Die Haftung der Stiftung Warentest für Schäden der Verbraucher aufgrund irreführender Testinformationen: Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der außervertraglichen Auskunftshaftung [1 ed.] 9783428491001, 9783428091003

Die Schrift beschäftigt sich mit der Informationshaftung der wichtigsten und bekanntesten Verbrauchereinrichtung in der

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Die Haftung der Stiftung Warentest für Schäden der Verbraucher aufgrund irreführender Testinformationen: Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der außervertraglichen Auskunftshaftung [1 ed.]
 9783428491001, 9783428091003

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TOBlAS HEINRICH BOECKEN

Die Haftung der Stiftung Warentest für Schäden der Verbraucher aufgrund irreführender Testinfonnationen

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 107

Die Haftung der Stiftung Warentest für Schäden der Verbraucher aufgrundirreführender Testinformationen Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der außervertraglichen Auskunftshaftung

Von Tobias Heinrich Boecken

Duncker & Humblot • Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Boecken, Tobias Heinrich:

Die Haftung der Stiftung Warentest für Schäden der Verbraucher aufgrund irreführender Testinformationen : zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der außervertraglichen Auskunftshaftung / von Tobias Heinrich Boecken. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 107) Zug!.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-428-09100-0

D 188 Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-09100-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8

Vorwort Diese Schrift lag der Juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin im Wintersemester 1996/97 als Dissertation vor. Für die Drucklegung habe ich versucht, Rechtsprechung und Literatur bis Juli 1997 zu berücksichtigen. Dank gebührt insbesondere meinem Doktorvater, Herrn Univ.-Prof. Dr. Detlef Leenen, an dessen Arbeitsbereich ich eine lehrreiche Zeit verbringen und die Dissertation erstellen konnte. Ferner danke ich Herrn Univ.-Prof. Dr. Jürgen Prölss für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Großen Anteil an dem Erfolg der Arbeit haben Herr Univ.-Prof. Dr. Winfried Boecken sowie mein damaliger Kollege, Herr Rechtsanwalt Matthias Boehme. Beide gaben mir in vielen Diskussionen hilfreiche Anregungen und Unterstützung. Schließlich danke ich meiner Frau für ihren immerwährenden Zuspruch. Diese Arbeit widme ich meinen Eltern.

Berlin, im Juli 1997 Tobias Boecken

Inhaltsverzeichnis Einleitung

15

Erster Teil Die Stiftung Waren test als privatrechtliche Institution zum Schutz der Verbraucher

20

I. Zur Entstehung und Errichtung der Stiftung Warentest....................................

20

H. Die Aufgaben der Stiftung Warentest ...............................................................

22

III. Die Finanzierung der Stiftung Warentest..........................................................

24

IV. Die Organisationsstruktur der Stiftung Warentest ............................................

25

I. Organe der Stiftung ............ ........................... ...................... ......... ....... ..........

25

2. Fachbeiräte und Mitarbeiter ........ ..................................................................

26

V. Die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest in der Praxis ........................

27

l. Die Informationsermittlung durch Waren- und Dienstleistungstests ...........

27

a) Die Methode des klassischen vergleichenden Warentests.........................

27

aa) Vorschlag eines Vorhabens..................................................................

27

bb) Planung und Marktanalyse .................................................. ................

28

cc) Auswahl und Einkauf der Prüfobjekte ........ ................................ .........

28

dd) Erstellung eines Prüfprogramms .............. .................... ............ ...........

30

ee) Durchführung des Tests, Fixierung und Bewertung der Ergebnisse....

30

ff) Preisermittlung. .... .................. .............. .... .................. ......... ....... ...... .....

32

b) Der vergleichende Dienstleistungstest ......................................................

33

c) Der Neuheitentest .......................................... ...................... ..... ....... ..........

34

d) Zusammenarbeit mit ausländischen Einrichtungen ........................ ...... .....

34

2. Informationsverbreitung................................................................................

35

8

Inhaltsverzeichnis a) Die Zeitschriften der Stiftung Warentest...................................................

35

aa) Die Zeitschrift "test" ............................................................................

35

bb) Die Zeitschrift "FINANZtest" .............................................................

36

b) Sonderpublikationen .... ............ ............. ............. ........ ...... ........ ....... ..... .....

36

c) Presseveröffentlichungen ..........................................................................

37

d) Rundfunk, Fernsehen und Internet-Online-Service........................ ..... ......

37

e) Anbieterwerbung.......................................................................................

38

VI. Tatsächliche Wirkungen der Informationstätigkeit.............. ................... ...... ....

41

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ..... .... .......... ...........

45

I. Zur Organisations- und Handlungsform der Stiftung Warentest...................

45

2. Zur Geltung des Verwaltungsprivatrechts f1ir die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest.........................................................................................

47

a) Die Entstehungsgeschichte und finanzielle Beteiligung des Bundes ........

53

b) Die Kontrollbefugnisse des Bundes als Stifterin.......................................

55

Zweiter Teil Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests und den informationsspezifischen Gefahren für die Verbraucher

60

I. Einflihrung .................................................................................. '" ... ......... .......

60

11. Begriffe .............................................................................................................

69

I. Warentest ......................................................................................................

69

2. Testnutzer......................................................................................................

69

111. Ursachen der Irreflihrung durch Warentestinformationen.................................

70

1. Fehlerhafte Tatsachenmitteilungen im Testbericht .......................................

71

2. Unwahre und unvollständige Tatsachenbasis f1ir die Bewertung..................

72

3. Fehlerhafter Bewertungsvorgang ..................................................................

77

4. Behauptung der Neutralität ...........................................................................

79

IV. Die Gefahren f1ir die allgemeinen Vermögensinteressen und die sonstigen Rechtsgüter der Verbraucher .............................................................................

80

Inhaltsverzeichnis

9

Dritter Teil Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden infolge fehlerhafter Warentestinformationen

84

I. Die Grundlagen der Informationshaftung .............. ............. ... .... ....... .......... ......

84

11. Die Unanwendbarkeit des Wettbewerbsrechts ..................................................

90

111. Der unzulängliche Schutz des Deliktsrechts bei reinen Vermögensschäden infolge irreflihrender Warentestinformationen.................................................

92

1. § 823 Abs.l BGB ..........................................................................................

93

2. § 823 Abs.2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen......................................................

94

3. § 824 Abs.l BGB..........................................................................................

96

4. § 826 BGB ....................................................................................................

96

5. § 831 Abs.l BGB..........................................................................................

97

6. § 1 Abs.l ProdhaftG......................................................................................

98

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und einzelnen Testnutzern ...........................

98

1. Ablehnung einer Haftung aufgrund einer vertraglichen Sonderbeziehung ..

99

a) Keine Haftung aus dem (Kauf)Vertrag, der dem Erwerb der Testzeitschriften zugrundeliegt ...... .... ......... ..... ............... .... .... ............... ...............

99

b) Keine Haftung aus einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag ......... ........... .................. ........ ............ .......... ............ ....... ....... ........ 105 2. Quasi-vertragliche Haftung der Stiftung Warentest durch "Selbstbindung ohne Vertrag" ................ ........ ........ ...... .......... ............. .................. .......... ... .... 116 3. Die Auskunftsverantwortlichkeit der Stiftung Warentest auf der Grundlage einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung kraft objektiven Rechts ..... 120 a) Zum Haftungsgrund einer Informationshaftung der Stiftung Warentest... 121 aa) Sozial- / Verbraucherschutz als Haftungsgrund .............. ....... ....... ....... 121 bb) "Vertrauen" als Haftungsgrund quasi-vertraglicher Schutzpflichten... 124 (1) "Vertrauen" als Haftungsgrund der culpa in contrahendo im Ver-

hältnis von Geschäftspartnern ...... ............... ..... ........... ............ ...... 124 (2) "Vertrauen" als Haftungsgrund der Eigenhaftung Dritter bei Förderung fremden geschäftlichen Kontakts ...... ............ .................... 126 (a) Eigenes wirtschaftliches Interesse............................................ 127

\0

Inhaltsverzeichnis (b) Inanspruchnahme besonderen Vertrauens .... ....... .......... .......... 129 (aa) Haftung von Verhandlungsgehilfen ................................. 131 (bb) Qualifizierte zivilrechtliche Prospekthaftung .................. 134 (cc) Die Inanspruchnahme "besonderen Vertrauens" durch die Stiftung Warentest ..................................................... 136 cc) Kritik an der Vertrauenslehre und die Berücksichtigung der Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs als entscheidendes Kriterium flir die Statuierung quasi-vertraglicher Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung...... 142 b) Zum Bestehen einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und den Testnutzern .................................................. 162 4. Exkurs: Zur Frage einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und dem Handel........................................................ 174

V. Ergebnis zum 3.Teil.......................................................................................... 175

Vierter Teil Der Haftungstatbestand im einzelnen

176

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung von testnutzenden Verbrauchern .... .... ... ............. .... ........ ..................... ....... ......... ..... 176

1. Ausgestaltung der Pflichten im Sinne unklagbarer Schutzpflichten .. ........... 176 2. Inhaltliche Konkretisierung der Ptlichten ..................................................... 178 a) Schutzptlicht in bezug aufTatsachenmitteilungen.................................... 178 aa) Qualitätsmerkmale ............................................................................... 178 bb) Preisinformationen ............................. ............. .................................... 180 cc) Aktualität der Daten............................................................................. 183 b) Schutzpflicht in bezug auf die Qualitätsurteile als Werturteile ................. 184 c) Das Verständnis des "durchschnittlichen Verbrauchers" als maßgeblicher Beurteilungshorizont flir die Gefahr einer Irreflihrung durch Testergebnisse ................................ ................. ............................................ .... 188 3. Die Schaffung und Unterhaltung einer Irreflihrungsgefahr als Ptlichtverletzungstatbestand ............................................................................................. 196 a) Inverkehrbringen von fehlerhaften Testinformationen.............................. 197

Inhaltsverzeichnis

11

aa) Verbreitung irreführender Testinformationen durch Publikationen der Stiftung Warentest......................................................................... 197 bb) Verbreitung der Testberichte durch andere Medien ............................ 199 (I) Abdruck in anderen Presseerzeugnissen, Verbreitung im Rundfunk und im Fernsehen .................................................................. 200

(2) Verbreitung von Testergebnissen durch Anbieter- und Herstellerwerbung................... .... .......... ...................... ............. .............. ... .... 203 (a) Korrekte Wiedergabe fehlerhafter Testergebnisse ................... 204 (b) Irreführende Wiedergabe richtiger Testberichte durch den Werbenden .............................................................................. 205 b) Unterlassene Richtigstellung irreführender Testberichte .......................... 210 aa) Ptlicht zur Richtigstellung eigener irreführender Publikationen.......... 210 bb) Pflicht zur Richtigstellung fremder irreführender Publikationen ........ 214 (I) Irreführende Publikationen durch Medien, die in die Verbreitung der Testberichte als Erfüllungsgehilfen eingeschaltet sind ........... 214

(2) Irreführende Testwerbung.............................................................. 214 cc) Keine allgemeine Schutzptlicht zur nachträglichen Aktualisierung von Testberichten ................................................................................ 216 (I) Qualitative und preisliche Veränderung der getesteten Produkte seitens der Anbieter ................... .... .... .......... .................. ....... ...... ... 216

(2) Veränderungen infolge wissenschaftlichen oder technischen Wandels......................................................................................... 221 11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)................................................................... 222 1. Ablehnung einer verschuldensunabhängigen Haftung ........ ...... ........... ...... ... 222 2. Der Verschuldensmaßstab - Haftung für jede Fahrlässigkeit ........................ 225 a) Begrenzung der Fahrlässigkeitshaftung kraft objektiven Rechts............... 226 aa) Gemeinnützigkeit und Idealzweck der Stiftung Warentest, UnentgeItlichkeit der Informationen .................. ............ ... ...... ........... ..... ...... 226 bb) Haftungsbeschränkung nach dem Vorbild der Haftung von Börseninformationsdiensten ...... .......... ........................ .... .......... ...... .... ... ........ 228 cc) Haftungsbeschränkung mangels rechtsgeschäftlichen Kontakts.. ........ 229 dd) Die "Unüberschaubarkeit" der Informationshaftung als haftungsmildernder Umstand ................................................................................. 235 b) Freizeichnungsmöglichkeiten .. ........................ ........ ................ ........... ...... 240

12

Inhaltsverzeichnis

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 249 ff. BGB........ 245 I. Ersatz des Vertrauensschadens gemäß § 249 S.I BGB ............ ................ ..... 245

a) Ersatz des Vertrauensschadens.................................................................. 246 b) Keine Begrenzung durch das Erflillungsinteresse ................ ..................... 254 2. Ersatzfähige primäre Vermögensschäden irregeführter Testnutzer .............. 255 a) Primäre Vermögensschäden infolge fehlerhafter rechtsgeschäftlicher Willensbildung ......................................................................................... 255 aa) Das ex post unerwünschte Rechtsgeschäft als Vermögensschaden ..... 256 bb) Im Zusammenhang mit der Fehldisposition stehende Aufwendungen als Vermögensschaden ........................................................................ 259 cc) Entgangener Gewinn (§ 252 BGB) ...................................................... 260 b) Adäquate Kausalität des geltend gemachten Schadens........ ............ ......... 260 c) Der Schutzzweck der Informationspflicht als normatives Korrektiv ......... 261 aa) Haftungsausschluß wegen Schutzzweckverfehlung............................. 262

(I) Haftungsausschluß bei Bestehen von Rechten auf negativen oder positiven Vertrauensschutz aus dem ex post unerwünschten Rechtsgeschäft.... .............. ...... ....... ............... ....... ...... ... ................. 262 (2) Rechtslage bei Insolvenz des Vertragspartners sowie bei Ausschluß oder Verjährung vertraglicher Rechte................................ 268 (a) Insolvenz des Vertragspartners ................................................ 268 (b) Haftungsausschluß im Verhältnis eines Testnutzers zu seinem Geschäftspartner aufgrund Gesetzes oder Vertragsvereinbarung ..................................................................................... 270 (c) Verjährung von vertraglichen (Gewährleistungs)Rechten ....... 271 bb) Der Schutzzweck der Pflicht zur richtigen Information als haftungsbeschränkendes Kriterium ................................................................... 273 3. Formen des Schadensausgleichs .............................................. ............ ......... 275 a) Vollständige Vertragsfolgenbeseitigung ................................................... 276 b) Teilweise Vertragsfolgenbeseitigung ........................................................ 278 4. Mitverschulden (§ 254 BGB)........................................................................ 279 a) § 254 Abs.l BGB ...................................................................................... 279 b) § 254 Abs.2, S.l BGB ............................................................................... 282 c) §§ 254 Abs.2, S.2, 278 BGB ..................................................................... 283

Inhaltsverzeichnis

13

IV. Verjährung des Anspruchs ................................................................................ 283 l. Absolute Verjährung in drei Jahren .............................................................. 284

2. Zur relativen Verjährungsfrist (sechs Monate) bei Kenntnis oder Kennenmüssen des Haftungstatbestandes .................................................................. 291 V. Beweisfragen......................... ..................... ... ............. ........ ... .................. .......... 293 VI. Ergebnis zum 4.Teil.......................................................................................... 298

Fünfter Teil Die Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern der Verbraucher

303

I. Gefährdungshaftung gemäß § I Abs.1 ProdHaftG............................................ 304

11. §§ 823 Abs.l, 86, 31 BGB ................................................................................ 306 111. § 831 Abs.1 BGB .............................................................................................. 310 IV. Haftung aufgrund der quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und einem Testnutzer ......................................................... 312 V. Ergebnis zum 5. Teil......................................................................................... 317

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

318

Literaturverzeichnis

325

Stichwortverzeichnis

349

Einleitung Verbraucherschutz ist das Schlagwort, das die wirtschaftspolitische Diskussion - und damit auch die Privatrechtsentwicklung - seit Beginn der 60er Jahre in Deutschland nachhaltig geprägt hat. l Zu den wesentlichen Instrumenten des Verbraucherschutzes gehörte von Beginn an die Verbesserung des Informationsstandes der Verbraucher über marktrelevante Daten. 2 Durch die Zunahme des Warenangebotes infolge eines rasanten Wirtschaftswachstums kam es für die Konsumenten zwangsläufig zu einer Intransparenz des Marktes,3 was bedeuten mußte, daß die Konsumentscheidungen kaum noch auf fundierte Produkt- bzw. Marktkenntnis gestützt werden konnten und die Konsumenten die Wahl eines bestimmten Produkts oft als risikobehaftet empfanden. Neben der Vergrößerung des Warenangebotes ist erschwerend hinzugekommen, daß die Hersteller und Anbieter von Waren und Dienstleistungen sich mehr und mehr von einer sachlich-informativen Werbung abwendeten. Die Veränderung der Werbung hin zu einer wenig aussagekräftigen suggestiven Marketingstrategie ist nicht zuletzt durch das deutsche Wettbewerbsrecht gefördert worden. Denn danach sind vergleichende Aussagen über die Produkte von Wettbewerbern in der Werbung nach wie vor nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. 4 Auch der Handel als Bindeglied zwischen Herstellern und Verbrauchern hat das Informationsdefizit der Verbraucher nicht ausgleichen können. Die Aussagen der Anbieter sind im wesentlichen von deren Absatzwunsch geprägt. Sie können die von den Verbrauchern empfundenen Kauf- bzw. Konsumrisiken nicht oder nur unwesentlich vermindern. 5 Neutrale Stellungnahmen über Pro1 Zur Entwicklung des Verbraucherschutzes in den westlichen Industrienationen: Hippel, Verbraucherschutz, S.3 ff. Für weiterführende Literatur siehe bei Assmann/Kübler, Verbraucherinformation, S.9 Fn.2 und S.20 Fn.40. 2 Vgl. zu den Methoden des Verbraucherschutzes Hippel, Verbraucherschutz, S.25 ff., insbesondere zu Informationsmethoden, S.34 ff. 3 Siehe nur Scherhom, Konsumgütermärkte, in: Streißler, Informationen der Wirtschaft, S.182; ders. in: Dedler u.a., Informationsdefizit, Vorwort; Hüttenrauch, Nutzen, MA 1968, S.262 ff., 264. 4 Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.332 ff. mvwN in Rn.332, 333.

5 Grunert in: Dedler u.a., Informationsdefizit, S.I03.

16

Einleitung

dukteigenschaften sind zwar zuweilen von anderen Konsumenten zu erhalten, die auf eigene Erfahrungen zurückgreifen können. Doch zumeist fehlt es an deren Fachkompetenz, die Angaben beziehen sich auf veraltete Produkte und/oder die Bedürfnisse des ratgebenden Verbrauchers sind nicht identisch mit denen des ratsuchenden. 6 Die fehlende Markttransparenz aus Sicht der Verbraucher, welche bis heute fortbesteht und sich durch die Internationalisierung der Produktmärkte noch verstärkt hat, ruhrte schon Ende der 50er Jahre dazu, daß sich insbesondere Verbraucherverbände dieses Problems annahmen und nach einer Verbesserung der Marktübersicht rur Konsumenten strebten. 7 Ein Instrument dieser Verbraucheraufklärung sollte der vergleichende Warentest sein, der in den USA schon in den 20er Jahren entwickelt worden war.8 Heute sind die Publikationen vergleichender Warentests sowie andere Formen der Verbraucherinformation nicht nur auf die zahlreichen Verbraucherorganisationen9, wie etwa die Verbraucherzentralen der Länder oder die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, beschränkt. Vergleichende Produktinformationen zur Erhöhung von Markttransparenz lO werden in unzähligen (Fach)Zeitschriften, Wirtschaftsmagazinen oder in sonstigen Medien angeboten. 11

6 Grunert a.a.O., S.1 03. 7 E. Ulmer in: Ulmer u.a., Vergleichende Warentests, S.12. 8 Vgl. zu der Entwicklung in den USA insbesondere Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.34 ff.; Schirmer, Warentests, MA 1967, S.292 ff., 292; E. Ulmer in: Ulmer u.a., Vergleichende Warentests, S.14. 9 Siehe die Liste der Verbrauchereinrichtungen, die der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. angehören, in: Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (Hrsg.), 30 Jahre Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, S.30 f. 10 Markttransparenz bedeutet Kenntnis der und Überblick über die für den Markt bedeutenden Daten und Faktoren (Schenk, Preisvergleich, S.14). Man unterscheidet zwischen Waren- und Anbietertransparenz. Warentransparenz unterteilt sich wiederum in Marken-, Qualitäts- und Preistransparenz (vgl. dazu Hart/Silberer, Werbung, GRUR 1983, S.691, 693; Hüttenrauch, Nutzen, MA 1968, S.262 ff., 264; Schenk, Preisvergleich, S.14). 11 So ist insbesondere auf die vielen Fachzeitschriften für Fototechnik, Unterhaltungselektronik und Kraftfahrzeuge hinzuweisen, die immer wieder durch vergleichende Wareninformationen Hilfestellung für Konsumentscheidungen leisten wollen. In diesem Zusammenhang muß vor allem auch die ADAC Verlag GmbH genannt werden. Mit ihrer Zeitschrift "Motorwelt" druckt diese Tochtergesellschaft des ADAC die auflagenstärkste Zeitschrift Europas (vgl. DER TAGESSPIEGEL vom 22.7.1995, S.15) und erreicht damit nicht nur Mitglieder des Vereins. Zur Haftung des ADAC für Warentest-

Einleitung

17

Die in der Bundesrepublik bekannteste Einrichtung für vergleichende Produktinformationen ist die Stiftung Warentest. Die Auflagen der von ihr herausgegebenen Zeitschriften haben einen Umfang erreicht, der es der Stiftung Warentest vermutlich ermöglichen würde, ihre Druckwerke auch ohne den von der Bundesrepublik Deutschland als Stifterin gewährten jährlichen Zuschuß frei von Werbeanzeigen der anbietenden Wirtschaft herauszugeben. Von Anfang an war es der Stiftung Warentest kraft ihrer Satzung untersagt, Produktwerbung in ihre Druckwerke aufzunehmen. In dieser Unabhängigkeit von der gewerblichen Wirtschaft unterscheidet sich die Stiftung Warentest maßgeblich von anderen (Fach)Zeitschriften, die mit Ergebnissen über vergleichende Untersuchungen am Zeitschriftenmarkt auftreten. 12 Die folgende Untersuchung beschäftigt sich ausschließlich mit der Haftung der Stiftung Warentest für fehlerhafte Testinformationen. Sicherlich steht die Stiftung Warentest in bezug auf ihre Informationstätigkeit beispielhaft für viele andere Informationsanbieter auf dem Zeitschriftenmarkt. Dies gilt jedenfalls, soweit man nur auf die Informationsart des vergleichenden Testberichterstattung schaut. Zugleich nimmt diese Einrichtung aber auch eine deutlich exponierte Stellung ein. Diese Stellung ergibt sich nicht nur aus ihrer fast 30jährigen Erfahrung 13 mit der Ermittlung und Veröffentlichung vergleichender Produktinformationen, sondern vor allem auch aus ihrem - wohl durch die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Werbeeinnahmen begründeten - enormen Wirkungskreis. Es ist gerade dieser große Wirkungskreis der Stiftung Warentest, der die Frage nach der Verantwortlichkeit dieser Einrichtung für fehlerhafte Informationen so interessant erscheinen läßt. Denn die Konsumlenkungsmacht der Stiftung Warentest - das kann hier schon vorweggenommen werden - ist derart ausgeprägt, daß fehlerhafte Informationen der Einrichtung gesamtwirtschaftlich betrachtet immense Schäden auf Anbieter- wie auch auf Verbraucherseite verursachen können. 14 Wer durch reine Informationstätigkeit derartigen Einfluß auf die Konsumgütermärkte ausübt, steht im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines fairen Wettbewerbs - im Sinne eines verbraucherorientierten Wettbewerbs - unter einer besonderen Verantwortung. 15 Wirtschaftlich sinnvolles veröffentlichungen gegenüber Herstellern und Anbietern von Produkten: LG Mannheim vom 30.3.1981, (abgedruckt bei Horn/Piepenbrock (Hrsg.), Warentest, S.119 ff.) und OLG Düsseldorf vom 25.6.1981 (DAR 1982, S.65 ff. m. Anm. W. Brinkmann, S.59 ff. [= BB 1982, S.62 m. Anm. Lachmann, S.65 ff.]). 12 Vgl. OLG Koblenz vom 18.4.1988, NJW-RR 1989, S.166 f. 13 Der erste Warentestbericht erschien im Jahre 1966. 14 Vgl. Brüggemeier, DeIR, Rn. 406; siehe näher unten S.41 ff. 15 BGH vom 3.12.1985 (Warentest 111), GRUR 1986, S.330 ff., 331 [= NJW 1986, S.981]. 2 Boecken

18

Einleitung

Verbraucher- und Anbieterverhalten kann dann nur erreicht werden, wenn die Infonnationen der Stiftung Warentest den Markt tatsächlich transparenter machen, wobei davon ausgegangen werden kann, daß die Stiftung Warentest das Ziel größerer Markttransparenz bisher mit den von ihr veröffentlichten Testberichten erreicht hat. Obwohl - oder gerade weil - die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber den Herstellern und Anbietern von Waren und Dienstleistungen schon mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des BGH war,16 soll diese Frage nicht im Vordergrund der vorliegenden Arbeit stehen. Denn der BGH hat auf der Grundlage schon früherer instanzgerichtlicher Entscheidungen für diese Haftungsfrage eine im Schrifttum weitgehend beftlrwortete deliktsrechtliche Lösung entwickelt. 17 Dies bedeutet nicht, daß die Grundsätze in allen Einzelheiten als stimmig anzusehen wären. I 8 Doch können gewisse Unstimmigkeiten gerade auch von dem hier verfolgten Ansatz einer Infonnationsverantwortlichkeit ftlr Schäden der Verbraucher aufgezeigt werden. Denn letztlich sind die Infonnationsverantwortlichkeit der Stiftung Warentest gegenüber Herstellern und Anbietern und die Verantwortlichkeit der Einrichtung gegenüber Verbrauchern, soweit es um deren Vennögensschäden geht, die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Im Vordergrund der Untersuchung steht die Schadensersatzhaftung der Stiftung Warentest ftlr reine Vennögensschäden der Konsumenten, also solchen Vennögenseinbußen, die nicht Folge einer Rechtsgutsbeeinträchtigung im Sinne des § 823 Abs.l BGB sind. 19 Diese Ausrichtung der Untersuchung ergibt sich zunächst aus dem primären Zweck von Warentestinfonnationen. Denn diese Infonnationen sollen den Verbrauchern eine Grundlage bieten, auf welcher sie eine bedarfsgerechte rechtsgeschäftliche Disposition treffen können. Darüber hinaus ist die Schwerpunktsetzung auch rechtsdogmatisch motiviert. 16 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 334 [= NJW 1976, S.620 ff. m. Anm. Tilmann = JZ 1976, S.446 ff. m. Anm. Deutsch = GRUR 1976, S.268 ff. m. Anm. Schricker = BB 1976, S.242 m. Anm. Lachmann = AfP 1976, S.34 m. Anm. Löhr] BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff. BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff. [= GRUR 1987, S.468 = DB 1987, S.1343 ff. = BB 1987, S.922 = WRP 1987, S.616 = ZIP 1987, S.662 = MDR 1987, S.823] BGH vom 17.6.1997, NJW 1997, S. 2593 ff. 17 Vgl. statt vieler Laren:zJCanaris, SchR-BTI3 Bd.1I/2, § 81 I1I, 2.b), S.549 f. 18 Vgl. etwa die kritischen Bemerkungen zur Rechtsprechung bei Laren:zJCanaris, SchR-BTI3 Bd.1I/2, § 79 I, 2.c), S.467; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbs recht, Rn.416 zu § I UWG; Schricker, Anm. zu BGH vom 9.12.1975, VI ZR 157/73 (BGHZ 65,325), GRUR 1976, S.274 ff., 275 f.

