Madame de Pompadour: Die Mätresse und die Diplomatie 9783412212605, 9783412204808

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Madame de Pompadour: Die Mätresse und die Diplomatie
 9783412212605, 9783412204808

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Eva Kathrin Dade Madame de Pompadour

externa Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven Herausgegeben von André Krischer, Barbara Stollberg-Rilinger, Hillard von Thiessen und Christian Windler

Band 2

Eva Kathrin Dade

Madame de Pompadour Die Mätresse und die Diplomatie

2010 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wisssenschaftlichen Forschung.

Eva Kathrin Dade erhielt für diese Studie den Preis des Arbeitskreises Historische Frauen- und Geschlechterforschung e.V.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Portrait der Madame de Pompadour. Gemälde von Maurice Quentin Delatour, 1755, Musée du Louvre. © akg-images/Erich Lessing

© 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Reihenkonzept und Umschlagentwurf: Judith Mullan, Wien Satz: Peter Kniesche Mediendesign, Tönisvorst Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-412-20480-8

Meiner Familie – vor allem Kai, Charlotte und Felix

Inhalt Vorwort.................................................................................................... IX Einleitung................................................................................................

1

I. Die Mätresse am Hof..................................................................... 25 1. Der König und die Königin .............................................................. 25 1.1 Ludwig XV. ............................................................................... 25 1.2 Maria Leszczynska und die Famille royale.................................. 28 2. Die Minister...................................................................................... 37 2.1 Staatssekretäre und Staatsminister.............................................. 37 2.2 Der Günstlingminister............................................................... 48 3. Die Mätresse...................................................................................... 60 3.1 Jeanne Antoinette Poisson, verheiratete Le Normant . d’Étiolles..................................................................................... 60 3.2. Die Marquise de Pompadour, Maîtresse en titre Ludwigs XV..... 75 II. Die Mätresse und die Diplomatie................................................ 89 1. Auswärtige Diplomaten in Versailles................................................. 89 2. »Wir können sicherlich auf die friedfertige Einstellung der . Marquise vertrauen«: Madame de Pompadour und die Vertreter . Großbritanniens (1749–1754)........................................................... 106 3. »Er kann der Favoritin bis zu 500.000 Taler für den Frieden . bieten«: Madame de Pompadour und die Vertreter Brandenburg-. Preußens (1745–1758)....................................................................... 126 4. »Sie ist es, der wir alles zu verdanken haben und von der wir in . der Zukunft alles zu erwarten haben«: Madame de Pompadour . und die Vertreter Habsburgs (1750–1760)......................................... 154 5. Ergebnisse: Aktionsfelder der Maîtresse en titre................................. 185 5.1 Kommunikationskanal Mätresse: Madame de Pompadour als Zugang zum König........................ 185

VIII

Inhalt

5.2 5.3

Die Mätresse als Premier ministre: Madame de Pompadour und die Minister des Königs................ 196 Die männliche Alternative zu Madame de Pompadour? Der Prince de Conti und das Secret du roi . ................................ 214

III. Die Mätresse: Ausdruck einer politischen Kultur?................... 228 1. »Die Frauen sind nicht dazu geschaffen, öffentliche . Angelegenheiten zu diskutieren«: Die Selbstdarstellung Madame . de Pompadours in ihren Briefen......................................................... 228 2. Die Mätresse als Gegenstand der diplomatischen Korrespondenz.... 242 2.1 Parallele Korrespondenzen: Diplomatische Berichterstattung auf verschiedenen Ebenen...... 242 2.2 Weshalb fehlt Madame de Pompadour in der offiziellen . Korrespondenz?.......................................................................... 258 Fazit und Ausblick................................................................................. 275 Abkürzungsverzeichnis........................................................................ 285 Quellen und Literatur............................................................................ 286 1. 2. 3. 4.

Unveröffentlichte Quellen ................................................................ Veröffentlichte Quellen . ................................................................... Bibliographien und Nachschlagewerke ............................................. Literatur ............................................................................................

286 294 299 300

Personenregister . ................................................................................ 333

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahrssemester 2009 von der Philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern als Dissertation angenommen. Zu ihrer Entstehung haben viele Menschen beigetragen, denen ich für ihre Unterstützung an dieser Stelle danke. Seit der »Entdeckung« des Themas im Rahmen eines Hauptseminars hat mich mein Doktorvater Prof. Dr. Christian Windler (Bern) stets vorbildlich und sehr engagiert unterstützt. Über die Jahre hinweg hat er mir ein konzentriertes Arbeiten im Umfeld seines Lehrstuhls erst in Freiburg, später in Bern ermöglicht. Für seine Hilfestellung in wissenschaftlicher wie auch vielfach in sehr praktischer Hinsicht gilt ihm daher mein herzlicher Dank. Für die Erstellung des Zweitgutachtens zu der vorliegenden Arbeit und wertvolle Hinweise zur Überarbeitung danke ich Herrn Prof. Dr. Joachim Eibach (Bern). Ohne die materielle und ideelle Hilfe der Gerda-Henkel-Stiftung hätte ich mein aufwändiges Projekt nicht realisieren können. Die ausgesprochen unbürokratische und großzügige Förderung hat mir in den Jahren 2004 bis 2006 eine Vielzahl von Archivaufenthalten in verschiedenen Ländern Europas ermöglicht, die für meine Arbeit unumgänglich waren. Finanzielle und ideelle Unterstützung habe ich während und im Anschluss an diese Phase auch vom Deutschen Historischen Institut Paris erhalten, dessen Stipendium mir 2006 einen letzten Recherchebesuch in Pariser Bibliotheken und Archiven ermöglichte. Anschließend gewährte mir die Abteilung Internationale Beziehungen der Universität Bern eine Übergangsfinanzierung. Zuletzt konnte ich das Projekt im Rahmen des Forschungsprojekts »Weibliche Diplomatie? Frauen als außenpolitische Akteure (18. Jahrhundert)« zu Ende führen. Dank der Förderung dieses Projekts durch den Schweizerischen Nationalfonds konnte ich mich auch in der Phase der Niederschrift und der letzten Korrekturen bis zur Abgabe im Herbst 2008 ganz auf die Arbeit an der Dissertation konzentrieren. Nach der Verteidigung hat ebenfalls der Schweizerische Nationalfonds durch einen umfangreichen Druckkostenzuschuss die rasche Veröffentlichung meiner Studie ermöglicht. Dafür, dass meine Arbeit als Band 2 der Reihe Externa erscheinen kann, danke ich herzlich den Herausgebern Prof. Dr. Christian Windler (Bern) und PD Dr. Hillard von Thiessen (Köln). Dorothee Rheker-Wunsch vom Böhlau Verlag Köln hat die Publikation meiner Arbeit umsichtig und hilfsbereit betreut. All diesen Unterstützern gilt mein Dank, ebenso wie den vielen Beschäftigten in deutschen, schweizerischen, französischen, britischen, spanischen, österreichischen und tschechischen Archiven und Bibliotheken, ohne die ich

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Vorwort

manches Mal große Mühe gehabt hätte, in der meist knapp bemessenen Zeit die »richtigen« Quellen zu finden und zu bearbeiten. Viele Freunde haben den Entstehungsprozess dieser Arbeit wohlwollend begleitet, sei es, indem sie mich häufig bewusst nicht nach meinen Fortschritten gefragt haben, sei es, indem sie mir Literatur empfohlen, Hinweise und Anregungen gegeben, das spätere Manuskript oder Teile dessen gelesen, konstruktiv kritisiert, Übersetzungen überprüft und Thesen mit mir diskutiert haben. Viel zu verdanken habe ich Tilman Haug, Corina Bastian, PD Dr. Hillard von Thiessen, Caroline Galm, Philipp Rößler, Larissa Wegner, Judith Blum, David Krumwiede, Ramona Binder, Eva Ott, Dr. phil. Pascal Bizard – und für seine erfrischend fachfremde Beratung: Christian Bretthauer. Unverzichtbar war die Unterstützung durch meine Eltern, die meine Dissertation wie jedes meiner früheren Vorhaben mit großem Vertrauen und Interesse begleitet haben. Ihnen und meinen drei Geschwistern ist dieses Buch gewidmet – außerdem meiner eigenen »kleinen« Familie: meinem Mann Kai, dessen lebensfrohe und liebevolle Rückenstärkung mir die schönste Anerkennung ist, und unseren Zwillingen Charlotte und Felix, die meinen Arbeitsrhythmus zuletzt maßgeblich bestimmt und sich doch mit ihrer Geburt freundlicherweise so lange geduldet haben, bis das Manuskript (fast) druckfertig war. Paris, im September 2009

Eva K. Dade

Einleitung Der britische Staatssekretär Thomas Pelham, Duke of Newcastle, nannte Madame de Pompadour »die feinste Dame Europas – außerhalb von England«1. Der österreichische Staatskanzler Graf von Kaunitz-Rietberg versicherte sogar, die Mätresse Ludwigs XV. sei »die liebenswürdigste Dame der Welt«2. Am französischen Hof hatte er sich zuvor von ihrem großen Einfluss auf den König überzeugen können und war sich sicher: »Sie herrscht in despotischer Weise«3. Die Marquise de Pompadour, geborene Jeanne-Antoinette Poisson, entstammte einer nichtadligen, aber sehr wohlhabenden Familie aus dem Milieu der Pariser Finance mit guten Kontakten zum Hof und zur Armee. 1745 wurde sie als Mätresse des französischen Königs Ludwigs XV. in Versailles eingeführt. Die folgenden 19 Jahre lang, bis zu ihrem Tod 1764, stand Madame de Pompadour Ludwig XV. so nahe wie niemand sonst: Sie war nicht nur Geliebte, sondern auch Vertraute und Beraterin des Königs und damit eine der wichtigsten Personen in seinem unmittelbaren Umfeld – auch nachdem die sexuelle Beziehung zwischen Ludwig XV. und ihr längst beendet war. Die Mätresse verwaltete die Grâces, die königlichen Gunstbeweise. Wer Ämter bei Hof oder im Militär anstrebte, wer zur Jagd mit dem König zugelassen werden wollte oder auf Beistand der Krone in Rechtsstreitigkeiten hoffte, musste sich als Bittsteller nicht an den König direkt, sondern an die Mätresse wenden und auf ihre Vermittlung hoffen.

1 BL Add. Ms. 32849, f. 208, Newcastle an Albemarle, London, 2.6.1754: »[…] the finest Lady in Europe (out of England).« – Bei französischen, spanischen und englischen Quellenzitaten werden Orthographie und Interpunktion im Folgenden grundsätzlich modernisiert. 2 Arneth, Alfred von, Geschichte Maria Theresias, 10 Bde., Wien 1863–1879, hier Bd. 4, 552, Anm. 501, Kaunitz an Starhemberg, Wien, 27.1.1756. »[ J]e serais bien aise en même temps qu’elle voulût se rappeler aussi de son côté la promesse de certain portrait de la plus aimable dame du monde, que j’attends avec beaucoup d’impatience depuis trois ans.« 3 Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton Graf von, Mémoire sur la cour de France, in: La revue de Paris 11/13 (1904), 441–454 und 827–847, hier 448. »Elle gouverne despotiquement.« (Die Denkschrift des Grafen Kaunitz zum Abschluss seiner Botschaft in Paris findet sich auch in HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 1–30, Mémoire sur la cour de Versailles, rédigé par le comte de Kaunitz à la fin de son ambassade en France 1752.)

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Einleitung

In der Frühen Neuzeit war Herrschaft kein abstraktes Prinzip4, sondern beruhte auf der engen Verknüpfung von personalen Elementen wie Freundschaft, Zuneigung und Vertrauen einerseits und Politik andererseits – eine Trennung zwischen einer privaten und einer öffentlichen Sphäre bestand nur in Ansätzen5. So konnten Vertraute des Königs politische Funktionen übernehmen, ohne dass ihnen ein entsprechendes Amt übertragen worden wäre. Wichtig war, dass die Personen dem König nahe standen, dass sie sein Vertrauen genossen und über ausreichendes Wissen, Informationen und Kontakte verfügten. Auch am Hof Ludwigs XV. lag politisches Handeln – im Sinne Stollberg-Rilingers verstanden als »Herstellung und Durchführung kollektiv verbindlicher Entscheidungen«6 – vielfach in der Hand von Personen, die kein Amt ausübten, sondern sich ausschließlich durch ihre persönliche Nähe zum Herrscher qualifizierten. Zum Teil gelang es ihnen, über Jahre hinweg ihren Einfluss zu wahren und sich neben den vom Monarchen ernannten Mitgliedern des Conseil d’État, den Staatssekretariaten und den ihnen untergeordneten Bureaux zu behaupten. In diesem System hatte auch die Mätresse weit reichende Möglichkeiten, Macht auszuüben. So war Madame de Pompadour an der Arbeit des Königs mit seinen Ministern und an der Auswahl von Staatssekretären, Ministern und diplomatischen Vertretern beteiligt und nahm auf diese Weise auch mehr und mehr Anteil am Kernstück der Regierungsarbeit, der Gestaltung der Beziehungen zu den europäischen Nachbarmächten mit den Mitteln der Diplomatie7. 4 Zur frühneuzeitlichen personalen Herrschaft siehe Carl, Horst, »Herrschaft«, in: Enzyklopädie der Neuzeit, hrsg. v. Friedrich Jaeger, 16 Bde. (bisher erschienen: 9 Bde.), Darmstadt 2005–2009, hier Bd. 5, Sp. 399–416 (siehe insbesondere »Personale Herrschaft«, Sp. 402 f.). 5 Siehe Asch, Ronald G., »Lumine solis.« Der Favorit und die politische Kultur des Hofes in Westeuropa, in: Der zweite Mann im Staat. Oberste Amtsträger und Favoriten im Umkreis der Reichsfürsten in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Michael Kaiser / Andreas Pečar (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 32), Berlin 2003, 21–38, hier 35. Siehe in diesem Sinne auch Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, 2 Teile in einem Band, Lizenzausgabe für Zweitausendeins, Neu Isenburg 2005, hier 759 und 769. – Zum späteren »Strukturwandel der Öffentlichkeit« und der Entstehung einer autonomen politischen Sphäre siehe Habermas, Jürgen, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1990 (1. Ausgabe 1962). 6 Stollberg-Rilinger, Barbara, Einleitung, in: Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Hrsg. v. ders. (Zeitschrift für historische Forschung, Beiheft 35), Berlin 2005, 9–24, hier 14. – Im Folgenden werden »das Politische« und »Politik« synonym verwendet. 7 Sowohl der Begriff der Diplomatie als auch der des Diplomaten waren vor der Französischen Revolution kaum gebräuchlich. Sie sollen beide der Einfachheit halber dennoch

Einleitung

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Die Beziehungen zwischen den einzelnen Mächten waren in der Frühen Neuzeit durch die noch geringe Bindekraft von staatlichen Institutionen gekennzeichnet8. Stattdessen kam dem persönlichen Austausch zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren eine große Bedeutung zu: Wie die vormoderne politische Praxis im Allgemeinen beruhten auch die Außenbeziehungen »noch sehr weitgehend auf der persönlichen Präsenz der Beteiligten, auf dem Handeln von Angesicht zu Angesicht«9. Zugleich geschah die Pflege der Beziehungen stets auf verschiedenen hierarchischen Ebenen und über unterschiedliche Kommunikationsstränge, die parallel zueinander bestanden10. Nachdem in der Frühneuzeitforschung lange Zeit in einer institutionengein ihrer heutigen Bedeutung und in Anlehnung an das schon früher geläufige Adjektiv »diplomatique« verwendet werden. Siehe Duchhardt, Heinz, Balance of power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 1700–1785 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, 4), Paderborn 1997, 24 und Voss, Jürgen, L’École diplomatique de Strasbourg et son rôle dans l’Europe des Lumières, in: L’invention de la diplomatie (Moyen Âge-Temps modernes), hrsg. v. Lucien Bély, Paris 1998, 363–372, hier 363. 8 Einen aktuellen Überblick über den Stand der Forschungen zu den Außenbeziehungen in der Frühen Neuzeit bietet Thiessen, Hillard von, Diplomatie vom type ancien. Überlegungen zu einem Idealtypus des frühneuzeitlichen Gesandtschaftswesens, in: Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel, hrsg. v. dems. / Christian Windler (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven, 1), Köln 2010 (im Druck), ders., Grenzüberschreitende Patronage und Diplomatie vom type ancien. Die spanisch-römischen Beziehungen im Pontifikat Pauls V. (1605–1621) in akteurszentrierter Perspektive, Epfendorf 2010 (im Druck), 4–27 (zugleich Bern, Univ., Habil.-Schr., 2007). Siehe auch den Forschungsüberblick in Kugeler, Heidrun / Sepp, Christian / Wolf, Georg (Hrsg.), Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven (Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit, 3), Hamburg 2006, 9–35 und die Einleitung zu Loth, Wilfried / Osterhammel, Jürgen (Hrsg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten (Studien zur Internationalen Geschichte, 10), München 2000. 9 Stollberg-Rilinger, Barbara, Zeremoniell, Ritual, Symbol. Neue Forschungen zur symbolischen Kommunikation in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Zeitschrift für historische Forschung 27 (2000), 389–405, hier 396. 10 In ihren Wesenszügen ähnelte die Praxis frühneuzeitlicher Außenpolitik dem Konzept, das die Geschichtswissenschaft mit Blick auf die Neueste Geschichte und die Zeitgeschichte unter dem Begriff der »Transnationalität« entwickelt hat. Siehe dazu Budde, Gunilla-Friederike / Conrad, Sebastian / Janz, Oliver (Hrsg.), Transnationale Geschichte: Themen, Tendenzen und Theorien, Göttingen 2006 und Osterhammel, Jürgen, Transnationale Gesellschaftsgeschichte: Erweiterung oder Alternative? in: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für historische Sozialwissenschaft 27 (2001), 464–479 sowie, bezogen auf die Frühe Neuzeit, Krieger, Martin, »Transnationalität« in vornationaler Zeit? Ein Plädoyer für eine erweiterte Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit, in: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für historische Sozialwissenschaft 30/1 (2004), 125–136.

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bundenen Perspektive die Außenbeziehungen als Beziehungen zwischen »Staaten als geschlossen handelnde[n] Einheiten«11 aufgefasst worden waren, haben neuere Studien vermehrt auf diese Charakteristika hingewiesen. Damit werden auch auf den Bereich der Außenbeziehungen die Erkenntnisse der neueren Absolutismusforschung angewandt: Sie zeigen, dass die frühneuzeitlichen Monarchien keineswegs unumschränkte Herrschaft ausübten, sondern vielmehr beständig darauf angewiesen waren, ihre Herrschaftsansprüche durch die Gewährung, Bestätigung, aber auch Zurückdrängung von Privilegien immer wieder neu auszuhandeln; einerseits durch Zusammenarbeit mit dem Adel bei Hof, andererseits durch die Konsensbildung mit lokalen und regionalen Eliten und anderen Untertanengruppen12. Es liegt auf der Hand, dass ein solches, im Innern nur eingeschränkt durchsetzungskräftiges Gemeinwesen auch nach außen nicht im heutigen Sinne als staatliche Einheit auftrat. Akteurszentrierte Sichtweisen beschreiben daher nicht nur den Binnenbereich europäischer Herrschaftsverbände, sondern auch die Vielschichtigkeit frühneuzeitlicher Außenbeziehungen in angemessenerer Weise. Der Wandel in der Betrachtung kristallisiert sich in der Begriffswahl: »Außenbeziehungen« deutet mehr als »Außenpolitik« auf den vielschichtigen und personalen Charakter dieser Beziehungen hin13. Das Bild des frühneuzeitlichen Gemeinwesens hat sich in den letzten Jahren insbesondere durch die Erkenntnisse der Patronageforschung verfeinert. Die Verflechtungs- beziehungsweise Netzwerkanalyse, die von Wolfgang Reinhard nach dem Vorbild des aus der Sozialanthropologie stammenden Konzepts der network analysis in die deutschsprachige Geschichtswissenschaft eingeführt worden ist, hat gezeigt, dass Herrschaftsverbände mithilfe informeller, personaler Netzwerke – vor allem in Form von Patronageverhältnissen – zusammen11 Thiessen, Grenzüberschreitende Patronage, 6. 12 Siehe Schilling, Lothar (Hrsg.), Absolutismus, ein unersetzliches Forschungskonzept? Eine deutsch-französische Bilanz = L’absolutisme, un concept irremplacable? Une mise au point franco-allemande (Pariser Historische Studien, 79), München 2008. Siehe auch Henshall, Nicholas, The myth of absolutism. Change and continuity in early modern European monarchy, London 1992 und Asch, Ronald G. / Duchhardt, Heinz (Hrsg.), Der Absolutismus – ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550–1700) (Münstersche Historische Forschungen, 9), Köln 1996. 13 Hillard von Thiessen plädiert für diese Bezeichnung in Thiessen, Grenzüberschreitende Patronage, 18: »Es sollte also besser von ‘Außenbeziehungen’ denn von Außenpolitik die Rede sein; Außenverflechtung ist dann die praktische Umsetzung der auswärtigen Beziehungen, die sich in zahlreichen Beziehungssträngen zwischen soziopolitischen Einheiten bzw. Personen äußert.« Siehe dazu auch ders., Diplomatie vom type ancien.

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gehalten wurden14. Unter einer Patronagebeziehung ist eine auf Gabentausch beruhende wechselseitige Beziehung zwischen Personen unterschiedlichen Status’, das heißt zwischen Patron und Klient, zu verstehen. Patronagebeziehungen spielten vor allem bei der Ämtervergabe und der Rekrutierung von Verwaltungseliten eine Rolle, so dass Patronage den Verwaltungsausbau förderte, in dem sich wiederum der frühneuzeitliche Prozess der Staatsbildung veranschaulicht. Welche Bedeutung im Frankreich des 17. Jahrhunderts dem Einsatz von Patronage zukam, wenn es um die Integration von Territorien und den Fortschritt des Staatsbildungsprozesses ging, haben bereits die Studien Sharon Ketterings und William Beiks eindrucksvoll gezeigt15. Der zeitliche Rahmen der vorliegenden Untersuchung – 1745 bis 1764 – umfasst die Jahre Madame de Pompadours bei Hof. Zugleich berührt dieser Zeitraum einen Übergang in der Entstehung von Staatlichkeit: Mit dem Ausbau der Verwaltung kam ein Prozess der »Entpersonalisierung« von Macht in Gang – in der Begrifflichkeit Max Webers lässt sich hier der Übergang vom Idealtypus der patriarchalischen beziehungsweise patrimonialen hin zum Idealtypus der bürokratischen Herrschaft festmachen16. Im Verlauf des »going out of court«, das sich seit dem Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit beobachten lässt, trennten sich in einem langfristigen Prozess nach und nach die im Wachsen begriffenen Verwaltungsbehörden vom herrscherlichen 14 Siehe zu diesem Konzept Reinhard, Wolfgang, Freunde und Kreaturen. »Verflechtung« als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600 (Schriften der Philosophischen Fachbereiche der Universität Augsburg, 14), München 1979. Die vier Grundtypen der Verflechtung sind nach Wolfgang Reinhard Verwandtschaft, Patronage, Landsmannschaft und Freundschaft. Einen aktuellen Forschungsüberblick geben Emich, Birgit / Reinhardt, Nicole / Thiessen, Hillard von / Wieland, Christian (Hrsg.), Stand und Perspektiven der Patronageforschung. Zugleich eine Antwort auf Heiko Droste, in: Zeitschrift für historische Forschung 32 (2005), 233–265. 15 Siehe Kettering, Sharon, Patrons, brokers, and clients in seventeenth-century France, New York 1986 und Beik, William, Absolutism and society in seventeenth-century France: state power and provincial aristocracy in Languedoc, Cambridge 1985. Siehe aus jüngerer Zeit am italienischen Beispiel Emich, Birgit, Territoriale Integration in der Frühen Neuzeit: Ferrara und der Kirchenstaat, Köln 2005 (zugleich Freiburg, Univ., Habil.-Schr., 2002). 16 Die Entwicklung der bürokratischen Verwaltung ist nach Weber zugleich als »Keimzelle des modernen Staates« zu verstehen. Siehe Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 164. Nach Weber ist die bürokratische Herrschaft die »formal rationalste Form der Herrschaftsausübung« mit ihrem Idealtypus des Beamten, der »persönlich frei nur sachlichen Amtspflichten gehorchend« (164 bzw. 162) agiert und dem »Prinzip der festen, durch Regeln […] geordneten behördlichen Kompetenzen« verpflichtet ist, mit der eine »Fachspezialisierung« unter den Beamten einhergeht (703 bzw. 757).

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Haushalt ab17. Diese Entwicklung war im 18. Jahrhundert noch nicht abgeschlossen: Die Behörden waren weiterhin eng mit dem Hof verzahnt und in unmittelbarer Nähe des Königs bei Hofe angesiedelt. Dennoch sind deutliche Anzeichen einer wachsenden Professionalisierung innerhalb der Verwaltung zu erkennen. In einer Übergangsphase überlagerten sich verschiedene Entwicklungsstufen: Bürokratische Elemente fanden sich ebenso wie Elemente personaler Herrschaft18. Dabei war es gerade der Ausbau der Verwaltung, der neue Funktionsträger an der Schnittstelle zwischen dem Monarchen und seinen Staatssekretariaten erforderlich machte, denen die Koordination zwischen beiden zukam19. Diese informelle Position wurde von Vertrauten des Monarchen wahrgenommen, die zugleich auch zwischen Bittstellern und der Verwaltung vermittelten – im vorliegenden Fall wird zu untersuchen sein, inwieweit diese spezifische Konstellation die Rolle der Madame de Pompadour zu erklären helfen kann. In der Frühen Neuzeit galt es als Konsens, dass Frauen zur Ausübung von Herrschaft körperlich wie seelisch nicht befähigt seien: Ein »Weiberregiment,« so hielt Zedlers Universallexicon um die Mitte des 18. Jahrhunderts fest, verstoße gegen die Vorschriften der Heiligen Schrift und sei widernatürlich20. Es widerspreche dem Willen Gottes, wenn eine Frau Herrschaft über 17 Siehe Paravicini, Werner, Einleitung, in: Alltag bei Hofe, hrsg. v. dems. (Residenzenforschung, 5), Sigmaringen 1995, 9–30, hier 27: »Der Hof ist dem Wesen nach keine Behörde, sondern er scheidet Behörden aus. Hof- und Landesverwaltung sind zunächst und lange noch ungeschieden. […] Aber auch der Hof bürokratisiert sich, wie an täglichen Gagenabrechnungen und dergleichen gezeigt werden kann.« – Müller, Rainer A., Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie deutscher Geschichte, 33), München 1995, 26, spricht schon ab dem 16. Jahrhundert von der Herausbildung von »Spezialbehörden«, »Fachgremien« und einem »nach Sachfeldern strukturierte[n] Behördensystem,« überschätzt damit aber sicherlich den Entwicklungsstand der frühneuzeitlichen Verwaltung. 18 Zu diesem »Kampf zweier Prinzipien« zwischen »patrimonialer« und »bürokratische Herrschaft«, oder anders gesagt: der »Vetternwirtschaft gegen Sachverstand« siehe Emich u. a., Stand und Perspektiven, 239. 19 Zur Figur des Günstlingministers, der diese Funktionen am frühneuzeitlichen Hof wahrnahm, siehe in dieser Darstellung, 48–60 (I.2.2. Der Günstlingminister). 20 Siehe Zedler, Johann Heinrich, Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschafften und Künste, 64 Bde., Graz 1961–1964 (Nachdruck der Ausgabe Halle 1732– 1754), hier Bd. 54, Sp. 106 ff., Stichwort »Weiber-Regiment.« Weibliche Machtübernahme wurde vielfach erklärt durch die Magie, die vom weiblichen Körper ausgehe. Siehe grundlegend Jansen, Sharon L., The Monstrous Regiment of Women. Female Rulers in Early Modern Europe, New York 2001. Siehe auch Oßwald-Bargende, Sybille, Im Netz der Herrschaft. Einige Anmerkungen zur Position der »maîtresse régnante« in der höfischen Gesellschaft Württembergs des frühen 18. Jahrhundert, in: Zivilisierung

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»ein Königreich, eine Nation oder Stadt« ausübe, schrieb anlässlich der Regierungsübernahme Elisabeths I. von England 1558 der protestantische Reformator John Knox21. Auch Jean Bodin argumentierte in »Les six livres de la République« (1576) ausdrücklich gegen Frauen in herrschenden Positionen22. Der Ausschluss von Herrschaftsfunktionen kannte indessen Ausnahmen bei der adeligen Frau: Unter bestimmten Voraussetzungen konnte sie an Positionen gelangen, in denen es ihr auf legitime Weise möglich war, herrschaftliche Macht auszuüben23. Dies war bei der Königin24 und der Regentin der Fall. Die Regentinnenherrschaft, mit der weit reichende Möglichkeiten verbunden waren, trat zwar im 18. Jahrhundert in Frankreich, anders als im Heiligen Römischen Reich, nicht mehr auf25. Möglichkeiten zur Teilhabe an Herrschaft boten sich adeligen Frauen aber auch in geistlichen Institutionen und Herrschaftsgebieten als Oberinnen von Abteien und Damenstiften26 und bei der Ausübung von Hofämtern. Abgesehen von diesen Ausnahmen waren Frauen jedoch formal während der gesamten Frühen Neuzeit von der Ausübung öfdes weiblichen Ich, hrsg. v. Gabriele Klein / Katharina Liebsch, Frankfurt a. M. 1997, 100–128, hier 125 und Wunder, Heide, »Er ist die Sonn, sie ist der Mond.« Frauen in der Frühen Neuzeit, München 1992, 204–215 (Kapitel IX: Weiberregiment). 21 John Knox (* um 1514, † 1572) war ein schottischer Reformator. »To promote a woman to bear rule, superioritiy, dominion, or empire above any realm, nation, or city is repugnant to nature, contumely to God, a thing most contrarious to His revealed will and approved ordinance, and finally it is the subversion of good order, of all equity and justice.« Regierende Frauen, so Knox weiter, kämen Monstern gleich: »a woman promoted to sit in the seat of God, that is, to teach, to judge, or to reign above man, is a monster in nature, contumely to God, and a thing most repugnant to his will and ordinance.« Siehe Knox, John, The First Blast of the Trumpet Against the Monstrous Regiment of Women, Genf 1558, Nachdruck: London 1878, Zitate 11 und 18. Aus dem Titel dieser Abhandlung erklärt sich der Titel von Jansen, The Monstrous Regiment of Women. 22 Zu Bodins Sichtweise auf herrschende Frauen siehe Opitz, Claudia, Das Universum des Jean Bodin. Staatsbildung, Macht und Geschlecht im 16. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 2006. 23 Siehe Keller, Katrin, Frauen in der höfischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts: Amtsinhabe und Netzwerke am Wiener Hof, in: Zeitenblicke 4 (2005), Nr. 3, [31.12.2005], http://www.zeitenblicke.de/2005/3/Keller/index_html (19.9.2009), hier 1. Wunder, Heide, Herrschaft und öffentliches Handeln von Frauen in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hrsg. v. Ute Gerhard, München 1997, 27–54, hier 28, konstatiert, dass die Frauengeschichte sich zunächst auf die Geschichte der »vielen Frauen« konzentriert habe und die Herrschaftsrollen adliger Frauen nicht zur Kenntnis genommen habe. 24 Auf die Position der Königin wird an späterer Stelle gesondert einzugehen sein. 25 Siehe Puppel, Pauline, Die Regentin. Vormundschaftliche Herrschaft in Hessen 1500– 1700, Frankfurt a. M. 2004. 26 Siehe Wunder, Herrschaft, 38 ff. (3. Geistliche Herrschaft).

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fentlicher Ämter ausgeschlossen. Sie konnten weder in der königlichen Verwaltung oder Justiz noch in den Provinzial- oder Generalständen oder in den Räten der Städte Ämter bekleiden27. Brigitte Streich hat darauf hingewiesen, dass bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts die ortsfeste Herrschaft als Weiterentwicklung der mittelalterlichen Reiseherrschaft und das zur gleichen Zeit entstehende separate »Frauenzimmer« die Frau bei Hofe aus dem Zentrum der Macht vertrieben habe28. Dass Frauen in der Regel keine Regierungsämter bekleiden konnten, bedeutete nicht, dass sie von politischen Funktionen ausgeschlossen waren. Ihre Teilhabe an der politischen Sphäre einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft war bisweilen nur schwer zu erkennen29 – schon allein weil am Hof der Frühen Neuzeit gemäß der gesellschaftlichen Geschlechterhierarchie eine »sichtbare Unterordnung des weiblichen unter das männliche Geschlecht« anhand des Zeremoniells zu beobachten war30. Frauen boten sich jedoch Handlungsspielräume jenseits der durch rechtliche Normen geregelten Systeme31. Diese Handlungsspielräume sind der älteren Forschung entgangen, weil sie ihren Blick nur auf Institutionen gerichtet hat, in denen Frauen in der Tat nicht vertreten waren32. Sie hat deshalb übersehen, dass Frauen auf anderem Wege sehr wohl Einfluss nehmen konnten, denn Ämter und Funktionen wa27 Siehe Godineau, Dominique, Les femmes dans la société française. 16e–18e siècle, Paris 2003, 82. Grundlegend für die Geschichte der Geschlechterbeziehungen in der Frühen Neuzeit sind außerdem: Wiesner, Merry E., Women and Gender in Early Modern Europe, Cambridge 1993 und Wunder, Er ist die Sonn. 28 Siehe Streich, Brigitte, Frauenhof und Frauenzimmer, in: Das Frauenzimmer. Die Frau bei Hofe in Spätmittelalter und früher Neuzeit, hrsg. v. Jan Hirschbiegel / Werner Paravicini (Residenzenforschung, 11), Stuttgart 2000, 247–262, hier 248: »Mit dem ›Frauenzimmer‹ nämlich, das […] zu ebendem Zeitpunkt [i.e. um 1470] in den Quellen auftaucht, als die Reiseherrschaft endet, ändert sich auch für die Frauen das Leben bei Hofe; an die Stelle einer relativen Freiheit und Autonomie trat eine stärkere Beschränkung auf den Raum.« 29 Siehe Kettering, Sharon, The Patronage Power of Early Modern French Noblemwomen, in: The Historical Journal 32 (1989), 817–841, hier 817. 30 Schraut, Sylvia, Frauen an den Höfen der Neuzeit. Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten, in: Frauen bei Hof, hrsg. v. Otto Borst (Stuttgarter Symposium. Schriftenreihe, 6), Tübingen / Freiburg 1998, 9–28, hier 15. Die höfische Gesellschaft gilt als Variante des »Ganzen Hauses«, wie es von Otto Brunner beschrieben worden ist, insofern als der patriarchalischen Herrschaft eine Geschlechterasymmetrie immanent ist. Siehe Oßwald-Bargende, Im Netz, 108. 31 Siehe Davis, Natalie Zemon, Frauen und Gesellschaft am Beginn der Neuzeit. Studien über Familie, Religion und die Wandlungsfähigkeit des sozialen Körpers. Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Kaiser, Berlin 1986, 120 f. 32 Siehe Wunder, Er ist die Sonn, 262.

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ren in der Frühen Neuzeit noch nicht zwingend miteinander verbunden: Vielfach übernahm der Amtsträger in Form seines Amtes keine Funktionen, sondern nur einen Titel. Was er aus dem Amt und seinen Möglichkeiten machte, lag an ihm selbst. Ebenso wenig war die Ausübung politischer Funktionen an die Wahrnehmung eines Amtes gebunden. Und so waren zwar Frauen von der Amtsinhabe weitestgehend ausgeschlossen – Einfluss nehmen konnten sie aber dennoch: »Politisch aktive und einflussreiche Frauen gehören ganz selbstverständlich zur höfischen Gesellschaft«33. Um ihr Wirken beschreiben zu können, bedient man sich in der Historiographie begrifflicher Hilfskonstrukte aus Nachbardisziplinen wie beispielsweise der Konzepte der Formalität beziehungsweise Informalität, die zunächst in der Organisationssoziologie Verwendung fanden34. Dieses Begriffspaar, das maßgeblich von Niklas Luhmann geprägt worden ist35, kann helfen, die Herrschaftsausübung von Frauen in vormodernen Strukturen zu analysieren. Als formal lässt sich Machtausübung dann charakterisieren, wenn sie auf rechtlichen Befugnissen beruht und sich im Rahmen festgelegter Strukturen vollzieht. Die sie konstituierenden Handlungen sind »wieder erkennbar und reproduzierbar« und gewährleisten auf diese Weise »Verhaltenssicherheit«36. Im Gegensatz dazu bezeichnet Informalität allgemein »das Durchführen einer 33 Taeger, Angela, »Das weibliche Veto« und das Ende absolutistischer Herrschaft in Frankreich. Oder: Was verbindet Marie Antoinette mit Messalina, Brunhilde, Fredegunde und Katharina? in: Frühe Neuzeit. Festschrift für Ernst Hinrichs, hrsg. v. KarlHeinz Ziessow (Studien zur Regionalgeschichte, 17), Bielefeld 2004, 323–338, hier 332. 34 Das Begriffspaar »formal-informell« ist dem Paar »formell-informell« vorzuziehen, da »formell« im Deutschen einen negativ wertenden Beiklang hat. Der Duden umschreibt »formell« als »förmlich, die Formen beachtend«, aber auch als »äußerlich.« »Formal« hingegen steht für »auf die Form bezüglich, nur der Form nach« und ist damit weniger wertend. Siehe Duden, Die deutsche Rechtschreibung, Mannheim 232004, 385, Stichwort »formal« beziehungsweise »formell.« Zur Analysekategorie »formal/informell« und ihrer Anwendung auf die höfische Gesellschaft des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit siehe Butz, Reinhard / Hirschbiegel, Jan (Hrsg.), Informelle Strukturen bei Hof. Dresdener Gespräche III zur Theorie des Hofes (Vita Curialis, 2), Münster 2009. In diesem Band: Dade, Eva K., »Schneller als auf den herkömmlichen und regulären Wegen?« Informalität am Hof Ludwigs XV., 133–147. 35 Grundlegend das Werk von Luhmann, Niklas, Funktionen und Folgen formaler Organisation, Berlin 51994, insbesondere 73 ff. (6. Kapitel: Formalisierung und Systemdifferenzierung), 123 ff. (9. Kapitel: Formalisierung von Einfluss) und 283 ff. (20. Kapitel: Trennung formaler und informaler Rollen). 36 Bauer, Volker, Informalität als Problem der frühneuzeitlichen Geschichte. Überlegungen vornehmlich anhand der deutschsprachigen Hofforschung, in: Butz / Hirschbiegel, Informelle Strukturen bei Hof, 41–56.

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Aktivität außerhalb, unterhalb oder neben bestehenden Vorschriften, Verhaltensweisen, Traditionen, kulturellen Übungen oder etwa Sicherheiten«37. Da in der Frühen Neuzeit die Einflussnahme von Frauen auf öffentliche Belange außer in den oben genannten Fällen nur außerhalb formaler Strukturen möglich war, ließe sie sich somit in nahezu allen anderen Fällen der informellen Sphäre zuschreiben38. Die Gegenüberstellung von einerseits formalen und andererseits informellen Handlungsweisen und Handlungsspielräumen, auf die Frauen aufgrund ihres Ausschlusses von der formalen Einflussnahme angewiesen waren, ähnelt der Dichotomie von »öffentlich« und »privat« – ein Bild, das die Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts etabliert und verfestigt hat. Die Frauen glaubte man als Teil der privaten Sphäre fassen zu können39; der »männlich codierte[n] Öffentlichkeit« stellte man eine »weiblich markierte Privatsphäre« gegenüber40. Seit den Arbeiten von Jürgen Habermas gilt die Trennung von Gesellschaften in eine öffentliche und eine private Sphäre als »wesentliches Charakteristikum bürgerlicher Gesellschaften«41. Die Theorie der Sphärentrennung zwischen einer öffentlichen, formal strukturierten Sphäre einerseits und einer privaten, informellen Sphäre ist jedoch in die Kritik geraten – vor allem wegen ihrer Verortung der Frau innerhalb dieses Systems42. Das Modell sei beschränkt, so Heide Wunder, denn es charakterisiere die Sphäre der Frau allein durch die »Verneinung« des Öffentlichen43. Auch Karin Hausen hält es für »völlig untauglich […], um die in historischen Gesellschaften höchst 37 Butz, Reinhardt / Hirschbiegel, Jan, Vorwort, in: dies., Informelle Strukturen bei Hof, VII–IX, hier VII. 38 Hierzu und zu den folgenden Ausführungen siehe Wunder, Herrschaft, 28 ff. 39 Siehe Habermas, Strukturwandel. Aus geschlechtergeschichtlicher Sicht kritisch dazu Hausen, Karin, Überlegungen zum geschlechtsspezifischen Strukturwandel der Öffentlichkeit, in: Differenz und Gleichheit. Menschenrechte haben (k)ein Geschlecht, hrsg. v. Ute Gerhard u. a., Frankfurt a. M. 1990, 268–282. 40 Opitz, Claudia, Aufklärung der Geschlechter, Revolution der Geschlechterordnung: Studien zur Politik- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts, Münster 2002, 17. 41 Weckel, Ulrike / Opitz, Claudia, Einleitung, in: Ordnung, Politik und Geselligkeit der Geschlechter im 18. Jahrhundert, hrsg. v. Ulrike Weckel, Göttingen 1998, 8–21, hier 13. 42 Zur kritischen Auseinandersetzung der Geschichtswissenschaft mit dem Begriffspaar »öffentlich-privat« siehe die Angaben bei Wunder, Herrschaft, 29, Anm. 8. 43 Siehe ebd., 29. – Ute Gerhard bezeichnet die Trennung zwischen Öffentlichem und Privatem sogar als den »Hauptkritikpunkt feministischer Gesellschaftstheorie.« Siehe Gerhard, Ute, Grenzziehungen und Überschreitungen. Die Rechte der Frauen auf dem Weg in die politische Öffentlichkeit, in: Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hrsg. v. ders., München 1997, 509–564, hier 509 und 510.

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unterschiedlich ausgebildeten sozialen Beziehungen zwischen den Geschlechtern angemessen wahrzunehmen, zu beschreiben und zu analysieren«44. Beide stimmen darin überein, dass diese Trennung, die einem Bedürfnis des 19. Jahrhunderts nach »normativer Fixierung des Geschlechterverhältnisses«45 entsprochen habe, bis ins 20. Jahrhundert hinein in der Praxis zum Ausschluss der Frauen von der Sphäre des Politischen geführt habe46. In der höfischen Gesellschaft war es gerade die enge Verflechtung beider Sphären, die die Einflussnahme von Frauen begünstigte47. Trotz aller Unzulänglichkeiten und Vereinfachungen, die sich ergeben, wenn man das Bild einer Zweigliederung auf die Gesellschaft der Frühen Neuzeit überträgt und das Handeln von Frauen einer der beiden Sphären zuzuordnen sucht, soll die Analysekategorie »formal-informell« zunächst beibehalten werden. Das Begriffspaar hat zum einen den Vorteil, dass es zwar zwei Extremausprägungen bezeichnet, dass sich aber mit seiner Hilfe graduelle Abstufungen zwischen beiden Extremen widerspiegeln lassen. Zum anderen finden sich – wie im weiteren Verlauf der Arbeit zu zeigen sein wird – Entsprechungen einer solchen Sphärenteilung bereits in zeitgenössischen Quellen. Sie können helfen, das Handeln von Frauen als Akteurinnen im öffentlichen Raum zu beschreiben48. Die Professionalisierung und Ausdifferenzierung des Behördenwesens vor allem im 18. Jahrhundert hatte für Frauen andere Folgen als für Männer. Die Einflussmöglichkeiten von Frauen wurden mit der Herausbildung staatlicher Strukturen, die mit der Festlegung von genauen Zuständigkeitsbereichen einherging, beschnitten49. Informell agierende Akteurinnen und Akteure gerieten mit der Zunahme an Staatlichkeit zunehmend in die Kritik. Immer deutlicher 44 Hausen, Karin, Öffentlichkeit und Privatheit. Gesellschaftspolitische Konstruktionen und die Geschichte der Geschlechterbeziehungen, in: Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte, hrsg. v. ders. / Heide Wunder (Geschichte und Geschlechter, 1), Frankfurt / New York 1992, 81–88, hier 85. 45 Hausen, Öffentlichkeit und Privatheit, 85. 46 Wunder, Herrschaft, 29, plädiert angesichts dessen dafür, das Modell zu überwinden, um »ein neueres, angemesseneres Verständnis für den Zusammenhang der Ordnung der Geschlechter mit gesellschaftlicher Machtverteilung in der Frühen Neuzeit […] zu gewinnen.« 47 Siehe Weckel / Opitz, Einleitung, 14 f. Siehe Chapman, Sara, Patronage as Family Economy. The Role of Women in the Patron-Client-Network of the Phélypeaux de Pontchartrain Family, 1670–1715, in: French Historical Studies 24 (2001), 11–35, hier 12 f. 48 Siehe dazu in der vorliegenden Arbeit 228–274 (III. Die Mätresse: Ausdruck einer politischen Kultur?). 49 Zur Bedeutung der Französischen Revolution, die diese Entwicklung beförderte und abschloss, siehe ausführlich Landes, Joan B., Women and the Public Sphere in the Age

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wurde im Lauf der Zeit die Selbstverständlichkeit sozialer Normen und Logiken, auf denen auch Patronage basierte, in Frage gestellt. Als sich im späten 17. und im 18. Jahrhundert ein autonomer Bereich des Politischen herauszubilden begann, wurden sichtbare Elemente personaler Herrschaft zunehmend als dysfunktional qualifiziert – dazu zählten insbesondere die Frauen bei Hofe, die über ihre Nähe zum Herrscher Einfluss nehmen konnten. Die informellen Einflussmöglichkeiten wurden geringer und mit ihnen die Handlungsoptionen dieser Frauen: »Die Modernisierung des Staates vollzog sich über seine Vermännlichung«, umschreibt Dominique Godineau diese Entwicklung treffend50. Von Seiten der Aufklärer und Revolutionäre wurde die Monarchie des Ancien Régime mit den Handlungsspielräumen, die sich in ihr den Frauen boten, als »weibisch« konnotiert51: Anders als in republikanischen Regierungsformen, die auf den Verstand der Männer gründeten, so hielt Charles de Secondat, baron de Montesquieu, 1748 in seinem Hauptwerk »De l’esprit des lois« fest, eröffnete die Monarchie den Frauen Möglichkeiten, auf indirektem Wege und mit Hilfe ihrer »Reize und Leidenschaften« Einfluss auf politische Vorgänge zu nehmen52. Den Niedergang der französischen Monarchie schrieben die Autoren der Aufklärung dementsprechend vielfach den Frauen zu: Er sei auf die königlichen Mätressen, die Salonnières und Marie-Antoinette zurückzuführen. Angebliche sexuelle Ausschweifungen am Hof dienten als Symbol der politischen Korruption und waren in der Presse dieser Jahre allgegenwärtig53. Der Einfluss der Frauen auf die politische Sphäre wurde als Zeichen der Dekadenz interpretiert, und vor allem die Mätresse erscheint bis heute als einer der »Todesengel des Ancien Régime«54. Bereits lange vor den Umbrüchen gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren die Mätressen beliebte Projektionsflächen gewesen, wenn es darum ging, Fehlentscheidungen des Königs umzudeuten:

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of the French Revolution, New York 1988. Siehe in der vorliegenden Arbeit 275–284 (Fazit und Ausblick). Godineau, Les femmes, 96. »[La] modernisation de l’État passe par sa masculinisation.« Siehe Opitz, Aufklärung, 54. Siehe auch Weckel / Opitz, Einleitung, 17. Siehe Montesquieu, Charles Louis de Secondat de, De l’esprit des lois, 2 Bde., Paris 1995, Buch VII, Kapitel IX: De la condition des femmes dans les divers gouvernements. Siehe Bock, Gisela, Frauen in der europäischen Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 2005, 57 und umfassender Thomas, Chantal, La Reine scélérate. Marie-Antoinette dans les pamphlets, Paris 1989. Widder, Ellen, Konkubinen und Bastarde. Günstlinge oder Außenseiter an Höfen des Spätmittelalters?, in: Der Fall des Günstlings. Hofparteien in Europa vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, hrsg. v. Jan Hirschbiegel / Werner Paravicini (Residenzenforschung, 17), Ostfildern 2004, 417–480, hier 419. – Widder verweist auf die Sichtweise der großen Pompadour-Ausstellung aus dem Jahr 2002.

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So wurde Madame de Pompadour als treibende Kraft nahezu aller Personalentscheidungen Ludwigs XV. gesehen. Sie diente als Sündenbock, gegen den sich in der Pariser Bevölkerung Unmut in Form von Spottschriften, Plakaten und anonymen Drohbriefen regte55. In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Frau in der höfischen Gesellschaft heute durchaus präsent: Filme und Ausstellungen, Biographien und Zeitschriftensonderbände beschäftigen sich mit Marie-Antoinette, Madame de Pompadour, den preußischen Königinnen – allen voran: Königin Luise – oder mit Blick auf die aktuelle bundesdeutsche Regierung ganz allgemein mit »Frauen und Macht«56. In der geschichtswissenschaftlichen Forschung zur höfischen Gesellschaft im Anschluss an Norbert Elias wurde die geschlechtergeschichtliche Perspektive zunächst jedoch weitgehend vernachlässigt, obwohl dazu bereits bei Elias einige interessante Überlegungen zu finden sind. So untersuchte Elias die Wohnverhältnisse am Hof als einen Indikator gesellschaftlicher Strukturen und konstatierte die Parallelität und Gleichrangigkeit der baulichen Einrichtung und damit der sozialen Verortung von Mann

55 Siehe Engels, Jens Ivo, Königsbilder. Sprechen, Singen und Schreiben über den französischen König in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts (Pariser Historische Studien, 52), Bonn 2000 (zugleich Freiburg, Univ., Diss., 1998). – Siehe zum angeblichen Einfluss Madame de Pompadours auf Personalentscheidungen beispielhaft die Äußerungen des kaiserlichen Gesandten Starhemberg im Anschluss an die Entlassung der beiden wichtigsten Minister, Argenon und Machault d’Arnouville, im Februar 1757: HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 59–60, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.2.1757. 56 Siehe DIE ZEIT Geschichte 4 (2006): »Die Frauen und die Macht. Herrscherinnen und Kämpferinnen – vom Mittelalter bis Merkel« und speziell zu Madame de Pompadour Rosenkranz, Stefanie, Die Mutter aller Luder, in: Stern Spezial Biographie 1 (2003), 92–98; die Buchneuerscheinungen der letzten Jahre mit Titeln wie »Die deutschen Kaiserinnen 1871–1918« und »Die preußischen Königinnen« (beide von Feuerstein-Praßer, Karin, Regensburg 1997 bzw. Zürich 2005), »Madame de Pompadour oder die Liebe an der Macht« (Schultz, Uwe, München 2004), der regelrechte Kult um die preußische Königin Luise und die großen Ausstellungen der letzten Jahre: Salmon, Xavier (Hrsg.), Madame de Pompadour und die Künste (Katalog anlässlich der Ausstellung »Madame de Pompadour – l’Art et l’Amour«, Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München 14.6.–15.9.2002), München 2002 und Rosenberg, Pierre (Hrsg.), Poussin, Lorrain, Watteau, Fragonard: Französische Meisterwerke des 17. und 18. Jahrhunderts aus deutschen Sammlungen (Katalog zur Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Paris 20.4.–31.7.2005, Bonn 17.2.–14.5.2006 etc.), Ostfildern 2005 – als offizielles Ausstellungsplakat dient hier ein Porträt Madame de Pompadours von Boucher – und die erfolgreiche Literaturverfilmung von Coppola, Sofia, Marie Antoinette, Spielfilm, Japan / Frankreich / USA 2006.

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und Frau57. Elias spricht von einem deutlichen Prestigegewinn der Frau in der höfischen Gesellschaft58 und bestätigt damit die schon in der zeitgenössischen Hofkritik der Aufklärung ausgeführte Annahme, dass die höfische Herrschaftsform der Frau mehr Handlungsspielräume geboten habe als Staats- und Herrschaftsformen, die auf der Wahrnehmung von Wahlämtern basierten. Indes geht Elias in seiner Betrachtung der Geschlechterbeziehungen implizit von einer Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre aus, was im Widerspruch zu seinen Erkenntnissen zur architektonischen Parallelität steht. Claudia Opitz59 hat daher angeregt, ausgehend von den Arbeiten Norbert Elias’ die dort angerissenen geschlechterspezifischen Aspekte auf einer soliden Quellengrundlage näher zu betrachten und zu fragen, in welcher Weise Geschlechtszugehörigkeiten und Rollenzuschreibungen das Handeln in der höfischen Gesellschaft mitbestimmten. Die Geschlechterordnung als »wesentliches Strukturierungsprinzip einer jeden Gesellschaft«60 könne helfen, Sachverhalte zu erklären, die sich durch andere Kategorien wie Geburtsstand oder Klasse nicht hinreichend erklären ließen61. 57 Elias, Norbert, Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie (Gesammelte Schriften Norbert Elias, 2), Frankfurt a. M. 2002 (1. Ausgabe Darmstadt und Neuwied 1969), 75–114 (III: Wohnstrukturen als Anzeiger gesellschaftlicher Strukturen). 58 Siehe ebd., 410: »Frauen als soziale Gruppe betrachtet haben am Hofe größere Macht als in irgendeiner anderen gesellschaftlichen Formation dieser Gesellschaft.« 59 Siehe Opitz, Claudia, Zwischen Macht und Liebe. Frauen und Geschlechterbeziehungen in Norbert Elias’ Höfischer Gesellschaft, in: Zivilisierung des weiblichen Ich, hrsg. v. Gabriele Klein / Katharina Liebsch, Frankfurt a. M. 1997, 77–99. 60 Weckel / Opitz, Einleitung, 9. – Schissler, Hanna, Einleitung: Soziale Ungleichheit und historisches Wissen. Der Beitrag der Geschlechtergeschichte, in: Geschlechterverhältnisse im historischen Wandel, hrsg. v. ders., Frankfurt a. M. 1993, 9–36, hier 13 f., spricht von der Geschlechtszugehörigkeit als einem »primären Aspekt sozialer Organisation.« 61 Siehe dazu Schraut, Frauen und Macht, 27. – Die Kategorie Geschlecht definiert Schissler, Soziale Ungleichheit, 14 f., als die »Art und Weise, in der die physiologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen jeweils zu Zuschreibungen, Berechtigungen und Ausschließungen in sozialen Organisationen geführt haben,« außerdem »alle jene Mechanismen, einschließlich der kulturellen Deutungen und Legitimationen von Herrschaft und Unterwerfung, die die Geschlechterunterschiede in Ungleichheiten der Geschlechterwelten umgewandelt haben« (Hervorhebungen im Originaltext). Die amerikanische Historikerin Joan Scott sieht das ähnlich: »Gender ist ein konstitutives Element von gesellschaftlichen Beziehungen und gründet auf vielfältig wahrgenommenen Unterschieden zwischen den Geschlechtern, und gender ist eine grundlegende Art und Weise, Machtbeziehungen zu bezeichnen.« Siehe Scott, Joan, Gender: eine nützliche Kategorie der historischen Analyse, in: Selbst Bewusst. Frauen in den USA, hrsg. v. Nancy Kaiser, Leipzig 1994, 27–57, hier 52 ff.

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In den vergangenen Jahren hat die geschlechtergeschichtliche Perspektive in der Hofforschung mehr Beachtung gefunden, und es sind Arbeiten zur Stellung der Frau bei Hof, speziell zur Königin62, zu Regentinnen63 und auch zum weiblichen Hofstaat64 entstanden. Außerdem liegen inzwischen einzelne Studien zur Rolle von Frauen in den Außenbeziehungen65 und zu den Familiennetzwerken französischer Aristokratinnen66 vor. Sie zeigen, wie aristokratische Frauen mithilfe familiärer Netzwerke und Patronage ihre Möglichkeiten zu Gunsten der Familieninteressen ausschöpften und mitunter beträchtliche Macht innehatten67. Auch die Mätressen sind vermehrt in den Mittelpunkt gerückt – und das nicht nur als Heldinnen anekdotenhafter Biographien, die ihre Rolle auf die der Geliebten des Königs reduzieren. 1980 beklagte die Literaturwissenschaftlerin Barbara Becker-Cantarino, dass keine wissenschaftliche Untersuchung zur Mätresse vorliege, weder als Institution noch anhand von Einzelfällen, was sie als Folge einer Vorstellung der Mätresse als einer »moralisch deklassierten« Frau in der »gefürchteten Rolle der Verführerin, der Eva«, deutete68. Ende der 1990er Jahre konstatierte Sybille Oßwald-Bargende, dass es noch immer an Wissen über die Mätresse mangele und der »Stand der Wissenschaft [auf diesem Gebiet, d. Verf.] mangelhaft« sei69. Noch 2002 konnte Sigrid Ruby feststellen, »dass die Geschichtswissenschaft […] sich bislang erstaunlich wenig mit der königlichen Mätresse und ihrer Bedeutung für die französische Hofkultur der Frühen Neuzeit beschäftigt« habe70. 62 Siehe Cosandey, Fanny, La reine de France. Symbole et pouvoir, XVe–XVIIIe siècle, Paris 2000; Jansen, The Monstrous Regiment of Women; Mears, Natalie, Queenship and Political Discourse in the Elizabethan Realms, Cambridge 2005 und Schulte, Regina (Hrsg.), Der Körper der Königin. Geschlecht und Herrschaft in der höfischen Welt seit 1500 (Campus Historische Studien, 31), Frankfurt a. M. 2002. 63 Siehe Puppel, Die Regentin und Crawford, Katherine, Perilous Performances. Gender and Regency in Early Modern France, Cambridge (Massachusetts) 2004. 64 Keller, Katrin, Hofdamen. Amtsträgerinnen im Wiener Hofstaat des 17. Jahrhunderts, Wien 2005 und Keller, Frauen. 65 Reinhardt, Nicole, Les relations internationales à travers les femmes au temps de Louis XIV, in: Revue d’Histoire diplomatique 8 (2003), 193–230. 66 Chapman, Patronage as Family Economy und Kettering, The Patronage Power. 67 Siehe mit dieser Erkenntnis auch Keller, Frauen und Keller, Hofdamen. 68 Becker-Cantarino, Barbara (Hrsg.), Die Frau von der Reformation zur Romantik. Die Situation der Frau vor dem Hintergrund der Literatur- und Sozialgeschichte, Bonn 1980, 256. 69 Siehe Oßwald-Bargende, Im Netz, 102. 70 Ruby, Sigrid, Abstract zum unten genannten Beitrag, einzusehen auf http://resikom. adw-goettingen.gwdg.de/neuburg/Abstract_Ruby.htm, 19.9.2009. Siehe ausführlicher auch Ruby, Sigrid, Die Mätresse als Günstling am französischen Hof des 16. Jahrhun-

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Zwar liegt noch immer keine umfassende Darstellung zur Geschichte der Mätresse vor; jedoch sind in den letzten Jahren zahlreiche Arbeiten erschienen, die sich mit einzelnen Mätressen befassen: Neben Mark Bryants unveröffentlicher Studie zu Madame de Maintenon, Mätresse Ludwigs XIV.71, ist hier an erster Stelle Andrea Weisbrod zu nennen72, die den Versuch unternimmt, die Position Madame de Pompadours innerhalb der höfischen Netzwerke von Einfluss und Macht aufzuzeigen, wobei sie sich allerdings fast ausschließlich auf die zeitgenössische Memoirenliteratur stützt, auf deren begrenzte Aussagekraft weiter unten noch einzugehen sein wird. Thomas Kaiser73 stellt die Frage nach dem Einfluss Madame de Pompadours auf politische Entscheidungen über ihr Engagement für das königliche Theater und bemängelt, dass man sich bei der prinzipiell zu begrüßenden vermehrten Beschäftigung mit der Mätresse Ludwigs XV. in der Regel zu sehr auf die biographische Faktensuche konzentriere und die Wahrnehmung ihrer politischen Macht von außen vernachlässige74. Sybille Oßwald-Bargende stellt neben die französischen Vorbilder den Fall einer Mätresse am württembergischen Hof75, Christina Wilhelmina von Grävenitz, die als »deutsche Pompadour«76 bekannt ist. Frank Göse beschreibt den Aufstieg und Fall der Gräfin von Cosel, der Mätresse des sächsischen Königs Augusts des Starken, als weiblichen Günstling77. Diese Arbeiten stellen Ausgangspunkte zur Klärung weiterer Aspekte dar. So soll die These von Andrea Weisbrod überprüft werden, wonach Ma-

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derts. Zur Portraitkultur von Anne de Pisseleu und Diane de Poitiers, in: Hirschbiegel / Paravicini, Der Fall des Günstlings, 495–513, hier 499. – Oßwald-Bargende, Im Netz, 103, Anm. 8, nennt Fellmann, Walter, Mätressen, Leipzig 1994 diesbezüglich zu Recht einen missglückten Versuch. Bryant, Mark, Françoise d’Aubigné, Marquise de Maintenon. Religion, Power and Politics. A Study in Circles of Influence during the Later Reign of Louis XIV, 1648–1715, unveröffentlicht 2001. Weisbrod, Andrea, Von Macht und Mythos der Pompadour. Die Mätressen im politischen Gefüge des französischen Absolutismus, Königstein im Taunus 2000. Kaiser, Thomas E., Madame de Pompadour and the theaters of power, in: French Historical Studies 19 (1996), 1025–1044. Siehe ebd., 1026. Oßwald-Bargende, Im Netz; dies., Die maîtresse. Eine umstrittene Karriere am Hof, in: Frauen bei Hof, hrsg. v. Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Verbindung mit der Landeshauptstadt Stuttgart durch Otto Borst (Stuttgarter Symposion Schriftenreihe, 6), Tübingen 1998, 111–124 und dies., Die Mätresse, der Fürst und die Macht. Christina Wilhelmina von Grävenitz und die höfische Gesellschaft, Frankfurt / New York 2000. Oßwald-Bargende, Im Netz, 104. Göse, Frank, Vom Aufstieg und Fall einer Favoritin, in: Kaiser / Pečar, Der zweite Mann im Staat, 101–120.

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dame de Pompadour als weibliche Ausprägung des Günstlingministers zu verstehen sei, das heißt als eine dem Herrscher besonders nahe stehende Vertrauensperson mit weitreichenden politischen Funktionen, aber ohne die formalen Befugnisse eines Staatssekretärs oder Ministers78. Solange sie in der Gunst des Herrschers stand, von der sie mangels eines eigenen Apparates in umso höherem Maße abhängig war, hätte Madame de Pompadour demnach einen entscheidenden Anteil an der Wahrnehmung beider Aufgaben gehabt, welche die neuere Forschung der Figur des Günstlingministers zuschreibt: an der Vermittlung zwischen Herrscher und Staatssekretariaten und an der Koordination des königlichen Patronagemanagements, das angesichts der angewachsenen Patronageressourcen der Krone zunehmend komplexer geworden war. Zwar schien mit der Ankündigung Ludwigs XIV. nach dem Tod des Kardinals Mazarin im Jahre 1661, die Alleinregierung zu übernehmen, die Zeit der Günstlingminister zu Ende gegangen zu sein79. Jedoch haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass der König die Funktionen des Günstlingministers an mehrere ausgewählte Vertrauenspersonen verteilte, anstatt sie selbst zu übernehmen. Eine der »Erbinnen« des früheren Günstlingministers am Hof Ludwigs XIV. war die Mätresse des Königs, Madame de Maintenon, die am Hof nicht nur als königliche Patronagemanagerin, sondern auch als Ansprechperson für die Gesandten fremder Höfe immer stärker in den Vordergrund rückte80. Ob Ähnliches in den späteren Jahren auch für Madame de Pompadour gegolten hat, soll überprüft werden. Dabei geht es in der vorliegenden Arbeit weder um eine Biographie der Madame de Pompadour, noch soll dem Desiderat einer Gesamtdarstellung zur »Institution« Mätresse entsprochen werden. Das Ziel ist es, über den Blickwinkel auf die Mätresse und ihre Funktionen die Charakteristika frühneuzeitlicher Herrschaftspraktiken und ihrer Außenbeziehungen zu präzisieren und um eine geschlechtsspezifische Komponente zu erweitern. Madame de Pompadour soll nicht als Einzelfall, sondern vielmehr als Kennzeichen der politischen Kultur der Frühen Neuzeit in einer Phase der zunehmenden Verstaatlichung und der dafür charakteristischen Parallelität von formalen und informellen Elementen verstanden werden. 78 Siehe Weisbrod, Macht und Mythos, 300: »Es hat sich im Verlauf der Arbeit als hilfreich erwiesen, die Mätresse als weiblichen Günstling, vergleichbar einem Minister, und damit als notwendigen Bestandteil absolutistischer Herrschaft zu betrachten.« 79 Siehe dazu in der vorliegenden Arbeit 53. 80 Siehe Horowski, Leonhard, Das Erbe des Favoriten. Minister, Mätressen und Günstlinge am Hof Ludwigs XIV., in: Hirschbiegel / Paravicini, Der Fall des Günstlings, 77–125.

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(I) Im ersten Teil der Arbeit steht die Position Madame de Pompadours am Hof im Mittelpunkt. Mit dem König, der Königin, der königlichen Familie und den Ministern werden die wichtigsten Personen und Personengruppen vorgestellt, denen gegenüber sich die Mätresse zu positionieren hatte. Vor allem Staatssekretäre und Minister stehen als Teil der aus dem Herrscherhaushalt ausgegliederten und zunehmend ausdifferenzierten Behörden zugleich stellvertretend für die formalen Elemente der Regierung Ludwigs XV. Welchen Platz nahm ihnen gegenüber Madame de Pompadour als informelle Akteurin ein? War sie wie der frühere Günstlingminister eine Vertrauensperson des Herrschers ohne formales Amt, aber dennoch ein nicht minder bedeutsames Strukturmerkmal der höfischen Gesellschaft? Weniger als um eine Neudarstellung der Verhältnisse am Hof Ludwigs XV. soll es in diesem Teil der Arbeit darum gehen, die Strukturen der offiziellen Amtsträger herauszustellen, vor deren Hintergrund das Agieren der Mätresse am Hof verständlich wird. (II) Der zweite Teil der Arbeit zeichnet die Beziehungen zwischen der Mätresse des Königs und einzelnen Diplomaten nach, um auf diesem Wege die Praxis frühneuzeitlicher Außenbeziehungen genauer zu beleuchten. Madame de Pompadour war für die auswärtigen Gesandten am Hof von großem Interesse: Als Vertraute des Königs diente sie den Diplomaten als Zugang zu ihm. Für die Mission der diplomatischen Vertreter war es entscheidend, dass sie an Informationen gelangten, und so bestand ihre erste Aufgabe darin, die Verhältnisse am fremden Hof genau zu beobachten und festzustellen, wer die Entscheidungsträger und die wichtigsten Kontaktpersonen waren. Dabei mussten sie genauestens die Regeln des Zeremoniells beachten, um ihre Erfolge nicht leichtfertig zu verspielen. Welchen Nutzen konnten sich alle Beteiligten – der König, die Mätresse und die Diplomaten – vom Kontakt zwischen Diplomaten und Mätresse versprechen? Bestand dieser Kontakt in Form einer langfristigen Beziehung, die kurzfristig aktivierbar war, wenn es galt, ein konkretes Anliegen umzusetzen, oder handelte es sich um adhoc-Verbindungen? Gab es alternative Ansprechpartner, über die man zum König gelangen konnte, oder reichte die Nutzung der amtlichen Kanäle – über den Außenminister – aus? Die Antworten lassen Rückschlüsse auf die Handlungsspielräume der Mätresse in den Außenbeziehungen zu und helfen, ihren Wirkungsbereich genauer zu umreißen: Beschränkte sie sich darauf, Zugangsmöglichkeiten zum König oder einflussreichen Personen in dessen Umgebung zu vermitteln – etwa den Staatssekretären –, oder war sie an den Entscheidungen selbst beteiligt, etwa weil mitunter Beratungen des Königs mit seinen Ministern in ihren Appartements im Schloss von Versailles stattfanden? Konnte sie inhaltliche Akzente setzen, oder war sie tatsächlich, wie

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Sven Externbrink schreibt, gut beraten, sich von »Detailfragen der Politik«81 fernzuhalten? Es soll zudem geklärt werden, welche Rolle die Tatsache spielte, dass es sich bei Madame de Pompadour um eine weibliche Akteurin handelte. Während Amtsträger per definitionem männlichen Geschlechts waren, spielte das Geschlecht im informellen Rahmen eine untergeordnete Rolle: Informell agieren konnten Frauen ebenso wie Männer. Hatten sie dennoch andere Möglichkeiten als Männer, und wenn ja: Wie sahen sie aus? Zeigen sich in der diplomatischen Praxis Vorgehensweisen oder Handlungsoptionen auf, die geschlechtsspezifisch waren? Konnten Frauen freier handeln, weil sie bestimmte Verhaltenweisen an den Tag legen konnten, die bei Männern nicht akzeptiert worden wären82? (III) Der dritte Teil der Darstellung geht zunächst von der Frage aus, wie die Mätresse selbst mit dem frühneuzeitlichen Verständnis von Geschlechterrollen und den daraus resultierenden Anforderungen an sie als Frau umging. Davon ausgehend soll gezeigt werden, in welcher Form die Einflussnahme der Marquise de Pompadour von Seiten der Amtsträger schriftlich dargestellt wurde und welche Erkenntnisse sich daraus zum Grad der Herausbildung bürokratischer Herrschaft und einer autonomen politischen Sphäre ergeben. Madame de Pompadour soll als Merkmal einer spezifischen politischen Kultur verstanden werden83. Dabei soll der Begriff der politischen Kultur nicht normativ verwendet, sondern im Sinne Birgit Emichs als »das Gefüge der Werte und Einstellungen, die das politische Handeln regulieren« 84, verstanden werden. Über die Untersuchung der Handlungsspielräume der Mätresse 81 Externbrink, Sven, Friedrich der Große, Maria Theresia und das Alte Reich. Deutschlandbild und Diplomatie Frankreichs im Siebenjährigen Krieg, Berlin 2006, 44. 82 So ließe sich erklären, weshalb es in Frankreich offensichtlich allgemein üblich war, sich der Mithilfe von Frauen zu bedienen, wenn man ein Anliegen hatte, wie der britische Botschaftssekretär Sir Joseph Yorke 1750 versicherte: »It is so much the fashion in this Country, to make use of the Ladies’ interest when you have anything to solicit, that your Ladyship must not be surprised, if I have adopted that practice in this instance […].« BL Add. Ms. 35355, f. 293, Yorke an Lady Hardwicke, Paris, 1./12.9.1750. 83 Zur kulturalistischen Heransgehensweise in der Forschung zur Frühen Neuzeit siehe Stollberg-Rilinger, Kulturgeschichte des Politischen. Siehe auch Mergel, Thomas, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für historische Sozialwissenschaft 28 (2002), 574–606. Einen sehr guten Überblick bietet Daniel, Ute, Kompendium Kulturgeschichte: Theorien, Praxis, Schlüsselwörter (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 1523), Frankfurt a. M. 42004. 84 Siehe Emich, Birgit, Frühneuzeitliche Staatsbildung und politische Kultur. Für die Veralltäglichung eines Konzepts, in: Stollberg-Rilinger, Kulturgeschichte des Politischen, 191–205, hier 196.

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und die schriftliche Darstellung dieser Handlungsspielräume soll der Blick eröffnet werden auf die Wertvorstellungen, die Strukturen, Institutionen und Individuen verbanden. Diese Werte, zu denen auch Rollenvorstellungen und Geschlechterstereotype zu zählen sind, lassen sich vor allem auf diskursiver Ebene fassen: Sie standen als Bezugspunkte hinter dem Handeln85. Sie regelten, wie über die Mätresse in diplomatischen Berichten geschrieben werden durfte und welche Aussagen zu diesem »bestimmten historischen Zeitpunkt« über Madame de Pompadour und ihre Mitwirkung in den Außenbeziehungen und ihr politisches Handeln getätigt werden konnten – sie legten fest, was »sagbar« war86. Wenn sich mit der Französischen Revolution die politische Kultur wandelte und die Verdrängung der Frauen aus der politischen Sphäre festgeschrieben wurde, lässt sich dann bereits Madame de Pompadour als ein »Überbleibsel« personaler Herrschaftselemente in einer zunehmend formalisierten Herrschaft sehen? Trat sie die Nachfolge des Günstlingministers zu einer Zeit an, da ein männlicher Günstlingminister wegen der an Personal und Herrschaftsanspruch wachsenden Verwaltungsorganisationen und sich wandelnder Wertvorstellungen nicht mehr ohne weiteres akzeptiert worden wäre? Diese Fragen sollen auf einer umfangreichen Quellengrundlage beantwortet werden. Dabei stellen die Selbstzeugnisse der Marquise de Pompadour bei weitem nicht die größte Gruppe dar: Von ihnen sind nur sehr wenige erhalten und zugänglich. Die Sammlung von authentischen Briefen der Pompadour, die 1878 von Malassis herausgegeben worden ist, umfasst insgesamt nur

85 Ebd. – Zugleich, so Emich weiter, erlaube dieses Verständnis von politischer Kultur die »analytische Verbindung von Mikro- und Makroebene«, über die wiederum vor allem auf dem Gebiet der Diplomatie, die durch die enge Verknüpfung beider Ebenen gekennzeichnet sei, auch eine »Mikrofundierung von Makroprozessen« möglich sei (Zitate 204 und 203). 86 Siehe Landwehr, Achim, Geschichte des Sagbaren. Einführung in die historische Diskursanalyse (Historische Einführungen 8), Tübingen 2001, 7. »Die historische Diskursanalyse geht von der Beobachtung aus, dass zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt nur eine begrenzte Menge von Aussagen zu einem bestimmten Thema gemacht werden kann, obwohl rein sprachlich gesehen eine unendliche Menge von möglichen Aussagen existiert. Es ist der Diskurs, der die Möglichkeiten von Aussagen zu einem bestimmten Gegenstand regelt, der das Sagbare und das Denkbare organisiert. Vor diesem Hintergrund will die historische Diskursanalyse die Regeln und Regelmäßigkeiten des Diskurses, seine Möglichkeiten zur Wirklichkeitskonstruktion, seine gesellschaftliche Verankerung und seine historischen Veränderungen zum Inhalt der Untersuchung machen.« Siehe auch 12 ff.

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90 Briefe87. Etwa 50 Briefe Madame de Pompadours an den Duc de Richelieu aus dem Bestand der Bibliothek der Pariser Sorbonne sind erst vor wenigen Jahren von Évelyne Lever als Anhang zu ihrer Pompadour-Biographie ediert worden88. Dazu kommen einzelne Briefe der Madame de Pompadour an Kaiserin Maria Theresia und den Grafen von Kaunitz, die im österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv lagern, sowie ihre Briefe an Christian IV., Herzog von Pfalz-Zweibrücken, die im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zugänglich sind. Wohl nicht zuletzt aufgrund dieses Mangels an Selbstzeugnissen der Mätresse diente und dient noch heute vielen biographischen Darstellungen eine Ausgabe von gefälschten Briefen Madame de Pompadours als Grundlage89. Ebenso sind die unter ihrem Namen kurze Zeit nach ihrem Tod veröffentlichten Lebenserinnerungen als Fälschung zu identifizieren90: Das Schreiben von Memoiren wurde im Frankreich der Frühen Neuzeit als männliches Privileg betrachtet. Es war nicht üblich, dass Frauen ihre Lebenserinnerungen notierten oder gar veröffentlichten, und auch Madame de Pompadour hat nichts Entsprechendes hinterlassen91. 87 Pompadour, Jeanne-Antoinette, marquise de, Correspondance de Madame de Pompadour avec son père, M. Poisson et son frère, M. de Vandières […], hrsg. v. Auguste PouletMalassis, Paris 1878. 88 Siehe Lever, Évelyne (Hrsg.), Lettres de la marquise de Pompadour au duc de Richelieu, in: dies., Madame de Pompadour, Paris 2003, 345–378. 89 Barbé-Marbois, François, Lettres de Madame la marquise de Pompadour, depuis 1746 jusqu’à 1762, London 1772 und ders., Lettres et Réponses écrites à Madame la Marquise de Pompadour, London 1772. – Zuletzt ist ein umfangreicher Band von Hans Pleschinski erschienen, der den Lebensweg der Pompadour beschreibt, sich dabei jedoch fast ausschließlich auf gefälschte Briefe stützt: Pleschinski, Hans (Hrsg.), »Ich werde niemals vergessen, Sie zärtlich zu lieben.« Madame de Pompadour, Briefe, München 1999. Andrea Weisbrod hat diesen Band rezensiert (und die Rezension mit sehr aufschlussreichen Ausführungen zur Praxis der Brieffälschungen im 18.  Jahrhundert und ihren Nachwirkungen bis ins 21. Jahrhundert versehen): Weisbrod, Andrea, Die pralle Schönheit der Fälschungen, in: Die Tageszeitung, Nr. 6135, 6.5.2000, 15. 90 Siehe Pompadour, Jeanne-Antoinette de, Mémoires de Madame la Marquise de Pompadour: où l’on découvre les motifs des guerres et traités de paix, les ambassades, les négociations dans les différentes cours de l’Europe, 2 Bde., Liège 1766. – Zu den Arbeiten des Fälschers Soulavie siehe Richelieu, Louis-François-Armand de Vignerot du Plessis, Mémoires authentiques du maréchal de Richelieu (1725–1757), hrsg. v. Arthur André Gabriel Michel de Boislisle, Paris 1918. – Darnton, Robert, The forbidden best-sellers of pre-revolutionary France, New York / London 1996, hat gezeigt, dass die gefälschten Memoiren subversiv massive Hofkritik transportierten und daher häufig von der Zensur verboten wurden, weil sie dem Ansehen der Monarchie zu schaden drohten. 91 Siehe Goldsmith, Elizabeth C., Publishing women’s life stories in France, 1647–1720. From voice to print, Aldershot 2001, 1 f. (Introduction). Siehe auch Goodman, Katherine R., Weibliche Autobiographien, in: Frauen Literatur Geschichte. Schreibende Frauen

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Ältere wie neuere Studien zu den Mätressen basieren noch immer in erster Linie, häufig sogar ausschließlich, auf der Memoirenliteratur vom Hof Ludwigs XV. Auch die vorliegende Darstellung verzichtet nicht auf die Memoirenliteratur: Sie dient ihr aber nur als Ausgangspunkt. Dazu zählen die sehr präzisen, in sachlichem Stil verfassten Aufzeichnungen des Duc de Luynes92 aus den Jahren zwischen 1735 und 1758. Luynes lebte am Hof, wo er selbst zwar kein Amt bekleidete, über seine zweite Frau, Hofdame bei der Königin, jedoch enge Kontakte zu Königin Maria Leszczynska unterhielt. Kritischer als Luynes äußerte sich René de Voyer de Paulmy, marquis d’Argenson, über Madame de Pompadour: Er war einer ihrer erbittertsten Gegner und machte in seinen Memoiren keinen Hehl aus seiner großen Abneigung93. Der Marquis d’Argenson war von 1744 bis zu seiner Disgrâce im Jahr 1747 selbst Außenminister, sein Bruder, Pierre Marc de Voyer de Paulmy, comte d’Argenson, war bis 1757 Kriegsminister und Mitglied des Conseil und wie der Marquis ein Gegenspieler der Marquise de Pompadour. Neben den Aufzeichnungen von Luynes und Argenson sind auch die Darstellungen der Höflinge aufschlussreich, die wie François Joachim, cardinal de Bernis94, und Étienne François, duc de Choiseul, der Marquise de Pompadour sehr nahe standen95. Bernis lernte die spätere Mätresse noch vor dem Beginn ihrer Beziehung zum König kennen, folgte ihr dann an den Hof und blieb ein enger Verbündeter der Marquise, bis diese sich mehr und mehr einem neuen Günstling, eben jenem Duc de Choiseul, zuwandte und 1758 die Verbannung des Kardinals betrieb. Im selben Jahr enden die Aufzeichnungen Bernis’. Choiseul gehörte seit 1753 zu den

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vom Mittelalter bis zur Gegenwart, hrsg. v. Hiltrud Gnüg / Renate Möhrmann, Stuttgart / Weimar 21999, 166–176. Luynes, Charles Philippe d’Albert de, Mémoires sur la cour de Louis XV, hrsg. v. Pascal Dumaih, bisher erschienen: 3 Bde., Clermont-Ferrand 2007–2008 und Luynes, Charles Philippe d’Albert de, Mémoires du duc de Luynes sur la cour de Louis XV (1735–1758), hrsg. v. Louis Dussieux / Eudoxe Soulié, 17 Bde., Paris 1860–1865. Es gibt eine neue Ausgabe seiner Memoiren, aus der im Folgenden hauptsächlich zitiert werden wird: Argenson, René Louis de Voyer d’, Journal du Marquis d’Argenson, hrsg. v. Laurent Sortais, 11 Bde., Clermont-Ferrand 2002–2006. – Daneben immer noch gebräuchlich: Argenson, René Louis de Voyer d’, Mémoires et Journal inédit, hrsg. v. Edmé Jacques Benoît Rathery, 9 Bde., Paris 1859–1867. Bernis, François Joachim de Pierre de, Mémoires et lettres de François Joachim de Pierre, Cardinal de Bernis, hrsg. v. Frédéric Masson, 2 Bde., Paris 1878. Zu Bernis siehe Desprat, Jean-Paul, Le cardinal de Bernis. La belle ambition (1715–1794), Paris 2000. Choiseul, Étienne-François de, Mémoires du Duc de Choiseul, hrsg. v. Jean-Pierre Guicciardi, Paris 1987.

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Vertrauten der Marquise96. Seine Memoiren schildern die Zeit bis zu seinem Rückzug vom Hof im Jahr 1770; die Authentizität der Aufzeichnungen ist jedoch nicht belegt97. Die Memoiren und Tagebücher sind in der Regel sehr informativ: Sie sind jeweils in kurzen Zeitabständen verfasst und umfassen einen langen Gesamtzeitraum. Sie sind zeitlich und räumlich sehr nah am Geschehen, die Autoren haben in der Regel genauen Einblick in die Vorgänge und Machtverhältnisse bei Hof und vermitteln nebenbei auch umfassende Informationen über ihre eigene Position, was die Einordnung ihrer Äußerungen erleichtert. Die Memoiren haben jedoch auch erhebliche Nachteile: Sie wurden in der Regel von Akteuren verfasst, die in höfische Machtkämpfe und Beziehungsnetze eingebunden waren und wie die Mätresse um die Gunst des Königs buhlten und ihr häufig unterlegen waren. Zu Recht mahnt Bernard Hours daher zu Vorsicht gegenüber der Sichtweise der Memoirenschreiber, die hauptverantwortlich sei für das negative Bild, das die Geschichtsschreibung von Ludwig XV. und seinem Hof zeichne, indem sie Intrigen und Ausschweifungen in den Mittelpunkt rücke98. Auch das geringe Ansehen der Marquise de Pompadour gründet wesentlich auf diesen Darstellungen, in denen sie in der Regel als ruhmsüchtige, anmaßende und schier allmächtige Person erscheint. Vieles spricht daher dafür, Gesandtenberichte als weitere Quellengattung zu Hilfe zu nehmen. Diese Briefwechsel diplomatischer Vertreter, die in den 1740er, 1750er und 1760er Jahren in Versailles tätig waren, bieten einen direkteren Zugang zur Praxis der Einflussnahme, weil ihre Verfasser weniger als die Memoirenautoren von dem Gedanken getragen waren, ihre eigene Position an dem für sie fremden Hof möglichst vorteilhaft darzustellen. Der Heimathof der Diplomaten musste daran interessiert sein, möglichst umfassend und wahrheitsgetreu über die Verhältnisse am französischen Hof informiert zu werden. Dazu gehörte auch die Beantwortung der Frage, wie weit der Wirkungsbereich der Mätresse ging und welcher Art ihr Einfluss auf den König und auf wichtige Entscheidungen war. Nichtsdestotrotz berichteten auch die Diplomaten bisweilen voreingenommen, denn ihre Schreiben mussten bestimmten Stilkriterien genügen und inhaltlichen Vorgaben und Erwartungen des Dienstherrn entsprechen, wie im weiteren Verlauf zu zeigen sein wird. Als Grundlage dienen dieser Darstellung die Korrespondenzen der Gesandten aus England, aus Brandenburg-Preußen und vom Wiener Hof, die 96 Zu Choiseul siehe Brierre, Annie, Le duc de Choiseul. La France sous Louis XV, Paris 1986. 97 Siehe Weisbrod, Macht und Mythos, 221 f. 98 Hours, Bernard, Louis XV et sa Cour. Le roi, l’étiquette et le courtisan, Paris 2002, 4 f.

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heute im Public Record Office in Kew und der britischen Nationalbibliothek in London, im Preußischen Geheimen Staatsarchiv Berlin und im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien zu finden sind. Sie sollen in einzelnen Kapiteln (II.2., 3., 4.) separat behandelt werden. Die Ergebnisse aus den ebenfalls zur Untersuchung herangezogenen Korrespondenzen der Gesandten aus Spanien, dem Herzogtum Pfalz-Zweibrücken und den Kurfürstentümern Bayern und Pfalz, die in den spanischen Staatsarchiven in Simancas und Madrid und im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München zugänglich sind, ergänzen die Ausführungen. Die genannten Mächte standen jeweils in sehr unterschiedlichem Verhältnis zur französischen Krone. Ihre diplomatischen Vertreter in Versailles genossen daher ein unterschiedlich großes Ansehen, das ihre Handlungsspielräume erweiterte oder beschränkte. Im Falle Habsburgs ist mit dem Renversement des alliances von 1756 sogar ein Umschwung in den Beziehungen innerhalb der hier relevanten Zeitspanne zu beobachten, an dessen Zustandekommen Madame de Pompadour entscheidenden Anteil gehabt hat. Dieser Bestand an Archivquellen wird ergänzt durch verschiedene kleinere Briefsammlungen und die Teile der diplomatischen Korrespondenz der verschiedenen Akteure, die ediert vorliegen99. Die Gesamtheit dieser Quellen erlaubt einen Einblick in die wichtigen Entscheidungsfindungsprozesse bei Hofe und im Zusammenspiel von Diplomaten und königlicher Verwaltung. Sie versprechen daher neue Einblicke und Erkenntnisse, die weiter führen als die bisherigen Darstellungen zur königlichen Mätresse, die auf der Grundlage der Memoirenliteratur verfasst wurden.

99 Dazu zählen der Abschlussbericht, den der kaiserliche Botschafter Graf von Kaunitz nach dem Ende seiner Zeit in Frankreich verfasste (Kaunitz, Mémoire), sowie KaunitzRietberg, Anton Wenzel / Koch, Ignaz de, Correspondance secrète entre le comte A. W. Kaunitz-Rietberg, ambassadeur impérial à Paris, et le baron Ignaz de Koch, secrétaire de l’impératrice Marie-Thérèse 1750–1752, hrsg. v. Hanns Schlitter, Paris 1899, aber beispielsweise auch die umfangreiche »Politische Correspondenz« Friedrichs II.: Friedrich II. von Preußen, Politische Correspondenz Friedrichs des Großen, 46 Bde., Berlin / Leipzig / Oldenburg 1879–1939.

I.  Die Mätresse am Hof 1.  Der König und die Königin 1.1  Ludwig XV.

Schüchternheit, Unentschlossenheit, Misstrauen, Melancholie und Angst vor Veränderungen bei gleichzeitiger innerer Rastlosigkeit – keine Charakterisierung Ludwigs XV. kommt ohne diese Zuschreibungen aus. Der österreichische Botschafter am Versailler Hof, Wenzel Anton Graf von Kaunitz, stellte den Eindruck des dauerhaften Gelangweilt-Seins, die innere Unruhe und die Furcht vor Einsamkeit als die zentralen Eigenschaften Ludwigs XV. heraus: Aus ihnen erkläre sich, so der Botschafter, nicht nur der Wunsch des Monarchen nach ständiger Zerstreuung und seine maßlose Leidenschaft für die Jagd, sondern auch das Bedürfnis nach wechselnden Geliebten1. In neueren Darstellungen wird die Persönlichkeit Ludwigs XV. stets vor dem Hintergrund der ungewöhnlichen Konstellation beleuchtet, in der der spätere König aufwuchs. In vielen Fällen werden diese Ausführungen mit zumeist spekulativen Kausalitäten hinsichtlich der Regierungspraxis Ludwigs XV. verknüpft. Dies soll hier nicht geschehen. Bei aller gebotenen Vorsicht ist die Betrachtung der spezifischen Erfahrungen des späteren Monarchen Ludwig XV. dennoch aufschlussreich. Ludwig XV. wuchs als Waise auf2. Er kam 1710 als Urenkel des regierenden Königs, Ludwigs XIV., zur Welt und war der zweite Sohn des Duc de Bourgogne3 und dessen Frau Marie-Adélaïde von Savoyen. Beide Eltern verstarben – ebenso wie sein älterer Bruder, der 1707 zur Welt gekommen war – 1712 innerhalb weniger Tage an den Pocken. Der spätere Ludwig XV., 1 Siehe Kaunitz, Mémoire, 447. »[I]l est impossible qu’il n’éprouve cet état de langueur, cette satiété qui suit les passions satisfaites, situation qui engendre bientôt l’ennui; c’est là l’ennemi le plus cruel qu’ait ce prince. Aussi tous les jours, des courtisans ne tendent qu’à l’en arracher. Lui-même ne redoute que la solitude. De là, ce vrai besoin de dissipations continuelles, de là cette passion immodérée pour la chasse, de là enfin cette nécessité d’avoir une maîtresse.« 2 Michel Antoine überschreibt daher das Kapitel seiner Biographie, das die ersten sieben Lebensjahre des Königs umfasst, mit den Worten »Sans famille« – ein Aspekt, der gemeinhin als prägend für die persönliche Entwicklung des Königs betrachtet wird. Siehe Antoine, Louis XV, 11–52, v. a. 17 f. 3 Duc de Bourgogne (* 1682, † 1712), Sohn des Dauphin und seiner Frau Marie Anne de Bavière, älterer Bruder des Duc d’Anjou und des Duc de Berry, seit 1697 verheiratet mit seiner Cousine Marie-Adélaïde von Savoyen.

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Die Mätresse am Hof

gerade zwei Jahre alt geworden, überlebte die Krankheit dank der Entschlossenheit seiner Gouvernante Madame de Ventadour4, die ihn der Obhut der Ärzte entzog und in den nächsten Jahren seine engste Bezugsperson wurde. Neben seinem Urgroßvater blieb der Junge als einziger Vertreter der königlichen Familie zurück5. Als drei Jahre später auch Ludwig XIV. starb, ging die Krone an Ludwig XV., und es begannen die Jahre der Régence, in denen Philippe, duc d’Orléans, an Stelle des minderjährigen Königs die Regierungsgeschäfte leitete6. Die Regentschaft entband den inzwischen Fünfjährigen nicht von allen Pflichten: In der theoretischen Vorstellung von der absoluten Monarchie war die königliche Würde und Autorität unmittelbar an die Person des Königs geknüpft und nicht übertragbar7. Der französische Monarch erschien als von Gott erwählter Herrscher, dessen Wille Ausdruck des göttlichen Willens und damit Gesetz war. Er stand an der Spitze der politischen und sozialen Hierarchie, und es gab Aufgaben, die seine persönliche Gegenwart und Partizipation erforderten. Dazu gehörte die Ausübung seiner herrscherlichen Prärogativen, vor allem der gesetzgebenden Funktion, ebenso wie das Entgegennehmen von Ehrerbietungen, die sich auf seine Person bezogen. Diese Aufgaben konnte der Regent nicht übernehmen, und so musste Ludwig XV., kaum dass er sprechen konnte, seinem »métier de roi«8 nachkommen: Er war zu offiziellen Anlässen anwesend, er empfing Abordnungen und unterzeichnete Heiratsverträge. 4 Zu Madame de Ventadour, der ehemaligen Erzieherin der Kinder Ludwigs XIV. und Madame de Montespans und Freundin der Madame de Maintenon, siehe Antoine, Louis XV, 21–23. 5 Der königlichen Familie können eventuell auch die illegitimen Kinder Ludwigs XIV. zugerechnet werden. Der König hatte aus seiner Zuneigung für sie zu keiner Zeit einen Hehl gemacht und sie 1649 im Rang über die Pairs de France erhoben. 1715 verlieh er ihnen die Eigenschaft von Princes du sang, nachdem er ihnen schon 1711 die dazu gehörenden Ehren zugesprochen hatte. – Zu Bastarden im Allgemeinen siehe zuletzt Widder, Konkubinen und Bastarde, 2004. Zu den Bastarden Ludwigs XV. siehe Antoine, Michel, Le dur métier de roi. Études sur la civilisation politique de la France d’Ancien Régime, Paris 1986, 239 ff. (Kapitel X: Les bâtards de Louis XV). 6 Zum Regierungswechsel von Ludwig XIV. zu Ludwig XV. und den damit verbundenen Fragen der Nachfolgeregelung siehe Antoine, Louis XV, 17–21 und 30–33. 7 Zu den theoretischen Grundlagen der absoluten Monarchie in Frankreich siehe Cosandey, Fanny / Descimon, Robert, L’absolutisme en France: histoire et historiographie (Points, Série histoire, 313), Paris 2002. Siehe auch Barbey, Jean, Monarchie, in: Dictionnaire de l’Ancien Régime, hrsg. v. Lucien Bély, Paris 22005, 846–849, und Cosandey, La reine, 262 ff. 8 Als solches bezeichnet es Ludwig XIV. Siehe dessen Abhandlung über die Aufgaben des Herrschers: »Réflexions sur le métier de Roi« (1679), in: Louis XIV, Mémoires, hrsg. v. Jean Longnon, Paris 1960, 245–249.

Der König und die Königin

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Im Pariser Parlement hielt er die zeremoniellen Lits de justice ab, bei denen er gesetzgeberische Entscheidungen verkündete und auf symbolische Weise deutlich machte, dass das Recht der Legislative unmittelbar an seine Person geknüpft war9. In Frankreich hatte im 16. Jahrhundert Jean Bodin in seinen »Six livres de la République« die theoretischen Grundlagen der absoluten Monarchie mit den zentralen Ideen der Souveränität und Staatsräson formuliert10. Im Laufe des 17. Jahrhunderts verfestigte sich die Vorstellung des Gottesgnadentums, das die Vorstellung der Sakralität des Herrschers implizierte. Die Sakralität des Königs beruhte auf der Mission, die er von Gott erhalten hatte, und äußerte sich vor allem in dessen Heilskraft: Die Heilung von Skrofeln-Kranken durch Handauflegung war Teil des Krönungsrituals des französischen Königs11. Als Inhaber der höchsten Gewalt (maiestas) verfügte er allein über alle Herrschaftsrechte wie Kriegsführung, Gesetzgebung, und Steuererhebung – für letzteres war er jedoch an die Zustimmung der Stände gebunden. Seine Aufgabe war die Wahrung und Vermehrung des öffentlichen Wohls. Zwar stand er kraft seiner Souveränität über den Gesetzen (princeps legibus solutus), jedoch blieb er an die Gebote der Religion, das Naturrecht und die Grundgesetze der Monarchie, die Lois fondamentales, gebunden. Zu den Grundgesetzen zählte vor allem das Salische Gesetz (lex salica), in dem Fragen zur Volljährigkeit des Königs und zur Regentschaft geklärt waren und das die männliche Erbfolge verbindlich festlegte12. Zugleich enthielten die Grundgesetze Bestimmungen zur religiösen Rolle des französischen Königs als Schutzherr der gallikanischen Kirche, der seit dem Ende des 15. Jahrhunderts den Titel des »roi très chrétien«, des »allerchristlichsten Königs«, trug. Die religiösen Verpflichtungen des Monarchen bargen im Falle Ludwigs  XV. großes Konfliktpotenzial, denn es gelang dem König nicht, seine Sexualität mit der Religion in Einklang zu bringen. Ludwig XV. zeigte sich zwar vorbildlich fromm, wie man es von ihm erwartete: Er hörte jeden Tag die Messe, befolgte strikt die Fastenregeln und duldete in seiner Gegenwart keine gotteslästerlichen Aussagen13. Jedoch stand dazu im Widerspruch, dass er sich 9 Siehe Bély, Dictionnaire de l’Ancien Régime, 746–748. 10 Bodin, Jean, Les six livres de la République, hrsg. v. Christiane Frémont, 6 Bde., Paris 1986 (Nachdr. der 10. Aufl. Lyon 1593). 11 Siehe Bloch, Marc, Les Rois thaumaturges. Etude sur le caractère surnaturel attribué à la puissance royale particulièrement en France et en Angleterre, Strasbourg 1924. – Zum Sakralitätskonzept kritisch siehe Engels, Königsbilder. 12 Siehe Cosandey, La reine, 19 ff. (Kapitel 1: La loi salique). 13 Zur Religiosität Ludwigs XV. siehe Antoine, Louis XV, 432–434. – Siehe auch Kaunitz, Mémoire, 443.

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Die Mätresse am Hof

über die Pflicht zur ehelichen Treue hinwegsetzte und seit 1733 außereheliche Beziehungen unterhielt. Besonders vor großen kirchlichen Festen wurde der Konflikt eklatant: Der König versank in Gewissensbissen und zog sich vom Hof zurück14. An den Feierlichkeiten konnte er nicht teilnehmen, da er dazu zunächst die Beichte hätte ablegen und die Eucharistie hätte empfangen müssen15. Beides kam für ihn wegen seines Lebenswandels nicht in Frage16. Auch diese Krisen bewirkten indes keine Änderung in seinem Verhalten: Bis zu seinem Lebensende blieb er den kirchlichen Dogmen ergeben, ebenso lange dauerte auch sein Zuwiderhandeln gegen die Ehe- und Sexualmoral der Kirche an, das er weder zu leugnen noch zu vertuschen suchte. 1.2  Maria Leszczynska und die Famille royale

Bei seiner Heirat am 5. September 1725 war Ludwig XV. 15 Jahre alt, seine Braut Maria Leszczynska sieben Jahre älter17. Am französischen Hof hatte man, da der junge König der einzige Vertreter seiner Familie war und man sich beständig um seine Gesundheit sorgte, auf seine frühzeitige Verheiratung gedrängt18. Die ursprünglich als Braut vorgesehene Tochter Philipps V. von Spanien, die seit 1721 in Frankreich lebte, schickte man im April 1725 zurück 14 Siehe unter anderem BL Add. Ms. 35355, f. 184, Yorke an Hardwicke, Paris, 19./30.1.1750: »The French King will past Lent at Trianon, in order to avoid the ceremonies of the Church, at some of which it is not permitted him to assist, […].« Siehe auch ebd., f. 198, Yorke an Hardwicke, Paris, 12./23.2.1750: »[…] at Easter it is the fashion for everybody to go to confession and after absolution to receive the sacrament, H[is] M[ost] C[hristian] M[ajesty] not chosing to part with his Mistress, but keeping her publicly, does not confess and consequently the priests will not admit him to the communion; this difficulty obliges him to go out of the way at that season. I did not think before I came into this country, that the priests had such a hold upon this absolute monarch, but I am convinced this very thing will one day or other make him a violent bigot.« 15 Siehe Kaunitz, Mémoire, 443: »C’est par respect pour les choses saintes qu’il s’abstient de faire ses Pâques.« Siehe auch Antoine, Louis XV, 486 f. 16 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 2, 71. »[I]l a mieux aimé s’abstenir des sacrements que de les profaner.« 17 Zu Maria Leszczynska (*  1703, †  1768) siehe Levron, Jacques, Madame Louis XV: l’épouse du bien-aimé, Paris 1987 und Bertière, Simone, Les reines de France au temps des Bourbons, 4 Bde., Paris 1996–2002, Bd. 3: La Reine et la favorite, Paris 2000. 18 Maßgeblich für die Eile und die Auswahl der Braut war der Duc de Bourbon, der beim Tod Ludwigs XV. ohne Nachkommen den Übergang der Krone an das Haus Orléans fürchtete. Siehe zu den Ereignissen um die Heirat: Antoine, Louis XV, 150–159 (Kapitel IV: Une Reine pour la France).

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nach Madrid, denn sie schien mit ihren sieben Jahren noch zu jung19. Die Suche nach einer Alternative führte zu Maria Leszczynska. Sie war die Tochter des entthronten Königs Stanislas Leszczynski von Polen, der im lothringischen Exil in Wissembourg lebte. Maria Leszczynska entsprach den Vorstellungen der königlichen Berater: Sie war gesund, im heiratsfähigen Alter und katholischer Konfession. Ihre Heirat mit Ludwig XV. machte sie zur Königin von Frankreich. Die Stellung der Königin in der französischen Monarchie der Frühen Neuzeit war ambivalent: Sie hatte Anteil an der königlichen Souveränität und war zugleich in allen Belangen dem Willen des Königs unterworfen20. Da das Salische Gesetz die weibliche Erbfolge ausschloss, konnte die Königin die Krone nicht durch Erbe, sondern ausschließlich durch Eheschließung mit dem König erwerben. Kraft dieser Eheschließung wurde die Königin eins mit dem Monarchen: Seine Souveränität ging auf sie über, als »königliche Person« hatte sie Anteil an der königlichen Würde. Dies befähigte oder legitimierte sie indes nicht dazu, die Macht auszuüben: Die Ausübung der Autorität blieb auch nach der Heirat dem König vorbehalten21. Die Begründung und den theoretischen Hintergrund hierzu lieferte wiederum die lex salica, die seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert in der Weise ausgelegt wurde, dass man Frauen eine naturgegebene physische und intellektuelle Unfähigkeit zu regieren bescheinigte22. Obwohl Frauen von der Erbfolge ausgeschlossen waren, konnten sie unter bestimmten Voraussetzungen doch auf legitime Weise Herrschaft ausüben: Verwitwete Königinnen konnten die Regentschaft für ihre minderjährigen Söhne und Thronerben übernehmen. Im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts kam es in drei Fällen dazu, bei Katharina von Medici (1560–1589), Maria von Medici

19 Marie Anne Victoire (* 1718, † 1781), Infantin von Spanien, in Frankreich genannt: l’Infante-Reine, lebte seit 1721 am Hof und wurde von Madame de Ventadour, der ehemaligen Gouvernante Ludwigs XV., erzogen. 20 Zur französischen Königin siehe Cosandey, La reine. Die folgenden Ausführungen beziehen sich vor allem auf 361 ff. (»L’effacement d’un modèle«). Zitat 361: »Souveraine et sujette… C’est de ce paradoxe que naît la reine moderne.« – Zur Situation in England, wo die weibliche Thronfolge möglich war, siehe aus jüngster Zeit Mears, Queenship. 21 Péronnet, Michel, Reines de France, in: Bély, Dictionnaire de l’Ancien Régime, 1074– 1077, hier 1074: »Elles [i.e. die Königinnen, d. Verf.] ne sont pas associées à l’autorité royale. […] Les reines partagent les honneurs mais pas le pouvoir.« In diesem Sinne äußerte sich auch Stanislas von Polen in den Weisungen, die er seiner Tochter mit auf den Weg nach Versailles gab: »N’essayez jamais […] de percer les secrets de l’État; l’autorité ne veut pas de compagne…« Zitiert nach Antoine, Louis XV, 459. 22 Cosandey, La reine, 31 f. und 363 (»l’incapacité naturelle des femmes à gouverner«).

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(1610–1631) und Anna von Österreich (1643–1661)23. Entgegen dem Diskurs von der generellen Unfähigkeit der Frau zur Herrschaftsausübung wurde von den Regentinnen neben einem möglichst rollenkonformen Auftreten und Verhalten auch eine effektive Regierung und siegreiche Kriegsführung erwartet. Sie waren damit erheblichen Angriffen von außen ausgesetzt, hatten aber auch weit reichende Möglichkeiten, politische Schwerpunkte zu setzen und ihre Handlungsspielräume individuell auszugestalten24. Wenn kein Fall einer Regentschaft vorlag, kam der Königin primär die Aufgabe zu, die königliche Souveränität nach außen zu repräsentieren. Während jedoch in den vorangegangenen Jahrhunderten eigens Zeremonien wie die Krönung oder die Beisetzung der Königin existiert hatten, in denen Rechte und Privilegien der Monarchengattin herausgestellt worden waren, um so der Größe der Krone sichtbaren Ausdruck zu verleihen, setzte sich mit dem 16. und 17. Jahrhundert die Vorstellung durch, dass keine getrennten Zeremonien für König und Königin vonnöten seien: Die Königin als integraler Bestandteil der Person des Königs konnte nicht mehr unabhängig vom König, sondern nur noch im Verbund mit ihm die Krone repräsentieren. Die Vorstellung einer Einheit von König und Königin hatte zur Folge, dass die Königin auch in der politiktheoretischen Literatur weniger häufig als zuvor Erwähnung fand: In rechtlichen und institutionellen Schriften wurde ihr Name nicht mehr einzeln genannt. Die Nennung des Königs beinhaltete die Königin25.

23 Diese drei weiblichen Regentschaften (sowie die vierte Regentschaft des Duc d’Orléans an Stelle des minderjährigen Ludwig XV.) und ihre Auswirkungen auf die Entwicklungen des modernen französischen Staates sind detailliert untersucht in der Studie von Crawford, Perilous Performances. Zur weiblichen Regentschaft an einem Beispiel aus dem Reich siehe Puppel, Die Regentin. Siehe auch die Sammelrezension von Pauline Puppel zu der oben genannten Studie von Katherine Crawford sowie Mears, Queenship: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-4-161, 16.9.2009. Zur Möglichkeit der Stellvertreterschaft beziehungsweise Statthalterschaft in deutschen Territorien siehe Wunder, Herrschaft, 47 f. 24 Siehe Crawford, Perilous Performances, 9. – Crawford, 200 ff., kommt zu dem Schluss, dass die Regentschaften die monarchische Herrschaft in Frankreich gestärkt hätten, weil sie sie zur abstrakten Institution gemacht hätten, die auch unabhängig vom Vorhandensein eines herrschaftsfähigen Königs habe bestehen können. Damit hätten die Phasen der Regentschaften letztlich den Prozess der Staatsbildung beschleunigt. 25 Siehe Cosandey, La reine, 371: »C’est lui, et lui seul, qui occupe le devant de la scène politique, au point que la reine disparaît même des écrits juridiques et institutionnels. Si parfaitement compromise dans la personne du roi, elle ne fait plus l’objet de commentaires particuliers, et la littérature politique inclut la souveraine dans les propos tenus sur le roi sans qu’il soit nécessaire de le préciser.«

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Neben der monarchischen Repräsentation hatte die Königin eine zweite Aufgabe: Sie bestand darin, Kinder zur Welt zu bringen und die Thronfolge zu sichern. Diese Aufgabe gewann in dem Maß an Bedeutung hinzu, wie die Souveränitätsrechte der Königin aus dem Blickfeld gerieten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde die Königin zunehmend auf ihre Mutterrolle reduziert26. Parallel dazu nahmen ihre zeremoniellen Pflichten ab, und man gestand der königlichen Gattin mehr Freiräume jenseits des Protokolls zu27, eine Entwicklung, die sich als »Privatisierung der weiblichen königlichen Person«28 charakterisieren lässt. Zwar erwartete man weiterhin, dass die Königin im Zentrum der Macht Präsenz demonstriere, zugleich jedoch forderte man mit größerem Nachdruck als zuvor, dass sie sich aus allen Belangen der Machtausübung heraushalte29. Die politische Einflussnahme der Königin, etwa über ihre Teilnahme an Sitzungen des Conseils, die noch im vorangegangenen Jahrhundert üblich gewesen war, wurde im 18. Jahrhundert undenkbar30. Obwohl mit ihrem Anteil an der königlichen Souveränität das symbolische Kapital der Königin im Wesentlichen unverändert blieb, wurde sie zur unpolitischen Figur31: »Der Status und die Rolle, die man der Königin zuschrieb«, unterlagen »einem progressiven Wertverlust«32. Diese Beobachtungen treffen auf Maria Leszczynska in besonderer Weise zu: Schon bei der Suche nach einer Frau für Ludwig XV. hatte im Mittel26 Siehe ebd., 372 f. 27 Beispielsweise sprach Ludwig XV. seiner Frau Maria Leszczynska Räumlichkeiten im Schloss von Versailles zu, die, anders als die Appartements de la Reine, in denen sie ihren protokollarischen Pflichten nachkam, nur für einen kleinen Kreis enger Vertrauter zugänglich waren. Auch Marie-Antoinette genoss im Petit Trianon Freiheiten vom Zeremoniell. 28 Cosandey, La reine, 381 (»la privatisation de la personne royale féminine«). 29 Ebd., 376: »[…] le système politique exige d’elles [i.e. von den Königinnen] une présence publique constante qui les place au cœur même de ce lieu de pouvoir qu’elles ne doivent pas approcher.« 30 Siehe ebd., 377. – Während Maria de Medici drei Jahre nach ihrer Heirat mit Heinrich IV. auf dessen Wunsch hin in den Ministerrat aufgenommen und dort mit der Regierungsarbeit vertraut gemacht worden war, verursachte die Anwesenheit MarieAntoinettes bei Comités ministériels großes Aufsehen. Die Vorstellung, dass sie auch am Conseil teilnehmen könne, schien undenkbar. Damit war der Endpunkt einer Entwicklung erreicht, die bereits zu Zeiten Maria Leszczynskas weit fortgeschritten war. 31 Ebd., 380: »De fait, la reine a, semble-t-il, perdu le potentiel politique dont elle bénéficiait jusque-là.« 32 Ebd.: »[E]lle [i.e. Marie-Antoinette] est aussi victime d’une dévalorisation progressive du statut et du rôle reconnu à la reine.« Siehe auch ebd., 382: »[A]u XVIe siècle, les cérémonies présentent une femme glorieuse dans son unicité, rayonnante de la majesté acquise à son mariage; au XVIIe siècle, la reine s’efface devant un monarque qui accapare toute l’attention, mais reste souveraine jusque dans la régence; au XVIIIe siècle, il ne reste qu’une épouse qui perd à la veille de la Révolution jusqu’au respect dû à son rang.«

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punkt der Gedanke gestanden, dass die potenzielle Ehefrau möglichst rasch und möglichst zahlreich Nachwuchs zur Welt bringen solle. Darüber hinaus hatte es zu dem Zeitpunkt, als Maria Leszczynska in Versailles erschien, schon seit 1683 (seit dem Tod von Marie-Thérèse, der Ehefrau Ludwigs XIV.) keine Monarchengattin mehr am Hof gegeben33. Die Monarchie hatte in den mehr als vierzig Jahren, die seither vergangen waren, ohne die Figur der Königin funktioniert, und es gab keine Leerstelle im System zu füllen. Nicht zuletzt trat man Maria Leszczynska, wie allen ihren Vorgängerinnen, mit grundsätzlichen Vorbehalten entgegen: Sie war die Vertreterin einer fremden Dynastie und konnte als Mutter eines Thronfolgers wie jede Königsgattin Interesse am Tod ihres Ehemannes haben, der den Weg frei machen würde für eine Regentschaft. Im Falle Maria Leszczynskas kam hinzu, dass man sie für nicht ganz standesgemäß hielt, weil sie keiner der großen europäischen Dynastien entstammte34. Die Aussichten, dass sie mit der Heirat in eine machtvolle Position aufrücken würde, standen dementsprechend nicht gut, und tatsächlich lässt sich ihre Königinnenschaft, so Fanny Cosandey, als Phase einer »gänzlichen Auslöschung«35 dieser Rolle charakterisieren. Maria Leszczynska zeigte keine Ambitionen, Einfluss auf die Regierung ihres Ehemannes zu nehmen, erfüllte aber ihre repräsentativen Pflichten und kam der ihr zugedachten Mutterrolle zur allgemeinen Zufriedenheit nach: Zwischen 1727 und 1737 brachte sie zwei Söhne und acht Töchter zur Welt36. Die Famille royale37 vergrößerte sich 33 Madame de Maintenon war nicht zur Königin Frankreichs geworden, weil Ludwig XIV. sie in einer heimlichen Zeremonie geheiratet hatte und die Souveränitätsrechte somit nicht auf sie übergegangen waren. 34 Siehe Antoine, Louis XV, 154 f. – Elisabeth Charlotte, princesse d’Orléans, genannt Mademoiselle de Chartres (* 1676, † 1744), die darauf gehofft hatte, eine ihrer Töchter mit Ludwig XV. verheiraten zu können, nannte Maria Leszczynska eine »mésalliance«: »J’avoue que pour le Roi, dont le sang était resté le seul pur en France, il est surprenant que l’on lui fasse faire une pareille mésalliance et épouser une simple demoiselle polonaise, car […] elle n’est pas davantage, et son père n’a été roi que vingt-quatre heures.« Zitiert nach: Scher-Zembitska, Lydia, Stanislas 1er. Un roi fantasque, Paris 1999, 80 f. 35 Cosandey, La reine, 372 (»effacement total«). 36 Die Kinder von Maria Leszczynska und Ludwig XV. waren die Zwillinge Marie Louise Elisabeth (genannt Madame Première) und Anne Henriette (genannt Madame Seconde), * 1727, Louise Marie (genannt Madame Troisième), * 1728, Louis, Dauphin de France, * 1729, der Duc d’Anjou, * 1730, Marie Adélaïde, * 1732, Marie Louise Thérèse Victoire, * 1733, Sophie Philippe Elisabeth Justine, * 1734, Marie Thérèse Félicité, * 1736, und Louise Marie (genannt Madame Dernière), * 1737. 37 Zur Famille royale zählten der König, seine Ehefrau sowie ihre unverheirateten Söhne und Töchter, die Fils et Filles de France. In der offiziellen Hierarchie folgten gleich danach die Princes du sang, das heißt alle männlichen legitimen Nachfahren Hugo Capets.

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nahezu im Jahresrhythmus, und der Fortbestand der Dynastie schien gesichert, zumal der tugendhafte Lebenswandel der Königin zu keinem Augenblick Zweifel an der rechtmäßigen Vaterschaft der königlichen Kinder aufkommen ließ. Interesse an politischen Fragen zeigte Maria Leszczynska nicht. Ebenso wenig nahm sie Anteil an hofinternen Vorgängen wie Parteien- und Faktionenbildung, an Intrigen oder Verschwörungen. Zwar wurde sie in späterer Zeit als Teil des Parti dévot (Partei der Frommen) wahrgenommen – einer Interessengruppe am Hof, die für die Wahrung der klerikalen Privilegien eintrat und als Opposition gegen den Kreis um Madame de Pompadour verstanden wurde38 –, jedoch war diese Annäherung ans politische Geschehen nicht das Ergebnis eines aktiven Engagements. Vielmehr war die eigentlich unpolitische und zurückhaltende Maria Leszczynska in diese Rolle gedrängt worden39. Sie führte am Hof ein sehr geruhsames Leben, in dem die Ausübung der Religion einen großen Raum einnahm40. Sie sprach fünf Sprachen, war sehr belesen und interessierte sich für Musik und Geschichte41. Das einzige Vergnügen, dem sie nachging, war das Cavagnole, ein Gesellschaftsspiel. Zu ihren täglichen Spieleabenden wurden auch die auswärtigen Diplomaten eingeladen. Kaunitz beispielsweise hatte allerdings erfahren, dass es ratsam sei, diese Einladung abzulehnen, da es »kaum etwas noch Tristeres« als diese Runden gebe42. Die Leidenschaft des Königs für die Jagd teilte Maria Leszczynska nicht. Ihre nahezu nahtlos aufeinander folgenden Schwangerschaften standen jeder sportlichen Betätigung ohnehin im Weg. 1737, nach zehn Jahren Ehe, kam das letzte gemeinsame Kind des königlichen Paares zur Welt, und etwa zur gleichen Zeit begannen die dauerhaften 38 Zum Parti dévot um die königliche Familie siehe aus jüngerer Zeit insbesondere Hours, Bernard, La vertu et le secret. Le dauphin, fils de Louis XV, Paris 2006. Siehe außerdem Marion, Marcel, Machault d’Arnouville. Étude sur l’histoire du contrôle générale des finances de 1749 à 1754, Paris 1891 (Nachdruck Genf 1978), insbesondere 308–329. 39 Siehe Antoine, Louis XV, 482 f. – Siehe auch Cosandey, La reine, 379, die schreibt: »Entraînée dans le tourbillon des passions, Marie Leszczynska n’a pas d’autre choix que de prendre position si elle ne veut pas se laisser entièrement manipuler. Poussée par le dauphin et par ses filles, la reine se trouve à la tête d’un parti qu’elle n’a pas cherché à créer et ne semble pas disposée à contrôler, mais auquel elle ne peut se soustraire.« 40 Siehe Kaunitz, Mémoire, 828 f. – Siehe auch Cosandey, La reine, 375. 41 Siehe Antoine, Louis XV, 155 f. 42 Kaunitz, Mémoire, 829: »Le seul plaisir auquel elle paraisse attachée est le cavagnol (sic). […] Il n’est pas possible de se figurer quelque chose de plus triste. […] Il y règne un silence morne, qui n’est interrompu que par les gémissements et les plaintes des perdants. Autour du cavagnol même, se trouve un cercle de tabourets occupés par les femmes qui viennent faire leur cour, qui n’y arrivent qu’avec la certitude de s’ennuyer et qui ne se parlent qu’à l’oreille par respect. […] On offre à y jouer à tous les étrangers d’un certain rang, qui sont instruits d’avoir à refuser.«

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außerehelichen Beziehungen Ludwigs XV. Bereits seit 1733 hatte sich Ludwig XV. in unregelmäßigen Abständen mit Madame de Mailly, einer der fünf Töchter des Marquis de Nesle, getroffen43. Von diesem Verhältnis hatten während der ersten Jahre nur Kardinal Fleury und Maria Leszczynska Kenntnis gehabt. Ab 1738 wurde die Beziehung zwischen Madame de Mailly und dem König enger und löste die zwischen den Eheleuten ab, wovon spätestens 1739 auch die übrige Hofgesellschaft erfuhr. Der Ehebruch war nicht mehr zu leugnen, als Ludwig XV. sich weigerte, zur Beichte zu gehen und die Eucharistie zu feiern44. Maria Leszczynska ertrug die eheliche Untreue ihres Mannes mit Haltung, so bezeugt es Graf von Kaunitz: Wenn sie miteinander sprächen, so täten sie dies unaufgeregt, sie gingen sich weder aus dem Weg noch suchten sie die Nähe des Anderen45. In den kommenden Jahren wurden auch die jüngeren Schwestern der Madame de Mailly zu Geliebten des Königs, zunächst – parallel zu Madame de Mailly – die Marquise de Vintimille, Dame du palais im Hofstaat der Dauphine. Sie brachte im Herbst 1741 einen Sohn zur Welt und verstarb wenige Tage später an den Folgen der Geburt. Der König reagierte auf diesen Todesfall mit großem Schmerz und Reue. Er überwand die Krise erst, als er ein Verhältnis mit der jüngsten, bereits verwitweten der Schwestern Nesle begann, der Marquise de La Tournelle. Madame de La Tournelle wurde zur Dame du palais der Königin und kurz darauf zur Duchesse de Châteauroux ernannt. Ihre ältere Schwester Madame de Mailly musste den Hof verlassen. Nach der lebensgefährlichen Krankheit des Königs während seines Feldzugs 1744 in Metz schien es, als kehre Ludwig XV. zur ehelichen Treue zurück. Jedoch nahm er, als er Ende des Jahres nach Versailles zurückkehrte, seine Beziehung mit Madame de Châteauroux wieder auf (die sich indes seit einiger Zeit die Zuneigung des Königs mit einer weiteren Schwester, der Duchesse de Lauraguais, teilen musste). Nachdem Madame de Châteauroux noch im selben Jahr verstorben war, trat zu Beginn des darauf folgenden Jahres, 1745, Madame Le Normant d’Étiolles an ihre Stelle, die spätere Marquise de Pompadour. 43 Zu biographischen Daten siehe Antoine, Louis XV, 487 f. 44 Siehe ebd., 485 ff. Im Frühjahr 1739 weigerte sich Ludwig XV., die Skrofeln-Heilung durchzuführen, die mit einer Beichte und dem Empfang der Kommunion verbunden gewesen wäre. Erst 1744 sollte er wieder beichten und zur Kommunion gehen. Die Skrofelnkranken berührte er nie wieder während seiner gesamten Regierungszeit, was letzten Endes zur Desakralisierung seiner Person und zur Schwächung der Monarchie beitrug. 45 Siehe Kaunitz, Mémoire, 828: »La Reine soutient sa disgrâce avec beaucoup de fermeté. […] Elle ne voit le Roi que devant tout le monde, et alors, c’est avec décence; il se parlent sans affectation, ne se cherchent ni s’évitent.«

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An der Beziehung Ludwigs XV. zu seinen Kindern hatte das faktische Ende seiner Ehe nichts geändert: Der König zeigte reges Interesse an ihnen und sparte nicht an Zuneigungsbekundungen. Der kaiserliche Botschafter beschrieb ihn 1752 als »den zärtlichsten Vater von allen«: Er verbringe einen. großen Teil des Tages im Kreise seiner Kinder, die ihm vertrauensvoll begegneten46. Die königliche Familie war seit den 1750er Jahren zahlenmäßig stärker, als sie es zuvor lange Zeit gewesen war. Von den zehn Kindern des königlichen Paares erreichten sieben das Erwachsenenalter, darunter der ältere Sohn, geboren 1729, der als Thronerbe den Titel Dauphin de Viennois, kurz: Dauphin, trug47. Sein jüngerer Bruder erhielt den Titel Duc d’Anjou (nach der ihm zugeteilten Apanage), verstarb aber, ebenso wie seine nächstältere Schwester, Louise Marie, bereits im Jahr 1733. Die jüngeren Töchter wurden einige Jahre lang im Kloster Fontevrault, achtzig Meilen von Versailles entfernt, erzogen. 1750 kehrten die Jüngsten zurück, und fortan lebten alle Töchter Ludwigs XV. am Hof in Versailles, wo sie zusammenfassend als »Mesdames« bezeichnet wurden. Bis auf die Älteste, Marie Louise Elisabeth48, blieben sie alle unverheiratet. Vor allem seit der Rückkehr der Jüngeren aus dem Kloster, die mit dem Übergang ins Erwachsenenalter zusammenfiel, und seitdem der Dauphin und Mesdames zunehmend als eigenständige Akteure wahrgenommen wurden, zählte man sie gemeinsam mit ihrer Mutter dem Parti dévot zu. Der Umgang mit den königlichen Kindern gestaltete sich für Madame de Pompadour schwierig: Sie demonstrierten große Solidarität mit ihrer Mutter Maria Leszczynska, jedoch standen sie vor allem nach 1750 auch ihrem Vater

46 Ebd., 443: »C’est le père le plus tendre. Une bonne partie de sa journée est passée au milieu de ses enfants, dont il fait les délices et qui lui donnent toute leur confiance.« Der britische Botschaftssekretär Sir Joseph Yorke schilderte denselben Eindruck: »He has the reputation of being one of the best of fathers, and he really seems to have a great affection for his children; […].« BL Add. Ms. 32821, f. 141, Yorke an Newcastle, Paris, 10./21.5.1750. 47 Der Dauphin wurde im Februar 1745 mit einer spanischen Infantin verheiratet, die schon im Juli des darauffolgenden Jahres, drei Tage nach der Geburt ihrer ersten Tochter, im Kindbett starb. Genau zwei Jahre nach der ersten Heirat schloss der Dauphin seine zweite Ehe, diesmal mit Maria Josepha von Sachsen. Maria Josepha brachte zwischen 1750 und 1764 drei Töchter und fünf Söhne zur Welt. 48 Die älteste Tochter Marie Louise Elisabeth (Madame Première, seit ihrer Heirat Madame Infante genannt) hatte Versailles im August 1739 verlassen, um in Madrid den Infanten Philipp, Sohn des spanischen Königs Philipps V. und zukünftigen Herzog von Parma (ab 1748), zu heiraten. 1748/49 (Dezember bis Oktober), 1752–1753 (September bis September) und 1757 (September) bis zu ihrem Tod im Dezember 1759 hielt sich Madame Infante mit ihren Kindern am Hof in Versailles auf.

