Die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit [1 ed.] 9783428583096, 9783428183098

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wird maßgeblich durch gubernative und administrative Strukturen geprägt. Eine pa

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Die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit [1 ed.]
 9783428583096, 9783428183098

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1463

Die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

Von

Patrick Sachsenmaier

Duncker & Humblot · Berlin

PATRICK SACHSENMAIER

Die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1463

Die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

Von

Patrick Sachsenmaier

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Fotosatz Voigt, Berlin Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-18309-8 (Print) ISBN 978-3-428-58309-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 als Dissertation an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover angenommen und befindet sich auf dem Stand von Dezember 2020. Herrn Professor Dr. Hermann Butzer, Richter des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, danke ich herzlich für die herausragende Betreuung meines Promotionsvorhabens. Dank seiner steten Förderung, den immer anregenden Gesprächen – auch im Rahmen der Doktorandenseminare – und seiner fruchtbaren, aber kritischen Begleitung konnte diese Arbeit überhaupt erst entstehen. Herrn Professor Dr. Timo Rademacher, M.Jur. (Oxford) danke ich herzlich für die schnelle und wohlwollende Zweitbegutachtung sowie für die konstruktiven Anmerkungen und Denkanstöße zu meiner Arbeit. Meiner Familie, insbesondere meinen Eltern, möchte ich dafür danken, dass sie mich im Rahmen meiner Ausbildung allzeit begleitet und unterstützt haben. Meinen Freundinnen und Freunden danke ich für die Zusprache von Motivation und den moralischen Beistand, den sie mir zukommen ließen. Schließlich gilt mein besonderer Dank Daria, die immer für mich da war. Hannover/Erfurt, im Dezember 2020

Patrick Sachsenmaier

Inhaltsübersicht 1. Kapitel Einleitung

15

A. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

B. Abgrenzung zu bereits erschienenen Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

2. Kapitel Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

26

A. Hinführung zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historischer Abriss der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . III. Die Zweiteilung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . .

27 28 35 52

B. Die „Gesetzlosigkeit“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . I. Die Entwicklungszusammenarbeit als Rechtsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bundes- oder Landesangelegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Vorschlag eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . IV. Untergesetzliche Normierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 63 66 69 80

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligten Ausschüsse . . . . . . . . . II. Große und Kleine Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitere parlamentarische Fragerechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Regierungsseitige und spezifische außerparlamentarische Verfahren in der Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105 105 116 122 129

D. Die Notwendigkeit eines „Gesamtkonzeptes Entwicklung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Kapitel Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

138

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Der Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Der Parlamentsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

8

Inhaltsübersicht

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes für die Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die „Wesentlichkeit“ der Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Herleitung eines Parlamentsvorbehaltes aus einer Staatszielbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der verfassungsrechtliche institutionelle Gesetzesvorbehalt in der Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168 168 197 218

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 I. Die Voraussetzungen des Parlamentsvorbehaltes an den Haushaltsplan des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 II. Parlamentsrechtliche Behelfe zur Erfüllung der Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . 234 D. Die unzureichende parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4. Kapitel Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung in der Entwicklungszusammenarbeit

239

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . 239 I. Die Rechtspraxis anderer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 II. Möglicher Inhalt eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Parallelen zu anderen Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die dogmatische Einordnung von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen . . . . III. Der mögliche Einsatz von Stellungnahmen und Parlamentsbeschlüssen in der Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259 260 273 278

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 I. Anlehnung an den Wehrbeauftragten im Sinne des Art. 45b GG . . . . . . . . . . 284 II. Die mögliche Kompetenzausgestaltung eines Entwicklungsbeauftragten . . . 288 5. Kapitel Fazit

292

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung

15

A. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

B. Abgrenzung zu bereits erschienenen Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

2. Kapitel Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit A. Hinführung zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entwicklungsländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Völkerrechtliche Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Einstufung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schwellenländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Länder der „Dritten Welt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historischer Abriss der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . 1. Die Zeit der Kolonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Entstehen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik im geteilten Deutschland . 4. Der Fall der Mauer und die Veränderungen bis in die Gegenwart . . . . . . III. Die Zweiteilung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . 1. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Kreditanstalt für Wiederaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . B. Die „Gesetzlosigkeit“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . I. Die Entwicklungszusammenarbeit als Rechtsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 27 28 28 30 30 31 33 34 35 35 36 38 40 45 52 53 55 56 58 61 63

10

Inhaltsverzeichnis 1. Entwicklungsverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entwicklungsvölkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entwicklungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bundes- oder Landesangelegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Vorschlag eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . 1. Der Ablauf des Beratungsganges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die wesentlichen Inhalte des Gesetzesentwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Begründung des Gesetzesentwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Untergesetzliche Normierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Haushaltsgesetz und der Einzelplan 23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Zustandekommen von Haushaltsgesetz und Einzelplan 23 . . . . . . b) Die Bedeutung des Einzelplanes 23 für die Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die langfristige Planbarkeit durch Verpflichtungsermächtigungen . . . 2. Die „Leitlinien für bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ der Bundesregierung von 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Festlegung von Zielen und Schwerpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die der Entwicklungszusammenarbeit vorgeschaltete Planungsphase c) Die Vertragsgestaltung mit den Partnerländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . e) Die unmittelbare Teilfinanzierung von Staatshaushalten . . . . . . . . . . . f) Die laufende und abschließende Evaluation von Entwicklungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Dokumente zur deutschen Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . .

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligten Ausschüsse . . . . . . . . . 1. Der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . . 2. Der Haushaltsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Auswärtige Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Große und Kleine Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Große Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kleine Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitere parlamentarische Fragerechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktuelle Stunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das (Interpellations- und) Zitierrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Befragung der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Regierungsseitige und spezifische außerparlamentarische Verfahren in der Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 64 65 66 69 69 75 79 80 80 80 82 87

90 92 94 96 98 100 102 103 105 105 107 111 114 116 117 120 122 122 124 126 127 129

Inhaltsverzeichnis

11

1. Die Berichte der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Regierungserklärungen zur Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Die außerparlamentarische Mitwirkung von Parlamentariern in entwicklungspolitischen Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 D. Die Notwendigkeit eines „Gesamtkonzeptes Entwicklung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Kapitel Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Spezielle Gesetzesvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der allgemeine Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Parlamentsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Wesentlichkeitsrechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen an die „Wesentlichkeit“ einer Materie . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Reichweite der „Wesentlichkeit“ bei Sachverhalten mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritik an den Kriterien zur Bestimmung der „Wesentlichkeit“ . . . . . . . . . a) Die Geltung der Menschenrechte für Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die notwendige Einbeziehung von Menschenrechten bei der Bestimmung der „Wesentlichkeit“ einer Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes für die Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die „Wesentlichkeit“ der Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Herleitung der „Wesentlichkeit“ aus einer „Grundrechtsrelevanz“ . . a) Die Grundrechtsrelevanz für den deutschen Steuerzahler . . . . . . . . . . b) Die Grundrechtsrelevanz für Menschen in den Entwicklungsländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit . . . . . . . . . bb) Der Schutz von Ehe und Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Menschenwürdegarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote . . . . . . . 2. Die Herleitung der „Wesentlichkeit“ aus einer „Menschenrechtsrelevanz“ a) Die Pflicht zur Einhaltung der in den Menschenrechtsverträgen gewährleisteten Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Recht auf Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Verbot der Sklaverei, der Leibeigenschaft und der Zwangsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138 139 140 141 142 147 149 154 157 160 160 165 168 168 169 169 171 173 175 176 177 179 180 181 182 183

12

Inhaltsverzeichnis cc) Das Recht auf Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard . . . . . . . . . . . ee) Das Recht auf Bildung und das Recht auf kulturelle Betätigung . ff) Das Recht auf Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Das Recht auf Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Die Diskriminierungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Betonung der Menschenrechtsrelevanz in Dokumenten zur Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Abkommen von Lomé und Cotonou . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das BMZ-Strategiepapier 4/2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahmen zu Menschenrechten in der Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Herleitung einer „Wesentlichkeit für das Zusammenleben der Menschen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Herleitung eines Parlamentsvorbehaltes aus einer Staatszielbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Existenz eines Staatsziels der deutschen Entwicklungszusammenarbeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Staatsziel des Umweltschutzes gemäß Art. 20a GG . . . . . . . . . . . b) Das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Staatsziel der „Mitmenschlichkeit und des Gemeinsinns“ . . . . . . d) Das Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ 2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den Vorgaben des Grundgesetzes zum Parlamentsheer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Urteil zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zusammenhänge zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . c) Keine Verfassungstradition der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der verfassungsrechtliche institutionelle Gesetzesvorbehalt in der Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bedeutung des institutionellen Gesetzesvorbehaltes . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Verstoß gegen den institutionellen Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . .

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Voraussetzungen des Parlamentsvorbehaltes an den Haushaltsplan des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Haushaltsplan als ausreichende Beteiligungsgrundlage . . . . . . . . . . . . 2. Der Haushaltsplan als unzureichende Beteiligungsgrundlage . . . . . . . . . . 3. Die Legitimation der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . II. Parlamentsrechtliche Behelfe zur Erfüllung der Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . .

184 185 186 187 188 188 190 191 192 193 194 195 197 197 200 202 203 205 208 209 214 217 218 218 220 222 223 225 227 230 234

Inhaltsverzeichnis

13

1. Die Nutzung parlamentarischer Einflussmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Die nichtöffentlichen Sitzungen der Bundestagsausschüsse . . . . . . . . . . . 235 D. Die unzureichende parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4. Kapitel Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung in der Entwicklungszusammenarbeit A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . I. Die Rechtspraxis anderer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Möglicher Inhalt eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konkrete Zielvorgaben für die Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . a) Die Festlegung von thematischen Schwerpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Festlegung von länderbezogenen Schwerpunkten . . . . . . . . . . . . . 2. Die Organisation der Entwicklungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Regelung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die allgemeine Koordination der Zusammenarbeit mit Nehmerländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Festlegung interner Entscheidungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . c) Die Konkretisierung der Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Entscheidung für die Budgetfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die nachträgliche Kontrolle der Entwicklungsverwaltung . . . . . . . . . . f) Die Finanzierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . . . . . g) Die Einführung einer Entwicklungsverträglichkeitsprüfung . . . . . . . . B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Parallelen zu anderen Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der konstitutive Bundestagsbeschluss als Zustimmungserfordernis . b) Das Verfahren im Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Lissabon-Begleitgesetze“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stellungnahmen als parlamentarische Beteiligungsform . . . . . . . . . . . b) Parlamentarische Mitwirkung durch Gesetze und konstitutive Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die dogmatische Einordnung von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen . . . III. Der mögliche Einsatz von Stellungnahmen und Parlamentsbeschlüssen in der Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Potenzielle Elemente von Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Potenzielle Elemente von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen . . . . . . . .

239 239 240 245 246 248 249 251 253 253 255 256 257 257 258 258 259 260 261 263 264 267 269 271 273 278 278 280

14

Inhaltsverzeichnis

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anlehnung an den Wehrbeauftragten im Sinne des Art. 45b GG . . . . . . . . . . 1. Der Wehrbeauftragte als Ombudsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu einem Entwicklungsbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die mögliche Kompetenzausgestaltung eines Entwicklungsbeauftragten . . .

281 284 284 287 288

5. Kapitel Fazit

292

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

1. Kapitel

Einleitung Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist ein recht junges Politikfeld, das sich immer noch in einem nur langsam vollziehenden Prozess der Emanzipation von anderen Politikbereichen befindet. Als die Entwicklungszusammenarbeit in einer Zeit des „Kalten Krieges“ entstand, war sie zunächst dem Bundeswirtschaftsministerium, später dem Auswärtigen Amt, untergeordnet, und ein eigenständiges Entwicklungsministerium konnte sich erst über die Jahre hinweg etablieren.1 Während 1953 der Haushaltstitel für die „Entwicklungshilfe“ noch etwa 500.000 DM betrug,2 sind für das Jahr 2021 bereits 12,4 Milliarden Euro veranschlagt.3 Dieser enorme Anstieg an verfügbaren Geldern belegt die gestiegene Bedeutung und das enorm gewachsene Aufgabenfeld der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. In der Vergangenheit war die Verwendung der Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit reine Verwaltungssache – Udo Kollatz4 hat im Jahre 1982 zu Recht von der Entwicklungshilfe als der „letzten große Fondsverwaltung“ in Deutschland gesprochen. Hieran hat sich bis heute nicht viel geändert, obwohl der Einfluss internationaler Organisationen auf die deutsche Entwicklungszusammenarbeit immer größer geworden ist und mittlerweile viele verschiedene Akteure und Institution an der deutschen Entwicklungspolitik beteiligt sind. Zwar ist auch die Bundesregierung als ein durch das Grundgesetz legitimiertes Verfassungsorgan verpflichtet und berechtigt, wichtige Aufgaben in der Entwicklungszusammenarbeit wahrzunehmen, und selbstverständlich ist das Parlament kein Gremium, das sich in jeder Detailfrage verlieren darf, doch muss nach der Idee des Parlamentsvorbehalts zumindest alles „Wesentliche“ durch das Parlament selbst entschieden und geregelt werden.5 Nur so wird eine demokratische 1 Haase, Handlungsspielräume einer quasi-staatlichen Entwicklungshilfeorganisation (1991), S. 50. 2 Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 29. 3 Anlage zur BT-Drs. 19/22600 vom 25.09.2020, Bundeshaushaltsplan der Bundesrepublik Deutschland für 2021, Überblick zum Einzelplan 23, S. 4 (in der geänderten Fassung BT-Drs. 19/23320 vom 06.11.2020 bzw. BT-Drs. 19/23324 vom 04.12.2020). 4 Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561. 5 Vgl. etwa Eberle, Gesetzesvorbehalt und Parlamentsvorbehalt, DÖV 1984, S. 485 ff.; Kalscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523 ff.; Maurer, Staatsrecht I (2010), S. 427; Morlok, Volksvertretung als Grundaufgabe, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Par-

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1. Kap.: Einleitung

Legitimationskette hergestellt und ein Zusammenspiel der Verfassungsorgane im Sinne der „checks and balances“ erreicht. Die elementare Frage dieser Arbeit ist daher, ob und inwieweit das Parlament in Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit überhaupt steuert und kontrolliert, oder – verfassungsrechtlich betrachtet – sogar steuern und kontrollieren muss. Selbst wenn die grundsätzliche Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bis heute de facto durch die Exekutive, also die Gubernative und die Administrative, vorgenommen wird, erfolgt ein gewisses Maß an parlamentarischer Beteiligung immerhin dadurch, dass ein Bundestagsausschuss zur Wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung existiert. Diesem stehen gleichwohl nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung, und seine wichtigste Aufgabe muss darin gesehen werden, gemeinsam mit dem Haushaltsausschuss den Etat im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit für den Haushaltsplan auszuhandeln. Ist das Haushaltsgesetz mit seinen Einzelplänen einmal beschlossen, geht alle Macht in der Entwicklungspolitik auf das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie die angegliederten Durchführungsorganisationen über. Ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit, das parlamentarische Beteiligungsrechte enthalten könnte, existiert gerade nicht, obwohl ein solches Gesetzesvorhaben in der Vergangenheit mehrfach diskutiert wurde. Da entsprechende Gesetzesinitiativen jedoch scheiterten, erfolgt die Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bis heute weitestgehend regierungsseitig. Dabei stützt sich die Exekutive insbesondere auf das Haushaltsgesetz mit dem für die Entwicklungszusammenarbeit aufgestellten Einzelplan 23 sowie auf Verwaltungsvorschriften. Ob diese Handhabung erlaubt ist oder ob sich das Parlament weitergehend einbringen muss, wird in dieser Arbeit zu klären sein. Aufgrund des nicht unerheblichen Einsatzes von deutschen Steuergeldern im Ausland besteht ein besonderes Interesse an einer effektiven und richtigen Entwicklungszusammenarbeit. In diesem Zusammenhang wird sogar über die Existenz eines eigenständigen Rechtsgebietes der Entwicklungszusammenarbeit diskutiert.6 Unabhängig davon, ob die Bundesrepublik Deutschland Entwicklungszusammenarbeit aus humanitären, moralischen oder ökonomischen Gründen leistet, muss sich die Entwicklungspolitik – wie jeder andere Politikbereich auch – stets gegenüber der eigenen Bevölkerung demokratisch legitimieren. Die

lamentsrecht (2016), S. 143 (178 f.); v. Münch/Mager, Staatsrecht I (2016), S. 121; BVerfGE 33, 125 ff.; BVerfGE 47, 46 (79); BVerfGE 98, 218 (251). 6 Hierbei sind die Habilitation von Dann (Entwicklungsverwaltungsrecht – Theorie und Dogmatik des Rechts der Entwicklungszusammenarbeit, 2012) und der Sammelband von Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.) (Entwicklung und Recht, 2014) hervorzuheben.

A. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung

17

regelmäßig vorgebrachte Kritik am Vorgehen und der Effektivität der Entwicklungszusammenarbeit7 hat zwar immer wieder zu Anpassungen in der Praxis geführt, doch erweisen sich die exekutiv ausgestalteten Strukturen teilweise als wenig geeignet, um die Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsgebiet in einen größeren Kontext zu setzen. Vielmehr erscheint es möglich, eine grundsätzliche parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu fordern. Die Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch das Parlament ist derzeit jedoch nur fragmentarisch vorgesehen. Neben der grundsätzlichen Darstellung der Funktionsweise der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und einer ausführlichen verfassungsrechtlichen Bewertung der parlamentarischen Beteiligungsmöglichkeiten wird in dieser Arbeit daher auch die Frage aufgeworfen werden, ob nicht der Erlass eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit erforderlich ist. Denn die Rechtspraxis verschiedener anderer Länder hat gezeigt, dass ein solches Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit deren Funktionsweise zu verbessern vermochte und keineswegs ein Hindernis für gubernatives oder administratives Handeln darstellt.8

A. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung Die Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu untersuchen bedeutet insbesondere, die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen. Was allerdings konkret unter einer „parlamentarischen Steuerung und Kontrolle“ zu verstehen ist, bedarf weiterer Ausführungen. Die Begrifflichkeiten der „parlamentarischen Steuerung“ sowie der „parlamentarischen Kontrolle“ sind nämlich im Grundgesetz, außer im erst nachträglich eingefügten Art. 45b GG zum Wehrbeauftragten des Bundestages9, weder erwähnt noch näher erläutert. Vielmehr ergibt sich die Funktion einer parlamentarischen Steuerung

7 Vgl. etwa Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019), S. 32 ff.; Shikawati, Fehlentwicklungshilfe, IP 4 (2006), S. 6 ff.; U. Menzel, Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorien (1992); Wolff, Armutsbekämpfung durch Entwicklungshilfe, APuZ 9 (2000), S. 26 ff. 8 Etwa das „Entwicklungszusammenarbeitsgesetz“ in Österreich, das „Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe“ in der Schweiz, das „Loi d’orientation et de programmation relative à la politique de développement et de solidarité internationale“ in Frankreich, das „Ley de Cooperación Internacional para el Desarrollo“ in Spanien, der „Foreign Assistance Act“ in den USA oder der „International Development Act“ im Vereinigten Königreich. 9 In dieser Arbeit sollen zwar zumeist geschlechterneutrale Begriffe verwendet werden, doch da aus Gründen einer verbesserten Lesbarkeit der Gebrauch von geschlechterspezifischen Formen teilweise erforderlich ist, sollen stets alle Geschlechter mit erfasst sein.

18

1. Kap.: Einleitung

und Kontrolle aus der Gesamtschau der Verfassungsgrundsätze – vornehmlich den Grundsätzen des parlamentarischen Regierungssystems.10 Die parlamentarische Kontrolle hat demnach vor allem die Aufgabe, eine funktionierende Gewaltenteilung zu ermöglichen und staatliches Handeln zu legitimieren. Da der Exekutive eine Vielzahl an Kompetenzen zukommt, muss jegliches staatliche Handeln durch das Parlament zur Verhinderung von Willkür an einem objektiven Maßstab gemessen werden können. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Bundesrepublik Deutschland mit einer übermächtigen Exekutive während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die gegenseitige Kontrolle der drei Staatsgewalten an vielen Stellen des Grundgesetzes verankert. Insbesondere stellt Art. 20 Abs. 3 GG in diesem Zusammenhang fest, dass die Staatsgewalten grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Die parlamentarische Steuerung bedeutet dem gegenüber, dass das Parlament für alle wesentlichen Vorgänge verantwortlich ist und dass sich das Parlament darüber hinaus in allen Angelegenheiten, in denen ihm eine Gesetzgebungskompetenz zukommt, einbringen kann, sofern der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung nicht betroffen ist.11 Als Grundform der parlamentarischen Steuerung ist dabei die Beschlussfassung im Sinne des Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG vorgesehen, die gleichwohl durch verschiedene weitere parlamentsrechtliche Beteiligungsmöglichkeiten ergänzt wird. In einem ersten Teil dieser Arbeit (2. Kapitel) soll daher die parlamentarische Beteiligung, also die parlamentarische Steuerung und Kontrolle, an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit näher untersucht werden. Hierzu müssen zunächst die wesentlichen Protagonisten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit identifiziert werden, bevor erörtert werden kann, ob und inwieweit das Parlament Einfluss auf die Entwicklungszusammenarbeit nimmt. Es wird sich zeigen, dass die inhaltliche Steuerung des Parlamentes insbesondere durch die Aufstellung des Haushaltsgesetzes mit dem Einzelplan 23 vorgenommen wird. Auf die Erstellung des Haushaltsgesetzes mit seinen Einzelplänen hat das Parlament zumindest noch eine gewisse Einflussmöglichkeit. Der konkrete Ablauf der Entwicklungszusammenarbeit wird aber – wie bereits angesprochen – durch Verwaltungsvorschriften koordiniert, sodass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit weitestgehend regierungsseitig gesteuert wird. Aufgrund des Scheiterns eines dem Parlament weitere Einflussmöglichkeiten gewährenden Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit verbleiben dem Parlament schließlich nur die allgemeinen parlamentsrechtlichen Instrumentarien wie Kleine und Große Anfragen oder sonstige allgemeine Fragerechte zur 10 Kruse, Der öffentlich-rechtliche Beauftragte (2007), S. 203; Mattern, Bundestag und Wehrbeauftragter, DÖV 1959, S. 841. 11 BVerfGE 68, 1 (86); BVerfGE 95, 1 (15).

A. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung

19

Einflussnahme. Es erscheint in diesem Zusammenhang allerdings zweifelhaft, ob eine Steuerung und Kontrolle in einer grundlegenden Angelegenheit wie der Entwicklungszusammenarbeit durch parlamentsrechtliche Behelfe, die ohnehin nur sporadisch eingesetzt werden, ausreichend sein kann. Aufgrund der lediglich fragmentarisch vorgesehenen Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit muss in der Folge die demokratische Legitimation der deutschen Entwicklungspolitik kritisch hinterfragt werden. Im zweiten Teil der Arbeit (3. Kapitel) wird deswegen zu untersuchen sein, inwieweit die derzeitige Ausgestaltung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit einen Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt darstellt. Hierzu muss zunächst eine intensive Beschäftigung mit den Vorgaben des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehaltes und eine ausführliche Analyse der Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stattfinden. Es wird sich zeigen, dass die üblichen Kriterien zur Bestimmung der Wesentlichkeit einer Materie teilweise ungenau sind, weswegen im Folgenden Vorschläge zur Erweiterung der Wesentlichkeitsdoktrin unterbreitet werden sollen. Auf Grundlage des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehaltes wird die deutsche Entwicklungszusammenarbeit daraufhin auf ihre Wesentlichkeit zu untersuchen sein, wobei die Grund- und die Menschenrechtsrelevanz der Materie im Vordergrund stehen werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu diskutieren, ob ein Staatsziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit existiert, denn das Vorliegen eines solchen Staatszieles könnte einen verfassungsimmanenten Parlamentsvorbehalt indizieren. Da der Parlamentsvorbehalt nur eine Beschäftigung des Parlamentes mit der Materie erfordert und – in Abgrenzung zum allgemeinen Gesetzesvorbehalt – jede parlamentarische Beteiligungsform grundsätzlich ausreichend ist, muss zusätzlich erörtert werden, ob die existierenden parlamentsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nicht den Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes genügen. So ist insbesondere die Einstellung der Mittel für die Entwicklungspolitik in den Haushaltsplan zu beleuchten, denn eine solche stellt formal eine Entscheidung des Parlamentes dar. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob die sonstigen allgemeinen parlamentsrechtlichen Behelfe eine ausreichende Beteiligungsform zur Erfüllung der Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes darstellen. In einem dritten Teil der Arbeit (4. Kapitel) wird schließlich zu diskutieren sein, wie die schwach ausgestaltete Stellung des Parlamentes im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gestärkt werden kann. In erster Linie bietet sich hierbei die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit an. Ein solches Gesetz könnte neben Zielvorgaben und dem groben Verfahrensablauf eine organisatorische Steuerung der deutschen Entwicklungspolitik vorgeben. Aber auch die parlamentarische Beteiligung an der laufenden

20

1. Kap.: Einleitung

Entwicklungszusammenarbeit erscheint vor dem Hintergrund der Parlamentsbeteiligung in anderen ähnlich gelagerten Sachverhalten – etwa bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder im Rahmen der europäischen Integration – regelungsfähig. Wie die legislativen Steuerungs- und Kontrollrechte ausgestaltet sein müssen, könnte daher unter anderem dem „Parlamentsbeteiligungsgesetz“, sowie den „Lissabon-Begleitgesetzen“ 12 zu entnehmen sein. Die Stärkung des Parlamentes im Bereich der deutschen Entwicklungspolitik beschränkt sich gleichwohl nicht auf die Verabschiedung eines Gesetzes, sondern es sind weitere parlamentarische Beteiligungsformen denkbar. So ist es etwa möglich, die Stellung des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu stärken oder das Amt eines „Entwicklungsbeauftragten“ als Hilfsorgan des Bundestages zu etablieren. Ziel dieser Arbeit ist es folglich, einen Überblick über die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu verschaffen, die derzeitige Situation verfassungsrechtlich zu analysieren und Möglichkeiten zur Stärkung der Stellung des Parlamentes aufzuzeigen.

B. Abgrenzung zu bereits erschienenen Arbeiten Die vorliegende Arbeit sieht sich im Querschnitt von Parlamentsrecht, Verfassungsrecht und Entwicklungsverwaltungsrecht. Während eine Vielzahl an Arbeiten die auch für diese Untersuchung relevanten Themen Parlamentsvorbehalt bzw. die Funktion parlamentarischer Steuerungs- und Kontrollinstrumente beleuchten,13 betritt diese Arbeit neues – wenn auch nicht völlig unerforschtes – Terrain. Insbesondere die Habilitationsschrift von Philipp Dann14 zum „Entwicklungsverwaltungsrecht“ aus dem Jahr 2012, hat dieses bis dato von der Rechtswissenschaft eher gemiedene Rechtsgebiet erschlossen. Hierbei untersuchte Dann die grundlegenden Prinzipien und Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und setzte sich mit ihren Rechtsgrundlagen auseinander. Der Vergleich 12 Unter diesen Sammelbegriff werden das EUZBBG, das EUZBLG, das IntVG und das ESMFinG zusammengefasst. 13 Zum Parlamentsvorbehalt etwa Kalkscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523–529; Krebs, Zum aktuellen Stand der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, JURA 1979, S. 304–312; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183–221; Seiler, Der einheitliche Gesetzesvorbehalt (2000). Zu den parlamentarischen Steuerungs- und Kontrollinstrumenten etwa Ismayr, Der Deutsche Bundestag (2000); Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes (1979); du Mensil/Müller, Die Rechtsstellung der Bundestagsabgeordneten, JuS 2016, S. 603 ff.; Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016). 14 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012).

B. Abgrenzung zu bereits erschienenen Arbeiten

21

der Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands, der Europäischen Union und der Weltbank veranlasste Dann zur Annahme, dass es ein nationales und ein internationales Entwicklungsverwaltungsrecht gebe, das normativ gesteuert sei.15 Indem er wesentliche Grundbegriffe in der Entwicklungszusammenarbeit darstellte und definierte sowie Zusammenhänge herausarbeitete, leistete er juristische Pionierarbeit. Dann beschrieb die Entwicklungsverwaltung zwar als einen nicht rechtsfreien Raum, zeigte gleichwohl aber auf, dass das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage in Deutschland international eine Ausnahme darstellt. Die Entwicklungszusammenarbeit sei in Deutschland rechtlich bisher als „Stiefkind“ behandelt worden und habe „weder verfassungsrechtlich noch einfachgesetzlich ein Zuhause gefunden“.16 Ohne eine verfassungsrechtliche Wertung vorzunehmen, plädierte Dann in seinem Ausblick für eine Konkretisierung durch ein Gesetz, denn die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sei im Vergleich mit anderen Ländern „am schwächsten verrechtlicht und am intransparentesten“.17 Zur Problematik der parlamentarischen Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit haben sich daneben jedenfalls bislang nur wenige Autoren geäußert. Finden sich doch Aussagen über die parlamentarische Beteiligung im Rahmen der deutschen Entwicklungspolitik, so liegen diese häufig zeitlich schon weit zurück. Zu nennen ist zunächst der bereits erwähnte Beitrag von Udo Kollatz18 in der Zeitschrift „Die Öffentliche Verwaltung“, in welchem er auf die Arbeit des Parlaments in der Entwicklungszusammenarbeit einging und die geübte Praxis – vor 38 Jahren – beschrieb. Kollatz wurde 1979 durch den damaligen Entwicklungsminister Erhard Eppler zum Staatssekretär im „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ berufen, sodass ihm tiefgehende Einblicke in die Funktionsweise der deutschen Entwicklungspolitik ermöglicht wurden. Kollatz19 benannte erstmalig den Haushaltsplan als das zentrale Steuerungsinstrument der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und vertrat die These, dass eine gesetzliche Normierung der Entwicklungspolitik zu einer die Entwicklungsverwaltung einschränkenden Festlegung unflexibler Kriterien führe. Er stellte fest, dass andere Länder oft nicht über die Festlegung von Generalklauseln hinausgekommen waren. Nach Ansicht von Kollatz bestehe in Deutschland daher wenig Interesse an der Festlegung von allgemeinen entwicklungspolitischen Kriterien, der Regelung von bevorzugter Förderung besonders armer Länder oder einer Quotierung 15 In der vorliegenden Untersuchung wird das von Philipp Dann erschlossene Entwicklungsverwaltungsrecht regelmäßig eine zentrale Rolle einnehmen. Daher soll an dieser Stelle – insbesondere im Rahmen der Einführung in die Strukturen des Entwicklungsverwaltungsrechts – auf seine grundlegende Arbeit verwiesen werden. 16 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 144. 17 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 400. 18 Kollatz, Grundlagen der Entwicklungsverwaltung, DÖV 1982, S. 561–569. 19 Kollatz, Grundlagen der Entwicklungsverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (567).

22

1. Kap.: Einleitung

der Ausgaben nach Trägern und Sektoren. Die vertraulichen Erläuterungen im Haushaltsplan seien als Steuerungsinstrument vielmehr ausreichend, damit die Exekutive einen möglichst großen Spielraum bei der Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit habe. Schließlich erkannte Kollatz, dass es kein Gericht gebe, vor dem die in einem möglichen Gesetz geregelten Rechte eingeklagt werden könnten. Da er keine Lösung für die aufgeworfenen Problem anbieten konnte, enthielt er sich einer Empfehlung für oder gegen ein Gesetz, sondern stellte richtig fest, dass in absehbarer Zeit ein Zustandekommen legislativer Regelungen nicht wahrscheinlich sei. Einige Jahre später hat sich sodann Rainer Pitschas20 in seiner Antrittsvorlesung vom 16. Januar 1990 an der damaligen „Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer“ 21 dem Thema „Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit“ gewidmet. Er führte dabei aus, dass es einen Regelungsbedarf gebe und dass das Parlament die Federführung in der Entwicklungszusammenarbeit übernehmen müsse. Er streifte auch das Thema eines „Entwicklungshilfegesetzes“, wobei er argumentierte, dass ein solches sinnvoll sei, weil der Vorbehalt des Gesetzes sowie das Rechtsstaatsprinzip eine Programmformulierung durch das Parlament erforderten. Insbesondere reiche für die Organisationsprivatisierung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit die originäre exekutive Organisationsgewalt nicht aus.22 Vielmehr müsse ein Gesetz die Einschaltung von Privaten in die Entwicklungspolitik legitimieren. In diesem Zusammenhang plädierte er zudem dafür, dass die Verfassungszielbestimmungen die „Entwicklungszusammenarbeit im Dienste des Menschen“ als Zielvorgabe anerkennen müssten. Da die Entwicklungszusammenarbeit indes weitgehend der Exekutive überlassen bliebe, kritisierte Pitschas eine „Parlamentsfunktion der Regierung“. Etwa zeitgleich erschien im Jahr 1992 ein Aufsatz von Hannes Grimm23, der sich allerdings gegen die gesetzliche Normierung der Entwicklungszusammenarbeit aussprach. Es dürfe nicht zu einer „symbolischen Gesetzgebung“ kommen. Um der Verwaltung weiterhin eine gewisse Flexibilität bei der Vergabe von Mitteln zu ermöglichen, dürften keine zu spezifischen Regelungen geschaffen werden. Es sei daher nicht möglich, in der Entwicklungspolitik Generalklauseln einzuführen, die dem Grundsatz der Bestimmtheit gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG genügten. Grimm argumentierte darüber hinaus, dass eine ausschließliche Kompetenzzuweisung der Entwicklungspolitik als Regierungsmaterie an die Exeku-

20 Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 465–491. 21 Heute „Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer“. 22 Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 465 (490). 23 Grimm, Parlamentarische Kontrolldefizite der deutschen Entwicklungszusammenarbeit?, DÖV 1992, S. 24 (28).

B. Abgrenzung zu bereits erschienenen Arbeiten

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tive stattgefunden habe. Der Gewaltenteilungsgrundsatz führe folglich zu einer Nichtzuständigkeit der Legislative. Die Schaffung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit sei weder rechtlich notwendig noch für die Verbesserung der tatsächlichen Rahmenbedingungen dienlich. Außerdem spreche gegen ein Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit, dass durch ein solches eine grundsätzliche Rechenschaftspflicht gegenüber der, so Grimm, nicht zuständigen Legislative entstünde. Schließlich gelte die haushaltsrechtliche Zweckbindung von Geldern nur für staatliche Träger, nicht die Durchführungsorganisationen. Zur Lösung des Problems fehlender Überprüfbarkeit von Entwicklungsleistungen müsse vielmehr eine verfahrensrechtliche nachgeschaltete Kontrolle eingeführt werden. Parlamentarische Kontrollen seien in der Praxis hingegen unpraktikabel und hinderlich. Eine ähnliche Auffassung vertrat Martin Pellens24 in einer 1995 unter Betreuung von Rainer Nicolaysen in Hamburg entstandenen juristischen Dissertation. Pellens beschäftigte sich in erster Linie mit den Rechtsgrundlagen und den Verfahrensvorschriften, die der Leistung von Mitteln in der finanziellen und technischen Zusammenarbeit – sowohl auf einer nationalen als auch auf einer europäischen Ebene – zugrunde liegen. Bei der Darstellung der deutschen Entwicklungspolitik stand für Pellens die Arbeit der Durchführungsorganisationen im Vordergrund. Er untersuchte zwar die Verfahrensvorschriften zur Rahmenplanung, Projektprüfung und Projektdurchführung, verzichtete aber auf ein Aufzeigen der verfassungsrechtlichen Gesamtzusammenhänge. Aufgrund der existierenden parlamentsrechtlichen Kontrollmöglichkeiten verwies Pellens auf die Überflüssigkeit eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit. So kam Pellens schließlich zu dem Ergebnis, dass die existierenden Verfahrensvorschriften effektiv seien, weswegen es „kein zwingendes Zweckmäßigkeits-Erfordernis“ für ein „Entwicklungshilfegesetz“ gebe.25 Sofern sich das Parlament beteiligen wolle, könne auf die allgemeinen parlamentsrechtlichen Verfahren zurückgegriffen werden. Seit der Arbeit von Martin Pellens scheint das Thema der Entwicklungszusammenarbeit in juristischen Schriften zunächst in Vergessenheit geraten zu sein. Erst die schon erwähnte Habilitationsschrift von Philipp Dann zum Entwicklungsverwaltungsrecht beschäftigte sich erneut intensiv mit der Entwicklungszusammenarbeit aus einer juristischen Perspektive. In diesem Zusammenhang ist auch ein von Philipp Dann, Stefan Kadelbach und Markus Kaltenborn im Jahr 2014 herausgegebener Sammelband mit dem Titel „Entwicklung und Recht“ erwähnenswert.26 In diesem umfassenden Werk wurden nicht nur die Grundlagen 24

Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union (1995). Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union (1995), S. 188. 26 Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014). 25

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1. Kap.: Einleitung

des Rechtsgebietes und die Organisation der deutschen Entwicklungsverwaltung dargestellt, sondern auch verschiedene Sachbereiche des staatlichen und überstaatlichen Entwicklungsrechtes analysiert. Der Sammelband verdeutlicht eindrucksvoll die Stellung der Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsgebiet zwischen anderen Politik- und Rechtsgebieten. Obwohl im Sammelband die Bedeutung des Rechts für die Entwicklung von Entwicklungsländern im Vordergrund der Untersuchung stand, beschäftigte sich Thomas Groß27 in seinen Ausführungen zum „Deutschen Entwicklungsverwaltungsrecht“ auch mit der Rolle des deutschen Parlamentes in der Entwicklungspolitik. Groß28 kam im Rahmen seines Beitrages zu dem Fazit, dass die Argumente gegen eine gesetzliche Regelung nicht überzeugend seien. Zwar bestehe die größte Herausforderung für das Entwicklungsverwaltungsrecht weiterhin in der Verbesserung der Effektivität, doch sprächen insbesondere Transparenzdefizite für eine bundesdeutsche normative Regelung. Gerade die weitestgehende Abwesenheit von Rechtsprechung und juristischer Literatur zur Entwicklungszusammenarbeit führe zu einem Fehlen an rechtswissenschaftlicher Produktivität. Die ausführlichen Regelungen zum Verfahrensablauf und die Existenz einer Reihe von Maßnahmen in der Entwicklungszusammenarbeit bekundeten, so Groß, die Wichtigkeit des Rechtsgebietes. Obwohl die derzeitige Ausgestaltung nicht nur negativ zu bewerten sei, könne eine gesetzliche Regelung neben der geforderten Transparenz auch Rechtssicherheit mit sich bringen. Die Forderung nach einem Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit wird schließlich auch in Fachzeitschriften lauter. Markus Kaltenborn und Reinhard Hermle29 forderten erst im September 2018 in der Zeitschrift „Entwicklung und Recht“ die Verabschiedung einer normativen Grundlage. Hierbei argumentieren sie damit, dass nach der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit zur Regelung gefragt werden müsse. Die Grundrechtsrelevanz der Entwicklungszusammenarbeit könne sich daraus ableiten, dass Förderprogramme zugunsten bestimmter Bevölkerungsgruppen immer den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügen müssten. Außerdem sei aus innenpolitischen Gründen ein Gesetz erforderlich, da nicht gewährleistet werden könne – komme es zu einem Erstarken radikaler Kräfte in Deutschland –, dass Entwicklungsleistungen fortgeführt würden. Zwar könne selbst ein Gesetz geändert bzw. außer Kraft gesetzt werden, doch seien die Voraussetzungen hierfür höher, als wenn nur neue Richtlinien und Verwaltungsvorschriften erlassen werden müssten.

27 T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659–677. 28 T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (675 f.). 29 Kaltenborn/Hermle, Entwicklungspolitische Kontinuität durch neues Gesetz, E+Z 9 (2018), S. 15 (16).

B. Abgrenzung zu bereits erschienenen Arbeiten

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Vor dem Hintergrund praktisch fehlender Forschung erscheint es umso notwendiger, die für viele weitere Fragen grundlegende Problematik der parlamentarischen Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aufzuarbeiten. Nicht nur die teilweise Erwähnung einer diesbezüglichen Problematik durch andere Autoren,30 sondern insbesondere die Existenz zweier Gesetzesinitiativen aus den Jahren 1993/199431 und 199532 zeigt darüber hinaus auf, dass das Thema erhebliche Praxisrelevanz hat. Trotz solcher Gesetzesinitiativen hat eine Aufarbeitung des Inhalts und der Gründe für das Scheitern der Gesetzesentwürfe bisher nur sehr sporadisch stattgefunden. Welche Form der Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich erfolgreich ist und wie den Menschen vor Ort geholfen werden kann, ist bereits – insbesondere auch aus einer politikwissenschaftlichen oder wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive – vielfältig diskutiert worden. In der vorliegenden Arbeit, welche die Rolle des Parlamentes in der deutschen Entwicklungspolitik hinterfragen möchte, kann keine Antwort auf jedes der unzähligen Probleme in der Entwicklungszusammenarbeit gefunden werden. Es soll vielmehr aufgezeigt werden, welches die Strukturen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind und welchen rechtlichen Vorstellungen sie folgt. In Abgrenzung zu anderen Autoren, die sich juristisch mit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auseinandergesetzt haben, stand bisweilen meist die Verwaltungspraxis im Zentrum der Untersuchungen. Dem gegenüber wird es in dieser Arbeit in erster Linie um die parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gehen. Damit reiht sich diese Untersuchung in die vorausgegangenen Arbeiten ein und vermag gleichwohl einen eigenständigen parlaments- und verfassungsrechtlich konnotierten Beitrag im Bereich des Rechts der Entwicklungszusammenarbeit zu leisten.

30 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 365; Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 562; Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union (1995), S. 47 ff.; Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 465 (487). 31 Ursprünglicher Gesetzesentwurf als BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993 und überarbeitete Fassung als BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994. 32 BT-Drs. 13/2223 vom 30.08.1995.

2. Kapitel

Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit In Deutschland ist die Entwicklungszusammenarbeit ein Thema, das selten das Interesse der öffentlichen Berichterstattung weckt. Häufig ist dies nur dann der Fall, wenn ein Skandal die Politik erschüttert, Menschen aufgrund einer Katastrophe schneller Hilfe bedürfen oder aber wenn im jährlichen Haushaltsplan Gelder verteilt werden. Abseits dessen soll Entwicklungspolitik funktionieren und wird selten hinterfragt. Dabei hat sich ein komplexes System herausgebildet, das einiger Würdigung bedarf und leise die deutsche Entwicklungszusammenarbeit am Laufen hält. Heute sind viele Akteure an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligt und voneinander abhängig. So nehmen der Staat mit Parlamenten und Bundesregierung, die Länder und Kommunen, eine Vielzahl von staatlichen Durchführungsorganisationen und verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine wichtige Rolle ein. Neben der Form der bilateralen Zusammenarbeit, in welcher der deutsche Staat direkt mit einem Entwicklungsland kooperiert, existiert parallel eine international gesteuerte oder auch multilateral genannte Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen letzterer nehmen internationale Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank,1 die Vereinten Nationen (UN) oder auch die Europäische Union (EU) als bedeutende Institutionen eine gewichtige Stellung ein. Bei einer Analyse des Aufbaus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zeigt sich, dass die parlamentarische Beteiligung an der Entwicklungszusammenarbeit nur sehr bruchstückhaft und unübersichtlich geregelt ist. In diesem Kapitel soll daher zunächst der Ist-Zustand der deutschen Entwicklungszusammenarbeit analysiert werden, was bedeutet, neben den Grundlagen der Entwicklungszusammenarbeit die rechtliche Ausgestaltung darzustellen, die wesentlichen Akteure zu identifizieren und deren Einflussnahme auf die deutsche Entwicklungszusammenarbeit herauszuarbeiten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Stellung 1 Hier ist insbesondere die „International Development Association“ (IDA) als Unterorganisation der Weltbankgruppe zu erwähnen. Die 1960 gegründete Organisation stellt Kredite und Zuschüsse für Entwicklungsländer zur Verfügung und ist in der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit eine der wichtigsten Organisationen. Seit Gründung und bis einschließlich 2017 hat die IDA weltweit 113 Länder mit insgesamt circa $ 345 Milliarden unterstützt.

A. Hinführung zum Thema

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des Parlamentes gerichtet, dem als zentralem demokratisch legitimierten Organ die Aufgabe der Steuerung und Kontrolle wesentlicher Sachverhalte zukommt. Auf dieser Untersuchung aufbauend kann die parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit anschließend einer verfassungsrechtlichen Würdigung unterzogen werden.

A. Hinführung zum Thema Noch vor einigen Jahren beschäftigten sich weniger Juristen als vielmehr Politik- und Wirtschaftswissenschaftler mit dem Thema der Entwicklungszusammenarbeit.2 Es entstand ein eigenständiges Forschungsgebiet, das stets bemüht war, Lösungen für die Probleme in anderen Teilen der Welt zu erarbeiten. Die entwicklungspolitische Praxis richtete sich dabei regelmäßig an den Forschungsergebnissen aus, und es etablierte sich ein weitgehend einheitlicher Sprachgebrauch bezüglich einiger entwicklungspolitischer Schlüsselbegriffe. Insofern erscheint es von Interesse, zu Beginn der Untersuchung zunächst wesentliche Begriffe zu bestimmen, die auch aus einer juristischen Perspektive bedeutsam sein können. Im Rahmen der Entwicklungsforschung änderte sich die Konzeption von „Entwicklung“ regelmäßig. Dies geschah zumeist vor dem Hintergrund weltpolitischer Ereignisse oder neu aufkommender entwicklungsökonomischer Ansätze.3 Auch in Deutschland wandelten sich die theoretischen Ansätze der Entwicklungskooperation, und die jeweiligen Entwicklungsminister hatten großen Einfluss auf die Ausrichtung ihrer Ministerien. Weil sich Entwicklungspolitik in einem stetigen Fluss befindet, können nur die historischen Zusammenhänge und die Entstehungsgeschichte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit die bis heute existierende fragmentarische parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erklären. Deswegen soll dieser Arbeit auch ein kurzer historischer Abriss vorangestellt werden. Die historischen Zusammenhänge werden zeigen, dass sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit strukturell zwar stetig verändert hat, bis heute aber durch eine organisatorische Zweiteilung geprägt ist. Einerseits ist das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für die Planung zuständig; andererseits übernehmen Durchführungsorganisationen die konkrete Ausführung von Entwicklungsprojekten. In einem weiteren Schritt sollen daher 2 Kritisch zum Primat der Wirtschaftsstatistik und seinen rechtlichen Folgen Riegner, Entwicklungsmessung und Recht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 117 (123 ff.). 3 Vgl. etwa Amin, Unequal Development (1979); Brauksiepe, Politische Ökonomie der Transformation von Wirtschaftsordnungen in Entwicklungsländern (1996); Glagow (Hrsg.), Deutsche und internationale Entwicklungspolitik (1990); Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019); Higgins, Economic Development (1959); Vaggi, From the Debt Crisis to Sustainable Development (1993).

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

die identifizierten Protagonisten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt werden.

I. Begriffsbestimmungen Viele der Begriffe, die in der Entwicklungszusammenarbeit verwendet werden, haben sich in der entwicklungspolitischen Forschung und der ihr folgenden Praxis fest etabliert. Über die Bedeutung anderer Begriffe wird hingegen gestritten, denn von ihrer konkreten Auslegung hängen einige Konsequenzen ab. Um in dieser Arbeit eine einheitliche Begriffsverwendung zu ermöglichen, sollen daher die besonders häufig verwendeten Begriffe „Entwicklung“, „Entwicklungszusammenarbeit“, „Entwicklungsländer“, „Schwellenländer“ und „Länder der Dritten Welt“ näher untersucht werden. 1. Entwicklung „Wer über Entwicklungspolitik redet oder schreibt, kann dies (. . .) nicht tun, ohne sich Gedanken über ihre Ziele zu machen.“ 4 Diese Erkenntnis von Franz Nuscheler erscheint genauso banal zu sein, wie sie doch zu präzisieren vermag, dass nur die Auseinandersetzung mit dem weiten Begriff der „Entwicklung“ zu einer Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes führt. Es darf sich gleichwohl nicht damit begnügt werden, den Wortsinn zu erfassen. Vielmehr erscheint es angebracht, die „Entwicklung“ als eigenständigen Rechtsbegriff zu untersuchen. Der Ausdruck „Entwicklung“ wird zugänglich, wenn das Antonym, die „Unterentwicklung“, mit in die Begriffsbestimmung einbezogen wird. Das Konzept der „Entwicklung“ setzt demnach voraus, dass etwas weniger ausgebildet ist als üblich.5 Diese Herangehensweise hat sich insbesondere bei Politikwissenschaftlern durchgesetzt, die aus der Betrachtung des Wortes „ent-wickeln“ schlussfolgern, dass es bei „Entwicklung“ um ein Zutagefördern, eine Modernisierung oder ein Aufholen gehe.6 Allerdings kann so die Entwicklung von Kindern ebenso beschrieben werden wie die Entwicklung von neuen Ideen oder eben die Entwicklung von Regionen. „Entwicklung“ setzt grundsätzlich voraus, dass ein Potential zu einem „Mehr“ gegeben ist. Es wird als Ziel ausgegeben, einen Zustand erreichen zu wollen, der mit einer anderen Gruppe vergleichbar ist. Sind die Zustände angeglichen, ist die „Entwicklung“ abgeschlossen. Die Vergleichsgruppe zu den – noch zu definierenden – Entwicklungsländern stellen nach einer herkömmlichen Ansicht meist die (westlichen) Industrienationen dar. Im Rahmen dieses Entwicklungsansatzes 4

Nuscheler, Entwicklungspolitik (2006), S. 225. Kritisch zur Begrifflichkeit der Entwicklung Rapin, Entwicklungspolitik und entwicklungspolitische Bildung (1987), S. 20 ff. 6 Vgl. Kuhn, Entwicklungspolitik zwischen Markt und Staat (2005), S. 39. 5

A. Hinführung zum Thema

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wird jedoch übersehen, dass unterschiedliche Werdegänge zum Ziel der „VollEntwicklung“ führen können und dass es nicht nur „den einen“ Entwicklungsweg gibt.7 Zudem entziehen sich nicht wenige Kulturen und Historien, Politik- und Wirtschaftssysteme einer Vergleichbarkeit. Die deutschen staatlichen Stellen und speziell das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geben keine einheitliche Definition von „Entwicklung“ vor. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung führt zur Entwicklungszusammenarbeit lediglich allgemein aus, dass diese „zur Prävention von Krisen und gewalttätigen Konflikten“ beitrage sowie eine „sozial gerechte, ökologisch tragfähige und damit nachhaltige Gestaltung der Globalisierung“ anstrebe.8 Die Bundeszentrale für politische Bildung, die dem Bundesministerium des Inneren untergeordnet ist, wagt hingegen eine grobe Umschreibung von „Entwicklung“. Dieser Umschreibung ist zu entnehmen, dass es sich bei „Entwicklung“ um einen Prozess handle, der weltweit Armut und Ungleichheit vermindern soll. Die „Entwicklung“ sei eine Querschnittsaufgabe, welche auf die Stärkung und Eigenverantwortung der Betroffenen ziele.9 Ob es sich bei „Entwicklung“ um ein normatives Konzept handeln könnte, wurde in der Literatur bisher nur sporadisch angesprochen. Meist wurde dieses Thema lediglich aus einer völkerrechtlichen Perspektive beleuchtet,10 wobei im Vordergrund stand, inwieweit sich eine Pflicht zur „Entwicklungshilfe“ aus verschiedenen internationalen Dokumenten herleiten lässt.11 Mangels einer Legaldefinition des Begriffs „Entwicklung“ in deutschen Gesetzestexten und der inhaltlichen Weite von „Entwicklung“ kann jedenfalls derzeit nicht angenommen werden, dass ein bestimmter oder unbestimmter Rechtsbegriff existiert.12 7 Spannend sind dabei neue Ansätze wie der „Glücksindex“ der UN. Nach dem „World Happiness Report 2019“ war Finnland das glücklichste Land der Welt (S. 32); die unglücklichsten Länder lagen größtenteils in Afrika und dem südlichen Asien; Deutschland belegte Rang 17. 8 BMZ, Lexikon, Stichwort „Entwicklungszusammenarbeit“. 9 Bpb, Stichwort Entwicklung. 10 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 202–206 sieht in Entwicklung ein „Strukturprinzip“, welches seine Rechtsgrundlage in Art. 2 Abs. 1 der UN Charta, Art. 209 AEUV, Art. 21 EUV i.V. m. Art. 24 GG und Art. 2 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1 IPWSK finde. 11 Ausführlich zur Entwicklung im Völkerrecht Kadelbach, Entwicklung als normatives Konzept, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 49–70 oder auch Wissing, Die gegenwärtige Diskussion über Kriterien bei der Vergabe staatlicher Entwicklungshilfe (1994), S. 105 ff. 12 Nohlen/Nuscheler, Was heißt Entwicklung?, in: Nohlen (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt (1992), Band 1, S. 55 (62 ff.) vertreten die Existenz eines empirischen Entwicklungsbegriffes, der aber nur „geeignet für das Schaufenster“ sei. Es könne ein „Fünfeck von Entwicklung“ aus den Kriterien Wachstum, Arbeit, Gleichheit bzw. Gerechtigkeit, Partizipation und Unabhängigkeit bzw. Eigenständigkeit angelegt werden.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

Bei „Entwicklung“ im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit kommt es folglich auf das Zusammenspiel von unterstützenden Ländern (Geberländer) und den Empfängern von Leistungen (Nehmerländer) an. „Entwicklung“ kann interpretiert werden, als „eine Vorstellung über eine gewünschte Richtung von gesellschaftlichen Veränderungen, Theorien der Unterentwicklung und Aussagen über (. . .) soziale (. . .) Trägergruppen und Ablaufmuster sozioökonomischer Transformationen“ 13. Letztendlich hat die Überwindung sozialer Not jedweder Art in Entwicklungsländern im Vordergrund der Entwicklungszusammenarbeit und damit im Zentrum von „Entwicklung“ zu stehen.14 Aufgrund der Weite des Begriffes der „Entwicklung“ soll im Folgenden stets der Fortschritt in allen Bereichen des Lebens, insbesondere aber die Beseitigung der sozialen Ungleichheit, im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. „Entwicklung“ darf hierbei nicht als etwas Statisches gesehen, sondern muss eher als ein Prozess begriffen werden, der nicht notwendigerweise in einem Abschluss mündet. 2. Entwicklungszusammenarbeit Die für diese Arbeit bedeutsame „Entwicklungszusammenarbeit“ hat eine innere Nähe zur „Entwicklung“. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Entwicklungsbegriffes ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass heute der Begriff „Entwicklungshilfe“ nicht mehr gebräuchlich ist, denn es besteht weitgehend übereinstimmend die Auffassung, dass diese Wortwahl eine einseitige Einmischung in die Interessen eines souveränen Staates von außen beschreibt.15 Vielmehr soll die Nutzung des Begriffes „Entwicklungszusammenarbeit“ veranschaulichen, dass der Prozess der Entwicklung im Einvernehmen und auf Augenhöhe mit gleichberechtigten Partnern geschieht. Auf das obige Verständnis über „Entwicklung“ aufbauend ist für diese Arbeit die „Entwicklungszusammenarbeit“ als das Zusammenspiel von Geber- und Nehmerländern mit dem Ziel, die Unterschiede in den Lebensstandards verschiedener Länder zu beseitigen, zu definieren.16 3. Entwicklungsländer Die Partner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind stets die „Entwicklungsländer“. Was jedoch unter einem „Entwicklungsland“ zu verstehen ist, 13

Nohlen, Lexikon Dritte Welt (1998), Stichwort „Entwicklung“, S. 216. Diese Definition wird vorgeschlagen von Kaltenborn, Soziale Rechte und Entwicklung, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 155 (156). 15 Vgl. Melchers/Meyns, Entwicklungszusammenarbeit, in: Meyns (Hrsg.), Handbuch Eine Welt (2009), S. 51. 16 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 1 hierzu zurückhaltender. Er definiert die Entwicklungszusammenarbeit als „Kooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zur Verbesserung der Lebensbedingungen in letzteren“. 14

A. Hinführung zum Thema

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konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden. Da – unabhängig von den Gründen für die Zusammenarbeit mit „Entwicklungsländern“ 17 – wichtig ist, mit wem die Bundesrepublik Deutschland überhaupt zusammenarbeitet, muss auch die Einstufung von „Entwicklungsländern“ näher untersucht werden.18 a) Völkerrechtliche Annäherung Im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) existieren mehrere Entwicklungsorganisationen, die in der „UN-Development Group“ integriert sind.19 Die zahlreichen Entwicklungsorganisationen innerhalb der Vereinten Nationen lassen sich damit erklären, dass die „Entwicklungsländer“ nach der Entkolonialisierung die Mehrheit der UN-Mitglieder stellten.20 Trotz der Masse an UN-Organisationen zur Entwicklungszusammenarbeit haben sich allerdings nur wenige der UN-Organisationen mit der Frage auseinandergesetzt, was unter einem „Entwicklungsland“ zu verstehen sein soll. Eine der UN-Organisationen, die Kriterien für „Entwicklungsländer“ aufgestellt hat, ist das „Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen“ („United Nations Development Programme“/UNDP). Bei dem UNDP handelt es sich um einen Exekutivausschuss der UN-Generalversammlung, der für die Förderung von weniger entwickelten Ländern zuständig ist. Das UNDP erarbeitet jährlich einen „Bericht über die menschliche Entwicklung“ („Human Development Report“) mit einem „Index der menschlichen Entwicklung“ („Human Development Index“/HDI). Der HDI berücksichtigt dabei neben dem Bruttosozialprodukt unter anderem auch die Lebenserwartung, einen Bildungsindex und die Einkommensstruktur von Ländern.21 Ländern mit einem niedrigen HDI als 0,5 wird ein „niedriger Entwicklungsstand“ zugeschrieben. Unabhängig vom durch das UNDP erarbeitete HDI stufen die Vereinten Nationen Länder als „less developed countries“ (LDCs) ein und erstellen in der UN-Generalversammlung jährlich eine Liste zu den „least developed countries“ 17 Vertiefend zur Motivationsstruktur in der Entwicklungszusammenarbeit Martinek, Die Verwaltung der deutschen Entwicklungshilfe und ihr Integrationsdefizit (1981), S. 36 ff. 18 Eine eher wirtschaftswissenschaftliche Einordnung bei Lorenz, Zur Typologie der Entwicklungsländer, in: Fritsch (Hrsg.), Entwicklungsländer (1968), S. 38 ff. Vgl. auch Benecke, Kooperation und Wachstum in Entwicklungsländern (1972); Junankar, Development Economics (2016). 19 Ausführlich Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 139. 20 Unter anderem agieren die „UN Konferenz für Handel und Entwicklung“, der „International Fund for Agricultural Development“, die „UN Industrial Development Organisation“ und einige mehr auf internationaler Ebene. 21 Vgl. UN, Human Development Report 2019, Human Development Index für 2018. Hiernach belegte Norwegen Platz 1, die Schweiz Platz 2, Irland Platz 3 und Deutschland (gemeinsam mit Hongkong) Platz 4; Niger erreichte dagegen den Platz 189, die Zentralafrikanische Republik Platz 188 und Tschad Platz 187.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

(LLDCs).22 Bei den LDCs handelt es sich um Länder, die besonders strukturschwach sind, ein geringes Humankapital aufweisen und ökonomisch bzw. ökologisch als besonders anfällig gelten. Von den LDCs sind die LLDCs zu unterscheiden, die auf Grundlage von durch die Vereinten Nationen ausgearbeiteten Kriterien als noch schutzbedürftiger gelten. Derzeit (Stand Dezember 2020) werden 46 Länder als die am wenigsten entwickelten Länder der Welt angesehen.23 Sie liegen größtenteils in Afrika sowie im südlichen Asien und gelten als Untergruppe innerhalb der „Entwicklungsländer“. Wegen ihrer geographischen Lage wollen zudem einige Inseln und verschiedene Binnenländer als „Entwicklungsländer“ eingestuft werden. Diese Länder haben es schwer, Handel zu betreiben und damit eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen. Unter Wirtschaftswissenschaftlern werden daher die Abgeschiedenheit und der Faktor Transport als Kriterien für Entwicklung diskutiert.24 Die Forderung einer Einstufung als „Entwicklungsland“ aufgrund von geographischen Bedingungen fand sich erstmals in Art. 24 des „Lomé-Abkommens“ wieder.25 Heute (Stand Dezember 2020) sind 38 Inselstaaten als Gruppe der „small island developing states“ (SIDS) anerkannt.26 Im Umweltvölkerrecht wird ebenfalls darüber diskutiert, ob es Länder gibt, die aufgrund ihrer Anfälligkeit für Umweltkatastrophen als „Entwicklungsländer“ besonders berücksichtigt werden müssten.27 Im Rahmen verschiedener internationaler Dokumente wird gleichwohl nur die erschwerte Situation von „Entwicklungsländern“ mit Umweltproblemen hervorgehoben und keine eigene Untergruppe von „Entwicklungsländern“ eröffnet. In dieser Lesart sind auch Art. 4 Abs. 5 und Abs. 6 des „Pariser Klimaabkommens“ zu sehen, wonach „Entwicklungsländern“ besondere Unterstützung beim Erreichen der Klimaziele zukommen soll, andererseits aber kleine Inseln explizit als eigene Gruppe der „Entwicklungsländer“ aufgeführt werden. Eine Klimabetroffenheit ist damit bislang kein Kriterium für die Einstufung von „Entwicklungsländern“. Mangels absoluter Kriterien für die Einstufung von „Entwicklungsländern“ spielt im internationalen Handelsrecht zudem die Berufung auf den Entwicklungs22 Die Unterscheidung von LDCs und LLDCs ist insbesondere im internationalen Kontext gebräuchlich; das BMZ verzichtet oft auf diese Differenzierung. Als Grund hierfür wird angegeben, dass die Begrifflichkeiten sehr ähnlich seien und Verwirrung stifteten. 23 UN, Least Developed Countries (Liste abrufbar unter: https://www.un.org/devel opment/desa/dpad/least-developed-country-category.html). 24 Zur Wirtschaftsgeografie und Entwicklung ausführlich Durth/Körner/Michaelowa, Neue Entwicklungsökonomik (2002), S. 173–189. 25 BGBl. II (1975), S. 2325. 26 UN, Small Islands Developing States (Liste abrufbar unter: https://sustainable development.un.org/topics/sids/list). 27 Beck, Die Differenzierung von Rechtspflichten in den Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern (1994), S. 27.

A. Hinführung zum Thema

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landstatus durch Selbstwahl eine erhebliche Rolle.28 Problematisch an dem System der Selbstwahl ist jedoch, dass sich teils weit entwickelte Länder zu „Entwicklungsländern“ deklarieren könnten, um von Handelsvorteilen zu profitieren.29 Im internationalen Handelsrecht können Industriestaaten „Entwicklungsländern“ dann aufgrund der sogenannten „enabling clause“ unter bestimmten Voraussetzungen und in Abweichung vom Meistbegünstigungsgrundsatz günstigere Zollbedingungen für Waren sowie eine differenzierte Anwendung nichttarifärer Maßnahmen gestatten.30 Diese Handelsvorteile werden nach der Präambel des „WTO-Übereinkommens“ oder Art. I Nr. 2 des „Abkommens über den Internationalen Währungsfonds“ gewährt, damit eine Erhöhung des Lebensstandards, die Sicherung eines hohen Beschäftigungsniveaus, die Steigerung der Realeinkommen und die Ausweitung des Welthandels auch in den „Entwicklungsländern“ eintreten können.31 Es soll sich allerdings nicht jedes Land als „Entwicklungsland“ einstufen lassen können, weswegen sich die Industrienationen vorbehalten, den Status von „Entwicklungsländern“ im internationalen Handelsrecht zu überprüfen.32 Die Weltbank wiederum hat ein eigenes System zur Einstufung von „Entwicklungsländern“ eingeführt.33 Der Ansatz der Weltbank richtet sich grundsätzlich nach dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung eines Landes. Hinzu kommen noch Kriterien wie die Alphabetisierungsrate, die Kindersterblichkeit, die Gesundheitsvorsorge und die Lebenserwartung. So schafft die Weltbank ein an objektiven Kriterien messbares System, an dem allerdings kritisiert wird, dass etwa die Geburtenrate, die Dominanz der Landwirtschaft, regionale Unterschiede oder soziale und politische Konflikte nicht in genügendem Maße in die Bewertung einfließen.34 b) Die Einstufung in Deutschland In Deutschland beruft sich das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei der Einstufung von „Entwicklungsländern“ auf 28

UNCTAD Präferenzsystem Doc. TD/B/330, Annex I. S. 4 und S. 8. Vgl. Beck, Die Differenzierung von Rechtspflichten in den Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern (1994), S. 23. 30 Tietje, Internationales Wirtschaftsrecht (2015), S. 202. 31 Ausführlich hierzu Jessen, WTO-Recht und „Entwicklungsländer“ (2006), S. 230 ff. 32 Ein aktuelles Beispiel einer Überprüfung ist der Fall der Volksrepublik China, das am 11. Dezember 2001 das 142. Mitglied der WTO wurde – als „Entwicklungsland“. Das derzeit bevölkerungsreichste Land der Welt hat seither ein rasantes Wirtschaftswachstum hingelegt, weswegen vielen Staaten darauf bestehen, dass China kein „Entwicklungsland“ mehr, sondern ein Industrieland sei. Vgl. Kiefer, Schwellenland China, AW-Prax 2012, S. 353 (354). 33 Kasteng/Karlsson/Lindberg, Differentiation between Developing Countries in the WTO (2004), S. 16 und S. 29. 34 Vgl. Jessen, WTO-Recht und „Entwicklungsländer“ (2006), S. 62. 29

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

eine Liste der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD).35 Diese Liste wird regelmäßig vom „Development Assistance Committee“ (DAC) der OECD neu überarbeitet und teilt alle Länder der Welt in zwei Kategorien ein. Als „Official Development Aid“ (ODA) bezeichnet das DAC der OECD alle geldwerten Leistungen, die an Länder der ersten Kategorie – die „Entwicklungsländer“ – getätigt werden. Die zweite Kategorie von Ländern besteht aus allen übrigen Ländern der Welt. Das DAC der OECD berücksichtigt bei seiner Einstufung wichtige Geberorganisationen sowie die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds.36 Aufgrund der breiten Mitwirkung innerhalb der OECD berufen sich viele Nehmerländer auf diese Liste, und es hat eine relative Vereinheitlichung der Kriterien für „Entwicklungsländer“ im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit stattgefunden. Die Diskussion über die Einordnung von „Entwicklungsländer“ kann an dieser Stelle lediglich aufgezeigt werden.37 Aufgrund der klaren Vorgaben und der regelmäßig überarbeiteten Listen des DAC der OECD wird im Folgenden dieser Einstufung von „Entwicklungsländern“ gefolgt.38 Da in dieser Arbeit die deutsche Entwicklungszusammenarbeit untersucht wird und auch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dieser Einstufung folgt, kann so eine einheitliche Diskussion über „Entwicklungsländer“ gewährleistet werden. 4. Schwellenländer Häufig wird neben dem Begriff des „Entwicklungslandes“ der Begriff des „Schwellenlandes“ verwendet. „Schwellenländer“ gehören zwar noch zu den Entwicklungsländern, sie durchleben aber bereits einen strukturellen Wandlungsprozess. In Teilbereichen ihrer Wirtschaft oder Gesellschaft erfüllen Schwellenländer schon hohe Standards und zeichnen sich durch ein wachsendes Pro-Kopf-Einkommen ihrer Bevölkerung aus. Gleichwohl werden weiterhin einige der Kriterien für Entwicklungsländer erfüllt, weswegen sie auch den Industrienationen noch nicht zugeordnet werden können.39 Da, wie bei den Entwicklungsländern, keine einheitliche Definition für „Schwellenländer“ existiert, können unterschied-

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BMZ, Lexikon, Stichwort „Entwicklungsland“. Vgl. ausführlich Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 185 f. 37 Dass der Streit um die Einstufung als Entwicklungsland in der Praxis Auswirkungen hat, zeigte Joseph Stiglitz am Beispiel Äthiopiens auf. Während die Weltbank in Krediten notwendige Investitionen sah, argumentierte der Internationale Währungsfonds, dass bereits eine zu hohe Abhängigkeit von Auslandshilfe bestehe. Ausschlaggebendes Argument war in der Diskussion die Einstufung als Entwicklungsland. Stiglitz, FMI, la preuve par l’Ethiopie, Le Mode Diplomatique, Ausgabe April 2002, S. 10. 38 Hierzu noch auf Seite 245 ff. 39 BMZ, Schwellenländer, Wichtige Partner für die internationale Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung. 36

A. Hinführung zum Thema

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lich viele Länder als „Schwellenländer“ eingestuft werden.40 Ob Länder tatsächlich als „Schwellenländer“ einzuordnen sind, ist insofern immer vom Einzelfall abhängig. 5. Länder der „Dritten Welt“ Die heute eher unübliche Formulierung Länder der „Dritten Welt“ stammt dem gegenüber noch aus einer Dreiteilung der Welt in den hoch entwickelten Westen („Erste Welt“), den unbekannten – teilweise mit den sozialistischen Ländern assoziierten – Osten („Zweite Welt“) und den unterentwickelten Süden („Dritte Welt“).41 Hierbei handelt es sich um eine umgangssprachliche, wenn auch wertneutrale Bezeichnung, die heute überholt erscheint.42 Einige Länder der sogenannten „Zweiten Welt“ haben nämlich – wie etwa die „asiatischen Tiger“ 43 – einen höheren Lebensstandard als manch europäisches Land erreicht, und im Süden existieren mit Südafrika, Argentinien, Chile und Brasilien ebenfalls Länder, die sich teilweise in der Entwicklung sehr weit an westliche Industrienationen angeglichen haben. Aufgrund seiner Ungenauigkeit soll der Begriff „Dritte Welt“ darum – außer im Rahmen einer historischen Bezugnahme – nicht weiterverwendet werden.44

II. Historischer Abriss der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit – und damit auch die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes hieran – lässt sich nur mithilfe einer historischen Betrachtung analysieren. Zum Verständnis der Funktionsweise der deutschen Entwicklungszusammenarbeit müssen daher die einzelnen Phasen seit der Geburtsstunde der deutschen Entwicklungszusammenarbeit einer genauen Untersuchung unterzogen werden. Nach dem Entstehen des Politikfeldes der Entwicklungszusammenarbeit wollten nämlich einige andere Politikbereiche ihre Kompetenzen nur ungern abgeben, sodass sich die Entwicklungspolitik schrittweise selbstständig machen musste. Im Laufe dieses langwierigen Prozesses kam es regelmäßig zu organisatorischen und inhaltlichen Umstrukturierungen. Jede Mo40 Wird etwa der HDI des UNDP herangezogen, werden Schwellenländer häufig als Länder mit einem HDI zwischen 0,5 und 0,8 qualifiziert. 41 Ob die LLDCs als Länder einer „vierten Welt“ einzustufen sind, wird zwar teilweise von Politikwissenschaftlern angesprochen (vgl. etwa W. Müller/Schindler, Entleert sich die Mitte wirklich?, in: Bayer/Mordt/Terpe/Winter [Hrsg.], Transnationale Ungleichheitsforschung [2008], S. 71 [74]), doch greift das dem Problem der Diversität der Regionen viel zu kurz und versucht eine veralte Einstufung (Länder der „Dritten Welt“) aufrecht zu erhalten. 42 Ausführlich zum Begriff der „Dritten Welt“ Nuscheler, Entwicklungspolitik (2006), S. 98 ff. 43 Unter den „asiatischen Tigern“ versteht man die Länder Südkorea, Taiwan, Singapur und Hongkong. 44 Ausführlich zur Heterogenisierung der Entwicklungsländer U. Menzel, Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorien (1992), S. 28 ff.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

difikation hat seine Spuren hinterlassen und dazu geführt, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bis heute nie aus einem Guss weiterentwickelt wurde. 1. Die Zeit der Kolonien Obwohl eine deutsche Entwicklungszusammenarbeit vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht stattfand, prägte die Zeit der Kolonien viele heutige Entwicklungsländer, weswegen es notwendig ist, diese Epoche in die historische Betrachtung mit einzubeziehen. Im Rahmen dieser Arbeit ist es zwar unmöglich, alle komplexen Aspekte des Kolonialismus und seiner Auswirkungen auf die heutige Entwicklungszusammenarbeit zu erörtern, doch soll ein kurzer Abriss der deutschen Kolonialzeit verdeutlichen, dass gewisse Zusammenhänge zwischen der historischen Kolonialpolitik und der heutigen Entwicklungszusammenarbeit bestehen. Bereits während der Kolonialzeit existierten Kontakte von heutigen Industrieund Entwicklungsländern.45 Dabei kann beobachtet werden, dass sich insbesondere vormalige britische, spanische und französische Kolonien bis heute auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit an ihren ehemaligen Kolonialmächten orientieren. Dieses Phänomen ist damit zu erklären, dass die genannten Länder, anders als das Deutsche Reich, auf eine erheblich längere Kolonialgeschichte zurückblicken und so stärkere Verbindungen geschaffen haben. Die für das Deutsche Reich mit dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 endende Zeit der Kolonien kann als eine erste Phase der intensiven Zusammenarbeit mit heutigen Entwicklungsländern gesehen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt träumten die Deutschen von einem „Platz an der Sonne“ 46. Otto von Bismarck sträubte sich zwar zunächst davor, in den Prozess der Kolonialisierung einzusteigen und legte größeren Augenmerk auf die innerstaatlichen Belange des jungen Deutschen Reichs. Auch als erste Kolonien bereits erworben waren, wollte er diese möglichst schnell wieder abgeben.47 Dessen ungeachtet sprachen immer mehr Gründe für die Fortsetzung des Prozesses der Kolonialisierung, die Friedrich Fabri, einer der vehementesten Vertreter der deutschen Kolonialexpansion, ausformulierte. Er sprach sich in seiner berühmten Propagandaschrift „Bedarf Deutschland der Kolonien?“ für den Beginn der Kolonialisierung aus und nannte Gründe, 45 In den 70er Jahren galt der Kolonialismus in manchen Kreisen als alleinige Ursache für die Unterentwicklung Afrikas. Heute wird die Misswirtschaft in vielen Ländern ebenso für die Armut vieler Menschen mit verantwortlich gemacht und grundsätzlich eine differenzierte Aufarbeitung betrieben. Hierzu ausführlich Nuscheler, Entwicklungspolitik (2006), S. 211–213. 46 Dieses Zitat stammt aus einer Reichstagsrede von Bernhard von Bülow am 06.12.1897 und untermauerte die zu diesem Zeitpunkt bereits begonnene Kolonialpolitik. 47 Erst 1871 war die Entscheidung getroffen worden, dass das Deutsche Reich als ein „Kleindeutsches Reich“ ohne Österreich gegründet werden soll; hierzu: Baumgart, Bismarck und der deutsche Kolonialerwerb (2010), S. 11.

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die entscheidend dazu beitrugen, die Grundstimmung der Öffentlichkeit zu beeinflussen.48 Hinzu kamen – so analysieren es Hans-Jörg Fischer49 in einer rechtshistorischen Untersuchung und Klaus Bade50 in einem Beitrag zur Kolonialgeschichte – immer stärker werdende Handelsinteressen und die Hoffnung, missionarisch tätig werden zu können. Letztlich sei ein deutscher Nationalismus im Entstehen gewesen, der von der sozialdarwinistischen Idee des Kampfes zwischen den Völkern geprägt gewesen sei, wobei das Deutsche Reich seine Kultur exportieren und seinen Einfluss durch eine „Germanisierung“ der Schutzgebiete ausweiten sollte. Da die Franzosen, Engländer, Niederländer, Spanier und Portugiesen als frühe Kolonialmächte bereits einen Großteil der Welt unter sich aufgeteilt hatten, blieben dem Deutschen Reich als nennenswerte Kolonien lediglich „Deutsch Südwestafrika“ (heute Namibia), „Deutsch Ostafrika“ (heute Tansania, Ruanda und Burundi), Kamerun und Togo. Als Höhepunkt der deutschen Kolonialzeit gilt das Jahr 1884, als in Berlin die „Kongokonferenz“ stattfand, auf welcher der afrikanische Kontinent unter den Großmächten entlang künstlicher Grenzziehungen aufgeteilt wurde.51 In den Kolonien wurden die Menschen selbst nur insoweit gefördert, als dass hiervon die Kolonialmächte profitierten. Zwar kann teilweise bis heute der Aufbau einer Infrastruktur als positiv betrachtet werden, doch war vorrangiges Ziel nicht ein Angleichen der Lebensstandards – wie es das oben festgestellte Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist – sondern die Durchsetzung geopolitischer Interessen. Organisierter Rassismus wurde – wie es Ulrike Haman52 eindrücklich nachweist – durch administrative Strukturen gefördert. Sofern den Menschen vor Ort in Einzelfällen doch geholfen wurde, geschah dies nicht aufgrund von Anordnungen durch das Deutsche Reich, sondern durch einzelne Personen oder Personengruppen wie Missionare und Siedler, die meist aus christlichen Motiven handelten.53 Das geltende Recht für Einheimische und Europäer unterschied sich elementar, und ein deutsches Rechtssystem wurde über die Kolonien gestülpt.54 Von einer Entwicklungszusammenarbeit nach heutigem Verständnis kann zur Zeit der Kolonien noch nicht gesprochen werden. Vielmehr hinterließen die Europäer in ihren ehemaligen Kolonien oft Hunger und Armut, zerstörten kulturelle Identitäten und legten durch willkürliche Grenzziehungen den Grundstein für 48

Bade, Imperialismus und Kolonialmission (1982), S. 2. Fischer, Die deutschen Kolonien (2001), S. 30. 50 Bade, Imperialismus und Kolonialmission (1982), S. 15. 51 Hierzu Mäder, Vom Kolonialismus zum Tourismus (1987), S. 15. 52 Haman, Prekäre koloniale Ordnung, Rassistische Konjunkturen im Widerspruch (2016), S. 219 ff. 53 Bade, Imperialismus und Kolonialmission (1982), S. 199. 54 Kelsen, Allgemeine Staatslehre (1925), S. 190. 49

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kommende Konflikte.55 Die heutige Entwicklungszusammenarbeit europäischer Nationen knüpft gleichwohl häufig an organisatorische oder administrative Gegebenheiten aus Zeiten des Kolonialismus an und nutzt existierende Infrastruktur, aufgebaute persönliche Verbindungen oder bereits zu dieser Zeit generiertes Wissen über die Entwicklungsländer. 2. Das Entstehen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg Während in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus eine Kooperation mit Entwicklungsländern quasi nicht stattfand, kann erst nach dem Zweiten Weltkrieg von einem Entstehen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gesprochen werden. Als Geburtsstunde wird meist das Jahr 1953 angegeben, als im Haushaltsplan – mit 500.000 DM, aus Mitteln des Marshallplans finanziert – der Titel „Zuschuss für die Förderung des Erfahrungsaustausches mit weniger entwickelten Gebieten“ ausgewiesen wurde.56 Dies kann als der erste Hinweis darauf gedeutet werden, dass sich die Bundesrepublik Deutschland wieder als Teil der Weltgemeinschaft sah. Teilweise wird eine solche Geburtsstunde mit dem Verweis abgelehnt, dass die Entwicklungshilfestrukturen nach dem zweiten Weltkrieg auf längere traditionelle Überseebeziehungen zurück gingen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Entstehung des „Goethe-Instituts“ oder des „Deutschen Akademischen Austauschdienstes“ (DAAD)57 auf die Zeit vor 1933 zurückgehe und es sich daher lediglich um eine Neugründung handle.58 Unabhängig von der konkreten Geburtsstunde der Entwicklungszusammenarbeit ist aufgrund der aufkommenden ausführlichen Berichterstattungen in den deutschen Medien – wie etwa über die Asienreise des damaligen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard – in der Öffentlichkeit eine wachsende Vorstellung über die Armut in anderen Teilen der Welt entstanden.59 Anders als diejenige der großen Kolonialmächte Frankreich und England60 fokussierte sich die deutsche Entwicklungspolitik anfänglich fast nur auf die euro55

Mäder, Vom Kolonialismus zum Tourismus (1987), S. 21. Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 29; Bräuer, Arbeitsfeld Entwicklungszusammenarbeit (1990), S. 15. 57 Ausführlich zum DAAD etwa Haase, Handlungsspielräume einer quasi-staatlichen Entwicklungshilfeorganisation (1991). 58 Danckwortt, Die Anfänge der Entwicklungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland in den fünfziger Jahren und die Weichenstellung für die folgenden Jahrzehnte, in: Glagow (Hrsg.), Deutsche und internationale Entwicklungspolitik (1990), S. 13. 59 So Höfkes, Bilanz der Dritte-Welt Politik nach dem 2. Weltkrieg, in: Hans-SeidlStiftung (Hrsg.), Entwicklungspolitik im Wandel (1986), S. 33 (36 f.). 60 Ausführlich zum Verhältnis Englands zu seinen ehemaligen Kolonien Sieberg, Colonial Development (1985), S. 527 ff. 56

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päische Integration und den Westanschluss.61 Eines der zentralen Motive für das Entstehen der Entwicklungszusammenarbeit war der fehlende Absatzmarkt im Osten und die Idee, Güter mit anderen Teilen der Welt auszutauschen. Zunächst war der Haushaltstitel deswegen dem Außenwirtschaftsrecht zugeordnet, also Teil des Wirtschaftsministeriums. Dieses beantragte in den ersten Jahren eine Erhöhung des Etats, unter anderem, weil die USA die Bundesrepublik zur Eindämmung der Sowjetunion in der „Dritten Welt“ 62 drängten.63 Die Bundesrepublik Deutschland wiederum knüpfte ihre finanzielle Unterstützung in der Entwicklungszusammenarbeit auf Grundlage der sogenannten „Hallstein-Doktrin“ daran, dass die DDR nicht als eigenständiger Staat anerkannt wurde.64 So wurde etwa eine Verhandlung mit Ägypten unterbrochen, bis Ägypten bereit war, die beabsichtigte Anerkennung der DDR aufzugeben.65 In der Nachkriegszeit beriefen sich Wissenschaftler – bevor sich hiervon ausgehend die Vorstellung über Entwicklung veränderte – weitgehend auf die ökonomische „Wachstumstheorie“ 66. Diese Theorie basierte auf dem keynesianischen Modell, wonach durch alleinige Erhöhung des Staatshaushaltes Vollbeschäftigung eintreten könne. In deren Folge sei eine interventionistische Wirtschaftspolitik Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. Diese ökonomische Ansicht wurde dadurch verstärkt, dass der „Marshallplan“ in Europa sehr schnell erste Erfolge zeigte.67 Daher wurde versucht, dieses Modell auch auf Entwicklungsländer anzuwenden, wobei angenommen wurde, dass Entwicklungsländer eine Nachahmung der Entwicklungsschritte westlicher Industrienationen durchlaufen müssten.68 Würden, so die Hypothese, nur genügend Gelder hierzu bereitgestellt, so könne die Unterentwicklung vieler Länder zügig beendet werden.

61 Schoof, Die bilaterale Entwicklungshilfe und ihre Verteilungskriterien (1985), S. 81. 62 Kritisch zur Begrifflichkeit bereits auf Seite 35. 63 Zur „Hallstein-Doktrin“ in der Entwicklungszusammenarbeit ausführlich Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 39 f. 64 Bemerkenswert ist, dass die Volksrepublik China heute ihre Zuwendungen im Rahmen ihrer (noch) gering ausfallenden Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls unter die Bedingung stellt, dass die Nehmerländer Taiwan nicht als eigenständiges Land anerkennen; vgl. hierzu Kiefer, Schwellenland China, AW-Prax 2012, S. 353 (354). 65 Bellers, Entwicklungshilfepolitik in Europa (1988), S. 3. 66 Vgl. Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019), S. 38 f.; Sangmeister/Schönstedt, Wege und Irrwege zum Wohlstand (2009), S. 56 ff. Als wichtige Vertreter der „Wachstumstheorien“ gelten Roy Harrod (*1900–1978, englischer Ökonom), Hollis Chenery (*1918–1994, Wirtschaftsprofessor in Harvard) oder Evsey Domar (*1914– 1997, Professor am MIT und Mitglied der „American Academy of Arts and Sciences“). 67 Zum „Mythos Marshallplan“ Braun, Armut überwinden durch Soziale Marktwirtschaft und Mittlere Technologie (2010), S. 201 ff. 68 Többe Goncalves, Entwicklungstheorie (2005), S. 14 f.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

3. Die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik im geteilten Deutschland Im Jahr 1956 wurde die Aufgabe der Entwicklungshilfe dem Auswärtigen Amt übertragen und der entsprechende Haushaltstitel auf 50 Millionen DM erhöht.69 Da sich das Wirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt in der Folgezeit jedoch im ständigen Zwist über Kompetenzen befanden, gab es im Bundestag die Idee, ein Ministerium für die Entwicklungszusammenarbeit einzurichten. Insbesondere der Abgeordnete Walter Scheel (FDP) setzte sich für ein Lenkungsministerium ein. Aufgrund der immer stärker werdenden Kritik an der unkoordinierten Entwicklungszusammenarbeit 70 wurde am 14. November 1961 das „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ gegründet, und Walter Scheel wurde erster Entwicklungsminister.71 Deswegen wird die Entwicklungspolitik auch als eine „Sache sui generis“ 72 des Bundestages bezeichnet. Da sich die „reine Wachstumstheorie“ bald als unbrauchbar zur Erklärung von Entwicklung herausstellte und konkrete Erfolge in der Entwicklungspolitik in der Praxis auf sich warten ließen, wurde diese Theorie in den 1960er Jahren durch andere nicht ökonomische Faktoren erweitert. Zwar blieb der Kern der „Wachstumstheorie“, wonach die wesentlichen Entwicklungsschritte der westlichen Industrienationen nachgeholt werden sollen, erhalten, allerdings wurde die Theorie um politische, kulturelle und soziale Elemente erweitert.73 So entstanden die „Modernisierungstheorien“ 74, die in den folgenden Jahren auch in der Politik Anwendung finden sollten und unter anderem in die Idee eines Rechtsexports einflossen. Zentraler Ansatzpunkt bei allen „Modernisierungstheorien“ und der ihr folgenden Entwicklungspolitik war die Vorstellung, dass sich die Entwicklungsländer nur von ihren Fesseln der Tradition befreien müssten, um den Prozess der Modernisierung einzuleiten. Walt Rostow75 ging dabei von fünf Stadien aus, die jedes Land durchlaufen müsse. Ausgangspunkt sei stets der traditionelle Agrarstaat. In 69

So Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 30. Kaiser/Wagner, Entwicklungspolitik (1986), S. 214. 71 Zur entwicklungspolitischen Initiative des Parlaments Bodemer, Entwicklungshilfe: Politik für wen? (1974), S. 30. 72 Dennert, Entwicklungshilfe geplant oder verwaltet? (1968), S. 19 f. 73 Többe Goncalves, Entwicklungstheorie (2005), S. 22. 74 Vgl. Sangmeister/Schönstedt, Wege und Irrwege zum Wohlstand (2009), S. 67 ff. Insbesondere vertreten von Walt Rostow (*1916–2003, US-Ökonom und Wirtschaftshistoriker, von 1960–1969 Teil der US-Regierung und von 1966 an Nationaler Sicherheitsberater von Lyndon B. Johnson) oder Arthur Lewis (*1915–1991, britischer Ökonom, Professor für internationale Politik, Mitglied der „American Academy of Arts and Science“ und Träger des Wirtschaftsnobelpreises 1979). 75 Rostow, The stages of economic growth and the problems of peaceful coexistence (1959), S. 8–13. 70

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einem zweiten Stadium komme es zu technischen Neuerungen, welche in einer dritten Stufe einen Durchbruch in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht in dem Entwicklungsland hervorrufen. Es folge das vierte Stadium, in dem die Bevölkerung durch einen „trickle down“-Effekt am Wohlstand teilhabe und sich letztlich – fünftes Stadium – das Wirtschaftswachstum auf hohem Niveau wieder abschwäche. Als Gegenentwurf zu den „Modernisierungstheorien“ fanden auch die „neomarxistischen Dependenztheorien“ 76 eine immer größere Aufmerksamkeit. Hiernach liege die Ursache für die Unterentwicklung in der „Dritten Welt“ nicht ausschließlich in den Entwicklungsländern selbst, sondern vielmehr an internationalen Strukturen, welche die Entwicklungsländer an Wachstum und Fortschritt hinderten.77 Die imperialistische Vorgehensweise der Kolonialmächte sei dabei die historische Ursache jeder Unterentwicklung. Dieser Zustand bestünde durch die stattfindende Ausbeutung weiter fort, weswegen sich die „terms of trade“ der Entwicklungsländer weiter verschlechterten. Darum müsse neben der Durchführung von Agrarreformen eine Abkopplung vom Weltmarkt stattfinden, um eine robuste Wirtschaft aufbauen zu können. Die Einführung von „Erziehungszöllen“ könne für den Aufbau eigener (neuer) Wirtschaftsgebiete genutzt werden, wobei Entwicklung nur zum Preis einer protektionistischen Zollpolitik funktionierte. Die „Modernisierungs-“ und die „Dependenztheorien“ standen sich in ihren vielfältigen Untertheorien und Auslegungsarten bis in die 1970er Jahre gegenüber und prägten auch die deutsche Entwicklungspolitik wesentlich. Rückblickend kann allerdings festgestellt werden, dass wohl in keinem Land der Welt jemals eine vollkommen an einer der Theorien angelehnte Entwicklungspolitik erfolgte. In Deutschland kam nach dem Ende der Koalition aus CDU/CSU und FDP während der ersten großen Koalition in der Nachkriegsrepublik 1966 Hans-Jürgen Wischnewski (SPD) an die Spitze des „Ministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“. Wischnewski sah das Selbstbestimmungsrecht der Völker als wesentlichen Baustein für die erfolgreiche Entwicklung von Ländern in der „Dritten Welt“ und erkannte das Wachstum der Weltbevölkerung früh als eine Herausforderung für die Entwicklungspolitik.78 In dieser Phase der Entwicklungspolitik zeigte sich, dass die bedingungslose Verteilung von Geldern an Entwicklungs-

76 Vgl. Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019), S. 42 ff.; Sangmeister/Schönstedt, Wege und Irrwege zum Wohlstand (2009), S. 114 ff. Als Begründer gelten Paul Baran (*1910–1964, US-Ökonom, Mitarbeiter der Federal Reserve und Professor an der Stanford University) und Samir Amin (*1931–2018, ägyptischer Ökonom, Professor in Dakar und Paris, Direktor des „Third World Forum“). 77 Hierzu (zeitlich etwas später) Amin, Imperialism and Unequal Development (1977), S. 37 ff. und S. 181 ff. 78 Wischnewski, Nord-Süd Konflikt (1968), S. 96.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

länder auf Grundlage der „Wachstumstheorie“ nicht hinreichend effektiv ist.79 Darum begann das „Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ unter Wischnewski seine Strategie zu ändern, und eine Entfernung von der „reinen Wachstumstheorie“ war damit auch in Deutschland die Folge. Mit der Wahl von Willy Brandt änderte sich die Ostpolitik der Bundesrepublik und die „Hallstein-Doktrin“ wurde lockerer angewandt.80 Im Zentrum der Politik des neuen Entwicklungsministers Erhard Eppler (SPD) stand daher nicht mehr die Unterstützung von Ländern, die sich weigerten, die DDR anzuerkennen, sondern es rückten andere Fragen in das Zentrum des Entscheidungsprozesses über die Auswahl der zu unterstützenden Länder. Während Eppler in den ersten Jahren seiner Amtszeit noch mit dem Wirtschaftsministerium und dem Auswärtigen Amt um Kompetenzen ringen musste, gelang es ihm, das Entwicklungsministerium im Laufe der Jahre weitestgehend unabhängig von anderen Politikbereichen zu machen. Inhaltlich erarbeitete Eppler das erste umfassende Konzept für die deutsche Entwicklungspolitik, welches am 11. Februar 1971 als Kabinettsbeschluss der Öffentlichkeit vorgelegt wurde.81 Zudem stieß er erstmalig eine Diskussion über das Thema Ökologie und Nachhaltigkeit in Entwicklungsländern an82 und versuchte die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Menschen in Entwicklungsländern mittels seines Grundbedürfnisansatzes zu verbessern.83 Als Eppler aufgrund der Ölkrise der Etat deutlich gekürzt wurde, trat er 1974 aus Protest von seinem Amt zurück.84 In diese Zeit fielen einige wichtige internationale Konferenzen zur Entwicklungszusammenarbeit, die auch die deutsche Entwicklungspolitik wesentlich prägten. Die Vereinten Nationen befassten sich mehrfach mit dem Thema der Entwicklungsländer, und im Dezember 1970 empfahl die Generalversammlung, dass die ökonomisch weiter entwickelten Länder langfristig 0,7 % ihres Bruttosozialproduktes für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufbringen sol-

79 Der sogenannte „Pearson Bericht“ von 1969 (nach dem Vorsitzenden der Kommission für internationale Entwicklung Lester Pearson benannt) war für das Umdenken von entscheidender Bedeutung, da dieser Bericht erstmalig die Entwicklungszusammenarbeit der vergangenen 20 Jahre weltweit auf Fehler untersuchte und feststellte, dass die langfristige Wirtschaftsentwicklung in Entwicklungsländern in keinem Fall das primäre Ziel der ausländischen Unterstützung war, sondern stets eigene kurzfristige politische und strategische Vorteile erzielt werden sollten. Zum „Gießkannenprinzip“ Bräuer, Arbeitsfeld Entwicklungszusammenarbeit (1990), S. 18. 80 Die lockere Anwendung der „Hallstein-Doktrin“ wurde erst mit dem Grundlagenvertrag vom 21.12.1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR obsolet (BGBl. II [1973], S. 421). 81 Eppler, Wenig Zeit für die Dritte Welt (1975), S. 96. 82 Eppler, Wenig Zeit für die Dritte Welt (1975), S. 28 ff. 83 Vgl. Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019), S. 49 f.; Schoof, Die bilaterale Entwicklungshilfe und ihre Verteilungskriterien (1985), S. 91. 84 Wernike, Die vertagte Zukunft, Die Zeit vom 07.10.1994.

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len.85 Deutschland hat diesen Wert zwar seither nie erreicht,86 seit 2013 ist aber eine stark ansteigende Tendenz in den Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit zu beobachten.87 Der derzeitige Entwicklungsminister Gerd Müller warnt jedoch vor einer sich abzeichnenden sinkenden ODA-Quote und wirbt – wie auch die Minister vor ihm – für eine Erhöhung des Entwicklungsetats im Haushaltsplan.88 Erwähnenswert unter der Vielzahl an internationalen Abkommen dieser Zeit ist das Lomé-Abkommen vom 28. Februar 1975 zwischen der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) und den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten), die heute 79 Länder umfassen.89 Den Kern dieses Abkommens machte die Erleichterung von Handelsbeziehungen sowie die Förderung von industriellen und landwirtschaftlichen Reformen aus. Kritik an dem Abkommen, das zwar nur für fünf Jahre gültig war, jedoch regelmäßig erneuert wurde,90 rührt daher, dass die Europäische Gemeinschaft bzw. heute die Europäische Union trotz der Übereinkünfte massive Handelsbeschränkungen und Subventionen – insbesondere im Agrarbereich – bis heute aufrechterhält. Als Nachfolger von Eppler wurde Egon Bahr (SPD) im Jahr 1974 Entwicklungsminister. Egon Bahr folgte in seiner nur zwei Jahre währenden Amtszeit als Entwicklungsminister einer pragmatischen Linie, die den Ansatz „Wandel durch Annäherung“ auf Entwicklungsländer zu übertragen versuchte und eine Kooperation mit den Entwicklungsländern auf Augenhöhe anstrebte.91 Auch Marie Schlei (SPD) war nur kurz Entwicklungsministerin. Besondere Aufmerksamkeit wurde während ihrer Amtszeit auf die Stellung von Frauen in Entwicklungsländern gelegt. Zudem suchte sie – dies war zuvor unüblich – Kon-

85 Im Jahr 2019 erreichte Deutschland eine ODA Quote von 0,61 %, wobei Deutschland damit einer der größten Nettogeber der OECD war. Lediglich die Türkei (1,15 %), Luxemburg (1,05 %), Norwegen (1,03 %), Schweden (0,96 %), Dänemark (0,71 %) und Großbritannien (0,70 %) erfüllten die Vorgaben. 86 Deutschland hat sich 1992 auf der Konferenz in Rio de Janeiro für Umwelt und Entwicklung abermals zu diesem Ziel bekannt. Gleichwohl kann bis dato lediglich im Jahr 2016 von einem Erreichen der Verpflichtungen gesprochen werden, sofern die Ausgaben für die Versorgung von Schutzsuchenden im Inland hinzugerechnet werden. Ohne eine solche Addition lag die ODA-Quote 2016 nur bei 0,52 % (hierzu Spiegel Online vom 11.04.2017: Entwicklungshilfe – Deutschland erfüllt erstmals Uno-Vorgabe). 87 Im Jahr 2021 wird das 0,7 % Ziel wohl erstmals erreicht, könnte aber in den kommenden Jahren wieder deutlich abfallen. 88 Brinbaum/Monath, Olaf Scholz’ Haushaltsentwurf verschreckt die Genossen, Der Tagesspiegel vom 02.05.2018. 89 Hierzu noch auf Seite 191 f. 90 „Lomé II“ vom 31.10.1979, „Lomé III“ vom 08.12.1984, „Lomé IV“ vom 16.12. 1989; heute abgelöst durch das „Abkommen von Contenou“ vom 23.06.2000 mit 20-jährigen Laufzeit. 91 Bräuer, Arbeitsfeld Entwicklungszusammenarbeit (1990), S. 20.

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takt mit Mitgliedern von Befreiungsorganisationen.92 Neben diesen inhaltlichen Neuerungen begann Schlei organisatorisch damit, zwischen den verschiedenen Entwicklungsländern zu differenzieren und angepasste „Konzepte“ zu erarbeiten. Der ihr als Entwicklungsminister folgende Rainer Offergeld (SPD) setzte die Politik von Marie Schlei, zwischen den einzelnen Entwicklungsländern zu differenzieren, fort. Aufgrund der Kontinuität konnte sich in der deutschen Entwicklungspolitik die Erkenntnis durchsetzen, dass sich Länder auf unterschiedlichen Entwicklungsständen befinden und daher verschiedene Entwicklungswege verfolgt werden müssen. Die Zusammenfassung von Gruppen ähnlicher Entwicklungsländer wird im Prinzip bis heute durch das „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ in „Konzepten“ vorgenommen. Offergeld setzte inhaltlich zudem eigene Schwerpunkte durch die Verabschiedung von „Grundlinien“ 93 und die Erarbeitung einer „Grundbedürfnisstrategie“.94 Nach der Regierungsübernahme von CDU/CSU in Koalition mit der FDP leitete Jürgen Warnke (CSU) seit 1982 das Entwicklungsministerium. Während seiner Amtszeit war ihm die Beschäftigungswirksamkeit der Entwicklungspolitik für Deutschland ein wichtiges Thema. Er vertrat die Auffassung, dass der Entwicklungsminister dafür Sorge zu tragen habe, dass mit marktwirtschaftlichen Mitteln ein Beitrag zur internationalen wirtschaftlichen Behauptung Deutschlands geleistet wird.95 Weil niedrige Rohstoffpreise und ein schwacher Markt in den 1980er Jahre die Weltwirtschaft dominierten, stagnierte auch die Entwicklung von Entwicklungsländern, die in dieser Zeit schwache bis negative Wachstumsraten zu verzeichnen hatten.96 Darum gilt diese Zeit in der Entwicklungsforschung grundsätzlich als ein „verlorenes Jahrzehnt“ 97. Dem sollte ein Konzept von Warnke zur ländlichen Entwicklung und zur Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern entgegenwirken.98 Auch Themen der technischen und wissenschaftlichen Kooperation wurden während der Amtszeit von Jürgen Warnke als Entwicklungsminister immer wichtiger.

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Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 91. Offergeld, Entwicklungshilfe (1980), S. 52–65. 94 BMZ, Herausforderungen für die Entwicklungspolitik in den achtziger Jahren (1982), S. 287 ff. 95 Warnke, Auf gutem Kurs (1987), S. 101. 96 Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1990: Die Armut, Tabelle 1.2, S. 13; von 1980 bis 1989 hatte demnach Afrika südlich der Sahara ein Wachstum des realen Pro-Kopf Einkommens von –2,2 %, Lateinamerika inklusive Karibik von –0,6 %, und Ostasien senkte sein Wachstum auf durchschnittlich „nur“ 6,7 %. 97 Nuscheler, Entwicklungspolitische Bilanz der 80er Jahre – Perspektiven für die 90er Jahre, in: Nohlen (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt (1992), S.156. 98 BMZ, Grundsätze und Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den 90er Jahren, S. 83 ff. 93

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4. Der Fall der Mauer und die Veränderungen bis in die Gegenwart Nach einer zweijährigen Amtszeit von Hans Klein (CSU) kehrte Warnke als Entwicklungsminister 1989 in sein Amt zurück. Dort erlebte er den Fall der Mauer und hatte die Aufgabe, die DDR-Entwicklungszusammenarbeit in die bundesrepublikanischen Strukturen einzugliedern. Dies gelang nach Angaben des ehemaligen Ministerialdirektors Michael Bohnet99 zügig, weil viele der Projekte der ehemaligen DDR einfach auslaufen konnten und von den übrigen 106 Projekten die Fortführung von 64 aus den Mitteln des „Ministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ positiv beschieden wurde. Einige wenige Vorhaben wurden zudem von Kirchen oder privaten Trägern weitergeführt. Trotz der Forderung des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, die durch eine mögliche Verkleinerung der Bundeswehr freiwerdenden Gelder nun in den Entwicklungsetat umzulegen,100 ist die ODA-Quote nach der Wiedervereinigung Deutschlands gemessen am Bruttosozialprodukt von 0,4 % im Jahr 1990 auf nur noch etwa 0,28 % im Jahr 1997 gesunken. Nicht nur die deutsche Außenpolitik, sondern auch die Entwicklungspolitik richtete sich aufgrund des nunmehr fehlenden Blockdenkens neu aus. So wurde unter Minister Carl-Dieter Spranger (CSU) das Ministerium 1993 organisatorisch in ein neu benanntes „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) umgestaltet. Wesentliche Bausteine der Zusammenarbeit wurden die Einhaltung der Menschenrechte, die Partizipation der Bevölkerung in politischen Prozessen und die „good governance“ 101. Unter einer „good governance“ wird dabei eine öffentliche Verwaltung verstanden, die sich durch Effizienz, einen verlässlichen juristischen Apparat und eine verantwortungsbewusste Regierung auszeichnet.102 Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, so die Annahme, könne es zu einem Fortschritt in Entwicklungsländern kommen. Die Durchführung von ökonomischen, strukturellen und politischen Reformen in den Empfängerländern wurde folglich Voraussetzung für die Leistung von ODA durch viele Geberländer.103 Die Forderung nach einer „good governance“ setzte sich bei allen Geberländern durch, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass nicht nur die „good governance“, sondern auch die Menschenrechte und die Partizipation von Menschen in Entwicklungsländern auf verschiedenen Welt99

Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 139. Nuscheler, Entwicklungspolitik (2006), S. 27. 101 Ausführlich hierzu Kötter, Good Governance, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 553 ff. 102 Weltbank, Sub-Saharan Africa: From Crisis to Sustainable Growth, A Long-Term Perspective Study (1989), Vorwort, S. xii. 103 Fuster, Die „Good Governance“ Diskussion der Jahre 1989 bis 1994 (1998), S. 227. 100

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konferenzen nicht zuletzt durch die Entwicklungsländer selbst betont und gefordert wurden.104 Seit der Wendezeit hat sich bei Ökonomen – und diesen folgend in der deutschen entwicklungspolitischen Praxis – keine einheitliche Entwicklungstheorie mehr durchsetzen können. Vielmehr geht die deutsche Entwicklungspolitik bis heute unterschiedlichen Ansätzen nach und verbindet verschiedene neue und alte Ansätze miteinander.105 Innerhalb der neu aufkommenden entwicklungspolitischen Ansätze geht das Spektrum von einer „feministischen Entwicklungskritik“ 106 über einen „ökozentristischen Entwicklungsansatz“ 107 bis hin zu einem „Antimodernismus“ 108, wonach der Entwicklungsgedanke ein rein westliches Importprodukt sei, das zum Niedergang indigener Kulturen führe und dem westlichen Machterhalt diene. Auf die anfängliche Euphorie der Zeit nach dem Kalten Krieg folgte bald die Ernüchterung – teilweise sogar als „Legitimationskrise“ der Entwicklungspolitik bezeichnet.109 Sogar ein sofortiges Ende der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wurde, wenn auch nur vereinzelt, gefordert.110 Grund hierfür war, dass in der Entwicklungszusammenarbeit weiterhin große Erfolge ausblieben. Hinzu kamen teils erhebliche Misserfolge und Fehleinschätzungen in der deutschen Entwicklungspolitik, auch aus der Vergangenheit, die plötzlich sichtbar wurden.111 Mit Heidemarie Wieczorek-Zeul kam 1998 wieder eine SPD-Ministerin ins Amt. Diese hielt am 19. Mai 2000 die erste Regierungserklärung zur Entwicklungspolitik vor dem deutschen Bundestag, in der sie das staatliche Handeln er-

104 Etwa auf der „Konferenz für Umwelt und Entwicklung“ in Rio (1992), der „Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung“ in Kairo (1994) oder der „Welternährungskonferenz“ in Rom (1996). 105 Ausführlich hierzu Többe Goncalves, Entwicklungstheorie (2005), S. 210 ff. 106 Vertreten von Judith Grant (*1956, US-Politikwissenschaftlerin und Feministin, Professorin an der Ohio Universität). 107 Als eine Fortsetzung der neoliberalen Wachstumstheorien vertreten u. a. von Björn Hettne (*1939, schwedischer Professor an der Universität Göteborg für internationale Politik und wirtschaftliche Entwicklung). 108 Vertreten von Serge Latouche (*1940, französischer Ökonom und Philosoph, Professor an der Universität Paris XI). 109 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 89. 110 Brigitte Erler hat mit ihrem Buch „Tödliche Hilfe“ (1986) bereits früh die Zustände angeprangert und gefordert, die deutsche Entwicklungshilfe ganz einzustellen. Dabei argumentierte sie mit eigenen Erfahrungen, die sie als Referentin des BMZ und als Bundestagsabgeordnete während ihrer Reisen in Entwicklungsländer gemacht hat. 111 Als eines von vielen Beispielen wird angeführt, dass in Bolivien der Bau einer Zinn-Schmelzhütte durch das BMZ gefördert wurde, obwohl im Andenhochland überhaupt kein Zinnvorkommen vorhanden war, so Fischermann, Über die Schwierigkeiten, den Erfolg von Entwicklungsprojekten zu messen, Die Zeit – Serie zur Entwicklungshilfe, Teil II, vom 28.03.1997.

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klärte, um die Legitimität der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wieder zu erhöhen.112 Die Ministerin Wieczorek-Zeul setzte sich außerdem auf dem „Millenniumsgipfel“ der Vereinten Nationen im Jahr 2000 ein und trug wesentlich dazu bei, dass die für bis 2015 zu erreichenden „Millenniumsziele“ für die Entwicklungsländer beschlossen wurden.113 Auf den „Millenniumszielen“ aufbauend beschloss die Bundesregierung 2004 das „Aktionsprogramm 2015“, wonach die Armutsbekämpfung als ein Querschnittfeld aller deutschen Politikbereiche zu begreifen sei.114 Um die Ziele des „Aktionsprogramms 2015“ praktisch umzusetzen, enthielt das Aktionsprogramm zehn Ansatzpunkte für die entwicklungspolitische Praxis. Unter anderem sollten die wirtschaftliche Dynamik und aktive Teilhabe der Armen erhöht, Agrarreformen durchgeführt, Verschuldung abgebaut, faire Handelschancen geschaffen, die soziale Sicherung gestärkt, eine intakte Umwelt und Gleichberechtigung gefördert, Menschenrechte verwirklicht, eine verantwortungsvolle Regierungsführung gestärkt und Konflikte friedlich gelöst werden. Neben der Halbierung der in extremer Armut lebenden Menschen115 gehörte zu den ausgegebenen Zielen, dass eine universelle Grundschulbildung durchgesetzt, die Säuglingssterblichkeit um zwei Drittel und die der Muttersterblichkeit um drei Viertel gesenkt, eine grundlegende Gesundheitsvorsorge für alle Menschen verfügbar gemacht und die globale Ressourcenverteilung gerechter gestaltet wird.116 In struktureller Hinsicht begann Frau Wieczorek-Zeul, die unübersichtliche Masse an Entwicklungsorganisationen neu zu gliedern, und integrierte etwa die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft in die Kreditanstalt für Wiederaufbau.117 Des Weiteren begann sie, die Vielzahl multilateraler Projekte zugunsten bilateraler Zusammenarbeit zurückzufahren. Hierbei reduzierte sie die Zahl der Partnerländer drastisch auf nur noch 70 Länder und legte davon 33 Länder als Schwerpunktländer fest.118 Dies sollte der Öffentlichkeit zeigen, welche konkreten Projekte die deutsche Entwicklungspolitik fördert und wohin deutsche 112 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 14. Wahlperiode, 106. Sitzung, Berlin, Freitag, den 19.05.2000, S. 9921–9926. 113 Bohnet, Armutsbekämpfung, in: ders. (Hrsg.), 40 Jahre Brücken zwischen Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik (2011), S. 432 ff. 114 BMZ, 12. Berichts zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (2005), S. 20– 22. Vgl. auch Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019), S. 64 ff. 115 Bei Abschluss des Aktionsprogrammes galten Menschen nach der Armutsgrenze der Weltbank als „extrem arm“, wenn sie weniger als $1 US am Tag zur Verfügung haben; dieser Wert ist aufgrund der Inflation zunächst auf $1,25 US erhöht worden und 2015 erneut auf $1,90 US am Tag. 116 BMZ, Aktionsprogramm 2015, S. 11. 117 Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 165. 118 Bohnet, Konzentration und Schwerpunktbildung in der Entwicklungszusammenarbeit, in: ders. (Hrsg.), 40 Jahre Brücken zwischen Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik (2011), S. 306.

