Die Komposition in gallischen Personennamen [Sonderabdruck ed.]
 9783111673158, 9783111288413

Table of contents :
Vorwort
Verzeichnis der Abkürzungen
I. Teil: SYSTEMATIK
I. ABGRENZUNGEN
1. Komponierte Namen, Kurznamen und einstämmige Namen
2. Gallische Komposition in PN, ON und Appellativen
3. Stammesnamen – Götternamen – (Inhalt oder Namensgebung) – Frauennamen
II. MISCHBILDUNGEN UND KONTAKTZONEN
a. Die Arten der Mischbildungen
b. Die Kontaktzonen
III. KOMPOSITIONSLEHRE
A. Das erste Glied ist ein Präfix
B. Das erste Glied ist ein Nomen
C. Das erste Glied ist ein Verb
D. Die dreiteilige Komposition
E. mārus und rīx
F. Slavisch měr
G. Das „umgekehrte Bahuvrihi“
IV. LAUTLICHES UND FLEXIVISCHES
A. Lautliche und flexivische Erscheinungen, die durch die Komponierung hervorgerufen worden sind
B. Lautliche und flexivische Erscheinungen, die unabhängig von der Komponierung auftreten
II. Teil: INDEX
I. EINLEITUNG ZUM INDEX
II. INDEX

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DIE KOMPOSITION IN

GALLISCHEN P E K S O N E N N A M E N von

KARL HORST SCHMIDT

Sonderabdruck aus Zeitschrift für celtische Philologie Band 26, Heft 1-4

M A X N I E M E Y E R V E R L A G T Ü B I N G E N - 1957

Copyright by Max Niemeyer Verlag. Tübingen 1957 Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Satz und Druck H. Laupp jr Tübingen

MEINEN ELTERN

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort Verzeichnis der Abkürzungen

VII 33-38

I. Teil: SYSTEMATIK

39-103

I. ABGRENZUNGEN 1. Komponierte Namen, Kurznamen und einstämmige Namen 2. Gallische Komposition in PN, ON und Appellativen 3. Stammesnamen - Götternamen - (Inhalt oder Namensgebung) - Frauennamen II. MISCHBILDUNGEN UND KONTAKTZONEN a. Die Arten der Mischbildungen b. Die Kontaktzonen Was ist gallisch ? Dialektisches III. KOMPOSITIONSLEHRE A. Das erste Glied ist ein Präfix B. Das erste Glied ist ein Nomen C. Das erste Glied ist ein Verb D. Die dreiteilige Komposition E. märus und rlx F. Slavisch mir G. Das „umgekehrte Bahuvrihi"

39-49 39-42 42-46 46-49 49-55 49-50 50-54 54 55 55-90 55-65 65-69 70 70-72 72-77 77-80 80-90

IV

INHALTSVERZEICHNIS

IV. LAUTLICHES UND FLEXIVISCHES . . A. Lautliche und flexivische Erscheinungen, die durch die Komponierung hervorgerufen worden sind a. Fuge b. Hiatus c. Synkope d. Svarabhakti e. Haplologie f. Metathese g. Assimilation A. Vokalassimilation B. Konsonantenassimilation h. Wechsel der Flexionsklasse des zweiten Gliedes in der Komposition i. Akzent k. Wichtige Konsonantengruppen 1. Schwund von n vor t bei Präfigierung . . . B. Lautliche und flexivische Erscheinungen, die unabhängig von der Komponierung auftreten . a. Die Gruppe -et b. Schwund von v c. Diphthonge d. Sonstiges e. Aspirierungen f. -Stämme g. dd

II. Teil: INDEX I. EINLEITUNG ZUM INDEX II. INDEX

90-103

90-98 90-91 91-92 92 92 92-93 93 93-95 93-94 94-95 95-96 96 96-98 98 98-103 98-99 99-100 100 100 100 100-101 101-103

104-301 104-108 108-301

VORWORT Diese Arbeit umfaßt zwei Teile: Die Kapitel des ersten Teiles erklären zusammenfassend die Methode, nach der das im Index als zweitem Teil angeführte Material bearbeitet ist. Sie geben gleichzeitig einen Überblick über die Probleme, die bei der Bearbeitung des Stoffes auftauchten, und liefern die Ergebnisse, zu denen ich gekommen bin. Der Index selbst ist als Wörterbuch gedacht. Die Art, wie er zu handhaben ist, habe ich in einer besonderen Einleitung zum Index auseinandergesetzt. Ich möchte nicht versäumen, all denen meinen Dank zu sagen, die mich bei der Abfassung dieser Arbeit unterstützt haben. Ganz besonders verpflichtet fühle ich mich meinen verehrten Lehrern in Bonn, den Herren Professoren DEETERS, HERTZ und WEISGERBER. In selbstloser Weise stellten sie mir jederzeit ihr reiches Wissen zur Verfügung. Weiterhin verdanke ich Herrn Geheimrat SOMMER, München, Herrn Professor POKORSTY, Zürich, Herrn Professor KIRFEL, Bonn, Herrn Dr. SIEBERT, Oberhausen und Herrn Dr. MAC EOIN, Irland, manche wertvolle Anregung. Herrn DÖRENKAMP, Lüneburg, und meinem Schwager, Herrn RIEDEL, Dessau, habe ich für umfangreiche Korrekturarbeit zu danken. Münster i. W.

KARL HORST SCHMIDT

Die Komposition in gallischen Personennamen VEEZBICHNIS der wichtigeren Abkürzungen (einschl. der wichtigeren verwandten Literatur): Abi. = Ablativ abret. = altbretonisch ahd. = althochdeutsch ai. = altindisch air. = altirisch Altillyr. PN = s. unter Krähe, H. anord. = altnordisch ASS = Acta Sanctorum coll. Bollandus Baudiä

= J. Baudis: Grammar Of Early Welsh. I. Phonology, Oxford 1924 BB = Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen, Göttingen Bechtel, F. = Die historischen Personennamen des Griechischen, Halle 1917 Blanchet — A. Blanchet et A. Dieudonne: Manuel de Numismatique Francaise, Paris 1912 Blanchet (Traite) = A. Blanchet: Traite des Monnaies Gauloises, Paris 1905 Boisacq = E. Boisacq: Dictionnaire Etymologique de la Langue Grecque3, Heidelberg/Paris 1938 Bonner Jahrbücher = Bonner Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, Bonn bret. = bretonisch brit. = britannisch BSL = Bulletin de la Societe De Linguistique de Paris, Paris BZN = Beiträge zur Namenforschung, Heidelberg CIG CIL GIB Contrib. cy.

== = = =

Corpus Inscriptionum Graecarum Corpus Inscriptionum Latmarum Corpus Inscriptionum Bhenanarum ed. Guil. Brambach Contributions to a Dictionary of the Irish Language, Dublin = cymrisch

3 Ztschr. f. celt. Phil., Band 26 Heft 1/2

34

KARL HOBST SCHMIDT

DAG = Dialects of Ancient Gaul: Das volle Zitat s. auf S. 56 Dauzat = Dauzat: La Toponymie Francaise, Paris 1946 Debrunner = A. Debrunner: Griech. Wortbildungslehre, Heidelberg 1917 Dickenmann, E.: Untersuchungen über die Nominalkomposition im Russischen, Leipzig 1934 Sprache = Die Sprache, Zeitschrift für Sprachwissenschaft, Wien/ Köm Dinneen = Dinneen: Irish-English Dictionary2, Dublin 1927 Dottin == Georges Dottin: La Langue Gauloise, Paris 1920 Drexel = P. Drexel: Die Götterverehrung im römischen Germanien, 14. Bericht der römisch-germanischen Kommission 1923, S. 1-68 Ebert EE

Egilsson Eriu Esp. Et. Celt. Feist

= Ebert, Reallexikon, Berlin 1924 ff. = Ephemeris Epigraphica = Lexicon Poeticum Antiquae Linguae Septentrionalis (Sveinbjörn Egilsson), Hafniae 1860 = Eriu, The Journal of the School of Irish Learning, Dublin = Esperandieu: Inscriptions Latines De Gaule (Narbonnaise), Paris 1929 = Etudes Celtiques, Paris = Sigmund Feist: Vergleichendes Wörterbuch der gotischen Sprache3, Leiden 1939

= Femininum Die Griechischen Personennamen, Göttingen 1894 = H. Finke: Neue Inschriften. 17. Bericht der römischgenn. Kommission 1929, S. l ff., Nachträge: S. 198 ff. Forrer — Robert Forrer: Keltische Numismatik der Rhein- und Donaulande, Straßburg 1908 Förstemann = E. Förstemann: Altdeutsches Namenbuch3, Nordhausen 1856 f. Pick, A.: Finke

Gamillscheg = E. Gamillscheg: Etymologisches Wörterbuch der franz. Sprache, Heidelberg 1928 Germania = Germania, Anzeiger der römisch-germanischen Kommission des deutschen archäologischen Instituts, Berlin Glotta = Glotta: Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache, Göttingen Glück = C.W. Glück: Die bei Caius Julius Caesar vorkommenden Keltischen Namen, München 1857 GN = Göttername Grenier, A.: Les Gaulois, Paris 1945 Gröhler = Hermann Gröhler: Über Ursprung und Bedeutung der franz. Ortsnamen (2 Bände), Heidelberg 1913 und 1933 Gutenbrunner = Gutenbrunner: Die germanischen Götternamen der antiken Inschriften, Halle 1936 Harv. Stud. = Harvard Studies in Classical Philology, Cambridge Henry = Henry: Lexique Etymologique du Breton Moderne, Rennes 1900 Hessen = Hessens Irisches Lexikon, Halle

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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Hirtfestschrift = Germanen und Indogermanen, Festschrift für Hermann Hirt, Heidelberg 1936 Holder = Alfred Holder: Alt-Celtischer Sprachschatz (3 Bände), Leipzig 1896 ff. Hühner = Aemilius Hübner: Monumenta Linguae Ibericae, Berlin 1893 Hubschmid, J.: Praeromanica, Bern 1949 IBCh IF

= Inscriptiones Britanniae Christianae = Indogermanische Forschungen, Berlin

Jackson

= Kenneth Jackson: Language and History in Early Britain, Edinburgh 1953 Jahresheft des österreichischen archäologischen Instituts, Wien Johannesson = A. Johannesson: Die Komposita im Isländischen, Reykjavik 1929 Jones = Morris Jones: A Welsh Grammar, Oxford 1913 Journal of Celtic Studies, Baltimore Jug. = Viktor Hoffilier und Balduin Saria: Antike Inschriften aus Jugoslavien, Zagreb 1938 Karstien, C.:

Historische Deutsche Grammatik 1. Band Geschichtliche Einleitung, Lautlehre, Heidelberg 1939 Keune = J. B. Keune: Religion in den Mosellanden beim Auftreten des Christentums (Pastor bonus 45, 1934, 369 ff.) klr. = kleinrussisch Kluge, Götze = F. Kluge, A. Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache15, Berlin 1951 körn. = kornisch Kossinna, G.: Die Herkunft der Germanen2, Leipzig 1920 Krähe, H.: Das Venetische (Sitz.ber. Heidelberg. Akad. 1950, 3. Abhandlung) Krähe, H.: Die alten balkanillyrischen geographischen Namen auf Grund von Autoren und Inschriften, Heidelberg 1925 Krähe, H.: Lexikon altillyrischer Personennamen, Heidelberg 1929 (zitiert: Altillyr. PN) Krähe, H.: Die illyrische Namengebung, Würzburger Jahrbücher l, 1946, 167 ff. Kretechmer, P.: Einleitung in die Geschichte der Griechischen Sprache, Göttingen 1896 Kühn, A.: Romanische Philologie, Teil I: Die romanischen Sprachen, Bern 1951 KZ = Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, Berlin Language

= Language, Journal of the Linguistic Society of America, Baltimore L'Ann. Ep. = L'Annee Epigraphique, Paris Lehner = Hans Lehner: Die antiken Stehldenkmäler des Provinzialmuseums in Bonn, Bonn 1918 lett. = lettisch Lewis Pedersen = Henry Lewis/Holger Pedersen: A Concise Comparative Celtic Grammar, Göttingen 1937 ligur. = ligurisch 3«

36 lit. Longnon: Loth, J.:

KARL HOBST SCHMIDT

= litauisch Les noms de lieu de la France, Paris 1920—1929 Vocabulaire Vieux-Breton, Paris 1884

m. mir.

= Masculinum = mittelirisch (entsprechend mbret. = mittelbretonisch; mcy. = mittelcymrisch usw.) Meyer (Kuno): Zur keltischen Wortkunde (Sitzber. Berlin. Akad. 1919) Meyer Contrib. = Meyer: Contributions to Irish Lexicography, Halle 1906 Meyer-Lübke,W.: Romanisches Etymologisches Wörterbuch3, Heidelberg 1938 Meyer-Lübke, W.: Die Betonung im Gallischen (Sitzber. Wien. Akad., Bd. 143, 1901 Meyer-Lübke, W.: Das Katalanische, Heidelberg 1925 Much, R.: Deutsche Stammeskunde 3, Berlin und Leipzig 1920 Much, R.: Der Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte (Germanistische Forschungen, Festschrift), Wien 1925 Much, R.: Der Name Germanen (Sitzber. Wiener Akad. 195, 1923) MUT. Chab. = Ernest Muret/M. A. Chabouillet: Monnaies Gauloises, Paris 1889 Nesselhauf

NTS

= Herbert Nesselhauf: Neue Inschriften aus dem römischen Germanien und den angrenzenden Gebieten (27. Bericht der röm. germ. Kommission, Berlin 1939 = Norsk Tidsskrift For Sprogvidenskap, Oslo Dittenberger: Orientis Graeci Inscriptions Selectae Ortsname Thomas F. O'Rahilly: Early Irish History And Mythology, Dublin 1946 E. O'Reilly: An Irish-English Dictionary, Dublin 1877 Felix Oswald: Index of Potters' Stamps on Terra Sigillata, East Bridgford, Notts 1931 Die Töpferrechnungen von der Graufesenque (Bonner Jahrbücher 130, 1925, 38 if.

OGIS ON O'Rahüly O'Reilly Osw. Oxo, A.:

Pape: Paulsen: PBB

=

Pedersen

=

PID PN Pokorny

= = =

Pokorny, J.: Pokorny, J.:

Handwörterbuch der griechischen Sprache, Wörterbuch der griechischen Eigennamen, 3. Auflage Braunschweig 1884 Die Münzprägungen der Boier, Leipzig und Wien 1933 Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Halle Holger Pedersen: Vergleichende Grammatik der keltischen Sprachen, Göttingen 1909 (2 Bände) Conway/J. Whatmough: Preitalic Dialects, London 1933 Personenname J. Pokorny: Indogermanisches Etymologisches Wörterbuch, Bern 1948 ff. Zur keltischen Namenkunde und Etymologie (Vox Romanica 10, 1948/49, 220 ff. Zur Urgeschichte der Kelten und Illyrier (ZCP 20, 1936, 315 ff.; 489 ff.; ZCP 21, 1938, 55 ff.)

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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Porzig

= Porzig: Die Gliederung des indogermanischen Sprachgebiets, Heidelberg 1954 Proceed. Brit. Acad. = Proceedings of the British Academy, London Pughe = W. Owen Pughe: A National Dictionary of the Welsh Language, Denbigh 1866 Bevue Archeologique sixieme serie, 1933—1953, Paris BA Bav. = Geograph von Bavenna Bevue Celtique, Paris BC Benou, Louis: Grammaire de la Langue Vedique, Lyon 1952 Bomanische Forschungen, früher Erlangen, jetzt FrankBP furt a. Main Bhein. Mus. = Bheinisches Museum für Philologie, Frankfurt a. Main Bisch = E. Bisch: Wortbildung der homerischen Sprache, Berlin und Leipzig 1937 Scherer

= A. Scherer: Die keltisch-germanischen Namengleichungen in Corolla Linguistica, Festschrift F. Sommer, Wiesbaden 1955 Schönfeld = M. Schönfeld: Wörterbuch der Altgermanischen Personen und Völkernamen, Heidelberg 1911 Schulze = Wilhelm Schulze: Zur Geschichte lateinischer Eigennamen, Berlin 1904 Schwyzer: Griechische Grammatik, München 1938 Solmsen-Fraenkel = Solmsen-Fraenkel: Indogermanische Eigennamen als Spiegel der Kulturgeschichte, Heidelberg 1922 Sommer, F.: Hethiter und Hethitisch, Stuttgart 1947 Stähelin, F.: Geschichte der kleinasiatischen Galater2, Leipzig 1907 StN = Stammesname Stokes = Whitley Stokes: TJrkeltischer Sprachschatz, Göttingen 1894 Strachan, J.: An Introduction to Early Welsh, Manchester 1909 Strömberg, B.: Greek Prefix Studies (Göteborgs Högskolas Ärsskriftet 1946, 3 Thes. Tovar

= Thesaurus Linguae Latinae, Leipzig = Tovar: Lexico de las Inscripciones Ibericas (1 if.) in: Estudios Dedicados a Menendez Pidal II, Madrid 1951, 273 if. Tabula Peutmgeriana TP Trier, J.: Vorgeschichte des Wortes Beich (Nachrichten der Akademie der Wiss. zu Göttingen 1943, 535 ff.) Thurneysen = B. Thurneysen: A Grammar of Old Irish translated from the German by D. A. Binchy And Osborn Bergin, Dublin 1946 Thurneysen, B. : Handbuch des Altirischen, Heidelberg 1909 Thurneysen, B. : Keltoromaniscb.es, Halle 1884 u. ü.

= unvollständig überliefert

Vasmer, M.:

Bussisches Etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1953 ff. = Volksname

VN

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KARL HOBST SCHMIDT

Vox Bomanica = VoxBomanica: Annales Helvetic! Explorandis Linguis Bomanicis Destinati, Bern Wackernagel = Wackernagel, J.: Altindische Grammatik II, l, Göttingen 1905 v. Wartburg, Walther: Die Entstehung der romanischen Völker, Tübingen 1951 v. Wartburg: Evolution et Structure de la Langue Franchise, Berne 1946 v.Wartburg: Französisches Etymologisches Wörterbuch, Tübingen 1948 Wb. Jhb. = Würzburger Jahrbücher, Würzburg Weisgerber = L. Weisgerber: Die Sprache der Festlandkelten (20. Bericht der röm. germ. Kommission), Frankfurt 1930 Weisgerber, L.: Deutsch als Volksname, Ursprung und Bedeutung, Dannstadt 1953 Weisgerber: Galat. Spr. = Weisgerber: Galatische Sprachreste, Festschrift Geffcken 1931, 151 ff. Weisgerber: Sprachwissenschaftliche Beiträge zur frührheinischen Siedlungs- und Kulturgeschichte l (Rhein. Mus. 84, 1935, 289 ff.) cf. weiter S. 55, Anm. l W. H. = Walde Hofmann: Lateinisches etymologisches Wörterbuch3, Heidelberg 1938 ff. W. P. = A. Walde und J. Pokorny: Vergleichendes Wörterbuch der idg. Sprachen, Berlin und Leipzig 1930 Whatmough = s. S. 55, Anm. 2 WuS = Wörter und Sachen, Heidelberg ZCP = Zeitschrift für celtische Philologie, Halle ZBP = Zeitschrift für romanische Philologie, Bd. l Halle

DIB KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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I.Teil: Systematik

I. ABGRENZUNGEN 1. Komponierte Namen, Kurznamen und einstämmige Namen Die gallischen Personennamen zerfallen in 3 Klassen: 1. Komponierte Namen, auch Vollnamen genannt. 2. Die aus diesen gebildeten sogenannten Kurznamen. 3. Ursprünglich unkomponierte Namen, allgemein als „einstämmige" Namen bekannt. Diese von L. Weisgerber (Rhein. Museum 84, 1935, 314 ff.) auf die Namen der Treverer angewandte Einteilung (cf. auch Weisgerber, Rhein. Vierteljahrsblätter 18, 1953, 267) läßt sich auf das gesamte gallische Personennamenmaterial ausdehnen. Die Indogermanistik hat sich schon oft mit der Frage beschäftigt, welche Klasse als „indogermanische" Art der Namengebung anzusprechen ist: August Fick (Die griechischen Personennamen, Göttingen 1874) hat die Komponierung als indogermanisches Prinzip der Namengebung erklärt. Was nicht komponiert ist, sind nach ihm Kurz- und Koseformen zu den Vollnamen (komponierten Namen1). Gegen diese in der Folgezeit weit verbreitete Ansicht hat sich neuerdings wieder E. Pulgram gewandt (Language 23, 1947, 189 ff.; viele Vertreter der Fickschen Auffassung sind bei ihm angeführt). Er hält die einstämmige Namengebung für die älteste Form idg. Namengebung: „In accordance with universal traits of nomenclature and in view of the serious gaps in the evidence we possess we must suppose, that the oldest form of name in Indo-European was a simple appellative and not a compound" (Pulgram a.a.O. 206). Das gallische Material reicht nicht aus, um Pulgrams Ansicht zu bestätigen. Aber mit der Fickschen, an Hand des Griechischen gewonnenen These, läßt es sich erst recht nicht in Übereinstimmung bringen. Wir finden die oben angeführten 3 Klassen nebeneinander. Bei darüber hinausgehenden Aussagen bezüglich der Priorität der einen oder der anderen 1

Klasse 3 fallt danach praktisch ganz weg.

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KARL HOBST SCHMIDT

Klasse betreten wir das Gebiet der Sprachtheorie. Die Vollnamen lassen sich in ihre Vorder- und Hinterglieder zerlegen. Die Kurznamen erkennt man vielfach an der für sie typischen Konsonantendoppelung (cf. Weisgerber a. a. 0. 316, Anm. l; Pedersen l, 477; 2, 62 f.; Solmsen, Idg. Eigennamen 1922, 131 f.; H. Zimmer, KZ 32, 1893, 172 ff.). Diese Konsonantendoppelung ist jedoch nicht bei allen unkomponierten Namen durchgeführt. Sie kann außerdem entfallen, wenn Kurznamen erneut mit Suffixen ausgestattet werden (Weisgerber a.a.O. 316). Es scheint hier ein rhythmisches Prinzip vorzuliegen, das auf einer Änderung der Betonung beruht oder durch Einsetzen einer Doppelbetonung hervorgerufen wird. Cf. z. B. Donno-, Donüla, Donissa; doch auch Donnedonis (Gen.); Eppo-, Epicatus, Epianus; doch auch Eppillus\ Matto, Maticius; doch auch Mattonius. Das Problem der einstämmigen Namen liegt in der Frage, ob man alle mit Suffixen versehenen Namen (wie auch alle Namen ohne Suffixe), die keine geminierten Konsonanten zeigen, als Kurznamen oder deren Ableitungen faßt oder als Ableitungen zu einem primär gegebenen Appellativ beziehungsweise als dieses unkomponierte Appellativ selber. Die endgültige Beantwortung dieser Frage ist schwierig. Für die zweite Auffassung scheinen mir jedoch folgende Punkte zu sprechen: I. Gewisse Namenkategorien sind ihrer Natur nach von vornherein einstämmig. Neben den Spitznamen zählt Krähe für das Illyrische auf (Wb. Jhb. l, 1946, 187 ff. mit weiterer Lit. auch zum Idg. - cf. auch Justi, Iranisches Namenbuch, Marburg 1895, 7 ff. der Einleitung, der 8 Kategorien einstämmiger Namen für das Iranische aufstellt.): 1. Eigenschaftsbezeichnungen wie gr. , . 2. Namen, die auf Tierbezeichnungen zurückgehen. 3. Zahlwörter. 4. Nomina agentis. 5. Völker- und Stammesnamen zur Bezeichnung einzelner Personen. 6. Zu ON gebildete Ethnika. 7. Menschennamen, die gleich Götternamen sind. 8. „Namen aus Namen", d. h. PN, denen schon ein anderer fertiger PN zugrunde liegt. 9. Lallnamen.