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sehr nahe49. Ihre Verärgerung über dessen Lebensstil und seinen dauerhaften Ehebruch richtete sich daher nicht gegen ihn, sondern fand ihren Ausdruck in Anfeindungen gegen die Maîtresse en titre und ihr Umfeld. Der Dauphin, der wie seine Mutter für seine große Frömmigkeit bekannt war, und seine Schwestern lehnten die Mätresse ab und nutzten jede Gelegenheit, ihre Gegnerschaft zu ihr zu demonstrieren50. Sie titulierten Madame de Pompadour als »maman putain« und machten sie zur Zielscheibe heftigen Spottes und erbitterter Feindseligkeiten51. Das Verhältnis der Mätresse zu Königin Maria Leszczynska war weniger gespannt: Es kam einem friedlichen »modus vivendi«52 gleich. Madame de Pompadour zeigte sich gegenüber der Königin stets respektvoll, was vielfach als Folge ihrer nichtadligen Herkunft und dem damit verbundenen größeren Ehrfurcht vor der Institution der Königin gesehen wurde; Maria Leszczynska empfing die Mätresse distanziert, aber freundlich53. Während die ersten außerehelichen Beziehungen des Königs das Verhältnis der königlichen Eheleute untereinander noch sehr belastet hatten, da sowohl die Geliebten, als auch der König selbst es der Königin gegenüber an Respekt hatten mangeln lassen54, änderte Ludwig XV. mit dem Erscheinen der Marquise de Pompadour am Hof sein Verhalten: Er zeigte sich Maria Leszczynska gegenüber wieder aufmerksamer und zuvorkommender, was von Außenstehenden auf die Initiative der Madame de Pompadour zurückgeführt wurde55. In späteren Jahren, als 49 Siehe Kaunitz, Mémoire, 454. 50 Zum Dauphin siehe zuletzt Hours, La vertu. – Siehe auch Antoine, Louis XV, 477–483 und 496 f. 51 Siehe ebd., 481. Siehe auch die entsprechenden Schilderungen des preußischen bevollmächtigen Ministers, Baron Chambrier: GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 23 K, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 13.3.1747. Die Rivalität zwischen den Töchtern des Königs und dessen Mätresse zeigte sich beispielhaft an der Verteilung der Appartements im Schloss von Versailles und den Auseinandersetzungen, die sich um sie ergaben. Siehe Newton, William Ritchey, L’espace du roi: la cour de France au château de Versailles, 1682–1789, Paris 2000, 121 f. 52 Antoine, Louis XV, 496. 53 Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 10, 170, 8.12.1749: »La Reine traite aussi d’une manière très convenable Mme de Pompadour, qui se loue beaucoup des bontés de la Reine. La Reine dit souvent que puisqu’il y a une maîtresse, elle aime mieux Mme de Pompadour qu’aucune autre.« 54 Siehe die entsprechenden Aussagen des Duc de Luynes vom 2. Mai 1741, 19. April 1744 und 24. September 1744 aus der Zeit des Königs mit den Schwestern Nesle. Siehe auch Antoine, Louis XV, 497. 55 Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 10, 170, 8.12.1749. »[…] mais le Roi la traite bien et a de grandes attentions pour elle; il a sujet d’être content de celles qu’elle a pour lui.«

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die Mätresse zur Dame du palais im Hofstaat der Königin geworden war, gingen die Aufmerksamkeiten von Seiten Madame de Pompadours der Königin bisweilen sogar zu weit: »Die Königin ist wenig zufrieden mit der zu großen Beharrlichkeit, mit der sie ihr den Hof macht, aber sie hält es für angebracht, dies nicht zu zeigen, und sie hat Recht damit«, schrieb Luynes 175656.

2.  Die Minister 2.1  Staatssekretäre und Staatsminister

In den Jahren der Regierung Ludwigs XV. wuchs die Verwaltung parallel zu ihren komplexer werdenden Anforderungen an57. Zugleich nahmen die Beratungen in den Conseils an Bedeutung ab, und an ihre Stelle trat zunehmend der direkte Austausch zwischen dem Monarchen und dem jeweiligen Fachgebietsleiter, dem Minister. Beide kamen in Einzelgesprächen zusammen, dem sogenannten Travail. Der einzelne Minister hatte dadurch weitreichende Möglichkeiten, seine Vorstellungen umzusetzen und Macht auszuüben. Unter »Minister« werden hier zum einen die Secrétaires d’État (Staatssekretäre) verstanden, die dem entsprachen, was man nach heutigem Sprachgebrauch, aber auch in der Umgangssprache des Ancien Régime, als »Minister« bezeichnete: Sie gehörten der Regierung an und standen einem von sechs Fachbereichen vor. Neben den Secrétaires d’État sollen auch einzelne Staatsminister, die Ministres d’État, also die Mitglieder des Conseil d’État (Staatsrat), miteinbezogen werden58. Der Posten des Staatssekretärs hatte sich schrittweise vom simplen Sekretär mit notariellen Funktionen hin zu einem wichtigen Entscheidungsträger und Mitglied der Regierung weiterentwickelt. Seit 1559 trugen die Leiter der 56 Ebd., Bd. 15, 338, 19.4.1756. »La Reine est peu contente de cette persévérance trop grande à lui faire sa cour; mais elle ne croit pas convenable de le marquer, et c’est avec grande raison.« 57 Siehe allgemein Barbiche, Bernard, Les institutions de la monarchie française à l’époque moderne. XVIe–XVIIIe siècle, Paris 22001. – Mousnier, Roland, Les institutions de la France sous la monarchie absolue 1598–1789, Bd. 2, Paris 1980, 30, spricht davon, dass aus der Verwaltung bis zum Ende der Regierung Ludwigs XV. eine »énorme machine bureaucratique« geworden sei. Diese Aussage relativiert sich jedoch angesichts der zahlenmäßig noch sehr bescheidenen Ausmaße dieses Apparates. Bezeichnenderweise kam auch der Begriff »bureaucratie« erst um das Jahr 1780 auf. Siehe ebd., 202. 58 Zum Conseil siehe grundlegend Antoine, Michel, Le Conseil du Roi sous le règne de Louis XV, Paris 1970. Spezieller zu den Staatssekretären siehe Barbiche, Les institutions, 173–193.

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Staatssekretariate den Titel des secrétaire d’État 59. Sechs Staatssekretäre bekleideten die höchsten Ämter in der Regierung des Monarchen im Ancien Régime: der Chancelier (Kanzler), dessen Aufgabengebiet in etwa dem eines Ministers der Justiz entsprach, der Contrôleur général des finances, vergleichbar dem Minister der Finanzen, und vier Staatssekretäre, deren Zuständigkeitsbereiche den Krieg, die Marine, die auswärtigen Angelegenheiten und die Maison du Roi (Hofstaat des Königs) umfassten. Die Ressorteinteilung, wie sie unter Ludwig XV. Gültigkeit besaß, hatte sich ebenfalls schrittweise seit dem 16. Jahrhundert herausgebildet und seither immer weiter ausdifferenziert60. Der Staatssekretär des Äußeren leitete die Beziehungen zu den anderen Mächten61. Zur Zeit Madame de Pompadour bekleidete dieses Amt zunächst René Louis de Voyer de Paulmy, marquis d’Argenson, der später vor allem als Memoirenschreiber in Erscheinung trat62. Er war Ende des Jahres 1744 zum Staatssekretär im Außenministerium und Ministre d’État berufen worden, musste seine Ämter aber schon 1747 wieder räumen. Danach wurde das Amt in kurzen Abständen immer wieder neu besetzt: Von 1747 bis 1751 bekleidete es Louis Philogène Brulart, marquis de Puisieulx, sein Nachfolger war François Dominique de Barberie de Saint-Contest. Auf ihn folgte 1754 Antoine-Louis Rouillé, der 1757 abgelöst wurde von François Joachim de Pierre, abbé de Bernis. Bis 1761 hatte Étienne Francois, duc de Choiseul, das Amt inne, das er anschließend an seinen Cousin César-Gabriel de Choiseul-Chevigny, duc de Praslin, abtrat, bevor er es von 1766 bis 1770 wieder selbst wahrnahm. Der Staatssekretär des Krieges war für alle kriegerischen Belange, die Artillerie, Befestigungsanlagen und die Grenzprovinzen zuständig63. Dieses Amt besetzte seit Januar 1743 Pierre Marc de Voyer de Paulmy, comte

59 Siehe ebd., 175 f. 60 Erstmals betraute Heinrich II. im Jahr 1547 die vier Sekretariate mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen, die sich über ihre thematische Ausrichtung hinaus an einer geographischen Aufteilung orientierten: So war jeder Staatssekretär für bestimmte Regionen innerhalb des Königreichs und für eines der vier Fachressorts zuständig, die sich unter der Regierung Ludwigs XIV. in der Weise konstituierten und fixierten, wie sie bis zur Revolution Bestand haben sollten. Das Prinzip, die zentrale Verwaltung nach Ressorts aufzuteilen, setzte sich auch in anderen europäischen Territorien erst allmählich durch. Zum Teil blieb es bis ins späte 17. Jahrhundert hinein die Regel, dass der oberste Rat für sämtliche Politikbereiche zuständig war. Siehe Barbiche, Les institutions, 175. 61 Siehe ebd., 229–237 mit weiteren Literaturhinweisen. 62 René Louis de Voyer de Paulmy, marquis d’Argenson (* 1694, † 1757). 63 Siehe Barbiche, Les institutions, 195–207.

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d’Argenson, Bruder des Memorialisten Marquis d’Argenson64. Bereits 1742 zum Mitglied des Conseil berufen, wurde er in den folgenden Jahren zum einflussreichsten Minister, dem es gelang, sein Ressort immer weiter auszudehnen. Unter seiner Führung wurden Armeereformen in Angriff genommen, 1751 wurde die École royale militaire gegründet, die der militärischen Ausbildung junger Männer aus verarmten Familien dienen sollte. Seine politische Karriere endete im Jahr 1757 mit der Amtsenthebung durch den König und dem Verweis vom Hof. Seine Ämter gingen an seinen Neffen, Antoine René de Voyer d’Argenson, marquis de Paulmy, über. Seit 1758 war Charles Louis Auguste, duc de Belle-Isle (genannt Maréchal de Belle-Isle), Staatssekretär des Kriegsministeriums. Das Staatssekretariat der Marine war für Fragen der Marine, für die Kolonien, den Handel und die Konsulate zuständig65. Jean-Frédéric Phélypeaux, comte de Maurepas, hatte die Leitung des Staatssekretariats seit 1723 inne und war neben den Brüdern Argenson einer der einflussreichsten Minister. Von allen Ministern stand er der Königin und ihrem Kreis am nächsten66. Ministre d’État seit 1738, stolperte er 1749 über die Marquise de Pompadour, gegen die er jahrelang intrigiert hatte: Er wurde von Ludwig XV. seines Amtes enthoben und des Hofes verwiesen. Ihm folgte Antoine-Louis Rouillé in diesem Amt, bevor es 1754 an Machault d’Arnouville ging. Seit 1757 wechselten die Minister in rascher Folge: François Marie Peyrenc de Moras (1757–1758), Claude Louis d’Espinchal, marquis de Massiac (1758), Nicolas René Berryer (1758–1761) und Étienne François, duc de Choiseul (1761–1766). Dem Staatssekretär der Maison du Roi waren neben dem Hofstaat auch die Angelegenheiten des Klerus, der Religion und die Verwaltung fast aller innerfranzösischen Provinzen zugeordnet67. Von 1718 bis 1749 bekleidete Jean Frédéric Phélypeaux, comte de Maurepas, dieses Amt. Ihm folgte sein Vetter zweiten Grades Louis Phélypeaux, comte de Saint-Florentin.

64 Pierre Marc de Voyer de Paulmy, comte d’Argenson (* 1696, † 1764). Zu Comte d’Argenson siehe die Biographie von Combeau, Yves, Le Comte d’Argenson (1696–1764). Ministre de Louis XV (Mémoires et documents de l’École de Chartes, 55), Paris 1999. 65 Siehe Barbiche, Les institutions, 209–228. 66 Siehe Hours, Bernard, Carrière et ambitions d’un »grand bigot« à la cour de Louis XV: le duc de La Vauguyon, in: Hofgesellschaft und Höflinge an europäischen Fürstenhöfen in der Frühen Neuzeit (15.–18. Jahrhundert) / Société de cour et courtisans dans l’Europe de l’époque moderne (XVe–XVIIIe siècle), hrsg. v. Klaus Malettke / Chantal Grell / Petra Holz (Forschungen zur Geschichte der Frühen Neuzeit, Marburger Beiträge, 1), Münster 2001, 141–151, hier 144. 67 Siehe Barbiche, Les institutions, 239–251.

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Der Chancelier war Chef der Justiz und unterstand nur der Gerichtsbarkeit des Königs68. Er war dem obersten Präsidenten des Parlement von Paris übergeordnet und fungierte bei den Lits de justice als Sprecher des Königs. Dem Chancelier als Leiter der Chancellerie oblag in der Regel zudem das Privileg, die königlichen Siegel zu bewahren und sie unter Edikte und Deklarationen des Monarchen zu setzen. Jedoch konnte im Ausnahmefall neben den Chancelier ein Garde des sceaux (Siegelbewahrer) treten, der die Aufgabe der Siegelbewahrung getrennt übernahm und den Chancelier damit an reeller Macht übertraf: Vor allem aus finanzieller Sicht war die Siegelbewahrung ein lohnendes Geschäft, da die Rechte der Briefsiegelung bezahlt werden mussten und in diesen Fällen die Einnahmen nicht an den Chancelier, sondern an den Garde des sceaux gingen. Seit 1717 war das Amt in den Händen Henri François d’Aguesseaus gewesen. 1750 ernannte Ludwig XV. mit Guillaume de Lamoignon de Blancmesnil erstmals einen Chancelier, der von Beginn an auf die Siegelbewahrung verzichten musste, die separat dem amtierenden Contrôleur général des finances, Jean-Baptiste de Machault d’Arnouville, übertragen wurde, der seit 1749 auch Staatsminister war. Ohne die Aufgabe der Siegelbewahrung war die chancellerie allein kein einflussreicher Posten. Fielen Kanzler und Siegelbewahrer zur gleichen Zeit in Ungnade, lag die Aufgabe der Siegelbewahrung beim König69. Das Amt des Contrôleur général des finances war aus dem des Surintendant des finances hervorgegangen und der Ministerposten mit den wahrscheinlich am weitesten reichenden Kompetenzen im Ancien Régime70. Der Contrôleur général war Herr über die Finanzen und vereinigte in seiner Hand die Oberaufsicht über die Fiskalität, das Münzwesen, aber auch die Eaux et Forêts, Ponts et Chaussées, das Bergbauwesen, den Handel und einige andere Zuständigkeitsbereiche mehr. Die Macht des Generalkontrolleurs der Finanzen wurde in den Provinzen durch die Intendants de finance ausgeübt. Alle anderen Staatssekretäre waren auf gute Beziehungen zum Verwalter der Finanzen angewiesen, um Gelder für ihre eigenen Belange zugewiesen zu bekommen. Zwischen 1715 und 1774 wechselten sich 18 Amtsträger auf dem Posten des Contrôleur général ab. Philibert Orry war von 1730 bis 1745 Contrôleur général des finances 68 Siehe ebd., 153–172. 69 Dies war beispielsweise zwischen 1757 und 1762 nach der Disgrâce von Machault d’Arnouville der Fall. In den Jahren der Regierung Ludwigs XV. folgten drei Kanzler aufeinander: Henri-François Daguesseau bekleidete das Amt von 1717 bis 1750, sein Nachfolger war Lamoignon de Blancménil. Auf ihn folgte 1768 René Nicolas Charles Augustin de Maupeou, der die Chancellerie bis 1790 führte. 70 Siehe Barbiche, Les institutions, 253–267.

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und gehörte seit 1736 dem Conseil an. Dass er sich Ende des Jahres 1745 zum Rücktritt gezwungen sah, war das Ergebnis einer Intrige, die aus dem Kreis um die neue Mätresse Madame de Pompadour kam. Im Anschluss ging das Amt an Jean-Baptiste de Machault d’Arnouville71. Von 1754 bis 1756 bekleidete es Jean Moreau de Séchelles. Zwischen den verantwortlichen Leitern der einzelnen Staatssekretariate kam es vielfach zu grundlegenden Auseinandersetzungen und erbitterten Kämpfen, in die die Parteien der jeweiligen Protagonisten mit einbezogen wurden. Der britische Botschaftssekretär Sir Joseph Yorke umschrieb die Situation Ende des Jahres 1750 so: »Kein Ministerium kann gespaltener sein als dieses. Abgesehen von [Staatsminister Saint-Séverin und Außenminister Puisieulx] arbeiten alle für sich allein«72. Während der 1740er und 1750er Jahre war die Gruppe der Minister vor allem vom jahrelangen Gegensatz zwischen dem Kriegsminister Comte d’Argenson und Jean-Baptiste de Machault d’Arnouville, dem Garde des sceaux und späteren Marineminister und Contrôleur général, geprägt. Die Leiter der sechs Ressorts wurden auch im Ancien Régime inoffiziell als Ministres bezeichnet, obwohl diese Bezeichnung genau genommen den Ministres d’État vorbehalten war: Nach offiziellem Sprachgebrauch waren nur diejenigen »Minister«, die durch den Monarchen zu Mitgliedern des Conseil d’État ernannt worden waren73. Die sechs Staatssekretäre wurden nicht zwangsläufig mit ihrer Ernennung auch in den Conseil berufen: Sie konnten, zusätzlich zu ihrer Funktion als Staatssekretär, als Ministres dem Conseil angehören, taten dies indes nicht in jedem Fall74. Die Ministres d’État wiederum mussten für ihre Zugehörigkeit zum Conseil nicht notwendigerweise ein Regierungsamt bekleiden. Ihr Titel, Ministre d’État, war seit Ludwig XIII. gebräuchlich und bezeichnete kein Amt, sondern eine Würde. Seit Ludwig XIV. wurde man 71 Zu Machault d’Arnouville als Contrôleur général des finances siehe ausführlich Marion, Machault d’Arnouville. 72 BL Add. Ms. 35355, f. 198, Yorke an Hardwicke, Paris, 12./23.2.1750: »No ministry can be more divided tan this. Except the two just mentioned, they all stand upon their own bottoms.« 73 Der unbestimmte Sprachgebrauch, der die Zeitgenossen nicht nur Staatssekretäre und Staatsminister, sondern auch auswärtige und eigene diplomatische Vertreter undifferenziert als »Minister« bezeichnen ließ, macht klar, dass es sich hier um eine Verwaltung handelt, die zwar bereits Tendenzen zur Ausdifferenzierung aufweist, in der diese Entwicklungsstufe aber noch nicht hinreichend vollendet ist. 74 Zwar war der Staatssekretär des Äußeren nahezu immer auch Mitglied des Conseil d’État, allerdings war auch diese Regel nicht zwingend. Die Staatssekretäre der Marine und des Krieges und auch der Contrôleur général des finances waren häufig, der Staatssekretär der Maison du Roi und der Chancelier nur in Ausnahmefällen Mitglieder des Conseil.

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zum Ministre d’État nicht mehr schriftlich ernannt; fortan genügte die mündliche Aufforderung des Königs, am Staatsrat teilzunehmen, die jedoch zu jeder Sitzung erneuert werden musste. Auch wer keine Einladungen zum Conseil mehr enthielt, durfte den Titel des Ministre d’État bis zum Lebensende weiter tragen, wenn er dem Rat einmal angehört hatte. Der Conseil d’État war das bedeutendste Regierungsorgan der französischen Monarchie75. In ihm wurden alle zentralen Fragen der Politik und insbesondere die auswärtigen Angelegenheiten erörtert. Der brandenburgische Gesandte Spanheim beschrieb in seiner »Relation de la cour de France« aus dem Jahre 1690 die Kompetenzen des obersten königlichen Rates zur Zeit Ludwigs XIV.: »In diesem Ministerrat werden alle großen Angelegenheite des Staates besprochen, sowohl in Friedens-, als auch in Kriegszeiten, die Minister treten ein und berichten über die Vorgänge in ihrem speziellen Fachbereich. Im Anschluss wird darüber gesprochen, man liest die Depeschen der Gesandten76 des Königs an den fremden Höfen sowie die Antwortschreiben und die Weisungen, die man ihnen erteilt. Man berät hier über die Verträge, Allianzen und die Interessen der Krone mit den fremden Mächten, kurzum: Man schlägt hier alles vor und beschließt alles, was die Regierung betrifft und was von Bedeutung für den König sein kann, für den Hof, für den Staat, in einem Wort für das Innere und das Äußere des Königreichs«77.

Der Conseil d’État tagte jeden Sonntag und Mittwoch, dazu bisweilen am Donnerstag und alle vierzehn Tage auch am Montag. Während der Sitzungen trug der Staatssekretär des Äußeren aus den Depeschen der Gesandten vor. In Kriegszeiten berichteten außerdem der Kriegs- und der Marineminister von den neuesten Entwicklungen. Der Conseil des dépêches, in dem über innenpoli75 Siehe Barbiche, Les institutions, 291–300. Der oberste königliche Rat wurde unter Ludwig XIV. als Conseil d’en Haut, unter Ludwig XV. und Ludwig XVI. als Conseil d’État bezeichnet. 76 Gemäß dem zeitgenössischen Sprachgebrauch bezeichnet Spanheim hier im französischen Original die Gesandten des Königs an den auswärtigen Höfen ebenfalls mit dem Oberbegriff »ministres«. 77 Spanheim, Ézéchiel, Relation de la Cour de France en 1690, hrsg. v. Émile Bourgeois, Paris 1900, 296: »C’est dans ce Conseil du ministère que se traitent toutes les grandes affaires de l’État, tant de paix que de guerre, que les ministres y entrent y font rapport de celles de leur département particulier suivant qu’il en sera bientôt parlé, qu’on lit les dépêches des ministres du Roi dans les cours étrangères, les réponses qu’on y fait et les instructions qu’on leur donne, qu’on y délibère sur les traités, les alliances et les intérêts de la couronne avec les puissances étrangères, enfin qu’on y propose et qu’on y résout tout ce qui regarde le gouvernement et qui peut être de quelque importance pour le Roi, pour la cour, pour l’État, en un mot pour le dedans et pour le dehors du royaume.«

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tische Belange wie die Haltung der Krone gegenüber den Parlements beraten wurde, kam jeden Freitag, gelegentlich auch am Samstag, der Conseil royal des Finances am Dienstag zusammen. An den Sitzungen nahmen in der Regel nur der König und die Ministres d’État teil. Unter Ludwig XV. gehörten nur jeweils vier bis sieben Personen dem Rat an78. Außer den Staatssekretären waren die einflussreichsten Personen zur Zeit Madame de Pompadours der Comte de Saint Florentin, der Cardinal de Tencin und der Duc de Noailles. Louis Phélypeaux, comte de Saint-Florentin, gehörte dem Conseil seit 1751 an. Kardinal Pierre Guérin de Tencin, Erzbischof von Lyon seit 1740, war seit 1742 Mitglied des Conseil und brachte seine Erfahrungen aus sechs Jahren Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl in Rom mit. Adrien Maurice, duc de Noailles, trug seit 1734 den Titel des Maréchal de France und bekleidete am Hof eine starke Position, die er nicht zuletzt seiner Heirat mit einer Nichte der Madame de Maintenon verdankte. War der König in Versailles, wurden die Sitzungen der einzelnen beratenden Organe des Königs zwischen 15 Uhr und 19 Uhr in den Grands Appartements des Königs abgehalten. Aber auch während der Abwesenheiten des Königs aus Versailles tagten die verschiedenen Conseils zu ihren jeweils festen Terminen ein- bis zweimal in der Woche. Dazu kamen Sitzungen außer der Reihe und Arbeitsgespräche, die Ludwig XV. mit seinen Ministern und Staatssekretären unter vier Augen führte, der Travail. War der König nicht in Versailles, waren die Minister verpflichtet, ihm zu seinem jeweiligen Aufenthaltsort zu folgen. Jedes Schloss verfügte über Räume, die für die Beratungen der Minister vorgesehen waren. Hielt sich Ludwig XV. nicht weit von Versailles auf, reiste er mitunter für die Beratungen nach Versailles zurück. Die königliche Verwaltung kennzeichnete sich in den Jahren der Regierung Ludwigs XV. vor allem durch zwei Entwicklungen, die parallel verliefen: Zum einen verloren die Beratungen und Entscheidungen in den Conseils an Bedeutung zu Gunsten der Einzelberatung zwischen Ministern und Monarch, wodurch die Einzelperson gegenüber dem Rat als Ganzem an Gewicht hinzugewann. Zum anderen gingen nach und nach immer mehr Entscheidungen von den Conseils und Ministern auf die darunter liegende Ebene der Bureaux über. Die Conseils hatten als Beratungsgremium und Organ der Entscheidungsfindung bereits unter der Regierung Ludwigs XIV. an Bedeutung eingebüßt. Bei der Regierungsübernahme durch Ludwig XV. nach dem Ende der Régence hatten neben dem Conseil de Régence (vergleichbar dem späteren Conseil d’État) nur noch der Conseil des finances, der Conseil du commerce und der 78 Siehe Barbiche, Les institutions, 291.

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Conseil de la marine bestanden; die letzten drei jedoch waren bedeutungslos geworden. Unter Ludwig XV. setzte sich dieser Trend fort: Der König arbeitete mehr und mehr mit seinen Ministern unter vier Augen und nicht mehr im großen Kreis. Nur Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit wurden im Conseil d’État besprochen79. Abgesehen von den Jahren bis 1743, in denen sich die Minister dem jeweiligen Ersten Minister unterzuordnen hatten, von dem im nächsten Kapitel die Rede sein soll80, kann man damit eine allgemeine Machtzunahme und wachsende Entscheidungsgewalt der Minister während der Regierung Ludwigs XV. konstatieren. An die Stelle der traditionellen Conseils traten in wachsendem Maße verschiedene kleinere Beratungsrunden, in denen jedoch die eigentliche Arbeit erledigt wurde. Die thematische Aufgabenteilung zwischen den Ressorts war strikt. In dieser ausgeprägten Form scheint sie spezifisch französisch gewesen zu sein, was die auffallend häufige Erwähnung dieses als Besonderheit bezeichneten Phänomens in den Berichten der auswärtigen Gesandten nahelegt. Der kaiserliche Botschafter in Versailles etwa, Graf von Kaunitz, unterstrich, dass die französischen Minister von jeher in ihren Ressorts despotisch geherrscht hätten81. Es sei in Frankreich »nicht ratsam, diejenigen, die an der Spitze der Abteilung stehen, zu übergehen, wenn es um Angelegenheiten aus ihrem Departement geht«82. Auch der Marquis d’Argenson berichtet davon, wie strikt selbst der König die Zuständigkeiten der einzelnen Minister beachte: »Mein Bruder hat mir gesagt, dass Seine Majestät, wenn sich ein Minister mit einer Angelegenheit an Sie wendet, die nicht zu seinem Aufgabengebiet gehört, nicht mehr entgegnet als ein Fisch […].«83

Jeder in seinem Fachgebiet machtvolle Minister musste indes zugleich Zuständigkeiten an die unteren Hierarchieebenen abtreten: Immer mehr etablierten sich in der Verwaltung die Mitarbeiter auf den Rangstufen unterhalb 79 Siehe dazu Saint-Priest, François-Emmanuel Guignard, comte de, Mémoires. Règnes de Louis XV et de Louis XVI, hrsg. v. Amable Guillaume Prosper Brugière de Barante, Paris 1929, 4. 80 Siehe in der vorliegenden Arbeit 48–60 (I.2.2. Der Günstlingminister). 81 Siehe Kaunitz, Mémoire, 447: »Il faut nécessairement passer par les ministres, qui de tout temps ont été despotiques dans leurs départements.« 82 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 77, f. 3v, Kaunitz an Franz I., Paris, 10.1.1752. »[I]l n’est pas bon dans ce pays-ci de passer ceux qui sont à la tête d’une direction lorsqu’il est question d’affaires de leur département.« 83 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 4, 213, 9.4.1743: »Mon frère m’a dit que, quand un ministre parle au roi de quelque chose qui n’est pas de son département, Sa Majesté ne répond pas plus qu’un poisson […].«

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des Staatssekretärs84. Bis zum Regierungswechsel zu Ludwig XVI. im Jahr 1774 war das Ideal des allein regierenden Königs, der gemeinsam mit seinen engsten Beratern im Conseil die administrativen und politischen Beschlüsse in eine abschließende Form brachte, zur Fiktion geworden85. In der Realität gewann, auch als Folge der zahlenmäßigen Aufstockung des Personals in den Bureaux, die Arbeit der Minister mit ihren Premiers commis, den Büroleitern, und den einfachen Commis, den Mitarbeitern, die den Büroleitern unterstellt waren, an Bedeutung gegenüber der Einzelarbeit des Königs mit den Ministern86. Die Commis im Außenministerium waren für den Entwurf von Schriftstücken aller Art und das Chiffrieren der diplomatischen Post zuständig. Die Premiers commis, die in der Regel ein Studium der Rechte oder der Sprachen absolviert hatten, verfassten die Instruktionen an die Gesandten der französischen Krone an den auswärtigen Höfen und konnten auf diesem Wege auch inhaltlich Einfluss nehmen87. Unter Ludwig XV. waren in der zentralen Verwaltung zwischen 500 und 600 Commis beschäftigt. Allein das Finanzministerium, das heißt der Contrôle général des finances, zählte ebenso viele Premiers commis und Commis wie die Chancellerie und die vier Staatssekretariate zusammen genommen. Das zahlenmäßig am besten ausgestattete Staatssekretariat war das Secrétariat d’État de la Guerre mit 18 Premiers commis und 178 Commis im Jahr 177188. Neben den Premiers commis standen die Secrétaires, die das unmittelbare Umfeld des Ministers darstellten und als Vorform des heutigen Cabinet ministériel zu verstehen sind. Einzelnen Amtsträgern aus der Gruppe der Premiers commis und Secrétaires gelang es, zu politisch bedeutsamen Akteuren aufzusteigen und innerhalb ih-

84 Am Beispiel des französischen Staatssekretariats der Auswärtigen Angelegenheiten unter der Regierung Ludwigs XV. hat dies exemplarisch Samoyault, Jean-Pierre, Les bureaux du secrétariat d’État des Affaires étrangères sous Louis XV, Paris 1971, dargestellt. Zum Personal der Staatssekretariate, insbesondere den Premiers commis und Commis, siehe Barbiche, Bernard, Les agents de la monarchie, in: Bély, Dictionnaire de l’Ancien Régime, 38–40. 85 Mousnier, Les institutions, 30 f.: »L’idéal d’un roi gouvernant lui-même avec ses Conseils était dépassé. Les Conseils, rendant les arrêts politiques et administratifs en forme judiciaire, n’étaient plus qu’une apparence, qu’une fiction. La réalité, c’était les bureaux, peuplés de commis, qui prenaient bien souvent eux-mêmes les décisions en vertu des précédents et les transmettaient en forme judiciaire.« 86 Siehe ebd., 163 f. 87 Siehe Bérenger, Jean, Secrétaire d’État des Affaires étrangères, in: Bély, Dictionnaire de l’Ancien Régime, 1143. 88 Zahlenangaben siehe Barbiche, Les agents, 39. Barbiche zählt den Contrôle général nicht zu den Staatssekretariaten.

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rer Staatssekretariate Führungspositionen einzunehmen89. Besonders der Posten des Premier commis im Staatssekretariat des Äußeren bot weitreichende Möglichkeiten der Einflussnahme. Der Premier commis Jean-Pierre Tercier90 konnte so im Zusammenhang mit der geheimen Diplomatie Ludwigs  XV. in den 1750er und 1760er Jahren eine wichtige Rolle als Mitwisser und Koordinator einnehmen, von der an späterer Stelle noch die Rede sein wird91. Auch Abbé Jean Ignace de la Ville92, ebenfalls langjähriger Premier commis im Außenministerium, galt zu seiner Zeit als überaus mächtig und den stetig wechselnden Staatssekretären aufgrund seiner Erfahrung an Kenntnissen, aber auch an Fähigkeiten überlegen93. Nachdem er mit der Abdankung des Staatssekretärs Louis-Philogène Brulart, marquis de Puisieulx, im Jahr 1751 einen Gönner verloren hatte, wurde er von dessen Amtsnachfolger, François Dominique de Barberie de Saint-Contest, entlassen. Als die Lage innerhalb des Ministeriums daraufhin in ein Chaos auszubrechen drohte, wurde er von der Marquise de Pompadour persönlich um die Rückkehr in sein Amt gebeten94: Er kam der Bitte nach und arbeitete ab 1754 wieder als Premier commis, diesmal an der Seite des schwachen Staatssekretärs Antoine-Louis Rouillé, als dessen rechte Hand er bald galt. Auch der frühere Außenminister Argenson versuchte, über Abbé de la Ville weiterhin Einfluss auf die auswärtigen Beziehungen zu nehmen95. Im Zusammenhang mit den habsburgisch-bourbonischen Bündnisverhandlungen von 1755/56 scheint Abbé de la Ville als einziger Commis dem geheimen Comité angehört zu haben, dem der vorläufige

89 Speziell zu den Premiers commis im Staatssekretariat des Äußeren siehe Piccioni, Camille, Les premiers commis des affaires étrangères au XVIIe et XVIIIe siècles, Paris 1928. 90 Zu Tercier siehe ebd., 228–233. 91 Zum Secret du Roi siehe 214 ff. in dieser Arbeit. 92 Zu Abbé de la Ville siehe Piccioni, Les premiers commis, 220–228. 93 Zur Rolle des Abbé de la Ville im Umfeld des Renversement des alliances siehe Ozanam, Didier, Le Marquis d’Argenson, l’Abbé de la Ville et le renversement des alliances (janvier-octobre 1756), in: Études européennes. Mélanges offerts à Victor-Lucien Tapié, hrsg. v. Victor-Lucien Tapié (Publications de la Sorbonne: Série Etudes, 6), Paris 1973, 429–443. 94 Siehe Argenson (Sortais), Mémoires, Bd. 9, 178, 9.4.1753. »Je sais que la marquise a mandé l’abbé de la Ville pour lui persuader de rentrer dans le bureau des affaires étrangères […].« 95 Zu Argenson und seinen Versuchen, über Abbé de la Ville auf dem Laufenden zu bleiben, siehe: Ozanam, Le Marquis d’Argenson, 1973. – Zum Renversement siehe im weiteren Verlauf dieser Darstellung, 154 ff.

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Vertragstext noch vor dem Conseil d’État zur Begutachtung vorgelegt wurde96. Abbé de la Ville war der Verfasser wichtiger Schriftstücke, darunter die offizielle Stellungnahme König Ludwigs XV. zum Abschluss des Vertragswerks im Mai 175697. Als sich in den folgenden Monaten herausstellte, dass er das neue Bündnis mit Wien ablehnte und den Außenminister Rouillé in seinem Sinne zu beeinflussen suchte, beklagte sich Madame de Pompadour darüber beim kaiserlichen Botschafter, Graf von Starhemberg: Abbé de la Ville maße sich an, selbst nach Art eines Ministers und Unterhändlers aufzutreten, obwohl er ein einfacher Commis sei98. Die genannten Entwicklungen verschoben die Machtverhältnisse am Hof: Das Idealbild des Monarchen, der gemeinsam mit einer überschaubaren Zahl von engen Beratern die Regierung leitete, stimmte unter Ludwig XV. nicht mehr mit der Realität überein. Stattdessen beanspruchten die Amtsträger an der Spitze der einzelnen Fachbereiche mehr Kompetenzen für sich und grenzten sich deutlich gegenüber den anderen Staatssekretären ab. Durch den Übergang von Rats- zu Ministerialstrukturen waren insgesamt mehr Personen als zuvor an der Arbeit der Verwaltung beteiligt. Die interne Differenzierung ließ die Strukturen zunehmend unübersichtlich erscheinen und eröffnete auch niederen Bediensteten zum Teil erhebliche Möglichkeiten zur Einflussnahme. Mit der Fragmentierung der Macht wuchs zum einen der Bedarf an informellen, kleineren Beratungsrunden, zum anderen schuf sie die Notwendigkeit einer Person, die die Arbeit zwischen den zahlreichen Beteiligten koordinierte. Diese Person war der Günstlingminister – ein Minister ohne Fachbereich, dafür mit besonderen Befugnissen, die ihn über alle anderen Minister erhoben und ihm die politische Macht an die Hand gaben.

96 Siehe Ozanam, Le Marquis d’Argenson, 433. – Siehe auch HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 16v–17r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 22.1.1756. 97 Siehe Volz, Gustav Berthold / Küntzel, Georg (Hrsg.), Preußische und österreichische Acten zur Vorgeschichte des Siebenjährigen Krieges (Publicationen aus den k. preußischen Staatsarchiven, 74), Leipzig 1899, 330 ff., Nr. 82, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 2.5.1756, hier 334. 98 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 233v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 14. und 18.6.1756: »Elle a ajouté […] que Monsieur Rouillé était très honnête homme et ne désirait en effet que le bien, mais qu’il était faible et soupçonneux et se laissait un peu trop conduire par l’Abbé de la Ville; que celui-ci avait l’ambition de vouloir faire le Ministre et le négociateur tandis qu’il n’était que commis. Mais elle m’assurait qu’il n’aurait jamais le maniement d’aucune affaire et nommément de la présente […].« Siehe in ähnlicher Weise auch ebd., f. 138v–141r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 22.9.1756.

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2.2  Der Günstlingminister

Zeitgenössische Beobachter zogen ebenso wie die heutige Geschichtswissenschaft Parallelen zwischen der Mätresse und der Figur des frühneuzeitlichen Günstlingministers99. Bereits die um die Mitte des 18. Jahrhundert geläufigste französische Bezeichnung für die königliche Mätresse, »favorite«, deutete auf das männliche Pendant, den »favori«, zu deutsch: Günstling, hin100. Was machte den Günstling zum Günstlingminister? Welche Aufgaben am Hof nahm er wahr, und was verbanden die Zeitgenossen mit dieser Figur? Günstlinge hat es zu allen Zeiten gegeben: Sie waren Gefährten, Vertraute, Freunde mächtiger Personen, deren Gunst sie hatten gewinnen können101. Beispiele von Günstlingen finden sich in der Antike ebenso wie im Mittelalter, denn das Gewähren und Entziehen von Gunst ist ein Grundprinzip jeder höfischen Gesellschaft102. Das Favoritentum ist dementsprechend nicht epochenspezifisch, sondern vielmehr eine Begleiterscheinung jeder monarchischen oder monokratischen Herrschaft103. Dennoch fällt auf, dass mit dem ausgehenden 16. Jahrhundert die Günstlinge der Herrscher verstärkt ins Blickfeld der 99 Siehe besonders markant bei Weisbrod, Macht und Mythos, 300. 100 Zur Begriffsgeschichte von »favori«, erstmals zu Beginn des 16. Jahrhunderts erschienen und im Deutschen als »Günstling« übernommen, siehe Hirschbiegel, Jan, Zur theoretischen Konstruktion der Figur des Günstlings, in: ders. / Paravicini, Der Fall des Günstlings, 23–39, hier 38 (und Anm. 89). Im Dictionnaire universel von Antoine Furetière aus dem Jahr 1690 wird der Begriff folgendermaßen erklärt: »Favori, -ite. Adj. Qui a les bonnes grâces d’un Prince, d’une personne puissante, d’une maîtresse, et généralement d’un supérieur à qui plusieurs s’efforcent de plaire, et qui ne plaisent pas également.« Furetière, Antoine, Dictionnaire Universel contenant généralement tous les mots François tant vieux que modernes, et les termes de toutes les Sciences et des Arts, 3 Bände, Paris 1978 (Nachdruck der Ausgabe Rotterdam 1690), hier Bd. 2, Stichwort »Favori«. 101 Es gibt aus den letzten Jahren eine Fülle an Literatur zur Figur des Günstlings. Genannt seien Hirschbiegel / Paravicini, Der Fall des Günstlings; Kaiser / Pečar, Der zweite Mann im Staat und Elliott, John H. / Brockliss, Laurence W. B. (Hrsg.), The World of the Favourite, London 1999. Siehe aber auch Emich, Birgit, Bürokratie und Behördenalltag unter Paul V. (1605–1621), Studien zur frühneuzeitlichen Mikropolitik in Rom, Stuttgart 2001 zum Kardinalnepoten als der römischen Spielart des Günstlingministers. 102 Siehe Hirschbiegel, Zur theoretischen Konstruktion, 32. 103 Asch, Ronald G., »Lumine solis«. Der Favorit und die politische Kultur des Hofes in Westeuropa, in: Kaiser / Pečar, Der zweite Mann im Staat, 21–38, hier 23, nennt den Favoriten »eine fast allgegenwärtige Figur überall dort, wo eine einzelne Person, sei es als Monarch, als Diktator oder auch in einem Wahlamt Macht ausübt, ohne in der Praxis an die Zustimmung von kollegialen Regierungsorganen gebunden zu sein.«

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Zeitgenossen gerieten104. Die Jahre zwischen 1550 und 1700 werden zuweilen sogar als Blütezeit oder als »klassisches Zeitalter der Favoriten«105 bezeichnet. Ist der Günstling also ein epochenübergreifendes oder ein allgegenwärtiges Phänomen? Eine Begriffsdifferenzierung kann hier Klarheit bringen: Während es Günstlinge immer gegeben hat, rückte der Günstlingminister mit dem Beginn der Frühen Neuzeit verstärkt ins Mittelpunkt des Interesses, weil er neue Aufgaben erfüllte: Während des Prozesses der institutionellen Verfestigung war er unentbehrlich. Er wurde zum strukturbildenden Phänomen, ohne dessen Betrachtung, so Ronald G. Asch, die »Mechanismen des frühneuzeitlichen Hofes nicht zu verstehen« seien106. Der Günstlingminister der Frühen Neuzeit war eine männliche, dem Monarchen besonders nahe stehende Vertrauensperson mit weit reichenden politischen Funktionen und Möglichkeiten der Einflussnahme107. Die Gunst, die der Herrscher dem Günstling entgegenbrachte, ging über das übliche Maß der Gunst hinaus, die jeder Amtsträger genoss; häufig beruhte sie auf persönlicher Freundschaft oder Zuneigung, die mitunter auch eine erotische Komponente aufwies108. Ein Günstlingminister konnte, musste aber nicht Staatsminister oder Staatssekretär in einem bestimmten Ressort sein. Das Ausüben eines Ministeramts war keine zwingende Voraussetzung, um als Günstlingministers betrachtet zu werden, beruhte doch die Macht des Günstlingministers höchstens zu einem Teil auf amtlichen Befugnissen; dazu kamen faktisch aus-

104 Als Gründe hierfür können gemäß Asch, Ronald, Schlussbetrachtung. Höfische Gunst und höfische Günstlinge zwischen Mittelalter und Neuzeit. 18 Thesen, in: Hirschbiegel / Paravicini, Der Fall des Günstlings, 515–531, hier 515, »[r]eale Strukturveränderungen in der höfischen Welt« geltend gemacht werden, die begleitet wurden von einer »intensive[n] Auseinandersetzung mit der hofkritischen antiken Welt«. 105 Asch, Schlussbetrachtung, 529–531. Zur Diskussion um die Frage, ob der Günstling ein zu allen Epochen gegenwärtiges Phänomen oder ein Spezifikum des so genannten »Age of the Favourite« sei, siehe auch Paravicini, Der Fall des Günstlings, in: Hirschbiegel / Paravicini, Der Fall des Günstlings, 13–20, hier 15. Während Elliott / Brockliss, The World of the Favourite, 301 f., die Jahre zwischen 1550 und 1700 (und dann wieder ab 1750) zur einzigen Zeitspanne erklären, in welcher der Günstling »als Institution« existiert habe, unterstreicht Paravicini das Auftreten von Günstlingsherrschaften bereits in sehr viel früherer Zeit. 106 Asch, Lumine solis, 22. 107 Ebd., 24 f.; Asch benennt drei Minimal-Kriterien, die den frühneuzeitlichen Favoriten kennzeichneten: 1. Exklusive Gunst des Herrschers, 2. amtliche Kompetenzen und umfassende Ämterpatronage, 3. beständiger Zugang zum Herrscher und Kontrolle des Zugangs anderer Personen. 108 Siehe ders., Schlussbetrachtung, 517 f.

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geübte Kompetenzen ohne rechtliche Grundlage109. In Frankreich wurden in einzelnen Fällen königliche Berater, die innerhalb der Gruppe der Amtsträger bereits eine privilegierte Stellung genossen und die anderen an Kompetenzen überragten, explizit zum »premier ministre« oder, was gleichbedeutend war, zum »principal ministre« ernannt (zu deutsch: »Erster Minister« oder »Leitender Minister«)110. Dies war bei Kardinal Mazarin der Fall, der während der Unmündigkeit Ludwigs XIV. diesen Titel trug, ebenso bei Guillaume Abbé Dubois, dem Duc d’Orléans und dem Duc de Bourbon unter Ludwig XV.111. Die Verleihung des Titels deutete einen qualitativen Unterschied zwischen dem einfachen Günstling – mit rein informeller Stellung – und seiner Weiterentwicklung, dem Günstlingminister, an und rückte den früheren Günstling in die Nähe von Amtsträgern. Die Ernennung zum »premier ministre« oder »principal ministre« war indes keine zwingende Voraussetzung: Der unter Ludwig XV. einflussreichste Günstlingminister, Kardinal Fleury, trug den Titel nicht, zeichnete sich aber dennoch durch seine Funktionen als typischer Vertreter seiner Gattung aus. Günstlingminister gab es in der Frühen Neuzeit nicht nur in Frankreich, sondern an fast allen europäischen Höfen, an weltlichen ebenso wie an geistlichen. Die römische Ausprägung des Günstlingministers war der Kardinalnepot, ein Neffe oder anderer enger Anverwandter des regierenden Pontifex, der an der Spitze der administrativen Hierarchie stand und neben der Kardinalswürde weitere hohe Würden bekleidete und in großem Maß Gelder anhäufen konnte112. Seine Aufgabe war in erster Linie die Verwaltung der päpstlichen Patronage: Er versorgte Klienten und Freunde des amtierenden Papstes als 109 Ebd., 519. 110 Das Amt des Ersten Ministers unterlag einem Prozess der Institutionalisierung. So wurde beispielsweise in Spanien unter Karl III. 1782 das Amt des Secretario de Estado geschaffen (siehe Anderson, Matthew Smith, The Rise of modern diplomacy, 1450–1919, London 1993, 78). Aus der Figur des Günstlingministers wiederum entwickelte sich das Amt des heutigen Premierministers, eines ersten Ministers ohne klar abgegrenztes eigenes Ressort, der mit der Leitung der Regierung und der Koordination der verschiedenen Ministerien betraut ist. – Diesem Befund widerspricht Scott, Hamish M., The rise of the first minister in eighteenth-century Europe, in: History and Biography. Essays in honour of Derek Beales, hrsg. v. T.C.W. Blanning / David Cannadine, Cambridge 1996, 21–52, hier 32, dem zufolge die Günstlingminister des 18. Jahrhunderts eher »traditional figures« und keine Vorläufer der späteren Premierminister gewesen seien. Er führt ihr Erscheinen auch nicht auf den Ausbau der Verwaltung zurück, bleibt alternative Erklärungen jedoch schuldig. 111 Außerdem trug den Titel unter der Regierung Ludwigs XVI. in den Jahren 1787 bis 1789 Étienne Charles de Loménie de Brienne (* 1724, † 1794). 112 Siehe Emich, Bürokratie, 10 ff.

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Dank für treue Dienste mit Ämtern, Geld und sonstigen Gunstbeweisen. Auch der Günstlingminister am französischen Hof nahm die Aufgaben eines Patronagemanagers der Krone wahr: Er kontrollierte den Zugang zum Herrscher und übernahm an dessen Stelle die Verteilung der Grâces. Unter Grâces versteht man königliche Gunstbeweise in Form von Titeln, Ämtern und Pensionen. Wer bestimmte Titel und Gelder zugesprochen bekommen wollte, wer Unterstützung in Erb- und Besitzstreitigkeiten suchte oder ein Amt anstrebte, musste sich an den Hof wenden oder einen Fürsprecher finden, der seine Interessen dort vertrat. Die Bedeutung des Hofes als Patronagezentrum wuchs parallel mit dem Ausbau und der Zentralisierung der Verwaltung schrittweise an: Der Krone gelang es, immer größere Patronageressourcen in ihren Händen zu konzentrieren, so dass der König zum obersten und in letzter Konsequenz zum alleinigen Patron wurde. Indem sich die Klientelnetzwerke am Hof zentrierten, trugen sie zur Stärkung der königlichen Autorität bei113. Jedoch konnte der Monarch die Verteilung der Gnadenerweise nicht selbst übernehmen – diese Position und die notwendigerweise ungleiche Verteilung hätten dem Ideal des Monarchen als gleichmäßigem Gnadenquell widersprochen. Um daraus entstehenden normativen Konflikten vorzubeugen, sprang der Günstlingminister als Patronageverwalter der Krone ein. Darüber hinaus fiel dem Günstlingminister der Frühen Neuzeit auch die Funktion eines Mittlers zwischen Monarch einerseits und Staatssekretariaten und Büros andererseits zu114. Der Bedarf eines Koordinators an dieser Schnittstelle entstand, weil die zentralen Regierungs- und Verwaltungsorgane ausgebaut und aus dem Haushalt und dem Hof des Herrschers ausgegliedert wurden. In den Händen des Günstlingministers, der zwischen dem Monarchen und den Behörden stand, liefen die verschiedenen Stränge zusammen: Der Günstlingminister hatte den Überblick über alle laufenden Angelegenheiten, konnte Kontakte vermitteln und die Fülle an Informationen für den Monarchen bündeln, auswählen und weiterleiten. Er wohnte jeder Conseil-Sitzung bei (was umso bedeutsamer war angesichts der Tatsache, dass die Besprechungen der Conseils nicht schriftlich protokolliert wurden115), er war zu allen Vier-

113 Siehe Kettering, Patrons. 114 Duindam, Jeroen, Vienna and Versailles. The Courts of Europe’s Dynastic Rivals, 1550–1780, Cambridge 2003, 230, nennt den Favoriten einen »intermediary« zwischen König und Ministern. 115 Siehe Antoine, Le Conseil, XIII. Was an Dokumenten von den Conseils überliefert ist, sind dementsprechend fast ausschließlich die Arrêts, die in den Sitzungen beschlossen wurden. Eine Ausnahme bildet der Conseil de Régence, in dem Protokoll geführt wurde.

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Augen-Gesprächen des Königs mit den Ministern zugelassen116 und führte den Schriftverkehr des Monarchen mit den Behörden117. Dem Günstlingminister oblag so neben der Kontrolle über die Hofgesellschaft über seine Tätigkeit als Klientelverwalter auch die Koordination der Behördenarbeit. Die Vorteile, die sich mit dem Günstlingminister verbanden, liegen auf der Hand: Er konnte eine Effizienz gewährleisten, die auf anderem Wege nicht zu erreichen gewesen wäre. Er konnte Gremien, die aufgrund ihrer zunehmenden Verrechtlichung und Formalisierung schwerfällig wurden, umgehen und seine Klientelbeziehungen gewinnbringend einsetzen118. Vor dem Hintergrund der skizzierten Entwicklungen und der Aufgaben, die sich an der Schnittstelle zwischen Monarch, Ministern und Hofgesellschaft ergaben, wird deutlich, weshalb der Günstling in der Frühen Neuzeit in den Blickpunkt geriet: Wo bereits ein Verwaltungssystem existierte, das Entscheidungsprozesse zu formalisieren suchte, wurde die Übertragung von Befugnissen ohne rechtliche Grundlage besonders deutlich wahrgenommen. Die Stellung des Vertrauten, dem der Herrscher ad hoc Aufgaben übertrug, erschien vor dem Hintergrund der allgemeinen Bürokratisierungstendenzen als »Ausnahmeposition,« als »Überbleibsel älterer Herrschaftsmethoden«119, die auf personalen Bindungen beruhten. Zugleich war der Günstlingminister notwendig, um eben diesen Bürokratisierungs- und Staatsbildungsprozess zu stützen. Weniger denn als Zeichen von Schwäche einzelner Herrscherpersönlichkeiten lässt sich demnach die Figur des Günstlingministers als systemnotwendiges Element begreifen. Sein Aufkommen war die Folge struktureller Veränderungen in der Organisation des Hofes und der Behörden und zeigte nicht zwangsläufig den mangelnden Herrschaftswillen einzelner Fürsten an: Sonst hätte sich der Günstlingminister nur vereinzelt dort gezeigt, wo vermeintlich schwache Herrscher die Krone innehatten. Ludwig XIV., der Urgroßvater Ludwigs XV., war überzeugt gewesen: Niemals dürfe ein Monarch die Regierungsgeschäfte an einen Günstling oder einen Premier ministre abtreten. Zwar sei es wichtig, den Rat des Conseils anzuhören, jedoch müsse der Herrscher stets selbst entscheiden und regieren. Diesen Ratschlag erteilte der französische König seinem Enkel (und Onkel Ludwigs XV.), dem Duc d’Anjou, als dieser sechzehnjährig im Jahr 1700 als künftiger spanischer König Philipp V. nach Madrid aufbrach: 116 Siehe Campbell, Peter R., Power and Politics in Old Regime France, 1720–1745, London 1996, 182. 117 Siehe Asch, Lumine solis, 26. 118 Siehe ebd., 28. – Siehe auch ders., Schlussbetrachtung, 522. 119 Ebd., 530.

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»Lassen Sie sich nicht regieren; seien Sie der Meister; haben Sie niemals Günstlinge oder einen Premier ministre; hören Sie zu, fragen Sie Ihren Conseil um Rat, aber entscheiden Sie selbst: Gott, der Sie zum König gemacht hat, wird Ihnen alle Weisheit geben, die nötig ist, solange Sie gute Absichten haben.«120

Ludwig XIV. wusste, wovon er sprach, hatte er doch selbst lange Zeit an der Seite eines mächtigen Günstlingministers gestanden. Während der Jahre seiner Unmündigkeit hatte die politische Macht nicht bei ihm, sondern bei Kardinal Mazarin gelegen121. Erst nach dem Tod Mazarins am 9. März 1661 hatte der inzwischen 22-jährige König die Gelegenheit ergriffen und angekündigt, dass es keinen weiteren »Großgünstling« vom Schlage Mazarins geben werde122. Stattdessen, so der junge König, werde er selbst die Alleinregierung übernehmen. In seinen später entstandenen Memoiren liest sich seine Entscheidung folgendermaßen: »Ich beschloss vor allen Dingen, keinen ersten Minister zu nehmen, […] denn nichts ist unwürdiger, als auf der einen Seite alle Funktionen und auf der anderen Seite allein den Titel des Königs zu sehen.«123

Mit seiner entschlossenen Ankündigung weckte er die Vorstellung eines einschneidenden Wandels. Der Günstling als »historisches Strukturelement«124 120 Louis XIV, Mémoires, 256: »[N]e vous laissez pas gouverner; soyez le maître; n’ayez jamais de favoris ni de premier ministre; écoutez, consultez votre conseil, mais décidez: Dieu, qui vous a fait roi, vous donnera toutes les lumières qui vous sont nécessaires, tant que vous aurez de bonnes intentions.« 121 Ludwig XIV. (* 1638, † 1715) wurde im Alter von vier Jahren zum König erhoben, seine Mutter Anne d’Autriche, Witwe Ludwigs XIII., übernahm die Regentschaft für ihren minderjährigen Sohn und ernannte Jules Mazarin (eigentlich: Giulio Mazarini), Duc de Nevers und seit 1641 ausgezeichnet mit der Kardinalswürde, zum neuen Premier ministre. Zuvor hatte von 1624 an Armand-Jean du Plessis, Duc de Richelieu und seit 1622 Kardinal, als Erster Minister die Regierungsgeschäfte für Ludwig XIII. geführt. Er war 1616 von Maria von Medici, der Mutter Ludwigs XIII., zum Staatssekretär ernannt worden und starb im Dezember 1642, fünf Monate vor König Ludwig XIII. – Zu Richelieu als Günstlingminister siehe Moote, Alanson Loyd, Richelieu as chief minister: a comparative study of the favorite in early seventeenth-century politics, in: Richelieu and his Age, hrsg. v. Joseph Bergin / Laurence W. B. Brockliss, Oxford 1992, 13–44. 122 Siehe Horowski, Das Erbe des Favoriten, 77. – Horowski hat den Begriff des »Großgünstlings« mit Blick auf Richelieu und Mazarin geprägt, um ihren Vorsprung an Macht und Einfluss gegenüber späteren Günstling-Generationen hervorzuheben. 123 Louis XIV, Mémoires, 20: »[…] je résolus sur toutes choses de ne point prendre de premier ministre […], rien n’étant plus indigne que de voir d’un côté toutes les fonctions, et de l’autre le seul titre de Roi.« 124 Horowski, Das Erbe, 77.

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schien 1661 mit einem Schlag von der Bildfläche verschwunden zu sein – wer sollte sein Erbe antreten? Ludwig XIV. war es nicht allein, ebenso wenig sein wachsender Verwaltungsapparat – entgegen der lange Zeit verbreiteten Vorstellung, der zufolge die »Favoritenherrschaft à la Mazarin« übergangslos in den »modernen Administrativstaat«125 mit Beamten quasi modernen Typs umgewandelt worden sei. Leonhard Horowski hat gezeigt, dass dieses Bild zu kurz greift: Weniger als eine »radikale Veränderung« habe die Entscheidung von 1661 vielmehr eine nur »graduelle […] Modernisierung des politischen Systems« bewirkt126. Die Umwandlung des Systems, die erst sehr viel später zur Verbannung vormoderner, personaler Elemente aus der politischen Praxis führte, habe sich über einen Zwischenschritt vollzogen, in dem die vormalige Macht des Günstlings unter verschiedenen Personen am Hof aufgeteilt worden sei. Nicht einer allein, sondern mehrere Einzelpersonen seien an die Stelle des ehemaligen Günstlingministers getreten. Mit der Entscheidung Ludwigs XIV., keinen neuen Ersten Minister zu ernennen, sondern allein zu regieren, gewannen die Verhältnisse am Hof dementsprechend an Komplexität hinzu: Durch die Verteilung der königlichen Gunst auf mehrere Personen und Faktionen war die innerhöfische Zweiteilung in Befürworter und Gegner des Günstlings aufgebrochen. In einem polyzentrischen System nahm die Rivalität unter den verschiedenen Familien um dauerhaft machtvolle und prestigeträchtige Positionen am Hof zu. Diese Rivalität unter den einzelnen Günstling-Erben diente der Stärkung des Monarchen. Sie schuf ein labiles Gleichgewicht und war durchaus beabsichtigt, wie aus den Memoiren Ludwigs XIV. hervorgeht: Der Monarch riet seinem Sohn, er solle stets mehrere Vertraute haben, denn die gegenseitige Eifersucht und Konkurrenz dienten als natürliche Regulatoren127. Die Erben des Günstlings am Hof Ludwigs XIV. gehörten drei Gruppen an: Sie waren Minister, Mätressen oder hatten andere wichtige Posten am Hof und im Militär inne128. Unter Ludwig XIV. konnten zunächst die Staatssekre125 Ebd., 123. 126 Ebd., 79. Die Vorstellungen eines radikalen Wandels beruhten laut Horowski auf »rückprojizierten Wunschvorstellungen und […] blindem Vertrauen in die Übertreibungen polemischer Zeitgenossen und in das idealisierte Selbstbild des Monarchen.« 127 Siehe Louis XIV, Mémoires, 214. 128 Siehe Horowski, Das Erbe, 82 f. und 87. Weniger als die mächtigen Minister und Mätressen standen die übrigen Erben des Günstlings im Blickfeld des höfischen Interesses. Sie waren entweder hohe Militärs wie Louis II de Bourbon, prince de Condé, und Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne, die ohnehin zu den ehrwürdigsten Familien des Königreichs mit den engsten Verbindungen zum Monarchen gehörten, oder aber Aufsteiger nach Art von Antoine Nompar de Caumont, duc de Lauzun, der

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täre Colbert, Le Tellier und Louvois als Oberhäupter zweier Ministerialclans großen Einfluss gewinnen. An der Schnittstelle von Staatssekretariaten und Monarch konnten sie Funktionen des ehemaligen Günstlingministers übernehmen. Indes verstand es der König, die Gegensätze zwischen beiden Clans zu nutzen und sie gegeneinander auszuspielen, so dass niemals ein Einzelner und seine Familie die Oberhand bekam129. Im Spannungsfeld der beiden Ministerialclans konnten auch einzelne Mätressen an Einfluss hinzugewinnen, namentlich waren dies die Duchesse de La Vallière130, die Marquise de Montespan131, vor allem aber die Marquise de Maintenon132. Wie einzelnen Mätressen vor ihr gelang es auch Madame de Maintenon, in den folgenden Jahren als königliche Patronagemanagerin immer stärker in den Vordergrund zu treten, zunächst noch in Verbindung mit den Colberts, schließlich in engerer Allianz mit dem hofadeligen Clan der Noailles. Dabei hatte Ludwig XIV. seine Nachfolger ebenso wie vor männlichen Günstlingen auch vor deren weiblichen Äquivalent, der Mätresse, gewarnt: Sie sei die gefährlichste aller Favoriten133. Keinesfalls solle man mit einer Frau über wichtige Angelegenheiten sprechen, denn unweigerlich würde man von als der erste offensichtliche Königsgünstling gelten kann. Die Zahl dieser Favoriten blieb jedoch während der gesamten Regierung Ludwigs XIV. gering. 129 Als Angehörige der Noblesse de robe waren die Minister noch weitaus mehr als die Familien des Hofadels auf die Gunst des Königs angewiesen. Heiratsallianzen sollten ihrer Stellung zusätzliche Sicherheit verschaffen, führten jedoch häufig zu einer Schwächung der großen Familien des Amtsadels: Mit dem Tod Colberts 1683 und mehr noch dem Tod Louvois’ im Jahr 1691 lässt sich ein Machtverlust der Ministerialfamilien der Noblesse de robe zugunsten der Noblesse d’épée konstatieren. Immer mehr, so Horowski, hätten auch in ehemals ministeriellen Clans die hofadligen Akteure dominiert. 130 Françoise-Louise de La Baume-le-Blanc (* 1644, † 1710), demoiselle de La Vallière, seit 1667 Duchesse de La Vallière, Mätresse Ludwigs XIV. von 1661 bis 1674. 131 Françoise-Athénaïs de Rochechouart de Mortemart (* 1640, † 1707), demoiselle de Tonnay-Charente, seit 1663 marquise de Montespan, Mätresse Ludwigs XIV. von 1667 bis 1691. 132 Françoise d’Aubigné de Surineau (* 1635, † 1719), demoiselle d’Aubigné, seit 1674 Marquise de Maintenon, Mätresse Ludwigs XIV. zwischen 1679 und 1715. 133 Siehe Louis XIV, Mémoires, 225: »On attaque le cœur d’un prince comme une place. Le premier soin est de s’emparer de tous les postes par où on en peut approcher. Une femme adroite s’attache d’abord à éloigner tout ce qui n’est pas dans ses intérêts; elle donne du soupçon des uns et du dégoût des autres, afin qu’elle seule et ses amis soient favorablement écoutés, et si nous ne sommes en garde contre cet usage, il faut, pour la contenter elle seule, mécontenter tout le reste du monde.« Deutsche Übersetzung bei Hanken, Caroline, Vom König geküsst. Das Leben der großen Mätressen, Berlin 1996, 120.

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ihr beeinflusst werden. Weil man ihr zugeneigt sei, könne man ihren schlechten Ratschlägen nicht widerstehen und mache sich ihre Positionen zu Eigen. Dabei verstünden Frauen nichts von Politik und gäben, so der König, stets die falschen Ratschläge, weil sie falsche Prioritäten setzten. Nur wenn man ihnen keinen Anteil an den Geschäften einräume, könne man sich dem Einfluss der Frauen entziehen134. Nach dem Tod Ludwigs XIV. übernahm Philippe d’Orléans für acht Jahre die Regierungsgeschäfte. Auch nach der Volljährigkeit Ludwigs XV. im Februar 1723, die das Ende der Régence bedeutete, und dem Tod des Regenten wenige Monate danach ging die Leitung der Geschäfte indes nicht an den jungen König über: Noch fast zwei Jahrzehnte lang gaben am französischen Hof mächtige Günstlinge den Ton an. Erst der Tod des letzten unter ihnen, des Kardinals Fleury, am 29. Januar 1743 brachte Ludwig XV. der Selbstregierung, die sein Urgroßvater als Idealzustand definiert hatte, näher. Die Jahre der Günstlingsherrschaft, die auf das Ende der Regentschaft folgten, wurden bisweilen als Verlängerung der Régence interpretiert135. Jedoch hebt Michel Antoine zu Recht die grundlegenden Unterschiede zwischen der Herrschaft des Regenten und der eines Günstlingministers hinsichtlich ihrer institutionellen Stellung und den damit einher gehenden Befugnissen hervor: Anders als der Regent, der im Namen des minderjährigen Souveräns die königliche Autorität in ihrer Vollständigkeit innehatte und somit ein öffentliches Amt ausübte, das unabhängig von seiner und der Person des Prinzen war, konnte der Premier ministre nie selbst im Besitz der souveränen Macht sein: Diese war dem König oder dem Regenten vorbehalten; der Premier ministre konnte stets nur stellvertretend an ihr beteiligt werden. »Seine Funktionen banden [den Premier ministre] an die Person des Prinzen und nicht an die Monarchie, sein Dasein verdankte er allein dem Willen des Königs und nicht der Verfassung des Königsreichs«136, schreibt Michel Antoine. Ludwig XV. verlieh insgesamt drei Mal den Titel des Premier ministre, an den Abbé Dubois 1722, den Duc d’Orléans im August 1723 und den Duc de Bourbon im Dezember 1723. In allen drei Fällen übten die jeweiligen Minis134 Siehe Louis XIV, Mémoires, 225. 135 So zum Beispiel bei Monthyon, Antoine Jean Baptiste Robert Auget de, Particularités et observations sur les ministres des finances de France les plus célèbres, depuis 1660 jusqu’en 1791, Paris 1812, 387–388, der schreibt: »la régence, et les ministères du cardinal Dubois, du duc d’Orléans, du duc de Bourbon, du cardinal de Fleury […] peuvent être considérés comme des régénces prorogées […].« 136 Antoine, Le Conseil, 202. »[S]es fonctions le rattachaient à la personne du prince et non à la monarchie, son être tenait de la seule volonté du Roi et non de la constitution du Royaume.«

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ter diese Funktion nur über einen kurzen Zeitraum aus137. Als der letzte Premier ministre Duc de Bourbon 1726 in Ungnade fiel, verkündete Ludwig XV. erstmals seine Alleinherrschaft138. Um seinen Anspruch zu unterstreichen, ließ er den Titel des »principal ministre« abschaffen. Jedoch legte er zugleich fest, dass Kardinal Fleury an allen Treffen mit seinen Ministern teilnehmen werde, wie es bereits zuvor – während der Jahre der drei Premiers ministres – der Fall gewesen war. Damit ging die Leitung der Geschäfte faktisch an Fleury. Für die Jahre der Regierung Ludwigs XV. verkörpert er idealtypisch den Typus des Günstlingministers, ohne jemals den Titel des Premier ministre zu tragen139. André Hercule Cardinal de Fleury war 1653 als Sohn einer wohlhabenden, nichtadligen Familie geboren worden140 und daher dringender als die hochadligen Premiers ministres auf den Rückhalt durch den König angewiesen: Innerhalb der Hofgesellschaft verfügte er über keinen familiären Rückhalt141. Fleury war 1717 als Erzieher des siebenjährigen Ludwigs XV. an den Hof gekommen. Er gewann rasch das Vertrauen und die Gunst seines Schülers und legte so den Grundstein zu seiner politischen Karriere. Unzählige Gunsterweisungen 137 Zu Abbé Dubois gibt es die Biographie von Bliard, Pierre, Dubois. Cardinal et premier ministre (1656–1723), 2 Bde., Paris 1901, dazu aus jüngerer Zeit Chaussinand-Nogaret, Guy, Le Cardinal Dubois, Paris 2000. Siehe auch den ausführlichen Artikel zu Dubois (einschließlich Quellen- und Literaturverweisen) von Jean-Christian Petitfils in Bély, Lucien (Hrsg.), Dictionnaire des ministres des Affaires étrangères (1589–2004), Paris 2005, 111–118. Zu Henri Duc de Bourbon siehe ebd., 126–128, außerdem Lanoye, Sébastien, Le duc de Bourbon, Premier ministre de Louis XV. Positions des thèses de l’École des chartes, Paris 1999, 259–264. 138 Siehe Marais, Mathieu, Lettres, hrsg. v. Henri Duranton (Correspondance littéraire du Président Bouhier, 8–14), Saint-Étienne 1980–1988, 7 Bde., hier Bd. 2, 48, Discours du Roi en son Conseil: »Le 15 juin 1726. Il était temps que je prisse moi-même le gouvernement de mon État […]. […] j’ai jugé nécessaire de supprimer et d’éteindre le titre et les fonctions de premier ministre. […] Mon intention est que tout ce qui regarde les fonctions des charges auprès de ma personne soit sur le même pied qu’elles étaient sous le feu Roi mon bisaïeul. […] Enfin, je veux suivre en tout l’exemple du feu Roi mon bisaïeul.« 139 Zur Gunst, die nicht auf Freundschaft oder Erotik, sondern auf einem Vertrauensverhältnis ähnlich einer Vater-Sohn-Beziehung beruht, siehe Asch, Schlussbetrachtung, 517. 140 Zu Fleury und der von ihm geprägten Regierungsphase siehe ausführlich Campbell, Power and politics. Darin auch die verschiedenen Etappen von Fleurys Aufstieg zum Erzieher und späteren Premier ministre Ludwigs XV. Zu Fleury als Günstlingminister Ludwigs XV. siehe auch Antoine, Louis XV, 311–351 (Kapitel 7: La France de M. le Cardinal). 141 In dieser Hinsicht ähnelte seine Stellung zunächst derjenigen der ebenfalls nichtadlig geborenen Madame de Pompadour. Im September 1726 stellte ihn die Verleihung der Kardinalswürde durch den Papst auf eine Rangstufe mit den Princes du sang.

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in den folgenden Jahren machten seine besondere Stellung sichtbar142. Die Protektion von Seiten des Regenten und die Gunst des jungen Königs schützten Fleury auch vor den Angriffen der jeweiligen Premiers ministres, denen seine Stellung ein Dorn im Auge war. Nach dem Tod des Duc d’Orléans und der Ernennung des Duc de Bourbon zu seinem Nachfolger kristallisierte sich die Rivalität zwischen dem engsten Vertrauten des Königs, Fleury, und dem offiziell leitenden Minister, Duc de Bourbon, immer deutlicher heraus: War Kardinal Fleury nicht zugegen, äußerte sich Ludwig XV. dem Duc de Bourbon gegenüber nicht in Sachfragen. An allen Besprechungen, die zwischen dem Ersten Minister und dem König stattfanden, nahm der Kardinal teil. Seit 1723 war er Ministre d’État und damit berechtigt, den Conseil-Sitzungen beizuwohnen. Durch seinen exklusiven Zugang zum König und das Vertrauen, das dieser ihm entgegenbrachte, lag das letzte Wort in der Regel bei Fleury. Er fungierte als Ansprechpartner für auswärtige Gesandte und Botschafter, entschied über die Besetzung von Ministerposten und Kirchenämtern, über die Vergabe von Titeln, Geldern und sonstigen Gunsterweisen. Durch seine Hände gingen alle laufenden Geschäfte der Krone. Fleury scheint den jungen König auch wiederholt ermutigt zu haben, selbst zu regieren. Ludwig XV. jedoch überließ Fleury bis zum Schluss die Führung und ließ die Gelegenheiten zur Demonstration seiner Alleinherrschaft ungenutzt verstreichen143. Luynes mutmaßte, Ludwig XV. habe sich im Laufe der Jahre schlichtweg daran gewöhnt, dass nicht er, sondern jemand anders an seiner Stelle regiere. Er zeige daher keinerlei Ungeduld, die Geschäfte selbst in die Hand zu nehmen144. Nachdem der Kardinal Fleury am 29. Januar 1743 fast 90-jährig gestorben war, stieg zunächst der Duc de Noailles zur einflussreichsten Person im Umfeld des Monarchen auf. Noailles kannte Ludwig XV. bereits seit dessen Kindheit und fungierte nach Fleurys Tod als väterlicher Berater des Königs, mit dem er zu dieser Zeit einen Briefwechsel initiierte, der über Jahre Bestand haben

142 1717 Aufnahme in die Académie française, 1720 Aufnahme in den Conseil des affaires ecclésiastiques, 1725 Ernennung zum Grand aumônier der Königin, 1726 Surintendant général des Postes et Relais de France, 1731 Ehrenmitglied der Académie des sciences. 143 Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 5, 94, 26.7.1743. »On prétendait même que M. le Cardinal avait essayé plusieurs fois de l’engager à annoncer au moins les grâces à ceux à qui il les accordait; mais ce qui paraîtra sans doute singulier, un fonds de timidité naturelle, un embarras, a toujours fait une partie du caractère de ce prince.« 144 Ebd., 93, 26.7.1743. »Le roi paraît, jusqu’à présent, peu frappé de la situation des affaires […]. Accoutumé de tous les temps à se rapporter entièrement à quelqu’un du gouvernement de son royaume, il n’a jamais marqué d’impatience de gouverner luimême.«

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sollte145. Am 10. März 1743 wurde Noailles’ Berufung in den Conseil verkündet – ein Schritt, mit die übrigen Minister sich nicht einverstanden zeigten: Sie fürchteten eine zu mächtige Stellung Noailles’, wie der den Ministerkreisen nahe stehende Argenson wenige Wochen nach Fleurys Tod notierte: »Das Auftauchen des Maréchal [de Noailles] im Rat macht den Ministern das Leben sehr schwer; er ist kein Premier ministre, aber ein lästiger Aufpasser, der ihnen an die Seite gestellt worden ist, der sich in alles einmischt, obwohl er keinerlei Befugnis hat.«146

Indes schien Noailles nicht die Absicht zu verfolgen, sich selbst an die Stelle des Premierministers zu setzen147. Vielmehr versuchte er, den Monarchen davon zu überzeugen, dass es das Beste sei, wenn er die Regierung selbst in die Hand nehme. In einer Denkschrift legte Noailles dem König seine Argumente dar und überreichte sie gemeinsam mit einer Abschrift der Instruktionen Ludwigs XIV. für seinen Enkel, den Duc d’Anjou, aus dem Jahr 1700. Nicht zuletzt durch die Konfrontation mit der Mahnung seines Vorgängers scheint der Druck auf Ludwig XV. gestiegen zu sein, keinen Premier ministre zu ernennen148. Tatsächlich verkündete der König 1743 – nun bereits zum zweiten Mal –, dass er keinen neuen Premier ministre auswählen werde, weder nominell noch faktisch, und dieses Mal setzte er die Ankündigung auch weitgehender um als beim ersten Mal149: In den Jahren nach Fleurys Tod stieg keiner seiner Vertrauten und Minister zu einer Position auf, die jener des mächtigen Günstlings Fleury vergleichbar gewesen wäre. Ein Teil der Funktionen des 145 Siehe Rousset, Camille (Hrsg.), Correspondance de Louis XV et du Maréchal de Noailles, 2 Bde., Paris 1865. 146 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 4, 212 f., 9.4.1743. »La survenue du maréchal dans le conseil rend la vie très dure aux ministres; ce n’est pas un premier ministre, mais c’est un inspecteur importun qui leur a été donné, lequel se mêle de tout, quoiqu’il ne soit maître de rien.« – Auch Barbier, Edmond Jean François, Journal historique et anecdotique du règne de Louis XV, 4 Bde., hrsg. v. Arthur Nouail de La Villegille, Paris 1847–1856, hier Bd. 2, 360, März 1743, erwähnt die Skepsis der Staatssekretäre der neuen Macht Noailles gegenüber: »Ce nouveau ministre ne plaît pas à nos secrétaires d’État; il a infiniment d’esprit, sait de tout, possède mieux qu’eux ce qui regarde la justice, et il a été à la tête des finances [i.e. 1715–1718: Président du Conseil de Finance]. Vis-à-vis du roi, il a un âge et des dignités respectables et il est allié à toute la cour.« 147 Siehe Rousset, Correspondance de Louis XV et du Maréchal de Noailles, Bd. 1, XXX ff. 148 Siehe Campbell, Power and politics, 182. 149 Ludwig XV. plante, nachdem der Staatssekretär der Auswärtigen Angelegenheiten, Amelot de Chaillou, am 26. April 1744 das Amt niedergelegt hatte, auch diese Funktion selbst zu übernehmen – wie es Friedrich II. in Preußen tat. Nach wenigen Monaten jedoch übertrug er sie an den Marquis d’Argenson.

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ehemaligen Günstlings, die Leitung und Koordination der Staatssekretariate, ging in die Hände der einzelnen Minister und Staatssekretäre über150, einen Teil übernahm vorerst der väterliche Berater Noailles. Die Funktionen, die darüber hinaus an die Figur des Günstlingministers gebunden gewesen waren, wurden, ähnlich wie 1661 bei Ludwig XIV., von mehreren Personen und Gruppen am Hof übernommen. So führte der Verzicht Ludwigs XV. auf einen Ersten Minister, der anders als bei seinem Vorgänger nicht auf einem frei gefassten Entschluss beruhte, sondern auf Drängen seiner Umgebung zustandegekommen war, nicht zu einer Stärkung des königlichen Einflusses, sondern im Gegenteil zu einer Schwächung des Königs und einer gleichzeitigen Stärkung der Minister und ihrer Staatssekretariate. Aber nicht nur sie konnten an Macht hinzugewinnen: Zu den Personen, für die sich durch den Wegfall des Günstlingministers Machtchancen eröffneten, gehörte auch Madame de Pompadour, die Mätresse Ludwigs XV., die zwei Jahre nach Fleurys Tod erstmals in Versailles erschien.

3.  Die Mätresse 3.1  Jeanne-Antoinette Poisson, verheiratete Le Normant d’Étiolles

Im Jahr 1752, neun Jahre nach Fleurys Tod, schien die Nachfolge des mächtigen Kardinals geklärt: Der Marquis d’Argenson berichtete, dass die Marquise de Pompadour höher als jemals zuvor in der Gunst des Königs stehe und dass sie sich ihrer Stellung rühme, kurzum: dass die Marquise »un cardinal de Fleury et demi«151 sei, denn ihre Macht gehe noch über die des ehemaligen Günstlings hinaus. Die spätere Marquise de Pompadour wurde als Jeanne-Antoinette Poisson am 30. Dezember 1721 in Paris geboren152. Ihre Eltern waren François Poisson und Louise Madeleine de La Motte. François Poisson, Sohn eines Webers, arbeitete für die wohlhabenden Financiers Jean Pâris de Montmar150 Die Folge war, dass nach anfänglicher Irritation die Staatssekretäre in ihren Ressorts mehr Macht entfalten konnten. Anschließend herrschte, so Campbell, Power and politics, 7, eine »ministerial anarchy.« 151 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 9, 39, 24.8.1752: »La marquise de Pompadour a plus de crédit que jamais, et s’en vante; elle est, dit-on, un cardinal de Fleury et demi.« 152 Zu biographischen Aspekten siehe am ausführlichsten in der letzten Zeit Lever, Pompadour, 2003. Die deutsche Übersetzung ist 2006 erschienen: Lever, Évelyne, Madame de Pompadour: eine Biographie. Aus dem Französischen von Annalisa Viviani, München 2006.

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tel und Joseph Pâris-Duverney153, die seit 1690 hauptverantwortlich für die Versorgung und Ausstattung der französischen Armee waren. Als mächtige Gläubiger der französischen Krone verfügten sie über gute Kontakte zum Hof. Das Milieu der Finance, dem Jeanne-Antoinette durch ihre Geburt angehörte, war die aufstrebende Schicht von wohlhabenden Bankiers und Generalsteuerpächtern, den Fermiers généraux, die im Frankreich des 18. Jahrhundert an den Hof drängten und den Anschluss an den Zweiten Stand, die Noblesse de robe und Noblesse d’épée, suchten154. Obwohl ihre Töchter und Söhne von den Angehörigen des Adels als nicht standesgemäß betrachtet wurden, zeigen die regen Kontakte und die steigende Zahl der Eheschließungen zwischen Finance und Noblesse155, dass die Steuerpächter im Verlauf des Jahrhunderts ihrem Ziel eines ständischen Aufstiegs schrittweise näher kommen konnten. Zwar orientierten sie sich in ihrem Lebensstil und ihren Wertvorstellungen am Hofadel und suchten dessen Anerkennung, jedoch bewirkten sie selbst durch ihre Zurschaustellung von Reichtum und Luxus einen gesellschaftlichen Wandel, der sich nicht zuletzt in der Figur der späteren Madame de Pompadour spiegelte: Sie war die erste Angehörige ihres Standes, die zur königlichen Mätresse aufstieg156. Die Geschäfte der Brüder Pâris liefen gut: 1724 wurde Pâris de Montmartel zum Banquier de la Cour und Garde du Trésor royal ernannt und hatte damit die höchsten und teuersten Ämter inne, die in der Finanzwelt zu erlangen waren. Sein Bruder Pâris-Duverney wurde 1725 zum Conseiller d’État ernannt und durfte sich seit 1733 Directeur géneral des vivres nennen, womit ihm die gesamte Armeeversorgung unterstand. Besonders gewinnbringend für die Brüder Pâris, die selbst aus einfachen Verhältnissen stammten und erst wenige Jahre zuvor aus dem Dauphiné nach Paris gekommen waren, waren ihre guten 153 Zu den Brüdern Pâris siehe die biographische Darstellung von Pâris de Bollardière, Bernard, Joseph Pâris Duverney et ses frères, Toulon 2006. Zum Arbeitsbereich von François Poisson siehe ebd., 38, Anm. 182. – Siehe zu Pâris de Montmartel auch Dubois-Corneau, Robert, Pâris de Monmartel (sic), Jean, banquier de la Cour, receveur des rentes de la ville de Paris, 1690–1766. Origine et vie des frères Pâris, munitionnaires des vivres et financiers. Les logis de Monmartel, etc., Paris 1917. 154 Zu den Fermiers généraux und der Welt der Finance siehe grundlegend Durand, Yves, Les Fermiers généraux au XVIIIe siècle, Paris 1971, in dem der Autor vielfach Bezug auf die Marquise de Pompadour nimmt. Zur Frage der Standeszugehörigkeit der Finance siehe insbesondere 288 ff. (Buch IV, Kapitel II: L’appartenance au second ordre). 155 Ein ähnliches Phänomen zeigt sich in diesen Jahren zwischen der Noblesse de robe und der Noblesse d’épée. 156 Auch die Nachfolgerin der Marquise de Pompadour, Madame du Barry, unterhielt enge Kontakte zum Kreis der Finance. Siehe Durand, Les Fermiers, 77.

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Beziehungen zum direkten Umfeld des Königs: Pâris-Duverney etwa zählte zu den engsten Vertrauten des Premier ministre Duc de Bourbon157. Ihre Bekanntschaft mit den Brüdern Pâris zahlte sich für die Familie Poisson in mehrfacher Hinsicht aus: Schon vor der Heirat 1718 hatte es François Poisson mit ihrer Hilfe zu einem Vermögen von 100.000 livres gebracht, von dem er sich das Amt eines Secrétaire du Roi hatte kaufen können, womit de iure der Aufstieg in den Zweiten Stand verbunden war158. Nach der Heirat zeugten die zahlreichen Umzüge der Familie innerhalb der Stadt Paris von ihrem stetig wachsenden Vermögen. Nachdem sie unter anderem einige Zeit im Stadtteil Marais gewohnt hatte, bezog die Familie, zu deren Haushalt mehrere Bedienstete gehörten, ein elegantes Haus an der Ecke der Rue de Richelieu und der Rue Saint-Marc, in einer der bevorzugten Wohngegenden der Financiers159. In den kommenden Jahren protegierten die Brüder Pâris François Poisson und schickten ihn auf Missionen in die französischen Provinzen und ins Ausland. Seine Frau blieb währenddessen in Paris, wo man ihr außereheliche Beziehungen nicht nur mit dem Auftraggeber ihres Mannes, Jean Pâris de Montmartel, sondern auch mit dem einflussreichen Fermier général Charles François Paul Le Normant de Tournehem nachsagte. Die erste Tochter der Poissons, Jeanne-Antoinette, wurde wenige Tage nach ihrer Geburt in der Kirche Saint-Eustache getauft. Als Taufpate fungierte unter anderem Pâris de Montmartel. Unter den Zeitgenossen kursierte das Gerücht, dass Pâris de Montmartel der leibliche Vater des Mädchens sei, und auch der Fermier général Le Normant de Tournehem wurde als möglicher Vater gehandelt. Inwieweit die Mutmaßungen, die sich allerorten finden, ihre Berechtigung haben oder zu den zahlreichen, vielfach haltlosen Diffamierungen zählen, deren Opfer die spätere Marquise wurde, ist nicht zu sagen. Für die Marquise selbst scheint die Frage nach der Vaterschaft keine Rolle gespielt zu haben: Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie sich mit diesem Thema auseinandergesetzt hätte160.

157 Siehe Antoine, Louis XV, 151. 158 Siehe Durand, Yves, Fermiers généraux, in: Bély, Dictionnaire de l’Ancien Régime, 543. 159 Zur räumlichen Verteilung der Financiers-Schicht innerhalb der Stadt Paris siehe Durand, Les Fermiers, 445–502. Siehe auch ders., La répartition de la noblesse dans les quartiers de Paris, in: Contributions à l’histoire démographique de la Révolution française, 2e série, Paris 1965, 21–23. 160 Zur bedeutsamen Rolle der Diffamierung und Reputation im 18. Jahrhundert siehe grundlegend Farge, Arlette, Dire et Mal Dire. L’Opinion publique au XVIIIe Siècle, Paris 1992.

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Die Karriere François Poissons schien noch Einiges zu versprechen, als der berufliche Erfolg der Brüder Pâris im Jahr 1726 durch Umstrukturierungen, die der junge Ludwig XV. zusammen mit Kardinal de Fleury vornahm, zwischenzeitlich stockte161. Sie verloren vorübergehend ihre Ämter, wurden jedoch für die zwielichtigen Geschäfte, die sie zuvor in gemeinsamer Sache mit dem nun ebenfalls entlassenen Contrôleur général des finances gemacht hatten, nicht zur Verantwortung gezogen. Stattdessen verurteilt man François Poisson nach Prüfung seiner Konten, bei der Unregelmäßigkeiten ans Licht kamen, wegen Spekulation während der Weizenknappheit im Jahr zuvor zum Tod durch den Strick. Als das Urteil im April 1727 gefällt wurde, hatte Poisson Frankreich jedoch bereits verlassen und sich in Hamburg niedergelassen, von wo aus er weiterhin Kontakte zu seinen ehemaligen Vorgesetzten unterhielt, die ihm finanzielle Unterstützung zukommen ließen. Madame Poisson erwirkte nach dem Fortgang ihres Mannes die offizielle Gütertrennung und richtete sich mit ihren Kindern Jeanne-Antoinette und dem 1725 geborenen François Abel in bescheideneren Verhältnissen ein. Zu Beginn des Jahres 1729 kam Jeanne-Antoinette ins Internat zu den Ursulinen nach Poissy. Dem Orden gehörte auch eine Schwester ihrer Mutter an, Schwester Sainte Perpétue. Aus den Briefen, die ihre Tante und die Oberin des Klosters an den Vater nach Hamburg schickten, geht hervor, dass JeanneAntoinette in Poissy schnell Anschluss fand162. Sie war ein aufgewecktes Kind, das rasch lesen und schreiben lernte. Schon zu dieser Zeit litt sie aber unter einer schwachen Gesundheit: Innerhalb eines Jahres hatte sie die Röteln und mindestens zwei schwere Erkältungen163. Schon ein Jahr nach ihrem Eintritt ins Internat holte Madame Poisson ihre Tochter nach Hause zurück. Der Grund war ein nicht ganz überwundener Keuchhusten, den sich das Mädchen im Winter zugezogen hatte. Einige Monate zuvor hatte sich die Oberin bei Jeanne-Antoinettes Vater darüber beklagt, dass Madame Poisson längere Zeit 161 Siehe Pâris, Joseph Pâris, 74 ff. (Kapitel 10: Disgrâces, exils, et embastillement). 162 Der Briefwechsel ist zu finden in der Handschriftensammlung der Bibliothèque municipale de Versailles, Manuscrits, Panthéon versaillais, La Marquise de Pompadour, Nr. 2: »Sept lettres adressées à son père par la supérieure et par sa tante au couvent donnant des nouvelles de la jeune fille alors âgée de 8 ans.« Die Briefe sind außerdem veröffentlicht von Fromageot, Paul, L’enfance de Madame de Pompadour d’après des documents inédits, in: Revue de l’histoire de Versailles et de Seine-et-Oise 4 (1902), 196–207. 163 Der Gesundheitszustand der Madame de Pompadour, der in der Regel schlecht war, ist ein ständiges Thema nicht nur in ihrer eigenen Korrespondenz, sondern auch bei sämtlichen Beobachtern. Sie starb im April 1764 im Alter von 42 Jahren an einer Lungenentzündung.

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nicht mehr die Gelegenheit des Besuchstages genutzt habe, um ihre Tochter im Kloster zu sehen164. Wieder zu Hause, lebte Jeanne-Antoinette bis zur Rückkehr ihres Vaters 1736 aus Hamburg165 mit ihrer Mutter und deren Geliebten Le Normant de Tournehem zusammen. Tournehmen sorgte dafür, dass sie weiterhin eine gute Erziehung genoss: Er engagierte Lehrer, die sie in Deklamation, Gesang und Tanz unterrichten, und gab ihr die Möglichkeit, in seinem Schloss Étiolles bei Theateraufführungen der dortigen Laiengruppe mitzuwirken. Jeanne-Antoinette erwies sich als außergewöhnlich begabt. Bei einer Aufführung von Voltaires »Zaïre« war der Autor des Stücks anwesend und zeigte sich im Anschluss sehr angetan von den Fähigkeiten der Sechzehnjährigen, die er für die Tochter des Hausherrn hielt: »Die Schauspieler des Theaters von Étiolles haben mir keine Ruhe gelassen. […] Man erwartet nicht, dass Menschen, die im Grunde so wenig mit dem Theater zu tun haben, so gute Schauspieler sein können. […] Die Frauenrollen werden gespielt von Madame de Blagny und Mademoiselle Le Normant, Tochter des Generalsteuerpächters, die erst seit diesem Jahr auf der Bühne steht, die aber über alle Anlagen verfügt, um eine sehr gute Schauspielerin zu werden.«166

Jeanne-Antoinette erhielt auch die Gelegenheit, ihre künstlerische Begabung in den Pariser Salons unter Beweis zu stellen167. Die Salons waren Zentren des 164 Siehe Bibliothèque municipale de Versailles, Manuscrits, Panthéon versaillais, La Marquise de Pompadour, Nr. 2: »Sept lettres adressées à son père par la supérieure et par sa tante au couvent donnant des nouvelles de la jeune fille alors âgée de 8 ans,« Brief vom 26.9.1729. 165 François Poisson hatte von Hamburg aus die Aufhebung seines Urteils erwirkt und konnte nach Zahlung einer Kaution von 400.000 livres im Jahr 1736 nach Paris zurückkehren. 166 Siehe unter anderem Bibliothèque Calvet, Avignon, Ms. 2279, f. 127, 18.11.1737. Zitiert nach Sareil, Jean, Voltaire et les grands, Genf 1978, 104 f. »Les acteurs du théâtre d’Étiolles n’ont point voulu me laisser en repos […]. On ne s’attend point que des gens d’une condition aussi éloignée du théâtre puissent être si bons acteurs. […] Pour les rôles de femmes, ils sont remplis par Madame de Blagny et Mlle Le Normant, fille du fermier général, qui n’a commencé à jouer que de cette année, mais qui montre toutes les dispositions pour devenir une très bonne actrice.« Zum Verhältnis zwischen Voltaire und Pompadour siehe das entsprechende Kapitel in Sareil, Voltaire, 103 ff. 167 Zu den französischen Salons siehe neben Habermas, Strukturwandel, 90 ff. auch Chartier, Roger, Les origines culturelles de la Révolution française, Paris 1990. – Zur Rolle der Frauen in der Salonkultur siehe Landes, Women und aus literaturwissenschaftlicher Perpektive Baader, Renate, Die verlorene weibliche Aufklärung – Die französische Salonkultur des 17. Jahrhunderts und ihre Autorinnen, in: Gnüg / Möhrmann,

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kulturellen Lebens, in denen die Ideen der Aufklärung diskutiert wurden. Sie waren Orte der sozialen Durchlässigkeit und des ungezwungenen Umgangs über soziale Rangstufen hinweg: Ihr Publikum setzte sich aus Angehörigen des Hofadels, aber auch aus Klerikern, Schriftstellern, Gelehrten und sozialen Aufsteigern aus dem Dritten Stand zusammen. Für die wohlhabenden Fermiers généraux, die nur zu einem geringen Teil adlig waren, boten die Salons den Rahmen, in dem sie ihr Mäzenatentum pflegen und damit nicht nur ihren Reichtum, sondern auch ihren gehobenen Lebensstil unter Beweis stellen und auf soziale Anerkennung hoffen konnten168. Nicht zuletzt waren die Salons Orte der weiblichen Einflussnahme: Die meisten Pariser Salons wurden von gebildeten adligen und nichtadligen Frauen wie Madame du Tencin, Madame du Deffand, Madame Geoffrin und Mademoiselle de Lespinasse geführt169. Sie boten einen »gesellschaftlichen Fluchtraum«170, den die Frauen zur Erweiterung ihrer Bildung, mitunter auch als Anstoß für ihre eigene literarische Produktion nutzten. Dass Frauen in den Salons eine solche Rolle spielen konnten, begründet Stollberg-Rilinger mit dem »quasi-private[n] Charakter« der Salons, der kultivierten und gebildeten Frauen Möglichkeiten eröffnet habe: »Alle Geselligkeitsformen hingegen, die entweder einen höheren Grad an institutionalisierter Organisation aufwiesen oder die öffentlichen Charakter hatten, schlossen Frauen in der Regel de jure bzw. de facto aus.«171 Jeanne-Antoinette und ihre Mutter verkehrten unter anderem im Salon von Claudine-Alexandrine Guérin de Tencin, Mutter des Enzyklopädisten d’Alembert und selbst Romanautorin, in dem sie auf Staatssekretäre, Philosophen, Schriftsteller und Künstler wie Montesquieu, Abbé Prévost, Helvétius und Réaumur, Marivaux, Piron und Duclos trafen. Bei Madame Tencin machte sie auch die Bekanntschaft mit dem Duc de Richelieu, Großneffe des Kardinals und erster Kammerherr Ludwigs XV., mit dem sie seit dieser Zeit eine Freundschaft verband. In späteren Jahren war er unter den Mitwirkenden, als die Marquise de Pompadour Theater- und Opernaufführungen am Hof, in den Petits Cabinets, inszenierte, bei denen sie nicht nur die Proben leitete, Frauen Literatur Geschichte, 52–71. Grundlegend siehe Stollberg-Rilinger, Barbara, Europa im Jahrhundert der Aufklärung, Stuttgart 2000. 168 Zur gesellschaftlichen Zusammensetzung der Salons und der Rolle der Fermiers généraux als Veranstalter von Salons siehe Durand, Fermiers généraux, 543. 169 Siehe Landes, Women, 23 ff. („Salon and Salonnière«). 170 Baader, Die Salonkultur, 53. 171 Stollberg-Rilinger, Europa, 121. Als Beispiele nennt Stollberg-Rilinger die Clubs in Großbritannien, die deutschen Lesegesellschaften, aber auch die Freimaurerlogen, die keine Frauen zuließen.

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sondern in der Regel auch die weibliche Hauptrolle übernahm172. Madame de Pompadour kannte sich vorzüglich in allen Bereichen der Musik, Kunst und Literatur aus. Sie war stets interessiert an neuen Entwicklungen und förderte junge Autoren, Bildhauer und Maler. In späteren Jahren machte sie sich vor allem als Förderin der bildenden Künste einen Namen173. Auch die Einrichtung der Porzellanmanufaktur in Sèvres ging auf ihren Einfluss zurück174. Jeanne-Antoinette Poisson war siebzehn Jahre alt, als sie am 4. März 1741 Charles-Guillaume Le Normant heiratete175. Charles Guillaume war der Neffe und Alleinerbe von Le Normant de Tournehem, dem Gönner der Familie Poisson und Ziehvater Jeanne-Antoinettes, und sollte ihm in seinem Amt als Fermier général nachfolgen. Die Eheleute kannten sich seit Kindertagen, hatten nie eine besondere Zuneigung füreinander empfunden, konnten aber beide mit der Eheschließung zufrieden sein: Der junge Mann profitierte von der umfangreichen Mitgift, die seine Frau in die Ehe brachte, und für JeanneAntoinette bedeutete die Heirat einen sozialen Aufstieg. Sie war die Frau eines zukünftigen Fermier général und gehörte dem Zweiten Stand an. Damit eröffneten sich ihr neue Möglichkeiten: Zwar besuchte sie auch weiterhin den Salon der Madame de Tencin und nun auch den der Madame Geoffrin, zu dem sie zuvor keinen Zugang erhalten hatte. Man sah sie aber auch immer häufiger in jenem ihrer Schwägerin, Elisabeth Catherine, comtesse d’Estrades, die enge Kontakte zum Hof in Versailles pflegte und in ihrem Hause viele Angehörige des Hofadels empfing. Zu dieser Zeit lebte die spätere Madame de Pompadour zusammen mit ihrem Ehemann und Le Normant in einem Hôtel in der Rue Saint-Honoré, der Wohngegend der Financiers. Einige Zeit des Jahres verbrachten beide in Étiolles, einem Anwesen im Wald von Sénart, im Norden von Corbeil, das Le Normant de Tournehem gehörte.

172 Siehe dazu Kaiser, Theaters of power. 173 Siehe vor allem den Ausstellungskatalog von Salmon, Madame de Pompadour und die Künste und Posner, Donald, Mme de Pompadour as a Patron of the Visual Arts, in: Art Bulletin 72 (März 1990), 74–105. 174 Siehe Savill, Rosalind, Madame de Pompadour et Vincennes/Sèvres: chronologie d’une passion, in: Madame de Pompadour et les arts, hrsg. v. Xavier Salmon (Dossier de l’Art, 83), Paris 2002, 36–49 und dies., Sèvres-Porzellan aus dem Besitz der Madame de Pompadour in englischen und amerikanischen Sammlungen, in: Salmon, Madame de Pompadour und die Künste, 317–321. 175 Der Contrat de mariage vom 4. März 1741 findet sich veröffentlicht in: Grouchy, Emmanuel Henri Vicomte de (Hrsg.), Contrat de mariage de la Marquise de Pompadour (4 mars 1741), in: Bulletin de la Société de l’Histoire de Paris et de l’Ile de France 17 (mars-avril 1890), 50–55.

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1741 hatte Ludwig XV. Schloss Choisy in der Nähe von Étiolles gekauft und kam häufig dorthin, wenn er auf die Jagd gehen wollte. Weil sich Madame d’Étiolles, die mittlerweile Mutter einer Tochter geworden war176, in ihrer Kutsche immer wieder der königlichen Jagdgesellschaft als Zuschauerin genähert hatte, war der König bereits auf sie aufmerksam geworden und hatte ihr mehrmals Geschenke zukommen lassen. Die Brüder Pâris besaßen nicht weit von Étiolles und Choisy entfernt ebenfalls ein Schloss, Brunoy, in dem sie den König und dessen engsten Kreis empfingen. Dazu zählte auch die jeweilige königliche Mätresse, an deren Bekanntschaft den Pâris viel lag: Ein guter Kontakt zu ihr konnte sich vorteilhaft auf ihre geschäftlichen Interessen auswirken, denn als Mätresse war sie in der Position, auf den Monarchen einzuwirken177. Der Gedanke muss nahe gelegen haben, dafür zu sorgen, dass der König eine junge Frau aus dem Kreis der Pâris kennen lernen und zu seiner Mätresse erheben solle – auf diese Weise wäre der direkte Zugang zu ihm gewährleistet, und man könnte auf Vorteile für den Fortgang der Geschäfte spekulieren. Für dieses Vorhaben kam Madame d’Étiolles, Tochter der Eheleute Poisson, in Frage: Ihre Familie gehörte zur Klientel der Pâris. Neben Pâris de Montmartel und Pâris-Duverney scheinen auch Le Normant de Tournehem und Madame Poisson den Plan vorangetrieben zu haben: Voltaire notierte, dass es vor allem dem Ehrgeiz der Madame Poisson und Tournehems zuzuschreiben sei, dass der König und Jeanne-Antoinette zueinander gefunden hätten: »Ihre Mutter wurde nicht müde, zu sagen, dass sie (i. e. Jeanne-Antoinette) hübscher sei als Madame de Châteauroux, und den guten Tournehem hörte man häufig ausrufen: Man muss doch zugeben, dass die Tochter von Madame Poisson ein Leckerbissen (wörtlich: ›ein Stück für den König‹) ist.«178 176 Alexandrine war das einzige Kind aus der Verbindung der späteren Madame de Pompadour mit ihrem Ehemann Le Normant d’Étiolles. Ein erstes Kind, ein Junge, den Jeanne-Antoinette am 29. Dezember 1741 zur Welt gebracht hatte, war nach wenigen Monaten gestorben. Alexandrine, geboren am 10. August 1744, lebte seit 1746 wie ihre Mutter am Hof, bevor sie zur weiteren Erziehung ins vornehme Couvent de l’Assomption nach Paris gegeben wurde. Dort starb sie am 15. Juni 1754 innerhalb kürzester Zeit an einer akuten Bauchfellentzündung. 177 Es scheint, als hätten die Brüder Pâris bereits mit der ersten Mätresse des Königs, Madame de Mailly, in Kontakt gestanden: Pâris, Joseph Pâris, 20, führt an, dass die Brüder Pâris 1711 in Bercy ein Haus errichtet hätten (das so genannte »Pâté Pâris«), das sie später der Madame de Mailly zur Verfügung gestellt hätten, damit diese dort ungestörte Treffen mit Ludwig XV. wahrnehmen konnte. 178 Voltaire, François-Marie Arouet, Mémoires pour servir à la vie de M. de Voltaire, écrits par lui-même, hrsg. v. Louis Lecomte, Paris 1993, 68 f.: »Sa mère [i.e. Madame Poisson] ne cessait de lui dire qu’elle était plus jolie que Madame de Châteauroux, et le

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Im Dezember 1744 wurde mit dem Tod der Madame de Châteauroux der Platz der Geliebten an der Seite des Königs frei, und es schien selbstverständlich, dass er wieder besetzt werden würde179. Die Maîtresse en titre war fester Bestandteil des höfischen Patronagesystems und der herrscherlichen Repräsentation. Es konnte immer nur eine Maîtresse en titre geben, und sobald die Stelle an der Seite des Königs frei wurde, weil die frühere Favoritin gestorben oder in Ungnade gefallen war, erwartete man, dass sie neu besetzt würde. Mehrere Frauen des Hofadels waren als Nachfolgerinnen der Madame de Châteauroux im Gespräch, darunter Madame de Flavacourt, die fünfte der Schwestern Nesle, und Madame de Lauraguais, ihre ältere Schwester, die bereits zu Lebzeiten der Madame de Châteauroux zeitweilig die Geliebte des Königs gewesen war. Die Chancen der in Versailles unbekannten Madame d’Étiolles schienen gering, zumal man am Hof der Meinung war, dass es ein Privileg des Hofadels sei, die königliche Mätresse zu stellen180. Dennoch konnte sich Jeanne-Antoinette Le Normant d’Étiolles gegen alle Konkurrentinnen durchsetzen – eine Frau, »die jeder Mann gern zur Mätresse gehabt hätte,« wie es in den Memoiren Dufort de Chevernys heißt181. Georges-René Binet de Marchais et de Liesse, Premier valet de chambre des Dauphin und Cousin der Madame d’Étiolles182, vermittelte das erste Rendezvous zwischen ihr und dem König. Es fand anlässlich eines Maskenballs in Versailles im Februar 1745 statt, zu dem der König inkognito erschien. An den darauf folgenden Tagen ging Ludwig XV. zu mehreren weiteren Bällen, die zu Ehren der bevorstehenden Hochzeit des Dauphins mit der spanischen Infantin gegeben wurden. Wenig später notierte Luynes: »Man hat bei dieser Gelegenheit gemutmaßt, dass es eine neue Galanterie gebe.« Er fügte aber hinzu, dass es sich hierbei lediglich »um einen leisen Verdacht« handle, »der wenig wahrscheinlich« sei183. Anfang März, nachdem sich der König und die bonhomme de Tournehem s’écriait souvent: ‘Il faut avouer que la fille de Madame Poisson est un morceau de roi.’« 179 Siehe Antoine, Louis XV, 492: »[…] la présence d’une favorite attitrée était comme passée en usage.« 180 Siehe ebd., 496: »[…] un rôle considéré comme lui [i.e. dem Hochadel] revenant de droit.« 181 Dufort de Cheverny, Jean Nicolas, Mémoires. La Cour de Louis XV, hrsg. v. Jean-Pierre Guicciardi, Paris 1990, 97: »Mlle Poisson, femme Lenormand, marquise d’Étiolles de Pompadour, que tout homme aurait voulu avoir pour maîtresse, était d’une grande taille de femme, sans l’être trop.« 182 Zur Herkunft Binets siehe Durand, Les Fermiers, 91. 183 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 6, 288, 8.2.1745. »On prétend qu’il fut, il y a quelques jours, à un bal en masque, dans la ville de Versailles; on a même tenu à cette

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unbekannte Dame einige weitere Male getroffen hatten, ließ sich die neue Liaison nicht länger verheimlichen, zumal der König mehrere Male außer Haus genächtigt hatte. Luynes notierte erstmals unter Nennung des Namens der neuen Geliebten: »Alle Maskenbälle haben die Gelegenheit geboten, von neuen Liebschaften des Königs zu sprechen und vor allem von einer Mme d’Étiolles, die jung ist und hübsch; ihre Mutter soll Madame Poisson heißen.«184

Was von dieser neuen Verbindung zu halten sei, konnte Luynes noch nicht einschätzen. Angesichts der Tatsache, dass Madame d’Étiolles erst seit kurzem Angehörige des Zweiten Standes war, was er durch die Erwähnung ihres Geburtsnamens zum Ausdruck brachte, konnte er sich als Angehöriger der Noblesse de cour offensichtlich nicht vorstellen, dass der König mit der jungen Frau eine längerfristige Beziehung eingehen wolle: Wahrscheinlicher sei, so Luynes, dass es sich »nur um eine Galanterie und nicht um eine Mätresse«185 handele. Die Fakten sprachen zu diesem Zeitpunkt allerdings längst eine andere Sprache: Der König nahm immer öfter gemeinsam mit Madame d’Étiolles das Souper ein186 und teilte ihr das ehemalige Appartement der Madame de Châteauroux in der zweiten Etage des rechten Schlossflügels von Versailles zu187. Am 1. April erschien Madame d’Étiolles zu einer abendlichen Theateraufführung, wo sie in einer Loge ganz in der Nähe des Königs und der Königin Platz nahm188, und am 16. Juni 1745 wurde per Arrêt die Trennung (Séparation de corps et de biens) zwischen den Eheleuten Le Normant d’Étiolles verkündet, über die der Ehemann erst wenige Woche zuvor in Kenntnis gesetzt worden war. Zur gleichen Zeit begann der König, sich um einen neuen Namen für occasion quelques propos, soupçonnant qu’il pouvait y avoir quelques (sic) projet de galanterie, et on croit avoir remarqué qu’il dansa hier avec la même personne dont on avait parlé; cependant c’est un soupçon léger et peu vraisemblable.« 184 Ebd., 354, 10.3.1745. »Tous les bals en masque ont donné occasion de parler de nouvelles amours du Roi, et principalement d’une Mme d’Etioles, qui est jeune et jolie; sa mère s’appelait Mme Poisson.« 185 Ebd.: »On prétend que depuis quelque temps elle est presque toujours dans ce pays-ci [i.e. Versailles], et que c’est là le choix que le Roi a fait. Si le fait était vrai, ce ne serait vraisemblablement qu’une galanterie et non pas une maîtresse.« 186 Siehe ebd., 396, 11.4.1745 und 420, 23.4.1745. 187 Zur Raumaufteilung im Schloss von Versailles siehe Newton, L’espace du roi, 64: »La nouvelle maîtresse reçut l’appartement de Madame de Châteauroux quatre mois plus tard [i.e. Juni 1745]. Il fut redécoré, mais le mobilier resta le même […].« Madame de Pompadour zog schon bald in ein Appartement im Erdgeschoss des Schlosses und überließ ihre früheren Räumlichkeiten dem Duc de Noailles. 188 Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 6, 382, 3.4.1745.

