adel und Klerus sowie die französischen Gesandten in Calais zur Unterstützung der Nuntien), 643, 655 (Vollmachten Guillaumes de Carpentras). Die beiden englischen Vermittler Arnaud Savage, Simon Sudbury und Guy de Brian kehrten in der zweiten Aprilwoche nach London zurück. Vgl. Mirot; Déprez (Hrsg.), Les ambassades, S. 188 [N. CCCVI.]. Vgl. Paris AN, J 654 N. 13, ediert in: Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 69–74.

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zwölf Jahren keine Friedensverhandlung unter der Leitung apostolischer Nuntien mehr gegeben hatte, lagen offenbar nur noch geringe Erfahrungswerte zur Teilnahme an Friedensgesprächen unter kurialer Leitung vor. Karl V. wird seine Erkenntnisse von Jean de Dormans übernommen haben, welcher im Frühjahr 1360 bei Brétigny französischer Verhandlungsleiter gewesen war. Selbst stand Dormans aber nicht mehr für diese Aufgabe zur Verfügung, da er bekanntlich inzwischen zum päpstlichen Friedensvermittler avanciert war. Der Kardinal, der nach seiner Ernennung als Nuntius den Titel des französischen Kanzlers zeitweilig ablegte,997 konnte für seinen Herrn nur noch beratend tätig werden. In politischer Hinsicht waren die französischen Abgesandten lediglich dazu berechtigt, einerseits die Konfiszierung des Herzogtums Aquitanien zu rechtfertigen und andererseits den Engländern zu verdeutlichen, dass sie selbst es gewesen seien, welche den Vertrag von Brétigny/Calais (1360) gebrochen hätten. Das Hauptargument der Franzosen bestand berechtigterweise darin, dass Eduard III. die Klausel c’est assavoir mit den gegenseitigen Verzichtserklärungen auf die Krone Frankreichs bzw. die französische Souveränität über den englischen Festlandsbesitz nicht ratifiziert habe.998 Hinsichtlich der Verhandlungsmodalitäten war sich Karl V. nicht darüber im Klaren, was seine Gesandten denn in Calais erwarten würde. Beispielsweise wusste man am französischen Hof nicht, ob die Verhandlungen auf bilaterale oder trilaterale Weise stattfinden würden. Die bisherige Reihenfolge von Sondierungsgesprächen und anschließenden Treffen zur Ratifikation hatte also keine feste Tradition etabliert, welche eine Dekade überdauert hätte. Der „Rhythmus der Reform“ anglo-französischer Verhandlungsnormen war offenbar recht kurzlebig.999 Im Memorandum wird deutlich, dass Karl davon ausging, dass es in der Autorität der Kardinäle lag, das Procedere der Friedensgespräche festzulegen.1000 Dementsprechend galt es für die französische Delegation zuerst, Unverbindlichkeiten vorzubringen,1001 ansonsten aber auf konstruktive Vorschläge zu warten bzw. diese von den Kardinälen zu erbitten. Für den Fall, dass die Gesandten Karls alleine vorgeladen würden, sollten sie zunächst ein Weilchen innehalten. Würden beide Delegationen gemeinsam vorgeladen, sollte zunächst die Reaktion der Engländer abgewartet werden. Bliebe eine solche aus und es entstünde ein peinliches Schweigen, sollten sich die Franzosen wiederum mit folgenden Worten aus der Affäre ziehen: Meine Herren Kardinäle, wir haben gehört, was Ihr uns von unserem Heiligen Vater mitgeteilt habt. Wir werden 997 Siehe oben, Anm. 980. 998 Vgl. Ebd., S. 71–74 [Appendix N. I., 8–31]; Chronique des quatre premiers Valois, S. 224–26; Ano-

nimalle Chronicle, S. 70.

999 M. Kaufhold, Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter. Institutioneller Wandel in

Deutschland, England und an der Kurie 1198 - 1400 im Vergleich, Ostfildern 2008, S. 313–327.

1000 Der erste Punkt, den die französische Delegation zu klären hatte, war demzufolge: Primo quant les

diz messages seront par deuant les cardinauls en la presence des messages du Roy d’Angleterre ou en leur absence, ainsi comme il plaira aux diz cardinaulx de proceder, que les diz messages du Roy diront de premiere venue et si parleront les premiers ou non (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 69 [App. N. I. 1] – Hervorhebung durch den Autor). 1001 [E]t diron qu’il sont venus de par nostre Saint Pere pour traitier de la paix et a ceste fin diront assez de bonnes paroles (Ebd., S. 69 [App. N. I, 1]).

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uns also beraten und zu Euch zurückkehren.1002 Für den Fall, dass die Engländer auch nach einer erneuten Zusammenkunft kein Wort verlören und die Verhandlungen vor dem Zusammenbruch stünden, sollten die Franzosen die Nuntien bitten, irgendeinen vernünftigen Weg für eine mögliche Übereinkunft aufzuzeigen.1003 Betrachtet man die genannten Instruktionen mit etwas Abstand, fällt es in der Tat leicht, die Einschätzung George Minois nachzuvollziehen, dass derartige Verhandlungen für die Abgesandten „Komödien“ dargestellt hätten, welche nur der Fassade halber unternommen wurden.1004 Sumption wies dagegen angesichts der späteren Verhandlungen in Brügge (1375–77) darauf hin, dass die Verhandlungsnormen merklich der Sphäre der Gerichtsbarkeit entnommen worden waren. Beide Seiten verstanden die Verhandlungen als Bühne ihrer Forderungen nach Gerechtigkeit, nicht aber als Suche nach einem Kompromiss. Während viel Energie auf die Form der Gespräche aufgewandt worden war, wurden inhaltliche Entscheidungen anderswo getroffen.1005 Dies trifft den Kern der Sache besser und deckt sich mit den anhand des Ersten Friedensgipfels von Avignon (1344/45) gewonnen Erkenntnissen, dass für die Gesandten jeweils die Wahrung der Ehre ihrer Auftraggeber im Vordergrund stand, die eigentlichen Verhandlungen aber durch den Einsatz von Geheimdiplomatie abgelaufen seien.1006 Die wichtigste Voraussetzung für eine solche Vorgehensweise war freilich eine regelmäßige Rückbindung der Gesandten an ihren König. Dieser Sachverhalt war Karl V. von Anfang an bewusst. Im Memorandum wurde den Gesandten befohlen, dass sie Vorschläge, welche ihnen unvernünftig und für Karl V. nicht haltbar erschienen, ablehnen sollten. Alle übrigen Friedensangebote hatten sie dem König durch Briefe oder Boten anzuzeigen.1007 Sollten die Gesandten dennoch zu einer Stellungnahme gezwungen werden, hatten sie zur Vermeidung überflüssigen Blutvergießens die Übergabe aller von den Engländern unrechtmäßig in ihrem Besitz gehaltenen Gebiete zu fordern. Diese sollten darauf bis zu einer endgültigen Entscheidung dem Papst übergeben werden. Diese Verfahrensweise sollte nur wenige Jahre darauf bei Abschluss eines Waffenstillstands in Brügge (27. Juni 1375) angewandt werden. Damals sollte die von den Franzosen belagerte Stadt Saint-Sauveur-le-Vicomte einem päpstlichen Bevollmächtigten übergeben werden.1008 Noch bemerkenswerter wirkt die scheinbar bereitwil1002 ‘Messrs les cardinaulx, nous avons oy ce que vouz nous auéz dit de par nostre Saint Pere. Si aurons

aduis ensamblè et retournerons par deuers vous,’ (Ebd., S. 69 [App. I., 2].

1003 ‘Messrs, le Roy tient et aussi faisons nous que nostre Saint Pere qui vous a enuoyés et vouz aussi

qui estes très sages personnes, auéz aduisié aucunes voies par lesquelles selon vostre aduis les parties pourroient venir a accort. Et ou cas qu’il vous plaira ouurir aucune voie raisonnable, vouz trouueréz le Roy et ses messages tous iours enclinens et descendens a bonne paix honorable pour lui et son reaume comme dit est,’ (Ebd., S. 69 [App. I.,3). 1004 Vgl. Minois, Guerre de Cent Ans, S. 230. 1005 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 225. 1006 Siehe Kapitel B) II. 1007 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 70 [App. I., 4 f.]. 1008 Vgl. Ebd., S. 70 [App. I., 6]. Bereits im Jahre 1342 war in Folge des Vertrages von Malestroit (1343) die sich im englischen Belagerungszustand befindliche Stadt Vannes der Obhut zweier apostolischer Nuntien übergeben worden. Siehe Kapitel B) I. 3. und B. III. 5.

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lige Akzeptanz des Papstes und seines Kardinalskollegiums als Schiedsrichter im Falle eines drohenden Scheiterns der Gespräche.1009 Letztere Entscheidung sollte aber nur im Notfall getroffen werden und auch dann noch im Ermessen des Königs liegen.1010 Dieses bemerkenswerte Zeugnis der französischen Konziliationsbereitschaft ist ein Indiz dafür, dass die oft attestierte Staatsräson Karls V. hinsichtlich der Unantastbarkeit von Souveränität und Kronbesitz zu diesem Zeitpunkt noch unterentwickelt war1011 und sich der jeweiligen Situation gemäß entwickelte.1012 Narrative Quellen bieten kaum zuverlässige Informationen über die Inhalte der scheiternden Verhandlungen.1013 Diese hatten nicht einmal lokale Kampfhandlungen beenden können.1014 Perroy vermutete, dass die englische Delegation zu stark in die annähernd gleichzeitig stattfindende Beilegung eines anglo-flämischen Handelskrieges involviert gewesen sein könnte.1015 Ein Friedensschluss zwischen dem König von England und dem Grafen von Flandern erfolgte erst am 20. März bei separaten Verhandlungen zwischen Calais und Gravelines. Aufschlussreicherweise fand die erneute diplomatische Annäherung zwischen Eduard III. und Graf Ludwig von Mâle ebenfalls unter der Vermittlung Simon Langhams statt.1016 Nach dem Scheitern des anglo-französischen Treffens gelang es den zu spät in Calais eintreffenden apostolischen Nuntien Guillaume von Turenne und Guillelmus von Carpentras die Kontrahenten lediglich von einer Neuaufnahme der 1009 Siehe dagegen: „The idea of arbitration by the pope was not even acceptable by Charles V” (Sump-

tion, Divided Houses, S. 114).

1010 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 70 [App. I., 7]. 1011 Vgl. Autrand, Charles V, S. 622–25. Zur Entwicklung der französischen Herrschaftsauffassung vgl.

Cazelles, Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 6–10, 505–16.

1012 Vgl. Minois, La guerre de Cent Ans, S. 231 f. Selbst der ein Vierteljahrhundert nach den Ereig-

nissen schreibende Chronist der Chronique des quatre premiers Valois konnte sich bei Langhams Besuch in England den Vorschlag eines Schiedsspruches durch den Papst oder eine laikale Schiedskommission vorstellen. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 214. 1013 Der ausführliche Bericht der Chronique des quatre premiers Valois entspricht einer veralteten Gegenüberstellung der beiderseitigen Standpunkte im französischen Kronstreit, was kaum noch der Verhandlungsrealität entsprach. Vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 224– 226. Das Anonimalle Chronicle berichtet von dem englischen Versuch einer Konfliktlösung zu Lebzeiten Eduards III., bei der es sich um die Übertragung der vollen Souveränität über Aquitanien gehandelt haben könnte. Vgl. Anonimalle Chronicle, S. 70; Sumption, Divided Houses, S. 130. 1014 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. x f. 1015 Als Ursache gelten Akte der Piraterie auf Handelskonvois auf beiden Seiten, welche im April 1371 zu einer regelrechten Seeschlacht in der Bucht von Bourgneuf und zur wechselseitigen Verhaftung von Kaufleuten und Waren geführt hatten. Vgl. D. Nicholas, The English trade in Bruges of the Last Years of Edward III, in: Journal of Medieval History, 5 (1979) S. 23–61, bes. 34 f. 1016 Eine päpstliche Ernennung zu dieser Aufgabe ist nicht bekannt. Aus diesem Grunde wurde der Kardinal als Vermittler in einem Prokuratiorienschreiben an die englischen Unterhändler möglicherweise gar nicht als solcher bezeichnet: Et sur quantque serra traite, parlee, transigee, compose, pacifiee, et accorde pur nous et notre partie, par la mediacion et consentement de notre cher et feal amy le cardinal de Canterbirs (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 932 (6. Februar 1372); Perroy, Louis de Male, S. 309 f.

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Gespräche zu überzeugen.1017 Angesichts der Tatsache, dass die Truppen Karls V. eine erfolgreiche Kampagne in Aquitanien begonnen hatten, welche den Fall von La Rochelle und zahlreicher anderer Städte als Ergebnis haben sollte, stellte dies keine leichte Aufgabe dar. Erst nachdem sich eine persönliche Expedition Eduards III. in sein Herzogtum aufgrund widriger Winde zerschlagen hatte und der Winter vor der Tür stand, einigten sich beide Kriegsparteien auf einen neuen Friedenskongress im Januar – und zwar in Brügge.

2. Die Wahl Brügges als neuer Ort der Entscheidungsfindung (1373–75) Trotz der erfreulich dicht überlieferten Korrespondenz zwischen der englischen Königskanzlei und der apostolischen Kammer im Vorfeld der Friedensgipfel von Brügge sind unsere Kenntnisse über die politische Entscheidungsfindung hinsichtlich der Wahl des Verhandlungsortes im Frühjahr 1373 und am Jahreswechsel 1374/75 sehr gering. Zunächst ist auf die nichtrealisierte Ratifikation der Klausel c’estassavoir des Vertrages von Calais im Augustinerkonvent in Brügge im Jahre 1360 als Indiz für die erneute Konzentration der Kriegsparteien auf die flämische Handelsstadt hinzuweisen.1018 Bereits seit Beginn des Krieges hatten die Grafschaft Flandern und ihre Städte einen wichtigen Ausgangspunkt für diplomatische Avancen, aber auch Intrigen gespielt.1019 In der Forschung wurde zumeist die bessere Infrastruktur der Stadt angeführt, welche eine standesgemäßere Unterbringung einer großen Gesandtschaft erlaube als die verstreuten Ortschaften und Befestigungsanlagen der Mark Calais. Es wurde zudem erkannt, dass Brügge in annähernd gleicher Entfernung zwischen London und Paris gelegen ist. Auch wurde die ausgleichende Bedeutung des Grafen Ludwig von Mâle berücksichtigt.1020 1017 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 130; Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. x f. 1018 Siehe Kapitel B) VII. 3. 1019 Im Jahre 1354 war bereits ein Militärbündnis zwischen Henry von Lancaster und König Karl II.

„dem Bösen“ von Navarra zwischen Brügge und Damme geschmiedet worden. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 128 f.; Bordonove, Jean II le Bon, S. 136 f. Siehe Kapitel B) V. 1020 Anders als seinem glücklosen Vater, Ludwig II. von Nevers, der von seinen Untertanen vertrieben wurde und schließlich einen ruhmlosen Schlachtentod bei Crécy (1346) fand, war es seinem Sohn Ludwig III. von Male gelungen, „im frz.-engl. Konflikt eine neutrale, für die Wirtschaft der Grafschaft günstige Haltung zu wahren“ (W. Prevenir, Art. „Ludwig von Male, Graf von Flandern“, in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 2196). Im Jahre 1366 hatte Ludwig angesichts der rivalisierenden Hochzeitspläne Eduards III. und Karls V. hinsichtlich der Vermählung seiner Tochter Marguerite mit jeweils einem ihrer Söhne ein für alle Beteiligten enervierendes Kopf-an-Kopfrennen ausgelöst, welches schließlich durch päpstliche Intervention zugunsten Philipps von Burgund beendet wurde. Abgesehen von Bündnissen mit England war er somit auch auf engste Weise mit der Dynastie der Valois verbunden. Nach der Beilegung eines anglo-flämischen Handelskrieges im Jahre 1371 unter Beteiligung Kardinal Simon Langhams war Ludwig zum idealen Gastgeber des Friedensgipfels geworden. Nach der Einschätzung Perroys betätigte er sich jedoch nicht selbst als Vermittler, sondern überließ diese Aufgabe den Bischofsnuntien. Zur Rolle Ludwigs während der Friedensverhandlungen vgl. Perroy, Louis de Male.

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Als Schwiegervater des französischen Verhandlungsführers Philipp von Burgund und als gleichzeitig mit Eduard III. in Frieden lebender Fürst konnte dieser einen reibungslosen Fortgang der Gespräche ermöglichen.1021 Diese Erklärungsversuche stellen überzeugende Interpretationen dar, erhellen aber noch nicht die damaligen Entscheidungsprozesse selbst. a) Entscheidung(en) für Brügge (1372–75) Der früheste Hinweis auf eine Verlagerung des Verhandlungsortes stammt aus einem Schreiben der untergeordneten Nuntien Guillaume von Carpentras,1022 Guillaumes von Turenne sowie des Marschalls des päpstlichen Hofes in Avignon, Aymar d’Aigrefeuille an Simon Langham am 25. Dezember 1372. Die Kardinäle, welche immer noch als Chefvermittler vorgesehen waren, bemühten sich um die Beschaffung wertvoller Informationen zur Vorbereitung auf den kommenden Friedensgipfel. Dazu gehörte etwa die Zusammensetzung der vorgesehenen Delegierten und die Namen individueller Abgesandte. Diese bildeten die Grundlage zur späteren Vergabe freier Geleite.1023 Die päpstlichen Vermittler hatten dafür zu sorgen, dass die Gesandten beider Parteien von annähernd gleichem Rang und Status waren. Neuigkeiten und Gerüchte über eventuelle Teilnehmer der französischen Gesandtschaft wurden eifrig ausgetauscht.1024 Der bedeutendste Passus 1021 Vgl. Minois, Guerre de Cent Ans, S. 231; Autrand, Charles V, S. 616; Perroy, Louis de Male,

S. 309; Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. xi. An Bemühungen Gregors XI. und Karls V. den Grafen sowohl von theologischer wie lehnsrechtlicher Seite in die Pflicht zu nehmen, fehlte es nicht. Der Papst bat den Grafen darum, friedensstiftend auf beide Könige einzuwirken und brachte dabei auch Kreuzzugsargumente ins Spiel. Vgl. Grégoire XI (France), N. 334, 1617, 1667. Karl V. brachte in einem Briefwechsel Ende 1375 seine Erwartung zu Ausdruck, dass der Graf seine Schuldigkeit als Pair de France tun solle, indem er bei der zweiten Phase der Verhandlungen Rat und Hilfe leisten solle: [P]our ce que nous nous confions très parfaictment en vous, et que vostre bon conseil pourra moult grandement proufiter à l’onneur de nous & de nostre royaume es diz traittiez, et que ad ce vous estes tenuz comme per de France, et autrement en pluseurs manieres […]. Vgl. Paris, BN ms. fr. N. 5044 f. 6–8. Teilweise wurde die erwähnte Korrespondenz ediert in: Delisle (Hrsg.), Mandaments et actes divers de Charles V, S. 610. 1022 Guillelmus von Lestrange war seit dem Jahre 1371 Bischof von Carpentras. Am 22. Dezember 1375 wurde er nach der Promotion seines Amtsvorgängers Petrus (Judicis) in das Kardinalskollegium auf den Stuhl des Erzbischofs von Rouen transferiert. Vgl. Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 168, 426. 1023 Bereits bei den anglo-flandrischen Verhandlungen des Vorjahres war Langham im Auftrag König Eduards für die Organisation von Geleitbriefen verantwortlich gewesen: Et volons que vous [die englischen Gesandten] eiez enfessantz cestes choses [die Vergabe der Gleite] l‘accorde de notre cher et foial amy le cardinal de Canterbris (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 935). 1024 [E]t si eadem paternitas vestra [Simon Langham] scripsisset nobis nomina mittendorum pro parte domini Regis Anglie, procurauissemus toto posse quod pro parte domini Regis Ffrancie missi fuissent in statu et dignitatibus et in aliis tam nobilitate quam excellencia equales. Tamen speramus firmiter [Carpentras, Turenne, Aigrefeuille] quod mittentur persone valentes bene tractabiles et toto corde desiderantes bonam pacem, set nomina ipsorum aduhic ignoramus nisi quod dominus

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des Schreibens der untergeordneten Vermittler stellt die Bestätigung dar, dass der französische König dazu bereit war, zu besprochener Zeit Nuntien an jenen Verhandlungsort zu schicken, welchen Langham ihnen mitgeteilt habe, nämlich Brügge.1025 Es liegt daher nahe, die Entscheidungsfindung über die Wahl des künftigen Verhandlungsortes zum Teil als Zusammenarbeit zwischen Eduard III. und Simon Langham zu begreifen. Die englische Königskanzlei hilft uns in der Frage der Ortswahl der Verhandlungen des Jahres 1373 indes nicht weiter.1026 Auch der Papst wiederum schien sich an dem Prozess allenfalls indirekt beteiligt zu haben: Trotz seiner frühzeitigen Kontaktaufnahme zu Graf Ludwig von Mâle1027 war Gregor erst Anfang Januar durch die beiden Kardinalnuntien von der Ortswahl informiert worden.1028 Die Vermutung Baronius’, dass sich die Kriegsparteien in erster Linie auf Wunsch des Papstes nach Brügge begeben hätten, findet durch die Quellen dagegen keine Bestätigung.1029 Am 3. Januar 1373 bat Gregor seine niederrangigen Nuntien darum, sich Brugis, ubi tractatus debet fieri, personnaliter transferendo.1030 comes [Jean Ier d’Auvergne]Bolonienisis inter alios, vt credimus, erit destinandus (Anglo-French Negtiations, hrsg. von E. Perroy, S. 75 (App. III). Während die englische Delegation weitgehend aus den gewohnten Teilnehmern bestand, lassen sich die Namen der französischen Abgesandten nicht mehr rekonstruieren. Vgl. Ebd., S. xi. 1025 [O]mnia Regie Ffrancie fuerunt exposita et relata et bene sibi placuerunt, ordinavitque de tractatoribus pro parte sua mittendis loco et die per paternitatem vestram reuerendissimam [Simon Langham declaratis; [...] Prefatus autem dominus cardinalis Beluacensis et domini tractatores mittendi ac nos omnes [prop]onimus quantum possimus de accessu, et erimus in Brugis omnes, Deo dante, in termino per vestram paternitatem reuerendissimam nobis scripto (Anglo-French Negtiations, hrsg. von E. Perroy , S. 75 (Appendix III.). 1026 Geleitbriefe für die französischen Abgesandten, Kardinal Jean de Dormans oder Prokurationen der englischen Gesandten blieben geographisch unspezifisch. Vgl. London, PRO C 76/55 m. 5, 2; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 969 f. 1027 Am 1. April 1371 bat Gregor XI. den Grafen, dass er den Nuntien sicut devotionis filius efficaciter beistehen möge. Am 1. August 1371 ersuchte der Papst Ludwig darum, hinsichtlich eines Friedensschlusses hilfreich auf Eduard III. einzuwirken und ihm den Gedanken eines Kreuzzugs schmackhaft zu machen. Gregor traute dem Grafen zu diesem Zeitpunkt also bereits einen gewissen Einfluss auf den englischen König zu. Ein knappes Jahr später, am 20. Mai 1372, entsandte der Papst den Archidiakon Henricus von Tremonia von Lüttich nach Gent. Dies stellte eine der wenigen Möglichkeiten für eine direkte Einflussnahme des Papstes auf die Entscheidungsfindung dar. Vgl. Grégoire XI (France), N. 133, 335, 780. 1028 Vgl. die Beglaubigung der Nuntien für Ludwig von Male am 3. Januar 1373. Zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung für Brügge also bereits getroffen. Vgl. Grégoire XI (France), N. 579 mit dem Brief an die französischen Gesandten vom selben Tag: Dilectis filiis nunciis carissimi in Christo filii nostri Caroli, regis Francorum illustris, pro pace [...] in loco de Brugis, Tornacensis diocesis, tractanda et reformanda deputatis (Ebd., N. 588) sowie einem Schreiben an Karl V. am 23. Januar 1373): [Q]uodque ad hoc jam certi dies et locus a partibus sunt prefixi (Ebd., N. 604). 1029 Cum ex eo Christiana religio, Francorum Anglorumque armis defendenda, omni paene auxilio destituta infidelium victoriis everteretur, Pontifex superiori anno ad colloquium Itii, vulgo Caleti, agitandum reges induxerat: sed cum id re infecta esset dissolutum, iterum ut Brugis iniretur perpulit (Raynaldus; Baronius (Hrsg.), Annales Ecclesiastici, Band 26, S. 229 – Hervorhebung durch den Autor). 1030 Grégoire XI (France), N. 580.

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Die richtungsweisenden Impulse bei der Wahl der Stätte der viae pacis wurden nicht mehr am päpstlichen Hof in Avignon getroffen. Dies drückte sich auch in dem in Zukunft symptomatischem Appell Gregors an seine Nuntien aus, ihn von jedem Vermittlungsfortschritt sogleich zu informieren.1031 Auch die neuen Verhandlungen waren Mitte Februar beendet. Ein Besuch beider Delegationen bei dem Grafen von Flandern schien ergebnislos geblieben zu sein.1032 Nach Perroy könnten die alsbald abgebrochenen Gespräche eine Reaktion des englischen Königs auf eine zeitgleich von Guillaume von Carpentras durchgeführte Eintreibung von Subsidien und Abgaben zur Unterstützung des Kampfes der Kurie gegen Mailand gewesen sein. Ein Stopp der Kollektoren und das Aufstellen von Gravamina gegen die päpstliche Pfründenpolitk habe auch den Friedensverhandlungen ein Ende bereitet.1033 Während auf die Hintergründe des englischen Kirchenkampfes hier nicht weiter eingegangen zu werden braucht, genügt der Hinweis, dass die kirchenfinanziellen Auseinandersetzungen von Eduard III. im selben Jahr mittels einer Gesandtschaft nach Avignon weiterverfolgt wurden. Dies führte im Jahre 1374 zur Aufnahme von Verhandlungen zwischen englischen und päpstlichen Gesandten in Flandern.1034 Der Präzedenzfall anglo-französischer Gespräche in der flämischen Handelsstadt von 1373 könnte zusammen mit dem im gleichen Jahre in Gang gebrachten diplomatischen Austausch zwischen der Kurie und England in finanziellen Fragen zusätzlich zur Etablierung von Brügge als neue Stätte der Entscheidungsfindungen geführt haben. Als Gregor XI. nach dem Scheitern der ersten Gespräche in Brügge im März 1373 den Friedensprozess erneut aufnahm, war die kuriale Verhandlungsstrategie alsbald auf die flämische Handelsstadt ausgerichtet. Vermutlich aus Altersgründen waren beide Kardinalnuntien im April 1373 abberufen worden.1035 Der Papst entschied sich daher am 13. September zur Entsendung zweier deutlich jüngerer Gesandter. Dem bewährten 1031 [N]osque solicitudinis et devocionis vestre studium et expertam prudentiam possimus in hac parte

de bono semper in melius dignis in Domino laudibus commendare; nobisque nichilominus per nostras [sic] litteras non solum semel sed pluries significare curetis quid actum erit in premissis ac remedia quelibet que ad effectum ipsius concordie, et ut tot et tantis periculis obvietur, videritis per nos posse salubriter adhiberi, cum vos qui intentiones parcium audietis et negocia ipsa palperabitis [sic] nos de ipsis remediis plenius valeatis informare (Grégoire XI (France), N. 580). Vgl. Ebd., N. 605, 606, 1674, 1675, 1737, 1750, 1765, 1907. 1032 Vgl. Perroy, Louis de Male, S. 309 f. 1033 [M]ontrer sa mauvaise volonté dans les négociations franco-anglaises était, pour le Plantagenet, la meilleure façon de faire céder Grégoire sur la question du subside (Perroy, Louis de Male, S. 310). Vgl. E. Perroy, L‘Angleterre et le Grand Schisme d‘Occident. Étude sur la politique religieuse de l‘Angleterre sous Richard II (1378–1399), Paris 1933, S. 29–32. 1034 Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 413–417. 1035 Vgl. Grégoire XI (France), N. 1200–01 (14. April 1373). Der Papst mag den Wunsch einer dynamischeren Vermittlung gehegt haben. Kardinal Simon Langham, war erst am Jahresanfang 1370 von einer schweren Krankheit genesen. Jean de Dormans, welcher sich nach dem Wunsch Gregors XI. noch im Herbst 1373 als zusätzlicher „Friedensengel“ betätigen sollte, starb am 7. November 1373 in Paris, Simon Langham drei Jahre später in Avignon. Vgl. The register of Thomas de Brantyngham (wie Anm. 957), S. 221; Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 20; Grégoire XI (France), N. 1353.

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Bischof von Carpentras wurde am 13. September 1373 der italienische Erzbischof von Ravenna, Pileus da Prata, an die Seite gestellt.1036 Im Zentrum der päpstlichen Aufmerksamkeit stand seit dem Sommer 1374 abermals der Graf von Flandern. Ein Urteil über die Intensität seines Beitrages zu den ersten Verhandlungen lässt die Quellenlage nicht zu.1037 Ein Schreiben an Ludwig von Mâle vom 2. Juni 1374 enthielt wortwörtliche Passagen der kurialen Korrespondenz mit Eduard III. und hatte die Vorbereitung und Zusammensetzung einer englischen Gesandtschaft zum Gegenstand.1038 Erst zwei Monate später befindet sich in einem Brief Gregors XI. an Karl V. ein Indiz dafür, dass die Reise erneut nach Brügge gehen sollte. Der Papst schrieb, dass Eduard III. einen Waffenstillstand bis Christi Himmelfahrt 1375 abgeschlossen habe und certos solemnos nuntios in die flämische Handelsstadt schicken werde.1039 Der englische König bestätigte die Ortswahl Ende des Jahres in einem Schreiben an Erzbischof Pileus da Prata, aus welchem hervorgeht, dass die Entscheidung womöglich bereits früher und zwar während des Besuches des besagten Nuntius in England im Oktober oder im Mai getroffen worden war.1040 Die Formulierung der englischen Kanzlei ließ die Ortswahl als Prärogative ihres Königs erscheinen.1041 Die französische Seite schien eine passive Rolle eingenommen zu haben. Die wesentlichsten Schritte wie die Wahl des Termins der Verhandlungen sowie die Regelung lokaler Waffenstillstände und freier Geleite verfolgte Karl V. mit der gebotenen Vorsicht, ansonsten aber ohne Eigeninitiative.1042 Trotz immenser Schwierigkeiten, den rechten Zeitpunkt für Friedensgespräche zu finden, überwogen auf beiden Seiten im Winter 1374 die Vorteile eines Friedensschlusses, wobei insgesamt finanzielle Argumente ausschlaggebend waren. Die gut fünfjährigen Kampfhandlungen seit 1369 hatten auf beiden Seiten eine gewisse Erschöpfung 1036 Vgl. Grégoire XI (France), N. 1349, 1352, 1353, 1354, 1362–1387 (Beglaubigungsschreiben), 1390

(Fakultäten Pileus da Pratas). Der Erzbischof von Ravenna sollte zum Dank für seine Verdienste zum Jahresbeginn 1378 auf den Bischofsstuhl von Tournai transferiert werden. Die Translation fiel dann aber offenbar einem Gerücht über den Bischof zum Opfer. Vgl. Ebd., N. 2109, 2112 (4. Januar 1378). Hinsichtlich der weiteren Karriere des im Schisma als ‚Kardinal mit den drei Hüten’ bekannt gewordenen Pileus vgl. Favier, Les Papes d‘Avignon, S. 583, 593 f., 598; Reitemeier, Außenpolitik, S. 88, 148 ff.; K. Guggenberger, Die Legation des Kardinals Pileus in Deutschland 1378–1382 (Veröffentlichungen aus dem Kirchenhistorischen Seminar), München 21907. 1037 Ludwig von Male wurde vom Papst in unregelmäßigen Abständen um seine Hilfe bei den kommenden Verhandlungen gebeten. Vgl. Grégoire XI (France), N. 1617, 1667. 1038 Vgl. Ebd., N. 1613–1616. 1039 Vgl. Ebd., N. 1667 (1. August 1374). 1040 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 213, 223. Eduard erbat eine Verschiebung der Verhandlungen zunächst auf den 9. Februar 1375 auch wenn der Termin letztlich nicht gehalten werden konnte. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 3 f. [N. II]. 1041 Sur quoy vous faisons sauoir que […] le tretee nous plest estre poursuy a Bruges et aussiz nous plesent les trieues particulaires es marches de Picardie en maniere pourparlee comme desuz (Ebd., S. 3 [N. II]. 1042 Vgl. Ebd., S. 6 [N. IX]. Dies mag an dem von der Forschung attestierten Spiel auf Zeit beider Kontrahenten gelegen haben, zu welchem der Abschluss diverser Kampagnen vor Beginn der Verhandlungen zählte. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 215 f.

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hinterlassen. Auf englischer Seite waren katastrophale territoriale Verluste zu beklagen gewesen, welche die Gebietsgewinne durch den Vertrag von Brétigny (1360) gänzlich zunichte gemacht hatten. Auf französischer Seite stand Karl V. dagegen vor der Rückeroberung sämtlicher verlorener Territorien. Gesundheitliche Probleme ließen jedoch auch den französischen König frühzeitig den Wunsch erkennen lassen, seine Nachfolge zu regeln und Karl (VI.) geordnete Verhältnisse zu hinterlassen.1043 Am 11. Januar wurde im Frauenstift Notre–Dame in Beaubourg an der Grenze zu Flandern zunächst ein lokaler Waffenstillstand abgeschlossen, welcher in Calais, Guines, Merk und der Picardie gelten und die Aufnahme weiterer Gespräche in Brügge ermöglichen sollte.1044 b) Niedergang der Attraktivität Avignons als politisches Milieu Wie bereits angedeutet, ist ein weiteres Indiz zur Ortswahl des Jahres 1374 auf einer ganz anderen Ebene zu suchen. In einer für das Verhältnis des Königreiches England zur Kurie höchst bedeutsamen kirchenpolitischen Hinsicht, nämlich der erbitterten Kontroverse über die Taxierung des englischen Klerus sowie der Frage päpstlicher Provisionen, war es zu neuen Spannungen gekommen.1045 Eigentlicher Anlass des Konfliktes war eine stattliche Summe Geld: Am 10. März 1372 hatte der Papst die Zahlung von 100.000 florin zur Finanzierung seines Kampfes gegen Barnabò Visconti von Mailand gefordert. Ein päpstlicher Legat sollte an der Spitze eines italienischen Städtebundes bestehend aus Ferrara, Padua, Genua und Florenz vorgehen.1046 Aufgrund der außerordentlichen Belastung des englischen Klerus angesichts der verlustreichen Kriegführung Eduards III. führte Gregors Vorgehensweise zum Protest.1047 Gleichzeitig wurden traditionelle Klagen über das päpstliche Provisionswesen laut. Der englische König war durch die Provision ihm genehmer Ministerialen stets der größte Nutznießer dieses Systems gewesen. Entsprechende Klagen des landsässigen Landadels hatte er nicht immer ernst genommen.1048 Die 1043 Vgl. ebd. S. 212 ff.; Autrand, Charles V, S. 568–615. 1044 Die Gesandten waren auf englischer Seite die Kapitäne von Calais und Guines, John Burley und

John Harlesdon, sowie der Jurist John Shepeye. Auf französischer Seite reisten der Herr von Dampierre, Hughes de Chastellon, Meister der Armbruster und der Herr von Chastiamullan, Enguerrand Dendiu, sowie ein Jurist des kanonischen Rechts, Nicholas de Bosc, in die Mark Calais. Der Waffenstillstandsvertrag wurde in bewährter Manier von den apostolischen Nuntien beglaubigt und von Abgesandten auf das Heilige Evangelium beschworen und sollte bis zum Osterfest des kommenden Jahres (3. April 1375) dauern. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1022–23. 1045 Zu den Ursachen der kirchenfiskalischen Streitigkeiten siehe Kapitel B) II. 1. Für die Ereignisse der Jahre 1372–74 vgl. Holmes, Good Parliament, S. 7–32. 1046 Die Zahlung sollte zunächst über einen Jahreszehnten realisiert werden. Vgl. Grégoire XI (France), N. 575, 844–6, 1322; Lunt, Financial relations, Band 2, S. 103 ff., 351 ff. Zu den militärischen Maßnahmen Gregors XI. in Italien vor seiner Rückkehr nach Rom vgl. Mollat, The Popes at Avignon, S. 160–171; Mirot, La politique pontificale et le retour du Saint-Siège, S. 19–24. 1047 Vgl. im Folgenden: R. G. Davies, The Anglo-Papal Concordat of Bruges, 1375. A Reconsideration, in: Archivum Historiae Pontificiae, 19 (1981) S. 97–102. 1048 Vgl. Thibault, Pope Gregory XI, S. 168.

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finanzielle Lage im Jahre 1372 zwang ihn jedoch zum Handeln, weshalb er die praktische Umsetzung der entsprechenden Bullen verhinderte.1049 Dies führte zu einer scharfen Ermahnung des Erzbischofs von Canterbury, William Wittlesey, durch den Papst. Bis Ostern 1373 hatte der Prälat einen Teil der Subsidien zu bezahlen oder die Exkommunikation zu erleiden.1050 Die geharnischten Maßnahmen Gregors führten zwangsläufig zu einer Intensivierung der ohnehin schon erhöhten diplomatischen Aktivität zwischen England und der Kurie.1051 Es ging um die Übermittlung fundamentaler Beschwerden. So wurden von einer Gesandtschaft bei Verhandlungen in Avignon angesichts der Kampfhandlungen im Königreich Frankreich Einwände gegen die als unfair empfundene Ladung englischer Geistlicher vor Gericht nach Avignon vorgebracht.1052 Die Befürchtungen waren berechtigt. Dies zeigt die Tatsache, dass Teilnehmer einer englischen Verhandlungsgesandtschaft 1049 Das Eulogium Historiarum verkürzt die skizzierten Auseinandersetzungen auf eine Sitzung des

englischen Parlaments zu Pfingsten 1372 in Anwesenheit des Schwarzen Prinzen. Auf dieser gab der englische Kanzler John Knyvet die päpstlichen Forderungen bekannt und erbat den Rat des Klerus. Während der Erzbischof von Canterbury die päpstliche Vorherrschaft auch in finanziellen Fragen anerkannte, zogen der Provinzial der Dominikaner sich zurück um durch das Lesen einer Messe des Heiligen Geistes zur Wahrheitsfindung zu gelangen. Ein Mönch aus Durham plädierte für den Verbleib sowohl des geistlichen wie weltlichen Schwertes bei Petrus, der Franziskaner Mardesley hingegen argumentierte unter Bezog auf Augustinus und unter Verweis auf das Attentat von Anagni (1303) für den ausschließlich geistlichen Führungsanspruch des Papstes. Am darauffolgenden Tag verwarfen auch die weltlichen Lords die Anerkennung des päpstlichen Lehnsanspruches über England, worauf der Prinz Papst Gregor XI. einen abschlägigen Bescheid gab. Vgl. Eulogium Historiarium, S. 339. 1050 Vgl. Grégoire XI (France), N. 1322. Die Exkommunikationsdrohung wurde im Februar 1373 in Avignon sowie Kirchen in der Nähe des Ärmelkanals ‚publiziert‘. Vgl. Ebd., N. 1473. Zur kurialen Kommunikation in vergleichbaren Streitfällen vgl. Felten, Kommunikation zwischen Kaiser und Kurie unter Ludwig dem Bayern, S. 51–89. 1051 Vgl. Mirot; Déprez (Hrsg.), Les Ambassades, S. 189–90; Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 102–119. Aufschluss über die Vorverhandlungen geben: Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 4 (1362–1404), S. 127 (18. Dezember 1373). Aufschlussreich ist ein Memorandum der englischen Abgesandten, welches von Rymer fälschlich einem Schreiben der Königskanzlei vom 15. Februar 1377 beigeordnet worden war. Laut Davies war es bereits Anfang 1374 verfasst worden. Behandelt letzteres Schreiben in erster Linie das Problem der Pfründenkumulationen, so umfasst das erstere Regest die Regelung der Appellationen an die Kurie von Avignon sowie die Zahlung der Subsidien. Diese verschob der Pontifex immerhin bis zum darauffolgenden Osterfest (April 1374). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1072; Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 112. 1052 Asserentes insuper ambaxiatores predicti quod quamplures de dicto regno tuo citati apud Sedem ipsam personaliter comparerent, propter guerras et inimicitias personales comparere non valent, petentes quod dictas personales citationes et ea que ex hiis secuta sunt vel secuntur relaxare dignaremur, et quod durantibus dictis impedimentis ac premissis supersederemus in futurum. Die Forderungen der englischen Gesandten können in einem Protokoll des Papstes nachvollzogen werden, welches der Pontifex Eduard am Ende der Verhandlungen expedieren ließ. Vgl. Grégoire XI (France), N. 2374. Vgl. das päpstliche Schreiben an Bischof Bernard von Pampeluna, Bischof Ralph von Sinigallia und Gilles, den Probst von Valence vom 21. Oktober 1374, in: Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 4, S. 201 f.

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von Bischof John Gilbert von Bangor, darunter Sir William Burton und John Shepeye, auf ihrer Reise nach Avignon im Sommer 1373 in der Dauphiné entführt und in Chambéry gefangen gehalten worden waren. Trotz der bereits an anderen Beispielen erkennbaren Bereitschaft der Päpste zur schnellen Intervention an höchster Stelle1053 verdeutlichte der Vorfall doch die diplomatischen Nachteile, welche die Kurie von Avignon als Ort zur Verhandlung gerade englischer Sachverhalte in Kriegszeiten mit sich brachte. Eine heikle Forderung der englischen Abgesandten bestand zudem darin, jegliche Hilfszahlungen des Klerus bis zum Ende der englisch-französischen Auseinandersetzungen einstellen zu dürfen.1054 Derartige Forderungen dürften doppelt motivierend für Gregor XI. gewesen sein, den Hundertjährigen Krieg zu beenden. Der Papst entschloss sich zunächst dazu, bei der Zitation von Streitfällen in Provisionsfragen, welche königliche regalia betrafen, künftig dem englischen König die Wahl des Ortes zu überlassen – hic vel ibi.1055 Dabei kamen auf den Vorschlag Gregors hin neben Köln, Lüttich und Flandern auch Orte in der Nähe Englands sowie Rom selbst in Frage. Die Gerichtsverhandlungen sollten von päpstlichen Prokuratoren durchgeführt werden.1056 Eine Reise seiner Abgesandten nach Avignon hatte Eduard III. bereits am 11. März 1374 als zu gefährlich eingeschätzt. Laut dem englischen König konnten Verhandlungen wahlweise in Brügge oder Calais stattfinden, dem Papst wurde aber immerhin das symbolische Kapital der letzten Entscheidungsfindung zugebilligt.1057 Aus einem Schreiben Gregors vom 1. Mai 1374 geht hervor, dass sich der Papst nun endgültig für die flämische Handelsstadt entschieden hatte.1058 Der Abschlussbericht der Kardinäle Langham und Beauvais im Konsistorium über die Verhandlungen im Vorjahr mag zumindest die infrastrukturellen Vorzüge Brügges positiv 1053 Der Papst machte deutlich, dass auch nur die Begünstigung einer derartigen Entführung nostre et

apostolice Sedis ac Romane curie derogacionem honoris et ipsorum captivatorum non modicum detrimentum geschehe und mit dem Kirchenbann bestraft werde. Schreiben gingen dabei u. a. an den Verwalter der Dauphiné, Charles de Bouville, Karl V. sowie Kanzler Jean de Dormans. Vgl. Grégoire XI (France), N. 1323, 1327–29. Zum Verhalten der Kurie bei der Entführung Niccolò Fieschis vgl. Plöger, Die Entführung des Fieschi, S. 73–105. 1054 Vgl. Raynaldus; Baronius (Hrsg.), Annales Ecclesiastici, Band 26, S. 259 f. 1055 Gregoire XI (France), N. 2930. 1056 Streitigkeiten um die Vergabe von Pfründen anderen Patronats wurden um ein Jahr verschoben. Vgl. Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 4, S. 201 f. 1057 Super quibus, deliberatione maturâ habitâ, bonum concordiae desiderantes, interim causis illis, quae in nostrâ curiâ ventilantur, suspensis et aliis conditionibus, prout literae vestrae exposcunt, in statu positis, et hoc usque ad instans festum Beati Johannis Baptistae, cum certi fuerimus de nunciorum vestrorum adventu in Bruges vel Calesium, quem illorum beatitudo vestra praeeligeret, cum ad sedem apostolicam viri tales de nostris securè accedere nequeant, quibus nos hujusmodi negotia committere dignaremur, nuncios nostros destinabimus indilate (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1000 (11. März 1174) – Hervorhebung durch den Autor). 1058 Die Verhandlungen über bereits in Avignon aufgesetzte capitula sollten am 24. Juni beginnen und möglichst bis zum Michaelsfest abgeschlossen sein. Die Bischöfe von Pampilona und Sens sowie der Probst der Kirche von Valence, Egidius, waren dafür als Nuntien auserkoren. Vgl. Grégoire XI (France), N. 1598. Graf Ludwig von Flandern wurde am 28. Mai um deren Aufnahme gebeten. Vgl. Ebd., N. 1609.

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erwähnt haben.1059 Zur selben Zeit, im Sommer 1374, hatte sich auch Pileus von Ravenna in London befunden, um König Eduard von der Aufnahme neuer Verhandlungen mit seinem französischen Gegner zu überzeugen. Hierbei war gleichfalls eine Vorentscheidung für die Handelsstadt getroffen worden.1060 Der Mai 1374 kann damit als Schlüsselmonat für die Wahl Brügges als neuem Verhandlungsort gelten.1061 c) Das anglo-päpstliche Konkordat in Brügge (1374–75) Die eigentlichen Gespräche zwischen der Kurie und England begannen in Brügge vermutlich im August.1062 Sie müssen zur Beantwortung unserer Fragestellung nur soweit behandelt werden, dass ein Eindruck von dem Stellenwert vermittelt werden kann, den Brügge inzwischen für die Kurie und ihren, in dem Fall englischen Verhandlungspartner bekommen hatte. Die Verhandlungen erreichten im November einen ersten Höhepunkt und wurden im März fortgesetzt. Im Mai wurden sie mit zwei greifbaren Ergebnissen beendet: Zum einen konnte hinsichtlich der kirchenfinanziellen Vorgehensweise ein anglo-päpstliches Konkordat abgeschlossen werden, welches am 1. September 1375 in Form von sechs Bullen besiegelt wurde. Die Zugeständnisse des Papstes nach der vorübergehenden Aussetzung kirchenrechtlicher Verfahren, einer Reduzierung umstrittener Expektanzen und Provisionen sowie die formale Rücksichtnahme auf die Wünsche des Königs und der Kapitel bei der Besetzung von Kirchenämtern gingen letztlich am Kern der englischen Forderungen vorbei. Die Zahlung von Subsidien konnte lediglich bis zum kommenden Johannisfest (24. Juni 1374) verzögert werden. Sie mussten in Form einer Ratenzahlung beglichen werden, wobei aufschlussreicherweise 40.000 Florin erst im Falle eines Friedensschlusses zwischen England und Frankreich zu bezahlen waren.1063 Die Beträge konnten von den Erzbischöfen von Canterbury und York an die Nuntien Pileus da Prata und Guillelmus von Carpentras bezahlt werden. Diese hatten 1059 Zum vorgeschriebenen Abschlussbericht päpstlicher Legaten und Nuntien vgl. M. Dykmans

(Hrsg.), Le cérémonial papal de la fin du Moyen âge à la Renaissance. Band 2 (De Rome en Avignon ou le cérémonial de Jacques Stefaneschi) (Bibliothèque de l‘Institut Historique Belge de Rome, 25), Bruxelles/Rom 1981, S. 499 f. [N. 18] 1060 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 213. Frühester Hinweis auf Brügge als Verhandlungsort des Friedensgipfels stellte, wie erwähnt, ein Schreiben des Papstes vom 1. August 1374 dar (wie Anm. 1039). 1061 Das Anonimalle Chronicle zählt fälschlicherweise den Bischof von Bangor zu den Teilnehmer des Friedensgipfels. Vgl. Anonimalle Chronicle, S. 79 mit Mirot/Déprez (Hrsg.); Les Ambassades, S. 191 [N. 331], 192 [343, 345 f.] 1062 Für die Verhandlungen in Brügge vgl. Davies, Anglo-Papal Concordat of Bruges, S. 133 ff.; Perroy, L’Angleterre et le Grand Schisme d’Occident, S. 18–50. 1063 Die erste Hälfte von 60.000 Florin sollte bis 1. November 1375, die zweite Hälfte bis zum 24. Juni 1376 bezahlt werden. Erst im Falle eines Durchbruchs auf der Friedenskonferenz in Brügge hatten die restlichen 40.000 Florin beglichen zu werden. Vgl. Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 4, S. 111, 118; Lunt, Financial relations, S. 108. Zur kontroversen Einschätzung des päpstlichen Erfolges im Kirchenfinanzstreit mit England vgl. Favier, Papes d’Avignon, S. 416 f.; Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 108, 134–138, 142–146 mit Mollat, Papes d’Avignon, S. 286 ff.

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offenbar bis zu einem gewissen Punkt die Oberaufsicht über die Friedensgespräche und die kirchenfinanziellen Verhandlungen zwischen der Kurie und England inne.1064 Unter den Kompromissen, zu welchen man in letzter Hinsicht fand, gehörte die Regelung, dass im Falle weiterer Kampfhandlungen englische Geistliche statt in Avignon nunmehr auch in Brügge vor Gericht geladen werden konnten.1065 Als weiteres Zeichen des konstruktiven anglo-päpstlichen Arbeitsklimas in der flämischen Handelsstadt kann die erfolgreiche Translation des Bischofs von London, Simon Sudbury,1066 auf den Erzbischofsstuhl von Canterbury gelten. Nach dem Tode William Wittleseys im Juli des Vorjahres war es zu einer längeren Sedisvakanz gekommen. Das Kapitel hatte zunächst den Vorgänger des verstorbenen Bischofs, Kardinal Simon Langham, gewählt. Dessen Wahl war aber von Eduard III. erfolgreich zugunsten des Bischofs von London, Simon Sudbury, blockiert worden.1067 Nun hielt sich der künftige Primas von England aber derzeit in Brügge auf und zwar als führender Teilnehmer des anglo-französischen Friedensgipfels. Angesichts der Anwesenheit zahlreicher apostolischer Nuntien in der Handelsstadt dürfte Sudburys Weiterempfehlung an die Kurie erheblich vereinfacht worden sein. Anfang März 1375 schien Gregor eine Vorentscheidung zu dessen Gunsten getroffen zu haben und teilte dies den Bischöfen von Ravenna und Carpentras über einen päpstlichen Kursor mit. Am 4. Mai war Sudburys Translation von London nach Canterbury beschlossene Sache.1068 Im Spätherbst bat Gregor Guillaume von Carpentras außerdem darum, die Resignation der Archidiakonatsstelle Henry Wakefields von Canterbury entgegenzunehmen, da sich letzterer seit dem 12. September über die Promotion zum Bischof von Worcester freuen konnte.1069 Im Gegensatz zu Simon Sudbury 1064 Vgl. Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 4, S. 112 (Brief und Fakultäten vom

31. Dezember 1375).

1065 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1037 f.; Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 135 f.; G.

Holmes, Good Parliament, Oxford 1975, S. 46 f.

1066 Zu Sudbury vgl. W. L. Warren, A Re-appraisal of Simon Sudbury, bishop of London, 1361–75, and

archbischop of Canterbury, 1375–1381, in: Journal of Ecclesiastical History, 10 (1959) S. 139–152, bes. 145 f.; Ders., Simon Sudbury, Bishop of London and Archbishop of Canterbury, Oxford 1956 (Dissertation). 1067 Mit William von Courtenay von Herford schloss sich sogar ein dritter Prätendent dem Rennen um den Primat Englands an, welcher schließlich das nach der Translation Sudburys vakante Bistum von London bekommen sollte. Vgl. J. M. Horn (Hrsg.), Fasti Ecclesiae Anglicanae, Band 4 (Monastic Cathedrals (southern province), London 1963, S. 3 f.; Ders. (Hrsg.), Fasti Ecclesiae Anglicanae, Band 1 (St. Pauls, London), London 1968, S. 2; Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 132 mit FN 82; Ders., The Episcopal Appointments in England and Wales of 1375, in: Mediaeval Studies, 44 (1982) S. 306–332, bes. 307 ff. 1068 Vgl. Grégoire XI (1370–1378), Lettres communes, N. 41336. Eduards kirchenfinanzieller ‚Chefdiplomat’, John Gilbert, hatte Brügge fünf Tage darauf verlassen. Am 16. Mai wurde Sudbury in einem Bericht der beiden Bischofsnuntien bereits als domini Cantuariensi gehandelt. Vgl. AngloFrench Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 16 [N. xviii]; Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 16. 1069 Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 197, f. 385 v. (20. September 1375). Noch im August hatte sich Wakefield im Rechtstreit um das Archidiakonat von Salisbury befunden. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1037; Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band I, S. 529.

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war Wakefield aber nicht einmal Mitglied einer der englischen Verhandlungsgesandtschaften in Brügge gewesen.1070 Das belegt, dass in Brügge auf effektive Weise auch kritische Entscheidungen zwischen der Kurie und England wie die Provisionen englischer Prälatensitze oder gar die Jurisdiktion strittiger Kapitelwahlen beschlossen werden konnten. Und dies an einem Ort, welcher sich in 921 Kilometer Entfernung von Avignon befand! Das hohe Maß an Simultanität derart vieler Konsolidierungsprozesse zwischen der Kurie und ihren Verhandlungspartnern ist bemerkenswert. Die Interaktion nicht weniger als 51 englischer Gesandtschaften in den Jahren 1374–771071 in der flämischen Handelsstadt und der annähernd gleichzeitige Versuch der Konfliktlösung sowohl anglo-französischer als auch anglo-päpstlicher Zwistigkeiten hat in der Vergangenheit nicht selten zu Verwechslungen geführt. Während Delachenal aufgrund fehlerhafter Datierungen einiger englischer Gesandtschaftsrechnungen von Friedensgesprächen im Januar 1374 ausging und auch sonst die Delegationen durcheinander warf, ging Holmes gleichfalls unzutreffenderweise von einer personalen wie inhaltlichen Vermischung beider Verhandlungssphären aus. Personale Überschneidungen auf Seite der englischen Abgesandten konnte Davies jedoch nur im Falle der auf beiden Ebenen aktiven Gesandten John Shepeye sowie Simon Sudbury feststellen, wobei letzterer, wie erwähnt, seinerseits zum Verhandlungssubjekt geworden war.1072 Angesichts der Komplexität der festzustellenden Vorgängen stellt sich die Frage, inwieweit Brügge noch als einfache Stätte der Entscheidungsfindung charakterisiert werden kann. Es sei die These gewagt, dass sich Brügge selbst zu einem eigenen Milieu entwickelte, in welchem unter kurialer Beteiligung europäische Politik betrieben wurde.

3. Die Friedensverhandlungen Brügge (1375–77): Eine Strukturanalyse. Die drei Verhandlungen der Jahren 1375–77 welche hier als Friedensgipfel von Brügge begriffen werden, können bestens anhand des in der Bodleian Library in Oxford vorliegenden und 1952 von Perroy edierten liber abreviatus nachvollzogen werden, welches das letzte Vermittlerteam in unserem Untersuchungszeitraum, die Bischöfe von Ravenna und Carpentras, erstellte. Der von Favier als Legat bezeichnete und für die Erfolge des Friedensgipfels mitverantwortlich gemachte Kardinal Jean de la Grange war dagegen zu Beginn des Gipfels weder Legat noch Vermittler sondern Bischof von Amiens und obendrein Mitglied der französischen Delegation. Zum Kardinal kreiert wurde er erst am 20. Dezember 1375.1073 Die Sammlung von Briefen und Verhandlungsprotokollen 1070 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1025. 1071 Vgl. Mirot; Déprez (Hrsg.), Ambassades, S. 190–98. 1072 Vgl. Holmes, Good Parliament, S. 33, 36 mit FN 2, 42; Delachenal, Charles V, Band 4, S. 549–602,

bes. 561 f. mit der Richtigstellung in: Davies, Anglo-Papal Concordat, S. 134; Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. xiv mit FN 4, 5. 1073 Vgl. Grégoire XI (France), N. 1970 (Brief an Jean de la Grange vom 20. September 1375 mit der Bitte um Unterstützung der apostolischen Nuntien); Favier, Les Papes d’Avignon, S. 541 mit

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entstand zur späteren Rechtfertigung der Nuntien, erreichte die Kurie aber wohl niemals in dieser Form.1074 Narrative Quellen sind in diesem Zusammenhang vergleichsweise unzuverlässig und verblassen im Vergleich zum erwähnten liber merklich.1075 a) Überblick Der Friedensgipfel war im Wesentlichen in drei Phasen unterteilt. Zunächst begannen in den Monaten März bis Juli 1375 unter Teilnahme hochkarätiger Abgesandter, darunter der Sohn Eduards III., Johann von Gent, seit 1362 Herzog von Lancaster1076 und der Bruder Karls V., Herzog Philipp von Burgund,1077 eine erste Phase der Gespräche. Diese hatten den Abschluss eines einjährigen, generalen Waffenstillstands in ganz Frankreich zum Ergebnis. Der Vorschlag der Nuntien nach einer Unterteilung des verbleibenden Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 8 f. [N. XIII; XV]; Eubel (Hrsg.), Hierarchia catholica, Band 1, S. 22. 1074 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. v-viii. Auszugsweise wurde der liber abbreviatus wiedergegeben in: Chaplais (Hrsg.), English Medieval diplomatic practice, Band 1, 1, S. 205 ff. [N. 134]. 1075 Am zuverlässigsten sind: Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 156 f., 176–181. Ihr Autor, Pierre d’Orgemont, nahm an dem letzten Vermittlungsversuch der Kurie im Frühjahr 1377 zwischen Montreuil und Calais teil. Chronologisch stark unzuverlässig bleiben die verschiedenen Redaktionen Froissarts. Dessen Gönner, Robert de Namur, hatte sich zeitweilig im Gefolge Johann von Gents befunden, ohne dass sich dies für die Genauigkeiten der Berichterstattung seines Chronisten als förderlich ausgewirkt hätte. Vgl. Froissart (Edition Lettenhove), Band 8, S. 346 ff.; 372 ff.; 382 ff.; Chronique des quatre premiers Valois, S. 254–255. 1076 Johann von Gent wurde trotz ausbleibender militärischer Erfolge und seiner, mit Henrich von Trastamera konkurrierenden Ansprüche auf den Thron von Kastilien zum englischen ‚Chefdiplomaten‘ der Spätphase Eduards III. Seine Ambitionen auf den spanischen Königsthron ließen ihn zum natürlichen Favoriten eines anglo-französischen Friedensschlusses werden. Johann spielte auch eine zentrale Bedeutung bei den Verhandlungen der 1380er und neunziger Jahre. Bei letzteren war er als Herzog von Aquitanien selbst Gegenstand eines Planes der Loslösung seines Herzogtums von der englischen Krondomäne gewesen. Vgl. A. Tuck, Art. „Johann von Gent, Duke of Lancaster“, in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 616 f.; Sumption, Divided Houses, S. 196 f., 212 f.; 460 f., 515, 527 ff., 536 f.; 774 ff.; Harriss, Shaping the Nation, S. 419 ff.; Autrand, Charles VI, S. 277–280, 333–337; Palmer, England, France and Christendom, S. 144 ff., 152–165; Ders., The Anglo-French Peace Negotiations, 1390–1396, in: Transactions of the Royal Historical Society, 16 (1966) S. 81–94. 1077 Während Philipp von Burgund von französischen Chronisten als genussfreudiger, aber undiplomatischer, französischer Repräsentant charakterisiert wurde, zählte er als Schwiegersohn Ludwigs von Male aufgrund der engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Flandern und England tatsächlich zum größten Nutznießer eines anglo-französischen Bündnisses. Seinen Einfluss machte er zuletzt Mitte der 1380er Jahre geltend, als es darum ging, eine Invasion des englischen Festlandes zu verhindern. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 214 ff. Des Weiteren: G. Sivéry, Philippe III le Hardi, Paris 2003; J. Richard, Art. „Philipp II. der Kühne („le Hardi“), Herzog von Burgund (1342–1404)“, in: LexMA, Band 6 (1993) Sp. 2067 f.; J. Calmette, Die Großen Herzöge von Burgund, München 1963, bes. 42–86, 66 ff.; R. Vaughan, Philipp the Bold, London 1962, S. 1–15, 16 ff.; E. Petit, Les Ducs de Bourgogne de la maison de Valois, Band 1 (Philippe le Hardi), Paris 1909, S. 301.

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englischen Festlandsbesitzes in Gebiete englischer und französischer Souveränität konnte sich dagegen aufgrund der Uneinigkeit über die Art der vorzunehmenden Teilung bzw. dem Charakter ihrer Souveränität nicht durchsetzen. Eine Belehnung Johanns von Gent mit Aquitanien und die Gebietskompensation Eduards III. durch Johanns englische Besitztümer wurde gleichfalls verworfen.1078 In einer zweiten Verhandlungsphase von Dezember 1375 bis März 1376 wurde die Waffenruhe erneut um ein Jahr bis zum 1. April 1377 verlängert.1079 Von den Nuntien wurde diesmal der ernsthafte Versuch gemacht, das Problem der strittigen Souveränität zu umschiffen. Ravenna und Carpentras schlugen einen 40-jährigen Waffenstillstand vor, welcher in Form eines Quasifriedens die Probleme kommenden Generationen überlassen hätte. Nunmehr waren jedoch die Engländer nicht bereit, vor dem Hintergrund einer für sie und ihre Verbündeten desaströsen Phase des Krieges weiterzuverhandeln. Die französische Delegation, darunter Ludwig von Anjou,1080 verwies zudem pauschal auf die Unmöglichkeit, den mit Frankreich verbündeten König Heinrich von Trastamera von Kastilien in den vorgeschlagenen Vertragsabschluss zu integrieren.1081 Die dritte Verhandlungsphase in Brügge fand von Juli 1377 bis Januar 1378 unter Teilnahme weitaus weniger prestigeträchtiger Gesandter statt. Mehrmals wurde der Waffenstillstand um einige Monate bis schließlich auf den 24. Juni 1377 verlängert. Inhaltlich kehrten Ravenna und Carpentras zu der Idee einer Dreiteilung Aquitaniens zurück. Die für die Franzosen heikle Frage der Preisgabe ihrer Souveränität über den englischen Festlandsbesitz sollte durch Gebietskompensationen oder aber die Übertragung der Souveränität Aquitaniens zu Lebzeiten des altersschwachen Eduard III. attraktiver gemacht werden. Die Debatte wurde schließlich autoritär durch Karl V. mit der Entsendung des Abtes Jean le Fèvre und der Verlesung eines beeindruckenden Manifests beendet. Bei dieser, im liber abreviatus wiedergegebenen Kundgebung wurde der Verzicht der Lehnsoberhoheit Aquitaniens aus kirchenrechtlichen, historischen wie praktischen Erwägungen kategorisch ausgeschlossen.1082 1078 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 224–236; Autrand, Charles V, S. 617 f.; Holmes, Good Parlia-

ment, S. 35 f.; Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. xvi f.

1079 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1048; Grégoire XI (France), N. 1486, 1539, 1601,

1683–1686, 1971.

1080 Herzog Ludwig (I.) von Anjou gilt als Begründer einer erst ab der zweiten Generation in ihren Ex-

pansionsbestrebungen im süditalienischen Königreich Neapel erfolgreichen jüngeren Nebenlinie der Anjou. Rastlos und als Lieutenant der Languedoc praktisch mit der Mitregentschaft betraut, kann Ludwig keineswegs als idealer Diplomat bezeichnet werden. Mit Mühe konnte er von Gregor XI. in den Jahren 1374–75 zum Abschluss bzw. der Akzeptanz von Waffenstillständen bewogen werden. Vgl. R.H.-Bautier, Art. „Anjou (Dynastie) IV. Die Herzöge der jüngeren Linie Anjou,“ in: LexMA, Band 1 (1980) Sp. 650–51; E.-R. Labande, Louis Ier d‘Anjou, la Provence et Marseille, in: Le Moyen Âge, 54 (1948) S. 297–326 1081 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. xvii-xix; Autrand, Charles V, S. 618; Sumption, Divided Houses, S. 249–52, 265–67, 78–80. 1082 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. xviii-xix; Autrand, Charles V, S. 618; Sumption, Divided Houses, S. 265–67, 78–80.

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Bei einem letzten Vermittlungsversuch im Mai 1377,1083 nunmehr zwischen Montreuil bei Boulogne und Calais, machte der französische König seinem bereits im Sterben liegenden Kontrahenten Eduard III. ein letztes Angebot.1084 Dieses bestand aus der Übertragung zahlreicher Ländereien, darunter sämtliche alteingestammten Territorien südlich der Dordogne wie das Agenais, Quercy, Bazadais, Bigorre sowie einige Festungen nördlich des Flusses – nur unter französischem ressort versteht sich. Auch Calais hatte der englische König zu räumen, im Weigerungsfalle zumindest das Quercy zu übertragen. Karl V. zeigte sich darüber hinaus zur Zahlung von 1,2 Millionen franc d’or als Teil des säumigen Lösegeldes Johanns II. bereit. Das Ausbleiben einer englischen Reaktion führte konsequenterweise zur Neuaufnahme des Krieges auf allen Fronten. Der inzwischen wieder nach Rom zurückgekehrte Papst Gregor XI. musste sich von nun an mit generalisierten Friedensappellen zum Wohle des Kreuzzuges zufrieden geben.1085 Dieser Krieg sollte trotz individueller Bemühungen der Bischofsnuntien1086 im Jahre 1383 erst nach direkten Friedensgesprächen in Leulinghen bei Calais wieder zum Erliegen kommen.1087 b) Topographischer Überblick der Verhandlungen in Brügge Seit ihrem Aufstieg im 11./12. Jahrhundert hatte sich die Stadt Brügge bis zum 14. Jahrhundert zum „bedeutendste[n] Markt Europas“ jenseits des Mittelmeers entwickelt.1088 Ihre Bedeutung verdankte die Stadt ihrem direkten Zugang zum 17 Kilometer entfernten Meer in einer Bucht bei Sluis.1089 Dieser wurde im Verlauf des Mittelalters mehrmals 1083 Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 178–181. 1084 Der englische König starb drei Tage vor Auslaufen des Waffenstillstands am 21. Juni 1377 zurück-

gezogen vom politischen Tagesgeschehen in Sheen. Vgl. J. R. Maddicott, Art. “Eduard III., Kg. von England”, in: LexMA, Band 3 (1986) Sp. 1588 ff. 1085 Vgl. Grégoire XI (France), N. 2083 (17. September 1377). 1086 Vgl. Paris, BN ms. fr. N. 20599 f. 6 (Rechnungsbestätigung Karls V. für seinen Sekretär Jean Tabary für eine Reise nach Brügge, 28. November 1377); London, BL Cotton Caligula D. iii., f. 94 N. 52 (Plan der Bischofsnuntien für einen Friedensgipfel zwischen Calais und Saint-Omer im November, 7. Mai 1378). Bereits am 17. April wusste der Mantuaner Prokurator Christophorus von Piacenza von einem heftigen Neuausbruch des Krieges zu berichten. Vgl. Segre, I Dispacci di Christophoro da Piacenza, S. 258. 1087 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 515 ff. ; Autrand, Charles V, S. 618. Als von der Kurie unabhängiger Mediatour du dit Traictie betätigte sich der inzwischen zum Erzbischof von Rouen beförderte Guillelmus de Lestrange noch im Jahre 1381. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band 7, London 1709, S. 339 f. (18. Dezember 1381), 351 (18. März 1382). 1088 Vgl. im Folgenden: M. Ryckaert, Geographie eines Weltmarktes: Handel und Stadttopographie im Mittelalterlichen Brügge, in: K. Friedland (Hrsg.), Brügge-Colloquium des hansischen Geschichtsvereins 26. – 29. Mai 1988, Köln/Wien 1990, S. 3–12; Ders., Art. „Brügge I. Topographie und Stadtgeschichte“, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 741–745; J. A. von Houtte, Art. „Brügge II. Wirtschaft“, in: LexMA, Band 2 (1983) Sp. 745–48. 1089 Die beschriebenen geographischen Bedingungen entstanden im Folge der sog. 3. Dünkirchner Transgression im 12. Jahrhundert. Vgl. Ryckaert, Art. „Brügge. Topographie und Stadtgeschichte.“, Sp. 741–745.