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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II. Das Gallische ist sehr reich an Suffixen1, von denen ein großer Teil sehr produktiv geworden ist: cf. z. B. -il(l)us, -a, -o(n), -ul(l)us, -a, -o(n), -inus, -a, -isius, -a, -icius, -a, -atus, -a, -etius, -ia, -issus, -a, - , -uro, -acus. Auch Suffixhäufung findet sich: cf. z. B. -(i)c-onio-, ic-ato-, -ic-etio-. III. Götternamen sind - obwohl sehr alt - vielfach unkomponiert (cf. auch Krähe oben Nr. 7): cf. die Epona, den Tarvus (die allerdings unter Nr. 2 der Kraheschen Kategorien fallen würden), den Esus, den Camulus, den Grannus, die Sirona u. a. IV. Mit Recht hat Pulgram a.a.O. auf den soziologischen Unterschied zwischen den Trägern komponierter Namen und den Trägern einstämmiger Namen im Gesamtindogermanischen hingewiesen (Fürsten usw. tragen vielfach einen Vollnamen, während das Volk mit einstämmigen Namen versehen ist). Weisgerber a.a.O. 330 hat denselben Unterschied für das Gallische formuliert: „Daß diese Vollkomposita stärker der Frühzeit angehören (wie Indutiomärus und Cingetorlx bei Caesar), muß also darauf beruhen, daß wir für die frühere Zeit in der Hauptsache Namen von Kriegsführern und Vornehmen überliefert haben, während die breiteren Volksschichten uns erst nach und nach in den Inschriften begegnen"2. Hier, in den Inschriften, gewinnen dann auch die ursprünglich einstämmigen Namen bei weitem die Oberhand. Weisgerber a. a.O. 314 ff. hat in einer Statistik der durch das CIL auf uns gekommenen Treverernamen, die Seltenheit komponierter Namen in der Epigraphik festgestellt. Folgendes Verhältnis der 3 Klassen untereinander besteht: 1. Vollnamen: 28 Namen mit 31 Belegen, 2. Kurznamen: 20 Namen mit 27 Belegen, 3. Ursprünglich einstämmige Namen: 115 Namen mit 132 Belegen. Selbst wenn ich einige der von W. in 3 untergebrachten Namen eher zu den anderen beiden Klassen stellen möchte3, erkennt man 1

Auf die gleiche Erscheinung im Illyr. weist Krähe hin a.a.O. 198, jedoch ohne daraus einen Schluß bezüglich der einstämmigen Namen zu ziehen. 2 Im Prinzip ebenso Krähe, Wb. Jhb. 184 f. für das Illyr. Er spricht die einstämmigen Namen jedoch als „Kurznamen" an. Cf. auch Gutenbrunner, Germ. GN, 1936, 8 f. 3 Cobruna und Covirus sind Komposita (s. Index), Caüonios ist wohl

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doch unschwer die große zahlenmäßige Vorrangstellung der einstämmigen Namen. Bei einer statistischen Zusammenstellung der in Caesars Bell. Gallicum vorkommenden Gallischen PN ergibt sich ein überraschend anderes Bild: 1. Volhiamen: 32 Namen, die 34 Personen zukommen 1 , 2. Kurznamen: 3 Namen2, 3. Ursprünglich einstämmige Namen: 21 Namen3. Die Anzahl der Personen mit Volhiamen4 (u. dazugehörigen Kurznamen) beträgt demnach 37 und ist fast doppelt so groß wie die Zahl der Träger einstämmiger Namen. 2. Gallische Komposition in PN, ON und Appellativen Gallische Komposita sind nicht nur in Form von PN zu finden. Sie treten auch als ON und als Appellativa auf. Es besteht aber in der Art der Überlieferung ein großer Unterschied zwischen diesen 3 Wortkategorien: Kurzname. Bei dem so ohne Anschluß dastehenden Namen Diucia wird es sich um einen Schreibfehler (oder die synkop. Form) für Div(i)da handeln. Für Covirus und Div(i)cia als Ableitungen von komponierten Stämmen (cf. die inselkeltischen Entsprechungen im Index) ist jedoch die Auffassung als Volhiamen keineswegs zwingend. Im Rahmen dieser Arbeit wurden solche Fälle aber wegen ihrer äußeren Form (aus 2 Gliedern bestehend) zu den komponierten Namen gestellt. Weisgerber (mündlich) stellt Cobruna zu Cobro- (s. Index), was formal möglich ist, da ein Suffix -uno- im Gallischen vorgelegen hat (cf. Holder 3, 32). Doch s. meine Ausführungen auf S. 96 ff. 1 Volhiamen bei Caesar: Ad-iatunmis, Ambio-rix, Ande-com.-'bogius (Ande-brogius), Boduo-gnatus, Camulo-gemts, Cassi-vellaumts, Cata-mantaloedis, Catu-volcus, Cingeto-rix (l, Britannus, 2. Trever), Con-connetodumnus, Con-victo-litavis, Crito-gnatus, Di-vico, Di-vidacua (2 Personen), Donno-taurus, Dumno-rix, Ou-ratius, Ep-asn-actus, Epo-redo-rix, Indutiomarus, Lugoto-rix, Mandu-braci\t8, Mori-tasgus, Ollo-vico, Orgeto-rix, Taximagulua, Teuto-motua, Ver-cossi-vellaunus, Ver-dngeto-rix, Virido-marus, Virido-vix, Vero-cloetios, 2 Kurznamen bei Caesar: Acco, Iccios, Voceio. 3 Einstämmige Namen bei Caesar: Caburus (?), Carvilius, Casticus, Cavarillus, Cavarinos, CeUillus, Commios, Cotuatus, Cotus, Dumnacus, Gobannitio, GhUruatus, Liacus, Lucterios, Mallioa, Tasgetiua, Troutillus, Valetiacus, Vertito, Vertiacua, Litaviccus. * Nach Hertz (mündlich) sind Namen aus 2 Vollgliedern (Cingeto-rix) und solche aus Präposition und Vollglied (Di-vico) nicht gleichwertig. Doch hat auch Weisgerber bei seiner oben angeführten Statistik beide Typen zu den Volhiamen gestellt (cf. dort u.a. Ad-bugissa, At-rectus, Andecarus neben Cond-ollus, lAtu-genius usw.).

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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1. Die PN sind nur durch antike Vermittlung auf uns gekommen. Unser Material rekrutiert sich ausschl. aus dem, was wir bei antiken Schriftstellern, auf Inschriften, Münzen und Töpferstempeln antreffen. Seine Verifizierung erfolgt vornehmlich mit Hilfe des Inselkeltischen. 2. Die komponierten ON Galliens dagegen zerfallen in Hinsicht auf ihre Quellen in 2 Klassen: Die erste Klasse umfaßt alle Namen mit antiker Tradition. Wir finden sie häufiger bei Schriftstellern, in Itinerarien und bei Geographen, weniger häufig in Inschriften. Die zweite Klasse geht überhaupt nicht auf antike Überlieferung zurück. ON-Komposita dieser Art werden durch Rekonstruktion aus heutigen (hauptsächlich französischen) ON gewonnen. Diese Arbeit hat mit Hilfe der Romanistik und der ON Forschung zu erfolgen. Die besonderen Schwierigkeiten, mit denen die ON Forschung zu kämpfen hat, möge folgendes Beispiel verdeutlichen. Bekanntlich sind die antik überlieferten ON auf brig a (etym. = dtsch. „Burg"; cf. Holder l, 533) ungewöhnlich stark auf der iberischen Halbinsel konzentriert (cf. Weisgerber 185; H. Gröhler: ,,Über Ursprung und Bedeutung der französischen ON, erster Teil, Heidelberg 1913, 132; A. Longnon: „Les Noms de Lieu de la France", Paris 1920/1929, 40; eine Sammlung von brigaNamen bei Hübner 98). Dagegen gibt es nur 4 alte belegte Beispiele aus dem eigentlichen Gallien: Bo(u)do-briga, l Eburo-briga, Litano-briga (diese 3 in Itinerarien) und (Ad)mageto-bnga (bei Caesar) (Longnon a.a.O.). Auf 2 galatische ON dieser Art macht Weisgerber aufmerksam (Galat. Spr. 158): Ecco-briga (TP) und Peto-briga (Itin. Burd). (Doch cf. Eco-brogis IA; Peto-brogen (Holder 2, 973) 2 . Cf. auch (Ptol) in Noricum. Bei den iberisch belegten Beispielen finden wir neben den regulären -briga-Formeu auch -onca-Schreibungen (cf. Adro1

Neben dem ON Boppard könnte auch Bupprich auf Boudo-briga zurückgehen, so daß wir hier zwei Beispiele für Boudo-briga hätten (Weisgerber mündlich; cf. auch Krähe, Sprache u. Vorzeit, Heidelberg 1954, S. 125). 2 Zu Peto-brogen ist auch Rix 105, Anm. 15 (volles Zitat auf S. 44 dieser Arbeit) zu vergleichen.

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brica, Amallo-brica, Tala-brica (cf. Meyer-Lübke, „Das Katalanische", 1925, 162). Hybride Mischkomposita mit nichtkeltischem ersten Glied treffen wir hier ebenfalls an: cf. z. B. Conim- und Mundo-briga (nach Pokorny, Ebert 6, 299). Ganz im Gegensatz zu diesem Bild, das wir aus den antiken Funden gewinnen, gibt es im heutigen Frankreich sehr viele ON, die ein auf -obriga weisendes Suffix zeigen. Aus Longnon a.a.O. 41 notiere ich z. B. Vezenobre, Vinsobres, Lanobre, Vorovre, Courouvre, Chartreuve, Deneuvre, Escaudoeuvres, Vendeuvre u. a. Dieser Tatbestand ist nun von den verschiedensten Seiten auf die verschiedenste Art und Weise erklärt worden : 1. Gröhler (ZRP 45, 1925, 89; cf. Gröhler „Über Ursprung und Bedeutung...", 132) „Wenn es (Anm. des Verfassers: gemeint ist briga) in seiner ältesten Form nur viermal in Gallien nachgewiesen ist, so erklärt sich dies vielleicht aus dem Umstände, daß die gallischen Ortschaften auf Hügeln jenseits der großen Heerstraßen lagen . . . und daher in den Itinerarien keine Erwähnung finden, während für Spanien zahlreichere alte Quellen vorliegen als für Gallien." 2. Meyer-Lübke (a.a.O.; cf. auch Pokorny ZCP 21, 1938, 152 f.) trennt -briga von -brica im Anschluß an Philipen (Les Iberes 160 ff.; cf. Weisgerber 195). 3. Weisgerber 185 spricht direkt von einem iber. brica, das neben gall, briga steht. 4. Pokorny, Ebert 6, 299, läßt -brica gänzlich unerwähnt (cf. jedoch seine Ansicht unter Punkt 2). Er verwendet die in Spanien gelegene ON auf -„briga" als Beweis für einen frühen Keltenzug nach Spanien: „Zahlreiche ON auf -briga (= germ. Burg), die bei den späteren Galliern verhältnismäßig selten sind, deuten auch auf das hohe Alter dieses Zuges hin." Die oben angeführten hybriden Bildungen mit iberischem ersten Bestandteil sprechen ihm dafür, „daß es sich (Anm. des Verfassers: bei dem Keltischen in Spanien) um eine verschwindende Sprache handelt"x. 1

Cf. neuerdings Bix in der Pestschrift für Peter Goessler, Tübinger Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, der auf S. 102 ff. die feri^a-Namen behandelt und auf S. 104 eine Karte zu ihrer Verteilung gibt. Er scheint -briga (-brica ist bei ihm nicht erwähnt) als keltisch aufzufassen.

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ber die Trennung von -briga und -brica wird man aus zwei Gr nden schwer zu einer Gewi heit kommen k nnen: 1. Den Wechsel von g und c finden wir sporadisch auch au erhalb des Iberergebietes, s. S. 100. 2. Im Iberergebiet selbst ist dar ber hinaus der Wechsel von Mediae und Tenues besonders h ufig, s. S. 51. Ob es sich bei den franz sischen Entsprechungen von -obriga so verh lt, wie Gr hler es erkl rt, oder ob die franz sischen Suffixe erst zu einer Zeit produktiv geworden sind, wo sie nicht mehr als vollst ndige Kompositionsglieder verstanden wurden l , wage ich hier nicht zu entscheiden. Bei den Appellativen liegt ein den ON hnliches Problem vor. Wir finden hier eine Anzahl von Glossen bei antiken Schriftstellern (cf. Dottin 26 ff.; Weisgerber 160 f.) 2 . Ber hmt und oft zitiert sind z. B. Ver-tragus, πομπέ-δονλα und τρι-μαρκιαία. Der inschriftlich berlieferte Bestand von komponierten Appellativen ist, wie bei dem Charakter der Inschriften nicht anders zu erwarten, sehr gering. Das Glossar von Dottin (cf. 223 ff.) f hrt an antik berlieferten Appellativen mit Zitaten und bersetzungsversuchen an: acaunu-marga; ancoragus; anda-bata; are-pennis; ate-noux; bardo-cucullus; bello-candium; callio-marcus; calo-catanas; cando-soccus; caneco-sedlon; co-vinnus; dercomarcos; ebul-calium; glisso-marga; isarno-dori; nau-preda; πομπέ-δονλα (cf. hierzu Weisgerber 182 und 207); petor-ritum; petru-decameto; sonno-cingus; tioco-brextio; tri-garanus; τρι-μαρκισία; vergo-bretus; ver-nemetis; vidubium; visu-marus.

Eine zweite Gruppe wird durch Rekonstruktion aus dem Sprachgut heute lebender Sprachen gewonnen. Die Erforschung des gallischen Wortbestandes im Romanischen wurde durch Thurneysens „Keltoromanisches", Halle 1884, eingeleitet. Seitdem geh rt sie zu den Arbeitsbereichen der Romanistik (cf. z. B. Meyer-L bke Roman. Etym. Wb. unter den Nummern 93, 447, 634 u. a.; Walther von Wartburg, Franz sisches Etymologisches W rterbuch. Eine Darstellung des galloromanischen Sprach1

Beachte jedoch die bei Longnon a.a.O. gegebenen Zwischenstufen aus dem 11. und 12. Jh.: Vezeno-brium um 1050, Vedeno-brium um 1151, Corro-brium um 1207, Scaldeu-vrium um 1137 u. a. 2 Solche Kompositen sind in dieser Arbeit nur ber cksichtigt worden, insoweit es zur Erhellung der komponierten PN n tzlich und f rderlich erschien.

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Schatzes. Tübingen 1948ff.; weitere Lit. bei Weisgerber 221 f.). Zu der Erforschung gallischen Wortmaterials innerhalb gewisser Alpendialekte ist J. Hubschmid „Praeromanica", Bern 1949 (ältere Lit. bei Weisgerber 163) zu vergleichen. Es ist jedoch zu betonen, daß diese auf indirekte Weise als gallisch erklärten Wörter nicht mit dem, was direkt als gallisch überliefert ist, bezüglich ihres Aussagewertes konkurrieren können. 3. Stammesnamen - Götternamen (Inhalt der N a m e n g e b u n g ) - Frauennamen a) Stammesnamen: Ähnliche Kompositionsprobleme wie bei den gallischen PN liegen z. T. bei den Stammesnamen vor. Diese nehmen ja bekanntlich eine Art Zwischenstellung zwischen PN und ON ein. Seiner Genese nach geht ein Teil von ihnen auf ON zurück (Krähe, Wb. Jhb. l, 221 nennt diese Ethnika). Die ändern (wozu auch aus Stammesnamen gebildete ON gerechnet werden können) sind selbständige Bildungen und strukturell zu den PN zu stellen. Sie werden deshalb im Index dieser Arbeit berücksichtigt. Die Ableitungen von ON werden grundsätzlich nicht angeführt. An den Schwierigkeiten, die eine Reihe von Stammesnamen Etymologisierungsversuchen entgegensetzen (cf. auch Krähe Wb. Jhb. l, 1946, 223), kann man das höhere Alter dieser Bildungen rein äußerlich ermessen. Manchmal begegnet uns die Herleitung eines singularischen Ethnikons von einem pluralischen Stammesnamen: cf. z. B. Biturix zu den JBitu-riges, Catu-rix zu den Catu-riges usw.*; vgl. auch im folgenden Tri-touti (Gen.) und . Typische und leicht durchschaubare komponierte Stammesnamenverbindungen die auch strukturell den Stand von PN Kompositen haben, sind z. B.: 1. Bildungen mit Verbalstämmen als zweitem Gliede: -vices, -sages, -casses (?). 2. Häufige nominale Bildungen: -riges und -broges. 1

Pokorny faßt diese Stammesnamen als Leute des Bitu-rix und Caturix auf.

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3. Komposita mit einer ein Hinterglied regierenden Präposition (zu ähnlichen Bildungen im Illyr. cf. H. Krähe Wb. Jhb. 218 f.) als Vorderglied zur Bezeichnung der Örtlichkeit: cf. besonders die Bildungen unter Ambi-, (Ad-). 4. Das erste Glied ist ein Zahlwort. Das ganze Kompositum hat Bahuvrihicharakter (s. S. 58): Vo-corii, Tri-corü, Petru-corü (Vo-contü, Tri-contii); analog sind vielleicht die als Singularia überlieferten Namen Tri-touto- und die letzten Spuren von ehemals im Plural verwandten Stammesnamenl (s. oben). b) Götternamen: Wie die Stammesnamen zeichnen sich vielfach auch die Götternamen den PN gegenüber durch größeres Alter aus. Viele GN sind wohl deshalb sehr schwer aus dem Gallischen zu etymologisieren: cf. z.B. Bemiluciovi (Dat.) (ülyr. ?), Vago-donnaego (wenn nicht iberisch), Ico-vellauno usw. Beachte auch die Schwierigkeiten bei der Etymologisierung der Ro-smerta. Bemerkenswert könnte auch die im Gallischen sonst nicht sehr häufige Flexionsänderung des Hintergliedes sein: (s. S. 95f.) cf. Vasso-caletes zu -caleto und Viro-tuti (Dat.) zu tuto- (touto-). Ein recht großer Teil der alten Götternamen ist unkomponiert: s. S. 41. Dennoch bleibt noch mancher GN, der strukturell unbedingt in das System der PN aufgenommen werden muß, ja z. T. sogar auch als PN überliefert ist: cf. z. B. Ate-smerius (GN und PN), At-epo-maro- (GN und PN), Ag-ganaico- (cf. PN Ad-gen(n)o-,Ad-ceneico-), Ambi-sagro-, Albio-rix (GN und PN), Anextlomaro-(GN und PN), And-arta, Bussu-maro-, Vasso-caleti (Dat.), Maglo-matonio-, lovantu-caro-, Setlo-cenia, Sego-manna u. a. Zu Götternamen = ON cf. T. F. O'Rahüly, Eriu 14, 1943, 13. Zu Götternamen im allgemeinen cf. F. Drexel: ,,Die Götterverehrung im römischen Germanien". 14. Ber. d. Rom. Germ. Komm. 1923, 1-68. J. B. Keune: „Religion in den Mosellanden beim Auftreten des Christentums", Pastor Bonus 45, 1934, 369 bis 398. Zum Inhalt der Gallischen Namengebung cf. Dottin 90 S. Weisgerber, Rhein. Mus. 84, 1935, 384 f. 1

Zu den Stammesnamen ist auch Much (Hirtfestschrift 2, 493 ff.) und Hoops, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 4. Band, S. 425 ff., Straßburg 1918-19) zu vergleichen.

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c) F r a u e n n a m e n : Namen, deren Trägerin eine Frau ist, sind als typische Frauennamenbildungen voll beweisend, wenn sie 3 Eigenschaften haben: 1. Sie müssen in ihrem Sinngehalt zum Wesen der Frau passen. 2. Es darf sich bei ihnen nicht um patronymische Ableitungen auf -ia handeln, weil bei diesen die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, daß sie von Maskulinen abgeleitet sind. 3. Sie dürfen nicht für männliche Personen verwandt werden, weil bei der doppelten Verwendung eines Namens sowohl für Maskulina als auch für Feminina in der Regel das Femininum vom Maskulinum durch Motion abgeleitet ist. Bildungen, die diese 3 Bedingungen erfüllen, sind in der gall, komponierten Namengebung unserer Denkmäler kaum noch vorhanden. Vielleicht könnte man Ando-blationi (Dat.) „die innerlich Sanfte", Su-ausia „die Schönohrige", Aico-vindo „dieWeisgesichtige" hierher stellen. Cf. auch Ad-vo-rix „die zum Unterkönig gehört". Nicht hierher zu stellen sind wohl die Namen mit Litu-, Seno-, Sacro- als Vordergliedern zu -bena „Frau". Es gibt ja auch Seno-vir und Sacro-vir; diese -bena Namen scheinen also nichts typisch Weibliches auszudrücken; sie wirken eher wie eine Art sakraler Berufsbezeichnung . Bei weitem überwiegend sind jedoch die Frauennamenbildungen, die lediglich Ableitungen zu Männernamen darstellen, d. h. etwas ausdrücken, was entweder der Sphäre der Frau ganz und gar unangemessen ist oder zumindest für Frauen wie Männer gleichmäßig gut paßt. Cf. z. B. Ate-vrita „die Wiedergefundene" neben Ate-vritus, ^lie-epo-Namen, Ad-mata, Albio-rica: Albio-rix, At-ressa: At-ressus, Ate-duna: Ande-dunis (s. jedoch Index), Anextlo-mara: Anextlo-marus, Atebodua: Ate-boduus, Belatu-mara: Belatu-cadros, lantu-mara: lantu-marus, Di-viciana, -victa: cf. das häufige Di-vico-, -victo-, Brogi-mara: Brogi-marus, Cob-ronia (sie!): Cob-runo u. a. Zu den Frauennamen auf -rix s. S. 75. Zur genaueren Bestimmung der Stellung der Frauennamen wäre die Klärung der Frage, wie sich das Verhältnis von Männer- und Frauennamen zu den sogenannten einstämmigen Namen darstellt, notwendig. Zu der Zeit, aus der die Masse des gallischen Materials auf uns gekommen ist, scheint jedoch nach Aussage

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der komponierten Namen ein eigenständiges und dem Wesen der Frau angepaßtes System von komponierten Frauennamen nur noch in Resten bestanden zu haben *.

II. MISCHBILDUNGEN UND KONTAKTZONEN a) Die Arten der Mischbildungen: Das auf uns gekommene gallische Material hat zwei Eigenschaften, die jede Arbeit darüber erschweren: 1. Es ist so spärlich überliefert, daß wir keinen unmittelbaren Eindruck vom Aufbau der gallischen Sprache bekommen können. 2. Es ist räumlich weit verbreitet und hat demzufolge viele Berührungspunkte mit nichtgallischen Sprachen. Diese Sprachen sind uns z.T. aber noch weniger bekannt als das Gallische selbst. So können wir in vielen Fällen weder von der gallischen noch von der nichtgallischen Seite her das gallische Material klar herausschneiden. Keine Arbeit über das Gallische kann deshalb bei dieser Sprache selbst ansetzen. Immer muß erst „negative Arbeit" (Weisgerber 167) in der Aussonderung alles Nichtgallischen geleistet werden. Zweifellos ist diese „negative Arbeit" auf einem Gebiete wie dem der komponierten PN besonders wichtig, denn sowohl im Gallischen als auch in den meisten der Kontaktsprachen besteht der Hauptanteil des uns Überlieferten aus Namen. Diese Namen verschiedenen Ursprungs haben sich dazu noch gegenseitig beeinflußt. Deshalb muß man neben der Scheidung und Trennung der den verschiedenen Sprachen angehörenden Namen auch die (durch 2 Sprachen hervorgerufenen) gegenseitigen Beeinflussungen besonders herausstellen. Hierbei können wir unterscheiden: 1. Als Mischkomposita im engeren Sinne kann man die hybriden Bildungen bezeichnen, bei denen sich ein gallisches (meist Hinter-) Glied mit einem fremden Bestandteil verbunden hat. 2. a) Der gallische Name begegnet uns durch das Medium eines fremden phonologischen Systems entstellt. 1

Auf eine ähnliche Erscheinung in der germanischen Namengebung hat A. Scherer, Zum Sinngehalt der germanischen PN, Beiträge zur Namenforschung 4, 1953, l S. hingewiesen. Cf. besonders S. 36 f. 4 Ztschr. f. celt. Phil., Band 26 Heft 1/2

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2. b) Der fremde Name ist in das gallische phonologische System geraten. 3. Lehnübersetzungen von Kompositen oder einzelnen Kompositionsgliedern fremder Sprachen. Wir können auch umgekehrt die Lehnübersetzungen gallischer Komposita durch das Lateinische feststellen (cf. z. B. den gall. ON. Condate = lat. Conftuentes „Coblenz"). 4. Eine Art volksetymologischer Angleichung des fremden Wortes an ein gallisches hat stattgefunden. 5. Gallische Komposita sind mit fremden Suffixen versehen oder in eine fremde grammatische Struktur hineingeraten. 6. Die Einzelglieder sind gallisch, aber die Art ihrer Zusammensetzung widerspricht den gallischen Kompositionsgesetzen. Theoretisch können wir fremden Spracheinfluß in den gallischen Namen von ganz Westeuropa vermuten, da man sogar im eigentlichen Gallien, d.h. in Zentral- und Westfrankreich, mit einem vorkeltischen, ja voridg. Substrat rechnet. (Weisgerber 174; für Britannien cf. Weisgerber 171; Pokorny, ZCP 16 ff. „Das nichtidg. Substrat im Irischen"; beachte auch die bei Weisgerber, Rhein. Mus. 84, 1935, 338 ff. durchgeführte Diskussion über den ungeklärten Namenbestandteil der im Treverergebiet vorliegenden Namen). Hinzu kommt, daß Pokorny (ZCP 20, 315 ff.; 489 ff.; ZCP 21, 55 ff.; cf. dazu Pittioni ZCP 21, 167 ff.) versucht hat, eine zeitlich vor den Keltenzügen gelegene illyrische Invasion von ganz Westeuropa wahrscheinlich zu machen, mit deren Spuren wir also auch überall zu rechnen hätten. Praktisch wirken sich jedoch Mischungen mit fremden Sprachen nur an bestimmten Kontaktzonen auf die komponierten Namen aus. b) Die Kontaktzonen:l a) Nach Südwesten zu treffen wir auf die iberische Kontaktzone mit dem Iberischen (u. Baskischen?) in Aquitanien (CIL XIII) und Spanien (CIL II) (Weisgerber 170; Tovar: Journal of Celtic Studies 1, 1949, 11 ff.; cf. auch Pedersen 1,21). 1

Die unter den einzelnen Kontaktzonensprachen angeführten Nummern beziehen sich auf die oben behandelten Arten der Mischbildungen. Die zitierten Beispiele sind im Index unter den jeweiligen Gliedern erläutert.