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seine Geliebte zu bemühen. Am 11. Juli 1745 sandte er ihr das Brevet, das sie zur Marquise de Pompadour ernannte und sie zur Eigentümerin eines Anwesens einer vor kurzem ausgestorbenen Adelsfamilie im Limousin machte189. Nach ihrer Erhebung zur Marquise stand der offiziellen Einführung Madame de Pompadours bei Hofe nichts mehr im Wege, und ihre Présentation wurde auf den 9. September 1745 festgesetzt. Am Tag danach beschrieb Luynes in den folgenden Worten dieses Ereignis: »Madame de Pompadour wurde dem König also gegen sechs Uhr vorgestellt. Es waren außerordentlich viele Menschen im Vorzimmer und im Zimmer des Königs, aber recht wenige im Kabinett. Die Unterhaltung war sehr kurz und die Verlegenheit zu beiden Seiten sehr groß. […] Nicht weniger Menschen wohnten der Présentation bei der Königin bei; und ganz Paris war sehr damit beschäftigt zu rätseln, was die Königin wohl zu Madame de Pompadour sagen würde. […] Sie wusste, dass sie (i. e. Madame de Pompadour) sehr gut bekannt war mit Madame de Saissac. Die Königin sagte zu ihr, dass sie Madame de Saissac in Paris gesehen habe und sehr froh sei, ihre Bekanntschaft zu machen. Ich weiß nicht, ob Madame de Pompadour gehört hat, was sie zu ihr gesprochen hat, denn die Königin spricht sehr leise; aber sie hat den Moment genutzt, um die Königin ihres Respekts zu versichern und ihrem Wunsch Ausdruck zu verleihen, ihr zu gefallen. Die Königin schien recht zufrieden mit der Ansprache der Madame de Pompadour zu sein, und die Zuschauer, die die Unterredung bis ins kleinste Detail aufmerksam verfolgten, sagten, dass sie sehr lang gewesen sei und zwölf Sätze umfasst habe.«190 189 Luynes berichtet erstmals schon Ende April von diesem Vorhaben: ebd., 423, 28.4.1745: »[…] et le Roi achète pour Mme d’Etioles le marquisat de Pompadour, dont elle portera le nom; c’est une terre de 10 ou 12,000 livres de rente. Ce n’est point le contrôleur général qui est chargé de faire cette acquisition, on ne lui en a seulement pas parlé. C’est Montmartel qui fournit l’argent.« 190 Ebd., Bd. 7, 60, 12.9.1745. »Mme de Pompadour fut donc présentée au roi sur les six heures. Il y avait un monde prodigieux dans l’antichambre et la chambre du Roi, mais assez peu dans le cabinet. La conversation fut fort courte et l’embarras très-grand de part et d’autre. […] Il n’y avait pas moins de monde à la présentation chez la Reine; […]. Elle savait qu’elle connaissait beaucoup Mme de Saissac. La Reine lui dit qu’elle avait vu Mme de Saissac à Paris et qu’elle avait été fort aise de faire connaissance avec elle. Je ne sais si Mme de Pompadour entendit ce qu’elle lui disait, car la reine parle assez bas; mais elle profita de ce moment pour assurer la Reine de son respect et du désir qu’elle avait de lui plaire. La Reine parut assez contente du discours de Mme de Pompadour, et le public, attentif jusqu’aux moindres circonstances de cet entretien, a prétendu qu’il avait été fort long et qu’il avait été de douze phrases.« – Siehe auch Marville, Claude-Henri Feydeau de, Lettres de M. de Marville, lieutenant général de

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Üblicherweise geschah die Einführung bei Hofe, indem ein zuvor bestimmtes Mitglied der Hofgesellschaft den Hofneuling beim König, bei der Königin und den königlichen Kindern vorstellte. Im Falle der Madame de Pompadour hatte Ludwig XV. die Princesse de Conti darum gebeten, die Mätresse während ihrer Vorstellungsrunde zu begleiten. Gegenüber der Hofgesellschaft legte die Princesse Wert darauf, dass sie dies aus reinem Pflichtgefühl und nicht etwa aus Verbundenheit mit Madame de Pompadour tue: Genau genommen kenne sie die von ihr Eingeführte überhaupt nicht191. Dass die Princesse ein Interesse daran hatte, sich von der Marquise de Pompadour zu distanzieren, obgleich sie es war, die sie durch die Vorstellungszeremonie führte, erklärt sich durch ihre Herkunft: Sie gehörte einer der vornehmsten Familien des Königreichs an und war der frisch ernannten Marquise in der sozialen Hierarchie weit überlegen192. Die Princesse de Conti war nicht die einzige, die sich an der Herkunft der Mätresse stieß: »Man versichert, dass alle Damen von Stand extrem unzufrieden sind mit der Wahl, die der König getroffen hat: Sie sind pikiert, weil man sie zwingt, einer Frau ohne adlige Geburt den Hof zu machen […], so dass man sich wohl auf einige Kabale einstellen muss.«193

In diesen Worten berichtete der Lieutenant de police Marville von den ersten Kontakten zwischen Madame de Pompadour und der Hofgesellschaft. In der Regel durften Adlige ausschließlich unter der Bedingung am Hof präsentiert und als neue Mitglieder in die Hofgesellschaft aufgenommen werden, dass sie ihre adlige Abstammung bis ins Jahr 1400 nachweisen konnten. Daneben gab es bei Hofe auch Personen, deren Familien erst in jüngerer Zeit in den police au ministre Maurepas (1742–1747), hrsg. v. Arthur Michel de Boislisle, 3 Bde., Paris 1896–1905, hier Bd. 2, 158, 16.9.1745. 191 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 7, 60, 15.9.1745. »Ce qu’il y a de singulier dans le choix de Mme la princesse de Conti, c’est qu’elle dit à qui veut l’entendre qu’elle ne connaît point du tout Mme de Pompadour; je crois même qu’elle ne l’avait jamais vue avant ce moment-ci.« 192 Der Bitte des Königs, Madame de Pompadour einzuführen, war sie nur deshalb nachgekommen, weil Ludwig XV. ihr als Dank für diese Gefälligkeit, an der ihm offensichtlich sehr viel lag, den Erlass ihrer immensen Spielschulden in Aussicht gestellt hatte. Siehe Goncourt, Edmond / Goncourt, Jules, Madame de Pompadour: ein Lebensbild. Neuübertr. von Ulrike Nikel, Düsseldorf und Zürich 1998 (1. Ausgabe 1860), 18, und Lever, Pompadour, 65. 193 Marville, Lettres, Bd. 2, 155 f.: »On assure que toutes les femmes de qualité sont extrêmement mécontentes du choix que le roi a fait: elles sont piquées de ce qu’elles vont être obligées de faire leur cour à une femme sans naissance […] en sorte que l’on doit s’attendre à voir bien des cabales.«

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Adelstand erhoben worden waren, jedoch bedurfte es hierzu zum einen einer so genannten Présentation par ordre ou par grâce du roi, die sie vom Nachweis ihrer adligen Abstammung entband, zum anderen wurde auch bei dieser Personengruppe verlangt, dass mindestens zwei Generationen sie von der Nobilitierung ihrer Vorfahren trennten194. Madame de Pompadour erfüllte keine der genannten Bedingungen. Sie war als Nichtadlige geboren. Dass sie dennoch am Hof eingeführt wurde, geschah allein auf Wunsch des Königs, der sich über die Regeln hinwegsetzte, was der Adel als skandalös und in höchstem Maße unschicklich empfand195. Ihre Herkunft sollte Zeit ihres Lebens immer wieder gegen die Mätresse Ludwigs XV. verwendet werden. Viele Zeitgenossen sahen in ihr vor allem eine Vertreterin der Finance, deren zunehmende Bedeutung für die Krone sie nach außen hin sichtbar machte. Die alten Adelsfamilien werteten die neue Macht der Geldgeber als Aufweichung adliger Ideale und Wertvorstellungen und suchten sich dagegen abzugrenzen, indem sie ihre eigene hohe Geburt besonders deutlich herausstellten und im Gegenzug die Abstammung einzelner Financiers-Familien als einfacher darstellten, als sie es tatsächlich war196. Auch für Madame de Pompadour finden sich zeitgenössische Zeugnisse, in denen ihr unterstellt wird, dass ihr Verhalten zunächst wenig hofgerecht gewesen sei und sie ihre Herkunft kaum habe verbergen können: Sie habe einzelne »bürgerliche Verhaltensweisen« an den Tag gelegt und einen »unerträglichen Ton« gehabt, der ihren ehemals »schlechten Umgang« angezeigt habe, schrieb etwa Kaunitz197. Erst mit der Zeit habe sie ihr Verhalten korrigiert und sich höfische Verhaltensideale wie Dezenz und Diskretion zu Eigen gemacht.198 Die Verachtung des Marquis d’Argenson galt vor allem Madame Poisson, der Mutter der Marquise, die seiner Ansicht nach einen entscheidenden 194 Siehe Lever, Pompadour, 64. 195 Choiseul, Mémoires, 63. »Je trouvai Madame de Pompadour maîtresse en titre du Roi et du royaume. Elle avait été présentée. Alors une pareille indécence paraissait monstrueuse, car il semblait que l’on violait toutes les règles de la police, de la justice et de l’étiquette, en enlevant à un fermier général sa femme au milieu de Paris, et, après lui avoir fait changer son nom, en la faisant femme d’une qualité à être présentée.« 196 Siehe Durand, Les Fermiers, 72. 197 Kaunitz, Mémoire, 450 f.: »Remplie de faux airs, elle avait un ton de mauvaise compagnie insupportable. […] Elle s’est bien vite corrigée de ces airs bourgeois; […].« 198 Es scheint, dass auch Ludwig XV. sie bisweilen auf sehr direkte Weise an ihre Herkunft erinnerte, wie aus der folgenden Episode hervorgeht, die Kaunitz, ebd., 451, kolportiert: »Un jour, elle faisait des plaintes amères de n’être pas née garçon, car, disaitelle, ›je voyagerais, j’irais à la guerre, je ferais enrager les femmes. – Vous n’auriez rien fait de tout cela, reprit le Roi sèchement, car vous seriez restée un petit Poisson.‹«

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Anteil an der Karriere ihrer Tochter hatte199. Derselbe Argenson, der einer Familie der Noblesse d’épée entstammte200, hatte noch kurz zuvor in seinen Memoiren bekannt, er bedauere zutiefst, dass ihn seine Eltern nicht mit einer wohlhabenden Financier-Tochter verheiratet hätten. Stattdessen habe er die Ehe eingehen müssen mit einer Frau, die zwar adliger Abstammung sei, aber keinerlei finanzielle Mittel in die Verbindung eingebracht habe201. Auffallend häufig waren es die Frauen bei Hof, die die nichtadlige Herkunft der neuen Mätresse heraushoben, wie der kaiserliche Botschafter am französischen Hof, Anton Wenzel Graf von Kaunitz, berichtet: »Grundsätzlich achten jene [Frauen], die etwas auf sich halten, darauf, dass sie die Marquise nur selten in der Öffentlichkeit sehen; wenn sie die Tochter von Adligen wäre, hätten sich alle vor ihr verbeugt, aber sie sind zu stolz, um sich vor einer Angehörigen der Finance herabzulassen. Es gibt vielleicht kein Land, in dem der Stolz auf die Geburt so weit geht wie hier. Da die meisten der Grands seigneurs diese Ehre erst vor kurzem zugesprochen bekommen haben oder ebenfalls in irgendeiner Weise mit der Finance verbunden sind, ziehen diejenigen, bei denen es anders ist, eine erstaunliche Selbstgefälligkeit aus dieser Tatsache. Was die Männer angeht, so nehmen sie es weniger genau. Die Aufwartungen, die sie der Marquise machen, haben sogar bisweilen etwas Gewöhnliches.«202

199 Siehe Argenson (Sortais), Bd. 5, 52, ohne Datum (1744–1747). »Sa mère, célèbre putain du Palais-Royal, l’avait élevée et destinée à quelque poste considérable de ce genre. Elle lui avait fait épouser un fermier général, mais son ambition n’en était pas encore satisfaite. Elle a vu le triomphe de sa fille et est morte peu après de la vérole. Madame de Pompadour est donc de la plus basse extraction.« Argenson versäumt hier nicht, Madame Poisson eine unehrenhafte und für ihren Lebenswandel in seinen Augen wohl bezeichnende Todesursache zu bescheinigen: die »vérole«, zu deutsch Syphilis. 200 Siehe Bérenger, Jean / Meyer, Jean, La France dans le monde au XVIIIe siècle, Paris 1993, 68. 201 Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 4, 184 f., September 1742. Wenn es der Konsolidierung der eigenen finanziellen Verhältnisse diente, war vielen Hochadligen also auch eine Heirat mit einer nichtadligen Financierstochter recht. Zur gezielten Diffamierung von Gegenspielern besann man sich jedoch wieder auf die Standesgrenzen zwischen dem alten Adel und der neuen Finance. 202 Kaunitz, Mémoire, 449. »Généralement, celles qui se respectent affectent de peu voir la Marquise en public; si elle était fille de condition toutes auraient fléchi le genou devant elle, mais elles ont trop de fierté pour s’humilier devant une financière. Il n’y pas peut-être pas de pays où l’orgueil de la naissance soit poussé aussi loin qu’ici. Comme la plupart des grands seigneurs sont d’assez fraîche date ou qu’ils tiennent par quelque endroit à la finance, ceux qui ne se trouvent pas dans ces cas en tirent une vanité éton-

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Es gilt festzuhalten, dass Jeanne-Antoinette Poisson trotz ihrer nichtadligen Abstammung keineswegs die ordinäre Bourgeoise war, als die sie von ihren Gegnern mitunter dargestellt wurde. Ihr Vater genoss als Geschäftsmann das Vertrauen der einflussreichsten Financiers des Landes, auf deren Hilfen der Trésor royal dringend angewiesen war. Jeanne-Antoinette war in sehr vermögenden Verhältnissen aufgewachsen; materiellen Überfluss lernte sie nicht erst am Hof kennen, wo sie sich ihrer eigenen Aussage nach finanziell sogar einschränken musste: »Ich bin [heutzutage] wesentlich weniger reich, als ich es in Paris gewesen bin«203, schrieb sie etwa 1753 an ihren Vater. Sie hatte im exklusiven Kloster der Ursulinen eine Erziehung genossen, wie sie den Töchtern adliger Familien nur im besten Fall zuteil wurde und war in den folgenden Jahren mit zahlreichen Künstlern und Kunstliebhabern in Berührung gekommen, die in ihr das Interesse an der Kunst geweckt und ihr umfassende Kenntnisse auf diesem Bereich vermittelt hatten. Über ihre Besuche in den Salons hatte sie Anteil an den literarischen und philosophischen Debatten ihrer Zeit genommen und war ohne Zweifel, was ihr Bildungsniveau betraf, vielen Angehörigen des Hofes überlegen. Dazu kamen ihre individuellen künstlerischen Talente, die bestens ausgebildet waren, ihr ansprechendes Äußeres, ihre Redegewandtheit und ihre Umgangsformen, mit denen sie ohne Mühen am Hof bestehen konnte. Für ihre Familie wie für viele ihrer Standesgenossen mag ihre Aufnahme bei Hofe eine Genugtuung gewesen sein: Dass sie in Kreise vorstieß, die den Financiers schwer zugänglich waren, konnte die Erfahrungen sozialer Missachtung kompensieren, denn die Financiers waren finanziell mächtig, sie hatten von der misslungenen Sanierung des ruinierten Staatshaushaltes durch den schottischen Finanzexperten und Contrôleur géneral des finances John Law profitiert und wussten, dass die Krone auf sie angewiesen war. Dennoch genossen sie nicht das soziale Prestige des Adels, in dessen Reihen aufzusteigen auch weiterhin das Ziel blieb204.

nante. Quant aux hommes, ils sont moins délicats. La cour qu’ils font à Madame la Marquise tient même de la bassesse.« 203 Pompadour, Correspondance, 19, Nr. IX, Pompadour an François Poisson, Versailles, 12.1.1753. »[ J]e suis beaucoup moins riche que je n’étais à Paris […].« 204 Siehe Swann, Julian, The French Nobility, 1715–1789, in: The European nobilities in the Seventeenth and Eighteenth Centuries, hrsg. v. Hamish M. Scott, Bd. 1: Western Europe, London / New York 1995, 142–173, hier 144 f.

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3.2  Die Marquise de Pompadour, Maîtresse en titre Ludwigs XV.

Mit der Vorstellung durch die Princesse de Conti war die Marquise de Pompadour Mitglied der Hofgesellschaft. Wie jede andere am Hof eingeführte Dame, jede Présentée, hatte sie vom Tag ihrer Vorstellung an verschiedene Rechte: Sie durfte dem König und der Königin und den anderen Mitgliedern der königlichen Familie morgens nach der Messe oder abends beim Spiel ihre Aufwartung machen, sie hatte das Recht, in die königliche Kutsche zu steigen und erhielt Einladungen zu den Soupers des Königs in den Petits Appartements sowie zu allen Bällen der Königin205. Darin unterschied sie sich nicht von den anderen Frauen am Hof. Als Mätresse hatte sie kein Anrecht auf ein spezielles Zeremoniell anlässlich ihrer Einführung, wie es beispielsweise Ministern zustand. Woran war zu erkennen, dass sie die neue Geliebte des Königs war? In der Vergangenheit war die neue Mätresse mit Hilfe von Titeln, Geldern und sonstigen Auszeichnungen in einer Weise herausgehoben wurde, welche die Gunst und Zuwendung des Königs zu ihr – kurz gesagt: ihren Crédit 206 – derart offensichtlich gemacht hatten, dass eine Benennung der Tatsache, dass sie von nun an die zweite Frau an seiner Seite sei, nicht mehr vonnöten war207. In diesen Fällen hatte es sich jedoch um Frauen gehandelt, die bereits vor Beginn ihrer Liebesbeziehung zum König dem Hof angehört hatten. Bei Madame de Pompadour war dies nicht der Fall: Sie hatte bislang keinen Zutritt zum Hof gehabt, hatte weder dem Hofstaat der Königin noch dem ihrer Töchter angehört. Angesichts dessen reichte allein ihre Ernennung zur Marquise und die offizielle Vorstellung durch ein Mitglied des Hofes aus, um sie der Hofgesellschaft als neue Mätresse vorzustellen, denn nichts sonst hätte eine solche Auszeichnung gerechtfertigt. Da sich am Hof bereits herum gesprochen hatte, dass die Marquise de Pompadour die ehemaligen Gemächer 205 Siehe Lever, Pompadour, 67. 206 Unter Crédit verstand man das Ansehen einer Person, die Gunst, die ihr vom König zuteil wurde, das Vertrauen, das sie genoss, und die Einflussmöglichkeiten, die sich aus dieser Nähe zur Macht ergaben. Siehe Kettering, Sharon, Brokerage at the Court of Louis XIV, in: The Historical Journal 36 (1993), 69–87, hier 76 f. Siehe auch Furetière, Dictionnaire universel, Bd. 1, Stichwort »crédit.« – Siehe zum Kreditbegriff auch den Artikel von Droste, Heiko, Ein Diplomat zwischen Familieninteressen und Königsdienst: Johan Adler Salvius in Hamburg (1630–1650), in: Nähe in der Ferne. Personale Verflechtung in den Außenbeziehungen der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Hillard von Thiessen / Christian Windler (Zeitschrift für historische Forschung, Beiheft 36), Berlin 2005, 87–104. 207 Zu den Vorgängerinnen der Madame de Pompadour, beginnend mit Agnès Sorel, siehe Chaussinand-Nogaret, Guy, La vie quotidienne des femmes du roi. D’Agnès Sorel à Marie-Antoinette, Paris 1990.

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der Madame de Châteauroux bezogen hatte, musste den Hofangehörigen klar sein, dass der König die Marquise de Pompadour als seine neue Maîtresse déclarée beziehungsweise Maîtresse en titre am Hof eingeführt hatte. In der Regel hatten die französischen Könige ihre Mätressen aus den Reihen der hochadligen Frauen am Hof und damit aus ihrer unmittelbaren Umgebung ausgewählt. Anders als andere Hofämter für Frauen – zum Beispiel das Amt der Hofdame – brachte das Quasi-Amt der Mätresse aber keinen Zuwachs an symbolischem Kapital, keinen Zuwachs an Ehre, mit sich208. Dennoch konnten die Mätressen eine immer wichtigere Stellung am Hof einnehmen und ihre Machtposition im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts kontinuierlich ausbauen. Erstmals hatte sich Ludwig XIV. mit Madame de Maintenon, die er 1683 sogar zur morganatischen Ehefrau nahm, einer Frau aus dem niederen Adel zugewandt, die zudem mit einem Bürgerlichen verheiratet gewesen war209. Sein Urenkel und Nachfolger Ludwig XV. war der Erste, der eine Bürgerliche zur Mätresse nahm. Andrea Weisbrod sieht darin einen Herrschaftsanspruch des Königs, der die Tatsache zu unterstreichen suche, dass allein die Nähe zu ihm über Machtchancen bei Hofe entschied: »Was wäre besser geeignet, dem Adel die Wichtigkeit der ›Nähe zum Herrscher‹ zu demonstrieren, als die Verbindung mit einer nichtadligen Frau.«210 Zugleich, so Weisbrod, habe gerade eine Frau, die sich am Hof nicht auf eine einflussreiche Familie stützen konnte, mehr als jede andere Grund, dem König gegenüber absolute Loyalität zu bekunden, da sie »ohne den König nichts und mit ihm sehr viel«211 gewesen sein. Eine nichtadlige Mätresse sei demnach als Machtinstrument für den König besonders geeignet gewesen, da sie in besonderer Weise auf seine Gunst angewiesen gewesen sei. Die Maîtresse en titre war die Geliebte des Königs, aber sie war mehr als das. Sie zeichnete sich dadurch aus, dass sie über einen längeren Zeitraum hinweg die engste weibliche Vertraute und Beraterin des Königs war, dass sie ein Appartement im Schloss von Versailles in unmittelbarer Nähe zu den Räumlichkeiten des Königs – im Falle Madame de Pompadours sogar mit Zugang dazu – bewohnte und dass sie aus ihrer Nähe zum Herrscher für sich und ihr

208 Zum Zuwachs an Ehre als Hauptertrag des Amtes der Hofdame siehe Keller, Frauen, 8. 209 Zu Madame de Maintenon siehe Bryant, Françoise d’Aubigné. – In Bern fertigt Corina Bastian eine Dissertation zu Madame de Maintenon an. 210 Siehe Weisbrod, Macht und Mythos, 283 f. Siehe in dieser Weise auch Oßwald-Bargende, Maîtresse, 116, die Favorit und Favoritin als Beleg für die Bedeutung der Herrschernähe betrachtet, die adlige Abstammung zu ersetzen vermocht habe. 211 Weisbrod, Macht und Mythos, 284.

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engstes Umfeld Nutzen zu ziehen wusste212. Die sexuelle Beziehung zwischen Mätresse und König war keine zwingende Voraussetzung für die Bezeichnung einer Frau als Maîtresse en titre213. Im Falle der Madame de Pompadour war die körperliche Beziehung zum König bereits nach wenigen Jahren, um 1751, beendet, was von der Hofgesellschaft und auch von Seiten der auswärtigen Beobachter mit Interesse konstatiert und kommentiert wurde214. Der Funktionswandel Madame de Pompadours von der Gebliebten zur »amie nécessaire«215 des Königs führte nicht dazu, dass sie ihre Stellung als Maîtresse en titre verlor. Allerdings kompensierte Ludwig XV. den nunmehr ausbleibenden sexuellen Kontakt mit ihr durch zahlreiche Liaisons und Liebschaften, die bisweilen über mehrere Monate Bestand hatten. Parallel zu seiner Maîtresse en titre, von Michel Antoine auch als »öffentliche Liaison« bezeichnet, hatte der König somit andere Geliebte, die als »petites maîtresses« bezeichnet wurden216. Die Phase der Petites maîtresses umfasste die Jahre zwischen 1751 und 1769, als Jeanne du Barry neue Maîtresse en titre wurde. Anders als die Maîtresse en titre waren die Petites maîtresses des Königs zum Zeitpunkt ihrer Liaison mit dem König unverheiratet. Sie waren in der Regel sehr jung und bewohnten ein Haus in einem Teil des Parks von Versailles, dem so genannten »Parc-aux-Cerfs.« Die sieben Kinder, die zwischen 1754 und 1764 aus diesen Beziehungen geboren wurden, wurden (von einer Ausnahme abgesehen) von Ludwig XV. nicht offiziell anerkannt, wie Ludwig XIV. es ge-

212 Oßwald-Bargende, Die Mätresse, der Fürst und die Macht, 100, bezeichnet die Mätresse als »eine Mischung aus Liebschaft, Vertrauensstellung und Ratgeberfunktion.« 213 Aus einer Aussage Argensons geht hervor, dass er die sexuelle Funktion dennoch als die primäre Aufgabe der Mätresse betrachtet: Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 110, 17.1.1756: »[La marquise de Pompadour] est restée puissante en crédit, quoiqu’elle n’ait plus les fonctions de maîtresse, étant devenue le centre des concolations royales pour les affaires.« 214 Siehe hierzu unter anderem ebd., 259 f., 6.12.1756: »[L]e roi se livre aux conseils faux et contradictoires de cette femme; son assujettissement par les sens est dissipé, mais il reste celui des âmes. […] [C]ette favorite a beaucoup plus d’autorité par les affaires qu’elle n’en avait par les voluptés.« Siehe auch HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 1–2, hier 2r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 16.2.1756. »Je crois que Votre Excellence sait que depuis près de quatre ans, il ne restait plus qu’une liaison d’habitude, d’amitié, et de confiance, et il y a toute apparence, que cette même liaison, qui se resserre de jour en jour davantage, subsistera très longtemps.« 215 Dufort de Cheverny, Mémoires, 272, bezeichnete Madame de Pompadour seit 1751 als »amie nécessaire« des Königs. 216 Zu den Bastarden Ludwigs XV. und in diesem Zusammenhang auch zu seinen Petites maîtresses siehe Antoine, Le dur métier de roi, 293 ff., Zitat 294 (»liaisons publiques«).

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tan hatte217. Jedoch ließ Ludwig XV. seine natürlichen Kinder auf Fantasienamen taufen und sorgte dafür, dass sie eine gute Erziehung und ausreichende finanzielle Mittel erhielten. Keiner der Petites maîtresses gelang es, an die Stelle der Marquise zu treten, auch wenn diese das ein oder andere Mal wohl zu Recht um ihre Position bangte, wenn ihrer Meinung nach eine Favoritin des Königs zu großen Einfluss auf ihn auszuüben und sich ihre Beziehung zu festigen schien. Die Ängste Madame de Pompadours um ihre Stellung waren begründet, denn es lag auf der Hand, dass die »Ernennung« zur Maîtresse en titre oder Maîtresse déclarée das Ziel jeder Geliebten und der Personen in ihrem Umfeld sein musste, war doch hierin ein erster Schritt zu einer Absicherung der Situation zu sehen. Die Bezeichnung Maîtresse déclarée für die Geliebte des Königs findet sich in allen Memoiren aus der Regierungszeit Ludwigs XV. Wahlweise wurde sie abgewandelt zu »maîtresse très déclarée,« so beim Duc de Croÿ218. Beide Versionen wurden um die Mitte des 18. Jahrhundert synonym verwendet mit der noch geläufigeren Bezeichnung Maîtresse en titre. Ein Blick in Memoiren aus der Zeit Ludwigs XIV. zeigt, dass sie zuvor nicht geläufig waren: Beim Duc de Saint-Simon ist ausschließlich von der »maîtresse du Roi« die Rede. Die Verwendung der Attribute »en titre« (»mit Titel«, »mit Amtsbezeichnung«219) beziehungsweise »déclarée« (»bekannt gegeben, erklärt«) legt den Gedanken nahe, dass mit der Erhebung zur Maîtresse en titre der Anspruch auf eine gewisse Stabilität und Dauerhaftigkeit verknüpft gewesen sei. Sie weisen zudem darauf hin, dass die Mätresse nur zu einem geringen Teil dem Wunsch des Königs nach Zurückgezogenheit von den Regeln des Hofalltags oder sogar einer Form von »Privatheit« entsprach220. Ihre Position war zwiespältig: Zwar gab zu Beginn die sexuelle Anziehung zwischen dem Herrscher und seiner Mätresse den Ausschlag, dass beide ein Verhältnis miteinander eingingen221. Einmal an ihrer Stelle, war jedoch die Mätresse alles andere als eine informelle Gegenfi217 Siehe zum Beispiel Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 56, 1746. 218 Siehe ebd. – Eine einzige Ausnahme stellte der Sohn der Mademoiselle de Romans dar, dem 1762 eine Anerkennung zuteil wurde, indem er in der Taufzeremonie als »fils de Louis de Bourbon« bezeichnet wurde. 219 Heute ist im Französischen die Bezeichnung »en titre« im Wortfeld des Beamtentums geläufig und bezeichnet eine Festanstellung. 220 Zu dem »weit verbreitete[n] bürgerliche[n] Missverständnis,« dass es sich bei der Mätresse um eine »private Liebschaft« des Königs handele, siehe Oßwald-Bargende, Maîtresse, 113. 221 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 5, 51 f., 1744–1747. »Les voluptés furent le seul attrait de cet amour; le cœur ni le caractère n’étaient pas connus et ne le sont peut-être pas encore.«

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gur zu den strengen Regeln des Protokolls. Die Figur der Mätresse hatte bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts einen hohen Grad an Formalisierung erfahren: Seit dem späten 17. Jahrhundert war sie einem Institutionalisierungsprozess unterlegen, an dessen Ende die amtsähnliche Funktion der Maîtresse en titre der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stand222. Die Erwartung, dass es eine Mätresse geben müsse, die Bezeichnung Maîtresse en titre und ihre regelmäßig stattfindende Schmink- und Ankleidezeremonie waren Anzeichen dafür, dass die eigentlich informelle Position immer klarere Formen annahm, und so wird denn im deutschen Sprachgebrauch Maîtresse en titre in der Regel übersetzt als »offizielle Mätresse,« was sich vom lateinischen Begriff »officium« („Amt«) herleiten lässt. Nichtsdestotrotz handelte es sich bei der Maîtresse en titre um kein Hofamt: Die Erhebung der neuen Mätresse geschah nicht nur ohne bestimmte zeremonielle Regeln223; die entsprechende Kandidatin erhielt auch keine Ernennungsurkunde, keine Lettres de provisions und keine durch das Parlement registrierten Lettres patentes, wie es bei Ämtern der Fall war224. In den Hofordnungen finden sich keinerlei Hinweise darauf, wie mit der Mätresse umzugehen sei und welcher Rang ihr im Zeremoniell zugewiesen werden müsse. Die Maîtresse en titre als »Hofbeamtin« zu bezeichnen, wie Andersson / Zinsser es tun, ist daher irreführend und geht zu weit225. Zutreffender ist es, ihre Posi222 Siehe Rabeler, Sven, Mätressen, in: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich: ein dynastisch-topographisches Handbuch, hrsg. v. Werner Paravicini (Residenzenforschung, 15,2, Teilband 1: Begriffe), Ostfildern 2005, 61–63. Bereits der Duc de Saint-Simon rückt die Mätresse in die Nähe von Amtsträgern, wenn er von ihrer »règne« spricht. Siehe dazu auch Weisbrod, Macht und Mythos, 284. 223 Zum Hofzeremoniell siehe: Courtin, Antoine de, Nouveau traité de la civilité qui se pratique en France parmi les honnêtes gens, Paris 1728. – Zu zeremoniellen Akten als Grundelement politischer Verfahren in der Vormoderne siehe Stollberg-Rilinger, Barbara (Hrsg.), Vormoderne politische Verfahren, Berlin 2001 und dies., Symbolische Kommunikation in der Vormoderne: Begriffe, Thesen, Forschungsperspektiven, in: Zeitschrift für historische Forschung 31 (2004), 489–527. Zum Beispiel des Wiener Kaiserhofs siehe Pečar, Andreas, Das Hofzeremoniell als Herrschaftstechnik? Kritische Einwände und methodische Überlegungen am Beispiel des Kaiserhofes in Wien (1660–1740), in: Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Ronald G. Asch / Dagmar Freist, Köln 2005, 381–404. 224 Siehe Scott, The rise of the first minister, 33 und Luçay, Hélion de, Les origines du pouvoir ministériel en France. Les secrétaires d’État depuis leur institution jusqu’à la mort de Louis XV, Genève 1976 (Neudruck der Ausgabe Paris 1881), 340. 225 Anderson, Bonnie S. / Zinsser, Judith P., Eine eigene Geschichte. Frauen in Europa, Bd. 2: Aufbruch. Vom Absolutismus zur Gegenwart, Zürich 1993 (aus dem Amerikanischen übersetzt von Pia Holenstein Weidmann), 92.

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tion auf halbem Wege zwischen Formalität und Informalität zu verorten. Zu Recht weist Oßwald-Bargende in ihrer Abhandlung über die Maîtresse darauf hin, dass die Ausübung politischer Macht von Seiten der Mätresse nicht an einen formalen Status geknüpft gewesen sei – ebenso wenig treffe dies indes auf männliche Hofangehörige zu: Auch unter ihnen habe nicht nur derjenige politischen Einfluss geltend machen können, der Inhaber eines Amtes gewesen sei. Vielmehr habe der gesamte Hof am politischen Geschehen partizipiert, das sich »noch nicht ausschließlich im Kabinett des Fürsten und in den Amtsstuben«226 abgespielt habe. Amtsinhabe und politische Machtausübung seien nicht zwangsläufig aneinander gebunden gewesen, ebenso wenig bestehe eine Polarität von Amt und informeller Einflussnahme227. Ohne formales Amt fehlte es der Mätresse dennoch an einem klar umgrenzten Aufgabengebiet. Zwar ergaben sich aus den Vorstellungen der Zeitgenossen Handlungsmuster, an denen sie sich orientieren konnte228. Jedoch blieben Handlungsspielräume offen, die Madame de Pompadour zu nutzen wusste. Schon sehr rasch nach ihrer Ankunft am Hof gelang es ihr, das System der Grâces in ihrer Hand zu bündeln und zu einer Aufgabe zu machen, die sie und die man gemeinhin am Hof als ihren Zuständigkeitsbereich betrachtete. Croÿ berichtete bereits im Jahr 1746: »Ohne ihre Beteiligung wurden keinerlei Ehrbezeugungen zugesprochen.«229 Durch ihre direkte Nähe zum König hatte sie Zugriff auf dessen Patronageressourcen und konnte durch Ämtervergabe, Vermittlung von Ehrentiteln und Pensionen Patronage ausüben. Sie vermittelte gewissermaßen die königliche Gunst: Jeder, der daran interessiert war, vom König einen Titel, ein bestimmtes Hofamt, Pensionen oder sonstige Ehrerweisungen wie die Teilnahme an Reisen der Hofgesellschaft oder Soupers mit dem König zugesprochen zu bekommen, war auf das Wohlwollen der 226 Siehe Oßwald-Bargende, Maîtresse, 115. 227 Siehe auch dies., Im Netz, 117. Auf diesen Aspekt wird an späterer Stelle noch einmal zurückzukommen sein. 228 Bei Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 71, Januar 1747, deutet sich an, dass er bestimmte Vorstellungen davon hat, was man als Maîtresse en titre zu tun habe, wenn er schreibt: »Lui et son frère [i.e. die Brüder Pâris] étaient les hommes en qui, avec raison, elle avait le plus de confiance, et même, je crois, ceux qui dirigeaient en gros sa conduite, qui ne pouvait être meilleure pour la place qu’elle avait.« Bereits die Tatsache, dass die Zeitgenossen offensichtlich eine Vorstellung davon hatten, welche Aufgaben eine Mätresse am Hof zu erfüllen habe, zeigt die Quasi-Institutionalisierung dieser Stellung an, denn sie macht deutlich, dass der im Grunde genommen skandalöse Zustand, dass der König vor aller Augen Ehebruch begeht, nicht mehr grundsätzlich hinterfragt wurde. 229 Ebd., 90, November 1747. »Il ne se faisait presque point de grâce sans sa participation.« Siehe auch ebd., Bd. 2, 72, Dezember 1756: »[...] et par elle seule passaient toutes les grâces.«

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Marquise angewiesen. Sie war es, die im Anschluss an die Anfragen, die ihr im Lauf des Tages vorgetragen wurden, diese Anfragen gemeinsam mit dem König durchging und seine Reaktion wiederum an den Antragsteller weiterleitete. Dabei war es ihr möglich, den König durch die Art und Weise, in der sie ihm einen Sachverhalt darlegte, zu beeinflussen. Durch ihr Entgegenkommen den Bittstellern gegenüber konnte sich die Marquise im Laufe der Zeit einen immer größeren Kreis von Personen verpflichten und sich auf diese Weise eine eigene Klientel schaffen230. Durch ihre Mitsprache bei der Vergabe auch von hochrangigen Auszeichnungen wie dem Cordon bleu, von Botschafterposten und Regimentern übte sie auch Macht über den Hofadel aus, dem dies vielfach als Demütigung erschien231. Sie diente als »Bindeglied«232 zwischen Hofgesellschaft und König: Wer ihr Wohlwollen gewann, konnte auf die Gunst des Königs hoffen. In den Memoiren wird immer wieder betont, wie wichtig es war, den Kontakt zur Marquise nicht zu vernachlässigen, sondern ihn stets wieder zu erneuern, um so den eigenen Crédit beim König nicht zu verlieren233. Zu diesem Zwecke war es von Vorteil, an ihrer öffentlichen Schmink- und Ankleidezeremonie, der sogenannten Toilette, teilzunehmen, die von zahlreichen Personen, Hofangehörigen, aber auch Vertretern von Provinzen und auswärtigen Höfen besucht wurde234. Die 230 Es gibt zur Klientel der Marquise de Pompadour kein Werk, das mit der Untersuchung von Michel Vergé de Franceschi zu vergleichen wäre, der sich der Klientel der Madame de Maintenon zugewendet und dabei festgestellt hat, dass das Klientelnetz der Mätresse das zahlenmäßig stärkste innerhalb der französischen Marine war. Siehe Vergé de Franceschi, Michel, La clientèle de Madame de Maintenon dans la marine, in: Autour de Françoise d’Aubigné, Marquise de Maintenon. Actes des Journées de Niort 23–25 mai 1996, hrsg. v. Alain Niderst (Albineana, 10/11), 2 Bde., Paris 1999, 281–294. 231 Siehe Durand, Les Fermiers, 72. 232 Duindam, Jeroen, Myths of power. Norbert Elias and the Early Modern European Court, Amsterdam 1995, 155 f., bezeichnet die Rolle der Mätressen und Ehefrauen am frühneuzeitlichen Hof als »intermediaire« beziehungsweise »go-between« zwischen Monarch und Höflingen. 233 Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 121, April/Mai 1749, berichtet davon, dass er eine erhaltene Ehre wieder verloren habe, weil er sich zuwenig um die Pflege seines Kontaktes zur Marquise bemüht habe: »N’ayant pas assez fait ma cour à Madame de Pompadour, je perdis, pendant la fin de cet hiver, l’avantage de souper dans les cabinets, dont je fus piqué, et souvent tenté de moins m’attacher à tout cela, et de vivre pour moi, plus en philosophe.« 234 Siehe zur Toilette der Madame de Pompadour, ausgehend von François Bouchers Porträt der Marquise aus dem Jahr 1758, das sie bei ihrer Schminkzeremonie zeigt: Reinert, Inga, Die morgendliche Toilette. Aus: Madame de Pompadour – Madame de Pompadour in den Künsten, in: historicum.net, http://www.historicum.net/no_cache/ persistent/artikel/2726/, 16.9.2009.

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Atmosphäre bei diesen Toilettes ist immer wieder beschrieben worden, so dass davon auszugehen ist, dass die Beteiligten ihr eine große Bedeutung zumaßen und annahmen, dass auf diesem Wege, nämlich mittels der Kontaktpflege zur Mätresse des Königs, Entscheidungen über Anfragen herbeizuführen waren235. Mit der Verwaltung der Patronageressourcen hatte Madame de Pompadour ein eigenes Aufgabenfeld besetzt, das sie auch unmittelbar für ihre Familie zu nutzen suchte. Die Versorgung der Angehörigen mit Titeln, Ämtern und Geldern kam noch im 17. Jahrhundert für alle, die selbst in eine einflussreiche Position aufgestiegen waren, einer moralischen Verpflichtung gleich, sie war »sittlich geboten«236 und entsprach den allgemein anerkannten sozialen Regeln237. Zugleich stabilisierte es die eigene Stellung, wenn man sich Familienmitglieder verpflichtete und sich für die Zukunft ihrer Unterstützung und Gefolgschaft versicherte. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hingegen scheint ein Normenwandel sichtbar zu werden: Madame de Pompadour förderte zwar ihre Familie und verschaffte vor allem ihrem Vater François Poisson, ihrem Bruder Abel François Poisson sowie ihrer Tochter Alexandrine direkten Anteil an der Gunst des Königs238. Jedoch tat sie dies in vergleichsweise zurückhaltender Art und Weise – möglicherweise, weil ihre 235 Siehe z. B. Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 62, November 1746, der schreibt: »J’allai, comme presque tout le monde, de temps en temps, à une heure, à la toilette de Madame de Pompadour qui menait tout cela fort bien, sur le grand ton, et dont le crédit ne faisait qu’augmenter.« – Siehe auch Saint-Priest, Mémoires, 7 f., der Ähnliches berichtet: »C’est Madame de Pompadour qui, sans contredit, jouait alors le premier rôle à Versailles, non par autorité, mais par influence; toutes les grâces émanaient de la favorite; aussi recevait-elle non seulement les hommages des gens de la Cour, mais ceux des Princes eux-mêmes. On assistait à sa toilette certains jours de la semaine et j’y ai vu bien souvent M. le duc d’Orléans et M. le prince de Condé, ainsi que des princes étrangers faisant cercle, debout, à une distance respectueuse.« Siehe in gleicher Weise Argenson (Sortais), Journal, Bd. 6, 229, 28.12.1748: »Il est question de renouveler bientôt les fermes générales et les sous-fermes. La maîtresse a déclaré qu’elle voulait douze fermiers généraux de sa faciende et deux cents nouveaux sous-fermiers; elle a un cabinet tout rempli de placets des demandants, tout le monde s’adresse à elle ouvertement. L’autre jour, il y a avait du monde jusqu’en bas de son petit escalier qui attendait l’heure de sa toilette, pendant que les deux frères Pâris traitaient avec elle les affaires de l’État.« 236 Reinhard, Freunde und Kreaturen, 35. 237 Siehe ausführlicher zu verwandtschaftlichen Bindungen in der Frühen Neuzeit, auch mit weiteren Literaturhinweisen, Thiessen, Grenzüberschreitende Patronage, 19. 238 Der väterliche Freund der Marquise de Pompadour, Charles François Paul Le Normant de Tournehem, mag sicherlich in seiner Bedeutung für Madame de Pompadour einem direkten Angehörigen vergleichbar gewesen sein, allerdings sollen an dieser Stelle nur die direkten Angehörigen der Pompadour untersucht werden. Zur Protektion der Madame de Pompadour gegenüber ihren ferneren Verwandten aus der

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Handlungsspielräume enger als die der Günstlingminister und Ministerialclans des 17. Jahrhunderts waren. Denkbar ist hingegen auch, dass der Grund in der eher zurückhaltenden Förderung im fehlenden adligen Familienverständnis der bürgerlich geborenen Marquise zu sehen ist. Der Vater der Marquise, François Poisson, bekam zwar noch 1745 den Titel des Marquis de Marigny verliehen, einschließlich dazu gehörender Ländereien. Zudem übernahm Madame de Pompadour seine Schulden in Höhe von 400.000 livres239. Jedoch geht aus ihren Briefen hervor, dass François Poisson wesentlich mehr Forderungen – finanzieller Art, aber auch bezogen auf Titel und Ämter – an sie stellte, als sie bereit oder in der Lage war zu erfüllen240. Wenn sie viele der Anfragen ihres Vaters abschlägig beantwortete, so mochte dies auch mit dessen Unkenntnis der höfischen Verhaltensweisen zusammenhängen: Eine häufigere Präsenz des Vaters am Hof, die bei einem weiteren Aufstieg unvermeidlich gewesen wäre, hätte die Stellung Madame de Pompadours gefährden können, lag deren schwacher Punkt doch in ihrer Herkunft, die sich für Beobachter in der Gestalt des Vaters kristallisieren musste241. Madame de Pompadour unternahm daher nichts, um ihren Vater dauerhaft an den Hof zu holen242. Im Gegenteil beschrieb sie ihm das Leben am Hof als äußerst beschwerlich. Jedoch verleugnete sie ihn und ihre Familie auch nicht, wie aus den Schilderungen des Duc de Luynes aus ihrer ersten Zeit am Hof hervorgeht: »Bislang weit davon entfernt, überheblich zu sein, erwähnt sie beständig ihre Verwandten, sogar in Gegenwart des Königs. Vielleicht kommt sie zu häufig auf dieses Thema zu sprechen. […] Es gibt Grund zu der Annahme, dass der König oft beschämt ist von diesen Reden und den Familiendetails.«243 Finance siehe Durand, Les Fermiers, 70 f. und Nolhac, Pierre, Louis XV et Madame de Pompadour, Paris 1928, 238 ff. 239 Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 11, 86 f., 19.2.1751. 240 Das geht beispielsweise aus einem Brief aus dem Jahre 1750 hervor, in dem die Marquise ihrem Vater Folgendes schrieb: »Je crois vous avoir déjà mandé, mon cher père, que surintendant ne se pouvait pas, et qu’il n’y fallait jamais penser.« Pompadour, Correspondance, 12, Nr. V, Pompadour an François Poisson, Versailles, 1750. 241 Lever, Pompadour, 165. 242 Siehe beispielsweise Pompadour, Correspondance, 12, Nr. V, Pompadour an François Poisson, Versailles, 1750. »Vous avez bien raison de ne vouloir pas paraître dans ce qui va être fait pour mon frère, et surtout de ne pas paraître ici. Si vous connaissiez ce pays-ci [i.e. der Hof ] comme moi, vous le détesteriez encore plus. Mais votre présence à la cour n’est d’aucune utilité; le Roi érige tous les jours des terres en comtés, marquisats, etc., dont les possesseurs ne paraissent jamais.« 243 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 7, 110, 30.10.1745. »Bien éloignée jusqu’à présent d’avoir de la hauteur, elle nomme continuellement ses parents, méme en pré-

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Der Aufstieg des Bruders der Marquise, Abel François Poisson, ging zunächst Hand in Hand mit der zunehmenden Festigung der Stellung seiner Schwester am Hof vor sich: Bereits im Dezember 1745, nach der Entlassung des Contrôleur général des Finances, Philibert Orry, die auf Druck der Brüder Pâris und der Marquise de Pompadour geschah244, erhielt Abel François auf Wunsch seiner Schwester die Survivance für das nunmehr frei gewordene Amt des Directeur des Bâtiments du roi, das zunächst an ihren Gönner Le Normant de Tournehem ging245. Kurz zuvor war Abel François bereits vom König zum Marquis de Vandières und zukünftigen Marquis de Marigny ernannt worden246. Abgesehen vom direkten Nutzen für den 20-Jährigen hatten diese Vorgänge auch für die Mätresse einen Vorteil: Sie machten in der Anfangsphase ihrer Beziehung zu Ludwig XV. sichtbar, dass die neue Mätresse fest im Sattel saß und mehr Einfluss auf den König auszuüben wusste als andere Mätressen vor ihr, womit sich zugleich Gerüchte zerstreuten, die ein baldiges Ende der Liaison voraussagten247. Der Bruder der Madame de Pompadour war gebildet und ebenso künstlerisch begabt wie seine Schwester248. Er entwickelte rasch ein gutes Verhältnis sence du Roi, peut-être même répète-t-elle trop souvent ce sujet de conversation. […] Il y a lieu de croire que le Roi est souvent embarassé de ces termes et de ces détails de famille.« 244 Zu den näheren Umständen siehe ebd., 136, 6.12.1745 sowie Marville, Lettres, Bd. 2, 216, 31.12.1745. 245 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 7, 151, 24.12.1745. Le Normant de Tournehmen starb 1751, und Abel François, der kurz zuvor ernannte Marquis de Marigny, übernahm sein Amt. 246 Marville, Lettres, Bd. 2, 62, berichtet am 12. November 1746 von dieser Ernennung: »On assure que le frère de Mme de Pompadour a été fait marquis […].« Die Fußnote des Herausgebers vermerkt indes, dass Abel François zwar schon seit 1746 den Titel des Marquis de Vandières getragen habe, dass seine Ländereien aber erst in den Lettres patentes vom 14. September 1754 offiziell zum Marquisat erhoben worden seien. 247 Vermutungen dieser Art, dass die Marquise in absehbarer Zeit ihre herausragende Stellung verlieren würde, finden sich während der ersten Jahre bei allen Memoirenschreibern. In einem Brief vom 11. Mai 1745 mutmaßt beispielsweise Marville, Lettres, Bd. 2, 75, in den folgenden Worten über die neue Mätresse des Königs: »D’autres assurent que Mme d’Étiolles a été parfaitement la dupe du roi, qui s’en est amusé quelques jours, et puis l’a laissée là. Elle n’est ni baronne, ni comtesse, ni marquise; elle n’a rapporté, dit-on, de la cour que beaucoup de regrets de toutes les folles démarches qu’elle a faites.« 248 Zu Abel François de Vandières siehe Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 62, November 1746: »[...] et son frère, appelé M. de Vandières, d’environ vingt ans, de jolie figure, commençait à être de la grande faveur et de toutes les parties, ne manquant pas de chasse et en ayant l’habit […].« Siehe auch ebd., Bd. 2, 10, 1755: »[…] M. de Van-

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zum König, der großes Interesse an ihm zeigte, und bereits nach wenigen Monaten standen beide in regelmäßigem Kontakt miteinander: Der Marquis de Vandières durfte den Monarchen in den Petits Cabinets besuchen und nahm an den Jagdausflügen und Reisen der Hofgesellschaft in entfernter gelegene Schlösser teil, was als große Ehre galt. Schon im Januar 1746 berichtet Luynes von einem gemeinsam in den Räumen Madame de Pompadours eingenommenen Souper, an dem der König, seine Mätresse und deren jüngerer Bruder, Marquis de Vandières, teilgenommen hätten249. Da Madame de Pompadour ehrgeizige Pläne hatte, was die Zukunft ihres Bruders anbelangte, bestand sie darauf, dass er eine lange Bildungsreise durch Italien antreten solle, um seine Kenntnisse in Architektur, Malerei und Literatur zu vertiefen250. Im Laufe dieser Reise, die der Grand Tour der Adligen, der Kavalierstour, nachempfunden war, sollte er Kontakte knüpfen und Erfahrungen sammeln, die ihn im Anschluss zur Übernahme wichtiger Ämter qualifizieren sollten. Madame de Pompadour sorgte dafür, dass er durch den König von Sardinien, den Herzog von Savoyen und sogar durch Papst Benedikt XIV. empfangen wurde251. Schon vor der Italienreise war es ein zentrales Anliegen der Marquise gewesen, ihren Bruder möglichst günstig zu verheiraten; ein Plan, der sich nach der Rückkehr von Abel François konkretisierte, allerdings zu keinem Ergebnis führte252, weil Abel François alle Vorschläge seiner Schwester ablehnte. Für dières, que le Roi, depuis deux mois, avait titré du titre de marquis de Marigny, et avait fait jouir des avantages des personnes de qualité, en le faisant monter dans ses carrosses et manger avec lui, ce qui avait fait assez de bruit. D’ailleurs, il travaillait beaucoup avec le Roi pour sa charge de directeur général des bâtiments, et il en avait pris de bonnes connaissances dans son voyage de Rome.« 249 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 7, 199, 16.1.1746. 250 Während seiner Italienreise erhielt der Marquis zwischen Dezember 1749 und September 1751 insgesamt 31 Briefe von seiner Schwester. Aus der Fülle dieser mitunter sehr persönlichen Briefe geht die enge Verbundenheit zwischen den Geschwistern hervor. – Über das gemeinsame Interesse beider Geschwister an bildender Kunst und Architektur siehe Gordon, Alden R., Das kunstsinnige Geschwisterpaar: Der Einfluss des Marquis de Marigny auf Madame de Pompadour, in: Salmon, Madame de Pompadour und die Künste, 55–71. 251 Siehe Pompadour, Correspondance, 33, Nr. III und 36, Nr. IV (beide Briefe 1750) sowie ebd., 45, Nr. VII, Pompadour an Vandières, 5.11.1752 und ebd., 47, Nr. VIII, Pompadour an Vandières, 7.12.1752. 252 In den Briefen an den Vater ist an mehreren Stellen von einer Verheiratung des Bruders die Rede: Siehe zum Beispiel ebd., 8, Nr. III, Pompadour an François Poisson, Versailles, 1750. »Vous pouvez bien juger, mon cher père, que je suis très occupé de marier mon frère; je vous donne ma parole qu’il le sera avant six mois; et très bien. Mais pour être heureux, il ne faut jamais désirer les choses impossibles. Je sui sûre qu’il n’y

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die Mätresse war dies von Nachteil, denn eine günstige Verheiratung hätte sie enger mit der Hofgesellschaft verbunden und damit zu einer Festigung ihrer Stellung beitragen können. Abel François war indes nicht nur im Bezug auf eine mögliche Eheschließung unwillig, sich den Vorstellungen seiner Schwester zu beugen. Wie aus einem Brief Madame de Pompadours an den Duc de Richelieu hervorgeht253, beabsichtigte die Marquise, ihrem Bruder nach dem Tod des Kanzlers des Ordre du Saint-Esprit das durch Nachrücken nunmehr frei gewordene Amt des Greffier in der Chancellerie de l’Ordre du Saint-Esprit zu verschaffen. Schon am 27. Juni 1756, dem Todestag des Abbé de Pomponne, Botschafter in Venedig, Conseiller des Kirchenstaates und Kanzler des Ordre du Saint-Esprit, schrieb sie an ihren Vertrauten in Minorca: »Abbé de Pomponne ist gestorben. Mein Bruder hat das Amt von Monsieur de SaintFlorentin.«254 Saint-Florentin, ehemaliger Greffier des Kanzlers, sollte, den Plänen der Marquise zufolge, dessen Nachfolge antreten, so dass das Amt des Greffier frei würde und an ihren Bruder überginge. In den Worten Madame de Pompadours klingt dieser Vorgang wie eine beschlossene Sache. Indes lehnte Abel nicht nur diesen Posten ab, sondern wenig später auch den des Marineministers, den er in der Nachfolge des 1757 entlassenen Machault d’Arnouville hätte übernehmen sollen, wenn es nach dem Willen seiner Schwester gegangen wäre. Offensichtlich war es Abel François unangenehm, allzu deutlich als der Nutznießer seiner mächtigen Schwester zu erscheinen. Noch ehrgeizigere Pläne als mit dem Bruder verband Madame de Pompadour mit ihrer Tochter Alexandrine255. Sie wurde am 10. August 1744 geboren und blieb das einzige Kind aus der Verbindung der späteren Marquise mit ihrem Ehemann Charles Guillaume Le Normant d’Étiolles. Nach der Trennung ihrer Eltern blieb Alexandrine zunächst bei ihrer Mutter am Hof und trat im Jahre 1750 in das exquisite Kloster de l’Assomption ein, wo nur die Töchter des höchsten Adels und der reichsten Financiersfamilien erzogen wurden. Gelegentlich besuchte Alexandrine ihre Mutter in Versailles256. Madame de Pompadour versuchte schon frühzeitig, die Weichen für eine möglichst geaura jamais de surintendant ni de finances ni de bâtiments; ainsi n’y songeons pas. Cela ne m’empêche pas d’être très certaine de faire un très bon mariage pour mon frère.« 253 Bibliothèque Victor-Cousin, Fonds Richelieu, registre 27, fol. 179. Zitiert nach: Lever, Pompadour, 354. 254 Lever, Lettres, 355, Pompadour an Richelieu, Paris, 27.6.1756. »L’abbé de Pomponne vient de mourir. Mon frère a la charge de Monsieur de Saint-Florentin.« 255 Zu Alexandrine siehe Lever, Pompadour, 165 und 208 ff. 256 Siehe unter anderem Pompadour, Correspondance, 10, Nr. IV, Pompadour an François Poisson, Versailles, ohne Datum und ebd., 19, Nr. IX, Pompadour an François Poisson, Versailles, 21.1.1753.

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winnbringende Heirat ihrer Tochter zu stellen. Nachdem ihr mehrere Anfragen negativ beschieden worden waren, konnte sie im August 1752 die Verlobung der 8-jährigen Alexandrine mit dem 11-jährigen Sohn der Duchesse de Chaulnes, dem Duc de Picquigny, bekannt geben257. Zu der Eheschließung sollte es nicht mehr kommen, weil Alexandrine im Juni 1754 unerwartet starb. Es ist festzuhalten, dass sowohl der Vater als auch der Bruder der Madame de Pompadour ihre Stellung wesentlich verbessern konnten, seitdem sie zur Mätresse erhoben worden war, und auch Alexandrine hätte der gesellschaftliche Aufstieg offen gestanden, der ihr unter anderen Umständen verwehrt geblieben wäre. Trotz oder gerade aufgrund ihrer Herkunft spielte die Familie für Madame de Pompadour eine große Rolle, jedoch räumte sie den Angelegenheiten ihrer Verwandten nicht in jedem Falle Vorrang ein. Sie verfolgte sie nur so weit, wie es von Seiten der Hofgesellschaft akzeptiert wurde. Weisbrod spricht daher von einer »zurückhaltenden Nutzung der Möglichkeiten ihrer Stellung« und geht davon aus, dass dieses Verhalten »zum einen durch ihr geschicktes höfisches Agieren und zum anderen von der Begrenztheit ihrer Handlungsspielräume bestimmt gewesen« sei258. Ob Madame de Pompadour ihre Möglichkeiten zur familiären Patronage restlos ausschöpfte oder nicht – mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass diese Handlungsspielräume in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beschränkter waren als im 17. Jahrhundert. Um ihre Aufgaben adäquat ausführen zu können, hatten auch Jean-Baptiste Colbert, marquis de Seignelay, und Michel Le Tellier, marquis de Barbezieux (ebenso wie später sein Sohn François-Michel Le Tellier, marquis de Louvois), alle strategisch wichtigen Positionen mit Verwandten und Freunden besetzt und so den Grundstein für ein weit verzweigtes, personales Klientelnetzwerk gelegt, das vor allem auf der Provinzialebene wirksam wurde, aber auch die direkte höfische Umgebung des Königs mit einschloss. Anders als der Marquise de Pompadour war es ihnen auch gelungen, enge familiäre Banden zum französischen Hochadel zu knüpfen. Auch Kardinal Richelieu hatte gleich nach seinem Aufstieg zum Premier ministre damit begonnen, ein umfassendes Klientennetzwerk zu knüpfen, wobei seine Familienangehörigen und engen Freunde die ersten waren, an die er sich bei der Vergabe von Schlüsselpositionen wandte und denen er Ämter, Titel und Pensionen zuspielte259. Die Ausdifferenzierung der Bürokratie beschnitt jedoch die Handlungsspielräume und machte ein Vorgehen dieser Art in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunehmend schwierig. Madame de Pompadour mag sich dennoch an diesen 257 Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 9, 39, 24.8.1752. 258 Weisbrod, Macht und Mythos, 121. 259 Siehe Bergin, Joseph, The Rise of Richelieu, Manchester / New York 21997.

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Vorbildern und ihrer Praxis der Familienförderung orientiert haben, die zu den zentralen politischen Strategien früherer Günstlinge gezählt hatten. Wie die frühneuzeitlichen Günstlingminister versuchte sie auch, die königliche Patronageverteilung in ihrer Hand zu monopolisieren. Ihre Nähe zum König, die sie nutzte, um den Zugang zu ihm zu steuern, die besondere Gunst, die sie genoss und die sich in Ehren, Geldern und kostbaren Geschenken spiegelte, zeigen die Parallelen zwischen Favorit und Favoritin an. Ihre formal nicht begründeten Kompetenzen waren ebenso ein »Ausweis fürstlicher Willkür« wie die »irrationalen Beweggründe«260, aus denen heraus der König sie erwählt hatte. Auch ihre ständige Gefährdung, durch Rivalinnen zu Fall zu kommen, weist die Mätresse zweifelsohne als eine Art weiblichen Günstlingministers aus. Anders als beim männlichen Favoriten jedoch stand zunächst die sexuelle Beziehung im Mittelpunkt. Die »Geschlechterdifferenz« kann somit »[als] konstitutiv für das Verhältnis zwischen dem König (…) und seiner Mätresse«261 betrachtet werden. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird zu fragen sein, inwiefern die Geschlechterdifferenz die Position der Madame de Pompadour beeinflusste und was genau den weiblichen von einem männlichen Günstling unterschied. Konnte auch der weibliche Günstling explizit politischen Einfluss geltend machen oder setzten ihm gesellschaftliche Konventionen Grenzen? Wie eng waren diese Grenzen, und wie ließen sie sich umgehen? Diese Fragen sollen anhand der Handlungsspielräume der Mätresse in den Außenbeziehungen beleuchtet werden.

260 Ruby, Mätresse als Günstling, 496. 261 Siehe ebd., 495.

II.  Die Mätresse und die Diplomatie 1.  Auswärtige Diplomaten in Versailles Anhand der umfangreichen diplomatischen Quellen lässt sich nachweisen, dass sich Madame de Pompadour vor allem seit Beginn der 1750er Jahre immer mehr dem prestigeträchtigen Bereich der Affaires étrangères zuwandte und enge Beziehungen zu einzelnen auswärtigen Diplomaten unterhielt. Über ihre Beweggründe geben die Quellen keine hinreichende Auskunft: Möglicherweise lag Madame de Pompadour daran zu rechtfertigen, dass sie auch nach dem Ende der Beziehung zu Ludwig XV. als Maîtresse en titre am Hof blieb. Während im zeitgenössischen Sprachgebrauch der Diplomaten unter »affaires« die Gesamtheit der öffentlichen Angelegenheiten zusammengefasst wurde (womit diese weitgehend dem hier zugrunde gelegten Begriff des Politischen entsprechen1), wurden in den diplomatischen Schreiben in der Regel nur die Angelegenheiten als »politisch« beschrieben, die der König mit den benachbarten Höfen zu regeln hatte, nach heutigem Verständnis also ausschließlich die auswärtigen Angelegenheiten2. Alle übrigen Fragen, die nicht unmittelbar den Kontakt mit anderen Höfen betrafen, wurden nicht als Teil der »politique« bezeichnet: Die Verwaltung der Grâces, auch wenn auf diesem Wege über Ämterbesetzungen und Personalfragen entschieden wurde, war 1 Siehe in der Einleitung zu dieser Darstellung, 2. 2 Furetière, Dictionnaire Universel, Bd. 3, Stichwort »politique«, beschreibt »politique« als die Organisation von Gemeinwesen und die Regierungskunst (»l’art de gouverner et de policer les États pour y entretenir la sûreté, la tranquilité et l’honnêteté des mœurs. La bonne politique ne consiste pas seulement à faire des conquêtes, mais à gagner l’amour de son peuple«). Daneben verzeichnet Furetière auch einen Sprachgebrauch, nach dem »politique« im engeren Wortsinne »la conduite particulière de chacun dans sa famille, dans ses affaires« sei. Im Sprachgebrauch der Diplomaten zeigt sich hingegen deutlich, dass sie klar zwischen »politique« als den Außenbeziehungen und »affaires« unterscheiden, als die alle übrigen öffentlichen Angelegenheiten bezeichnet werden. – Auf einen weiteren Bedeutungsstrang des Begriffs, die »nicht-etatistische Verwendung« von ,politique‘ als »geschicktes Verhalten,« hervorgegangen aus der Reflexion des »Verhältnisses von Individuum und Gemeinwesen,« hat jüngst Martin Papenheim in seinem sehr informativen Aufsatz zur Begriffsgeschichte von »politique« im 16. bis 19. Jahrhundert hingewiesen: Siehe Papenheim, Martin, »En ce monde chacun a sa politique«: Aspekte einer Begriffsgeschichte von ,politique‘ in Frankreich vom 16. bis 19. Jahrhundert, in: »Politik«: Situationen eines Wortgebrauchs im Europa der Neuzeit, hrsg. v. Willibald Steinmetz, Frankfurt a. M. 2007, 162–205, hier 164 f., 170 ff. und 191 f. (zur Bezeichnung ausschließlich der Außenbeziehungen als »politique« durch Louis-Antoine-Léon de Saint-Just).

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nach zeitgenössischem Verständnis offensichtlich keine »politische« Aufgabe. Die Begrifflichkeit ist an dieser Stelle insofern bedeutsam, als die Mätresse durch ihre Einflussnahme im Bereich der Affaires étrangères Grenzen überwand, die sie in den Bereich der »politique« hineinführten. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zeitgenossen die Hinwendung der Mätresse zu den auswärtigen Angelegenheiten nicht nur genau registrierten, sondern sie auch als qualitative Besserung ihrer Stellung und als Steigerung ihrer Macht interpretierten. Nach der frühneuzeitlichen Herrschertheorie lag die Gestaltung der Außenbeziehungen allein in der Hand des Monarchen und galt als sein »arcanum« (zu Deutsch: Geheimnis)3. Sie war unmittelbar an seine Person geknüpft und zugleich der Bereich der Regierungsarbeit, aus dem der Monarch das meiste Prestige für sich schöpfen konnte4. Diskretion, Beratungen und Entscheidungen im kleinen Kreis kennzeichneten dieses Politikfeld noch mehr als alle anderen. Obwohl das Verwaltungspersonal insgesamt im 17. und 18. Jahrhundert aufgestockt wurde, waren nur wenige Personen an der Gestaltung der Außenbeziehungen unmittelbar beteiligt: Neben dem formal ernannten Staatssekretär des Äußeren handelte es sich dabei um Personen im Umfeld des Königs, die sein Vertrauen genossen und deren Rat der Herrscher suchte. Die Mitsprache dieser Personen gründete nicht auf etwaigen Amtsbefugnissen oder der Teilnahme am Conseil, sondern auf ihrem Vertrauensverhältnis zum Monarchen. In Einzelfällen mögen ihre Ratschläge von größerer Bedeutung als die Entscheidungen im Conseil gewesen sein; weil Protokolle der Conseil-Sitzungen jedoch fehlen, lässt sich die Bedeutung der Beratungen auf die schließlich gefällten Entscheidungen nicht zufriedenstellend nachvollziehen5. 3 Siehe Duchhardt, Heinz, Die Formationsphase der Wissenschaft von den internationalen Beziehungen: Christian G. Hoffmanns »Entwurff einer Einleitung zu dem Erkänntniß des gegenwärtigen Zustandes von Europa« von 1720, in: Formen internationaler Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Frankreich und das Alte Reich im europäischen Staatensystem. Festschrift für Klaus Malettke zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Sven Externbrink / Jörg Ulbert, Berlin 2001, 37–42, hier 37. – Zum Geheimnis als einer »durchaus anerkannte[n] und notwendige[n] Dimension politischen Handelns« in der Frühen Neuzeit siehe Hölscher, Lucian, Öffentlichkeit und Geheimnis. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zur Entstehung der Öffentlichkeit in der Frühen Neuzeit, Stuttgart 1979. Zu den arcana imperii siehe Kunisch, Johannes, Absolutismus und Öffentlichkeit, in: Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert, hrsg. v. Hans-Wolf Jäger (Das 18. Jahrhundert, Supplementa 4), Göttingen 1997, 33–49. 4 Siehe Hinrichs, Ernst, Abschied vom Absolutismus? Eine Antwort auf Nicholas Henshall, in: Asch / Duchhardt, Der Absolutismus, 353–371, hier 363. 5 Siehe Buddruss, Eckhard, Die französische Deutschlandpolitik 1756–1789, Mainz 1995, 40.

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Dass Akteure ohne Amtsbefugnis an der Gestaltung der Außenbeziehungen beteiligt waren, illustriert beispielhaft ein Zeugnis des französischen Außenministers Comte d’Argenson, der 1747 in seine Aufstellung der »maßgeblichen Persönlichkeiten«6 in den auswärtigen Angelegenheiten die Mätresse des Königs aufnahm – neben der königlichen Familie, den Prinzen von Geblüt und elf Staatssekretären und Staatsministern: Die Freundschaft, die Madame de Pompadour und den König verbinde, so Argenson, habe erhebliche Auswirkungen auf die auswärtigen Angelegenheiten7. Vor allem pflege Madame de Pompadour einen sehr regen Umgang mit den auswärtigen Diplomaten bei Hof, empörte sich Argenson8. Es sei üblich, so schrieb er 1755, dass neu ankommende Diplomaten bei ihrer Begrüßungsrunde nicht nur der königlichen Familie vorgestellt, sondern auch zu Madame de Pompadour geleitet würden. In der gleichen Weise geschehe es in der Folge jedes Mal, wenn sie nach Versailles kämen: »[Der König] will, dass die Botschafter [der Marquise de Pompadour] jeden Dienstag einen Besuch abstatten, genauso wie der Königin. Der Introducteur des ambassadeurs geleitet sie zu ihrer Toilette. Man muss doch zugeben, dass dies alles sehr außergewöhnlich ist.«9

Die Begegnungen zwischen Madame de Pompadour und den fremden Diplomaten geschahen also auf Wunsch des Königs und nicht nur in Einzelfällen. Welcher Art waren diese Begegnungen, in welchem Rahmen fanden sie statt, und an welche Absichten waren sie seitens der Beteiligten geknüpft? 6 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 5, 31 ff. (Article II. Caractères des principaux personnages). 7 Siehe ebd., 52. 8 Ebd., Bd. 9, 38, 24.8.1752. »Elle disait dernièrement aux ministres étrangers [i.e. hier und im Folgenden: die fremden Diplomaten bei Hof ]: ‘Voilà bien des mardis où le roi ne pourra vous voir, messieurs; car je ne crois pas que vous veniez nous chercher à Crécy.’ Ce nous l’assimile à la reine: on se moque fort de ces discours.« 9 Argenson (Rathery), Mémoires, Bd. 9, 144 f., 5.12.1755. »[I]l veut que les ambassadeurs lui aillent rendre visite les mardis, comme à la reine. L’introducteur des ambassadeurs les mène à sa toilette. Avouons que tout ceci est fort singulier.« Charles Joseph Prince de Ligne, ein Sondergesandter des Wiener Hofes, der 1759 nach Versailles kam, um dort den österreichischen Sieg und die Gefangennahme von 17.000 Preußen bei Maxen bekannt zu geben, wunderte sich darüber, dass ihn seine Willkommensrunde auch zur Mätresse des Königs führte: »Quel fut mon étonnement, lorsqu’après la ronde de révérence qu’on me fit faire chez tous les individus de la famille royale, on me conduisit chez une espèce de seconde reine qui en avait bien plus l’air que la première, qui était une vieille mal élevée.« Siehe Ligne, Charles Joseph prince de, La douceur de vivre, hrsg. v. Raymond Recouly, Paris 1927, hier 36.

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Der Typus des diplomatischen Vertreters mit ständigem Aufenthalt am Hof eines fremden Fürsten ist ein Kennzeichen entstehender Staatlichkeit10. Ihren Ursprung hat die ständige Diplomatie im Italien der Frühen Neuzeit: Erstmals wurden venezianische Botschafter und päpstliche Nuntien zu längerfristigen Aufenthalten und nicht mehr nur für zeitlich befristete Missionen an fremde Höfe geschickt. Andere Mächte zogen nach und bauten im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts allmählich ein diplomatisches Netz auf, das von den verbesserten Kommunikationswegen profitieren konnte. Eine Vorreiterrolle kam der französischen Krone zur Zeit Ludwigs XIV. zu: Gezielter als andernorts wurde dort der Ausbau des Behördenwesens vorangetrieben11. Die Anzahl der Personen, die im Staatssekretariat des Äußeren beschäftigt waren, stieg während der Regierungszeit Ludwigs XIV. um ein Zwanzigfaches; parallel dazu waren erste Ansätze einer Spezialisierung in den Aufgaben zu erkennen: Ständige Commis, Übersetzer und Archivare bildeten das Personal des Amtes, dessen zunehmend ausdifferenzierte Organisationsstruktur nach und nach an den meisten europäischen Höfen übernommen wurde12. Die spanische Krone richtete 1714 ein Staatssekretariat ein, das sich auf den Fachbereich der auswärtigen Angelegenheiten konzentrierte; in Savoyen geschah dies 171713. In der habsburgischen Behördenorganisation setzte sich etwa zur selben Zeit die Hofkanzlei gegen die Reichskanzlei durch, nachdem zuvor beide das Recht beansprucht hatten, die auswärtigen Beziehungen zu lenken14. Auch das britische Außenministerium, das Foreign Office, ging im Jahr 1782 aus der Zusammenlegung des Northern und des Southern Department hervor. Beide Departments unterstanden bis zu diesem Zeitpunkt jeweils einem Staatssekretär und waren für die Beziehungen mit jeweils einer Reihe von Mächten zuständig. Jene zum Königreich Frankreich fielen in die Verantwortlichkeit

10 Siehe zur Entstehung der Diplomatie Wight, Martin, Power politics, Harmondsworth 1979, 113 ff., sowie Reinhard, Wolfgang, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 32002, 370 ff. und Duchhardt, Balance, 19 ff. Sehr informativ neuerdings zu Charakteristika der frühneuzeitlichen Diplomatie: Thiessen, Diplomatie vom type ancien. 11 Näheres zu Aufgaben und Vorgehensweisen der diplomatischen Vertreter Ludwigs XIV. siehe bei Roosen, William J., The functioning of ambassadors under Louis XIV, in: French Historical Studies 6/3 (Spring 1970), 311–332. 12 Siehe Anderson, The rise of modern diplomacy, 73 ff. (»The beginnings of foreign offices«). 13 Siehe Scott, The rise of the first minister, 31. 14 Siehe Müller, Klaus, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden (1648–1740), Bonn 1976, 24 ff.

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des Southern Departments15. Die Zusammenlegung wurde notwendig, weil es zwischen den beiden Staatssekretären immer wieder zu Rivalitäten und Kompetenzstreitigkeiten gekommen war. Im Rahmen dieser Entwicklung zeigten sich auch im diplomatischen Korps erste Professionalisierungstendenzen, die jedoch auf einem sehr niedrigen Stadium stehen blieben. Seit dem 15. Jahrhundert entstand zwar als Untergattung politischer Theorie die Traktatliteratur, die Tugenden, Kenntnisse und Eigenschaften des idealen Botschafters in den Mittelpunkt stellte16. So erschien 1642 das Werk von Juan Antonio de Vera, »Le parfait ambassadeur« 17 auf Französisch, das unter dem Titel »El embajador« bereits 1620 in spanischer Sprache erschienen war; die Abhandlung »L’Ambassadeur et ses fonctions« von Abraham de Wicquefort erschien 1682 in Den Haag, »De la manière de négocier avec les souverains« von François de Callières 171618. Lange Zeit blieb das in diesen Werken beschriebene Muster des Diplomaten jedoch konstant und spiegelte eher konkurrierende Normen als tatsächliche Vereinheitlichung wieder: Ähnlich dem »honnête homme« sollte der ideale Botschafter weltgewandt, elegant und belesen sein, die Kunst des höfischen Benehmens beherrschen und als kultureller Vermittler an der Schnittstelle zwischen seiner Herkunftskultur und dem fremden Hof stehen19. Einen professionellen Charakter hatte die Funktion des Diplomaten noch nicht. 15 Staatssekretär des für Frankreich zuständigen Southern Departments war von 1724 bis 1748 Thomas Pelham-Holles, 1st duke of Newcastle. Als er 1748 ins Amt des Staatssekretärs für das Northern Department wechselte, folgten ihm John Russell, duke of Bedford (1748–1751), Robert Darcy, earl of Holdernesse (1751–1754) und Sir Thomas Robinson (1754–1755). 16 Siehe Kugeler, Heidrun, »Le parfait ambassadeur.« Zur Theorie der Diplomatie im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden, in: Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven, hrsg. v. ders. / Christian Sepp / Georg Wolf (Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit, 3), Hamburg 2006, 180–211 und Waquet, Jean-Claude, François de Callières: l’art de négocier en France sous Louis XIV, Paris 2005. 17 Vera y Figueroa, Juan Antonio de, Le parfait ambassadeur, Paris 1642. 18 Wicquefort, Abraham de, L’Ambassadeur et ses fonctions, Den Haag 1682 und Callières, François de, De la manière de négocier avec les souverains. De l’utilité des négociations, du choix des ambassadeurs et des envoyés et des qualités nécessaires pour réussir dans ces emplois (1716), hrsg. v. Alain Pekar Lempereur, Genève 2002. 19 Zur Funktion des Diplomaten als Mittler zwischen Kulturen siehe Windler, Christian, La diplomatie comme expérience de l’autre. Consuls français au Maghreb (1700–1840), Genève 2002. – Zum Idealtypus des honnête homme siehe Höfer, Anette / Reichardt, Rolf, Honnête homme, honnêteté, honnêtes gens, in: Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680–1720, hrsg. v. dems. / Eberhard Schmidt, Bd. 7, München 1986, 7–73.

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Im Laufe der Zeit legten einzelne Höfe zunehmend Wert auf eine spezielle Ausbildung und richteten zum Teil entsprechende Ausbildungsstätten ein20. In Frankreich wurde auf Initiative Colberts im Jahr 1712 eine Académie politique ins Leben gerufen21, und in Strasbourg gründete der Gelehrte Jean Daniel Schöpflin 1752 eine Diplomatenschule im universitären Rahmen, an der vor allem europäische Geschichte als Grundlage einer erfolgreichen diplomatischen Karriere gelehrt wurde22. Beide Ausbildungsinstitute wurden jedoch nach wenigen Jahren wieder geschlossen: Die Bemühungen um eine Systematisierung blieben halbherzig und die Erfolge bescheiden23. Bis im 19. Jahrhundert eine systematische Ausbildung für Diplomaten üblich wurde, war die Praxis der Grand Tour, der Reise, die junge Aristokraten unternahmen, um Kenntnisse in Geschichte, Kunst und Sprachen zu vertiefen, ausreichend; in einigen Fällen kam eine Art »Praktikum« bei einem erfahrenen Botschafter hinzu24. Noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts gaben in der Regel nicht individuelle Verdienste, Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen den Ausschlag für eine Ernennung zum Botschafter25. Wichtiger als spezifische Fähigkeiten waren weiterhin Vermögen, hochadlige Geburt und die Nähe des Kandidaten zum König, zum zuständigen Staatssekretär und seinem engsten Umfeld: Patronagebeziehungen spielten bei Stellenbesetzungen im diplomatischen Dienst eine ebenso große Rolle wie in allen anderen Bereichen der Ämtervergabe26. Die Gewinnung fachlich geeigneter Kandidaten vor allem für Missionsziele, die aufgrund ihrer Abgelegenheit oder ungünstiger klimatischer Bedingungen 20 Zur Ausbildung der französischen Diplomaten im 18. Jahrhundert siehe Béchu, Claire, Les ambassadeurs français au XVIIIe siècle: Formation et carrière, in: Bély, L’invention de la diplomatie, 331–346. 21 Siehe ebd., 334 ff. 22 Zu den Versuchen Schöpflins, in Strasbourg eine Diplomatenschule einzurichten, siehe Voss, Jürgen, Universität, Geschichtswissenschaft und Diplomatie im Zeitalter der Aufklärung: Johann Daniel Schöpflin 1694–1771 (Veröffentlichungen des Historischen Instituts der Universität Mannheim, 4), München 1979 (zugleich Mannheim, Univ., Habil.-Schr., 1976) und ders., L’École. 23 Siehe etwa Duchhardt, Balance, 27, der schreibt: »Insgesamt wird sich sagen lassen, dass die große Zeit der systematischen Ausbildung von Diplomaten erst im 19. Jahrhundert anbrechen sollte.« 24 Siehe Béchu, Les ambassadeurs, 338. 25 Siehe Black, Jeremy, British diplomats and diplomacy (1688–1800), Oxford 2001, 51 ff. (»Effectiveness«). 26 Siehe am britischen Beispiel ebd., 58. »[W]hen diplomats were appointed, no attention was paid to their merit or ability, but simply to the influence they, their friends and relations possessed in Parliament.«

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wenig attraktiv waren, wurde erschwert durch die häufig nicht ausreichende und nur unregelmäßig eintreffende Bezahlung, die jede diplomatische Mission zum »finanzielle[n] Verlustgeschäft«27 machte. Klagen über finanzielle Engpässe und die Bitte um Zahlungen stellten dementsprechend ein immer wiederkehrendes Motiv in den Briefen der Diplomaten dar, die ihre diplomatischen Einsätze aufgrund der skizzierten Umstände vielfach nur als vorübergehende Beschäftigung und als Sprungbrett für eine spätere Laufbahn in der Verwaltung ihres heimischen Hofes sahen28. Diplomatische Missionen waren nur finanziell unabhängigen Personen möglich. Angesichts dieser Umstände, die von Land zu Land nur graduell variierten, und trotz einzelner Bemühungen lässt sich für die Mitte des 18. Jahrhunderts insgesamt ein eher geringes Maß an Professionalität im europäischen diplomatischen Dienst feststellen29. Obgleich sich die Organisation und Effizienz der zuständigen Behörden schrittweise verbesserte30, erlaubte – und erforderte – die diplomatische Praxis zur Erreichung politischer Ziele auch die Nutzbarmachung von Mitteln und Kommunikationskanälen, die einer bürokratischen Verwaltungsstruktur nach modernem Verständnis zuwiderliefen. Sie widersprechen zugleich einer allzu optimistischen Sichtweise auf den Grad der Professionalisierung und Bürokratisierung im diplomatischen Dienst zu dieser Zeit31. Der Diplomat der Frühen Neuzeit verließ seinen heimatlichen Hof mit Instruktionen seines Herrschers im Gepäck, in denen die Ziele seiner Mission und die Positionen in entscheidenden Fragen niedergeschrieben waren. Häufig 27 Duchhardt, Balance, 33. 28 Siehe ebd., 34. Siehe am Beispiel der kaiserlichen Diplomaten Pečar, Andreas, Die Ökonomie der Ehre. Höfischer Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711–1740), Darmstadt 2003, 42 ff. 29 Die Schwächen in der Rekrutierung und Ausbildung des diplomatischen Personals bezeichnet Externbrink, Friedrich der Große, 70, als »zeittypische[s] Defizit« innerhalb eines ansonsten »weitgehend reibungslos« arbeitenden französischen Außenministeriums. »[D]ie Schwäche der französischen Diplomatie [lag] weniger im organisatorischen als im personellen Bereich.« Siehe auch Thiessen, Diplomatie vom type ancien, der die fehlende Professionalität des frühneuzeitlichen Diplomaten als ein Merkmal des Gesandtschaftswesens dieser Zeit herausstellt. 30 Siehe Duchhardt, Balance of power, 38. 31 Mit Vorsicht ist daher auch die Aussage von Kugeler, Heidrun, »Ehrenhafte Spione«. Geheimnis, Verstellung und Offenheit in der Diplomatie des 17. Jahrhunderts, in: Die Kunst der Aufrichtigkeit im 17. Jahrhundert, hrsg. v. Claudia Benthien / Steffen Martus, Tübingen 2006, 127–148, 133, zu genießen, derzufolge die Diplomatie nach einem Modernisierungsschub bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu einem »institutionalisierten und bürokratisierten Bereich der staatlichen Verwaltung« geworden sei.

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enthielten sie zudem eine Auflistung mit Charakterisierungen der wichtigsten Persönlichkeiten am Hof. In Frankreich angekommen, waren die Diplomaten verpflichtet, dem Staatssekretär schriftlich ihre Ankunft zu melden und um ein erstes Zusammentreffen mit ihm zu bitten32. Anlässlich dieses Treffens (oder im Falle höherrangiger Botschafter anlässlich des ersten Zusammentreffens mit dem König) überreichte der Diplomat sein Beglaubigungsschreiben, die »lettres de créance.« Anschließend wurde der Tag für die offizielle Einführung bei Hofe und die »audience de présentation« beim König vereinbart33. Im Anschluss an diese Audienz geleitete der Introducteur des ambassadeurs den neu akkreditierten Diplomaten zur Königin, zur königlichen Familie und zu den Prinzen von Geblüt. Zur gleichen Zeit, ebenfalls gleich nach seiner Ankunft, machte sich der Diplomat nach und nach mit allen anderen in Paris anwesenden auswärtigen Diplomaten bekannt34. Die Gruppe der Diplomaten am Hof von Versailles war hierarchisch gegliedert. Der Rang des Vertreters sollte zum einen der fremden Macht gegenüber deutlich machen, welchen Wert man auf eine standesgemäße Vertretung und damit auf die Beziehungen zwischen beiden Mächten legte35. Zum anderen erwartete man, dass ein hochrangiger Vertreter am fremden Hof eine 32 Zur genauen Regelung siehe HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 1–90 (Cérémonial de la cour de France pour le Nonce apostolique et les ambassadeurs des cours et puissances étrangères 1752), hier f. 20r: »Il n’y a ambassadeur ordinaire ou extraordinaire arrivé sur la frontière du Royaume, qu’il n’en donne avis au Ministre Secrétaire d’État des affaires étrangères.« Seine Ankunft in Paris musste der Diplomat umgehend dem Staatssekretär, aber auch den übrigen auswärtigen Ministern und dem Introducteur des ambassadeurs mitteilen. 33 Siehe ebd., Frankreich Berichte, Karton 92, f. 11–21, Starhemberg an Maria Theresia, Paris, 25.1.1754. Starhemberg berichtet von seiner Einführung bei Hof und seiner ersten Audienz bei Außenminister Saint-Contest. Die Gelegenheit für eine erste Audienz beim König im kleinen Kreis (»audience particulière«), die noch vor der Einführung bei Hofe inkognito stattfand, vereinbarte der Diplomat mit dem Introducteur des ambassadeurs. Siehe ebd., Frankreich Varia, Karton 22, f. 1–90 (Cérémonial de la cour de France pour le Nonce apostolique et les ambassadeurs des cours et puissances étrangères 1752), hier f. 20v. 34 Siehe ebd., Frankreich Berichte, Karton 92, f. 1–2, Starhemberg an Maria Theresia, Paris, 19.1.1754. Siehe auch ebd., Karton 71, f. 21v–22r, Kaunitz an Ulfeld, Paris, November 1750. Die Frage, welcher Diplomat zuerst einen Besuch abstatten oder einen Besuch empfangen müsse – eine Frage des Rangs –, führte regelmäßig zu Streitigkeiten. Siehe ebd., Karton 103, f. 11, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 19.8.1758. 35 Duchhardt, Balance, 22, bezeichnet den Rang des Diplomaten als Gradmesser für die jeweiligen bilateralen Beziehungen: »Politische Abkühlung oder bilaterale Zuspitzungen konnten mit großer Zuverlässigkeit an der Dignität und Größe der beiderseitigen diplomatischen Vertretungen abgelesen werden.«

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größere Akzeptanz erfahren werde, als es bei einem weniger hochrangigen Vertreter der Fall wäre: So sollte die Interessenvertretung der jeweiligen Krone besser gewährleistet sein36. Die Hierarchie wurde seit Ludwig XIV. halbwegs vereinheitlicht und angeführt vom Diplomaten im Rang eines Botschafters (Ambassadeur). Es folgte der Gesandte (Envoyé), zuletzt der Resident oder Geschäftsträger (Chargé d’affaires) beziehungsweise bevollmächtigter Minister (Ministre plénipotentiaire)37. Der genaue Rang des Vertreters ging aus seinem Beglaubigungsschreiben hervor. Erhielt ein Vertreter den Auftrag zu einer befristeten Mission – zum Beispiel einem Friedenskongress beizuwohnen –, erhielt er die Bezeichnung »extraordinaire«, die sich jedoch im 18. Jahrhundert auch noch für dauerhafte Vertreter fand. Die meisten Mächte entsandten nur gelegentlich Vertreter im Botschafterrang: So ernannte beispielsweise die britische Krone zwischen 1689 und 1789 nur 69 Botschafter und unterhielt ausschließlich am Pariser Posten dauerhaft Diplomaten, die diesen Rang innehatten38. Die Bedeutung des auswärtigen Diplomaten am fremden Hof ergab sich jedoch nicht nur aus seiner eigenen sozialen Herkunft und Amtsbezeichnung (und der damit verbundenen Stellung innerhalb der Hierarchie), sondern auch aus Rang und Stellung seines Souveräns und der Wertigkeit seines Auftrags. Zum Botschafter oder Gesandten konnte niemand ernannt werden, der bürgerlicher Herkunft war: Die Repräsentation des Herrschers, so war allgemeiner Konsens, erforderte eine adlige Geburt. Bei den Briten fanden sich Ausnahmen von dieser Regel: Die britischen Botschafter entstammten in der Regel, aber nicht in allen Fällen, der Gruppe des britischen Hochadels, den Peers. Als in Versailles darüber diskutiert wurde, wer als neuer französischer Botschafter an den Hof in Wien gesandt werden sollte, legte man ebenfalls Wert darauf, dass man den neuen Vertreter als Botschafter und nicht als niederrangigen Minister entsende, seine

36 Siehe Black, British Diplomats, 41. Siehe auch Thiessen, Diplomatie vom type ancien. 37 Denis Diderot unterschied in seinem entsprechenden Artikel in der Encyclopédie (»Député, Ambassadeur, Envoyé«) folgendermaßen zwischen einem Botschafter (Ambassadeur) und einem Gesandten (Envoyé): »L’ambassadeur et l’envoyé parlent au nom d’un souverain, dont l’ambassadeur représente la personne, et dont l’envoyé n’explique que les sentiments. […] Le titre d’ambassadeur se présente à notre esprit avec l’idée de magnificence; celui d’envoyé, avec l’idée d’habileté […]. On dit […] l’envoyé d’une république, l’ambassadeur d’un souverain.« Diderot, Denis, Œuvres complètes, hrsg. v. Annie Angremy / Herbert Dieckmann, Paris 1975–2004, hier Bd. VII (Encyclopédie III, Lettres D–L), hrsg. v. John Lough, / Jacques Proust, Paris 1976, 11. 38 Siehe Duchhardt, Balance, 24 f.

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Herkunft war indes von geringerer Bedeutung39. Der Wiener Hof jedoch erklärte, dass er auf einen französischen Botschafter hochadliger Abstammung Wert lege: Als 1752 die Absicht des französischen Königs bekannt wurde, mit Jean François Ogier einen Angehörigen der Noblesse de robe zum französischen Botschafter in Wien zu ernennen, lehnte Kaiser Franz I. dies strikt ab und bestand auf einen »homme de condition«40. Die Diplomaten bürgerlicher Herkunft besetzten zumeist die mittleren und unteren Ränge und sahen in der diplomatischen Tätigkeit zudem häufig eine Möglichkeit, in den Zweiten Stand aufzusteigen41. Der Diplomat erfüllte am fremden Hof verschiedene Aufgaben42: Seine Einbindung in das diplomatische Zeremoniell, dem seit dem frühen 16. Jahrhundert verstärkte Bedeutung zukam, sollte das Ansehen seines Herrn sichern und wenn möglich steigern. Das Zeremoniell, das man dem fremden Diplomaten gewährte, spiegelte die Stellung seines Souveräns in der Hierarchie der europäischen Mächte und war daher nicht selten Anlass für erbitterte Auseinandersetzungen zwischen den Diplomaten43. Der Rang seines Souveräns ließ sich außerdem von Seiten des Diplomaten unterstreichen durch seinen eigenen – aufwendigen und teuren – Lebensstil44. Genauso bedeutsam wie die Repräsentation war die Verpflichtung des Diplomaten, die Interessen seines Auftraggebers wahrzunehmen und für diesen als Vermittler und Unterhändler tätig zu werden, wenn konkrete Anliegen zu vertreten waren und Verhandlungen anstanden. In der übrigen Zeit diente sein Aufenthalt am fremden Hof in erster Linie der Informationsbeschaffung45. Vor allem zu Beginn einer Mission musste sich der Diplomat zunächst einen Überblick über die Verhältnisse an seinem Einsatzort verschaffen und war so 39 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 15r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.11.1758. »So vieles sei gewiss, dass man einen Botschafter und nicht einen Ministrum 2di ordinis haben wollen, ob es aber eine Persohn von Geburth und distinction sei, darauf werde nicht viel gesehen werden (welcher lezte Umstand ob er zwar sich hier über ebenfalls nicht weiter herauslasset, bei nahe glauben machen sollte, dass er gedencke seinem Freund dem Comte de Courten hierzu zu verhelfen).« 40 Siehe ebd., Karton 77, f. 45r, Kaunitz an Franz I., Paris, 26.6.1752. 41 Siehe Thiessen, Diplomatie vom type ancien. 42 Siehe Reinhard, Staatsgewalt, 373 f. 43 Zum französischen Hofzeremoniell für den apostolischen Nuntius und die Botschafter der fremden Höfe und Mächte siehe die minutiöse Abhandlung in HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 1–90 (Cérémonial de la cour de France pour le Nonce apostolique et les ambassadeurs des cours et puissances étrangères 1752). 44 Siehe Duchhardt, Balance, 31. Siehe auch Thiessen, Diplomatie vom type ancien. 45 Siehe Reinhard, Staatsgewalt, 373.

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weniger Vermittler als vielmehr Berichterstatter46. Die Aufgabe des Berichterstatters verlangte von ihm, dass er sich regelmäßig bei Hofe aufhielt, dass er sein Umfeld aufmerksam beobachtete, Kontakte knüpfte, Informationsquellen erschloss und die so gewonnenen Nachrichten weitergab47. Nur so hatte sein Auftraggeber die Möglichkeit, in den Beziehungen zum Nachbarn erfolgreich zu agieren48. Die Grenzen zwischen ambitionierter Informationsbeschaffung und Spionage waren dabei fließend49, und so lagen in Zeiten angespannter Beziehungen zwischen zwei Höfen nicht nur die Versuchung zur Spionage, sondern auch entsprechende Beschuldigungen nahe50. Seltene Präsenz oder mangelnde Integration bei Hof schlossen den Diplomaten von wichtigen Informationsflüssen aus: Nur über Bekanntschaften bei Hofe konnte er an gesicherte Nachrichten gelangen, wie die Diplomaten in ihren Berichten immer wieder unterstrichen51. Formal kam dem Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten das Privileg zu, auswärtige Diplomaten zu Einzelgesprächen zu empfangen. Diese Gespräche fanden in der Re46 Siehe beispielsweise, bezogen auf Lord Albemarle in Versailles, Black, British diplomats, 58. 47 Das regelmäßige Gespräch mit den Persönlichkeiten des Hofes, an dem der Diplomat akkreditiert war, nennt Externbrink, Friedrich der Große, 69, daher »die klassische Form der Informationsgewinnung.« 48 Siehe in diesem Sinne auch Malettke, Klaus, La »Maison du Roi« sous Louis XIV vue par l’envoyé extraordinaire de Brandebourg Ézéchiel Spanheim, in: Hofgesellschaft und Höflinge an europäischen Fürstenhöfen in der Frühen Neuzeit (15.–18. Jahrhundert), hrsg. v. dems. / Chantal Grell / Petra Holz (Forschungen zur Geschichte der Frühen Neuzeit. Marburger Beiträge, 1), Münster 2001, 77–87, hier 87. 49 Siehe zu dieser Problematik grundlegend Bély, Lucien, Espions et ambassadeurs au temps de Louis XIV, Paris 1990. 50 Zur Verwandtschaft von Spionage, Geheimdienstwesen und Diplomatie siehe Reinhard, Staatsgewalt, 373 und 385 ff. – Einen Fall aus den 1730er Jahren aus dem Umfeld der habsburgisch-wittelsbachischen (München) Beziehungen schildert Laube, Volker, Geheimnisverrat in Wien. Anmerkungen zu den organisatorischen Bedingungen frühneuzeitlicher Außenpolitik am Beispiel Kurbayerns, in: Kugeler / Sepp / Wolf, Internationale Beziehungen, 212–236. Zur Diplomatie als »Hort der Unaufrichtigkeit, der Täuschung, des Verbergens und der Verstellung« siehe Kugeler, Ehrenhafte Spione, Zitat 127. 51 Siehe BL Add. Ms. 35355, f. 227, Yorke an Hardwicke, Paris, 4./15.4.1750; ebd., f. 235, Yorke an Hardwicke, Paris, 18./29.4.1750; ebd., f. 360, Yorke an Hardwicke, Paris, 3./14.8.1751 und ebd., Ms. 32821, f. 141, Yorke an Newcastle, Paris, 10./21.5.1750. Siehe auch Black, British Diplomacy, 29 ff. und Neveu, Bruno, Correspondances diplomatiques et information, in: Dix-septième siècle, 45e année (1993), Nr. 1, Bd. 78,1 ( Januar bis März 1993): Les correspondances franco-étrangères au XVIIe siècle, 45–59, hier 48. Siehe auch bei Roosen, The functioning of ambassadors, 318.

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gel einmal wöchentlich in Versailles statt oder, wenn sich der Hof über einen längeren Zeitraum nicht in Versailles aufhielt, im Wohnhaus des Ministers in Paris52. Für die fremden Diplomaten war es jedoch nicht ratsam, sich allein auf die wöchentlichen Unterredungen mit dem Staatssekretär zu beschränken. Sie mussten ihre wöchentlichen Besuche in Versailles nutzen, um weitergehende persönliche Kontakte am Hof zu pflegen, Besuche abzustatten oder Gespräche zu führen. In der Regel kam dazu nur der Dienstag in Frage, denn die Diplomaten wohnten in Paris, und es war nicht üblich, dass ein Botschafter an einem anderen Wochentag als Dienstag an den Hof kam53. Tat er es doch, erregte dies sogleich Aufsehen und leistete Gerüchten um mögliche geheime Anliegen Vorschub. Nur Diplomaten vom Rang eines Botschafters oder Gesandten genossen das Recht, vom König zur Audienz vorgelassen zu werden54. Residenten und bevollmächtigte Minister waren, anders als erstere, nicht beim König, sondern nur beim französischen Staatssekretär akkreditiert und sahen den König daher nur zu ihrer Antritts- und Abschiedsaudienz55. Sie waren daher umso mehr darauf angewiesen, gute Kontakte zu gut informierten Kreisen aus dem Umfeld des Königs zu unterhalten. Dabei unterschieden sie nicht zwischen Amts52 Siehe beispielsweise BL Add. Ms. 32846, f. 51, Albemarle an Holdernesse, Paris, 29.8.1753, Separate. »This is the third week Mr de St Contest has come to Paris to give audience to the Foreign ministers whilst His Most Christian Majesty has been taking the diversion of shooting during which time none of them have been to Versailles; and Mr Rouillé not being in town, I have not had the opportunity of speaking to him on this or any other business. It is expected, His Most Christian Majesty will be at Versailles next Tuesday, as usual, and I will take that opportunity of seeing Mr Rouillé and of representing to him the present matter of complaint, in the same manner I have to Mr de St Contest.« Siehe auch GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 F, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 11.9.1750. 53 BL Eg. Ms. 3457, f. 68, Albemarle an Holdernesse, Paris, 8.4.1753, Private. »Though it is uncustomary for those in my station to attend at Versailles on any days but on Tuesdays, I have determined to go thither this evening and to continue at Court until Mr de St Contest has given his public audiences to the Foreign Ministers […].« 54 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 34, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757. »[G]emäß der hier gültigen Etikette, werden die bevollmächtigten Minister (Ministres Plénipotentiaires), die nicht den Charakter des Botschafters (Ambassadeur) oder Gesandten (Envoyé) haben, nur bei ihrer Ankunft und bei ihrem Weggang zur Audienz beim König zugelassen […].« Nur einmal gewährte der König Starhemberg eine Audienz, nachdem der Wiener Hof ihm ein Schreiben hatte zukommen lassen, in dem die Kaiserlichen Majestäten ihrem Mitgefühl angesichts des Attentats Ausdruck verliehen hatten, dem Ludwig zum Opfer gefallen war. Dieses Schreiben durfte Starhemberg dem König direkt überreichen. 55 Siehe Reinhard, Staatsgewalt, 375.

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trägern oder Personen, die aus anderen Gründen zum unmittelbaren Umfeld des Königs gerechnet wurden, ebenso wenig spielte die Unterscheidung in Frauen oder Männer eine Rolle. Die britischen Diplomaten wurden in ihren »private instructions« ausdrücklich aufgefordert, breite Bekanntschaften bei Hofe zu pflegen, und auch Friedrich II. von Preußen wies seinen Gesandten Baron von Knyphausen während der ersten Monate wiederholt an, er solle so viele Bekanntschaften wie möglich pflegen56. Von besonderem Vorteil sei es, wenn er Kontakt zu Personen unterhalte, die ihrerseits freien Umgang (»libres entrées«) mit den Ministern bei Hofe pflegten. Über sie könne Knyphausen an Details gelangen, die die Minister ihm verheimlichten57. Auch der Vertreter der Kaiserin, Graf von Starhemberg, betonte explizit, wie bedeutsam seine Kontakte für ihn seien, wenn er an Informationen gelangen wolle58. Schienen andere Diplomaten über bessere Kontakte und damit Informationsquellen zu verfügen, wurde dies nicht selten argwöhnisch vermerkt: 1761 berichtete ebenfalls Starhemberg, dass der britische Botschafter John Stanley, der zur Verhandlung des britisch-französischen Friedensvertrags nach Versailles gekommen war, dort rasch großes Vertrauen gewonnen habe und dass man ihm sehr freimütig und redselig begegne: 56 Siehe beispielsweise GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 A, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 20.8.1754 und ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 19.10.1754. Bis zu Knyphausens Abberufung aus Versailles finden sich durchgehend Klagen Friedrichs II. über die vermeintlich zu wenigen Kontakte Knyphausens und den geringen Informationsgehalt seiner Berichte. Dem Eindruck Friedrichs II. widerspricht die Aussage des österreichischen Botschafters Starhemberg, der Knyphausen als »allhier [i.e. am Hof von Versailles] sehr bekannt und beliebet« bezeichnet und ihm »viele gute Eigenschaften« zuschreibt. Vor allem aber sei Knyphausen, so Starhemberg, »von einer sehr scharfen Einsicht und überaus wohl instruiret.« HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 194r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 11.6.1755. 57 Siehe PC, Bd. 10, 475 f., hier 476, Nr. 6530, Friedrich II. an Knyphausen. Potsdam, 23.11.1754. 58 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 46, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757. »[L]e commerce avec le public [qui] m’est indispensable pour me mettre au fait de tout ce qui se passe et de tout ce qui se dit […].« Starhembergs Vorgänger Kaunitz hatte es angesichts dessen als Vorteil gewertet, an den Reisen des Hofes teilzunehmen oder sogar, wie es bei ihm der Fall gewesen war, im Rahmen einer solchen Reise seinen Einstand zu geben. Die weniger strengen protokollarischen Regeln und die Überschaubarkeit des Kreises erlaubten es, leichter Kontakte zu knüpfen, so Kaunitz: »[I]l est fort heureux, que j’aie débuté ici à Fontainebleau. La Cour y est assemblée, et j’ai eu moyen de cela l’avantage, de faire en peu de jours plus de connaissances que je n’en aurai fait en 6 mois à Versailles.« HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 8r, Kaunitz an Koch, Fontainebleau, 7.11.1750. Siehe auch ebd., Frankreich Berichte, Karton 84, f. 135r, Kaunitz an Maria Theresia, Fontainebleau, 13.10.1752.

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»Es scheint dieser Stanley ein bescheiden, verschmizt, und erfahrener Mann zu sein […]. Bei dem hiesigen Publico hat er bereits sehr vielen Beifall gefunden, und traget man keinen Scheu, ihm von der allgemeinen Noth und Friedens-Begierde so frei zu sprechen, als ob er ein einheimischer allenthalben innerst-vertrauter Freund und Trostgeber wäre.«59

Wenn die Diplomaten die Annäherung an die Gesellschaft bei Hofe und die Vertrauenspersonen Ludwigs XV. suchten, stand an erster Stelle Madame de Pompadour. Der Vorteil Madame de Pompadours war ihre große Nähe zum König, denn sie bewohnte nicht nur in Versailles, sondern auch in den anderen Schlössern, in denen sich der König über weite Teile des Jahres aufhielt, Räume in dessen unmittelbarer Nähe. Dazu kam, dass einige der Schlösser, in die Ludwig XV. sich viele Wochen im Jahr zurückzog, Madame de Pompadour selbst gehörten: In ihnen war sie die Hausherrin. Sie konnte daher bestimmen, wer an den Reisen teilnehmen durfte und wer nicht. Weil sie diese und alle anderen königlichen Grâces verteilte, gingen die diplomatischen Vertreter davon aus, dass sie eine der bestinformierten Personen bei Hof sei und über alle laufenden Geschäfte der Krone Kenntnis habe. Die Aufgabe der Diplomaten barg Risiken: In ihren Instruktionen wurden sie ausdrücklich aufgefordert, die inneren Zustände des Hofes genauestens in Augenschein zu nehmen; zugleich sollten sie Distanz zu den inneren Angelegenheiten des fremden Hofes wahren – die allzu häufig nicht klar von den auswärtigen Angelegenheiten zu trennen waren – und sich nicht zu augenfällig zu einer bestimmten Hofpartei60 bekennen, da dies im Falle eines Machtwechsels negative Folgen nach sich ziehen könne61. Am französischen Hof standen sich in den 1740er und 1750er Jahren vor allem zwei Parteien gegen-

59 Ebd., Karton 114, f. 97r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 15.6.1761. 60 Eine Hofpartei kennzeichnete sich dadurch, dass sie ein gemeinsames, zumeist religiöses oder politisches Ziel verfolgte; häufig entstanden Hofparteien aus Klientelverbänden. Anders als Hoffaktionen, die sich in der Regel mit Blick auf eine einzelne Aktion, ein Komplott oder eine Verschwörung, für begrenzte Zeit zusammenfanden und anschließend wieder auflösten, hatten Hofparteien über einen längeren Zeitraum Bestand. Nicht zuletzt dank ihrer Kontinuität konnten sie sich zu eigenständigen Machtpolen in Abgrenzung zum Monarchen entwickeln. Siehe Hours, Carrière, 151. Zur Abgrenzung von »parti« gegen »faction« siehe: Jouanna, Arlette, Clientèles, in: Bély, Dictionnaire de l’Ancien Régime, 268–270. 61 Siehe Black, British Diplomats, 67. Siehe auch PRO SP 84/458, ohne folio, Private and very secret instructions, Joseph Yorke, 21.11.1751. Entsprechende Warnungen, sich gegen die »intriges des cours« zu wappnen, fanden sich bereits in der älteren Traktatliteratur über den idealen Gesandten: siehe Kugeler, Le parfait ambassadeur, 199.

Auswärtige Diplomaten in Versailles

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über62: die Partei des Parlement und die Partei des Klerus, auch als Parti dévot63 oder Parti de la famille bezeichnet, eine Interessengruppe, die im Conseil durch Kriegsminister Argenson vertreten wurde und für die Interessen des Klerus und die Wahrung seiner Privilegien eintrat. Madame de Pompadour wurde der anderen Partei, der des Parlement, zugerechnet64. Suchte man den Anschluss an sie, lief man Gefahr, das Missfallen ihrer Gegner zu erregen. Entstand der Eindruck, dass ein fremder Diplomat – unabhängig davon, wer seine engsten Vertrauten bei Hof waren – zu großen Einfluss auf die Geschäfte nahm, drohten Klagen aus den Reihen der Höflinge. So geschah es im Jahr 1758 im Fall des kaiserlichen Botschafters Starhemberg, der allzu offensichtlich den Anschluss an Madame de Pompadour gesucht hatte65. Der spätere britische Staatssekretär des Northern und Southern Department, Duke of Newcastle66, äußerte sich 1723 in einem Brief an Sir Robert Walpole, zu dieser Zeit britischer Premierminister, zu dieser Problematik: »Es ist sicherlich richtig für auswärtige Gesandte, dass sie sich über die Vorgänge an dem Hofe, an den sie entsandt sind, informieren und an ihnen Anteil nehmen,

62 Zu Faktionen und Parteien am Hof Ludwigs XV. siehe in jüngster Zeit ausführlich Hours, Louis XV. 63 Wenn in zeitgenössischen Quellen von der »parti dévot« die Rede ist, ist dabei nicht zu übersehen, dass der Begriff »dévot« bereits im 18. Jahrhundert im Französischen eine pejorative Konnotation hatte: Er rief Assoziationen von Intoleranz, Fanatismus und Rückwärtsgewandtheit hervor. Siehe Hours, La vertu, 12. Häufig verband sich seine Nennung auch mit dem Vorwurf der Bigotterie, wie aus dem Namen hervorgeht, den der Duc de Choiseul dieser Partei zudachte: »Partei der Priester und der falschen Gläubigen« (»parti de prêtres et de faux dévots«). Siehe Choiseul, Mémoires, 233. 64 Siehe zum Gegensatz zwischen d’Argenson und Pompadour Combeau, Le Comte d’Argenson, vor allem 149–151. 65 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 41r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 17.3.1758. Der Madame de Pompadour sei von Seiten des »hiesigen Publicum[s] […] zu erkennen gegeben worden, dass wieder (sic) alle Anständigkeit und des hiesigen Staats-Interesse laufe, einem fremden Ministro [i.e. Starhemberg] einen so grossen Einfluss in der administration zu gestatten […].« 66 Thomas Pelham-Holles, 1st Duke of Newcastle (* 1693, † 1768), war zwischen 1717 und 1724 Lord Chamberlain of the Household und wurde 1724 auf Initiative Robert Walpoles zum Staatssekretär erhoben, zunächst, bis 1748 zuständig für das Southern Department, von 1748 bis 1754 zuständig für das Northern Department. Anschließend, 1754, wurde er zum First Lord of the Treasury und damit faktisch zum Ersten Minister ernannt. Zum Duke of Newcastle siehe Browning, Reed, The duke of Newcastle, New Haven 1975.

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Die Mätresse und die Diplomatie

wann immer die Möglichkeit besteht, dass sie Auswirkungen auf die Macht haben, für die sie entsandt sind.«67

Im Zweifelsfall aber, und wenn es sich um einen »kleinen Zank und Streit« handle, der »in keiner Weise die Interessen ihres Herrn« berühre, sei der Sache nicht gedient, wenn der Gesandte sich beteilige. Zurückhaltung sei in diesem Falle angebrachter68. Die Diplomaten mussten den richtigen Umgang mit Madame de Pompadour finden. Dass sie bei ihr vorstellig wurden, war nichts Außergewöhnliches. Jeder Kontakt, der darüber hinausging, wurde jedoch genauestens registriert, wie aus dem Schreiben eines preußischen Gesandten von 1754 hervorgeht, in dem er vom Antrittsbesuch des kaiserlichen Kollegen Starhemberg berichtet: »Graf von Starhemberg ist am vergangenen Dienstag [erstmals] durch den König von Frankreich und die ganze königliche Familie empfangen worden. Der Minister hat sich anschließend zur Madame de Pompadour verfügt, um ihr vorgestellt zu werden, und man hat bemerkt, dass er, nachdem jene, die seiner Vorstellung beigewohnt hatten, sich zurückgezogen hatten, mit ihr in ihr Cabinet eingetreten und dort eine ziemlich lange Zeit verblieben ist.«69

Starhemberg ging weiter, als es gemeinhin üblich war, und erregte damit sogleich das Misstrauen des preußischen Diplomaten: »Da die auswärtigen Minister, wenn sie dieser Dame vorgestellt werden, in der Regel nicht unter vier Augen mit ihr sprechen, geht man davon aus, dass dieser

67 BL Add. Ms. 32686, ohne folio, Newcastle an Walpole, London, 6.11.1723 O.S: »It is certainly right for foreign ministers to apprise themselves of, and enter into the affairs of the court to which they are sent, whenever there is any stroke of consequence which must really affect the interest of the power they are employed by […].« Zu Sir Robert Walpole, dem ersten britischen Prime Minister, siehe Black, Jeremy, Walpole in power. Britain’s first Prime Minister, Stroud 2001. 68 Siehe BL Add. Ms. 32686, ohne folio, Newcastle an Walpole, London, 6.11.1723 O.S: »[I]t is impertinent and trifling to be entering into every little quarrel and pique which no ways concern their master’s interest.« 69 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 N, f. 32, Keith an Friedrich II., Paris, 28.1.1754: »Le Comte de Starhemberg a pris ses audiences mardi dernier auprès du Roi de France et de toute la famille Royale. Ce Ministre s’est rendu ensuite chez Mme de Pompadour pour lui être présenté, et l’on a remarqué, qu’après que ceux qui se trouvèrent présents à sa présentation se furent retirés, il est entré avec elle dans son cabinet, et qu’il y a resté un assez long temps.«

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Minister beauftragt gewesen sei, ihr einen Brief oder ein Kompliment der Königin zu überbringen […].«70

Verschiedene diplomatische Schreiben machen jedoch unmissverständlich klar, dass alle Botschafter jeden Dienstag zur Toilette Madame de Pompadours erschienen. So hieß es bereits im Abschlussbericht des kaiserlichen Botschafters Kaunitz von 1752: »Die Respektsbezeugungen und die Unterwürfigkeit [Madame de Pompadour] gegenüber übertreffen alle Vorstellungen. An den Tagen, an denen der Conseil zusammenkommt, hält sie ihre Ankleidezeremonie vor allen Leuten ab. Alles, was Rang und Namen hat, ist anwesend. Die Botschafter fehlen nicht. Keiner der Männer sitzt.«71

Ein intensiver Kontakt mit Madame de Pompadour verhieß nicht nur praktische Vorteile bei der Informationsbeschaffung und der Umsetzung eigener Interessen. Er konnte auch der eigenen Ehre förderlich sein. So berichtete der Ranghöchste unter den Botschaftern, der kaiserliche Vertreter Starhemberg, von einem prunkvollen Ball, den der spanische Botschafter Masones de Lima im Mai 1754 in seiner Residenz veranstaltet und an dem »sogar Madame de Pompadour« teilgenommen habe72. Welcher Vorteil ergab sich für Madame de Pompadour aus dem Kontakt mit den Diplomaten? Sie konnte ebenfalls auf einen Zugewinn an symbolischem Kapital und damit eine Sicherung ihrer Stellung hoffen. Dabei war es 70 Ebd.: »Comme les ministres étrangers, lorsqu’ils sont présentés à cette dame, ne lui parlent pas ordinairement en particulier, on suppose que ce ministre aura été chargé de lui remettre une lettre ou bien de lui faire quelque compliment de la part de l’Impératrice […].« 71 Kaunitz, Mémoire, 449. »Les démonstrations de respect et de soumission qu’on lui donne surpassent ce qu’on peut imaginer. Les jours de conseil, elle fait sa toilette devant tout le monde. Tout ce qu’il y a de grand y assiste. Les ambassadeurs n’y manquent pas. Aucun homme n’est assis.« 72 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 92, f. 108r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 23.5.1754. »Der spanische Botschafter hat in der vorigen Woche einen grossen geladenen Ball gegeben, worbei sich fast der gantze hier anwesende Adel eingefunden und auch sogar Madame de Pompadour erschienen ist. Es ist dabei in vier Zimmern getantzet und in allem eine so gute Anstalt getroffen worden, dass dieses Fest bei dem publico einen sehr grossen Beifall gefunden hat.« – Madame de Pompadour hatte zu Don Jaime Masones de Lima ein sehr herzliches Verhältnis, wie aus Masones de Limas vertraulichen Briefen an seinen Freund, den spanischen Minister Carvajal, hervorgeht. Er schätzte sie sehr und bescheinigte ihr die besten Absichten: Ihr einziges Ziel sei es, den Ruhm des Königs zu mehren. Siehe Ozanam, Didier, Louis XV vu par deux ambassadeurs espagnols, in: Études sur l’ancienne France. Offertes en hommage à Michel Antoine, hrsg. v. Bernard Barbiche / Yves-Marie Bercé, Paris 2003, 275–291, hier 285.

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Die Mätresse und die Diplomatie

von zentraler Bedeutung, welchen Rang diese Diplomaten bekleideten: Hochrangige Vertreter mehrten in größerem Maße ihr Prestige. Die Diplomaten, die in den folgenden Kapiteln in den Blick genommen werden sollen, genossen am französischen Hof jeweils unterschiedlich großes Prestige. Während man Friedrich II. von Preußen ungeachtet des mit ihm bestehenden Bündnisses mit Vorliebe als »Markgrafen von Brandenburg« bezeichnete und damit unmissverständlich seine Stellung als Aufsteiger innerhalb des Mächtesystems betonte, was sich auch in einer gewissen Zurückhaltung seinem Gesandten gegenüber ausdrückte, genoss der Vertreter Habsburgs in seiner Eigenschaft als Botschafter des kaiserlichen Hauses ein sehr viel höheres Ansehen. Der Umgang mit ihm barg dementsprechend auch für die Mätresse erheblich mehr Prestigechancen als derjenige mit den Vertretern unbedeutender kleiner Mächte. Wie die Beziehungen zwischen Mätresse und Diplomaten im Einzelnen aussahen und welche Vorteile oder Schwierigkeiten daraus im Zusammenspiel mit König, Ministern und Hofgesellschaft entstehen konnten, soll im Folgenden anhand der Beispiele Großbritanniens, Brandenburg-Preußens und Österreichs untersucht werden.

2.  »Wir können sicherlich auf die friedfertige Einstellung der Marquise vertrauen«73: Madame de Pompadour und die Vertreter Großbritanniens (1749–1754) Nachdem sich die französische und die britische Krone im Österreichischen Erbfolgekrieg gegenübergestanden hatten, entsandte Georg II. mit William Anne Keppel, 2nd Earl of Albemarle, erstmals 1749 wieder einen Botschafter nach Versailles74. In seiner Begleitung hatte Albemarle den Botschaftssekretär (»secretary of embassy«) Sir Joseph Yorke. Yorke wechselte 1751 als Botschafter Großbritanniens nach Den Haag, Earl Albemarle blieb bis zu seinem 73 »We certainly may depend on the Marquise’s peaceable dispositions.« Aus einem Brief des britischen Botschafters Lord Albemarle an Duke of Newcastle, den britischen Premierminister, vom 23. Oktober 1754. BL Add. Ms. 32851, f. 82, Albemarle an Newcastle, Paris, 23.10.1754. 74 Angaben zu William Anne Keppel, Earl of Albemarle (*  1702, †  1754), sind dem entsprechenden Artikel von Jonathan Spain entnommen, in: Matthew, Henry C. G. (Hrsg.), Oxford dictionary of national biography: from the earliest times to the year 2000, 60 Bde. (plus Indexband), Oxford 2004, Bd. 31 (Kebell-Knowlys), 371 f. Grundlegend zur britischen Diplomatie im 18. Jahrhundert siehe Black, British Diplomats. Als Standardwerk weiterhin zu konsultieren bleibt Horn, David Bayne, The British Diplomatic Service 1689–1789, Oxford 1961.

Madame de Pompadour und die Vertreter Großbritanniens

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Tod im Dezember 1754 in Paris. Er hatte keinen direkten Nachfolger, denn im bald darauf ausbrechenden Siebenjährigen Krieg lagen die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Kronen bis 1761 brach75. Seit Beginn des Siebenjährigen Kriegs im Jahr 1756 bezog die britische Krone ihre Kenntnisse über die Vorgänge in der französischen Regierung und am Hof ausschließlich über einen Informanten, den sie, wie schon während des vorangegangenen Österreichischen Erbfolgekriegs, in Versailles platziert hatte76. Schon während der Jahre vor dem Kriegsausbruch war das englisch-französische Verhältnis von Misstrauen und zuletzt drastisch wachsenden Spannungen geprägt77. Zwar hatte man sich im Frieden von Aachen 1748 auf eine Rückgabe der beiderseitigen Eroberungen aus dem vorangegangenen Erbfolgekrieg geeinigt, jedoch setzte die Rivalität um Erschließung und Besitzergreifung neuer Gebiete, vor allem auf dem nordamerikanischen Kontinent, gleich im Anschluss an den Friedensschluss wieder ein. Im Sommer 1749, 75 Der erste britische Vertreter am Versailler Hof nach dieser Zeit war von Juni 1761 bis September 1761 John Stanley. Ein Jahr später, im September 1762, folgte mit John Russell, 4th Duke of Bedford, ein neuer Botschafter. Die Berichte des Duke of Bedford aus seiner Pariser Zeit sind im 19. Jahrhundert ediert worden: Russell, Lord John, Correspondence of John, Fourth Duke of Bedford, Vol. III, London 1846. Ab 1763 war Francis Seymour-Conway, 1st Earl of Hertford Botschafter der britischen Krone am Hof in Versailles. Er blieb bis 1765 am französischen Hof. 76 Anfang des Jahres 1752 sandte George Cressener, der britische Vertreter in Lüttich, der die Weitergabe der Berichte wie auch die Bezahlung des Informanten koordinierte, erstmals als Beilage zu seinen Unterlagen einen Bericht des Informanten mit, in dem er über die neuesten Entwicklungen in den Verhandlungen zur Kaiserwahl zwischen den Kurfürsten in Mannheim und München berichtete. Der erste Bericht liegt einem Schreiben Holdernesses an Albemarle bei, das als »very secret letter« gekennzeichnet ist: BL Add. Ms. 32833, f. 7, Intelligence Paris, 13.12.1751. Alle weiteren Berichte des Informanten siehe jeweils gekennzeichnet als »Intelligence Paris« in BL Add. Ms. 32853–32923. – Cressener hatte, wie es scheint, als einziger Kenntnis über die Identität des Informanten. Newcastle, der die Intelligences im Abstand von wenigen Tagen empfing, wusste nichts über die Identität des Informanten. 1759 fragte er Yorke im Auftrag des Königs danach, erhielt aber nur die bedauernde Antwort, dass Yorke selbst keine weitergehenden Informationen habe. BL Add. Ms. 32897, f. 30, Newcastle an Yorke, Kensington, 12.10.1759 und ebd., f. 119, Yorke an Newcastle, Den Haag, 16.10.1759. – Siehe auch HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 94, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 15.2.1757. Der kaiserliche Botschafter mutmaßte, dass Cressener mit dem Postdirektor der Stadt Köln unter einer Decke stecke und auf diesem Wege alle Post zwischen dem französischen Hof und den französischen Offizieren, die in Westfalen stationiert waren, einsehen könne. 77 Siehe Horn, David Bayne, Great Britain and Europe in the eighteenth century, Oxford 1967 (Chapter 3: Great Britain and France, 22 ff.), und Black, Jeremy, Anglo-French Relations in the Mid-Eighteenth Century (1740–1756), in: Francia 17/2 (1990), 45–79.

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Die Mätresse und die Diplomatie

als Lord Albemarle in Paris eintraf, zeigte sich Großbritannien zwar daran interessiert, eine neue militärische Auseinandersetzung möglichst lange hinauszuzögern, und auch die Vertreter der französischen Krone waren der Überzeugung, dass Frankreich seine Ziele in Europa am besten umsetzen könne, wenn es mit England kooperierte. In den folgenden Jahren jedoch wich die beiderseitige Zielsetzung der Friedenswahrung wachsendem Misstrauen in Bezug auf die Absichten des Nachbarn78. Auf französischer Seite fürchtete man Englands Alleingang in der Frage der Königswahl im Heiligen Römischen Reich und vermutete Invasionspläne in Nordamerika. In England betrieb der in außenpolitischen Belangen einflussreichste Minister, Staatssekretär Thomas Pelham-Holles, 1st Duke of Newcastle, immer deutlicher sichtbar eine anti-französische und pro-österreichische Politik79. Nachdem die Konflikte auf dem nordamerikanischen Kontinent zugenommen hatten und zuletzt Minorca durch französische Truppen erobert worden war, mündeten die Auseinandersetzungen 1756 in die Kriegserklärung Englands an Frankreich80. Aus dem folgenden Krieg ging England siegreich hervor: Die französische Krone musste ihre nordamerikanischen Kolonien abtreten, die britische Vormachtstellung wurde durch den Friedensvertrag von 1763 unterstrichen. Lord Albemarle war 1749 von der britischen Krone als »außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter« (»ambassador extraordinary and plenipotentiary«) und damit als ranghöchster Vertreter gekennzeichnet worden. Er war hochadliger Abstammung und bis zu seiner Entsendung nach Paris vor allem im vorangegangenen Erbfolgekrieg und im Kampf gegen den zweiten Jakobitenaufstand als militärischer Befehlshaber in Erscheinung getreten. Als junger Offizier hatte er 1720 seinen Oberst, William 1st Baron Cadogan, auf eine diplomatische Mission nach Berlin und Wien begleitet. Darüber hinaus konnte er keine Erfahrungen auf diplomatischem Gebiet vorweisen. Albemarles Sekretär, Sir Joseph Yorke, war der Sohn Earl Hardwickes, der seit 1737 das Amt des High Chancellor bekleidete und der engste Vertraute und Freund des Staatssekretärs und späteren Prime Ministers Duke of Newcastle war81. Auch Joseph Yorke hatte bis zu seiner Entsendung nach Paris die militärische Laufbahn verfolgt. Dass Großbritannien mit Albemarle und Yorke zwar auf 78 Siehe ebd., 62, 70. 79 Siehe Black, Jeremy, European international relations 1648–1815, Basingstoke 2002, 169. 80 Zur Kriegserklärung vom Mai 1756 siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 191, 30.5.1756. 81 Sir Joseph Yorke (* 1724, † 1792), seit 1788 Lord Dover, Baron of the Town and Port of Dover. Zu Joseph Yorke siehe Scott, Hamish M., Joseph Yorke, in: Matthew, Oxford dictionary, Bd. 60 (Wolmark-Zuylestein), 844–846.