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durch natürliche Flussläufe wie der Reie und einem später angelegten, künstlichen Kanalsystem namens „Zwin“ mit Damme und Sluis als Zwischenhäfen erschlossen. Im Zuge des Hundertjährigen Krieges verlor diese Verbindung jedoch merklich an Attraktivität.1090 Im Laufe des 14. Jahrhunderts nahm der Brüggener Fernhandel von Wein und Wolle zugunsten einer Umwandlung der Stadt als führenden Umschlag- und Stapelplatz ab, so zum Beispiel für den englischen Import von Luxusgütern aus dem Mittelmeerraum und Kastilien.1091 Die politische Geschichte der Stadt im 14. Jahrhunderts ist bestimmt durch eine Reihe bürgerlicher Erhebungen der gewerbetreibenden, flandrischen Städte gegen die Vorherrschaft der Grafen von Flandern. Damit gingen auch Versuche französischer Einflussnahmen einher.1092 Auch wuchsen die flämischen Städte und da vor allem Gent zunehmend in die Rolle aktiver Verbündeter der englischen Könige hinein.1093 Erst unter der Herrschaft des dem Gebot der Neutralität verpflichteten Grafen Ludwigs von Mâle fand die Stadt, welche ihrem Herren stets treu verbunden gewesen war, zu neuer Stabilität.1094 In kommerzieller Hinsicht war Brügge seit dem Pontifikat Innozenz‘ VI. auch für die Avignonesische Kurie eine „Drehscheibe für Überweisungen und für Warenlieferungen aus England.“1095 So wurde etwa der Eigenbedarf der Kurie an Tuchexporten aus England in Brügge gedeckt.1096 Auch wurde ein nicht unbeträchtlicher Teil kurialer Geldgeschäfte und kirchlicher Abgaben Nord- bis Westeuropas1097 über die hiesige Niederlassung einer Florentiner Handelsgesellschaft, die Alberti Antiqui, abgewickelt.1098 In diplomatischer Hinsicht war die Stadt bereits einmal in den Blick der Verhandlungspartner gerückt: So hatte, wie erwähnt, die endgültige Umsetzung der clause c’estassavoir des Vertrages von Brétigny durch die Ratifikation eines Separatvertrages in Brügge im Konvent der Augustiner Chorherren im Nordwesten der Stadt stattfinden sollen. An die gleiche Adresse hatten die Franzosen auch Raten des Lösegeldes Johanns II. zu bezahlen. Zum endgültigen Austausch der gegenseitigen Ver1090 Strenge Stapelrechte im Rahmen eines Verlagssystems stellten den Transport aller Waren von den

Zwischenhäfen Gravelines, Dünkirchen, Mardijk sowie Damme und Sluis bis nach Brügge sicher, bevor diese in Flandern verkauft werden durften. Vgl. Ryckaert, Geographie eines Weltmarktes, S. 8; J. M. Murray, Bruges, cradle of capitalism, 1280–1390, Cambridge 2005, S. 31–34. 1091 Vgl. Ebd., S. 45. 1092 Für einen politischen Überblick vgl. ebd., S. 3–21. 1093 Eduards Anspruch auf die Krone Frankreichs kann bis zu einem gewissen Grad auf die gezielte Diplomatie von Geldwechslern aus Flandern wie Guillaume de Deken oder Jacques D’Artevelde zurückgeführt werden. Vgl. Ebd., S. 13–16 . 1094 Vgl. Ebd., S. 16. 1095 Vgl. Schuchard, Oculus camere, S. 116. 1096 Vgl. Grégoire XI (France), N. 204–205 (3. Mai 1371). 1097 Vgl. Innocent VI, N. 1851 (28. November 1355). 1098 Vgl. Innocent VI, N. 1668, 1849, 1957–60, 2424; Urbain V (France), 816–17; 1136–37, 1266–67, 1975, 3013; Grégoire XI (France), N. 205, 407, 507, 515–20, 1187–1290, 3123. Auch die strittigen englischen Subsidien für den Kampf gegen die Visconti sollten an die Alberti Antiqui bezahlt werden. Vgl. Lunt, Financial relations, Band 2, S. 104. Allgemein über die Beziehung der Florentiner Handelsgesellschaft zur Kurie vgl. Y. Renouard, Les relations des papes d‘Avignon et des compagnies commerciales et bancaires de 1316 à 1378, Paris 1941, S. 112 ff., 280 ff.

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zichtserklärungen in Brügge war es damals aber trotz mehrfachen Insistierens des französischen Königs nicht gekommen.1099 In geographischer Hinsicht bildete sich in Brügge als Handelszentrum der „Markt“ heraus,1100 an dessen Westende Ende des 13. Jahrhunderts ein überdachter Löschplatz, die sogenannte „Wasserhalle“ errichtet wurde. Der politische Kern Brügges schloss sich direkt nordöstlich des Marktes an. Der auch heute noch „Burg“ genannte Platz geht auf eine ursprüngliche karolingische Festung (castrum) zurück. Er stellte den alten Hauptsitz der Grafen von Flandern dar. Nachdem sich diese aber im Zuge der städtischen Unruhen Ende des 13. Jahrhunderts zunehmend aus der Stadt zurückgezogen hatten, bezog die städtische Kommunalverwaltung, darunter 55 Gilden und ein Bürgermeister samt Stadtrat, in der Burg Quartier.1101 Die Quartiere der englischen und französischen Delegation befanden sich am nördlichen Ende des Innenhofes im Kollegiatsstift Saint-Donatian, welches die Grafen frühzeitig mit wichtigen Verwaltungsaufgaben betrauten. Zum Stift selbst gehörte auch die gleichnamige Kirche, die nach dem Brüggener Stadtpatron und ersten Bischof von Reims benannt worden war. Im selben Sakralbau sollte schließlich auch der Friedensgipfel stattfinden. Von den apostolischen Nuntien als hervorstechendste Kirche Brügges bezeichnet, war Saint-Donatian ursprünglich achteckig und vermutlich der Aachener Pfalzkapelle nachempfunden. Die Kirche wurde im Jahre 1389 durch einen vollständigen Neubau ersetzt.1102 Die Delegationen selbst waren zumindest teilweise im Haus des Stiftsdekans untergebracht. Aus den Schilderungen der Nuntien geht hervor, dass sich letzteres zwar in einer gewissen Nähe, dennoch aber in räumlicher Trennung von der Kirche befand.1103 In Zusammenarbeit mit Stadtrat und dem Kollegiatsstift, welches eine eigene Gerichtsbarkeit und Administration über die Burg ausübte, konnten die Nuntien zweifellos für die angemessene logistische Unterstützung der Verhandlungen sorgen.1104 Über die guten Verkehrswege nach Gent waren schnelle Kommunikationsverbindungen zu Graf Ludwig von Mâle ebenso wie zur Avignonesischen Kurie oder den beiden rivalisieren1099 Siehe Kapitel B) VII. 2. 1100 Für einen ausführlichen geographischen Überblick samt Kartenmaterial vgl. im Folgenden: Mur-

ray, Bruges, S. 22–83.

1101 Vgl. Ebd., S. 17. 1102 Im Jahre 1799 wurde Saint-Donatian im Zuge der französischen Revolution weitgehend zerstört.

Heute befindet sich das Crowne Plaza Hotel an ihrer Stelle. Allgemein zum baugeschichtlichen Hintergrund Vgl. J. Gailliard, Inscriptions Funéraires & Monumentales de la Flandre Occidentale avec des données historiques et généalogiques, Inscriptions Funéraires & Monumentales de la Flandre Occidentale avec des données historiques et généalogiques, Band 1, Bruges 1861, S. 7–15. 1103 [D]icti domini duces et alii destinati ab vtraque parte mediatione dominorum nunciorum apostolicorum ad ecclesiam sancti Donaciani Brugensis, que insignior ecclesia dicti loci existit, accesserunt, vbi videlicet in domo decani Brugensis quilibet dictorum dominorum suam cameram ad partem habentes [...] (The Anglo French Negotiation, hrsg. von E. Perroy S. 9 [N. XV]). Postquam [...] vtriusque ipsorum dominorum ad eorum hospicia pluries adiuimus (Ebd., S. 12 [N. XVI]). 1104 Vgl. Murray, Bruges, S. 57.

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den Königshöfen möglich.1105 Die Kanoniker des Stiftes waren an größere Menschenansammlungen gewöhnt: Zwischen den Außenbögen der Kirche waren Verkaufsläden gedrängt und illegale Pfandleiher machten ihre Geschäfte außerhalb des städtischen Jurisdiktionsbereiches.1106 Wenn es allzu turbulent wurde, wussten sich die Mönche durch eigene Sicherheitskräfte zu schützen.1107 Eine langfristige Umwidmung ihres Stiftes in das Interaktionsfeld eines stehenden Friedensgipfels mochte die Kräfte des weltoffenen Konventes nicht überstrapaziert haben.

c) Rolle der Nuntien bei der Vorbereitung und zeremoniellen Durchführung der Verhandlungen

Die Bischöfe von Ravenna und Carpentras waren im Vorfeld des Friedensgipfels in erster Linie logistisch tätig. Sie hatten lokale Waffenruhen auszuhandeln und freie Geleite für die Gesandten beider Konfliktparteien zu vermitteln. Vor Aufnahme der Gespräche galt es zunächst auf trilateralen Verhandlungen mit beiden Kriegsparteien lokale Waffenstillstände zu vereinbaren.1108 Die Verträge wurden dabei von den Nuntien an beide Könige weitergeleitet, welche sie zu ratifizieren hatten.1109 Die beiden Bischöfe hatten dabei Rücksicht auf das gegenseitige Misstrauen der beiden Kontrahenten zu nehmen. Meist waren diese nur zur Gewähr von Zusagen Zug um Zug bereit.1110 Die ausgehandelte Frist der Waffenruhe war mit dem terminus post quem identisch, an welchem die Friedensverhandlungen beendet und die Abgesandten wieder nach Hause zurückgekehrt sein mussten.1111 Eng an die Aushandlungen von Waffenstillständen geknüpft war die Vergabe freier Geleite. Diese mussten sowohl für die späteren Verhandlungsgesandtschaften der Friedensgipfel in Brügge, als auch bereits für die kleineren Kommissionen vergeben werden, welche die Waffenruhen selbst auszuhandeln hatten.1112 Während in der Frühphase der Friedensvermittlung des Avignonesischen Papsttums sowohl Geleite der Päpste für die Reise nach Avignon als auch solche der beiden Könige durch ihre jeweiligen Territo1105 Im Westen konnten rasch Oudenbourg bzw. Calais sowie die französischen Bastionen Arras, Douai

und Saint-Omer erreicht werden. Vgl. Rykaert, Geographie eines Weltmarktes, S. 8; Murray, Bruges, S. 45, 54 f. 1106 Probst und Stift verfügten innerhalb der Burg und über andere Stadtteile eine eigene Gerichtsbarkeit. Vgl. Ebd., S. 57, 78. 1107 Vgl. Ebd. S. 67–71 ff. 1108 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 5, 75 f. [N. VII.; App. IV.]; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1022. 1109 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 6–7 [N. IX., X]. 1110 [E]t avec ce les lettres de ratification des treues dont il y a deux paire, l’une faisant mention que nous [Karl V.] auons fait le serement ou cas que nostre aduersaire d’Engleterre le fera, et l’autre comme nous auons fait simplement le serement. Si vous aidiéz de la premiere ou cas qu’elle leur suffiroit et l’autre nous renuoiéz (Ebd., S. 6 [N. IX]). 1111 Dies schloss nicht aus, dass diese Zeitspanne im Bedarfsfall verlängert werden konnte. Vgl. Ebd., S. 5 [N. VII]. 1112 Vgl. Ebd., S. 4–8, 76 [N. III., IV., V., VI., VIII., IX., XI., XII, XIII., XIV., App. V.]

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rien existiert hatten, mussten die Nuntien im Jahre 1375 nur noch die Geleite der beiden Könige für die Anreise der jeweils gegnerische Gesandtschaft nach Brügge koordinieren. Waren diese einmal vergeben, bestätigten die Bischöfe auf den Wunsch der beiden Könige ihrerseits noch einmal die Geleitschreiben im Namen der Gesandten des jeweiligen Gegners.1113 Wie bemerkt, schloss dies auch die Übermittlung der Namen der jeweiligen Verhandlungsspitzen ein, welche zu diesem Zeitpunkt weitestgehend feststanden. Neben der Ratifikation der Geleite für die jeweils andere Delegation durch die beiden Könige existierten abermalige Bestätigungen durch die hochadeligen Verhandlungsleiter beider Delegationen, welche daraufhin gleichfalls an die Nuntien weitergeleitet wurden.1114 Eine derart diffizile Kommunikationsleistung konnte begreiflicherweise nicht mehr vollends von den Nuntien selbst erbracht werden. Vielmehr sind wiederum untergeordnete Gesandte der Bischöfe festzustellen, welche diese Aufgabe zu erledigen hatten.1115 Die Geleitschreiben ebenso wie die Vollmachten der jeweiligen Verhandlungspartner wurden durch die Kanzlei der beiden Könige ausgestellt. Beide Seiten achteten peinlichst darauf, nach Möglichkeit den vollständigen Wortlaut zu übernehmen und nur die Namen der Verhandlungsführer und deren Königreiche auszutauschen. Ob es sich dabei um die Folge der redaktionellen Vereinheitlichung von Konzeptentwürfen durch die apostolische Nuntien handelte, sei einmal dahingestellt.1116 In Brügge erwartete die Nuntien eine ganze Reihe organisatorischer Aufgaben und repräsentativer Pflichten. Neben der paritätischen Begrüßung und Einholung beider Gesandtschaften in die Stadt nahmen die Bischöfe auch an einem Festmahl im Hause Philippes von Burgund teil.1117 Zu Beginn der Verhandlungen, am 27. März in der Kirche SaintDonatian hatten die Vermittler zunächst knifflige Details in Fragen des Zeremoniells zu überbrücken:1118 Die Gesandten verließen schließlich ihr Quartier gratia diuina operante et per dictos nuncios apostolicos excitati et inducti und betraten den eigens von den 1113 Vgl. Ebd., S. 5–7 [N. VIII., IX., XI.]. 1114 Vgl. Ebd., S. 4, 8 [N. III.,-IV., XII.-XIV]. 1115 Im August und Dezember 1374 erledigte die Korrespondenz der Nuntien Oudin de Mirol, der Fa-

miliare und Knappe Pileus da Pratas. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 4, 76 [N. I, II, Appendix IV.] 1116 Die Vollmacht Karls V. für Ludwig von Anjou vom 14. Oktober 1373 war zu diesem Zweck dementsprechend geändert worden, dass der Name Anjous nachträglich durch Johann von Gent ersetzt sowie das Datum auf den 16. Februar 1374 geändert worden war. Vgl. London, PRO C 47/30/8/11. Ereignisgeschichtlicher Kontext stellte das vom Herzog von Lancaster angestoßene Angebot neuer Friedensverhandlungen dar, welches wie ausgeführt, vom Papst nach einigem Zögern aufgegriffen wurde. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 212 ff. 1117 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 225; Petit, Ducs de Bourgogne, Band 1 (Philippe le Hardi), S. 301; Ders., Itineraires de Philippe le Hardi et de Jean sans Peur, Paris 1888, S. 116. 1118 [G]racia diuina operante et per dictos nuncios apostolicos excitati et inducti, cameras ipsas exierunt, quandam aulam ad hoc preparatam pariter et eodem momento intrantes. Et quia fuerat aliqualis altercatio in sedibus, videlicet quis eorum haberet partem dexteram, fuit ordinatum quod pro primis duobus diebus ipsi domini et partes pedes starent. Et prima die pedes fuit a parte dextera dominus dux Burgundie, secunda die ab eadem dominus dux Lencastrie (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S.9 ff [N. XV]).

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Vermittlern vorbereiteten Innenraum der Kirche – und zwar pariter et eodem momento. Innen angekommen, musste die Frage der Sitzordnung geklärt werden. Die Bischöfe entschieden salomonisch, dass beide Gesandtschaften an den ersten Tagen alternierend bei den Plenarsitzungen rechts von ihnen sitzen durften, während die andere Delegation auf der linken Seite zu stehen hatte. Es ist denkbar, dass anschließend eine weniger anstrengende Lösung gefunden wurde.1119 Zum stilgerechten Auftakt der Verhandlungen hielten beide Nuntien Predigten. Während Pileus da Prata über das Thema Gracia vobis et pax aus der Offenbarung des Johannes predigte,1120 wählte Guillelmus de Lestrange als Thema einen Vers aus Psalm 61: Da nobis auxilium de tribulatione.1121 Die geistlichen Spitzen beider Delegationen, die Bischöfe von Amiens und London, konnten dem schwerlich nachstehen und predigten allgemein per modum arengarum ausgewählte Sinnsprüche über Eintracht und Zwietracht. Auf profanere Weise beteuerten nunmehr die Herzöge von Burgund und Lancaster die Friedenssehnsucht ihrer Könige. Am darauffolgenden Tage konnten die eigentlichen Gespräche mit den streng dialektischen Eröffnungsplädoyers beider Seiten, die Petitio Anglorum sowie die Responsio Gallicorum beginnen.1122 Aufgrund ausbleibender Resonanz der diskutierten Konfliktlösungsvorschläge waren statusverändernde Akte symbolischer Kommunikation unter Beteiligung apostolischer Nuntien rar gesät. Ausnahmen stellte die gewohnten Beeidigungen diverser Waffenstillstandsverträge auf das von den Bischöfen in Händen gehaltene Evangelium durch die Anführer beider Delegationen Johann von Gent und Philipp von Burgund bzw. Ludwig von Anjou, dar.1123 Dass sich apostolische Nuntien für die Ausformulierung und den Entwurf von Verträgen verantwortlich zeigten, ist schon an anderer Stelle beobachtet worden. Insofern ist es auch keine Besonderheit, dass auch die Redaktion des besonders diffizilen Waffenstillstandsvertrages vom 26. Mai 1375 auf das Konto Pileus‘ von Ravennas und Guillelmus‘ von Carpentras ging.1124 Um ein „exceptionally obscure document“ handelte 1119 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 225. Bei darauffolgenden Verhandlungen im Dezember 1375

schienen die gegenseitigen Umgangsformen dagegen auch ohne Zutun der Nuntien in geregelten Bahnen verlaufen zu sein. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 9 [N. XV]. 1120 „Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen“ (Offb Joh. 22,21). 1121 „Schaff uns Beistand in der Not; denn Menschenhilfe ist nichts nütze“ (Ps 60,13). 1122 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 10 [N. XV]. 1123 Les quelles chapitres ou articles, ovesque les declaracions, mutations, et modifications, faitz sur yceulx, et les choses dedeins contenues, selonc leur form et teneuer, nous, en nom de dit monsire et piere le Roy [Karl V.] et pour lui, au jourduy avons passees, voluez, et ottroiez, promisez, et jurez solempnelement, sur les saintz evangiles de Dieu, en les mains des dites messages de nostre seint piere (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1034 (Ratifikation der Waffenstillstandsmodifikation, 27. Juni 1375). Et avons jure et promis sur les Seints Evangiles de Dieu, par nous corporelment touches, es mains des diz messages de nostre seint pere (Ebd., Band III, 2, S. 1048 (Waffenstillstandsvertrag, 12. März 1376). 1124 Par la grant diligence et bone mediacion des reverentz pieres en Dieu l‘ecevesque du Ravennes et l‘evesque de Carpentras, messages envoiez sur le dit fait par nostre seint pere le Pape, ount estee avisez, sur le dit fait du dit traitie, les chapitres, ou articles, avesques les mutations, declaracions, et modifications qui s‘ensuiant (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1033).

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es sich dabei gewiss nicht.1125 Geregelt werden mussten vor der endgültigen Ratifikation durch den englischen König die strittige Fragen der Übergabe von derzeit durch französische Truppen belagerten Städte und Festungen wie Cognac oder Saint-Sauveurle-Vicomte. Nachdem der erste Waffenstillstandvertrag durch das Kriegsgeschehen vor Saint-Sauveur als überholt gelten konnte, legten die Nuntien in mühsamer Übereinstimmung mit den Konfliktgegnern am 27. Juni 1375 einen neuen Entwurf vor. Im Falle der genannten Festung war bereits unabhängig des Waffenstillstands mit der englischen Garnison eine Übergabe zu für sie ehrenvollen Bedingungen ausgehandelt worden. Die gefundene Regelung musste nun nachträglich in den Waffenstillstand integriert werden. Hierbei wurde die mittelfristige Unterbrechung der Belagerung, eine großzügige Abfindung der Engländer durch 40.000 Francs und schlussendlich die Übergabe der Festung an Karl V. nach Ende der Waffenruhe beschlossen. In der Zwischenzeit sollte Saint-Sauveur einem päpstlichen Treuhänder übergeben werden, bei welchem es sich zugleich um den französischen Kämmerer Karls V., Bureau de la Rivière, handelte.1126 Der Vertrag wurde von den Verhandlungsführern sogleich in erwähnter Weise bekräftigt und zur endgültigen Ratifikation an die Könige weitergeleitet.1127 Peinlichst genau wurden von den Verhandlungspartnern strittige Fragen wie die Titulierung des Gegners in den von den Nuntien aufgesetzten Verträgen moniert. Die Bischöfe hatten in die Modifikation des Vertrages Passagen zu übernehmen, welche sicherstellten, dass die Titulierung beider Könige als Roy de France bzw. Heinrichs von Trastamera als Roy de Castille noch keinem Präjudiz über dieses formaljuristische Reizthema gleichkam.1128 Wir können in dieser salvatorischen Klausel den ins positive gewendeten Gebrauch einer älteren Formulierung erkennen, welche auf französischer Seite 80 Jahre zuvor noch die Distanzierung von einem 1125 Sumption, Divided Houses, S. 230. 1126 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1033–1035; Sumption, Divided Houses, S. 231; Hol-

mes, Good Parliament, S. 43–45.

1127 Im Falle Eduards III. erstreckte sich die Bekräftigung des Vertrages bis zum 24. August 1375. Vgl.

Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1037.

1128 Ratifikation Johann von Gents: Et protestons et disoms que, combien q‘es articles, contenuz en noz

presentz lettres et accordez, les dites reverentz pieres l‘arcevesque de Revennes [sic] et evesque du Carpentras ayent intitulez le adversaire de nostre dit seigneur et piere le Roy „Charles Roy du France, „ et nostre adversaire de Castille, „ Henry Roy du Castille, „ Non est nostre entention approuver les dites titres des dites adversaires, ne prejudicer, en aucune manere, au droit que nostre dit seigneur et piere le Roy et nous avons en ditz roialmes et chescun ou aucune de eux (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1034) Ratifikation Philipp von Burgunds: Et protestons et disons que, combien q‘es articles, contenuz en ces presentes lettres, les dis messages de nostre dit saint pere aient intitulez l‘adversaire du dit monsieur, „le Roy d‘Angleterre,“ [sic – hierbei könnte von Philippe von Burgund die Titulierung Eduards als König von Frankreich gemeint sein] et le duc, qui fu duc de Bretaigne, „duc de Bretaigne;“ Neantmain il n‘est pas de nostre entencion approuver les dis titres des ditz adversaires, ne prejudicier, en aucune manere, au droit q‘icelli monsieur le Roy a es dis royaumes d‘Engleterre et duche de Bretaigne, ou en aucun d‘icelux (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1034). Zu Fragen strittiger Titulierungen aufstrebender Monarchen in der Frühen Neuzeit vgl. demnächst: R. Dauser, Signale der Macht. Zwischenstaatliche Verträge als Authentisierungsstrategien im europäischen Mächtesystem, 1689–1815 (Habilitationsschrift in Vorbereitung).

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geschlossenen Vertragswerk bedeutet hatte.1129 Durch ihre Weiterentwicklung einer in der Praxis bereits punktuell erprobten Verfahrensweise brachten die päpstlichen Friedensstifter ein notarielles Konfliktlösungsschema hervor, welches an dieser Stelle als diplomatische Sanktion bezeichnet werden soll. Subordinierte Boten der beiden Gesandtschaften, welche wichtige Missionen an beide Königshöfe zu erledigen hatten, wie etwa am 1. September 1376 das Aushandeln eines weiteren Verhandlungstermins sowie die Entsendung neuer Delegationen, mussten die getreuliche Erfüllung ihrer Aufgabe den Nuntien gleichfalls auf das Evangelium beschwören.1130 Im Falle einer Aufteilung der Delegationen in verschiedene „Arbeitskreise“ zur vertraulichen Klärung diffiziler Sachverhalte, wie etwa die Regelung der englischen Souveränität bei einer Dreiteilung des Herzogtums Aquitanien, versuchten sich die Bischöfe die gewissenhafte Durchführung dieser Aufgabe durch Eide der Verhandlungsleiter garantieren zu lassen.1131 Die auf Separatverhandlungen häufig rascher erzielten Übereinstimmungen, wurden daraufhin von den Bischöfen aufgegriffen und über eigene wie fremde Gesandte an die beiden Könige zur endgültigen Entscheidungsfindung wei1129 Vgl. am Beispiel des Vertrages von Montreuil (1299) das Beharren des französischen Königs am

3. August 1299 auf der Tatsache, dass der im Vertrag als Herzog von Aquitaninen titulierte Eduard I. durch die Bezeichnung kein tatsächliches Anrecht an besagtem Herzogtum zukomme. Vgl. J. Dumont (Hrsg.), Corps universel du droit des gens, Band 1, Paris 1726, S. 319 [N. 561]; Digard, Philippe le Bel et le Saint-Siége, Band 1, S. 390. Im Rahmen anglo-schottischer Konflikte war ein derartiges notarielles Instrument bereits erprobt worden und kann daher als die Weiterentwicklung einer gängigen, diplomatischen Gepflogenheit der Päpste von Avignon bewertet werden. Am 10. Januar 1324 versicherte Papst Johannes XXII. am Beispiel Roberts the Bruce von Schottland, dass die Verwendung oder Unterlassung einer Titulatur eines Königs in einem päpstlichen Schreiben keinem Präjudiz über dessen Anerkennung gleichkomme: [N]obili viro Roberto de Brus sepe direximus super hoc, impedita, quod eidem Roberto scribebamus suppresso titulo regie dignitatis, prefatum regem Anglie per alias nostras litteras exhortamur quod, cum hujusmodi scriptionis titulus nec juri regio detrahat nec dicti Roberti accrescat comodis, ut nos, qui dictam concordiam intensis desideramus affectibus, eidem Roberto sub dicto scribamus titulo, velit equanimiter tollerare (Jean XXII (France), N. 1907) – mit bestem Dank an Sebastian Zanke für den freundlichen Hinweis. 1130 Si ont promis et juré lesids tracteurs es ames des Rois, touchiéz les sains euuangiles es mains de nous, messages de nostre Saint Pere dessus diz, que les Rois enuoieront a Bruges leurs messages tels qu’il leur plaira la vigile de la feste de Toussains prochain venant pour proceder ainsi que chargié et enioinct leur sera (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 48 [N. XLVII]). Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 264. 1131 Et neantmois aprés ce jurarent solennelment nos Srs les ducs que chascun ouureroit et diroit sa conscience et entention à l’autre clerement en cest fait senz aucune fraud, variation ou diffuge et que il y procederoient chascun de bonne foy (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 17 f. [N. XVIII]). Kommissionsmitglieder waren auf französischer Seite der Bischof von Amiens, der Graf von Saarbrücken, Meister der Armbruster Hughe de Chasteillon und Parlementspräsident Arnaud de Corbie, auf englischer Seite Bischof Simon Sudbury von Canterbury, William de Montague, Earl von Salisbury, William Latimer, Reginald Cobham und John Shepey. Zu Graf Johann II. von Saarbrücken vgl. Art. „Sarbruck, ou Sarrebrucke, in: Dictionnaire de la Noblesse, hrsg. von D. und B. de la Chenaye, Band 18, Paris 31873 [ND Nendeln 1909], Sp. 268.

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tergeleitet. Dies bringt uns zum nächsten Punkt, nämlich der Frage des Einflusses apostolischer Nuntien auf die Gestaltung der Verhandlungsnormen und deren Auswirkung auf den Ausgang der Verhandlungen. d) Evolution der Verhandlungsnormen am Beispiel der Ersten Verhandlungsphase (1375) Angesichts des Memorandums Karls V. für seine Abgesandten bei den Vorgängerverhandlungen in Calais (1372) wurde festgestellt, dass die bisher von uns beobachtete Reihenfolge bilateraler Vorverhandlungen und trilateraler Abschlussgespräche keine naturgemäße Gültigkeit besaß. Die Entscheidung über die organisatorische Vorgehensweise während der Gespräche war Bestandteil des symbolischen Kapitals, über das die apostolischen Nuntien in Brügge verfügten. Nach den Einstiegsplädoyers in der trilateralen Anfangssitzung bemühten sich die Bischöfe um die routinierte Klarstellung, dass im Folgenden keine specialiora, sondern vias generaliores besprochen werden sollten. Ebenso ritualisiert wurde ihnen von den Delegationen zu verstehen gegeben, dass die Eröffnung von Wegen der Übereinkunft, also die inhaltliche Seite der Friedensverhandlungen, deren Sache war.1132 Konkrete Vorschläge der Bischöfe wurden daraufhin in weiteren Plenarsitzungen vorgebracht und von allen Beteiligten auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft. Ein Widerstand, welcher zunächst auf englischer Seite gebrochen werden musste, war die Erweiterung der Gespräche über den Versuch einer Restitution des Vertrages von Brétigny/Calais (1360) hinaus. Dieser hatte sich im englischen, diplomatischen Gedächtnis der 1370er Jahren zunächst als Ausgangspunkt aller Verhandlungen etabliert.1133 Hier gelang es den Nuntien vergleichsweise rasch, neue und den momentanen Kräfteverhältnissen angemessenere Konfliktlösungsvorschläge auf die ‚Tagesordnung’ zu bringen. Prinzipiell konnte dies in der beschriebenen trilateralen, aber auch auf gewohnt bilaterale Weise geschehen. Letztere Vorgehensweise kam stärker dem Wunsch der beiden Partner nach Gesprächen in größter Vertraulichkeit entgegen.1134 Einmal grundsätzlich akzeptierte Vorschläge, wie etwa die Teilung des englischen Festlandsbesitzes, wurden daraufhin den Gesandten der anderen Seite mit Hilfe der bewährten Pendeldiplomatie kommuniziert. Mehrfach 1132 Dicti tamen nuncii apostolici quantum potuerunt partes impedierunt ne propter turbationem alte-

rius ipsarum ad specialioria descenderent, sed vias generaliores quas potuerunt elegerunt. Et de viis et modis exquirendis et reperiendis tunc fuerunt dicti domini nuncii apostolici ab vtraque parte onerati (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 10 [N. XV]). 1133 Vnde pars [gemacht wurde ein Vorschlag zur Übertragung der im Detail zu klärenden englischen Festlandsgebiete auf Johann von Gent] Anglie per modum responsionis viam ipsam omnino cassauit et penitus recusauit, protestando quod eorum intentionis non erat aliquid in forma dicti primi tractatus innouare seu mutare per responsionem siue prosecutionem quas eos facere contingat in hac parte (Ebd., S. 11 [N. XV]). 1134 [E]t nichilominus se ad partem traxerunt et secrete vt ipsis placuit colloquium habuerunt (Ebd., S. 12 [N. XVI]).

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suchten die Bischöfe die Quartiere beider Delegationen auf, um sich ein deutlicheres Stimmungsbild zu verschaffen.1135 Gegebenenfalls mussten auf Betreiben der Nuntien von den Königen, wie geschildert, neue Anweisungen erbeten werden. Bei ihrer Rückkehr nach Ostern 1375 brachten beide Gesandtschaften zwei sehr ähnliche Vorschläge in die Verhandlungen ein: Während die Franzosen die Dreiteilung der englischen Festlandsgebiete zur Zeit des Vertrags von Brétigny/Calais in 1) ein Gebiet König Eduards III. in voller Souveränität; 2) ein Gebiet eines englischen Kronprinzen in französischer Lehnsabhängigkeit und 3) ein Gebiet des französischen König zu seiner freien Verfügung vorschlugen, favorisierten die Engländer eine Zweiteilung ihres Festlandsbesitzes in 1) ein Gebiet unter voller Souveränität und 2) ein Gebiet im lehnsabhängigen Besitz eines ihrer Kronprinzen.1136 In den Chroniques von Froissart ist von alldem keine Rede: Die Vermittlung der Nuntien wird in diesen in gewohnt bilateraler Form geschildert, was dafür spricht, dass dem Chronisten trotz guter Kontakte zu einzelnen Verhandlungsteilnehmern keine detaillierteren Berichte vorlagen, er daher auf Stereotype und Darstellungsschemata zurückgreifen musste.1137 Trotz der beschriebenen Methodenvielfalt waren derartige Friedensgipfel von überaus statischer Natur. Vorschläge wurden manchmal akzeptiert, weitaus häufiger aber abgelehnt, so dass von den Nuntien neue, oft nur geringfügig modifizierte Vorschläge auf die Waagschale gelegt wurden. An diesem Punkt war der Friedensgipfel oft schon an einem Engpass angelangt, da die Verhandlungsvollmachten beider Delegationen begrenzt waren und eine erneute Rückbindung an die Könige erforderlich machten. Neben den offiziellen Gesuchen der Delegationsmitglieder an ihre Könige sind auch die Übermittlung geheimer Vorschläge der Nuntien an Eduard III. und Karl V. bekannt.1138 Diese hatten die von Perroy als „childish proposals“ abgekanzelte Idee einer Regelung der Souveränität über den englischen Festlandsbesitz nur zu Lebzeiten des hochbetagten König Eduards III. zum Gegenstand.1139 Es konnte vorkommen, dass die Nuntien persönlich tätig werden 1135 Die vero jouis va aprilis ambo domini nuncii apostolici ad dominum ducem Burgundie accesserunt,

sibi dictam responsionem exponendo, suam eciam responsionem super hoc postulantes. Nachdem der Herzog von Burgund lediglich Gefallen an dem genannten ersten von zwei Vorschlägen gefunden hatte, wurde nunmehr Johann von Gent von den Bischöfen befragt. Dieser optierte ausgerechnet für den zweiten Vorschlag, nämlich ein vergrößertes Herzogtum Aquitanien, das um die Diözesen Bordeaux, Bayonne, Agenais und Adurensi und vier weitere Diözesen jenseits des Flusses Garonne absque homagio erweitert werden sollte. Vgl. Ebd., S. 11 [N. XV]. 1136 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 14 [N. XVII]. 1137 Là estoient li doi légat moyen pour toutes parties, qui portoient tous les jours de l’un à l’autre ces traittiès (Froissart (Lettenhove), Band 9, S. 349); [E]t li doi légat à aler de l’un à l’autre, qui portoient ces parolles, qui peu venoient à effet; car cescuns se tenoit si fiers et si grans que raisons n’i pooit descendre (Ebd., S. 373). 1138 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 48 f. [XLVIII]. Die Bischöfe versuchten eine zweite Gesprächsebene zu eröffnen, indem sie sich als direkte Vermittler zwischen beiden Monarchen betätigten. Dadurch sollte vor Aufnahme neuer Verhandlungen eine bilaterale Konsensfindung ermöglicht werden. Vgl. Ebd., S. 49 f. [N. XLIX]. 1139 Vgl. Ebd., S. xviii, S. 48 f. [XLVIII, XLIX].

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mussten, um den Friedensprozess mit Nachdruck voranzutreiben. So reisten die Bischöfe im Juni 1375, Juli 1376 und Februar 1377 nach Paris.1140 Angesichts des beschriebenen Verfahrens dürfte insgesamt verständlich werden, weshalb Verhandlungsfortschritte eher in bereits erprobten Sphären gemacht wurden, wie etwa bei der Suche nach einer für alle Beteiligten akzeptablen Teilung des englischen Festlandsbesitzes. Spontan von den Nuntien in die Runde geworfene Vorschläge wie etwa eine Hochzeitsallianz oder die Aushandlung einer sehr langen Waffenruhe von 40 Jahren scheiterten dagegen Anfang Mai 1375 aufgrund ihrer mangelnden Praktikabilität ebenso wie aufgrund ihrer mangelhaften Sondierung: Die sich erschöpft gebenden englischen Abgesandten beteuerten nämlich enerviert, zum Abschluss eines Friedens, nicht aber eines Waffenstillstands nach Brügge gekommen zu sein. Weiteren Vorschlägen verschlossen sie sich mit dem Verweis auf fehlende Vollmachten.1141 Auch ein zweiter Versuch, den an für sich naheliegenden Gedanken einer langen Waffenruhe im Herbst 1375 umzusetzen, scheiterte. Eine solche hatten die Nuntien in ihren Sitzungsprotokollen noch euphorisch als paix de xl ans bezeichnet.1142 Allerdings war es den Nuntien nicht vergönnt auf trilateralen Verhandlungen eine Einigung über die juristischen und organisatorischen Grundvoraussetzungen einer solchen Waffenruhe herbeizuführen. Die offiziellen Hauptverhandlungen wurden auf der Basis des Vertragsentwurfes der Nuntien geführt und regelmäßig durch die Einholung neuer Instruktionen seitens der Könige unterbrochen.1143 Zuletzt versuchten Pileus da 1140 Vgl. Ebd., S. 66 f. [N. LXV]. 1141 Vgl. Ebd., S. 15 [N. XVII]. 1142 Ebd., S. 43 [N. XLI.]. Eine vergleichbare Lösung sollte schließlich im Jahre 1394 anhand der Hoch-

zeitsallianz zwischen Richard II. und Isabella von Valois erprobt werden und bis zur Neuaufnahme des Krieges durch Heinrich V. im Jahre 1415 währen. Vgl. Autrand, Charles VI, S. 338–42; Curry, Agincourt, S. 31–51. 1143 Aus dem Vertragsentwurf vom Januar 1376 geht hervor, dass zur Zeit des Waffenstillstands die territoriale Bewahrung des status quo durch die Zahlung einer Summe Geldes abgegolten werden sollte. Diese sollte als Verhandlungsbasis zunächst 2,5 Millionen Deniers umfassen. Vgl. AngloFrench Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 26–35. [N. XXXI., insbes. Artikel 5]. Während des Waffenstillstands sollten von beiden Delegationen Maßnahmen zur Sicherung ergriffen werden, wie die Aushandlung einer Waffenruhe von einem Jahr, die Stellung von Konservatoren oder die Freilassung von Gefangenen. Vgl. Ebd., S. 45 f. [N. XXXII.]. Nachdem zunächst Gesandtschaften nach Paris und London (in ersterem Falle unter Begleitung der Nuntien) aufgebrochen waren, um für die Umsetzung des Vertragsentwurfs zu werben, kehrten die Delegationen nach pluribus dilationibus et difficultiatibus erst am 4. März nach Brügge zurück. Am 12. März 1376 wurde darauf von den Verhandlungsführern Lancaster, Anjou und Burgund plangemäß die Verlängerung des Waffenstillstands von gut einem Jahr auf den 1. April 1377 beschlossen. Ebd., S. 36–37 [N. XXXIII.– XXXVII]. Auf den nachfolgenden Verhandlungen hatten die Bischöfe auf beiden Seiten Unstimmigkeiten hinsichtlich der Artikel des Vertragsentwurfes zu überwinden. Dabei war das englische Misstrauen hinsichtlich eines möglichen französischen Eingriffs in die Gerichtsrechte der englischen Krone, aber auch die französische Forderung nach der Aufgabe des Kronanspruches Eduards III. für die Zeit des Waffenstillstands ausschlaggebend. Die ungeklärte Situation der englischen und französischen Bündnispartner, Herzog John Montforts von der Bretagne und König Heinrichs von Kastilien, wirkten gleichermaßen dem pax finalis entgegen. Vgl. Ebd. S. xvii f.; 38–43. [N. XXXVIII, XXXIX, XLI]; Sumption, Divided Houses, S. 251.

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Prata und sein inzwischen zum Erzbischof von Rouen beförderter Kollege Guillelmus de Lestrange1144 die strittige Frage der Titulierung Eduards III. als französischen König durch ein Ratenmodell zu lösen: Eduard sollte wahlweise zu Lebzeiten und/oder der Regierungszeit seines Rivalen Karl für eine bestimmte Zeit auf die Titulierung als französischer König verzichten oder aber den Kronanspruch nur noch begrenzte Zeit aufrechterhalten dürfen. Hierbei sah ein erster Vorschlag den französischen Verzicht auf die Souveränität über Aquitanien und den englischen Verzicht auf eine Königstitulatur für sechs Jahre, zu Lebzeiten Eduards III. und/oder beider Könige vor, ersatzweise auch während eines 40jährigen Friedens. Ebenfalls zur Debatte stand ein englischer Kronverzicht nach einer Zeitspanne von drei oder zwei Jahren. Aber auch der umgekehrte Fall war besprochen worden: Den Kronverzicht für drei oder vier Jahre und die anschließende freie Titulatur nach Belieben Eduards III. Pragmatischer erscheint die vereinfachte Version des Planes: Die freie Wahl der Titulierung zu Lebzeiten des greisen Königs von England und der anschließende Titulierungsverzicht für 40 Jahre. Im Falle anhaltender Unklarheiten über die Frage der strittigen Souveränität Aquitaniens sollte ein paritätisches Schiedsgericht bestehend aus zwei Prälaten aus beiden Lager oder dem Papst als Schiedsrichter eine Entscheidung herbeiführen.1145 Da keiner der beiden Könige noch länger als fünf Jahren zu leben hatte,1146 wäre aus diesen Gedankenspielen jedoch bestimmt kein dauerhafter Frieden erwachsen. Nachdem ursprünglich geplant gewesen war, Anfang Juli eine endgültige Entscheidung herbeizuführen, geht aus den Verhandlungsprotokollen hervor, dass ein 40jähriger Waffenstillstand nicht mehr zur Debatte stand. Dagegen hatten sich dessen Voraussetzungen nunmehr zur eigentlichen Verhandlungsmasse entwickelt, was die Gesandten ja gerade hatten vermeiden wollen. Der Wunsch aller Beteiligten nach einer endgültigen Entscheidungsfindung musste zwangsläufig auch den provisorischen Charakter des Waffenstillstandes ad absurdum führen. Die dritte und letzte Phase der Verhandlungen ab dem Juli 1376 bewegte sich auf weitgehend ausgetretenen Pfaden.1147 Neben der Umsetzung der einjährigen Waffenruhe hatten die beiden Erzbischöfe eine Regelung für die Teilung Aquitaniens sowie die strittige Frage der Souveränität des englischen Festlandsbesitzes zu finden.1148 Damit hatten die Nuntien wie bereits die meisten ihrer Vorgänger den Kern des Problems klar 1144 Die Ernennung erfolgte am 22. Dezember 1375. Vgl. Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1,

S. 426.

1145 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 42 f. [N. XLI]. 1146 Karl V. starb gut drei Jahre nach seinem englischen Widersacher am 16. September 1380. Vgl. F.

Autrand, Art. „Karl V.“, in: LexMA, Band 5 (1991) Sp. 975–77.

1147 Abgesandten auf französischer Seite waren der Graf von Saarbrücken, der Bischof Petrus V.

d’Oraich von Bayonne (1371–77), Ritter Philibert Lespinace (1315–92), Magister und Dekan Jacques le Riche von Paris, auf englischer Seite der Bischof von Herford, Ritter Reginald Cobham, Henry Lescrope und John Shepeye. Die Abwesenheit prominenter Delegationsteilnehmer lässt auf geringe Hoffnungen auf einen Verhandlungserfolg schließen. Vgl. Ebd., S. 43 [N. XLII]. 1148 Ebd., S. 44 ff. [N. XLV]; 47 f. [N. XLVII, XLVIII]; 53 ff. [LIV]; 68 [App. VIII, Antwort Eduard III. an die Nuntien im August 1377].

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erkannt.1149 Allerdings überließen sie die Initiative ausgerechnet dem französischen König, der als einziger über diese Angelegenheit zu entscheiden hatte! Die Nuntien hatten es somit selbst zu verantworten, dass Karl V. durch die Entsendung des Abtes Jean le Fèvre von Saint-Vaast in Arras den Friedensgipfel auf kontraproduktive Weise zu einer Plattform für eine juristisch spitzfindige Grundsatzentscheidung über die Unteilbarkeit der französischen Krondomäne machte.1150 Damit gelang es Karl V. das komplexe Verhandlungsarrangement der Nuntien auf effektive Weise zu sabotieren. Der demonstrative Einfluss des französischen Königs auf die Verhandlungsnormen des Friedensgipfels durch das Verlesen der Beglaubigung des Abtes ging somit gleichermaßen mit dessen faktischer Aufkündigung einher.1151 Trotz des darauffolgenden Vorschlages, die Frage der Souveränität bei Folgeverhandlungen auszuklammern, hatten die Nuntien im Folgenden einen spürbaren Verlust ihrer Autorität zu erleiden. Vor dem Hintergrund neuer Kriegsvorbereitungen waren sie bis Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas dazu gezwungen, zur bekannten kurialen Pendeldiplomatie in der Mark Calais zurückzukehren und die Verhandlungsführung den Vollmachten ihrer Verhandlungspartner zu überlassen.1152

4. Kommunikation zwischen dem Milieu in Avignon und Brügge als Stätte der Entscheidungsfindung War bislang ausführlich von den Verhandlungsnormen am neuen Verhandlungsort in Brügge die Rede, so stellt sich die Frage, welchen Anteil Gregor XI. und der päpstliche Hof in Avignon in dieser Spätphase der Friedensvermittlung noch hatte. In Schreiben an beide Könige zu Beginn des Friedensgipfels hatte der Papst noch angedeutet, dass seine sich bereits vor Ort befindlichen Nuntien auf das Genaueste von seinen Intentionen instruiert würden.1153 Abgesehen von privaten Fürspracheversuchen1154 und Kreuzzugs1149 Vgl. Autrand, Charles V, S. 621. 1150 Vgl. Cazelles, Société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 6–10, 505–516. Zu dem politisch

einflussreichen Jean le Fèvre, der bereits Mitglied einer wichtigen Repräsentativgesellschaft unter Leitung der Herzöge von Burgund und Anjou an die Kurie von Avignon im August 1376 gewesen war, vgl. E. Perroy, Un discours inédit de Jean Le Fèvre, abbé de St.-Vaast et conseiller de Charles V, 6 décembre 1376, in: Ders. (Hrsg.), Études d’histoire médiévale, S. 289–298, bes. 289 ff. 1151 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 56–60 [N. LVII]. 1152 Vgl. Ebd., S. 89 ff. [App. XI.]. 1153 Nos enim nuntiis nostris existentibus cum tractatoribus prelibatis, scripta nostri dirigemus, ut ipsos adhoc pro parte nostra instantius exhortentur (Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 5233 (9. Februar 1375). Das Schreiben entspricht: Grégoire XI. (France), N. 1759, 60 (nur Regest). 1154 Im Jahre 1970 waren zwei jüngere Brüder Gregors XI., Nicolas und Roger de Beaufort, sowie dessen Neffe Jean de Ruppe in englische Gefangenschaft geraten. Dem Papst war es ein großes Anliegen, ihr Schicksal mit dem des größeren Friedensprozesses in Übereinklang zu bringen. Vgl. Grégoire XI (France), N. 32, 182, 404, 1844–45, 2086–87; Sumption, Divided Houses, S. 112. Am 30. März 1375 konnten die Nuntien in Brügge den Papst versichern, dass die Haftbedingungen seines Bruders erträglich seien: [I]n bona camera sine ferris seu compedibus et bene ac honeste de

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appellen1155 fällt es jedoch schwer, das Ausmaß des päpstlichen Eingreifens in den Friedensgipfel zu bestimmen. Bei Streitigkeiten hinsichtlich der Ortswahl für die zweite Phase der Verhandlungen im November 1375 schaltete sich Gregor nur zurückhaltend ein, zeigte dabei jedoch keinerlei Präferenzen.1156 Überhaupt wird aus der Korrespondenz zwischen Gregor XI. und seinen Nuntien deutlich, dass der Papst seinem eigenen Anspruch einer zeitnahen Begleitung der Hauptverhandlungen kaum gerecht werden konnte. So lassen Zahl und Datum der kurialen Gesandtschaften zum Friedensgipfel von Brügge erkennen, dass der Pontifex weniger die eigentliche Verhandlungsphase vom 23. März bis zum 5. April 1375 bzw. Anfang Mai, sondern stärker die darauffolgende Phase der Koordination des Waffenstillstandsvertrages von Mai bis Juli 1375 begleiten konnte. Erneut aktiv wurde der Papst dann im Vorfeld, nicht jedoch während der zweiten Phase des Friedensgipfels von Dezember 1375 bis März 1376.1157 Der Pontifex ließ erkennen, dass er sich nicht in ausreichendem Maße über den Fortgang der Verhandlungen informiert fühlte.1158 Dies kann durch Briefe der Nuntien bestätigt werden, welche den Papst zwar suis necessariis prouisus existit (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 13 [N. XVI], 16 [N. XVII]). 1155 Grégoire XI (France), N. 1852–1867, 1896–1907. Quare cum ad dictum passagium [transmarinium, gemeint ist der Kreuzzug] non posset intendi, nisi praedicta pace perfecta (Ebd., N. 1906). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 2, S. 1044. Hinsichtlich der Kreuzzugsbemühungen Gregors XI., vgl. Thibault, Pope Gregory XI, S. 37–73. Der von Gregor im Jahre 1375 propagierte Kreuzzug stieß von Seiten der Kontrahenten freilich nicht auf die gewünschte Resonanz. Im Gegenteil hatte sich Gregor XI. am 13. Februar, 15. Oktober und 6. Dezember 1375 gegen die Veruntreuung einiger für den Kreuzzug bestimmten Geldern des schottischen Johanniterordens durch deren Meister Robert zu erwehren. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, 3, Teil 2, 1024, 1041, 1044. Siehe allgemein zu den Kreuzzugsbemühungen der Päpste von Avignon Kapitel C) I. 1156 Vgl. Grégoire XI (France), N. 2002–2010. 1157 Vgl. K. H. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter den Päpsten Urban V. und Gregor XI. (1362 – 1378) (Vatikanische Quellen zur Geschichte der päpstlichen Hof- und Finanzverwaltung, Band 6), Paderborn 1937, S. 569 (Gesandtschaft Petrus Druuelli mit Briefen an die Bischöfe von Ravenna und Carpentras, 27. Februar 1375), 571 (Johannes von Castello wird zu den Verhandlungen geschickt, 21. April 1375), 572 (Gesandtschaft von Magister Bertholdus, dem päpstlichen Skriptor, und Nicholay von Auximo, päpstlicher Protonotar, zu den Verhandlungen nach Brügge. Von dort aus sollen sie, falls sie nicht nach England reisen müssten, wieder an die Kurie zurückkehren, 28. Mai 1375); 574 (Hugolinus de Florentia wird nach Paris zu den Bischofsnuntien Ravenna und Carpentras gesandt, 12. Juli 1375), 577 (Petrus Druuelli wird mit päpstlichen Bullen nach England und Frankreich geschickt, 12. November 1375. Der päpstliche Kursor, Johannes de Curia alias Picardi, wird mit Papstbullen nach Paris entsandt, 14. November 1375). Päpstliche Gesandte im Jahre 1376 lassen sich in den Editionen der Rechnungsbücher dagegen nicht nachweisen. Vgl. Ebd., S. 624–631. Zur Chronologie des Friedensgipfels vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. xvii, 9 ff. 1158 Gleich nach Beginn des Friedensgipfels ermahnte der Papst seine Vermittler darum, ihm regelmäßig Bericht zu erstatten und ihn über mögliche Konfliktlösungsvorschläge zu informieren: [N]obisque nichilominus per vestras litteras rescribatis remedia, si que in premissis ad ipsius effectum concorditer videritis, per nos posse salubriter adhiberi, cum vos, qui intenciones parcium audietis et negocia ipsa palpabitis, nos possitis de ipsis remediis plenius informare (Grégoire XI (France), N. 1843 (20. März 1375). Vergleichsweise rasch, am 30. März, setzten die Nuntien daraufhin

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sehr detailliert, grundsätzlich aber erst nach wichtigen Vereinbarungen informierten. Die Bischöfe entschuldigten sich regelrecht, Gregor nur sporadisch informiert zu haben. Seit Beginn der 1370er Jahren bis zum Friedensgipfel in Brügge ist eine Steigerung der Kompetenz von apostolischen Nuntien bei der Organisation der Treffen zu bemerken. Der Papst nahm zunehmend die Rolle eines aktiven Rezipienten ein.1159 Eine Beeinflussung der in Brügge gemachten Konfliktlösungsvorschläge durch Gregor fand in der ersten Verhandlungsphase in keinem erkennbaren Maße statt.1160 Dennoch ließ der am 27. Juni 1375 in Brügge abgeschlossene Waffenstillstand in Avignon einen baldigen Durchbruch der Verhandlungen erwarten. Bereits zehn Tage später verschob Gregor, der als junger Kardinal Urban V. auf nach Rom begleitet hatte, seine für den Herbst 1375 geplante Reise in die Heilige Stadt zunächst um aliquibus diebus. Dies ist umso bemerkenswerter, weil Gregor Rom als hauptsächlichen Sitz der Kurie betrachtete, den Aufenthalt in Avignon dagegen nur als Notlösung, zu der er media temporis gezwungen war. Nur wenig zuvor hatte er in Schreiben an die oberitalienischen Reichsvikare und Statthalter des Kirchenstaates seine Rückkehr noch als essentiell zur Erleichterung auch ihrer politischen Angelegenheiten bewertet.1161 Am 28. Juli konkretisierte der Gregor über das Ergebnis der ersten Verhandlungen in Kenntnis. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Bischofsnuntien den Delegationen bereits die ersten Konfliktlösungsvorschläge unterbreitet. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 12–13 [N. XVI]. Anderthalb Monate später, am 16. Mai, zweifellos nach Empfang des päpstlichen Gesandten Johannes von Castello, entschuldigten sich die Nuntien dafür, nicht eher geschrieben zu haben und versicherten ihm wahrheitsgemäß unablässig nach Optionen gesucht zu haben: Si frequenter hiis nouissimis diebus vestre beatitudini statum negociorum quorum prosecutioni insistimus non scripsimus, eidem supplicamus sanctitati quatinus nos, qui Deo teste viis et modis quibus possumus circa ea feliciter promouenda ex cordis affectu incessanter intendimus, habere dignemini excusatos (Ebd., S. 14–17 [N. XVII]). Weitere Briefe der Nuntien an den Papst sind im liber abreviatus nicht enthalten! 1159 Vgl. Grégoire XI (France), N. 1737, 1750, 1765, 1843 (Briefe an die Nuntien), 1759–60, (Karl V.; Eduard III.), 1761–64 (Johann von Gent, Philipp von Burgund). 1160 Auf der Grundlage der nur spärlich überlieferten politischen Korrespondenz zwischen dem 7. September 1376 und 24. April 1377 lässt sich die erzwungene Inaktivität des Papstes zumindest für die ersten beiden Verhandlungsphasen mit Sicherheit annehmen, was bereits Thibault als Defizit erkannte: „Gregory XI, for his part, could only sit and wait in Avignon – it was a frustrating position for a man of his energy“ (Thibault, Pope Gregory XI, S. 174). 1161 [I]n votis semper gesserimus prout gerimus incessanter visitare sacram urbem, in qua est principaliter sedes nostra, in ipsaque ac vicinis partibus cum nostra curia residetur tamen ex diversis impedimentis que produxerunt media tempora, ipsa vota implere nequivimus […] Credentes itaque hoc gratum reddi tuis affectibus pro eo maxime quod dictam curia erit tibi vicinior & maiorem commoditatem habebis (Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 6251 (Brief an Ludwig von Gonzaga, den kaiserlichen Vikar in Mantua, 8. Oktober 1374). Vgl. zum Wunsch der Rückkehr Gregors sowie der praktischen Ausführung der Reise: Delachenal, Charles V, Band 4, S. 588 f.; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 530–45; Thibault, Gregory XI., S. 148–62; Pélissier, Grégoire XI, S. 173–97; Mirot, La politique pontificale, S. 70 ff. Zur Reise Gregors (13. September 1376 bis 17. Januar 1377) vgl. P. Ronzy (Hrsg.), Le voyage de Grégoire XI ramenant la papauté d‘Avignon à Rome (1376–1377) suivie du texte latin er de la traduction de l‘Itinerarium Gregorii XI de Pierre Ameilh, Florenz 1952.

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Papst den Rückreisetermin realistischer auf das Frühjahr 1376.1162 In seinen Schreiben an die genannten Vertreter sowie einem Brief an die Römer erklärte Gregor, dass seine Anwesenheit in Avignon für das Gelingen eines anglo-französischen Friedensschlusses unverzichtbar sei. Wäre er bereits in Rom, müsse er dennoch wieder nach Frankreich zurückkehren, da die Verhandlungen im September 1375 fortgesetzt würden. Aus einem Schreiben des Mantuaner Prokuratoren Christophorus von Piacenza geht hervor, dass der Papst mit einem greifbaren Ergebnis der Friedensverhandlungen noch im Laufe des Oktobers rechnete. Auch im November war man an der Kurie noch zuversichtlich.1163 Gregor XI. begründete seine Entscheidung damit, dass er vom französischen König, Herzog Johann von Gent und den apostolischen Nuntien ausdrücklich um diesen Schritt gebeten worden war. Könnte man dem Brief vom 2. August noch entnehmen, dass Gregor sogar eine Reise nach Flandern nicht ausgeschlossen hatte, so wird aus einem Brief an den Dogen von Venedig am 28. Juli 1375 klar, dass sich der Papst im Falle des Scheiterns der zweiten Phase des Friedenskongresses, eine Fortführung des Verfahrens ad nostram presenciam vorstellte,1164 womit wohl eher Avignon gemeint war. Ein solcher Vorschlag war von seinen Gesandten erstmals im Mai 1375 in einer geheimen Nachricht an beide Konfliktparteien erwogen worden.1165 Ernsthaft diskutiert wurde er jedoch erst zwischen Januar und März 1376.1166 Vorgesehen war die Ratifikation des künftigen Vertragswer1162 Gregor XI konkretisierte sein Vorgehen in Schreiben an Karl IV und Karl V. am 8. Oktober 1374

und am 9. Januar 1375. Vgl. Grégoire XI (Lettres Etrangères), N. 2906; Grégoire XI (France), N. 1738; 1932 ff., 1937 ff., 3710–13. 1163 Vgl. Segre (Hrsg.), I Dispacci di Christophoro da Piacenza, S. 79 [N. XVI, 25. September], S. 80 [N. XVII, 22., November 1375]. 1164 [E]t nobis scriptum sit [per eorum litteras] quod, si tractatores jam dicte pacis […] in prefato loco Brugis debent ad tractandum iterum convenire, mediantibus nostris nuncios ibidem affecturis concordare nequibunt, quod absit, debent ad nostrum presenciam se conferre (Gégoire XI (France), N. 3713). Vgl. Die weiteren päpstlichen Ausführungen: [S]ub spe dicte pacis facta est treuga inter reges eosdem duratura per annum, et quod in festo Exaltacionis Sancte Crucis proxime sucuturo tractatores dicte pacis de novo debent invicem convenire, et propterea oporteat nos pro dicta pace [ad Urbem] recessum differe prefatum (Grégoire XI, N. 1933). [F]acta est treuga, sub spe pacis commodius et citius consumande et per prefatum regem Francie ac dilectum filium nobilem virum Johannem, ducem Lancastrie, prefati regis Anglie natum, tractatorem dicte pacis, et per nuncios nostros quos ad tractandum dictas treugam et pacem habuimus, prout habemus, in partibus Flandrie, nobis fuerit instantissime supplicatum ut, cum pro perfectione tractatus ejusdem pacis nostra presencia in hiis partibus admodum necessaria eistat [sic], predictum nostrum recessum dignaremur differe, nos premissam pacem non solum regnis et terries memoratum regum, sed toti christianitati perutilem, pro qua, si essemus in dicta Urbe, ad partes rediremus easdem [in partibus Flandrie?] summis desideriis affectantes, […] cum in proximo future mense septembris predictus debeat resumi et extunc continuari tractatus (Grégoire XI (France), N. 1942) 1165 Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 19 [N. XIX]). 1166 Item les messages et tracteurs des Rois seront dedens le premier jour de may prochain venant a Auignon auec plain pouoir en la presence de nostre Saint Pere pour fermer deuant lui le traitié en la fourme et maniere qu’il plaira a sa saintité a en ordener par toutes les meilleurs et plus fermes voyes et manieres que estre pourra au bien et proffit de la besoingne (Ebd., S. 32 [N. XXXI].

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kes sowie eine schiedsrichterliche Klärung strittiger territorialer Sachverhalte. Gregor XI. hatte dabei den reibungslosen Abschluss des Verfahrens zu garantieren, ohne dass dessen Rolle näher spezifiziert worden wäre.1167 Die Notwendigkeit der Ortsverlagerung begründeten die Nuntien unhistorischerweise mit dem größeren Erfolg, welchen eine Konfliktlösung in der Rhônestadt erwarten ließ.1168 Diese Einsicht wurde den Bischöfen vielleicht erneut im September 1375 bei einem Besuch Gregors XI. in seiner Sommerresidenz in Sorgues bei Avignon eingeschärft.1169 Auf Seiten der beiden Delegationen führte die von den Nuntien intendierte, größere Rolle der Kurie bei der Konfliktlösung zur Detailkritik. Zwar wurde das symbolische Kapital des Papstes beim feierlichen Abschluss eines Vertrages anerkannt. Doch wollten beide Könige die diplomatischen Aspekte der Entscheidungsfindung, also die Wahl des Termins, des Ortes sowie des Charakters der Ratifikationsverhandlungen, gerne selbst in der Hand behalten.1170 Aus den Verhandlungen zwischen der Kurie und England in den Vorjahren kann geschlossen werden, dass dies auf eine erneute Reise nach Brügge hinausgelaufen wäre. Überhaupt spiegelt sich der hohe Stellenwert, welchen der Papst dem Friedensprozess innerhalb seiner Gesamtpolitik einräumte, nicht unbedingt in dem Maße an Aufmerksamkeit wieder, welche die Engländer dem päpstlichen Hof entgegenbrachten. Von Beginn des Friedensgipfels bis zum endgültigen Aufbruch Gregors XI. nach Rom am 13. September 1376 lässt sich keine englische Gesandtschaft in der Rhônestadt feststellen.1171 Fragen der Kirchenfinanz und der anglo-französischen Friedensvermittlung ließen sich inzwischen effektiver in Brügge regeln als in Avignon. Auf französischer Seite wurde der Kontakt zur Kurie in erster Linie vom jüngeren Bruder Karls V., Ludwig von Anjou, gehalten. Als Lieutenant der Languedoc verbrachte dieser an den Jahreswechseln 1371/1372, 1374/75, 1375/1376 und in der ersten Jahres1167 Item pour supplier a nostre Saint Pere qu il lui plaise voloir et octroier pour l’onnour de Dieu, le

bien de paix des royaumes et de toute christianté, et querir la plus couuenable maniere ad ce que les Rois puissent assembler en sa presence pour fermer ancor a plus grant seurté ledit traitié selon l’ordenance de sa saintité, et icellui mettre tous jours en meilleur et plus seur estat pour estre tenu et gardé senz enfraindre (Ebd., S. 32 [N. XXXI]). 1168 Die Bischofsnuntien betonten, dass ein Besuch Avignons ratsam sei, consideré que vraysemblablement ladite paix final ne se pourroit en aucune maniere si bien ne si honorablement ne seurement traitier ne parfaire comme par lui et en sa presence, ne les questions ou debas dessus diz estre determinéz et mis a fin (Ebd., S. 32 [N. XXXI]). Strittige Punkte stellten die Integration der jeweiligen Bündnispartner in den Friedensschluss sowie die Titulierung des englischen Königs dar. 1169 Vgl. Grégoire XI (France), N. 3743–44. 1170 Le premier [Artikel 19 im ursprünglichen Vertrag] dira que cest accort de la paix de xl. ans fait, juré es mains des legas et scellé par les tracteurs, les parties enuoieront deuers nostre Saint Pere dedens iij. mois aprés ledit accort seellé pour requerir confirmation d’icelli traitié et pour oultre proceder, si comme les parties vouldront et seront d’accort. Le ije article fera mention que cest accort fermé et scellé, comme dit est, ainçoiz que les tracteurs departent, lesdiz tracteurs prendront jour et lieu pour assembler et tracter de paix final entre les Roys et leur subgéz, alliéz et bienweillanz (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 40 [N. XXXVIII]). 1171 Vgl. Mirot; Déprez (Hrsg.), Ambassades anglaises, S. 192–95.