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Steuergelder gehen.119 Eine Überschaubarkeit war bisher bei der finanziellen Förderung von multilateralen Projekten letztlich nicht mehr gewährleistet. Auch führte die Ministerin die Budgetfinanzierung zur Verbesserung der staatlichen Sozialleistungen ein,120 wobei Staatshaushalte durch Geld der Bundesregierung direkt gefördert werden, sofern sich diese durch eine „good governance“ ausgezeichnet haben.121 Seit 2009 knüpfte Dirk Niebel (FDP) an die Reformbereitschaft seiner Vorgängerin an. Es gelang ihm, die Vielzahl von Organisationen der technischen Zusammenarbeit 2011 zusammenzufassen und unter dem Dach der „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) zu bündeln. Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme, die als Voraussetzung für eine einheitliche deutsche Entwicklungspolitik gesehen werden kann. Unter der Leitung von Minister Niebel wurde 2012 auch das unabhängige „Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit“ (DEval) gegründet, das Projekte auf Effizienz, Nachhaltigkeit und Wirksamkeit überprüfen soll. DEval ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Bundesrepublik Deutschland als Alleingesellschafterin. Seit 2013 ist Gerd Müller (CSU) neuer Entwicklungsminister. Ausgegebenes Ziel von Gerd Müller ist eine Intensivierung und Konzentration der deutschen Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten.122 Sein „Marshallplan für Afrika“ 123 hat Einzug in den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vom 14. März 2018 gefunden.124 Er folgt damit dem „Aktionsprogramm 2015“, worin bereits im Jahr 2000 die Staaten Afrikas als besonders unterstützenswert eingestuft wurden. Die von Deutschland im Rahmen des G-20 Gipfels in Hamburg initiierte neue Partnerschaft mit Afrika unter dem Namen „Compact with Africa“ ergänzt den „Marshallplan für Afrika“. Im Zentrum dieses „Compact with Africa“ stehen individuell zugeschnittene Investitionspartnerschaften, um die Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in Afrika zu verbessern. Nachdem die „Millenniumsziele“ ausliefen, verständigten sich die Mitglieder der Vereinten Nationen im September 2015 auf die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (Agenda 2030)125. Diese Agenda soll die Grundlage dafür be119 Bereits 1995 wurde der Anteil der multilateralen Hilfe auf 30 % begrenzt, so Woche im Bundestag, 3/95 vom 15.02.1995. 120 Wahlers, Budgethilfe als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit (2008), S. 13 ff. 121 Dies ist etwa bei den folgenden Ländern der Fall: Äthiopien, Burkina Faso, Ghana, Malawi, Mosambik, Uganda, Sambia, Tansania, Vietnam. 122 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 18. Wahlperiode, 10. Sitzung. Berlin, 29.01.2014, S. 646–649. 123 Hierzu G. Müller, Umdenken (2020), S. 43 ff. 124 Koalitionsvertrag von 2018, S. 159, Rn. 7615 ff. 125 UN Doc. A/Res/70/1 vom 25.09.2015.

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reiten, dass weltweit wirtschaftlicher Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde erreicht werden kann. Die „Agenda 2030“, die voraussichtlich auch die deutsche Entwicklungspolitik der nächsten Jahre maßgeblich prägen wird, enthält unter anderem 17 Nachhaltigkeitsziele.126 Dabei werden wirtschaftliche, soziale und Umweltgesichtspunkte gleichrangig behandelt, was einen großen Unterschied zu den vorausgegangenen Abkommen darstellt. Als Hauptziele der „Agenda 2030“ sollen die Achtung der Würde des Menschen, der Schutz des Planeten, die Verbreitung von Wohlstand, die Friedensförderung und das Eingehen von globalen Partnerschaften erreicht werden.127 Spätestens seit der „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 steht in Deutschland die Förderung von Rückkehrprojekten auf der politischen Agenda. Es sollen Fluchtursachen bekämpft und Anreize für Geflüchtete geschaffen werden, in ihre Heimatländer zurückzukehren. Das Thema Migration und Flucht ist innerhalb der Entwicklungsforschung zwar kein neues Phänomen – Forscher sprechen von mindestens 250 Millionen Flüchtlingen im 20. Jahrhundert – doch haben spätestens die Anschläge vom 11. September 2001 in New York das Augenmerk von humanitären Anliegen hin zu einem Sicherheitsproblem gelenkt.128 Früher war die Unterstützung von Entwicklungsländern unabhängig davon, ob diese für Fluchtursachen verantwortlich sind. Neuerdings wurde durch einzelne deutsche Politiker die Meinung geäußert, dass nur Länder unterstützt werden sollten, die auch dazu bereit seien, Flüchtlinge wieder aufzunehmen.129 Zukünftige Entwicklungsabkommen sollten demnach an die Rücknahmebereitschaft von Flüchtlingen gekoppelt werden.130 Außerdem sei bei Ländern wie den „Maghreb Staaten“, die Flüchtlinge an der Überfahrt über das Mittelmeer hindern könnten, eben diese Hinderung als Voraussetzung für die Leistung von ODA zu fordern.131 Der amtierende Entwicklungsminister Gerd Müller hat sich jedoch gegen diese Vorschläge mit dem Argument ausgesprochen, dass eine solche Koppelung gerade nicht den Menschen in Ländern, die unter besonders erschwerten Bedingungen leben, helfe. Vielmehr komme es durch die Einstellung von Zahlungen zu einem 126 Hauff, Nachhaltige Entwicklungspolitik (2019), S. 119 ff.; G. Müller, Umdenken (2020), S. 165 ff. 127 Zum Stand der Umsetzung der „Agenda 2030“ G. Müller, Umdenken (2020), S. 165 ff. 128 Nuscheler, Migration und Flucht in: Meyns (Hrsg.), Handbuch Eine Welt (2009), S. 168. 129 Diese Forderung kam unter anderem von Michael Kretschmer (CDU) und Joachim Herrmann (CSU); nachzulesen bei Zeit online vom 06.05.2018: Asylrecht – Union will Entwicklungshilfe an Hilfe bei Abschiebungen knüpfen. 130 Breitegger/Völlinger, Flüchtlinge – Europa sucht seine Grenzen in Afrika, Die Zeit vom 15.12.2015. 131 Zur Rolle der Entwicklungsländer im globalen Migrationsregime Bast, Migration und Entwicklung in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 229 ff.

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Kollaps mancher Regionen, was wiederum zu einer deutlich erhöhten Flüchtlingszahl führe.132 Dem Ziel der Entwicklungszusammenarbeit würde damit nicht Rechnung getragen. Entwicklungsminister Müller setzte (und setzt) in der aktuellen Entwicklungspolitik unter anderem einen Schwerpunkt auf die Förderung von ökologischen Maßnahmen in Entwicklungsländern und auf die Schaffung fairer Lieferketten. Nicht nur drängte er bereits 2015 aus entwicklungspolitischen Gründen auf den Abschluss des Pariser Klimaabkommens, bis zum Jahr 2019 erarbeitete er auch das Textilsiegel „Grüner Knopf“, mit dem ökologische und faire Lieferketten ausgezeichnet werden können. Um das Textilsiegel zu erhalten, müssen Unternehmen anhand von 20 Kriterien ihre menschenrechtliche, soziale und ökologische Verantwortung nachweisen, und das Produkt selbst muss 26 soziale und ökologische Kriterien erfüllen.133 Das Thema gerechter Lieferketten versucht Müller – gemeinsam mit dem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) – darüber hinaus mittels eines „Lieferkettengesetzes“ in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.134 In einem Gesetzentwurf von 2020 ist insofern vorgesehen, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe dafür verantwortlich gemacht werden können, wenn die von ihnen vertriebenen Produkte nicht unter gewissen Mindeststandards produziert wurden.135 Die konkrete Ausgestaltung eines solchen, die Unternehmen verpflichtenden „Lieferkettengesetzes“ ist allerdings noch offen. Über das Planungsstadium hinausgekommen ist ein neues von Gerd Müller und seinem Ministerium erarbeitetes Reformkonzept „BMZ 2030“. Von Dezember 2018 bis Juni 2019 trafen sich diesbezüglich zunächst fünf Arbeitsgruppen aus dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, um Reformvorschläge für eine zukunftsfähige Entwicklungszusammenarbeit zu entwickeln.136 Im Ergebnis wurde von den Arbeitsgruppen vorgeschlagen, die Entwicklungspolitik „noch systematischer und an klar definierten Zielen auszurichten“, die bilaterale Zusammenarbeit weiter in den Vordergrund zu stellen, ein neues „Themen- und Partnerschaftsmodell“ mit weniger Partnerländern einzuführen und einen „internen Planungsgipfel zu Beginn der Haushaltsaufstellung“ zu schaffen, der die zentralen Vorgaben für die Planung der Haushaltsmittel aufstellen soll. Am 29. April 2020 präsentierte Gerd Müller das Reformkonzept „BMZ 2030“ offiziell.137 In der konkreten Förderarbeit sollen Einzelpro-

132 Tagesschau vom 06.05.2018: Unions Forderung: Entwicklungshilfe gekoppelt an Abschiebungen. 133 G. Müller, Umdenken (2020), S. 155. 134 Vereinbart schon im Koalitionsvertrag von 2018, S. 160, Rn. 7590 ff. 135 Vgl. zu dem Thema BT-Drs. 19/22090 vom 03.09.2020. 136 BMZ, Gemeinsam weiter, Zukunft denken: BMZ 2030 (2020), S. 24–27. 137 BMZ, Pressemitteilung vom 29.04.2020: Entwicklungsministerium legt mit „BMZ 2030“ Reformkonzept vor.

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jekte reduziert und stattdessen zukünftig Schwerpunktansätze (sog. Kern- und Initiativthemen) unterstützt werden. Neben Veränderungen der Titelstruktur des Haushaltes wird die bilaterale Zusammenarbeit mit den aktuell rund 85 Partnerländern um etwa 25 Länder innerhalb der nächsten zwei bis vier Jahre gekürzt. Grund für die Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit sei, dass viele der Partnerländer trotz Aufforderungen keine hinreichenden Reformbestrebungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung, der „good governance“ und der Einhaltung von Menschenrechten betrieben.138 Vor der Entscheidung über die konkrete Länderliste hat es einen Austausch des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit dem Bundeskanzleramt und dem Auswärtigen Amt – wohlgemerkt aber nicht mit dem Parlament – gegeben.139 Auf der Länder-Ausstiegsliste stehen etwa Myanmar, Nepal, Sri Lanka in Asien, Burundi, Sierra Leone und Liberia in Afrika und Kuba, Haiti und Guatemala in Lateinamerika. Welche weiteren Schwerpunkte Gerd Müller noch bis zu seinem angekündigten Rückzug aus der aktiven Politik zum Ende der aktuellen 19. Legislaturperiode im Jahr 2021 setzten wird, bleibt abzuwarten. Für die kommenden Jahrzehnte wird jedenfalls damit gerechnet, dass die Weltbevölkerung von heute rund 7,6 Milliarden bis 2050 auf 9,8 Milliarden Menschen anwachsen wird.140 Das Bevölkerungswachstum findet nach diesen Vorhersagen zu 99 Prozent in den Schwellen- und Entwicklungsländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas statt.141 Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts werden demnach etwa so viele Menschen in Afrika wie in Asien leben. In diesem massiven Bevölkerungswachstum, welches bereits früh als eine der großen Aufgaben in der Entwicklungszusammenarbeit erkannt wurde,142 ist wohl neben dem Klimawandel eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu sehen.143

138 Bereits kurz nach der Ankündigung gab es an dem neuen Ansatz Kritik, da – so etwa der Entwicklungspolitiker Uwe Kekeritz (Bündnis 90/Die Grünen) – besonders arme Länder, mit denen eine langjährige Zusammenarbeit stattgefunden habe, zugunsten einer „interessengeleiteten Geopolitik“ und „Migrationskontrolle und Grenzsicherung in Afrika“ nun nicht mehr direkt durch Deutschland gefördert würden (Kekeritz, Pressestatement vom 29.04.2020, unter: https://www.gruene-bundestag.de/presse/presse statements/uwe-kekeritz-zu-bmz-2030). Das Hilfswerk Misereor kritisiert an „BMZ 2030“, dass durch den neuen Ansatz diejenigen Gruppen zurückgelassen würden, die bisher die geringsten Chancen hatten, sich aus Armut und Marginalisierung zu befreien bzw. eine zu starke Fokussierung auf Afrika stattfinde (Steinbrecht, Misereor kritisiert Pläne zur Neuordnung der Entwicklungspolitik, Domradio.de vom 30.04.2020). 139 BT-Drs. 19/20436 vom 26.06.2020, S. 4. 140 UN, UN Documents, UN World Population Prospects, The 2017 Revision, S. 1. 141 Klingholz, Weltbevölkerung, in: Meyns (Hrsg.), Handbuch Eine Welt (2009), S. 221 (227). 142 Etwa Miller, Das Bevölkerungsproblem in den unterentwickelten Ländern, in: Fritsch (Hrsg.), Entwicklungsländer (1968), S. 240 ff. 143 Die ökologische Entwicklung der Dritten Welt wird als ein größeres Thema als die Armutsbekämpfung bezeichnet von Pitschas, Sozial-ökologische Institutionspolitik

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Allein der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um einen Grad könne – so der Internationale Währungsfonds in seinem Jahresbericht 2018 – zu einem Sinken des „per Capita Outputs“ um bis zu –2.27 % in Ländern des Südens führen.144 Auch das Problem des Welthungers ist bis heute ungelöst, und die Bekämpfung stagniert seit einiger Zeit. Im Jahr 2018 litten noch immer 15 % der Weltbevölkerung an Unterernährung.145 Das Problem des Welthungers wird sich in der Folge der Corona-Pandemie, aber auch aufgrund des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung in Zukunft nicht ohne Anstrengungen angehen lassen. Obwohl die Entwicklungszusammenarbeit noch an der Lösung vieler Probleme arbeitet, konnte die Zahl der Menschen, die in absoluter Armut leben, nach Angaben der Weltbank in den letzten Jahrzehnten drastisch auf heute etwa „nur“ noch eine Milliarde Menschen gesenkt werden.146 Hierzu haben armutsorientierte Programme der internationalen Staatengemeinschaft und bilaterale Entwicklungsprojekte genauso wie Fortschritte in Verteilungsfragen, Korruptionsbekämpfung, „good governance“-Programme und verbesserten Technologien beigetragen.147 Außerdem konnte aufgrund des höheren Wissenschaftsstandes die Produktion in Entwicklungsländern erheblich gesteigert werden, und mittlerweile existiert eine grundlegende Infrastruktur mit Straßen, Schienen und Internet teilweise sogar in abgelegenen Gegenden vieler Entwicklungsländer. Die Welt hat sich für einseitige entwicklungspolitische Ansätze viel zu sehr diversifiziert, weswegen es für die einzelnen Regionen oder Ländergruppen in der Entwicklungszusammenarbeit dezidierter Lösungen bedarf. Dies ist auch der Ansatz der aktuellen deutschen Entwicklungszusammenarbeit, der absehbar zu weiteren erfolgreichen Verbesserungen in den Lebensstandards vieler Menschen führen wird. Die unterschiedlichen Entwicklungstheorien sind in der Praxis dagegen nur noch dafür geeignet, monokausale Erklärungen zu liefern. Allerdings ist das Wissen um die sich ständig ändernde Prioritätensetzung in der deutschen Entwicklungspolitik wichtig, um die heutige Entwicklungszusammenarbeit und ihren Organisationsaufbau zu verstehen.

III. Die Zweiteilung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Wird die Funktionsweise und die Organisation der deutschen Entwicklungszusammenarbeit betrachtet, so ist diese zuvörderst durch ihre Zweiteilung zu chaim Süden, in: ders. (Hrsg.), Entwicklungsrecht und sozial-ökologische Verwaltungspartnerschaft (1994), S. 95 (96). 144 IMF, Annual Report 2018. 145 World Food Programme, Zero Hunger (2019). 146 UN, UN Documents, Ziele für nachhaltige Entwicklung (2017), S. 3. 147 Weltbank, Weltentwicklungsbericht 2017: Governance and the Law, S. 19.

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rakterisieren. Die Planung und die Kontrolle wird auf der einen Seite durch das „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (BMZ) vorgenommen, während die Durchführung vor allem durch die „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) und die „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KfW) erfolgt. Als Grund für diese Zweiteilung wird oft angegeben, dass sich Schwierigkeiten, die auf Projektebene bisweilen üblich sind, nicht automatisch zu innerstaatlichen oder bilateralen politischen Problemen ausweiten.148 Außerdem soll durch die gewählte Struktur sichergestellt werden, dass Entwicklungsländer im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit keinen Druck auf die Bundesrepublik ausüben können, um etwa gewisse Kapitalhilfeprojekte zu erzwingen.149 Letztlich führt die organisatorische Teilung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit jedoch dazu, dass zusätzliche Bürokratie geschaffen und eine Rückkopplung der Durchführungsorganisationen an die politische Leitung durch das BMZ erschwert wird. „Deutschland braucht eine Idee und eine Strategie dafür, was es sein will. Und es muss diese kommunizieren.“ 150 – Mit diesen prägnanten Sätzen beschreibt ein Vertreter der britischen Entwicklungszusammenarbeit die derzeitige Situation der deutschen Entwicklungspolitik. Er verdeutlicht mit seiner Aussage, dass der Organisationsaufbau der deutschen Entwicklungszusammenarbeit für andere Länder unkoordiniert erscheint. Tatsächlich handelt es sich bei der Trennung von politischer Leitung und technischer bzw. finanzieller Durchführung – in Abgrenzung zu anderen politischen Bereichen – um ein Kennzeichen der organisatorischen Struktur der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.151 Allerdings hat sich ein funktionstüchtiges Zusammenwirken der beteiligten Institutionen entwickelt, welches im Folgenden näher untersucht werden soll. 1. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Das BMZ wurde am 14. November 1961 unter dem Namen „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ als Bundesbehörde gegründet.152 Wie andere Ministerien auch, untergliedert sich das BMZ in verschiedene Referate, welche die konkreten Strategien und Projekte für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit erarbeiten. Die Referate des BMZ können in administrative Referate, regionale Länderreferate sowie fachliche Sektorreferate eingeteilt werden

148 R. Klein, Finanzielle bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit, in: Rüther (Hrsg.), Die notwendige Hilfe (1986), S. 106. 149 Glagow, Die deutschen Entwicklungsbanken (1985), S. 25. 150 Zitiert nach: GIZ, Deutschland in den Augen der Welt (2017/2018), S. 2. 151 Vgl. Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 142. 152 Hierzu bereits auf Seite 40.

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und sind wiederum sechs Abteilungen untergeordnet.153 Im Jahr 2014154 und im Rahmen des Reformkonzepts „BMZ 2030“ im Jahr 2020 fanden zuletzt organisatorische Umstrukturierungen statt. Aktuell arbeiten etwa 1.200 Personen im BMZ, wobei sich weitere 130 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Ausland aufhalten.155 Das Personal des BMZ wird regelmäßig an die Durchführungsorganisationen „ausgeliehen“. Die Hauptaufgaben des BMZ bestehen in der Planung von Projekten, in der Abstimmung mit den Durchführungsorganisationen und in den Verhandlungen mit Entwicklungsländern. Weitere Handlungsschwerpunkte stellen die Finanzierung, die Steuerung und die Koordination von nichtstaatlichen Organisationen sowie die Kontrolle der Verwendung der Mittel dar.156 Gerd Müller157 bemängelt insofern, dass das BMZ mehr „Mitspracherechte und Gesetzgebungskompetenzen“ benötige und sich langfristig zu einem „Ministerium für globale Zusammenarbeit“ weiterentwickeln müsse. Da die inhaltlichen Programme in der deutschen Entwicklungspolitik vorwiegend aus dem BMZ – und nur zu einem geringen Anteil aus dem Parlament – kommen, ist es eine weitere Hauptaufgabe des BMZ, neue Projekte zu entwickeln und dafür die notwendigen Gelder zu bewilligen.158 Ein Schwerpunkt wird dabei auf Projekte gelegt, die auf die unmittelbar Armutsbekämpfung und auf die Beseitigung von Engpässen der Grundbedürfnisse gerichtet sind, weil solchen eine besondere Wirksamkeit zugeschrieben wird.159 Die Vergabepraxis der Bundesregierung beruht auf dem Projektprinzip, dem Antragsprinzip und dem Prinzip der Nichtbindung.160 Nach dem Projektprinzip soll der Fokus grundsätzlich auf konkreten Projekten liegen, da solche besser geplant und verwaltet werden können als abstrakte Vorhaben. Nur wenn ein Entwicklungsland bei der Bundesregierung einen Antrag stellt – durch das Antrags153 Dies sind (Stand Oktober 2020) Abteilung Z (Zentralabteilung), Abteilung GS (Grundsätze; Daten und Wirksamkeit), Abteilung 1 (Globale Gesundheit; Wirtschaft; Handel; ländliche Entwicklung), Abteilung 2 (Marshallplan mit Afrika; Flucht und Migration), Abteilung 3 (Asien; Südost- und Osteuropa; Naher Osten; Lateinamerika; Zivilgesellschaft; Kirchen) und Abteilung 4 (Internationale Entwicklungspolitik; Agenda 2030; Klima). 154 OECD, OECD Development Peer Reviews, Germany 2015, S. 54. 155 BMZ, Ministerium: Aufbau und Organisation (Stand 2020). 156 Naini, Bundesrepublik Deutschland, in: Holthus/Kebschull (Hrsg.), Die Entwicklungspolitik wichtiger OECD-Länder (1985), Band 1, S. 503 (543). 157 G. Müller, Umdenken (2020), S. 179. 158 Vgl. Martinek, Die Verwaltung der deutschen Entwicklungshilfe und ihr Integrationsdefizit (1981), S. 94. 159 So Bohnet, Entwicklungspolitische Strategien des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in: Holtz (Hrsg.), Probleme der Entwicklungspolitik (1997), S. 239 (242). 160 Vgl. Hein, Die Westdeutschen und die Dritte Welt (2006), S. 44 ff.

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prinzip soll die Souveränität des Empfängerlandes gewährleistet werden – kommt es zur Aufnahme der Entwicklungskooperation. Das Prinzip der Nichtbindung besagt schließlich, dass die Empfängerländer bei der Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit nicht daran gebunden sind, mit den von Deutschland gewährten Kapitalhilfen Produkte und Materialien aus Deutschland zu beziehen, sondern dass auf eigene Mitarbeiter und Materialien zurückgegriffen werden kann. Noch im Vorfeld der Aufnahme von Entwicklungszusammenarbeit mit Entwicklungsländern ist regelmäßig eine enge Abstimmung mit anderen Ministerien erforderlich, die früher meist nur im Haushaltsverfahren stattfand.161 Da dem Auswärtigen Amt ein Monopol im Bereich der Außenpolitik zukommt, müssen zugunsten einer einheitlichen Außenpolitik alle politischen Fragen abgesprochen werden, und das Auswärtige Amt kann bei der regionalen Verteilung von Entwicklungsgeldern massiven Einfluss nehmen.162 Weitere regelmäßig an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit beteiligte Ministerien sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesfinanzministerium sowie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Wird durch ein Entwicklungsland ein Antrag auf Bereitstellung von Mitteln bei der Bundesregierung gestellt, muss geprüft werden, ob die notwendigen Gelder für das konkrete Vorhaben vorhanden sind und ob die Kooperation mit den Zielen und den Strategien der Entwicklungspolitik in Einklang gebracht werden kann. Sind die Voraussetzungen auf Seiten des BMZ gegeben, werden die Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den Vergabeprozess eingeschaltet, welche die Vorhaben selbst auch nochmals begutachten dürfen. Fallen alle Vorprüfungen positiv aus, schließt das BMZ den zur Entwicklungszusammenarbeit erforderlichen völkerrechtlichen Rahmenvertrag mit dem Partnerland ab.163 2. Die Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Die eigentliche Durchführung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird durch die Durchführungsorganisationen KfW und die GIZ vorgenommen. 161

Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (564). Nach Stockmann, Entwicklungsstrategien und Entwicklungszusammenarbeit, in: ders./Menzel/Nuscheler (Hrsg.), Entwicklungspolitik (2016), S. 425 (520 ff.) ist das BMZ nur für rund 60 % der ODA-Leistungen verantwortlich. Teilweise wird sogar eine Eingliederung des BMZ in das Auswärtige Amt für sinnvoll erachtet, so etwa Seitz, Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann (2019), S. 201. 163 „Leitlinien für die bilaterale Finanzielle und Technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ (Stand 2007), Ziffer 33. 162

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Daneben engagieren sich insbesondere Kirchen,164 politische Stiftungen165 und private Träger166 in der Entwicklungszusammenarbeit.167 Trotz ihrer wichtigen Aufgabe soll die Arbeit dieser letztgenannten Organisationen in dieser Untersuchung nicht weiter beleuchtet werden, denn ihre zumeist private Mittelbeschaffung und ihr Organisationsaufbau unterscheidet die zivilgesellschaftliche maßgeblich von der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. 168 a) Die Kreditanstalt für Wiederaufbau Die Entscheidung, die KfW als Entwicklungsbank einzusetzen, geschah vor dem Hintergrund, dass diese KfW bereits nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen des Wiederaufbaus von Deutschland Erfahrungen bei der Ankurbelung von Wirtschaft und Gesellschaft gesammelt hatte. Bei dieser Tätigkeit ist die KfW zudem über Exportfinanzierungen bereits erstmalig mit Entwicklungsländern in Kontakt gekommen.169 Da man die finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern als eine effektive Art der Entwicklungshilfe ausgemachte, wurde die finanzielle Entwicklungshilfe der KfW zugeordnet. Die wesentliche Aufgabe der KfW ist bis heute in der finanziellen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern zu sehen.170 Die KfW soll als Entwicklungsbank die Strukturanpassung der Wirtschaft von Entwicklungsländern durch Investitionskredite, Zuschüsse und Bürgschaften fördern. Mittels der Finanzierung von langfristigen Exportgeschäften der deutschen Wirtschaft wird zudem die Ökonomie des Partnerlandes angekurbelt.171 Die KfW ist also dafür da, eigenständige 164 Etwa „Adveniat“, „Aktion Arme Welt“, „Brot für die Welt“, „Evangelischer Entwicklungsdienst“ oder „Misereor“. 165 Etwa die „Konrad-Adenauer-Stiftung“, die „Hanns-Seidel-Stiftung“, die „Friedrich-Ebert-Stiftung“, die „Desiderius-Erasmus-Stiftung“, die „Friedrich-Naumann-Stiftung“, die „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ oder die „Heinrich-Böll-Stiftung“. 166 Etwa die „Kindernothilfe“, „Kolping International“, „Oxfam International“, „Terres des Hommes“ oder die „Welthungerhilfe“. 167 Ausführlich hierzu u. a. Glagow, Zwischen Markt und Staat, in: ders. (Hrsg.), Deutsche und internationale Entwicklungspolitik (1990), S. 160–179; Kirchhain/Kampermann, Private-NPO-Partnership in der Entwicklungszusammenarbeit, nopR 2020, S. 51 ff. 168 Im Bundeshaushalt für 2021 (Einzelplan 23, 2302) sind für die politischen Stiftungen gleichwohl 340 Millionen Euro (zwischenzeitlich erhöht auf 355 Millionen Euro), für Kirchen 322 Millionen Euro, für bürgerschaftliches und kommunales Engagement 353 Millionen Euro (mittlerweile zur Förderung langfristiger Vorhaben der Zivilgesellschaft um weitere 50 Millionen Euro erhöht) und für die Privatwirtschaft 267 Millionen Euro an Haushaltsmitteln vorgesehen. 169 So Glagow, Die deutschen Entwicklungsbanken (1985), S. 26. 170 Vgl. Klinnert, Durchführungsorganisationen, in: Ihne/Wilhelm (Hrsg.), Einführung in die Entwicklungspolitik (2006), S. 178 f. 171 R. Klein, Finanzielle bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit, in: Rüther (Hrsg.), Die notwendige Hilfe (1986), S. 106.

A. Hinführung zum Thema

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Strukturen in den Entwicklungsländern aufzubauen, günstige Kredite zu vermitteln und Sachgüter zu finanzieren, wobei derzeit ein Fokus auf den Umwelt- und Ressourcenschutz sowie auf die Stärkung des Finanzsektors gelegt wird.172 Rechtsgrundlage für die Arbeit der KfW ist das „Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (KfW-Gesetz)173 von 1948. Zwar standen zunächst andere Tätigkeiten als die der Entwicklungszusammenarbeit im Vordergrund der KfW, doch wurde 1961 die Aufgabe der finanziellen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern in das Gesetz eingefügt.174 Neben dem KfW-Gesetz existieren eine KfW-Verordnung sowie eine Satzung der KfW, und seit dem 16. Mai 1966 regelt der „Vertrag zur Durchführung der bilateralen Kapitalhilfe an Entwicklungsländer zwischen KfW und der Bundesrepublik Deutschland“ 175 – abgelöst durch einen Generalvertrag vom 22. Juni 2009 – die Mittelbeschaffung sowie die Kontroll- und Berichterstattungspflichten. Im Jahr 2003 wurde die KfW mit der „Deutschen Ausgleichsbank“ fusioniert und in eine „KfW-Bankengruppe“ umstrukturiert.176 Dabei wurde keine eigenständige Entwicklungsbank gegründet, obwohl dies aufgrund widersprechender Aufgaben der KfW – etwa im Bereich der Exportförderung – möglich gewesen wäre. Ob das Ziel der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit in Einklang mit den übrigen im „KfW-Gesetz“ genannten Zielen gebracht werden kann, kann an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt werden.177 Jedenfalls normiert heute § 2 Abs. 1 Nr. 1h KfW-Gesetz den Auftrag der KfW, in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit tätig zu werden. Die KfW wurde als eine Anstalt des öffentlichen Rechts178 gemäß § 1 Abs. 1 KfW-Gesetz eingerichtet. Dabei halten der Bund etwa 80 Prozent und die Bundesländer etwa 20 Prozent der Anteile an der Kreditanstalt.179 Der Vorstand der KfW besteht nach § 6 Abs. 1 KfW-Gesetz aus mindestens zwei Mitgliedern, die vom Verwaltungsrat bestellt und abberufen werden. Der Verwaltungsrat setzt sich wiederum gemäß § 7 KfW-Gesetz aus jeweils sieben Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates, aber auch aus fünf Vertretern von Banken – jeweils ein Vertreter der Realkreditinstitute, Sparkassen, genossenschaftlichen Kreditinstitute, Kreditbanken und Kreditinstitute auf dem 172

Bohnet, Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik (2015), S. 21. WiGBl. (1949), S. 123; heute in der Fassung des BGBl. I (1969), S. 573, zuletzt geändert durch BGBl. I (2015), S. 1474. 174 BGBl. I (1961), S. 1339. 175 Hierzu Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 142. 176 Lachmann, Entwicklungshilfe (2010), S. 181. 177 Hierzu auf Seite 251 f. 178 Teilweise wird die KfW fälschlich als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bezeichnet wie etwa bei Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 142. 179 Lachmann, Entwicklungshilfe (2010), S. 181. 173

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Gebiet des Industriekredites –, vier Vertretern von Gewerkschaften, zwei Vertretern der Industrie sowie jeweils einem Vertreter von Gemeinden, Landwirtschaft, Handwerk, Handel und Wohnungswirtschaft zusammen. Die jeweiligen Minister – Finanzminister, Wirtschaftsminister, Außenminister, Landwirtschaftsminister, Verkehrsminister, Umweltminister und Entwicklungsminister – können sich in den Gremien vertreten lassen. Finanz- und Wirtschaftsminister fungieren im jährlichen Wechsel als Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender. Das Bundesfinanzministerium übt gemäß § 12 KfW-Gesetz zudem die Rechtsaufsicht im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aus; eine Aufsicht durch das BMZ ist gesetzlich nicht vorgesehen. b) Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Die technische Zusammenarbeit wird heute vorwiegend durch die GIZ vorgenommen. Es handelt sich hierbei um eine Dachorganisation, die seit Anfang Januar 2011 die vorherige Zersplitterung der technischen Zusammenarbeit in viele verschiedene Organisationen weitestgehend beendet. Dabei wurden die „Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit“ (GTZ), der „Deutsche Entwicklungsdienst“ (DED) und die „Internationale Entwicklung und Weiterbildung GmbH“ (IntWEnt) sowie weitere kleinere Durchführungsorganisationen zusammengelegt.180 Bis heute existieren allerdings noch andere technische Durchführungsorganisationen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, die nicht Teil der GIZ wurden und weitgehend eigenständig agieren können, wie die „Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft“ (DEG), die „Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe“ (BGR) oder das „Centrum für internationale Migration und Entwicklung“ (CIM). Die GIZ deckt nichtsdestotrotz den größten Teil der technischen Zusammenarbeit ab und gilt als Hauptakteurin in diesem Bereich. Die eigenständigen Entwicklungsorganisationen befassen sich demgegenüber meist nur mit Spezialaufträgen. Die GIZ ist in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgestaltet. Mithin finden die Vorschriften des „Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ (GmbHG)181 Anwendung. Der zur Gründung gemäß § 2 Abs. 1 GmbHG erforderliche Gesellschaftsvertrag wurde am 23. Juni 1978 – damals über die GTZ – geschlossen und regelt Struktur, Aufbau und Zuständigkeit der entwicklungspolitischen Organisation. Als Rechtsnachfolgerin der GTZ findet der Gesellschaftsvertrag auch für die GIZ Anwendung. 180 OECD, OECD Development Cooperation Peer Reviews: Germany 2015, S. 91– 95: Im Hinblick auf Reformen des organisatorischen Aufbaus in Deutschland sei trotz aller Kritik positiv anzuerkennen, dass es seit der vorausgegangenen harschen Kritik durch die OECD (OECD, OECD Development Cooperation Peer Reviews, Germany 2010, S. 62 ff.) zu einer weitgehenden Bündelung der technischen Zusammenarbeit unter dem Dach der GIZ gekommen sei. 181 RGBl. I (1892), S. 477, zuletzt geändert durch BGBl. I (2017), S. 2446.

A. Hinführung zum Thema

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Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass die Gründung der GIZ als GmbH ohne gesetzliche Grundlage dem institutionellen Gesetzesvorbehalt widerspricht.182 Die Wahl einer privatrechtlichen Organisation mag gleichwohl sinnvoll gewesen sein, weil die GIZ heute aufgrund ihrer Struktur auf dem Markt wie ein Unternehmen agieren kann, effektive Handlungsweisen möglich sind und der Entwicklung förderliche Partnerschaften eingegangen werden können. Neben dem Gesellschaftsvertrag ordnet ein Rahmenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der GTZ – heute der GIZ als Rechtsnachfolgerin der GTZ – die Grundlagen der Zusammenarbeit.183 Der Aufsichtsrat der GIZ ist jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmervertretern und von Vertretern des Anteilseigners besetzt.184 Da der Bund Alleingesellschafter ist, kann der Aufsichtsrat ohne aufwändige Absprachen gesellschaftsrechtliche Befugnisse ausüben. Die Bundesregierung stellt stets den Vorsitz des Aufsichtsrates, damit bei Pattsituationen die Interessen des Bundes gewahrt bleiben.185 Neben dem Aufsichtsrat existiert in der GIZ ein Wirtschaftsbeirat, bestehend aus Mitgliedern von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, der zweimal jährlich tagt.186 Der Wirtschaftsbeirat ist eine Plattform für den Austausch von Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit, wobei ein entwicklungsfreundliches Wirtschaften gefördert werden soll. Außerdem gibt es gemäß § 24 des Gesellschaftsvertrages in der GIZ ein Kuratorium, welches beratend tätig wird und einmal jährlich zusammentritt. Von sei182 Hierzu ausführlich auf Seite 220–220; vgl. auch T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (664 f.); Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 465 (490). 183 So Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 143. Die Existenz eines solchen Rahmenvertrages wird allerdings bestritten von T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht, (2014), S. 667 Fußnote 28. 184 Von den zehn Mitgliedern, welche die Anteilseigner stellen, sind fünf Abgeordnete des Bundestages, hinzu kommen der Vorsitzende des Stiftungsvorstandes der „Stiftung für Internationale Entwicklung“, die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium der Finanzen und die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt. Die Arbeitnehmerseite wird vertreten von drei Gewerkschaftern, einem leitenden und sechs Angestellten. 185 T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (668). 186 Aktuelle Mitglieder sind je ein Vertreter des „Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.“, des „Deutschen Industrie- und Handelskammertages“, der „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“, des „Verbandes Beratender Ingenieure“, des „Zentralverband des Deutschen Handwerks“, der „Voith Hydro GmbH & Co KG“, der „Dorsch Holding GmbH“, der „Perfekta Unternehmensgruppe“, der „SAP SE“ und der „sysmex Partec GmbH“.

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nen 40 ehrenamtlichen Mitgliedern sind allerdings nur sechs Abgeordnete des Bundestages.187 Aufgrund der unregelmäßig stattfindenden Treffen ist dem Gremium aber nur eine untergeordnete Bedeutung zuzuschreiben, die vor allem in der Impulssetzung zu sehen ist. Derzeit werden die Fachkräfte der technischen Zusammenarbeit in verschiedenste Entwicklungsländer entsendet, um vor Ort Unterstützungsleistungen vorzunehmen. Die Weitergabe von technischem, wirtschaftlichem oder administrativem Wissen steht dabei im Vordergrund. Von den im Jahr 2018 gelisteten 20.726 Mitarbeitern der GIZ sind fast 70 Prozent nationales Personal in den Entwicklungsländern.188 Selbst wenn man lediglich von den übrigen 30 Prozent als festen Mitarbeiter ausgeht – die GIZ gibt an, dass 4.068 Inlandsmitarbeiter und 2.462 ins Ausland entsandte Fachkräfte im Jahr 2018 beschäftigt waren189 – so stehen dem im BMZ nur etwa 1.330 Mitarbeiter gegenüber. Der enorme personelle Überhang auf Seiten der GIZ verdeutlicht die weitgehende Eigenständigkeit der Durchführungsorganisation. Gleichwohl liegt dem Großteil der Aktivitäten der GIZ ein Auftrag des BMZ zu Grunde, aber auch andere Ministerien und die Privatwirtschaft erteilen Aufträge an die GIZ. Im Vordergrund der Tätigkeit der GIZ stehen zwar meist gemeinnützigen Vorhaben zur Förderung der Entwicklungsländer. Die GIZ wird aber auch in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbereich der „International Services“ (InS) aktiv, wenn sie von internationalen Auftraggebern direkt beauftragt wird. Neben der Europäischen Union und nationalen Regierungen treten dabei bi- und multilaterale Geber, aber auch die Privatwirtschaft an die GIZ heran.190 Die erwirtschafteten Gewinne sollen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zugutekommen, und die Betätigung der GIZ in anderen Geschäftsfeldern soll zu einem Kompetenzaufbau in neuen Bereichen führen.191 Neben der Durchführung von einzelnen Projekten steht heute häufig der „capacity approach“ im Zentrum der technischen Zusammenarbeit. Hierbei werden Programme unter Einbeziehung der lokalen Strukturen und Behörden entwickelt und durchgeführt.192 Dies soll die Akzeptanz von Neuerungen bei der Bevölkerung in Entwicklungsländern fördern und Wissen über die Funktionsweise der Projekte bzw. über ihre Instandhaltung vermitteln. Durch die Einbezie187 Die Bundesressorts entsenden daneben zehn, die Bundesländer sieben, die Wirtschaft sechs, die Zivilgesellschaft vier, die Wissenschaft, die Kommunen und die Entwicklungshelfer je zwei sowie die Gewerkschaften einen Vertreter in das Kuratorium. 188 GIZ: Profil, Personalzahlen (unter: https://www.giz.de/de/ueber_die_giz/1689. html). 189 GIZ: Integrierter Unternehmensbericht 2018, S. 19. 190 GIZ: Jahresabschlussbericht 2017, S. 5. 191 Zur Tätigkeit im Bereich der InS auch BT-Drs. 18/2756 vom 08.10.2014. 192 Braun, Armut überwinden durch soziale Marktwirtschaft und Mittlere Technologie (2010), S. 229 f.

B. Die „Gesetzlosigkeit‘‘ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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hung der lokalen Bevölkerung und der regionalen Strukturen im Rahmen des „capacity approach“ wird auf die langfristige Funktionstüchtigkeit von Entwicklungsvorhaben hingewirkt. Schließlich ist die Erarbeitung von Studien und Gutachten zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit ein weiterer Schwerpunkt der GIZ. Diese Studien und Gutachten werden wiederum vom BMZ benötigt, um Länder-, Sektoren- oder Regionenkonzepte auszuarbeiten und um eine stetige Anpassung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit an die sich ändernden Gegebenheiten zu gewährleisten. Es zeigt sich, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit von der Kooperation zahlreicher Organisationen miteinander geprägt ist. Aufgrund der organisatorischen Trennung von finanzieller und technischer Zusammenarbeit ist es zu einer Spezialisierung und einer Bündelung von Fachwissen innerhalb von GIZ und KfW gekommen, die wiederum mit dem BMZ verbunden sind. Die Zweiteilung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Organisation und Durchführung durchdringt damit alle Bereiche der deutschen Entwicklungspolitik.

B. Die „Gesetzlosigkeit“193 der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit liegt, wie es bereits Udo Kollatz formulierte, kein formelles von Bundestag und Bundesrat verabschiedetes und vom Bundespräsidenten ausgefertigtes Gesetz zugrunde. Vielmehr findet die konkrete Ausgestaltung der Entwicklungszusammenarbeit über die Einstellung von Geldern im Haushaltsgesetz mit seinem Haushaltsplan 23 statt, wobei im Haushaltsplan 23 darauf verwiesen wird, dass die Gelder in der Entwicklungszusammenarbeit unter den Bedingungen von Leitlinien der Bundesregierung zu verwenden sind. Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit ist folglich zwar dem Recht im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG unterworfen, ähnelt doch meist aber vorhabenbezogenen Verwaltungsmaßnahmen.194 Die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland hingegen wird grundsätzlich durch den Abschluss völkerrechtlicher Verträge initiiert. Aufgrund eines gesetzlichen Auftrages engagiert sich Deutschland in der Folge im Rahmen von internationalen Organisationen, die wiederum durch die Mitgliedsstaaten finanziert werden. Die deutschen Beiträge werden durch die Ratifikation der Beitrittsgesetze im Parlament festgelegt, und ihre Höhe ist im 193 Der Begriff wurde im Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit geprägt von Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (562). 194 Vgl. Martinek, Die Verwaltung der deutschen Entwicklungshilfe und ihr Integrationsdefizit (1981), S. 71.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

Haushaltsplan ersichtlich.195 Aufgrund des Beitritts zu einzelnen internationalen Organisationen erhält die Bundesrepublik Deutschland Mitwirkungsrechte an den Akten der Organisationen.196 Dabei bestimmen sich die Mitwirkungsmöglichkeiten der einzelnen Länder entweder nach der Höhe der Einlage – so bei der Weltbank – oder jedes beteiligte Land hat eine gleichberechtigte Stimme, wie in der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Trotz der Mitwirkungsrechte und der teilweisen Stellung von Direktoren in den multilateralen Entwicklungsorganisationen hat die Bundesrepublik bei der Ausführung von multilateralen Entwicklungsprojekten keinen eigenen Gestaltungsspielraum mehr. Da es um völkerrechtlich legitimierte Handlungen geht, bedürfen diese lediglich eines Beitrittsgesetzes im Parlament; eine weitergehende gesetzliche Regelung erscheint nicht zwingend geboten. Das Fehlen eines aber zumindest die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit regelnden Gesetzes ist im Vergleich zu anderen Ländern und im Vergleich zur Europäischen Union nicht der Regelfall.197 In Deutschland existiert lediglich ein „Entwicklungshelfergesetz“ (EhfG), das die Rechtsstellung der ins Ausland entsendeten Menschen regelt – die in § 1 EhfG als Entwicklungshelfer legaldefiniert werden.198 Dabei bestimmt § 2 EhfG, unter welchen Voraussetzungen juristische Personen des Privatrechts als Träger des Entwicklungsdienstes anerkannt werden, und dass diese Träger mit den Entwicklungshelfern gemäß § 4 EhfG einen Entwicklungsdienstvertrag abschließen müssen. Zusätzlich wird festgelegt, wie die Versicherungen der Entwicklungshelfer ausgestaltet sein müssen, welche Folgen bei Gesundheitsstörungen oder Tod im Ausland eintreten und wie die berufliche Wiedereingliederung in Deutschland ablaufen soll. Zum Aufbau oder der Organisation der Verwaltungseinheiten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit macht das „Entwicklungshelfergesetz“ hingegen keine Ausführungen. Durch das Fehlen einer detaillierten gesetzlichen Regelung wird der Entwicklungsverwaltung ermöglicht, flexibel auf neue Gegebenheiten – die in Entwicklungsländern vielfältig denkbar sind – zu reagieren. Kommt es etwa zu unerwarteten Ereignissen in einem geförderten Entwicklungsland, ist ein zügiges Handeln ohne die starren Vorgaben eines Gesetzes möglich. Wie die Historie der Entwicklungszusammenarbeit gezeigt hat, ist es zudem üblich, dass neue Entwicklungstheorien die entwicklungspolitische Praxis beeinflussen oder dass im Rahmen von internationalen Geberkonferenzen bzw. von Beschlüssen der Verein195 Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 466 (488). 196 Etwa das „Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Abkommen über den Internationalen Währungsfonds und über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung“ (BGBl. II [1952], S. 637 ff.). 197 Ausführlich hierzu Dann, Europäisches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Terhechte (Hrsg.), Verwaltungsrecht der Europäischen Union (2011), S. 1189 ff. 198 BGBl. I (1969), S. 549, zuletzt geändert durch BGBl. I (2017), S. 1228.

B. Die „Gesetzlosigkeit‘‘ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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ten Nationen neue Konzepte der Entwicklung propagiert werden, sodass ein die deutsche Entwicklungszusammenarbeit regelndes Gesetz schnell überholt sein könnte. Ein weiterer Grund für den Mangel an Bundesrecht in der Entwicklungszusammenarbeit muss darin gesehen werden, dass sich Entwicklungspolitik schwer politisch artikulieren lässt. Wahlkampfthemen, die die Menschen in Deutschland in der Vergangenheit beschäftigten, waren meist solche, die einen unmittelbaren Bezug zu den Wählern aufwiesen. Im Alltag spielten Familienpolitik, Arbeitsmarktpolitik, Steuerpolitik, Wirtschaftspolitik oder die Situation des Wohnungsmarktes eine große Rolle; das Thema der Flüchtlingspolitik kam im vergangenen Wahlkampf noch hinzu. Die Entwicklungspolitik hingegen tauchte zwar im Wahlprogramm aller Parteien für die Bundestagswahl im Jahr 2017 auf,199 doch ließ sich mit dem Thema Entwicklungszusammenarbeit noch keine Bundestagswahl gewinnen. Das liegt unter anderem an den hohen Kosten und der abstrakten Natur von Entwicklung. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist als Rechtsgebiet insofern nämlich untypisch, so bereits Udo Kollatz200, weil durch den Einsatz eigener Haushaltsmittel und deutschen Personals in fremden Ländern zur Verbesserung der Lebensstandards beitragen wird. In all diesen Erklärungsansätzen sind kumulative Gründe dafür zu sehen, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bis heute als „gesetzlos“ bezeichnet werden kann.

I. Die Entwicklungszusammenarbeit als Rechtsgebiet Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit lässt sich aber trotz des Fehlens eines umfassenden Gesetzes in einen rechtlichen Kontext einordnen.201 Dies ist sowohl aus einer innerdeutschen verwaltungsrechtlichen als auch aus einer völkerrechtlichen Perspektive möglich. 1. Entwicklungsverwaltungsrecht Bei der Vergabe von ODA durch die Bundesrepublik an Entwicklungsländer202 ist das einschlägige deutsche Recht zu beachten. Durch Recht werden die an der Planung und Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit Beteiligten an konkrete Vorgaben und an einen Rahmen, innerhalb dessen sie sich bewegen können, 199 CDU/CSU: „Für ein Deutschland in dem wir gut und gerne leben“, S. 66 f.; SPD: „Zeit für mehr Gerechtigkeit“, S. 108–111; AFD: „Programm für die Wahl zum Deutschen Bundestag“, S. 12; FDP: „Denken wir neu“, S. 112 f.; Bündnis90/Die Grünen: „Zukunft wird aus Mut gemacht“, S. 80–83; Die Linke: „Sozial.Gerecht.Frieden. FürAlle.“, S. 97–99. 200 Vgl. Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (562). 201 So Dann/Kadelbach/Kaltenborn, in: dies. (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 11. 202 Hierzu bereits auf Seite 30–34.

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gebunden. Philipp Dann203 bezeichnet diese Zusammenhänge als „Entwicklungsverwaltungsrecht“ und schlägt vor, dieses als die „Ausrichtung auf den Transfer der sogenannten official development assistance zu definieren und konturieren“. Er erfasst dabei die Gesamtheit der Verfahren, Instrumente und Maßstäbe der Entwicklungszusammenarbeit und beschränkt sich nicht auf eine nationale Ebene. Ob man der von Philipp Dann vorgeschlagenen Begrifflichkeit folgen oder eher von einem allgemeineren „Recht der Entwicklungszusammenarbeit“ in Deutschland sprechen sollte, kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Da beide begrifflichen Bestimmungen die Existenz eines eigenständigen Rechtsgebietes implizieren, sollen die Begrifflichkeiten vielmehr nebeneinander verwendet werden. Auch die Beschreibung der Materie als ein besonderes Verwaltungsrecht in Form der „Fondsverwaltung“ erscheint angebracht.204 2. Entwicklungsvölkerrecht Das Entwicklungsvölkerrecht ist dem gegenüber insbesondere für die Entwicklungsländer von erheblicher Bedeutung. Es ist ein viel diskutiertes Teilgebiet des Völkerrechts, welches sich vor allem mit der Stellung der Entwicklungsländer im internationalen Recht beschäftigt.205 Im Entwicklungsvölkerrecht geht es um die Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern, die auf diejenigen Gebiete des Völkerrechts beschränkt ist, in denen es auf eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ankommt. In anderen Bereichen, wie dem humanitären Völkerrecht oder bei den Pflichten aus den bürgerlichen und politischen Pakten, werden keine Differenzierungen vorgenommen.206 Das Entwicklungsvölkerrecht findet im internationalen Recht oft über Sonderklauseln zu einzelnen Vertragstexten Berücksichtigung.207 Es handelt sich damit um ein Querschnittsgebiet des Völkerrechts, das Bezüge zu anderen Rechtsgebieten aufweist und nicht isoliert betrachtet werden kann.208 Das Entwicklungsvölkerrecht ist, so beschreibt es Stefan Kadelbach209, ein Paradebeispiel für den Be203 204

Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 3. So Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561

(561). 205 Vgl. Kaltenborn, Entwicklungs- und Schwellenländer in der Völkerrechtsgemeinschaft, AVR 2008, S. 205 ff. 206 v. Arnauld, Völkerrecht (2016), S. 403. 207 Etwa Art. 4 Abs. 5 und Abs. 6 der Pariser Klimaabkommens; Teil IV GATT (eingefügt erst 1965); Art. 2 Abs. 1 IPwskR, wonach ein Mitgliedsstaat die Verwirklichung der Paktrechte nur nach „seinen Möglichkeiten“ zu verfolgen hat. 208 Zur Diskussion um ein eigenständiges Rechtsgebiet des Entwicklungsvölkerrechts und der Entwicklung vom klassischen Völkerrecht zum Entwicklungsvölkerrecht J. Becker, Entwicklungskooperation in einem sich wandelnden Weltsystem (1982), S. 223 ff. 209 Kadelbach, Entwicklungsvölkerrecht, in: FS Bothe (2008), S. 625 (634).

B. Die „Gesetzlosigkeit‘‘ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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reich des transnationalen Rechts, in dem verschiedene grenzüberschreitende Sachverhalte erfasst sind, ohne dass es auf die Art der an ihnen beteiligten Rechtssubjekte ankommt. Im Entwicklungsvölkerrecht angegliedert existiert ein „Recht auf Entwicklung“. Unter diesem wird der völkerrechtliche Ansatz verstanden, ein Menschenrecht der dritten Generation herzuleiten, wobei der konkrete Inhalt oft unklar bleibt. Ein solches Menschenrecht kann grundsätzlich als die Verpflichtung von Transferleistungen zwischen Staaten mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft umschrieben werden, wobei die Kooperation von Ländern im Mittelpunkt steht.210 Nicht das Entwicklungsland selbst ist Träger des Rechtes, sondern die Bevölkerung des Landes; es handelt sich also um ein Kollektivrecht. Sofern die Existenz eines solchen Rechts gewohnheitsrechtlich bejaht wird, erfolgt die Herleitung meist aus der Charta der Vereinten Nationen. Insbesondere die Präambel sowie Art. 1 Nr. 3 der UN-Charta sollen das Ziel enthalten, eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in der Welt zu fördern.211 Auch Art. 55 in Verbindung mit Art. 56 der UN-Charta kann für die Pflicht der Mitgliedsstaaten zur Herbeiführung von globalem Wohlstand herangezogen werden. Das „Recht auf Entwicklung“ ist seit 1986 Thema mehrerer Resolutionen der Vereinten Nationen geworden.212 In den vergangenen Jahren hat sich die Diskussion über ein „Recht auf Entwicklung“ allerdings verlagert, und es wird vielmehr darüber gestritten, ob ein „Recht auf Wasser“ 213 oder ein „Recht auf eine saubere Umwelt“ 214 existiert. Dies mag unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass sich international kein einheitlicher Entwicklungsbegriff durchgesetzt hat. 3. Entwicklungsrecht Letztlich existiert der Ansatz, die Auswirkung von Recht auf Entwicklungsländer zu erfassen.215 Dabei steht das innerstaatliche Recht von Entwicklungslän210

v. Arnauld, Völkerrecht (2016), S. 404 f. Hierzu Ebert, Die Pflicht zur Entwicklung in der Dritten Welt (1988), S. 47; Wulff, Entwicklungshilfe zwischen Völkerrechtsordnung und Weltwirtschaftssystem (1986), S. 49 f. 212 Erstmalig: UN Doc. A/Res/41/128 vom 04.12.1986; UN Doc. A/Res/54/175 vom 15.02.2000. 213 UN Doc. A/Res/64/292 vom 28.06.2010. Ausführlich bereits Engbruch, Das Menschenrecht auf einen angemessenen Lebensstandard (2008), S. 188 ff. 214 Ein eigenes Menschenrecht auf eine saubere Umwelt wird heute eher abgelehnt, vielmehr seien die bestehenden Menschenrechtsverträge im Sinne einer sauberen Umwelt auszulegen. So auch der Sonderberichterstatter John Knox in UN Doc. A/HRC/31/ 53 vom 28.12.2015. Ausführlich zum Thema Umweltschutz Fritz, Integrierter Umweltschutz im Völkerrecht (2009), S. 116 ff. 215 Über die Verwaltungsstruktur in Entwicklungsländern Kübler, Verwaltungszusammenarbeit mit Ländern der Dritten Welt, DÖV 1982, S. 570 ff. 211

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dern im Vordergrund, ebenso wie das Thema Rechtstransfer und der Vergleich des Rechts von unterschiedlichen Entwicklungsländern.216 Dieser teilweise als „law and development“ bezeichnete Ansatz ist zwar in den vergangenen Jahrzehnten in den Hintergrund getreten.217 In den letzten Jahren fand aber eine Renaissance des Themas – vornehmlich auch im Rahmen von internationalen Organisationen als Durchsetzungsmittel für Reformen in Entwicklungsländern – statt.218 In Deutschland kann der bereits angesprochene Sammelband „Entwicklung und Recht“ von Philipp Dann, Stefan Kadelbach und Markus Kaltenborn als ein Versuch gewertet werden, verschiedene Aspekte des Rechtes in Bezug auf die Entwicklung von Entwicklungsländern zu analysieren. Das Entwicklungsverwaltungsrecht bezieht sich demgegenüber und in Abgrenzung zum Entwicklungsrecht lediglich auf das deutsche innerstaatliche Recht und hat folglich nur Berührungspunkte mit dem Entwicklungsrecht.

II. Bundes- oder Landesangelegenheit Wird im Rahmen dieser Arbeit die Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit untersucht, geht es insbesondere um den bundesparlamentarischen Einfluss auf die Entwicklungsverwaltung. Das Grundgesetz muss daher die Entwicklungszusammenarbeit zunächst überhaupt als eine Bundesangelegenheit ausweisen. Nur dann dürften Bundestag und Bundesrat steuernd und kontrollierend Einfluss auf die deutsche Entwicklungszusammenarbeit nehmen. Nach der Regelung der Art. 30, 70 Abs. 1 GG ist jede Materie zunächst einmal Sache der Länder, soweit es keine Zuweisung an den Bund gibt. Es besteht also ein Regel-Ausnahme-Verhältnis.219 Nach der Anordnung des Art. 71 GG ist eine ausschließliche Gesetzgebung immer dann gegeben, wenn die entsprechenden Materien dem Bund vorbehalten sind. Gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG gehören die auswärtigen Angelegenheiten zur ausschließlichen Gesetzgebung. Andererseits könnte sich für die Entwicklungszusammenarbeit eine Zuweisung über Art. 32 Abs. 1 GG ergeben, wonach die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten Sache des Bundes ist. Fraglich ist also, woraus sich konkret die Kompetenz des Bundes im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit ergibt. Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass derart viele Gesetzgebungskompetenzen einen Auslandsbezug aufweisen, dass Art. 73 Abs. 1 216

Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 11. Matsuura, The role of law in development (2005), S. 4 f. 218 Grote, Demokratie- und Rechtsstaatsförderung in der Entwicklungszusammenarbeit (2009), S. 9. 219 Vgl. Maurer, Staatsrecht I (2010), S. 522. 217

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Nr. 1 GG gerade nicht für alle Tatbestände mit Auslandsbezug gelten soll.220 Der Begriff der „auswärtigen Angelegenheiten“ sei demnach deutlich weiter gefasst, als derjenige der „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ gemäß Art. 32 Abs. 1 GG.221 Unter den „auswärtigen Angelegenheiten“ nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG seien also diejenigen Fragen zu verstehen, die für das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland und anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, insbesondere aber für die Gestaltung der Außenpolitik, Bedeutung haben.222 Auf der anderen Seite bedeute „Pflege der Beziehungen“ nach Art. 32 Abs. 1 GG, dass sich diese Pflege im Abschluss völkerrechtlicher Verträge, in einseitigen rechtsgestaltenden Akten oder außenpolitischen Erklärungen ohne Rechtscharakter zeigen kann.223 Bei der „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ liege der Schwerpunkt dabei vorwiegend in einem einheitlichen Auftreten Deutschlands nach außen hin.224 Die Entwicklungszusammenarbeit vollzieht sich meist über den Kontakt von Völkerrechtssubjekten zueinander, obwohl ihre konkrete Ausgestaltung und die Erscheinungsformen variieren. Steht die Leistung von ODA zur Verbesserung der Lebensstandards in Entwicklungsländern im Vordergrund, werden meist völkerrechtliche Abkommen geschlossen. Damit kann die Entwicklungszusammenarbeit grundsätzlich der „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ zugeordnet werden. Sowohl die allgemeine Entwicklungszusammenarbeit als auch die humanitäre Hilfe wären demnach gemäß Art. 32 Abs. 1 GG Sache des Bundes.225 Auf der anderen Seite bedeutet dies nicht, dass die Bundesländer in der Entwicklungszusammenarbeit nicht aktiv werden dürften.226 Voraussetzung ist nur, dass der Bund und die Länder gemäß Art. 104a Abs. 1 GG die Ausgaben getrennt tragen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben.227 Für die Zuständigkeiten der Länder in der Entwicklungszusammenarbeit sind insbesondere Fragen im Bereich der kulturellen Zusammenarbeit denkbar. Hierzu gehört unter 220

BVerfGE 100, 313 (368); hierzu auch BVerwG, NJW 1982, S. 194. Vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 4/2010), Band V, Art. 73, Rn. 40. 222 BVerfGE 13, 54 (77); Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG-Kommentar (2012), Band 2, Art. 73, Rn. 5; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 73, Rn. 9. 223 Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG-Kommentar (2012), Band 1, Art. 32, Rn. 10. 224 BVerfGE 2, 347 (378). 225 Wiedmann, Zuständigkeit der Länder für Entwicklungshilfe, DÖV (1990), S. 688 (690). 226 Außerdem ist eine Beteiligung der Gemeinden in der Entwicklungszusammenarbeit denkbar. Da deren Beteiligung jedoch gering ausfällt, soll auf die Beiträge von Gaggermeier-Scheugenpflug, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der grenzüberschreitenden kommunalen Zusammenarbeit mit ausländischen Gemeinden (1998), S. 58 ff. und v. Schwanenflügel, Entwicklungszusammenarbeit als Aufgabe der Gemeinden und Kreise (1993), S. 47 ff. und S. 190 ff. verwiesen werden. 227 Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG-Kommentar (2012), Band 2, Art. 104a, Rn. 11. 221

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

anderem der Austausch von Schülern bzw. Studenten im Rahmen von Bildungsoffensiven. Außerdem erscheint es möglich, dass die Länder auf Basis der Freiwilligkeit gemäß § 23 der gleichlautenden Landeshaushaltsordnungen Zuwendungen tätigen.228 Nach Art. 24, 32, 59, 73 Nr. 1 sowie Art. 87 Abs. 1 GG ist zwar der Bund in Angelegenheiten der auswärtigen Gewalt zuständig, die Kompetenzen der Länder können aber von der Verfassung besonders verliehen werden.229 So können die Bundesländer gemäß Art. 32 Abs. 3 GG auch mit auswärtigen Staaten Verträge schließen, soweit die Bundesregierung zustimmt und die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz bezüglich der jeweiligen Materie haben.230 Dabei handeln die Länder in eigenem Namen, woraus wiederum eine eigenständige Ausgabenkompetenz nach Art. 104a Abs. 1 GG resultiert. Die Kommunen können aufgrund des Art. 84 Abs. 1 GG schließlich ebenfalls in die Entwicklungspolitik einbezogen werden. Wird allerdings, wie von Rainer Pitschas231, davon ausgegangen, dass es sich bei der Entwicklungszusammenarbeit um eine ausschließliche Bundeszuständigkeit kraft „Natur der Sache“ handele, so wäre die derzeitige Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit durch die Länder als ein Verstoß gegen Art. 104a Abs. 1 GG zu werten.232 Dies könne – so Pitschas – zuvörderst damit begründet werden, dass der Bund sämtliche Kosten für die Entwicklungszusammenarbeit zu tragen hätte, wenn ihm die alleinige Zuständigkeit zukäme. Bei einer solchen Analyse Art. 104a Abs. 3 GG analog heranzuziehen, um eine offene Kostenverteilung zu ermöglichen233 ist jedoch abzulehnen, denn es besteht gerade keine planwidrige Regelungslücke bezüglich der Kompetenzzuweisungen in auswärtigen Angelegenheiten. Zwar ist der Bund grundsätzlich bei der auswärtigen Verwaltung allein zuständig, doch sind auch die Bundesländer zu beteiligen, sofern ihre Kompetenzbereiche betroffen sind. Die Zuständigkeit des Bundes für Angelegenheiten der Bildungspolitik etwa, selbst wenn es nur um Austauschprogramme geht, kann dem Bund nicht kraft „Natur der Sache“ aufgrund des grenzüberschreitenden Sachverhaltes zugewiesen werden. Die Entwicklungszusammenarbeit muss vielmehr richtigerweise aufgrund der eindeutigen Verfassungsvorschriften der „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“ nach Art. 32 Abs. 1 GG als Angelegenheit des Bundes zugeordnet werden, wobei die Bundesländer aufgrund des Art. 32 Abs. 3 GG ebenfalls tätig 228

Der Wortlaut der Landeshaushaltsordnungen der Bundesländer ist hier identisch. Vgl. Wiedmann, Zuständigkeit der Länder für Entwicklungshilfe, DÖV 1990, S. 688 (690). 230 BVerfGE 2, 347 (369). 231 BVerfGE 11, 6 (17); BVerfGE 11, 89 (98); BVerfGE 22, 180 (217). 232 Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 466 (488 f.). 233 So Fastenrath, Kompetenzverteilung im Bereich der Auswärtigen Gewalt (1986), S. 76. 229

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werden dürfen.234 Die Kostenteilung erscheint vor diesem Hintergrund im Lichte des Art. 104a Abs. 1 GG nicht problematisch. Insbesondere können eigenständig verwaltungsrechtliche Verträge zu Themen, welche die Kompetenzen der Bundesländer betreffen, mit ausländischen Staaten abgeschlossen werden. Trotz des nicht unerheblichen finanziellen Umfangs der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesländer geht deren Beteiligung häufig in der öffentlichen Wahrnehmung unter.235 Dies ist darauf zurückzuführen, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit nur durch den Bund zusammenhängend gesteuert werden kann.

III. Der Vorschlag eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit Obwohl der Bund Regelungen zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit erarbeiten könnte, hat er hiervon bis heute keinen Gebrauch gemacht. Allerdings existiert ein – bereits erwähnter – Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 22. Oktober 1993.236 Dieser war mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland“ (GesEntw) überschrieben und wurde von 47 Fraktionsmitgliedern der SPD-Fraktion des Bundestages getragen. Er enthielt konkreten Ideen für Ziele, Maßstäbe und Begriffsbestimmungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Daneben waren Vorschläge für die Durchführung, die Beteiligung des Bundestages und die Finanzierung vorgesehen. Der Bundestag blockierte jedoch mit der Mehrheit der damaligen Koalition aus CDU/CSU und FDP das Zustandekommen des Gesetzes. Da in der Literatur zu diesem Vorhaben bisher nur einige oberflächliche Analysen vorgenommen wurden,237 sollen der Ablauf des Beratungsganges sowie der wesentliche Inhalt und die Bedeutung des Vorhabens genauer untersucht werden. 1. Der Ablauf des Beratungsganges Das Thema eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit kam erstmalig 1989 auf. Konkreter Anlass war, dass der Ausschuss für Wirtschaftli234 Ausführliche Diskussion bei Athenstaedt, Die Kompetenzverteilung in der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (2011), S. 134 ff. 235 Die konkreten Zahlen für die 1990er Jahre aufgeschlüsselt nach den einzelnen Bundesländern bei Wiedmann, Zuständigkeit der Länder für Entwicklungshilfe, DÖV 1990, S. 688 (689). Aktuelle Zahlen des BMZ zum Jahr 2013 betiteln die entwicklungspolitischen Ausgaben der Bundesländer auf 703 Millionen Euro, wovon 670 Millionen Euro für die Finanzierung von Studienplätzen in Deutschland vorgesehen waren. Im Jahr 2015 erreichte die Mittelvergabe der Bundesländer 879,4 Millionen Euro, was etwa 5,4 % der Gesamtmittel in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit entspricht (BMZ, 15. Entwicklungspolitischer Bericht [2017], S. 206). 236 BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993. 237 Hervorzuheben Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union, (1996), S. 48.

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che Zusammenarbeit und Entwicklung von der Bundesregierung gefordert hatte, dem Diktator Malawis, Hastings Kamuzu Banda, zukünftige Hilfszusagen zu unterbinden. Einen diesbezüglichen Beschluss des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ignorierte der Haushaltsausschuss jedoch. Nach Rücksprache mit dem BMZ wurde Malawi vielmehr gleich zweimal innerhalb von einem Jahr insgesamt etwa 750 Millionen DM an Kredithilfe gewährt.238 Als Reaktion auf das Übergehen der Forderung des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung forderte die SPD-Fraktion die Bundesregierung in einem dem Parlament vorgelegten Antrag dazu auf, ein Konzept für eine Weiterentwicklung der deutschen und europäischen Entwicklungszusammenarbeit zu erarbeiten, was diese allerdings ablehnte.239 Aufgrund des Untätigbleibens der Bundesregierung entwarfen einige sogenannte „Nord-SüdPolitiker“ der SPD unter Federführung von Ingomar Hauchler (SPD) den Gesetzentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland“. Mittels eines neuen Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit sollte dem Fachausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu mehr Kompetenzen in der Entwicklungspolitik verholfen werden. Aber auch das Parlament sollte zu größerem Einfluss auf die exekutiv gesteuerte Entwicklungszusammenarbeit gelangen. Hinzu kam, dass der vorausgegangene Einzelfall als Anlass genommen wurde, allgemeine Grundregeln für gubernative und administrative Handlungen aufzustellen. Schließlich war es Ingomar Hauchler und den anderen Gesetzesinitiatoren aus der SPD ein Anliegen, alle Vorhaben der Wirtschafts-, Finanz-, Handels- und Agrarpolitik auf mögliche Schäden für Entwicklungsländer zu überprüfen.240 Der Gesetzesentwurf wurde in der 186. Sitzung der 12. Legislaturperiode des Bundestages am 20. Januar 1994 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, den Rechtsausschuss sowie den Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO-BT überwiesen.241 Am 2. März 1994 fand sodann im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen zur Vorbereitung des Gesetzesentwurfes statt. Unter diesen Sachverständigen befand sich unter anderem auch Bundesentwicklungsminister a.D. Erhard Eppler. Während 238 239 240 241

Wernike, Die vertagte Zukunft, Die Zeit vom 07.10.1994. BT-Drs. 12/3647 vom 06.11.1992. Wernike, Die vertagte Zukunft, Die Zeit vom 07.10.1994. BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994, S. 4.

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der öffentlichen Anhörung führte Eppler aus, dass der Entwurf „ein nützlicher Versuch sei, die Entwicklungspolitik aus ihrem Kümmerdasein herauszuholen“ 242. Der Jurist und spätere Richter am Bundesverfassungsgericht Brun-Otto Bryde argumentierte ähnlich. Nach seiner Auffassung mangele es in Deutschland im Gegensatz zu anderen Geberländern an einer gesetzlichen Grundlage. Einen ganzen Politikbereich ohne gesetzliche Grundlage zu belassen, sei „verfassungspolitisch unbefriedigend“ 243. Ebenfalls positiv bewerteten Harry Neyer und Manfred Kulessa, die Vertreter der „Gemeinsamen Konferenz Kirchen und Entwicklung“, den vorliegenden Gesetzentwurf. Dem gegenüber begrüßte der Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Hiemenz den Gesetzentwurf zwar grundsätzlich, hielt jedoch wichtige Aspekte – ähnlich wie der Politikwissenschaftler Paul Kevenhörster – für zu vage formuliert und damit für wenig gewinnbringend.244 Auch der Soziologe Hans Seibel hielt ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit für wenig hilfreich, denn „Deutschlands Erfahrungen im weltpolitischen Umbruch“ seien bisher „unzureichend“, um Grundsätze und Verfahren der Entwicklungszusammenarbeit gesetzlich festzuschreiben.245 Als Gegenvorschlag zu einem „Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland“ wurde im Rahmen der öffentlichen Anhörung vom Verwaltungswissenschaftler Klaus Simon die Idee vorgestellt, dass die Bundesregierung dem Parlament jährlich ihre entwicklungspolitische Planung vorlegen könne.246 In der auf die öffentliche Anhörung folgenden Debatte im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung waren die Sinnhaftigkeit eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit, die normative Festlegung einer ODAQuote von 0,7 % des Bruttosozialproduktes sowie die Kohärenz der Politik der Bundesregierung die wesentlichen diskutierten Themen.247 Insbesondere die Festlegung einer konkreten ODA-Quote in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wurde zwar fraktionsübergreifend weitgehend begrüßt, doch auch auf dessen geringen Aussagewert im internationalen Vergleich verwiesen. Verschiedene Vertreter aller Fraktionen sahen die gesetzliche Festlegung auf eine konkrete Summe für die Entwicklungszusammenarbeit – trotz der diesbezüglich eingegangenen internationalen Verpflichtung – als nicht flexibel genug an. Bezüglich der Kohärenz der Politik wurde die Wichtigkeit der Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe gewürdigt und festgestellt, dass jeder Politik-

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Woche im Bundestag, 5/94 vom 09.03.1994, S. 67. Woche im Bundestag, 5/94 vom 09.03.1994, S. 67. 244 Woche im Bundestag, 5/94 vom 09.03.1994, S. 67. 245 Woche im Bundestag, 5/94 vom 09.03.1994, S. 67. 246 Woche im Bundestag, 5/94 vom 09.03.1994, S. 67. 247 BT-Drs. 13/3342 vom 14.12.1995; hierzu auch BMZ, 10. Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (1995), S. 124. 243

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

bereich eine Mitverantwortung für die Entwicklung von Entwicklungsländern zu tragen habe. Jegliche Maßnahmen, welche der Entwicklung schadeten, sollten vermieden werden, um das entwicklungspolitische Prinzip des „cohaerere“ 248 zu erfüllen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen war die CDU/CSU-Fraktion zunächst von der Sinnhaftigkeit eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit überzeugt, drängte allerdings auf mehr Zeit, um das Gesetzesvorhaben zu realisieren.249 Es wurde am Gesetzesentwurf insbesondere positiv angemerkt, dass ein Gesetz die Verbindlichkeit der Entwicklungspolitik erhöhen und festigen könne. Andererseits sei das geplante Gesetz in Teilen noch nicht konkret genug. Einige Passagen des Entwurfes passten, so die Auffassung der CDU/CSU-Fraktion, eher in eine programmatische Erklärung als eine Gesetzesform.250 Außerdem schreibe das Gesetz in einigen Aspekten lediglich den Status Quo fest und könne damit zu einem Hindernis für Innovationen in der Entwicklungspolitik werden.251 Als Reaktion auf die öffentliche Anhörung der Experten brachte die SPDFraktion den Gesetzentwurf in einer überarbeiten Fassung neu in den Bundestag ein.252 Einzelne Paragrafen des ursprünglichen Gesetzesentwurfs wurden dabei um weitere Absätze ergänzt, die Zeitvorgabe über das Erreichen der ODA-Quote verändert und einige zuvor noch zu unbestimmte Normen spezifiziert. Insbesondere die Definitionen im Allgemeinen Teil des Gesetzesentwurfes erhielten eine Konkretisierung. Das neu festgelegte Ziel des „Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland“ sei es, die Leistungsfähigkeit und Kohärenz der Entwicklungspolitik zu erhöhen und die Mitwirkungsrechte des Parlamentes zu stärken.253 Der überarbeitete Gesetzesentwurf wurde am 27. April 1994 vom Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung trotz der ursprünglich positiven Ausführungen aller Fraktionen abgelehnt. Daher forderte der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung den Bundestag in der Berichterstattung dazu auf, diesem Votum zu folgen.254 Zu einer Einigung der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP bzw. der oppositionellen SPD kam es 248

Lateinisch für „zusammenhängen“. Zu den Ausführungen der Sachverständigen im „Kurzprotokoll“ des Ausschusses vom 02.03.1994. 250 Dies könnte einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz darstellen. 251 BT-Drs. 13/3342 vom 14.12.1995, BMZ, 10. Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung, S. 124. 252 Die überarbeitete Version zur Abstimmung auf S. 6 ff. der BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994. 253 BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994, S. 4. 254 BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994, S. 5; Die Woche im Bundestag, 9/94 vom 04.05.1994, S. 76. 249

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nicht. Die mitberatenden Ausschüsse sprachen sich letztlich ebenfalls gegen die Gesetzesinitiative aus.255 Der Bundestag folgte dem Votum am 26. Mai 1994.256 Trotz des Scheiterns des ersten Gesetzesentwurfes beschäftigte das Thema die Politik auch nach der Wiederwahl von Bundeskanzler Helmut Kohl 1994 in der 13. Legislaturperiode weiter. Insbesondere die SPD-Fraktion befürwortete immer noch eine Neuausrichtung in der deutschen Entwicklungspolitik. Zu einer solchen Neuausrichtung gehöre nicht nur, dass wirtschaftliche und gesellschaftliche Reformen in Deutschland angestrebt würden, um etwa eine Reduzierung des Verbrauchs nicht erneuerbarer Ressourcen und die Verringerung global schädlicher Emissionen zu erreichen.257 Auch die Stellung des in der Entwicklungspolitik schwachen Parlamentes und des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung müsse verbessert werden. Ihre grundlegende Kritik an der entwicklungspolitischen Situation und ihre Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage bekundete die SPD-Fraktion in einer Stellungnahme am 19. Januar 1995 erneut. Am 30. August 1995 legte die SPD-Fraktion den überarbeiteten Gesetzesentwurf unter gleichbleibendem Namen und Inhalt ein zweites Mal dem Bundestag vor.258 Die SPD-Fraktion begründete die wiederholte Vorlage damit, dass es in der deutschen Entwicklungspolitik der Bestimmung von zentralen Begriffen und Kriterien bedürfe, damit der Erfolg und die Nachhaltigkeit der Entwicklungskooperation sichergestellt werden könnten.259 Bemerkenswert ist, dass der Gesetzentwurf erst am 16. Januar 1997 vom Bundestag an die Ausschüsse weitergeleitet wurde, wo er am 23. April 1997 in der Fassung der BT-Drucksache 13/2223 im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung besprochen und letztlich erneut abgelehnt wurde.260 Auch in den mitberatenden Ausschüssen konnte keine Mehrheit für den Gesetzentwurf gefunden werden.261 255 Auswärtiger Ausschuss (78. Sitzung am 01.12.1993), Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Kenntnisnahme am 08.12.1993), Rechtsausschuss (20.04.1994), Haushaltsausschuss (Sondervorlage). 256 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, Plenarprotokoll, 13/230, 12. Wahlperiode, 230. Sitzung am 26.05.1994, S. 20082; Woche im Bundestag, 11/94 vom 01.06.1994, S. 72. 257 Woche im Bundestag, 1/95 vom 25.01.1995, S. 65. 258 BT-Drs. 13/2223 vom 30.08.1995. 259 Woche im Bundestag, 16/95 vom 27.09.1995, S. 72. 260 BT-Drs. 13/7993 vom 19.06.1997; Woche im Bundestag, 8/97 vom 30.04.1997, S. 51. 261 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jungen (53. Sitzung am 12.02. 1997), Finanzausschuss (61. Sitzung am 19.02.1997), Ausschuss für Wirtschaft (48. Sitzung am 19.02.1997), Auswärtiger Ausschuss (59. Sitzung am 12.03.1997), Haushaltsausschuss (Empfehlung vom 12.03.1997), Rechtsausschuss (80. Sitzung am 19.03. 1997), Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsführung (59. Sitzung am 20.03.1997), Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (53. Sitzung am 16.04.1997).

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Die CDU/CSU-Fraktion führte in der letzten Beratung über die Gesetzesinitiative im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aus, dass ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit für eine effektive Entwicklungspolitik nicht notwendig sei. Dabei verwies sie grundsätzlich auf ihre Ausführungen bezüglich der ursprünglichen Gesetzesinitiative. Hinzu kamen einige neue Argumente, wie etwa dass sich § 4 GesEntw (E-1995) und § 6 GesEntw (E-1995) widersprächen, dass die internationale Ausschreibung von Entwicklungsaufträgen nach § 5 GesEntw (E-1995) einen klaren Wettbewerbsnachteil für die deutsche Industrie bedeute und dass die Einführung eines „entwicklungspolitischen Beauftragten“ zu zusätzlicher Bürokratie führe. Schließlich könne die in § 31 GesEntw (E-1995) vorgesehene Entwicklungsverträglichkeitsprüfung zwar entwicklungspolitisch sinnvoll sein, ein solches Projekt sei aber in der Praxis nicht umsetzbar. Die Fraktion der FDP votierte im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls gegen den Gesetzesentwurf und führte aus, dass das Gesetz lediglich eine Festschreibung des aktuellen Zustandes darstelle und Initiativen zur Verbesserung der Situation in Entwicklungsländern aus Entwicklungsländern selbst kommen müssten. Der Gesetzesentwurf stünde mit seinen festen Zielen einer dynamischen Fortentwicklung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit entgegen. Auch das Ziel, eine ODA-Quote von 0,7 % des Bruttosozialproduktes festzuschreiben, sei nicht realisierbar.262 Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen machte in der letzten Ausschusssitzung zum zweiten Gesetzentwurf deutlich, dass sie nicht vollständig von dem Vorhaben überzeugt sei. Die Abgeordneten von Bündnis 90/Grünen führten aus, dass sie insbesondere – wenn auch aus abweichenden Gründen von der FDPFraktion – gegen eine Verankerung von Zielvorgaben seien, denn jeder Politikbereich müsse Ausdruck eines gewissen Zeitgeistes bleiben. Zwar könne ein Gesetz die Entwicklungspolitik gegenüber anderen Politikfeldern stärken, doch sei die konkrete Ausgestaltung einzelner Normierungen – vor allem aber die fehlende Lieferbindung in der Entwicklungszusammenarbeit – Grund dafür, dem Gesetz in dieser Fassung kritisch gegenüber zu stehen.263 Der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung empfahl mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen aus CDU/CSU und FDP die Ablehnung des neu eingebrachten Gesetzesentwurfs, und am 15. Januar 1998 scheiterte der Gesetzesentwurf mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP im Parlamentsplenum endgültig.264 Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich bei der Abstimmung über den zweiten Gesetzesentwurf sowohl im Aus262

BT-Drs. 13/7993 vom 19.06.1997. BT-Drs. 13/7993 vom 19.06.1997. 264 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 13. Wahlperiode, 213. Sitzung am 15.01.1998, S. 19417. 263

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schuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als auch im Plenum. Nur die SPD-Fraktion stimmte für den „Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland“. Nach dem Regierungswechsel durch SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Jahr 1998 wurde das Gesetzesvorhaben nicht weiterverfolgt. Nach derzeitigem Forschungsstand ist hierfür wohl vorwiegend das Ausscheiden des Initiators Ingomar Hauchler aus dem Bundestag verantwortlich. 2. Die wesentlichen Inhalte des Gesetzesentwurfs Der überarbeitete erste Gesetzesentwurf von 1994 – und ebenso der zweite Gesetzesentwurf von 1995 – enthielt neben einer Präambel sieben Abschnitte mit 24 Paragrafen.265 In der Präambel des Gesetzesentwurfs sollte sich die Bundesrepublik Deutschland zunächst zu ihrer internationalen Verantwortung und den Werten der Vereinten Nationen bekennen. Dabei wurde anerkannt, dass es ein Recht jedes einzelnen Volkes gebe, seinen eigenen Entwicklungsweg selbst zu bestimmen. Die Präambel sah zudem vor, dass sich Deutschland an der Entwicklung einer gerechten und ökologischen Weltordnung beteiligen und die Durchsetzung der Menschenrechte und der Demokratie fördern soll. Aus diesem Grund müssten die für Entwicklungsländer bestehenden Nachteile abgebaut werden. Der erste Abschnitt des Gesetzesentwurfs behandelte sodann die Ziele, die Maßstäbe und die Begriffsbestimmungen in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Gemäß § 1 Abs. 1 GesEntw (E-1995) war vorgesehen, dass die Entwicklungspolitik zu einer „auf Dauer tragfähigen, sozial gerechten, wirtschaftlich produktiven, ökologisch verträglichen und menschenwürdigen Entwicklung beitragen“ soll. Im Zentrum stand dabei nicht das Entwicklungsland selbst, sondern dessen Bevölkerung. Nach § 1 Abs. 3 GesEntw (E-1995) müsse ein Beitrag dazu geleistet werden, das Bevölkerungswachstum in Einklang mit den globalen Ressourcen zu bringen. Zu den Aufgaben der Entwicklungspolitik gehöre es, so der Gesetzesentwurf, den Ursachen zwischenstaatlicher Konflikte und internationaler Wanderungsbewegungen zu begegnen, Rüstungsausgaben zu senken, Konflikten vorzubeugen und zu ihrer gewaltfreien Lösung beizutragen. Eigenständige Kulturen der Völker sowie völkerrechtliche Regelungen müssten gemäß § 1 Abs. 6 GesEntw (E-1995) stets berücksichtigt werden. Gemäß § 2 GesEntw (E-1995) sollten insbesondere diejenigen Länder durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden, die sich zu den gleichen Zielen wie die Bundesrepublik Deutschland bekennen. Diese Vorgabe 265 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Fassung der BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994 und BT-Drs. 13/2223 vom 30.08.1995.

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ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass bei Vorlage des Gesetzesentwurfs die Debatte über eine „good governance“ in vollem Gange war. Die vorgesehenen entwicklungspolitischen Maßstäbe des § 2 GesEntw (E-1995) hätten zudem eine Planbarkeit für Entwicklungsländer bedeutet, die wiederum selbst hätten überprüfen können, ob sie die für die Aufnahme der Entwicklungskooperation genannten Voraussetzungen erfüllen. Schließlich wurden in § 3 GesEntw (E-1995) grundlegende Begriffe wie „Entwicklungspolitik“, „Entwicklungspolitische Maßnahmen“ und „Entwicklungsländer“ definiert. Durch einen Verweis auf die Einstufung von Entwicklungsländern durch die OECD sollte Rechtssicherheit geschaffen und gewährleistet werden, dass eine kontinuierliche Anpassung der Kooperation mit Entwicklungsländern stattfinden kann.266 In einem zweiten Abschnitt des Gesetzesentwurfs sind sodann die Abwicklung und die Konditionen der Entwicklungszusammenarbeit behandelt worden. Dabei standen Kredite, Zuschüsse, Lieferungen und Leistungen im Vordergrund. Die gesetzlichen Vorgaben beschränkten sich allerdings auf ein Minimum und gaben lediglich einen groben Rahmen für die Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit vor. Entwicklungspolitische Maßnahmen sollten im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 GesEntw (E-1995) vorrangig durch Zuschüsse gefördert werden. Die Höhe und die Konditionen von Krediten im Zusammenhang mit entwicklungspolitischen Maßnahmen hätten sich nach dem Gesetzentwurf vor allem an der langfristigen wirtschaftlichen Leistungs- und außenwirtschaftlichen Transferfähigkeit eines Entwicklungslandes zu orientieren gehabt. Zudem wurde gemäß § 5 GesEntw (E-1995) die Bindung von entwicklungspolitischen Maßnahmen an Lieferungen aus einem bestimmten Land oder von Seiten eines bestimmten Unternehmens als unzulässig erklärt. Sach- und Dienstleistungen im Zusammenhang mit entwicklungspolitischen Maßnahmen sollten, soweit wie möglich, im Entwicklungsland selbst erbracht werden. Um Verantwortungsbewusstsein in Entwicklungsländern zu generieren, sollte auf Grundlage des Gesetzesentwurfes jedes Partnerland an der Entwicklungskooperation und an den Kosten der Maßnahme beteiligt werden. Die Bundesrepublik Deutschland hätte in begründeten Ausnahmefällen aber Zuschüsse zu den Betriebskosten übernehmen können, wobei solche Zuschüsse zeitlich zu befristen und in ihrer Höhe degressiv zu gestalten gewesen wären. Die allgemein formulierten Rahmenbedingungen für die Abwicklung und die Konditionen sollten die Flexibilität der deutschen entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen in der Praxis gewährleisten. Der dritte Abschnitt widmete sich den besonderen Formen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Hierunter fielen die humanitäre Hilfe, private Leis266

Zur Problematik der Einordnung von Entwicklungsländern bereits auf Seite 30–34.

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tungen, Nichtregierungsorganisationen, die Aus- und Fortbildung sowie die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. In diesem dritten Abschnitt wurden oft offene, Absichtserklärungen ähnelnde Formulierungen gewählt. So sollte nach § 7 GesEntw (E-1995) die humanitäre Hilfe, insbesondere in Gestalt der Nahrungsmittelhilfe, nur zur Behebung akuter Notlagen dienen. Gemäß § 8 GesEntw (E-1995) wären private Lieferungen, Investitionen und Kapitalanlagen in Entwicklungsländern und Entwicklungsgebieten durch öffentliche Zuschüsse, Kredite sowie Gewährleistungen gefördert worden. In einem weiteren, vierten Abschnitt des Gesetzesentwurfes stand die Koordination und die Durchführung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Vordergrund. Es wurden wieder allgemeine Formulierungen verwendet, die keine Konkretisierungen für die Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit enthielten. Vielmehr stellte der Gesetzesentwurf das Zusammenspiel von Bundesregierung, Bundestag und den Bundesländern in den Vordergrund.267 Erwähnenswert ist, dass in diesem Abschnitt – konkret in § 14 Abs. 3 GesEntw (E-1995) – die Bundesregierung dazu verpflichtet werden sollte, die in dem Gesetzentwurf festgelegten Grundsätze und Ziele sowie die Beschlüsse des Deutschen Bundestages in allen internationalen Organisationen mit Nachdruck zu vertreten und dem Deutschen Bundestag über die Ergebnisse regelmäßig zu berichten. Der fünfte Abschnitt handelte sodann von den Beteiligungsmöglichkeiten des Bundestages und des Bundesrates an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Gemäß § 17 GesEntw (E-1995) sollte hierbei zunächst ein „Entwicklungspolitischer Beauftragter“ als Hilfsorgan des Bundestages bestimmt werden. Anders als noch im nicht überarbeiteten Gesetzesentwurf sah die Entwurfsfassung von 1994 nach Anhörung der Sachverständigen (und so auch der Entwurf von 1995) eigene Aufgaben des „Entwicklungspolitischen Beauftragten“ vor. Der „Entwicklungspolitische Beauftragte“ hätte demnach eine jährliche Berichterstattungspflicht im Bundestag gehabt, wobei er in seinem Bericht darlegen sollte, inwiefern die Bundesregierung die Vorgaben des Gesetzentwurfs eingehalten hat und welche Vorschläge und Beschwerden bezüglich der Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands von außen an ihn herangetragen wurden. Zum Zweck der mittelfristigen Planung und zur Stärkung des Bundestages sollte daneben eingeführt werden, dass die Bundesregierung dem Bundestag gemäß § 18 Abs. 1 GesEntw (E-1995) alle zwei Jahre268 ein mittelfristiges entwicklungspolitisches Programm zur Beschlussfassung vorlegen muss. Mittels eines

267 An dieser Stelle hätte der Gesetzgeber der GTZ als der Vorläuferorganisation der GIZ bzw. der KfW konkrete Vorgaben machen können. Denkbar wäre etwa gewesen, den organisatorischen Aufbau oder die Stellung der Entwicklungsorganisationen zueinander zu regeln. 268 Im ursprünglichen Entwurf (BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993) war noch von einer jährlichen Berichterstattung die Rede.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

solchen die Entwicklungspolitik lenkenden Instrumentes hätte eine grundsätzliche Steuerung durch das Parlament stattgefunden, denn alle über die Beschlüsse des Bundestages hinausgehenden Vorhaben hätten im Sinne des § 18 GesEntw (E-1995) der nachträglichen Zustimmung im Bundestag bedurft. Auch der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sollte durch die Gesetzesinitiative gestärkt werden. Es war vorgesehen, dass der Ausschuss über alle bedeutsamen Maßnahmen der Entwicklungspolitik informiert werden soll. Daneben wäre der Ausschuss als Gremium zur Vorbereitung der oben genannten zweijährlichen mittelfristigen entwicklungspolitischen Programme eingesetzt worden. Schließlich sollte die Regierung auf Grundlage des § 19 GesEntw (E-1995) dem deutschen Bundestag regelmäßig einen entwicklungspolitischen Bericht vorlegen, der alle zwei Jahre eine Evaluierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit vorgenommen hätte. Der entwicklungspolitische Bericht hätte dabei unter anderem einzelne Maßnahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, die Darstellung bedeutsamer Wirkungen ihrer Politik auf die Entwicklungsländer sowie das Verhalten der Bundesregierung in entwicklungspolitisch relevanten internationalen Institutionen beleuchtet. In § 20 GesEntw (E-1995) war weiter vorgesehen, einen „entwicklungspolitischen Beirat“ einzurichten, der bei entwicklungspolitischen Grundsatzfragen beratend tätig geworden wäre. Dieser Beirat hätte sich aus Vertretern der Zivilgesellschaft, der Industrie, der Kirchen und der Politik zusammengesetzt. Die Ergebnisse der Experten wiederum hätten dem Bundestag als Grundlage für die mittelfristige entwicklungspolitische Planung dienen sollen. Gemäß § 21 Abs. 1 GesEntw (E-1995) sollten die Bundesregierung sowie alle Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und juristische Personen des privaten Rechts, deren Kapital sich ausschließlich oder überwiegend in öffentlicher Hand befindet, sicherstellen, dass ihre Entscheidungen mit den Grundsätzen und Zielen des Gesetzentwurfs in Einklang stehen. Diese vorgesehene „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ hätte dazu geführt – so § 21 Abs. 2 GesEntw (E-1995) –, dass die Bundesregierung alle Vorhaben im Bereich der Finanz-, der Währungs-, der Wirtschafts-, der Landwirtschafts-, der Handels-, der Umwelt- und der Technologiepolitik auf ihre wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen auf die Entwicklungsländer hätte überprüfen müssen. Die letzten beiden Abschnitte des Gesetzesentwurfes enthielten Ausführungen zu den Finanzen und Schlussbestimmungen. Insbesondere sollte nach § 22 Abs. 1 GesEntw (E-1995) die Erhöhung des Entwicklungsetats binnen 10 Jahren269 auf 269

2000.

Im ursprünglichen Entwurf (BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993) ab dem Jahr

B. Die „Gesetzlosigkeit‘‘ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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0,7 % des Bruttosozialproduktes der Bundesrepublik Deutschland erfolgen. Hinzu kam nach § 23 Abs. 1 GesEntw (E-1995), dass die Tilgungs- und Zinsleistungen der Entwicklungsländer für Kredite, welche die Bundesrepublik Deutschland gewährt hatte, einem Sondervermögen des Bundes zugeführt worden wären. Aus diesem Sondervermögen sollten wiederum Beiträge zu Entwicklungsfonds in Entwicklungsländern geleistet werden. Schlussbestimmungen zum Inkrafttreten des Gesetzes rundeten den Gesetzesentwurf ab. 3. Die Begründung des Gesetzesentwurfs Anhand der konkreten Ausgestaltung des Gesetzesentwurfs und auf Grundlage der Entwurfsbegründung kann die Bedeutung des Gesetzesvorhabens analysiert werden. Dabei wurde in der Gesetzesbegründung zunächst damit argumentiert, dass ohne eine Präzisierung der Grundsätze, der Ziele, der Prioritäten und der Instrumente in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit eine hohe Anfälligkeit für eine Instrumentalisierung bestünde; sowohl innen- als auch außenpolitisch könne eine Einflussnahme versucht werden.270 Es gebe nämlich insbesondere regelmäßig die Gefahr der Manipulation über das Medium Entwicklungspolitik von außerhalb Deutschlands, um Druck auf die Bundesregierung auszuüben und finanzielle Unterstützung zu erzwingen. Dem könne ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit entgegenwirken. Mit einem Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit könne daneben die Eigenständigkeit der Entwicklungspolitik – bei Anerkennung der Kohärenz – gewährleistet werden. Hierbei würde Rechtssicherheit und Verlässlichkeit für nichtstaatliche Akteure und Entwicklungsländer in einem bisher gesetzlich noch ungeregelten Bereich geschaffen.271 Auch würde dafür Sorge getragen, dass Entscheidungen in Deutschland nicht im Widerspruch zu den entwicklungspolitischen Zielen stünden und ein langfristiges Entwicklungskonzept verfolgt werden könne.272 Mittels des Gesetzesentwurfes sollte zudem die Bedeutung der internationalen Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit untermauert werden. Deutschland könne als Teil der Weltgemeinschaft, so die Entwurfsbegründung, durch das Medium der Entwicklungspolitik universale Werte vermitteln.273 Durch die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit sollte der Einfluss des Parlamentes in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gestärkt werden. Die Legislative müsse nämlich aufgrund der Zusammen270

BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993, Entwurfsbegründung, S. 8. Vgl. Hofstetter, Die Bedeutung rechtlicher Normen in der Außenpolitik: Eine Darstellung anhand der schweizerischen Nord-Süd Politik, (1990), S. 210. 272 BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993, Entwurfsbegründung, S. 12. 273 BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993, Entwurfsbegründung, S. 8. 271

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hänge von nationalen politischen Entscheidungen und internationalen Entwicklungen „Verantwortung für die Entwicklungspolitik und ihre Umsetzung“ übernehmen.274 Im Rahmen der Stärkung des Parlaments könne insbesondere ein „Entwicklungspolitischer Beauftragter“ dem Personalmangel im Bundestag für entwicklungspolitische Fragen entgegenwirken, denn es sei unmöglich, dass jeder Abgeordnete in der Entwicklungspolitik zu einem Experten werde.275 Die Bündelung von Informationen bei einer Person erleichtere die parlamentarische Kontrolle der Entwicklungszusammenarbeit. Außerdem sei es erforderlich, ein Verfahren zu entwickeln, um die Folgen von deutscher Politik auf die Entwicklung von Entwicklungsländern besser einschätzen zu können. Eine solche „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ sei aufgrund der wachsenden „internationalen Interdependenzen und der Rückwirkungen einzelstaatlicher Politik auf andere Länder“ sinnvoll.276

IV. Untergesetzliche Normierungen Trotz des Fehlens eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit kann in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nicht von einer Rechtlosigkeit gesprochen werden.277 Die normative Steuerung der deutschen Entwicklungspolitik findet nämlich insbesondere durch das Haushaltsgesetz mit seinem Einzelplan 23 sowie durch Leitlinien der Bundesregierung statt. 1. Das Haushaltsgesetz und der Einzelplan 23 Grundsätzlich bedarf es in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, wie in allen anderen Politikbereichen auch, aufgrund der finanziellen Verpflichtungen Deutschlands einer haushaltsrechtlichen Ausgabeermächtigung und damit der Zustimmung durch das Parlament. a) Das Zustandekommen von Haushaltsgesetz und Einzelplan 23 Das Parlament – dem das Budgetrecht als Grundlage der demokratischen Eigengestaltungsfähigkeit im Verfassungsstaat zukommt278 – wirkt durch die Haushaltsgesetzgebung gestaltend und steuernd auf die Entwicklungspolitik ein und schafft mit dem Haushaltsplan 23 einen Kontrollmaßstab, an dem die Exekutive

274 275 276 277 278

BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993, Entwurfsbegründung, S. 13. BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993, Entwurfsbegründung, S. 12. BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993, Entwurfsbegründung, S. 13. So hat es umfassend nachgewiesen Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012). BVerfGE 130, 318 (343).

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gemessen werden kann.279 Aufgrund der Bedeutung des Haushaltsgesetzes mit seinem Einzelplan 23 in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist es von Interesse, wie die Haushaltsgesetzgebung im Allgemeinen funktioniert und wie der Einzelplan 23 im Speziellen zustande kommt. Der öffentliche Haushalt des Bundes setzt sich grundsätzlich aus Haushaltsgesetz sowie Haushaltsplänen zusammen und wird durch verschiedene Normierungen gelenkt.280 Grundgesetzliche Vorgaben zum Haushalt sind insbesondere Art. 110 bis Art. 115 GG zu entnehmen, aber auch die Bundeshaushaltsordnung (BHO) spielt eine herausragende Rolle. Nach Art. 110 Abs. 1 GG sind alle Einnahmen und auch Ausgaben in den Bundeshaushaltsplan einzustellen, wodurch ersichtlich wird, dass nur die tatsächlich im Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel im Haushaltsjahr verwendet werden dürfen. Mit dem Haushaltsgesetz wird den Einzelplänen im Sinne des Art. 110 Abs. 2 GG Gesetzeskraft verliehen. Es handelt sich also um einen Wirtschaftsplan, aber ebenso um einen staatsleitenden Hoheitsakt.281 Bei der Aufstellung eines Haushaltsplans sind stets die Haushaltsgrundsätze zu beachten.282 Die Haushaltsgrundsätze stellen formelle Regelungen dar, an denen sich das haushaltsrechtliche Handeln orientieren muss, damit die Budgetfunktionen vollkommen erfüllt werden.283 Neben der sich selbsterklärenden Bedarfsdeckungsfunktion ist stets die Rechts- und Kontrollfunktion zu beachten.284 Nach diesem Grundsatz wird die Verwaltung bei ihrer Aufgabenerfüllung an die Ausgabenermächtigung des Haushaltsplans gebunden.285 Weitere Grundsätze sind der Grundsatz der Vollständigkeit,286 der Grundsatz der Einheit, der Grundsatz der Klarheit, der Grundsatz der Genauigkeit, der Grundsatz der Öffentlichkeit287 und der Grundsatz der Vorherigkeit.288 Des Weiteren gelten der Grundsatz der sachlichen Spezialität, wonach eine Bindung der Regierung und der Verwaltung an den Haushaltsplan besteht, und der Grundsatz der zeitlichen Spezialität, der besagt, dass der Haushaltsplan immer nur in dem Zeitraum gilt, für den er aufge279 BVerfGE 45, 1 (32); Kube, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 12/2013), Band VII, Art. 110, Rn. 35. 280 Vgl. zum Haushaltsrecht und der Haushaltssystematik Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 50 ff. 281 BVerfGE 79, 311 (328); BVerfGE 130, 318 (343). 282 Im „Haushaltsgrundsätzegesetz“ sind einige der Haushaltsgrundsätze enthalten. 283 Vgl. Thiele, Das Nonaffektationsprinzip im Haushalts- und Vergaberecht, ZfBR 2020, S. 241 (242 f.). 284 Stüber, Begründung und Veränderung von Ansprüchen im öffentlichen Haushaltsrecht, DÖV 2019, S. 743 (744). 285 Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden (2010), S. 85. 286 BVerfGE 82, 159 (179); BVerfGE 108, 186 (216); BVerfGE 110, 370 (388). 287 BVerfGE 135, 317. 288 Zu diesen allgemeinen Grundsätzen ausführlich etwa Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder (1981), S. 111–131.

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stellt worden ist. Der Haushaltsplan ist – so verdeutlichen es auch die Haushaltsgrundsätze – ein rechtliches Dokument, das gleichzeitig ein Leitinstrument der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik ist.289 Da der Staat in einem nicht perfekten Markt Maßnahmen der Korrektur vornehmen muss – wie die Finanzierung öffentliche Güter oder die Subvention neuer Technologien – ist dem Haushaltsplan auch eine Umverteilungsfunktion zuzuschreiben. Damit die Haushaltspläne – und insofern auch der Einzelplan 23 –, die nach den Vorschriften der BHO ausgestaltet sind, angenommen werden können, bedarf es eines förmlichen Gesetzes. Dieses förmliche Gesetz ist das Bundeshaushaltsgesetz. Das Initiativrecht für das Haushaltsgesetz hat abweichend von Art. 76 Abs. 1 GG alleine die Bundesregierung gemäß Art. 110 Abs. 3 GG und Art. 113 Abs. 1 S. 1 GG.290 Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung ist die Gesetzesinitiative, anders als in Art. 76 Abs. 2 GG vorgesehen, gleichzeitig Bundesrat und Bundestag zuzuleiten. Das Haushaltsgesetz kommt durch einen parlamentarischen Beschluss zustande und ist damit ein Parlamentsgesetz291 mit dem Unterschied, dass dieses primär im Sinne des § 3 Abs. 2 BHO nach innen wirkt und keine Rechte und Pflichten begründet.292 Aufgrund des Grundsatzes der Öffentlichkeit wird das Haushaltsgesetz mit dem Gesamtplan293 verkündet; die Einzelpläne, wie der Einzelplan 23, sollen zur Entlastung des Bundesgesetzblattes separat veröffentlicht werden.294 Das Haushaltsgesetz und sein Einzelplan 23 werden gemäß Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG also jedes Jahr vor Beginn des Rechnungsjahres erlassen und stellen die Budgethoheit des Parlamentes auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sicher.295 b) Die Bedeutung des Einzelplanes 23 für die Entwicklungszusammenarbeit Im Einzelplan 23 ist das konkrete Jahresbudget für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit enthalten, welches für das Jahr 2021 mit etwa 12,4 Milliarden Euro veranschlagt ist.296 289

Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden (2010), S. 86. Hierzu auch BVerfGE 45, 1 (46). 291 Zur Frage, ob es sich bei dem Haushaltsplan lediglich um ein formelles Gesetz handelt, ausführlich Heun, Staatshaushalt und Staatslenkung (1989), S. 160 ff.; v. Lewinski, Staatshaushalt und finanzwirksames Gesetz, DÖV 2015, S. 406 (409); Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz (1976), S. 355. 292 Kube, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 12/2013), Band VII, Art. 110, Rn. 54. 293 Vgl. Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 56 ff. 294 Dies ist mit Art. 82 GG vereinbar, so BVerfGE 20, 56 (93). 295 BVerfGE 119, 96 (120). 296 Für das vorausgegangene Jahr 2020 waren ursprünglich lediglich 10,88 Milliarden Euro vorgesehen, doch wurde diese Summe im Rahmen des ersten Nachtragshaushaltes (BT-Drs. 19/18100 vom 23.03.2020) und des zweiten Nachtragshaushaltes (BTDrs. 19/20601 vom 02.07.2020) auf schließlich ebenfalls etwa 12,4 Milliarden Euro 290

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Davon297 entfallen im ersten Kapitel des die deutsche Entwicklungszusammenarbeit betreffenden Einzelplanes 2,6 Milliarden Euro auf die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit298 und 1,96 Milliarden Euro auf die bilaterale technische Zusammenarbeit.299 Hinzu kommen in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit weitere 937 Millionen Euro für Krisenbewältigung, Wiederaufbau und Infrastruktur.300 Vorrangig sollen diese Mittel, zu denen weitere kleinere Titel hinzukommen, zur Bekämpfung von Armut und ihren Ursachen eigesetzt werden. Für das zivilgesellschaftliche, kommunale, wirtschaftliche Engagement ist ein weiteres zweites Kapitel vorgesehen. Politische Stiftungen erhalten demnach 340 Millionen Euro,301 Kirchen 322 Millionen Euro,302 bürgerschaftliches und kommunales Engagement 353 Millionen Euro303 und die Wirtschaft 267 Millionen Euro.304 In der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit gehen in einem dritten Kapitel etwa 823 Millionen Euro an den „Europäischen Entwicklungsfonds“,305 350 Millionen Euro an den „Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria“ 306 und 594 Millionen Euro an die Vereinten Nationen, ihre Sonderorganisationen sowie an andere internationale Einrichtungen und internationale Nichtregierungsorganisationen.307 Die Beiträge zur Sicherung der Ernährung, der internationalen Agrarforschung und zur ländlichen Entwicklung beaufgestockt. Insgesamt stellt dies beinahe eine Verdopplung zum Einzelplan 23 von 2013 dar, denn zu Beginn der Amtszeit von Entwicklungsminister Müller waren etwa 6,3 Milliarden Euro für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen. 297 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die BT-Drs. 19/22600 vom 25.09.2020; wegen der Corona-Pandemie sind jedoch (zwischenzeitlich) durch BT-Drs. 19/23320 vom 06.11.2020 und (mittlerweile) durch BT-Drs. 19/23324 vom 04.12.2020 geringfügige Änderungen vorgenommen worden. Weitere Änderungen sind wahrscheinlich. 298 Einzelplan 23, 2301, Titelgruppe 01; (zwischenzeitlich wurden die Zuschüsse [Titel 896 11] von 2,25 Milliarden Euro auf 2,19 Milliarden Euro, mittlerweile auf 2,12 Milliarden Euro bzw. die Darlehen [Titel 688 11] von 320.000 Euro auf mittlerweile 311.000 Euro gekürzt). 299 Einzelplan 23, 2301, Titel 896 03; (zwischenzeitlich erst nur noch 1,93 Milliarden Euro, mittlerweile gekürzt auf 1,90 Milliarden Euro). 300 Einzelplan 23, 2301, Titel 687 06. 301 Einzelplan 23, 2302, Titel 687 04; (zwischenzeitlich erhöht auf 355 Millionen Euro). 302 Einzelplan 23, 2302, Titel 896 04. 303 Einzelplan 23, 2302, Titelgruppe 07; (mittlerweile sind weitere 50 Millionen Euro im Titel 687 71 für die Förderung langfristiger Vorhaben der Zivilgesellschaft vorgesehen). 304 Einzelplan 23, 2302, Titel 687 01. 305 Einzelplan 23, 2303, Titel 896 02. 306 Einzelplan 23, 2303, Titel 896 07. 307 Einzelplan 23, 2303, Titel 687 01; (zwischenzeitlich zunächst auf 649 Millionen Euro, mittlerweile auf 655 Millionen Euro erhöht).