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diplomatischem Gebiet unerfahrene, aber ausgesprochen hochrangige Vertreter auswählte, unterstrich die Tatsache, dass der Posten in Paris zu einem der wichtigsten und prestigeträchtigsten Posten im britischen Foreign Service zählte. Earl Albemarle überreichte am 25. Juli 1749 anlässlich seiner ersten Audienz bei Hofe (der zu dieser Zeit im Schloss von Compiègne weilte) dem französischen König Ludwig XV. das Beglaubigungsschreiben, das er vor Abfahrt in London erhalten hatte82. Eine weitere Ausfertigung desselben Schreibens überreichte er im Anschluss der Königin, von der aus ihn seine Runde zum Dauphin, zur Dauphine sowie zu allen Prinzen von Geblüt führte. Aus den Weisungen, die Albemarle vor seiner Abreise nach Frankreich aus den Händen Königs Georgs II. empfangen hatte, ging hervor, worin seine Aufgabe am fremden Hof nach dem Willen seines Auftraggebers zu bestehen hatte: Nach seiner Ankunft solle er sich »exakteste Informationen über die derzeitige Lage des Landes, […] besonders mit Blick auf seine Finanzen« und eventuelle Maßnahmen zur Verbesserung derselben beschaffen83. Außerdem wünschte man, dass er sich genauestens über den Zustand des Handels, der Marine und der Armee informiere und ein wachsames Auge auf mögliche Verhandlungen der französischen Krone mit anderen Mächten habe. Schließlich solle er größte Aufmerksamkeit auf den »inneren Zustand des Hofes von Frankreich« legen und die Ziele, Interessen, Charaktere und Fähigkeiten aller Personen studieren, »die in irgendeiner Weise mit der Freundschaft oder dem Vertrauen des Allerchristlichsten Königs« geehrt seien, und zwar Personen »bei-

82 Großbritannien führte erst in der Nacht vom 2.9.1752 auf den 14.9.1752 den Gregorianischen Kalender ein. Das Datum des offiziellen Jahresbeginns wurde ebenfalls erst im Jahr 1752 vom 25. März auf den 1. Januar gelegt. Bis zu dieser Umstellung wurden die meisten Briefe, die von britischen Botschaftern auf dem Festland verfasst wurden, mit einem doppelten Datum versehen: Auf das Datum des Julianischen Kalenders folgt das entsprechende Datum des in Frankreich bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts gebräuchlichen Gregorianischen Kalenders. Die vom britischen Staatssekretariat vor dem 14. September 1752 verfassten Briefe sind in der Regel einfach datiert: nach der Zeitrechnung des Julianischen Kalenders. Gelegentlich findet sich der Zusatz Old Style oder O.S., mit dem man kennzeichnete, dass ein Datum des Julianischen Kalenders gemeint war. New Style oder N.S. steht entsprechend für den Gregorianischen Kalender. 83 BL Add. Ms. 33010, f. 328, Instructions, Kensington, 12.6.1749: »You shall, upon your arrival at the court of France, endeavour to procure the most exact informations of the present state of that country, and particularly with regard to their finances: what are the measures proposed for the better regulation of them, and whether there are not appearances of some disturbances which may possibly prevent those measures from being easily carried into execution.«

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Die Mätresse und die Diplomatie

derlei Geschlechts«84. Obwohl Madame de Pompadour in den Instruktionen nicht namentlich erwähnt wurde, ist davon auszugehen, dass die Diplomaten wussten, dass man von ihnen erwartete, auch die Mätresse des französischen Königs in Augenschein zu nehmen. Eine anonym verfasste Liste von Charakterisierungen der wichtigsten Personen am französischen Hof, die sich in den Unterlagen des Staatssekretärs Newcastle findet und die den Botschaftern möglicherweise vor Abfahrt zu lesen gegeben wurde, führte unter diesen Persönlichkeiten ausdrücklich auch Madame de Pompadour an – als einzige Frau85. Sir Joseph Yorke, Botschaftssekretär Albemarles, war schon einige Zeit vor der Ankunft Albemarles in Frankreich86. Am 19. Februar 1749 berichtete er Staatssekretär Duke of Bedford, dass er bei Hofe gewesen und dort dem König, der Königin und der königlichen Familie vorgestellt worden sei87. Bereits am Tag zuvor hatte Yorke seiner Schwester in England von seinem ersten Besuch in Versailles berichtet: Bei dieser Gelegenheit habe er nicht nur die Minister und Staatssekretäre kennen gelernt, sondern auch der Marquise de Pompadour seine Aufwartung gemacht. Sie habe sich ihm gegenüber »erstaunlich höflich« gezeigt, was ihn sehr verwundert und allgemein zu einigen Spekulationen geführt habe, denn in der Regel zeige sich die königliche Mätresse Fremden gegenüber sehr distanziert88. Die unerwartete Freundlichkeit der Madame de Pompadour erklärt sich möglicherweise aus der Tatsache, dass Joseph Yorke am Abend zuvor bereits einer Probe beigewohnt hatte, in der die Mätresse zusammen mit anderen Mitgliedern der Hofgesellschaft eine Oper Voltaires einstudiert hatte. Madame de Pompadour hatte Yorke angesprochen und sein Interesse honoriert, indem sie ihm einen Sitzplatz für eine der Aufführungen, an denen auch der König teilnehmen werde, in Aussicht gestellt hatte. Die Einladung war für Yorke eine große Ehre, denn den Theater- und Opernaufführungen Madame de Pompadours in den Petits Appartements durften nur 84 Ebd.: »But You will in general be extremely attentive in making Yourself Master of the Interior State of the Court of France; in studying the Passions, and Interest of the Princes of Blood, and other great persons of both sexes, who are in any wise honoured with the Friendship and confidence of His Most Christian Majesty […].« 85 Siehe ebd., Add. Ms. 32819, f. 318, anonym, 1749. 86 Siehe Scott, Joseph Yorke, 844. 87 Siehe PRO SP 78/232, f. 20, Yorke an Bedford, Paris, 19.2.1749. 88 BL Add. Ms. 35388, f. 97, Yorke an Anson, Paris, 18.2./1.3.1749. »I spent two days this week at Versailles and was received very civilly by the grandees of the Court; I made my Court amongst the females to Mme Pompadour, who was wondrous polite, which let me tell you occasioned much speculation, and I am convinced she had been tutored about, from elsewhere, because her common reception of people is cold enough […].«

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wenige, geladene Gäste beiwohnen. Tatsächlich besuchte er wenig später eine Aufführung der Oper »Semiramis«, die Voltaire der Marquise de Pompadour zu Ehren geschrieben hatte, und vermeldete anschließend seiner Schwester, dass sein Verhältnis zur Mätresse in keiner Weise zu wünschen übrig lasse: »Sie ist extrem höflich zu mir, und ich verbeuge mich vor ihr so oft, wie sie es verdient, und das sind so viele Verbeugungen, wie ich auszuführen in der Lage bin.«89 Earl Albemarle, Yorkes Vorgesetzter, begegnete der Mätresse erstmals am Tag nach seiner ersten Audienz bei Ludwig XV. Sein Sekretär Yorke berichtete: »[Lord Albemarle und ich] haben unsere Audienzen und Visiten in Compiègne einigermaßen gut hinter uns gebracht, Lord A[lbemarle] war, obwohl er doch sein ganzes Leben am Hof verbracht hat, etwas durcheinander, als er die Rede vor dem Monarch dieses Landes zu halten hatte, und Madame de Pompadour neckte ihn am nächsten Tag bei ihrer Toilette damit. Sie war froh über die Gelegenheit, sagen zu können, dass er doch sicherlich den König nicht so fürchterlich gefunden habe.«90 (Hervorgehobene Satzteile im Original auf Französisch, d. Verf.)

Yorke war der Ansicht, Albemarle integriere sich zu zögerlich, er sei zu schüchtern und als Botschafter wenig geeignet91. Er selbst ließ es nicht an Hinweisen auf seine vielfältigen Kontakte zur Hofgesellschaft fehlen. Er hatte die Bekanntschaft aller Minister (einschließlich ihrer Ehegattinnen) gemacht und konnte schon wenige Monate nach seiner Ankunft mit einem Bericht über die Position des französischen Außenministers Puisieulx’ am Hof dienen92. Er hatte an zwei Reisen des Hofes teilgenommen, im Sommer 1749 nach

89 Ebd., f. 100, Yorke an Anson, Paris, 1.3./8.3.1749: »She is extremely polite to me, and I make her all the Bows she deserves, which are as many as I can execute.« 90 Ebd., f. 135, Yorke an Hardwicke, Paris, 29.7./2.8.1749: »[…] We got through our audiences and visits at Compiègne tolerably well, Lord A[lbemarle], tho’ bred up at a Court all his life, was a little confounded when he was to make his speech to the Monarch of the Country, and Mme de Pompadour rallied him upon it the next day at her Toilette, being glad of an opportunity to say que sûrement il n’avait pas trouvé le Roi si effroyable […].« 91 Siehe ebd., Add. Ms. 35355, f. 134, Yorke an Hardwicke, Paris, 1./12.11.1749. »I should be glad to know what those friends expected from him, when they sent him, and whether they knew so little of him, as to imagine he was fit for the employment […]; to be sure he appears at first sight, as much cut out for le caractère représentant of an Embassador as any man, but it is all outside, for he is rather embarassed in his behaviour […].« 92 Siehe ebd., f. 68, Yorke an Hardwicke, Paris, 27.6./8.7.1749.

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Compiègne93, im Herbst desselben Jahres nach Fontainebleau94, und jeweils einige Tage in den Schlössern verbracht. Auch als sein älterer Bruder Philip Yorke ihn im Spätsommer des Jahres 1749 in Paris besuchte, versäumte er es nicht, ihn nach Versailles und Fontainebleau zu führen und mit zahlreichen Mitgliedern der Hofgesellschaft bekannt zu machen. Gemeinsam wohnten sie Theateraufführungen und Wasserschauspielen bei und verbrachten die übrigen Abende in Gesellschaft der anderen auswärtigen Gesandten95. Auch Albemarle blieb zwar etwas einzelgängerisch96, er näherte sich jedoch zunehmend der Hofgesellschaft an, knüpfte Kontakte zu seinen Botschafterkollegen und unternahm später mit einzelnen von ihnen Ausflüge in die Umgebung von Paris97. In London zeigte man sich darüber erfreut, denn der Austausch unter den Diplomaten galt als Möglichkeit der Informationsbeschaffung und war ausdrücklich angeordnet98. Auf die besorgten Anfragen aus London, ob er denn in der Gunst des französischen Außenministers stehe, antwortete Albemarle zwar gegen Ende des Jahres 1751, dass der schwedische Gesandte, Karl Fredrik Baron Scheffer, ein engeres Verhältnis zu den französischen Staatssekretären habe als er selbst99. Einige Monate später jedoch nahm er diese Aussage zurück und konnte Duke of Newcastle versichern, dass Scheffer zwar zu Zeiten des früheren Außenministers Puisieulx eine gewisse 93 Siehe ebd., f. 75, Yorke an Hardwicke, Compiègne, 4./15.7.1749. 94 Siehe ebd., f. 123, Yorke an Hardwicke, Paris, 21.10./1.11.1749. 95 Zu den Berichten Philip Yorkes an seinen Vater über seine Erlebnisse in Frankreich siehe ebd., Add. Ms. 35351. 96 Aus einem Brief Horace Walpoles an Sir Horace Mann aus dem Mai 1750 erfährt man, dass Botschafter Albemarle in Paris ein finanziell sehr aufwändiges Leben führte: Er beschäftigte allein 16 Personen in seiner Küche und gab großzügige Empfänge. An den Festen nehme er selbst jedoch nicht teil, so Walpole: Er lebe zurückgezogen außerhalb der Stadt. Zitiert nach Matthew, Oxford dictionary, 372 f. 97 Im Sommer 1754 fuhr er z. B. gemeinsam mit dem kaiserlichen Botschafter Starhemberg für einige Tage nach Aubigny. Siehe BL Add. Ms. 32850, f. 237, Albemarle an Robinson, Paris, 7.9.1754. 98 Siehe ebd., Add. Ms. 33010, f. 332, Instructions, Kensington, 12.6.1749. Siehe auch ebd., Eg. Ms. 3457, f. 66, Holdernesse an Albemarle, London, 2.4.1753, Private. Siehe auch ebd., Add. Ms. 32850, f. 301, Robinson an Albemarle, London, 12.9.1754 und ebd., Add. Ms. 35355, f. 134, Yorke an Hardwicke, Paris, 1./12.11.1749: »Besides the intelligence spies can give I will own a Foreign Minister may pick up something from his brethren, and from observations he may make at court; but that Lord Albemarle is not likely to do, as he keeps little or no company either amongst the Foreign Minister or at Court […].« 99 Siehe ebd., Add. Ms. 32832, f. 203, Albemarle an Newcastle, Paris, 12./23.12.1751: »S-ff-r [i.e. Karl Fredrik Baron Scheffer] being upon a more intimate foot with the ministers at that court than I am […].«

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Vorrangstellung gehabt habe, weil ihn eine enge Freundschaft mit dessen Tochter, Madame d’Estrées, verbunden habe. Augenblicklich jedoch habe er, Albemarle, den größten Crédit beim neuen Staatssekretär Saint-Contest. 1753 bekräftigte der Botschafter, dass seine Position am französischen Hof als sehr gut zu bezeichnen sei, dass er zuvorkommend behandelt werde und dass seine Anfragen mit einer ungewöhnlich hohen Bereitschaft bearbeitet würden100. Das Maß an Integration und der Stellenwert des Botschafters am Hof ließen sich an dessen Verbindung zur Mätresse ablesen. Anfang des Jahres 1754 charakterisierte der preußische Gesandte Freiherr von Inn- und Knyphausen auf Geheiß Friedrichs II. den britischen Botschafter und unterstrich dabei dessen gutes Verhältnis zur Marquise: »Er genießt allgemein ein hohes Ansehen, und […] er erhält vom König und der ganzen königlichen Familie mehr Auszeichnungen als irgendeiner seiner Kollegen. Die Marquise zeigt sich ihm gegenüber besonders zuvorkommend […].«101

Albemarle verstehe es, sehr geschickt Netzwerke zu knüpfen, so dass er an alle nötigen Informationen gelange, so der preußische Vertreter102. Bereits Knyphausens Vorgänger, der Gesandte Lord Marschall Keith, hatte einige Monate zuvor Friedrich II. berichtet, dass die »Verbundenheit der Marquise mit England«103 und die gegenseitige Wertschätzung zwischen der Mätresse und Earl Albemarle offensichtlich seien104. 100 Ebd., Eg. Ms. 3457, f. 207, Albemarle an Holdernesse, Paris, 19.12.1753. 101 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 A, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 1.3.1754: »Il jouit d’une considération générale, et quoiqu’il ne fasse point sa cour en courtisan, mais avec l’aisance de quelqu’un dont les hommages libres et désintéressés, il reçoit du Roi et de toute la famille royale beaucoup plus de marques de distinctions qu’aucun de ses confrères. La Marquise a pour lui des attentions particulières, et bien des gens la soupçonnent de s’être mise dans le cas d’avoir besoin de son Ministère, je veux dire de la protection de sa Cour. Les ministres ont également de grands égards pour sa personne. La faiblesse actuelle du Ministère a peut-être beaucoup de part à ces démonstrations.« 102 Siehe ebd.: »Je le crois parfaitement bien instruit de tout ce qui arrive dans l’intérieur du Royaume […]. Il se répand peu et mène une vie assez privée, mais il montre de la sagacité dans les liaisons qu’il forme, et il se livre par préférence à ceux dont il est suffragé et qui peuvent contribuer à soutenir ou à augmenter la réputation qu’il s’est acquise.« 103 PC, Bd. 9, 444, Nr. 5916, Lord Marschall von Schottland an Friedrich II., Paris, 25.5.1753: »L’attachement de la Marquise pour l’Angleterre […].« 104 Siehe ebd.: »On s’aperçoit en cette occurrence que l’ambassadeur d’Angleterre et les autres ministres du même parti sont extrêmement portés pour la Marquise, et ils ne marquent (sic) point de publier, quand l’occasion s’en présente, tout ce que peut servir à détruire les bruits qu’on répand sur sa disgrâce.«

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Zunächst berichtete Albemarle jedoch selten über Madame de Pompadour, anders als Sir Joseph Yorke, der schon früh über sie schrieb. Im Laufe der Zeit wurden Albemarles Berichte insgesamt häufiger, und Schilderungen über die starke Position der Mätresse, meist verbunden mit Hinweisen auf kürzlich erfolgte Demonstrationen dieser Macht, ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Korrespondenz105. Ebenso hartnäckig wie Schilderungen ihrer Allmacht hielten sich aber in den Briefen des Botschafters und seines Sekretärs auch die Gerüchte über eine bevorstehende Disgrâce der mächtigen Mätresse106. Die Mutmaßungen, dass die Mätresse bald verstoßen werde, häuften sich 1752 nach dem Tod der ältesten Tochter des Königs, Henriette, der bei Ludwig XV. erneut Gewissensbisse hervorgerufen hatte107. Sie traten auch im Jahr 1753 gehäuft auf, als mit Marie-Louise O’Murphy108 eine neue Geliebte des Königs bei Hofe erschien. Von Mademoiselle O’Murphy, die im Jahr 1754 auch Mutter eines Sohnes wurde, war in Albemarles Briefen über drei Monate hinweg häufig die Rede. Vorübergehend schien es, als könne sie Madame de Pompadour von der Seite des Königs verdrängen, letztlich gelang ihr dies jedoch nicht109: Im 105 Beispielhaft sind Formulierungen wie die folgenden: »The power of that Lady increases everyday« (BL Add. Ms. 32849, f. 247, Albemarle an Newcastle, Paris, 12.6.1754) und »La Marquise est toute puissante, that is a fact that I can assert« (ebd., Add. Ms. 32850, f. 74, Albemarle an Newcastle, Paris, 14.8.1754). Siehe auch BL Eg. Ms. 3457, f. 68, Albemarle an Holdernesse, Paris, 8.4.1753, Private und f. 277, Albemarle an Holdernesse, Paris, 13.2.1754, Private. – Auch in den Spionageberichten aus der Zeit des Siebenjährigen Kriegs finden sich entsprechende Aussagen: Siehe BL Add. Ms. 32881, f. 1, Intelligence Paris, 21.6.1758; BL Add. Ms. 32885, f. 357, Intelligence Paris, 17.11.1758 und BL Add. Ms. 32911, f. 247, Intelligence Paris, 12.9.1760. 106 Oft stehen diese Gerüchte im Zusammenhang mit den Forderungen der Geistlichen am Hof und den Gewissensbissen des Königs. Siehe beispielsweise BL Add. Ms. 35355, f. 184, Yorke an Hardwicke, Paris, 19./30.1.1750 und f. 198, Yorke an Hardwicke, Paris, 12./23.2.1750. Die nie abbrechenden Spekulationen über ihren möglichen Sturz charakterisieren die Mätresse zweifelsfrei als Günstling. Siehe Asch, Schlussbetrachtung, 516. 107 Siehe BL Add. Ms. 32833, f. 382, Albemarle an Newcastle, Paris, 12./23.2.1752. Siehe auch Argenson (Sortais), Journal, Bd. 9, 57, 21.9.1752. 108 Zu Marie-Louise O’Murphy siehe zuletzt Pascal, Camille, Le goût du Roi. Louis XV et Marie-Louise O’Murphy, Paris 2006. 109 Siehe BL Eg. Ms. 3457, f. 122, Albemarle an Holdernesse, Paris, 27.6.1753 und f. 128, Albemarle an Holdernesse, Paris, 1.8.1753, Private. Ebensowenig war es eineinhalb Jahre zuvor einer anderen Rivalin, Mademoiselle Choiseul, gelungen, die Pompadour zu vertreiben, obwohl sie von deren ehemaliger Freundin Madame d’Estrades und dem Minister Argenson unterstützt worden war: Siehe BL Eg. Ms. 3456, f. 91, Albemarle an Holdernesse, Paris, 11./22.12.1751; f. 295, Albemarle an Holdernesse, Paris,

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Juli 1753 beschrieb Albemarle Madame de Pompadour als machtvoll wie eh und je. Sie habe viele Gunstbezeugungen erwirkt für jene, die in den schweren Zeiten zu ihr gestanden hätten110. Dass Albemarle den Kontakt zu Madame de Pompadour suchte und ausführlich vom Auf und Ab der Mätresse in den Briefen an seine Auftraggeber in Großbritannien berichtete, lag in deren Interesse. Vor allem der Staatsekretär des Northern Departments, Duke of Newcastle, forderte ausdrücklich Informationen über Madame de Pompadour an und stand auch selbst über Jahre hinweg in regem Kontakt mit der Marquise de Pompadour, ohne ihr jemals zu begegnen. Newcastle und Pompadour schrieben sich nur wenige Briefe111, beauftragten aber regelmäßig ihre jeweiligen Ansprechpartner im anderen Land, Grüße auszurichten und Geschenke zu überbringen. Der Kontakt zwischen dem Duke of Newcastle und der Marquise de Pompadour hatte im Jahr 1749 auf Initiative der Mätresse begonnen: Madame de Pompadour erbat sich von Newcastle einige Exemplare einer bestimmten Züchtung von Kirschbäumen für den Garten ihres neuen Hauses112. Newcastle kam ihrer Bitte nach, fügte der Sendung von Kirschbäumen einige Traubenkerne hinzu und sandte alles an seinen französischen Kollegen Puisieulx, der Madame de Pompadour zusammen mit den Bäumen seine besten Grüße überbringen solle113. Einige Wochen nach der ersten Lieferung von Kirschbäumen an Madame de Pompadour hatte Newcastle Albemarle darum gebeten, Grüße an Puisieulx und

29.11.1752, Private; f. 305, Albemarle an Holdernesse, Paris, 19.12.1752, Private und f. 311, Holdernesse an Albemarle, Paris, 21.12.1752, Private. 110 Siehe BL Add. Ms. 32845, f. 293, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.7.1753. Berichte über die scheinbare Gefahr, die von dieser Affäre des Königs für Madame de Pompadour ausging, finden sich zur selben Zeit auch bei allen anderen Diplomaten, so beispielsweise in den Berichten des preußischen Gesandten Keith: Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 L. 111 Der einzige direkte Brief von Newcastle an Pompadour findet sich in BL Add. Ms. 32849, f. 311, Newcastle an Pompadour, Newcastle House, Juli 1754. Siehe den Hinweis auf Briefe der Pompadour an Newcastle in BL Add. Ms. 32832, f. 262, Newcastle an Albemarle, London, 19.12.1751, Private. Die Briefe der Pompadour an Mirepoix, die ihren für Newcastle bestimmten Blumen- und Baumsendungen beilagen, siehe BL Add. Ms. 32685, f. 61, Pompadour an Mirepoix, Paris, 12.10.1751 und f. 62, Pompadour an Mirepoix, Paris, 1.11.(1751). 112 Sir Joseph Yorke erwähnt einige Zeit später, dass die Bäume zu diesem Zweck bestimmt gewesen seien. Siehe BL Add. Ms. 32821, f. 141, Yorke an Newcastle, Paris, 10./21.5.1750. 113 Siehe BL Add. Ms. 32820, f. 25, Newcastle an Puisieulx, Newcastle House, 6.1.1749/1750.

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Pompadour zu überbringen. Albemarle kam der Bitte Newcastles nach und konnte anschließend berichten: »Ich habe gestern die Gelegenheit genutzt und Eure Anweisungen bei Monsieur de Puisieulx und Madame Pompadour ausgeführt. Eure Höflichkeiten sind extrem gut aufgenommen worden, und ich denke, dass Sie aufs Beste mit dieser wunderschönen Favoritin stehen. Sie hat mir befohlen, ihrem Freund, dem Duc de Newcastle, in den stärksten Worten auszudrücken, dass sie ihn aufgrund der Kenntnisse, die sie von seinem Verdienste und seinen herausragenden Talenten habe, unendlich schätze.«114 (Hervorgehobene Satzteile im Original auf Französisch, d. Verf.)

In der Tat revanchierte sich Madame de Pompadour großzügig, und in den folgenden Jahren wechselten zahllose Obstbäume, Blumenstöcke, Ananas, Liköre und Porzellan115 zwischen Frankreich und England ihren Besitzer116. Für das Porzellan bedankte sich Newcastle mit seinem einzigen direkten Brief in französischer Sprache, in dem er Madame de Pompadour seine Verehrung und seine Bewunderung für ihr sicheres Stilempfinden und ihre Eleganz ausdrückte117. Newcastle bezeichnete die Marquise de Pompadour als »die feinste Dame in Europa (außerhalb von England) […], die der König [i. e. Georg II. von England] (wenn ich mir erlauben darf, es so zu sagen) und alle wahren Engländer sehr hoch schätzen.«118 Als Ludwig XV. im Herbst 1752 der Marquise de Pompadour die Ehren einer Duchesse119 verlieh und ihr seine Gunst 114 BL Add. Ms. 32820, f. 374, Albemarle an Newcastle, Paris, 21.3.1750/8.4.1749. 115 Porzellanprodukte aus der Fertigungsstätte in Sèvres, die Pompadour hatte errichten lassen, gelangten seit 1752 in verschiedene Sammlungen in England, zum Beispiel des Earl of Huntington, der Marchess of Bristol und des Lord Bolingbroke. Nach 1789 lassen sie sich auch im Besitz amerikanischer Sammler nachweisen. Auch Georg IV. soll nach dem Tod der Marquise Stücke aus ihrem Eigentum erworben haben. Siehe Savill, Sèvres-Porzellan, 317 f. 116 Siehe vor allem BL Add. Ms. 32820, 32822, 32849, 32850 und 32851. Siehe auch Waddington, Richard, Louis XV et le renversement des alliances. Préliminaires de la Guerre de Sept ans 1754–1756, Paris 1896, 57 f. 117 Siehe BL Add. Ms. 32849, f. 311, Newcastle an Pompadour, Newcastle House, Juli 1754 und ebd., f. 313, Newcastle an Mirepoix, London, 7.7.1754. 118 Ebd., f. 208, Newcastle an Albemarle, London, 2.6.1754: »[…] the finest Lady in Europe (out of England) […] whom the King (if I may presume to say so) and all true Englishmen highly esteem.« Siehe auch BL Add. Ms. 32830, f. 188, Newcastle an Albemarle, London, 4.19.1751, Very private. »I dare not desire to be laid at the feet of the prettiest woman and finest Lady in France […].« 119 Madame de Pompadour erhielt am 17.10.1752 die Ehren einer Duchesse. Als Duchesse war es Madame de Pompadour erlaubt, bei offiziellen Anlässen in Gegenwart des Königs, der Königin und der Famille royale auf einem Tabouret, einem Hocker, zu sitzen. Siehe Le Roy Ladurie, Emmanuel, Rangs et hiérarchie dans la vie de cour, in:

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mit diesem Schritt für alle sichtbar bezeugte, sandte Newcastle an Albemarle ein Glückwunschschreiben in französischer Sprache, das der Botschafter der Mätresse vorlegen solle120. Als Newcastles Neffe 1753 für einige Zeit nach Paris ging, bat Newcastle Albemarle darum, den jungen Mann in »die beste Gesellschaft«121 einzuführen, zu der er neben Noailles und Puisieulx auch die Mätresse zählte: »Ich wage es kaum, die Marquise [in diesem Zusammenhang] zu nennen; aber, obwohl ich nie über sie schreibe, noch direkt von ihr höre, glaube ich, vielmehr bin ich mir dessen sicher, dass kein Mann in Frankreich und auch niemand außerhalb Frankreichs sie mehr schätzt und bewundert als ich oder mehr um ihr Wohlergehen, ihren Wohlstand und ihren éclat besorgt ist. […] Dankbarkeit für persönliche Aufmerksamkeiten und die feste Überzeugung, dass das Schicksal dieser Dame früher oder später darüber entscheiden wird, welche Rolle Frankreich spielen wird, lassen mich an ihr interessiert sein […].«122

Zuvor hatte sich Newcastle bei Albemarle beklagt, dass er ihm zu selten Nachrichten über Madame de Pompadour zukommen lasse: Offensichtlich halte er ihn nicht für den geeigneten Adressaten. Jedoch sei er, so versicherte Newcastle dem Botschafter, »in privater wie in öffentlicher Hinsicht«, sehr an allen Neuigkeiten über sie interessiert und zerbreche sich außerdem gerade den Kopf auf der Suche nach einem geeigneten Geschenk für sie123. Albemarle The French Revolution and the creation of the modern political culture, hrsg. v. Keith Michael Baker, Bd. 1: The Political culture of the Old Regime, Oxford 1987, 61–75, hier 65, Tableau 1: Système des sièges. 120 Siehe BL Add. Ms. 32841, f. 44 und 46, Newcastle an Albemarle, Hannover, 29.10.1752. (Der beiliegende »private« Brief an Albemarle siehe ebd., f. 155, Hugh Valence Jones im Auftrag Newcastles an Albemarle, Hannover, 30.10.1752.) 121 Ebd., Add. Ms. 32845, f. 9, Newcastle an Albemarle, London, 4.6.1753: »[…] he should be introduced into the best company.« Siehe auch ebd., f. 293, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.7.1753. 122 Ebd., f. 9, Newcastle an Albemarle, London, 4.6.1753: »I scarce dare name The Marquise; But, though I neither write about her, nor hear any thing directly of her, no one man in France, I believe, I am sure, nobody out of it, esteems, or admires her more, or is more concerned for her welfare, prosperity and éclat. […] Gratitude for private civilities, and a firm opinion, that this Lady’s fortune will sooner, or later, decide the part, which France will take, interests me so much in Her cause; to which I am, or fancy myself, devoted.« 123 Siehe ebd., Add. Ms. 32832, f. 262, Newcastle an Albemarle, London, 19.12.1751, Private. »We have had strange reports here, about Mme de Pompadour – I see what you write to Lord Holdernesse about it; and although you think me (I suppose) a very improper Person to write to, about a Lady, or to convey your compliments by to a Lady, I own, on public and private accounts, I interest myself extremely in everything, that

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verwahrte sich gegen Newcastles Vorwürfe und revanchierte sich mit einem Geschenktipp für Madame de Pompadour: Newcastle solle ihr »ein Set mit goldbestückten Gravur-Werkzeugen […], mit einem Arbeitstisch aus Taubenholz, das hier unbekannt ist«124, anfertigen lassen. Der Gravurtisch traf vor Albemarles Tod im Dezember 1754 nicht mehr in Paris ein125. Einige Zeit später jedoch bedachte Duke of Newcastle Madame de Pompadour mit einem Teleskop126. Danach brach der Kontakt der Marquise zum britischen Prime Minister ab und wurde nicht wieder aufgenommen. Staatssekretär Duke of Newcastle war, ebenso wie sein Amtskollege im Southern Department, Earl of Holdernesse, darum bemüht, den Kontakt zur Mätresse des französischen Königs zu pflegen, und auch König Georg  II. machte kein Geheimnis daraus, dass er an ihr interessiert war: Er erbat sich von seinem Botschafter Informationen zu ihrer Stellung am Hof und gegenüber den Mitgliedern des Conseil127. Einen seiner Briefe an die Marquise schrieb Newcastle 1754 ausdrücklich auf Geheiß des Königs128. Die britischen Staatssekretäre ließen ihrem Botschafter gegenüber keine Gelegenheit ungenutzt, um ihm mitzuteilen, wie unterhaltsam und erfrischend ihnen die »kleinen Geschichten vom Hof«129 schienen. Hin und wieder allerdings, so gab Newcastle zu, seien das »alberne Geschwätz« und die kleinen »Skandale« nicht nur amüsant, sondern darüber hinaus sogar auch »von Interesse«130. can concern Madame la Marquise. I have received more obliging marks of civility from her, than I can express, or even sufficiently acknowledge. I keep very pretty letters she has wrote to the Duc de Mirepoix upon my subject; and am racking my brains and my good friend, Lord Ash’s, to find out some agreeable thing, of the growth of this country, as a present, in return to many, I have received from her.« 124 Ebd., f. 309, Albemarle an Newcastle, Paris, 24.12.1751/4.1.1752, Private. »I am at a loss what to advice you to give her of the growth of England, unless, as steel is better worked there than it is here, and that she loves engraving, you would send her a set of engraving tools typed with gold with a working bench of pigeon wood unknown here, forgive me for this hint, it may be a wrong one, which I submit to you.« 125 Ebd., Add. Ms. 32849, f. 247, Albemarle an Newcastle, Paris, 12.6.1754 (»a neat ingraving table, with tools tipped with gold«) sowie ebd., Add. Ms. 32851, f. 166, Albemarle an Newcastle, Fontainebleau, 13.11.1754. 126 Siehe Waddington, Louis, 74. 127 Siehe BL Add. Ms. 32850, f. 6, Newcastle an Albemarle, London, 1.8.1754; ebd., Add. Ms. 32836, f. 76, Newcastle an Albemarle, London, 13./24.2.1752, Private und ebd., Add. Ms. 32850, f. 78, Newcastle an Mirepoix, London, 14.8.1754. 128 Siehe ebd., f. 176, Newcastle an Albemarle, London, 29.8.1754, Private. 129 Ebd., Eg. Ms. 3456, f. 302, Holdernesse an Albemarle, London, 1.12.1752, Private (»histoirettes«). 130 Siehe ebd., Add. Ms. 32822, f. 261, Newcastle an Yorke, London, 24.7./4.8.1750 (»always entertaining and, sometimes, interesting«), ebd., Add. Ms. 32851, f. 162, New-

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Es wäre falsch, die Beobachtung der Marquise de Pompadour und das Werben um die Gunst der »Lady« von britischer Seite allein auf die Neugier der Staatssekretäre an Klatsch und Tratsch, Intrigen und amüsanten Geschichten vom fremden Hof zu reduzieren. Vielmehr lag dem britischen Vorgehen die sichere Annahme zu Grunde, dass es der Marquise möglich sei, die Grundlinien der französischen Politik gegenüber England und den anderen europäischen Staaten zu beeinflussen131. Staatssekretär Newcastle hatte wiederholte Male Auskünfte über die Machtverteilung im Ministerium und im engsten Umfeld des Königs eingefordert und erfahren, dass die Mätresse vor allem nach 1750 auf dem Weg über die Personalauswahl für die Staatsminister- und Staatssekretärsposten Kontrolle über die Mächtebalance im Conseil ausüben konnte132. Die Geschenke, die man ihr überreichte, wurden als Mittel verstanden, um die Position der Mätresse am Hof zu stärken und sie im Sinne Großbritanniens zu lenken133. Thomas Pelham-Holles, Duke of Newcastle, war zu dieser Zeit der Minister in Großbritannien mit dem größten Einfluss auf die Gestaltung der Beziecastle an Albemarle, Kensington, 7.11.1754 (»… and enable me, de temps en temps, to amuse my Master with the Amusements, or rather the Sottises, of Versailles, and Paris«), ebd., Eg. Ms. 3456, f. 67, Albemarle an Holdernesse, Paris, 28.11./8.12.1751 und ebd., f. 142 und 144, Holdernesse an Albemarle, London, 30.1.1752, Private (»Pray let us have some scandal sometimes, cela nous amuse«). 131 Siehe BL Add. Ms. 32845, f. 9, Newcastle an Albemarle, London, 4.6.1753. Siehe auch ebd., Add. Ms. 32822, f. 305, Newcastle an Yorke, London, 30.7./10.8.1750 und ebd., Add. Ms. 32845, f. 293, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.7.1753. 132 Ebd., Add. Ms. 32850, f. 74, Albemarle an Newcastle, Paris, 14.8.1754. Beispielhaft zur Umbesetzung in den Staatssekretariaten für Auswärtiges, Marine und Finanzen: »They were all three named by the Marquise […].« 133 Siehe ebd., Add. Ms. 32845, f. 293, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.7.1753 und ebd., Add. Ms. 32849, f. 247, Albemarle an Newcastle, Paris, 12.6.1754. Siehe auch ebd., Add. Ms. 32833, f. 382, Albemarle an Newcastle, Paris, 12./23.2.1752. Albemarle versprach sich von Newcastles demonstrativem Kontakt zur Pompadour auch die Mehrung seines persönlichen Ansehens bei der Mätresse und eine Stärkung seiner Stellung innerhalb der Gruppe der auswärtigen Gesandten. Dies gab er in einem ironischen Brief an Newcastle zu verstehen, nachdem dieser einmal auf die Botendienste Mirepoix’ und nicht Albemarles zur Überbringung eines Briefes an die Pompadour zurückgegriffen hatte: Ebd., Add. Ms. 32850, f. 74, Albemarle an Newcastle, Paris, 14.8.1754: »I was hurt, I must confess, that you preferred Mirepoix to your humble servant, to have it conveyed to her, and I told her so, you should always choose to give her proofs of your goodness to me, to increase the confidence and the partiality she is pleased to show me on all occasions over my brethren; […].« Newcastles Rechtfertigung im nächsten privaten Brief siehe ebd., f. 176, Newcastle an Albemarle, London, 29.8.1754, Private. Siehe auch ebd., f. 289, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.9.1754.

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hungen zu den europäischen Mächten. Zwar misstraute er den französischen Ambitionen in Europa wie in Nordamerika und unterstellte der französischen Krone, den Frieden von Aachen nur geschlossen zu haben, um Zeit für den Wiederaufbau der geschwächten Marine zu gewinnen, weshalb er seit 1748/49 für eine Stärkung des englischen Bündnisses mit Österreich und den Vereinigten Niederlanden eintrat134. Jedoch wollte er den Frieden mit Frankreich nicht aufs Spiel setzen und war überzeugt, dass man sich vor allem zur Erreichung dieses Ziels der Marquise de Pompadour, dieser »friedliebende[n] Person«135, bedienen müsse. Madame de Pompadour, so hatte Albemarle mehrfach berichtet, trete als Repräsentantin einer »pazifistischen Hofpartei« auf und suche im Conseil nach Mehrheiten für diese Linie136. »Für den Frieden und die Ruhe in Europa möge Gott dafür sorgen, dass sie ihre Stellung beibehalte, was ich aus ganzem Herzen wünsche«137, schrieb Albemarle 1752. Zuletzt habe sie im Konflikt zwischen Krone und Parlement gezeigt, dass sie großen Einfluss auf den König habe138. Er traue ihr daher auch zu, dass sie mit Hilfe ihres mächtigen Verbündeten, des Garde des sceaux Machault d’Arnouville, der seit Dezember 1750 auch das Amt des Contrôleur général des finances innehatte, in ihrer »friedlichen Haltung« fortfahre, die zum einen den König weiterhin »an ihren Unterrock hefte« und zum anderen »ihrem Lieblingsminister (i. e. Machault d’Arnouville) [Zeit gebe], um seine wirtschaftlichen Reformen [zu verfolgen]«139. Newcastle folgerte aus Albemarles Ausführungen, dass man 134 Siehe Black, European international relations, 168. Siehe auch BL Add. Ms. 32850, 176, Newcastle an Albemarle, London, 29.8.1754, Private. 135 Ebd., Add. Ms. 32833, f. 382, Albemarle an Newcastle, Paris, 12./23.2.1752 („pacific person«). 136 Siehe am Beispiel des neuen Finanzministers Jean Moreau de Séchelles ebd., Add. Ms. 32850, f. 176, Albemarle an Newcastle, Paris, 29.8.1754, Private: »But I much fear, he will not be closely connected with those (if any such there are) who wish well to an Union and good correspondence with us. If the Marquise does govern all, and will exert her talents, and power, in support of her wishes, and inclinations, I should hope, all would do well; and Mr Séchelles go with the crowd.« 137 Ebd., Add. Ms. 32833, f. 382, Albemarle an Newcastle, Paris, 12./23.2.1752: »For the peace and tranquillity in Europe God send that she may continue in power, which I wish with all my heart […].« 138 Albemarle bemerkte, dass der Einfluss der Pompadour sich vorteilhaft auf die Haltung des ins Exil verbannten Parlement gegenüber der Krone auswirke. Siehe ebd., Add. Ms. 32845, f. 293, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.7.1753. Wenn das Parlement aus dem Exil zurückkehre, so Albemarle, könne man darauf hoffen, dass Argenson abdanken müsse. Siehe ebd., Add. Ms. 32849, f. 247, Albemarle an Newcastle, Paris, 12.6.1754. 139 Ebd., Add. Ms. 32845, f. 293, Albemarle an Newcastle, Paris, 11.7.1753: »[…] her past conduct for peace keeps the King her master pinned to her petticoats, it gives time to her favourite minister to follow his schemes of oeconomy […].« Siehe in diesem Sinne

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die Partei um Madame de Pompadour, die ebenso wie die britische Krone im Augenblick keinen Krieg wünsche140, stärken und ihr zugleich klar machen müsse, dass ein allgemeiner Krieg drohe, sobald Kriegsminister Argenson im Conseil die Oberhand gewänne141. Der Conseil zerfiel in diesen Jahren nach Auffassung der britischen Beobachter in zwei Gruppen142. Als Gegenpol zur »friedliebenden Partei« um Madame de Pompadour und Jean-Baptiste de Machault d’Arnouville143 wurde die Gruppe um den französischen Kriegsminister Comte d’Argenson ausgemacht144, die von den Briten so genannte »militärische Partei.« Comte d’Argenson agierte in den Augen der Briten als direkter Gegenspieler Madame de Pompadours und rivalisierte mit ihr um die Gunst des Monarchen. Von seinen Ambitionen, die Stellung eines Premier ministre zu erlangen, hatte Sir Joseph Yorke bereits 1750 berichtet145. In seiner Haltung Großbritannien gegenüber zeigte sich Argenson wenig entgegenkommend. In der Auseinandersetzung zwischen der britischen und der französischen Krone um koloniale Besitzungen in Nordamerika, die sich im Laufe des Jahres 1754 zuspitzte, schien Argenson den Konflikt sogar bewusst zu schüren146. Der britische Botschafter betrachtete ihn deshalb als »den größten Feind der Ruhe, sowohl inauch ebd., Eg. Ms. 3457, f. 68, Albemarle an Newcastle, Paris, 8.4.1753: »The great Lady undoubtedly wishes peace and uninterrupted possession of the King […].« 140 Siehe ebd., Add. Ms. 32832, f. 262, Newcastle an Albemarle, London, 19.12.1751: »She is, besides, certainly pacifically inclined; and, as such, must be a well wisher for us.« Lord Holdernesse sah die Marquise ebenfalls als Friedenswahrerin: Siehe ebd., Eg. Ms. 3456, f. 107 und 109, Holdernesse an Albemarle, London, 19.12.1751 und ebd., Eg. Ms. 3457, f. 277, Albemarle an Holdernesse, London, 13.2.1754, Private. 141 Siehe Clayton, T. R., The Duke of Newcastle, the Earl of Halifax, and the American Origins of the Seven Years’ War, in: The Historical Journal 24,3 (September 1981), 571–603, hier 585. 142 Alle neuen Minister und Staatssekretäre wurden von den Briten einer der beiden Strömungen, der Friedenspartei oder der Kriegspartei, zugerechnet. Siehe beispielsweise BL Add. Ms. 32850, f. 74, Albemarle an Newcastle, Paris, 14.8.1754. 143 Siehe ebd., Add. Ms. 32836, f. 76, Newcastle an Albemarle, Hannover, 13./24.5.1752. 144 Zum Gegensatz zwischen Madame de Pompadour und Kriegsminister Comte d’Argenson siehe unter anderem die Aussagen Albemarles in BL Add. Ms. 32849, f. 247, Albemarle an Newcastle, Paris, 12.6.1754. Siehe auch PRO SP 78/236, f. 361, Yorke an Newcastle, Paris, 11./22.8.50. 145 BL Add. Ms. 32822, f. 87, Yorke an Newcastle, Compiègne, 27.6./8.7.1750. (Siehe auch aus späterer Zeit – dann mit Blick auf die Ambitionen des Maréchal de BelleIsle: BL Add. Ms. 32864, f. 393, Intelligence Paris, 24.4.1756 und ebd., f. 444, Intelligence Paris, 1.5.1756; ebd., Add. Ms. 32878, f. 7, Intelligence Paris, 2.3.1758 und ebd., Add. Ms. 32879, f. 364, Intelligence Paris, 25.4.1758.) 146 Siehe ebd., Add. Ms. 32851, f. 82, Albemarle an Newcastle, Paris, 23.10.1754.

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nerhalb als auch außerhalb dieses Königreichs«147. Jedoch sei er so machtvoll, dass man daran zweifeln müsse, ob Madame de Pompadour tatsächlich genügend Einfluss auf den König geltend machen könne, um eine kriegerische Auseinandersetzung in den nordamerikanischen Kolonien abwenden zu können: »Wir können sicherlich auf die friedliebende Gesinnung der Marquise vertrauen, aber Argenson ist immer noch Minister und hat zeitweise großen Einfluss auf den König, seinen Herrn.«148

Die Möglichkeiten des britischen Botschafters, Madame de Pompadour im Sinne der britischen Interessen zu beeinflussen, waren begrenzt – fehlte es Albemarle doch trotz seines freundlichen Umgangs mit ihr schlichtweg an Gelegenheiten, sich mit der Mätresse in vertraulichem Rahmen zu unterhalten, wie er bedauernd feststellte: »Ich darf mir selbst schmeicheln, die Ehre zu haben, von ihr protegiert zu werden. Dennoch ist es nicht möglich, mit ihr zu sprechen, außer vor den Augen der anderen, bei ihrer Toilette, wo alle wie Statuen um ihren Frisiertisch herumstehen und sie anstarren, […] und aus Angst, Anstoß beim König zu erregen und bei den Ministern Eifersucht aufkommen zu lassen, gibt sie niemals einem von uns Botschaftern vertrauliche Audienzen. Man berichtet von einem einzigen Fall, der sich 1748 zugetragen habe, als Herr von Berensdorf (i. e. der dänische Gesandte Johann Hartwig Ernst Freiherr von Bernstorff ) die Erlaubnis erhalten habe, in ihrem Kabinett mit ihr zu sprechen, aber dies habe so viel Gerede nach sich gezogen, dass es ein Einzelfall geblieben sei«149. 147 Ebd., Add. Ms. 32849, f. 247, Albemarle an Newcastle, Paris, 12.6.1754: »[…] Mr d’Argenson, the greatest enemy to tranquillity both within and without this Kingdom.« 148 Ebd., Add. Ms. 32851, f. 82, Albemarle an Newcastle, Paris, 23.10.1754: »We certainly may depend on the Marquise’s peaceable dispositions, but Argenson is still minister and at times has much influence with the King his Master.« Die Wortwahl Albemarles lässt darauf schließen, dass er nicht am Willen, wohl aber an den Mitteln der Marquise de Pompadour zweifelte, die diese im politischen Wettstreit einsetzen könne. Offensichtlich hielt Albemarle es in diesem Fall für einen Vorteil, dass Argenson ein Ministeramt bekleidete. 149 Ebd., Eg. Ms. 3457, f. 68, Albemarle an Holdernesse, Paris, 8.4.1753, Private. »I flatter myself that she honours me with her protection, but then there is no speaking to her but in public at her Toilette, where every one standing round her dressing table gaze at her like so many statues […] and for fear of giving umbrage to the monarch, or jealousy to his ministers, she never gives private audiences to any of us, one particular instance is named, and that happened in 1748 when Mr de Berensdorf obtained leave

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Es finden sich keine Hinweise darauf, dass Albemarle die Mätresse außerhalb ihrer öffentlichen Toilette besucht hätte, und auch der preußische Gesandte Knyphausen bestätigte, dass Albemarle und Pompadour zu keinem Zeitpunkt vertrauliche Unterredungen miteinander geführt hätten150. Alle Gespräche zwischen Albemarle und Pompadour fanden demnach im Beisein aller anderen Besucher ihrer Toilette statt. Angesichts dessen überrascht es nicht, dass die Mätresse in der Korrespondenz des Botschafters und seines Sekretärs in einzelnen Fragen des politischen Alltagsgeschäfts nahezu nie erwähnt wird. Wegen der begrenzten Möglichkeiten, mit ihr eingehende Gespräche zu führen, konnte sie den Botschaftern in konkreten Anliegen offensichtlich nicht weiterhelfen. Im Rahmen der jahrelangen, schwierigen Verhandlungen etwa, die von den Briten mit dem Ziel der Wahl des späteren Josephs II. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs mit den deutschen Kurfürsten, aber auch in Absprache mit der französischen Krone und dem habsburgischen Vertreter in Versailles geführt wurden, wurde ihr Name nicht genannt151. Die Natur ihrer viel beschworenen großen Macht und ihres großen Einflusses bleibt in den Schilderungen der Botschafter demnach häufig unklar und wenig greifbar. Dennoch legten die britischen Staatssekretäre von Beginn an Wert darauf, Madame de Pompadour auf ihrer Seite zu wissen: In der wichtigsten Frage dieser Jahre überhaupt, derjenigen nach Krieg oder Frieden, wiesen die britischen Beobachter Madame de Pompadour eine zentrale Rolle zu. Die Wertschätzung, die man ihr entgegenbrachte, sollte sie dazu bringen, sich Großbritannien verpflichtet zu fühlen. Als eine der mächtigsten Personen im Umfeld Ludwigs XV. sollte sie im Sinne der Briten Einfluss ausüben, und tatsächlich tat sie dies auch. Dies belegen Aussagen Argensons wie die folgende: »Madame de Pompadour gibt noch immer vor, die ehrenvolle Aufgabe zu haben, für Frieden zwischen Frankreich und England zu sorgen; [dies ist] wieder einmal eine irre geleitete Extravaganz, denn sie führt dazu, dass der König England schont und ihm nicht all das politische Übel antut, das er ihm antun könnte […]. to speak to her in her closet, but it caused so much rumour that it remains a single case […].« Baron von Bernstorff scheint zu Zeiten, da die Briten keinen offiziellen Vertreter am Hof unterhielten, als Informant für Großbritannien tätig gewesen zu sein. Zumindest geht dies aus der preußischen diplomatischen Korrespondenz dieser Jahre hervor: Friedrich II. war darauf bedacht, die französischen Minister zu Vorsicht gegenüber Bernstorff zu mahnen. Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 23 L, ohne folio, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 6.7.1747; ebd., Chambrier an Friedrich II., Brüssel, 13.7.1747 und ebd., Friedrich II. an Chambrier, Saint Frond, 4.8.1747. 150 Ebd., Nr. 26 B, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 24.1.1755. 151 Zu den Verhandlungen von 1752/1753 siehe vor allem BL Add. Ms. 32838 und 32839.

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Der König, der von der Marquise regiert wird, fürchtet zu sehr, die Engländer zu verärgern, während sie keine Gelegenheit auslassen, uns das Schlimmste in unverfrorener Manier anzutun.«152

Auch der preußische Gesandte Knyphausen bestätigte Ende 1755, dass es dem Eintreten der Mätresse zuzuschreiben sei, wenn die französische Krone einen Seekrieg mit Großbritannien bislang hinausgezögert habe153. Knyphausens Vorgänger, der preußische Gesandte Keith, hatte Pompadour ein persönliches Interesse an der Wahrung des Friedens unterstellt, weil auf diese Weise ihre faveur verlängert werde154. Ebenso gewann der habsburgische Beobachter Graf von Starhemberg im Frühjahr 1755 den Eindruck, dass man am französischen Hof die Auseinandersetzungen mit Großbritannien gütig beizulegen suche155. Allgemein schreibe man es Madame de Pompadours Einfluss zu, dass der Krieg zwischen England und Frankreich noch nicht formal erklärt worden

152 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 130 f., 13.2.1756. »Madame de Pompadour prétend encore faire la paix entre la France et l’Angleterre et en avoir tout l’honneur, autre extravagance mal conduite, car il arrive de là que le Roi ménage l’Angleterre et ne lui fait pas tout le mal en politique qu’il pourrait lui faire […]; le Roi gouverné par la marquise craint de trop fâcher les Anglais, tandis qu’ils n’épargnent rien pour nous faire du pire avec insolence.« Nach der Kriegserklärung verriet d’Argenson, dass er den Friedenswillen der Briten schon immer für Heuchelei gehalten habe. Siehe ebd., 191, 30.5.1756. 153 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 C, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 17.11.1755. 154 Siehe ebd., Nr. 25 K, f. 232, Keith an Friedrich II., Paris, 8.12.1752. Siehe in diesem Sinne auch PC, Bd. 10, 474, Nr. 6528, Knyphausen an Friedrich II., Fontainebleau, 7.11.1754. 155 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 69v–70r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.3.1755: »Eure Exzellenz werden bereits aus verschiedenen meinen diese zwei Monathe hindurch erstatteten gehorsamsten Berichte ersehen haben, wie dass meinem unmaßgeblichen Dafürhalten nach der hiesige Hof gewiss die dermahlen mit Engelland obwaltende Zwistigkeiten wo möglich in der güte beilegen zu können vorzüglich Verlangen trage; und bin ich nicht allein durch die von der sowohl politischen als privat gedenckens-Arth des Königs, der in die Geschäffte sehr grossen ja den allergrössten Einfluss habenden Mise de Pompadour, und eines jeden individui aus dem Conseil d’État (den einzigen Argenson ausgenommen) mir gemachte général idée auf diese Meinung verleitet, sondern auch und zwar hauptsächlich dadurch in selber bekräftiget worden dass meines wissens allhier jedermann gar wohl erkennent wie dass bei einem mit Engelland zur See führenden Krieg kein Vortheil zu gewinnen, wohl aber ein sehr grosser und so leicht nicht ersetzt werden könnender Schaden, nämlich der Untergang der seit dem letzten Krieg ohnehin noch bei weiten nicht erhohlten marine zu befürchten sei.«

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sei156. Erst nachdem der maritime und koloniale Wettstreit zwischen Frankreich und England immer offensichtlicher zur Entscheidung gedrängt und ein Krieg zwischen beiden Mächten spätestens seit Anfang des Jahres 1755 in der Luft gelegen hatte, bewirkte schließlich der Angriff des englischen Admirals Boycawen auf zwei französische Schiffe aus der Flotte Admirals La Motte vor Neufundland vom 14. Juni 1755 nicht nur den Meinungsumschwung Madame de Pompadours hinsichtlich Großbritanniens157 – er führte einige Zeit später auch zum Ausbruch des Krieges. Die britischen Beobachter lagen dennoch mit ihrer Einschätzung der Mätresse richtig: Ihre Bemühungen, die Bekanntschaft zu Madame de Pompadour gezielt zu suchen, sich ihr gegenüber respektvoll und aufmerksam zu zeigen und den Kontakt aufrechtzuerhalten, zahlten sich für die britische Krone aus. Es ist davon auszugehen, dass sie den Kriegsbeginn zumindest hinauszuzögern halfen, denn Madame de Pompadour zeigte sich den britischen Interessen gegenüber aufgeschlossen und schuf im Umfeld des Königs ein für die Briten günstiges Klima, ohne dass es dazu persönlicher Gespräche mit ihr bedurft hätte. Der großzügige Austausch von Geschenken, der nicht anlassbezogen stattfand, sondern sich über einen längeren Zeitraum erstreckte und den höfischen Gepflogenheiten entsprach, sicherte den britischen Diplomaten das Wohlwollen der Mätresse. Damit diente er der Festigung des Kommunikationskanals zwischen Madame de Pompadour und den britischen Vertretern. Nichtsdestotrotz konnte diese Vorgehensweise nicht verhindern, dass die Differenzen zwischen beiden Höfen während der zweiten Jahreshälfte 1754 zunahmen. Letzten Endes führten die Kampfhandlungen in Übersee und der Abschluss der Westminsterkonvention zu Beginn des Jahres 1756 auf makropolitischer Ebene zu einer Situation, die einen Kontakt mit der Mätresse wie. .

156 Ebd., f. 87r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 27.8.1755: »In dem publico (qui dans ce moment-ci semble pencher pour la guerre) wird die ganze Schuld, dass der Krieg noch nicht angefangen worden, auf die Madame de Pompadour geschoben, es ist auch in der That sehr wahrscheinlich, dass sie in Rücksicht auf ihr eigenes interesse hierin das beste gethan haben werde. Allein wie ich höre, siehet sie dermahlen denselben wie alle übrigen Leuthe vor gantz unvermeidlich an.« Auch Waddington, Louis, 54 f. schreibt die Tatsache, dass bis zum Frühjahr 1755 in Acadie keine feindlichen Handlungen stattfanden, dem Geschick und den Kontakten Albemarles zu Madame de Pompadour und dem französischen König zu. 157 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 C, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Compiègne, 14.8.1755.

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zuvor nicht mehr möglich erscheinen ließ und in der Madame de Pompadour keine Handlungsspielräume mehr besaß158.

3.  »Er kann der Favoritin bis zu 500.000 Taler für den Frieden bieten«159: Madame de Pompadour und die Vertreter Brandenburg-Preußens (1745–1758) Den Vertretern des preußischen Königs Friedrich II. in Versailles entging die besondere Nähe zwischen Madame de Pompadour und dem britischen Botschafter Albemarle nicht. Die Mätresse, so ließ der preußische Gesandte seinen Auftraggeber Friedrich II. im Dezember 1754 nach Albemarles Tod wissen, bedauere aufrichtig dessen Ableben. Zwar behaupte man, dass sie nur aus Eigennutz die Bekanntschaft mit Albemarle gepflegt habe, jedoch sei das unwahrscheinlich: Die Marquise habe es nicht nötig, ihr Vermögen in England anzulegen oder von dort wertvolle Geschenke zu erhalten, wie man ihr immer wieder unterstelle, so der preußische Gesandte160. Was die Marquise de Pompadour mit Albemarle verbunden habe, sei das beiderseitige, auf Frieden ausgerichtete Verhalten gewesen. Frankreich und Preußen waren seit 1741 aufgrund des Vertrags von Breslau miteinander verbündet161. Noch im selben Jahr hatte Friedrich II. den Vertrag jedoch erstmals gebrochen, indem er ohne Rücksicht auf den Bündnispartner Frankreich mit Österreich ein Geheimbündnis eingegangen war. 1742 trat er durch seinen Garantie- und Defensivvertrag mit Großbritannien ganz aus der Allianz mit Frankreich aus. 1744 kam es nach entsprechenden Vorstößen Frankreichs zu einer Erneuerung des französisch-preußischen Bündnisses, aus dem Friedrich II. wiederum nur ein Jahr später durch die Konvention von 158 Siehe Waddington, Louis, 58. 159 PC, Bd. 15, 218, Nr. 9167, Friedrich II. an Wilhelmine, Leitmeritz, 7.7.1757: »[I]l [i.e. Mirabeau de Riquetti] pourra offrir jusqu’à 500.000 écus à la favorite pour la paix […].« Siehe auch Volz, Gustav Berthold (Hrsg.), Friedrich der Große und Wilhelmine von Bayreuth, 2 Bde., Leipzig 1924 und 1926, hier Bd. 2, 358 f., Nr. 489. 160 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 B, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 24.1.1755. Knyphausens Schilderung ist die Antwort auf eine entsprechende Frage Friedrichs II. an ihn hinsichtlich des Eindrucks, den der Tod Albemarles auf Madame de Pompadour gemacht habe. Siehe ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Berlin, 3.1.1755. 161 Siehe den Wortlaut des Vertrags, der am 5. Juni 1741 in Breslau unterzeichnet worden war: Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 462–467 (Appendice N° V: Traité du 5 juin 1741 entre Sa Majesté Très-Chrétienne et le Roi de Prusse).

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Hannover, die ihn erneut an Großbritannien band, ausscherte. Formal bestand das Bündnis zwischen Frankreich und Preußen, das 1741 auf fünfzehn Jahre geschlossen worden war, weiter. Die Beziehungen zwischen beiden Mächten waren jedoch angespannt: In Frankreich betrachtete man Friedrich II. nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre als »unzuverlässigen Verbündeten«162, dem zu vertrauen gefährlich sein konnte. Dabei hatte man dem neuen preußischen König Friedrich II., dem »Philosophenkönig«, Freund Voltaires und Verfasser literarischer Werke, bei seinem Regierungsantritt 1740 großes Interesse entgegengebracht163. Aufgrund des von ihm gemeinsam mit Voltaire verfassten »Antimachiavell«164, einer theoretischen Abhandlung über Aufgaben und Ziele fürstlicher Machtausübung, und der Maßnahmen zur teilweisen Abschaffung der Folter und der Zensur, die der junge König nach der Machtübernahme einleitete, dominierte in Frankreich zunächst das Bild des toleranten, aufgeklärten Fürsten. Argenson stellte den arbeitsamen Friedrich  II. und sein persönliches Regiment als positives Gegenbild dem unselbständigen französischen König gegenüber, der zu dieser Zeit noch in der Abhängigkeit des mächtigen Fleury stand165. Tatsächlich unterschied sich der Regierungsstil Friedrichs II. grundlegend von demjenigen Ludwigs XV. Die von Friedrich praktizierte »persönliche Regierungsweise«166 kam einer Alleinherrschaft oder Selbstregierung nahe, wie sie der französische Monarch nur vorgeblich innehatte: In der preußi162 Malettke, Klaus, Frankreich, Deutschland und Europa im 17. und 18. Jahrhundert. Beiträge zum Einfluß französischer politischer Theorie, Verfassung und Außenpolitik in der Frühen Neuzeit (Marburger Studien zur neueren Geschichte, 4), Marburg 1994, hier 367. 163 Zum Verhältnis Frankreichs speziell zu Friedrich II. von Preußen siehe ebd., vor allem 362 ff. (Siehe auch ders., Frankreich und Friedrich der Große, in: Preußens großer König. Leben und Werk Friedrichs des Großen, hrsg. v. Wilhelm Treue, Freiburg / Würzburg 1986, 185–197) sowie Skalweit, Stephan, Frankreich und Friedrich der Große. Der Aufstieg Preußens in der öffentlichen Meinung des »ancien régime« (Bonner historische Forschungen, 1), Bonn 1952, vor allem 40 ff. (III. »Roi philosophe« und »philosophe guerrier«). 164 Der »Antimachiavell« (im französischen Original: »L’Antimachiavel, ou examen du prince de Machiavel«) findet sich in der Gesamtausgabe der Werke Friedrichs des Großen: Preuss, Johann David Erdmann (Hrsg.), Œuvres de Frédéric le Grand, 30 Bde., Berlin 1846–1856, hier Bd. 8, 65–184. Zur Rezeption des »Antimachiavell« in Frankreich siehe Skalweit, Frankreich und Friedrich der Große, 52 ff. 165 Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 3, 215, 13.7.1740. 166 Hubatsch, Walther, Friedrich der Große und die preußische Verwaltung, Köln / Berlin 1973, 222, versteht darunter die »persönliche Regierungsweise von seinem Schreibtisch aus in schriftlicher Form, nicht in Sitzungen des Ministerialkollegiums […].«

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schen »Kabinettsregierung« – einer Regierung aus dem Kabinett heraus, einem persönlichen Beratungsgremium des Monarchen, das aus dem Privatsekretariat des Kronprinzen Friedrich Wilhelm I. hervorgegangen war – hatten die Minister begrenzte Möglichkeiten, eigene Konzepte umzusetzen167. Friedrich II. agierte als »sein eigener Erster Minister«168 und überließ den Ministern selbstständige Entscheidungen nur in Fragen von geringer Bedeutung. Alle übrigen Entscheidungen traf er selbst und nicht selten im Alleingang: »Verhandlungen, die von Wichtigkeit sind, ein Vertrag oder ein Bündnis, gehen durch meine Hände«, schrieb der König in seinem Politischen Testament von 1752169. Ein Fürst, davon war Friedrich II. überzeugt, sei dazu verpflichtet, seine Geschäfte selbst zu führen170. Bei Regierungen, in denen einzelne Minister große Befugnisse hätten, wie es in Frankreich der Fall sei, käme es immer zu Widersprüchen; eine systematische Regierungsarbeit sei nicht möglich171. Vor allem in den Außenbeziehungen lagen gemäß diesen Grundsätzen alle Entscheidungen beim König, so dass man zu Recht von einem »königlichen Außenminister«172 Friedrich II. sprechen kann, der als Ausnahme unter den europäischen Fürsten erschien. Formal war für die Fragen der Außenbeziehungen das Kabinettsministerium zuständig, das von Friedrich II. kontrolliert und allein von ihm mit Weisungen versehen wurde173. Parallel zu den Kor167 Siehe ebd., 222 ff. (Kapitel 3: Kabinettsregierung) und Hintze, Otto, Die Entstehung der modernen Staatsministerien. Eine vergleichende Studie, in: Staat und Verfassung, hrsg. v. dems. (Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Verfassungsgeschichte, 1), Göttingen 21962, 275–320, hier vor allem 296–301. 168 Scott, The rise of the first minister, 26. »Frederick the Great acted as his own first minister: he was foreign secretary and head of the civil service as well as commanderin-chief of the army.« 169 Dietrich, Richard (Hrsg.), Die politischen Testamente der Hohenzollern (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, 20), Köln 1986, hier 329. (Französisches Original 328: »[T]out ce qui est négotiation d’importance, traité ou alliance, passe par mes mains.«) 170 Siehe ebd., 325. (Französisches Original 324.) Siehe auch ebd., 610/611. 171 Siehe ebd., 324/326 und 325/327. 172 Siehe den so lautenden Artikel von Scott, Hamish M., Prussia’s Royal Foreign Minister: Frederick the Great and the Administration of Prussian Diplomacy, in: Royal and republican sovereignty in early modern Europe: essays in memory of Ragnhild Hatton, hrsg. v. Robert Oresko u. a., Cambridge 1997, 500–526. Auch Externbrink, Friedrich der Große, 43, hat zuletzt betont, wie sehr Friedrich II. den gesamten Entscheidungsprozess hinsichtlich der Beziehungen zu den anderen europäischen Mächten auf seine Person konzentriert habe. 173 Siehe Hubatsch, Friedrich der Große, 228 f. In den 1740er und 1750er Jahren standen Graf Karl Wilhelm von Finckenstein und Heinrich von Podewils dem Kabinettsministerium vor.

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respondenzen zwischen dem Kabinettsministerium stand jedoch auch Friedrich II. persönlich in schriftlichem Kontakt zu seinen diplomatischen Vertretern an den europäischen Höfen. Sie erhielten jeweils doppelte Weisungen: vom König selbst und von seinem Außenministerium174. Friedrich II. ließ sich seit 1721 in Versailles durch Jean Baron Le Chambrier vertreten175. Der aus dem Fürstentum Neuchâtel stammende Chambrier wurde 1740 zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister ernannt und blieb bis 1751 in Frankreich. Vom Rang her stand der preußische Vertreter deutlich hinter den Botschaftern des englischen Königs und der Kaiserin zurück. Dementsprechend geringer war sein Ansehen bei Hofe und seine Möglichkeiten, an Informationen zu gelangen: Zu Einzelgesprächen mit Ludwig XV. zum Beispiel war er nicht befugt, und auch zu Madame de Pompadour hatte er keinen intensiven Kontakt. Baron Le Chambrier berichtete erstmals im Mai 1745 von der neuen Mätresse des Königs. Er verglich sie mit ihrer Vorgängerin, Madame de Châteauroux, die seiner Ansicht nach versucht habe, aus dem Machtvakuum, das durch den Tod des Kardinal de Fleury entstanden sei, für sich Profit zu schlagen und auf den König Einfluss zu nehmen. Welchen Einfluss die neue Mätresse, Madame de Pompadour, auf die »großen Angelegenheiten« nehmen werde und ob es ihr dazu überhaupt an Geist genüge, sei noch nicht abzusehen176. Bis 1747 erschien Madame de Pompadour nur selten in Chambriers Berichten, und wenn, dann stets im Zusammenhang mit ihren mächtigen Protektoren, den Financiers Pâris: Die Mätresse sei ihre Marionette, sie folge komplett ihren Ratschlägen, und es sei das Ziel der Pâris, »das ganze Königreich« in allen sei-

174 Waddington, Louis, 168f. (siehe auch 183), charakterisiert diese Briefe Friedrichs II. als sehr lebhaft, präzise, klar und kenntnisreich und insofern charakteristisch für seine Art der Regierungsführung, die bei Ludwig XV. widersprüchlich, kraftlos und von Misstrauen gegenüber seinen Beratern geprägt gewesen sei. 175 Siehe Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden 1648, veröffentl. vom Internationalen Ausschuss für Geschichtswiss., hrsg. v. Friedrich Hausmann (Bd. 1) / Otto Friedrich Winter (Bd. 3), 3 Bde., Oldenburg / Berlin 1936, Zürich 1950, Graz / Köln 1965, hier Bd. 2, 295. Zu Baron Le Chambrier (* 1686, † 1751) siehe auch Historisches Lexikon der Schweiz (HLS): http://www. hls-dhs-dss.ch/textes/d/D15663.php, 19.9.2009, sowie Quartier-la-Tente, Edouard, Les familles bourgeoises de Neuchâtel. Essais généalogiques, Neuchâtel 1903, 75. 176 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 11, Nr. 89, Frankreich, Fasz. 144, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 10.5.1745: »On ne sait pas encore de quelle influence elle pourra être pour les grandes affaires et si elle aura l’esprit qu’il faut pour y mettre son grain comme faisait la Duchesse de Châteauroux […].«

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nen Teilen mit Hilfe Madame de Pompadours zu regieren177. Die Brüder Pâris seien der geheime Motor, der das Militär und die Finanzen des Landes am Laufen halte. Die beiden hätten das nötige Geld, die Fähigkeiten, den Geist und die Gunst des Königs, aus der sie mithilfe der Madame de Pompadour ihren Nutzen zögen. Über die Mätresse des Königs könnten sie den größten Einfluss auf die personale Zusammensetzung des Ministeriums nehmen178. Chambrier machte die Brüder teilweise verantwortlich für die Ungnade des Außenministers Marquis d’Argenson und schrieb es ihrem Willen zu, dass ihr guter Bekannter, Marquis de Puisieulx, zum neuen Außenminister ernannt wurde179. Chambrier betonte, dass er selbst ein großer Freund der FinanciersBrüder sei, und berichtete regelmäßig von seinen Treffen mit Pâris-Duverney, den er seit mehr als dreißig Jahren kenne180. Friedrich II. unterstützte den Kontakt des Gesandten mit den Financiers, denn er war der Meinung, dass Chambrier auf diesem Wege an wertvolle Informationen gelangen könne181. Die Aussagen Chambriers hinsichtlich des Einflusses der Pâris auf den König, den sie durch die von ihnen lancierte Mätresse vervielfachten, werden bestätigt durch gleich lautende Aussagen des Marquis d’Argenson und des Duc de Croÿ aus den späten 1740er Jahren182. In den Jahren 1748 und 1749 häuften und konkretisierten sich jedoch die Hinweise Chambriers, nach denen Madame de Pompadour keine reine Marionette der Brüder Pâris mehr sei. Ohne Erwähnung der Pâris brachte er den Namen Madame de Pompadours wiederholte Male in Verbindung mit Personalentscheidungen im Conseil. Ende des Jahres 1749 fragte Friedrich II. erstmals bei Chambrier nach, ob sich der Einfluss der Marquise ausgedehnt habe und mittlerweile bis auf die auswärtigen Angelegenheiten erstrecke183. Cham177 Siehe ebd., Rep. 96, Nr. 23 K, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 16.1.1747 und ebd., Chambrier an Friedrich II., Paris, 10.3.1747: »Comme les Pâris tâchent de gouverner ce royaume dans toutes ses parties par la maîtresse du Roi de France […].« 178 Siehe ebd., Nr. 23 I, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 23.12.1746 und ebd., Nr. 23 K, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 17.2.1747 und 20.2.1747. 179 Siehe ebd., Chambrier an Friedrich II., Paris, 16.1.1747, 13.2.1747 und 10.3.1747. 180 Siehe ebd., Chambrier an Friedrich II., Paris, 12.12.1746, 3.3.1747 und 14.4.1747. 181 Siehe ebd., Chambrier an Friedrich II., Paris, 10.2.1747. 182 Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 6, 219, 19.12.1748 und 221, 20.12.1748. Siehe auch Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 68. »Le 29 janvier [1747], ayant ménagé cela depuis quelque temps, M. Pâris de Montmartel parla de moi à Madame la marquise de Pompadour. Lui et son frère étaient les hommes en qui, avec raison, elle avait le plus de confiance, et même, je crois, ceux qui dirigeaient en gros sa conduite, qui ne pouvait être meilleure pour la place qu’elle avait.« 183 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 D, ohne folio, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 29.11.1749. (Siehe auch PC, Bd. 7, 180 f., Nr. 3998.)

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briers Antwort war deutlich: Würde Madame de Pompadour über die nötige Größe und Stärke verfügen, die sie benötige, um den König dazu zu bringen, sich gegen seine Minister durchzusetzen, dann könnte sie großen Einfluss auf seine Entscheidungen nehmen. Schließlich lasse er sie an allem teilhaben, und sie sei bestens informiert. Jedoch fehle es ihr an Geistesstärke, um ihr Wissen zu nutzen: Sie durchschaue die Vorgänge nicht und könne daher im Ministerium nicht den Ton angeben, auch wenn sie nach außen gern den Eindruck vermittle, als seien ihre Einflussmöglichkeiten unbegrenzt184. Nachdem Chambrier dennoch im folgenden Jahr wiederholte Male auf den großen Einfluss Madame de Pompadours auf die Besetzung der wichtigsten Regierungsämter hingewiesen hatte, der sich im Falle der Ernennung des Contrôleur général, Machault d’Arnouville, zum Garde des sceaux im Dezember 1750 als ausgesprochen folgenreich erwiesen hatte185, hakte Friedrich II. wiederum nach, ob man in den auswärtigen Angelegenheiten mit ihrer Hilfe die eigenen Interessen möglicherweise besser als auf dem herkömmlichen Wege umsetzen könne186. Chambrier antwortete ihm Anfang des Jahres 1751 noch unmissverständlicher als beim ersten Mal: »Die Marquise de Pompadour ist allmächtig in allem, […] was die inneren Angelegenheiten des Königreichs anbelangt. Sie hat keinerlei Einfluss auf die politischen (i. e. »außenpolitischen«, d. Verf.) Angelegenheiten, abgesehen davon, dass sie einen Gesandten an einen fremden Hof platzieren kann […]. Was aber die Verhandlungen angeht, die die auswärtigen Mächte mit Frankreich führen können, so mischt sich die Marquise de Pompadour in sie nicht ein. Sie mag diese Art von Angelegenheiten nicht; sie versteht nichts von ihnen. […] [D]iese Frau hat nicht den Geist, den es für diese Art von Angelegenheiten braucht, und sie versteht nichts davon.«187

184 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 D, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 12.12.1749. 185 Siehe ebd., Nr. 24 F, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 14.12.1750. 186 Siehe ebd., Friedrich II. an Chambrier, Berlin, 26.12.1750. (Siehe auch PC, Bd. 8, 204, Nr. 4698.) 187 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G (Pièces secrètes et anecdotes, envoyés du Baron Le Chambrier au Roi), f. 182, Chambrier an Friedrich II., Paris, 11.1.1751: »La Marquise de Pompadour est toute puissante pour […] tout ce qui regarde l’intérieur du Royaume. Elle n’a aucune influence dans les affaires politiques que celle de placer un Ministre dans les Cours étrangères […]; mais pour ce qui regarde les négociations que les puissances étrangères peuvent faire avec la France, la Marquise de Pompadour ne s’en mêle pas. Elle n’aime point ces sortes d’affaires; elle ne les entend pas. […] [C]ette femme n’a pas l’esprit qu’il faut pour ces sortes de choses et [...] elle ne les entend pas.«

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Hätte er davon ausgehen können, so Chambrier weiter, dass Madame de Pompadour von Nutzen für die Umsetzung der preußischen Interessen sein könne, dann hätte er es Friedrich II. selbstverständlich bereits mitgeteilt. Nur wenige Wochen später wendete sich das Blatt, und Chambrier hatte eine interessante Neuigkeit zu berichten: Seit neuestem wohne die Marquise de Pompadour den Arbeitstreffen des Königs mit seinem Außenminister Puisieulx bei188. Dies geschehe auf Wunsch des Ministers, der es offensichtlich für angebracht hielte, sich mit Madame de Pompadour zu verbinden, und sie deshalb sozusagen »zur Hälfte« in die außenpolitischen Angelegenheiten einweihe, um auf diese Weise seinen eigenen Stand beim König zu verbessern. Selbstverständlich sei aber auch die Marquise de Pompadour erfreut angesichts der neuen Entwicklung: Sie könne sich nun noch genauere Kenntnisse über die wichtigsten Angelegenheiten verschaffen. Chambrier fügte an, dass sie schon während des Aufenthalts in Fontainebleau im Herbst des vorangegangenen Jahres auf ihn zugekommen sei und ihn damit aufgezogen habe, dass sie ihn nicht häufig zu Gesicht bekomme. Vielleicht, so zeigte sich Chambrier verunsichert, sei schon dieses damalige Verhalten als Annäherung ihrerseits an ihn als Vertreter Preußens zu deuten gewesen. Als wichtigster Verbündeter Frankreichs sei der König von Preußen schließlich jemand, von dessen Bekanntschaft sie sich eine Vermehrung ihres Ansehens versprechen könne. Wenn sie das Format habe, um in die »großen Angelegenheiten« einzusteigen, resümierte Chambrier, dann könne das vielleicht doch einigen Vorteil für den König von Preußen bringen. Nachdem der Gesandte demnach lange Zeit überzeugt gewesen war, dass er aus seiner Bekanntschaft zu Madame de Pompadour keinen Nutzen für seine Aufgabe ziehen könne, revidierte er dieses Urteil erstaunlich spät. Dann jedoch lag ihm daran, seinen Kontakt zur Mätresse als sehr gut darzustellen. Angesichts des Interesses, das der preußische König an Madame de Pom188 Siehe ebd., f. 185f., Chambrier an Friedrich II., Paris, 15.3.1751. (Siehe auch PC, Bd. 8, 313 f., Nr. 4861.) »Ce que j’ai donc appris tout récemment, est que le marquis de Puisieulx a commencé de travailler avec le roi de France en présence de la marquise de Pompadour, en suite de la représentation qu’il a faite à ce Prince – après s’être concerté apparemment avec cette maîtresse – qu’il était du bien de son service qu’elle fût présente au travail qu’il aurait l’honneur de faire avec lui. Le marquis de Puisieulx a cru sans doute, par le conseil du comte de Saint-Séverin, qu’il fallait qu’il se liât avec la marquise de Pompadour, en la mettant, pour ainsi dire, de moitié dans les grandes affaires politiques, pour faire reprendre au Roi son maître des sentiments plus favorables pour lui, et la marquise de Pompadour de son côté en aura été charmée vraisemblablement, pour se faire plus valoir dans l’esprit du roi de France en lui développant des talents dont il ne l’a pas crue capable jusqu’à présent.«

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padour zeigte, konnte er annehmen, dass sein Kontakt zu ihr erwünscht sei: Chambrier betonte daher seit 1751 nicht nur seine Verbundenheit mit den Pâris, sondern unterstrich auch, dass er »von allen Fremden, die hier sind, [der] langjährigste Bekannte«189 der Marquise sei. Dennoch lassen seine Aussagen nicht den Schluss zu, dass beide sich zu Gesprächen getroffen hätten. Chambrier verstarb am 26. Juni 1751 während eines Aufenthaltes in Wesel am Niederrhein, wo er Friedrich II. treffen sollte. Der Gesandte wurde in Paris ersetzt durch George Keith, Earl Marishal of Scotland190. Bereits die Instruktionen, die Friedrich II. dem neuen Gesandten mit auf den Weg gegeben hatte, führten die Mätresse – neben den Pâris und weiteren fünf Staatssekretären und Staatsministern – als eine der wichtigsten Personen zur Erfüllung der künftigen Aufgaben Keiths an191. Tatsächlich ließ Keith selbst in seinen Berichten von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die Marquise erheblichen Einfluss auf die Personalfragen im Conseil und am Hof allgemein nehme192. Die Minister des Königs befragten zunächst im Verborgenen in allen Angelegenheiten die Mätresse, bevor sie mit ihren Unterlagen zum König gingen. Auf diese Weise könne Madame de Pompadour ihre Sichtweise in allen Sachfragen durchsetzen193. Es sei unwahrscheinlich, dass der König sich jemals von 189 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G (Pièces secrètes et anecdotes, envoyés du Baron Le Chambrier au Roi), f. 182, Chambrier an Friedrich II., Paris, 11.1.1751: »Je suis sa plus ancienne connaissance de tous les étrangers qui sont ici.« 190 George Keith stammte aus Schottland und hatte sich als Anhänger der Stuarts an den Jakobitenaufständen von 1715 und 1719 beteiligt. Um der Strafe zu entkommen, war Keith aufs europäische Festland geflohen und seit Ende der 1740er Jahre bei Potsdam ansässig, wo er zu einem der engsten Vertrauten des preußischen Königs geworden war. Bei seiner Ankunft kam es zu Protesten der britischen Regierung: Man wollte die französische Krone dazu bringen, dem neuen preußischen Gesandten die Anerkennung zu verweigern. Die britischen Vorstöße blieben jedoch ergebnislos. Zu George Keith Earl Marishal of Scotland (* 1693, † 1778) siehe Cuthell, Edith E., The Scottish friend of Frederic the Great, the last Earl Marishal, 2 Bde., London 1915, sowie Allgemeine Deutsche Biographie, hrsg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften (München), 56 Bde., Berlin 1967–1971 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1875–1912), hier Bd. 15, 551–553. 191 Siehe PC, Bd. 8, 438–440, hier 440, Nr. 5072, Instruction pour M[ilord] M[aréchal], August 1751. 192 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 H, f. 41, Keith an Friedrich II., Paris, 8.10.1751 und ebd., f. 90/91, Keith an Friedrich II., Paris, 15.11.1751. 193 Siehe ebd., Keith an Friedrich II., Paris, 3.12.1751. Der einzige Minister, der die Gegenstände seiner täglichen Arbeit nicht mit der Mätresse bespreche, sei der neue Staatssekretär des Äußeren, François Dominique de Barberie de Saint-Contest. Er stehe jedoch am Hof abseits, interessiere sich nur für sein Ressort, beteilige sich nicht an Intrigen und versuche nicht, seine Günstlinge mit lukrativen Ämtern zu versorgen.

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Madame de Pompadour trennen werde – obwohl er andere Liebschaften habe –, denn er habe es sich zur Gewohnheit gemacht, ihr alles zu erzählen und sie in allen geschäftlichen Belangen um Rat zu fragen194. Angesichts der Berichte Lordmarschall Keiths war es nur eine Frage der Zeit, bis Friedrich II. im Dezember 1752 einen neuerlichen Vorstoß wagte und seinen Vertreter in Versailles befragte, wie er die Mätresse für seine Interessen gewinnen könne195. Keith antwortete wie Chambrier zurückhaltend. Er zweifelte zwar nicht an den Einflussmöglichkeiten der Mätresse, jedoch war er der Meinung, dass man sie nicht durch Geschenke gewinnen könne: Sie nehme gern Geschenke entgegen, allerdings erhalte sie derart viele, dass sich daraus nicht zwangsläufig Verpflichtungen für sie ergäben. Geldsummen, so vermutete Keith, werde sie von Friedrich II. gar nicht erst annehmen. Das Risiko sei zu groß für sie, wenn sie sich offen parteiisch zeige196. Auf Keith folgte nach drei Jahren dessen ehemaliger Botschaftssekretär Dodo Heinrich Freiherr zu Inn- und Knyphausen, der seine erste Audienz als bevollmächtigter Minister Preußens am 17. Juni 1754 hatte und Friedrich II. bis zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Kronen im November 1756, einige Monate nach Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs, vertrat197. Der preußische König war zunächst sehr unzufrieden mit den Berichten, die er von Knyphausen aus Versailles erhielt. Sie schienen ihm oberflächlich und wenig informativ198. Besonderes Interesse zeigte Friedrich  II. weiterhin an Nachrichten über Madame de Pompadour: Kny(Siehe ebd., Nr. 25 J, f. 71, Keith an Friedrich II., Paris, 18.2.1752. Siehe auch PC, Bd. 9, 54 f., Nr. 5358.) 194 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 L, f. 59, Keith an Friedrich II., Paris, 12.2.1753: »Je doute cependant que le Roi rompe jamais l’habitude qu’il a prise de la consulter et de s’ouvrir envers elle sur toutes les affaires.« Siehe in ähnlicher Weise auch ebd., f. 182, Keith an Friedrich II., Paris, 28.5.1753 und ebd., Nr. 25 M, f. 11, Keith an Friedrich II., Paris, 9.7.1753. Nur zu Beginn des Jahres 1753 äußerte Keith einmal seine Zweifel an der Allmacht der Pompadour – immerhin halte sich Comte d’Argenson seit Jahren im Conseil, obgleich sie ihn als einen »gefährlichen Feind« betrachte und gezielt gegen ihn arbeite. Siehe ebd., Nr. 25 L, f. 59, Keith an Friedrich II., Paris 12.2.1753. (Siehe auch PC, Bd. 9, 351, Nr. 5786.) 195 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 K, f. 215, Friedrich II. an Keith, Dezember 1752. (Siehe auch PC, Bd. 9, 275, Nr. 5685.) 196 Siehe GStAPK, I. HA Rep. 96, Nr. 25 K, f. 246 f., Keith an Friedrich II., Paris, 18.12.1752. (Siehe auch PC, Bd. 9, 297 f., Nr. 5717.) 197 Siehe Repertorium, Bd. 2, 296. Zu Knyphausen (* 1729, † 1789) siehe auch den entsprechenden Artikel von Arnold Schaefer in der ADB, Bd. 16, 341–343. 198 Siehe beispielsweise GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 A, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 24.8.1754.

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phausen solle ihm unmissverständlich mitteilen, ob die Mätresse als »premier ministre«199 »direkt oder indirekt«200 nach ihrem Gutdünken die politischen Geschäfte in Frankreich leite. Knyphausen ließ in seiner Antwort keinen Zweifel daran, dass Madame de Pompadour sichtbaren Einfluss auch auf die Außenpolitik nehme und hielt es darüber hinaus nicht für ausgeschlossen, die Mätresse durch Schmeicheleien für Preußen zu gewinnen – zumal ihre Verbindung nach Großbritannien durch den Tod Albemarles und die Zunahme der Feindseligkeiten zwischen beiden Mächten zerbrochen sei201. Nach wie vor führe am Hof kein Weg an Madame de Pompadour vorbei: Im Conseil werde keine wichtige Entscheidung getroffen, ohne dass man die Mätresse im Voraus davon in Kenntnis gesetzt habe202. Knyphausen war überzeugt: Madame de Pompadour konnte Einfluss auf die auswärtigen Beziehungen nehmen. Ob es dem preußischen Gesandten gelingen würde, Madame de Pompadour zu gewinnen und aus ihrer Gunst einen Vorteil für die eigene Sache zu ziehen, sollte sich zu Beginn des Jahres 1756 zeigen. Im Januar dieses Jahres schloss Friedrich II. mit Großbritannien die Westminsterkonvention ab, die eine deutliche Verschlechterung in den ohnehin von Misstrauen geprägten preußisch-französischen Beziehungen zur Folge hatte. Im Vertrag von Westminster gestanden sich die preußische und die britische Krone gegenseitige Garantien zu, sich einem Einmarsch fremder Mächte in das Kurfürstentum Hannover zu widersetzen. Am französischen Hof wurde die Bekanntgabe dieser neuen Allianz mit großem Erstaunen und Verärgerung über den als Verrat verstandenen Schritt des preußischen Bündnispartners wahrgenommen. Die Stimmung am französischen Hof gegenüber Preußen war denkbar schlecht, und Friedrich II. war sich dessen bewusst: Abhilfe schaffen sollte nach seinem Willen Madame de Pompadour. Bereits eine Woche nach Unterzeichnung des Vertrags, aber noch einige Tage vor dessen Bekanntgabe am französischen Hof, bat Friedrich  II. seinen Gesandten 199 Ebd., Nr. 26 C, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 8.11.1755: »[M] arquez-moi à présent de manière, que je sache où j’en suis, si elle fait effectivement à l’heure qu’il est le premier Ministre et influe dans les affaires étrangères […].« 200 Ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 1.11.1755 (»soit directement soit indirectement«). 201 Im Spätsommer des Jahres 1755 berichtete Knyphausen, dass Madame de Pompadour ihre frühere Vorliebe für England aufgegeben habe und in Folge der vermehrten militärischen Übergriffe der Briten in Nordamerika sehr verärgert sei, wenngleich sie den Ausbruch eines Krieges weiterhin zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern versuche. Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 C, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Compiègne, 14.8.1755. 202 Siehe ebd., Nr. 26 D, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 29.8.1755 und ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 17.11.1755.

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Knyphausen erstmals ausdrücklich darum, bei der Mätresse vorstellig zu werden: Der französische Vertreter am preußischen Hof, Louis-Jules ManciniMazarini, duc de Nivernais, ein Vertrauter Madame de Pompadours (der ihr nicht nur Knyphausen zufolge auch seine Ernennung verdankte), habe bereits wiederholte Male im Gespräch mit ihm Grüße von Madame de Pompadour überbracht. Es scheine ihm daher an der Zeit, so Friedrich II., dass Knyphausen im Namen seines Herrn der Mätresse einen Besuch abstatte und ihr ein Kompliment »der gewandtesten Art« ausrichte203, das »vieles von der Bitterkeit, die sich vielleicht noch in den Herzen der Minister hält, [aus dem Weg räumen] und die lebhaften Eindrücke beruhigen«204 solle. Madame de Pompadour sollte gezielt eingesetzt werden – zur Korrektur der bereits vollzogenen politischen Schritte und zur Verbesserung der allgemein preußenfeindlichen Grundhaltung des Ministeriums. Friedrich II. nannte den Besuch Knyphausens bei Madame de Pompadour in der derzeitigen Situation »eine sehr notwendige Sache für meinen Dienst«205 und bat seinen Gesandten mehrmals und mit Nachdruck darum, er möge ein solches Treffen in die Wege leiten206. Knyphausen bestärkte seinen Herrn in dessen Vorgehen: Wenn Friedrich II. dem Misstrauen der französischen Krone etwas entgegensetzen wolle, könne er »keinen sicheren, diskreteren Weg [finden], der auch dem französischen König angenehmer« sei207. Madame de Pompadour stehe höher in der Gunst als eh und je. Gerade erst habe der König sie zur Dame du palais der Königin ernannt, so dass sie nun endlich ein Hofamt bekleide, wodurch ihrer Stellung das Erniedrigende genommen sei, das ihr zuvor innegewohnt habe208. Jede Ehre, 203 Siehe ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Berlin, 24.1.1756. »PS. Le Duc de Nivernais m’ayant beaucoup parlé de Mme de Pompadour, vous devez prendre l’occasion de lui faire la visite pour lui dire par un compliment de mieux tourné, combien j’avais été sensible à tout ce que le susdit Duc m’avait accusé de ses sentiments à mon égard.« 204 Ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 3.2.1756. »[C]ela aplanira beaucoup d’aigreur qui tient peut-être encore au cœur des ministres et calmera les impressions vives qu’ils ont prises à mon sujet.« 205 Ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 10.2.1756. »Je vous recommande encore comme une chose très nécessaire pour mon service dans ces occurences de bien flatter Madame de Pompadour, afin de vous la rendre favorable […].« 206 Siehe ebd.; siehe auch ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 28.2.1756. 207 Ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 22.2.1756: »Il est certain même que, dans la vue qu’a Votre Majesté de vouloir désabuser le Roi de France sur les soupçons qu’on peut avoir cherché à lui inspirer relativement à Sa convention de neutralité, Elle ne saurait trouver une voie plus sûre, plus discrète, ni qui soit plus agréable à ce Prince, pour exécuter un pareil dessein.« 208 Siehe ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 13.2.1756. Friedrich II. zeigte sich sehr überrascht über die Ernennung der Pompadour zur Palastdame und die ihm wohl erstmalig in diesem Zusammenhang hinterbrachte Nachricht von der platonischen

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die man ihr erweise, werde den erwünschten Eindruck auf Ludwig XV. machen und ihn Friedrich II. wohlgesonnen stimmen. Knyphausen bat also den Vertrauten der Marquise, den Maréchal de BelleIsle, ihm ihre Erlaubnis für ein Gespräch unter vier Augen einzuholen209. Er zeigte sich zuversichtlich, dass er vorgelassen werde, obwohl ein solches Treffen, wie er gegenüber Friedrich II. unterstrich, keineswegs den Gepflogenheiten entsprach: »Die Mätresse hat nicht die Gewohnheit, die auswärtigen Vertreter unter vier Augen zu sprechen, sondern sie gehen gemeinsam zu ihr, an dem Tag, an dem der König sie in Versailles empfängt.«210 In der Tat schien Madame de Pompadour das gewünschte Treffen zunächst hinauszuzögern211. Schließlich sagte sie es ab. Knyphausen berichtete nach Hause: »Madame de Pompadour hat mir mitteilen lassen […], dass ich wohl wisse, dass sie keineswegs die Gewohnheit habe, die auswärtigen Minister unter vier Augen zu sehen und dass sie, so sehr sie auch bereit sei, zu Gunsten des Gesandten des Königs von Preußen alle Arten von Ausnahmen von dieser Regel zu gewähren, diese Etikette doch nicht aufgeben könne, da dies unweigerlich Folgen für die anderen [auswärtigen Gesandten] nach sich ziehen werde […].«212

Beziehung zwischen Pompadour und Ludwig XV. Siehe ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 24.2.1756. 209 Siehe ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 20.2.1756. 210 Ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Paris, 27.2.1756, PS. »Sire. Je n’ai point pu obtenir encore de Madame de Pompadour l’entretien que je lui ai fait demander par Mr le Maréchal de Belle-Isle, mais j’ai eu soin de la faire prévenir par lui de tout ce que je suis chargé de lui dire et je sais qu’elle y a été extrêmement sensible. En attendant je crois devoir observer, afin d’aller au devant des soupçons que ce retardement pourrait inspirer à V[otre] M[ajesté], que Mme de Pompadour n’a pas coutume de voir en particulier les Ministres étrangers; mais qu’ils y vont en corps, le jour que le Roi les reçoit à Versailles. Je suis persuadé cependant, qu’elle ne fera nulle difficulté à cet égard et je crois qu’elle me fera avertir incessamment.« 211 Siehe auch ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 1.3.1756 und ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 6.3.1756. 212 Ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 15.3.1756. »Mme Pompadour m’a fait dire […], que je savais bien qu’elle n’avait point coutume de voir les Ministres étrangers en particulier, et que, quelque portée qu’elle fut, de faire en faveur du Ministre du Roi de Prusse toutes sortes d’exceptions à cet égard, elle ne saurait cependant point se départir de cette étiquette, vu que cela tirerait infailliblement à conséquence pour les autres […].« Schon zuvor hatte Knyphausen vorgeschlagen, dass Friedrich II. der Marquise auch selbst einen Brief schreiben könne. Das jedoch lehnte Friedrich II. mit Hinweis auf den enormen Rangunterschied als »zu grobschlächtig« ab. (Siehe ebd., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 22.2.1756 und ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 2.3.1756.)

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Die Marquise de Pompadour widersetzte sich mit ihrer Absage nicht nur den preußischen Plänen, sie zur Verbesserung der Beziehungen und zur Entspannung der allgemeinen Lage zu instrumentalisieren. Sie machte auch keinen Hehl mehr aus ihrer Abneigung gegen Friedrich II., wie Knyphausen den König wissen ließ213. Ludwig XV. und ihr seien Berichte hinterbracht worden, nach denen sich Friedrich II. abfällig über die Zustände am französischen Hof und die chaotische Regierung des Königreichs geäußert haben solle. Diese Bemerkungen, so Knyphausen, hätten das Misstrauen, die Verbitterung und die Unzufriedenheit Ludwigs XV. und seiner Vertrauten vermehrt214. In der Tat hatte Friedrich II. zu keiner Zeit – und schon gar nicht im Sommer 1756 – verborgen, dass ihn die Verhältnisse am französischen Hof und vor allem die Stellung der königlichen Mätresse mehr als befremdeten. Bereits in seinem »Politischen Testament« aus dem Jahr 1752 hatte Friedrich II. im Rahmen der Abhandlung »Über die äußere Politik« Frankreich als starken Bündnispartner Preußens, zugleich aber als sprunghafte, schlecht geführte Macht in Europa beschrieben und Ludwig XV. als »schwachen Fürsten« bezeichnet, der die Macht an seine Minister und seine habgierige Mätresse abgetreten habe215. Die ablehnende und hochmütige Haltung Friedrichs II. vor allem gegenüber der Mätresse scheint, zumindest zum Teil, eine Reaktion auf die Unbestechlichkeit der Marquise gewesen zu sein. Denn nach den immer wieder ins Leere laufenden Vorstößen Friedrichs II., der auf die Bestechlichkeit der Madame de Pompadour hoffte und sich von seinen Gesandten eines Besseren belehren lassen musste, schwenkte Friedrich um und spottete über die französischen Verhältnisse, die er nicht für sich hatte nutzbar machen können: Ein Land, so verkündete Friedrich II. 1753 in einem Brief an seinen Gesandten, in dem die Gunst einer Frau die Politik (»affaires«) beeinflusse und Auswirkungen habe 213 Siehe ebd., Nr. 26 F, f. 21–23, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 2.7.1756: »[Madame de Pompadour] a toujours regardé Votre Majesté comme un prince extrêmement hardi et entreprenant et qu’elle a redouté à différents égards, non seulement comme pouvant entraîner le Roi dans des entreprises qui seraient contraires à ses vues personnelles, mais aussi comme pouvant par les seuls exemples qu’Elle donne à ce prince, et l’émulation que Sa conduite est capable d’inspirer, le tirer de l’état d’indolence et d’inaction dans lequel on cherche à l’entretenir. Elle n’a donc jamais été portée pour Votre Majesté en aucune occasion. Les Ministres d’Angleterre et d’Autriche ont de tout temps été ceux qu’elle a le plus favorisés, […].« 214 Siehe ebd., Nr. 26 E, f. 255 f., Knyphausen an Friedrich II., Paris, 21.6.1756. Siehe das Kapitel »Friedrichs Urteil über die Marquise de Pompadour« in: Knoll, Gerhard (Hrsg.), Friedrich II. König von Preußen. Totengespräch zwischen Madame de Pompadour und der Jungfrau Maria, Berlin 22000, 35 ff. 215 Siehe Dietrich, Die politischen Testamente, 337. (Französisches Original 336.)

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auf die Art, wie dort über Angelegenheiten von ausschlaggebender Bedeutung gedacht werde, sei zu bedauern216. Nachdem Frankreich und Preußen mit der Umkehrung der Bündnisse und dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 auch formal zu Gegnern geworden waren, ließ Friedrich II. seiner Häme noch freieren Lauf als zuvor und verarbeitete sie in gleich zwei literarischen Schriften. Im Jahr 1758 verfasste er einen fiktiven Brief Madame de Pompadours an die Kaiserin Maria Theresia, den »Lettre de la marquise de Pompadour à la Reine de Hongrie«217. Er wies seinen Vertreter in Den Haag an, dieses Schriftstück geheim und anonym drucken zu lassen218 und anschließend für seine Verbreitung in Frankreich zu sorgen. Auch Madame de Pompadour selbst solle ein Exemplar zukommen219. Zudem wies er den Gesandten an, den Brief auch ins Deutsche übersetzen und im Heiligen Römischen Reich verbreiten zu lassen220. 1773 und damit neun Jahre nach Pompadours Tod entstand der »Dialogue des morts entre Madame de Pompadour et la Vierge Marie«, ein fiktives Totengespräch zwischen Madame de Pompadour und der Jungfrau Maria an der Himmelspforte221. In ihm ließ Friedrich II. Madame de Pompadour als anmaßende und gotteslästerliche Person erscheinen, die sich ihrer vergangenen Taten brüstete: »Ich für mein Teil bin viel wirklicher Königin von Frankreich gewesen als Ihr Himmelskönigin. […] Zu meiner Zeit habe ich Minister berufen und gestürzt, Gesandte und Marschälle ernannt, nach eigenem Gutdünken über Krieg und Frieden entschieden.«222 Zugleich scheute sie nicht davor zurück, sich selbst als »die Hure eines großen Königs«223 zu bezeichnen. Im Juni 1756 wurde den ausländischen Vertretern in Versailles der Abschluss des Ersten Versailler Vertrags bekannt gegeben, der am 1. Mai von den 216 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 L, f. 153, Friedrich II. an Keith, Breslau, 5.5.1753. »[U]n pays est bien à plaindre où le crédit baissant ou montant d’une femme peut influer dans les affaires et opérer du changement dans la façon de penser sur des choses de grandes conséquences.« 217 Herausgegeben als »Lettre de la marquise de Pompadour à la Reine de Hongrie«, in: Preuss, Œuvres de Frédéric le Grand, Bd. 15, 84–87. 218 Siehe beispielsweise PC, Bd. 18, 58 f., Nr. 10705, Friedrich II. an von der Hellen, Breslau, 2.2.1759. Hier gibt sich Friedrich II. jedoch nicht selbst als Verfasser zu erkennen. 219 Siehe ebd., 109, Nr. 10775, Friedrich II. an von der Hellen, Breslau, 13.3.1759. 220 Siehe ebd., 396, Nr. 11192, Friedrich II. an von der Hellen, Schmottseifen, 12.7.1759. 221 Diese Schrift ist ediert: Knoll, Totengespräch. 222 Ebd., 23. (Französisches Original 17: »Pour moi, j’ai été plus réellement reine de France, que vous reine du ciel. […] De mon temps, je faisais et défaisais les ministres, je nommais les ambassadeurs et les maréchaux; je décidais de la paix et de la guerre à mon fantaisie.«) 223 Ebd., 21. (Französisches Original 16: »catin […] d’un grand roi.«)

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Vertretern Österreichs und Frankreichs unterzeichnet worden war. Der Vertrag war im Verborgenen ausgehandelt worden. Knyphausen waren die geheimen Verhandlungen dennoch nicht entgangen, und er hatte schon einige Monate vor Vertragsabschluss gemutmaßt, dass eine Annäherung zwischen beiden Mächten im Gange sei. Nach der Vertragsunterzeichnung stellte sich die Lage für den preußischen Gesandten Knyphausen zunehmend schwierig dar. Er berichtete, dass alle einflussreichen Personen am Hof sich ihm gegenüber zurückhaltend zeigten und Begegnungen und Gesprächen mit ihm aus dem Weg zu gehen schienen. Daher falle es ihm immer schwerer, und er müsse »viele Mühen und Abscheu überwinden«224, um an die Informationen zu gelangen, die er Friedrich II. zukommen zu lassen verpflichtet sei. Der Einfall Preußens in Sachsen im Sommer desselben Jahres ging wiederum in Frankreich, das zuletzt seit der Eheschließung des Dauphin mit der sächsischen Prinzessin Maria Josepha über gute Beziehungen zum Dresdener Hof verfügte, mit einem Sturm der Entrüstung einher. Am 30. Oktober 1756 erhielt Knyphausen von Friedrich II. die Anweisung, Frankreich zu verlassen, ohne eine »audience de congé« beim König zu nehmen225. Mit seiner Ausreise brachen die diplomatischen Beziehungen zwischen Preußen und Frankreich ab und wurden erst 1769 wieder formal aufgenommen. Friedrich II. verlor mit Knyphausen seinen wichtigsten Informanten am französischen Hof, den er in der Folge durch die verstärkte Nutzung anderer Kanäle zu ersetzen suchte. Dabei zeigte sich auch während der Jahre des Kriegs, dass Friedrich  II. vor allem auf eine Strategie setzte: Er versuchte, Madame de Pompadour in seinem Sinne zu instrumentalisieren und wurde nicht müde, zur Erreichung dieses Ziels vor allem auf materielle Anreize zu setzen. Friedrich II. hatte stets besonderes Interesse an der finanziellen Situation des Königreichs Frankreich im Allgemeinen und im Besonderen an der Rolle Madame de Pompadours in diesem System bekundet. Aus Chambriers Berichten war ihm die desolate Misswirtschaft im Königreich bekannt. Zwar fehle es nicht an Geld, jedoch werde das vorhandene Geld schlecht verwaltet, so schrieb der Gesandte: Ludwig XV. wende Unmengen Geldes für seine Hofhaltung auf, die um ein Vielfaches kostspieliger sei als die seines Urgroßvaters, Ludwigs XIV. So überstie-

224 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 F, f. 23, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 2.7.1756: »[C]’est en essuyant beaucoup de dégoûts et de peines que je viens à me procurer les notions dont j’ai besoin pour informer Votre Majesté, de ce qui me paraît digne de son attention, et de sa curiosité.« 225 Siehe ebd., f. 333, Friedrich II. an Knyphausen, ohne Ort, 30.10.1756.

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gen die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen226. Auch Knyphausen berichtete Ende 1751 von katastrophalen Zuständen: Die bis zum Ende des Jahres 1752 erwarteten Einnahmen seien bereits verplant, man schulde den Gens de livrée und verschiedenen Officiers de la Cour die Löhne der vergangenen 18 Monate. Es gebe Missstände und Missbrauch an allen Ecken und Enden, denen mit entsprechenden Maßnahmen zweifelsohne beizukommen wäre. Diese Maßnahmen aber würden nicht umgesetzt. In der Öffentlichkeit werde Madame de Pompadour für die Finanzmisere verantwortlich gemacht: Zwar habe sie tatsächlich einen Hang zu Luxus und Verschwendung, jedoch seien ihre Ausgaben keineswegs der Hauptgrund für die leeren Kassen227. Die Marquise erhielt von Ludwig XV. eine monatliche Pension, die im ersten Jahr 2400 livres betrug und bis 1749 auf bis zu 30.000 livres stieg, bevor sie sich auf etwa 4000 livres pro Monat einpendelte228. Dazu kamen in den Jahren bis 1750 größere Geldgeschenke des Königs im Wert von bis zu 50.000 livres, einzelne Schlösser und Schmuckgegenstände. Bedeutende Einnahmen hatte Madame de Pompadour darüber hinaus aus Spielgewinnen und dem Verkauf ihrer Schmuckstücke229. In ihre Ehe mit Charles-Guillaume Le Normant d’Étiolles hatte sie Güter in geschätzter Höhe von 120.000 livres eingebracht, darunter ein Haus in der Rue Saint-Marc im Wert von 90.000 livres mit jährlichen Mieteinnahmen von 3.000 livres230. Madame de Pompadour war demnach ausgesprochen wohlhabend und nicht auf Geschenke angewie226 Aussagen dazu siehe ebd., Nr. 24 B, f. 120 f., Chambrier an Friedrich II., Paris, 9.9.1748; ebd., f. 181 f., Chambrier an Friedrich II., Paris, 28.10.1748; ebd., f. 200, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 9.11.1748; siehe auch ebd., Nr. 24 D, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 29.9.1749; ebd., Nr. 24 E, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 2.2.1750; ebd., Nr. 24 F, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Fontainebleau, 29.10.1750 und 23.11.1750 und ebd., Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 10.11.1750 und 5.12.1750. Siehe auch ebd., Nr. 24 G, f. 61, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 20.2.1751 und ebd., f. 68, Chambrier an Friedrich II., Potsdam, 27.2.1751 sowie ebd., f. 82, Chambrier an Friedrich II., Paris, 12.3.1751. 227 Siehe ebd., Nr. 25 H, f. 48, Keith an Friedrich II., Paris, 15.10.1751; ebd., f. 110 ff., Keith an Friedrich II., Paris, 26.11.1751 und ebd., Nr. 25 J, f. 188, Keith an Friedrich II., Paris, 1.5.1752. 228 Siehe Bibliothèque municipale de Versailles, Manuscrits, Panthéon versaillais, G 256 (Relevé des dépenses de Madame de Pompadour depuis la première année de sa faveur jusqu’à sa mort). 229 Eine Aufstellung ihrer Ausgaben findet sich in: Le Roi, Joseph Adrien, État des dépenses faites pendant le règne de Madame la marquise de Pompadour à commencer le 9 septembre 1745 jusqu’au 15 avril 1764, in: Mémoires des sciences morales des lettres et des arts de Seine-et-Oise 3 (1853), 113–152. 230 Die übrigen 30.000 livres entfielen auf Schmuck und Aussteuer. Siehe Grouchy, Contrat de mariage, 51.

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sen. Ihr Verhältnis zu Geld ließ Friedrich II. dennoch keine Ruhe. Er sah in ihm einen entscheidenden Faktor. So konnte er sich auch die augenscheinliche Verbundenheit der Mätresse mit England nur mit materiellen Interessen ihrerseits erklären. Sein Gesandter Keith hatte ihm 1753 berichtet, dass Madame de Pompadour große Summen Geldes dort angelegt habe und aus diesem Grunde einen neuerlichen Krieg zwischen beiden Mächte verhindern wolle. Außerdem böte ihr nur die Friedenszeit die Gelegenheit, sich weiter zu bereichern231. Friedrich II. scheint daraufhin die Marquise für empfänglich für finanzielle Angebote gehalten zu haben. Knyphausen jedoch merkte einige Zeit später an, dass Madame de Pompadour ihr Vermögen entgegen anders lautender Stimmen nicht in England angelegt habe – dass sie für den Frieden mit England eingetreten sei, habe nichts mit vermuteten finanziellen Interessen ihrerseits zu tun232. Friedrich II. schenkte Knyphausen keinen Glauben: Die pro-britische Stimmung Madame de Pompadours müsse finanzielle Gründe haben233. Der Mätresse selbst scheinen diese Unterstellungen zu Ohren gekommen zu sein, und sie verwahrte sich in einem Brief an ihren Vertrauten, den französischen Gesandten in Berlin, den Duc de Nivernais, ausdrücklich gegen sie234. Friedrich II. war überzeugt, dass finanzielle Anreize ihn im Falle Madame de Pompadours weiterbringen würden. Sein offensives Vorgehen brachte jedoch vor allem eines sehr klar zum Vorschein: Madame de Pompadour war nicht bestechlich235. Dennoch änderte er seine Strategie nicht. Auch während 231 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 L, f. 182, Keith an Friedrich II., Paris, 28.5.1753: »L’attachement de la Marquise pour l’Angleterre est supposé venir en partie des sommes qu’on est persuadé qu’elle a fait passer en Angleterre pour les y mettre à couvert, et en partie par le désir qu’elle a d’entretenir la paix, qui est son ouvrage, et dont elle profite, pour avoir toujours le Roi avec elle, et pour s’enrichir.« 232 Siehe ebd., Nr. 26 B, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 24.1.1755 und ebd., Nr. 26 C, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 17.11.1755. 233 Siehe ebd., Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 18.11.1755 und 2.12.1755 sowie PC, Bd. 10, 476, Nr. 6530, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 23.11.1754. 234 Bibliothèque municipale de Versailles, Manuscrits, Panthéon versaillais, Nr. 16, Pompadour an Nivernais, Paris, 1755. 235 Zu Friedrichs Verhältnis zu Geld als Anreiz für gute Leistungen und seiner Gewohnheit, einflussreiche Personen durch Geld zu gewinnen zu suchen, siehe den entsprechenden Absatz in Dietrich, Die politischen Testamente, 317/319: »Strafen und Belohnungen. Zwei Haupttriebfedern regieren die Menschen: die Furcht vor Strafe und die Hoffnung auf Belohnungen. […] [M]an ermuntert und ermutigt sie zu lobenswerten Handlungen durch verlockende Köder.« (Französisches Original siehe 316/318.) – Siehe dazu auch Cotoni, Marie-Hélène (Hrsg.), Correspondance de Frédéric II avec LouiseDorothée de Saxe-Gotha (1740–1767), Oxford 1999, 42 f.

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des Siebenjährige Kriegs suchte er weiterhin den Kontakt zu ihr, und weiterhin glaubte er, sie sei durch Geld und sonstige Verlockungen zu gewinnen. Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen war er stets auf der Suche nach alternativen Zugängen zum französischen Hof und fand sie unter anderem in Gestalt seiner Schwester, Wilhelmine Friederike Sophie Markgräfin von Bayreuth236. Im Sommer 1757, ein Jahr nach dem Einfall preußischer Truppen in Sachsen, stellte sich die militärische und politische Lage für den preußischen König alles andere als günstig dar: Zwar hatten seine Truppen seit Mai dieses Jahres die Stadt Prag belagert und auf die baldige Aufgabe der Stadt durch die Truppen Maria Theresias gehofft. Nachdem Friedrich II. jedoch in der Schlacht von Kolin am 18. Juni 1757 eine herbe Niederlage hatte einstecken müssen, sah er sich gezwungen, die Belagerung Prags aufzugeben und sich nach Sachsen zurückzuziehen. Noch in diesen Tagen offenbarte Friedrich II. seiner Schwester Wilhelmine seinen Wunsch nach Verhandlungen mit der französischen Krone, bei deren Vorbereitung ihm Wilhelmine behilflich sein solle237. Wilhelmine unterhielt unter anderen einen Briefwechsel mit Voltaire238, mit Kardinal de

236 Friederike Sophie Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth (* 1709, † 1758). Die sehr persönlichen Briefe Friedrichs II. an Wilhelmine (und einzelne ihrer Briefe an ihn) sind herausgegeben als Teil der gesammelten Werke Friedrichs des Großen: Preuss, Œuvres de Frédéric le Grand, Bd. 27/1: Correspondance de Frédéric II Roi de Prusse, Bd. 12/1, 1–323 (Correspondance de Frédéric II avec la Margrave de Baireuth, 1.11.1730 bis 12.10.1758). Teile des Briefwechsels im französischen Original finden sich auch in der Politischen Correspondenz. Der vollständige Briefwechsel ist außerdem ins Deutsche übersetzt und in zwei Bänden herausgegeben von Volz, Friedrich und Wilhelmine. (Die daraus verwendeten Übersetzungen sind zum Teil von d. Verf. überarbeitet worden.) – Zum Briefwechsel der beiden siehe aus jüngerer Zeit auch Heckmann-Janz, Kirsten (Hrsg.), »... solange wir zu zweit sind.« Friedrich der Große und Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth in Briefen, München 2003. Neu herausgegeben und übersetzt sind auch Wilhelmines Memoiren durch Berger, Günter (Hrsg.), Die Memoiren der Wilhelmine von Bayreuth, Bayreuth 2007. Über Wilhelmines Vermittlerrolle in den Jahren 1757 und 1758 schreibt Cotoni, Correspondance, 30 ff. (»La quête de la paix«). Zu den preußischen Versuchen (über Wilhelmine und den Grafen zu Wied), Gespräche mit Frankreich aufzunehmen, siehe auch Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 5, 271 ff. 237 Siehe Preuss, Œuvres de Frédéric le Grand, Bd. 27/1, 331 f., Nr. 320, Friedrich II. an Wilhelmine, Leitmeritz, 28.6.1757. (Deutsche Übersetzung: Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 355, Nr. 484.) 238 Siehe die zahlreichen Hinweise darauf im Briefwechsel zwischen Friedrich II. und Wilhelmine.

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Tencin239, und sie war persönlich bekannt mit dem französischen Militärbefehlshaber Maréchal de Belle-Isle, der seit Mai 1756 als Staatsminister dem Conseil Ludwigs XV. angehörte, seitdem sie ihn einige Jahre zuvor, während des Österreichischen Erbfolgekriegs, an ihrem Hof empfangen hatte240. Außerdem stand sie in Kontakt zu Chevalier Hubert de Folard241, dem französischen Gesandten in München, der zunächst dieselbe Funktion am Fränkischen Reichskreis und am Immerwährenden Reichstag in Regensburg wahrgenommen hatte und den Wilhelmine noch aus seiner Zeit beim Fränkischen Kreis 1746 bis 1749 kannte. Zunächst versuchte Wilhelmine im Sommer 1757, über Folard Kontakt zu Belle-Isle aufzunehmen und ihm die Bereitschaft Friedrichs zu Verhandlungen zu signalisieren, worum jener sie gebeten hatte242. Schnell änderte jedoch Wilhelmine ihren Plan und schlug ihrem Bruder vor, man solle den Anlauf über Madame de Pompadour wagen243. Sie, Wilhelmine, werde einen ihrer Vertrauten, den bayreuthischen Oberkammerherr, Ludwig Alexander Chevalier Mirabeau de Riquetti244, nach Versailles senden. Mirabeau verfüge über verwandtschaftliche Beziehungen zu Abbé de Bernis, dem französischen Staatssekretär des Äußeren und Günstling der Pompadour245. Außerdem sei

239 Wilhelmine hatte Kardinal de Tencin bei einem Lyon-Aufenthalt persönlich kennen gelernt: siehe Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 281, Nr. 389, Wilhelmine an Friedrich II., Lyon, 9.11.1754. Es scheint, als habe sie Ende des Jahres 1757, auf Anraten Voltaires hin, auch den Kontakt zu ihm gesucht, um den Frieden zu vermitteln. Die entsprechenden Kontakte wurden indes auf Anordnung Ludwigs XV. bald darauf abgebrochen. Siehe ebd., 425, Nr. 564, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 18.3.1758, Anm. 2. 240 Siehe ebd., 40, Nr. 34, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 16.5.1741. 241 Hubert Chevalier de Folard (* 1709, † 1799), Ministre plénipotentiaire am Fränkischen Reichskreis 1746–1749, am Immerwährenden Reichstag 1749–1755, ab 1755 am kurbayerischen Hof. Siehe Balteau, Jules (Hrsg.), Dictionnaire de biographie française, bisher erschienen: 20 Bde., Paris 1933–2003, hier Bd. 14, Sp. 227–228. 242 Siehe PC, Bd. 15, 187, Nr. 9128, Friedrich II. an Wilhelmine, Melnik, 25.6.1757 (deutsche Übersetzung siehe Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 354 f., Nr. 483) und Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 356 f., Nr. 486, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 4.7.1757. 243 Siehe ebd., 365, Nr. 495, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 20.7.1757; ebd., 370, Nr. 503, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 13.8.1757 und ebd., 370 f., Nr. 504, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 18.8.1757. 244 Zu Ludwig Alexander Chevalier Mirabeau de Riquetti, Oberkammherr am Hof in Bayreuth, siehe ebd., 357, Anm. 1. 245 Bernis schildert die Versuche Wilhelmines, für ihren Bruder Friedrich II. den Frieden mit Frankreich zu erreichen, in seinen Memoiren: Siehe Bernis (Masson), Mémoires,

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er »ein Vetter von Rouillé und ein Freund des Herrn von Vaudière (sic)«246 und habe »mehrere mächtige Freunde«247. In Paris solle Mirabeau in Wilhelmines Namen Verhandlungen mit Madame de Pompadour anknüpfen. Wilhelmine war überzeugt: Die Mätresse und ihre Abneigung gegen Friedrich II. seien die alleinige Ursache dafür, dass man in Frankreich so schlecht über den preußischen König denke248. Friedrich II. ging ohne zu zögern auf das Angebot seiner Schwester ein und bekundete wiederum seinen Willen, die Marquise mit Geld gewinnen zu wollen: »[I]ch bitte Sie, Mirabeau nach Frankreich zu schicken. Die Unkosten trage ich; er kann der Favoritin bis zu 500.000 Franken für den Frieden bieten und in seinen Angeboten noch viel weiter gehen, wenn man sie zugleich dazu bringt, uns einige Vorteile zu verschaffen.«249

Wilhelmine bestätigte am 20. Juli 1757 den Eingang des Geldes und schickte Mirabeau auf den Weg nach Paris250. Wenig später konnte sie ihrem Bruder berichten, dass sie Nachricht von Mirabeau erhalten habe, der bereits in Versailles eingetroffen sei und erste Kontakte zu einer engen Freundin der Madame de Pompadour, der Madame de Mirepoix, habe knüpfen können. Nach einigem Warten erhielt Mirabeau zwar keinen Empfang bei Madame de Pompadour, aber die Gelegenheit zum Gespräch mit Außenstaatssekretär Bernis251, der jedoch mitteilen ließ, dass er nur auf formalem Wege – und nicht über Wilhelmine – zu Verhandlungen bereit sei252. Wilhelmine riet ihrem Bruder eindringlich, er solle selbst jemanden nach Frankreich schicken, der in seinem Namen verhandle, denn unter ihrem Namen führe es augenscheinBd. 1, 399 ff. (Kapitel XXXVII: Négociations du Duc de Cumberland avec le Maréchal de Richelieu, du Roi de Prusse avec ledit Maréchal, et de la Margrave de Bareith [sic]). 246 Hier meint Wilhelmine wahrscheinlich den Bruder der Marquise de Pompadour, Abel François Poisson, seigneur de Vandières, seit 1754 marquis de Marigny. 247 Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 360, Nr. 491, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 11.7.1757. 248 Ebd., 357, Nr. 486, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 4.7.1757. 249 Ebd., 358 f., Nr. 489, Friedrich II. an Wilhelmine, Leitmeritz, 7.7.1757. (Französisches Original siehe Preuss, Œuvres de Frédéric le Grand, Bd. 27/1, 334 f., Nr. 323 und PC, Bd. 15, 218, Nr. 9167: »[ J]e vous supplie de vouloir envoyer ce M. de Mirabeau en France. Je me chargerai volontiers de sa dépense; il pourra offrir à la favorite jusqu’à 500.000 écus pour la paix, et il pourrait pousser ses offres beaucoup au delà, si, en même temps, on pouvait l’engager à nous procurer quelques avantages.«) 250 Siehe Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 365, Nr. 495, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 20.7.1757. 251 Siehe ebd., 383, Nr. 513, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 21.9.1757. 252 Ebd., 392, Nr. 522, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, Anfang Oktober 1757.