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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1. Auf hybride Mischkomposita dieser Art in der Ortsnamengebung wie Conim-briga, Mundo-briga, Cala-dunon u.a. macht Pokorny, Ebert 6, 299 aufmerksam (cf. Weisgerber 178). Hier ist das zweite Glied gallisch. Dies ist in der Regel auch bei den PN dieser Art der Fall. Rix ist als zweites Glied besonders häufig: cf. Attaio-rix, Belheio-rix, Bonno-ris, Dunoho-rix, Docguiricus (cf. auch Doci-rix in Lugdunensis)1. Bei einer ganzen Reihe von Namen könnte der Verdacht der gleichen Mischung bestehen. 2. a) Wegen der Unempfindlichkeit des iberisch-aquitanischen Substrats gegenüber dem Unterschied von Medien und Tenues (cf. Hübner CXXVII) kommen hier besonders viele Beispiele von Verwechslungen dieser Art vor: cf. z.B. Adae-gina, Atae-cina: *Ate-gena, Ambi-mogidus: *-tnogitus, Amb-ada: -ata (für -acta), Ad-bucietus: -bugio- [doch s. S. 101] Cin(t)u-cna(t)o-, Cintu-cnatus: -gnato- (dieser Wechsel auch sonst), Betu-daca: Bitu-daga, Ricover-iugo-: Rigo- u. a. cf. auch Regtu-gnus . . . Segontilieses. -ks, -gs zu s: cf. z. B. -ris für -rix in Bonno-ris, Catu-ris, Escingus (für Ex-, was auch sonst). -et- zu -t-: Amb-ato-: Amb-acto- (sehr viele Beispiele), Retu-: Rectu. Zu dem -ch- in Dio-charus s. S. 100. 5.Tout-anno- und So-cond-annosso— cf. auch das -nn - in Cob-runnis. 6. Die für *Ate-geno- stehenden Formen (Ata-cine [Dat.], Adaegina, Atae-cina; doch cf. auch Ate-cinae [Dat.] aus Noricum: Ivenna). Wir haben sonst als sehr häufige Form Ad-gen(n)o-. b) Im Gebiet der mittleren Donau und der Ostalpen (CIL III) berührt sich das Gallische mit der illyrischen und venet. Sprache (Weisgerber 171). In Italien und den Alpen (CIL XII, XI, V) stößt das Gallische auf ethnologisch und sprachlich recht unklare Völker wie Ligurer, Lepontier und Räter (Weisgerber 172 f.), aber auch illyrische Namen tauchen hier auf 23 . 1

Anders zu beurteilen sind die nichtgallischen Wörter Andrecconi, Anderex usw., s. Index. Ede-laii-; Horo-lati-; Pixti-cenus (cf. Picte-lancea, Picte-lanci) liegen in derselben Gegend; doch s. Index). 2 Zum Germanenproblem dieser Gegend cf. J. Whatmough in Harvard Studies 60, 1951, 175 ff., besonders 177; Kretschmer, KZ 69, 1951, Iff.

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1. Zahlreiche Beispiele, die den Verdacht von Mischbildungen erwecken, befinden sich im Index: cf. z.B. Daso-dunus, Disocno-, Ditu-genio-, Vela- usw., Diastu-, Carsti-, Apro-, Spu-, Spiru. a. cf. auch Krasanikna, Metelikna usw. aus den Lepontischen Inschriften. 2. Verconzarna für Ver-condari-dubno-. Aus den Inschriften im nordetruskischen Alphabet (PID 2, 171) können wir hierher stellen: Tano-tali-knos, Ano-ko-pokios, Setu-pokios, Es-ane-kopios, An-are-viSeos, Tano-talos, Ate-knato-, Truti-kno-, Es-opnio (PID 108 = lepontisch); cf. auch die -Fuge in Dia-coxie,Vinda-luco(nis) (Krähe, IF 58, 1942, 142; ders. Hirtfestschrift 2, 566; Pokorny, IF 38, 1917/20, 192). 6. Cf. die Beispiele mit - düno- im zweiten Gliede: Ate-duno-, Ande-dunis, *Ande-duno-cnetis (Anduno-cnetis) usw. im Index. c) Im Norden und Osten trifft das Gallische mit dem Germanischen zusammen: Punkt 4 gilt bei dem ollo- der Ollo-gabiae; Punkt l bei den -gabiae. In dem zweiten Gliede vonMedio-tautehis dürfte Punkt 2 a vorliegen (ebenso zu beurteilen ist wohl Abia- von den Abiamarcae. Die Ambio-marcae fallen unter Punkt l, da -marcae sicher germanisch ist. Bei Catu-volco-, Maro-boduus, Teuto-boduus, C(G)aeso-rix und anderen -n'ic-Namen (cf. Weisgerber 180 f.) gilt 2 b u n d ( z . T.) 4. 8

Der Begriff „ligurisch" wird noch immer nicht einheitlich von der Sprachforschung interpretiert. Kretschmer rechnet mit einer durch 2 idg. Elemente indogermanisierten nichtindogermanischen Schicht. Das eine dieser Elemente soll dem Venetischen nahestehen, das andere dem Gallischen (cf. z. B. P. Kretschmer in KZ 69, 1951, 8). H. Krähe (Hirtfestschriffc 2, 1936, 247) weist die Lepontischen Inschriften dem Gallischen zu, wenn auch mit gewissen außerkeltischen Einflüssen und trennt sie gänzlich vom Ligurischen. Dieses selbst hält auch er für eine voridg. Sprache. Es wurde von einer idg. Sprache überschichtet, die weder keltisch noch italisch war. Bei Conway/Whatmough (Preitalic Dialects 2, 156 f.) scheint die voridg. Schicht nicht in der Definition des Ligurischen enthalten zu sein. Nachdem auch er die Lepontischen Inschriften mit ihren engen Beziehungen zum Gallischen vom Ligurischen abgetrennt hat, fährt er fort: „we have to deal with the records of an Indo-European speech which was neither Italic nor Keltic, but which so far as we can determine, stands linguistically, as also geographically, intermediate between them; (viele weitere Lit.-Hinweise befinden sich in den 3 zitierten Abhandlungen - über das „Bätische" cf. Conway a.a.O. 3 ff.). J. Pokorny hinwiederum (ZCP 21, 1938, 59) setzt ligurisch mit westillyrisch gleich.

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d) Obwohl wir es bei dem Lateinischen nicht mehr mit einer Kontaktzone im r umlichen Sinne zu tun haben, darf der lateinische Einflu auf die gallischen Namen nicht untersch tzt werden. Bekommen wir nicht nahezu alle gallischen Namen durch lateinische Vermittlung1 ? 1. Lateinisch-gallische Mischbildungen sind ja bekanntlich bei den ON blich: cf. z.B. Augusto-dunum, Caesaro-briga, luliobriga usw. Deshalb wird es uns nicht wundern, wenn wir einige der gleichen Mischbildungen auch in der PNgebung finden. Sicher scheinen mir hier zu sein: lulio-maro-, Aucto-maro-, Avitianomara, Attio-rix, Auci-rix, Βλανδο-ονικοννιαι (Dat.), cf. auch loimaro- f r *Iovi-maro auf S. 99 f. Zweifelhafter ist Bibo-rix.Vaericondo- k nnte lat.Verecundus unter Ber cksichtigung von Punkt 4 enthalten. Punkt 5 trifft f r alle gallischen Namen zu, die sich auf nichtgallischen Inschriften befinden. Sie alle wurden in das Schema fremder Flexionsklassen gepre t. Hierzu cf. auch die h ufige, unter lateinischem Einflu durchgef hrte i-Fuge: cf. z. B. Eporedi-rix neben Epo-redo-rix; Devi-gnata neben Devo-gnata; Camulirix neben Camulo-rix. Die Annahme, da manche lt. Namen durch die St tze daran anklingender gallischer W rter gerade in Gallien h ufig verwandt wurden, vertritt J. B. Keune, Lothr. Jb. 15, 42 ff.; 16, 345. Cf. hierzu L. Weisgerber „Die sprachliche Schichtung der Mediomatriker Namen" 261 f. 2 . e) Haupts chlich in graphischer Hinsicht ist das Griechische nicht ohne Einflu auf das Gallische geblieben. Ein Teil der Inschriften, in denen gallisches Wortmaterial auftaucht, ist ja ohnehin griechisch geschrieben, aber auch auf lateinischen Inschriften finden wir -gg- f r -ng-Schreibungen (Ex-ciggo-rix). Schreibung von ei- f r ϊ- taucht z. B. in Άτ-επο-ρειγος und in der h ufigen Verbalform ει-ωρον: i-euru auf. (Das ω geht auf ou- zur ck; die beiden Verbalformen geben den bekannten Wechsel von eu und ou wieder; cf. z. B. Dottin 97.) Zur Schreibung ou 1

Zur latein. Flexion gallischer Namen auf latein. Inschriften u ert sich Weisgerber, Rhein. Vierteljahrsbl tter 18, 1953, 268 f. (cf. denselben, Germania 17, 99 ff.; denselben ZCP 23, 1943, 349 ff.). 2 Besonders zu beurteilen ist Bello- (Punkt 4); cf. auch Biatu- als Kontamination von gall. Bitu- und lat. "beatus ( ? ) .

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für u vgl. das in CIL XII belegte Vitou-su-ri(gis) für an anderer Stelle vorkommendes Vitu-. Cf. weiter im Index unter gon(n)o-, Was ist gallisch? Die Erkenntnis von dem Vorhandensein fremdsprachlichen Einflusses innerhalb der Kontaktzonen ist für die Beurteilung des uns vorliegenden Materials von grundlegender Bedeutung. Bekommen wir doch damit ein wichtiges Kriterium in die Hand, das uns in Zweifelsfällen beim Aufwerfen der Frage „gallisch oder nichtgallisch" vor voreiliger Etymologisierung durch das Keltische bewahren kann. Methodisch wollen wir bei der Beurteilung der Keltizität des in den Kontaktzonen vorliegenden Materials nach folgenden Gesichtspunkten urteilen: 1. Ein Namensglied ist als sicher gallisch anzusprechen, wenn es eine gute keltische Etymologie hat. 2. Wenn wir das Namenselement nicht oder nur schlecht durch inselkeltisches (oder indogermanisches) Material als „gallisch" bestimmen können, so erlangen wir keine absolute Gewißheit über seinen gallischen Charakter. Namenselemente dieser Art sind als höchstwahrscheinlich gallisch anzusprechen, wenn sie außerhalb der fremden Einflüssen unterliegenden Kontaktzone gut belegt sind und nicht strukturell dem Gallischen widersprechen 1. 3. Namenselemente, für die keiner der beiden oben angeführten Punkte zutrifft, können gallisch sein, wenn sie durch keine Parallele aus den in der jeweiligen Kontaktzone auftretenden fremden Sprachen zu stützen sind, und wenn sie ihrer Natur nach nicht direkt der Struktur des Gallischen widersprechen. 4. Namenselemente sind sicher nicht gallisch, wenn für sie die beiden ersten Punkte nicht zutreffen, und sie weiter durch Parallelen aus den nicht-gallischen Kontaktsprachen zu stützen sind oder ihrer Struktur nach dem Gallischen widersprechen. 1

Da wir die Struktur des Gallischen nicht ausreichend kennen, möchte ich hier betonen, daß ich unter strukturell in diesem Zusammenhang zweierlei verstehe: 1. Das gallische Lautsystem (soweit es uns bekannt ist). 2. Die aus den Namen ersichtliche gallische Kompositionslehre.

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Dialektisches Auf einzelne dialektische Spuren, die unabhängig von den Kontaktzonen auftreten, ist im Index unter dem jeweiligen Material hingewiesen. Cf. z. B. Ad-gen(n)o- in XII; Ate-gnato-, -gento- in III, Adreto- XII, (Co)-matu-(maro) - und Co-mati-(mara) - in III (und V), Magio-maro- in III, Cov-nerto- in III, Cuno- in VII, lantu(maro-) in III, Nerto-maro- in III, Rectu-geno- in II, Reti-, Ressi(Restu-) in III, Trogi-, Trouceti- in III, Brogi-maro- in III, Bussu(gnato- und maro-) in III, Ad-namo-, -namato- in III u. a. Cf. auch In- in XII i?) 1 . III. KOMPOSITIONSLEHRE Die verschiedenen Wortarten, die in der gallischen Komposition Verwendung finden : A) Das erste Glied ist ein Präfix. Es gibt folgende Kombinationen: 1. Präfix und Nomen a) Präfix und Substantiv b) Präfix und Adjektiv 1

Von den Arbeiten, die sich mit der geographisch unterschiedlichen Verteilung des gallischen Materials befassen, sind vor allen Dingen zwei namhaft zu machen: 1. L. Weisgerber „Sprachwissenschaftliche Beiträge zur frührheinischen Siedlungs- und Kulturgeschichte", begonnen 1935 im Rhein. Mus. 84, 1935, 289 ff. mit einer Abhandlung über die Treverernamen. Die Mediomatriker- und Tungrernamen sind gerade erschienen: Rhein.Vierteljahrsblätter 18, 1953, 249 ff.; Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 155/156, 1954, 35 ff.; cf. weiter Bonner Jahrbücher 154, 1954, S. 96 ff. (Das römerzeitliche Namengut des Xantener Siedlungsraumes) cf. auch „Galatische Sprachreste" von dem gleichen Verfasser in Pestschrift Geffcken, 1931, 151 ff. 2. Im Stile seiner PID sind die „Dialects of Ancient Gaul" von J. Whatmoughin Mikrofilmen erschienen: I. Alpine-Regions 1949, II.Narbonensis 1949, III. Aquitania 1950, IV. Lugdunensis 1950, V. Belgical951, VI. Germania Inferior 1951, VII. Germania Superior 1951, VIII. Agri Decumates 1951, IX. Appendices 1951. Publiziert in University Microfilms, Ann Arbor, Michigan; cf. dazu Prolegomena in Harvard Studies in Classical Philology 55, 1944; Orbis 1, 2 1952, 428 ff. Eine Probe der noch in Arbeit begriffenen dazu gehörigen Grammatik gibt uns der Verfasser in Harv. Stud. 60, 1951, 175 ff.

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2. Präfix und Verb a) Präfix (Präverb) und Verbalnomen (und Partizip) b) Präfix (Präverb) und „Verbalstamm"x. Betrachten wir die Präfixe in Verbindung mit den verschiedenen Wortarten an zweiter Stelle im Hinblick auf die Kompositionstypen, die durch die jeweiligen Kombinationen entstehen : La) Präfix und Substantiv: a) Erster und häufigster Typ: Das Präfix regiert das Hinterglied. Definiert bei Wackernagel 308: „Kasuspräpositionen und solche Adverbien, die mit Kasus konstruiert vorkommen, können sich als Vorderglieder mit Substantiven in dem Sinne verbinden, daß das Kompositum etwas als in dem Verhältnis befindlich bezeichnet, das durch die Präposition oder das Adverb in Verbindung mit dem Kasus ausgedrückt wird. Das Hinterglied wird also gewissermaßen vom Vorderglied regiert, und die Zusammensetzung gibt als Adjektiv etwas einem anderen Begriffe Beizulegendes, ist „exozentrisch". Cf. Debrunner 26: „Es sind lauter Zusammenwachsungen formelhaft gewordener präpositionaler Wendungen; manche davon sind in historischer Zeit erst auf der ersten Stufe der Zusammenrückung angelangt, so daß über die Schreibung Zweifel erlaubt sind." Es folgen einige gallische Beispiele: Ad-genits „der zum Genus Gehörige", Ad-ledus „der am Ledus (Name eines Flusses) Wohnende", Ad-bitus „der zur Welt Gehörige", Ad-vorix (Frauenname) „die zu einem Vorix, d. h. Unterkönig, Gehörige", Ad-namatus „der zu den Feinden hin (Seiende)", d.h. „der gegen die Feinde Gewandte". Bei den .4m6i-Verbindungen besteht das zweite Glied besonders häufig aus einem Flußnamen. Das Ganze dient oft zur Bezeichnung von Stammes- und Völkernamen: Ambi-dravi „die auf beiden Seiten der Drave Wohnenden", Amb-isontes „die auf beiden Seiten des Isonzo Wohnenden", „die auf beiden Seiten des Lech Wohnenden", Ambiomarcae „die um die Marken herum (auf beiden Seiten der Marken) Wohnenden", Ambi-savi „die auf beiden Seiten der Save 1

Die Präfixe sind für die dreiteilige Komposition sehr wichtig: s. S. 70 ff.

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Wohnenden", Ambi-renus „der auf beiden Seiten des Rheins Wohnende" (Ethnikon). Are-morici „die östlich des Meeres Wohnenden", Ar-verni „die östlich des Erlensumpfes Wohnenden"; Ate-boduus „über die Schlachtkrähe hinausgehend", d. h. „größer als die Schlachtkrähe", At-iougo- „über das Joch hinausgehend" als Ausdruck für den Freien (cf. Ver-iugo-dumnus), Ate-rato- „der über das Glück hinausgeht" als Ausdruck für den sehr Glücklichenl, Con-geno- „der mit dem Genus ist" drückt dasselbe aus wie der Ad-geno-, d. h. die Mitgliedschaft zu einer mit Genus bezeichneten Gemeinschaft. Con-touto- „der zum Volke Gehörige", d.h. Volksgenosse. Con-dunus wäre derjenige, der zur Festung gehört. Sehr häufig ist Ex-obno- „außerhalb der Furcht seiend" zur Bezeichnung des Furchtlosen (Gegensatz: Su-obno)2. Ver-iugo- hat sich wie das oben genannte Ate-iugo- zur Bezeichnung des „Freien" entwickelt. Vo-geno- ist wieder als Ausdruck der Mitgliedschaft zu einem Genus zu werten, wenn wir es mit „unter(halb) (des) dem Genus seiend" übersetzen. ß) 2. Typ: Das erste Glied kann adverbial oder wie in Nr. l als Präposition, die ein davon abhängiges Substantiv regiert, aufgefaßt werden. Beispiele: -vo-rix (aus Ad-vo-rix) „Unterkönig" entweder zu verstehen als „darunter seiend als König" oder „unter dem König seiend". So auch Vo-latia zu einem Vo-lati„darunter seiend als Krieger" oder „unter einem Krieger seiend". Umgekehrt: Ver-combogio- „Großkämpfer" = „darüber seiend als Krieger" oder „über einem Krieger seiend". Entsprechend aufzufassen ist Ver-cingeto-rix als Steigerung von Cingetorix. Com-argus „Kamerad" = „mit seiend als Gefährte" oder ,,mit dem Gefährten seiend". 1

Die Übersetzung von Ate- mit „über etwas hinausgehend", die man vergebens bei Thurneysen (Grammar) und Pedersen KG sucht (s. Index unter Ate-), nehme ich von dem etymologisch gleichen ai. ati-. Von den bei Wackernagel 311 gegebenen Beispielen zitiere ich z.B. ati-mätra„über dasMaß hinausgehend", ati-rätra- „über die Nacht hinausdauernd". 2 Auf diesem Wege wird sich die Verwendung von ex- zur reinen Privativpartikel entwickelt haben, so daß die Ex-Komposita später wie an- in An-condei aufzufassen sind.

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Ro-cabalus „als Pferd voranseiend" oder „vor dem Pferde seiend" = „großes Pferd"x. y) 3. Typ: Präfix und Substantiv stehen im Bahuvrihiverhältnis. Definition bei Wackernagel 280 „Präverbien als Vorderglieder von Bahuvrihis bezeichnen die Lage und Stellung, in welcher befindlich der Hintergliedsbegriff den zu bezeichnenden Begriff charakterisiert. Diese Kompositionsweise ist grundsprachlich." (Debrunner faßt diesen Typ als Präposition [in der alten adverbialen Bedeutung] und davon nicht abhängiges Substantiv): Beispiele: Hertz vergleicht (mündlich) den Ande-camulus „in dem der Camulus ist" mit griechisch -·& . Entsprechend muß man Ando-latius und Ande-com-bogius mit „in dem ein Krieger steckt" übersetzen. -geno- „in sich das Geschlecht habend" cf. hierzu Ande-geno-. Eni-boudio- „in sich den Sieg habend" erhält nach Thurneysen (bei Weisgerber 200) die Bedeutung „fähig zum Sieg". Vielleicht liegt bei dem weiblichen Götternamen And-arta, wörtlich „in sich einen Bären habend", alter Totemismus vor. Die An-condei „ohne Verstand seiend" mit der Privativpartikel an- enthalten als Vorderglied ein nicht mehr selbständig vorkommendes Adverb im weitesten Sinne (Debrunner § 54). Den Übergang zu Adjektiven im Vorderglied bilden su- und du-, die weder ihrer Genese noch ihrer Bedeutung nach präfixalen Charakter haben. Mit den Präfixen gemeinsam ist ihnen nur die festgelegte Stellung als erste Glieder. Cf. Su-rato- „der, dessen Glück gut ist", Du-rato- „der, dessen Glück schlecht ist", Suausia bezeichnet eine Frau mit schönen Ohren. Schließlich könnte man an dieser Stelle noch die auch als Bahuvrihi zu fassenden, im Gallischen sehr seltenen Verbindungen von Numerale und Substantiv mit den bekannten Stammesnamen der Vo-corii, Tri-corii und Petru-corii, d. h. der Zwei-, Drei- und Vierheerigen anführen. Der (cf. hierzu jedoch den Index) und der Tri-touto- sind wohl entsprechend als Abkömmlinge von Stämmen mit zwei und drei Völkern aufzufassen. l.b) Präfix und A d j e k t i v (cf. Wackernagel 237 f.; Debrunner § 46): 1

Cf. ir. Ro-'duine „a great person"; Ro-rhet „overgreatness"; Ro-sluag „a great army".