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hälfte 1375 viel Zeit in Avignon.1172 Die Anlässe waren ebenso politischer wie wirtschaftlicher Natur. Aufgrund der hohen Verschuldung gerade im Pontifikat Gregors XI. durch die kuriale Kriegführung in Italien und seiner standesgemäßen Prachtentfaltung war das Papsttum von Avignon unter Gregor XI. zumindest in seiner Spätphase in eine gewisse Abhängigkeit vom französischen Königtum geraten. Der Herzog von Anjou hatte sich als einer der größten Geldleiher der Kurie erwiesen.1173 Auch hinsichtlich der Versorgung des päpstlichen Hofes mit Lebensmitteln war nach Stefan Weiß das Avignonesischen Papsttum unter französische Kontrolle. Wollten die Päpste die freie Ausfuhr von Lebensmitteln ohne Schutzzölle erreichen, waren sie auf das Wohlwollen der Könige von Frankreich angewiesen. Diese Tendenz verstärkte sich noch, als im Jahre 1375 die Rechte der Grafschaft Provence an Ludwig von Anjou verkauft wurde.1174 Die enge Zusammenarbeit des Papstes mit dem Herzog von Anjou machte sich auch durch die häufigen Aufenthalte des Papstes in den Liegenschaften Anjous in Villeneuve-les-Avignon bemerkbar.1175 In politischer Hinsicht konnte Weiß eine geopolitisch weiträumige Zusammenarbeit zwischen Urban V. bzw. Gregor XI. mit dem König von Frankreich sowie Kaiser Karl IV. ausmachen.1176 Die Aufenthalte Ludwigs von Anjou im Februar, Juni, Juli, August und Septem1172 Ludwig von Anjou bzw. seine Abgesandten lassen sich als Gäste des Papstes im Februar, Juni, Juli,

August und September 1375 u.a. an der Tafel des Papstes nachweisen. Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der Apostolischen Kammer unter den Päpsten Urban V. und Gregor XI. (1362 – 1378), S. 386, 550, 575, 578 f., 676; Weiß, Versorgung, S. 255 mit FN 3–4 mit Mirot, Politique Pontificale, S. 67 ff.; Pélissier, Gregoire XI, S. 186. Die Bedeutung Anjous für den Papst spiegelt sich auch in der großen Zahl päpstlicher Kursoren und einfacher Gesandten an den Herzog wieder: Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter den Päpsten Urban V. und Gregor XI., S. 447 (19. August 1373), 448 (24. September 1373), 506 (25. März 1374), (19. April 1374), 516 (22. September 1374, 22. Oktober 1374), 568 (19. Februar 1975), 575 (5. September 1375) mit der vergleichsweise geringeren Kommunikationsfrequenz seines Vorgängers. Vgl. Ebd., S. 104 (13. Februar 1365), 148 (29. Mai 1366), 216 (15. April 1368), 257 (29. Januar 1369); 274 (1. April 1369). 1173 Gegen Ende seines Pontifikats musste der Papst Ludwig von Anjou mehrfach um eine Verschiebung der Schuldenbegleichung bitten. Vgl. Grégoire XI (France), N. 2042, 2046, 2069, 2118. 1174 Vgl. Weiß, Versorgung, S. 328, 353, 432. 1175 Noch nach seiner Rückkehr von Rom aus verfolgte der Papst aufmerksam das Kriegsgeschehen und beglückwünschte den Herzog auf befremdliche Weise zu seinen militärischen Erfolgen. Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 303. 1176 Diese hatte eine konzertierte, gemeinsame Herrschaftsintensivierung in der Lombardei, die mittelfristige Beseitigung der unzuverlässigen Königin Johanna von Neapel und schlussendlich die Rückkehr der Kurie nach Rom zum Ziel. Das Interesse Ludwigs an dem genannten Unterfangen lässt sich durch seine geplante Ernennung als Reichsvikar in Italien sowie als designierter König der Lombardei erklären. In seinen Schreiben an die Delegationsspitzen ließ der Pontifex eine realistische Einschätzung ihrer Bedeutung für den Friedensprozess erkennen. Vgl. Grégoire XI (France), N. 1759–60, 1761–64, 1844–45, 1971. Philipp von Burgund wurde am 8. Februar 1375 vom Papst als natürlicher Förderer des Friedensprozesses angesehen: [Q]uodque tua Nobilitas ornata dono prudentie, ad id est pro parte dicti tui fratris assumpta, de qua tanto sumus letiores effecti quanto certius speramus te futurum esse dicte pacis amatorem precipuum et efficacissimum promotorem (Ebd., N. 1761). Ludwig von Anjou wurde dagegen am 20. September ermahnt, nicht nur diesseitige Verdienste anzustreben: [A]c reddens gratitudinis vicem Domino Deo tuo pro hiis que tribuit ipse tibi ad prosequendum et

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ber 1375 hatten also vielschichtige Gründe.1177Auch Guillelmus von Carpentras hatte sich zu dieser Zeit an der Kurie befunden. Aus der baldigen Ernennung Ludwigs als Delegationsleiter des Friedensgipfels neben seinem Bruder Philipp kann geschlossen werden, dass es zu einer Abstimmung auch hinsichtlich der kommenden Verhandlungen gekommen sein könnte. Aufgrund seiner multiplen territorialen Ambitionen erschien Anjou jedoch weder dem Papst noch seinem englischen Verhandlungspartner Johann von Gent als eine zuverlässige Größe.1178 Tatsächlich standen für Anjou und den französischen König ein anderes Problem auf der Tagesordnung, nämlich der Umzug der Kurie nach Rom. Ein durch zwei Quellen wiedergegebener Auftritt Ludwigs von Anjou in einem privaten Konsistorium am 7. Februar 1375 ist daher als Inszenierung durchschaut worden: In diesem wurde in scholastischer Manier über den Sinn einer Rückkehr der Kurie nach Avignon disputiert. Der Herzog übernahm als erstes die Gegenposition. Laut Froissart führte er die angegriffene Gesundheit des früh gealterten Pontifex, die angeblich drohende Verknechtung der Kurie in Italien und zuletzt gar die Kreation eines italienischen Gegenpapstes1179 an. Nach dem Gesandtschaftsbericht des Mantuaner Prokurator Christophorus von Piacenzia verwies der Herzog bezeichnenderweise auf die Erfordernisse des anglofranzösischen Friedensprozesses hin und argumentierte damit, dass die Anwesenheit des Papstes in Frankreich um jeden Preis erforderlich war.1180 Nachdem Kardinal Jacobo Orsini in seiner Rede das Plädoyer für die Rückkehr nach Rom gegeben hatte, zog auch der Papst als krönenden Abschluss der Vorstellung das Fazit einer Rückkehr nach Rom.1181 admittendum hujusmodi pacem et bonam concordiam, et guerrarum fremitus, quibus Deus pacis sicut premissum est gratanter [sic] ostenditur, declinandos, ut in hoc tuo placeas Redemptori ac pacis angeli tibi congaudeant, omnino te dispositum teneas et ostendas, nec pro vilibus temporalibus, que cito transeunt, a bona concordia discedas (Ebd., N. 1971 – Hervorhebungen durch den Autor). 1177 Vgl. die Interpretation des Aufenthaltes Anjous als gezielte Überzeugungsarbeit für einen Verbleib der Kurie in Avignon in: Mirot, Politique Pontificale, S. 67 ff. mit deren Widerlegung durch: Weiß, Onkel und Neffe, S. 159 ff. 1178 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 250. Zu Philipp von Burgund siehe oben, Anm. 127. 1179 Das seit 2007 durch die DFG geförderte Projekt „Gegenpäpste – Prüfsteine universaler Autorität im Mittelalter“ von Prof. Dr. Harald Müller (Aachen) wurde vom 8. – 10. September 2011 auf einer internationalen Konferenz vorgestellt. Vgl. H. Müller; B. Hotz (Hrsg.), Gegenpäpste: ein unerwünschtes mittelalterliches Phänomen (Papsttum im Mittelalterlichen Europa, Band 1), Wien 2012. 1180 Während Pélissier eine Vorhersage des künftigen Schismas annahm, durchschaute Delachenal klar die Verformung der Quelle durch den zu Schismazeiten schreibenden Froissart: Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 9, S. 47 ff.; Segre (Hrsg.), I dispacci di Cristoforo da Piacenza, S. 27–95. Beide teilweise zitiert in: Delachenal, Charles V, Band 4, S 592 ff.; Weiß, Onkel und Neffe, S. 161; Holmes, Good Parliament, S. 59. 1181 Durch den gemeinsamen Rahmen der Veranstaltung kam nach Weiß das prinzipielle Zusammenspiel zwischen Papst und französischem Königshaus zum Ausdruck. Vgl. Weiß, Onkel und Neffe, S. 161 f.; Ders., Rechnungswesen und Buchhaltung, S. 174; Ders., Kredite europäischer Herrscher für Gregor XI. Zur Finanzierung der Rückkehr des Papsttums von Avignon nach Rom, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, 77 (1997) S. 176–205; L. Mirot, Les rapports financiers de Grégoire Xi et du duc d‘Anjou, in: Mélanges d‘Archéologie et d‘Histoire de l‘École française de Rome, 17 (1887) S. 113–44.

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Auch die Besuche Ludwigs von Anjou und Philipps von Burgund an der Kurie kurz vor der Abreise Gregors XI. nach Rom sind in diesem Kontext zu erklären, selbst wenn der Eindruck zeitgenössischer Beobachter ein anderer gewesen sein mochte. Ein Prokurator aus Mantua vermutete gleichfalls den Versuch der Verhinderung einer Rückkehr.1182 Bemerkenswert ist die Gleichartigkeit der Argumente des ‚Rückkehrgegners‘ Ludwigs im Februar 1375 mit denen des Papstes bei seiner tatsächlichen Verschiebung der Reise nur wenige Monate später: ‚Ubi papa, ibi roma, ibi tractatus pacis‘,1183 hätte die Parole das Jahr 1375 lauten können, welche sich, wenn schon nicht in der Praxis, so doch zumindest in der Theorie als allgemein konsensfähig erwies. Denn trotz strittiger Fragen wie der Souveränität über den englischen Festlandsbesitz während des zu dieser Zeit debattierten 40jährigen Waffenstillstands wurde eine Verlagerung der Entscheidungsfindung nach Avignon im Frühjahr und Sommer nicht einmal erwogen.1184 Die nur noch geringe Akzeptanz der Kurie als politisches Milieu war Gregor nicht entgangen. Er beklagte sich darüber, dass er seine Reise nach Rom aufgrund der Friedensverhandlungen im letzten Jahr nicht ohne gravierende Schäden für die Kirche verschoben habe.1185 Nun musste sich der Papst mit der ritualisierten Ermahnung der Kontrahenten zufrieden geben.1186 Der Einschätzung Froissarts, dass sich Gregor XI. auch aus Verzweiflung über den Friedensprozess zur Rückkehr nach Rom entschlossen habe, kann zumindest nicht widersprochen werden.1187 1182 Ungefähr zur selben Zeit, Anfang September 1376, hatte die dritte Phase der Friedensgipfel von Brüg-

ge begonnen. Der Herzog von Burgund fehlte in dieser ebenso wie sein Bruder Ludwig von Anjou oder ein anderer hochrangiger französischer Gesandter, was ein Indikator für den nur noch geringeren Stellenwert darstellte, den die Verhandlungen auf Seiten der Kontrahenten eingenommen hatten. Vgl. Weiß, Onkel und Neffe, S. 161, FN 288 mit Delachenal, Charles V, Band 4, S. 594 mit FN 3; Mirot, Politique Pontificale, S. 99 f.; Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 47 ff. [XLVI ff.]. 1183 Hinsichtlich der Genese der Vorstellung Ubi papa, ibi roma vgl. Bagliani, Der Leib des Papstes, S. 70 ff. 1184 Ein französischer Teilnehmer am Friedensgipfel, der Grafen von Saarbrücken, hielt die Effizienz dieser Verhandlungsphase für nur sehr gering. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 35–43 [XXXIII.-XLI.]; Sumption, Divided Houses, S. 265 f. Vgl. Delachenal, Charles V, Band 4, S. 591 mit FN 591. 1185 Frenz dagegen sieht in der Friedensrhetorik der Päpste einen Vorwand, die seit langem geplante Reise nach Rom gar nicht erst antreten zu müssen. Vgl. Frenz, Papsttum, S. 80. 1186 Vgl. die Beglaubigung für die Nuntien Ravenna und Rouen für Eduard III. vom 2. Juli 1376: [T]amen anno praeterito, dilectorum filiorum, nobilium virorum….......natorum tuorum, et aliorum per te deputatorum ad tractatum pacis regnorum Angliae et Franciae, quae tractabatur, quamque desiderabamus, prout desideramus ardenter, stando propriùs, cooperationis nostrae possemus auxilium impertiri, precibus benignum praebentes assensum, Avinion‘ usque modo remansimus, non sine gravissimo, et, ut credimus, noto tibi et aliis, praefatae ecclesiae detrimento (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1056); Grégoire XI (Étrangèr), N. 3947. 1187 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 265. Andere Faktoren für den päpstlichen Aufbruch stellte die Versorgungslage der Kurie von Avignon nach dem Ausbruch einer Hungersnot in Italien und der damit zusammenhängende Ausbruch des Krieges der „Otto santi“ zwischen der Kurie und Florenz dar, welcher sich gegen die Herrschaft päpstlicher Rektoren und das Ausfuhrverbot von Getreide richtete. Vgl. Weiß, Versorgung, S. 353; Favier, Les Papes d‘Avignon, S. 482–88; Delachenal, Charles V, Band 4, S. 594 f.; Mirot, Politique Pontificale, S. 38–49, 73–88.

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Zusammenfassung Insgesamt kann trotz der mehrfachen Verlängerung lokaler wie generaler Waffenstillstände von immerhin zweieinhalb Jahren eine weitgehende Ergebnislosigkeit der Friedensverhandlungen in Brügge konstatiert werden. Dieser Befund steht in deutlichem Kontrast zu dem bedeutenden symbolischen Kapital, welches die Nuntien während der gesamten Verhandlungen für sich beanspruchen konnten. Nicht nur hatten sie dank der Verfügungsgewalt über den Verhandlungsraum und ihres direkten Zugangs zu den Quartieren der Verhandlungspartner eine etwa im Vergleich zu früheren Friedensgipfeln unbegrenzte Mobilität. Auch konnten sie das Verhandlungsarrangement nach Belieben verändern, was mit einem Zuwachs an diplomatischem wie symbolischem Kapital gleichgesetzt werden kann. Durch die von den Bischöfen koordinierte Rückbindung der Gesandtschaften an ihre Könige trieben die Nuntien die Verhandlungen in hohem Tempo voran und brachten die Konfliktparteien zunächst erfolgreich dazu, durch die Diskussion ihrer Konfliktlösungsvorschläge den diplomatischen „Einsatz“ entschieden zu erhöhen. Wollten die hochadeligen Anführer dem etwas entgegensetzen, so musste dies auf einem anderen Feld, nämlich dem des adeligen Amüsements geschehen.1188 Die Zugkraft des in Brügge entstandenen Milieus war immerhin so groß, dass weitere Verhandlungen in der Handelsstadt mit Hilfe Ludwigs von Mâle und auf das Insistieren der englischen Nuntien sogar gegen den Willen des französischen Verhandlungspartners durchgesetzt werden konnten. Im Vergleich dazu sank das symbolische Kapital des Papstes und die Attraktivität der Kurie in Avignon als Milieu politischer Entscheidungen auf einen neuen Tiefpunkt. Dafür schienen zumindest in Brügge die päpstlichen Nuntien in mehr als einer Sphäre die Fäden in der Hand zu halten und damit aktive Politik zu gestalten. Der englischen Seite gelang es erfolgreich, sämtliche anglo-päpstlichen Themenkomplexe in der für sie besser erreichbaren Stadt an der Zwin zu regeln und die Zitation von Geistlichen an den päpstlichen Hof zu verzögern. Auch wenn der Papst seinen potentiellen Einfluss auf die Verhandlungen zunächst noch für realistisch hielt, wurde er durch das wiederholte Scheitern der ihm organisatorisch überlegenen Nuntien rasch eines Besseren belehrt. Es ist augenfällig, dass Gregor XI. die Rückreise nach Rom im Jahre 1377 nicht mehr länger verzögerte. In Brügge musste der zunächst durch vielschichtige und kreative Verhandlungsarrangements vorangetriebene Friedensgipfel in dem Moment in einen Engpass geraten, als die inhaltliche wie organisatorische Initiative zur Lenkung des Friedensprozesses dem französische Krönung und seinen Kronjuristen überlassen wurde. Die von Karl V. auf demonstrative Weise in Brügge propagierte Souveränität über den englischen Festlandsbesitz führte dazu, das Niveau der Verhandlungsnormen auf den Stand der ers1188 So fanden nicht nur, je nach Delegation, Einzüge in die Stadt zu Beginn des Gipfels statt, sondern

auch wechselseitige Einladungen der rivalisierenden Delegationsspitzen zu Festessen. Aufwändige Jagden wurden ebenso veranstaltet wie Tanzveranstaltungen und Ritterturniere. Ein solches hatte Philipp von Burgund nach Genehmigung Ludwigs von Male im April 1375 in Gent gegeben. Vgl. Lettere di mercatanti toscani scritte nel seculo xivo non mai fin qui stampate, hrsg. von Pietro Ferrato, Venedig 1869, S. 28 ff.; Perroy, Louis de Male, S. 313.

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ten Verhandlungen an der Kurie von Avignon des Jahres 1344/45 zurückzuschrauben. Dies und die effektive Neuvorbereitung des Krieges, der Thronwechsel auf englischer Seite im Jahre 1377, der Tod Gregors XI. und der Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas (1378–1417) hatten zur Folge, dass trotz letzter Einzelbemühungen der apostolischen Nuntien die Zeit und der Kriegsverlauf über den Friedensgipfel in Brügge hinweggingen – über den Friedensgipfel, im Grunde aber auch über die Friedensvermittlung der Päpste von Avignon überhaupt.

C) Strukturen und Wirkungsweisen der päpstlichen Diplomatie während des Hundertjährigen Krieges

I. Selbstverständnis der Päpste als Vermittler Wir kennen bereits aus der Einleitung unserer Arbeit die Begründung für die Friedensvermittlung der Avignonesischen Päpste, welche sich aus ihrem Amtsverständnis als oberste Hirten herleitete. In der als Beispiel dienenden Ernennungsbulle Clemens‘ VI. für die Kardinäle Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano vom 31. Mai 1342 sah sich der Papst von Gott dazu beauftragt, damit er in [...] der Kirche das Amt eines wachsamen Aufsehers nach Hirtenart ausübe und er die ihm anvertraute Herde zum Frieden befördere.1 Alles, was das Seelenheil der Christen bedrohte, musste bekämpft werden. Einer Interpretation dieses Schreibens von Wood zufolge betonten die Päpste dadurch ihr Monopol als Friedensvermittler.2 Konfliktintervention weltlicher Herrscher hatte bereits Benedikt XII. für zwecklos gehalten, da deren dauerhafte Überparteilichkeit nicht gewährleistet sei.3 Auch sein Nachfolger Clemens VI. verwies während des Diplomatischen Interims der Jahre 1347–54, wie erwähnt, darauf hin, dass unter seiner Beteiligung Friedensverhandlungen erfolgversprechender seien, da nur er beiden Parteien in väterlicher Barmherzigkeit zugeneigt sei.4 In einer Ansprache anlässlich der Rückkehr der Kardinäle Étienne Auberts und Annibaldo Ceccanos nach Abschluss des Waffenstillstands von Calais Anfang Dezember 1347 verglich der Papst die Kurie von Avignon auf augustinische Weise mit dem himmlischen Jerusalem, der Stadt, in welcher alleine Frieden möglich sei. Als deren Antipode 1

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[C]ommisit ut in eadem ecclesia gerens speculatoris officium pervigilis more pastoris invigilet et que ad pacem sunt commisso sibi gregi promoveat et scandalis, per [que] salus animarum periculosissime impeditur, sedandis intendat (Clément VI (France), N. 94 (31. Mai 1342). Vgl. Wood, Clement VI, S. 128. Über den Vermittlungsversuch Philipps VI. während der Auseinandersetzungen zwischen Eduard III. und David the Bruce schrieb der Papst: Preterea non videmus quod per aliquem principem secularem sicut per te, fili dilectissime, inter reges dissidentes predictos sic commode possit pacis concordia reformari et si te contingat partem cum illorum altero facere, de te postmodum ille contra quem partem facies non confidet, sicque perdentur quo ad te tam desiderabiles fructus pacis (Benoît XII (France), N. 90 (31. Juli 1335). Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 77 f., Déprez, Les préliminaires, S. 112–119. Vgl. Clément VI (France), N. 4813 (23. November 1350).

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machte er Babylon aus, wo der Teufel herrsche.5 Der Papst machte überdeutlich klar, in welchen der beiden Städte man ausschließlich durch kirchliche Vermittlung zum Heil gelangen könne. In den großen, häufig eine neue Friedensmission initiierenden Appellen in Ernennungsbullen und Beglaubigungsschreiben, können seit dem Pontifikat Benedikts XII. feste rhetorische Bausteine wahrgenommen werden.6 Beeinflusst wurden derartige Formulierungen durch einen kurialen Stil, welcher auf der Basis früherer Ernennungsbullen bereits Einzug in Formelsammlungen wie das Speculum Iudiciale von Guilelmus Durandus gefunden hatte.7 Die Avignonesischen Päpste wurden auch durch Friedensappelle von Amtsvorgängern wie etwa Coelestin V. beeinflusst, welche jedoch noch keine eindeutige Form aufweisen. In dem einzigen überlieferten Versöhnungsaufruf des ‚Engelspapstes‘ an Eduard I. wird verstärkt auf die Tugend der Vorfahren des englischen Königs Bezug genommen. In einem dichten Argumentationsblock verknüpft der Papst Hinweise auf die verwandtschaftliche wie nachbarschaftliche Nähe der verfemten Herrscher mit der Beschreibung des Schadens für das Heilige Land, welcher durch diesen Zwist drohe. Als Wettstreiter Christi, als starker Kämpfer für die Kirche und Liebhaber des Friedens solle der König umsichtig den viam pacis verfolgen.8 Ein halbes Jahr später, am 28. Mai 1295, bettete Bonifaz VIII. in einem entsprechenden Brief den gegenwärtigen Konflikt in den Kontext teuflischer Wirkmächte und begründete sein Eingreifen aus persönlicher Betroffenheit heraus.9 Nach der Beglaubigung 5 6

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Vgl. die umfassende Interpretationen der Predigten Clemens’ VI. in: Lützelschwab, Flectat Cardinales, 211–30. Vgl. Wood, Clement VI, S. 128. Die Analyse nur eines Schreibens Clemens‘ VI. lässt ein wenig die Traditionalität derartiger Papstbriefe außer Acht. Übernahm der besagte Brief doch weitestgehend den Text des ersten Friedensappells im Hundertjährigen Krieg von Papst Benedikt XII. Vgl. Lützelschwab, Flectat cardinales, S. 145 f.; Clément VI, N. 94 mit Benoît XII, N. 305. Clemens‘ Schreiben diente auch als Vorlage für seinen Nachfolger Innozenz VI. beim Verfassen seines Ernennungsschreiben für die Kardinäle Talleyrand de Périgord und Niccolò Capocci vom 8. April 1356. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 14, f. 12, ediert in: Moisant, Le prince noir, S. 223 ff.; Innocent VI, N. 2021–2022 (nur Regest). Vgl. Guillelmus Durandus, Speculum Iudiciale, Band 1, S. 30–31) mit Clément VI (France), N. 94. Considerans quoque prudenter, quam sit apud Deum, & homines detestandum, quod te ac praefatum Regem, tam propinquo gradu consanguinitatis astrictos, tamque contigua vicinitate conjunctos, fomites odiorum inficiant, dissensionum discrimina lacerent, ac actus reddant bellici, quod avertat Altissimus, inquietos: quantum quoque praecavere te deceat, ne tui occasione ipsi Terrae Sanctae depereat, ne, hujusmodi praetextu discordiae, Christiani nominis inimici fortius invalescant, & abiciens, quaesumus, inimicas fluctuationes ab animo, tanquam athleta Christi, orthodoxae religionis cultor eximius, pugil ecclesiae strenuus, ipsam odientium aemulus, pacem amator inclitus, pacis custos egregius, pacem persequentium inimicus, prosequens diligentius viam pacis a quibuslibet interim processibus velis & actibus, abstinere per quos, quod absit, adeo valerent hinc indè odiorum flammae concrescere, adeo invalere discrimina, quod aut impossibile, aut nimis difficile forsitan redderetur, salubre in talibus, ac desideratum posse remedium adhiberi (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band 1, 2, S. 811). Ad statum orbis etc. usque illucescat. Ideoque levantes in circuitu oculos mentis nostre ac intuentes attentius gravis, immo gravissime dissensionis materiam inter te et carissimum in Christo filium nostrum Phylippum regem Francorum illustrem, Hostis antiqui procurante nequitia, suscitatam, turbati

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für seine Vermittler und einer Schilderung der aktuellen geopolitischen Lage akzentuierte der Papst im ersten Teil des Schreibens den Schaden für das Heilige Land, indem er vom Allgemeinen zum Besonderen changierte und an die persönliche Ehre Eduards als ehemaligen Kreuzfahrer appellierte.10 Nur vereinzelt kam Bonifaz auf theologische oder humanitäre Begründungen zu sprechen, welche uns in künftigen Appellen wiederbegegnen werden. Die ersten Schreiben Johannes‘ XXII. zu Beginn des Krieges von SaintSardos (1324–25) bieten keine vergleichbare Fülle an Argumentationsbausteinen,11 sondern nehmen konkret auf die Zerstörung der französischen Bastide und den Einfall der Truppen Karls von Valois in die Gascogne Bezug.12 Der politische Gehalt des Briefs war vielleicht auch deshalb so hoch, weil sich Johannes erst einige Monate später zur Entsendung einer Verhandlungsgesandtschaft entschloss, welche die Sachverhalte konkretisieren konnte.13 Eine Systematisierung erreichten die päpstlichen Friedensappelle zur Zeit Benedikts XII. Durch die konsequente Etablierung apostolischer Nuntien als Kommunikationsmedien und Konfliktvermittler konnten sich die Schreiben an die Könige weitgehend im

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quamplurimum fuimus et commoti durasque sensimus infra pectoris archana puncturas, et cupientes quamtotius, prout facti qualitas exigebat, tam periculosis dissidiis et scandalis tam orrendis per efficacia et opportuna remedia obviare (Boniface VIII, N. 868). Vgl. die Beteuerung der angeblich persönlichen Verbundenheit des Papstes mit dem Königreich England in: Boniface VIII, N. 698. Nunquid tibi est in oblivionem deductum quod ab olim te superni Regis obsequiis deputans ipsius Terre Sancte negotium votis ferventibus assumpsisti, nonnullis elapsis jam terminis in quibus juxta expectationem anxiam et ferventem affectum crucesignatorum fidelium transitus regius debuit provenisse, […] et recuperationem laudabilem dicte terre salubri executione converteres, quam in necem fidelium et cultorum fidei orthodoxe perniciem non sine proprie salutis dispendio niteris exercere? Nimirum si […] sollicita meditatione pensatur, tuis et dictorum regum non modicum titulis detrahit, honoribus derogat prelibata dissentio (Ebd., N. 868). Zum Kreuzzug Eduards I. in den Jahren 1370–72 vgl. C. Tyerman, Art. „Crusade of the Lord Edward (1270–1272)“, in: A. V. Murray (Hrsg.), The Crusades. An Encyclopedia, Band I, Santa Barbara/Denver/Oxford 2006, S. 317 ff.; D. Berg, Die Anjou-Plantagenets. Die englischen Könige im Europa des Mittelalters (1100 - 1400), Stuttgart 2003, S. 154 f. Warnungen vor dem Verlust von Menschenleben und Sachbeschädigungen, dem Gefahr für das Seelenheil und die Behinderung des Kreuzzuges werden auf Nebensätze komprimiert: Et quia […] ex guerra hujusmodi strages corporum, lapsus rerum, et animarum pericula innumera possunt sequi, et difficultas ingeri negotio transmarino (Jean XXII (France), N. 2127). Vgl. Jean XXII (France), N. 2008 ff. (6, 7 April 1324), 2123 (30. Juni 1324). Der Papst entsandte Anfang Juli den französischen Mundschenk (buticularius) Hughes de Suliaco als Überbringer seiner Nachrichten. Dieser hatte zusätzliche, mündliche Anweisungen zu übermitteln und als Fürsprecher zu agieren. Vgl. Ebd., N. 2010, 2042, 2126. Als solche wurden am 30. August 1324 die Bischofsnuntien Guillelmus von Vienne und Hugo von Orange entsandt, worauf der Anteil reiner Rhetorik bereits ein deutlich größerer war. Vgl. Jean XXII (France), N. 2192. Zum Informationsgehalt politischer Korrespondenz der spätmittelalterlichen Kurie vgl. Felten, Kommunikation zwischen Kaiser und Kurie, S. 57 ff. – Der Aragonesische Prokurator an der Kurie Bernardus Jordani de Insula schrieb seinem Herren Jakob II. dagegen erst am 10. Juli 1324, dass ein Krieg zwischen den Königen von England und Frankreich über die Gascogne bevorstehe. Vgl. Acta Aragonensia, hrsg. von Heinrich Finke, Band 3, S. 464 f.

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Abstrakten bewegen. In theologischer Hinsicht war das Selbstverständnis des Papstes als Vermittler in den päpstlichen Ernennungsbullen für die Kardinäle Bertrand de Montfavès und Pedro Gomez da Barroso als apostolische Nuntien am 24. Juni 1337 bereits so klar entwickelt, dass Benedikts Nachfolger Clemens VI. in einem entsprechenden Ernennungsschreiben den älteren Entwurf mit nur wenigen redaktionellen Änderungen bei seinem bekannten Friedensappell am 31. Mai 1342 wiederholen konnte. Clemens argumentiert damit, dass Jesus Christus durch das Vergießen christlichen Blutes mit Gottvater vereint worden sei und daher Menschen guten Willens das köstlichste Geschenk des Friedens (preciosissimum donum pacis) aufgezeigt und somit seinen Jüngern als Erbe hinterlassen habe. Zur Bewahrung eben dieses Geschenkes sollte, wie ausgeführt, der Papst als guter Hirte wachen. Die Bewahrung des Seelenheiles der Christen wird als oberstes Ziel der päpstlichen Vermittlung genannt.14 Zweitens nimmt Clemens VI. Bezug auf gegenwärtige Kampfhandlungen und brandmarkt den Teufel als Urheber allen Zwistes zwischen den Königen von Frankreich und England sowie deren Verbündeten. Erstmals weist Clemens auf humanitäre Aspekte, wie das Leid unter den Menschen, Vergießen christlichen Blutes, Entvölkerung und Brandschatzung von Orten sowie Zerstörung von Kirchen und Raubüberfällen hin. Den Königen wird die Brisanz des Fortführens derartiger Zustände vor Augen geführt.15 Mit einem dritten Argumentationsbaustein begründet der Papst erneut seine Friedensvermittlung durch seine Rolle als Vikar des himmlischen Königs. Es sei seine Pflicht durch Bitten und Gebete für die Wiederherstellung des Friedens zu Ehren Gottes zu sorgen.16 In einem vierten Teil individualisiert Clemens den Diskurs auf die „vortrefflichen“ Könige von England und Frankreich sowie deren „gepriesene“ Königreiche, deren Wohl und Wehe er in seiner Brust trägt. In väterlicher Umsicht erwartet der Oberste Pontifex wei14 Salvator noster dominus Jhesus Christus princeps pacis et humane salutis amator, dolens originalem

humani generis servitutem illudque sui aspersione sanguinis reconsilians Deo patri […], signanter ostendit fore preciosissimum donum pacis dum in ejus ortu illud ab angelis prenuntiari voluit bone voluntatis hominibus et in ipsius de mundo recessu suis discipulis dum ejus destituerentur corporali presentia quasi pro hereditatis glorioso censu reliquit; hoc est igitur felicissimum donum per quod Deo […], ejus indissolubilis amoris unione conjungimur, […] quod quidem donum ipse rex pacificus, […] volens suis subditis vicarie operationis ministerio conservare, ut eis mundi cursus suo ordine pacifice dirigatur, vicario suo in militanti ecclesia, gerenti apostolicam servitutem, commisit ut in eadem ecclesia gerens speculatoris officium pervigilis more pastoris invigilet […] et scandalis, per [que] salus animarum […] impeditur, sedandis intendat (Clément VI (France), N. 94). 15 Sane, […] hostis humani generis, pacis emulus, et dissensionum ac guerrarum non solum amator sed etiam suscitator, inter carissimos in […] Philippum Francie et Eduardum Anglie reges illustres, et nonnullos alios principes et magnates, valitores auxiliatores, […]gravis dissensionis materiam adeo bellicosis actibus et hostilibus congressionibus terrestribus et maritimis dure commovit, quod ex hujusmodi periculosa discordia, diversis vicibus et temporibus eorum constatis viribus in unum, hinc inde strages hominum, effusio sanguinis christiani, qui de terra clamat in celum, depopulationes et incendia locorum ac ecclesiarum destructiones, rapine, spolia, facultatum lapsus, subditorum exilia et oppressiones innumere, et quod deflendum est potius, animarum pericula, […] sunt secuta (Ebd., N. 94). Vgl. Jean XXII (France), N. 2049. 16 Siehe oben, Anm. 1.

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teres Ungemach und fürchtet eine Behinderung der Angelegenheit Gottes (Dei negotia), welche nicht verlöschen soll.17 Damit war das Wohl des Kreuzzuges gemeint, welches der Papst nunmehr in einem fünften Abschnitt beschwört. Von christlicher Zwietracht könnten nämlich nur die Feinde des Christentums aus Bagdad und Afrika profitieren, da sie sich derzeit anschickten, weitere Misslichkeiten über die christlichen Königreiche zu bringen.18 In einem sechsten Teil beklagt der Pontifex die massiven Kosten, welche eine Fortführung des Krieges mit sich bringen würde.19 Nach diesem Vorbau kommt Clemens erst auf konkrete Maßnahmen wie die Entsendung seiner Nuntien zu sprechen. Das von Benedikt in seiner Korrespondenz propagierte friedensstifterische Selbstverständnis ist von Offenstadt als „Friedensdiskurs“ begriffen worden und zwar in dem Sinne, dass dessen Bestandteile für die Fürsten zumindest in rhetorischer Hinsicht handlungsanweisend wirkten.20 In der Bereitstellung eines ganzen Fundus an zitierbarer religiöser Legitimation des Friedens können wir ein einzigartiges Charakteristikum päpstlicher Vermittlung auch in Abgrenzung gegenüber vereinzelten weltlichen Bemühungen erkennen: Die Könige griffen auf den durch religiöse und humanitäre Aspekte bestimmten Diskurs bevorzugt dann zurück, wenn es darum ging, das eigene Zugeständnis zu einem Friedensschluss rechtfertigen zu müssen.21 Argumentationshilfe konnten Gesandte des Papstes leisten, welche in der Narratio von Waffenstillstandsverträgen den textualen Bezug zum kurialen Beitrag am geschlossenen Abkommen herstellten. Insofern lässt sich 17 [T]amen, quanto prefatos Francie et Anglie reges, […] apostolici pectoris in singularitate precipue

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dilectionis habemus, et precordialius gerimus in visceribus charitatis, circa prosperum statum eorum fervor vehementius nostre mentis exuberat, et ad tranquillitatem eorum totis viribus procurandam cum affectionis plenitudine singularius cogitamus; propter guerras predictas, que quotidie nimium invalescunt, animus noster dolet non immerito vehementer; […] quo periculosas hujusmodi discordiarum, et guerrarum circumstantias nobis intensioris considerationis discussio efficacius representat. Attendimus etenim paterne solicitudinis studio incommoda immensa, que ingerunt, et commoda piaque Dei negotia, que impediunt, et utinam non extinguant (Clément VI (France), N. 94). Quis enim dubitat, quod ex talibus discordiis atque guerris non solum Babylonicus hostis, sed et alii reges et reguli Agareni de partibus Africe ad occupandas terras christianorum, et religionem christiani nominis extinguendam sumpserunt, sicut facti experentia docuit, audaciam transfretandi, et quod continue acriores solito et perniciosiores molestias inferre christianorum regibus atque regnis et populis machinantur? (Ebd., N. 94). Quis etiam quantumlibet studiosus concipere poterit, quantum tantorum principum, tanta sanguinis propinquitate et affinitate junctorum, […] si invalescat ulterius, et hostilis congressio, christiani sanguinis hauriet, prout exhausit! quas hominum strages ingessit et ingeret,[…] et expensarum abyssos tantorum principum horribilis gravisque commotio, et ejus prosecutio exegerunt hactenus et exigent incessanter (Ebd., N. 94). Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 82 f. Vgl. Come, nostre tresseint piere, le Pape nous ait pluseurs foiz prie et requis pur ses lettres et messages, et darreinement ait envoie par devers nous, noz treschieres et bien amez l’ercevesque de Ravenne et l’evesque de Carpentras, et par ycealx nous ad fait prier et requirer, a grant instance, de vouloir condescendre a traitie de paix avecques nostre adversaire d’Engleterre (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1022 (Prokuratorien Karls V. für seine Gesandten, 12. Januar 1375) mit Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 333.

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argumentieren, dass Waffenstillstandsurkunden und königliche Ratifikationsschreiben einen Gradmesser auch zur Bestimmung des symbolischen Kapitals der Päpste als Friedensstifter darstellen. Mittels ihrer Korrespondenz wurde dieses Kapital den Kriegsparteien ins Gedächtnis gerufen und, falls diese sich auf die päpstliche Argumentationsweise einließen, auch aufrechterhalten.22 Die Forschung wies bereits frühzeitig auf die praktische Argumentationsweise der Päpste von Avignon hin.23 Deren individuelle Ermahnungen sind aufschlussreich für die kuriale Wahrnehmung des Hundertjährigen Krieges sowie ihre Einschätzung geopolitischer Konstellationen. Bestechend scharfsinnig wies Benedikt XII. etwa den König von England auf Defizite innerhalb seiner Gesamtstrategie hin und brachte ihm die Unzuverlässigkeit seiner deutschen, niederländischen wie flämischen Verbündeten vor Augen.24 Er deutete auf den mangelhaften finanziellen Rückhalt des englischen Königs für seine kontinentalen Eroberungsgelüste hin und griff auch auf militärische Argumente zurück. Schonungslos verwies er auf die besseren Ressourcen des französischen Königs, welche es ihm ermöglichten, immer neue Heere auszuheben. Den rhetorischen Todesstoß versuchte er Eduard III. nach seiner siegreichen Seeschlacht bei Sluis mit der Begründung zu versetzen, dass ihn selbst nach 17 Schlachtensiegen noch die vollständige Niederlage ereilen könne. Der König sollte sich an das verloren gegangene Angevinische Reich seiner Vorfahren erinnern.25 Der englische König ignorierte die päpstlichen Weisheiten jedoch geflissentlich. Zur Bewertung der päpstlichen Friedenspolitik und –Rhetorik ist deren Zusammenhang zur Kreuzzugsbewegung bedeutsam. Stellte der Kreuzzug doch nach der überwiegenden Mehrheit aller Überblicksdarstellungen das Hauptmotiv der Päpste für ihre Friedensstiftung dar.26 In der Tat wurde die bereits frühmittelalterliche Kreuzzugstradition regelmäßig in päpstlichen Schreiben evoziert.27 Ein derartiger Kontext wäre für die 22 23 24 25

Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 77 f. Vgl. Gaudemet, Le rôle de la papaute, S. 97 f. Vgl. Benoît XII (France), N. 2871; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1117 (5. März 1337). Vgl. Ebd., N. 2871. Die Mahnung Benedikts XII. vor der Wankelmütigkeit des Kriegsglückes und damit vor der Hochmut angesichts militärischer Erfolge sollte sich zu einem Topos der päpstlichen Friedensrhetorik entwickeln, auf welches Benedikts Nachfolger vor bzw. nach den Schlachten von Crécy (1346) und Poitiers (1356) zurückgreifen sollten. Vgl. Clément VI (France), N. 2736; Innocent VI, N. 2406. 26 Vgl. Benoit XII (France), S. x, lxiv ff. 27 Über die Kreuzzüge der Avignonesischen Päpste vgl. im Folgenden: Favier, Les Papes d’Avignon, S. 489–509; Housley, Avignon Papacy and the Crusades. Zur Kreuzzugspolitik Clemens‘ VI. vgl. A. Demurger, Le pape Clément VI et l‘orient: ligue ou croisade?, in: J. Paviot; J. Verger (Hrsg.), Guerre, pouvoir et noblesse au Moyen Age, Mélanges en l‘honneur de Philippe Contamine, Paris 2000, S. 207–214; Gay, Le Pape Clement VI et les Affaires d‘Orient. Über die Kreuzzüge Gregors XI. vgl. Thibault, Pope Gregory XI, S. 37–87. Der konservative Überblick von Ludwig Schmugge spart die Kreuzzugsversuche im 14. Jhd. praktisch aus: L. Schmugge, “Deus lo vult?” Zu den Wandlungen der Kreuzzugsidee im Mittelalter, in: Klaus Schreiner, Elisabeth Müller-Luckner (Hrsg.), Heilige Kriege. Religiöse Begründungen militärischer Gewaltanwendung: Judentum, Christentum und Islam im Vergleich. München 2008, S. 93–108, bes. 102 f.

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zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts und bis in das frühe 13. Jahrhundert hinein noch einleuchtend gewesen: Der Frieden zwischen den Königen von England und Frankreich war für den Erfolg der Kreuzzüge geradezu elementar. Hatte der Kreuzzug doch überhaupt erst die Notwendigkeit einer päpstlichen Konfliktintervention hervorgebracht. Durch die Kreuzzüge konnte den Päpsten überhaupt erst der Aufstieg als Leiter der Christenheit mit dem Recht zur Intervention auch in weltlichen Angelegenheiten gelingen. Die ständige Anwesenheit englischer und französischer Ritter im Heiligen Land trug zur vergleichbaren Stabilität des Lehnsbandes zwischen beiden Königen bei und nötigte ihnen immer wieder „inszenierte Konsense“ ab.28 Wie entscheidend die Kooperation beider Königreiche war, wird aus dem tristen Los der immer häufigeren Kreuzzügen ohne anglo-französische Beteiligung deutlich, welche wenig zielführend mit dem Fall von Konstantinopel endeten oder im Nildelta vor Damiette versandeten.29 Auch ist es vielleicht mehr als ein Zufall, dass die Christenheit nur knapp zwei Monate vor dem gewaltsamen Ende des Hundertjährigen Krieges in der Schlacht von Castillon (17. Juli 1453) auch die Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen (29. Mai) zu beklagen hatte. Bereits der Ausbruch des Krieges war, wie erwähnt, durch die Absage des Kreuzzuges von 1336 zusätzlich forciert worden.30 Der Krieg bedeutete jedoch keinesfalls das Ende der Kreuzzugsbewegung, sondern lediglich das praktische Ende einer Tradition der großen Kreuzzüge ins Heilige Land und ließ bei seinem Ausklingen vom negotium christi nur noch einen Mythos übrig.31 Für das 14. Jahrhundert betonte indes die pluralistische Kreuzzugsforschung den Wandel der Kreuzzugsbewegung im 14. Jahrhundert hinsichtlich ihrer Ziele und Methoden:32 Der Plan einer Eroberung Palästinas und Ägyptens musste hinter der spanischen Recon28 Siehe Kapitel A) I. 3. mit weiterer Literatur. 29 Vgl. H. E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart

10 2005, S. 172–81, 191–201. Siehe Kapitel B I. 1. 30 Vgl. Housley, Avignon Papacy and the crusades, S. 29, 83. 31 Vgl. Minois, La guerre de Cent Ans, S. 14 ff.; 484 ff. 32 Vgl. zur Kreuzzugsdefinition: J. Riley-Smith, Wozu heilige Kriege?, Berlin 2003, S. 7–19, 171 ff. Die zur Bewertung der Kreuzzugspolitik des Avignonesischen Papsttums einzig fruchtbare Definition scheint die von Riley-Smith und Housley vertretene ‚pluralistische‘ Position eines vom Papst unter kirchenrechtlich wie organisatorisch eindeutigen Bedingungen einberufenen Feldzuges gegen sämtliche Feinde der Christenheit an beliebigen Orten. Vgl. Housley, Avignon Papacy and the crusades, S. 4. Über sämtliche Kreuzzugsprojekte der Kurie von Avignon vgl. im Folgenden: Ebd., S. 9–81, 294 ff. Über die Frage inwieweit mit dem Ende des Mittelalters auch ein Ende der Kreuzzugsbewegung gleichzusetzen ist, wird gegenwärtig noch gerungen. Vgl. die traditionelle Sichtweise in: Minois, La guerre de Cent Ans, S. 488; S. Runciman, Geschichte der Kreuzzüge, Band 3, München 1960 [ND 2001], S. 433–76, bes. 476 („Der Kreuzfahrergeist war tot“) mit dem Plädoyer für eine, auch chronologische Erweiterung des Begriffs bis in die frühe Neuzeit in: J. M. Powell, The Crusades: An Introduction, in: A. V. Murray (Hrsg.), The Crusades. An Encyclopedia, Band 1, Santa Barbara/Denver/Oxford 2006, S. xliii-lx; J. Riley-Smith, The crusading movement and historians, in: Ders. (Hrsg.), The Oxford Illustrated History of the crusades, Oxford 32001; N. Housley, Norman, The Crusading Movement, 1274–1700, in: J. Riley-Smith (Hrsg.), The Oxford Illustrated History of the crusades, Oxford 32001, S. 260–291, bes. 268–77.

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quista, der Ausdehnung der Kreuzzugsterrains in das Baltikum sowie der Verteidigung des Königsreichs Jerusalem zurückstehen, welches nach dem Fall von Akkon (1291) nach Zypern geflohen war. Auch mussten christliche Enklaven im kilikischen Armenien33 und die Johanniterhochburg auf Rhodos beschützt sowie die Ägäis gesichert werden. Das stete Vorrücken der Türken und Osmanen auf Konstantinopel machte die Hilfe für die östlichen Christen dringlicher als je zuvor. Seit seiner Thronbesteigung im Jahre 1355 hatte der byzantinische Kaiser Johannes V. Palaiologos den lateinischen Westen wiederholt um Hilfe gebeten. Eine angeregte Kirchenunion kam jedoch über die persönliche Konversion des Kaisers nicht heraus.34 Die Päpste hatten bereits zu früheren Zeiten auf die Erfordernisse der Zeit hinsichtlich einer Differenzierung des Kreuzzugsbegriffes zwischen dem Hauptkreuzzug ins Heilige Land (passagium generalium) und den diesen vorbereitenden Vor- und Einzelkreuzzügen (primum passagium, passagium particulare) hingewiesen.35 Gerade in den dreißiger, vierziger und siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts bemühte sich die Kurie nach Kräften zwischen diesen Optionen zu oszillieren,36 regionale Interessen zu berücksichtigen und Bündnispartner zu Seebünden für Einzelkreuzzüge zu gewinnen. Dabei hatten sie ihrerseits Rücksicht auf deren Wünsche zu nehmen und gegebenenfalls Versöhnungsarbeit zu leisten. Trotz militärischer Überlegenheit zur See und Einzelerfolge wie etwa der Eroberung Smyrnas (1344)37 durch ein Militärbündnis des Königreichs Jerusalem, der Republik Venedig und des Johanniterordens oder der Einnahme Alexandrias (1365) durch König Peter I. von Zypern 38 ließ sich die Gesamtstrategie der Päpste nicht realisieren. Denn selten konnten begonnene Kampagnen lange aufrecht erhalten oder fortgesetzt werden. Die Rückeroberung des Kirchenstaates und die Befriedung Oberitaliens durch die Kurie nahmen die päpstlichen Ressourcen derart in Anspruch, so dass ein passagium generale unwahrscheinlich geworden war.39 Es ist daher erneut nach dem Realitätsgehalt der Kreuzzugsrhetorik innerhalb der anglo-französischen Friedensvermittlung zu fragen. Von den Kriegspartei33 Vgl. Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 10 f.; Thibault, Pope Gregory XI, S. 44 ff. 34 Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 506 f.; R.-J. Lilie, Byzanz. Das zweite Rom, Berlin 2003,

S. 489 ff.; Thibault, Pope Gregory XI, S. 55 ff.

35 Vgl. Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 3, 24 ff., 229 ff. mit der Kritik von Demurger, Le

36

37 38 39

Pape Clément VI et l‘Orient, S. 213 und dessen Beharren auf einen umfassenden Kreuzzugsbegriff, der u.a. auf der häufigen Verwendung des Begriffes „terra sancta“ in Kreuzzugsbullen fußt. Ohne jegliche Definition bezeichnet Thibault die Kreuzzugsbemühungen als „well-meant anachronism“ (Thibault, Pope Gregory XI, S. 73). Dem entsprach auch die Wahrnehmung und Beschwörung paralleler Konfliktfelder: [P]ercepimus hostes fidei christiane turbatam christianitatem […] audientes, et ad eandem christianitatem conculcandam et confundendam,[…] rex Marrochitanus Ispanias, Turchi Romaniam et partes christicolarum alias transmarinas, soldanus Armeniam et Tartari Ungarie et Polonie regna presumptuosius et audacius, terribilius, congregatis exercitibus se disponunt (Benoit XII (France), N. 763). Vgl. A. G. C. Savvides, Art. „Smyrna Crusade (1344)”, in: A. V. Murray (Hrsg.), The Crusades. An Encyclopedia, Band 4, Santa Barbara/Denver/Oxford 2006, S. 117 ff Vgl. Thibault, Pope Gregory XI, S. 38 ff.; Gay, Le pape Clément VI et l‘Orient, S. 32 ff. Vgl. Ebd., S. 69 f., 78, 298.

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en drohte der Kreuzzug zu Beginn des Krieges als Propagandainstrument missbraucht zu werden, welches in erster Linie dazu geeignet war, die eigene Kriegsbereitschaft zu verschleiern.40 Es läge der Verdacht nahe, dass auch die Kurie das negotium christi lediglich als stumpfes Argument zur Konsolidierung der Kriegsparteien im eigenen Interesse benutzte. Zudem betont Housley zu recht, dass sich das Avignonesischen Papsttum in seiner Spätphase seinen Anteil an den von Ihnen ausgeschriebenen Kreuzzugszehnten zu sichern begann.41 Gegen eine Theorie des Gebrauchs der Kreuzzugsbewegung als von allen Seiten aufgegriffene Leerformel des Friedensprozesses spricht jedoch die Tatsache dass sich etwa die beiden Könige nicht auch in Phasen intensivierter Friedensbemühungen und Waffenruhen auf die Kreuzzüge beriefen, was angesichts ihrer Notwendigkeit zur Begründung des eigenen Einlenkens doch eigentlich naheliegend gewesen wäre.42 In der englischen Königskanzlei verschwand der Kreuzzug seit den ersten Kriegsjahren als rhetorisches Stilmittel des königlichen Friedensdiskurses und wurde im Bedarfsfall durch Klagen über die Unaufrichtigkeit des französischen Gegners oder das Scheitern kurialer Friedensbemühungen ersetzt.43 Auch die Päpste bedienten sich des Kreuzzugsdiskurses in erster Linie zu Beginn eines Pontifikats oder im Vorfeld einer neuen Friedensinitiative. Zudem verwiesen sie bevorzugt dann auf die Bedürfnisse des Heiligen Landes, wenn der Zeitpunkt für einen Kreuzzug günstig erschien.44 Rhetorisch wurde bei der Gelegenheit meist auf das von Bernhard von Clairvaux etablierte Konzept des tempus acceptabile (2. Kor. 6,2) zurückgegriffen, welches einen besonders großen Erfolg des Unternehmens versprach. Ein solches tempus war für die Päpste bei der Vorbereitung eines venezianisch-cyprianisch-johanittischen Seebundes im Jahre 1343 ebenso gegeben wie nach den militärischen Erfolgen Clemens‘ VI. auf der Halbinsel Chalkidike und Smyrna.45 Im Jahre 1348 nahm derselbe Papst, welcher öfter zum Kreuzzug rief wie jeder andere seiner Avignonesischen Vorgänger und Nachfolger offiziell innenpolitische Wirren des Mamelucken-Sultanats in Kairo, inoffiziell aber wohl auch den im Vorjahr abgeschlossen Waffenstillstandsvertrag von Calais (1347) zum Anlass, um ein passagium generale auszurufen.46 Weitere Gelegenheiten stellte der Abschluss eines Waffenstillstands in Bordeaux zwischen Johann II. und dem Schwarzen Prinzen im Mai 1357,47 die geplante 40 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band 2, Teil 2, S. 994 f. (18. August 1137), 1004 (17. Oktober 1337),

1109 f. (1340); Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 89 f.

41 Vgl. Ebd., S. 63. 42 Vgl. die Narratio des Friedensvertrages von Brétigny (8. Mai 1360) mit der eines Waffenstillstands

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vom 27. Juni 1375: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 1, S. 487–494; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 2, S. 1031 ff. Siehe Kapitel B) II. 5. und Kapitel B VI. 2. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 1, S. 34 (18. März 1345), 53 ff. (21. Juli 1345), 356 (29. Mai 1357), 384 (27. November 1357); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 2, S. 807 f. (6. Oktober 1366), 1044 f. (8. Dezember 1375). Vgl. Clément VI (France), N. 1155 (8. Oktober 1344), 1590 (23. März 1345), 2203–06 (12. Dezember 1345); Demurger, Le Pape Clément et l‘orient, S. 209 f. Vgl. Clément VI (France), N. 1605 (17. März 1348). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 1, S. 356 (29. Mai 1357).

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Kreuznahme des französischen Königs und König Peters I. von Zypern im Jahre 136348, aber auch der auf dem Friedensgipfel in Brügge geschlossene Waffenstillstand des Jahres 1375 dar. Zusammen mit der gleichzeitigen Annäherung zwischen römischer Kurie und den Visconti von Mailand und den an den päpstlichen Hof herangetragenen Gerüchten über innermuslimische Zerwürfnisse sah Gregor XI. seinerseits zu diesem Zeitpunkt die Chance für einen Hauptkreuzzug gekommen.49 Dem französischen Verhandlungsführer Philipp von Burgund beteuerte der Papst, dass der kommende Friede mit Gottes Hilfe das Fundament des Kreuzzuges sein werde.50 Gregor XI. war von Gesandten bedeutet worden, dass aufgrund von Differenzen und wirtschaftlichen Belastungen der Muslime derzeit bereits auch eine kleine christliche Streitmacht Erfolg haben könne.51 Neben der gezielten Lancierung päpstlicher Appelle zeugt gerade die Konzertierung verschiedener Initiativen für den mehr als nur symbolischen Gehalt der Kreuzzugsaufrufe in päpstlichen Friedensappellen. So vermittelte Benedikt XII. zwischen den Königen von Alfonso XI. von Kastilien und Peter IV. von Aragon sowie im Jahre 1340 zwischen den Königen Peter IV. von Aragon und Jakob III. von Mallorca. Den gemeinsamen Kampf der Könige gegen die Mauren förderte er durch die Vergabe von Zehnten, Darlehen und Ablässen.52 Der Erfolg war der Sieg eines kastilisch-aragonischen Heeres gegen die Muslime bei 48 Vgl. Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 115. 49 Vgl. Gregoire XI (France), N. 1759–64 (9. Februar 1375), 1852 (20. April 1375), 1896–1907

(18. Mai 1375); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 2, S. 1044 f. (8. Dezember 1375); Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 115 ff. Zur traditionellen Verbundenheit der Familie des Papstes, Roger, mit dem Kreuzzug welche auf die Aktivitäten Clemens‘ VI. und des Bruders älteren Bruders des Papstes Guillaume, dem vicomte von Turenne zurückging, vgl. Thibault, Pope Gregory XI, S. 38 f. 50 [Q]uatinus super dicta pace complenda que auctore deo erit eiusdem passagii fundamentum (Grégoire XI (France), N. 1898). 51 Sane dilectus filius nobilis vir Johannes de Castello, domicellus, Ambianensis diocesis, harum lator, nuntius a diversis personis de partibus infidelium destinatus, nuper nostram presenciam adiit, nobisque sub secreto narravit, […] oretenus […] per eundem Johannem tue Celsitudini reseranda, nec omittimus nos dudum et maxime noviter audivisse ab aliis fide dignis, quod taliter dicte infidelium partes sunt disposite de presenti, quod eciam parvus Christianorum exercitus de ipsis infidelibus notabilem victoriam cum Dei gracia verisimiliter obtineret, prout hec idem nuntius, cui ea tibi referenda commisimus, plenius exponet oraculo vive vocis (Grégoire XI (France), N. 1852, 1896). 52 Die Friedensappelle folgen rhetorisch weitgehend dem gegenüber Eduard III. und Philipp VI. angewandten Muster. Vgl. Benoit XII. (Étranger), N. 752 (Vermittlung zwischen Alfonso von Kastilien und Philipp von Navarra, 29. Januar 1336), 1182 (Intervention zwischen Kastilien und Aragon, 5. Januar 1337), 1186 (Appell an an Peter von Aragon, gleiches Datum), 1364 (Vermittlung zwischen Alfonso von Portugal und Alfonso von Kastilien), 1620 (30. Dezember 1337), 2004 (4. Oktober 1338), 2286 (Vermittlung zwischen Peter von Aragon und Jakob von Mallorca, 22. März 1339), 2300 (Vermittlung zwischen Kastilien und Portugal, 1. April 1339), 2779 (Vorbereitung eines Eheprojektes zwischen Kastilien und Portugal, 31. Mai 1340), 2976 (Lob der Könige von Kastilien und Aragon zur Erringung ihres Sieges über die Mooren bei Tarifa, 27. Dez. 1340). Vgl. Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 59 ff.; Jenkins, Papal Efforts for Peace (Benedict XII), S. 77 f.

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Tarifa im Jahre 1340. Ein Vorbild, welches der Papst Philipp VI. und Eduard III. sogleich zur Nachahmung empfahl.53 Hinsichtlich ihrer Rhetorik wie Methodik blieben die Päpste bei ihrer Verwendung des Kreuzzugsbegriffes weitgehend konsistent. Seit Innozenz VI. (1352–1362) schlossen ihre Kreuzzugsinitiativen zudem die Rückeroberung des Kirchenstaates und die damit verbundene Instrumentalisierung der Frankreich bedrohenden Söldnerbanden ein.54 Gregor XI. begründete dem Dogen von Venedig gegenüber am 28. Juli 1375 die Verschiebung seiner Reise nach Rom nicht nur mit der Notwendigkeit eines Friedens im Hundertjährigen Krieg, sondern auch zum Wohle der gesamten Christenheit. Ein Friedensschlusses sei auch für den Erfolg des Hauptkreuzzuges (generalis passagii) nützlich.55 Diese Hinzufügung hätte gewiss unterlassen werden können, wenn sie vom Dogen einer Republik, der immerhin bereits selbst in zahlreiche Kreuzzugsprojekte eingebunden gewesen war, nicht als plausible Erklärung hätte erscheinen müssen.56 Nach Housley waren der Frieden der Christenheit und der Kreuzzug auch im 14. Jahrhundert nichts weniger als zwei Seiten derselben Münze.57

II. Methodische Einzelaspekte der päpstlichen Friedenspolitik während des 14. Jahrhunderts 1. Systematisierung der päpstlichen Friedensvermittlung Die Päpste verfuhren seit Benedikt XII. bei ihrer Friedensvermittlung nach einem Vierstufenmodell, wobei auf direkte Friedensappelle an ausgewählte Adressaten im Umkreis der Könige die Anregung von Waffenstillständen durch die päpstlichen Vermittler, die 53 Ad talia quidem bella debent catholici reges et principes, abhorrendo christianorum effusionem

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sanguinis, devotis animis et ferventibus desideriis cum pace Dei et proximi extinctis odiorum vepribus incitari, et viriliter et strenue ut sibi regie dignitatis et nominis augeant exinde gloriam ac eterni regni coronam mereantur immarcessibilem exponere vires suas […] cum nunc tempus oportunum et acceptabile se offerat, per preparationem reformationis pacis cum rege predicto Anglie quantum poteris commode, […] te disponas (Benoit XII, N. 801, Friedensappell an Philipp VI., 21. Dez. 1340). Die Kreuzzugsaufrufe konnte sich Jenkins ungeachtet des Waffenstillstands von Esplechin (1340) nicht als das Erkennen eines tempus acceptabile, sondern vielmehr mit einer Geistesschwäche des Papstes erklären, der hilflos zu moralistischen Argumenten griff. Vgl. Jenkins, Papal Efforts for Peace (Benedict XII), S. 77 f. Siehe Kapitel B) VII. 1. Nos dictam pacem non solum prefatorum regum regnis et terries, sed toti christianitati, etiam ad indictionem generalis passage perutilem merito affectantes (Grégoire XI (France), N. 3713). Vgl. Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 47 ff.; Thibault, Pope Gregory, S. 51 f. [U]t dictum negocium sit prefate pacis specialiter causativum, et pax ipsa sit ejusdem negocii effective (Grégoire XI (France), N. 1852), zitiert und übersetzt in: Housley, Avignon Papacy and the Crusades, S. 223.

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Durchführung weiterführender Sondierungsgespräche und schließlich Friedensverhandlungen an der Kurie von Avignon oder andernorts folgten.58 Zwar wirkt die Vorgehensweise Benedikts XII. in den ersten Kriegsjahren wenig systematisch, doch lassen sich mehrere Grundzüge erkennen, nach welchen die Kurie auch künftig verfahren sollte.59 Neben aufwändigen Ernennungsbullen für ihre Nuntien entsandte die Kurie knapper gefasste Schreiben an beide Königshäuser. Neben den monarchischen Spitzen, der Königin, gegebenenfalls der Königinmutter und den Kronprinzen waren die päpstlichen Agitationsschreiben an den einflussreichen Adel und Klerus der verfeindeten Königreiche gerichtet.60 Die Wahl individueller Adressaten folgte nach keinen nachvollziehbaren Kriterien, und entsprach der päpstlichen Wahrnehmung individueller Machtstrukturen. Wie am Falle der Friedensinitiativen des Jahres 1356 festgestellt werden konnte, war diese aber erstaunlich zutreffend. Es wurden im Vorfeld der Kampagne des Schwarzen Prinzen in der Tat zahlreiche französische Funktions– und Würdenträger angeschrieben, welche bei Poitiers mäßigenden Einfluss auf König Johann II. hätten geltend machen können. Dass gerade sie es waren, welche dem König zum Angriff rieten und danach größtenteils in der Schlacht ihr Leben ließen, spricht ebenso gut für die Zielgerichtetheit wie für die Ergebnislosigkeit der päpstlichen Botschaften.61 In methodischer Hinsicht bemühten sich die Päpste um die Kultivierung von Kontakten zu langjährigen Multiplikatoren, von denen sie sich eine besondere Einflussnahme in bestimmten Angelegenheiten versprachen. Hinsichtlich der Friedenspolitik konnte insbesondere Henry von Grosmont, der Earl von Derby und spätere erste Herzog von Lancaster als Adressat ausgemacht werden.62 Lancaster, neben Prinz Eduard der wohl bedeutendste Feldherr Eduards III., nahm nach seinem persönlichen Besuch an der Kurie von Avignon im Frühjahr 1344 eine herausragende Stellung in der anglo-französischen Diplomatie ein. Trotz des Scheiterns des Ersten Friedensgipfels in Avignon (1344/45), an welchem Lancaster nicht unbeteiligt gewesen war, rissen in den Folgejahren die Bemühungen der Päpste um eine Beteiligung Lancasters am Friedensprozess niemals ab. Auch der Herzog hatte ein Bedürfnis zur Aufrechterhaltung der Beziehungen zum Heiligen Stuhl. Dies zeigt sich in einer Reihe von gewährten Suppliken des Jahres 1359, welche den Bereich der frommen Innerlichkeit des Herzogs berührten.63 Entweder aus religiösen Gründen oder aufgrund nachlassender militärischer Fortüne, avancierte der Earl schließlich zum 58 Vgl. im Folgenden: Benoît XII (France), N. 763 (26. August 1340). 59 Vgl. im Folgenden Guillemain, Art. „Die päpstliche Diplomatie“, S. 599–603 und Kapitel B) I. 3. 60 Vgl. Guillemain, Art. „Die Päpstliche Diplomatie“, S. 599 f.; G. Mollat, La diplomatie pontificale au

xive siècle, S. 507–512, S. 507–512.

61 Siehe Kapitel B) VI. 4 e) 62 Zu Henry von Lancaster siehe Kapitel B) II.; V., VII. 63 Lancaster bat nicht nur darum, dass sein Kaplan ihm, seiner Frau, seinen Kindern und Familiaren die

Beichte ohne Beisein eines weiteren Priesters abnehmen, sondern auch ihm, der Herzogin Isabella und seinen künftigen Kindern in Todesgefahr die Sünden vergeben dürfe. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 234 f. 15 r (ohne Datierung). Auch durfte der Herzog einmal im Jahr mit bis zu sechs Mönchen eines Klausurordens Umgang pflegen. Vgl. Ebd., f. 273 r (30. Mai 1359).

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hervorstechendsten englischen ‚Diplomaten‘ während des Diplomatischen Interims der Jahre 1347–54, des Zweiten Friedensgipfels in Avignon (1354) sowie beim Abschluss des Vertrages von Brétigny/Calais (1360).64 Glaubt man Froissart, gingen Lancaster und andere weltliche Fürsprecher bei Fragen der Politikberatung nüchtern wie pragmatisch vor und fanden dadurch das Gehör ihres Königs.65 Ein von den ersten Päpsten des Untersuchungszeitraumes häufig unternommener Versuch der Konflikteindämmung stellten gezielte Schreiben an prominente Erzbischöfe dar, in welchen die Adressaten dazu aufgefordert wurden, Klerus und Bevölkerung ihrer Diözese durch die Gewähr apostolischer Ablässe zu Prozessionen und anderen Bußhandlungen zu motivieren.66 Ziel war es, Jesus Christus zu einer Unterstützung laufender Konfliktinterventionen zu bewegen. Durch Gebete sollte gleichsam mit Hilfe eines „Twostep-flows of communication“67 dafür gesorgt werden, dass Gott die mentes et corda [der Könie von England und Frankreich] turbationis cuiuscumque subductis exinde fluctibus sua largitissima pietate pacificet.68 Angesichts zahlreicher Rückschläge der kurialen Friedenspolitik könnte der Leser auf den Gedanken gekommen sein, dass die Friedensvermittlung der Kurie von Avignon aus reinem Zweckoptimismus erfolgte. In der Tat war modernes Effizienzdenken kaum für den Abbruch oder die Weiterführung einer Friedensmission ausschlaggebend. Die innere Logik sämtlicher Friedensinitiativen während des Hundertjährigen Krieges folgte keiner ‚roadmap‘ bis zum endgültigen Friedensschluss (pax finalis), sondern basierte auf der Abwendung von Gewalt. Bereits im zweiten Kriegsjahr können in Schreiben der päpstlichen Kanzlei Formulierungen gefunden werden, in welchen ein Friede qualitativ mit einem längeren Waffenstillstand gleichgesetzt wurde.69 Die Päpste von Avignon priesen Waffenruhen bildhaft als treugas que pacis habeant ymaginem.70 Die apostolischen Nuntien versuchten im Jahre 1375 in Brügge nach dem wiederholten Scheitern ihrer Friedensofferten aus ihrer Not eine Tugend zu machen und gleichsam den Waffenstillstand als Friedensersatz auf dem diplomatischen Parkett zu etablieren.71 Obgleich die Idee der 64 Siehe Kapitel B) VII. 65 Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 5, S. 201 (Version BN, A/B), 209 (Version Rom); Ebd., Band 6,

S. 273, 281.

66 Vgl. die Schreiben an die Bischöfe von Auch, Terrascone, Canterbury und Salzburg in: Vatikanstadt,

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ASV Instr. Misc. 1685, 1686, 1687, 1688 (13. November 1345); Clément VI (France), N. 2146–48; Grégoire XI (France), N. 2687 (3. März 1372). Vgl. zum Begriff: Vollbrecht, Einführung in die Medienpädagogik, S. 108. Vgl. Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 1520 r. (13. September 1340). Es ging dem Papst um die reformationem pacis ejusdem vel biennales seu longiores temporis treugas per partes ipsas ineundas vel per vos [den Kardinälen] de consensu earum [der Kontrahenten] indicendas (Benoît XII (France), N. 525). Vgl. Benoît XII, (Étranger), N. 114, 360, 752; Benoît XII (France), N. 114, 360, 559, 752, 821, 2434; Clément VI (France), N. 176, 292, 1021, 1534, 1909, 2018, 2173, 4639; Innocent VI, N. 271. Vgl. den Vorschlag eines 40jährigen Waffenstillstands während der Friedensgipfel von Brügge, in: Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 26–35 [Nr. XXXI]; Palmer, War Aims of the Protagonists, S. 53 f. Siehe Kapitel B) VIII.