19 Laren:zJCanaris, SchR-BTI3 11/2, § 75 I 3, S.356 f.

Einleitung

19

Viele Verbraucher, die Testinfonnationen in ihre rechtsgeschäftliche Willensbildung einbeziehen, stehen nicht in einer vertraglichen Leistungsbeziehung zur Stiftung Warentest. Gerade außerhalb von vertraglichen Leistungsbeziehungen ist aber der Schutz vor reinen Vennögenseinbußen infolge (fahrlässig) fehlerhafter Infonnationen höchst umstritten. 20 Das Deliktsrecht bietet insoweit einen nur sehr begrenzten Schutz. Die vorliegende Untersuchung gliedert sich in fünf Teile: Im ersten Teil werden die Aufgaben der Stiftung Warentest, die Methoden der Infonnationsennittlung und -verbreitung sowie die tatsächlichen Wirkungen der Infonnationstätigkeit dargestellt. Am Ende dieses Teils wird auch die Frage nach der öffentlich-rechtlichen Einbindung der staatlich gegründeten Stiftung des Privatrechts erörtert. Der zweite Teil der Untersuchung behandelt die Ursachen und spezifischen Gefahren fehlerhafter Warentestinfonnationen für die Konsumenten. Darauf aufbauend wird im dritten Teil entwickelt, daß zwischen der Stiftung Warentest und den Verbrauchern, die beim Erwerb von Konsumgütern die Warentestinfonnationen in ihre Willensbildung einbeziehen, eine quasivertraglich ausgestaltete Sonderbeziehung kraft objektiven Rechts besteht, die als Rechtsgrundlage einer Schadensersatzhaftung heranzuziehen ist. Im vierten Teil werden die Voraussetzungen des Haftungstatbestandes im einzelnen einschließlich der Verjährungs- und Beweisfragen behandelt. Schließlich rundet der fünfte Teil die Untersuchung mit der Darstellung der Haftung in bezug auf Integritätsinteressen der Konsumenten ab.

20 Vgl. nur Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.20. 2·

Erster Teil

Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution zum Schutz der Verbraucher I. Zur Entstehung und Errichtung der Stiftung Warentest Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre wurden in der Bundesrepublik die ersten Warentests in rein privater Initiative durchgeführt und publiziert. Diese Engagements erwiesen sich bald als erfolglos. Entweder fehlte den Initiatoren, wie der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e. V., von vornherein die finanzielle Basis, l um in größerem Maße die gewünschten Testinformationen zu verbreiten, oder den Veranstaltern wurde durch rechtliche Auseinandersetzungen die wirtschaftliche Grundlage entzogen. 2 Nachdem die Rechtsprechung der Instanzgerichte zu den ersten Warentestveröffentlichungen3 die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung

1 Siehe die parlamentarische Stellungnahme des Abgeordneten Mertes zu den Entwicklungen der Warentestpraxis bis 1964, Verhand\. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.56, (4.Wahlperiode, 141. Sitzung am 23.10.1964), S.7078. Siehe aber auch Andresen (Warentest und Pressefreiheit, Diss. Tübingen 1973, S.17 ff.), der die Einstellung der Testarbeit durch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. auf die Unsicherheit in bezug auf die rechtliche Zu lässigkeit der Warentests zurückführt. 2 So erging es dem Verlag Waldemar Schweitzer für die in der Zeitschrift "DM" veröffentlichten Tests, vg\. Andresen, Warentest, Diss. Tübingen 1973, S.20. 3 Siehe die Rechtsprechung bis zur Gründung der Stiftung Warentest: OLG München vom 12.3.1959, GRUR 1959, S.612f.; OLG Stuttgart vom 23.11.1960, WuW 1961, S.417; LG Düsseldorfvom 1.3.1962, BB 1962, S.317f. [= WRP 1962, S.176 = MDR 1962, S.741 = JuS 1963, S.37]; LG Düsseldorfvom 8.5.1962, WRP 1963, S.27; LG Düsse1dorf vom 29.5.1962, BB 1962, S.935; OLG Stuttgart vom 10.8.1962, BB 1962, 1134; LG Köln vom 15.5.1963, BB 1963, S.832 f.; OLG Stuttgart vom 26.6.1963, BB 1963, S.831 f. [= OB 1963, S.128\]; OLG Stuttgart vom 12.9.1963, NJW 1964, S.48 ff.; OLG München vom 16.1.1964, BB 1964, S.325 ff.; OLG Stuttgart vom 30.1.1964, NJW 1964, S.595 ff.; OLG Düsseldorf vom 12.6.1964, BB 1964, S.859; OLG Celle vom 23.7.1964, NJW 1964, S.1804ff. [= OB 1964, S.1150 = BB 1964, S.903]; OLG Düsseldorf vom 25.9.1964, BB 1964, S.1361 ff.; LG Düsseldorf

1. Zur Entstehung und Errichtung der Stiftung Warentest

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von Warentests sowie deren Publikation entwickelt hatte, verstärkten auch die Politiker ihre Anstrengungen zur Schaffung einer unabhängigen Testinstitution. 4 In seiner Regierungserklärung vom 9.10.1962 erteilte Bundeskanzler Adenauer dem Bundeswirtschaftsminister den Auftrag, ''[ ... ] möglichst bald die Errichtung einer Körperschaft fiir neutrale Warentests zu veranlassen". 5 Die Vorstellungen der Regierung waren zunächst darauf gerichtet, eine vom Bund getragene Einrichtung zu schaffen, in der Handel und Industrie lediglich eine beratende Funktion zukommen sollte,6 was bei diesen Interessengruppen auf erheblichen Widerstand stieß.? In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. erarbeiteten Handel und Industrie einen konzeptionellen Vorschlag für die Errichtung eines staatsunabhängigen Instituts, der eine Beteiligung aller Gruppen vorsah. 8 Die in der Politik geäußerten Vorstellungen über die rechtliche Form der Einrichtung waren nicht einheitlich. 9 So hatte die SPD keine Bedenken, die Testinstitution als Anstalt des öffentlichen Rechts zu errichten, wie der von ihr eingebrachte Gesetzentwurfl O belegt. Trotz dieser öffentlich-rechtlichen Organisationsform vertrat die SPD aber die Ansicht, die Einrichtung müsse von staatlichen Einflüssen weitgehend frei gehalten werden und die Arbeit der Einrichtung sei maßgeblich in die Verantwortung der zu beteiligenden Ver-

vom 29.9.1964, WRP 1965, S.144ff.; OLG Nürnberg vom 27.11.1964, BB 1964, S.1448 f. 4 Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.10. 5 Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.51, (4.Wahlperiode, 39.Stizung am 9.10.1962), S.1635 sub B. 6 Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.IO. 7 Siehe Andresen, Warentest, Diss. Tübingen 1973, S.25 mwN. Neuer Widerstand regte sich auch nach Errichtung der Stiftung Warentest, als die Einrichtung mit erheblichen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Vgl. Industriekurier V. 9.2.1967, S.5 und V. 7.3.1967, S.3. 8 Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.II. Gegen diesen Entwurf richtete sich aber noch die Kritik des Markenverbandes, MA 1963, S.9 f. Zur Sichtweise der Industrie und des Handels: Scholten, Industrie und Warentest, S.9 ff.; E. Thomas, Handel und Warentest, S.37 ff. 9 Dazu auch Rinck, Organisation, BB 1963, S.1027 ff. 10 BT-Drs. IV/2236.

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l.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

braucher- und Wirtschaftsverbände zu legen. I I Schließlich einigte man sich im Wirtschaftsausschuß des Bundestages auf eine Stiftung privaten Rechts, in der die paritätische Beteiligung der Wirtschaftsverbände und der Verbraucherschaft sichergestellt werden sollte. 12 Mit Beschluß vom 2. Dezember 1964 stimmte der Deutsche Bundestag l3 der Errichtung eines Warentestinstituts mit Sitz in Berlin durch die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister rur Wirtschaft, zu. Der Bundesminister fur Wirtschaft errichtete durch Urkunde vom 4. Dezember 1964 die "Stiftung Warentest" als Stiftung bürgerlichen Rechts (§ 80 BGB)14 und gab ihr am gleichen Tage eine Satzung. Die Rechtsfähigkeit erlangte die Stiftung Warentest durch Genehmigung des Senators fur Justiz des Landes Berlin aufgrund von § 2 Abs.l StiftG Bln l5 LV.m. § 80 BGB.16

11. Die Aufgaben der Stiftung Warentest Der Zweck der Stiftung Warentest wird in § 2 der Satzung in der Fassung vom 1.7.1985 wie folgt bestimmt: "Stiftungszweck (I) Ausschließlicher und unmittelbarer Zweck der Stiftung ist es, - die Öffentlichkeit über objektivierbare Merkmale des Nutz- und Gebrauchswertes sowie über objektivierbare Merkmale der Umweltverträglichkeit 17 von Waren und privaten, sowie individuell nutzbaren öffentlichen Leistungen zu unterrichten

II Vgl. die Begründung des SPD-Gesetzentwurfs durch die Abgeordnete Beyer, Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.56, (4.Wahlperiode, 141.Sitzung am 23.10.1964), S.7070 ff., insb. 7072 f. 12 Bericht des Abgeordneten Mertes, Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (l6.Ausschuß), BT-Drs. IV/2728, S.l. 13 Der Beschluß der Bundesregierung zur Errichtung einer Warentesteinrichtung erging am 16.9.1964 (abgedruckt in GRUR 1964, S.602).

14 Zur Problematik der fllr die Stiftung Warentest gewählten Rechtsform "Stiftung bürgerlichen Rechts" vgl. Strickrodt, Warentest-Institut, DB 1965, S.1081 ff.; aus verfassungsrechtlicher Sicht: ScholziLanger, Stiftung und Verfassung, 1990. 15 Vom 11.3.1960 (GVBI., S.228). 16 Die Stiftung Warentest unterliegt als Stiftung bürgerlichen Rechts der Stiftungsaufsicht der Senatsverwaltung fllr Justiz des Landes Berlin gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 StiftG Bin. (in der Fassung vom 19.2.1987 (GVBI., S.834). 17 Das Kriterium "Umweltverträglichkeit" wurde mit der Satzungsneufassung vom 1.7. 1985 eingefllhrt.

11. Die Aufgaben der Stiftung Warentest

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- der Öffentlichkeit Informationen zur VerfUgung zu stellen, die zur Verbesserung der Marktbeurteilung beitragen - die Verbraucher über Möglichkeiten und Techniken der optimalen privaten HaushaltsfUhrung, insbesondere über eine rationale Einkommensverwendung aufzuklären und dabei auch von ihr als fundiert erkannte wissenschaftliche Erkenntnisse des Umweltschutzes einzubeziehen - in Institutionen der Normung, der standardisierten Produktinformation und in vergleichbaren Einrichtungen mitzuwirken. (2) Um diesen Zweck zu verwirklichen, soll die Stiftung - Untersuchungen, in der Regel vergleichender Art, an Waren und Leistungen nach wissenschaftlichen Methoden und in einem eine sachgerechte Beurteilung gewährleistenden Ausmaß durchfUhren oder von geeigneten Instituten nach ihren Weisungen durchfUhren lassen - neutral, allgemeinverständlich und sachgerecht erläuterte Arbeitsergebnisse durch Kommunikationsmittel aller Art, insbesondere durch eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift und durch Sonderpublikationen, verbreiten. [... l"

Die Stiftung Warentest wird heute als die bedeutendste Verbraucherschutzeinrichtung in der Bundesrepublik Deutschland angesehen. 18 In der Stiftungssatzung wird der Begriff "Verbraucher" bei der Zweckbestimmung in § 2 Abs. I nur einmal verwendet. Im übrigen werden die Ziele der Stiftung auf die "Öffentlichkeit" bezogen, womit nicht nur die Verbraucher, sondern darüber hinaus auch Hersteller und Anbieter von Waren und Leistungen gemeint sein dürften. Aus § 2 Abs.3 S.2 der Satzung läßt sich jedoch schließen - und die Stiftung Warentest begreift sich auch so -, daß es sich um eine von Wirtschaftsinteressen unabhängige Einrichtung handelt, die bei der Ermittlung und Publikation von Warentestinformationen vorrangig die Interessen der Verbraucher 19 zum Maßstab ihrer Tätigkeit macht. 20 Für die Arbeit der Stiftung Waren test ist wesentlich, daß sie sich an die Verbraucher als Marktteilnehmer

18 ScholzJLanger, Stiftung, Vorwort; Hart, Bewertung, EuZVR 1988, S.42 ff., 44. 19 Zum Begriff des Verbrauchers siehe: Hippel, Verbraucherschutz, S.3 in Fn.1; Reich in MicklitziReich, Verbraucherschutzrecht, Rn.17, 18. Reich unternimmt den Versuch einer allgemeinen Begriffsbestimmung des "Verbrauchers" fUr das Verbraucherrecht der Bundesrepublik Deutschland. Ferner Teske, Der Begriff des "Verbrauchers", in: Magoulas/Simon, S.15 ff., 19/20. 20 Hüttenrauch, in: Stiftung Warentest (Hrsg.), test, Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, Vorwort, S.I; vgl. Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.50, (4. Wahlperiode, 26.Sitzung am 12.4.1962), S.1112ff. und Bd.56, (4.Wahlperiode, 141.Sitzung am 23.10.1964), S.7070 ff.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

wendet, die die angebotenen Waren und Dienstleistungen zur privaten Nutzung abnehmen. 21 Aus der Ziel- und Methodenvorgabe der Satzung der Stiftung Warentest wird deutlich, daß sie den Informationsnachteil der Verbraucher durch vergleichende Warentests 22 vermindern soll. Die Informationen sollen den Verbraucher in die Lage versetzen, seinen eigenen Bedarf zu reflektieren. Sie sollen ihm helfen, mit den Anbieterinformationen aus der Werbung, in Prospekten oder Verkaufsgesprächen kritisch(er) umzugehen und eigene Vorstellungen besser zu artikulieren. Wesentliches Ziel der Informationstätigkeit ist daher, den Konsumenten eine Grundlage zu bereiten, auf der sie eine sinnvolle, an ihren Bedürfnissen orientierte Konsumentscheidung treffen können. 23 In untrennbarem Zusammenhang mit der Verbraucherinformation steht die Verstärkung des Wettbewerbs unter den Anbietern von Waren und Dienstleistungen. Auch wenn die Förderung des Wettbewerbs nicht ausdrücklich in der Satzung der Stiftung Warentest festgeschrieben wurde, ergibt sich diese Aufgabenzuweisung eindeutig aus den Diskussionen um die Gründung der Einrichtung. 24 Die zentrale Aufgabe und Funktion der Stiftung Warentest liegt also in der Bereitstellung von vergleichenden Produkt-/Dienstleistungsinformationen fiir Verbraucher, um die Markttransparenz zu erhöhen und dadurch den Wettbewerb unter den Anbietern zu fördern.

IH. Die Finanzierung der Stiftung Warentest Die Stiftung Warentest begann ihre Arbeit mit einem Etat von 400.000 DM fiir 1964, 2 Mio DM fur 1965 und bis zu 4 Mio. DM bis 1969 aus Mitteln des

21 Vgl. § I Abs.1 VerbrKrG vom 17.12.1990 [BGBI. I, S.2840]; Oie Definition entspricht dem internationalen Verständnis: vgl. die Consumer Protection Charter des Europarates vom 17.5.1973, abgedruckt bei Hippel, Verbraucherschutz, S.447. Vgl. ferner Art.2 lit.b) der EG-Richtlinie 93/13/EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 5.4.1993, ABlEG Nr. L95 vom 21.5.1993, S.29 ff. [= NJW 1993, S.1838]; dazu jüngst Heinrichs, Umsetzung, NJW 1995, S.153 ff. 22 Zur Methode der vergleichenden Warentests unten S.27 ff. 23 Vgl. Schol:zJLanger, Stiftung, S.53. 24 Vgl. Verhand\. des Ot. Bundestages, Steno Ber. Bd.56, (4.Wahlperiode, 141.Sitzung am 23.10.1964), S.7077.

IV. Die Organisationsstruktur der Stiftung Warentest

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Bundeshaushalts. 25 Schon einleitend wurde erwähnt, daß der Stiftung Warentest "zur ErfUllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben von der Stifterin jährlich ein Festbetrag als Zuwendung nach Maßgabe der Haushaltspläne des Bundes zur VerfUgung gestellt" wird (§ 4 Abs.l der Satzung). In der Zuwendung sieht die Stiftung selbst einen Ausgleich dafUr, daß sie in ihren Publikationen auf kommerzielle Werbeanzeigen verzichten muß (vgl. § 11 Abs.l der Satzung).26 Die jährliche Zuwendung beträgt 13 Mio. DM27 , ca. 12,5% der Einnahmen in 1995; rund 87,7% ihrer Mittel erzielte die Stiftung durch den Verkauf ihrer Zeitschriften und Sonderpublikationen sowie durch Einnahme aus der Beteiligung an Gemeinschaftstests mit anderen Testeinrichtungen. 28

IV. Die Organisationsstruktur der Stiftung Warentest 1. Organe der Stiftung Die Organe der Stiftung Warentest werden in § 5 der Satzung bezeichnet. Organstellung haben der Vorstand, der Verwaltungsrat und das Kuratorium. Der Vorstand (§ 6 der Satzung) vertritt die Stiftung in allen außergerichtlichen und gerichtlichen Angelegenheiten. Den Mitgliedern des Vorstands obliegt die GeschäftsfUhrung gemeinsam. Derzeit besteht der Vorstand nur aus einer Person. Über die Wahl des Vorstandes entscheidet der Verwaltungsrat der Stiftung mit Zustimmung der Stifterin (Bundesrepublik Deutschland). Gemäß § 7 der Satzung ist es Aufgabe des Verwaltungsrates, ähnlich der Aufgabe des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft,29 die Kontrolle und Aufsicht über die GeschäftsfUhrung des Vorstandes auszuüben. Er ist befugt, sich jederzeit Bericht erstatten zu lassen. Der Verwaltungsrat besteht aus fünf Mitgliedern, die die Gewähr dafUr bieten müssen, daß sie ihre Tätigkeit unabhängig - vor allem auch von Unternehmensinteressen - ausüben werden. Die Personen sollen auf dem Gebiet der Stiftungsarbeit besondere Kenntnisse und 25 Siehe § 4 der ersten Satzung der Stiftung Warentest vom 4. Dezember 1964, abgedruckt in: DIHT (Hrsg.), Warentest - Aus der Sicht von Industrie und Handel, Heft 97, 1966, S.63 ff. Ferner: Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (16. Ausschuß) BT-Drs. IV/2728, S.2. 26 Siehe Stiftung Warentest (Hrsg.), Merkblatt NACHGEFRAGT, 111992, S.3. 27 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.82. 28 Vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.83. 29 Vgl. den Kommentar des Stiftungsvorstandes zur Satzungsänderung vom 20.12.1971, Jahresbericht der Stiftung Warentest 1971, S.III.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

Erfahrungen mitbringen und dürfen zum Zeitpunkt ihrer Berufung nicht älter als 68 Jahre sein. Sie werden von der Stifterin für die Dauer von drei Jahren auf Vorschlag einer vom Kuratorium beschlossenen Liste berufen (§ 7 Abs.5 der Satzung) und üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Als den Vorstand und den VerwaItungsrat beratendes Organ sieht die Satzung in § 8 das Kuratorium vor. Aus der Mitte des Kuratoriums sollen insbesondere Vorschläge für neue Untersuchungsvorhaben hervorgehen. Das Gremium soll bei der Durchführung geplanter Vorhaben und der Veröffentlichung der Ergebnisse Hilfestellung leisten, damit die satzungsmäßigen Ziele erreicht werden (§ 8 Abs.I). Das Kuratorium besteht aus 18 ehrenamtlichen Mitgliedern. Sechs Personen sind unabhängige Fachleute auf dem Gebiet der Stiftungsarbeit, von denen zumindest drei ausgewiesene wissenschaftliche Qualifikationen haben sollen (§ 8 Abs.II). Die weiteren Mitglieder verteilen sich paritätisch auf die Interessengruppe der Verbraucher und die Interessengruppe der anbietenden Wirtschaft (Hersteller / Händler). Die Mitglieder des Kuratoriums werden von der Stifterin auf die Dauer von drei Jahren berufen (§ 8 Abs.8, 9). Die zwölf Mitglieder der Interessenverbände sollen durch die Stifterin nach Maßgabe einer Vorschlagliste der jeweiligen Verbände berufen werden, sofern diese Vorschläge binnen acht Wochen nach Aufforderung eingehen (§ 8 Abs.ll, 12 lit.ff) der Satzung).

2. Fachbeiräte und Mitarbeiter

Zusätzlich zu den Organen sieht die Satzung in § 9 die für jedes vergleichende Untersuchungsvorhaben zu bildenden Fachbeiräte vor. Diese Gremien, die keine OrgansteIlung besitzen, bestehen aus bis zu zehn Fachleuten der Verbraucherschaft, der anbietenden Wirtschaft, der Prüfinstitute und der neutralen Sachverständigen. Sie werden vom Vorstand und dem Kuratorium gebildet, wobei jedem Fachbeirat mindestens je ein Mitglied der Verbraucherseite, der Herstellerseite und der unabhängigen Fachleute des Kuratoriums (§ 8 Abs.ll) angehören muß. Ihre ehrenamtliche Aufgabe besteht im wesentlichen darin, dem Vorstand "bei der sachgerechten Auswahl der Untersuchungsgegenstände, der Festlegung der Wertmerkmale, der Verwendung geeigneter Prüfverfahren sowie hinsichtlich der Bewertung, Gewichtung und sachgerechter Darstellung der Prüfergebnisse" (§ 9 Abs.l der Satzung) zur Seite zu stehen. Vorstand und Kuratorium geben den Fachbeiräten eine Geschäftsordnung. 30 30 Fassung vom 1. Juli 1985 abgedruckt bei Hom/Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Warentest, 1986, S.181 ff.

V. Die Infonnationstätigkeit

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Am Ende des Haushaltsjahres 1996 beschäftigte die Stiftung Warentest 237 Mitarbeiter. 3l Die Mitarbeiter, die an der Erhebung der Daten durch vergleichende Tests beteiligt sind, kommen überwiegend aus naturwissenschaftlichen und technischen Berufen, während die Mitarbeiter, die an der Darstellung und Verbreitung der Informationen arbeiten, vor allem sozial wissenschaftliche und journalistische Ausbildungen vorweisen.

v. Die Informationstätigkeit

der Stiftung Warentest in der Praxis 1. Die Informationsermittlung durch Warenund Dienstleistungstests a) Die Methode des klassischen vergleichenden Warentests Die Stiftung hat seit ihrem Bestehen mehr als 2000 Warentests32 an über 50.000 Produkten33 durchgefiihrt und deren Ergebnisse veröffentlicht. Im Laufe des Berichtsjahres 1996 prüfte die Stiftung 2187 Produkte in 137 Tests,34 von denen 29 Neuheitentests waren. 35

aa) Vorschlag eines Vorhabens Die Stiftung Warentest versucht, die Entscheidung darüber, welche Konsumgüter getestet werden, nach den Verbraucherinteressen auszurichten. Mitarbeiter der Abteilung "Planung und Analyse"36 sind damit befaßt, die Verbraucherinteressen zu bestimmen, indem sie Leserbriefe auswerten, Rücksprache mit anderen Verbrauchereinrichtungen halten, Konsumgütermessen besu3l Vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.88. Im Jahre 1972 waren es 90 Mitarbeiter. 32 Ausführlich zur Methodik des Warentests: Hüttenrauch, Methodik, S.13 ff; DIN 66052 (November 1971) zum Begriff Warentest; DIN 66054 (November 1982) zur technischen Durchführung von Warentests; Guide to the Principles of Comparative Testing (Juli 1985) der International Organization of Consumer Unions (I0CU) - alle abgedruckt bei HornlPiepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Waren test, 1986, S.187 ff. 33 Vgl. Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 2.12.1994. 34 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.6 ff. 35 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.17. 36 Ein Überblick über die verschiedenen Arbeitsbereiche der Stiftung Warentest findet sich im Jahresbericht 1994, S.4.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

chen, Marktberichte von Forschungseinrichtungen, Handels- und Wirtschaftsverbänden analysieren. Zudem bittet die Stiftung in jeder Ausgabe von "test" ihre Leser um Themenvorschläge und führt einmal jährlich eine repräsentative Umfrage über Testwünsche der Verbraucher durch. 37 Nach Auswertung der verschiedenen Quellen beschließt der Vorstand im Einvernehmen mit dem Kuratorium die Testvorhaben eines Jahres.

bb) Planung und Marktanalyse Der Abteilung "Planung und Analyse" obliegt es, im Hinblick auf ein Testvorhaben den Markt der jeweiligen Produktgruppe zu untersuchen und eine Marktanalyse zu erstellen. Die dazu erforderlichen Daten werden schwerpunktmäßig durch eine Befragung von ca. 100 Fachhändlern über deren Sortimentsauswahl und Preise ermittelt. Diese Befragung bringt auch Erkenntnisse über die Verbreitung einzelner Produkte und deren Marktanteil. Nach der Befragung der Händler werden die Hersteller der Produktgruppe um gen aue Angaben zu ihren Produkten gebeten. Darüber hinaus ist für die Aktualität der Tests wesentlich, ob Modelländerungen anstehen und/oder baugleiche Produkte am Markt mit unterschiedlichen Bezeichnungen vertrieben werden. Zur Vervollständigung des Bildes besuchen Mitarbeiter der Stiftung Fachmessen, werten Fachliteratur sowie Prospekte der Hersteller aus und nehmen Kontakt mit den jeweiligen Wirtschaftsverbänden auf. Die so ermittelten Daten sind Grundlage für die Auswahl unter den Angeboten einer Produktgruppe.

cc) Auswahl und Einkauf der Prüfobjekte Die Stiftung hält eine Begrenzung der Prüfobjekte auf20 - 30 Stück pro Test mit Rücksicht auf den Umfang der Testberichte in der Zeitschrift "test" und einer mit dem Tempo der Angebotsänderung am Markt zu vereinbarenden Testdauer für zweckmäßig. 38 Die Kriterien, anhand derer sich das Marktsegment ergibt, sind in erster Linie technische (z.B. bei Zoom-Objektiven der Brennweitenbereich oder bei Komposthäckslern die Antriebsart). Genügen technische Merkmale nicht, um eine für Verbraucher informative Marktauswahl zu erreichen, können auch Preisrahmen zu einer Spezifizierung dienen. 39

37 Vgl. Stiftung Warentest (Hrsg.), Merkblatt NACHGEFRAGT, 111992, S.1. 38 Hüttenrauch, Methodik, S.16 ff. 39 Z.8. CD-Player der Oberklasse zwischen 500 und 800 DM in "test" 8/91. Zu den Schwierigkeiten, die mit dem Kriterium des Preises zusammenhängen, Hüttenrauch, Methodik, S.16.

V. Die Infonnationstätigkeit

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Schließlich werden Produkte berücksichtigt, die einen besonders hohen Marktanteil haben und/oder neue konstruktive oder gestalterische Charakteristika aufweisen. Das Kriterium der Überregionalität ist heute nicht mehr satzungsmäßig vorgegeben. Die ersten Fassungen der Stiftungssatzung sahen vor, daß vergleichende Untersuchungen nur an Produkten vorzunehmen sind, die überregional angeboten werden. 40 Mit der Neufassung der Satzung im Jahre 1985 ist diese Einschränkung entfallen. Gleichwohl testet die Stiftung Warentest überwiegend Produkte, die bundesweit abgeboten werden und bei Konsumenten bekannter sind als Erzeugnisse regionaler Anbieter. Letztere werden nur selten berücksichtigt. 41 Zur Begründung heißt es, die kleineren Anbieter hätten aufgrund des Risikos, das mit einem schlechten Abschneiden verbunden ist, kein großes Interesse an der Einbeziehung in einen Test. 42 Nach Auswahl der zu prüfenden Produkte wird die Liste den jeweiligen Herstellern zugesandt, damit diese eventuelle Fehler in der Erstellung des Marktsegments reklamieren können. Die Hersteller sollen auch mitteilen, ob von ihrer Seite in nächster Zukunft Neuheiten für die Produktgruppe zu erwarten sind. So soll die jeweils jüngste Produktgeneration Eingang in das Prüfverfahren finden. Die Prüfmuster werden anonym im ganzen Bundesgebiet durch Mitarbeiter der Stiftung im Fachhandel und in Warenhäusern beschafft. In Einzelfällen kommt es vor, daß Prüfobjekte direkt vom Hersteller bezogen werden, vor allem wenn es sich um Waren handelt, die besonders transportgefährdet oder nur saisonal im Handel erhältlich sind. Bei dem Bezug der Prüfmuster aus den Auslieferungsdepots der Hersteller wird darauf geachtet, daß es den Produzenten nicht möglich ist, ein "testfestes" Produkt auszusuchen. Ein Mitarbeiter der Stiftung erscheint ohne Vorankündigung im Auslieferungslager und erwirbt ein 40 Siehe § 2 Abs.1 der Satzung vom 4. Dezember 1964 und § 2 Abs.1 der Satzung vom 20. Dezember 1971.