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laufen sich auf etwa 85 Millionen Euro,308 und die entwicklungswichtigen multilateralen Hilfen zum weltweiten Umweltschutz, zur Erhaltung der Biodiversität und zum Klimaschutz betragen rund 716 Millionen Euro.309 Die Weltbankgruppe wird zudem im vierten Kapitel mit etwa 552 Millionen Euro310 unterstützt, und andere Entwicklungsbanken weltweit erhalten etwa 250 Millionen Euro.311 Schließlich sind im fünften Kapitel etwa 31 Millionen Euro für die Forschung, Evaluierung und Qualifikation in der Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen.312 Hinzu kommen in mehreren weiteren Kapiteln sonstige Ausgaben und Personalausgaben. Der Einzelplan 23 nimmt bei der Vergabe der Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit Zweckzuweisungen, Erläuterungen und Haushaltsvermerke vor und bestimmt, für welche sachlichen Vorhaben welche konkreten Mittel ausgegeben werden dürfen.313 Dabei ist die politische Steuerung einer Materie eigentlich nicht vorrangige Aufgabe der haushaltsrechtlichen Ausgabenbewilligung, sondern vielmehr der von allgemeinen Gesetzen.314 Erläuterungen sind allerdings bei Titeln mit umfassender Zweckbestimmung notwendig, weil sie gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 HGrG als Nachweis des Bedarfs im Haushaltsplan dienen. Die Erläuterungen sind inhaltlich von den Zweckbestimmungen zu trennen und dienen vielmehr der Auslegung des Haushaltsplans.315 Die Haushaltsvermerke und die für verbindlich erklärten Erläuterungen enthalten keine materiellen Kriterien für die Auswahl von Projekten.316 Es findet zwar eine grobe Zweckzuweisung im Haushaltsplan statt, dabei handelt es sich jedoch um keine programmatische Vorgabe. Die inhaltliche Steuerung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erfolgt vielmehr – so auch der Einzelplan 23 – durch die Leitlinien der Bundesregierung.317 308 Einzelplan 23, 2303, Titel 687 02, Titel 687 03 und Titel 687 04; (die Beteiligung am Welternährungsprogramm [Titel 687 02] wurde zwischenzeitlich von 28 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro sowie die Zahlungen an den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung [IFAD] und an dessen Sonderprogramm für SubsaharaAfrika [Titel 687 04] wurde von 22 Millionen Euro auf 48 Millionen Euro erhöht). 309 Einzelplan 23, 2303, Titel 896 09; (mittlerweile auf 741 Millionen Euro erhöht). 310 Einzelplan 23, 2304, Titel 687 01; (mittlerweile auf 543 Millionen Euro gekürzt). 311 Einzelplan 23, 2304, Titel 687 02, Titel 687 03; (letzterer Titel wurde mittlerweile um etwa 1 Million Euro gekürzt). 312 Einzelplan 23, 2305, Titel 544 01, Titel 532 04, Titel 685 41 und Titel 894 41. 313 Zur inhaltlichen Steuerung durch den Haushaltsplan in der Entwicklungszusammenarbeit vgl. auch T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (662). 314 So Heun, Staatshaushalt und Staatslenkung (1989), S. 260. 315 Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden (2010), S. 183. 316 T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (662). 317 Einzelplan 23, 2301, Titel 896 03, Erläuterungen 2.1 verweist auf die „Leitlinien für bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ (Stand 2007).

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Als wichtigstes haushaltsrechtliches – und damit parlamentarisches – Steuerungsinstrument ist den vertraulichen Erläuterungen318 besondere Aufmerksamkeit zu schenken.319 Es handelt sich hierbei nämlich, so Thomas Groß320, um verbindliche Anweisungen zur Ausführung des Haushaltsplans321 und damit um eine „Art der Rahmenplanung durch Projektlisten“. Auf diesen Listen aufbauend agiere die Entwicklungsverwaltung, und auch bei der Verabschiedung völkerrechtlicher Verträge mit Entwicklungsländern werde auf diese vertraulichen Projektlisten Bezug genommen. Die Projektlisten würden vor der Besprechung des Haushaltsplans im Bundestagsplenum dem Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorgelegt, um eine parlamentarische Beteiligung zu gewährleisten. Der Grund für die Vertraulichkeit bestimmter Erläuterungen wird darin gesehen, dass eine Veröffentlichung die Verhandlungsfähigkeit der Bundesregierung mit den Nehmerländern beeinträchtigen könnte.322 Bei der öffentlichen Debatte über einzelne Projektbeträge könnte, so die Annahme, durch ausländische Stellen eine Einflussnahme auf die deutschen Entscheidungsträger versucht werden. Deswegen sind nur die allgemeinen Erläuterungen im Haushaltsplan 23 offen einsehbar.323 Solche allgemeinen Erläuterungen, die lediglich grobe Vorgaben für die Verwendung der Mittel, aber keine einzelnen Projekte oder Partnerländer machen, existieren zu vielen Haushaltstiteln. Eine Besprechung der einzelnen vertraulichen Erläuterungen im Plenum findet nicht mehr statt, und mit der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes werden sämtliche vertraulichen Erläuterungen mit beschlossen. Es entfällt demnach die notwendige demokratisch wirkende Debatte über die Vorhaben der Bundesregierung in der Entwicklungszusammenarbeit. 324 Die Auseinandersetzung mit den Einzelfragen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erfolgt nur partiell in den Fachausschüssen und durch das BMZ. Der Bundestag könnte zwar über die vertraulichen Erläuterungen informiert werden, doch ist eine umfängliche Unterrichtung aufgrund der hohen Arbeitsbela318 Neben dem Etat für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird auch der Verteidigungsetat über vertrauliche Erläuterungen bewirtschaftet. 319 Im Einzelplan 23 für 2021 wird auf diese vertraulichen Erläuterungen unter anderem in den Haushaltsvermerken Nr. 4 und Nr. 5 der Titel für die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit (2301, Titel 896 01) oder im Haushaltsvermerk Nr. 6 der Titel für die bilaterale technische Zusammenarbeit (2301, Titel 896 03) hingewiesen. 320 Vgl. T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (662). 321 Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 80. 322 Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (564 f.). 323 Etwa Einzelplan 23, 2301, Erläuterungen zu Titelgruppe 01; Einzelplan 23, 2302, Erläuterungen zum Titel 687 01; Einzelplan 23, 2303, Erläuterungen zu Titel 687 01. 324 Zur Publizität der Parlamentsdebatten BVerfGE 74, 264 (296 f.).

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stung zu bezweifeln. Durch diese Praxis „erkauft“ 325 sich die Bundesregierung eine volle Handlungsfreiheit im folgenden Haushaltsvollzug. Ob eine Steuerung der Entwicklungszusammenarbeit durch den Haushaltsplan tatsächlich gelingt, erscheint insofern fraglich. Es ist außerdem nicht ersichtlich, wie viel Geld tatsächlich bei den im ursprünglichen Haushaltsplan vorgesehenen Projekten und Stellen ankommt und welche Mittel über Umstrukturierungen aufgrund von unvorhergesehenen Ereignissen zweckentfremdet werden.326 Nur im Anhang des „Entwicklungspolitischen Berichtes“ erfolgt eine übersichtliche Aufschlüsselung der in den vergangenen Jahren geleisteten Gelder nach Kontinenten und Sektoren.327 Da zum Zeitpunkt der Erstellung des Haushaltsplans noch nicht jedes Ereignis im kommenden Rechnungsjahr vorhergesehen werden kann, ist der Bundesfinanzminister gemäß § 46 BHO mit Einwilligung des Haushaltsausschusses zu Umschichtungen im Haushaltsplan befugt.328 Hierbei wird das haushaltsrechtliche Gebot der sachlichen Bindung der Ausgaben durchbrochen. Ziel ist es, eine flexible Haushaltswirtschaft, ohne die ständige Inanspruchnahme der Ermächtigung nach Art. 112 GG, zu gewährleisten.329 Neben der Verteidigungspolitik kommt es insbesondere in der Entwicklungspolitik häufig zu Umschichtungen.330 Bei Umschichtungen in der Entwicklungszusammenarbeit dürfen die Mittel also nur mit Einwilligung des Bundesfinanzministeriums in Anspruch genommen werden, der Haushaltsausschuss wird grundsätzlich nicht mehr eingeschaltet und nur am Ende des Haushaltsjahres über die Umschichtung informiert. Finden im laufenden Haushaltsjahr Maßnahmen statt, die nicht in den vertraulichen Erläuterungen enthalten sind, ist der Haushaltsausschuss erst nach Ablauf des Haushaltsjahres zu benachrichtigen. Nur wenn einzelne Umschichtungen einen gewissen Betrag überschreiten, werden der Haushaltsausschuss und (teilweise) der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eingeschaltet.331 Am verabschiedeten Haushaltsgesetz der Regierung und den Haushaltsplänen kann in der Parlamentspraxis nicht mehr gerüttelt werden. Während die Opposition nicht in der Lage ist, eine Änderung der Haushaltsgesetzgebung vorzuneh-

325

Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (563). Umschichtungen finden neben dem Haushaltsbereich der Verteidigung und der Übernahme von Bundesbürgschaften insbesondere bei Entwicklungshilfeausgaben statt; Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder (1981), S. 304. 327 BMZ, 15. Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (2017), S. 208 f. 328 Kilian, Nebenhaushalte des Bundes (1993), S. 137. 329 Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder (1981), S. 302. 330 So schon Kilian, Nebenhaushalte des Bundes (1993), S. 135. 331 Vgl. Haushaltsplan 23, 2301, Titel 896 01, Haushaltsvermerk Nr. 5. 326

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men, will die Regierung dies in der Regel erst gar nicht.332 Daher bleibt während des Haushaltsvollzuges lediglich das Instrument der Umschichtung, um die notwendige Flexibilität zu gewährleisten. Bereits die Stellung des Parlamentes und der Ausschüsse innerhalb der Haushaltsgesetzgebung zeigt, dass diesen auch in Haushaltsangelegenheiten der Entwicklungspolitik nur eine untergeordnete Rolle zugedacht ist. Kommt es tatsächlich zu Umstrukturierungen des Bundeshaushaltes, erregt dies in der Regel kaum öffentliches Aufsehen. Es wird akzeptiert, dass die zentrale inhaltliche haushaltsrechtliche Weichenstellung von der Exekutive vorgenommen wird und dass der Haushaltsausschuss oder die Fachausschüsse nur in Ausnahmefällen einbezogen werden. Zugunsten eines flexiblen Haushaltsvollzuges verzichtet das Parlament, insbesondere in der Entwicklungszusammenarbeit, auf seine Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, obwohl das Budgetrecht grundsätzlich der Legislative zugeordnet ist. Zusammenfassend zeigt die Veranschlagung von Mitteln im Haushaltsplan 23 detailliert die Schwerpunkte innerhalb der deutschen Entwicklungszusammenarbeit für das kommende Haushaltsjahr auf. Diese frühzeitige Benennung von elementaren Grundentscheidungen ist eine der großen Stärken einer Zwecksetzung innerhalb des Haushaltsverfahrens. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist letztlich jedoch nichts anderes als reiner Haushaltsvollzug.333 c) Die langfristige Planbarkeit durch Verpflichtungsermächtigungen Haushaltspläne wie der Haushaltsplan 23 haben lediglich die kurze Laufzeit von einem Rechnungsjahr. Diese Beschränkung der Haushaltsplanung auf einen absehbaren Zeitraum ist aufgrund des Grundsatzes der zeitlichen Spezialität und wegen ständig schwankender Steuereinnahmen notwendig. Das große Problem hieran ist jedoch, dass es Sachbereiche gibt, in denen die Planung in Jahresetappen sehr mühselig ist. Dies trifft auf die Entwicklungszusammenarbeit in besonderem Maße zu, denn nur die wenigsten langfristigen Vorhaben können planmäßig bereits nach einem Jahr abgeschlossen werden. So ist es nicht vorstellbar, dass der Bau von Schulen, die Bezahlung und Ausbildung von Lehrern oder die Finanzierung von Schulgebühren bereits nach einem Haushaltsjahr beendet werden soll. Die Errichtung einer funktionstüchtigen Infrastruktur – also die Konstruktion und die Instandhal332 Nur im Vorfeld der Verabschiedung der Haushaltsgesetzgebung werden teils Widersprüche geäußert, wie als Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Entwicklungsminister Gerd Müller im Jahr 2018 öffentlichkeitswirksam und abseits des Parlamentes die Erhöhung ihrer Etats forderten. 333 Dieses Phänomen kann auch als „Identität zwischen Politik und Haushaltsvollzug“ bezeichnet werden; so Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (563).

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tung von Straßen und Schienennetzen, die Installation eines flächendeckenden Internets sowie der Bau von Flughäfen und Häfen – kann ebenso wenig innerhalb eines Jahres erfolgen. Insbesondere aber die Schaffung einer „good governance“, der Aufbau einer funktionierenden Verwaltungsstruktur und die Bekämpfung von Korruption und Misswirtschaft ist nur auf lange Sicht möglich. Entwicklungspolitik wird folglich in sehr vielen Bereichen ohne die langfristige Zusage von Hilfsgeldern nicht stattfinden. Da die grundlegende legislative Steuerung der Entwicklungszusammenarbeit nur durch das Haushaltsrecht geschieht, hat sich als Ergänzungsinstrument zum kurzfristigen Haushaltsplan für die längerfristige Planung die Verpflichtungsermächtigung als ein praktikables Instrument herausgebildet. Mit dem Einsatz von Verpflichtungsermächtigungen, so Philipp Dann334, soll der „Kurzatmigkeit des Haushaltsplans“ entgegengewirkt werden. Verpflichtungsermächtigungen sind gemäß §§ 5, 12 Abs. 2 HGrG und §§ 6, 16, 38 BHO grundsätzlich zulässig.335 Nach der Legaldefinition des § 6 BHO handelt es sich bei einer Verpflichtungsermächtigung um die „Ermächtigung zum Eingehen von Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben in künftigen Jahren“. Ein Durchbrechen der Haushaltsgrundsätze ist insbesondere deswegen notwendig, weil das Budgetprinzip der Spezialität hinter einer flexiblen Finanzhandhabung zurückstehen muss.336 Bindet sich der Gesetzgeber für künftige Haushaltsjahre im Voraus, so kann dies auf die Entscheidungsfreiheit bei der Erstellung künftiger Haushalte Auswirkungen haben. Nicht nur mag bis dahin eine andere Regierung im Amt sein, auch ist theoretisch ein uferloses Eingehen von Verpflichtungsermächtigungen denkbar. Daher sind gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 BHO alle voraussichtlichen Verpflichtungsermächtigungen in den Haushaltsplan einzustellen, und am Ende jedes Einzelplanes werden die jeweils eingegangenen Verpflichtungsermächtigungen aufgelistet.337 Um eine Überbelastung kommender Haushaltsperioden zu vermeiden, muss die Einstellung der Verpflichtungsermächtigungen in den Haushaltsplan wahrheitsgemäß erfolgen, denn nur dann kann die Einschränkung in der Dispositionsfreiheit künftiger Haushaltsgesetzgeber möglichst klein gehalten werden.338 Jede Maßnahme, die den Bund zur Leistung von Ausgaben in zukünftigen Haushaltsjahren verpflichten könnte, ist daher nach § 38 Abs. 1 S. 1 BHO nur zulässig, wenn der Haushaltsplan dazu ermächtigt. Im Umkehrschluss bedeutet

334 335 336 337 338

Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 144. Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 76 ff. BT-Drs. V/3040 vom 21.06.1968, S. 41. Kilian, Nebenhaushalte des Bundes (1992), S. 135. Gröpl, Haushaltsrecht und Reform (2001), S. 478.

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dies, dass im Sinne des § 6 BHO eine „Notwendigkeit für eine staatliche Aufgabenerfüllung“ gegeben sein muss, damit im Haushaltsplan überhaupt eine Verpflichtungsermächtigung vorgenommen werden darf. Bei dieser „Notwendigkeit“ für Verpflichtungsermächtigungen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von Legislative und Exekutive auszulegen ist.339 Unter sehr engen Voraussetzungen kann das Bundesfinanzministerium gemäß § 38 Abs. 1 S. 2 BHO Verpflichtungsermächtigungen auch dann zulassen, wenn der Haushaltsplan diese nicht vorsieht, es aber im Vorfeld der Verpflichtung zu einem unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarf gekommen ist. Im Einzelplan 23 für das Jahr 2021340 stehen der Ausgabeermächtigung von insgesamt etwa 6,17 Milliarden Euro für die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit etwa 6,65 Milliarden Euro an Verpflichtungsermächtigungen in den kommenden Jahren gegenüber.341 Davon sind im Haushaltsjahr 2022 etwa 318 Millionen Euro, im Haushaltsjahr 2023 etwa 278 Millionen Euro, im Haushaltsjahr 2024 etwa 168 Millionen Euro, im Haushaltsjahr 2025 etwa 91 Millionen Euro und in „künftigen Haushaltsjahren“ weitere 5,8 Milliarden Euro fällig. Daneben sind für das zivilgesellschaftliche, kommunale und wirtschaftliche Engagement vom Jahr 2022 an Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 1,23 Milliarden Euro vorgesehen.342 Hinzu kommen für die europäische Entwicklungszusammenarbeit, die Vereinten Nationen und andere internationale Einrichtungen von 2022 bis 2026 weitere etwa 1,19 Milliarden Euro an Verpflichtungsermächtigungen.343 Auch für die multilateralen Entwicklungsbanken sowie die Forschung, Evaluierung und Qualifizierung in der Entwicklungszusammenarbeit sind im Einzelplan 23 für die kommenden Jahre 486 Millionen Euro bzw. 16,6 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen eingestellt.344 Diese enormen Summen überraschen, denn es ist nicht die Aufgabe von Verpflichtungsermächtigungen, den Regelfall abzubilden. Vielmehr sollte mit dem Instrument der Verpflichtungsermächtigungen eine flexible Handhabung der Haushalte in begründeten Einzelfällen gewährleistet werden. Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit entsprechen sich die Haushaltsermächtigungen für das laufende und die Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre jedoch beinahe. Durch den exzessiven Einsatz von Verpflichtungsermäch339

Gröpl, BHO/LHO (2011), § 6 BHO, Rn. 21. Die Ausführungen beziehen sich auf die BT-Drs. 19/22600 vom 25.09.2020; die Ausgabeermächtigungen wurden aber geringfügig durch BT-Drs. 19/23320 vom 06.11. 2020 bzw. BT-Drs. 19/23324 vom 04.12.2020 verändert. 341 Einzelplan 23, Überblick zum Kapitel 2301, S. 7. 342 Einzelplan 23, Überblick zum Kapitel 2302, S. 20. 343 Einzelplan 23, Überblick zum Kapitel 2303, S. 28. 344 Einzelplan 23, Überblick zum Kapitel 2304, S. 37 und Überblick zum Kapitel 2305, S. 45. 340

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tigungen im Haushaltsrecht wird der Entscheidungsspielraum des Parlamentes erheblich eingeschränkt. Das Budgetrecht des Parlaments – insbesondere das zukünftiger Parlamente –, welches im Verfassungsstaat eine der fundamentalen Grundlagen der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit darstellt,345 wird unterlaufen. Bereits in der Vergangenheit wurde die Verwendung hoher Summen für Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsplan zurecht in Zweifel gezogen. So hat 1995 eine große Mehrheit des Bundestages beschlossen, Verpflichtungsermächtigungen in der Zukunft grundsätzlich zu befristen. Unbefristete Zusagen dürfe es nicht mehr geben, denn die zum Teil mit Laufzeiten von 10 oder 20 Jahren betitelten verbindlichen Verpflichtungsermächtigungen – auch in der Entwicklungszusammenarbeit – belasteten zukünftige Etats erheblich.346 Eine Alternative für langfristige Vorhaben der Regierung wurde gleichwohl bis heute nicht gefunden. Ein Bericht des Bundesrechnungshofes von 2018, der die massive Verwendung von Verpflichtungsermächtigungen in der Entwicklungszusammenarbeit kritisiert, wurde vom BMZ zurückgewiesen.347 Um die Funktionstüchtigkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu erhalten, bestehe derzeit keine andere Möglichkeit, als eine Vielzahl an Verpflichtungsermächtigungen in den Haushaltsplan einzubauen; diese seien zudem nur auf die kommenden vier Jahre beschränkt.348 Der Inhalt zukünftiger Einzelpläne für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist damit in Teilen bereits vor der Ausarbeitung festgelegt. Eine tatsächliche Einflussnahme des Parlamentes auf die Entwicklungszusammenarbeit durch den Einzelplan 23 ist auch aufgrund der umfangreichen Verpflichtungsermächtigungen nur bedingt möglich. 2. Die „Leitlinien für bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ der Bundesregierung von 2007 Neben dem Haushaltsplan 23 und den darin enthaltenen Verpflichtungsermächtigungen findet die Hauptsteuerung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Ermangelung eines Gesetzes über die „Leitlinien für bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen 345

Kube, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 12/2013), Band VII, Art. 110, Rn. 35. Woche im Bundestag, 12/95 vom 28.06.1995, S. 86. 347 Bundesrechnungshof, Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO: Informationen über die Entwicklung des Einzelplans 23 für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2019, S. 7. 348 Verpflichtungsermächtigungen beschränken sich im Einzelplan 23 allerdings häufig nicht mehr auf vier Jahre, sondern es werden darüber hinaus Verpflichtungsermächtigungen für „künftige Haushaltsjahre“ benannt. 346

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Entwicklungszusammenarbeit“ der Bundesregierung (Stand 2007) statt.349 Die Leitlinien der Bundesregierung enthalten Regelungen zu den unterschiedlichsten Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit und finden etwa bei der Steuerung, der Durchführung, dem Organisationsaufbau, der Projektauswahl oder der Evaluation regelmäßig Anwendung. Die Leitlinien, die unter Mitwirkung des BMZ, des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums der Finanzen und des Wirtschaftsministeriums erarbeitet wurden, sind in drei Abschnitte untergliedert, wobei der erste Abschnitt allgemeine Regeln, der zweite Abschnitt besondere Regeln für die finanzielle und der dritte Abschnitt Regeln für die technische Zusammenarbeit enthält. Laut Präambel der Leitlinien handelt es sich normativ um Verwaltungsvorschriften.350 Die Leitlinien besitzen daher grundsätzlich nur interne Verbindlichkeit und könnten jederzeit verändert werden.351 Vorläufer der aktuell geltenden Leitlinien waren Leitlinien von 1984, die zuletzt 1999 geändert worden sind.352 Einige der schon vor der Ausarbeitung der Leitlinien von 1984 in der entwicklungspolitischen Praxis angewandten Methoden und Verfahren wurden bei der Ausarbeitung dieser ersten Leitlinien aufgenommen und finden sich auch in den aktuell geltenden Leitlinien von 2007 wieder.353 In der Folge von Absprachen auf der Ministerkonferenz der Bundesländer am 9. Juli 1998 in Bonn existieren nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in den einzelnen Bundesländern Leitlinien zu Entwicklungszusammenarbeit. 354 Unabhängig von den Leitlinien zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit gibt es weitere Leitlinien des Auswärtigen Amtes zur Kooperation der Bundes349 Die „Leitlinien für bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ sind als BMZ Konzepte Nr. 165 abgedruckt und werden im Folgenden schlicht als „Leitlinien“ bezeichnet. 350 Zu Verwaltungsvorschriften Mehde, Rechtsetzung der europäischen und nationalen Verwaltungen, VVDStRL 71 (2012), S. 418 (428 f.). 351 Vor dem Hintergrund der Agenda „BMZ 2030“ werden die Leitlinien vermutlich angepasst werden müssen. Ob es sich bei den Leitlinien um deckungsgleiche Verwaltungsvorschriften der beteiligten Ministerien handelt, weil die Bundesregierung gemäß Art. 86 GG nur gesetzesakzessorische Verwaltungsvorschriften erlassen kann, muss dahingestellt bleiben. Dieser Auffassung ist T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (666); ders., in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG (2002), Band 4, Art. 86, Rn. 43. A. A. Hermes, in: Dreier, GGKommentar (2018), Band III, Art. 86, Rn. 54. 352 Zur Diskussion, ob die vorausgegangene Richtlinie eine Hauptrichtlinie war oder lediglich ein Hilfsinstrument der Planung Wissing, Die gegenwärtige Diskussion über Kriterien bei der Vergabe staatlicher Entwicklungshilfe (1994), S. 62–64. 353 Lengel, Entwicklungspolitik, VerwArch 76 (1985), S. 427 (429 ff.), nennt dabei etwa die Zielorientierte Projektplanung (ZOPP), die Kosten-Nutzen-Analyse (KNA), oder einen Reader über die Planung und Evaluierung von Projekten. 354 So zum Beispiel: „Leitlinien zur Entwicklungszusammenarbeit des Landes Sachsen-Anhalt“ vom 08.08.2000; „Entwicklungspolitische Leitlinien des Landes Niedersachsen“ vom April 2016; „Leitlinien der Entwicklungszusammenarbeit des Saarlandes“ vom 15.03.2017.

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republik Deutschland mit verschiedenen Regionen der Welt,355 aber auch ein eigenes Konzept zum Thema „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ (Stand 2017). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wiederum hat ein „Konzept Pro!Afrika“ 356 ausgearbeitet, welches die Kohärenz von Wirtschaftspolitik und Entwicklungszusammenarbeit betont. Die von anderen Ministerien als dem BMZ ausgearbeiteten Leitlinien gelten allerdings nur für die jeweiligen Ressorts und sind nur bedingt aufeinander abgestimmt. Bereits die Existenz von verschiedenen Leitlinien der Bundesregierung, welche die Entwicklungszusammenarbeit betreffen, verdeutlicht, dass eine übergeordnete entwicklungspolitischen Konzeption nicht vorhanden ist. In der Praxis der deutschen Entwicklungszusammenarbeit kommt den Leitlinien des BMZ gegenüber den eben genannten sonstigen Leitlinien gleichwohl eine besondere Bedeutung zu, denn durch diese erfolgt eine grundlegende Anleitung der Entwicklungspolitik sowie eine Kompetenzverteilung zwischen den ausführenden Organisationen. Obwohl die Leitlinien dem Parlament keinerlei Steuerungs- oder Kontrollrechte vermitteln, ermöglichen sie inhaltlich wichtige Einblicke in die entwicklungspolitische Verwaltungspraxis. Die Leitlinien der Bundesregierung von 2007 können zusammenfassend als maßgeblich für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bezeichnet werden, denn sie geben die inhaltlichen Ziele, die Vertrags- und Durchführungsgestaltung, die Instrumente und die Evaluation für die Entwicklungspolitik vor. Sie regeln insofern als Verwaltungsvorschriften Materien, die normalerweise durch ein Gesetz geregelt würden. In ihrem Regelungsgehalt überschneiden sich die Leitlinien dabei oft mit allgemeinen Gesetzen oder ergänzen diese. Hier sei insbesondere auf das bereits erwähnte KfW-Gesetz hingewiesen, dem in der finanziellen Zusammenarbeit eine besondere Bedeutung zukommt. Aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung soll im Folgenden genauer auf die Leitlinien eingegangen und anhand ihres Inhalts die Funktionsweise der deutschen Entwicklungszusammenarbeit näher untersucht werden. a) Die Festlegung von Zielen und Schwerpunkten Bereits ganz zu Beginn der Leitlinien bekennt sich die Bundesregierung zu dem Ziel, „weltweit Armut zu bekämpfen, Frieden zu sichern, Demokratie zu verwirklichen, die Globalisierung gerechter zu gestalten und die Umwelt zu schützen“ 357. Die Bundesregierung beruft sich dabei explizit auf die „Millenniumserklärung“ der Vereinten Nationen sowie das „Aktionsprogramm 2015“ der Bundesregierung. Es stehe eine Partnerschaft mit den Entwicklungsländern im 355

Auswärtiges Amt, Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung (2014). BMWi, Konzept Pro!Afrika – Perspektiven nutzen, Chancen stärken, Wirtschaft fördern (2017). 357 BMZ, Leitlinien Ziffer 1. 356

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Vordergrund, die Eigenverantwortung der Entwicklungsländer sei als höchstes Gut zu achten, und eine Einmischung in innere Angelegenheiten dürfe nicht stattfinden. In den Leitlinien wird ein Bekenntnis zur bilateralen Entwicklungszusammenarbeit abgegeben, und es werden multilaterale Strukturen, Regelwerke und Verhandlungsprozesse gewürdigt. Trotz der Wichtigkeit multilateraler Entwicklungszusammenarbeit stehe die bilaterale Zusammenarbeit im Vordergrund der deutschen Kooperation, wobei die Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit einem Entwicklungsland mindestens einen der in den Leitlinien aufgelisteten Schwerpunktbereiche beinhalten muss.358 Die genannten Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind (1.) Demokratie, Zivilgesellschaft und öffentliche Verwaltung, (2.) Friedensentwicklung und Krisenprävention, (3.) Bildung, (4.) Gesundheit, Familienplanung und HIV/AIDS, (5.) Trinkwasser, Wassermanagement und Abwasser/Abfallentsorgung, (6.) Sicherung der Ernährung, Landwirtschaft, (7.) Umweltpolitik, Schutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, (8.) nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, (9.) Energie, (10.) Transport und Kommunikation. Im ersten Abschnitt der Leitlinien werden zudem die Aufgaben der „Finanziellen Zusammenarbeit“ und der „Technischen Zusammenarbeit“ kurz dargestellt. Der Auftrag der „Finanziellen Zusammenarbeit“ bestehe insbesondere darin, Investitionen der Kooperationspartner zu fördern, indem Finanzmittel und ergänzende Maßnahmen bereitgestellt werden.359 Die „Finanzielle Zusammenarbeit“ sei dafür da, Anlageinvestitionen, Sachgüter und Betriebsmittel zu finanzieren. Auch die finanzielle Unterstützung zur Finanzsektorenentwicklung, die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften und die Vergabe von Darlehen für Entwicklungsländer sind in den Leitlinien vorgesehen. Durch die „Finanzielle Zusammenarbeit“ solle am strukturellen Wandel, dem Aufbau leistungsfähiger Strukturen und an sektoralen oder makroökonomischen Programmfinanzierungen mitgewirkt werden. Die „Technische Zusammenarbeit“ sei demgegenüber dazu da, die Menschen, die Organisationen vor Ort und die Zivilgesellschaft der Partnerländer auf verschiedenste Art zu unterstützen. Den Menschen in Entwicklungsländern müsse ermöglicht werden, Ziele selbst und mit eigenen Ressourcen zu verwirklichen.360 Die vorrangige Aufgabe der „Technischen Zusammenarbeit“ bestehe daher in der Beratung der Partnerländer durch den Einsatz von Fachkräften, in der Finanzierung und der Erbringung von Beratungsleistungen und in verschiedenen Dienstund Werkleistungen (etwa Studien oder Gutachten). Außerdem solle – in begrenztem Umfang – die Lieferung von Gütern und die Installation baulicher 358 359 360

BMZ, Leitlinien Ziffer 2. BMZ, Leitlinien Ziffer 3. BMZ, Leitlinien Ziffer 4.

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Anlagen stattfinden. Aufgrund der herausragenden Rolle der Projekthilfe wird auch diese in den Leitlinien besonders berücksichtigt.361 b) Die der Entwicklungszusammenarbeit vorgeschaltete Planungsphase Bevor ein Einstieg in die Planungsphase stattfindet, sind die Grundlagen, auf denen die Entwicklungszusammenarbeit basieren soll, festzulegen. Die Bundesregierung führt, so legen es die Leitlinien von 2007 fest, mit den verschiedenen Kooperationspartnern Gespräche in Form von Regierungsverhandlungen, Gebertreffen oder einfachen Konsultationen.362 Macht das Partnerland einen Fördervorschlag, findet der Eintritt in einen Politikdialog statt. Dabei soll erörtert werden, welches die konkreten Förderbedürfnisse sind, wobei für die Bundesrepublik der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gilt.363 Das bedeutet, dass die Maßnahmen der Bundesregierung nicht nur bei geringstem Aufwand eine möglichst große Wirkung haben sollen, sondern auch, dass nur diejenigen Projekte in Frage kommen, die vom Partnerland nicht in eigener Regie ausgeführt werden können. Es ist also eine Art Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Außerdem müssen die vorgeschlagenen Projekte einen der zu Beginn der Leitlinien genannten Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit beinhalten. Während des Politikdialoges zwischen Nehmerland und BMZ wird die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Schwerpunktstrategien des BMZ überprüft. So kann es gegebenenfalls zu einer Vorauswahl geeigneter Projekte kommen. Wurde eine Einigung über die Förderung erzielt, sagt die Bundesregierung dem Empfängerland im Rahmen von neuen Regierungsverhandlungen oder durch eine offizielle Mitteilung die Finanzierung unter Vorbehalt des Abschlusses eines völkerrechtlichen Vertrages sowie der positiven Zusage der deutschen Durchführungsorganisationen zu.364 Nachdem sich die staatlichen Beteiligten geeinigt haben, werden die deutschen Durchführungsorganisationen zu einer Kurzstellungnahme aufgefordert.365 In diesem Stadium der Projektvorbereitung ist mangels detaillierten Informationsstandes der Durchführungsorganisationen selten mit einer vollständigen Analyse 361 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 365 Fn. 189 schreibt, dass es zwar an empirischen Daten zur Anzahl an jährlich geförderten Projekten fehle. Die KfW veröffentlicht solche jedoch seit 2013 in einer Projektdatenbank, wonach bis Anfang 2019 etwa 1400 Projekte gefördert wurden. Auch aus Zahlen der OECD zur Verwendung von Geldern in programmbasierten Ansätzen kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass die Projekthilfe den größten Teil der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ausmacht. 362 BMZ, Leitlinien Ziffer 20. 363 Dieser wird in den Leitlinien als „Grundsatz des geringsten Eingriffs“ bezeichnet, so BMZ, Leitlinien Ziffer 21. 364 BMZ, Leitlinien Ziffer 32. 365 BMZ, Leitlinien Ziffer 37.

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zu rechnen.366 Trotzdem hat die Kurzstellungnahme den Zweck, bereits in der Planungsphase Misserfolgen in der Entwicklungszusammenarbeit vorzubeugen.367 Kommt es zu einer positiven Stellungnahme der deutschen Durchführungsorganisationen, soll der Kooperationspartner einen Träger für das Projekt bestimmen, dem das BMZ Fachkräfte für die Vor- und Nachbereitung zur Verfügung stellt.368 Die weitere umfangreiche Prüfung erfolgt einseitig durch deutsche Stellen, insbesondere die Durchführungsorganisationen. Zusätzlich findet bereits eine erste Koordination mit multilateralen Partnern statt.369 Dies hat den Hintergrund, dass auch andere Länder oder Gebergemeinschaften bereits in einem Land aktiv sein könnten und eine doppelte Durchführung dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit widerspräche. Die folgende Prüfung legt ihren Schwerpunkt auf die abzusehenden Risiken sowie auf einen Kosten-Nutzen Vergleich.370 Hierzu werden Unterlagen im Partnerland angefordert oder Prüfgruppen entsendet.371 Letztere erkunden die Örtlichkeit des geplanten Projektes, sprechen mit Menschen vor Ort und nehmen teils erste technische Maßnahmen – wie geologische Proben – vor. Die politische Situation im Entwicklungsland und die gesellschaftliche Stabilität müssen ebenso in die Bewertung einfließen. Auffällig ist, dass die Leitlinien viele Ausführungen zum formellen Verfahren der Prüfung machen, allerdings keinerlei materiellen Kriterien benennen. So wäre bei der Erstellung der Leitlinien denkbar gewesen, bei Vorliegen von gewissen materiellen Kriterien dem BMZ oder den Durchführungsorganisationen einen Ermessensspielraum über die Förderwürdigkeit zu gewähren. Auf solche Bestimmungen wurde indes wohl verzichtet, weil es sich bei den Leitlinien lediglich um Verwaltungsvorschriften und kein Gesetz handelt. Damit liegt die Entscheidung über die Durchführung einer Maßnahme bei den Gutachtern. Dem Einfallstor für Willkür und Bestechung in der deutschen Entwicklungspolitik soll gleichwohl durch eine möglichst objektive laufende Überprüfung der Vorhaben entgegengewirkt werden. Kommt die Prüfung der Durchführungsorganisationen zu einem positiven Ergebnis, ergeht eine Empfehlung des BMZ an die Bundesregierung.372 Diese 366 Bezugnehmend auf die vorausgegangenen Leitlinien Lengl, Entwicklungspolitik, VerwArch 76 (1985), S. 427 (428). 367 Nach Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union (1996), S. 143, der sich auf die vorausgegangenen Leitlinien bezieht, scheiterte früher jeder dritte Vorschlag von Entwicklungsländern in diesem Stadium. Bezugnehmend hierauf auch Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 366. 368 BMZ, Leitlinien Ziffer 24. 369 BMZ, Leitlinien Ziffer 26. 370 BMZ, Leitlinien Ziffer 39 und Ziffer 54. 371 So Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 367. 372 BMZ, Leitlinien Ziffer 55.

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schließt wiederum, auf Grundlage der Prüfungsergebnisse, einen völkerrechtlichen Vertrag mit der Regierung des Nehmerlandes bzw. anderen privaten Beteiligten ab.373 c) Die Vertragsgestaltung mit den Partnerländern Abhängig von der Art der Zusammenarbeit folgt nun ein völkerrechtliches Rahmenabkommen, in dem insbesondere die Leistungen des Kooperationspartners festgehalten werden.374 Rahmenabkommen, die Verwaltungsabkommen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG darstellen, sollen die grundlegende Richtung der Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit dem Partnerland festlegen. Die Verträge gewährleisten, dass die darauf aufbauende Entwicklungszusammenarbeit dem Grundsatz der Nichteinmischung und Achtung der Selbstbestimmung entspricht und dass im Sinne des Art. 55 UN-Charta gehandelt wird.375 Grundsätzlich soll, so Philipp Dann376, ein einzelnes Verwaltungsabkommen mit einem Entwicklungsland geschlossen und im Gegensatz zu früher nicht mehr zwischen Rahmenabkommen der technischen und der finanziellen Zusammenarbeit unterschieden werden. Ob in der Praxis eine solche Zusammenfassung in einem übergeordneten Verwaltungsabkommen tatsächlich stattfindet, kann nicht abschließend beurteilt werden. Jedenfalls existieren in der technischen Zusammenarbeit weiter Rahmenabkommen, die von konkreten Projektabkommen ergänzt werden.377 In der finanziellen Zusammenarbeit wird dem gegenüber ein einzelner völkerrechtlicher Projektvertrag, in welchem die Summe, die Art der Mittelvergabe und der Zweck der Förderung festgelegt sind, für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen, ohne dass es eines Rahmenabkommens bedarf.378 Alle Rahmenabkommen und Projektverträge sollen gemäß § 76 Abs. 2 „Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien“ (GGO) im Bundesgesetzblatt II veröffentlicht werden. Für das Rahmenabkommen existiert ein Mustertext, auf den in den Leitlinien hingewiesen wird.379 Teil des Rahmenvertrages sollen alle Maßnahmen werden, die eine Regierungsbeteiligung erfordern, wie Lieferfragen, die Durchführungsform, die Finanzierung oder der Investitions373

BMZ, Leitlinien Ziffer 32 und Ziffer 37. Zu den Vorgaben für den Rahmenvertrag mehr in BMZ, Leitlinien Ziffer 28. 375 Meinecke, Rechtsprojekte in der Entwicklungszusammenarbeit (2007), S. 48. 376 Zur Fortentwicklung der mehrstufigen Vertragssysteme in der Entwicklungszusammenarbeit ausführlich Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 370–372. 377 Athenstaedt, Die Kompetenzverteilung in der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (2010), S. 108 f. 378 Beispielhaft mit Indien: BGBl. II (2017), S. 1311; oder mit Uganda: BGBl. II (2018), S. 26. 379 BMZ, Leitlinien Ziffer 34. Laut Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 371 existiert seit April 2009 ein Rahmenvertrag für sowohl die finanzielle als auch die technische Zusammenarbeit. 374

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schutz. Auf diese Weise können mehrjährige Rahmenabkommen mit Ländern geschlossen und dabei alle grundlegenden administrativen Themen der Zusammenarbeit behandelt werden. Auch die Durchführungsorganisationen, namentlich die GIZ und die KfW, können privatrechtliche Durchführungsverträge mit den Regierungen oder den Trägern der Entwicklungsprojekte schließen. Grundlage dafür sind die von der Bundesregierung geschlossenen völkerrechtlich bindenden Rahmenabkommen.380 Diesen Durchführungsverträgen liegen ebenfalls Musterverträge zu Grunde, bei deren Abweichen eine Abstimmung mit dem BMZ zu erfolgen hat. Der Grund für die Auslagerung der Vertragsschließungsbefugnis an die entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen ist, dass den Durchführungsorganisationen besonderes Fachwissen zukommt. Im Rahmen der technischen Zusammenarbeit sollen durch die GIZ mit dem Partnerland insbesondere die Grundregeln und Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit festgelegt werden. Hierzu gehören die Art und die Bereiche der Zusammenarbeit – denn diese fehlen in den Rahmenabkommen –, die Leistungen und Beiträge der beteiligten Seiten sowie die Pflichten und Rechte der einzusetzenden Fachkräfte. Es findet folglich eine konkrete Ausgestaltung der einzelnen Projekte statt, wobei allerdings die konkrete Vorgehensweise zum Erhalt der notwendigen Flexibilität offenbleibt. Die vertragliche Ausgestaltung der finanziellen Zusammenarbeit unterscheidet sich naturgemäß von der technischen Zusammenarbeit. Die KfW schließt selbst mit den Kooperationspartnern einen Garantievertrag über die Erfüllung der Zahlungsverbindlichkeiten ab,381 nachdem die Bundesregierung ihre Bereitschaft zum konkreten Vorhaben bekundet hat.382 In diesem Garantievertrag wird die konkrete Zahlungsverpflichtung beziffert und die Art der Finanzleistung genannt, wobei meist Bedingungen an die Verwendung der Gelder geknüpft werden. Der konkrete inhaltliche Aufbau der finanziellen Durchführungsverträge weicht teilweise stark voneinander ab und ist auf das spezifische Land sowie das zu fördernde Finanzierungsprojekt abgestimmt. Mehrere finanzielle Durchführungsverträge können dabei nebeneinanderstehen oder in einem Dokument zusammengefasst werden. Es zeigt sich, dass die Vertragsgestaltung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nicht einheitlich ausgestaltet ist, sondern dass stets zwischen technischer und finanzieller Zusammenarbeit unterschieden wird. Der Inhalt der Verträge hängt dabei stets vom Partnerland bzw. dem konkreten Vorhaben ab. Die Komplexität der verschiedenen Verträge, die notwendige Einzelfallgestaltung, 380

BMZ, Leitlinien Ziffer 36. BMZ, Leitlinien Ziffer 58. 382 Athenstaedt, Die Kompetenzverteilung in der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (2010), S. 108. 381

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die Zwischenschaltung von Durchführungsorganisationen und die mangelnde Veröffentlichung der Verträge im Internet erschwert es interessierten Bürgern und Parlamentariern allerdings massiv, einen Überblick über die existierenden Verträge in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu erhalten. d) Die Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit Sowohl für die technische als auch für die finanzielle Zusammenarbeit sind die im ersten Abschnitt der Leitlinien genannten allgemeinen Regeln anwendbar. Zudem existieren in den Leitlinien jeweils konkretisierende Bestimmungen zur Arbeitsweise und Durchführung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. Unter den Voraussetzungen der Leitlinien können die staatlichen Akteure auch Kooperationen mit gesellschaftlichen Trägern oder NGOs eingehen.383 Beteiligungen in Form von „Public Private Partnerships“ (PPP) oder sonstige Mitwirkungen durch private Träger sind ebenfalls denkbar.384 Hauptakteur der finanziellen Entwicklungszusammenarbeit ist regelmäßig die KfW, die den Großteil ihrer Gelder aus dem Bundesetat bezieht.385 Nach eigenen Angaben nimmt sie daneben aber auch Mittel auf dem privaten Kapitalmarkt auf.386 Dies bedeutet, dass sich die KfW wie normale Banken Geld durch Anlagen, Investitionen, Aktien- oder Devisenhandel beschaffen kann. Die auf dem Finanzmarkt erwirtschafteten Gelder können wiederum unter anderem in die Entwicklungszusammenarbeit fließen. Diese Möglichkeit der Mittelbeschaffung auf dem Kapitalmarkt ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die KfW keine reine Entwicklungsbank ist, sondern auch Privatkunden und Unternehmen bedient. Gleichwohl ist bei der aktiven Beteiligung einer durch den Staat getragenen Bankengruppe am Kapitalmarkt ein gewisser Risikobereich auszumachen.387 Nachdem die Bundesregierung mit dem Partnerland das Rahmenabkommen abgeschlossen hat, überprüft die KfW die Sinnhaftigkeit und die entwicklungspolitische Bedeutung der vorgeschlagenen Projekte. Dabei werden nach eigener 383

BMZ, Leitlinien Ziffer 10. Bei PPP handelt es sich um einen Beschaffungsprozess von Mitteln durch eine Kooperation von Staat und Privatwirtschaft. Dabei ist die Privatwirtschaft meist für einen speziellen Teilbereich innerhalb der Entwicklungskooperation zuständig und handelt allein verantwortlich. Umfassend zum Thema Weber/Schäfer/Hausmann (Hrsg.), Praxishandbuch Public Private Partnership (2006). PPPs werden mittlerweile allerdings zunehmend vom Bundesrechnungshof kritisiert, etwa Bundesrechnungshof, Gutachten zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von Öffentlich Privaten Partnerschaften im Bundesfernstraßenbau (2013), S. 51. 385 Zur KfW einleitend bereits auf Seite 56–58. 386 KfW, Internationale Finanzierung, Internationale Entwicklungszusammenarbeit. 387 Im „Krisenjahr“ 2008 war die KfW zu 38 % der größte Anteilseigner der IKB Deutsche Industriebank AG, die Garantien in Milliardenhöhe benötigte, um ihr Geschäft am Laufen halten zu können; so Spiegel Online vom 12.02.2008, Kreditkrise – Kritik an der KfW Führung wächst. 384

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Auskunft spezialisierte Consultingunternehmen eingeschaltet, die mit dem Partner eine Machbarkeitsstudie entwickeln.388 Für die Beauftragung der Consultants existieren von der KfW ausgearbeitete Richtlinien vom August 2016389 und ein Mustervertrag für Consulting-Aufträge vom Oktober 2016. Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der finanziellen Vorhaben ist weitgehend der KfW überlassen, da die Leitlinien der Bundesregierung meist nur generelle Ausführungen zu Transferkonditionen, Weiterleitungskonditionen oder zum Währungsrisiko machen.390 Nur zu Entwicklungskrediten391 und zur öffentlichen Ausschreibung392 finden sich ausführliche Vorgaben. Es hat sich gezeigt, dass inhaltlich meist Misch- und Verbundfinanzierungen sowie zinsverbilligte Darlehen im Vordergrund der finanziellen Zusammenarbeit stehen; die entsprechenden Haushaltstitel im Einzelplan 23 fallen besonders hoch aus. Dabei ergänzen eigene Richtlinien der KfW diejenigen des BMZ bei Liefer-, Bau- und zugehörigen Leistungsaufträgen.393 In diesen eigenständig erlassenen Richtlinien geht die KfW auf die Vorgaben der Leitlinien des BMZ ein, die etwa für Darlehens-, Finanzierungs- und Garantieverträge gemacht werden.394 In der technischen Zusammenarbeit wird den Durchführungsorganisationen, insbesondere aber der GIZ, durch die Leitlinien der Bundesregierung ein großer Spielraum gewährt.395 Die Durchführungsorganisationen sollen so in die Lage versetzt werden, immer individuell die effektivste und wirtschaftlichste Durchführungsform zu wählen. Den Leitlinien ist als Grundvorgabe lediglich zu entnehmen, dass die Bundesregierung kein Eigentum in Entwicklungsländern erwerben soll und dass die technische Zusammenarbeit unentgeltlich erfolgt.396 Grundsätzlich richtet sich das Vergabeverfahren in der technischen Zusammenarbeit daher nach dem deutschen Vergaberecht und den Vorschriften über die Verwendung öffentlicher Mittel.397 Bei Kleinstmaßnahmen der technischen Zusammenarbeit können auch die deutschen Auslandsvertretungen beteiligt werden, die dann einen konkret bestimmbaren Teil der Entwicklungszusammenarbeit ausführen dürfen.398 388

KfW, Internationale Finanzierung, Arbeitsweise. KfW, Richtlinien für die Beauftragung von Consultants in der Finanziellen Zusammenarbeit mit Partnerländern. 390 BMZ, Leitlinien Ziffer 51–53. 391 BMZ, Leitlinien Ziffer 71–73. 392 BMZ, Leitlinien Ziffer 61. 393 KfW, Richtlinien für die Vergabe von Liefer-, Bau- und zugehörigen Leistungsaufträgen in der Finanziellen Zusammenarbeit mit Partnerländern. 394 BMZ, Leitlinien Ziffer 58–60. 395 Zur GIZ einleitend bereits auf Seite 58–61. 396 BMZ, Leitlinien Ziffer 77 und Ziffer 80. 397 BMZ, Leitlinien Ziffer 76. 398 BMZ, Leitlinien Ziffer 79. 389

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

Wie die Organisation der technischen Entwicklungszusammenarbeit ausgestaltet ist und welche materiellen Kriterien an die technische Zusammenarbeit gestellt werden sollen, bleibt in den Leitlinien unbeantwortet. Insbesondere wird nicht festgelegt, welcher konkreten Projektform der Vorzug gegeben werden soll. e) Die unmittelbare Teilfinanzierung von Staatshaushalten Seit der „Erklärung von Paris über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit“ 399 von 2005 wird auch über das Instrument der Teilfinanzierung von Staatshaushalten gesprochen. Um der Kritik400 an einer ineffektiven Entwicklungszusammenarbeit entgegenzutreten, soll durch die Finanzierung der Haushalte von Entwicklungsländern dazu beigetragen werden, dass die Eigenverantwortung der Partnerländer gesteigert, die vorhandenen Infrastrukturen genutzt und ausgebaut sowie ein soziales Sicherungssystem installiert wird. Die Leitlinien der Bundesregierung enthalten daher auch Aussagen zur unmittelbaren Teilfinanzierung von Staatshaushalten. Der Begriff „Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung“ fasst in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit die Korbfinanzierung und die Budgethilfe zusammen.401 Unter der Korbfinanzierung versteht man diejenigen Gelder, die für mit dem Entwicklungsland gemeinsam beschlossene Maßnahmenpakete bereitgestellt werden und anders als bei der Budgetfinanzierung zweckgebunden sind. Grundsätzlich ist im Rahmen der Budgethilfe wiederum zwischen der allgemeinen Budgethilfe und der sektoralen Budgethilfe zu unterscheiden, bei der die geleisteten Mittel in ein konkretes Gebiet, wie den Gesundheits-, Infrastrukturoder Sozialbereich, fließen. Voraussetzung für die Finanzierung von Staatshaushalten ist stets eine „good governance“ in den Nehmerländern und das Vorhandensein bestimmter Kontrollmechanismen für die Geberländer. Auf diese Weise kann die Bundesrepublik kontrollieren, was mit ihren Geldern geschieht, damit die Mittel nicht für andere als die vorgesehenen Zwecke eingesetzt werden. Verschlechtert sich die Situation im Partnerland, existiert ein Katalog mit möglichen Reaktionen, und die Bundesrepublik kann letztlich auch aus der Budgetfinanzierung geordnet aussteigen.402

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Abrufbar (unter: https://www.oecd.org/dac/effectiveness/35023537.pdf). Rainer Pitschas beschrieb etwa bereits 1992, dass die vorwiegend projektbezogene Entwicklungszusammenarbeit nicht ausreichend sei, um den komplexen Problemzusammenhängen von rechtlichen, administrativen, kulturellen und historischen Gegebenheiten gerecht zu werden: Pitschas, Soziale Sicherung und Umweltmanagement im Süden als Aufgaben der Institutionenentwicklung, in: ders. (Hrsg.), Entwicklungsrecht und sozial-ökologische Verwaltungspartnerschaft (1994), S. 19. 401 BMZ, Leitlinien Ziffer 8. 402 BMZ, Konzepte 146, Konzept zur Budgetfinanzierung im Rahmen der Programmorientierten Gemeinschaftsfinanzierung (PGF), S. 22 f. 400

B. Die „Gesetzlosigkeit‘‘ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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Durch die Budgetfinanzierung soll ein Dialog zwischen den Geber- und Nehmerländern gefördert werden, weil diese miteinander den Finanzierungsbedarf absprechen müssen und aus der Evaluierung gemeinsam lernen. Die Budgetfinanzierung eignet sich daher in denjenigen Entwicklungsländern, die eine stabile Regierung haben, sodass gewährleistet ist, dass die Gelder nicht durch Korruption versickern und für die durch das BMZ eine positive Reformbereitschaft festgestellt wurde.403 Das BMZ hat 2008 – also im Nachgang an die untersuchten Leitlinien – ein Konzept ausgearbeitet, wonach die Budgetfinanzierung im Rahmen der „Programmorientierten Gemeinschaftsfinanzierung“ geregelt wird. In diesem Konzept werden politische, treuhänderische und makroökonomische Rahmenbedingungen als Einstiegskriterien für die Budgetfinanzierung vorgegeben.404 Die Budgetfinanzierung selbst erfolgt im Rahmen von Regierungsabkommen mit den Entwicklungsländern. Anders als bei der Budgethilfe der Weltbank sind die Voraussetzungen an die Budgethilfe in Deutschland nicht explizit aufgelistet.405 Die Verwendung des Geldes und die Verfahrensabläufe richten sich vielmehr nach dem deutschen Privatrecht, wobei die KfW als Vertragspartnerin mit den Entwicklungsländern in Erscheinung tritt.406 Begleitet wird der Vertragsabschluss durch ein „Memorandum of Understanding“, in dem sich alle Beteiligten zur Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen verpflichten. Die Auszahlung der Gelder richtet sich in der Folge nach den konkret getroffenen Vereinbarungen. Grundsätzlich wird ein Teil des Geldes zu zuvor bestimmten Fristen ausgeschüttet und ein anderer Teil bei Erreichen der vereinbarten entwicklungspolitischen Ziele. Die Budgethilfe erfordert daher ein hohes Maß an Koordination der verschiedenen Geber, was die Leitlinien der Bundesregierung von 2007 hervorheben.407 Durch die Zusammenarbeit mit anderen Gebern und die Beteiligung an Programmen der Weltbank soll die Wirksamkeit der deutschen Budgethilfe erhöht werden.408 Eine deutlich wichtigere Stellung als in der Bundesrepublik nimmt die Budgethilfe in der Entwicklungspolitik der Europäischen Union ein, welche die Budgethilfe ins Zentrum ihrer Entwicklungszusammenarbeit gestellt hat. So tätigte die Europäische Union im Jahr 2019 Zahlungen über 1,6 Milliarden Euro, was etwa 403 Zur Bewertung der Budgetfinanzierung auch DEval, What we know about the effectiveness of budget support, Evaluation Synthesis 2017. 404 BMZ, Konzepte 146, Konzept zur Budgetfinanzierung im Rahmen der Programmorientierten Gemeinschaftsfinanzierung (PGF), S. 14–18. 405 Zu den Voraussetzungen der Weltbank vor Gewährung von Budgethilfe Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 387 f. 406 Vgl. Hermle/Hauschild, Wie Budgethilfe zu einer wirkungsvolleren EZ beiträgt (2012), S. 14. 407 BMZ, Leitlinien Ziffer 8. 408 Vgl. Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 386 f.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

16 Prozent der EU-Außenhilfe entspricht.409 Die deutsche Budgethilfe fällt dagegen eher gering aus, was mit einer bis dato vorherrschenden Skepsis gegenüber den Erfolgsaussichten zusammenhängt.410 f) Die laufende und abschließende Evaluation von Entwicklungsvorhaben Der Evaluation von Verwaltungsleistungen liegen ressortübergreifend meist staatliche Aufträge zur Überprüfung zugrunde. Entweder überprüft der Staat sein Verwaltungshandeln selbst, oder es findet eine Evaluation durch Private aufgrund eines staatlichen Auftrages statt.411 In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird auf beide Möglichkeiten zurückgegriffen, wobei zwischen einer regelmäßigen Überprüfung während der Durchführungsphase und einer Abschlussevaluation unterschieden werden muss. Die Durchführungsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit sollen der Bundesregierung zunächst – so sehen es die Leitlinien vor – in regelmäßigen, nicht näher festgelegten Zeitabschnitten Berichte über die laufenden Entwicklungsmaßnahmen und Projekte vorlegen.412 Außerdem ist, kommt es zu gravierenden Veränderungen gegenüber den ursprünglichen Plänen, über die Umstände und Änderungen unverzüglich zu informieren. Beim Erstellen der Berichte zu laufenden Projekten darf auf die Hilfe der Projektträger vor Ort bzw. kann bei gemeinschaftlichen Projekten mit anderen Ländern sogar voll auf den Erkenntnisgewinn anderer Geber zurückgegriffen werden. Neben den Berichten über den laufenden Fortschritt von Vorhaben wird bei Beendigung der entwicklungspolitischen Projekte ein Evaluationsverfahren eingeleitet. Diese Evaluationen werden allerdings – obwohl erst 2006 eingeführt413 – seit 2007 nur noch in Stichproben durchgeführt.414 Abschließende Evaluationen entwicklungspolitischer Vorhaben werden nicht unter der Federführung des BMZ, sondern durch die Durchführungsorganisationen selbst vorgenommen; das BMZ und die Durchführungsorganisationen sprechen sich allerdings miteinander ab.415 409

European Commission, Budget Support, Trends and results 2020, S. 5. Hierzu ein Gutachten der Konrad-Adenauer-Stiftung von 2008 mit dem Titel „Budgethilfe als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit – Wirkungen und Herausforderungen in Ghana, Mosambik, den palästinensischen Autonomiegebieten und Vietnam“. Kritisch zum Instrument der Budgethilfe auch Harrison, The World Bank and Africa: The construction of governance states (2004), S. 75 ff. 411 Mehde, Die Evaluation von Verwaltungsleistungen, DV 44 (2011), S. 179 (202 ff.). 412 BMZ, Leitlinien Ziffer 42. 413 Zu den Schwächen der zuvor praktizierten Erfolgskontrolle Borrmann/Fasbender u. a. (Hrsg.), Erfolgskontrolle in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (1999), S. 325 ff. 414 So Stockmann, Entwicklungsstrategien und Entwicklungszusammenarbeit, in: ders./Menzel/Nuscheler (Hrsg.), Entwicklungspolitik (2016), S. 425 (575 f.). 415 BMZ, Leitlinien Ziffer 44. 410

B. Die „Gesetzlosigkeit‘‘ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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Von den so überprüften abgeschlossenen entwicklungspolitischen Projekten wurden in der Vergangenheit etwa 70 % bis 90 % mit dem Prädikat „erfolgreich“ bewertet.416 Bei Evaluationen kann es jedoch zu Fehlern kommen, und vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit wird regelmäßig eine Divergenz zwischen mikroökonomischem Projekterfolg und makroökonomischem gesellschaftlichem Fortschritt – auch „Mirko-Makro-Paradoxon“ 417 genannt – festgestellt. Die grundsätzlich positive Abschlussevaluation von entwicklungspolitischen Projekten muss deswegen mit Vorsicht behandelt werden. Auch das Monitoring und die Evaluierung der Budgetfinanzierung finden im Rahmen der üblichen Kriterien und Verfahren der Entwicklungszusammenarbeit statt.418 Aufgrund der Nähe der Durchführungsorganisationen zu ihren eigenen Projekten wurde, wie bereits erwähnt,419 2012 mit dem „Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit“ (DEval) ein organisatorisch unabhängiges Institut eingerichtet, das selbst eine Vielzahl an Evaluationen durchführen kann, aber aufgrund seiner späteren Gründung nicht in den Leitlinien erwähnt wird.420 Bisher beschränkte sich die Arbeit der gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleinige Gesellschafterin die Bundesrepublik Deutschland ist, allerdings auf die Erstellung von Analysen zu konkreten Themenfeldern. Schließlich befasst sich – über die Leitlinien hinausgehend – auch der Bundesrechnungshof mit der Frage der Sparsamkeit, der Zweckmäßigkeit und der sachgerechten Verwendung von Steuermitteln in der Entwicklungszusammenarbeit, wobei sich keine Besonderheiten gegenüber der üblichen Haushaltsprüfung ergeben.421 Durch das Zusammenwirken der unterschiedlichen Evaluationen soll sichergestellt werden, dass das BMZ sowie die Durchführungsorganisationen aus begangenen planerischen Fehlern lernen und dass sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit selbst optimieren kann. 3. Weitere Dokumente zur deutschen Entwicklungspolitik Neben dem Haushaltsgesetz mit seinem Einzelplan 23 und den Leitlinien von 2007 existieren weitere, meist deskriptive Dokumente zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit. So hat das BMZ verschiedene Maßnahmen ergriffen, um im Informationszeitalter über seine Arbeit zu informieren, ohne dass es hierfür 416 Stockmann, Entwicklungsstrategien und Entwicklungszusammenarbeit, in: ders./ Menzel/Nuscheler (Hrsg.), Entwicklungspolitik (2016), S. 425 (575). 417 Wolff, Entwicklungshilfe: Ein erfolgreiches Gewerbe? (2005), S. 252 ff. 418 BMZ, Konzepte 146, Konzept zur Budgetfinanzierung im Rahmen der Programmorientierten Gemeinschaftsfinanzierung (PGF), S. 22. 419 Hierzu bereits auf Seite 48. 420 Die Evaluierungen von DEval sind abrufbar (unter: https://www.deval.org/de/ evaluierungen.html). 421 Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (566).

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

eine gesetzliche Verpflichtung gäbe. Die Veröffentlichungen des BMZ erklären gleichwohl aber die Arbeits- und die Funktionsweise der Entwicklungspolitik genauer.422 In sogenannten unverbindlichen „Papieren“ wird sowohl zu aktuellen entwicklungspolitischen Themen als auch zu Grundsatzfragen Stellung bezogen. Seit 2016 erscheint außerdem regelmäßig der Newsletter „BMZeit-Nachrichten aus dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ 423. In diesen Newslettern werden die aktuellen Geschehnisse und Erfolge der deutschen Entwicklungspolitik auf wenigen Seiten in Kurzform dargestellt. Schließlich gibt das BMZ regelmäßig Informationsmaterial in Form von Flyern, Booklets und Broschüren heraus, die in anschaulicher, knapper und verständlicher Weise über die deutsche Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenhänge aufklären. Aktuelle Publikationen existieren zur biologischen Vielfalt,424 dem Beitrag der Bundesregierung zur Förderung von nachhaltigen Textilien425 oder zu den Produktionsbedingungen von Schokolade.426 Im Gegensatz zum schlichten Informationsmaterial bemüht sich das BMZ zudem, durch die freiwillige Veröffentlichung von verbindlichen „Papieren“ sachliche Zusammenhänge herzustellen und sektor- oder länderbezogen über die Strategien zur Umsetzung der deutschen Entwicklungspolitik zu informieren. Die verbindlichen „Papiere“ entfalten insbesondere für die Durchführungsorganisationen GIZ und KfW Bindungswirkung und beinhalten etwa neue Mechanismen zur Durchführung oder der Evaluation.427 In den verbindlichen „Papieren“ werden dabei Rahmenbedingungen festgelegt, Befugnisse verteilt oder Verfahrensab422 Bis vor nicht allzu langer Zeit wurden diese „Konzepte“ genannt und waren durchnummeriert. So etwa BMZ, Sektorkonzept Nachhaltige Energie für Entwicklung, Konzepte Nr. 145; BMZ, Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit, Konzepte Nr. 159 (2008); BMZ, Sektorkonzept Gesundheit in der deutschen Entwicklungspolitik, Konzepte Nr. 183 (2009). Heute werden die Veröffentlichungen mit Datum angegeben und haben unterschiedliche Bezeichnungen. So etwa BMZ, Papier 08/2017, Strategie, BMZ Wasserstrategie, Schlüssel zum Umgang der Agenda 2030 und des Klimaabkommens; BMZ, Papier 10/2017, Position, Mehr Nachhaltigkeit beim Umgang mit Elektroschrott. 423 BMZ, BMZeit (abrufbar unter: https://www.bmz.de/de/mediathek/bmzeit/index. html). 424 BMZ/BMU, Biologische Vielfalt – Unsere Gemeinsame Verantwortung: Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern zur Umsetzung der Biodiversitätskonvention für eine nachhaltige Entwicklung (2018). 425 BMZ, Der Beitrag der Bundesregierung zur Förderung von nachhaltigen Textilien: Textil-Maßnahmenplan der Bundesregierung 2018 und Fortschrittsbericht zu den Maßnahmen aus 2017 (2018). 426 BMZ, Weißt du eigentlich wo deine Schokolade herkommt?: Der Weg des Kakaos vom Feld bis in den Supermarkt (2018). 427 Früher noch als „Konzept“ etwa BMZ, Konzept zur Budgetfinanzierung im Rahmen der programmorientierten Gemeinschaftsfinanzierung (PGF), Konzepte Nr. 146 (2008). Heute BMZ, Papier 01/2016, Sektorstrategie Finanzsystementwicklung.

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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läufe konkretisiert. Solche konkreten Vorgaben des BMZ an die Durchführungsorganisationen können als aus Transparenzgründen veröffentlichte Weisungen gedeutet werden. Aufgrund des fehlenden deutschen Planungsrechts für die Entwicklungszusammenarbeit soll die Veröffentlichung der verbindlichen „Papiere“ eine demokratische Legitimität der Entwicklungszusammenarbeit herstellen.428 Solche verbindlichen „Papiere“ sind in der Praxis allerdings deutlich seltener als die unverbindlichen „Papiere“.

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wird also maßgeblich durch das bereits besprochene Haushaltsgesetz mit seinem Einzelplan 23 und die „Leitlinien für die bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ der Bundesregierung von 2007 geprägt. Zwar findet auf dieser Grundlage die wesentliche Steuerung in der Entwicklungszusammenarbeit durch die Exekutive statt, doch bedeutet dies nicht, dass das Parlament auf die Partizipation im Haushaltsverfahren beschränkt wäre. Vielmehr existieren weitere allgemeine Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes, auf die auch im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zurückgegriffen werden könnte.

I. Die an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligten Ausschüsse Da es sich bei der Entwicklungspolitik um ein klassisches Querschnittsgebiet handelt, können an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verschiedene Parlamentsausschüsse beteiligt werden. Grundsätzlich erscheint der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als sachnähester Ausschuss in allen entwicklungspolitischen Angelegenheiten als federführender Ausschuss in Betracht zu kommen.429 Allerdings werden, abhängig vom konkreten entwicklungspolitischen Themenbereich, teils Kompetenzen einer Vielzahl anderer Ausschüsse berührt. So muss der Haushaltsausschuss zu Beginn jedes Haushaltsjahres zunächst über das Budget für das BMZ beraten und in besonderen Ausnahmefällen einer Umschichtung der im Haushaltsplan veranschlagten Mittel zustimmen.430 Auf428

Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 313 ff. Zum Verfahren Roll, GOBT-Kommentar (2001), § 80, Rn. 2; Winkelmann, Parlamentarische Ausschussarbeit, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 754 ff. 430 Hierzu bereits auf Seite 80–87. 429

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

grund des Auslandsbezuges der Entwicklungszusammenarbeit ist zudem die Beteiligung des Auswärtigen Ausschusses bei Sachverhalten mit außen- und sicherheitspolitischen Auswirkungen vorstellbar. Schließlich ist der Ausschuss für Wirtschaft und Energie – da die Entwicklungszusammenarbeit oft die wirtschaftliche Förderung impliziert – zumindest als mitberatender Ausschuss einzubeziehen. Bei der Befassung mit Spezialfragen erscheint selbst die Beteiligung des Verteidigungsausschusses, des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit oder des Ausschusses für Tourismus sinnvoll. Sogar der Ausschuss für Sport hat schon entwicklungspolitische Themen besprochen.431 Als Hilfsorgane des Parlamentes432 haben Ausschüsse kein Initiativrecht für Gesetzesvorlagen. Die Arbeit in den Ausschüssen ist für das Parlament trotzdem elementar, denn in Ausschüssen findet die eigentliche Meinungsbildung der Fraktionen statt.433 Die Hauptaufgaben der ständigen Ausschüsse – auch in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit – sind die Vorbereitung von Gesetzesvorlagen, die sachliche Meinungsbildung der Fraktionen zu bestimmten Themen und die Kontrolle der Regierung.434 Außerdem können sich Ausschüsse gemäß § 62 Abs. 1 S. 3 GO-BT mit anderen Fragen ihres Geschäftsbereiches, etwa der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, befassen. Es existiert damit ein Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse, welches ihre Selbständigkeit stärkt. In der Praxis findet das Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse häufig bei Themen Anwendung, die eine besondere mediale Aufmerksamkeit erfahren.435

431 Vgl. die BT-Drs. 18/12171 vom 27.04.2017 zum Thema „Verbindliche Regeln im internationalen Sport – Menschenrechte achten, Umwelt schützen, Korruption bekämpfen“. 432 Zur institutionellen Zuständigkeit und der strittigen Organlehre Böckenförde, Organ, Organisation, Juristische Person, in: FS Wolf (1973), S. 269 (294 ff.). 433 Grundlegend zum Verfahren in den Ausschüssen Achterberg, Die parlamentarische Verhandlung (1979), S. 144 ff.; Geis, Parlamentsausschüsse, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 853 (855); J. Ipsen, Staatsrecht I (2018), S. 81; Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes (1979), S. 132; Schmidt, Die demokratische Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle (2007), S. 108 f. Zur Geschichte der Ausschüsse Frost, Die Parlamentsausschüsse, ihre Rechtsgestallt und ihre Funktionen, dargestellt an den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, AöR 95 (1970), S. 38 (41 ff.); Winkelmann, Parlamentarische Ausschussarbeit, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 754 (761 ff.). 434 Zillien, Die Organisation der Fachausschüsse, in: Busch/Berger (Hrsg.), Die parlamentarische Kontrolle (1989), S. 10 (12). 435 Dach, Das Ausschussverfahren nach der Geschäftsordnung und in der Praxis, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1103 (1116).

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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1. Der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung In der deutschen Entwicklungspolitik nimmt der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine zentrale Stellung ein. Sein Vorläufer existierte, wie oben bereits ausgeführt,436 unter dem Namen „Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ von 1969 bis 1994. Gemeinsam mit der Gründung des BMZ – damals noch das „Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ – war dem „Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit“ wiederum bereits 1961 ein „Ausschuss für Entwicklungshilfe“ vorausgegangen. Dieser „Ausschuss für Entwicklungshilfe“ hatte aufgrund von Kompetenzschwierigkeiten in den Anfangsjahren der deutschen Entwicklungszusammenarbeit die Aufgabe, zwischen dem Auswärtigen Amt sowie dem Bundeswirtschaftsministerium einerseits und dem neu gegründeten Entwicklungsministerium andererseits zu moderieren. Vor dem Hintergrund der Kompetenzüberschneidung ist die Existenz eines weiteren Unterausschusses des Ausschusses für Wirtschaftliche Angelegenheiten in dieser Zeit mit dem Titel „Wirtschaftsentwicklung fremder Völker“ zu sehen.437 Der Unterausschuss behielt sich eine alleinige Zuständigkeit in Entwicklungsfragen vor, obwohl zuvor noch ein „Interministerieller Ausschuss für Entwicklungspolitik“ als Lenkungsausschuss gegründet worden war, dessen Vorsitz jeden Monat abwechselnd ein Ministerialbeamter des Auswärtigen Amtes oder des Wirtschaftsministeriums innehatte. Nicht unterschlagen werden darf in diesem Zusammenhang, dass auch der Auswärtige Ausschuss versuchte, sich die Kompetenz über die Entwicklungszusammenarbeit zu sichern. Letztlich erlangte der „Ausschuss für Entwicklungshilfe“ erst mit der Autonomisierung des Entwicklungsministeriums seine parlamentarische Eigenständigkeit und vollzog damit die Loslösung von anderen Ausschüssen. Bis heute ist der Ausschuss allerdings von Kompetenzüberschneidungen mit denen des Auswärtigen Ausschusses und des Ausschusses für Wirtschaft und Energie geprägt. Der aktuelle Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde mit etwas Verspätung aufgrund der komplizierten Koalitionsverhandlungen am 16. Januar 2018 gemäß § 54 GO-BT in Verbindung mit § 57 Abs. 1 GO-BT neu eingesetzt.438 In der 19. Legislaturperiode wurde Peter Ramsauer von der CDU/CSU-Fraktion als Nachfolger von Dagmar Wöhrl (ebenfalls CDU/CSUFraktion) zum Ausschussvorsitzenden des 24 Mitglieder umfassenden Gremiums gewählt. Es gilt bei der Besetzung der Ausschüsse die parlamentarische Übung, dass ehemalige Minister – wie Peter Ramsauer – nach Beendigung der exeku-

436 437 438

Hierzu bereits auf Seite 40 ff. Der Spiegel 15/1961, Entwicklungshilfe – Nasen voraus, vom 05.05.1961. BT-Drs. 19/437 vom 16.01.2018.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

tiven Tätigkeit nicht in den Ausschuss ihres vorausgegangenen Ministeriums wechseln, um dort einen Neuanfang zu ermöglichen. Die Zusammensetzung der Ausschüsse soll nach § 12 S. 1 GO-BT die Stärke der jeweiligen Bundestagsfraktionen widerspiegeln; es handelt sich bei den Ausschüssen um ein „verkleinertes Abbild des Parlamentes“ 439. Im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellen die CDU/CSU-Fraktion neun, die SPD-Fraktion fünf, die AFD- und die FDP-Fraktion jeweils drei und Bündnis 90/Die Grünen sowie Die Linke je zwei Abgeordnete.440 Ein Großteil der Mitglieder zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Zeit im Ausland gelebt haben oder eine Tätigkeit ausübten, die einen Auslandsbezug aufweist. Die konkrete Auswahl der Mitglieder für die Ausschüsse wird durch die Fraktionen vorgenommen, indem vorparlamentarische berufliche Erfahrungen und persönliche Interessenlagen berücksichtigt werden. Einen Anspruch auf einen Sitz in einem konkreten Ausschuss gibt es indes nicht.441 Viele der ordentlichen Ausschussmitglieder des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind gleichzeitig ordentliche oder stellvertretende Mitglieder eines anderen Ausschusses. Die Mitwirkung in verschiedenen Ausschüssen hat jedoch wenig Aussagekraft bezüglich der tatsächlichen Mitarbeit in einem Gremium, denn neben der bloßen Anwesenheit ist die Einbringung in der Sache und die Übernahme der Berichterstattung von großer Bedeutung. Stellvertretende Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung können daher genauso aktiv wie ordentlich berufene Parlamentarier sein. Findet eine Ämterakkumulation von Parlamentariern statt – dies ist insbesondere bei kleineren Fraktionen denkbar –, wäre dies nur dann problematisch, wenn hierdurch die Entscheidungsfindung beeinflusst wird.442 Wie in anderen Ausschüssen auch beruft der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Sinne des § 60 GO-BT die Ausschusssitzungen ein, legt die Tagesordnungen fest und leitet gemäß § 59 GOBT die Ausschusssitzungen. Beratungen in den Ausschüssen unterliegen gemäß § 73 GO-BT einer Protokollierungspflicht. Dieser wird in der Regel durch das 439

BVerfGE 80, 188 (222); BVerfGE 84, 304 (322). Für die Berechnung der Besetzung hat sich das St. Lague/Schepers Verfahren als genaueste Berechnungsart erwiesen. Hierzu Alex, Patt im Ausschuss (2016), S. 52 ff.; Stein, Die Besetzung der Sitze des Bundestages im Vermittlungsausschuss, NVwZ 2003, S. 557 (559). 441 In diesem Zusammenhang ist strittig, ob Abgeordnete aus den Ausschüssen abberufen werden können. Dafür: Frost, Die Parlamentsausschüsse, ihre Rechtsgestallt und ihre Funktionen, dargestellt an den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, AöR 95 (1970), S. 38 (58). Dagegen: H. Klein, Zur Rechtsstellung des Bundestagsabgeordneten als Ausschussmitglied, DÖV 1972, S. 329 (330). Zu den Folgen des Fraktionsausschlusses Bäcker, Der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion (2011), S. 34 ff. 442 Vgl. Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems (1973), S. 128. 440

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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Erstellen von Kurzprotokollen durch einen oder mehrere Berichterstatter nachgekommen. Die Protokolle der Ausschusssitzungen sind grundsätzlich keine Verschlusssache im Sinne des § 2 Abs. 5 S. 2 „Geheimschutzordnung des deutschen Bundestages“ (GSO). Die Tagesordnungen des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in denen die Tagesordnungspunkte detailliert aufgelistet sind, lassen sich auf der Internetseite des Bundestages abrufen.443 Zu jedem der Tagesordnungspunkte wird angegeben, welches der federführende Ausschuss ist, welche Ausschüsse mitberatend tätig werden und welche Fristen für das Erstellen von Voten vorgegeben sind. Den Tagesordnungen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass sich der Ausschuss zu Beginn der Legislaturperiode durch Beschluss selbst „Regularien zur Ausschussarbeit“ auferlegt.444 Außerdem werden bei Neubesetzung des Ausschusses, also zu Beginn einer neuen Legislaturperiode, Vertreter der KfW und GIZ445 sowie des Evaluierungsinstitutes DEval446 zu einer Diskussion eingeladen. Im Laufe der Legislaturperiode finden regelmäßig weitere Gespräche mit diesen Organisationen statt. Aber auch verschiedene Nichtregierungsorganisationen – wie die „Ärzte ohne Grenzen“, „Brot für die Welt“ oder „Oxfam“ –, Kirchen oder die Wirtschaft werden immer wieder als Gesprächspartner eingeladen. Damit der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung seiner Arbeit nachkommen kann, bespricht er also regelmäßig mit Experten konkrete Sachthemen. Die Experten berichten von ihren Tätigkeiten und geben Stellungnahmen ab, auf deren Grundlage anschließend innerhalb des Ausschusses diskutiert werden kann. Die Stellungnahmen werden in der Folge oft als Basis für die Gutachten an die federführenden Ausschüsse oder die abschließenden Berichte an den Bundestag genutzt. Der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kann folglich als ein Informationssammelorgan bezeichnet werden, in dem die Erkenntnisse anderer Organisationen und Institutionen gebündelt werden, um daraus Beschlussempfehlungen und Berichte für den Bundestag zu erstellen.447

443 Deutscher Bundestag, Ausschüsse, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, (unter: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a19/tagesordnungen). 444 Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Mitteilung vom 14.02.2018, S. 1. 445 Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Mitteilung vom 22.02.2018, S. 2. 446 Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Mitteilung vom 31.05.2018, S. 1. 447 Es kann gleichwohl vorkommen, dass die Informationskette unterbrochen wird, wie eine Beschwerde des Ausschusses bezüglich der mangelhaften Information im Vorfeld der Befassung mit dem Thema Tansania im Jahr 1996 gezeigt hat. So Woche im Bundestag, 5/96 vom 13.03.1996, S. 55.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

In der Vergangenheit setzte der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wie aus den Berichten an den Bundestag ersichtlich wird, auch einige eigenständige Themenschwerpunkte.448 Dabei waren etwa die Entwicklung von Kamerun449, die „Millenniums-Entwicklungsziele“450, die „internationale Post Agenda-2015“451, die Zukunft von „Weltwärts“452, die europäische Zusammenarbeit mit Afrika453, die Entschuldung von Ländern wie Haiti454 oder die Umsetzung von nachhaltigen Entwicklungszielen455 im Ausschuss behandelte Themen. Der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung befasst sich aber nicht nur selbst mit der Entwicklungspolitik, sondern debattiert regelmäßig auch über die aus dem Plenum überwiesenen Gesetzentwürfe, Anträge, EU-Vorlagen und Unterrichtungen. Diese haben mit der Entwicklungspolitik jedoch oft nur mittelbar Berührungspunkte. So geht es meist um die akute Krisenbewältigung in einer Region der Welt, globale Umweltmaßnahmen, wirtschaftliche Betätigungen von Unternehmen im Ausland oder neue technologische oder wissenschaftliche Erkenntnisse. Darum ist der Ausschuss – dies geht auch aus den Tagesordnungen hervor – nur in einem Bruchteil der Tagesordnungspunkte als der federführende Ausschuss benannt. Im Zeitraum von Anfang Januar 2019 bis Ende Dezember 2019 (23. Sitzung bis 44. Sitzung) war der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lediglich im Rahmen von 28 Themen federführend tätig, obwohl im gleichen Zeitraum insgesamt 94 Themen gemeinsam mit anderen Ausschüssen behandelt wurden. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Sichtung früherer öffentlich einsehbarer Tagesordnungen. Ob die den Gesetzgebungsprozess meist nur mitberatenden Stellungnahmen in der Entwicklungspolitik Einfluss haben, kann nicht abschließend beurteilt werden.456 In der vergangenen 18. Legislaturperiode (2013 bis 2017) ergingen 29 und in der vorherigen 17. Legislaturperiode (2009 bis 2013) 47 Berichte des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an den Bundestag. Damit ist der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – anders als der Innenausschuss oder der Ausschuss für Arbeit und Soziales – kein 448 Die Berichte des Ausschusses können seit 1998 im Archiv des Bundestages online abgerufen werden (unter: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a19/archiv541260). 449 BT-Drs. 19/4918 vom 11.10.2018. 450 BT-Drs. 17/2464 vom 07.06.2010. 451 BT-Drs. 18/4669 vom 20.04.2015. 452 BT-Drs. 17/10061 vom 21.06.2012. 453 BT-Drs. 17/4466 vom 19.01.2011. 454 BT-Drs. 17/1099 vom 18.03.2010. 455 BT-Drs. 18/8685 vom 07.06.2016. 456 Zur Informationsgewinnung und Auswertung Wiefelspütz, Prioritäten parlamentarischer Kontrolle, ZParl 1997, S. 713 (714 f.).

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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typischer Gesetzgebungsausschuss, sondern vielmehr nur ein begleitender Fachausschuss.457 Federführend wirkte der Ausschuss in der Vergangenheit gleichwohl etwa an Gesetzesvorlagen zu den Themen „Änderung eines Übereinkommens zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur“458, „Interamerikanische Investitionsgesellschaft“459, „Finanzierung der für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgesehenen Hilfe der Europäischen Union im Rahmen des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens“ 460 oder „Wirtschaftsabkommen zwischen den CARIFORUM-Staaten und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten“ 461 mit. 2. Der Haushaltsausschuss Neben dem Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kommt dem Haushaltsausschuss in der deutschen Entwicklungspolitik eine herausragende Rolle zu.462 In der Entwicklungszusammenarbeit sind Vorhaben nämlich nur realisierbar, sofern der Haushaltsausschuss die hierfür notwendigen Gelder zur Verfügung stellt. Nach gängigem Parlamentsbrauch – der Haushaltsausschuss verfügt mit seiner Budgethoheit über die schärfsten Waffen zur Kontrolle der Exekutive – stellt die größte Oppositionsfraktion den Vorsitzenden des Ausschusses. Diese Parlamentspraxis hat sich nach der kurzen, aber heftigen Diskussion in der Öffentlichkeit nach dem Einzug der AFD in den Bundestag als größte Oppositionsfraktion verfestigt, als dieser der Vorsitz übertragen wurde. Aufgrund der komplizierten Aufgabe des Haushaltsausschusses, von etwa September bis zum Ende des Jahres einen neuen Haushaltsplan aufzustellen, werden gemäß § 65 GO-BT mehrere Ad-hoc-Berichterstatter ernannt.463 Für jeden der Einzeltitel des Haushaltes, also auch den der Entwicklungszusammenarbeit, gibt es dann eigene Berichterstatter, die sich eingehendes Wissen über einen Teil des Haushaltsplans aneignen; bei umfangreichen Einzelplänen werden sogar mehrere Berichterstatter ernannt.464 Aufgrund der Vielzahl von sachlich versierten Be457 So auch Zeh, Das Ausschusssystem im Bundestag, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1087 (1093). 458 BT-Drs. 17/6231 vom 16.06.2011. 459 BT-Drs. 17/10922 vom 02.10.2012. 460 BT-Drs. 18/2840 vom 10.10.2014. 461 BT-Drs. 18/10950 vom 23.01.2017. 462 Hierzu bereits auf Seite 80 ff. 463 Vgl. Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 160 ff. 464 Eickenboom, Haushaltsausschuss und Haushaltsverfahren, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1183 (1187) stellt die These auf, dass ein Zeitraum von 2 Jahren notwendig sei, bis ein Berichterstatter einen Einzelplan tatsächlich durchdrungen habe. Langjährige Berichterstatter hätten oft bessere Kenntnisse über ein Ressort als der entsprechende Bundesminister oder seine Staatssekretäre.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

richterstattern müssen diese einen notwendigen Abstand zu den von ihnen betreuten Ressorts wahren. Die Beratung über den Haushaltsplan findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dabei rufen die Berichterstatter der Einzelpläne die einzelnen Seiten – auch die des Einzelplanes 23 – auf, über die dann diskutiert wird. Bei dieser Beratung sind die verfassungsrechtlichen Grundsätze wie das Prinzip der Ausgabenbeschränkung auf die tatsächlichen Einnahmen gemäß Art. 115 Abs. 2 S. 1 GG, das Prinzip der Sparsamkeit gemäß Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG oder das Prinzip der Schuldenbremse gemäß Art. 109 Abs. 3 GG zu beachten.465 Gemäß § 95 Abs. 1 S. 2 GO-BT müssen alle Haushaltsvorlagen, also die Entwürfe von Haushaltsgesetz und Haushaltsplan, dem Haushaltsausschuss überwiesen werden. Dieser kann vor Berichterstattung an den Bundestag Gutachten der einzelnen Fachausschüsse einholen, wobei sich die Gutachten meist auf die Erhöhung des eigenen Haushaltsansatzes beschränken.466 Außerdem stehen dem Haushaltsausschuss bei Finanzvorlagen, das heißt allen Vorlagen, die geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen des Bundes oder der Länder einzuwirken, Prüfungspflichten gemäß § 96 GO-BT zu. Jede dieser Maßnahmen kann und wird durch den Haushaltsausschuss auf seine Vereinbarkeit mit dem verabschiedeten Bundeshaushalt überprüft. Der Haushaltsausschuss ist damit nicht nur Kontrollorgan, sondern gibt letztlich die Spielregeln für die Exekutive in der Entwicklungszusammenarbeit vor. Der Haushaltsausschuss kann keinen eigenen Haushaltsplan einbringen, sondern überprüft lediglich den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Entwurf.467 Seine Aufgabe ist es nicht, Ausgabeermächtigungen zu verändern, sondern die einzelnen Titel auf ihre Begründung hin zu überprüfen. Dadurch wird die Exekutive gezwungen, ihre geplanten Ausgaben zu erklären.468 Das Überprüfungsrecht beschränkt sich allerdings auf die neuen Haushaltstitel, denn durch Verpflichtungsermächtigungen wurden bereits in den Vorjahren Teile des Haushaltes als gebundener Haushalt verabschiedet.469 Ein umfassendes Überprüfungsrecht hat der Haushaltsausschuss hingegen bei Entscheidungen über das öffentliche Personal. 465 Zur Aufstellung des Haushaltsentwurfs ausführlich Hölscheidt, Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages (1988), S. 57 ff.; Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 156 ff. Zum Haushaltsvollzug etwa v. Lewinski, Staatshaushalt und finanzwirksames Gesetz, DÖV 2015, S. 406 (415 f.). 466 Geis, Parlamentsausschüsse, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 853 (867). 467 Der Ablauf der jährlichen Haushaltsberatungen bei Hasenjäger, Haushaltsausschuss und Haushaltsverfahren, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 809 (813 ff.). 468 Vgl. Siegel, Das Haushaltsvergaberecht, VerwArch 107 (2016), S. 1 (17 ff.). 469 Eickenboom, Haushaltsausschuss und Haushaltsverfahren, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1183 (1198).

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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In der Praxis hat es sich herausgebildet, dass wichtige Etats, dazu gehört auch der Entwicklungsetat,470 im Haushalt mit Sperrvermerken gemäß § 22 S. 3 BHO versehen werden. Das bedeutet, dass diese konkret bezifferten Mittel von der Exekutive nur nach Zustimmung des Haushaltsausschusses eingesetzt werden dürfen.471 Ein Teil der Literatur hält die Möglichkeit der Legislative zur späteren Einflussnahme auf die Exekutive für verfassungswidrig. Insbesondere Karl Hettlage472 sowie Horst Golz473 sahen hierin einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung.474 Das Haushaltsrecht gehe davon aus, so ihre Auffassung, dass die Volksvertretung und damit die Legislative über die Finanzordnung entscheide. Eine laufende „Unterwerfung“ der Regierung beim Vollzug des Haushaltsplans unter den Willen des Parlamentes führe zu einer Unregierbarkeit in den betroffenen Themengebieten. 475 Ein überwiegender anderer Teil der Literatur476 hingegen will hierin keinen Verstoß gegen die Verfassung sehen, denn durch die Möglichkeiten der Einflussnahme des Haushaltsausschusses sei lediglich ein Gewichtsverlust zulasten der Legislative im Stadium der Verabschiedung des Haushaltes ausgeglichen worden. Da der Haushaltsausschuss nur die von der Exekutive eingereichten Vorschläge überprüfen könne, sei das Gewaltenteilungsprinzip überhaupt erst aus dem Gleichgewicht geraten. Die Schaffung von legislativen Mitwirkungsmöglichkeiten bringe die Verhältnisse nur wieder in Balance. Es komme in der Folge nicht zu einem „Mitregieren der Parlamentsausschüsse“ 477, sondern zu einer effek470 Etwa Einzelplan 23, 2301, Titel 698 03, Haushaltsvermerk Nr. 1 oder Titel 866 11, Haushaltsvermerk Nr. 1. 471 Hierzu schon Bürgel, Bundestag und Exekutivgewalt, DVBl. 1967, S. 873 (874); Patzig, Probleme einer Neuordnung des Finanz- und Haushaltsrechts, VerwArch 58 (1967), S. 1 (36 ff.). 472 Hettlage, Die Finanzverfassung im Rahmen der Staatsverfassung, VVDStRL 14 (1956), S. 2 (10 ff.); kritisch Waldhoff, Anmerkung zu BVerfG, Urteil v. 09.07.2007 – 2 BvF 1/04, JZ 2008, S. 200 (201). 473 Goltz, Mitwirkung parlamentarischer Ausschüsse beim Haushaltsvollzug, DÖV 1965, S. 605 (607 f.). 474 Kritisch äußern sich auch Hillgruber/Drüen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2018), Band 3, Art. 110, Rn. 72 f.; Kröger, Zur Mitwirkung des Bundestages am Haushaltsvollzug, DÖV 1973, S. 439 (441); Moeser, Die Beteiligung des Bundestages an der staatlichen Haushaltsgewalt (1978), S. 218 f. 475 Hettlage, Die Finanzverfassung im Rahmen der Staatsverfassung, VVDStRL 14 (1956), S. 2 (12). 476 Achterberg, Parlamentsrecht (1984), S. 675; Friauf, Öffentlicher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969), S. 1 (35); Kewenig, Staatsrechtliche Probleme parlamentarischer Mitregierung am Beispiel der Arbeit der Bundestagsausschüsse (1970), S. 39; Krafczyk, Der parlamentarische Finanzvorbehalt bei der Volksgesetzgebung (2005), S. 130 ff.; Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder (1981), S. 312 f.; Siekmann, in: Sachs, GG (2018), Art. 110, Rn. 90. 477 Stern, Staatsrecht (1980), Band II, S. 1225.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

tiveren Kontrolle der Gewalten untereinander in besonders wichtig bewerteten Sachverhalten. Dem Haushaltsausschuss kommt weiter das auch in der Entwicklungspolitik angewandte Recht zum Erstellen eines Nachtragshaushaltes zu.478 So müssen regelmäßig am Haushalt Änderungen vorgenommen werden, da unvorhergesehene Ereignisse, zuletzt während der Corona-Pandemie,479 eine neue Schwerpunktsetzung notwendig werden lassen. Der Unterausschuss des Rechnungsprüfungsausschusses überprüft letztlich, ob sich die Exekutive an die Zielvorgaben des Haushaltsplans gehalten hat. Bei einer Abweichung sind zwar keine Konsequenzen zu befürchten, doch können die Erfahrungen in kommenden Haushaltsplänen verarbeitet werden, weswegen der Rechnungsprüfungsausschuss trotz seiner autonomen Strukturen immer noch dem Haushaltsausschuss angegliedert ist.480 Das Verfahren des Rechnungsprüfungsausschusses ergänzt das des Bundesrechnungshofes. 3. Der Auswärtige Ausschuss Neben dem Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem Haushaltsausschuss betrifft die Entwicklungspolitik oft Kompetenzen des Auswärtigen Ausschusses. Dies ist damit zu begründen, dass der Auswärtige Ausschuss nach Art. 45a Abs. 1 GG das „zentrale Organ zur außenpolitischen Willensbildung des Parlaments“ ist.481 Im Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit drängt sich die Frage auf, in welchem Verhältnis der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bzw. der Auswärtige Ausschuss zueinander stehen. Denn alle Themen, die die Entwicklungszusammenarbeit betreffen, haben stets auch einen Auslandsbezug und fallen damit gleichzeitig in das Ressort des Auswärtigen Ausschusses. Andererseits hat fast jede auswärtige Angelegenheit – insbesondere, wenn die Entwicklungsländer selbst betroffen sind – mittelbar oder unmittelbar Auswirkungen auf die Entwicklung dieser Länder und kann die bisherige Entwicklungspolitik Deutschlands untergraben oder positiv beeinflussen. Diesem theoretischen Problem der Kompetenzüberschneidung wird in der Parlamentspraxis dadurch begegnet, dass neben dem ausgemachten federführenden Ausschuss die übrigen betroffenen Ausschüsse mitberatend eingesetzt werden.482 478

Vgl. Leibinger/Müller/Wiesner, Öffentliche Finanzwirtschaft (2014), S. 165 f. Wallet, Minister Müller will drei Milliarden mehr für die Dritte Welt, in: Stuttgarter Zeitung vom 23. April 2020. 480 Eickenboom, Haushaltsausschuss und Haushaltsverfahren, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1183 (1211). 481 Pilz, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitwirkung des Parlaments an der auswärtigen und internationalen Politik (2008), S. 123. 482 Bei der Darstellung der Kooperation des Auswärtigen Ausschusses mit anderen Bundestagsausschüssen werden die Zusammenhänge zum Ausschuss für Wirtschaft479

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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Grundsätzlich ist der Auswärtige Ausschuss für die Beratungen über Vorlagen des Bundestages zu den allgemeinen internationalen Beziehungen, die Berichte der Regierung zu außenpolitischen Fragen und die selbstergriffenen Themen im Bereich des eigenen Geschäftsbereichs zuständig.483 Im Auswärtigen Ausschuss findet somit die grundlegende außenpolitische Zielsetzung statt, indem die Beziehungen zu den verschiedenen Staaten und internationalen Institutionen definiert und besprochen werden; dies umfasst die Beziehungen zu Entwicklungsländern und zu den an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligten internationalen Organisationen. Durch einen möglichst breiten parteiübergreifenden Konsens soll die außenpolitische Stellung Deutschlands gestärkt werden. Der Aufgabenbereich des Auswärtigen Ausschusses entspricht dem des Auswärtigen Amtes. Art. 45a GG ist folglich die Grundnorm für die Verteilung der Ausschussarbeit in internationalen Angelegenheiten.484 Organisatorisch wird dabei der auswärtige Bereich von der Verteidigung getrennt; zudem wird durch Art. 45 GG der Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union einem eigenen Ausschuss zugewiesen.485 Der einzige weitere Ausschuss mit Kompetenzen in der internationalen Kooperation neben dem Auswärtigen Ausschuss ist der an das BMZ angelehnte Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der keine Erwähnung in der Verfassung findet. Der Auswärtige Ausschuss hat in der 19. Legislaturperiode vier Unterausschüsse gebildet. Dies sind der „Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“, der „Unterausschuss zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“, der „Unterausschuss zu den Vereinten Nationen, internationalen Organisationen und der Globalisierung“ und der „Unterausschuss für auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“. Alle dieser Unterausschüsse können ebenfalls Themen behandeln, die Auswirkungen auf den Fortschritt von Entwicklungsländern haben. Beispielhaft für die Federführung des Auswärtigen Ausschusses im Bereich der Entwicklungspolitik in den letzten Jahren können die Themen „Beratung und Beschlussfassung über den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors und zur umfassenden Stabilisierung des Iraks“486, „Evaluierung der deutschen Beteiligung an ISAF, RSM und des deut-

liche Zusammenarbeit und Entwicklung – sofern diese überhaupt diskutiert werden – meist übergangen, wie bei Fuchs, Auswärtiger Ausschuss, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 891 (901 f.). 483 BVerfGE 1, 325 (369); BVerfGE 68, 1 (86); BVerfGE 90, 286 (357); Brocker, in: Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz (2019), Art. 45a, Rn. 3.1. 484 Kluth, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 45a, Rn. 1. 485 Vgl. Patz, Parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik (1976), S. 69 ff. und S. 105 ff. 486 BT-Drs. 19/1300 vom 20.03.2018.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

schen und internationalen Engagements für den Wiederaufbau Afghanistans seit 2001“487, „eine aktivere zivile Friedenspolitik Deutschlands“488, „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission im Südsudan (UNMISS) auf Grundlage der Resolution 1996 (2011) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 8. Juli 2011 und den Folgeresolutionen“489, „Versöhnung mit Namibia in Gedenken an und Entschuldigung für den Völkermord in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika“ 490 oder „EU-Afrika-Gipfel – Partnerschaft an Gerechtigkeit und Frieden ausrichten“ 491 gesehen werden.

II. Große und Kleine Anfragen Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit kann nicht nur zum Thema in verschiedenen Ausschüssen gemacht, sondern auch mittels Großer oder Kleiner Anfragen gemäß §§ 100, 104 GO-BT im Bundestagsplenum besprochen werden. Durch die Eigeninitiative von Abgeordneten wird die deutsche Entwicklungspolitik so einer parlamentarischen Beteiligung unterzogen. Werden Anfragen zur Entwicklungszusammenarbeit durch Parlamentarier gestellt, richten sich diese meist an das BMZ. Das BMZ beantwortet einen Teil der Fragen daraufhin selbst, kann sich aber auch Unterstützung von den Durchführungsorganisationen oder den sachlich zuständigen Stellen einholen. Andererseits werden regelmäßig Anfragen, die die deutsche Entwicklungspolitik als Querschnittsgebiet mittelbar betreffen, an andere Ministerien gerichtet. Große und Kleine Anfragen nehmen als Frage- und Informationsrechte im parlamentarischen Betrieb eine zentrale Rolle ein. Sie lassen sich direkt aus dem Statusrecht der Abgeordneten gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG ableiten, denn hieraus folgt ein Beteiligungsrecht der Abgeordneten an den Geschehnissen des Bundestages.492 Große und Kleine Anfragen werden, wie die sonstigen Fragerechte auch, durch die Geschäftsordnung des Bundestages ausgestaltet. Große Anfragen zielen darauf ab, dass eine Debatte im Plenum stattfindet. Kleine Anfragen hingegen sind von der Bundesregierung lediglich schriftlich zu beantworten. Der größte Unterschied zwischen den Anfragen ist jedoch darin zu sehen, dass Kleine Anfragen als Auskunftsersuchen zu verstehen sind, also keine Wertung enthalten,

487

BT-Drs. 19/4553 vom 17.10.2018. BT-Drs. 18/11670 vom 23.03.2017. 489 BT-Drs. 18/10547 vom 01.12.2016. 490 BT-Drs. 18/6376 vom 14.10.2015. 491 BT-Drs. 18/871 vom 19.03.2014. 492 BVerfGE 80, 188 (218); BVerfGE 124, 161 (193); BVerfGE 147, 50 (Leitsatz Nr. 1). 488

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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Große Anfragen hingegen bezwecken, die Regierung unmittelbar zur Verantwortung zu ziehen.493 Durch Anfragen soll eine regelmäßige Kontrolle der exekutiven Arbeit stattfinden und die Öffentlichkeit auf relevante Sachverhalte aufmerksam gemacht werden.494 Außerdem soll sichergestellt werden, dass allen Abgeordneten die notwendigen Informationen und Sachkenntnisse für die Ausübung ihres Mandates zur Verfügung stehen.495 Begrenzt wird das Fragerecht dabei allerdings vom Geheimhaltungsbedürfnis zugunsten der Staatssicherheit,496 bei Kollision mit dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung oder wenn Grundrechte von Bürgern eine hohe Schutzbedürftigkeit begründen.497 In der vergangenen 18. Legislaturperiode standen sich insgesamt 15 Große Anfragen (17. Legislaturperiode: 54; 16. Legislaturperiode: 63) und 3.953 Kleine Anfragen (17. Legislaturperiode: 3.629; 16. Legislaturperiode: 3.299) gegenüber.498 1. Große Anfragen Untersucht man die Großen Anfragen der letzten sieben Legislaturperioden nach den zuständigen Ressorts, so zeigt sich, dass das BMZ in der 12. Legislaturperiode in zwei Fällen, in der 13. Legislaturperiode in drei Fällen, in der 14. Legislaturperiode in einem Fall, in der 15. Legislaturperiode in zwei Fällen, in der 16. Legislaturperiode in drei Fällen und in der 17. sowie der 18. Legislaturperiode in gar keinem Fall für die Beantwortung verantwortlich war.499 Die Großen Anfragen der 12. Legislaturperiode, für deren Beantwortung das BMZ zuständig war, betrafen die Themen „Entwicklungs- und wirtschaftspolitische Folgerungen aus der UNCED-Konferenz in Rio de Janeiro“ 500 und den 493 Harks, Das Fragerecht der Abgeordneten, JuS 2014, S. 979; Troßmann, Der Bundestag: Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, JöR 28 (1979), S. 1 (221). 494 Stein/Frank, Staatsrecht (2010), S. 93. 495 BVerfGE 57, 1 (5); BVerfGE 130, 318 (314). 496 BVerfGE 124, 161 (193); Roll, GOBT-Kommentar (2001), Vor §§ 100–105, Rn. 2; Weis, Parlamentarisches Fragerecht und Antwortpflicht der Regierung, DVBl. 1988, S. 268 (270 f.); Zeh, Parlamentarisches Verfahren, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 807 (833 f.). 497 BVerfGE 77, 1 (47); BVerfGE 124, 78 (125). Kritisch zur Kernbereichsdiskussion im Zusammenhang der Ausgestaltung des Parlamentsinformationsanspruchs Teuber, Parlamentarische Informationsrechte (2007), S. 218 ff. 498 Deutscher Bundestag, Statistik der Parlamentarischen Kontrolltätigkeit: Überblick 18. Wahlperiode (Stand der Datenbank: 27.11.2017); Deutscher Bundestag, Statistik der Parlamentarischen Initiativen: Überblick 17. Wahlperiode (Stand der Datenbank: 06.12.2013); Deutscher Bundestag, Statistik der Parlamentarischen Initiativen: Überblick 16. Wahlperiode (Stand 21.04.2010). 499 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 27.02.2018), Kapitel 11.1, S. 6 ff. 500 BT-Drs. 12/7608 vom 19.05.1994.

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„Neunten Bericht der Entwicklungspolitik der Bundesregierung“ 501. In der 13. Legislaturperiode ging es um die „Politik der Bundesregierung und entwicklungspolitische Ansätze zum Schutz der tropischen Wälder unter besonderer Berücksichtigung Brasiliens Teil I und Teil II“ 502 und die „Entwicklungspolitischen Folgerungen aus der Internationalen Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung ICPD 1994 in Kairo“ 503. Thema der 14. Legislaturperiode war „Eine internationale Soziale Marktwirtschaft als Grundmodell für eine globale Struktur- und Ordnungspolitik – Chancen und Risiken der Globalisierung der Weltwirtschaft für die Entwicklungsländer“504. In der 15. Legislaturperiode beschäftigten sich die Abgeordneten mit den Großen Anfragen zu der „Effektivität und Effizienz der Entwicklungszusammenarbeit der Vereinten Nationen“ 505 und der „Rolle der Durchführungsorganisationen in der Entwicklungspolitik“ 506. In der 16. Legislaturperiode wurden die Anfragen „Gesundheit in Entwicklungsländern“507, „Internationales Jahr für sanitäre Grundversorgung 2008 der Vereinten Nationen – Chancen und Potentiale der Sanitärversorgung“ 508 sowie das Thema „Zur Umsetzung des G8-Afrika-Aktionsplanes, beschlossen auf dem G8-Gipfel in Kananaskis, Kanada, Juni 2002“ 509 behandelt. Diese Analyse zeigt, dass die meisten Großen Anfragen zur deutschen Entwicklungspolitik internationale Konferenzen zum Thema hatten. Hinzu kommen einzelne Anfragen über die konkrete Arbeitsweise der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, die Existenz einer Entwicklungsstrategie und sehr konkrete Schutzmaßnahmen wie zum tropischen Regenwald oder die Verbesserung der sanitären Grundversorgung. Obwohl in den letzten beiden Legislaturperioden keine große Anfrage zur Entwicklungszusammenarbeit an die Bundesregierung gerichtet wurde, wäre dieses Instrument jederzeit einsetzbar und könnte die Behandlung eines Themas von allgemeinem Interesse im Plenum erzwingen.510 501

BT-Drs. 12/5451 vom 20.07.1993. BT-Drs. 13/3338 vom 13.12.1995. 503 BT-Drs. 13/5887 vom 24.10.1996. 504 BT-Drs. 14/3967 vom 02.08.2000. 505 BT-Drs. 15/4917 vom 15.02.2005. 506 BT-Drs. 15/5543 vom 26.05.2005. 507 BT-Drs. 16/5378 vom 18.05.2007. 508 BT-Drs. 16/10922 vom 13.11.2008. 509 BT-Drs. 16/13572 vom 25.06.2009. 510 Hinzuweisen ist in der aktuellen 19. Legislaturperiode auf folgende Große Anfragen mit entwicklungspolitischem Bezug: BT-Drs. 19/13251 vom 04.09.2019 (Vernetztes Handeln in der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik); BT-Drs. 19/17370 vom 21.02.2020 (Externe Qualitätskontrolle der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [GIZ] GmbH); BT-Drs. 19/8041 vom 27.02.2019 (Stand der Umsetzung der Agenda 2030 und der globalen Nachhaltigkeitsziele in, durch und mit Deutschland); BT-Drs. 19/10492 vom 28.05.2019 (Ergebnisse der deutschen Aufbau- und Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan 2002 bis 2018); BT-Drs. 19/23248 vom 09.10. 2020 (Migrationsmindernde Entwicklungspolitik der Bundesregierung im Lichte der 502

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Andererseits heißt es nicht, nur weil keine Großen Anfragen an das BMZ gerichtet wurden, dass in den vergangenen Jahren im Rahmen von Großen Anfragen keine (weiteren) entwicklungspolitisch relevanten Themen besprochen wurden. Den Fragestellern ist bei der Erstellung der Anfragen nämlich ein großer politischer Gestaltungsspielraum gegeben, weswegen eine Anfrage trotz des feststellbaren Bezuges zur Entwicklungspolitik nicht zwingend an das BMZ zu richten ist. Die Ausrichtung der internationalen Wirtschaftspolitik,511 die Analyse von Menschenrechten in anderen Ländern512 oder die auswärtige Kulturpolitik513 können großen Einfluss auf die Entwicklungszusammenarbeit haben. Die zu diesen Themen erstellten Großen Anfragen wurden jedoch von anderen Ministerien als dem BMZ beantwortet. Es ist gleichwohl erstaunlich, dass manche Themen mit eindeutig entwicklungspolitischem Bezug – wie die Beurteilung der Politikzusammenarbeit mit Afrika514 oder das Thema der „Beschneidung von Mädchen und Frauen – Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungsländern und Industrieländern“ 515 – nicht durch das BMZ bearbeitet wurden. Die vielmehr vorgenommene Zuweisung an das Auswärtige Amt bzw. an das Ministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend kann aufgrund der Einschätzungsprärogative der Politik indes nicht beanstandet werden. So nimmt insbesondere das Auswärtige Amt häufig die Beantwortung von die Entwicklungspolitik Deutschlands betreffenden Großen Anfragen vor. Durch Große Anfragen zur Entwicklungszusammenarbeit kann die Opposition öffentlich aufzeigen, welche Missstände sie ausmacht, und die Regierung wird in die Lage versetzt, die vorgebrachten Argumente zu entkräften.516 Es kommt zu einer gelebten Demokratie und einer sonst eher untypischen Schwerpunktsetzung durch die Opposition im Plenum. Insofern findet eine partielle Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch das Parlament statt bzw. könnte durch den Einsatz von Großen Anfragen stattfinden. Von einer Steuerung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch die Großen Anfragen kann jedoch Studie des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen „The Scaling Fences: Voices of Irregular African Migrants to Europe“). 511 BT-Drs. 12/5255 vom 24.06.1993. 512 BT-Drs. 12/5687 vom 16.09.1993. 513 BT-Drs. 16/4024 vom 11.01.2007. 514 BT-Drs. 13/4532 vom 07.05.1996. 515 BT-Drs. 13/8281 vom 23.07.1997. 516 Allgemein zu Großen Anfragen vgl. Butzer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz (2019), Art. 38, Rn. 146 ff.; Haberland, Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Opposition nach dem Grundgesetz (1995), S. 86; Magiera, Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber der Regierung, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht (1989), S. 1421 (1425 f.); du Mensil/Müller, Die Rechtsstellung der Bundestagsabgeordneten, JuS 2016, S. 603 (606 f.); Roll, GOBT-Kommentar (2001), § 100, Rn. 1; Schwerin, Der Deutsche Bundestag als Geschäftsordnungsgeber (1998), S. 92.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

nur bedingt gesprochen werden.517 Zwar wird die Regierung durch Große Anfragen gezwungen, zu bestimmten Themen Stellung zu beziehen, doch werden lediglich kleine Teilbereiche eines großen Politikfeldes durch die wenigen Anfragen abgedeckt. Darüber hinaus haben die Großen Anfragen auf die zukünftige Entwicklungspolitik aufgrund ihrer meist in die Vergangenheit gerichteten Fragestellungen wenig Einfluss. Werden entwicklungspolitisch bedeutsame Große Anfragen dann noch von anderen Ministerien als dem BMZ beantwortet, bleiben entwicklungspolitische Gesichtspunkte oft unbeleuchtet. All dies hat zur Folge, dass die Großen Anfragen nicht als wirkungsvolle Steuerungsmittel des Parlamentes in der deutschen Entwicklungspolitik gelten können. 2. Kleine Anfragen Im Gegensatz zu Großen Anfragen werden Kleine Anfragen zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit regelmäßig im Bundestag gestellt. In der 12. Legislaturperiode waren es 28 Anfragen, in der 13. Legislaturperiode 49, in der 14. Legislaturperiode 50, in der 15. Legislaturperiode 29, in der 16. bzw. 17. Legislaturperiode je 46 und in der vergangenen 18. Legislaturperiode 80 Anfragen mit entwicklungspolitischem Bezug. Dabei zeigt sich inhaltlich eine große thematische Vielfalt. Es fehlt allerdings an einer statistischen Einordnung und insbesondere an einer thematischen Aufschlüsselung und Erfassung, wie es im Rahmen der Großen Anfragen üblich ist.518 Mit der Digitalisierung und der elektronischen Verfügbarkeit von Drucksachen findet dennoch zunehmend eine Systematisierung der vorhandenen Materialien – wenn auch noch nicht des Archives – statt. Auffällig ist, dass eine Vielzahl der Kleinen Anfragen zwar Querschnittsthemen und damit auch die Entwicklungspolitik betrafen, aber anderen Ministerien als dem BMZ zugewiesen wurden. Betrachtet man nur diejenigen Anfragen, die sich unmittelbar an das BMZ richteten, so lässt sich keine allgemeingültige Aussage zu Inhalt oder Umfang treffen. Die Anfragen zur Entwicklungszusammenarbeit werden nämlich, wie auch in vielen anderen Themenbereichen, oft ad-hoc gestellt und betreffen jedes Themengebiet.519 517 A. A. Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union (1995), S. 48. 518 Diese fehlende Erfassung ist unter anderem auf die hohe fünfstellige Zahl der Kleinen Anfragen seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen. 519 Zu Kleinen Anfragen vgl. Haberland, Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Opposition nach dem Grundgesetz (1995), S. 87; Harks, Das Fragerecht der Abgeordneten, JuS 2014, S. 979 (980 ff.); Magiera, Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber der Regierung, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht (1989), S. 1421 (1426); Schnabel, Rechtmäßigkeit einer Nichtbeantwortung einer kleinen Anfrage, NVwZ 2011, S. 604 ff.; Witte-Wegmann, Recht und Kontrollfunktion der Großen, Kleinen und Mündlichen Anfrage im Deutschen Bundestag (1972), S. 149 ff.