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lich zu keinem Erfolg253. Selbst einen beglaubigten Unterhändler nach Paris zu schicken, lehnte Friedrich II. jedoch ab. Das sei »unmöglich.« Schließlich habe man seinen Gesandten Knyphausen ausgewiesen und auch Valory, den französischen Vertreter, aus Potsdam abberufen254. Ein Versuch ohne die Gefahr eines Gesichtsverlustes war Friedrich II. offensichtlich nur über den Kanal Wilhelmine-Madame de Pompadour möglich. Dieser Versuch jedoch scheiterte: Mirabeau erhielt keine Gelegenheit zum Gespräch mit Madame de Pompadour, und er kehrte nach Bayreuth zurück, wo Wilhelmine im Oktober 1758 verstarb. Mit ihrem Tod verlor Friedrich II. eine wichtige Informantin und Helferin in diplomatisch heiklen Situationen255. Friedrich II. hatte wieder einmal bei Madame de Pompadour keinen Erfolg gehabt. Die Versuche, mit Hilfe Wilhelmines in Verhandlungen mit dem französischen Hof zu treten, waren gescheitert. Nicht mehr Glück hatte Friedrich II. im nächsten Anlauf, als er der Mätresse des Königs im selben Jahr dieselbe Gefälligkeit – das Einleiten von Friedensverhandlungen, die Preußen vor einer Fortführung des verlustreichen Krieges bewahren sollten – wiederum mit einem materiellen Anreiz schmackhaft zu machen suchte: Friedrich II. bot Madame de Pompadour als Lohn für ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit die Herrschaft über das Fürstentum Neuchâtel an256. Die Idee stammte nicht von Friedrich II. selbst. Sie wurde ihm von Graf Alexander zu Wied-Neuwied257 angetragen. Der Graf zu Wied-Neuwied, der 253 Siehe ebd., 393, Nr. 523, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, Anfang Oktober 1757 und ebd., 395, Nr. 526, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 9.10.1757. 254 Siehe PC, Bd. 15, 415 f., Nr. 9411, Friedrich II. an Wilhelmine, Eckartsberga, 12.10.1757. (Deutsche Übersetzung siehe Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 396, Nr. 527.) 255 An die Stelle Wilhelmines trat Luise Dorothea Herzogin von Sachsen-Gotha und Altenburg (siehe den entsprechenden Artikel von Schumann in der ADB, Bd. 19, 625– 629.) Mit Luise Dorothea stand Friedrich II. seit 1756 in Briefkontakt. Der gesamte Briefwechsel ist ediert von Cotoni, Correspondance. Die Originale der Briefe finden sich im Thüringischen Staatsarchiv in Gotha und im GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 111 N. – Anfang des Jahres 1760 wagte Friedrich II. mit Hilfe Luise Dorotheas einen neuerlichen Vorstoß zu Friedensverhandlungen mit Frankreich, der über den dortigen Außenstaatssekretär Choiseul laufen sollte. Auch dieser Vorstoß brachte jedoch kein Ergebnis. Siehe Cotoni, Correspondance, 35. 256 Siehe Pasquier, Armand du, La marquise de Pompadour et Neuchâtel, in: Musée neuchâtelois. Organe de la société d’Histoire du canton de Neuchâtel, Nouvelle série 4 (1917), 7–24. 257 Zu Johann Friedrich Alexander Graf zu Wied-Neuwied (* 1706, † 1791) siehe Krüger, Hans-Jürgen, Das fürstliche Haus Wied, Grafen zu Isenburg, Herren zu Runkel und Neuerburg (Deutsche Fürstenhäuser, 14), Werl 2005, 17 ff.

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1784 in den erblichen Fürstenstand erhoben wurde, herrschte über eine kleine Grafschaft am Mittelrhein zwischen Koblenz und Bonn und war bekannt für seinen Ehrgeiz und seinen Hang zum Abenteurertum258. Der Premier commis im französischen Auswärtigen Amt, François de Bussy, nannte ihn »eine der intrigantesten Persönlichkeiten im Reich«259. Vor allem aber war WiedNeuwied stets auf der Suche nach Finanzquellen, denn er brauchte Geld für seinen aufwändigen Herrschaftsstil, seine Armee und seine Gesandten an den verschiedenen Höfen im Reich und darüber hinaus260. Durch Vermittlertätigkeiten im Krieg hoffte Wied-Neuwied, finanzielle Vorteile für sich herausschlagen zu können. Bereits in den Jahren 1735 bis 1737 hatte er auf diesem Wege maßgeblichen Anteil an der Vermittlung des Wiener Friedens (zwischen Versailles und Wien) gehabt, der den Polnischen Erbfolgekrieg beendete261. Im Juli 1757 ergab sich eine neue Chance für ihn262: Als ein Korps französischer Truppen durch sein Territorium zog, empfing der Graf den in

258 Eine Charakterisierung Wied-Neuwieds durch den französischen Minister Belle-Isle von 1751 findet sich in AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f.  102, Belle-Isle an Puisieulx, Metz, 31.7.1751. Von französischer Seite hatte man ein Interesse an Wied-Neuwied, weil ein guter Kontakt zu ihm die Überquerung des Rheins auf dieser Höhe erleichterte. Baron von Seckendorf nannte den an Neuwied angrenzenden Westerwald »eine der interessantesten Gegenden für uns in Kriegszeiten.« AE, Corr. pol., Allemagne, vol. 598, f. 3, Seckendorf an Bernis, Frankfurt, 3.2.1757. 259 Ebd., vol. 64/65, f. 113, Bussy an Bernis, Versailles, 15.8.1757 (»[…] du Comte de Neuwied qui est un des plus intriguants personnages de l’Allemagne«). 260 So war Alexander auch nach der zu schildernden Episode bemüht, dauerhaft einen eigenen Vertreter am französischen Hof zu installieren. Siehe ebd., f. 8 und 10, WiedNeuwied an Choiseul, Neuwied, 31.1.1759 und 17.3.1759. Am französischen Hof hielt man eine solche Vertretung indes nicht für notwendig, wie man Wied-Neuwied deutlich zu machen versuchte. Siehe ebd., f. 9, Choiseul an Wied-Neuwied, Versailles, 16.1.1759. 261 Siehe zu dieser Episode sowie den Ereignissen von 1757/58 Palluat de Besset, R., Les princes de Wied-Neuwied, in: Le Correspondant 86/255, neue Serie 219 (1914), 331–359. In einem Schreiben an Cardinal de Bernis verweist Wied-Neuwied selbst auf seine Verdienste in den Verhandlungen von 1735 bis 1737: siehe AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 4, Wied-Neuwied an Bernis, Neuwied, 23.10.1758. 262 Siehe PC, Bd. 15, 255, Nr. 9212, Wied-Neuwied an Friedrich II., Neuwied, 4.7.1757 und ebd., Fischer an Wied-Neuwied, Andernach, 3.7.1757. Siehe zum Gesamthergang auch das nachträgliche Rechtfertigungsschreiben Wied-Neuwieds an den Wiener Hof: AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 15f., Facti species, Neuwied, März (?) 1759 sowie ebd., f. 24, Mémoire, Neuwied, 15.10.1759.

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französischen Diensten stehenden Oberst Jean-Chrétien Fischer263. Fischer gab vor, in Kontakt mit Belle-Isle zu stehen, und versicherte den Grafen der französischen Kriegsmüdigkeit: Wenn Preußen es wünsche, werde Frankreich umgehend auf ein Angebot zur Verhandlung eines Separatfriedens eingehen. Die Verhandlungen, so Fischer, könnten zwischen einem französischen und einem preußischen Vertreter auf dem Boden der Grafschaft Wied stattfinden. Diesen Vorschlag unterbreitete Graf zu Wied-Neuwied unverzüglich dem preußischen König Friedrich II. in einem Brief, den er ihm nach Böhmen senden ließ264. Friedrich II. zeigte sich nicht grundsätzlich abgeneigt, zögerte indes, einen bevollmächtigten Unterhändler nach Neuwied zu entsenden. Der Weg über Kriegsminister Belle-Isle, den der Offizier dem Grafen Wied-Neuwied nahegelegt hatte, erwies sich bald als aussichtslos. Ein in dieser Angelegenheit nach Versailles entsandter Agent kehrte ohne Ergebnisse zurück265. In Neuwied war jedoch in der Zwischenzeit ein Gesandter Friedrichs II. eingetroffen, Jean-Frédéric de Balby, Colonel du corps des ingénieurs266, mit dem Alexander gemeinsam einen neuen Plan entwickelte: Man beschloss, einen zweiten Versuch zu wagen, der nicht über Belle-Isle laufen, sondern sich der Vermittlerdienste der Madame de Pompadour bedienen solle267. WiedNeuwied wandte sich erneut an Friedrich II.: »Unser Plan ist, Sire, mit allen Mitteln zu versuchen, Madame de Pompadour zu gewinnen und sie zu Ihrem Nutzen einsetzen, so dass der König von Frankreich geneigt sein wird, sich mit Eurer Majestät zu verständigen.«268 263 Zu Fischer siehe Ribaucourt, Édouard de, La vie militaire et les exploits de J.-C. Fischer: Brigadier des Armées du Roy Louis XV, Fondateur et Commandant du Corps des Chasseurs (1743–1761), Chef du Service des Renseignements […], Paris 1928. 264 Siehe PC, Bd. 15, 255, Nr. 9212, Wied-Neuwied an Friedrich II., Neuwied, 4.7.1757. 265 Der von Wied-Neuwied entsandte Agent (den man auf französischer Seite zu Recht für einen verdeckten Informanten des Königs von Preußen hielt) wurde in Versailles durch Belle-Isle in zwei Unterredungen mit auffallender Zurückhaltung empfangen. Auf die Vorschläge des Agenten ging der Minister nicht ein. Der Agent, Barbut de Maussac, verließ Paris am 17. August 1757 und fasste seine Unterredungen mit BelleIsle wie auch seine übrigen Beobachtungen bei Hofe in einer zehnseitigen Abhandlung zusammen. Siehe Pasquier, La marquise, 14. 266 Seine Verhandlungsvollmacht siehe PC, Bd. 15, 300 f., Nr. 9279 und ebd., Nr. 9280, Friedrich II. an Balby, Weissenberg, 14.8.1757. 267 Siehe PC, Bd. 15, 389, Nr. 9377, Wied-Neuwied an Friedrich II., Neuwied, 24.8.1757. 268 Ebd.: »Le plan que nous nous proposons, Sire, est de tâcher, par toutes sortes de moyens, de gagner la Pompadour et la mettre dans Vos intérêts, afin que le roi de France soit porté à s’arranger et s’entendre avec Votre Majesté, [et,] s’il n’y avait pas moyen de la vaincre et de l’attacher, [de] mettre tout en usage pour alors renverser son crédit.«

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Sollte die Mätresse hingegen keine Bereitschaft zur Kooperation signalisieren, werde man alles daran setzen, sie von ihrer Position zu verdrängen, denn sie sei es – so liest man es aus dem Brief des Grafen heraus –, die einer Verständigung zwischen Frankreich und Preußen im Wege stehe. Man solle von der Mätresse die Vermittlung des Friedens erbitten und ihr als Anreiz die Herrschaft über die Fürstentümer Neuchâtel und Valangin in Aussicht stellen – beide Gebiete unterstanden seit 1707 der preußischen Krone269. Friedrich hatte wenig Freude an seinen Neuenburger Besitzungen: Sie brachten ihm nur geringe Vorteile und verwickelten ihn stattdessen in zahlreiche Konflikte, unter anderem was die Steuereintreibung betraf. Dem König kam der Plan, Neuchâtel an Madame de Pompadour abzutreten, daher sehr gelegen, und er ordnete an, die neuerliche Entsendung des wiedischen Agenten, Barbut de Maussac, unverzüglich in die Wege zu leiten und dafür zu sorgen, dass Madame de Pompadour umgehend über sein Angebot informiert werde270. Der Agent des Grafen zu Wied-Neuwied, Jean David Barbut de Maussac, der daraufhin erneut nach Versailles abreiste, war ein ehemaliger Vertreter des Markgrafen von Ansbach in London. Bis 1744 hatte er schon Friedrich II. als geheimer Agent gedient und war anschließend für den Grafen zu Wied-Neuwied als Informant in Paris tätig gewesen. Seit 1756 lebte Barbut de Maussac in Neuwied271. Wie sein Auftraggeber, so hatte auch Barbut de Maussac keinen guten Ruf: Man hielt ihn am französischen Hof für einen Intriganten, dem man besser kein Vertrauen schenke272. Schon einige Zeit zuvor war eine Sendung unverschlüsselter Briefe WiedNeuwieds und Balbys an Friedrich II. im Herzogtum Sachsen-Gotha von einer Gruppe kaiserlicher Husaren des österreichischen Generals Laudon

269 Derselbe Vorschlag war Friedrich II. bereits eineinhalb Jahre zuvor durch den preußischen Vertreter beim Immerwährenden Reichstag, Baron von Plotho, unterbreitet worden, jedoch verhinderte der plötzliche Tod des französischen Unterhändlers, chevalier de Vatan, die Weiterverfolgung dieses Vorhabens. Siehe ebd., Bd. 14, 158 f., Nr. 8464, Plotho an Friedrich II., Regensburg, 13.12.1756; ebd., Friedrich II. an Plotho, Dresden, 22.12.1756 und ebd., 169 f., Nr. 8478, Friedrich II. an Plotho, Dresden, 25.12.1756. Siehe auch ebd., 185, Nr. 8502, Friedrich II. an Wilhelmine, Dresden, 3.1.1757 und ebd., 193, Nr. 8513, Friedrich II. an Wilhelmine, Berlin, 9.1.1757. 270 Siehe ebd., Bd. 15, 377 f., Nr. 9365, Friedrich II. an Balby, Kerspleben, 26.9.1757 und ebd., 391, Nr. 9378, Friedrich II. an Balby, Buttelstädt, 30.9.1757. 271 Siehe AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 113, Bussy an Bernis, Versailles, 15.8.1757. 272 In dieser Weise soll sich u. a. der bereits erwähnte Folard über Barbut de Maussac geäußert haben. Siehe Palluat de Besset, Les princes de Wied-Neuwied, 344.

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abgefangen worden273. Heikel waren die abgefangenen Briefe vor allem in einem Punkt: Die Verfasser erwähnten in ihnen einerseits den Plan, Madame de Pompadour zu bestechen, andererseits schienen sie sich aber auch über die Verhältnisse am französischen Hof lustig gemacht, die Günstlingswirtschaft verspottet und dabei kein Blatt vor den Mund genommen zu haben274. Angesichts des Planes, Madame de Pompadour – und allgemeiner: das Günstlingssystem – des französischen Hofes für die eigenen Interessen zu Nutze zu machen, waren diese Äußerungen höchst kontraproduktiv. Sie verbreiteten sich jedoch rasch, und sowohl der kaiserliche Hof als auch der französische Vertreter in Wien und die französischen Staatssekretäre waren bereits informiert, als Barbut de Maussac in Paris eintraf275. So führte auch der zweite Anlauf in Versailles zu keinem Erfolg: Zwar wurde Barbut de Maussac am 21. September 1757 von Bernis in Fontainebleau empfangen und erhielt die Gelegenheit, ihm das Angebot Preußens anzutragen. Drei Tage später jedoch wurde er auf Veranlassung des Abbé de Bernis gefangen genommen und in die Bastille gesperrt, wo man ihn anschließend über ein Jahr lang festhielt, bevor er nach Neuwied zurückkehren konnte276. Aus Versailles ließ der inzwischen zum Staatssekretär des Äußeren ernannte Duc de Choiseul den Grafen zu Wied-Neuwied anschließend wissen, dass es »nicht empfehlenswert [ist], [Barbut] nach der Behandlung, die sein Verhalten […] nach sich gezogen hat, noch einmal nach Paris zu entsenden.«277 273 Siehe AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 24, Mémoire, Neuwied, 15.10.1759. Siehe auch PC, Bd. 15, 327, Nr. 9316, Friedrich II. an Balby, Grimma, 4.9.1757. 274 Siehe AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 24, Mémoire, Neuwied, 15.10.1759. Zum Inhalt aller in der betreffenden Sendung enthaltenen Briefe siehe PC, Bd. 15, 377, Nr. 9365, Balby an Friedrich II., Freiburg im Westerwald, September 1757 und ebd., Friedrich II. an Balby, Kerspleben, 26.9.1757. 275 Bis Barbut in Paris ankam, hatte Kaunitz bereits Stainville, den französischen Botschafter in Wien, über den Inhalt der abgefangenen Briefe informiert. Am 12. September 1757 sandte Kaunitz an Starhemberg Abschriften der abgefangenen Briefe und den Brief des Grafen zu Wied. Stainville und Bernis erklärten beide, dass sie von diesem Angebot Preußens bislang keinerlei Kenntnis gehabt hätten. 276 Siehe dazu den Brief des Abbé de Bernis in: Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 2, 122 f., Bernis an Stainville, Versailles, 3.10.1757. Der kaiserliche Botschafter in Paris, Graf von Starhemberg, ging zunächst sogar davon aus, dass Barbut de Maussac für die gesamte Dauer des Krieges in der Bastille festgehalten werden würde. Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 98, f. 31r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 29.10.1757. 277 AE, Corr. Pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 9, Choiseul an WiedNeuwied, Versailles, 16.1.1759: »Quant au Sieur Barbut de Maussac, il n’est pas proposable de le renvoyer ici après le traitement que vous savez que sa conduite lui a attiré.«

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Der Versuch, Madame de Pompadour mit dem Angebot der Herrschaft Neuchâtel zu kaufen, war gescheitert. Der Agent, der als Unterhändler nach Versailles geschickt worden war, wurde nicht einmal von ihr empfangen. Wusste Madame de Pompadour überhaupt von dem Vorhaben Friedrichs II.? Verschiedenen Hinweisen zufolge soll Madame de Pompadour großes Interesse an dem besagten Tauschgeschäft bekundet haben und bereits Anfang des Jahres 1757 selbst in diese Richtung aktiv geworden zu sein. Im Falle einer Ungnade, so hieß es, habe sie sich nach Neuchâtel zurückziehen wollen278. Die entsprechenden Anhaltspunkte lassen sich jedoch nicht durch Archivbefunde erhärten279. Glaubwürdiger sind die Aussagen des Abbé de Bernis und des Duc de Choiseul, die beide einmütig angaben, dass der angebliche Wunsch der Marquise, Neuchâtel zu erlangen, jeder faktischen Grundlage entbehre. Da beide in den betreffenden Jahren ein sehr enges Vertrauensverhältnis zu ihr hatten, ist davon auszugehen, dass ihre Aussagen zutreffen. Auch wenn sie an dem vorgeschlagenen Tauschgeschäft kein Interesse zeigte, muss Madame de Pompadour dennoch von den Verhandlungen gewusst haben – spätestens seit der Verhaftung Barbut de Maussacs, die am Hof und in der Stadt viel Aufsehen erregt hatte280. Jedoch zeigte sie keinerlei Interesse an der Umsetzung des Planes. Damit musste Friedrich II. gerechnet haben: Auf sie als Vermittlerin zu setzen, war aus seiner Sicht regelrecht naiv. Die gegenseitige Abneigung war kein Geheimnis, und es war von Beginn an unwahrscheinlich gewesen, dass Madame de Pompadour aus den Händen Friedrichs II. ein solches Angebot annehmen würde. Nach Beginn der Kriegshandlungen führte ihre zunehmende Identifizierung mit der franko-österreichischen Allianz zu der noch entschiedeneren Ablehnung des »Attila des Nordens«, als den sie Friedrich II. bezeichnete281. 278 Von entsprechenden Verhandlungen um Neuchâtel, die angeblich von einem engen Bekannten und Verwandten der Madame de Pompadour, Monsieur de Jully, in ihrem Auftrag und in geheimer Mission geführt würden, ist u. a. in den Memoiren der Madame d’Épinay die Rede: Siehe Boiteau, Paul (Hrsg.), Mémoires de Madame d’Épinay, 2 Bde., Paris 1884/1891, hier Bd. 2, 254 f., Kapitel VI, Epinay an Grimm, 1757 und ebd., 261 f., Kapitel VII, Grimm an Epinay, 1757. 279 Siehe Pasquier, La marquise, 22. Es finden sich laut Pasquier weder in den Archives des affaires étrangères in Paris noch in den Archives de l’État de Genève Hinweise darauf, dass Madame de Pompadour selbst in diese Richtung aktiv geworden sei. 280 Siehe ebd., 23 f. 281 HHStA, Frankreich Varia, Karton 26, ohne folio, Pompadour an Starhemberg, Paris, 17.12.1757. »Bonsoir Mr le comte, prenons de bonnes mesures, pulvérisons l’Attila du Nord, et vous me verrez aussi contente que je suis de méchante humeur, je ne vous en aime pas moins sincèrement.« Siehe auch ebd., Frankreich Berichte, Karton 106, f. 154r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.9.1759.

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Seit Herbst 1757 jedoch begann sich die militärische Lage der Preußen zu bessern: Friedrichs Truppen waren erfolgreich. Seit ihren Siegen in der Schlacht bei Rossbach im Kurfürstentum Sachsen am 5. November 1757 gegen die Armee des Prince de Soubise und die mit ihnen koalierende Reichsexekutionsarmee unter dem Kommando des Reichsgeneralfeldmarschalls Prinz von Sachsen-Hildburghausen und bei Leuthen in Schlesien gegen das österreichische Heer unter dem Duc de Lorraine am 5. Dezember 1757 änderte sich die Lage für den preußischen König zum Positiven, und er zeigte vorerst kein Interesse mehr an Verhandlungen mit Frankreich. Es lassen sich in den nächsten Jahren keine weiteren Versuche seinerseits nachweisen, mit der Mätresse des französischen Königs in Kontakt zu treten. Interesse an ihr bekundete er aber weiterhin: Er verlangte auch während des Krieges weiterhin Informationen aller Art über den französischen Hof – nach Abzug seines Gesandten Knyphausen übernahm diese Aufgabe sein Vertreter in Den Haag. Von ihm erbat er sich einige Tage vor dem zu erwartenden Tod der Madame de Pompadour genaueste Informationen darüber, welche Folgen dieses Ereignis für die Zustände am französischen Hof haben könnte282. Nach ihrem Tod im April 1764 verlangte Friedrich II., detailliert über die Auswirkungen des Ereignisses auf die Verhältnisse am Hof unterrichtet zu werden283. Wie sind die Beziehungen zwischen dem preußischen König, seinen Vertretern und Madame de Pompadour zu charakterisieren? Chambrier, Keith und Knyphausen hatten ebenso wie die britischen Diplomaten keine Möglichkeit zu vertraulichen Gesprächen mit Madame de Pompadour. Sie hatten keinen direkten Kontakt zu ihr; dementsprechend bleiben auch ihre Versuche, die Einflussmöglichkeiten Madame de Pompadours zu beschreiben, oft vage. Ab 1751 war es für die preußischen Beobachter dennoch ersichtlich, dass Madame de Pompadour nicht in allen Fällen, aber doch zumindest gelegentlich den Besprechungen des Königs mit den Staatssekretären beiwohnte und dass die Staatssekretäre ihr, bevor sie den König aufsuchten, ihre Unterlagen vorlegten. Sie zweifelten angesichts dessen nicht mehr an ihrer Kompetenz, auch in den Beziehungen der französischen Krone mit Preußen vermittelnd und 282 Siehe PC, Bd. 23, 318, Friedrich II. an Thule-Meier, Berlin, 5.4.1764. »Dans la situation critique de santé où Madame de Pompadour se trouve, vous redoublerez d’attention sur ce qui regarde les nouvelles de France, afin de m’en bien informer, surtout quel changement cela saurait opérer à cette cour, s’il arrivait que la Pompadour venait à mourir.« 283 Ebd., 360, Nr. 15047, Friedrich II. an Thule-Meier, Potsdam, 27.4.1764. »Vous prêterez à présent toute votre attention à m’informer exactement des suites que cet événement pourra avoir dans le système et dans les affaires intérieures de la cour de France, et de tout ce qui y aura du rapport.«

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koordinierend aufzutreten. Die Schlussfolgerung lag für Friedrich II. auf der Hand: Zwar dürfe man nicht als Beteiligte an den Intrigen gegen Madame de Pompadour in Erscheinung treten284, jedoch müsse es das Ziel sein, Madame de Pompadour für die eigenen Interessen nutzbar zu machen. Man müsse versuchen, sie durch die Aussicht auf große Geldbeträge und andere Belohnungen für sich zu gewinnen. Anders als etwa die Vertreter der britischen Krone suchte Friedrich II. jedoch keine langfristige Bindung an Madame de Pompadour: Er setzte stattdessen auf eine ad-hoc-Kontaktsuche mit ihr, die strikt anlassbezogen blieb. Vergleichbare Versuche der Vertreter anderer Mächte, in kurzfristigen Aktionen über massive materielle Anreize die Mätresse zu Gefälligkeiten zu bewegen, sind nicht bekannt. Friedrich II. war der einzige Auftraggeber, der den Schritt vom als legitim empfundenen Geschenk hin zur illegitimen Bestechung zu gehen bereit war. Er war überzeugt, dass er Madame de Pompadour mit Geld zu Vermittlertätigkeiten in seinem Sinne bewegen könne; möglicherweise, weil ihm die Herkunft der Mätresse aus dem Milieu der Finance bekannt war und er die ersten Jahre hindurch immer wieder Hinweise auf ihr enges Verhältnis zu ihren Gönnern, den Brüdern Pâris, erhalten hatte. Deren Beziehungen zur Krone waren bekanntermaßen durch eine klare finanzielle Abhängigkeit der Krone gekennzeichnet, aus der sich auch der Aufstieg der Marquise de Pompadour erklären ließ. Letzten Endes schlugen Friedrichs Versuche, Madame de Pompadour mit diesen Mitteln zu gewinnen, jedoch allesamt fehl: Die Marquise de Pompadour ging auf die Vorstöße des preußischen Königs nicht ein. Dies mag zum einen darin begründet sein, dass die erwünschten Gefälligkeiten ad hoc eingefordert wurden und in keiner Weise vorbereitet worden waren durch eine langfristige Kontaktpflege. Im Gegenteil liefen sie den bisherigen Äußerungen und Handlungen des preußischen Königs und seiner Vertreter, die sich zuvor nicht in einer Weise um Madame de Pompadour bemüht hatten, die ihr Wohlwollen erzeugt hätte, klar zuwider. Zum anderen mögen die Erwartungen Friedrichs II. auch schlichtweg die Kompetenzen der Marquise überfordert haben. Wenn Friedrich II. hoffte, durch sie die negativen Auswirkungen des Vertragsabschlusses auf die französische Politik verhindern zu können, und wenn er es im Krieg für aussichtsreich hielt, Friedensverhandlungen über sie in die Wege leiten zu können, ging er davon aus, dass sie auch in sehr heiklen Fragen zwischen zwei Kronen ver284 Siehe ebd., Bd. 10, 21, Nr. 5970, Friedrich II. an Keith, Potsdam, 21.7.1753. »C’est ne (sic) point à nous de nous mêler des intrigues que celles de travailler à faire déplacer Madame de Pompadour par mademoiselle de Murphey ou autrement; aussi je n’y songerai jamais, mais, si la chose arrivait, nous pourrions bien nous en consoler.«

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mitteln könne. Jedoch wären die Handlungsspielräume der Marquise de Pompadour, selbst wenn sie ein grundlegendes Einverständnis und Interesse an der Zusammenarbeit mit Friedrich II. gezeigt hätte, in dem Moment an ihre Grenzen gestoßen, als es darum ging, sich zur Herrscherin über ein Fürstentum zu erheben oder Separatverhandlungen während des Kriegs zu beginnen, die gegenüber dem Bündnispartner Österreich in keiner Weise zu legitimieren gewesen wären. Ihre Handlungsspielräume blieben durch die Konstellationen auf makropolitischer Ebene beschränkt. Etwas anders lagen die Dinge dennoch, wenn die erwünschten Hilfestellungen in ein Klima des gegenseitigen Respekts eingebettet waren: Die folgende Fallstudie zeigt, dass Madame de Pompadour, wenn sie ihre vermittelnde Funktion in konzentrierter Form wahrnahm, auch Entwicklungen beeinflussen konnte, die zweifelsfrei von makropolitischer Bedeutung waren.

4.  »Sie ist es, der wir alles zu verdanken haben und von der wir in der Zukunft alles zu erwarten haben«285: Madame de Pompadour und die Vertreter Habsburgs (1750–1760) Der Umgang Madame de Pompadours mit den Vertretern Habsburgs unterschied sich von demjenigen, den sie mit allen anderen Diplomaten pflegte. Zumindest zeitweise waren die Verbindungen so rege, dass sie die Grundlage schufen für eine Zusammenarbeit zwischen Österreich und Frankreich mit konkretem Ergebnis: Am 1. Mai 1756 unterzeichneten beide Mächte im Premier traité de Versailles ein Bündnis, das ohne die Mitwirkung der Mätresse womöglich nicht zustande gekommen wäre. War bis zu diesem Zeitpunkt der Gegensatz zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon eine Konstante im europäischen Mächtesystem gewesen286, so markierte der Abschluss des Vertrags das so genannte Renversement des alliances, die Umkehrung der Bündnisse. Die Umorientierung 1756 war einschneidend, sie kam aber nicht so unerwartet zustande, wie es vor allem in der deutschsprachigen Geschichtsschreibung mitunter dargestellt worden ist287. Max Braubach hat in seiner Studie 285 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 214r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.5.1756. »[C]’est à elle que nous devons tout, et […] c’est d’elle que nous devons tout attendre pour l’avenir.« 286 Siehe zu den Beziehungen zwischen Österreich und Frankreich Buddruss, Die französische Deutschlandpolitik, vor allem 14 ff. 287 Siehe zu Wahrnehmung und Rezeption des Ereignisses in der Geschichtswissenschaft Burkhardt, Johannes, Geschichte als Argument in der habsburgisch-französischen Dip-

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zur »diplomatischen Revolution« gezeigt, dass die Annäherung eine lange Entwicklung abschloss288. Anläufe zu einer Verständigung, so Braubach, seien schon 1668 zu erkennen gewesen, als Österreich und Frankreich in einem Geheimvertrag die Teilung der spanischen Monarchie zwischen beiden Mächten im Falle einer Erbfrage vereinbarten289. In den folgenden Jahrzehnten sei auf beiden Seiten immer wieder die Absicht zu erkennen gewesen, sich einander anzunähern – in Österreich motiviert durch die immer zwingender werdende Erkenntnis, dass nicht mehr Frankreich, sondern vielmehr Preußen der Hauptgegenspieler österreichischer Interessen war. Von 1750 bis 1752 war Wenzel Anton Graf von Kaunitz-Rietberg als Vertreter der österreichischen Krone in Paris290. Als Kaunitz im Herbst 1750 nach Paris aufbrach – zur gleichen Zeit, da auch der französische Botschafter, Emmanuel, marquis d’Hautefort, nach Wien kam291 –, war er bereits als neuer Staats- und Hofkanzler Maria Theresias und in dieser Funktion als künftiger Leiter der österreichischen auswärtigen Angelegenheiten im Gespräch292. Die Kaiserin legte großen Wert auf das Urteil des erfahrenen und fähigen Diplomaten, der die Habsburgermonarchie bereits in Turin und in Brüssel vertreten und 1748 am Kongress von Aachen teilgenommen hatte. Über ihren Kabinettssekretär von Koch, mit dem Kaunitz einen Briefwechsel unterhielt, der für seine Botschaftsjahre in Paris zu den aufschlussreichsten Quellen gehört, ließ sie ihn auch während dieser Zeit an allen wichtigen Entscheidungen lomatie. Der Wandel des frühneuzeitlichen Geschichtsbewusstseins in seiner Bedeutung für die Diplomatische Revolution von 1756, in: Frankreich im europäischen Staatensystem der frühen Neuzeit, hrsg. v. Rainer Babel, Sigmaringen 1995, 191–217; Schilling, Lothar, Kaunitz und das Renversement des alliances. Studien zur außenpolitischen Konzeption Wenzel Antons von Kaunitz (Historische Forschungen, 50), Berlin 1994 und ders., Wie revolutionär war das Renversement des alliances? Überlegungen zum Zäsurcharakter des Bündniswechsels von 1756, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 6 (1996), 163–202 und zuletzt Externbrink, Friedrich der Große, 24 f. 288 Braubach, Max, Versailles und Wien von Ludwig XIV. bis Kaunitz: die Vorstadien der diplomatischen Revolution im 18. Jahrhundert, Bonn 1952. 289 Siehe ebd., 7 ff. 290 Zu Kaunitz’ Jahren in Paris siehe Lenderova, Milena, Wenzel Anton Kaunitz, ambassadeur d’Autriche en France, in: Staatskanzler Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg 1711–1794. Neue Perspektiven zu Politik und Kultur der europäischen Aufklärung, hrsg. v. Grete Klingenstein / Franz A. J. Szabo, Graz 1996, 47–56. 291 Siehe Schilling, Kaunitz, 159. 292 Siehe zur Person Wenzel Anton Graf von Kaunitz-Rietberg umfassend Klingenstein, Grete, Der Aufstieg des Hauses Kaunitz: Studien zur Herkunft und Bildung des Staatskanzlers Wenzel Anton, Göttingen 1975. Zu den Begleitumständen seiner Abreise nach Paris siehe ebd., 284 ff. (Epilog: Wie Kaunitz Staatskanzler wurde).

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teilhaben293. Bereits bei Kaunitz’ Abfahrt im Herbst 1750 war klar, dass er im Herbst 1752 wieder nach Wien zurückkehren sollte. Im Jahr vor seiner Abfahrt, im März 1749, hatte Kaunitz, wie alle anderen Mitglieder der Geheimen Konferenz, der Kaiserin auf deren Wunsch eine Denkschrift mit Vorschlägen für die künftige außenpolitische Linie Österreichs vorgelegt und die Kaiserin mit seinen Leitlinien überzeugt294: Wenn Österreich Schlesien zurückgewinnen wolle, müsse es den Ausgleich mit Frankreich suchen295. Kaunitz zufolge waren die Voraussetzungen dafür vorteilhaft, denn man könne sich, um Frankreich zu gewinnen, dessen Schwächen zu nutzen machen: Der König sei leicht zu beeinflussen, am Hof herrschten Intrigen, Kabale, Machtkämpfe unter den Ministern und eine einflussreiche Mätresse296. Bereits wenige Wochen nach seiner Ankunft in Paris sah sich Kaunitz in seinen Vorurteilen bestätigt und charakterisierte die französische Regierung als »einen ziemlich schlecht angespannten Pflug«297. Es war nicht zu erwarten, dass Kaunitz die erwünschte Annäherung ausschließlich auf dem Wege über das Staatssekretariat des Äußeren suchen würde, denn gerade die 293 Siehe ebd., 288. 294 Die Denkschrift ist vollständig abgedruckt in Pommerin, Reiner / Schilling, Lothar (Bearb.), Denkschrift des Grafen Kaunitz zur mächtepolitischen Konstellation nach dem Aachener Frieden von 1748, in: Expansion und Gleichgewicht: Studien zur europäischen Mächtepolitik des Ancien régime, hrsg. v. Johannes Kunisch (Zeitschrift für historische Forschung, Beiheft 2), Berlin 1986, 165–239. 295 Zu Kaunitz’ außenpolitischen Vorstellungen und ihrer Entwicklung zwischen 1749 und 1752 siehe McGill, William J., The Roots of Policy: Kaunitz in Vienna and Versailles, 1749–1753, in: Journal of Modern History 43,2 ( June 1971), 228–244. 296 Siehe Pommerin / Schilling, Denkschrift, 198 f. (und in ähnlicher Weise auch 220). »Da nun der König, bekannter maßen, vor sich selbsten keine sonderliche Einsicht besitzet, vielen Beschäfftigungen ausweicht, Niemandem mit besonderer Vorliebe und Vertrauen zugethan ist, seiner Maîtresse einen ziemlich starcken Einfluss in den Geschäfften verstattet, und ein jeder Ministre vor dem anderen Crédit, und Ansehen zu erwerben sich bemühet, mithin die Intriguen, und Cabalen starck eingerissen; So ist auch gantz känntlich wahrzunehmen, daß die dermahlige Frantzösische Maaßnehmung bei weitem nicht mit der Feine, Geschwindigkeit, Vereinbarung aller Umständen, Vorsicht, und Ordnung, als wie zu Zeiten Ludwigs des XIV. oder des Cardinalen Fleuri geführet werden.« 297 HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 20r, Kaunitz an Koch, Paris, 11.12.1750. »À mesure que je vois de plus près cette Cour, et le gouvernement interne de cette Monarchie, j’y découvre plus de défectuosités. C’est une charrue assez mal attelée, et la plupart de choses ne se font que par intrigues et cabales. Nous avons de quoi nous consoler de ce que cela n’est pas mieux. Il est certain, que c’est un corps qui ne se soutient que par son immensité. Dieu veuille conserver longtemps nos respectables souverains; je n’en vois pas qui leur ressemblent.«

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mangelnde Übersichtlichkeit in der Verwaltung, die Vielzahl der Akteure und die häufig unklaren Machtverhältnisse eröffneten ihm als Außenstehenden Handlungsspielräume, die sich ihm in einem straffer organisierten Regierungsapparat nicht geboten hätten. Seine erste Audienz bei Hofe hatte Kaunitz in Fontainebleau am 2. November 1750, wo er auch auf die Mätresse traf. Madame de Pompadour beschrieb ihren ersten Eindruck von Kaunitz in einem Brief an ihren Bruder noch am selben Abend folgendermaßen: »Graf von Kaunitz, der Botschafter der Kaiserin, hat gestern seinen Antrittsbesuch gehabt. Man sagt, dass er liebenswürdig sei, mir schien er sehr höflich.«298 Kaunitz selbst berichtete einige Tage später an Koch, dass er die erste Gelegenheit genutzt habe, der Mätresse seine Aufwartung zu machen, wofür der König sich sehr dankbar gezeigt habe299. Kaunitz galt allgemein als eigentümlich: Er neigte zu Überheblichkeit und Geiz und fiel durch seine übertriebene Eitelkeit auf, über die sich die Zeitgenossen lustig machten300. Seinen Botschafterkollegen gegenüber zeigte sich Kaunitz zurückhaltend: So beschwerte sich Albemarle, dass Kaunitz nie mit ihm über die Sachfragen spreche, die doch beider Auftraggeber unmittelbar beträfen, wie etwa die Frage der Kaiserwahl. Wenn er am Hof sei, verbrächten sie viel Zeit miteinander, allerdings lege Kaunitz es offensichtlich darauf an, seltener als jeder andere auswärtige Gesandte bei der Hofgesellschaft zu sein. Seit sich der Hof in Compiègne aufhalte, habe Kaunitz nur fünf Tage dort

298 Pompadour, Correspondance, 68 f., Nr. 17, Pompadour an François Abel, Fontainebleau, 2.11.1750. »Le comte de Kaunitz, ambassadeur de l’Impératrice, a pris ses audiences aujourd’hui. On le dit aimable, il m’a paru très poli.« 299 Siehe HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 8r, Kaunitz an Koch, Fontainebleau, 7.11.1750: »Je n’ai pas oublié non plus d’avoir des attentions pour Madame de Pompadour; je sais, que le Roi m’en a su gré, et qu’elle y a été sensible.« 300 Siehe beispielhaft die spöttische Charakterisierung des Grafen Kaunitz durch den preußischen Sondergesandten Christoph Heinrich von Ammon, der sich zwischen 1751 und 1753 zum Abschluss eines Handelsvertrags in Paris aufhielt und Kaunitz während dieser Zeit erlebte: Hinrichs, Carl (Hrsg.), Friedrich der Große und Maria Theresia. Diplomatische Berichte von Graf von Podewils. Übersetzt aus dem Französischen von Gertrud Gräfin von Podewils-Dürnitz, Berlin 1937, 142–148. Siehe auch Argenson (Sortais), Journal, Bd. 7, 260, 5.12.1750: »M. de Kaunitz, ambassadeur de l’empereur, se donne ici beaucoup de ridicules par son amour pour sa figure qu’il prétend encore plus belle qu’elle n’est; il lui faut quatre miroirs pour mettre sa figure; sa perruque n’est pas frisée, mais en lacs d’amour.«

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verbracht und stattdessen Paris zu seiner Residenz erkoren, obwohl er doch in Compiègne ein großes Haus und sogar Familie habe301. Diese Tatsache war es wohl, die am meisten Verwunderung hervorrief: Kaunitz suchte nicht in erster Linie den Anschluss an die Hofgesellschaft, sondern verbrachte viel Zeit in Paris. Er war Gast in den Salons von Mesdames de Blondel, La Popelinière, Dupin und de Geoffrin302. Der Schriftsteller Marmontel berichtete, dass Kaunitz seine Zeit – »wie ein einfacher Bürger« – mit den Frauen der Finance verbringe und die »große Welt« des Hofes und der Stadt vernachlässige303. Konfrontiert mit den Vorwürfen, verteidigte sich Kaunitz mit dem Hinweis darauf, dass er seinen wichtigsten Pflichten durchaus zur Zufriedenheit seiner Auftraggeberin nachkomme. Er sehe keinen Nutzen darin, sich in die Hofgesellschaft zu integrieren und die Abende mit den Spielen der Damen zu verbringen: »Ich muss mich um zwei Personen kümmern, den König und seine Mätresse; ich habe ein gutes Verhältnis zu beiden.«304 Offensichtlich war Kaunitz an einer in den Augen der Hofgesellschaft ungewöhnlichen Art der Kontaktpflege interessiert: Er konzentrierte sich bei der Suche nach Informationen und wichtigen Kontakten nicht allein auf den Hof. Zwar bescheinigte man ihm allenthalben Überheblichkeit, jedoch hielt ihn diese Überheblichkeit nicht davon ab, unstandesgemäße Kontakte zu pflegen, wenn sie ihm nützlich erschienen305. Obwohl Kaunitz für seine Nähe zur Fi301 Siehe BL Add. Ms. 32838, f. 241, Albemarle an Newcastle, Compiègne, 11./22.7.1752: »[…] since the French King removed thither (yesterday three weeks), he has attended the Royal family but five days making Paris the place of his residence, though he has a large house and family in this country town.« 302 Siehe Schilling, Kaunitz, 165, Anm. 707. 303 Siehe Marmontel, Mémoires, Bd. 1, 264. »Vous [i.e. Kaunitz] vivez avec des femmes de finance, comme un simple particulier, et vous négligez le grand monde de la ville et de la cour.« 304 Siehe ebd., 265: »J’ai deux personnes à ménager, le roi et sa maîtresse: je suis bien avec tous les deux.« 305 Argenson wunderte sich zwar über Kaunitz’ Verhalten, er ahnte jedoch, dass sich der österreichische Diplomat über den Kontakt zu den Financiers – und vor allem zu den Frauen aus diesem Kreis – wertvolle Informationen verschaffte. Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 8, 198, 23.1.1752: »M. de Kaunitz, ambassadeur de l’Empereur à Paris, y mène une vie singulière: il ne donne à manger à aucun seigneur ni ministre étranger, il ne vit qu’avec nos financiers et financières, il fait l’amoureux de quelques beautés de finance, et, les voyant ainsi, il tire d’eux le véritable état des mauvaises finances du royaume, tant au fisc que pour les particuliers, ce qui doit être le premier article de sa mission, pour savoir au vrai ce que la tyrannie autrichienne a à craindre ou à ne pas craindre de la France pour la réprimer. Certes la première et dernière fin d’Autriche est de reprendre la Silésie au roi de Prusse, et, jusque là, l’abaissement de

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nance Spott erntete, änderte er sein Verhalten nicht. Eines steht freilich fest: Die Kreise der Finance waren zum großen Teil identisch mit den Kreisen um die Mätresse des Königs306. Ist also in dieser augenfälligen Hinwendung Kaunitz’ zur Finance ein strategisches Moment zu sehen? Suchte er bewusst den Kontakt zu Madame de Pompadour, die eng mit diesen Kreisen verbunden war, um auf diesem Wege das Vertrauen des Königs zu gewinnen307? Alfred von Arneth, Autor der umfangreichen »Geschichte Maria Theresias«, widerspricht dem Gedanken, Kaunitz habe bewusst den Kontakt zu Madame de Pompadour gesucht und schon vor seiner Entsendung nach Paris geplant, sich ihrer Vermittlertätigkeit zu bedienen308. Tatsächlich entwickelte sich aber zwischen Madame de Pompadour und dem kaiserlichen Botschafter schon sehr rasch ein ausgesprochen gutes Verhältnis, das sich erheblich unterschied von dem Kontakt, der zwischen der Mätresse und dem britischen oder dem preußischen Vertreter bestand309. Kaunitz schrieb nicht ohne Stolz dem Sekretär der Kaiserin, Baron von Koch: »[Madame de Pompadour] hat viel Güte und einiges Vertrauen in mich.«310 Zwar gehe er nicht davon aus, dass sich hieraus Vorteile für die politischen Anliegen Österreichs ergäben, »aber diese Arten von persönlicher Zuneigung schaden auch nichts und können bei Gelegenheit von großer Bedeutung sein.«311 Nur wenig später sah Kaunitz mehr Anlass, auf die Mithilfe Madame de Pompadours zu setzen, und zeigte sich überzeugt: France n’en est qu’un moyen. Ces financiers causent tant qu’on veut avec un si grand seigneur dont la splendeur les éblouit; ils conversent avec lui les soirs en se promenant, et lui disent le fort et le faible de ce qu’ils savent.« 306 Siehe auch Schilling, Kaunitz, 166. 307 Externbrink, Friedrich der Große, 224, geht davon aus, dass Kaunitz »gezielt den Kontakt zur Maitresse« gesucht habe. 308 Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 323: »Wohl wird in hervorragenden Geschichtswerken die Behauptung aufgestellt, dass schon in dem Augenblicke, in welchem Kaunitz sich noch in Wien befand und wenigstens vor den Augen der Uneingeweihten seine Entsendung nach Paris noch keineswegs als eine feststehende Sache galt, er alle Einleitungen zu directen Verhandlungen mit der allmächtigen Maitresse des Königs von Frankreich, der Marquise von Pompadour, getroffen hatte. Allein die geheimsten Aufzeichnungen der Wiener Archive enthalten hievon keine Spur.« 309 Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 7, 260, 5.12.1750: »La marquise de Pompadour le caresse et lui a demandé une fête dans sa maison. Ce sera pour cet hiver.« Siehe auch ebd., Bd. 8, 174, 17.12.1751. »[La marquise] comble de caresses les étrangers, particulièrement M. de Kaunitz, ambassadeur de Vienne.« 310 Kaunitz / Koch, Correspondance, 114, Kaunitz an Koch, Paris, 22.8.1751. »Elle a beaucoup de bonté et quelque confiance en moi.« 311 Ebd.: »Bref, je ne sais pas comment cela s’est fait, mais il est vrai, que le Roi et Madame de Pompadour et qui l’environnent ont beaucoup de bonté pour moi. Tout cela ne fait rien assurément au fond des affaires, mais ces sortes d’affections personnelles ne gâtent

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»Wenn sich Madame de Pompadour in die auswärtigen Angelegenheiten mischte, würde sie uns, das zu glauben habe ich Anlass, keine schlechten Dienste erweisen.«312

Kaunitz suchte den Anschluss an Madame de Pompadour über ihr gemeinsames Interesse, das Theater. Im Sommer des Jahres 1752 besuchte Kaunitz die Marquise de Pompadour wiederholte Male in ihrem Schloss Bellevue313, und die Mätresse gab Kaunitz die Möglichkeit, den dortigen Opernaufführungen beizuwohnen, obwohl die Etikette des Hofes ihm als auswärtigem Diplomaten dies eigentlich verwehrte. Unmittelbar vor und nach der Aufführung hatte Kaunitz die Gelegenheit, einige Zeit mit dem König, seiner Mätresse und deren engsten Vertrauten zu verbringen314. Auch bei der nächsten Opernproduktion konnte Kaunitz auf Einladung der Mätresse inkognito teilnehmen und dem König vorher und nachher seine Aufwartung machen315. Kaunitz schien sehr daran gelegen zu sein, der Kaiserin ein positives Bild der Madame de Pompadour zu vermitteln. In seinem »Mémoire sur la Cour de France« aus dem Jahr 1752 beschrieb er die Mätresse des Königs als eine mit rien cependant et peuvent être d’une grande conséquence dans les occasions.« Auch Choiseul, Mémoires, 156, bestätigt die Verbundenheit zwischen beiden: »[Kaunitz] établit pendant son ambassade une liaison particulière d’amitié et de confiance avec Madame de Pompadour.« 312 Kaunitz / Koch, Correspondance, 113 f.: »Si Madame de Pompadour se mêlait des affaires étrangères, j’ai lieu de croire qu’elle ne nous rendrait pas des mauvais offices.« 313 Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 341. 314 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 84, f. 71r–71v, Kaunitz an Ulfeld, Paris, 22.4.1752: »Es brachte nemlich die Madame de Pompadour vor 6 oder 8 Wochen, als ich die gewöhnliche Visite bei ihr abstattete, die zu Belle Vue vorseiende Opera auf die Bahn, bei welcher sie selbsten nebst anderen Cavalliers und Dames zu agiren gedächte. Als ich nun hierauf im Schertz erwiederte, wie ich mit dem hiesigen Etiquette nicht zufrieden seie, weilen mich solches des Vergnügens beraubte, diese Opera mit ansehen zu können; so erbothe sich nicht nur die Madame Pompadour auf ein Mittel fürzudencken, wie ich einen Zuschauer incognito abgeben könnte; sondern sie bedeutete mir in der nachgefolgten Visite, dass sie mir schon einen Platz außersehen und menagiret hätte, wan ich anderst in der That Verlangen trüge, der Opera beizuwohnen. Ich habe also solches unter danck-nehmiger Bezeugung nicht ausgelassen. Und da mich auf die durch den Duc de Biron mir bestimmte Zeit in Bellevue einfande; aber der Anfang der Opera sich um etliche Stunden verspätete, so wurde ich durch der Madame de Pompadour Brudern Mr Davaudiere (sic) in die Königl[iche] Cotterie, so meisten Theils in denen Ministres d’État, und denen favoriten bestunde, geführet und von dem König, nach seiner Gewohnheit, gnädig angeredet. […] Nach der Opera wollte graden Weeges nach Paris zurückkehren. Ich wurde aber wieder in des Königs Gesellschaft durch den Duc de Duras geführet. Und hatte ich also noch Gelegenheit, der Madame Pompadour das verdiente Lob auszusprechen.« 315 Siehe ebd., f. 131v, Kaunitz an Ulfeld, Paris, 22.5.1752.

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allen positiven Charaktereigenschaften ausgestattete Frau, die sanftmütig und wohltätig sei und niemandem je Schaden zugefügt habe. Ihr größter Vorteil sei ihre diskrete Art: Mit diesem Charakterzug habe sie das Vertrauen des König gewonnen, und er mache sie wie geschaffen für die »grandes affaires«316. Dass Kaunitz gleich im Anschluss davon zu berichten wusste, dass die Mätresse während des letzten Flandern-Feldzuges täglich Post von der Armee erhalten habe, die sie über das Kriegsgeschehen auf dem Laufenden gehalten habe, schien die Kaiserin zusätzlich davon überzeugen zu sollen, dass die Mätresse als Ansprechpartnerin nicht nur in hofinternen Belangen in Frage komme. Ohne die Mätresse, so Kaunitz, sei auch in Flandern nichts entschieden worden, man habe »in allen Fragen auf ihre Entscheidung gewartet«, und die Mätresse habe »ganze Nächte mit der Beantwortung der Post« verbracht317. Ihre Stellung scheine sehr sicher und »über alle Ereignisse erhaben«318. Aus Wien ließ man Kaunitz wissen, dass man seine Ausführungen mit Interesse verfolge und wie er davon ausgehe, dass »die persönlichen Neigungen derjenigen, die in den geschäftlichen Angelegenheiten Einfluss nehmen, auch sehr stark die geschäftlichen Angelegenheiten selbst beeinflussen.«319 Inzwischen hatte Kaunitz der Mätresse auch ausdrücklich von seinem Vorhaben einer Annäherung zwischen Österreich und Frankreich berichtet320. Kaunitz ging – zu Recht – davon aus, dass Madame de Pompadour sein Anliegen an den eigentlichen Adressaten, den französischen Herrscher, weiterge316 Siehe Kaunitz, Mémoire, 448: »Elle a une qualité qui la rend très propre aux grandes affaires, c’est d’être d’un secret impénétrable. Voilà par où elle a captivé la confiance du Roi au point qu’il a un vrai besoin de lui révéler, le moment même, ce qu’on lui a dit de plus important.« 317 Ebd.: »Rien ne se finissait sans elle, on attendait sur tout sa décision. Elle passait des nuits entières à répondre.« 318 Ebd., 451: »[L]a faveur de la Marquise est au-dessus des événements.« 319 Kaunitz / Koch, Correspondance, 180, Koch an Kaunitz, Wien, 4.3.1752. »Les différentes anecdotes contenues dans la première [lettre] ne laissent pas de mériter beaucoup d’attention, n’étant que trop sûr que les inclinations personnelles de ceux qui influent dans les affaires, influent aussi infiniment sur les affaires mêmes.« 320 Siehe ebd., 239 f., Kaunitz an Koch, Paris, 23.6.1752. »J’ai eu occasion de causer aussi fort longtemps dans la même matinée avec Madame la marquise de Pompadour et je lui ai dit beaucoup de choses que je suis bien aise qu’elle les redise au Roi. Elle m’a assuré que le roi non seulement aimait actuellement S.M. l’Impératrice, mais que même au milieu de la guerre il avait toujours eu pour Elle beaucoup d’amitié et la plus haute estime. Elle est convenue aussi avec moi que, si le Roi et S.M. l’Impératrice pouvaient se connaître, se voir et se parler, il régnerait entre eux à jamais l’amitié et la confiance la plus intime et la plus parfaite.« Siehe auch HHStA, Frankreich Varia, Karton 22, f. 105v, Kaunitz an Koch, Paris, 23.6.1752. – Von Kaunitz’ ersten Vorstößen berichten auch Choiseul, Mémoires, 156 und Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 227.

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ben werde, und tatsächlich schien Madame de Pompadour dem Vorhaben des habsburgischen Botschafters gegenüber nicht abgeneigt – nicht zuletzt wegen der eindeutigen Stoßrichtung gegen Friedrich II. von Preußen321. Dennoch konnte Kaunitz vorerst keinen sichtbaren Erfolg verbuchen: Die Angelegenheit verlief im Sande. Als Kaunitz am 1. Januar 1753 aus Paris abreiste322, hatte er dennoch einen entscheidenden Schritt getan, indem er wichtige Personen am Hof, allen voran Madame de Pompadour, von den friedlichen Absichten Österreichs hatte überzeugen können und die Grundlage für freundschaftliche Beziehungen gelegt hatte. Nach seiner Rückkehr wurde Kaunitz zum Kanzler Maria Theresias. Von Wien aus unterhielt er keinen Kontakt mit Madame de Pompadour323. Seine Einschätzung ihrer Position war dennoch eindeutig: In seinem Abschlussbericht schrieb er, sie herrsche »despotengleich«324. Für die nahe Zukunft rechnete Kaunitz mit ihrer Unterstützung. Kaunitz’ Nachfolger Georg Adam Graf von Starhemberg325 erreichte Paris im Januar 1754. Er war mit dem Titel eines bevollmächtigten Ministers ausgestattet und sollte erst im September 1756 zum Botschafter ernannt werden. Graf von Starhemberg hatte auf Anweisung Kaunitz’ zunächst nur in einer Prozessangelegenheit326 mit Madame de Pompadour Kontakt327. Noch vor Kaunitz’ Abreise aus Paris hatte sich Madame de Pompadour an ihn gewandt und ihn um Vermittlung in einer Besitzstreitigkeit gebeten, bei der es um umfangreiche Ländereien der Comtesse de Marsan in den österreichi321 Friedrich II. vermutete schon 1753, dass Kaunitz und Pompadour zusammen etwas planten und wies seinen Gesandten an, die Augen offen zu halten. Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 L, f. 200, Friedrich II. an Keith, Königsberg, 8.6.1753. 322 Seine Abschiedsaudienz hatte er bereits im Oktober 1752 in Fontainebleau. Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 84, f. 63, Kaunitz an Ulfeld, Fontainebleau, 4.10.1752 und ebd., Karton 89, f. 1–2, Mareschal an Ulfeld, Paris, 2.1.1753. 323 Etwa ein Dreivierteljahr nach seinem Weggang aus Paris ließ er ihr über seinen zeitweiligen Stellvertreter in Paris, Mareschal, Grüße ausrichten (siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 84, f. 72v, Mareschal an Kaunitz, Paris, 11.10.1753) – möglicherweise nicht zufällig zu einer Zeit, da Madame de Pompadour, wegen der Konkurrenz durch die junge Mademoiselle O’Murphy, in großer Bedrängnis schien. 324 Kaunitz, Mémoire, 448: »Elle gouverne despotiquement.« 325 Siehe den entsprechenden Artikel von Hanns Schlitter in der ADB, Bd. 35, 471–473. Siehe zu Starhemberg auch den Artikel von Alfred Ritter von Arneth über Wenzel Anton Fürst von Kaunitz in der ADB, Bd. 15, 487–505, hier 490 ff. 326 Zu den »Prozessschwierigkeiten« der Gräfin Marsan siehe die so bezeichneten Unterordner in HHStA, Frankreich Varia, Karton 25. 327 In Starhembergs Instruktion zu Beginn wurden alle maßgeblichen Personen für die Außenpolitik charakterisiert. Madame de Pompadour zählte nicht dazu. Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 354 ff.

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schen Niederlanden ging328. Madame de Marsan stand am französischen Hof in besonderer Gunst, sie war die Gouvernante der königlichen Kinder und eine Vertraute der Madame de Pompadour. Bei ihrer Eheschließung 1736 hatte Madame de Marsan die Ländereien als Morgengabe erhalten, die der Generalprokurator von Brabant jetzt, nachdem die Niederlande wieder in den Besitz Österreichs gelangt waren, für die österreichische Krone beanspruchte. Starhemberg berichtete an Kaunitz, dass er bei seinem allerersten Besuch in Versailles, als alle Audienzen vorüber gewesen seien, zu Madame de Pompadour gegangen sei. Sie habe ihn sehr freundlich empfangen und sich ungeduldig nach Kaunitz erkundigt329. Seinen Brief, den er für sie dabei gehabt habe, habe er ihr aber erst überreichen können, als alle übrigen Diplomaten den Raum verlassen hatten330. Die Rechtsstreitigkeit, um die es in Kaunitz’ Brief ging und die schließlich einige Zeit später in einem Vergleich beigelegt wurde, war zunächst der einzige »Berührungspunkt« zwischen Starhemberg und Pompadour und bot den Anlass für mehrere Zusammentreffen zwischen beiden. Von einer engeren Verbindung zwischen ihnen ist in den Briefen Starhembergs aus den ersten Monaten nichts zu bemerken: Madame de Pompadour war nur sehr selten Gegenstand seiner Berichte. Erst im August 1755 schilderte Starhemberg ausführlich ein Ereignis, das die starke Position Madame de Pompadours unterstrich: Es ging um eine Auseinandersetzung Madame de Pompadours mit ihrer früheren Vertrauten, Madame d’Estrades, die in der Verbannung der Letzteren vom 328 Marie Louise Geneviève de Rohan-Soubise (* 1720, † 1803), Schwester des Maréchal de Soubise, erhob Anspruch auf die Besitzungen Walhain in Brabant, Flobecq und Lessines im Hennegau, und Ninove in Flandern. Zu den Besitzverhältnissen siehe im Einzelnen Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 359 ff. 329 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 92, f. 31–38, hier f. 31r–31v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 17.2.1754. »Dès le premier voyage que je fis à Versailles je fus après avoir pris toutes mes audiences faire ma cour à Madame de Pompadour, laquelle je trouvai avec Messieurs les ambassadeurs et ministres étrangers. Elle me reçut fort bien, et me demanda d’abord les nouvelles de Votre Excellence avec un air d’empressement qui faisait bien voir qu’elle en attendait; comme je ne jugeai pas à propos de lui remettre la lettre que j’avais pour elle en présence de tout le monde qui y était, je me bornai à lui répondre que Votre Excellence m’avait chargé de l’assurer de ses respects, qu’elle se portait très bien et se souvenait avec plaisir de ce pays et des bons traitements qu’Elle y avait reçus.« 330 Siehe ebd., Frankreich Varia, Karton 25, f. 103–108, Kaunitz an Pompadour, Wien, 29.11.1753 (Lettre à Madame la Marquise de Pompadour, à l’occasion du départ du Comte de Starhemberg à Paris. Sur le Procès intenté à Madame la Comtesse de Marsan par les gens du Rois aux Pays-bas, que le Comte de Starhemberg est chargé d’en suggérer le plus).

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Hof gipfelte331. Madame d’Estrades, geborene Elisabeth Catherine Huguet de Sémonville, war seit 1732 verheiratet mit Jean Charles, comte d’Estrades, einem Cousin von Charles Guillaume Le Normant d’Étiolles, dem früheren Ehemann der Madame de Pompadour332. Seit der Heirat Madame de Pompadours im Jahr 1741 hatte die beiden Frauen eine Freundschaft verbunden, die anfangs sehr eng gewesen sein muss – so erwähnt beispielsweise Luynes einmal ausdrücklich den offensichtlich ungewöhnlichen Fall, dass sogar Madame d’Estrades an einem Essen mit dem König nicht teilgenommen habe333. Nach wenigen Jahren aber folgte der Bruch: Madame d’Estrades versuchte, sich von ihrer mächtigen Freundin zu lösen, und wurde die Geliebte des Kriegsministers Voyer de Paulmy, comte d’Argenson, des wichtigsten Gegenspielers Madame de Pompadours im Conseil334. Im Verbund mit ihm versuchte sie 1752, ihre frühere Freundin Madame de Pompadour durch eine von ihr lancierte Kandidatin aus ihrer Rolle als Maîtresse en titre zu drängen335: Charlotte Rosalie de Romanet, die auserwählte Kandidatin, war eine Nichte der Madame d’Estrades, die dank der Vermittlung Madame de Pompadours 1751 den Comte de Choiseul-Beaupré geheiratet und durch die vorteilhafte 331 Siehe ebd., Frankreich Berichte, Karton 93, f. 75r–76r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 10.8.1755. »Madame d’Estrades, welche, wie Eurer Exzellenz vermuthlich bekannt, eine nahe befreundete der Madame de Pompadour ist, und durch sie nicht nur den Zutritt bei Hofe […], sondern noch dazu die sehr einträgliche charge de dame d’atour de Madame Adélaïde erhalten, seitdem sie aber bei Hofe ist, sich mit dem Comte d’Argenson in sehr genaue liaison eingelassen, und mit ihrer Baase und protectrice Madame de Pompadour auf eine sehr freche Art sich fast gänzlich zertragen hatte, ist vor einigen Tagen auf einmahl gantz gähling von Hofe weggeschafft und ihrer Stelle entsetzt worden.« Siehe auch Hours, Louis XV, 243 ff. 332 Zu den Verwandtschaftsverhältnissen siehe Rogister, John, Le petit groupe et le grand cercle de Madame de Pompadour à la Cour, in: Versalia 7 (2004) (Revue de la Société des amis de Versailles), 168–178, hier Tableau 2: Relations de Madame de Pompadour dans le clan Lenormant-d’Estrades-Romanet-Baschi. 333 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 7, 60, 14.9.1745: »Le Roi […] soupa hier seul ou en très petite compagnie; Mme d’Estrades même n’y était pas.« 334 Siehe beispielsweise Argenson (Sortais), Journal, Bd. 9, 55, 20.9.1752 und Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 10, 429, 30.8.1750: »Mme d’Estrades acquiert tous les jours du crédit de plus en plus; on prétend même que Mme de Pompadour la craint; mais crainte ou amitié, il est certain qu’elle peut beaucoup.« 335 Siehe Marmontel, Mémoires, Bd. 2, 24–27, der die Episode aus der Sicht des Sekretärs d’Argensons schildert, und Choiseul, Mémoires, 136 ff. Der Dienst, den Marquis de Stainville, der spätere Duc de Choiseul, Madame de Pompadour im Zusammenhang mit dieser Affäre erwies, und die darin begründete Dankbarkeit legten den Grundstein zu seiner späteren Karriere. Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 206 f. und 221. Siehe auch Lever, Pompadour, 199 ff.

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Eheschließung Zugang zum Hof und zu Ludwig XV. erhalten hatte. Ludwig XV. zeigte Interesse an der jungen Frau und begann ein Verhältnis mit ihr: Madame de Pompadour schien wieder einmal in Gefahr. Aus Ärger über eine Indiskretion seiner neuen Geliebten beendete jedoch Ludwig XV. die Beziehung zu ihr, und die Position Madame de Pompadours war wieder gesichert. Die Entfremdung zwischen Madame de Pompadour und Madame d’Estrades blieb. Am 7. August 1755 schließlich erhielt Madame d’Estrades eine Lettre de cachet, in der sie dazu aufgefordert wurde, ihr Amt als Dame d’atours niederzulegen und sich vom Hof zurückzuziehen336. Die Disgrâce kam für die meisten Beobachter zu diesem Zeitpunkt überraschend, denn die Intrige Estrades’ gegen Pompadour lag bereits drei Jahre zurück337. Starhemberg wertete die Disgrâce dennoch als verständliche Folge der Verärgerung der Pompadour338. Außer Zweifel stand für ihn, dass die Verbannung eine Machtdemonstration Madame de Pompadours gewesen sei. Ein weiteres Ereignis, das Starhemberg als Beleg für die starke Stellung Madame de Pompadour wertete, war ihre Ernennung zur Dame du palais surnommée der Königin einige Zeit darauf 339. Zugleich berichtete er von der Frömmigkeit, die sie neuerdings an den Tag lege: Sie habe einen Brief an ihren Ehemann verfasst, in dem sie ihn um Verzeihung gebeten habe, und führe außerdem seit einiger Zeit lange Gespräche mit dem Jesuitenpater Dominique de Sacy. Sie habe öffentlich an der Messe teilgenommen, und man erwarte sogar, dass der König in diesem Jahr Ostern feiern werde. Diese unerwarteten 336 Siehe Choiseul, Mémoires, 137 und Lever, Pompadour, 246. Siehe auch Hénault, Charles-Jean-François, Mémoires du Président Hénault, hrsg. v. François Rousseau, Paris 1911, 242. Président Hénault berichtet in seinen Memoiren davon, dass er Madame d’Estrades davon zu überzeugen versucht habe, ihren sinnlosen Kampf aufzugeben und die Überlegenheit der Pompadour anzuerkennen. Allerdings sei es zu diesem Zeitpunkt bereits zu spät gewesen. 337 Siehe Lever, Pompadour, 246. 338 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 75r–76r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 10.8.1755. »Es wollen einige solches als einen Vorboten de la disgrâce de Monsieur d’Argenson, andere als eine Probe, dass die Madame de Pompadour ein gegen sie gemachtes complot entdecket, und noch anderes vor ein weiß nicht was vor ein wichtiges Merckmahl ansehen, ich aber glaube, dass in der That nichts anderes hieran sei, als dass Madame de Pompadour über die Undankbarkeit und des bei allen Gelegenheiten gegen ihr gehabte üble Verfahren der Madame d’Estrades erbittert und endlich durch ihre gute Freunde und Rathgeber dahin veranlasset worden sein möge, sich von dieser fast durchgehends verhassten antagonistin zu befreien, welches auch gar nicht schwer gehalten hat, indem Madame Adelaide selbst sich ihrer gar nicht angenommen und auf den ersten Anwurf sogleich zu ihrer Entfernung eingewilliget hat.« 339 Siehe ebd., Karton 95, f. 1–2, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 16.2.1756.

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Ereignisse, so Starhemberg, hätten zu allerlei Vermutungen Anlass gegeben: Man wisse nicht, ob man sie als »Fall, Ungnade oder Abkühlung« oder im Gegenteil als »einen neuen Beweis des Crédit und ein Ansteigen der Gunst« werten solle. Starhembergs hielt letzteres für wahrscheinlich340. Etwa zur selben Zeit, im August 1755, erhielt der kaiserliche Diplomat die Anweisung aus Wien, das Projekt einer habsburgisch-bourbonischen Verhandlung wiederaufzunehmen. Um Frankreich ein Bündnis mit Österreich schmackhaft zu machen, solle man im Austausch gegen drei italienische Herzogtümer (Parma, Piacenza und Guastalla) dem Herzog Philipp von Parma341, Neffe und Schwiegersohn Ludwigs XV., die Herrschaft über einen Teil der Südlichen Niederlande und Luxemburg in Aussicht stellen342. Starhemberg entschied, dass der neuerliche Versuch über Madame de Pompadour laufen solle343. Kaunitz hatte ihm die Entscheidung freigestellt und ihm zwei mögliche Personen vorgeschlagen: den Cousin und Vertrauten Ludwigs XV., Prince de Conti, oder Madame de Pompadour344. In Wien wurden zwei Briefe aufgesetzt – der eine an Madame de Pompadour, der andere an den Prince de Conti adressiert. Der Botschafter sollte der Person seiner Wahl einen Brief geben, den anderen Brief sollte er vernichten345. Der Kaiserin schien Conti für ein Projekt mit einer solchen Tragweite zunächst geeigneter zu sein als Madame de Pompadour. Möglicherweise hatte Starhemberg von der geheimen Ratgeberrolle Contis bei Ludwig XV. berichtet346; möglicherweise wurde die 340 Ebd., f. 1v: »La grande question est de savoir si on doit envisager ceci comme une chute, disgrâce ou refroidissement, ou plutôt comme une nouvelle marque de crédit et d’augmentation de faveur. J’ai de bonnes raisons pour embrasser la dernière de ces opinions.« 341 Philipp (* 1720, † 1765), geboren als Infant Felipe von Spanien, Sohn Philipps V. von Spanien und dessen zweiter Frau Elisabetta Farnese. Seit 1749 Herzog von Parma, das seit dem Polnischen Erbfolgekrieg Teil der Habsburgermonarchie gewesen war. 342 Zu Argumentation und strategischen Überlegungen Kaunitz’ und der Kaiserin siehe Tapié, Victor Lucien, Maria Theresia. Die Kaiserin und ihr Reich, Graz / Wien / Köln 1980, 135 ff. 343 Zu den Verhandlungen im Vorfeld des Vertrags von Versailles siehe ausführlich Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, vor allem 397 ff. (Fünfzehntes Kapitel: Verhandlungen mit Frankreich). 344 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 230. Siehe auch Schilling, Kaunitz, 194  f., Braubach, Versailles und Wien, 426 und Tapié, Maria Theresia, 138. 345 Siehe ebd., 285, Anm. 24 und Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 394. 346 Siehe Braubach, Versailles und Wien, 428. Zur Rolle des Prince de Conti als Vertrauter des Königs und Rivale der Mätresse siehe in der vorliegenden Darstellung 214–227. (II.5.3. Die männliche Alternative zu Madame de Pompadour? Der Prince de Conti und das Secret du Roi).

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Kaiserin aber auch von moralischen Bedenken zurückgehalten, die Kaunitz ihr allerdings nehmen konnte. Starhemberg entschied sich letztlich für die Mätresse des Königs und rechtfertigte seine Wahl im Nachhinein indirekt, indem er wiederholte Male Contis schwache Stellung bei Hofe betonte: Der Prinz stehe »dermahlen nicht zum besten bei Hofe« und finde »Madame de Pompadour überall in seinem Weg.«347 Nachdem Starhemberg den ersten Anlauf über Madame de Pompadour gemacht hatte, ließ ihn die Kaiserin wissen, dass sie seine Entscheidung gutheiße: Hätte man die Mätresse übergangen, sei wohl Schaden zu erwarten gewesen348. Noch am selben Tag, an dem er die Instruktion aus Wien erhalten hatte, am 30. August 1755, erschien Starhemberg also bei Madame de Pompadour und überreichte ihr einen Brief der Kaiserin Maria Theresia, der an den König adressiert war, zusammen mit einem kurzen Begleitschreiben von Kaunitz an Madame de Pompadour selbst. Kaunitz teilte ihr darin mit, dass Starhemberg »Dinge von größter Wichtigkeit« dem König mitzuteilen habe. Diese Vorschläge, so Kaunitz, seien »der Art, dass sie nur auf dem Wege über jemanden, den [der Allerchristlichste König, Ludwig XV.] mit seinem ganzen Vertrauen ehre und den [Ludwig XV.] dem Grafen von Starhemberg nennen möge«349, zu verhandeln seien. Am folgenden Tag konnte Starhemberg nach Wien berichten, dass er »mit gehöriger Vorsichtigkeit« den »ersten Anwurf« bei Madame de Pompadour gemacht habe und dass dieser von ihr »sehr wohl aufgenommen« worden sei350. Gemäß dem Wunsch des Hofes in Wien gab

347 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 138v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 6.11.1755. Nach dem Vertragsabschluss unterstrich Starhemberg dieses Urteil und bekräftigte es bei verschiedenen Gelegenheiten: siehe ebd., Karton 95, f. 178v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 2.5.1756. »Le Prince de Conti est mal en Cour et surtout avec Madame de Pompadour, et je ne crois pas qu’on fasse jamais rien pour lui.« (Siehe auch Volz / Küntzel, Preußische und österreichische Acten, Nr. 82, 330 ff., hier 337.) 348 Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 551, Anm. 488, Maria Theresia an Starhemberg »[…] missbilligen wir keineswegs, dass du hiezu die Pompadour, so das größte Vertrauen des Königs besitzet, und wan man Sie gäntzlich vorbey gegangen hätte, am meisten geschadet haben dörffte, vorzüglich erwehlet hast.« 349 Ebd., 550, Anm. 482: »M. le Comte de Starhemberg a des choses de la dernière importance à proposer au Roi, et elles sont d’espèce à ne pouvoir être traitées que par le canal de quelqu’un que S.M.T.C. honore de son entière confiance et qu’Elle assignerait au Comte de Starhemberg.« 350 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 91r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 1.9.1755. »Gestern Abend habe den ersten Anwurf, jedennoch mit gehöriger Vorsichtigkeit, bei der Marquise de Pompadour gemacht, und ist selbiger sehr wohl aufgenommen worden. In 5 oder 6 Tagen hoffe ein mehreres berichten zu können.«

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die Marquise das zweite Schreiben, den Brief an Ludwig XV., an seinen Adressaten weiter351. Ludwig XV. bestimmte daraufhin den Abbé François Joachim de Pierre de Bernis zum Unterhändler der französischen Seite. Bernis war ein Protégé der Marquise, der eigentlich für den Posten des Botschafters in Madrid vorgesehen und im Begriff war, dorthin abzureisen352. Stattdessen wurde er von Madame de Pompadour über die Anfrage aus Wien und die Pläne des Königs, ihn zum Verhandlungsführer der französischen Seite zu machen, informiert353. Bernis sah das Angebot skeptisch. Er befürchtete, dass Frankreich ohne Bündnispartner dastehen werde, wenn es durch die Verhandlungen mit der Kaiserin leichtfertig das Vertrauen Preußens verspiele. Der König ließ seine Bedenken jedoch nicht gelten und wies ihn an, das Angebot Starhembergs »in Gegenwart der Madame de Pompadour, die nur an der ersten Besprechung teilnehmen sollte«354, entgegenzunehmen. Das erste geheime Treffen des Abbé de Bernis mit dem österreichischen Gesandten Starhemberg fand am 3. September 1755 in Babiole auf dem Gelände des Schloss Bellevue statt, das Madame de Pompadour gehörte355. Dem Wunsch des Königs entsprechend, war sie anwesend, als Starhemberg Bernis das Schreiben der Kaiserin vorlas, in dem der Vorschlag formuliert war, ein gemeinsames Bündnis einzugehen356. Bernis gab das Angebot an Ludwig XV. weiter, und die Verhandlungen kamen – wenngleich zögerlich – in Gang. Im 351 Der genaue Wortlaut des Briefes lautete: »Der Herr Graf von Starhemberg hat dem König äußerst bedeutsame Vorschläge zu machen, die derart sind, dass sie nur durch den Kanal eines Mannes verhandelt werden können, den Seine Allerchristlichste Majestät mit ihrem vollen Vertrauen beehrt und den Sie dem Grafen von Starhemberg bezeichnen möge.« Zitiert nach Braubach, Versailles und Wien, 428. 352 Bernis wurde von Ludwig XV. am 12. September 1755 zum Botschafter in Spanien ernannt, trat diesen Posten aber nie an. Dass Bernis, statt nach Madrid abzureisen, für die geheimen Verhandlungen mit Österreich vorgesehen war, deutete Starhemberg Kaunitz gegenüber schon einige Tage nach seinen ersten diesbezüglichen Gesprächen mit Mme de Pompadour an: »Es ist fast nicht zu zweifeln, dass Abbé de Bernis ihn [i.e. den französischen Botschafter in Madrid, Duc de Duras] abzulösen bestimmt sei, jedoch könnte es sich gar leicht fügen, dass ihme noch etwas besseres zu theil werden dörfte.« HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 97v–98r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 10.9.1755. 353 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 222 ff. (Kapitel XIV: Des ouvertures que fit la cour de Vienne au commencement de septembre 1755). 354 Ebd., 225. 355 Siehe dazu ebd., 229 ff. (Kapitel XV: De ma première conférence avec M. de Staremberg au commencement de septembre 1755). 356 Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 394 f.

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Laufe mehrerer weiterer Treffen, die wie das erste außerhalb des Schlosses von Versailles stattfanden357, arbeiteten die Repräsentanten der beiden Kronen schließlich die Bedingungen des Bündnisses aus358. Von Madame de Pompadour war während dieser Phase keine Rede mehr in den Berichten Starhembergs; ob sie an den Verhandlungen teilnahm, ist unklar. Auf Wunsch Bernis’ wurde ein Entwurf des Vertrages im November 1755 erstmals einem zu diesem Zwecke versammelten Comité secret vorgelegt359, das aus vier ausgewählten Mitgliedern des Conseils bestand, die nicht als ausgesprochene Freunde des alten Systems galten und alle Madame de Pompadour nahestanden: Machault d’Arnouville, Staatssekretär der Marine und Garde des sceaux, Séchelles, Contrôleur général des finances, Rouillé, Außenminister, und Staatsminister Saint-Florentin360. Im Januar 1756 berichtete Starhemberg, dass er für gewöhnlich einmal die Woche mit jedem der drei Minister Bernis, Rouillé und Séchelles über das geheime Projekt verhandle361. Auch Abbé de la Ville, Commis im Außenministerium, sei neulich ins Vertrauen gezogen worden und flöße Rouillé nun Zweifel ein, während Séchelles und Bernis sehr für das neue System seien362. Erst im Frühjahr 1756 und nachdem Bernis und Starhemberg gemeinsam den endgültigen Vertragstext der habsburgischbourbonischen Allianz ausgearbeitet hatten, wurden auch die übrigen Minister ins Vertrauen gezogen. Während in Wien also nur die Kaiserin, der Kaiser und Kaunitz informiert waren, gab es in Versailles noch bis November 1755 keine Mitwisser außer dem König, Madame de Pompadour und Abbé de Bernis. Graf von Starhemberg stand während der Zeit der Verhandlungen in intensiverem Kontakt mit dem Hof als zuvor. Das musste die Aufmerksamkeit vor allem seiner diplomatischen Kollegen hervorrufen, und so wurde in der 357 Duclos, Charles Pinot, Mémoires secrets sur le règne de Louis XIV, la régence et le règne de Louis XV, 2 Bde., Paris 1864, 265, gibt an, die Treffen hätten in einem Appartement im Palais de Luxembourg stattgefunden. Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 398, spricht davon, dass das zweite Treffen im Appartement des Abbé de Bernis im Tuilerienschloss, das dritte in Starhembergs Wohnhaus in Paris stattgefunden habe. Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 287, schließlich berichtet, er habe den Vertrag mit Starhemberg in einem Zimmer des Karmelitenklosters in Compiègne ausgearbeitet. 358 Zum Fortgang der Verhandlungen und den kritischen Punkten siehe Braubach, Versailles und Wien, 433 ff. 359 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 267. 360 Siehe Braubach, Versailles und Wien, 435. 361 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 1–10, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.1.1756; ebd., f. 11–30, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 22.1.1756 und ebd., f. 62r und 66v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 16.2.1756. 362 Siehe ebd., f. 16v–17r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 22.1.1756.

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Tat beispielsweise eine Reise an den Hof, die er, entgegen der Gewohnheit, am Freitag statt am Dienstag unternahm, mit Erstaunen registriert und von einigen Spekulationen über ihren möglichen Hintergrund begleitet363. Außerhalb der gewohnten Tage und Uhrzeiten konnte Starhemberg nicht, ohne solchen Spekulationen Raum zu geben, mit einem der Staatssekretäre sprechen, und auch an Dienstagen fielen besonders ausführliche Besprechungen sogleich auf und boten Gesprächsstoff364. Seine Zusammentreffen mit Bernis hingegen seien immer »geheim,« so Starhemberg. Nur mit der Hilfe des Abbé seien die Verhandlungen überhaupt zu Ende zu führen, denn er habe über Madame de Pompadour den direkten Zugang zum König und genieße dessen Vertrauen. In den folgenden Monaten setzte er sich deshalb für den Verbleib des Abbé in Versailles ein. Sein Weggang nach Madrid, der ja eigentlich beschlossene Sache war, wäre, so Starhemberg, »ein Ereignis, das dem Wohl unserer Verhandlungen sehr zuwiderlaufe«365. Die Frage nach Bernis’ Zukunft blieb zunächst lange Zeit ungeklärt. Nachdem jedoch Starhemberg und Pompadour sich beim König für seinen Verbleib in Frankreich eingesetzt hatten, wurde Abbé de Bernis letztlich nicht nach Spanien entsandt, sondern am 2. Januar 1757 als Ministre d’État in den Conseil berufen366. Am 28. Juni 1757 ernannte ihn Ludwig XV. außerdem zum Staatssekretär des Auswärtigen. Nachdem bekannt geworden war, dass sich Preußen und England am 16. Januar 1756 im Vertrag von Westminster verbündet hatten, was man in Versailles mit Empörung und Betroffenheit aufnahm367, war man von franzö363 Siehe ebd., f. 1v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.1.1756. »J’ai appris que le voyage que j’avais fait à Versailles le 26 du mois passé qui était un vendredi, jour auquel (comme Votre Excellence le sait) les ministres étrangers n’ont pas coutûme de se rendre à la Cour, avait été su de tout le monde, et avait fait le sujet d’une infinité de conjectures et de raisonnemens sur le motif qui pouvait y avoir donné lieu.« 364 Siehe ebd., f. 3v–4r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.1.1756. 365 Ebd., f. 122r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 11.3.1756. »Je regarderais ce départ comme un événement très contraire au bien de notre négociation, laquelle ne pourra guère être amené à sa fin, si elle passe en d’autres mains que celles de l’Abbé de Bernis qui par le moyen de Madame de Pompadour possède toute la confiance du Roi, qui est homme d’esprit, juste, très au fait des intérêts des princes, et – ce qui fait beaucoup – intéressé personnellement à la réussite de notre affaire qu’il regarde comme son propre ouvrage.« 366 Siehe ebd., Karton 98, f. 3, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.1.1757. Siehe auch Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 312. 367 Erste Gerüchte hinsichtlich eines bevorstehenden Bündnisabschlusses zwischen Preußen und Großbritannien vermerkte Starhemberg erstmals Anfang Januar 1756: Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 9r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.1.1756.

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sischer Seite aus entschlossen, die Verhandlungen mit Österreich möglichst rasch zum Abschluss zu bringen368. In fast täglichen Beratungen in Paris arbeiteten Bernis und Starhemberg, gelegentlich in Gegenwart Rouillés, die letzten Einzelheiten des Neutralitätsvertrags aus369. Am 1. Mai 1756 wurde der Traité de Versailles im Schloss Jouy, einer Besitzung des Außenministers Rouillé, von Rouillé und Starhemberg unterzeichnet. Die Vertragspartner vereinbarten die Neutralität der südlichen Niederlande, sie sicherten sich gegenseitig die Wahrung ihrer Besitzungen zu und versprachen sich in einem geheimen Zusatz die Bereitstellung von 24.000 Mann für den Fall, dass einer der Vertragspartner angegriffen würde. Friedrich II. rechnete nach Abschluss des Versailler Vertrags, dessen genauer Inhalt ihm nicht bekannt war, mit einem baldigen Angriff Österreichs. Um diesem Angriff zuvorzukommen, ließ er seine Truppen Ende August 1756 in Sachsen einmarschieren und Dresden besetzen. Damit begann der Siebenjährige Krieg auf dem europäischen Kontinent. Hatte Starhemberg die Marquise de Pompadour in den Monaten vor der Unterzeichnung des Vertrags in seinen Briefen nur sehr selten erwähnt, so wurde der Kontakt zwischen beiden in der zweiten Jahreshälfte 1756 intensiver. Bezeichnend für diese Entwicklung war die Aufforderung Madame de Pompadours, Starhemberg solle ihr, wann immer es ihm angenehm sei, Besuche abstatten370. Kurze Zeit später bekräftigte sie ihr Angebot noch einmal und machte deutlich, dass sie Starhemberg damit ein besonderes Vorrecht einräume – nachdem sie zuvor die Erlaubnis des Königs eingeholt habe371. Starhemberg kam der Einladung Madame de Pompadours nach. Der österreichische Minister verbrachte viel Zeit am Hof, er fuhr häufig außerhalb der üblichen Zeiten dorthin und berichtete von langen Unterredungen, die er mit Madame de Pompadour habe und in denen sie ihn immer wieder ihrer Unterstützung für die gemeinsame Sache versichere372. Starhemberg versprach 368 Starhemberg nutzte bewusst die erste Empörung, um für den raschen Abschluss seines Projekts zu werben. Siehe ebd., f. 48r–51v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, Januar 1756. 369 Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 442. 370 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 234v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 14. und 18.6.1756. »Elle m’a dit qu’elle me verrait en particulier toutes les fois que je le demandais, qu’il fallait se parler souvent, s’expliquer en tout avec franchise et surtout ne point perdre de temps, et hâter autant que possible la conclusion et l’exécution de nos arrangements.« 371 Siehe ebd., f. 169r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 2.5.1756. 372 Siehe beispielsweise ebd., f. 119r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.6.1756. »Ich habe vorigen Sonntag eine sehr lange Unterredung mit der Pompadour gehabt […]. Im übrigen hat sie aber mir die bündigste Versicherungen der hiesigen Aufrichtigkeit und des Verlangens zu Schließung des Hauptwerks zu erkennen gegeben.« Siehe auch ebd., Karton 95, f. 184, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 2.5.1756. »Madame de

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sich von seinen »sehr geheimen« Treffen mit Madame de Pompadour einen unmittelbaren Nutzen: Er wollte die neue Allianz konsolidieren und zählte Madame de Pompadour zu dem Kreis von »Personen, die wir am nötigsten brauchen und die am vorteilhaftesten für den Erfolg unserer Angelegenheit eingestellt sind.«373 Starhemberg war überzeugt, dass man ohne sie den Vertrag nicht hätte abschließen können. Er bat deshalb Kaunitz ausdrücklich darum, ihm ein Dankschreiben für Madame de Pompadour zukommen zu lassen: »Es ist gewiss, dass sie es ist, der wir alles zu verdanken haben und dass sie es ist, von der wir für die Zukunft alles erwarten dürfen. Sie will, dass man sie schätzt, und sie verdient es in der Tat. Ich werde sie häufiger sehen und in vertraulicherem Rahmen, wenn unser Bündnis kein Geheimnis mehr sein wird, und ich möchte gern für diese Zeit Dinge haben, die ich ihr sagen kann und die ihr persönlich schmeicheln.«374

Kaunitz entsprach Starhembergs Bitte und verfasste einige Zeit später ein handschriftliches Schreiben für die Marquise de Pompadour, das er dem Kurier zusammen mit den Instruktionen für Starhemberg nach Frankreich mitgab und in dem er sich für den Eifer bedankte, den Madame de Pompadour bislang im Dienste der gemeinsamen Sache an den Tag gelegt habe375. Seither tauschten Madame de Pompadour und Kaunitz in unregelmäßigen Abständen Briefe aus, in denen sie sich gegenseitig ihres Engagements für das gemeinPompadour est enchantée de la conclusion de ce qu’elle regarde comme son ouvrage, et m’a fait assûrer qu’elle ferait de son mieux pour que nous ne restions pas en si beau chemin.« (Siehe auch Volz / Küntzel, Preußische und österreichische Acten, 337.) 373 Ebd., f. 227r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 14. und 18.6.1756. »Ce sont là à peu près les personnes dont nous avons le plus besoin et qui sont les mieux intentionnées pour la réussite de notre affaire.« 374 Ebd., f. 214, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.5.1756. »Il est certain que c’est à elle que nous devons tout, et que c’est d’elle que nous devons tout attendre pour l’avenir. Elle veut qu’on l’estime, et elle le mérite en effet. Je la verrai plus souvent et plus particulièrement, lorsque notre alliance ne sera plus un mystère, et je voudrais avoir pour ce temps là des choses à lui dire qui la flattâssent personnellement.« In ähnlicher Weise äußerte sich Starhemberg auch einige Monate später: Ebd., Karton 95, f. 68r, Starhemberg an Kaunitz, Fontainebleau, 2.11.1756. »[C]’est uniquement ou du moins principalement à [Messieurs de Bernis et de Belle-Isle] et à Madame de Pompadour que nous avons l’obligation de tout ce qui s’est fait en bien ici jusqu’à présent, qu’il n’a pas tenu à eux qu’on n’ait fait beaucoup mieux encore, et que nous leur devons tout ce que nous pouvons espérer d’obtenir encore par la suite.« 375 Siehe ebd., Frankreich Varia, Karton 28, f. 1–3, Kaunitz an Pompadour, Wien, 9.6.1756 (Copie de la lettre de propre main de S.E. Mgr le chancelier d’État à Madame la Marquise de Pompadour). »Madame. L’on doit absolument à votre zèle et à votre sagesse, Madame, tout ce qui a été fait jusqu’ici entre les deux Cours.«

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same Bündnis versicherten376 – stets ermuntert durch Starhemberg, der wusste, dass Madame de Pompadour alle Briefe dem König vorzulegen pflegte377. Am Jahrestag des ersten Vertrags, am 1. Mai 1757, wurde in Versailles der zweite habsburgisch-bourbonische Vertrag unterzeichnet, auf den Kaunitz hingearbeitet hatte und der als Offensivvertrag den ersten Versailler Vertrag ergänzen sollte. In ihm wurde vereinbart, dass Frankreich Österreich 130.000 Mann zur Verfügung zu stellen habe. Außerdem sagte die französische Krone Österreich eine einmalige Zahlung von 12 Millionen Gulden zu und verpflichtete sich, den Krieg nicht zu beenden, bevor Schlesien und Glatz wieder an Österreich gegangen seien. Erst in diesem Fall trat die Gegenleistung Österreichs ein: der Abtritt der Herrschaft über mehrere Städte in den Österreichischen Niederlanden. Auch dieser Vertrag war das Ergebnis intensiver Verhandlungen, die vor allem von Starhemberg und Bernis geführt worden waren, unter anderem während des Sommeraufenthaltes des Hofes in Compiègne378. Zwei Tage nach Unterzeichnung des Zweiten Versailler Vertrags vermerkte Starhemberg dennoch wiederum ausdrücklich, dass auch der neuerliche Vertrag auf Madame de Pompadour zurückgehe379. In Wien war man angesichts dieser Versicherungen entschlossen, Madame de Pompadour und den anderen Beteiligten am Vertrag seine Dankbarkeit in Form von kostbaren Geschenken zu bekunden. Bernis erhielt einen Ring und eine goldene, mit Edelsteinen besetzte Dose mit dem Porträt der Kaiserin, 376 Siehe ebd., Karton 25, f. 73r–v, Pompadour an Kaunitz, Paris, 7.9.1756. »C’est avec grande satisfaction, Monsieur, que je vous fais mes compliments, sur la réussite des traités conclus, entre l’Impératrice Reine et le Roi. Je suis sensiblement touchée de la justice, que Leurs Majestés Impériales veulent bien me rendre, et des bontés, dont elles daignent m’honorer. Mon zèle en augmenterait s’il etait possible, mais les preuves que j’en ai sonné, vous ont appris, Monsieur, qu’il n’y peut rien ajouter. J’ai toujours un plaisir nouveau, en vous renouvellant les assurances, de tous les sentiments, avec lesquels je ne cesserai d’être, Monsieur, votre très humble et très obéissante servante Jeanne de Pompadour. Ce portrait que vous avez désiré est enfin achevé. Mandez-moi le moment que vous croyez convenable pour vous l’envoyer.« Siehe auch ebd., Karton 28, f. 4–5, Kaunitz an Pompadour, Wien, 10.10.1756 (Copie de la lettre de S. Excell. Mgr. Le Grand Chancelier à Madame la Marquise de Pompadour). 377 Siehe ebd., Frankreich Berichte, Karton 98, f. 185, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 27.5.1757. »Da sie übrigens die von Eurer Exzellenz erhaltenen Schreiben dem König immer vorzulegen pfleget, […].« 378 Siehe ebd., Karton 95, f. 5r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.8.1756. 379 Siehe ebd., Karton 99, f. 117, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.5.1757. »Si la besogne que nous avons faite est bonne, comme je l’espère, c’est à elle que nous en devons certainement en grande partie l’obligation, et je ne doute pas que Votre Excellence ne lui fasse connaître par sa réponse que nous en sommes convaincus.«

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Rouillé bekam ebenfalls eine Dose mit dem Porträt der Kaiserin380. Hinsichtlich des Geschenks für Madame de Pompadour war man in Wien unsicher und fragte bei Starhemberg nach381, der daraufhin durch seinen Sekretär ein vierseitiges Schreiben aufsetzen ließ, in dem detailliert ausgeführt wurde, wie ein solches Geschenk beschaffen sein solle382. Starhemberg schlug ein »tragbares Schreibpult« aus lackiertem Holz vor und fügte eine entsprechende Entwurfzeichnung seiner Postsendung bei. Er erläuterte die Funktionen dieses Gerätes, »dessen sich die Damen in Frankreich für gewöhnlich bedienen, um zu schreiben,« und machte genaueste Angaben darüber, wie das für die Mätresse herzustellende Gerät beschaffen sein solle: Es solle über vergoldete Scharniere verfügen, mit Diamanten besetzt und mit einem Porträt der Königin verziert sein383. Den Gesamtpreis des Geschenks, den Starhemberg auf etwa 4000 Dukaten veranschlagt hatte, fand man in Wien zu gering. Man ermächtigte ihn, bis zu 6000 Dukaten auszugeben384. Die Anfertigung des Geschenks verzögerte sich, und erst im August 1758 sandte Starhemberg das 380 Siehe Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 5, 153. 381 Ebd., 493, Anm. 197 (Kaunitz an Starhemberg, 18.7.1757). »So sind dan Ihre May. entschlossen, der Mad. Pompadour ein Andenken zu überschicken, wan man nur wuste, was am angenehmsten sein dörfte. Ihre May. verlangen also Euer Hochgeboren Vorschlag zu vernehmen, ob das Praesent in Geld, oder in einer Dose mit I.M. Portrait, oder in indianisch laquirten Sachen, deren man hier einen schönen Vorrath hat, oder aber in Geschmuck zu bestehen habe.« 382 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 98, f. 1–4, Paris, 1.9.1757. Einem Schreiben Starhembergs (f. 2–3) an Kaunitz beiliegend, Abhandlung über das Geschenk, wohl verfasst von seinem Sekretär (Khevenhüller). 383 Siehe ebd., f. 1v. »On pense que l’écritoire devrait être en lacq avec des serrures et charnières en or bien travaillé, et des bordures, pareillement en or avec des moulures dans un goût élégant et riche. […] [I]l serait à désirer qu’il fût pour ainsi dire unique et supérieur à tout ce qu’on a vu ici jusqu’à présent.« Starhembergs Sekretär Khevenhüller führt weiter aus (ebd., f. 4r): »Comme néanmoins ce présent ne serait pas assez riche et que d’ailleurs Monsieur de Starhemberg est persuadé que rien ne ferait tant de plaisir à Madame de Pompadour et par ce moyen au Roi même que le portrait de Sa Majesté, il propose de mettre au dedans de l’écritoire (à l’endroit où il est marqué dans le modèle), un portrait de la grandeur que Sa Majesté jugerait Elle-même à propos de déterminer. Ce portrait devrait être garni des diamants pour le prix et la valeur que Sa Majesté pourrait également déterminer.« 384 Im Juli 1757 kam Starhemberg noch einmal auf das Geschenk für die Pompadour zu sprechen und veranschlagte für das von ihm zu besorgende bijou (dessen Maße er anschließend für die Anfertigung des Porträts an den Wiener Hof weitergeben werde) einen Kaufwert von mindestens 4000 Dukaten. Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 3, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 27.7.1757. Siehe auch ebd., Frankreich Weisungen, Karton 102, f. 9, Kaunitz an Starhemberg, Wien, 6.8.1757 und ebd., f. 25–26, Kaunitz an Starhemberg, Wien, 7.10.1757.

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fast fertige Geschenk von Paris nach Wien, damit man es dort begutachte. Am 1. Februar 1759 berichtete Starhemberg, dass er Madame de Pompadour das Geschenk zusammen mit einem Brief des Grafen von Kaunitz überreicht habe385. Madame de Pompadour habe sich sehr geschmeichelt gezeigt und sei, ebenso wie der König, über die Maßen erfreut gewesen. Für das von Starhemberg überreichte Geschenk bedankte sich Madame de Pompadour, nachdem sie zuvor die Erlaubnis Starhembergs eingeholt hatte386, handschriftlich in einem Schreiben an die Kaiserin, in dem sie sie ihrer großen Bewunderung und ihres großen Respekts für sie versicherte: »Gnädige Frau, darf ich hoffen, dass Eure Majestät gütigst meinen demütigen Dank für das unschätzbare Porträt entgegenzunehmen geruhen. Wenn es genügte, dass man, um sich dieses kostbaren Geschenks würdig zu erweisen, bis auf den Grund seiner Seele von Bewunderung für die Anmut und heroischen Tugenden Eurer Majestät durchdrungen ist, dann ist wohl niemand würdiger als ich, und ich wage hinzuzufügen, dass keiner der Untertanen Eurer Majestät diese seltenen und sublimen Qualitäten aufrichtiger zu ehren weiß als ich. […] Eurer Kaiserlichen Majestät demütige und gehorsame Dienerin Jeanne de Pompadour.«387

Dass Madame de Pompadour ein Geschenk vom Wiener Hof erhielt, war als besondere Ehre zu betrachten, wie aus den späteren Äußerungen Starhembergs hervorgeht. Nach Unterzeichnung des dritten und vorerst letzten Vertrags zwischen Versailles und Wien am 30. Dezember 1758388 beschied 385 Siehe ebd., Frankreich Berichte, Karton 106, f. 7r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 1.2.1759. Siehe auch Khevenhüller-Metsch, Rudolf Graf von / Schlitter, Hanns (Hrsg.), Aus der Zeit Maria Theresias: Tagebuch des Fürsten Johann Josef KhevenhüllerMetsch, Bd. 1 bis 7: Wien und Leipzig 1907–1925, Bd. 8: Wien 1972, hier Bd. 5, 84, Wien, 12.1.1759. 386 HHStA, Frankreich Varia, Karton 28, f. 12r, Kaunitz an Pompadour, Wien, 11.1.1759. 387 Ebd., f. 1–3, Pompadour an Maria Theresia, Versailles, 28.1.1759. Der Brief lautete vollständig: »Madame. M’est-il permis d’espérer que Votre Majesté Impériale daignera recevoir avec bonté mes très humbles remerciements, et les expressions de la respectueuse reconnaissance dont je suis animée, pour l’inestimable portrait qu’elle m’a fait remettre. S’il ne fallait, Madame, pour mériter ce don précieux, qu’être pénétrée jusqu’au fond de l’âme de l’admiration pleine d’enthousiasme qu’inspirent les grâces séduisantes et les vertus héroïques de Votre Majesté Impériale personne sans exception n’en serait plus digne que moi. J’ose ajouter, qu’il n’est point de sujets de Votre Majesté Impériale, qui rende un hommage plus sincère à ces rares et sublimes qualités. […] De Votre Majesté Impériale, Très humble et très obéissante servante Jeanne de Pompadour.« Deutsche Übersetzung siehe Tapié, Maria Theresia, 286 f. (Anhang). 388 Der dritte Vertrag modifizierte die Vereinbarungen des zweiten Vertrags von 1757. Frankreich sagte Hilfstruppen in der Stärke von 24.000 Mann oder Geldmittel in der

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Starhemberg die Anfrage Kaunitz’, ob man dem neuen Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Choiseul, ein Geschenk überreichen solle, negativ und begründete dies mit den Worten, dass eine Aufmerksamkeit nach geschlossenen Verträgen in Frankreich noch keineswegs – »wie beispielsweise in Russland« – übliche Praxis sei389. Schon früher, 1752, war in anderem Zusammenhang die Rede davon gewesen, dass man den französischen Staatssekretären Geschenke überreichen könne – damals allerdings hatte Kaunitz diesen Vorschlag der Kaiserin abgelehnt, denn, so argumentierte er, wenn man ihnen etwas zukommen lasse, sei es ratsam, auch »eine weitere Person« bedenken: Madame de Pompadour. Sicherlich würde dies den König verpflichten390. Letztlich sprach sich Kaunitz jedoch dafür aus, der Einfachheit halber nur dem König selbst ein Geschenk zukommen zu lassen. Zur gleichen Zeit hatte Kaunitz deutlich gemacht, dass er es für ratsam hielte, wenn Maria Theresia nicht zu viele Briefe in ihrem eigenen Namen schreibe: Sie verlören sonst an Wert391. Angesichts dieser Sichtweise des Grafen von Kaunitz ist davon auszugehen, dass er der Kaiserin auch davon abgeraten haben wird, direkt an Madame de Pompadour zu schreiben. Dennoch kursierten seit der Unterzeichnung des ersten Versailler Vertrags Gerüchte, nach denen Madame de Pompadour und Maria Theresia in regelmäßigem Briefkontakt stünden392. Der Informant, der Höhe von 3,5 Millionen Gulden zu, und es verpflichtete sich, 100.000 Mann zum Schutz der Kaiserin im Reich zu stationieren. Als Gegenleistung war jedoch keine Rede mehr von Besitzungen in den südlichen Niederlanden, es ging nur noch um Parma und Piacenza. Man traf die Vereinbarung, keinen Frieden und Waffenstillstand ohne vorherige Absprache zu unterzeichnen. 389 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 106, f. 9r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.6.1759. »Je ne vois pas la nécessité d’un présent à faire à Mr le Duc de Choiseul par rapport à la signature du nouveau traité. Cet usage n’est pas encore établi ici comme il l’est en Russie, et je crois qu’il est bon à beaucoup d’égards qu’il ne s’établisse pas.« 390 Ebd., Frankreich Varia, Karton 22, f. 16v, Kaunitz an Koch, Paris, 20.11.1752. »Il y a une personne encore à laquelle il serait peut-être pour le moins aussi utile d’en donner qu’à qui que ce soit. Mais ce ne pourrait être qu’en mon nom, et en prenant les détours que je sais, pour que cela ne fasse point de bruit. Il est certain que cela obligerait le roi.« 391 Siehe ebd., f. 77r, Kaunitz an Koch, Paris, 9.3.1752. »En général, je pense que les lettres des souverains doivent être réservées pour certaines grandes occasions; pour peu qu’elles deviennent plus fréquentes, elles perdent leur valeur, et sont sujettes même à beaucoup d’inconvénients.« In diesem Fall ging es um die Frage, ob Maria Theresia einen Brief an den englischen König schreiben solle. 392 Tapié, Maria Theresia, 286 f., widmete der Frage, ob und wenn ja: wie oft Madame de Pompadour und die Kaiserin sich geschrieben hätten, einen umfangreichen Anhang im Anschluss an den Fußnotenapparat des Kapitels »Bündnis mit Frankreich und Siebenjähriger Krieg.«

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die britische Regierung seit 1755 mit Nachrichten aus Versailles versorgte, berichtete noch kurze Zeit vor der Übergabe des Geschenks, Starhemberg habe Pompadour zahlreiche handschriftliche Briefe der Kaiserin überbracht, in denen Maria Theresia die Mätresse des Königs als »meine Cousine« anspreche – sie beflecke damit die Ehre des Hauses Habsburg und lasse allen kaiserlichen Stolz vermissen393. Zudem sei bekannt geworden, dass Maria Theresia der Madame de Pompadour ihr großes Vertrauen bezeugt und ihr zu verstehen gegeben habe, dass sie die Wahrung ihrer Besitzungen allein ihr verdanke. Madame de Pompadour zeige die entsprechenden Briefe stolz vor394 und fühle sich durch sie dem Wiener Hof in besonderer Weise verbunden395. Auch Wilhelmine von Bayreuth, der Schwester Friedrichs II. von Preußen, kamen die Gerüchte zu Ohren, und sie empörte sich über diesen »Abgrund an Gemeinheit«396. Das Verhältnis Maria Theresias zu Madame de Pompadour war zwiespältig. Im Sommer 1759 berichtete zwar der neue französische Botschafter in Wien, der Comte de Choiseul-Praslin, dass Maria Theresia ihn sehr freundlich empfangen habe und sich nach dem französischen König, seiner Familie und auch nach Madame de Pompadour erkundigt habe, die sie sehr schätze397. Außerhalb der französisch-habsburgischen Beziehungen jedoch war Maria 393 Von einem souveränen Fürsten oder einer souveränen Fürstin als »Cousin« oder »Cousine« bezeichnet zu werden, kam einer besonderen Ehre gleich und war in der Regel besonders hohen Adligen vorbehalten: »Le titre de cousin était donné par le roi, dans ses lettres, aux princes du sang, aux cardinaux, aux ducs et pairs, aux maréchaux, aux grands d’Espagne, à quelques seigneurs du royaume.« Siehe Marion, Marcel, Dictionnaire des institutions de la France aux XVIIe et XVIIIe siècles, Paris 1923, 158. 394 Siehe BL Add. Ms. 32886, f. 452, Intelligence Paris, 24.12.1758. 395 Siehe ebd., Add. Ms. 32873, f. 372, Intelligence Paris, 24.8.1757. 396 Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 409, Wilhelmine an Friedrich II., Dezember 1757. »Die Kaiserin schreibt mit jeder Post an die Mätresse und nennt sie »Liebe Freundin«; diese antwortet mit »Schöne Königin.« Welch ein Abgrund an Gemeinheit!« – Friedrich II. – ohnehin gegen Madame de Pompadour eingenommen – ließ sich von den Behauptungen inspirieren und verfasste ein Jahr später seine Satire mit dem Titel »Lettre de la Marquise de Pompadour à la Reine de Hongrie«. Siehe Preuss, Œuvres de Frédéric le Grand, Bd. 15, 89 ff. Friedrich erwähnt diese Schrift in einem seiner letzten Briefe an Wilhelmine vor dessen Tod im Oktober 1758. Siehe Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 445 f., Nr. 591, Friedrich II. an Wilhelmine, GroßDobritz, 10.9.1757. Seine Schrift legte er auch einem Schreiben an Luise Dorothea von Sachsen-Gotha bei: Siehe Cotoni, Correspondance, 170. 397 AE, Corr. pol., Autriche 272, f. 328r–330r, hier f. 329v, Praslin an Louis XV, 3.7.1759. »Cette princesse m’a encore demandé, Sire, des nouvelles de toute la famille royale, de plusieurs de vos ministres et de Madame de Pompadour, pour qui elle m’a témoigné une estime et une amité véritable, elle a ajouté après avoir fait son éloge, ce n’est pas à

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Theresia im Nachhinein sehr daran gelegen, klarzustellen, dass sie Madame de Pompadour keinen Brief geschrieben habe und dass Österreich insgesamt nur soweit unbedingt notwendig auf die Hilfe der Mätresse zurückgegriffen habe. 1763 leugnete Maria Theresia in einem Brief an Maria Antonia, Kurfürstin von Sachsen398, sogar jeden weiter gehenden Kontakt mit Madame de Pompadour: »Sie irren sich, wenn Sie glauben, dass wir jemals Verbindungen mit der Pompadour hatten; niemals ist ein Brief oder ein Geschäft unseres Ministers durch ihre Vermittlung gegangen. Sie haben ihr, wie alle anderen, den Hof machen müssen, aber nie herrschte irgendwelche Intimität, diese Mittelsperson hätte mir nicht zugesagt. Ich habe ihr im Jahre 1756 (sic) ein mehr galantes als prächtiges Geschenk gemacht, und zwar mit Erlaubnis des Königs, und halte sie nicht für fähig, anders welche anzunehmen.«399

Maria Antonia, die mit Friedrich Christian, dem Bruder der französischen Dauphine Maria Josepha verheiratet war, hatte zuvor Maria Theresia darum gebeten, ein gutes Wort bei Madame de Pompadour für sie einzulegen, denn sie war auf das Wohlwollen der französischen Krone angewiesen, und um jenes zu erlangen, so Maria Antonia, »sagt man, dass es unerlässlich sei, die Pompadour auf seiner Seite zu wissen«400. Diesen Gefallen erwies ihr Maria Theresia nicht – offensichtlich wollte sie vermeiden, mit Madame de Pompadour in Verbindung gebracht zu werden. Dabei hatte die Kaiserin nach Ansicht ihcause de l’obligation que je lui ai d’avoir contribué à notre alliance, c’est une justice que je rends à son mérite.« Zitiert nach Externbrink, Friedrich der Große, 276. 398 Zu Maria Antonia und ihren »politischen Ambitionen« siehe Fleig, Anne, »Entre souverains ce n’est pas le sexe qui décide.« Höfische Selbstinszenierung und Geschlechterrollen, in: Weckel, Ordnung, Politik und Geselligkeit, 41–63. 399 Walter, Friedrich (Hrsg.), Maria Theresia. Briefe und Aktenstücke in Auswahl, Darmstadt 1968, 185, Nr. 161, Maria Theresia an Maria Antonia Kurfürstin von Sachsen, Wien, 10.10.1763. Französisches Original zitiert bei Lippert, Woldemar (Hrsg.), Kaiserin Maria Theresia und Kurfürstin Maria Antonia von Sachsen. Briefwechsel 1747– 1772, Leipzig 1908, 185: »Vous vous trompez si vous croyez que nous avons jamais eu des liaisons avec la Pompadour, jamais une lettre, ni que notre ministre ait passé par son canal, ils ont dû lui faire la cour comme tous les autres, mais jamais aucune intimité. Ce canal n’aurait pas convenu, je lui ai fais un présent plutôt galant que magnifique l’année 1756 et avec la permission du roi, je ne la crois pas capable d’en accepter autrement.« 400 Ebd., 182, Nr. 116, Maria Antonia an Maria Theresia, Dresden, 7.10.1763. »Mais comme la France pourra être utile et qu’on dit qu’il est indispensable de gagner la Pompadour, ce dont je ne puis trouver le moyen, n’étant en aucune liaison avec elle et n’osant même y entrer directement à cause de la Dauphine, j’oserais supplier Votre Majesté de s’employer à me la rendre favorable.«

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res Biographen von Arneth zur Anbahnung des gewünschten Vertrags keine andere Wahl gehabt, als sich Madame de Pompadours zu bedienen: Am französischen Hof, so Arneth, vermochte man »nur mit Hülfe der Maitressen des Königs […] politische Zwecke zu erreichen.« Sich dieser Methode aufgrund von »Gewissensscrupel[n]« zu entziehen, wäre naiv gewesen401. Unbestritten ist, dass Maria Theresia Madame de Pompadour viel zu verdanken hatte und sich dessen durchaus bewusst war: Sie entlohnte ihre Hilfe sehr großzügig – ein Hinweis darauf, als wie entscheidend sie sie einschätzte. Insgesamt hatte Maria Theresia der Schreibtisch, den sie der Mätresse des französischen Königs hatte schicken lassen, 77.278,19 livres gekostet, etwa 30.911 florins402. Als »ein sehr schönes und kostbares Schreibpult aus Lack«403 wurde er 1765, nach dem Tod der Mätresse, zusammen mit weiteren Möbelstücken aus ihrem Pariser Wohnhaus (dem heutigen Élysée-Palast) versteigert. Neben Madame de Pompadour hatte im Rahmen der Verhandlungen zum Renversement des alliances vor allem Joachim François de Bernis eine große Rolle gespielt404. Abbé de Bernis war seit vielen Jahren der engste Vertraute der Mätresse und verdankte die Rolle, die ihm in den Verhandlungen zukam, seiner Gönnerin Pompadour. Im Juli 1756 bezeichnete Starhemberg Bernis als denjenigen, »der durch seine Verbindung mit Madame de Pompadour, und die Wertschätzung, die sie ihm entgegenbringt, notwendigerweise zum Vertrauensmann beider Seiten werden musste und zu demjenigen, durch den wir die so notwendige Verbindung mit Madame de Pompadour unterhielten, mit der ich nicht häufig unter vier Augen sprechen konnte […].«405

401 Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 503. 402 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 106, f. 90, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 25.2.1759. 403 Cordey, Jean (Hrsg.), Inventaire des biens de Madame de Pompadour rédigé après son décès, Paris 1939, XXII (»une très belle et riche écritoire de laque«). 404 Siehe die Biographie von Desprat, Le cardinal de Bernis. 405 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 288, Starhemberg an Kaunitz, Compiègne, 18.7.1756: »[…] et qui enfin par sa liaison avec Madame de Pompadour et par l’estime qu’elle en faisait devenait nécessairement l’homme de confiance des deux parties et celui par lequel nous entretenions la communciation si nécessaire avec Madame de Pompadour, à qui je ne pouvais parler souvent en particulier et qu’il importait beaucoup de faire informer de tout ce qui avait rapport à notre grande affaire par quelqu’un sur qui elle comptât, et sur qui l’on pût compter.« (Siehe auch Volz / Küntzel, Preußische und österreichische Acten, 477.)

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Madame de Pompadour wiederum sei auf den Rat des Abbé de Bernis angewiesen, so Starhemberg406. Im April 1758 berichtete Starhemberg erstmals von Gerüchten, nach denen es zu Auseinandersetzungen zwischen Bernis und Pompadour gekommen sei407. Es ging um die zunehmende Machtfülle des Abbé: Offensichtlich fühlte sich Madame de Pompadour durch ihren ehrgeizigen Günstling in ihrer eigenen Stellung bedroht, und sie versuchte, seinen Bemühungen, an die Position des Premier ministre zu gelangen, »einen Riegel vor[zu]schieben«408. In den folgenden Monaten wurden die Meinungsverschiedenheiten zwischen Bernis und Pompadour offensichtlicher: Während Bernis angesichts der finanziellen Situation und der militärischen Schwäche Frankreichs auf eine Beendigung der Kampfhandlungen und die Aufnahme von Friedensverhandlungen drängte, sprach sich Madame de Pompadour für die Fortsetzung des Krieges aus, die im Interesse Österreichs lag409. Es kam zwischen beiden zum Bruch. Nachdem Bernis erst am 2. Oktober 1758 seine Ernennung zum Kardinal erhalten hatte, wurde er am 9. November 1758 als Außenminister entlassen. An die Stelle des Cardinal de Bernis trat nicht nur im Amt des Staatssekretärs der auswärtigen Angelegenheiten, sondern auch in der Gunst der Mätresse Étienne François, comte de Stainville, seit 1758 duc de Choiseul. Am 10. Dezember 1758 erhielt Choiseul die Berufung in den Conseil und war damit Ministre d’État. In den folgenden Monaten und Jahren stieg Choiseul zum mächtigsten Minister auf, dem es gelang, auch Madame de Pompadour nach und nach aus ihrer Machtstellung zu verdrängen. Starhembergs Berichte vermitteln den Eindruck, als habe Choiseul schon sehr rasch Madame de Pompadour in jeder Hinsicht dominiert410. Dementsprechend fand Madame de Pompadour in den Berichten Starhembergs seit dem Jahr 1759 deutlich 406 Siehe ebd., f. 289, Starhemberg an Kaunitz, Compiègne, 18.7.1756. 407 Siehe ebd., Karton 103, f. 19r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 6.4.1758. 408 Ebd., f. 104r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. »[D]ie Pompadour selbst, welche seit einiger Zeit des Abbé de Bernis führende Absicht zu der Stelle eines premier Ministre zu gelangen wahrgenommen und darüber einige jalousie empfunden hat,« habe Bernis »einen Riegel vorschieben und einen solchen Minister in das Conseil setzen wollen, von dessen ambition und Herrschaft sie einer Seits nichts zu beförchten hätte, der aber dennoch zugleich von der andern Seite im Stand wäre, dem Abbé de Bernis sich zu halten und ihn in seiner führenden Absicht zu hintertreiben.« 409 Siehe ebd., f. 80v–81r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 14.7.1758. 410 Siehe beispielsweise ebd., Karton 106, f. 24v–25r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.1.1759. Schon im September 1759 berichtete Starhemberg, dass sich der Duc de Choiseul »ihres Geistes vollkommen bemeistert hat.« Siehe ebd., Karton 106, f. 128v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 20.9.1759.