41 In "test" 12/95, S.62, ruft die Stiftung Warentest z.B. alle überregionalen Anbieter von Waren, für welche die Testvorarbeiten begonnen haben, auf, sich zu melden, damit der Testbericht hinsichtlich dieser Anbieter möglichst vollständig ist. 42 Hüttenrauch, Methodik, S.17. Siehe Fritz!Hilger u.a. (Testnutzung, in Warentest und Unternehmen, S.87, Tabelle 18), deren Ergebnisse einer empirischen Studie diese Begründung stützt. Hüttenrauchs Einschätzung des Interesses "kleinerer Anbieter" trifft aber nicht in allen Fällen zu; vgl. den Leserbrief von Jürgen Bostelmann, Vorstandsvorsitzender der Grundkreditbank eG, Berlin ("FINANZtest" März!April 1993, S.6). Bostelmann beklagt, daß die Stiftung Warentest den Sparberatungsservice nur auf die "wichtigsten, überregionalen Banken" beschränkt.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

oder mehrere Prüfobjekte. 43 Bei Markenprodukten beschränken sich die Tests aus Zeit- und Kostengründen in der Regel auf nur ein Stück jeder Marke.

dd) Erstellung eines Prüfprogramms Zeitlich parallel zu Auswahl und Einkauf der Prüfmuster wird vom zuständigen Ingenieur der Stiftung Warentest ein Schema entworfen, anhand dessen der Warentest durchzuführen ist. Das sogenannte Prüfprogramm enthält die Differenzierungskriterien und die Prüfungsmethoden. Welche Produkteigenschaften Gegenstand des Tests sein sollen, ist vor allem an dem Merkmal des "Gebrauchswertes" eines Produkts fur den Verbraucher auszurichten. Orientierungshilfe leisten hinsichtlich dieser Kriterien frühere - auch von anderen Einrichtungen durchgeführte - Tests, bestehende gesetzliche Vorgaben, Industrienormen (DIN) sowie Fachliteratur.

In der Regel enthält ein Prüfprogramm fünf wichtige Prüfgruppen: Funktions-, Umweltverträglichkeits-, Sicherheits- und Handhabungsprüfung sowie eine technische Prüfung. Der für den Test einberufene Fachbeirat (§ 9 der Stiftungssatzung) ist insbesondere Kontrollgremium fur das erstellte prüfprogramm. Die Vertreter der verschiedenen Gruppen setzen sich über die einzelnen Prüfungskriterien und die Bewertungsgrundlagen auseinander. Nach Verabschiedung durch den Fachbeirat werden Prüfprogramm und Bewertungsgrundlagen dem Vorstand der Stiftung zur Genehmigung vorgelegt. Am Ende dieser Arbeitsphase wird den vom Test betroffenen Herstellern das Prüfprogramm mit den Bewertungsgrundlagen zur Stellungnahme zugesandt. Sie sollen insbesondere auf zusätzliche Kriterien für ihre eigenen Produkte aufmerksam machen können.

ee) Durchführung des Tests, Fixierung und Bewertung der Ergebnisse Die Stiftung führt mangels eigener Laboratorien die eigentlichen technischen Prüfungen nicht selbst durch. Die Testreihen werden von (staatlichen und privaten) Prüfinstituten übernommen. Diese Institute werden von den Technikern der Stiftung Warentest mit Zustimmung des Vorstandes ausgewählt. Aufgrund vertraglicher Vereinbarung sind diese Einrichtungen verpflichtet, Stillschweigen über die Art der Tests und die erzielten Ergebnisse zu 43 Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.37.

V. Die Infonnationstätigkeit

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bewahren, im PTÜfungszeitraum keine gleichartigen Produkte fUr Dritte zu untersuchen und Anfragen von Seiten der Hersteller an die Stiftung weiterzuleiten. Die zu prüfenden Produkte werden dem Institut unter Verschlüsselung der Prüfrnuster ohne erkennbares Markenzeichen überlassen. 44 Der Untersuchungszeitraum beträgt zwischen vier Wochen und sechs Monaten, je nach der Komplexität des Verfahrens. 45 Nach Abschluß der Tests erstellt das beauftragte Institut ein schriftliches Gutachten, in dem die Ergebnisse der Testreihe aufgefUhrt werden. Der zuständige Ingenieur der Stiftung wertet das Gutachten in Zusammenarbeit mit dem fUr die Veröffentlichung verantwortlichen Redakteur aus. Die geprüften Produkte werden auf der Grundlage der Testergebnisse (in den einzelnen Prüfgruppen) anhand einer fUnfstufigen Notenskala bewertet. Die Noten reichen von sehr mangelhaft (--) über mangelhaft (-), zufriedensteIlend (0), gut (+) bis sehr gut (++). Die Grenzwerte zwischen den einzelnen Notenstufen werden nach Rücksprache mit Verbraucherexperten sowie neutralen Sachverständigen festgesetzt. Die zu vergebende höchste Note fur ein Produkt wird am Stand von Wissenschaft und Technik ausgerichtet. Dabei kann es vorkommen, daß keines der getesteten Erzeugnisse eine bessere Note als zufriedensteIlend oder schlechter erreicht. 46 Die zu den Einzelkriterien gefundenen Urteile (sog. Gruppenurteile) fuhren zum Schluß anhand der vorher feststehenden Gewichtung der Prüfgruppen durch Addition der mit dem Gewichtungsfaktor multiplizierten Punktezahlen zu dem "Qualitätsurteil" der Stiftung Warentest. Ein Bewertungsgrundsatz der Stiftung lautet, daß Produkte, die den gesetzlichen Anforderungen genügen, nicht schlechter als "zufriedenstellend" bewertet werden. 47 Auf der anderen Seite kommt es zu einem "Durchschlag" eines singulären PTÜfungsergebnisses auf die Gesamtnote, wenn das Produkt hinsichtlich dieses PTÜfungsteils gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt. Das Urteil lautet dann in aller Regel "mangelhaft". So beurteilte die Stiftung Warentest in einem Test von Nadel-Druckern einen Drucker mit mangelhaft, weil das Gerät 44 Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.37. Es ist davon auszugehen, daß den Prüfingenieuren trotz der Entfernung von Markenzeichen in vielen Fällen erkennbar ist, um weIches Fabrikat es sich bei dem Prüfobjekt handelt. 45 Vgl. Hüttenrauch, Methodik, S.20/21. 46 Siehe z.B. den Komposthäcksler-Test in "test" 8/91, S.70. 47 Gesetzliche Regelungen gibt es jedoch nur für wenige Produktmerkmale und gruppen (z.B. für elektrische Geräte [Gerätesicherheitsgesetz]; Lebensmittel [Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz inkl. Verordnungen]).

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l.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

in der Funkentstörungsprüfung vorgeschriebene Grenzwerte überschritt. 48 Zu einer "Abwertung" kommt es immer dann, wenn der Gewichtungsfaktor für eine Einzelprüfung durch die positiven Ergebnisse der anderen Prüfungsteile im Rahmen eines Gruppenurteils (z.B. Sicherheit) aufgehoben würde, dem einzelnen Merkmal aber für den Fall eines mangelhaften Ergebnisses besondere Relevanz zukommt. Beispielsweise beurteilte die Stiftung Warentest Trekkingräder, die hinsichtlich der Bruchfestigkeit der Sattelstütze "sehr mangelhaft" abschnitten, in der Sicherheitsprüfung nicht besser als mit "mangelhaft", obwohl die sonstigen Sicherheitsprüfungen besser ausfielen. 49 Die vom zuständigen Redakteur verfaßten Einzeltexte und der Vortext zu einer Warentestveröffentlichung werden dem zuständigen Ingenieur und dem Prüfinstitut zur Kontrolle übersandt. Mißverständnisse hinsichtlich des Prüfgutachtens und Datenübertragungsfehler sollen auf diese Weise vermieden werden. Den Herstellern der getesteten Waren werden die Meßergebnisse für ihr eigenes Produkt ohne Mitteilung der Qualitätsurteile zugesandt. Sie können die Ergebnisse gegebenenfalls selbst überprüfen. Dieses Verfahren soll bei nur einem Prüfmuster sicherstellen, daß die gemessenen Daten den Mittelwerten der Produktserie entsprechen. 50

ff) Preisermittlung Anders als in der Vorbereitung eines Warentests 51 beauftragt die Stiftung nach Durchführung der Testverfahren in der Regel neutrale Institute, die Preise der geprüften Produkte zu ermitteln. Dafür werden ca. 150 Händler im gesamten Bundesgebiet befragt. Aus deren Preisangaben wird ein "mittlerer Preis"52 gebildet. Zuweilen beschränkt sich die Stiftung Warentest aber auch auf die Weitergabe von Preisangaben der Hersteller, was dem Leser im Testbericht mitgeteilt wird.

48 Vgl. "test" 9/93, S.22 ff.; dazu ferner "test" 12/93, S.3. 49 Vgl. "test" 5/94, S.48 ff., 62.

50 Leider gibt es keine Zahlenangaben darüber, wie oft ein Testergebnis auf die Prüfung eines "Ausreißers" im positiven wie im negativen Sinne gestützt wurde. 51 Siehe oben S.28 f. 52 Der "mittlere Preis" ist nicht das arithmetische Mittel, sondern der Median. Das ist der Wert, dem ebenso viele Preise über- wie untergeordnet sind.

V. Die Infonnationstätigkeit

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b) Der vergleichende Dienstleistungstest

Anders als beim vergleichenden Warentest fehlt es rur den Dienstleistungsvergieich S3 weitgehend an konkreten Vorgaben, die eine Beurteilung erleichtern. Dienstleistungsuntersuchungen basieren aus diesem Grund im wesentlichen auf den Methoden der empirischen Sozialforschung. Die Stiftung Warentest unterscheidet vier Gruppen von Tests: - Eine überschaubare überregional anbietende Anzahl von Unternehmen wird bei Namensnennung unter dem Aspekt der Preiswürdigkeit der Leistung überprüft (z.B. Pflanzen-Spezialversender, "test", 2/93), - Dienstleistungen regional beschränkter Anbieter (Sicherheit von Bundesliga-Stadien, "test" 9/85), - Dienstleistungen von Staats- und Monopoleinrichtungen (z.B. Brieflaufzeiten bei der Bundespost, "test" 12/92, Finanzämter, "test" 2/93), - Dienstleistungen von Anbietern ohne deren Namensnennung (z.B. KfzWerkstätten, Ehevermittlungen, Heilpraktiker etc.). Die Auswahl der Dienstleistungsarten, die einer Untersuchung unterzogen werden sollen, orientiert sich auch hier vorrangig an den Verbraucherwünschen. Nach Genehmigung eines Vorhabens durch das Kuratorium findet eine Projektbeschreibung statt, in der Hypothesen über Erwartungen und Verhalten der Verbraucher einfließen und Ergebnisse früherer Studien Eingang finden. Der Fachbeirat beschäftigt sich mit der Projektbeschreibung und dem erstellten Untersuchungsprogramm. Um zu verhindern, daß Untersuchungsvorhaben bei den Anbietern von Dienstleistungen vorab bekannt werden, ist es nicht ungewöhnlich, daß der Fachbeirat erst nach der Datenerhebung mit dem Projekt konfrontiert wird. Denn im Gegensatz zu industriell gefertigten Produkten können Dienstleistungen häufig von heute auf morgen testbezogen verbessert werden. Das Untersuchungsprogramm enthält die Beschreibung des Untersuchungszieles, die Auswahl der Methoden, die Definition von Begriffen und eine gegebenenfalls erforderliche Stichprobendefinition sowie einen Vorschlag über die Art der geplanten Veröffentlichung. Der ausgearbeitete Untersuchungsplan wird vom Vorstand genehmigt, und es schließt sich die Vorbereitung der Datenerhebungsmethoden an. Für den Fall, daß es zu viele Anbieter am Markt gibt, kommt es vor der Datenerhebung zu einer Stichprobenauswahl anhand

53 Überblick über die im Jahre 1996 durchgeführten Dienstleistungstests in: Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.20 ff. 3 Boecken

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

einer Marktanalyse. Die Daten selbst können je nach Testgegenstand von Mitarbeitern der Stiftung,54 von freiwilligen Helfern,55 von Meinungsforschungs~ instituten 56 und/oder durch Leserumfragen mittels eines dem "test"-Heft beigefUgten Fragebogens erhoben werden. Der Datenerhebung folgt wie beim Warentest die Auswertung der Ergebnisse anhand des im Untersuchungsprogramm fixierten Bewertungsschlüssels. Soweit Noten verteilt werden, gilt die oben beschriebene Notenskala. 57 Sofern die Veröffentlichung unter Namensnennung des Anbieters erfolgt, werden die erhobenen Daten den getesteten Anbietern mitgeteilt, um ihnen vor der Publikation die Möglichkeit einer Ergänzung oder Korrektur zu geben.

c) Der Neuheitentest

In einem Neuheitentest wird ein einzelnes Produkt unmittelbar nach seinem Erscheinen auf dem Markt auf Qualität und Gebrauchswert fUr den Verbraucher untersucht. Dabei wird meistens keine Note vergeben, sondern in Form eines Kommentars wird das Preis-Leistungs-Verhältnis beurteilt. 58

d) Zusammenarbeit mit ausländischen Einrichtungen

Die Stiftung Warentest bedient sich nicht nur eigener Tests als Informationsquelle, sondern verwendet auch die Ergebnisse der Testarbeit ausländischer Testinstitute. 59 Dabei sind zwei Möglichkeiten zu unterscheiden: die Übernahme ausländischer Testergebnisse und die gemeinschaftliche DurchfUhrung von Tests. Ca. 25% der Tests eines Jahres sind Gemeinschaftstests mit ausländischen Einrichtungen, insbesondere mit den Organisationen der European Testing Group (ETG).60 Die Methoden der Datenerhebung sind bei Gemein54 "test" 12/85, "Kinderpatenschaften". 55 So wurde zum Beispiel die Untersuchung der Beförderungszeiten flir Briefe bei der Bundespost durch freie Mitarbeiter durchgeflihrt. 56 "test" 11/83, "Spielend gewinnen? - Chancen im Vergleich". 57 Siehe oben S.31. 58 Vgl. etwa "test" 5/94, S.27 - Formaldehyd-Meßgerät. 59 Siehe den Fahrradhelme-Test des niederländischen Consumentenbond, "test" 4/92. Dazu DER SPIEGEL 22/1992, S.241 ff. 60 Stiftung Warentest, test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.68; siehe über die Zusammenarbeit mit einer russischen Verbraucherzeitschrift, TAGESSPIEGEL vom 30.7.1993, S.18.

V. Die Informationstätigkeit

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schaftsvorhaben im wesentlichen identisch mit dem Verfahren der Stiftung Warentest. 61

2. Informationsverbreitung a) Die Zeitschriften der Stiftung Warentest

Die Stiftung Warentest publiziert die Ergebnisse von Waren- und Dienstleistungstests vorrangig in zwei Zeitschriften: "test" und "FINANZtest". Die Stiftung gibt die Zeitschriften selbst heraus und vertreibt sie durch den stiftungseigenen Verlag sowie über den Zeitschriftenhandel.

aa) Die Zeitschrift "test" Im April 1966 erschien die erste Ausgabe der stiftungseigenen Zeitschrift, damals unter dem Titel "DER test". Der Vertrieb dieser ersten Zeitschrift über den Zeitschriftenhandel wurde 1968 für ca. drei Jahre mangels Nachfrage eingestellt. Erst 1971 erschien die Zeitschrift wieder im Handel, nunmehr unter dem Namen "test". Das monatlich erscheinende Heft kostet derzeit im freien Verkauf 6,50 DM und hatte im Jahr 1995 eine durchschnittliche Verkaufsauflage von ca. 788.000 Exemplaren, von denen allein 667.000 auf Abonnements entfielen. 62 Hauptbestandteil eines "test"-Heftes ist die Darstellung der Ergebnisse vergleichender Waren- und Dienstleistungstests. Eine Ausgabe enthält in der Regel die Ergebnisse von drei bis sechs Tests. Nach Angaben der Stiftung Warentest wird ein "test"-Heft durchschnittlich von acht Personen gelesen. 63 Ein Warentestreport beginnt mit einem erläuternden Bericht über die Ergebnisse des Tests. Über die einzelnen Produkte wird differenziert nach den verschiedenen Prüfmerkmalen aufgeklärt. Darüber hinaus werden erklärende Hinweise zu einzelnen Produkteigenschaften gegeben. Der Bericht schließt mit einem "Fazit" über die Produktgruppe insgesamt und einzelne Marken. In einem Kasten "Unser Rat", der optisch abgesetzt ist, erteilt die Stiftung konkrete Hinweise für den Erwerb eines Produkts aus der getesteten Gruppe. In einem 61 Siehe hierzu auch Guide to the Principles of Comparative Testing (Juli 1985) der International Organization of Consumer Unions (lOCU), abgedruckt bei Horn/Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Waren test, 1986, S.187 ff. 62 Jahresbericht der Stiftung Warentest, 1995, S.42. Im Vergleich zu den Vorjahren 1991 (816.000), 1992 (772.000), 1993 (734.000) und 1994 (680.000) ist dies eine rückläufige Entwicklung im Abonnementsbereich.Vgl. auch Jahresbericht 1996, S.41. 63 Vgl. Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.26. 3*

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l.Tei1: Die Stiftung Warentest als privatrechtliehe Institution

kleingedruckten Abschnitt namens "Ausgewählt, geprüft, bewertet" wird der Leser über die Art und den Zeitpunkt der Preiserhebung, die Gewichtung der einzelnen Prüfungsabschnitte, Abwertungsmerkmale sowie die Kriterien und Methoden der einzelnen Prüfungsabschnitte informiert. Neben dem Testbericht werden die Beurteilungen und Ergebnisse noch einmal synoptisch für jedes Produkt dargestellt. Die tabellarische Übersicht enthält neben den Beurteilungen einzelner Prüfungspunkte auch eine Gesamtnote, das sog. "Qualitätsurteil", das durch Fettdruck abgesetzt ist. Auf besondere Abwertungskriterien wird in Fußnoten aufmerksam gemacht.

bb) Die Zeitschrift "FINANZtest" Seit Dezember 1990 erscheint zweimonatlich die Zeitschrift "FINANZtest"64 zum aktuellen Preis von 6,80 DM. Die Informationen in dieser Zeitschrift beziehen sich vorrangig auf Untersuchungen über am Markt erhältliche Finanzdienstleistungen. Hier werden Anlagemöglichkeiten verglichen, Gebührenvergleiche bei Kreditinstituten vorgenommen, Versicherungsleistungen überprüft, Börsenberichte und Steuertips gegeben. Der monatliche Durchschnitt verkaufter Exemplare für das Jahr 1995 lag bei rund 318.000 Exemplaren. 65 Soweit in diesem Bereich vergleichende Berichte über Dienstleistungen angeboten werden, verfährt die Stiftung wie bei den vergleichenden Warentests. Dem Testreport folgt zur leichteren Orientierung der Leser eine tabellarische Übersicht mit der Einzel- und Gesamtbewertung der geprüften Dienstleistungen.

b) Sonderpublikationen In jedem Jahr werden Sonderveröffentlichungen von der Stiftung aufgelegt. Regelmäßig erscheint eine Zusammenfassung aller in einem Jahr durchgeführten Tests in Form eines Jahrbuchs. Die Testberichte in den Jahrbüchern enthalten eine Kurzfassung des Originalreports und den jeweiligen "test"KOMPASS für den synoptischen Überblick. Des weiteren veröffentlicht die Stiftung eine Ratgeber-Buchreihe, in der zu Themen wie Gesundheit, Technik und Geld Informationen konzentriert darge64 Paschke (Verbraucherinfonnation, AfP 1991, S.683 ff., 685, 692) hält die Herausgabe einer zweiten Testzeitschrift durch die Stiftung Warentest für satzungs- und wettbewerbswidrig. 65 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1995, S.50. Im Vorjahreszeitraum waren es 344.000 Exemplare.Vgl. auch Jahresbericht 1996, S.54.

V. Die Infonnationstätigkeit

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boten werden. Im Geschäftsjahr 1990 erschienen in dieser Reihe allein fUnf Bücher. Darüber hinaus erschien das Buch "VerbraucherRecht, Auflage '90". Im gleichen Zeitraum publizierte die Einrichtung auch fUnf Sonderhefte "test" mit Informationen aus den Bereichen HifiIVideo, Ernährung, Steuern, große Haushaltsgeräte und Umweltschutz.

c) Presseveräffentlichungen

Für Redaktionen der Presse unterhält die Stiftung einen sog. "test"-Dienst66 . Interessierte Presseorgane können über diesen Berichtsservice Kurzfassungen der "test"-Berichte mit den wesentlichen Ergebnissen der vergleichenden Studien in Tabellenform ("test"-KOMPASS) abfragen. Davon machen ca. 160 Zeitungen und Zeitschriften Gebrauch. Der Nachdruck des "test"-KOMPASS ist nur gegen einmalige Zahlung von 40 DM möglich. Zusätzlich offeriert die Stiftung kleineren Regional- und Lokalzeitungen unentgeltlich den Nachdruck von Ergebnissen. Bei der sog. "test"-Matern handelt es sich um vorgeschriebene, auf Zeitungsformat gebrachte ausfUhrlichere Berichte über neueste Testergebnisse. In der Regel enthält eine Matern ein bis zwei Testberichte einschließlich des "test"-KOMPASS. Ca. 300 Zeitungen und Zeitschriften sowie 250 Lokalzeitungen mit Auflagen zwischen 5.000 und 10.000 Exemplaren nutzen diese kostenlose Offerte und veröffentlichen aktuelle Ergebnisse von Waren- und Dienstleistungsvergleichen. 67 Auf diesem Wege erscheinen monatlich ca. 100.000 Abdrucke von Testergebnissen. Schließlich unterrichtet die Stiftung die Presse mit "test"-aktuell und "FINANZtest"-aktuell Mitteilungen über neueste Testergebnisse kurz vor Erscheinen einer "test"- bzw. "FINANZtest"- Ausgabe.

d) Rundfunk, Fernsehen und lnternet-Online-Service

Rundfunk und Fernsehen haben fUr die Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Warentest eine zunehmende Bedeutung erlangt. 68 Im Hörfunk der meisten deutschen Radioanstalten erfolgt eine laufende Berichterstattung über die Ar-

66 Das Presse-Abonnement für die Zeitschrift "test" kostet 115 DM einschließlich Pressemitteilungen sowie einem Monatsheft, für "Finanztest": 80 DM (Stand 1995). 67 Vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1994, S.64. 68 In der Zeitschrift "test" werden die monatlichen Rundfunk- und Femsehtennine mit Berichten über Testergebnisse bekanntgegeben. Siehe nur test, 2/93, S.8.

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l.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

beitsergebnisse der Stiftung. 69 Im Jahre 1996 wurden 814 Sendungen im Radio gezählt70 Insbesondere der sog. "Kassettendienst" fUhrt seit 1989 zu einer starken Erhöhung der Rundfunkbeiträge. Die Stiftung Warentest stellt den Radiostationen kostenlos Berichte über zwei Themen aus jedem "test"-Heft in Kassettenform zur VerfUgung. Im Berichtsjahr 1996 wurden so insgesamt 1600 Beiträge gesendet. 71 Im gleichen Jahr wurden ca. 1800 Fernsehbeiträge (Vorjahr: 1400) über die Arbeitsergebnisse der Stiftung Warentest gezählt. 72 Insbesondere auf Wirtschafts informationen ausgerichtete Sendungen der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten wie auch privater Sender beziehen die Ergebnisse der Stiftung Warentest in ihre Programme ein.?3 Im Rahmen von Videotextprogrammen können Konsumenten wöchentlich Warentestberichte abfragen. Die Stiftung Warentest beabsichtigt, im Jahre 1996 die Testinformationen auch in einem computergestützten Online-Auskunftssystem im Internet zu plazieren. 74

e) Anbieterwerbung

Einer der größten Informationsmultiplikatoren ist die Werbung mit Qualitätsurteilen der Stiftung durch die Hersteller und Händler.?5 Aus einer Anfang der 80er Jahre durchgefUhrten empirischen Studie über die Wirkungen der Warentestergebnisse der Stiftung ergab sich, daß 91% der Hersteller getesteter Waren die Ergebnisse in Verkaufsgespräche einbeziehen. 76 78% der Hersteller getesteter Waren nutzen die Ergebnisse der Stiftung in Verkaufsförderungsaktionen. 77 Auf Händlerseite wurde bei Elektro-Facheinzelhändlern ermittelt, daß

69 Die Sendung "Quintessenz" des WDR z.B. nimmt in ihren Berichten vornehmlich auf die Arbeitsergebnisse der Stiftung Warentest Bezug. 70 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.76. 71 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.75. 72 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.75. 73 Vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1994, S.65. 74 Vgl. dazu Jahresbericht der Stiftung Warentest 1995, S.58. 75 Siehe hierzu Si1bererIFörster u. a., Kontakte, in: Warentest und Konsument, S.37, Tabelle 2. Vgl. ferner OLG Frankfurt vom 26.9.1991, NJW-RR 1992, S.492 f., 493 [= WRP 1992, S.183]. 76 Silberer/Förster u.a., Kontakte, in: Warentest und Unternehmen, S.42, Tabelle 2. 77 Si1berer/Förster u.a. a.a.O.

V. Die Infonnationstätigkeit

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74% die Testergebnisse in Aktionen der Verkaufsförderung und 65% in der produktbezogenen Werbung verwendenJ8 Die wettbewerbsrechtIiche Zulässigkeit der Verwendung von Testergebnissen eines neutralen und sachkundig durchgeführten Wartentests in der Werbung war zunächst umstrittenJ9 Vor den ersten TestveröffentIichungen der Stiftung Warentest wurde die Werbung mit Testergebnissen von zwei mit dieser Frage befaßten Instanzgerichten als "bezugnehmende Werbung" qualifiziert und damit unabhängig von der Art der Darstellung als Verstoß § 1 UWG bewertet,so Dieser Standpunkt wurde jedoch später in bezug auf die Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest seitens der Rechtsprechung aufgegeben, weil eine wahrheitsgemäße Werbung mit den Testergebnissen im Informationsinteresse der Verbraucher liege. 81 Zur Vermeidung verflilschender und irreführender Werbung mit Ergebnissen der Stiftungsarbeit hat die Stiftung erstmals 1977 und erneut 1982 Empfehlungen an die Hersteller/Anbieter herausgegeben, die sich auch an den bis dahin in Rechtsprechung 82 und Schrifttum 83 entwickelten Grundsätzen zu dieser Form der Werbung orientierten:

78 Hilger/Fritz u.a., Testnutzung, in: Warentest und Unternehmen, S.131, Tabelle 3. 79 Zum damaligen Meinungsstand siehe Will, Werbung, 1968; Fezer, Testwerbung, GRUR 1976, S,4n tf., 480 ff.; Giefers, Werbung, WRP 1964, S.289 ff.; Gödde, Werbung, OB 1967, S.1074 ff. 80 LG Köln vom 29.1.1963, MA 1963, S.268; LG Bochum vom 25.2.1963, BB 1963, S.363 [= GRUR 1963, S,437]. In bei den Entscheidungen ging es um Werbung mit Warentestveröffentlichungen der Zeitschrift "DM". So auch noch Hefennehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 615. A.A. aber LG Schweinfurt vom 12.12.1962, AfP 1963, S.86; offengelassen von OLG Düsse1dorf vom 4.8.1964, WRP 1965, S.294, da es an einem sachkundigen Testveranstalter fehlte. 81 OLG Koblenz vom 30.12.1975, zusammengefaßt in MA 1976, S.283; OLG Koblenz vom 28.9.1978, BB 1979, S.132 ff. m. Anm. W. Brinkmann [= WRP 1979, S.747]. So auch heute die Argumentation von Baumbach/Hefennehl, Wettbewerbsrecht, Rn,421 zu § 1 UWG. Vgl. zu der späteren Rechtsprechung die nachfolgenden Fußnoten. 82 BGH vom 12.12.1980 (Revision des folgenden Urteils des OLG Koblenz), NJW 1981, S.2413 f.; OLG Koblenz vom 28.9.1978, BB 1979, S.132 ff. m. Anm. W. Brinkmann; OLG Koblenz vom 30.12.1975, zusammengefaßt in MA 1976, S.283; LG Hamburg vom 2.10.1979, WRP 1981, S.233 ff.; LG Bochum vom 25.2.1963, BB 1963, S.363. 83 Assmann/Kübler, Testhaftung, ZHR Bd.142 (1978), S.413 ff., 431 ff.; Borck, Mutmaßungen, WRP 1965, S.199 ff.; W. Brinkmann, Werbung, BB 1978, S.1285 ff.; ders., Grenzen, BB 1979, S.134 ff.; ders., Bedeutung, BB 1983, S.91 ff.; Fezer, Test-

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

"I. Jede Verwendung von Urteilen der Stiftung Warentest in der Werbung sollte so geartet sein, daß beim Verbraucher keine falschen Vorstellungen über die von der Stiftung Warentest vorgenommene qualitative Beurteilung des beworbenen Produkts entstehen können. 84 Dazu gehört: - daß die Aussagen in der Werbung, die sich auf den Test beziehen, abgesetzt sind von anderen Aussagen des Werbenden, - daß die Testaussagen der Stiftung vom Werbenden nicht mit eigenen Worten umschrieben werden, - daß die die Urteile der Stiftung kennzeichnende Terminologie nicht auch bei solchen Werbeaussagen verwendet wird, die sich nicht auf Testaussagen der Stiftung beziehen, - daß günstige Einzelaussagen nicht isoliert angegeben werden, wenn andere weniger günstig sind,85 - daß in jedem Falle auch das Gesamturteil mitgeteilt wird. 2. Der Test sollte nicht mit Produkten in Zusammenhang gebracht werden, auf die er sich nicht (oder nicht mehr) bezieht. 86 Dazu gehört: - daß der Test nicht durch einen neueren Test oder durch eine erhebliche Veränderung der Marktverhältnisse überholt ist,87 - daß das Produkt sich seit dem Test nicht in Merkmalen verändert hat, die Gegenstand des Tests waren,88 - daß das Testurteil für ein baugleiches Produkt, welches vom Testbericht nicht erfaßt war, nicht ohne Erwähnung des getesteten Produkts verwendet wird,89

werbung, GRUR 1976, S.472 ff.; Giefers, Werbung, WRP 1964, S.289 ff.; Gödde, Werbung, OB 1967, S.1074 ff.; Heiseke, Werbung, WRP 1977, S.615 ff.; Keßler/Müller, Testwerbung, WRP 1981, S.495 ff.; Schultz, Werbung, JuS 1965, S.86 ff.; Tetzner, Warentest, NJW 1965, S.725 ff., 729 ff.; Weber, Werbung, NJW 1968, S.1364 ff.; Will, Werbung, 1968, S.94 ff. 84 Hierzu: BGH vom 12.12.1980, NJW 1981, S.2413 f.; OLG Koblenz vom 28.9.1978, BB 1979, S.132 ff.; KG vom 5.3.1982, WRP 1983, S.22 ff.; OLG Koblenz vom 30.12.1975, zusammengefaßt in MA 1976, S.283; LG Hamburg vom 2.10.1979, WRP 1981, S.233 ff.; LG Landshut vom 12.2.1992, WRP 1992, S.678. 85 Hierzu LG Landshut vom 12.2.1992, WRP 1992, S.678 - Teilnote als Gesamtnote dargestellt. 860LG Düsseldorf vom 2.7.1981, GRUR 1981, S.750 ff.; OLG Frankfurt vom 26.9.1991, NJW-RR 1992, S.492 f. 87 BGH vom 2.5.1985, WM 1985, S.1372 f. [= MDR 1985, S.909 = GRUR 1985, S.932 = NJW 1985, S.2332 = DB 1986, S.325 = EWiR 1985, § 3 UWG 1/85, S.1 009 ff. (Bunte)]; OLG Hamburg vom 13.2.1986, NJW-RR 1986, S.918 f.; OLG Frankfurt vom 26.9.1991, NJW-RR 1992, S.492 f. 88 OLG Düsseldorfvom 10.5.1984, WM 1984, S.1451 ff. [= GRUR 1984, S.603].