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Es ist a priori gegeben, daß bei der Verbindung Präfix und Adjektiv der Kompositionstyp von vornherein ausgeschlossen bleibt, bei dem das Präfix das Hinterglied regiert. In dem Moment nämlich, wo dieser Typ hier auftauchen würde, müßte das Adjektiv seinen adjektivischen Charakter aufgeben und substantiviert werden, weil ja Präpositionen bekanntlich nur substantivierte Worte regieren könnenl. 1

Beachtenswert erscheint in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß für eine Reihe von formalen Adjektiven im ersten Gliede eine substantivische Übersetzung nahegelegt wird: cf. /. B. Seno-rix neben loincorix, Suadu-geno- neben Suadu-rix, Dago-maro- neben Dago-rix, Taximagulus, Seno-caro- neben (lovantu-caro-), Ollo-gnato- neben Seno-gnato-, Seno-rucco- Ogri-geno-. Diese möchte ich folgendermaßen übersetzen: reich an Alter, reich an Jugend, Sohn der Süßigkeit, reich an Süßigkeit, groß an Gut, reich an Gut, Sklave der Weichheit, das Alter liebend (die Jugend liebend), von einem Großen geboren (gezeugt), von einem Alten geboren (gezeugt), Ehrfurcht vor dem Alter habend, Sohn der Kälte u.a. (s. auch S. 67). Sommer (brieflich) möchte Ogri-geno- mit ,,im Winter geboren" übersetzen. Man kann aus den Übersetzungen unschwer erkennen, daß es sich bei der Masse dieser Beispiele um einen abstrakten Begriff im ersten Gliede handelt, für den das Gallische augenscheinlich nur in einem Falle ein eigenes, substantivierendes Suffix zeigt: lovantu-caro- aus *Iovantutucaro- (s. S. 93). Diesen Mangel an Abstraktsuffixen hat das Gallische durch substantivisch-abstrakte Verwendung von Adjektiven ausgeglichen. Eine nichtsubstantivische Auffassung erscheint in einigen dieser Fälle völlig ausgeschlossen; Seno-caro-: -caro- bedeutet liebend - „in alter Weise liebend" wäre die einzig mögliche und doch sinnlose Bildung, bei der seno- seinen adjektivischen Charakter bewahren könnte. Die Übersetzung von seno- als Abstraktum wird außerdem durch das parallele lovantu-caro- sehr gestützt. Seno-rucco- würde weder als „alte Scham" noch als „in alter Weise Scham" wohl auch nicht als „der dessen Scham alt ist" großen Sinn ergeben. Bei Suadu-geno- und Ogri-geno- würden die Übersetzungen „süßer Abkömmling" und „kalter Abkömmling" fast grotesk wirken usw. Komposita vom Stile einer Zusammenrückung, wie sie bei Noviodunum usw. vorliegt (cf. auch Debrunner 146), Schemen in den gallischen PN überhaupt nicht behebt gewesen zu sein. Wir finden sie nur in ganz wenigen Fällen und auch hier ist diese Auffassung nicht eindeutig: Dagovassus braucht man keineswegs als „guter Diener" zu fassen. Wenn man an den obengenannten Taxi-magulus denkt, kann man es auch als „Diener des Guten" erklären. Auf eine Auffassung dieses Namens als Bahuvrihi „der gute Diener hat" macht mich R. Hertz aufmerksam. Bei den Parallelfällen Sacro-bena, Sacro-viro- und Seno-bena, Seno-viro- kann man - es handelt sich vielleicht um einen Titel - mit einer determinativen Übersetzung „die Frau, der Mann eines Sacrum ( ?) seiend" durchkommen (cf. auch Weisgerber, Rhein. Vierteljahrsblätter 18, 1953, 268, der auf die einheitliche geographische Lagerung der sacro-Namen hinweist).

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Das Präfix kann deshalb nur den Grad der Intensität ausdrücken, der dem ganzen Kompositum innewohnt, von der Eigenschaft, die das jeweils hintenstehende Adjektiv repräsentiert. Dieser Kompositionstyp ist auf zwei verschiedenen Wegen aufgekommen : 1. Die anfänglich adverbiale Funktion des Präfixes gegenüber dem adjektivischen Hinterglied hat sich in einigen Fällen erhalten, während sie sich in anderen Fällen zur gradmäßigen Bestimmung der Eigenschaft des Hintergliedes durch das Vorderglied entwickelt hat: cf. z.B. Ambi-mogidus „der ringsherum mächtig ist", Su-agrius „der in guter Weise Wilde" für „der sehr Wilde", entsprechend Su-melis „der sehr Süße". Cf. auchAnderoudo- „der innen rot ist", *Ande-bugi- „der innen blau ist" (wenn hier nicht ein Substantiv vorliegt, s. Index). Hierher zu stellen wäre vielleicht auch der ' aus * „der, dessen Glieder (innerlich == sehr?) braun sind"; Ando-blationi (Dat. f.)1. 2. Die in fremden Kompositionstypen entwickelte Funktion des Präfixes ist von dort auf unsere Kombination „Präfix und Adjektiv" übertragen worden. Es folgen einige Beispiele des Typus „Präfix und Adjektiv". Dabei wird der Versuch unternommen, ihre Stellung zu den oben beschriebenen beiden Wegen ihres Aufkommens „Entwicklung" oder „Übertragung" zu bestimmen. Ad: Ad-maro- „sehr groß", Ad-mata „sehr gut", Ad-minio- „sehr süß", Ad-bugio- „sehr blau", usw.2. Ate: Ate-cotti „die sehr Alten", At-londus „sehr wild", Ate-vallus „übermächtig" 3. Es ist schwierig, „ad" 'zu' bei seiner Bedeutung in irgendeiner Weise als adverbiale Bestimmung der jeweilig dahinterstehenden 1

lich.2

Diese Namen mit ande-Jando- sind nicht mehr wörtlich verständ-

Auch im Inselkeltischen hatte ad- vor Adjektiven lediglich intensivierenden Charakter. Meyers Contributions entnehme ich z. B. für das Irische ad-dech ,,very good", ad-uar „very cold", ad-mass „very shapely". 3 Vgl. die irischen Beispiele aith-ger „very sharp", aith-gerr „very short, brief", aith-guirt „very bitter" u. a.

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Adjektive aufzufassen. Die irischen Wörter zeigen ad- in intensivierender Funktionx. Die Funktion der Intensivierung muß durch außerhalb von „ad- und Adjektiv" gelegene fremde Kompositionsklassen an adin Verbindung mit Adjektiv herangetragen worden sein. Am nächsten würde der Einfluß der Kombination „ad- und Substantiv" liegen, doch diese Komposition hatte sich in keiner Weise zu einer lediglich steigernden Funktion entwickelt. Wahrscheinlicher ist es deshalb, mit einer Einwirkung der aie-Verbindungen zu rechnen wegen ihres lautlichen Anklanges, der durch gelegentliche Synkopierungen von ate- zu at- noch verstärkt werden konnte2. Bei ate- hatten wir ja schon in der Kombination ate- und davon 'abhängiges Substantiv' von der Etymologie her („über etwas hinausgehend") die Entwicklung eines rein intensivierenden ate- verstehen können. Dessen Übertragung auf Adjektive dürfte kein Problem darstellen, und von einem Adjektive steigernden ate- her könnten wir dann auch ein Adjektive steigerndes ad- verstehen.

Com: Entscheidung schwierig! Von Meyers Contributions übernehme ich an irischen Beispielen: com-alaind „equally beautiful", com-amre „equally wonderful", com-ardd „equally high, of equal value", com-binn „equally melodious", com-brecc „all spotted", com-chubaid „harmonious", corn-glass „all-blue" u. a. Man erkennt unschwer aus diesen Beispielen, daß eine gradanzeigende Funktion nur in wenigen Fällen mit dem com- verbunden ist (Meyer scheint com-brecc, corn-glass intensivierend aufzufassen). In nahezu allen übrigen Fällen rangiert das com- als Adverb und ist mit „in gleicherweise" übersetzt. Betrachten wir uns jetzt einige gallische Beispiele: Co-maro-, Co-matilla, Co-mato-, Co-meliddo, Com-baro-maro-, Con-suadullia, Com-brico-, Con-dexua- usw. Als zweite Glieder 1

Deeters hat mich auf die Parallele vom deutschen steigernden „zu" (engl. „too") in „zu groß (too big)" aufmerksam gemacht. 2 S. Index unter Ate- und vergleiche besonders Ate-, Ati-smerio-: Adsmerio-, At-reseus, At-recto- u. a.

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stehen hier die Adjektive „gro , gut (demin.), gut, s , gro k pfig, s (demin.), gesprenkelt, rechts". Man wird aber kaum jemand mit „in gleicher Weise gro , gut, s usw." benennen. So scheidet diese aus dem Irischen zu gewinnende Auffassung von com-, das in adverbialem Sinne das folgende Adjektiv bestimmt, aus. Die bei Wackernagel 238 gegebenen altindischen Beispiele mit sam- bieten ebenfalls keine Erkl rungsm glichkeiten: cf. z. B. sam-vasu- „mitg ttlich" und sam-priya- „einander liebend". Im Griechischen scheinen f r br, ai. brü: aw. mrü, hat sich unlängst P.Thieme geäußert [ZDMG 102, 1952, S, 99].

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Pokorny, Idg. Etym. Wb. 610). Pedersen mußte zu dieser Deutung kommen, da er l, 166 f. die Entwicklung von mr zu br und ml zu bl von der Stellung der Gruppen im Anlaut abhängig macht, in unserem Beispiel aber Inlautstellung vorliegt. Im Inlaut ist die Entwicklung nach Pedersen a.a.O. deshalb nicht möglich, weil wir es hier mit einem lenierten m (= mh) zu tun haben. Es liegen also bei mhr und mhl lautgesetzlich andere Bedingungen vor als bei mr und ml. Dagegen läßt sich nichts einwenden. Es ist jedoch festzuhalten, daß Pedersenl hier nicht die Sonderstellung des Gallischen berücksichtigt hat, dessen „Lenierung" bekanntlich sehr umstritten ist2. Es dürfte also unbestreitbar sein, daß in Cob-runo- und Coblutonl ein altes *Com-runo- und *Com-lutonI vorliegen kann. Daß diese Deutung von Cob-runo— von Cob-lutonI liegt m. W. noch gar keine Erklärung vor — gegenüber der lautlich auch möglichen durch ir. cob „Sieg" den Vorzug verdient, wird besonders nahegelegt durch die cy. Parallelform cyfrin ,,one who is to or in the secret, a confidant" und durch germ, ga-runar, das schon Much, Kelten und Germanen 152, mit dem gallischen Worte verglichen hat. In dem v von Cov-runo- scheint dagegen die spätere britannische3 Entwicklung (cy. cyf-rin) bereits eingetreten zu sein, deren Ausgangspunkt allerdings bei einem *Com-runo- liegen müßte (Morris Jones 190 und 265) 4 , so daß wir mit zwei voneinander unabhängigen - vielleicht dialektischen ( ? ) - Entwicklungen von *Com-runo- zu rechnen haben (cf. auch im folgenden Cov-nerto-). Die Belege von Com-nerto- sind - obwohl in den Lautungen sehr uneinheitlich: Com-nerto-, Cob-nerto-, Cov-nerto-, Covi-nerto- doch kaum voneinander zu trennen. Pokorny 610 und Pedersen 2, 2 stellen Cob-nerto- zu ir. cob „Sieg". Dies ist mir jedoch 1

Pedersen Lewis 54 dagegen spricht lediglich von einem Lautwandel mr-, ml- > br-, bl-. 2 Alle Versuche, eine Lenierung im Gallischen nachzuweisen, sind neuerdings wieder von J. Pokorny, Vox Romanica 10, 1948/49, 257 ff. zurückgewiesen worden. 3 Sofern bei dem gall. Wort nicht vulgärlat. Einfluß vorliegt. 4 Obwohl mir nur der eine Cov-runo-Beleg aus dem Mediomatrikergebiet vorliegt, glaube ich nicht, daß er als orthographische Variante zu verstehen ist. Cf. auch das häufiger auftretende Cov-nerto-. 7 Ztschr. f. celt. Phil., Band 26 Heft 1/2

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wegen der Parallelität der anderen Formen sehr unwahrscheinlich (cf. auch Dottin 114, Anm. 1). Die einzelnen Formen möchte ich so verstehen: 1. Keiner Erklärung bedarf Com-nerto-, zu dem cy. cyfnerth und ir. com-nert im lautgesetzlichen Verhältnis stehen. 2. Die aus dem cy. Worte ersichtliche britannische Entwicklung1 scheint schon in Cov-nerto- eingetreten zu sein (cf. auch Cov-runo-anf S. 96f.) 2 . 3. Das i in Covi-nerto- ist aus späteren, sekundären Einflüssen zu verstehen. Wie aus Punkt 2 ersichtlich, kann die Form covja ohnehin nicht zu den ältesten Belegen gehören. 4. Eine Nasaldissimilation ist bei Cob-nerto- eingetreten. Vielleicht wurde diese dadurch unterstützt, daß man das Wort ir. cob „Sieg" (cf. Ver-cobius) - beachte jedoch umgekehrt dubno- zu dumno- usw. auf S. 95 - in das erste Glied hineingefühlt hat. Der Grund für die lautlichen Differenzen muß in zeitlichen - so besonders Punkt 2 und 3 - und geographischen - vielleicht Punkt 4 - Unterschieden gesucht werden. 1) Zu dem - wahrscheinlich unter der Wirkung eines auf der ersten Silbe hegenden starken Anfangsakzentes - Schwund von n vor t bei Präfigierung, der in Ad-namato-: namantoAd-nato-; Vo-nato-rix: nanto- (cf. aber Co-nanto- neben Conato-) Ad-ia(n)tu-: iantunachgewiesen ist, s. im Index unter namanto-. Vgl. auch Tincorigis (Gen.) neben Co-tico-rix. Unabhängig von Präfigierung tritt der Wechsel -nt-j-t- im Ir. auf bei ir. brat,,Mantel" neben mir. brot, nir. breid „Tuch" (cf. Pedersen l, 160 f.).

B. Lautliche und flexivische Erscheinungen, die unabhängig von der Komponierung auftreten. a) Die Gruppe -et-, Daß sich schon im Gallischen die Spirantisierung des c der Gruppe ausgebildet hat - ein Vorgang, der im Irischen in der durchgängigen Entwicklung eingetreten ist (cf. gall, tecto-: ir. 1

Sofern in dem gall. Wort nicht vulgärlat. Einfluß vorliegt. Orthographische Varianten liegen in den Cov-nerto-Foimen wegen der Häufigkeit der Belege nicht vor. 2

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techt, gall, rectu-: ir. recht usw.) - ist allgemein bekannt (cf. Dottin 48 und 64; W. v. Wartburg, Evolutions . . . 23, erklärt die entsprechende französische Entwicklung durch keltischen Einfluß; cf. auch ebenda 54). Ein paar Beispiele wie rectu-: rextu-, tecto-: texto-, victo-: vixto- mögen deshalb hier genügen. Viel interessanter ist es, daß wir auch für die Weiterentwicklung dieses Lautwandels, d. h. für die Palatalisierung des spirantisierten c vor t schon gallische Spuren zu haben scheinen. Der indirekte Beweis hierfür ist uns ja ohnehin doppelt gegeben : 1. Das Französische hat aus lat. factum ein fait entwickelt (ital. fatto), aus lactem ein lait (ital. latte). 2. Das Britannische zeigt die gleiche Lautentwicklung (cf. jetzt besonders Jackson 407 ff. mit weiterer Lit.): cy. peunoeth „jede Nacht", ir. -nocht „diese Nacht": lat. noctem; cy. wyth, ir. ocht: lat. octo; acy. cymreith, ir. recht: lat. rectus (Pedersen l, 123 f.; Baudis 28 f. usw.). Als direkte Beweise der gallischen Entwicklung könnte man den Beitu-genus III 4368 aus Pann. Sup. neben Eextu- und Rectu-genus anführen. Wegen seiner Lage im illyr. Einflußgebiet ist dieser Name aber nicht voll beweiskräftig: cf. die venet. Göttin Re.iMia.i. (Dat.) bei Krähe, Wb. Jb. l, 1946, 203; Kretschmer, Glotta 30, 1943, 155. - Auch Ad-reitonis (Gen.) für *Ad-rectonis (Corp. V suppl. ital. Pais 999) ist durch seine Geographie belastet. Ein beweisenderes Beispiel dieser Lautentwicklung scheint mir aber in dem Namen Co-speitus XIII 2539 vorzuliegen, den ich als einen - unter gallischer Phonologie entstellten - lat. Conspectus fasse1. Hiervon zu trennen ist die Entwicklung von acto- zu ato- in Amb-ato- und Rectu- zu Retu- in Retu-genus, die auf iberisches Substrat zurückzuführen ist (s. S. 51), wie die einheitliche Lage der Beispiele zeigt. - Lit. W. Meyer-Lübke: Die Gruppe et ZRP 45, 1925, 641 ff. b) Schwund von v. l. ivo zu io: Die Entwicklung von divo- zu dio- mit Schwund 1

Schwund von n vor in Inschriften häufig: cf. z. B. Masuetianos III 11081, Co-suiius III 5632 neben Con-sutiue III 6092», Coetas III 1104 neben Constans III 1323 u. a. 7»

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des v liegt in sehr vielen Beispielen vor, doch gibt es auch noch divo-FoTmen (s. Index). S. weiter bio- aus *guiuo-, 2. ovi- zu oi: lovinco neben loinco-, Vindo-ro-ici für *-ro-vici, Noio-bito für *Novio-bito; Vo-ro-ius für *Vo-ro-vius.* 3. tarvo- taro-: s. Index unter Taro-. c) Diphthonge: eufou/o/u Lit. Weisgerber 181; 216; Thurneysen KZ 59, 1932, 15 f.; Pedersen l, 53 f.; 55; Dottin 60, 265; V. Bertoldi BSL 30, 1929, 172; Thurneysen 40; 45; Vendryes RC 38, 1920/21, 181; Much: Der Name Germanen 30 f.; R. v. Kienle WuS 17, 1936, 103; Jackson 305 ff. u. a. d) Sonstiges bei Dottin 57 ff., der eine Zusammenstellung von Laut- und Schreibvarianten gibt. Richtig beweisend ist davon allerdings nur das aus Inschriften gewonnene Material, das bei Dottin zwar gekennzeichnet aber nicht gesondert beurteilt ist. Besonders hervorgehoben sei hier der häufige Wechsel von g r u n d c : s . z.B. im Index unter geno-: ceno-, dago- neben dacou. a. Doppelungen s. bei Dottin a.a.O. Vgl. noch besonders den Wechsel von e und i der wohl auf geschlossene Aussprache des e zurückzuführen ist. (Weisgerber, Galat. Spr. 174). Hiervon zu trennen ist der gemeinkeltische Wandel von e zu i vor Nasal + Verschlußlaut (Pedersen l, 37). e) Aspirierungen. Es wären noch - gelegentlich durchgeführte - Aspirationen zu nennen, die man auf verschiedene Gründe [Alter — rom. Entwicklung, fremder Spracheinfluß, Schreibung (?)] zurückführen muß. S. auch Hübner 93. Cf. z. B. Dio-charus, Rio-chatus (später Beleg), Vira-desthi (Dat.), Vino-mathus, Cathi-rig(ius), (C)Athu-boduae (Dat.), Ambacthius, Viro-dacthi, AXPO-TALVS. f) i-Stämme. Ein besonderer Zug der gallischen Namensgebung scheint in der Produktivität von — nicht verbalen — -i-Stammbildungen (eto-, 1

Die Entwicklung uvi zu ui liegt wohl in *Druvido- zu Druida vor. Cf. auch Contu-inda für *Contu-vinda für *Conto-vinda.

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ato-) zu liegen. Wir haben hier einen bemerkenswerten analogischen Ausgleich von i-Stammbildungen in ihrem Verhältnis zu nicht- -Stammbildungen und umgekehrt. Z. T. liegt aber auch in beiden Fällen (i-Stamm- und Nicht- -Stammbildungen) altererbtes Sprachgut vor, z. T. bleibt die Frage dunkel. Einige Beispiele: Cingeto-: cingo-, trouceto-: trougo-1, solitu-: soli-, belatu-: bdlo-, vareto- (varito-): (varo-), geneto-: geno-, gon(n)eto-: gon(n)oCf. auch namanto-, namato-; namo-; Caranto-, Carato-: Caro-. Cf. auch ( )- und ( )-. g) «. Um dieses dentale Afrikaten- oder Spirantengebilde auszudrücken, werden die mannigfaltigsten graphischen Zeichen verwandt. Dottin 62 führt Beispiele an für D-DD - D- DD- - TH- D8- SS- S- dd- dd. * Diesen Schreibungen fügt Weisgerber, Rhein. Mus. 84, 1935, 317 eine neue zu: 5$ in Vri$julius, Me^Sionio (bei Finke 45). Zur «-Schreibung vgl. auch J. Vendryes, Et. Gelt 5, 1950/51, 245, der Sebosus (XIII 6236, XV 6678, VIII 15139) neben Seboddu stellt. Auf VeUo-cad-i (auf Münzen) neben Vdio-casses macht Thurneysen, ZCP 16, 1927, 288 aufmerksam (cf. Dottin 48). Hierher stellen möchte ich auch An-are-vi >l< eos. Es enthält dieses merkwürdige Zeichen, das man allgemein mit £ (PID 2, 171 f.) umschreibt. Zur Erklärung des Lautwertes von dd: 1. Pedersen l, 78 hatte bereits die Sirona wegen einer Schreibung &irona zu cy. seren „Stern", körn, steren, br. steren, lat. stellet; ahd. stern usw. gestellt, indem er l, 532 einen keltischen Lautübergang von st zu ts annimmt2 (cf. auch J.Loth, RC 32, 1911, 416; ders. RC41,1924,32) und für das ts auf Epotsoro-vidus (neben Epostero-vidus) weisen kann. 2. Eine große Förderung erhielt das Problem durch Pokorny, ZCP 20, 1936, 492 f., der wahrscheinlich gemacht hat, daß das 1

Wie bucieto-: bugio-. Die phonet. Entwicklung ähnlicher Lautühergänge im Indogermanischen ist nach Porzig, Gliederung 77 mit weiterer Lit.: st zu ist zu ts zu ]>ß zu ss. Zum t-s-fc im Hethit, cf. Kronasser, vergleichende Laut- und Formenlehre des Hethitischen, Heidelberg 1956, S. 61 § 71. 2

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von Weisgerber, Germania 17, 1933, 16 behandelte Suffix -issa bei m nnlichen PN auf gallisches -ista — was in illyr. Maskulinen h ufig ist - zur ckgef hrt werden mu (cf. auch P. Kretschmer, Glotta 30, 1943, 117 ff.). Die Entwicklung ist ber den dd-L&ui verlaufen, der auch Entsprechungen mit ss haben kann. Auf S. 506 a.a.O. verweist Pokorny auf cy. Beispiele wie gwystl (vgl. den gallischen PN Con-geistlus aus *gheidh-tlo-), die beweisen, da die Entwicklung von Dental und Dental ber st (ts) zu ss gegangen ist. Der si-Laut hat sich in Beispielen wie den genannten noch erhalten (cf. Pedersen l, 78 ff.). 1 Bei diesem Problem ergibt sich f r mich: 1. Die Pokornysche Ansicht, da sich st ber ts - d. h. ber den dd-liaut zu ss entwickelt hat, wird durch das mir vorliegende Material vollauf best tigt. Es gibt verschiedene F lle, wo sich zwei sonst v llig gleiche Namen nur durch st und ss (·&) unterscheiden. Cf. z. B. Diassu-maro-: Diastu-mar(o-) (Γαιζατο-διάστον); Tri-cassini (Tri-casses): Tri-castini (cf. Velio-ca&i), Atessas neben Atestas, Carsti-maro-: Καρϋ-ί-λιτάνιος2, Redso-maro-, Ressimaro-: Restu-maro-, Resttis, Restio, Resto(n). Cf. Praesa-marci: Praesta-marci. Das Zeichen dd steht neben st und ss zur gleichen Zeit. Diese 3 Lautungen m ssen sich ziemlich lange nebeneinander gehalten haben (cf. auch redso-, ressi-, restu-)3. 2. Bemerkenswert sind die bei Pedersen l, 78 ff. und Pokorny a.a.O. 506 angef hrten britannischen Beispiele mit st, die sich sicherlich vermehren lie en 4. Sie zeigen einmal, da die Zwischenstufe dd im Britannischen nicht mehr vorhanden ist, da also alle sf-Bildungen, die in ts bergegangen waren, die Entwicklung bis zu ss zu Ende gef hrt haben. Andererseits beweisen sie aber ganz klar, da gewisse si-Verbindungen die Entwicklung zu ts (und damit zu ss) niemals angetreten haben. Ein fl chtiger Blick auf die Geographie der in Frage kommenden gallischen si-Bildungen scheint schon zu zeigen, da sich diese auf der mehr s dlichen, 1

Zur britannischen Entwicklung cf. auch Jackson 530 S. Hertz (m ndlich) m chte auch carti- (s. Index) hierzu stellen, da im Ir. -rst- zu -rt- geworden ist. 8 cf. auch cabr-o-stos (Index unter Γαβραντο-) Etn-o-sua (Holder l, 1481). 4 Jackson 529 ff. u ert sich genauer ber die Verh ltnisse im Britannischen. 2

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illyrischen Einflüssen ausgesetzten Seite des Galliergebietes befinden. Der oben erwähnte Con-geistlus z. B., der auch im Cymrischen sein st bewahrt hat, kommt nur einmal in Norikum vor1. 3. Das Irische ist von solchen si-Relikten völlig frei, was wieder einen (negativen) Beweis für die größere Verwandtschaft von Gallisch und Britannisch darstellen dürfte. Wahrscheinlich wird sich im Irischen der Lautwandel in phonetischer Hinsicht dem gallischen und britannischen ähnlich vollzogen haben, doch finden wir hier nur die Endstufe ss belegt. 4. Mit der Sirona hat Pedersen (oben a.a.O.) ein treffendes Beispiel für ein anlautendes st gegeben. Die inlautenden st-, dd-, ss-Bildungen sind - in der Mehrzahl der Fälle — durch t-Suffixe aus der Verbindung von Dental und Dental entstanden. Diese Erkenntnis ist für die Etymologisierung vieler gallischer Wörter (besonders bei Nominalableitungen von Verben) von großer Wichtigkeit. Man vgl. z. B. reto-, den Verbalstamm von „laufen", mit resso-, redso-. An-arevi§eos möchte ich auf *And-are-viddeos zurückführen, das letzte Glied also zu der in Epotso-ro-vido- liegenden Schwundstufe von idg. *uoid-/*ueid- „wissen" stellen. - Hierdurch dürfte sich auch das Problem des Eposo-gnato- neben Epostero-vido lösen (s. Index)2. 5. Auf ein Beispiel, wo -dd aus d und s (also nicht aus Dental und Dental) entstanden ist, hat J. Vendryes, Et. Celt. 5, 1950/51, 245ff. aufmerksam gemacht: Addedo-, Assedo- neben Ad-sedo-. 1

Eine genauere Untersuchung der Geographie sämtlicher gallischer -Bildungen (ohne Beschränkung auf die komponierten Namen), die neben 88- und Ate-curus Docni-mari f.: Jahrh. d. österr. arch. Inst. XXXVI, 1936, 46 (Straße von Hrastnigg nach Krnize). At-dani (wohl Gen.): Töpferstempel: XIII 10010, 2853 für *Ate-dani mit Synkope (s. S. 92). Ate-dunae (wohl Gen.): III 4906 Noricum: Virunum. Ate-dunae (wohl Dat.): III11647: Noricum. Ivenna. Zur Komposition s. unter 2. Gliede. At-epo-: s. unter Synkope S. 92 u. s. unter dreiteilige Komposition S. 722. At-epae (Gen.): 3267: Belgica: Remi; XIII 4388 (wohl (Dat.): Belgica: Mediomatrici. At-epato (Dat.): XII 2905: Volcarum Ager Septentrionalis. cf. Töpferstempel: XII 5686, 88; cf. auch Attepata: V 766 Aquileia (PID l, 247). At-epiccus (Claudia Atepiccus): VII 1325: Kent. ten, ist im eigentlichen gall. Kerngebiet nicht anzutreffen. Hier haben wir nur Ad-gen(n)o-Formen. Das *Ate-geno- wird an den Randgebieten (besonders im iber. Gebiet), wo die Komposition nicht mehr richtig verstanden wurde, durch den Gleichklang von ate- u. ad- (s. S. 61) unterstützt, aufgekommen sein. Hierzu passen die auch sonst ungenauen orthographischen Schreibungen der vorliegenden Beispiele. 1 Cf. auch Acinco-vepus. 2 Diese beiden Hinweise gelten für alle Weiterbildungen und Ableitungen von At-epo-.