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weniger Erwähnung als zuvor. Dies scheint auch dem Botschafter selbst aufgefallen zu sein, denn in einem Bericht vom September 1759 begründete er ausdrücklich – nachdem er in diesem Schreiben erstmals wieder ausführlich auf die Ansichten Madame de Pompadours bezüglich der neuesten »KriegsOperationen« eingegangen war – die zuvor auffallend lange »Abwesenheit« Madame de Pompadours aus seinen Briefen: Ihre Stellungnahmen deckten sich mit denen Choiseuls und bedürften daher nicht mehr der expliziten Erwähnung411. Dennoch legte Starhemberg auf den Kontakt zu Madame de Pompadour weiterhin großen Wert: Er sah sie häufiger als alle anderen Diplomaten412. 1761 erklärte Starhemberg erstmals, dass Madame de Pompadour »dermahlen nicht vielen Einfluss mehr in die Geschäfte« habe413. Auch sei sie über die laufenden Geschäfte nicht mehr gut informiert414. Zwar gründe die Macht Choiseuls auf

411 Ebd., f. 155v–156r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.9.1759. »Von denen diesseitigen Kriegs-Operationen hat sie mir […] fast auf die nähmliche Arth als Duc de Choiseul gesprochen […]. Ich führe Eurer Exzellenz alle diese Äußerungen so umständlich an, weilen in diesem Augenblick mehr als jemahlen nöthig scheint, die eigentliche Gesinnung dieser allhier so viel vermögenden Persohn vollkommen auszunehmen, und ich schon seit einer geraumen Zeit um deswillen von ihr keine besondere Erwehnung gemacht habe, weilen ich sie immer in den nähmlichen dispositionen als vorhin vorgefunden hatte und gemeiniglich von ihr nichts mehreres vernehme, als was ich schon durch den Duc de Choiseul vorhin erfahren habe.« 412 Ebd., f. 156r–v. 413 Ebd., Karton 114, f. 82v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 9.4.1761. Siehe auch ebd., Karton 120, f. 16r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.8.1762: »Duc de Choiseul hat sich ihres Geistes und der Geschäfte dergestalt bemeistert, dass er theils ohnmittelbahr und theils durch sie alles nach seinem Willen und Gefallen lencket. Dem ohngeachtet ist ihr Credit bei dem König noch immer der nähmliche und hat Duc de Choiseul keine Ursach denselben zu untergraben, da er ihm zu Erreichung aller seiner Absichten eher beförderlich als im geringsten zuwieder laufend ist, sie aber scheint es für ein Glück anzusehen, dass er alle Geschäfte an sich ziehe und ihr viele Mühe und Verdriesslichkeit andurch erspahre.« 414 Siehe ebd., Karton 120, f. 14r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.10.1762: »Mit der Madame de Pompadour habe lezthin eine lange Unterredung gehabt, in welcher sie mir überhaupt von ihrer Gesinnung zum Behuff des mit Unserm Hof obwaltenden Allianz-sistematis vieles erwehnet, auch mit grossem Lob von denen beiden Choiseul gesprochen, in dem Grund aber weit weniger als vorhin von allen obwaltenden StaatsGeschäften unterrichtet zu sein geschienen, welches jedoch nicht als eine Verminderung ihres Credits anzusehen, sondern bloss allein dem blinden Vertrauen zuzuschreiben ist, so sie in den Duc de Choiseul setzen zu können glaubet.«

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seiner Verbindung zur Mätresse,415 jedoch habe er eine so große Autorität über ihren Geist, »dass sie den Credit bloss dem Namen nach besitzet«416. Seit Anfang März 1764 berichtete Starhemberg von den gesundheitlichen Problemen der Marquise, die an hohem Fieber litt. Von da an war die Krankheit Madame de Pompadours in allen Briefen Thema, etwa alle zwei bis drei Tage. Am Abend des 15. April 1764, dem Palmsonntag dieses Jahres, starb Madame de Pompadour an einer Lungenentzündung, nachdem man in den Wochen zuvor mehrmals geglaubt hatte, ihre Krankheit sei überwunden. Unmittelbar nach dem Tod Pompadours bemerkte Starhemberg, dass sich an den inneren Strukturen des Hofes nichts geändert habe, wenige Wochen später jedoch sprach er von der »Crise«, die ihr Tod ausgelöst habe417: Den König habe der Tod der Marquise sehr mitgenommen, denn er habe keine »Maitresse, sondern einen aufrichtigen wahren Freund und so getreuen als sicher- und parteiischen Rathgeber«418 verloren, in den er »sein ganzes Vertrauen gesetzet« habe. Madame de Pompadour sei sein »einzige[r] wahre[r] Freund«419 gewesen. Starhemberg war vor allem daran interessiert, ob der französische Hof nun von Österreich abrücken werde, aber schon nach kurzer Zeit konnte er Kaunitz diesbezüglich beruhigt mitteilen, dass der Tod Madame de Pompadours allem Anschein nach, »[w]as die auswärtige Politique anlanget,« keine negativen Folgen nach sich ziehen werde420. Tatsächlich führte das Ende der Mätresse kurzfristig zu keiner grundlegenden Änderung in der Ausrichtung der französischen Politik gegenüber dem Kaiserhaus. Ihr Tod schuf jedoch die Voraussetzung für eine unumstrittene Vorrangstellung des Duc de Choiseul, der bis zu seiner Ungnade 1770 nach Art eines Premier ministre agieren konnte. Nicht unbeteiligt an Choiseuls Sturz war die neue Mätresse des Königs, Jeanne du Barry421. Wie ist die Rolle Madame de Pompadours im Umgang mit den habsburgischen Diplomaten und vor allem mit Blick auf das Renversement des alliances 415 Siehe ebd., Karton 114, f. 15v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 12.9.1761. 416 Ebd., Karton 120, f. 16r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.8.1762. 417 Siehe ebd., Karton 127, f. 288r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 4.5.1764. 418 Ebd., f. 291v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 5.5.1764. 419 Ebd., f. 293r. 420 Ebd., f. 374r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 11.7.1764: »Was die auswärtige Politique anlanget, so können Euer Fürstliche Gnaden sich gänzlich darauf verlassen, dass der Hintritt der Madame de Pompadour gewiss in derselben keine Veränderung nach sich gezogen habe, da das Ministerium ebenso wie vorhin die Nuzlich- und Nothwendigkeit der Beibehaltung und mehrerer Befestigung des angenommenen Sistematis anerkennet und seine diesfällige Überzeugung täglich eine mehrere Krafft erlanget.« 421 Siehe zu Jeanne du Barry Gil, Christiane, La Comtesse du Barry, Paris 2001.

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zu bewerten? In den zeitgenössischen Memoiren scheint die Bewertung eindeutig: Bernis lässt keinen Zweifel daran, dass Madame de Pompadour die entscheidenden Kontakte zwischen Starhemberg, Ludwig XV. und Bernis vermittelt habe. Choiseul stellt es in seinen Lebenserinnerungen als gegeben hin, dass der Vertrag von französischer Seite aus von Bernis in Zusammenarbeit mit dem König und Madame de Pompadour entwickelt worden sei und sieht hierin zugleich seine Schwächen begründet422. Argenson berichtete im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung spöttisch, Madame de Pompadour gebe sich »als die Haupt-Urheberin unseres schlechten Vertrags mit dem Wiener Hof« aus423. Spätere Urteile bezweifelten, dass Madame de Pompadour den Vertrag auf den Weg gebracht, geschweige denn seine Inhalte zu beeinflussen gewusst habe. Der Biograph Maria Theresias, Alfred von Arneth, war 1870 der Meinung, dass »die persönliche Theilnahme [der Madame de Pompadour] an den Verhandlungen ungleich geringer war, als man […] gewöhnlich annehmen zu dürfen glaubt.«424 Auch Max Braubach vertrat, ebenso wie Michel Antoine, die Ansicht, Madame de Pompadour habe keinen entscheidenden Anteil am Zustandekommen des Bündnisses gehabt425. Die habsburgischen Diplomaten schätzten die Rolle der Mätresse grundlegend anders ein: Zunächst war Anton Wenzel Graf von Kaunitz, als er die Marquise erstmals für seine Sache zu gewinnen versucht hatte, davon ausgegangen, dass sie den Kontakt vermitteln könne, dass aber ihr unmittelbarer Einfluss auf die Außenpolitik nicht allzu hoch zu veranschlagen sei426. Tat422 Choiseul, Mémoires, 158. 423 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 195, 10.6.1756: »Madame de Pompadour se donne comme auteur principal de notre mauvais traité avec la cour de Vienne, comme ayant fait un grand coup de partie pour nous donner cette puissante amie et pour jouer un mauvais tour au roi de Prusse.« 424 Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 4, 417. 425 Siehe Braubach, Versailles und Wien, 429 f.: »[W]eder dürften ihr Wort und ihr Rat für den Entschluss Ludwigs XV., das österreichische Angebot nicht a limine abzulehnen, sondern wenigstens anzuhören, entscheidend gewesen sein, noch wird man sagen können, dass der Abbé de Bernis, den der König zur Entgegennahme der Eröffnungen des kaiserlichen Botschafters bestimmte, ihr Werkzeug war und in den ihm anvertrauten Verhandlungen ihrer Anleitung folgte.« Siehe auch Antoine, Louis XV, 675: »Leur [i.e. Starhemberg und Bernis] première entrevue eut lieu […] dans une dépendance du domaine de Madame de Pompadour à Bellevue et c’est à quoi se limita le rôle de la marquise – à peu près celui d’une boîte aux lettres – dans cette grande affaire.« 426 Siehe Kaunitz / Koch, Correspondance, 114, Kaunitz an Koch, Paris, 22.8.1751: »Tout cela ne fait assurément rien au fond des affaires, mais ces sortes d’affectations personnelles ne gâtent rien cependant et peuvent être d’un grand conséquence (sic) dans les occasions.«

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sächlich zeigte sich unter seinem Nachfolger Starhemberg, dass Madame de Pompadour nach der allerersten Besprechung im September 1755 an keiner weiteren Unterredung mehr teilnahm, und auch in den folgenden Monaten erwähnte Graf von Starhemberg sie in seinen Berichten nicht. Er nahm bis zur Unterzeichnung des Vertrags im Mai 1756 keine Treffen unter vier Augen mit ihr wahr. Jedoch unterstrich er im Nachhinein gegenüber seinen Auftraggebern, dass man ohne die Hilfe der Mätresse den Vertrag nicht hätte abschließen können. Diese Aussage wiederholte und bekräftigte er anlässlich der Unterzeichnung des zweiten Vertrags im Jahr 1757. Was auf den ersten Blick widersprüchlich scheint, erklärt sich, wenn man die Funktion Madame de Pompadours genauer zu charakterisieren sucht: Madame de Pompadour war zwar an den Besprechungen, in denen es um die inhaltliche Ausrichtung des Vertrags ging, nicht beteiligt. Jedoch hatte sie diese Verhandlungen erst ermöglicht. Sie war als Erste am Hof über die österreichischen Pläne informiert gewesen und hatte den König über sie in Kenntnis gesetzt. Die Tatsache, dass das erste Gespräch und möglicherweise weitere auf ihrem Grund und Boden stattfanden, stellte einen enormen Prestigegewinn für sie dar und unterstrich, dass sie das Vertrauen Ludwigs XV. genoss. Neben dem König und Abbé de Bernis, der zur Wahrung des Geheimnisses nicht einmal einen Sekretär hatte einstellen dürfen427, blieb Madame de Pompadour auch im weiteren Verlauf der Verhandlungen die einzige Mitwisserin. Nach der Unterzeichnung schließlich machte Starhemberg unmissverständlich deutlich, dass das weitere Bestehen der neuen Allianz von ihrer Unterstützung abhinge. In der Darstellung Starhembergs erscheint Madame de Pompadour somit als die entscheidende Figur, deren Parteinahme über die Linie der französischen Politik entschied. Diese Annahme veranlasste den österreichischen Diplomaten, gezielt den Kontakt zur Mätresse zu suchen und die Verbindung zu ihr durch regelmäßige Treffen, auch unter vier Augen oder in kleinerem Kreise, aufrechtzuerhalten. Er sorgte zudem dafür, dass Madame de Pompadour ein kostbares Geschenk aus Wien erhielt, das die Wertschätzung, die man ihr von Seiten des kaiserlichen Hofs entgegenbrachte, unmissverständlich ausdrückte. Wenn über den Einfluss der Marquise de Pompadour auf den Wortlaut der Verträge nur spekuliert werden kann, so ist doch nicht zu bezweifeln, dass 427 Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 310. Starhemberg hingegen bedankte sich im Januar 1756 bei Kaunitz für die Zuteilung eines Secrétaire de légation, der künftig alle relations bezüglich der geheimen Verhandlung schreiben werde (was Starhemberg vorher handschriftlich erledigt hatte). Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 11r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 22.1.1756.

Aktionsfelder der Maîtresse en titre

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ihr als Ansprechpartnerin für den kaiserlichen Botschafter und Kontaktperson zum König eine zentrale Rolle zukam. Durch ihren direkten Zugang einerseits zum König, andererseits zu Bernis ist es darüber hinaus nicht auszuschließen, dass sie auch in inhaltlichen Fragen Anregungen geben konnte. Entsprechende Hinweise sucht man in den Berichten Starhembergs zwar vergebens. Wie Michel Antoine davon auszugehen, dass Madame de Pompadour keinerlei Kenntnisse über die wahren Interessen der französischen Krone gehabt und über ebensowenite Möglichkeiten verfügt habe, sich in die Entwicklungen auf dem Gebiet der Außenbeziehungen einzumischen, wird den Tatsachen dennoch nicht gerecht428. In jedem Fall zahlten sich für Österreich die gezielte Annäherung an Madame de Pompadour und die Zuhilfenahme ihrer Vermittlungstätigkeit aus: Mehr als alle anderen konnten die österreichischen Diplomaten davon profitieren, dass sie den Weg über die Mätresse des Königs suchten. Was weniger wie ein Zufall denn vielmehr nach der gezielten Umsetzung eines Vorhabens aussieht, erklärt sich möglicherweise auch durch die Tatsache, dass die Vertreter Habsburgs vom heimischen Hof und aus eigener Anschauung das Beispiel einer politisch aktiven Frau vor Augen und daher weniger als andere Berührungsängste oder Skrupel hatten.

5.  Ergebnisse: Aktionsfelder der Maîtresse en titre 5.1  Kommunikationskanal Mätresse: Madame de Pompadour als Zugang zum König

Madame de Pompadour stand an einer Schnittstelle zwischen den auswärtigen Diplomaten und dem französischen König und vermittelte den Diplomaten den Zugang zum Zentrum der Macht. Welche Funktionen verbanden sich damit konkret, und welche Voraussetzungen mussten dazu erfüllt sein? Im Folgenden sollen die Aspekte, die in den drei vorangegangenen Fallstudien angerissen worden sind, über die einzelnen Beispiele hinaus in ihrer strukturellen Bedeutung betrachtet werden. Die Handlungsspielräume der Mätresse waren zu weiten Teilen abhängig von Ludwig XV. und dessen Herrschaftspraxis sowie der Organisation sei428 Antoine, Louis XV, 498: »Démêler exactement l’influence de la marquise en politique est assez malaisé. Il est certain que, fort ignorante des grands intérêts de États et des couronnes, elle pouvait d’autant moins s’en mêler que c’était une manière dont les Rois étaient en usage de se réserver particulièrement la conduite, tradition à laquelle Louis XV n’a pas failli.«

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ner Regierung. Graf von Kaunitz beschrieb anlässlich seiner Rückkehr nach Wien 1752 den französischen König als einen Herrscher, den die Regierungsgeschäfte überforderten429. Zwar habe der Monarch die Regierung nach dem Tod des Kardinal Fleury selbst in die Hand genommen und nehme an allen Conseil-Sitzungen teil, jedoch sei sein mangelndes Interesse an den Beratungen kaum zu übersehen: Man erzähle sich, dass er vor Langeweile beständig gähnen müsse. Im Conseil fänden deshalb keine ausführlichen Diskussionen statt, die Inhalte würden gerafft und verkürzt. Der preußische Gesandte Keith vermutete hinter dem scheinbaren Desinteresse des Königs das Kalkül seiner Berater, die ihn bewusst von den Regierungsgeschäften fernzuhalten suchten: »Ich könnte mir vorstellen, dass man [dem König] sagt, er habe schon genug für seinen Ruhm gearbeitet; […] und dass er nun versuchen soll, nur noch von dem Ruf zu leben, den er sich erworben hat. […] Er […] lebt in einer beständigen Unaufmerksamkeit und in einem Müßiggang, der durch immer neue Vergnügungen variiert wird.«430

Dem Bild des uninteressierten und mit seiner Aufgabe überforderten Monarchen, das über Jahrhunderte tradiert worden ist und bis in die heutige Zeit den Weg in manche Biographie Ludwigs XV. gefunden hat, hat zuletzt Michel Antoine grundlegend widersprochen: Ludwig XV. habe über eine sehr rasche Auffassungsgabe verfügt, er habe viel gearbeitet und im Conseil deshalb gelangweilt gewirkt, weil er Sachverhalte in der Regel schneller als seine Minister habe überschauen können431. Nur aus Unsicherheit und aus Angst, falsche Entscheidungen zu treffen, habe er die Entscheidungsgewalt dennoch häufig an andere abgegeben. Dies habe den Eindruck erweckt, dass Ludwig XV. seinen Pflichten als Monarch gegenüber Gleichgültigkeit an den Tag lege und 429 Siehe Kaunitz, Mémoire, 446: »Le Cardinal étant mort, le Roi résolut de prendre luimême le maniement des affaires. Depuis ce temps, il s’est fait une loi d’assister à tous les conseils. La malignité assure qu’il s’y ennuie à périr, qu’il y bâille beaucoup, et que, pour lui faire sa cour, à force d’abréger les affaires, on les y étrangle communément. Incapable d’application, partageant ses moments entre la chasse et les plaisirs, il n’a aucune idée de ce qui s’appelle gouvernement. S’il n’est pas très instruit lui-même, il se présente quelquefois des cas où la science de ses ministres ne doit pas lui paraître moins suspecte.« 430 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 K, f. 232 f., Keith an Friedrich II., Paris, 8.12.1752: »[ J]’imagine qu’on lui représente qu’il a assez travaillé pour la gloire; […] et qu’il ne doit maintenant chercher qu’à jouir de la réputation qu’il s’est acquise. […] Il […] vit dans une dissipation continuelle et dans une oisiveté toujours variée par de nouveaux amusements.« 431 Siehe Antoine, Louis XV, 411 f.

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sich von seinen Ministern und seiner Mätresse zu scheinbar willkürlichen Entscheidungen hinreißen lasse432. Auf Beobachter wirkte Ludwig XV. zwar freundlich433, zugleich aber sehr unzugänglich, was Luynes durch den Begriff des »caractère caché«434 zu umschreiben suchte. Der König vermittelte einen Eindruck von Unentschlossenheit und Rastlosigkeit: Über viele Jahre hinweg verbrachte er insgesamt nur etwa hundert Nächte des Jahres in Versailles, die übrige Zeit hielt er sich in einem seiner anderen Schlösser auf435. Dem König fehlte es an Vertrauen in sich selbst und in andere, er sprach nur ungern vor größeren Menschenansammlungen oder mit Personen, die er nicht kannte436. Der misstrauische

432 Die Wahrnehmung der Regierung Ludwigs XV. kann an dieser Stelle nur angerissen werden. Es sei verwiesen auf Externbrink, Friedrich der Große, 45, der es als den größten politischen Fehler des Monarchen hervorhebt, dass er die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit der öffentlichen Meinung nicht erkannt habe. – Zur Wahrnehmung Ludwigs XV. und der Verhältnisse an seinem Hof durch die Bevölkerung siehe umfassend Engels, Königsbilder. 433 Siehe Kaunitz, Mémoire, 443: »Toutes les qualités qui constituent l’honnête homme, qui forment l’aimable particulier, entrent dans le caractère de ce prince.« Auch Sir Joseph Yorke beschrieb Ludwig XV. als »a very amiable character […], [who] would make a very good natured private Gentleman […].« BL Add. Ms. 35388, f. 97, Yorke an Anson, Paris, 18.2./1.3.1749. Siehe auch eine entsprechende Aussage des preußischen Gesandten Chambrier: »Ceux qui le [i.e. den König] servent disent qu’il est aisé à servir, ne grondant jamais et se contentant des choses telles qu’elles sont.« GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 A, f. 184 f., Chambrier an Friedrich II., Paris, 28.10.1748. 434 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 4, 93, 26.7.1745: »Le caractère de notre maître est peut-être plus difficile à dépeindre qu’on ne se l’imagine; c’est un caractère caché, non seulement impénétrable dans son secret, mais encore très souvent dans les mouvements qui se passent dans son âme.« 435 Der britische Botschaftssekretär, Sir Joseph Yorke, äußerte sich 1749 spöttisch über die ständigen Ortswechsel des französischen Königs: BL Add. Ms. 35355, f. 144, Yorke an Hardwicke, Paris, 18./29.11.49: »The French King continues running about as much as ever, they have fitted up no less than five or six little houses, within a small distance of Versailles, to one or other of which he is continually running; these frequent jaunts cost as you may believe a good deal, but they say it is necessary to dissipate his mind a little, as he is naturally inclined to ennui and melancholy which a too sedentary life would increase […].« Siehe auch ebd., Add. Ms. 32821, f. 141, Yorke an Newcastle, Paris, 10./21.5.1750: »[…] considering how eternally he [i.e. Ludwig XV.] is running from one little house to another, hardly ever staying 24 hours together, quiet at home.« 436 Siehe beispielsweise die Beschreibung Ludwigs XV. beim Duque de Huéscar, spanischer Gesandter am Versailler Hof zwischen 1746 und 1749: »[…] très à l’aise avec les gens qu’il connaît, il est quelque peu timide avec ceux qu’il voit moins souvent.« Veröffentlicht in: Ozanam, Louis XV vu par deux ambassadeurs espagnols, 277.

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Charakter Ludwigs XV. stach allen Beobachtern ins Auge437. Der zeitgenössische Beobachter Pierre Victor Baron de Besenval hielt ihn jedoch nicht für ein individuelles Merkmal Ludwigs XV., sondern erklärte ihn aus dessen Stellung: »Da die Monarchen sich kaum damit schmeicheln können, dass man sie um ihrer selbst willen liebt, macht das Misstrauen einen großen Teil ihres Charakters aus, eine Veranlagung, die sich dauerhaft engen Bindungen widersetzt, wie sie sich zwischen anderen Menschen entwickeln.«438

Obwohl es nahe lag, wurde Misstrauen in der frühneuzeitlichen Fürstenspiegelliteratur dennoch als schlechte Herrschereigenschaft eingestuft439. Ebenso wie zu großes Vertrauen und Leichtgläubigkeit mache auch Misstrauen, so postulierte Niccoló Macchiavelli in »Il Principe,« einen Fürsten unerträglich440. Es sei daher empfehlenswert, es nicht allzu offensichtlich zur Schau zu stellen. Die größte Gefahr des Misstrauens sei, dass der Monarch auf Dauer den Kontakt zu seinen Untertanen verliere und je länger, desto mehr ihren Hass auf sich ziehe. Aus der Perspektive der Diplomaten lässt sich bei Ludwig XV. zweifelsfrei ein sehr eingeschränkter Kontakt zu seiner Umgebung feststellen: Nur die wenigsten Diplomaten genossen das Privileg, bei ihm zur Audienz vorgelassen zu werden, und selbst zu diesen seltenen Gelegenheiten vermied Ludwig XV. es offensichtlich bewusst, mit ihnen zu sprechen. Dies geht aus den Schilderungen des kaiserlichen Botschafters hervor:

437 Siehe beispielsweise GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 23 L, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 9.6.1747: »Le Roi de France n’a aucune véritable confiance en aucun de ses ministres parce qu’il sait qu’ils ne se conduisent que par intrigue. Il se défie d’ailleurs de ses propres lumières pour décider des choses sur lesquelles ses ministres ne sont pas d’accord parce que le cardinal de Fleury ne l’a point formé aux grandes affaires quoiqu’il ait l’esprit meilleur qu’on ne le croit, mais le défaut d’application, la timidité et la défiance de lui-même le rendent tel qu’il est.« Siehe auch Kaunitz, Mémoire, 445: »Accoutumé à penser mal de tous les hommes, il ne croit voir l’attachement qu’à la suite de l’amour. Il n’est donc confiant que lorsqu’il se croit aimé; c’est ce qui donne ce pouvoir sans bornes à la maîtresse et ce qui aurait rendu Madame de Châteauroux despotique, si elle eut vécu.« 438 Diesbach, Ghislain de (Hrsg.), Mémoires du Baron de Besenval sur la Cour de France, Paris 1987, 371: »Comme les souverains ne peuvent guère se flatter d’être aimés pour eux-mêmes, la méfiance fait le fond de leur caractère, disposition qui s’oppose sans cesse à ces liaisons intimes qu’on voit parmi les particuliers.« 439 Siehe Frevert, Ute (Hrsg.), Vertrauen. Historische Annäherungen, Göttingen 2003, 12 f. 440 Siehe Macchiavelli, Niccolò, Il Principe – Der Fürst (Italienisch/Deutsch), hrsg. v. Philipp Rippel, Stuttgart 1986, 128 f.: »[L]a troppa diffidenzia […] lo renda intollerabile.«

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»Während der Audienzen, die [Ludwig XV.] [den Diplomaten] gewährt, begnügt er sich damit, die Lippen zu bewegen, um den Eindruck zu erwecken, als habe er geantwortet. […] Niemals erweist er Fremden die Ehre, mit ihnen zu sprechen. Wenn sie ihm vorgestellt werden, wagt er es kaum, sie zu grüßen. Häufig geht er sogar vorüber, ohne sie angesehen zu haben.«441

Auch der preußische Diplomat Keith beklagte, dass Ludwig XV. aus Schüchternheit nicht mit den Gesandten spreche442. Tue er es doch einmal, seien die Inhalte belanglos, so versicherte auch Starhemberg: Außerhalb der Zeiten, in denen Ludwig XV. mit den Fachministern arbeite, spreche er nie über geschäftliche Angelegenheiten443. Gleiches berichtete auch der spanische Botschafter am französischen Hof, Don Jaime Masones de Lima. Zwar unterstrich er den respektvollen und vertrauten Umgang, den er mit Ludwig XV. pflege. Über geschäftliche Angelegenheiten aber spreche er auch mit ihm niemals: »Der König wird mir nie etwas sagen, denn er hat nicht die Angewohnheit, selbst zu sprechen.«444 Selbst von den Abenden, an denen man, von der Jagd kommend, mit dem König das Souper einnehme, anschließend spiele und dann zur Unterhaltung zusammenstehe, könne man sich nicht viel versprechen, beklagte auch Kaunitz, denn auch diese Runden seien häufig sehr schweigsam445. Die Schilderungen machen deutlich: Ludwig XV. brauchte Madame de Pompadour – sie vermittelte an seiner Stelle und in seinem Auftrag den Kontakt zwischen ihm und seinem Umfeld. Als sein »Sprachrohr« erfüllte sie eine der Funktionen, die typischerweise zu den zentralen Aufgaben des Herrschergünstlings zählten: Wie der männliche Günstling trat die Mätresse dort auf den Plan, »wo der eigentliche Herrscher zur direkten Kommunikation mit 441 Kaunitz, Mémoire, 446: »Aux audiences qu’il leur accorde, il se contente de remuer les lèvres, pour faire la démonstration d’avoir répondu. […] Il ne fait jamais l’honneur aux étrangers de leur parler. Lorsqu’ils lui sont présentés, à peine daigne-t-il de les saluer. Souvent même, il passe sans les avoir regardés.« 442 Siehe GStAPK, I. HA Rep. 96, Nr. 25 K, f. 195 f., Keith an Friedrich II., Paris, 18.11.1752. 443 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 98, f. 42v–43r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757: »[…] [le] Roi qui ordinairement ne parle d’affaires à aucun des ministres que dans le temps du travail particulier qu’il fait avec ceux qui ont des départements.« Die Aussage Starhembergs wird von Kaunitz bestätigt: Siehe Kaunitz, Mémoire, 446. 444 Ozanam, Louis XV, 283: »[L]e Roi ne me dira rien parce qu’il n’a pas l’habitude de parler par lui-même.« 445 Kaunitz, Mémoire, 847: »Le jeu fini, on fait cercle autour de lui jusqu’à ce qu’il se retire. On prétend que ce n’est pas le moment le plus gai de la soirée. Personne n’osant entamer une conversation et lui-même n’en prenant souvent pas la peine, on est quelquefois des quarts d’heure à se regarder dans le plus grand silence.«

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seiner Umgebung nicht gewillt oder aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage«446 war. Dem kaiserlichen bevollmächtigten Minister Starhemberg war es zunächst nicht vergönnt, vom König zur Audienz vorgelassen zu werden447. Wollte Starhemberg dem König dennoch auf direktem Wege, und ohne Indiskretionen fürchten zu müssen, einen Brief zukommen lassen, gab er ihn Madame de Pompadour, die ihn an den König weiterleitete. Madame de Pompadour war neben den Staatssekretären die einzige Person, von der Ludwig XV. Schriftstücke entgegennahm. Die Minister und – mehr noch als sie – Madame de Pompadour reagierten ungehalten, wenn man versuchte, dem König ohne ihre Vermittlung einen Brief zukommen zu lassen. Außerdem, so klagte der preußische Gesandte Keith, lese der König in der Regel nichts selbst: Alle Schriftstücke, die man ihm zukommen lassen wolle, müsse man deshalb in Abschrift auch den Ministern oder der Mätresse geben. Die Minister oder Staatssekretäre wiederum seien stets darauf bedacht, alle Angelegenheiten mündlich zu klären, denn sobald sie schriftliche Dokumente entgegennähmen, seien sie verpflichtet, sie im Conseil vorzutragen. Ihre Möglichkeiten der Einflussnahme seien größer, wenn sie sich mündlich unter vier Augen mit dem König besprechen dürften448. Der preußische Gesandte Keith, der nur wenig Kontakt zu Madame de Pompadour hatte, konnte dem König daher keine Schriftstücke zukommen lassen. Starhemberg hingegen behalf sich durch Madame de Pompadour: Nachdem er beispielsweise im Juli 1757 per Kurier die Nachricht von der Einnahme der Stadt Gabel erhalten hatte, begab er sich an den Hof und überreichte ihr das Schreiben mit der entsprechenden Neuigkeit, das sie unverzüglich an den König weiterleitete449. 446 Asch, Schlussbetrachtung, 520. 447 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 34, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757. – Nur einmal gewährte der König Starhemberg eine Audienz, nachdem der Wiener Hof ihm ein Schreiben hatte zukommen lassen, in dem die Kaiserlichen Majestäten ihrem Mitgefühl angesichts des Attentats Ausdruck verliehen hatten, dem Ludwig zum Opfer gefallen war. Dieses Schreiben durfte Starhemberg dem König direkt überreichen. 448 Siehe GStAPK, I. HA Rep. 96, Nr. 25 K, f. 195 f., Keith an Friedrich II., Paris, 18.11.1752. 449 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 98, f. 75r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 27.7.1757: »Da ich nun sogleich mich nach Hofe verfüget und dem Abbé de Bernis und der Madame de Pompadour die erhaltene Nachricht des […] mittelst der Einnahme von Gabel erhaltenen wichtigen Vortheils hinterbracht, so hat letztere sogleich dem König, welchen, da er eben zur Tafel ging, ich nicht mehr zu sehen bekomme konnte, diese angenehme Zeitung vorgetragen und ihm die von Eurer Exzellenz mir zugeschickte französische relation eingehändiget.«

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Starhemberg suchte darüber hinaus nach Gelegenheiten, den König, den er sonst nur selten sah, in den Räumen der Madame de Pompadour anzutreffen. Allgemein galten die Soupers des Königs in den Petits Cabinets als gute Möglichkeit, sich mit dem König bekannt zu machen und in einem weniger reglementierten Rahmen mit ihm zu sprechen. Um zu ihnen vorgelassen zu werden, musste man sich an Madame de Pompadour wenden450. Wer an den Soupers im kleinen Kreis teilnahm, konnte hoffen, er habe es in das engste Umfeld des Königs geschafft. Tatsächlich aber gab es auch hier noch Abstufungen: Nicht die Soupers und die anschließenden Spielrunden waren der überschaubarste Rahmen, in dem man dem König begegnen konnte; die noch vertraulicheren Zusammenkünfte fanden nach Souper und Spiel in den Räumen Madame de Pompadours statt. So notierte Croÿ im Januar 1747, nachdem er an einem Souper des Königs teilgenommen hatte: »Es schien mir […], dass diese Zurückgezogenheit der Cabinets so zurückgezogen gar nicht wirklich war – denn sie bestand nur aus dem Souper und einer oder zwei Stunden Spiel im Anschluss an das Souper – und dass das wirklich Zurückgezogene in den anderen kleinen Cabinets stattfand, zu denen nur sehr wenige, seit langer Zeit und sehr eng [mit dem König] bekannte Hofangehörige Zutritt hatten.«451

Tatsächlich belegen Berichte der Diplomaten, dass sich der König stets nach dem Souper und dem anschließenden Spiel in die Räume der Madame de Pompadour begab, wo er den Abend in kleinerem Rahmen fortsetzte452. Auch am Morgen nach dem Aufstehen und am Nachmittag ging Ludwig XV. in der Regel zu ihr und blieb für zwei bis drei Stunden453. Bei ihr zeigte er sich ungezwungener und weniger kontaktscheu als sonst454. Starhemberg hatte seit 450 Siehe beispielsweise Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 69, Januar 1747. 451 Ebd., 70, 29.1.1747: »Il me parut aussi que ce particulier des cabinets ne l’était pas absolument, ne consistant que dans le souper et une heure ou deux de jeux après le souper, et que le véritable particulier était dans les autres petits cabinets où très peu des anciens et des intimes courtisans entraient.« 452 Siehe die Aussagen Starhembergs in HHStA, Frankreich Berichte, Karton 127, f. 304v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 5.5.1764. Siehe auch Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 110, 17.1.1756, der betont, dass sich der König nur in einem kleinen Kreis von Vertrauten wohl fühle. 453 Siehe die Aussagen des spanischen Botschafters Duque de Huéscar in Ozanam, Louis XV vu par deux ambassadeurs espagnols, 279. 454 Croÿ (Sortais), Journal, Bd. 1, 69, 29.1.1747, betont ebenfalls die ungezwungene Atmosphäre bei den Soupers des Königs: »La salle à manger était charmante et le souper fort agréable, sans gêne. […] La liberté et la décence m’y parurent bien observées: le Roi était gai, libre, mais toujours avec une grandeur qui ne le laissait pas oublier. Il

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1756 freien Zugang zu den Räumen der Marquise und traf dort häufig auf den König455. In der Folge dieser Treffen genoss Starhemberg auch die Ehre, dass Ludwig XV. von sich aus das Wort an ihn richtete und mit ihm über die laufenden Geschäfte sprach456. Im Mai 1757 berichtete Starhemberg, er habe den König in der vergangenen Woche »dreimal bei der Madame de Pompadour angetroffen,« und er sei »mit Ihnen beiden [i. e. Ludwig XV. und Madame de Pompadour] und dem Abbé de Bernis jedes Mal über eine halbe Stunde geblieben«457. Einige Tage zuvor war Starhemberg zu Madame de Pompadour gegangen, um dem französischen Hof von der verlustreichen Schlacht bei Prag am 6. Mai 1757 zu berichten, in deren Folge die Stadt Prag von preußischen Truppen besetzt gehalten wurde458. Nachdem er zunächst den Außenminister Antoine-Louis Rouillé in Kenntnis gesetzt hatte, begab sich Starhemberg auf direktem Wege zu Madame de Pompadour, wo er tatsächlich, wie erhofft, den König traf. Wie von Starhemberg beabsichtigt, konnte er dem König dort selbst die Mitteilung machen und ihm sogar das Schreiben des österreichischen Kanzlers über die Ereignisse bei Prag zu lesen geben459. Wenig später bezeichnete es Starhemberg bereits als »Gewohnheit«, dass er den König bei Madame de Pompadour antreffe460. Die Gelegenheiten dazu führte er bewusst herbei: Er erbat sich ne paraissait plus du tout timide, mais fort d’habitude, parlant très bien et beaucoup, se divertissant et sachant alors se divertir. Il paraissait fort amoureux de Madame de Pompadour, sans se contraindre à cet égard […].« 455 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 63v–64r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 2.11.1756: »J’ai eu l’occasion de le voir depuis quelque temps plus particulièrement chez Madame de Pompadour, qui me reçoit présentement à toute heure, et sans que j’aie besoin de l’en prévenir (chose qu’elle n’a jamais faite pour aucun Ministre étranger) et il y parle toujours d’une façon qui confirme bien tout ce que m’avaient dit jusqu’ici les ministres et Madame de Pompadour de la sincérité des dispositions personnelles dans lesquelles il est à l’égard de Sa Majesté l’Impératrice.« 456 Siehe ebd. 457 Ebd., Karton 98, f. 168v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.5.1757: »Wie dann hierzu bei der täglich zunehmenden Freundschaft und Vertrauen, so Abbé de Bernis, Mal de Bellisle und Madame de Pompadour mir bezeigen, immer mehrere Leichtigkeit erlange, auch keine Gelegenheit aushanden lasse, bei dem König selbst, den ich in voriger Woche dreimal bei der Madame de Pompadour angetroffen und mit Ihnen beiden und dem Abbé de Bernis jedes Mal über eine halbe Stunde geblieben bin, mich angenehm zu machen.« 458 Siehe ebd., f. 138–147, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 21.5.1757. 459 Siehe ebd., f. 139r und 144v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 21.5.1757. Eine ähnliche Begebenheit schilderte Starhemberg auch im Herbst 1758: siehe ebd., Karton 103, f. 130r, Bernis an Starhemberg, Paris, 22.10.1758. 460 Siehe ebd., Karton 98, f. 52r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 18.6.1757.

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aus Wien stets die neuesten Nachrichten vom Kriegsverlauf und allen anderen Begebenheiten, die ihm als Anlass zur Zusammenkunft mit den beiden wichtigsten Personen bei Hof dienen sollten461. Zeugnisse aus späteren Jahren belegen, dass Starhemberg an dieser Praxis einige Jahre lang festhielt: Er ging zu Madame de Pompadour, um mit dem König zu sprechen462. Bei ihr scheute der Monarch sich auch nicht, Angelegenheiten anzusprechen, die er ansonsten selbst mit seinen Ministern nur in den explizit als Travail deklarierten Arbeitsgesprächen thematisierte463. Auswärtige Diplomaten konnten sich der Räume der Marquise de Pompadour auch bedienen, um die Regeln des Protokolls zu umgehen: Sie konnten ihre Räumlichkeiten für alle Zusammenkünfte nutzen, die ohne Beachtung der Etikette stattfinden und in einem wenig reglementierten Rahmen die Gelegenheit zu einem Gespräch bieten sollten. Das zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 1757: Bereits vor der Abreise des kaiserlichen Gesandten Fürst von Lobkowitz aus Wien hatte Kaunitz Starhemberg ein Empfehlungsschreiben für den Fürsten mitgegeben, das dieser der Madame de Pompadour überreichen solle464. Nachdem der Gesandte in Versailles eingetroffen war, arrangierte Starhemberg ein Treffen des Königs mit ihm, das in den Räumen der Mätresse stattfand. Nur hier, so erklärte Starhemberg im Nachhinein gegenüber Kaunitz, habe Lobkowitz die Gelegenheit gehabt, ein mehr als halbstündiges Gespräch mit dem König zu führen. Nach den Regeln des Zeremoniells hätte sich Lobkowitz damit begnügen müssen, dem König an der Tür zu seinen Cabinets im Vorbeigehen vorgestellt zu werden465. 461 Siehe ebd., Karton 95, f. 150r–150v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 16.11.1756. 462 Siehe ebd., Karton 110, f. 32v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 17.7.1760. 463 Siehe ebd., Karton 98, f. 42v–43r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757: »[Maréchal de Belle-Isle] aurait de son coté perdu presque toute l’influence qu’il a présentement en perdant par la disgrâce de Madame de Pompadour, chez qui il rencontre le Roi presque tous les jours, l’occasion de parler fréquemment et familièrement au Roi qui ordinairement ne parle d’affaires à aucun des ministres que dans le temps du travail particulier qu’il fait avec ceux qui ont des départements.« 464 Siehe ebd., Karton 28, f. 8r, Kaunitz an Pompadour, Wien, 7.10.1757. 465 Ebd., Karton 98, f. 46v–47r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 21.12.1757: »Den H[ochwoh]l[geborenen] Fürsten von Lobkowitz habe vorgestern dem Allerchristlichsten König praesentiret, und da nach der hiesigen Etiquette nur die Bottschafter und Envoyés extraordinaires zur Audienz bei dem König gelangen, andere abgeschickte aber bei der Thür des Cabinets, wann Ihro Majestät nach dem Lever sich dahin verfügen, praesentirt zu werden pflegen und alsdann keine Gelegenheit ist, dass der König sich in einen discours einlassen könne, so habe alles Fleisses darauf angetragen, dass die Audienz sans cérémonie (zumahlen das cérémoniel in gegenwärtigem Fall ohnhin nicht das anständigste gewesen sein würde) geschehen und der König uns bei der

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Madame de Pompadour und ihre Räume stellten somit einen Bereich außerhalb des Zeremoniells dar, wie auch das an früherer Stelle angesprochene Treffen in ihrem Schloss Bellevue deutlich macht, das der Aufnahme der Verhandlungen zum späteren Versailler Vertrag gedient hatte. Ludwig XV. machte sich diese Freiräume zu Eigen und bestellte etwa Starhemberg seinerseits häufig zu Madame de Pompadour, wenn er ihn zu sprechen wünschte. In den Jahren des Siebenjährigen Krieges war dies unter anderem im Sommer 1757 der Fall, als der Comte de Marainville als Bote in Versailles erschien. Marainville war ein französischer Offizier aus dem Gefolge des Duc de Broglie, der nach Versailles gesandt wurde, um dem französischen König die Nachricht von der gewonnenen Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757 zu überbringen. Zu seinem mündlichen Bericht bestellte Ludwig XV. Starhemberg und andere ausgewählte Personen zu Madame de Pompadour466. Aber nicht nur Starhemberg, auch andere Amtsträger nutzten ihre Verbindung zu Madame de Pompadour, um in ihrem Appartement durch ungezwungene Gespräche und Zusammenkünfte den Zugang zum König zu finden. So beschrieb auch Abbé de Bernis, dass er erst durch die Treffen bei Madame de Pompadour den König überhaupt kennen gelernt und sein Vertrauen gewonnen habe467. Bernis bediente sich der Räume Madame de Pompadours auch für seine Arbeitsgespräche mit dem Garde des sceaux und anderen Ministern und Staatssekretären468. Auch Bernis’ Nachfolger als Staatssekretär des Äußeren, Choiseul, hatte sich diese Praxis während seiner Jahre als Minister und Vertrauter Madame de Pompadours zu Eigen gemacht. Schwierigkeiten deuteten sich an, als Madame de Pompadour starb. Starhemberg bewertete es als ausgesprochen unvorteilhaft für Choiseul, dass sich mit dem Tod Madame de Pompadours die Madame de Pompadour vorlassen möchte. Solches ist nun auch erfolget und haben Ihro Majestät daselbst den H[ochwoh]l[geborenen] Fürsten von Lobkowitz sehr gnädig empfangen […] und sich länger als eine halbe Stunde bei uns aufgehalten. Nach der Audienz des Königs haben wir in Begleitung des Abbé de Bernis, welcher, um das Cérémoniale zu meiden, dem Introducteur des ambassadeurs von dieser praesentation nichts gemeldet uns zu der gantzen Königl[ichen] Famille verfüget; da ich dann den H[ochwoh]l[geborenen] Fürsten von Lobkowitz überall praesentiret und nachero noch ins besondere zu der Infantin, dann zu allen Staats-Ministris geführet habe.« 466 Siehe ebd. – Eine weitere Begebenheit dieser Art siehe ebd., Karton 103, f. 24r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.11.1758: »Bei meiner lezten Anwesenheit in Versailles haben zweimahl Gelegenheit gehabt, sie in ihrem Appartement zu sehen, da ich den ersten Tag von dem König dahin bestellet worden […].« 467 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 117 f.: »Le Roi, que je voyais tous les jours chez la favorite, ne se détermina qu’au bout de trois mois à me parler […].« 468 Siehe ebd., 361.

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Möglichkeiten Choiseuls zu Gesprächen mit dem König erheblich reduziert hätten. Während Choiseul den König zuvor mehrmals am Tag bei Madame de Pompadour getroffen und sich dort mit ihm besprochen habe, blieben ihm künftig nur noch die Conseil-Sitzungen, die wöchentlich stattfindenden »besondern Travail« und die Soupers mit dem König469. Dies sei deshalb bedenklich für Choiseul, weil er es im Rahmen der bei Madame de Pompadour stattfindenden Gespräche stets vermocht habe, den König zu beeinflussen und von Maßnahmen zu überzeugen, ohne dass dies dem Monarchen überhaupt bewusst geworden sei470. Diese Form der Einflussnahme Choiseuls über das Ausweichen in das Appartement der Pompadour sei nun nicht mehr möglich. Mit den Frauen, die als Nachfolgerinnen Madame de Pompadours im Gespräch seien, habe Choiseul, so Starhemberg, bislang keinerlei Kontakte unterhalten und sie nicht durch Gefälligkeiten wohlgesonnen gestimmt – ja er sei nicht einmal darüber informiert, an welcher seiner augenblicklichen Geliebten dem König wirklich gelegen sei –, so dass er von einer neuen Mätresse unter Umständen einiges zu befürchten habe. Die Herrschaftspraxis Ludwigs XV. und sein Umgang mit Diplomaten und Ministern schufen die Voraussetzungen dafür, dass Madame de Pompadour zu einer zentralen Ansprechpartnerin bei Hofe werden konnte. Madame de Pompadour stellte für diejenigen, die mit dem König kommunizieren wollten, den Zugang zu ihm her471. Sie leitete Anfragen und Briefe an ihn weiter und fungierte als Nachrichten- und Kontaktvermittlerin. Von noch größerer Bedeutung waren die erweiterten Möglichkeiten, die Madame de Pompadour in Form ihrer Räumlichkeiten zur Verfügung stellen konnte: Die wenigsten 469 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 127, f. 293v–294r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 5.5.1764: »Es bleibe ihm also dermahlen dermahlen nichts übrig, als sich in seinen beiden Departements einzuschränken, dem König in dem Conseil, dann dem gewöhnlich wöchentlichen sogenannten besondern Travail, und bei dem Souper sich so viel als möglich angenehm zu machen und hiernächst den weitern Ausschlag gelassen abzuwarten, auch auf alle mögliche Fälle sich von nun an vollkommen bereit und gefasst zu halten.« 470 Siehe ebd., f. 293v: »[…] da [Choiseul] nicht mehr so wie bei Lebzeiten der Pompadour die Gelegenheit habe, den König öfters in dem Tag zu sehen und ihm, ohne dass er es selbst merke, ein und anderes beizubringen, folglich ihn ganz nach seinem Sinn und Absicht zu lenken […].« 471 In einzelnen Fällen ist zu beobachten, dass auch der Zugang zu Madame de Pompadour zunächst über andere Personen eröffnet werden musste. So bediente sich beispielsweise Starhemberg bisweilen des Günstlings der Madame de Pompadour, des Abbé de Bernis, um ihr einen Brief oder eine Nachricht zukommen zu lassen. Siehe etwa HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 43, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 6.12.1757.

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Diplomaten durften den König sprechen, der sich bei offiziellen Anlässen sehr wortkarg und unzugänglich zeigte. Nur bei Madame de Pompadour, der er vertraute, schien er gelöster und sprach auch über Fragen der Regierungsarbeit, die er ansonsten gegenüber den Diplomaten und seinen Ministern nicht außerhalb des Travail berührte. Indem sie zeremoniellfreie Räume eröffnete, war Madame de Pompadour für den König wie auch für die wenigen diplomatischen Vertreter, die sich dieser Räume zu bedienen wussten, eine funktionale Hilfe. Für die Kommunikation zwischen Herrscher und auswärtigen Diplomaten erwies sie sich als unverzichtbar, und dies, obwohl – oder weil – ihre Rolle formal nicht vorgesehen war. Ihre Aufgaben mussten sie jedoch zwangsläufig in Konkurrenz zu den Inhabern der wichtigsten Ämter im Umfeld des Königs, zu Ministern und Staatssekretären, bringen. 5.2  Die Mätresse als Premier ministre:

Madame de Pompadour und die Minister des Königs

Den Staatsministern und Staatssekretären472 – vor allem denjenigen, die nicht zum Kreis um Madame de Pompadour gehörten – mussten die Einflussmöglichkeiten der Mätresse ein Dorn im Auge sein: Sie stellten den Vorrang der Amtsträger in Frage. In der Regel war Madame de Pompadour über die laufenden Geschäfte der Krone ebenso aktuell informiert wie die Minister, unter anderem weil sie von Hoffremden in der gleichen Weise und zum gleichen Zeitpunkt wie diese über Neuigkeiten informiert wurde. Boten (auch solche, denen die Situation am französischen Hof nicht aus eigener Anschauung geläufig war) lieferten ihre Berichte nicht selten außer beim zuständigen Staatssekretär auch bei Madame de Pompadour ab. Als beispielsweise der Duc de Duras473 im September 1757 als Sondergesandter am Hof erschien, um den Abschluss der Konvention von Kloster Zeven bekanntzugeben (in der Prinz Wilhelm August, Herzog von Cumberland, gegenüber der französischen Krone die Neutralität seiner Truppen erklärt hatte), übermittelte er diese Nachricht zunächst gemäß seinem Auftrag dem Kriegsstaatssekretär und anschließend – etwa gleichlautend – Madame de Pompadour. Sie erwähnte diese Tatsache anschließend in einem Brief an den Duc de Richelieu: »Monsieur de 472 Synonym für die Gruppe dieser beiden Funktionsträger wird auch in diesem Kapitel wiederum »Minister« als Oberbegriff verwendet werden. 473 Es handelt sich wahrscheinlich um Emmanuel Félicité de Durfort, duc de Duras (*  1715, †  1789), der zwischen 1752 und 1755 Botschafter Frankreichs in Spanien gewesen war und nun den Oberbefehl über die Truppen in der Bretagne hatte.

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Duras hat mir im Wesentlichen das gesagt, was er [dem Kriegsminister] Monsieur de Paulmy zu berichten beauftragt war.«474 Auch Starhemberg berichtete 1756 zwar zuerst dem Außenminister Rouillé vom Ausgang der Schlacht bei Lobositz. Gleich im Anschluss begab er sich aber zusammen mit Bernis und Maréchal de Belle-Isle zu Madame de Pompadour, wo er die entsprechende Nachricht aus Wien noch einmal verlas. Dorthin kam wenig später auch der König selbst475. Auch die Staatssekretäre in London waren ebenso wie die britischen Diplomaten bereit, sich der Mätresse als Alternative zum französischen Staatssekretär zu bedienen, wenn sie den Eindruck hatten, dass der Weg über diesen erschöpft und die Situation verfahren sei. Dies war 1751 der Fall, als es zu Auseinandersetzungen zwischen der britischen und der französischen Krone um die Anerkennung des neuen preußischen Botschafters am französischen Hof kam. Mit George Keith, Earl Marishal of Scotland, hatte Friedrich  II. von Preußen einen Vertreter nach Versailles entsandt, gegen den in Großbritannien ein »act of attainder« vorlag, ein parlamentarischer Strafbeschluss, weil Keith als Anhänger der Stuarts an den Jakobitenaufständen von 1715 und 1719 teilgenommen hatte. Um der Strafe zu entkommen, war Keith auf das europäische Festland geflohen und seit Ende der 1740er Jahre bei Potsdam ansässig, wo er zu einem der engsten Vertrauten des preußischen Königs geworden war. Seine Entsendung als diplomatischer Vertreter, so argumentierte die britische Regierung, verstoße gegen die Tripelallianz von 1717 zwischen England, Frankreich und den Vereinigten Niederlanden: Der aus Schottland stammende Keith sei ein Rebell gegen den britischen König und dürfe von der französischen Krone nicht als diplomatischer Vertreter anerkannt werden476. Staatssekretär Earl of Holdernesse wies Botschafter Albemarle an, er solle beim französischen Staatssekretär Puisieulx Beschwerde gegen die Anerken474 Lever, Lettres, 363, f. 151, Pompadour an Richelieu, ohne Datum: »Monsieur de Duras m’a dit, en gros, ce dont il était chargé pour Monsieur de Paulmy.« 475 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 38r, Starhemberg an Kaunitz, Fontainebleau, 12.10.56: »Je me rendis sur-le-champ chez Mr Rouillé, où j’avais donné rendez-vous à l’Abbé de Bernis, avec lequel, après avoir parlé à Monsieur Rouillé, je passai ensuite chez Madame de Pompadour où je fis prier le Maréchal de Bellisle de se rendre. Je leur fis part, à tous ensemble, du contenu de la relation, et ils marquèrent beaucoup de joie de la bonne conduite et de la bravoure que les généraux et les troupes de leurs Majestés Impériales avaient fait paraître dans cette occasion. Le Roi arriva un moment après, lut lui-même la relation et marqua beaucoup de satisfaction de la valeur et du courage avec lequel nos braves troupes et surtout la cavalerie avaient combattu l’ennemi, et après être resté près d’une heure avec nous, il alla lui-même annoncer à ses courtisans la nouvelle […].« 476 Siehe BL Add. Ms. 32829, f. 195, Holdernesse an Yorke, London, 26.8.1751.

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nung des preußischen Gesandten in Versailles einlegen. Puisieulx zeigte wenig Verständnis für die britischen Befindlichkeiten und war nicht bereit, auf die Wünsche des britischen Botschafters einzugehen477. Kurze Zeit darauf dankte er ab und wurde durch Saint-Contest ersetzt, der ebenfalls keine Bereitschaft zeigte, in dieser Sache tätig zu werden478. Die Beziehungen zwischen England und Frankreich litten zunehmend unter der Auseinandersetzung, als im Jahr 1753 Earl Holdernesse dem britischen Botschafter Albemarle vorschlug, sich in der Frage um den preußischen Gesandten nicht nur an den eigentlich zuständigen Außenminister Saint-Contest zu wenden, sondern auch andere Minister und womöglich auch »a certain Lady« zu Rate zu ziehen – Madame de Pompadour479. Albemarle versicherte in seinem Antwortschreiben, dass er die erste Gelegenheit nutzen werde, sich auch mit anderen Mitgliedern des Conseil, darunter Noailles und Puisieulx, in dieser Angelegenheit beraten werde. Er verspreche sich jedoch wenig von den Gesprächen: Durch ihre Teilnahme an den Conseil-Sitzungen seien zwar alle Minister gleichermaßen über die öffentlichen Angelegenheiten unterrichtet, jedoch seien sie unwillig, Auskünfte zu erteilen, die über ihren Zuständigkeitsbereich hinausgingen, und verwiesen stets an den dafür zuständigen Ressortleiter. Mit Blick auf die »bestimmte Dame« ließ Albemarle wissen, dass er keine Möglichkeit zum vertraulichen Gespräch mit ihr habe480. Kurze Zeit später jedoch bekräftigte er gegenüber Staatssekretär Newcastle, der ihn schon mehrfach aufgefordert hatte, seinen Kreis an Kontaktpersonen zu erweitern481, dass er, vor allem seit Saint-Contest die Nachfolge Puisieulx’ angetreten hatte, sehr daran interessiert sei, Madame de Pompadour als Alternative zu seinem regulären Ansprechpartner zu nutzen und über sie an Informationen zu gelangen, die ihm auf anderem Wege nicht 477 Siehe ebd., f. 258, Holdernesse an Yorke, Whitehall, 2.9.1751. 478 Siehe ebd., Add. Ms. 32830, f. 37, Detouches an Henley (Abschrift), Paris, 17.9.1751. 479 Ebd., Eg. Ms. 3457, f. 66, Holdernesse an Albemarle, London, 2.4.1753, Private: »I observe you confine your conversations with St Contest only, now though he has the Department of Foreign Affairs, he certainly is not the Minister of France, and in so material a Point as to the Prussian Dispute, I should think it might be talked of to others as well as him, and I would suggest, for your consideration, whether a certain Lady (Hervorhebung im Original, d. Verf.) might not be made to understand, that the Prussian having done us a national injustice and affront, it would probably not be swallowed, and if it is not redressed may draw consequences which I suppose it is her inclination and interest to avoid […]. I venture this hint for your consideration […].« 480 Siehe ebd., f. 68, Albemarle an Holdernesse, Paris, 8.4.1753, Private. 481 Siehe beispielsweise ebd., Add. Ms. 32839, f. 259, Newcastle an Albemarle, Hannover, 12./23.8.1752.

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zugänglich schienen482. 1757, einige Jahre später, sprach der kaiserliche Vertreter Starhemberg davon, dass er sich »der Gewohnheit nach« im Anschluss an ein Gespräch mit Außenminister Rouillé »an die Madame de Pompadour und die übrigen Minister gewendet« habe, um sich der wahren Haltung der französischen Krone zu vergewissern483. Dass das Agieren der Mätresse Unmut bei den Amtsträgern hervorrufen musste, wurde augenfällig, wenn Madame de Pompadour Begegnungen mit den Botschaftern nutzte, um diese von Entscheidungen des Königs zu unterrichten, die eigentlich in die Zuständigkeit des Ministers fielen. Im Juni 1757 beispielsweise teilte Madame de Pompadour dem kaiserlichen Vertreter Starhemberg als Erste die Entscheidung des Königs mit, dass Abbé de Bernis, der Unterhändler im Renversement des alliances, als Botschafter nicht nach Madrid, sondern wahrscheinlich an den Wiener Hof wechseln werde. Offensichtlich war sie sich des Konfliktpotenzials ihrer Handlung bewusst, denn sie versuchte die Eifersucht – die »jalousie« – des Außenministers Rouillé abzuwehren, indem sie Starhemberg um Diskretion bat: Er solle gegenüber Rouillé nicht zu erkennen geben, dass er bereits durch sie in Kenntnis gesetzt worden sei484. Mätresse und Minister konkurrierten auch hinsichtlich der Entscheidungsmacht in Personalfragen miteinander. Beanspruchten Staatssekretäre die alleinige Herrschaft über ihr Ressort auf dem Wege der Monopolisierung von Personalentscheidungen, ohne die Mitsprache Madame de Pompadours 482 Siehe ebd., Add. Ms. 32845, f. 18, Albemarle an Newcastle, Paris, 6.6.1753: »Pray my dear lord, to whom can I apply to but to St Contest, to be informed. My poor friend, Mme de Pompadour, is in jeopardy herself, and a little Irish girl [i.e. Marie-Louise O’Murphy] and her followers engrosses all the Marquise’s thoughts, besides no foreign minister ever speaks to her in private for reasons I have fully explained to My Lord Holdernesse.« 483 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 98, f. 167v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.5.1757: »Monsieur Rouillé hat […] abermahlen große Schwierigkeiten erreget und in einer mit mir gehabten Conferenz […] sich auf eine so ungestüme und ohnanständige Art geäußert und so außerordentliche Sätze geäußert, dass, wann ich mich schlechterdings an seine Reden gehalten und nicht der Gewohnheit nach mich an die Madame de Pompadour und die übrigen Minister gewendet hätte, ich […] Eurer Exzellenz solche Dinge einzuberichten gehabt haben würde, vermög deren dieselbe nicht anders hätten urteilen können, als dass auch dieser Hof [...] nicht zu zahlen und von hieraus sich nicht das geringste mehr zu versprechen sei.« 484 Siehe ebd., Karton 95, f. 289/290, Starhemberg an Kaunitz, Compiègne, 18.7.1756: »Madame de Pompadour m’a déclaré la première le parti auquel le Roi s’était décidé. […] Elle me dit que Monsieur Rouillé m’en parlerait, et que je ne lui fisse pas connaître d’en avoir été instruit auparavant. Il me parla en effet le même jour comme d’une idée qui lui était venue à lui-même.«

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zu akzeptieren, stießen sie auf Widerstand. Als Kriegsminister Marquis de Paulmy 1758 versuchte, »vor (sic) sich allein und ohne jedermann in seine Amtirungen einsehen zu lassen [das ganze Kriegs-Wesen] [zu] dirigiren […] [und] keine faveur noch recommendation, sie möge sein wie sie wolle,« zuzulassen, brachte ihm dieses Vorgehen, das »verschiedene Protectiones des Belleisle, des Bernis, ja auch sogar der Pompadour ohne Würckung« hatte bleiben lassen, Kritik ein: Durch sein Verhalten habe er »die Gemüther der Pompadour, des Belleisle, des Bernis und anderer von sich entfernt, und anmit sich die fast allgemeine Verachtung zugezogen […].«485 Wenn sich die Staatssekretäre in ihren Personal- wie auch in allen anderen Entscheidungen mit Madame de Pompadour abstimmten, geschah dies auf Verlangen des Königs, wie Graf von Kaunitz notierte486. Es war üblich, dass die Minister nach ihren Gesprächen mit dem König Madame de Pompadour über die Inhalte des Gesprochenen informierten487. Auch Luynes bestätigte, dass sich vor der Tür von Madame de Pompadour die Minister drängten und auf Gespräche mit ihr warteten488. Nahm Madame de Pompadour auch an den Beratungen des Conseil teil? Angesichts der skizzierten Umstände wäre dies vorstellbar, jedoch scheint es nicht der Fall gewesen zu sein. Der preußische Gesandte Chambrier vermerkte 1749 ausdrücklich, dass Madame de Pompadour bei den Sitzungen des Conseils nicht anwesend sei, wodurch sich für die Minister Möglichkeiten eröffneten, ihre Vorstellungen ohne den Widerspruch der Mätresse durchzusetzen489. Die Ausführungen an früherer Stelle haben jedoch gezeigt, dass die Beratungen im Conseil nicht entscheidend waren: An ihre Stelle traten Ge485 Ebd., Karton 103, f. 20r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.3.1758. 486 Siehe Kaunitz, Mémoire, 448: »Les ministres la préviennent sur tout ce qu’ils ont à dire au Roi. C’est lui-même qui l’exige. Le moindre détour les perdrait.« 487 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 355 f.: »[Mr de Machault] n’osa pas [nach dem Attentat auf den König im Januar 1757], un jour que le Roi l’appela durant sa maladie, rendre compte sur-le-champ, comme il y était accoutumé, à Madame de Pompadour de ce qui s’était passé entre le Roi et lui; cela était d’autant plus extraordinaire qu’il avait été question d’elle: il crut devoir différer jusqu’au lendemain à l’informer de cet entretien avec Sa Majesté, quoique je lui eusse fait sentir que c’était laisser trop longtemps sur la roue l’amie du Roi et la sienne.« 488 Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 15, 338, 19.4.1756. 489 GStAPK, I. HA Rep. 96, Nr. 24 D, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 12.12.1749: »Comme elle n’assiste pas au Conseil, le sentiment des Ministres prévaudra toujours quand même il serait contraire aux idées de la Marquise de Pompadour.« – Im Falle der Mätresse am württembergischen Hof, Wilhelmina von Grävenitz, geht aus Zeugenaussagen (die im Vorfeld eines gegen die Mätresse angestrengten Verfahrens gesammelt wurden) hervor, dass sie auch an den Sitzungen des Ministeriums teil-

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spräche unter vier Augen oder im kleinen Kreis um den König, die häufig in den Räumen Madame de Pompadours und in ihrer Gegenwart stattfanden. Der spanische Botschafter Huéscar berichtete davon, dass im Appartement der Mätresse und in ihrer Gegenwart über die polnische Thronfolge beraten worden sei490. Mehrere solcher »conférences« werden auch in den Spionageberichten der Briten aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges erwähnt491. Bei den Arbeitsgesprächen, die der König vertraulich mit seinen Ministern führte, war Madame de Pompadour ebenfalls zeitweilig anwesend492. Außerdem kam es vor, dass der König den jeweils zuständigen Minister, nachdem er sich mit ihm unter vier Augen besprochen hatte, gleich im Anschluss zu Madame de Pompadour schickte. Vor allem wenn dem König die Argumentation seines Ministers schlüssig erschienen war, bat er ihn, sie gegenüber Madame de Pompadour zu wiederholen, denn ihre Zustimmung war Voraussetzung dafür, dass Entscheidungen umgesetzt wurden493. Von Seiten der Minister wurde Madame de Pompadour zu Recht als Kontrollinstrument des Königs gegenüber seinen Ministern wahrgenommen494. Für die Diplomaten wie auch für Madame de Pompadour war es deshalb mitunter schwierig, den richtigen Umgang mit den Ministern zu finden. Der kaiserliche Botschafter Starhemberg, der bei ihr große Privilegien genoss, achtete sehr genau darauf, wie sein Kontakt mit Madame de Pompadour von den jeweils einflussreichsten Ministern wahrgenommen wurde. Als Starhemberg genommen habe. In den Protokollen des Gremiums ist ihre Anwesenheit allerdings nicht vermerkt. Siehe Oßwald-Bargende, Die Mätresse, der Fürst und die Macht, 111 f. 490 Siehe AGS, Estado, leg. 4468, ohne folio, Huéscar an Villarias, Paris, 5.12.1746: »[…] y se me ha asegurado, que tratandose de este punto en el cuarto de la Marquesa de Pompadour, se declaró ésta a favor del Príncipe de Conti para soliticar aquella Corona, disponiendo aquí los ánimos a este fin, y tomando a su cuidado esta empresa. Que en Polonia se había traslucido algo de las ideas de querer formar partido esta Corte en la futura elección, y que ha venido secretamente un personaje polaco a disuadirlas, y dejar a su nación en la libertad de elegirse Rey. Todo esto se me ha confiado por persona que aunque no es del Ministerio, tiene mucha introducción en la corte, y sabe lo que pasa en ella [...].« 491 An einer Stelle wird im Bericht eines britischen Informanten von einer Conférence berichtet, die zwischen Pompadour, Choiseul und Belleisle stattgefunden habe und bei der auch der König zugegen gewesen sei: BL Add. Ms. 32916, f. 189, Intelligence Paris, 28.11.1760. Siehe auch ebd., Add. Ms. 32917, f. 451, Intelligence Paris, 21.1.1761. 492 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G, f. 185 f., Chambrier an Friedrich II., Paris, 15.3.1751. (Siehe auch PC, Bd. 8, 313 f., Nr. 4861.) – Siehe dazu in dieser Arbeit, 132. 493 Siehe BL Add. Ms. 32911, f. 247, Intelligence Paris, 12.9.1760. 494 Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 110, 17.1.1756: »[La Marquise de Pompadour] sert de contrôle aux ministres […].«

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im Frühjahr des Jahres 1758 feststellte, dass sich Außenminister Bernis ihm gegenüber immer zurückhaltender zeigte, zog Starhemberg daraus Konsequenzen für sein Verhalten gegenüber Madame de Pompadour: Er schränkte seine »besondern Visiten« bei ihr ein, weil er befürchtete, durch sie den Außenminister zu verärgern. Zukünftig werde er sie nur noch zu der »gewöhnliche[n] Visite [sehen], die ihr alle Bottschafter und auswärtige Minister des Diensttags abzustatten pflegen«495, notierte er 1758. Während die zu große Konzentration auf die Mätresse die Eifersucht der Minister hervorrief, konnte im Gegenteil auch ihre Vernachlässigung unliebsame Folgen haben, die zu riskieren Starhemberg nicht wagte. Nachdem Bernis im November 1758 vom Amt des Staatssekretärs der auswärtigen Angelegenheiten entlassen worden war, kündigte Starhemberg an, er werde nun versuchen, den Kontakt zu Madame de Pompadour wieder zu intensivieren496. Einige Monate später, unter Bernis’ Nachfolger im Amt, Choiseul, schrieb Starhemberg jedoch wiederum, er vermeide es, die Mätresse öfter als an zwei oder drei Tagen in der Woche zu sehen – »wegen der jalousie, die es bei dem [Außenminister] Duc de Choiseul erwecken könnte«497. Den Diplomaten war, ebenso wie Madame de Pompadour, daran gelegen, die Eifersucht der Minister in Maßen zu halten. Die Minister wiederum konnten es sich in den wenigsten Fällen erlauben, in Konflikt mit der Mätresse 495 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 44v–45r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 17.3.1758: »Nur muss ich noch diesen Umstand gehorsamst anführen, dass, da ich Ursach zu besorgen gehabt habe, es möchte Abbé de Bernis über meine besondern Visiten bei der Madame de Pompadour einige Verlegenheit empfinden, ich seit des letztern Aufenthalts in Fontainebleau der besagten Madame de Pompadour keine andere als die gewöhnliche Visite, die ihr alle Bottschafter und auswärtige Minister des Diensttags abzustatten pflegen, mehr gemacht habe […].« 496 Ebd., f. 23v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.11.1758: »Mit der Madame de Pompadour wird es vielleicht nöthig sein, dass ich in einige Explication oder Rechtfertigung eingehen müsse; Dann da […] ich seit dem Ministerio des Hlen Cardinalen [Bernis], als welcher über meiner bei ihr machenden Visiten seine Verlegenheit nicht bergen konnte, und den ich […] vorzüglich menagiren zu sollen glaubte, mich etwas seltsamer zu ihr verfüget und auch seit geraumer Zeit gar keine Gelegenheit gefunden habe, von Geschäften mit ihr zu sprechen […].« 497 Ebd., Karton 106, f. 156r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.9.1759: »Einen mehreren Umgang mit ihr zu unterhalten scheint mir aus verschiedenen Ursachen, zumahlen aber wegen der jalousie, die es bei dem Duc de Choiseul erwecken könnte, nicht rathsam zu sein; bishero habe ich zwar noch kein Anzeichen davon bei ihm wahrgenommen, allein was sich diesfalls mit dem Cardinal de Bernis ergeben, dienet mir anitzo zur Regel und kann man an einem Hof, der so voller Intrigen als der hiesige ist, nicht gnugsam auf seiner Huth stehen, um gegen niemanden zu viel noch zu wenig zu thun […].«

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zu geraten. Sie mussten davon ausgehen, dass sie dies ihr Amt kosten könne, weil Madame de Pompadour den König in Personalfragen beriet498. Vielfach verlor sich in den Formulierungen der Zeitgenossen sogar das bedeutsame Detail, dass nur der König Minister ernennen und absetzen konnte, und es schien, als sei Madame de Pompadour nicht nur beratend tätig, sondern als übernehme sie diese Aufgabe vollends, so im Falle des Maréchal d’Estrées, der 1758 zum Staatsminister ernannt wurde. Graf von Starhemberg zeigte sich erstaunt darüber: »In der That ist nicht zu begreiffen, wie die Pompadour sich habe entschliessen können, einen so lebhafft und ungestümmen Rathgeber in das Conseil aufnehmen zu machen […].«499 Bereits in den ersten Jahren ihrer Zeit bei Hof hatte man Madame de Pompadour für die Disgrâce des Contrôleur général des finances, Philibert Orry, verantwortlich gemacht, der deshalb habe gehen müssen, weil er ihren Protektoren, den Brüdern Pâris, nicht genehm gewesen sei500. Im April 1749 führte man die Entlassung des Staats- und Marineministers Jean-Frédéric Phélypeaux, comte de Maurepas, darauf zurück, dass er Spottverse über Madame de Pompadour in Umlauf gebracht hatte501. Der Gegensatz zwischen dem langjährigen Kriegsminister Comte d’Argenson und Madame de Pompadour, auf den bereits an anderer Stelle verwiesen worden ist502, bestand fort, bis Argenson am 1. Februar 1757 – zeitgleich mit dem bisherigen Contrôleur général und Marineminister Machault d’Arnouville, der bis zu den Ereignissen im Zusammenhang mit dem Attentat auf Ludwig XV. im Januar 1757 zu den engsten Vertrauten Madame de Pompadours gezählt hatte503 – die schriftliche Aufforderung des Königs erhielt, sein Amt zu räumen und sich auf seine Besitzungen zurückzuziehen504. Der Conseil verlor mit Machault d’Arnouville und dem Kriegsminister Argenson, der über lange Zeit der einzige sichtbare Widerpart der Mätresse im Einfluss auf die Geschäfte gewesen war, zwei seiner einflussreichsten und nach Meinung vieler Zeitgenossen fähigsten Mitglieder. 498 Der pompadourkritische Biograph Ludwigs XV., Michel Antoine, sah hierin »das offensichtlichste ihrer politischen Talente: fähige Minister zu verjagen« (»le plus clair de ses talents politiques: chasser les bons ministres«). Siehe Antoine, Louis XV, 389. 499 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 105v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. In diesem Fall handelte es sich um den Maréchal d’Estrées, in den Worten Starhembergs »ein sehr schlechter politicus.« 500 Siehe Antoine, Louis XV, 389 f. 501 Siehe ebd., 613. 502 Siehe in dieser Darstellung, 121. 503 Zum Verhalten Machaults in den Tagen nach dem Attentat siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 355 f. 504 Siehe Antoine, Louis XV, 722. – Siehe auch Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 366 ff.

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Beide, so berichtete der kaiserliche Vertreter Starhemberg, hätten nicht die leiseste Vorahnung ihrer Disgrâce gehabt, die auch für alle anderen Beteiligten und Beobachter in keiner Weise abzusehen gewesen sei. Die Entscheidung sei im kleinen Kreis – zu dem Madame de Pompadour zählte – getroffen worden505. Die Entlassung Argensons schien vielen Beobachtern seit geraumer Zeit das Ziel Madame de Pompadours gewesen zu sein, so gab Starhemberg an506. Die Umbildung des Kabinetts in Folge der Entlassungen Argensons und Machaults führte dazu, dass Madame de Pompadour ohne Gegenspieler und gemeinsam mit ihrem soeben in den Conseil berufenen Schützling Bernis noch direkter als zuvor Einfluss nehmen konnte. Starhemberg bezeichnete die beiden als »Meister von dem Conseil, ja von dem ganzen Staat«507. Insgesamt wirkten die Personalentscheidungen des Königs und der Mätresse auf die auswärtigen Beobachter wenig durchdacht und ohne Konzept. Der britische Botschafter bekannte 1754 gegenüber Newcastle, dass ihm die Konstellationen im Conseil ein »unbegreifliches Rätsel«508 seien. Nachdem es wieder einmal zu einer großen personalen Umgestaltung gekommen war, beklagte Starhemberg Mitte des Jahres 1758, »wie schlecht die hiesige innerliche Verfassung und Einrichtung«509 sei. Vor allem mangele es in erheblichem Maße an personaler Kontinuität: 505 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 49, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.2.1757: »L’affaire a été résolue dans le plus grand secret, et sans que personne que Madame de Pompadour, l’Abbé de Bernis, Mr le Dauphin et peut-être Monsieur de Soubise en aient eu connaissance.« Auch die Conseil-Umbildung von 1754 nahm der kaiserliche Vertreter Starhemberg zum Anlass, um zu bemerken, »dass allem Ansehen nach diese gantze geheime Austheilung deren Ämbtern von der Madame de Pompadour herrühre; Es ist also geheim tractiret worden […].« Ebd., Karton 92, f. 37r, Starhemberg an Kaunitz, Compiègne, 31.7.1754. 506 Siehe ebd., Karton 99, f. 50–51, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.2.1757. »Il y a longtemps que Madame de Pompadour eut désiré de pouvoir parvenir à écarter Mr d’Argenson, qu’elle a toujours regardé non seulement comme son ennemi déclaré, mais aussi comme un fourbe et un malhonnête homme, qui trahissait le Roi et l’État, et ne suivait en tout que ses vues personnelles, presque toujours contraire (à ce qu’elle prétendait) au bien public.« 507 Ebd., Karton 98, f. 27v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 10.2.1757. 508 BL Add. Ms. 32850, f. 74, Albemarle an Newcastle, Paris, 14.8.1754: »[…] it is still incumbent upon me to explain the present connections amongst those that compose the French King’s council, this, I must own, is a riddle that is beyond my comprehension. […] the present connections of this administration are not to be explained, the more I aim at it the more I puzzle myself, and of consequence, Your Grace, give them time to act and me to observe and you shall be better informed.« 509 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 99r–118v, hier f. 99v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758.

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»In Zeit von vier und einem halben Jahr meines hiesigen Aufenthalts habe ich schon zweimal das gantze Conseil mit gantz neuen subiectis […] besetzt gesehen. Es ist der gegenwärtige Ministre des affaires étrangères seit meinem hiersein der dritte, der diese Stelle bekleidet, der Ministre de la Guerre gleichfalls der dritte, der Ministre de Marine gar der vierte, und der Contrôleur général ebenfalls der vierte.«510

Durch die ständigen Ministerwechsel und die daraus resultierende große Zahl an ehemaligen Ministern, die sich weiterhin am Hof aufhielten, sei es nicht verwunderlich, dass jedermann Einblicke in die Angelegenheiten des Staates erhalte und keinerlei Diskretion bestehe, so Starhemberg weiter. Die Personalentscheidungen des französischen Königs irritierten die auswärtigen Beobachter auch in anderer Hinsicht: Von wenigen Ausnahmen abgesehen, hielten sie die Minister für ungeeignet. Es mangle ihnen an Erfahrung, an fachlicher Befähigung und in den meisten Fällen auch an gesundem Menschenverstand und dem Willen, dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen. Die Minister sähen sich infolgedessen permanenter Kritik von Seiten der Hofgesellschaft ausgesetzt und verfügten über keinerlei Autorität511. Beim Amtsantritt von Antoine-Louis Rouillé, der 1754 zum Staatssekretär des Auswärtigen ernannt wurde, bemerkte etwa Starhemberg, Rouillé werde allseits für »einen sehr schwachen, in auswärtigen Geschäften gantz unerfahrenen, und einer so wichtigen Stelle durchaus untüchtigen Mann gehalten […].«512 Die Klagen über die mangelnden Fähigkeiten der Minister fanden sich in der Regel verbunden mit dem Hinweis, dass am französischen Hof zur Besetzung von Staatssekretärsämtern in keiner Weise individuelle Eignung zähle, sondern allein die Protektion durch die Mätresse513. Die Minister seien 510 Ebd., f. 100r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. 511 Siehe ebd., f. 100v. 512 Ebd., Karton 92, f. 46r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 9.8.1754. Da sich jedoch Rouillé seiner fehlenden Fähigkeiten bewusst sei, hoffte Starhemberg, dass er sie durch »Fleiß und dabei anwendende Vorsichtigkeit« ersetzen werde. So könne er letzten Endes möglicherweise hilfreicher sein als »ein munterer und spitzfindiger, dabei aber unruhiger und hitziger Politicus, wie es dergleichen mehrerer allhier giebt […].« Über Rouillés Vorgänger Saint Contest hatte Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 2, 144, geschrieben, er habe keine weitergehenden Verdienste vorzuweisen als einerseits der Sohn eines ehemaligen bevollmächtigten Ministers bei den Verhandlungen zum Frieden von Rastatt zu sein und andererseits »seit dreißig Jahren fleißig die Gazetten zu lesen.« 513 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 13r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.11.1758. Nicolas René Berryer, der neue Marineminister, beispielsweise verdanke seine Ernennung »seiner genauen Einverständnis mit der Madame de Pompadour und der grossen Meinung, die sie von seinem talentis hat […].« Er habe »von der Marine nicht die geringste Kenntnis […] und [ist] sein ganzes Leben hindurch mit ganz andern objectis beschäftiget gewesen […].«

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»alle von der Willkühr der Pompadour, die bald einen, bald den anderen hervorziehet«514, abhängig, schrieb Starhemberg 1758. Ganz offensichtlich spielten Patronagebeziehungen bei der Besetzung von Ämtern im französischen Conseil eine noch größere Rolle, als man es von anderen Höfen gewöhnt war. Eine Ausnahme unter den Mitgliedern des Conseil bildete der Comte d’Argenson: Er war nicht nur der einzige Minister, der nicht von Madame de Pompadour protegiert wurde und nicht mit ihr zusammenarbeitete. Er schien auch als Einziger den Anforderungen an das Amt des Staatssekretärs gewachsen515. Starhemberg bescheinigte ihm »viel Geist, Finesse, Geschick, Kenntnisse der politischen Angelegenheiten und Geschicklichkeit«516. Er sei mit Leib und Seele Minister gewesen, schrieb Starhemberg nach seiner Entlassung – jedoch habe er »Madame de Pompadour und alles, was mit ihr zusammenhing, gehasst«517. Angesichts dessen erstaunt es, dass sich Argenson so lange Zeit – von 1745 bis 1757 – trotz der Gegnerschaft zu Madame de Pompadour auf seinem Posten hatte halten können. Es scheint, als habe Ludwig XV. in der Art seines Vorgängers versucht, seine engsten Vertrauten gegeneinander auszuspielen und niemandem eine zu große Machtstellung zu ermöglichen. So ließe sich erklären, weshalb er die Staatssekretäre so häufig austauschte. Die Gunst der Marquise jedoch hielt länger an – und sie profitierte vor allem davon, dass die vielfach beklagten Mängel in der französischen Regierung ihr zum Vorteil gereichten und das Fehlen an personeller Kontinuität, an persönlicher und fachlicher Eignung innerhalb der Gruppe der Minister und die Schwierigkeiten, mit dem König zu kommunizieren, ihre Position erforderlich und sie als Person unentbehrlich machten: Zwischen König, Ministern und Auswärtigen fungierte sie in der Art eines Ersten Ministers. Sie war die engste Vertraute des Königs, sie bildete den Verbindungspunkt aller Ministerien (angeblich mit Ausnahme des Kriegsmi514 Ebd., f. 100r–101r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. 515 In den Worten Bernis’ klingt das folgendermaßen: Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 2, 138: »J’ai connu peu d’hommes qui eussent plus de lumières dans l’esprit que lui […].« 516 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 57, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.2.1757: »Quant à Mr d’Argenson […], je lui ai trouvé beaucoup d’esprit, de finesse, d’adresse, de connaissances des affaires, et d’habileté dans la manière de les traiter […].« Siehe auch ebd., Karton 95, f. 139v–140r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 17.4.1756. 517 Ebd., Karton 99, f. 57, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.2.1757: »Il avait le ton qu’un Ministre doit avoir, comprenait bien, répondait à tout, ne faisait que des objections sensées et raisonnées, ne disait pas plus qu’il ne fallait et n’affectait point de réserve mal à propos. Avec cela il était très laborieux, et porté tant qu’il le pouvait à rendre service. En un mot il était ministre et avait de bonnes et grandes qualités. […] Il haïssait Madame de Pompadour et tout ce qui avait rapport à elle […].«

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nisteriums unter Argenson) und stand zwischen dem Monarchen und seinen Beratern. Sie entschied, wer zum Gespräch mit ihm zugelassen wurde. Dazu verkörperte sie eine große Kontinuität, was einer ihrer größten Vorzüge war: Ihre »Amtszeit« von annähernd zwanzig Jahren unterschied sie in eklatanter Weise von allen Amtsträgern im Conseil. Sie kannte alle Personen, alle Strukturen, alle Gepflogenheiten, und sie kannte den Herrscher, dessen Festhalten an ihr immer wieder leicht verächtlich mit seiner »Gewöhnung« begründet wurde518; ersetzt man allerdings »Gewöhnung« durch den positiv besetzten Begriff »Kontinuität,« fasst man eine ihrer wichtigsten Qualifikationen. Die auswärtigen Diplomaten bedauerten vielfach, dass es am französischen Hof keinen offiziell ernannten Premier ministre gebe. Der preußische Gesandte Chambrier mutmaßte, dass eine Person in der Nachfolge Fleurys die Probleme der Regierung lösen könnte519, und auch Starhemberg war überzeugt, dass Frankreich dringend einen Premier ministre benötige, in dessen Hand die Autorität liege. Madame de Pompadour, so schrieb Starhemberg, habe diese Funktion deshalb bislang nicht wahrnehmen können, weil ihr jahrelang der Comte d’Argenson im Weg gestanden habe. Die Vorstellung eines »Günstlingministeriums« der Madame de Pompadour hielt Starhemberg für »wünschenswert für dieses Land […], das nur durch die Autorität einer einzelnen Person regiert werden kann, der der Souverän sein ganzes Vertrauen ausspricht«520. Starhemberg nahm Madame de Pompadour als Koordinatorin 518 Siehe beispielhaft GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G, f. 175–181, hier f. 175, Relation générale de la Cour de France, Paris, ohne Datum (vor April 1749): »[Le Roi] s’attache par habitude plus encore que par goût, et quand l’habitude est formée, sa confiance est sans bornes, par une sorte de besoin qu’il a de parler de tout ce qu’il sait et de dire tout ce qu’il pense. A l’exception cependant de la seule personne qui possède ainsi sa confiance, il est très réservé avec tous les autres, il est même impénétrable sur ses secrets, et il a montré qu’il sait pousser la dissimulation jusqu’à l’excès quand il la croit nécessaire.« Der Aspekt der Gewöhnung wird auch von allen Memoirenschreibern betont, so unter anderem vom Duc de Croÿ (Sortais), Mémoires, Bd. 1, 185: »[…] cependant, je crois que l’habitude était ce qui attachait le plus le Roi.« 519 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 23 L, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 9.6.1747: »Il faut aussi dire c’est que s’il y avait ici un homme habile qui embrassât l’universalité du gouvernement de ce royaume avec l’autorité qu’avait le cardinal de Fleury, les ressources qu’il trouverait dans cette monarchie lui feraient surmonter les difficultés sous lesquelles il faudra qu’elle plie de plus en plus si les choses continuent d’être conduites comme elles sont.« 520 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 50, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 3.2.1757: »Elle n’a jamais pu parvenir à ce point si désiré et peut-être si désirable pour ce pays-ci, qui ne peut guère être gouverné que par l’autorité d’une seule personne à qui le souverain donne toute sa confiance.«

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der vielen Minister und sonstigen Akteure wahr und zog es vor, sich bei ihr rückzuversichern, wenn die Meinungen der an den Verhandlungen beteiligten Personen auseinandergingen521. Er ging davon aus, dass sie durch die Rücksprache mit dem König am ehesten einschätzen könne, welche die maßgebliche Meinung sei, die zuletzt als Grundlage der königlichen Entscheidung dienen werde. Starhemberg beschrieb damit – und wenn er die Bemühungen Madame de Pompadours erwähnte, »keinen [der Minister] zu einer allzu grossen authoritaet gelangen«522 zu lassen – typische Funktionen des Günstlingministers. Und genau das war die Funktion Madame de Pompadours: Sie war der nicht ernannte Premier ministre Ludwigs XV. Als solcher bildete sie »das Zentrum der öffentlichen Angelegenheiten« bei Hofe, wie Argenson es auf den Punkt brachte523. Ihre Macht zog Madame de Pompadour aus der Heterogenität innerhalb der Gruppe der Minister, die Kämpfe eher untereinander als gegen die Mätresse ausfochten. Der preußische Gesandte Knyphausen beschrieb wie viele andere die Gruppe der Minister als völlig zerstritten524. Die Minister beharrten mit Entschiedenheit darauf, in ihrem jeweiligen Fachgebiet das Sagen zu haben. Der britische Botschafter Albemarle vermerkte, dass zwar theoretisch alle Minister gleichermaßen vom König über die öffentlichen Belange informiert würden, dass sie aber jeden, der sich mit einer Frage an sie wende, die nicht in ihrem unmittelbaren Zuständigkeitsbereich liege, sogleich an den offiziell zuständigen Minister verwiesen525. Die Minister, das hatte schon Kaunitz 521 Bisweilen hoffte Starhemberg auf klärende Gespräche mit Madame de Pompadour. Siehe ebd., Karton 95, f. 186r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 21.12.1756. 522 Ebd., Karton 103, f. 100v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. 523 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 11, 75, 22.11.1755: »Le Roi semble affecter plus que jamais de déférer le premier ministère à la marquise de Pompadour. L’on voit bien que c’est par elle que passent les opinions et les avis de quelques gens de travail et qui lui sont affidés, comme du garde des sceaux Machault et de quelques ambassadeurs ou gens à portée de l’être, et c’est dans ce centre d’affaires que le Roi trouve deux choses: la consolation contre les événements fâcheux et des contrôles de ses ministres ordinaires; tous y courent et prennent ses ordres, hors mon frère.« Siehe auch ebd., 259, 6.12.1756: »L’on m’a convaincu que de plus en plus la marquise de Pompadour devient le premier ministre de France, et que le roi se livre aux conseils faux et contradictoires de cette femme […].« Auch Waddington, Louis XV, 364, ist der Meinung, Madame de Pompadour sei der »premier ministre réel« von Ludwig XV. gewesen. 524 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 C, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 22.11.1755. Siehe auch BL Eg. Ms. 3457, f. 68, Albemarle an Holdernesse, Paris, 8.4.1753, Private: »The ministers differ frequently amongst themselves.« 525 Siehe ebd. In gleicher Weise betonte auch der kaiserliche Diplomat Mareschal 1750 die extreme Ressortgebundenheit der französischen Minister: Siehe HHStA, Frank-

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Jahre zuvor irritiert vermerkt, grenzten sich gegenüber ihren Amtskollegen so stark ab, dass sie ihnen so wenige Informationen wie möglich aus ihrem Zuständigkeitsbereich zukommen ließen. Das sei möglich, weil sie allein darüber entschieden, welche Inhalte sie in welcher Weise dem Conseil und dem König vortrügen526. Der preußische Gesandte Chambrier unterstrich, dass der König den Ministern in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich aus Unsicherheit völlig freie Hand lasse. Die Minister seien daher inzwischen so weit, sich »nicht als Diener ein und desselben Herrn, sondern als Diener von Herren verschiedener Staaten, deren Interessen nichts miteinander gemein haben,« zu betrachten527. Keiner unter den Ministern habe das Wohl der Allgemeinheit im Sinn, alle arbeiteten gegeneinander und betrügen sich wie »Katz und Hund,« klagte der spanische Botschafter Masones de Lima528. Entschuldigend schrieb auch Starhemberg nach Wien, dass es nicht an ihm, sondern an der »Leichtsinnigkeit und [U]nbeständigkeit« des durch Intrigen gelähmten französischen Ministerrats liege, wenn seine Berichte widersprüchlich klängen: Jeder arbeite für sich, und so seien keine klaren Linien in der Regierung der französischen Krone zu erkennen529. Friedrich II. sah in der Zersplitterung der Macht das größte Problem: In Frankreich seien schlichtweg zu viele Personen – »idiotische und ignorante reich Berichte, Karton 71, f. 131v, Mareschal an Ulfeld, Paris, 2.7.1750: »[ J]eder Ministre will allhier seinem departement ohne Abhängigkeit von anderen vorstehen.« 526 Ebd., Karton 77, f. 6v, Kaunitz an Franz I., Paris, 5.12.1751: »[I]ls [i.e. Puisieulx und Saint-Sévérin] ne savent plus guère sur les affaires, que ce que le nouveau secrétaire d’État porte au Conseil, où selon l’usage de ce pays-ci, il ne porte [que] ce qu’il veut […].« 527 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G, f. 175–181, hier f. 175r–v, Relation générale de la Cour de France, Paris, ohne Datum (vor April 1749): »De là aussi les Ministres sont parvenus à se regarder entre eux non pas comme des serviteurs du même Maitre, mais comme de souverains de différents États, dont les intérêts n’ont rien de commun.« Siehe in diesem Sinne auch GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 23 L, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 9.6.1747. 528 Ozanam, Didier, Un Español en la Corte de Luis XIV. Cartas confidenciales del Embajador Jaime Masones de Lima, 1752–1754, Alicante 2001, 161, Masones de Lima an Carvajal, Paris, 12.5.1753: »De regio Consilio. De todos los diez [i.e. die zehn Mitglieder des Conseil] que lo componen, no hay ninguno que obre con fin directo del bien público según los autores clasicos lo afirman. Todos están entre sí y contra los de afuera como gatos y perros, y de aquí nace la grand turbación de las cosas presentes.« 529 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 161r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 4.12.1755: »Wann meine Meinung und sich immerzu verändernde Sprach gantz contradictorisch scheinen; so geruhen E[ure] E[xzellenz] solche nicht mir, sondern der hiesigen Leichtsinnigkeit und Unbeständigkeit, oder, um besser zu sagen, der meistens durch die innerliche Intrigen verursachten Verlegenheit und irresolution des Ministerii zuzuschreiben.«

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Leute«530 – an der Leitung der Geschäfte beteiligt. Für Friedrich II. war Madame de Pompadour indes weniger die Lösung, als vielmehr die Ursache des Übels: Er verdächtigte sie, für die mangelnde Entschlossenheit der Regierung verantwortlich zu sein, weil sie die Minister einschüchtere531. Es sei erstaunlich, dass sie völlig uneingeschränkt agieren könne und das Ministerium nicht gegen sie ankomme532. Ganz offensichtlich brauche es, so schrieb Friedrich II. 1768 in seinem Politischen Testament, einen starken Fürsten oder einen Premier ministre, der die einzelnen Zweige der Regierung bündle533. Weil sich Ludwig XV. aber gegen einen Ersten Minister und stattdessen zur Alleinregierung entschlossen habe, der er sich nun allerdings verweigere, sei die Macht auf seine Mätresse übergegangen534. Dazu komme, so ergänzte Friedrichs Gesandter Knyphausen, dass der König nur sehr lückenhaft über die Geschehnisse in seinem Königreich unterrichtet sei und politische Fragen nur in dem Licht sehe, in dem sie ihm von seinen Ministern präsentiert würden. Alle Personen im Umfeld des Königs versuchten, die wahre ökonomische und militäri530 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 A, f. 213v, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 24.5.1748: »Car ce qui a fait aujourd’hui les défauts essentiels de la France, qui empêchent que les affaires ne soient pas montées sur le ton qu’elles le devraient et le pourraient être, ce sont ces gens idiots et ignorants qui se mêlent d’affaires, ces mauvais arrangements sans nombre, ces gens sans fermeté et enfin ce peu d’intelligence et d’harmonie qui fait donner dans une infinité de travers et qui est la cause qu’on ne prend jamais en France les choses comme on le devrait mais qui fait absolument perdre de vue le vrai bout par lequel elles devraient être commencées.« 531 Ebd., Nr. 26 C, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 18.11.1755: »Je viens à présent sur cette extrême léthargie qui m’est absolument inconcevable […].« 532 Siehe ebd., Nr. 26 D, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Potsdam, 13.3.1756: »Mais il faut également considérer qu’une femme telle que Mme de Pompadour est capable de tout faire sans piquer des conséquences.« 533 Siehe Dietrich, Die politischen Testamente, 610 (französisch) und 611 (deutsch): »Die Zweige einer Regierung sind nur Zweige. Die Minister begnügen sich damit, recht und schlecht den Teil, der ihnen anvertraut ist, zu erledigen, sie nehmen wenig Kenntnis von den anderen. Deshalb ist es notwendig, dass der Fürst regiert, wenn er dazu fähig ist, oder er muss sich einen Premierminister nehmen, wie es so viele Könige und Souveräne in Europa gemacht haben. Der König, der selbst regieren wollte, aber dessen Trägheit und mangelndes Interesse für die Staatsangelegenheiten ihn unfähig dazu machten, setzte sein schwankendes Vertrauen bald in diesen Minister, bald in einen anderen. Eine erbärmliche Dirne, Tochter eines zweifelhaften Kommissars, hat unter ihm dieses Königreich regiert. Frankreich hat kein System; jeder Minister macht sich sein eigenes zurecht; und der neue Minister tut das Gegenteil von dem, was sein Vorgänger getan hat.« 534 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 A, f. 213r, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 24.5.1748: »[E]n ce qui vous a été rapporté des circonstances présentes de la France, il y a beaucoup de misère et de pitoyable.«

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sche Lage des Landes vor ihm zu verbergen: Die Minister täten es aus Furcht, sich seinen Unwillen zuzuziehen, Madame de Pompadour tue es aus Sorge, er könne den Gefallen an Vergnügungen und Zerstreuung verlieren, und die übrigen Günstlinge wagten es nicht, Madame de Pompadour zu widersprechen, denn sie seien alle auf sie angewiesen. Knyphausen zufolge könne in der derzeitigen Situation keine Rede davon sein, dass Ludwig XV. allein regiere535. Dass Graf von Starhemberg – anders als Friedrich II. und seine Vertreter – Madame de Pompadour als Vermittlerin, Koordinatorin und zentrale Ansprechpartnerin schätzte, bedeutete nicht zwangsläufig, dass er viel von ihren Kenntnissen auf politischem Gebiet hielt. Zwar ging Starhemberg davon aus, dass Madame de Pompadour bestens über alle laufenden Geschäfte informiert sei; zudem bescheinigte er ihr eine »wahre Standhaftigkeit, und [eine] sehr erhobene Gedenkensart«536. Dennoch fehlte es ihr seiner Ansicht nach an der nötigen Sachkenntnis, um die Tragweite der Informationen, über die sie verfüge, richtig einzuschätzen: »[A]usser dem festgestellten Haupt-Sistemate [verstehet sie] von der Politique gar nichts […].«537 Ohne Hilfestellung wisse sie »sich […] selbst nicht zu rathen«538, sie sei leicht zu beeinflussen – auch mit seinen Argumenten, so Starhemberg, gebe sie sich stets sehr rasch zufrieden539 – und scheine regelrecht leichtgläubig: »[S]ie [pfleget] allen erdichteten Einblasungen stäts Gehör zu geben […].« Jedoch zeichne sich Madame de Pompadour durch ihre besondere »Einsicht und Scharfsinnigkeit«540 aus, die sie durch geschicktes Taktieren, vor allem in Personalfragen, an den Tag lege. Die Abwertungen Starhembergs mögen Stereotypen in der Tradition des »Wei535 Siehe ebd., Nr. 26 C, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 8.12.1755. 536 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 127, f. 306v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 5.5.1764. 537 Ebd., Karton 106, f. 154v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.9.1759. 538 Ebd., Karton 103, f. 100r–101r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. 539 Ebd., Karton 106, f. 155r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.9.1759: »In Ansehung Russlands und der Pforte hat sie mir zwar einige Beisorge geäußert, allein auf die ihr diesfalls von mir ertheilte nähere und eigentliche Auskunft hat sie sich sogleich beruhigt gezeiget. Den Soubise muss man, wann man sich bei ihr angenehm machen will, über alles, ja noch weit über seine Verdienste erheben und unterlasse ich niemahlen mich dieses sehr ergiebigen Mittels in meinen mit ihr habenden Unterredungen zu bedienen, […].« 540 Ebd., Karton 92, f. 51r–v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 9.8.1754: »[A]llein es dörfte solches [i.e. die Aufnahme Belle-Isles in den Conseil] wohl so gut als bishero fehlschlagen und ist der Einsicht und Scharfsinnigkeit der Madame de Pompadour allzu viel zu trauen, als dass man sich von ihr erwarten sollte, dass sie ohngeachtet ihrer dermahligen Liaison mit der kriegerischen Parthey den Krieg befördern, und nicht vielmehr denselben abzuwenden, sich jederzeit bestreben werde.«

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berregiments« geschuldet sein, die den Frauen die nötigen geistigen Fähigkeiten absprachen, um öffentliche Aufgaben wahrzunehmen541. Dafür spricht, dass der Botschafter der Kaiserin (dem von seinem Heimathof her in Gestalt der weiblichen Monarchin das praktische Gegenbild zur Diskurstradition des »Weiberregiments« bekannt war) der Mätresse zwar jeden Sachverstand absprach, dass ihn dies aber nicht davon abhielt, mit ihr auch inhaltliche Fragen ausführlich zu erörtern. Starhemberg war der Meinung, dass an Madame de Pompadour kein Weg vorbeiführe: Sie sei das »Haupt-Instrument, dessen man sich hier bedienen muss«542. Im Übrigen besprach sich auch der König mit ihr in allen wichtigen Fragen und beteiligte sie an der Regierungsarbeit543. Neben den Ministern war sie ein integraler Bestandteil der Regierung Ludwigs XV. Dennoch stand Madame de Pompadour – abgesehen von ihren dauerhaften Bemühungen, kriegerische Auseinandersetzungen hinauszuzögern oder zu beenden – für kein bestimmtes politisches Programm. In den Auseinandersetzungen zwischen Parlement und Krone etwa änderte sich ihre Meinung mehrfach, und sie war keiner Strömung eindeutig zuzurechnen. Offensichtlich war die inhaltliche Profilierung nicht ihr Schwerpunkt: Auf der Grundlage der Quellen entsteht im Gegenteil häufig der Eindruck, als habe Madame de Pompadour sich von inhaltlichen Stellungnahmen ferngehalten und sich vor allem darauf konzentriert, Kontakte herzustellen, Nachrichten weiterzugeben, Treffen zu arrangieren und Verhandlungen vor allem in organisatorischer Weise zu begleiten. Angesichts dessen ließe sich von einer Arbeitsteilung zwischen Ministern und Mätresse sprechen. Aber ist die Annahme wirklich glaubhaft, dass Madame de Pompadour keinen inhaltlichen Einfluss genommen hätte? Zwar trifft es zu, dass sie nicht explizit ein Mitspracherecht in grundlegenden Fragen der öffentlichen Angelegenheiten beanspruchte. Jedoch lässt sich diese Tatsache auch als geschickte Strategie ihrerseits verstehen: Auf diese Weise bot sie weniger große Angriffsflächen und Anlass zu Beschuldigungen von Seiten der Minister und der Hofgesellschaft. Dass sie durch ihre Stellung weitreichende Möglichkeiten hatte, alle Absprachen, die durch ihre organisatorische Mithilfe zustande kamen, auch inhaltlich nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen, steht außer Frage. Es ist daher davon auszugehen, dass sie diese Möglichkeiten auch nutzte, obwohl sie dies nicht ausdrücklich hervor-

541 Siehe in der Einleitung zur vorliegenden Arbeit 6 f. 542 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 19r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 13.11.1758: »[…] l’instrument principal, dont il fallait se servir ici.« 543 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G, f. 175–181, hier f. 175, Relation générale de la Cour de France, Paris, ohne Datum (vor April 1749).

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hob544. Inwieweit diese Annahme durch die schriftliche Selbstdarstellung der Mätresse gestützt werden kann, soll an späterer Stelle in dieser Arbeit gezeigt werden545. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mätresse den Diplomaten als alternative Ansprechpartnerin zu den Amtsträgern diente. Trotz ihrer Rivalität mit den Ministern fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass die Koexistenz der verschiedenen Personen und Personengruppen, die den König berieten, vergleichsweise friedlich verlief. Madame de Pompadour erfüllte wichtige Aufgaben, die sich nicht immer mit denen der Minister deckten; dazu gehörte die Verwaltung der Patronage, die Zugangskontrolle zum König und ihre koordinierenden und kontrollierenden Tätigkeiten allen Ministern gegenüber. Anders als sie konnte Madame de Pompadour sich über lange Zeit auf ihrer Position halten; sie verkörperte im Gegensatz zu den nahezu jährlich wechselnden Ministern das Element der Kontinuität in der Herrschaft Ludwigs XV. Madame de Pompadour agierte am Hof Ludwigs XV. als Premier ministre. Sie bündelte die verschiedenen Stränge der Verwaltung und kontrollierte den Zugang zum Herrscher. Obwohl die auswärtigen Gesandten bisweilen das Fehlen eines Premier ministre beklagten, zeigte sich in ihrem Verhalten, dass sie Madame de Pompadour zum großen Teil dessen Funktionen zusprachen und dass sie sich ihr gegenüber verhielten, als sei sie Premier ministre. Dabei hielt man Madame de Pompadour zwar für sehr gut informiert, aber dennoch mit inhaltlicher Arbeit überfordert – zumindest gab man dies vor. Möglicherweise orientierten sich die Diplomaten hier an hergebrachten Denkmustern und Diskurstraditionen von der geistigen und körperlichen Unterlegenheit der Frau gegenüber dem Mann, denn es zeigt sich, dass sie auch den männlichen Ministern nicht mehr Fähigkeiten zusprachen und dass sie Madame de Pompadour trotzdem auch in inhaltlichen Fragen zu Rate zogen. Dennoch scheint der Einfluss der Marquise de Pompadour auf Entscheidungen des Königs weniger greifbar, als er es bei früheren Günstlingministern gewesen war. Zumindest wird eine solche Einflussnahme in den Darstellungen der Diplomaten nicht explizit gemacht: Abgesehen von der Tatsache, dass 544 Sie handelte damit wesentlich erfolgreicher als beispielsweise Gräfin Cosel, die Mätresse Augusts des Starken, die sich sogar darauf berufen hatte, als »offizielle Mätresse« auch in inhaltlichen Fragen »im Rang über den Ministern« zu stehen. Siehe Göse, Vom Aufstieg und Fall, 115. Göse zitiert hier aus: Hoffmann, Gabriele, Constantia von Cosel und August der Starke. Die Geschichte einer Mätresse, Bergisch-Gladbach 122000, 159. 545 Siehe in dieser Darstellung 228 ff. (III.1. »Die Frauen sind nicht dazu geschaffen, öffentliche Angelegenheiten zu diskutieren«: Die Selbstdarstellung Madame de Pompadours in ihren Briefen).

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man sie in den Jahren vor dem Krieg einer friedliebenden Partei zurechnete und sie während des Siebenjährigen Kriegs als Vertreterin der Sache Österreichs betrachtete, verband man sie gemeinhin nicht mit einer bestimmten politischen Linie. Dennoch ist davon auszugehen, dass Madame de Pompadour auch inhaltliche Akzente setzen konnte und setzte – allerdings tat sie dies auf eine eher diskrete Art und Weise, die sich durch die Quellen auf den ersten Blick nicht erschließt. Letzten Ende wirkte das Agieren der Madame de Pompadour, obwohl sie kein Amt innehatte und Aufgaben wahrnahm, die ihr nicht formal zugesprochen worden waren, nicht dysfunktional. Die Schwächen der französischen Regierung erklärten sich nicht aus ihrem Handeln; im Gegenteil ist eher davon auszugehen, dass ohne die Mätresse die Leitlinien der französischen Politik noch heterogener gewesen wären und das Regierungssystem noch handlungsunfähiger gewesen wäre, als man es ohnehin von außen bereits in diesen Jahren beschrieb. Schließlich koordinierte Madame de Pompadour die untereinander sehr zerstrittenen Minister, sie diente dem König als Korrektiv und als Entscheidungshilfe und musste an Einfluss erst gegen Ende der 1750er Jahre einbüßen, als mit Choiseul ein formal ernannter Minister in ihrer Nachfolge an die erste Stelle an der Seite des Königs treten konnte. Dass es Choiseul ist – der letzte mächtige Minister unter Ludwig XV., dem allenthalben das Kennzeichen des Premier ministre zugeschrieben wurde, ohne dass dieser Titel ihm verliehen worden wäre –, der Madame de Pompadour ablöste, ist wiederum bedeutsam, wenn man die Funktionen Madame de Pompadours zu beschreiben sucht: Nicht eine Mätresse löste sie in ihrer Stellung ab, sondern ein neuer Erster Minister. 5.3  Die männliche Alternative zu Madame de Pompadour? Der Prince de Conti und das Secret du roi

Madame de Pompadour war nicht die einzige Vertrauensperson des Königs, die ohne Befugnis durch ein Amt Einblick in die Geschäfte erhielt. Auch andere – männliche – Vertrauenspersonen handelten parallel zur Verwaltung, der sie formal nicht angehörten, so auch der Prince de Conti546. Louis François, prince de Bourbon-Conti, 1717 geboren, war ein Cousin Ludwigs XV. 546 Zur Biographie des Prince de Conti und seiner Rolle in der Entstehung und Etablierung des Secret du Roi siehe Woodbridge, John D., Revolt in Prerevolutionary France. The Prince de Conti’s Conspiracy against Louis XV, 1755–1757, Baltimore / London 1995, 24 ff.

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und hatte als Kommandant im Dienst der königlichen Armee am Polnischen und am Österreichischen Erbfolgekrieg teilgenommen. Das Verhältnis zwischen Conti und Ludwig XV. war ambivalent: Als Prinz von Geblüt war Conti ein Rivale des Königs und stellte für ihn eine Bedrohung dar. Daher hielt Ludwig  XV. es für ratsam, ihm keine formalen Kompetenzen bei Hofe zu übertragen und ihn auch nicht in den Conseil aufzunehmen547. In den Jahren nach 1740 wurde Conti dennoch zu einem engen Vertrauten des Königs, ohne Mitglied im Staatsrat oder Inhaber eines Hofamtes zu sein. Ludwig XV. und Conti ähnelten sich hinsichtlich ihrer Arbeitsweise sehr: Wie der König zeichnete sich auch Conti in den Augen seiner Zeitgenossen durch seinen Hang zur übertriebenen Diskretion aus548. Er hatte nur wenige Vertraute, fasste Schreiben grundsätzlich in verschlüsselter Form ab und verbrannte alle Briefe, um möglichst wenige Quellen zu hinterlassen. Diese Übereinstimmungen mit dem Monarchen begünstigten das Entstehen einer engen Zusammenarbeit zwischen beiden, die sich vor allem seit dem Tod des Kardinal Fleury 1743 immer deutlicher zeigte: Die Treffen unter vier Augen wurden häufiger. Am Hof wunderte man sich darüber zunächst nicht. Conti und Ludwig XV. waren eng verwandt, Conti hatte wichtige militärische Kommandos inne. Erst 1748 bekundete Luynes sein Erstaunen über die rege Zusammenarbeit zwischen beiden: »Vergangenen Sonntag hat der Prince de Conti mit dem König zusammen gearbeitet. Alle Welt fragt sich nach dem Gegenstand der Arbeit. Es scheint, dass niemand etwas davon weiß. […] Einige behaupten, dass Conti sich in verschiedenen Bereichen Kenntnisse erworben habe und sie dem König näher bringe. Man sagt, er arbeite viel und habe mehrere Sekretäre, die sehr beschäftigt sind.«549

Als Luynes diese Zeilen abfasste, hatte Conti bereits seit mehreren Jahren die Leitung des so genannten Secret du roi, zu deutsch: das »Geheimnis des 547 Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 2, 140 f.: »Quoique Monsieur de Conti ne fût pas dans le Conseil, il travaillait avec le Roi sur des matières importantes, tant pour le dehors que pour le dedans. C’est un prince qui a beaucoup d’esprit et de connaissances, mais, à moins que le Roi n’admette dans son conseil un prince de son sang, il sera toujours plus sage de l’écarter des grandes affaires. M. le prince de Conti était brouillé avec madame de Pompadour: toutes ces brouilleries de la maîtresse du Roi et de ses ministres ont été la source de beaucoup de malheurs et de troubles dans le royaume.« 548 Siehe Woodbridge, Revolt, 25. 549 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 9, 177, 14.2.1748: »J’ai marqué dans mon journal que M. le prince de Conti travailla dimanche dernier avec le Roi. Tout le monde demande quel est le sujet de ce travail; il paraît que personne ne le sait. […] Il y a des gens qui prétendent que M. le prince de Conti s’est instruit sur différentes matières dont il vient rendre compte au Roi. On dit qu’il travaille beaucoup et qu’il a plusieurs secrétaires qui paraissent fort occupés.«

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Königs«, inne, mit der ihn Ludwig XV. betraut hatte. Der Begriff Secret du Roi bezeichnet ein Netzwerk von Agenten, das unter der Aufsicht des Monarchen parallel zum regulären diplomatischen Verkehr existierte und ihm erlaubte, sich europaweit Informationen zu beschaffen, ohne dass er sich dazu seiner Botschafter und Minister bedienen musste550. Von der Existenz dieses Netzwerks hatten Botschaftssekretäre an verschiedenen Höfen Europas und einzelne Mitarbeiter niederen Rangs – beispielsweise der Premier commis im Staatssekretariat des Äußeren, Jean-Pierre Tercier – Kenntnis, hingegen kein einziger Minister oder Staatssekretär in Versailles. Auch Madame de Pompadour war nicht eingeweiht. Zwar entgingen ihr die Treffen zwischen Ludwig  XV. und Conti nicht, und sie versuchte auf verschiedenen Wegen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen551. Jedoch hatte sie keinen Erfolg: Der Einblick in das Secret blieb ihr verwehrt552. Das Secret war weitreichender als das, wofür es die meisten Beobachter hielten: Conti und Ludwig XV. fassten in Absprache miteinander über Jahre 550 Einen ersten Überblick über das Secret du roi verschafft der gleichnamige Artikel von Lucien Bély in: ders., Dictionnaire de l’Ancien Régime, 1146–1148. Siehe außerdem Perrault, Gilles, Le secret du roi, 3 Bde., Paris 1992–1996. – Die geheimen Briefwechsel Ludwigs XV. mit den verschiedenen Trägern des Secret du Roi finden sich ediert in: Boutaric, Edgard (Hrsg.), Correspondance secrète inédite de Louis XV sur la politique étrangère avec le Comte de Broglie, Tercier, etc. et autres documents relatifs au Ministère secret, 2 Bde., Paris 1866. Die königliche Korrespondenz mit dem Comte de Broglie ist herausgegeben von Antoine, Michel / Ozanam, Didier (Hrsg.), Correspondance secrète du Comte de Broglie avec Louis XV (1756–1774), 2 Bde., Paris 1956 und 1961. Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist auch die ebenfalls edierte Korrespondenz Ludwigs XV. mit dem Maréchal de Noailles, die jedoch vor allem in den Jahren vor 1744 und damit vor der Zeit Madame de Pompadours rege war: Rousset, Correspondance de Louis XV et du Maréchal de Noailles. Das dreibändige Werk von Émile Bourgeois zur geheimen Diplomatie im 18. Jahrhundert liefert für den Regierungsstil von Ludwig XV. eher wenige Erkenntnisse: Bourgeois, Émile, La diplomatie secrète au XVIIIe siècle. Ses débuts, 3 Bde., Paris 1910/1911. 551 Siehe die Briefe Broglies an Ludwig XV. in Antoine / Ozanam, Correspondance secrète, Bd. 1, 63 f., Nr. 29, Comte de Broglie an Ludwig XV., 3.5.1758 und ebd., 466 f., Nr. 451, Comte de Broglie an Louis XV, 10.12.1773. 552 Siehe Boutaric, Correspondance secrète, Bd. 1, 117 und ebd., Bd. 2, 403 ff., Nr. CCCLXXXVII, Extrait d’un mémoire envoyé par le Comte de Broglie à Louis XVI, 9.6.1774. – Verschiedene Nachfragen Madame de Pompadours bei Conti ergaben keine Antwort. Aus einem Brief Terciers, des Premier commis im Staatssekretariat des Äußeren, der lange Zeit mit der Versendung der geheimen Post des Secret betraut war, geht hervor, dass die Marquise de Pompadour, um das Geheimnis der geheimen Treffen zu lüften, sogar dem König den Schlüssel zum Schrank mit den geheimen Unterlagen entwendet habe. Siehe Boutaric, Correspondance secrète, Bd. 1, 294, Nr. CLXXII, Tercier an den Chevalier d’Eon, 10.6.1763.

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hinweg Schreiben an ihre Agenten unter anderem in Konstantinopel, Kopenhagen, Warschau und Berlin ab, die zum Teil auch als offizielle Vertreter der Krone dorthin entsandt waren und somit in den paradoxen Genuss doppelter Instruktionen kamen: Sie erhielten vertrauliche Anweisungen von Ludwig XV. und Conti und zugleich die offiziellen Instruktionen von Seiten des französischen Staatssekretariats, die sich bisweilen widersprachen. Offizielle Verhandlungen und geheime Vorstöße des Prince de Conti liefen so parallel ab und machten sich ein und dieselbe Person zu Nutzen. In späteren Jahren wurden die offiziellen Vertreter der Krone von Ludwig XV. angewiesen, dem Koordinator des Secret Abschriften sowohl der Weisungen zukommen zu lassen, die sie zuvor vom Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten erhalten hatten, als auch der Antwortschreiben an ihn. Auf diese Weise hatten die Akteure der Paralleldiplomatie Kenntnis über die Vorgänge in der offiziellen Diplomatie. Umgekehrt war dies nicht der Fall. Die Praxis des Secret du roi war um 1745 entstanden, als Ludwig XV. und Conti das Anliegen verfolgt hatten, Conti auf den polnischen Thron zu bringen und so den französischen Einfluss in Polen zu sichern553. Da Conti den Widerstand einflussreicher Personen am Versailler Hofe fürchtete, namentlich des Maréchal de Noailles, begann er einen geheimen Briefwechsel, in den nur der König eingeweiht war, der Contis Ambitionen unterstützte. Aus der Sorge um den Erfolg einer einzelnen Verhandlung wurde im Lauf der Jahre eine dauerhafte Institution. In späterer Zeit geriet die polnische Frage mehr und mehr aus dem Blickfeld, und die Aktivitäten des Secret verlagerten sich zunehmend auf andere Themenfelder. So stand nach dem Frieden von Hubertusburg 1763 vor allem eine Revanche gegen England im Blickpunkt554. Die inhaltliche Linie des Secret stellte ein von Conti in den Jahren nach dem Abschluss des Aachener Friedens entwickelter Leitfaden zur künftigen außenpolitischen Konzeption Frankreichs dar555. 553 Den Ausschlag hatte ein Brief gegeben, den eine Gruppe polnischer Adliger an Prince de Conti geschrieben und in dem sie ihn gebeten hatte, die polnische Krone anzunehmen. Siehe zur Entstehung des Secret du roi Antoine / Ozanam, Correspondance secrète, Bd. 1, XVIII ff. 554 Siehe ebd., Bd. 2, LXXIX. 555 Siehe Antoine, Louis XV, 645. In der als »système général de politique« bezeichneten Abhandlung beschrieb der Prinz seine Idealvorstellung eines Europa, das sich an den Errungenschaften des Westfälischen Friedens orientieren solle, in dem die Freiheiten des Heiligen Römischen Reich gewahrt blieben, in dem sich das Osmanische Reich, Polen, Schweden und Preußen unter der Führerschaft Frankreichs zu einer »ligue du Nord« verbünden und einem Bündnis zwischen Österreich von Russland entgegenwirken sollten.

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Der Prince de Conti bekleidete kein Amt in der königlichen Verwaltung. Dennoch war es ihm gelungen, aufgrund seiner Nähe zum König zu einer wichtigen Figur bei Hofe zu werden, einem »Machtbroker, der Beratung und Protektion vergab«556 und dem man auch Einfluss auf Entscheidungen des Königs von höchster Wichtigkeit wie 1754 die Rückberufung des Parlement und die Ausweisung des Erzbischofs von Paris zusprach557. Wie die Mätresse stand auch Conti in Konkurrenz zu den formal ernannten Ministern und Staatssekretären, die seine Aktivitäten mit Verwunderung und nicht ohne Neid verfolgten, wie aus den Aufzeichnungen des Marquis d’Argenson hervorgeht: »Man ist noch immer erstaunt über die Einmischung des Prince de Conti in die Angelegenheiten des Staates. Graf Saint-Séverin (i. e. der Gesandte der französischen Krone beim Friedenskongress in Aachen, d. Verf.) verlässt sein Kabinett nicht, in dem sie bis zu vier oder fünf Stunden gemeinsam arbeiten. Der Prinz trägt häufig große Aktenbündel zum König und arbeitet lange mit Seiner Majestät. Ebenso zieht er sich auch lange mit dem Kriegsminister zurück.«558

Der preußische Beobachter Knyphausen hegte keinerlei Zweifel daran, dass »das Ministerium [dem Prince de Conti] naturgemäß den Einfluss neiden muss, den er seit einiger Zeit hat.«559 Diese und vorangegangene Äußerungen Knyphausens führten dazu, dass Friedrich II. seinen Gesandten dazu aufforderte, Kontakt zu Conti aufzunehmen. Knyphausen reagierte zögerlich: Er habe Conti schon immer gewissenhaft seine Aufwartungen gemacht, so Knyphausen, allerdings habe er es »bislang vermieden, mit ihm irgendwelche geschäftlichen

556 Woodbridge, Revolt, 24 (»power broker dispensing advice and protection«). 557 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 A, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 6.12.1754: »Le crédit que le Prince de Conti a depuis quelque temps sur l’esprit du Roi paraît augmenter de jour en jour. Le rappel du Parlement et l’exil de Mr l’archevêque de Paris, qu’on lui attribue avec raison, en sont des preuves qu’on ne saurait récuser, et beaucoup d’autres événements, qui ne sont pas à la vérité de la même importance, servent également à confirmer le public dans cette opinion. Ce Prince a non seulement de longs entretiens avec le Roi, mais il est sûr aussi, qu’il en reçoit souvent des lettres, et qu’il est fréquemment consulté par lui.« 558 Argenson (Sortais), Journal, Bd. 5, 167, 23.1.1748: »On est toujours étonné de l’immixation de M. le prince de Conti dans les affaires de l’État, M. le comte de SaintSéverin ne bouge de son cabinet où ils travaillent dès quatre et cinq heures. Ce prince porte souvent de gros portefeuilles chez le roi et travaille longtemps avec Sa Majesté; il s’enferme aussi longtemps avec le ministre de la guerre.« 559 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 A, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 6.12.1754: »[Le Ministère] doit naturellement être jaloux de l’influence qu’il a depuis quelque temps.«

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Verbindungen«560 einzugehen. Conti könne nicht daran zweifeln, dass er ihm zugetan sei, und Knyphausen habe ihm auch nicht den Eindruck vermittelt, dass er ihn meide. Jedoch fürchte er Schwierigkeiten, wenn er sich gegenüber Conti noch vertrauensvoller zeige, weil er damit bei den Ministern, die sehr eifersüchtig auf die Autorität Contis seien, Missfallen erregen würde. So weit, dass er mit Conti über Sachfragen spreche, sollte Knyphausen aber nach dem Wunsch Friedrichs II. gar nicht gehen: Um die Eifersucht der Minister zu verhindern, solle er mit Conti nicht über geschäftliche Angelegenheiten sprechen, sondern ihm nur häufig genug den Hof machen, damit er keine Nachteile zu erwarten habe, wenn Conti eines Tages Premier Ministre werde561. Friedrich II. hielt die ostentative Ehrerbietung dem Hochadeligen gegenüber für absolut notwendig und riet zugleich dazu, über diese Form des Kontaktes nicht hinauszugehen, weil er – wie sein Gesandter – das Missfallen der formalen Amtsträger fürchtete. Das Misstrauen von Seiten dieser Amtsträger war Conti jedoch ohnehin gewiss, und dennoch änderte es an seiner Handlungsfreiheit nicht viel. Annähernd zwanzig Jahre lang blieb er einer der engsten Berater des Königs, ohne je ein entsprechendes Amt zu besetzen. Erst mit dem Renversement des alliances, dem Zusammengehen Frankreichs mit dem habsburgischen Hof im Jahr 1756, war Contis Bedeutungsverlust offensichtlich: Ludwig XV. hatte die Entscheidung zum Bündnis getroffen, ohne Conti zu konsultieren, der noch Mitte März 1756 das Zustandekommen eines solchen Bündnisses für ausgeschlossen gehalten hatte562. Seine Korres560 Ebd., Nr. 26 B, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 10.1.1755: »Au reste, comme Votre Majesté m’a recommandé […] de tâcher d’entrer dans la familiarité du Prince de Conti, je ne saurais Lui cacher, que j’ai évité jusqu’à présent d’avoir avec lui aucunes liaisons d’affaires, mais que je lui ai toujours fait ma Cour avec assez d’assiduité, pour qu’il n’ait point pu me soupçonner de manque d’attachement à son égard ou d’avoir des motifs pour l’éviter.« 561 Siehe ebd., ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Berlin, 21.1.1755: »Quand je vous avais ordonné par une de mes lettres antérieures que vous deviez tâcher d’entrer en connaissance avec le Prince de Conti, mon intention n’a nullement été que cette connaissance dut s’étendre au point d’avoir avec lui des liaisons d’affaires, mais uniquement que vous deviez lui faire souvent votre cour et l’entretenir dans des bonnes dispositions à votre égard afin que, supposé qu’il parvient un jour au poste de premier ministre comme il y en a l’apparence, il n’ait pas de l’aversion contre votre personne, ni ne sache se plaindre que vous l’aviez négligé auparavant. Si vous vous conduisez de cette facon là, vous vous conserverez la confiance dudit prince et les ministres n’en sauront prendre jalousie vu que personne ne saurait prendre mal que vous fassiez la cour à un Prince du Sang.« 562 Siehe eine entsprechende Äußerung des Prince de Conti in einem Schreiben an den Comte de Broglie vom 11. März 1756. Zitiert nach Antoine / Ozanam, Correspondance secrète, Bd. 1, XXXVIII, Anm. 2 (AE, Corr. pol. Pologne 236, fol. 235v).