VI. Tatsächliche Wirkungen der Informationstätigkeit

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- daß die Übertragung eines Testurteils auf nicht getestete Produkte weder vorgenommen noch dem Verbraucher nahege\egt wird. 90 3. Die Angaben über Testurteile sollten leicht und eindeutig nachprüfbar sein. Dazu gehört, daß in der Werbung Monat und Jahr der Erstveröffentlichung angegeben wird. 91 4. Der Rang des Urteils des beworbenen Produkts im Test sollte insbesondere dann erkennbar gemacht werden, wenn ein besseres Urteil vergeben worden ist.,,92

Die Fonnen der Testwerbung sind sehr vielseitig. Die Qualitätsurteile werden nicht nur den Produkten bzw. der Verpackung selbst aufgeklebt, sondern die Hersteller und Händler nehmen auch in Werbeprospekten und Katalogen Bezug auf die Ergebnisse. Hinzu kommt, daß Testergebnisse auch rur die Werbung in Hörfunk und Fernsehen verwendet werden.

VI. Tatsächliche Wirkungen der Informationstätigkeit Eine Haftung der Stiftung Warentest setzt voraus, daß durch die veröffentlichten Warentestinfonnationen einzelne Verbraucher in einern rechtlich geschützten Interesse verletzt werden. Dies kann nur der Fall sein, wenn die Stiftung auf das individuelle Konsumentenverhalten Einfluß nimmt. Seitens der Rechtsprechung wird dieser Einfluß in den Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit der Werbung mit Testergebnissen sowie in den Entscheidungen über Klagen der Hersteller getesteter Produkte gegen die Stiftung Warentest ohne weiteres unterstellt. 93

89 OLG Koblenz vom 30.12.1975, zusammengefaßt in MA 1976, S.283; OLG Köln vom 18.12.1987, WRP 1988, S.391 f. [= GRUR 1988, S.556]. 900LG Köln vom 18.12.1987, WRP 1988, S.391 f.; LG Bochum vom 25.2.1963, BB 1963, S.363. 91 BGH vom 21.3.1991, NJW-RR 1991, S.I 135 [= BB 1991, S.121O = GRUR 1991, S.679 = WRP 1991, 573 = MDR 1991, S.739]; OLG Düsseldorfvom 2.7.1981, GRUR 1981, S.750 ff. 92 BGH vom 11.3.1982 (Revision des folgenden KG-Urteils), NJW 1982, S.1596 ff.; KG vom 19.2.1980, BB 1980, S.1007 f. [= GRUR 1980, S.728]; OLG Frankfurt vom 30.7.1981, WRP 1982, S.35 ff.; OLG Koblenz vom 27.5.1982, WRP 1982, S.484 ff.; OLG Köln vom 4.3.1983, BB 1983, S.2010 f.; OLG Frankfurt vom 31.1.1985, NJW-RR 1986, S.121 ff. [= MDR 1985, S.769 = EWiR 1986, § 3 UWG 1/86, S.IOI f. (Bunte)]. 93 Siehe statt vieler Entscheidungen nur BGH vom 21.3.1991, NJW-RR 1991, S.1135; BGH vom 12.12.1980, NJW 1981, S.2413 f., 2414; OLG Frankfurt vom

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

Der Einfluß der Stiftung Warentest auf Konsumenten und Unternehmen war Gegenstand einer umfangreichen empirischen Studie der Universität Mannheim zu Beginn der 80er Jahre. 94 Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen im großen und ganzen auch die Befunde früherer Untersuchungen. 95 Im einzelnen stellte sich für das Konsumverhalten heraus, daß 30% der befragten Konsumenten Qualitätsurteile der Stiftung Warentest beim Kauf von Gebrauchsgütern berücksichtigen. Bei Verbrauchsgütern (insb. Güter des täglichen Bedarfs) liegt der Anteil bei 10%.96 Es konnte nachgewiesen werden, daß die Konsumenten, die sich um Kenntnis von Testergebnissen bemühen und diese bei ihrer Konsumentscheidung verwenden (= "Testnutzer" im Sinne der Studie97 ), ein wesentlich breiteres Spektrum an Markenprodukten einer Produktgruppe kannten als solche Konsumenten, die keinen Zugriff auf Testergebnisse nahmen. 98 Die Flexibilität der Testnutzer im Hinblick auf Markenprodukte und Geschäfte war deutlich erhöht gegenüber Verbrauchern, die die Testergebnisse nicht kannten. 99 Die Testnutzer selbst maßen den Ergebnissen der Stiftung Warentest eine relativ hohe Bedeutung bei. Sie meinten, den konkreten Produktmarkt besser zu überblicken, ihre Wünsche detaillierter artikulieren zu können, von der "Qual der Wahl" entlastet zu sein und letztlich ein für ihre Bedürfnisse qualitativ besseres Produkt erworben zu haben. 100 31.1.1985, NJW-RR 1986, S.121 f., 122 [= MDR 1985, S.769]. Weitere Nachweise oben in Fn.82 ff.

94 Eine Darstellung und Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich bei SilbererlRaffee (Hrsg.), Warentest und Konsument, 1984; dieselben, Warentest und Unternehmen, 1984; Raffee/Fritz, Funktionsfähigkeit, WuW 1985,611 ff.; dieselben, Industrie und Handel, in Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Bd.30, 1984, S.303 ff. 95 Corsten/Meier, Verbraucherinformation, Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Bd.30, 1984, S.I ff.; Silberer, Warentest - Informationsmarketing - Verbraucherverhalten, 1979; MeffertiSteffenhagen/Freter (Hrsg.), Konsumverhalten und Information, 1979. Eine ausführliche Betrachtung mikroökonomischer Auswirkungen beim Konsumenten findet sich schon bei Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.III ff.; Lösenbeck, Warentest, ZVP 1974,21 f.

96 HartiSilberer, Werbung, GRUR 1983, S.691 ff., 694. 97 Silberer/Förster u.a., Kontakte, in Warentest und Konsument, S.28. 98 HartiSilberer, Werbung, GRUR 1983, S.691 ff., 694. 99 Silberer/Förster u.a., Wirkungen, in: Warentest und Konsument, S.137. 100 Silberer/Förster u.a. a.a.O., S.154.

VI. Tatsächliche Wirkungen der Infonnationstätigkeit

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Ca. 36% der testnutzenden Konsumenten beschränkten ihr Augenmerk bei Kaufgeschäften nur auf die Gesamtnote der Qualitätsbeurteilung in einem Testbericht der Zeitschrift "test". Bei Kurzberichten in anderen Medien lag der Anteil sogar bei 46%. Der überwiegende Teil der befragten Nutzer bezog neben der Gesamtnote noch mindestens ein weiteres Informationsangebot - Teilnoten, Preisangaben und/oder den Kommentar - als Orientierungshilfe ein. lol 48% der Befragten orientierten sich nur an Gesamt- oder Teilnoten. 102 Ca. 81 % der Befragten äußerten den Wunsch, ein positiv beurteiltes Gebrauchsgut zu kaufen, bei Verbrauchsgütern lag der Wert bei ca. 60%.103 Als Informationsquellen rur die Ergebnisse der Stiftung Warentest wurden von den befragten Testnutzern an erster Stelle private Quellen (Verwandte, Freunde, Bekannte oder Kollegen) genannt. An zweiter Stelle stehen die Testzeitschriften bzw. Jahrbücher der Stiftung Warentest und an letzter Stelle Presse, Funk und Fernsehen sowie die Anbieterwerbung mit Testergebnissen. 104 Die Ergebnisse der Studie bestätigten die Hypothese, daß die Veröffentlichung der Ergebnisse vergleichender Tests durch die Stiftung Warentest bei einer großen Zahl der Verbraucher maßgeblichen Einfluß auf ihre Konsumentscheidung hat. I 05 Diese Annahme wird auch immer wieder durch die in den Testzeitschriften veröffentlichten Leserbriefe bestätigt. I 06 Wie groß der Einfluß der Warentestergebnisse auf das KonsumverhaIten ist, läßt sich aber auch mit einem Blick aufUmsatzsteigerungen bzw. -einbußen im Handel beschreiben. 100% der befragten Kaufhäuser und 83% der Versandhäuser konstatierten im Falle eines negativen Testurteils über ein Produkt Umsatzrückgänge von ca. 20%, weIche sich im Durchschnitt über einen Zeitraum von drei Monaten erstreckten. Umsatzsteigerungen bei positiven Beurteilungen

101 Silberer/Förster u.a., Kontakte, in: Warentest und Konsument, S.83. 102 Silberer/Förster u.a. a.a.O., S.83. 103 SilbererlFörster u.a. a.a.O., S.86. 104 Silberer/Förster u.a. a.a.O., S.73. Die dort mitgeteilten geringen Prozentzahlen von 15,7% flir die Privatkommunikation, 7,4% flir die Testzeitschriften, 3,3% flir die Anbieterwerbung und 3% flir sonstige Medien beziehen sich auf die Gesamtzahl der genannten Gebrauchsgüterkäufe der befragten Konsumenten, unabhängig davon, ob bei den Geschäften Testergebnisse in die Konsumentscheidung einbezogen wurden oder nicht. 105 Silberer/Förster u.a. a.a.O., S.25 ff. 106 Siehe beispielsweise die Leserbriefe von: Gerhard Lätsch, "test" 3/92, S.95; Thorsten Walinski, "test" 6/91, S.94; Joachim Velke, "test" 12/90, S.91.

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l.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

verzeichneten 100% der Kaufhäuser und 83% der Versandhändler. 107 Die Umsatzsteigerungen hielten durchschnittlich drei Monate an. Der Umfang der Steigerung betrug bei Versandhändlern im Mittel 99%, während in Warenhäusern durchschnittlich "nur" eine 20%ige Steigerung erreicht wurde. I08 Der Einfluß der Testarbeit auf das Bestellverhalten des Konsumgüterhandels ist ähnlich stark wie auf das Verbraucherverhalten. 35% der Facheinzelhändler von Elektrogeräten gaben bei der Befragung an, im Rahmen ihrer Marktforschungen die Ergebnisse der Stiftung systematisch auszuwerten. I09 Bei 51 % der Einzelhändler kam es bei positiven Ergebnissen zu Nachbestellungen für das getestete Produkt. Rund sechs von zehn Kaufhäusern und Versandunternehmen änderten ihre Sortimentsauswahl bei guten Noten im Test. Negative Bewertungen führten in 92% der Fälle zum Ausscheiden aus dem Sortiment, bei Kaufhäusern in 100%.11 0 Letztere Befunde werden durch die "Erfolge" eines umstrittenen Tests der Stiftung über Fahrradhelme ("test" 5/92, S.79 ff.) bestätigt. Von 18 Helmen, die auf dem Prüfstand eines niederländischen Testinstituts standen, wurden seitens der Stiftung neun mit "mangelhaft" bewertet. Diese Markenhelme wurden aus dem Sortiment der Warenhäuser gestrichen. 111 Im Zusammenhang mit diesem Test wurde berichtet, daß dem marktführenden Hersteller auf diesem Sektor Auftragseinbußen im Wert von 1,5 Mio. DM entstanden seien. I 12 Die Mannheimer Studie befaßte sich auch mit dem Einfluß der Stiftungsarbeit auf die Konsumgüterindustrie. So wurden die Hersteller von Waschvollautornaten und Drei-Weg-Kompaktanlagen zu ihren Erfahrungen mit Testergebnissen befragt. 113 Die Auswirkungen der Warentests für diese Hersteller sind insoweit erwähnenswert, als im Schnitt 24,3% der Produzenten aufgrund positiver Beurteilungen in Lieferschwierigkeiten kamen, während 33% bei negativen Ergebnissen mit übermäßigen Lagerbeständen zu ringen hatten. I 14 Die Umsatzwirkungen der Hersteller bestätigten die Ergebnisse der Händlerbe-

107 HilgerlFritz u.a., Testnutzung, in: Warentest und Unternehmen, S.184, Tabelle 22. 108 Hilger/Fritz u.a. a.a.O. Die Spitzenwerte im Versandhandel lagen bei 400%. Dagegen standen aber auch Werte von nur 5% Umsatzsteigerung (vgl. S.184). 109 Hilger/Fritz u.a. a.a.O., S.133. 110 HilgerlFritz u.a. a.a.O., S.I77. 1I1 Siehe DER SPIEGEL, Heft 22/92, S.241. 112 Siehe DER SPIEGEL a.a.O. 113 FritziHilger u.a., Testwirkung, in: Warentest und Unternehmen, S.27 ff. 114 FritziHilger u.a. a.a.O., S.51, Tabelle 7.

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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fragung im Hinblick auf deren Sortimentspolitik: Positive Testurteile führten bei 66% aller befragten Hersteller zu Umsatzsteigerungen von ca. 22% über die Dauer von rd. sechs Monaten; Umsatzrückgänge bei getesteten Produkten von durchschnittlich rd. 35% aufgrund negativer Benotung erwähnten 71 % der Hersteller, wobei die Dauer ca. sieben Monate betrug. 115 Die Mannheimer Untersuchung zeigt, daß die Warentestinformationen - statistisch betrachtet - für das Verhalten der Verbraucher, die mit den Informationen in Berührung kommen, eine wesentliche Bedeutung haben. Sicherlich kann nicht allein aufgrund statistischer Daten die Kausalität einer Testinformation für die rechtsgeschäftliche Disposition eines einzelnen Verbrauchers, der sich die Information beschafft hat, unterstellt werden. Aus diesem Tatbestand läßt sich aber unter Umständen dann, wenn ein Verbraucher nachweist, daß er eine Testinformation zur Kenntnis genommen hat, eine (widerlegliche) Vermutung dafür ableiten, daß die Information auch für seine rechtsgeschäftliche Disposition kausal war. Darauf wird im Rahmen der Beweisfragen zurückzukommen sein. 116

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht Die Frage nach der Zuordnung der Stiftung Warentest zum öffentlichen Recht mag angesichts ihrer privatrechtlichen Organisationsform überraschend erscheinen. Anknüpfungspunkt dieser Frage ist indes die staatliche Beteiligung bei der Gründung der Einrichtung sowie deren finanzielle Förderung durch den Bund. 117 Denn der Staat bedient sich heute nicht mehr nur bei fiskalischen Aufgaben privatrechtlicher Organisations- und Handlungsformen. Vor allem auf dem Gebiet öffentlicher Dienstleistungen sind Verwaltungs einrichtungen in Privatrechtsform keine Seltenheit. I 18

1. Zur Organisations- und Handlungsform der Stiftung Warentest

Nach Art. 87 Abs.3 S.l GG hätte die Errichtung eines Testinstituts als juristische Person des öffentlichen Rechts 119 eines Parlamentsgesetzes bedurft. 120 115 Fritz/Hilger u.a. a.a.O., S.61, Tabelle 12. 116 Siehe dazu unten S.293 ff. 117 V gl. etwa bei Schulte, Stiftung, S.67 ff. 118 Siehe den Überblick bei WolffiBachof/Stober, VerwR 11, Rnrn.9 ff. zu § 104a. 119 Zur Abgrenzung der Stiftung des öffentlichen Rechts von der Stiftung des Privatrechts, BVerfG vom 6.11.1962, BVerfGE 15, S.46 ff.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtIiche Institution

Ein Gesetzentwurf der SPDI21, der vorsah, das Warentestinstitut als bundesunmittelbare rechtsflihige Anstalt des öffentlichen Rechts zu organisieren,122 fand keine politische Mehrheit. Aus Gründen der Unabhängigkeit der Einrichtung vom Staat sowie der Haftungsbeschränkung auf das Stiftungsvermögen 123 vertraten die CDU/CSU- und die FDP-Fraktionen den Standpunkt, die Einrichtung solle als Stiftung des bürgerlichen Rechts gegründet werden. 124 Weder für die Gründung einer Warentest-Stiftung des bürgerlichen Rechts noch für deren Informationstätigkeit wurde die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage diskutiert. 125 Juristische Personen des Privatrechts können durch ihre Organe nur privatrechtlich handeln, es sei denn, sie sind mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. 126 Die Übertragung solcher Befugnisse auf Personen des Privatrechts kann 120 ScholzJLanger, Stiftung, S.55. 121 Siehe BT-Drs. IV/2236. 122 BT-Drs. IV/2236; vgl. auch die parlamentarische Debatte zu diesem Entwurf, Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.56 (4.Wahlperiode, 14l.Sitzung am 23.10.1964), S.7075 ff. 123 Zur Haftungsbeschränkung als Argument für die Errichtung eines Verwaltungsträgers in Privatrechtsform, Ehlers, Verwaltung, S.318 ff., 323. Auf die Haftung des Staates bei seiner Beteiligung an einer Testeinrichtung hinweisend schon: Möhring, Werbung, MA 1962, S.967 ff., 975/976; Bollack, Problematik, MA 1963, S.319 ff., 326. 124 Siehe die Stellungnahmen der Abgeordneten Elbrächter und Mertes, Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.56, (4.Wahlperiode, 14l.Sitzung vom 23.10.1964), S.7070 ff., 7076 ff. 125 Heute ist es umstritten, ob auch für privatrechtIiche juristische Personen, die staatliche Aufgaben wahrnehmen sollen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen ist: vgl. Wolff/Bachof/Stober, VerwR 11, Rn.19 zu § 104a; Maunz in MaunzJDürig, GG, Bd.III, Rn.23 zu Art. 87 mwN. Dieser Gesichtspunkt muß jedoch nicht vertieft werden, weil das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage nichts daran ändert, daß die Stiftung Warentest als juristische Person des bürgerlichen Rechts, wenn auch ggfs. unter Verstoß gegen Verfassungsrecht, existiert. Auch auf die Frage, ob die Förderung der Stiftung Warentest aus Bundesmitteln einer besonderen gesetzlichen Grundlage bedarf, muß im weiteren nicht eingegangen werden, weil auch die Erforderlichkeit einer solchen gesetzlichen Förderungsgrundlage hinsichtlich der Haftung der Stiftung Warentest für ihre Informationstätigkeit keine Rolle spielen würde. Dies könnte allenfalls für die Haftung des Bundes als Förderer von Bedeutung sein. Vgl. zum GesetzesvorbehaIt für eine finanzielle Zuwendung des Bundes an einen Verein zur Bekämpfung von Jugendsekten die Entscheidung des BVerwG vom 27.3.1992, BVerwGE 90, S.112 ff. 126 Statt vieler Ehlers in Erichsen, AllgVerwR, § 2 Rn.47; Eyermann/Fröhler, VwGO, § 40 Rn.73.

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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nur im Wege der Beleihung stattfinden, die unter dem Vorbehalt des Gesetzes steht. l27 Danach hat der Akt der Beleihung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen subordinationsrechtlichen Vertrag zu erfolgen. 128 Einen derartigen gesetzesbedingten Beleihungsakt hat weder der Bundesgesetzgeber noch der Bundesminister für Wirtschaft bei der Errichtung der Stiftung Warentest oder in späterer Zeit vorgenommen. Die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest kann damit mangels Beleihung nicht als (schlicht)hoheitlich eingestuft werden, sondern nur als privatrechtliches Handeln. An dem formell privatrechtlichen Charakter ihrer Organisationsform und damit auch ihrer Handlungsform änderte sich selbst dann nichts, wenn dem Staat eine Wahlfreiheit für die Rechtsform 129 nicht zugestanden hätte und die Warentesteinrichtung aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als juristische Person des öffentlichen Rechts hätte errichtet werden dürfen. 130

2. Zur Geltung des Verwaltungsprivatrechts für die Informationstätigkeit der Stiftung Waren test Die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest ist aufgrund ihrer privatrechtlichen Organisations- und damit auch Handlungsform in erster Linie nach dem Privatrecht zu beurteilen. Zusätzlich kommt aber die Geltung öffentlichrechtlicher Normen in Betracht, wenn die Tätigkeit der Stiftung Warentest materiell-rechtlich als staatliche (Verwaltungs)Tätigkeit zu qualifizieren ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Verbraucherinformationen "traditionell eine Domäne des Privatrechts" sind und waren. 131 Denn sobald sich der Staat in organisatorischer und finanzieller Art an einer Unternehmung im Gewande des Privatrechts beteiligt, bedarf es für die ausschließliche Zuordnung einer solchen Tätigkeit zum Privatrecht einer besonderen Begründung, weil sich der

127 Allg. Ansicht: siehe nur Wolff/Bachof/Stober, VerwR H, Rn.6 zu § 104; Frenz, Staatshaftung, S.69. 128 Frenz, Staatshaftung, S.69. 129 Zur Formenwahlfreiheit des Staates ausführlich v. Pestalozza, Formenmißbrauch des Staates, 1973; N. Müller, Rechtformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, 1993. Gegen die Zu lässigkeit der Einrichtung eines Testinstitutes unter staatlicher Beteiligung wegen der notwendig wettbewerbsverzerrenden Wirkungen von Warentests, Bollack, Problematik, MA 1963, S.319 ff., 326. 130 Ehlers, Verwaltung, S.72; v. Pestalozza, Formenmißbrauch, S.170. 131 Philipp, Verbraucherinformationen, S.17.

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l.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

Staat, der sich zur AusfUhrung von Verwaltungsaufgaben privatrechtlicher Einrichtungen oder Handlungsformen bedient, nicht durch die bloße Rechtsformenwahl der Geltung und Bindung des öffentlichen Rechts entziehen darf. 132 Diese "Überlagerung" 133 des Privatrechts durch das öffentliche Recht ist kennzeichnend fUr das Verwaltungsprivatrecht. 134 Die Reichweite der öffentlich-rechtlichen Bindungen ist im einzelnen ungeklärt. 135 Konsens besteht jedoch insoweit, als der privatrechtliche Verwaltungsträger zur Beachtung von Grundrechten verpflichtet bleibt. 136 Dies folgt aus Art.l Abs.3 GG, der die Bindung der vollziehenden Gewalt an die Grundrechte festlegt. Vollziehende Gewalt im Sinne dieser Verfassungsnorm sind auch solche Einrichtungen, die in privatrechtlicher Form verwaltende Tätigkeiten ausüben. 137 Ein engeres Verständnis der Norm würde dem Streben des Verfassungsgebers nach einem umfassenden Grundrechtsschutz des Bürgers nicht gerecht. 138 Mithin besteht der grundrechtliche Schutz des Bürgers auch bei privatrechtlicher ErfUllung von Verwaltungsaufgaben. 139 Kehrseite der dargestellten Grundrechtsbindung und ebenso Folge der funktionellen Wahrnehmung staatlicher Aufgaben ist die eingeschränkte Grundrechtssubjektivität eines privatrechtlichen Verwaltungsträgers. 140 Die Geltung des Verwaltungsprivatrechts fUr die Stiftung Warentest würde zunächst bedeuten, daß sie auf die Grundrechte der betroffenen AnbieterlHersteller von Waren und Dienstleistungen (Artt.2 Abs.l, 12 Abs.l, 14 Abs.l GG) unmittelbar Rücksicht zu nehmen, insbesondere den Gleichheitsgrundsatz des Art.3 GGI41 und den rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeits132 BGH vom 5.4.1984, BGHZ 91, 84, 96; v. Pestalozza, Formenrnißbrauch, S.185; Schulte, Stiftung, S.76; WolfflBachof/Stober, VerwR I, § 23 Rn.32. 133 Begriff bei Rüfner, Formen, S.378. 134 Ehlers in Erichsen, AllgVerwR, § 2 Rn.75. 135 Siehe hierzu Ehlers, Verwaltung, S.212 ff. mwN; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 23 Rn.32 mwN. 136 Ehlers, Verwaltung, S.212; WolfflBachof/Stober, VerwR I, § 23 Rn.32 mwN; konkret zu staatlich gegründeten Stiftungen des Privatrechts, Schulte, Stiftung, S.75/76. 137 Ehlers, Verwaltung, S.214 ff., 216; ders., Probleme, DVBI. 1983, S.422 ff., 424/425; Schulte, Stiftung, S.76. 138 Ehlers, Probleme, DVBI. 1983, S.422 ff., 424/425. 139 Ehlers, Verwaltung, S.212 ff., 216; ders., Probleme, DVBI. 1983, S.422 ff., 424. 140 BVerfG vom 16.5.1989, JZ 1990, S.335; Krebs in v.MünchlKunig, GG, Rn.41 zu Art. 19 mwN; zur Stiftung Warentest: Ossenbühl, Umweltpflege, S.35. 141 Zur Geltung des Gleichheitssatzes für Stiftungen des Privatrechts im Wege der mittelbaren Drittwirkung, BGH vom 9.2.1978, BGHZ 70, S.313 ff., 324 ff. Mit kon-