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At-epillae (wohl Dat.): XII 3429: Gall. Narb. Nemausus. f.? cf. dazu auf M nzen (Blanchet 52; Mur. Chab. 6361-6364) At(e)pili, At-epilos (cf. Dottin 61). At-epo: 6 Belege im Thes. F r den Brambachbeleg (CIR) cf. jetzt At-eponi (Dat.): XIII 4163: Belgica: Treveri. At-epo-duae (Dat.) III 5386: Noricum: Solva (nicht im Thes.). At-epo-marus, (At-po-marus = III 4580): 6 Belege im Thes., davon einer als Beiname Apollos (s. S. 47). Nicht im Thes. ist At-(ep)u-marae (wohl Dat.): XIII 11477: Germ. Sup.: Aventicum. - Zu den T pferstempelbelegen cf. au erdem Osw. 25 u. Osw. 3521. Apete-mari (Gen.): XII 1148; Gall. Narb.: Apta. Mit Metathese f r *At-epe-, s. S. 93. At-epono: XIII 1204: Aquitania: Avaricum Biturgium. At-eporus: XIII 4162: Belgica: Treveri. Schlecht berliefert! At-epus: XIII 10010, 188: T pferstempel, cf. Osw. 25 u. 352. -at-epus Belin-: XIII 1113: Aquitania: Ager Santonum2. Άτ-επό-ριγι (Dat.) Strab. 12, 3, 37 p. 560. Ατ-επο-ρειγος: GIG III4039, 23-26; 32-33. Zur Auffassung als Kompositum s. S. 72. At-epu: PID 2, 77 Nr. 259. R tisch f r gall. At-epo nach Kretschmer, Glotta 30, 1943, 200; s. auch S. 51 f. Atessatis (Gen.), Atessatia, Atestas, Atettius s. unter *Ad-tessas usw. At-esui: StN: Plin. 4, 107. At-ianti s. unter Ad-ianti. Ate-genta: 3 norische Belege aus dem CIL III im Thes 3. Ate-gnatus, -a: Zu den 2 norischen Belegen im Thes. f ge ich als 3. hinzu Ate-gnate (wohl Dat.): III 4732 Noricum: Fl. Moell et Liser4. „der (die) Wiedergeborene" - Anders Pedersen l, 104; W. H. unter at; cf. aber Weisgerber, Germania 17, 1933, S. 15. Thurneysen 500 f hrt ir. aithgnath zum Vergleich heran. Ate-gniae (Gen.; wohl m.): XIII 4681: Belgica: Leuci. Ate-gnio-wari (Gen.): XIII 7101: Germ. Sup.: Mogontiacum. 1

Zur Auffassung als Komposifcum s. S. 72. Anders O'Rahilly 292. Belin. zu trennen? s. 1. Glied. 3 Ein Beleg zeigt Ati- (s. S. 91 u. unter Ate-). 4 Cf. auch Ate-knati (Gen.) aus der Inschrift von Todi (Dottin 154; PID 2, 176) - der g/k Wechsel auf Grund des nordetruskischen Alphabets (s. S. 52). 2

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Ate-gnissa: Inschrift von Nickenich. Zitiert nach Weisgerber, Germania 17, 1933, 14 ff. cf. RA 1-2, 1933, Nr. 091. Ate-gnutis (Gen.): XIII 1193: Aquitania: Avarcium Biturigum. cf. Ate-cnud(is?). At-iougo-: Zur Elision s. S. 91 f., zur Auffassung als Komposition s. S. 57 und vergleiche Ver-iugo- „frei". At-iougon(is) (Gen.): III 4724: Noricum: Agvontum. Zur Elision s. S. 91 f. At-ioucius: III 5242: Noricum: Celeia2. Ate-iouci (Gen.): XII 4006: Gall. Narb.: Nemausus. At-londus: „sehr wild" (cf. Thurneysen bei Holder l, 267; Pokorny, ZCP 21, 1938, 156). Belege: II 76: Lusitania (Gen.); Atlondus II 4980: Inscriptiones Originis incertae; cf. Ap-londus für At- ( ? ) : II 3082: Tarrac: Toletum3. Ati-malis (wohl Gen.): Töpferstempel: Osw. 26. cf. Athamallus für Ate-mallo- ( ? ) ,sehr langsam'. Ate-meri (Gen.): III 5257: Noricum: Celeia. Ati-meriae (Gen.): III 6496: Noricum: Vallis Dravi inter Teurniam et Virunum: „sehr unstet" (zu ati s. S. 91). Ati-oytus: XIII 659: Aquitania: Burdigala. Ati(wohl Dat.): XIII 658 ebenda (zum ati s. S. 91). 1

Zu ate-gnio- paßte ir. aithgne, aidgne „knowledge" (Thurneysen 499) ausgezeichnet. Man könnte dann Ate-gnio-maro- als „groß an Wissen" übersetzen u. Ate-gnia als eine Art Kurzform dazu fassen, die in ate-gnissa eine Weiterbildung gefunden hat (zu den Namen auf -issa cf. Weisgerber, Germania 17, 16 f.; Pokorny, ZCP 20, 1936, 492). Lautlich schlechter ist es, die Namen zur Wurzel gen- „erzeugen" zu stellen, (soWeisgerber a.a. O.). Doch hätte diese Lösung der erstgenannten gegenüber den Vorzug, daß man Ate-gnio- nicht von Ate-gnaio- abzutrennen brauchte. (Beachte auch die Proportion: Ate-gnio: Ate-gnato = Olugnio-: Ollo-gnato-) Ein dritter Erklärungsversuch läge in der Annahme der von Pedersen (l, 104) u. W. H. (unter at) vorgebrachten Meinung, Ate-gnatonicht zu gen- „erzeugen" zu stellen, sondern es mit dem mittelcy. Infinitiv af-na-bot, mittelbret. az-naout „erkennen, wissen" in Verbindung zu bringen. Dies würde im Zusammenhang mit der an erster Stelle vorgebrachten Meinung ebenfalls eine einheitliche Erklärung von Ategnio- und Ategnato- ermöglichen. Endgültige Sicherheit ist schwer zu erlangen. 2 c-Schreibung trotz Thes., wo der Name unter At-iougius angeführt wird. Zum (wohl graphischen) g/c Wechsel s. S. 100). 3 Bemerkenswert ist die Beschränkung der Beispiele auf CIL II (cf. S. 55).

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Ate-rato (Dat.): XIII11090: Aquitania: Avaricum Biturigum. „sehr glücklich, sehr reich" (s. S. 57) *. Atrebates s. unter *Ad-trebates. At-reccesianus: III 12896: Dalmatia (zur Synkope S. 92) s. unter 2. Gliede. At-recto- mit regelmäßig durchgeführter Synkope (s. S. 92) 2 . Zu den häufigen Belegen cf. Thes. s. besonders At-rectus, -ins, -ia; At-reglius (XIII 7281II, 12); At-rexstus (XIII 6140); At-rectinius (XIII 3979); At-rect(i)n(i)a (XIII 6317); (XIII 10027, 106): Töpferstempel, cf. ferner Osw. 26. At-reius: Töpferstempel bei Osw. 27. Vielleicht = Atreus (s. Thes.). Doch sprechen dagegen die Beispiele mit -reio- als 2. Gliede (s. ebenda). At-ressus, -a: Zu den 5 Belegen des Thes. aus dem Gebiet des CIL III kann man jetzt At-ressus (2mal belegt, Imal davon im Gen.) aus Südostniederösterreich, d. h. aus dem gleichen Gebiet hinzufügen (Jahrh. des Österreich, archäol. Instituts 26, 1930, S. 201 u. 203). s. unter Dialekt. S. 553. At-retus, -retius: Osw. 27: s. oben u. vgl. 2. Glied. At-ruciani (Gen.): Osw. 27: Töpferstempel, „der über die Unehre hinausgeht" (?) = „der Ehrenhafte" (s. unter 2. Glied u. s. S. 57). Ate-smei (Gen.): Zweimal in V 7223: Alpes Cottiae (PID l, 337). Ate-smerius: XIII 3023 (= GN im Dat.): Lugdun: Meldi. Ati-smerius PN: III 4743: Noricum: Teurnia (cf. Dottin 58). Zum ati- s. S. 91. Zum PN = GN s. S. 47. Ad-smerio (Dat.): GN. XIII 11254. Ate-smerti (Gen.): XIII 3080: Lugdun: Turoni. s. 2. Glied. Ate-spatus ist als PN zweimal in XIII1366 (Aquitania: Bituri1

Atratinus, cognomen Semproniorum, cf. Thea. unter Atratinus u. P. W. unter Sempronius, ist hiervon zu trennen. 2 Es mögen auch z. T. Ad-recto-Formen vorgelegen haben, die sich mit At-recto- vermischt haben. Cf. Ad-reitonis u. s. S. 61. 3 Wegen des ir. ad-rethim „angreifen" sollte man annehmen, daß das at- der gall. Namen durch Vermischung von ad- u. ate- aufgekommen ist (s. S. 61 u. vgl. Ad-reticio-, Ad-retoni- usw., die mit ad- präfigiert sind. [S. 65]). Doch könnte die in resso- vorliegende Nominalableitung des Verbalstammes reto- auch nachträglich mit ate- komponiert sein. Vgl. jedoch At-retus, -retius bei Osw. 27. 4 Der ate-/ad-Wechsel beruht wohl auf Vermischung: s. S. 61 u. cf. Dottin 61.

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ges Cuborum) belegt. Etymologisch entspricht ihm ir. aühesc „Antwort" u. mittelcy. atteb (cf. Pedersen l, 77; 2, 620 f.). Ate-valus: „übermächtig" (s. S. 60): Den beiden im Thes. angeführten norischen Belegen füge ich mit durchgeführter Synkope (s. S. 92) hinzu: At-vali (Gen.): JII 5488: Noricum. At-viro (zur Synkope s. S. 92): XIII 1206: Aquitania: Avaricum Biturigum. Ate-vla, Viatos: Münze: Ate-vla steht für -viatos, das einmal — allerdings ohne mit ate komponiert zu sein - auf diesen Münzen belegt ist. *Ate-vlatos ist die eigentliche, volle Form. Belege bei Mur. Chab. 7199-7202 u. a. cf. Holder l, 261. Der Name kann als „der Übermächtige, der Großfürst" interpretiert werden. Ate-vorti (Gen.): III 5272: Noricum: Celeia. 2. weiterer Beleg im Jahrb. des Österreich. Archäol. Instituts XXXVIII, 1950, 123 f. (Beiblatt): Ruprechtshofen: „der Zurückgewandte" cf.Exvertini. Ate-vritus: „der Wiedergefundene" (Thurneysen bei Weisgerber 214). Den 3 Thes. Belegen füge ich hinzu: XIII 11295: Belgica: Ager Remorum; XIII 11205, 15: Lugdunum. -ater gutu: Das 2. Glied enthält nach Pokorny 413 das bekannte idg.Wort für Vater, lat. pater, ai, pitär-, air. ath(a)ir usw. Atha-mallus: XII1767: Gall. Narb.:Valentia. Zur Aspiration s. S. 100. cf. Ati-malis. Athu-boduae: s. unter Catu-boduae. Attaio-rig(is) (Gen.): XIII 463: Aquitania: Ausci. iber. gall. Mischbildung s. S. 51. Attio-rix: Töpferstempel bei Osw. 29. Der Name stellt wohl eine lat. gall. Mischbildung dar. Attios ist (im Thes. unter Attue) häufig belegt s. S. 53. Attalus (häufige Belege im Thes.): Es ist anzunehmen, daß der nichtgall. Name mit einem gall. Attalus aus *Ate-talus „großstirnig" zusammengefallen ist (cf. auch Holder l, 273 u. s. S. 92f. u. 95). Dadurch könnte man auch das sonst unmotivierte tt in Eottalus — *Ro-talus am besten durch Analogie an Attalus erklären. Wahrscheinlich stellt Cottalus eine Ableitung von gall, cotto„alt" dar. Wenn nicht, könnte das doppelte t des Namens ebenso wie das doppelte t von Rottalus zu beurteilen sein. Für eine Assimilation von nt zu tt (Cottalo- aus con-talo-) fehlen Parallelen (s. S. 90 u. vgl. Canto-).

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Atti-saga m. II 1374: Baetica: Basilipo. f r *Ate-sagat! oder ungall. (cf. auch die geographische Lage u. das Maskulinum auf α). -atus Amb- s. unter -actusAmb-. Atu-siri (Gen.): XIII 7076: Germ. Sup.: Mogontiacum. Zu Ate- oder zu Catu- ( ? ) . Auci-rix: T pferstempel: XIII 10010, 217. Zum 1. Glied mit ΐ-Fuge cf. Aucius als nom. gent. im Thes. Ling. Lat. Zur Mischbildung s. S. 53. Aucto-mari (Gen.): III 5272: Noricum: Celeia. Im 1. Gliede k nnte die gall. Entsprechung des lat. augere. got. aukan usw. (W. P. 22 f.) vorliegen, was lautlich durchaus m glich w re. Da dieses Wort jedoch im Inselkeltischen nicht belegt zu sein scheint1, das eine vorhandene Kompositionsbeispiel nicht gerade im gall. Kerngebiet liegt, u. der NaxneAuctus sehr h ufig auf lat. Inschriften auftritt (cf. Thes.), wird man Aucto-maro- zu den lat. gall. Mischbildungen stellen (s. S. 53). -ανλγ] (Akk.) Καμβ-: Kompositum? Aulo-genes: V 3509: Verona. Aulu-centius: V 940: Aquileia. Nach der geographischen Lage der bei Schulze 73 gegebenen Ableitung vonAulo- kann es sich hierbei kaum um eine gall. Wurzel handeln. Schulze a.a.O. fa t das Wort als etruskisch. Cf. jedoch Aulric-mar(a). Aulric-mar(a) : III 10351 (= 3367): Pann. Inf.: Ager Aquincensis. [Auf der gleichen Inschrift (T)rouceti-ma(r)its]. 1. Glied unklar. Sollte es sich mit zweimaliger Synkope (s. S. 92) um ein *Aulo-rico-mara handeln? Doch s. unter Aulo-\ -ausiae (Dat.) Su-: ausio- „Ohr" zu ir. au, lat. auris, a3ssl.uSi „die beiden Ohren" usw. (W. P. l, 18; Dottin 229). Auri-knus: Falsches Zitat im Holder! Gemeint ist vielleicht XIII 720: Burdigala: Aurelius A ||| Rinus. Avectius s. unter *Ad-vectius. Avia-ricis: T pferstempel bei Osw. 33 = XIII 10010, 235 „reich an Verlangen" s. unter Avi-. Fuge? cf.Avia (f.) in X 310; XII 4249 ( ? ) ; XIII 8339. 1

Ir. ugTidar, air. auctor, augtor, cy. awdor sind aus dem Lateinischen entlehnt (cf. z. B. O. Bergin: Stories from Keating's History of Ireland, 3. Edition, Dublin 1930, XXXI).

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Avi- zu cy. ewyll, ewyllys „voluntas", corn, awell, awel „Verlangen", bret. eoull; ai. avati „beg nstigt, f rdert", air. con- i „servat" (Pedersen 2, 586), ahd. Namen wie Awi-leib usw., lat. avere, illyr. avita in Apl-avita „die mit Macht Begehrte" usw. (cf. W. P. l, 19; Pokorny 77; Much, WuS 6, 1914/15, 228; W. H. unter avere; Kr he Wb. Jb. l, 1946, 176 u. 183; derselbe IF 58, 1942, 229). Avi-canto (Dat.) GN: XII 3077: Nemausus. Hierzu wohl auch Aviuccntus mit Verschreibung f r *Avi(u)cantus (c f r a): III 4378: Pann. Sup.: Arrabona. Avo-rix: XIII 3185: Prov. Lugdun: Diablintes: „reich an Verlangen" (zum Fugen Wechsel s. S. 91) cf. auch Avia-ricis. -avus Vesu-. -avi Ambi-. -avo- k nnte nach seiner Geographie in den beiden ebengenannten Namen, wo es als zweites Glied auftritt, das illyr. Suffix -avo- (cf. Kr he IF 58, 1942, 214 f.) darstellen. Doch wird dies wegen des gut gall. Charakters der Vorderglieder u. des unter avi- Gesagten unwahrscheinlich. Avitiano-mare (Dat. f.): XIII 5495: Germ. Sup.: Dibio. Lat. Avitianus als Ableitung von avitus zu avus h ufig (Thes.). Deshalb und wegen des auf S. 53 Gesagten ist der Name als lat. gall. Mischbildung anzusprechen. Baio-casses. -cassini: Populus Galliae Lugdun. Belege im Thes.; cf. ebendort den germ. Volksnamen der Baio-varii; beachte Bago-cassi bei Auson prof. 517 u. Οναδι-κάσιοί bei Ptol. 2, 8, 11; cf. Boio- u. s. unter Bodiocasses. -βάλης Άνδο-: ungall., s. unter -beles. -balo Dri-: ungall., s. unter 1. Glied. -βάλλοι Τρι-: ungall., s. unter 1. Glied. Ballo-: ir. ball „Glied" (cf. Marstrander: NTS l, 1928, 123f.; Weisgerber 193). -βαλλος Άν-δόννο-: Βαλλο-μάριος: Cass. Dio 71, 3, la. Belege bei Sch nfeld 43 „gro an Gliedern" (cf. Marstrander a.a.O. u. vgl. Bussu-maro[s. S. 72g.])1. 1

Anders v. Grienberger, IF Anzeiger 32, 1913, 44 u. Scherer 204.

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Bano-lucci (Gen.): Töpferstempelbelege bei Osw. 38 u. 357 (cf. III 6010, 37; III 12014, 15; VII 1336, 133; XIII 10010, 271). Das 1. Glied könnte ir. ban „weiß" enthalten („der, dessen Schar weiß ist [?]" als Ethnikon?), doch cf. auch das ülyr. bano- in Mala-, Acra-banus, Acra-banis (Krähe, Altillyr. PN 3; 7l; ders. Wb. Jb. l, 1946, 176 u. 180). -banti (Gen.) Cabria-: = ir. bet „a deed, achievement"1. Bara-datus: XI 3519: Centum Cellae. Wegen Lage und aFuge (s. S. 52) ungall. Doch siehe 2. Glied. Bardo-marus: Holder 2, 432 führt das Wort ohne Zitat unter mär o- an. barro- „Kopf", bari-: ir. barr „Kopf" (cf. Dottin 231; Pokorny 109; Pedersen l, 44). Cf. dagegen air. bare, cy. bar „Zorn" (W. P. 2, 160), das in den Ambi-barii = cy. am-far vorliegt. Wegen des auch sonst auf tretenden Wechsels von Geminaten mit einfachen Lauten (s. S. 100) braucht bei baro- nicht in allen Fällen das Wort für „Zorn" vorzuliegen. Bei -barillo- kann das Rhythmengesetz auch zur Vereinfachung eines -barro- unter dem Wechsel des Akzentes geführt haben (s. S. 40). Der im Ir. vorliegende w-Stamm des Wortes für Zorn (Dat. barainri) scheint innerhalb des hier vorliegenden Materials nicht überliefert zu sein. -barii Ambi-. -bara Com-, -barillus, -ins, -baro-marus Com-, -barisiits Com-: s. unter 1. Gliede u. vgl. wegen des Suffixes das unter -artosfios) S. 135 Gesagte. -barii (wohl Gen.) Sacro-. -barus Su-; barrus Cuno-z. Zumindest im 1. Gliede ungall. dürften folgende, unter dem 1. Gliede einzusehende Namen sein: -barulla Sam-, -bara-Tala-, -barrae (Gen. m.) Sam-, Basa-boiates, var. Baia-bocates: V. in Aquitanien: Plin. nat. 4, 108: Name kaum gall, wegen Lage und -Fuge (s. S. 51). Basto-gaunini (Gen. oder Dat.): II 6144: Egara: Kaum gall. 1

Zimmer, KZ 32, 1890, 140 f. hatte das ir. Wort falschlich zu idg. *gy,hen-, ai. hanti usw. gestellt, wohin aber nur ir. gonim „verwunde, töte" gehört. 2 Cf. Barri-vendi filius Vendu-bar(r)i in IBCh 88: zweimal „Weisskopf" mit Umstellung (cf. auch Weisgerber 215).