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Bischofsnuntien von Ravenna und Carpentras einer intendierten, 40jährigen Verschiebung der Reform letztlich an der Notwendigkeit einer provisorischen Friedensregelung scheiterte, sollte 20 Jahre später die an Kriegsmüdigkeit leidende, dritte bzw. vierte Generation der Kontrahenten gerade zu dieser Lösung greifen: Eine Hochzeitsallianz zwischen König Richard II. und der Tochter Karls VI. Isabella, sowie ein Waffenstillstand von 28 Jahren.72 Die Päpste rieten ihren Gesandten gelegentlich eine Friedensmission abzubrechen, sollte deren Erfolg nicht mehr gewährleistet sein.73 Meistens überwog bei konkreter Anfrage aber der Wille zur Fortführung einer Initiative.74 Im Jahre 1339 betonte Benedikt XII. die Notwendigkeit der Vermittlung angesichts seiner Verantwortung vor Gott. Die Rückkehr der Kardinäle käme einem Eingeständnis des päpstlichen Scheiterns und damit einem veritablen Ehrverlust gleich.75 Benedikt war sichtlich auf den guten Ruf der Kurie und ihrer Repräsentanten als Friedensstifter bedacht, auf den er nichts kommen lassen wollte.76 Die Beharrlichkeit des Pontifex Maximus erklärt sich aus seinem Amtsverständnis heraus, für das keine ‚Erfolgsquote‘ ausschlaggebend sein konnte.77 Clemens VI. stoppte am Jahresbeginn 1347 seine Kardinalnuntien noch auf dem Heimweg und überzeugte sie von einer neuen Aufnahme der Gespräche. Nach einer Debatte im Kardinalskollegium war Clemens von deren Notwendigkeit überzeugt,78 selbst wenn Annibaldo Ceccano und Étienne Aubert in den vergangenen Monaten mehrfach abgewiesen worden waren. Obwohl auch die Intervention der beiden Kardinäle während der Belagerung von Calais im August 1347 vergebens war, 79 lobte der Papst, „das unter maßgeblicher Mitwirkung seiner Nuntien erzielte Ergebnis: die Verhinderung von Krieg.“ Insbesondere 72 Vgl. Autrand, Charles VI, S. 338–42. 73 Sane quia, si, quod absit, hostis pacis malitia prevalente, vos non posse circa predictum negotium

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proficere videretis, nolumus vos tempus consumere inaniter vestraque diu presentia, qua pro negotiis universalis Ecclesie continue urgentibus arduis egemus, carere (Benoît XII (France), N. 543 (22. Dezember 1338) mit Ebd., N. 595, (5. Mai 1339), 600 (24. Mai 1339). [Q]uia pacem pro cujus reformatione vos misimus, non solum regibus dissidentibus et eorum subditis multum accommodam sed toti Christianitati multipliciter oportunam desiderabiliter (Benoît XII (France), N. 559, 1339). Vgl. Ebd., N. 602. [N]ec nos qui labores hujusmodi non parum, ut credimus, anxios consideramus attente quantum in nobis existeret, per subtractionem tractatus ipsius negocii vel modum alium indecentem et inhonestum, te ac ipsum quorum fidelem et providam circunspectionem probavimus, dehonestari vel confundi super hiis quomodolibet pateremur (Benoît XII, N. 602). Vgl. Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 46–50. Non enim recessus vester de partibus ipsis sic instantibus vicinis periculis, ut scripsistis, posset fieri, absque gravi non solum nostra et apostolice Sedis, sed etiam vestra reprehensione, prebente populis contra nos et Sedem predictam ac vos materiam obloquendi (Benoît XII, N. 644). Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 255. [C]um ad hoc simus in specula universalis Ecclesie a Domino constituti ut pacem procuremus cunctis fidelibus et guerrarum dissidiis et commotionibus que, procurante pacis emulo, insurgunt inter catholicos reges et principes salubriter obviemus (Ebd., N. 644). Vgl. Clément VI (France), N. 3373. Vgl. im Folgenden: Sumption, Trial by Battle, S. 576–83, Siehe Kapitel B) IV.

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die Rettung des Lebens der Bürger von Calais hob der Pontifex lobend hervor.80 Die Reaktion Clemens‘ ist umso bemerkenswerter, als sie noch vor dem eigentlichen Abschluss des Waffenstillstands von Calais (1347) nach der Einnahme der Stadt im darauffolgenden Monat erfolgte, für welchen sich seine Kardinäle schließlich verantwortlich zeigen sollten.81 Selbst nach der verheerenden Schlacht von Poitiers (1356) würdigte Innozenz VI. noch die Bemühungen der Kardinäle de Périgord und Capocci. Innozenz sprach sich entschieden für eine Fortsetzung des Friedenswerkes aus. Je gewichtiger die Aufgabe und je größer die Niederlage, desto größer müsse der Ansporn der Nuntien sein, diese wieder wettzumachen und desto größer sei auch der Ruhm für ihre Anstrengungen.82 Der Einsatz der Kardinäle in Bordeaux und in England führte schließlich mittelfristig zu direkten Gesprächen zwischen beiden Königen und zum Abschluss des Ersten Vertrages von London (1358).83 Auf diese Vorarbeit konnte zwei Jahre später die nächste Generation von Nuntien, Androin de la Roche, Hugues de Genève und Simon de Langres aufbauen.84 Aus einer längeren Perspektive heraus betrachtet, konnte also selbst ein Scheitern eine Chance sein. Auf Kritik an der Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen reagierte der Papst sensibel. Als sich im Frühjahr des Jahres 1356 eine kurienfeindliche Stimmung am englischen Königshof bemerkbar machte,85 hatte sich Innozenz VI. gegen die Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen (falsa testimonia) zu verwehren. Dem Pontifex wurde in Folge des gescheiterten Zweiten Friedensgipfels in Avignon (1355) vorgeworfen, weniger die Rolle eines Vermittlers, als die eines Trübers zu spielen.86 Innozenz bestritt diese Anschuldigungen vehement und beteuerte, dass auch dem Arzt keine Schuld gegeben werden könne, der nicht die Krankheit heilen könne.87

80 Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 141, f. 65 v., N. 289, zitiert bei: Lützelschwab, Flectat Cardinales,

S. 210 FN 325; Clément VI, N. 3415 (nur Regest).

81 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136–38 (28. September 1347). 82 Der Papst bat seine Gesandten darum, mit den Anführern der englischen Heere, Prinz Eduard von

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Wales und Herzog Henry von Lancaster in Kontakt zu bleiben und, dies sah Innozenz bereits angesichts der Gefangennahme Johanns II. voraus, sich gegebenenfalls nach England zu begeben. Vgl. Innocent VI, N. 2396. Siehe Kapitel B) VII. 1. Siehe Kapitel B) VII. 3. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 232. [Q]uod nos in negocio pacis inter carissimum in Christo filium nostrum Johannem, Francorum illustrem, et predictum Anglie reges, actore Domino, reformande, non mediatoris partes assumpsiumus, sed turbatoris egimus magis vicem (Innocent VI, N. 2198, 18. Juni 1356). Sed si laboribus nostris speratus non successit effectus propter hoc lingua tercia labores non debuit depravare cum nec culpandus sit medicus in quo non est semper relevetur ut eger (Ebd., N. 2197, 18. Juni 1356). Bereits Bonifaz VIII. hatte auf medizinische Begrifflichkeiten zurückgegriffen, als es darum ging, die Wirkung seiner Friedenspolitik und die Tätigkeit seiner Nuntien zu umschreiben. Vgl. Boniface VIII, N. 1642 (18. August 1296) sowie den Text der Bulle Ineffabilis amoris in: Ebd., N. 1653, bes. Sp. 620 (20. September 1296).

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

2. Übergreifende Faktoren Bei der Suche nach weiteren Einflüssen auf die päpstliche Friedenspolitik, welche eher eine kuriale war, ist zuerst an die Mitglieder des Kardinalskollegiums zu denken.88 Dieses bestand Mitte des 14. Jahrhunderts aus einer illustren Sammlung mehrheitlich südfranzösischer, seltener nordfranzösischer, italienischer oder spanischer Kirchenfürsten.89 Nach dem Tod von Thomas Jorz im Jahre 1310 residierte bis zur Kreierung von Erzbischof Simon Langham zum Kardinal im Jahre 1368 kein englischer Purpurträger am Heiligen Stuhl.90 Zudem stammte ein nicht zu unterschätzender Teil von Kardinälen aus der französischen Kronverwaltung.91 Sieben Kardinäle waren zur Zeit des Avignonesischen Papsttums vor ihrer Promotion als Kanzler von Frankreich tätig gewesen.92 Einige von ihnen, wie Pierre Roger, Pierre de la Forêt, Jean de Dormans oder Jean de la Grange hatten sich vor ihrem Kardinalat als französische Gesandte in der anglo-französischen Diplomatie hervorgetan. Im Falle des am Jahresende 1356 zum Kardinalpresbyter von Santi XII Apostoli ernannten Pierre de la Forêt wurde dessen künftige friedensstifterische Aktivität als Nuntius als Begründung für seine Kardinalskreation angeführt.93 Mit Pierre Roger und Étienne Aubert bestiegen zwei hochrangige, französische Kronbeamte den Stuhl Petri. Als apostolische Nuntien wurden besagte Kardinäle oft selbst aktive Wegbereiter der viae pacis. Der Papst hob bei der Kreation seiner Kardinalnuntien deren engste Integration in die Aufgaben der 88 Zur Entwicklung des Kardinalskollegiums im 14. Jahrhundert vgl. umfassend: Dendorfer; Lützel-

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schwab, Geschichte des Kardinalats, S. 225–248. Vgl. in politischer Hinsicht: Kaufhold, Rhythmen der Reform, S. 170 ff. Rasche Überblicke befinden sich zudem in: Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 17–44; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 155–80; Guillemain, La Cour Pontifcale, S. 183–276. 110 der 134 Kardinalskreationen in den Jahren 1305–1378 fielen auf einen Kandidaten französischer Abstammung. Vgl. Dendorfer; Lützelschwab, Geschichte des Kardinalats, S. 228 ff.; Guillemain, La Cour Pontifcale, S. 187 mit FN 33 (Diagramm). Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 26–28. Über den Stellenwert von Jorz im Verhältnis der Kurie zu England vgl. Röhrkasten, Die Päpste und das englische Königreich, S. 158–73. Vgl. P. Jugie, Les cardinaux issus de l‘administration royale française: Typologie des carrières antérieurs à l‘accession au cardinalat (1305–1378), in: Crises et réforms dans l‘église de la réforme grégorienne à la préréforme. Actes du 115e Congrès National des Sociétés Savantes, Paris 1991, S. 157–180; Guillemain, La cour pontificale, S. 192–95 (Diagramme), 197 f., 239. Darunter waren die Kardinäle Étienne de Suisy, Pierre d’Arrabloy, Pierre de Chappes, Pierre Roger, Pierre de la Forêt, Gilles Aycelin de Montaigut und Jean de Dormans. Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 161. Vgl. das Schreiben an den bisherigen Erzbischof von Rouen, Pierre de la Forêt, in welchem der Papst folgendes zum Ausdruck bringt: [N]os sperantes et credentes firmiter accessum tuum hjusmodi negocio pacis dictorum nunciorum promotioni commisso multipliciter profuturum (Innocent VI, N. 2553). Eine Trennung zwischen der Beförderung zum Kardinal, der Ernennung als Nuntius und dem Wohl des Friedensprozesses zog Innozenz VI. dabei nicht und wies die bereits in Bordeaux verhandelnden bisherigen Nuntien Talleyrand de Périgord und Niccolò Capocci an, ihrem künftigen Kollegen den an sie geschickten Kardinalshut zu überreichen. Vgl. Ebd. N. 2555 (1. Februar 1357); Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 19. Auch für Beförderungen innerhalb der drei Kardinalsordines galten diplomatische Erfahrungen als vorteilhaft. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 31 f.

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Gesamtkirche hervor.94 Besonders Angehörige des französischen Landadels wie Gui de Boulogne oder Talleyrand de Périgord standen jedoch unter dem Generalverdacht der Feindschaft gegenüber der englischen Sache. Wir haben gesehen, dass Talleyrand vor seiner Ernennung zum Nuntius im Jahre 1356 keine Gelegenheit ausließ, seinen Bruder, den Grafen von Périgord, finanziell wie militärisch in seinem Kampf gegen den Schwarzen Prinzen zu unterstützen.95 Um dieses gallikanische Übergewicht zumindest teilweise auszugleichen, bemühten sich die Könige von England in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts durch die Vergabe von Pfründen, Ehrenämtern, Pensionen und Privilegien an ausgewählte Kardinäle sich gewogene Kontaktpersonen an der Kurie zu halten; eine Praxis, welche aufgrund der sich verändernden englischen Einstellung zur Promotion ausländischer Pfründner auf englische Benefizien jedoch ab dem Pontifikat Innozenz‘ VI. abriss.96 Englischen Protesten setzte Benedikt XII. das eigenwillige Argument entgegen, nach denen er seine Kardinäle ohnehin nur in Angelegenheiten der Gesamtkirche oder des Patrimoniums Petri zu konsultieren pflege. Sollte er mit der Vermittlung beauftragt werden, versprach er keinerlei Ratschläge des Kardinalskollegiums anzuhören.97 Die Darstellung Benedikts wirkt unglaubwürdig, weil den Kardinälen verfassungstechnisch seit der Konstitution Licet de vitanda (1179) nicht nur die entscheidende Bedeutung während Papstwahl und Konklave zukam, sondern sie auch beständigen Anteil an der (Politik-) Beratung des Papstes hatten.98 Auch während Konfliktinterventionen ersuchten die obersten Hirten 94 [L]icet vestra presentia nobis et apud nos ecclesie universali perutili careamus inviti (Clément VI

(France), N. 94).

95 Siehe Kapitel B) VI. 96 Zu den durch Pensionen geförderten Kardinälen zählten Annibaldo Ceccano, Gaucelme de Jean,

Bertrand de Montfavès, Pierre de Montmart und Napoleon Orsini. Exemtionen von der Bezahlung von Subsidien für ihre englischen Pfründen erhielten im Jahre 1343 Gaucelme de Jean und Pierre Desprez. Privilegien für die steuerfreie Ausfuhr von Wolle erhielten mehrfach Pedro Gomez und Annibaldo Ceccano. Hinsichtlich einer möglichen politischen Einflussnahme an der Kurie von Avignon für befähigt gehalten wurden zudem Ceccano, Raymond de Farges, Desprez und Talleyrand de Périgord. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 96–100. Für eine Liste der am häufigsten von der englischen Königskanzlei angeschriebenen Kardinäle vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 248 f. [Appendix V]. 97 Item in casu quo rex diceret merito se dubitare ponere se in manibus domini nostri, presertim assistentibus sibi dominis cardinalibus, quorum major pars et quasi omnes de regno Francie sunt oriundi vel in personis propriis vel in eorum nepotibus beneficiati, ac reddituati tam in temporalibus quam in spiritualibus, et quorum pars magna publice partem faciunt contra cum in negocio de quo agitur, haberem dicere benivolentiam quam dominus noster habet specialem ad personam domini regis et regnum; ac etiam quod in talibus negotiis Romanam Ecclesiam et ejus patrimonium non concernentibus cardinalium consilium requirere non consuevit; et in hoc negotio, si in suis manibus poneretur, aliorum consilium requirere non curaret (Benoît XII (Étranger), N. 2871). 98 Vgl. im Folgenden: Kaufhold, Rhythmen der Reform, S. 171 ff.; Maleczek, Papst und Kardinalskolleg von 1191 bis 1216, S. 297–320; Guillemain, La cour pontificale, S. 225–40, bes. 231–37 mit Felten, Verhandlungen an der Kurie, S. 419 f., 465 f., der zahlreiche Gegenbeispiele aufführt, in welchen die Notwendigkeit einer Zustimmung des Kollegiums aus taktischen Gründen behauptet wurde. Über die komplexen personalen Zusammenhänge der päpstlichen Politikberatung während des Pontifikats Johannes‘ XXII. vgl. M. Brunner, Pope John XXII and the Franciscan ideal of

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

erwiesenermaßen ihre Brüder individuell oder im Konsistorium um Rat.99 Kardinalskollegium und Papst waren über die weitere Vorgehensweise keinesfalls immer der gleichen Meinung.100 Die letzte Entscheidungsbefugnis oblag jedoch grundsätzlich dem Papst.101 Dennoch war päpstliche Friedensvermittlung von Anfang an ein kollegialer Prozess und wurde von Besuchern der Kurie auch als ein solcher wahrgenommen.102 In herausragender Weise wurde das Kardinalskollegium im Frühjahr 1342 aktiv. Nach dem Tod Benedikts XII. am 25. April 1342 hielten die verbliebenen 19 Kardinäle eine Fortführung der Friedenspolitik des verstorbenen Papstes für so dringend geboten, dass sie noch vor Eröffnung des Konklaves am 3. Mai eine Initiative starteten.103 Eile schien geboten, stand doch ein Friedensgipfel an der Kurie von Avignon bevor. Trotz Reformen des Papstwahlverfahrens war es nach den Konklaven zur Wahl Clemens‘ V. und Johannes‘ XXII. keineswegs sicher, ob es zu einer raschen Wahlentscheidung kommen würde.104 Die Kardinäle entschlossen sich daher, kraft ihres kommissarischen Hirtenamtes (nos, quibus hoc tempore, quo vacante ecclesia Romana pastore incumbit) zur Ernennung der bereits bewährten Nuntien Guillaume d’Ami und William Bateman.105 Der nach nur sechs Tagen gewählte Clemens VI. bemühte sich noch vor seiner Krönung am 19. Mai 1342 darum, die Initiative zu bekräftigen. Sein Kardinalskollegium leistete ihm hierbei beträchtliche Schützenhilfe und suchte insbesondere die engste Verwurzelung des neuen Pontifex mit der Krone Frankreichs zu nivellieren.106 Eine Imagepflege, welche nicht

99

100 101 102

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104 105 106

absolute poverty, Leeds 2006 (Dissertation). Zum Papstwahldekret von 1179 vgl. Conciliorum oeconomicorum decreta. Dekrete der ökomenischen Konzilien, hrsg. von Giuseppe Alberigo, Hubert Jedin, Bologna 31973, S. 211. Vgl. [E]x habundanti habita deliberatione cum nonullis ex fratribus nostris sancte romane Ecclesie cardinalibus, que nobis circa predicta videntur (Benoît XII, N. 644) mit: [E]t verentes nichilominus quod si premissa et alia hujusmodi negocium tangentia deduceremus in consistorium pro deliberatione habenda forsan ad notitiam partis alterius deducerentur aliqua, quibus tractatus pacis impediretur (Benoît XII, N. 2596). Außer bei Fragen der Exkommunikation wurde der Rat der Kardinäle auch bei der Entscheidung über die Zukunft einer Friedensmission eingeholt. Vgl. Benoît XII. N. 574, 644; Clément VI, N. 3373, zitiert in: Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 209 FN 321. Vgl. Benoît XII, N. 495. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 19–25; Felten, Verhandlungen an der Kurie, S. 419. [Q]uia rex Anglie ipsum specialem una cum aliis in negociis suis contra regem Francie duputavit ambassiatorem, de quo negocio fuit apud papam et cardinales multum occupatus (Rat und Domkapitel von Hamburg um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Teil 1. Die Korrespondenz zwischen dem Hamburger Rat und seinen Vertretern an der päpstlichen Kurie in Avignon 1337–1359 (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg 9, Teil 1), hrsg. von Richard Salomon, Hamburg 1968, S. 119 [N. 134, 4. Oktober 1344]). Vgl. im Folgenden: J. E. Wrigley, The Conclave and the Electors of 1342, in: Archivum Historiae Pontificiae, 20 (1982) S. 51–81; E. Déprez, La guerre de Cent Ans à la mort de Benoît XII: L’intervention des cardinaux avant le conclave et du pape Clément VI avant son couronnement (25 avril-19 mai 1342), in: Revue Historique, 83 (1903), S. 58–76. Vgl. Kaufhold, Rhythmen der Reform, S. 167 ff, 261; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 35 ff., 109 ff. Vgl. Déprez, La guerre de Cent Ans à la mort de Benoît XII, S. 66–72 [Appendix I -VII]. In einem Schreiben vom 8. Mai 1342, in welchem zwei Kardinäle die Wahl Clemens‘ als Chance für einen Frieden deuteten, wurde Eduard III. wenig subtil ausgerichtet, quod vestrae serenitati scribere

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einmal spätere französische Chronisten beeindrucken sollte.107 Bei künftigen Pontifikatswechseln war kein vergleichbarer Aufwand mehr nötig, um die ungebrochene Kontinuität der päpstlichen Friedenspolitik zu demonstrieren. Diese Entwicklung ist vermutlich auf die zunehmend effizienter durchgeführten Papstwahlen zurückzuführen, welche längere Sedisvakanzen zunehmend ungebräuchlicher werden ließ.108 Noch darüber hinaus blieben einige Friedensvermittler selbst während einer Sedisvakanz aktiv. Während der im höchsten Maße ‚papabile‘ Gui de Boulogne im Jahre 1352 sogar das Konklave versäumte,109 wurden Jean de Dormans und Simon Langham nach dem Tode Urbans V. von dessen Nachfolger erneut als Nuntien bestätigt.110 Nicht einmal als nach dem Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas die päpstlichen viae pacis allmählich von den viae facti abgelöst wurden,111 ließ sich der inzwischen zum Erzbischof von Rouen promovierte Vermittler von Brügge (1375–1377), Gullielmus de Lestrange, von seiner Aufgabe als Friedensstifter abhalten.112 Noch deutlicher wird das Bemühen der Kurie um eine kontinuierliche Amtsführung in der Weiterbeschäftigung ihres kurialen Spitzenpersonals. So wurde das in politischer Hinsicht entscheidende Amt des Kämmerers in den Jahren 1319 bis 1347 von Gasbertus de la Valle sowie 1347 bis 1361 von Étienne Cambarou und damit in über der Hälfte unseres Untersuchungszeitraumes nur von zwei Amtsträgern besetzt.113 Der deberemus quod gaudeatis et gaudere debetis de ejus promotione, quia de vestro ducatu natus fuit et vobis juramentum alias fidelitatis fecit pro ecclesia Rothomagensi, et pro certo vos dilexit et diligit et bonam ac honorabilem pacem vobis dare disponit (Adam Murimuth, S. 224). Vgl. Felten, Verhandlungen an der Kurie, S. 469 mit FN 251; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 132–141. Papst und Kardinalskollegium bemühten sich auch in einem Folgeschreiben darum, die sehr viel engere politische und biographische Verbindung Clemens‘ zum französischen König zu vertuschen, indem sie dessen gesamtkirchliche Verantwortung betonten und seine Bereitschaft zu neutralen Vermittlung unterstrichen: Propter quod concludebat [der Papst] quod nunc tenebatur ecclesiae Romanae et dominis cardinalibus, et procurare ea quae pacis sunt et honoris ecclesiae, et partialitatem omnem vitare (Adam Murimuth, S. 226). 107 Ideo cardinales ad eligendum Papam congregati, elegerunt unum de semetipsis, sicilicet magistrum Petrum Rogerii, cardinalem Rothomagensem vulgariter nuncupatum. Hic Papa multum fuit de parte regis Francie (Chronographia regum francorum, S. 185). 108 Vgl. Kaufhold, Rhythmen der Reform, S. 261; Guillemain, La cour pontificale, S. 107 ff. Anstelle einer Bibliographie über das Thema Papstwahl vgl. Frenz, Das Papsttum, S. 52–63; A. Melloni, Das Konklave: Die Papstwahl in Geschichte und Gegenwart, Freiburg 2002; L. Carlen, Die Papstwahl im Kirchenrecht, in: Ders., Recht, Geschichte und Symbol, Hildesheim 2002, S. 209–211. 109 Vgl. Gilles li Muisit, S. 311, xxii ff. (Einführung über die hier zitierten, nicht mit den Chroniques desselben Autors zu verwechselnden Annales). 110 Siehe Kapitel B) VIII., S. 229 f.; Grégoire XI (France), N. 8. 111 Vgl. Schimmelpfennig, Das Papsttum, S. 246 ff. und Kapitel A) IV. mit weiterer Literatur. 112 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 350. 113 Vgl. zum mittelalterlichen Amt des Kämmerer und seine weitere Entwicklung: O. Guyotjeannin; F.-C. Uginet, Art. „Camerlingue“, in: Dictionnaire historique de la papauté, S. 267–270; Guillemain, La cour pontificale, S. 278 f.; D. William, Letters of Étienne Cambarou, Camerarius Apostolicus (1347–1361), in: Archivum Historiae Pontificiae, 15 (1977) S. 195–215; Bock, Über Registrierung von Sekretbriefen (Benedikts XII.), S. 82 f.

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Neffe Innozenz‘ VI., Arnaud Aubert,114 gewährleistete den administrativen Übergang zu dessen Nachfolger Urban V. und ermöglichte die reibungslose Weiterführung von dessen Diplomatie bei Neuausbruch des Krieges in den Jahren 1369–71. Das in diplomatischer Hinsicht seit dem 13. Jahrhundert zugegebenermaßen eine untergeordnete Rolle spielende Amt des Vizekanzlers bekleidete in den Jahren 1325 bis zu seinem Tod im Jahre 1361 Pierre Desprez.115 Wir haben ihn bereits als Vermittler bei Malestroit sowie als Repräsentant des Papstes während des Ersten Friedensgipfels in Avignon kennen gelernt. Auf letzterem hatte er treuhänderisch die beiderseitigen Prokuratorien der Kriegsparteien während der Verhandlungspausen inspiziert.116 Grundsätzlich dürfte er einen gewissen Einblick in eventuelle, in die Kommun- bzw. Kammerregister eingetragenen Sekretbriefe117 sowie andere politisch relevante littere de curia gehabt haben. Nicht vergessen werden darf die von Bock und Opitz festgestellte Kontinuität der Schreiber der Sekretbriefe.118 Gasbertus de Septemfontibus betreute als „scriptor“ die bereits von uns als in ihrer Aussagekraft und Gestaltung im höchsten Maße übereinstimmend befundenen Sekretbriefe in den Jahren 1336–47, während seine Nachfolger ein regelrechtes Sekretärskollegium bzw. eine ‚Kabinettskanzlei‘ bildeten.119 Päpstliche Friedensvermittlung war von Anfang an transpersonal.

III. Vom Ort der Konfliktintervention bis zum Milieu politischer Entscheidungen: Terminologisierung der Verhandlungsorte während des Hundertjährigen Krieges 1.

Terminologisierung und Abgrenzung

Bei einem systematischen Vergleich der während des Untersuchungszeitraumes von den Vermittlern wie Kriegsparteien aufgesuchten Verhandlungsorten kann unterschieden werden zwischen einem Ort der Konfliktintervention, einer Stätte der Entscheidungsfindung sowie einem Milieu politischer Entscheidungen. 114 Vgl. zu Arnaud Aubert sowie seiner Familie: M. Hayez, Art. „Aubert, Familie“, in: LexMA, Band 1

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(1980) Sp. 1183–1185; G. Mollat, Art. „Aubert, Audoin“, in: Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastique, Band 5 (1931) Sp. 227 f.; Weiß, Rechnungswesen und Buchhaltung, S. 159, 167; Guillemain, La cour pontificale, S. 279. Vgl. Guillemain, La cour pontificale, S. 309 f. Desprez‘ Nachfolger, der Neffe Innozenz’ VI., Kardinal Pierre Monteruc, bekleidete dieses Amt 24 Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 1385. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 238. Vgl. Bock, Päpstliche Sekretregister und Kammerregister, S. 41 ff. Vgl. Bock, Über Registrierung (Benedikts XII.), S. 76; Opitz, Über Registrierung von Sekretbriefen (Clemens VI.), S. 90 f., 94 ff. Vgl. Bock, Einführung, S. 56 ff.; Tangl, Die päpstlichen Register, S. 11 f.

Terminologisierung der Verhandlungsorte während des Hundertjährigen Krieg

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Als ein Ort der Konfliktintervention kann das Interaktionsfeld bei der meist kurzfristigen Zusammenkunft zweier Parteien und eines Vermittlers zum Treffen einer politischen Entscheidung verstanden werden, wobei die Unmöglichkeit des Zugriffs auf traditionelle räumliche, infrastrukturelle Einrichtungen zur Verhandlungsführung einen wichtigen Faktor darstellt. Dieses Kriterium erfüllten zunächst die knapp einwöchigen Verhandlungen vor Abschluss des Waffenstillstands von Esplechin (1340) in der Kapelle SainteMarie-Madelaine unter der Vermittlung Johannas von Valois.120 Auch die mehrwöchigen Verhandlungen bei Malestroit (1342/43), die etwa fünftägigen Gespräche vor der Einnahme von Calais (1347)121 sowie die eintägige Vermittlung Talleyrands de Périgord auf dem Feld der späteren Schlacht von Poitiers (1356)122 fallen darunter. Bei der Kreierung eines Feldes für die Zusammenkunft von Vermittlern und Kontrahenten samt der ihm innewohnenden Spielregeln war äußerster diplomatischer wie ritueller Schöpfergeist erforderlich. Nicht selten war es der Vermittler, welchem die Entscheidungsfindung bei der Designation des Ortes zufiel. So wird beispielsweise aus der Chronographia regum francorum deutlich, dass es 1340 trotz der von ihr benötigten Fürsprecher Gräfin Johanna von Hennegau war, welche bei Esplechin den Verhandlungsort aussuchen konnte.123 Dieses symbolische Kapital hatte sie wohl nicht nur ihrem untadeligen Ruf und ihren engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den rivalisierenden Königen, sondern auch dem symmetrischen Kräfteverhältnis der beiden Konfliktparteien zu verdanken. Die Marken von Calais werden hinsichtlich der in ihr diskutierten Verhandlungsziele, der Dauer des Aufenthaltes der Verhandlungspartner und der Frequenz der in ihnen stattfindenden Treffen als (Periodische) Stätte der Entscheidungsfindung bezeichnet. Die hohe Zahl von Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen während des Diplomatischen Interims in den Jahren 1347–45 sowie erneut in den Jahren 1372 und 1377 begründeten in der Picardie eine ganz eigene Verhandlungstradition. Es handelte sich um das Schaffen eines topographischen Feldes zwischen Calais und jeweils einer weiteren, französischer Stadt (Guines oder Boulogne), in deren Niemandsland ein Zeltlager errichtet wurde, in welchem sich Gesandte der Kriegsparteien auf paritätische Weise begegnen konnten. Der Ursprung waren trilaterale Verhandlungen im englischen Heerlager während der Belagerung von Calais im Jahre 1347 gewesen. Seinerzeit lag es im Ermessen Eduards III. die Spielregeln, nämlich die Wahl des Verhandlungsortes oder die Wahl des Verhandlungsgegenstandes zu diktieren. Während die Konfliktgegner aufgrund taktischer Erwägungen in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeengt waren, besaßen sie im Gegensatz zu den erheblich mobileren apostolischen Nuntien ein Übergewicht an symbolischem Kapitel. Diese Tatsache verschaffte dem englischen König die Position, sich im Bedarfsfall Verhandlungsangeboten verschließen zu können, welche nicht mit ihm abgestimmt gewesen waren.124 Aus der 120 Für eine nähere Analyse des Ereignisses siehe Kapitel B) I. 3. 121 Siehe Kapitel B) IV. 122 Siehe Kapitel B) VI.

123

Vgl. Chronographia regum francorum, S. 158.

124 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 129 (auf den 2. August 1347 zu datieren).

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formalisierten Narratio und den Artikeln der jeweiligen Vertragsurkunden während unseres Untersuchungszeitraumes lässt sich bei den Stätten der Entscheidungsfindung ein erhöhter Grad von Institutionalisierung feststellen. Die Kontrahenten trafen ebenso zu Hauptverhandlungen zusammen, wie sie kleinere Vertragsverstöße durch die spontane Einrichtung von Schiedskommissionen zu lösen verstanden.125 Die jährliche Wiederholung der Treffen schuf indes noch kein Milieu. Auch kann aufgrund der nur sporadischen Anwesenheit apostolischer Nuntien während des Diplomatischen Interims noch von keiner Auslagerung päpstlicher Entscheidungsfindungen von der Kurie hin zu anderen Verhandlungsorten gesprochen werden, wie das etwa während der Friedensgipfel in Brügge (1375–1377) der Fall sein sollte. Auch wenn die Prokurationsschreiben während des Interims vor allem durch ihre Stereotypie bestechen und konkrete Verhandlungsinhalte erst in dem von Gui de Boulogne ausgehandelten Vorvertrag von Guines (1354) deutlich werden,126 kann aus dem immer gleichen Ergebnis der 11 zuvor stattgefundenen Verhandlungen127 geschlossen werden, dass die Stagnation des Friedensprozesses auch auf das zunehmend geringere symbolische Kapital der apostolischen Nuntien als Vermittler zurückgeführt werden kann. Erst einem erheblich besser vernetzten Mittelsmann wie Boulogne konnte es gelingen, das Interaktionsfeld der Marken durch die Zurschaustellung seines diplomatischen Kapitels ergebnisoffen zu halten.128 125 Vgl. [F]eust & soit [...]expressement contenu, que le Dymenche de la mi caresme, derreinement passe,

les messages de la partie du Roi d‘Engleterre serroient a Calays, & ceux de la partie du Roi de France seroient a Guyenes, pur acorder & traiter, s‘il pleisoit a nostre Seigneur, de bone pais a toujoursmaiz entre les ditz Rois, & pur ce nous depar eux aiomz este envoiez as ditz lieus, & plusurs fois este assemblez en lieu acoustume a traiter & parlementer sur ceo, [...] Item, si entre les capitaines de Calays, de Merc, & de Oye, d‘une part & ceaux de Seint Osmer, de Boloigne, de Guynes, & de la Montoire, d‘autre part, estoit debat ou descord, pur cause des des malfaitz, faites au prejudice des treues, [...] seront tenuz, par lour serement, de assembler ovec les capitaines, ou capitaine, de l‘autre part, a qui la chose touchera [...] en leu acoustume a parlementer, entre Guynes & Calays (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 184, 2. Mai 1349); Et ad dictum regnum Franciae personliter accedentes [die päpstlichen Gesandten],] ac convenientibus nobiscum, propter reverentiam sedis apostolicae, & ad nostram instantiam, in loco sito inter Guynas & Calesium, ad parliamentandum super hiis consueto (Ebd. Band III, 1, S. 197, 13. Juni 1350); Come nous aions este assemblez par plusurs foiz, & par plusurs jours, au lieu accoustume a parlementer, entre Calays & Guynes, pour traicter de bon accort, & de paiz final, entre les ditz Roys, & tant pour la brivete du temps, come plusurs autres causes, nous n’aions peu mettre les ditz traictiez a plein fyn; [...] Item, au fyn que les traitiez encomencez pussent estre perfaitz & acompliz, a l‘aide de nostre seigneur, pendant le temps des dites treues, accorde est que les Roys dessusditz envoieront solempnes messages, eianz pleine puissance de traictier, pacefier, & accorder, & de faire en tout, & par tout, en nons des ditz Rois, a tant come ils ferroient, ou faire purroient, si presentz estoient, au dit lieu acoustume a parlementer, entre Calais & Guynes, au moys de Pasche proschein venir, & serra fait assavoir, de l‘une partie & de l‘autre, dedeinz la My Caresme proschein venant [des Jahres 1352], aus capitanes de Calais & de Guynes, queles persones les ditz Roys envoirent au lieu & jour dessusditz (Ebd. Band III, 1, S. 232, 11. September 1351). 126 Siehe Kapitel B) V. 127 Siehe Kapitel B) IV. 128 Für den Variantenreichtum des Kardinals spricht die strikte Trennung des Verhandlungsergebnisses am 6. April 1354 in einen allgemein bekannten Waffenstillstandsvertrag und den geheimen Vorver-

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Hinsichtlich der an ihr diskutierten Problemfelder an qualitativ oberster Stelle stand, wenn auch nicht unangefochten, die Kurie von Avignon als Milieu politischer Entscheidungen. Verstanden wurde darunter das räumliche, personale und kommunikative Interaktionsfeld an der Kurie bei der längerfristigen und/oder wiederholten Zusammenkunft des Papstes (oder dessen Stellvertreter) mit mindestens einer weiteren Partei zum Treffen einer politischen Entscheidung. Hierbei wurde die Möglichkeit der Verhandlungspartner miteinkalkuliert, auf alle dort vorhandenen und etablierten räumlichen wie personalen und infrastrukturellen Gegebenheiten zurückgreifen zu können. Dies warf Fragen nach der Attraktivität des Milieus sowie der Möglichkeit der obersten Hirten auf, dieses kontrollieren zu können.

2. Beschaffenheit und Attraktivität des politischen Milieus an der Kurie von Avignon Bei Friedensgipfeln kann als Interaktionsfeld der Konsistorialflügel des Papstpalastes und sowie Teile der apostolischen Kammer bezeichnet werden. Verhandlungstopographisch bestand neben der Möglichkeit der Unterbringung der Delegationsspitzen im Palast auch der rasche Zugriff auf die kurialen Register oder auf etwaige, mitgebrachte Urkundensammlungen der Verhandlungspartner. Auch die Möglichkeit zur zeremoniellen Hofhaltung sowie zum diskreten Austausch der Gesandten mit einzelnen Kurialen war fester Bestandteil des Milieus.129 Bei einer nur minimalen, eigenen Mobilität verfügte der Pontifex (und seine Stellvertreter) über die Autorität, seine Verhandlungspartner nach freiem Belieben vor- und wieder ausladen zu dürfen.130 Dies konnte in der Form geschehen, dass jeweils eine Gesandtschaft im Konsistorium mit dem Papst verhandelte, während eine zweite in einer abgetrennten Kammer Platz zu nehmen hatte, und gegebenenfalls sogar auf den nächsten Tag vertröstet werden konnte.131 Die Verhandlungsnormen des Zweiten Friedensgipfels von Avignon (1355) unterschieden sich dagegen beträchtlich von dem oszillierenden Schema des Vorgängertreffens, da sie ein ausschließlich trilaterales Gesprächsarrangement aufwiesen. Dies sollte jedoch überaus negative Folgen für den Ablauf und das Ergebnis des Gipfels haben, da sich das diplomatische Kapital des Pontifex zur Durchsetzung eines Friedensschlusses nicht entfalten konnte.132

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trag von Guines mit der bereits skizzierten Friedensordnung eines souveränen Aquitaniens. Vgl. F. Bock, Some New Documents illustrating the Early Years of the Hundred Years War (1353–1356), in: Bulletin of the John Rylands Library, 15 (1931) S. 71 ff. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 228; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 104. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 245. Vgl. am Beispiel der Vorladung der englischen Nuntien am 18. Oktober 1344 coram domino papa et sex cardinalibus sowie der Aufforderung Clemens‘ VI. quod traheremus nos ad aliam cameram, et fecit venire […] nuntios Ffranciae (Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 238). Als geographische Angabe bei Verhandlungen am 3. November 1344 mit den Kardinälen Desprez und Ceccano wurde das domo consistoriali angegeben. Vgl. Ebd., S. 241. Siehe Kapitel B) V.

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Während die Wechselwirkungen aus Verhandlungstopographie und Verhandlungsnormen bei den beiden Friedensgipfeln in Avignon an gesonderter Stelle vertieft werden,133 wird nun auf der Basis serieller Quellen der Attraktivität der Kurie von Avignon als Milieu politischer Entscheidungen nachgegangen: Quantitative Spitzenwerte können zunächst zur Zeit der endgültigen Zuspitzung des Konfliktes 1333–37 erkannt werden, als erste trilaterale Verhandlungen in Avignon stattfanden.134 Auch auf französischer Seite sind zahlreiche Gesandtschaften zur Verhandlung anglo-französischer Konflikte und finanzieller Aspekte bekannt.135 Zunächst war Avignon keinesfalls der einzige Verhandlungsort gewesen, fanden doch noch bis zum Jahre 1342 die überwiegende Mehrzahl englischer Gesandtschaften nach Frankreich bzw. versus regem Francie pro negociis regis ibidem expediendis statt.136 Erst nachdem auf beiden Seiten seit den Jahren 1339–40 die Aufgabe des jeweiligen Thronanspruches die conditio sine qua non für die Aufnahme diplomatischer Kontakte darstellte,137 kam es nach Abschluss des Waffenstillstands von Malestroit (1343) zu einer Umkehrung des Verhältnisses und zu einem neuen Spitzenwert in der Zahl der Gesandtschaften an die Kurie.138 Während des Diplomatischen Interims der Jahre 1347–54 war schließlich der Nimbus von Avignon als Verhandlungsort und die Notwendigkeit der päpstlichen Vermittlung selbst in Frage gestellt, da sich inzwischen die Mark Calais als gewohnter Verhandlungsort (lieu accoustume) etabliert hatte.139 Die Päpste waren zur Entsendung von ad hoc-Gesandtschaften an diese für sie 133 Siehe Kapitel C) VI. 134 Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 94 f., 100 f., 112, 128, 131, 135, 138; Jenkins, Papal Efforts for

Peace, S. 25.

135 Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 300 f. 136 In den Jahren 1328 bis 1342 stehen 36 eindeutig nach Frankreich, nach Paris oder zum König von

Frankreich entsandten Delegationen bloß 8 Gesandtschaften ad curiam romanam gegenüber. Vgl. Mirot; Déprez, Les ambassades anglaises, S. 20–58, 177–214, 550–77. 137 Wurde PhilippVI. am 21. Juni 1338 in Prokuratorien Eduards an seine Gesandten noch als domino Philippo Franciae illustri, consanguineo nostro carissimo bezeichnet, so wurde der französische König am 15. November gleichen Jahres zu Philippo de Valesio, qui se dicit Regem Franciae, im darauffolgenden Frühjahr in einem Brief an den Papst gar als invasor & illicitus occupator verunglimpft. Endgültig lehnte Eduard III. Verhandlungen mit Philipp am 22. Juli 1338 ab: Adimentes expressè praefatis, archiepiscopo & episcopo, ac aliis procuratoribus & nunciis nostris quibuscumque, omnem & omnimodam potestatem, cum praefato Philippo, tanquam eum Rege Franciae, tractandi, seu quicquam, nostro nomine, faciendi quod nobis in possessione dicti regni Franciae praejudicare valeat quomodolibet (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil 2, S. 1051 (22. Juli 1338 – Hervorhebungen vom Autor). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil 2, S. 1043 f. (21. Juni 1338), 1065 (15. November 1338), 1066 (16. November 1338), 1084 (1. Juli 1084), 1086 f. (16. Juli 1339), 1104 (2. Januar 1340), 1107 f. (undatiert, Anfang 1340), 1118 (17. März 1340) mit der vollen Titulatur beider Könige im Waffenstillstand von Esplechin: Ebd., S. 1135 (25. September 1340); Benoît XII (Étranger), N. 2981 (ca. November 1340); Benoît XII (France), N. 787 (27. Oktober 1340); N. 801 (21. Dezember 1340). 138 Zwischen 1343 und 1345 wurden 20 Gesandtschaften nach Avignon, aber nur zwei Delegationen zu Philipp VI. entsandt. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 233–37; Mirot/Déprez (Hrsg.), Les Ambassades, S. 566–68. 139 Siehe Kapitel B) IV. 23 Delegationen nach Calais stehen 22 Gesandtschaften an die Kurie gegenüber. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 237–41; Mirot/Déprez (Hrsg.), Les Ambassades,

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dezentralen Verhandlungsorte gezwungen, wollten sie nicht riskieren, als Mittelsmänner überflüssig zu werden: Knapp acht Jahre nach Abbruch ihrer bilateralen Beziehungen hatten Engländer und Franzosen bei ihrem Umgang – auch mit Hilfe der Kurie – zu einer diplomatischen Sanktion gefunden hatten, welche ihnen direkte Verhandlungen und wechselseitige Titulierungen ungeachtet der Gefahr eines Präjudizes gestattete.140 Allerdings blieb das Resultat aller Treffen während des Interims bis auf die letzten Friedensgespräche am 6. April 1354 stets dasselbe: Die Verschiebung einer Konfliktlösung durch den Abschluss von Waffenruhen. Eine Designation des politischen Milieus an der Kurie von Avignon als Ort der nächsten Verhandlungen war von der Präsenz päpstlicher Mittelsmänner abhängig. Dass es durch die einzigartige Vermittlungsgabe des Papstes besser als durch die Mediation jedes anderen zu erfolgreichen Friedensverträgen kommen könne, war eine Erkenntnis, welche die Kontrahenten nur unter der redaktionellen Observanz eines Nuntius auf Pergament bannten. 141 Wenn in den Jahren 1345–54 und 1355–56 von Seiten der Gegner keine trilaterale Diplomatie mehr an der Kurie betrieben wurde,142 so lag dies an der Enttäuschung über die mangelnde Effizienz der päpstlichen Vermittlung, der Sorge um die eigene Reputation oder am Vertrauen auf die eigene militärische Stärke. Das symbolische Kapital des Papstes war begreiflicherweise stets dann auf einem Tiefpunkt, wenn von den Kontrahenten die Effektivität Avignons als politisches Milieu bzw. das diplomatische Kapitel des Pontifexes und seines Kurienpersonals als unzureichend und daher eine Reise an die Rhône als potentielle Gefahr für die eigene Ehre eingeschätzt wurde. Beide „Gewaltspitzen“ unseres Untersuchungszeitraums, nämlich die Schlachten von Crécy (1347) und Poitiers (1356), liegen nicht zufällig jeweils eineinhalb Jahre nach dem Scheitern eines Friedensgipfels in Avignon. Weitere Faktoren, welche gegen einen Besuch des Milieus durch die Kriegsparteien sprachen, waren die Krankheit des Papstes und der Ausbruch der Pest – vor allem aber die Unsicherheit englischer Reisender auf ihrem Weg nach Avignon.143 Ein Raubüber-

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S. 570–75; Larson (Hrsg.), English Embassies during the Hundred Years War, S. 431 (Additional Ambassies, Nr. 1., 17. Februar-19. März 1353). Vgl. die Formulierung adversarium nostram Franciae in den Prokuratorien für die englische Delegation vom 30. März 1354 mit der Formulierung messages & traiteurs de pais, entre les Roys de France & d‘Angleterre im Waffenstillstandsvertrag vom 6. April 1354. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 275 f., 276 f. Nous, consideranz que soit, & grant chose serroit, de mettre telle & si grant bosoigne a bone & parfaite fin par nous, ou autres messages de noz ditz seigneurs, si n‘estoit par un bon & grant moienneur, confianz aussi du bien & loyaulte de nostre seint pere le Pape, & que par son sens & discrecion l‘ent peut, & pourra mieux & plustost vener a bon traictie de pais, que par nul autre, a l‘honeur de Dieu, de nostre dit seint pere, & de l‘eglise (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, Teil 1, S. 184 (2. Mai 1349). Vgl. die lateinische Entsprechung dieser Passage in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 ff. (28. September 1347). Vgl. die 7 bzw. 5 Gesandtschaften nach Avignon in den Jahren 1345–47 und 1355–56 in: Plöger, England and the Avignon Popes, S. 236, 241 f. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 136–42.

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fall mit Entführungsfolge einer englischen Verhandlungsdelegation an die Kurie führte Mitte der 1370er Jahre zu einem kurzzeitigen ‚Konkordat‘ zwischen der Kurie und England in dem Sinne, dass Entscheidungsfindungen sowie die gerichtliche Vorladung englischer Geistlicher vorläufig an einem anderen Ort stattfinden sollten. Die Entscheidung fiel schließlich – nach der Berücksichtigung mehrere Alternativen – für Brügge.144 In der flämischen Handelsstadt verfügten sowohl Kurie als auch Konfliktparteien über beste Kontakte. Die rasche Traditionsbildung im Jahre 1374 nach nur einem Präzedenzfall im Vorjahr wirkt erstaunlich.145 Während Brügge als einmaliger Treffpunkt im Jahre 1373 als Ort der Konfliktintervention zu definieren ist, trifft eine solche Einschätzung während der Jahre 1374–77 durchaus nicht zu. Dies kann anhand der ständigen Präsenz der Vermittler ebenso festgemacht werden, wie anhand der topographischen Identität des Verhandlungsortes, den Konvent und die Kirche von Saint-Donatian, sowie anhand der Wiederholung der Vermittlungsphasen in ähnlichem Arrangement. Brügge lässt sich somit zunächst als (Periodische) Stätte der Entscheidungsfindung charakterisieren. Anhand paralleler Verhandlungsebenen wie der Diskussion der päpstlichen Subsidien des Jahres 1372 und der Provision ausländischer Pfründnern (1374–75) oder der Regelung der strittigen Nachfolge des Erzbischofsstuhles von Canterbury lässt sich obendrein von einer Dezentralisierung päpstlicher Entscheidungsfindungen sprechen. Freilich lassen sich durchaus noch tiefergehende, lebensweltliche Aspekte wie das Durchführen von Empfängen, der Besuch von Festmählern sowie das Veranstalten von Ritterturnieren im nahen Gent feststellen. Vieles spricht dafür, dass wir die Stadt am Zwin als eigenständiges Milieu bewerten müssen, welches auf differenzierte Weise für politische wie kirchenrechtliche Entscheidungen genutzt wurden. Dabei ist von überlappenden Interaktionsfeldern mit jeweils eigenen Spielregeln auszugehen. Im Hinblick auf innerkirchliche Entscheidungsprozesse wurden personale wie kommunikative Entscheidungsprozesse berührt, welche ansonsten nur in Avignon vorzufinden waren. Der Papst griff durch gezielte Anweisungen an seine Gesandten zwar durchaus punktuell in das Geschehen ein,146 konnte eine persönliche, längerfristige Begleitung laufender Prozessen aber immer weniger gewährleisten. Vielleicht lässt sich auch aus diesem Grund ein zeitgleicher Trend zur Dezentralisierung päpstlicher Entscheidungsfindungen an zwei weiteren Beispielen festmachen: Im Jahre 1372 lud Gregor XI. vergeblich Venezianer, Genuesen, Ungarn, Cyprioten, Neapolitaner, Byzantiner und Vertreter des Johanniterordens zur Einrichtung eines Seebundes für eine Kampagne in der Romania auf Theben ein.147 Kurz vor dem Tode Gregors im Frühjahr 1378 fand an der Grenze zur Toskana zwischen der Kurie und der Republik Florenz unter Vermittlung Barnabò Viscontis sowie unter Beteiligung von Repräsentanten des Reiches 144 Siehe im Folgenden: Kapitel B) VII. 2. 145 Kaufhold nimmt zur festen Etablierung einer Tradition eine Zeit von 60–100 Jahren an. Vgl. Kauf-

hold, Rhythmen der Reform, S. 313–27.

146 Siehe Kapitel B) VIII. 4. 147 Aufgrund der Uneinigkeit der potentiellen Bundesgenossen kam dieser Kreuzfahrer-Gipfel aber

schließlich nicht zustande. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 268 f. 85 v-95; Regest in: Grégoire XI (France), N. 1166, 1169, 1172–74; Thibault, Pope Gregory XI, S. 52 ff.

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und der Königreiche Neapel und Frankreich ein Friedensgipfel in Sarzana statt.148 Nachdem Gregor XI. seine schwindenden Einflussmöglichkeiten auf den laufenden Friedensprozess begriffen hatte und der geplanten Konsensfindung und Ratifikation eines Friedensabkommens an der Kurie keine Taten folgten, war es nur konsequent von ihm, seinen seit längerem vorbereiten Umzug nach Rom anzutreten.149

3. Wahl des Ortes und Verhandlungstopographie während laufender Kampagnen Fand eine Friedensmission während laufender militärischer Kampagnen statt und konnte kurzfristig auf keinen etablierten Verhandlungsort zurückgegriffen werden, so mussten sämtliche Beteiligten ‚on location‘ ein geographisches Ziel der viae pacis designieren. Einen solchen Vorgang bezeichnet Offenstadt als eine Art Spiel („enjeu“) zwischen den Fraktionen. Dieses wurde nach den Kriterien der Nähe zu den eigenen Heerlagern, der zu erwartenden Sicherheit für die eigenen Abgesandten sowie der Bedeutung des Ortes in der Erinnerungskultur der Teilnehmer durchgeführt.150 In der Praxis gestaltete sich dies als komplexer Prozess, bei welchem die Entscheidungsfindung selten präzise nachvollzogen werden kann. Es kann allenfalls indirekt aus den Handlungen der Interaktionspartner auf die Motive der Beteiligten und deren symbolisches Kapitel zur Errichtung eines diplomatischen Feldes und zum Aufstellen der in ihm gültigen Spielregeln geschlossen werden. Wie so etwas vor sich gehen konnte und zu bewerten ist, wird hier exemplarisch anhand der Sondierungsverhandlungen vor Abschluss des in dieser Arbeit bislang nicht gesondert analysierten Waffenstillstands von Malestroit (1343) demonstriert. Während des Bretonischen Erbfolgekrieges (1341–1365) zwischen den Prätendenten um den Titel des Herzogs der Bretagne, Johann von Montfort und Karl von Blois, belagerte Eduard III. zur Unterstützung Montforts seit dem November 1342 die Stadt Vannes.151 Der König wollte die Stadt und das Herzogtum Bretagne, ähnlich wie später Stadt und Umland von Calais, als Brückenkopf für weitere Einfälle in das Königreich Frankreich verwenden,152 sah bislang aber keine Aussicht auf eine rasche Einnahme der 148 Vgl. Paris, BN ms. fr. N. 20798, f. 105, 108–115 (Rechnungsbestätigungen für die französische

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Teilnehmer am Friedensgipfel von Sarzana vom 4.-8. Februar 1377); Weiß, Onkel und Neffe, S. 145 unter Berufung auf: W. Brandmüller, Zur Frage nach der Gültigkeit der Wahl Urbans VI. - Quellen und Quellenkritik, in: Annuarium Historiae Conciliorum, 6 (1974) S. 78–120; Favier, Les Papes d’Avignon, S. 487 f. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1056; Kaufhold, Rhythmen der Reform, S. 259–76. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 150–161. Für einen raschen Überblick vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 405; J.-P. Leguay, Art. „Vannes“, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 1408–1410. Eine knappe Schilderung der militärischen Kampfhandlungen vor Vannes während des Hundertjährigen Krieges bietet: J. Leguay, Un bel essor: mais menacé (fin Ve siècle-1365), in: J.-P. Leguay (Hrsg.), Histoire de Vannes et de sa région, Toulouse 1988, S. 37–61. Vgl. Allmand, The Hundred Years War, S. 14.

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Stadt. Am vierten Tag nach Beginn der Belagerung am 2. Dezember wurde Eduard III. von untergeordneten geistlichen Gesandten aufgesucht, welche ihn um freies Geleit für die beiden Kardinäle Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano baten, die bereits acht Tage später vor Ort sein könnten. Erst nach einem Rückschlag bei einem Sturmangriff auf Vannes153 gewährte ihnen der König ihr Anliegen. Eduard III. teilte den Vermittlern mit, dass sie pur plusors causes lediglich Geleit bis zur etwa 14 Meilen von Vannes entfernten Stadt Malestroit erhalten sollten.154 Die Chroniken berichten einstimmig, dass die Kardinäle oftmals zwischen beiden Heerbännen hin- und her geritten seien.155 Die kurialen Vermittler waren in die Rolle des Petenten, die Kriegsparteien in die Rolle eines gewährenden oder ablehnenden Monoliths gerückt, dem seinerseits kaum Möglichkeiten zur Ortsveränderung oder zur Unterbreitung konkreter Handlungsoptionen geboten waren. Bei der Durchführung der Waffenstillstandsgespräche während der Belagerung von Calais (1347)156 oder bei der Vorbereitung zum Abschluss des Vertrages von Brétigny (1360)157 besaß dagegen der englische König ein symbolisches Kapitel bei der Ortswahl. Es stellt sich die Frage, wie diese Schilderungen mit dem Brief Eduards III. in Einklang zu bringen sind, nach welchem die Kardinäle nur freies Geleit bis Malestroit erhalten hatten, und sich keinesfalls dem eigenen Heer nähern sollten.158 Da in erzählenden Quellen von einem Treffen an einem festen Verhandlungsort keine Rede sein kann, muss davon ausgegangen werden, dass Eduard seine Vorbehalte durch die gewandelte militärische Lage inzwischen teilweise revidiert hatte. Die andere mögliche Erklärung, nämlich, dass die Verhandlungen in der Gegenwart der Kardinäle in Malestroit stattgefunden haben könnten, findet zumindest durch die erzählenden Quellen keine Entsprechung. Laut den Chroniques von Froissart waren die Vermittler erst dann erfolgreich, als sich die logistische Lage für das englische Heer massiv verschlechterte159 und zusätzlich 153 Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 405. 154 Vgl. Robert Avesbury, S. 341. 155 [L]e cardinal de Penestre et le cardinal de Clermont qui souvent chevaucièrent de l’un host à

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l’autre, pour accorder ces parties (Froissart (BN, A/B SHF), S. 450). Vgl. Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 230; Adam Murimuth, S. 129. Siehe Kapitel B) IV. und Kapitel C) VI. 1. c). Siehe Kapitel B) VII. Vgl. Robert Avesbury, S. 341. Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 45 f. Die Einschätzung Froissarts wirkt umso prekärer, als das Umland von Vannes laut dem Brief Eduards III. an seinen Sohn reich an Nahrungsmitteln gewesen sei: Et le pais est assetz plentiuouse des blees et de chars (Robert Avesbury, S. 341). Vgl. Froissart (Amiens), Band 2, S. 298. Aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse konnte zudem ein weiteres Truppenkontingent der Earls von Pembroke und Gloucester den Ärmelkanal nicht überqueren. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 405 f. Dem widersprechen Forschungsergebnisse, nach denen König Eduards Versorgungslage ausgezeichnet gewesen sei. Dies mag jedoch nur zu Beginn seiner Kampagne der Fall gewesen sein. Vgl. Paper 808–b von Craig Lambert, Taking the War to the Enemy: The Brittany transport fleet of 1342–1343 auf dem International Medieval Congress 2008 mit persönlicher Nachfrage an den Referenten. Vgl. Ders., Shipping the medieval military: English maritime logistics in the fourteenth century (Warfare in history), Woodbridge 2011.

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klimatische Widrigkeiten hinzukamen.160 Die Rekonstruktion des Ablaufs der Verhandlungen oder eine Identifizierung eines Ortes für Friedensgespräche konnte bislang durch erzählende Quellen nur notdürftig geleistet werden. Unklar geblieben ist bislang auch der Zusammenhang zwischen der in den Chroniken beschriebenen bilateralen Form der Verhandlungen durch die Kardinäle und der Designation von Malestroit als mutmaßlicher Ort der Konfliktintervention durch Eduard III. Aus dem Eschatokoll des Waffenstillstandsvertrages geht dagegen hervor, dass dieser in der Pfarrkirche der Benediktiner von Sainte Marie Madeleine in Malestroit am 19. Januar 1343 aufgesetzt und unterzeichnet worden war.161 Als dessen Aussteller sind in der Intitulatio und Corroboratio Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano bezeugt.162 In der Narratio des Vertrages163 berichteten die Nuntien über die Verhandlungen, welche zum Abschluss des Vertrages geführt hatten: Nach diversos tractatus mit den beiden Königen, womit die bereits erwähnten bilateralen Verhandlungsformen der Kardinäle mit den jeweiligen Kriegsparteien gemeint sein dürften, wurden schließlich Notable in die Gegenwart der Kardinäle entsandt ad infrascripta nobiscum tractanda et coram nobis firmanda.164 Die Gesandten waren dazu autorisiert, einen Vertrag im Namen ihrer Könige mit einem Eid zu bekräftigen.165 Nach vielschichtigen Gesprächen kam es schließlich vor den Augen der Kardinäle zu einer Einigung.166 Es fand unübersehbar eine trilaterale Form der Verhandlungen statt. Versteht man die vorherigen bilateralen Verhandlungen durch die Kardinäle als vertrauliche Vorabsprachen, in denen „das argumentative Ringen um Entscheidungen“ seinen Platz hatte,167 dann könnte es sich – nach der Verschlechterung der militärischen Lage – bei den Gesprächen in Malestroit um das endgültige Festzurren der Vertragsdetails sowie die öffentliche Inszenierung des glücklichen Ausgangs der Konsensfindung gehandelt haben.168 Daran, dass es sich bei dem Verhandlungsort um die Pfarrkirche Sainte Marie Madelaine gehandelt hatte, dürfte nur wenig Zweifel bestehen. Aufgrund des ursprünglich vergebenen freien Geleites Eduards an die Kardi160 Vgl. Froissart (BN, A/B SHF), S. 451. 161 Actae et datae in prioratu beatae Mariae Magdalenae de Malestricto, ordinis Benedicti, Venetensis

dioeceseos (Adam Murimuth, S. 134).

162 Universis praesentes literas inspecturis nos, miseratione divina, Petrus Penestrinus, sanctae Roma-

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nae ecclesiae vicecancellarius, et Ambaldus Tusculanus, episcopi, apostolicae sedis nuncii, notum facimus [es folgt der Vertragsinhalt] In quorum omnium testimonium presentes literas fieri fecimus sigillorum nostrorum appensione muniri (Adam Murimuth, S. 129, 134). Original des Vertrags in: Paris, AN J 636 17. Vgl. Adam Murimuth, S. 129 ff. Darunter befanden sich auf französischer Seite der Herzog Petrus von Bourbon, auf englischer Seite Henry von Lancaster, Graf von Derby, und William de Bohun, Graf von Northampton. Vgl. Adam Murimuth, S. 134 f. [I]n animas dictorum dominorum regum juramentis vallanda specialiter deputata, et super his ab eisdem regibus speciale mandatum habentes (Ebd., S. 130). [P]er multos et diversos tractatus coram nobis, prout sequitur, concordarunt (Ebd. S. 130). Althoff, Macht der Rituale, S. 19. Vgl. Ebd. S. 19.

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näle bis Malestroit steht zu vermuten, dass der Ort der letzten Verhandlungen mit dem Ort des Vertragsabschlusses identisch war.169 Nicolas Offenstadt zufolge handelte es sich bei der Anweisung Eduards III. am Jahresende 1342 an die Kardinalnuntien Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano sich zunächst nach Malestroit zu begeben, um den Versuch, künstliche Grenzlande abzustecken, und ein Dreieck fiktiver Hoheitsgebiete („fiction territoriale triangulaire“) zu errichten.170 Von seinen Gesetzmäßigkeiten entsprach dieses dem Verhandlungsarrangement des Ersten Friedensgipfels an der Kurie von Avignon.171 Dem entsprechend lag die geographische Mobilität in dem veränderten Feld der zweiten Verhandlungsphase nunmehr auf Seiten der anglo-französischen Gesandten. Die beiden Kardinalnuntien konnten dagegen ihr diplomatisches Kapital zur Korrelation, Verschriftlichung und Ratifikation der Konfliktlösungsvorschläge voll ausspielen und somit auch symbolisches Kapital gewinnen. Dieser Prozess ging interessanterweise mit einer verringerten Notwendigkeit zur eigenen Mobilität einher, was wiederum als Indikator für das gesteigerte Prestige zu werten ist, welches den kurialen Vermittlern in der Endphase einer Konfliktintervention zukam. Im Falle des Feldzuges Eduards in der Bretagne im Jahre 1343, der praktisch im Territorium seiner beiden Konfliktgegner Karl von Blois und Philipp VI. stattfand, war das Ziehen derartiger fiktiver Hoheitsgebiete deswegen notwendig, weil zu Beginn des Hundertjährigen Krieges noch auf keine „lieux fixés dans la mémoire diplomatique“172 zurückgegriffen werden konnte. Dass eine Kirche den Schauplatz der Gespräche darstellte, wird den Leser nach unserer Analyse der Friedensgipfel von Brügge kaum erstaunen. Offenstadt charakterisiert Kirchengebäude im Mittelalter in kulturgeschichtlicher Hinsicht als bevorzugte Orte zum Abschluss eines Friedensschlusses, aber auch für jede andere Phase von Verhandlungen. Kirchen waren der ideale Ort zur Stiftung von Frieden und Eintracht; des Frieden Gottes ebenso wie des der Menschen. Neben großen Kathedralen, die viel Raum für Zeremoniell zugelassen hätten, wurden durchaus auch sehr kleine Kirchen vor Ort des Geschehens zu Friedensverhandlungen herangezogen.173 Neben dem eigentlichen Versammlungsraum, womit vermutlich das Kirchenschiff gemeint war, wurden häufig noch weitere Räume zum Aufenthalt der Gesprächspartner genutzt. Lagen die Kirchen direkt an den Grenzen der gegnerischen Territorien, betraten beide Seiten bevorzugt den Innenraum gleichzeitig durch zwei verschiedene Türen.174 Insbesondere beim Abschluss eines Vertrages unterstrich die Wahl eines Sakralbaus als Unterzeichnungsstätte die friedensstiftende Absicht des Unternehmens: „Les lieux sacrées abritent fréquemment […] la préstation de serment“.175 169 170 171 172 173

Vgl. Robert Avesbury, S. 341. Vgl. im Folgenden: Offenstadt, Faire la paix au Moyen Âge, S. 154–160. Siehe Kapitel B) II. Offenstadt, Faire la paix, S. 154. Zwei Jahre zuvor war es in der Kirche von Esplechin ebenfalls zum Abschluss eines Waffenstillstandes gekommen. Zum Kriegsverlauf siehe Kapitel A) IV. 174 Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 160 ff.; Sumption, Divided Houses, S. 515; Offenstadt, Faire la paix, S. 156. 175 Ebd., S. 161.

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IV. Apostolische Nuntien als Repräsentanten der päpstlichen Diplomatie 1. Allgemeine Charakterisierung Kuriale Gesandte von Kardinalsrang können in Anlehnung an Hostiensis als diplomatische Glieder des Papstleibes bezeichnet werden.176 Dies betrifft freilich nur in zweiter Linie ihre von den Päpsten gerne heruntergespielte Rolle in der aktiven Politikberatung177 in Kardinalskommissionen und Konsistorien.178 Da sich die obersten Hirten von Avignon abgesehen von Ausnahmen und Sommerurlauben im Avignonesischen Umland durch eine bemerkenswerte stabilitas loci auszeichneten, bedarf es somit keiner besonderen Erklärung, weshalb gerade ihren Gesandten und Stellvertretern ein so hoher Stellenwert bei der Friedensvermittlung zukam.179 Denn unabhängig davon, ob der oberste Pontifex ein Zusammentreffen der Kriegsparteien an der Kurie von Avignon anstrebte oder zur Ausrichtung von Konferenzen in partibus gezwungen war,180 stets musste die Diplomatie durch eine Vielzahl von Verhandlungsgesandtschaften181 und einfachen Botengängen182 176 Vgl. zur „Legitimation des Kardinalats im 14. Jahrhundert“ umfassend: Dendorfer; Lützelschwab

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(Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 248–263. Zur Körpermetapher vgl. Hostiensis. Henrici de Segusio Cardinalis. Hostiensis iur. utr. monarchae celeberimi. In tertium Decrectalium librum commentaria, Venedig 1581 [RP Turin 1965], S. 10 A (De Clericis non residentibus, cap. II, 3); Dendorfer; Lützelschwab (Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 253–258; Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 19; Bagliani, Der Leib des Papstes, S. 73 ff. Vgl. Benoît XII (Étranger), N. 2871. Vgl. zur Bedeutung von Kommissionen zur Klärung von Kanonisationsverfahren und theologischen Probleme zusammenfassend: Dendorfer, Lützelschwab (Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 266 ff. Von der legendenhaften Weigerung Johannes‘ XXII., jemals wieder ein Pferd oder einen Esel besteigen zu wollen, es sei denn zur Rückkehr nach Rom bis hin zum konsequenten Ausbau des Papstpalastes als festungsähnlichem Gemeindeersatz, waren die Päpste von Avignon nicht gerade für ihre Mobilität bekannt. Abgesehen von Sommerurlauben in ihren umliegenden Residenzen wie Sorgues im Comtat Venaissin oder auf französischem Territorium wie Villeneuve-les-Avignon, einigen Reisen Urbans V. und Gregors XI. oder den beiden Umzügen nach Rom, hielt sich das Itinerar der Päpste von Avignon in engen Grenzen. Vgl. Weiß, Versorgung des päpstlichen Hofes, S. 119–124. Obwohl die Päpste im Verlauf des Hundertjährigen Krieges die Organisation von Gipfeltreffen in Avignon präferierten, konnte es Zeiten und Anlässe geben, in denen eine geographische Dezentralisierung des Friedensprozesses ratsamer erschien. Dazu zählten die Krankheit Benedikts XII, der Ausbruch der Pest im Jahre 1348 und immer wieder Übergriffe auf englische Gesandte durch den französischen Landadel. Siehe Kapitel B) I. 3. und Kapitel B) VIII. 2 b) Zur Typologisierung von Gesandtschaften, siehe Kapitel A) II. 5. Einfache Botengänge hatten häufig päpstliche cursores zu erledigen. Vgl. Clément VI (France), N. 2792; B. Schwarz, Im Auftrag des Papstes. Die päpstlichen Kursoren von ca. 1200 bis ca. 1470, in: A. Meyer; C. Rendel; M. Witmer-Butsch (Hrsg.), Päpste, Pilger, Pönitentiare. Festschrift für Ludwig Schmugge zum 65. Geburtstag, Tübingen 2004, S. 49–71; Dies., Les courriers pontificaux

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aufrechterhalten werden. In struktureller Hinsicht setzten sich Friedensmissionen häufig aus einer Hauptdelegation an beide Könige und weiteren, subordinierten Gesandtschaften zusammen, welche den „Chefvermittlern“ zuarbeiteten. Als diplomatische ‚Vorhut‘ bereiteten sie die Mission am Zielort vor oder kümmerten sich um die Kommunikation der manchmal getrennt voneinander operierenden Kardinäle mit der Kurie.183 So reiste Erzbischof Niccolò Canali von Ravenna 1345 nach England und bat unabhängig von simultanen Bemühungen des Kardinalbischofs von Tusculum sowie des Kardinalpresbyters von St. Johannes und Paul um freies Geleit für eben diese.184 Repräsentanten des Papstes konnten in jeder Phase der Friedensvermittlung angetroffen werden. Sie intervenierten ebenso vor einer drohenden Schlacht wie sie sich als Verhandlungsleiter während des Ersten Friedensgipfels von Avignon (1344/45) oder während der Friedensgipfel von Brügge (1375–1377) hervortaten. Ein zusätzliches Charakteristikum geistlicher Gesandter war der potentielle Mehrfachcharakter ihrer Mission. Mitunter bekamen Nuntien neben der Friedensstiftung zwischen den Königen von England und Frankreich noch andere Aufgaben übertragen, wie etwa die Wahrung kurialer Interessen innerhalb des anglopäpstlichen Streites um die Provision strittiger Pfründen. Somit wurde ein Nuntius aus englischer Perspektive sowohl als Repräsentant des auf ‚privater Basis‘ vermittelnden Pontifex, als auch als Vertreter der Universalkirche gesehen, welcher die zentralisierte Vergabe von Pfründen sowie deren fiskalische Erfassung überwachen sollte.185 Zudem besaßen Nuntien und Legaten das Recht, Prokurationsgelder einzusammeln, was der Unterstützung für sie selbst und ihr Gefolge durch geistliche Einrichtungen des Landes entsprach.186 Die Erträge hatten Gesandten durch aufwändige Diplomatie in eigener Sache einzutreiben, wobei oft genug der Papst Schützenhilfe zu leisten hatte.187 Es konnte Jahre dauern, bis die Gesandten ihre Gelder zusammenhatten. In Beständen englischer Diözesanarchive können die ökonomischen Auswirkungen, welche derartige Friedensmission

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du XIIIe au XVe siècle (vers 1200–vers 1470), in: A. Jamme; O. Poncet (Hrsg.), Offices et Papauté (XIVe-XVIIe siècle). Charges, Hommes, Destins, Paris 2005 S. 647–650; A. –M. Hayez, Les courriers des Papes d‘Avignon sous et Urbain V (1252–1370), in: La circulation des nouvelles au Moyen Âge, XXIVe congrès de la SHMES. Paris 1994, S. 49–62; P. Gasnault, La transmission des lettres pontificales au XIIe et au XIVe siècle, in: W. Paravicini; F. Karl Werner (Hrsg.), Histoire comparee de l‘Administration (IVe-XVIIIe siècles), München 1980, S. 81–87. Am Jahresende 1345 betätigte sich Bischof Hugh von Besançon als ‚Attache‘ der Kardinäle Ceccano und Aubert. Der Papst bat ihn, zur Kurie zurückzukehren oder bei Ceccano zu verbleiben und dadurch den Kontakt aufrecht zu erhalten. Vgl. Clément VI (France), N. 2157 (22. November 1345). Vgl. Adam Murimuth, S. 189–92. Vgl. chronologisch: Benoît XII (France), N. 304; Clément VI (France), N. 3253; Innocent VI, N. 2414, 2417–2421; Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240 f. 24 v. N. xxiv; Grégoire XI (France), N. 1793 (13. Mai 1373), 2462 (10. März 1372), 1041–1045 (17. Dezember 1372), 2462 (10. März 1372); Grégoire XI (Étranger), N. 3694 f. (31. Dezember 1375). Zur Vergabepraxis der Prokurationen und deren Konsequenz vgl. Lunt, Financial relations, Band 1, S. 532–34. Über die Prokurationsgelder während des Hundertjährigen Krieges vgl. Ders., Financial relations, Band 2, S. 621–81. Vgl. Clément VI (France), N. 275, 3707; Grégoire XI (France), N. 1598, 3746.