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Wagt man vor dem Hintergrund der vielfältigen Kleinen Anfragen zur Entwicklungszusammenarbeit doch die Vornahme einer groben Einordnung in Kategorien, dann zeigt sich, dass eine Vielzahl, wenn nicht sogar die Mehrheit der Anträge, (1.) konkrete Länder in den Blick nimmt.520 Hierbei steht entweder die Situation des Entwicklungslandes selbst, die Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in dem Land oder beides in Kombination im Mittelpunkt. Als eine zweite Kategorie (2.) können die Anfragen zu internationalen Verträgen in der Entwicklungszusammenarbeit und der internationalen Entwicklungspolitik,521 zur Entwicklungspolitik anderer Länder522 sowie zur damit zusammenhängenden Entwicklungsstrategie Deutschlands523 gesehen werden. Eine dritte Kategorie der Kleinen Anfragen (3.) sind in konkreten Vorschlägen und Ideen zur Verbesserung der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch in Hinweisen zur tatsächlichen Umsetzung und Evaluation der Entwicklungspolitik, zu sehen.524 Dazu zählen auch die in den letzten Jahren vermehrt auftretenden Anfragen zur Bekämpfung von Fluchtursachen und den Folgen der Migration.525 Als letzte und vierte Kategorie (4.) können alle Anfragen zur Arbeit und Funktionsweise der deutschen Entwicklungszusammenarbeit 526 gelten, wobei die Themen zur Neugestaltung deutscher Entwicklungspolitik527 eingeschlossen sind. 520 BT-Drs. 18/1722 vom 10.06.2014 (Kolumbien); BT-Drs. 18/2409 vom 18.08.2014 (Ecuador); BT-Drs. 18/8565 vom 26.05.2016 (Mali); BT-Drs. 18/8747 vom 29.06.2016 (Sierra Leone); BT-Drs. 18/12029 vom 21.04.2017 (Tansania); BT-Drs. 12292 vom 10.05.2017 (Tunesien); BT-Drs. 19/540 vom 26.01.2018 (Kongo); BT-Drs. 19/5677 vom 09.11.2018 (Sambia); BT-Drs. 19/22357 vom 14.09.2020 (Brasilien); BT-Drs. 19/ 24353 vom 17.11.2020 (Somalia). 521 BT-Drs. 18/11977 vom 18.04.2017 (Koordination mit europäischer Entwicklungspolitik); BT-Drs. 18/8689 vom 07.06.2016 (Verwicklung der Weltbank in Steueroasen); BT-Drs. 19/3696 vom 02.08.2018 (Freihandel mit Afrika); BT-Drs. 19/5352 vom 29.10. 2018 („Compact with Africa“). 522 BT-Drs. 19/5624 vom 08.11.2018 (Entwicklungspolitik Chinas). 523 BT-Drs. 18/10868 vom 18.01.2017 (Globale Investitionen für nachhaltige Entwicklung); BT-Drs. 18/12446 vom 19.05.2017 („Marshall-Plan mit Afrika“); BT-Drs. 19/5224 vom 22.10.2018 (Folgen des Brexits auf die Entwicklungszusammenarbeit); BT-Drs. 19/23827 vom 29.10.2020 (Maßnahmen der Bundesregierung zur Sicherung der globalen Gesundheitsversorgung und Ernährungssicherheit). 524 BT-Drs. 18/1050 vom 03.02.2014 („German Food Partnership“); BT-Drs. 18/4541 vom 02.04.2015 (nachhaltige Textilien); BT-Drs. 18/5706 vom 03.08.2015 (Senkung Treibhausgasemissionen); BT-Drs. 18/9207 vom 18.07.2016 (Bildung bei humanitären Katastrophen); BT-Drs. 19/5399 vom 30.10.2018 (Tourismus); BT-Drs. 19/22044 vom 02.09.2020 (nachhaltige Mobilität). 525 BT-Drs. 18/8928 vom 23.06.2016 (Grenzmanagement in Afrika); BT-Drs. 18/ 12292 vom 10.05.2017 (Effektivität von Migrationszentren in Tunesien); BT-Drs. 19/ 4298 vom 13.09.2018 („Perspektive Heimat“). 526 BT-Drs. 13/8931 vom 03.11.1997 (Arbeitsweise der deutschen Entwicklungszusammenarbeit); BT-Drs. 18/1717 vom 15.05.2015 (Öffentlichkeitsarbeit der DIE); BTDrs. 18/2756 vom 23.09.2014 (GTZ-International Services); BT-Drs. 18/4659 vom 20.04.2015 (Reisetätigkeit des Ministers und der Staatssekretäre); BT-Drs. 18/8479 vom 17.05.2016 (Entwicklung ODA-Quote); BT-Drs. 18/9598 vom 09.09.2016 (Kooperation

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Bei der Analyse der verschiedenen Kleinen Anfragen zur Entwicklungspolitik zeichnet sich ein differenziertes Bild. Themen der deutschen Entwicklungspolitik werden zwar regelmäßig angesprochen, doch betreffen Kleine Anfragen meist scharf umgrenzte Sachverhalte. Die Hauptaufgabe der Kleinen Anfragen ist dabei die Information der Abgeordneten über konkrete Themen. Das Parlament übt mittels Kleiner Anfragen folglich eine gewisse Kontrolle über das BMZ und seine Durchführungsorganisationen aus und erhält stichprobenartig Einblicke in die tatsächliche Arbeitsweise. Die Kleinen Anfragen eigenen sich dagegen nicht als Steuerungsinstrument in der Entwicklungspolitik, da durch Kleine Anfragen lediglich politischer Druck auf die Regierung erzeugt werden kann. Eine wirksame Ziel-, Organisations- oder Verfahrenssteuerung in der Entwicklungspolitik ist durch Kleine Anfragen gerade nicht möglich.

III. Weitere parlamentarische Fragerechte Nicht nur Große und Kleine Anfragen haben im politischen Alltag für die Abgeordneten einen wesentlichen Stellenwert, sondern auch die sonstigen parlamentarischen Fragerechte ermöglichen der Legislative einen Zugriff auf alle politischen Themenbereiche. Neben individuellen Fragerechten der Abgeordneten sind in der Geschäftsordnung des Bundestages insofern aktuelle Stunden oder das Zitierrecht von Bedeutung, die auch in der deutschen Entwicklungspolitik Anwendung finden könnten. 1. Einzelfragen Das Recht jedes Abgeordneten, schriftliche oder mündliche Einzelfragen an die Bundesregierung zu richten, ist in § 105 S. 1 GO-BT verankert. In der Parlamentspraxis handelt es sich dabei um eines der gebräuchlichsten parlamentarischen Mittel, um Auskünfte von der Regierung zu erhalten. Die Einzelfragen unterliegen grundsätzlich nur wenigen Zulässigkeitsvoraussetzungen, das Stellen von Einzelfragen – auch in der Entwicklungspolitik – ist jederzeit möglich.528

der GIZ mit Bayer); BT-Drs. 18/10780 vom 28.12.2016 (Kooperation Bundesregierung mit privaten Stiftungen); BT-Drs. 18/13410 vom 25.08.2017 (Arbeitsweise der AWE); BT-Drs. 19/1086 vom 06.03.2018 (Allgemeine Funktionsweise der Entwicklungszusammenarbeit); BT-Drs. 19/2204 vom 17.05.2018 („Weltwärts“). 527 BT-Drs. 19/4098 vom 28.08.2018 (Entwicklungsinvestitionsgesetz); BT-Drs. 19/ 21834 vom 25.08.2020 (Europäische und organisatorische Umsetzung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit); BT-Drs. 19/23829 vom 29.10.2020 (Pläne der Bundesregierung zu einem nationalen Gesetz zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten). 528 Weitergehend Harks, Das Fragerecht der Abgeordneten, JuS 2014, S. 979 ff.; Ismayr, Der Deutsche Bundestag (1992), S. 383; Lorz/Richterich, Regierung im Parlament, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1063 (1094 f.); Roll, GOBT-Kommentar (2001), § 105; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte (2007), S. 274.

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In der 12. Wahlperiode wurde ein Höchststand an 20.689 Einzelfragen gezählt. Die Anwendung des Fragerechts sank – unter regelmäßigen Schwankungen – leicht bis zur 18. Wahlperiode auf 17.078 Fragen ab.529 Die hohe Zahl der individuell gestellten Fragen zeigt, dass viele Bundestagsabgeordnete ihr Fragerecht rege in Anspruch nehmen. Geht man von der gesetzlichen Zahl der Bundestagsabgeordneten von 589 Parlamentariern gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BWahlG aus und rechnet nochmals 42 Überhangs- und Ausgleichsmandate hinzu – der Bundestag der 18. Wahlperiode hatte 631 Abgeordnete –, kamen etwa sieben Fragen auf einen Abgeordneten pro Jahr. In der Praxis stellen allerdings Abgeordnete der Oppositionsfraktionen deutlich mehr Fragen als Abgeordnete der Regierungsfraktionen.530 In der vergangenen 18. Legislaturperiode unterteilten sich die individuellen Fragen in 3.119 mündliche, 14.012 schriftliche und 20 dringliche Fragen, wobei die mündlichen Anfragen in 67 Fragestunden im Bundestag beantwortet wurden.531 Ähnlich wie bei den Großen und Kleinen Anfragen zeigt sich eine ungleiche statistische Verteilung der zuständigen Fachressorts für die individuell gestellten Fragen. Von den 17.078 Fragen entfielen lediglich 342 auf den Bereich des BMZ.532 Es ist darüber hinaus durchaus denkbar, dass viele Sachfragen mit einem Bezug zur Entwicklungspolitik anderen Ressorts zugeordnet wurden. Die individuellen Fragen zur Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands bezogen sich häufig auf aktuelle Vorkommnisse oder auf Ereignisse, die in der näheren Zukunft stattfinden werden. Eine Kategorisierung lässt sich jedoch nicht vornehmen, da Einzelfragen stark vom Interessengebiet des Fragestellers abhängen. Individuelle Fragen im Parlament zu stellen, ist zwar für den parlamentarischen Betrieb enorm relevant, doch haben die Antworten oft keine große Öffentlichkeitswirkung. Die Beantwortung der Fragen ist auf die einzelnen Abgeordneten zugeschnitten und befriedigt lediglich deren spezielles Informationsbedürfnis. Auch die zuständigen Minister bekommen wenig von den gestellten Fragen mit, da diese grundsätzlich durch die Staatssekretäre und deren Referate beantwortet werden. Individuelle Fragerechte können mithin nicht als wirksames Instrument zur Kontrolle – oder gar als ein Steuerungsinstrument – der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gewertet werden.

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Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 27.02.2018), Kapitel 11.1, S. 6 ff. Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 27.02.2018), Kapitel 11.1, S. 2 ff. 531 Deutscher Bundestag, Statistik der Parlamentarischen Kontrolltätigkeit: Überblick 18. Wahlperiode (Stand der Datenbank: 27.11.2017). 532 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 27.02.2018), Kapitel 11.1, S. 12. 530

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2. Aktuelle Stunden Bei der Einberufung von Aktuellen Stunden handelt es sich zwar nicht um ein klassisches Fragerecht, trotzdem kommen Aktuelle Stunden als Beteiligungsmöglichkeit des Parlamentes im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Betracht, weil Aktuelle Stunden eine Behandlung von relevanten Themen vor der Öffentlichkeit im Parlamentsplenum ermöglichen. Insbesondere aber ist es den Oppositionsfraktionen in Aktuellen Stunden möglich, der Regierung gegenüber gegenteilige Auffassungen zu artikulieren. Aktuelle Stunden wurden aus der Fragestunde heraus entwickelt, um einen spontanen und offenen Meinungsaustausch zu ermöglichen.533 Obwohl sie bereits seit 1964 praktiziert wurden, fand die Aktuelle Stunde erst 1980 in der Geschäftsordnung des Bundestages ausdrücklich Erwähnung.534 Seither regelt § 106 Abs. 1 GO-BT, dass für die Aussprache über ein bestimmt bezeichnetes Thema von allgemeinem aktuellem Interesse die Anlage 5 zur Geschäftsordnung gilt. Da im Rahmen der Großen Anfragen ein verhältnismäßig langer Vorlaufzeitraum für die Beschäftigung im Plenum vorgesehen ist, wurde eine spontanere Diskussionsplattform benötigt, um über aktuelle Themen im Plenum sprechen zu können. Außerdem sollte der Nachteil der Fragestunde ausgeglichen werden, bei der die Parlamentarier auf Fragen an die Regierung beschränkt sind, hierauf aber nicht erwidern können.535 Die Zahl der Aktuellen Stunden unterlag in den vergangenen Legislaturperioden erheblichen Schwankungen. In der 14. Legislaturperiode war ein Höchststand von 141 Aussprachen zu verzeichnen; in der folgenden 15. Legislaturperiode kam es dagegen zu einem Tiefststand mit nur noch 71 Aktuellen Stunden. In der vergangenen 18. Legislaturperiode fanden 91 Aktuelle Stunden statt.536 Eine überwiegende Anzahl der Aktuellen Stunden dieser 18. Legislaturperiode wurde unabhängig von Fragestunden durch eine Fraktion gemäß Anlage 5 Nr. 1c GO-BT verlangt, wobei die Oppositionsfraktionen die Mehrzahl der Anträge stellten.537 Anders als die klassischen Fragerechten sind Aktuelle Stunden schwerlich einem Ressort zuzuordnen. Dies liegt daran, dass aktuelle Stunden weder thematisch durch ein Ministerium vorbereitet werden müssen, noch eine schriftliche 533 Lorz/Richterich, Regierung im Parlament, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1063 (1096). 534 Meier, Zitier- und Zutrittsrecht im parlamentarischen Regierungssystem (1982), S. 94 f. 535 Weitergehend Magiera, Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber der Regierung, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht (1989), S. 1421 (1428); Lorz/Richterich, Regierung im Parlament, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1063 (1095 f.). 536 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 24.01.2018), Kapitel 11.2, S. 1. 537 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 24.01.2018), Kapitel 11.2, S. 2.

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Antwort zu erfolgen hat. Die inhaltliche Schwerpunktfestlegung findet vielmehr durch die anwesenden Parlamentarier während der Aussprache statt und hängt stark von deren Beiträgen ab. Bei Betrachtung des Inhalts der Aktuellen Stunden findet sich eine Vielzahl an Themen, welche die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unmittelbar oder mittelbar betrafen. Aussprachen in letzten Jahren538 fanden zum Beispiel statt zu „Hunger und Bürgerkrieg im Sudan“539, „Haltung der Bundesregierung zu Vorstellungen über die Lockerung der Rüstungsexportpolitik“540, „Ruf nach Demokratie und Reform auf dem Balkan“541, „Haltung der Bundesregierung zu dem am 6. Juni 2002 vorgestellten Friedensgutachten der fünf führenden Friedensforschungsinstitute“542, „Die jüngsten Entwicklung in Pakistan“543, „Die aktuelle Lage in Tibet“544, „Überfällige Strategien der Bundesregierung zur Lösung der Welternährungskrise“545, „Panzerlieferungen an Saudi-Arabien – Rüstungsexportentscheidungen der Bundesregierung und Vereinbarkeit mit den geltenden Regeln“546, „Die aktuelle (. . .) Situation in Mali“547, „Die humanitäre Katastrophe an der türkisch-syrischen Grenze – Nach dem militärischen Aufmarsch des IS“ 548 oder „Die aktuelle Lage in Aleppo und Syrien“ 549. Aktuelle Stunden im Bundestag mit Bezug zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit eignen sich folglich insbesondere bei der Besprechung von aktuellen Konflikten. Die Bundesregierung sagt als Reaktion auf die aktuellen Aussprachen allerdings selten direkt Hilfeleistungen an betroffene Menschen oder Regionen zu. In der Praxis werden die Vorkommnisse vielmehr oft nur verurteilt. Hierin ist noch keine parlamentarisch gesteuerte Entwicklungspolitik zu sehen. Lediglich eine aktuelle Stunde – die vom 23. April 2008 – hatte bisher einen unmittelbaren Bezug zur Strategie der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.550 Im Zentrum stand sowohl die Arbeit des BMZ als auch die des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, wobei die 538 Die folgenden Angaben stammen aus Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 24.01.2018), Kapitel 11.2, S. 3 ff. 539 12. Legislaturperiode, 35. Sitzungswoche, 21.06.1991. 540 12. Legislaturperiode, 202. Sitzungswoche, 13.01.1994. 541 13. Legislaturperiode, 151. Sitzungswoche, 16.01.1997. 542 14. Legislaturperiode, 243. Sitzungswoche, 14.06.2002. 543 16. Legislaturperiode, 123. Sitzungswoche, 08.11.2007. 544 16. Legislaturperiode, 154. Sitzungswoche, 10.04.2008. 545 16. Legislaturperiode, 156. Sitzungswoche, 23.04.2008. 546 17. Legislaturperiode, 213. Sitzungswoche, 12.12.2012. 547 17. Legislaturperiode, 218. Sitzungswoche, 30.01.2013. 548 18. Legislaturperiode, 54. Sitzungswoche, 25.09.2014. 549 18. Legislaturperiode, 205. Sitzungswoche, 30.11.2016. 550 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 156. Sitzung vom 23.04.2008, S. 16420 ff.

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Auswirkungen unterschiedlicher Politiken auf die Ernährungssituation in Entwicklungsländern besprochen wurden. Diese ressortübergreifende Aktuelle Stunde zeigt besonders deutlich auf, dass die Entwicklungspolitik viele Politikbereiche gleichzeitig betrifft. 3. Das (Interpellations- und) Zitierrecht Zu den parlamentarischen Mitwirkungsrechten gehört weiter das (Interpellations- und) Zitierrecht.551 Zwar wurde bis heute noch nie ein Entwicklungsminister im Bundestagsplenum herbeizitiert, und es ist statistisch unbeleuchtet, wie oft der Entwicklungsminister im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung anwesend ist, doch könnte das parlamentarische Zitierrecht auch in der Entwicklungspolitik jederzeit ausgeübt werden. Das Herbeizitieren von Regierungsmitgliedern ist ein Geschäftsordnungsantrag, über den in einem regulären Verfahren abgestimmt werden muss.552 Anders als in einigen Landesverfassungen ist für die Herbeirufung kein qualifizierter, sondern ein Mehrheitsbeschluss im Sinne des Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG nötig. Die Bundeskanzlerin kann wohl nicht unmittelbar aufgrund des Wortlautes des Art. 43 GG, indes aber in Verbindung mit Art. 65 S. 2 GG herbeizitiert werden. Die Verankerung des Zitierrechts in der Verfassung verdeutlicht die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament und damit letztlich gegenüber der Bevölkerung. Hauptzweck des Zitierrechts ist es, der Unterbesetzung der Regierungsbank während der Plenarsitzungen entgegenzuwirken, denn die Nichtanwesenheit der Regierungsmitglieder zeigt eine Missachtung gegenüber der Meinung von gewählten Volksvertretern.553 Durch die Herbeirufung wird eine persönliche Befragung der Regierungsmitglieder ermöglicht, sodass das Zitierrecht zu einem wirksamen Mittel der Regierungskontrolle wird.554 Das Anwesenheitsverlangen bedeutet nämlich letztlich

551 Zum Verhältnis von Interpellations- und Zitierrecht v. Boetticher, Parlamentsverwaltung und parlamentarische Kontrolle (2002), S. 226; Eidam, Das Frage- und Informationsrecht von Abgeordneten unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, NordÖR 2020, S. 105 ff.; H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 5/2015), Band IV, Art. 43 GG, Rn. 85; Meier, Zitier- und Zutrittsrecht im parlamentarischen Regierungssystem (1982), S. 100; Stern, Staatsrecht (1980), Band II, S. 55; Zeh, Parlamentarisches Verfahren, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechtes (2005), Band III, S. 807 (835). 552 Roll, GOBT-Kommentar (2001), § 42, Rn. 1. 553 Thaysen, Zur Praxis eines grundlegenden parlamentarischen Kontrollrechtes: Die Herbeirufung von Regierungsmitgliedern durch das Parlament, ZParl 1974, S. 459 (465). Zum möglichen Misstrauensantrag bei Fernbleiben eines Ministers Epping, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2018), Band 2, Art. 67, Rn. 27 ff. 554 Das Zitierrecht wurde in der Vergangenheit fast zu 100 % von der Opposition ausgeübt wie nachgewiesen von Schindler, Deutscher Bundestag 1976–1994: Parlamentsund Wahlstatistik, ZParl 1995, S. 551 (563).

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nicht nur ein rein physisches „anwesend sein“, sondern wie schon Gerhard Anschütz555 formulierte, eine Pflicht, „Rede und Antwort zu stehen“.556 Das Zitierrecht wird heute in dieser Lesart auch vor dem Hintergrund der Weimarer Reichsverfassung (Art. 33 WRV) und im Lichte der Paulskirchenverfassung (§ 122 der Paulskirchenverfassung von 1849) ausgelegt, womit von einer Verfassungstradition gesprochen werden kann.557 Die Verpflichtung zur Mitwirkung und zur Auskunft von Regierungsmitgliedern ergibt sich zudem aus der Notwendigkeit eines wirksamen parlamentarischen Kontrollrechtes, welches ohne eine Antwortverpflichtung leerliefe.558 Es kann von einer Antwortpflicht „unter Vorbehalt begründeter Ablehnung“ gesprochen werden.559 Praktisch finden auf Bundesebene gleichwohl wenig Zitierungen statt. Von der 1. Legislaturperiode bis zum Ende der 18. Legislaturperiode wurde im Bundestagsplenum lediglich in 112 Fällen ein Antrag auf Herbeizitierung von Regierungsmitgliedern gestellt,560 wovon wiederum nur 24 mit einer Mehrheit angenommen wurden.561 Der seltene Rückgriff in der Praxis auf das Zitierrecht kann damit begründet werden, dass die Regierungsmitglieder sich grundsätzlich bei der Behandlung von thematisch in ihr Ressort fallenden Sachverhalten im Plenum einfinden und dass in der Regel Mehrheiten für das Herbeizitieren fehlen.562 Im laufenden, die deutsche Entwicklungspolitik betreffenden parlamentarischen Betrieb könnte das Zitierrecht als besonderes Kontrollrecht mithin zwar Verwendung finden. Für eine inhaltliche Steuerung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erscheint das Zitierrecht jedoch wenig geeignet. 4. Die Befragung der Bundesregierung Schließlich kann die Bundesregierung zu entwicklungspolitischen Sachverhalten befragt werden, wobei die Befragung der Bundesregierung ein verhältnismä555 Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 (1933), Nachdruck von 1960, Art. 33 WRV, S. 213. 556 So auch BVerfGE 137, 185 ff.; BVerfGE 139, 194 ff. 557 Vgl. auch Maiwald, Berichtspflichten gegenüber dem Deutschen Bundestag (1993), S. 82 f. 558 Gersdorf, Dogmatische Neujustierung des Art. 87e GG?, DÖV 2018, S. 789 (796 ff.); H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 3/2014), Band IV, Art. 43, Rn. 37; Magiera, in: Sachs, GG (2018), Art. 43, Rn. 6; Ismayr, Der Deutsche Bundestag (1992), S. 365. 559 Geck, Die Fragestunde im Deutschen Bundestag (1986), S. 97; Lorz/Richterich, Regierung im Parlament, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1063 (1091 f.). Zu den verfassungsrechtlichen Eckpfeilern und den Grenzen der Antwortpflicht Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts (2009), S. 32 ff. 560 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 23.02.2017), Kapitel 6.16, S. 1–14. 561 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 23.02.2017), Kapitel 6.16, S. 15. 562 H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 5/2015), Band IV, Art. 43, Rn. 39.

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ßig neues Instrument der Regierungskontrolle ist. Es wurde 1988 nach britischem und kanadischem Vorbild563 in einer Testphase eingeführt, damit Mitglieder des Bundestages Fragen von aktuellem Interesse an die Bundesregierung außerhalb von Aktuellen Stunden stellen können. Seit Oktober 1990 normiert § 106 Abs. 2 GO-BT die Regierungsbefragung und verweist dabei auf die Anlage 7 zur Geschäftsordnung des Bundestages, in welcher der Verfahrensablauf geregelt ist.564 Anfang 2019 wurde die Regierungsbefragung zuletzt reformiert.565 Grundsätzlich gilt auch im Rahmen der Befragung der Bundesregierung eine Antwortpflicht.566 Die Besonderheit an der Befragung liegt darin, dass die Regierung keine Vorbereitungszeit für die Beantwortung hat und Fristen für das Stellen der Fragen nicht bestehen.567 Dies ist der entscheidende Vorteil der Regierungsbefragung gegenüber anderen Frageformaten und führt zu einem verbesserten Einblick der Legislative in die Abläufe der Regierungsbesprechungen.568 Allerdings funktioniert die Befragung der Bundesregierung gemäß § 106 Abs. 2 GOBT nur, sofern sich die Regierung inhaltlich zu den Fragen einlässt. In der Regel hat es sich im Rahmen der Regierungsbefragungen etabliert, dass die Regierung eines der in der Kabinettssitzung besprochenen Themen herausgreift und anschließend hierzu Fragen gestellt werden, wobei für „freie Fragen“ im Sinne der Anlage 7 Nr. 2 GO-BT selten Zeit verbleibt.569 Somit bestimmt letztlich doch die Regierung die zu behandelnden Themen. Seit Einführung der Regierungsbefragung in der 12. Legislaturperiode bis zum Ende der 18. Legislaturperiode haben 381 Befragungen stattgefunden, davon 65 in der vergangenen Legislaturperiode.570 Die Themen der Befragungen betrafen teils auch die Entwicklungspolitik Deutschlands, wie bei der Besprechung der 563 Boddenhausen-Lange, Die „Question Period“ im kanadischen Unterhaus, die Befragung der Bundesregierung im Deutschen Bundestag und die „Questions au Gouvernement“ in der französischen Nationalversammlung, ZParl 1997, S. 29 ff. 564 BT-Drs. 11/7987 vom 27.09.1990. 565 Insbesondere wurde die bisher gängige Praxis, dass nur ein Minister bei der Befragung anwesend sein muss, rechtlich in Anlage 7 Nr. 4 GO-BT normiert. Hierzu v. Achenbach, Reform der Regierungsbefragung im Bundestag, Staat 58 (2020), S. 325 ff. 566 BVerfGE 137, 185 ff.; BVerfGE 139, 194 (222); BVerfGE 147, 50 (134). 567 Zur Befragung der Bundesregierung BVerfGE 139, 194 ff.; Busse, Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung im Spannungsfeld der staatlichen Gewalten, DÖV 1989, S. 45 ff.; Glauben, Umfang und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts der Abgeordneten im Bund und in den Ländern, DVBl. 2018, S. 751 ff.; Maiwald, Berichtspflichten gegenüber dem Deutschen Bundestag (1993), S. 86; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte (2007), S. 278. 568 Vgl. Schwerin, Der Deutsche Bundestag als Geschäftsordnungsgeber (1998), S. 94 f. 569 H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 5/2015), Band IV, Art. 43, Rn. 95. 570 Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 02.02.2018), Kapitel 11.03, S. 1.

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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Themen „Ausbau und Vertiefung der deutsch-vietnamesischen Beziehungen“571, „Vierter Bericht der Bundesregierung über die Menschenrechte in den auswärtigen Beziehungen“572, „Bericht des Beauftragten der Bundesregierung für die Koordinierung von deutschen Hilfsmaßnahmen in Mazedonien“573, „Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der humanitären Hilfe für Osttimor“574, „Armutsbekämpfung – eine globale Aufgabe, Aktionsprogramm 2015. Der Beitrag der Bundesregierung zur weltweiten Halbierung extremer Armut“575, „Bericht zur Welternährungslage – Globale Ernährungssicherung durch nachhaltige Entwicklung und Agrarwirtschaft“576, „Konzept der Bundesregierung ,Globalisierung gestalten – Partnerschaften ausbauen – Verantwortung teilen‘ “577, „Nationales Programm für nachhaltigen Konsum“ 578 oder „15. Entwicklungspolitischer Bericht der Bundesregierung: Entwicklungspolitik als Zukunfts- und Friedenspolitik“ 579. Durch die Befragung der Bundesregierung kann sich die Legislative also über die Entwicklungszusammenarbeit betreffende Sachverhalte frühzeitig informieren. Hierbei ist die Legislative allerdings auf eine funktionierende Informationspolitik der Regierung angewiesen, was eine effektive Kontrolle exekutiver Tätigkeiten erschwert. Somit steht bei Regierungsbefragungen grundsätzlich der Dialog von verschiedenen Politikfeldern, und nicht die Steuerung und Kontrolle eines Politikbereiches – wie der deutschen Entwicklungszusammenarbeit –, im Vordergrund.

IV. Regierungsseitige und spezifische außerparlamentarische Verfahren in der Entwicklungspolitik In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit haben sich seit Gründung des BMZ einige weitere regierungsseitige und spezifische außerparlamentarische Verfahren etabliert. Diese Verfahren sollen zu einer erhöhten Transparenz der deutschen Entwicklungspolitik beitragen und eine breitere Mitwirkung an entwicklungspolitischen Entscheidungen bewirken. Zu den regierungsseitigen Verfahren gehören die Berichte der Bundesregierung und die Regierungserklärungen zu entwicklungspolitischen Themen. Ein spezifisches außerparlamentarisches Verfahren ist die Einbeziehung von Parlamentariern in Gremien der entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen. 571 572 573 574 575 576 577 578 579

13. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 11, 18.01.1995. 13. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 199, 29.10.1997. 14. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 44, 16.06.1999. 14. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 57, 29.09.1999. 14. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 163, 04.04.2001. 16. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 168, 18.06.2008. 17. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 157, 08.02.2012. 18. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 157, 24.02.2016. 18. Legislaturperiode, Sitzungsnummer 230, 26.04.2017.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

1. Die Berichte der Bundesregierung Zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit existiert ein reges Berichtswesen. Im Mittelpunkt steht dabei der zentrale „Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung“. Aber auch eine Vielzahl weiterer Berichte betraf in der Vergangenheit bzw. betrifft auch heute noch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Innerhalb der Ausschüsse gibt es ebenfalls ein reges Berichtswesen. Da letztere Berichte aber nirgends statistisch erfasst werden und nicht einsehbar sind, muss sich die Analyse der Berichte zur Entwicklungszusammenarbeit auf die Berichte an das Bundestagsplenum beschränken.580 Der „Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung“ – auch entwicklungspolitischer Bericht genannt – stellt heute das Kernstück aller Berichte zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit dar. Diese Berichtsform wurde mit Beschluss vom 28. April 1991 in ihrer heutigen Form eingeführt.581 Ursprünglich geht der Bericht aber auf das Jahr 1971 zurück, als eine Berichterstattungspflicht des BMZ an den Bundestag – noch in einem Zweijahresrhythmus – beschlossen wurde. Als Erhard Eppler, der von 1968 bis 1974 Entwicklungsminister war, dem BMZ zur Unabhängigkeit von anderen Politikbereichen verhalf, zog er auch neue Kompetenzen – wie die Verwaltung von Kapitalhilfe – an sich. Als Reaktion auf die Kompetenzsteigerung des BMZ forderte die Legislative die Vorlage der längerfristigen Planung und der Konzeption der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in mehreren Großen Anfragen.582 In den folgenden öffentlichen Aussprachen im Bundestagsplenum wurde die regelmäßige Berichterstattungspflicht der Regierung über den Fortschritt, die Ziele und die Neuerungen in der deutschen Entwicklungspolitik gegenüber dem Bundestag beschlossen.583 Die Verlängerung des Berichterstattungszeitraumes auf vier Jahre ab dem neunten entwicklungspolitischen Bericht im Jahr 1991 wurde notwendig – so die Begründung –, weil die regelmäßige Berichterstattung die langfristige Entwick580 Da nicht erschöpfend auf die Diskussion eingegangen werden kann, auf welche Rechtsgrundlage das Berichtswesen zu stützen ist, wird bezüglich dieser Thematik verwiesen auf BVerfGE 124, 161 (196); BVerfGE 147, 50 ff.; Badura, Staatsrecht (2018), S. 649; Derlien, Das Berichtswesen der Bundesregierung, ZParl (1975), S. 42 (insbes. S. 44); Ismayr, Der Deutsche Bundestag im politischen System der Bundesrepublik Deutschland (2000), S. 398; Linck, Berichte der Regierung an das Parlament, DÖV 1979, S. 116 ff.; Lorz/Richterich, Regierung im Parlament, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1063 (1097 f.); Mössle, Regierungsfunktionen des Parlaments (1986), S. 182 ff.; Trossmann, in: ders., Parlamentsrecht (1977) §§ 115, 116 GOBT. 581 BT-Drs. 12/1172 vom 20.09.1991 i.V. m. den Beschlüssen vom 03.02.1994 (Beschlussempfehlung BT-Drs. 12/6659 vom 24.01.1994), vom 26.05.1994 (Beschlussempfehlung BT-Drs. 12/7619 und BT-Drs. 12/7628 beide vom 19.05.1995) sowie vom 15.01.1998 (Beschlussempfehlung BT-Drs. 13/9309 vom 28.11.1997). 582 BT-Drs. VI/2053 vom 31.03.1971. 583 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht vom 28.04.1971, S. 6763 ff.

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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lung der deutschen Zusammenarbeit nur noch ansatzweise hatte darstellen können, und die kurze Ausarbeitungszeit zu einer unübersichtlicheren Darstellung der Einzelthemen geführt hatte.584 Aufgrund dieser Zäsur ist es möglich, die entwicklungspolitischen Berichte in Berichte mit kurzem585 und langem586 Berichterstattungszeitraum einzuordnen. Im Laufe der Jahre sind verschiedene andere Regierungsberichte im entwicklungspolitischen Bericht aufgegangen. So wurde etwa der „Bericht über die Armutsbekämpfung in der Dritten Welt durch Hilfe zur Selbsthilfe“ 2001 letztmalig erstellt587 und anschließend in den entwicklungspolitischen Bericht integriert. Der „Bericht über die Hilfe zur Selbsthilfe“ wurde ebenfalls eingestellt, wobei durch das BMZ angegeben wurde, dass dieses Thema bereits ausreichend durch den allgemeinen entwicklungspolitischen Bericht abgedeckt sei. Neben dem zentralen entwicklungspolitischen Bericht existieren eine Reihe weiterer, meist nur einmalig erfolgter Berichte, die in das Ressort des BMZ fielen. Erstmalig kam 1985 ein Bericht hinzu – der Bericht zur EG-Vorlage „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EWG) Nr. 3331/82 über die Nahrungsmittelhilfepolitik und -verwaltung“ 588 – der seine Rechtsgrundlage in einem Bundestagsbeschluss hatte. Seitdem wurden regelmäßig weitere einzelne Berichte zu aktuellen entwicklungspolitischen Themen angefordert.589 584

BT-Drs. 12/4096 vom 13.01.1993. BT-Drs. 7/1236 vom 09.11.1973; BT-Drs. 7/4293 vom 10.11.1975; BT-Drs. 8/1185 vom 14.11.1977; BT-Drs. 8/3582 vom 21.01.1980; BT-Drs. 9/2411 vom 23.02.1983; BT-Drs. 10/3028 vom 14.03.1985; BT-Drs. 11/2020 vom 16.03.1988; BT-Drs. 11/7313 vom 31.05.1990. 586 BT-Drs. 12/4096 vom 13.01.1993; BT-Drs. 13/3342 vom 14.12.1995; BT-Drs. 14/ 6496 vom 07.06.2001; BT-Drs. 15/5815 vom 23.06.2005; BT-Drs. 16/10038 vom 17.07. 2008; BT-Drs. 17/13100 vom 18.04.2013, BT-Drs. 18/12300 vom 27.04.2017. 587 BT-Drs. 14/6269 vom 06.06.2001 (zuvor BT-Drs. 13/3395 vom 27.12.1995 und BT-Drs. 12/924 vom 11.07.1991). 588 BT-Drs. 10/4500 vom 06.12.1985 (Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 10/1411 vom 06.06.1985 und BT-Drs. 10/2742 vom 29.03.1985). 589 11. WP: Bericht über die Umsetzung des Konzeptes für die Förderung von Frauen in Entwicklungsländern (BT-Drs. 11/6126 vom 15.12.1989/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 11/3732 vom 15.06.1989), Bericht zum Thema „Der entwicklungspolitische Beitrag zur Lösung von Weltflüchtlingsproblemen“ (BT-Drs. 11/7352 vom 07.06. 1990/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 11/3455 vom 27.01.1989); 12. WP: Bericht über die Bemühungen der Bundesregierung, im Rahmen der GATT Verhandlungen zu einer Verringerung der Agrarsubventionen als auch zu einem Abbau der Importhindernisse für Agrargüter aus Entwicklungsländern zu kommen, die EG-Nahrungsmittelhilfepolitik an entwicklungspolitischen Zielsetzungen auszurichten (BT-Drs. 12/926 vom 11.07.1991/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 11/8082 vom 30.10.1990), Bericht über die Auswirkungen der Ost/West-Entspannung auf die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern (BT-Drs. 12/7063 vom 11.03.1994/Rechtsgrundlage Beschluss BTDrs. 11/8082 vom 30.10.1990); 13. WP: Entwicklungspolitische Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft zur Stärkung der 585

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

Die Themenvielfalt der entwicklungspolitischen Berichte zeugt von einem Informationsbedürfnis des Parlaments sowohl für sehr spezifische als auch für allgemeine Sachverhalte. Insbesondere in der 12. Legislaturperiode wurde rege von dem Instrument der Berichtsanforderung Gebrauch gemacht. Danach ist bis heute jedoch ein starker Rückgang an sonstigen Berichten zu verzeichnen. Dieser Rückgang kann unter anderem mit der praktizierten Abweisung von Berichtspflichten durch das BMZ590 und dem „Aufstieg“ des parlamentarischen Fragerechts erklärt werden. Der entwicklungspolitische Bericht informiert die Abgeordneten also regelmäßig über die Tätigkeiten der Exekutive in der Entwicklungszusammenarbeit. Die zunehmende Veröffentlichung von Statistiken und Analysen in den entwicklungspolitischen Berichten führt in diesem Zusammenhang auch zu einer verbesserten Transparenz. Gleichwohl wird das Parlament durch den entwicklungspolitischen Bericht erst nach Abschluss der erfolgten Entwicklungszusammenarbeit informiert, sodass zwar eine Kontrolle abgeschlossener Sachverhalte, aber keine effektive Ziel-, Organisations- oder Verfahrenssteuerung der Materie mehr möglich ist. Kooperationsbemühungen der afrikanischen Staaten; Beitrag zum Abbau von Handelsschranken und zur Reduzierung von Investitionshemmnissen in Schwarzafrika (BT-Drs. 13/3342 vom 14.12.1995/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 12/1995 vom 12.03. 1992); Entwicklung und Aufbau von sozialen Sicherungssystemen in den Entwicklungsländern (BT-Drs. 13/4535 vom 07.05.1996/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 12/7616 vom 26.05.1994); 14. WP: Zwischenbericht über die politische Entwicklung in Nigeria (BT-Drs. 14/3232 vom 13.04.2000/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 14/1243 vom 24.06.1999); 15. WP: Fortschrittsbericht über die deutsche bilaterale waldbezogene Entwicklungszusammenarbeit und die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (BTDrs. 15/4600 vom 22.12.2004/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 14/2703 vom 13.04. 2000); 16 WP: Bericht der Bundesregierung über die größten Emissionsreduktionspotentiale in Schwellen- und Entwicklungsländern und Sektoren sowie Ableitung der weiteren zu ergreifenden Maßnahmen und bereitzustellenden Finanzierungsmittel (BT-Drs. 16/13771 vom 10.07.2009/Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 16/6962 vom 16.11.2007). 590 Bericht der Bundesregierung über den Fortschritt bei der Umsetzung des Programms „Nachhaltige Energie für Entwicklung“ (Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 15/3212 vom 28.05.2004): Zunächst BT-Drs. 15/4100 vom 02.11.2004 und BT-Drs. 16/ 7235 vom 09.11.2007, dann aber Einstellung, weil durch verschiedene Publikationen und Pressemitteilungen über das Internet, in gedruckter Form und im Weißbuch sowie auf öffentlichen Veranstaltungen dem Informationsbedürfnis Rechnung getragen werde; Bericht über die bilateralen Maßnahmen und multilateralen Zusagen im Bereich des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt (Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 15/5337 vom 21.04.2005): Zunächst aufgrund vorgezogener Neuwahlen keine Vorlage, dann Terminverschiebung und letztlich Anregung des BMZ zur Aufhebung der Berichterstattungspflichten aufgrund anderweitiger Informationsmöglichkeiten; Bericht über die Ergebnisse und Umsetzung der Global Commission on International Migration der Vereinten Nationen (Rechtsgrundlage Beschluss BT-Drs. 16/ 4164 vom 26.04.2007): Das BMZ ist der Auffassung, dass sich diese Berichtspflicht durch den Bericht der Globalen Kommission zu Migration und Entwicklung, der im Jahre 2005 der Öffentlichkeit präsentiert wurde, erledigt habe.

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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2. Regierungserklärungen zur Entwicklungspolitik Neben den Berichten zur Entwicklungszusammenarbeit nehmen die Regierungserklärungen zur Entwicklungszusammenarbeit eine ankündigende Funktion im parlamentarischen Betrieb ein. Grundsätzlich werden Regierungserklärungen am Anfang einer Wahlperiode abgegeben, wobei die neue Regierung dem Parlament darüber berichtet, welche Programme und Schwerpunkte sie in ihrer ausstehenden Regierungszeit verfolgen will. Dabei werden politische Ansichten dargestellt und mit der Opposition hierüber in einer Generalaussprache debattiert. In den Regierungserklärungen machte das Thema der Entwicklungspolitik in der Vergangenheit – in den bis 2002 erfassten Statistiken – im Schnitt lediglich 2 % der „Durchschnitts-Regierungserklärung“ aus.591 Neben diesen Regierungserklärungen zu Beginn einer Legislaturperiode können Regierungserklärungen aber auch zu jedem weiteren Zeitpunkt im Bundestag abgegeben werden. Redner bei Regierungserklärungen sind meist zunächst der Bundeskanzler oder ein Minister, im Anschluss kommt allen Fraktionen Redezeit zu. Aus Gründen der Fairness hat sich etabliert, dass die Regierung die Erklärung dem Ältestenrat anzeigt, damit sich die Oppositionsfraktionen auf das Thema vorbereiten können.592 Durch das Erklären von Absichten werden politische Schwerpunkte gesetzt, die Handlungsfähigkeit der Regierung bewiesen, Verständnis für die eigene Bevölkerung gezeigt, international Dialogbereitschaft propagiert und schließlich die eigenen Erfolge dargestellt. Die Regierungserklärung ist in der Geschäftsordnung des Bundestages nicht näher geregelt. Art. 43 Abs. 2 S. 2 GG spricht zwar davon, dass die Mitglieder der Regierung jederzeit vor dem Bundestag sprechen können, doch gehen Regierungserklärungen über die reguläre Sprechmöglichkeit weit hinaus. Die Redebefugnis der Regierung, die nicht beschränkt werden darf,593 ist deswegen inhaltlich von der Regierungserklärung zu unterscheiden. Die Redebefugnis nach Art. 43 Abs. 2 S. 2 GG kann zu jedwedem Thema geltend gemacht werden; durch eine Regierungserklärung wird dagegen ein neues Themengebiet eröffnet. Als Führungsinstrument der Regierung werden Regierungserklärungen insbesondere durch die Kanzlerin genutzt, um die Koalition auf Kurs zu bringen, der Bevölkerung Entgegenkommen zu signalisieren oder sich selbst zu profilieren.594 Die Bedeutung von Regierungserklärungen liegt aber in der Ankündigung kom591 Hierzu van den Berg/Vagt, Die Großen Regierungserklärungen der Bundeskanzler im quantitativen Vergleich, ZParl 2002, S. 463 (470). 592 Ismayr, Der Deutsche Bundestag (1992), S. 399. 593 BVerfGE 10, 4 (17); BVerfGE 96, 264 (286). 594 Vgl. Korte, Die Regierungserklärung als Führungsinstrument der Bundeskanzler, ZParl 2002, S. 452 (461 f.).

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

mender Politik. Die Kenntnisnahme einer Regierungserklärung durch das Parlament sei daher – so Hans Troßmann595 – ein „konstitutiver Akt“. Das bedeutet mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts596, dass das Parlament nicht „eine bloß nachvollziehende Rolle“ einnehmen darf. Das Parlament soll vielmehr im Anschluss an die Erklärung auf diese reagieren und gegebenenfalls abweichende Auffassungen artikulieren. Die Existenz von Regierungserklärungen ist nur unter Berücksichtigung des Umstandes nachvollziehbar, dass alternativ aufwendige Richtlinien für die Politik der kommenden Legislaturperiode durch die Fraktionen ausgearbeitet werden müssten. Hierzu hat das Parlament aber weder die notwendigen Informationen noch die Kapazitäten; die umfassenden Koalitionsvereinbarungen gelten nur zwischen den Koalitionsparteien und nicht für das Parlament als Verfassungsorgan.597 Regierungserklärungen können folglich nicht mehr nur einseitig der Exekutive zugeschrieben werden, sondern es findet eine Vermengung der Gewalten statt. Durch die Regierungserklärungen sichert sich die Regierung gegenüber der sie tragenden Parlamentsmehrheit ab, sodass die Exekutive schließlich die Richtlinien der Politik gemäß Art. 65 S. 1 GG im Einklang mit dem Volkswillen bestimmen kann. Diese herausgehobene Bedeutung von Regierungserklärungen zeigt sich letztlich auch in der ausführlichen Berichterstattung in den Medien. Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wurden in der Vergangenheit nicht nur zu Beginn der Legislaturperiode, sondern zeitweise auch im laufenden parlamentarischen Betrieb Regierungserklärungen mit anschließender Aussprache im Plenum des Bundestages abgegeben.598 Die erste solche außerordentliche Regierungserklärung im laufenden parlamentarischen Betrieb betraf am 2. Juni 1976 die „Ergebnisse der 4. UN-Weltkonferenz für Handel und Entwicklung“. Nachdem in den folgenden Jahren zunächst keine weiteren außerordentlichen Regierungserklärungen erfolgten, führte um den Jahrtausendwechsel die Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul regelmäßige Regierungserklärungen über die deutsche Entwicklungspolitik in den laufenden parlamentarischen Betrieb ein.599 Ihre erste Aussprache erfolgte am 19. Mai 2000 zu dem Thema „Frieden braucht Entwicklung“. Unter Wieczorek-Zeul folgten am 15. März 2002 eine weitere Erklärung zum Thema „Internationale Verantwortung: Entwicklung stärken“ und am 8. Mai 2003 über das Thema „Zukunft sichern – Globale Armut 595 Troßmann, Der Bundestag: Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, JöR 28 (1979), S. 1 (17 und 282). 596 BVerfGE 108, 282 (312); BVerfGE 131, 152 (203). 597 So Kloepfer, Koalitionsvereinbarungen – unverbindlich, aber rechtlich relevant, NJW 2018, S. 1799 (1800). 598 Hierzu Deutscher Bundestag, Datenhandbuch (Stand 12.01.2018), Kapitel 6.11, S. 2 ff. 599 Hierzu bereits auf Seite 46 f.

C. Die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes

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bekämpfen“. In der 16. Legislaturperiode erfolgte schließlich am 29. Januar 2009 eine „Erklärung zum Stand der Millenniumsentwicklungsziele 2015 und zu den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Entwicklungsländer“. Nach dem Ende der Amtszeit der Ministerin Wieczorek-Zeul 2009 wurde das Instrumentarium der Regierungserklärungen im laufenden parlamentarischen Betrieb nur noch spärlich gebraucht. Lediglich ihr Amtsnachfolger Dirk Niebel gab am 21. Januar 2011 eine Regierungserklärung zum zivilen Wiederaufbau in Afghanistan ab. Bei dieser einzigen Regierungserklärung im laufenden parlamentarischen Betrieb des Ministers ging es allerdings um ein konkretes Sachthema und nicht mehr – wie es noch unter seiner Vorgängerin üblich war – um die grundsätzliche Konzeption der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die Regierungserklärungen, die der aktuelle Entwicklungsminister Gerd Müller am 30. Januar 2014 und am 21. März 2018 zur deutschen Entwicklungspolitik gehalten hat, müssen davon unterschieden werden. Sie können nicht als Regierungserklärungen im laufenden parlamentarischen Betrieb verstanden werden, sondern wurden im Rahmen der Vorstellung des Regierungsprogrammes gehalten. 3. Die außerparlamentarische Mitwirkung von Parlamentariern in entwicklungspolitischen Gremien Die Struktur der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sieht neben den üblichen parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten außerparlamentarischen Einfluss von Abgeordneten auf die Entwicklungszusammenarbeit vor. Politiker werden nämlich dafür eingesetzt, um in den vom Staat getragenen entwicklungspolitischen Gremien der Durchführungsorganisationen Ämter zu übernehmen.600 Dem Fachpersonal soll ein demokratisch legitimierter Mandatsträger zur Seite gestellt werden, damit die Steuermittel verantwortungsbewusst eingesetzt werden. Durch die Einsetzung von Abgeordneten als Aufsichtsräte oder als sonstige Entscheidungsträger wird allerdings die eigentliche Legitimationskette – über das Fachministerium – zum Parlament abgekürzt. In der KfW sind sowohl der Verwaltungsrat als auch der Mittelstandsrat gemäß § 7 und § 7a KfW-Gesetz mit Mitgliedern der Bundesregierung, des Bundestages und des Bundesrates besetzt. Der Verwaltungsrat ernennt wiederum den Vorstand gemäß § 6 Abs. 1 KfW-Gesetz, der dann die KfW nach außen und vor Gericht vertritt. Außerdem ist der Verwaltungsrat der KfW befugt, Beschlüsse mit einfacher Mehrheit nach § 7 Abs. 3 KfW-Gesetz zu fassen und so eine gewisse interne Steuerung vorzunehmen. Auch im Rahmen der technischen Zusammenarbeit setzt sich der Aufsichtsrat der GIZ partiell aus Abgeordneten des Bundestages zusammen. Da der Bund als 600

Hierzu bereits auf Seite 56–61.

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2. Kap.: Die fragmentarische Beteiligung des Parlamentes

Träger der zivilrechtlich ausgestalteten Durchführungsorganisation auftritt, sind die Parlamentarier Teil der Anteilseignervertreter. Derzeit sind fünf Abgeordnete des Bundestages im Aufsichtsrat vertreten, dem stehen ebenso viele Vertreter der Bundesregierung gegenüber. Der nicht öffentlich einsehbare § 24 des Gesellschaftsvertrages der GIZ sieht zudem ein Kuratorium vor, das beratende Funktionen erfüllt und unter anderem sechs Mitglieder des Bundestages umfasst.

D. Die Notwendigkeit eines „Gesamtkonzeptes Entwicklung“ Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass von einer wirksamen Ziel-, Organisations- und Verfahrenssteuerung sowie Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch die Legislative keine Rede sein kann. Weder das Haushaltsgesetz mit seinem Haushaltsplan 23 noch die Leitlinien der Bundesregierung von 2007 noch die allgemeinen parlamentarischen Beteiligungsformen ermöglichen der Legislative in der Entwicklungszusammenarbeit hinreichende Einflussmöglichkeiten auf die Exekutive. Da die Reformbemühungen, die finanzielle und technische Entwicklungszusammenarbeit unter einem Dach zu vereinen, bisher gescheitert sind, ist die deutsche Entwicklungszusammenarbeit darüber hinaus weiterhin recht unübersichtlich ausgestaltet.601 Dies stellt insbesondere auch ein Problem für Partnerländer dar, die bei der Kompetenzverteilung zwischen BMZ und den einzelnen Durchführungsorganisationen den Überblick verlieren. Die OECD zitiert hierzu einen Partner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit den Worten: „They all want to support our work (. . .). But I often do not understand how one differs from another, and what their various core competences are.“ 602 Selbst wenn versucht wird, durch eine intensive Koordination zwischen den Durchführungsorganisationen die institutionelle Trennung zu überbrücken,603 gelingt dies nicht immer. Dadurch, dass die Durchführungsorganisationen GIZ und KfW in besonderem Umfang zu den Strategien und Konzepten des BMZ beitragen, und sie ihre Projekte oft nur noch durch das BMZ bestätigen lassen müssen, wird der Primat der Politik im Bereich der Entwicklungspolitik vielfach unterlaufen. Für diesen Befund liefert die aktuelle komplett ministeriumsinterne Erarbeitung und die folgende öffentliche Verkündung ohne jedwede vorherige Parlamentsbeteiligung der Agenda „BMZ 2030“ ein eindrucksvolles Beispiel.604 Dem 601 Stockmann, Entwicklungsstrategien und Entwicklungszusammenarbeit, in: ders./ Menzel/Nuscheler (Hrsg.), Entwicklungspolitik (2016), S. 425 (527 ff.). 602 Zitiert nach OECD, OECD Development Cooperation Peer Reviews, Germany 2010, S. 62. 603 BT-Drs. 17/4972 vom 28.02.2011, S. 4. 604 Hierzu bereits auf Seite 50 f.

D. Die Notwendigkeit eines „Gesamtkonzeptes Entwicklung‘‘

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Parlament wurde die Agenda „BMZ 2030“, die die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in den kommenden Jahren maßgeblich prägen und neu ausrichten wird, vielmehr als abgeschlossene Entscheidung präsentiert. Dabei hätte die Legislative – wie Kleine Anfragen der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen605 und der FDP-Fraktion606 zeigen – ein großes Interesse an der Mitwirkung gehabt.607 Letztlich sind die Einflussmöglichkeiten des Parlaments in der Entwicklungszusammenarbeit nur haushaltsrechtlich ausgestaltet. Die Einflussmöglichkeiten beschränken sich auch hier allerdings darauf, das jährliche Budget festzulegen, wobei bereits erhebliche Mittel für Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt sind. Eine ausführliche Besprechung des Haushaltsplanes 23 und seiner Einzelposten findet im Parlamentsplenum nicht statt. Insbesondere die konkreten Vorhaben werden im Rahmen von vertraulichen Erläuterungen beschlossen und damit – ohne jemals im Parlament Erwähnung zu finden – zum „roten Faden“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Während der Haushaltsdebatten kommt es nur noch zu einem allgemeinen Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierung, der Inhalt des Haushaltsplans 23 wird dabei zur Nebensache. Beim folgenden Haushaltsvollzug in der Entwicklungspolitik werden dann noch regelmäßig Umschichtungen und Zweckentfremdungen der ursprünglich vorgesehenen Mittel vorgenommen. Das Parlament nimmt damit mangels echter Kontroversen über den Inhalt der Haushaltspläne sein Budgetrecht – zumindest im Bereich der Entwicklungspolitik – nicht mehr wahr. Es offenbaren sich nicht nur organisatorische Probleme im Aufbau der Entwicklungsverwaltung, sondern es werden auch fehlende demokratische Legitimationsketten sichtbar. Mit dieser Aussage soll nicht die wichtige Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen in Zweifel gezogen werden. Vielmehr ist zu hinterfragen, ob sich der in diesem Kapitel festgestellte Ist-Zustand als verfassungskonform erweist oder ob vor dem Hintergrund der aktuellen Praxis verfassungsrechtlich eine aktivere Beteiligung des Parlamentes an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu fordern ist.

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BT-Drs. 19/20436 vom 26.06.2020. BT-Drs. 19/21834 vom 25.08.2020. 607 Ein legislatives Interesse an einer Schwerpunktsetzung in der Entwicklungspolitik beschrieb schon Hauchler, Die Schere zwischen ökonomischer Globalisierung und politischer Handlungsfähigkeit, in: Holtz (Hrsg.), Probleme der Entwicklungspolitik (1997), S. 179 (182). 606

3. Kapitel

Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Wollte man alle Themen erfassen, die im Bundestag bzw. im Bundesrat besprochen werden, so fände sich kein Anfang und kein Ende. Dies ist damit zu begründen, dass sich die Legislative mit jedweder Materie befassen darf und als demokratisch legitimierte Vertretung des Volkes alle relevanten Fragen besprechen soll. Insofern spiegelt nicht nur die Diversifikation der Parteienlandschaft, sondern auch die Vielfalt der Themenwahl im Parlament das Facettenreichtum der Gesellschaft wider. Die Ergebnisse des vorausgegangenen Kapitels haben jedoch gezeigt, dass sich die Legislative, die eigentlich gemäß Art. 32 Abs. 1 GG dazu ermächtigt wäre, bisher nur sehr eingeschränkt mit den Grundsätzen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auseinandersetzt und dass der Exekutive, die sich auf das Ressortprinzip gemäß Art. 65 S. 2 GG beruft, in der Entwicklungspolitik umfassende Handlungsmöglichkeiten zukommen.1 Zwar besteht grundsätzlich kein Zwang des Parlamentes, in jedwedem Sachverhalt aktiv zu werden, doch ist für den konkreten Einzelfall stets zu fragen, ob und welche Pflicht das Parlament zur Mittwirkung hat. Die zentrale Frage dieses Kapitels ist insofern, ob die festgestellte Exekutivzuständigkeit in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verfassungsrechtlich zu beanstanden ist und ob das Parlament die wesentlichen entwicklungspolitischen Grundentscheidungen nicht selbst treffen muss. Nach einer ausführlichen Darstellung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Parlamentsvorbehalt und einer kritischen Würdigung der Wesentlichkeitstheorie wird demnach in erster Linie zu diskutieren sein, ob ein Parlamentsvorbehalt im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit existiert und wie dieser begründet werden könnte. Wäre ein solcher Parlamentsvorbehalt für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit anzunehmen und könnte ein Verstoß hiergegen festgestellt werden, folgte hieraus nämlich die Pflicht des Parlamentes, sich intensiver mit der Materie zu beschäftigen.

1

BT-Drs. 19/20436 vom 26.06.2020, S. 4.

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes Unter dem Parlamentsvorbehalt versteht man grundsätzlich, dass gewisse Regelungen und Entscheidungen ausschließlich dem Parlament vorbehalten sind.2 Der Begriff des Parlamentsvorbehaltes ist dabei erstmalig im Zusammenhang mit der Wesentlichkeitsdoktrin des Bundesverfassungsgerichtes formuliert worden. Parlamentsvorbehalt und Wesentlichkeitsdoktrin sind untrennbar miteinander verbunden, unterscheiden sich allerdings auch inhaltlich voneinander. Mit der Loslösung von einer alleinigen Herleitung des Gesetzesvorbehaltes aus dem Rechtsstaatsprinzip und unter Bezugnahme auf das Demokratieprinzip haben sowohl die Literatur3 als auch die Rechtsprechung4 einen solchen Parlamentsvorbehalt entwickelt. Der Parlamentsvorbehalt ist grundsätzlich vom allgemeinen Gesetzesvorbehalt abzugrenzen, denn der Parlamentsvorbehalt ist als Unterfall des allgemeinen Gesetzesvorbehaltes zu sehen. In der Literatur wird zwar vereinzelt argumentiert, dass Gesetzesvorbehalt und Parlamentsvorbehalt inhaltlich identisch seien,5 doch ist richtigerweise anzunehmen, dass der ursprünglich rein rechtsstaatlich verstandene Gesetzesvorbehalt um demokratische Elemente erweitert wurde. Durch die 2 Vgl. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (189); Tegethoff, Verwaltungsvorschriften und Gesetzesvorbehalt, JA 2005, S. 794 (795). 3 Stellvertretend für viele: Butzer, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses, AöR 119 (1994), S. 61–105; Kalkscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523–529; Krebs, Zum aktuellen Stand der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, JURA 1979, S. 304–312; Pietzcker, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, JuS 1979, S. 710–715; Eberle, Gesetzesvorbehalt und Parlamentsvorbehalt, DÖV 1984, S. 485–493; Seiler, Der einheitliche Parlamentsvorbehalt (2000); Morlok, Volksvertretung als Grundaufgabe, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 143 (178 f.); v. Münch/Mager, Staatsrecht I (2016), S. 121; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183–220; U. Schröder, Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, JA 2017, S. 809–818; Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht (2009), S. 221. 4 Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes: BVerfGE 33, 1 ff. – Strafvollzug; BVerfGE 33, 303 (307) – Numerus Clausus; BVerfGE 34, 165 (192) – Förderstufe; BVerfGE 41, 251 (259) – Kolleg; BVerfGE 45, 400 (417) – Oberstufenreform; BVerfGE 47, 46 (78) – Sexualkundeunterricht; BVerfGE 49, 89 (126) – Kalkar; BVerfGE 58, 257 (269) – Schulausschluss; BVerfGE 83, 130 (152) – Josefine Mutzenbacher; BVerfGE 98, 218 (250) – Rechtschreibereform; BVerfGE 108, 282 (211) – Kopftuch an Schulen; BVerfGE 116, 69 (80) – Jugendstrafvollzug; BVerfGE 121, 135 (153) – Luftraum Aufklärung Türkei. Grundsatzentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes: BVerwGE 6, 282 (286) – Subventionen; BVerwGE 47, 194 (197) – Sexualkundeunterricht; BVerwGE 90, 359 (362) – Gemeindesatzung; BVerwGE 121, 103 (109) – Beamtenbeihilfe; BVerwGE 160, 370 (380 f.) – Entfernung aus Beamtenverhältnis; BVerwGE 163, 112 (116) – Höchstalter Bundesbeamte. 5 Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt (1981), S. 330 ff.; Kingreen/Kühling, Weniger Schutz durch mehr Recht: Der überspannte Parlamentsvorbehalt im Datenschutzrecht, JZ 2015, S. 213 (215).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

neue Prägung entstand der Parlamentsvorbehalt als Teil, aber nicht als Substrat des allgemeinen Gesetzesvorbehaltes. Der allgemeine Gesetzesvorbehalt bedeutet damit, dass jeder Grundrechtseingriff unabhängig von der Intensität des Eingriffs eines Gesetzes als Ermächtigungsgrundlage bedarf.6 Der Parlamentsvorbehalt hingegen bezieht sich grundsätzlich auf die Wesentlichkeit einer Materie, wobei jede parlamentarische Beteiligungsform und nicht nur ein Gesetz den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt.

I. Der Vorbehalt des Gesetzes Der Parlamentsvorbehalt ist nur unter Bezugnahme auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vorrangs und des Vorbehaltes des Gesetzes erklärbar. Bei diesen Grundsätzen handelt es sich um elementares Verfassungsrecht, das die Grundlage unseres Rechtsstaates darstellt und diesen von einer autokratischen Staatsform abgrenzt.7 Der Bürger soll vor willkürlichen Eingriffen des Staates in seine Freiheiten geschützt werden. Erst bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage, die durch ein Repräsentationsorgan verabschiedet wurde, darf ein Eingriff stattfinden. Im Zusammenspiel von Rechtsstaatsidee und Demokratieprinzip garantieren Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes heute Freiheit, Rechtssicherheit und Mitbestimmung in der Gesellschaft. Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes betreffen trotz ihres gemeinsamen Bezugs zum Rechtsstaats- und Demokratieprinzip verschiedene Sachverhalte. Ihre verfassungsrechtliche Herleitung ist voneinander zu trennen, und auch Reichweite sowie Aussagekraft von Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes variieren. Wohingegen es beim Vorrang des Gesetzes darum geht, dass eine Bindungswirkung der Exekutive an das geltende Recht beschrieben wird,8 betrifft der Vorbehalt des Gesetzes vielmehr das Problem der Kompetenzverteilung zwischen den Staatsgewalten. Gleichwohl haben sowohl Vorrang als auch Vorbehalt des Gesetzes im Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ihren Ursprung9 und 6 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (207) führt als Beispiel an, dass auch das geringste Bußgeld einer formalgesetzlichen Grundlage bedarf und nicht nur ein „wesentlicher“ Eingriff. 7 In der Zeit des Nationalsozialismus wurden diese verfassungsrechtlich (teilweise) existenten Grundsätze um einen „Führervorbehalt“ erweitert; so die Univ. Diss. von Dieckmann, Der Vorbehalt des Führerwillens und der Vorbehalt des Gesetzes im nationalsozialistischen Verfassungsrecht (1937). 8 Zum Vorrang des Gesetzes bei Detterbeck, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, JURA 2002, S. 235 (236); Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht (2017), S. 104; Gusy, Der Vorrang des Gesetzes, JuS 1983, S. 189 (191); O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht (1914), Erster Band, S. 65. 9 Schmidt-Aßmann, Das Demokratieprinzip, in: FS Battis (2014), S. (85) 98.

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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werden teilweise als Gesetzmäßigkeit im negativen bzw. im positiven Sinne verstanden.10 Der Vorrang und der Vorbehalt des Gesetzes sind zwar voneinander abzugrenzen, müssen aber im Zusammenspiel miteinander gesehen werden. Gäbe es keine Gesetze zu den wichtigen Lebenssachverhalten, würde nämlich die Bindung der Exekutive an Recht und Gesetz leerlaufen.11 Grundsätzlich besagt der Vorbehalt des Gesetzes insofern, dass die Verwaltung nur tätig werden darf, sofern sie durch Gesetz hierzu ermächtigt worden ist.12 Durch den Vorbehalt des Gesetzes wird deutlich, dass alle wichtigen Materien einer Regelung durch ein Gesetz bedürfen. Existiert keine Regelung, darf die Exekutive prinzipiell nicht tätig werden. Es handelt sich folglich um eine Zentralfrage der Gewaltenteilung,13 denn die Legislative ist dazu ermächtigt, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, welchen die Exekutive dann inhaltlich ausfüllen darf. Die Judikative wiederum vermag zu kontrollieren, ob und inwieweit die Rechtsgrundlage (verfassungs-)rechtmäßig ist bzw. ob sich das exekutive Handeln innerhalb der Vorgaben der Rechtsgrundlage bewegt. 1. Spezielle Gesetzesvorbehalte Bei der Untersuchung des Vorbehaltes des Gesetzes ist zu berücksichtigen, dass es grundrechtliche und auch spezifische institutionelle Gesetzesvorbehalte gibt.14 Solche Gesetzesvorbehalte sind als spezielle Gesetzesvorbehalte zu qualifizieren und vom allgemeinen Gesetzesvorbehalt zu unterscheiden.15 Damit legt das Grundgesetz in einigen Fällen konkret fest, dass das Parlament verpflichtet ist, Materien oder Rechtsfragen selbst durch ein formelles Gesetz zu regeln. Im Grundrechtsschutz unterteilen sich Gesetzesvorbehalte in einfache (z. B. Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG; Art. 8 Abs. 2 GG; Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG) und qualifizierte Gesetzesvorbehalte (z. B. Art. 5 Abs. 2 GG; Art. 11 Abs. 2 GG; Art. 13 Abs. 2 GG).16 Einfache Gesetzesvorbehalte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie keinen bestimmten Zweck oder Rechtsgüter benennen, weswegen die Grundrechte eingeschränkt werden dürfen. Qualifizierte Gesetzesvorbehalte bestimmen 10

So etwa Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht (2009), S. 218 f. So BVerfGE 40, 237 (248); Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht (2017), S. 105. 12 BVerfGE 40, 237 (248); BVerfGE 77, 170 (230); BVerfGE 134, 33 (89); BVerfGE 139, 321 (363). 13 Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2004), Band II, S. 613 (623). 14 Zur Abgrenzung des Gesetzesvorbehaltes von anderen Grundsätzen Krüper, Marktbereinigung unter Wesentlichkeitsvorbehalt, GewArch 2017, S. 257 (258 f.). 15 BVerfGE 106, 1 (22). 16 Kritisch zur Begrifflichkeit von einfachem und qualifiziertem Gesetzesvorbehalt Lerche, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 302 (319 f.). 11

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

mit unterschiedlicher Präzision, aus welchen Gründen die Grundrechtsbeschränkungen zu rechtfertigen sind.17 Neben den Grundrechtsvorbehalten kennt das Grundgesetz institutionelle Gesetzesvorbehalte.18 Damit sind gewisse organisatorische Bereiche des Staates von der Verfassung als durch das Parlament regelungsbedürftig eingestuft worden. Hierzu gehört etwa gemäß Art. 28 Abs. 2 GG die kommunale Selbstverwaltung, das Recht der Parteien gemäß Art. 21 Abs. 5 GG und das Recht des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG. Gleichermaßen unterliegen die Organisation und das Verfahren von Staatsorganen (Art. 54 Abs. 7 GG; Art. 94 Abs. 2 GG; Art. 95 Abs. 3 S. 2 GG) sowie der Verwaltung (Art. 84 Abs. 2 GG; Art. 85 Abs. 2 GG; Art. 87 Abs. 3 GG; Art. 87b Abs. 1 S. 3 GG) einem derartigen institutionellen Gesetzesvorbehalt.19 Durch die Gesetze, die aufgrund von institutionellen Gesetzesvorbehalten vom Parlament erlassen werden müssen, wird der Inhalt der Verfassung konkretisiert. Fritz Ossenbühl20 spricht daher von „verfassungsergänzendem Recht“, welches sich als „Verfassungsrecht im materiellen Sinne“ darstelle. Letztlich gibt es für Spezialmaterien verfassungsrechtlich vorgesehene Gesetzesvorbehalte wie etwa bei haushaltsrechtlichen Angelegenheiten (Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG), beim Wahlrecht (Art. 38 Abs. 3 GG) oder ferner bei den internationalen Beziehungen und der europäischen Integration (Art. 24 Abs. 1 GG bzw. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG und Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG). 2. Der allgemeine Gesetzesvorbehalt Neben den speziellen vom Grundgesetz vorgesehenen Gesetzesvorbehalten existiert ein ungeschriebener allgemeiner Gesetzesvorbehalt.21 Die Idee des Gesetzesvorbehalts wurde – ebenso wie die vom Vorrang des Gesetzes – grundlegend von Otto Mayer22 geprägt. Mayer stellte fest, dass das Gesetz zur „notwendigen Bedingung aller Staatstätigkeit“ gemacht werden müsse und dass die Wirkkraft des Gesetzes die oberste Art von Staatswillen sei. Der Gesetzesvorbe17

Vgl. Kluth, Grundrechte (2017), S. 112. Hierzu ausführlich Ohler, Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes, AöR 131 (2006), S. 336 (349 ff.); Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2018), Art. 20, Rn. 76. 19 Vgl. Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 457 (500). 20 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (201). 21 Eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Philosophen (etwa mit Johann Klüber, Immanuel Kant oder Heinrich Zoepfl), die sich mit der Idee des Vorbehaltes des Gesetzes – auch wenn dieser so nicht bezeichnet wurde – beschäftigt haben, findet statt bei Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt (1981), S. 65 ff. 22 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht (1914), Band I, S. 65. Zu O. Mayer auch Morlok/Hientzsch, Das Parlament als Zentralorgan der Demokratie, JuS 2011, S. 1 (6). 18

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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halt bedeutet damit, dass gewisse Thematiken der Regelung durch Gesetz vorbehalten sind und die Staatsgewalt nur auf Grundlage dieser Gesetze handeln darf. Daher wird auch der Rechtsgrundsatz „nulla poena sine lege“ häufig mit Mayer in Verbindung gebracht.23 Die Begriffe „Gesetzesvorbehalt“ und „Vorbehalt des Gesetzes“ werden sehr oft parallel verwendet. An dieser gängigen Praxis übte etwa Peter Lerche24 Kritik, denn, so seine Auffassung, beim Vorbehalt des Gesetzes gehe es um die Institution des Vorbehaltes, wohingegen der Gesetzesvorbehalt die konkrete Ausprägung meine. Eine solche Differenzierung geht heute jedoch am eigentlichen Kern des Problems vorbei. Zwischen Institut und Ausgestaltung bedarf es keiner Differenzierung mehr, denn die Unterscheidung von allgemeinen und speziellen Vorbehalten vermag terminologisch und inhaltlich genau abzugrenzen. Der allgemeine Gesetzesvorbehalt hat nämlich seinen reinen Grundrechtsbezug aufgrund der historischen Entwicklung verloren und geht über den Inhalt der speziellen Gesetzesvorbehalte hinaus. Daher sollen die Begrifflichkeiten Vorbehalt des Gesetzes und Gesetzesvorbehalt im Folgenden synonym verwendet werden. In der Vergangenheit sind unterschiedliche Versuche vorgenommen worden, den allgemeinen Gesetzesvorbehalt herzuleiten. Einerseits wurde Art. 20 Abs. 3 GG als verfassungsrechtliche Grundlage des Vorrangprinzips herangezogen.25 Hierfür spreche, dass aus der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung – neben einer Verpflichtungswirkung für die Verwaltung und der Vorrangwirkung des Gesetzes – der Verwaltung ein eigenmächtiges Handeln untersagt wird.26 Jedoch ist vom Wortlaut des Art. 20 Abs. 3 GG lediglich der Vorrang des Gesetzes umfasst.27 Aufgrund des verbrieften Rechtsstaatsprinzips soll durch den Vorbehalt des Gesetzes vielmehr vorgebeugt werden, dass die Exekutive in Rechte des Einzelnen – insbesondere die persönliche Freiheit und das Eigentum – ohne einen gewichtigen Grund eingreifen kann. Dieser Idee liegt die Vorstellung zugrunde, dass Monarchen und Diktatoren Entscheidungen treffen, die unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Bürger eines Landes haben. Aus einer historischen Perspektive sollte daher ein Eingriff in das Eigentumsrecht und die persönliche Freiheit nur möglich sein, sofern ein Repräsentationsorgan hierzu eine rechtliche Grundlage geschaffen 23 Etwa Meyer, Die Stellung der Parlamente in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 117 (151). 24 Lerche, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 302 (306). Kritisch auch Hoffmann-Riem, Gesetz und Gesetzesvorbehalt im Umbruch, AöR 130 (2005), S. 5 (34 f.). 25 So etwa BVerfGE 40, 237 (248); BVerfGE 77, 170 (230). 26 Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), GG (2018), Art. 20, Rn. 83. 27 Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht (2017), S. 127.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

hat.28 Mit Einführung der Gewaltenteilung wurde diese Idee des Schutzes von persönlicher Freiheit und Eigentum zur Kernfrage des Gesetzesvorbehaltes. Der Schutz der Bürger vor der Allmacht des Monarchen konnte nur durch die Existenz eines „Eingriffsvorbehaltes“ gewährleistet werden. Um in die Freiheitsund Eigentumsrechte eingreifen zu können, bedarf es folglich eines Gesetzes, das Rechtssicherheit schafft und vor Willkür schützt. Walter Jellinek29 argumentierte dementsprechend 1931 etwa noch damit, dass es nur bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, bei anders gelagerten Eingriffen jedoch nicht. Eine gesetzliche Grundlage sei insbesondere nur dann notwendig, wenn die zwischen dem Staat und dem Einzelnen aufgerichtete Rechtsschranke nicht schon anderweitig beseitigt wurde. Diese Vorstellung vom Gesetzesvorbehalt wurde nach dem Ende der Zeit des Nationalsozialismus grundsätzlich übernommen – überwiegend, indem Verwaltungsrechtslehrbücher aus der Zeit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten neu gedruckt wurden –, da die rechtswissenschaftliche Lehre an die Jahre zuvor anknüpfte. Mit Einführung des Grundgesetzes in Deutschland wurde von Staatsrechtswissenschaftlern aber die Frage diskutiert, ob es überhaupt noch eines allgemeinen Gesetzesvorbehaltes bedürfe, denn es kamen Zweifel an seiner eigenständigen Funktion auf. Grundrechte waren nunmehr mit autonomen Vorbehalten und Schranken ausgestattet, die den bis dato nur als „Eingriffsvorbehalt“ ausgestalteten Gesetzesvorbehalt überflüssig erschienen ließen. Nachdem die Rechtsprechung eine Differenzierung von allgemeinem und speziellem Gesetzesvorbehalt nicht in ausreichendem Maße vornahm,30 wurde ein Vorbehalt des Gesetzes teilweise sogar für obsolet erklärt.31 Mit „Einführung“ des Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht im Rahmen der sogenannten „Elfes-Entscheidung“ 32 des Bundesverfassungsgerichts musste die Aufgabe des Gesetzesvorbehaltes folglich neu diskutiert werden, denn eine reine Beschränkung auf den Grundrechtsschutz war nicht mehr haltbar. Bis heute werfen in diesem Zusammenhang Kritiker – besonders prominent war dabei der nunmehr verstorbene Peter Lerche33 – der überwiegenden Literatur und ständigen Rechtsprechung vor, dass Art. 2 Abs. 1 GG bereits einen derartig weiten Vorbe28 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (191). 29 W. Jellinek, Verwaltungsrecht (1948), unveränderter Neudruck der dritten Auflage von 1931, S. 122. 30 BVerfGE 6, 32 (33); BVerfGE 49, 89 (127). 31 Vogel, Gesetzgeber und Verwaltung, VVDStRL 24 (1966), S. 125 (151) nahm an, dass der Vorbehalt des Gesetzes nur das „wiederholt, was sich bereits aus den Grundrechtsartikeln entnehmen läßt“. 32 BVerfGE 6, 32. 33 Lerche, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 302 (319).

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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halt enthalte, dass sich der allgemeine Gesetzesvorbehalt erübrige. Zutreffend ist jedoch, dass der allgemeine Gesetzesvorbehalt und die speziellen Grundrechtsvorbehalte nebeneinander stehen, denn nicht jede Handlung, Duldung oder Unterlassung der Verwaltung ist als Grundrechtseingriff zu klassifizieren.34 Um das Legitimationsproblem des Vorbehaltes des Gesetzes zu überwinden, wurden unterschiedliche Strategien verfolgt. Ein Teil der Literatur versuchte, den „Eingriffsvorbehalt“ zu einem „Totalvorbehalt“ zu erweitern. Dabei wurde erstmalig das Demokratieprinzip in Ergänzung zum Rechtsstaatsprinzip herangezogen und argumentiert, dass das Parlament an Stelle der Exekutive zum obersten Staatsorgan aufgestiegen sei, weswegen es einer parlamentarischen Legitimation für jedes Handeln der ausführenden Gewalt bedürfe.35 Hauptvertreter dieser Lehre waren Dietrich Jesch, der sich wiederum auf den Schweizer Fritz Fleiner36 berief, und Hans Heinrich Rupp. Dietrich Jesch37 erkannte, dass sich die deutsche Rechtsprechung und Staatslehre im Rahmen des Vorbehaltes des Gesetzes auf belastende Verwaltungsakte beschränkte.38 Gerade aber in Fragen der Subventionsbewilligung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass jede parlamentarische Willensäußerung, also auch die etatmäßige Bereitstellung von Geldern, eine ausreichende Legitimation sein könne.39 Aufgrund des so entstehenden unbegrenzten Ermessensbereichs der Exekutive müsse der Gleichheitssatz angelegt werden, um zu einer systemgerechten Lösung zu kommen. Für die Bestimmung der Stellung der Exekutive müsse die Verfassung herangezogen werden, denn die Exekutive habe ihre frühere absolute Handlungsfreiheit verloren. Dem Parlament komme hingegen aus der Verfassungsstruktur ableitbar zwangsläufig die Leitungs- und Lenkungsaufgabe bei allen Formen staatlichen Handelns zu.40 Gegen einen „Totalvorbehalt“ ist jedoch einzuwenden, dass ein solcher dem Parlament nicht nur zu neuen Entscheidungsbefugnissen verhelfen, sondern vielmehr die Exekutive in ihrer Handlungsfreiheit erheblich einschränken würde. Existierte für eine Materie keine gesetzliche Regelung, dürfte die Exekutive – würde der „Totalvorbehalt“ angenommen – nicht handeln. Dies war vom Verfassungsgesetzgeber aber nicht vorgesehen. In letzter Konsequenz führte dies dazu, dass sämtliche Betätigungen der Exekutive im Rahmen der Leistungsverwaltung

34 Vgl. Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre (2015), S. 82; Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte (1975), S. 102 ff. 35 Vgl. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (194 f.). 36 Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts (1928), S. 137. 37 Jesch, Gesetz und Verwaltung (1968), S. 203 ff. 38 Etwa OVG Lüneburg, DÖV 1956, S. 191; OVG Berlin, DÖV 1957, S. 754. 39 BVerwGE 6, 282 (287). 40 Jesch, Gesetz und Verwaltung (1968), S. 205.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

per se als nichtig zu qualifizieren wären, weil die Exekutive letztlich nur die im Haushaltsplan vorgesehenen Mittel verwaltet und verteilt.41 Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht zunächst offengelassen, ob der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes bei Subventionen gelten soll.42 Doch schon bald sprachen sich einige Verwaltungsgerichte dafür aus, einen „Totalvorbehalt“ für nicht notwendig zu erachten, sofern der Haushaltsplan den grundlegenden Förderzweck bestimmt und die Verteilung der Gelder zu den Kernaufgaben der Verwaltung gehört.43 Letztlich hat sich der „Totalvorbehalt“ nie als herrschende Ansicht durchsetzen können, und bald schloss sich das Bundesverfassungsgericht44 der ablehnenden Haltung bezüglich des „Totalvorbehaltes“ der Verwaltungsgerichte an. Stattdessen wurde die ursprüngliche Idee des Vorbehaltes des Gesetzes um neue Elemente erweitert. Eine solche Erweiterung des Gesetzesvorbehaltes zur Anpassung des „beschädigten Eingriffsvorbehaltes“ an die Verfassungslage wurde dabei in der Literatur insbesondere von Hans Heinrich Rupp45 vorangebracht, dessen Ideen immer wieder kritisch gewürdigt wurden.46 Bei der Loslösung vom Eingriffsvorbehalt handelte es sich also keineswegs um einen geradlinigen Prozess, sondern die Entwicklung neuer Ansätze fand teilweise parallel nebeneinander statt. Maßgeblich beim Voranschreiten der Ausfüllung und Neugestaltung des Gesetzesvorbehaltes war die Rechtsprechung zum Schulrecht in den 70er Jahren.47 Bei Sachverhalten mit Bezug zum Ablauf in Schulen war es problematisch geworden, den sich auf die Rechtsstaatlichkeit berufenden Eingriffsvorbehalt heranzuziehen, denn in den (früher vertretenen) besonderen Gewaltverhältnissen zwischen Lehrern und Schülern geht es gerade nicht um eine individuelle Betroffenheit der Beteiligten. Versetzungen in eine neue Klassenstufe, Schulverweise oder andere Strafmaßnahmen konnten zwar noch mit dem alten Eingriffsvorbehalt erfasst werden, doch bei schulorganisatorischen Fragen, der Rechtschreibreform oder der Festlegung eines Lehrplans ist nur unter Zuhilfenahme der demokratischen Komponente des Vorbehaltes des Gesetzes zu klären gewesen, wer für die Festlegung des Inhaltes zuständig ist. 41

Vgl. Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (196). 42 BVerfGE 33, 303 (306 f.). 43 BVerwGE 58, 45 (48); VGH Kassel, DVBl. 1968, S. 207; BayVGH, BayVBl 1970, S. 408. 44 Etwa BVerfGE 67, 100 (139); BVerfGE 68, 1 (108). 45 Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre (1965), S. 142 f. 46 Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte (1975), S. 104 f. 47 BVerfGE 34, 165 (192); BVerfGE 41, 251 (259); BVerfGE 45, 400 (417); BVerfGE 47, 46 (79); BVerfGE 58, 257 (268). Vorbereitet durch BVerwGE 47, 194 (199); BVerfGE 57, 130 (137); BVerfGE 57, 360 (363); BVerfGE 64, 308 (310). Vgl. auch Bryde, Neue Entwicklungen im Schulrecht, DÖV 1982, S. 661 ff.

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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Eine wesentliche Ursache für die Vielzahl an Entscheidungen unter Berufung auf den Vorbehalt des Gesetzes zu dieser Zeit war, dass das Verfassungsgericht eine demokratische Komponente des Gesetzesvorbehaltes in den Vordergrund seiner Argumentation stellte und sich aus der neuen Rechtsprechung immer weitere Rechtsfragen ergaben. Die Betonung der demokratischen Komponente des Gesetzesvorbehaltes fand etwa im Urteil zu den besonderen Gewaltverhältnissen im Strafvollzug48 oder im „Facharzturteil“ 49 statt. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung und positiven Resonanz in der Literatur setzte sich ein rechtsstaatlicher und demokratischer allgemeiner Gesetzesvorbehalt gegenüber der Idee eines „Totalvorbehalts“ durch.

II. Der Parlamentsvorbehalt Der Gesetzesvorbehalt setzt sich also nach heutigem Verständnis aus rechtsstaatlichen und demokratischen Elementen zusammen. Diese ergänzen sich und tragen den Gesetzesvorbehalt aus einer verfassungsrechtlichen Perspektive. Trotz der Untrennbarkeit von Rechtsstaat und Demokratie ist es bei der Herleitung des Gesetzesvorbehaltes von Bedeutung, welches der Prinzipien in den Vordergrund gestellt wird, denn abhängig von der Betonung eines der Staatsprinzipien ändert sich die Bedeutung des Gesetzesvorbehaltes. Steht das rechtsstaatliche Moment im Zentrum des Gesetzesvorbehaltes, so ist nach einem „Eingriffsvorbehalt“ zu fragen. Der Staat darf in die Grundrechte der Bürger nicht eingreifen, sofern er hierzu nicht durch Gesetz ermächtigt worden ist.50 Wird stattdessen das demokratische Element in den Vordergrund gestellt, muss dann in letzter Konsequenz gefragt werden, ob und in welchen Fragen – unabhängig von einem Grundrechtseingriff – es möglich sein soll, dass die Exekutive in all ihren Formen handeln darf und wann es einer förmlichen durch das Parlament erlassenen Rechtsgrundlage bedarf. Es geht mithin um die zentrale Frage, welche Materien dem Parlament vorbehalten bleiben sollen. Aus der demokratischen Legitimation des Parlamentes heraus und aufgrund seiner öffentlichen Ausstrahlung – so die Hypothese – sind alle wichtigen Materien durch das Parlament selbst zu regeln. Im Mittelpunkt dieser Überlegung steht, dass sich das Parlament nicht von seiner Verantwortung durch Delegation oder Nichtbehandlung des Themas befreien darf.51 Kritisch sei indes angemerkt, 48

BVerfGE 40, 237 (249). BVerfGE 33, 125 (126). 50 Etwa Di Fabio, Grundrechte in präzeptoralen Staat am Beispiel hoheitlicher Informationstätigkeit, JZ 1993, S. 687 (694); Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum (1994), S. 549 ff.; U. Schröder, Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, JA 2017, S. 809 (812 f.); Kingreen/Kühling, Weniger Schutz durch mehr Recht: Der überspannte Parlamentsvorbehalt im Datenschutzrecht, JZ 2015, S. 213 (215). 51 Voßkuhle, Sachverständige Beratung des Staates, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 425 (447 f.). 49

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

dass teils eine Handlungseinheit von Exekutive und der die Regierung im Parlament stützenden Mehrheit besteht. Allerdings geht, selbst wenn die Mehrheit des Parlamentes grundsätzlich den Grundvorstellungen der Exekutive folgt, im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG alle Staatsmacht vom Volk aus. Nur das Parlament ist das unmittelbar durch Wahlen legitimierte zentrale Staatsorgan. Das Wahlvolk hat folglich als Legitimationssubjekt jedwede Ausübung von Hoheitsgewalt zu ermächtigen, unabhängig davon, ob Eingriffe in Rechte der Menschen stattfinden.52 Durch die Hinzunahme einer demokratischen Komponente wird der ursprünglich rein rechtsstaatlich gedeutete Gesetzesvorbehalt präzisiert. Es entsteht der Parlamentsvorbehalt. Der Parlamentsvorbehalt53 besagt jedoch nicht, dass es unweigerlich eines förmlichen Gesetzes bedarf. Vielmehr fordert der Parlamentsvorbehalt, dass überhaupt irgendeine Entscheidung des Parlamentes – nicht notwendigerweise in Gesetzesform – ergeht.54 In manchen Fällen kann der Parlamentsvorbehalt gleichwohl auch eine Pflicht des Parlaments auslösen, ein die Materie regelndes Gesetz zu erlassen.55 Die Reichweite des Parlamentsvorbehaltes kann besonders plastisch dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte der Bundeswehr im Ausland entnommen werden. Solche Einsätze seien, so das Bundesverfassungsgericht,56 grundsätzlich erlaubt, bedürften allerdings – aufgrund einer festgestellten Verfassungstradition – der Legitimation durch das Parlament. Deswegen müsse ein generell-abstraktes Gesetz als Rechtsgrundlage die Beteiligung des Parlamentes regeln, wobei ein solches Gesetz die jeweilige konstitutive Zustimmung des Bundestages zu den Einzelvorhaben der Bundeswehr, einem „Parlamentsheer“, nicht ersetze.57 Der in seiner ursprünglichen Form zur Einschränkung des Monarchen gedachte rechtsstaatlich konnotierte allgemeine Gesetzesvorbehalt hat durch die Hinzunahme einer demokratischen Komponente im Laufe der Jahre also auch einen vom Parlament fordernden Charakter erhalten.58 Der Begriff des Parlamentsvorbehaltes umfasst dabei – dies wird teilweise übersehen – selbstverständ-

52 Zu Legitimationsketten Stumpf, Ungeschriebener Parlamentsvorbehalt und akademische Selbstverwaltungsgarantie (2017), S. 626 ff. 53 Die Unterscheidung von Parlamentsvorbehalt und Plenarvorbehalt bei Schürmann, Plenarvorbehalt, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 568 (569 ff.). 54 Butzer, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses, AöR 119 (1994), S. 61 (84); Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht (2018), S. 73, Rn. 273. 55 Eberle, Gesetzesvorbehalt und Parlamentsvorbehalt, DÖV 1984, S. 485 (490); Kloepfer, Verfassungsrecht (2011), Band I, S. 320, Rn. 121. 56 BVerfGE 90, 286 (381); BVerfGE 121, 135 (153). 57 Hierzu noch auf Seite 208–214 und 260–267. 58 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (206).

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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lich neben dem Bundestag auch den Bundesrat sowie alle Landesparlamente. 59 Außerdem existiert auf kommunaler Ebene – obwohl die Gemeindevertretung kein Parlament, sondern ein Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist60 – ein „Parlamentsvorbehalt“ in Form eines „Gemeinderatsvorbehalts“.61 Um die Vielzahl an Lebenssachverhalten mit dem Parlamentsvorbehalt erfassen zu können, ist es unumgänglich geworden, sich von dem anfänglichen „Eingriffsvorbehalt“ zu lösen. Im Vordergrund muss stattdessen in Gestalt des Demokratieprinzips und unter Rückbesinnung auf das Rechtsstaatsprinzip ein „umfassender allgemeiner Gesetzesvorbehalt“ stehen. Ein solcher verdeutlicht den Zusammenhang der grundgesetzlich verankerten Verfassungsprinzipien. 1. Die Wesentlichkeitsrechtsprechung Bei der Wesentlichkeitsrechtsprechung – manchmal auch als Wesentlichkeitstheorie oder Wesentlichkeitsdoktrin bezeichnet – handelt es sich um eine Ausprägung des Vorbehalts der Parlamentsbefassung, die durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt wurde. Wesentlichkeitstheorie und Parlamentsvorbehalt gehören eng zusammen und bedingen sich gegenseitig. Letztlich gilt der Parlamentsvorbehalt insbesondere für alle „wesentlichen“ Materien.62 Wann ein Thema als „wesentlich“ einzustufen ist, muss anhand der vom Bundesverfassungsgericht gefundenen Kriterien herausgearbeitet werden. Welcher Maßstab dabei anzulegen ist und in welchem Zusammenhang die „Wesentlichkeit“ einer Materie mit dem Vorbehalt des Gesetzes steht, wurde durch eine Vielzahl an verfassungsgerichtlichen Entscheidungen63 determiniert, wobei der Ursprung im Schulrecht zu sehen ist. Auch in der späteren „KalkarEntscheidung“ 64 beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Herlei59 Kritische Anmerkung zum Begriff des Parlamentsvorbehaltes bei Lerche, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 302 (306). 60 BVerwGE 78, 344 (348); BVerwGE 90, 359 (362). 61 Zum „Gemeinderatsvorbehalt“ ist bislang wenig Forschung betrieben worden. So könnte diskutiert werden, ob es einen „allgemeinen kommunalen Parlamentsvorbehalt“ gibt, oder ob es sich hierbei um eine Ausprägung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG handelt. Einen unmittelbaren Bezug der kommunalen Selbstverwaltung zum Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip stellen her Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht (2019), Rn. 75 ff. Nach Lange, Kommunalrecht (2013), S. 20 gehören die Regelungen aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft inklusive der Gebietshoheit hingegen zu den gemeindlichen Befugnissen. 62 Vgl. Mehde, Wortbeitrag im Rahmen der Aussprache zu „Rechtsetzung der europäischen und nationalen Verwaltungen“, VVDStRL 71 (2012), S. 470 (471 f.). 63 Grundlegend bei der Entwicklung BVerfGE 49, 89; BVerfGE 58, 257; BVerfGE 68, 1; BVerfGE 83, 130; BVerfGE 98, 218. 64 BVerfGE 49, 89 ff. Vgl. auch Beaucamp, Der „Kalkar-Beschluss“, JA 2002, S. 854 ff.; Kramer, Die nach dem Atomgesetz erforderliche Schadensvorsorge als

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

tung des Gesetzesvorbehaltes und fasste die bis dahin ergangene Rechtsprechung zusammen. Der „Kalkar-Entscheidung“ ist eine tragende Bedeutung zugekommen, weil es hier – anders als noch in den Urteilen zum Schulrecht – um die grundsätzliche Klärung des Parlamentsvorbehalts ging. In den Fällen des Schulrechts, etwa zum Sexualkundeunterricht65, standen dem gegenüber insbesondere noch die Herleitung aus dem Demokratieprinzip und das Kriterium des Grundrechtsbezuges im Vordergrund. Die durch die „Kalkar-Entscheidung“ formulierten allgemeinen Grundsätze konnten in späteren Fällen zum Schulrecht – etwa bei der Entlassung eines Schülers aus der Schule aufgrund mangelhafter Leistungen66 – und in anders gelagerten Sachverhalten angewendet werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte in der „Kalkar-Entscheidung“ darüber zu befinden, ob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, das § 7 AtomG als mit dem Grundgesetz unvereinbar hielt, rechtmäßig war. Das Oberverwaltungsgericht67 hatte entschieden, dass wesentliche Entscheidungen nach dem Prinzip der Gewaltenteilung vom Parlament selbst getroffen werden müssten und in einem förmlichen Gesetz ihre Konkretisierung fänden. Es stünde in dem konkreten Fall ein in hohem Maße gefährdeter grundrechtsrelevanter Bereich zur Regelung an, weshalb es konkreterer als der bisherigen gesetzgeberischen Vorgaben bedürfe. Es läge andernfalls in der Hand der Exekutive, ob die in § 1 Nr. 2 und 3 AtomG enthaltene Zielsetzung auch in Zukunft verwirklicht werden könne. In der „Kalkar-Entscheidung“ führte das Bundesverfassungsgericht68 aus, dass der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes zwar nicht in der Verfassung ausdrücklich erwähnt werde, seine Geltung sich jedoch aus Art. 20 Abs. 3 GG ergebe. Das Grundgesetz habe sich, insbesondere mit der Erkenntnis auch seiner demokratischen Komponente, in den letzten Jahren gewandelt. Heute sei es ständige Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, – losgelöst vom Merkmal des „Eingriffs“ – in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.69 Bei der Beurteilung der Frage, um welche Bereiche es sich dabei handelt, verwies das Bundesverfassungsgericht auf den jeweiligen Sachbereich und die Intensität der geplanten Grundrechtsproblem, NJW 1981, S. 260 ff.; Voßkuhle, Umweltschutz und Grundrechte, NVwZ 2013, S. 1 (6). 65 BVerfGE 47, 46 ff. Vgl. auch Lechler, Die totalitäre Staatsschule – Bemerkungen zum Sexualkundeunterricht in der staatlichen Schule, BayVBl 1981, S. 329 ff. 66 BVerfGE 58, 257 ff. Vgl. auch Bryde, Anmerkung zu BVerfG, Beschl. v. 20.10. 1981 – 1 BvR 640/80, DÖV 1982, S. 243 f. 67 Zitiert nach BVerfGE 49, 89 (94). 68 BVerfGE 49, 89 (126); zuvor bereits ähnlich BVerfGE 40, 237 (248). 69 BVerfGE 49, 89 (126); vgl. auch BVerfGE 34, 165 (192); BVerfGE 40, 237 (249); BVerfGE 45, 400 (417); BVerfGE 47, 46 (78); BVerfGE 48, 210 (221).