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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grundsatz zu beachten hätte. Ihrerseits könnte sich die Stiftung Warentest nicht auf den subjektiv-rechtlichen Schutz der Meinungs- oder Pressefreiheit aus Art.5 Abs.1 S.I und Art.2 Abs.1 GG berufen.I 42 Im Verhältnis zu den Verbrauchern wäre die unmittelbare Geltung von Art.2 Abs.! GG zu beachten. Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit schützt nämlich den einzelnen in der Freiheit, seine Rechtsverhältnisse privatautonom zu gestalten,143 womit vor allem die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr gemeint ist. 144 Eine staatliche Beeinflussung der rechtsgeschäftlichen WiIIensbildung der Bürger birgt aber die Gefahr, daß diese wirtschaftlich nachteilige Rechtsgeschäfte tätigen und dadurch in ihrem Vermögen geschädigt werden. 145 Haftungsrechtlich könnte der grundrechtlichen Beziehung insoweit Rechnung getragen werden, daß trotz privatrechtlicher Handlungsform die Anspruchsnorm des § 839 BGB LV.m. Art.34 S.I GG Anwendung fiinde und damit bei pflichtwidriger Information der umfassende Vermögensschutz gewährleistet bliebe, was dem Schutz vor Vermögensnachteilen infolge öffentlich-rechtlicher Handlungsformen entspräche. 146 kretern Bezug auf die Arbeit einer staatlichen Testeinrichtung schon Bollack, Problematik, MA 1963, S.319 ff., 326. 142 So Schwerdtfeger, Verbrauchslenkung, S.724; ähnlich Brüggemeier, DelR, Rn.405; zur Grundrechtssubjektivität von Stiftungen, vgl. auch BVerwG vom 22.9.1972, BVerwGE 40, S.377 ff. 143 St. Rspr. des BVerfG: grundlegend Beschl. vom 12.11.1958, BVerfGE 8. S.274 ff., 328; Beschl. vom 19.10.1993, NJW 1994, S.36 ff., 38 sub 2.a) mwN [= WM 1993, 2199] und Beschl. vom 5.8.1994, BB 1994, S.2296 ff., 2298. Aus dem Schrifttum: Canaris, Verstöße, JZ 1987, S.993 ff., 994; Kunig in v.Münch/Kunig, GG, Rn.16 zu Art.2. 144 Kunig in v.Münch/Kunig, GG, Bd.l, Rn.16 zu Art.2. 145 Derartige Einbußen unterfallen nicht dem Schutz der grundrechtlichen Eigentumsgarantie, da kein zielgerichteter staatlicher Eingriff in eine konkrete vermögenswerte Position vorliegt und Art.14 GG nur Bestandsschutz, nicht aber Dispositionsschutz gewährt (Kunig in v.Münch/Kunig, GG, Rnm.23/24 zu Art. 14). Vgl. aber auch Ballerstedt (Wirtschaftsverfassungsrecht, S.90), der auch das Konsumtiveigentum dem Schutz des Art. 14 unterstellt. 146 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, § 6, I, S.22, 23; ders., Erfüllung, VVDStLR Bd.29 (1971), S.137 ff., 199 f., 208 f.; Gallwas, Verwaltungsaufgaben, VVDStLR Bd.29 (1971), S.211 ff., 232. Beide sehen jedoch als passivlegitimiert in diesen Fällen die juristische Person des öffentlichen Rechts an, die den privaten Verwaltungsträger zur Erfüllung der Aufgaben eingesetzt hat. Bei v. Pestalozza (Formenrnißbrauch, S.184) bleibt unklar, wer Schuldner der öffentlich-rechtlichen Haftung ist - die Privatrechtsperson oder die dahinterstehende juristische Person des öffentlichen Rechts. Soweit die zivilrechtliehe Konstruktion des Durchgriffs bemüht wird, kommt nur die hinter der Privatrechtsperson stehende öffentlich-rechtliche juristi4 Boecken

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliehe Institution

In bezug auf die Stiftung Warentest setzt die Geltung des Verwaltungsprivatrechts voraus, daß die Informationstätigkeit der Einrichtung die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben und damit staatlicher Aufgaben darstellt. 147 Abzugrenzen sind staatliche Aufgaben von öffentlichen Aufgaben im Sinne gemeinnütziger Aufgaben,148 deren Erfüllung - wie die Erfüllung staatlicher Aufgaben auch - dem öffentlichen Interesse dienen, jedoch von privaten Einrichtungen auf gesellschaftlicher Ebene wahrgenommen werden. 149 Für die Wahrnehmung derartiger gemeinnütziger Aufgaben gelten die Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts nicht, da es nicht der Staat ist, der handelt. 150 Staatliche Aufgaben sind dagegen solche, die dem Staat und seinen Untergliederungen durch die Rechtsordnung aufgrund Gesetzes oder von Verfassungs wegen zugewiesen sind oder die der Staat für sich in Anspruch nimmt. 151 Eine einfachgesetzliche Zuweisung der Verbraucheraufklärung als staatliche Verwaltungsaufgabe kommt mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht. Damit bleibt nur die Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Zuweisung der Verbraucheraufklärung als staatliche Aufgabe im Rahmen der Wirtschaftslenkung und -förderung. 152 Das Sozialstaatsprinzip des Art.20 Abs.l GG bietet sich dafür als Grundlage an. 153

sehe Person als Schuldner in Betracht, vgl. Rüfner, Fonnen öffentlicher Verwaltung, S.415 ff. Gegen die Anwendung von § 839 BGB i.V.m. Art.34 GG, Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 23 Rn.35. 147 Ausführlich zum Begriff "staatliche Aufgaben": Bull, Staatsaufgaben, S.47 ff.; Krautzberger, Aufgaben, 1971, S.41 ff.; Ossenbüh1, Erfullung, VVDStLR Bd.29 (l97\), S.137 ff., 150 ff.; Peters, Aufgaben, FS f. Nipperdey, S.877 ff. 148 Diese Tenninologie stammt von Bull, Staatsaufgaben, S.50. 149 Peters, Aufgaben, FS f. Nipperdey, S.877 ff., 879; Maunz, Rundfunk, BayVwBI 1972, S.169 ff., 172 r.Sp.; N. Müller, Rechtsfonnenwahl, S.617. Kritisch zur Gegenüberstellung von staatlichen und öffentlichen Aufgaben, Bull, Staatsaufgaben, S.48 ff. Er stellt die Gemeinnützigkeit in den Vordergrund und widerspricht Peters damit letztlich nicht. 150 Peters, Aufgaben, FS f. Nipperdey, S.877 ff., 879. 151 Bull, Staatsaufgaben, S.50 mwN in Fn.50; Martens, Rechtsbegriff, 1969, S.131; Lecheler, Verwaltungslehre, S.57; N. Müller, Rechtsfonnenwahl, S.7; Ossenbühl, Erfüllung, S.153; Peters, Aufgaben, FS f. Nipperdey, S.877 ff., 880. So auch BVerfG vom 12.1.1983, BVerfGE 63, S.1 ff., 34. 152 Eine verfassungsrechtliche Kompetenz der Bundesregierung zur Warnung und Aufklärung der Öffentlichkeit durch wettbewerbsrelevante Informationen hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 18.10.1990 (BVerwGE 87, 37ff., 47) anerkannt, als es die Befugnis zur Veröffentlichung einer Liste von diethylenglykolhaltigen Weinen durch den Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit im Jahre 1985

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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Inhalt des Sozialstaatsgebotes ist es, die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik seitens der Hoheitsträger derart zu gestalten, daß dem einzelnen im Wege der Daseinsvorsorge die Möglichkeit eröffuet wird, seine grundrechtlich verbürgten Rechte wahrzunehmen. 154 Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der marktwirtschaftlichen Ordnung l55 gehören ebenso zum Instrumentarium des Staates, Daseinsvorsorge im Sinne einer Grundrechtsgewährleistung zu betreiben,156 wie Maßnahmen zur Erhaltung der existentiellen Grundlagen der Gesellschaft und des einzelnen. "Wer heute bestreiten wollte, daß der Verbraucher einer besonderen Interessenvertretung bedarf, daß für Verbraucherinformation und Verbraucherberatung Sorge getragen werden muß und daß der Staat im Interesse der Verbrauunmittelbar aus der Verfassung ableitete (ebenso für Warnungen der Bundesregierung vor Jugendsekten: vgl. BVerwG vom 23.5.1989, BVerGE 82, 76 ff.; BVerwG vom 13.3.1991, NJW 1991, S.1770 ff.). Daß es sich dabei um die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben handelte, folgt schon daraus, daß ein Träger hoheitlicher Gewalt die Informationsaufgabe an sich gezogen hat. Für die Frage, ob die Verbraucherinformationen einer vom Staat gegründeten und geförderten privatrechtlichen Einrichtung staatliche Aufgabenwahrnehmung ist, läßt sich aus diesem Urteil nichts herleiten, da die Informationen der Stiftung Warentest im Gegensatz zu denen des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit nicht der "Krisenbewältigung" (BVerwG a.a.O., S.37 2.LS, 48) dienen. Unmittelbarer Zweck der Glykolliste war es, auf Gefahren für Leib und Leben der Verbraucher aufmerksam zu machen (S.49), nicht aber den Wettbewerb und die Wirtschaft zu lenken (BVerwG a.a.O., S.43). 153 Jaumann, Marktpartner, WiVerw 1977, S.201 ff., 203; Reich, Werbung, WiVerw 1977, S.218 ff., 223; ders., Informationspflichten, NJW 1978, S.513 ff., 519; Schricker, Verbraucherschutz, GRUR Int. 1970, S.32 ff., 40; Schwerdtfeger, Verbrauchslenkung, S.720; Bull, Staatsaufgaben, S.250. 154 Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Rn.73 zu Art.20. 155 Zu nennen sind hier aus dem legislativen Bereich vor allem die zum Schutz der Verbraucher ergangenen Gesetze: Reisevertragsgesetz, Haustürwiderrufsgesetz, Produkthaftungsgesetz, Verbraucherkreditgesetz. Aus dem exekutiven Bereich sei nur auf die Leitzinssteuerung der Bundesbank hingewiesen. 156 Bollack (Problematik, MA 1963, S.319 ff., 326) zog die soziale Marktwirtschaft als Ausprägung des Sozialstaatsprinzips heran, um der Legislative Beschränkungen für die Errichtung eines Testinstitutes aufzuerlegen. Die Gleichbehandlung der Wettbewerber könne, so Bollack, mangels einer Möglichkeit repräsentativer Auswahl der Testobjekte nicht geWährleisten werden, was aber das Sozialstaatsgebot vom Staat und seinen Organen verlange. Rinck (Organisation, BB 1963, S. \027 ff., 1027/\028) dagegen stellte auf das Sozialstaatsgebot im Sinne der Daseinsvorsorge ab, um zu begründen, daß Einrichtungen zur Verbraucheraufklärung in staatlicher Initiative zu schaffen seien, wenn diese Aufgabe durch Private nicht ausreichend erfüllt werde. 4"

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

eher regulierend in Marktprozesse einzugreifen hat, der liefe Gefahr, nicht ernst genommen zu werden."157 Mit diesen Worten beginnt die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e. V. eine Darstellung über Aufgaben und Funktionen der in ihr vereinigten Verbrauchereinrichtungen, zu denen auch die Stiftung Warentest gehört. Daß der Verbraucherschutz als allgemeine Zielvorgabe heute auch zu dem vom Sozialstaatsgedanken getragenen Staatsaufgabenkatalog zu rechnen ist,158 soll und kann nicht bestritten werden. In dieser Allgemeinheit ist aber fur die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest konkret nichts gewonnen. Allein aus dem Sozialstaatsgebot des Art.20 Abs.l GG läßt sich kein Schluß dahingehend ziehen, daß die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest aufgrund der finanziellen Beteiligung des Bundes eine staatliche Aufgabenerfüllung darstellt. Im Falle der Verbraucherautklärung 159 durch die Stiftung Warentest handelt es sich aber dann um die Wahrnehmung (sozial)staatlicher Verwaltungsaufgaben des Bundes, wenn sich der Bund die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest durch deren Gründung und Finanzierung als staatliche Aufgabe zu eigen gemacht hat und sie auch noch als eigene Aufgabenwahrnehmung begreift. Der BGH nennt die Stiftung Warentest eine "staatliche Einrichtung", um damit deren Vertrauensstellung in der Öffentlichkeit zu betonen. 160 Das Gericht spricht in bezug auf die Tätigkeit von einer durch die Bundesrepublik Deutschland als Stifterin "übertragenen Aufgabe". 161 Das BVerwGI62 hat sich mit der Stiftung Warentest im Zusammenhang mit der Entscheidung zur sogenannten Transparenzkommission beim Bundesgesundheitsamt auseinanderge157 Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (Hrsg.), Die Verbraucherverbände und ihre Aufgaben, Verbraucher Rundschau, Heft 10/91, S.1. (Hervorhebung durch den Verf.) 158 Siehe OVG Berlin vom 22.4.1980, OVGE BIn 15, 120 ff., 128; Paschke, Verbraucherinformation, AfP 1991, S.683 ff., 685; ders., Auskünfte, AfP 1990, S.89 ff., 92 f. 159 Zur Abgrenzung staatlicher Aufklärung von Empfehlungen und Warnungen, Gröschner, Öffentlichkeitsaufklärung, DVBI. 1990, S.619 ff. 160 Urteil vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff., 331 sub 1.2; Urteil vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., 2224; vgl. auch LG Bremen vom 21.8.1986, WRP 1987, S.344 f., 345. Ebenso findet sich diese Beschreibung im Schrifttum: etwa bei Baumbach/Hefermehl, Rn.403 zu § I UWG; Brüggemeier, DeIR, Rn.262; Wenzel, Auskünfte und Warnungen, NJW 1990, S.2672 f., 2673: "halbstaatliche" Informationspolitik. 161 Urteil vom 9.12.1975, (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 332. 162 Urteil vom 18.4.1985, BVerwGE 71, S.183 ff.

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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setzt. Es hat die Infonnationstätigkeit der Transparenzkommission von der seiner Meinung nach gemäß Art.5 GG subjektiv-rechtlich geschützten Tätigkeit der Stiftung Warentest unter Hinweis darauf abgegrenzt, daß die Stiftung Warentest nicht Wirtschaftslenkung betreibe, sondern "Verbraucheraufklärung um ihrer selbst willen".163 Während ein Teil des Schrifttums in der Infonnationstätigkeit der Stiftung Warentest einen rein privatrechtlichen Tatbestand sieht,164 bezeichnen andere sie dagegen mit Rücksicht auf die Gründungsaktivität des Bundes als staatliche Verwaltungstätigkeit. 165 Die Antwort auf die Frage nach der Rechtsstellung der Stiftung Warentest kann nur mit Blick auf die Debatte um deren Gründung und die finanzielle Beteiligung des Bundes sowie mit Blick auf die dem Staat in der Stiftungssatzung eingeräumten Kontrollbefugnisse gefunden werden. 166

a) Die Entstehungsgeschichte und finanzielle Beteiligung des Bundes Die der Gründung der Stiftung Warentest vorausgegangene öffentliche und parlamentarische Diskussion 167 spricht dafiir, daß es sich bei der Stiftung Waren test nicht um eine Einrichtung handelt, die auf dem Gebiet der Verbraucher163 BVerwG a.a.O., S.196. Diese Rechtsposition hat das BVerwG in einer Entscheidung vom 7.12.1995 (DVBI 1996, S.807 f.) bestätigt. Das Gericht sah die Veröffentlichung eines Futtermitteltests durch die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ohne gesetzliche Grundlage als rechtswidrig an. Im Gegensatz zur Stiftung Warentest könne sich die Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs.l GG berufen. 164 Philipp, Verbraucherinformationen, S.33; Thomas in Palandt, Rn.22 zu § 823; Schäfer in Staudinger, Rnrn.2 I, 86 zu § 824; Zeuner in Soergel 11 , Rn.114 zu § 823 mwN. 165 Assmann/Kübler, Testhaftung, ZHR Bd.142 [1978], SA13 ff., 418; dies., Verbraucherinformation, S.16; Brüggemeier, DeIR, RnrnA03, 405; Köndgen, Selbstbindung, S.229; Mathy/Wendt, Pressefreiheit, AfP 1982, S.144 ff., 148; Schwerdtfeger, Verbrauchslenkung, S.724; offengelassen von Ossenbühl, Umweltpflege, S.35, 36. Keßler/Müller (Testwerbung, WRP 1981, SA95) sprechen von einer "quasistaatlichen Verbraucherbehörde". Schulte (Stiftung, S.76) ordnet alle vom Staat errichteten Stiftungen des Privatrechts dem Verwaltungsbereich zu. 166 Vgl. Philipp, Verbraucherinformationen, S.27; Ossenbühl, Umweltpflege, S.35, 36. Siehe den Katalog der Zuordnungskriterien zur Abgrenzung staatlicher von nicht staatlichen Einrichtungen, den Schuppert (Erflillung, S.188 f.) entwickelt. Ferner Stober, Verwaltung, NJW 1984, SA49 ff., 450. 167 Siehe oben S.21 f.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliehe Institution

aufklärung Verwaltungs aufgaben zu erfiillen hat. Von staatlicher Seite sollte mit der Errichtung der Stiftung Warentest eine Institution geschaffen werden, in der Verbraucheraufklärung in gesellschaftlicher Verantwortung durchgefiihrt wird. 168 Dies folgt vor allem aus dem allseitigen Einverständnis, daß die Stiftung Warentest nicht als wirtschaftspolitisches Medium dirigistischer Eingriffe in die Marktwirtschaft mißverstanden werden dürfe. 169 Demzufolge ist in der Gründung der Stiftung Warentest durch den Bund eher eine organisatorische "Geburtshilfe" fiir eine Aufgabenwahrnehmung auf gesellschaftlicher Ebene zu sehen als die Errichtung einer Institution zur Erfiillung (sozial)staatlicher Aufgaben. Die Entwicklung der Stiftung Warentest nach ihrer Gründung bis heute unterstützt diese Aufgabenzuordnung. 170 Aus der anfänglich vollständigen Finanzierung der Stiftung Warentest durch Haushaltsmittel des Bundes l71 läßt sich Gegenteiliges nicht folgern. Die Finanzmittel des Bundes hatten von Beginn an den Charakter einer Institutionalisierungshilfe l72 und sind nach wie vor an die Voraussetzung geknüpft, daß die Stiftung der Mittel zur Erfiillung der satzungsmäßigen Aufgaben bedarf, weil die selbst erzielten Publikationserlöse nicht ausreich(t)en. 173 Die Entwicklung der Stiftungsfinanzierung durch den Bund über den Zeitraum von 30 Jahren macht deutlich, daß der prozentuale Anteil der bundesstaatlichen Förderung am Stiftungsetat - von wenigen Jahren abgesehen - stetig gesunken ist und im Jahre 1996 nur noch ca. 12,3% ausmachte. 174 Daß die absolute Summe heute mit 13 Mio. DM ein Vielfaches dessen beträgt, was der Stiftung in ihren Anfangsjahren zugewendet wurde, ist

168 Das Selbstverständnis der Stiftung Warentest bestätigt diese Beurteilung uneingeschränkt, vgl. Stiftung Warentest (Hrsg.), test - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.13. 169 Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.56, (4.Wahlperiode, 141.Sitzung vom 23.10.1964), S.7070 ff.; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (l6.Ausschuß), BT-Drs. IV/2728. 170 Ähnlich Scholz/Langer, Stiftung, S.54, 55. 171 Vgl. Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (l6.Ausschuß), BT-Drs. IV/2728, S.2. 172 Vgl. Anlage zur BMF-Vorlage Nr.43/85 zur Finanzierung der Stiftung Warentest. 173 Siehe 1. Satzung der Stiftung Warentest vom 16.12.1964 (abgedruckt in DIHT (Hrsg.), Warentest - Aus der Sicht von Industrie und Handel, 1966). 174 Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, Schaubild S.83.

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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u.a. auf die erhebliche Steigerung ihrer Informationstätigkeit zurückzuführen. 175 Seit der Satzungsreform im Jahre 1985 erhält die Stiftung einen jährlichen, im Haushalt des Bundes auszuweisenden Festbetrag (§ 4 Abs.l der Satzung) als projektbezogene Förderung (Nr.2.1. Vor!. VV176 zu § 23 BHO und Anlage 2 zur Vor!. VV Nr.5.1. zu den §§ 44, 44a BHO).I77 Denn die Projektf6rderung setzt voraus, daß die Bundeszuwendung zur Deckung von Ausgaben "für einzelne abgegrenzte Vorhaben" (Nr.2.1 Vor!. VV zu § 23 BHO) gewährt wird, während die institutionelle Förderung zur Deckung der Gesamtausgaben oder "eines nicht abgegrenzten Teils der Ausgaben des Zuwendungsempfangers gewährt wird" (Nr.2.2 Vor!. VV zu § 23 BHO). Die Ausweisung der Zuwendungen als projektbezogene Förderung ist ein Indiz für einen staatsfernen Charakter der Stiftung Warentest, weil damit zum Ausdruck gebracht wird, daß sich die Förderung nicht mehr auf die Erhaltung der Einrichtung erstreckt.

b) Die Kontrollbefognisse des Bundes als Stiflerin

In §§ 13 und 14 der Satzung sind die Kontrollrechte der Stifterin und des Bundesrechnungshofes in bezug auf die zweckentsprechende Verwendung der Bundesmittel geregelt. 178 Die satzungsmäßige Kontrolle ist gemäß §§ 13, 14 Abs.3 der Satzung durch die Förderung des Bundes gemäß § 4 der Satzung bedingt. Diese Bindung der Kontrolle an die finanzielle Förderung ist ein weiterer Anhaltspunkt dafür, die Tätigkeit der Stiftung Warentest nicht als staatliche, sondern als gesellschaftliche Aufgabenwahrnehmung zu begreifen. Neben der Kontrolle des Staates über die Verwendung der Staatsmittel ist der Einfluß des Staates auf die personelle Struktur von Bedeutung. Es kann vor

175 Siehe nur die Zunahme der Zahl der Mitarbeiter seit 1968, Jahresbericht der Stiftung Warentest 1994, S.8. 1996 beschäftigte die Stiftung Warentest 237 Mitarbeiter, vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.88.

176 Vorläufige Verwaltungsvorschriften des BMF zur BHO; abgedruckt bei Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Bd.2, jeweils im Zusammenhang mit den Vorschriften der BHO. 177 Vgl. Anlage zur BMF-Vorlage Nr.43/85 zur Finanzierung der Stiftung Warentest. Allgemein kritisch hinsichtlich der Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt an "Öffentliche Stiftungen" Totenhöfer-Just, Öffentliche Stiftung, S.87 ff. 178 Vgl. hierzu §§ 26, 14 HGrG, 23, 26, 44, 44a BHO i.V.m. den Vorl. Verwaltungsvorschriften abgedruckt bei Piduch, Bundeshaushaltsrecht (Stand Juli 1992), Bd.2, jeweils im Zusammenhang mit den Vorschriften der BHO.

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l.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtIiche Institution

allem dann von einer gesellschaftlichen Wahrnehmung der Informationsaufgabe gesprochen werden, wenn die dadurch betroffenen und daran interessierten gesellschaftlichen Gruppen maßgeblichen Einfluß auf die Stiftungstätigkeit haben. 179 Der Satzung nach werden die Mitglieder aller drei Organe der Stiftung unter Beteiligung der Stifterin berufen. Im Falle des Vorstandes beschränkt sich die Beteiligung auf das Zustimmungserfordernis (§ 6 Abs.4 der Satzung), während die Mitglieder des Verwaltungsrates und des Kuratoriums direkt von der Stifterin berufen werden (§§ 7 Abs.4, 8 Abs.8). Diese zunächst sehr weitgehend erscheinende personelle Kompetenz der Stifterin wird dadurch beschränkt, daß die Stifterin bei der Besetzung der Organe den Vorschlägen der beteiligten Interessenverbände für deren Vertreter folgen soll. Nur die unabhängigen Sachverständigen im Kuratorium kann sie ungebunden berufen (§§ 7 Abs.5, 8 Abs.12 der Satzung). Demnach wird die Stifterin zwar am Verfahren der Personalentscheidungen beteiligt, die eigentliche personelle Auswahl erfolgt jedoch durch die Interessenverbände selbst. Die von der Satzung vorgegebene pluralistische Struktur des Kuratorium und des Verwaltungsrates unterstreicht den gesellschaftlichen Charakter der Aufgabenerflillung im öffentlichen Interesse. Hinzu kommt, daß der Bestand der Stiftung Warentest nicht einseitig der staatlichen Willensbildung unterworfen ist. Die erst mit der Satzungsneufassung vom 20.12.1971 180 zugunsten der Stifterin eingefügten Zustimmungserfordernisse für Satzungsänderungen (§ 15 Abs.1 der Satzung) und für die Aufhebung der Stiftung (§ 16 Abs.1 der Satzung) beseitigen die weitreichende Unabhängigkeit der Einrichtung von staatlichen Stellen nicht. Die aufgrund der Satzung erreichte Bestandsgarantie der Stiftung sichert deren eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung. Gemäß § 14 der Satzung ist die Stifterin lediglich befugt, zu allen Sitzungen des Verwaltungsrates und des Kuratoriums einen nicht stimmberechtigten Vertreter zu entsenden. Die sachliche Arbeit der Stiftung wird im wesentlichen durch die Tätigkeit des Vorstandes und der Fachbeiräte unter der Aufsicht des Verwaltungsrates und des Kuratoriums erledigt. Das heißt, daß die Stifterin keinen unmittelbaren Einfluß auf die Sachfragen nehmen kann. Mittelbaren Einfluß hat sie allenfalls insofern, als ihr Vertreter im Verwaltungsrat und im Kuratorium beratend tätig werden kann.

179 Vgl. Peters, Aufgaben, FS f. Nipperdey, S.877 ff., 879. 180 Vgl. Satzung vom 4. Dezember 1964, abgedruckt in: DIHT (Hrsg.), Warentest Aus der Sicht von Industrie und Handel, Heft 97, 1966, S.63 ff.

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

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Die sachliche Arbeit der Stiftung Warentest bleibt also weitestgehend frei von staatlicher Einwirkung. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, daß die Satzung der Stiftung Warentest keinen Willen des Staates erkennen läßt, mit dem Warentestinstitut eine privatrechtlieh organisierte mittelbare Staatsverwaltung einzurichten oder zu unterhalten. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß sich der Staat im Falle der Errichtung der Transparenzkommission beim Bundesgesundheitsamt gemäß §§ 39a bis 3ge AMGI81 zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen l82 öffentlich-rechtlicher Formen bediente und damit die Schaffung von Markttransparenz auf dem Arzneimittelmarkt als eine staatliche Aufgabe an sich gezogen hat. Die Transparenzkommission wurde aufgrund des "Eckwerte"-Beschlusses der Bundesregierung "zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes" vom 15. Oktober 1975 183 als Sachverständigenkommission vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit mit Unterstützung des Deutschen Bundestages l84 zunächst ohne gesetzliche Grundlage l85 ins Leben gerufen. Die weisungsunabhängigen Kommissionsmitglieder stammen aus den Bereichen der Krankenversicherungen, der Ärzteschaft, der pharmazeutischen Industrie, der Apothekerschaft sowie der Verbraucherschaft (§ 39c AMG). Ihre Geschäftsstelle hat die Transparenzkommission beim Bundesgesundheitsamt in Berlin. Ihre Aufgabe ist es, für den Markt der apothekenpflichtigen Pharma-Produkte Übersichten (Transparenzlisten) nach pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Kriterien zu erstellen. Die pharmazeutischen Produkte werden geordnet nach Indikationen mit Angaben über ihre Zusammensetzung, Wirkung und Nebenwirkungen sowie über ihre Packungs- und Dosierungspreise dargestellt und mit einem Qualitätskennzeichen fur nachgewiesenen Qualitätssiche-

181 In das AMG eingefügt durch Gesetz vom 16.8.1986 (BGBI. I, 1296). 182 Zur Errichtung und Arbeit der Transparenzkommission: BVerwG, Urteil vom 18.4.1985, BVerwGE 71, S.183 ff. [= NJW 1985, S.2774 ff] OVG Berlin vom 22.4.1980, OVGE Bin 15, 120 ff.; Schwerdtfeger, Verbrauchslenkung; Philipp, Verbraucherinformation, S.92 ff; Sodan, Informationstätigkeit, DVBI. 1987, S.858 ff. 183 Abgedruckt in: Pharmazeutische Zeitung Nr.43 vom 23.10.1975, S.1718 f 184 BRat-Drs. 475/76, Verhandl. des Dt. Bundestages, Steno Ber. Bd.99, (7.Wahlperiode, Sitzung vom \.7.1976) S.18431 sub D, 18432 sub B. 185 Aus diesem Grund wurde der Unterlassungsklage eines Arzneimittelherstellers gegen die Veröffentlichung einer Transparenzliste, in der auch seine Produkte bewertet wurden, letztinstanzlich vom BVerwG stattgegeben: Urteil vom 18.4.1985, BVerwGE 71, S.183 ff., 198.