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auf den dortigen Klerus hatte, gut nachempfunden werden.188 Ein besonderes Ärgernis bestand darin, dass Prokurationen für Kardinalnuntien unabhängig davon eingetrieben werden konnten, ob die Gesandten in England oder Frankreich weilten.189 Durch die Doppelbetätigung der apostolischen Nuntien als Diplomaten und Schuldeneintreiber ergab sich unabhängig von ihrem Auftrag eine Belastung ihrer Beziehungen hinsichtlich des englischen Verhandlungspartners. Der Zusammenprall der wirtschaftlichen Realität einer Friedensmission mit den Erwartungshaltung der Kontrahenten prägte die oft negative Fama kurialer Vermittler in erzählenden Quellen maßgeblich.190 Die beschriebene Entwicklung trug nicht gerade zu einer erhöhten Akzeptanz der Päpste als „gemeinsame Freunde und Vermittler“ im Königreich England bei. Im Lauf der Arbeit dürfte es dem Leser aufgefallen sein, dass die Päpste von Avignon mit Ausnahme des sich selbst als mediatour bezeichnenden Gui de Boulogne191 unabhängig ihres Weihegrades oder Ranges in der Kirchenhierarchie den Vatikanischen Registern zufolge ausschließlich apostolische Nuntien als Vermittler entsandten, niemals aber Legaten, geschweige denn Kardinallegaten.192 Die einzigen abweichenden Quellenfunde stammen entweder aus in dieser Hinsicht rechtlich unverbindlichen wirtschaftlichen Quellen, den erzählenden Vitae Paparum oder gehen gar auf einen Regestenfehler eines Editors zurück.193 Bereits Coelestin V., Bonifaz VIII. oder Johannes XXII. hatten 188 Canterbury, Canterbury Cathedral Archives: CCA-DCc-ChAnt/X/6 (Brief des Priors von Canterbu-

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ry an den Abt von St. Mary‘s Abbey in der Diözese York über den Aufenthalt der Kardinalnuntien in seinem Kapitel bis zu ihrer Überfahrt nach England, 4 Juni 1338); CCA-DCc-ChAnt/P/84 (Brief Bischof Dafydd ap Bleddyns von St. Asaph in Wales an Prior Robert Hathbrande von Canterbury. Regelung der vom Prior organisierten Bezahlung des Unterhaltes der Kardinäle aus den Einnahmen seiner Diözese, 24. Oktober 1338); CCA-DCc-ChAnt/P/61A (Brief Bischof Robert Stratfords von Chichester an Robert Hathbrande hinsichtlich der Regelung der Unterhaltskosten für die Kardinäle von insgesamt 131 Shilling 15¼ Pence. Bitte um die Exemtion der Priore von Rochester und der Abtei von St. Augustinus in der Diözese Canterbury von weiteren Zahlungen, 23 November 1338); CCA-DCc-ChAnt/C/257F (Bericht des Kanonikers Simon Islip von Lincoln an Robert Hathbrande über das Vorankommen der Zahlungsbemühungen in seiner Diözese, 7. Dezember 1339); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1012. Für das Jahr 1372 vgl. London, Lambeth Palace, Register Wittlesey, f. 54 r-55 r (Mandat des Erzbischofs von Canterbury zum Eintreiben von Prokurationsgeldern in Höhe von 1333 Florin, 14. August 1372), 55 r (Mandat an den Erzbischof von York und päpstlichen Legatus natus, Johannes, mit der Aufforderung zur Zahlung von 333 florin innerhalb einer bestimmten Frist unter Androhung von Interdikt und Exkommunikation, 14. August 1372). Vgl. Lunt, Financial relations, Band 2, S. 626 f., 636, 662. Noch harmlos wirkt die spöttelnde Bewertung Gui de Boulognes bei: Jean le Bel, Band 2, S. 202. Vgl. Lunt, Financial relations, Band 2, S. 666. Siehe Kapitel B) V. Zur genetischen Herleitung und Klassifizierung der beiden Gesandtschaftstypen vgl. K. Walf, Die Entwicklung des päpstlichen Gesandtschaftswesens in dem Zeitabschnitt zwischen Dekretalenrecht und Wiener Kongress (1159–1815), München 1966, S. 18 f.; K. Ruess, Die Rechtliche Stellung der Päpstlichen Legaten bis Bonifaz VIII., Paderborn 1912, S. 4. Die scheinbar außergewöhnlichen Titulatur Kardinal Bertrand de Montfavès am 8. Juni 1339 und Annibaldo Ceccanos sowie Étienne Auberts am 14. Oktober 1347 als Legaten gehen auf Flüchtigkeitsfehler der Editoren bei ihrem Kurzregest zurück. Vgl. Benoît XII, N. 603; Clément VI, N. 3498.

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für anglo-französische Angelegenheiten stets Nuntien oder Vermittler ohne spezifische Amtsbezeichnung ernannt.194 Dies ist deshalb bemerkenswert, weil die Päpste bei anderen Friedensmissionen in spanische oder ungarische Konfliktfelder sowie bei politischen Ordnungsaufgaben durchaus Legaten entsandten. Hierbei handelte es sich, wie das Beispiel der Romreise Annibaldo Ceccanos im Jahre 1350 oder die Ungarn- und Spanienmissionen Gui de Boulognes zeigen, um dieselben hochrangigen Vertreter des Kardinalkollegiums wie bei den Vermittlungsreisen im Hundertjährigen Krieg.195 Es stellt sich jedoch nicht nur die Frage nach dem Grund einer ausbleibenden Entsendung von Kardinallegaten in unserem Untersuchungsfeld. So herrschen bis in die heutige Zeit in der Forschung definitorische Unklarheiten bei der Differenzierung zwischen Legaten und Nuntien vor. Dies äußerte sich bislang meist in der Hinsicht, dass für Gesandte von kardinalizischem Rang die Amtsbezeichnung ‚Legatus‘ deckungsgleich mit dem des ‚Nuntius‘ verwendet wurde.196 In der Tat haben uns die Dekretalisten über diese Differenzierungen nur wenige Auskünfte hinterlassen, welche mit der tatsächlichen Einsatzpraxis gerade apostolischer Nuntien in Übereinklang gebracht werden könnten.197 An dieser Stelle er-

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Lediglich in den apostolischen Rechnungsbüchern wurde der sich auf seiner Friedensmission nach England befindliche Kardinal Simon Langham eindeutig als apostolice sedis legato bezeichnet. Vgl. Schäfer (Hrsg.), Die Ausgaben der apostolischen Kammer unter den Päpsten Urban V. und Gregor XI, (1362–1378), S. 363 (26. März 1371). Vgl. die Mitteilung der Secunda vita Innocentii VI: Eodem anno, die martis post octabas Penthecostes [21 junii 1356], mittuntur in Franciam legati a latere [!] cardinales Albanensis, qui et Petragoricensis, et Nicholaus de Capociis, qui et Urgellensis dicebantur, pro sedandis dissidiis inter reges (Secunda vita Innocentii VI, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 334). Coelestin V. betraute am 2. Oktober 1294 dilectum filium magistrum Bertrandum dictum Delgot, canonicum Lugdunen‘ capellanum nostrum mit der Beilegung des Krieges von 1294–98. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band 1, 2, S. 811. Bonifaz VIII. entsandte am 18. Februar des Folgejahres die Bischofsnuntien von Albano und Penestrina zur Vermittlung im selben Konflikt. Vgl. Boniface VIII., N. 697 ff. Johannes XXII. ernannte Ende August 1324 die Bischofsnuntien Guillelmus von Vienne und Hugo von Orange. Vgl. Jean XXII (France), N. 2192–95; Menache, The Failure of John XXII‘s Policy, S. 423–437. So sollte Kardinal Bertrand de Deux als apostolice sedis legatus im Jahre 1325 Italien pazifizieren. Identisch tituliert wurde Pierre Bertrand de Colombier bei seiner Mission nach Tuszien im Jahre 1348. Vgl. Jean XXII, N. 2430; Clément VI, N. 3791 (24. März 1348). Auch Annibaldo Ceccano wurde im Jahre 1350 zum Legaten ernannt, während er bei seiner Ernennung als Friedensvermittler mit Pierre Despréz noch als apostolice sedis nuntiis bezeichnet worden war. Vgl. Clément VI, N. 94 (31. Mai 1342); 2181 (15. April 1350). Vgl. zudem die Ernennung Aegidius‘ Albornoz als apostolice sedis legatus nach Italien im Jahre 1353: Innocent VI, N. 352 (30. Juni 1353). Vgl. exemplarisch: Weiß, Das Papsttum, Frankreich und das Reich, S. 919, 928; Favier, Les Papes, S. 402 ff.; Guillemain, Die päpstliche Diplomatie, S. 603–607; W. De Rosa, Luca Fieschi alla Corte di Avignone, Florenz 1994, S. 47. Selbst der Doyen der Legatenforschung, Werner Maleczek, zieht in seinem maßgeblichen Beitrag keine Konsequenzen aus der dekretalisitischen Binnendifferenzierung der Gesandtschaftstypen und der tatsächlichen Ernennungspraxis während des Hundertjährigen Krieges. Vgl. Malezcek, Die päpstlichen Legaten, S. 41, 54, 62. Durandus zufolge galt ein Nuntius im Vergleich zu einem Prokurator als Amtsinhaber sine mandato & litteris [...] qui uicem gerit epistolae: est quam pica & organu, & vox domini mittentius ipsum

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scheint eine kurze Diskussion des Forschungsstands198 sinnvoll, bevor die Rede wieder detaillierter von den friedensstiftenden Nuntien von Avignon sein kann.

2. „Legatus vel nuntius“? Ein Beitrag zu der Terminologisierung des päpstlichen Gesandtschaftswesens Die Titulierung der geistlichen Gesandten in den päpstlichen Ernennungsschreiben und Dokumenten erfolgte in der Regel sehr bewusst.199 Ralph C. Figueira arbeitet in seinem Werk200 präzise die in ihrer historischen Entwicklung zunehmend eindeutigere Klassifizierung päpstlicher Legaten in den Dekretalen Gregors IX. im Liber Extra sowie einer Dekretale Innozenz‘ IV. heraus. Eine rege Kommentierung fand der Gesetzestext dann durch die Dekretalisten des 13. Jahrhunderts wie Guilelmus Durandus (De Legato).201 Letzterer differenziert zwischen legati de latere,202 den hochrangigsten Legaten von größtem kirchenrechtlichem und zeremoniellem Rang, den legati missi bzw. constituti – weniger hochrangige Legaten von begrenztem Mandat sowie die uns im Folgenden nicht weiter beschäftigenden legati nati von Metropolitanstellung.203 Der nuntius als solcher wird von Durandus bekanntlich zusammen mit dem cursor eher unspezifisch als ein nicht notwendigerweise in kirchlichem Auftrag tätiger, reiner Überbringer von Botschaf-

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(Ebd., S. 31, 221–222 (lib. I., Partic. III. (De Procuratore). Gregor IX. verstand unter Nuntien niederrangige Gesandte (nuntii simplices), welche nicht die „Ehre von Legaten beanspruchen” (Ruess, Die rechtliche Stellung, S. 105). Zum päpstlichen Gesandtschaftswesen vgl. Dendorfer, Lützelschwab (Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 270 ff.; Guyotjeanin, Olivier, Art. „Légat (Moyen Âge)“, in: Dictionnaire historique de la papauté, Paris 1994, S. 1010–1013; D. Girgensohn, Art. „Gesandte. B. Mittel- und Westeuropa. III. Kirchlicher Bereich.“, in: LexMA, Band 4 (1989) Sp. 1370–1372 und ebenso umfassend wie reflektiert sowie mit umfassenden Literaturangaben: Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 131–139; Maleczek, Päpstliche Legaten, S. 35 ff. Aus Umfangsgründen kann lediglich noch auf folgende, relevanten Beiträge eingegangen werden: Studt, Anspruch und Wirklichkeit, S. 85–119; Beattie, Angelus Pacis, S. 65–87; B. Barbiche, Les „Diplomates“ Pontificaux du Moyen Âge tardif à la Première Modernité. Office et Charge Pastorale, in: A. Jamme; O. Poncet (Hrsg.), Offices et papauté (XIVe-XVIIe siècle). Charges, Hommes, Destins, Paris 2005, S. 357–370. Dies beobachtete bereits C. I. Kyer; Legatus and Nuntius as used to denote Papal Envoys, 1245– 1378 in: Mediaeval Studies, 40 (1978) S. 473–477, bes. 474 f. Vgl. im Folgenden: R. C. Figueira, The canon law of medieval papal legation, Ithaca 1980, S. 254–295; Ders., The Classification of Medieval Papal Legates in the ‘Liber Extra’, in: Archivum Historiae Pontificiae, 21 (1983) S. 211–225. Vgl. im Folgenden: Guilelmus Durandus, Speculum iudiciale, hrsg. von G. Andrea; B. Degli Ubaldi, Band I, Basel, 1574 [RP 1975], S. 29–58(lib. I., Partic I. (De Legato). Laut Walf wurde der Begriff seit dem 4. Jahrhundert nach Christus verwendet und beschrieb zunächst Stellvertreter (vices) auf den Synoden des Ostens. Von einer kontinuierlichen Verwendung des Begriffes kann jedoch keine Rede sein. Ausgerechnet unter dem für seine Durchsetzung der Kirchenreform mittels seines Legationswesens bekannten Gregor VII. lässt sich keine Verwendung des Titels feststellen. Vgl. Walf, Die Entwicklung, S. 18 f.; K. Ruess, Die Rechtliche Stellung, S. 4. Vgl. Durandus, Speculum iudiciale, S. 31 ff. (lib. I., Partic I. (De Legato).

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ten bzw. als „lebendiger Brief“ charakterisiert, keinesfalls aber in eine Reihe mit den von ihm sehr viel detaillierter beschriebenen Legaten gestellt.204 Fachwissenschaftlicher Konsens ist es, dass sich die Stellung eines Legaten oder Nuntius beträchtlich voneinander unterschieden. Anders als der gänzlich eigenständig, wenn auch immer noch im Namen des Papstes agierende Legat verfolgte der Nuntius stets einen klar definierten Auftrag und brachte den konkreten Willen des Papstes zum Ausdruck.205 Sein Auftrag war durch eindeutige Instruktionen und Sonderfakultäten definiert.206 Ein Legat habe zwar ebenfalls ergänzende Fakultäten erhalten, diese jedoch nicht im eigentlichen Sinne benötigt.207 Die herausragende Stellung eines legatus a latere kann letzten Endes durch dessen volle Legationsgewalt (plenae legationis officium) definiert werden.208 Ein Legat war zudem Repräsentant des Papstes (vices), genauer genommen sein alter ego. Kraft übertragener iurisdictio ordinaria besaß er Anteil an der päpstlichen plenitudo potestatis. In kirchenrechtlicher wie zeremonieller Hinsicht genoss der Legat unbedingten Vorrang gegenüber dem Ortsklerus. Nuntien verfügten dagegen über ein viel stärker eingeschränktes Mandat, welches auf nur einen Auftrag begrenzt war.209 In der Tat lässt sich die Vergabe der vollen Legationsgewalt in den Ernennungsschreiben für die 204 Vgl. Ebd.; Walf, Die Entwicklung, S. 6. 205 „Whereas the nuncio exercised his principal’s will and spoke his words, the legate exercised his own

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will and spoke his words in the name of the principal”, in: R. A. Schmutz, Medieval Papal Representatives, Nuncios and Judges-Delegate, in: Studia Gratiana, 15 (1972) S. 458. Die in größerem Umfang mögliche Diskretion seines Auftretens und dessen höhere Reisegeschwindigkeit qualifizierten den Nuntius dabei insbesondere zur Überbringung von Botschaften, Beschaffung von Informationen und zur Aushandlung und Arrangierung von Entscheidungen. Vgl. Ebd., S. 460. Anders als Plöger verwendet Schmutz die Begriffe „Instruktionen“ und „Beglaubigungen“ deckungsgleich. Im Folgenden wird für eine Ernennungsurkunde eines apostolischen Nuntius – in Übereinstimmung mit Plöger und Felten – der Begriff ‚Prokuratorie’ gebraucht. Vgl. Schmutz, Medieval Papal Representatives, S. 458; Felten, Verhandlungen an der Kurie im frühen 14. Jahrhundert, S. 424 ff. Schmutz, Medieval Papal Representatives, S. 459. Zu einer Analyse apostolischer Nuntien während des Hundertjährigen Krieges vgl. demnächst A. Willershausen, Les légats pendant les conférences de paix pendant la guerre des Cent Ans (1337–1377), in: H. Millet (Hrsg.), Les légats pontificaux. Paix et unité de l’Eglise, de la restructuration grégorienne à l’aube du Concile de Trente (mi XIe– mi XVIe siècle) (in Vorbereitung). Diese lässt sich im Dekretalienrecht u.a. definieren durch die Vollmacht der Loslösung gebannter Personen vom Kirchenbann auch außerhalb ihrer Provinz, umfangreiche Rechte der Benefizienvergabe vakanter Stellen in ihrem Legationsgebiet und die Resignation von Ämtern entgegenzunehmen, die Wahlen hochrangiger Prälaten zu bestätigen, die Jurisdiktion über exemte Geistliche auszuüben sowie Ablässe von bis zu 100 Tagen zu vergeben. Hinzu kam ein unbedingter zeremonieller Vorrang vor anderen Legaten. Vgl. P. Hinschius, § 69 Die legati a latere, in: Ders., System des katholischen Kirchenrechts mit besonderer Rücksicht auf Deutschland. Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland, Band 1, Berlin 1869, S. 514; Ruess, Die rechtliche Stellung, S. 142–150. Die unbedingte Bindung dieser Rechte an ein bestimmtes Missionsgebiet, welches jeweils mit einem Metropolitansprengel vergleichbar sei lässt sich so ohne weiteres für die Nuntien im Hundertjährigen Krieg nicht bestätigen. Vgl. Walf, Entwicklung, S. 15.

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kurialen Friedensvermittler im Hundertjährigen Krieg nicht feststellen.210 Diese Differenzierung erscheint aus dem Grund entscheidend, weil eine terminologische Trennung der drei genannten Legatenklassen im 14. Jahrhundert ungebräuchlich war, die Päpste selbst lediglich zwischen legatus und nuntius unterschieden.211 Es ist somit nicht verwunderlich dass Historiker häufig quellenfern, aber durchaus in legistischer Anlehnung an Durandus von der prinzipiellen Kongruenz des Amtes des legatus a latere sowie des Kardinalsranges ausgingen.212 Dabei hatte schon Bernard Barbiche in einem knappen Überblick festgestellt, dass sich, anders als von Kirchenjuristen postuliert, Legaten keineswegs ausschließlich aus Mitgliedern des Kardinalskollegiums zusammensetzten.213 Zudem hatte bereits im 19. Jahrhundert Paul Hinschius auf die Möglichkeit verwiesen, auch Kardinäle als legati missi, also ‚Kardinallegaten‘ mit eingeschränkten Vollmachten, zu entsenden.214 Nach Barbiche wurden im Verlauf des 14. und 15. Jahrhunderts eine Vielzahl einflussreicher Kardinäle als apostolici nuncii entsandt.215 Es spricht somit einiges für die wohl zuerst von Hinschius postulierte begriffliche Gleichsetzung von legatus missus und dem apostolicus nuntius.216 Abgesehen der bekannten rechtlichen Differenzierungen zwischen dem legatus a latere sowie dem uns hier interessierenden Nuntius wurden in jüngerer Zeit nicht nur in Bezug auf den Umfang der Vollmachten, 210 Vgl. Les registres de Nicolas IV. Recueil des bulles de ce pape, publiées et analysées d‘après les

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manuscrits originaux des Archives du Vatican, hrsg. von E. Langlois, 2 Bände, Paris 1887–1905, N. 219 (27 August 1288); Les registres de Martin IV (1281–1285). Recueil des bulles de ce pape, hrsg. von F. Olivier-Martin, 3 Bände, Paris 1901–1935, N. 270 a (5. April 1282), 276 (18. November 1282), 472 (17. Juni 1283); Les registres d‘Honorius IV (1285–1287). Recueil des bulles de ce pape, publiées et analysées d‘après les manuscrits originaux des Archives du Vatican, hrsg. von M. Prou, Paris 1886–1888, N. 770, 771 (31. Mai 1286); Les registres de Benoît XI. Recueil des bulles de ce pape, publiées et analysées d‘après les manuscrits originaux des Archives du Vatican, hrsg. von C. Grandjean, Paris 1883 - 1905, N. 1171 (31. Juni 1304); Clément VI, N. 442 (13. Oktober 1343); Innocent VI, N. 352 (30. Juni 1353); Urbain V, N. 681 (26. November 1363), 1080 (10. Juli 1364), um nur wenige Beispiele zu nennen. Vgl. Barbiche, Les „Diplomates“, S. 357–370, S. 362. Eine empirische Untersuchung des päpstlichen Gesandtschaftswesens im 14. Jahrhundert steht noch aus. Für das 15. Jahrhundert vgl. W. Untergehrer, Die päpstlichen nuntii und legati im Reich (1447–1484). Zu Personen und Organisation kurialer Diplomatie (Ein Einblick in die bereits online veröffentlichte Arbeit war mir leider nicht mehr möglich): http://edoc.ub.uni-muenchen.de/15862/1/Untergehrer_Wolfgang.pdf (abgerufen am 27.11.2013). Vgl. De Rosa, Luca, S. 45; Beattie, Angelus Pacis, S. 65–87; Guillemain, Art. „Die päpstliche Diplomatie“, S. 602 f. Siehe hierzu die Ernennung des Bischofs von Coron (1359–1363) und späteren Patriarchen von Konstantinopel, Petrus de Thomas, sowie Petrus‘ Calice von Ostuni in Kreuzzugsangelegenheiten. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 171 f. 17 v. (11. März 1359); Reg. Aven. 147 f. 102 r. -109 v. (13. Januar - 16. März 1361); Urbain V (France), 1080–84 (10. Juli 1364); Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 212, 381; Housley, Avignon Papacy, S. 38, 40 43 ff.; G. Smet, Art. „Pietro Tommaso (Pietre Di Thomas)“, in: Enciclopedia Cattolica, Band 9 (1952) Sp. 1459. Hinschius, § 69,1, Die legati a latere, S. 517. Vgl. Barbiche, Les „Diplomates“ Pontificaux, S. 361–363. Vgl. Hinschius, § 69, 1, Die legati a latere, S. 517. So auch Walf, Entwicklung, S. 14, wobei dieser von einer begrifflichen Verwendung des Terminus nuntius im eigentlichen Wortsinn ausging.

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sondern auch hinsichtlich deren Auswirkungen auf die eigentliche Missionspraxis Zweifel am Sinn einer strikten Terminologisierung päpstlicher Diplomaten aufgeworfen.217 Tatsächlich unterschieden sich Qualität und Quantität der kirchenrechtlichen wie disziplinarischen Fakultäten, welche Talleyrand de Périgord im Jahre 1356 als apostolischer Nuntius erhielt, nur minimal von denen, welche etwa Giovanni Orsini auf seiner Mission nach Italien als Legat im Jahre 1326 zustanden.218 Dass die Wirkmächtigkeit eines päpstlichen Gesandten stärker von seinen Sonderfakultäten als von seinem legatorischen Rang abhing, ist bereits häufiger bemerkt worden.219 Während der Ansprache (collatio) Clemens‘ VI. bei der Rückkehr Ceccanos und Auberts Anfang Dezember 1347 wurden die Kardinalnuntien gar als nuncii a latere und daher konkret als Teil des Papstleibes bezeichnet.220 Darüber hinaus verfügten Nuntien, sobald sie die Kurie verlassen hatten, über umfangreiche Vollmachten, mit denen sie kirchenrechtlich in eine legatenähnliche Position hineinwuchsen.221 In der Tat stellte Barbiche Ende des 14. Jahrhunderts eine starke Annäherung zwischen dem Rang eines Nuntius und dem eines Legaten fest. Ersterer wurde in Ernennungsschreiben manchmal sogar als nuntius cum potestate plena potestate legati de latere bezeichnet.222 Auch in zeremonieller Hinsicht lässt sich dieser Befund bestätigen: Das Kapitel De creatione cardinalium legatorum vel nunciorum223 aus dem Ordo Romanus XIV des Kardinals Jacobo Stefaneschi224 betont vor allem die 217 Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 134. Dass die Päpste für gewöhnlich in ihren Urkunden

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zwischen beiden Rangstufen deutlich unterschieden, ist bekannt. Vgl. C. I. Kyer, Legatus and Nuntius as used to denote Papal Envoys, 1245–1378, in: Medieval Studies, 40 (1978) S. 473–477. Vgl. die Fakultäten des Nuntius Talleyrand de Périgords in: Innocent VI (France), N. 2024–2085 mit denen des Legaten Giovanni Orsinis in: Jean XXII, Lettres Communes, N. 26399–26440. Liste in: Beattie, Angelus Pacis, S. 207–211. Dass sich aus der Anzahl der Fakultäten alleine noch keine Rückschlüsse auf die Ämterhierarchie des päpstlichen Gesandtschaftswesens ziehen lässt, zeigt die zahlenmäßig geringere Ausstattung des Legatus a latere Branda de Castiglione im 15. Jahrhundert, welche Studt für idealtypisch hält. Vgl. Studt, Martin V., S. 447–453. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 134; Ruess, Die rechtliche Stellung, S. 123. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 218 mit FN 360. Allgemein zur Bewertung des Verhältnisses zwischen Papst und Kardinalskollegium vgl. J. A. Watt, Hostiensis on Per Venerabilem: The Role of the College of Cardinals, in: B. Tiernay; P. Linehan (Hrsg.), Authority and Power. Studies on Medieval Law and Government Presented to Walter Ullmann on his seventieth Birthday, Cambridge 1980, S. 99–113. Hierzu gehörte die Vollmacht, bestehende und der Friedensinitiative entgegenlaufende Bündnisse und Allianzen aufzuheben und Behinderungen der Mission durch Exkommunikation und Interdikt bestrafen zu können. Vgl. Benoît XII (France), N. 305, 307–334; Maleczek, Die päpstlichen Legaten, S. 41 f. mit Walf, Die Entwicklung, S. 92, welcher erst im 16. Jahrhundert Nuntien mit Vollmachten ausmacht, die an diejenigen eines legatus a latere heranreichen. Vgl. Barbiche, Les „Diplomates“, S. 363 ff. Vgl. Dykmans (Hrsg.), Le cérémonial papal, S. 475–502 [N. X] mit dem Zeremoniale Patrizi Piccolominis im 15. Jahrhundert das nur Legaten anführt: M. Dykmans (Hrsg.), L‘œuvre de Patrizi Piccolomini ou Le cérémonial papal de la première Renaissance, Band 1 (Studi e testi. Biblioteca Apostolica Vaticana, 293–294), Città del Vaticano 1980–8, S.157–158 [Titulus Octavo, XIX]. Zur Bedeutung des Ordo Romanus XIV als Quelle für liturgische und zeremonielle Handlungen des Kardinalskollegiums vgl. Dendorfer; Lützelschwab (Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 264 ff.

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Gemeinsamkeiten der von dessen Autor meist in einem Federstrich genannten Gesandtentypen. Gleichwohl fallen zwei gewichtige Unterschiede ins Gewicht: Lediglich einem Legaten war es gestattet, nach Auszug aus der Stadt, in welcher sich der Papst aufhielt, die cappam communem abzulegen, den cappam rubeam de scarleto anzuziehen sowie das birettum rubeum aufzusetzen225, welches die Vollgewalt seines Herren auf seiner Reise so eindrucksvoll symbolisierte. Der Theorie entgegen stehen indes bekannte Fälle aus den Chroniken, in welchen auch Kardinalnuntien Vorrechte erhielten, die eigentlich einem Legaten zustanden. So betont das Chronicon Anonymi Cantuariensis ausdrücklich, dass die Kardinalnuntien Talleyrand de Périgord und Niccolò Capocci auf ihrer Reise nach England dem englischen Primas, Erzbischof Simon Islip von Canterbury, verboten, in ihrer Anwesenheit sein Kreuz zu tragen.226 Dieser ‚Bonus‘ an symbolischem Kapital, den der Legat theoretisch gegenüber einem Nuntius zur Schau stellen durfte, musste vom Prinzip mit einem Verlust an ökonomischem Kapital erkauft werden.227 Ein Kardinallegat durfte während seiner Mission keine Einkünfte mehr aus den Erträgen des Kardinalskollegiums kassieren, ein Nuntius dagegen schon.228 Es ist daher wohl zu Recht durch Lützelschwab die Schlussfolgerung gezogen worden, dass in der „päpstlichen Remunerationspolitik“ ein Teilgrund für die Bereitschaft der Kurie gefunden werden kann, durchaus auch Nuntien von Kardinalsrang auf diplomatische Missionen zu entsenden.229 Finanzielle Gründe könnten aber auch auf indirektere Weise eine Auswirkung auf die päpstliche Gesandtschaftspolitik des 14. Jahrhunderts gehabt haben. Nach Lunt war es nämlich die dreijährige Mission des Kardinaldiakons Ottobono von S. Adriano in den Jahren 1266–68 in England gewesen, welche einen Wendepunkt in der Entsendung von Kardinallegaten nach England gespielt habe.230 Insbesondere letztere Legation war mit ihrer Forderung eines Prokurationsgeldes von 6 Mark pro Jahr auf heftigsten Widerstand 225 Vgl. Dykmans (Hrsg.), Le cérémonial papal, S. 500 [N. 118, 20]. 226 Vgl. Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 38 f. Bei dem Vorantragen des Legatenkreuzes unge-

achtet möglicher Prärogative des Ortsklerus handelte es sich um ein klares Privileg von Kardinallegaten. Vgl. Dykmans (Hrsg.), Le cérémonial papal, S. 500 [N. 118, 21] mit der Interpretation der irreführenden Regelung in besagtem Ordo Romanus: Attende tamen quod crux non [!] portatur ante legatum nec ante nuntium, in: F. Wasner, Fifteenth-Century Texts on the Ceremonial of the Papal ‚Legatus a latere‘, in: Traditio, 14 (1958) S. 295–358, hier: 301–310. Zeremonienbücher des 15. Jahrhunderts fügen den älteren Texten nicht mehr viel hinzu, ja setzen deren Kenntnis sogar teilweise voraus. Vgl. Dykmans (Hrsg.), L’œuvre de Patrizi Piccolomini, Band 1, S. 134* ff., 158 [N. 424]. Ein solcher Einzug bereitete bereits ein Jahrhundert später einem so hochrangigen wie einflussreichen Kardinallegaten wie Henry Beaufort Schwierigkeiten. Vgl. Studt, Anspruch und Wirklichkeit, S. 109; Dies., Martin V., S. 656. Zu Beaufort vgl. G. Holmes, Cardinal Beaufort and the crusade against the Hussites, in: English Historical Review, 88 (1973) S. 721–750. 227 Zum Begriff des ‘Kapitals’ siehe Kapitel A) III. 6. 228 Vgl. Dykmans (Hrsg.), Le cérémonial papal, S. 500 [N. 118, 22]; Baumgarten, Untersuchungen und Urkunden über die Camera Collegii Cardinalium, S. 1 f. [N. 1–3]. 229 Vgl. Dendorfer; Lützelschwab (Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 270. 230 Vgl. Lunt, Financial relations, Band 1, S. 550 f.; Ders., Financial Relations, Band 2, S. 664; J.H. Lynch, Cardinal Ottobono visitation of Sempringham, 1268, in: Manuscripta, 24, 1 (1980) S. 8–9.

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gestoßen und hatte sich damit einen verheerenden Nachruf in der Chronistik gesichert.231 Eine weitere Ursache für die dezentere Legationspraxis der Kurie könnte in der Abhängigkeit der Kurie von der Kooperation des englischen Klerus bei ihrem steten Ausbau des Provisonswesens und der Fiskalisierung der Ertragsausschöpfung verwaister und neubesetzter Bistümer seit Beginn des 14. Jahrhunderts zu finden sein. Prokurationsgelder des lokalen Klerus für päpstliche Gesandte etwa wurden fallweise durch den Papst festgelegt, folgten aber bestimmten Traditionen. Ihre Höhe richtete sich nach der Amtsfunktion eines Gesandten, aber auch nach dessen innerkirchlichem Rang. Aus den Kredentien Benedikts XII. für seinen niederrangigen Nuntius, Guillaume d’Ami, dem Praeses der Kirche von Varna, geht etwa hervor, dass der Papst lieber einen nuncius inferioris statu und keine solemnis nuncii entsandte, quia missio solennis nuncii esset ad onus Ecclesiarum que sunt nimium onerate.232 Dennoch ist diese Form der Zurückhaltung in unserem Themenkomplex als Ausnahmefall zu bewerten, da Kardinälen unabhängig ihres legatorischen Ranges der Höchstsatz an Geldern zustand.233 In anderer Hinsicht machte sich die Rücksichtnahme auf englische Empfindsamkeiten auch unabhängig des Hundertjährigen Krieges bemerkbar.234 Noch im frühen 15. Jahrhundert beharrten die englischen Könige und Notablen darauf, bei der Einreise eines Legaten nach England ihr Einverständnis durchsetzen zu können und obendrein die Zeremonialentfaltung des Legaten beschränken zu dürfen.235 Noch in den Jahren 1418 bis 1431, also im Vorfeld des Kongress von Arras (1435) konnten Kardinäle zwei differierende Ernennungsschreiben erhalten, welche sie sowohl zu einer Vorgehensweise als Legat, als auch als Nuntius befähigten, um sich so die nötige Handlungsfreiheit bewahren zu können.236 Auch praktische Gründe können als Entscheidung für einen bestimmen Gesandtentyp ausfindig gemacht werden. Laut Benedikt XII. kehrten im Falle des Scheiterns einer Mission hochrangige Nuntien mitsamt ihrem Hab und Gut oft in beträchtlicher Verwirrung zurück. Niederrangige Gesandte konnten sich dagegen rascher und effizienter zwischen den Kriegsparteien und der Kurie fortbewegen.237 Aus der Erklärung des Papstes kann 231 Vgl. Lunt, Financial relations, Band 1, S. 550 f. 232 Benoît XII (France), N. 763. 233 Die Jahresendsumme für einen Kardinal entsprach gewöhnlich 4 pence in the Mark, welche aus

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den Einnahmen des Landesklerus für den Zehnten bezogen wurde. Vgl. Lunt, Financial relations, Band 2, S. 621, 664. So zum Beispiel bei der Ernennung Gaucelmus und Lucas als Nuntien durch Johannes XXII. im Jahre 1317. Vgl. Jean XXII, N. 3137 (15. März). Vgl. Studt, Anspruch und Wirklichkeit, S. 85–119, hier: 109 mit FN 99; Dies, Martin V., S. 431, S. 656 f.; G. L. Harriss, Cardinal Beaufort. A study of Lancastrian Ascendancy and Decline, Oxford 1988, S. 178 f.; Holmes, Cardinal Beaufort, in: English Historical Review, 88 (1973) S. 734. Vgl. Dickinson, Congress of Arras, S. 80. Et sanctitas vestra intuens quod mala succrescebant et graviora, mittit et nuncium inferioris status quia missio solennis nuncii esset ad onus Ecclesiarum que sunt nimium onerate, et solennes nuncii missi alias nichil facere potuerunt, et si consimilis status missi fuissent et nichil facerent, redirent cum propria et mittentis confusione, et nuncius inferioris status potest ire cicius et redire (Benoît XII (France), N. 763).

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gefolgert werden, dass die zusätzlich kostspielige und aufwändige Entsendung eines Legaten ein zu großes Maß an Lethargie in die Intervention von Krisen gebracht hätte, in denen eine dynamischere Handlungsweise erforderlich war. Die Vermutung, dass es vor allem die Entsendung von Vermittlern im Team gewesen sein könnte, welche die Päpste dazu bewogen hatten den Nuntienrang zu verleihen, führt dagegen nur scheinbar zum Ziel. Zwar ist in der römischen Spätantike eine Tradition „ständiger Vertreter des Promagistrats“ mit Range der „legati Augusti praetore“ vorzufinden, welche in Stellvertretung des Kaisers eine Provinz verwalteten,238 es wäre also zumindest denkbar dass auch die Päpste darauf bedacht gewesen sein könnten, diesen Titel eben nur einer Person im selben Legationsgebiet zu verleihen. Doch lassen sich zum einen durchaus Gegenbeispiele einer multiplen Ernennung bzw. Betitelung von Legaten im gleichen Missionsgebiet ausmachen,239 zum anderen erhellt ein derartiger Erklärungsansatz noch nicht unser Verständnis der offensichtlich bewusst getroffenen Ernennungspraxis der Avignonesischen Päpste im Hundertjährigen Krieg. Stärker noch als jede kirchenfinanzielle bzw. kirchenpolitische Entscheidung vermag das Selbstverständnis der obersten Hirten als privata persona bei ihrer Vermittlung und somit das Feld der politischen Reputation und des Prestiges des Papstes als Privatperson einen Beitrag zur Klärung des Problems leisten.240 Die Päpste von Avignon ernannten möglicherweise deswegen keine Kardinallegaten in anglo-französischen Konflikten,241 um den Eindruck zu vermeiden, dass sie ihn als Amtsträger und somit als potentiellen arbiter oder gar iudex repräsentierten. Ein Legat mit zeremoniellem Impetus in seinen scharlachroten Mantel gehüllt, einem Baldachin über seinem Haupt 238 Vgl. P. Kehne, Art. „Legatus“, in: Der Neue Pauly [DNP], Band 7 (1999) Sp. 5–6 mit Ders, Art. „Le-

gatio“, in: Der Neue Pauly [DNP], Band 7 (1999) Sp. 2–4 in welchem die reine Legationstätigkeit eines gleichfalls als legatus bezeichneten römischen Boten beschrieben wird und aus dem deutlich wird, dass diese Tätigkeit durchaus auch durch mehrere Personen ausgeübt werden konnte. 239 Die meisten Irregularitäten während unseres Untersuchungszeitraumes sind unter Urban V. während seiner Bemühungen zur Befriedung der Regionen des Kirchenstaates zu beobachten. Auch wenn die Forschungsliteratur stets eine alternierende Legation Gil de Albornoz‘ und Androin de la Roches konstatiert, behandelte die apostolische Kammer die beiden Geistlichen durchgehend synchron als legati. Vgl. Urbain V (France), N. 1070 (9. Juli 1364, 1298 (9. Oktober 1364), 2390 (6. September 1367) mit der Darstellung der Mission bei: S. Weiß, Delegierte Herrschaft. Innozenz VI., Kardinal Albornoz und die Eroberung des Kirchenstaates, in: Märtl; Zey (Hrsg.), Aus der Frühzeit Europäischer Diplomatie, S. 67–64; Favier, Les Papes, S. 474–482. Doch bereits Clemens VI. bedachte zwei Gesandte während einer Mission ins selbe Einsatzgebiet mit dem Legatenrang und gab diesen gar plene legationis officio: Clément VI (France), N. 1493 (26. September 1347), 2306 a (16. September 1348). 240 Zu diesem Selbstverständnis der Päpste siehe Kapitel B) I. 3. a); Kapitel B) II. 2. und Kapitel VII. 4 c). Zum honor papae bzw. ecclesiae vgl. Felten, Verhandlungen an der Kurie, S. 471; Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 209 mit FN 322 sowie im Zusammenhang mit der Bewahrung der päpstlichen Reputation im Falle des Scheiterns einer Mission niederrangiger Nuntien: Dendorfer; Lützelschwab (Hrsg.), Geschichte des Kardinalats, S. 270. 241 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, Teil 3, S. 137; Boniface VIII, N. 868 (28. Mai 1295); Jean XXII, N. 2193, 2195.

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und mit einem Legatenkreuz vorneweg hätte vor der Schlacht von Poitiers wohl kaum so schwungvoll wie juristisch unverbindlich zwischen die Fronten reiten können, wie Talleyrand de Périgord es schließlich tat.242 Als Gegenprobe für die These mag der Versuch Bonifaz‘ VIII. vom Juni 1302 dienen, die Inthronisierung des gleichnamigen Sohnes König Wenzels II. von Böhmen (1283–1305) und Polen (1300–1305) auf den ungarischen Königsthron zu revidieren.243 Die durch die böhmische Initiative ausgelösten Spannungen gedachte Bonifaz mit hierokratischem Gestus zugunsten Karl König Roberts von Neapel zu beenden.244 Der Papst zitierte dabei die Thronprätendenten vor ein päpstliches Schiedsgericht. In diesem eindeutigen Fall war es sinnigerweise ein päpstlicher Legat, Kardinalbischof Nicolaus von Ostia, welchen der Papst zur Ordnung der Verhältnisse entsandte.

3. Zusammenstellung päpstlicher Gesandtschaften und Auswahlkriterien apostolischer Nuntien Bei der Auswahl apostolischer Nuntien lässt sich feststellen, dass die Päpste unabhängig aller erörterter Formaljurismen aufgrund der Unwägbarkeiten ihrer Aufträge eine kollegiale Zusammenstellung ihrer Nuntien für das Vielversprechendste hielten.245 Traditionell besaßen Beglaubigungsschreiben für eine Gesandtschaft im Spätmittelalter eine Klausel, welche nach ihren typologischen Anfangsworten quorum genannt wird, und zum Ausdruck bringen soll, dass die päpstlichen Vermittler auch dann noch über volle Handlungsvollmachten verfügten, wenn beispielsweise nur noch einer von mehreren angekündigten Gesandten zur Durchführung ihrer Mission in der Lage waren.246 Die obersten Hirten verstanden dies jedoch als äußerste Maßnahme während eines Notfalles.247 Am 242 Vgl. Dykmans (Hrsg.), Le cérémonial papal, S. 500 [N. 118, 20]. 243 Wenzel III., der kurz nach seiner Wahl den Namen Ladislaus V. annahm, konnte sich nicht dauerhaft

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gegen Karl Robert von Anjou behaupten und wurde bereits im August 1306 auf einer Reise nach Polen ermordet. Vgl. K.-U. Jäschke, Europa und das römisch-deutsche Reich um 1300, Stuttgart 1999, S. 40 ff.; J. Žemlička, Art. „Wenzel III.”, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 2190; Thomas, Ludwig der Bayer, S. 26 ff. Attendentes igitur quod thronus apostolici culminis constitutis est a Domino super reges et regna, ut equitatis virga unicuique tribuat, pravjma dirigat in directa, et morbis, qui fomentorum non recipiunt medicinam, asperius medicamen apponat (Boniface VIII, N. 5025 (10. Juni 1302). Vgl. U. Schulze, Art. „Wenzel II.”, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 2188 ff.; Thomas, Ludwig der Bayer, S. 27. Vgl. Ruess, Die rechtliche Stellung, S. 128 unter Verweis auf eine Gesandtschaft Bonifaz‘ VIII. Vgl. Boniface VIII., N. 3402. Quare fraternitatem tuam hortamus attente, mandantes, quatenus nuntios prefatos vel alterum eorum si alter quod absit, esse forsitan impeditus benigne recipiens (Vatikanstadt, ASV Instr. Misc. 6209 (22. Februar 1370); Vgl. zur diplomatiegeschichtlichen Theorie: Plöger, England and the Avignon Popes, S. 142 f.; Cuttino, English Diplomatic Administration, S. 155. Non obstantibus etc. plenam et liberam vobis [den Nuntien] tenore presentium concedimus facultatem: quod si forte vestrum aliquem contigerit impediri, ut hiis exsequendis interesse insimul non possitis, alter vestrum ea nichilominus exequatur. Ita tamen quod hujusmodi impedimento [durante] premissorum executioni ambo pariter intendatis (Clément VI (France), N. 94).

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Beispiel der gewollten Trennung der Kardinalnuntien Niccolò Capocci und Talleyrand de Périgord während der Poitiers-Kampagne des Schwarzen Prinzen zeigt sich die Sorge Innozenz‘ VI. um den Zusammenhalt seiner Nuntien: Der Papst hatte von dem Zwist der beiden Anfang Oktober 1356 erfahren. Nur zwei Tage zuvor hatte er die Nachricht vom Scheitern seiner Vermittler und der verheerenden Niederlage des französischen Königs bei Poitiers erhalten. Innozenz VI. ging nicht soweit, hier einen Zusammenhang zu unterstellen. Doch ließ er seine Nuntien unmissverständlich wissen, dass er eine getrennte Vorgehensweise aus grundsätzlichen Erwägungen missbilligte: Gerade Friedensvermittler, welche die Entzweiten zur Eintracht rufen sollten, hatten sich selber einig zu sein.248 Innozenz argumentierte damit, dass gerade dann Zwietracht zu befürchten sei, wenn Körper und Geist entzweit worden seien. Da es unmöglich sei, die Aktionen des Körpers von den Leidenschaften des Geistes zu trennen, könnten auch Friedensstifter nicht auf Eintracht verzichten.249 Innozenz VI. forderte daher den renitenten Kardinal Capocci dazu auf, wieder zu seinem Kollegen zurückzukehren. Als Begründung der notwendigen Vereinigung nannte Innozenz die dadurch verbesserten Möglichkeiten der Entscheidungsfindung, da viel Rat auch viel Heil nach sich ziehe.250 In einer Reihe weiterer Schreiben empfahl Innozenz dem Kardinalpriester von Sankt Vitalis, wieder mit Périgord zusammenzuarbeiten.251 Innozenz verglich dabei die gegenwärtige Friedensmission mit Samen, welche nicht in der Erde aufgingen, mit einer schwierigen Gerichtsverhandlung, während derer sich die Anwälte uneins seien, mit einem Schiff, das aufgrund der uneinheitlichen Ruderbewegungen der Seeleute Schiffbruch erleide oder den schützenden Hafen nicht erreiche und zuletzt mit dem Wohlstand des Staates, welcher auf dem Spiel stehe, wenn seine Statthalter in Zwietracht regierten.252 Die Rhetorik des Papstes wäre nicht so nachdrücklich ausgefallen, wollte er nur auf die Notwendigkeit zur Einhaltung traditioneller, diplomatischer Gepflogenheiten hinweisen. Vielmehr deuten gerade die praktischen Argumente Innozenz‘ darauf hin, dass er seine Nuntien nicht mehr – wie noch Benedikt XII. 248 [I]llis tamen major incumbit necessitas unitatis quos ad uniendos divisos et discordes ad concor-

diam revocandos constat esse transmissos (Innocent VI, N. 2402).

249 Nam quomodo unitati et paci vacabunt utiliter aliorum qui non solum animo sed operatione invicem

separantur Inefficax quippe est pacis amator scandali et vix aut raro concordiam promovebit qui non fuerit sicut opere sic etiam mente concordie prosecutor cum sit impossibile actiones corporis a passionibus animi per omnia discrepare (Ebd., N. 2402). 250 Der Papst [Innozenz VI.] zitierte zudem ein Sprichwort, nach dem mehrere Augen besser sähen, als wenige: [D]iscretioni tue per apostolica scripta mandamus quatinus eidem episcopo corde et corpore te conjungens sibi utiliter et salubriter consule, ipsius etiam consiliis salubribus acquiesce. Nosti enim quod ibi salus ubi multa consilia et vulgarium proverbio dicitur quod melius et sanius vident plurium oculi quam paucorum (Ebd., 2402). 251 Vgl. Ebd., N. 2478, 2481–82, 2509. 252 [T]erra nec disponi seminibus nec vomere scindi potest et intuens diligenter causam difficile vel sero terminari sententia in promotione cujus dissentiunt advocati navemque tranquilla sulcantem quantumlibet equora cui discrepantes exhibent naute remigium obnoxiam esse naufragio et ad sinum portus dirigi difficulter et attendentes etiam rei publice statum periclitari velut in fluctibus sub sediciorum gubernatione rectorum (Ebd., N. 2481).

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oder Clemens VI. – technisch als reine Verlängerung des eigenen Aktionsradius betrachtete.253 Vielmehr begriff er die Arbeit seiner Kardinäle als weitgehend autarke Form der Friedensstiftung, deren äußere Funktionsfähigkeit es zu schützen galt.254 Bei der Selektion der Nuntien überließ der Papst folglich nichts dem Zufall: Dykmans und Lützelschwab stellten bereits an Einzelfällen die Entschlossenheit der obersten Hirten fest, Gesandtschaften ausgewogen zusammenzustellen. Als Nuntien wurden bevorzugt diejenigen Kurialen ernannt, welche in biografischer wie fiskalischer Hinsicht in einer Beziehung zu beiden Königreichen standen.255 Neben einem Kardinal französischer Abstammung ernannten sie häufig einen zweiten Vermittler, der entweder über enge Beziehungen zum englischen Königshaus verfügte oder aufgrund seines biografischen Hintergrundes zumindest als neutral gelten konnte. Bereits die ersten Vermittler des Hundertjährigen Krieges im Jahre 1337 erfüllten diese Voraussetzungen: Dem provenzalischen Kardinal Bertrand de Montfavès stellte Benedikt XII. mit Pedro Gomez da Barroso einen Kastellanen an die Seite.256 1340 und 1342 wurden die Kapläne Guillaume d’Ami und William Bateman kurzfristig zu Konfliktinterventionen entsandt.257 Im selben Jahr wurde der französisch-stämmige Vizekanzler der Kurie, Pierre Desprez, auf seiner Friedensmission durch den italienischen Kardinal Annibaldo Ceccano ergänzt, welcher von Eduard III. mit einer jährliche Pension von 50 Mark Sterling als consiliar ausgestattet wurde.258 Drei Jahre darauf schickte Clemens VI. den inzwischen bewährten Ceccano259 zusammen mit dem gleichaltrigen, aber in der Kurienhierarchie seinerzeit niedriger anzusiedelnden Franzosen Étienne Aubert auf die Reise.260 Der ehemalige Bischof von Clermont und künftige Papst Innozenz VI. war erst knapp drei Jahre zuvor von Clemens VI. zum Kardinalpriester von St. Johannes 253 Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 219 mit FN 364. 254 Lediglich einmal wurde von Clemens VI. erwogen, die Kardinäle in zwei Gesandtschaften in die

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beiden Königreiche aufzusplitten. Vgl. Clément VI (France), N. 2726; Lützelschwab, Flectat Cardinals, S. 200 f. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 197; Dykmans, Annibal de Ceccano, S. 222. Vgl. Benoît XII, N. 305–37 (24. Juni 1337); Sumption, Trial by Battle, S. 217 f.; Cuttino, English Dplomatic Administration, S. 18 mit FN 1. Vgl. Benoît XII, N. 763–66 (26. August 1340); Déprez, La guerre de Cent Ans à la mort de Benoît XII, S. 61, 66 f. [Appendix I]; Lunt, Financial relations, Band 2, S. 636 ff. Siehe Kapitel A) I. Vgl. Dykmans, Le cardinal Annibal de Ceccano, S. 179. Keine Pfründen besaß Ceccano dagegen im Königreich Frankreich. Vgl. London, PRO C 270/20 m.7. Lützelschwab bezeichnet die erneute Ernennung Ceccanos als „kluge Personalentscheidung.“ Der Kardinal kannte aufgrund seiner Erfahrung „als Vermittler des Waffenstillstands von Malestroit besser als jeder andere sowohl die Schwierigkeiten als auch die Möglichkeiten“ zur Verhinderung von Kampfhandlungen. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 196. Siehe Kapitel B) III., IV. Lützelschwab vermutet aufgrund der erwähnten Nähe Ceccanos zum englischen König, dass, „[d]ie Ernennung des Étienne Aubert [...] dann der Absicht des Papstes entsprungen sein [könnte], das politische Gleichgewicht an der Spitze der Gesandtschaft auszubalancieren oder zugunsten Frankreichs zu verschieben“ (Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 197). Dykmans stellt den Kardinal dagegen als gegenüber Frankreich feindlich gesonnen dar. Vgl. Dykmans, Annibal de Ceccano, S. 222.

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und Paul promoviert worden.261 Bedauerlich selten werden aus unseren Quellen die Gründe für derartige Personalentscheidungen deutlich: Der französischen Königin, Johanna von Bourbon, kündigte der Papst Étienne Aubert als honoris et comodi [und] fervidum zelatorem an.262 Die Schmeichelei begründete sich durch Auberts Tätigkeit als Jurist des Seneschalls von Toulouse und seine mehrjährige Arbeit am Parlement de Paris. Mehr als sechs Mal durfte er die Interessen der französischen Kirche an der Kurie vertreten.263 Bei dieser Gelegenheit machte er wohl die Bekanntschaft des damaligen französischen Kanzlers und künftigen Papstes Clemens VI., Pierre Roger.264 Als kritisch erwies sich die aus eigenem Antrieb begonnene Friedensmission des Kardinalbischofs von Porto, Gui de Boulogne.265 Als im Juli 1353 dem Papst durch englische Gesandte zu verstehen gegeben wurde, dass der derzeit allein agierende Boulogne als Vermittler für die englische Seite nicht mehr akzeptabel sei, räumte Innozenz ein, dass der Kardinal dem Los seiner Landsleute naturgemäß stärker verbunden sei. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass sich Boulognes Einsatz aufgrund seiner noblen Geburt und seines Standes dennoch am Gemeinwohl orientiere.266 Dennoch entsandte Innozenz VI. schließlich als Ergänzung den ehemaligen Kollektor in England und päpstlichen Kaplan Raymond Pelegrini.267 Er hatte nicht zuletzt in Erfahrung zu bringen, ob dem englischen König ein anderer Vermittler lieber sei.268 Obwohl Pelegrini in der Gascogne geboren und der Diözese Cahors aufgewachsen war, kündigte Innozenz VI. ihn Johann II. von Frankreich als Sprössling französischer Untertanen an, der den Interessen Frankreichs sehr gewogen sei. Ein Hinweis, welcher in englischen Kredentien begreiflicherweise fehlt.269 Als für die Friedenspolitik begünstigend sollte sich die enge verwandtschaftliche Verbindung Boulognes zum französischen König erweisen: Johann II. schenkte seinem Onkel 261 262 263 264 265 266

Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 449. Clément VI (France), N. 1850. Vgl. Favier, Les Papes d’Avignon, S. 143. Vgl. Ebd. S. 133. Siehe im Folgenden: Kapitel B) V. Et licet nos memorato archidiacono respondentes diceremus ei quod in te veluti viro tanti generis, tanti status tantarumque virtutum suspitio aliqua non cadebat, et quod, quanquam apud te prefati regis Francie preponderaret affectio, tamen hujusmodi negocium sola consideratione utilitatis publice assumpseras promovendum (Innocent VI, N. 466). 267 Vgl. Lunt; Graves (Hrsg.), Accounts rendered, S. xxxi-xxxv; Lunt, Financial relations, Band 2, S. 647 f. 268 Procuret igitur idem magister Raymundus cum eisdem regibus et aliis, de quibus viderit expedire, quod dicti reges consentiant paci et concordiam amplexentur, et procuret indagare ac scire prudenter et caute si eisdem regibus gratum esset quod idem dominus noster pro hujusmodi negocio eundem dominum Boloniensem, vel alios solennes nuncios destinaret (Innocent VI, N. 433). 269 Vgl. Super quo dilectum filium magistrum Raymundum Pelegrini, canonicum Londoniensem, capellanum nostrum, apostolice Sedis nuncium, latorem presentium, qui de fidelibus dicti regni tui traxit originem et honorem tuum sincere zelatur, ad te ipsumque regem providimus destinandum, adicientes hujusmodi precibus ut, que idem nuntius magnitudini tue pro parte nostra retulerit, credas indubie illaque ad sperate ac votive consumationis effectum perducere benignitas tua velit (Innocent VI, N. 437) mit Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 235, f. 133, Regest in: Innocent VI, N. 439.

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prinzipielles Vertrauen. Dies geht aus einem Schreiben der französischen Königskanzlei vom 24. April 1353 an zwei Ratgeber hervor. Johann II. betonte in diesem, dass er sich, obwohl keinerlei Hoffnung auf Frieden bestand, nur aufgrund der Bitte des Kardinalbischofs von Porto auf erneute Verhandlungen in der Picardie eingelassen habe.270 Auch die glücklosen Nuntien, Abt Androin de la Roche von Cluny und Bischof Johannes Jofevris von Elne (Perpignan), 271 erfüllten die Kriterien der Parität; die Bischöfe Johannes von Capua und Petrus Calvillas von Tarazona, welche vergeblich versucht hatten, den chevauchée des Schwarzen Prinzen im November 1355 zu stoppen, können hinsichtlich ihrer Abstammung sogar als gänzlich ‚neutral‘ gelten.272 Die im Februar 1356 getrennt nach Westminster und Paris reisenden Kapläne, Simon Sudbury, Kanzler von Salisbury und päpstlicher Auditor, sowie Archidiakon Reginaldus von Étampes fallen noch stärker in unser Raster einer paritätischen Zusammensetzung päpstlicher Gesandtschaften.273 Die Kardinalnuntien der Jahre 1356–58, de Périgord und Capocci, benötigen keine Vorstellung mehr.274 Mitte November 1359 betraute der Papst den französischen Ordensgeneral des Dominikanerordens, Simon de Langres, zusammen mit dem englischen Dekan William Lynn mit der Abwendung des chevauchées Eduards III.275 Wenige Monate später bekamen diese Verstärkung durch den in diplomatischer Hinsicht häufig unterschätzten Abt Androin de la Roche von Cluny. Jegliche Bewertung des Abtes von Cluny entzündet sich an dessen glückloser Rolle als zweimaliger Ersatz des Legaten Gil Álvarez Carillo de Albornoz während der kriegerischen Rückeroberung des Kirchenstaates (1357/58, 68/69),276 die stets mit einem ineffektiven Versöhnungskurs gegenüber den Visconti einherging. Gänzlich ohne diplomatische Erfahrung war der Abt hingegen nicht, da er sich doch 1355 als Vermittler zwischen England und Frankreich betätigt hatte.277 Darüber hinaus verhandelte Androin gegenüber Kaiser Karl IV. um die Eintreibung eines Zehnten. Auch in den Verhandlungen zwischen den Prätendenten um 270 Cumque ad preces precarissimi avunculi nostri Cardinalis bolonie mediatoris in hac parte nuncii

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nostri fuerint in partibus picardie pro tractando cum nunciis Regis anglie adversarii nostri, de bona pace & concordia, et adhuc debeant guerre et esse nisimul in festo trinitatis proximo instantis pro eadem causa. Et nos postmodum habuerimus etiam nona per que nullam spem habemus quod devers tractatus pacis & concordie veniat ad effectum (Paris, AN JJ 82, f. 75 v, N. 112). Vgl. Innocent VI, N. 1389–95, 97 (22. bis 24. Februar 1355); Lunt, Financial relations, Band 2, S. 648 f. Vgl. Innocent VI, N. 1802–08, 1829 (5., 20. November 1355). Bei Johannes handelte es sich um den vormaligen Bischof von Brindisi, der Spanier Petrus wiederum hatte seine gesamte 37jährige Kirchenkarriere im Bistum Tarazona verbracht. Vgl. Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 164, 486. Vgl. Innocent VI, N.1946–48 (23. Februar 1356); Lunt, Financial relations, Band 2, S. 649 f. Siehe Kapitel B) VI. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 455; Lunt, Financial relations, Band 2, S. 657 ff. Der Reiterzug des englischen Königs hatte zwei Wochen zuvor am 4. November 1359 begonnen. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 426 ff. Vgl. Weiß, Delegierte Herrschaft, S. 67–64. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 153, 439.

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den Herzogstitel in der Bretagne, Charles de Blois und Jean Montfort, hatte er sich als apostolischer Nuntius betätigt.278 Dieser erfolgreichste Friedensstifter in unserem Untersuchungszeitraum intervenierte also zusammen mit Hugues de Genève während der Belagerung von Paris. Bei letzterem handelte es sich um den Ritter von Anthon, einen Veteranen früherer Kampagnen Eduards III. in den Jahren 1339–1340.279 Zu Beginn der 1370er Jahre vermittelte die mit dem besten Gespür für Symmetrie zusammengesetzte kardinalizische Gesandtschaft. Noch Urban V. hatte den ehemaligen englischen Kanzler und Erzbischof von Canterbury, Simon Langham,280 zusammen mit dem in Paris residierenden, gegenwärtigen französischen Kanzler, Jean de Dormans,281 mit der Beilegung des neu ausgebrochenen Hundertjährigen Krieges betraut.282 Aus einem Hinweis Simon Langhams in einem Schreiben an Bischof Brantynhgham von Exeter im Frühjahr 1370 geht hervor, dass Auswahl und Missionsgebiet seines Partners auf den Wunsch Karls V. zustande gekommen war.283 Damit schien bereits der frühneuzeitlichen Entwicklung residentieller „Kronkardinäle“ am französischen Königshof vorgegriffen worden zu sein, welche den Interessen ihres Monarchen nachzukommen trachteten.284 Die überalterten Kardinalnuntien wurden schließlich zur Vorbereitung der Friedensgipfel von Brügge (1375–77) nicht erneut entsandt, sondern durch die Bischöfe Pileus da Prata von Ravenna und Gullielmus de Lestrange von Carpentras abgelöst. Wie mehrfach zuvor war ein Italiener zusammen mit einem Südfranzosen zum Nuntius ernannt werden. Es lässt sich daher zweifellos bei den Päpsten von Avignon ein paritätisches System personaler Bindungen zu den jeweiligen Konfliktparteien feststellen. Zweifel sind dagegen angebracht, inwieweit sich dieses ‚System’ auch in der diplomatischen Praxis bewährte. Der nach dem beschriebenen Raster ideal zusammengesetz278 Auf Empfehlung Eduards III., welcher dem Abt bereits die Erneuerung eines Schutzbriefes Heinrichs

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II. für sein Kloster gewährt hatte, wurden die Mühen Androins schließlich am 17. September 1361 mit der Kardinalswürde belohnt. Vgl. Reg. Vat. 240, f. 119 v N. Cx (27. Dezember 1360); Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 3, S. 616 (22. Februar 1354); Innocent VI, N. 1610 (1. Juni 1355), 2145 (21. Mai 1356), 2414 (7 Oktober 1356), 2490 (4. Dezember 1356); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 547 (28. Oktober 1360). Vgl. Favier, Les papes d’Avignon, S. 478 ff.; Lunt, Financial relations, Band 2, S. 648 f., 657–61; Eubel (Hrsg.), Hierachia Catholica, Band 1, S. 20. Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 439. Simon Langham war nach dem Tode Thomas Jorz‘ im Jahre 1310 der letzte Engländer gewesen, der von den Päpsten von Avignon zum Kardinal promoviert worden war. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 28; Blake, Art. „Langham, Simon OSB, Bischof von Ely (1362–1366)“, Sp. 1686. Vgl. Laperrine, La fortune d‘un clerc du roi au XVIe siècle, S. 3–36. Siehe Kapitel B) VIII. Dominus noster Papa, considerans quod Rex Francie habet Cardinalem Beluacensem pro parte sua (The Register of Thomas de Brantyngham, bishop of Exeter, S. 221). Vgl. P. Jugie, Art. „Cardinal (jusqu‘au concile de Trente)”, in: Dictionnaire historique de la papaute, S. 279. Das Prinzip permanenter Nuntiaturen am französischen Königshof entwickelte sich in Grundzügen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Vgl. P. Blet, Histoire de la Représentation Diplomatique du Saint-Siège des origines à l’aube du XIXe siècle (Collectanea Archivi Vaticani, Band 9), Città del Vaticano 1982, S. 198; Guillemain, Cour Pontificale, S. 239.

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ten Gesandtschaft Ceccanos und Auberts war bis zur Einnahme von Calais durch die Engländer im Jahre 1347 keinerlei Erfolge beschieden. Monatelang wurde ihnen nicht einmal Geleit nach England gewährt.285 Am Beispiel der Friedensverhandlungen in Calais und Brügge in den Jahren 1372–1373 unter der Leitung der Kardinäle Langham und Dormans wird deutlich, dass die eingangs skizzierte, paritätische Legatenpolitik sogar regelrecht missverstanden werden konnte. Der anonyme Verfasser der Prima vita Gregorii XI vermutete sogar, dass die diametral gegensätzliche Zusammensetzung der Gesandtschaft stärker konfliktschürend als –lösend gewirkt habe: [E]tiam quia ipsi cardinales videbantur partiales potius existere quam tractatores, et merito, cum primus Anglie et secundus Francie regum predictorum cancellarii et familiares perprius extitissent.286 Der Erfolg päpstlicher Friedensmissionen war also insgesamt weniger von der Selektion der Vermittler, sondern vom militärischen Hintergrund ihrer Mission bestimmt.