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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oder getroffenen Regelung. Damit sollte die Möglichkeit gewahrt bleiben, im Einzelfall zu entscheiden, ob das Parlament beteiligt werden muss. Weil das Bundesverfassungsgericht feststellte, dass es für alle Eingriffe in die Rechtssphäre des Bürgers einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, trifft die „Kalkar-Entscheidung“ bis heute eine der elementarsten Aussagen im Zusammenhang mit dem Parlamentsvorbehalt.70 In der „Kalkar-Entscheidung“ bejahte das Bundesverfassungsgericht71 die Frage der „Wesentlichkeit“ und führte weitergehend aus, dass es insbesondere bei technischen Änderungen teilweise nicht möglich sei, konkrete Einzelfragen durch Gesetz im Voraus zu regeln bzw. zu erkennen. Trotzdem müsse – dies ergebe sich als Aspekt der Vorbehaltsproblematik – alles „Wesentliche“ im Gesetz geregelt sein. Das umfasse vorliegend die Konkretheit des Atomgesetzes. Die Feststellung, ob ein existierendes Gesetz konkret genug sei, könne als Regelungsdichte bezeichnet werden. Bei ausreichender Konkretheit seien die Anforderungen an die Regelungsdichte erfüllt, wobei die Regelungsdichte letztlich dem klassischen Bestimmtheitsgrundsatz im Verfassungsrecht gleiche.72 Da der Gesetzgeber in § 1 AtomG eine Grundentscheidung zu Gunsten der Atomkraft getroffen und auch eine Gefahrenabwägung vorgenommen habe, seien im Rahmen des § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AtomG alle „wesentlichen“ Entscheidungen mit hinreichender Bestimmtheit getroffen worden; jedwede technische Neuerung habe dabei nicht berücksichtigt werden müssen. Die Forderung nach einem konkreten Gesetz mit einer hohen Regelungsdichte erinnert zunächst sehr an die von Jesch vertretene Lehre vom Totalvorbehalt. Da sich das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht in dieser Lesart verstanden wissen wollte, konkretisierte das Gericht im Urteil zum NATO-Doppelbeschluss73 – als es um die Stationierung nuklearer Mittelstreckenraketen in Deutschland ging – seine Ausführungen zum Gesetzesvorbehalt. Es führte aus, dass das Grundgesetz weder einen Totalvorbehalt des Gesetzes noch eine Kompetenzregel, die besage, dass alle „objektiv wesentlichen“ Entscheidungen vom Gesetzgeber zu treffen wären, kenne. In der strittigen Frage existiere eine ausdrückliche Kompetenzzuweisung für den Bereich der auswärtigen Angelegenheiten an die Exekutive, sodass das Bundesverfassungsgericht keine Notwendigkeit sah, eine Gesetzgebungskompetenz des Bundestages zu entwickeln. Unter den Gesichtspunkten des Demokratieprinzips und der Bedeutung der Raketenstationierung für das Staatsganze bedürfe es nicht der vorherigen Ermächtigung des

70

Bumke/Voßkuhle, Casebook Verfassungsrecht (2015), S. 377, Rn. 1416. BVerfGE 49, 89 (129). 72 Bumke/Voßkuhle, Casebook Verfassungsrecht (2015), S. 379, Rn. 1429. 73 BVerfGE 68, 1, 108. Vgl. auch v. Münch, Rechtsfragen der Raketenstationierung, NJW 1984, S. 577 (581 f.). 71

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Bundestages in Form eines Gesetzes.74 Das Urteil zeigt, dass nicht jede politisch brisante Entscheidung auch rechtlich zu einer Pflicht des Parlaments führt, die entsprechende Materie gesetzlich regeln zu müssen. Im Fall „Josefine Mutzenbacher“ konkretisierte das Bundesverfassungsgericht75 seine Vorstellung von der „Wesentlichkeit“ einer Materie weiter. Hierbei ging es um ein Buch mit dem Titel „Josefine Mutzenbacher – Die Lebensgeschichte einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt“. Dieses Buch wurde in eine Liste von Schriften aufgenommen, die geeignet sind, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu gefährden. Rechtsgrundlage für die Einstufung des Buches war § 1 Abs. 1 S. 1 „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ (GjS). Die Autorin wandte sich gegen die Aufnahme in die Liste mit der Begründung, dass sie in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG verletzt worden sei. Die Entscheidung zur Aufnahme ihres Buches in besagte Liste sei zudem gemäß § 9 Abs. 1 und Abs. 2 GjS durch ein Gremium getroffen worden, dessen Besetzung nur unzureichend legitimiert sei. Es verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, dass die Legislative nicht selbst ausreichend geregelt hat, wie das Entscheidungskomitee zu besetzen ist. Das Bundesverfassungsgericht76 führt in dem Fall aus, dass das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip den Gesetzgeber verpflichteten, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu übertragen. Die Reichweite der Regelungen richte sich maßgeblich nach dem Grundrechtsbezug. Eine Pflicht zur Regelung bestehe insbesondere, wenn miteinander konkurrierende grundrechtliche Freiheitsrechte aufeinandertreffen und deren jeweilige Grenzen fließend sind.77 Der Gesetzgeber sei dann verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie sie für die Ausübung dieser Freiheitsrechte wesentlich sind.78 Im Fall „Josefine Mutzenbacher“ 79 konkretisierte das Bundesverfassungsgericht seine Anforderungen an die Regelungsdichte also nochmals und stellte fest, dass die Wesentlichkeitstheorie nicht nur die Frage beantworte, ob überhaupt ein bestimmter Gegenstand gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch inwieweit 74

BVerfGE 68, 1, 109. BVerfGE 83, 130. Vgl. auch Geis, Josefine Mutzenbacher und die Kontrolle der Verwaltung, NVwZ 1992, S. 25 (28 f.); Gusy, Anmerkung zu BVerfG, Beschluss v. 27.11.1990 – 1 BvR 402/87, JZ 1991, S. 470 f. 76 BVerfGE 83, 130 (142). 77 BVerfGE 83, 130 (142). 78 BVerfGE 83, 130 (142); zuvor bereits BVerfGE 6, 32 (42); BVerfGE 20, 150 (157); BVerfGE 80, 137 (161). 79 BVerfGE 83, 130 (152). 75

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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diese Regelungen im Einzelnen gehen müssen. Nicht nur allgemeine Gesetze, sondern auch Verfahrensvorschriften müssten – sofern das Verwaltungsverfahren Auswirkungen auf Grundrechte habe – rechtssatzförmig festgelegt sein. Genau dies war indes bei der Besetzung des Gremiums, das über die Aufnahme von Schriften in die Liste von jugendgefährdenden Texten entscheidet, nicht passiert. Der Autorin von „Josefine Mutzenbacher“ wurde recht gegeben und ein Verstoß gegen die Wesentlichkeitsdoktrin festgestellt. Etwas später musste das Bundesverfassungsgericht80 schließlich darüber entscheiden, ob die Rechtschreibreform des Landes Schleswig-Holstein einer detaillierteren parlamentarischen Beteiligung als mittels der bestehenden § 4 und § 11 SchulG bedurft hätte. In concreto hatte das Bundesverfassungsgericht darüber zu befinden, ob die Rechtschreibreform im Lichte der Wesentlichkeitsrechtstheorie rechtmäßig war. Gestützt auf das Argument einer fehlenden „Intensität“ des Eingriffes in die Grundrechte der Schüler und Eltern erachtete das Gericht die Rechtschreibreform als nicht „wesentlich“. Die auf die Entscheidung folgende Kontroverse81 zeigt besonders deutlich auf, dass der Begriff der „Wesentlichkeit“ auslegungsfähig ist. Das Kriterium der „Wesentlichkeit“ ergänzt also Fragen des Grundrechtseingriffs und ist keineswegs in Konkurrenz hierzu zu sehen. Mittels der Verbindung von „Wesentlichkeit“ und Regelungsdichte – in Anlehnung an das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG82 – wird gewährleistet, dass der Gesetzesvorbehalt in Form des Parlamentsvorbehaltes nicht durch Globalermächtigungen unterlaufen wird.83 Eine Möglichkeit der Nichtbefassung mit einer Thematik besteht im Falle der Existenz eines Parlamentsvorbehaltes nicht. Durch die Hinzunahme der demokratischen Komponente zum ursprünglich rein rechtsstaatlich gedeuteten Vorbehalt des Gesetzes und der Forderung, dass alle „wesentlichen“ Materien einer Entscheidung des Parlaments bedürfen, kommt es zu einer verstärkten Öffentlichkeits- und Transparenzwirkung von staatlichen Entscheidungen. „Hinterzimmerabsprachen“ zu „wesentlichen“ Materien werden verhindert, und die Exekutive bzw. die Gubernative und Administra-

80

BVerfGE 98, 218 (251). Gärditz, Zehn Jahre Rechtschreibreform, NJW 2005, S. 3531 (3533); Kopke, Die Rechtschreibreform erneut vor Gericht, NJW 2005, S. 3538 (3539); Theuersbacher, Die Entwicklung des Schulrechts in den Jahren 1997 und 1998, NVwZ 1999, S. 838. Kritisch im Vorfeld der Entscheidung schon J. Menzel, Von Richtern und anderen Sprachexperten, NJW 1998, S. 1177 (1183). 82 Kritisch Cremer, Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG und Parlamentsvorbehalt: Dogmatische Unstimmigkeiten in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 122 (1997), S. 248 (259 ff.). 83 Hölscheidt, Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, JA 2001, S. 409 (411); Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, NJW 1977, S. 1313 (1314). 81

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

tive zur Rechtfertigung ihrer Handlungen gezwungen. Dies wirkt sich letztlich auch unmittelbar auf den Inhalt von Gesetzen aus.84 2. Voraussetzungen an die „Wesentlichkeit“ einer Materie Letztendlich kommt es bei der Beurteilung der „Wesentlichkeit“ auf ein „rechtspolitisches Fingerspitzengefühl“ und die Fähigkeit an, die Struktur der regelungsbedürftigen Materie zu durchdringen.85 Eine Reihe neuerer Entscheidungen unterer Gerichte verdeutlicht, dass selbst innerhalb der Judikative Unterschiede in den Auffassungen über die Voraussetzungen der „Wesentlichkeit“ bestehen.86 Die Wesentlichkeitsrechtsprechung ist daher in der Literatur teilweise auf erhebliche Kritik gestoßen.87 Insbesondere die inhaltliche Weite und die materielle Ausfüllung durch Richterrecht werden dabei in den Fokus gestellt. Außerdem sei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes an manchen Stellen zu undogmatisch und folglich inkonsequent.88 Michael Kloepfer fasste die Kritik in dem prägnanten Satz zusammen, dass „,wesentlich‘ ist, was das Bundesverfassungsgericht dafür hält“ 89. Diese Kritik hat ihre Berechtigung, denn die höchstrichterliche Rechtsprechung tendiert dazu, je nach Sachlage zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen, wobei es an „harten Kriterien“ für die Feststellung der „Wesentlichkeit“ fehlt. Sofern es ein Kriterium für die Abgrenzung von „wesentlichen“ Entscheidungen zu politisch relevanten Themen gibt, ist es die Grundrechtsbetroffenheit. Das Bundesverfassungsgericht versucht, den Begriff der „Wesentlichkeit“ anhand des Grundrechtsschutzes festzumachen, sich aber nicht von einem „Eingriffsvorbehalt“ leiten zu lassen. Dabei hat es das Kriterium der sogenannten „Grundrechtsrelevanz“ entwickelt.90 Für das Bundesverfassungsgericht ist demnach „,wesentlich‘ in der Regel, ,wesentlich‘ für die Verwirklichung der Grundrechte“.91

84

Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre (2015), S. 87. Vgl. Kisker, Neue Aspekte im Streut um den Vorbehalt des Gesetzes, NJW 1977, S. 1313 (1315). 86 Beispielhaft hierfür sind die Urteile zum „Kükenschreddern“ des VG Minden, ZUR 2015, S. 305 ff.; aufgehoben durch OVG Münster, DÖV 2016, S. 792 ff. 87 Lerche, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 301 ff.; Evers, Gesetzesvorbehalt im Schulrecht, JuS 1977, S. 804 (808). 88 Für den Schulverweis bedarf es eines förmlichen Gesetzes (BVerfGE 58, 257 [273]). Die Versetzung von Schülern kann hingegen nur durch Rechtsverordnungen geregelt werden (BVerfGE 41, 251 [266]). 89 Kloepfer, Der Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, JZ 1984, S. 685 (692). 90 BVerfGE 47, 46 (79). 91 Diese allgemeine Formel ist vielfach zu finden wie in BVerfGE 34, 165 (192); BVerfGE 40, 237 (248); BVerfGE 41, 251 (260); BVerfGE 47, 46 (79); BVerfG, NVwZ 2015, S. 1279 (1280). 85

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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Hier zeigt sich – so beschreibt es Fritz Ossenbühl92 – die „Absurdität einer Tautologie“, die im Zirkelschluss eine Einzelfallentscheidung des Bundesverfassungsgerichts erfordere. Es läuft in letzter Konsequenz darauf hinaus, dass in Fallgruppen entschieden werden muss, welche Themen „wesentlich“ sind und welche nicht.93 Das Kriterium der „Grundrechtsrelevanz“ ist für das Bundesverfassungsgericht allerdings nur ein erstes Kriterium bei der Feststellung der Regelungsbedürftigkeit einer Materie. Daneben müssen in die Betrachtung stets auch die Größe des Adressatenkreises, die Langfristigkeit einer Maßnahme, gravierende finanzielle Auswirkungen sowie die Mittel- bzw. die Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung mit einfließen.94 Auch grundlegenden Entscheidungen für das Gemeinwesen können demnach – unabhängig von einer Grundrechtsrelevanz – eine Parlamentsbeteiligung erfordern.95 Teilweise wird daher vertreten, dass der Anwendungsbereich der Wesentlichkeitslehre auf grundrechtsrelevante Entscheidungen lediglich einen besonders wichtigen Anwendungsfall bilde.96 Selbst eine reine organisationsrechtliche Frage könne mithin „wesentlich“ sein.97 So nahm der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen98 etwa bei der Zusammenlegung des Innenministeriums mit dem Justizministerium in Nordrhein-Westfalen die „Wesentlichkeit“ der Materie an, weil Organisationsentscheidungen „wesentlich für die Staatsleitung“ seien könnten und weil Organisationsentscheidungen grundlegende Prinzipien der Verfassung beträfen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat vielfach unabhängig vom Grundrechtsansatz zugunsten des Vorliegens eines Parlamentsvorbehaltes entschieden. 92 Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (210). 93 Zur Fallgruppe des Schulrechts – das als erste Fallgruppe der Wesentlichkeitsrechtsprechung gilt – allgemein Rennert, Entwicklungen der Rechtsprechung zum Schulrecht, DVBl. 2001, S. 504 ff. 94 Vgl. Kalscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523 (525); Tegethoff, Verwaltungsvorschriften und Gesetzesvorbehalt, JA 2005, S. 794 (795). 95 Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht (2018), S. 106; Eberle, Gesetzesvorbehalt und Parlamentsvorbehalt, DÖV 1984, S. 485 (486 f.). 96 Umbach, das Wesentliche an der Wesentlichkeitstheorie, in: FS Faller (1984), S. 111 (112 f.); Krüper, Marktbereinigung unter Wesentlichkeitsvorbehalt, GewArch 2017, S. 257 (258). 97 Voßkuhle, Grundwissen Öffentliches Recht: Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, JuS 2007, S. 118 (119). 98 VerfGH NRW 11/98 – Entscheidung vom 09.02.1999. Kritisch Isensee, Anmerkung zum Urteil des VerfGH NRW zur Zusammenlegung des Justiz- und des Innenministeriums durch Organisationsakt des Ministerpräsidenten, JZ 1999, S. 1113 (1114); Rudolph, Justiz- und Innenministerium in Nordrhein-Westfalen – Die umstrittene Fusion, NJW 1998, S. 3094 f. Zur Regierungsbildungskompetenz und dem Gesetzesvorbehalt bereits Butzer, Die Rechte des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten bei der Regierungsbildung, NWVBl 1996, S. 208 (210 ff.).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Bei der Entscheidung über die Festlegung eines Existenzminimums für ein menschenwürdiges Dasein sei etwa aus Gründen der Relevanz des Themas für die Gesellschaft eine Regelung durch das Parlament geboten.99 Ebenfalls müssten die Grundregeln bei der Einstellung im öffentlichen Dienst bezüglich des Höchstalters gesetzlich geregelt werden.100 Hauptargument für die Regelungsbedürftigkeit sei nicht die reine Grundrechtsbetroffenheit der nicht eingestellten Personen, sondern die Bedeutung für die Ausgestaltung des öffentlichen Dienstes. Dabei zwinge die Wesentlichkeitstheorie zu einer Abwägung zwischen den betroffenen Rechten und Rechtsgütern bzw. dem Ziel der Verwaltungspraxis.101 Das Kriterium der politischen Umstrittenheit hält das Bundesverfassungsgericht hingegen nicht für maßgeblich bei der Bestimmung der „Wesentlichkeit“.102 Es ist jedoch festzustellen, dass der Unterschied zwischen einer wichtigen politischen und einer grundlegenden Entscheidung für das Gemeinwesen bislang nicht ausreichend geklärt ist. Zur Ergründung eben dieser Frage hätte sich die Organklage der AFD-Fraktion zur Grenzöffnung für Schutzsuchende im Jahr 2015 vor dem Bundesverfassungsgericht angeboten. Zwar wurde die Klage mangels eigener Betroffenheit der AFD-Fraktion als unzulässig abgelehnt,103 doch hielten Zulässigkeitsvoraussetzungen das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit noch nie davon ab, gewisse Grundaussagen zu einem Thema zu tätigen, wenn das Gericht diese für wichtig erachtete.104 Das Bundesverfassungsgericht hat trotz aller Kritik mit seiner „Gleitformel“ 105 doch eine dogmatisch nachvollziehbare Abstufungsmöglichkeit der „Wesentlichkeit“ gefunden. Die förmlichen Regelungen müssen danach umso präziser sein, desto (1.) stärker der Grundrechtsbezug ist und es um kollidierende Grundrechte geht, die nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz in Einklang gebracht werden müssen, und (2.) je schwerer die Auswirkungen der Frage auf die Gesellschaft sind.106 Das Bundesverwaltungsgericht107 hat diese Formel als 99

BVerfGE 125, 175 (222). BVerfGE 139, 19 (49). 101 Vgl. Kalscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523 (528). 102 BVerfGE 49, 89 (126). A. A. Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, NJW 1977, S. 1313 (1318). 103 BVerfG Beschluss vom 11.09.2018 – Az. 2 BvE 1/18. 104 In der „Wunsiedel-Entscheidung“ (BVerfGE 124, 300 [318]) verstarb der Kläger etwa kurz vor dem Urteil. Damit war die Klage unzulässig, jedoch verkündete das Verfassungsgericht trotzdem aufgrund einer Funktion der Verfassungsbeschwerde, wonach „objektives Verfassungsrecht zu wahren, auszulegen und fortzubilden“ sei. 105 Dieser Begriff ist geprägt worden von Hartmuth Maurer; zuletzt Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht (2017), S. 133. 106 BVerfGE 83, 130 (152); BVerfGE 101, 1 (34); BVerfGE 108, 282 (311); BVerfGE 120, 378 (408). 107 BVerwGE 148, 133. 100

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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„Je stärker die Grundrechte der Bürger betroffen sind und je gewichtiger die Angelegenheiten für die Allgemeinheit ist, desto detaillierter und genauer muss die gesetzliche Regelung sein“ zusammengefasst. Im Rahmen der Ermittlung eines Grundrechtsbezuges kann die „Wesentlichkeit“ folglich nicht für jedes Grundrecht unterschiedlichen Anforderungen unterliegen. In Abgrenzung von Grundrechtseingriffen bedarf es vielmehr eigenständiger Kriterien.108 Die Intensität eines staatlichen Eingriffs in ein Grundrecht kann daher nur ein erster Ansatzpunkt für die Bestimmung der „Grundrechtsrelevanz“ sein. Eine Materie ist nämlich nicht erst dann „wesentlich“, wenn ein Eingriff in ein Grundrecht vorliegt, sondern bereits im Vorfeld hiervon kann ein parlamentarisches Handeln, etwa zum Schutz von Grundrechten, notwendig werden. Damit ist die „Wesentlichkeit“ durch eine intensive inhaltliche Kontrolle der betroffenen Materie unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Gesellschaft und durch eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Rechtsgüter im Sinne der praktischen Konkordanz zu ermitteln.109 3. Die Reichweite der „Wesentlichkeit“ bei Sachverhalten mit Auslandsbezug Aufgrund seiner ursprünglichen nationalen Prägung wollen Teile der Literatur110 den Gesetzes- bzw. Parlamentsvorbehalt bei Sachverhalten mit Auslandsbezug einschränken und die Steuerung der auswärtigen Gewalt weitestgehend der Exekutive überlassen. Begründet wird dies damit, dass das Bundesverfassungsgericht bisher bei Sachverhalten mit Auslandsbezug keine Notwendigkeit eines Parlamentsgesetzes gesehen habe. Die Wesentlichkeitstheorie könne daher im Bereich der auswärtigen Gewalt allenfalls eine abgeschwächte Geltung beanspruchen.111

108 A. A. Kalscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523 (527) vertreten, dass etwa bei einem Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG nach der Intensität des Eingriffs unterschieden werden könne. 109 Zur aktuellen Diskussion über die „Wesentlichkeit“ von Corona bedingten Entscheidungen etwa Brocker, Exekutive versus parlamentarische Normsetzung in der Corona-Pandemie, NVwZ 2020, S. 1485 ff.; Pautsch/Hauk, Parlamentsvorbehalt und Corona-Verordnungen, NJ 2020, S. 281 ff. 110 Etwa Brissa, Bundeswehr und Bundestag, DÖV 2012, S. 137 (140 ff.); Gramm, Die Bundeswehr in der neuen Sicherheitsarchitektur, DV 41 (2008), S. 375 ff.; Nettesheim, Verfassungsbindung der auswärtigen Gewalt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2013), Band XI, S. 559 (589 ff.); Vöneky, Das Ende der Unschuld, in: FS Wolfrum (2012), Vol. 2, S. 1309 ff.; Zimmermann/Geiß, Die Tötung unbeteiligter Zivilisten, STAAT 46 (2007), S. 377 (383 f.). 111 Gramm, Die Bundeswehr in der neuen Sicherheitsarchitektur, DV 41 (2008), S. 375 (378 f.).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Trotz dieser vorgebrachten Bedenken ist die Wesentlichkeitstheorie jedoch auch bei Sachverhalten mit Auslandsbezug uneingeschränkt anwendbar. Bereits der Wortlaut des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG besagt, dass Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung bedürfen. Damit ist Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG das „Einfallstor“ für die Mitbestimmung der Legislative bei Sachverhalten mit Auslandsbezug.112 Das Bundesverfassungsgericht hat insofern keine generellen Zweifel an der Gültigkeit des Gesetzesvorbehaltes auch bei Sachverhalten mit Auslandsbezug, wie es etwa der „Chemiewaffenbeschluss“ 113 eindrücklich zeigt. Im Rahmen der Urteile zu einem „Parlamentsheer“ 114 und der europäischen Integration115 bezog sich das Gericht darüber hinaus auf einen verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt bei Sachverhalten mit Auslandsbezug. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht die parlamentarischen Befugnisse bei Sachverhalten mit Auslandsbezug sukzessive erweitert. Vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Mai 2020 zur anlasslosen Auslandsüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst erscheint eine Beschränkung der Wesentlichkeitstheorie auf das deutsche Staatsterritorium jedenfalls heute nicht mehr vertretbar.116 Wenn nämlich die Bindung der deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG nicht auf das deutsche Staatsgebiet begrenzt ist und sich der Schutz der Grundrechte auch auf Ausländer im Ausland erstreckt, kann es auch für die Frage der Geltung des Gesetzes- bzw. Parlamentsvorbehaltes nicht auf einen Inlands- oder Auslandsbezug einer Materie ankommen. Für die Anwendbarkeit der Wesentlichkeitstheorie auf Fälle der auswärtigen Gewalt spricht damit insbesondere der Gedanke, wonach die parlamentarische Beteiligung ein Mindestmaß an rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen gewährleistet. Dies bedeutet gleichwohl noch keine allgemeine Einbeziehungspflicht des Parlamentes im Rahmen jedweder Sach112 Zur parlamentarischen Mitwirkung beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge Wolfrum, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, VVDStRL 56 (1997), S. 38 (45 ff.). 113 BVerfGE 77, 170 (232). 114 BVerfGE 90, 286 (364); BVerfGE 104, 151 (210). Vgl. auch Röben, Außenverfassungsrecht (2007), S. 290 f.; Scherrer, Das Parlament und sein Heer (2010), S. 84 ff.; Wolfrum, Auswärtige Beziehungen und Verteidigungspolitik, in: FS 50 Jahre Bundesverfassungsgericht (2001), Band II, S. 693 (716); Yousif, Die extraterritoriale Geltung der Grundrechte bei der Ausübung deutscher Staatsgewalt im Ausland (2007), S. 166 ff. 115 BVerfGE 123, 267 (356); BVerfGE 126, 286 (303). Vgl. auch Durner, Verfassungsbindung deutscher Europapolitik, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 433 (449); Frenz, Europarecht (2016), S. 48 f.; P. Kirchhof, Der deutsche Staat in der europäischen Integration, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 229 (343 f.); Kohnen, Die Zukunft des Gesetzesvorbehalts in der Europäischen Union (1998), S. 133 ff.; Nettesheim, Die Integrationsverantwortung, NJW 2010, S. 177 (181); van Ooyen, Die Staatstheorie des Bundesverfassungsgerichts und Europa (2018), S. 107 ff. 116 Urteil vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2835/17.

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frage, denn das Grundgesetz kennt auch eigenständige exekutive Entscheidungsbefugnisse. Vielmehr ist durch eine Einzelfallprüfung zu ermitteln, ob das Parlament an den Exekutiventscheidungen im Sinne der Wesentlichkeitsrechtsprechung beteiligen werden muss.117 Für die Anwendbarkeit des Parlamentsvorbehaltes auch auf Sachverhalte mit Auslandsbezug spricht darüber hinaus eine von Carl-Wendelin Neubert118 aufgezeigte Staatenpraxis. Demnach habe die deutsche Legislative eine Reihe von Rechtsgrundlagen geschaffen, an welche sich die deutsche Exekutive bei Ausübung der auswärtigen Gewalt hielte. Beispielhaft könnten als Beleg einer Staatenpraxis genannt werden: § 8 Abs. 1 BPolG, wonach deutsche Bundespolizisten im Ausland tätig werden dürfen; § 5 AWG, wodurch Beschränkungen für Waffenexporte im Außenwirtschaftsrecht möglich werden; die räumliche Ausdehnung des deutschen Strafrechts durch §§ 4 ff. StGB; die Berechtigungen des G-10 Gesetzes zur Überwachung von Telekommunikation im Ausland zum Schutz der demokratischen Grundordnung und des Bestandes der Bundesrepublik. Diese und weitere durch die Legislative erlassenen Ermächtigungsgrundlagen verdeutlichten eine Praxis, die einen Gesetzesvorbehalt im Bereich der auswärtigen Gewalt nahelege. Schließlich geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum Thema „Behandlung der in Gewahrsam genommenen Personen bei Auslandseinsätzen“ hervor, dass die Exekutive selbst von einem Beteiligungsrecht der Legislative bei Sachverhalten mit Auslandsbezug ausgeht.119 Zusammenfassend verdeutlichen sowohl die gängige politische Praxis als auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Kompetenzdurchbrechung der historischen exekutiven Alleinzuständigkeit im Bereich der auswärtigen Gewalt. Es hat sich gezeigt, dass die auswärtige Gewalt heute als eine „kombinierte Gewalt“ 120 zu verstehen ist, deren Ausübung sowohl der Exekutive als auch der Legislative übertragen ist.121 Im Ergebnis existiert damit für den Be117 Vgl. Butzer/Haas, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 59, Rn. 38. 118 Neubert, Der Einsatz tödlicher Waffengewalt durch die deutsche auswärtige Gewalt (2016), S. 249 f. 119 BT-Drs. 16/6282 vom 29.08.2007, S. 5. 120 Dieser Begriff wurde geprägt von E. Menzel, Die auswärtige Gewalt der Bundesrepublik, VVDStRL 12 (1954), S. 179 (194). Hierzu auch Biehler, Auswärtige Gewalt (2005), S. 86; Daigeler, Parlamentarische Kontrollrechte beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge am Beispiel der Neubestimmung der Aufgaben der NATO und der Entwicklungen im Rahmen der OSZE (2005), S. 8 ff.; Ley, Zur Politisierung des Völkerrechts, AVR 2012, S. 191 ff.; Fastenrath, Auswärtige Gewalt im offenen Verfassungsstaat, in: Dittmann/Kilian (Hrsg.), Kompetenzprobleme der Auswärtigen Gewalt (1982), S. 1 ff. 121 Wolfrum, Auswärtige Beziehungen und Verteidigungspolitik, in: FS 50 Jahre Bundesverfassungsgericht (2001), Band II, S. 693 (697).

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reich der auswärtigen Gewalt zwar ein Primat der Exekutive, jedoch wird dieser durch eine Vielzahl von Kontroll- und Lenkungsbefugnisse der Legislative durchbrochen, die sich durch die „Wesentlichkeit“ der Materie begründen lassen. Insofern dürfen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug keine anderen Maßstäbe der parlamentarischen Legitimation gelten als für solche mit reinem Inlandsbezug. 4. Kritik an den Kriterien zur Bestimmung der „Wesentlichkeit“ Der Ansatz des Bundesverfassungsgerichts, die Grundrechte und die Auswirkungen auf die Gesellschaft für die Bestimmung der „Wesentlichkeit“ als zentrale Kriterien für die „Wesentlichkeit“ heranzuziehen, überzeugt nur teilweise. Es erscheint vielmehr diskussionsbedürftig, ob im Rahmen der Bestimmung der „Wesentlichkeit“ neben einer „Grundrechtsrelevanz“ nicht auch eine „Menschenrechtsrelevanz“ berücksichtigt werden müsste. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur „Wesentlichkeit“ könnte mithin partiell zu erweitern sein. a) Die Geltung der Menschenrechte für Deutschland Eine allgemeingültige juristische Definition der Menschenrechte existiert nicht. Dies liegt daran, dass es keine einheitliche Begründung der Menschenrechte gibt und die international anerkannten Dokumente zu den Menschenrechten zwar einzelne Menschenrechte ausführen, allerdings nicht abstrakt feststellen, was unter Menschenrechten zu verstehen sein soll. Vielmehr wird durch die Rechtswissenschaft anhand der anerkannten Menschenrechte im Umkehrschluss versucht, allgemeine Kriterien abzuleiten, die für alle Menschenrechte gleichermaßen gelten. Walter Kälin und Jörg Künzli definieren aus einer solchen Perspektive heraus die Menschenrechte als „die vom internationalen Recht garantierten Rechtsansprüche von Personen gegen den Staat oder staatenähnliche Gebilde (. . .), die dem Schutz grundlegender Aspekte der Person und ihrer Würde in Friedenszeiten und im Krieg dienen“ 122. Andere mögliche Merkmale für die Umschreibung von Menschenrechten können ihre Überstaatlichkeit, die Angeborenheit oder die Gleichheit der Rechte sein.123 Jedenfalls werden Menschenrechte meist entweder historisch aus dem Naturrecht oder rechtspositivistisch hergeleitet.124

122

Kälin/Künzli, Universeller Menschenrechtsschutz (2019), S. 36. Weitere Vorschläge zur Merkmaleingrenzung bei Fritzsche, Menschenrechte (2016), S. 18 ff. 124 Die Thematik, wie die Ansätze zueinander stehen, also ob sich diese ergänzen oder die rechtspositivistische Begründung rein deklaratorisch ist, kann an dieser Stelle lediglich angerissen und nicht abschließend beurteilt werden. Hierzu auch Tomuschat, Gewährleistung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 111 (113). 123

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Aus einer historischen Perspektive, die vorliegend nur angerissen werden kann, spielten die Naturrechte eine große Bedeutung für die Begründung der Menschenrechte.125 Die Menschenrechte sollten den absolutistischen Herrschaftsanspruch zugunsten der Menschenwürde Grenzen aufgeben. Thomas von Aquin betonte dabei, dass diese Menschenwürde darin bestehe, dass der Mensch frei sei und nur um seiner selbst willen existiere.126 Nach den Vorstellungen von Thomas von Aquin sei Gott der Ursprung und Grund aller Menschenrechte. Eine Vielzahl von Naturrechtsanhängern127 vertrat darüber hinaus die Idee, dass dem Menschen aus der Natur selbst gewisse Rechte zustünden.128 Hugo Grotius129 plädierte in seinem Werk „De jure belli ac pacis libri tres“ nach den Schrecken des dreißigjährigen Krieges insofern erstmalig dafür, dass es eines allgemeingültigen Rechts für alle Völker bedürfe, dessen Grundlage das Naturrecht sein müsse. Dabei hätten die Interessen des Monarchen Vorrang vor allen Freiheiten und Rechten der Einzelnen, denn durch Aufstände und Kriege komme es zu Toten und damit zu Beeinträchtigungen des wichtigsten Rechtes, dem auf Leben.130 Mit einer ähnlichen Argumentation befürwortete Thomas Hobbes131 in seinem „Leviathan“ und dem Werk „De Cive“ einen starken Herrscher, denn im von der Natur vorgesehen Zustand sei „der Mensch des Menschen Wolf“, was unweigerlich zu Kriegen führe. John Locke132 hingegen sah den Menschen als Herrn über sein eigenes Leben, seine Freiheit und sein Eigentum, wobei mit dem Herrscher ein Staatsvertrag über die (Menschen-)Rechte geschlossen werden müsse. Komme es zu Pflichtverletzungen auf Seiten des Herrschers, könnten dann die im Staatsvertrag verankerten Rechte geltend gemacht werden, was letztlich in einer Machtbeschränkung

125 Umfassend Kirste, Die naturrechtliche Idee überstaatlicher Menschenrechte, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 3 ff. 126 Kasper, Die theologische Begründung der Menschenrechte, in: FS Mikat (1989), S. 99 (105). 127 Hingewiesen sei unter anderem auf die bedeutenden Naturrechtler Christian Thomasius, Jean-Jacques Rousseau, Thomas Paine und Friedrich Hegel. 128 W. Schröder, Natur- und Vernunftrecht, in: Pollmann/Lohmann (Hrsg.), Menschenrechte (2012), S. 179 ff. 129 Roth/Vogt, Hugo Grotius, in: Pollmann/Lohmann (Hrsg.), Menschenrechte (2012), S. 21 (22). 130 Darum bezeichnete Rousseau Grotius als „Helfershelfer der Despotie“, so Tuck, Natural Rights Theories (1979), S. 80. 131 Der von Hobbes übernommene Ausspruch „lupus est homo homini“ bedeutet „der Mensch ist des Menschen Wolf“ und stammt ursprünglich wohl vom römischen Komödienschreiber und Dichter Plautus (Asinaria, 2. Akt). In der Widmung des „De Cive“ an William Cavendish von 1646 ist dieser Satz zu finden und wird in den Werken von Hobbes mehrfach in unterschiedlicher Form verwendet, etwa Hobbes, Vom Menschen/Vom Bürger (1994), in: Gawlick (Hrsg.), S. 59. 132 Hierzu Kälin/Künzli, Universeller Menschenrechtsschutz (2019), S. 24 ff.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

des Monarchen münde. Die Vorstellung von einer Menschenwürde133, die den Menschenrechten zugrunde gelegt werden müsse, ist maßgeblich auf Immanuel Kant zurückzuführen, der diese durch die Vernunftbegabung des Menschen herzuleiten versuchte. Er argumentierte, dass die Gleichheit der Menschen die Voraussetzung eines gesellschaftlichen Zusammenlebens sei, denn die gegenseitige Achtung der Freiheitsrechte begründe die Existenz eigener Rechte.134 Einen deutlich moderneren Ansatz zur Begründung der Menschenrechte stellt ihre rechtspositivistische Herleitung dar. Bereits kurz nach der Gründung der Vereinten Nationen wurde am 10. Dezember 1948 die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR) von der Generalversammlung verabschiedet.135 In diesem noch unverbindlichen Dokument findet sich die Vorstellung wieder, dass jeder Mensch frei und gleich an Würde und Rechten geboren wird (Art. 1 AEMR). Die Verabschiedung der AEMR gilt bis heute als Beginn der Universalisierung der Menschenrechte, auch wenn Menschenrechte bereits zuvor nicht unbekannt waren.136 Beinahe jedes Land der Welt ist heute Mitglied der Vereinten Nationen. Damit begründet sich die Verpflichtung aus Art. 55 lit. c) und Art. 56 UN-Charta, miteinander zu kooperieren, und im Sinne von Art. 1 Nr. 3 UNCharta die Menschenrechte zu verwirklichen.137 Die Menschenrechte wurden seit der Verabschiedung der AEMR in einer Vielzahl an Menschenrechtsverträgen konkretisiert und damit im Sinne des Art. 38 IGH-Statut zu anerkanntem Völkerrecht. Es wurden sowohl generelle Menschenrechtsverträge wie die UN-Pakte von 1966138 als auch spezielle Verträge zum

133 Auch moderne Ansätze, wie die des Philosophen Jürgen Habermas, legen die Menschenwürde als „Quelle“, aus der sich der Gehalt aller anderen Rechte speist, den Menschenrechten zugrunde. Habermas, Das Konzept der Menschenwürde und die realistische Utopie der Menschenrechte, DZP 2010, S. 343 (345). Zuvor schon ohne Berücksichtigung der Menschenwürde: Habermas, Drei normative Modelle der Demokratie: Zum Begriff deliberativer Politik, in: Münkler (Hrsg.), Die Chancen der Freiheit (1992), S. 11 (22). 134 Zur Bedeutung der Menschenwürde Häberle, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2004), Band II, S. 317 (337); W. Schröder, Natur- und Vernunftrecht, in: Pollmann/ Lohmann (Hrsg.), Menschenrechte (2012), S. 183. Zur Rolle der Menschenwürde in der WRV ausführlich Rennert, Die „geisteswissenschaftliche Richtung“ in der Staatsrechtslehre der Weimarer Republik (1987), insbesondere S. 59 f. und S. 316 ff. 135 Vgl. Kempfler, Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Grundlage des modernen Menschenrechtsschutzes, JA 2004, S. 577 ff. 136 Hierbei seien etwa die „Petition of Rights“ (1628) und die „Habeas Corpus Akte“ (1679) genannt. Die „Virginia Bill of Rights“ wiederum flossen 1776 mit in die USamerikanische Unabhängigkeitserklärung ein. Sie wurden später (1789) in der ersten Verfassung der USA (1787) als die ersten zwölf „Amendments“ verankert. 137 Voß, Parlamentarische Menschenrechtspolitik (2000), S. 20 f. 138 Die Bundesrepublik Deutschland ist dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (BGBl. II [1973], S. 1534) mit Wirkung zum 23.03.1976 und

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Schutz bestimmter Menschenrechte oder Personengruppen verabschiedet. Die Freiwilligkeit, die dem Beitritt zu Menschenrechtsverträgen zugrunde liegt, ist dabei „Ausdruck der Universalisierung der Menschenrechte“.139 Auch auf regionaler Ebene existieren heute Menschenrechtsabkommen wie die „Europäische Menschenrechtskonvention“ (EMRK), die „Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker“ (Banjul Charta) oder die „Amerikanische Menschenrechtskonvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ (AMRK). Die Entwicklung der Menschenrechte ist jedenfalls noch nicht abgeschlossen, und neue Menschenrechte befinden sich weiter in einem Entstehungsprozess, wie das Beispiel eines „Menschenrechts auf Wasser“ 140 zeigt. Früher war nur die Existenz einer ersten Generation der Menschenrechte – der bürgerlichen und politischen Rechte – sowie einer zweiten Generation – der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte – anerkannt. Heute hingegen ist nach weit herrschender Auffassung diesen Rechten eine dritte Generation der kollektiven Menschenrechte gleichwertig.141 Spätestens seit der „Weltkonferenz über die Menschenrechte“ in Wien 1993 ist allgemein anerkannt, dass die rechtspositivistisch hergeleiteten Menschenrechte aller Generationen auf gleicher Stufe nebeneinander stehen und sich gegenseitig bedingen.142 Nur sehr wenige Länder bestreiten heute noch die Existenz von Menschenrechten, und wenn sie dies tun, dann meist nur die Existenz einzelner Menschenrechte.143 Neben der Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen144 erwächst für die Bundesrepublik mithin aus der Ratifikation von universellen Menschenrechtsverträgen die Verpflichtung, die jeweiligen Menschenrechte zu schützen und zu achten. Von der Vielzahl an Verträgen, die durch die Bundesrepublik ratifiziert wurden, dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (BGBl. II [1973], S. 1570) zum 03.01.1976 beigetreten. 139 Kühnhardt, Die Universalität der Menschenrechte (1987), S. 38. 140 Hierzu UN Doc. A/Res/64/292 vom 28.07.2010. 141 Neben dem „Recht auf Wasser“ ist ein „Recht auf Entwicklung“ (UN Doc. A/ Res/41/128 vom 04.12.1986 sowie UN Doc. A/HRC/Res/15/25 vom 07.10.2010) oder etwa ein „Recht auf Selbstbestimmung“ (Art. 1 und Art. 55 UN-Charta; Art. 1 IPwskR; Art. 1 IPBPR; UN Doc. General Comment Nr. 12 von 1984) anerkannt. Ein „Recht auf eine saubere Umwelt“ hingegen ist (wohl) kein eigenständiges Menschenrecht, sondern die Belange der Umwelt müssen als Schutzgut in die Überlegungen zu den bestehenden Menschenrechten einfließen. 142 UN Doc. A/Conf.157/23 vom 12.07.1993, Rn. 5. 143 Zur Kritik an Menschenrechten als „westlichem Konstrukt“ Pollmann, Der menschenrechtliche Universalismus und seine relativistischen Gegner, in: ders./Lohmann (Hrsg.), Menschenrechte (2012), S. 331 ff. 144 Vgl. hierzu Beyerlin, Zur Übertragung von Hoheitsrechten im Kontext dezentraler grenzüberschreitender Zusammenarbeit, ZaöRV 1994, S. 587 (599 ff.); Wolfrum, Deutschland in den Vereinten Nationen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 555 (565).

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können an dieser Stelle nur einige wesentliche Verträge genannt werden, um deren Bedeutung aufzuzeigen. Wichtig sind insbesondere der „Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ (1966) und der „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ (1966) unter dem Dach der Vereinten Nationen. Außerdem hat Deutschland das „Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ (1948)145, das „Abkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen“ (1951)146, das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung“ (1956)147, das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ (1979)148, das „Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ (1984)149, die „Kinderrechtskonvention“ (1989)150 oder das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (2006)151 ratifiziert. Durch die Ratifikation dieser Dokumente wurde die Geltung der verbrieften Menschenrechte für Deutschland positivrechtlich begründet. Auf europäischer Ebene ist die Bundesrepublik der EMRK beigetreten152 und hat einige der Zusatzprotokolle zur EMRK ratifiziert, wodurch auch die hier niedergelegten Menschenrechte rechtspositivistisch Geltungskraft erlangten. Die wesentliche Bedeutung der EMRK ist darin zu sehen, dass es mit ihrem Abschluss erstmalig zu einem effektiven Rechtsschutz im Bereich der Menschenrechte gekommen ist.153 Zu dem Umfang der Schutzwirkung der EMRK, der auch für Deutschland gilt, besagt Art. 1 EMRK, dass die Vertragsparteien allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die aufgelisteten Rechte und Freiheiten zusichern. Dabei ist die Hoheitsgewalt begrifflich weiter gefasst als die reine Gebietshoheit.154 Neben der EMRK hat sich Deutschland weiteren speziellen regionalen Menschenrechtsverträgen – wie unter anderem dem „Europäischen Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung 145

BGBl. II (1954), S. 729. BGBl. II (1953), S. 595. 147 BGBl. II (1969), S. 961. 148 BGBl. II (1985), S. 647. 149 BGBl. II (1990), S. 246. 150 BGBl. II (1992), S. 121. 151 BGBl. II (2008), S. 1419. 152 BGBl. II (1952), S. 685. 153 Hierzu Fritzsche, Menschenrechte (2016), S. 155; Herdegen, Europarecht (2017), S. 14; Nußberger, 60 Jahre Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, DRiZ 2019, S. 114 ff. 154 Zu den regelmäßig stattfindenden Menschenrechtsverletzungen Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17, The state of the world’s human rights (2017). Die Menschenrechtssituation in Deutschland wird auf den Seiten 166–168 beleuchtet. 146

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oder Strafe“ (1987)155, dem „Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten“ (1995)156 oder dem „Europäischen Übereinkommen über Maßnahmen gegen den Menschenhandel“ (2005)157 – unterworfen. Damit entfalten auch die „europäischen Menschenrechte“ Bindungswirkung für Deutschland. b) Die notwendige Einbeziehung von Menschenrechten bei der Bestimmung der „Wesentlichkeit“ einer Materie Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Menschenrechte erscheint es angebracht, darüber nachzudenken, ob die Menschenrechte bei der Bestimmung der „Wesentlichkeit“ einer Materie nicht neben den Grundrechten ebenfalls Berücksichtigung finden sollten. Für eine Einbeziehung spräche insbesondere, dass Menschenrechte und Grundrechte sich gegenseitig bedingen. Eine Differenzierung von Menschenrechten und Grundrechten erscheint auf den ersten Blick nicht einfach. Teilweise werden Grundrechte und Menschenrechte voneinander abgegrenzt, indem Grundrechte als „verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte“ und Menschenrechte als „Rechte aller Menschen“ definiert werden.158 Eine derartige Unterscheidung übersieht jedoch, dass sich die Menschenrechte auch auf die Grundrechte auswirken und die Grundrechte wiederum Ausstrahlungskraft auf das Entstehen neuer Menschenrechte haben können. „Anker“ für die Beurteilung der Bedeutung von Menschenrechten in Deutschland kann nur Art. 1 Abs. 2 GG sein. In dieser Norm ist ein Bekenntnis der Verfassung zur Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit der Menschenrechte – mithin zu ihrer „Wesentlichkeit“ – zu sehen. Durch die Aufnahme des Art. 1 Abs. 2 GG ins Grundgesetz hat eine Anerkennung der naturrechtlichen Überlegungen stattgefunden.159 Dies hat das Bundesverfassungsgericht zwar nicht explizit formuliert, doch ist Art. 1 Abs. 2 GG als ein Bekenntnis zum „ius cogens“ des Völkerrechtes im Sinne des Art. 53 WVK zu interpretieren.160 Staaten finden die Menschenrechte also bereits bei Staatsgründung vor; das Grundgesetz hat die vorstaatlichen und überpositiven Verpflichtungen damit lediglich anerkannt.161 Insofern besteht eine „Menschenrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes“ 162. 155

BGBl. II (1989), S. 946. BGBl. II (1997), S. 1406. 157 BGBl. II (2017), S. 486. 158 Heissl, Handbuch Menschenrechte (2009), S. 44. 159 Stern, Idee der Menschenrechte und Positivität der Grundrechte, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2011), Band IX, S. 3 (6). 160 BVerfGE 112, 1 (27); BVerfGE 128, 326 (366). 161 Badura, Staatsrecht (2018), S. 97; Stern, Die Idee der Menschen- und Grundrechte, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2004), Band I, S. 3 (27). 162 Voßkuhle, Menschenrechtsschutz durch die Europäischen Verfassungsgerichte, RdA 2015, S. 336 (337). 156

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Das bedeutet zwar nicht, dass durch die Ratifikation von Menschenrechtsverträgen die hierin fixierten Rechte automatisch zu Verfassungsrecht würden.163 Vielmehr sind diese Vertragstexte im Sinne von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG in innerstaatliches Recht zu transformieren. Dies geschieht, je nach konkreter Gesetzgebungszuständigkeit, gemäß Art. 70 ff. GG durch den Bund und die Länder; meist werden völkerrechtliche Verträge jedenfalls in Form von einfachem Bundesrecht umgesetzt. Kommt es zur Auslegung von Gesetzen – also auch von Grundrechten –, so ist es möglich, die Menschenrechte heranzuziehen und mit ihnen zu argumentieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur die zwingenden menschenrechtlichen Standards oder Menschenrechte, die eine vertragliche Grundlage haben, als Auslegungsmaßstab dienen können. Letztlich handelt es sich bei Art. 1 Abs. 2 GG um eine Verpflichtung aller Staatsorgane, den Schutz und die Verwirklichung der Menschenrechte zu forcieren.164 Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen den Zusammenhang von Grundrechten und Menschenrechten betont. Bereits die Rechtsnormen aus dem „Dritten Reich“ wurden regelmäßig unter Berücksichtigung des Art. 1 Abs. 2 GG überprüft, wobei die Frage im Vordergrund stand, ob fundamentale Prinzipien der Gerechtigkeit verletzt worden waren.165 Eine so gelagerte Verletzung „grundlegender Gerechtigkeitspostulate“ wurde auch im Urteil zu Art. 143 Abs. 3 GG a. F. festgestellt.166 Im Rahmen des Parteiverbotes der KPD nahm das Verfassungsgericht Bezug auf die Unverletzlichkeit der Menschenwürde und folgert hieraus, dass die programmatisch vorgesehenen Einschränkungen der Grundrechte von Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit der demokratischen Grundordnung widersprächen.167 Auch als es darum ging, das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG herzuleiten, erklärte das Bundesverfassungsgericht, dass dieses Grundrecht ein allgemeines Menschenrecht enthalte.168 Letztlich sei das Prinzip des Rechtsstaats nicht bloß aus Art. 20 GG und Art. 28 GG herleitbar, sondern nur unter Bezugnahme auf die Menschenrechte zu erklären.169 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erkennt damit die Zusammenhänge von Grund- und Menschenrechten regelmäßig an. Einige Grundrechte und Menschenrechte weisen zudem eine ähnliche Struktur auf. Dies ist damit zu begründen, dass etwa das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, die Glaubens- und Gewissensfrei163 Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 1 GG, Rn. 76. 164 Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG (2012), Band 1, Art. 1, Rn. 45. 165 BVerfGE 23, 98 (106); BVerfGE 54, 63 (67). 166 BVerfGE 84, 90 (121); Dreier, in: ders., GG (2013), Band I, Art. 1, Rn. 14. 167 BVerfGE 5, 85 (204). 168 BVerfGE 35, 399 (400 ff.). 169 BVerfGE 21, 372 ff.

A. Die Bedeutung des Parlamentsvorbehaltes

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heit gemäß Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG, die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG oder die Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG mit den entsprechenden Menschenrechten im Kern deckungsgleich sind. Andererseits ist der Wesensgehalt der Grundrechte im Sinne des Art. 19 Abs. 2 GG nicht notwendigerweise identisch mit dem der Menschenrechte.170 Menschenrechte sind grundsätzlich Jedermann-Rechte, einige Grundrechte stehen jedoch nur Deutschen zu. Ein elementarer Unterschied zwischen Grund- und Menschenrechten liegt also in dem Personenkreis, für den die Rechte gelten. Hierbei sei nur auf die Kollektivrechte der dritten Menschenrechtsgeneration verwiesen; ein Äquivalent im deutschen Grundrechtsschutz existiert gerade nicht. Innerhalb Deutschlands werden die Menschenrechte folglich meist durch die Grundrechte konkretisiert, weswegen ein Rückgriff auf die Menschenrechte in der Regel nicht notwendig ist.171 Gleichwohl gibt es Sachverhalte, in denen die Menschenrechte neben den Grundrechten von erheblicher Bedeutung sind. Deswegen macht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin eine unzulässige Unterscheidung zwischen Grund- und Menschenrechten. Unter Berufung auf Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip stellt das Gericht nämlich lediglich auf eine „Grundrechtsrelevanz“ ab. Aufgrund der mannigfaltigen Begründungsansätze der Menschenrechte für Deutschland und seiner verfassungsrechtlich vergleichbaren Stellung ist den Menschenrechten vielmehr der gleiche Rang wie den Grundrechten bei der Herleitung der „Wesentlichkeit“ einzuräumen. „Wesentlich“ sind folglich nicht nur Sachverhalte, die eine „Grundrechtsrelevanz“ entfalten, sondern auch jene, bei denen eine „Menschenrechtsrelevanz“ nachgewiesen werden kann. Der Gleichstellung von „Grundrechtsrelevanz“ und von „Menschenrechtsrelevanz“ könnte zwar entgegengehalten werden, dass die ohnehin konturschwache Dogmatik bei der Bestimmung der „Wesentlichkeit“ einer Materie dadurch, dass die fluiden, rechtlich und (teilweise) politisch umstrittenen Menschenrechte mit in die Analyse einbezogen werden sollen, noch konturloser würde. Die Begründung der „Wesentlichkeit“ einer Materie aus einer „Grundrechtsrelevanz“ bzw. einer „Menschenrechtsrelevanz“ soll sich jedoch keinesfalls ausschließen, sondern vielmehr gegenseitig ergänzen und so zu einem höheren Legitimationsniveau der Wesentlichkeitstheorie führen. Insofern hätte das Bundesverfassungsgericht etwa im Urteil zu den bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr im Ausland nicht nur einen wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt herleiten können.172 Vielmehr wäre überzeugend gewesen, die Pflicht des Parlaments zur Be170

Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 10/2010), Band I, Art. 1, Rn. 8. So auch Albrecht/Küchenhoff, Staatsrecht (2015), S. 211; Voßkuhle, Menschenrechtsschutz durch die Europäischen Verfassungsgerichte, RdA 2015, S. 336 (338). 172 BVerfGE 90, 286. Weitergehend hierzu Epping, Die Evakuierung deutscher Staatsbürger im Ausland als neues Kapitel der Bundeswehrgeschichte ohne rechtliche Grundlage?, AöR 124 (1999), S. 423 (insbes. S. 433 ff.); Kleinlein, Kontinuität und 171

168

3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

fassung mit der Materie darüber hinaus auf eine „Menschenrechtsrelevanz“ zu stützen.173 Diese Überlegungen zugrunde gelegt erscheint es möglich, dass eine Vielzahl an Sachverhalten aufgrund ihrer „Menschenrechtsrelevanz“ „wesentlich“ ist und insofern einen Parlamentsvorbehalt begründet. „Menschenrechtsrelevante“ Sachverhalte bei der Feststellung eines Parlamentsvorbehaltes anders zu behandeln als „grundrechtsrelevante“ Sachverhalte überzeugt aufgrund der verfassungsrechtlichen Vergleichbarkeit von Menschenrechten und Grundrechten nicht. Die Menschenrechte unterliegen über Art. 1 Abs. 2 GG damit nicht nur dem Vorrang des Gesetzes, sondern sind auch Teil des Vorrangs der Verfassung.174

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes für die Entwicklungszusammenarbeit Wie aufgezeigt, kann der Parlamentsvorbehalt sowohl aus dem Demokratieals auch aus dem Rechtsstaatsprinzip für „wesentliche“ Sachverhalte hergeleitet werden. An diese beiden Prinzipien anknüpfend besagt der Parlamentsvorbehalt insbesondere, dass die Materie durch den Gesetzgeber nicht an andere Entscheidungsträger delegiert werden darf, sondern sich das Parlament selbst mit „wesentlichen“ Themen beschäftigen muss. Steht dabei das Demokratieprinzip im Vordergrund, sind die Grundsätze der Materie durch parlamentarische Grundsatzentscheidungen zu legitimieren. Auf Basis des Rechtsstaatsprinzips wiederum müssen verlässliche Grundregeln geschaffen werden, die zu Rechtssicherheit führen.175 Ob die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehende deutsche Entwicklungszusammenarbeit einem Parlamentsvorbehalt unterliegt, kann also aus verschiedenen Perspektiven beurteilt werden.

I. Die „Wesentlichkeit“ der Entwicklungszusammenarbeit Für die Beurteilung der „Wesentlichkeit“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist zunächst die Grundrechts- und die Menschenrechtsrelevanz der MaWandel in der Grundlegung und Dogmatik des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, AöR 142 (2017), S. 43 (59 ff.); Limpert, Auslandseinsatz der Bundeswehr (2002); Payandeh, Evakuierungseinsätze der Bundeswehr und Parlamentsbeteiligung, DVBl. 2011, S. 1325 (1327); Stein/Kröninger, Bundeswehreinsatz im Rahmen von NATO-, WEU- bzw. VN-Militäraktionen, JURA 1995, S. 254 ff.; Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18.03.2005, NVwZ 2005, S. 496 ff.; ders., Das Parlamentsheer (2005). 173 Als „evidente Wesentlichkeit“ trotz fehlerhafter Herleitung bezeichnet dies Lerche, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 302 (325). 174 Ähnlich Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 10/2010), Band I, Art. 1, Rn. 43. 175 Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht (2017), S. 128.

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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terie zu betrachten. Hierbei müssen einzelne Grund- und Menschenrechte daraufhin überprüft werden, ob sie in der Entwicklungszusammenarbeit betroffen sind und ob sich ein Schutzauftrag des Staates begründen lässt. Neben der Grund- und Menschenrechtsrelevanz könnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zudem als eine grundlegende Materie für das Gemeinwesen in Betracht kommen. So könnte aufgrund der Breitenwirkung der Entwicklungszusammenarbeit, ihres finanziellen Umfangs oder ihrer systemischen Wirkung eine „Wesentlichkeit“ für das Zusammenleben der Menschen herzuleiten sein. 1. Die Herleitung der „Wesentlichkeit“ aus einer „Grundrechtsrelevanz“ Was konkret unter einer Grundrechtsrelevanz zu verstehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht – wie die obigen Ausführungen gezeigt haben – nicht abschließend geklärt. Vielmehr begnügt sich das Gericht regelmäßig damit, die „Wesentlichkeit“ in Fallgruppen festzustellen. Daher ist bei der Untersuchung einer Grundrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit „Blick auf den konkreten zu regelnden Sachbereich“ zunächst auf die „Intensität des Grundrechtseingriffs“ abzustellen.176 Ein allgemeiner „Grundrechtsbezug“ kann darüber hinaus ein weiterer Anhaltspunkt für die Annahme einer „Wesentlichkeit“ sein.177 Es ist folglich nachzuweisen, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit entweder in Grundrechte eingreift oder einen Schutzauftrag bezüglich der Grundrechte begründet.178 a) Die Grundrechtsrelevanz für den deutschen Steuerzahler Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit könnte zunächst eine Grundrechtsrelevanz für die deutschen Steuerzahler entfalten. Dabei kommen Verstöße gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht. Ob das Vermögen als solches von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird, ist jedoch umstritten.179 Dieser Streit entfaltet insbesondere bei der Auferlegung von öffentlich-rechtlichen Abgaben Bedeutung. 176

BVerfGE 111, 191 (217). Etwa BVerfGE 47, 46 (83); BVerfGE 49, 89 (126). 178 Dass es auch aufgrund der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu konkreten negativen Folgen kommen kann, zeigen die regelmäßigen Evaluierungen in Deutschland (etwa DEval, Nachhaltigkeit in der deutschen Entwicklungspolitik, Meta-Evaluierung 2018, S. 48) sowie die Überprüfungen von Organen der Vereinten Nationen (etwa der Ausschuss für WSK-Rechte, E/C.12/DEU/CO/5, Rn. 9 vom 12.07.2011). 179 Vgl. Depenheuer, Eigentum, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2013), Band V, S. 3 (23 f.); Leisner, Steuer- und Eigentumswende, NJW 1995, S. 2591 (2593). 177

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Bis zum Jahr 1995 hat das Bundesverfassungsgericht noch die Ansicht vertreten, dass das Vermögen selbst nicht von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sei.180 Deswegen wurde die staatliche Belastung des Einzelnen mit öffentlich-rechtlichen Abgabepflichten als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG gesehen.181 In einer von dieser Auffassung abweichenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts182 wurde jedoch argumentiert, dass eine Steuer zwar in die Verfügungsgewalt und Nutzungsbefugnis über ein Vermögen – also in Art. 2 Abs. 1 GG – eingreife. Dies sei allerdings gerade eine Ausprägung der persönlichen Entfaltung im vermögensrechtlichen Bereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Deswegen komme es bei öffentlich-rechtlichen Abgaben auf den Schutzbereich der Eigentumsgarantie an. Außerhalb dieser alleinstehenden Entscheidung ordnet das Bundesverfassungsgericht die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Abgabepflichten aber weiterhin der allgemeinen Handlungsfreiheit zu, sofern die Steuer keinen erdrosselnden oder konfiskatorischen Charakter hat.183 Für eine derartige Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG spricht, dass alle Geldleistungspflichten nicht durch ein konkretes Eigentumsobjekt bestritten werden, sondern mit dem Geldwert an sich. Die öffentlich-rechtliche Abgabepflicht ist damit grundsätzlich der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG zuzuordnen.184 Diese schützt jede Betätigung der Persönlichkeitsentfaltung und wird durch die sogenannte Schrankentrias beschränkt, also die verfassungsmäßige Ordnung, die Rechte anderer und das Sittengesetz, dem allerdings keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt. Unter der verfassungsmäßigen Ordnung versteht man wiederum alle Normen, die formell und materiell rechtmäßig sind. Die allgemeinen Steuergesetze – insbesondere die unbeschränkte Einkommenssteuerpflicht natürlicher Personen mit Wohnsitz oder Aufenthalt in Deutschland gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 EStG – sind formell und materiell rechtmäßig, sodass die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt werden darf.

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BVerfGE 4, 7 (17); BVerfGE 78 249 (276 f.); BVerfGE 89, 48 (60). BFHE 189, 413. 182 BVerfGE 93, 121 (137 f.); abweichendes Votum von Richter Böckenförde in BVerfGE 93, 121 (153 ff.). Ausführlich hierzu Kluth, Grundrechte (2017), S. 253. 183 BVerfGE 14, 221 (241); BVerfGE 63, 312 (327); BVerfGE 63, 343 (368), BVerfGE 67, 70 (88). 184 So die weit überwiegende h. M. in Literatur und Rechtsprechung: BVerfGE 9, 3 (11); BVerfGE 29, 402 (410); BVerfGE 44, 216 (224); BVerfGE 108, 186 (234); BVerfGE 114, 371 (384); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 2, Rn. 56 ff.; F. Kirchhof, Abgabenerhebung als Grundrechtsbeeinträchtigung, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 161 (167); a. A. Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2012), Band 1, Art. 14, Rn. 23; Kahl, Die allgemeine Handlungsfreiheit, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2013), Band V, S. 807 (865). 181

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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Die Steuereinnahmen fließen in einen Gesamthaushalt, dessen Verteilung sich grundsätzlich nach den Art. 104a bis Art. 108 GG richtet. Der Zweck des Abgabenrechts ist neben der Finanzierung von Staatsausgaben und der Lenkung des Verhaltens der Abgabepflichtigen unter anderem auch in der Umverteilung von Vermögen zu sehen.185 Der Gesetzgeber ist bei der Ausgabe der Gelder an keine Vorgaben gebunden, so besagt es auch das „Nonaffektationsprinzip“ 186, sondern muss nur das Gemeinwohl im Blick haben, wobei ihm eine weite Einschätzungsprärogative zukommt. Beschließt der Bundestag im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung, einen Teil des Geldes für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, so ist die Entscheidung des Parlaments nicht zu beanstanden.187 Selbst wenn einzelne Vorhaben in der Entwicklungszusammenarbeit ineffektiv sein sollten – dies ist in anderen Politikbereichen ebenfalls möglich –, wird die grundlegende Freiheit in der Haushaltsplanung dadurch nicht berührt. Eine Grundrechtsrelevanz lässt sich aus der Steuerlast der deutschen Steuerzahler nicht herleiten. b) Die Grundrechtsrelevanz für Menschen in den Entwicklungsländern Die „Wesentlichkeit“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wäre jedoch anzunehmen, sofern eine Grundrechtsrelevanz der Thematik für die Menschen in den Entwicklungsländern nachgewiesen werden könnte. Aus einer historischen Perspektive beschränkte sich die deutsche Staatsgewalt – und damit die Grundrechtsbindung der Staatsorgane – zwar lange Zeit auf das eigene Staatsgebiet, und auch Georg Jellinek188 sah noch in Staatsgrenzen eine Linie, die der Staat nicht übertreten dürfe. Allerdings hat sich langsam189 die Vorstellung durchgesetzt, dass insbesondere Freiheitsrechte keiner räumlichen Schranke unterliegen können.190 Heute ist wegen Art. 1 Abs. 3 GG eine umfas185 F. Kirchhof, Abgabenerhebung als Grundrechtsbeeinträchtigung, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 161 (169). 186 Hierzu ausführlich Matuschka, Das Nonaffektationsprinzip (2019), S. 64 ff.; Musil, Steuerbegriff und Non-Affektationsprinzip, DVBl. 2007, S. 1526 (1529); Thiele, Das Nonaffektationsprinzip im Haushalts- und Vergaberecht, ZfBR 2020, S. 241 (242 f.). 187 Zur Haushaltsautonomie vgl. Heintzen, Haushaltsüberschüsse – Eine verfassungsund verwaltungsrechtliche Betrachtung, JZ 2016, S. 1039 (1042 f.). 188 G. Jellinek, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, in: Schnur (Hrsg.), Zur Geschichte der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (1964), S. 66, bemerkenswert ist, dass Jellinek das Scheitern der Paulskirchenverfassung darauf zurückführt, dass zunächst die individuellen Rechte und Pflichten und danach erst die des Staates normiert wurden. 189 Selbst die Weimarer Verfassung sah noch „den Deutschen“ als alleinigen Grundrechtsberechtigten vor, gleichwohl setzte sich die Verfassungslehre über den Wortlaut der Verfassung hinweg, denn Grundrechte waren bereits zum damaligen Zeitpunkt als Individualrechte und nicht als Nationalrechte eingeordnet worden. 190 Merten, Grundrechtlicher Schutzbereich, in: ders./Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band III, S. 3 (24).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

sende Bindungswirkung aller deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte anerkannt. Diese Bindungswirkung gilt nicht nur gegenüber Deutschen, sondern – so stellte es das Bundesverfassungsgericht in zwei grundlegenden Entscheidungen fest – auch für Ausländer im Ausland. Für die Bestimmung der Geltungskraft der Grundrechte für Ausländer im Ausland lässt sich zunächst eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1999 heranziehen, in der es um die Reichweite des „Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses“ (G-10 Gesetz) ging.191 Das Gericht stellte fest, dass der räumliche Schutzumfang der Grundrechte bei AuslandAusland-Abhörungen nicht auf Deutschland beschränkt, sondern dass das Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 GG bei im Ausland erfasster Telekommunikation und bei Auswertung im Inland hinreichend mit inländischem staatlichem Handeln versehen sei.192 Bestehe eine tatsächliche Gewährleistungsmöglichkeit der deutschen Organe für die Grundrechte, greife der Schutzauftrag des deutschen Staates.193 Der Ausgangspunkt des Art. 1 Abs. 3 GG erfahre nur dort seine Grenzen, wo das Völkerrecht eingreife, sofern unter Berücksichtigung des Art. 25 S. 1 GG keine Kohärenz von deutschem Recht und Völkerrecht hergestellt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht beschäftigte sich darüber hinaus im Jahr 2020 mit der Frage, ob nicht unabhängig von einer Rückkopplung staatlichen Handelns zum deutschen Staatsgebiet ein umfassender Schutzauftrag aller deutschen Staatsorgane für die Grundrechte von Ausländern im Ausland existiert.194 Hintergrund war eine Verfassungsbeschwerde, durch die Vorschriften über die Durchführung der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung, die Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten und die Übermittelung personenbezogener Daten an in- und ausländische Stellen durch deutsche Aufsichtsbehörden angegriffen wurden. Die Beschwerdeführer beriefen sich dabei insbesondere auf eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 Abs. 1 GG und der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. In seinem Urteil vom 19. Mai 2020 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass Art. 1 Abs. 3 GG eine umfassende Bindung der deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte des Grundgesetzes beinhalte. Einschränkende Anforderungen, die die Grundrechtsbindung von einem territorialen

191 In der frühen „Spanier-Entscheidung“ hatte das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass es keinen Grund dafür gebe, die Grundrechte bei Auslandsbezug zurücktreten zu lassen (BVerfGE 31, 58 [76]); weitere Entscheidungen mit Auslandsbezug, in denen die Grundrechte herangezogen wurden sind unter anderem BVerfGE 34, 349 (353); BVerfGE 58, 1 (26 ff.); BVerfGE 66, 39 (56 f.). 192 BVerfGE 100, 313 (313 f.). 193 BVerfGE 100, 313 (363). 194 Urteil des BVerfG vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2835/17; vgl. auch Sachs, Grundrechte: Geltung für Ausländer im Ausland, JuS 2020, S. 705 ff.; Schmahl, Grundrechtsbindung der deutschen Staatsgewalt im Ausland, NJW 2020, S. 2221 ff.

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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Bezug zum Bundesgebiet oder der Ausübung spezifischer Hoheitsbefugnisse abhängig machten, ließe sich der Vorschrift des Art. 1 Abs. 3 GG nicht entnehmen.195 Die Grundrechte bänden, so das Bundesverfassungsgericht, insofern die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt, unabhängig von bestimmten Funktionen, Handlungsformen oder Gegenständen staatlicher Aufgabenwahrnehmung.196 Unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Aussagen kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Grundrechte nicht nur auf deutschem Staatsgebiet gelten, obwohl das Grundgesetz keine explizite Aussage zur territorialen Reichweite der Grundrechte macht.197 Vielmehr bindet Art. 1 Abs. 3 GG alle staatliche Gewalt, also Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung, auch im Ausland an die Grundrechte. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit, die in Deutschland geplant und in den Entwicklungsländern umgesetzt wird, wird maßgeblich durch den deutschen Staat angeleitet. Dabei tritt die Bundesrepublik Ausländern als Hoheitsträger gegenüber, und nicht nur das BMZ, sondern auch die GIZ bzw. die KfW – juristische Personen mit dem Staat als alleinigem Anteilseigner –, unterfallen der Bindungswirkung des Art. 1 Abs. 3 GG. Mithin können von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit betroffene Ausländer nicht anders behandelt werden als eigene Staatsbürger. Den Ausländern ist in der Entwicklungszusammenarbeit vielmehr eine Grundrechtsberechtigung einzuräumen.198 Die gesamte deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist also bei all ihren Tätigkeiten an die Grundrechte gebunden. Ein Bereich, in dem die Grundrechte nicht gelten, auch im Ausland, existiert nicht.199 aa) Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit Für Ausländer könnte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zunächst eine Grundrechtsrelevanz im Bereich des Rechts auf Leben und körperliche Un-

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Urteil des BVerfG vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2835/17, Rn. 87. Urteil des BVerfG vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2835/17, Rn. 89 und Rn. 91. 197 Sachs, Fernmeldeüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst, JuS 2000, S. 597 f.; Siehr, Die Deutschenrechte des Grundgesetzes (2001), S. 468. 198 Ähnliche Argumentation Quaritsch, Der grundrechtliche Status der Ausländer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2000), Band V (2. Auflage), S. 663 (703). Zur Menschenrechts- und Grundrechtsbindung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auch Dann, Entwicklungszusammenarbeit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2013), Band XI, S. 913 (940 ff.). 199 Elbing, Zur Anwendbarkeit der Grundrechte bei Sachverhalten mit Auslandsbezug (1992), S. 147 ff.; Yousif, Die extraterritoriale Geltung der Grundrechte bei der Ausübung deutscher Staatsgewalt im Ausland (2007), S. 16 ff.; Sachs, in: ders., GG-Kommentar (2018), Vor Art. 1, Rn. 19. 196

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

versehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG entfalten.200 Das menschliche Leben ist Grundlage aller Grundrechte und unstreitig eines der höchstrangigen Güter des Grundgesetzes.201 Einerseits schützt das Grundrecht auf Leben das körperliche Dasein, also die Existenz des Menschen. Andererseits meint die körperliche Unversehrtheit die Gesundheit im engeren biologisch-physiologischen Sinne sowie im geistigen Bereich.202 Der deutsche Staat muss dafür Sorge tragen, dass die positive Freiheit des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, also zu leben und körperlich unversehrt zu bleiben, nicht durch Hoheitsträger verletzt wird.203 In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit läge eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG vor, sofern dem deutschen Staat nachgewiesen werden könnte, dass er Menschen geschadet hat. Einen derartigen Nachweis zu führen, erscheint nicht einfach, denn aufgrund der Vielzahl an Akteuren bei der Umsetzung der Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit ist es oft nicht möglich, die konkreten Beiträge einem der Akteure zuzuordnen. Ein Eingriff hat heute zwar nicht mehr immer final und unmittelbar (imperativ) zu sein, doch ist im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG eine faktische mittelbare Auswirkung staatlichen Handels von Nöten.204 Sonst könnte jede Tötung eines Menschen – dies ist besonders bei Schwangerschaftsabbrüchen strittig – als eine Schutzpflichtverletzung des Staates gedeutet werden.205 Der Schädigung darf folglich auch in der Entwicklungszusammenarbeit keine selbstständige Zwischenursache dazwischentreten. Daher wird es dem deutschen Staat nur schwer nachzuweisen sein, dass er einen Eingriff in das Leben oder die körperliche Unversehrtheit von Menschen in Entwicklungsländern zu verantworten hat. Andererseits könnte ein konkreter Schutzauftrag für Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG die Grundrechtsrelevanz der Materie begründen. So hat das Bundesverfassungsgericht206 etwa einen staatlichen Schutzauftrag für das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bei drohenden Abschiebungen von Menschen in Länder angenommen, in denen Folter oder Todesstrafen drohen. Selbst bei staatlichen Pflichtdiensten – wie im Rahmen des Einsatzes der Feuerwehr oder der Armee als risikoreichen Tätigkeitsfeldern – müsse der Staat ein Alltagsrisiko akut erhöhter Gefährdung berücksichtigen. Diese Fälle zeigen, dass für die Gefährdung des 200 Die Frage der Grundrechtsrelevanz von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG bei Gefährdungslagen mit Auslandsbezug wurde bereits teilweise erkannt von Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit (1987), S. 31 ff. 201 Kluth, Grundrechte (2017), S. 155. 202 BVerfGE 39, 1 (1 f.); BVerfGE 56, 54 (74). 203 Die negative Freiheit – also das Recht nicht zu leben – wird von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht umfasst, gleichwohl müssen Dritte im Fall eines versuchten Selbstmordes Hilfe leisten und einschreiten (BGHSt 40, 257 [258]). 204 BVerfGE 66, 39 (60); BVerfGE 105, 279 (299). 205 Hierzu BVerfGE 39, 1 (43); BVerfGE 88, 203 (257). 206 BVerfGE 51, 324 (346 f.); BVerfGE 66, 39 (58).

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Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG keine unmittelbare Aufopferung der Rechtspositionen erforderlich ist, sondern die Gefährdungslage bereits einen staatlichen Schutzauftrag begründen kann.207 Im Rahmen der Entwicklungskooperation ist stets zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl von Menschen in den Entwicklungsländern einen Bezug zu Deutschland und seinen Entwicklungsorganisationen aufbaut. Dies liegt daran, dass die Entwicklungszusammenarbeit an viele Lebensbereiche der Menschen anknüpft. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat damit die Verpflichtung, Gefährdungslagen i. S. d. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zu verhindern. Nur wenn schon im Vorfeld einer möglichen Grundrechtsverletzung das Verfahren und die Organisation deutscher Entwicklungspolitik gesteuert wird, ist ein effektiver Grundrechtsschutz der von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit betroffenen Menschen im Ausland möglich.208 So müssen Arbeitsplätze sicher ausgestaltet, Gebäude nach den Regeln der Technik konstruiert und Hilfsleistungen pünktlich geliefert werden. All diese Beispiele verdeutlichen, dass jedes Handeln oder Untätigbleiben in der Entwicklungszusammenarbeit zu einer Gefährdung der Menschen und damit zu einem Eingriff in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG führen kann. Damit ist nicht nur ein Schutzauftrag, sondern ebenfalls eine Grundrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nachgewiesen. bb) Der Schutz von Ehe und Familie Zudem könnte eine Grundrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aus dem Schutzauftrages des deutschen Staates für Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG folgen. Bei der Ehe und der Familie handelt es sich um die Keimzelle der Gesellschaft,209 die die Grundlage für ein funktionierendes Zusammenleben darstellt. Das Grundgesetz schützt ausdrücklich nicht nur Deutsche, sondern auch Ausländer und Staatenlose. Geschützt werden neben der Hochzeit, die Wahl des Partners und die Entscheidung über Kinder.210 Außerdem soll die Lebensgemeinschaft von Eltern und Kindern als Familie gewährleistet werden.211 Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst also – so betont es das Bundesverfassungsgericht212 – unabhängig vom Ort der Eheschließung alle

207

Vgl. Augsberg, Grundfälle zu Art. 2 II 2 GG, JuS 2011, S. 28 (32). Daher muss regelmäßig auf Grundlage einer vorgenommenen Gefahreneinschätzung ein „stimmiges Schutzkonzept“ entwickelt werden, so Epping, Grundrechte (2019), S. 69. 209 Kluth, Grundrechte (2017), S. 198. 210 BVerfGE 31, 58 (82); BVerfGE 100, 287 (294). Vgl. aber auch BT-Drs. 18/12989 vom 28.06.2017. 211 BVerfGE 48, 327 (266 f.). 212 BVerfGE 72, 1 (41). Sofern das Erscheinungsbild dem der grundgesetzlichen Ehe entspricht, folgt etwa ein Recht auf Familienzusammenführung. 208

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Ehen und Familien. Jedweder Eingriff des Staates bedarf einer Rechtfertigung, und Diskriminierungen gegenüber Ledigen dürfen nicht stattfinden. In der Entwicklungszusammenarbeit haben die deutschen Durchführungsorganisationen folglich darauf zu achten, dass Familien – etwa bei Umsiedlungsmaßnahmen – nicht auseinandergerissen werden. Außerdem muss in Flüchtlingslagern gewährleistet werden – wenn Männer und Frauen z. B. aus Sicherheitsgründen voneinander getrennt werden –, dass Familienangehörige sich gegenseitig sehen und Zeit miteinander verbringen können. cc) Die Eigentumsgarantie In der Entwicklungszusammenarbeit kann es regelmäßig zu Enteignungen bzw. Inhalts- und Schrankenbestimmungen kommen. Solche sind bei Umsiedlungsmaßnahmen, der Kollektivierung von Land oder bei Nutzungsbeschränkungen denkbar. Problematisch ist im Rahmen der Eigentumsgarantie nicht der Eingriff in den Schutzbereich, sondern die grundrechtliche Reichweite des Eigentums aufgrund seiner Prägung durch den nationalen Gesetzgeber213 und die Verknüpfung an das Territorialitätsprinzip. 214 Inhaltlich kann der Eigentumsbegriff – der nichts Natürliches darstellt, sondern durch Ausgestaltung an Konturen gewinnt – in unterschiedlichen Ländern erheblich abweichen. Außerdem ist in den meisten Ländern nur eine Enteignung als umfassender Rechtsbegriff vorgesehen – dies entspricht der Terminologie des internationalen Privatrechts –, eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dagegen nicht. Grundsätzlich wird ein deutscher Eigentümer nicht durch Art. 14 GG geschützt, sofern sich das Eigentum im Ausland befindet.215 Daher ist es in wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich instabilen Ländern erforderlich, dass Investitionsschutzabkommen geschlossen werden. Auch Ausländer im Ausland können ihr Eigentum nur innerstaatlich schützen. Aufgrund der Eigenheiten des Eigentumsbegriffes im internationalen Rechtsverkehr ist eine unmittelbare Anwendung des Art. 14 GG nicht möglich. Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund von grenzübergreifenden Sachverhalten gleichwohl nicht zu befriedigen. Daher wird das Territorialprinzip bei Art. 14 GG um eine positive sowie negative Komponente ergänzt.216 Das bedeutet, dass einerseits Vermögen, welches sich auf dem Territorium eines frem213 Eine Textsynopse zum Eigentumsrecht in unterschiedlichen Ländern Weber, Menschenrechte (2004), S. 770 ff. 214 Vgl. F. Becker, Grenzüberschreitende Reichweite deutscher Grundrechte, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2013), Band XI, S. 515 (549). 215 BVerfGE 84, 90 (121). 216 Hierzu ausführlich Hofmann, Grundrechte und grenzüberschreitende Sachverhalte (1994), S. 143.

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den Staates befindet, vom deutschen Staat anerkannt wird,217 und umgekehrt, dass Enteignungen durch einen fremden Staat im deutschen Inland entgegengewirkt wird, sofern das Eigentum durch deutsches Recht geschützt ist. Eine derartige Erweiterung des Verständnisses von Art. 14 GG ist geboten, denn die Rechtswahlfreiheit des Einzelnen ist als Ausdruck der Privatautonomie zu sehen,218 und es muss ein möglichst umfassender Schutz durch die Grundrechte gewährleistet werden. Vor dem Hintergrund regelmäßig möglicher Eigentumsverletzungen in Entwicklungsländern durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat die Bundesrepublik nach dem positiven Territorialitätsprinzip die jeweils geltende Vorstellung vom Eigentum zu achten und zu schützen. Diese konkreten Eigentumsvorstellungen können Teil der rechtlichen Rahmenbedingungen der Entwicklungszusammenarbeit werden und sind von deutschen Gerichten anzuwenden, sofern Klage erhoben wird.219 Hierdurch entsteht ein Schutzauftrag, der an den Maßstäben des Art. 14 GG zu messen ist. Insbesondere ist auf die Vorstellungen von Naturvölkern und ihre Beziehungen zur Umwelt zu achten. Auch eine Grundrechtsrelevanz aus Art. 14 GG in Verbindung mit den Grundsätzen des positiven Territorialprinzips für die Menschen in den Entwicklungsländern ist anzunehmen. dd) Die Menschenwürdegarantie Ob darüber hinaus die Herleitung einer Grundrechtsrelevanz aus der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG möglich ist, erscheint aufgrund des Charakters der Menschenwürde zunächst nicht zwingend.220 Art. 1 Abs. 3 GG spricht nämlich von „nachfolgenden Grundrechten“, weswegen Art. 1 Abs. 1 GG nur als ein objektiver verfassungsrechtlicher Grundsatz gesehen werden könnte. Gleichwohl schließen sich Grundrechte und Verfassungswerte nicht aus. Vielmehr muss gerade der höchste Verfassungswert, die Menschenwürdegarantie, auch eine subjektive Komponente enthalten, denn ansonsten würde dieser Wert leerlaufen. Auf217 Dieses positive Territorialprinzip wurde für Fälle der Besatzung Ostdeutschlands durch die Sowjetunion von 1945 bis 1949 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfGE 84, 90 [124]). 218 So Ohler, Grundrechte und Internationales Privatrecht, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2009), Band VI/2, S. 643 (652 f.). 219 F. Becker, Grenzüberschreitende Reichweite deutscher Grundrechte, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2013), Band XI, S. 515 (550). 220 Stellvertretend für viele sprechen sich für einen Grundrechtscharakter aus: Höfling, Die Unantastbarkeit der Menschenwürde, JuS 1995, S. 857 (861); Hufen, Staatsrecht II (2018), S. 131 ff.; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG (2012), Band 1, Art. 1, Rn. 3. Gegen einen Grundrechtscharakter hingegen: Böckenförde, Menschenwürde als normatives Prinzip, JZ 2003, S. 809 (810); Dürig, Der Grundrechtssatz von der Menschenwürde, AöR 80 (1956), S. 117 (121); Dreier, in: ders., GG (2013), Band I, Art. 1, Rn. 125; Isensee, Verfassung ohne soziale Grundrechte, STAAT 19 (1980), S. 367 (371).

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grund des teilweisen Grundrechtscharakters der Menschenwürdegarantie kann folglich diskutiert werden, ob hieraus für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit eine Grundrechtsrelevanz herzuleiten ist. Hierbei ist zunächst zu fragen, ob Art. 1 Abs. 1 GG in jedem Fall mit Auslandsbezug anwendbar sein soll. Die Aussage, dass der Schutzbereich aller Grundrechte eröffnet ist, sofern der Kern der Menschenwürde betroffen ist, erscheint als Einfallstor für eine Ausweitung der Anwendbarkeit der Grundrechte ins Uferlose. Andererseits ist die Menschenwürde der höchste Rechtswert im Wertesystem des deutschen Grundgesetzes.221 Jedem Grundrecht wohnt der Gedanke der Menschenwürde inne, was dadurch verdeutlicht wird, dass diese in Art. 1 Abs. 1 GG an den Anfang der Verfassung gestellt wurde. Einer gewissen Personengruppe die Würde mit dem Argument der Ausweitung des Schutzbereiches von anderen Grundrechten abzusprechen, ist nicht möglich, denn die Menschenwürde eines jeden Menschen – egal ob es sich um einen In- oder Ausländer handelt – ist unantastbar. Außerdem wird der Schutzbereich der Grundrechte nur in Extremfällen durch Art. 1 Abs. 1 GG erweitert, sofern eine Maßnahme den Menschenwürdegehalt betrifft. Zieht man die sogenannte „Objektformel“ des Bundesverfassungsgerichtes222 heran, dann darf kein Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel oder zur vertretbaren Größe herabgewürdigt werden. Aufgrund der Weite dieser „Objektformel“ hat das Bundesverfassungsgericht in einer Vielzahl von Entscheidungen eine Präzisierung vorgenommen. Einem Menschen darf demnach insbesondere seine Eigenständigkeit als Rechtsperson nicht entzogen werden, was dann geschieht, wenn die Achtung gegenüber seinem „Personsein“ fehlt.223 In der Entwicklungszusammenarbeit ist es denkbar, dass durch fehlerhafte Planungen oder Durchführungen ein erheblicher Schaden bei Menschen in Entwicklungsländern entsteht. Die Menschen in Entwicklungsländern werden aber zumeist nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht, sondern ihnen soll durch die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit ein besseres Leben ermöglicht werden, sodass die Menschenwürde grundsätzlich nicht verletzt wird. Gleichwohl könnte die Menschenwürde von Menschen in Entwicklungsländern betroffen sein, wenn durch die Entwicklungszusammenarbeit etwa Arbeitsplätze im Tourismus geschaffen würden, die einerseits sehr gefährlich wären oder andererseits die Person herabwürdigten. Eine Herabwürdigung des Personseins fände zum Beispiel statt, sofern Menschen dazu gezwungen würden, in Kostümen vor Touristen aufzutreten. Derartige Sachverhalte lassen sich in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit jedoch schwerlich feststellen. 221

BVerfGE 12, 45 (53). Erstmalig Dürig, Der Grundrechtssatz von der Menschenwürde, AöR 80 (1956), S. 117 (127); übernommen vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 9, 89 (95). 223 BVerfGE 4, 7 (16); BVerfGE 30, 1 (26); BVerfGE 115, 118 (153). 222

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Aus der Menschenwürdegarantie folgt allerdings nicht nur, dass der Staat selbst Beeinträchtigungen zu unterlassen hat. Vielmehr existiert auch eine umfassende Schutzpflicht. Bei der Ausgestaltung des objektiven Schutzauftrages hat der Staat einen großen Einschätzungsspielraum. Er hat auf allen ihm möglichen Ebenen dafür einzustehen, dass die Menschenwürde nicht verletzt wird.224 Sieht der deutsche Staat in Entwicklungsländern Probleme im Bereich der Menschenwürde, die durch die Entwicklungszusammenarbeit behoben werden können, so trägt er dazu bei, ein menschenwürdiges Dasein möglichst vieler Menschen zu gewährleisten. Eben jene Gewährleistung von Mindeststandards wird zu den Hauptaufgaben der Entwicklungspolitik gezählt. Aus dem Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG resultiert mithin nicht nur eine Pflicht zur Gewährleistung eines Existenzminimums für die in Deutschland lebenden Menschen,225 sondern – unter dem Vorbehalt der objektiven Realisierbarkeit – auch eine Pflicht zur Teilhabe an der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. ee) Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote Letztlich könnte eine Grundrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aus den Gleichbehandlungsgeboten und den Diskriminierungsverboten des Grundgesetzes hergeleitet werden. Hierbei kommt zunächst das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht, auf dessen Geltung sich alle Menschen berufen können. Ein Ausschluss von Ausländern aus dem Kreis der Berechtigten, nur weil diese im Ausland leben, ist nicht möglich.226 Vielmehr ist auf Ebene der Rechtfertigung nach den spezifischen Umständen der Diskriminierung zu fragen.227 Grundsätzlich dürfen wesensmäßig gleiche Tatbestände nicht ungleich oder wesensmäßig ungleiche Tatbestände gleich behandelt werden. In der Entwicklungszusammenarbeit geht es darum, geförderte mit nicht geförderten Ausländern zu vergleichen.228 Der deutsche Staat hat bei der Projektwahl also objektive Kriterien aufzustellen, nach denen er vorgeht, denn eine Begünstigung aller Menschen im geförderten Entwicklungsland ist nicht möglich. Nur wenn anhand von übergeordneten objektiven Kriterien eine Ermessensausübung der Entwicklungsverwaltung möglich wird, entsteht keine nicht rechtfertigbare Benachteiligung einer Personengruppe.

224

Hufen, Staatsrecht II (2018), S. 149. BVerfGE 82, 60 (85). 226 BVerfGE 51, 1 (26). 227 F. Becker, Grenzüberschreitende Reichweite deutscher Grundrechte, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechtes (2013), Band XI, S. 515 (552). 228 So auch Kaltenborn/Hermle, Experten plädieren für ein deutsches Gesetz für Entwicklungspolitik, E+Z 9 (2018), S. 15 f. 225

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit muss der deutsche Staat im Ausland darüber hinaus im Sinne der besonderen Diskriminierungsverbote bei all seinen Entscheidungen für Ausgleich und soziale Gerechtigkeit sorgen, soweit keine Einmischung in die Angelegenheiten unabhängiger Staaten erfolgt. Deutschland hat sich in seiner Entwicklungszusammenarbeit insbesondere darum zu bemühen, die Belange von Frauen in Entwicklungsländern zu stärken und Frauen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Gleichberechtigung zu fördern. Aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG lässt sich so ein Teilhaberecht für Frauen herleiten. Für eine bevorzugte Förderung von Frauen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit gibt es mit der existierenden Ungleichheit von Männern und Frauen in vielen Teilen der Welt auch eine Rechtfertigung. Aus den besonderen Diskriminierungsverboten des Art. 3 Abs. 3 GG folgt zudem eine Pflicht des deutschen Staates, in der Entwicklungszusammenarbeit Gruppen, die aufgrund ihres Geschlechts, der Abstammung, ihrer Heimat, der Sprache, ihres Glaubens oder der politischen Anschauung benachteiligt werden, besonders zu fördern. 2. Die Herleitung der „Wesentlichkeit“ aus einer „Menschenrechtsrelevanz“ Die Existenz eines Parlamentsvorbehaltes in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist zwar schon aufgrund einer Gesamtschau der Grundrechte anzunehmen, gleichwohl erscheint es darüber hinaus auch möglich, die „Wesentlichkeit“ einer Materie aus ihrer Menschenrechtsrelevanz herzuleiten. Eine Menschenrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte sich vornehmlich aus internationalen Verträgen sowie aus sonstigen nationalen und internationalen Dokumenten ergeben. Ähnlich wie bei der extraterritorialen Geltung der Grundrechte ist jedoch zunächst die Anwendbarkeit von internationalen Verträgen außerhalb des eigenen Staatsgebietes zu problematisieren, denn zur Reichweite von Menschenrechten kann kein allgemeingültiges Urteil gefällt werden. Die Geltungskraft von Menschenrechten resultiert rechtspositivistisch vielmehr aus dem konkreten Vertragstext.229 Einige internationale Verträge regeln ihre Reichweite selbst, so etwa die EMRK. Nach deren Vertragsinhalt sind die normierten Menschenrechte allen der Hoheitsgewalt der Unterzeichnerstaaten unterstehenden Menschen zu gewähren. Art. 1 EMRK beschränkt die Geltung des Vertrages gerade nicht auf das eigene Staatsgebiet, sondern eröffnet eine extraterritoriale Bindungswirkung,230 die unter Berücksichtigung der Einzelumstände zu begründen ist.231 229 Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen betont immer wieder eine „power of effective control“ bei staatlichen Handlungen außerhalb des eigenen Staatsgebietes, so UN Doc. General Comment Nr. 31, Ziffer 10. 230 EuGRZ 1997, S. 555; EGMR, NJW 2005, S. 1849. 231 EGMR, NJW 2012, S. 283; EGMR, NVwZ 2014, S. 203.

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Von einer Geltungskraft der Menschenrechte für ein begrenztes Territorium spricht hingegen Art. 2 Abs. 1 IPpbR.232 Diese Norm ist allerdings weit auszulegen, denn ihr Sinn und Zweck würde unterlaufen werden, wenn die staatliche Menschenrechtsbindung nur im Inland gelten würde, im Ausland stattdessen nach Belieben gegen die Menschenrechte verstoßen werden dürfte.233 So stellt der General Comment Nr. 31 fest, dass alle Menschen durch den Pakt geschützt werden sollen, die der Kontrolle eines Staates unterstehen.234 Der Begriff „und“ in Art. 2 Abs. 1 IPbpR sei daher systematisch einzuschränken, sodass die Gewährleistungspflicht der Menschenrechte zwar nur auf eigenem Staatsgebiet stattfindet, ihre Achtung jedoch territorial ungebunden bleibt. Betrachte man darüber hinaus den historischen Willen der Vertragsstaaten, so sollte der Heimatstaat in Fällen der extraterritorialen Betätigung anderer Länder für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich sein.235 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es nicht zu einem „paktrechtefreien Raum“ kommen darf.236 Der „Internationale Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte“ ist von seinem Wortlaut hingegen deutlich weiter gefasst. In Art. 2 Abs. 1 IPwskR wird geregelt, dass jeder Vertragsstaat durch internationale Hilfe und Zusammenarbeit unter Ausschöpfung aller seiner Möglichkeiten Maßnahmen zu treffen hat, um die volle Verwirklichung der Paktrechte zu erreichen. Eine explizite Geltungsbeschränkung auf ein Territorium existiert gerade nicht. Vielmehr soll in Anlehnung an eine politische Absichtserklärung den Staaten nur das jeweils Mögliche zur Verwirklichung der Paktrechte zugemutet werden. In diesem Sinne ist bemerkenswert, dass Entwicklungsländer nach Art. 2 Abs. 3 IPwskR selbst entscheiden können, ob und inwieweit sie die Paktrechte Personen ohne die eigene Staatsangehörigkeit gewähren. a) Die Pflicht zur Einhaltung der in den Menschenrechtsverträgen gewährleisteten Rechte Bei der Ausübung von Hoheitsgewalt außerhalb des eigenen Staatsgebietes – wie es in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit üblich ist – sind folglich die internationalen Vertragstexte anzuwenden, und die Bundesrepublik Deutschland hat bei jedem staatlichen extraterritorialen Handeln die in den verschiedenen 232

Siehe auch Kälin/Künzli, Universeller Menschenrechtsschutz (2019), S. 150 f. Menschenrechtsausschuss der UN: Lopez Burgos/Uruguay, 52/1979 (1981), Ziffer 12.3. 234 UN Doc. General Comment Nr. 31, Ziffer 10. 235 Vedder, Die allgemeinen UN-Menschenrechtspakte und ihre Verfahren, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2010), Band VI/2, S. 237 (243). 236 Vgl. Joseph/Schultz/Castan, The International Covenant on Civil and Political Rights: Cases, Materials and Commentary (2005), S. 87 ff.; Saul/Kinley/Mowbray, The International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights: Commentary, Cases, and Materials (2014), S. 134 ff. 233

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Verträgen garantierten Menschenrechte zu berücksichtigen.237 Die rechtliche Bindungswirkung über Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG führt nämlich nicht nur dazu, dass die materiellen Vorgaben Gesetzeskraft erlangt haben, sondern auch, dass die menschenrechtlichen Garantien – auch im Zusammenhang mit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit – anerkannt wurden.238 Für die Herleitung der Menschenrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit kommen mithin verschiedene internationale Menschenrechtsverträge in Betracht, wobei nicht jedes Menschenrecht in jedem konkreten Einzelfall eine Rolle spielen kann. Aufgrund der Unteilbarkeit der Menschenrechte ist es häufig aber so, dass sich mehrere Menschenrechte überschneiden und ihr Schutzauftrag aus einer Gesamtschau entsteht. aa) Das Recht auf Leben Das Recht auf Leben wird unter anderem durch Art. 3 AEMR, Art. 6 Abs. 1 S. 1 IPbpR, Art. 2 Abs. 1 EMRK, Zusatzprotokoll 2 und Zusatzprotokoll 13 zur EMRK, Art. 6 Abs. 2 Kinderrechtskonvention sowie die Genozidkonvention geschützt. Durch diese Vielzahl an Normen wird festgestellt, dass das angeborene Recht auf Leben ein höchster Rechtswert ist und zum „ius cogens“ des Völkerrechts gehört.239 Dem Gesetzgeber wird die Pflicht aufgetragen, den Schutz des Lebens zu garantieren und willkürliche Tötungen zu unterlassen.240 Aufgrund von Handlungen der Durchführungsorganisationen kann es in Entwicklungsländern zu Rechtsgutsverletzungen kommen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist daher potenziell in der Lage, das Recht auf Leben vieler Menschen zu gefährden. Da auch Handlungen der Durchführungsorganisationen dem Staat zugerechnet werden müssen – der Europäische Gerichtshof prüft im Zusammenhang mit Art. 2 EMRK das Handeln aller beteiligten Organisationen und berücksichtigt dabei die Planungs- und Kontrollhandlungen des Staates241 –, muss die Bundesrepublik der Verletzung des Rechts auf Leben vorbeugen. Darüber hinaus muss der deutsche Staat, da es sich bei dem Recht auf Leben um den absoluten Höchstwert der Menschenrechte handelt, alles Erforderliche unternehmen, damit dieses Recht auch in den Entwicklungsländern gewährleistet 237 Zum Zusammenhang von Menschenrechten und der Entwicklungszusammenarbeit auch Hamm, Menschenrechte und Entwicklung, in: Meyns (Hrsg.), Handbuch eine Welt (2009), S. 160 (163 ff.). 238 Zum Gebot der Menschenrechtsorientierung von Entwicklungspolitik L. Wagner, Menschenrechte in der Entwicklungspolitik: Extraterritoriale Pflichten, der Menschenrechtsansatz und seine Umsetzung (2017), S. 137 ff. 239 Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht (1992), S. 186 ff. 240 Vedder, Die allgemeinen UN-Menschenrechtspakte und ihre Verfahren, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2010), Band VI/2, S. 237 (246). 241 EuGRZ 2005, S. 693.

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wird. Dies umfasst insbesondere, dass die Bundesrepublik einen gesetzlichen und administrativen Rahmen schafft, der Lebensgefährdungen verhindert.242 Aufgrund des vielfältigen Schutzauftrages in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit lässt sich eine Menschenrechtsrelevanz aus dem Recht auf Leben herleiten. bb) Das Verbot der Sklaverei, der Leibeigenschaft und der Zwangsarbeit In der Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit Drittstaaten ist neben dem Recht auf Leben jederzeit darauf zu achten, dass bei der Durchführung der Projekte nicht auf Sklavenarbeit, Leibeigenschaft oder Zwangsarbeit zurückgegriffen wird. Art. 4 Abs. 1 und 2 EMRK, Art. 8 Abs. 1, 2 und 3a IPbpR sowie Art. 6 Abs. 1 IPwskR verbieten nämlich alle Arten der Ausnutzung des Menschen und seine Herabwürdigung auf die Arbeitskraft. Vor dem Hintergrund der Ausbeutung von Menschen in den ehemaligen Kolonien kam neben den genannten Normen das eigenständige „Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation“ von 1930 zustande, worin erstmalig die Ächtung der Sklaverei geregelt wurde. Dessen ungeachtet konnte erst 1957 mit dem „Zusatzabkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken“ ein spezielles völkerrechtlich verbindliches Dokument geschaffen werden.243 Von modernen Arten der Sklaverei sind vor allem Frauen und Kinder betroffen, die oft zu sexuellen Handlungen genötigt werden. Der ehemalige Diplomat Volker Seitz244 berichtet in diesem Zusammenhang, dass auch heute noch Kinder für 15 bis 30 Euro aus dem Niger und Benin in andere Länder verkauft werden. In der Zentralafrikanischen Republik werden, so Gerd Müller245, Kinder mit dem Versprechen auf einen Sold von einem Dollar pro Tag als Kindersoldaten rekrutiert. Aber auch Erwachsene können dazu gezwungen werden, auf Höfen zu arbeiten, um ihre angeblichen Schulden zu bezahlen, oder andere schwere körperliche Tätigkeiten auszuüben.246 Wäre der Schutz vor Sklaverei, Leibeigenschaft und Zwangsarbeit ein reines Abwehrrecht, so würde dieses leerlaufen. Der Staat muss daher präventiv alles unternehmen, damit es nicht zu Fällen der Sklaverei, Leibeigenschaft und 242

Schilling, Internationaler Menschenrechtsschutz (2016), S. 60 f. BGBl. II (1958), S. 205. 244 Seitz, Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann (2019), S. 158. 245 G. Müller, Umdenken (2020), S. 139. 246 Etwa ECOWAS, Mani Karau/Niger, Urteil Nr. ECW/CCJ/JUD/06/08 vom 27.10.2008 (Zwangsprostitution); EMRK, NJW 2007, S. 41 (Zwangsarbeit als Arbeit, die nicht freiwillig übernommen wurde); EuGRZ 1975, S. 51 (keine Zwangsarbeit beim Einsatz von Ärzten in ländlicher Region). 243

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Zwangsarbeit kommt. Die Bundesrepublik Deutschland hat dafür Vorsorge zu tragen, dass die Entwicklungszusammenarbeit ohne Verletzungen gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 EMRK, Art. 8 Abs. 1, 2 und 3a IPbpR bzw. gegen das „Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation“ und das „Zusatzabkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken“ funktioniert. Eine Menschenrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit folgt aus der Verpflichtung, Sklaverei, Leibeigenschaft und Zwangsarbeit präventiv entgegenzutreten. cc) Das Recht auf Gesundheit Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit muss darüber hinaus dem Menschenrecht auf Gesundheit zu einer möglichst großen Geltungskraft verhelfen. Das Recht auf Gesundheit findet in einer Vielzahl an internationalen Verträgen Anerkennung, um mit Art. 25 Abs. 1 AEMR, Art. 12 und Art. 7 lit. b) IPwskR, Art. 24 Kinderrechtskonvention sowie der Präambel der WHO nur einige der Normierungen zu nennen. Mit der Ratifizierung eines Rechts, das ein Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit garantiert, geht eine Pflicht einher, allen Menschen eine Gesundheitsvorsorge zu gewähren, Diskriminierungen beim Zugang zu Medizin zu verhindern und existierende Medikamente nicht vorzuenthalten.247 Die Besonderheit des Rechtes auf Gesundheit ist darin zu sehen, dass es zwar keinem Staat gelingen dürfte, eine absolute individuelle Gesundheit seiner Bevölkerung zu erreichen. Trotzdem ist es staatliche Aufgabe, durch die Generierung von äußeren Bedingungen einen möglichst hohen Gesundheitsstandard zu verwirklichen.248 Der enorme staatliche Einfluss auf die Gesundheit zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die reichen Industrienationen, die sich ein funktionierendes Gesundheitswesen leisten können, diejenigen Länder mit der höchsten Lebenserwartung sind. In den Entwicklungsländern hingegen ist teilweise der Besuch bei Ärzten wohlhabenden Menschen vorbehalten und der Gang ins Krankenhaus nicht immer möglich. Spätestens die Corona-Pandemie hat enorme Unterschiede in den Gesundheitssystemen verschiedener Länder offenbart. Aus dem Menschenrecht auf Gesundheit folgen verschiedene staatliche Pflichten, die in Unterlassungs-, Schutz- und Gewährleistungspflichten unterteilt werden können. Unter Berücksichtigung dieser Pflichten muss die deutsche Entwicklungszusammenarbeit darauf hinwirken, dass die Umwelt nicht in gesundheitsschädigender Weise verschmutzt, bestehende Gesundheitsinfrastruktur nicht abgebaut und ein allgemeiner Zugang zu den grundlegenden Medikamenten gewährleistet wird. Auch indem Minimalvorschriften für die Arbeitsverhältnisse 247 248

UN Doc. General Comment Nr. 14, Ziffer 9. Kälin/Künzli, Universeller Menschenrechtsschutz (2019), S. 352 f.

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von Menschen in den Entwicklungsländern mit den Durchführungsorganisationen festgelegt werden, trägt die Bundesrepublik zu einem möglichst hohen Gesundheitsstandard bei. dd) Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard Eng verbunden mit dem Recht auf Gesundheit ist das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, welches in Art. 11 IPwskR normiert ist. Dieses anerkannte Menschenrecht schafft die Grundlage dafür, dass andere Menschenrechte überhaupt in Anspruch genommen werden können. Vor diesem Hintergrund wurden einige weitere Menschenrechte aus Art. 11 Abs. 1 IPwskR hergeleitet.249 Durch Art. 11 Abs. 1 S. 2 IPwskR verpflichten sich die Vertragsstaaten des Paktes dazu, geeignete Schritte zu unternehmen, um die Verwirklichung des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Dabei erkennen sie die entscheidende Bedeutung einer internationalen, auf freier Zustimmung beruhenden Zusammenarbeit der Nationen an. In dieser Norm könnte also eine menschenrechtliche Verpflichtung von Industrienationen zur Entwicklungszusammenarbeit gesehen werden. Da ursprünglich befürchtet wurde, dass Art. 11 Abs. 1 S. 2 IPwskR den Art. 2 Abs. 1 IPwskR unterlaufe, war die Einführung dieser Norm bei Industrienationen nicht unumstritten.250 Art. 11 Abs. 1 S. 2 IPwskR wurde letztlich aber doch in der heutigen Form mit in den Pakt inkludiert, damit sich auch die Entwicklungsländer dem „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ anschließen konnten.251 Zusammenarbeit im Sinne des Art. 11 Abs. 1 S. 2 IPwskR bedeutet, das ist der heutigen Fassung zu entnehmen, nicht nur die Absprache von bilateraler Kooperation, damit jedes Land eigenständig seinen eigenen Lebensstandard verbessern kann. Der Zusatz der „freien Bestimmung“ zeigt, dass es gerade um die Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder geht und damit der Grundsatz der Nichteinmischung nach Art. 2 Nr. 4 UN-Charta durchbrochen werden soll. In Verbindung mit Art. 15 Abs. 4 IPwskR entsteht eine eigenständige Verpflichtung von Staaten, über ihr Territorium hinweg miteinander zu kooperieren.252 Es existiert damit eine menschenrechtlich ausgestaltete Norm, durch die die aktive Beteiligung eines Landes – und damit auch Deutschlands – an der Entwicklungszusammenarbeit gefordert wird. 249 UN Doc. General Comment Nr. 6, Ziffer 5 und Ziffer 32; UN Doc. General Comment Nr. 15, Ziffer 4; UN Doc. A/Res/64/292 vom 03.08.2010. 250 Hierzu Engbruch, Das Menschenrecht auf einen angemessenen Lebensstandard (2008), S. 266 ff. 251 UN Doc. General Comment Nr. 3, Ziffer 13. 252 UN Doc. General Comment Nr. 3, Ziffer 13; UN Doc. General Comment Nr. 13, Ziffer 14.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

ee) Das Recht auf Bildung und das Recht auf kulturelle Betätigung Die Bundesrepublik Deutschland hat sich weiter dem Recht auf Bildung und dem Recht auf kulturelle Betätigung verpflichtet. Diese sind in der Entwicklungszusammenarbeit zu berücksichtigen und können regelmäßig Bedeutung entfalten. Insbesondere die Verbesserung der Bildungsstandards von Entwicklungsländern ist eines der Hauptanliegen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Dahinter steht die Idee, dass Menschen, die sich viel Wissen angeeignet haben, dieses einerseits langfristig an spätere Generationen weitergeben und andererseits das Wissen im Alltag anwenden können. Bereits in Art. 26 AEMR wurde jedermann ein Recht auf Bildung zugesprochen, das später in Art. 13 und Art. 14 IPwskR seine vertragliche Ausgestaltung fand. Auf europäischer Ebene erkennt Art. 2 ZP 1 EMRK das Recht auf Bildung an. Art. 2 ZP 1 EMRK verbindet einerseits eine Forderung an Staaten als Träger von Bildungseinrichtungen und enthält andererseits auch Freiheitsrechte wie die Wahlfreiheit der Schulform des Einzelnen.253 Staaten haben insofern dafür Sorge zu tragen, dass Schulen verfügbar, zugänglich sowie in Form und Inhalt der Bildung angemessen sind. Bildung muss sich stets an veränderte Bedingungen in der Gesellschaft anpassen. Dementsprechend hat die Bundesrepublik die Pflicht, zunächst auf deutschem Staatsgebiet für gute Bildung zu sorgen. Andere Länder sind hierzu jedoch nur eingeschränkt in der Lage. Zaire wurde beispielsweise – weil es aufgrund mangelnder Gelder über einen Zeitraum von zwei Jahren weiterbildende Schulen und Universitäten schließen musste – von der Afrikanischen Kommission über Menschen- und Rechte der Völker wegen einer Verletzung der ähnlich lautenden Vorschrift nach Art. 17 Banjul Charta verurteilt.254 Das Fehlen von Geld für Bildung stellt keinen Einzelfall dar, denn viele Länder haben Probleme damit, ihre teuren Bildungssysteme aufrecht zu erhalten. Die aus Art. 13 Abs. 2e IPwskR resultierende Pflicht zur aktiven Förderung des Schulwesens und der Verbesserung der bestehenden Konditionen ist in diesem Zusammenhang nicht nur gegenüber dem eigenen Staatsvolk beschränkt, sondern die Vorschrift muss so interpretiert werden, dass auch andere Länder beim Aufbau und dem Unterhalt von Schulen behilflich sein können. Sofern hierzu die Mittel verfügbar sind, ist aufgrund einer menschenrechtlichen Pflicht im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit aktiv am Aufbau eines funktionierenden Schulsystems in den Entwicklungsländern mitzuwirken. 253 Vedder, Die allgemeinen UN-Menschenrechtspakte und ihre Verfahren, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte (2010), Band VI/2, S. 237 (282). 254 Case: Free Legal Assistance Group and Others/Zaire, Ziffer 48.

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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Art. 15 IPwskR garantiert darüber hinaus ein eng mit dem Recht auf Bildung zusammenhängendes Recht auf kulturelle Betätigung. Die Vertragsparteien des Paktes haben dafür Sorge zu tragen, dass jedermann am kulturellen Leben teilhaben und die Früchte des wissenschaftlichen Fortschritts genießen kann. Außerdem sind von der Vorschrift ein Recht am eigenen kulturellen Produkt sowie die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit umfasst. Art. 15 Abs. 2 IPwskR trägt dabei den Staaten eine Pflicht auf, zur Realisierung des Rechtes auf kulturelle Betätigung beizutragen und alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Wissenschaft und Kultur zu erhalten, zu entwickeln und zu erweitern. Der Europäische Gerichtshof hat aus Art. 10 EMRK, dem Recht auf freie Meinungsäußerung, ein ähnlich gestaltetes Recht auf Ausdrucksfreiheit entwickelt, worunter auch die Kunst- und die Wissenschaftsfreiheit fallen.255 ff) Das Recht auf Wohnung In der Entwicklungszusammenarbeit entfaltet weiter das Recht auf Wohnung Relevanz, wobei die Wohnung durch Art. 8 EMRK und Art. 17 Abs. 1 IPbpR geschützt wird. Zudem lässt sich aus dem Recht auf einen angemessenen Lebensstandard ein Recht auf Wohnung ableiten.256 Dieses tritt aber meist subsidiär hinter Art. 17 IPbpR zurück, sofern Länder wie die Bundesrepublik Deutschland beide Pakte ratifiziert haben. Unter einer Wohnung ist aus einer menschenrechtlichen Perspektive nicht nur der private Lebensbereich zu verstehen, sondern auch der Ort der Berufstätigkeit. Der Schutz der Wohnung ist grundsätzlich als ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat ausgestaltet, enthält aber auch eine Gewährleistungspflicht. Insbesondere die Entfernung eines Bewohners aus seiner Wohnung stellt einen Eingriff in das Recht auf Wohnung dar.257 Solche Handlungen sind in der Entwicklungszusammenarbeit jedoch im Rahmen von Umsiedlungsprojekten aufgrund der Umsetzung von Infrastruktur- oder Stadtentwicklungsmaßnahmen denkbar. Umsiedlungen sind gleichwohl nicht grundsätzlich verboten, dürfen aber nicht willkürlich geschehen. Wird für die umgesiedelten Menschen eine Verbesserung der Lebenssituation vorgenommen, kann eine Umsiedlung gerechtfertigt sein. Für die Betroffenen muss allerdings nach Art. 17 Abs. 2 IPbpR jederzeit eine Klagemöglichkeit bestehen.

255 EGMR, NJW 1989, S. 379; Schiedermair, in: Pabel/Schmahl (Hrsg.), IntKommEMRK (2013), Ordner 2, Art. 10, Rn. 106–116. 256 Saul/Kinley/Mowbray, The International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights: Commentary, Cases, and Materials (2014), S. 926 ff. 257 EGMR, Akdivar/Tureky, Reports 1996-IV, Ziffer 88; UN Doc. General Comment Nr. 7, Annex IV.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

gg) Das Recht auf Eigentum Fraglich ist hingegen, ob auch das Eigentum menschenrechtlich geschützt wird. Der Schutz des Eigentums ist nämlich nicht eindeutig als universelles Menschenrecht ausgestaltet. Zwar war in Art. 17 AEMR noch ein solches Menschenrecht vorgesehen, doch in den beiden Pakten von 1966 wurde das Eigentumsrecht ebenso wenig wie in der EMRK geregelt. Erst im ZP1 EMRK wird das Eigentum garantiert, nicht jedoch dessen Erwerb geschützt. Ähnliche menschenrechtliche, das Eigentum betreffende Normierungen gibt es in anderen regionalen Menschenrechtsverträgen wie in Art. 14 der Banjul Charta oder in Art. 21 AMRK, nicht aber auf universeller Ebene. Der internationale Eigentumsbegriff darf nicht mit dem grundrechtlichen Eigentumsbegriff nach Art. 14 GG oder gar dem zivilrechtlichen Eigentum gleichgesetzt werden.258 Art. 1 ZP1 EMRK enthält insbesondere keine Institutsgarantie. Dafür ist der sachliche Schutzbereich deutlich offener als der des Art. 14 GG und Eingriffe in das Eigentum nach Art. 1 ZP 1 EMRK sind in weiterem Umfang möglich.259 Der deutsche Staat hat folglich bei all seinen Handlungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit das Eigentum der Menschen in Entwicklungsländern zu achten. Dies gilt unabhängig vom Staatsterritorium, denn Deutschland ist über Art. 1 EMRK menschenrechtlich gegenüber allen seiner Hoheitsgewalt unterstehenden Personen gebunden, auch gegenüber Staatenlosen und Menschen aus Drittstaaten.260 hh) Die Diskriminierungsverbote In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit muss letztlich darauf hingewirkt werden, dass Diskriminierungen möglichst nicht stattfinden. Unter einer Diskriminierung ist aus einer menschenrechtlichen Perspektive insbesondere die Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihrer Rasse, ihrer Religion, ihren politischen Anschauungen, des Geschlechtes oder vergleichbarer Gründe zu verstehen. Die Diskriminierungsverbote haben im internationalen Recht in unterschiedlichster Weise eine Normierung erfahren, wobei bereits Art. 24 AMRK ein Gebot zur Gleichheit vor dem Gesetz enthielt. Ein solches allgemeines Diskriminierungsverbot findet sich heute in Art. 14 EMRK sowie in Art. 2 Abs. 1 IPbpR. Neben Art. 2 Abs. 1 IPbpR prüft der Menschenrechtsrat im Zusammenhang mit Ungleichbehandlungen meist auch den offeneren Art. 26 IPbpR, der aufgrund

258

Ausführlich Kriebaum, Eigentumsschutz im Völkerrecht (2008), S. 33 ff. Kriebaum, in: Pabel/Schmahl (Hrsg.), IntKommEMRK (2013), Art. 1, 1. ZP, Rn. 14 ff. 260 YBECHR 4, S. 116 (139 f.). 259

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seiner regelmäßigen Heranziehung zu einer Verdrängung des Art. 2 Abs. 1 IPbpR geführt hat.261 Das Diskriminierungsverbot hat sich unter anderem im Minderheitenschutz niedergeschlagen, der in Art. 1 der beiden Pakte von 1966 verankert ist und in Art. 27 IPwskR seine menschenrechtliche Ausprägung findet. Im Minderheitenschutz spielen zudem das „Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation“ und die „Deklaration über die Rechte indigener Völker“ wichtige Rollen. Indigene Gruppen und andere Minderheiten, die einer Mehrheit einer anderen Volksgruppe gegenüberstehen, dürfen demnach nicht benachteiligt werden. Der Minderheitenschutz endet gerade nicht in einer Nichtdiskriminierung, sondern fordert vielmehr eine gezielte Förderung von Sprachen und Gebräuchen.262 Die Aufgabe der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist demnach eine gezielte Förderung von Minderheiten in Entwicklungsländern, damit deren Möglichkeiten nachhaltig verbessert werden und Kulturen erhalten bleiben. Daneben kennt das Völkerrecht das spezielle Diskriminierungsverbot von Frauen. Art. 14 EMRK und Art. 26 IPbpR verbieten eine Anknüpfung von staatlichen Entscheidungen an das Geschlecht. Darüber hinaus soll durch das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ (CEDAW), die „Schlusserklärung der Wiener Menschenrechtskonferenz“ von 1993 oder das „europäische Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ sowie einige weitere Abkommen die Stellung der Frau weltweit verbessert werden. So ist nach Art. 1 CEDAW jede mit dem Geschlecht begründete Unterscheidung, die zur Folge hat, dass die auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau begründete Anerkennung, Inanspruchnahme oder Ausübung der Menschenrechte durch die Frau beeinträchtigt oder vereitelt wird, als Diskriminierung anzusehen. Art. 4 CEDAW ermöglicht zur Herbeiführung von Gleichberechtigung die zeitweise Schlechterstellung von Männern. In der Entwicklungszusammenarbeit ist es aus einer menschenrechtlichen Perspektive folglich notwendig, die Stellung der Frauen zu fördern und zur Gleichberechtigung beizutragen. Das Verbot der Rassendiskriminierung, mit dem jede Form des Rassismus bekämpft werden soll, hat als weiteres besonderes Diskriminierungsverbot seinen Anknüpfungspunkt in Art. 2 Abs. 2 IPwskR und Art. 2 Abs. 3, Art. 26 IPpbR. Daneben soll das „Übereinkommen zu Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung“ (CERD) dabei helfen, die Stellung von Minderheiten zu verbessern. Nach Art. 1 CERD sind unter Rassendiskriminierungen alle Benachteiligungen zu verstehen, die aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, des natio261

So Schilling, Internationaler Menschenrechtsschutz (2016), S. 316 f. Sonst kommt es – wie beispielsweise in Guatemala – zu einem Vergessen von ursprünglichen Sprachen, wo derzeit besonders „Uspanteco“ und „Tectiteco“ als gefährdet gelten. 262

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

nalen Ursprungs oder des Volkstums herrühren. Rassendiskriminierungen lassen sich nicht rechtfertigen, weswegen das Verbot der Rassendiskriminierung auch die Meinungsfreiheit beschränken darf. In der Entwicklungszusammenarbeit kommt es zum Kontakt des deutschen Staates mit allen Bevölkerungsgruppen des Partnerlandes. Es ist Aufgabe Deutschlands, nicht einseitig die privilegierten Bevölkerungsteile zu unterstützen, sondern auf einen Ausgleich zu achten und dem institutionellen Rassismus zu begegnen. Die gezielte Förderung von diskriminierten Menschen kann dabei ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung des Verbotes der Rassendiskriminierung sein. Daneben muss durch Bildung der Ausgrenzung von Personengruppen aufgrund ihrer Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, des nationalen Ursprungs oder des Volkstums entgegengewirkt werden. Schließlich ist in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu beachten. Bislang fehlt es zwar an einer großflächigen Normierung dieses Verbotes, doch kann ein solches zumindest aus Art. 2 Abs. 2 IPpbR in Verbindung mit Art. 26 IPpbR hergeleitet werden.263 Auf regionaler Ebene ist ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung weiter verbreitet und wird zumeist aus anderen Rechten hergeleitet.264 Allerdings fällt unter das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung wohl nur der Vergleich von nicht verheirateten homosexuellen Paaren mit heterosexuellen Paaren, nicht aber mit Ehegatten.265 Ob sich diese Unterscheidung langfristig halten wird, erscheint vor dem Hintergrund der Legalisierung homosexueller Ehen in vielen Ländern fraglich. Deutschland hat jedenfalls dazu beizutragen, dass es in der Entwicklungszusammenarbeit durch die gezielte Förderung von sexuell ausgegrenzten Menschen auch in diesem Sektor zu einer verbesserten Gleichberechtigung kommt. b) Die Betonung der Menschenrechtsrelevanz in Dokumenten zur Entwicklungszusammenarbeit Im Rahmen der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit wurde über die allgemeinen Menschenrechtsverträge hinaus eine Vielzahl an internationalen Verträgen geschlossen, die nicht zwangsläufig Menschenrechtsverträge sein müssen. Diese internationalen Dokumente zur Entwicklungszusammenarbeit enthalten teilweise gleichwohl Bezüge zu den Menschenrechten und könnten so einen Menschenrechtsbezug der deutschen Entwicklungszusammenarbeit begründen. Durch die Ratifizierung der Vertragstexte – bzw. als Teil der internationalen

263

Menschenrechtsausschuss der UN: Toonen/Australia 488/1992 (1994), Ziffer 8.7. EGMR, X/Austria, 19010/07, Reports 2013, Ziffer 99; IAGMR, Atala Riffo/ Chile, C/239 (2012), Ziffer 83. 265 Schilling, Internationaler Menschenrechtsschutz (2016), S. 327. 264

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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Staatengemeinschaft – hat sich die Bundesrepublik Deutschland nämlich zu ihrer Umsetzung verpflichtet.266 aa) Die Abkommen von Lomé und Cotonou Eine Menschenrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit lässt sich zunächst den Abkommen von Lomé und Cotonou entnehmen. Bei den Abkommen von Lomé handelt es sich um Handels- und Entwicklungsabkommen, die von der Europäischen Gemeinschaft bzw. der Europäischen Union mit den AKP-Staaten seit 1975 alle fünf Jahre geschlossen wurden. Ziel der Abkommen war es, Handelshemmnisse abzubauen, Ausgleichszahlungen zu regeln, Darlehen für die Förderung von Rohstoffen zu gewähren, industrielle und landwirtschaftliche Kooperation zu fördern und Infrastruktur aufzubauen. Mit dem vierten Lomé-Abkommen wurden erstmals kulturelle und soziale Aspekte des gesellschaftlichen Lebens und nicht nur die Wirtschaft in den Blick genommen. Seit dem Jahr 2000 gilt das Abkommen von Cotonou, welches die Lomé-Abkommen abgelöst und zunächst eine Laufzeit von 20 Jahren hat.267 Ein neues Abkommen war nötig geworden, weil der vorausgegangene Vertragstext gegen Prinzipien der WTO verstoßen hatte. Neu ist, dass den Themen Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte eine größere Rolle eingeräumt wird. Nach Inkrafttreten wurde das Abkommen mehrfach erweitert, unter anderem um die Themen Terrorismusbekämpfung, Bekämpfung von HIV, die Nachhaltigkeit der Fischerei und den Klimawandel thematisieren zu können. Bereits in der Präambel des Abkommens von Cotonou wird die Achtung der Menschenrechte mehrfach betont. Dies geschieht unter Bezugnahme auf einschlägige Menschenrechtsdokumente wie die AEMR, die internationalen Pakte von 1966, die „Abschlusserklärung der Wiener Menschenrechtskonferenz“ von 1993, die EMRK, die Banjul Charta, die AMRK sowie einige spezielle Menschenrechtsabkommen. Ebenso finden sich im eigentlichen Vertragstext regelmäßig Hinweise auf die Menschenrechte. Nicht nur Art. 13 Abs. 1 geht bei der Behandlung von Einwanderern auf die Berücksichtigung menschenrechtlicher Grundsätze ein, sondern in Art. 20 Abs. 1 lit. c) wird das Konzept der menschlichen und sozialen Entwicklung angesprochen, das durch Art. 25 bis Art. 27 ausdifferenziert wird. Viele der im Vertragstext behandelten Themen haben darüber hinaus ihren Ursprung in den Menschenrechten, sodass die Menschenrechtsrelevanz vieler Teilbereiche der Entwicklungskooperation der Europäischen Union mit den AKP-Staaten anzunehmen ist.