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Bata-carii (Gen.): IV 2254: 1. Glied mit -Fuge unklar (s. S. 90) i. -becco (Abi.) Edo- belegt bei Greg. Tür.: Das Hinterglied enthält das in alat. beccus, franz. bec „Schnabel" vorliegende gall. Wort. Cf. Dottin 232; Gamillscheg 93, wo weitere Lit. -baudem (Akk.) Brito-: s. 1. Glied u. cf. das bei Schönfeld 167 angeführte germ. Mero-baudes. Belatn-: cf. außerhalb der Komposition Belatus; Belatullus, -a, -ins; Belatonius. Zu Dottins (232) Deutung als „mort" zu ir. e-peltu aus *esbeltu (Pedersen 2, 459) müssen hier nähere Erläuterungen gegeben werden: *eks-bdtu aus *eks-beltiu (*eks-beltiu, das wie ein nStamm flektiert2) (cf. Thurneysen § 730; Flexion wie tichtu „coming", Thurneysen § 328); *ek(s)-beltiu zu *ebbeltiu zu *eibbltiu (mit Synkope: cf. Thurneysen 67) zu *epeltiu (bb = p) mit Svarabhaktivokal (Thurneysen § 112). Färbung nach erstbetonten Formen des Verbums ausgeglichen. Bei Belatu- haben wir noch den Suffixansatz -at-. Bdatu-cadro (Dat., GN): Den Zitaten des Thes. in VII (England) füge ich hinzu RA 1-2, 1933, Nr. 130 u. 131 (u. ü.) Belatu-marae (Dat.): III 5589: Noricum: Bedaium. „groß in der Zerstörung". Bellato-ricis (Gen.): XIII 6019: Germ. Sup.: Pfaffenhofen: II für l u. o-Fuge für w-Fuge (s. S. 91) zeigen, daß Form entartet. Cf. auch das c im Hinterglied. Bda-donni: Beiname des Mars im Dativ. Zur Flexion des Hintergliedes vgl. das auf S. 95 Gesagte. Das Vorderglied ist mit Haplologie für Belato- aus Belatu- anzusetzen (s. S. 92 f.). 1

Cf. andabata bei Holder l, 148; PID 2,191, das zur Bezeichnung eines Fechters mit geschlossenem Visier diente und seine Etymologie (lat. battuere usw.). Cf. auch A. Mayer, Glotta 32, 1953, 302 ff. 2 Während das unkomponierte Belatu* einen w-Stamm darstellt (Thurneysen § 723 u. § 729), zeigt dieselbe Wurzel in der Komposition nFlexion: Hierzu cf. z. B. Pedersen 2, 511 f.: Inf. comet, Gen. cometa = •u-Stamm (com- u. em- „schützen"). Cf. dagegen imditen (Gen.), „Verteidigung" als -Stamm zu einem komponierten Inf. imb-di-em-. Die Parallele ist nicht ganz genau, weil hier das Verhältnis M-Stamm: n-Stamm = Inf. comet (aus co-em also einmal komponiert): Inf. imditen (aus imb-di-em also zweimal komponiert) vorliegt, während wir bei belatu: epeltu das Verhältnis M-Stamm: «-Stamm = unkomponiert: komponiert haben. 10 Ztschr. f. celt. Phil., Band 26 Heft 1/2

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Belheio-rigis (Gen.): XIII 90: Aquitania: Convenae a dextra Garumnae: gall. iber. Mischkompositum (s. S. 51). •beles: iber.Wort! Aeni-beli (Dat.), Antu-bel..., Antu-bellicus,Neitin-beles, Bombellae, Tar-belsonius, Ίνδι-βέλης, Άνδο-βάλης, Bilis-tages, Cerdubelus (zu den eZws-Fonnen cf. E. Tovar in: The Journal of Celtic Studies, 1949, 19 f.). Beispiele liegen ausnahmslos im Iberergebiet1. Bemerkenswert ist das Fehlen jeglicher Fuge bei einer Reihe der Namen. W hrend Pokorny, ZCP 21, 1938, 156 den iber. Charakter von ,beles' anerkennt, vermutet er in dem ilergetischen K nigsnamen Ίνδι-βέλης (cf. auch Ίνδί-βολις bei Dio fr. 56, 46) eine Art Mischung aus dem oben erw hnten iber. Wort -bele-s und einem urir. endi-, endo- (idg. *ndhi: cf. jedoch das unter ,,ande-" Gesagte) zu air. ind. Das endo- (mit analogischem o in der Kompositionsfuge) liegt nach ihm auch in dem mehrfach belegten lusitanischen GN Endo-vellicus vor (w hrend Indibilis sein i durch lat. Einflu erhalten haben soll). Άνδο-βήλης dagegen soll ein entweder brittonisches oder baskisches (andi ,,gro ") Pr fix enthalten. Doch h lt es Pokorny auch f r m glich, da wegen des iber. -beles, in dem zweiten Bestandteil dieser Gruppe ein durch keltische Einfl sse umgestaltetes urspr nglich baskisches Wort f r Familie = enda vorliegen k nnte2. Zu beachten sind aber auch die beiden Belege von End (u-) in Tridentum u. Brixia (CIL V), die man von Endo-(vellicus) ungern trennt. Belin-at-epus: XIII 1113: Aquitania: Ager Santonum: (beachte Belin. At-epus:) Belin ist wohl zu trennen; doch siehe den folgenden Namen. -belinus Cuno-: cf. Aesu-bilini. Vielleicht Ableitung zu bello-1 cf. jedoch den GN Belenus, Belinus bei Holder l, 370ff. -bellius Vela- s. unter Vela-. (B)ello-gnati (Gen.): XIII 5724: Germ. Sup.: Andemantunnum: cf. Catu-gnato- als Synonym. 1

Tovar: Lexico de las Inscr. Ibericas 24 f hrt folgende Beispiele an: adabels, adinbelaur, igorbeles, ildubeles, isurbeles, aribels, uldibeles, lacerbelaur. 2 Zu Endo-vellicus sind wohl auch die iber. Belege von Antu-bellicus zu stellen (zum Wechsel von Medien und Tenues s. S. 51).

DIE KOMPOSITION IN GAMJ8CHEN PERSONENNAMEN

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Bello-: Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine Art Kurzform zu der in belatu vorliegenden Wurzel, in die das lat. Wort für Krieg volksetymologisch hineingefühlt worden ist. Das Wort bello- in der Komposition ist ja auch sehr früh - und im Verhältnis zu seinen Gesamtbelegen als Kompositionsbestandteil - sehr oft bei lat. Schriftstellern belegt, wo die Umdeutung des Namens in lat. Munde nahelag: s. S. 53. Auch wegen der Lage der inschriftlichen Belege von (B)ello-gnati und Bdlorix könnte man an außergall. Einflüsse denkenx. Beachtenswert ist auch die Tatsache, daß Bello-rix eines der wenigen f. mit -rix als Hinterglied darstellt (s. S. 75). Statt der Wurzel von belatu- bestände auch die Möglichkeit, die in Bdisama vorliegende Wurzel von *belo- „glänzend" zum Ausgangspunkt der Form bello- zu nehmen 2. Auf eine dritte Möglichkeit der Erklärung von bello- macht mich Weisgerber aufmerksam: Lat. bellus „hübsch", „niedlich" usw., seit Plautus belegt, fände eine semantische Stütze durch *belo- „glänzend". Bello-rix: XIII 5665: Germ. Sup.: Andemantunnum. Wohl f.: lulia Bello-rix . . . (s. S. 75). Bello-vaci (StN): Volk in Belgien. Davon abgeleitet als Ethnikon Bdlo-vacus: Belege (Cic., Caes., Hirt., Liv., Plin. u. a.) im Thes. (cf. das inschriftliche Vorkommen des Namens ebendort). Bello-vaedius: Amm 25, 7, 13. Bello-vesus: Liv. 5, 34, 3; 5, 34, 4; 5, 35, 1. Thes.: Dux Biturigum, qui cum popularibus suis in Italiam Profectus est. (Sein Bruder ist Sego-vesus). Bemi-luciovi (Dat. Gott): XIII 2885: Prov. Lugdun.: Ager Mandubiorum. Zu dem unklaren GN s. S. 47. (-lugovi coni. Mowat.). -bena „Frau" (Dottin 233). Zur Etymologie (idg. *guenä, air. ben, cy. ben-yw „weiblich" usw.) cf. Pokorny 473 f 3 . 1

Cf. B. Much in WuS 6, 1914/15, 221 zu der Schönfeldschen Behandlung von Belle-ridus. 2 Über diese Wurzel für „glänzend" ist oft gehandelt worden. Cf. z. B. O'Rahffly in Eriu 14, 1943, 13; Bertoldi in BSL 30, 1929, 170 ff.; W. v. Wartburg führt in „Entstehung der rom. Völker" S. 48 das Wort BeU „Blitz" im Dep. Tarn darauf zurück. Inselkeltische Entsprechungen bei Pokorny 119. 3 Sehr zweifelhaft bleibt die von Thurneysen (ZCP 14, 1923, 10) - allerdings mit größter Zurückhaltung - geäußerte Ansicht, daß in tterha] eine 10·

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-benosMandu-bena Sacro-, Saciro-, Seno-, Vitu- cf. auch -beni (Gen.) Sicno-, Sollen-. Βηηο-λιτανός Galater.: Plut. mul. virt .p. 259 B. L. Weisgerber (Galat. Spr. 168 f.) sieht in dem 1. Gliede eine Schreibung f r Vepo- (s. ebenda)1. Biatu-: s. vor Bitu-. Bibo-rigi (Dat. wohl f.): XIII 11127: Aquitania: Avaricum Biturigum2. 1. Glied schwer anzuschlie en. Vielleicht entstellt oder unkeltisch wegen Geographie. Doch ist lat. Bibulus als Eigenname belegt (cf. Thes.) Vielleicht ist Bibo-rix zu den lat.gall. Mischbildungen zu stellen (s. S. 53). Hierf r k nnte auch das Genus sprechen. *Bibus ist zwar nicht belegt, doch Bibo-rix kann im Verh ltnis zu Bibulus eine analogische Nachbildung des Nebeneinander von Bdlato-rix und Belatullus (Belege im Thes.) oder Suadu-rix und Suadulla (Belege bei Holder 2, 1643 f.) darstellen. -bici Lato-: cf. -vici Lato-! Jedoch zeigen gerade die inschriftlichen Formen -b-. -Mio- = ir. bil „gut" (Dottin 234, Pokorny 153)3. Bil-caisionis (Gen.): XIII 5018: Germ. Sup.: Equestris. -bili (Gen.) Mandu-, Ro- cf. -bili-cedo(ni) Vutlo-: s. unter 1. Gliede. -bilini (Gen.) Aesu-: Mit Vokalassimilation (s. S. 94) zu dem in Cuno-belinus vorliegenden belino- (s. ebenda) zu stellen. Wohl keine Ableitung von bilo- „gut". Bilis-tages: Ilergetenk nig (belegt bei Liv. 34, 11, 2; 34, 12, 7) wohl iber.: s. unter -beles. -Mo- = idg. *guiuo, lat. vivus usw. nach Marstrander (bei Weisgerber 195). Zu der Entwicklung von -ivo- zu -io- ist -diolenierte Form von bena vorliegt. Auch Weisgerber 155 u. 217 beurteilt diese „Lenierung" vorsichtig. Erst neuerdings hat Pokorny, Vox Romanica 10, 1948/49, 257 ff., darauf hingewiesen, da wir kein sicheres Beispiel f r Anlautsver nderung im Gall, haben. 1 Anders Stokes (bei Holder 2, 400 f.); Johansson in KZ 36, 1900, 383. 2 Zum fern. Geschlecht s. S. 75 und cf. besonders Bello-rix. Im CIL 13 Index scheint der Name als Maskulinum gefa t zu sein, da ein entsprechender Verweis auf fern. Genus fehlt. 3 Cy. byl „bord", das von Dottin a.a.O. dazu gestellt wird, hat seine Entsprechung in einem ir. f. Ml „run, edge, border".

DIB KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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neben -divo- zu vergleichen (s. S. 99 f. u. cf. besonders unter devo-)x BIO-KNO: Töpferstempel2: VII 1336, 154. -bins Dago-; -bio (Dat.) Lato- (NG); -bio (Dat.) Ussu- (genius loci); -bii (Gen.) Vindo-, -bini Aini-; Eni-: Töpferstempel3 bei Osw. 8. Biragil(l)i (Gen.): Töpferstempel: Osw. 360. Kein Kompositum: cf. den bei Osw. a.a.O. zitierten Birac-atus und Birac-illus, -ins, Birac-onis (Gen.) bei Holder 2, 423. Bisu-gnata(e) (wohl Dat.): s. unter Bussu-. Biatu-mari (Gen.): III 10324: Pann. Inf.: Intercisa (cf. ebendort ein weiteres Beispiel im Dat.). Vor der völligen Identifizierung mit Bitu- warnt der in Belgien (Remi: XIII 3286) belegte Biatucco, eine Kurzform, die man kaum von Biatu-marus trennen wird. Sollte es sich um eine Kontamination von bitu- und dem lat., als Eigenname verwandten Beatus (s. Thes.) handeln? (s. S. 53). Bitu-: Zur idg. Wurzel *guei- „leben" = air. bith. Gen. betho; cy. byd, bret. bed „Welt" (Pokorny 468; Pedersen l, 40 f.: Thurneysen 46). Ir. bith hat in Komposita auch die Bedeutung ,,immer" (cf. Beispiele bei K. Meyer: Contrib. 220). BUu-caro (Kasus?): Töpferstempel bei Osw. 45 (XIII 10010, 319 cf. XIII 10010, 318): „dieWelt liebend". ' Biti-centi (Gen.) Thrax: II 2984: Tarracon: Callagurris (In der gleichen Inschrift unterzeichnet Bitius als einer von zweiheredes). 1

Anders Pokorny 148, der bio- zu idg. *bheu- „sein" stellt. — Zu trennen ist das 2. Glied von vidu-bium „Instrument zum Beschlagen der Bäume" (Thurneysen bei Holder 3, 290 f.), das die Wurzel für „schlagen" = idg. *bhei- enthält. - Zu inselkeltischen Namen mit bio- cf. J. Loth, BC 38, 1920/21, 153. 2 Beachtenswert ist die obige Fuge des Namens, da wir sonst i-Fuge vor -cno- haben (cf. die -cno-Beispiele). Cf. jedoch Holder l, 423. 3 Dottin 234 stellt ein gall, binno- zu ir. binn, bind, „melodieux", altbret. bann. Wenn man aber die inselkeltischen Wörter mit Thurneysen 130 auf n im Vokalismus zurückführt (cf. auch Pedersen l, 45) dann ist eine Verbindung mit dem gall. Wort nur dann möglich, wenn dieses auf altes *bend- zurückgeht (cf. Pedersen l, 37), das die Normalstufe zu der im Altbretonischen belegten Schwundstufe darstellt. In diesem Falle könnte man aber auch das ir. Wort auf *bend- zurückführen und es mit dem gall, zusammen dem bret. bann (das die Schwundstufe darstellt) als Vollstufe gegenüberstellen (cf. Pedersen a.a. O.). Wegen air. bindigeddar (Sg. 10a9) ,,quae concordant" muß ohnehin nd angenommen werden.

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Bithi-conthus: III 703 Macedonia (Bitlms auf der gleichen Inschrift). Dieser Name ist wie der vorhergehende als thrakisch anzusprechen: cf. die vielen Belege von Bithus im Thes. Biti-cnus: XIII 10010, 3201d: Töpferstempel. Bitu-daga: XIII 774; Betu-daca: XIII 773 (zum g/c Wechsel s. S. 100): Aquitania: Burdigala ,,die immer Gute", cf. die vielen ir. Beispiele, bei denen ir. bith vor Adjektiv „immer" bedeutet: Aus dem Index vonWindisch, Ir. Texte l, entnehme ich als Synonym bith-maith „immer gut". Vgl. ferner beiWindisch, Ir. Texte 4, im Index bitk-ard „ever so high", bith-beo „ever living, eternal", bith-buan „everlasting", bith-garb „ever rough" u. a.1. Bitu-daccus: Journal of Roman Studies 27, 1937, 250: s. das unter Bitu-daga Gesagte. Bitu-gnata: Töpferstempel: XIII 10017, 225: Interpretation schwierig „die in der Welt Geborene" (?), „die mit der Welt Bekannte" ( ? ) . „Tochter des Bitus" ist wegen w-Fuge unwahrscheinlich, da Bitus einen o-Stamm darstellt. Bitu-ollus: Töpferstempel: XIII 10010, 323. Zum Hiatus (s. 5. 92) „der immer Große" oder „der, dessen Welt groß ist" oder „der groß ist in der Welt". Bitu-riges*: (V. in Aquitanien ab Caesar belegt) Belege und weitere - späte - Formen im Thes. cf. besonders das daraus gebildete Ethnikon (s. S. 46). Zu der Endung von Bitu-rigae cf. Weisgerber 182; Thurneysen 201. „Die Weltkönige" Pedersen l, 40 f. Synonyma sind Albio-rix und Dubno-rix (cf. Vendryes, RC 48, 1931, 433 f.). O'Rahüly übersetzt Bitu-rix mit - „Lord of life" (Early Irish History and Mythology 148). Pokorny faßt die Bituriges als „Leute des Bitu-rix". Bitu-vantis (Gen.): Ill 917: Dacia: Potaissa. -bito- Ad-, At-, Dago-. -bitus Dari-. -bito . . . (Münze) Bovi-.

-bito 1

- (Töpferstempel).

Vgl. jedoch das belegte Dago-bito-, wozu unser Name auch eine Umkehrung darstellen könnte. 2 Zu dem Namen muß noch eine Deminutivform existiert haben. J. Hubschmid (Präromanica 58) führt dial, franz. berret „Zaunkönig" an, wofür in den Glossen bitriscrus als Name des Zaunkönigs steht. Dieses Glossenwort wird von Hubschmid auf ein *bitu-rigieko8 „Weltköniglein" zurückgeführt.

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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-bitis (Gen.) Soli-: Zur Flexion des Hintergliedes s. S. 95. BAANDO-OYIKOYNIAI (Dat. f.): XII p. 137, 2; cf. Dottin 161, Inschrift 10: Gall. Inschrift von Apta (cf. ECKEITAI auf der gleichen Inschrift). Zum 1. Gliede cf. das als Namen sehr häufige Blandus, -ins, -ianus, -inus, -ulus, dessen Belege im Thes. unter Blandus einzusehen sind. Wie aus den Ableitungssuffixen der angeführten Formen hervorgeht, wurde das lat. Wort Blandus völlig in die Namenstruktur der gall, einstämmigen Namen eingespannt. Deshalb und wegen der auf S. 53 angeführten Parallelfälle können wir den hier vorliegenden komponierten Namen als lat. gall. Mischkompositum werten1. Blanio-brenti (Gen.): II 2902: Tarracon.: Oppida circa Burgos (cf. II 5667). Obwohl der Name - trotz seiner Geographie idg. aussieht, ist er mir unklar2. -blationi (Dat.) Ando-: Ableitung zu blati-, das ir. blaith ,,smooth, gentle" air. mlaith (Dottin 235) entspricht. Zum Wandel von ml zu bl im Gallischen s. S. 96 ff. -bletus Ali-: Zu diesem unklaren Töpferstempel vgl. das 1. Glied. Blotu-rigi (Dat.): XIII 4350: Belgica: Mediomatrici. Das Wort könnte nur auf einen Diphtong oder auf kurzes o zurückgehen, da langes o schon im Urkeltischen zu langem a wird (cf. Blato-magos ,,Blumenfeld" bei Thurneysen 26 zu lat. flos u. a.), und langes a erhalten bleibt (cf. gnato- zu lat. gnatus (von nasci)3. -boci Tri-: (belegt bei Caes. u. a.) s. unter -bogio. Zu dem plural. StN vgl. die Singularform -bocia Tri-: Lautlich unmöglich ist die bei Holder 2,1941 angeführte Etymologie von Glück, der das 2. Glied zu ir. bocaim „schüttle" gestellt hat. Ob vielleicht zu lat. focus? Bodio-casses: Plin. nat. 4, 107. Später taucht auch die Form -casses u. a. auf (s. unter baio-), die zur Benennung des gleichen Stammes verwandt wird; cf. auch bei Ptol. 1

Anders Kretschmer, KZ 38, 1905, 117, der Blando-vicunia als gall, anspricht. 2 Eine andere Lesung der Inschrift II 2902 befindet sich bei Holder l, 448. Holder liest Blanio-br(igensis). Thes. läßt Lesung hinter -br . . . offen. 3 Die naheliegende Annahme, daß der Lautwandel von langem o zu langem hier noch nicht durchgeführt ist - und das Wort demnach zu blato - zu stellen wäre - ließe sich durch keine weiteren Parallelbeispiele erhärten und hätte zudem noch die Schwierigkeit der w-Fuge.

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Zu den Zweifeln an der lautlich einwandfreien Übersetzung des Namens durch Thurneysen (bei Holder l, 458; cf. Thurneysen 51) mit ,,die Blondlockigen" (das 1. Glied wäre zu ir. buide „gelb" (cf. auch Dottin 235) zu stellen) cf. unter -casses *. Bodi-ves(i) (Gen.): II 5711: Conventus Asturum Legio VII Gemina. Zur Etymologie des 1. Gliedes s. unter -boudio-. -bodiaci Touto-: Weisgerber (Galat. Spr. 169) scheint das Wort zu der in gall, -boudio- vorliegenden Entsprechung von ir. buaid „Sieg" (cf. Dottin 235) zu stellen, wenn er von der Weiterentwicklung zum Monophthongen (d. h. ou zu o) spricht2. -boduo- entspricht ir. bodb „Schlachtkrähe" (cf. Dottin 235; Pedersen l, 63; Pokorny 114; Thurneysen 123)3. Auch BodoSchreibungen kommen - entstellt - vor. Boduo-genus: Töpferstempel aus VII 1292: „Abkömmling der Schlachtkrähe"4. Boduo-gnaius: Caes. Gall. 2, 23, 4: „der von der Schlachtkrähe Geborene" (cf. Boduo-genus]. Bodo-rlgl (Dat.): XI 867: Mutina (cf. PID l, 432) „Kampfkönig" (cf. Catu-rix). -boduus, -a Ate- (cf. -boduae [Dat.] Athu-) -bodui (Gen.) Soli-6. -boesio .. .Allo-: (?). -boeus-Me^-: wohl ülyr. s. 1. Glied. bogios „briseur, vainqueur" (Vendryes, Et. Celt. 5, 1950/51, 239ff.) ist von Vendryes mit Recht zu ir. bongid, -boing „brechen" - arm. bekanem, ai. bhanakti usw. - gestellt worden. -bogi (Gen.) Ab-rextu-; -bogius Ad-: -bogius Ande-com- (cf. dazu Ano-ko-pokios); -bogi Com- (s. unter 1. Glied) -bogii Lato-; -bogius Setu-; -bogii Tolisto-; -bogi (Gen.) Namanto-; -bocio 1 2

Pokorny 92 hat wegen des von lat. badius Bedenken. Es ist immerhin bemerkenswert, daß dieselbe Entwicklung von ou zu o im 1. Gliede des StN nicht eingetreten ist, obwohl man sie doch andererseits auch bei touta findet (cf. z. B. Ollo-totis, Ambi-totus). 3 Much, Deutsche Stammeskunde3 49, führt germ, badwa- u. keltisch boduo unter den gemeinsamen Bestandteilen in der Namengebung beider Sprachen an (cf. hierzu auch Pokorny a.a.O.; A. Meyer, Glotta 32, 1953, 305 4f.). Cf. hierzu Bodo-genes libertus: VI 9102 c, 19: Born; Bodo-cenus: XIII 11163 a: Ager Lemovicum. 6 Germ, sind die unter den 1. Gliedern einzusehenden Namen Maro-, Teuto-boduus.