4. Praktische Aspekte kurialer Friedensmissionen Zu Beginn ihrer Mission begaben sich Nuntien häufig nach Paris und bemühten sich um die Kompromissbereitschaft der französischen Seite. Diese wurde ihnen in aller Regel unverbindlich gewährt, wobei Chroniken generell die freundliche Aufnahme der geistlichen Gesandten betonen. Im Jahre 1372 kam es zur seltenen Konstellation, dass mit Jean de Dormans ein hochrangiger Kardinal zum Nuntius ernannt wurde, der sich derzeit als französischer Kanzler im Dienste einer der beiden Kriegsparteien befand.287 Aus 285 Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 195–211. 286 Prima vita Gregorii XI, in: Vitae paparum avenionsium, Band 1, S. 416–417. Bei dem Autor handelt

es sich um ein anonymes Mitglied des Dominikanerordens, welcher Ende des 14. Jahrhunderts in Frankreich schrieb und sich an die Chronik Werner von Hasselbeckes anlehnte. Vgl. Mollat, Étude critique sur les Vitae Paparum Avenionensium, S. 58–82. 287 En celi temps, le pape Grégoire envoia cardinaulx legas par devers les roys de France et d’Angleterre, pour traictier de paix entre euls, c’est assavoir un cardinal anglois, appellé le cardinal de Cantorbire, et un françois, appellé le cardinal de Biauvais, le quel estoit chancellier de France. Et li envoia le Pape sa commission et son povoir en France, et celui de Cantorbire parti d’Avignon où le Pape estoit, et ala celi de Biauvais, qui estoit à Paris, encontre celi de Cantorbire, jusques à Meleun, là où ilz demourerent iii ou iiii jours, et puis vindrent ensemble à Paris et parlerent au Roy et li distrent pour quoy le Pape les envoioit par devers les diz roys. Et requis[t]rent au roy de France que il se vousist consentir à bonne paix. Le quel, eue deliberation avecques son Conseil, fist respondre que bonne paix vouldroit il avoir, et sur ce, sanz autre chose faire ne plus proceder, après ce que le dit cardinal de Cantorbire ot demouré à Paris par aucuns jours et disné avec le Roy, il se parti de Paris et s’en ala vers Calais, et le conduist tousjours, par le royaume de France, de par le Roy, un chevalier, appellé le Haze de Chambly, et le cardinal de Biauvais demoura à Paris (Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 156 f.). Eine Ernennung als apostolischer Nuntius schien dem Kardinal von Beauvais gleichwohl nicht mit der Weiterbekleidung seiner Kanzlerschaft vereinbar. Daher legte der Kardinal am 21. Februar 1371 zunächst sein Amt nieder und nahm es erst wieder auf, als sein Nachfolger kurz nach dem Ende seiner Mission verstarb. Vgl. Ebd., Band 2, S. 160 f. mit FN 2).

Apostolische Nuntien als Repräsentanten der päpstlichen Diplomatie

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diesem Grunde trafen sich die Nuntien zunächst bei Melun, um über ihre gemeinsame Vorgehensweise abzustimmen. Nach ihrer Audienz beim König von Frankreich brachen die Gesandten meist entweder alleine oder gemeinsam zu ihrem neuen Reiseziel auf, bei dem es sich in der Regel um den mutmaßlichen Aufenthaltsort Eduards III. in England oder bereits auf dem Kontinent handelte. Einige Male kam es vor, dass die Nuntien eine Operationsbasis bezogen, von der aus sie flexibel agieren konnten. Zweimal war Tournai Herberge von Kardinalnuntien. Da sich das Bistum Tournai über weite Teile der Grafschaft Flandern erstreckte,288 war die alte Bischofstadt in der Frühphase des Krieges ein zentraler Ort, von dem von päpstlicher Seite aus ein leichter Zugriff auf die wechselnden Bündnispartner Eduards III. möglich war. Im Jahre 1342 gastierten Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano in der Stadt, vier Jahre darauf erneut Ceccano und sein Kollege Étienne Aubert. Ziele des Aufenthaltes waren 1342 die Entzweiung Eduards III. von seinen niederländischen Verbündeten, im Jahre 1346 die Verkündung des päpstlichen Interdikts über Flandern.289 Gilles li Muisit berichtet, dass jeweils der ranghöhere oder erfahrenere Nuntius im Kloster Saint-Martin, dessen Partner jedoch im Palast des Bischofs untergebracht wurde. Beim ersten Mal logierte also der Kardinalbischof von Palestrina und Vizekanzler in der Abtei, während beim zweiten Mal der inzwischen zum Kardinalbischof von Tusculum promovierte Ceccano in der Wohnstätte des Tournaier Chronisten verweilte.290 Traditionell schwierig gestalteten sich die Bemühungen der Nuntien, freies Geleit für Ihre Reise nach England zu erhalten. Das kam nicht von ungefähr, hatten doch zu Beginn des Jahres 1338 die ersten vermittelnden Kardinalnuntien des Hundertjährigen Krieges, Bertrand de Montfavès und Pedro Gomez de Barroso, während ihres Aufenthaltes in England nicht davor zurückgeschreckt, den englischen Klerus und Eduard III. unter Androhung geistlicher Strafen zu einer Weiterführung des Friedensprozesses zu bewegen.291 Hierbei hatte es sich um den letzten Einsatz dieses Zwangsmittel vor der genannten Grundsatzentscheidung Papst Benedikts XII. gehandelt, in Zukunft nur noch als mediator und amicabilis compositor tätig sein zu wollen.292 Im Jahre 1345 hatte die mehrfache päpstliche Warnung Eduards III. vor dem Kirchenbann im Kontext des eng288 Vgl. D. Nicholas, Medieval Flanders, London/New York 1992, S. 139 f. 289 Hatte Clemens VI. seine Nuntien 1342 noch Sondierungsgespräche um eine Aufhebung des Kir-

chenbannes über Flandern führen lassen, beauftragte er vier Jahre später die Kardinäle mit einer Erneuerung des Interdikts auf der Grundlage der anhaltenden Renitenz der Flamen bei der Unterstützung des englischen Kronanspruchs. Siehe Kapitel B) III. 3. 290 Eodem anno ad festum beati Bartholomei, venerunt in Tornaco duo cardinales, videlicet dominus vicecancellarius qui recepit hospicium in abatia Sancti Martini, et alius cardinalis Neapolitanus dictus Hannibal qui hospicium accepit in domo episcopi (Gilles li Muisit, S. 137 f.); Anno predicto, duodecima die maij in die Sabbati, venerunt in Tornacum duo domini cardinales, videlict dominus Hanibal et dominus Clarmontensis; fuitque dominus Hanibal in monasterio Sancti Martini et alius in domo episcopali (Ebd., S. 175 f.). 291 Vgl. Chaplais (Hrsg.), English Medieval diplomatic practice, Band 1, S. 288 [N. 154]; Calendar of Entries in the Papal Registers, Band 4, S. 537. 292 Siehe Kapitel A) II. 1., Kapitel B) I. 3. c) und Kapitel B) II. 2.

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

lischen Widerstands gegen das kuriale Provisionswesen zu einer Verweigerung der Einreise zweier bischöflicher Gesandter geführt.293 Auch in anderen Fällen hatte der englische König die Einreise der Nuntien mit einigem Aufwand und so manchem markigen Spruch auf den Lippen verhindert,294 der dessen eigentliche Motive für die Ablehnung päpstlicher Vermittlungsbemühungen zu vertuschen half. Während laufender Kampagnen bemühten sich die Nuntien um eine ebenso enge wie nervenaufreibende Tuchfühlung mit den Kontrahenten. Nachdem Kardinal Bertrand de Montfavès vor Mont-Saint-Martin in der Picardie versucht hatte, Eduard III. begreiflich zu machen, dass das Königreich Frankreich mit einem undurchdringlichen Gewebe aus Seide umgeben sei, wurde er von dem englischen Kronjuristen Geoffrey le Scrope auf den Glockenturm eines Frauenklosters geführt. Nachdem der Kardinal angesichts der zu beobachtenden Feuersbrunst in der dörflichen Umgebung gefragt wurde, ob er nicht denke, dass dieses Gewebe schon längst durchbrochen sei, fiel Bertrand angeblich in Ohnmacht.295 Weitaus schlechter erging es seinen Nachfolgern Ceccano und Aubert während der Kampagne des Jahres 1346, da sie einen Raubüberfall von einem Trupp Walisern zu erleiden und den Verlust zahlreicher Pferde zu beklagen hatten, welcher darauf von Eduard III. ersetzt wurde.296 Zehn Jahre später wurde dem ungleichen Vermittlerpaar Talleyrand de Périgord und Niccolò Capocci bei ihrer Rückkehr nach Avignon ihr ganzes Hab und Gutes geraubt.297 Bei ihrem ersten Treffen mit Eduard hatten die Vermittler nämlich einen Überfall walisischer Truppen und den Diebstahl von 20 Pferden zu beklagen.298 Eduard gab ihnen darauf zumindest Geleit für künftige Verhandlungen299 und 293 Am 1. März 1345 hatte John Shordich 10 Mark erhalten ad obviandum ibi Nunciis Domini Summi

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Pontificis ad nos in Angliam nuper missis (London, PRO C 62 (Liberate Rolls)/122 m. 9); Mirot; Déprez (Hrsg.), Ambassades anglaises, S. 187 [N. CCC]. Der Papst bemühte sich darum die Engländer davon zu überzeugen, dass die Bischöfe Niccolò Canali von Ravenna und Pedro Alfonso von Astorgia keine Bannbullen mit sich trügen: Non sine displicentia noviter intellecto tibi, fili carissime, fuisse suggestum quod nuncios nostros pro publicandis processibus et fulminandis sententiis in Angliam mittebamus, tuam magnificentiam volumus pro certo tenere quod nullam super talibus concessimus eisdem nunciis potestatem (Vgl. Clément VI (France), N. 1445 (30. Januar 1345). Zum Abfassungszeitpunkt des Schreibens hatte der König die Einreise der Nuntien freilich schon gestattet, auch wenn für den König Friedensverhandlungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Frage kamen. Die Gewähr des freien Geleites wurde am 8. Februar aus nicht bekannten Gründen erneut erteilt. Vgl. London, PRO C 76/17 m. 1 (12. Januar 1345); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 28 f. (Briefe vom 28. Januar und 8. Februar 1345); Adam Murimuth, S. 160 f. Siehe Kapitel B) III. 2. Vgl. Geoffrey le Baker, S. 65; Sumption, Trial by Battle, S. 283 f.; Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 49. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 513. Vgl. Lunt, Financial relations, Band 2, S. 656. Vgl. Eulogium Historiarum, S. 207. [M]andamus quatinùs nec ipsis venerabilibus patribus, nec ipsorum familiaribus, seu cuiquam eorumdem, aut rebus suis quibuscumque inferatis, seu inferri permittatis, dampnum (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 88).

Päpstlicher Informationshorizont und kuriale Kommunikationspraxis

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ersetzte den leidgeprüften Vermittlern ihre gestohlenen Pferde.300 Der Papst warnte seine Kardinäle dringend davor, sich zukünftig in Gefahr zu begeben. Laut Clemens konnte die Kurie es nicht verschmerzen, wenn ihnen etwas zustieße. Die Nuntien sollten sich besser mit bewaffneten Dienern umgeben.301 Auch die Nuntien und Kollektoren des Jahres 1359, Thesaurar von Lichfield Hugh Pelegrini und sein Familiar Bernardus Sudria, hatten zum Missfallen des Papstes eine Gefangennahme durch Poncio de Gordonio, Herren eines Kastells in der Diözese Cahors zu beklagen.302

V. Päpstlicher Informationshorizont und kuriale Kommunikationspraxis 1.

Kommunikationswissenschaftliche Grundvoraussetzungen

Die Situation des Papstes ähnelte einer Spinne im Netz, welche entweder auf das Zappeln eines Fadens warten oder durch das Weiterspinnen ihres Netzes neuen Einfluss auf ihre Umwelt nehmen muss, um aktiv bleiben zu können. Von einem kommunikationswissenschaftlichen Blickwinkel sollte bei der Betrachtung des Ablaufes einer päpstlichen Friedensmission von einer Anwendung veralteter Sender-Empfänger- (S-R) bzw. StimulusOrganismus-Response-Modellen (S-O-R)303 Abstand genommen werden. Übertragen auf die päpstliche Friedenspolitik läge in dem Falle ein zu starker Akzent auf die schöpferische Tätigkeit des Pontifex, wobei die eigene Gestaltungskraft der Nuntien ausgeklam300 Vgl. Eulogium Historiarum, S. 208. 301 Ceterum volumus vobisque, quantum possumus, inhibemus, quod nullo modo personas vestras

periculis imminentibus exponatis; scitis namque quod exinde, si sinistrum, quod absit, contingeret, preter dampnum irreparabile, nostra et dicte Sedis maxima confusio sequeretur, et tam pungitivus dolor infigeretur nostris precordiis, qui animam nostram pertransiens nullo unquam tempore ab inde valeret dilui vel avelli. Et omnino credimus expedire quod unum vel duos servientes armorum pro securiori custodia, et ad mittigandum, si oporteret, rumorem populi vobiscum continue habeatis (Clément VI (France), N. 2766). 302 Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Aven. 141, f. 646 (19. Deptember 1359). Hugh Pelegrini war am 24. Juni des gleichen Jahres zusammen mit seinem Bruder Raimund als Kollektor entsandt worden. Die Erträge aus den Einnahmen des englischen Klerus sollten sie dabei zur Bezahlung des Lösegeldes Johanns II. verwenden. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 240 f. 50 v., N. lxxviii. 303 Darunter fallen das einfache, behavioristische Stimulus-Reaktions-Modell (S-R) aus den 1920er und dreißiger Jahren ebenso wie das zusätzliche „intervenierende oder mediatisierende Faktoren“ des betreffenden Organismus berücksichtigende S-O-R Modell (1950 und 1960er Jahre). Vgl. H. Bonfadelli, Medienwirkungsforschung I. Grundlagen und theoretische Perspektiven, Konstanz 1999, S. 27 ff. Die Komplexität und Störanfälligkeit des Kommunikationsvorgangs berücksichtigen erweiterte Ansätze wie das Kanalmodell einer „mathematischen Theorie der Kommunikation“ von Shannon und Weaver sowie das ähnlich gelagerte Containermodell, welches aber letztlich auf der Vorstellung eindeutig übertragbarer Botschaften basiert. K. Hickethier, Einführung in die Medienwissenschaft, Stuttgart/Weimar 2003, S. 50.

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

mert würde.304 Auch entspräche eine derart einfache kausale Zuordnung der Annahme eindeutiger Reaktion zwischen den Anweisungen des obersten Hirten sowie bestimmten Aktionen eines Nuntius bzw. die sofortige Umsetzung jeglicher ungehindert erhaltener päpstlicher Anweisungen.305 Dies war aber nicht der Fall. So weigerten sich in den Jahren 1295 und 1296 die Gesandten Bonifaz‘ VIII. die vom Pontifex angeordnete Auferlegung des Waffenstillstands oder die Bulle Clericis laicos zu promulgieren und mussten erneut dazu aufgefordert werden.306 Der von englischer Seite zeitweilig als Vermittler desavouierte Gui de Boulogne ignorierte im Jahre 1354 mehrfach die Aufforderungen des Papstes an die Kurie zurückzukehren.307 Der Kardinal taktierte und nahm trotz zunehmenden Drucks auch an Sitzungen des französischen Kronrates teil, welche sogar in seiner Pariser Unterkunft stattfanden.308 Als eigenständiger Motor des Friedensprozesses empfing der Kardinal das ganze Jahr 1353 hindurch englische Gesandte in Paris. Er vermittelte noch zu einer Zeit freie Geleite als allein die Erwähnung seines Namens in den offiziellen Geleitbriefen der Kurie zu einem Politikum geworden war.309 Einen pragmatischeren Ansatz zur Darstellung der Simultanität und Gleichrangigkeit zwischen Papst und Nuntien würde dagegen der von Früh und Schönbach ursprünglich für die Erforschung der Mediennutzung entworfene Dynamisch-Transaktionale Ansatz darstellen. Grundsätzlich unterschieden wird hierbei zwischen Inter-Transaktionen der Kommunikationspartner und Intra-Transaktionen auf der Ebene von Kommunikator und Rezipient. Letztere entspräche in unserem Zusammenhang etwa der Archivierung der päpstlichen Korrespondenz und das Rekurrieren auf frühere Schreiben oder Verträge bei laufenden Friedensverhandlungen. Auf die mittelalterliche Diplomatie gemünzt hätte dieser Ansatz den Vorteil, den Papst und seine Vermittler als ‚sendende‘ wie ‚empfangende‘ bzw. gestaltende Akteure auf eine gleichwertige Stufe zu stellen und einzelne Kommunikationsprozesse durch den Faktor der Zeitlichkeit zu erweitern.310 304 Bereits Birgit Studt bemühte sich in ihren Studien zur Kirchen- und Legatenreform Martins V. da-

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rum, „Kommunikation zwischen Kurie und Gliedern der Kirche gewissermaßen gegen den Strich des aktuellen Forschungsinteresses zu lesen, das sich auf die Behandlung der Anliegen konzentriert hat, die massenhaft von außen an die Kurie herangetragen wurden“ (Studt, Martin V., S. 431). Vgl. Dies., Legationen als Instrumente päpstlicher Reform- und Kreuzzugspropaganda im 15. Jahrhundert, in: G. Althoff (Hrsg.), Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter (Vorträge und Forschungen, 51), Stuttgart 2001, S. 421–453, bes. 424 f. Vgl. H. Pürer, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Ein Handbuch, Konstanz 2003, S. 60 f. Vgl. Boniface VIII. N. 1644 (18. August 1296); Bagliani, Boniface VIII, S. 140 ff. Vgl. Innocent VI, N. 943, 945, 965, 977, 1061 (15. Mai 1354); Hennigan, Papal Efforts, S. 102 ff. Siehe auch Kapitel B) V. In dem fraglichen Protokoll ging es um Verhandlungen über die Umsetzung des Vertrages von Mantes (1354) zwischen König Johann II. und seinem Schwiegersohn, Karl „dem Bösen“ von Navarra. Vgl. Paris, AN J 615 f. 16 (17. August 1354). Zu Navarra siehe Kapitel B) V. Vgl. Perroy (Hrsg.), Quatre Lettres, S. 341 f. [N. IV (27. Mai 1354]; Innocent VI, N. 1019 (10. Juli 1354); Reg. Vat. 244 B, f. 1, ep. 2. Vgl. R. Vollbrecht, Einführung in die Medienpädagogik, Weinheim/Basel 2001, S. 102 ff. Zusammenfassend zur Entwicklung linearer Kommunikationstheorien vgl. R. Schützeichel, Soziologische

Päpstlicher Informationshorizont und kuriale Kommunikationspraxis

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Der päpstliche Informationshorizont wurde während einer Friedensmission stetig erweitert, was aber nicht unbedingt mit einer vergrößerten Handlungsfähigkeit einhergehen musste. Nach biologisch-konstruktivistischer Auffassung etwa stellte jede Handlung kurialer Gesandter gleichermaßen einen sensorischen Erkenntnisgewinn wie die Erweiterung des kurialen Handlungsspielraumes des Pontifex dar. Von einem konstruktivistischen Standpunkt aus erschiene zudem jeglicher Gesandte des Papstes auf einer Friedensmission – je nach Standpunkt des Betrachters – gleichermaßen als sensorischer wie physisch handelnder Repräsentant des Papstes, also als Empfänger und Sender gleichermaßen. Gleichzeitig war er aber auch ein unabhängiger Akteur und trieb seinerseits den Friedensprozess voran. In ihrer bekannten populärwissenschaftlichen Darstellung des biologischen Konstruktivismus umschrieben Maturana und Varela diesen prinzipiellen erkenntniswissenschaftlichen Sachverhalt mit dem Aphorismus „Jedes Tun ist Erkennen und jedes Erkennen ist Tun“.311 In der Praxis waren die Kommunikationswege aber häufig zu weit, als dass noch effektive Eingriffe ins Geschehen möglich gewesen wären.312 Die Nuntien wussten um diesen Problematik und trafen politische Entscheidungen zunehmend selbst. Der Papst wurde mitunter erst im Nachhinein über die aktuellen Entwicklungen informiert.313 Dem Pontifex gelang scheinbar nur dann eine Kompensation dieses Defizits indem er allgemein auf eine funktionstätige Struktur seiner Gesandtschaften beharrte314 oder einzelne Gesandtschaften wieder an die Kurie zurückberief.315

2. Päpstlicher Informationshorizont und Informationsquellen Im Hundertjährigen Krieg waren gerade englische Kampagnen Freund wie Feind bereits lange im Voraus bekannt. Insbesondere Überquerungen des Ärmelkanals mussten mangels einer ständig verfügbaren englischen Kriegsflotte durch die Beschlagnahme von Handelsschiffen von langer Hand vorbereitet werden. Fußtruppen hatten ausgehoben und nach einem ausgeklügelten System von untergeordneten Befehlshabern im Voraus bezahlt zu werden. Zu guter Letzt mussten Eduard III. und seine Befehlshaber auf günstiges Segelwetter über dem Ärmelkanal warten, bevor eine weitere Invasion Frankreichs

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Kommunikationstheorien, Konstanz 2004, S. 22 ff. Vgl. Bonfadelli, Medienwirkungsforschung I, S. 176 f. Vgl. die grundlegende Gesamtdarstellung: H. R Maturana; F. J. Varela, Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennens, Frankfurt 32009, S. 31–38, hier 32 (Zitat). Zusammenfassung des Konzeptes in: B. Völkel, Wie kann man Geschichte lehren? Die Bedeutung des Konstruktivismus für die Geschichtsdidaktik, Schwalbach/Ts. 2002, S. 38–59. Siehe Kapitel B) III. Siehe Kapitel B) VIII. Siehe Kapitel C) IV. Hier kommt die Abberufung der überalterten Kardinalnuntien Simon Langham und Jean de Dormans im Jahre 1373 in den Sinn. Siehe Kapitel B) VIII. 2.

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

begonnen werden konnte.316 Landgestützte Feldzüge wie die Kampagnen Henrys von Lancaster oder des Schwarzen Prinzen in den 1340er und 1350er Jahren, welche regelmäßig Tod und Verwüstung über Zentral- und Südfrankreich brachten, wurden mindestens ebenso aufwändig in Szene gesetzt. Die englischen Befehlshaber Aquitaniens mussten sich zunächst der politische Unterstützung der niederadeligen Fürsten des Herzogtums vergewissern, bevor es losgehen konnte.317 Eine Wiederaufnahme des Krieges musste in aller Regel dem Parliament angekündigt werden, welches einzig die benötigten Jahreszehnten zur Verfügung stellen konnte. War die finanzielle Unterstützung sichergestellt, wurde der Klerus des Landes angewiesen, auf spirituellem Wege für den Erfolg des Krieges zu beten.318 Insofern war aus der Perspektive der Franzosen wie auch aus der des vermittelnden Papstes zumeist nicht die Kampagne selbst eine unbekannte Größe, sondern vielmehr deren Ziel und Stoßkraft. Die kurialen Mediatoren konnten auf eine Vielzahl an Informationsquellen zurückgreifen. Neben Gesandtschaften der Kontrahenten, welche in Hochphasen des Krieges an die Kurie geschickt wurden und zumindest für die englische Seite nahezu lückenlos nachgewiesen werden können, sind auf französischer Seite häufige Aufenthalte des Königs und großer Fürsten zu nennen, welche den Papst nicht nur mit Informationen aus erster Hand versorgten, sondern auch handfesten Einfluss auf dessen Politik zu nehmen versuchten. Auch die englische Königskanzlei stellte eine bedeutende serielle Informationsquelle dar, welche den Pontifex im eigenen Interesse zeitnah Nachrichten zukommen ließ und sogar die Informationsbedürfnisse von dessen Nuntien im Felde mitberücksichtigte.319 Ausgesuchte Mitglieder des französischen Adels wie etwa Jean d’Armagnac versorgten den Papst ebenso mit Nachrichten aus den Krisengebieten wie Herzog Johann IV. von der Bretagne.320 Zuverlässige Informationen von sämtlichen „Nationen“ erhielten die Päpste auch von erprobten Mitgliedern der Ritterorden, die sich in der Rhônestadt niedergelassen hatten.321 Auf diese Weise wurde eine Regionalisierung der Vermittlung durch die rasche Entsendung kleinerer Gesandtschaften in partibus erleichtert. Eine kaum zu unterschätzende Informationsquelle stellten auch die Familienangehörigen, Familiaren und besonders Verpflichteten („obligés“) des Kardinalskollegiums dar. In besonderem Maße 316 Die logistischen Herausforderungen zur Akquirierung der erforderlichen Schiffe und des Bereit-

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stellens ihrer Besatzungen an den betreffenden Häfen machte einer großen Zahl von Feldzügen Eduards III. während unseres Untersuchungszeitraumes zu schaffen. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 174 ff., 249, 319 f., 386, 392, 398 ff., 457 f., 472; Minois, La guerre de Cent Ans, S. 537; Hewitt, The Organization of War under Edward III (1338–1362), S. 75–92, bes. 83 sowie allgemein: Lambert, Shipping the medieval military. Vgl. Rogers, War, S. 350. Vgl. Genet, Paix et Guerre dans les Sermons Parlementaires, S. 167–199. Siehe zum päpstlichen Informationshorizont exemplarisch Kapitel B) III. Vgl. Clément VI., N. 1927 (25. August 1345); Grégoire XI (France), N. 17 (19. Februar 1971). Nunc verò respondemus quod, habitâ per nos, [über die betreffende Angelegenheit], à pluribus fratribus hospitalis ejusdem, de diversis nationibus oriundis, in curiâ Romana morantibus, utique fidedignis et aetate provectis, quibus meritò debemus credere, informatione plenariâ (Rymer, Foedera, Band III, 2, S. 1041 (15. Oktober 1375).

Päpstlicher Informationshorizont und kuriale Kommunikationspraxis

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als ‚netzwerkfähig‘ erwiesen sich Gui de Boulogne oder Talleyrand de Périgord, welche zu kritischen Zeiten über die aktuellsten Entwicklungen des Kriegsgeschehens informiert wurden.322 Nur ausnahmsweise können Verweise auf unspezifische Informationsquellen oder Gerüchtebildung aus den päpstlichen Registern entnommen werden.323 Am 23. März 1345 rügte Clemens VI. die Kriegsvorbereitungen Eduards III. und wies auf die Gültigkeit des Waffenstillstands bis zum kommenden Michaelsfest hin.324 Tatsächlich hatte der englische König seinem Admiral Robert Ufford am 9. Januar befohlen, sämtliche Schiffe zu inspizieren, welche für eine Überfahrt in Frage kämen, und diese bis zum Fest des Heiligen Barnabas (11. Juni) bereit zu halten.325 Am gleichen Tag befahl der König die allgemeine Mobilmachung und Aushebung seiner Männer durch die Prälaten und Fürsten seines Landes. William Clynton, der Earl von Huntingdon, sollte ihm bis zum Sonntag Lätare über den bisherigen Fortschritt Bericht erstatten.326 Einen knappen Monat später, am 1. Februar, bestimmte Eduard die Konfiszierung sämtlicher Güter verdächtiger (französischer) Kaufleute.327 Angesichts der zahlreichen europaweit agierenden, italienischen Handelsniederlassungen in Avignon328 ist anzunehmen, dass letztere Nachricht innerhalb weniger Wochen in Avignon bekannt gewesen sein dürfte. Da zur gleichen Zeit der Erste Friedensgipfel von Avignon (1344/45) in einem verhängnisvollen Stillstand verharrte, war es eine Frage der Zeit, bis einer der beiden König den Waffenstillstand brechen würde. Mitte Juni erfolgte die erneute englische Kampfansage an Philipps VI. tatsächlich.329 Endgültig die Hoffnung aufgegeben hatte der Papst jedoch erst sechs Tage vor der Expedierung des erwähnten Schreibens an König Eduard Ende März. Eine englische Gesandtschaft hatte keine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisierte und auch die bereits seit längerem angekündigte Delegation Henrys von Lancaster wurde abgesagt.330 Der Papst informierte den französischen König von den Entwicklungen, welcher somit bereits seit Mitte März über die englische Rüstung im Bilde war.331 322 Siehe Kapitel B) V, VI und VIII. Vgl. Bresc (Hrsg.), La correspondance de Pierre Ameilh, S. 361

(Nr. 214, 1. Januar 1365), 366 (Nr. 218, 23–25. Januar 1365), 381 (25. Januar 1365).

323 Pridem itaque infausti rumoris relatibus intellecto (Benoît XII. (France), N. 304). Vgl. Ebd., N. 303.

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Aus einem Bericht eines Florentiner Prokurators vom September 1340 geht hervor, dass der Papst von Kaufleuten erfuhr, dass die Flamen Philipp VI. um seinen Beistand hinsichtlich ihrer Lösung vom Kirchenbann ersucht hatten. Vgl. Sommarii e Documenti del Tempo Avanti e Dopo il Tribunato di Cola di Rienzo, in: Archvio storico italiano, Appendice 7 (1849) S. 358 [N. VI]. [N]on ad guerram, ad quam te parare plures asserunt, quod credere non valemus (Clément VI (France), N. 1590). Vgl. Calendar of the Close Rolls preserved in the Public Record Office, Band 8, S. 492. Vgl. Calendar of the Patent Rolls preserved in the Public Record Office, Band 6, S. 427. Vgl. Calendar of the Close Rolls preserved in the Public Record Office, Band 8, S. 492. Vgl. Renouard, Les relations des papes d‘Avignon et des compagnies commerciales et bancaires, S. 393–402. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 44 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 454. Vgl. Clément VI (France), N. 1574. Vgl. Clément VI (France), N. 1590; Sumption, Trial by Battle, S. 456.

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

In der Frühphase des Konfliktes waren bei den Päpsten noch Bemühungen präsent, ihre Vermittler an der kurzen Leine zu halten und jeden ihrer Verhandlungsschritte zu kontrollieren. Der Aktionsradius der Nuntien in partibus war zunächst durch schriftliche wie mündliche Instruktionen eng begrenzt.332 Gleichzeitig wurden angesichts der stets um ein bis zwei Wochen verzögerten Reaktionen von Sender(n) und Empfänger(n) die Grenzen mittelalterlicher Kommunikation überdeutlich.333 In besonderen Fällen wie dem Tod des Papstes oder eines politischen Umsturzes konnte die Informationsgeschwindigkeit zwischen Avignon und Westminster eine knappe Woche betragen. Größere Reisegesellschaften, die sich nicht ausschließlich aus Reitern zusammensetzten, benötigten für dieselbe Strecke im Durchschnitt einen Monat. Papst Clemens VI. selbst kalkulierte für die Reisedauer eines seiner Kleriker nach London zwanzig Tage ein. Für die einfache Reise eines päpstlichen Kollektors zwischen der Kurie und London konnte Schuchard eine Dauer zwischen 28–48 Tagen ermitteln. Zwischen Paris und Avignon war nach Gasnault dagegen eine Reise von fünf bis sechs Tagen möglich. Der Rekord lag bei nur vier Tagen im Jahre 1382. Für die Prävention vorhersehbarer Kampagnen reichten Frequenz und Geschwindigkeit der Nachrichten wohl aus. Im Falle kurzfristiger Vermittlungskonstellationen hätten die Päpste dagegen einer Zeitmaschine bedurft, um nennenswerte Einflüsse auf deren Ausgang nehmen zu können. Päpstliche Diplomatie verfolgte jedoch nicht nur praktische Ziele, sondern war gleichermaßen theologisch fundiert: Aus einem in den Oktober 1347 zu datierenden Schreiben Clemens‘ VI. an seine Kardinalnuntien vor Calais können die kurialen Reaktionen während der erfolgreichen Waffenstillstandsverhandlungen des Septembers 1347 synchron nachverfolgt werden:334 Am 20. September hatten die Nuntien zur Freude des Papstes von einem 332 Ein Beispiel für die kleinteilige Reglementierung apostolischer Nuntien findet sich in einem päpstli-

chen Schreiben an Pierre Bertrand und Pedro Gomez wieder: [V]obis ex hiis que per vos circa eam vigilanter et prudenter laborata sunt hactenus, spes […] promittitur, vos proficere posse credideritis circa eam proficiendam vel treugas que pacis habeant ymaginem ineundas, volumus quod studiosis operibus et solicitudinibus sedulis sicut hactenus quousque labores vestri hujusmodi fructum producant […] votivum et uberem, insistatis. Si vero, quod avertat divina clementia, sic turbatum predictum negotium videretis quod spes de pace vel treugis hujusmodi non adesset, nobis quantocius intimetis. Porro, si expediat ad carissimum in Christo filium nostrum Philippum regem Francie illustrem ad ostendendum sibi clarius imminentia pericula et eum ad concordiam efficatius inducendum personaliter vos conferre, cogitare et attendere vos volumus et facere quod utilius putaveritis in hac parte, nobis que circa hec egeritis et vobis nuncianda occurrerint nichilominus rescripturi (Benoît XII, N. 559 (23. Januar 1339). 333 Vgl. im Folgenden: Schuchard, Oculus camera, S. 118; Plöger, England and the Avignon Popes, S. 152 ff.; P. Gasnault, La transmission des lettres pontificales au XIIe et au XIVe siècle, in: W. Paravicini; F. K. Werner (Hrsg.), Histoire comparee de l‘Administration (IVe-XVIIIe siècles), München 1980, S. 81–87, bes. 87 334 Vgl. im Folgenden: Per litteras vestras, que XXa die mensis septembris proxime preteriti date fuerant, intellecto quod per operationis vestre ministerium fructuosum procurate treuge pro parte... Philippi, Francie, ac Edwardi, Anglie regum illustrium, fuerant acceptate, nos et fratres nostri exultavimus gaudio vehementi; sed succedentes deinde littere alie die date XXIII dicti mensis, per quas videbamini de votivo effectu negotii quodammodo desperare, absorbuerunt conceptam ex

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Durchbruch in den Verhandlungen berichtet, ihre Hoffnung drei Tage später aber wieder relativiert. Verzweifelt flehte Clemens daraufhin die Hilfe des Allmächtigen an, die Herzen der Könige zum Frieden zu bewegen. Noch am 23. September wussten die Kardinalnuntien jedoch über einen zusätzlichen Boten Erfreulicheres zu berichten: Ein gut siebenmonatiger Waffenstillstand bis zum 8. Juli 1348 war geschlossen worden. Das in seiner genauen Datierung umstrittene Schreiben zeigt die Bemühungen der Nuntien, ihren Herrn mehrfach täglich mit Nachrichten zu versorgen. Anhand des Briefs kann auch ein gewisser Lerneffekt des Papstes erkannt werden: Anstatt abermals Boten mit Handlungsanweisungen auf eine ‚Mission Impossible‘ zu schicken, legte der Papst seine Hoffnungen und Befürchtungen lieber in Gottes Hand. Solche rein spirituellen Friedensbemühungen sind hinsichtlich ihrer Effizienz jedoch mit dem besten Kommunikationsmodell nicht nachvollziehbar.

VI. Verhandlungspraxis und Erfolgschancen päpstlicher Vermittler während Waffenstillstands- und Friedensgipfel des Hundertjährigen Krieges Die drei größeren Friedensgipfel während unseres Untersuchungszeitraumes sind bereits ausführlich untersucht worden.335 Es mag daher genügen, die entsprechenden Untersuchungsergebnisse an geeigneter Stelle zusammenzufassen und im Folgenden ein stärkeres Schwergewicht auf die sehr viel häufigere Interaktion apostolischer Nuntien mit den beiden Kriegsparteien in partibus zu legen. Dabei ist abermals zwischen primären Konfliktinterventionen, sekundären Waffenstillstandsverhandlungen und schließlich Friedensgipfeln an der Kurie von Avignon oder Brügge zu trennen.

prioribus litteris eisdem letitiam, sic nos graviter conturbarunt. Tandem nobis erigentibus spem in auxilio divino repositam et Omnipotentem devote rogantibus, ut ipse, in cujus manu sunt corda regum, et quo voluerit inclinat eadem, dictorum Francie et Anglie regum animos habilitaret ad pacem et labores vestros desiderato fructu non permitteret vacuari, supervenerunt alie littere vestre date die XXVIII mensis ejusdem, que usque ad XV diem post festum beati Johannis Baptiste proxime futurum treugas hujusmodi […] acceptatas (Clément VI (France), N. 3486). Der von Déprez, Glénission und Mollat angegebene 28. September kommt laut Lützelschwab als Tag der Ausstellung des Briefes nicht in Frage, da dies der Tag des Abschlusses des Waffenstillstands war. Vgl. Lützelschwab, Flectat Cardinales, S. 210 mit FN 210 mit Gasnault, La transmission des lettres pontificales, S. 87. Zum Waffenstillstand von Calais vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 ff. Siehe Kapitel B) IV. 335 Siehe Kapitel B) II., V. und VIII. mit Angaben zu Quellenlage und Forschungsstand.

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1. Konfliktinterventionen und Waffenstillstandsverhandlungen a) Vorbereitung Die wichtigste Aufgabe apostolischer Nuntien zu Beginn jeder Konfliktintervention bestand in der Bewahrung der Ehre der beiden Kontrahenten im Rahmen von Sondierungsgesprächen.336 Hierbei handelte es sich um die Grundvoraussetzung dafür, dass es zu weiterführenden Verhandlungen kommen konnte. Zu Beginn des Krieges stammte die Mehrzahl der Konfliktlösungsvorschläge noch nicht vom Papst oder seinen Vermittlern, sondern von den Königen von England und Frankreich. Dem Papst war daran gelegen, eine Kontrolle über die Verhandlungsofferten zu behalten: Im März 1339 wies Benedikt XII. in einem Brief an seine Nuntien Vorschläge des französischen Königs zurück, da sie ihm impraktikabel erschienen.337 Vier Monate später leitete Benedikt dagegen einen Forderungenkatalog Eduards III. mit eigenen Kommentaren versehen an seine Kardinäle weiter. Seit diesem Zeitpunkt lässt sich ein päpstlicher Anspruch an einer direkten Partizipation am Friedensprozess erkennen.338 Als Grundbedingung für den Abschluss einer Waffenruhe nannte Eduard III. im Jahre 1339 die Leistung gegenseitiger Reparationszahlungen für begangene Kriegsschäden, die freie Beweglichkeit von Alliierten und Verbündeten durch beide Königreiche und freien Handel- und Warenverkehr. In politischer 336 [N]eque videtur nobis incongruum, si nuncios dicti regis Anglie donec in partibus ipsis manseritis,

super juribus dicti regis et aliis per dictum magistrum Riccardum pro parte dicti regis oblatis, audiatis benigne, dum tamen ad derogationem honoris et status et emulationem ejusdem regis Francie non redundet, nam cum eum semper in omnibus tractatibus vestris obedientem et condecendentem rationi inveneritis, volumus quod in omnibus honorem ejus, quantum cum Deo poteritis, preservetis (Benoît XII., N. 644). – Das englische Dilemma während des gesamten Krieges bestand darin, im Falle eines Kronverzichtes die eigenen Feldzüge als illegitime Gräueltaten entlarven zu müssen. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 247; Ehlers, Hundertjähriger Krieg, S. 95; Sumption, Trial by Battle, S. 439. 337 Et licet responsio super illis duabus viis per vos tactis per consiliarios dicti regis Francie vobis facta, tendere ad finem votivum ejusdem negocii minime videatur, quia tamen reformationem mutue inter reges eosdem concordie tanquam eis eorumque subditis et toti christianitati multum accommodam ferventibus desideriis perobtamus (Benoît XII (France), N. 574, 5. März 1339). 338 [P]ro parte dicti regis Anglie asserentes adire, petunt in treugis pro tractatu eodem ineundis quinque subsequentes conditiones apponi: primo videlicet quod dampna que illata durantibus treugis fuerint hinc inde, rationabiliter emendentur; secundo, quod alligati et amici utriusque partis, vigentibus treugis, possint ire per terras et dominia utriusque regum predictorum libere ac secure; tercio, quod mercancie resque alie de uno regno ad aliud deferri similiter valeant et conduci; quarto, quod dictus rex Francie Scotis interim auxilium non impendat; et quinto quod restituat occupata per ipsum de ducatu Aquitanie postquam idem rex Anglie mare transivit. [...] Nos igitur,[…] primam et terciam simpliciter, et secundam conditiones hujusmodi cum temperamento quod alligati et amici predictorum regum, terras et dominia ipsorum hostiliter vel cum armigera gente non intrent, satis rationabiles, et reliquas duas difficiles extimamus, quanquam super quarta posse videretur lenitatis antidotum adhiberi […]. Ea vero que quinta condicio continet, magis principale negocium deducendum in pacis tractatu quam trengas indicendas concernit (Ebd., N. 620, 16. Juli 1339).

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Hinsicht sollte der König von Frankreich den Schotten keine Hilfe mehr leisten sowie die Gascogne räumen, nachdem Eduard wieder den Kanal überquert hatte. Während Benedikt XII. den ersten drei Punkten mit leichten Verbesserungsvorschlägen zustimmte, empfahl er eine Änderung des vierten Punktes und regte die Integration eines angloschottischen Bündnisses in das künftige Vertragswerk an. Dabei sollte entweder Philipp VI. oder der Papst selbst als Schiedsrichter fungieren. Letzteren, heiklen Punkt empfahl Benedikt so lange zurückzustellen, bis ein endgültiger Frieden geschlossen wurde.339 Ein Jahr darauf verwarf der Papst englische Konfliktlösungsvorschläge mit der Begründung, dass zunächst eine Konsolidierung mit den Positionen der Gegenseite erfolgen müsse.340 Im weiteren Verlauf des Untersuchungszeitraumes lässt sich insofern ein Wandel dieser schriftlichen Sondierungsphase feststellen, als sich der englische König zunehmend intransigent zeigte und seinen französischen Kontrahenten oder den Pontifex um das Unterbreiten um Konfliktlösungsvorschläge bat.341 Hierbei kam letztlich eine funktionale Erwartungshaltung an den Bischof von Rom in seiner Eigenschaft als arbiter oder arbitrator zum Ausdruck. Das Unterbreiten von Konfliktlösungsvorschlägen, also die Demonstration diplomatischen Kapitals fanden die Konfliktpartner also offensichtlich alles andere als erstrebenswert. Die Fähigkeit Verhandlungsoptionen vorzuschlagen wurde zumindest von adeliger Seite als Zeichen von Schwäche verstanden, während der Nimbus des Frieden stiftenden Papsttums gerade von seiner Fähigkeit abhängen sollte, durch eine Vielfalt an Verhandlungsoptionen die Kommunikation zwischen den Kontrahenten aufrechtzuerhalten, um bevorstehende Feldzüge verhindern zu können. Die Blockadehaltung des englischen Königs im Jahre 1355 kann als Reaktion auf den Zweiten Friedensgipfel von Avignon (1354/55) interpretiert werden, dessen Scheitern der englische König als Ehrenkränkung empfunden hatte, welche er indirekt Innozenz VI. anlastete.342 339 Vgl. Ebd., N. 620. 340 Vgl. Ebd., N. 800–801. 341 Nam, quandocumque nobis oblata fuerit, cum effectu, certa & rationabilis via pacis, parati semper

erimus illam laetis & votivis affectibus acceptare; ita quod in nobis non invenietur, par Dei gratiam, rationabiliter quod culpetur (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 328 (2. Mai 1356). 342 Eduard III. gab vor, dafür Sorge tragen zu wollen, sich nicht ohne weitere Zusicherungen in eine ähnliche Situation hineinzumanövrieren: Et demum, ad vitandum effusionem sanguinis Christiani, & occurrendum malis inaestimabilibus, quae ex continuatione guerrae provenire poterunt verisimiliter, sumpta de praeteritis conjectura, volentes pacem hujusmodi quaerere, etiam cum magno nostrorum jurium detrimento; ac de justitiae vestrae constantia singulariter confidentes, [...] &, sub concepta efficacis & justae mediationis vestrae fiducia, solempnes nuncios ad sanctitatis vestrae praesentiam, pro dicto pacis negotio, duximus transmittendos; &, qualem expeditionem illuc invenerant, vestra benignitas satis novit; nam truffati fuimus sicut prius [gemeint sind die ersten beiden Friedensgipfel in Avignon, 1344 und 1354]. Cum igitur, impellente necessitate, propter hoc resumpserimus guerram nostram, cujus expeditionem prosequi disposuimus, sub spe Divini praesidii, juxta vires, non intendimus, sicuti nec valemus, sine subversione status & guerrae nostrae, ut de dampnis & derisione, quibus ex vana missione hujusmodi subjaceremus, sicut alias pluries subjecti fuimus, taceatur, sub spe fragili & remota tractatus hujusmodi, nuncios, jam circa dictam guerram occupatos; transmittere; nec hoc habet a nobis rationabiliter postulari (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 328 (2. Mai 1356 – Hervorhebungen durch den Autor).

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Es wurde bereits darauf eingegangen, dass eine zeitnahe Abstimmung zwischen dem Papst und Nuntien nur selten effektiv und möglich war. Bei spontanen Verhandlungskonstellationen blieb den Vermittlern, wie ausgeführt, nichts anderes übrig, als eine Annäherung der Verhandlungspositionen mittels Pendeldiplomatie zu erwirken. Den Kardinälen Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano war es während der Belagerung von Vannes (1342/43) gelungen, zwischen den in enger Nachbarschaft kampierenden Heeren derart erfolgreich die beiden Positionen anzunähern, dass die anschließenden Waffenstillstandsgespräche auf einer soliden Grundlage aufbauen konnten.343 Kardinal Talleyrand de Périgord hatte schon Wochen vor der Schlacht von Poitiers (1356) Kontakt zu den beiden Kriegsteilnehmern gesucht und baute auf die Bereitschaft seiner Verhandlungspartner zur Kampfvermeidung.344 Die Gewähr freier Geleite für die kurialen Friedensstifter bis in die Nähe des königlichen Heeres oder die Vergabe umfangreicher Verhandlungsvollmachten von einem der beiden Könige an den jeweiligen Feldherren einer Kampagne waren Indizien für den vielversprechenden Beginn einer Intervention. b) Verhandlungsleitung Das bekanntlich nicht nur mittelalterliche Bedürfnis nach vertraulicher Vorabsprache im Vorfeld und öffentlichen Formen inszenierter Gesprächsführung im Anschluss345 brachte es mit sich, dass es in diesem fortgerückten Verhandlungsstadium selten zu bösen Überraschungen kam. Hochrangige Delegationen trafen sich unter strenger Beachtung des Protokolls, feilten um letzte Verhandlungspositionen und setzten unter Federführung der Nuntien sowie unter Beglaubigung des Ortsklerus oder eigener Familiaren die Vertragsartikel auf. Bei Abschluss des Waffenstillstands von Calais (1347)346 etwa wurden die Bischöfe Angelus von Grosseto,347 Franciscus de Plaisance von Tiberias348, der Kanoniker Reginaldus Malbernardo von Laon349 sowie der Dekan der Abtei Saint-Seine in Langres, 343 Siehe Kapitel C) III. 3. 344 Siehe im Folgenden Kapitel B) VI. 345 Für ein modernes Beispiel siehe die Konferenz von Annapolis im Jahre 2007, in welcher noch

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Details wie die Vermeidung des Handschlags zwischen Palästinenserführer Abbas und dem damaligen israelischen Premier Olmert von den US-Amerikanischen Ausrichtern geregelt wurden. Vgl. http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-3476036,00.html (Zuletzt aufgerufen am 17. 01. 2013). Siehe Kapitel B) IV. Angelus (Cerretani) von Grosseto wurde in der Diözese Sens geboren und war in den Jahren 1334 bis 1349 Bischof von Grosseto. Vgl. Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 269. Franciscus wurde laut Eubel am 9. Januar 1348 vom Bistum Tiberias auf das Bistum Sorres in Korsika transferiert. Der Bischof befand sich im fraglichen Jahr im Gefolge Annibaldo Ceccanos. Vgl. Vatikanstadt, ASV Reg. Vat. 178 f. 20 r N. 34 (9. Januar 1348); Eubel (Hrsg.), Hierarchia Catholica, Band 1, S. 458, 84; Dykmans, Annibal de Ceccano, S. 226 f. FN 4. Bei Reginaldus Malbernadus handelte es sich seit dem Jahre 1342 um den Kämmerer Étienne Auberts. Vgl. H. Millet, Les chanoins du chapitre cathédral de Laon, 1272–1412 (Collection de l’Ecole Française de Rome, Band 56), Rom 1982, S. 439.

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Bertrandus Besandinus,350 mit dieser Aufgabe betraut. Den päpstlichen Vermittlern wurde, nachdem sie ihr diplomatisches Kapital bei der Erstellung der Vertragsurkunden ausgespielt hatten, nun auch das symbolische Kapitel zur Durchführung der Ratifikationsfeierlichkeiten zugestanden. Die Delegationsleiter beeideten den Vertrag im Namen und auf die Seelen ihrer Herrscher mit einem promissorischen Eid auf das ihnen dargebotene heilige Evangelium und/oder die geweihte Hostie.351 Aus dem Waffenstillstand von Calais geht hervor, dass die apostolischen Nuntien selbst die Ratifikationsfeierlichkeiten leiteten, deren rechtssymbolischer Gehalt an anderer Stelle zu bewerten sein wird.352 Nach der Ratifikation des Abkommens durch die Könige konnte fristgerecht die Proklamation des Waffenstillstands im vereinbarten Gebiet beginnen.353 c) Erfolgschancen Das wahrscheinlichste Motiv der Kriegsparteien, sich auf eine kuriale Friedensinitiative einzulassen, war auf englischer Seite das unkalkulierbare Risiko einer laufenden Kampagne. Das Ausbleiben von Geldern zur Bezahlung der Verbündeten,354 das Bevorstehen der kalten Jahreszeit, die schlagartige Veränderung militärischer oder logistischer Verhältnisse zum Negativen355 – alle Aussichten auf eine teure Stagnation des Kriegsgeschehens ließen die Aufnahme diplomatischer Kontakte wahrscheinlicher werden. So bereitete Eduard III. im Sommer des Jahres 1342 im Rahmen des erwähnten Bretonischen Erbfolgekrieges (1341–65) seine Invasion der Bretagne vor.356 Am 24. Juni 1342 sollte der mit Philipp VI. im Jahre 1340 bei Esplechin abgeschlossene Waffenstillstand auslaufen.357 Noch während der Sedisvakanz vor der Wahl Papst Clemens‘ VI. (25. April– 7. Mai 1342)358 waren daher zwei apostolische Nuntien an die Könige von England und 350 Bertrandus war im Jahre 1343 Kaplan und Familiare Ceccanos und wurde schließlich zu dessen

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Kämmerer. Vgl. Dykmans, Annibal de Ceccano, S. 196, 215, 247, 279; Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 138. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136; Rymer (Hrsg.), Band III, 2, S. 1048 (12. März 1375). Zur symbolischen Kommunikation bei Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen siehe Kapitel C) VII. Siehe Kapitel C) VII. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 291 ff.; Ders., La Paix proclamée, S. 201–224; Ders., Annoncer la paix, S. 23–36. Zum Fall der vergeblichen Belagerung von Tournai vgl. Rogers, War, S. 199–216; Sumption, Trial by Battle, S. 348 f. Vgl. Hewitt, The Organization of War under Edward III, S. 80 f.; Sumption, Trial by Battle, S. 217 f., 276, 295 f.; Jenkins, Papal Efforts for Peace, S. 37 f. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1201–1205 (Briefe vom 20. und 25. Juni sowie 3., 13., 16. und 20. Juli 1342) Der Waffenstillstand wurde ursprünglich am 25. September 1340 unter der Vermittlung der Gräfinnenwitwe Johanna von Hennegau abgeschlossen und war auf den Druck der Verbündeten Eduards III. jedoch mehrfach verlängert worden. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil 2, S. 1135; 1177; Sumption, Trial by Battle, S. 358, 381, 385 f., 392. Siehe Kapitel A) III. 2. f) und B) I. 3. Vgl. Lenzenweger, Art. „Clemens VI.“, S. 2143.

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Frankreich mit Friedensappellen entsandt worden.359 Auch unabhängig davon hatte der englische König am 24. Mai die Weichen für Verhandlungen gestellt und Unterhändler360 mit weitreichenden Vollmachten zu Gesprächen mit seinen niederländischen Verbündeten geschickt.361 Kurz darauf war auch der päpstliche Nuntius William Bateman zu Eduard gelangt.362 Der Nuntius war zuvor auf die englischen Abgesandten in der Nähe des Ärmelkanales gestoßen und bat den König darum, die Reise seiner Gesandten nach Flandern solange hinauszuzögern, bis er erste Verhandlungen mit dem englischen König geführt hatte.363 Der Bitte des Nuntius, den Waffenstillstand zu erneuern, um weiterführende Friedensverhandlungen zu ermöglichen,364 wurde entsprochen.365 Die Friedenspolitik der Kurie im Frühjahr 1342 schien bereits ihre ersten Früchte zu zeigen, bevor Clemens VI. eine geplante, höherrangigere Gesandtschaft unter Leitung der Kardinäle Pierre Desprez und Annibaldo Ceccano entsandt hatte.366 Zwei Monate später änderte sich Eduards Haltung jedoch schlagartig: In einem Brief an Papst Clemens VI. vom 8. August 1345 beklagte sich der König über den Kostenaufwand und die Ergebnislosigkeit bisheriger Verhandlungen sowie die arglistige Täuschung, welche er durch 359 Die Prokuratorien der Nuntien wurden durch Clemens VI. am 10. Mai 1242 erneuert und mittels

Eilboten an die sich schon auf dem Marsch befindlichen Nuntien geschickt. Vgl. Déprez, La guerre de Cent Ans à la mort de Benoît XII, S. 60 ff. Über den Hintergrund William Batemans, der als päpstlicher Auditor häufig auf diplomatischen Missionen nach England geschickt worden war, im Jahre 1342 schließlich dort blieb, als Gesandter Eduards III. eingesetzt wurde und schließlich sogar auf den Wunsch Eduards III. zum Bischof von Norwich ernannt worden war, vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 91 ff. 360 Dabei handelte es sich um Bischof Ralph Stratford von London, Graf Thomas Beauchamp von Warwick, die Barone Nicholas Cantilupo, Bartholomew Burghersh sowie den Archidiakon John Offord. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1196. 361 [N]ecnon, in casu quo, per tractatum hujusmodi, arrideat probabilis spes de pace, ad tractandum & concordandum de treugâ, & sufferentiâ, ad certum tempus, inter nos & dictum Philippum, sub bonis conditionibus, ineundâ infra quod dicta pax tractari valeat & firmari, & dictam treugam, seu sufferentiam, quacumque securitate firmandum (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil 2, S. 1196). 362 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1199. 363 Vgl. Déprez, Les préliminaries, S. 396. 364 [U]t a guerra cessare, & treugas usque ad oportuni temporis spatium, infra quod tractari posset super ipsa pace, commodius prorogare vellemus (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1199). 365 Ebd., S. 1199. Der Wiederspruch, dass sich John Offord dem Ernennungsschreiben Eduards zufolge bereits unter den Mitgliedern der Gesandtschaft befunden hatte, muss an dieser Stelle offen bleiben. Vgl. Ebd., S. 1196. 366 Von einem Einlenken Eduards III. konnte Clemens VI. zu diesem Zeitpunkt noch nichts erfahren haben. Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 395. Die Ernennungsurkunden der Kardinäle stammen bereits vom 31. Mai 1342. Vgl. Clément VI (France), N. 94–95. Die Schreiber der Grandes Chroniques de France, welche aufgrund ihrer Nähe zum französischen Königshof vermutlich den größeren Überblick über die Chronologie der Vorgänge besaßen, berichten, dass die beiden Kardinäle unmittelbar nach der Krönung des Papstes am 19. Mai mit der Friedensstiftung beauftragt worden waren. Vgl. Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 226.

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seinen französischen Gegner erfahren habe.367 Eduard III. sah daher in der Vergabe freier Geleite an die beiden Kardinäle zur Überquerung des Ärmelkanals keinen Sinn mehr.368 Wir kommen der Beantwortung der Frage nach der Effektivität der päpstlichen Friedensvermittlung einen Schritt näher, wenn wir die militärische Situation in der Bretagne im Frühjahr und Sommer des Jahres 1342 berücksichtigen und mit den Reaktionen Eduards III. auf die päpstlichen Friedensappelle vergleichen: Im Erbfolgekrieg wurden die Truppen des vom englischen König unterstützten Herzogsprätendenten Johann Montfort stark durch die Aufgebote seines Rivalen Karl von Blois bedrängt.369 Als Verstärkungen durch den Earl von Northampton ausblieben, erschien die Lage für Eduards verbliebene Truppen in der Bretagne nur wenig hoffnungsvoll.370 Zudem waren seine Verbündete in den Niederlanden an einer Eröffnung eines weiteren Kriegsschauplatzes nur wenig interessiert und hatten zu einer (erneuten) Verlängerung des Waffenstillstands von Esplechin gedrängt.371 Eduards Motive unabhängig von den kurialen Friedensappellen im Mai 1342 Verhandlungen voranzutreiben, sind daher ebenso verständlich wie dessen letztendliche Ablehnung des freien Geleites für Pierres Desprez und Annibaldo Ceccanos zur Überquerung des Ärmelkanals am 1. Oktober 1342. Denn mittlerweile stand dem englischen König die größte Invasionsflotte seit Beginn des Krieges zur Verfügung und es lagen konkrete Pläne für eine Eroberung der Bretagne vor.372 Auch im Frühjahr und Sommer des Jahres 1356 weigerte sich der englische König beharrlich, sich auf neue Verhand367 Ipse tamen, per tractatus hujusmodi nos diu protrahens sub incerto, & magnis sumptibus nos expo-

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nens, finaliter nichil nobis facere voluit in effectum […] Set cum sperabatur tractatus amicabliter inchoari, subitò, per arrogantiam partis alteriûs, dissolutus; & idem adversarius noster, violatis treugis tunc inter nos & ipsum pendentibus, exercitum magnum misit versus ducatum noster Aquitanae, qui ibidem dampna non modica fidelibus nostris irrogavit (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, Teil 2, S. 1208 f.). Propter quod, praesenti fervente furore, quousque fiat temperamentum uberius, non credimus transitum maris, sine conducto bono, vobis & vestris fore tutum; super quo vos duximus praemunire, quia nollemus quod, in veniendo, vobis vel vestris accederet quid sinistrum (Ebd., S. 1209). Nach Beratung mit dem Erzbischof von Canterbury, Richard Stratford, sowie anderen Mitgliedern seines Kronrates ließ der König den Kardinälen die Einreise mit der Begründung verweigern, da er infra paucos dies in regno Franciae habere colloquium cum eisdem (Adam Murimuth, S. 126). Die Grandes Chroniques de France spitzen diese Antwort dergestalt zu, dass Eduard III. die Nuntien gebeten habe, auf ihn zu warten da il entendoit prochainement visiter son [!] royaume de France (Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 227). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 1211. Nominell fanden die Kampfhandlungen seit dem 15. April nur zwischen den Anhängern der beiden Prätendenten um den Herzogstitel statt. Charles von Blois und seine Gegner hatten die Illusion aufrecht zu erhalten, dass der Waffenstillstand zwischen England und Frankreich noch intakt sei. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 393 f. Walter de Mauny, der das Kommando über eine kleine Armee in der Bretagne besaß, schätzte die Situation als derart gravierend ein, dass er mit den Truppen Charles’ von Blois einen lokalen Waffenstillstand bis zum 1. November abschloss. Dieser wurde Anfang Juli von Eduard III. widerrufen. Vgl. Ebd., S. 395. Vgl. Ebd., S. 385, 392. Vgl. Ebd., S. 398.

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lungen zwischen Guines und Calais einzulassen. Mitte August 1356 änderte der König aber seine Meinung zeitnah zu der Bedrohung der Küste Kents durch eine mit Frankreich alliierte spanische Flottille. Er ließ daher bekanntlich seinem Thronfolger und Lieutenant der Languedoc, Prinz Eduard von Wales, Vollmachten zur Aufnahme von Friedensverhandlungen zukommen.373 Der Erfolg päpstlicher Konfliktinterventionen war in erster Linie durch das operative Kriegsgeschehen definiert. Auf französischer Seite lässt sich dagegen in der Regierungszeit König Philipps VI. und seines Nachfolgers Johann II. eine große Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Kurie erkennen.374 Die französische Gefügigkeit belohnten die Päpste durch die Versorgung des französischen Königshofes mit militärischen wie politischen Informationen.375 In der Vermittlungspraxis erwies sich diejenige Konfliktintervention als erfolgversprechend, welche vor dem Hintergrund einer symmetrischen, für beide Seiten gleichermaßen schmerzlichen, taktischen Zwangslage erfolgte. Einen zusätzlichen Erfolgsfaktor stellte neben ihrer Existenz auch die Qualität der Sondierungsgespräche dar. Eine fortgeschrittene Konsensfindung im Vorfeld der Gespräche wurde von den Nuntien offenbar für so entscheidend gehalten, dass sie diese gegebenenfalls durch diplomatische Finten zu simulieren suchten. Während der Konfrontation beider Heere während der Belagerung von Calais (1346–1347) bedeuteten die Nuntien dem englischen König ohne jede reale Grundlage, dass sie von Seiten des französischen Königs ein vielversprechendes Angebot zu unterbreiten hätten, auch wenn identische Vorschläge bereits mehrfach im Vorjahr abgelehnt worden waren.376 Inwieweit die Vermittlungstaktik Talleyrands de Périgord vor Poitiers vergleichbar täuschende Absichten verfolgte ist aufgrund des hohen Fiktionalisierungsgrades der Chroniques von Froissart nicht eindeutig zu beantworten.377 Dass Versuche, die Kontrahenten mittels einer Täuschung an den Verhandlungstisch zu 373 Siehe Kapitel B) VI. 2. 374 Vgl. Déprez, Les préliminaires, S. 273. 375 Der Papst hielt den französischen König von allen neuen Entwicklungen und Gerüchten hinsicht-

lich des gebannten Ludwigs des Bayern auf dem Laufenden, wobei sich auf französischer Seite der Kanoniker und spätere Papst Innozenz VI., Étienne Aubert, sowie Magister Hugo d‘Arsiaco als Mittelsmänner betätigten. Vgl. Benoît XII (France), N. 399, 420, 433, 434, 437, 492, 496, 503; Felten, Kommunikation zwischen Kaiser und Kurie, S. 64 mit Anm. 81–85; Jacob, Benedikt XII., S. 120, 129. 376 Et eodem die reverendi patres, Ambaldus episcopus Tusculanus et Stephanus presbyter cardinalis […] ad finem calceti de Caleys venientes, habito per ipsos colloquio cum certis nobilibus regni Angliae, promiserunt et dicto domino regi Anglorum per eosdem nobiles supplicando intimari fecerunt quod, si tractatus pacis inter dictas partes posset haberi, dictus dominus Philippus offeret domino regi Anglorum acceptabiles vias pacis (Robert Avesbury, S. 390); [L]es cardinalx prierent a graunt instance qe trete se purroit faire, & disoient q‘ils saverent bien qe nostre adversaire nous ferroit tiels offres du pees qe serroient acceptables; par reson [...] assentismes [Eduard III.] bien a tiele trete (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 129, Brief Eduards III. an Erzbischof John Stratford, auf den 2. August 1347 zu datieren.) mit den identischen, vom englischen König bereits im Vorjahr bei Lisieux abgelehnten Verhandlungsoptionen. Vgl. Robert Avesbury, S. 362; Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 5 ff. 377 Siehe Kapitel B) VI. 4.

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locken, zum Scheitern verurteilt waren, erfuhren die Kardinalnuntien jedenfalls bei mehr als einer Gelegenheit am eigenen Leibe. Am Beispiel von Calais wird zudem deutlich, dass unvorhergesehene Konfliktlösungsvorschläge den Gepflogenheiten mittelalterlicher Diplomatie entgegenliefen. Während die englischen Gesandten dazu befugt gewesen waren, über einen Friedensvertrag zu sprechen, wollten die Franzosen plötzlich über einen freien Abzug der Besatzung und Bewohner der Stadt verhandeln.378 Dieser Vorschlag sprengte jedoch den Verhandlungsrahmen und wurde dementsprechend von den Engländern nicht akzeptiert. Dies deutet auf die Unfähigkeit der Nuntien hin, eine einheitliche Verhandlungsführung zu gewährleisten. Ähnlich wie bei der Vermittlung Innozenz‘ VI. während des Zweiten Friedensgipfels von Avignon blieb ihr Beitrag zum Verhandlungsgeschehen in dem Moment minimal, wenn es einmal zu trilateralen Verhandlungen gekommen war.379 Eine solche Interpretation wirkt umso wahrscheinlicher, weil gerade Augenzeugen keine Hinweise auf eine direkte Beteiligung kurialer Vermittler während trilateraler Verhandlungen an Orten der Konfliktinterventionen geben.380 Die genannten Punkte sprechen gegen eine autoritative Vermittlung oder Schlichtung kurialer Friedensstifter bei spontanen Konfliktinterventionen. Aus demselben Grund fällt es schwer, konkrete Rückschlüsse auf die Verhandlungsstrategie eines bestimmten Vermittlers zu ziehen. Kam es zum Abschluss von Waffenstillständen und Friedensverträgen, so lassen sich selbst aus deren Narratio allenfalls stereotype Hinweise auf dessen Zustandekommen entnehmen. Dies steht in einem kuriosen Gegensatz zu der sehr ausführlichen Wiedergabe der Konziliationsbemühungen apostolischer Nuntien in narrativen Quellen bei diplomatischen Fehlschlägen. Dies kann auf ein gesteigertes Interesse der Autoren an der Interaktion der zumeist adeligen Protagonisten der militärischen Auseinandersetzungen zurückgeführt werden, welche für gewöhnlich einer gescheiterten Konfliktintervention folgte. Bei ihrer Appellation an die Ehre der Verhandlungspartner trauen mittelalterliche Geschichtsschreiber den päpstlichen Friedensstiftern eine gewisse Gerissenheit zu, wobei die Funktionsweise erfolgreicher Friedensvermittlungen zutage tritt: Dem an Truppenstärke und Verpflegung benachteiligten Schwarzen Prinzen genügte als Argument der Hinweis auf die vermeintliche Aussichtslosigkeit seiner Lage. Waffenstillstandsverhandlungen während einer prekären Situation wurden weder von Eduard noch von der zeitgenössischen Chronistik als Ehrverlust begriffen. Talleyrand suggerierte König Johann II. sogar einen Prestigegewinn, sollte er von dem ehrlosen Niedermetzeln der kleinen englischen Streitmacht Abstand nehmen. Erstaunlicherweise war der Kardinal nach Berichten 378 Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 129 f. (Brief Eduards III. an Erzbischof John Stratford

von Canterbury).

379 Siehe Kapitel B) V. 4. 380 Vgl. Et ensi treterent ils iij. jours saunz nul effect; car lez treteours de lautre partie se tindrent toutz

jours sur parlaunce de la ville pur avoir rescousse lez gentz qe sont dedeinz par ascune subtilite (Robert de Avesbury, S. 393 ff.) mit dem Brief des Schwarzen Prinzen nach der Schlacht von Poitiers: Letter of the Black Prince, S. 287 f.