266 267

So auch Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 238 f. Partnerschaftsabkommen 2000/483/EG.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Die zentrale menschenrechtliche Vorschrift ist jedoch Art. 9 des Abkommens von Cotonou. Hiernach bekennen sich die Vertragsparteien dazu, die internationalen Verpflichtungen zur Achtung der Menschenrechte einzuhalten. Insbesondere sollen die Partnerländer aktiv die Einhaltung der Menschenrechte, die Demokratisierung, die Festigung des Rechtsstaates und die „good governance“ fördern. Stellen die Partnerländer fest, dass es zu einem Verstoß der festgelegten Grundsätze gekommen ist, sind nach Art. 96 Konsultationen mit der Europäischen Union vorgesehen. Letztlich sind sogar Sanktionen gegenüber den Entwicklungsländern bei Verstößen gegen die eingegangenen Verpflichtungen möglich. Die Bedeutung der Menschenrechte für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird durch die Abkommen von Lomé und Cotonou vielfach anerkannt. Aus den Vorschriften des Abkommens von Cotonou folgt die Pflicht der Vertragspartner – also auch Deutschlands als Teil der Europäischen Union – die Menschenrechte bei der Entwicklungszusammenarbeit zu achten und auf ihre Verwirklichung hinzuwirken. bb) Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung Die Bundesrepublik Deutschland richtet ihre aktuelle Entwicklungspolitik insbesondere an der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (Agenda 2030)268 aus.269 Diese „Agenda 2030“ führt die bereits 1992 in Rio erarbeiteten Ziele zur Entwicklungszusammenarbeit mit der „Millenniumserklärung“ von 2000 und den Ergebnissen des Klimagipfels in Paris 2015 zusammen. In der „Agenda 2030“ werden auf überstaatlicher Ebene 17 verbindliche Ziele formuliert, die in der Entwicklungszusammenarbeit innerhalb von 15 Jahren erreicht werden sollen. In der Vergangenheit wurden zwar schon mehrfach ähnliche Ziele für die Entwicklungszusammenarbeit festgelegt, doch in der „Agenda 2030“ sind die Ziele konkretisiert worden. Das Besondere an den Zielen ist, dass diese teils eigenständigen menschenrechtlichen Verpflichtungen entsprechen. Das Ziel 2 sieht beispielsweise vor, dass der Hunger in der Welt zu beenden ist. Im Ziel 3 ist die Garantie für ein gesundes Leben aller Menschen vorgesehen; das Ziel 5 verpflichtet die Staatengemeinschaft dazu, die Geschlechtergleichstellung zu realisieren. An mehreren Stellen wird überdies ein Bekenntnis zu den allgemeinen Menschenrechten abgegeben und Bezug auf die allgemeinen Menschenrechtsverträge genommen.270

268

UN Doc. A/Res/70/1 vom 21.10.2015. BMZ, Der Zukunftsvertrag für die Welt: Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (2017), S.12 270 Agenda 2030, Ziffer 7 und 8 (Bekenntnis zu Menschenrechten), Ziffer 10 (Orientierung an Menschenrechtsverträgen) und Ziffer 16 (Bezug zu den Millenniumszielen). 269

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In der „Agenda 2030“ ist damit ein konkreter Auftrag zur Achtung, zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten enthalten.271 Eine räumliche Geltungsbeschränkung besteht – im Gegensatz zu den vorausgegangenen „Millenniumszielen“ – gerade nicht, sondern es wird vielmehr ein „Ethos der Weltbürgerschaft“ 272 beschworen. Die „Agenda 2030“ ist von allen Ländern der Vereinten Nationen verabschiedet worden und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklungsstufen auf alle Länder anwendbar; ihre Ziele sind universell und betreffen die entwickelten Länder ebenso wie die Entwicklungsländer.273 Damit besteht auch im Rahmen der „Agenda 2030“ eine Bindung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit an die Menschenrechte. cc) Das BMZ-Strategiepapier 4/2011 Neben diesen internationalen Abkommen betont die deutsche Entwicklungszusammenarbeit selbst regelmäßig die Bedeutung der Menschenrechte. Hierdurch wird die Menschenrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zwar nicht begründet, doch aber anerkannt. Insbesondere das Strategiepapier „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ des BMZ von 2011 betont gleich zu Beginn, dass die Menschenrechte das Leitprinzip der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und maßgeblich für die Ziele, die Programme und die Vorgehensweise in der Entwicklungszusammenarbeit seien.274 Der deutsche Staat werde durch die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern zu einem Pflichtenträger, die bedürftigen Gruppen hingegen zu Rechtsinhabern.275 In dieser Aussage ist das Anerkenntnis der Menschenrechtsrelevanz durch die deutsche Exekutive zu sehen. Die Begründungen des entwicklungspolitischen Handelns sind zwar schlüssig, allerdings wird in dem Strategiepapier in erster Linie nur die Möglichkeit der Menschenrechtsverletzung durch das Partnerland diskutiert. Es wird dabei verkannt, dass es auch durch deutsches entwicklungspolitisches Engagement in Entwicklungsländern zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann. Da das BMZ-Strategiepapier die Menschenrechte jedoch als Begründung für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit heranzieht, verdichtet sich die Menschenrechtsrelevanz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.

271

Agenda 2030, Ziffer 19. Agenda 2030, Ziffer 36. 273 Agenda 2030, Ziffer 5. 274 BMZ, Menschenrechte in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, Strategiepapier 4/2011, S. 3. 275 BMZ, Menschenrechte in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, Strategiepapier 4/2011, S. 7. 272

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

dd) Stellungnahmen zu Menschenrechten in der Entwicklungszusammenarbeit Schließlich existieren einige Stellungnahmen zu den Menschenrechten in der Entwicklungszusammenarbeit. Meist sind diese spezifisch auf ein Thema zugeschnitten und stammen von einer der Unterorganisationen der Vereinten Nationen. Die Rolle der Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit wird durch diese Dokumente hervorgehoben und in den Zusammenhang mit einem konkreten Problemfeld gestellt. Exemplarisch sollen drei Stellungnahmen aufzeigen, dass sich der Menschenrechtsansatz in der Entwicklungszusammenarbeit unter Berufung auf verschiedene Rechte durchgesetzt hat. Menschenrechtsverletzungen kommen in und durch die Entwicklungszusammenarbeit regelmäßig vor, wie eine Stellungnahme des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters für ein Menschenrecht auf angemessenes Wohnen Miloon Kothari276 vom 15. März 2006 zeigt. Im Annex I geht diese Stellungnahme darauf ein, dass es im Rahmen von Entwicklungsprogrammen – etwa beim Bau großer Dämme, von Industriekomplexen, von Energieanlagen, von Minen oder von landwirtschaftlichen Projekten – zu Streitigkeiten über Landbesitz kommen kann. Die Inbesitznahme von Grundstücken, die Erneuerung der städtischen Erscheinung, die Aufbesserung von Slums, Hausrenovierungen oder andere Landnutzungen würden oft damit gerechtfertigt, dass die Maßnahmen einem „öffentlichen Zweck“ dienten. Damit bei notwendigen Entwicklungsprojekten Mindeststandards eingehalten werden, sieht die Stellungnahme Vorgaben vor, wie in solchen Situationen vorgegangen werden sollte und wie das Recht auf adäquates Wohnen gewährleistet werden kann. Insbesondere sollen Enteignungen das letzte Mittel darstellen, zu dem erst dann gegriffen werden darf, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Es sei dabei im Rahmen von Enteignungen stets eine Entschädigung zu leisten und möglichst eine sofortige Unterbringung in einer anderen Unterkunft vorzunehmen. Besonders schutzbedürftige Gruppen wie Kinder oder ältere Menschen sollen mit Umsicht behandelt werden. Weiter existiert eine Studie der UNESCO zum Menschenrechtsansatz bei der Kooperation in der Entwicklungszusammenarbeit zum Thema Bildung.277 In der Studie wird das Recht auf Bildung betont und dieses in engen Zusammenhang mit dem „Recht auf Entwicklung“ gestellt. Nur wenn die untrennbare Verbindung zwischen den Menschenrechten, der Entwicklung von Entwicklungsländern und dem Erfolg von Projekten gesehen würde – so der Bericht –, könne Armut beseitigt werden. Darum sei eine systematische rechtliche Herangehensweise an das weite Themengebiet der Bildung notwendig, denn Bildung sei der Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung. Ein rechtlicher Ansatz, also die Akzeptanz von 276 277

UN Doc. A/HRC/4/18 vom 05.02.2007. UNESCO, A Human Rights-Based Approach to Education for All (2007).

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Schutz- und Erfüllungspflichten sowohl der Industrie- als auch der Entwicklungsländer, sorge für Stabilität und trage zu einer positiven Sozialtransformation bei. Ein rechtlich geprägter Ansatz in der Entwicklungspolitik sei kosteneffektiv und langfristig geeignet, einen wünschenswerten Wandel von Entwicklungsländern hin zu mehr Unabhängigkeit von Entwicklungsgeldern herbeizuführen. Im Jahr 2016 nahm der UN-Menschenrechtsrat – wie viele Male zuvor schon – zum Thema eines „Rechts auf Entwicklung“ Stellung.278 Der UN-Menschenrechtsrat betonte die Existenz eines solchen Menschenrechts und forderte alle Staaten dazu auf, bei der Verwirklichung mitzuwirken. Hierbei seien die Ziele der „Agenda 2030“ und das Ziel einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Entwicklung zu begrüßen. Allerdings sei es notwendig, dass Kriterien erarbeitet würden, die eine praktische Anwendbarkeit des „Rechtes auf Entwicklung“ sowie anderer Menschenrechte im Prozess der Entwicklung ermöglichen. In diesem Zusammenhang wurde erstmalig ein eigenständiger UN-Sonderberichterstatter für das „Recht auf Entwicklung“ berufen.279 Seine Aufgabe ist es, den Fortschritt der Umsetzung eines „Menschenrechts auf Entwicklung“ zu überwachen und dieses Menschenrecht bei allen Entwicklungsorganisationen bzw. in allen Ländern zu forcieren. In der Stellungnahme des UN-Menschenrechtsrates wird die Universalität, die Unteilbarkeit, die gegenseitige Wechselbeziehung und die Abhängigkeit von Menschenrechten inklusive des „Rechts auf Entwicklung“ betont. Diese Zusammenhänge müssten in der Entwicklungszusammenarbeit gleichermaßen forciert und eingehalten werden. 3. Die Herleitung einer „Wesentlichkeit für das Zusammenleben der Menschen“ Würde das Merkmal der Grundrechts- oder Menschenrechtsrelevanz im Rahmen des Parlamentsvorbehaltes isoliert betrachtet, käme man letztlich zu einem Rückgriff auf den Totalvorbehalt, denn im Verhältnis von Staat und Bürger ist in jedem Handeln oder Unterlassen regelmäßig ein Bezug zu den Grund- oder Menschenrechten anzunehmen.280 Bei der Begründung der „Wesentlichkeit“ sind daher neben der Intensität des Grundrechts- oder Menschenrechtseingriffs stets die Auswirkungen der Thematik auf die Gesellschaft zu berücksichtigen. Auch wenn eine Grund- oder Menschenrechtsrelevanz die „Wesentlichkeit“ der Materie indiziert, sind weitere Umstände – wie die Breitenwirkung, der finanzielle Umfang und die Langfristigkeit des Themas – zu berücksichtigen.281 Das bedeutet: Je 278 UN Doc. A/HRC/33/L.29 vom 27.02.2016 (unter Bezugnahme auf UN Doc. A/Res/41/128 vom 04.12.1986). 279 Dieses Amt übt seit Mai 2017 Saad Alfarargi (Ägypten) aus. 280 Ähnlich Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung und Verfassungsrecht (1988), S. 424. 281 BVerfGE 108, 282 (311); Krüper, Marktbereinigung unter Wesentlichkeitsvorbehalt, GewArch (2017), S. 257 (259 f.).

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mehr der Bürger in seinen Grund- oder Menschenrechten betroffen und je gewichtiger die Angelegenheit für die Allgemeinheit ist, desto detaillierter und genauer müssen die äußeren legislativen Vorgaben für die Materie sein.282 Um nachweisen zu können, dass die Entwicklungszusammenarbeit neben ihrer Relevanz für die Grund- und Menschenrechte eine wichtige Angelegenheit für die Allgemeinheit ist, soll analysiert werden, weswegen in ihr eine zwischengesellschaftliche Aufgabe zu sehen ist. Hierbei sind die Auswirkungen der Entwicklungszusammenarbeit sowohl auf die Gesellschaft unter der Jurisdiktion des Grundgesetzes, aber auch die des Partnerlandes zu untersuchen. Auf der einen Seite können Veränderungen in Entwicklungsländern mittelbar Auswirkungen auf die Geberländer wie Deutschland haben. Funktioniert die Entwicklungszusammenarbeit nicht, werden globale Probleme – wie der Umweltund Klimaschutz – nicht angegangen. Wirtschaftliche Entwicklungen müssen heute global betrachtet werden, und ein Wachsen des deutschen Bruttoinlandsproduktes hängt oft von äußeren Faktoren wie dem Wohlstand und der Kaufkraft in Entwicklungsländern ab. Scheitert die Entwicklungszusammenarbeit gar, müssen Menschen ihre Heimat aufgrund von Perspektivlosigkeit oder Hunger verlassen. In der Hoffnung, in anderen Ländern ein besseres Leben führen zu können, nehmen sie den Weg in die Nachbarländer oder in die Industrienationen auf sich. Dies kann Auswirkungen auf die Gesellschaften der Geberländer haben. Darüber hinaus zeigt der große Entwicklungsetat im Bundeshaushalt, der für das Jahr 2021 mit 12,4 Milliarden Euro veranschlagt ist, dass die Entwicklungszusammenarbeit erhebliche Relevanz hat. Gleichzeitig besteht eine unmittelbare gesellschaftsprägende Komponente der Entwicklungszusammenarbeit, denn die Kooperation von Ländern fördert Interkulturalität der an ihr beteiligten Menschen. Die Diskussion über verschiedene Lebensentwürfe und Weltanschauungen führt nämlich zu einer Reflexion der eigenen Werte und Normen. Auf der anderen Seite werden durch die Entwicklungszusammenarbeit die Gesellschaften von Entwicklungsländern geformt und gestaltet. Es werden Veränderungen vorgenommen, die die zukünftige Ausrichtung der Länder beeinflussen – im positiven wie im negativen Sinne. Dabei werden Vorstellungen über die Zusammenhänge des Lebens und ein Weltbild vermittelt, die denen in Industrienationen entsprechen und sich elementar von der historisch gewachsenen Identität eines Entwicklungslandes unterscheiden können. Auch die Schaffung von rechtsstaatlichen Bedingungen im Sinne einer „good governance“ hat erhebliche gesellschaftliche Relevanz. Die Entwicklungszusammenarbeit trägt dazu bei, dass Menschen auch in abgelegenen Teilen der Welt durch den Bau von Straßen, Häfen oder Flughäfen in der Lage sind, miteinander und mit der Außenwelt in Kontakt zu treten. Eine funk282

BVerfGE 83, 130 (152).

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tionierende Wirtschaft und Landwirtschaft, die durch Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut und unterstützt werden kann, tragen zur lokalen Versorgungssicherheit bei und schaffen Arbeitsplätze. Durch die Errichtung einer weltweit funktionierenden Infrastruktur und neuerdings die rasanten Entwicklungen in der digitalen Technologie kommt es darüber hinaus zu einer bislang unvorstellbaren Verbindung der verschiedensten Länder der Welt miteinander. Der deutschen Entwicklungszusammenarbeit kommt im Verhältnis von Geberund Nehmerländern zusammenfassend eine verbindende, zwischengesellschaftliche Aufgabe zu. Sie ist maßgeblich an der Schaffung von Strukturen beteiligt, damit Entwicklungsländer auf eigenen Beinen stehend ihren eigenen Entwicklungsweg einschlagen können. Gleichzeitig gibt es Rückwirkungen auf die deutsche Gesellschaft. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit entfaltet in einer Gesamtschau damit nicht nur eine erhebliche Grund- und Menschenrechtsrelevanz, sondern sie hat für das Zusammenleben der Menschen eine enorme Bedeutung. Damit ist die „Wesentlichkeit“ der deutschen Entwicklungszusammenarbeit anzunehmen. Es existiert ein Parlamentsvorbehalt.

II. Die Herleitung eines Parlamentsvorbehaltes aus einer Staatszielbestimmung Ein Parlamentsvorbehalt für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit könnte sich darüber hinaus unmittelbar aus der Verfassung ergeben, sofern ein Staatsziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nachgewiesen werden kann. Ein solches Staatsziel könnte sich aus Art. 20a GG, dem Demokratieprinzip oder anderen Verfassungsnormen ergeben. Es wird daher zu untersuchen sein, ob das Grundgesetz Ausführungen zur Entwicklungszusammenarbeit – sei es direkt oder mittelbar – macht. 1. Die Existenz eines Staatsziels der deutschen Entwicklungszusammenarbeit? Lässt sich nachweisen, dass ein Staatsziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Grundgesetz vorgesehen ist, ließe sich ein Parlamentsvorbehalt direkt aus der Verfassung herleiten.283 Dies ist damit zu begründen, dass Staatszielbestimmungen besonders geeignet sind, das Vorliegen einer „wesentlichen“ Thematik zu begründen. Staatszielbestimmungen betreffen nämlich stets elementare Probleme und Aufgaben der Gesellschaft und sollen diese Themen als existentielle Sorgen der Bürger in den Dunstkreis aller staatlichen Organe heben.284 Das Vorliegen eines verfassungsrechtlich umrissenen Staatszieles bringt einen 283 Zum Wesentlichkeitsgehalt einer Staatszielbestimmung auch Kalscheuer/Jacobsen, Der Parlamentsvorbehalt: Wesentlichkeitstheorie als Abwägungstheorie, DÖV 2018, S. 523 (526 ff.). 284 Maurer, Staatsrecht I (2010), S. 170.

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verbindlichen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber zum Ausdruck und verpflichtet diesen zur Regelung der grundlegenden Zusammenhänge. Lange Zeit war nicht unumstritten, was genau unter einer Staatszielbestimmung zu verstehen ist. Da die Begrifflichkeit vielseitig verwendet wurde und sich das Verständnis über Staatsziele regelmäßig änderte, wurde 1981 eine Sachverständigenkommission „Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge“ eingesetzt. Diese hatte als Hauptaufgabe zu ermitteln, ob unter Umständen eine Ergänzung des Grundgesetzes im Bereich der Staatsaufgaben notwendig sei. In diesem Zusammenhang überlegte sich die Kommission, welcher Definition von Staatszielbestimmungen ihre Bewertung zugrunde liegen soll. Nach der gefundenen Formulierung sei ein Staatsziel eine „Verfassungsnorm mit rechtlich bindender Wirkung, die der Staatstätigkeit die fortdauernde Beachtung oder Erfüllung bestimmter Aufgaben – sachlich umschriebener Ziele – vorschreibt“ 285. Diese Wortwahl, welche von einem Großteil der Literatur übernommen wurde,286 verdeutlicht den Stellenwert einer allgemeinen politischen Forderung durch die Zuweisung von Verfassungsrang. Anders als einfachen allgemeinen politischen Forderungen kommt den Staatszielbestimmungen Bindungswirkung zu, wobei die staatlichen Organe in der Mittelwahl zum Erreichen der Ziele frei entscheiden können. Jedes Handeln des Staates, aber auch Gesetze, die gegen eine Staatszielbestimmung verstoßen, sind verfassungswidrig. Das Grundgesetz selbst kennt einige wenige Staatsziele, und auch die Landesverfassungen enthalten eigenständige Staatszielbestimmungen. In den neuen Bundesländern Sachsen-Anhalt (Art. 3 Abs. 3 VerfLSA), Sachsen (Art. 13 SächsVerf) und Thüringen (Art. 43 ThürVerf) wird durch konkrete Verfassungsnormen explizit geregelt, was unter einer Staatszielbestimmung zu verstehen ist. Staatsziele des Bundes und der Länder sollen sich im Idealfall ergänzen; teilweise wiederholen die Landesverfassungen die Staatsziele des Bundes aber lediglich. Kommt es zur Kollision, sind die Staatsziele zunächst miteinander in Einklang zu bringen und nur, sofern dies überhaupt nicht möglich ist, hat das Staatsziel des Bundeslandes im Sinne des Art. 30 GG zurückzutreten. Als grundgesetzliche Staatszielbestimmungen sind insbesondere die verwirklichte Wiedervereinigung Deutschlands nach Art. 23 Abs. 1 GG a. F.,287 die Friedenspflicht nach Art. 24 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 GG und die Garantie einer sozialen Staatlichkeit gemäß Art. 20 Abs. 1 GG in Verbindung mit 285 BMI/BMJV (Hrsg.), Staatszielbestimmungen, Gesetzgebungsaufträge, Bericht der Sachverständigenkommission (1983), S. 21 (BT-Drs. 12/6000 vom 05.11.1993). 286 Badura, Staatsrecht (2018), S. 418; H. Klein, Staatsziele im Verfassungsgesetz, DVBl. 1991, S. 729 (733); Maurer, Staatsrecht I (2010), S. 166. 287 Der „verfassungsrechtliche Rechtssatz des Wiedervereinigungsgebot“ wurde auch mehrfach vom Bundesverfassungsgericht betont (BVerfGE 5, 85 [127]; BVerfGE 36, 1 [18]; BVerfGE 24, 27 [77]; BVerfGE 77, 137 [150]).

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Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG zu nennen. Zusätzlich zu diesen allgemein anerkannten Staatszielen schlug die Sachverständigenkommission „Staatszielbestimmungen/ Gesetzgebungsaufträge“ vor, Staatsziele zum Umweltschutz, zur Arbeit und über die kulturelle Prägung Deutschlands einzuführen. Die Vorschläge der Kommission blieben zunächst ungehört, und erst nach den Einigungsverträgen von 1990 wurden im Rahmen der Diskussion über eine neue Verfassung weitere Staatszielbestimmungen ins Grundgesetz eingefügt. Nach Abschluss der „Maastricht-Verträge“ erhielt 1992 das Ziel eines vereinigten Europas mit Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG seine verfassungsrechtliche Prägung, und 1994 wurde im Rahmen einer Grundgesetzergänzung durch die Neufassung von Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau bekundet288 sowie zeitgleich in Art. 20a GG der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verankert. Teilweise wird die Existenz weiterer Staatsziele diskutiert und befürwortet. Derartige Diskussionen lassen sich damit begründen, dass zwar lediglich eine begrenzte Anzahl an Verfassungsnormen selbst eine Staatszielvorgabe macht, gleichwohl aus einer Gesamtschau einzelner verfassungsrechtlicher Aussagen weitere Staatsziele hergeleitet werden können.289 Diskutiert wird etwa, ob Art. 109 Abs. 2 GG eine Verpflichtung des Staates zur Einhaltung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes enthält.290 Besonders heftig wird auch darüber gestritten, ob eine Staatszielbestimmung der Kulturförderung existiert291 oder existieren sollte292. Letztlich werden vereinzelt spezielle Staatszielbestimmungen vertreten. Die Grundversorgung an öffentlichen Verkehrsmitteln – herleitbar aus Art. 87e Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 87f Abs. 1 S. 1 GG – sei etwa vom deutschen Staat 288 Teilweise wird, wie von Slupik, Die Entscheidung des Grundgesetzes für Parität im Geschlechterverhältnis (1988), S. 86 ff. vertreten, Art. 3 Abs. 2 GG enthalte ein kollektives subjektives Grundrecht. Eine überwiegende a. A. spricht sich gleichwohl für einen Förderauftrag in Form einer Staatszielbestimmung aus wie Boysen, in: v. Münch/ Kunig, GG (2012), Band 1, Art. 3, Rn. 162; Nußberger, in: Sachs, GG (2018), Art. 3, Rn. 285. So auch BT-Drs. 12/6000 vom 05.11.1993, S. 50 f. 289 Herzog, Ziele, Vorbehalte und Grenzen der Staatstätigkeit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2006), Band IV, S. 81 (93). 290 Hierzu Stein/Frank, Staatsrecht (2010), S. 86. Einordnung als Staatsziel bei Badura, Staatsrecht (2018), S. 419; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen (1997), S. 348 und S. 353. Einordnung als einfacher Gesetzgebungsauftrag bei Maurer, Staatsrecht I (2010), S. 167; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 109, Rn. 89 f. 291 Meist wird auf Art. 5 Abs. 3 GG Bezug genommen, so Badura, Die Förderung des gesellschaftlichen Fortschritts als Verfassungsziel und der Schutz der grundrechtlichen Freiheit, in: FS Stern (2012), S. 275 (287); Steiner, Kultur, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2006), Band IV, S. 701 (704f). 292 Gesetzesinitiativen der FDP-Fraktion (BT-Drs. 16/387 vom 18.01.2006) und der SPD-Fraktion (BT-Drs. 17/10664 vom 11.09.2012) zu einem solchen Staatsziel.

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als Staatsziel zu gewährleisten.293 Außerdem wird im Zusammenhang mit der Internationalisierung der Staatsziele und der steigenden Einflüsse des Völkerund Europarechts diskutiert, ob die fünf Grund(staats)ziele des Völkerrechts – die Sicherung von Frieden, die Gewährleistung der Menschenwürde, die Schaffung sozialer Prinzipien in den Staaten, die Förderung von Kultur und der Schutz der Umwelt – eigenständige Staatszielvorgaben für die Bundesrepublik enthalten.294 Ein Staatsziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist hingegen noch nicht diskutiert worden. a) Das Staatsziel des Umweltschutzes gemäß Art. 20a GG In Betracht kommt zunächst die Herleitung eines Staatsziels der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aus Art. 20a GG. Eine Erweiterung des Art. 20a GG auf Belange der Entwicklungszusammenarbeit erscheint denkbar, weil Umweltbelange grundsätzlich nur gelöst werden können, sofern diese global angegangen werden. Die sich weltweit abzeichnenden Umweltprobleme sind aber auch, so Gerd Müller295, eine der größten Herausforderungen der aktuellen und zukünftigen deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Mit der gewählten Formulierung in Art. 20a GG sollte ursprünglich die objektiv-rechtliche Normqualität betont und eine subjektive Einklagbarkeit vermieden werden.296 Jedes staatliche Handeln muss nach Art. 20a GG – in Verantwortung für die künftigen Generationen – die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere schützen.297 Grundsatzentscheidungen im Umweltrecht unterliegen damit einem Parlamentsvorbehalt.298 Alle „wesentlichen“ Entscheidungen, wie solche über den Ausstieg aus einer Energiegewinnungstechnologie, den Klimaschutz oder den Bau umweltgefährdender Anlagen, bedürfen einer legislativen Behandlung. Das bedeutet, dass Art. 20a GG als Staatsziel andere Grundrechte einschränken kann, aber auch selbst einschränkbar ist.299 Der Schutzauftrag des Art. 20a GG beinhaltet, dass der Staat bereits der Entstehung von Umweltgefahren aktiv entgegenwirken muss. Das Staatsziel des Um293

Lerche, Infrastrukturelle Verfassungsaufträge, in: FS Friauf (1996), S. 251 (259 f.). Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen (1997), S. 259 ff. 295 Vgl. G. Müller, Umdenken (2020), S. 69–131. 296 BVerwG, NJW 1995, S. 2648 (2649); BVerfG, NVwZ 2010, S. 114 (118). 297 Zu den „natürlichen Lebensgrundlagen“ Caspar/Schröter, Das Staatsziel Tierschutz in Art. 20a GG (2003), S. 29; Kloepfer, Umweltrecht (2016), S. 124 f.; Salzwedel, Schutz natürlicher Lebensgrundlagen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2006), Band IV, S. 1109 (1121). 298 Laskowski, Demokratisierung des Umweltrechts, ZUR 2010, S. 171 (173 f.). 299 BVerfGE 104, 337 (339 ff.); BVerfG, NVwZ 2014, S. 211; Erbguth/Schlacke, Umweltverfassung, JURA 2009, S. 431 (433). Die Problematik des grundrechtlichen Schutzes im Umweltrecht bereits Rupp, Die verfassungsrechtliche Seite des Umweltschutzes, JZ 1971, S. 402 (404). 294

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weltschutzes umfasst also ein Risikovorsorgeprinzip300 und eine Berücksichtigungspflicht im Sinne des Verschlechterungsverbotes.301 Aufgrund der absehbaren Auswirkungen von Umweltbelangen auf die Zukunft enthält Art. 20a GG einen Verweis auf die kommenden Generationen. Generationenübergreifend sollen durch nachhaltiges Wirtschaften die sukzessive Zerstörung der Umwelt und der Klimawandel angegangen werden. Umwelt- und Klimaprobleme sind jedoch nicht national zu lösen, weswegen Art. 20a GG die deutschen staatlichen Verantwortlichen dazu verpflichtet, sich über den eigentlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes hinaus international für die Ökologie einzusetzen und bei der Übernahme von Verantwortung im Ausland die ökologischen Aspekte zu berücksichtigen.302 Der Staat ist also auch auf globaler Ebene aus Art. 20a GG dem Umweltschutz verpflichtet.303 Hierin könnte der Ansatzpunkt für ein Staatsziel der Entwicklungszusammenarbeit gesehen werden.304 Die bereits erfolgte Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen ist teilweise nicht mehr rückgängig zu machen. Mit der prognostizierten Erderwärmung kommt es in der Zukunft nicht nur zu einer Erhöhung des Meeresspiegels, vermehrten Naturkatastrophen und Dürren sowie extremen Wetterlagen, sondern es wird vorhergesagt, dass ab dem Jahr 2030 jährlich mindestens der Tod einer halben Million Menschen – insbesondere in den Entwicklungsländern – direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden kann.305 Bei einer teleologischen Auslegung des Art. 20a GG ist es damit möglich zu argumentieren, dass sich eine gesunde Umwelt und ein menschenwürdiges Leben in Entwicklungsländern gegenseitig bedingen. Wird allerdings der historische Kontext der Entstehungsgeschichte des Art. 20a GG mit in die Überlegungen einbezogen, erscheint ein Staatsziel der Entwicklungszusammenarbeit nur schwerlich in der Verfassungsnorm enthalten zu sein. Bei Implementierung des Staatszieles 1994,306 der eine lange Diskussion über den Inhalt und die Reichweite vorausgegangen war, wurde bewusst nur der Umweltschutz normiert. Auch als Art. 20a GG im Jahr 2002 als Folge des 300

Gassner, Zur Maßstabsqualität des Art. 20a GG, NVwZ 2014, S. 1140 (1141). T. Groß, Welche Klimaschutzpflichten ergeben sich aus Art. 20a GG?, ZUR (2009), S. 364 (367). 302 Stein/Frank, Staatsrecht (2010), S. 181 f. 303 Gassner, Die verfassungsrechtliche Profilierung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen, NVwZ 2020, S. 29 (30); T. Groß, Welche Klimaschutzpflichten ergeben sich aus Art. 20a GG?, ZUR 2009, S. 364 (366). 304 Vom Zusammenhang von Umweltschutz und sozialen Komponenten bereits Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck (1994), S. 46 f. 305 GHF, Human Impact Report: Climate Chance – The Anatomy of a Silent Crisis (2009), S. 22 ff.; sehr eindringlich und mit einer noch düstereren Prognose warnt vor den Folgen des Klimawandels auch der Klimaforscher Wallace-Wells, The Uninhabitable Earth, im New York Magazine vom Juli 2017. 306 BGBl. I (1994), S. 3146 und BGBl. I (2002), S. 2862. 301

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„Schächterurteils“ 307 um den Tierschutz erweitert wurde, ist eine Festschreibung der Zusammenhänge mit der Entwicklungszusammenarbeit unterblieben. Da es sich bei einem Staatsziel um eine Verfassungsnorm mit rechtlich bindender Wirkung handelt, darf nicht über den Willen des Gesetzgebers hinweg eine Erweiterung des Umweltschutzes auf die Entwicklungszusammenarbeit vorgenommen werden, selbst wenn die Zusammenhänge der Themen nicht zu übersehen sind. Ein Staatsziel der Entwicklungszusammenarbeit ist damit nicht aus Art. 20a GG herleitbar. b) Das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG Weiter könnte daran gedacht werden, ein Staatsziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aus dem Demokratieprinzip abzuleiten. Das Demokratieprinzip selbst ist zwar keine Staatszielbestimmung, doch durchdringt es den gesamten Staatsaufbau. Gemeinsam mit dem Republik-, dem Sozialstaat-, dem Bundesstaats- und dem Rechtsstaatsprinzip prägt das Demokratieprinzip das Gefüge der Bundesrepublik Deutschland.308 Anders als bei den Staatszielbestimmungen geht es bei den fünf Grundprinzipien der deutschen Verfassung indes um eine vollständige Erfüllung und nicht nur um ein Streben nach den selbstgesetzten Zielen. Außerdem unterliegen die Grundprinzipien der Verfassung, anders als die meisten Staatszielbestimmungen, der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG. Da der deutsche Staat vom Demokratieprinzip aber durchdrungen ist, könnte hieraus eine Verpflichtung zur Verbreitung von Demokratie in Entwicklungsländern und damit ein eigenständiges Staatsziel zu folgern sein. Die Grundprinzipien gelten grundsätzlich jedoch nur für den inneren Aufbau des deutschen Staates. Im internationalen Recht ist hingegen das Prinzip der Nichteinmischung zu beachten.309 Deutschland kann deswegen nicht einfach in ein Land einmarschieren, nur weil dort ein vermeintlicher Diktator herrscht oder die Menschen innerhalb einer autoritären Staatsform leben. Dies stellte einen Verstoß gegen Art. 2 Nr. 4 UN-Charta dar und wäre als der extremste Fall einer Einmischung in die Angelegenheiten eines anderen Landes zu klassifizieren. Andererseits hat sich in Deutschland die Vorstellung über den demokratischen Rechtsstaat im Laufe der Jahre hin zu einer offenen Staatlichkeit gewandelt. Das bedeutet, dass die Staatsaufgaben durch vertragliche Bindung und die Integration Deutschlands in verschiedenen internationalen Organisationen keiner territorialen Bindung mehr unterliegen.310 Es könnte daher Teil der deutschen Entwicklungs-

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BVerfGE 104, 337. Vgl. U. Schröder, Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, JA 2017, S. 809 ff. 309 Zur Demokratie im Völkerrecht Epping, Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, in: Ipsen, Völkerrecht (2018), S. 205 ff. 310 So auch Badura, Staatsrecht (2018), S. 407. 308

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zusammenarbeit geworden sein, die Demokratie in Entwicklungsländern zu fördern und zu stärken. Mehrere Konzepte des BMZ zu diesem Thema zeigen – ebenso wie das im internationalen Entwicklungsvölkerrecht angewandte Prinzip der „good governance“ –, dass die Implementation und die Förderung von Demokratie in Entwicklungsländern eine wichtige Rolle im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit einnehmen. Hiervon unterscheidet sich die Entwicklungspolitik einzelner Länder, wie die Chinas, elementar, denn China knüpft seine Hilfszusagen gerade nicht an Strukturanpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern.311 Eine Verpflichtung zur Verbreitung der Demokratie – auch durch die Entwicklungszusammenarbeit – ist im Demokratieprinzip der Verfassung gleichwohl nicht enthalten. Vielmehr werden aufgrund von völkerrechtlichen Vorgaben zunehmend Demokratieelemente in die Entwicklungszusammenarbeit mit eingebaut. Ein eigenständiges Staatsziel der Entwicklungszusammenarbeit lässt sich aus dem Demokratieprinzip darum nicht herleiten. c) Das Staatsziel der „Mitmenschlichkeit und des Gemeinsinns“ Sehr aufschlussreich ist die im Jahr 1993 geführte Diskussion um die Einführung eines Staatsziels der „Mitmenschlichkeit und des Gemeinsinns“ in das Grundgesetz.312 Ursprünglich plante die SPD-Fraktion in Art. 7 Abs. 1 GG einen Satz 2 einzufügen, wonach das „grundlegende Bildungsziel (. . .) die Persönlichkeitsbildung zu Selbstständigkeit und Mitmenschlichkeit“ sein sollte. Bei den folgenden Diskussionen zeigten sich jedoch schnell Bedenken der Bundesländer, denn die Mitmenschlichkeit nur auf das Schulwesen zu beziehen, widerspräche der föderalen Struktur der Bundesrepublik. Daher wurde bald das Einfügen eines Art. 2a GG mit dem Wortlaut „Jeder ist zu Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn aufgerufen“ diskutiert und letztlich zwar mit einer deutlichen, aber nicht der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Rechtsausschuss befürwortet. Eine Grundgesetzänderung zugunsten eines Staatszieles der „Mitmenschlichkeit und des Gemeinsinns“ konnte damit nicht durchgeführt werden. Vor dem Hintergrund der Nachkriegszeit war die Mitmenschlichkeit in der Bundesrepublik lange Jahre als ein wichtiges Gut anerkannt gewesen. Solidarität, Hilfsbereitschaft und Gemeinschaftsorientierung prägten die Gesellschaft, doch wurde in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts – so die Entwurfsbegründung – ein Aufkommen an Egoismus und ein bedenklicher Rückzug ins Private als Ausdruck individueller Selbstverwirklichung beklagt. Außerdem war bereits kurz 311 Moyo, Dead Aid (2011), S. 157 f. verweist darauf, dass die nicht an Strukturanpassungsmaßnahmen gekoppelte Entwicklungszusammenarbeit in vielen Ländern sehr willkommen ist. 312 BT-Drs. 12/6000 vom 05.11.1993, S. 82 f.

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nach der deutschen Wiedervereinigung erkannt worden, dass die Lebensleistung vieler Menschen der neuen Bundesländer nicht ausreichend gewürdigt wurde. Durch die Einführung eines Staatszieles, welches allgemein anerkannte Tugenden enthalten sollte, sollte die Identifikation und Akzeptanz aller Menschen mit Gesamtdeutschland erreicht werden – die Initiative für die Gesetzesänderung stammte ursprünglich tatsächlich auch aus den neuen ostdeutschen Bundesländern. Die ethischen Vorstellungen über Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn wurden im Bericht der Verfassungskommission explizit als „Moral im Sinne der Ethik von Kant“ tituliert. Die Rolle des Einzelnen innerhalb der Gesellschaft sollte damit zum Wohle aller, inklusive der Verantwortung für die Umwelt und die Lebensqualität künftiger Generationen, definiert werden.313 Das Einfügen eines Staatsziels der „Mitmenschlichkeit und Gemeinsinns“ in das Grundgesetz ist nicht nur rein ethischer Natur, sondern hätte Einfluss auf die Rechtsauslegung gehabt. Eine „Sozialpflichtigkeit der Freiheit“ wäre nämlich als eine Art Parallele zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums verfassungsrechtlich verankert worden. Dies hätte im Einklang mit den übrigen Vorschriften des Grundgesetzes gestanden, denn das Menschenbild der Verfassung ist nicht das eines rein souveränen Individuums. Vielmehr hat sich das Grundgesetz für eine Gemeinschaftsbezogenheit des Menschen entschieden, ohne dabei die Individualität des Einzelnen zu beeinträchtigen.314 Ein eigenständiges Staatsziel zur Mitmenschlichkeit und zum Gemeinsinn hätte zur Folge gehabt, dass neben der Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG zum Schutz der Menschenwürde dem Staat ein positiver Auftrag zur Verwirklichung zugekommen worden wäre. Hieraus hätte sich verfassungsrechtlich eventuell die Aufgabe des Staates zur Entwicklungszusammenarbeit herleiten können.315 Letzten Endes wurde jedoch keine Verfassungsänderung des Art. 2a GG vorgenommen. Hauptargument gegen die Einführung eines weiteren Staatsziels war, dass die deutsche Verfassung ein strikter juristischer Text sei, der den deutschen Staat konstituiere und lediglich einklagbare Rechte enthalten dürfe. Ein ethischer Verhaltenskodex stelle daher einen Fremdkörper in der Verfassung dar. Außerdem sei die Verpflichtung zur Mitmenschlichkeit bereits hinreichend in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG enthalten.316 Interessanterweise existiert die Aufforderung, Schüler im Sinne der Mitmenschlichkeit zu erziehen, heute in mehreren neueren Schulgesetzen der Bundesländer.317 313

BT-Drs. 12/6000 vom 05.11.1993, S. 82. BVerfGE 4, 7 (15). 315 BT-Drs. 12/6000 vom 05.11.1993, S. 83. 316 BT-Drs. 12/6000 vom 05.11.1993, S. 83. 317 § 2 Abs. 2 SchulG NRW; § 1 Abs. 2 S. 2 SchG BW; § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 und Nr. 4 NSchG. 314

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Eng verbunden mit der Einführung eines möglichen Staatsziels der „Menschlichkeit und des Gemeinsinn“ ist ein Vorschlag von 1993, wonach die Präambel des Grundgesetzes um die Worte „der Gerechtigkeit und Solidarität in der einen Welt“ hätte ergänzt werden sollen.318 Da die Mütter und Väter des Grundgesetzes 1949 aufgrund der vorherrschenden wirtschaftlichen Not die Zusammenhänge in der Welt und die Rolle Deutschlands als Motor für Frieden und Gerechtigkeit noch nicht absehen konnten und andere Prioritäten für die Gesellschaft ausmachten, sei eine derartige nachträgliche Verankerung in der Präambel notwendig. Seit dem Niedergang der Sowjetunion sei zudem eine Einteilung der Welt in verschiedene Blöcke nicht mehr nötig. Die eklatanten Unterschiede zwischen reichen und armen Ländern der Welt träten immer deutlicher in das Bewusstsein der Staatengemeinschaft. Daher reiche es nicht aus, wenn sich das staatliche Handeln auf das eigene Gemeinwesen erstreckt, sondern es müsse eine Neudefinition der Verantwortung von Industrienationen vorgenommen werden.319 Zu einer solchen Ergänzung der Präambel ist es aber nie gekommen. Mangels Erwähnung eines Staatszieles „der Mitmenschlichkeit und des Gemeinsinns“ in der Verfassung und des beibehaltenen Textes der Präambel des Grundgesetzes ist eine Staatszielbestimmung der Entwicklungszusammenarbeit hieraus nicht ableitbar. d) Das Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ Andererseits fordert die Präambel des Grundgesetzes die Bundesrepublik dazu auf, „dem Frieden in der Welt zu dienen“. Liest man diese Formulierung im Zusammenhang mit Art. 24 GG und Art. 25 GG, ergibt sich ein weitgehend anerkanntes Staatsziel der „internationalen Zusammenarbeit“, welches auch die „internationale (Entwicklungs-)Zusammenarbeit umfassen könnte. Bereits Klaus Vogel320 hat Deutschland – in Abgrenzung zu autarken Staaten – als einen „offenen Staat“ bezeichnet und dabei die rechtlich verpflichtende Wirkung der Verfassungsentscheidung zugunsten der internationalen Integration herausgestellt. In dieser Aussage zugunsten einer aktiven Verwirklichung der „internationalen Zusammenarbeit“ wird teils ein Verfassungsgrundsatz des Grundgesetzes321 oder aber auch eine eigene Staatszielbestimmung322 gesehen. Geht man davon aus, dass sich der deutsche Staat aufgrund eines Verfassungsauftrages an der Verwirklichung höherer Ziele innerhalb der Staatengemeinschaft 318

BT-Drs. 12/6323 vom 01.12.1993, S. 8 f. So bereits BT-Drs. 12/5489 vom 23.07.1993. 320 Vogel, Die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit (1964), S. 35 und 48. 321 Badura, Staatsrecht (2018), S. 510. 322 Tietje, Internationalisiertes Verwaltungshandeln (2001), S. 213 ff. 319

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zu beteiligen hat, existiert letztlich ein Staatsziel der „internationalen Zusammenarbeit“, das nicht nur in der Rechtsprechung, sondern auch in der Literatur weitgehend anerkannt ist.323 Aufgrund der Entstehungsgeschichte von Art. 24 GG und Art. 25 GG beruft sich Frank Schorkopf 324 sogar auf einen „Überverfassungsrang“ dieser Verfassungsnormen, weswegen er die allgemeinen Regeln des Völkerrechts an der Spitze der Normhierarchie stellen möchte. Neben der Übertragung von Hoheitsrechten und der Einordnung Deutschlands in ein System kollektiver Sicherheit ist Art. 24 GG von einem internationalen Integrationswillen des Verfassungsgesetzgebers geprägt. Auch nach der Wiedervereinigung Deutschlands, als das Staatsziel derselbigen aus der Verfassung genommen wurde, blieb das Staatsziel der europäischen Integration sowie der Friedenssicherung erhalten; insbesondere werden über Art. 25 GG die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu einem Bestandteil des Bundesrechtes im Rang eines Bundesgesetzes. Neben der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur „internationalen Zusammenarbeit“ werden also die internationalen Rechtsprinzipien und Völkerrechtssätze in das deutsche Recht übernommen. Diese „völkerrechtsfreundliche Grundhaltung des Grundgesetzes“ wurde vom Bundesverfassungsgericht mehrfach hervorgehoben.325 Im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Geltung der EMRK betonte das Gericht zudem, dass das Grundgesetz auf die internationale Zusammenarbeit und die europäische Integration programmatisch festgelegt sei.326 Die deutsche Verfassung ziele darauf, dass sich Deutschland als friedliches und gleichberechtigtes Glied der internationalen Staatengemeinschaft einfügt. Für die im Zusammenhang mit dieser Arbeit aufgeworfene Frage, ob das anerkannte Staatsziel der „internationalen Zusammenarbeit“ ein Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ einschließt, ist maßgeblich, welcher Definition der „internationalen Zusammenarbeit“ man folgt und ob hierunter die Entwicklungszusammenarbeit subsumiert werden kann. Ausgehend von der Vorstellung über einen offenen Verfassungsstaat und vor dem Hintergrund der Präambel des Grundgesetzes sowie Art. 24 GG und Art. 25 GG soll die „internationale Zusammenarbeit“ insofern umrissen werden als die Kooperation von verschiedenen Ländern, Institutionen und Nichtregierungsorganisationen, die in 323 Vgl. Geiger, Staatsrecht III (2018), S. 1; Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 24, Rn. 1; Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz (1998), S. 419; Rensmann, Die Genese des „offenen Verfassungsstaats“ 1948/49, in: Giegerich (Hrsg.), Der „offene Verfassungsstaat“ des Grundgesetzes nach 60 Jahren (2010), S. 37 ff. mit dem Hinweis auf S. 55, dass Art. 1 GG als archimedischer Punkt der „offenen Staatlichkeit“ nicht ausreichend gewürdigt werde. A. A. Merten, Über Staatsziele, DÖV 1993, S. 368 (372). 324 Schorkopf, Staatsrecht der internationalen Beziehungen (2017), S. 158. 325 BVerfGE 6, 309 (362); BVerfGE 18, 112 (121); BVerfGE 31, 58 (75); BVerfGE 58, 1 (41); BVerfGE 111, 307 (318); BVerfGE 128, 326 (366). 326 BVerfGE 63, 343 (370).

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verschiedenen Regionen der Welt ihren Sitz haben. Für eine derartige Beschreibung spricht die häufige Verwendung der Begriffe „Zusammenarbeit“ und „Kooperation“ als Synonyme, wenn vom gemeinsamen Wirken zum Erreichen eines bestimmten Zieles gesprochen wird. Die „internationale Entwicklungszusammenarbeit“ ist dem gegenüber als Zusammenspiel von Geber- und Nehmerländern mit dem konkreten Ziel, die Unterschiede in den Lebensstandards verschiedener Länder zu beseitigen, zu Beginn der Arbeit definiert worden.327 Damit beschreibt die (Entwicklungs-)Zusammenarbeit eine von mehreren Zielrichtungen innerhalb der „internationalen Zusammenarbeit“. Wenn bereits die sehr offen gefasste allgemeine „internationale Zusammenarbeit“ ein Staatsziel darstellt, dann muss erst recht die greifbarere und definierbare „internationale (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ als Staatsziel angesehen werden. Der Telos der „internationalen Zusammenarbeit“ wird durch die Konkretisierung auf die Entwicklungszusammenarbeit verdichtet. Ein derartiges Begriffsverständnis unterstreicht dabei das Vorhandensein anderer Arten der internationalen Zusammenarbeit. Ein Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ ergibt sich insofern aus der Präambel des Grundgesetzes sowie aus Art. 24 GG und 25 GG. Der deutsche Staat wird durch die Existenz eines solchen Staatszieles angewiesen, mit Entwicklungsländern zu kooperieren, innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft die Belange von Entwicklungsländern zu beachten und an der Entwicklung von Entwicklungsländern mitzuwirken. Das Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ definiert folglich eine Handlungsanweisung an die staatlichen Organe, wobei diese in der Wahl der Mittel zur Verwirklichung des Staatszieles frei sind. Für die Existenz eines Staatsziels der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ spricht verstärkend eine sich über Art. 25 Abs. 1 GG manifestierende völkerrechtliche Verpflichtung zur Vornahme von Entwicklungszusammenarbeit. Zur internationalen Entwicklungszusammenarbeit existieren nämlich im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. a) IGH-Statut sowohl bi- als auch multilaterale Verträge, bei denen es sich um Vereinbarungen zwischen Völkerrechtssubjekten handelt. Die Aufgabe der internationalen Entwicklungszusammenarbeit wird demnach nicht nur durch Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG in deutsches Recht inkorporiert, sondern über Art. 25 GG als völkerrechtliche Verpflichtung anerkannt. Aufgrund der gegenläufigen Interessen von Industrie und Entwicklungsländern existiert im Entwicklungsvölkerrecht zwar kaum Gewohnheitsrecht, doch kann sich eine völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung zur Entwicklungszusammenarbeit darüber hinaus im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. b) IGH-Statut herleiten

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Hierzu auf Seite 30.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

lassen.328 Eine Pflicht zu Transferleistungen durch Industrienationen, wie sie von den Entwicklungsländern im Rahmen der Diskussion über eine „neue Weltwirtschaftsordnung“ gefordert wurde, stießen zwar international zunächst auf vehemente Ablehnung.329 Da die vormals ideologischen Gründe für eine solche Umverteilung heute aber nicht mehr verlautbart werden, hat sich vielmehr eine Staatenpraxis im internationalen Rechtsverkehr herausgebildet, wonach sich Staaten multilateral zusammenschließen und über internationale Dachorganisationen wie die Weltbank, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen oder die verschiedenen Träger der Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union mit Entwicklungsländern kooperieren. An dieser allgemeinen Übung nehmen eine Vielzahl an Ländern über einen längeren Zeitraum teil, sodass sich ein Gewohnheitsrecht der internationalen Entwicklungszusammenarbeit im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. b) IGH-Statut herausgebildet hat, das wiederum über Art. 25 GG auf Deutschland Ausstrahlungskraft entfaltet.330 Aufgrund der Existenz eines aus der Präambel des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 24 GG und Art. 25 GG hergeleiteten allgemeinen Staatsziels der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ ist die Bundesrepublik zur Mitwirkung an der Entwicklungszusammenarbeit verpflichtet. Das im Völkervertragsrecht und im Völkergewohnheitsrecht bekannte Kooperationsgebot mit Entwicklungsländern wird darüber hinaus über Art. 25 GG in die Verfassung aufgenommen und verstärkt das Staatsziel. Die deutsche Verfassung kennt somit – ein durch das Völkerrecht gestütztes – Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-) Zusammenarbeit“. Durch das Vorliegen eines Staatszieles der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ wird die Bedeutung der Materie für die Gesellschaft verdeutlicht. Es folgt eine Pflicht der Legislative, die „wesentliche“ Materie selbst zu regeln und nicht an andere Entscheidungsträger zu delegieren. 2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den Vorgaben des Grundgesetzes zum Parlamentsheer Die Herleitung eines Parlamentsvorbehaltes für eine Materie unmittelbar aus der Verfassung ist rechtshistorisch nicht neu. Schon im Jahr 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht331, wie bereits mehrfach angeklungen,332 darüber zu befin328 Diese wurde für den Bereich der allgemeinen internationalen Zusammenarbeit bereits ausführlich nachgewiesen von Tietje, Internationalisiertes Verwaltungshandeln (2001), S. 223 ff. 329 Hierzu Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht (2017), S. 49. 330 Die entsprechende „opinio iuris“ lässt sich aus den Normzusammenhängen der Art. 1 in Verbindung mit Art. 55 und Art. 56 UN-Charta herleiten. Darüber hinaus gibt es im Wirtschaftsrecht, Umweltrecht und Kulturschutz entsprechende Vorteile für Entwicklungsländer. 331 BVerfGE 90, 286. 332 Hierzu bereits auf Seite 148 und 167.

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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den, ob Auslandseinsätze der Bundeswehr verfassungsrechtlich zulässig sind. Das dabei vom Bundesverfassungsgericht hergeleitete wehrverfassungsrechtliche Beteiligungsrecht des Bundestages scheint Parallelen zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit aufzuweisen. Ein Vergleich der beiden Materien lohnt, weil beide Sachverhalte einen Auslandsbezug hoheitlichen Handelns beinhalten und – zumindest vor dem besagten Urteil – die parlamentarische Beteiligung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch nur im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung vorgesehen war. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr könnten sich daher einige Rückschlüsse für die Entwicklungszusammenarbeit ableiten lassen. So wurde in der Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ein Gesetz über die parlamentarische Beteiligung beim Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland erlassen, das in anderen Fällen staatlichen Handels mit Auslandsbezug die Diskussionsgrundlage für die parlamentarische Beteiligung darstellen könnte. Gleichwohl sind auch die Unterschiede der Themen zu berücksichtigen, die insbesondere in den unterschiedlichen Schwerpunkten des staatlichen Handelns – einerseits steht eine Eingriffs-, andererseits eine Leistungsverwaltung im Vordergrund – zu sehen sind. a) Das Urteil zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr Dem Urteil zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr von 1994 lagen vier Organstreitverfahren zugrunde, die später zu einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden. Dabei entstanden einige prozessuale Schwierigkeiten, deren Lösung nicht ohne Kritik blieb.333 Die vier Verfahren betrafen zunächst einmal die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Vorhaben der NATO in der Adria zur Überwachung des Waffenembargos und der Handelssanktionen gegen das ehemalige Jugoslawien. Zudem ging es um einen Beschluss der Bundesregierung, über Bosnien und Herzegowina ein von der UN ausgesprochenes Flugverbot zu überwachen.334 Letztlich war die Beteiligung deutscher Soldaten an einer von der UN aufgestellten Armee für die Herstellung von Frieden in Somalia strittig. In einer Zeit unmittelbar nach dem Ende des Kalten Krieges und aufgrund des historisch problematischen Erbes der Wehrmacht ging es darum, die Rolle der deutschen Streitkräfte im Weltgeschehen neu zu definieren und Aufgabenfelder 333

Vgl. Limpert, Auslandseinsatz der Bundeswehr (2002), S. 111 ff. Es wurde jeweils ein Organstreitverfahren der FDP- und der SPD-Fraktion angestrengt. Der Umstand, dass eine Regierungsfraktion als Antragstellerin auftrat, veranlasste das Bundesverfassungsgericht dazu, das Rechtsschutzbedürfnis (mit zwei abweichenden Sondervoten) anzunehmen, da die FDP-Fraktion in der mündlichen Verhandlung substantiiert darlegen konnte, weswegen sie die Entscheidung der Regierung in der Sache begrüßte, aber den Verfahrensweg missbilligte. 334

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

zu finden. Als Kernelement des Urteils von 1994 gilt daher, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit als verfassungsrechtlich zulässig erklärt worden sind, wobei grundsätzlich eine vorherige konstitutive Zustimmung des Bundestages einzuholen ist.335 Auch wenn die Verfassung die Kompetenz in Bereichen der auswärtigen Gewalt als Regelfall der Exekutive zuordne, sehe das Grundgesetz – in concreto die Wehrverfassung – eine Beteiligung des Parlamentes vor.336 Die auf die Streitkräfte bezogenen Regelungen des Grundgesetzes seien – in den verschiedenen Stufen ihrer Ausformung – stets darauf angelegt, die Bundeswehr nicht als Machtpotential allein der Exekutive zu überlassen, sondern als „Parlamentsheer“ in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung einzufügen.337 Dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht entschied, dass eine konstitutive Zustimmung des Bundestages im Vorfeld eines Einsatzes ausreiche, wandte es sich gegen die zuvor herrschende Auffassung,338 wonach schlichte Parlamentsbeschlüsse keine rechtliche Bindungswirkung entfalten könnten.339 Das Bundesverfassungsgericht bezog sich bei seiner Herleitung des Parlamentsvorbehaltes auf eine Vielzahl an wehrverfassungsrechtlichen Vorschriften wie Art. 45a GG und Art. 87a Abs. 1 S. 2 GG.340 Dogmatisch umstritten wurde zudem eine deutsche Verfassungstradition herangezogen.341 Hiernach sei bereits in der Reichsverfassung von 1871 (Art. 11 Abs. 1 S. 2) und der Weimarer Reichsverfassung (Art. 45 Abs. 2) sowie in der Vorgängernorm des Art. 115a Abs. 1 GG, also Art. 59a Abs. 1 GG a. F., eine verstärkte parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte vorgesehen gewesen.342 Tatsächlich sah Art. 59a GG a. F. vor, dass der Bundestag – nicht aber der Bundesrat – mit einfacher Mehrheit über das Vorliegen des Verteidigungsfalles entscheidet. Entgegen dem Wortlaut von Art. 59a GG a. F. und Art. 115a GG, wonach es nur um die Feststellung des Vereidigungsfalls geht, erweiterte das Bundesverfassungsgericht diese Verfassungstradition

335

BVerfGE 90, 286 (Leitsätze). BVerfGE 90, 286 (381). 337 BVerfGE 90, 286 (381 f.). 338 Bis dato h. M. vertreten von Sellmann, Der schlichte Parlamentsbeschluss (1966), S. 24 und S. 70; Meyn, Kontrolle als Verfassungsprinzip (1983), S. 384 f. 339 In der Vergangenheit war für Einsätze der Bundeswehr vor allem eine Leitentscheidung in Gesetzesform gefordert worden, so Bryde, Sicherheitspolitik zwischen Regierung und Parlament, JURA 1986, S. 363 (367). 340 BVerfGE 90, 286 (384 ff.); vgl. auch Ladiges, Verfassungsrechtliche Grundlagen für den Einsatz der Streitkräfte, JuS 2015, S. 598 ff. 341 Diesbezüglich wurde der Vorwurf erhoben, das Bundesverfassungsgericht habe eine Verfassungstradition nicht hergeleitet, sondern selbst erfunden, so Stein/Kröninger, Bundeswehreinsatz im Rahmen von NATO-, WEU- bzw. VN-Militäraktionen, JURA 1995, S. 254 (262); Nolte, Bundeswehreinsätze in kollektiven Sicherheitssystemen, ZaöRV 1994, S. 652 (674 f.). 342 BVerfGE 90, 286 (383 und 385 ff.). 336

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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auf Auslandseinsätze der Bundeswehr.343 Dies sei geboten, weil das Grundgesetz mit dem Ausrufen des Verteidigungsfalles gemäß Art. 115a GG nur einen der Fälle normiert habe, in welchem das Parlament konkrete Entscheidungsbefugnis hat. Diese Ansicht bestätige sich – so das Bundesverfassungsgericht – durch die Bündnisklausel des Art. 80a GG, wonach die Armee nicht alleiniger exekutiver Kontrolle unterliege. Die Berufung des Bundesverfassungsgerichtes auf die Verfassungstradition verwundert insofern, als dass noch in der Entscheidung zur Stationierung von Pershing-II-Raketen und dem Nato-Doppelbeschluss kurz zuvor betont wurde, die Exekutive habe eine außenpolitische Entscheidungshoheit, und parlamentarische Kontrollbefugnisse fänden im Haushaltskompetenzbereich seine Grenzen.344 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bedeutet gleichwohl keinen Vorrang des Parlaments vor der Stellung der grundgesetzlich vorgesehenen Exekutive als Entscheidungsträger in auswärtigen Angelegenheiten. Insbesondere kommt dem Bundestag für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte keine Initiativbefugnis zu.345 Vielmehr sollte das Gleichgewicht zwischen Exekutive und Legislative wiederhergestellt werden. Dies wurde dadurch erreicht, dass die Bundeswehr als „Parlamentsheer“ in die Verfassungsordnung einbezogen und dem Parlament eine Einflussmöglichkeit gewährt wurde. Da das Grundgesetz auch im Wehrrecht als „logisch-teleologische Einheit“ 346 auszulegen ist, kann durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein gebotener Konsens über die Grundposition zu Auslandseinsätzen gefördert werden. Kommt es zur Abstimmung über den Einsatz von bewaffneten Streitkräften, ist mittels eines konstitutiven Parlamentsbeschlusses mit einfacher Mehrheit im Sinne des Art. 42 Abs. 2 GG über den Einsatz zu entscheiden.347 Bei Einsätzen, die keinen Aufschub dulden, muss nachträglich die Zustimmung des Parlamentes eingeholt werden, damit die Wehr- und Bündnisfähigkeit bei Gefahr im Verzug gewährleistet bleibt.348 Die Einflussmöglichkeit des Parlaments beschränkt sich dabei ausdrücklich auf den „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“. Die Verwendung von Personal der Bundeswehr für Hilfsdienste und Hilfeleistungen im Ausland – sofern es um keine bewaffnete Unternehmung geht – werden vom Bundesverfassungsgericht keinem Parlamentsvorbehalt unterworfen.349 343 Kritisch Arndt, Verfassungsrechtliche Anforderungen an internationale Bundeswehreinsätze, NJW 1994, S. 2197 (2198). 344 BVerfGE 68, 1 (89). 345 BVerfGE 90, 286 (387); zuvor bereits in BVerfGE 68, 1 (86). 346 Vgl. K. Ipsen, Rechtsberatung und Auslandseinsatz der Bundeswehr, in: FS Schwind (2006), S. 71 (83 f.). 347 Kritisch Limpert, Auslandseinsatz der Bundeswehr (2002), S. 61 f. 348 Ausführlich Schaefer, Verfassungsrechtliche Grenzen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (2005), S. 298 f. 349 BVerfGE 90, 286 (388).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Was jedoch genau unter „bewaffneten Einsätzen“ zu verstehen sein soll, kann unterschiedlich bewertet werden, weswegen sich das Bundesverfassungsgericht 2003 zu einer Konkretisierung gezwungen sah. Es solle demnach für das Vorliegen eines Parlamentsvorbehaltes ausreichen, wenn Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind.350 Diese Definition erscheint auch weiterhin sehr vage und konkretisierungsbedürftig, wurde aber in § 2 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz (ParlBG) übernommen und findet heute praktische Anwendung.351 In der Entscheidung zum Vertrag von Lissabon 2009 stellte das Bundesverfassungsgericht schließlich nochmals klar, dass der Parlamentsvorbehalt auch europarechtlich integrationsfest sei.352 Die enorme Bedeutung des Urteils zeigt sich einerseits in seinem breiten Echo in der juristischen Literatur,353 aber auch in der Vielzahl an tatsächlich stattfindenden Diskussionen zum Einsatz der Bundeswehr im Deutschen Bundestag. § 4 Abs. 1 S. 4 ParlBG sieht nämlich vor, dass nicht jeder Einsatz im Plenum besprochen werden muss, sondern lediglich, wenn innerhalb von sieben Tagen nach Verteilung der Drucksache eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages eine Befassung des Bundestages verlangen. Ansonsten gilt die Zustimmung als erteilt. Bei den stattfindenden Diskussionen im Bundestag wird heute mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit über den jeweils konkreten Einsatzauftrag, das Einsatzgebiet, die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes, die Höchstzahl der Soldatinnen und Soldaten, die Dauer des Einsatzes, deren Kosten und die Finanzierung gesprochen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil von 1994 hierfür die Grundlage geschaffen und einen außenpolitischen Gestaltungsspielraum Deutschlands innerhalb der Weltgemeinschaft, aber insbesondere innerhalb des Systems kollektiver Sicherheit, gefunden. Um auf die veränderte weltpolitische Sicherheitslage reagieren zu können, ist die Einbeziehung des Parlaments in den Entscheidungsprozess nicht nur politisch sinnvoll, sondern bestätigt eine Auffassung, die in der juristischen Literatur bereits vor der Entscheidung vereinzelt vertreten worden ist.354

350

BVerfGE 108, 34 (42 f.) Ladiges, Verfassungsrechtliche Grundlagen für den Einsatz der Streitkräfte, JuS 2015, S. 598 (599); F. Schröder, Das parlamentarische Zustimmungsverfahren zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in der Praxis (2005), S. 185 ff. 352 BVerfGE 123, 267 (361). 353 Vgl. Epping, in: ders./Hillgruber, BeckOK Grundgesetz (2019), Rn. 87a GG, Rn. 24 ff.; Ladiges, Verfassungsrechtliche Grundlagen für den Einsatz der Streitkräfte, JuS 2015, S. 598 ff.; Reiter, Der Konstitutive Parlamentsvorbehalt und die Verwendung der Bundeswehr im Lichte des Wandels internationaler Sicherheitssysteme (2015), S. 65 ff. 354 Vgl. März, Bundeswehr in Somalia (1993), S. 62 ff. 351

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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Zumeist wird angenommen, dass die Entscheidung in dieser Art notwendig gewesen sei, weil aufgrund der politischen Umstände zum Zeitpunkt des Urteils eine „salomonische Lösung“ 355 bzw. ein „Kompromiss zwischen Parlamentsund Regierungskompetenz“ 356 gefunden werden musste. Teilweise wird die Erfindung des konstitutiven Parlamentsvorbehaltes sogar als ein „verfassungspolitischer Geniestreich des Bundesverfassungsgerichts“ 357 gewertet, da der Einsatz kämpfender Soldaten heute einer doppelten Legitimation durch Entscheidung durch Bundesregierung und Bundestag unterliegt. Trotzdem hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts neben Bestätigung auch erhebliche Kritik hervorgerufen, weil das Gericht den wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt „aus dem Hut gezaubert“ 358 habe. Insbesondere die dogmatische Herleitung des Parlamentsvorbehaltes wird dabei vielfach kritisiert. Die vorgenommene Auslegung der Verfassung stehe im Widerspruch zur gängigen Praxis des Verfassungsgerichtes, wonach die Entstehungsgeschichte einer Norm lediglich bestätigende, aber keinesfalls eigenständige Bedeutung haben könne.359 Aufgrund der Verfassungshistorie daher auf eine Parlamentsbeteiligungspflicht schließen zu wollen, sei methodisch sehr zweifelhaft.360 Seine Grenzen erfahre der Parlamentsvorbehalt zudem bereits in den nach Art. 43 UNCharta abgeschlossenen Sonderabkommen, wonach die Bundesrepublik mit den Vereinten Nationen vereinbart habe, als Herzstück des kollektiven Sicherheitssystems Truppen bereit zu stellen.361 Schließlich wird das Urteil kritisiert, weil sich das Bundesverfassungsgericht an die einzige Norm des Grundgesetzes, an die es selbst gebunden sei, in Wahrheit nicht gehalten und keine Rechtsauslegung, sondern vielmehr eine Rechtsänderung betrieben habe.362 Es ist daher zu überlegen, ob nicht ein anderer Begründungsansatz für den Parlamentsvorbehalt im Wehrverfassungsrecht möglich erscheint. Ein Ansatzpunkt hierbei könnte sein, den konstitutiven Parlamentsvorbehalt unter Hinweis 355

Heselhaus, Art. 24 II, 42 II GG: Kampfeinsätze der Bundeswehr, JA 1995, S. 454

(457). 356 Rupp, Neuere Probleme um den Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, in: FS Häberle (2004), S. 731 (741). 357 Wiefelspütz, Das Parlamentsheer (2005), S. 198. 358 Fischer/Ladiges, Evakuierungseinsätze der Bundeswehr künftig ohne Parlamentsvorbehalt, NVwZ 2016, S. 32. 359 Brissa, Bundeswehr und Bundestag, DÖV 2012, S. 137 (138); Epping, in: ders./ Hillgruber, BeckOK Grundgesetz (2019), Art. 87a GG, Rn. 25; Sachs, Verfassungsmäßigkeit des Auslandseinsatzes der Bundeswehr, JuS 1995, S. 163 (165 f.); T. Wagner, Parlamentsvorbehalt und Parlamentsbeteiligungsgesetz (2010), S. 32 ff. 360 Schultz, Die Auslandsentsendung von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz zum Zwecke der Friedenswahrung und Verteidigung (1998), S. 436 f. 361 Nolte, Bundeswehreinsätze in kollektiven Sicherheitssystemen, ZaöRV 1994, S. 652 (675 f.). 362 Stein/Kröninger, Bundeswehreinsatz im Rahmen von NATO-, WEU- bzw. VNMilitäraktionen, JURA 1995, S. 254 (262).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

auf das Demokratieprinzip herzuleiten.363 So wird vertreten, dass das Bundesverfassungsgericht bei seiner Herleitung indirekt die Wesentlichkeitstheorie angewendet habe.364 Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts finden sich hierfür jedoch keinerlei Belege.365 Einen Einfluss der Wesentlichkeitstheorie auf die Entscheidung nachzuweisen, ist daher schwer. Dabei wäre das Hinzuziehen der Wesentlichkeitstheorie dogmatisch sinnvoll gewesen und hätte im Zusammenspiel mit der gefundenen Begründung des Parlamentsvorbehaltes aus der deutschen wehrverfassungsrechtlichen Tradition eine sich gegenseitig stützende Argumentation darstellen können.366 Andererseits spricht das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung explizit davon, dass das „Parlamentsheer“ in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung eingefügt werden soll.367 Dies kann wiederum nur unter Berücksichtigung der demokratischen und rechtsstaatlichen Komponente des Gesetzesvorbehaltes geschehen. Es erscheint daher angebracht, den Parlamentsvorbehalt im Rahmen von Einsätzen der Bundeswehr im Ausland anzuwenden und seine Herleitung auch auf die „Wesentlichkeit“ der Frage von Krieg und Frieden zu stützen.368 Da das Bundesverfassungsgericht eine solche Begründung nicht vorgenommen hat und es verpasste, seine Rechtsprechung zur „Wesentlichkeit“ weiterzuentwickeln,369 ist auch zukünftig weiter sachliche Kritik an der Herleitung des Parlamentsvorbehaltes für den Auslandseinsatz der Bundeswehr zu erwarten, auch wenn das gefundene Ergebnis – trotz seiner dogmatischen Mängel – im konkreten Fall befriedigen kann. b) Die Zusammenhänge zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit Einige Zusammenhänge zwischen dem „Parlamentsheer“ und der Entwicklungszusammenarbeit drängen sich geradezu auf.370 Darum sollen die Gemein363 In Ansätzen Kohnen, Die Zukunft des Gesetzesvorbehalts in der Europäischen Union (1998), S. 41 f. 364 Kokott, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, DVBl. 1996, S. 937 (939); Heun, Anmerkung zur Entscheidung über den Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte, JZ 1994, S. 1073 (1074). 365 Vgl. Wiefelspütz, Das Parlamentsheer (2005), S. 202. 366 So auch Epping, Die Evakuierung deutscher Staatsbürger im Ausland als neues Kapitel der Bundeswehrgeschichte ohne rechtliche Grundlage, AöR 124 (1999), S. 423 (448); ders., in: Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz (2019), Art. 87a GG, Rn. 26. 367 BVerfGE 90, 286 (381 f.). Kritisch hierzu Fischer/Ladiges, Evakuierungseinsätze der Bundeswehr künftig ohne Parlamentsvorbehalt, NVwZ 2016, S. 32 (34). 368 Vgl. Tietje/Nowrot, Parlamentarische Steuerung und Kontrolle des internationalen Regierungshandelns und der Außenpolitik, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1469 (1497). 369 Etwa in BVerfGE 121, 135 ff.; BVerfGE 140, 160 ff. 370 Über die Zusammenhänge von Verteidigungs- und Entwicklungspolitik G. Müller, Umdenken (2020), S. 160 f.

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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samkeiten, aber auch die Unterschiede der Themen untersucht werden, damit auf Grundlage dieser Ergebnisse im folgenden Kapitel geschlussfolgert werden kann, wie eine parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ausgestaltet werden könnte. Beide Themen haben zunächst einmal einen internationalen Bezug. Der deutsche Staat tritt jeweils auf fremdem Territorium auf und es finden mithin Hoheitsakte im Ausland statt. Eine weitere Gemeinsamkeit ist der – vor Abschluss des Parlamentsbeteiligungsgesetzes im Jahr 2005 – parallel praktizierte Grundsatz, dem Parlament bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr bzw. im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit nur beim Abschluss des Haushaltsgesetzes mit seinen jeweiligen Haushaltsplänen eine Mitsprachemöglichkeit zu gewähren. Die konkrete Planung, die Ausführung und die Kontrolle beider Materien waren hingegen der Exekutive überlassen. Schließlich existieren sowohl zur Entwicklungszusammenarbeit als auch zur Verteidigung Deutschlands internationale Absprachen, die unter anderem regeln, in welcher Höhe des Bruttosozialproduktes der Haushaltsplan Mittel zur Verfügung stellen soll; für die Verteidigung sind das 2 % und für die Entwicklungszusammenarbeit 0,7 % des Bruttosozialproduktes. Im aktuellen Koalitionsvertrag ist eine Koppelung von Entwicklungs- und Wehretat vorgesehen.371 Gleichwohl unterscheiden sich die Thematiken vornehmlich aufgrund ihrer speziellen Handlungsweise. Das Parlamentsheer ist nämlich immer dann gefordert, wenn es auf der Welt zu Krisen kommt und ein System kollektiver Sicherheit eine Notwendigkeit zum Einschreiten ausmacht. Die Entwicklungszusammenarbeit hingegen wirkt präventiv und soll für Frieden und Wohlstand in benachteiligten Regionen der Welt sorgen. Die Mittelvergabe im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit hat also dem Einsatz von Streitkräften im Ausland als milderes Mittel vorzugehen. Scheitert die Entwicklungszusammenarbeit jedoch, kann die Aufrechterhaltung von Stabilität durch bewaffnete Kräfte erforderlich werden. Umgekehrt soll ein militärischer Einsatz möglichst schnell wieder durch die Entwicklungszusammenarbeit abgelöst werden. Neben dem Inhalt der Materien ist die rechtliche Ausgestaltung der Themenkomplexe voneinander zu unterscheiden, wobei der wesentliche Unterschied im Schwerpunkt des Verwaltungshandelns zu sehen ist. Einerseits können militärische Einsätze der Eingriffsverwaltung zugeordnet werden, die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist hingegen eine Mischverwaltung, die zwar teilweise auch als Eingriffsverwaltung verstanden werden muss, aber sukzessive den Anteil der Leistungsverwaltung ausgebaut hat. Ein weiterer elementarer rechtlicher Unterschied ist darin begründet, dass für die Verteidigung und die Möglichkeiten des Einsatzes der Bundeswehr schrittweise eine Wehrverfassung im Grundgesetz 371 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode, Rn. 6833 ff.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

eingebaut wurde.372 Das Grundgesetz kennt jedoch keine expliziten Vorgaben zur Entwicklungszusammenarbeit, leitet man nicht eine Staatszielbestimmung mittelbar aus Verfassungsnormen ab. Zudem ist die deutsche Entwicklungszusammenarbeit im Gegensatz zur Bundeswehr bis heute weitestgehend nur durch Leitlinien, Satzungen oder Gesellschaftsverträge ausgestaltet; für den Bereich der Bundeswehr existieren hingegen mehrere Gesetze. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bestätigte in seiner Entscheidung zum „Parlamentsheer“, dass im Bereich der auswärtigen Gewalt legislative Mitwirkungsrechte sinnvoll und verfassungsrechtlich notwendig sein können.373 Zudem hat das Bundesverfassungsgericht mit dem konstitutiven Parlamentsbeschluss eine neue Form der Parlamentsbeteiligung – abseits der klassischen Wesentlichkeitsrechtsprechung – gefunden, sodass angenommen werden kann, dass nicht nur mittels eines Gesetzes, sondern auch mittels anderer Beteiligungsformen den Anforderungen des Parlamentsvorbehaltes Genüge getan wird.374 Die Wesentlichkeitsrechtsprechung darf dabei trotz mangelnder Erwähnung in der Entscheidung nicht als Gegenstück zu den konstitutiven Parlamentsbeschlüssen gesehen werden, denn bei konstitutiven Parlamentsbeschlüssen handelt es sich um eine von vielen möglichen parlamentarischen Handlungsformen, wird die Existenz eines Parlamentsvorbehaltes festgestellt. Kann die „Wesentlichkeit“ einer Materie aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip hergeleitet werden, wird dem Erfordernis der ausreichenden legislativen Beteiligung folglich auch mittels eines konstitutiven Parlamentsbeschlusses Rechnung getragen. Für eine solche Auffassung spricht, dass der Vorbehalt des Gesetzes zunächst einmal im Kern ein „Verhinderungsrecht des Parlamentes“ ist.375 Konstitutiver Parlamentsbeschluss und formelles Gesetz können einzeln – oder im Zusammenspiel verstärkend – als Legitimation für staatliches Handeln dienen. Mit der Erfindung eines „neuen Typs bindender Parlamentsbeschlüsse“ habe das Bundesverfassungsgericht eine Rechtsform etabliert, so wurde bereits kurz nach dem Urteil konstatiert, die „eines Tages auch andere Bereiche als den Streitkräfteeinsatz erfassen könnte“.376 In der Entwicklungszusammenarbeit könnte ein solcher neuer Bereich gesehen werden. 372 Zu erwähnen sind hierbei insbesondere das 4. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 26.03.1954 (BGBl. I [1954], S. 45), das 7. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 19.03.1956 (BGBl. I [1956], S. 111) und das 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24.06.1968 (BGBl. I [1968], S. 709). 373 Nowrot, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr gegen den internationalen Terrorismus, NZWehrR 2003, S. 65 (72). 374 So Limpert, Auslandseinsatz der Bundeswehr (2002), S. 108. 375 Kloepfer, Der Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, JZ 1984, S. 685 (686). 376 Stein/Kröninger, Bundeswehreinsatz im Rahmen von NATO-, WEU- bzw. VNMilitäraktionen, JURA 1995, S. 254 (261).

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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c) Keine Verfassungstradition der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Das Bundesverfassungsgericht hat für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland den Parlamentsvorbehalt unmittelbar aus einer Verfassungstradition heraus abgeleitet. Daher ist schließlich die Überlegung anzustellen, ob auch die Entwicklungszusammenarbeit in vorausgegangenen Verfassungen eine Erwähnung fand und ob eine Verfassungstradition die Existenz des nachgewiesenen Parlamentsvorbehaltes bestätigen kann. Zwar ist die Entwicklungszusammenarbeit als solche eine Erfindung der Nachkriegszeit, doch existierten schon vor Beginn der eigentlichen Entwicklungszusammenarbeit Beziehungen mit den damals noch nicht als Entwicklungsländer bezeichneten Länder – den Kolonien. Bereits in der Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849 war in § 102 Abs. 7 geregelt, dass es eines Reichstagsbeschlusses bedarf, wenn „deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden werden sollen“. Die Aufnahme von Kolonien in das deutsche Staatsgebiet hätte auf dieser Rechtsgrundlage basierend durch eine Entscheidung des Parlamentes erfolgen müssen. Die Paulskirchenverfassung hatte jedoch keinen Bestand, sodass hieraus keine Verfassungstradition abgeleitet werden kann. Hans Kelsen377 bezeichnete – bereits nach dem Ende der deutschen Kolonialzeit und unter Berufung auf die Drei-Elemente-Lehre von Georg Jellinek – Kolonien als „Teilgebiete“ in Abgrenzung zum Kerngebiet eines Staates, in denen Gesetze und insbesondere die Verfassung Anwendung fänden. Aufgrund der „Theorie der territorialen Gliederung“ seien die „Schutzgebiete dezentralisierte – meist im Gegensatze zur sonstigen Staatsform des Staates, zu dem sie gehörten – autokratisch regierte Provinzen“. In diesen Provinzen wurden dann, so weist es Ignacio Czeguhn378 nach, sämtliche Lebensbereiche bis ins kleinste Detail durch Rechtsverordnungen geregelt. Die während der Zeit der Kolonien an den Tag gelegte Politik des Deutschen Reiches sah also vor, dass aufgrund „rechtslogischer und positivrechtlicher“ Gründe deutsches Recht Anwendung fand, Organe berufen werden konnte und eine Normsetzungsbefugnis des deutschen Reiches bestand. Eine Kontrolle durch das Parlament fand dabei nur bedingt statt und hatte keine rechtliche Grundlage in der Reichsverfassung von 1871. Eine Verfassungstradition der parlamentarischen Steuerung oder Kontrolle im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit – in Anlehnung an die Existenz einer Verfassungstradition bezüglich des Parlamentsheeres – lässt sich mithin nicht nachweisen. 377

Kelsen, Allgemeine Staatslehre (1925), S. 190. Czeguhn, Das Verordnungsrecht in den deutschen Kolonien, STAAT 47 (2008), S. 606 ff. 378

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

III. Der verfassungsrechtliche institutionelle Gesetzesvorbehalt in der Entwicklungszusammenarbeit Für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist darüber hinaus zu diskutieren, ob ein verfassungsrechtlicher institutioneller Gesetzesvorbehalt Anwendung findet. Die Einrichtung von juristischen Person des öffentlichen Rechtes ist nämlich, so besagt es der institutionelle Gesetzesvorbehalt,379 nur durch ein Organisationsgesetz möglich.380 Ein institutioneller Gesetzesvorbehalt in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wäre demnach anzunehmen, wenn die privatrechtlich organisierten Durchführungsorganisationen KfW und GIZ ohne eine gesetzliche Grundlage eingerichtet worden wären. 1. Die Bedeutung des institutionellen Gesetzesvorbehaltes Bevor bei Organisationsfragen auf den allgemeinen Gesetzesvorbehalt zurückgegriffen werden kann, müssen zunächst die im Grundgesetz vorgesehenen speziellen Gesetzesvorbehalte ausgeschöpft werden.381 Einige Landesverfassungen regeln – wie etwa Art. 70 Abs. 1 VerfBW oder Art. 86 Abs. 2 VerfLSA –, dass die Landesverwaltung durch formelle Gesetze strukturiert werden soll. Einen derartigen allgemeinen Gesetzesvorbehalt für die staatliche Organisation gibt es im Grundgesetz zwar nicht, doch existieren einige Vorgaben zum Aufbau der Verwaltung. Insbesondere ist in Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG die Befugnis des Bundes zu sehen, oberste Bundesbehörden einzurichten. Die Errichtung einer Staatsbehörde kann prinzipiell keinen allgemeinen Gesetzesvorbehalt auslösen, denn die Maßnahme der Einrichtung hat keinerlei Außenwirkung.382 Anders ist dies allerdings, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Stiftung, Körperschaft oder Anstalt gegründet wird.383 Grundsätzlich tritt der Vorbehalt des Gesetzes in all jenen Fällen neben die institutionellen Gesetzesvorbehalte, sofern die Organisationsentscheidung wesentlich, etwa für die Verwirklichung von Grundrechten – oder Menschenrechten –, ist.384 Dies ist damit zu begründen, dass das Grundgesetz nur an einigen wenigen Stellen Aussagen über den Aufbau der Verwaltung macht und die Verteilung von Organisationsgewalten oft Aufgabe der Bundesländer ist. Eben jenes Problem der

379 Vgl. Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht (2018), S. 89; Kemmler, Die mittelbare Staatsverwaltung und ihre ausbildungsrelevanten Themenbereiche, JA 2015, S. 328 (331 f.). 380 Bull, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, VerwArch 86 (1995), S. 621 (623). 381 Hierzu bereits auf Seite 141 f. 382 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (1984), S. 296. 383 Ohler, Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes, AöR 131 (2006), S. 336 (358). 384 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 457 (508).

B. Die Herleitung des Parlamentsvorbehaltes

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fehlenden Außenwirkung hatte sich erstmalig in Schulorganisationsfragen gestellt, in deren Folge sich die Wesentlichkeitsrechtsprechung erst entwickeln konnte. Spricht man von der Organisationsgewalt der Legislative einerseits bzw. der Exekutive andererseits, so ist darauf zu hinzuweisen, dass dieser Begriff aus einer Zeit der konstitutionellen Monarchie und des parlamentarisch-monarchischem Dualismus entstammt.385 Zwar wurde nachkonstitutionell – wie etwa durch Ernst-Wolfgang Böckenförde – der Versuch unternommen, den Begriff der Organisationsgewalt wieder mit Inhalt zu füllen,386 doch ist der Begriff von seiner ursprünglichen Begrenzung auf das „Hausgut der Exekutive“ heute auch auf die anderen Verfassungsorgane zu erweitern. Hierfür spricht, dass grundsätzlich jedes Verfassungsorgan Kraft Natur der Sache seine Organisation selbst regeln können muss. Aus Art. 1 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergibt sich abschließend, dass das Grundgesetz drei Staatsgewalten vorsieht und jedwede Organisationsbefugnis aus der Verfassung selbst abzuleiten ist. Eine derartige positivrechtliche Kompetenzverteilung ist grundsätzlich angebracht, denn so können Überschneidungen und Interessenkonflikte der Staatsgewalten vermieden werden. Dabei ist allerdings der allgemeine Gesetzesvorbehalt für die Organisationsbefugnis zu berücksichtigen, der denklogische Folge der Wesentlichkeitstheorie ist und den positivrechtlichen institutionellen Gesetzesvorbehalt ergänzt. Es existiert also nicht nur ein Zugriffsrecht des Parlamentes in organisatorischen Zusammenhängen, sondern die Möglichkeit verdichtet sich im Rahmen des Parlamentsvorbehaltes teilweise sogar zu einer Zugriffspflicht.387 Der eigentlich zuständigen Staatsgewalt wird das – in Extremfällen verfassungsrechtlich vorgesehene – Organisationsrecht entzogen, denn in einem demokratischen Verfassungsstaat muss es dem Parlament möglich sein, auch institutionelle Veränderungen vornehmen zu können. Gleichwohl gilt das Zugriffsrecht nicht uneingeschränkt, sondern wird durch den Kernbereich der Organe, der sich auch auf die Organisation erstreckt, begrenzt. Schließlich ergibt sich aus Art. 84 Abs. 1 GG, dass der Anknüpfungspunkt für die Einrichtung von Behörden stets ein formelles Gesetz sein muss. In dieser Norm ist jedoch keine Grenzziehung zwischen den Bundesorganen zu sehen, sondern die Trennung der Gewalten bleibt der Anwendung der Wesentlichkeits385 Ausführlich hierzu Butzer, Zum Begriff der Organisationsgewalt, DV 27 (1994), S. 157 (158 ff.). 386 Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung (1964), S. 29 bezeichnet die Organisationsgewalt als „Befugnis zur Schaffung, Veränderung, Zusammenordnung, Bestimmung der Aufgaben und (. . .) inneren Gliederung und Geschäftsregelung von Funktionsträgern“. 387 So Butzer, Zum Begriff der Organisationsgewalt, DV 27 (1994), S. 157 (166).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

doktrin überlassen.388 Als eine besondere Ausprägung des Gesetzesvorbehalts im Organisationsrecht muss auch Art. 86 S. 2 GG gesehen werden, denn die Organisationsgewalt der Bundesverwaltung liegt grundsätzlich auf Seiten der Bundesregierung, sieht sich aber teilweise eines Zugriffsrechts des Gesetzgebers ausgesetzt.389 Heute ist anerkannt, dass die Errichtung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sollen diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen, einer normativen Grundlage bedarf.390 Letztlich ergänzt der institutionelle Gesetzesvorbehalt den allgemeinen Gesetzesvorbehalt und findet seine Grenzen in dessen Reichweite. 2. Der Verstoß gegen den institutionellen Gesetzesvorbehalt Zunächst ist festzustellen, dass die KfW als Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 KfW-Gesetz eingerichtet worden und derzeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1h KfW-Gesetz für die finanzielle entwicklungspolitische Zusammenarbeit zuständig ist. Es existiert damit eine gesetzliche Grundlage über die Gründung und die Rechtsform der Institution KfW. Aufgrund der historischen Erfahrung der KfW mit der Finanzierung von Geschäften und mit den Umschuldungen von Verpflichtungen mit Auslandsbezug nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die existierende Anstalt öffentlichen Rechtes mit der zusätzlichen Aufgabe einer Entwicklungsbank betraut. Gemäß Art. 87 Abs. 3 GG können nämlich in Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, selbstständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften sowie Anstalten des öffentlichen Rechts eingerichtet werden. Dem institutionellen Gesetzesvorbehalt wurde also seinerzeit entsprochen. Bei der nachträglichen Umfunktionierung der KfW auch als Entwicklungsbank ergaben sich jedoch nach Auffassung von Armin Dittmann391 verfassungsrechtliche Bedenken. Dies liege drin begründet, dass die Kapitalhilfe des Bundes durch die KfW aufgrund ihrer binnenwirtschaftlichen Komponente auf die wirtschaftsrechtliche Komponente aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu stützen sei. Es müsse aber konstatiert werden, dass zwar ein Teil der Entwicklungsgelder im Rahmen von Aufträgen nach Deutschland zurückfließe, allerdings verblieben die meisten Mittel in den Entwicklungsländern. Wenn die finanzielle Zusammenarbeit Deutschlands mit Entwicklungsländern nun aber ohne eine eigenständige binnenwirtschaftliche Relevanz ablaufe, dürfe die Entwicklungszusammenarbeit grundsätzlich nicht durch die KfW wahrgenommen werden. Dies sei mit dem Wortlaut 388

Ohler, Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes, AöR 131 (2006), S. 336 (355). Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung (1964), S. 137; Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 457 (508). 390 Badura, Staatsrecht (2018), S. 786 f. 391 Dittmann, Die Bundesverwaltung (1983), S. 144. 389

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des Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG zu begründen, denn fände eine Zuordnung der Entwicklungszusammenarbeit zum Auswärtigen Dienst statt, könne die Entwicklungsfinanzierung nur in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau durchgeführt werden. Gegen eine solche Auffassung muss indessen angemerkt werden, dass sich die Zuständigkeit des Bundes in der Entwicklungszusammenarbeit nicht nur pauschal als ein Teil der auswärtigen Verwaltung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG einordnen lässt, sondern die Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsgebiet ihre Kompetenzen insbesondere aus Art. 30 und Art. 32 GG bezieht; es können gestützt auf Art. 73 GG neben dem Bund etwa auch die Länder in der Entwicklungszusammenarbeit tätig werden.392 Nach § 2 des „Gesetzes über den Auswärtigen Dienst“ 393 besteht der Auswärtige Dienst zudem nur aus dem Auswärtigen Amt und den Auslandsvertretungen, nicht jedoch der Entwicklungszusammenarbeit. Die Aufnahme der Entwicklungszusammenarbeit in die KfW ist damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da § 2 Abs. 1 Nr. 1h KfWGesetz die entwicklungspolitische Zusammenarbeit der KfW vorsieht. Anders als bei der KfW wurde die GIZ durch den Zusammenschluss von GTZ, InWEnt und DED im Jahr 2011 ins Leben gerufen.394 Die Gründung erfolgte allerdings nicht durch Gesetz, sondern es existieren bis heute lediglich eine nichtöffentliche Satzung sowie ein Gesellschaftsvertrag. Die fehlende gesetzliche Grundlage zur Einrichtung der GIZ muss mithin als ein Verstoß gegen den rechtsstaatlichen und demokratischen institutionellen Gesetzesvorbehalt gewertet werden.395 Dies ist damit zu begründen, dass die Organisationsgewalt der Exekutive für die Privatisierung von staatlichen Verwaltungsaufgaben nicht ausreicht. Zwar wird teilweise – wie von Wolfgang Beitz396 – vertreten, dass die Benennung von öffentlich-rechtlichen Organisationsformen als mittelbare Bundesverwaltung in Art. 86 GG und Art. 87 Abs. 3 GG nur exemplarisch sei. Diese Normen seinen insbesondere dahingehend auszulegen, dass auch andere privatrechtliche Organisationen möglich sein müssten. Jedoch wird bei einer solchen Sichtweise übersehen, dass der allgemeine rechtsstaatliche Gesetzesvorbehalt ein Handeln der Verwaltung grundsätzlich nur erlaubt, sofern diese dazu ermächtigt worden ist.

392 Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 466 (486). 393 BGBl. I (1990), S. 1842, zuletzt geändert durch BGBl. I (2017), S. 410. 394 Hierzu bereits auf Seite 48 und 58–61. 395 So auch T. Groß, Deutsches Entwicklungsverwaltungsrecht, in: Dann/Kadelbach/ Kaltenborn (Hrsg.), Entwicklung und Recht (2014), S. 659 (664). 396 Beitz, Die Vergabe öffentlicher Mittel an Dritte auf privatrechtlicher Basis, in: FS Zeidler (1987), Band 2, S. 1631 (1635). Ähnlich auch Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee (2004), S. 253 ff.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Werden „vollgewichtige Institutionen“ wie die GIZ eingerichtet, besteht hierbei – so stellvertretend für viele Fritz Ossenbühl397 – „nicht nur ein Zugriffsrecht, sondern eine Regelungspflicht“ des Gesetzgebers. Staatliche Verwaltungsaufgaben dürfen nur in „Bagatellfällen“ ohne gesetzlichen Auftrag durch die Exekutive an Private übertragen werden. Dies ist mit dem demokratischen Gesetzesvorbehalt zu begründen, wobei die verschiedenen institutionellen Gesetzesvorbehalte der Bundesländer diese Auffassung unterstreichen.398 Sofern der privatrechtlichen Organisationsform Befugnisse zur Ausübung öffentlicher Gewalt zustehen sollen, ist dies folglich nur auf Grundlage eines Gesetzes möglich. Denn einerseits stellt die Befugnis zum Eingriff in die Freiheit und das Eigentum durch Private eine Durchbrechung des Grundsatzes des staatlichen Gewaltmonopoles dar, und andererseits fordert das Rechtsstaatsprinzip eine Festlegung derjenigen Fälle, in denen der nichtstaatliche private Träger mit Befugnissen der öffentlichen Gewalt handeln darf.399 Die Einrichtung der GIZ bedarf folglich einer gesetzlichen Grundlage. Ihre Aufgabe ist mitnichten als wenig relevant oder gar unwichtig zu bezeichnen.400 Mangels einer gesetzlichen Normierung bezüglich der GIZ ist in dem Fehlen eines Organisationsgesetzes ein Verstoß gegen den institutionellen Gesetzesvorbehalt zu sehen.

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Selbst wenn die „Wesentlichkeit“ der Entwicklungszusammenarbeit angenommen und damit die elementare Rechtsfrage nach einem Parlamentsvorbehalt in 397 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (172); ähnlich auch Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung (1964), S. 95, der den institutionellen Gesetzesvorbehalt aus grundsätzlichen verfassungsstrukturellen Gründen ableitet; Di Fabio, Die Verfassungskontrolle indirekter Umweltpolitik am Beispiel der Verpackungsverordnung, NVwZ 1995, S. 1 (4); E. Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes (1974), S. 43 ff. versucht die parlamentskontrollfreien Räume, die er als Regelfall der Verwaltungsorganisation klassifiziert, Einwirkungsmöglichkeiten zu unterziehen; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts (1973), Erster Teil, S. 440 spricht von der Gestaltung von Behörden sowie der Verleihung und Entziehung des institutionell öffentlichen Statuts; Ohler, Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes, AöR 131 (2006), S. 336 (358). 398 Der institutionelle Gesetzesvorbehalt wird in den Landesverfassungen etwa gewährleistet durch Art. 77 Abs. 1 S. 1 BayVerf; Art. 57 S. 1 HambVerf; Art. 83 Abs. 1 S. 1 SächsVerf; Art. 86 Abs. 2 VerfLSA; Art. 56 Abs. 2 VerfND; Art. 70 Abs. 1 S. 1 VerfBW; Art. 112 S. 1 VerfSarL; Art. 90 S. 2 VerfThür; Art. 96 Abs. 1 VerfBrand; Art. 52 Abs. 2 S. 1 VerfSH; Art. 77 S. 1 VerfNRW. 399 Badura, Staatsrecht (2018), S. 786 f.; Gröpl, Staatsrecht I (2018), Rn. 1381. 400 Bezugnehmend auf das Handlungspotential der GTZ und der DSE Pitschas, Recht und Gesetz in der Entwicklungszusammenarbeit, VerwArch 81 (1990), S. 466 (490).

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung

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der deutschen Entwicklungszusammenarbeit positiv beantwortet wurde, so ist – abgesehen von einem erforderlichen Organisationsgesetz – nicht zwangsläufig durch den Gesetzgeber ein formelles Gesetz zu erlassen.401 Es hat sich vielmehr gezeigt, dass anderweitige Möglichkeiten der parlamentarischen Beteiligung genutzt werden könnten, um die Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes zu erfüllen. Dies setzte allerdings voraus, dass tatsächlich eine parlamentarische Befassung mit den maßgeblichen Grundentscheidungen der Entwicklungszusammenarbeit in derjenigen Intensität, die einer Debatte über einen Gesetzentwurf gleichwertig ist, stattfindet. Eine parlamentarische Beteiligung existiert in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit derzeit primär jedoch nur im Rahmen der Erstellung des Haushaltsplanes 23. Deswegen muss erörtert werden, ob die Einstellung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in den Haushaltsplan den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zur Wesentlichkeitstheorie genügt. Die Einstellung der Mittel in den Haushaltsplan erfolgt nämlich durch die förmliche Verabschiedung eines Gesetzes – dem Haushaltsgesetz i. S. d. Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG. Im Zusammenhang von Parlamentsvorbehalt und deutscher Entwicklungszusammenarbeit sind darüber hinaus aber auch die im vorausgegangenen 2. Kapitel untersuchten parlamentarischen Behelfe in einer Gesamtschau den Blick zu nehmen, denn vor dem Hintergrund ihres sporadischen Einsatzes und ihrer meist abgeschlossene Sachverhalte betreffenden Natur erscheint es fraglich, ob ihre Verwendung den Voraussetzungen des Parlamentsvorbehaltes genügen kann.

I. Die Voraussetzungen des Parlamentsvorbehaltes an den Haushaltsplan des Bundes Bereits Georg Jellinek402 bezeichnete den Zusammenhang von Budgetrecht moderner Staaten und der „Theorie von der Natur der konstitutionellen Gesetze“ als eine „Feuerprobe“. Aufgrund der sich von der Monarchie abkoppelnden Gesellschaften läge in der Aufstellung von Gesetzen eine „politische Waffe“ in der Hand des Parlamentes.403 Bei seiner Analyse zur Rechtsnatur von Haushaltsgesetzen verwies er zunächst darauf, dass es sich bei dem „Etatsgesetz“ um ein verbindliches Gesetz handle; andererseits sei dieses nur ein Wirtschaftsplan, dessen Verwirklichung politisch gewünscht sei.404 Jellinek sah in der Unbestimmtheit des Haushaltsgesetzes einen der Hauptunterschiede gegenüber der Mehrheit anderer verbindlicher Gesetze. Diese Überlegungen skizzieren den von Paul La401 So schon Grimm, Parlamentarische Kontrolldefizite der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, DÖV 1992, S. 24 (25). 402 G. Jellinek, Gesetz und Verordnung (1964), Neudruck der Ausgabe 1887, S. 276. 403 G. Jellinek, Gesetz und Verordnung (1964), Neudruck der Ausgabe 1887, S. 281. 404 G. Jellinek, Gesetz und Verordnung (1964), Neudruck der Ausgabe 1887, S. 285.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

band 405 ausformulierten dualistischen Gesetzesbegriff, wonach aufgrund des Inhalts und der Form zwischen formellem und materiellem Gesetz unterschieden werden müsse.406 Der Haushaltsplan enthalte hiernach keine verbindlichen Regelungen für einen unbestimmten Personenkreis im Sinne eines materiellen Gesetzes.407 Folglich könne nur das Haushaltsgesetz ein formelles Gesetz sein.408 Die demokratische Legitimation der deutschen Entwicklungszusammenarbeit findet derzeit, wie zu Beginn dieser Arbeit festgestellt,409 lediglich im Verfahren der Haushaltsgesetzgebung statt. Im Einzelplan 23 des Haushaltsplans wird die Geldsumme für die Entwicklungszusammenarbeit festgelegt, die im kommenden Haushaltsjahr ausgegeben werden darf. Dieser Haushaltsplan 23 wird dann gemeinsam mit den anderen Einzelplänen für die verschiedenen Ressorts im Parlamentsplenum durch das Haushaltsgesetz verabschiedet. Im Rahmen des Haushaltsverfahrens werden die vertraulichen Erläuterungen der Einzelpläne jedoch nicht im Parlamentsplenum besprochen, obwohl hierin die tatsächliche Vorgehensweise der Entwicklungszusammenarbeit beschrieben wird, einzelne Projekte enthalten sind und Austauschvorhaben für den Fall der Nichtrealisierbarkeit der ursprünglich geplanten Projekte genannt werden. Die Nichtbehandlung konkreter Vorhaben ist kein Alleinstellungsmerkmal der Entwicklungspolitik, sondern auch in anderen Politikbereichen bei der Ausarbeitung der komplexen Haushaltsvorgaben gängige Praxis. Die Abgeordneten stimmen letztlich „blind“ über eine umfassende Handlungsermächtigung für die Exekutive ab, deren folgende Aufgabe der Vollzug des Haushaltes ist. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit werden zwar die Mittel im Haushaltsplan explizit genannt, und auch eine grobe Zweckbestimmung ist in den Leitlinien der Bundesregierung enthalten, doch findet die Vergabe der Mittel ohne eine verfassungsmäßige oder einfachgesetzliche Aufgabenfestschreibung des BMZ statt. Die Aufgaben der Gubernative und der Administrative sind vielmehr allein den Leitlinien der Bundesregierung zu entnehmen, sofern der Haushaltsplan hierdurch überhaupt konkretisiert werden kann. Ob die Einstellung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in den Haushaltsplan ausreichend dafür

405 Laband, Das Staatsrecht des deutschen Reiches (1964), Band 2, Neudruck der Ausgabe 1911, S. 63. 406 Heute hat sich durchgesetzt, dass eine rein formale Betrachtung bei der Bestimmung von Gesetzen vorzunehmen ist. Gesetze sind demnach Anordnungen, die durch das in der Verfassung vorgesehene Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen sind (BVerfGE 13, 225 [228]; BVerfGE 36, 383 [400]). 407 Laband, Das Staatsrecht des deutschen Reiches (1964), Band 4, Neudruck der Ausgabe 1914, S. 542. 408 Heute geht es in Debatten über das Haushaltsrecht häufig um die Begrenzung der Staatsverschuldung wie bei v. Lewinski, Staatshaushalt und finanzwirksames Gesetz, DÖV 2015, S. 406 ff. 409 Hierzu bereits auf Seite 80–90.