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pondenztätigkeit mit den Agenten nahm ab, und es kam zum Bruch zwischen Ludwig XV. und Conti, der den Hof verließ und sämtliche Unterlagen, die im Zusammenhang mit dem Secret standen, an den Premier commis im Außenministerium, Jean-Pierre Tercier, übersandte563. Wie weit Contis Einfluss zuvor gereicht hatte, ist unklar: Ob er mit Hilfe des Secret tatsächlich einer der »Chefstrategen«564 der französischen Außenpolitik gewesen ist, lässt sich anhand der Quellen nicht eindeutig sagen. Aus der Sicht des Monarchen hatte jedoch die Zusammenarbeit mit Conti, obwohl er seinem Cousin als potenziellem Rivalen nie ohne Misstrauen entgegentreten konnte, bedeutende funktionale Vorteile: Conti war gut informiert, er hatte jahrelange Erfahrung, war aber doch kein ernannter Minister, und so konnte er bestimmte Regeln des Zeremoniells umgehen. Mit wem er sich wann besprach, wurde nicht ebenso aufmerksam beobachtet und dokumentiert wie bei einem Minister oder Staatssekretär. Auch die Arbeitsgespräche des Königs mit ihm wurden von der Hofgesellschaft nicht in jedem Fall als solche wahrgenommen und konnten daher bisweilen unerkannt bleiben. Wenngleich sich Madame de Pompadour und der Prince de Conti in ihrem Geburtsrang und ihrem Status bei Hof stark voneinander unterschieden – Mätresse nichtadliger Herkunft einerseits, hochadeliger Cousin des Königs andererseits –, so erfüllten sie doch zur gleichen Zeit ähnliche Funktionen. Beide rivalisierten um die Gunst des Königs, beide suchten die Profilierung auf ähnlichen Gebieten565. Von Konflikten zwischen Pompadour und Conti war dennoch zunächst keine Rede, auch wenn die Rivalität zwischen ihnen seit Ankunft der neuen Mätresse bei Hof offensichtlich gewesen sein muss – zumal Conti in den Jahren vor 1745 die Protektion ihrer Vorgängerin Madame de Châteauroux hatte genießen dürfen, was ihm den Zugang zum König wiederum wesentlich erleichtert haben dürfte566. Nur Luynes zeigte sich 1750 er563 In der Nachfolge des Prince de Conti übernahm ab etwa 1756 Charles François de Broglie, marquis de Ruffec, die Direktion des Secret du Roi. Mit dem Tod Ludwigs XV. und der Herrschaftsübernahme durch seinen Enkel Ludwig XVI. fand die Praxis des Secret nach über zwanzig Jahren ein Ende. Zur Geschichte des Secret während des Siebenjährigen Kriegs und der folgenden Jahre siehe Antoine / Ozanam, Correspondance secrète, Bd. 1, XVIL ff. 564 Woodbridge, Revolt, 29: »If the nation had a chief strategist or »minister« for foreign affaires between 1745 and 1756, it was the prince, who was working sub rosa.« 565 Ihre Parallelität belegt beispielsweise die Tatsache, dass Starhemberg, als er 1755 einen Ansprechpartner wählen sollte, über den er Ludwig XV. das Angebot zu Verhandlungen übermitteln sollte, aus Sicht des Wiener Hofs die Wahl zwischen zwei Personen hatte: Pompadour und Conti. Siehe ausführlicher in dieser Darstellung 166. 566 Duc de Choiseul schildert in seinen Memoiren die unsichere Situation Contis nach dem Tod der Madame de Châteauroux: »[Conti] perdait une protectrice très efficace.

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staunt darüber, dass Conti so selten das Gespräch mit Madame de Pompadour suche: »Es ist recht erstaunlich, dass er bei dieser Vertrautheit, was die Arbeit anging, ohne dass man von irgendeiner Funktion wüsste, niemals zu [Madame de Pompadour] gegangen ist, geschweige denn, dass er eine enge Verbindung mit [ihr] gehabt hätte.«567

In späteren Jahren wurde die Konkurrenzsituation offensichtlicher: Wann immer der Stern des einen im Sinken begriffen schien, glaubte man, die Gunst des anderen werde steigen. Als der Tod seiner Tochter Henriette den französischen König 1752 in tiefe Gewissensbisse und Schuldgefühle stürzte, wertete man dies als Gefahr für die Mätresse, und man mutmaßte, dass Conti zum Nutznießer der Situation werden könne568. Tatsächlich konnte die Mätresse ihre Stellung als Vertraute des Königs länger beibehalten als Conti, der den Hof 1756 verließ569. Madame de Pompadour und Prince de Conti sind zwei Beispiele für Personen, die im Auftrag des Königs, aber ohne formales Amt parallel zur Verwaltung agierten und in ihren jeweiligen (nicht klar definierten) Zuständigkeitsbereichen miteinander in Konkurrenz traten. Die Untersuchung dieser Beispiele führt vor Augen, dass sich der Hof Ludwigs XV. wie andere vormoderne Gesellschaftssysteme durch ein Nebeneinander und die Verschränkung einer Vielzahl von parallelen Strukturen auszeichnete: Die Parallelität verschiedener Kommunikations- und Handlungsstränge, Kompetenzüberlagerungen und Aufgabenbereiche war übliche Praxis. Man versprach sich von ihr bessere Möglichkeiten, um Kontrolle auszuüben und Macht einzudämmen. […] car non seulement il perdait beaucoup en perdant la dernière maîtresse, mais il était incertain de son crédit vis-à-vis de la prochaine.« Siehe Choiseul, Mémoires, 59. 567 Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 10, 28.9.1750: »Il est assez singulier qu’avec cette intimité de travail, sans fonction connue, bien loin d’être en grande liaison avec Mme de Pompadour, il n’allait jamais chez elle.« 568 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 J, f. 91, Keith an Friedrich II., Paris, 3.3.1752: »Il est assez vraisemblable, que le Prince de Conti jouerait alors un grand rôle. Le Roi est accoutumé à lui. Il lui parle souvent d’affaires, et, sans la Marquise de Pompadour, son crédit serait d’une bien plus grande étendue.« 569 In den kommenden Jahren suchte Conti Kontakt zu oppositionellen Kräften im Königreich, nahm Verbindungen zu führenden Vertretern der Jansenisten auf und suchte in der jahrelang schwelenden Auseinandersetzung zwischen Krone und Parlements, in denen er zunächst als Vermittler zwischen beiden Parteien gedient hatte, letztlich den Schulterschluss mit den Parlements gegen den König. – Contis Opposition beschreibt eindringlich Woodbridge, Revolt, 48 ff. (Kapitel 3: The »Secret« Negociation between the Prince de Conti and Pastor Paul Rabaut).

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Diese Überlegungen scheinen auch hinter dem Handeln Ludwigs XV. gestanden zu haben, der parallel zueinander mehrere Vertraute hatte, die jeweils nur begrenzt Einblicke in die Aktivitäten des anderen hatten. In der Regel war das Handeln dieser Vertrauten nicht formal legitimiert. Für den König lag hierin der Vorteil: Jede Form von Informalität unterstrich seine Funktion als alleinige Quelle der Macht. Bereits die Ausführungen zum habsburgisch-bourbonischen Bündnis von 1756 haben mit dem Monarchen, den Ministern, der Mätresse und ihrem Vertrauten ein Nebeneinander von Akteuren und Akteurinnen gezeigt, die jeweils zu unterschiedlichen Graden formal legitimiert gewesen waren. Als Ansprechpartnerin diente in diesem Fall die Mätresse, als Unterhändler fungierte deren Protégé Bernis, der zwar zu diesem Zeitpunkt noch kein Amt bei Hof bekleidete – er wurde erst 1757 in der Nachfolge Rouillés zum Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten ernannt –, aber immerhin Erfahrungen auf diplomatischem Gebiet nachweisen konnte. Zuletzt trat als Vertreter der Krone, der die Unterschrift unter die schriftliche Ausführung des Vertragswerks setzte, der Staatssekretär des Äußeren auf570. Ein weiteres Beispiel aus dem Siebenjährigen Krieg zeigt eine ähnlich komplexe Konstellation: So verhandelte der Vertreter der britischen Regierung in Den Haag, der frühere Botschaftssekretär in Paris, Sir Joseph Yorke, im Frühjahr 1760 mit seinem französischen Amtskollegen, dem akkreditierten französischen Botschafter in Den Haag, Louis Auguste Augustin, comte d’Affry571, über die Aufnahme von Friedensgesprächen zwischen England und Frankreich572. Zeitlich parallel dazu hatte der britische Botschafter Yorke auch Gespräche mit einem inoffiziell nach Den Haag entsandten französischen Grafen, dem Comte Saint-Germain, aufgenommen. Ersterer, d’Affry, handelte im Auftrag des französischen Staatssekretärs des Äußeren, Choiseul; letzterer, Saint-Germain, gab sich als Abgesandter der Marquise de Pompadour und

570 Siehe in dieser Arbeit, 171. 571 Louis Auguste Augustin Comte d’Affry, Seigneur de Saint-Barthélémy et de Bretigny, Chevalier du Saint-Esprit (* 1713, † 1793), 1755 bevollmächtigter Minister, 1759–62 ordentlicher Gesandter Ludwigs XV. bei den niederländischen Generalstaaten. Siehe Czouz-Tornare, Alain-Jacques, Affry, Louis-Auguste-Augustin d’, in: Dictionnaire historique de la Suisse (DHS), (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/f/F23244.php, 19.9.2009). 572 Siehe zu diesem Vorgang aus britischer Sicht die Korrespondenzen zwischen den britischen Staatssekretären des Äußeren und dem Botschafter Großbritanniens in Den Haag, Sir Joseph Yorke, in: BL Add. Ms. 32903 und 32904 aus den Monaten Januar bis April 1760.

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des Kriegsministers Belle-Isle aus573. Inwieweit dies den Tatsachen entsprach, lässt sich nicht einwandfrei nachvollziehen, es spricht jedoch einiges dafür: Madame de Pompadour kannte Saint-Germain – einen Abenteurer, der unter wechselnden Pseudonymen an verschiedenen europäischen Höfen bekannt war574. In den Jahren nach 1756 hielt er sich in Versailles auf und konnte dort vor allem aufgrund seiner Kenntnisse in Alchemie das Vertrauen Ludwigs XV. und der Marquise gewinnen575. Laut den Schilderungen des Barons von Gleichen sollen Ludwig XV. und Madame de Pompadour es auch gewesen sein, die ihn nach Den Haag sandten576. Im März 1760 erschien Saint-Germain dort zu einer dreistündigen Besprechung bei Sir Joseph Yorke und bat um die Einleitung von Friedensverhandlungen, denn, so Saint-Germain, »Madame de Pompadour, Marschall Belle-Isle, in einem Wort die ganze Nation, außer dem Duc de Choiseul und [Marineminister] Mr Berryer, wollen Frieden«577 – würde man Madame de Pompadour den Rücken stärken, könne sie entsprechende Maßnahmen ergreifen, die zum baldigen Friedensschluss führten, so SaintGermain. Newcastle stand Saint-Germain skeptisch gegenüber578, war sich jedoch ebenso wie Lord Holdernesse sicher, dass Saint-Germain durch Madame de Pompadour beauftragt worden war und kam zu dem Schluss: »Die große Frage ist, auf welcher Seite die Lady steht. Das wird alles entscheiden.«579 Bevor es indes zu weiteren Schritten kommen konnte, erhielt d’Affry einen Brief von Choiseul, in dem er angewiesen wurde, Yorke gegenüber klarzustellen, dass Saint-Germain keinerlei Autorisierung durch den französischen Hof 573 Siehe ebd., Add. Ms. 32903, f. 355, Yorke an Newcastle, Den Haag, 18.3.1760; ebd., f. 418 und 420, Yorke an Newcastle, Den Haag, 21.3.1760 und ebd., f. 425, Newcastle an Yorke, London, 21.3.1760. Siehe auch ebd., Add. Ms. 32904, f. 68, Yorke an Holdernesse, Den Haag, 28.3.1760. 574 Die Literatur zu Comte de Saint-Germain ist umfangreich, aber zum großen Teil wenig brauchbar. Für verlässliche Angaben mit Quellenanhang siehe Cooper-Oakley, Isabel, The Comte de St. Germain. The secret of kings, London u. a. 1985 (Nachdruck der ersten Ausgabe von 1912). 575 Ludwig XV. schenkte Saint-Germain das Schloss Chambord. Siehe den Quellenhang in: Cooper-Oakley, The Comte de St. Germain, 163 ff. und die Aussagen Sir Joseph Yorkes in BL Add. Ms. 32903, f. 260, Yorke an Holdernesse, Den Haag, 14.3.1760. 576 Siehe Gleichen, Charles Henri Baron de, Souvenirs, Paris 1868, 130. 577 Siehe BL Add. Ms. 32903, f. 252, Yorke an Newcastle, Den Haag, 14.3.1760: »[…] Madame de Pompadour, Marshal Belleisle, in a word the whole nation, excepting the Duc de Choiseul and Mr Berryer, were for peace.« 578 Ebd., f. 260, Yorke an Newcastle, Den Haag, 18.3.1760 und ebd., f. 425, Newcastle an Yorke, London, 21.3.1760. 579 Ebd.: »The great point is, on which side is the Lady? That will determine the whole.«

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habe. Außerdem solle d’Affry, um den Ruf der französischen Krone zu wahren, alle anderen auswärtigen Diplomaten in Den Haag vor Gesprächen mit Saint-Germain warnen580. Choiseul wies d’Affry an, er solle von der Regierung der Generalstaaten die Auslieferung Saint-Germains nach Paris fordern581 und machte damit gegenüber Pompadour, Belle-Isle und dem König seinen Führungssanspruch in seinem Fachbereich unmissverständlich klar582. Choiseul schien davon überzeugt, so schrieb Yorke, dass Madame de Pompadour die Auftraggeberin des Grafen sei, was durch einen Brief Saint-Germains an die Marquise ans Licht gekommen sei583. In Gegenwart des Königs und des Kriegsministers habe Choiseul im Conseil erklärt, dass ohne das Wissen des Außenministers keine Friedensverhandlungen in die Wege geleitet werden dürften584. Newcastle schloss daraus, dass Saint-Germain keineswegs eigenmächtig gekommen sei, sondern von einer Partei am Hof entsandt worden sein müsse – sonst hätte nicht Choiseul ein derart rigoroses Machtwort an seinen Botschafter d’Affry ausgeben müssen585. Da Saint-Germain vergeblich auf Rückhalt aus Versailles wartete, verließ er Den Haag in Richtung London586, und beide Verhandlungsstränge – über ihn und über d’Affry – verliefen im Sande, was jedoch nicht an der mangelnden Bereitschaft der Briten lag: Für sie wären beide Kanäle in Betracht gekommen, wobei der britische Premierminister Newcastle die Marquise de Pompadour klar dem französischen Staatssekretär des Äuße-

580 Siehe ebd., Add. Ms. 32904, f. 192, Yorke an Holdernesse, Den Haag, 4.4.1760, Secret: »[…] in that Minister’s Letter to Mr d’Affry, he desires him a to forewarn all the Foreign ministers from listening to him, as the Court might lose all credit and confidence either about Peace or War if such a man gained any credit.« 581 Siehe Cooper-Oakley, The Comte de St. Germain, 102. Sie zitiert aus einem Brief Yorkes vom 24.4.1760: »I have this moment heard that the courier whom the Comte d’Affry received last Monday brought him an order to demand from the State the arrest and extradition of the famous St. Germain as a dangerous character, and one with whom his most Christian majesty has reason to be dissatisfied.« Siehe das Mémoire dieses Inhalts, das d’Affry mit Datum vom 30. April 1760 den Generalständen überreichte, in: ebd., 192 f. Siehe auch Gleichen, Souvenirs, 130 ff. 582 Siehe BL Add. Ms. 32904, f. 247, Yorke an Newcastle, Den Haag, 8.4.1760. 583 Ebd., f. 68, Yorke an Holdernesse, Den Haag, 28.3.1760. 584 Siehe Gleichen, Souvenirs, 131. 585 Siehe BL Add. Ms. 32904, f. 141, Newcastle an Yorke, London, 1.4.1760. 586 Siehe ebd., f. 199, Newcastle an Yorke, London, 4.4.1760 sowie ebd., f. 247, Yorke an Newcastle, Den Haag, 8.4.1760. In Frankreich, so berichte d’Affry, erwarteten den Comte de Saint-Germain unangenehme Konsequenzen seiner Expedition: Die Marquise sei ärgerlich auf ihn.

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ren, Étienne François, duc de Choiseul, vorzog, dessen Stellung er für weniger sicher hielt587. Die Beispiele zeigen deutlich, dass Überlagerungen und die Parallelität von Zuständigkeiten und Personen ein Strukturelement der hier untersuchten Herrschaftsverhältnisse waren: Verhandlungskanäle bestanden auf mehreren Ebenen parallel zueinander, und formal legitimierte Akteurinnen und Akteurinnen traten in Konkurrenz zu informell agierenden Personen588. Madame de Pompadour stach in ihrer Eigenschaft als Vertraute des Herrschers ohne legitimierendes Amt hervor – sie war aber kein Einzelfall. Ludwig XV. stützte sich auf verschiedene Personen und Personengruppen, die jeweils untereinander nur wenig miteinander verbunden waren – die Minister und Staatssekretäre, der Prince de Conti (und mit ihm alle übrigen am Secret beteiligten Personen) und Madame de Pompadour. Diese scheinbar dysfunktionale Unübersichtlichkeit wirkte funktional: Vor allem Themen mit besonderer politischer Brisanz wie Bündnisverhandlungen oder Thronfolgefragen wurden in vielen Fällen ohne die Mithilfe oder das Mitwissen der formalen Amtsträger angegangen – und zwar aus verschiedenen Gründen: Wenn Vorstöße, die nicht im Namen von Amtsträgern getätigt wurden, erfolglos waren, riskierte man nicht zwangsläufig einen Gesichtsverlust. Man musste sie gar nicht unbedingt als Misserfolg eingestehen, sondern konnte sich von ihnen distanzieren, weil sie jenseits des Protokolls, ohne Mitwisser und ohne schriftliche Zeugnisse stattgefunden hatten589. Die Zusammenarbeit mit informellen Akteurinnen und Akteuren versprach außerdem Effizienz: kürzere Wege, direkteres Vorgehen und schnelleres Entscheiden590. Wie weit der Einfluss einzelner informell agierender Akteurinnen und Akteure tatsächlich reichte, ließ sich in der Regel nicht einwandfrei sagen. Für

587 Siehe ebd., f. 9, Newcastle an Yorke, London, 25.3.1760. 588 Siehe in diesem Sinn auch Antoine / Ozanam, Correspondance secrète, Bd. 1, XII, die die Vervielfachung der Kommunikationsstränge als besonderes Charakteristikum der Herrschaft Ludwigs XV. herausstellen. 589 Als es 1756 um die Aufnahme des Abbé de Bernis in den Conseil ging, bemerkte Starhemberg, dass Madame de Pompadour keinerlei Risiko eingehe, wenn sie versuche, darauf hinzuarbeiten. Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 141r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 22.9.1756: »Je suis persuadé au reste qu’elle va travailler plus fortement qu’elle n’a fait encore à procurer à l’abbé de Bernis l’entrée dans le Conseil et même la place de Ministre des Affaires étrangères. Je ne sais si elle y réussira et elle paraît qu’elle en doute elle-même, mais il n’y a nul risque de sa part à le tenter.« 590 Zu den Vorteilen informeller Akteurinnen und Akteure siehe Thiessen, Diplomatie vom type ancien.

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alle Bittsteller und Diplomaten genügte jedoch die vermutete Macht, damit man den Kontakt zu den vermeintlich einflussreichen Akteuren suchte. Vergleicht man Conti und Pompadour, so fällt auf, dass die auswärtigen Diplomaten durchweg Madame de Pompadour eine größere Bedeutung zusprachen als Conti591. Möglicherweise gründete dies in der Beobachtung, dass Contis Handeln mehr als das der Mätresse in Widerspruch zur Gruppe der Staatssekretäre und Minister stand: Kritische Aussagen der Minister zu den geheimen Aktivitäten Contis finden sich in größerer Zahl als solche zu den Aktivitäten der Pompadour. Obwohl auch Madame de Pompadour in Konkurrenz zu den Ministern stand, wirkte ihr Handeln doch funktional, denn sie nahm Aufgaben wahr, die notwendigerweise erledigt werden mussten. Es lassen sich keine Anzeichen dafür finden, dass sie bestimmte Maßnahmen, zu denen der König entschlossen war, konterkariert oder insgesamt die Arbeit des Conseil und die Entscheidungen des Königs verzögert, erschwert oder verhindert hätte. Sie füllte eine Leerstelle und gab zumindest vor, dass ihr Handeln sich mehr auf den Bereich der Vermittlung als auf die inhaltliche Ebene bezog. Das geheime Agieren Contis hingegen stand klar im Widerspruch zur Arbeit der Behörden: Anders als Madame de Pompadour beanspruchte Conti explizit ein Mitspracherecht in inhaltlichen Fragen, womit er sich deutlicher als sie in Widerspruch zu den Amtsträgern begab. Das Zusammengehen mit Conti hätte daher auch die Diplomaten in Widerspruch mit der Verwaltung gebracht, und dass sie dies nicht riskieren wollten, zeigte der Umgang mit Madame de Pompadour, den sie ebenfalls in Einklang mit den regulären Ansprechpartnern zu bringen versuchten. Möglicherweise galt also die Zusammenarbeit mit dem informellen Akteur Conti als weniger ratsam, weil sie auf mehr Widerstand stieß. Dies würde erklären, weshalb der Vertraute des Königs als alternativer Ansprechpartner für die auswärtigen Diplomaten eine wesentlich weniger bedeutsame Rolle spielte als Madame de Pompadour. Inwieweit sind die Unterschiede zwischen Conti und Pompadour geschlechtsspezifisch zu erklären? In welchem Maße waren ihre Handlungsspielräume an ihre Geschlechtszugehörigkeit gebunden? Während Amtsträger per definitionem männlichen Geschlechts waren, war das Geschlecht im informellen Rahmen zunächst von geringer Bedeutung: Informell agieren konnten Frauen bei Hofe ebenso wie Männer. Anhand der Gegenüberstellung zweier 591 Beispielhaft sei an die Entscheidung Starhembergs zum Auftakt des Renversement des alliances erinnert: Starhemberg hielt Contis Position für weniger stabil als die der Mätresse, und hierin stimmte er mit seinen Diplomatenkollegen überein, die Conti durchweg deutlich weniger Einfluss auf die Entscheidungen des Königs zusprachen als der Mätresse.

Aktionsfelder der Maîtresse en titre

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informeller Akteure wie Conti und Pompadour deutet sich jedoch an, wo die Unterschiede lagen: Zwar war für alle Personen, die ohne Amt auf höchster Ebene agierten, entscheidend, dass sie das Vertrauen des Königs genossen und über ausreichendes Wissen, Informationen und Kontakte verfügten. Um Einfluss nehmen zu können, zählten nicht primär Amtsbefugnisse, Geschlecht oder Geburt – entscheidend war die Nähe zum Herrscher. Dennoch scheint es, als habe Madame de Pompadour dank ihres Geschlechts und der damit verbundenen Einschränkung, auf formalem Wege an Ämter mit weitreichenden Befugnissen zu geraten, größere Handlungsspielräume gegenüber der Verwaltung bewahren können: Man nahm sie in geringerem Maße als Conti als Rivalen wahr. So gesehen spielte die Geschlechtszugehörigkeit also auch für das Agieren im informellen Rahmen eine Rolle: Vor dem Hintergrund und gegen den Widerstand eines beständig wachsenden und auf Kompetenzen drängenden Verwaltungsapparats hatten Frauen zu Beginn der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts offensichtlich noch größere Freiräume. Ihr informelles Handeln fiel weniger negativ auf, weil sie anders als Männer überhaupt nicht die Alternative zu formalem Agieren in öffentlichen Angelegenheiten hatten. Madame de Pompadour war vor allem deshalb unauffälliger und weniger angreifbar, weil sie sich in geschlechtsspezifische Stereotypen von weiblicher Schwäche und Unwissenheit flüchten konnte, die ihr nur als Frau zur Verfügung standen. Dies wird im folgenden Kapitel zu zeigen sein.

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Die Mätresse: Ausdruck einer politischen Kultur?

III.  Die Mätresse: Ausdruck einer politischen Kultur? 1.  »Die Frauen sind nicht dazu geschaffen, öffentliche Angelegenheiten zu diskutieren«1: Die Selbstdarstellung Madame de Pompadours in ihren Briefen Für die Position der Mätresse war die Geschlechtszugehörigkeit konstitutiv. Sie eröffnete, wie der Vergleich mit Conti nahe legt, Handlungsspielräume, die sich männlichen Vertrauten des Königs ohne formales Amt nicht boten. Vor allem zeigten sich diese erweiterten Möglichkeiten in der Art, wie Madame de Pompadour sich selbst und ihre Position nach außen darstellte. So konnte sie in heiklen Situationen eher als männliche informelle Akteure die Verantwortung von sich weisen mit dem Verweis, dass sie als Frau zu bestimmten Handlungen und Äußerungen nicht befugt sei. Welcher Argumentationsdiskurs verbarg sich dahinter? Im Folgenden soll untersucht werden, welches Bild Madame de Pompadour in ihren schriftlichen Zeugnissen von sich vermittelte und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang Geschlechterstereotypen und Rollenvorstellungen zukam2. Madame de Pompadour und ihre Diskursivierung in den Quellen, die durch sie selbst und durch die auswärtigen Diplomaten geschah, können so als Schlüssel zu einer spezifischen politischen Kultur verstanden werden. Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen, 1 Lever, Lettres, 350, f. 154, Pompadour an Richelieu, 11.2.[1750]. »Les femmes ne sont pas faites […] pour discuter des affaires.« 2 Die bildliche (Selbst-)Darstellung der Mätresse, auf die hier nicht eingegangen werden soll, ist zuletzt aufschlussreich von Andrea Weisbrod untersucht worden: Weisbrod, Macht und Mythos, 151–197 (Kapitel 3: Die bildliche Repräsentation der Madame de Pompadour zwischen 1750 und 1764). – Weisbrod hat mit Blick auf die Porträts, die Madame de Pompadour in den Jahren 1750 bis 1764 von sich hat anfertigen lassen, festgestellt, dass sich in ihnen vor allem zwei Themenschwerpunkte erkennen lassen: Während der eine Teil der Bilder vor allem die Themen »Liebe und Freundschaft« in den Mittelpunkt stelle, diene der andere Teil der Bilder zur Repräsentation – und damit zur Festigung – ihrer Machtstellung. (Gemeint sind hier die Porträts Maurice Quentin de la Tours aus dem Jahr 1755, François Bouchers aus dem Jahr 1756 und FrançoisHubert Drouais’ aus dem Jahr 1763.) Diese Porträts, so Weisbrod, ähnelten in Aufbau und Bildersprache frühneuzeitlichen Herrscherporträts (Weisbrod spricht hier von »Staatsporträts«). Allerdings seien die Porträts darauf angelegt, die Legitimation der Mätresse vor allem aus ihrem Wissen und ihren intellektuellen Fähigkeiten zu ziehen, auf die die Abbildung entsprechender Elemente hinweise (Bücher, Globus, Schreibfeder, Notizen, Briefbögen etc.). Weisbrod zufolge sollte auf diese Weise die informelle Stellung Pompadours »in ein offizielles Amt umgedeutet« werden (Zitat 193).

Die Selbstdarstellung Madame de Pompadour in ihren Briefen

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sollen daher in diesem und den folgenden Kapiteln anhand der diskursiven Strukturen im Schriftlichen Rückschlüsse auf die Werte und Normen gezogen werden, durch die sich die politische Praxis dieser Jahre kennzeichnete. Sprachliche Codes in der diplomatischen Korrespondenz sollen als Ausdruck von unausgesprochenen Diskursregeln verstanden werden, die das Handeln und das Schreiben über Handeln bestimmten3. Die bisherigen Ausführungen beruhten fast ausschließlich auf den Darstellungen der Diplomaten und anderer Beobachter, was daran liegt, dass nur wenige Selbstzeugnisse von Madame de Pompadour erhalten und zugänglich sind4. Dabei dürfte sie nicht weniger produziert haben als mancher Diplomat oder Staatssekretär: Luynes berichtete, dass sie geraume Zeit am Tag mit dem Abfassen von Briefen beschäftigt gewesen sei5. Nach eigener Aussage der Mätresse konnten es mehr als sechzig Briefe am Tag werden, wie aus einem Brief an ihren Vater hervorging, den sie mit den Worten schloss: »Guten Abend, mein lieber Vater; die vielen Visiten und das Schreiben sind mir lästig; allerdings habe ich noch um die sechzig Briefe zu schreiben.«6 Madame de Pompadour schrieb an Verwandte und Bekannte und an Amtsträger der französischen Krone: Lord Mitchell, Gesandter Friedrichs II. in Großbritannien, berichtete 1755, dass sein französischer Kollege in London, Botschafter Duc de Mirepoix, in brieflichem Kontakt mit Madame de Pompadour stehe und von ihr geheime Anweisungen erhalte7. Die Ehefrau des Botschafters war eine enge Vertraute der Madame de Pompadour8. Auch mit dem französischen Gesandten in Berlin, dem Duc de Nivernais, tauschte Madame de Pompadour zu dieser Zeit Briefe aus. Dies ergibt sich aus den Berichtschreiben Nivernais’ an das Außenministerium, die heute im Quai d’Orsay zu finden sind und in denen immer wieder die Rede von beiliegenden Briefen ist, die Nivernais an Madame de Pompadour weiterzuleiten wünschte9. Es gibt auch Hinweise auf eine rege schriftliche Korrespondenz der Mätresse mit Charles François, comte de Broglie, von der indes im Familienarchiv der 3 4 5 6

Siehe Stollberg-Rilinger, Einleitung, 19 f. Siehe in der Einleitung zu dieser Darstellung, 20 f. Siehe Luynes (Dussieux/Soulié), Mémoires, Bd. 15, 338, 19.4.1756. Pompadour, Correspondance, 15, Nr. VI, Pompadour an François Poisson, Versailles, Oktober 1752: »Bonsoir, mon cher père; je suis excédée de visites, d’écritures; j’ai cependant bien encore une soixantaine de lettres à écrire.« 7 Siehe PC, Bd. 11, 167 f., hier 168, Nr. 6813, Mitchell an Friedrich II., London, 13.5.1755: »[…] je le crois secrètement autorisé et en particulier par Madame de Pompadour, avec qui il est en correspondance […].« 8 Siehe Waddington, Louis, 64. 9 Siehe ebd., 261 (und Anm. 2).

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Die Mätresse: Ausdruck einer politischen Kultur?

Familie de Broglie nichts erhalten ist. Dort liegen lediglich einzelne Briefe Madame de Pompadour an den Bruder des Grafen, Victor François, duc de Broglie, die eine freundschaftliche Verbindung zwischen beiden erkennen lassen10. Die Zahl der bis heute edierten Briefe – insgesamt etwa 150 – ist außerordentlich gering, wenn man sie mit der Zahl von sechzig Briefen am Tag vergleicht, die Madame de Pompadour im oben zitierten Beispiel erwähnt11. Die Mätresse verfasste nur handschriftliche Briefe auf kleinem Format und verzichtete auf einen Schreiber oder Sekretär. Von ihren Briefen wurden daher keine Abschriften oder Duplikate angefertigt. Wo sie aufbewahrt wurden, gingen sie in der Regel in private Nachlässe über, statt in staatlichen Archiven systematisch gesammelt und archiviert zu werden. Die Sichtweise auf ihre schriftlichen Hinterlassenschaften, die hinter diesem Umgang mit ihnen steht, entsprach dem Bild, das Madame de Pompadour selbst vermittelte: Zwar kokettierte sie mit der vielen Arbeit, die sie durch das Abfassen der Briefe habe; zugleich gab sie aber stets vor, dass ihre Briefe belanglos und rein persönlichen Inhalts seien. So versäumte sie keine Gelegenheit, ihre mangelnden Einflussmöglichkeiten und ihre fehlende Einsicht in öffentliche Belange zu betonen. Zu Starhemberg bemerkte Madame de Pompadour in einem Gespräch kurze Zeit nach Unterzeichnung des Ersten Versailler Vertrags, dass »[s]ie […] nicht die Gewohnheit [habe], sich in politische Angelegenheiten zu mischen.«12 Dem spanischen Botschafter in Versailles gegenüber versicherte sie im selben Jahr, dass sie zwar Frieden wünsche, sich aber der Tatsache bewusst sei, dass sie »kein kompetenter Richter« sei und »nicht genügend Wissen und Vernunft habe, um diese Frage zu entscheiden«13. Als Frau sei es natürlich, dass sie für Frieden sei. 10 Siehe Antoine / Ozanam, Correspondance secrète, Bd. 1, 63, Anm. 1. 11 Weisbrod, Macht und Mythos, 27, hat alle heute zugänglichen edierten und nicht edierten Briefe Madame de Pompadours zusammengestellt und kommt unter Berücksichtigung der Handschriftenabteilung der Bibliothèque nationale de France und des Familienarchivs im Château d’Uzès auf eine Gesamtzahl von etwa 150 Exemplaren. Lever, Pompadour, 343 f., nennt außerdem Briefe an den Duc d’Aiguillon, die 1857 veröffentlicht wurden. Dazu kommen verschiedene Briefe der Pompadour an Pâris-Duverney, die heute im französischen Nationalarchiv zu finden sind, und einzelne Briefe der Mätresse an die Mitglieder der Familie d’Argenson, die in der Universitätsbibliothek von Poitiers zu finden sind. 12 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 223v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 20.5.1756. »Elle lui a promis d’informer le Roi de ce qu’il venait de lui dire, mais l’a prié de la dispenser de lui rapporter une réponse, vu qu’elle n’avait pas coutume de se mêler des affaires politiques.« 13 BL Add. Ms. 32862, f. 153, Yorke an Newcastle, Den Haag, 20.1.1756: »[T]hat Lady told him that she most sincerely wished for peace, that she knew very well she was not a

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Auch in ihren schriftlichen Äußerungen versäumte sie es nicht, ihr eigenes Urteil stark zurückzunehmen und abzuwerten. Sie entsprach damit dem gängigen Prinzip der »devotionalen Selbstverkleinerung«14, die als Zeichen der Ergebenheit und Unterwürfigkeit gegenüber den Adressaten von Briefen in den Briefstellern des 17. und 18. Jahrhunderts gefordert wurde15. Unterwürfigkeitsbekundungen und der Hinweis auf die eigenen mangelnden Fähigkeiten waren unentbehrlicher Bestandteil auch der diplomatischen Korrespondenz: Bei Starhemberg finden sich in großer Zahl Ausdrücke in der Art wie »[nach meiner] gantz ohnmaßgeblichen Meinung«16, die die eigene Urteilsfähigkeit bewusst in Frage stellen17. Bei Madame de Pompadour war die Herabwertung des eigenen Urteilsvermögens indes nicht begleitet von einem Verweis auf einen möglichen Standesunterschied zwischen ihr und den Adressaten ihrer Briefe, auf ihre mangelnde Erfahrung oder das niedere Amt, das sie bekleide. Vielmehr begründete sie ihre Verkleinerung mit einem Hinweis auf ihre Geschlechtszugehörigkeit: Ihr Urteil sei deshalb nicht maßgeblich, weil sie eine Frau sei. Dies geht auch aus einem Brief an Richelieu hervor, in dem sich Madame de Pompadour für ein Exemplar des neuesten Werks von Voltaire (wahrscheinlich die Tragödie »Sémiramis«) bedankte. Richelieu hatte es ihr zukommen lassen, und im Gegenzug äußerte sie ihm gegenüber ihr Urteil darüber. Es ging in diesem Fall also um zeitgenössische Literatur, ein Gebiet, auf dem sich Madame de Pompadour sehr gut auskannte. Tatsächlich schrieb sie, dass ihr dieses neueste Stück Voltaires schwächer scheine als seine vorangegangenen – jedoch könne sie als Frau dies nicht wirklich beurteilen und vertraue daher auf das Urteil Richelieus18. Noch viel weniger Einsicht hätten die Frauen in die öffentlichen Belange, schrieb Madame de Pompadour wenig später an Richelieu:

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competent judge, nor had sufficient knowledge or lights to be able to decide the question; […] that she was a woman and therefore it was natural she should be for peace […].« Siehe Nickisch, Reinhard M. G., Die Stilprinzipien in den deutschen Briefstellern des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit einer Bibliographie zur Briefschreiblehre (1474–1800) (Palaestra, Untersuchungen aus der deutschen und englischen Philologie und Literaturgeschichte, 254), Göttingen 1969, 83. Siehe beispielhaft für den deutschsprachigen Raum Harsdörffer, Georg Philipp, Der teutsche Secretarius: Das ist: Allen Cantzleyen, Studir- und schreibstuben nützliches, fast nothwendiges, und zum 5. mal verm. Titulatur- und Formularbuch, Nürnberg 1674. HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 19–42, hier 30v, Starhemberg an Maria Theresia, Paris, 1.5.1755. Siehe auch ebd., Karton 103, f. 48r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 26.1.1758: »des ohnmaßgeblichen Dafürhaltens« Siehe ähnliche Beobachtungen bei Roosen, The functioning of ambassadors, 314. Lever, Lettres, 350, f. 154, Pompadour an Richelieu, 11.2.[1750]: »Mais comme les femmes (je ne parle que de moi) ne sont pas faites pour décider des ouvrages d’esprit, je

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»Die Frauen sind nicht dazu geschaffen, Monsieur le Maréchal, öffentliche Angelegenheiten zu erörtern. Auch ich habe mich nicht eingemischt.«19

Als Floskel lässt sich die Zurückhaltung aufdecken, wenn man sie im Gesamtkontext dieses Beispielbriefes sieht, denn an die Ankündigung, sich nicht einzumischen, schließt sich nahtlos eine deutliche Stellungnahme an: »Auch ich habe mich nicht eingemischt. Alles, was ich weiß, und die Vernunft diktiert es mir, ist, dass der König die Gerechtigkeit und Güte in Person ist und dass diejenigen, die ihm nicht gehorchen, vom ganzen Universum als sehr schlechte Untertanen ihres Meisters angesehen werden müssen.«20

Ähnlich verfuhr Madame de Pompadour auch an anderen Stellen, an denen sie das demonstrative Zurücknehmen ihrer Meinung entweder ebendieser Meinungsäußerung voranstellte oder, wie im folgenden Fall, unmittelbar an die Meinungsäußerung anschloss: »Das Ansehen, das der König in Europa dank seines klugen Vorgehens genießt, der gute Zustand, in dem sich seine Angelegenheiten außerhalb des Landes befinden, haben mir große Freude bereitet. Ich möchte, dass sie im Innern des Königreichs ebenso sind, aber Sie wissen, Monsieur le Maréchal, ich sage kein Wort dazu.«21 (Hervorhebungen durch d. Verf.)

Ausführliche Erläuterungen zum Kriegsverlauf und zu Personalfragen an der Spitze der Armeen aus den Jahren des Siebenjährigen Kriegs, aus denen sich zweifelsfrei ablesen ließ, dass sie in allen Belangen bestens informiert und auf dem neuesten Kenntnisstand war, schloss sie 1757 in einem Brief an Richelieu mit den Worten: »Hört nicht auf ein Wort, das ich in dieser Angelegenheit sage. Vielleicht rede ich völligen Unsinn.«22 m’en remets totalement à vos lumières et au jugement que vous en porterez.« 19 Ebd.: »Les femmes ne sont pas faites, Monsieur le Maréchal, pour discuter des affaires. Aussi ne m’en mêlai-je pas.« 20 Ebd.: »Aussi ne m’en mêlai-je pas. Tout ce que je sais, et la raison me le dicte, c’est que le roi étant la justice et la bonté memes, ceux qui ne lui obéissent pas doivent être regardés de tout l’univers comme de très mauvais sujets de leur maître.« 21 Ebd., 354 f., f. 179, Pompadour an Richelieu, 27.6.1756: »La considération que le roi a dans l’Europe et que sa sage conduite lui a rendu, le bon état où sont ses affaires en dehors m’a fait grand plaisir. Je voudrais qu’elles fussent de même dans le cœur du royaume mais vous savez, Monsieur le Maréchal, je ne dis mot.« 22 Ebd., 362, f. 145–146, Pompadour an Richelieu, 9.9.1757: »N’écoutez pas un mot de ce que je vous dis sur cet article-là. Je radote peut-être complètement.«

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Auch die bereits angesprochene Zurückhaltung gegenüber dem spanischen Botschafter, dem sie ihre Neigung zur Wahrung des Friedens mit ihrer Geschlechtszugehörigkeit begründet hatte, liest sich anders, wenn man sie in den Gesamtzusammenhang des entsprechenden Briefes stellt, der die vollständige Unterhaltung wiedergibt. Hier wird deutlich, dass Madame de Pompadour ihre Unfähigkeit nur vorgab, um umgehend ihre Stellungnahme einzuleiten. Diese wiederum schloss sie mit einem Verweis auf ihre weibliche Schwäche und ihre natürliche Neigung zum Frieden ab und stellte sich so in die Tradition eines gesellschaftlich akzeptierten Diskurses über das Wesen der Frau: »Vor wenigen Tagen stattete Herr Massones [der Madame de Pompadour] einen Besuch ab, bei dem die Lady ihm sagte, dass sie aufrichtig Frieden wünsche, dass sie sehr wohl wisse, dass sie kein fähiger Richter sei, noch genügend Kenntnisse oder Geist habe, um in dieser Frage entscheiden zu können; […] dass sie aus diesem Grund es sich nicht anmaßen würde, darüber zu entscheiden, ob die Ehre und das Interesse des Allerchristlichsten Königs und der Nation den Krieg verlangte; dass sie aber immer gewünscht habe und weiterhin wünsche, dass Seine Majestät gut überlege und weise abwäge, bevor er zu weit gehe, ob die Ziele, über die sie stritten, erreichbar seien, und wenn sie es seien, ob sie die Gefahren rechtfertigten, die Unannehmlichkeiten und das Elend, die ein Krieg mit sich bringe; dass sie eine Frau sei und es deshalb natürlich sei, dass sie Frieden wünsche, dass sie niemals ihre Wünsche verbergen würde und glücklich sei, ihm, dem spanischen Botschafter, ihre Gefühle mitzuteilen, denn sie wisse, wie sehr der spanische König die Aufrechterhaltung des Friedens wünsche.«23

23 BL Add. Ms. 32862, f. 153, Yorke an Newcastle, Den Haag, 20.1.1756: »Not many days ago Mr Massones made her a visit, when that Lady told him that she most sincerely wished for peace, that she knew very well she was not a competent judge, nor had sufficient knowledge or lights to be able to decide the question; […] that she would not therefore take upon her to determine whether the honour and interest of H[is] M[ost] C[hristian] M[ajesty] and the Nation demanded war; but that she had always desired and would still continue to desire H[is] M[ajesty] to consider well and weigh in a just balance, before he went too far, whether the objects they were disputing about were attainable, and if they were, whether they were equal to the dangers, the inconveniences, and the misery which a war brought along with it; that she was a woman and therefore it was natural she should be for peace, that she would never conceal her wishes and that she was glad to tell him (the Spanish Ambassador) her sentiments because she knew how much the King of Spain wished the preservation of the Peace.«

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Ähnliche Muster zeigen sich auch im Briefwechsel der Marquise mit Christian IV., Herzog von Pfalz-Zweibrücken24. Hier scheute Madame de Pompadour nicht davor zurück, Christian IV. Ratschläge zu erteilen, wie er sich bei Streitigkeiten innerhalb des Hauses Wittelsbach, vor allem mit Karl Theodor, dem Kurfürsten von der Pfalz, verhalten solle. Sie beriet ihn außerdem in der Wahl einer passenden Heiratskandidatin, sie drängte ihn erfolgreich zum Konfessionswechsel und trat als Mittlerin zwischen Karl Theodor und dem Kölner Kurfürsten Clemens August auf, als es Streitigkeiten um eine Gruppe von Balletttänzern gab, die beide für sich beanspruchten25. In ihrem Verhalten gegenüber Christian IV. zeigt sich anschaulich, dass ihre vorgegebene Zurückhaltung und ihr tatsächliches Verhalten zweierlei sind: Auch hier ging ihre Ratgebertätigkeit Hand in Hand mit Hinweisen auf ihre fehlende Befugnis, ihre mangelnden Geistesfähigkeiten und Kenntnisse. Auf die Bemerkung, dass sie als Frau nicht über geschäftliche Angelegenheiten befinden und auch nicht vorgeben dürfe, dazu in der Lage zu sein, folgte das genaue Gegenteil dessen. Sie beriet Christian IV. unter anderem in den folgenden Worten: »Ich will nicht den Anschein erwecken, als könnte ich Angelegenheiten beeinflussen, von denen die Frauen nichts verstehen dürfen. Aber ich sage Ihnen schlichtweg, dass meines Erachtens alle Schritte, die Sie dem Kurfürsten [von der Pfalz] näher bringen, ohne dass Sie es dabei an Ehre vermissen lassen, bestens zu empfehlen und auch dem [französischen] König sehr angenehm sind. Vergessen Sie zugleich niemals, dass man Ihnen die Missachtung, die Sie einigen bereits unternommen Vorstößen entgegen gebracht haben, nicht verzeihen wird, und vertrauen Sie nur guten Ratschlägen.«26 24 Der Briefwechsel zwischen Madame de Pompadour und Christian IV. findet sich im Bayrischen Hauptstaatsarchiv, Geheimes Staatsarchiv München, Kasten blau 404/5a (Briefe des Herzogs Christian IV. von Zweibrücken an Madame de Pompadour 1751– 1764) und 404/5b (Briefe der Madame de Pompadour an Herzog Christian IV. von Zweibrücken 1751–1762). – Siehe auf dieser Grundlage die beiden Artikel von Siefert, Helge, »Le protecteur éclairé des arts.« Herzog Christian IV. von Zweibrücken und seine Verbindungen nach Versailles und Paris, in: Jenseits der Grenzen. Französische und deutsche Kunst vom Ancien Régime bis zur Gegenwart. Festschrift für T. Gaehtgens, hrsg. v. Uwe Fleckner, 3 Bde., Köln 2000, Bd. 1: Inszenierung der Dynastien, 209– 225 und dies., Grenzüberschreitungen – Madame de Pompadour und ihre direkte und indirekte Einflussnahme, in: Salmon, Madame de Pompadour und die Künste, 390–419. 25 Siehe ebd., 393 f. 26 BayHStA München, Kasten blau 404/5b, Nr. 115, Pompadour an Pfalz-Zweibrücken, Compiègne, 11.7.1752: »Je ne me donne pas les airs de décider d’affaires auxquelles les femmes ne doivent rien entendre. Mais je vous dirai simplement, que tous les parts qui pourront vous rapprocher de l’Électeur, sans rien faire perdre à votre dignité, seront à mon avis les meilleurs à prendre, et les plus agréables au Roi; n’oubliez jamais en même

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Madame de Pompadour gab nicht nur – im Mündlichen wie im Schriftlichen – vor, nicht berechtigt und nicht befähigt zu sein. Es scheint, als habe sie es außerdem grundsätzlich zu umgehen gesucht, Aussagen zu öffentlichen Angelegenheiten schriftlich festzuhalten, wie der britische Botschafter Yorke 1760 mit Bedauern berichtete: Es sei eines ihrer Prinzipien, »nicht über politische Fragen zu schreiben (Hervorhebung im Original, d. Verf.), wenngleich es absolut notwendig ist, sie auf dem Laufenden zu halten, damit sie gestärkt wird und von ihrer Seite aus arbeiten kann.«27

Offensichtlich vermied Madame de Pompadour es, ihrer Mitsprache in öffentlichen Angelegenheiten in allzu großem Maße schriftlichen Ausdruck zu verleihen. Das verhalf ihr zu mehr Flexibilität: Ohne schriftliche Zeugnisse ihres Handelns konnte sie diskreter vorgehen und sich leichter Konflikten entziehen, wenn sie sich abzeichneten. Die Aufmerksamkeit zu deutlich auf ihre Handlungsspielräume zu lenken und sich Praktiken zu bedienen, die in der Regel die bürokratischen Elemente der Herrschaft charakterisierten – Schreiber, Sekretäre, großformatige Briefbögen und das Verfassen von Denkschriften und anderen stark formalisierten Dokumenten – hätte die Toleranz ihrer Zeitgenossen und Rivalen möglicherweise überstrapaziert und die Kritik in größerem Maße auf sie gelenkt. Ihre öffentliche Toilette und ihre bildlichen Darstellungsformen wurden offensichtlich akzeptiert. Im Schriftlichen jedoch musste sie zurückhaltender vorgehen, wenn sie gesellschaftliche Normvorstellungen nicht überschreiten wollte. Wie nie zuvor stand im 18. Jahrhundert die Frage nach der Natur der Frau, nach ihrer Bildungsfähigkeit und ihrer sozialen Rolle im Mittelpunkt einer breiten Debatte auf wissenschaftlichem Gebiet28. Die »Querelle des femmes«, der jahrhundertealte, europaweit ausgetragene Theoriestreit um das Verhältnis der Geschlechter zueinander, erhielt in dieser Zeit neuen Aufschwung und temps que le mépris rendu à certaines démarches faites ne vous sera jamais pardonné, et ne vous fiez qu’à bonnes enseignes.« 27 BL Add. Ms. 32904, f. 68, Yorke an Holdernesse, Den Haag, 28.3.1760: »[…] because it was a maxim with her, not to write upon state affairs, though it was absolutely necessary to inform her, that she might be strengthened and able to work on her side.« 28 Zu Inhalten der Debatte um die Rolle der Frau siehe Lange, Sigrid (Hrsg.), Ob die Weiber Menschen sind. Geschlechterdebatten um 1800, Leipzig 1992. Siehe auch Bock, Gisela / Zimmermann, Margarete (Hrsg.), Die europäische Querelles des Femmes. Geschlechterdebatten seit dem 15. Jahrhundert (Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung 1997, 2), Stuttgart / Weimar 1997. Siehe zur Ablehnung der Herrschaftsausübung durch Frauen: Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon, Bd. 54, Sp. 106 ff., Stichwort »Weiber-Regiment.«

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mündete in den allgemeinen Konsens, dass die Frau dem Mann an Vernunft und Tugend unterlegen sei. Zwar sei sie im gemeinsamen Haushalt unerlässlich, jedoch lasse sich daraus keineswegs ihre Gleichrangigkeit schlussfolgern29. Im Gefolge der Schriften Jean-Jacques Rousseaus, vor allem seiner erziehungstheoretischen Abhandlung »Émile ou de l’éducation«, betonte die Spätaufklärung die »natürlichen« Geschlechtsunterschiede zwischen Mann und Frau, hob die Besonderheiten des weiblichen Körpers und Geistes und die Berufung der Frau zur Mutterschaft hervor30. Dennoch sprach Rousseau der Macht der Frau in seinem 1762 erstmals erschienenen Contrat social für das Funktionieren »aller qualitativen Bande innerhalb der Gesellschaft« große Bedeutung zu, wie Christine Garbe unterstreicht31. Nach Rousseaus Auffassung sollten indes die Frauen, um ihrer Natur zu entsprechen, ein zurückgezogenes und häusliches Leben führen und ihre Macht nur im Verborgenen ausüben, um den »guten Sitten« nicht zuwider zu handeln32. Dies trifft vor allem auf das politische Gemeinwesen zu, in dem Frauen »unsichtbar – deshalb aber noch 29 Siehe dazu Bock, Frauen in der europäischen Geschichte, 13 ff. (Kapitel I: Querelle des femmes: ein europäischer Streit um die Geschlechter), hier 15. – Auch Abbé de Bernis, der Vertraute und Günstling der Pompadour, berief sich auf diese Diskurstradition, wenn er die Unterlegenheit der Frauen gegenüber dem Mann betonte, die in der physischen Schwäche begründet liege. Dennoch gelinge es vielen Frauen, großen Einfluss zu nehmen, so Bernis, denn sie setzten unlautere Mittel ein und seien heuchlerisch, wenn es darum gehe, ihren Willen zur Macht umzusetzen. Siehe Bernis (Masson), Mémoires, Bd. 1, 98–101 (Kapitel XVII: Des femmes), hier 101. 30 In der späteren Rezeption wurde Rousseau aufgrund dieser Darstellung zu »dem Begründer weiblicher Ungleichheit und Unmündigkeit in der bürgerlichen Gesellschaft gekürt«, aus seinen Positionen entstand vereinfachend die Theorie von der »Repression durch Mutterschaft«: Die Aufklärer hätten die Frau auf ihre Fähigkeit reduziert, Kinder hervorzubringen, und sie zu verpflichten versucht, ihre Kinder nicht länger in die Obhut der Ammen zu geben, sondern sie eigenhändig aufzuziehen und zu stillen. Dadurch sollten ihnen alle »außerhäuslichen, geselligen Aktivitäten und Interessen« verwehrt und sie auf ein »eingezogenes, häuslich-familiäres Dasein« reduziert werden. Zu der umfangreichen Forschungsdebatte zum Themenfeld »Aufklärung, Frau, Mutterschaft« siehe zuletzt den differenzierten Überblick von Opitz, Aufklärung, 39 ff. (Kapitel 2: Mutterschaft und weibliche (Un-)Gleichheit in der Aufklärung. Ein kritischer Blick auf die Forschung), Zitate 109 und 41. 31 Siehe Garbe, Christine, Sophie oder die heimliche Macht der Frauen. Zur Konzeption des Weiblichen bei J.-J. Rousseau, in: Frauen in der Geschichte, Bd. IV: »Wissen heißt leben...« Beiträge zur Bildungsgeschichte von Frauen im 18. und 19. Jahrhundert, hrsg. v. Ilse Brehmer u. a. (Geschichtsdidaktik Studien, Materialen 18), Düsseldorf 1983, 65–87, hier 78 ff. (»Die ,heimliche Politik’ der Frauen«), vor allem 80. 32 Siehe ebd., 81. Garbe zitiert aus einem Brief Rousseaus an d’Alembert (Rousseau, JeanJacques, Brief an d’Alembert über das Schauspiel, in: ders., Schriften, Bd. 1, hrsg. v. Henning Ritter, München / Wien 1978, 417 f.), in dem Rousseau festhält, »dass es für

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lange nicht ohnmächtig sind«33: Dass ihre Macht »heimlich« sei, machte sie in den Augen Rousseaus nicht weniger wirkungsvoll. Im Gegenteil hielt Rousseau die »verschämte, verführerische Macht der Frau« für »weitaus effektiver […] als die zur Schau getragene ›männliche‹«34. Es gilt also hier zu differenzieren: Weibliche Einflussnahme wurde in den meisten soziopolitischen Kontexten akzeptiert – sie musste aber kaschiert werden. So wurde beispielsweise von Gattinnen frühneuzeitlicher Herrscher erwartet, dass sie als »kluge Ehefrau[en]« ihren Einfluss auf den Herrscher und die Regierungsgeschäfte »entsprechend den weiblichen Tugenden« ausübten, und das hieß gemäß den dominierenden Diskursen: Er musste »unsichtbar«35 bleiben, denn eine erkennbare Einwirkung der Ehefrau oder der Mätresse rief Kritiker auf den Plan: Ein Weiberregiment galt als widernatürlich36. Unsichtbar wurde der weibliche Einfluss für Zeitgenossen und Nachwelt vor allem, indem man dafür sorgte, dass sie in Dokumenten, die zur Archivierung vorgesehen war, keine Spuren hinterließ37. Auf dem Gebiet der Schriftlichkeit orientierte sich Madame de Pompadour also offensichtlich an Vorgaben dieser Art: Sie schrieb zwar viel, jedoch scheint sie heikle Themen häufig gemieden oder zumindest als unwichtig

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die Frauen außerhalb eines zurückgezogenen und häuslichen Lebens keine guten Sitten gibt […].« Ebd., 82. Ebd., 81. Wunder, Er ist die Sonn, 212. Siehe die Einleitung zu dieser Arbeit, 6 f. Siehe auch Wunder, Er ist die Sonn, 213: Nach zeitgenössischer Überzeugung widersprach das Ausüben von Herrschaft durch Frauen der »schöpfungsmäßig fest gelegten und biblisch legitimierten Vorrangstellung der Männer,« deren »legitime[r] Machtstellung« die »Weibermacht« als nicht-legitime Herrschaftsform gegenüber stehe. Einen solchen Fall schildert Wunder, Er ist die Sonn, 213, für das ausgehende 19. Jahrhundert am Beispiel der Ehefrau des deutschen Kaisers Wilhelms I., Augusta: »Bismarck hatte in einem Gespräch mit dem Militärhistoriker Fritz Hoenig […] den Einfluss von Königin Augusta dafür verantwortlich gemacht, dass König Wilhelm I. so lange zögerte, den Krieg mit Frankreich […] zu beenden. Die Passage des Gesprächs, die die weiteren Kreise des Handelns der königlichen Frauen im einzelnen schilderte, strich Bismarck bei der Redaktion des Textes mit der Begründung: ›Die Damen kann man doch nicht nennen! Sie leben noch und Beweise gibt es nicht für ihre Arbeit, wenigstens keine verfügbaren, und wenn es deren gäbe, so muss man die Damen doch in Ruhe lassen.‹« (Wunder zitiert diese Episode aus: Kolb, Eberhard, Strategie und Politik in den deutschen Einigungskriegen. Ein unbekanntes Bismarck-Gespräch aus dem Jahr 1895, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 48 (1990), 123–142.) – In Freiburg arbeitet Caroline Galm derzeit an einer Dissertation zur politischen Biographie Kaiserin Augustas.

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heruntergespielt zu haben. Sie entsprach damit dem Idealbild eines weiteren frühneuzeitlichen Diskurses, nach dem die Frauen sich zurückzunehmen und zu schweigen hatten38. Für den Beginn der Frühen Neuzeit hat Peter Burke anhand von christlichen Handbüchern und Benimmbüchern aus verschiedenen Regionen Europas nachgewiesen, dass Schweigsamkeit bei Frauen mit Tugendhaftigkeit gleichgesetzt wurde39. Zu stark ausgeprägte Schweigsamkeit, die als mangelnde Geistesstärke, aber auch als Stolz und Unhöflichkeit verstanden werden konnte, war jedoch ebensowenig das Ziel wie übertriebene Schwatzhaftigkeit. Das Schweigen im rechten Augenblick galt »als ›Zier‹ des weiblichen Geschlechts«40. In diesem Sinne wies auch Maria Theresia Mitte des 18. Jahrhunderts ihre Töchter an, sie sollten keineswegs selbst »befehlen wollen«, sondern sich ihrem Ehemann unterwerfen und ihn niemals ihre – in diesem Fall standesmäßige – »Überlegenheit fühlen« lassen41. Niemals sollten sie nach außen sichtbar eigene Ambitionen an den Tag legen oder eine Meinung vertreten, die von derjenigen des Gemahls abweiche: »Die Welt muss glauben, dass Sie nur nach dem Geschmack des Königs denken und handeln.«42 Ihrer Tochter Maria Amalia, verheiratet mit Ferdinand von Parma, riet Maria Theresia, sie solle am besten selbst so wenig wie möglich sprechen. Nur wenn »Ihr teurer Gemahl mit Ihnen über Geschäfte oder Personen spricht, in diesem einzigen Fall erlaube ich Ihnen, so darüber zu reden, wie Ihr Gewissen, die Nächstenliebe und Ihre Vernunft es Ihnen eingeben werden.«43 Die Diskretion, die Maria Theresia von ihren Töchtern forderte, war jedoch nicht gleichbedeutend mit einem völligen Heraushalten aus den öffentlichen Angelegenheiten. Vielmehr wünschte die Kaiserin von ihren Töchtern, dass sie auf ihre Ehemänner einwirkten, dass sie 38 Siehe Burke, Peter, Randbemerkungen zu einer Sozialgeschichte des Schweigens, in: Reden und Schweigen. Zur Geschichte sprachlicher Identität, hrsg. v. dems., aus dem Englischen von Bruni Röhm, Berlin 1994, 63–81, hier 70 ff. 39 Die Begründung lieferten Aussagen Demokrits, Aristoteles’ und des Apostels Paulus. Der Idealtypus der schweigsamen Frau kennzeichnete sich damit ebenso wie der Diskurs zum Weiberregiment durch die eklektische Zusammensetzung der Bezugsquellen aus der antiken und der christlichen Tradition. Siehe Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon, Bd. 54, Sp. 106 ff., Stichwort »Weiber-Regiment.« 40 Ebd., 71. 41 Perrig, Severin (Hrsg.), »Aus mütterlicher Wohlmeinung« – Kaiserin Maria Theresia und ihre Kinder. Eine Korrespondenz, Weimar 1999, hier 91, Nr. 43, 1766, Maria Theresia an Marie Christine, Gattin des Statthalters von Ungarn. 42 Ebd., 121, Nr. 58, Auszug aus Maria Theresias Instruktion für Maria Carolina, die neue Frau von König Ferdinand IV. von Neapel, Anfang April 1768. 43 Ebd., 149, Nr. 69, Auszug aus der Instruktion Maria Theresias an Maria Amalia nach der Heirat mit Ferdinand von Parma, Ende Juni 1769.

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Einfluss auf Personalentscheidungen nähmen und habsburgische Interessen verträten – nur dürfe davon eben nichts nach außen dringen44. Auch Madame de Pompadour handelte entsprechend diesen Vorstellungen und konnte dafür mit wohlwollenden Reaktionen aus ihrem Umfeld rechnen. So schätzte Kaunitz an ihr vor allem ihre Diskretion und stellte heraus: »Sie arbeitet mit den Ministern und hat das Gespür, nicht darüber zu sprechen.«45 In Kaunitz’ Augen war es mehr als alles andere diese sehr hoch bewertete Eigenschaft, die Madame de Pompadour zu einer wertvollen Vertrauten des Königs machte46. Auch sein Nachfolger Starhemberg zeigte sich überzeugt, dass Ludwig XV. »keinen diskreteren Vertrauten haben könnte, der eifriger als sie seine wahren Interessen verfolgt und auf sein Wohl bedacht ist.« Aus diesem Grunde werde sie ihre Stellung noch lange Zeit – »für immer« – beibehalten.47 Das taktvolle Vorgehen Madame de Pompadours, das sie auch ihrem Bruder nahe legte: »[M]an muss in der Welt nicht immer alles sagen, was man denkt«48, wirkte sich vorteilhaft aus, denn Diskretion galt gemeinhin als Tugend. Wollten ihre Kritiker die Mätresse in ein schlechtes Licht rücken, deuteten sie ihre Diskretion als – negativ besetzte – »Verstellung«49 oder sie unterstellten ihr Indiskretion50 und brachten Erzählungen in Umlauf, denen zufolge Madame de Pompadour in unachtsamen Augenblicken die vorgebliche 44 Siehe Lever, Évelyne (Hrsg.), Correspondance de Marie-Antoinette (1770–1793), Paris 2005, vor allem die Einleitung, 9 ff. 45 Kaunitz, Mémoire, 451: »[E]lle travaille avec les ministres et a le sens de n’en pas parler.« 46 Ebd., 448: »Elle a une qualité qui la rend très propre aux grandes affaires, c’est d’être d’un secret impénétrable.« 47 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 98, f. 40r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757: »Son crédit reste, et restera probablement toujours le même; comme il n’est pas fondé sur un sentiment passager et criminel, mais qu’il a sa source dans l’estime, l’amitié et la confiance que le Roi a pour elle et dans la persuasion où il est qu’il ne saurait avoir de confident plus discret, plus zélé pour ses véritables intérêts, et plus porté au bien qu’elle, il est apparent qu’il se soutiendra toujours. D’ailleurs outre l’avantage qu’elle a d’être au fait de toutes les affaires d’État, et l’habitude que le Roi a prise de lui confier tout ce qui l’intéresse, elle a encore gagné considérablement par l’entrée de l’Abbé de Bernis dans le conseil.« 48 Pompadour, Correspondance, 45, Nr. VII, Pompadour an Abel François, Paris, 12.4.1750: »Vous le dites très sensément, il ne faut pas toujours dire tout ce que l’on pense dans le monde.« 49 Taeger, Das weibliche Veto, 334, beschreibt die Kunst der Verstellung als Eigenschaft, die »in der zeitgenössischen Wahrnehmung dem spezifisch weiblichen Waffenarsenal zugeordnet« worden sei. 50 Siehe Marville, Lettres, Bd. 2, 263, 20.3.1746: »On assure que Madame de Pompadour tranche beaucoup de grand, qu’elle a de la hauteur et de l’indiscrétion.«

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Zurückhaltung aufgegeben und offen über ihre Herrschaft gesprochen habe51. Diskretion und Indiskretion lassen sich so als Stereotypen charakterisieren, die gezielt als positive oder negative Zuschreibungen verwendet wurden. In der Außenwahrnehmung der Mätresse durch die Diplomaten spielten Überlegungen zu ihrer Geschlechtszugehörigkeit, zu ihrem Aussehen, ihrer Sexualität und Eigenschaften, die man traditionellerweise der Frau zuschrieb, im Übrigen keine explizite Rolle. Sie kamen eher implizit zum Tragen. Gelegentlich bedienten sich ihre Kritiker Beschreibungen ihrer äußeren Erscheinung mit dem Ziel, sie als Person zu diskreditieren52; in der Regel waren sich die diplomatischen Beobachter hingegen einig, dass Madame de Pompadour dem Schönheitsideal ihrer Zeit entspreche. Der kaiserliche Botschafter Graf von Kaunitz nannte sie 1752 »eine der schönsten Frauen in der Stadt und bei Hofe«: »Ihr Gesicht hat etwas Vornehmes, es ist so wenig gewöhnlich, dass sogar die Frauen in ihm etwas Nymphenhaftes sehen […].«53 Der Marquis d’Argenson befürchtete, Madame de Pompadour könne, weil sie eine Frau sei, die Interessen des Gemeinwohls zur Seite und in charakteristisch weiblicher Manier ihre eigenen und die Interessen ihrer Familie an deren Stelle setzen54. Die diplomatischen Beobachter vertraten diese Ansicht in der Regel nicht. Es ist jedoch bereits deutlich geworden, dass sie Madame de Pompadour mitunter die Beschäftigung in den auswärtigen Angelegenheiten nicht zuzutrauen vorgaben. Ihre entsprechenden Aussagen über die mangelnden intellektuellen Fähigkeiten der Mätresse knüpften sie in der Regel

51 So kam dem preußischen Gesandten Keith zu Ohren, dass Madame de Pompadour angesichts ihrer drohenden Ablösung durch Madame de Choiseul gesagt haben solle, dass es »amüsant sei, die Zügel der Regierung in den Händen einer solch dummen Gans« zu sehen – die Zügel, die momentan noch sie selbst in der Hand habe. Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 25 L, f. 23, Keith an Friedrich II., Paris, 15.1.1753. 52 Behauptungen, die Mätresse habe ein abstoßendes Äußeres, finden sich vor allem bei ihrem größten Kritiker bei Hof, dem Marquis d’Argenson. Siehe Argenson (Sortais), Journal, Bd. 7, 25, 21.8.1749: »La marquise de Pompadour est fort changée et change chaque jour, jusqu’à devenir squelette. Le bas du visage est jaune et desséché. Pour la gorge, il n’en est plus question. Cependant le monarque, par habitude, la traite charnellement mieux que jamais.« 53 Kaunitz, Mémoire, 447: »Sa figure a quelque chose de distingué, de si peu commun que les femmes mêmes lui trouvent ce qu’on appelle un air de nymphe.« 54 Siehe Argenson (Sortais), Mémoires, Bd. 11, 196, 12.6.1756: »J’apprends des anecdotes de notre alliance avec la cour de Vienne: C’est l’ouvrage de Madame de Pompadour, c’est une pure affaire de cour et de femmes, où l’amour de la famille a prévalu partout, et où les intérêts de l’État ont été mis de côté, ce qui n’est pas bien à notre monarque bienaimé.«

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an einen Hinweis auf deren Geschlechtszugehörigkeit55. Wesentlich häufiger noch als diese Form der geschlechtsspezifischen Argumentation finden sich im Bezug auf Madame de Pompadour Abwertungen, die alles, was mit ihr in Zusammenhang stand, als unwesentlich herunterspielten und auf diese Weise diskreditierten. In der Einleitung zu einem immerhin fast dreiseitigen Bericht über die Verbannung der ehemaligen Vertrauten Madame de Pompadours vom Hof im August 1755 merkte etwa Starhemberg an: »Es hat sich dieser Tagen allhier bei Hofe ein besonderer Zufall ergeben, der zu verschiedenen conjecturen und raisonnemens Anlass giebt und den ich, obwohlen er meines ermessens nicht vieles zu bedeuten hat, Eurer Exzellenz mit kurtzen (sic) einberichten werde.«56

An anderer Stelle bezeichnete er das durchaus bedeutsame Angebot der Marquise, ihn künftig jederzeit ohne Voranmeldung zu empfangen, sowie die Spekulationen über eine weitere Vewendung Bernis’ und die Unfähigkeit Rouillés als »kleine Details«57, für deren ausführliche Erwähnung er sich anschließend umständlich rechtfertigte. Vergleichbare Umgangsweisen im Bezug auf männliche Akteure finden sich in den hier zu Grunde gelegten Quellen nicht. Es zeigt sich, dass Madame de Pompadour in ihrer Selbstdarstellung vor allem auf schriftlichem Gebiet gesellschaftliche Normen und Erwartungen an sie als Frau respektierte, anstatt sich ihnen entgegenzustellen. Sie versteckte sich hinter ihrer angeblichen Unwissenheit, ihrer mangelnden Einsicht und ihren fehlenden Fähigkeiten. Sie spielte ihre Möglichkeiten herunter und versäumte es nicht, jeglichen Versuch der Einflussnahme ihrerseits von sich zu weisen. Damit bediente sie sich ebenso wie die Diplomaten in ihrem Umfeld zeitgenössischer Diskurse, um keinen Anstoß zu erregen, und möglicherweise liegt hierin einer der Gründe dafür, dass sie sich über einen so langen Zeitraum an ihrer einflussreichen Position halten konnte: Man akzeptierte bei Hof ihre Einflussnahme, weil Madame de Pompadour auf diskursiver Ebene der gesellschaftlichen Erwartung an sie als Frau und als Vertraute des Herrschers ohne öffentliches Amt zu entsprechen suchte. Madame de Pompadour hinterließ keine Denkschriften, keine Protokolle und keine thematischen Abhandlun55 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 G, f. 182, Chambrier an Friedrich II., Paris, 11.1.1751. 56 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 75r–76r, hier 75r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 10.8.1755. 57 Ebd., Karton 95, f. 148–179, hier f. 169v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 2.5.1756: »J’ai cru devoir entrer dans ces petits détails pour justifier par avance les démarches que je pourrais peut-être me trouver dans le cas de devoir faire.«

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gen. In ihren häufig betont persönlich gehaltenen Briefen, die sie stets selbst und in der Regel auf sehr kleinformatigem, häufig mit Blumendruck verziertem Papier schrieb, vermied sie im Gegenteil oft Themen aus der öffentlichen Sphäre. Wenn sie sie doch anschnitt, wurden die entsprechenden Äußerungen in der Regel begleitet von der Beteuerung, dass sie keinen Einblick in die öffentlichen Angelegenheiten habe und zur Beurteilung derselben als Frau auch nicht in der Lage sei. Mit dieser Darstellung ihrer vermeintlichen Unfähigkeit entsprach Madame de Pompadour den gesellschaftlichen Normvorstellungen von der Aufgabe der Frau im Allgemeinen. Entscheidend war nicht, ob sie – über ihren Ehemann oder auf anderem Wege – Einfluss auf öffentliche Angelegenheiten nahm; entscheidend war, dass sie diese Einflussnahme unkenntlich machte und dass ihr Agieren zumindest im Schriftlichen keine Formen annahm, die den Vorstellungen dessen widersprochen hätte, wozu eine Frau befugt war. In anderen Kontexten – man denke an ihre durchaus öffentlichkeitswirksame regelmäßige Toilette oder die Bildsprache ihrer Porträts58 – galten offensichtlich andere Normen: Hier zeigte sich Madame de Pompadour weniger zurückhaltend, sondern stellte ihre Macht auch in öffentlichen Angelegenheiten offen zur Schau. In diesen Fällen mag gerade diese Art der ostentativen Machtdemonstration zur Stabilität ihrer Stellung beigetragen haben. Im schriftlichen Diskurs hingegen bedurfte es offensichtlich anderer Darstellungsformen.

2.  Die Mätresse als Gegenstand der diplomatischen Korrespondenz 2.1  Parallele Korrespondenzen: Diplomatische Berichterstattung auf verschiedenen Ebenen

Madame de Pompadour war als engste Vertraute Ludwigs XV. unumgänglich für jeden, der den Kontakt zum Monarchen suchte. Diese Tatsache in schriftlicher Form darzustellen, stellte die Diplomaten jedoch vor Schwierigkeiten: Die Berichte, die sie an ihre entsendende Behörde – in der Regel das Außenministerium oder die für sie zuständige Kanzlei – schickten, unterlagen strengen Regeln sowohl in inhaltlicher als auch formaler Hinsicht. Ausführlich auf die Mätresse des Königs einzugehen oder den Umgang, den man mit ihr pflegte, zu beschreiben, widersprach den Prinzipien dieser Briefform. Zur 58 Siehe zur Bildsprache der Porträts die resümierenden Bemerkungen in dieser Darstellung: 228, Anm. 2.

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Weitergabe der Informationen, die Madame de Pompadour betrafen, musste man deshalb auf andere, weniger reglementierte Briefformen ausweichen, so dass die Art und Weise, wie und in welchem Umfang die Diplomaten über die Mätresse schrieben, wesentlich von der Art des diplomatischen Schreibens abhing. Zugleich lässt diese Handhabung Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der Mätresse durch die diplomatischen Akteure zu und hilft, die Funktion Madame de Pompadours in ihrem Gegenspiel zu den formal ernannten Vertretern der Verwaltung genauer zu beschreiben. Die Frühe Neuzeit war europaweit durch grundlegende Veränderungen und einen enormen Entwicklungsschub auf dem Gebiet des Verkehrswesens im Allgemeinen und der Kommunikation im Besonderen gekennzeichnet. Wolfgang Behringer59 spricht angesichts dessen von einer »Kommunikationsrevolution«, in deren Verlauf Reisewege und Kommunikationsprozesse beschleunigt worden seien, und sieht das sich entwickelnde frühneuzeitliche Postwesen als einen »Motor der Moderne«60. Tatsächlich wurde in Frankreich unter Mazarin und Colbert im Lauf des 17. Jahrhunderts ein verlässliches Postsystem für Reisende und Briefverkehr entwickelt, das die Einführung von Postkutschen brachte, die regelmäßig auf festgelegten Strecken verkehrten61. Mit dieser Entwicklung ging eine Aufwertung und Ausweitung des Schriftverkehrs einher: Die Post verlieh dem Briefeschreiben eine bislang nicht gekannte Anonymität und steigerte so die Attraktivität des Briefes als Kommunikationsmedium62. Die Kommunikation per Brief nahm im Laufe des 17. und 59 Siehe grundlegend Behringer, Wolfgang, Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen des Max-PlanckInstituts für Geschichte, 189), Göttingen 2003. 60 Ebd., 25. – Siehe in diesem Sinn auch Kugeler, Internationale Beziehungen, 18. 61 Siehe Behringer, Wolfgang, »Von der Gutenberg-Galaxis zur Taxis-Galaxis.« Die Kommunikationsrevolution – ein Konzept zum besseren Verständnis der Frühen Neuzeit, in: Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. Johannes Burkhardt / Christine Werkstetter (Historische Zeitschrift, Beihefte, Neue Folge 41), München 2005, 39–54, 45 f. 62 Siehe zur Einführung Beyrer, Klaus / Täubrich, Hans-Christian, Der Brief. Eine Kulturgeschichte der schriftlichen Kommunikation (Kataloge der Museumsstiftung Post und Telekommunikation, 1), Heidelberg 21997 und Nickisch, Reinhard M. G., Brief (Sammlung Metzler, Realien zur Literatur 260), Stuttgart 1991. Siehe auch Droste, Heiko, Briefe als Medium symbolischer Kommunikation, in: Ordnung und Distinktion. Praktiken sozialer Repräsentation in der ständischen Gesellschaft, hrsg. v. Marian Füssel / Thomas Weller (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme, 8), Münster 2005, 239–256. – Zwar blieb die Postbeförderung teuer und für weite Teile der Bevölkerung unerschwinglich – um 1760 entsprach im Deutschen Reich das Porto für eine Briefsendung von Frankfurt nach Berlin, 6 Groschen, dem Wochenverdienst

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18. Jahrhunderts insgesamt sprunghaft zu, und auch die amtlichen Schreiben aus jener Zeit existieren in großen Mengen. Die Diplomaten des 18. Jahrhunderts waren verpflichtet, in regelmäßigen Abständen – im Falle der hier untersuchten Fälle hieß das: zwei bis drei Mal pro Woche – ihren heimischen Hof über die aktuellen Entwicklungen am Ort ihrer Mission zu unterrichten. Dazu kamen in einzelnen Fällen, so bei den habsburgischen Gesandten, umfassendere Berichte, die einmal monatlich zu verfassen waren. Mehr und mehr zeigte sich im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts eine Formalisierung der diplomatischen Berichterstattung: So setzte sich nach venezianischem Vorbild allmählich die Praxis durch, pro Angelegenheit einen einzelnen Brief zu verfassen, wodurch eine genauere Bearbeitung nach einzelnen Themen möglich wurde63. Die habsburgischen Gesandten und Botschafter fügten ihren Briefen häufig mehrere Post scripta bei, die – auf einem separaten Bogen verfasst – jeweils getrennte Angelegenheiten zum Inhalt hatten64. Zudem setzten sich neben den vorher üblichen mündlichen Abschlussberichten auch schriftliche Abschlussberichte durch und wurden für die Diplomaten verpflichtender Bestandteil ihrer Missionen65. Um einen solchen Abschlussbericht handelte es sich bei dem von Kaunitz abgefassten »Mémoire sur la Cour de France« aus dem Jahr 1752, und auch Ézechiel Spanheim, Gesandter des Großen Kurfürsten von Brandenburg, Friedrich Wilhelm, verfasste 1690, nach seiner Zeit in Frankreich, einen umfangreichen, heute edierten Abschlussbericht, die »Relation sur la Cour de France«66. Teile eines Abschlussberichts finden sich auch im Familienarchiv des Duque de Huéscar, der als spanischer Botschafter bis ins Jahr 1749 in Versailles tätig

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einer Köchin (siehe Nickisch, Brief, 217) –; dennoch erlebte der Brief im 18. Jahrhundert einen Aufschwung und diente immer mehr der Informationsweitergabe und Pflege persönlicher Beziehungen zwischen Einzelpersonen und bot dabei vor allem Frauen ein Mittel des schriftlichen Ausdrucks, das bisweilen auch als Vorstufe zu eigener literarischer Produktion diente. Siehe Becker-Cantarino, Barbara, Leben als Text – Briefe als Ausdrucks- und Verständigungsmittel in der Briefkultur und Literatur des 18. Jahrhunderts, in: Gnüg / Möhrmann, Frauen Literatur Geschichte, 21999, 129–146, hier 129, sowie die weiterführenden Literaturhinweise in Weckel, Ordnung, Politik und Geselligkeit, 11, Anm. 14. Siehe Neveu, Correspondances, 45. Siehe beispielsweise die sechs Post scripta zu einem einzigen Schreiben am 31.1.1757: HHStA, Frankreich Berichte, Karton 99, f. 38–47, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 31.1.1757, PS 1–PS 6. Siehe Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 33 f. Spanheim, Relation de la Cour. Siehe dazu Malettke, La Maison du Roi, 79 f.

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gewesen war67. In Wien wurden nach venezianischem Vorbild mit dem Jahr 1769 jährliche »Hauptberichte« verbindlich; jedoch wurde diese neue Vorgabe in der Praxis zunächst nur sehr lückenhaft befolgt68. Geschrieben wurden die unterschiedlichen Berichtschreiben in der Regel von Botschaftssekretären, die neben der Erledigung des Schriftverkehrs auch für alle anderen Kanzleiarbeiten, so das Führen des Gesandtschaftstagebuchs, zuständig waren69. Alles in allem überstieg die Briefproduktion an Quantität diejenige aller anderen offiziellen Dokumente70. Die Diplomaten mussten beim Abfassen ihrer Post strenge Richtlinien beachten. Sogenannte Briefsteller, das heißt Handbücher mit Anleitungen zum Briefeschreiben, die seit dem 15.  Jahrhundert entstanden, fixierten die Kriterien71. Die Einhaltung dieser Vorgaben kennzeichnete die Briefe als Kanzleibriefe. Sie waren in der Regel für den Bürogebrauch bestimmt und wurden mitunter auch dem Monarchen oder im Falle Habsburgs der Monarchin vorgelegt. Der Brief im »Cantzley«-Stil72 folgte in seinem Aufbau einem festen 67 Siehe Ozanam, Louis XV vu par deux ambassadeurs espagnols, 276 f. Ozanam bezieht sich auf Teile eines Entwurfs zu Huéscars Endbericht, die erhalten geblieben sind. – Für die venezianischen Diplomaten bestand bereits seit 1425 die Verpflichtung, nach der Rückkehr von einer diplomatischen Mission einen Abschlussbericht verfassen, so dass im Falle Venedigs bereits früh von einem »systematische[n] Charakter der Berichterstattung« gesprochen werden kann. Siehe Reinhard, Staatsgewalt, 373. 68 Siehe Duchhardt, Balance of power, 38. Siehe auch Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 33 f. 69 Siehe Duchhardt, Balance of power, 36. Während die britischen und preußischen Botschaftssekretäre mitunter selbst später zum Gesandten oder Botschafter ernannt werden konnten, wie die Fälle Knyphausen und Yorke belegen, war dies andernorts unüblich, und die Sekretäre kehrten nach Beendigung ihrer Arbeit im fremden Land in die Verwaltung des heimatlichen Hofes zurück. 70 Siehe Neveu, Correspondances, 45. 71 Für den deutschsprachigen Raum, aus dem die Vielzahl der in dieser Arbeit verwandten Quellen stammt, siehe Nickisch, Stilprinzipien. Auch die britischen Korrespondenzen entsprachen im Allgemeinen – etwa mit Blick auf die inhaltliche Ausrichtung – den preußischen und österreichischen Gepflogenheiten. 72 Zedler, Großes vollständiges Universallexicon, Bd. 5, Sp. 603, beschreibt den »CantzleyStilus« als »die besondere Schreibe-Art bey Regierungen und Cantzeleyen.« Hallbauer führt in seiner »Anweisung zur verbesserten teutschen Oratorie« aus dem Jahr 1725 aus: »Der Canzeley-stilus ist der, dessen man sich in Canzeleyen, Regierungen und andern collegiis bedienet zu Abfassung der Befehle, Bescheide, Urthel, usw. […] Der Curial-stilus, stilus curiae ist eine Schreib-Art, welche von Fürsten, oder diesen gleichen Personen, oder auch von Canzeleyen und collegiis im Namen der hohen Obrigkeit gebraucht wird.« Hallbauer, Friedrich Andreas, Anweisung zur verbesserten Teutschen Oratorie, Kronberg im Taunus 1974 (Nachdruck der Ausgabe Jena, 1725), 527.

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Dispositionsschema, bestehend aus fünf Teilen: salutatio – exordium – narratio – petitio und conclusio73. Streng zu beachten waren vor allem die Titel des Adressaten und dessen Stellung innerhalb der ständischen Hierarchie und im Bezug auf den Verfasser des Briefes74. Je größer beispielsweise der Standesunterschied zwischen Verfasser und Adressat war, desto größer hatte auf der ersten Seite des Briefs der Abstand zwischen Anrede und erster Textzeile zu sein. Besondere Wertschätzung für den Angesprochenen ließ sich außerdem durch die Wahl eines hochwertigen Papiers und das eigenhändige Schreiben eines Briefs – im Gegensatz zur Erledigung durch einen Sekretär oder Schreiber –. ausdrücken75. In sprachlicher Hinsicht galt eine »rhetorisch wohlgeformte Sprache mit großangelegten, vielfach untergliederten Satzgefügen«76 als Ideal, wobei der Stil ebenfalls von der Standeszugehörigkeit der Korrespondenten bestimmt war77. Auch in inhaltlicher Hinsicht galten für die diplomatische Berichterstattung bestimmte Vorgaben: So verstieß es beispielsweise gegen die Konvention, sich in diplomatischen Schreiben geringschätzig über den fremden Monarchen zu äußern. Daher wurde alles, was seinem Ansehen hätte schaden können, aus der offiziellen Korrespondenz herausgehalten – zu einem solchen Aspekt, den man nur in weniger formalen Schreiben zur Sprache bringen konnte, zählte auch die außereheliche Beziehung des Königs zu einer Frau nichtadliger Herkunft und deren große Macht, wie im weiteren Verlauf zu zeigen sein wird. 73 Siehe Nickisch, Brief, 78. 74 Siehe Hallbauer, Anweisung, 527: »Vor allem wird [bei Briefen im Kanzlei- oder Kurialstil] erfordert, dass man die einmal eingeführten Titel und Ceremonien genau beobachte: weil aber dabey wol an allen Höfen was besonders vorfällt; so kommt alles darauf an, dass ein Secretarius sich sorgfältig erkundige, was an dem Hofe Herkommens ist, an welchem er befördert wird, und wie derselbe gegen andere in Titeln und Ceremonien sich veralte, was vor Vorzüge er für andern habe, oder was für Submißion er gegen andere brauche. Es ist dieses das allerdelicateste, dabey ein Secretarius, der nicht vorsichtig genug ist, leicht fehlen kann.« 75 Siehe Droste, Briefe, 248 f. 76 Nickisch, Brief, 78. 77 Die Vorgaben, wie ein Brief im Kanzleistil zu verfassen und welche Formulierungen zu gebrauchen seien, wurden gegen Ende des 16. und im 17. Jahrhundert strenger. Erst im 18. Jahrhundert kamen Formen des freieren Briefstils auf, der sich am mündlichen Gespräch orientierte. Zielvorstellungen von Klarheit, Kürze und Natürlichkeit wurden prägend und veränderten nicht nur den Stil der Briefe, die sich Einzelpersonen schrieben, sondern wirkten auch auf den Brief im Kanzleistil, der – wenn auch in Maßen – in seinem Aufbau und seiner Ausdrucksweise an Formelhaftigkeit einbüßte. Siehe Kording, Inka K., »Wovon wir reden können, davon können wir auch schreiben.« Briefsteller und Briefknigge, in: Beyrer / Täubrich, Der Brief, 27–33, hier 29 f.

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Die Beförderung der diplomatischen Post gewährleistete in vielen Fällen nicht die angestrebte Diskretion und Sicherheit. Vor allem in Kriegszeiten musste man stets fürchten, dass Briefe abgefangen und gelesen würden. Wichtige Nachrichten konnten daher statt mit der regulären Post auch mit speziell beauftragten Kurieren an den fremden Hof und durch fremdes Gebiet befördert werden. Kuriere wurden jedoch häufig erfolgreich bestochen, und und obwohl sie diplomatische Immunität genossen, kam es auch zu Überfällen, bei denen sie ihrer Sendung beraubt wurden78. Da die Entsendung eines Kuriers zudem erhebliche Kosten verursachte, wurde sie nur in besonderen Fällen und nicht zum regulären, mehrmals wöchentlich anfallenden Briefverkehr zwischen dem Diplomaten und seinem Heimathof genutzt. Eine Alternative, um die Sicherheit zu gewährleisten, bot die Chiffrierung beziehungsweise Codierung von brisanten Stellen in der diplomatischen Korrespondenz: An die Stelle der Wörter traten Zahlenkombinationen, die bestimmten Begriffen zugeordnet und mit Hilfe des entsprechenden Schlüssels zu lesen, Unbefugten aber im Idealfall unzugänglich waren79. Gelangten die chiffrierten Briefe sicher an ihr Ziel, den heimischen Hof, wurden sie dort dechiffriert80. In vielen Fällen jedoch erreichten die Briefe ihren Adressaten nicht, und die Chiffrierung verfehlte ihr Ziel: Nicht nur das Abfangen und Öffnen fremder diplomatischer Post, sondern auch deren Entschlüsselung waren im 18. Jahrhundert übliche Praxis81. Erst gegen Ende des 18. Jahrhundert verlor die Tätigkeit des

78 Mitunter lenkten die Kuriere das Interesse Unbefugter gerade deshalb in besonderem Maße auf sich, weil durch ihre Entsendung die Brisanz des Inhaltes per se manifestiert wurde. Siehe Laube, Geheimnisverrat, 220 f., der die Tätigkeit der Kuriere als »ein sichtbares Zeichen für die Brisanz einer Sendung« bezeichnet. 79 Ausführlicher zu den Chiffrier-Praktiken im diplomatischen Schriftverkehr des Wiener Hofs im 17. und 18. Jahrhundert siehe Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 37 ff. Die unchiffrierten Abschnitte eines Briefes waren oft so formuliert, dass sie von den verschlüsselten Inhalten ablenken und den unbefugten Leser auf die falsche Fährte locken sollten. Siehe Laube, Geheimnisverrat, 221. 80 In Preußen beispielsweise geschah dies, indem der entschlüsselte Text auf demselben Bogen Papier, der auch den chiffrierten Text enthielt, zwischen den Zeilen oder am Zeilenrand eingefügt wurde. 81 In Großbritannien kümmerte sich eine Abteilung des Secret Office, die Decyphering Branch, ausschließlich um diese Aufgabe, am französischen Hof existierte zu diesem Zweck das Cabinet noir, am preußischen Hof waren die Schwarzen Kabinette mit dem Öffnen und Entschlüsseln verdächtiger Post betraut. Die abgefangenen Dokumente wurden dechiffriert und häufig separat archiviert, so dass sich heutzutage im britischen Nationalarchiv, dem Public Record Office, ein geschlossener Bestand mit Interzeptionen und Dechiffrierungen fremder diplomatischer Post findet (PRO SP 107).

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Dechiffrierens an Bedeutung, da die diplomatische Post zunehmend mit Kurieren befördert wurde und häufiger ungeöffnet an ihr Ziel gelangte. Begibt man sich heute in den verschiedenen nationalen Archiven auf die Suche nach Informationen über Madame de Pompadour, so wird man in den umfangreichen Beständen an Kanzleibriefen nur in sehr begrenztem Maße fündig. Nach Lektüre etwa der britischen Gesandtenberichte der Jahre 1745 bis 1755 im Nationalarchiv in Kew bei London82 kommt man zunächst zu dem Urteil, dass keiner der britischen Diplomaten die Mätresse des französischen Königs als zentrale Person innerhalb der Machtstrukturen am Hof wahrgenommen oder den Kontakt zu ihr gepflegt habe. Es scheint, als hätten die Beziehungen zwischen beiden Höfen allein auf dem Wege über die Botschafter und den Außenminister bestanden. Vor allem Lord Albemarle, Botschafter Großbritanniens von 1749 bis 1754, berichtete zwar von seinen wöchentlichen Dienstagstreffen mit dem jeweiligen französischen Außenminister, von den sonntäglichen Treffen der auswärtigen Gesandten in Paris und auch von seinen Begegnungen mit der königlichen Familie. Madame de Pompadour indes erwähnte er in seinen Briefen nicht, zum Beispiel auch nicht im Januar 1751, als er von der Neugründung der École militaire berichtete, an der die Marquise maßgeblich beteiligt war83. Die Tatsache, dass Madame de Pompadour im Index des Bestandes »Despatches France«, der alle amtlichen Berichtschreiben der britischen Botschafter in Frankreich bis ins Jahr 1782 umfasst, mit nur 38 Einträgen84 für die Zeit von 1749 bis 1764 vertreten ist, bestätigt diesen Eindruck. Neun dieser insgesamt sehr wenigen Erwähnungen sind dem Verlauf ihrer letztlich tödlichen Krankheit gewidmet und stammen aus den Monaten März und April 176485, woraus folgt, dass sie in den annähernd zwanzig Jahren vor ihrem Tod nur 29 Mal erwähnt wurde – eine 82 Siehe PRO SP 78/230 (1744–1747) bis SP 78/250 (1755). 83 Siehe PRO SP 78/240, f. 75, Albemarle an Bedford, Paris, 19./30.1.51. Siehe dazu im Archiv des französischen Außenministeriums AE, Mémoires et documents, vol. 1615, Paris Île de France, 192: Correspondance de Choiseul avec Pâris Duverney, f. 53–68 sowie: Laulan, Robert, La fondation de l’École militaire et Madame de Pompadour, in: Revue d’histoire moderne et contemporaine 21 (1974), 284–299. 84 Siehe PRO, Index to SP 78/231–238, SP 78/239–250, SP 78/251–257 und SP 78/258– 267. Im Public Record Office in Kew finden sich die Berichte der britischen Botschafter in Frankreich in der Serie SP (State Papers). Die Jahre zwischen 1745 und 1764 sind in den Ordnern SP 78/230 bis SP 78/261 dokumentiert. Dazu finden sich einige Papiere aus diesen Jahren in den Ordnern SP 78/308 und 309. Zu diesen Ordnern liegen Findbücher mit Zusammenfassungen aller in ihnen enthaltenen Briefe sowie ein Namensund Sachindex vor. 85 Siehe PRO SP 78/240, f. 85; PRO SP 78/260, ff. 182, 200, 220, 222, 243 und 247 sowie SP 78/261, ff. 54, 82 und 84.

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ausgesprochen geringe Zahl, wenn man sie auf die Gesamtzahl der Berichtschreiben bezieht86. In den wenigen Fällen, in denen Madame de Pompadour erwähnt wurde, geschah dies in der Regel nur in Form eines kurzen Hinweises und stets in denselben Kontexten: Die Diplomaten charakterisierten Madame de Pompadour als Gegnerin einzelner Staatssekretäre und Minister, sie mutmaßten über ihre möglicherweise bevorstehende Ungnade – hier in der Regel mit Hinweis auf eine Rivalin und mögliche Nachfolgerin87 – und berichteten zuletzt von ihrer tödlichen Krankheit. Einzig Sir Joseph Yorke, der Sekretär Albemarles, erwähnte ein einziges Mal in einem offiziellen Berichtschreiben an den Staatssekretär Holdernesse, dass er der Toilette der Marquise beigewohnt habe. Dort habe die Mätresse sich vor großem Publikum anerkennend über die politische Leistung des kurz zuvor im Schloss von Compiègne verstorbenen spanischen Botschafters Francisco Pignatelli y Aymerich88 geäußert. Im Anschluss an diese Ausführung entschuldigte sich Yorke umgehend dafür und begründete seine Ausführung damit, dass sich zur Zeit nicht Wesentliches ereigne, da sich der Hof wie jeden Sommer für einige Wochen in Compiègne befinde und viele Botschafter (darunter Albemarle) Paris für diese Zeit verlassen hätten89. Die Erwähnung Madame de Pompadours in einem solchen Schreiben verlangte offensichtlich nach einer Erklärung, die Yorke mithilfe der besonderen Umstände zu liefern suchte. Im Regelfall kamen die britischen Briefe im Kanzleistil ohne Schilderungen über Madame de Pompadour aus. Sie wurde nicht wesentlich häufiger erwähnt als die zurückgezogen lebende Königin Maria Leszczynska. Eine Ausnahme innerhalb der britischen diplomatischen Korrespondenzen bilden in dieser Hinsicht die Berichte des Gesandten John Stanley, der im Jahr 1761, noch während des Siebenjährigen Kriegs, an den Versailler Hof 86 Obwohl der Indexband einige Stellen nicht erfasst, an denen indirekt oder direkt doch von Madame de Pompadour die Sprache ist, vermitteln die Zahlen im Indexband ein zutreffendes Bild der Situation. 87 Siehe PRO SP 78/247, ff. 100 und 149; SP 78/249, ff. 253 und 301. 88 Francisco Pignatelli y Aymerich (* 1687, † 1751), Botschafter Spaniens in Frankreich von 1749 bis zu seinem Tod im Jahr 1751. Biographische Angaben siehe Ozanam, Didier, Les diplomates espagnols du XVIIIe siècle. Introduction et répertoire biographique (1700–1808), Madrid / Bordeaux 1998, 396 f. 89 Siehe SP 78/241, f. 3, Yorke an Holdernesse, Paris, 6./17.7.1751: »[…] The morning he died, I was at Madame de Pompadour’s toilette, where I was surprised to hear her say before all the world (affecting the greatest sorrow), qu’on était trop heureux d’avoir des ambassadeurs comme lui; and when she saw, that people stared a little upon one another at what she said, she added, parce qu’il n’était pas tracassier; I ask pardon for troubling you with this detail, but as it is the most considerable event of the Court at present, I thought it would be improper not to inform your Lordship of it.«

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abgeordnet wurde90. Stanley diskutierte in seinen Berichtschreiben ausführlich die Machtverteilung am Hof und stellte die wichtigsten Personen vor. Zu diesen Personen zählte er die Marquise de Pompadour, zu der er wenige Tage nach seiner Ankunft in Paris Kontakt gesucht hatte. Diesen Schritt hielt er allem Anschein nach für eine Selbstverständlichkeit, denn er berichtete anschließend offen davon91. Auch in seiner detaillierten Charakterisierung des zu dieser Zeit sehr mächtigen französischen Außenminister Duc de Choiseul widmete er eine lange Passage der Beziehung Choiseuls zu Madame de Pompadour, die in Stanleys ausführlichen Berichten als die zweite große mächtige Person am Hof neben dem Staatssekretär des Äußeren erscheint92. John Stanley ist jedoch ein Einzelfall, der sich möglicherweise durch die Tatsache erklären lässt, dass ihm die Stilprinzipien des Amtsbriefes nur unzureichend bekannt waren: Sein spanischer Kollege, Pablo Jerónimo Grimaldi y Pallavicini93, teilte seinerseits seinem Auftraggeber mit, dass der britische Gesandte Stanley im diplomatischen Dienst vollkommen unerfahren sei und ihm selbst grundlegendsten Kenntnisse fehlten94. In derselben Weise berichtete auch Starhemberg an Kaunitz über John Stanley, der »zwar ein vernünftiger und gelehrter, zugleich aber sehr roher, in Geschäften unerfahrener […] Mann« sei95. Dass er die Mätresse in seinen offiziellen Schreiben erwähnte, ließe sich 90 Siehe PRO SP 78/251 und 252. 91 Siehe PRO SP 78/251, f. 114, Stanley an Pitt, Paris, 12.6.1761. 92 Stanley beschrieb Madame de Pompadour als Akteurin, die Kontakte zu auswärtigen Botschaftern und den mächtigsten Personen an fremden Höfen unterhielt und auch zu relevanten Fragen wie der nach Krieg oder Frieden Stellung bezog. Siehe beispielsweise PRO SP 78/252, f. 110, Stanley an Pitt, Paris, 20.8.1761. 93 Pablo Jerónimo Grimaldi y Pallavicini (* 1709, † 1789), Botschafter Spaniens in Frankreich von 1761 bis 1763. Biographische Angaben siehe Ozanam, Les diplomates espagnols, 287 f. 94 Siehe AGS, Estado, leg. 4542 (Paris, Año de 1761, Correspondencia del Marques de Grimaldi, De los tres meses Mayo, Junio y Julio), ohne folio, Grimaldi an Wall, Paris, 8.6.1761: »Parece que Mr Stanley es un hombre de entendimiento y erudición, pero con aquellos talentos de fineza metafísica más proprios para lucir en las Escuelas, que para tratar negocios políticos; y así me ha dicho el Duque que se entretuvo más de una hora para hacer distinciones de Paz ventajosa, Paz desaventajosa, y Paz igual, que asegura Choiseul no haber casi podido entender, o a lo menos no haber comprehendido el fin que se proponía en esta disertación. Manifiesta en lo demás buenas disposiciones para la paz, deseo de contribuir a ella, y mucha rectitud y hombría de bien.« 95 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 114, f. 130r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 19.6.1761: »Es meldet Bussy in seinem Bericht, dass Stanley zwar ein vernünftiger und gelehrter, zugleich aber sehr roher, in Geschäften unerfahrener und auf seiner Meinung ungemein versessener Mann sei, der kein anderes meritum vor sich habe, als dass er dem [William] Pitt gänzlich ergeben sei.«

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daher auf seine Unkenntnis der Gepflogenheiten beim Abfassen der diplomatischen Post zurückführen. Seine Vorgehensweise ist eindeutig als Ausnahme zu charakterisieren. Auch in den Berichtschreiben der preußischen Diplomaten, die im Berliner Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz zu finden sind, ist so gut wie nie die Rede von Madame de Pompadour96; in Österreich und Spanien sieht es nicht anders aus. Wie erklärt sich dieser Befund, auf dessen Grundlage Ausführungen wie in den vorangegangenen Kapiteln nicht möglich gewesen wären? Die Antwort liegt in den unterschiedlichen Formen diplomatischer Korrespondenz im 18. Jahrhundert. Die Informationen, die den Ausführungen in den bisherigen Kapiteln der vorliegenden Darstellung zu Grunde lagen, stammten zum größten Teil nicht aus den im Kanzleistil verfassten Schreiben, sondern aus Briefwechseln, die die Diplomaten parallel zu ihrer formalen Korrespondenz führten. Um was für eine Art von Briefen handelt es sich dabei? Wie alle Formen von Außenbeziehungen dieser Zeit existierte auch die diplomatische Korrespondenz auf verschiedenen Ebenen parallel zueinander: Von einem Hof zum anderen liefen verschiedene Korrespondenzstränge mit Briefen jeweils unterschiedlicher Form und Inhalts. Zwischen dem Diplomaten in Versailles und seiner zuständigen Behörde und wichtigen Einzelpersonen bestanden in nahezu allen Fällen parallel zueinander mehrere Nachrichtenstränge97. So waren die habsburgischen Vertreter angehalten, nicht nur an die Reichshofkanzlei, sondern zugleich auch an die Hof- und Staatskanzlei in Wien zu berichten. Lange Zeit erhielt daher die Reichshofkanzlei »nichtssagende Relationen«98, während der eigentliche Dialog des Diplomaten mit der Hofkanzlei geführt wurde, die sich schließlich als zuständige Behörde durchsetzen konnte. Zur Zeit des Prinzen Eugen bestand im Auftrag Karls VI. zwischen ihm und den Diplomaten ein eigener Briefwechsel99, und auch Leopold I. hatte die kaiserlichen Diplomaten während des Spanischen Erbfolgekriegs gebeten, ihm »reservierte Schreiben« zukommen zu lassen, die er »per viam secretam« beantwortete100. Zudem unterhielten alle Diplomaten Briefwechsel mit den wichtigsten Ministern, wie es auch von den theoretischen Schriften empfohlen wurde101. 96 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 11, Nr. 89, Fasz. 143 (1745) bis Fasz. 202 (1756). 97 Siehe auch Duchhardt, Balance of power, 35. 98 Ebd., 36. 99 Siehe ausführlich zu diesem Nachrichtenstrang: Braubach, Max, Die Geheimdiplomatie des Prinzen Eugen von Savoyen, Köln 1962. 100 Siehe Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 44 ff. 101 Siehe ebd., 57. Siehe auch Waquet, Callières, 178.

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In Großbritannien erwartete man von den Diplomaten, dass sie stets an beide Staatssekretäre, den zuständigen des Northern und denjenigen des Southern Departments, schrieben, und dies in mehreren Ausführungen: Neben die offizielle Berichterstattung trat die »private ministerielle Korrespondenz«102, das heißt: Unter demselben Datum wurden zwei Briefe an den zuständigen Staatssekretär am heimischen Hof verfasst. Auch zwischen den preußischen Gesandten in Versailles und ihrem heimischen Hof in Berlin bestand der diplomatische Briefwechsel aus mindestens zwei Teilen: Die Diplomaten erhielten einerseits die von den Staatssekretären Podewils und Finckenstein unterzeichneten Briefe mit Weisungen, andererseits erreichten sie in regelmäßigen Abständen die persönlich von Friedrich II. diktierten und unterzeichneten Briefe103. So waren auch die preußischen Diplomaten ihrerseits verpflichtet, nicht nur dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten, sondern auch dem Kabinett – sprich: König Friedrich  II. direkt –. Bericht zu erstatten. Erst seit 1797 berichteten die preußischen Diplomaten nur noch an das Auswärtige Departement. Birgit Emich hat darauf hingewiesen, dass auch im Kirchenstaat des 17. Jahrhunderts zwischen Zentrale und Provinz Korrespondenzen verschiedener Arten gepflegt wurden104. William Roosen hat am Beispiel der diplomatischen Vertreter Ludwigs XIV. eine inoffizielle Korrespondenz des Gesandten mit dem Staatssekretär neben der offiziellen Korrespondenz mit dem König ausgemacht – wobei jedoch der König in beide Stränge Einsicht gehabt habe105. 102 BL Add. Ms. 35355, f. 134, Yorke an Hardwicke, Paris, 1./12.11.1749: »[Lord Albemarle] has no private ministerial correspondence, and without that many necessary informations are omitted, because not fit for public letters.« Siehe auch die Unterteilung bei Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, in »offizielle« und »private und geheime Korrespondenzen.« 103 Siehe Waddington, Louis, 46 (und Anm. 1), der die beiden Briefwechsel benennt: »les lettres officielles contresignés des ministres Podewils und Finckenstein« und »la correspondance personnelle dictée et signée par la Roi, appelée immédiate.« 104 So unterhielt der Verwaltungschef der zum Kirchenstaat gehörenden Provinz Ferrara, Orazio Spinola, gleich drei Briefwechsel mit dem Kardinalnepoten des regierenden Papstes, Kardinal Borghese: Neben einer Patronagekorrespondenz auch eine Amtsund eine Privatkorrespondenz. Siehe Emich, Bürokratie und Behördenalltag, vor allem 396 ff. 105 Roosen, The functioning of ambassadors, 322. »These supplementary letters [der Diplomaten] to the minister sometimes gave more details on something mentioned to the king […]. Upon occasion Louis had these private letters read or shown to him while the more friendly, unofficial letters which the secretary of state for foreign affairs often sent the ambassadors along with the king’s official dispatch were prepared under the direction of Louis and with his knowledge.«

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Die unterschiedlichen Korrespondenzstränge zwischen dem Diplomaten und seinem Hof wurden in unterschiedlicher Weise bezeichnet: In Großbritannien standen den Briefen im Kanzleistil, die man als »public letters« bezeichnete, die als »private«, »separate« oder »secret« gekennzeichneten Korrespondenzen gegenüber. Alle diese Briefe verbanden den Diplomaten, seinen zuständigen Staatssekretär und den jeweils anderen Staatssekretär miteinander. Die drei Beteiligten konnten sich in einer der unterschiedlich bezeichneten Briefformen schreiben: Die Diplomaten unterteilten ebenso wie die britischen Staatssekretäre ihre Post (von London nach Paris) in »private« oder »public«. Mitunter schrieben sie am selben Tag an dieselbe Person unterschiedlich bezeichnete Briefe. Einzelne Briefe, die als »private and separate« oder als eines von beiden bezeichnet sind, befinden sich auch unter den Unterlagen im Public Record Office. Der größte Teil wurde jedoch nicht zentral, sondern persönlich archiviert und ging als Nachlass in den Bestand der British Library über. In der Hauptsache sind die als privat deklarierten Briefe für den hier bearbeiteten Zeitraum in der British Library zu finden, die den umfangreichen Nachlass des ehemaligen Secretary of State und späteren First Lord of the Treasury Thomas Pelham-Holles, 1st Duke of Newcastle, die so genannten Newcastle Papers, bewahrt106. Newcastle hielt als Staatssekretär brieflichen Kontakt mit allen ihm zugeordneten Botschaftern Großbritanniens im Ausland, aber auch mit seinem jeweiligen Kollegen im Northern Department107. Zusammen genommen umfasst die Briefsammlung des Duke of Newcastle ein Vielfaches dessen, was im Public Record Office für denselben Zeitraum im Bezug auf Frankreich zu finden ist. Angesichts dessen liegt es auf der Hand, dass die Lektüre dieser »informal records«108 unentbehrlich ist, wenn man ein Bild von den diplomatischen Beziehungen Großbritanniens in diesen Jahren zu erhalten sucht109. 106 Die Newcastle Papers sind innerhalb des Bestandes »Additional Manuscripts« in vier Serien gegliedert: die Newcastle Home Correspondence (1724 bis 1754) Add. Ms. 32704 bis 32737, die Newcastle Diplomatic Correspondence (1724–1754) Add. Ms. 32738 bis 32851, die Newcastle General Correspondence (1755 bis 1764) Add. Ms. 32852 bis 32958 und die Newcastle Domestic and Private Correspondence (1742 bis 1764) Add. Ms. 33066 und 33067. Jeder der etwa 300 Bände enthält etwa 250 Briefe. 107 1754–1761 Earl of Holdernesse, 1761–1762 Earl of Bute, 1762 George Grenville, 1762–1763 Earl of Halifax, 1763–1765 Earl of Sandwich. – Den Newcastle Papers eingegliedert ist auch die »private« und »offizielle« Korrespondenz des Earl Albemarle, die nach dessen Tod in Paris nach London überführt wurde. 108 Black, British Diplomats, 177. 109 Siehe ebd., 198: »Without a comprehensive assessment of the private papers of the diplomats, it is impossible to produce authoritative accounts. The official records alone will not suffice.«

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Während die »private letters« nur zur Lektüre durch den Adressaten bestimmt waren, waren die »public letters,« die als solche nicht eigens gekennzeichnet wurden, zur Lektüre und Beantwortung im Staatssekretariat bestimmt und wurden in der Regel auch dem Monarchen vorgelegt. Die »private letters« wurden dennoch auf dem gleichen Wege befördert wie die »public letters:« Sie wurden ebenfalls in die Diensträume des Staatssekretariats geliefert. Dies geht aus einer Begebenheit hervor, die sich 1752 ereignete: Lord Holdernesse berichtete an Albemarle, dass er sich gerade im Büro aufgehalten habe, als die Briefe von Albemarle angeliefert worden seien. Er habe den für ihn bestimmten, als »private« gekennzeichneten Brief gleich an sich genommen, ihn aber versehentlich, noch bevor er ihn habe lesen können, ins Kaminfeuer geworfen110. Die Episode zeigt, dass die »private letters« in der Regel tatsächlich nicht für das Büro, sondern allein zum persönlichen Gebrauch durch den Staatssekretär bestimmt waren und auch von ihm persönlich aufbewahrt wurden111. Sir Joseph Yorke, der über seinen Vater sehr gut mit dem Duke of Newcastle bekannt war, führte mit letzterem eine so rege »private ministerial correspondence« – viel reger als die offizielle Korrespondenz Yorkes mit seinem zuständigen Secretary of State Holdernesse –, dass sich Holdernesse darüber beklagte: Yorke habe ihn anscheinend vergessen und führe stattdessen mit Newcastle, zu dieser Zeit First Lord of the Treasury und nicht direkt zuständig, eine »heimliche Korrespondenz«, deren Inhalte vor ihm verborgen würden112. 110 Siehe BL Eg. Ms. 3456, f. 164 und 166 (Abschrift), Holdernesse an Albemarle, London, 5.3.1752. Albemarle ließ es in seinem Antwortschreiben an Spott für Holdernesse nicht fehlen: ebd., f. 168, Albemarle an Holdernesse, Paris, 11./22.3.1752: »Ha ha, mon cher Mylord, c’est donc là le cas que vous faites de mes lettres, vous les brûlez, et vous choisissez pour mettre en exécution votre malin vouloir la plus longue que vous avez eu de moi, depuis que je suis de retour en France, pour vous donner du regret de m’avoir si mal traité. Je vous dirai qu’elle était farcie de mille beaux contes, que n’en ayant pas gardé copie, je les ai tous oubliés, et que faute de matière aujourd’hui, vous attendrez à un autre ordinaire que Paris m’en fournisse de nouveaux […].« 111 Diese Annahme legen Zitate wie das obenstehende nahe. Allerdings wären noch weitere Untersuchungen nötig, um diesen Befund zu erhärten und die Ergebnisse zu präzisieren. 112 BL Add. Ms. 32897, f. 316, Holdernesse an Yorke, London, 23.10.1759: »Il est délicat d’oublier votre correspondent régulier dans une matière où les moindres bagatelles sont importantes. Je vous avouerai de plus, qu’ayant senti l’inconvénient d’une correspondence à la sourdine, je souhaite qu’elle soit discontinuée.« Die Reaktionen darauf siehe: ebd., f. 402, Yorke an Holdernesse, Den Haag, 26.10.1759 sowie ebd., f. 404, Newcastle an Yorke, London, 26.10.1759 und ebd., Add. Ms. 32898, f. 42, Holdernesse an Yorke, London, 2.11.1759: »The Correspondence à la sourdine I alluded to, and wished to be

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Dabei erhielten die britischen Diplomaten, gemäß der gängigen Praxis, schon bei ihrer Abfahrt aus der Hand des Königs in der Regel auch zwei unterschiedliche Instruktionen: die »Instructions« und die »Private Instructions«. Beide konnten in ihren Inhalten differieren und bisweilen sogar konträre Weisungen beinhalten113. In Preußen hießen die Briefe, die der Diplomat ans Staatssekretariat adressierte, »lettres ordinaires« – »herkömmliche Briefe« –, denen die »lettres immédiates« – die »direkten Briefe« oder Immediatberichte – zwischen Friedrich II. und den Diplomaten beilagen. Der Diplomat erhielt nicht nur mit einer Sendung beide Arten von Briefen – erstere aus dem Ministerium, letztere vom König direkt –, er beantwortete sie auch getrennt: Er verfasste jeweils zwei unterschiedliche Briefe an das Ministerium und den König114. In der Regel waren die Briefe ans Ministerium nummeriert und auf großformatigem, die an den König auf kleinformatigerem Papier geschrieben. Alle Briefe waren mit Ausnahme einzelner weniger Passagen in französischer Sprache abgefasst und chiffriert. Die preußischen Diplomaten schrieben etwa alle zwei bis drei Tage ans Außenministerium und an Friedrich II. Die beiden Briefwechsel sind heute im Geheimen Staatsarchiv getrennt voneinander archiviert115. Auch der österreichische Diplomat Starhemberg unterhielt mehrere Briefwechsel – zwei davon allein mit Staatskanzler von Kaunitz: Einen in französischer Sprache auf kleinen Briefbögen, den anderen in deutscher Sprache,

discontinued, was the private correspondence with the Duke of Newcastle, without my privity; which, I think, has been hurtful to the King’s affairs, as I know you have been misled by it; and it has been most unkindly, and most undeservedly, made use of, to my prejudice, by His Grace. An irregular correspondence of this kind must create confusion in business, and uneasiness to those who carry it on.« 113 Siehe ebd., Add. Ms. 33010, f. 328, Private instructions for our right trusty and right well-beloved cousin William Anne Earl of Albemarle […], Kensington, 12.6.1749 und ebd., f. 332, Instructions for our right trusty and right well-beloved cousin William Anne Earl of Albemarle […], Kensington, 12.6.1749. – Ähnliche Beispiele aus der kaiserlichen diplomatischen Korrespondenz zeigt Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 43. 114 Dies geht deutlich hervor aus einem Brief Chambriers aus dem Jahr 1750: »Sire. Les deux dépêches dont V[otre] M[ajesté] a bien voulu daigner m’honorer les 17 et 20 du mois passé me sont heureusement parvenues, de même que deux autres de la même date et du même mois du département des Affaires étrangères de V[otre] M[ajesté].« GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 F, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Fontainebleau, 1.11.1750. 115 Unter »Geheimes Zivilkabinett« beziehungsweise unter »Auswärtige Beziehungen.«

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chiffriert, und auf großformatigem Papier116. Alle in deutscher Sprache abgefassten Briefe waren auf großformatigen Bögen geschrieben und entsprachen in Form und Inhalt in der Regel den Kriterien des Kanzleibriefs117. Die Briefe der Jahre 1757 lagern bis heute in separaten Kartons; die kleinformatigen, französischsprachigen Briefe der übrigen Jahre sind gemeinsam mit den großformatigen im Haus-, Hof- und Staatsarchiv archiviert118. In Spanien stand der offiziellen Korrespondenz – dem sogenannten »correo ordinario«119 beziehungsweise den »cartas principales«120 oder »de ordinario« oder »de oficio«121 – in den meisten Fällen eine »correspondencia reservada« in Form von »cartas separadas« gegenüber. Der spanische Botschafter Fernando de Silva Álvarez de Toledo, Duque de Huéscar122, führte eine solche vertrauliche Korrespondenz während seiner Zeit am französischen Hof mit dem Ersten Minister Ferdinands VI., Secretario de Estado José de Carvajal123. Diese persönlichen Briefe sind nicht wie die übrige Post Huéscars in einem 116 Siehe die separaten Ordner beispielsweise in HHStA Frankreich Berichte, Karton 95 für das Jahr 1756. Siehe auch die Aussage von Tapié, Maria Theresia, 139: »Starhemberg führte mit Kaunitz eine doppelte Korrespondenz, eine offizielle – in deutsch, chiffriert und mit der Post – und eine geheime, die in französisch abgefasst war und durch besondere Kuriere nach Wien gebracht wurde.« 117 Schrieben die habsburgischen Diplomaten aus Paris an Kaiser Franz I., taten sie dies auf großformatigen Bögen und in französischer Sprache, an Maria Theresia schrieben sie in deutscher Sprache. Siehe beispielsweise die entsprechenden Ordner (Kaunitz an Franz I. und Kaunitz an Maria Theresia) aus dem Jahr 1750 in HHStA, Frankreich Berichte, Karton 71. Wenn er an den Kaiser schrieb, konzentrierte sich Starhemberg gemäß dessen Wunsch auf die »Eigentümlichkeiten und Anekdoten vom französischen Hof.« HHStA, Frankreich Berichte, Karton 77, f. 3r, Kaunitz an Franz I., Paris, 10.1.1752 (»particularités et anecdotes de la Cour de France«). 118 Karton 98 beinhaltet die großformatigen, deutschsprachigen Schreiben Starhembergs an Kaunitz aus dem Jahr 1757, Karton 99 beinhaltet ausschließlich die kleinformatigen, meist französischen Briefe Starhembergs an Kaunitz aus dem Jahr 1757. 119 Als solchen bezeichnet ihn zum Beispiel Masones de Lima in einem vertraulichen Schreiben an Carvajal in: Ozanam, Un Español, 294, Nr. 101, Masones de Lima an Carvajal, Paris, 6.3.1754. 120 Siehe zum Beispiel AGS, Estado, leg. 4469, ohne folio, Huescar an Carvajal, Paris, 11.2.1747. 121 Siehe ebd., leg. 4485, ohne folio, Huéscar an Carvajal, Paris, ohne Datum. 122 Fernando de Silva Álvarez de Toledo (* 1714, † 1776), Duque de Huéscar, seit 1755 Duque de Alba. Zu Huéscars Beziehung zu Carvajal siehe Ozanam, Didier, La diplomacia de Fernando VI. Correspondencia reservada entre D. José de Carvajal y el duque de Huéscar, 1746–1749, Madrid 1975, vor allem 55 ff. Biographische Angaben zu Huéscar siehe Alba, el Duque de, El Duque de Huéscar, in: Boletín de la Real Academia de la Historia 119 ( Julio-Diciembre 1946), Madrid 1946, 7–20. 123 Teile dieser Korrespondenz sind ediert in Ozanam, La diplomacia.