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zuverlässig informierter Chroniken mit seiner Vorgehensweise kurzzeitig erfolgreich,381 da sich immerhin Gesandte zu trilateralen Verhandlungen einfanden. Mittelalterliche Kriegsführung war keine übertrieben dynamische Angelegenheit. Zwei Heere konnten sich oft tagelang gegenüberstehen, bis eine Seite den ersten Schritt machte.382 Dennoch stand einer erfolgreichen Intervention in aller Regel oft nur ein begrenztes Zeitfenster zur Verfügung – ein scheinbarer Widerspruch, der einer Erklärung bedarf. Typische Konstellationen, mit denen es die kurialen Friedensvermittler zu tun hatten, stellten die Belagerungen von Städten dar, wie etwa von Cambrai (1338/39), Tournai (1340), Vannes (1343), Calais (1347) oder Paris (1360). Bei der Mehrheit dieser Belagerungen kam es zusätzlich zu einer Konfrontation mit einer französischen Rettungsstreitmacht. Clifford Rogers argumentiert, dass es sich bei der Provokation zu einer Entscheidungsschlacht zu günstigen Konditionen um die primäre Strategie Eduards III. und seines Sohnes Eduard handelte. Die Könige von Frankreich dagegen beschränkten sich darauf, in der Defensive zu bleiben, bis es ihnen mit Hilfe überlegener Truppen wahrscheinlich erschien, ihren Gegner zu bezwingen.383 Unter dieser Prämisse wird begreifbar, dass es in der überwiegenden Mehrzahl aller bekannten Konfrontationen zu keiner kriegerischen Begegnung kam, also eine Strategie der Schlachtvermeidung obsiegte.384 Die Tatsache, dass die Kardinäle bei Calais erst dann eine Chance zur Vermittlung erhielten, als der Fall der Stadt kurz bevorstand und eine französische Kampfansage an das englische Heer ergebnislos vor den Wällen der Festungsstadt Pas-de-Calais verhallt war,385 machte die Wahrscheinlichkeit für ein rasches Abkommen nicht größer. Die Intervention verhinderte nach der festen Überzeugung des Papstes aber viele Todesopfer in der Schlacht.386 Der zeitnah schreibende Gilles li Muisit berichtete ebenso wie die Chronique normande, dass Philipp VI. auf Anregung der Kardinäle einer dreitägigen Waffen381 Vgl. Chandos Herald, S. 50 ff. 382 Im Extremfall wie etwa vor der Schlacht von Najéra im Jahre 1367, konnte eine derartige ‚Lauer-

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stellung‘ bis zu einer Woche dauern. Vgl. M. Bennett, Kriege im Mittelalter. Schlachten - Waffen Taktik, Stuttgart 2009, S. 154 ff. Ein weiterer bekannter Fall in der Frühphase des Hundertjährigen Krieges stellt die Konfronatation des Heeres Eduards III. mit den Mannen Philipps VI. im Jahre 1339 bei Buirenfosse dar. Vgl. Sumption, Trial by Battle, S. 236 ff. Nur wenige Jahrzehnte zuvor war es auf dem Reichsgebiet zu fünf ergebnislosen Treffen der Kontrahenten im deutschen Thronstreit von 1314 gekommen, bevor es in der Schlacht von Mühldorf (1322) zu einer endgültigen Entscheidung kam. Vgl. Thomas, Ludwig der Bayer, S. 69, 74, 95, 79, 91. Allgemein zu mittelalterlicher Taktik und Gefechtsverhalten vgl. M. Prietzel, Krieg im Mittelalter, Darmstadt 2006, S. 42 ff. Vgl. Rogers, War, S. 360 f.; Ders., Henry V‘s Military Strategy, S. 399–428. Zur Strategie der Schlachtvermeidung vgl. kritisch erörternd sowie mit weiterer Literatur: H.-H. Kortüm, Kriege und Krieger, 500–1500, Stuttgart 2010, S. 170–174. Nach einem Brief Eduards III. eröffneten zunächst die Kardinäle die Friedensverhandlungen. Nach ergebnislosen Gesprächen überbrachte eine französische Gesandtschaft daraufhin die erwähnte Kampfansage. Froissart ging in seinen Chroniques von der umgekehrten Reihenfolge aus. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 129 mit Froissart (BN, A/B SHF), S. 637. Siehe Kapitel C) II. 1.

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ruhe sowie der Aufnahme von Verhandlungen zustimmte.387 Die Verhandlungen führten zu keinem Erfolg. Sie besiegelten aber das Schicksal der belagerten Stadtbewohner insofern, als nach dem Verstreichen der Frist an einen weiteren Widerstand gegen die Belagerung aufgrund der Knappheit der Lebensmittel nicht mehr zu denken war. Französische Chroniken berichten, selbst wenn sie sich nicht direkt auf die Vermittlung der Kardinäle beziehen, dass Eduard III. während einer Waffenruhe entscheidende Verbesserungen an seinem Schanzwerk vornehmen ließ. Alle genannten Quellen berichten übereinstimmend, dass der englische König in der Zwischenzeit befohlen hatte, sein Heerlager mit Gräben zu verstärken. Ein französischer Angriff wurde dadurch unmöglich gemacht.388 Ohne ein Wort über den weiteren Ablauf der Verhandlungen zu verlieren heben sämtliche Chroniken lediglich die Notwendigkeit des Rückzuges Philipps VI. hervor. Vor der Schlacht von Poitiers (1356) musste es dem Schwarzen Prinzen bewusst sein, dass er sich nur auf günstigem Terrain schlagen durfte.389 Aufgrund der kritischen Versorgungslage hatte er eine rasche Entscheidung zu treffen. Dass für Eduard am 18. September 1356 ein päpstlicher Vermittler einen Tag lang willkommen war, ist ebenso verständlich wie dessen Entscheidung am darauffolgenden Morgen, den Vorschlag Talleyrands zu einer erneuten diffusen Waffenruhe zurückzuweisen. Da sowohl der Prinz selbst als auch die Mehrzahl englischer Chroniken über die große Knappheit von Lebensmitteln berichten, konnten sich die Engländer eine weitere Verzögerung von Rückzug oder Schlacht nicht länger leisten und entschieden sich schließlich abwechselnd für die eine wie für die andere Alternative. Päpstliche Vermittlung musste rasche Alternativen zum Kampf aufzeigen. Sie durfte keinesfalls einen tödlichen Stillstand befürchten lassen. Am Beispiel des Waffenstillstands von Malestroit (1343)390 wurde bereits verdeutlicht, dass der Faktor Zeit nur dann für die Vermittler arbeitete, wenn beide Parteien gleichermaßen größten logistischen Belastungen ausgesetzt oder ihrem taktischen Ziel gleichermaßen entfernt waren.

387 Vgl. Chronique Normande, S. 89; Gilles li Muisit, S. 181 mit den Grandes Chroniques de France,

Band 9, S. 311.

388 Audientes autem Anglici adventum regis Franciae, miserunt ad eum legationem in dolo, dicentes

quod rex eorum Eduardus libenter de pace et recessu cum eo tractaret, si tamen treugas et inducias daret sibi per tres dies. Rex autem Franciae minus bene consultus, et ignorantibus illis de villa, dedit dictas treugas sic in dolo requisitas et petitas. Et tunc interim Anglici fossata magna fecerunt inter villam Calesiensem et exercitum regis Franciae, et ita manu valida et veloci per prata et per paludes, quod impossibile fuisset regem Franciae cum gente sua ad Calesium pertransire. […] Fossatis igitur factis et passibus sic obstructis, rex Franciae se deceptum videns, et quod nullo modo posset ad Calesium accedere, dolens nec Calesiensibus succurrere, nec inimicos evadere, reversus est in Franciam indilate (Continuateurs de Guillaume de Nangis (Venette), S. 206). Allgemein über den Ausbau der Gräben: Jean le Bel, S. 157; Richard Lescot, S. 76; Froissart (Amiens), Band 3, S. 45; Froissart (BN, A/B SHF), S. 637 f.; Grandes Chroniques de France, Band 9, S. 311. Li Muisit zufolge erhielt das englische Heer obendrein Verstärkung durch die Flamen. Vgl. Gilles li Muisit, S. 181 f. 389 Siehe Kapitel B) VI. 390 Siehe Kapitel C) III. 3.

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2. Friedensgipfel a) Vorbereitung Im Falle größerer Friedensgipfel gestalteten sich die Aufgaben der Nuntien ungleich aufwändiger: Waren erst einmal die für das Gelingen der päpstlichen Diplomatie erforderlichen lokalen wie generalen Waffenruhen ausgehandelt, hatten die Friedensstifter die nötigen Voraussetzungen für das Zusammentreffen der möglichst hoch- und gleichrangigen Delegation zu schaffen. Es mussten zunächst Geleite für eine Reise der Delegationen an die Kurie oder andere Orte der Entscheidungsfindung arrangiert werden.391 Bei Missionen englischer Gesandte nach Avignon musste sich der Papst um die Vergabe eigener Geleitbriefe oder um entsprechende Zusicherungen des französischen Königs für einen Durchzug durch dessen Territorium kümmern.392 Die Vergabepraxis freier Geleite an die Kurie sowie deren Wirksamkeit war zu Beginn des Jahres 1340 seit der Entführung des englischen ‚Militäragenten‘ Niccolò Fieschi aus seinem Quartier in der Rhônestadt zum Gegenstand erbitterter Kontroversen zwischen englischem Königshof und Avignonesischer Kurie geworden.393 Aus der Korrespondenz zwischen dem Papst und dem Inselreich geht hervor, dass der Pontifex Maximus den ungehinderte Zugang nach Avignon zur Aufrechterhaltung von Diplomatie und Eintracht für unverzichtbar hielt.394 Als sich die Stätten der Entscheidungsfindung auf Wunsch der Kontrahenten und aufgrund äußerer Umstände in den Jahren 1347–54 in die Picardie bzw. die Mark Calais sowie ab 1373 zunehmend in das Milieu der flämischen Handelsmetropole Brügge verlagerten, veränderte sich auch der Stellenwert apostolischer Nuntien. Im Jahre 1372 koordinierten Simon Langham, welcher sich in der Picardie befand, und sein Kollege Jean de Dormans, der sich in Paris aufhielt, die Vorbereitung der kommenden, ersten Friedensverhandlung in Brügge (1373). Neben dem Status der Delegierten waren die Kardinalnuntien auch um deren diplomatischen Fähigkeiten und Friedensliebe besorgt. 391 Zu Beginn des Untersuchungszeitraumes fand die Vergabe von Geleiten für Treffen in Nordost-

frankreich (z.B.: Arras) in Absprache zwischen Papst und Nuntien vor Ort statt. Vgl. Benoît XI (France), N. 481 (9. August 1338). 392 Erstere ließen die Päpste durch eigene oder zu diesem Zwecke angereiste englische Boten übermitteln. Vgl. Clément VI (France), N. 328 (7. August 1343), 581 (31. Dezember 1343), 1039 (19. August 1344); Innocent VI, N. 1019 (10. Juli 1354); Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 165 (28. Juli 1348). Allgemein zur Vergabepraxis freier Geleite vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 126–36. Für die Rückkehr der Gesandten nach England konnten am päpstlichen Hof Geleitschreiben käuflich erworben werden. Erst während des Zweiten Friedensgipfels von Avignon (1354/55) können auch individuelle Kardinäle als Arrangeure von Geleitbriefen ausgemacht werden. Vgl. Perroy (Hrsg.), Quatre lettres, S. 163–64. 393 Vgl. im Folgenden: Plöger, Die Entführung des Fieschi, S. 73 f., 85–105. 394 Quomodo quidem reges, magnates et principes catholici orbis terre, dum inter eos instigante pacis hoste oriuntur discordie, possent per Sedem prefatam revocari ad concordiam, et alia bona procurari cum eis, si eorum ambaxiatores et nuncii venire ad predictam Sedem et ibi morari non possent secure? (Benoît XII, N. 721 (30. Mai 1340).

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Über die untergeordneten Nuntien Guillelmus de Lestrange, Guillaume von Turenne und Aymar d’Aigrefeuille tauschten sich die ‚Chefdiplomaten‘ die neuesten Informationen und Gerüchte aus.395 Die von ihrem Aufwand her nochmals gesteigerten Maßnahmen der Bischofsnuntien da Prata und Lestrange im Vorfeld des zweiten Friedensgipfels in Brügge (1375–77) wie das Aushandeln lokaler Waffenruhen sowie die Organisation von Geleiten und deren jeweilige Bekräftigung haben wir bereits kennen gelernt.396 b) Verhandlungsleitung Bei unserer Analyse des Ersten Friedensgipfels in Avignon (1344)397 fällt zunächst die beträchtliche Autorität Clemens‘ VI. bei der Gestaltung der zeitlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen des Gipfels auf. Das symbolische Kapital des Papsttums zur Konfliktlösung war zu diesem Zeitpunkt unbestritten. Der oberste Hirte stellte seine Überlegenheit auch durch die gezielte Ausnutzung seiner Informationshoheit gegenüber den beiden Gesandtschaften unter Beweis. Lediglich der Papst und sein bisweilen als Treuhänder oder Stellvertreter fungierendes Kurienpersonal besaßen Einblick in die Prokuratorien der beiden Gesandtschaften und konnten mit diesen kommunizieren.398 Über das Eintreffen der Franzosen oder Boten Eduards III. erfuhr die englische Delegation zuerst vom Papst oder seinen Kurialen.399 Im enger begrenzten Feld der Einzelverhandlungen erwies sich das diplomatische Kapital des Pontifex und der Engländer beim Gebrauch der Schriftlichkeit zum Nachweis von Verhandlungspositionen oder Rechtsverhältnissen aber als zumindest ebenbürtig.400 Darüber hinaus schien sich das herkömmliche, duale Verhältnis zwischen Papst und Petent(en) bei trilateralen Friedensverhandlungen geradezu in sein Gegenteil zu verkehren. Clemens VI. befand sich in der Grauzone zwischen dem Amt des Schiedsrichters, der ein Urteil zu fällen hatte, und der von Benedikt XII. definierten Stellung eines Vermittlers, der keinerlei Weisungsbefugnis mehr besaß, aber alles kommentieren konnte und Lösungsvorschläge aufzuzeigen hatte. Clemens musste erkennen, dass gerade letztere Aufgabenstellung innerhalb des egalisierenden Feldes der Einzelverhandlungen mit einer Herabsetzung des Bischofs von Rom zu einem Bittsteller einhergegangen war. Grundsätzlich war der oberste Pontifex nämlich für einen Verhandlungserfolg auf die Vollmachten seiner Verhandlungspartner angewiesen. Das Ertragen dieses Widerspruchs innerhalb der Verhandlungsnormen erforderte von Clemens ein hohes Maß an Frustrationstoleranz, deren Fehlen sich beim Papst und seinen Stellvertretern 395 396 397 398 399

Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 75 [A. III]). Siehe Kapitel B) VIII. 3. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 1–8 [N. I-XIV]. Siehe Kapitel B) II. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 238. Vgl. Ebd., S. 220 f., 229, 254. Bei einem der Informanten, Magister curiae Jacobus Nicholai, handelte es sich freilich um ein Mitglied des Handelshauses der Bardi, welches für den Finanztransfer zwischen dem englischen König und seinen Gesandten zuständig war. Vgl. Plöger, England and the Avignon Popes, S. 100 ff. 400 Siehe Kapitel B) II. 2.

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in Unmutsäußerungen bemerkbar machte.401 Der Grund für die rasche Übertragung der Hauptverhandlungen im Oktober 1344 auf zwei Kardinäle mag daher in der Sorge vor einem Ehrverlust bei einer zu erwartenden Ergebnislosigkeit der Gespräche gesehen werden. Dass Clemens hierbei seine Mittlerstellung als persona privata aufs Spiel setzte, haben lediglich moderne Beobachter als problematisch empfunden. Die Engländer akzeptierten im Jahre 1344 die Arbeitsbelastung des Papstes als Entschuldigung für seinen Rückzug ebenso kommentarlos wie dessen plötzliche Rückkehr in der Schlussphase der Gespräche.402 Keine neuen Aspekte hinsichtlich Stellung und Aufgaben des vermittelnden Papstes können indes aus unseren Quellen zum Zweiten Friedensgipfel in Avignon (1354/55) herausgelesen werden.403 Aus den Chroniken entsteht sogar der Eindruck eines Niedergangs der Verhandlungskompetenz des obersten Pontifex. Innozenz VI. schien noch sehr viel stärker als zehn Jahre zuvor Clemens VI. zum Gefangenen des eigenen diplomatischen Feldes geworden zu sein. Dessen ‚Spielregeln‘ waren offenbar aufgrund der fortgeschrittenen Verhandlungsphase soweit unkontrollierbar geworden, dass die Gesandtschaften zum direkten Meinungsaustausch in der Lage waren und den Friedensgipfel mittels symbolischer Kommunikation ungehindert zugrunde richten konnten. Hinweise darauf, dass es sich bei der Schilderung Le Bakers und Knightons trotz guter Informationsquellen um eine Dramatisierung des Geschehens gehandelt haben könnte, gibt allerdings ein Schreiben der englischen Verhandlungsführer Arundels und Lancasters an Karl IV. In diesem würdigten sie den Papst als bloßes Sprachrohr der Franzosen herab, welche die eigentliche Schuld an dem Vertragsbruch gehabt hätten.404 Auf den langjährigen Friedensgipfeln in Brügge (1375–77) hatten anstelle Gregors XI. die Bischofsnuntien von Ravenna und Carpentras/Rouen die Fäden in der Hand. Dies zeigte sich beim paritätischen Einzugszeremoniell beider Delegationen in die Stadt Brügge und in die Kirche Saint-Donatian, über die salomonische Entscheidung einer rotierenden Sitzordnung der beiden Gesandtschaften405 bis hin zur Ermöglichung von Predigten 401 Waren diese lediglich Ausdrücke „rituell gezeigte[r] Emotion“, so verfehlten sie sichtlich den von Alt-

402 403 404 405

hoff und Rillinger erkannten Zweck eines Rituals, nämlich die Demonstration der „grundsätzliche[n] Bereitschaft der Akteure zu Konsens und Zusammenarbeit“ (Althoff; Stollberg-Rillinger, Rituale der Macht, S. 15–19, hier: 16). Vgl. Althoff, Empörung, Tränen, Zerknirschung, S. 258–281, bes. 264 ff., 276. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 18, S. 240. Siehe im Folgenden Kapitel B) V. 3. Vgl. Chaplais, English Medieval Diplomatic Practice, Part I, Band 1, S. 297 f. [N. 157 a] Die martis xxvija eiusdem mensis marcii, dicti domini duces et alii destinati a vtraque parte mediatione dominorum nunciorum apostolicorum ad ecclesiam sancti Donaciani Brugensis, que insignior ecclesia dicti loci existit, accesserunt, vbi videlicet in domo decani Brugensis quilibet dictorum dominorum suam cameram ad partem habentes, gracia diuina operante et per dictos nuncios apostolicos excitati et inducti, cameras ipsas exierunt, quandam aulam ad hoc preparatam pariter et eodem momento intrantes. Et quia fuerat aliqualis altercatio in sedibus, videlicet quis eorum haberet partem dexteram, fuit odinatum quod pro primis duobus diebus ipsi domini et partes pedes starent. Et prima die pedes fuit a parte dextera dominus dux Burgundie, secunda die ab eadem dominus dux Lencastrie (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 9 [N. XV]).

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der geistlichen Delegationsspitzen, welche den Friedenswillen aller Beteiligten unterstrichen. Hinsichtlich der Verhandlungsleitung hatte der französische König bereits drei Jahre zuvor seine Gesandten in einem beeindruckenden Memorandum vorgewarnt, dass es den päpstlichen Vermittlern oblag, über das bi- oder trilaterale Verhandlungsarrangement oder die Reihenfolge der Einzelsitzungen zu entscheiden.406 Der König hatte seinen Gesandten daher umfassende Verhaltensanweisungen für jede Art der Vorgehensweise mitgeschickt. Aus den Instruktionen Karls V. für frühere Verhandlungen wird ebenso wie aus den späteren Tagebüchern und Briefen der Nuntien deutlich, dass die Kompetenz zur Unterbreitung von Vorschlägen, also das diplomatische Kapital zur Durchführung von Waffenstillstandsverhandlungen, welches in Avignon noch der Papst besessen hatte, nun auf die beiden Vermittler übergegangen war. Bei einer näheren Analyse des Verhandlungsarrangements des späteren Friedensgipfels ist die Gleichzeitigkeit von bi- und trilateralen Verhandlungen auffällig. Fanden diese bei den vorigen Treffen nach eindeutigen Regeln und einer festen Reihenfolge statt, so ist in Brügge eine dynamische Verquickung beider Formen zu beobachten. In der ersten Phase der Verhandlungen von März bis Juni 1375 wurde von Anfang an trilateral konferiert. Die Verhandlungskultur hatte sich insofern weiterentwickelt, als beide Seiten ungehindert ihre Maximalpositionen vortragen konnten, ohne dass es zu einem Eklat gekommen wäre. Dass die Bischofsnuntien ein solches Debakel aber für möglich hielten, geht aus ihrer Ermahnung an beide Kontrahenten hervor, von zu eng gefassten Positionen Abstand zu nehmen und sich stattdessen für allgemeine Vorschläge zu öffnen. Damit war ein Wink für die Eröffnung der eigentlichen Verhandlungsphase gegeben, welche durch eine Bestürmung der apostolischen Nuntien nach der Unterbreitung von Kompromissvorschlägen eingeläutet wurde. Die Bischöfe verfuhren auch bei Folgeverhandlungen nach dem Prinzip, den Opponenten zwei bis drei Optionen in Plenarsitzungen anzubieten, um kurz darauf deren Akzeptanz in Einzelverhandlungen auszuloten. Zeigten sich die Kriegsparteien unversöhnlich, mussten weitere Vorschläge unterbreitet werden. Solche konnten erneut von den Nuntien, aber auch von den Verhandlungsführern der Kontrahenten kommen, welche die Bischöfe in diesem Fall zu geheimen Gegenüberstellungen zu sich riefen.407 Lagen die Verhandlungspositionen zu weit auseinander, versuchten die Nuntien häufig durch Modifikationen des vorangehenden Vorschlages einen Kompromiss herbeizuführen. Eine weitere Methode um Blockaden zu überwinden bestand in der Durchführung eines ‚Brainstormings‘ durch Teilnehmer einer paritätisch besetzten Kommission. Die Beteiligten sollten ihre Vorschläge im öffentlichen Rahmen artikulieren, während den Anführern gestattet wurde, ihre Optionen den Nuntien anzuvertrauen.408 406 Siehe Kapitel B) VIII. 1. Vgl. Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 10 [N. XV], 69–74

[A. I.].

407 Vnde aperte fuerunt dictis dominis per eosdem nuncios apostolicos in secreto vocatis tamen ab

vtraque parte duobus aliis dominis certe vie (Anglo-French Negotiations, hrsg. von E. Perroy, S. 11 [N. XV]). 408 Vgl. Ebd., S. 15–17 [N. XVII] mit der französischen Umschreibung des Prozedere auf Ebd., S. 18 [N. XVIII].

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c) Erfolgschancen Insgesamt glückte es dem Papst auf dem Ersten Friedensgipfel in Avignon (1344/45) nur selten, die starren Verhandlungsnormen der Kontrahenten zu durchbrechen und konzentriert eine geeignete Konfliktlösung zu propagieren, welche nach dem von Moeglin herausgearbeiteten Modell die Einigung der Konfliktgegner aus einem „Akt der Gnade“ heraus hätte herbeiführen können.409 Dass der Papst dafür das notwendige diplomatische wie symbolische Kapital besessen hätte, wird aus dem Tagebuch der englischen Abgesandten deutlich. Durch die räumliche Trennung der Gesandtschaften verhinderte Clemens VI. zwar erfolgreich den Eklat, genauso aber auch jeglichen Verhandlungsfortschritt. Scheinbar nebensächliche Streitpunkte wie die vom englischen König kritisierten Vertragsbrüche französischer Verbündeter fielen durch dieses starre Raster. Der Papst hatte sich nach dem November 1344 ausschließlich auf eine trilaterale Konsensfindung zwischen den Königen von England und Frankreich via Geheimdiplomatie konzentriert. Damit kam Clemens zwar einerseits dem Bedürfnis der Kriegsteilnehmer nach Diskretion entgegen, verließ sich andererseits aber zu stark auf äußere Faktoren, welche er nicht beeinflussen konnte, da sie sich nach keinem stilus curiae richteten.410 Nachdem im Frühjahr 1345 sowohl Konfliktbewältigung im Kleinen wie auch Konziliation im Großen gescheitert waren, konnte von der Kurie in Avignon als politisches Milieu zur Beendigung des Hundertjährigen Krieges in den nächsten vier Jahren keine Rede mehr sein.411 Clemens‘ Nachfolger sollte es trotz veränderter Verhandlungsstrategie und anderer Begleitumstände zehn Jahre später indes nicht besser ergehen. Innozenz VI. verzichtete im Vorfeld des Zweiten Friedensgipfels in Avignon (1354/55) weitgehend auf bilaterale Einzelverhandlungen und Sondierungsgespräche, sondern vertraute auf einen acht Monate alten Vorvertrag.412 Dass die geplanten Sondierungsverhandlungen aufgrund des Ausbleibens der französischen Gesandtschaft nicht stattfanden, weil sich das politische Klima Ende für einen Friedensschluss des Jahres 1354 massiv verschlechtert hatte, erfuhren zwar englische Prokuratoren in Avignon, aber offenbar nicht der Inhaber des Stuhles Petri. Der juristisch versierte Papst vertraute auf die Wirksamkeit einer schriftlich vorbereiteten Konsensfindung, welche das Endprodukt jahrzehntelanger kurialer Bemühungen und mehrjähriger Anstrengungen Kardinal Gui de Boulognes gewesen waren. Ihre Ratifikation in einem feierlichen Konsistorium war das einzige Ziel des Friedensgipfels gewesen. Aus den verfügbaren Quellen wird kein diplomatisches Kapital ersichtlich, welches die genannten Defizite nach Beginn des Friedensgipfels noch hätte ausgleichen können. Soweit der Verlauf der Verhandlungen nachvollzogen werden kann, kam es zu einer Kollision verschiedener politischer Gestaltungskonzepte, bei denen Kardinal Gui 409 Siehe Kapitel A) II. 4. 410 Zum Begriff und seiner Herleitung aus den Quellen vgl. Felten, Verhandlungen an der Kurie,

S. 417.

411 Siehe Kapitel B) III und IV. 412 Siehe Kapitel B) V.

Die Bedeutung symbolischer Kommunikation bei Vertragsabschlüssen

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de Boulogne auf den Primat schriftlich fixierter Verbindlichkeiten, die Franzosen dagegen auf die Gültigkeit verbaler Eide sowie den Primat der Unveräußerlichkeit ihrer Krondomäne setzten. Dass die Kurie aufgrund unterlassener Ratifikationsgespräche und der Wahl einer ungeeigneten, weil von Anfang an trilateralen Verhandlungsform zur Bühne symbolischer Provokationen geworden war ist als direktes politisches Versäumnis der Päpste zu bewerten.413 Am Beispiel der Friedensgipfel von Brügge ist bereits aufgezeigt worden, dass die apostolischen Nuntien durch ihre flexiblere Verhandlungsführung Stillstände vermeiden und eine Vielzahl von Konfliktlösungsvorschlägen aufzeigen konnten. Die geographische Mobilität der Nuntien und ihr diplomatisches wie symbolisches Kapital zur Konfliktlösung widersprachen sich in diesem späten Stadium der viae pacis nicht mehr. Durch ihren Versuch einer kleinteiligen Regelung feudaler Problemfelder machten sie sich jedoch abermals zu stark von äußeren Faktoren sowie dem guten Willen des französischen Königs abhängig, was den Friedensgipfel letztlich in Leere laufen ließ.414

VII.Die Bedeutung symbolischer Kommunikation bei Vertragsabschlüssen des Hundertjährigen Krieges (1328–1360) Symbolische Kommunikation von Seiten der kurialen Vermittler begegnet uns häufig im Vorfeld von Konfliktinterventionen. Wie erwähnt, bemühte sich Talleyrand de Périgord vor der Schlacht von Poitiers (1356) um eine Vielzahl ritueller Akte wie das Vergießen von Tränen oder die Proskynese vor den Verhandlungspartnern.415 Auch das Evozieren von meist pauschal wiedergegebenen religiösen oder humanitären Argumenten für die Notwendigkeit einer Schlachtvermeidung, kann zu dieser Sphäre gezählt werden. Der Kardinal erreichte zweifellos, dass sich die unter bestimmten Konditionen durchaus kampfeswilligen Parteien zu Einzelverhandlungen bereitfanden. Symbolhaften Handlungen und Ritualen schrieben die Chronisten also eine gewisse Macht zu, deren statusverändernde Wirkung allerdings nur kurzfristig war. In der Tat verweigerten sich die Kontrahenten der reinen Aufnahme von Gesprächen höchst selten. Gegenteilige Fälle sind lediglich aus englischen Reiterzügen bekannt, welche auf die reine Verwüstung des gegnerischen Territoriums angelegt waren, von untergeordneten Feldherren durchgeführt wurden oder auf keine immanente Konfrontation zuliefen.416 413 414 415 416

Vgl. Geoffrey le Baker, S. 124 f. Siehe Kapitel B) VIII. 3. Siehe Kapitel B) VI. 4. Englische Kommandanten von Feldzügen verwiesen bevorzugt auf mangelnde Verhandlungsvollmachten oder die Notwendigkeit der Geheimhaltung ihres Missionszieles, wenn es darum galt, Verhandlungen ohne Ehrverlust zurückweisen zu können. Dadurch wurde offenbar der Unwille der jeweiligen Feldherren vertuscht, im Falle einer erfolgreichen oder noch ergebnislosen Kampagne die Kampfhandlungen einstellen zu müssen. Vgl. Froissart (Lettenhove), Band 9, S. 309 f.

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Strukturen und Wirkungsweisen päpstlicher Diplomatie

Eine sehr viel größere Bühne war den Päpsten und ihren Friedensstiftern bei der Ratifikation von Friedensverträgen geboten. Der Abschluss von Verträgen ist ein bestens untersuchter Vorgang der Diplomatie- und Rechtsgeschichte. Betont Chaplais für das Königreich England des 12. Jahrhunderts insbesondere das Prinzip des gemeinsamen Ausstellens und Duplizierens von Vertragsurkunden sowie die Notwendigkeit von deren Beeidigung zunächst durch königliche Stellvertreter in An- oder Abwesenheit des Herrschers selbst,417 so differenzierte bereits im Jahre 1936 Walter Heinemeyer zwischen dem frühmittelalterlichen, „[u]nmittelbaren Vertragsschließungsverfahren“ sowie dem uns auch während des Hundertjährigen Krieges begegnenden „[z]usammengesetzten Vertragsschließungsverfahren“.418 Bei letzterem wurde zunächst ein Vertragswerk durch bevollmächtigte Unterhändler abgeschlossen und in einem zweiten Schritt durch deren Herren ratifiziert. Während beide Autoren insbesondere den Eid der subordinierten Verhandlungspartner als das konstituierende Element des Vertragsschlusses betonen, so fand die Zeremonie der Eidesleistung als solche in diplomatiegeschichtlichen Studien bislang nur geringe Aufmerksamkeit.419 Dabei zählte die Durchführung fester rechtssymbolischer Akte bei der Beeidigung von Verträgen420 durch Stellvertreter der Kontrahenten durch das Präsentieren des Heiligen Evangeliums und/oder der geweihten Hostie beim Abschluss von Waffenruhen, wie beobachtet, zu den festen und Aufgaben apostolischer Nuntien. Wichtig erscheint es zu betonen, dass die päpstlichen Vermittler nicht die einzigen waren, welche einen Waffenstillstand aushandeln oder die Unterzeichnung eines Vertrages überwachen konnten. Dies geht aus dem Waffenstillstandsvertrag von Esplechin (1340)421 sowie weiteren Abkommen aus der Zeit des Diplomatischen Interims (1347–1354) hervor.422 Vergleichbare Eidesleistungen im Kontext militärischer Abkommen im 12. und 13. Jahrhundert423 lassen sich dagegen in zeremoniel417 Vgl. Chaplais, English Diplomatic Practice in the Middle Ages, S. 53 ff. 418 „Drei rechtliche Vorgänge sind wie in der Gegenwart für das Zusammengesetzte Vertragsschlie-

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ßungsverfahren im 13. Jahrhundert charakteristisch: Die Erteilung der Vollmacht durch die vertragsschließenden Herrscher an ihre Unterhändler, die Vertragsschließung durch die bevollmächtigten Unterhändler und drittens die Ratifikation durch die vertragsschließenden Staatsoberhäupter“ (W. Heinemeyer, Studien zur Diplomatik mittelalterlicher Verträge vornehmlich des 13. Jahrhunderts. Archiv für Urkundenforschung, 14 (1936) S. 321–413, hier 357 ff.). So auch nicht bei Cuttino, English Medieval Diplomacy, S. 1–24, bes. 9. Vgl. dagegen kulturgeschichtlich: Offenstadt, Faire la paix, S. 257–274. Vgl. allgemein D. Munzel-Everling, Art. „Eid“, in: HRSG. Zweite Auflage, Band 1 (2008) Sp. 1249–1261. Siehe Kapitel A) IV. Zum Begriff und seine historische Einordnung siehe Kapitel B) IV. Vgl. das Nichterwähnen des liturgischen Eides bei Waffenstillständen zwischen den Königen von England und Frankreich am 26. Oktober 1206 sowie am 18. September 1214. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band I, 1, S. 95, 125. Gut achtzig Jahre später wurde beim Abschluss eines Bündnisses zwischen König Eduard I. von England und dem römischen König Adolf von Nassau der Vertrag durch die Bischöfe von Dublin und Durham 10. August 1294 lediglich per nos sollempniter in animam ipsius [Eduard] juramento corporali beeidet, ohne dass erkennbar geworden wäre, worauf sich die taktile Komponente des Vertragsschlusses bezog (Chaplais (Hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice, Part I, Band 2, S. 485 [N. 249 c ]). Wenige Jahre später fand sich auch in der Ver-

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ler Hinsicht aus Vertragsurkunden nur selten konkretisieren. In lokalgeschichtlichem wie privatrechtlichem Kontext ist der Evangelienschwur im spätmittelalterlichen Frankreich bestens bekannt.424 Gleichwohl unterstrich die Assistenz der Nuntien bei der formal relativ offenen Zeremonie425 die traditionelle Rolle der Kirche als Bewahrerin von Eiden sowie als potentielle Vollstreckerin von Sanktionen bei Vertragsbrüchen. 426 Dennoch ist in sämtlichen auf unmittelbare Weise zwischen den Kontrahenten geschlossenen Verträgen unseres Untersuchungszeitraumes der präzise Ablauf der Eidesleistung auf den Namen und die Seele des jeweiligen Herrschers abgesehen von einer zweifelhaften Ausnahme nicht weiter festgehalten worden.427 Im Falle der Aushandlung

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schriftlichung einer Hochzeitsallianz zwischen König Eduard I. von England und Graf Balduin IX. von Flandern im Juni/Juli 1297 kein direkter Hinweis auf den liturgischen Eid: Hoc iuravit pro ipso rege Anglie bona fide tenendum Johannes comes Moriton‘ frater ipsius regis et in animam ejusdem regis, et pro se ipso juravit idem comes in animam suam (Chaplais (Hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice, Part I, Band 2, S. 466 [N. 243]). Dagegen war nur wenige Monate zuvor bei der Ratifizierung eines Militärbündnisses am 7. Januar 1297 zwischen Eduard I. und dem Grafen Guy de Dampiere von Flandern der Evangelienschwur bereits Bestandteil der Zeremonie gewesen: Totes ces choses desusdites e chescune de eles avoms nous en convent loiaument pur nous e pur nos heirs, rois de Engleterre, a tenir e a emplir en bone foi au desusdit conte de Flandres pur li e pur ses heirs, contes de Flandres, e par le serment fait en nostre alme e en nostre noun par nostre comandement e en nostre presence sur les saintes ewangeiles touchees corporalment […] en nostre noun meimes (Ebd., S. 493 [N. 250 c]). Der gleiche Sachverhalt geht auch aus der Vollmacht für Hugh Despenser und Walter Beauchamp hervor, welcher den Vertrag im Namen seines Königs ratifizieren sollte: [J]urames sour les sains evangiles touchies de nous deus corporelment et fianchames en lanme de lui pour lui et en son non (Ebd., S. 494 [N. 250 d]). Auch der zweite Vertrag von Paris am 10. Juli 1303 wurde auf liturgisierte Weise beeidigt: Et de totes ces choses nous avons fait et donez en noun du dit nostre seignor le roi et en lalme de li serment corporel as seintes ewangeiles en la presence des ditz messages et procureurs du dit roi de France (Ebd., S. 499 f. [N. 252 c]). Für einen lokalen Friedensschluss der Stadt Metz im Jahre 1324 vgl. La Chronique de Philippe de Vigneulles et la mémoire de Metz, hrsg. von P. Demarolle, Caen 1993, S. 10. Als Beispiel für eine Untertanenhuldigung (hommage servile) im 14. Jahrhundert vgl. R. Boutruche, Seigneurie et féodalité, Band 2, Paris 1970, S. 170 sowie für den Schwur einer Prostituierten auf das Heilige Evangelium vor Gericht vgl. J. Rossiaud, La prostitution médievale, Paris 1988, S. 224. Mit Dank an Nicolas Offenstadt für den Hinweis. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 268 ff. Vgl. Ebd., S. 259 f. Vgl. die unspezifischen Ratifikationsformen: Les queles trewes nous [...] avons, en bone foy, sanz mal engin, creancees & jurees en l‘alme de nos seigneurs les Rois dessus ditz, come aienz pleine poair depar euls a ceo faire (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 178, WS-Verlängerung vom 13. November 1348) mit der von den Bischöfen von Braga und Brindisi gebrauchen Formulierung Quas treugas, cum praescriptis omnibus & singulis capitulis seu articulis earumdem, firmiter & inviolabiliter observandas, praenominati tractatores & deputati episcopi [...] caeteri verò corporaliter manutactis sacrosanctis Evangeliis, nominibus & in animas dictorum dominorum Regum, in nostris manibus juraverunt (Rymer (Hrsg.), Band III, 1, S. 197 f. (WS-Abschluss am 13. Juni 1350 – Hervorhebung durch den Autor) mit der Absicht einer Vereidigung des Waffenstillstands durch anglo-französische Stadt- und Festungskommandanten der Picardie auf das Heilige Evangelium einen Monat nach Abschluss einer Waffenruhe. Vgl. Ebd., S. 184 (2. Mai 1349).

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und Beurkundung eines Vertrages durch apostolische Nuntien wurde der Evangelienschwur dagegen sehr deutlich hervorgehoben, was vielleicht in vorbeugender Abgrenzung zu den erwähnten weltlichen Versuchen der Konfliktbeilegung geschah.428 Es besteht immerhin die Möglichkeit, dass die kurialen Vermittler aufgrund ihres Hintergrundes bei der redaktionellen Betreuung der Vertragstexte einen besonders geschärften Blickwinkel auf liturgisierte Eidesleistungen hatten, welche die Notare der Kriegsparteien nicht mit sich brachten. Insofern stehen wir vor dem paradoxen Befund, dass die kurialen Vermittler im Kontext der anglo-französischen Konfliktbeilegung eine Form des rituellen Vertragsabschlusses für sich monopolisierten, welche seit längerer Zeit beim Abschluss direkter Verträge zwischen weltlichen Herrschern etabliert war und außerhalb des hier behandelten Kontexts weiterexistierte.429 Doch wie lässt sich die rechtsymbolische Handlung der Eidesleistung näher ritualgeschichtlich wie juristisch definieren? Angesichts der in der Forschung untersuchten Wechselwirkungen von Schriftlichkeit, Mündlichkeit bzw. Performanz im Spätmittelalter stellt sich zunächst die Frage, ob es sich bei Ratifikationszeremonien von Waffenstillständen um ein statusveränderndes Ritual oder lediglich um ein statusbekräftigendes Zeremoniell gehandelt haben könnte.430 Dies hängt davon ab, in welchem zeitlichen Zusammenhang die liturgische Eidesleistung mit der Ausstellung und Unterzeichnung der Vertragsurkunde 428 Aus der Narratio des Waffenstillstands von Calais vom 28. September 1348 geht hervor, dass die

Nuntien den Gesandten die heilige Hostie zur Ratifikation der Waffenruhe zur Beeidigung dargereicht, also eine eindeutige rechtssymbolische Handlung vorgenommen hatten: Tactis Sacrosanctis Evangeliis, in animas ipsorum Regum, in nostris manibus, corporaliter juraverunt (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136). 429 Der Schwur auf das Evangelium kann als verdinglichte, religiöse Untermauerung privat- wie staatsrechtlicher Verträge des 14. Jahrhunderts immer häufiger beobachtet werden. Vgl. die Dokumente des Prozesses von Montreuil: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band II, 2, S. 778 f. (5. Februar 1330); den Heiratsvertrag zwischen dem König von England und dem Grafen von Geldern: Ebd., Band II, 2, S. 834 (20. Oktober 1332); die Vollmacht zum Schwur auf das heilige Evangelium für englische Unterhändler bei Verhandlungen mit flämischen Abgesandten in York: Ebd., Band II, 2, S. 871 (6. Oktober 1333); den Evangelienschwur bei einem Vertrag mit Flandern: Ebd., Band II, 2, S. 1107 (28. Januar 1340); bei einer Hochzeitsallianz zwischen Eduard III. und Alfonso von Kastilien in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 73 (27. März 1346); den Waffenstilstand zwischen Eduard III. und Königin Johanna von Navarra: Ebd., Band III, 1, S. 157 (20. März ); den Evangelienschwur im Vertrag zur Freilassung William Douglas‘: Ebd., Band III, 1, S. 246 f. (12. Juli 1352); die Vollmachten für die schottischen Bischöfe zur Durchführung der Freilassung des schottischen König David the Bruces: Ebd., Band III, 1, S. 370 (26. September 1357); den Schwur der schottischen Prälaten zur Bannung ihres genannten Königs im Falle seiner ausbleibenden Rückkehr in englische Gefangenschaft: Ebd., Band III, 1, S. 378 f. (6. Oktober 1357); den Geiselvertrag für französische Adelige im Zuge des Vertrages von Brétigny: (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 604 (20. Februar 1361); die Übergabe von Ländereien durch König Peter von Kastilien an Prinz Eduard von Wales: Ebd., Band III, 2, S. 802 ff. (23. September 1366); die Bekräftigung eines Schlichtungsverfahrens zwischen König Heinrich von Trastamera und Leon sowie König Peter IV. von Aragon: Ebd., Band III, 2, S. 852 (22. November 1368); das Bündnis zwischen Eduard III. und König Fernando von Portugal: Ebd., Band III, 2, S. 983 (1373). 430 Zur Definition siehe Kapitel A) III) 4.

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stand. Aus dem bislang nicht näher interpretierten Waffenstillstandsvertrag von Malestroit (1343) wird ersichtlich, dass der Vertragstext von den apostolischen Nuntien erst nach der Ratifikation des Waffenstillstands durch die englischen und französischen Abgesandten im Rahmen des beschriebenen liturgischen Aktes verfasst worden war.431 Auch kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch die Vermittlung der Kardinäle bei Malestroit ein neuer Waffenstillstand zustande kam und nicht etwa, wie häufig während des Diplomatischen Interims (1347–1354), ein bereits bestehender Vertrag seine Verlängerung fand.432 Das Kriterium der Statusveränderung durch die symbolische Handlung wäre somit erfüllt, weshalb die Eidesleistung an dieser Stelle als Ritual interpretiert werden kann. Auch die Beeidigung des Waffenstillstands von Calais (1347) macht es deutlich, dass der Schwur auf das heilige Evangelium vor dem Aufsetzen der eigentlichen Vertragsurkunde erfolgte, welche wiederum unsere beste Quelle über den rituellen Vorgang selbst darstellt.433 Von rechtsgeschichtlicher Seite erscheint der Vorgang eindeutig: Der Eid gilt als „Bindemittel weltlicher und kirchlicher Lebensordnung schlechthin.“434 Der promissorische Eid bei Abschluss eines Vertrages stellte im Mittelalter den „konstitutive[n], pflichtenbegründende[n] Akt“ dar.435 Das Ritual war statusbegründend und rechtsverbindlich sowie in dieser religiösen Qualität nur bei einer Vermittlung durch apostolische Nuntien nachweisbar. Es ist anzunehmen, dass die bei promissorischen (Treu-) Eiden festgestellte Unmöglichkeit einer „Trennung von Verpflichtungsgeschäft und bloß sicherndem Eidversprechen“ ebenso bei der Ratifikation eines Friedensvertrages zutraf. 436 Doch über das Element der Statusveränderung hinaus stellt sich die Frage nach den Wechselwirkungen, ja möglicherweise sogar der Verstärkung der Aussagekraft, welche einem durch eigens gewählte Formen der Ritualität bekräftigten Vertragswerk zukam.437 431 Vgl. Adam Murimuth, S. 134. 432 An dieser Stelle ist an die sukzessive Verlängerung des ursprünglich einjährigen Waffenstillstands

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von Calais (1347) bis ins Jahre 1350 zu denken. In letzterem Jahr wurde die Kette jedoch endgültig durch Kampfhandlungen in der Saintongue und durch einen Einfall Henry von Lancasters in der Languedoc unterbrochen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 (28. September 1347); 166 (6. August 1348); 170 f. (5. September 1348); 177 f. (13. November 1348); 184 f. (2. Mai 1349); Sumption, Trial by Fire, S. 54, 58. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 136 ff. H. Zapp, Art. „Eid. A. Lateinischer Westen. II. Kanonistische Eideslehre“, in: LexMA, Band 3 (1986) Sp. 1675–76. Vgl. M. Gerwing, Art. „Eid. A. Lateinischer Westen. I. Scholastische Theologie“, in: LexMA, Band 3 (1986) Sp. 1673–75. Laut Dilcher ist dem Eid sogar der gewichtigere Stellenwert einzuräumen. Vgl. G. Dilcher, Art. „Eid. 3. Versprechenseide“, in: HRG, Band 1 (1971) Sp. 866–870 mit D. Munzel-Everling, Art. „Eid“, in: HRG. Zweite Auflage, Band 1 (2008) Sp. 1249–1261. Dilcher, Art. „Eid. 3. Versprechenseide“, Sp. 868. Beim Vertrag von Brétigny (1360) erfolgten die wesentlichen rechtssymbolischen Handlungen erst nach Verlesung der Vertragsartikel. Nach Sellert entspräche so etwas einer „Rationalisierung des Rechts“. Vgl. W. Sellert, Gewohnheit, Formalismus und Rechtsritual im Verhältnis zur Steuerung sozialen Verhaltens durch gesatztes Recht, in: Duchhardt; Melville (Hrsg.), Im Spannungsfeld von Recht und Ritual, S. 29–47, bes. 37–42. Am Beispiel der Ratifikationsfeierlichkeiten frühmittelalterlicher Privilegien kommt Keller zu der Schlussfolgerung: „Die Botschaft eines Privilegs erschließt sich erst voll im Kontext von Handlun-

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Ähnlich wie die erwähnten salvatorischen Klauseln über strittige Titulierungen der Vertragspartner in Vertragswerken des Hundertjährigen Krieges unterstrichen die Eidesleistungen und zusätzlichen Zeremonien die rechtliche Gleichstellung beider Konfliktgegner. Durch den gemeinsamen Schwur auf ein „objet-neutralisation“ sollte die Gleichrangigkeit beider Könige vor Gott zum Ausdruck gebracht.438 Durch die beiderseitige, „bedingte Selbstverfluchung“, welche die Gesandten im Namen ihrer Könige im Falle eines Vertragsbruches gelobten, wurde das strukturelle Ungleichgewicht beider Könige eingeebnet. Diese Botschaft, welche einer jeglichen Ratifikationszeremonie eines Waffenstillstands in unserem Untersuchungszeitraum innewohnte, geht weit über die Aussagekraft eines lediglich die Bedingungen einer Waffenruhe regelnden Vertragswerkes hinaus. Gleichrangigkeit hatte im anglo-französischen Verhältnis in der Vergangenheit allenfalls im Falle des Bruchs des Lehnsbandes bestanden.439 Sie war daher im Moment der paritätischen Eidesleistung und damit beim Übergang von Krieg zu Frieden keine Selbstverständlichkeit. Da sich die Nuntien als Repräsentanten des Heiligen Stuhles in der Tradition der Kirche als Bewahrer des Rechts sehen konnten, leistete die Kurie allein durch die häufige Wiederholung des Rituals einen Beitrag zu einer Neudefinition des beiderseitigen Verhältnisses. Es war bei der Ratifikation von Verträgen für die Kurie umso wichtiger, die rituellen Erwartungshaltungen aller Beteiligten zu erfüllen, da die Ratifikationszeremonien sonst ohne die päpstlichen Vermittler durchgeführt oder symbolische Ersatzlösungen gefunden worden wären.440 Die Alternative zur Vasallität waren für Eduard III. bonnes alliances, amitiez, & confederations.441 Auf entsprechender Grundlage basierten sämtliche „staatsrechtlichen Verträge“ des englischen Königs seit Beginn seiner eigenständigen Herrschaft.442 Zwischen

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gen, die komplementäre Botschaften verkünden und zugleich die Aussage der urkundlichen Verfügung in spezifischer Weise interpretieren“ (Keller, Die Herrscherurkunden, S. 276). Auch Weber und Dartmann verzichten auf den Versuch einer Hierarchisierung der Ebenen der Ritualität und Schriftlichkeit zugunsten einer komplementären Interpretationsweise. Vgl. Weber; Dartmann, Ritualität und Schriftlichkeit, S. 51–55. Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 179. Auch während einer Waffenruhe konnte zwischen beiden Königen auf gewohnheitsrechtlichem Wege Konflikte ausgeräumt werden, die in Friedenszeiten unter Bestehen des lehnsrechtlichen Bandes unlösbar gewesen wären. Vgl. Chaplais, Règlement des conflits, S. 278 ff. Aus dem Eschatokoll eines der späteren Waffenstillstandsverträge während des Diplomatischen Interims deutete sich eine solche Lösung auch zeremoniell an: Les queles treues, & toutes les choses cy dessusecriptes, nous messages dessusditz [...] jure es nons, & es ames de yceux seignurs les Roys, les uns de nous, es mains des autres, tenir & accomplir, & faire tenir & accomplir, loiaument en bonne foy, saunz mal engyn (Rymer (Hrsg.), Band III, 1, S. 232 (WS-Verlängerung, 11. September 1351 – Hervorhebung durch den Autor); Et avons jure et promis, sur les Sains Evangiles de Dieu, par nous corporelment touchees, es mains des diz messages de nostre saint pere (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 1048 f. (Waffenstillstandsratifikation Ludwigs von Anjou, 12. März 1375 – Hervorhebungen durch den Autor). Vgl. den 30. Artikel des Vertrages von Brétigny/Calais, in: Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, S. 517 (24. Oktober 1360). Auf zwischenstaatlicher Ebene sind Allianzen und Bündnisse zwischen einzelnen Königreichen im Mittelalter bislang weniger intensiv erforscht als Einungen zwischen verschiedenen Städten und Ge-

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den Königen von England und Frankreich war das Rechtskonzept des Bündnisses erstmals im Vorvertrag von Guines (1354) als Konfliktlösungsmodell thematisiert und in Avignon zunächst verworfen worden. Die Kurie leistete somit allein durch ihre Bereitschaft und ihre Kapazität zur Wiederholung der Bemühungen einen Beitrag zu einer Veränderung des anglo-französischen Verhältnisses. Dieser ‚Nebeneffekt‘ der päpstlichen Friedenspolitik ist umso erstaunlicher, als es den Päpsten von Avignon ursprünglich nur um die Wiederherstellung des status quo ante gegangen war.443 Im Vertrag von Brétigny/Calais (1360) ist die personale, von der dinglichen Form des Bundes nicht mehr zu trennen.444 Die Feierlichkeiten boten den Königen den geeigneten Rahmen für die Zelebration der neugestifteten Freundschaft. Durch die Verweigerung des Friedenskusses auf das Oskulatorium vor dem jeweils anderen Herrscher und die Ersetzung der traditionellen Handlung durch einen simultanen Friedenskuss auf die Wange des vormaligen Gegners unterstrichen Eduard und Johann ein weiteres Mal ihre Konziliationsbereitschaft. Die Anwesenheit zahlreicher Notare und Zeugen dieser und weiterer scheinbar „spontaner“ Symbolhandlungen weisen auf den Inszenierungscharakter des beschriebenen Aktes hin.445 Dem vom Papst mit der Durchführung der Zeremonie beauftragten Abt von Cluny, Androin de la Roche, gelang es möglicherweise als „Regisseur“ der Ratifikationsfeierlichkeiten446 durch das Kreieren eines eigenen Interaktionsfeldes für Ritualhandlungen, den Friedensvertrag von Brétigny/Calais (1360) auch auf zeremonieller Ebene bindend zu machen. Die personale Komponente des Vertrages erstreckte sich freilich nur auf die beiden Könige selbst. Deren Söhne fühlten sich weitaus weniger an die wichtigste dingliche Komponente des Bündnisses, also den Frieden zwischen beiden Königreichen, gebunden. Ob Rituale Macht hatten, lag in erster Linie an der Integrität und dem Rechtsverständnis der an ihnen beteiligten Akteure. In den entscheidenden Jahren 1347–1360 muss den rechtssymbolischen Akten zur (mittelfristigen) Veränderung des anglo-französischen Verhältnisses eine „potestas indirecta in temporalibus“447 durchaus zugebilligt werden.

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meinschaften oder frühmittelalterliche Freundschaftsbünde zwischen fürstlichen Individuen. Vgl. P.-J. Heinig, Art. „Vertrag. III. Staatsrechtlich“, in: LexMA, Band 8 (1997) Sp. 1590 ff.; K. Kroeschell, Art. „Einung. 1. E.“ in: LexMA, Band 3, 1986, Sp. 1746; Althoff, Amicitiae und pacta, S. 16–36. Vgl. Renouard, Les papes et la conflit, S. 266, 282. Der Freundschaftsbund zwischen Eduard III. und Johann II. stand im Friedensvertrag gleichberechtigt neben der staatsrechtlichen Allianz der Könige von England und Frankreich. Artikel 30: Item, est accorde que bonnes alliances, amitiez, & confederations soient faites entre les deux Roys, de France & d‘Angleterre, & leurs royaumes (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 517). Siehe Kapitel B) VII. 4. c) Zum Begriff des „Regisseurs“ bzw. der Inszenierung vgl. Keller, Die Herrscherurkunden, S. 243; Althoff, Die Macht der Rituale, S. 192; Ders., Demonstration und Inszenierung, S. 256. Zum Begriff vgl. B. Emich, Papsttum und Staatsgewalt. Roms langer Weg in die Moderne, in: T. Mörschel (Hrsg.), Papsttum und Politik. Eine Institution zwischen geistlicher Gewalt und politischer Macht, Freiburg 2008, S. 35–58, bes. 38; F. Baethgen, Der Anspruch des Papsttums auf das Reichsvikariat. Untersuchungen zur Theorie und Praxis der potestas indirecta in temporalibus, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Kanonistische Abteilung, 10 (1920) S. 168.

D) Zusammenfassung

Die Friedensvermittlung der Päpste von Avignon ist bislang als ein ernstzunehmender und systematischer, letztlich aber ergebnisloser Versuch der Konfliktintervention bewertet worden, dem mit Ausnahme kurzfristiger Waffenstillstände und dem illusorischen Frieden von Brétigny (1360) keinerlei Erfolge beschieden war.1 Auch wenn diesem Urteil am Ende unserer Studie eine gewisse Berechtigung kaum abgesprochen werden kann, beantwortet es noch nicht die Frage nach der Genese, Systematik und Methodik der päpstlichen Vermittlung. Auch bleibt bei der Tradierung dieses Paradigmas offen, welche Impulse die Päpste von Avignon innerhalb des anglo-französischen Friedensprozesses setzen konnten und wie sich kurialen Interventionen auf die mittelalterlichen Verhandlungsnormen und die politischen Ziele der Kontrahenten auswirkten. Bei Ausbruch des Hundertjährigen Krieges wurden die viae pacis erstmals von Benedikt XII. auf eine zunächst zögerliche, bald jedoch immer stringentere Weise bereitet. Trotz seiner Skepsis gegenüber dem Erfolg der Kreuzzugsbewegung in Zeiten der Krise2 systematisierte der Papst seine europaweiten Friedensappelle unter dem Leitmotiv der Hilfe für die bedrohte Christenheit im Heiligen Land,3 begründete sie aber aber auch durch die bindende Verpflichtung seines Amtes als priesterlicher Stellvertreter Gottes auf Erden. Benedikt überzeugte die Konfliktparteien während seines Pontifikats von einer zunächst passiven, später jedoch immer autoritativer werdenden Form der ‚neutralen‘ Vermittlung. Die Beschreitung der vom Papst bereiteten viae pacis war seit Anfang der 1340er Jahre zwingend erforderlich geworden, als direkte Formen des Austauschs zwischen den Kontrahenten unmöglich geworden waren. Zum Leidwesen der Kriegsparteien, welche sich eine einseitige Parteinahme des Pontifex zu jeweils ihren Gunsten erhofft hatten, befahl der Papst seinen Gesandten, auf imperative Maßnahmen wie die des geistlichen Schwerts zu verzichten und einen Überzeugungsprozess einzuleiten. Dieser bestand aus einem mehrstufigen Verfahren, bei dem gezielte Friedensappelle an die Vertreter der Kriegspartei annähernd gleichwertig neben der Ankündigung und Ernennung hoch- wie niederrangiger apostolischer Nuntien standen. Die kurialen Repräsentanten 1 2 3

Siehe für entsprechende Bewertungen Kapitel A) II. 2. Vgl. Benoît XII (Étranger), N. 786 (4. März 1336). Siehe Kapitel C) I.

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hatten zunächst bilaterale Sondierungsgespräche zur Einleitung des Friedensprozess zu führen, welcher daraufhin auf trilaterale Weise auf Waffenstillstands- oder Friedensverhandlungen unter dem nominellen Vorsitz der Gesandten vertieft werden sollte. Das Ziel war der Abschluss eines Vorvertrages, welcher von den Kriegsparteien in einem wiederum mehrstufigen Verfahren ratifiziert werden konnte. Schwebten den ersten drei Päpsten des Krieges Benedikt XII., Clemens VI. und Innozenz VI. prinzipiell ein Abschluss des Verfahrens im politischen Milieu an der Kurie von Avignon vor, so führten individuelle gesundheitliche oder gar paneuropäische epidemiologische Gründe sowie die sinkende Attraktivität des Milieus dazu,4 dass Sondierungs- und Friedensgespräche zunächst notdürftig ad hoc durchgeführt wurden. Die jeweiligen Stätten der viae pacis konnten im Laufe der Untersuchung systematisiert werden als improvisierte Orte der Konfliktintervention zum Abschluss von Waffenruhen, Stätten der Entscheidungsfindung zum Aufsetzen vorläufiger Abkommen und weiterführenden Verhandlungen sowie dem Milieu politischer Entscheidungen an der Kurie zum Aushandeln und zur Ratifikation von Friedensverträgen. Die Untersuchung zeigt, dass ein Waffenstillstand das Beste war, was bei einer ad hoc Verhandlungskonstellation erreicht werden konnte. Der Vorschlag von Friedensverhandlungen stieß dagegen aufgrund unklarer militärischer Kräfteverhältnisse oder mangelnder Verhandlungsvollmachten auf nur wenig Gegenliebe. Am Beispiel der zahlreichen Treffen an Periodischen Stätten der Konfliktintervention während des Diplomatischen Interims in der Mark Calais (1347–1354) wurde die Bereitschaft der Kontrahenten deutlich, Friedensverhandlungen auch auf papstunmittelbare Weise durchzuführen. Für einen endgültigen Durchbruch reichte jedoch ihr diplomatisches wie symbolisches Kapitel nicht aus. Dies kann man im Umkehrschluss daran erkennen, dass es im Beisein kurialer Vermittler zwangsläufig zum Vorschlag des Transfers der Friedensgespräche nach Avignon kam. Im Jahre 1354 wurde beschlossen, einen durch Gui de Boulogne zwischen Guines und Calais ausgehandelten Vorvertrag in Avignon zu ratifizieren, was das Diplomatische Interim unseres Untersuchungszeitraumes beendete. Die Vorstellung eines erfolgreichen Vertragsabschlusses existierte auch nach dem gescheiterten Zweiten Friedensgipfel von Avignon (1355) in den Köpfen der Verhandlungspartner weiter, selbst wenn der Trend schließlich zur Dezentralisierung von politischen Entscheidungsfindungen an eigenständigen Milieus ging. Die flämische Handelsstadt Brügge stellte in der Spätphase des Untersuchungszeitraumes für die beiden Kontrahenten die attraktivste Stätte der Entscheidungsfindungen dar, wobei Verhandlungskontinuität und Verhandlungskompetenz durch zwei ständige päpstliche Gesandte aufrechterhalten wurden, welche mehrere Konfliktfälle gleichzeitig in der flämischen Metropole zu koordinieren hatten. In einer überraschenden Fügung innerhalb des Verhältnisses der Avignonesischen Kurie zum englischen Landesklerus konnten Teile des traditionellen Milieus der (innerkirchlichen) Entscheidungsfindung in Avignon in der flämischen Handelsmetropole Brügge simuliert werden. Für diese These sprechen die Entscheidung strittiger Kapitelwahlen zugunsten von just in diesem Augenblick in Brügge anwesen4

Zu diesem Aspekt siehe insbesondere Kapitel B) IV. und VIII.

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den Personen des englischen Klerus, die Delegierung kirchenjuristischer Fakultäten an die apostolischen Nuntien in der Handelsmetropole sowie die Aufwertung des Standorts Brügge als geistlicher Gerichtshof für englische Angelegenheiten. Die Bündelung der kurialen Diplomatie auf Brügge, sowie die sinkende Chance für einen Transfer der Friedensverhandlungen nach Avignon ließen Gregor XI. den Entschluss fassen, seine eigens aufgrund des Friedensprozesses verschobene Reise nach Avignon nicht länger zu verschieben. Die Kurie von Avignon als „Drehscheibe europäischer Diplomatie“5 und zur Lösung anglo-französischer Konflikte war somit seit dem Jahre 1376 verwaist. Hinsichtlich der Methodik der Konfliktbeilegung, der Verhandlungstechnik und selbst den prinzipiellen, liturgisierten Formen der Vertragsratifikation konnten nur wenige Unterschiede zu Formen weltlicher Konfliktbeilegung festgestellt werden.6 Dies ist kaum verwunderlich, war die päpstliche Friedenspolitik doch zunächst nur ein Teil innerhalb eines vielfältigen Instrumentariums der Konfliktbeilegung gewesen, welches sich die Konfliktparteien erarbeitet hatten.7 Auch waren die päpstlichen Vermittler bei Konfliktinterventionen vor Ort ebenso wie bei Friedensgipfeln an der Kurie an konfliktgeschichtliche Spielregeln sowie an diplomatische und notarielle Voraussetzungen gebunden, welche eine longue durée besaßen. Unser ursprünglicher Befund eines Alleinstellungsmerkmals liturgischer Formen der Vertragsratifikation konnte durch die Wahl einer größeren Perspektive relativiert werden.8 Die eigentliche Exklusivität der päpstlichen Friedenspolitik bestand daher zunächst in ihrer Stetigkeit und der transpersonalen Verpflichtung der Päpste als ein von Amts wegen gebundener Mediator.9 Durch einen umfangreichen Friedensdiskurs in schriftlichen wie mündlichen Friedensappellen konnten die kurialen Vermittler zwar keine für eine der Konfliktparteien erfolgreiche Kampagne stoppen oder vielversprechende Belagerungen aufheben. Wohl aber lieferten sie den Konfliktgegnern hinreichende Argumente, um sich aus einem militärischen Engpass ohne Gefahr für ihre Ehre zu befreien. So konnten sich die Kontrahenten auf Waffenruhen oder Kompromisse einlassen, welche ansonsten aufgrund der Eigenheit mittelalterlicher Verhandlungsnormen unmöglich gewesen wären. Der Erfolg der päpstlichen Vermittlung bei Konfliktinterventionen war letztlich an drei Bedingungen geknüpft: Ein möglichst symmetrischer, für beide Kriegsparteien gleichermaßen widriger militärischer Engpass, die stringente Durchführung von Sondierungsverhandlungen zur Schaffung der nötigen Verhandlungssicherheit sowie die erfolgreiche, gemeinsame Designation eines Ortes zur Durchführung trilateraler Verhandlungen. Auf letzteren konnten die apostolischen Nuntien schließlich ihr diplomatisches Kapital zur Unterzeichnung und zur Ermöglichung auch ritueller Formen der Vertragsbeeidigung voll ausspielen. 5 6 7 8 9

Plöger, Das Reich und Westeuropa, S. 41–54, hier: 54. Siehe insbesondere die Kapitel B) I. 3., B) VI. sowie C) VII. Siehe zu diesem Punkt Kapitel A) II. 1. und B) I. 3. Siehe Kapitel C) VII. Siehe zusammenfassend Kapitel C) I. und C) VII.

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Kuriale Friedensmissionen erforderten ein hohes Maß an Standfestigkeit. Aus religiösen wie aus reputativen Beweggründen tendierten die Päpste von Avignon dazu, ihre Vermittler von einer bislang ergebnislosen Friedensmission nicht abzuziehen, sondern befahlen diesen zumeist die weitere Begleitung des Kriegsgeschehens. Am Beispiel des Abschlusses des Waffenstillstands von Calais (1347) oder des Vorvertrages von Bordeaux im Jahre 135710 wird deutlich, dass sich ein solches Vorgehen auszahlen konnte. Auch auf der Kampagne Eduards III. nach Reims und Paris brachen die beiden Vermittlerteams unter der Leitung Androins de la Roche ihre Friedensmission nach zwei ergebnislosen Treffen im April 1360 keineswegs ab, sondern führten schließlich auf den dritten Verhandlungen bei Brétigny den entscheidenden Wandel herbei. Beharrlichkeit, stetige Präsenz und das Schaffen eines geeigneten Verhandlungsklimas an wechselnden Orten der Konfliktinterventionen und nicht etwa spektakuläre Einzelaktionen kardinalizischer Spitzenvermittler waren der Schlüssel zum Erfolg der päpstlichen Friedensvermittlung. Der Erfolg von Friedensgipfeln im Großen war prinzipiell an ähnliche Gesetzmäßigkeiten geknüpft, wie der Abschluss von Waffenruhen im Kleinen: Ein Treffen ohne nachweisbare Sondierungsphase auf der Basis veralteter Vorverträge sowie eine zu früh gewählte, trilaterale Verhandlungsform wie im Falle des Zweiten Friedensgipfels von Avignon (1354/55) verhinderte ebenso den Durchbruch wie die fruchtlosen Einzelgespräche auf dem Ersten Friedensgipfel von Avignon (1344/45). Die mangelnde Aufmerksamkeit der Vermittler für die raren Vorschläge und Wünsche ihrer Verhandlungspartner führte bei letzterem Treffen zur monatelangen Stagnation, welche auch der Versuch einer extern herbeigeführten, politischen Beendigung des Hundertjährigen Krieges nicht überwinden konnte. Das Potential zu einer weitgehend barrierefreien Erarbeitung einer ganzen Palette von Konfliktlösungsvorschlägen auf den Friedensgipfeln von Brügge (1375–77) war auch das Resultat einer flexibleren Verhandlungstaktik, welche den päpstlichen Vermittlern in der Spätphase des Untersuchungszeitraumes von den Kriegsparteien zugebilligt wurde. Die Ursache für das Ausbleiben einer erfolgreichen Verhandlungslösung des Hundertjährigen Krieges bestand darin, dass der Versuch der Päpste einer umfassenden Regelung des feudalen Status der englischen Festlandsgebiete zu überambitioniert und letztlich nicht mit der französischen Staatsräson zu vereinbaren war. Eine Schärfung der päpstlichen Kompetenz als Vermittler langjähriger Waffenruhen oder zur Regelung territorialer Streitigkeiten hätte möglicherweise eine größere Chance für eine charismatische Annäherung der Könige oder einen zumindest mittelfristigen dynastischen Ausgleich mit sich gebracht. Sollen die viae pacis nun abschließend charakterisiert werden, so gelingt dies mit wenigen Kategorien: Hinsichtlich ihres Charakters ist die päpstliche Friedenspolitik als dualistisch erkannt worden. Die Zweisamkeit aus amtlicher Verpflichtung zur Friedensstiftung und Betätigung als vermittelnde Privatperson geht sowohl aus der päpstlichen Korrespondenz mit den Konfliktparteien, als auch aus englischen Prokurationsschreiben oder Gesandtschaftstagebüchern hervor. Sie lässt sich mit der Metapher zweier diplomatischer Körper 10 Vgl. Sumption, Trial by Fire, S. 282 ff.