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ist, dass von einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage bzw. parlamentarischen Beteiligung gesprochen werden kann, erscheint fraglich.410 Im Zusammenhang mit dieser Arbeit erscheint insbesondere kritisch, dass weiterhin nicht geklärt ist, ob in der Verabschiedung eines Haushaltsplans eine ausreichende parlamentarische Legitimation im Sinne des Parlamentsvorbehaltes gesehen werden kann. Bei der Gewährung von Subventionen in wesentlichen Themengebieten muss daher gefragt werden, ob es einer weitergehenden Rechtsgrundlage als des Haushaltsgesetzes in Verbindung mit seinem Haushaltsplan bedarf. Hierbei können verschiedene Ansätze verfolgt werden. 1. Der Haushaltsplan als ausreichende Beteiligungsgrundlage Einerseits könnte die Einstellung der Mittel für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in den Haushaltsplan 23 als eine ausreichende Legitimation im Sinne der Wesentlichkeitsrechtsprechung gewertet werden. Der Parlamentsvorbehalt hat nämlich – unter Bezugnahme seiner demokratischen Funktion – in erster Linie die Aufgabe, die Verfassungsvorgaben zur Gewaltenteilung zu gewährleisten. Damit ist nicht immer unbedingt eine (materielle) Gesetzesform zur Erfüllung seiner Funktion notwendig. Die Wahrnehmung von parlamentarischen Zustimmungsbefugnissen im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung könnte mithin als ausreichend angenommen werden.411 Das Bundesverwaltungsgericht vertritt die Auffassung, dass der Haushaltsplan grundsätzlich eine hinreichende Legitimation im Sinne des Gesetzesvorbehaltes darstellt. In seiner Rechtsprechung hält das Gericht etwa Subventionen für rechtmäßig, sofern der Haushaltsplan eine Vergabe vorsieht und eine Richtlinie der Verwaltung näheres zur Ausgestaltung bestimmt.412 Der Zweck der Subventionen müsse dabei genannt werden und dieser im Sinne des § 23 BHO einem öffentlichen Interesse dienen. Durch die Zwecksetzung im Haushaltsplan – die dem verfassungsrechtlichen „Bepackungsverbot“ des Art. 110 Abs. 1 und Abs. 4 GG grundsätzlich nicht widerspreche – würde der Begünstigtenkreis klar definiert und Transparenz geschaffen. Zwar dürfe der Haushaltsplan nach § 3 Abs. 2 BHO und § 3 Abs. 2 HGrG keine Rechte und Pflichten begründen. Bei diesen Normen handele es sich aber – so die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und in Anlehnung daran Albert Bleckmann413 – lediglich um einfaches Gesetzesrecht, welches dem in 410 Vgl. auch Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (196). 411 So Kloepfer, Der Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, JZ 1984, S. 685 (694); Ehlers, Rechtsfragen des Subventionsrechts, DVBl. 2014, S. 1 (13). 412 BVerwGE 6, 282 (287); BVerwGE 90, 112 (126); BVerwGE 104, 220 (223); BVerwGE 118, 379 (385). 413 Bleckmann, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, DVBl. 2004, S. 333 (340).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen Rechtsstaatsprinzip und der grundsätzlichen Vermutung zugunsten einer Außenwirkung von Gesetzen nicht vorgehen könne. Im parlamentarischen Zustimmungsakt zum Haushaltsgesetz sei demnach eine Mitwirkungshandlung zu sehen, die den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes entspreche. Die nachgeschaltete Verwaltung habe dann die verfassungsgemäße Aufgabe, so auch Sebastian Kluckert414, die Mittel unter Berücksichtigung von Art. 3 GG zu verteilen. Wird entgegnen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes – wie es Martin Oldiges415 etwa annimmt – dem Haushaltsplan aufgrund seiner primären Bindungswirkung für die Exekutive keine Außenwirkung zugesprochen, könne die Subventionierung über die Erstellung von Richtlinien durch die Verwaltung geregelt werden.416 Diese Übung habe sich de facto in der Praxis durchgesetzt und berücksichtige das Gleichbehandlungs- sowie Rechtsstaatsgebot. Anders als noch zu Zeiten der Monarchie sei der Verwaltung die Beachtung von rechtsstaatlichen Regeln und die Berücksichtigung der Grundrechte zuzutrauen. Mangels Allgemeinverbindlichkeit von Richtlinien bedürften diese allerdings noch eines Transformationsaktes. Indem Verwaltungsakte durch die Verwaltung erlassen würden, könne der materielle Inhalt der Richtlinien für den Bürger Geltung erlangen. Im Zusammenspiel von Haushaltsplan, Richtlinien und Verwaltungsakt fände eine Transformation des normativen Gehaltes der Haushaltsgesetzgebung statt, sodass letztlich, so Oldiges, die Vorgaben der Wesentlichkeitsrechtsprechung erfüllt seien. Der Haushaltsplan, bestehend aus Gesamtplan und Einzelplänen, folgt dem Prinzip der Vertretung des Volks durch das Parlament. Weil alle tatsächlich notwendigen Ausgaben des Staates hierin geregelt sein müssen, könnte auch mit Roland Frömel 417 und Mathias Hellriegel 418 argumentiert werden, dass demokratische und rechtsstaatliche Voraussetzungen erfüllt seien. Damit wäre die Ermächtigung für die Subventionsbewilligung in den Erläuterungen zu den Einzelplänen zu sehen, sofern solche vom Gesetzesbeschluss umfasst sind. Es finde zwar nur eine Veröffentlichung des Gesamtplans als Anhang des Haushaltsgesetzes statt – bei mehreren hundert Seiten Einzelplänen sprenge eine vollständige Veröffentlichung jeden Rahmen –, hierin könne jedoch ein gewohnheitsrechtlich 414

Kluckert, Die Selbstbindung der Verwaltung nach Art. 3 I GG, JuS 2019, S. 536. Oldiges, Richtlinien als Ordnungsrahmen der Subventionsverwaltung, NJW 1984, S. 1927 (1929 f.). Ähnlich argumentieren Ebeling/Tellenbröker, Subventionsrecht als Verwaltungsrecht, JuS 2014, S. 217 (219). 416 Gegen eine Außenwirkung etwa auch v. Mutius, Die Steuerung des Verwaltungshandelns durch Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle, VVDStRL 42 (1983), S. 147 (166). 417 Frömel, Der Haushaltsplan als gesetzliche Grundlage der Leistungsverwaltung (1968), S. 52 ff. 418 Hellriegel, Vertrauensschutz im Zuwendungsrecht, NVwZ 2009, S. 571 (572). 415

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gefestigter Vorgang gesehen werden, der sich aus praktischen Gründen etabliert hat und nicht gegen das Publizitätserfordernis verstößt. Vor dem Hintergrund des Streites um die Außenwirkung versucht Christoph Gröpl 419 zu einem differenzierten Ergebnis zu gelangen. Er unterteilt den Bundeshaushalt in einen Betriebs- und einen Programmhaushalt. Unter dem Betriebshaushalt seien alle Verwaltungsausgaben gemeint; der Programmhaushalt beinhalte hingegen sämtliche Zweckausgaben. Der Betriebshaushalt sei – da Verwaltungsausgaben lediglich Sachzwängen unterlägen – keiner detaillierten Sachsteuerung durch das Parlament unterworfen. Der Exekutive würde vielmehr zugemutet, im Sinne des Haushaltsgrundsatzes der Sparsamkeit gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BHO zu wirtschaften. Andererseits seien im Bereich des Programmhaushaltes für die Zweckausgaben nur geringe normative Bindungen der Verwaltung ersichtlich. Dies folge aus der fehlenden Außenwirkung des Haushaltsplanes, sofern keine Fachbereichsgesetze existieren. Um die demokratische Legitimation des Verwaltungshandelns aufrechtzuerhalten, bliebe allerdings nichts anderes übrig, als eine Steuerung über den Haushaltsplan vorzunehmen. Die fehlende Außenwirkung des Haushaltsplanes sei kein Grund, die Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes nicht anzuwenden. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, aber auch an einige Stimmen in der Literatur, kann der Haushaltsplan mit unterschiedlicher Argumentation als hinreichende Rechtsgrundlage für exekutives Handeln im Rahmen des Parlamentsvorbehaltes gedeutet werden. 2. Der Haushaltsplan als unzureichende Beteiligungsgrundlage Auf der anderen Seite sprechen eine Reihe von Gründen gegen den Haushaltsplan als ausreichende parlamentarische Beteiligung im Sinne der Wesentlichkeitsrechtsprechung. Diese Auffassung wird bzw. wurde etwa von Reinhard Mußgnug, Michael Rodi, Theodor Maunz und Klaus Stern vertreten. Reinhard Mußgnug420 ist der Ansicht, dass der Haushaltsplan im tatsächlichen Rechtsverkehr eigentlich unerheblich sei, weil es sich lediglich um innerorganschaftliche Vorschriften handle. Er stellt dabei auf eine Unterscheidung zwischen Haushaltsgesetz und Haushaltsplan ab, wobei es letztlich auf die Rechtsnatur des Haushaltsplans ankomme, da dieser die inhaltlichen – also materiellrechtlichen – Vorgaben mache. Da der Haushaltsplan nach § 3 Abs. 2 BHO aber weder Ansprüche noch Verbindlichkeiten begründe, sollten die Ansätze des Haushaltsplans allenfalls als „rechtserhebliche Tatsachen“ behandelt werden.421 Es sei nicht be419 Gröpl, Haushaltsgesetzgebung, in: Kluth/Krings (Hrsg.), Gesetzgebung (2014), S. 765 (766); ders., Haushaltsrecht und Reform (2001), S. 300 ff. 420 Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz (1976), S. 307 ff. 421 Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz (1976), S. 319.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

absichtigt – so auch der Wille des Gesetzgebers422 – durch den Haushaltsplan eine Rechtswirkung nach außen hin zu entfalten. Insbesondere sollten weder Ansprüche noch Verbindlichkeiten durch das reine Festlegen im Haushaltsplan begründet werden können.423 Als Argumente gegen eine Außenwirkung des Haushaltsplans führt Mußgnug424 an, dass das Einstellen von Mitteln in den Haushalt für sich noch keinerlei Regeln zu ihrer Vergabe treffe und der Haushaltsplan den Vorgaben des Gesetzesvorbehaltes deswegen nur zum Schein genüge. Die Aufgabe des Haushaltsplans sei die Regelung der öffentlichen Finanzen; es könne aber gerade nicht angehen, den Haushaltsplan mit seiner inhaltlichen Weite als Ersatz für ein rechtssicherheitsschaffendes Gesetz heranzuziehen. Sonst schrumpfe der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes zu einer „inhaltsleeren Formel“ zusammen. Aufgrund des Haushaltsplanes, welcher die erforderlichen Mittel bereitstelle, dürfe die Verwaltung die Leistungen erbringen, nicht jedoch, wenn der Haushaltsplan diese vorenthalte. Ein Gesetz ermächtige nicht aus sich selbst heraus, sondern entfalte nur im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan seine Wirkung.425 Es entstünden folglich mangels Außenwirkung des Haushaltsplans aus diesem heraus keine Ansprüche oder Verbindlichkeiten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO.426 Vielmehr könne nur der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu einer Begründung von Rechten der Konkurrenten bei Subventionsentscheidungen führen. Eine Überprüfung des Haushaltsplans nach Art. 100 GG im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle sei mithin ausgeschlossen. Michael Rodi427 ist der Auffassung, dass staatliches Handeln gegenüber dem Bürger in erster Linie durch ein Verwaltungsgesetz determiniert und präformiert werden müsse. Der Haushaltsplan würde staatliches Handeln hingegen lediglich nachvollziehen, auch wenn ein gewisser Einfluss der Haushaltsgesetzgebung auf die folgende Haushaltsentscheidung nicht geleugnet werden könne. Aufgrund des abstrakten Zweckes des Haushaltsplans sei eine Abstimmung von einzelnen Maßnahmen über die Koordinationswirkung des Haushaltes nicht möglich. Mithin

422

BT-Drs. V/3040 vom 21.06.1968. Ähnlich argumentiert Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (196). 424 Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz (1976), S. 314 f. 425 Mußgnug, Wortbeitrag im Rahmen der Aussprache zu „Die Steuerung des Verwaltungshandelns durch Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle“, VVDStRL 42 (1983), S. 267 (283). 426 Die Unterscheidung der Außenwirkung von Haushaltsgesetz und Haushaltsplan findet oft nur unzureichend statt: Kube, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 12/2013), Band VII, Art. 110, Rn. 70; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 183 (196). 427 Rodi, Die Subventionsrechtsordnung (2000), S. 430. 423

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müsse ein verstärkter Beitrag des Parlamentes im Rahmen der praktizierten Haushaltssubventionierung gefordert werden.428 Dies sei insbesondere im Bereich eines (rechtsstaatlich-grundrechtlichen oder staatsrechtlich-funktionalen) Gesetzesvorbehaltes – in Abgrenzung zum Bereich des legislativen Zugriffsrechts – erforderlich.429 Eine ähnliche Argumentation könnte angebracht werden, wenn im Haushaltsplan in erster Linie eine Entlastung der Verwaltung gesehen wird. Die Exekutive, so Theodor Maunz430, würde durch den Haushaltsplan nämlich konstitutiv ermächtigt, Ausgaben vorzunehmen. Die so geschaffene Ausgabenermächtigung könne, da der Haushaltsplan „Recht“ im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG begründe, über eine abstrakte Normenkontrolle durch Verfassungsorgane überprüft werden. Klaus Stern431 belegt dies damit, dass der Haushaltsplan ein „Organgesetz“ sei. Diese Qualifikation bestätigten § 3 Abs. 2 HGrG sowie § 3 Abs. 2 BHO nur nochmals, denn durch den Haushaltsplan könnten keine Verbindlichkeiten gegenüber dem Bürger begründet werden. Der Begriff des „Rechts“ als zulässiger Antragsgegenstand bei einer abstrakten Normenkontrolle schließe gerade eine Bezugnahme des Bürgers aus. Würden also Subventionen allein auf Grundlage des Haushaltsplans vergeben, sei diese Vergabe – insbesondere aufgrund der Allgemeinheit der formulierten Zweckbestimmungen im Haushaltsplan432 – mit dem Gebot der Regelungsdichte des Gesetzesvorbehaltes nur schwer vereinbar. Dieser Argumentation folgend müsste der Haushaltsplan, um dem Parlamentsvorbehalt zu entsprechen, bereits das „Wie“ der Vergabe regeln; dies setzt der Haushaltsplan jedoch nicht fest. Die konkrete inhaltliche Verfahrensausgestaltung erscheint zum Zeitpunkt des Erstellens des Haushaltsplans vielmehr als reine Nebensächlichkeit.433 Paul Kirchhof 434 bemängelt insofern ein Einbüßen des Budgetrechtes beim Parlament. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht abschließend geklärt, ob staatliche Leistungen wie Subventionen ohne gesetzliche Grundlage getätigt wer-

428

Rodi, Die Subventionsrechtsordnung (2000), S. 432. Rodi, Die Subventionsrechtsordnung (2000), S. 537. 430 Auf den verstorbenen Maunz und seine Bemerkungen hierzu in der Vorauflage, Rn. 15 verweist Kube, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 12/2013), Band VII, Art. 110, Rn. 65, Fn. 4. 431 Stern, Staatsrecht (1980), Band II, S. 1203. 432 Hierzu Heintzen, Staatshaushalt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 1175 (1203 f.). 433 Ähnlich Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung und Verfassungsrecht (1988), S. 433. 434 P. Kirchhof, Demokratie ohne parlamentarische Gesetzgebung?, NJW 2001, S. 1332 (1333). 429

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

den dürfen,435 grundsätzlich hält das Gericht aber eine Außenwirkung des Haushaltsplans für nicht gegeben, weswegen Verfassungsbeschwerden gegen Urteile der Fachgerichte und konkrete Normenkontrollen regelmäßig unzulässig sind.436 Dies wird damit begründet, dass der Haushaltsplan für das erstinstanzliche Urteil nicht entscheidungserheblich sein könne437 bzw. es an der Beschwerdebefugnis fehle.438 Der Haushaltsplan ermächtige die Verwaltung nur dazu, entsprechende vorgesehenen Ausgaben zu tätigen, verpflichte diese hierzu jedoch nicht. Es handelt sich nach Ansicht des Gerichtes beim Haushaltsplan damit um eine Ausgabenermächtigung, welche in der organschaftlichen Beziehung zwischen Legislative und Exekutive wirkt. Durch die Zweckvorgaben und Mittelzuweisungen finde, so das Bundesverfassungsgericht, eine Entlastung der Verwaltung statt; es sollten aber gerade keine individuell einklagbaren Rechte begründet werden. Es hat damit festgestellt, dass das Haushaltsrecht keine hinreichende Rechtsgrundlage ist, aus der der einzelne Bürger „unmittelbare Ansprüche auf Gewährung einer Subvention“ herleiten kann.439 Mit der Argumentation eines anderen Teils der Literatur und unter Berücksichtigung der Aussagen des Bundesverfassungsgerichtes müsste in der bloßen Einstellung von Mitteln im Haushaltsplan ohne weitere Beteiligung des Parlamentes an der Materie ein Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt angenommen werden. 3. Die Legitimation der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Der Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes und dem entsprechenden Teil der Literatur, der sich gegen den Haushaltsplan als ausreichende parlamentarische Beteiligung im Sinne des Parlamentsvorbehaltes ausspricht, ist der Vorzug zu geben. Der Haushaltsplan ermächtigt die Verwaltung grundsätzlich nur dazu, entsprechende Ausgaben zu tätigen, verpflichtet sie aber nicht, wie sich aus den Regelungen der § 3 Abs. 2 BHO und § 3 Abs. 2 HGrG ergibt.440 Damit entfaltet der Haushaltsplan lediglich im Verhältnis zwischen Parlament und Verwaltung – nicht aber unmittelbar gegenüber Dritten – Wirkung.441 Die notwendige „minimale Orientierung“ der Verwaltung, etwa an einem Gesetz oder an einem ver435 Die Frage der Legitimation von Subventionen auf Grundlage des Haushaltsplans hat das Gericht explizit nicht beantwortet, so BVerfGE 73, 1 (39). 436 Voßkuhle, Grundwissen – öffentliches Recht: Der Vorbehalt des Gesetzes, JuS 2007, S. 118 (119). 437 BVerfGE 38, 121 (127); BVerfGE 79, 311 (326). 438 BVerfGE 55, 362. 439 BVerfGE 38, 121 (126). Kritisch zum BVerfG Bleckmann, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, DVBl. 2004, S. 333 ff. 440 A. A. Frömel, Der Haushaltsplan als gesetzliche Grundlage der Leistungsverwaltung (1968), S. 114. 441 So auch BVerfGE 20, 52; BVerfGE 38, 121 (126); BVerfGE 79, 311 (326).

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung

231

bindlichen Beschluss, ist nicht gegeben.442 Die Haushaltstitel im Haushaltsplan sind zudem oft derart allgemein formuliert, dass von einer Bindung der Exekutive hieran nicht ausgegangen werden kann;443 ebenso sind die Zielvorgaben im Haushaltsplan regelmäßig nicht konkret genug, weswegen der Exekutive ein sehr weiter Gestaltungsspielraum zusteht.444 Die mangelnde Öffentlichkeit des Haushaltsplans spricht letztlich als Hauptargument gegen eine ausreichende Legitimation der gesetzlich nicht geregelten Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung. Bei der Verabschiedung von Haushaltsplänen findet nämlich keine inhaltliche Debatte hierüber im Parlamentsplenum statt. In den Haushaltsdebatten wird vielmehr nur eine Generaldebatte zwischen Opposition und Regierung geführt, in der konkrete Entscheidungen über Sachfragen wenig Platz haben. Auch die Veröffentlichung von Haushaltsplänen kann keine der Wesentlichkeitsrechtsprechung genügende Öffentlichkeit herstellen. Gesetze werden gemäß Art. 82 Abs. 1 GG im Bundesgesetzblatt verkündet, der Haushaltsplan – weil es unmöglich ist, alle Einzelpläne innerhalb der parlamentarischen Haushaltsberatung zu erörtern445 – gemäß § 13 Abs. 4 BHO aber nur als Gesamtplan.446 Es wird also nur das Haushaltsgesetz veröffentlicht, nicht aber die im Haushaltsplan fixierten entscheidenden Einzeltitel, Bewilligungen und Erläuterungen (§ 1 S. 2 BHO in Verbindung mit § 13 Abs. 4 BHO). Mithin fehlt es bereits an der notwendigen Publizität, welche das Demokratieprinzip aber fordert, denn selbst ein interessierter Bürger kann sich nicht über die geplanten staatlichen Ausgaben, etwa in der Entwicklungszusammenarbeit, informieren, was an der komplexen Ausgestaltung der Haushaltspläne sowie den vertraulichen Vermerken liegt. Wenn sogar Bundestagsabgeordnete im Rahmen von kleinen Anfragen über den Haushalt bzw. einen Einzeltitel informiert werden müssen, weil dieser derart komplex ausgestaltet ist, spricht dies nicht für eine transparente Rechtsgrundlage staatlichen Handelns.447 442

Vgl. Rodi, Die Subventionsrechtsordnung (2000), S. 521. Sehr aufschlussreich sind die Ausführungen von Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung (1989), S. 416–427. Heun versucht die Rechtswirkung des Haushaltsplans für bestimmte wesentliche Materien anzunehmen und bei einer Grundrechtsbetroffenheit höhere Anforderungen aufstellen. Im Haushaltsplan durch die Zwecksetzung sei zwar eine Ausgabenbewilligung der Exekutive enthalten, andererseits könne im Haushaltsplan keine Ermächtigung im Sinne des Art. 80 Abs. 1 GG gesehen werden, wonach exekutive Außenrechtssetzung durch Subventionsrichtlinien möglich würden. 444 P. Kirchhof, Wortbeitrag im Rahmen der Aussprache zu „Die Steuerung des Verwaltungshandelns durch Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle“, VVDStRL 42 (1983), S. 287 (288) spricht von einem „Vorbehalt des Finanzierbaren“. 445 So Mußgnug, Der Haushaltsplan als Gesetz, 1976, S. 304. 446 Vgl. v. Arnim, Zur „Wesentlichkeitstheorie“ des Bundesverfassungsgerichts, DVBl. 1987, S. 1241 (1246). 447 Etwa BT-Drs. 19/4604 vom 01.10.2018, Frage 1. 443

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Im Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit argumentiert Udo Kollatz448, dass eine Veröffentlichung der vertraulichen Erläuterungen im Haushaltsplan nicht notwendig, sondern sogar schädlich sei. Käme es zu einer größeren Öffentlichkeit, würden die im Haushalt vorgesehenen Mittel automatisch zu einer Bindung der deutschen Regierungspolitik führen. Dieses Argument geht jedoch fehl, denn die Verwaltung kann die Gelder ausgeben, muss dies aber nicht tun, wenn sich etwa Rahmenbedingungen im Partnerland ändern. Auch dem von Kollatz vorgebrachten Argument, dass durch die Veröffentlichung von Ausgabeintensionen im Haushaltsplan geringere Anstrengungen des Entwicklungslandes zur Erfüllung von vereinbarten Zielen resultierten, ist zu widersprechen. Mit der Aussicht der Bewilligung von Geldern durch die deutsche Exekutive in Höhe der im Haushaltsplan vorgesehenen Mittel könnten Entwicklungsländer im Gegenteil eher bereit sein, notwendige Reformen durchzuführen. Damit wird der Exekutive ein funktionierendes öffentliches Druckmittel gegenüber den Entwicklungsländern an die Hand gegeben. Die im Haushaltsplan vorgesehenen Mittel sind in der Regel für einen konkreten Zweck einzusetzen. Dabei ist – dieser Punkt kommt in der Literatur häufig zu kurz – zu unterscheiden, wofür die Haushaltsmittel vorgesehen sind. Der Staat hat aus dem Grundgesetz einen Auftrag zur sozialgestaltenden Tätigkeit erhalten und muss diesem zwingend nachkommen. Die verfassungsrechtliche Berechtigung für viele Tätigkeiten kann nur aus dem Haushaltsplan, in concreto dem Programmhaushalt, kommen, denn viele Ereignisse geschehen unvorhergesehen, und der Staat hat hierauf zu reagieren. Kommt es etwa zu Naturkatastrophen, kann der Staat durch die Vergabe von Krediten und Subventionen unterstützend tätig werden. Hierin ist – wie Klaus Stern449 richtig annimmt – jedoch ein „begünstigender Verwaltungsakt“ zu sehen und keine Subvention im eigentlichen Sinne. Dem Parlamentsvorbehalt wird in derartigen Fällen gleichwohl Genüge getan, weil das Sozialstaatsprinzip als Verfassungsgrundsatz die formelle Bereitstellung der Mittel im Haushaltsplan ergänzt. Durch die Fürsorgepflicht des Staates wird der Haushaltsplan derart konkretisiert, dass sich dieser zu einer ausreichenden Rechtsgrundlage mit Außenwirkung verdichtet. Einerseits ist nämlich in Fürsorgefällen die Erklärungsnotwendigkeit staatlichen Handelns erforderlich – damit wird die mangelnde Öffentlichkeitswirkung des Haushaltsplans überwunden –, andererseits wird § 3 Abs. 2 BHO durch das verfassungsrechtliche Sozialstaatsprinzip ergänzt, weswegen diese Norm ausnahmsweise in Not- und Fürsorgesituationen keine Anwendung findet. Eine derartige Auslegung ist allerdings für reguläre Subventionen nicht möglich. Hierbei handelt es sich nämlich – aus einer volkswirtschaftlichen Perspek448 449

(524).

Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (566). Stern, Rechtsfragen der öffentlichen Subventionierung Privater, JZ 1960, S. 518

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung

233

tive – regelmäßig um einen Eingriff des Staates in die Marktwirtschaft zur Lenkung ebendieser. Subventionen stellen volkswirtschaftlich immer einen „Wohlstandsverlust“ dar. Ähnlich wie bei Steuern oder Zöllen handelt es sich bei Subventionen um Marktstörungen, wodurch ein Teil der „Gesamtrente“ nicht mehr realisiert werden kann. Wird eine Person oder eine Personengruppe subventioniert, geht dies immer zu Lasten anderer. Daher verbietet auch Art. 107 AEUV grundsätzlich jede Art von Subventionen, selbst wenn hiervon Ausnahmen möglich sind.450 In einer sozialen Marktwirtschaft steht es dem Staat natürlich frei, in den Markt einzugreifen. Es mag wichtige Gründe dafür geben, einzelnen Gruppen Sondervorteile zu gewähren – wie etwa bei der Förderung erneuerbarer Energien oder der Unterstützung von Ärzten auf dem Land –, doch muss der Staat seinen Eingriff dann auch immer mittels eines Gesetzes oder einer anderweitigen parlamentarischen Beteiligungsform mit Außenwirkung begründen. Eine Differenzierung von „echten“ Subventionen451 und allgemeinen Fürsorgepflichten – die sicherlich nur durch eine Einzelfallbestimmung möglich ist – kann dazu führen, die parlamentarische Beteiligungspflicht losgelöst von der Vorstellung des Totalvorbehaltes sachgerecht zu bestimmen. Die gewährleisteten Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit stellen sich auf einen ersten Blick als eine Zuwendung aus Nächstenliebe dar. Betrachtet man diese jedoch genauer, so zeigt sich, dass die Entwicklungszusammenarbeit den Zweck hat, gezielt in das Weltwirtschaftssystem einzugreifen, um besonders unterprivilegierten Staaten und den dort lebenden Menschen zu helfen. Es sollen Sondervorteile gewährt werden, und es findet eine Lenkung des Marktes durch den Staat statt. Die Entwicklungszusammenarbeit unterfällt damit nicht mehr der Fürsorgepflicht des Staates, weswegen das Sozialstaatsprinzip den Haushaltsplan nicht zu einer ausreichenden Rechtsgrundlage verdichtet. Der bloße Haushaltsplan ist damit nicht geeignet, den Anforderungen der Wesentlichkeitsrechtsprechung im konkreten Fall zu genügen. Für die Genehmigung von Entwicklungszusammenarbeitsprojekten, die Direktfinanzierung von Staatshaushalten oder finanzielle Vorhaben genügt die bloße Einstellung der Mittel in den Haushaltsplan nicht. Vielmehr muss sich – um es mit den Worten von Hans Troßmann452 auszudrücken – der Bundestag mit allen wichtigen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit befassen und die Grundsätze festlegen, an denen sich das politische Handeln auf Bundesebene auszurichten hat. Es bedarf mithin in der deutschen 450 Siehe hierzu Oldiges, Die Entwicklung des Subventionsrechts seit 1996, NVwZ 2001, S. 280 (281). 451 Gegen eine pauschalisierende Betrachtungsweise sprach sich bereits aus Jarass, Der Vorbehalt des Gesetzes bei Subventionen, NVwZ 1984, S. 473 (480). 452 Trossmann, Der Bundestag: Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, JöR 28 (1979), S. 1 (14).

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Entwicklungszusammenarbeit einer über den Haushaltsplan 23 hinausgehenden Rechtsgrundlage, um die Vorgaben des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehaltes zu erfüllen.

II. Parlamentsrechtliche Behelfe zur Erfüllung der Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Da die deutsche Entwicklungspolitik nicht gesetzlich gesteuert wird und die Aufstellung des Haushaltsplans den Anforderungen der Wesentlichkeitsrechtsprechung nicht genügt, verbleiben nur die im 2. Kapitel der Arbeit untersuchten allgemeinen parlamentsrechtlichen Behelfe, die den Anforderungen des Parlamentsvorbehaltes gerecht werden könnten. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Steuerungs- und die Kontrollmöglichkeiten des Parlamentes in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit den Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes entsprechen, müssen daher alle parlamentarischen Beteiligungsformen beleuchtet und in einer Gesamtschau gewürdigt werden. Im Vordergrund steht dabei neben der rechtlichen auch die tatsächliche Anwendung der parlamentsrechtlichen Mittel. Aufgrund einer „Interessenidentität und Aktionseinheit von Regierung und Parlamentsmehrheit“ – so Winfried Steffani453 – müssen nach der „klassische Parlamentarismus-Theorie“ nämlich auch die tatsächlichen Gegebenheiten im Parlamentsrecht berücksichtigt werden. Insbesondere der Opposition ist demnach innerhalb des Bundestages eine besondere Kontrollfunktion der Bundesregierung zuzuschreiben, aber auch die übrigen die Regierung tragenden Parlamentarier sind grundsätzlich durch ihr freies Mandat im Sinne des Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG als Vertreter des ganzen Volkes dazu verpflichtet, zum Wohle der Allgemeinheit zu handeln und die Tätigkeiten der Exekutive zu überwachen. 1. Die Nutzung parlamentarischer Einflussmöglichkeiten Der Parlamentsvorbehalt bezweckt in erster Linie eine generelle parlamentarische Beteiligung an einer Materie.454 Wie sich aber gezeigt hat, beschränkt sich die parlamentarische Mitwirkung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit derzeit auf das Stellen einiger Kleiner Anfragen (§ 104 Abs. 1 S. 1 GO-BT), das Abhalten weniger aktueller Stunden (§ 106 Abs. 1 GO-BT) und der Aussprache im Rahmen von Regierungsbefragungen (§ 106 Abs. 2 GO-BT). 453 Steffani, Parlamentarische Demokratie, in: ders. (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz (1973), S. 17 (34 f.); ders., Semi-Präsidentialismus: ein eigenständiger Systemtyp?, ZParl 1995, S. 621 (632 ff.). 454 BVerfGE 47, 46 (79); BVerfGE 49, 89 (126); BVerfGE 83, 130 (152); Jachmann, Zur Reichweite der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts und ihrer Bedeutung für die richterliche Entscheidung, JA 1994, S. 399 (400).

C. Die Bewertung der parlamentarischen Beteiligung

235

Aus dem Umstand, dass sich Abgeordnete jederzeit über die deutsche Entwicklungszusammenarbeit informieren könnten, folgerte Martin Pellens, dass es nicht erforderlich sei, die Grundlagen und das Verfahren der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch ein formelles Parlamentsgesetz zu regeln.455 Es könne argumentiert werden, dass durch die hypothetische Möglichkeit der Parlamentarier, sich über die Vorgänge der Entwicklungspolitik zu erkundigen und Einfluss zu nehmen, den Vorgaben der Wesentlichkeitsrechtsprechung Genüge getan sei. In einer Gesamtschau der parlamentarischen Behelfe zeigt sich jedoch, dass das Parlament zwar jederzeit auf das Gebiet der Entwicklungspolitik zugreifen könnte, die Behelfe aber nur in einem beschränkten Umfang angewendet werden. Weder nimmt das Parlament mit diesen parlamentarischen Mitteln eine wirksame Ziel-, Organisations- und Verfahrenssteuerung vor, noch kontrolliert es abgeschlossene entwicklungspolitische Sachverhalte umfänglich. Der festgestellte Parlamentsvorbehalt im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erfordert insofern mehr als den sporadischen Einsatz von allgemeinen parlamentsrechtlichen Behelfen. Vielmehr müssten die wesentlichen Grundsatzentscheidungen in der deutschen Entwicklungspolitik durch das Parlament in der Öffentlichkeit – insbesondere im Parlamentsplenum – entschieden werden. Auch die Behandlung von entwicklungspolitischen Themen in Gremien von KfW oder GIZ durch Parlamentarier kann der Wesentlichkeitsrechtsprechung nicht genügen.456 Der Sinn des Parlamentsvorbehaltes besteht nämlich gerade in der Behandlung eines Themas im und durch das Parlamentsplenum. Wird die Entscheidungsbefugnis über „wesentliche“ Belange aber an außerparlamentarische Gremien delegiert, ist in diesen Gremien weder die spiegelbildliche Repräsentation des Parlamentsplenums herzustellen noch sind die gefällten Beschlüsse wie diejenigen aus der Mitte des Parlamentes heraus demokratisch legitimiert. 2. Die nichtöffentlichen Sitzungen der Bundestagsausschüsse Ist die Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands doch Thema im Bundestag, dann zumeist nur in den verschiedenen Ausschüssen. Die Behandlung wesentlicher Materien im Rahmen von Ausschusssitzungen erscheint vor dem Hintergrund der Wesentlichkeitsrechtsprechung jedoch ebenfalls problematisch, da der Parlamentsvorbehalt eine Behandlung „wesentlicher“ Themen in der Öffentlichkeit erfordert; Ausschusssitzungen tagen aber grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit.457 455

Pellens, Entwicklungshilfe Deutschlands und der Europäischen Union (1995),

S. 48. 456

Hierzu bereits auf Seite 56–61 und 135 f. Kritisch auch Winkelmann, Parlamentarische Ausschussarbeit, in: Morlok/ Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 754 (778). 457

236

3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Die fehlende Öffentlichkeit der Parlamentsausschüsse – nicht nur in der Entwicklungspolitik – wird verfassungsrechtlich meist damit begründet, dass der Auftrag der Öffentlichkeit gemäß Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG grundsätzlich zunächst nur für das Parlamentsplenum gelte.458 Obwohl der Wortlaut dieser Norm „Der Bundestag verhandelt öffentlich“ lautet, sei mit dem Begriff „Bundestag“ nur das Plenum gemeint.459 Trotz des grundsätzlichen Ausschlusses der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen könne die Öffentlichkeit für einen bestimmten Tagesordnungspunkt gemäß § 69 Abs. 1 S. 2 GO-BT oder bei Expertenanhörungen gemäß § 70 GO-BT zugelassen werden. Außerdem seien gemäß § 69a GO-BT erweiterte öffentliche Ausschussberatung möglich.460 Einer weitergehenden öffentlichen Debatte in Ausschüssen bedürfe es nicht. Im Zusammenhang mit der Überprüfung des „Euro-Rettungsschirms“ 461 sowie mit der Frage der Rechtmäßigkeit des „ESM“ 462 hat sich das Bundesverfassungsgericht unter anderem auch damit befasst, ob der Ausschluss der Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen rechtmäßig ist. Das Gericht stellte dabei fest, dass es im Rahmen der europäischen Integration einer verstärkten parlamentarischen Beteiligung bedürfe.463 So müsse nicht nur der Bundestag bzw. der Haushaltsausschuss der Übernahme von Garantiezusagen im Rahmen der Finanz- und Staatsschuldenkrise zustimmen,464 sondern aufgrund des Demokratieprinzips bedürfe jede wesentliche haushaltspolitische Frage einer öffentlichen Beratung.465 Diesen Aussagen folgend könnte eine grundsätzliche Öffnung der Ausschüsse gefordert werden. Da allerdings einer völligen Öffnung der Ausschüsse wegen 458 Linck, Die Öffentlichkeit der Parlamentsausschüsse aus verfassungsrechtlicher und rechtspolitischer Sicht, DÖV 1973, S. 513 (515). 459 BVerfGE 1, 144 (152). Zur Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen anderer Länder Ruch, Das Berufsparlament (1976), S. 127 f. 460 Heintzen, Externe Beratung in der Gesetzgebung, in: Kluth/Krings (Hrsg.), Gesetzgebung (2014), S. 229 (239); Linck, Die Parlamentsöffentlichkeit, ZParl 1992, S. 673 (698); Schüttemeyer, Öffentliche Anhörungen, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1145 (1153 ff.). Kritisch auch Schneider, Gesetzgebung (2002), S. 83. 461 BVerfGE 129, 124. 462 BVerfGE 132, 195 (Eilverfahren) und BVerfGE 135, 317 (Hauptsacheverfahren). 463 Hierzu ausführlich Calliess, Der Kampf um den Euro, NVwZ 2012, S. 1 ff.; ders., Staatsrecht III (2018), S. 239 ff.; Giegerich, Das BVerfG zwischen Europafreundlichkeit und Europaskepsis, ZEuS (2016), S. 3 ff.; Hölscheidt, Die Verantwortung des Bundestags für die europäische Integration, DÖV 2012, S. 105 ff.; Knopp, Eurozone in der Dauerkrise, NVwZ 2011, S. 1480 (1481 ff.); Ruffert, Die europäische Schuldenkrise vor dem Bundesverfassungsgericht – Anmerkung zum Urteil vom 7. September 2011, EuR 2011, S. 842 ff.; Sachs, Staatsorganisationsrecht: Unveräußerliche nationale Haushaltsautonomie, JuS 2012, S. 271 (273); Schweitzer/Dederer, Staatsrecht III (2016), S. 37; Tomuschat, Anmerkung zu BVerfG, 2. Senat, Urteil vom 18.03.2014 – 2 BvR 1390/12, DVBl. 2014, S. 645 ff.; Thym, Anmerkung zu BVerfGE 129, 124, JZ 2012, S. 1011 ff. 464 BVerfGE 129, 124 (184 ff.). 465 So insbesondere auch BVerfGE 130, 318 (344); BVerfGE 131, 152 (205).

D. Die unzureichende parlamentarische Steuerung

237

einer notwendigen Geheimhaltung bestimmter Sachverhalte wohl nicht nachgekommen werden kann, bietet es sich an – wie es etwa Winfried Kluth466 vorsichtig vorgeschlagen hat – aus Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG eine grundsätzliche Pflicht zur öffentlichen Verhandlung von Ausschüssen herzuleiten und das derzeitige Regel-Ausnahmeverhältnis umzukehren. Die Praxis der Bundesländer Berlin und Bayern zeigt, dass die grundsätzliche Zulassung der Öffentlichkeit in Ausschusssitzungen zu keinen negativen Folgen geführt und eine konstruktive Kompromissfindung weiterhin stattgefunden hat. Mehrere aktuelle Gesetzesinitiativen zur Öffnung der Ausschüsse für die Öffentlichkeit, die durch die FDP-Fraktion467, die Fraktion Die Linke468 und die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen469 eingebracht wurden, verdeutlichen ein tatsächliches Interesse an einer Umkehr des bisherigen Regel-Ausnahme Verhältnisses. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über die Öffnung von Ausschusssitzungen für die Öffentlichkeit erscheint die derzeitige nichtöffentliche Befassung verschiedener Ausschüsse mit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Lichte der Wesentlichkeitsdoktrin als unzureichend.

D. Die unzureichende parlamentarische Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit, die nur durch untergesetzliche Normen ausgestaltet wird, unterliegt einem Parlamentsvorbehalt. Dieser ergibt sich sowohl aus einer Grundrechts- als auch Menschenrechtsrelevanz des Themas „Entwicklungszusammenarbeit“. Das Bundesverfassungsgericht prüft zwar regelmäßig nur eine Grundrechtsrelevanz als Kriterium für die „Wesentlichkeit“, doch muss aufgrund der festgestellten Vergleichbarkeit auch die Menschenrechtsrelevanz in die Bewertung der „Wesentlichkeit“ einer Materie einfließen. Dies hätte bereits im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Existenz eines „Parlamentsheeres“ erfolgen können, wodurch ein Rückgriff auf eine strittige Verfassungstradition nicht mehr notwendig gewesen wäre. Da Grund- und Menschenrechte keiner räumlichen Begrenzung unterliegen und sich an die Träger faktischer staatlicher Gewalt richten, muss die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Grund- und Menschenrechte bei allen Handlungen im Ausland beachten und schützen. Insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf Leben unterliegen bei jeglichem staatlichen Handeln einem umfassenden Schutzauftrag, weswegen schon zum Zeitpunkt der 466 Kluth, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 42, Rn. 8 und 11. 467 BT-Drs. 18/3045 vom 05.11.2014. 468 BT-Drs. 19/10 vom 24.10.2017. 469 BT-Drs. 19/965 vom 27.02.2018.

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3. Kap.: Die Pflicht des Parlaments zur Mitwirkung

Projektplanung eine Folgenabschätzung vorzunehmen ist. Die Existenz eines Staatsziels der „internationalen Entwicklungszusammenarbeit“ – herleitbar aus der Präambel des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 24 GG und Art. 25 GG – verstärkt den Auftrag an die Legislative, eine wirksame Ziel-, Organisations- und Verfahrenssteuerung sowie Kontrolle in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit vorzunehmen. Der aus dem festgestellten Parlamentsvorbehalt im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit folgenden notwendigen Beschäftigung mit „wesentlichen“ Sachverhalten kommt das Parlament jedoch nur bedingt nach. Insbesondere kann die rudimentäre Behandlung der Haushaltspläne im Parlamentsplenum die Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes nicht erfüllen. Dies liegt daran, dass es den Haushaltsplänen an einer notwendigen Öffentlichkeitswirksamkeit fehlt, diese nur zwischen Legislative und Exekutive Wirkung entfalten und Subventionen regelmäßig als Eingriff in das Marktgeschehen einer weitergehenden Rechtfertigung bedürfen. Der Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung behandelt zwar regelmäßig entwicklungspolitische Themen, ist letztlich aber nur ein nachgeschaltetes parlamentarisches Organ, in dem Informationen gesammelt und verarbeitet werden. Eine Kompensation für den Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt durch die Besprechung entwicklungspolitischer Themen in nichtöffentlichen Ausschüssen findet nicht statt, denn der Parlamentsvorbehalt fordert eine Behandlung der „wesentlichen“ Themen in und vor der Öffentlichkeit. Sofern eine partielle Kontrolle der gubernativen und administrativen Entwicklungspolitik doch stattfindet, dann durch eine Vielzahl an Großen und Kleinen Anfragen, durch Berichte der Regierung oder durch sonstige allgemeine parlamentarische Fragerechte. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten nur einen groben Überblick über die deutsche Entwicklungszusammenarbeit vermitteln können. Die notwendige legislative Auseinandersetzung mit den Grundprinzipien, der Schwerpunktsetzung und der organisatorischen Ausgestaltung des als „wesentlich“ einzustufenden Themas der deutschen Entwicklungszusammenarbeit findet nicht statt. Damit kommt das Parlament den Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nicht ausreichend nach.

4. Kapitel

Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung in der Entwicklungszusammenarbeit Wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit abläuft, welche Schwerpunkte sie setzt und in welchen Bereichen sie sich verändert ist derzeit, so haben es die vorausgegangenen Kapitel gezeigt, Aufgabe von Gubernative und Administrative. Die parlamentarische Beteiligung an entwicklungspolitischen Themen stellt sich dem gegenüber vor dem Hintergrund des festgestellten verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehaltes als defizitär dar. Insofern ist, unabhängig davon, ob der Parlamentsvorbehalt für den Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aus einer „Grundrechtsrelevanz“, einer „Menschenrechtsrelevanz“, der Bedeutung des Themas für das „Zusammenleben der Menschen“ oder einem Staatsziel der „internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ hergeleitet wird, eine Beschäftigung des Parlamentes mit den wesentlichen Grundentscheidungen in der Entwicklungszusammenarbeit zu fordern. Eine Beteiligung des Parlamentes könnte sich grundsätzlich auf alle Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit erstrecken, die den Kernbereich exekutiven Handelns nicht berühren. Durch die Implementierung einer Kombination von verschiedenen parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten könnte dazu beitragen werden, eine grundsätzliche Ziel-, Organisations- und Verfahrenssteuerung sowie Kontrolle der deutschen Entwicklungspolitik durch die Legislative zu erreichen. Die in diesem Kapitel vorgeschlagenen Maßnahmen dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden. Unterschiedliche Instrumente können und sollten sich vielmehr gegenseitig ergänzen. Letztlich ist es jedoch dem Gesetzgeber mit seinem weiten Gestaltungsspielraum überlassen, die konkrete legislative Ausgestaltung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit vorzunehmen.

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit Bei den Verbesserungsmöglichkeiten der Stellung des Parlamentes bietet sich in erster Linie die Verabschiedung eines Bundesgesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit an. Ein solches Gesetz könnte grundsätzliche Vorgaben und Zielsetzungen vornehmen, die Entwicklungsverwaltung organisieren und das Verfahren

240

4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

zur Vergabe von Mitteln regeln. Dabei wäre unter anderem ein eigenes Kapitel zur Stellung und zu den Befugnissen des Parlamentes in der laufenden Entwicklungszusammenarbeit möglich. Die aufgrund des Parlamentsvorbehaltes gebotene Inklusion verschiedener Themenkomplexe in einem umfassenden Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit würde dazu beitragen, dass die vollständige Durchdringung der Materie ermöglicht und dem Grundsatz einer umfassenden Regelung entsprochen würde. Bei der Ausformulierung der einzelnen Bereiche muss gleichwohl darauf geachtet werden, dass die gesetzlichen Normen bestimmt genug sind, was im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit nicht problemlos zu bewerkstelligen ist. Durch die Verabschiedung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit würde der bisher nur durch die Haushaltsgesetzgebung und durch Leitlinien gesteuerte Politikbereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit transparenter geregelt; dies schließt insbesondere auch die Planbarkeit für die Nehmerländer ein. Ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit hätte zur Folge, dass die der Haushaltsaufstellung folgende Ausschüttung von Geldern in einem der letzten gesetzlich noch ungeregelten Politikbereichen nicht mehr nur durch Leitlinien der Bundesregierung organisiert werden müsste. Diese Leitlinien entfalten als Verwaltungsvorschriften nämlich für außerhalb der Entwicklungsverwaltung stehende Akteure keinerlei Bindungswirkung.1 Die bestehende Entwicklungsverwaltung erscheint aufgrund eines allgemeingültigen Regelkataloges keineswegs obsolet. Vielmehr wäre die Entwicklungsverwaltung in ein legislativ ausgestaltetes „Gesamtkonzept Entwicklung“ zu integrieren, wodurch die Durchführungsorganisationen KfW und GIZ einen konkreten gesetzlichen Arbeitsauftrag erhielten. Leitlinien, Gesellschaftsverträge und internes Verwaltungsgewohnheitsrecht könnten ein Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit weiterhin ergänzen. Durch die Hinzunahme untergesetzlicher Normen, die einfacher als starre Gesetzestexte verändert werden können, bliebe insbesondere eine schnelle Anpassung der Entwicklungsverwaltung an äußere Gegebenheiten gewährleistet. Vorrangig geht es also darum, die gubernativen und administrativen Vorgänge stärker an die Legislative anzugliedern.

I. Die Rechtspraxis anderer Länder Viele Länder der Welt haben sich selbst Gesetze zu ihrer Entwicklungszusammenarbeit gegeben, die – in unterschiedlicher Präzision – teils auch die Stellung ihrer Parlamente betreffen. Eine Beteiligung von Parlamenten im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ist also nicht nur möglich, sondern in vielen Ländern auch gängige Praxis. 1

Hierzu bereits auf Seite 90–103.

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit

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So existieren etwa in Österreich seit 1974 ein „Entwicklungszusammenarbeitsgesetz“ (EZA-G)2. Durch das EZA-G wird in Österreich eine Rechtsgrundlage für die „Österreichische Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit mit beschränkter Haftung“ geschaffen, die für die Ausführung der Entwicklungspolitik zuständig ist. Die grundsätzliche Koordination und Steuerung der Entwicklungszusammenarbeit obliegt dabei gemäß § 21 Abs. 1 EZA-G dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. In der Schweiz gibt es seit 1976 ein „Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe“ (BGintEzhH)3. Im BGintEzhH sind nicht nur die Finanzierung und der Vollzug der Entwicklungszusammenarbeit geregelt. Es werden in dem Gesetz außerdem Zuständigkeitszuweisungen vorgenommen, wobei dem Bundesrat – dieser entspricht am ehesten der deutschen Bundesregierung – Rechte zur verwaltungsinternen Koordination gemäß Art. 13 BGintEzhH und zum Erlass von Ausführungsbestimmungen gemäß Art. 15 BGintEzhH zugewiesen werden. Die Bundesversammlung – das Schweizer Parlament – hat hingegen keine weiteren Beteiligungsrechte in der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit. Im Vereinigten Königreich regelt der „International Development Act“ (IDA)4 von 2002 die grundlegenden Angelegenheiten der Entwicklungszusammenarbeit. Das Gesetz gilt in der Nachfolge des „Overseas Development and Co-operation Act“ von 1980 und unterscheidet sich etwa in seiner allgemeineren Fassung von seinem Vorgängergesetz, welches sich insbesondere auf die sogenannten „Commonwealth“-Länder bezog. Die neue gesetzliche Grundlage erfasst hingegen die Entwicklungsländer im Allgemeinen, obwohl die Zusammenarbeit mit den „Commonwealth“-Ländern weiterhin im Vordergrund steht. Der IDA definiert zunächst, was nach britischem Recht unter Entwicklung zu verstehen ist und differenziert dabei, ähnlich wie in Deutschland, zwischen technischer und finanzieller Hilfsleistung. In einer übersichtlichen Art und Weise wird das allgemeine Verfahren geregelt, mittels dessen Anwendung Entwicklungsländer Entwicklungshilfe beantragen können. Zudem werden die staatlichen Beteiligten und Verantwortungsträger bezeichnet. In der britischen Entwicklungszusammenarbeit kommt neben dem Entwicklungsminister dem Außenminister eine besondere Stellung zu, der mehrfach – etwa in § 8 Abs. 3a oder § 12 Abs. 5 IDA – in leitender Position genannt wird. Auch die Beteiligung des Parlamentes wird durch das Gesetz ausdrücklich in § 12 Abs. 4 IDA geregelt. Vor jeder Verfügung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sind nach dieser zentralen Norm 2 Abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundes normen&Gesetzesnummer=20001847. 3 Abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19760056/ 201706010000/974.0.pdf. 4 Abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2002/1/contents.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

beide Häuser des Parlamentes anzuhören, und deren Einverständnis ist einzuholen. Das britische Entwicklungsgesetz regelt damit, ohne auf Detailfragen einzugehen, alle wesentlichen Gebiete der Entwicklungspolitik. In den Vereinigten Staaten von Amerika existiert mit dem „Foreign Assistance Act“ (FAA)5 von 1961 ein umfassendes Regelwerk zur internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Das Gesetz wurde regelmäßig durch verschiedene Amendements geändert, wobei die bisher größte Änderung 1974 stattfand. Zu Beginn des Gesetzes werden die Gründe für die Leistung von Entwicklungszusammenarbeit dargelegt und Ziele der internationalen Kooperation ausformuliert (Sec. 101 und Sec. 102). Insbesondere soll die Armut in der Welt bekämpft, selbstständiges wirtschaftliches Wachstum ermöglicht, individuelle bürgerliche und ökonomische Rechte gestärkt, Entwicklungsländer im Weltwirtschaftssystem integriert und eine „good governance“ gefördert werden. Das FAA sieht grundsätzlich auch vor, dass es den USA verboten ist, mit Ländern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zu kooperieren, wenn Menschenrechtsverstöße festgestellt werden (Sec. 116). Gleichzeitig ermächtigt das Gesetz in einem eigenen Abschnitt dazu, das Militär in der Entwicklungszusammenarbeit unterstützend einzusetzen (Sec. 503). In den USA wird, wie in Deutschland, ebenfalls zwischen technischer und finanzieller Hilfe unterschieden, wobei für einzelne Ländergruppe oder Regionen der Welt dezidierte Strategien innerhalb des Gesetzes veröffentlicht werden. Die große Gesetzesänderung von 1974 geschah beispielsweise vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges, als neue Felder der entwicklungspolitischen Förderung notwendig wurden. Die ausführlichen Länderstrategien und Konzepte für Entwicklungsthemen zeigen den Einfluss des Kongresses auf die inhaltliche Ausrichtung der US-amerikanischen Entwicklungspolitik. Es werden keine Anspruchsgrundlagen geschaffen, sondern der Präsident bzw. die Exekutive werden mit jeder Sektion des FAA zur Ausgabe oder Mittelvergabe ermächtigt. Im präsidialen Regierungssystem der USA ist der Präsident dann in der Lage, Dekrete zur Entwicklungspolitik – in Unterscheidung zur verfassungsgewohnheitsrechtlichen „Executive Order“, die keine Rechtsgrundlage braucht – zu erlassen. Damit gibt das Parlament, genauer gesagt der Kongress, die Rahmenbedingungen für die Entwicklungszusammenarbeit vor, die dann durch die Regierung und den Präsidenten innerhalb der engen Vorgaben ausgestaltet werden. Die genaue inhaltliche Steuerung findet allerdings durch die in diesem Gesetz eingerichtete „United States Agency for International Development Aid“ statt, die sowohl für die technische als auch die finanzielle Zusammenarbeit zuständig ist. Spanien wiederum blickt auf eine recht kurze Zeit der Entwicklungszusammenarbeit zurück, wenngleich schon lange Beziehungen zu den ehemaligen Kolonien gepflegt wurden. Trotzdem gibt es erst seit 1998 mit dem „Ley de Coope5 Abrufbar unter: https://www.foreign.senate.gov/imo/media/doc/Foreign%20Assis tance%20Act%20Of%201961.pdf.

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit

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ración Internacional para el Desarrollo“ (LCID)6 eine Rechtsgrundlage, auf der die Entwicklungszusammenarbeit normativ aufgebaut ist. Die Präambel des LCID, die sich auf die Verfassung von 1987 beruft, stellt nicht nur den Aufbau des Gesetzes dar, sondern rekapituliert auch die bisherige Art der geleisteten Entwicklungskooperation. Die ersten sieben Artikel sind anschließend davon geprägt, dass eine Zielsetzung in der spanischen Entwicklungszusammenarbeit vorgenommen wird. Neben der Durchsetzung der Menschenrechte werden dabei die Gleichberechtigung der Länder und ein demokratischer Konsens propagiert (Artículo 3 LCID). Im Zentrum der spanischen Entwicklungszusammenarbeit stehen die multilaterale Entwicklungskooperation sowie die Zusammenarbeit mit den ehemaligen Kolonien, insbesondere in Süd- und Mittelamerika, aber auch mit arabischen und afrikanischen Ländern (Artículo 6. Abs. 1 LCID). Im zweiten Abschnitt des Gesetzes werden die technische, finanzielle und humanitäre Hilfe dargestellt und die Einrichtung von sogenannten Planungsdirektoren festgelegt, die für die Ausführung und Erstellung weitergehender Strategien zuständig sind. Das dritte Kapitel regelt die Beteiligung der verschiedenen staatlichen Organe an der spanischen Entwicklungszusammenarbeit. Neben der Mitwirkung der Regierung und der verschiedenen Minister ist gleich zu Beginn des Abschnittes, in Artículo 15 LCID, die Aufgabe des Kongresses geregelt. Das Abgeordnetenhaus ist hiernach nicht nur für die Ausarbeitung der grundlegenden Strategien zuständig, sondern debattiert jährlich in einer Generalaussprache über die vollzogene und zukünftige Entwicklungspolitik, wobei der Planungsdirektor zunächst über die Geschehnisse berichtet. Zudem wird durch diese Regelung eine parlamentarische Kommission eingerichtet – vergleichbar mit einem deutschen Bundestagsausschuss –, die regelmäßig durch die Regierung über die Entwicklungspolitik informiert werden muss. Als Teil der beratenden Organe in der Entwicklungszusammenarbeit ist die Kommission gemäß Artículo 21 ff. LCID an allen wichtigen Entscheidungen zu beteiligen. Abschließend werden in weiteren drei Kapiteln die Mittelaufbringung und die Personalfragen der spanischen Entwicklungspolitik besprochen. Mit dem „Loi d’orientation et de programmation relative à la politique de développement et de solidarité internationale“ (LOI n ë 2014-773)7 ist in Frankreich 2014 ein Gesetz zur französischen Entwicklungszusammenarbeit entstanden. Dieses regelt in 15 Artikeln die französische Entwicklungszusammenarbeit, wobei ein umfassender „Annex“ mit dem Gesetzestext abgedruckt ist, in dem unterschiedliche Einzelfragen besprochen werden. Wie bereits der Titel des Gesetzes verspricht, werden zunächst die Gründe für die Leistung von französischer Entwicklungszusammenarbeit genannt. Darauf folgt in Article 3 bis Article 5 LOI n ë 2014-773 eine Darstellung der Zusammenhänge zu anderen Politikbereichen 6

Abrufbar unter: https://www.boe.es/eli/es/l/1998/07/07/23/con. Abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?ciTexte=JORF TEXT0000 29210384&categorieLien=id. 7

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

und den französischen Staatszielen. Den größten Teil des Gesetzes nimmt die Darstellung der Prinzipien französischer Entwicklungszusammenarbeit ein; dabei kommt der Transparenz gemäß Article 7 LOI n ë 2014-773 eine besondere Bedeutung zu. Aufschlussreich ist auch das Bekenntnis in Article 11 LOI n ë 2014773 zu einer ökonomischen Entwicklungspartnerschaft, die anderen Partnerschaftsformen vorgezogen werden soll. Schließlich werden durch Article 14 LOI n ë 2014-773 die extraterritorialen Handlungen der französischen Entwicklungszusammenarbeit legitimiert und einige neue Kommunikationskanäle mit Entwicklungsländern eingerichtet. Erst in der Préambule des „Annexes“, welcher in eigene Absätze unterteilt ist, werden die Verfahrensgänge, die beteiligten Institutionen und die konkreten Zielvorgaben genannt. In Nr. 4 Préambule ist unter anderem explizit das Ziel verankert, 0,7 % des Bruttosozialproduktes für die Leistung von ODA einzuplanen, aber auch konkrete Ausgabeprioritäten in der französischen Entwicklungspolitik werden festgelegt. In der französischen Entwicklungszusammenarbeit soll eine Abkehr vom Neokolonialismus stattfinden und den ehemaligen Kolonien eine bevorzugte Unterstützung zuzukommen; gleichwohl erfahren aber auch andere LDCs besondere Aufmerksamkeit, Nr. 1.4 Préambule. Für viele Themenbereiche ist in Nr. 1.3 Préambule ein ausführliches Konzept dargelegt, wie für Agrarfragen, Umweltprojekte, die Korruptionsbekämpfung und die Lebensmittelversorgung. Es werden Vorstellungen zusammengetragen, nach denen sich die französische Entwicklungspolitik auszurichten hat. Schließlich behandelt der „Annex“ die Beteiligung staatlicher Akteure, wobei dem Außenministerium bzw. dem Außenminister gemäß Nr. 3.1 Préambule eine hervorgehobene Stellung zukommt. Diesem Umstand ist in Frankreich besondere Aufmerksamkeit zu schenken, denn 1998 wurde das bis dahin existierende Entwicklungsministerium in das Außenministerium eingegliedert.8 Dem französischen Parlament – der Assemblée Nationale – soll nach Nr. 2.3 Préambule alle zwei Jahre Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit und dabei insbesondere über die budgetären Ausgaben erstattet werden. Darüber hinaus ist nach Nr. 1.5 Préambule jede Maßnahme, die als Intervention in innere Angelegenheiten eines Entwicklungslandes qualifiziert wird, durch das Parlament zu besprechen. Diese kurze Analyse der entwicklungspolitischen Rechtspraxis einiger westlich geprägter Länder wie der Schweiz, Österreichs, des Vereinigten Königreichs, der USA, Spaniens und Frankreichs zeigt, dass alle diese Länder ihre Entwicklungspolitik durch ein Gesetz ordnen. Dabei enthalten sämtliche Regelwerke zunächst die Festlegung von Zielen der Entwicklungszusammenarbeit. Ob und wie ausführlich die Beteiligung bzw. die Aufgaben staatlicher Akteure geregelt werden, ist hingegen sehr unterschiedlich und hängt mitunter von der länderspezifischen Rechtspraxis ab. Dem Parlament ist zumeist ein kontrollierender (Frankreich, 8 Seitz, Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann (2019), S. 201.

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit

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Schweiz, Österreich), teils aber auch ein gestaltender Charakter (Spanien, UK, USA) zuzuschreiben. Die Entwicklungszusammenarbeit kann jedenfalls – dies zeigen all diese Länderbeispiele – ohne Verlust ihrer Funktionsfähigkeit durch ein Gesetz geordnet werden. Ein Rückgriff auf exekutive Anordnungen, wie es derzeit noch in Deutschland gehandhabt wird, ist hingegen die Ausnahme. Andere, insbesondere eher autokratisch regierte Länder – die mitunter bereits einen enormen Beitrag zur Förderung von Entwicklungsländern leisten – haben sich kein Gesetz gegeben. Dies gilt für Russland, in dem allerdings eine Reihe von Vergabevoraussetzungen durch die Regierung in einem „Internationalen Entwicklungshilfe Konzept“ festgelegt wurden.9 In China, dem aufstrebenden Geberland schlechthin, existiert dagegen ein „Narrativ der ausführenden Politik“, welches Recht und Gesetz nur am Rande erwähnt.10 Lediglich acht Prinzipien für „ökonomische Hilfe und technische Unterstützung anderer Länder“, die von Premierminister Zou Enlai im Jahr 1964 verkündet wurden, stecken einen groben Rahmen der Entwicklungskooperation ab.11 Die Vereinten Arabischen Emirate, die seit 2012 massiv in die Entwicklungszusammenarbeit eingestiegen sind, konzentrieren sich auf die Kooperation mit anderen arabischen Ländern, gewähren vornehmlich günstige Kredite und ordnen ihre Entwicklungspolitik dem Außenministerium zu, das für diesen Zweck 2016 explizit in ein „Außenministerium und Ministerium für internationale Zusammenarbeit“ umbenannt und umstrukturiert wurde.12 Die Darstellung der Entwicklungspolitik anderer wichtiger Gebernationen muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Eine weitere Untersuchung und ein Rechtsvergleich der verschiedenen Entwicklungsansätze erscheint vor dem Hintergrund einer aufkommenden Konkurrenz um die „richtige“ Entwicklungszusammenarbeit in einer globalisierten Welt gleichwohl dringend notwendig.

II. Möglicher Inhalt eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit Der konkrete Inhalt eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit kann aufgrund der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers an dieser Stelle sicher 9 Nach Angaben der OECD betrug die ODA-Quote Russlands im Jahr 2017 gleichwohl lediglich 0,077 %. 10 Vgl. Seppänen, Chinese Legal Development Assistance: Which Rule of Law? Whose Pragmatism?, Vanderbilt Journal of Transnational Law (2018), Vol. 51 No. 1, S. 101 (119). 11 Veröffentlicht durch die OECD (unter: http://www.china.org.cn/government/white paper/2011-04/21/content_22411843.htm), die schätzt, dass etwa 90 % der chinesischen ODA-Mittel in die bilaterale Zusammenarbeit fließen. 12 Die ODA-Quote der Vereinigten Arabischen Emirate betrug nach Angaben der OECD im Jahr 2017 etwa 1,027 % und ist damit der aktuelle Spitzenwert im weltweiten Vergleich.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

nicht vorweggenommen werden. Nichtsdestominder sollen im Folgenden einige Grundannahmen dargelegt werden, die im Rahmen der Verabschiedung eines Gesetzes als besonders wesentlich bzw. diskussionsbedürftig erachtet werden könnten.13 So bietet es sich an, in einem Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit die Funktionsweise, die Grundprinzipien, die Organisation und die Finanzierung zu regeln. Darüber hinaus könnte sich damit auseinandergesetzt werden, ob der Legislative in der laufenden Entwicklungszusammenarbeit weitergehende Rechte gewährt werden sollen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Rechtsprechung bezüglich anderer Materien mit Auslandsbezug nicht nur möglich, sondern würde eine regelmäßige parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sicherstellen, und die legislative Einflussnahme wäre nicht auf den einmaligen Erlass eines Gesetzes beschränkt. 1. Konkrete Zielvorgaben für die Entwicklungszusammenarbeit Da das Parlament aufgrund des festgestellten Parlamentsvorbehaltes die Grundlinien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit festzulegen hat, sollte sich die Legislative zunächst mit der Zielsetzung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auseinandersetzen. Aufgrund von erheblichen Auswirkungen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auf Freiheits- und Gleichheitsrechte sind die „wesentlichen“ Entscheidungen und Zielvorgaben nämlich durch den Gesetzgeber eigenhändig aufzustellen. Der Gesetzgeber könnte hierbei eine grundsätzliche Entscheidung darüber treffen, ob die vorhandenen Mittel für sehr konkrete und möglicherweise teure Maßnahmen in wenigen Staaten, für viele Länder mit kleineren Projekten14 oder im Rahmen eines Ausgleichs zwischen beiden Möglichkeiten eingesetzt werden sollen. Die Normierung von Zielvorgaben hätte den positiven Effekt, dass der bislang lediglich exekutiv ausgestalteten Entwicklungszusammenarbeit eine Richtung – und das nicht mehr mittels verwaltungsinterner Leitlinien – vorgegeben würde. Sind die Ziele attraktiv und erstrebenswert, könnten diese nicht nur die deutsche Entwicklungsverwaltung, sondern auch die Partnerländer zu Leistung motivieren. Es würde damit ein Bewusstsein dafür geschaffen, wohin die deutsche Entwicklungszusammenarbeit steuern soll, und gubernative Handlungsweisen könnten sich daran ausrichten. Eine legislative Zielsetzung erzeugte darüber

13 U. Schröder, Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, JA 2017, S. 809 (815) zum Legitimationsniveau eines Gesetzes. 14 Die Effektivität von Mikrokrediten wird von einigen Entwicklungsforschern derzeit als ein effektives, gleichwohl aber zu wenig genutztes Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit bezeichnet, so Moyo, Dead Aid (2011), S. 178 ff. und Seitz, Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann (2019), S. 209 f., die sich beide auf den Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus von 2006 und seine „Grameen Bank“ berufen.

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hinaus Vertrauen bei der eigenen Bevölkerung und vermöchte die hohen Ausgaben zu erklären und zu legitimieren. Derzeit sind die Ziele der deutschen Entwicklungspolitik insbesondere in den Leitlinien der Bundesregierung15 und in den durch das BMZ regelmäßig erstellten Konzepten enthalten. Diese Ziele wurden aber von der Exekutive formuliert und können damit den Vorgaben des Parlamentsvorbehalts nicht genügen. Ebenso wenig sind die internationalen Agenden, die regelmäßig neu aufgesetzt werden, in der Lage, das deutsche entwicklungspolitische Engagement verfassungsrechtlich zu erklären. Nichtsdestominder ermöglicht eine ausführliche Analyse der exekutiven und internationalen Zielvorgaben die Feststellung legitimer Anknüpfungspunkte, von denen ausgehend die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Zielvorgaben – von der Legislative – überprüft werden könnten. An der Festlegung von konkreten Zielvorgaben für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit muss gleichwohl Kritik angebracht werden. Die Ausarbeitung von möglichst konkreten Zielen ist zwar aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes erforderlich, doch werden wohl häufig offene Formulierungen gefunden werden müssen. Dies ist damit zu begründen, dass sonst jedwedes Vorgehen der Entwicklungsverwaltung, das diesen Zielen widerspricht, ohne gesetzliche Grundlage und damit als rechtswidrig einzustufen wäre. Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert nämlich, dass der Bürger – davon müssen auch die Menschen in Entwicklungsländern umfasst sein – erkennen können, welchen Rechtsfolgen einer Norm vom Gesetzgeber gewünscht sind. Die klare Bestimmung von Rechtsfolgen steht aber im Widerspruch zur notwendigen Abstraktheit der Zielvorgaben eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit. Dem kann gleichwohl begegnet werden, indem den Rechtsanwendern durch die Einführung von unbestimmten Rechtsbegriffen – wie dem der „Entwicklung“ – oder Generalklauseln ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird.16 Trotz berechtigter Einwände gegen die Festlegung von Zielen für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist festzustellen, dass sich gewisse Ideen und Vorstellungen über die Kooperation mit Entwicklungsländern de facto bereits international durchgesetzt haben. Durch eine Vielzahl an internationalen Abkommen und die globale Vernetzung sind die Achtung der Menschenrechte, die Schaffung einer „good governance“, die nachhaltige Entwicklung und der Schutz der Um15 In Nr. 2 der „Leitlinien für die bilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ werden als Schwerpunkte genannt: Demokratie, Zivilgesellschaft und öffentliche Verwaltung; Friedenssicherung und Krisenprävention; Bildung; Gesundheit, Familienplanung, HIV/ AIDS; Trinkwasser, Wassermanagement, Abwasser/Abfallentsorgung; Sicherung der Ernährung, Landwirtschaft; Umweltpolitik, Schutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen; Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung; Energie; Transport und Kommunikation. 16 BVerfGE 65, 1 (165); BVerfGE 100, 313 (359).

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

welt weitgehend als Ziele der Entwicklungszusammenarbeit anerkannt. Der ausführliche Zielkatalog der „Agenda 2030“ fasst hierbei den aktuellen Grundkonsens der internationalen Staatengemeinschaft zusammen. Ob sich der deutsche Gesetzgeber auf diese Ziele beschränken möchte oder weitergehende Ziele formulieren wird, bleibt letztlich ihm überlassen. a) Die Festlegung von thematischen Schwerpunkten Ein erster legislativer Vorschlag von entwicklungspolitischen Schwerpunkten wurde der Öffentlichkeit in den abgelehnten Gesetzentwürfen von 1993/1994 und 1995 unterbreitet.17 Hierbei wurde nicht nur vorgeschlagen, die Ziele der deutschen Entwicklungszusammenarbeit normativ festzustellen, sondern auch entwicklungspolitische Maßstäbe und Begriff zu definieren. Eine derartige thematische Schwerpunktsetzung erscheint auch im Rahmen eines neuen Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit möglich, denn so könnte die Entwicklungspolitik ihre begrenzten Kräfte kanalisieren. Es fände eine Erklärung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit statt, und die Verwendung des entwicklungspolitischen Vokabulars würde vereinheitlicht. Eine thematische Zielsetzung bedeutet nicht, dass diese Ziele zwangsläufig immer erreicht werden müssen, doch – ähnlich wie bei Staatszielbestimmungen – sollen staatliche Institutionen zum erfolgreichen Streben hiernach veranlasst werden. Die durch die Legislative gesetzlich festzuschreibenden Ziele sollten daher allgemein anerkannt sein und keinen regelmäßigen Schwankungen unterliegen. Dies ist im Politikbereich der Entwicklungszusammenarbeit zwar nicht absolut zu gewährleisten, da in der Vergangenheit in regelmäßigen Abständen neue Entwicklungskonzepte verfolgt wurden und für die Zukunft Änderungen nicht ausgeschlossen werden können.18 Durch die legislative Festlegung von entwicklungspolitischen Zielen würde die deutsche Entwicklungszusammenarbeit dennoch enorm an Legitimität gewinnen. Nach den Gesetzentwürfen von 1993/1994 bzw. 199519 sollte die „Entwicklungspolitik (. . .) zu einer auf Dauer tragfähigen, sozial gerechten, wirtschaftlich produktiven, ökologisch verträglichen und menschenwürdigen Entwicklung beitragen“. Armutsbekämpfung durch Selbsthilfe, vorbeugende Friedensförderung, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und Verwirklichung der Menschenrechte seien vorrangige Ziele der Entwicklungspolitik. An diesen allgemeingültigen Aussagen des § 1 Abs. 1 GesEntw (E-1995) hat sich bis heute nichts geändert. Die Idee einer nachhaltigen Entwicklungspolitik, der Menschenrechte, 17 Im Folgenden wird Bezug genommen auf die Version BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994 und BT-Drs. 13/2223 vom 30.08.1995. 18 Hierbei ist auf die obigen Ausführungen zu den sich regelmäßig wandelnden Entwicklungskonzepten auf Seite 35–52 zu verweisen. 19 Hierzu bereits auf Seite 69–80.

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von sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Gesichtspunkte, der Friedenserhaltung und der Armutsreduktion sind zu begrüßen. Insbesondere ist an einer solchen Zielsetzung positiv anzumerken, dass die Interessen der Entwicklungsländer in den Vordergrund gestellt wurden. In einem Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte darüber hinaus das Ziel genannt werden, dass sich die Entwicklungszusammenarbeit als ein Politikfeld zu verstehen hat, das sich selbst überflüssig machen muss. Es muss eine Welt angestrebt werden, in der die Lebensbedingungen zwar nicht gleich sind, aber doch auf einem ähnlichen Niveau liegen. Entwicklungspolitik muss Menschen daher auf der ganzen Welt in die Lage versetzen, ein eigenbestimmtes Leben zu führen. Dies ist nur möglich, sofern die Ursachen von Konflikten beseitigt und Perspektiven geschaffen werden sowie eine „good governance“ gefördert und an gleichberechtigten Bedingungen der Weltordnung gearbeitet wird. Die Aufgabe der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wäre dann erfüllt – so könnte es etwa formuliert werden –, wenn der Transfer von Ideen, Gütern, Menschen und Wohlstand von Geber- und Nehmerländern in beide Richtungen in ähnlichem Ausmaß vollzogen und damit gleichberechtigter Handel betrieben würde bzw. wenn die Entwicklungsländer selbstständig in der Lage wären, ihre eigenen Ziele zu erreichen.20 b) Die Festlegung von länderbezogenen Schwerpunkten Neben der Festlegung von themenbezogenen Zielen erscheint eine länderbezogene Schwerpunktsetzung in einem Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit vorstellbar. Es könnte normiert werden, mit welchen Ländern bzw. Ländergruppen die Kooperation besonders intensiv betrieben werden soll oder welche abstrakten Voraussetzungen diese Partnerländer im Vorfeld der Zusammenarbeit erfüllen müssen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah in § 2 Abs. 1 S. 1 GesEntw (E-1995) vor, dass die Bundesrepublik Deutschland in besonderer Weise solche Entwicklungsländer unterstützten sollte, die sich selbst zu den in dem Gesetz genannten Grundsätzen und Zielen bekannten und dazu eigene Beiträge leisteten. Die dann folgenden Ausführungen zu den entwicklungspolitischen Maßstäben – wie zur demokratischen Orientierung eines Landes oder zur Förderung entwicklungsfreundlicher Strukturen – hätten der Exekutive bei der konkreten Länderauswahl einen großen Spielraum gewährt. Die genannten Kriterien sagten zwar nichts über die Bedürftigkeit von Entwicklungsländern aus, im zweiten Abschnitt des Gesetzesentwurfes wurde in § 4 Abs. 1 GesEntw (E-1995) aber festgelegt, dass etwa die Vergabe von Krediten und Zuschüssen vorrangig an LDCs zu erfolgen 20 Zu der Problematik, ob eine gute Regierungsführung immer Voraussetzung der Entwicklungszusammenarbeit sein sollte, G. Müller, Umdenken (2020), S. 54.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

hatte. Es erscheint mithin möglich, bereits im allgemeinen Teil des zu verabschiedenden Gesetzes die Kriterien zur Auswahl der Partnerländer in der Entwicklungszusammenarbeit zu bestimmen. Aktuell orientiert sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit überwiegend an den Vorgaben der OECD und ihren regelmäßig überprüften Listen zur Einstufung von Entwicklungsländern.21 Die Verknüpfung deutscher Entwicklungspolitik mit den Vorgaben der OECD zeigt sich auch im Haushaltsplan 23, in dem die Förderung derjenigen Länder besondere Priorität erfährt, die von der OECD als Entwicklungsländer und LDCs eingestuft wurden. Die Festlegung von Länderschwerpunkten in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit darf verfassungsrechtlich – es handelt sich hierbei um eine wesentliche Grundentscheidung in der Entwicklungszusammenarbeit – aber nicht nur durch die Exekutive geschehen oder den Regelungen des Haushaltsplanes vorbehalten sein. Vielmehr hat eine aktive Beteiligung des Parlamentes an der Länderauswahl aufgrund des geltenden Parlamentsvorbehaltes zu erfolgen. Ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte also auch einen Verweis auf die Kriterien der OECD machen. Diejenigen Länder mit ehemaligen Kolonien, die heute Entwicklungspolitik betreiben, setzen – wie Frankreich oder das Vereinigte Königreich – einen länderspezifischen Schwerpunkt auf die Kooperation mit den ehemaligen Kolonien. Eine solche Zusammenarbeit bietet sich aufgrund von geringeren sprachlichen Barrieren und bestehender kultureller Verbindungen an, muss jedoch vor dem Hintergrund der Gefahr einer befürchteten „neuen europäischen Kolonialpolitik“ stets kritisch begleitet werden. Deutschland ist anders als andere ehemalige Kolonialmächte aufgrund des abrupten Endes der Kolonialherrschaft nach dem Ersten Weltkrieg heute zwar weniger fest mit seinen ehemaligen Kolonien verbunden, könnte aber, wäre dies gewollt, mit diesen ehemaligen Kolonien besonders intensiv kooperieren. Einer parlamentarischen Mitwirkung an der länderbezogenen Schwerpunktsetzung würde zwar auch durch die einmalige Festlegung der zu fördernden Länder in einem Gesetz Genüge getan. Die explizite Nennung von konkreten Ländern beschränkte die Arbeit der Entwicklungsverwaltung allerdings auf die ausgewählten Länder, und andere als die gesetzlich vorgesehenen Länder dürften nicht unterstützt werden. Gesetze können nachträglich zwar geändert werden, doch erscheint die Nennung von konkreten Entwicklungsländern im Gesetz mithin als eine zu starre Eingrenzung der exekutiven Handlungsmöglichkeiten. Welche konkrete länderbezogene Schwerpunktsetzung in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit letztlich sinnvoll ist, muss jedoch im Parlamentsplenum diskutiert werden und kann nur durch die Legislative entschieden werden. 21

Hierzu bereits auf Seite 33 f.

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit

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2. Die Organisation der Entwicklungsverwaltung Neben der Zielsetzung erscheint die Darstellung der deutschen Entwicklungsorganisation im allgemeinen Teil eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit von elementarer Bedeutung. Hierbei könnte die Unterscheidung von technischer und finanzieller Zusammenarbeit – eine Differenzierung findet derzeit nur in den Nummern 3 bis 5 der Leitlinien der Bundesregierung sowie im Haushaltsplan 23 statt – den übrigen Ausführungen vorangestellt werden. Die Legislative muss sich im Rahmen eines neuen Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit insbesondere über den Verwaltungsaufbau Gedanken machen und dabei die grundlegenden Strukturen vorgeben. Die Notwendigkeit eines organisatorischen Teils im Gesetz folgt unmittelbar aus dem festgestellten Verstoß gegen den institutionellen Gesetzesvorbehalt.22 Eine Regelung zum Organisationsaufbau der deutschen Entwicklungsverwaltung war im ursprünglichen Gesetzentwurf zwar nicht vorgesehen, ist aber mithin erforderlich. Durch die Darstellung der grundlegenden Organisation der Entwicklungsverwaltung inklusive einer Aufgabenzuweisung in einem Gesetz könnten auch bis heute existierende Kompetenzüberschneidungen abgebaut werden. So könnte darüber diskutiert werden, ob die wie vom Entwicklungsexperten Reinhard Stockmann23 immer wieder geforderte Zusammenlegung von GIZ und KfW erforderlich erscheint. Der institutionelle Gesetzesvorbehalt fordert nur eine legislatorische Entscheidung für die Einrichtung der Durchführungsorganisationen, nicht aber eine konkrete Rechtsform. Es besteht also zunächst die Möglichkeit (1.), die GIZ und den Teil der KfW, der für die Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist, als eine gemeinsame Bundesbehörde oder öffentlich-rechtliche Anstalt einzurichten. Da es sich bei der deutschen Entwicklungszusammenarbeit um eine Angelegenheit handelt, für die dem Bund über Art. 30, 32 GG die Gesetzgebung im Sinne des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG zusteht, ist es diesem überlassen, ob er von seinem Recht Gebrauch macht, eine solche gemeinsame Bundesbehörde oder öffentlich-rechtliche Anstalt einzurichten.24 Eine gemeinsame Organisation hätte den Vorteil, dass sich technische und finanzielle Zusammenarbeit besser miteinander abstimmen ließen und beide Kooperationsformen in Ergänzung zueinander erfolgten. Es entstünden kürzere Weisungsketten zwischen BMZ und den Durchführungsorganisationen, und eine effektive Kontrolle wäre gewährleistet. Die existierenden Überschneidungen von legislativen und exekutiven Kompetenzen – die Besetzung der Aufsichtsgremien der Durchführungsorganisationen mit Abgeordneten steht exem22

Hierzu bereits auf Seite 218–222. Stockmann, Entwicklungsstrategien und Entwicklungszusammenarbeit, in: ders./ Menzel/Nuscheler (Hrsg.), Entwicklungspolitik (2016), S. 425 (536 ff.). 24 Maiwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 87, Rn. 40. 23

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plarisch für die Vermengung der Gewalten – könnten durch eine bessere organisatorische Angliederung der GIZ und der KfW an das BMZ abgebaut werden. Alternativ (2.) könnte nur die GIZ in eine Bundesbehörde umgewandelt werden, wobei die KfW weiterhin (auch) als Entwicklungsbank tätig bliebe. So bestünde zumindest die Möglichkeit der KfW, sich selbst auf dem Kapitalmarkt zu refinanzieren, die GIZ hingegen würde enger an das BMZ angebunden. Ob die GIZ gleichzeitig als Bundesbehörde Aufgaben der finanziellen Zusammenarbeit wahrnehmen könnte, kann an dieser Stelle nicht abschließend bewertet werden. Darüber hinaus erscheint es denkbar (3.), die Entwicklungszusammenarbeit aus dem Kerngeschäft der KfW herauszulösen und eine eigenständige deutsche Entwicklungsbank zu gründen. Neben der Entwicklungszusammenarbeit hat die KfW derzeit nämlich noch unzählige weitere Aufgaben, die nicht zwingend in Einklang mit den Zielen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gebracht werden können. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KfW-Gesetz sind als weitere Aufgaben der KfW „Fördermaßnahmen für den Mittelstand, freie Berufe und Existenzgründungen“, die „Finanzierung von Risikokapital“ oder die „Durchführung staatlicher Wirtschaftspolitik“ zu nennen. Die Entwicklungszusammenarbeit soll aber gerade anderen Staaten zugutekommen, was teilweise im Widerspruch zu den übrigen Aufgabenbereichen der KfW, insbesondere aber der „Exportfinanzierung in Länder außerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union“ gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4b KfW-Gesetz, stehen könnte. Ob hierin nicht ein unüberbrückbarer Interessenskonflikt zu sehen ist, und deswegen die Gründung einer unabhängigen Entwicklungsbank sinnvoll erscheint, muss letztlich die Legislative befinden. Welche dieser organisatorischen Möglichkeiten im Rahmen eines neuen Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit gewählt oder ob die organisatorische Aufteilung beibehalten werden soll (4.), hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit zu entscheiden. Die derzeitige privatrechtliche Organisation von GIZ und KfW hat im Rahmen dieser Diskussion, auch das könnte berücksichtigt werden, den faktischen Vorteil, dass die Durchführungsorganisationen auf dem Markt wie ein Unternehmen bzw. wie eine gewöhnliche Bank auftreten können.25 Aufgrund der Teilnahme am Marktgeschehen und der Nutzung des Kapitalmarktes werden so die vom Bund bereitgestellten Mittel vermehrt. Außerdem können möglicherweise hohe Personalkosten der öffentlichen Verwaltung durch die Hinzunahme von betriebswirtschaftlichen Strukturen gesenkt und die Effizienz im Bereich der Dienstleistung erhöht werden.26 Wird die privatrechtliche oder teilweise privatrechtliche Organisationsform für die Erfüllung von Staatsaufgaben gewählt, kann der Staat außerdem teilweise entlastet werden.27 25 Für die privatrechtliche Organisation der Entwicklungsverwaltung, insbesondere in Form einer GmbH, spricht sich Dittmann, Die Bundesverwaltung (1983), S. 138 aus. 26 Bull, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, VerwArch 86 (1995), S. 621 (623). 27 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private (1982), S. 112 ff.

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3. Die Regelung des Verfahrens Den Hauptteil eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte die Regelung des entwicklungspolitischen Verfahrens einnehmen. Der Gesetzgeber müsste sich dabei für ein Verfahren entscheiden, innerhalb derer Vorgaben die Entwicklungsverwaltung tätig werden dürfte. Insofern könnten insbesondere die Kooperation mit den Nehmerländern, die allgemeinen Entscheidungsvoraussetzungen für die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, die Vorgaben zur Projektdurchführung und zur finanziellen Förderung, die Budgetfinanzierung sowie die nachträgliche Kontrolle und Evaluierung der Entwicklungspolitik im Gesetz geregelt werden. Weitere normierungsbedürftige Bereiche im Rahmen des entwicklungspolitischen Verfahrens sind gleichwohl nicht ausgeschlossen. Anhaltspunkt für die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens in einem neuen Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit kann wiederum das bisher in den Leitlinien der Bundesregierung geregelte Verfahren sein. Andererseits sind die aktuellen exekutiven Verfahrensregelungen mit den Vorstellungen der Legislative in Einklang zu bringen, denn das Parlament hat alle wesentlichen Grundentscheidungen selbst zu treffen. Mögliche Positionen und Vorstellungen der Legislative können – unter Vorbehalt – den gescheiterten Gesetzesentwürfen entnommen werden. Eine Festlegung von entwicklungspolitischen Durchführungsformen – wie sie aktuell in den Leitlinien der Bundesregierung in Ziffer 6 bis Ziffer 11 vorgenommen wird – könnte auch im Rahmen eines neuen Gesetzes sinnvoll sein. Es wären bei der Regelung des entwicklungspolitischen Verfahrens einführend also die Projekte und Programme, die programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung, die finanzielle Warenhilfe, die Budgetfinanzierung sowie Studienfonds – um nur einige der Durchführungsformen zu nennen – aufzuzählen und zu definieren. Anschließend könnten die verschiedenen Phasen der Entwicklungskooperation umrissen und alle regelungsbedürftigen Verfahrensschritte normiert werden. a) Die allgemeine Koordination der Zusammenarbeit mit Nehmerländern Im ursprünglichen Gesetzentwurf zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit war die Koordination der Kooperation mit den Nehmerländern nicht explizit geregelt. Die grundsätzliche Darstellung der Ausgestaltung der Zusammenarbeit erscheint gleichwohl sinnvoll, da hierdurch Transparenz geschaffen würde. Die derzeitige Praxis, wonach die Vereinbarung der Entwicklungszusammenarbeit meist durch völkerrechtliche Verträge auf Regierungsebene, also durch Regierungsabkommen, erfolgt, würde durch eine normative Feststellung nicht berührt. Allerdings entstünde eine Ermächtigung der Exekutive zum Abschluss von

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

internationalen Übereinkünften. An dieser Stelle könnte der für den Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit geltende Parlamentsvorbehalt genannt und auf die Ausgestaltung des parlamentarischen Verfahrens – auf welches im Folgenden noch eingegangen wird – verwiesen werden. Zudem könnte ein Gesetz die Veröffentlichung von Abkommen über die deutsche Entwicklungszusammenarbeit anordnen. Durch die frühzeitige Veröffentlichung von Abkommen im Bundesgesetzblatt und die Offenlegung geplanter entwicklungspolitischer Projekte erfolgte nämlich ein Ansporn der Beteiligten, die in Aussicht gestellte Unterstützung durch die Einhaltung der vereinbarten Abkommen auch tatsächlich zu erhalten.28 Wenn Abkommen mit Entwicklungsländern erst Jahre nach Abschluss der Zusammenarbeit veröffentlicht werden, ist hingegen eine effektive Kontrolle der Entwicklungszusammenarbeit nur noch eingeschränkt möglich. Auf Grundlage der Regierungsvereinbarungen werden – nach aktueller Rechtslage – von den deutschen Durchführungsorganisationen Durchführungsvereinbarungen, meist auf privatrechtlicher Basis, mit entsprechenden Stellen des Partnerlandes getroffen. Diese insbesondere in der technischen Zusammenarbeit genutzten Verträge enthalten nicht nur die Einzelheiten der Förderung, sondern konkretisieren die zuvor rechtsverbindlich abgeschlossenen völkerrechtlichen Vereinbarungen, die Ziele, den konkreten Ablauf während der Durchführung, das finanzielle Aufkommen und die Vertragsstrafen. Durch einen Verweis im Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit auf diese Durchführungsvereinbarungen erhielten die Durchführungsorganisationen einen gesetzlichen Auftrag zur Ausgestaltung der Entwicklungszusammenarbeit. In der finanziellen Zusammenarbeit kommt es im Gegensatz zur technischen Zusammenarbeit meist zur Gewährung von Darlehen oder zu Finanzierungs- und Garantieverträgen. Ein gesetzlicher Auftrag der KfW, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit für die Bundesrepublik tätig zu werden, existiert zwar bereits im KfW-Gesetz, doch könnte das Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit diesen Auftrag konkretisieren. Fakultativ ist es möglich, im neuen Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit die verschiedenen besonderen Formen der Kooperation zu definieren. Solche Sonderformen in der Entwicklungszusammenarbeiten waren im ursprünglichen Gesetzentwurf in den § 7 bis § 12 GesEntw (E-1995) vorgesehen. Die Darstellung der humanitären Hilfe beim Eintreten von akuten Notlagen erfuhr dabei einen besonderen Stellenwert, aber auch die Einbeziehung von Privaten und Nichtregierungsorganisationen in das Geflecht deutscher Entwicklungszusam-

28 A. A. Kollatz, Grundlagen der Entwicklungshilfeverwaltung, DÖV 1982, S. 561 (566).

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit

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menarbeit wurde berücksichtigt. Eine ähnliche Einordnung anderer Beteiligter an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im neuen Gesetz wäre erstrebenswert, denn Kirchen, private Organisationen und Nichtregierungsorganisationen haben einen erheblichen Anteil an einer erfolgreichen Entwicklung von Entwicklungsländern, obwohl ihr finanzieller Aufwand geringer als der der staatlichen Kooperation ausfällt. Sie erhalten insbesondere – da ihren Organisationsformen eine besondere Effektivität zugesprochen wird – eine erhebliche finanzielle Unterstützung durch den Staat, was eine gesetzliche Normierung rechtfertigt. Ebenso könnte die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens bei akuten Notlagen im Gesetz geregelt werden, denn ohne die sofortige Hilfe kann es – etwa bei Naturkatastrophen oder Epidemien – zu gravierenden Folgen kommen. Ob auch die Stellung der Wissenschaft, die Aus- und Weiterbildung in Entwicklungsländern und die Rolle der Öffentlichkeitsarbeit einer normativen Grundlage bedürfen, wie es im ursprünglichen Gesetzesentwurf formuliert war, kann dahingestellt bleiben. b) Die Festlegung interner Entscheidungsvoraussetzungen Es erscheint darüber hinaus erforderlich darüber zu diskutieren, ob interne Entscheidungsvoraussetzungen über die Aufnahme der Entwicklungszusammenarbeit in einem neuen Gesetz genannt werden sollten. Einerseits erscheint eine solche Festschreibung der Entscheidungsmodalitäten eine Einzelfallprüfung zu erschweren. Würden zu konkrete Kriterien festgelegt, die ein Entwicklungsland erfüllen muss, um durch die Bundesrepublik unterstützt zu werden, wäre die Kooperation bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen gesetzeswidrig. In Fällen, bei denen die Entwicklungsländer Defizite in der Rechtsstaatlichkeit, einer guten Regierungsführung oder der Korruptionsbekämpfung aufweisen, könnte dann keine Zusammenarbeit stattfinden, obwohl gerade in solchen Fällen Verbesserungen besonders erstrebenswert erscheinen. Die gesetzliche Festschreibung konkreter Kriterien als Voraussetzungen der Entwicklungskooperation stünde dem Ziel der Bekämpfung von Missständen entgegen. Die Entscheidung über die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern müsste, folgt man einem solchen Argumentationsstrang, einzelfallbezogen durch die Exekutive festgelegt werden. Andererseits führte die Festlegung von internen Entscheidungsvoraussetzungen neben einer erhöhten Vorhersehbarkeit und Transparenz zur Betonung der im allgemeinen Teil genannten Ziele. Durch die Verwendung einer „Soll“-Bestimmung könnte festgelegt werden, welches die internen Entscheidungsvoraussetzungen der deutschen Entwicklungsverwaltung sind, wobei auch eine Förderung von Ländern ermöglicht werden könnte, die die Bedingungen (noch) nicht vollumfänglich erfüllen.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

c) Die Konkretisierung der Durchführung Neben der allgemeinen Koordination der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern und der Festlegung von internen Entscheidungsvoraussetzungen könnte die Konkretisierung der Projektdurchführung in einem neuen Gesetz sinnvoll sein. In den recht allgemein zu haltenden Vorgaben – es dürfte keine Wahrnehmung exekutiver Hoheitsrechte stattfinden – könnte zunächst das BMZ als maßgebliche Planungsinstanz genannt werden. Konkretisiert werden könnten außerdem die Aufgaben der Durchführungsorganisationen GIZ und KfW, die dem Bundesministerium nachgeschaltet sind. In den ursprünglichen Gesetzesentwürfen war zudem die Koordination von Bund und Ländern in § 15 GesEntw (E-1995) geregelt. Dabei wurde anerkannt, dass auch die Bundesländer eigenständige Entwicklungszusammenarbeit leisten. Deswegen sollten sich Bund und Länder regelmäßig über ihre konkreten Planungen informieren und mindestens einmal im Jahr in einer Kommission zur Entwicklungspolitik zusammentreten. Welche Befugnisse eine solche Kommission gehabt und welche Arbeitsaufgabe bestanden hätte, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Da sich die Entwicklungspolitik der Bundesländer aber auf ihre föderalen Befugnisse erstreckt, erscheint die Einbeziehung der Bundesländer grundsätzlich sinnvoll. Vor allem durch die Gewährung von Studienstipendien oder die Organisation kultureller Austausch- und Förderprojekte können die Bundesländer eigenständig an der deutschen Entwicklungspolitik teilhaben, was ein Gesetz berücksichtigen könnte. Weil jedes Vorhaben in der Entwicklungspolitik jedoch einzigartig ist, erscheint eine Festlegung von weitgehenden Durchführungskriterien nicht möglich. Zwar können Vorhaben eine ähnliche Zielrichtung oder kongruierende Grundvoraussetzungen beinhalten, doch ist eine Einzelbeurteilung jedes Vorhabens notwendig. Deswegen hat sich in der Entwicklungsverwaltung die Zusammenarbeit auf Grundlage von Länder- und Sektorenkonzepten etabliert. Auf Basis dieser erarbeiteten Konzepte wird dann eine Entscheidung für oder gegen die Durchführung eines konkreten Projektes gefällt. Eine gesetzliche Festlegung der Durchführungsvoraussetzungen könnte daher für die notwendige Flexibilität der Entwicklungspolitik kontraproduktiv sein. Aufgrund des Verfassungsgrundsatzes der Gewaltenteilung gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG steht der Exekutive auch eine eigenständige Organisationsgewalt zu.29 Zwar entwickelt sich das „Hausgut der Exekutive“ tendenziell zu einer Organisationsgewalt auch durch das Parlament weiter, doch ist ebenso der Grundsatz zu berücksichtigen, dass staatliche Aufgaben grundsätzlich durch dasjenige Organ vorzunehmen sind, welches hierzu am besten geeignet erscheint.30 Daher 29 30

Ohler, Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes, AöR 131 (2006), S. 336 (249). Butzer, Zum Begriff der Organisationsgewalt, DV 27 (1994), S. 157 (171).

A. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit

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sind Gubernative und Administrative auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit Spielräume zu gewähren, die sie selbst mit Inhalt füllen müssen. d) Die Entscheidung für die Budgetfinanzierung Die Direktfinanzierung von fremden Staatshaushalten in Form der Budgetfinanzierung könnte darüber hinaus in einem Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit Erwähnung finden. Es könnte etwa festgelegt werden, dass die Budgetfinanzierung insbesondere eingesetzt werden soll, um die bisherige projektbasierte Entwicklungszusammenarbeit mit Vorhaben anderer Geber- und Nehmerländer besser in Einklang zu bringen und langfristig die Eigenständigkeit der Entwicklungsländer sicherzustellen. Auch die Voraussetzungen der Budgetfinanzierung, wie die Einhaltung elementarer Menschenrechte, die Vorbeugung von Korruption und der rechtsstaatliche Aufbau des Partnerlandes, könnten in dem Gesetz formuliert werden. e) Die nachträgliche Kontrolle der Entwicklungsverwaltung Ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte auch die Evaluierung von entwicklungspolitischem Verwaltungshandeln regeln. Durch eine regelmäßige Kontrolle wird nämlich garantiert, dass Verwaltungshandeln den Maßstäben einer objektiven Ausrichtung entspricht. Eberhard Schmidt-Aßmann31 bezeichnet insbesondere die Gleichbehandlung, die Verhältnismäßigkeit, die Wirtschaftlichkeit, die Effizienz, die Transparenz und die Akzeptanz als „Garantien für die Rationalität des Verwaltungshandelns“. Trotz der Möglichkeit, einige Maßstäbe für rationales Verwaltungshandeln exemplarisch aufzuzählen, könnten einzelne Kriterien aber nicht abschließend klären, ob das Verwaltungshandeln sinnhaft bzw. wirksam gewesen sei. Gleichwohl würde durch eine Versachlichung von Maßstäben, so Schmidt-Aßmann, eine systematische Analyse ermöglicht und normative Vergleichbarkeit gewährleistet. In der Gesamtschau verschiedener Kriterien könnte also auch das entwicklungspolitische Verwaltungshandeln überprüft werden, damit hieraus Rückschlüsse für die Zukunft gezogen werden können. Die Evaluierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit war auch im ursprünglichen Gesetzentwurf in § 19 Abs. 2 GesEntw (E-1995) vorgesehen. Durch Berichte der Bundesregierung sollte demnach ein „Ist-Soll-Vergleich“ deutscher entwicklungspolitischer Vorhaben vorgenommen werden. Die deutsche Entwicklungsverwaltung unterliegt heute gleichwohl unabhängig von dem Gesetzentwurf bereits einer regelmäßigen Kontrolle durch die Durchführungsorganisationen selbst.32 Daneben hat sich (seit 2012) DEval als unabhängiges Evaluierungsinsti31 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee (2004), S. 312. 32 Hierzu bereits auf Seite 102 f.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

tut etabliert, das auf wissenschaftlicher Basis regelmäßig über die Fortschritte und Sinnhaftigkeit von Entwicklungsmaßnahmen berichtet und abschließende Bewertungen vornimmt. Durch die regelmäßigen Überprüfungen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit – die Überprüfungen durch den Bundesrechnungshof ergänzen – soll eine Steigerung ihrer Wirksamkeit erreicht werden. Indem ein umfassendes Evaluierungserfordernis auch im neuen Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit festgehalten würde, gewönnen die Ergebnisse an Wirkkraft und Legitimation. Die Evaluierung könnte dabei weiterhin nicht nur durch die Durchführungsorganisationen, sondern auch durch das Evaluierungsinstitut DEval durchgeführt werden, dem eine notwendige Unabhängigkeit vom BMZ innewohnt. f) Die Finanzierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Außerdem könnte über die Notwendigkeit diskutiert werden, die Finanzierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in einem Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu regeln. Durch die Bestätigung des Zielwertes einer ODA-Quote von 0,7 % des Bruttosozialproduktes in einem Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit, wie es in § 22 GesEntw (E-1995) vorgesehen war, würde der politische Wille ausgedrückt, eine wirksame und effektive Entwicklungspolitik betreiben zu wollen. Gleichwohl erscheint die gesetzliche Festlegung eines finanziellen Zielwertes für die Entwicklungspolitik vor dem Hintergrund der Budgethoheit des regelmäßig neu zusammengesetzten Parlamentes und den haushaltsrechtlichen Grundsätzen nicht unproblematisch.

g) Die Einführung einer Entwicklungsverträglichkeitsprüfung Darüber hinaus war in § 21 GesEntw (E-1995) vorgesehen, dass die übrige Politik der Bundesregierung nicht im Widerspruch zu den im Entwicklungsgesetz verankerten Zielen und Maßstäben stehen dürfe. Die Bundesregierung müsse alle Vorhaben im Bereich der Finanz-, der Währungs-, der Wirtschafts-, der Landwirtschafts- und der Handelspolitik sowie in Umwelt- und Technologiefragen auf ihre Vereinbarkeit mit wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklungen in Entwicklungsländern überprüfen. Die Etablierung einer solchen Entwicklungsverträglichkeitsprüfung sei Garant für die Einhaltung der im allgemeinen Teil des Gesetzes festgelegten Ziele. Bei der Ausarbeitung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte folglich auch darüber debattiert werden, ob die sonstigen bundespolitischen Interessen stets mit den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit in Einklang gebracht werden müssen. Eine Möglichkeit (1.) bestünde darin, einen Unterausschusses zum Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu etablieren. Einem sol-

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung

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chen „Entwicklungsverträglichkeitsausschuss“ könnte dann jedes Gesetzgebungsverfahren mitberatend zugeleitet werden. Der Unterausschuss hätte in Stellungnahmen den fraglichen Sachverhalt bezüglich seiner Entwicklungsverträglichkeit zu beurteilen und dem jeweils federführenden Ausschuss seine Stellungnahme zuzuleiten. Der federführende Ausschuss könnte dann die entwicklungspolitischen Aspekte des Themas in den Entscheidungsprozess und bei Erstellung von Gutachten einbeziehen, wobei auch eine Nichtberücksichtigung oder bloße Kenntnisnahme möglich erscheint. Ebenso (2.) wäre die Einrichtung eines dem Bundestag angegliederten „Büros für Entwicklungsfolgen-Abschätzung“ möglich. Ein solches Büro könnte organisatorisch dem „Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag“ nachgebildet werden. Wäre ein Gesetzentwurf oder eine Maßnahme als entwicklungsschädlich einzustufen, könnte die zuständige Stelle eine Stellungnahme erarbeiten. Der Vorteil einer Ausgestaltung der Entwicklungsverträglichkeitsprüfung innerhalb des parlamentarischen Ablaufs läge insbesondere in der frühzeitigen Kenntnisnahme von entwicklungsrelevanten Inhalten. Alternativ (3.) könnte eine Entwicklungsverträglichkeitsprüfung aber auch von der Verwaltung durchgeführt werden. Die Prüfung müsste dann – ähnlich wie die Umweltverträglichkeitsprüfung33 – auf das ordentliche Prüfverfahren „aufgesattelt“ werden. Indem jedem Politikbereich ausreichend Personal zur Überprüfung von Auswirkungen des Verwaltungshandelns auf Entwicklungsländer zur Seite gestellt würde, könnten negative Folgen minimiert werden. Aufgrund der Diskussionen über eine Entwicklungsverträglichkeitsprüfung in der Vergangenheit erscheint eine neuerliche Debatte hierüber im Rahmen der Verabschiedung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit zumindest legitim. Eine ressortübergreifende Entwicklungsverträglichkeitsprüfung brächte jedoch eine erhebliche Bürokratisierung mit sich, deren praktischer Nutzen, zumindest auf den ersten Blick, im Verhältnis zum Aufwand und den Kosten als unverhältnismäßig erscheint.

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit In einem Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte schließlich auch eine weitergehende parlamentarische Beteiligung an der Entwicklungspolitik geregelt werden. Der festgestellte Parlamentsvorbehalt für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit erfordert in erster Linie zwar nur eine grundsätzliche Beschäftigung des Parlamentes mit der Materie – dem würde durch den Erlass eines Gesetzes nachgekommen –, doch handelt es sich bei der Entwicklungs33

Hierzu etwa Schlacke, Umweltrecht (2019), S. 102 ff.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

zusammenarbeit als solcher um ein „wesentliches“ Thema, das ständigen Veränderungen unterliegt. Eine weitergehende regelmäßige parlamentarische Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit, die über das einmalige Verabschieden eines Gesetzes hinausgeht, könnte daher angebracht sein. Der GesEntw (E-1995) sah insoweit einen eigenen Abschnitt vor, in dem die verbesserte Beteiligung des Parlamentes an der laufenden deutschen Entwicklungszusammenarbeit thematisiert wurde. Neben regelmäßig durch die Bundesregierung zu erstattenden Berichten war eine weitergehende Beteiligung des Parlamentes an der mittelfristigen Planung vorgesehen. Gemäß § 18 GesEntw (E-1995) sollte die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag zweijährlich ein „mittelfristiges entwicklungspolitisches Programm“ zur Beschlussfassung vorlegen. Gleichzeitig mit dem Entwicklungsetat des Bundeshaushaltes wäre dem Bundestag zudem eine spezifische Jahresplanung mit sektoralen, regionalen und instrumentellen Schwerpunkten zur Abstimmung zu unterbreiten gewesen. Alle hierüber hinausgehenden entwicklungspolitischen Entscheidungen der Exekutive hätten einer nachträglichen Zustimmung des Bundestages bedurft. Diese die Stellung des Parlamentes an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit stärkenden Maßnahmen hätten zu einer regelmäßigen Befassung mit entwicklungspolitischen Themen im Bundestag geführt.

I. Parallelen zu anderen Gesetzen Nicht nur die deutsche Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch andere Themengebiete haben in der Vergangenheit eine größere parlamentarische Beteiligung erforderlich werden lassen, für die ursprünglich keine legislatorische Mitwirkung vorgesehen war. Hierbei ist die Beteiligung des Parlamentes insbesondere im Rahmen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und bei der voranschreitenden europäischen Integration von Bedeutung gewesen. Nachdem für diese Themen ein Parlamentsvorbehalt festgestellt worden war, wurden jeweils Gesetze zur Beteiligung des Parlamentes erlassen. So regelt heute das „Gesetz über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland“ 34, umgangssprachlich auch „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ genannt, seit 2005 das Verfahren, wie der Bundestag beim Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland einzubeziehen ist. Das „Gesetz über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union“, umgangssprachlich „Integrationsverantwortungsgesetz“ (IntVG)35 von 2009 oder auch das „Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in

34 35

BGBl. I (2005), S. 775. BGBl. I (2009), S. 3022, zuletzt geändert durch BGBl. I (2009), S. 3822.

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung

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Angelegenheiten der Europäischen Union“ (EUZBBG)36 von 2013 normieren hingegen – in Ergänzung zu zwei weiteren Integrationsgesetzen37 – die Mitwirkungsvoraussetzungen der Parlamente in Angelegenheiten, die die europäische Integration betreffen. Es ist nochmals hervorzuheben, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bis heute gesetzlich überhaupt nicht geregelt ist, das Recht der Bundeswehr jedoch auf vielfältige Weise in Bundesgesetzen ausgestaltet wird38 und die europäische Integration – etwa über Verordnungen und Richtlinien – eng mit deutschem Recht verflochten ist. Es geht daher zuvörderst darum, ein die Entwicklungszusammenarbeit betreffendes umfassendes Gesetz zu erlassen. Dieses könnte gleichwohl (auch) die Mitwirkung des Parlamentes an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit regeln, denn der festgestellte Parlamentsvorbehalt erfordert eine Befassung des Parlamentes mit den wesentlichen Grundentscheidungen der Entwicklungszusammenarbeit im Parlamentsplenum in einer besonderen Intensität. Insofern geht es nicht um Einzelfallentscheidungen, sondern um abstrakt-generelle Vorgaben für die parlamentarische Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit. Letztlich bleibt es zwar dem Gesetzgeber überlassen, eine konkrete Ausgestaltung der parlamentarischen Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit vorzunehmen. Eine Analyse der Funktionsweise der Beteiligungsgesetze in anderen Themenbereichen könnte indes für die Schaffung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit wichtige Erkenntnisse bringen. 1. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz Das Parlamentsbeteiligungsgesetz wurde erst nach einiger Verzögerung in Folge des bereits besprochenen „Streitkräfte-Urteils“ des Bundesverfassungsgerichts von 1994 vom Bundestag erlassen.39 Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor im Kern seiner Entscheidung festgestellt, dass es für den Einsatz von Streitkräften im Ausland einer konstitutiven Zustimmung des Parlamentes bedürfe und den deutschen Bundestag dazu aufgefordert, die gesetzliche Ausgestaltung vorzunehmen.40 Im Parlamentsbeteiligungsgesetz existiert seit 2005 ein

36

BGBl. I (2013), S. 2170. EUZBLG und ESMFinG. 38 Etwa im „Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten“ (ausgefertigt 1956, neugefasst durch BGBl. I [2005], S. 1482, zuletzt geändert durch BGBl. I [2018], S. 2387) oder im „Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen“ (BGBl. I [1965], S. 796, zuletzt geändert durch BGBl. I [2007], S. 3198). 39 Hierzu bereits auf Seite 209–214. 40 BVerfGE 90, 286 (389). 37

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Verfahrensgesetz, das den parlamentarischen Beitrag bei Auslandseinsätzen regelt. Das Gesetz ist allerdings nur hinsichtlich des parlamentarischen Verfahrens und nicht in Bezug auf die materielle Ausgestaltung der Einsätze bindend.41 Grundsätzlich gilt das Parlamentsbeteiligungsgesetz in seinem Anwendungsbereich gemäß § 1 Abs. 1 ParlBG für den bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Ausland. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 ParlBG liegt ein bewaffneter Einsatz vor, wenn Soldatinnen oder Soldaten der Bundeswehr in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist.42 Ist mit einer bewaffneten Auseinandersetzung zu rechnen, hierbei ist eine konkrete Gefährdungslage festzustellen, ist das Parlament vor der Verwendung der Bundeswehr anzuhören. Die Schaffung eines „Ausschusses für besondere Auslandseinsätze“, wie es die FDP-Fraktion vor Inkrafttreten des Gesetzes noch gefordert hatte, wurde aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken bezüglich der Delegation von parlamentarischen Befugnissen nicht realisiert.43 Bewaffnete Einsätze im Inland unterliegen teilweise – ist der Verteidigungsfall nach Art. 115a GG nicht festgestellt worden – ebenfalls dem konstitutiven Parlamentsvorbehalt, sofern ein Angriff im Sinne des Art. 78a Abs. 1 S. 1 GG auf deutsches Staatsgebiet abgewehrt werden soll.44 Findet ein Einsatz in Friedenszeiten statt – so etwa bei einem Überwachungsflug, durchgeführten Manövern oder dem regelmäßigen Dienst innerhalb einer Bündnisverpflichtung –, ist das Parlament hingegen nicht zu beteiligen. Vorbereitende Maßnahmen und Planungen sind nach § 2 Abs. 2 ParlBG ebenfalls nicht als Einsatz im Sinne dieses Gesetzes zu sehen. Teilweise wird vertreten, dass Einsätze von besonders geringer Intensität nicht vom Parlamentsvorbehalt umfasst sein sollen.45 Dogmatisch erscheint eine derartige Unterscheidung jedoch nicht angebracht, auch wenn das Bundesverfassungsgericht den Parlamentsvorbehalt nur „grundsätzlich“ für bewaffnete militärische

41 Reiter, Der konstitutive Parlamentsvorbehalt und die Verwendung der Bundeswehr im Lichte des Wandels internationaler Sicherheitssysteme (2015), S. 132. 42 Zur unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeit des Begriffes „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“ ausführlich F. Schröder, Das parlamentarische Zustimmungsverfahren zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in der Praxis (2005), S. 166 ff. 43 BT-Drs. 15/1985 vom 12.11.2003. Eine Zwischenbilanz des Gesetzgebungsverfahrens bei Pofalla, Die Bundeswehr im Ausland, ZRP 2004, S. 221 (224 f.). 44 Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18.03.2005, NVwZ 2005, S. 496. 45 Fischer/Ladiges, Evakuierungseinsätze der Bundeswehr zukünftig ohne Parlamentsvorbehalt, NVwZ 2016, S. 32 (33); Oeter, Einsatzarten der Streitkräfte außer zur Verteidigung, NZWehrR 2000, S. 89 (96 f.); Nowrot, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr gegen den internationalen Terrorismus, NZWehrR 2003, 65 (73).