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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(M nze; zum g je Wechsel s. S. 100) Touto-; bogt (Gen.; zweimal) Ver-com-; -bogionis (Gen.) Ver-co(m)-; -boci (StN) Tri-1. -boiates Basa-: Zu diesem aquitanischen StN sind wohl auch die im Thes. als „civitas Aquitaniae" bezeichneten Boiates heranzuziehen. Boio- ist etymologisch zu dem keltischen Volksstamm zu stellen, nach dem B hmen benannt ist. Es handelt sich bei dem in Boii vorliegenden Etymon nach Pokorny 117 und ZCP 20, 1936, 323 u. nach Kr he IF 57,1940, 119 S. um die illyr. Entsprechung der idg. Wurzel *bhei-, *bhoi- „schlagen, k mpfen". Dieses illyr. Wort findet sich auch in dem ON Bolov όρος. Boio-calus: Tac. ann. 13, 55 f. princeps Amsivariorum; Var. Boicalus. -boio-marus Com-. Boio-rix (1. regulus Boiorum. 2. rex Cimbrorum): XIII 2656 (Βοίίο-rix): Lugdun. Augustodun.; Liv. u. andere Schriftstellerzitate im Thes. Lit. H. Krause, ZONF 17, 174; Much, Anzeiger f r deutsches Altertum 37, 1917, 96. cf. Scherer 205. •bolus Saeti-: Zweifelhaft ob gallisch! cf. Geographie unter 1. Gliede. Bo-mar(us) : II 2324: Baetica: Carbula. Bo-valus: II 2485: Tarracon.: Aquae Flaviae. Trotz der Lage au erhalb des eigentlichen Gallien k nnte man - wegen der Eindeutigkeit der 2. Glieder - im 1. Gliede der beiden mit B - komponierten Namen das gall. Wort f r „Kuh" sehen, das im ir. b vorliegt (zur idg. Etymologie cf. z. B. W. H. unter b s). Die Entwicklung des Langdiphtongen u zu o ist auch sonst im Gallischen vorhanden2. Wir bek men dann „gro an K hen" und „m chtig an K hen", was eine Art Synonym darstellt und gut zu der Tatsache pa t, da man im Altertum vielfach Macht und Reichtum am Herdenbesitz zu messen pflegte (cf. lat. pecunia u. a.) 3 . 1

Hierzu auch Άδο-βογιώνα f r *Άνδο-βαγιών a, das von Weisgerber, Galat. Spr. 171 anders erkl rt wird. 2 Cf. z. B. vercobreto und cassidanno, die nach Thurneysen 182 u. ZCP 16, 1927, 288 alte Dualformen darstellen, deren idg. Endung bekanntlich u war. 8 Wegen der in CIL II belegten Form Bocontio- (s. Holder 3, 432) zur Wiedergabe des bekannten StNFo-coniio- k nnte man aber auch an eine Lesung Vo-mar(us) und Vo-valus denken, die dem — interessanterweise in

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Bon-coxsi (Gen.): XIII 134: Aquitania: Convenae a dextra Garumnae. Wenn überhaupt als Kompositum so zu trennen, dann liegt im 1. Gliede eine sicher nichtgall. Form vor (vielleicht bono- mit Synkope? cf. Bonno-ris u. s. S. 51 u. 92). Bonno-ris (Dunoho-rigis): XIII 267: Aquitania: Lugdun. Convenarum. 1. Glied iber. (s. S. 51). -boudius, -a Eni-: *bhoudhi- „Sieg" - cf. den altbrit. Frauennamen Boudicca - ist zu air. buaid „Sieg", cy. budd „Gewinn" usw. zu stellen, (cf. Pokorny 163; W. P. 2, 186). cf. auch unter bodi-*. -bovio-vindillus Conto-. Bovi-bito . . . Münze: Blanchet l, 105 (Traite); Mur. Chab. 250. -bovii Orum-: Lig. Volk in den Alpen, 1. Glied wohl nichtgallisch, cf. Bovi in Inschrift 49 bei Dottin 167, das Dottin 235 zu ir. bo usw. stellen will. Doch vgl. das unter Bo-maro- usw. Gesagte. -braciusMandu-: „Steiß". Das nur bei Caes. u. Oros. in dieser Zusammensetzung überlieferte Namenselement dürfte trotz der vielen bei Holder 2, 405 angeführten Schreib Varianten von dem gall. Wort für die Hose = braca nicht zu trennen sein. Braca gilt allgemein als Entlehnung aus dem Germ.a (W. H. unter braca; W. P. 2, 192; 0. Schrader: Reallexikon der idg. Altertumskunde2 unter Hose). Als eines der Hauptargumente wird dabei vorgebracht, daß die Bedeutung „Steiß" gegenüber der Bedeutung „Hose" die ältere sein muß, und daß diese (d. h. die Bedeutung Steiß) nur im Germ, bezeugt ist (so z. B. W. P. a. a. 0.). Auf Grund des uns hier vorliegenden, sehr früh belegten Namens Mandubracius, den ich mit „den Steiß eines jungen Pferdes habend" als Bahuvrihi fassen möchte, da die Bedeutung „Hose" hier nicht anzuwenden ist, läßt es sich kaum noch bestreiten, daß die Bedeutung „Steiß" auch im Gallischen vorgelegen hat. Dies wird der bisherigen Auffassung von der Ursprünglichkeit des germ. Aquitanien belegten — -vo-rix des Namens Ad-vo-rix an die Seite zu stellen wäre. 1 Gutenbrunner 43 stellt germ. Baudihillia als „Siegkämpferin" hierzu. 2 Eine Entlehnung des germ. Wortes: durch das Gall, vor dem Wandel von ö zu ä im Keltischen wegen des albanischen bres „Gürtel", das er auf *bhrögo- zurückführt, nimmt neuerdings Pisani, Journal of Celtic Studies l, 1949, 47 ff., an. Dagegen mit Recht Pokorny, Keltologie 137.

DIE KOMPOSITION IN GALLISCHEN PERSONENNAMEN

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Wortes und der Entlehnung des keltischen kaum irgendwelchen Abbruch tun. Es ist jedoch wenigstens festzuhalten, daß das gall. Wort zu irgendwelcher Zeit beide Bedeutungen, „Steiß" und „Hose" nach dem Vorbild des germ. Wortkörpers übernommen hat. Vielleicht ist die Bedeutung „Steiß" dem gallischen Worte sehr früh verlorengegangen. Die Möglichkeit eines Anschlusses von braca „Steiß" an die keltischen Wörter für pedere (air. braigim, schott. gäll. braim, cy. corn, bram usw. [W. P. 2, 193]) wird aus zwei Gründen nahegelegt: l. Wegen des lautlichen Anklanges; 2. Wegen der begrifflichen Verwandtschaft. Zudem scheint ja auch im Gesamtkeltischen schon ein Wort für das Hinterteil vorhanden gewesen zu sein, wie ir. ton, cy. tin aus idg. *tüqnä zu lit. taukas „Fettstückchen" usw. (Pedersen l, 125; W. P. l, 711) wahrscheinlich machen. Branno-vices StN: Caes. Gall. 7, 75, 2 „die Rabenkämpfer". Das 1. Glied ist zu ir. bran „Babe" zu stellen1. -br(at)io (wohl Dat.) Cassi-: Ergänzung und Etymologisierung bei Holder l, 826: zu ir. brath, Gen. bratho „Urteil", welches w-Stamm. cf. auch - , das auf gall. Inschriften auftritt (Thurneysen 198). -brenti (Gen.) Blanio-: In jeder Hinsicht unsicher u. unklar, s. 1. Glied! -bretus vergo- (Dottin 236): Amtstitel, kein Name! s. 1. Glied. Man müßte -britus ( = idg. *bhrtus) erwarten, das dann zu ir. breth u. brith, dem Verbalnomen zu berid „bears", cy. bryd zu stellen wäre, was im Ir. als f. „Urteil" bedeutet, (cf. Thurneysen ZCP 16, 1927, 288; Pokorny 130; nicht berücksichtigt bei Pedersen l, 42) a . -brici (Gen.) Com-: Wenn man mit dem Ausfall eines c rechnen könnte (s. S. 100), dann wäre das Wort zu gall. Briccus, Briccius (Belege im Thes.) zu stellen. Bricco- entspricht air. brecc „gefleckt", cy. brych (cf. Thurneysen 135; Pedersen l, 541; Dottin 237; Pokorny 141). Man könnte aber vielleicht noch eher wegen des im aquitanischen Bereich häufigen Wechsels von Medien undTenues (s. S. 51) 1

Vgl. auch AenVisucio (Dat.; Beiname des Merkur), den Thurneysen (bei Weisgerber 213) etymologisch mit air.fiach „Rabe" zusammenbringt. 2 Daß in bretus lediglich graphischer Wechsel i/e vorliegt (Dottin 359) wird von Weisgerber 212 f. wegen der Einstimmigkeit der e- Schreibungen bezweifelt.

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das Wort mit air. brig „Kraft, Macht, Wert", cy. bri „W rde" usw. (Pokorny 477; Dottin 237) zusammenbringen. brigo- ist im Gallischen gut belegt. Seine Etymologie s. im Vorhergehenden. Brigo-marus: III 13975: Dalmatia: Auctarium. „gro an Macht". Brigo-vicis (Gen.): V 4710: Brixia (cf. ΡΠ) l, 288) wird von Thurneysen (bei Holder l, 544) mit „m chtiger K mpfer" bersetzt. -brigio (Dat.) (Cajntu-. -brigo (Dat.) Tameo- (GN; gall.? s. unter 1. Gliede)1. -βριγες Άλλο-, Νιηό-, -brigi Lato- (cf. auch Anto-berix als Hauptstadt der Anto-broges): Bei diesen StN auf -briges handelt es sich wohl trotz des belegten, brigo- „Macht" in der Hauptsache um Var. zu -broges (s. ebenda), die vielleicht irgendwelche Einfl sse des Wortes brigo- erfahren haben. Auff llig ist es auch, da die fences-Schreibungen im wesentlichen auf griech. Schriftsteller konzentriert sind. (Cf. Holder l, 96; Holder 3, 750 f.; Dottin 237; Weisgerber: Galat. Spr. 168, Anm. 2) 2 . Brito-: Etymologie offen: Keltisch nach Specht, KZ 64, 1937, 8 (cf. Dottin 237). Brito-baitdem (Akk.): Sp ter Beleg bei Holder l, 550: s. 1. Glied. Βρπο-λάγαι: (V. in Besarabien): Ptol. 3, 10, 7 3 . Βριτό-μαρις (Dux Senonum): Appian Gall. 11; Samn. 6. Britto-maro (Abi.): (Insubrium dux) Florus 2, 4, 3.Var.: Bricto-mero, Brico-maro, Brito-maro. Britto- aus Bricto- ? Βριτο-μάρτον (Gen.): Plut. Romul. 16 (cf. CIL XIII 7068: Germ. Sup.: Mogontiacum u PID 2, 183). Cf. auch den griech. GN Βρι,τόμαρτις, var. Βρντόμαρτις bei Pauly-Wissowa. Βρίτό-ρης: Appian. Gall. 21. 1

Zu brigo- cf. noch die sp teren britannischen Beispiele bei Holder l, 544: Brigo-maglos, Bria-m.aH = „F rst mit Macht", „m chtiger F rst". 2 Das britannische Volk der Brigantes (Belege im Thes. ber die Brigantes hat letztlich Lehmacher, Rhein. Jahrb. f. Volkskunde 4, 1953, 125ff. gehandelt) ist nicht zu brigo- „Macht" zu stellen (hierzu wohl der ir. Frauenname Brig), sondern zu dem. idg. Wort f r „hoch", „erhaben", das auch in germ. *burgundi, ir. Brigit, gall, briga, ai. bfjiati, cy. braint usw. (Pokorny 140 f.) vorliegt. 3 Von den Brito-galli oder Brigo-lati spricht Vendryes, RC 46, 1929, 335 und vergleicht sie mit den Lato-brigi (cf. auch M ller bei Holder l, 550).

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-βρίτας (Akk.) Λαγγο-. -bro Ando-, Endu-: s. l. Glieder. •brodeos Ala-: Unklare M nze. -brogi- „Land, Bezirk; Grenze (Weisgerber 183)"l. Das gall. Wort geht auf *mrogi-, ir. mruig (Gen. mrogo), cy. bro zur ck und ist seiner idg. Etymologie nach zu lat. margo, got. marka usw. zu stellen. (Cf. W.H. 39; Thurneysen 47 f.; Pedersen l, 97; Dottin 238; Pokorny, Vox Romanica 10, 1949, 264; zur Entwicklung von mr zu br im Gall. s. besonders S. 96 ff.) Brogi-marus: 5 Belege aus III im Thes. (davon l f.) „gro an Land" (cf. Ambio-rizt). -broci-rigis (Gen.) Ande-: Zum g/c-Wechsel s. S. 100. -brogius Ande-. Brogi-tarus: Galater, bei Cic. Strab. u. a. belegt (s. Thes.). Brogi-tarus: ist der Schwiegersohn des Deio-tarus. Βρογο-ρις steht mit Fugenentgleisung f r Brogi-rix (s. S. 91). Galater im GIG 4118 (zitiert nach Holder l, 621) belegt. Zur Diskussion dieses Namens cf. Weisgerber, Galat. Spr. 174. •broges in StN (s. auch unter -briges). -broges Allo-2. -broges Anto-, Nitio-. -brogiorum (Gen. PL) Lato-. -brocis (Dat.) Uro-:Matronenname. Zum gr/c-Wechsel s. S. 1003. -bron . . . Su-: kaum zutreffend J. Rhys, Proceed. Brit. Acad., 1905/06, 298 f. -bucietus Ad-. -bucilli Ad-: Die beiden Namen sind mit gr/c-Wechsel (s. S. 100) zu der Gruppe bugio (s. ebenda) zu stellen, -bucietus stellt eine i-Weiterbildung dazu dar (s. S. 100f.) 4 . •buocovati (oder -bucovati) Com-: unklar. -bugio-: Bertoldi, RC 46, 1929, 23 vergleicht im Anschlu an Thurneysen dieses Namenselement mit air. huge „eine blaue Blu1

Cf. die Scholie zu luvenal: brogae Galli agrum dicun (Cf. A. Thomas in BC 15, 1894, 216; Weisgerber a.a.O.). 2 Zu den Formen auf -a, -ae usw. cf. Housman bei Weisgerber 192 (cf. auch Thurneysen 201). 3 Zu dem cy. Cymro „compatriote", Pl. Cym-mry aus *Com-brogi; cf. z. B. Henry, Lexique 6tymologique Breton 1900, 45; Loth, RC 29, 1908, 215; ders. BC 30, 1909, 384 ff.; Solmsen-Fraenkel 97. 4 Beachtenswert ist das Verh ltnis von: bugio: bucieto = trougo-: trouceto-, (-bucilli ist ein liter. Beleg).

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me", „das h ufig f r das Bild blauer Augen verwandt wird". (Weisgerber 195). -bugiounae (Dat.) Ad-, -bugisse (wohl Gen.) Ad-1. -bugio (Dat.) Ad-, -bugi ... Ade- (f r *Ande-bugi ? -bugius Di-, -bux, -bugi Eno-, -bugia Ver-. -bulius Com-: Unsicher ob gallisch; s. 1. Glied. -buri (Gen.) Ro-: Hertz (m ndlich) denkt an ir. bur „angry, wrathful". Bussu- „Lippe Ku ": Zur Etym. (mir. bus, pus „Lippe", deutsch „bussen, Busserl" u. a.) cf. Pokorny 103; Dottin 2382. Bussu-gnatae (Dat.): III 3930: Pann. Sup.: Ager Sisciensis. Bu(s)su-gnata(e) (wohl Dat.): III 5355: Noricum: Solva. „Tochter des Bussus" (Bussullus sicher in III 4985 e. g. belegt) wegen «-Fuge nicht m glich, da man in diesem Falle o-Fuge erwarten w rde. Von allen M glichkeiten einer Interpretation unter Ber cksichtigung der doppelten Bedeutung des Hintergliedes (s. ebenda) erscheinen mir die auf S. 67 angef hrten Auffassungen am annehmbarsten. Bussu-marus, -ius: Beiname des lupiter. Zu den 2 inschriftlichen Belegen aus CIL III (Dacien) im Thes. f ge ich hinzu: Bussu-mari (Gen.) (Jahrh d. sterreich, arch ol. Inst. 38, 1950, 80; 82 f. (Beiblatt) Fundort: Lavant in Osttirol). Zum Vorkommen auf M nzen cf. Forrer 348. Bei Paulsen 86, Figur 549 erscheint auf dem M nzbild „ein nach rechts springender Greif, gefl gelt, mit r sselartiger Schnauze" (Paulsen a.a.O.). Das M nzbild pa t gut zu der bersetzung von Vendryes, RC 46, 1929, 370, „aux grosses levres". Βονσσου-ριγτου (Gen.): griech. Inschrift zitiert nach Holder 3, 1010. Zu lesen ist Βονσσον-ριγίον (cf. auch Weisgerber, Galat. Spr. 171) „der, dessen Mund k niglich ist" w rde die bersetzung als umgekehrtes Bahuvriht lauten (cf. die auf S. 66 f. gegebenen Beispiele). -βονΐΐς Κόμ-: s. unter 2. Gliede. Buttu-ricus: T pferstempel in VII 1336, 188 ff. cf. VIII 5507: Butu-ricus. 1

Zur Endung -issa cf. Weisgerber, Germania 17, 1933, 16 f.; Pokorny, ZCP 20, 1936, 492. 2 Whatmough, Harv. Studies 60, 1951, 182 f hrt das 88 in Bussullus wegen der Formen buddutton, buddumo auf den Laut da zur ck.

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-cabalus Ro- (Maponus Histrio Rocabalus). Wohl zu caballus „Pferd" (cf.W. H. 125) zu stellen. Vgl. die h ufigen Eigennamen Caballus, -ins u. -a im Thes. Cabria-banti (Gen.): T pferstempel aus VII 1238. Das 1. Glied ist zu dem von Pokorny, ZCP 20, 1936, 36 u. Bertoldi RC 47, 1930, 184 S. angef hrten cabro- zu stellen, das in keltischen Pflanzennamen auftritt. Cabro- entspricht idg. *capro- „(Ziegen)bock". (Zur Etym. s. unter Γαβραντο-). Zum i der -ία-Fuge (bei Tiernamen?) s. S. 91; doch cf. auch lat. caprea „Reh" ( = zur Ziege geh rig). Sollte das -a- der -ία-Fuge als Assimilation an das folgende a f r o stehen? (s. S. 94). Doch beachte dasselbe a im folgenden: Cabrua-genigorum (Gen. PL): Gentilitas, belegt II 2633: Tarracon.: Asturica. Zum 1. Gliede cf. den vorhergehenden Namen u. s. unter Γαβραντο-. Der Name stellt eine Ableitung von *Cabrua-geno- dar. Zur semasiologischen Seite cf. Boduo-gnatus, -genus. Als StN, die eine Tierbezeichnung enthalten, sind die Brannovices und die Caeracates (Tac. h. 4, 70) zu vergleichen. -caburio (GN im Dat.) Vaco-: 2. Glied unklar. Doch vgl. unter 1. Gliede und vgl. weiter den GN Vago-donnaego (Dat.). An die M glichkeit einer Verbindung mit cavaro- (vgl. Thurneysen, ZCP 13, 1921, 105) denkt Hertz (m ndlich). Cad-gat(o) (wohl Dat.): XIII 1466: Aquitania: Augustonemetum. Cf. die T pferstempel Cad-gatis, Cad-gati (Osw. 52; VII 1336, 200). Cf. auch Holder l, 670. -cadro (GN Dat.) Bdatu-, -cauro JBelatu-:1 Altbret. cadr „beau" (Dottin 239). Cf. dagegen Pedersen l, 323: ,,cy. cadr ,stark' und die neubret. Formen setzen -tr- voraus; . . . abrit. Belatu-cadrus GN hat daher fernzubleiben." - W. P. l, 340 h lt wegen Pedersens Einwand die Umbildung eines *kadros „sich auszeichnend" zu *katros nach *kat- „k mpfen" f r m glich. Pokorny 534 stellt das Wort zur Wurzel *kad- „gl nzen". Caeda-gonius: 2 unvollst ndige Belege ([C]aeda-gonius, Caeda-go(nius)) in III 10720 (Pann. Sup.: Nauportus). Wegen Lage und α-Fuge (s. S. 52) illyr. Herkunft des 1. Gliedes m glich s. auch unter -gon(h)o-. Caele-donius: VIII 15952: Prov. Africa: Sicca. Keltizit t des 1. Gliedes sehr unsicher. Zur Fuge s. S. 91. 1

Jackson 430 h lt -cauro nicht f r "Verschreibung.

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Caeso-rix (lies Gaesa-rix\): Cimbernf hrer; belegt bei Oros. Hist. 5, 16, 21. Trotz Sch nfeld 59 h lt Much (WuS 6, 1914/15, 222; cf. Weisgerber 180) das Wort f r einen keltisierten Germanennamen unter Hinweis auf die zahlreichen germ. gwza-Namen, denen das Keltische nichts an die Seite zu stellen hat1. -καιοι(τοο) Toyic- (M nze): 2. Glied unklar oder verschrieben. -caisionis (Gen.) BU-: cf. Caeso-. -caito (Da,t.)Mosi-, dazu mit Synkope (s. S. 92) und gr/c-Wechsel (s. S. 100) -gaiti (Gen.) Mos-: wohl ungall. (s. 1. Glied). caleto- „hart": air. mir. calath, calad „hart", cy. caled dass., gall. VN Caleti, Caletes (Pokorny 524; Dottin 239; Stokes 72). -calites (StN) An-. -caleti (GN im Dat.) Vasso-. Calo-: Kurzform zu caleto-1 (cf. S.100 f.; dagegen Scherer 205). Calo-duanus: Zitat im Thes. Calo-genitus: Cassiod. var. 10, 8, 2. Calo-mallus.-Vsisio·. XII 1283. -calus Boio-, Carru-. -kalos Ritu-: Lepont. s. 1. Glied. Καμβ-ανλγ) (Akk.): Keltenf hrer bei Pausan. 10, 19, 5 f. s. unter Cambo-: „krumm" =.-- ir. camm, cy. corn, cam bret. k mm (Pedersen l, 118 f.; Dottin 240; W. H. 145): cambiare „rem pro re dare" (Thurneysen, IF 42, 1924, 145a). Cambo-lectri (StN): Plin. nat. 3, 36; 4, 108. Cambo-tre: M nze bei Blanchet 93; Mur. Chab. 4131-4138 einzusehen. Cf. Mur. Chab. 266: „Contraction de Cambo-lectri". Camulus „Kriegsgott": Zur Etymologie cf. die abweichenden Meinungen von W. P. l, 387 f.; Pokorny 557; Dottin 240. Cf. den ON Camulo-dunum im Thes. -camfulus 1) Mori-: Osw. 211 erg nzt -camus. Camulo-genus: Belege (Caes.) im Thes. „Abk mmling des Gottes Camulos" (cf. Ande-camulos S. 127). Camulo-gna.ta: f. XIII 3183, 1: Lugdun.: Berthouville „die im Gotte Camulos Geborene" s. den vorhergehenden Namen. 1

Scherer 205 ist mehr f r Beibehaltung der gegebenen Lesung unter Hinweis auf gall. Caisiccus, Caesiccia, Bil-caisi (Belege bei Holder). 2 Cambo- in ON zweifach verwandt: 1. Kr mmung, Biegung; 2. Halbinsel (cf. Daville bei Weisgerber 196).