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des Papstleibes erklären. Der amtliche Körper des Papstes diente als Motivation für die Friedensvermittlung und verfügte über die geeignete Infrastruktur zur Konfliktintervention sowie das geeignete Politische Milieu zur Ratifikation von Vertragsentwürfen. Diese Funktion des Papstleibes war in erster Linie zur Sicherung einzelner Vertragsartikel sowie zur Bestrafung und Ahndung von Vertragsverletzungen geschätzt. Allerdings hat das Avignonesische Papsttum unter Papst Urban V. diese Erwartungshaltung nicht erfüllt, weshalb dessen Nachfolger Gregor XI. das symbolische Kapital des Papsttums zur Vermittlung erst langsam wieder etablieren musste, ohne es aber wieder zu alter Größe aufrichten zu können. Das symbolische Kapital ebenso wie das diesem zugrunde liegende diplomatische Kapital ging zunehmend vom Papst in Avignon auf seine Nuntien an anderen Stätten der Entscheidungsfindung über. Der amtliche Körper des Papstes war gleichzeitig aber auch gefürchtet, was sich etwa in einem Artikel des Vertrages von Brétigny wiederspiegelt, wonach sich Innozenz VI. und die Mitglieder seiner Kirche nicht als Appellationsinstanz gegen einzelne Vertragsbestimmungen betätigen durften. Dem privaten Körper des Papstleibes entsprach die eigene Stellung als nicht imperativer Schlichter (arbitrator) bei Friedenskongressen sowie im diplomatischen Diskurs mit den Verhandlungspartnern. Auch weist die praktische Verwendung des von den Päpsten benutzten Instrumentariums der politischen Kommunikation sowie ihre, gleichfalls nicht autoritative „Nuntienpolitik“ in diese Richtung. Noch während des Friedenskongresses von Arras im Jahre 1435 wurde von Seiten der nunmehr dreigeteilten englischen, burgundischen und französisch-königlichen Kriegsfraktion von den päpstlichen Repräsentanten erwartet, lediglich auf private Weise tätig zu werden.11 Apostolische Nuntien konnten keine legatorische Stellvertreterfunktion des Papstes geltend machen.12 Die Vermittler versuchten unter Unterbreitung konkreter Vorschläge die gegnerischen Positionen lieber anzunähern, als den eigenen Standpunkt unter dem Einsatz geistlicher Disziplinarmaßnahmen durchzusetzen. Der päpstliche Rollenwechsel zwischen einem Privatmann und dem Pontifex Maximus mit oberster Schlüsselgewalt hat gerade auf der Ebene der Repräsentation zu Irritationen seitens der Forschung geführt. Widersprüche lassen sich bei der Vertretung des Papstes bei der zweiten und dritten Verhandlungsphase des Ersten Friedensgipfels von Avignon (1344/45) durch zwei Kardinäle,13 aber auch anhand des legatentypischen Empfangs der Kardinäle Niccolò Capocci und Talleyrand de Périgord in London im Jahre 1357 festmachen.14 Generell wurden die aufgezählten Widersprüchlichkeiten von den Zeitgenossen jedoch nicht zwangsläufig als Belastung des Friedensprozesses oder gar als Gegensatz zu der vom Papst gewählten Form der päpstlichen Vermittlung empfunden. Des weiteren war kuriale Friedensvermittlung auch transpersonal: Durch die systematische und fortlaufende Archivierung der politischen Korrespondenz und der langjäh11 12 13 14

Vgl. Offenstadt, Faire la paix, S. 81. Für einen Überblick vgl. Minois, La Guerre, S. 367–372. Siehe Kapitel C) IV. 2. Siehe Kapitel B) II. 2. Vgl. Chronicon Anonymi Cantuariensis, S. 39.

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rigen Kontinuität der Person des Kämmerers und den Schreibern des sich unter Clemens VI. und Innozenz VI. formierenden Skriptorenkollegiums sowie des seinerseits an entscheidenden Situationen in der Friedensvermittlung tätigen kurialen Vizekanzlers verfügten die Päpste über einen erfahrenen Mitarbeiterstab. Durch die sorgfältige Regelung des Konklaves, wie nach dem Tode Benedikts XII. im Jahre 1342, gelang dem Kardinalskollegium schließlich die reibungslose Fortführung der kurialen Friedenspolitik. Auch die Wahl des selbst bereits als apostolischer Nuntius tätig gewesenen Étienne Aubert als Innozenz VI. (1352–1362) wirkte sich positiv auf die in dessen Pontifikat ebenso stringente wie wandlungsfähige Vermittlung aus. Die sich ändernden Bedingungen des Friedens von Brétigny (1360–69) sowie die Wahl des außerhalb des Heiligen Kollegiums sozialisierten Urbans V. (1362–1370) brachten einen Wandel der kurialen Vermittlung mit sich. Dieser machte sich zunächst durch eine wenig weitsichtige Konzentration auf die Bekämpfung der marodierenden Söldnerbanden in Frankreich, die mangelnde Aufmerksamkeit für lehnsrechtliche Spannungen in der Gascogne sowie eine zu späte Aufnahme der Interventionspolitik nach Neuausbruch des Krieges bemerkbar. Erst Gregor XI. (1370–1378) gelang es unmittelbar nach seiner Wahl die bereits unter Urban erfolgte Designation zweier Kardinalnuntien zu bestätigen. Durch die baldige Ernennung zweier jüngerer und belastbarerer Vermittler im Jahre 1374 erreichte der Papst zudem eine langjährige Kontinuität seiner Friedenspolitik, welche sich nicht immer zur Freude des Pontifex, in einer zunehmenden Residentialisierung und Autarkisierung seiner Gesandten in Brügge niederschlagen sollte. Päpstliche Vermittlung muss daher folgerichtig auch als repräsentativ bezeichnet werden: Trotz der zunehmenden Attraktivität der Kurie von Avignon als Drehscheibe im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts hatten geistliche Gesandte den Löwenanteil der päpstlichen Friedenspolitik zu schultern. Zu Beginn des Untersuchungszeitraums geschah dies unter der Befolgung strenger Vorgaben und der ständigen Erneuerung von Vollmachten und Instruktionen. Unter Clemens VI. kam während der misslungen Prävention der Invasion Eduards III. in der Normandie (1346) oder der vergeblichen Vermittlung während der Belagerung von Calais (1347) jedoch bald die mangelhafte Praktikabilität dieses Ansatzes zum Vorschein.15 Das Auftreten selbstbewusster und in ihrem Einsatzgebiet bestens vernetzter Vermittlerpersönlichkeiten sowie langjährige Friedensmissionen fernab von der Kurie in den Marken von Calais oder der flämischen Handelsstadt Brügge schmälerten die Möglichkeiten für eine direkte päpstliche Partizipation am Friedensprozess zusätzlich. Lediglich der Abbruch der Verhandlungen im Jahre 1377 sowie der Ausbruch des Abendländischen Schismas im Folgejahr unterbrachen diese Entwicklungslinie, welche ansonsten vielleicht schon im 14. Jahrhundert zu der Einrichtung stehender Gesandter der Kurie in politisch bedeutsamen Metropolen hätte führen können.16 15 Siehe Kapitel B) III. und C) V. 16 Zur Forschungsliteratur hinsichtlich dieser Entwicklung vgl. Märtl; Zey, Aus der Frühzeit Europä-

ischer Diplomatie?, S. 9–21, bes. 10 Anm. 3; Studt, Martin V., S. 428 mit Anm. 37 ff.; Reitemeier, Außenpolitik im Mittelalter, S. 17 f.

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Päpstliche Vermittlung war infolgedessen auch dezentral und hinsichtlich ihres Ziels und ihrer Methodik immer weniger auf das politische Milieu an der Kurie in Avignon fixiert. Der päpstliche Hof als Ort zum Treffen einer letzten Entscheidung verschwand, wie gezeigt werden konnte, nie gänzlich aus den Gedanken der Verhandlungspartner und apostolischen Nuntien. Doch wurden die Möglichkeiten einer direkten päpstlichen Beteiligung an den Hauptverhandlungen mit jedem Kilometer geringer, den ein apostolischer Nuntius oder Cursor zwischen der Kurie und der jeweiligen Stätte der Entscheidungsfindung zurückzulegen hatte. Letztlich war die kuriale Vermittlung spätestens nach Abschluss des Vertrages von Brétigny (1360) auch ohne Alternative. Denn frühere Versuche weltlicher Vermittler wie etwa die Johannas von Valois17 oder Ludwigs des Bayern18 müssen unabhängig ihres zeitweiligen Erfolges doch als in höchstem Maße kurzlebig bezeichnet werden. Eine ernsthafte Rivalität um den im 16. Jahrhundert u.a. durch Kardinal Richelieu geprägten Titel des arbiter orbis christiani19 mussten die Päpste des 14. Jahrhunderts noch nicht befürchten. Ebenfalls stärker um seine Hausmachtpolitik als um die viae pacis besorgt, war zudem Ludwigs Nachfolger Karl IV. Der Luxemburger war während seiner langen Regierungszeit mehrfach sowohl mit dem englischen König, als auch dessen französischen Gegenspielern verbündet gewesen.20 Karl IV. genoss in der Tat ein beträchtliches symbolisches Kapital als Ansprechpartner französischer Kronprinzen im Fall dynastischer Querelen oder innerfranzösischer Wirren.21 Er wurde von englischer wie französischer Seite um Stellungnahmen hinsichtlich vorangegangener Friedensgespräche bzw. um die 17 18 19 20

Siehe Kapitel A) I.; A III. 2. f) und Kapitel B) I. 3. Vgl. Thomas, Ludwig der Bayer, S. 338 ff. Kampmann, Arbiter und Friedensstiftung, S. 9 ff. Der eng mit der französischen Königsdynastie verwandte Kaiser hatte Ende der 1340er Jahre sowie während der 1350er Jahre defensiv angelegte Bündnisse mit dem englischen König geschlossen und bis ins Jahre 1340 ein Ehebündnis mit Eduard III. geschmiedet. Vgl. K. Schnith, England, in: F. Seibt (Hrsg.), Kaiser Karl IV. Staatsmann und Mäzen, München 1978, S. 161–164. Mit dem französischen Thronfolger Johann (II.) hatte Karl seit dem Jahre 1347 einen Freundschaftsbund geschlossen. Bei einem Besuch des französischen Regenten Karls (V.) auf dem Reichstag in Metz im Jahre schloss Karl IV. mit seinem Neffen ein Bündnis ab, welches als Neutralitätspakt bezeichnet werden kann. Der Kaiser verlieh seinem Neffen die Dauphiné als Lehen und ernannte ihn zum Reichsvikar. Das Abkommen sowie die grundsätzliche Unterstützung der französischen Politik hielt bis zum Tode des Kaisers im Jahre 1378. Vgl. Weiß, Onkel und Neffe, S. 109 f., 116 f.; H. Thomas, Frankreich, in: Seibt (Hrsg.), Kaiser Karl IV., S.154 ff. 21 Bereits Johann (II.) war bei einem Konflikt mit seinem Vater zu Karl IV. gereist. Cazelles vermutete, dass es sich dabei um nichts weniger als die Enterbung des Thronfolgers zugunsten eines Friedensschlusses mit England gehandelt haben könnte. Vgl. Cazelles, La société politique (Philippe de Valois) S. 202. In einer gleichfalls angespannten Situation im Jahre 1355 reiste wiederum Johanns Sohn Karl (V.) zu seinem kaiserlichen Onkel, da er sich in seiner Stellung bedroht fühlte. Der Konflikt konnte beigelegt werden und Johann II. vergab seinem Thronfolger, das Reich ohne königliches Siegel verlassen zu haben. Vgl. Paris, BN ms. fr. N. 23862 f. (23. Januar 1355). Ein weiteres Mal reiste Karl (V.) als Dauphin zum Kaiser zum Reichstag von Metz, als seine Regentschaft innerhalb von Paris gefährdet war. Vgl. Cazelles, La société politique (Jean le Bon et Charles V), S. 211 ff., 236 ff.

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Bestätigung der Rechtmäßigkeit der eigenen Sache gebeten.22 Als Karl IV. bei seiner Reise nach Paris am 8. Januar 1378 auf der Basis von Rechtsdokumenten die Gültigkeit der ligischen Mannschaftsleistung Eduards III. bei Amiens im Jahre 1329 demonstriert werden sollte, konnte der greise Monarch wahrheitsgemäß behaupten, an der damaligen Zeremonie persönlich teilgenommen zu haben.23 Trotz seines gleichsam inkorporierten, diplomatischen Gedächtnisses ließ Karl sein diplomatisches Kapital nach ersten Bemühungen ungenutzt. Der Kaiser war stattdessen stärker an der Sicherung längerfristiger, dynastischer Projekte interessiert.24 Von päpstlicher Seite im Vorfeld und nach der Schlacht von Poitiers (1356) als efficax tractator pacis et promotor concordie geschätzt und um sein Eingreifen gebeten,25 drängte der Kaiser Eduard III. zunächst mehrfach dazu, ihm angesichts der Gefangenschaft Johanns II. die Vermittlung zu übertragen. Karl hatte sogar vorgeschlagen, sich hierzu persönlich nach Lothringen zu begeben.26 Aus der Antwort des englischen Königs geht freilich hervor, wie leicht es von englischer Seite aus war, das Ansinnen eines weltlichen Vermittlers unter Verweis auf nicht beeinflussbare, äußere Begleitumstände zurückzuweisen und anschließend schriftlich auf sonstige Belange überzuleiten.27 Auch am Beispiel der erfolgreichen Vermittlung Johannas von 22 Vgl. Chaplais (Hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice Part I, Band 1, S. 297 f. [N. 157 a, b,

2.-17. März 1355]; Trautz, Die Könige von England und das Reich, S. 367 f.

23 Vgl. Grandes Chroniques de France (Jean II et Charles V), Band 2, S. 252 ff.; Schwedler, Herrscher-

treffen, S. 301; Ders., Deutsch-französische Herrschertreffen, S. 66 f.

24 Wie Weiß zeigen konnte, war es das Hauptanliegen Karls IV. bei seinem Besuch gewesen, einen

doppelten Hochzeitsbund von jeweils einem zweitgeborenen Sohn der beiden Herrscher mit einer Tochter des Königs Ludwigs I. von Ungarn sichern zu wollen, wozu auch die umstrittenen Verleihung des Arelats an den Dauphin Karl [VI.] gedient habe. Vgl. Weiß, Onkel und Neffe, S. 146 ff. 25 Vgl. Innocent VI., N. 2138 (16. Mai 1356), 2149 (21. Mai 1356), 2407 (3. Oktober 1356 (Zitat), 2414 (7. Oktober 1356), 2497 (12. Dezember 1356); Excerpta ex registris Clementis VI et Innocentii VI. summorum pontificium Historiam S. R. Imperii Sub regimine Karoli IV illustrantia/Auszüge aus den Registern der Päpste Clemens VI. und Innozenz VI. zur Geschichte des Kaiserreichs unter Karl IV., hrsg. von Emil Werunsky, Innsbruck 1885, S. 109 [N. 389 (Information des Kaisers hinsichtlich der Notwendigkeit von Friedensverhandlungen, 7. Oktober 1356)], 112 [N. 400–402 (Bitte um Hilfe bei der Freilassung Johanns II., 12. Dezember 1356)], 149 f. [N. 515 (Bitte um Vermittlung im anglo-französischen Krieg, 14. Februar 1360)]. 26 Binas imperialis excellentiae literas gratanter recepimus; per quarum alteram eidem placuit excellentiae nos rogare; per quarum alteram eidem placuit excellentiae nos rogare ut, cum adversarius noster Franciae, in captivitate positus, sui potestatem non habeat, velimus tractatum concordiae, inter nos & ipsum vestro praesidio disponendum, finaliter acceptare; subjuncto quod, ut dicto possitis negotio oportuniùs & propinquiùs intendere, disponit vestra sublimitas ad partes Lotryngiae declinare (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 343, Antwort Eduards III. an Karl IV., 13. November 1356). Vgl. Weiß, Das Papsttum, Frankreich und das Reich, S. 917–930; Weiß, Onkel und Neffe, S. 109 f., 146, 149 ff.; F. Seibt, Karl IV. Ein Kaiser in Europa 1346 bis 1378, München 1994, S. 349 ff.; Trautz, Die Könige von England und das Reich, S. 367–376 sowie allgemein: H. Neureither, Das Bild Karls IV. in der zeitgenössischen französischen Geschichtsschreibung, Heidelberg 1969 (Dissertation), S. 108 f. 27 Nam, licet quorumdam felicium successus eventuum nobis arriserint, ex hoc soli Deo honorem referentes & gloriam, sub timore suo disponimus, favente nobis coelesti clementiâ, humiliùs semper &

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Valois bei Esplechin (1340) wurde deutlich, dass sich mittelalterliche Chronisten eine weltliche Vermittlung nur unter besonderen biographischen, dynastischen und situationsbezogenen Bedingungen vorstellen konnten. Zu diesen zählte neben dem Eintritt der Gräfin in die geistliche Sphäre auch deren persönliche Frömmigkeit, verwandtschaftliche Bindungen an beide Parteien sowie die Fürsprache weiterer Personen.28 Zudem ist festzuhalten, dass sich trotz aller Frömmigkeit die Motivation der Gräfin zur Vermittlung aus ihren besonderen, familiären wie geographischen Konstellationen heraus erklären lässt. So setzte sich Johanna in den kommenden Jahren mehrfach für die Lösung der Flamen vom päpstlichen Interdikt ein, zeigte darüber hinaus bis zu ihrem Tode im Jahre 1352 aber keine weitere Ambitionen, den Hundertjährigen Krieg zu beenden.29 Eine päpstliche Vermittlung dagegen erschien den Chronisten in keinem Fall begründungspflichtig und konnte in diplomatischen Quellen nur mit einer sehr viel aufwändigeren Rhetorik abgelehnt werden, etwa wenn der englische König zum Ausdruck bringen wollte, quod in nobis non invenietur, per Dei gratiam, rationabiliter quod culpetur.30 Erst Karls zweiter Sohn, Sigismund von Luxemburg, versuchte sich seit dem Jahre 1415 wieder als aktiver Vermittler zwischen den Königreichen England und Frankreich. Es ging dem Kaiser um die Realisierung des von ihm begonnenen Konzils von Konstanz.31 Der Kaiser musste freilich erleben, dass er trotz umfangreicher, eigener Reisen und der gemeinsamen Entsendung apostolischer Gesandter mit dem schließlich auf dem Konzil gewählten Papst Martin V. eine Diplomatie in partibus weitaus schlechter beeinflussen konnte als innerhalb des von ihm bei Bedarf besser kontrollierbaren Interaktionsfeldes in Konstanz.32 Zur Brüskierung insbesondere des armagnakkischen Teils der sich in einen dynastischen Bürgerkrieg verwickelten französischen Seite, scheute der Kaiser nicht davor zurück, am 15. August 1416 ein Bündnis mit König Heinrich V. von England zu schließen.33 Vom

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33

devotiùs dirigere facta nostra. Et, si Deus annueret fieri pacem talem, summè cederet votis nostris, quod per vestri mediationem celerem, illud fiat; sicut pridem vestrae celsitudini meminimus pleniùs nos scripsisse (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 343) – Zu der im Brief ebenfalls erwähnten Hochzeit von Karls Halbbruder Wenzel mit Johanna, der Erbin des Herzogtums Brabant, vgl. Seibt, Karl IV., S. 347 f. Siehe Kapitel B) I. 3.; Sumption, Trial by Battle, S. 357 ff. Papst Benedikt XII. blieb in den Folgejahren durchaus in Kontakt mit Johanna von Hennegau. Vgl. Benoît XII (France), N. 830 (2. April 1341), 843–844 (26. Mai 1341). Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 1, S. 328 (2. Mai 1356) mit Ebd., S. 41 (26 Mai 1345). Vgl. im Folgenden: Minois, La guerre de Cent Ans, S. 305 ff.; Reitemeier, Außenpolitik, S. 255–320. Am 2. April 1418 wurden Ulrich von Richenthal zufolge zwei Kardinäle, darunter auch der Kardinalbischof von Ostia, zur Vermittlung entsandt. Vgl. Ulrich von Richenthal, Chronik des Konstanzer Konzils 1414–1418. Mit einem Geleitwort, Bildbeschreibung und Textübertragung in unsere heutige Sprache, hrsg. von M. Müller, Konstanz ²1984, f. 124 a, 125 a. Zum Versuch der Thematisierung des Hundertjährigen Krieges auf dem Konzil durch König Heinrich V. von England vgl. Reitemeier, Außenpolitik im Mittelalter, S. 279 f., S. 462 ff. Zur Diplomatie Kaiser Sigismunds zwischen England und Frankreich seit dem Jahre 1414 vgl. Kintzinger, Westbindungen, S. 55–60, 85 ff., 118–124. Vgl. Minois, La guerre de Cent Ans, S. 306. Zur zeitgleichen Annäherung des burgundischen Herzogs Johann Ohnefurcht an Heinrich V. von England und zum Scheitern der Friedensinitiative Martins V. vgl. Autrand, Charles VI, S. 545 ff.

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anfänglichen Ideal des überparteiischen Vermittlers im Hundertjährigen Krieg war nicht mehr viel übrig geblieben. Abschließend ist auf mittel- und langfristige Folgen der päpstlichen Friedenspolitik einzugehen. Diese können am Beispiel des mehrfachen Wandels des Verhältnisses der Könige von England und Frankreich während des Untersuchungszeitraumes34 sowie am Beispiel des Fortlebens des nunmehr bilateral gewordenen Friedensprozesses während der Zeit des Großen Abendländischen Schismas (1378–1415) festgemacht werden. Zu Beginn des Krieges hatte die Untragbarkeit des vasallitischen Verhältnisses des Königs von England zu seinem französischen Pendant innerhalb weniger Jahre zum Abbruch sämtlicher personaler wie diplomatischer Kontakte zwischen den Kriegsparteien und zum Aufblühen der päpstlichen Vermittlung geführt. Langfristig war es das Ziel des englischen Königs gewesen, eine gleichwertige Verhandlungsbasis zu schaffen, bei welcher sein Anspruch auf die Krone Frankreichs Verhandlungsmasse und ‚Tauschobjekt‘ für eine eigentlich näherliegende, territoriale Konfliktlösung darstellen sollte. Eine Analyse der politischen Korrespondenz insbesondere der Jahre 1338–1345 zeigt die Kooperationen der Päpste bei diesem Verhandlungsschritt trotz ihrer zunächst kategorischen Ablehnung des Thronanspruchs. Stärker noch waren die obersten Hirten an einer Etablierung des Mittelweges zwischen ligischer Vassalität und schlichter dynastischer Usurpation beteiligt. Diesem Konzept entsprach die Verfolgung von paritätischen Freundschaftsbünden und Allianzen durch Eduard III. und seine Abgesandten bei Friedensverhandlungen. Einen wesentlichen Beitrag zur Realisierung des Rollenwandels in den Beziehungen der beiden Verfeindeten leisteten hierzu die notariell von den apostolischen Nuntien betreuten Waffenstillstandsverträge, welche auch strittige Titulaturen zuließen. Bei Bedarf halfen die apostolischen Nuntien bei der Formulierung salvatorischer Klauseln zum Ausschluss von Präjudizen. Paritätische Zeremonien des Vertragsabschlusses durch den Schwur auf statusverändernde Objekte des Friedens erleichterten den Wandel des beiderseitigen Verhältnisses. Einen ersten Indikator für den Erfolg der diplomatischen Anstrengungen stellten die Durchführung direkter Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen während des Diplomatischen Interims der Jahre 1347–54 an den Stätten der Entscheidungsfindung zwischen Calais und Guines bzw. Boulogne dar.35 Trotz größerer Rückschläge auf dem Zweiten Friedensgipfel von Avignon (1355)36 wurde das Konzept der ‚Brüderlichkeit‘ während der Ratifikationszeremonien in Brétigny erneut aufgegriffen und durch entsprechende Rituale verdeutlicht. Diese hatten die gegenseitige Titulierung der beiden Monarchen Eduard III. und Johann II. als „Brüder“ zum Ergebnis. Den von den päpstlichen Vermittlern durchgeführten oder zumindest überwachten Ritualen bei der Ratifizierung von Waffenstillständen und Friedensverträgen, kann eine phasenweise Nivellierung der eingangs beschriebenen Ungleichrangigkeit beider Könige nicht abgesprochen werden. 34 Vgl. Moeglin, A la recherche de la „paix finale“, S. 51–82. 35 Siehe Kapitel B) IV. 36 Siehe Kapitel B) V.

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Den Päpsten und ihren Stellvertretern gelang es insgesamt nicht mit Hilfe veralteter, hierokratischer Ansprüche, sondern mittels ‚soft skills‘, den Kontrahenten geeignete Konfliktlösungsvorschläge zu unterbreiten. Mit diesen waren sie ihrer Zeit mitunter sogar voraus: Nachdem der Versuch der Wandelung des englischen Thronverzichtes in Gebietskompensation auf dem französischen Festland unter voller Souveränität zu keinem Erfolg geführt hatte, versuchten die apostolischen Nuntien in Brügge die unmögliche Reform des Friedens einfach um 40 Jahre zu verschieben. Ihr Vorschlag einer jahrzehntelangen Waffenruhe sollte, obwohl zunächst verworfen, einige Jahrzehnte später Schule machen. So wurden während der Friedensverhandlungen der 1390er Jahren zwischen dem kompromissbereiten König Richard II. von England und dem gleichfalls kriegsmüden Karl VI. von Frankreich zahlreiche Konfliklösungsoptionen wieder aufgegriffen, welche zuvor abgelehnt worden waren. Dazu zählten zum einen die (schließlich scheiternde) Abkoppelung des Herzogtums Aquitanien von der englischen Krondomäne und dessen Übertragung auf ein Mitglied der englischen Königsfamilie, zum anderen eine Hochzeit zwischen Richard II. und Isabella von Valois, in deren Zuge ein 28jähriger Waffenstillstand in Kraft trat.37 Diese interimistische Friedenslösung sollte schließlich bis zur Wiederaufnahme des Krieges durch Heinrich V. von England im Jahre 1415 währen.38 Prekärerweise nahm besagter König zur Entscheidung des bei Beginn seiner Regierungszeit noch unterschwelligen Konfliktes der beiden zunehmend nationaler werdenden Königreiche nun ausgerechnet jene Verhandlungsfinte ernst, welche die Päpste von Avignon nach Kräften zu neutralisieren versucht hatten: Den Anspruch auf den französischen Thron sowie die Errichtung einer Doppelmonarchie.39 Das Haus Lancaster war damit nur kurzfristig erfolgreich. Heinrichs Erbe und Thronfolger, Heinrich VI., musste das Staffelholz bald einer jungfräulichen Vertreterin des Volkskrieges, Jeanne d’Arc, übergeben, welche schlichtweg die Räumung Frankreichs von den Engländern als das einzig denkbare Mittel der Konfliktlösung empfahl.40 Im 15. Jahrhundert hatte die Vermittlung der Päpste von Avignon bis zur kurialen Partizipation am Kongress von Arras (1435) zwischen England, Frankreich und Burgund in der kriegerischen Praxis nur wenig Spuren hinterlassen.41 Zur Vermeidung einer Schlacht konnten sich englische oder burgundische Feldherren nicht mehr gönnerhaft auf die mahnenden Appelle eines Kardinals einlassen, sondern mussten auf das Zusammentreffen innerer Frömmigkeit des/der gegnerischen MeinungsführerIn mit einem Sonn- oder Feiertage hoffen, um die drohende Konfrontation vielleicht doch noch abwenden zu können.42 Auch der Rückgriff 37 Vgl. Sumption, Divided Houses, S. 774–833; Harriss, Shaping the Nation S. 419 ff., Autrand,

Charles VI, S. 329 ff.

38 Vgl. Ehlers, Der Hundertjährige Krieg, S. 67 f. 39 Vgl. N. Saul, Henry V and the Dual Monarchie, in: Ders. (Hrsg.), England in Europe (1066–1453),

New York 1994, S. 144–150.

40 Vgl. den Brief von Jeanne d’Arc an die Engländer, publiziert etwa in: Krumeich, Jeanne d’Arc,

S. 36 ff.

41 Vgl. Müller, Konzil und Frieden, S. 333–390; Dickinson, The Congress of Arras. 42 Zur durch Jeanne d’Arc abgewendete Konfrontation am 8. Mai 1429 nach der Einnahme von Orle-

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auf holprige und schließlich ergebnislose Formen der symbolischen Kommunikation ist in der Spätphase des Hundertjährigen Krieges zu beobachten. Hier ist in erster Linie das Manifest des englischen Regenten Bedford zu erwähnen, mit welchem er im Sommer 1430 die erfolgreiche, französische Streitmacht zu einer militärischen oder friedlichen Entscheidung drängen wollte. Angesichts der sogenannten drôle de bataille bei Montépilloy wurde am 14./15. August die Hilflosigkeit beider Kriegsparteien während einer taktischen Pattsituation greifbar, welche in unserem Untersuchungszeitraum vermutlich durch eine kurialen Vermittlung beendet worden wäre.43 Noch im ausgehenden 14. Jahrhundert konnte indes noch zeitweilig ein Weiterleben der anglo-französischen Diplomatie an (Periodischen) Stätten der Entscheidungsfindung Calais bzw. Leulinghen verfolgt werden. Diese erfolgte nach- wie vor nach altem Zeremoniell. In den Jahren 1377 und 1378 sowie 1381–1396 fanden regelmäßig Verhandlungen in den Marken von Calais und da bevorzugt in der an der Territoriumsgrenze gelegenen Kapelle von Leulinghen statt, deren Kirchenschiff, die Verhandlungspartner – wie einst in Brügge – bevorzugt gleichzeitig betraten.44 Die Waffenstillstandsurkunden wurden erneut durch promissorische Eide auf das Evangelium bekräftigt.45 In Arenga und Narratio fanden sogar Bestandteile des päpstlichen Friedensdiskurses wieder Einzug in Prokurationsschreiben der englischen Abgesandte. Dies war selbst zur Zeit des Großen Abendländischen Schismas noch möglich, als die jeweiligen Päpste das Konzept der viae pacis durch die viae facti ersetzt hatten46 und folglich an einer Beilegung des Hundertjährigen Krieges das ans vgl. R. Pernoud, 8. Mai 1429. La libération d’Orléans (Les journées qui ont fait la France), Paris 2006, S. 155. Vgl. Krumeich, Jeanne d’Arc, S. 68; Thomas, Jeanne d‘Arc, S. 374 ff. Zu den Verhandlungen in der Picardie vgl. Sumption, Divided Houses, S. 350, 515 ff., 521 ff., 526 ff., 576 f., 674 ff., 714 f., 723 f., 732–773; Autrand, Charles VI, S. 329 ff. Noch im Jahre 1380 war der Verhandlungsort in freien Geleiten an die französischen Abgesandten unspezifisch als parties de Pycardie ausgewiesen. Vgl. Rymer (Hrsg.), Foedera, Band IV, S. 84 mit Ebd. S. 339 (Freies Geleit für den vermittelnden Erzbischof von Rouen sowie die französischen Abgesandten, 18. Dezember 1381) sowie Ebd., S. 143 (Waffenstillstandsvertrag, 28. März 1382). Bei einem Waffenstillstand, welcher am 26. Januar 1384 ratifiziert worden war, wird Leulinghen bereits als Verhandlungsort in der Datierungszeile genannt, während die Narratio des Vertrages noch unspezifisch den Verhandlungsort als entre Boloigne & Caleys angibt. Vgl. Rymer (Hrsg.), Band III, 2, Den Haag 31745, S. 163. Aus der geographischen Lage zwischen Boulogne, Calais und Leulinghen kann abermals ein „Dreieck fiktiver Hoheitsgebiete“ ausgemacht werden, wobei dessen Zentrum freilich ungenutzt blieb. Siehe zu diesem Konzept Kapitel C) III. 3. Et touz les Choses desusdites, & chescune d’ycelles, quant attient a la Partie de mon dit Seignur, Fere, Tenir, Garder, & Acomplir, de nostre loial poair, Nous Promettons & Jurons, en nostre propre & prive Noun, sur les Seintz Evangelies de Dieu, sanz fraude ou mal engin (Rymer (Hrsg.), Band III, 2, Den Haag 31745, S. 162 ff., hier: 163 (26. Januar 1384). Et avons donne et donnons par ces presentes a noz diz deputez plain povoir […] de laffermer et asseurer par foy et par serement sur les sains evangiles a donner en lalme de nous (Chaplais (Hrsg.), English Medieval Diplomatic Practice, Part I, 2, S. 563 [N. 270, anglo-französischer Waffenstillstandsvertrag von 28 Jahren nach der Hochzeit Richards II. mit Isabella von Valois, Paris 9. März 1396]. Für einen Überblick über die Phasen des Schismas vgl. Schimmelpfennig, Papsttum, S. 249 ff. 2

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Interesse verloren hatten. Friedensschlüsse erfolgten erhellenderweise nun zunehmend unter direktem Gottesbezug und ohne Verweis auf die Kirche als Institution.47 Durch das Fortleben einer Technik der politischen Kommunikation und Konfliktbeilegung ohne Vermittler überlebten Einzelaspekte der päpstlichen Friedenspolitik das pazifizierende Interesse ihrer eigenen Institution.

47 Im Jahre 1381 wurde immerhin noch die Kirche als Bezugsinstanz in der Begründung von Friedens-

verhandlungen genannt: Pur Honour & Reverence de Dieu & de Seint Eglise, & pur le Bien de Paix (Rymer (Hrsg.), Foedera, Band III, 2, Den Haag 31745, S. 121 (20. Mai 1381). In Beglaubigungen für englische Abgesandte drei Jahre später konnte auch letzterer Bezug entfallen: Pur l’onur & reverence de nostre Seignur Dieux, & pur eschuir l’effusion de Sank Cristien, & les tresgrandes Mals & Damages que, par l’occasoim des Guerres entre Nous & nostre Adversaire de France, sont avenuez avant ces heures a toute Cristiente (Ebd., S. 167 (27. Mai 1384). Dadurch wurde die Aufmerksamkeit stärker auf die abstrakte Fürsprache nicht genannter Großer gelenkt: Come, pur la Reverence de Dieu, & pur eschuer l‘effusion de Sanc Cristien, & a la Priere & Requeste de plusours Notables Parsones & de Grant Estat, soions enclines d‘entrer en Traitee de bone Pees ovesque nostre Adversaire de France (Ebd., S. 167). Vgl. identisch: Ebd., S. 168 f. (12. Juli 1384) – Hervorhebungen durch den Autor.

Anhang

I. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Die strittige französische Thronfolge des Jahres 1328 (Grafik des Autors).

II. Quellen- und Literaturverzeichnis Archivalische Quellen The National Archives, London C 47/28–30 (Miscellanea, Diplomatic Documents), C 55/12–13 (Close Rolls, Supplementary, 1342–1358) C 53 (Charter Rolls) C 61/50–90 (Gascon Rolls, 1339–1377) C 62/115–144 (Liberate Rolls, 1339–1377) C 70/16–25 (Roman Rolls, 1339–1358) C 76/14–60 (Treaty Rolls/French Rolls, 1339–1377 C 270/17 (Chancery: Ecclesiastical Miscellanea) N. 20 m.7. E 30 (Diplomatic Documents) E 101/311/35 – 317/40 (Accounts various, Nuncii, 1339–1377) British Library, London Add. Ms. 4582–4590 Add. Ms. 48079, ff.139–146b (Ylverton MS.) Add. Ms. 48179 ff. 6b-8b Cotton Caligula D. iii. Cotton Cleopatra E. ii. Cotton Galba B I. Cotton Julius D II. Cotton Vitellius E. x. 8. Cotton Titus A. XIX. 22. f. 85 Harley CH. 43. B. 43

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Personen-, Orts- und Sachregister Hinweis: Das Register berücksichtigt sämtliche für die Fragestellung relevanten Personen, Orte sowie ausgewählte Dinglichkeiten (erzählende Quellen, Verträge oder Friedenskonferenzen). Avignonesische Päpste erscheinen unter ihrem jeweiligen Amtsnamen. Die Schreibweise der Namen berücksichtigt so weit wie möglich die ursprünglichen Landessprachen oder forschungsgeschichtliche Gepflogenheiten (Henry von Lancaster, nicht: Heinrich von Lancaster). Päpste, Könige und zumeist der herzögliche Hochadel bleiben jedoch germanisiert. Chronisten oder Chronikenwerke werden nur im Hinblick auf ihre Erwähnung im Fließtext berücksichtigt, während Einzelnachweise unberücksichtigt bleiben müssen.

A Adam Murimuth, Chronist 68–70, 80, 84, 117, 119, 123–128, 131 f., 134, 137, 139, 143–148, 152, 154–157, 159, 163, 337, 346 f., 350, 368, 381, 395 Agenais, Grafschaft 36 f., 98, 112, 133, 153, 296, 305 Aiguillon, südwestfrz. Stadt 158 Albrecht von Habsburg, römischer König 111 Alfred von Nassau, römischer König 108 f. Anagni, Attentat von (1303) 30, 102 f., 289, 442, 447 André Audrehem, frz. Marschall 206, 226, 232 Androin de la Roche, Abt von Cluny und apostolischer Nuntius 169, 176, 239–242, 248, 251, 254, 257 f., 263, 266, 269, 333, 364, 397, 402 Anjou, Grafschaft/Herzogtum 36, 96, 99, 108, 179 Annibaldo Ceccano, Kardinal 31, 61, 68, 87, 129 f., 151, 156, 165, 319, 332,

335, 346, 347, 348, 351, 352, 356, 362, 366 f., 378, 380, 381 Anonimalle Chronicle, Chonik 70, 80, 84 f., 166, 191, 194, 215–218, 227, 237, 243, 279 f., 282, 291 Aquitanien, Herzogtum 17, 37 f., 89, 96, 109 f., 129–132, 140 f., 146, 152, 159, 165, 178, 193 f., 200, 236, 272, 277, 280, 282 f., 295, 303, 305, 307, 409 Arelat, kgl. Herrschaftsgebiet 28, 102 Arras, nordfrz. Stadt 18, 65, 86, 157, 198, 248, 299, 308, 358, 386, 403, 409 Audoin Aubert, Kardinal 191 Avignon Kurie 28, 30 f., 41, 48, 53, 55, 62, 70 f., 82, 84, 88, 95, 105 f., 117, 123–126, 129, 136, 139, 144 f., 151, 156, 161, 170 f., 175, 178, 183, 186, 188, 190, 197, 204, 211, 250, 253, 259, 272, 274, 290, 297 f., 308, 312, 315–317, 325, 330 f., 335 f., 341–343, 348 f., 372, 386, 390, 400 f., 404 f. Päpste und Papsttum, von 16, 21 f., 25 f., 28, 30 f., 33–35, 52 f., 54, 56,

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58, 60, 62 f., 80, 82 f., 87, 92, 106, 116, 121, 123, 207, 211, 237, 262, 272 f., 277, 279, 289, 299, 303, 309, 313 f., 317, 319 f., 324 f., 327, 331, 334, 349, 351, 359, 365, 397, 399, 402 f., 409 südostfrz. Stadt 15, 28, 31, 35, 41, 50–52, 54, 58, 62, 68, 81, 87, 90– 92, 95, 102–106, 110, 114 f., 117, 119, 121, 124–128, 133, 136, 139, 142–150, 156, 158–161, 163, 165, 167–169–171, 173–175, 178–180, 186–188, 190–199, 201–204, 207, 210, 213, 220, 227, 253, 262, 266, 272–274, 277, 281, 284, 286, 288– 290, 292 f., 299, 308, 310– 315, 330 f., 333, 338, 341–344, 349 f., 351, 353, 366, 368, 373–375, 377, 383, 386–390, 397, 399–403, 408 Aymar d’Aigrefeuille, päpstlicher Marschall 284, 387 B Barnabo Visconti, Herr von Mailand 251, 288 Bartholomew Burghersh, engl. Gesandter 145, 154, 157, 177, 184, 188, 206, 217, 246, 380 Bayonne, westfrz. Stadt 107, 114, 305, 307 Beauvais, nordfrz. Stadt und Bistum 74, 113, 153, 182, 200, 245, 278 Benedetto Gaietani siehe Bonifaz VIII., Papst Benedikt XI., Papst 104 Benedikt XII., Papst 15, 18, 28, 34, 58, 62, 81, 101, 106, 115–118, 212, 221, 319 f., 324, 328, 329, 332, 335, 358, 361 f., 376–377, 387, 399, 407 Bérard de Got, Kardinal 107 f. Bertrand de Got siehe Clemens V., Papst

Personen-, Orts- und Sachregister

Bertrand de Montfavès, Kardinal 54, 61, 84, 118, 120 f., 154, 322, 335, 351, 362, 367 f., 374 Bertrand du Guescelin frz. Konnetable 90 Bologna, ital. Stadt 106, 174, 274, 336 Bonifaz VIII., Papst 27, 33, 51, 103, 107–110, 112, 117, 194, 320, 333, 351 f., 370 Bordeaux, westfrz. Stadt 96, 103, 104, 114, 151 f., 205, 209, 221, 227, 229, 305, 327, 333 f., 402 Boulogne, nordfrz. Stadt/Grafschaft 111, 172–174, 176, 179 f., 255, 258 f., 296, 339, 408, 410 Bretagne, Herzogtum 73, 113, 127, 129– 130, 135, 141, 145, 147 f., 150 f., 157, 165, 167 f., 200, 239, 258, 306, 345, 348, 365, 372, 379, 381 Breteuil, nordfrz. Stadt 182, 214, 220 Brétigny, Vertrag/Frieden von (1360) 63, 69, 71, 74, 77, 86, 89, 92, 93, 124, 176, 189, 203, 208, 236, 241, 243– 246, 248 f., 252 f., 255, 257–260, 266, 269–270, 274–276, 278, 280, 288, 297, 304, 327, 331, 346, 395–397, 399, 402–405, 408 Brügge Stadt in Flandern 52, 89, 92, 124, 132, 193, 253, 267, 271, 281, 283–286, 288, 290–293, 295–300, 304, 306, 308–310, 312, 315–317, 328, 331, 337, 340, 344, 348, 350, 365 f., 375, 386, 388–389, 391, 400, 402, 404, 409 Verhandlungen (1375–77) siehe Friedensgipfel C Calais nordfrz.Stadt 52, 87, 92, 163, 165, 167 f., 170–173, 175–176, 178,

Personen-, Orts- und Sachregister

182, 186–187, 191, 196, 200, 209, 236– 238, 245, 247, 249–250, 254, 257, 259–260, 262, 269, 275, 278– 280, 282, 283, 288, 290, 296, 304, 308, 319, 327, 331 f., 339, 342, 345 f., 366, 374, 378, 382–384, 386, 395, 397, 400, 402, 404, 408, 410 Vertrag von (1360) siehe Brétigny, Vertrag von Canterbury, engl. Stadt und Erzbistum 18, 70, 81, 84, 143, 157, 251, 272, 277 f., 289, 291 f., 303, 331, 344, 351, 357, 365, 381, 383 Chandos Herald siehe Herold von John Chandos, Chronist Charles d’Espagne, frz. Konnetable 181, 197, 200 Chartres, nordfrz. Stadt 157, 160, 239, 242–244, 246, 248, 259, 268 f. Christophorus von Piacenza, Prokurator von Mantua 296, 311, 314 Chronicon Anonymi Cantuariensis, Chronik 71, 169, 192, 240, 243, 357 Clemens V., Papst 27, 33, 103–104, 107, 110 f., 212, 336, 352 Clemens VI., Papst 17, 20, 29, 57 f., 61 f., 76, 81, 105, 119 f., 123, 125–128, 132, 134 f., 137–141, 143, 144, 146, 147, 149, 151–154, 156 f., 160–165, 169–171, 175, 177, 184, 194, 213, 277, 279, 319 f., 322, 324, 327 f., 332, 334, 336, 341, 356, 359, 362 f., 367, 369, 373 f., 379 f., 387, 390, 400, 404 Clemens VII., Papst 91, 102, 180 Coelestin V., Papst 351, 352 Coluccio Salutati, Kanzler von Florenz 273 f. Crécy, Schlacht von (1346) 17, 77, 81, 87, 92, 150, 162 f., 170, 172, 207, 283, 324, 343

467

D Dauphiné, frz. Krondomäne 102, 290, 405 E Eduard I., König von England 31, 38, 51, 107–110, 167, 212, 303, 320 f., 392 Eduard II., König von England 31, 39, 70, 109, 111 f. Eduard III., König von England 15, 17, 19 f., 40–41, 49, 64–65, 69 f., 73, 75, 85–87, 97–102, 113, 116–118, 120– 122, 125–132, 136 f., 139 f., 142 f., 145–148, 150 f., 154–165, 167, 171, 175 f., 178, 180–182, 186 f., 190, 192, 194, 198, 203, 207–211, 236–240, 242–246, 249–253, 256–258, 261, 264, 267 f., 272 f., 277 f., 280, 282– 290, 292, 295 f., 305, 307, 310, 315, 319, 324, 328 f., 336, 342, 345–347, 362, 364, 367 f., 373, 376 f., 379, 381–383, 385, 394, 396 f., 405 f. Eduard, „der Schwarze Prinz“ von Wales 41, 69, 78, 113, 144, 205 f., 210, 213, 215–218, 221, 224–234, 243, 246 f., 249, 258, 271, 274, 279, 289, 330, 333, 372, 382–385, 394 England 15, 19–22, 28, 34–37, 39, 41, 49, 51, 57, 68, 70 f., 83, 86 f., 91, 96, 98, 101 f., 110, 112, 115, 118, 120, 124, 126 f., 134, 138, 144, 147, 152, 154, 157, 159, 171 f., 176, 181, 183 f., 186, 192, 208, 211 f., 214, 220 f., 225– 227, 230– 232, 236–238, 247 f., 250 f., 255, 274, 277 f., 280, 282 f., 286–289, 291, 293 f., 297, 307, 309, 312, 321 f., 324 f., 331, 333, 335, 344, 350–352, 357, 363, 366 f., 376, 380 f., 390, 392, 394, 397, 405, 407–409 Étienne Aubert, Kardinal siehe Innozenz VI., Papst

468

Eulogium Historiarum, Chronik 70, 159, 216, 217, 222, 225, 226, 229, 289 F Flandern, Grafschaft 17, 22, 91, 133, 151, 155, 157, 165, 172, 200, 206, 252, 272, 282 f., 286–288, 290, 294, 297 f., 311, 367, 380, 393 f. Foedera, conventiones, literæ [...], Quellenpublikation 63 f. Frankreich 15, 17 f., 20–23, 28, 30 f., 33–35, 37, 39–41, 45, 66, 77, 83, 86, 88, 96, 99 f., 104, 107, 110, 113, 115, 117, 119, 126, 128, 147 f., 155, 163 f., 172, 177, 181, 183, 185, 194, 197 f., 202, 205 f., 208, 210–212, 214, 225 f., 229, 236 f., 239 f., 242, 247 f., 274, 278 f., 289, 291, 294 f., 302, 308 f., 311, 313 f., 321 f., 325, 329, 331, 334, 342, 345, 350, 362f., 366–368, 376, 380 f., 384, 390, 392 f., 397, 404, 407–409 Friedensgipfel von Avignon, Erster (1344/45) 87, 92, 124, 126, 129– 150 f., 159, 161, 191, 336, 373, 377, 390, 402 Friedensgipfel von Avignon, Zweiter (1354/55) 70, 88, 92, 179, 188, 192– 204, 207, 266, 377, 388, 400, 408 Friedensgipfel von Brügge (1375–77) 90, 92, 120, 267, 283 f., 293–317, 328, 331, 340, 348, 350, 388, 391, 365 G Gascogne, Herzogtum 17, 96, 108, 141, 147, 151–153, 157, 167, 171, 175, 192, 208, 212, 215, 321, 363, 377, 404 Gent, Stadt in Flandern 100, 277, 285, 297 f., 316, 344 Geoffrey de Charny, frz. Ritter 173, 232 Geoffrey le Baker, Chronist 17, 69 f., 80 f., 85, 159, 166, 168, 189–196, 199,

Personen-, Orts- und Sachregister

209, 216–219, 225–227, 229, 232 f., 368, 388, 391 Gilles Aycelin de Montaigu, Kardinal 240, 251, 255, 334 Gilles li Muisit, Chronist 75, 80 f., 122 f., 159, 162, 166 f., 337, 367, 384 f., Giovanni Villani, Chronist 75 Giovanni Orsini, Kardinal 356 Gregor XI., Papst 15, 34, 59, 76, 277–279, 284–286, 288 f., 290, 295 f., 308 f., 311, 313–316, 328 f., 344, 349, 352, 401, 403 f. Gui de Boulogne, Kardinal 31, 41, 64, 92, 168–170, 178–188, 193, 196–199, 201–204, 267, 275, 335, 337, 340, 351 f., 363, 370, 373, 391, 400 Guillaume d’Ami, Kaplan 336, 358, 362 Guillaume de Nangis, Chronist 18, 72 siehe Jean de Venette (Fortsetzer) Guillaume de Nogaret, Jurist und frz. Großsiegelbewahrer 103 f. Guillaume II. Roger, Vizegraf von Turenne 279, 282, 387 Guillelmus Durandus, Dekretalist 26, 320, 352 f., 355 Guillelmus (de Laudun), Bischof von Orange 112, 114, 321, 352 Guillelmus de Lestrange, Bischof von Carpentras 18, 22, 30, 81, 100, 112 f., 174, 176, 255, 278–279, 282, 284, 286, 291–293, 299–307, 309 f., 314, 316, 332, 365, 387–389 Guines nordfrz. Festung 169 f., 173, 174– 178, 182, 184, 186 f., 229, 288, 339, 382, 400, 408 Vertrag/Waffenstillstand von (1354) 170, 172, 178 f., 183 f., 184, 186 f., 189, 193–196, 199–203, 236, 262, 266, 288, 339–341, 397, 400 Guy de Chatillon, Graf von Blois 78

Personen-, Orts- und Sachregister

Guy de Brian, engl. Gesandter 188 f., 279 Grandes Chroniques de France, Chronik (en) siehe auch Pierre d‘Orgemont 72–76, 97, 102, 124, 166, 174, 179, 183 f., 191 f., 195, 218, 225, 231, 233 f., 236, 238–240, 242–244, 246– 248, 254, 256, 275, 277 f., 294, 296, 346, 366, 380 f., 385, 406 H Heinrich III., König von England 36 f. Heinrich V., König von England 86, 236, 306, 407, 409 Heinrich VI., König von England 409 Heinrich von Trastamera, König von Kastilien 276, 295, 394 Helié Talleyrand de Périgord, Kardinal 31, 68, 71, 73, 81, 92, 123, 185, 205–208, 210, 212, 214, 216, 219 f., 223–226, 228, 230, 234 f., 238, 267, 320, 333–335, 339, 356 f., 360 f., 364, 368, 373, 378, 382, 391, 403 Helié Talleyrand VII., Graf von Périgord 212 Hennegau, Grafschaft 18, 77, 116, 121, 218, 231, 234 Henry Burghersh, Bischof von Lincoln 99 Henry Knighton, Chronist 70, 80, 84 f., 127, 166, 190, 192, 194, 196, 219 f., 237, 242, 388 Henry von Grosmont, Earl von Derby und Herzog von Lancaster 41, 69, 86, 133, 143, 146, 148, 151–153, 167, 169–173, 175, 182–184, 187–192, 194 f., 198 f., 201–203, 209, 214, 239, 243, 245, 283, 306, 330, 333, 347, 372 f., 409 Herold von John Chandos, Chronist (Chandos Herald) 69, 71, 78, 206, 217 f., 222, 225, 227, 230

469

Hugo von Orange, Bischof 112, 114, 321, 352 Hugues de Genève, Ritter und apostolischer Nuntius 240 f., 243, 248 f., 251, 266, 333, 365 Hugh Pelegrini, Thesaurar der Diözese Lichfield 247, 251, 369 Raimund Pelegrini, apostolischer Nuntius und Kollektor 152, 169, 176, 181, 184, 246 f., 251, 363 Huguccio, Dekretalist 24 I Innozenz III., Papst 23, 24, 98, 137 Innozenz IV., Papst 353 Innozenz VI., Papst 34, 57 f., 61, 63, 68,76, 81, 87, 144, 151, 165, 180, 184–186, 188–191, 194–196, 198, 204, 210 f., 213–215, 219, 221, 232, 238 f., 243, 248–251, 253, 260, 266, 275, 319 f., 329, 332–335, 338, 351, 356, 359, 361–363, 366 f., 382 f., 388, 390, 400, 403 f. Isabella, Tochter Philipps IV. von Frankreich, Königin von England 38, 99, 109, 111, 113, 172 f., 306, 330, 332, 409, 410, 463 J Jacobo Stefaneschi, Kardinal 356 Jacobo Orsini, Kardinal 314 Jacques Duèse, Kardinal siehe Johannes XXII., Papst Jacques Fournier, Kardinal siehe Benedikt XII., Papst Jakob III., König von Mallorca 328 Jean d’Armagnac, frz. Lieutenant der Languedoc 152, 191, 372 Jean de Beaumont, Graf von Hennegau 77, 78 Jean de Clermont, frz. Marschall 226, 232

470

Jean de Dormans, frz. Kanzler und späterer Kardinal 242, 245, 258, 272, 277, 280, 285, f., 290, 334, 337, 365 f., 371, 386 Jean de la Grange, Kardinal 180, 201, 293, 334 Jean de Roquetaillade, Franziskaner/ Spirituale 82 Jean de Venette, Chronist, Fortsetzer der Chronik Guillaumes de Nangis 18, 72 f., 75, 81 f., 85, 166, 171, 183, 185, 218–221, 225, 227, 233, 237, 242, 247, 263, 385 Jean Froissart, Chronist 16, 18 f., 69, 75–82, 85, 87, 97, 99, 122 f., 147, 158, 165–168, 182, 191, 198, 205–208, 214 f., 218–224, 226–232, 235, 237, 239–241, 243–244, 246, 253, 256 f., 294, 305, 314 f., 331, 346 f., 363, 382, 384 f., 391 Jean le Bel, Chronist 17, 76–80, 122 f., 166, 185, 202, 224, 228–230, 232 f., 238, 351, 385 Jean le Fèvre, Abt von St. Vaast in Arras und frz. Gesandter 295, 308 Jeanne d’Arc 42, 409, 410 Jerusalem, Stadt und Ziel der Kreuzzüge 319, 326 Johanna von Bourbon, frz.Königin, Gattin Philips VI. 166, 363 Johanna von Evreux, frz. Königin, Gattin Karls IV. 172, 181 Johanna von Valois, Gräfin von Hennegau und Äbtissin von Fontenelles 18 f., 85, 87, 121, 181, 221, 339, 379, 407 Johannes V. Palaiologos, byzantinischer Kaiser 326 Johannes XXII., Papst 22, 27, 33, 40, 57 f., 76, 81, 105, 111, 115 f., 212, 303, 321, 335 f., 349, 351 f., 358 Johann II., frz. König 42, 66, 83, 88, 153, 158, 177, 180–182, 188, 194,

Personen-, Orts- und Sachregister

197 f., 200, 202–205, 208, 210, 214 f. , 223 f., 226, 228–230, 232 f., 236–238, 247–250, 252 f., 256–258, 261, 263– 265, 267, 296 f., 327, 330, 363, 370, 382 f., 397, 405, 408 Johann Ohneland, engl.König 23, 136 f. Johann von der Normandie, Herzog siehe Johann II. Johann von Gent, Herzog von Lancaster 279, 294 f., 300 f., 304 f., 310 f., 314 Johann von Montfort, Herzogsprätendent auf die Bretagne 136, 345, 365 John Offord, Archidiakon und engl. Gesandter 126, 132, 145, 380 John of Reading, Chronist 69, 71, 166, 239 f., 243, 246 f., 257 John Reppes, Karmeliter, Beichtvater Henrys von Lancaster und engl. Gesandter 144, 171 John Welwick, Magister und engl. Gesandter 186, 187 John Woderove, Dominikaner, Beichtvater Eduards III. und engl. Gesandter 181, 186, 188 K Karl „der Böse“, König von Navarra 181–183, 192, 197 f., 200–204, 214 f., 238, 277, 370 Karl II., König von Sizilien 104, 111 Karl IV. von Luxemburg, römischer König und Kaiser 182, 277, 311, 313, 364, 388, 405–406 Karl IV., frz. König 163, 172, 181 Karl von Valois, Graf 99, 321 Karl V., frz. König 41, 66, 71,74, 193, 238, 247, 249, 253, 258, 267, 277– 281, 283–285, 287f., 290, 295 f., 299, 301 f., 304 f., 307 f., 310 f., 316, 405 Karl VI. frz. König 99, 236, 332, 406 Karl von Blois, Herzogsprätendent auf die Bretagne 129, 136, 345, 348, 365, 381

Personen-, Orts- und Sachregister

Kastilien, Königreich 69, 78, 275 f., 294 f., 297, 306, 328, 394 Konstantinopel, Stadt 325, 326 Konstanz, Stadt 44, 371, 407 L Landes, Herrschaft, Bestandteil der Gascogne 98 Leo XIII., Papst 28 Lettenhove, Kervyn de, belgischer Quelleneditor 78, 215, 228 Leulinghen (Ort/Konferenz) 86, 296, 410 Limousin, Grafschaft 37, 98, 179 Lisieux, nordfrz. Stadt 159, 160, 382 London, engl.Stadt 54, 63–65, 68–70, 88, 97, 127, 154, 159, 170, 172, 192, 198, 208, 215 f., 220 f., 238, 241, 244, 248, 252, 258 f., 264, 278 f., 283, 285, 291 f., 296, 301, 306, 333, 374, 380, 403 Luce, Siméon, frz. Quelleneditor 73, 78, 83 Ludwig IV. „der Bayer“, römischer König 31, 115, 117 f., 382, 405 Ludwig IX. „der Fromme“, frz. König 22, 36, 72, 104, 126 Ludwig I. von Anjou, Herzog 250, 258, 277, 278, 295, 300 f., 306, 308, 312– 315, 396 Ludwig von Mâle, Graf von Flandern 282 f., 285–287, 290, 294, 297 f., 316 Lüttich, Stadt 20, 116, 233, 285, 290 M Malmesbury, engl. Stadt siehe Eulogium Historiarum (Entstehungsort) Malestroit, Verhandlungen/Vertrag von (1343) 73, 81, 87, 123–126, 129, 136, 144, 147 f., 151, 154, 196, 221, 257, 281, 338 f., 342, 345–348, 362 f., 385, 395

471

Mantes, Vertrag von (1354) 182, 197 f., 200–202, 370 Matteo Villani, Chronist 75, 229, 232 Michael Northburg, Archidiakon, später Bischof von London, engl. Gesandter 117, 145, 177, 189, 198 Montbazon, mittelfrz. Ortschaft 215 N Neubourg, Le, nordfrz. Stadt 159, 162, 200 Niccolò Capocci, Kardinal 71, 208, 210, 215, 219 f., 224, 238, 267, 320, 334, 357, 361, 368, 403 Niccolò Fieschi, Genueser Prokurator 386 Niccolò Canali, Erzbischof von Ravenna 350, 368 Nicolaus von Ostia, Kardinal 360 Nigel Loring, engl. Ritter und Gesandter 145, 246 Normandie, Herzogtum 17, 36, 86 f., 96, 151, 157 f., 162, 164, 190, 198, 200, 214, 242, 258, 268, 404 O Ottobono von S. Adriano, Kardinal 357 Oxford, engl. Stadt 17, 52, 70, 71, 217, 293, 358 Oxfordshire 69, 232 P Paris frz. Hauptstadt 38 f., 64f., 71, 74, 83, 89, 126, 147,169, 172, 176, 179 f., 182, 184, 186 f., 198, 200 f., 212, 214, 220, 233, 237, 239 f., 242–244, 246–249, 252, 278, 283, 286, 306 f., 309, 342, 364 f., 366, 370, 374, 384, 386, 402, 405 f. Universität von 180 Vertrag von (1259) 36 f., 39, 96, 107, 109, 237

472

Vertrag von (1303) 110, 212, 393 Parlement de 37, 39, 41, 72, 74, 89, 97 f., 107, 122, 258, 271, 274 f., 363 Pedro Gomez, Kardinal 54, 84, 118, 120 f., 129, 154, 322, 335, 362, 367, 374 Périgeux, südwestfrz. Stadt 36, 38, 110, 140, 213, 275 Perugia 102–104 Peter I. von Zypern, König 326, 328 Peter IV. von Aragon, König 328, 394 Philippa von Hennegau, engl. Köngin 77, 152, 222, 248 Philipp II. „Augustus“ 23 Philipp IV. „der Schöne“, frz. König 38, 40, 99, 103 f., 107 f., 110–112, 117, 212, 329 Philipp VI. von Valois, frz. König 17 f., 20, 32, 42, 66, 77, 81, 85, 87 f., 96 f., 99–101, 116–119, 122, 127, 141–143, 145, 147 f., 151, 156, 159–163, 166, 168 f., 212 f., 264, 328 f., 342, 373, 377, 379, 384 Philipp von Burgund, Herzog 219, 294, 301, 310, 313 f., 316, 328 Picardie, frz. Landschaft 178, 279, 287 f., 339, 364, 368, 386, 393, 410 Pierre Ameilh, Erzbischof von Embrun 180, 201, 275, 373 Pierre Bertrand de Colombier, Kardinal 198 f., 202, 352 Pierre de Bourbon, Herzog 169, 191 f. Pierre de la Forêt, frz. Kanzler und Kardinal 191, 238, 334 Pierre Desprez, Kardinal 61, 74, 129, 130, 135, 140, 156, 319, 335, 338, 346–348, 362, 367, 378, 380, 381 Pierre d’Orgemont, frz. Kanzler und Chronist 74, 294 Pierre Roger siehe Clemens VI., Papst Pileus da Prata, Erzbischof von Ravenna 18, 22, 30, 81, 100, 112 f., 174, 176,

Personen-, Orts- und Sachregister

193, 255, 278, 287, 291, 293, 299– 306, 309 f., 316, 332, 365, 388 f. Poitiers, westfrz. Stadt und Schlacht (1356) 17, 36, 54, 68, 71, 73 f., 78, 80 f., 83, 88, 92, 123, 126, 185, 188, 205–207, 209, 212, 216, 218–223, 227, 229, 231, 235, 242, 244, 258, 324, 330, 333, 339, 343, 360 f., 378, 382 f., 385, 391, 406 Poitou, Grafschaft 36, 96, 103, 165, 175, 179, 236, 277 Ponthieu, Grafschaft 99, 154, 159, 236 Provence, Grafschaft 36, 38, 102, 105, 275, 313 Q Quercy, Bistum 37, 98, 190, 212, 236, 296 R Raul d’Eu, Graf, frz. Konnetable 172 Raymond de Farges, Kardinal 129, 335 Raymund Pelegrini, apostolischer Nuntius und Kollektor 169, 176, 181, 184, 251, 363 Rhône, Fluss 82, 102 f., 106, 143, 159, 168, 176, 273, 343 Ricardus Anglicus, Dekretalist 24 Richard de la Bere, engl. Ritter und Gesandter 186, 188 Richard Lescot, Chronist 72 f., 80, 85, 166, 194, 218, 221, 229, 241, 233 f., 237, 240, 242, 385 Richard II., engl. König 64, 79, 409 Richard von Arundel, Earl und engl. Gesandter 143, 172, 175, 188, 190– 192, 195 Robert Avesbury, Chronist 16, 69 f., 84, 159, 165 f., 168, 192, 213, 346, 348, 382 f., Robert de Lorris, frz. Kämmerer 169, 182, 191, 200 f.

Personen-, Orts- und Sachregister

Robert Herle, engl. Gesandter 177 Robert le Coq, Bischof von Laon 182, 191, 200 f. Robert Ufford, engl. Admiral 373 Robert von Artois, Graf 98, 120, 431 Rom, ital. Stadt (auch röm. Kurie) 17, 22, 27 f., 31, 56, 59, 61 f., 87, 90, 102f., 108 f., 167, 194, 202, 273 f., 288, 290, 296, 310, 313–315, 316, 329, 345, 349 Rymer, Thomas, Quellenpublizist 12, 64 S Saint-Denis, frz. Grablege und Chronikenschmiede 71 f., 76, 83, 218, 220 Saint-Donatian, Kirche in Brügge 298, 300, 344, 388 Saint-Jean d’Angély 177 Saintongue 114, 175, 236, 395 Saint-Sardos, Krieg 38 f., 112–115, 129 f., 133, 155, 178 f., 212, 321 Saint-Sauveur-le-Vicomte, nordwestfrz. Stadt 281, 302 Schottland 20, 22, 77, 91, 113, 165, 206, 252, 258, 303 Sigismund von Luxemburg, röm. König und Kaiser 407 Simon de Beaulieu, Kardinal 107 f. Simon de Langres, General des Dominikanerordens und päpstlicher Gesandter 239–241, 249, 266, 333, 364 Simon Islip, Erzbischof von Caterbury 351, 357 Simon Langham, Erzbischof von Caterbury und Kardinal 272, 277–279, 282–286, 290, 292, 334, 337, 352, 365 f., 371, 386 Simon Sudbury, Erzbischof von Caterbury 128, 209, 220, 279, 292 f., 303, 364 Sluis, Seeschlacht von (1340) 17, 87, 296, 297, 324

473

Smyrna, Stadt in der heutigen Türkei 327, 456 St. Paul, Kathedrale 68, 127, 248, 292, Saint-Vaast-la-Houghe 153, 160 T Talleyrand de Périgord siehe Hélie Talleyrand de Périgord, Kardinal Thomas Gray, Sir, Chronist 69, 71 215, 243 Thomas Jorz, Kardinal 334, 365 Thomas Walsingham, Chronist 70, 80, 84 f., 166, 168, 192, 195, 219 f., 237, 240 f., 243, 246, 261 Tournai, nordostfrz. Stadt 75, 81, 85, 87, 122, 163, 167, 287, 367, 379, 384 Tours, mittelfrz. Stadt 175, 205, 215, 217 U Urban V., Papst 57, 61–63, 76, 90, 190, 199, 253, 272 f., 275–278, 309 f., 313, 338, 349, 352, 359, 365, 403 f. V Valenciennes, Stadt in der Grafschaft Hennegau 69, 77, 122, 231 Valognes, Vertrag von (1355) 203 Vannes, nordwestfrz. Stadt 147 f., 281, 345, 346, 378, 384 Venaissin, Grafschaft 105, 349 Venedig, ital. Stadt 311, 326, 329 Vienne, südostfrz. Stadt 104, 112, 114, 198, 321, 352 Villeneuve–les–Avignon, südostfrz. Stadt 199, 313, 349 W Westminster, Stadtteil von London und Regierungssitz 68, 71, 87, 101, 125, 127, 154 f., 169, 171, 181, 186, 364, 374

474

William Bateman, Archidiakon, später Bischof von Norwich 81, 101, 126– 129, 169, 173, 175, 177, 188, 336, 362, 380 William Douglas, Earl 206, 226, 232, 394

Personen-, Orts- und Sachregister

William Edington, Bischof von Winchester 255 William Clynton, Earl von Huntingdon 169, 171, 177, 373 William Lynn, Dekan 239, 364 William Wittlesey, Erzbischof von Canterbury 289, 292