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung

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Einsätze im Ausland festgestellt hat.46 Geringfügige Einsätze müssen vielmehr auf Rechtsfolgenseite einem anderen Maßstab parlamentarischer Kontrolle unterzogen werden und können, wie dies im Parlamentsbeteiligungsgesetz geregelt wird, durch andere legislative Mechanismen abbedungen werden. Der Beitritt zu einem System kollektiver Sicherheit macht das Zustimmungserfordernis des Bundestags zu konkreten Einsätzen nicht obsolet.47 Vielmehr besteht ein Zusammenhang zwischen Art. 24 Abs. 2 GG und der Beteiligung im Rahmen des konstitutiven Parlamentsvorbehaltes.48 Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu festgestellt, dass die verfassungsrechtlich gebotene Mitwirkung des Bundestages die Bündnisfähigkeit Deutschlands nicht beeinträchtigen dürfe.49 Die militärische Integration Deutschlands in kollektiven Sicherheitssystemen sei nämlich für die Integrität des Staates von großer Bedeutung.50 Um die Wehrfähigkeit Deutschlands nicht zu beeinträchtigen, regelt das Parlamentsbeteiligungsgesetz daher auch eine nachträgliche Zustimmungsmöglichkeit zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr in § 5 Abs. 1 ParlBG. Entfällt die vorherige Einzelermächtigung durch das Parlament, ist allerdings eine sofortige Befassung und nachträgliche Zustimmung durch das Parlament vorgesehen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist ebenso wie die kollektive Bündnisverteidigung dadurch geprägt, dass die Bundesrepublik einer Reihe von Organisationen Kompetenzen übertragen hat. Zieht man die Aussagen des Bundesverfassungsgerichtes heran, kann die Teilhabe an internationalen Organisationen den verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt grundsätzlich nicht aushebeln. Die Beteiligung an den Organisationen, die über ein Zustimmungsgesetz im Sinne des Art. 59 Abs. 2 GG initiiert wurde, ersetzt einen konstitutiven parlamentarischen Zustimmungsakt nicht. Selbst wenn es zu humanitären Katastrophen kommen sollte, die unmittelbares Handeln erfordern, wäre zumindest eine nachträgliche Beteiligung des Bundestages zu fordern. a) Der konstitutive Bundestagsbeschluss als Zustimmungserfordernis Indem das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Parlamentsvorbehaltes die Möglichkeit eines konstitutiven Parlamentsbeschlusses als Ergänzung zum 46

BVerfGE 108, 34 (44). Vgl. Pofalla, Die Bundeswehr im Ausland, ZRP 2004, S. 221 (224 f.). 48 Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18.03.2005, NVwZ 2005, S. 496 (498). 49 BVerfGE 90, 286 (388). 50 Zur Bedeutung des Beitritts von Deutschland zu den Vereinten Nationen und den militärischen Beistandspflichten Biner/Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der Vereinten Nationen, S. 27 ff. Beispiele für Einsätze aufgrund der militärischen Integration in verschiedene Systeme kollektiver Sicherheit nennt Wiefelspütz, Das Parlamentsheer (2005), S. 439 ff. 47

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

formellen Parlamentsgesetz „erfunden“ hat, stärkte es die Stellung des Bundestages als entscheidungsbefugtes Gremium bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Dabei ist unabhängig von der Herleitung des parlamentarischen Beteiligungserfordernisses entweder aus einer Verfassungstradition oder den Grundsätzen der Wesentlichkeitstheorie der konstitutive Parlamentsbeschluss in der Lage, die parlamentarische Beteiligung zu gewährleisten. Diese Möglichkeit des bindenden Parlamentsbeschlusses könne – so Thorsten Stein und Holger Kröniger51 – eines Tages auch andere Bereiche als den Streitkräfteeinsatz erfassen. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit geht es ebenso wie im Wehrrecht um die Handlung staatlicher Organe im Ausland. Es werden gleichsam konkrete Länder als Einsatzort gewählt, Menschen entsendet, Strategien ausgearbeitet, Grund- und Menschenrechte eingeschränkt und mit internationalen Organisationen ein größeres Konzept verfolgt. Daher bietet es sich an, die Möglichkeit bindender Parlamentsbeschlüsse für den Bereich der laufenden deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Erwägung zu ziehen. Dies ist letztlich damit zu begründen, dass der konstitutive Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr verfassungsrechtlich in einem engen Zusammenhang mit der Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu sehen ist.52 Durch die Einführung von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen in der laufenden deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte die Beteiligung des Parlamentes an „wesentlichen“ Sachverhalten gewährleistet werden. Dürfte die Exekutive nur handeln, sofern sie hierzu durch die Legislative ermächtigt wurde, wäre dem Parlamentsvorbehalt Genüge getan, da eine grundsätzliche Auseinandersetzung im Parlamentsplenum stattfände. „Wesentliche“ Themen der laufenden Entwicklungspolitik würden so von den Abgeordneten in der Öffentlichkeit besprochen und eine demokratische Legitimation der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wäre hergestellt. Der Vergleich mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz zeigt die Anwendbarkeit des ursprünglich für den Auslandseinsatz der Bundeswehr geschaffenen konstitutiven Parlamentsbeschlusses auch im Bereich der laufenden deutschen Entwicklungszusammenarbeit. b) Das Verfahren im Bundestag Einige der Verfahrensabläufe im Bundestag im Rahmen der Parlamentsbeteiligung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr könnten mithin auch Bedeutung für die parlamentarische Beteiligung an der laufenden Entwicklungszusammenarbeit

51 Stein/Kröniger, Bundeswehreinsatz im Rahmen von NATO-, WEU- bzw. VN-Militäraktionen, JURA 1995, S. 254 (261). 52 Hierzu bereits auf Seite 208–214. Vgl. Limpert, Auslandseinsatz der Bundeswehr (2002), S. 108.

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung

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entfalten.53 Das Parlamentsbeteiligungsgesetz regelt zwar als Verfahrensgesetz den konkreten Ablauf des Zustimmungsverfahrens i. S. d. § 96a GO-BT, doch könnte auch ein Abschnitt eines neuen Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit Verfahrensabläufe für die laufende parlamentarische Beteiligung festlegen. Gemäß § 3 Abs. 1 ParlBG hat die Bundesregierung dem Bundestag rechtzeitig vor Beginn des Einsatzes einen Antrag auf Zustimmung zu übersenden. Dieser Antrag muss nach § 3 Abs. 2 ParlBG insbesondere Angaben über den Einsatzauftrag, das Einsatzgebiet, die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes, die Höchstzahl der einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten, die Fähigkeit der einzusetzenden Streitkräfte, die geplante Dauer des Einsatzes sowie die voraussichtlichen Kosten und die Finanzierung des Einsatzes enthalten. So wird der Bundestag in die Lage versetzt, überhaupt eine sachrichtige Entscheidung treffen zu können.54 Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert nämlich die Festlegung aller für den Einsatz der Bundeswehr wichtigen Parameter auch durch den konstitutiven Bundestagsbeschluss. Das Parlament kann dem Antrag der Exekutive zustimmen oder diesen ablehnen; ein Abänderungsrecht des Bundestages besteht gerade nicht. Somit bleibt der Bundesregierung als Hauptakteurin in auswärtigen Angelegenheiten die konkrete Ausgestaltung überlassen, eine Grundsatzentscheidung der Legislative wird aber ermöglicht. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erscheint, sollten konstitutive Parlamentsbeschlüsse eingeführt werden, eine frühzeitige Information vor der erstmaligen Beschlussfassung ebenfalls von großer Bedeutung. Neben dem regulären Verfahren ist in § 4 ParlBG ein vereinfachtes Verfahren für Einsätze von geringer Intensität und Tragweite vorgesehen. Diese Regelung erkennt an, dass Fälle von geringer Intensität zwar ebenfalls dem Parlamentsvorbehalt unterfallen, aber auf Rechtsfolgenseite geringeren Anforderungen parlamentarischer Beteiligung unterliegen. Für das Vorliegen eines Einsatzes von geringer Intensität und Tragweite hat die Regierung begründet darzulegen, weswegen der Einsatz als solcher gelten soll. Der Präsident oder die Präsidentin des Bundestages übermittelt den Antrag an die Fraktionsvorsitzenden, die Vorsitzenden des Auswärtigen- und des Verteidigungsausschusses sowie je einen Obmann in den Ausschüssen. Außerdem erhalten alle Bundestagsabgeordneten den Antrag als Drucksache. Die Zustimmung zum vereinfachten Verfahren gilt als erteilt, sofern nicht eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages eine Befassung des Bundestages verlangen. Das vereinfachte Verfahren, das regelmäßig genutzt wird,55 erfüllt damit den Zweck, dass sich der Bundestag nur 53 Zu Verfahren ausführlich T. Wagner, Parlamentsvorbehalt und Parlamentsbeteiligungsgesetz (2009), S. 45 ff. 54 Nolte, Bundeswehreinsätze in kollektiven Sicherheitssystemen, ZaöRV 1994, S. 652 (681). 55 Zur Staatenpraxis Scherrer, Das Parlament und sein Heer (2008), S. 221 ff.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

mit bedeutenden Materien befassen muss und aufwändige Sitzungseinberufungen in sitzungsfreien Wochen vermieden werden können.56 Solche Sachverhalte von geringer Bedeutung sind auch in der Entwicklungszusammenarbeit denkbar. Es erscheint also möglich, dass man sich diesbezüglich an der Ausgestaltung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes orientiert. Schließlich wird durch § 6 ParlBG die regelmäßige Unterrichtung des Parlamentes während der Einsätze der Streitkräfte im Ausland durch die Exekutive sichergestellt. Inhaltlich ist regelmäßig über den Verlauf der Einsätze und die Entwicklung im Einsatzgebiet zu berichten. Die durch die Exekutive weitergeleiteten Informationen enthalten dabei allerdings mehrheitlich öffentlich bekannte Zusammenhänge, denn geheimhaltungsbedürftige Tatsachen im Bereich der Bundeswehr dürfen nicht veröffentlicht werden. Zu geheimen Details werden die Obleute der Fraktionen trotzdem in den verantwortlichen Ausschüssen regelmäßig auf dem Laufenden gehalten. Nur ausnahmsweise ist es möglich, dass auch nach der Beendigung eines Auslandseinsatzes ein Geheimhaltungsbedürfnis bestehen bleibt, wenn die vollständige Offenlegung die militärische Wehr- und Bündnisfähigkeit Deutschlands negativ beeinflussen könnte.57 Auch in der Entwicklungszusammenarbeit ist die regelmäßige Information über Projekte und Vorhaben von elementarer Bedeutung, soll das Parlament fundiert über Sachverhalte befinden können. Gleichwohl erscheinen nur wenige Materien in der Entwicklungszusammenarbeit geheimhaltungsbedürftig, womit es wohl keiner Möglichkeit der Nichtveröffentlichung bedarf. Steht eine Verlängerung des Einsatzes im Ausland an oder soll der Auftrag inhaltlich abgeändert bzw. erweitert werden, hat gemäß § 7 Abs. 1 ParlBG eine erneute Zustimmung durch den Bundestag zu erfolgen. Die Rückholung der Streitkräfte unterliegt nach § 8 ParlBG ebenfalls einem Parlamentsbeschluss, was die Reichweite des Parlamentsvorbehaltes auf die Dauer des gesamten auswärtigen Handelns verdeutlicht. Parallel hierzu könnte die Verlängerung von entwicklungspolitischen Maßnahmen gesehen werden, die einer weiteren Beschlussfassung unterfallen könnte. Die im Parlamentsbeteiligungsgesetz vorgesehenen Steuerungs- und Kontrollmechanismen sorgen durch die Einsetzung des Bundestages als „Mitentscheidungszentrale“ 58 im gewichtigen Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik für eine ausgeglichene Gewaltenteilung. Die Parlamentszustimmung als verbindliche Ermächtigung führt in jedem Einzelfall zu einer ausreichenden Par56 Vgl. Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18.03.2005, NVwZ 2005, S. 496 (499). 57 Schaefer, Verfassungsrechtliche Grenzen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (2005), S. 397. 58 Jungbauer, Parlamentarisierung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik? (2012), S. 110.

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung

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lamentsbeteiligung im „wesentlichen“ Bereich der Auslandseinsätze der Bundeswehr, ohne dabei die Funktionstüchtigkeit der Streitkräfte zu beeinträchtigen.59 Zusammenfassend erscheinen konstitutive Parlamentsbeschlüsse nicht nur im Wehrrecht, sondern auch im Bereich der laufenden Entwicklungszusammenarbeit denkbar. 2. Die „Lissabon-Begleitgesetze“ Nicht nur bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr, sondern auch im Rahmen der europäischen Integration ist das Parlament regelmäßig zu beteiligen. Aus dem Verfahren bei der Beteiligung des Bundestages in Angelegenheiten der europäischen Integration könnten daher ebenso Rückschlüsse für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit gezogen werden. Im Rahmen der europäischen Integration muss die Bundesrepublik Deutschland aufgrund von Art. 20 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 79 Abs. 3 GG seine Rechtsstruktur als Demokratie erhalten. Da sich die Europäische Union gemäß Art. 1 Abs. 2 EUV als eine Union der Völker Europas versteht, stützt sich der Staatenbund nicht auf ein einheitliches europäisches Staatsvolk, sondern auf die Völker der Mitgliedsstaaten.60 Diese müssen dafür Sorge tragen, dass die europäischen Institutionen wiederum demokratisch legitimiert sind. Gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG darf Deutschland an der Europäischen Union folglich nur mitwirken, sofern die Union demokratische Grundsätze einhält. Die Integrationsverantwortung des Bundes gemäß Art. 23 Abs. 1 GG ist hierbei als ein „absoluter Parlamentsvorbehalt“ 61 zu verstehen, der sich einerseits gegen eine „Entstaatlichung“ stellt und andererseits einer „Entparlamentarisierung“ vorbeugen soll. Vor dem Hintergrund des „Ermächtigungsgesetzes“ 62 vom März 1933, welches jedwede Gesetzgebungskompetenz an die Reichsregierung übertrug und dabei Verfassungsänderungen einschloss, soll eine faktische Entmachtung des Parlamentes verhindert werden. Der Bundesgesetzgeber bleibt daher dafür verantwortlich, Gesetze zu erlassen, die europäische Integration zu lenken und den Prozess der Europäisierung demokratisch zu legitimieren. Aufgrund der immer enger werdenden europäischen Verflechtungen regeln heute mehrere ineinandergreifende Gesetze die Beteiligung der verschiedenen staatlichen Akteure an der europäischen Integration. 59 Ähnlich Paulus, Die Parlamentszustimmung zu Auslandseinsätzen nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz, in: Weingärtner (Hrsg.), Einsatz der Bundeswehr im Ausland (2007), S. 81 (111 f.). 60 Vgl. P. Kirchhof, Der deutsche Staat im Prozess der europäischen Integration, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 299 (343). 61 So Hufeld, Europäische Integration und Verfassungsänderung, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 39 (41). 62 RGBl I (1933), S. 141 zuletzt nur noch als „Erlass des Führers“ verlängert durch RGBl I (1943), S. 295.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Das „Integrationsverantwortungsgesetz“ (IntVG) regelt zunächst das Verfahren, nach dem die Unionsverträge geändert und fortentwickelt werden dürfen. Das Gesetz aktiviert damit einen Parlamentsvorbehalt in dem ursprünglich nur der Exekutive zugewiesenen Rechtsgebiet auswärtiger Beziehungen. Das „Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union“ (EUZBBG) hingegen ordnet die Beteiligungsmöglichkeiten und die Rechte des Bundestages während des gewöhnlichen Ablaufs europäischer Themen. Es geht dabei um das von der Europäischen Union erlassene Sekundärrecht, das in nationales Recht transformiert werden muss und die hierbei durch die Legislative vorgesehenen Steuerungs- und Kontrollrechte. Daneben existiert noch ein zeitgleich erlassenes „Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union“ (EUZBLG)63, das aufgrund des Föderalismus Kompetenzen der Länder in europäischen Angelegenheiten über eine Beteiligung des Bundesrates regelt. In Folge der europäischen Staatsschuldenkrise wurde schließlich ein „Gesetz zur finanziellen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESMFinG)64 erforderlich, welches die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages behandelt und die Wahrung der parlamentarischen Haushaltsautonomie und Gestaltungsmacht gewährleisten soll.65 Durch das dichte Netz an Normen zur europäischen Integration ist den nationalen Parlamenten im Prozess der europäischen Integration eine herausragende Rolle zugewiesen worden.66 Bundestag und Bundesrat erhalten durch die Gesetze, die häufig als „Lissabon-Begleitgesetze“ bezeichnet werden, viele unterschiedliche Rechte, mittels derer Anwendung das Handeln der Bundesregierung in europäischen Angelegenheiten beeinflusst werden kann.67 Die Integrationsverantwortung des Parlamentes in europäischen Angelegenheiten ist mehrfach durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Dies geschah zuletzt im Rahmen der Finanz- und Staatsschuldenkrise, wobei die Parlamentsbeteiligung sogar als änderungsfester Identitätskern des Grundgesetzes im Sinne des Art. 79 Abs. 3 GG, also als Grenze der europäischen Integration, bezeichnet worden ist.68 Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat eine Beteiligung der Legislative an allen Themen der europäischen Union zu 63

BGBl. I (1993), S. 313, zuletzt geändert durch BGBl. I (2009), S. 3031. BGBl. I (2012), S. 1918, zuletzt geändert durch BGBl. I (2014), S. 1821. 65 Zur parlamentarischen Zustimmung als verfahrensrechtliches Regelmodell in europäischen Staaten Wendel, Permeabilität im europäischen Verfassungsrecht (2011), S. 221 ff. 66 BVerfGE 131, 152 (198). 67 Martini, Parlamentsbeteiligung im EU-Rechtsvergleich, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 173 (193). 68 BVerfGE 123, 267 (353). 64

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erfolgen.69 Da eine Abgrenzung der verschiedenen Gesetze voneinander nicht einfach ist und eine Vielzahl an Überschneidungen existieren, wird teilweise ein einheitliches „Europagesetz“ gefordert, das alle europäischen Angelegenheiten umfänglich regeln sollte.70 Die Trennung der verschiedenen Gesetze sei intransparent und bestätige unfreiwillig „die geläufige Kritik an Europapolitik als Spezialistendomäne“ 71. In einer Gesamtschau könnten die verschiedenen Beteiligungsgesetze zur europäischen Integration mithin Elemente enthalten, die auch bei der Schaffung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit für die regelmäßige Beteiligung des Parlamentes von Bedeutung sind. Ebenso wie beim Parlamentsbeteiligungsgesetz ist bei der Untersuchung der „Lissabon-Begleitgesetze“ jedoch zu berücksichtigen, dass diese als Verfahrensgesetze ausgestaltet wurden, die deutsche Entwicklungszusammenarbeit aber bisher gesetzlich nicht geregelt ist.72 a) Stellungnahmen als parlamentarische Beteiligungsform Im Zentrum der laufenden parlamentarischen Beteiligung an der europäischen Integration stehen Stellungnahmen. Das allgemeine Recht zur Stellungnahme hat der Bundestag gemäß § 8 EUZBBG bei allen Vorhaben der Europäischen Union im Sinne des § 5 EUZBBG. Der erweiterbare Katalog des § 5 Abs. 1 EUZBBG führt exemplarisch Vorhaben aus und erfasst etwa Vorschläge und Initiativen, Berichte und Empfehlungen der Europäischen Kommission, Vorschläge für Gesetzgebungsakte sowie Entwürfe zu völkerrechtlichen Verträgen im besonderen Näheverhältnis zum Recht der EU.73 Um Zuständigkeitsverluste des Parlamentes auszugleichen, unterfallen mithin alle Maßnahmen der Europäischen Union – und nicht nur Richtlinien oder Verordnungen im Sinne des Art. 288 Abs. 2, 3 AEUV – dem Recht auf Stellungnahme. Selbst Beschlüsse des Europäischen Rates sind vom Stellungnahmerecht umfasst.74 Damit stellen sich die Stellungnahmen des Bundestages als das zentrale Mittel zur Einflussnahme im Rahmen der europäischen Integration Deutschlands dar. 69 Zur Rechtsprechung über die europäische Integration und die Folgen v. Ooyen, Die Staatstheorie des Bundesverfassungsgerichts und Europa (2018), S. 145 ff. 70 Etwa Melin, Die Rolle der deutschen Bundesländer im Europäischen Rechtssetzungsverfahren nach Lissabon, EuR 2011, S. 655 (681 f.). 71 J. Hahn, Die Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat in EU-Angelegenheiten nach dem neuen Integrationsverantwortungsgesetz, EuZW 2009, S. 758 (762). 72 Zur Abgrenzung der Gesetze Koch, Anwendungsbereich und Systematik der Gesetze, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 431 (436 ff.). 73 So Koch, Anwendungsbereich und Systematik der Gesetze, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 431 (444). 74 Vgl. Bruckmann, Die grundgesetzlichen Anforderungen an die Legitimation der europäischen Unionsgewalt (2004), S. 331 f.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Stellungnahmen des Bundestages sollen vor der Mitwirkung Deutschlands an Vorhaben der Europäischen Union erstellt werden und sind von der Bundesregierung den Verhandlungen zugrunde zu legen. Stellungnahmen kommen durch einen Mehrheitsbeschluss zustande und können gemäß § 8 Abs. 3 EUZBBG jederzeit im Verlauf der Beratung des Vorhabens angepasst und ergänzt werden. Da sich die Bundesregierung bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt an den Stellungnahmen des Bundestages zu orientieren hat, ist § 8 EUZBBG insofern verfassungskonform auszulegen, als dass den Stellungnahmen keine materielle Bindungswirkung zugesprochen werden kann.75 Vielmehr ist in ihnen eine Orientierungshilfe der Regierung zu sehen.76 Um Stellungnahmen durchsetzungsfähiger zu machen, ist gemäß § 8 Abs. 4 EUZBBG auf europäischer Ebene allerdings das Einlegen eines sogenannten „Parlamentsvorbehaltes“ vorgesehen, wenn die Stellungnahme des Bundestages in einem seiner wesentlichen Belange nicht umgesetzt wird. Durch das verfahrensrechtliche Instrument der Einflusssicherung des „Parlamentsvorbehaltes“ auf europäischer Ebene – das vom verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt zu unterscheiden ist – wird jegliches weitere Handeln auf europäischer Ebene unter den Vorbehalt von weiteren Abstimmungen mit dem Bundestag gestellt. Finden trotzdem auf europäischer Ebene weitere Verhandlungen statt und ist das Einlegen eines solchen „Parlamentsvorbehaltes“ nicht möglich, ist zum Zwecke der Absprache mit dem Bundestag die Verhandlung sogar zu unterbrechen.77 Dies verdeutlicht letztlich doch wieder die Bindungswirkung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen Union an die wesentlichen Inhalte der Stellungnahmen des Bundestages.78 Wird über die Aufnahme von neuen Mitgliedsstaaten in die Europäische Union, eine Vertragsänderung oder die Einführung des Euros als Währung in einem Mitgliedsstaat auf europäischer Ebene diskutiert, sehen §§ 9 und 9a EUZBBG besondere Unterrichtungspflichten und Mitwirkungsrechte des Bundestages vor. In diesen Fällen entsteht ein über das allgemeine Stellungnahmerecht hinausgehendes besonderes Stellungnahmerecht nach § 8 Abs. 4 EUZBBG; es ist ein Einvernehmen von Bundesregierung und Bundestag zum Thema herzustellen, um die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands zu bewahren. 75 Vgl. Hölscheidt, Die Verantwortung des Bundestags für die europäische Integration, DÖV 2012, S. 105 (109). 76 Wichmann, Die Bindungswirkung von Stellungnahmen des Deutschen Bundestages im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Bundesregierung in EU-Angelegenheiten, ZParl 2012, S. 278 (283 ff.). 77 M. Mayer, Die Europafunktion der nationalen Parlamente in der Europäischen Union (2012), S. 238. 78 Cremer, Grundgesetzliche Bindungen des deutschen Vertreters bei Abstimmungen im Rat der Europäischen Union und ihre prozessuale Durchsetzbarkeit, EuR 2014, S. 195 (205 ff.); Streinz, Vollzug europäischen Rechts durch deutsche Organe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 507 (534).

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Für die demokratische Partizipation der Länder an der europäischen Integration sowie an europäischen Akten sind § 3 und § 5 EUZBLG, wonach dem Bundesrat die Möglichkeit eröffnet wird, eigene Stellungnahmen in Angelegenheiten der Europäischen Union zu formulieren, von besonderer Bedeutung.79 Stellungnahmen des Bundesrates, zu denen gleichwohl keine Verpflichtung besteht, werden dann berücksichtigt, wenn die in Frage stehende Thematik Interessen der Bundesländer betrifft, selbst wenn es um einen Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Sinne der Art. 71, 73 GG geht. Sind lediglich allgemeine Interessen der Länder berührt, steht der Bundesregierung letztlich die Entscheidungsprärogative über die Materie zu. Ist allerdings eine Gesetzgebungsbefugnis, die Einrichtung von Behörden oder der Ablauf von Verwaltungsverfahren betroffen, kann nach § 5 Abs. 2 S. 3 EUZBLG ein Einvernehmen mit der Regierung herbeigeführt werden. Ist dies nicht möglich, entscheidet der Bundesrat mit einer zwei-Drittel-Mehrheit darüber, wie das weitere Verfahren ablaufen soll.80 Das EUZBBG und das EUZBLG zeigen damit auf, dass von Bundestag und Bundesrat abgegebene Stellungnahmen in der Lage sind, eine parlamentarische Steuerung einer Materie zu bewirken. Auch in der laufenden deutschen Entwicklungszusammenarbeit erscheinen Stellungnahmen mithin als Instrument der parlamentarischen Beteiligung einsetzbar. b) Parlamentarische Mitwirkung durch Gesetze und konstitutive Beschlüsse Neben EUZBBG und EUZBLG hat das IntVG, welches auch als „Ermächtigungsrücknahmegesetz“ interpretiert wird,81 im Rahmen der europäischen Integration eine gewichtige Bedeutung. Zwar werden im Europarecht eine Vielzahl an „Vertragsvorschriften mit Blankettcharakter“ 82 erlassen, doch fängt das IntVG diese wieder auf, indem es für jede Maßnahme eine Einzelermächtigung fordert.83 Dem Gesetzgeber steht im Rahmen des IntVG grundsätzlich kein Recht zu, die Exekutive nach Belieben mit einer weitergehenden europäischen Integration oder

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Hierzu Baier, Bundesstaat und Europäische Integration (2006), S. 40 ff. Melin, Die Rolle der deutschen Bundesländer im Europäischen Rechtssetzungsverfahren nach Lissabon, EuR 2011, S. 655 (658). 81 Hufeld, Anwendung des europäischen Rechts in Grenzen des Verfassungsrechts, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2012), Band X, S. 383 (406 f.). 82 BVerfGE 123, 267 (353). 83 Vgl. Nettesheim, Die Integrationsverantwortung, NJW 2010, S. 177 (180); Spörer, Integrationsverantwortung als Leitbegriff des Gesetzes, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 257 (259). 80

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Rückverlagerung von Kompetenzen nach Deutschland zu beauftragen. Hierin ist ein elementarer Unterschied zum EUZBBG und zum EUZBLG zu sehen. Die Mitwirkungsbefugnisse des IntVG greifen insofern nur, wenn exekutives Handeln die Integrationsverantwortung des Parlamentes auslöst.84 Der Integrationsverantwortung aus dem IntVG kommt das Parlament teils durch Gesetz und teils mittels eines Beschlusses nach, der konstitutiv wirkt, aber nicht als solcher bezeichnet wird. Die Verpflichtung zur Mitwirkung des Parlamentes und die konkrete parlamentarische Beteiligungsform wird im IntVG abgestuft geregelt. Sollen die europäischen Verträge abgeändert werden und wird dadurch eine Grundgesetzänderung notwendig, bedarf es – dies folgt unmittelbar aus der Verfassung – einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.85 Die Fortentwicklung von materiellem Primärrecht durch die Europäische Union erfordert hingegen nach § 7 IntVG grundsätzlich nur eine gesetzliche Normierung.86 Als geringste Form der parlamentarischen Beteiligung sind schließlich, etwa bei der Einleitung von Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 IntVG, parlamentarische Beschlüsse vorgesehen. Aufgrund dieser ausdifferenzierten Mitwirkungsmöglichkeiten wird das IntVG auch als „Meilenstein in der Geschichte der deutschen Demokratie“ 87 bezeichnet, denn durch das Zusammenspiel verschiedener Beteiligungsformen – in Kombination mit dem EUZBBG und dem EUZBLG – wird das Parlament zur Leitinstanz der europäischen Integration aufgewertet. Parlamentsbeschlüsse sind auch im ESMFinG vorgesehen. Dieses Gesetz war im Rahmen der europäischen Staatsschuldenkrise notwendig geworden, um die verfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte der Legislative an der Tätigkeit des „ESM“, der außerhalb der Europäischen Union durch einen eigenständigen völkerrechtlichen Vertrag installiert wurde,88 gewährleisten zu können.89 Dem deut84 Daiber, Integrationsverantwortungsgesetz in der Praxis des Deutschen Bundestages, ZParl 2012, S. 293 ff.; Kötter, Einspruchs- und Kontrollrechte, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 363 (381 f.); Rathke, Legitimation der Änderung und Fortentwicklung des Primärrechts, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 277 (314 f.). 85 Gött, Die ultra vires-Rüge nach dem OMT-Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichts, EuR 2014, S. 514 (520). 86 Rathke, Legitimation der Änderung und Fortentwicklung des Primärrechts, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 277 (347 ff.). 87 So J. Hahn, Die Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat in EU-Angelegenheiten nach dem neuen Integrationsverantwortungsgesetz, EuZW 2009, S. 758 (763). 88 Vgl. Wernsmann/Sandberg, Parlamentarische Mitwirkung bei unionaler Sekundärrechtsetzung, DÖV 2014, S. 49 (56 f.). 89 Kube, Nationale Budgethoheit und Europäische Integration, AöR 137 (2012), S. 205 (213 ff.).

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schen Bundestag sollte dabei ein maßgeblicher Einfluss auf jedwedes haushaltsrechtliche Handeln erhalten bleiben. Die bereits vom Bundesverfassungsgericht90 festgestellte Verpflichtung zur parlamentarischen Mitwirkung wird durch § 3 ESMFinG bekräftigt. § 4 Abs. 1 ESMFinG regelt in diesem Zusammenhang, dass alle Angelegenheiten des „ESM“, die die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages betreffen, vom Plenum zu bestätigen sind.91 Der Parlamentsvorbehalt wird im Sinne des § 4 Abs. 2 ESMFinG durch eine Beschlusspflicht ausgestaltet, ohne deren Vorliegen die Bundesregierung Angelegenheiten des „ESM“ nicht zustimmen darf. Ist keiner der enumerativ aufgezählten Fälle der parlamentarischen Beteiligung des § 4 ESMFinG einschlägig, ist zumindest der Haushaltsausschuss gemäß § 5 Abs. 1 ESMFinG über die geplante Maßnahme zu informieren. Das IntVG und das ESMFinG verdeutlichen, dass parlamentarische Beschlüsse im Zusammenspiel mit formellen Gesetzen in „wesentlichen“ Themengebieten eine lenkende Wirkung haben können. Der Einsatz von konstitutiven Beschlüssen – nicht nur bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr und im Rahmen der europäischen Integration – könnte folglich auch für die laufende parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erwogen werden.

II. Die dogmatische Einordnung von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen Sowohl das „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ als auch die „Lissabon-Begleitgesetze“ illustrieren, dass durch die Anwendung von Parlamentsbeschlüssen die legislative Beteiligung an ursprünglich der Exekutive zugewiesenen Materien ermöglicht werden kann. Gleichwohl ist eine dogmatische Einordnung von Parlamentsbeschlüssen in diesem Zusammenhang nicht einfach vorzunehmen. Insbesondere die im Rahmen der Parlamentsbeteiligung an auswärtigen Angelegenheiten neu erfundenen „konstitutiven Parlamentsbeschlüsse“ 92 erscheinen nicht mehr in die „ursprünglichen Kategorien“ der Parlamentsbeschlüsse zu passen. Sie bewegen sich vielmehr in einem Spannungsfeld von formellen Gesetzen gemäß Art. 76 ff. GG und schlichten Parlamentsbeschlüssen im Sinne des Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG. Betrachtet man hingegen die Stellungnahmen im Rahmen der europäischen Integration, sind diese von der Bundesregierung lediglich zu berücksichtigen, 90

BVerfGE 129, 124 (178); BVerfGE 132, 195 (270). Hierzu auch Mayer/Kollmeyer, Sinnlose Gesetzgebung? Die Europäische Bankenunion im Bundestag, DVBl. 2013, S. 1158 (1166 f.); Ukrow, Ein Rettungsschirm für das BVerfG?, ZEuS 2012, S. 417 (427 f.); Isensee, Budgetrecht des Parlaments zwischen Schein und Sein, JZ 2005, S. 971 (972 f.). 92 Erstmalig BVerfGE 90, 286 (Entscheidungsformel 2.a und 389). 91

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

entfalten also anders als konstitutive Parlamentsbeschlüsse keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit.93 Damit sind die Stellungnahmen grundsätzlich – abgesehen vom konstitutiven Zustimmungserfordernis bei der Änderung von Primärrecht – nur deklaratorischer Natur. Bereits Klaus Stern94 versuchte mit einer Unterscheidung von „echten“ und „schlichten“ Parlamentsbeschlüssen das Problem der Rechtsverbindlichkeit mancher Beschlüsse aufzulösen. Er definierte rechtlich verpflichtende Beschlüsse wie Gesetzesbeschlüsse gemäß Art. 77 Abs. 1 S. 1 GG als „echte“ Beschlüsse und reine politische Absichts- oder Meinungserklärungen als „schlichte“ Beschlüsse. Die neuen konstitutiven Parlamentsbeschlüsse lassen sich jedoch weder eindeutig als politische Absichts- oder Meinungsäußerungen noch als rechtlich verpflichtende Beschlüsse qualifizieren. Vielmehr wird es dem Parlament durch den neuen Typus Parlamentsbeschluss ermöglicht, auf die Exekutive in „wesentlichen“ Sachverhalten Einfluss zu nehmen. Ein solcher die Exekutive lenkender Beschluss stellt zwar kein formelles Gesetz dar, nähert sich einem solchen aber aufgrund seines Zustandekommens und der Bindungswirkung weitgehend an.95 Wie der konstitutive Parlamentsbeschluss aufgrund dieser aufgezeigten Problematik dogmatisch eingeordnet werden kann, ist in der juristischen Literatur bislang wenig besprochen worden. Handelt es sich bei dem Parlamentsvorbehalt und dem Gesetzesvorbehalt – wie es Hermann Butzer96 analysiert – um eigenständige Vorbehaltskategorien, dann bedeutet dies keineswegs, „dass sich der Parlamentsvorbehalt zu einem Gesetzesvorbehalt verdichten muss“. Bei Betrachtung der Funktion des Parlamentsvorbehaltes kommt Parlamentsbeschlüssen vielmehr die Aufgabe eines Planungs-, Gestaltungs- und Lenkungsinstrumentes zu. Dass den Anforderungen des Parlamentsvorbehaltes nicht nur durch ein förmliches Gesetz nachgekommen werden kann, hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile bestätigt.97 Die Ausgestaltung von ParlBG, EUZBBG, EUZBLG, IntVG und ESMFinG verdeutlichen heute in Fällen der auswärtigen Gewalt die Beteiligungsmöglichkeiten des Parlamentes abseits des ursprünglichen Verständnisses der Gewal-

93 Luch, Handlungsformen, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 394 (406). 94 Stern, Staatsrecht (1980), Band II, S. 48 in Anlehnung die Begriffsbestimmung von Thoma, Der Vorbehalt der Legislative und das Prinzip der Gesetzmäßigkeit von Verwaltung und Rechtsprechung, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts (1932), Zweiter Band, S. 221. 95 So zum Parlamentsbeschluss bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr Schmidt-Radefeldt, Parlamentarische Kontrolle der internationalen Streitkräfteintegration (2005), S. 139. 96 Butzer, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses, AöR 119 (1994), S. 61 (84). 97 BVerfGE 90, 286 (389); BVerfGE 123, 267 (346).

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tenteilung.98 Folgt man Butzer dahingehend, dass schlichte Beschlüsse primär auf eine Selbstbindung abzielten und mithin nur ankündigenden Charakter haben – „schlichte Beschlüsse sind zwar rechtserheblich, nicht aber rechtsverbindlich“ 99 –, lässt sich eine reine Selbstbindungswirkung der konstitutiven Parlamentsbeschlüsse nicht feststellen. Konstitutive Parlamentsbeschlüsse entfalten im Gegenteil gegenüber der Exekutive Verbindlichkeit und entsprechen damit einer legislatorischen Anweisung. Diese neue Art von Beschlüssen vermag Vorlagen der Regierung nicht nur rechtserheblich, sondern rechtsverbindlich zu bestätigen – im Gegensatz zu Stellungnahmen, die exekutive Handlungen nur rechtserheblich lenken. Der konstitutive Parlamentsbeschluss weist daher Ähnlichkeiten mit einem Einzelfallgesetz auf. Konstitutive Beschlüsse durchlaufen wie auch Einzelfallgesetze nämlich ein förmliches – normativ festgelegtes – parlamentarisches Verfahren, und es geht um konkrete Einzelfälle, die legislatorisch geregelt werden sollen. Andererseits ist das Zustandekommen eines Parlamentsbeschlusses gerade nicht mit dem Gesetzgebungsverfahren vergleichbar. Es fehlen insbesondere die Mitwirkungsakte von Bundesrat und Bundespräsidenten gemäß Art. 77 GG und Art. 82 GG. Zudem findet keine mehrfache Lesung im Plenum statt, und die Beschlüsse werden auch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der konstitutive Parlamentsbeschluss kann damit zunächst mittels der gewöhnlichen Betrachtungsweisen weder eindeutig einem Gesetz noch einem „herkömmlichen“ Beschluss zugeordnet werden.100 Die Anwendung eines neuen Typus Parlamentsbeschluss bedeutet damit eine Ergänzung zu den bislang verwendeten Parlamentsbeschlüssen und den sonstigen formellen Gesetzen, wobei der konstitutive Parlamentsbeschluss als ein schlichter Beschluss mit rechtlich verbindlichem Charakter umschrieben werden könnte. Dies würde allerdings für eine Einordnung als „echten“ Parlamentsbeschluss sprechen.101 Nähme man aber an, dass der konstitutive Parlamentsbeschluss Außenwirkung entfaltet, dann stellte sich das Problem der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz des Gesetzesvorrangs. Würden Beschlüsse in der Rechtsordnung den 98 Im Zusammenhang mit der „Erfindung“ des konstitutiven Parlamentsbeschlusses durch das Bundesverfassungsgericht wird dieser als verfassungsrechtliches Neuland bezeichnet von Dau, Die militärische Evakuierungsoperation „Libelle“, NZWehrR 1998, S. 89 (98). 99 Butzer, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses, AöR 119 (1994), S. 61 (90 f.). 100 Martini, Parlamentsbeteiligung im EU-Rechtsvergleich, in: v. Arnauld/Hufeld (Hrsg.), Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen (2018), S. 173 (188) bezeichnet die Stellungnahmen im Rahmen der europäischen Integration als schlichte Parlamentsbeschlüsse, obwohl diese auf Grundlage eines Gesetzes ergehen und daher wohl eher noch einem echten Parlamentsbeschluss zugeordnet werden könnten. 101 Wiefelspütz, Das Parlamentsheer (2005), S. 494 stellt den konstitutiven Parlamentsbeschluss pauschal als „Unterfall des echten Parlamentsbeschlusses“ dar.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Rang von Gesetzen einnehmen können, würde nämlich die Normhierarchie des deutschen Rechtssystems durcheinander gewirbelt.102 Die Anerkennung von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen als „echte“ Beschlüsse mit Bindungswirkung außerhalb des parlamentarischen Betriebes, würde zu einer Verschiebung von Kompetenzen zugunsten der Legislative führen. Gleichwohl ist dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 3 GG nur zu entnehmen, dass die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt sowie Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. Die Unterscheidung von Gesetz und Recht im Wortlaut verdeutlicht, dass zwar unter Gesetz grundsätzlich jedes Parlamentsgesetz gemeint ist, der Begriff „Recht“ aber alle sonstigen normativen Maßstäbe umfasst.103 Der Gesetzesbegriff bestimmt sich heute, so ist es anerkannt, nur noch nach formalen Gegebenheiten.104 Ein Nebeneinanderstehen von Gesetzen und Parlamentsbeschlüssen ist damit nicht ausgeschlossen. Problematisch ist allerdings die Publizität von Parlamentsbeschlüssen als Ersatz für ein Gesetz, da solche nicht in einer Bundestagsdrucksache veröffentlicht werden. So könnte argumentiert werden, dass, wenn schon nicht der Vorrang des Gesetzes der Machtfülle von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen entgegensteht, dann doch die fehlende Öffentlichkeit. Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes erfordert nämlich eine durchgängige Legitimationskette staatlichen Handelns inklusive der Überprüfbarkeit durch die Öffentlichkeit.105 Dem Publizitätserfordernis von Parlamentsbeschlüssen wird jedoch ausreichend Genüge getan, da Beschlüsse nicht in luftleerem Raum gefasst werden. Durch die Verabschiedung eines Verfahrensgesetzes, welches im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, wird die Voraussetzung für weiteres parlamentarisches Handeln geschaffen. Die Beschlüsse selbst finden öffentlich und im Rahmen der nachvollziehbaren Verfahrensvorgaben im Plenum statt. Selbst wenn sich Lücken im Verfahrensgesetz auftun, die nicht durch die Geschäftsordnung des Bundestages geschlossen werden, wird das Verfahrensrecht durch parlamentarisches Gewohnheitsrecht ergänzt. Die konstitutiven Parlamentsbeschlüsse füllen damit die 102 Sehr kritisch zum Ersetzen des Gesetzes durch Beschluss Lerche, Bundestagsbeschlüsse ohne Gesetzesbefehl über Subventionen, NJW 1961, S. 1758 (1759), der auf den Zusammenhang von Rechtsverbindlichkeit und Gerichtserheblichkeit abstellt. Schoch, Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Einsatz der Streitkräfte im Inland, JURA 2013, S. 255 (260) bemängelt in diesem Zusammenhang außerdem die Außerachtlassung der Zuständigkeiten des Bundesrates. 103 Vgl. Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG (2018), Art. 20, Rn. 90; Pieroth, Was bedeutet „Gesetz“ in der Verfassung?, JURA 2013, S. 248 (251 ff.). 104 Stellvertretend für viele Ossenbühl, Gesetz und Recht, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band V, S. 135 (141 f.). 105 Vgl. U. Schröder, Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, JA 2017, S. 809 (810).

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allgemeinen Verfahrensgesetze aus. Exekutives Handeln hat sich an dem Gesetz in Form des letzten gefassten konstitutiven Beschlusses zu orientieren.106 Ein konstitutiver Parlamentsbeschluss kann folglich ein Gesetz nur konkretisieren, aber niemals abändern, ein Gesetz hingegen die Rahmenbedingungen für die Beschlussfassung jederzeit neu fassen. Konstitutive Parlamentsbeschlüsse nehmen also am Vorrang des Gesetzes teil, da ein allgemeines Gesetz konkretisiert wird.107 Als einen „echten“ Parlamentsbeschluss lassen sich konstitutive Parlamentsbeschlüsse trotzdem nicht bezeichnen, da konstitutive Parlamentsbeschlüsse Bindungswirkung entfalten. Anders ist dies bei allgemeinen Stellungnahmen, die nur Bindungswirkung im Vorfeld der exekutiven Handlung haben.108 Qualifizierte Stellungnahmen im Sinne des § 9 Abs. 4 EUZBBG hingegen nähern sich konstitutiven Parlamentsbeschlüssen in ihrer materiellen Wirkung weitgehend an. Der neue Typus an Parlamentsbeschlüssen kann damit eingegrenzt werden als ein vom Verfahren her einem Parlamentsbeschluss im Sinne des Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG nahestehender und in seiner Rechtsfolge an ein förmliches Gesetz angelehnter Mitbestimmungsakt der Legislative. Überträgt man die von Roman Schmidt-Radefeldt109 im Zusammenhang mit konstitutiven Parlamentsbeschlüssen bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr getroffene Aussage, dass auswärtige Handlungen durch rechtsverbindliche Parlamentsbeschlüsse demokratisch flankiert und legitimiert würden, kann diese Feststellung auf andere Bereiche der auswärtigen Gewalt übertragen werden. Eine Erweiterung der bisherigen Einteilung von „echten“ und „schlichten“ Parlamentsbeschlüssen erscheint daher notwendig. Es ist mithin erforderlich, mit dem „konstitutiven“ Parlamentsbeschluss eine eigenständige dritte Kategorie des Parlamentsbeschlusses anzuerkennen.110 106 Nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz kann die ursprüngliche Zustimmung gemäß § 1 Abs. 2 ParlBG zu einem Auslandseinsatz der Bundeswehr durch Ausübung des Rückholrechtes gemäß § 8 ParlBG – also einen erneuten Parlamentsbeschluss – widerrufen werden. 107 A. A. Paulus, Die Parlamentszustimmung zu Auslandseinsätzen nach dem ParlBG, in: Weingärtner (Hrsg.), Einsatz der Bundeswehr im Ausland (2007), S. 81 (101). 108 Wichmann, Die Bindungswirkung von Stellungnahmen der Deutschen Bundestages im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Bundesregierung in EU-Angelegenheiten, ZParl 2012, S. 278 (292). 109 Schmidt-Radefeldt, Parlamentarische Kontrolle der internationalen Streitkräfteintegration (2005), S. 140. 110 Ruffert, Entformalisierung und Entparlamentarisierung politischer Entscheidungen als Gefährdung der Verfassung?, DVBl. 2002, S. 1145 (1153) plädiert dafür, den Parlamentsvorbehalt „nicht nur als Entscheidungs-, sondern auch als Beratungs- und Gestaltungsvorbehalt zu verstehen“. Was dies jedoch für die dogmatische Einordnung von Parlamentsbeschlüssen bedeuten soll, bleibt offen, da eine Beratungskompetenz des Bundestages gegenüber der Regierung keine rechtliche Wirkung entfalten kann.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Als „konstitutive“ Parlamentsbeschlüsse müssen demnach solche rechtbindenden Willensakte der Legislative gesehen werden, mittels deren Anwendung die Exekutive inhaltlich gesteuert und rechtsverbindlich durch das Parlament Einfluss genommen wird. Aufgrund des Machtverlustes von Parlamenten in manchen Bereichen der auswärtigen Gewalt vermag der „konstitutive“ Parlamentsbeschluss – auch wegen des zugrundeliegenden Verfahrensgesetzes – demokratisch legitimiert als Substitut die Stellung der Legislative zu stärken. Denn auch in Zeiten der Globalisierung muss bei auswärtigem Handeln ein Mindestmaß der Zuständigkeit über „wesentliche“ Sachverhalte in den Händen des Parlamentes verbleiben. Überschneidungen mit den formalen Voraussetzungen des „echten“ Parlamentsbeschlusses müssen bei einer dogmatischen Einordnung des konstitutiven Parlamentsbeschlusses als eigenständige Beschlusskategorie in Kauf genommen werden, denn der neue Typus an Parlamentsbeschlüssen ist zwar verfassungsrechtlich herzuleiten, hat aber noch keine verfassungsrechtliche Konkretisierung erfahren.

III. Der mögliche Einsatz von Stellungnahmen und Parlamentsbeschlüssen in der Entwicklungspolitik In der laufenden deutschen Entwicklungspolitik stellt sich die Frage, ob der parlamentarischen Beteiligung besser durch eine nachträgliche (konstitutive) Zustimmung zu Projekten und Vorhaben – wie dies im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war – nachgekommen, oder ob, ähnlich wie im Rahmen der europäischen Integration, eine grundsätzliche Steuerung durch das Parlament mittels lenkender Stellungnahmen vorgenommen werden sollte. Sowohl die vorherige als auch die auf die exekutive Entscheidung folgende parlamentarische Beschlussfassung haben ihre Vorzüge und könnten bei der laufenden parlamentarischen Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Anwendung finden. Letztlich muss aber der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines allgemeinen Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit darüber befinden, ob eine weitergehende parlamentarische Beteiligung erfolgen soll und welche der Beteiligungsformen für die laufende Entwicklungszusammenarbeit gewünscht wird. 1. Potenzielle Elemente von Stellungnahmen Der Bundestag könnte also in regelmäßigen Abständen Stellungnahmen zur Fortentwicklung der deutschen Entwicklungspolitik abgeben. Wünschenswert wäre aufgrund des langatmigen Prozesses der Entwicklung von Entwicklungsländern eine relative Konstanz von Stellungnahmen. Kritisch ist hierbei jedoch anzumerken, dass eine langfristige Begleitung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch Stellungnahmen aufgrund der kurzen Legislaturperioden des Bundestages in Konflikt mit dem Diskontinuitätsgrundsatz kommen könnte.

B. Die mögliche parlamentarische Beteiligung

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Wünschte der Gesetzgeber die Einführung von Stellungnahmen, wäre hierfür selbstverständlich Voraussetzung, dass die Abgeordneten über die „wesentlichen“ Vorgänge in der Entwicklungszusammenarbeit informiert sind. Bestenfalls erfolgte die Information schriftlich und beschränkt sich nicht nur auf die Weiterleitung von Dokumenten. Bei der Informationsbereitstellung könnten die derzeitigen Strukturen des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung genutzt werden. Eine Bündelung der Informationen in diesem Gremium und eine folgende Weiterleitung relevanter Erkenntnisse an die Abgeordneten führte zu einer mengenmäßig überschaubaren, aber inhaltlich fundierten Ermittlung von Entscheidungsvoraussetzungen, auf deren Grundlage dann die Stellungnahmen erstellt werden könnten. Der Ausschuss könnte zudem dafür eingesetzt werden, die Stellungnahmen vorzubereiten; eine Beschlussfassung ist aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Parlamentsvorbehaltes dagegen nur im Plenum möglich. Wegen der zeitlichen Beschränkung parlamentarischer Mitwirkung auf einzelne Legislaturperioden bietet sich eine Koppelung der Stellungnahmen hieran an. Die Befürchtung, eine weitergehende Einbindung des Parlamentes in die deutsche Entwicklungspolitik führe zu einer sachlich-inhaltlichen Überforderung der Parlamentarier, erscheint zwar zunächst berechtigt. Der Großteil der Parlamentarier dürfte tatsächlich nicht über Expertenwissen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit verfügen. Gleichwohl ist es möglich, dass das BMZ entwicklungspolitische Informationen vollständig und kompakt an das Parlament weiterleitet – dass dies möglich ist, zeigt § 3 ParlBG, auf dessen Grundlage die Weiterleitung von Informationen durch die Bundesregierung im Vorfeld von Auslandseinsätzen der Bundeswehr erfolgt –, wodurch die Parlamentarier in die Lage versetzt würden, sachlich und mit dem notwendigen Fachwissen eine Entscheidung zu treffen. Stellungnahmen sollten sich, würden diese eingeführt, nicht nur an den vorausgegangenen Stellungnahmen zur Entwicklungszusammenarbeit orientieren, sondern auch die Einleitung neuer Entwicklungsprozesse beinhalten. Um ein Verzahnen von haushaltsrechtlicher und politischer Steuerung gewährleisten zu können, wäre eine Beschlussfassung über die Stellungnahmen bereits einige Monate vor Verabschiedung der Haushaltspläne sinnvoll, da so die Vorgaben der jeweiligen Stellungnahme bei Erstellung des Einzelplanes für die Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigt werden könnten. Als Kernelement der Stellungnahmen könnte der Bundestag eine Festlegung von Länder- und Themenschwerpunkten für den vorgesehenen Zeitraum vornehmen. Den Parlamentariern kommt nämlich die Aufgabe zu, eine Grundsatzentscheidung zugunsten einer bestimmten Entwicklungspolitik zu treffen. Anders als eine Länder- und Themenschwerpunktsetzung in einem grundlegenden Gesetz könnten Stellungnahmen regelmäßig angepasst werden und ermöglichten mithin die notwendige Flexibilität. Stellungnahmen sollten allerdings keine kon-

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

kreten Summen für konkrete Länder ausweisen, sondern lediglich die Partnerschaften mit Entwicklungsländern vorzeichnen. Es geht in den Stellungnahmen nämlich um eine politische Einschätzung der Legislative; die konkrete Vergabe von Haushaltsmitteln gehört zum Kernbereich der Exekutive. Gleichzeitig könnte in den Stellungnahmen thematisch festgelegt werden, welche Sachbereiche in der Entwicklungszusammenarbeit als besonders förderwürdig eingeschätzt werden. Es sollte dabei jedoch nicht um die Benennung konkreter Projekte gehen, sondern um die Umschreibung von Zielen. Im Allgemeinen könnten etwa Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, der Aufbau eines konkreten Wirtschaftszweiges oder bestimmte Bildungsprogramme Teil der Stellungnahme werden. Da auch in der Zukunft sehr wahrscheinlich ist, dass neue entwicklungspolitische Impulse entstehen werden, sind solche sinnvollerweise in die Stellungnahmen des Parlamentes – und nicht in das Gesetz – einzubauen. In den Stellungnahmen könnten also grundsätzlich alle Themen der Entwicklungspolitik besprochen und die Grundsätze der deutschen Entwicklungszusammenarbeit konkretisiert werden. Hielte das Parlament einen bestimmten Sachverhalt für besonders relevant oder lägen hierzu zum Zeitpunkt der Stellungnahme keine ausreichenden Informationen vor, könnten diesbezüglich Zustimmungsvorbehalte in die Stellungnahmen eingebaut werden. Solche Vorbehalte würden die Exekutive zu einer erneuten Vorlage des Themas oder Vorhabens im Bundestag zur konstitutiven Zustimmung verpflichten, obwohl der Sachverhalt bereits in der Stellungnahme behandelt wurde. Durch die Einräumung von Vorbehaltsmöglichkeiten verbliebe die Entscheidungshoheit über besonders sensible Bereiche bis zum letztmöglichen Zeitpunkt bei der Legislative. 2. Potenzielle Elemente von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen Der konstitutiven Zustimmung könnten demgegenüber einzelne – oder über die Stellungnahmen hinausgehenden – laufenden entwicklungspolitischen Handlungen unterworfen werden. Grundsätzlich können nämlich manche wesentlichen entwicklungspolitischen Themenbereiche nicht im Voraus in einem allgemeinen Gesetz geregelt werden, sodass es notwendig erscheint, nimmt man den Parlamentsvorbehalt ernst, zu diesen Themen eine nachträgliche Zustimmung durch das Parlament zu fordern. Das Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit könnte also explizit regeln, in welchen Fällen eine konstitutive Zustimmung „insbesondere“ stattfinden muss. Es müsste mithin bestimmt werden, ob und welche Themen einer konstitutiven Zustimmung des Parlamentes nach Ausarbeitung des Vorhabens durch die Exekutive unterliegen sollen und folglich nicht durch die Stellungnahmen geregelt werden dürfen, sollten solche eingeführt werden. Die Stellungnahmen zur Entwicklungspolitik könnten gleichwohl, wie bereits vorgeschlagen, weitere zustimmungsbedürftige Themen unter den Vorbehalt der konstitutiven Zustimmung

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten

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des Parlamentes stellen, die sonst dem Parlament nicht mehr vorgelegt werden müssten. Als ein in den Stellungnahmen auszusparendes Thema bietet sich zunächst die umstrittene Budgetfinanzierung an. Die Direktfinanzierung von Staatshaushalten könnte durch die Exekutive vorbereitet werden, aber letztlich von einer konstitutiven Zustimmung durch eine einfache Mehrheit der Mitglieder des Bundestages abhängig gemacht werden. Für jedes Land müsste die Exekutive so einzeln darstellen, weswegen die Budgetfinanzierung sinnvoll ist, das Geld die Entwicklung fördert und die Bedingungen der „good governance“ im Partnerland erfüllt sind. Nachdem ein Gesetz zur Entwicklungszusammenarbeit eine Grundsatzentscheidung für (oder auch gegen) die Budgetfinanzierung getroffen hat, könnten konstitutive Parlamentsbeschlüsse den konkreten Umfang und die Bedingungen der Budgetfinanzierung bestätigen. Aus Zeitersparnisgründen bietet es sich an, in einer einzigen Plenarsitzung über mehrere Budgetfinanzierungen zu debattieren und abzustimmen. Drüber hinaus könnten die Aufnahme der Entwicklungszusammenarbeit mit einem neuen Entwicklungsland und dessen Beendigung unter den Vorbehalt eines konstitutiven Parlamentsbeschlusses gestellt werden. Die Entscheidung über die konkreten Partnerländer erscheint nämlich als zentral – mithin als besonders wesentlich – für alle Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit. Zwar könnte die Legislative im Rahmen der Stellungnahmen über die Schwerpunktsetzung unter den Entwicklungsländern, mit denen bereits kooperiert wird, entscheiden bzw. könnte ein Gesetz auf die Einstufung von Entwicklungsländern nach den Vorgaben der OECD verweisen. Doch würde durch den Einsatz konstitutiver Beschlüsse des Parlamentes die legislative Neuausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gewährleistet. Selbstverständlich lassen sich weitere entwicklungspolitische Themen für konstitutive Parlamentsbeschlüsse finden. Diese wesentlichen Themen sollten jedoch von der Legislative festgelegt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur um eine Feinsteuerung eines bestimmten Feldes der Außenpolitik gehen kann. Durch konstitutive Parlamentsbeschlüsse gesteuerte entwicklungspolitische Materien müssten daher herausragende Bedeutung entfalten.

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten Letztlich könnte darüber debattiert werden, ob mittels eines Gesetzes das Amt eines Entwicklungsbeauftragten geschaffen werden sollte. Ein solcher könnte als Bindeglied zwischen dem Bundestag und der tatsächlich durchgeführten Entwicklungszusammenarbeit dienen und die Kontrollmöglichkeiten des Bundesta-

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

ges stärken. Käme es zu Rechts- oder Rechtsgutsverletzungen, wäre eine Instanz vorhanden, die Informationen sammeln und sich mit Lösungsvorschlägen an den Bundestag wenden könnte. Auch bei der Diskussion über einen Entwicklungsbeauftragten muss der Gesetzgeber letzten Endes darüber befinden, ob ein solches Amt gewünscht ist und wie dieses ausgestaltet sein soll. Bereits § 17 GesEntw (E-1995) enthielt den Vorschlag, das Amt eines „Entwicklungspolitischen Beauftragten“ einzuführen. Als Hilfsorgan des deutschen Bundestages war vorgesehen, dass dieser jährlich dem Plenum einen Bericht vorlegt, in dem er erläutert, wie (1.) die Bundesregierung das geplante Gesetz ausführt und (2.) welche Vorschläge und Beschwerden hinsichtlich der Erfüllung von gesetzlichen Verpflichtungen und Beschlüssen an ihn herangetragen wurden.111 Als Hilfsorgan des Bundestages hätte der Entwicklungspolitische Beauftragte – so war es geplant – allerdings nur die Einhaltung der neuen gesetzlichen Vorschriften zu überwachen gehabt. Andere Aufgaben waren nicht vorgesehen. Bis heute gibt es kein Beschwerdegremium für Rechts- und Rechtsgutsverletzungen bei der Durchführung von staatlichen entwicklungspolitischen Maßnahmen; insbesondere existiert kein Gericht und keine Instanz, vor der Menschen aus Entwicklungsländern ihre Rechte effektiv geltend machen können. Zwar besteht im Falle von Rechtsgutsverletzungen die Möglichkeit der Beschreitung des innerdeutschen Rechtswegs, doch findet die Aktivierung der deutschen Justiz in der Praxis aufgrund der räumlichen Distanz und der mangelnden Kenntnis über das deutsche Rechtssystem nicht statt.112 Darum ist bei Einführung eines Entwicklungsbeauftragten über den ursprünglichen Gesetzesentwurf hinaus zu fragen, ob ein solches Amt nicht mit einem weiten, wenn auch klar umgrenzten justiziablem Auftrag ausgestattet werden muss. Die Einführung eines entwicklungspolitischen Hilfsorgans des Bundestages hat nicht in luftleerem Raum stattzufinden.113 Vielmehr kann auf Erfahrungen zurückgegriffen werden, die im deutschen Recht mit dem Amt eines Wehrbeauftragten des Bundestages seit seiner Einführung im Jahr 1956 und der Ergänzung des Grundgesetzes in Art. 45b GG gemacht wurden. In Anlehnung hieran werden regelmäßig Stimmen laut, wonach weitere Ombudsleute in den verschiedensten Funktionen einführt werden sollen; hierbei handelt es sich jedoch zumeist nicht um Parlaments- sondern um Regierungsbeauftragte. Zuletzt wurde in Nordrhein-Westfalen nach dem Skandal um rechtsextrem eingestellte Polizisten 111

Vgl. auch BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994, S. 9. Hinzuweisen ist auf ein zivilrechtliches Verfahren vor dem Landgericht Dortmund (Urteil vom 10.01.2019 – Az. 7 O 95/15) von pakistanischen Arbeitern gegen das Unternehmen „KiK Textilien und Non-Food GmbH“ nach einem Brand in einer Fabrik mit mehr als 250 Toten. Allerdings wurde in diesem Verfahren, das aufgrund von Verjährung scheiterte, ein Unternehmen und nicht der deutsche Staat verklagt. 113 Zur Organstellung von Ombudspersonen als Ausdruck der Zuordnung zum Plenum und zum Petitionsausschuss Matthes, Der Bürgerbeauftragte (1981), S. 113 ff. 112

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten

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die Forderung erhoben, einen Polizei- und Bürgerbeauftragten als Beschwerdestelle zu etablieren.114 Bei all diesen Überlegungen zur Einführung von Ombudsleuten zu verschiedenen Politikbereichen wird meist das skandinavische Modell als Vorbild herangezogen.115 Vereinzelt wird auch eine Herkunft aus dem Islam oder gar der Antike angenommen.116 Das dem deutschen Recht eigentlich unbekannte Modell von Ombudsleuten ist jedenfalls erst nachträglich in deutsches Recht adaptiert worden.117 Insbesondere die Einführung eines Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten des Naturschutzes im Jahr 1969 wirkte als Katalysator für einen „Siegeszug“ der Beauftragten auf Bundesebene.118 Andererseits sprach sich eine Enquetekommission zu Fragen der Verfassungsrevision gegen zu viele Ombudsleute aus, da aufgrund des nahezu lückenlosen Rechtsschutzsystems in Deutschland kein Bedarf für weitere Rechtsinstanzen festgestellt werden konnte.119 Die Einführung der Institution von Ombudsleuten wird heute meist als Antwort auf die Strukturwandlungen des modernen Staates gedeutet.120 Ombudsleute sind nicht nur Schiedsstellen bei Streitigkeiten, sondern – zumindest die dem Bundestag oder den Landtagen zugeordneten Ombudsleute – zugleich Bindeglied der Legislative zu einem konkreten Aufgabenbereich in der staatlichen Praxis. Sie nehmen sowohl Aufgaben der Kontrolle als auch der Petitionseingabe wahr. Der Wehrbeauftragte ist zwar nicht der einzige Beauftragte auf Bundesebene, doch kommt diesem aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung eine besondere Bedeutung zu.121 Aus der Systematik des Grundgesetzes ergibt sich nämlich eine Stellung des Wehrbeauftragten als unmittelbarer Parlamentsbeauftragter. Ähnlich wie der Wehrbeauftragte – und in Abgrenzung zu sonstigen exekutiven Beauftragten – müsste der Entwicklungsbeauftragte Bin-

114 Trimborn, Polizeiskandal „NSU 2.0“: Grüne fordern unabhängigen Polizeibeauftragten, Osnabrücker Zeitung vom 18.12.2018. In Rheinland-Pfalz gibt es bereits einen an den Landtag angegliederten Polizei- und Bürgerbeauftragten, und Berlin plant ebenfalls die Einführung eines solchen Hilfsorgans des Landtages. 115 Zum skandinavischen Modell ausführlich G. Hahn, Der Justizbevollmächtigte des schwedischen Reichstages, AöR 87 (1962), S. 389 ff. 116 Pickl, Europäische Ombudsmann-Einrichtungen aus rechtsvergleichender Sicht, in: FS Schwind (1993), S. 193 (196). 117 Hierzu ausführlich H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG (Stand 10/2014), Band IV, Art. 45b, Rn. 6. 118 Kruse, Der öffentlich-rechtliche Beauftragte (2007), S. 176. 119 Kempf/Mille, Rolle und Funktion des Ombudsmannes, ZParl 1992, S. 29 (30). 120 Hansen, Die Institution des Ombudsman (1972), S. 52. 121 Es wurde etwa durch § 21 BDSG ein Datenschutzbeauftragter, durch § 92 AufenthaltsG ein Beauftragter für Migration, Flüchtlinge und Integration, durch § 35 StUG ein Bundesbeauftragter für die Unterlagen der Staatssicherheitsdienste der ehemaligen DDR bzw. durch § 14 BBG ein Beauftragter für die Belange behinderter Menschen geschaffen.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

deglied zwischen Legislative und Exekutive sein.122 Ein beschränkter Auftrag bezüglich des Schutzes einer bestimmten Personengruppe bestünde hingegen gerade nicht.

I. Anlehnung an den Wehrbeauftragten im Sinne des Art. 45b GG Die Einführung eines Entwicklungsbeauftragten könnte sich folglich an der Ausgestaltung des Amtes des Wehrbeauftragten des Bundestages im Sinne des Art. 45b GG orientieren. Allerdings existieren auch elementare Unterschiede zwischen den Aufgabenbereichen beider Hilfsorgane des Bundestages, weswegen zunächst das Amt des Wehrbeauftragten als Ombudsperson im Bundestag untersucht werden soll, bevor im Anschluss die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede in der möglichen Ausgestaltung der Ämter herausgearbeitet werden können. 1. Der Wehrbeauftragte als Ombudsperson Der Wehrbeauftragte des deutschen Bundestages gemäß Art. 45b GG hat eine „neue demokratische Tradition“ begründet.123 Die im Zuge der Einfügung der Wehrverfassung ins Grundgesetz eingefügte Vorschrift bekundete nämlich erstmalig ein Zugriffsrecht des Bundestages auf die Bundeswehr als Parlamentsheer. Heute regelt das „Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages“ (WBeauftrG) die Stellung des Wehrbeauftragten.124 § 113 bis § 115 GO-BT behandeln zudem die Wahl des Wehrbeauftragten, seine regelmäßig vorzulegenden Berichte sowie ihre Behandlung im Bundestag. Der Wehrbeauftragte des Bundestages befindet sich im Spannungsfeld zwischen Parlament und Bundeswehr, wobei ihm insbesondere zwei Aufgabenfelder zukommen. Einerseits (1.) muss er den Schutz der Grundrechte der Soldaten fördern und andererseits (2.) als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung parlamentarischer Kontrolle fungieren. Seine Aufgabe ist damit zwischen einem speziellen Petitionsorgan125 und einem Kontrollgremium126 angesiedelt. Die größte Schwierigkeit des Wehrbeauftragten, der nicht gleichzeitig Mitglied des 122 Es handelte sich mithin gerade nicht um einen dem BMZ zugeordneten Regierungsbeauftragten, wie es der „Beauftragt für weltweite Religionsfreiheit“, der „Beauftragte der Bundeskanzlerin für die deutsch-griechische Versammlung“ sowie der „persönliche Afrika-Beauftragte der Bundeskanzlerin“ sind; zu diesen BT-Drs. 19/21419 vom 03.08.2020. 123 So Hufeld, Der Bundesrechnungshof und andere Hilfsorgane des Bundestages, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 909 (940). 124 BGBl. I (1957), S. 652, zuletzt geändert durch BGBl. I (2009), S. 160. 125 Zum Verhältnis von Petitionsausschuss und Wehrbeauftragtem Reckzeh, Die parlamentarische Petition als Rechtsschutzmöglichkeit des Soldaten, DVBl. 1983, S. 70 (76). 126 Als „aufsehende Gewalt“ bezeichnet werden Beauftragte von Marti, Die aufsehende Gewalt, in: FS Huber (1961), S. 175 (182).

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Bundestages oder anderer staatlicher Aufgaben sein darf, besteht in einer ausgeglichenen Kombination beider Bereiche. Mithin ist der Wehrbeauftragte selbst kein Verfassungsorgan, sondern wie § 1 Abs. 1 WBeauftrG und Art. 45b GG betonen, lediglich ein Hilfsorgan des Bundestages.127 Der bzw. die Wehrbeauftragte, seit 2020 ist dies Eva Högel (SPD), steht gemäß § 15 Abs. 1 WBeauftrG in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, was die Unabhängigkeit seiner Position verdeutlicht. Die Amtsdauer des Wehrbeauftragten beträgt gemäß § 14 Abs. 2 WBeauftrG fünf Jahre, wobei die Wiederwahl möglich ist. Die Zuständigkeit des Wehrbeauftragten ergibt sich grundsätzlich aus seinem gesetzlichen Auftrag, wobei die Befugnisse niemals weitergehend sein können, als diejenigen des Bundestages selbst. Der Wehrbeauftragte hat dafür zu sorgen, dass jegliche Grundrechtsverletzung an Soldaten unterbleiben, seien sie durch andere Soldaten oder staatliche Einflüsse hervorgerufen worden.128 Kommt es doch zu Grundrechtsverletzungen, kann der Wehrbeauftragte Straf- oder Disziplinarverfahren gemäß § 3 Nr. 3 WBeauftrG einleiten oder durch anderweitige Ausübung seiner Amtsbefugnisse Abhilfe schaffen. Für den Schutz der Grundrechte von Menschen, die mit der deutschen Bundeswehr in Kontakt kommen, ist hingegen keine Zuständigkeit des Wehrbeauftragten begründet. Sein Auftrag beschränkt sich nach dem eindeutigen Wortlaut auf die Grundrechte der Soldaten. Ebenfalls eingreifen darf der Wehrbeauftragte, wenn Verstöße gegen die Grundsätze der „inneren Führung“ zu befürchten sind. Dieser weit gefasste Begriff umfasst alle Bemühungen, die Bundeswehr in den freiheitlichen Rechtsstaat einzubinden. Sowohl die Leitung von Personal als auch mögliche Reformen oder sonstige organisatorische Fragen können dem Begriff der inneren Führung unterfallen. Die inhaltliche Weite bezeugt einmal mehr die exemplarische Aufzählung von parlamentarischen Kontrolltätigkeiten des Hilfsorgans Wehrbeauftragter. Aus der Aufgabe der Kontrolle folgt jedoch nur die Möglichkeit, Änderungen durch das Parlament anzuregen oder dieses über Missstände zu informieren. Echte Einflussnahme anstelle des Parlaments kann nicht ausgeübt werden, sofern die engen Amtsbefugnisse des § 3 WBeauftrG, die zur sofortigen Behebung gravierender Mängel geschaffen wurden, nicht greifen. Der Kontrolle der Bundeswehr als Hilfsorgan des Bundestages kommt der Wehrbeauftragte in besonderer Weise durch die in § 2 Abs. 1 WBeauftrG veran127 Franke, Ein Ombudsmann für Deutschland? (1999), S. 111 ff.; Luch, Beauftragte, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht (2016), S. 1008 (1016); a. A. Uhle, Der Wehrbeauftragte des Bundestages, JZ 1957, S. 422 (428). 128 Die zu Anfangszeiten des Wehrbeauftragten geführte Debatte, ob aus dem Wortlaut des Art. 45b GG eine Doppelstellung oder eine Doppelfunktion herzuleiten sei, gilt heute als überholt. Hierzu ausführlich Magiera, in: Sachs, GG (2018), Art. 45b, Rn. 4; Müser, Wehrbeauftragter und Gewaltenteilung (1976), S. 54 ff.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

kerte Berichterstattungspflicht nach. Jedes Jahr legt er einen Jahresbericht vor, der nicht nur im Bundestag, sondern auch in der Öffentlichkeit auf eine große Resonanz stößt. Der an den Bundestag gerichtete Bericht fasst die Ergebnisse der Kontrolle der Bundeswehr aus dem vergangenen Jahr zusammen und bündelt die gewonnenen Informationen. Die Stellung des Wehrbeauftragten zwischen Parlament und Exekutive zeigt sich hierbei insbesondere darin, dass der Jahresbericht nicht nur Mängel aufzählt, sondern konkrete Änderungsvorschläge zur Abhilfe der festgestellten Probleme macht.129 In der Gesamtschau kann der Bericht daher auch als „zentrales Dokument der parlamentarischen Wehrkontrolle“ 130 bezeichnet werden. Die herausragende Stellung des Jahresberichtes ist damit zu begründen, dass der Wehrbeauftragte durch die Gewährung einer Reihe von Befugnissen, wie das Truppenbesuchsrecht gemäß § 3 Nr. 4 WBeauftrG, das Berichtanforderungsrecht gemäß § 3 Nr. 5 WBeauftrG, das Recht auf Anwesenheit bei den Verhandlungen der Gerichte in straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren gemäß § 3 Nr. 6 WBeauftrG, das Akten- und Auskunftsrecht gemäß § 3 Nr. 1 WBeauftrG oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Amtshilfe gemäß § 4 WBeauftrG, das staatliche Organ ist, dem die bestmögliche Durchleuchtung der inneren Zustände der Bundeswehr gelingt, ohne selbst Teil der Streitkräfte zu sein.131 Neben den Jahresberichten besteht die Möglichkeit des Wehrbeauftragten, Einzelberichte im Sinne des § 2 Abs. 2 WBeauftrG oder Einzelberichte im Weisungsverfahren des § 2 Abs. 3 WBeauftrG zu erstellen. Die Einzelberichte, die aufgrund einer besonderen Sachlage angefertigt werden, sind allerdings im Normalfall nicht öffentlich einsehbar. Berichte des Wehrbeauftragten werden nach § 114 Abs. 1 GO-BT vom Bundestagspräsidenten an den Verteidigungsausschuss überwiesen, es sei denn, eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder verlangen, den Bericht auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Somit kann auch ein Einzelbericht und nicht nur der Jahresbericht Thema einer Aussprache im Bundestag werden. Gemäß § 115 GO-BT ist es dem Wehrbeauftragten möglich, bei der parlamentarischen Aussprache über die Berichte teilzunehmen, sofern er hierzu ermächtigt worden ist. Es hat sich die Parlamentspraxis entwickelt, dass der Wehrbeauftragte aufgrund einer überfraktionellen Vereinbarung zu seinen Berichten im Plenum regelmäßig Stellung beziehen kann und hierzu formell von den Fraktionen aufgefordert wird.132 Der Bundestag fasst schließlich auf Grundlage des Wehrberichtes 129 Busch, Der Wehrbeauftragte des Bundestages, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis (1989), S. 1393 (1413 f.). 130 So Hufeld, Der Bundesrechnungshof und andere Hilfsorgane des Bundestages, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 909 (940). 131 Der aktuelle Wehrbericht (2019) ist veröffentlich als BT-Drs. 19/16500 vom 28.01.2020. 132 Roll, GOBT-Kommentar (2001), § 115, Rn. 1.

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und einer Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses Beschluss und leitet die Vorgaben an die entsprechenden Stellen weiter. 2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu einem Entwicklungsbeauftragten In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bietet es sich an, die Ausgestaltung der Stellung eines Entwicklungsbeauftragten an die des Wehrbeauftragten anzulehnen. Dabei könnte der Entwicklungsbeauftragte die Aufgabe wahrnehmen, als Bindeglied zur deutschen Entwicklungsverwaltung zu fungieren, die Ausführung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu überwachen und als Petitionsorgan für Beschwerden von Menschen aus Entwicklungsländern zu dienen. In einem solchen konkreten Aufgabenbereich zeigt sich bereits der erste elementare Unterschied zum Wehrbeauftragten, denn der Entwicklungsbeauftragte wäre als Petitionsorgan für beide Seiten in der Entwicklungszusammenarbeit – Nehmer- und Geberländer – zuständig; der Wehrbeauftragte hingegen ist nur mit den Belangen der deutschen Soldaten betraut. Ein weiterer Unterschied ist in der rechtlichen Verankerung der beiden Beauftragten zu sehen. Allerdings erscheint auch eine Erweiterung des Art. 45b GG um einen weiteren Absatz möglich, indem die Einrichtung eines Entwicklungsbeauftragten angeordnet wird, wobei ein Bundesgesetz – etwa das zu erlassende Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit – das Nähere regeln könnte. Eine Verankerung des Entwicklungsbeauftragten im Grundgesetz hätte den Vorteil, dass die enge Verbindung zwischen Parlament und Hilfsorgan betont würde. Das Argument, die Einrichtung sonstiger Beauftragter auf Bundesebene funktioniere auch ohne verfassungsrechtlichen Auftrag, muss indes zurückgewiesen werden, weil andere Beauftragte – wie der Bundesdatenschutzbeauftragte gemäß §§ 22 ff. BDSG oder der Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration gemäß § 93 AufenthG – nicht als Hilfsorgane des Parlamentes, sondern vielmehr als Regierungsbeauftragte klassifiziert werden müssen.133 Noch viel weniger lassen sich von Ministerpräsidenten eingesetzte einzelne Bürgerreferenten, der Polizei- und Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten oder andere ähnliche Ämter als parlamentarische Ombudspersonen einordnen.134 Aufgrund des Grundsatzes der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten dreiteiligen Gewaltenteilung können Beauftragte keiner vierten Gewalt zugerechnet werden.135 Darum wäre der Entwicklungsbeauftragte, wie der Wehrbeauftragte,136 als Teil des Bundestages und damit der Legislative zu klassifizieren. Er würde 133

Ähnlich Kruse, Der öffentlich-rechtliche Beauftragte (2007), S. 217 f. und S. 233. Diese werden auch bezeichnet als „executive ombudsmen“ von Kempf/Mille, Rolle und Funktion des Ombudsmannes, ZParl (1992), S. 29 (30). 135 A. A. Uhle, Wehrbeauftragter des Bundestages, JZ 1957, S. 422 (428). 136 Mattern, Bundestag und Wehrbeauftragter, DÖV 1959, S. 841 (843). 134

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

sich an der parlamentarischen Kontrolle der Entwicklungszusammenarbeit unterstützend beteiligen und eigenständig Kontrollfunktionen übernehmen. Unabhängig von der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung eines Entwicklungsbeauftragten müsste dessen Stellung zumindest in der Geschäftsordnung des Bundestages geregelt werden. Dort wären auch seine Wahlvoraussetzungen, die Berichterstattungspflichten sowie der Ablauf des Beratungsverfahrens zu regeln. Würden die Möglichkeiten und Befugnisse des Entwicklungsbeauftragten nun so ausgestaltet, dass dieser originäre vom Bundestag wahrzunehmenden Aufgaben übernähme, könnte hierin eine Kompetenzbeschneidung des Parlamentes zu sehen sein. Das Parlament muss nämlich grundsätzlich alle Aufgaben selbst übernehmen und im Rahmen der Gewaltenteilung die Arbeit der Exekutive selbst kontrollieren. Die Abgabe „wesentlicher“ Aufgaben an eine nicht im Parlament vertretene Person erscheint daher problematisch. Dies ist besonders dann verfassungsrechtlich bedenklich, wenn der Entwicklungsbeauftragte selbständig tätig würde, Verbesserungsmöglichkeiten anbrächte oder Verwaltungsentscheidungen überprüfte.137 Das Grundgesetz kennt nur zwei weitere Institutionen, welchen keine Abgeordneten angehören, trotzdem aber parlamentarische Kontrolltätigkeiten ausüben. Dies ist neben dem Wehrbeauftragten gemäß Art. 45b GG der Bundesrechnungshof gemäß Art. 114 Abs. 2 GG. Die Ausgliederung aus dem Parlament wird regelmäßig mit der notwendigen Unabhängigkeit beider Institutionen begründet, die sie für die Zuarbeit bzw. für die abschließende Überprüfung staatlichen Handelns benötigen.138 Durch eine Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers wurde die Bedeutung dieser beiden Institutionen dokumentiert und ihr Sonderstatus festgelegt. Diese Organe sind also als Hilfsorgane des Parlamentes dazu beauftragt, die demokratische Leitfunktion der Legislative mittels exekutivischer Aufgabenwahrnehmung zu unterstützen.139 Bei der Einführung des Entwicklungsbeauftragten spräche damit die Art der Tätigkeit für die Verankerung des Amtes im Grundgesetz.

II. Die mögliche Kompetenzausgestaltung eines Entwicklungsbeauftragten Aus den vorausgegangenen Ausführungen ist zu folgern, sollte ein Entwicklungsbeauftragter eingeführt werden, dass diesem als Hilfsorgan des Bundestages lediglich zuarbeitende Aufgaben zukommen sollten. So könnte er grundsätzlich 137 Die Überprüfung von Wehrverwaltungsentscheidungen – etwa von Leistungsbescheiden – durch den Wehrbeauftragten als „Widerspruchsbehörde“ wird kritisiert von Kreutzer, Grenzen der parlamentarischen Kontrolle, DÖV 1977, S. 165. 138 Hufeld, Der Bundesrechnungshof und andere Hilfsorgane des Bundestages, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2005), Band III, S. 909 (922 ff.). 139 Vgl. Tettinger, Die Beauftragten, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (2007), Band X, S. 601 (622).

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten

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aufgrund von Weisungen des Bundestages oder des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung tätig werden; aber auch eine eigenständige zuarbeitende Betätigung des Entwicklungsbeauftragten aus Eigeninitiative erscheint möglich. Im Rahmen der Ausgestaltung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragte würde diesem idealerweise – anders als beim Wehrbeauftragten – nicht nur eine Doppel-, sondern eine Dreifachfunktion zukommen. Seine Aufgabe könnte darin bestehen, (1.) Grund- und Menschenrechtsverletzungen in Partnerländern während der Durchführung von Entwicklungszusammenarbeitsmaßnahmen festzustellen, (2.) mögliche Verbesserungen im Ablauf und der Organisation der Entwicklungspolitik herauszuarbeiten und – wie es im Gesetzesentwurf von 1995 vorgesehen war – (3.) die Einhaltung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit zu überwachen. Um diesen drei Aufgaben nachkommen zu können, müssten dem Entwicklungsbeauftragten weitgehende Kompetenzen und Amtsbefugnisse gewährt werden. Hierzu zählt zunächst die Möglichkeit, Amtshilfe bei Behörden oder Gerichten zu beantragen oder für die Erstellung von Gutachten auf nichtstaatliche Stellen zurückzugreifen zu können. Auch ein Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht erscheint für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Entwicklungsbeauftragten von essenzieller Bedeutung. Es bietet es sich zudem an – in Anlehnung an das Truppenbesuchsrecht des Wehrbeauftragten – ein Besichtigungsrecht bei der Entwicklungsverwaltung, den Durchführungsorganisationen und der tatsächlichen Umsetzung in den Partnerländern einzuräumen. Um Komplikationen mit den Partnerländern zu vermeiden und unangekündigte Besuche des Entwicklungsbeauftragten in den Entwicklungsländern zu ermöglichen, könnte bereits in den Rahmenverträgen die unangekündigte Besuchsmöglichkeit garantiert werden, sodass eine Einreise in die Entwicklungsländer auch ohne vorherige Konsultationen möglich würde. Ein über die Amtsbefugnisse des Wehrbeauftragten hinausgehendes Befragungsrecht von mit der Entwicklungszusammenarbeit betrauten Menschen unterstützte den Entwicklungsbeauftragten in seiner Informationsgewinnung. Bestünde sogar eine Verpflichtung der befragten Personen zur Beantwortung, würden tiefgehende Einblicke in die Entwicklungsverwaltung möglich, die sonst parlamentarischer Kontrolle entzogen sind. Würde dem Entwicklungsbeauftragten zusätzlich die Befugnis gegeben, konkrete Stellen zur Lösung klar umgrenzter Aufgaben anzuweisen, fände eine Entlastung des Parlamentes statt. Kleinere Probleme könnten schnell und unbürokratisch gelöst werden. Es sollte hierbei aber zumindest im Bundestag eine Anzeigepflicht für die Aussprache von Anweisungen gegenüber der Exekutive etabliert werden, die beim Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angegliedert sein könnte.

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4. Kap.: Instrumente zur Stärkung der parlamentarischen Mitwirkung

Ohne die Unterstützung durch einen organisatorischen Unterbau würde der Entwicklungsbeauftragte des Bundestages seine vielfältigen Aufgaben nicht erfüllen können. Daher sollte schließlich ein leitender Beamter sowie weitere Beschäftigte an die Seite des Entwicklungsbeauftragten gestellt werden. Die für das Personal und sonstige Ausstattungen benötigten Sachmittel müssten – wie beim Wehbeauftragten – in einem eigenständigen Haushaltstitel des Einzelplanes 23 aufgeführt werden. Bei der Einführung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten als Hilfsorgan des deutschen Bundestages wäre darauf zu achten, dass dieser einer regelmäßige Berichterstattung im Bundestag nachkommt, die der des Wehrbeauftragten nachgebildet werden könnte. Dann wäre jedenfalls einmal im Jahr ein Bericht über den Zustand der deutschen Entwicklungszusammenarbeit anzufertigen und weitere Einzelberichte könnten dem Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zugeleitet werden. In dem jährlichen Bericht wäre insbesondere darüber zu informieren, welche Grund- und Menschenrechtsverletzungen es in den Partnerländern aufgrund des deutschen Entwicklungsengagements gegeben hat, welche möglichen Verbesserungen im Ablauf und der Organisation der Entwicklungsverwaltung erforderlich erscheinen und wie die Umsetzung eines Gesetzes zur Entwicklungszusammenarbeit voranschreitet. Letztlich drängt sich die Notwendigkeit einer Beschwerdestelle im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit geradezu auf. Da die deutsche Entwicklungszusammenarbeit nicht vor falschen Entscheidungen und Rechts- oder Rechtsgutsverletzungen gefeit und der Gang vor deutsche Gerichte für Menschen aus Entwicklungsländern häufig beschwerlich ist, muss über Möglichkeiten des effektiven Rechtsschutzes nachgedacht werden. Art. 19 Abs. 4 GG erfordert nämlich als „Schlussstein im Gewölbe des Rechtsstaats“ 140 einen „lückenlosen und effektiven gerichtlichen Schutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt“ 141. Es könnte daher zu überlegen sein, ob der Entwicklungsbeauftragte neben seiner Aufgabe als Hilfsorgan des Parlamentes zusätzlich eine „Gerichtsfunktion“ übernehmen sollte. Gleichwohl ist stets der Grundsatz der Gewaltenteilung zu beachten, denn ein legislatives Organ darf nicht über die Rechtmäßigkeit von staatlichem Handeln befinden, sondern eine solche Entscheidung muss durch die Judikative getroffen werden, sodass eine „Gerichtsfunktion“ einer entwicklungspolitischen Ombudsperson abzulehnen ist. Der Entwicklungsbeauftragte könnte andererseits bei Kenntniserlangung über Rechts- und Rechtsgutsverletzungen Verfahren vor deutschen Gerichten anstrengen. Durch die Einführung von Verbandsklagen im Bereich der deutschen Ent140

BVerfGE 107, 299 (311). Etwa BVerfGE 8, 274 (326); BVerfGE 60, 253 (268); BVerfGE 107, 395 (406); BVerfGE 113, 273 (310). 141

C. Die Einrichtung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten

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wicklungszusammenarbeit könnte zwar dem Interesse an einer möglichst baldigen Abhilfe der Rechts- oder Rechtsgutsverletzung nachgekommen werden, jedoch sind Verbandsklagen – hierbei insbesondere das Vorliegen einer Klagebefugnis – in Deutschland sehr umstritten.142 Daher bietet es sich an, wie es Philipp Dann143 vorsichtig vorschlägt, „QuasiGerichte“ einzurichten, die sich auf internationaler Ebene – etwa im „Inspection Panel“ der Weltbank – herausgebildet haben. Dieser „Inspection Panel“ 144 ist seit 25 Jahren dafür zuständig, über Beschwerden zu befinden, wenn es aufgrund der Gewährung von Mitteln an Entwicklungsländer oder durch aktives Engagement der Weltbank zu Rechts- oder Rechtsgutsverletzungen in Entwicklungsländern gekommen ist. Seit Gründung des Panels und bis einschließlich Ende 2020 sind bereits 149 große Verfahren durchgeführt worden, was die Anfälligkeit der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit für Fehler verdeutlicht. Deutsche „Quasi-Gericht“ könnten also – zusätzlich zu dem Amt eines Entwicklungsbeauftragten und in Anlehnung an den „Inspection Panel“ der Weltbank – als „Gerichte zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ aus unabhängigen Experten und Juristen ad hoc besetzt werden. Diese „Quasi-Gerichte“ könnten dann von Einzelpersonen oder dem Entwicklungsbeauftragten angerufen werden. Es wäre mithin eine Rechtsgrundlage zu schaffen, die neben Aussagen zum Verfahrensablauf und der Gerichtssprache auch Vorgaben zur Auswahl der Beteiligten macht. Ob tatsächlich deutsche „Quasi-Gerichte“ eingeführt werden sollen, oder ob der Gesetzgeber andere Möglichkeiten für Menschen aus Entwicklungsländern zur Beschreitung des deutschen Rechtsweges schafft, bleibt abzuwarten.

142 Vgl. etwa BVerwGE 147, 312 ff.; BVerwGE 150, 294 ff.; Bunge, Zur Klagebefugnis anerkannter Umweltverbände, ZUR 2014, S. 3 (13); Y. Groß, Die Rechtsschutzdurchsetzung von Tierschutzbelangen insbesondere durch tierschutzrechtliche Verbandsklagen (2018), S. 126 ff.; Pernice, Umweltvölker- und europarechtliche Vorgaben zum Verbandsklagerecht und das System des deutschen Verwaltungsrechtsschutzes, JZ 2015, S. 967 (970 f.). 143 Dann, Entwicklungsverwaltungsrecht (2012), S. 407. 144 Inspection Panel, panel cases (unter: http://inspectionpanel.org/panel-cases); gegründet wurde der Inspection Panel durch die Resolution No. IBRD 93-10 und Resolution No. IDA 93-6 vom 22.09.1993.

5. Kapitel

Fazit Die vorgenommene Untersuchung hat gezeigt, dass die parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nur fragmentarisch vorgesehen ist. Trotz zweier gescheiterter Gesetzesvorhaben aus den Jahren 1993/ 19941 und 19952 (S. 69–80) ist die tatsächliche Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bis heute weitgehend der Gubernative und der Administrative überlassen. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie die nachgeschalteten Durchführungsorganisationen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) bestimmen dabei maßgeblich die Inhalte und Formen der Entwicklungszusammenarbeit (S. 52–61), wobei an der Stelle eines die Materie betreffenden Gesetzes lediglich Leitlinien der Bundesregierung von 2007 den Organisationsaufbau sowie den Verfahrensablauf regeln (S. 90– 103). Eindrucksvolles aktuelles Beispiel für die fehlende parlamentarische Beteiligung an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist die komplett ministeriumsinterne Erarbeitung und öffentliche Verkündung der Agenda „BMZ 2030“ (S. 50 f. und 136 f.). Eine legislative Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungspolitik findet – wenn überhaupt – nur im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung statt (S. 80–87). Zwar ist es der Legislative möglich, auf den konkreten Inhalt des Haushaltsplans 23 Einfluss zu nehmen, doch charakterisiert sich der Einzelplan durch eine Vielzahl vertraulicher Erläuterungen und eine verfassungsrechtlich problematische Anhäufung von Verpflichtungsermächtigungen (S. 87–90). Die parlamentarische Praxis hat außerdem gezeigt, dass im Einzelplan 23 regelmäßig Umschichtungen vorgenommen werden müssen, um auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren. Bei einer solchen haushaltsrechtlichen Steuerung der deutschen Entwicklungspolitik durch die Legislative fehlt es an der demokratischen Legitimität staatlichen Handelns (S. 136 f.). Dieser Mangel wird auch nicht durch die Vielzahl an allgemeinen parlamentsrechtlich vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten ausgeglichen. Im Besonderen kommt dem als Informationssammelausschuss ausgestalteten Ausschuss für 1 Ursprünglicher Gesetzesentwurf als BT-Drs. 12/5960 vom 22.10.1993 und überarbeitete Fassung als BT-Drs. 12/7603 vom 19.05.1994. 2 BT-Drs. 13/2223 vom 30.08.1995.

5. Kap.: Fazit

293

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Bundestages neben der Selbstbefassung und damit der partiellen Kontrolle einzelner exekutiver Vorgänge keine bedeutende Kompetenz zu (S. 107–111). Selbst wenn im Rahmen der Ausschussarbeit „wesentliche“ Themen behandelt würden, ist aufgrund der Nichtöffentlichkeit der Ausschusssitzungen gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 GO-BT eine demokratische Legitimation nicht herzustellen (S. 235–237). Im Parlamentsplenum wird das Querschnittsthema der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zwar zuweilen angesprochen, doch finden Kleine und Große Anfragen (S. 116–122) sowie die sonstigen parlamentarischen Fragerechte (S. 122–129) nur sporadisch Anwendung. Lediglich auf Grundlage des regelmäßig vorgelegten entwicklungspolitischen Berichts der Bundesregierung (S. 130– 132) ist ein umfassender Überblick – wohlgemerkt aber nur über die bereits abgeschlossene Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit Entwicklungsländern – möglich. Eine wirksame Ziel-, Organisations- und Verfahrenssteuerung sowie Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch die Legislative finden nicht statt, sondern die Entwicklungspolitik ist weitestgehend gubernativer und administrativer Handhabung überlassen (S. 136 f.). Hierin ist ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt zu sehen (S. 138–237). Insbesondere muss aufgrund einer Grund- (S. 169–180) und Menschenrechtsrelevanz (S. 180–195) des Themas für die von der Entwicklungszusammenarbeit betroffenen Menschen in den Entwicklungsländern eine intensivere Befassung des Parlamentes mit den Grundsätzen der Entwicklungspolitik gefordert werden. Im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit folgt die Pflicht zur Befassung mit der Materie zudem wegen der Bedeutung des Themas für das „Zusammenleben der Menschen“ (S. 195–197) und aufgrund einer aus der Präambel des Grundgesetzes sowie aus Art. 24 GG und Art. 25 GG herzuleitenden Staatszielbestimmung der „Internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit“ (S. 197–208). Die Existenz einer Staatszielbestimmung erfordert nämlich die Behandlung des Themas im Parlament und eine legislative Entscheidung über die Grundsätze der Materie. Die Existenz des Parlamentsvorbehaltes für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit – sei er nun aus der „Wesentlichkeit“ des Themas oder einer Staatszielbestimmung hergeleitet – bedeutet gleichwohl nicht, dass es zwangsläufig eines Gesetzes bedarf. Auch die anderweitige Beschäftigung des Parlamentes mit der Entwicklungszusammenarbeit vermag – in Abgrenzung zum allgemeinen Gesetzesvorbehalt – grundsätzlich den Anforderungen des Parlamentsvorbehaltes zu genügen. Die Untersuchung der parlamentsrechtlichen Möglichkeiten hat jedoch gezeigt, dass eine Befassung mit den Grundsätzen der Materie im Plenum nicht stattfindet und – dies vor allem – keine effektiven Instrumente dafür vorliegen (S. 234–237). Ebenso wenig ist die Besetzung von Aufsichtsräten und Kuratorien der Durchführungsorganisationen KfW und GIZ mit Abgeordneten – man-

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5. Kap.: Fazit

gels Spiegelbildlichkeit der Gremien zum Bundestag – ein Surrogat für eine Plenarbefassung (S. 56–61, 135 f. und 235). Zwar ist in der Zustimmung zum Haushaltsgesetz eine formale parlamentarische Bestätigung des Haushaltsplans zu sehen. Die Einstellung der Haushaltsmittel in den Bundeshaushalt genügt als parlamentarische Beteiligung den Voraussetzungen des Parlamentsvorbehaltes allerdings ebenfalls nicht, denn eine Behandlung der materiellen Vorgaben des Haushaltsplans 23 findet im Rahmen der Haushaltsdebatte im Parlamentsplenum nicht statt (S. 222–234). Da es der Haushaltsgesetzgebung – insbesondere auch aufgrund der Vielzahl an vertraulichen Erläuterungen – an der für die demokratische Legitimation notwendigen Öffentlichkeit mangelt, ist die demokratische Komponente der Wesentlichkeitstheorie nicht erfüllt. Auch müssen Gesetze gemäß Art. 82 Abs. 1 GG im Bundesgesetzblatt verkündet werden; Einzelpläne im Sinne des § 13 Abs. 4 BHO sind aber nur als Gesamtplan zu veröffentlichen. Schließlich untergraben die regelmäßig vorgenommenen Umschichtungen in der Entwicklungszusammenarbeit den ursprünglich verabschiedeten Einzelplan in erheblichem Umfang. Die meist als Subventionen einzuordnende deutsche Entwicklungszusammenarbeit, die gerade nicht der Fürsorgepflicht des Staates unterfällt, hat mithin aus verfassungsrechtlichen Gründen einer weitergehenden parlamentarische Steuerung und Kontrolle zu unterliegen. Als zentrale Verbesserungsmöglichkeit bietet sich die Verabschiedung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit an (S. 239–291). Ein solches Gesetz, das verfassungsrechtlich sogar erforderlich ist, könnte sich grundsätzlich an den Gesetzentwürfen von 1993/1994 und 1995 orientieren, müsste gleichwohl in einigen Gesichtspunkten detaillierter ausgestaltet werden. Neben den zu bestimmenden Zielvorgaben und dem allgemeinen Verfahrensablauf in der Entwicklungszusammenarbeit sollte ein mögliches Gesetz aufgrund des festgestellten Verstoßes gegen den institutionellen Gesetzesvorbehalt insbesondere auch Regelungen zur GIZ umfassen (S. 245–259). Bei der konkreten Ausgestaltung der parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten an der laufenden Entwicklungspolitik könnte auf die Erfahrungen mit der parlamentarischen Beteiligung in anderen Angelegenheiten mit Auslandsbezug – vornehmlich auf das „Parlamentsbeteiligungsgesetz“ (S. 261–267) sowie die „Lissabon-Begleitgesetze“ (S. 267–273) – zurückgegriffen werden. Durch den Einsatz von konstitutiven Parlamentsbeschlüssen (S. 280 f.) oder durch die Exekutive lenkende Stellungnahmen (S. 278–280) würde die Legislative in die Lage versetzt, auch im Bereich der laufenden deutschen Entwicklungszusammenarbeit – über die einmalige Verabschiedung eines allgemeinen Gesetzes hinaus – Grundentscheidungen (etwa zur Budgetfinanzierung oder zur Aufnahme bzw. Beendigung der Zusammenarbeit mit einzelnen Ländern) vorzunehmen, ohne dabei den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zu berühren.

5. Kap.: Fazit

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Es könnte schließlich auch über die Einführung des Amtes eines Entwicklungsbeauftragten als Hilfsorgan des Bundestages zur Unterstützung des Parlamentes diskutiert werden (S. 281–284). Die rechtliche Ausgestaltung einer solchen Ombudsperson wäre dabei, da es sich in Abgrenzung zu sonstigen (Regierungs-)Beauftragten um einen Parlamentsbeauftragten handelte, an die des Wehrbeauftragten des Bundestages gemäß Art. 45b GG anzulehnen (S. 284– 288). Mögliche Aufgaben eines Entwicklungsbeauftragten könnten darin bestehen, die Ausführung eines Gesetzes zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu überwachen, als Petitionsinstanz für Menschen aus Entwicklungsländern zu dienen und bei der Verbesserung der Entwicklungsverwaltung mitzuwirken (S. 288–291). Würde vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehaltes ein Gesetz zur deutschen Entwicklungszusammenarbeit erlassen, könnte dies letztlich nicht nur zu einer verbesserten parlamentarischen Steuerung und Kontrolle der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch zu einer weitergehenden juristischen Auseinandersetzung mit dem Rechtsgebiet führen. Aus einer rechtswissenschaftlichen Perspektive existiert nämlich noch ein enormer Forschungsbedarf. Das Rechtsgebiet der Entwicklungszusammenarbeit befindet sich damit noch ganz am Anfang.

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Personen- und Sachregister Abkommen von Lomé und Cotonou 32, 43, 191 f. Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung 48 f., 192 f., 195, 248 Aktionsprogramm 2015 47 f., 92, 192 Aktuelle Stunden 122, 124 ff. Auslandseinsätze der Bundeswehr 20, 148, 158 f., 167 f., 208 ff., 260 ff., 273, 277, 279 Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 16, 69 ff., 78, 85 f., 105, 107 ff., 126, 238, 258 f., 289 f. Auswärtiger Ausschuss 73, 106 f., 114 ff. Bahr, Egon 43 Begriffsbestimmungen 28 ff., 69, 75, 245 ff. Berichtswesen in der Entwicklungspolitik 77 f., 107 ff., 129 ff., 260, 290 Budgetfinanzierung siehe Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 27, 40, 45, 52 ff., 69, 90 ff., 94 ff., 103 ff., 107, 116 ff., 129 ff., 136 f., 173, 193, 247, 251 ff., 256, 278 ff. Compact with Africa 48, 121 Dann, Philipp 16, 20 f., 23, 31, 36, 62, 63 ff., 80 ff., 88, 96 ff., 291 Demokratieprinzip 139 f., 146 ff., 168, 202 f., 214, 231, 235 ff., 276 Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) 48, 101, 103, 109, 257 f.

Entwicklungsbeauftragter 20, 77, 80, 281 ff., 287 ff. Entwicklungsbegriff 28 ff., 206 f., 247 Entwicklungsländer 30 ff., 35 ff., 53 ff., 63 ff., 70, 75 ff., 90 ff., 171 ff., 181 ff., 190 ff., 195 ff., 246 ff., 253 ff., 278 ff. Entwicklungstheorien 27, 39, 46, 52, 62, 248 Entwicklungsverträglichkeitsprüfung 78, 80, 258 f. Entwicklungsverwaltungsrecht 20 f., 63 ff., 90 ff., 253 ff. Eppler, Erhard 42, 70 f., 130 Evaluation in der Entwicklungszusammenarbeit 48, 95, 102 f., 257 f. Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit 52 ff., 98 ff., 111 ff., 258 Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) 48, 52 f., 58 ff., 90 ff., 99 f., 135 f., 218 ff., 235, 251 f., 256 Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) 48, 58 Gesetzesvorbehalt siehe Vorbehalt des Gesetzes Gesetzesvorhaben von 1993/1994 und 1995 16, 25, 69 ff., 248 ff., 253 ff., 260 ff., 282 Good Governance 45 f., 48, 76, 88, 100 ff., 192, 196, 203, 247, 249, 281 Grenzüberschreitende „wesentliche“ Sachverhalte 157 ff., 195 ff., 208 ff. Grimm, Hannes 22 f., 401 Groß, Thomas 24, 59, 221 Große Anfragen 18, 116, 117 ff., 130, 234 f.

Personen- und Sachregister Grundrechtsrelevanz der Entwicklungszusammenarbeit 19, 24, 154 ff., 169 ff., 239 Hallstein-Doktrin 39, 42 Hauchler, Ingomar 69 ff., 75, 137 Haushaltsausschuss 16, 86 f., 105, 111 ff., 236 Haushaltsgesetz 18, 61, 80 ff., 111 ff., 223 ff. Haushaltsplan 23 18, 80 ff., 82 ff., 111 ff., 223 ff., 250 Institutioneller Gesetzesvorbehalt 22, 142, 218 ff., 251 Internationale Organisationen 26, 31 ff., 66, 202, 263 Josefine Mutzenbacher 139, 152 f. Kalkar-Beschluss 139, 149 ff. Kaltenborn, Markus 23, 24, 30, 64 ff., 179 Kfw-Gesetz 57 f., 92, 135, 220 f., 252 Kleine Anfragen 18, 116 f., 120 ff., 137, 234 f. Kollatz, Udo 15, 21 f., 61 ff., 232 Konstitutive Parlamentsbeschlüsse 77, 208, 210 ff., 263 ff., 273 ff., 280 f. Konzepte 103 ff., 247, 256 Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 47 f., 52 f., 56 ff., 90 ff., 98 f., 135, 218 ff., 251 f. Länder der „Dritten Welt“ 35 Leitlinien der Bundesregierung von 2007 61, 80, 90 ff., 105, 136, 215 f., 239 f., 247, 251, 253 ff. Lissabon-Begleitgesetze 260, 267 ff. Marshallplan für Afrika 48 Menschenrechtsrelevanz der Entwicklungszusammenarbeit 19, 160 ff., 168 f., 180 ff., 190 ff., 195, 237 f.

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Millenniumsziele 47, 92 Müller, Gerd 43, 48 ff., 54, 135 Multilaterale Entwicklungszusammenarbeit 26, 83 f., 93, 95, 253 f., 291 Neomarxistische Dependenztheorien 41 ff. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) 26, 45, 56, 83, 98, 254 f. Niebel, Dirk 48, 135 Öffentlichkeitsgrundsatz 82, 112, 153, 231, 235 ff. Offergeld, Rainer 44 Organisation der Entwicklungszusammenarbeit 52 ff., 91, 239, 245, 251 f., 256 f. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 34, 94, 136, 250, 281 Parlamentarische Fragerechte 18 f., 116 ff., 122 ff., 234 ff. Parlamentsbeschlüsse 208 ff., 260 ff., 271 ff., 278 ff. Parlamentsbeteiligungsgesetz 209, 212, 260, 261 ff., 264 ff. Parlamentsvorbehalt 15, 18, 138 ff., 147 ff., 168 ff., 210, 216, 234, 254, 260 Pellens, Martin 23, 69, 95, 120, 235 Pitschas, Rainer 22, 51, 59, 68, 100 Planung der Entwicklungszusammenarbeit 52 ff., 94 ff., 259 ff. Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung 48, 90 ff., 257 Quasi-Gerichte 282, 290 f. Rechtspraxis anderer Länder 17, 239 ff. Rechtsstaatsprinzip 22, 139 f., 142 ff., 167, 168, 216, 222 Reichweite der Wesentlichkeitsrechtsprechung 137 ff., 157 ff., 172 f.

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Personen- und Sachregister

Reformkonzept BMZ 2030 50 f., 54, 136 f. Regierungsbefragungen 127 ff., 234 Regierungserklärungen 46 f., 129, 133 ff. Scheel, Walter 40 Schlei, Marie 43 f. Schulrecht 146, 149 f. Schwellenländer 34 f., 64 f. Schwerpunktsetzung in der Entwicklungszusammenarbeit 79, 92 ff., 239 ff., 246 ff., 248 ff., 279 f. Spranger, Carl-Dieter 45 f. Staatsziel der internationalen (Entwicklungs-)Zusammenarbeit 19, 197 ff., 205 ff., 239 Stellungnahmen 269 ff., 278 ff. Totalvorbehalt 145 f., 147, 151, 195, 233 Umschichtungen 86 f., 114 Umweltschutz 51 f., 196, 200 ff., 247

United Nations Development Programme (UNDP) 31, 208 Verfassungstradition 210 ff., 217 Verpflichtungsermächtigungen 87 ff., 112, 137 Völkerrecht 31 ff., 64 f., 96 ff., 160 ff., 180 ff. Vorbehalt des Gesetzes 139 ff., 149 Vorrang des Gesetzes 140 f. Wachstumstheorien 39 ff. Warnke, Jürgen 44 f. Wehrbeauftragter 17, 282, 284 ff. Wesentlichkeitstheorie 18, 138 ff., 149 ff., 168 ff., 213 f., 235 ff., 264 Wieczorek-Zeul, Heidemarie 46 ff., 134 f. Wischnewski, Hans-Jürgen 41 f. Zitierrecht 122, 126 f.