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I.Teil: Die Stiftung Warentest als privatrechtliche Institution

rung versehen (§ 39b AMG). Die Listen werden im Bundesanzeiger publiziert. Sie sollen die praktizierenden (Kassen)Ärzte zu einer wirtschaftlicheren Verschreibungspraxis anhalten. Hierzu sind die Ärzte gemäß §§ 70 Abs.l, 12 Abs.l, 2 Abs.4 SGB V verpflichtet. Zwar kann auch bei der Transparenzkommission allein aus der (öffentlichrechtlichen) Organisationsform nicht auf die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben geschlossen werden. Denn nicht jede öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtung nimmt staatliche Aufgaben wahr, wie sich etwa bei den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zeigt. 186 Entscheidend rur die Qualifizierung der Transparenzkommission als Trägerin staatlicher Aufgaben ist jedoch, daß die Transparenzkommission dem Zweck der Sicherstellung eines funktionierenden Gesundheitswesens dient und in das System des weitgehend öffentlichrechtlich organisierten Krankenversicherungswesen eingebettet wurde. Die Sicherstellung des Krankenversicherungswesen ist als Ausschnitt der sozialen Sicherung dem Staat durch Art.20 Abs.l GG i.V.m. Art.74 Nr.12 GG als Aufgabe zugewiesen. 187 Vor diesem Hintergrund ist auch die Feststellung des BVerwG zu verstehen, die Transparenzkommission diene der staatlichen "Wirtschaftslenkung" (im Gesundheitswesen), während die Stiftung Warentest private "Verbraucheraufklärung um ihrer selbst willen" betreibe. 188 Die Qualifizierung der Aufgabe der Transparenzkommission als staatliche kommt folgerichtig auch durch die Kontrollbefugnisse des Staates bei dieser Einrichtung zum Ausdruck. Der Staat besitzt hier die Möglichkeit, die Kommission jederzeit mangels eigener Rechtssubjektivität aufzulösen. Er kann gemäß § 39d AMG durch Rechtsverordnungen Einfluß auf das Verfahren der Transparenzkommission nehmen. Die Sachverständigen werden staatlicherseits berufen, ohne daß Vorschläge der Verbände berücksichtigt werden sollen. An einer derartigen Beherrschung von staatlicher Seite fehlt es aber gerade bei der

186 BVerfG vom 22.4.1994, NJW 1994, S.1942 ff., 1944; BVerfG vom 20.7.1988, NJW 1989, S.382f., 382; BVerwG vom 13.12.1984, BVerwGE 70, S.31Off., 316; BGH vom 6.4.1976, BGHZ 66, S.182 ff., 187; Ossenbühl, Rundfunk, S.34; Peters, Aufgaben, FS f. Nipperdey, S.877 ff., 890; Ricker, Staatsfreiheit, NJW 1994, S.2199 f. 187 Bull, Staatsaufgaben, S.236. 188 Urteil vom 18.4.1985, BVerwGE 71, S.183 ff., 196. Hinsichtlich dieses Arguments des BVerwG äußert Borchert (Veröffentlichungen, NJW 1985, S.2741 ff., 2742) zu Recht die Kritik, daß es einer vertieften Auseinandersetzung mit diesem Punkt bedurft hätte.

VII. Die Stiftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

59

Stiftung Warentest. Die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest läßt sich daher auch mit Blick auf die Tätigkeit der Transparenzkommission nicht als staatliche Aufgabenerfiillung einordnen. Somit ist im Ergebnis festzustellen, daß die Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts in der haftungsrechtlichen Beurteilung der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest keine Berücksichtigung finden müssen.

Zweiter Teil

Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests und den informationsspezifischen Gefahren für die Verbraucher I. Einführung Aufgrund ihrer großen Akzeptanz l verfügt die Stiftung Warentest über eine Konsumlenkungsmacht wie kaum eine andere Institution in der Bundesrepublik Deutschland. 2 Irreführende Informationen der Stiftung Warentest3 können auf allen Seiten des Marktes, d.h. auf Anbieter-, Händler- wie auf Verbraucherseite, große Einbußen verursachen. Wird ein Produkt oder eine Dienstleistung zu gut bewertet, so werden die testnutzenden Konsumenten zum Erwerb einer Ware oder zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung "verleitet", die sie bei korrekter Bewertung nicht erworben bzw. in Anspruch genommen hätten. Dies wiederum führt bei den Mitbewerbern des zu gut bewerteten Anbieters, vermittelt über den Handel, zu Umsatznachteilen.

1 Siehe oben S.41 ff. 2 Verleichbaren Einfluß hat allenfalls noch der ADAC fiir den Kraftfahrzeugbereich. 3 Informationsfehler finden sich des öfteren in den Publikationen der Stiftung Warentest: siehe den Sachverhalt der Entscheidung des BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff.: Die beklagte Stiftung Warentest hatte in einem Preisvergleich übersehen, daß unter demselben Namen voneinander unabhängige HandeIsunternehmen Selbstbedienungsläden betrieben. Die Gleichsetzung fiihrte im Test zu einem schlechteren Abschneiden der Kläger. Siehe ferner: Leserbrief von Peter Weber, "test" 5/86, S.\OI, der die Stiftung Warentest zu Recht auf einen Fehler in der Darstellung einer Berechnungsformel fiir Lebensversicherungen ("test" 2/86) aufmerksam macht; Leserbriefvon Thomas Sommerer, "test" 1/89, S.97, der auf einen Übertragungsfehler in einer KFZ-Steuertabelle ("test" 8/88) hinweist; Leserbrief von U. Halfen, der beklagt, daß Stiftung Warentest beim Vertragswerkstätten-Test ("test" 9/88) eine Werkstatt prüfte, die Z.Z. des Tests nicht mehr Renault-Vertragswerkstatt war; vgl. auch W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff., 262.

1. Einflihrung

61

Die individuellen Einbußen auf der Konsumentenseite mögen in vielen Fällen nur geringfügig sein. 4 Doch ändert dies nichts daran, daß sich - insgesamt betrachtet - diese Einbußen zu erheblichen Summen addieren können. Auch für den einzelnen Verbraucher kann es aber zu fühlbaren Einbußen kommen, denkt man etwa an den Erwerb hochwertiger Unterhaltungselektronik oder teuerer Haushaltsgeräte oder an die Befolgung eines schadenstiftenden Anlageratschlags. Beschreibt die Stiftung Warentest ein Fernsehgerät in einem vergleichenden Test flilschlicherweise als besonders umweltverträglich und bewertet sie das Gerät auch aus diesem Grund als einziges mit der Note "sehr gut", so kann man davon ausgehen, daß viele testnutzende Verbraucher, die sich der Ergebnisse des Tests bedienen, um ihre Produktauswahl zu treffen, einen Fernseher erwerben, den sie ohne die fehlerhafte Information nicht gekauft hätten. Ähnliches gilt beispielsweise, wenn die Stiftung Warentest ein Blutzuckermeßgerät wegen seiner Speicherkapazität von 125 Meßwerten mit "sehr gut" beurteilt, ohne darauf hinzuweisen, daß nur zehn der gespeicherten Meßwerte mit dem Gerät selbst abgerufen werden können und für das Abfragen der übrigen Meßwerte ein teures Zusatzgerät erforderlich ist, das an sich nur Ärzten zur Verfügung steht. 5 Die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber Konsumenten wurde im Schrifttum 6 bisher - wenn überhaupt - nur am Rande erörtert. Die Einseitigkeit der Betrachtung ist um so erstaunlicher, als Judikatur 7 und Literatur8 seit den Anflingen der Warentests in der Bundesrepublik Deutschland die Irreführungsgefahr durch Warentests für die Verbraucher gesehen und davor gewarnt ha4 So z.B. bei Verbrauchsgütern des täglichen Lebens. 5 Vgl. Leserbrief vom Dieter Schwalbach, "test"3/94, S. \0 I /I 02. 6 Die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber Konsumenten wird bei Andresen (Warentest, Diss. Tübingen 1973, S.189 ff., 226) nur kurz unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten behandelt. Hefermehl (Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 619) nimmt zur Klagebefugnis der Verbraucher in bezug auf fehlerhafte Warentests Stellung, ohne die materielle Rechtslage zu untersuchen oder zu erläutern. 7 OLG Stuttgart vom 30.1.1964 ("DM"-Test), NJW 1964, S.595 ff., 596; OLG Celle vom 23.7.1964 ("DM"-Test), NJW 1964, S.1804 ff., 1806; OLG Nürnberg vom 27.11.1964 ("Leberwurst"-Test), BB, 1964, S.1448 f., 1448 [= MA 1965, S.75]. 8 Borck, Querschnitt-Tests, WRP 1959, S.344 ff., 344; ders., Waren-Test, WRP 1962, S.359 f., 360; W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff.; ders., Bedeutung, BB 1983, S.91 ff.; ders., Unternehmensschutz, GRUR 1988, S.516 ff.; Bussmann, Warentest, GRUR Int. 1964, S.196 ff.; Hefermehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 612 ff; Helle, Zulässigkeit, NJW 1962, S.II77 ff., 1178/1 179; Vö1p, Warentests, WRP 1963, S.109 ff., 115; Tetzner, Warentest, NJW 1965, S.725 ff., 730; Weitnauer, Rechtsgrundlagen, DB 1963, S.55 ff., 58.

62

2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

ben.9 Eingang in die juristische Auseinandersetzung fand dieser Aspekt jedoch nur aus wettbewerbs- und deliktsrechtlicher Sicht im Hinblick auf Schutzpositionen der Hersteller und Anbieter, deren Waren und Dienstleistungen getestet wurden. I0 Deliktsrechtlich stand im Vordergrund der Untersuchungen, ob und inwieweit die durch Art. 5 Abs.1 GG verbürgte Meinungs- und Pressefreiheit eine öffentliche Kritik an gewerblichen Gütern rechtfertige. 11 Wettbewerbsrechtlich wurde erörtert, wo die Grenzen der Neutralität zu ziehen seien. 12 Die Frage des haftungsrechtlichen Schutzes der Konsumenten ist in diesem Zusammenhang bisher nicht gestellt oder erörtert worden.

9 V gl. neben den Autoren in der vorherigen Fußnote insbesondere noch Schricker, Anm. zu BGH vom 9.12.1975, VI ZR 157/73 (GRUR 1976, S.268 ff.), GRUR 1976, S.274 ff., 276; Schulze zur Wiesche, Anm. zu BGH vom 20.3.1981, I ZR 10/79 (GRUR 1981, S.658 ff.), GRUR 1981, S.661 ff.,664. 10 Aus dem umfangreichen Schrifttum: Andresen, Warentest, Diss. Tübingen 1973, S.48 ff.; Assmann/Kübler, Testhaftung, ZHR Bd.142 (1978), S.4l3 ff.; dieselben, Verbraucherinformation, 1981; BaumbachlHefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.403 ff. zu § I UWG; Bofinger, Warentest, NJW 1965, S.1833 ff.; Bollack, Haftung, MA 1968, S.3 ff.; W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff.; T. Brinkmann, Gewerbekritik, NJW 1987,2721 ff.; Brüggemeier, DelR, Rnrn.403 ff.; Graßmann, Warenvergleich, Diss. München 1981; Hart, Warentest, WRP 1986, S.515 ff.; derselbe, Bewertung, EuZVR 1988, S.42 ff.; Hartig, Vergleichende Warentests, 1973; Hawran, Öffentliche Gewerbekritik, Diss. Marburg 1982; Hefermehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff.; Helle, Zu lässigkeit, NJW 1962, S.1177 ff.; Kübler, Kritik, AcP 172 (1972), S.177 ff.; LarenzJCanaris, SchR-BT13 Bd.II12, § 81 III, 2.b), S.549 f.; Paschke, Auskünfte, AfF 1990, S.89 ff., 92 f. mwN.; Schricker, Kritik, AcP 172 (1972), S.203 ff.; Schultz, Warentest, NJW 1963, S.1801 ff.; Tetzner, Warentest, NJW 1965, S.725 ff.; Völp, Warentests, WRP 1963, S.109 ff.; Aus der Rechtsprechung: BGH vom 11.1.l966 (Warentest I), GRUR 1966, S.386 ff.; BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 334 [= NJW 1976, S.620 m. Anm. Tilmann = JZ 1976, S.446 m. Anm. Deutsch = GRUR 1976, S.268 m. Anm. Schricker = BB 1976, S.242 m. Anm. Lachmann = AfF 1976, S.34 m. Anm. Löhr); BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff. Dazu Besprechungen von Bunte, EWiR 1986, § 824 l/86, S.143 f.; Scheidhauer, JA 1986, S.375 ff.; Horn, WuB IV A § 824 BGB 1.86; BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff. Dazu Besprechungen von Kreft, EWiR 1987, § 823 BGB 5/87, S.585 f.; Reich, VuR 1987, S.222 ff.; Emmerich, JuS 1987, S.743 f.; OLG Stuttgart vom 30.1.1964 ("DM"), NJW 1964, S.595 ff.; OLG Celle vom 23.7.1964 ("DM"), NJW 1964, S.1804 ff., 1806; OLG Koblenz vom 18.4.1988, NJW-RR 1989, S.166 ff. II Siehe Nachweise in vorheriger Fn. 12 Vgl. Nachweise in Fn.lO.

I. Einführung

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Auch daran mag es liegen, daß einschlägige Gerichtsentscheidungen zur Informationshaftung der Stiftung Warentest gegenüber Konsumenten bislang nicht vorliegen. Daß sich "enttäuschte" Konsumenten nur in Form von Leserbriefen bei der Stiftung Warentest über deren "Versagen" im Einzelfall beschweren 13 und nicht den Rechtsweg beschreiten, hat aber sicherlich noch andere Gründe. Zunächst ist zu vermuten, daß Konsumenten die "mit Hilfe" der Stiftung Warentest getätigte Fehldisposition selbst nicht als solche erkennen und/oder nur die Hersteller/Anbieter rur eine schlechte Ware oder Leistung verantwortlich machen. 14 Darüber hinaus ist zweifellos die psychologische Hemmschwelle sehr hoch, gegen eine große (staatliche I5 ) Verbrauchereinrichtung vorzugehen, zumal, wenn der Schaden in keinem Verhältnis zum Kosten- und Zeitaufwand eines Rechtsstreits gegen die Stiftung Warentest steht. 16 Zahlreichen unzufriedenen Verbrauchern wird es schließlich gelingen, das schlechte Geschäft unter Inanspruchnahme ihres Geschäftspartners rückgängig zu machen. 17 Die in Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze der Haftung rur publizierte Warentests gegenüber den Herstellern und Anbietern von getesteten Gütern mögen zu einem großen Teil dazu beigetragen haben, daß die rechtliche Beurteilung der Informationsarbeit der Stiftung Warentest kaum noch umstrit-

13 Siehe z.B. die Leserbriefe von: Andreas Neusinger, "test" 10/92, S.95; Till Meyer-Ruediger, "test" 12/91, S.96; Ralf Stynen, "test" 8/91, S.83; Thorsten Walinski, "test" 6/91, S.94; Joachim Velke, "test" 12/90, S.91. 14 So der Leserbriefvon Thorsten Walinski, "test" 6/91, S.94. 15 BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff, 331. 16 Vgl. den Leserbrief von Achim Kruppke, "test" 5/94, in dem der Verfasser zum Ausdruck bringt, daß er wegen 65 DM, die er in eine seiner Meinung nach mangelhafte Kaffeemaschine investierte, keinen Prozeß (gegen den Händler!) führen wolle. Gegen die Gewährung eines Schadensersatzanspruchs des Verbraucher in Fällen unlauteren Wettbewerbs durch irreführende Werbeangaben im Rahmen des Wettbewerbsrechts wurde u.a. angeführt, der Schaden des einzelnen Verbrauchers sei regelmäßig kaum erheblich, so daß er auf eine gerichtliche Durchsetzung verzichten werde (Mertens, Verbraucherschutz, ZHR 139 (1975), S.438 ff., 441). Strassner, (Verbraucherinformationsrecht, S.169 Fn.4lO) weist darauf hin, daß seit Einführung des Rücktrittsrechts des Verbrauchers aus § 13a UWG im Jahre 1986 die Datenbank JURIS bis zum 2.1.1992 nur zwei Gerichtsentscheidungen zu dieser Norm enthalte. Strassner folgert hieraus, daß auch eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber einzelnen Verbrauchern nicht geeignet sei, das Problem "desinformierender oder informationsdefizitärer Vertragsanbahnung" zu lösen (S.170). Im Juli 1995 wies die Datenbank JURIS 3 OLG-Entscheidung zu § 13a UWG aus. 17 Siehe Leserbrief von Joachim Velke, "test" 12/90, S.91.

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

ten ist. 18 Die Anforderungen der Neutralität, Objektivität (im Sinne eines Bemühens um objektive Richtigkeit) und Sachkundigkeit, die an einen veröffentlichten Warentest gestellt werden,19 finden ihre sachliche Begründung vor allem auch in dem Interesse der Verbraucher an Markttransparenz. 20 Der BGH hat der Stiftung Warentest auf der Bewertungsebene einen Beurteilungsspielraum dahingehend eröffuet, daß ihre Qualitätsurteile im Rahmen des Diskutablen bleiben müssen. 21 Darin mag in bezug auf die Erhöhung der Markttransparenz bei den Verbrauchern "Konfliktstoff' liegen. 22 Zu einem Konflikt muß es aber dann nicht kommen, wenn die Stiftung Warentest den ihr gewährten Freiraum konsequent an den Interessen der Verbraucher ausrichtet. 23 Nach h.M. ergibt sich keine Haftung gegenüber Herstellern und Anbietern, wenn die Stiftung Warentest ein Konkurrenzprodukt zu gut bewertet hat. 24 In der Überbewertung des Konkurrenten liege kein "betriebsbezogener" Eingriff in die Gewerbebetriebe der Wettbewerber. 25 Diese seien nur aufgrund einer 18 Vgl. W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff., 264 mit Zahlenmaterial in Fn.21; Hart, Warentest, WRP 1986, S.515 ff., 516. 19 Ganz h. M.: grundlegend BGH vom 9.12.1975 (Warentest II), BGHZ 65, S.325 ff., 334; BGH vom 17.4.1984, BGHZ 91, S.117 ff., 121 f.; BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., 2223; BGH vom 17.6.1997, NJW 1997, S.2593 ff., 2594; zu unveröffentlichter Rspr., Hart, Warentest, WRP 1986, S.515 ff. BaumbachlHefermehl, Rn.408 ff. zu § 1 UWG; Thomas in Palandt, Rn.22 zu § 823; Schäfer in Staudinger, Rn.86 zu § 824; Schiemann in Erman, Rn.71 zu § 823; siehe auch Wenzel, Bildberichterstattung, RZ.1 0.53 ff., S.400 ff. 20 Siehe Nachweise vorherige Fn. 21 BGH vom 9.12.1975 (Warentest II), BGHZ 65, S.325 ff., 335. 22 Schricker, Anm. zu BGH vom 9.12.1975, VI ZR 157/73 (GRUR 1976, S.268 ff.), GRUR 1976, S.276. Schricker ist der Ansicht, das Defizit an Marktübersicht der Konsumenten könne mit nur diskutablen Ergebnissen kaum sachgerecht verringert werden, so daß es höchst zweifelhaft erscheine, ob ein Warentest erst jenseits dieser Grenze seinen Zweck verfehle. 23 Siehe dazu näher unten S.187 f. 24 BGH vom 9.12.1975 (Warentest II), BGHZ 65, S.325ff., 340; BaumbachfHefermehl, Rn.405 zu § I UWG; W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff., 258. Kritisch dazu: Lachmann, Anm. zu BGH vom 9.12.1975, VI ZR 157/73 (BB 1976, S.242), BB 1986, S.245 f., 246; W. Brinkmann, Bedeutung, BB 1983, S.91 ff., 94. Ablehnend: W. Brinkmann, Unternehmensschutz, in GRUR 1988, S.516 ff., 519; Paschke, Auskünfte, AfP 1990, S.89 ff., 92/93; Wenzel, Bildberichterstattung, Rz.IO.80, S.411. 25 BGH vom 9.12.1975 (Warentest II), BGHZ 65, S.325 ff., 340.

l. Einführung

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"Reflexwirkung"26 benachteiligt. 27 Im Verhältnis der Hersteller und Anbieter zur Stiftung Warentest sind also gerade die Fälle fehlerhafter Informationen nicht haftungsbewehrt, welche für die Konsumenten die Gefahr einer Fehlinvestition begründen. 28 Eine präventive Wirkung geht von der Haftung gegenüber Herstellern!Anbietem damit allenfalls insoweit aus, als gegen die eigene schlechte Bewertung Rechtsschutz besteht. Bei dieser Rechtslage erhöht sich die Gefahr von "Zu-gut-Bewertungen", weil die Warentester - bewußt oder unbewußt - die Haftungsrisiken bezogen auf die einzelnen Anbieter durch (zu) gute Bewertungen minimieren können. 29 Ist ein fehlerhafter Test erst einmal publiziert worden, so werden die Verbraucher, die sich auf ihn verlassen, durch Rechtsstreitigkeiten zwischen der Stiftung Warentest und einem Anbieter nicht vor Fehlentscheidungen bewahrt. Dies kann nur vor einer Publikation im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgen, wenn der Stiftung Warentest untersagt wird, die streitigen Testinformationen zu veröffentlichen. Geschieht dies jedoch nicht und stellt sich erst im Hauptverfahren heraus, daß der Test fehlerhaft war, so kommt für viele Konsumenten die Berichtigung zu spät. Da die Anbietervorinformation 30 weder die Testergebnisse der Konkurrenzprodukte noch die Einzel- und Gesamtbewertungen umfaßt, ist es für die Anbieter nicht möglich festzustellen, ob die Be26 BGH a.a.O., S.340. 27 Es erscheint einleuchtend, daß diese Auffassung die Arbeit der Stiftung Warentest praktisch erleichtert, worauf W. Brinkmann (Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff., 258) hinweist. Ob dieses Argument die Rechtsauffassung zu stützen vermag, bezweifelt W. Brinkmann in späteren Beiträgen jedoch selbst (Bedeutung, BB 1983, S.91 tf., 94; Unternehmensschutz, GRUR 1988, S.516 ff., 519). 28 Vgl. Schulze zur Wiesche, Anm. zu BGH vom 20.3.1981, I ZR 10/79 (GRUR 1981, S.658 ff.), GRUR 1981, S.661 ff., 664.

29 Vgl. die Ausführungen des OLG Celle vom 23.7.1964, NJW 1964, S.1804, 1806 f.: Ein Fahrzeug der Antragstellerin (VW-Werke) war in der Zeitschrift "DM" im Rahmen eines Auto-Tests als unzuverlässig und nicht empfehlenswert dargestellt worden. Zur Begründung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung dieser Behauptung hatte die Antragstellerin versucht, eine Wettbewerbsabsicht der Antragsgegnerinnen (Herausgeber der Zeitschrift "DM") in bezug auf die streitige Veröffentlichung dadurch zu belegen, daß die Antragsgegnerinnen ein Fahrzeug der Marke Fiat positiv beurteilt hatten, obwohl das Fiat-Fahrzeug zuvor schon wegen Schäden aus dem Test herausgenommen worden war. Das OLG sah in der positiven Bewertung des Fiat-Fabrikats jedoch nicht den Beleg für eine Wettbewerbsabsicht der Antragsgegnerinnen, sondern wertete die positive Beurteilung als Versuch der Antragsgegnerinnen, ihre Stellung in dem ebenfalls anhängigen Prozeß mit den Fiat-Werken zu verbessern. 30 Siehe oben S.32. 5 Boccken

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

wertungen relativ gesehen zutreffen. Deshalb sind Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz wegen "Zu-gut-Bewertungen" von Konkurrenzprodukten kaum zu erwarten. Die "Lücke" in der Haftung gegenüber Herstellern und Anbietern macht es sinnvoll, einen Anreiz zu schaffen, der "Zu-gut-Bewertungen" der Stiftung Warentest tendenziell vermeidet. Dieser Anreiz kann in einer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit der Stiftung Warentest gegenüber Verbrauchern liegen. 31 Die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber Konsumenten (für reine Vermögensschäden) läßt sich dem dogmatischen Problemkreis der sogenannten Auskunfts-, Experten- oder Berufshaftung32 zuordnen. Obwohl sich die Wissenschaft mit der außervertraglichen Haftung für fehlerhafte Auskünfte schon seit mehr als 170 Jahren beschäftigt,33 steht keine gesicherte dogmatische Grundlage zur Verfügung. 34 Die Sachverhalte der Auskunftshaftung zeichnen 31 Zur ähnlichen Argumentation bei irreführenden Werbeangaben, Lehmann, Vertragsanbahnung, S.395 ff. Lehmann schlägt eine Schadensersatzhaftung aus culpa in contrahendo zum Schutz der einzelnen Konsumenten gegen irreführenden Werbeaussagen aus culpa in contrahendo vor. Zur Begründung verweist er insbesondere auch darauf, daß das wettbewerbsrechtliche Instrumentarium einen effektiven Schutz der Verbraucher nicht gewährleiste (a.a.O., S.89; ders., Werbeangaben, NJW 1981, S.1233 ff., 1233). Ähnlich: Klaus Müller, Haftung des Warenherstellers, AcP 165 (1965), S.285 ff., 331. Ferner postuliert Tilmann (Irreführende Werbeangaben, GRUR 1976, S.544 ff., 547) für Einbußen der Verbraucher durch irreführende Werbeangaben die Gewährung eines Schadensersatzanspruches, weil so "das materielle Risiko der Normverletzung entscheidend erhöht" werden könne; denn "das Verbot irreführender Werbeangaben [könnte] nicht mehr nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit durchgesetzt" werden. 32 Siehe hierzu: Damm, Entwicklungstendenzen, JZ 1991, S.373 ff.; Grunewald, Zivilrechtsverkehr, JZ 1982, S.627 ff; dies., Haftung, AcP 187 (1987), S.285 ff.; Heesch, Privatrechtliche Haftung, Diss. Münster 1982; Honsell, Haftung für Auskunft, JuS 1976, S.621 ff.; Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff.; U. Hübner, Risiko, NJW 1989, S.5 ff.; Jost, Beratungshaftung, 1991; Lammei, Auskunftshaftung, AcP 179 (1979), S.337 ff.; Lorenz, Vermögensschäden, FS f. Larenz 1973, S.575 ff.; Musielak, Haftung für Rat, 1974; Fredy Müller, Auskunftshaftung, 1995; Stahl, Dritthaftung, 1989; Strauch, Rechtsgrundlagen, JuS 1992, 897 ff.; Wiegand, Sachwalterhaftung, 1991; Willoweit, Gefälligkeitshandeln, JuS 1986, S.96 ff., 101 f. 33 Siehe Neustetel, Verbindlichkeit des Rathgebers, AcP 2 (1821), S.39 ff. Zur Gesetzgebungsgeschichte verschiedener Auskunftshaftungsregelungen, Jost, Beratungshaftung, 1991, S.13 ff.

34 Vgl. Jost, Beratungshaftung, 1991, S.41 ff., 79 ff. Zur Haftung von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern gegenüber Dritten: B. Schmitz, Vertragshaftung, DB 1989, S.1909 ff.; Stahl, Dritthaftung, S.35 ff.