Camu(l)o-rici (GN im Dat.): 4709: Belgica: Leuci. C(a)mulo-rig(i) (oder -rig(ae) cf. XIII 3460): GN: XIII 11216: Prov. Lugdun.: Ambarri. Camuli-rig(is) (Gen.) XIII 10010, 421: Töpferstempel; zur i-Fuge s. S. 91. Cam(u)lo-rige (Dat.): Name einer Göttin: XIII 3460: Belgica: Suessiones1. „König durch Camulos" oder „reich durch Camulos". -camulos, -camulenses Ande-. -camulo (Dat.) Leu- (für Leuco- s. S. 93). -canaunos Ad-: Münze s. unter 1. Glied. cano- ist möglicherweise in einigen Fällen, in denen es ein gallisches Wort darstellt, zu air. canim „singe" usw. (W. P. l, 351) zu stellen. Doch fehlt ein durchschlagendes Beispiel. Cf. vielleicht -dagi-cane (Dat.) „gut singend" (?). -cani (PI.) Con-. -cano (GN im Dat.) Uxsa-: kaum gallisch. -cane (Dat.) Viriondagi-, Can-texta: Zitat des Töpferstempels aus Bern bei Stähelin, Die Schweiz in römischer Zeit, Basel 1931, S. 489, Anm. 6. Zum Lautwandel con-1can- äußert sich Gutenbrunner 171, der a.a.O. u. auf S. 227 Can-texta (= ohne ) schreibt. Canu-viris (wohl Gen.): XIII 4484: Belgica: Mediomatrici. 1

Cf. hierzu einen weiteren - sehr verschriebenen - Beleg im Thes. unter Camulo-riga. 11 Ztechr. f. celt. Phil., Band 26 Heft 3/4

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Canto-: falsch Dottin 241 „brillant", weil dieses Wort für „weiß, hell, glänzend", das in cy. cann, abret. cant vorliegt, aus lat. candidus entlehnt ist (cf. Pedersen l, 199; Pokorny 526 mit falschem Pedersenzitat). Gallisch canto- entspricht statt dessen lautgesetzlich idg. *kantho-, cy. cant „eiserner Reifen, Rand, Ecke", bret. kant „Kreis", air. cetad „runder Sitz" usw. (Pokorny 526 f.; Weisgerber 196; cf. den bei Drexel 23 behandelten „Badgott".) Daneben läßt sich canto- lautgesetzlich aber auch auf das idg. Wort für hundert zurückführen, als welches ihm dann in einer Reihe von Kompositen die Bedeutung zukommen könnte, die nach Pokorny 527 in cy. cant „Schar", mir cete (aus *&clu · 2 · Cf. auch Osw. 331. Ver-iugo-dumno (GN im Dat.): XIII 3487: Belgica: Ambiani. „der tief ist in seiner Freiheit" (?). -ver-iugus Rico-. Ver-tougi (wohl Gen.): XIII 10010, 2019: Töpferstempel. Ver-vecco: XIII 3612: Belgica: Ager Tungrorum. Ver-vici (Gen.): III 3381: Pann. Inf.: Matrica; III 5350: Noricum: Solva. Cf. weiter Holder 3, 252 f. Ver(Gen.): XII 1680: Dea Augusta Vocontiorum. Verauduno (Dat.): Finke 69: Vicus Andethanna in Luxemburg. S. unter duno-. Cf. Keune 373. Cf. den bei Finke a.a.O. angeführten Hinweis von van Werveke auf den ON Widdenberg, mit alter Schreibung Virdenberg. Verco-breto: Münze bei Mur. Chab. 7159-7163; 7165. Titel, kein Name: cf. Caes. Gall, l, 16, 5: . . . qui summo magistratui praeerant, quern vergobretum appellant Aedui . . . Zu verco- für vergo- cf. J. Loth, RC 39, 1922, 50; Pokorny, Vox Romanica 10, 1948/49, 266 f. und s. unter Arcanto auf S. 132 im Index. Vergo- entspricht ir. ferg, abret. guerg, griech. „Zorn" nach Pedersen l, 105. -verci (Gen.) Rio-. Verna „Erle, Pappel" entspricht arm. geran; alb. vere; bret. cy. gwern; ir. fearn; im Gall, ist der Flußname Verno-dubrum „Erlenwasser" (Holder 3, 224) bekannt (W. P. l, 292; E. Lidon, IF 18, 1905/06, 485; Dottin 298; Pokorny, ZCP 20, 1936, 500). -vernicus Ar- (Ethnikon); -verni (StN) Ar-; -verno-rigi (GN im Dat.) Ar-. Die bisher übliche Übersetzung der Ar-verni als „die östlich vom Erlensumpf wohnen" mit durchgeführter Synkope entstanden aus *Are-verni (Thurneysen, IF. 42, 1924, 144 f. in Anlehnung an K. Meyer, Zur keltischen Wortkunde 374 ff., Sitzber. Berlin 1919; cf. auch Weisgerber 192 f.) ist von T. F. O'Rahüly (Eriu 14, 1943, 25) aufgegeben worden. O'Rahüly weist darauf hin, daß wir außer der besonders zu erklärenden Form Areverni in Endlichere Glossar - wo das e als sekundäre Angleichung an die Are-morici zu werten ist (Thurneysen a.a.O.), nur Arverni als Namensform überliefert haben. Er stellt deshalb den StN zu einem nicht überlieferten gall. Flußnamen *Arvaj*Arvos, für den

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er inselkeltische, d. h. ir. Entsprechungen anführt1. Da wir aber gerade in der Umgebung von r genügend Beispiele für Synkope im Gall, haben (s. S. 92), u. zudem die Belege für die Flußnamen lediglich Rekonstruktionen darstellen - bei den ir. Lokalbezeichnungen kommt noch die große örtliche Entfernung von Gallien hinzu - möchte ich noch immer die alte Erklärung des StN vorziehen 2. OYEPETE || MAPEOYI: XII 5828, 6 p. 822: Apta (gall. Inschrift). Vero- aus Veiro-: ir. ftar „umgebogen, schief, quer"; bret. goar, gwar „courbe, torti", cy. Verb, gwyro „to swerve, to deviate, to slope usw." (Thurneysen, Keltoromanisches 82 f.; of. Dottin 298). •vera Rico-, Veru-cloetius: Caes. Gall. 1, 7, 3. Vero-dumna: III 3410: Pann. Inf.: Campona. VEPO(-Vepo)-TAL: Münze bei Blanchet 375; Mur. Chab. 4483 ff. •veri (Gen.) Itu-: Germ. s. l. Glied. •verus Sola-: s. l. Glied; -veros Dumno-; XII p. 383, 5 (t. Celticus): Nemausus. Ligur. = westillyr. zum illyr. PN Versos, Verzo usw. nach Pokorny, ZCP 21, 1938, 148. Yerto-/Vorto-: Eine indirekte Deutung hat verto- bereits durch Thurneysen 508 erfahren. Dort wird das aus den Laws bekannte ir. e(i)sert (ess u. fert) zu gall. Ex-vertini (Gen.) gestellt. Es dürfte hier die bekannte idg. Wurzel *uert- „drehen, wenden" vorliegen, die wir in lat. vertere usw. (W. P. 274) haben. Die in vorto- vorliegende Stammabtönungsstufe ist im Ir. u. a. durch das mit di(de-) komponierte fort- „ausschütten, gießen, einschenken" gedeckt3. -vertini Ex-; -verto-motul Co-. Ves- ist von Krähe (Altillyr. PN 126; Wb. Jhb. l, 1946, 182) als illyr. nachgewiesen worden. Den illyr. komponierten PN Vescleves hatte schon W. Tomaschek, BB 9, 1885, 95 als genaue Entsprechung des ai. Vasu-Sravas „guten Ruhm besitzend" erkannt. 1

Holder l, 231 gibt auch franz. Flußnamen unter der Form eines rekonstruierten gall. *Arva. a Bei einer Bildung Arv(a) + Suffix -erno- (zum Suffix cf. Holder l, 1465) hätte man außerdem vielleicht eine Dissimilation (etwa Alverni) erwarten können (Siebert mündlich). 3 Dottin 298 leuchtet mir nicht ein.

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Dies berechtigt uns im Zusammenhang mit der geographischen Lage in CIL V die Namen Ves-gassis (V 4975: Camunni), Vesgasionis (Gen.) (V 4880: Benacenses); Ves-gasae (Dat.) (V 4647: Brixia); Ves-cassoni (Dat.) (V 4602: Brixia) als illyr. (oder venetisch s. S. 51) zu erklären. S. auch unter Vesu-. -yescius Ar-: Unklar, s. 1. Glied auf S. 134. Vese-euni(ae) (Dat. f.): XIII4261:. Belgica: Treveri: Nach Pokorny, ZCP 21, 1938, 107 liegt ein illyr. Name vor. Anklingende Namensformen werden bei Weisgerber, Rhein. Mus. 84, 349, Anm. 10 gegeben. Ves-omn(ius): XII 77: Embrun. Wegen des gall. 2. Gliedes könnte man als 1. Glied ein Vesu- ansetzen. Doch scheint die Elision eines -u als Fugenvokal nur in den selteneren Fällen durchgeführt zu sein: Vgl. Vis-mams neben Bitu-ollo- und Vesuavus, -avius. Deshalb wird man in dem 1. Gliede möglicherweise illyr. Einfluß durch das Wort Ves- vermuten können (vgl. auch S. 51 f.). Der Name ließe sich dann als eine Art Synonym neben Su-omno- „Angsthase" stellen. Vesu-/Visu- „gut, reich". Nach Pokorny, IF 35, 1915, 174 f. (cf. Weisgerber 213) entspricht vesu-, wofür man ein kurzes e anzusetzen hat, germ, wisu- u. ai. vasu. Visu- ist zusammen mit ir. fiu „würdig" u. cy. giviw auf idg. *vesul mit langem e zurückzuführen (anders H. Pedersen l, 51.) Vesu-avus: V 7854: Alpes Maritimae: Pedo; Vesu-avius: V 7664: Ager Saluzzensis. -veso- Bello-, Bodi- (fiJGen.), Sego -(Seco-); -vesa Sunnu-2. -

-: s. S. 131.

-vetisso(nis) Ad-; -vetius Ar-; -vetis (Gen.) Sego-; -vettius Solo-. -vexi Dego-: s. unter vecto- usw. Yibia-senae (Dat.): XIII4441: Belgica: Mediomatrici. 1. Glied wirkt ungall. schon wegen der Fuge (vgl. S. 90). Vic-dicius (2x); Vic-dicci: Töpferstempel in XIII 10006, 106; Vic-diccius: XIII 10036, 36; zur Metathese (?) s. S. 93. -vices Branno-; -vicis (Gen.) Brigo-; -vicodu Cuno-; -vic Di(u. Ableitungen s. 1. Glied); -vicua Dio-; -vices Eburo-; -visElkeso-; 1

Zum germ, weau-ftoisu in Namen cf. besonders W. Streitberg, IF 4, 1894, 304; Solmsen-Fraenkel 102. 2 Zu lailko-vesi usw. s. 1. Glied.

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-ουίκων Γαβραντο-; -vici Ico-: -vici Lato-; -vices Lemo; -vico (Abl.) Megara-; -viconis (Gen.) Otto-; -vices Ordo-; -vica Ro-; -id (Gen.) Vindo-; -ro-; -viconis (Gen.) Spir-; -vicis (Gen.) Toutodi-; -vici (Gen.) Ver-; -vico(n) Vir-; -vix Virido-. Victo- s. unter veco-, vecto-: Victo mariae (Dat.) XII 344: Gall. Narbon: Inter Oram et Verdonem. i-Fuge durch lat. Einflu (s. S. 91). Victi-sirana steht bei Holder 2, 1577 unter sirana ohne Zitat. *Victo-vali: Holder 3, 287 bringt mannigfach entstellte Formen von Schriftstellerzitaten: Eutrop. 8, 2, 2:Victoali; Ammian. 17, 12, 19: Victohali; M. Anton. 14, 1: Victualis. -victus Con-; -victo-litavis Con-; -victo- (u. Ableitungen) Di-. Vidu- entspricht ir. ftd „Baum"; cy. gwydd, Singular gwydden; anord. vidr, Gen. vidar „Wald, Holz, Baum" usw. (Pedersen l, 41; Dottin 299; W. P. l, 314). Cf. noch besonders das von Thurneysen (bei Holder 3, 290) gedeutete gallo-lat. vidu-bium, „ein Instrument zum Beschneiden der B ume", das im 2. Bestandteil idg. *bheid-, *bhl- „schlagen" (vgl. Pokorny 117 f.) enth lt. Cf. auch Scherer 210. Vidu-casses: Volk bei Plin. nat. 4,107; cf. weiter Holder 3, 292. -vidus Epotso-ro-: cf. den bei Greg. T r. h. F. 9, 18 belegten Ablativ Vidi-made, der bei F. G. Diack, RC 38, 1920/21, 131 mit „eminent in knowledge" bersetzt wird und cf. den „Druiden" unter dru-. Es liegt in allen F llen eine - auch aus dem Inselkeltischen belegte (cf. z. B. Thurneysen 436 u. 463) - Schwundstufe zu der bekannten idg. Wurzel *ueid/*y0id- (W. P. l, 236 f.) vor. Hierzu ist wohl auch -videos aus -*vid-teos (s. S. 103) zu stellen. Vihir-matis (Gen.): XIII 8771: Germ. Inf.: Ruimel: Bataver. Nach Much (Zeitschrift f r Deutsches Altertum, Anzeiger 36, 1913, 202) gall, f r *Vir(o)-matis = nir. fior-mhaith „truely good or generous" (cf. auch Much, Der Name Germanen 33). Vili-dedius: VII 574: Hunnum: Kaum gall., s. auch 2. Glied. -vincio Co-: s. 1. Glied. Vimo-malus: fter belegt bei Holder 3, 327 f. (cf. PID l, 350): Gall.? Vindo- „wei " entspricht ir. find; cy. gwynn, f. gwenn; griech. ίνόάλλομαι „erscheine"; ai. vind mi „finde" (Dottin 299; Pedersen l, 41; W. P. 1,237).

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KAHL HORST SCHMIDT

Vindo-bii (Gen.): III 6017, 10: Pann. Sup. cf. cy. gwyn-fyd „Glück" (= *vindo-bito- „weiße Welt") bei Pokorny 148. Vinda-luco(nis) (Gen.): XIII 5282: Germ. Sup.: Augusta Rauricorum. -Fuge durch fremden Einfluß. Vinde-mialis: Töpferstempel bei Osw. 336. Vindo-moruci (Gen.): VII 948: Tunnocelum (Drumburgh). Ableitung von ON. Vendu-pale (wohl Abi.): I 1999 = V 7749, 9: lig. Fluß. Cf. Vendi-. Vindo-ridio (GN im Dat.): Germania Superior: luxta Mosellam inter Confluentes et fines prov. Belgicae: XIII 11975. Cf. Keune 374. Vindo-roici (Gen.): III 4604: Pann. Sup.: Incertae: s. Hinterglied. Vind-rune (Dat.): III 4972: Noricum: Virunum: Zur Synkope s. S. 92. -vindoAico-; -vindos Alco-; -vindillus Contobovio-; -inda Contufür -vinda; -vind(i) (Gen.) Macio;- OVINAOC -. Vini-/Vino- s. unter Veni-, Vino-maihus: EE 3 p. 316 n. 193: Carrawburgh. Zitiert nach Holder 3, 354. Vino-valeius: XII 4007: Nemausus; Vini-valliae (Dat.): XII 4022: Nemausus. -vini (Gen.) Ver-, -viranus Dum-: s. 1. Gh'ed. Yirido-marus (Fürst der Insubres): Caes. Gall.: Index; cf. PID 2, 183. Virdo-marus: III 2065: Dalmatia: Salonae; cf. PID l, 308; weitere Belege bei Holder III 379 f.: Wahrscheinlich liegt hier die synkopierte Form von Viriao- vor (s. S. 92). Hertz (mündlich) dagegen hält Virido- möglicherweise für die latinisierte Form (lat. viridis) zu Virdo-. Virdo-rix: Lex. Tir. 118, 94 (zitiert nach Holder 3, 361); Viridorix: Caes. Gall. 3, 17, 2. 3. 5; 3, 18, 7; cf. weiter Holder 3, 382. Viro-: I.Mann (ir. fer; cy. gwr; lat. vir usw.: Dottin 299; W. P. l, 314 f.). 2. wahr (ir. f i r ; bret. cy. gwir; lat. virus usw.)1. 1

Bisher unerklärt geblieben ist immer noch der gall. Name für Verdun = Virodunum (cf. Weisgerber 213).

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Viro-canti (Gen.): V 5883: Milanum. Cf. die bei K. Meyer, Zur kelt. Wortkunde, Nr. 73 (ref. Vendryes, RC 35, 1914, 254) angeführten Namen: acy. Gurcant; ncy. gwrgan; ir. Fer-chete = Virocantius: „Reif der Treue" (?). Virio-daci (Gen.): Töpferstempel bei Osw. 338. Virion-dagi-cane (Dat. f.): III 4996: Noricum: Virunum. Viro-dacti (Dat.): GN: XIII 6761: Germ. Sup.: Mogontiacum; cf.XIII 11944: fF^ro-dadÄi/IuxtaMoeniRipamDextram. Cf. Drechsel 38, der den Gottesbegriff als seinem Wesen nach unklar schildert. Gutenbrunner 104 f. stellt den GN (Vir)adecdi (Dat.) XIII 8815: Vechten/ und Vira-desthi (Dat.) (s. im Folgenden) dazu. Als Etymologie gibt er, Much (Zeitschrift f. deutsches Altertum 55, 292 ff.) folgend, ir. feardhacht „Männlichkeit" an. Der /e-Wechsel in -decdij-dacti bleibt bemerkenswert. Cf. unter Dego-vexi. Vira-desthi (Dat.): Göttin der Tungri in VII 1073: Blatum Bulgium. S. im Vorhergehenden. Yiro-manduus; Viro-mandui (StN): Caes. Gall. Index; Plin. nat. 4, 106; XIII 1465; 3528; 8341 f.; 10010, 1882. Cf. weiter Holder 3, 392 ff. Viro-marus: XIII 4659: Belgica: Leuci „groß an Männern"1. Viro-menicor(u)m: StN im Gen. Pl.: II 5741: Pilonna. S. auch 2. Glied. Virio-ta(li) (Gen.): IV 2451: Pompeji. Yiro-touta (wohl m.): Jug. 168: Pann. Sup.: Emona; Viroloutae: XII 3802: Nemausus2. Viro-tuti (GN im Dat.): XII 2525: Inter Augustum et Lacum Lemannum. Cf. XIII 3185: (Vir)o-tuti (Dat.): Prov. Lugd.: Aulerci Diablintes. Die von Loth, RC 33, 1912, 258 ausgesprochene und von Dottin 294 übernommene Deutung des 2x belegten GN Viro-tuti mit ,,celui qui guorit les homines" zu air. tuath- „links, nördlich; schlecht" u. cy. tut „magicien,, (vgl. dazu das Caes. Zitat: Apollinem morbos depellere (Gall. 6, 17, 2) ) dürfte wegen des 2x belegten Namens Viro-touta, wofür dieselbe Bedeutung nicht angesetzt worden ist, an Sicherheit verlieren. Wie z. B. der Name 1 2

Dagegen s. die Auffassung von Schnetz auf S. 73 f. Loth, RC 33, 1912, 258 liest Viro-tautae.

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Catu-slugi (s. S. 100, cf. Thurneysen 40) beweist, kann im Gall. ou mit u wechseln. Die unterschiedliche Flexion des Hintergliedes in Viro-tuti erklärt sich durch das auf S. 95 Gesagte. Die von Loth, a.a.O. 257 vermutete Bedeutung „bon" für keltisch *teutopaßt auch nicht zu der Bedeutung „schlecht", die das ir. Äquivalent tuath- u. a. hat. Außerdem passen auch der bei Loth a.a.O. 257 angeführte Name Morgan tut und die ir. Belege nicht zu diesem Ansatz. -virus Agedo-; -vire (wohl Dat. f.) Allo-; -vir-agus Ar-; -viro At-; -viris Canu-; -virus, -ius Co-; -vir Datto-; -viranus Dum-; -virus Maro-; -vir, virus Sacro-; -virus Seno-; -vira Sunno-; -virius Vo-reto-. -viseos An-are- s. S. 126. -vistus Ario- s. 1. Glied auf S. 134. Visu-lanius: XI 709 (2x); XI 759 (Dat.): Bononia. Vis-marus (gall. König): Liv. 24, 42, 8. Für Visu- mit Synkope (?) s. S. 92; doch s. auch S. 294. Visu-rix (mater!): XIII 5295: Germ. Sup.: Augusta Bauricorum, f.? s. S. 75. -vital Ad-: Unklar. Vitu- wird schon von Ernault (bei Holder 3, 415) zu deutsch „Weide" gestellt. Dieses entspricht air. feith „fibra" (*veiti-); cy. giüden „vinculum, ligamen" griech. usw. (W. P. l, 224 f.). Schwierigkeiten bereitet die li-Fuge wegen der inselkeltischen Belege. Doch vgl. griech. , - , äol. /" , lat. vitus ( — uStamm. J. Schmidt, KZ 22, 314). Vitu-bena: XIII 3428: Belgica: Remi. Cf. Salico-genne auf S. 264. Vitou-su-ri(gis): XII4172: Inter Nemausum et Sextantionem. 1. Glied vitu- (?) unter griech. Einfluß (s. S. 54). Ylatu-gni (Gen.): Töpferstempel bei Osw. 343. -vlatti Tri-; -via Ate-; viatos (s. S. 141). Ylato·: Ir. flaith für *vlati- „Herrschaft, Fürst"; cy. gwlad „Land" usw. zu idg. *ual- „stark sein" (W. P. l, 219; Dottin 300). Vlido-rix (Lesung unsicher): XIII 3179: Lugdun.: Lexovii. Der Name könnte nach Thurneysen (bei Weisgerber 213) zu ir. fled, cy. gwledd „Gastmahl" ( = *ulidä) zu stellen sein: „reich an Gastmählern."

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Vo- 1 „unter" entspricht ir. /o; cy. go; griech. ; idg. *upo (W. P. 192 f.; Dottin 300). Vo- „2" mit u neben du-, cy. dwy zu lat. duo usw. (Pokorny 229). Cf. noch besonders W. H. 382 mit toch. A/wü usw. Zweifel bei Hertz (mündlich). Vo-cari (Gen.): Töpferstempel: XIII10010,1930; XIII10010, 2075; XII1336,1135 (Vocar) ; Vo-cara: XIII10010,1042 (Io-cara geschrieben); Va-carus (zur Assimilation s. S. 94): Jug. 557: Pann. Sup.: Siscia. Vo-caran: Münze bei Forrer 265; Mur. Chab. 8822-8824,p. 183. -vo-cisus Ad-: Unklar s. 1. Glied auf S. 117; -coni Vo- (wohl Gen.): VII 554: Vindobala. s. 2.Glied. Vo-contii: Cic. Font. 10, 21; Caes. Gall, l, 10, 5. Cf. weiter Holder 3, 426ff.: = cy. ugaint „20". Cf. Tri-contü u. Vo-corü. Cf. auch Vendryes, RC 40, 1923, 172. Vo-corio: Münze bei Blanchet 146 p. 479, Fig. 539; cf. Holder 3, 433. Ethnikon. Cf. Tri-, Petru-corii. Vo-cunilios: Münze bei Mur. Chab.: 7575 f. Vo-curtum (Akk.): VI 9349: Rom. -vo-disius Vor-, Vo-gen (us): Töpferstempel bei Osw. 344; cf. XIII10010, 2079 u. s. S. 57. Vo-latei (wohl Gen.): RA 9-10, 1937, Nr. 54: Hippone. Die Inschrift IX 1592, Beneventum, bezieht sich auf die gleiche Person. Vo-latia (PID l, 329): s. S. 57 u. cf. Ad-vo-rix. -vo-marus Cobro-. Vo-nato-rix: XIII 8095: Germ. Inf.: Bonna. Vo-reto-virius: XII 1351: Vasio. Ir. foi-rithim „je secours" (Dottin 300; Thurneysen513). Cf. lat. succurrere „zu Hilfe kommen, beistehen"; cy. gweret. -vo-rix Ad-: s. S. 57. Vo-ro-ius: Gott in der Eifel: Finke Nr. 82, 83 cf. Keune 373. Vielleicht aus *Vo-ro-vius (s. S. 100). Vo-secunnus: Töpferstempel in VII 1336, 1220; XIII 10010, 2085. Zu Vo-sego- ? Vo-sego (GN im Dat.): XIII 6027 (u. ü.): Germ. Sup. Vallis 1

Die Form ve ist nach Pedersen l, 35 eine Dissimilation von vo (s. S. 285).

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Rivi Zinsel; XIII 6059: Germ. Sup.: Vallis Rivi Saver; XIII 6080: Germ. Sup.: Altenstadt; RA 11-12, 1938, Nr. 82. Cf. die „Vogesen" bei Holder 3, 448. Keune 374 spricht direkt vom Schutzgott der Vogesen. Die dort als Alternative zu Vo-segus angeführte Form Vo-sagus ist nach dem Index von CIL XIII nicht belegt. Die u. ü. Namensform von XIII 6027 ergänzt man auf jeden Fall Vo-(seg)o. Vo-sagus findet sich lediglich in Belegen für den Gebirgsnamen (s. Holder 3, 448 ff.). Die bei Holder 3, 448 gegebene Übersetzung des Namens durch d'A. de Jubainville ist nicht überzeugend. Vo-senos: Münze zitiert nach Holder 3, 451. Vo-su-gonum (Gen. PL): Nesselhauf 43: Treveri. Cf. Nesselhauf a.a.O. „Wer die Vosugones waren, wissen wir nicht. . ." S. auch unter gan(n)o im Index meiner Arbeit. Vogi-toutus: III 4724: Noricum: Agvontum; III 4908 (Gen.): Noricum: Virunum. Yola-ginius: Tac. hist. 2, 75: Kaum gall. Zu Vda-1 Yolo-gesus: Töpferstempel bei Osw. 344. -volcus Catu-: Germ. Volu-senus; Vola-senna: CIL XI Index (cf. auch V 4511): Brixia (-o Dat.): Sicher ungall., auch nach Geographie (s. dazu noch Vela-). Yolto-dagae (wohl Gen.): XIII 5816: Germ. Sup.: Andemantunnum: Dottin 300 verweist auf ir. folt; cy. gwallt „Haar". Doch ist auch an die illyr. PN zu erinnern, die bei Krähe, Altillyr. PN; Wb. Jhb. l, 1946, 182 f. angeführt sind. Neben illyr. Kompositen mit w-Fuge u. «-Fuge cf. besonders Volto-gnas mit o-Fuge. Für eine Deutung des 1. Gliedes aus dem Illyr. würden diese Parallelfälle mit volto -(voltu-, volti-) in Verbindung mit der Geographie des Namens passen. Für gall, spricht jedoch das Hinterglied. Auch die Lage läßt sich für eine Deutung aus dem Gall, verwenden. Yor-vo-disius: V 4547: Brixia. -vorti (Gen.) At-; -vortus Ate-: s. unter verto-. Yoto-mapatus: Wichtigste Var. zu dem bei Caes. belegten Teuto-matus. Vrido-lanos: Münze bei Blanchet 295: Pokorny, Vox Romanica 10, 1948/49, 250 hält eine Trennung des Namens von Viriao-

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in Virido-rix (s. weitere Beispiele auf S. 296 des Index) schon wegen des belegten Töpfernamens Vrida für möglich. -vritus. -a Ate-: Thurneysen (bei Weisgerber 214) setzt es zu air. fo-frith „er wurde gefunden". Vutlo-bili-cedo(ni) (wohl Dat.): Töpferstempel: XIII 10016, 14: -cedo(ni) ist wohl Suffix. Doch cf. Cedonia, ON in Moesia Inf. (TP u. Rav. bei Holder l, 883). * (von S. 189): Ebenso A. Carnoy in Toponymie und Dialectologie, Brüssel 1948, S, 349, der das ganze Problem zusammenfassend behandelt.