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der Nationalarchive, sondern im Privatarchiv seiner Familie im Madrider Palacio de Liria zu finden. Auch einer der Nachfolger Huéscars, der spanische Botschafter Jaime Masones de Lima y Sotomayor124, der zwischen 1752 und 1754 am Versailler Hof weilte, berichtete in seinen »cartas confidenciales« an den Ersten Minister Carvajal in Madrid125. Die vertraulichen Schreiben beider Botschafter ließen bereits in ihrer Anrede keinen Zweifel an ihrer eher informellen Art: Huéscar sprach Carvajal mit »Querido Pepe mío« an, Masones de Lima nannte ihn »Amigo mío!« Außerdem wurden sie in der Regel auf weniger dickem und kleinformatigerem Papier in der eigenen Handschrift abgefasst. Angesichts dieser Befunde ist davon auszugehen, dass das Phänomen der mehrfachen Nachrichtenstränge weithin üblich und damit in gewisser Weise formalisiert war. Es war keine Notlösung oder ein Provisorium, das nur in einzelnen Fällen Anwendung gefunden hätte126. Die unterschiedlich bezeichneten Korrespondenzstränge unterschieden sich jeweils in Form, Stil, Sprache und Inhalt voneinander: Offizielle Briefe standen weniger offiziellen Briefen gegenüber. »Offiziell« bezeichnet in diesem Fall alle Briefe, die den Stilkriterien des Kanzleibriefs entsprachen und die für den Gebrauch und die Beantwortung in der zuständigen Behörde und durch deren Vertreter in ihrer Eigenschaft als befugte Amtsträger bestimmt waren127. Welchem Zweck dienten die verschiedenen parallel zueinander bestehenden Briefwechsel? Wolfgang Reinhard erklärt die Praxis der vielfachen Nachrichtenstränge mit den »häufig uneindeutigen Machtverhältnisse[n] und ungeklärten Zuständigkeiten«128 am heimischen Hof. Sie seien der Grund dafür, dass die diplomatischen Vertreter an verschiedene Personen und Institutionen geschrieben und ihre Briefe je nach Empfänger auch inhaltlich und formal ausdifferenziert hätten. Bisweilen 124 Jaime Masones de Lima y Sotomayor (* 1696, † 1778), Botschafter Spaniens in Frankreich von 1752 bis 1761. Biographische Angaben siehe Ozanam, Un Español, 11–35 (Einleitung). 125 Der größte Teil dieser Briefe ist im Archivo histórico nacional in Madrid zu finden, vier der Briefe sind im Archivo general in Simancas archiviert. Siehe die edierte Version aller Briefe zwischen Masones de Lima und Carvajal von Ozanam, Un Español. 126 Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 56, betont mit Blick auf den kaiserlichen Hof, dass das »System der geheimen Handschreiben« zwar zu bestimmten Zeiten intensiver betrieben wurde als zu anderen Zeiten, dass es aber zu allen Zeiten bestanden habe. 127 Der aktuelle Brockhaus definiert »offiziell« als Weiterentwicklung von spätlat. officialis in der Bedeutung von »zum Amt gehörend« als »1) dienstlich; von einer Behörde ausgehend, bestätigt, amtlich; 2) förmlich.« Brockhaus, Enzyklopädie, 243, Stichwort »offiziell.« 128 Reinhard, Staatsgewalt, 373.

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sei dies als Vorsichtsmaßnahme geschehen, vielfach jedoch auf den ausdrücklichen Wunsch des Auftraggebers hin. Machstreitigkeiten und Kompetenzgerangel konnten in der Tat ein Grund für verschiedene Kommunikationsstränge sein. Ein weiterer Grund jedoch konnte sich ergeben, wenn der Bedarf nach einer abgestuften Berichterstattung aus dem Inhalt des Gesagten entstand: In diesen Fällen verfasste der Diplomat nicht mit Blick auf verschiedene Empfänger oder Empfängergruppen unterschiedliche Briefe, sondern deshalb, weil er im Schriftverkehr mit einem Empfänger Inhalte zu transportieren wünschte, die seines Erachtens unterschiedliche Briefarten erforderlich machten. Um einen solchen Fall, in dem die Vervielfältigung der Kommunikationsstränge primär mit Blick auf die Inhalte des Briefs und nicht mit Blick auf den Empfänger geschah, handelte es sich, wenn Madame de Pompadour vor allem in separaten, eher »inoffiziellen« Schreiben erwähnt wurde. 2.2  Weshalb fehlt Madame de Pompadour in der offiziellen Korrespondenz?

Indem die Diplomaten parallel zur offiziellen Korrespondenz eine weniger offizielle Korrespondenz führten, erweiterten sie ihre Handlungsspielräume – insofern, als sich etwa in Briefen, die nicht dem Kanzleistil zu entsprechen hatten, Personen erwähnen, Vorgänge benennen und Handlungen und Kommunikationswege darstellen ließen, die in Kanzleibriefen den Stilprinzipien zum Opfer fielen. Nur so lässt sich erklären, weshalb etwa der kaiserliche Botschafter Starhemberg dem kaiserlichen Kanzler in Wien, Kaunitz, häufig an einem Tag zwei oder drei Briefe schrieb, von denen der eine zum Gebrauch in der Kanzlei, der andere zur Lektüre allein durch Kaunitz bestimmt war129. Diese Vorgehensweise schuf zusätzliche schriftliche Räume – auch für die Erwähnung Madame de Pompadours: Die habsburgischen Diplomaten wählten die eine oder andere Briefform, je nachdem, ob sie über die Mätresse zu berichten beabsichtigten oder nicht. Madame de Pompadour erschien stets in den weniger formalen Briefen und/oder auffallend oft im Post scriptum, außerhalb des eigentlichen Briefs und dessen Regeln130. Am kaiserlichen Hof bat man 129 Das Gleiche gilt für die britischen Diplomaten, die häufig an einen Staatssekretär zwei unterschiedliche Briefe verfassten, wobei sich diese Briefe, anders als im österreichischen Fall, nicht durch die Sprache und das Format, sondern ausschließlich durch ihre unterschiedlichen Inhalte und vor allem die explizite Bezeichnung als »private« kennzeichneten. 130 In einzelnen Fällen fand, etwa bei Starhemberg, Madame de Pompadour auch in einem deutschen Schreiben Erwähnung – dann allerdings handelte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit wiederum um ein Post scriptum in der Anlage zum eigentlichen

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darum, in den gewöhnlichen Schreiben, den »Ordinari-Relationen« – im Gegensatz zum Briefwechsel, der nicht offen zirkulierte – nur das zu berichten, »was mit dem Inhalt der von Unserer Hofkanzlei empfangenen Instruktionen eine notwendige Verknüpfung hat«131 – wo Madame de Pompadour in der offiziellen Instruktion fehlte, fehlte sie auch in der offiziellen Berichterstattung. Im preußischen Fall ist der Befund ähnlich: Wenn sich Friedrich II. von seinen Gesandten Schilderungen über die inneren Zustände des Hofes, Charakterisierungen einflussreicher Personen und Hintergründe zu Intrigen132 erbat, stellte er zugleich fest, dass diese Schilderungen nur in die direkten Briefe an ihn einzubauen seien. Zwar seien solche Anekdoten und kleinen Begebenheiten »weniger wichtig als das, was man die großen Angelegenheiten nennt,« dennoch hörten sie nicht auf, »[seine] Neugier zu wecken und [ihm] nützlich zu sein,« so der preußische König. Zu den so genannten Anekdoten zählte alles, was mit Madame de Pompadour zusammenhing: Alles über sie sollte etwa Knyphausen in einem chiffrierten »direkten Bericht und an [ihn] allein« senden und nicht an die Staatssekretäre, die die »lettres immédiates« verfassten und versandten, so forderte Friedrich II.133. Auch den Vorgänger Knyphausens, Baron Chambrier, hatte Friedrich II. dementsprechend angewiesen134, und so finden sich Beispiele dafür, dass etwa Chambrier ein Antwortschreiben, in Schreiben. Dies ist beispielsweise der Fall, als Starhemberg von der Verbannung der Madame d’Estrades auf Initiative der Madame de Pompadour hin berichtet: HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 75r–76r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 10.8.1755. 131 HHStA, StK Instr. 6, Geheime Instruktion für Kuefstein vom 1.10.1731. Zitiert nach Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 50. 132 Siehe GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 A, ohne folio, Friedrich II. an Knyphausen, Berlin, 8.2.1754. 133 Ebd., Friedrich II. an Knyphausen, 8.12.1753: »[N]éanmoins comme j’ai été accoutumé autrefois d’avoir régulièrement des nouvelles de ce qui se passait à la Cour de France et ailleurs là bas des anecdotes et des particularités, moins importantes à la vérité que ce qu’on dit les grandes affaires, mais qui ne laissaient pas d’intéresser ma curiosité et de m’être utiles: Je vous fais cette lettre pour vous ordonner que vous devez vous appliquer à vous bien instruire sur de pareilles choses, et m’en faire le plus souvent que vous pourrez votre rapport immédiatement et à moi seul en vous servant pour le secret du chiffre immédiat dont Mylord Maréchal se sert avec moi.« 134 Siehe ebd., Nr. 24 D, ohne folio, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 29.11.1749 (siehe auch PC, Bd. 7, Nr. 3998, 180 f.): »Au surplus vous devez m’informer si le crédit de la Marquise de Pompadour influe dans les affaires étrangères ou si celles-ci sont hors de sa portée. […] Vous observerez que sur de pareilles particularités vous ne ferez votre rapport qu’immédiatement à moi, sans en envoyer des doubles à mon ministère.« Einen ähnlichen Hinweis, allerdings bezogen auf Informationen zur französischen Finanzverwaltung, siehe auch ebd., Nr. 24 F, ohne folio, Friedrich II. an Chambrier, Potsdam, 10.11.1750.

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dem er auf Wunsch des Königs den Einflussbereich der Marquise de Pompadour präzisiert hatte, nur an Friedrich II. sandte135. In dem »herkömmlichen« Schreiben, das Chambrier am selben Tag für das Ministerium verfasste, fand die Mätresse keine Erwähnung136. Auch die im Kapitel zu Preußen erwähnten Versuche Knyphausens, zu einem Gespräch mit Madame de Pompadour vorgelassen zu werden, wurden ausschließlich in seinem direkten Briefwechsel mit Friedrich II. und nicht in jenem mit dem Außenministerium abgehandelt137. Der Zweiteilung der Informationen entsprach damit eine Zweiteilung der Berichterstattung: Die »großen Angelegenheiten« kamen in die »ordinaires,« die »Neuigkeiten vom Hof, die Anekdoten und Besonderheiten vom Leben bei Hof« kamen in die »immédiates«138. Ausschließlich in diesen »immédiates« fanden sich auch die Informationen zu Madame de Pompadour. In England behandelten die als »privat« bezeichneten Schreiben ebenso wie die regulären Briefe im weitesten Sinne Fragen zu den Beziehungen zur französischen Krone. In den »privaten« Schreiben ließen sich indes Dinge erwähnen, die in den »public letters« nicht gesagt werden konnten. Sie unterlagen keinem vergleichbar strengen Code, so dass man sich ihrer auch bediente, wenn man dem Staatssekretär Begebenheiten berichten wollte, die man für unpassend für ein offizielles Schreiben hielt. Auch der britische »private« Brief hatte dementsprechend einen funktionalen Vorteil: Er vergrößerte das Spektrum der möglichen Themen, und das war für die Auftraggeber, die stets an der Erweiterung ihres Kenntnisstandes über die Verhältnisse am fremden Hof interessiert sein mussten, von zentraler Bedeutung. Es scheint, dass den britischen Diplomaten in Versailles die Vorgehensweise des mehrfachen Briefschreibens in unterschiedlichen Formen daher explizit nahegelegt wurde. So bezeichnete Sir Joseph Yorke es zu Beginn seiner Zeit als Botschaftssekretärs Albemarle als eines der größten Versäumnisse seines Vorgesetzten, dass dieser nur eine Korrespondenz führe139. Einige Zeit später ging Albemarle ebenfalls 135 Siehe ebd., Nr. 24 D, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 12.12.1749. 136 Siehe ebd., Rep. 11, Nr. 89, Frankreich, Fasz. 171, ohne folio, Chambrier an Friedrich II., Paris, 12.12.1749. 137 Siehe unter anderem ebd., Rep. 96, Nr. 26 D, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 22.2. und 27.2.1756, PS. 138 Außerdem fällt auf, dass Madame de Pompadour auch innerhalb der »immédiates« sehr häufig in den Post scripta (die in vielen Fällen nur sie zum Gegenstand hatten) erwähnt und damit aus dem eigentlichen Berichtschreiben herausgenommen wurde. Siehe beispielsweise GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 26 D, ohne folio, Knyphausen an Friedrich II., Paris, 13.2.1756, 22.2.1756, 27.2.1756, 1.3.1756 und 15.3.1756, PS. 139 Siehe BL Add. Ms. 35355, f. 134, Yorke an Hardwicke, Paris, 1./12.11.1749: »To be sure Lord A[lbemarle] is no great writer, nor does he seem to take the smallest pleas-

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dazu über, seine Korrespondenz zu teilen, wahrscheinlich auf Anraten seiner Auftraggeber. Briefe, die von Albemarle explizit als »private« gekennzeichnet wurden, finden sich erstmals gegen Ende des Jahres 1751, nachdem auch Newcastle Albemarle gegenüber sein Bedauern ausgedrückt hatte, dass dieser ihm zu selten »private Briefe« zu kommen lasse: Er wolle bald von ihm eine Darstellung der »Personen und Sachen in Paris« haben140. Wenig später, im Oktober 1751, bat Newcastle Albemarle ausdrücklich darum, ihm von nun an sogar jeweils drei Briefe zukommen zu lassen: einen offiziellen und zwei »private«, von denen einer für ihn, Newcastle, und der andere zur Vorlage bei König Georg II. bestimmt sein sollte141. Einige Zeit später wiederholte Newcastle den Wunsch, eine »dauerhafte private Korrespondenz«142 mit Albemarle zu führen, und wies Albemarle ausdrücklich auf den Nutzen einer solchen Vervielfältigung der Korrespondenz hin: »Sie werden sehen, dass es bisweilen notwendig ist, mir mehr als einen Brief zu schreiben, wenn Sie einmal Dinge zu sagen haben sollten, von denen Sie nicht möchten, dass sie bekannt werden«143.

Den ersten »privaten«, wenn auch noch nicht als solchen deklarierten Brief schrieb Albemarle im Frühjahr 1750 an Staatssekretär Newcastle. Nicht zufällig ist er zugleich der erste Brief, in dem Albemarle die Mätresse des Königs erwähnte: Er habe gestern Madame de Pompadour die Grüße überbracht, die Newcastle ihm für sie aufgetragen habe, und die »schöne Favoritin« habe sie sehr freundlich aufgenommen144. Die Besonderheit dieses Briefes bestand außer in der Wahl des Sujets auch in anderer Hinsicht: Albemarle hatte ihn selbst geschrieben – und nicht durch einen Sekretär schreiben lassen. In einem ure in this sort of business; Your Lordship knows as well as I that he has no private ministerial correspondence and without that many necessary informations are omitted, because not fit for public letters.« 140 Siehe ebd., Add. Ms. 32830, f. 188, Newcastle an Albemarle, London, 4.10.1751. 141 Siehe ebd., Add. Ms. 32831, London, Oktober 1751. 142 Ebd., Add. Ms. 32833, f. 276, Newcastle an Albemarle, London, 30.1.1752 (»constant private correspondence«). 143 Ebd., Eg. Ms. 3456, f. 73 und 75 (Abschrift), Holdernesse an Albemarle, London, 5.12.1751: »Her Majesty was so pleased that he expressly ordered me to thank you for it and to desire, you would continue that kind of correspondence with me; you’ll observe that it sometimes [will] be necessary to write me more letters than one, if you should at any time have things to say that you would not have known […].« Auch Holdernesse erbat sich von Albemarle mehr »private« Korrespondenz, in der die Intrigen bei Hofe, die »histoirettes,« ausgebreitet werden sollten: BL Eg. Ms. 3456, f. 302, London, 1.12.1752, Holdernesse an Albemarle, Private. 144 Siehe ebd., Add. Ms. 32830, f. 374, Albemarle an Newcastle, Paris, 21.3.1749/8.4.1750.

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späteren »privaten« Brief erkundigte sich Albemarle bei Newcastle, ob dieser mit den Obstbäumen zufrieden sei, die er von Madame de Pompadour erhalten hatte. In seinem »öffentlichen« Schreiben, das er unter demselben Datum ebenfalls an Newcastle absandte, vermerkte er lediglich, dass es derzeit nichts zu berichten gebe145. Auch die Episode der misslungenen Friedensverhandlungen über den vermeintlichen Gesandten der Marquise de Pompadour in Den Haag, Saint-Germain146, wurde nur in den separaten Briefen behandelt. In der diplomatischen Korrespondenz, die zur Lektüre und Beantwortung im Staatssekretariat bestimmt war, fand die Episode keine Erwähnung. Alles, was mit Madame de Pompadour im Zusammenhang stand, hatte in diesen amtlichen Schreiben keinen Raum. Eine Äußerung Starhembergs deutet darauf hin, dass es im habsburgischen Fall ähnlich war: Nachdem er in einem der deutschen Berichtschreiben unmittelbar nach dem Tod der Madame de Pompadour seitenweise über die möglichen Folgen dieses Ereignisses auf die Machtstrukturen bei Hofe gemutmaßt hatte, entschuldigte er sich ausdrücklich dafür, dass er einen so ausführlichen Bericht über Madame de Pompadour geschrieben habe und bezeichnete seine Schilderungen als »unnütze raisonnements […], die in einem Ministerial-Bericht zum Teil nicht einmal Platz finden sollen […].«147 Nachdem Madame de Pompadour im Februar 1756 zur Dame du palais de la Reine ernannt worden war, teilte Starhemberg Kaunitz dies mit, übermittelte die Nachricht aber nicht als Bestandteil des herkömmlichen Schreibens per Post, sondern gliederte sie in ein eigens dafür angelegtes PS aus, das er als Teil einer Kuriersendung nach Wien schickte148. Diese handschriftlichen, 145 Siehe ebd., Add. Ms. 32822, f. 74, Albemarle an Newcastle, Compiègne, 23.6./4.7.1750. 146 Siehe in dieser Arbeit, 222 ff. 147 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 127, f. 290r–307r, hier 305r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 5.5.1764: »Dieses ist, was ich vor itzo […] einberichten kann, und ist mir sehr leid, [Eure Fürstliche Gnaden] einer seits mit einem so langen Vortrag behelliget, andererseits aber dennoch nichts anderes als bloss noch sehr ungewisse conjecturen und viele nach dem unterschiedenen möglichen Ausschlag gewiss sehr unnütze raisonnements und Umstände angeführet zu haben, die in einem Ministerial-Bericht zum Teil nicht einmal Platz finden sollen; da aber die Crise an sich von größter Wichtigkeit ist, und ich es für nötig erachtet, den eigentlichen Bewand der Sachen in ihrem Zusammenhang auf einmahl vorzutragen, so war es nicht möglich, meinen Vortrag weder kürzer noch mit der sonst erforderlichen Behutsamkeit zu fassen […].« Siehe hinsichtlich »ungeeigneter Inhalte« auch Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 58. 148 HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 1–2, hier 1r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 16.2.1756: »PS. J’ai attendu le départ d’un courrier pour informer Votre Excellence du grand événement qui concerne Madame de Pompadour, parce que j’ai cru qu’il ne serait pas à propos de le Lui marquer par la poste ordinaire.« Auch über die Frage nach

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französischsprachigen kleinformatigen Post scripta legte vor allem Graf von Kaunitz während seiner Zeit als Botschafter in Paris häufig seinen großen deutschen Berichtschreiben bei. Sie beinhalteten die Informationen, die er für das eigentliche Berichtschreiben, das gleichzeitig an das »bureau ordinaire des lettres« ging, für unpassend hielt149. Sie kamen stattdessen in separate französischsprachige Schreiben, die der Diplomat selbst verfasste150. Die weniger formalisierten Schreiben (die mitunter länger als die eigentlichen Schreiben werden konnten) boten damit den habsburgischen Diplomaten die Möglichkeit, vertrauliche Inhalte weiterzugeben, denn diese zirkulierten nicht, wie es für die öffentlichen Berichtschreiben üblich war, bei allen Konferenzministern151. So konnten auf diesem Weg »besonders heikle Angelegenheiten« und »unangenehme Tatsachen« – und auch alles über Madame de Pompadour – berichtet werden152. Auch im spanischen Fall erfährt man über Madame de Pompadour wesentlich mehr in der vertraulichen Korrespondenz der Botschafter mit dem Ersten Minister am spanischen Hof, Carvajal, als in der Korrespondenz, die für die Weitergabe im Büro bestimmt war153. In der vertraulichen Korrespondenz sprach der spanische Botschafter Masones de Lima ausgiebig und in einem Porträt, das Kaunitz sich von Madame de Pompadour erbeten hatte, schrieb Starhemberg an Kaunitz nur im Post scriptum. Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 95, f. 3–4, hier 3v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, ohne Datum, PS (liegt dem Brief vom 16.2.1756 bei). 149 Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 33, charakterisierte die Inhalte der kaiserlichen PS im 17. und 18. Jahrhundert folgendermaßen: »Mitteilungen privater Natur und Nachrichten, die nach der Reinschrift des Berichts eintrafen, brachte man häufig in einem Postskript unter. Darüber hinaus konnte das P.S. auch der Geheimniswahrung dienen.« Kaiser Leopold I. habe daher bisweilen Gesandte angewiesen, vertrauliche Nachrichten im PS zu übermitteln, damit man den Rest des Briefes ohne Bedenken kursieren lassen könne. 150 Beispielsweise wurden alle Informationen über den Fortgang der geheimen Verhandlungen in den Jahren ab 1755 und damit auch alles, was Madame de Pompadour betraf, einschließlich der Überlegungen und Planungen zu ihrem Dankgeschenk, von den habsburgischen Diplomaten in den kleinen, französischsprachigen Briefen abgehandelt. Siehe etwa HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 11r–12v, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 7.8.1758. – Auch die im Jahr 1754 in kurzem Abstand voneinander eingetretenen Todesfälle in der Familie der Madame de Pompadour – sie verlor im Juni 1754 ihre Tochter, im Juli 1754 ihren Vater – fanden ihren Platz in französischsprachigen PS auf separaten Bögen (im Falle des Vaters auch eigenhändig). 151 Siehe in diesem Sinne auch Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen, 42 ff. 152 Ebd., 57. 153 Die diplomatischen Berichte der spanischen Botschafter sind zu finden im Archivo histórico nacional Madrid, Estado Francia, Embajada, Correspondencia diplomatica.

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meist sehr positivem Ton von Madame de Pompadour und machte kein Geheimnis aus seiner Wertschätzung für sie154. In der offiziellen Korrespondenz war sein gutes Verhältnis zu ihr jedoch nicht zu erkennen. Fast ebenso wenig sprach der spätere spanische Botschafter Huéscar in der offiziellen Korrespondenz über seinen Kontakt zu Madame de Pompadour, auch wenn er in einem vertraulichen Schreiben an Carvajal schon 1746 bemerkte: »Ich bin ein guter Freund der Pompadour«155. Auch Carvajal maß den Aussagen über Madame de Pompadour einen Stellenwert unterhalb desjenigen von öffentlichen Angelegenheiten zu oder suchte zumindest diesen Eindruck zu erwecken: So wertete er gegenüber Botschafter Huéscar seinen eigenen Vorschlag, einem Günstling Madame de Pompadours ein Geschenk zu machen, um sie für sich zu gewinnen, ab, indem er anfügte: »Ich sage dir das nicht offiziell (»de oficio«), denn das ist nicht nötig«156. Wenn man die diplomatischen Quellen auf die Diskursivierung Madame de Pompadours hin untersucht, stellt man demnach fest, dass Madame de Pompadour nur sehr selten in den offiziellen Berichtschreiben erscheint. Wenngleich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Briefformen von Person zu Person und von Hof zu Hof variieren157, fand Madame de Pompadour vermehrt in den weniger formalisierten Briefen Erwähnung. Häufiger findet sich ihr Name in alternativen Briefsträngen, die in allen untersuchten Fällen existieren. In offiziellen Schreiben wurden fast ausschließlich Amts154 Gleich zu Beginn seines Aufenthalts hatte sie sich sehr an seiner Gesundheit interessiert gezeigt, sie hatte ihm Hinweise gegeben, wie er seine Augen schonen könne und ihm sogar ihren Augenarzt gesandt. Masones de Lima machte anschließend sogar ihrem Augenarzt ein Geschenk – wenn er auch behauptete, er habe es nur zum Wohl seines Herrn getan und wolle sonst kein enges Verhältnis zu ihr pflegen. Siehe Ozanam, Un Español, 49, Nr. 5, Masones de Lima an Carvajal, Paris, 14.9.1752 und 56, Nr. 7, Masones de Lima an Carvajal, Fontainebleau, 28.9.1752. 155 Ozanam, La diplomacia, 84, Nr. 2, Huéscar an Carvajal, Paris, 4.3.1746: »Soy muy amigo de Madame de Pompadour […].« 156 Ebd., 366, Nr. 270, Carvajal an Huéscar, Madrid, 3.8.1748: »Hoy me dijo el Rey que, si pudiera mejorarnos comprar a algún poderoso con Madame de Pompadour, te dijese que lo executases, aunque temía que ya fuese tarde. No te lo digo de oficio porque no es necessario, pero si huviera de hacer, te lo digerí o se aprobara el gasto.« – Der spanische Botschafter Francisco Pignatelli y Aymerich berichtete zwar in seinen offiziellen Schreiben von Madame de Pompadour, setzte aber alle sie betreffenden Absätze stets in Chiffre. Siehe beispielsweise AGS, Estado, leg. 4506, ohne folio, Pignatelli an Carvajal, Paris, 8.9.1749. 157 Bei Albemarle beispielsweise unterscheiden sich die privaten von den offiziellen Briefen in wesentlich größerem Maße als bei Yorke, der auch in den offiziellen Briefen gelegentlich gesellschaftliche Themen anschnitt, die Albemarle dort völlig heraushielt.

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träger erwähnt158. Offensichtlich konnte man sich zum Kontakt mit Madame de Pompadour in offiziellen Schreiben nicht ohne weiteres bekennen. Dem britischen Premierminister beispielsweise, Duke of Newcastle, schien daran gelegen zu sein, seine außerprotokollarische Beziehung zur Mätresse als etwas nicht ganz Ernstzunehmendes abzutun: Nachdem er in einem Brief an Albemarle von einem ihrer Geschenke gesprochen hatte, leitete er den anschließenden Absatz (über die Aggressionen Frankreichs in Nordamerika) mit dem Satz ein: »Aber nun zu etwas Ernsthaftem!«159 Newcastle gab damit vor, die französischen Hofinterna in erster Linie als unterhaltsame Anekdoten aufzufassen und suchte sich von einem bestimmten Teil der Geschehnisse am fremden Hof abzusetzen, obwohl sie für ihn offensichtlich von Bedeutung waren160. Dazu gehörte alles, was mit der Mätresse in Zusammenhang stand. Lässt sich daraus schlussfolgern, dass die zeitgenössischen Beobachter Madame de Pompadour aus der offiziellen Post heraushielten, weil sie sie als Teil der Privatheit des Königs wahrgenommen hätten? War sie in ihren Augen nicht ein Teil der öffentlichen Sphäre – obwohl die Diplomaten doch nachweisbar (und zum Teil erfolgreich) versuchten, ihre politischen Anliegen mit ihrer Hilfe voranzutreiben? Ein genauerer Blick auf die Bezeichnungen der Briefe, in denen Madame de Pompadour ihren Platz fand, soll hier Klarheit schaffen. Denn wofür standen die Zuschreibungen »geheim« (»secret«), »vertraulich« (»reservada«), »privat« (»private«), »direkt« (»immédiat«), wenn die diplomatischen Vertreter und Amtsträger der Regierungen in dieser Weise ihre Korrespondenz deklarierten, um sie von der regulären, herkömmlichen, »öffentlichen« (»public«) Post abzusetzen? Die britischen Amtsträger etwa kennzeichneten ihre Briefe nicht als »privat«, um sie als »privat« im Sinne des 21. Jahrhunderts zu charakterisieren, also als zu einem Bereich gehörend, dessen Inhalte »nicht amtlich« und »nicht für die Öffentlichkeit bestimmt«161 sind. Das Begriffspaar 158 BL Add. Ms. 32880, f. 277, Intelligence Paris, Mai 1758 und ebd., Add. Ms. 35882, f. 172, Neville an Egremont, Paris, 21.8.1763. 159 Ebd., Add. Ms. 32851, f. 162, Newcastle an Albemarle, London, 7.11.1754: »But now to be serious.« 160 Siehe ebd. und BL Add. Ms. 32822, f. 261, Newcastle an Yorke, London, 24.7./4.8.1750. Siehe auch ebd., Eg. Ms. 3456, f. 67, Albemarle an Holdernesse, Paris, 28.11./8.12.1751: »… and enable me, de temps en temps, to amuse my Master with the Amusements, or rather the Sottises, of Versailles and Paris.« Ebenso: Ebd., Eg. Ms. 3456, f. 142 und 144, Holdernesse an Albemarle, London, 30.1.1752, Private: »Pray let us have some scandal sometimes, cela nous amuse.« 161 Brockhaus, Enzyklopädie, 212006, Bd. 22, 115, Stichwort »privat.« Siehe Gestrich, Andreas, Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 103), Göttingen 1994. Einen Überblick über die Erkenntnisse der letzten Jahre zur Öffent-

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»öffentlich-privat« ergab sich im Englischen und Französischen im Laufe des 16. Jahrhunderts aus der Übersetzung des lateinischen »publicus-privatus.« Im Deutschen wurde ersteres mit dem vieldeutigen »öffentlich«, letzteres noch bis ins 19. Jahrhundert meist als »geheim« oder »heimlich« übersetzt162. Erst seit dem Ende des 17. Jahrhunderts löste allmählich das aus dem römischen Recht überlieferte semantische Gegensatzpaar »Öffentlichkeit-Privatheit« das frühere »Öffentlichkeit-Geheimnis« ab163. Aus der Praxis der diplomatischen Korrespondenz geht nun hervor, dass die als »privat« bezeichneten Briefe öffentliche Themen behandelten, aber ausschließlich zur persönlichen Lektüre durch ihren Adressaten bestimmt waren und deshalb von der übrigen Post getrennt wurden164. Die Briefe waren damit vertraulich und persönlich – »privat« nach heutigem Verständnis waren sie nicht, denn sie verbanden Amtsträger, die sich nicht als »Privatleute«, sondern in ihrer Funktion als Amtsträger und Diener ihres Fürsten über Belange der Regierung austauschten; nur eben auf vertraulichem Wege und ohne die Einsichtnahme Dritter. Nur in dieser Bedeutung wird auch verständlich, wie es sein kann, dass der britische Botschafter dazu aufgefordert wurde, »private« Briefe an seinen Auftraggeber, König Georg III., zu senden. Auch im habsburgischen und im spanischen Fall war die parallel zur offiziellen Korrespondenz bestehende zweite Korrespondenz kein Nachrichtenaustausch zwischen Privatleuten, sondern eine Möglichkeit, öffentliche Belange auf vertraulichem Wege auszutauschen165. Im preußischen Fall weist die Bezeichnung »immédiat« darauf hin, dass diese Form der Korrespondenz allein für den König bestimmt war. In allen untersuchten Fällen lichkeit v. a. im 17. Jahrhundert gibt Richter, Maren, »Prädiskursive Öffentlichkeit« im Absolutismus? Zur Forschungskontroverse über Öffentlichkeit in der Frühen Neuzeit, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 59,8 (2008), 460–475. 162 Siehe Hausen, Öffentlichkeit und Privatheit, 82 und 84. Siehe auch Richter, Prädiskursive Öffentlichkeit, 462. 163 Hölscher, Öffentlichkeit und Geheimnis, 7 und 69. 164 Von dieser Regel scheint es Ausnahmen gegeben zu haben, wie aus der folgenden Bemerkung des britischen Premierministers Thomas Grenville aus dem Jahr 1792 ersichtlich wird: »[…] that my constant practice is to consider private letters as really such, and that they never find their way into the office or into official circulation.« PRO FO 26/19, Grenville to Elgin, 5.9.1792. Zitiert nach Black, British Diplomats, 177 f. 165 Auf die Vertraulichkeit deutet auch die Bemerkung Kaunitz’ aus einem kleinen französischsprachigen handschriftlichen Schreiben an den Kanzler Ulfeld hin, in dem es um Hintergrundinformationen zum näheren Verständnis seines beigefügten amtlichen Schreibens ging: »Dies unter uns, ich weiß, zu wem ich dies sage.« Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 71, f. 75r, Kaunitz an Ulfeld, Paris, 20.10.1750, PS: »Ceci entre nous, je sais à qui je parle.«

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ähneln sich somit Funktion und Konnotation der jeweils unterschiedlich bezeichneten Parallelkorrespondenzen. Was sagt dieser Befund über das Verhältnis der Zeitgenossen zu einer Trennung der Sphären in eine »öffentliche« und eine »private« aus, und wo lässt sich Madame de Pompadour verorten? Karin Hausen warnt zu Recht davor, die Dichotomie von Öffentlichkeit und Privatheit, die auch in heutigen Gesellschaften nur unscharfe Konturen habe, unreflektiert auf die Gesellschaften der Vormoderne zu übertragen – vor allem angesichts der Bedeutung, die diese Zweiteilung für die Vorstellung der gesellschaftlichen Rollen von Frauen und Männern habe166. In öffentlichen Belangen wurde in der höfischen Gesellschaft keineswegs nur auf rational-bürokratischen Wegen im Sinne Max Webers enschieden, es gab nicht nur männliche Amtsträger mit politischer Macht, denen weibliche Privatpersonen ohne Einflussmöglichkeiten gegenübergestanden hätten. Vielmehr zeigt die Rolle Madame de Pompadours in den Außenbeziehungen, dass Elemente personaler Herrschaft ein zentraler Bestandteil der politischen Kultur noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts waren, dass informelle Einflussnahme und informell agierende Akteure und Akteurinnen beiderlei Geschlechts unmittelbar an die höfische Gesellschaft geknüpft waren. Zugleich verdeutlicht jedoch die Praxis der diplomatischen Korrespondenz mit ihren jeweils unterschiedlichen Graden an Formalität, dass die Zeitgenossen verschiedene Abstufungen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit kannten und zwischen rationalen Herrschaftsstrukturen und Kontinuitäten personaler Herrschaftsstrukturen trennten. Neben Inhalten, die für die »öffentliche Post« geeignet waren, gab es auch solche, die man in alternative Korrespondenzformen auslagern zu müssen glaubte: Dazu zählte alles, was mit Personen im Zusammenhang stand, die nicht auf Amtswegen Macht ausübten, dazu zählten Vorgehensweisen und Entscheidungsfindungen, die solche Personen und damit die Nutzung von Kanälen einschlossen, die nicht dem als herkömmlich oder regulär bezeichneten Weg über die Behörden und deren Vertreter entsprachen. Lucian Hölscher bestätigt in seiner Studie zur Struktur öffentlichen Redens im 18.  Jahrhundert167, dass es »[s]ubtile Grenzziehungen zwischen einer öffentlichen und einer nicht-öffentlichen Sphäre«168 bereits in der Frü166 Hausen, Öffentlichkeit und Privatheit, 81. 167 Siehe Hölscher, Lucian, Die Öffentlichkeit begegnet sich selbst. Zur Struktur öffentlichen Redens im 18. Jahrhundert zwischen Diskurs- und Sozialgeschichte, in: Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert, hrsg. v. Hans-Wolf Jäger (Das 18. Jahrhundert, Supplementa 4), Göttingen 1997, 11–31. 168 Ebd., 11.

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hen Neuzeit gegeben habe. Schon das Wörterbuch von Furetière aus dem Jahr 1690 stellt dem Begriff »public« (»öffentlich«) den Begriff »particulier« (»auf die Einzelperson bezogen«) als Gegenbegriff gegenüber169. Als »public« wurde zum einen die Gesamtheit der Personen eines Gemeinwesens bezeichnet, zum anderen stand »public« als Adjektiv für dasjenige, »was allen bekannt und ersichtlich ist«170. »Privé« erschien als Synonym für »particulier« und auch »secret.« Das Öffentliche, aus dem auf einer weiteren Stufe der Entwicklung der institutionellen Organisation des Gemeinwesens das »Staatliche« wurde171, stand abgegrenzt von allem Privaten und Geheimen, zwei Kategorien, die wiederum gleichbedeutend verwendet wurden. Auch den »Privatmann« charakterisierte Furetière bereits als denjenigen, der »ohne Amt, ohne Aufgaben, ohne Beteiligung an den [öffentlichen] Angelegenheiten« sein »Privatleben« führe172. Mit diesen Ausführungen korrespondiert die Feststellung Hölschers, dass schon vor 1750 im Verständnis der Zeitgenossen ein öffentlicher Raum in Abtrennung zu einem nicht-öffentlichen Raum bestanden habe: »Öffentlichkeit entsteht nicht erst 1750 mit dem Begriff Öffentlichkeit.«173 Für die Annahme, dass die Zeitgenossen Vorstellungen einer Trennung der Sphären hatten, spricht auch die Beobachtung, dass sie zwischen privaten und öffentlichen Funktionen einer Person zu trennen suchten. Starhemberg unterschied 1755 in der Frage nach einer möglichen Kriegserklärung Frankreichs an England zwischen einer »politischen« und einer »privat[en] gedenckensarth« des französischen Königs174. Starhemberg differenzierte auch zwischen dem Umgang, den die französischen Staatssekretäre mit ihm einerseits in ihrer 169 Hölscher, ebd., 24 f., hat gezeigt, dass im Verlauf der »Monopolisierung öffentlicher Gewalt die frühere Dichotomie von »öffentlich« und »geheim« verdrängt wurde vom Gegensatz zwischen »öffentlich (»publicus«) und »privat«. 170 Furetière, Dictionnaire Universel, Bd. 3, Stichwort »public«: »Public se dit aussi de ce qui est connu et manifesté à tout le monde.« 171 Siehe Hölscher, Struktur öffentlichen Redens, 23. 172 Furetière, Dictionnaire Universel, Bd. 3, Stichwort »privé«: »Privé se dit aussi de ce qui est opposé à public. […] En ce sens, on dit qu’un homme mène une vie privée, […] quand il vit en retraite et en particulier, sans charge, sans emploi, sans se mêler d’affaires, qu’il vit en son privé, en homme privé.« 173 Hölscher, Struktur öffentlichen Redens, 14. Zu diesem Schluss kommt auch Richter, Prädiskursive Öffentlichkeit. 174 Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 93, f. 69v–70r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.3.1755: »[…] und bin ich nicht allein durch die von der sowohl politischen als privat[en] gedenckens-Arth des Königs, der in die Geschäffte sehr grossen ja den allergrössten Einfluss habenden Marquise de Pompadour und eines jeden individui aus dem Conseil d’État (den einzigen Argenson ausgenommen) mir gemachte général idée auf diese Meinung verleitet […].«

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Funktion als Amtsträger, andererseits als Privatleute pflegten, ebenso wie er mit ihnen in beiden Funktionen verkehrte und beides voneinander zu trennen suchte175. Wohl in ähnlicher Absicht bezeichnete Starhemberg an anderer Stelle die Äußerungen eines preußischen Gesandten in Den Haag als »eine bloss privat[e] äusserung eines ministri,« die dieser »in seinem eigenen privatnahmen« gemacht habe176. Entsprechend handhabten es auch die britischen Diplomaten: Wenn sie in ihren offiziellen Berichten den Außenminister erwähnten, verdeutlichte die Tatsache, dass sie ihn nicht bei seinem Eigennamen, sondern bei seiner Amtsbezeichnung nannten, dass sie ihn primär in seiner Funktion als Amtsträger und nicht als Privatmann wahrnahmen. Dass sich im Laufe des 18. Jahrhunderts ein Verständnis für die Trennung zwischen Privatem und Öffentlichen allmählich entwickelte, legen auch andere Studien nahe: So hat Natacha Coquery nachgewiesen, dass eine sich verändernde Konzeption von Verwaltung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einer schrittweisen Abtrennung von reinen Verwaltungsgebäuden gegenüber auch privat genutzten Gebäuden (»hôtels particuliers«) geführt hat. Waren die »hôtels particuliers« in früherer Zeit von den Amtsträgern zugleich als Wohn- und Arbeitsräume genutzt worden, so wurde mit der Umfunktionierung der Gebäude in reine Verwaltungsorte, die sich auch im Innern durch eine Neuaufteilung der Zimmer hin zu mehr Uniformität und Funktionalität spiegelte, eine deutliche Abtrennung der öffentlichen Sphäre sichtbar177. Wenn die Zeitgenossen eine Grenze zwischen dem Bereich des Amtlichen und Öffentlichen und dessen Gegenstück, dem Privaten beziehungsweise Personalen, konstituierten, so lässt sich weiterhin feststellen, dass diese Abgrenzung die beiden Räume nicht gleichwertig nebeneinander bestehen ließ. Das Amtliche wurde aus Sicht der Zeitgenossen auch als das »Herkömmliche,« als das »Reguläre« bezeichnet, das Personale als das »Irreguläre.« Der Begriff »Irre-

175 Dies geht aus Starhembergs Bemerkung hervor, dass Maréchal d’Estrées und Marquis de Puisieulx möglicherweise verärgert sein könnten, weil Starhemberg als einer der Befürworter gegolten habe, Maréchal d’Estrées das Kommando über die Armee zu entziehen. Diese Verärgerung würden die neu berufenen Staatsminister »anitzo, da sie nicht mehr als privati, sondern als Ministri mit mir zu thun haben, vermuthlich bei Seit setzen und gar gerne einen freundschaftlich- und vertraulichen Umgang nicht in Betracht meiner Persohn, sondern meines aufhabenden Caracters mit mir unterhalten.« Siehe HHStA, Frankreich Berichte, Karton 103, f. 99r–118v, hier f. 111r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 8.7.1758. 176 Ebd., Karton 110, f. 4r–11v, hier 9r, Starhemberg an Kaunitz, Paris, 12.4.1760. 177 Siehe Coquery, Natacha, L’espace du pouvoir. De la demeure privée à l’édifice public, Paris 2000.

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gularität« – im 18. Jahrhundert anders als »Informalität«178 bereits gebräuchlich – war nach zeitgenössischem Sprachverständnis eindeutig negativ konnotiert. Er bezeichnete eine »Mangelhaftigkeit« beziehungsweise »die Beschaffenheit einer Sache, die gegen die Regeln verstößt,« die in bestimmten Fällen »verstörend« wirkte179. Friedrich II. etwa ging allem Anschein nach davon aus, dass seine Bemühungen, aus dem Kontakt mit Madame de Pompadour Vorteile zu ziehen, einen irregulären Weg darstellten. Von seinem Gesandten Chambrier wünschte er zu wissen, ob man preußische Anliegen »durch ihre Vermittlung besser voranbringen könne als auf den herkömmlichen und regulären Wegen« – auf diese Weise konstruierte er einen Gegensatz zwischen zwei möglichen Vorgehensweisen: einer regulären und einer irregulären180. Offensichtlich ergab sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts eine Entwicklung, die weg von der eigentlich typisch frühneuzeitlichen Normenvielfalt hin zu einer stärkeren Normenhierarchie führte. Geheime, indirekte Verhandlungen, die nicht auf dem Wege über offiziell beglaubigte Unterhändler geführt wurden, wurden in der diplomatischen Korrespondenz zunehmend eindeutig negativ dargestellt. Auch Wilhelmine von Bayreuth stellte die »geheimen Verhandlungen,« die Friedrich II. auf dem Weg über Madame de Pompadour 178 Furetière, Dictionnaire Universel, Bd. 2, kennt nur den Begriff »informe«, der als Substantiv für alles steht, »qui n’a pas encore la forme, la perfection qu’il doit avoir« und als Adjektiv im konkreten Kontext des »Palais« all jene Akten bezeichnet, »qui n’ont point les formes prescriptes par les ordonnances et les réglements. C’est un acte informe, non signé; qui ne sait point de foi en Justice. Un Testament informe n’a point d’exécution.« 179 Furetière, Dictionnaire Universel, Bd. 2, Stichwort »irrégularité«: »Irrégularité […]. Défaut, qualité de ce qui est fait contre les règles. Les anciens bâtiments choquent la vue par leur irrégularité. […]« 180 GStAPK, I. HA, Rep. 96, Nr. 24 F, ohne folio, Friedrich II. an Chambrier, Berlin, 26.12.1750 (siehe auch PC, Bd. 8, 204, Nr. 4698): »Je me suis étonné d’y (in der Depesche vom 14.12.1750, d. Verf.) voir la grande influence de Madame de Pompadour dans les affaires, qui regardent même les premières charges du royaume, et les détails que vous en marquez excitent ma curiosité de savoir de vous si son influence va également aux affaires politiques et qui regardent les cours étrangères, au point qu’on saurait par son entremise les avancer plus que par les voies ordinaires et régulières.« – Auch Maria Theresia sprach zum Beispiel davon, dass sich ihre Tochter Maria Carolina, Gemahlin des Königs von Neapel, nicht für die Belange von Bittstellern einspannen lassen möge, weil diese Art des Vorgehens dem »geraden Weg,« das heißt dem aufrichtigen, ehrlichen Weg, widerspreche. Siehe Perrig, Kaiserin Maria Theresia, 120 f., Nr. 58, Auszug aus Maria Theresias Instruktion für Maria Carolina, die neue Frau von König Ferdinand IV. von Neapel, Anfang April 1768: »Man wird trachten, von Ihnen und durch Sie manches zu erlangen, was man bisher auf dem geraden Weg nicht erreichen konnte. […] Hüten Sie sich davor, diese Leute anzuhören oder sich ihnen auszuliefern, denn das würde das Unglück Ihres Lebens sein.«

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zu führen wünschte, als das negative Gegenstück zu offenen Verhandlungen dar: »Durch geheime Verhandlungen wird man nichts ausrichten; man legt Wert auf Ehrlichkeit und wünscht, offen zu verhandeln.« Friedrich solle daher einen »öffentlich beglaubigten Unterhändler« schicken. Bernis habe in Paris verlauten lassen, dass der preußische König »offen und deutlich« sprechen solle; »auf Umwegen« sei nichts zu erreichen181. Dasselbe Referenzsystem zitierte der Graf zu Wied, der nach seinem misslungenen Vermittlungsversuch zwischen Preußen und Frankreich zu seiner Verteidigung in Anspruch nahm, »keineswegs im Verborgenen, noch unter der Hand« gehandelt zu haben: »Wir haben offen die Dinge an das Ministerium von Frankreich und sogar an das in Wien weitergegeben in der Weise, wie es die Regeln der Zurückhaltung verlangten«182. Seine Offenheit stellt er hier eindeutig als positiv dar, entgegen einer geheimen Verhandlungsart, die eindeutig negativ besetzt scheint. Welche Schlussfolgerungen lassen die vorangegangenen Ausführungen zu? Sie machen deutlich, dass im 18. Jahrhundert in der gleichen Weise, wie es verschiedene Handlungsoptionen und Ebenen der Verhandlung gab, auch verschiedene Briefwechsel existierten, die diese Vielschichtigkeit widerspiegelten. Parallele Briefwechsel sind schon in wesentlich früherer Zeit nachweisbar: Sie waren quasi institutionalisiert. Auffallend ist jedoch im vorliegenden Untersuchungszeitraum, dass der Diskurs über das Nebeneinander verschiedener Vorgehensweisen im Begriff war sich zu wandeln: An die Stelle des wertgleichen Nebeneinanders trat mehr und mehr eine Normenhierarchie, die einige Vorgehensweisen positiv bewertete, andere hingegen abwertete. Die Zeitgenossen gliederten nicht nur sorgsam die Korrespondenz, sondern auch die Handlungen, die sie beschrieben, und kennzeichneten alles, was nicht in die Korrespondenz im Kanzleistil aufgenommen werden durfte, als irregulär und außerhalb der Norm stehend. Auf diese Weise machten die formal legitimierten Akteure deutlich, dass sie alle anderen Handlungsoptionen und Verhandlungsmöglichkeiten als mit der bürokratischen Vorgehensweise nicht gleichwertig wahrnahmen. Es entstand ein separater öffentlicher Raum mit eigenen Regeln, denen der Weg über Madame de Pompadour zuwiderlief. Wenngleich der irregulären, »privaten« Korrespondenz inhaltlich wie vom Umfang her ein großes Gewicht zu kam, lässt sich mit Blick auf die Praktiken, 181 Volz, Friedrich und Wilhelmine, Bd. 2, 395, Nr. 526, Wilhelmine an Friedrich II., Bayreuth, 9.10.1757. 182 AE, Corr. pol., Allemagne, Petites principautés, vol. 64/65, f. 16, Facti species, Neuwied, März (?) 1759: »[A]ussi n’en a-t-on agi aucunement à la sourdine, ni sous main: L’on a ouvertement communiqué les choses ainsi que l’exigeaient les règles de la décence, au Ministère de France, et même à celui de Vienne […].«

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deren verschiedene Ebenen sie widerzuspiegeln suchte, keineswegs von einem wertgleichen Nebeneinander von Normen oder Referenzsystemen sprechen. Zwar ist in der Vervielfachung der Korrespondenz tatsächlich eine ausgesprochen plastische Illustration dessen zu sehen, was Hillard von Thiessen als den frühneuzeitlichen »Normalfall« ausgemacht hat: die »Parallelität von Normen und damit Normenkonkurrenz«183. Die Vormoderne, so hat auch Jens Ivo Engels anhand der öffentlichen Debatte um Korruption in der Frühen Neuzeit nachgewiesen, habe sich gerade dadurch ausgezeichnet, dass »eine größere Akzeptanzbereitschaft für die Pluralität von Normensystemen« geherrscht habe, als dies in späteren Zeiten der Fall gewesen sei184. Während noch zu Beginn der Frühen Neuzeit eine solche Normenkonkurrenz selbstverständlich bestanden habe und zwischen verschiedenen Handlungsoptionen nicht eine als eindeutig positiv und eine andere als eindeutig negativ bewertet worden sei, seien jedoch gegen Ende der Epoche, so auch Birgit Emich u. a., diejenigen Phänomene als Korruption und Begünstigung negativ bezeichnet worden, die zuvor als Patronage gesellschaftlich akzeptiert worden waren185. Im Anschluss an eine lange Phase der »selbstverständliche[n] Koexistenz von Normen, zwischen denen der vormoderne Mensch je nach Kontext und Bedürfnis hinund herschalten konnte«186, habe die »Hierarchisierung von Normen« dazu geführt, dass es in der Folge zu einer »rigoroseren Handhabung bestimmter normativ-moralischer Standards« gekommen sei. Diesen Befund legen auch die Erkenntnisse aus der Patronageforschung nahe, die zeigen, dass obwohl Patronage ein zentraler Bestandteil der politischen Kultur blieb, ihre »Selbstverständlichkeit« und »Unanfechtbarkeit« im Verlauf des späten 17. und 18. Jahrhunderts in vielen gesellschaftlichen Teilbereichen zunehmend in Frage gestellt wurden187. Dies sei im Rahmen 183 Thiessen, Hillard von, Korruption und Normenkonkurrenz. Zur Funktion und Wirkung von Korruptionsvorwürfen gegen die Günstling-Minister Lerma und Buckingham in Spanien und England im frühen 17. Jahrhundert, in: Geld – Geschenke – Politik. Korruption im neuzeitlichen Europa, hrsg. v. Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir / Alexander Nützenadel, München 2009, 91–120, hier 94. 184 Engels, Jens Ivo, Politische Korruption in der Moderne. Debatten und Praktiken in Großbritannien und Deutschland im 19. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 282 (2006), 313–350, hier 322 und 324. 185 Siehe Emich u. a., Stand und Perspektiven, 265 und Thiessen, Grenzüberschreitende Patronage, 26. 186 Emich u. a., Stand und Perspektiven, 265. Hier mit Verweis auf Engels, Jens Ivo / Thiessen, Hillard von, Glauben. Begriffliche Annäherungen anhand von Beispielen aus der Frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für historische Forschung 28 (2001), 333–357, hier 350 f. 187 Emich u. a., Stand und Perspektiven, 265.

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der zunehmenden Staatlichkeit und der damit einhergehenden Ablösung des symbolischen Denkens durch ein zunehmend buchstabengetreues Denken geschehen, das zu einer geringer werdenden Akzeptanz widerstreitender Normen geführt habe188. Auch Ronald G. Asch unterstreicht, dass mit der neuen Wertigkeit, die Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert angenommen habe, zugleich »die Kritik an Nepotismus und Patronage« zugenommen habe. Dies bedeute jedoch nicht, »dass anschließend solche Phänomene verschwanden, sondern nur, dass man sich nicht mehr so offen zu ihnen bekennen konnte, jedenfalls nicht in Europa.«189 Nach außen hin hatten politische Amtsträger mehr und mehr einem »Ethos der Sachpolitik«190 zu folgen, auch wenn die politische Kultur weit entfernt war vom Weberschen Idealtypus der bürokratischen Herrschaft mit Beamten, die ausschließlich nach Sachargumenten entscheiden. Unsere Untersuchung stützt und präzisiert diese Erkenntnisse: Madame de Pompadour war als informelle Akteurin ein fester Bestandteil der Praxis von Außenbeziehungen, auf deren Mitwirkung die diplomatischen Vertreter setzten. In der schriftlichen Darstellung durch die Diplomaten erscheint die Handlungsoption »Mätresse« dennoch eindeutig negativ besetzt und den anderen Vorgehensweisen als nicht gleichwertig: Akteurinnen und Akteure wie Madame de Pompadour wurden aus der amtlichen Korrespondenz herausgehalten und die Briefformen, in denen man sie unterbrachte, als irregulär oder zumindest vertraulich bezeichnet. Die Handlungsoption, für die diese Elemente personaler politischer Praktiken standen, wurde nicht mehr als korrekt wahrgenommen und deshalb aus der offiziellen Korrespondenz verbannt. Der Diskurs antizipiert somit eine Entwicklung, an deren Ende personale Vorgehensweisen dieser Art ganz aus dem Spektrum an »korrekten« und vertretbaren Handlungsoptionen herausfielen, die in politischen Verhandlungen zur Verfügung standen191. 188 Siehe Burke, Peter, Der Aufstieg des buchstabengetreuen Denkens, in: Freibeuter 57 (1993), 19–36. 189 Tagungsbericht Öffentlichkeit und Privatheit. 09.11.2007–11.11.2007, Freiburg. In: H-Soz-u-Kult 15.02.2008, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/ id=1887 (19.9.2009). 190 Emich, Stand und Perspektiven, 265. 191 Gegen die Auffassung, dass die verschiedenen Formen der Korrespondenz wertgleich nebeneinander bestanden dargestellt hätten, spricht auch, dass die eher wenig formalisierten Briefformen in der Regel auf deutlich weniger hochwertigem Papier und ohne Zuhilfenahme eines Sekretärs geschrieben wurden. Sie drückten weniger Sorgfalt aus. Zudem fällt auf, dass ihre Archivierung weniger sorgsam betrieben wurde, sie vielfach in Familienbesitz blieben und nicht als Bestandteil des »staatlichen« schriftlichen Er-

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Jedoch verlief auch die Entwicklung von der Normenvielfalt hin zur Normenhierarchie, die sich anhand der Diskursivierung der Mätresse in der diplomatischen Korrespondenz nachweisen lässt, nicht linear, sondern ließ immer wieder die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigkeiten entstehen: So steht beispielsweise der normenbedingten »Verheimlichung« der Mätresse auf diskursiver Ebene zur gleichen Zeit ihre ausgesprochen demonstrative Selbstdarstellung auf der Ebene der bildlichen Präsentation gegenüber.

bes betrachtet wurden. Alle Briefe von und an Madame de Pompadour wurden etwa im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien nicht mit den diplomatischen Berichten zusammen unter »Frankreich Berichte« archiviert, sondern separat unter »Frankreich Varia.« Dennoch liegen sie im zentralen Archiv, wodurch sich ihre Ambivalenz und die ambivalente Bewertung von Seiten der Zeitgenossen zeigt: Diese Briefe waren weder so öffentlich, dass sie in den Bereich »Frankreich Berichte« eingegliedert worden wären, noch schienen sie »privat« genug, als dass man sie ganz herausnehmen und auf ihre Archivierung hätte verzichten wollen.

Fazit und Ausblick Madame de Pompadour war als Maîtresse en titre nicht nur die Geliebte Ludwigs XV.; sie war als seine enge Vertraute in den Entscheidungsfindungsprozessen am Hof und in den Außenbeziehungen fast zwanzig Jahre lang unverzichtbar. Die Mätresse aus den Kreisen der Finance genoss die Gunst des Königs und stand ihm näher als alle anderen Angehörigen des Hofes. In ihren Räumen hielt sich Ludwig XV. täglich mehrere Stunden lang auf; abends zog er sich dorthin zurück. Madame de Pompadour konnte daher Hoffremden den sichersten und direktesten Zugang zum König bieten. Da sie eine der einflussreichsten Personen in seinem Umfeld war, waren auch die Staatssekretäre und Staatsminister auf ein konfliktfreies Verhältnis mit ihr angewiesen. Nur in Ausnahmefällen gelang es einzelnen Ministern, sich ohne die Gunst der Mätresse längere Zeit in ihrem Amt zu halten. In einer Phase zunehmender Bürokratisierung, die mit der Ausdifferenzierung des Behördenwesens gegenüber dem königlichen Haushalt, der Herausbildung spezifischer Prozeduren und der Zunahme an Personal einherging, erklärte sich die Bedeutung der Mätresse durch ihre zentrale Stellung an der Schnittstelle von König, Behörden und auswärtigen Diplomaten: Ihre Tätigkeit als Koordinatorin und Mittlerin war hier unerlässlich. Sie erschloss zeremonielle Freiräume, stellte Kontakte her und nahm auf diese Weise typische Funktionen des früheren Günstlingministers wahr. Ein solcher wurde am französischen Hof dringend benötigt: Einerseits schuf der Ausbau der Verwaltung erhöhten Vermittlungsbedarf vor allem zwischen den zunehmend unabhängig voneinander agierenden Leitern der Staatssekretariate, den auswärtigen Diplomaten und dem König. Andererseits ergab sich der Bedarf an einer Vertrauensperson im Umfeld des Herrschers aus der spezifischen Herrschaftspraxis Ludwigs XV.: Dem Handeln des Monarchen fehlte es an Durchsetzungskraft, Kontinuität und Konsequenz. Stattdessen war sein Regierungsstil durch großes Misstrauen, die Schaffung paralleler (Kommunikations-)Strukturen und das Nebeneinander verschiedener Vertrauter gekennzeichnet. Bis zum Tod des Kardinals Fleury 1743 stachen diese Mängel nicht ins Auge. Nach seinem Tod ermöglichten sie die Machtfülle Madame de Pompadours. Auf die Frage, ob die Mätresse »systemimmanent oder ein Sonderfall« war, kann man demnach mit Blick auf Madame de Pompadour eindeutig ersteres befürworten: Madame de Pompadour war zu dem hier untersuchten Zeitpunkt ein notwendiger Bestandteil des höfischen Systems; sie nahm eine »sys-

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temimmanente Günstlingsstelle«1 ein. Als weiblicher Günstlingminister war sie kein Einzelfall, sondern eine Variante des männlichen Günstlingministers. Sie zeugte einerseits von den noch nicht formalisierten Bereichen königlicher Herrschaft, andererseits war es gerade der Prozess der Formalisierung, der sozusagen in einer Übergangsphase ihrer Figur bedurfte. Die Übergangsphase ist es auch, die ihr als Frau Vorteile verschaffte, die sich geschlechtsspezifisch erklären lassen: Als Frau konnte sie im fortgeschrittenen Stadium des Behördenwachstums noch länger auf informelle Weise tätig sein als ein Mann. Sie musste jedoch darauf bedacht sein, ihre Position in gesellschaftlich akzeptierte, konventionelle Formen zu bringen, ihre Selbstdarstellung also dem Diskurs über die Geschlechterrollen anpassen. Möglicherweise erklärt dieser Umstand, weshalb die Einflussnahme Madame de Pompadours auf inhaltliche Fragen nur schwer zu fassen ist und bisweilen der Eindruck entsteht, als habe sie den Günstlingminister zwar in dessen Funktion als Mittler, nicht aber hinsichtlich seiner Kompetenz, inhaltliche Akzente zu setzen, beerbt. Die Diplomaten wie die Hofgesellschaft jedenfalls bezweifelten nicht, dass die Mätresse eine zentrale Rolle als Beraterin des Königs spielte. Man suchte sie als Zugang zum König und schrieb ihr großen Einfluss auf dessen Entscheidungen zu. Diese Einschätzung beruhte auf soliden Grundlagen: Es war bekannt, dass sie beispielsweise an Besprechungen zwischen König und Außenminister teilnahm, dass die Minister mit ihren Anliegen zunächst zu ihr kamen – wenn jemand es nicht tat, wurde dies als Ausnahme vermerkt – und dass der König Minister bisweilen zu ihr schickte, um sich abzusichern, bevor er eine Entscheidung fällte. Die Gesandten der verschiedenen Mächte unterschieden sich in der Art und Weise des Umgangs, den sie mit Madame de Pompadour pflegten. Dass es jedoch ratsam sei, Kontakt zu ihr zu halten, darin waren sie sich einig, wie aus ihrer Korrespondenz hervorgeht. Der politische Sachverstand der Marquise de Pompadour wurde von Seiten der Botschafter explizit angezweifelt, was jedoch nichts daran änderte, dass man die persönliche Beziehung zu ihr als politisch gewinnbringend einschätzte. Diese Einschätzungen mögen in vielen Fällen ein Zugeständnis an zeitgenössische Rollenmuster und traditionelle Diskurse wie denjenigen von der Unterlegenheit der Frau gegenüber dem Mann gewesen sein. Allerdings wurde auch den meisten Ministern der französischen Krone von Seiten der britischen, habsburgischen und preußischen Minister unterstellt, dass es ihnen an Qualifikation und intellektuellen Fähigkeiten mangele. In den schriftlichen Zeugnissen der Diplomaten finden sich keine Überlegungen, die auf grundlegende Hemmungen oder Skrupel schließen lassen, die sie daran gehindert 1 Ruby, Mätresse als Günstling, 496.

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hätten, Madame de Pompadour für politische Zwecke einzuspannen. Auf ihre Mithilfe zu setzen, scheint selbstverständlich gewesen zu sein2. Aus der Art und Weise, wie Madame de Pompadour ihre Funktion ausgestaltete, ergab sich zwangsläufig ein Nebeneinander mit den Staatssekretären. Die Mätresse erfüllte Funktionen, die auch mit dem Amt des Staatssekretärs verbunden waren: Zum Beispiel war dies der Fall, wenn sie Diplomaten bei sich empfing oder wenn sie Schreiben an den König weiterleitete. Hierin lässt sich ein Strukturelement identifizieren, das charakteristisch für die Herrschaftspraxis der Frühen Neuzeit war: die Überlagerung von Kompetenzen, die im Fall der Staatssekretäre und der Mätresse zu Parallelitäten in den Aufgabenbereichen führte. Die Beziehung der Botschafter zur Mätresse ersetzte so keineswegs den regulären Kontakt mit dem Außenminister, sie löste diesen Kontakt auch nicht zeitlich ab. Vielmehr ergänzte sie ihn: Um ihre Anliegen zu besprechen, konnten sich die Diplomaten an den zuständigen Staatssekretär, an die Mätresse oder auch an eine andere Vertrauensperson des Königs wenden, wenn sie der Meinung waren, über sie seien Entscheidungen des Königs im gewünschten Sinn zu beeinflussen. Die Diplomaten besprachen sich mit Madame de Pompadour, wenn sie in ihren Gesprächen mit dem Minister nicht weiterkamen, wenn sie sich rückzuversichern suchten, wenn sie eine Angelegenheit ohne Zeremoniell regeln oder wenn sie den König auf möglichst direktem und schnellem Weg erreichen wollten. Diese strukturelle Parallelität geht anschaulich aus ihren Berichten hervor. Obgleich sich den Diplomaten also mehrere Handlungsoptionen boten, zeigt die Untersuchung der diplomatischen Quellen, dass die Diplomaten darauf bedacht waren, keinen der möglichen Ansprechpartner durch mangelnde Aufmerksamkeit zu vernachlässigen. Hier galt ein Nebeneinander der verschiedenen Optionen, wobei häufig jedoch Madame de Pompadour als der sicherere Weg angesehen wurde – das Element der größeren Kontinuität war sie in jedem Fall. Unter den möglichen Kontaktpersonen war Madame de Pompadour die einzige Frau. Abgesehen von Conti war sie jedoch auch die einzige Person im engsten Umfeld, die kein formales Amt bekleidete, das ihr die Befugnis zu Verhandlungen mit den Diplomaten erteilt hätte. Vergleicht man Conti und Pompadour, fällt auf, dass die Geschlechtszugehörigkeit der Mätresse ihr ein informelles Agieren offensichtlich erleichterte und Vorteile verschaffte, von denen Conti nicht profitieren konnte. Anders als Conti konnte sich Pompadour hinter ihrer vorgeblichen Unwissenheit und weibli2 Waddington, Louis, 362, schreibt, es sei üblich gewesen, und die »Staatsmänner des 18. Jahrhunderts« hätten keinerlei Abneigung oder Skrupel gezeigt, sich auch weiblicher Personen aus dem Umfeld des Königs für ihre Zwecke zu bedienen.

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chen Schwäche verstecken – eine Rückzugsmöglichkeit, die Conti als Mann nicht offen stand3. Dennoch lässt sich ohne Zweifel sagen, dass von Seiten der Diplomaten Vorstöße über Madame de Pompadour als irregulär gegenüber denjenigen über den entsprechenden Amtsträger wahrgenommen wurden. Obwohl Madame de Pompadour als Vermittlerin und Brokerin von Kontakten von enormer Bedeutung für die auswärtigen Diplomaten war, hielten sie Madame de Pompadour in der Regel aus der offiziellen Post heraus. Die Gliederung der diplomatischen Korrespondenz in verschiedene Korrespondenzstränge lässt sich in nahezu allen hier untersuchten Fällen nachweisen. Sie geschah häufig mit Blick auf unklare Machtverhältnisse am heimischen Hof. In vielen Fällen lässt sich aber darüber hinaus eine Aufteilung der Korrespondenz in verschiedene Briefformen feststellen, die sich in ihrem Grad an Formalität und in ihren Inhalten unterschieden und die gerade durch diese Möglichkeit der Differenzierung motiviert war. Auch der zweitgenannte Fall war unter den diplomatischen Vertretern der europäischen Höfe in der Mitte des 18. Jahrhunderts gängige Praxis. Dabei war die Wahrscheinlichkeit, dass Akteurinnen und Akteure wie Madame de Pompadour erwähnt wurden, die ohne die Befugnis durch ein Amt und lediglich in ihrer Eigenschaft als Vertraute des Herrschers agierten, desto geringer, je formalisierter der Charakter des Schreibens war. In Denkschriften und Berichtschreiben, die für den Amtsgebrauch bestimmt waren, erscheint die Mätresse weniger häufig als in Briefen, die eher geringeren formalen Charakter haben. Offenbar sorgten diplomatische Schreibkonventionen in der Mitte des 18. Jahrhunderts dafür, dass man nicht allzu deutlich machen wollte, wenn man sich informell agierender Akteurinnen und Akteure bediente, um die eigenen Anliegen umzusetzen. In diplomatischen Berichten wirkten ohne formales Amt agierende Personen offenbar störend. Madame de Pompadour stellte demnach einen irregulären Kanal dar, der im offiziellen Schriftverkehr keine Erwähnung finden durfte. Durch ihre Herkunft und ihre Stellung war sie ein sichtbares Zeichen und zentrales Element einer personalen Herrschaftsform, die vor allem auf der Nähe zum Herrscher beruhte, und ihre Erwähnung widersprach den Prinzipien einer formalen, offiziellen Amtskorrespondenz. Dennoch war sie ein notwendiges Strukturele3 Im Vergleich Conti-Pompadour überlagert damit die Kategorie Geschlecht die Kategorie Amtsinhabe. Zur Vorstellung des Kaleidoskops von Kategorien siehe Hohkamp, Michaela, Im Gestrüpp der Kategorien: zum Gebrauch von »Geschlecht« in der Frühen Neuzeit, in: Die Macht der Kategorien. Perspektiven historischer Geschlechterforschung, hrsg. v. Andrea Griesebner / Christina Lutter (Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit 2, H. 2, 2002), 6–17.

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ment einer politischen Kultur, die sich in vieler Hinsicht durch die Akzeptanz von Normenvielfalt kennzeichnete. Die Entwicklung ging jedoch zumindest auf diskursiver Ebene bereits in Richtung einer Normenhierarchie: An die Stelle einer früheren Normenvielfalt trat nach und nach ein Diskurs der Normenhierarchie. Das heißt: Man bediente sich der Mätresse als Ansprechpartnerin und Vermittlerin und versuchte, durch die Zusammenarbeit mit ihr Vorteile zu erwirken. Dennoch erwähnte man sie nicht in der offiziellen Korrespondenz. Briefe, in denen von ihr die Rede war, deklarierte man stattdessen als »vertrauliche«, »geheime,« »private« Post – ohne dabei bereits im heutigen Sinne eine zur öffentlichen Sphäre hin abgegrenzte Sphäre des Privaten zu bezeichnen, jedoch andeutend, dass es Abstufungen zwischen einer sich zunehmend deutlich herausbildenden klar abzutrennenden öffentlichen Sphäre und älteren Herrschaftspraktiken gebe. Diese Formen wurden als irregulär bezeichnet und nur in Briefen thematisiert, die nicht explizit zur Lektüre und Beantwortung im Büro oder Sekretariat bestimmt waren. Die zunehmende Kritik an personaler Verflechtung – insbesondere Patronage – fand ihren Ausdruck darin, dass Madame de Pompadour als Verkörperung der personalen Herrschaftsweise aus der formalen Korrespondenz herausgehalten werden musste, deren Regeln sie widersprach. Die Unterredungen mit der Mätresse wurden in den Briefarten thematisiert, in denen weniger die formale Funktion als vielmehr der tatsächliche Grad der Einflussmöglichkeiten zählte. Parallel zum Ausbau der Verwaltung wurde ein Vorgehen unter Zuhilfenahme von Praktiken und Akteuren, die Ausdruck personaler Herrschaftsformen waren, als nicht mehr zeitgemäß wahrgenommen. Sie standen im Widerspruch zu einer Verwaltung, die sich schrittweise professionalisierte und spezialisierte, und sie wurden als Mangel betrachtet, von dem die Amtsträger sich zu distanzieren suchten. In Schreiben, die für den Amtsgebrauch bestimmt waren, wurden solche Aspekte der politischen Praxis daher nur am Rande erwähnt. Die Herabwertung implizierte indes keineswegs, dass man solche Formen der diplomatischen Praxis gemieden hätte. Sie waren Teil des Systems, und man bediente sich ihrer, weil sie in der Regel funktionale Vorteile versprachen. Den Zeitgenossen war bewusst, dass Madame de Pompadour für das Funktionieren der Außenbeziehungen eine entscheidende Figur war. Dennoch vermied man es, sie zu erwähnen. So offenbart der Blick auf Madame de Pompadour über die diplomatischen Quellen neue Einblicke in die spezifische politische Kultur dieser Zeit: Das Nebeneinander verschiedener komplementärer Kanäle entspricht einer spezifischen Herrschaftstechnik, in der konkurrierende, parallele Strukturen bewusst geschaffen und aufrechterhalten wurden, um ein hohes Maß an Kontrolle zu ermöglichen und Stabilität zu gewährleisten. Kompetenzüberlagerun-

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gen, die Vielzahl von Ansprechpartnern und auch die Praxis der Diplomaten, mehrere Korrespondenzen mit dem heimischen Hof zu unterhalten, bestanden nicht nur zeitweise, sondern dauerhaft nebeneinander her. Die Parallelität auf allen Ebenen scheint indes in der hier untersuchten Phase zumindest in der Diskursivierung mehr und mehr abgelöst zu werden von einer zunehmend klaren Hierarchie zugunsten der Amtsinhabe vor allen Formen rein personaler Verflechtung. Es hat zu allen Zeiten Akteurinnen und Akteure gegeben, die mit dem Einverständnis – oder sogar aufgrund der ausdrücklichen Aufforderung – des Monarchen Kompetenzen ausgeübt haben, für die sie keine Legitimation durch ein Amt besaßen. Die vergleichende Lektüre der diplomatischen Korrespondenzen legt jedoch den Gedanken nahe, dass sich die Wahrnehmung wandelte und Zuordnungen wie regulär und irregulär schuf, die mit Werturteilen behaftet waren und zunehmend eine korrekte Vorgehensweise von einer inkorrekten Vorgehensweise schieden. Der Diskurs antizipierte somit eine Entwicklung, die sich auf der Handlungsebene noch nicht nachweisen lässt: Madame de Pompadour stand als alternative Ansprechpartnerin neben den Staatssekretären und Staatsministern und hatte in vielerlei Hinsicht den direkteren Kontakt nicht nur zum König, sondern auch zu den Diplomaten und Ministern und aufgrund ihrer Stellung als Frau auch oftmals die größeren Handlungsspielräume. Im Anschluss an die untersuchte Epoche änderten sich die Handlungsspielräume von Frauen im öffentlichen Raum: Mit der zunehmenden Formalisierung im Bereich der Verwaltung verloren die Frauen an Einfluss auf die öffentlichen Angelegenheiten4. Die Französische Revolution wirkte in dieser Hinsicht als Katalysator einer Entwicklung, die bereits in den letzten Jahrzehnten des Ancien Régime durch die Formalisierung der Verwaltung erkennbar gewesen war. Statt zu einer Verbesserung der rechtlichen und politischen Stellung der Frauen beizutragen, bewirkte die Revolution im Gegenteil, dass informelle Handlungsspielräume in öffentlichen Angelegenheiten, über die Frauen bislang hatten verfügen können, eingeschränkt wurden, ohne dass ihnen formale Handlungsspielräume eröffnet wurden5. Die Möglichkeiten zur Einflussnahme, die sich Frauen in der höfischen Gesellschaft geboten hatten, wurden in den Stellungnahmen der Revolutionäre zur Negativfolie, von der sich die künftige Gesellschaft absetzen solle6. Dass Frauen an den Höfen auf 4 Siehe grundlegend zu dieser These die Darstellung von Landes, Women and the public sphere. 5 Wunder, Er ist die Sonn, 260. 6 Siehe Godineau, Les femmes, 156 ff. (Kapitel 7: Le siècle des Lumières: discours et actions).

Fazit und Ausblick

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formalem wie auf informellem Wege großen Einfluss nehmen konnten, galt als Charakteristikum des Ancien Régime. Der revolutionären Kritik galt der Hof als Inbegriff der Intrige und der weiblichen Macht: Die Hofgesellschaft wurde als »weibisch« konnotiert7. Entscheidungen seien dort hinter verschlossenen Türen – im Salon, im Boudoir – getroffen worden und vielfach auf den Einfluss der Frau zurückzuführen, denen jedoch unterstellt wurde, nicht im Interesse des Gemeinwohls, sondern stets in ihrem persönlichen Interesse zu handeln8. Der indirekte, weibliche Einfluss wurde negativ konnotiert, der direkte, männliche Einfluss positiv. Den Frauen wurde vorgeworfen, sie hätten die Grenze zu einem den Männern vorbehaltenen öffentlichen Bereich überschritten und so »Unordnung, Verwirrung und Korruption« befördert. Zugleich hätten sie sich damit widernatürlich verhalten und durch die Vernachlässigung ihrer Pflichten als Frau zur Auflösung der Gesellschaft und zu ihrer moralischen Verdorbenheit beigetragen9. Jedoch war die »Frauenfrage« vor dem Hintergrund der Gedanken der Aufklärung wesentlich schwieriger zu lösen als im Ancien Régime: Es galt, die proklamierten Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und universalem Gesetz mit der tatsächlichen Ungleichheit der Geschlechter in Übereinklang zu bringen10. Die Umwälzungen im Verlauf der Französischen Revolution wurden zwar in erster Linie von Männern geprägt, aber vor allem in Paris beteiligten sich auch Frauen aktiv an den Ereignissen, indem sie beispielsweise politische Frauenklubs bildeten11. Dabei trat vor allem Olympe de Gouges hervor, die forderte, dass Frauen auch auf formalem Wege Einfluss auf öffentliche Belange gewährt werden solle12. In ihrer »Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne« aus dem Jahr 1791 forderte sie gleiche Rechte für Mann und 7 Siehe Opitz, Aufklärung, 54. Siehe auch dies., Zwischen Macht, 86 ff., zur Hofkritik der Aufklärer. 8 Siehe Campbell-Orr, Queenship, 61 ff. 9 Siehe Godineau, Les femmes, 166. 10 Siehe Landes, Women and the public sphere, 105. 11 Zur Rolle der Frauen in der Französischen Revolution siehe Godineau, Les femmes, 196 ff. (Kapitel 9: Citoyennes sans citoyenneté), Landes, Women and the public sphere, 93 ff. (Chapter 4: Women and Revolution) und Duhet, Paul-Marie (Hrsg.), Les femmes et la Révolution 1789–1794, Paris 1971. 12 Zu Olympe de Gouges und zu Mary Wollstonecraft siehe Harms, Ingeborg, Ausbruch aus patriarchalischer Bevormundung. Olympe de Gouges und Mary Wollstonecraft, in: Gnüg / Möhrmann, Frauen Literatur Geschichte, 549–558. Siehe auch Landes, Women and the public sphere, 125 ff. – Olympe de Gouges war indes nicht die erste, die die Gleichberechtigung der Frauen forderte. Erstmals hatte bereits 1789 der Marquis de Condorcet dies öffentlich gefordert. Siehe ebd., 112.

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Frau13. Nur auf diese Weise könnten die Frauen die Unvernunft ablegen, die sie bislang in ihrer Unterlegenheit an den Tag gelegt hätten. In England veröffentlichte 1792 die Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft ihre Schrift »Vindication of the Rights of Women«14. In dieser Schrift argumentierte Wollstonecraft ähnlich wie Gouges: Auch sie war der Meinung, dass man die Frauen im Ancien Régime gezwungen habe, sich einer Form der Machtausübung zu bedienen, die vernunftwidrig sei. Weil man ihnen jegliche Vernunft und Tugend abgesprochen habe, so argumentierte Mary Wollstonecraft, hätten die Frauen sich »ihre vorgebliche Schwäche, Sinnlichkeit und Sexualität [zu Nutzen gemacht], um sich Privilegien und illegitime Macht zu verschaffen.«15 Das Streben nach indirekter Macht und illegitimer Macht aber, zu dem alle Frauen mangels Alternativen verdammt gewesen seien, entwürdige sie. Gouges und Wollstonecraft gingen so beide vom Stereotyp der Weiberherrschaft und der Unterlegenheit der Frau aus und charakterisierten die Einflussnahme der Frauen im Ancien Régime als hinterlistig: In den Jahren der Unterdrückung, so Gouges, hätten »die Frauen mehr Schaden angerichtet als Gutes getan«16. Gouges und Wollstonecraft zeigten sich jedoch überzeugt, dass ein neues politisches System, das den Frauen formale Rechte verleihe, sie zu größerer Aufrichtigkeit erziehen werde. 13 Siehe Gouges, Olympe de, Œuvres, hrsg. v. Benoîte Groult, Paris 1986, 99 ff. Die deutsche Übersetzung »Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin«, in: Lange, Ob die Weiber Menschen sind, 112–124. 14 Mary Wollstonecraft (*  1759, †  1797) war Schriftstellerin und Frauenrechtlerin irischer Abstammung. Zu Mary Wollstonecraft und ihren Ausführungen siehe Honegger, Claudia, Die Ordnung der Geschlechter: die Wissenschaften vom Menschen und das Weib 1750–1850, Frankfurt a. M. 1991, 93–102. Zur Biographie Wollstonecrafts siehe 95 f. – Die deutsche Übersetzung der »Vindication of the Rights of Women« findet sich in Wollstonecraft, Mary, Ein Plädoyer für die Rechte der Frau. Aus dem Englischen neu übertragen von Irmgard Hölscher, Weimar 1999. Die Einleitung der Rechteerklärung in der ersten deutschen Übersetzung von 1793 von Christian Gotthilf Salzmann siehe Wollstonecraft, Mary, Rettung der Rechte des Weibes, in: Lange, Ob die Weiber Menschen sind, 125–132. 15 Bock, Frauen in der europäischen Geschichte, 49. 16 Gouges führt weiter aus: »Auferlegte Zwänge und Heimlichkeiten waren ihnen eigen. Was ihnen durch Gewalt entrissen worden ist, haben sie durch Hinterlistigkeit zurückgewonnen. Sie haben alle Möglichkeiten ihres Charmes ausgeschöpft, und der ehrenhafteste Mann konnte ihnen nicht widerstehen. Das Gift, die Waffe, alles stand ihnen zu Diensten. Das Verbrechen wie die Tugend waren in ihrer Gewalt. Jahrhundertelang stand besonders die französische Regierung in der Abhängigkeit von Frauen, die nachts Politik betrieben. Das Kabinett war vor ihren Indiskretionen nicht sicher. Ebensowenig die Botschaft, die Heerführung, das Ministerium, die Präsidentschaft, das Bischofsund Kardinalamt.« Gouges, Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin, 117.

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Die Nationalversammlung debattierte 1793 im Zuge des Prozesses gegen Marie-Antoinette die Frage, ob Frauen politische Rechte ausüben dürften17. Die Antwort war für die Mehrheit der Abgeordneten klar: Frauen sollten aus der öffentlichen Sphäre ausgeschlossen werden, damit sie nicht von ihrer Bestimmung zur Mutterschaft abgehalten würden. Die Beratungen zeigten deutlich, dass es im Prozess gegen Marie-Antoinette nicht nur um die französische Königin ging. Angela Taeger zufolge ist vielmehr »die Verurteilung der ehemaligen Königin als Lehrstück für all diejenigen Frauen [zu verstehen], die, offensichtlich einem Missverständnis aufsitzend, das revolutionäre Credo als Aufruf deuteten, auch das Verhältnis zwischen den Geschlechtern zu egalisieren.« Mithilfe des Negativbeispiels der Königin sollten den Frauen ihre Aufgaben und Funktionen in der Gesellschaft vor Augen geführt werden. Die Königin stehe symbolisch für alle Frauen – ihre Verurteilung bilde somit eine »Wasserscheide«18 in der seit langer Zeit geführten Auseinandersetzung um die Rolle der Frau in der Gesellschaft19. Tatsächlich besiegelte die Französische Revolution den Ausschluss der Frauen aus der politischen Sphäre, der mehr und mehr zu einem Kernbestand moderner republikanisch-demokratischer Theorie und Praxis wurde. Als 1792 das universale Wahlrecht verkündet wurde, galt dies nur für Männer20. Heide Wunder sieht den Grund für diese Entwicklung vor allem in der Tatsache, dass Frauen keine »Anknüpfungspunkte« gehabt hätten, um politische Rechte durchzusetzen: Im Herrschaftsraum »Haus« hatten Frauen in der Frühen Neuzeit mehr Möglichkeiten auf Teilhabe an Herrschaft als im Herrschaftsraum »Stadt.« Dieser Herrschaftsraum war es indes, der maßgeblich zu den »Wegbereitern moderner demokratischer Verfassungsstaaten« gezählt wird. Weil Frauen dort weniger präsent gewesen seien, habe es am Ende des 18. Jahrhunderts und am Beginn des 19. Jahrhunderts, in der Umbruchphase der europäischen Revolutionen, als die rechtliche Beziehung zwischen Staat und Bürger neu geregelt wurde, für Frauen, anders als für Männer, »keine Anknüpfungspunkte [gegeben], um politische Rechte durchsetzen zu können.«21 Ein 17 Taeger, Das weibliche Veto, 324. 18 Ebd., 331. In Marie-Antoinette, so fasst Taeger zusammen, hätten die Abgeordneten die Verkörperung der »weiblich-intrigante[n] Opposition gegen männlich-rationale Politik und Herrschaft« gesehen (Zitat 334). 19 Auch Joan W. Scott nennt die Hinrichtung Marie-Antoinettes einen wichtigen Schritt auf dem Weg der »Vermännlichung der Politik durch die Revolution« (»masculinization of the polity effected by the revolution«). Siehe dazu Crawford, Perilous Performances, 179 und Anm. 7, 280. 20 Siehe Landes, Women, 139. 21 Wunder, Herrschaft, 54.

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weiterer Grund ist in der tatsächlich geschaffenen oder zumindest vehement postulierten Trennung der Sphären zu sehen. Das bürgerliche Recht war gerade mit seiner Unterscheidung von Privatrecht und öffentlichem Recht »eines der wichtigsten Instrumente zum Ausschluss der Frauen aus dem Bereich politischer Öffentlichkeit.« Indem man davon ausging, dass sich eine öffentliche Sphäre von einer privaten Sphäre trennen ließe, wobei die Frau in der Gesellschaft der privaten Sphäre zugeordnet wurde, so argumentiert Ute Gerhard, habe man die Geschlechterordnung der bürgerlichen Gesellschaft programmiert und faktisch dafür gesorgt, dass »bis ins 20. Jahrhundert hinein« die Frau systematisch aus der Sphäre des Politischen ausgeschlossen wurde22. Madame de Pompadour profitierte demnach von der spezifischen politischen Kultur in der Spätphase des Ancien Régime, die ihr im höfischen Kontext Handlungsspielräume bot und ihr die Einflussnahme auf öffentliche Bereiche ermöglichte, wie sie Frauen schon bald darauf nur noch begrenzt zur Verfügung standen. Die Phase der zunehmenden Bürokratisierung schuf zum einen die Notwendigkeit ihrer Position und machte sie zugleich letzten Endes überflüssig, so dass davon auszugehen ist, dass eine Position wie die Madame de Pompadours am Hof Ludwigs XV. in dieser Weise nur in dieser speziellen Phase möglich war. Aufgrund der abnehmenden Toleranz gegenüber informellen Akteuren männlichen Geschlechts bedeutete die Geschlechtszugehörigkeit Madame de Pompadours einen funktionalen Vorteil, konnte die Mätresse sie doch auf der Diskursebene einsetzen, um sich der Verantwortung zu entziehen und ihr Handeln gesellschaftlich akzeptierten Normen anzupassen. Nichtsdestotrotz bedurfte es darüber hinaus auch herausragender individueller Fähigkeiten und Kenntnisse, um sich annähernd zwanzig Jahre lang auf dieser Position zu halten.

22 Gerhard, Grenzziehungen, 509–510. Die postulierte Doppelstruktur in eine öffentliche und eine nicht-öffentliche Sphäre, in Staat und Familie, »dient[e] der hierarchischen Festschreibung der Geschlechterdifferenz in den Rechts- und Staatslehren von nun an zur Begründung.« Siehe ebd., 512.

Abkürzungsverzeichnis ADB AE AGS AHN BayHStA BL GStAPK HHStA PC PRO

Allgemeine Deutsche Biographie Archives des Affaires étrangères Paris Archivo General de Simancas Archivo Histórico Nacional Madrid Bayerisches Hauptstaatsarchiv München British Library London Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Politische Correspondenz Friedrichs des Großen Public Record Office Kew

Quellen und Literatur 1. Unveröffentlichte Quellen1 GROSSBRITANNIEN The National Archives of the United Kingdom: Public Record Office Kew State Papers 78 (PRO SP 78): Despatches France (bis 1782) PRO SP 78/230 (1744–1747) PRO SP 78/231 (1745) PRO SP 78/232-234 (1749) PRO SP 78/ 235 (1749/1750) PRO SP 78/ 236-239 (1750) PRO SP 78/240-242 (1751) PRO SP 78/243-245 (1752) PRO SP 78/246-248 (1753) PRO SP 78/249 (1754) PRO SP 78/250 (1755) PRO SP 78/251-252 (1761) PRO SP 78/253-255 (1762) PRO SP 78/256-259 (1763) PRO SP 78/260-261 (1764) PRO SP 78/266 (1765) PRO SP 78/272 (1767) PRO SP 78/280 (1770) PRO SP 78/308 (1603–1749) PRO SP 78/309 (1750–1760) State Papers 84 (PRO SP 84): Despatches Holland PRO SP 84/458 (1751/1752)

1 Im Folgenden werden alle im Verlauf der Arbeit herangezogenen Archivbestände und Darstellungen aufgeführt, auch solche, die in den Anmerkungen nicht genannt werden.

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Quellen und Literatur

Public Record Office 30 (PRO 30): Gifts and Deposits PRO 30/50/33 (1748–1750) PRO 30/50/34 (1748/1749) PRO 30/50/38 (1748–1750) PRO 30/50/41 (1745–1750) PRO 30/50/45 (1748) PRO 30/50/48 (1762) PRO 30/50/49 (1763) PRO 30/50/50 (1762/1763) PRO 30/50/51 (1763) PRO 30/50/52 (1762/1763) PRO 30/50/53 (1762/1763) PRO 30/50/54 (1762) PRO 30/50/55 (1762-/1763) PRO 30/50/56 (1763) PRO 30/50/57 (1762) PRO 30/50/58 (1759–1765) PRO 30/50/59 (1710, 1750–1799) PRO 30/50/60 (1747–1757) British Library London British Library Egerton Manuscripts (BL Eg. Ms.): The Leeds Papers: Correspondence and papers of the family of Osborne, Dukes of Leeds, and related families, formerly preserved at Hornby Castle, co. Yorke (BL Eg. Ms. 3324-3508) Holdernesse Papers: papers of Robert Darcy, 4th Earl of Holdernesse (BL Eg. Ms. 3401-3497): BL Eg. Ms. 3416 BL Eg. Ms. 3419 BL Eg. Ms. 3427

BL Eg. Ms. 3440 BL Eg. Ms. 3455 BL Eg. Ms. 3456

BL Eg. Ms. 3457 BL Eg. Ms. 3464 BL Eg. Ms. 3484

British Library Additional Manuscripts (BL Add. Ms.): The Newcastle Papers: 1) Autograph letters, most of them addressed to the Duke of Newcastle (1714–1761): BL Add. Ms. 32685

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Quellen und Literatur

2) Newcastle Home Correspondence (1724 bis 1754) Add. Ms. 32704 bis 32737: BL Add. Ms. 32720

BL Add. Ms. 32733

3) Newcastle Diplomatic Correspondence (1724–1754) Add. Ms. 32738 bis 32851: BL Add. Ms. 32818-32825 BL Add. Ms. 32828-32841

BL Add. Ms. 32845-32846 BL Add. Ms. 32848-32851

4) Newcastle General Correspondence (1755 bis 1764) BL Add. Ms. 32852-32865 BL Add. Ms. 32867-32870 BL Add. Ms. 32872-32874 BL Add. Ms. 32876-32886 BL Add. Ms. 32888-32889 BL Add. Ms. 32891-32894

BL Add. Ms. 32896-32900 BL Add. Ms. 32902-32907 BL Add. Ms. 32909-32917 BL Add. Ms. 32919-32923 BL Add. Ms. 32934-32935 BL Add. Ms. 32958

5) Newcastle Official Correspondence 1697–1768: BL Add. Ms. 32992 6) Newcastle Domestic and Private Correspondence (1742 bis 1764): BL Add. Ms. 33066

BL Add. Ms. 33067

The Hardwicke Papers: Correspondence and collections of the first four Earls of Hardwicke and other members of the Yorke family in the 18th and 19th centuries (Add. Ms. 35349-36278) 1) Correspondence (Add. Ms. 35349-35813): Family correspondence (Add. Ms. 35351-35405) BL Add. Ms. 35351 BL Add. Ms. 35355 BL Add. Ms. 35357 BL Add. Ms. 35360

BL Add. Ms. 35362 BL Add. Ms. 35387 BL Add. Ms. 35388

Political correspondence (Add. Ms. 35406-35583) BL Add. Ms. 35412 BL Add. Ms. 35413 BL Add. Ms. 35466

BL Add. Ms. 35469 BL Add. Ms. 35472 BL Add. Ms. 35474

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Quellen und Literatur

2) Papers (Add. Ms. 35814-36278): Political papers (Add. Ms. 35869-35934) BL Add. Ms. 35882 Miscellaneous historical letters and papers: BL Add. Ms. 46412 (1644-1762)

BRANDENBURG-PREUSSEN Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin I. Hauptabteilung, Rep. 11, Nr. 89 Frankreich Fasz. 143-151 (1745–1746) Fasz. 155-159 (1747) Fasz. 163-165 (1748) Fasz. 170-182 (1749–1751) Fasz. 184-186 (1751–1753) Fasz. 188 (1753) Fasz. 190 (1754)

Fasz. 191 (1754) Fasz. 193 (1755) Fasz. 194 (1755) Fasz. 196-199 (1756) Fasz. 201 (1756) Fasz. 202 (1756)

I. Hauptabteilung, Rep. 96, Geheimes Zivilkabinett, ältere Periode (bis 1797) Nr. 23 E (1744) Nr. 23 F (1745) Nr. 23 G (1746) Nr. 23 H (1746) Nr. 23 I (1746) Nr. 23 K (1747) Nr. 23 L (1747) Nr. 23 M (1747) Nr. 24 A (1748) Nr. 24 B (1748) Nr. 24 C (1749) Nr. 24 D (1749) Nr. 24 E (1750) Nr. 24 F (1750)

Nr. 24 G (1751) Nr. 25 H (1751) Nr. 25 J (1752) Nr. 25 K (1752) Nr. 25 L (1753) Nr. 25 M (1753) Nr. 25 N (1754) Nr. 26 A(1753–1754) Nr. 26 B (1755) Nr. 26 C (1755) Nr. 26 D (1756) Nr. 26 E (1756) Nr. 26 F (1756)

VI. Hauptabteilung, Rep. 92, Nachlass Keith II Nr. 2 Brandenburg-Preußisches Hausarchiv, Rep. 47 (Friedrich II.) I (= Briefwechsel) 416, 420, 461, 464a

290

Quellen und Literatur

ÖSTERREICH Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Staatenabteilung Frankreich, Berichte und Weisungen Karton 70 (1749) Karton 71 (1750) Karton 77 (1751) Karton 84 (1752) Karton 89 (1753) Karton 92 (1754) Karton 93 (1755) Karton 95 (1756) Karton 98 (1757)

Karton 99 (1757) Karton 102 (1757) Karton 103 (1758) Karton 106 (1759) Karton 110 (1760) Karton 114 (1761) Karton 120 (1762) Karton 124 (1763) Karton 127 (1764)

Staatenabteilung Frankreich, Varia Karton 19 (1750-1751) Karton 20 (1752) Karton 21 (1752) Karton 22 (1750–1752) Karton 25 (1752–1756)

Karton 26 (1757) Karton 28 (1756–1759) Karton 32 (1754–1764) Karton 33 (1736–1766)

Oberösterreichisches Landesarchiv Linz Archiv Starhemberg Bestand Riedegg Starhembergische Brief- und Sammelbände, Nr. 17–23. Moravsky zemsky archiv v Brne (Mährisches Landesarchiv Brünn) G 436 (Rodinny Archiv Kounici, Familienarchiv Kaunitz) (1272) 1278–1960 Karton 442 (1756-1770) Karton 443 (1734/1735, 1743, 1764) Karton 445 (1767) Karton 446 (1755–1789) Karton 447 (1756/1757) Karton 448 (1746, 1765, 1767, 1774)

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Quellen und Literatur

SPANIEN Archivo General de Simancas Estado Francia Legajos 4450-4459 Legajos 4462-4483 Legajos 4485-4501 Legajos 4505-4513 Legajos 4515-4519 Legajos 4522-4525 Legajos 4527-4528 Legajos 4531-4532

Legajos 4534-4538 Legajos 4541-4546 Legajos 4548-4557 Legajos 4679-4680 Legajos 4585-4586 Legajo 8099 Legajo 8100 Legajo 8110

Archivo Histórico Nacional Madrid Estado Francia, Embajada, Correspondencia diplomatica Legajo 1014 (1746) Legajo 1608 (1746) Legajo 3965 (1759) Legajo 4024 (1747) Legajo 4042 (1747–1749) Legajo 4098 (1760) Legajo 4119 (1763–1764) Legajo 4176 (1761–1762) Legajo 4186 (1748–1754) Legajos 6487-6493 (1750) Legajos 6494-6500 (1751) Legajos 6501-6505 (1752)

Legajos 6506-6510 (1753) Legajos 6511-6512 (1754) Legajos 6513-6515 (1755) Legajos 6516-6520 (1756) Legajos 6521-6523 (1758) Legajos 6528-6529 (1759) Legajos 6530-6532 (1760) Legajos 6533-6536 (1761) Legajos 6537-6539 (1762) Legajos 6540-6543 (1763) Legajos 6544-6546 (1764)

Estado Francia. Persones reales Legajo 2763 (1746–1755)

KURBAYERN, KURPFALZ, PFALZ-ZWEIBRÜCKEN Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Gesandtschaft Paris: Nr. 13-23

Politische Korrespondenz der kurbayerischen Gesandtschaft Paris (1755–1764)

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Quellen und Literatur

Nr. 95-104

Politische Korrespondenz der kurpfälzischen Gesandtschaft Paris (1745–1753) Nr. 106-111 Politische Korrespondenz der kurpfälzischen Gesandtschaft Paris (1755–1758) Nr. 216-228 Politische Korrespondenz der pfalz-zweibrückischen Gesandtschaft Paris (1753–1775) Kasten schwarz: Nr. 6417 Nr. 6418

Korrespondenz des bayerischen und pfälzischen Gesandten Grevenbroch in Paris, (1734ff.) Korrespondenz verschiedener kurpfälzischer Gesandter in Paris (1750– 1799)

Kasten blau: Nr. 87/12 Nr. 403/4 Nr. 403/8 Nr. 404/5a Nr. 404/5b Nr. 404/5c Nr. 433/1 Nr. 433/2

Korrespondenz mit dem kurpfälzischen Vertreter in Paris (1750–1751) »Betrachtungen bey müssigen Stunden in Paris über die politischen Verhältnisse Zweybrückens gegen Frankreich« Korrespondenz mit dem zweibrückischen Gesandten in Paris, Baron von Wernicke (1741–1755) Briefe des Herzogs Christian IV. von Zweibrücken an Madame de Pompadour (1751–1764) Briefe der Madame de Pompadour an Herzog Christian IV. von Zweibrücken (1751–1762) Briefe der Vicomtesse du Barry an Herzog Christian IV. von Zweibrücken (1775) Berichte und Aktenstücke des zweibrückischen Gesandten Pachelbel (1751) Berichte des zweibrückischen Gesandten Pachelbel (1756–1765)

FRANKREICH Archives du Ministère des Affaires étrangères Correspondance politique Bavière supplément vol. 7 (Documents divers 1737–1754) Correspondance politique I Allemagne-Autriche Vol. 64 (Petites principautés: Wied-Neuwied et Wied-Runkel 1688–1820) Vol. 598-599 (Rapports sur une négociation avec le Comte de Neuwied 1757–1758)

Quellen und Literatur

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2. 7 lettres adressées à François Poisson, père de la Marquise, par la supérieure et une sœur des Ursulines de Poissy où la jeune Jeanne-Antoinette était en pension, février 1729-janvier 1730. 3. 2 lettres adressées à François Poisson, alors à Hambourg et Lübeck par un fournisseur de vins de Bourgogne, huile et fromage, 14.11. bis 30.11.1728. 4. 3 lettres adressées à Collin, intendant de Madame de Pompadour, par le chevalier d’Hénin-Liétard pour le remercier des bienfaits de la Marquise, 1754. Joint 2 pièces sur la réception de celui-ci dans l’ordre des Chevaliers de Malte. 5. Titres de propriété de l’Ermitage de Madame de Pompadour à Versailles, 16 pièces 6. Copie du testament de Madame de Pompadour, 30.3.1761, 4ff. 7. Obsèques de Madame de Pompadour, 13 pièces, 15ff. 8. 3 lettres de condoléances adressées au marquis de Marigny 9. succession de Madame de Pompadour, 6 pièces 10. Notes de P Fromageot et texte de ses articles sur l’enfance et sur les obsèques de Madame de Pompadour; notices impr. XVIII–XXe siècle Pap. 10 dossiers. Formats divers.

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Personenregister Das Stichwort Pompadour entfällt. Ist ein Eigenname auf einer Seite ausschließlich in den Anmerkungen erwähnt, erscheint die entsprechende Seitenzahl kursiv. Autoren der Sekundär- und Memoirenliteratur sind in der Regel nur bei Nennung im Fließtext erwähnt. Affry, Louis Auguste Augustin, comte d’ 222–224 Albemarle, William Anne Keppel, Earl of 1, 99, 100, 106–118, 119, 120, 121, 122 f., 125, 126, 135, 157 f., 197 f., 199, 204, 208, 248f., 261, 262, 264, 265 Ammon, Christoph Heinrich von 157 Anne d’Autriche, Witwe Ludwigs XIII. 30, 53 Antoine, Michel 25, 56, 77, 183, 185 f., 203 Argenson, René de Voyer de Paulmy, marquis d’ 22, 38 f., 44, 46, 59 f., 72 f., 77, 91, 123, 127, 130, 158, 183, 208, 218, 230, 240 Argenson, Pierre Marc de Voyer de Paulmy, comte d’ 22, 38 f., 41, 44, 91, 103, 114, 120, 121 f., 122, 124, 134, 164, 165, 203, 204, 206, 207, 230, 268 Arneth, Alfred von 159, 178 f., 183 Asch, Ronald G. 49, 273 August der Starke (eigentlich Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen) 16, 213 Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, Ehefrau Wilhelms I. 237 Balby, Jean-Frédéric de 148 f., 150 Barbut de Maussac, Jean David 148, 149–151 Beaumont, Christophe 218 Bedford, John Russell, Duke of 93, 107, 110, 248 Behringer, Wolfgang 243

Belle-Isle, Charles Louis Auguste, maréchal de France, duc de 39, 121, 137, 144, 147, 148, 172, 193, 197, 211, 223 f. Benedikt XIV., Papst 85 Bernis, François Joachim, cardinal de. 22, 28, 38, 126, 144 f., 150 f., 168–171, 172, 173, 179 f., 182–184, 190, 192, 194, 195, 197, 199 f., 202, 204, 222, 225, 236, 239, 241, 271 Berryer, Nicolas René 39, 205, 223 Besenval, Pierre Victor, baron de 188 Binet de Marchais et de Liesse, Georges-René 68 Blondel, Madame de 158 Bourbon, Henri, duc de 28, 50, 56–58, 62 Braubach, Max 154 f., 183 Brienne, Étienne Charles de Loménie de 50 Broglie, Charles François, marquis de Ruffec, comte de 216, 219, 220, 229 f. Broglie, Victor-François, duc de 194, 230 Burke, Peter 238 Bussy, François de 147, 149, 250 Cadogan, William Baron 108 Carvajal, José de 105, 209, 256 f., 263 f. Chambrier, Jean Baron Le 36, 100, 123, 129–134, 140, 141, 152, 187, 188, 200, 201, 207, 209, 210, 241, 255, 259, 260, 270 Châteauroux, Marie Anne de Nesle, duchesse de 34, 67–69, 76, 129, 188, 220

334 Chaulnes, Anne-Josèphe, duchesse de 87 Choiseul, Étienne François, duc de 22, 23, 38 f., 103, 146, 147, 150 f., 160, 164, 176, 180–182, 194 f., 201, 202, 214, 220, 222–225, 248, 250 Choiseul-Beaupré, comte de 164 Choiseul-Beaupré, Charlotte Rosalie de Romanet, comtesse de 114, 164, 240 Choiseul-Chevigny, César-Gabriel, duc de Praslin 38, 177 Christian IV., Herzog von Pfalz-Zweibrücken 21, 234 Clemens August, Kurfürst von Köln 234 Colbert, Jean-Baptiste, marquis de Seignelay 55, 87, 94, 243 Condé, Louis II de Bourbon, prince de 54 Conti, Louis François de Bourbon, prince de 166 f., 201, 214–221, 225–228, 277 f. Conti, Louise Élisabeth de Bourbon, princesse de 71, 75 Coquery, Natacha 269 Cosandey, Fanny 32 Cosel, Anna Constantia, Gräfin von 16, 213 Cressener, George 107 Croÿ-Solre, Emmanuel, duc de 78, 80, 130, 191 Cumberland, Prinz Wilhelm August, Herzog von 196 Daguesseau, Henri-François 40 De la Ville, Jean Ignace, abbé 46 f., 169 Du Barry, Jeanne Bécu, comtesse 61, 77, 182 Duclos, Charles Pinot 65 Dubois, Guillaume, abbé 50, 56 Dupin, Madame de 158 Duras, Emmanuel Félicité de Durfort, duc de 160, 168, 196 f.

Personenregister

Elias, Norbert 13 f. Elisabeth I., Königin von England 7 Elisabeth Charlotte, princesse d’Orléans, genannt Mademoiselle de Chartres 32 Elisabeth Catherine, comtesse d’Estrades 66, 114, 163, 164, 165, 259 Engels, Jens Ivo 272 Estrées, Louis Charles César Le Tellier, marquis de Courtenvaux, maréchal de France, duc d’ 203, 269 Eugen, Prinz von Savoyen 251 Ferdinand IV. von Neapel 238, 270 Ferdinand VI. von Spanien 256 Ferdinand von Bourbon-Parma 238 Finckenstein, Karl Wilhelm Graf von 128, 252 Fischer, Jean-Chrétien 147, 148 Flavacourt, Hortense Félicité de MaillyNesle, marquise de 68 Fleury, André Hercule, Cardinal de 34, 50, 56–60, 63, 127, 129, 186, 188, 207, 215, 275 Folard, Hubert, chevalier de 144, 149 Franz I. Stephan von Lothringen, Kaiser 44, 98, 209, 256 Friedrich Christian, Kurfürst von . Sachsen 178 Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg 244 Friedrich Wilhelm I., König in Preußen 128 Friedrich II. von Brandenburg-Preußen 24, 36, 59, 100, 101, 104, 106, 113, 123, 124, 125, 126–154, 162, 171, 177, 186, 187, 188, 189, 190, 197, 200, 201, 207, 208, 209–211, 218 f., 221, 229, 240, 241, 252, 255, 259 f., 270, 271 Furetière, Antoine 268 Garbe, Christine 236 Geoffrin, Marie-Thérèse Rodet 65 f., 158

Personenregister

Georg II. von England 106, 109, 116, 118, 176, 261, 266 Georg IV. von England 116 Gerhard, Ute 284 Godineau, Dominique 12 Gouges, Olympe de 281 f. Grävenitz, Christina Wilhelmina von 16, 200 Habermas, Jürgen 10 Hardwicke, Philip Yorke, Earl of 14, 41, 99, 108, 111 f., 114, 187, 252, 260 Hausen, Karin 10, 267 Heinrich II. von Frankreich 38 Heinrich IV. von Frankreich 31 Helvétius, Claude-Adrien 65 Henriette (eigentlich Anne Henriette), Tochter Ludwigs XV. 32, 36, 114, 221 Hertford, Francis Seymour-Conway, Earl of 107 Hölscher, Lucian 267 f. Holdernesse, Robert Darcy, Earl of 93, 100, 107, 112, 113, 114, 115, 117, 118, 119, 121, 122, 197 f., 199, 208, 223, 224, 235, 249, 253, 254, 261, 265 Hours, Bernard 23 Huéscar, Silva Álvarez de Toledo, duque de 187, 191, 201, 244 f., 256 f., 264 Joseph II. von Habsburg 123 Kaiser, Thomas 16 Karl VI. von Habsburg 251 Karl Emanuel, Herzog von Savoyen und König von Sardinien 85 Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz 107, 234 Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton Graf von 1, 13, 21, 24, 25, 27, 28, 33 f., 36, 44, 47, 72 f., 77, 96, 98, 100, 101, 102, 103, 105, 107, 124, 125, 150, 151, 154, 155–163, 164, 165, 166 f.,

335 168, 169, 170, 171, 172 f., 174, 175 f., 179, 180, 181, 182 f., 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 197, 199, 200, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 208 f., 211, 212, 225, 230, 231, 239 f., 241, 244, 250, 255 f., 258, 259, 262 f., 266, 268, 269 Keith, George, Earl Marishal of Scotland 104, 113, 115, 124, 133 f., 139, 141, 142, 152, 153, 162, 186, 189 f., 197, 221, 240 Khevenhüller-Metsch, Johann Joseph, Fürst von 174 Knyphausen, Dodo Heinrich Freiherr zu Inn- und 101, 113, 123 f., 125, 126, 134–138, 140–142, 146, 152, 208, 210 f., 218 f., 245, 259 f. Koch, Ignaz, Baron von 24, 101, 155, 156, 157, 159, 160, 161, 176, 183 La Popelinière, Madame de 158 La Vallière, Françoise-Louise de La Baume-le-Blanc, duchesse de 55 Lamoignon de Blancménil, Guillaume de 40 Laudon, Gideon Ernst Freiherr von 149 Lauzun, Antoine Nompar de Caumont, duc de 54 Lauraguais, Diane Adélaïde de MaillyNesle, duchesse de 34, 68 Le Normant d’Étiolles, Alexandrine 67, 82, 86 f. Le Normant d’Étiolles, Charles Guillaume 66, 67, 69, 86, 141, 164 Le Normant de Tournehem, Charles François Paul 62, 64, 66 f., 82, 84 Le Tellier, Michel, marquis de Barbezieux 55, 87 Le Tellier, François Michel, marquis de Louvois 55, 87 Leopold I. von Habsburg 251, 263 Lespinasse, Jeanne Julie Éléonore de 65 Ligne, Charles Joseph, prince de 91

336 Louis de France, Dauphin, Sohn . Ludwigs XV. 32, 35 f., 68, 109, 140, 204 Louise Marie, Tochter Ludwigs XV. 32, 35, 36 Ludwig XIII. von Frankreich 41, 53 Ludwig XIV. von Frankreich 16 f., 25 f., 32, 38, 41–43, 50, 52–56, 59f., 76–78, 92, 97, 140, 252 Ludwig XV. von Frankreich 1, 23, 25–32, 34, 36, 38–40, 42–45, 47, 50, 56–59, 63, 67 f., 71 f., 76–78, 84, 89, 91, 102, 109, 111, 114, 123 f., 129, 137 f., 140 f., 165–168, 170, 182, 185–192, 194, 203, 206, 208, 210 f., 214–217, 219 f., 223, 225, 239, 275 Ludwig XVI. von Frankreich 42, 45, 50, 220 Louis de France, duc de Bourgogne, Vater Ludwigs XV. 25 Louis, duc de Bretagne, Bruder . Ludwigs XV. 25 Luhmann, Niklas 9 Luise Auguste Wilhelmine Amalie, Herzogin zu Mecklenburg, Königin von Preußen 13 Luise Dorothea, Herzogin von SachsenGotha 146, 177 Luynes, Charles Philippe d’Albert, duc de 22, 37, 58, 68–70, 83, 85, 164, 187, 200, 215, 220 f., 229 Macchiavelli, Niccoló 188 Machault d’Arnouville, Jean Baptiste de 13, 39–41, 86, 120 f., 131, 169, 200, 203 f., 208 Mailly, Louise Julie de Nesle, comtesse de 34, 67 Maintenon, Françoise d’Aubigné, marquise de 16 f., 26, 32, 43, 55, 76, 81, Marainville, comte de 194 Maria Amalia, Herzogin von BourbonParma 238 Maria Antonia, Kurfürstin von Sachsen 178

Personenregister

Maria Carolina, Königin von NeapelSizilien 238, 270 Maria Josepha von Sachsen, Dauphine von Frankreich 34, 35, 109, 140, 178 Maria Theresia von Habsburg, Erzherzogin von Österreich, Königin von Böhmen und Ungarn, Kaiserin 21, 96, 101, 139, 143, 155, 159, 162, 167, 174, 175, 176–179, 183, 231, 238, 256, 270 Maria Leszczynska, Königin von Frankreich 18, 22, 25, 28 f., 31–34, 36 f., 39, 58, 69–71, 75, 91, 96, 109 f., 116, 136, 165, 249 Marie-Adélaïde von Savoyen 25 Marie-Adélaïde, Tochter Ludwigs XV. 32, 36, 164, 165 Marie Anne Victoire, Infantin von Spanien 28 f. Marie-Antoinette, Königin von Frankreich 9, 12 f., 31, 283 Marie Louise Elisabeth, Tochter . Ludwigs XV. 32, 35, 36 Marie Louise Thérèse Victoire, Tochter Ludwigs XV. 32, 35, 36 Marie-Thérèse, Königin von Frankreich, Ehefrau Ludwigs XIV. 32 Marie Thérèse Félicité, Tochter Ludwigs XV. 32, 35, 36 Marivaux, Pierre Carlet de Chamblain de 65 Marmontel, Jean-François 158 Marsan, Marie Louise Geneviève de Lorraine-Armagnac, comtesse de 162 f. Masones de Lima y Sotomayor, Don Jaime 105, 189, 209, 256, 257, 263, 264 Massiac, Claude Louis d’Espinchal, marquis de 39 Maupeou, René Nicolas Charles . Augustin de 40 Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern 107

Personenregister

Mazarin, Jules, cardinal de 17, 50, 53 f., 243 Medici, Katharina von 29 Medici, Maria von 29 f., 31, 53 Mirabeau de Riquetti, Ludwig . Alexander chevalier de 126, 144–146 Mirepoix, Pierre Louis de Lévis, . maréchal de France, duc de 115, 116, 118, 119, 229 Mirepoix, Anne Marguerite Gabrielle de Beauvau-Craon, maréchale duchesse de 145, 229 Mitchell, Lord 229 Montespan, Françoise-Athénaïs de . Rochechouart de Mortemart, . marquise de 26, 55 Montesquieu, Charles de Secondat, baron de 12, 65 Moras, François Marie Peyrenc de 39 Nesle, Louis III de Mailly, marquis de 34 Newcastle, Thomas Pelham, duke of 1, 35, 93, 99, 103, 104, 106, 107, 108, 110, 112, 114, 115–120, 121, 122, 158, 187, 198, 199, 204, 223 f., 225, 230, 233, 253 f., 255, 261 f., 265 Nivernais, Louis Jules de Mazarini, Duc de 136, 142, 229 Noailles, Adrien Maurice, duc de 43, 58–60, 69, 117, 198, 216, 217 O’Murphy, Marie-Louise 114, 162, 199 Opitz, Claudia 14 Orry, Philibert 40 f., 84, 203 Oßwald-Bargende, Sybille 15 f., 80 Orléans, Philippe, duc d’ 26, 30, 50, 56, 58 Pâris de Montmartel, Jean 60–62, 67, 70, 130 Pâris-Duverney, Joseph 60–62, 67, 130, 230, 248

337 Paulmy, Antoine René de Voyer . d’Argenson, marquis de 39 Phélypeaux, Jean Frédéric, comte de Maurepas 39, 203 Phélypeaux, Louis, comte de Saint-. Florentin 39, 43, 86, 169 Philipp, Herzog von Parma 35, 166 Philipp V. von Spanien 28, 35, 52, 166 Picquigny, Louis Joseph d’Albert d’Ailly, duc de 87 Pignatelli y Aymerich, Francisco 249, 264 Piron, Alexis 65 Pitt, William, Earl of Chatham 250 Podewils, Heinrich von 128, 252 Poisson, Abel François, marquis de Vandières, marquis de Marigny 63, 82, 84–87, 145, 157, 160, 239 Poisson, François, marquis de Marigny 60–63, 64, 66 f., 74, 82 f., 85, 86, 87, 229 Poisson, Louise Madeleine 60, 62–65, 67, 68, 69, 72 f. Praslin, César-Gabriel de Choiseul Chevigny, duc de 38, 177 Prévost, Antoine François, abbé de 65 Puisieulx, Louis Philogène Brulart, . marquis de 38, 41, 46, 111 f., 115–117, 130, 132, 147, 197 f., 209, 269 Réaumur, René-Antoine Ferchault de 65 Reinhard, Wolfgang 4, 5, 257 Richelieu, Armand-Jean du Plessis, cardinal de 53, 87 Richelieu, Louis François Armand du Plessis, duc de 21, 65, 86, 145, 196 f., 228, 231 f. Robinson, Thomas, Sir 93, 112 Roosen, William 252 Rouillé, Antoine-Louis 38 f., 47, 100, 145, 169, 171, 174, 192, 197, 199, 205, 222, 241 Rousseau, Jean-Jacques 236 f.

338 Sachsen-Hildburghausen, Joseph . Friedrich, Prinz von 152 Sacy, Dominique de 165 Saint-Contest, François Dominique de Barberie de 38, 46, 96, 100, 113, 133, 198, 199, 205 Saint-Germain, comte de 222–224, 262 Saint-Séverin d’Aragon, Alphonse Marie Louis, comte de 41, 132, 209, 218 Scheffer, Karl Fredrik Baron 112 Séchelles, Jean Moreau de 41, 120, 169 Sophie Philippe Elisabeth Justine 32, 35, 36 Sorel, Agnès 75 Soubise, Charles de Rohan, duc de Rohan-Rohan, maréchal de France, prince de 152, 163, 204, 211 Spanheim, Ézéchiel 42, 99, 244 Stanislas Leszczynski, duc de Lorraine et de Bar 29 Stanley, John 101 f., 107, 249 f. Starhemberg, Georg Adam Graf von 1, 13, 47, 77, 96, 98, 100, 101, 102, 103–105, 107, 112, 124, 125, 150, 151, 154, 162 f., 164, 165–177, 179–185, 189–195, 197, 199, 200, 201–209, 211 f., 220, 225, 226, 230 f., 239, 241, 244, 250, 255, 256, 258, 259, 262, 263, 268 f. Stollberg-Rilinger, Barbara 2, 65 Streich, Brigitte 8 Taeger, Angela 283

Personenregister

Tencin, Pierre Guérin, Cardinal de 43, 143 f. Tencin, Claudine-Alexandrine Guérin de 65 f. Tercier, Jean-Pierre 46, 216, 220 Thiessen, Hillard von 4, 272 Turenne, Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de 54 Valory, marquis de 146 Ventadour, Charlotte Éléonore Madeleine de la Mothe-Houdancourt, duchesse de 26, 29 Vintimille, Pauline Félicité de MaillyNesle, comtesse de 34 Voltaire, François Marie Arouet 64, 67, 110 f., 127, 143, 144, 231 Weber, Max 5, 267, 273 Weisbrod, Andrea 16, 17, 21, 76, 87, 228, 230 Wilhelm I., König von Preußen und deutscher Kaiser 237 Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth 126, 143–146, 149, 177, 270, 271 Wied-Neuwied, Alexander Graf von 146–150 Wollstonecraft, Mary 282 Wunder, Heide 10, 283 Yorke, Joseph, sir 19, 28, 35, 41, 99, 102, 106, 107, 108, 110–112, 114, 115, 118, 119, 121, 187, 197, 198, 222–224, 225, 230, 233, 235, 245, 249, 252, 254, 260, 264, 265 Yorke, Philip 112