I. Einführung

67

sich in aller Regel dadurch aus, daß sachverständige Personen oder Einrichtungen, wie Kreditinstitute 35 , Rechtsanwälte 36 , Steuerberater37 , Wirtschaftsprü-

35 RG vom 9.3.1938, RGZ 157, S.228 ff BGH vom 28.4.1954, BGHZ 13, S.198 ff.; BGH vom 5.1.1955, WM 1955, S.230 ff.; BGH vom 5.11.1956, WM 1956, 1584 ff.; BGH vom 17.4.1958, BB 1958, S.896; BGH vom 16.4.1964, WM 1964, S.609f; BGH vom 29.11.1967, BGHZ 49, S.167 ff.; BGH vom 16.1.1969, S.560 f.; BGH vom 2.2.1970, OB 1970, S.1265 f [= BB 1970, S.680]; BGH vom 6.7.1970, OB 1970, S.1631 f [= NJW 1970, S.1737 = WM 1970, S.632]; BGH vom 1.12.1970, WM 1971, S.206 f [= VersR 1971, S.271]; BGH vom 29.3.1971, WM 1971, S.817 f; BGH vom 25.6.1973, BGHZ 61, S.176 ff; BGH vom 30.3.1976, WM 1976, S.498 ff; BGH vom 25.2.1980, WM 1980, S.527 f.; BGH vom 28.1.1985, WM 1985, S.381 f.; BGH vom 12.2.1986, NJW-RR 1986, S.1102ff.; BGH vom 4.3.1987, NJW 1987, S.1815ff.; BGH vom 18.4.1989, NJW 1989, S.2120f.; BGH vom 17.10.1989, WM 1989, S.1836f; BGH vom 16.10.1990, NJW 1991, S.352 f; BGH vom 13.11.1990, NJW 1991, S.694 f [= JZ 1991, S.671]; BGH vom 18.6.1991, WM 1991, 1629 f; BGH vom 3.12.1991, WM 1992, S.133 ff Oberlandesgerichte: Hamburg vom 19.4.1886, SeuffA Bd.42, Nr.97; Karlsruhe vom 13.4.1967, WM 1967, S.1257 f; Stuttgart vom 20.3.1968, WM 1968, S.950 f; Stuttgart vom 5.2. 1969, WM 1969, S.278 ff; Oüsseldorf vom 9.2.1989, WM 1989, S.676 ff; Celle vom 4.10.1989, NJW -RR 1990, S.878 f; Oldenburg vom 11.6.1990, BB 1990, S.1372; Frankfurt vom 24.6.1991, WM 1992, S.91 ff; Braunschweig vom 13.9.1993, WM 1994, S.59 ff 36 RG vom 27.10.1902, RGZ 52, S.365 ff.; RG vom 18.9.1914, LZ 1915, Sp.49; RG vom 13.10.1914, LZ 1915, Sp.435; RG vom 19.10.1917, JW 1918, S.90 Nr.ll; RG vom 29.6.1920, LZ 1920, Sp.889. BGH vom 18.1.1972 (1.Revision), NJW 1972, S.678 ff; BGH vom 24.1.1978 (2.Revision), WM 1978, S.576 f; BGH vom 21.11.1983, WM 1984, S.19 ff.; BGH vom 17.5.1990, NJW 1991, S.32; BGH vom 26.9.1991, BGHZ 115, S.214 ff [= NJW 1992, S.240 = WM 1991, S.1993]. 37 BGH vom 22.5.1962, WM 1962, S.932 f.; BGH vom 13.6.1962, NJW 1962, S.1500; BGH vom 25.10.1966, VersR 1967, S.65 ff.; BGH vom 24.3.1982, BGHZ 83, S.260 ff. [= WM 1982, S.556]; BGH vom 21.4. 1982, BGHZ 83, S.328 ff. [= WM 1982, S.743]; BGH vom 17.9.1985, WM 1985, S.1531 ff., 1532 [=NJW 1986, S.180]; BGH vom 18.9.1985, S.1530f; BGH vom 12.3.1986, DB 1986, S.1915; BGH vom 26.11.1986, NJW 1987, S.1758 ff. [= BGHR Orittschutz, Nr.2]; BGH vom 4.3.1987, WM 1987, S.661 f.; BGH vom 18.10.1988, NJW-RR 1989, S.696f.; BGH vom 31.5.1990, NJW 1990, S.2461 ff; BGH vom 7.5.1991, WM 1991, S.1303 f; BGH vom 26.9.1991, BGHZ 115, S.214 ff. [= JZ 1992, S.470 m. Anm. Wüst]; BGH vom 16.1.1992, NJW 1992, S.1694 f; BGH vom 13.2.1992, NJW 1992, 2080 ff, 2082; BGH vom 3.12.1992, NJW 1993, S.1139 f.; BGH vom 21.1.1993, WM 1993, S.897 f. [=NJW-RR 1993, S.944]; BGH vom 28.10.1993, NJW 1994, S.379. Oberlandesgerichte: Schleswig vom 6.6.1961, VersR 1961, 1148; Stuttgart vom 23.2.1990, NJW-RR 1990, S.791 ff; KG vom 1.6.1990, VersR 1991, S.705 f 5"

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

fer38 , (öffentlich bestellte) Sachverständige39 und andere40 , entgeltlich oder unentgeltlich Auskünfte erteilen, die bei Personen, zu denen über die Auskunft hinaus keine Rechtsbeziehung besteht, primäre Vermögensschäden verursachen. Im Unterschied zu den genannten Einrichtungen und Berufsgruppen erfiillt die Stiftung Warentest ihren Auftrag im Interesse der breiten Verbraucherschaft unter wettbewerbsrechtlicher Neutralitätswahrung als gemeinnützige, nicht gewinnwirtschaftlich ausgerichtete Organisation. Ihre Aufgabenvorgabe mit der in der Satzung vorgeschriebenen Unabhängigkeit der Stiftung von den Interessen der anbietenden Wirtschaft ermöglicht die große Akzeptanz und Vertrauensstellung, weIche die "einzig bedeutungsvolle Testeinrichtung"41 in der Bundesrepublik unter den Konsumenten genießt. 42 Gerade in dieser Akzeptanz liegt das mit den Informationen verbundene Gefahrenpotential. Denn je größer und breiter auf Seiten der Konsumenten das Vertrauen in die Testarbeit ist, desto weniger werden die Verbraucher andere Informationsquellen in Anspruch nehmen, desto weniger kritisch werden sie mit den Informationen der 38 BGH vom 13.7.1956, BB 1956, S.865; BGH vom 5.12.1972, NJW 1973, S.321 ff.; BGH vom 26.10.1976, WM 1977, S.52 [= VersR 1977, S.252]; BGH vom 12.12.1978, WM 1979, S.326 [= VersR 1979, S.283]; BGH vom 19.3.1986, WM 1986, S.711 ff. [=JZ 1986, S.lIll]. Oberlandesgerichte: Oldenburg vom 27.6.56, BB 1956, S.867; München vom 13.7.1956, BB 1956, S.866; Köln vom 20.1.1967, MDR 1957, S.839 f.; Karlsruhe vom 16.5.1984, VersR 1986, S.924. 39 RG vom 8.10.1912, Recht 1912, Nr.3460; BGH vom 12.7.1966, WM 1966, S.1148 ff.; BGH vom 14.11.1968, WM 1969, S.36 ff.; BGH vom 21.4.1970, WM 1970, S.878 ff.; vom 28.4.1982, NJW 1982, S.2431 f. (I.Revision im "Konsulfall"); BGH vom 23.1.1985, WM 1985, S.450 ff. (2.Revision im "Konsulfall"); BGH vom 24.9.1991, WM 1991, S.2034f.; BGH vom 10.11.1994, NJW 1995, S.392ff. [= ZIP 1994, S.1954 = JZ 1995, S.306 ff. mit krit. Anm. Medicus]. 40 Anlagevermittler: BGH vom 25.9.1985, WM 1985, S.1520 f.; OLG Stuttgart vom 27.7.1993, AiF 1993, S.954. Arbeitgeber: BGH vom 15.5.1979, BGHZ 74, S.281 ff. Architekt: BGH vom 24.4.1972, WM 1972, S.826 f.; OLG Karlsruhe vom 13.3.1987, VersR 1988, S.1131 f.; OLG Köln vom 20.10.1987, NJW-RR 1988, S.335 f.; OLG Hamm vom 29.4.1986, NJW-RR 1987, S.209 f. Kapitallebensversicherer: BGH vom 22.9.1982, WM 1982, S.1201 ff. Lagerhalter: BGH vom 25.5.1979, WM 1979, S.771 ff. 41 Hart, Bewertung, EuZVP 1988, S.42 ff., 44. 42 Aber auch unter den Anbietem von Waren- und Dienstleistungen: siehe Leserbrief eines getesteten Autowerkstattinhabers, "test" 7/93, S.95.

II. Begriffe

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Stiftung umgehen und desto mehr Konsumenten werden sich auch an unzutreffenden und irreführenden Warentestberichten orientieren. 43 Ein vergleichender Waren- und Dienstleistungstest stellt dann eine Gefahr für die Rechtsgüter der testnutzenden Verbraucher dar, wenn er geeignet ist, die Verbraucher in ihren Konsumentscheidungen irrezufuhren und fehlzuleiten.

11. Begriffe Zum leichteren Verständnis sollen zwei zentrale Begriffe der folgenden Untersuchung für den Leser definiert werden. Dabei handelt es sich um die Begriffe "Warentest" und "Testnutzer".

1. Warentest Der Begriff Warentest wird grundsätzlich umfassend fur jede Form vergleichender Testberichte der Stiftung Warentest über Produkte, Dienstleistungen und Preise verstanden. Die im l.Teii dargestellten Unterschiede44 zwischen dem klassischen Warentest4 5, dem Dienstleistungstest sowie Preisvergleichen 46 werden im folgenden nur dort herausgestellt, wo es auf eine insoweit differenzierende Betrachtungsweise ankommt.

2. Testnutzer

Testnutzer sind solche Verbraucher, die Informationen der Stiftung Warentest in ihre Konsumentscheidung einbeziehen. Für die Frage der Haftung soll der Begriff "Testnutzer" etwas weiter gefaßt werden, als er im Rahmen der Mannheimer Studien über die Wirkungen von Warentestergebnissen bei Kon43 Zum Informationsverhalten in bezug auf Testergebnisse der Stiftung Warentest siehe oben S.42 ff. 44 Siehe oben S.27 ff. 45 Vgl. zum engen Warentestbegriff die DIN 66052 (November 1971); DIN 66054 (November 1982) zur technischen Durchführung von Warentests; Guide to the Principies of Comparative Testing (Juli 1985) der International Organization of Consumer Unions (IOCU), alle abgedruckt bei Horn/Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Warentest, 1986, S.187 ff. 46 Siehe zum Preisvergleich: BGH vom 20.3.1981 (Verbraucherzentrale Hamburg), GRUR 1981, S.658 ff. m. Anm. Schulze zur Wiesche; BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff.; W. Brinkmann, Preisvergleiche, WRP 1979, S.265 ff.

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

sumenten 47 verstanden wurde. Nicht nur solche Verbraucher, die sich die Informationen der Stiftung Warentest beschaffen und verwenden, fallen unter den Begriff, sondern auch die Konsumenten, die mehr oder weniger zuflillig mit den Ergebnissen in Kontakt geraten, sie aber dennoch in ihre Entscheidungen einbeziehen. Dazu gehören insbesondere auch jene Verbraucher, die etwa aufgrund von Produktwerbung mit den Testergebnissen der Stiftung Warentest in Berührung kommen. Nicht erfaßt werden Personen und Unternehmen, die die Warentestresultate rur ihren Gewerbebetrieb verwenden und damit die Informationen nicht als Verbraucher nutzen. Zu diesen gewerblichen Informationsverwendern sind in erster Linie die Händler von Waren zu zählen, die mittels der Warentestergebnisse ihre Sortimente zusammenstellen. 48 Auszugrenzen sind desgleichen Verbraucher, die ohne Beachtung der Testergebnisse ihre Konsumentscheidungen treffen. Daß auch diese Personen von der Arbeit der Stiftung Warentest negativ wie positiv betroffen sein können vermittelt durch die Sortimentsauswahl der Einzelhändler und Kaufhäuser oder durch die Marketingstrategie der getesteten Unternehmen -, spielt haftungsrechtlich im Sinne der Auskunftshaftung keine Rolle. Es fehlt an einer unmittelbaren Kausalität zwischen den publizierten Testinformationen und der rechtsgeschäftlichen Entscheidung dieser Konsumenten. Diese Personen haben eine Auskunft der Stiftung Warentest weder abgefragt noch sonstwie erhalten. Die subjektive Betroffenheit aufgrund eines durch die Informationen der Stiftung Warentest herbeigeführten veränderten Waren- und Dienstleistungsangebotes am Markt ist eine Reflexwirkung und liegt außerhalb des Problem bereichs der Auskunftshaftung.

111. Ursachen der Irreführung durch Warentestinformationen Die Gefahr der Irreführung besteht immer dann, wenn durch einen Warentestbericht bei den einzelnen Verbrauchern eine fehlerhafte Vorstellung über die Qualität und die Preiswürdigkeit der untersuchten Güter verursacht wird. 49 Aufgrund der dargestellten Mehrschichtigkeit der Tests können Fehlvorstellungen bei Testnutzern auf verschiedenen Stufen entstehen.

47 Siehe oben S.42. 48 Siehe Hilger/Fritz u.a., Testnutzung, in: Warentest und Unternehmen, S.133 ff.

III. Ursachen der Irreführung durch Warentestinformationen

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1. Fehlerhafte Tatsachenmitteilungen im Testbericht

Jeder vergleichende Warentest enthält die Mitteilung von Tatsachen, die die Testobjekte betreffen. So wird unter anderem berichtet, ob und wo die Produkte/Dienstleistungen (noch) erhältlich sind und zu welchen Preisen. In klassischen Warentests wird auf Baugleichheiten hingewiesen und die Ausstattung wie auch die technischen Merkmale der Prüfobjekte werden dargestellt. Eine Fehlvorstellung der Testnutzer über die Testobjekte kann hier unmittelbar dadurch hervorgerufen werden, daß eine Tatsachenerklärung unwahr ist. So muß z.B. der Leser des Testberichts über Laptop-Computer50 aufgrund der Tabelle über die Ausstattung der Kleincomputer 51 die fehlerhafte Vorstellung bekommen, das Gerät der Marke Highscreen 386/SX 25 besitze keinen Anschluß rur den Betrieb einer "Maus". In einem Test von Nadeldruckem 52 unterlief der Stiftung Warentest (bzw. dem Prüfinstitut) ein Übertragungsfehler hinsichtlich der technischen Ausstattung (Leuchtdioden und Verstellbereich des Stachelrades) zweier insoweit baugleicher Produkte. 53 Nun betreffen diese Fälle sicher Sachverhalte, in denen ein Produkt "zu schlecht" dargestellt wird. Doch abgesehen davon, daß auch bei solchen Konstellationen relativ gesehen die Konkurrenzprodukte "zu gut" erscheinen, lassen sich diese Sachverhalte leicht dahin abwandeln, daß die fehlerhaft beschriebenen Produkte selbst zu positiv erscheinen: ein Laptop-Computer wird im Testbericht versehentlich mit einem Anschluß rur ein Modem dargestellt, obwohl das Produkt keinen solchen Anschluß besitzt. Ein Nadeldrucker wird zu Unrecht als baugleich mit einem Konkurrenzprodukt bezeichnet, welches tatsächlich aufgrund der technischen Ausstattung qualitativ über dem angeblich baugleichen Drucker einzustufen wäre.

Zur rechtlichen Bewertung einer durch die Stiftung Warentest veranlaßten Fehldisposition auf Händlerseite unten S.174 f. 49 Heferrnehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 615 ff. 50 "test" 6/93, S.16 ff. 51 "test" 6/93, S.22/23. 52 "test" 9/93, S.22 ff. 53 BGH vom 17.6.1997, NJW 1997, S.2593 ff. Nach Aussage der Stiftung Warentest hatte der Irrtum in bezug auf die technische Ausstattung auf die Bewertung mit "mangelhaft" allerdings keinen Einfluß ("test" 12/93, S.3). Zu dieser Stellungnahme der Stiftung Warentest kam es anläßlich eines Vorwurfs der Voreingenommenheit gegen die Stiftung Warentest seitens eines Anbieters, dessen Drucker wegen nicht bestandener Funkentstörungsprüfung mit "mangelhaft" bewertet wurde, während das andere Gerät die Note "gut" erhielt (vgl. "test" 9/93).

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

2. Unwahre und unvollständige Tatsachenbasis für die Bewertung Zu einer testbedingten Fehlvorstellung kommt es auch dann, wenn die Bewertung der Waren/Dienstleistungen auf einer unwahren oder unvollständigen Tatsachengrundlage vorgenommen wurde. 54 Der publizierte Waren- und Dienstleistungstest enthält neben den erwähnten Tatsachenmitteilungen die Einzel- und Gesamtbewertungen der geprüften Produkte und Dienstleistungen. Die im Testverfahren gewonnenen Daten, die die Einzel- und Gesamtbewertung tragen, werden nur ausschnitthaft im schriftlichen Testbericht mitgeteilt. Bei Wiedergabe der Testergebnisse in anderen Medien wird darauf regelmäßig vollständig verzichtet. Die im Testverfahren erhobenen (und nicht erhobenen) Daten fließen in die Beurteilungen der Testobjekte ein, so daß sich aus dem Vergleich der Einzel- und Gesamtnoten auf die Unterschiedlichkeit bzw. Identität der ermittelten Testergebnisse rückschließen läßt. Es spielt im Hinblick auf die mit den Informationen verbundene Irreftihrungsgefahr beim Testnutzer keine Rolle, daß Rechtsprechung 55 und Schrifttum 56 den veröffentlichten Warentest vor allem wegen der schon graphisch im Vordergrund stehenden Einzel- und Gesamtbeurteilungen eher als Werturteil 57 denn als Tatsachenbehauptung58 über die getesteten Güter ansehen. Zwar las-

54 OLG Celle vom 23.7.1964 ("DM"), NJW 1964, S.1804 ff., 1806; Hefermehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 616; E. Ulmer in: Ulmer u.a., Vergleichende Warentests, S.18. Zur ähnlichen Problematik von Anlageprognosen, Schröder, Haftung, NJW 1980, S.2279 ff., 2283. 55 LG Düsseldorfvom 29.5.1962, BB 1962, S.935; OLG Celle vom 23.7.1964, NJW 1964, S.1804, 1805; BGH vom 11.1.1966 (Warentest I), GRUR 1966, S.386 ff.; BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325, 329; BGH vom 21.1.1989, NJW 1989, S.1923 sub 11. I . 56 Statt vieler: Thomas in Palandt, Rn.2 zu § 824; Schäfer in Staudinger, Rn.21, 86 zu § 824; Andresen, Warentest, Diss. Tübingen 1973, S.46. 57 Die Abgrenzung von Werturteil und Tatsachenbehauptung hat zunächst ihre Relevanz im Hinblick auf § 824 BGB. Für die Auskunftshaftung wird diese Unterscheidung nicht vorgenommen. Auskünfte, wie auch Empfehlungen und Ratschläge, enthalten regelmäßig sowohl Tatsachenbehauptungen als auch wertende Elemente, siehe Wittmann in Staudinger, Rn.2 zu § 676. 58 BGH vom 3.12. 1985 (Warentest 111), GRUR 1986, S.330 ff.. 331 - Preisvergleich unter 12 Handelsuntemehmen als Tatsachenmitteilung.

III. Ursachen der Irreflihrung durch Warentestinformationen

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sen sich Werturteile (im Sinne von Meinungsäußerungen 59) an sich nicht als "richtig" oder "falsch" qualifizieren, weil sie im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen keinen eigenständigen, mit den Mitteln des Beweises verifizierbaren Gehalt besitzen60 und man über Meinungen streiten kann. 61 Doch besteht bei wertenden Äußerungen wie Qualitätsbeurteilungen, die einen starken Tatsachenbezug haben und diesen zum Ausdruck bringen (sollen), für den Adressaten dieser Beurteilungen zumindest die gleiche Imumsgefahr wie bei reinen Tatsachenbehauptungen. 62 Denn beim Adressaten wird mit der Beurteilung ein Bild über die tatsächlichen Eigenschaften des beurteilten Gegenstandes hervorgerufen sowie die Erwartung geweckt, daß die Wertung von den zugrundeliegenden Tatsachen her schlüssig und vertretbar sei. 63 Beim Warentest stehen Tatsachenbehauptung und das darauf gestützte Urteil in "untrennbarem Zusammenhang"64, geradezu in einer "funktionellen Verbundenheit"65, da die Tatsachenbehauptung dem Zweck der Bewertung dient und die Bewertung Motiv rur die Tatsachenbehauptung ist. 66 Für die meisten Konsumenten sind die von der Stiftung Warentest vergebenen Endnoten - "test-Qualitätsurteil" - von maßgeblicher Bedeutung. 67 Das 59 Vgl. nur Wenzel, Tatsachenbehauptungen, NJW 1968, S.2353 ff., 2355. 60 Schiemann in Erman, Rn.2 zu § 824; BGH vom 17.1l.l992, NJW 1993, S.930 ff., 931 sub II.2.a) bb); BGH vom 28.6.1994, ZIP 1994, S.1365 ff., 1366 mwN. 61 Kübler, Kritik, AcP 172 (1972), S.I77 ff., 199; Wenzel, Tatsachenbehauptungen, NJW 1968, S.2353 ff., 2354.

62 Allgmein: BGH vom 28.6.1994, ZIP 1994, S.1365 ff., 1366; Hawran, Öffentliche Gewerbekritik, Diss. Marburg 1982, S.119 mwN. Zum Warentest: Hefermehl, Warentest, GRUR 1962, S.616; E. Ulmer in: Ulmer u.a., Vergleichende Warentests, S.18. Das LG Bremen (Urteil vom 21.8.1986, WRP 1987, S.344 f., 345) behandelt Testurteile wegen ihrer zwingend logischen Subsumtion von Ergebnissen des Tests im offenen Diskurs zum BGH als Tatsachenbehauptungen.

63 BGH vom 28.6.1994, ZIP 1994, S.1365 ff., 1366. So auch flir Werturteile in Anlageprospekten: Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.2279; Schwark, Emissionsbank, ZGR 1983, S.162 ff., 171; vgl. auch das Zitat eines englischen Richters der Chancery Division [Smith v. Land and House Property Corporation, Law Reports, 28 Ch. D.7 (15)] bei Assmann, Mitverschulden, NJW 1982, S.I 083 ff., 1084. 64 Helle, Zulässigkeit, NJW 1962, S.II77 ff., 1178. 65 Deutsch, Anm. zu BGH vom 2.7.1963, VI ZR 251/62 (JZ 1963, S.509), JZ 1964, S.51O f., 511. 66 Deutsch a.a.O., S.511. 67 Vgl. hierzu schon LG Düsseldorfvom 29.5.1962 (BB 1962, S.935), das der Auffassung war, daß ohne eine Gesamtbeurteilung der Verbraucher gar nicht die Möglichkeit erhalte, sich ein endgültiges Bild über die getesteten Waren zu machen.

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

heißt jedoch nicht, daß die Testnutzer nicht auch durch Einzelbewertungen in die Irre geleitet werden können. Ist einem Testnutzer Z.B. die Sicherheit einer Ware wichtiger als deren Umweltverträglichkeit oder deren Handhabung, so wird er sich weniger vom Gesamturteil denn vom Einzelurteil für die Sicherheit des Produkts leiten lassen. Wäre beispielsweise die Sicherheitsnote "sehr gut" nur deshalb zustande gekommen, weil der Prüfer aus der Sicherheit des einen Produktes auf die Sicherheit eines ähnlich konstruierten anderen - aber weniger teureren - geschlossen hat, so würde der auf Sicherheit bedachte Konsument unter Umständen zum Kauf eines Produktes verleitet, das gerade die für ihn wesentlichen Sicherheitseigenschaften nicht aufweist. Da eine abweichende Bewertung in den Einzelkategorien nicht zu einer anderen Gesamtbeurteilung führen muß, kann mithin auch die auf einer fehlerhaften Tatsachenermittlung beruhende Einzelbewertung eine für die Konsumentscheidung wesentliche Fehlvorstellung beim Testnutzer hervorrufen. Unrichtig ist die Bewertung, wenn die der Bewertung zugrundegelegten Daten nicht der Wirklichkeit entsprechen. Ursächlich hierfür kann Z.B. sein, daß die Testinstrumente fehlerhafte Meßergebnisse ausweisen, sachunkundige Prüfer eingesetzt werden, den Prüfern Fehler beim Ablesen oder Übertragen der Daten unterlaufen oder die Testmethoden für die Ermittlung der Daten ungeeignet68 oder höchst zweifelhaft69 sind. Unvollständig ist die Tatsachenbasis der Bewertung, wenn der Tester Produkte nicht in den Test aufnimmt, obwohl sie die für die Auswahl der Prüfstükke bestimmten Voraussetzungen erfüllen.7 0 Gibt es keine sachlichen Gründe 68 So z.B. im Fall des LG Mannheim vom 30.3.1981 (abgedruckt bei Horn/Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Warentest, S.119 ff.): In diesem Fall hatte die beklagte Stiftung Warentest die Autobatterie der K1ägerin für den Test fehlerhaft kategorisiert mit der Folge, daß die nach DIN 72.311 vorgesehene Wartung während des Tests unterblieb. Siehe ferner Industriekurier v. 7.3. 1967, S.3, wo über die Anwendung einer fehlerhaften Methode durch die Stiftung Warentest zur Prüfung der elektrischen Sicherheit von Entsaftern und Waschmaschinen berichtet wird. Vgl. auch den Bericht von H.-I. Zierke (Tagesspiegel vom 29.12.1991, S.39) über einen Fahrradtest der Stiftung Warentest ("test" 4/91), in dem für das Merkmal "Dauerhaltbarkeit" von Fahrrädern nach Auffassung des Autors eine wenig brauchbare Methode angewandt wurde. 69 Aus der niederländischen Rechtsprechung stammt das Beispiel eines Zigarettentests, bei dem für die Ermittlung des Nikotin- und Teergehalts eine zweifelhafte Methode angewandt wurde: Urteil des Präsidenten der Arrondissements-Rechtsbank te'sGravenhage vom 22.6.1962, GRUR Int. 1962, S.511 ff. 70 Ausführlich hierzu schon Hefermehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 615 f.; Möhring, Werbung, MA 1962, S.967 ff., 976. Mit einschränkendem Ergebnis Bollack

HI. Ursachen der Irreführung durch Warentestinfonnationen

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wie etwa Baugleichheiten -, den Test solcher Produkte zu unterlassen, wird beim Testnutzer ein unvollständiges Bild über die am Markt erhältlichen Güter dieser Warengruppe erzeugt. Irreruhrungen können wohl nur dadurch vermieden werden, daß ein repräsentativer Querschnitt der Produkte und Dienstleistungen geprüft wird.1 1 Ob ein solcher Querschnitt dann erreicht ist, wenn die Testgüter 80% der Marktanteile innehaben,72 darf gerade unter dem Gesichtspunkt bezweifelt werden, daß damit tendenziell "kleinere" Anbieter aus dem Test herausfallen, obwohl ihr Güterangebot den qualitativen Durchschnitt der in den Test einbezogenen Produkte übertreffen kann. Die Tatsachenbasis kann ferner dann unvollständig sein, wenn der Warentester im Prüfverfahren die Erhebung von Daten in bezug auf Kriterien unter läßt, die für die Testnutzer von maßgeblicher Bedeutung sein können, ohne daß darauf im Testbericht hingewiesen wird. 73 So ist beispielsweise anzunehmen, daß die "Lebensdauer" eines Haushaltsgerätes ein wesentliches Kriterium für die rechtsgeschäftliche Entscheidung der Verbraucher sein kann.1 4 Wird dieses

(Problematik, MA 1963, S.319 ff., 327), der die deliktsrechtliche Zu lässigkeit der Warentests wegen der seiner Meinung nach bestehenden Unmöglichkeit einer repräsentativen Auswahl von Testobjekten bezweifelt. 71 So schon Spengler, Thesen, MA 1966, SA53 ff., 456; Hartig, Vergleichende Warentests, SAO.

72 Vgl. Spengler, Thesen, MA 1966, SA53 ff., 456. 73 Auf diese Gefahr wiesen bereits Hefennehl, (Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 616) und Scholten (Industrie und Warentest, 1964, S.23) nachdrücklich hin; ferner Möhring, Werbung, MA 1962, S.967 ff., 976. Siehe auch den Leserbriefvon Heinrich Brosthaus, "test" 5/91, S.95, in dem dieser sich darüber beklagt, daß für eine von der Stiftung Warentest empfohlene Einbauküche nach fünf Jahren keine Ersatzteile mehr zu bekommen seien. Da solche oder ähnliche Produkteigenschaften nicht Inhalt oder Gegenstand der Prüfungen sein können und sich die Stiftung Warentest auf Herstellerauskünfte verlassen muß, kann ihr das Fehlen solcher Angaben nicht vorgeworfen werden. Diese Infonnationen kann sich der Käufer einer Einbauküche aber auch ohne weiteres selbst beschaffen. Wird dem Käufer vom Hersteller oder Händler versichert, daß es für eine bestimmte Mindestzeit noch Ersatzteile oder Zubehör geben wird, so kann diese Zusage auch rechtlich vorteilhafte Konsequenzen für den Käufer haben. Denn für den Fall, daß die Zusage nicht eingehalten wird, stehen dem Käufer gegebenenfalls Ansprüche gegen den Händler oder Hersteller zu. Unter diesem Gesichtspunkt könnten Angaben der Stiftung Warentest sogar dazu führen, daß sich die testnutzenden Verbraucher selbst nicht mehr erkundigen und dadurch Rechtsnachteile erleiden. 74 Die Stiftung Warentest hat erstmalig in 1994 eine Lebensdauerprüfung in den Prüfungskatalog aufgenommen. Es handelte sich um einen Waschmaschinen-Test, vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1994, S.23.

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

Kriterium nicht zum Gegenstand des Tests gemacht, ohne daß dies mitgeteilt wird, könnte der Eindruck entstehen, daß sich die Testbeurteilung auch auf diesen Punkt bezieht. Im Zusammenhang hiermit steht auch das Problem, ob die Prüfung nur eines Stücks pro Marke genügt, um zuverlässig Auskunft über die Qualität der gesamten Produktserie geben zu können.7 5 Es besteht nämlich immer die Gefahr, daß der Tester einen "Ausreißer"76 der Serie in den Test einbezieht.7 7 Aus Sicht der Testnutzer ist dies vor allem dann nachteilig, wenn es sich um ein besonders gutes Stück handelt. Daß die Anbietervorinformation bei schlechten Testergebnissen zu Korrekturen führen kann, ist einleuchtend, bei unrichtigen positiven Daten wird sie nur selten helfen. Denn es ist nicht zu erwarten, daß Anbieter ihre Vorinformation über die Testergebnisse bei für sie günstigen Abweichungen von eigenen Meßwerten zum Protest nutzen werden.7 8

75 Zweifel daran haben insbesondere: Hefennehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 616; Keller, Warentest, Diss. Frankfurt a.M., 1966, S.46; Spengler, Thesen, MA 1966, S.453 ff., 457; Möhring, Werbung, MA 1962, S.976; Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.100 ff., mit der Begründung, daß es für den Verbraucher von Bedeutung sei, wie groß die Varianz innerhalb einer Produktserie sei (S.IOI); v. Richthofen, Zu lässigkeit, Diss. Köln 1963, S.61. A.A. für den Test von Markenartikeln: BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 335; Völp, Warentests, WRP 1963, S.I09 ff., 116. Unklar BGH vom 17.6.1997, NJW 1997, S.2593 ff.

76 Zur Begriffsbestimmung eines "Ausreißers", Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.101 in Fn.1. 77 Dies geschah bei einem Test von Bandschleifern ("test" 7/94), in dem ein Gerät der Marke B & D in einer Teilprüfung mit "mangelhaft" abschnitt, die Nachprüfung jedoch ergab, daß "zufriedenstellend" die korrekte Beurteilung gewesen wäre. Siehe "test" 8/94, S.12 unter "Test-Echo". 78 Ebenso W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff., 258. Er sieht diese Gefahr sogar trotz vorhandenen Austauschs der den Anbietem von der Stiftung Warentest gegebenen Vorabinfonnationen nicht beseitigt, weil mit einem Hinweis auf eine bevorstehende Zu-gut-Bewertung eines Produktes seitens der Konkurrenten mangels ausreichendem Wettbewerbsdrucks nicht zu rechnen sei.

III. Ursachen der Irreführung durch Warentestinformationen

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3. Fehlerhafter Bewertungsvorgang Fehlerhaft ist der Bewertungsvorgang, wenn unangemessene Bewertungsmaßstäbe angelegt werden, was sich sowohl zu Lasten 79 als auch zugunsten der getesteten Güter auswirken kann. Im Anzugtest-Fall 80 legte der Tester für Konfektionsanzüge Maßstäbe an, die nur für maßgeschneiderte Anzüge gelten konnten. Die dadurch zustandegekommenen Noten über die Nähqualität waren daher für den TestIeser mißverständlich, da dieser an Konfektionsanzüge geringere Maßstäbe anlegt als an Maßanzüge. 8I Kehrt man diesen Fall um, legt der Tester von Maßanzügen also Konfektionswarenmaßstäbe an, so ist evident, daß die Ergebnisse relativ zu gut ausfallen müssen. Erwirbt nun ein Testnutzer einen empfohlenen maßgeschneiderten Anzug, dessen Verarbeitungszustand den Maßstäben von Konfektionsware zwar entspricht, nicht jedoch denen von Maßware, so hat er ein schlechtes, weil zu teueres Geschäft getätigt. Die gleiche Irreführungsgefahr ist gegeben, wenn der Tester nicht den aktuellen Stand der Technik82 als Maßstab für die Sicherheits-, die Funktions- oder die technische Prüfung - etwa eines Haushaltsgerätes - heranzieht, sondern veraltete Standards zugrundelegt. Dies kann etwa dann vorkommen, wenn die Stiftung Warentest die Prüfung an DIN-Normen ausrichtet, diese jedoch neueren Erkenntnissen und technischen Möglichkeiten nicht (mehr) gerecht werden.8 3 Der Testnutzer wird im Hinblick auf die genannten Prüfungspunkte 79 Vgl. Industriekurier v. 7.3.1967: Stiftung Warentest hatte nach eigener Angabe eine DIN-Vorschrift zu eng ausgelegt und war so im "Normal-Benzin"-Test zu einer zu guten Bewertung einer Benzinmarke gelangt. 80 LG Düsseldorf vom 1.3.1962, BB 1962, S.317 f., 318 [= GRUR 1962, S.364 = WuW 1963, S.260). 81 Vgl. Hefermehl, Warentest, GRUR 1962, S.611 ff., 616, ordnet diesen Fall allerdings der fehlerhaften Ermittlung der Testergebnisse zu. Das ist nur dann richtig, wenn auch die Bewertungen zu den Ergebnissen gezählt werden. Differenziert man zwischen den ermittelten tatsächlichen Daten und dem Bewertungsvorgang, so sind unrealistische Maßstäbe ein Problem des letzteren. 82 Vgl. OLG Hamburg vom 13.2.1986, NJW-RR 1986, S.918 ff., 919, das in bezug auf Werbung mit alten Testurteilen zu Recht der Ansicht ist, der Verkehr erwarte, daß sich der Test auf der Höhe des Standes der Technik bewege. Hüttenrauch, Methodik, S.20, weist ausdrücklich daraufhin, daß sich stiftungseigene Maßstäbe, die über DIN-Normen hinausgehen, am Stand der Technik orientieren. Ebenso W. Brinkmann, Werbung, BB 1978, S.1285 ff., 1289. 83 Vgl. den gegenteiligen Fall: BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff. Die Stiftung Warentest hatte die Sicherheitprüfung für Komposthäcksler an strengeren Maßstäben orientiert, als es die damals geltende DIN-Norm vorsah. Der BGH sah in diesem strengen Testmaßstab keine Überschreitung des der Stiftung Wa-

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

davon ausgehen (dürfen), daß neueste Erkenntnisse eingesetzt werden, zum al die Stiftung Warentest laut Satzung dazu angehalten ist, ihre Tests nach wissenschaftlichen Methoden (§ 2 Abs.2 der Satzung) durchzuführen. Diese Satzungsvorgabe wie auch der Zweck der Verbraucherautklärung rechtfertigen es, generell nicht nur den Stand der Technik heranzuziehen, sondern weitergehend den Stand der Wissenschaft.8 4 Von der Satzung wird dieser Maßstab ausdrücklich für die Umweltverträglichkeitsprüfung in § 2 Abs.l der Satzung genannt. Es spricht jedoch nichts dagegen, auch die Sicherheits- oder Funktionsprüfung an den neuesten als "fundiert erkannte(n) wissenschaftlichen Erkenntnissen"85 auszurichten. Irreführend kann das Urteil im Test ferner sein, wenn der Tester wesentliche Daten aus Sicht des Testnutzers bei der Beurteilung nicht berücksichtigt, ohne dies offenzulegen. Werden Z.B. Unfallversicherungen nur danach beurteilt, welche Leistungen sie zu welcher Prämienlast für den Fall einer IOO%igen Invalidität erbringen, so sind Vergleich und Beurteilung zweifelhaft, weil die Leistungen bei geringeren Invaliditätsgraden unberücksichtigt bleiben, obwohl der Eintritt einer geringeren Invalidität für viele Versicherte der wahrscheinlichere Versicherungsfall ist.8 6 Lebens- und Genußmittel nur nach Geschmackskomponenten zu beurteilen, nicht aber nach ihrer chemischen Zusammensetzung, kann beim Testnutzer, dem dies nicht mitgeteilt wird, den fehlerhafte Eindruck erwecken, das Urteil stütze sich auch auf diese Eigenschaften der Produkte. 87 Hinsichtlich der Testmethoden wird die Auffassung vertreten, diese müßten "verbrauchergemäß" sein. Das bedeute, daß der Test "unter Beachtung der Bedienungs- und Gebrauchsanweisung" der Hersteller/ Anbieter zu erfolgen habe. 88 Dem kann nur eingeschränkt zugestimmt werden. Gebrauchs- und Bedienungsanleitungen selbst sind Teil des zu prüfenden Produkts. Sie zum Maßstab der Prüfung zu machen, ließe den Test fast überflüssig erscheinen. Richtig ist sicherlich, daß sich der Test der Produkte auch an den vom Herstelrentest eingeräumten Beurteilungsspielraums. Dazu Klette, Verbraucherinformation, WRP 1987, S.604 ff. 84 Zum Begriff und seiner Abgrenzung zum Stand der Technik, BVerfG vom 8.8.1978 (Kalkar), NJW 1979, S.359 ff., 362; Marburger, Technik, S.158 ff., 164 ff.; Lohse, Rechtsbegriff, S.67 ff.

85 So § 2 Abs.1 der Satzung der Stiftung Warentest vom 1.7.1985. 86 Vgl. den Leserbriefvon Klaus Wortmann in "FINANZtest" 1/95, S.7. 87 Vgl. Industriekurier v. 7.3.1967, S.3: Schaumwein-Test - Beurteilung ohne Rücksicht auf chemische Konsistenz der Testobjekte. 88 Hartig, Vergleichende Warentests, S.40.

III. Ursachen der Irreführung durch Warentestinfonnationen

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ler genannten Verwendungsmöglichkeiten orientieren sollte. Doch darüber hinaus muß sich ein Test beispielsweise auch mit den Gefahren eines naheliegenden anderweitigen Ge- oder Mißbrauchs der Ware auseinandersetzen. Das gilt vor allem dann, wenn die Gebrauchs- oder Bedienungshinweise insoweit keine Aussagen enthalten und das Produkt tUr solche Verbraucher bestimmt ist, die etwa aufgrund ihres Alters die Gebrauchsanleitungen des Herstellers regelmäßig nicht zur Kenntnis nehmen.8 9 Verbrauchergemäß muß demnach so verstanden werden, daß der Test an den Bedürfnissen der Produktverwender auszurichten ist. Die Anforderungen an die Verwenderfreundlichkeit einer Ware werden jedoch nicht vom Hersteller vorgegeben, sondern sind aus Sicht der Konsumenten durch die Stiftung Warentest zu bestimmen. Unschlüssig ist das Urteil der Warentester schließlich, wenn die Beurteilungsmaßstäbe nicht gleichmäßig auf alle Testobjekte angewandt werden. Die Bewertungsmaßstäbe, die sich die Stiftung selbst im Vorlauf eines Tests erarbeitet und im Testreport offenlegt,90 müssen einheitlich auf alle Testobjekte zur Anwendung kommen, um unlogische Schlüsse auf richtiger Tatsachenbasis zu vermeiden.

4. Behauptung der Neutralität

Eine falsche Tatsachenbehauptung liegt auch dann vor, wenn der Test als von einer neutralen Einrichtung stammend publiziert wird, obwohl er unter Einflußnahme von Anbietern, deren Produkte im Test bewertet wurden, durchgetUhrt wurde. 91 Ein solcher Test erweckt beim Testnutzer den Eindruck der Objektivität des Testers, die in Wahrheit mangels Unabhängigkeit nicht vorhanden war. Daß derartige Waren-/Dienstleistungsvergleiche nach wettbewerbsrechtlichen Maßgaben unzulässig sind,92 spielt tUr die Frage der Haftung gegenüber Testnutzern solange keine Rolle, wie die im Test enthaltenen Tatsachenerklärungen und Bewertungen der Ware inhaltlich richtig und vertretbar 89 Die Stiftung Warentest bezieht die Bedienungs- und Gebrauchsanweisungen zu Recht in ihre Produktbeurteilungen ein. Vgl. nur Mini-CD-Player-Test in "test" 7/93, S.23. 90 Siehe oben S.30. 91 Siehe hierzu insbesondere OLG Hamm vom 13.12.1979 (WRP 1980, S.281 f.): In diesem Fall eines Warentests stand der Herausgeber der den Test veranstaltenden Zeitschrift mit dem klagenden Hersteller zugleich in einem Wettbewerbsverhältnis. Dies veranlaßte das OLG, dem Kläger einen Abwehranspruch aus § 1 UWG gegen die Untersuchung seiner Waren zu gewähren. 92 Allgemeine Meinung: statt vieler Baumbach/Hefennehl, Rnm.407 ff., 408/409 zu § I UWG; OLG Koblenz vom 18.4.1988, NJW -RR 1989, S.166 f., 166.

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

sind. 93 Denn dann besteht die Gefahr der Irreftihrung der Testnutzer im Hinblick auf eine konkrete Konsumentscheidung nicht. Lediglich deren Vertrauen in die Glaubwürdigkeit des Testers mag "zu groß" gewesen sein.

IV. Die Gefahren f"ür die allgemeinen Vermögensinteressen und die sonstigen Rechtsgüter der Verbraucher "Information ist ein geflihrliches Gut."94 Diese Aussage gilt insbesondere ftir den Bereich des rechtsgeschäftlichen Verkehrs, wo die Teilnehmer sich vielfach auf fremde, durch sie selbst nicht überprüfbare Informationen verlassen müssen. Die Gefahren, die sich aufgrund fehlerhafter Testberichte ftir die Schutzpositionen der Verbraucher ergeben, betreffen sowohl das Vermögen als solches als auch die Rechts- und Lebensgüter im Sinne des § 823 Abs.l BGB. Die mit der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest verbundenen Risiken ftir die einzelnen Testnutzer unterscheiden sich von den sonstigen mit einer falschen Auskunft im rechtsgeschäftlichen Verkehr verbundenen Gefahren nicht. Wer sich auf eine Testauskunft verläßt und entsprechend rechtsgeschäftlich disponiert, erleidet eine Vermögenseinbuße, wenn die Gegenleistung (ftir ihn) nicht den erwarteten Nutzen bringt. Nicht nur, daß der Auskunftnehmer das investierte Kapital nicht mehr zur Verftigung hat, auch die Aufwendungen ftir den Erwerb der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung - hierzu zählen natürlich auch die Kosten der Informationsbeschaffung - erscheinen nutzlos. Anhand einiger Bespiele soll dies verdeutlicht werden: Aufgrund eines "test"-Qualitätsurteils "gut" erwarb ein Testnutzer eine Kamera der Marke M. Nach achtmonatiger Gebrauchszeit öffnete sich die Objektivschutzvorrichtung nicht mehr, so daß der Film nicht belichtet werden konnte. Trotz Reparatur versagte die Kamera nach kurzer Zeit wegen dieses Defektes wieder ihren Dienst. Es stellte sich heraus, daß es sich um einen Konstruktionsfehler handelte, der aufgrund der zu geringen Zahl an Belichtungsvorgängen im Testverfahren nicht offensichtlich werden konnte. 95 In diesem Fall erhält der Testnutzer seinen Kaufpreis nicht von dem Verkäufer der Ware zurück, weil die Gewährleistungsansprüche gemäß § 477 verjährt sind. Auch gegen den 93 Vgl. Ahrens, Wettbewerbshandlungen, WRP 1977, S.14 ff., 15. 94 lost, Beratungshaftung, S.226. 95 Einem unveröffentlichten Leserbrief nachgebildet, den der Verf. mit Zustimmung der Stiftung Warentest einsehen konnte. Der Brief nimmt Bezug auf den Kamera-Test in "test" 12/89. Vgl. den Leserbrief von Willi Kaspar in "test" 2/95, S.113, der die Darstellung eines ähnlichen Falles mit Bezug auf einen Kamera-Test aus 1992 enthält.

IV. Die Gefahren für die allgemeinen Vermögensinteressen

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Hersteller des Produkts stehen dem Käufer insoweit regelmäßig keine Ansprüche zu. 96 Die Untauglichkeit eines Produktes kann zusätzlich bewirken, daß sich nicht nur die Investition des Kaufpreises als nutzlos erweist, sondern darüber hinaus auch die Aufwendungen, die zum Erwerb oder zur Ingebrauchnahme einer Ware erforderlich sind. Erwirbt ein Testnutzer beispielsweise aufgrund der "guten" Beurteilung im "test"-Sonderheft "Energie" einen Durchlauferhitzer der empfohlenen Marke und läßt er dieses Gerät von einem Klempner installieren, so stellen sich auch diese Installationskosten als nutzlos dar, wenn das Gerät schon wenige Monate nach der Installation wegen eines Elekronikdefekts nicht mehr funktioniert. Ist der Fehler des Gerätes kein Einzelfall und ist etwa die Elektronik nicht gesondert lieferbar, so stellt sich auch im Hinblick auf die Installationskosten die Frage nach der Haftung der Stiftung Warentest, wenn die Elektronik des Gerätes im Testverfahren keiner näheren Überprüfung unterzogen wurde. 97 In Fällen, in denen das Produkt die Erwartungen des Testnutzers nur teilweise erfiillt, könnte ihm unter Umständen daran gelegen sein, wenigstens einen Teil des aus seiner Sicht zu hohen Entgeltes von der Stiftung Warentest ersetzt zu bekommen. Diese Frage stellt sich Z.B. bei dem schon oben erwähnten Blutzuckermeßgerät-BeispieI98 : Dem testnutzenden Käufer eines solchen Meßgerätes stehen dann keine Gewährleistungsansprüche gegen seinen Verkäufer zu, wenn die Datenabrufkapazität von 125 Meßwerten, die der Testnutzer aufgrund des Testberichts vorausgesetzt hatte, nicht zum Inhalt des Kaufvertrages gemacht wurde. Damit fehlt es an der fiir Gewährleistungsansprüche notwendigen Mangelhaftigkeit des Meßgeräts. In diesem Fall kann dem Käufer daran gelegen sein, den von ihm im Vergleich mit einem Meßgerät mit zehn abrutbaren Werten zuviel aufgewandten Geldbetrag von der Stiftung Warentest ersetzt zu bekommen. In vielen denkbaren Konstellationen bezieht sich die fehlerhafte Darstellung nicht zugleich auf einen Mangel der erworbenen Sache oder den Inhalt einer in Anspruch genommenen Leistung. Gerade in solchen Fällen wie dem letztgenannten ist es für den Testnutzer von erheblicher Bedeutung, ob er sich wegen einer irreführenden Information an den am Rechtsgeschäft selbst nicht bete i-

96 Vom Ausnahmefall einer Herstellergarantie soll hier abgesehen werden. Vgl. dazu noch unten S.271. 97 Der Fall ist einem unveröffentlichten Leserbrief nachgebildet, der auf das TestSonderheft "Warmwasseraufbereitung" aus 1987, S.33 ff., Bezug nimmt. 98 Siehe oben S.61. 6 Boccken

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2.Teil: Zu den Ursachen fehlerhafter Warentests

ligten dritten Infonnationsgeber halten kann, in diesem Fall also an die Stiftung Warentest. Auch bei Testberichten über Dienstleistungen kann es zu einer zu positiven und irreführenden Darstellung kommen, wie folgendes Beispiel verdeutlichen soll: In einem Vergleich über Versicherungstarife von Anbietern privater Krankenversicherungen wird fälschlicherweise mitgeteilt, daß einzelne Anbieter auch die Kosten einer "anthroposophischen Behandlung" ersetzen. Ein Verbraucher, der sich auch deswegen entschließt, bei einem dieser Anbieter eine Krankenversicherung zu nehmen, hat eine für seinen Bedarf ungünstige Entscheidung getroffen, wenn der Vertrag nicht den Ersatz der Kosten einer in Anspruch genommenen stationären anthroposophischen Behandlung umfaßt. 99 Auch in einem solchen Fall läßt sich darüber streiten, ob nicht die Stiftung Warentest zumindest einen Teil der Krankenkosten tragen sollte, die dem Testnutzer nicht von dem Versicherer ersetzt werden. Sicherlich hätte sich der Versicherungsnehmer selbst über den Leistungsumfang des angebotenen Tarifes durch Studium der Versicherungsbedingungen infonnieren können. Doch gleiches könnte in einem solchen Fall von den Mitarbeitern der Stiftung Warentest erwartet werden. Schließlich kann es aufgrund von fehlerhaften Warentestberichten auch zu einer Beeinträchtigung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs.l BGB kommen. Bei einem klassischen Warentest sind Einbußen an absolut geschützten Rechtsgütern möglich, wenn ein empfohlenes Produkt Sicherheitsmängel aufweist, diese Mängel aber im Testverfahren nicht erkannt werden. Beispielsweise kann es bei einem Autoreifen-Test lOO vorkommen, daß aufgrund unsachgemäßer Druckprüfung ein Materialfehler eines mit der besten Note bewerteten Reifens nicht erkannt wird. Der Erwerb und die Verwendung solcher Autoreifen aufgrund der Testinfonnation begründen ein erhöhtes Unfallrisiko mit Gefahren für Leben, Leib und Eigentum - und das nicht nur für den testnutzenden Verwender selbst. Ähnlich liegt der Fall, wenn ein Elternpaar wegen des Qualitätsurteils "gut" der Stiftung Warentest einen Kinderhochstuhl kauft, dessen Konstruktion und Verarbeitung insbesondere Mängel in der Standsicherheit hervorrufen und dazu fuhren, daß ein kleines Kind mit dem Stuhl umkippt und sich verletzt. 101 Stellt sich heraus, daß dieser Mangel im Test etwa deswegen nicht entdeckt wurde, weil ein besonders gut verarbeitetes 99 Dieses Beispiel ist dem Leserbrief von S. Dickhoven nachgebildet, "test" 12/95, S.112. 100 Vgl. die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.6.1981, BB 1982, S.62 ff. m. Anm. Lachmann. In diesem Fall wehrte sich ein Reifenhersteller erfolgreich gegen eine Testaussage des ADAC, die getesteten Reifen stellten ein "Sicherheitsrisiko" dar. 101 Vgl. Leserbriefvon Thorsten Walinski, "test" 6/91, S.94.

IV. Die Gefahren für die allgemeinen Vermögensinteressen

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Stück der empfohlenen Marke getestet wurde, so hat die Stiftung Warentest durch ihre Empfehlung zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung des Kindes beigetragen. In solchen Fällen wird zwar regelmäßig zugleich eine Haftung des Herstellers begründet sein. Doch ändert die Herstellerhaftung nichts daran, daß auch die Stiftung Warentest in einem solchen Fall zur konkreten Rechtsgutsbeeinträchtigung beigetragen hat, wenn die Kaufentscheidung des Testnutzers durch die fehlerhafte Sicherheitsinformation im Testbericht beeinflußt worden ist.' 02 Beim vergleichenden Dienstleistungstest können Integritätsschäden nur dort auftreten, wo es um Dienstleistungen geht, die sich auf die Rechtsgüter des § 823 Abs.l BGB beziehen. Zu denken ist hier z.B. an Autoreparaturwerkstätten. Nicht in diese Kategorie fallen selbstverständlich alle Dienstleistungsvergleiche, deren Gegenstand die bloße Vermögensberatung ist. Integritätseinbußen der Konsumenten im Sinne des § 823 Abs.l BGB infolge eines reinen Preisvergleichs unter konkurrierenden Anbietern eines Produkts sind nicht denkbar. Eine unrichtige Aussage dahingehend, daß ein Anbieter billigere Angebote bereithalte als ein anderer, kann allenfalls zu einem reinen Vermögensnachteil bei den auf die Aussage vertrauenden Verbrauchern führen.

'02 Zur Haftung der Stiftung Warentest in derartigen Fällen unten 5.Teil, S.303 ff. 6*

Dritter Teil

Die Haftung der Stiftung Warentest f"ür reine Vermögensschäden infolge fehlerhafter Warentestinformationen I. Die Grundlagen der Informationshaftung Die Haftung rur fehlerhafte Ratschläge und Empfehlungen - darunter fallen nach allgemeiner Ansicht auch Auskünfte) - ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 676 BGB nicht in Form einer Anspruchsnorm, sondern in einem "negativen Rechtssatz" geregelt worden. 2 Danach kommt eine Haftung für erteilte Informationen entweder auf der Grundlage eines Vertrages oder wegen einer in der Information liegenden unerlaubten Handlung in Betracht, was nicht mehr als die Beschreibung einer Selbstverständlichkeit darstellt. 3 Schon im Gesetzgebungsverfahren zum BGB wurden die § 676 BGB entsprechenden Regelungen des I. und 2.Entwurfs des BGB gerade im Hinblick auf die Haftung rur primäre Vermögensschäden als Schnittpunkte vertraglicher und deliktischer Tatbestände begriffen,4 wie die Erörterungen um die Plazie) Vgl. schon Mot.II, S.554 = Mugdan II, S.31O. Aus dem neueren Schrifttum nur: Ehmann in Erman, Rn. I zu § 676; Thomas in Palandt, Rn.1 zu § 676. Aus dem älteren Schrifttum: Brunswig, Haftung des Rathgebers, ZHR 65 (1905), S.77 ff., 79; Schmitt, Auskunftei, ZHR 70 (1911), S.266 ff., 273; Sefrin, Auskunftserteilung, 1929, S.5. A.A.: Potthast, Vertragliche Haftung, Diss. Köln 1935, S.I. 2 Prot.lI, S.2341 S.1 ABGB (1811).

= Mugdan 11, S.959. Anders zum Beispiel in Österreich mit § 1300

Ursprünglich hatte § 604 I.Entwurf folgenden Wortlaut: "Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, haftet flir den Ersatz des dem Anderen aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstandenen Schadens nur dann, wenn er arglistig gehandelt hat, sofern nicht aus einem Vertragsverhältnisse oder aus einer Amtspflicht eine weiter gehende Haftung sich ergiebt." Zu den Regelungen in den Partikularrechten ausflihrIich Jost, Beratungshaftung, S.27 ff. 3 So schon Leonhard, Bes. SchR 11, § 133, S.256. 4 Jost, Beratungshaftung, S.39.

I. Die Grundlagen der lnfonnationshaftung

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rung und Reichweite der Regelungen (§ 604 l.Entwurf [1887] = § 607 2.Entwurf [1895]) beweisen. 5 Die erste Kommission hielt aber schon eine Haftung für fahrlässig falschen Rat für möglich, wenn "Rath und Empfehlung kraft Gewerbes oder Berufes" erteilt wird. Diese Tatbestände wurden - wie die entgeltliche Auskunftserteilung - der Haftung aus Vertrag zugeordnet. 6 Die zweite Kommission wollte sicherstellen, daß allein im bloßen "Geben und Annehmen eines Rates oder einer Empfehlung"7 kein Vertragsschluß zu sehen ist.8 Deshalb sollte das Arglisterfordemis der ursprünglichen Regelung im Wortlaut beibehalten werden. 9 Weshalb dies letztlich nicht geschah, läßt sich den Beratungen des Gesetzes nicht entnehmen. 10 Wenn vertreten wird, die Regelung des § 676 BGB schließe die Anwendung anderer Anspruchsgrundlagen als Vertrag und Delikt nicht aus,11 so ist dieser Schluß dem Wortlaut sowie den Beratungen des Gesetzes kaum zu entnehmen. 12 Die Fahrlässigkeitshaftung für Vermögensschäden infolge Rat und 5 Die Mehrheit in der zweiten Kommission wollte die im Auftragsrecht als Anspruchsgrundlage bei vorsätzlich falscher Auskunft fonnulierte Regelung (§ 604 I.Entwurf) zunächst im Recht der unerlaubten Handlungen unterbringen, inbesondere zur Abgrenzung von der sittenwidrigen Schädigung (§ 705 l.Entwurt), welche damals noch kein Vorsatzerfordernis aufwies [Prot.II, S.2341 = Mugdan II, S.959]. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß § 705 l.Entwurf (= § 749 2.Entwurf = § 826 BGB) für den Bereich der Ratschläge zu begrenzen sei. Während der Beratungen des Abschnitts über die unerlaubten Handlungen wurde dann aber nach Einfügung des Vorsatzmerkmals bei der sittenwidrigen Schädigung die Regelung über die Erteilung falscher Ratschläge wieder in das Auftragsrecht eingeordnet, weil sie ihre KlarsteIlungsfunktion im Hinblick auf das Vorsatzerfordernis bei der sittenwidrigen Schädigung durch Ratschläge verloren habe [Prot.Il, S.2902 = Mugdan II, S.959]. Auf eine Regelung der Haftung für fehlerhafte Ratschläge wollte man aber nicht verzichten, weil sie "von einer verbreiteten Ansicht darauf gegründet (werde), daß derjenige, welcher sich zur Ertheilung eines Rathes herbeilasse, sich durch stillschweigenden Vertrag zur Anwendung ordentlicher Sorgfalt bei der Rathsertheilung verpflichte" [Prot.II, S.2902/2903 = Mugdan II, S.960]. Die zweite Kommission meinte, diesem Ansatz durch die Beibehaltung des Dolusmerkmals den Boden entziehen zu können. 6 MoUI, S.555

=

Mugdan II, S.31 O.

7 Prot.II, S.2342

=

Mugdan II, S.959.

8 Prot.II, S.2903

=

Mugdan, Bd.II, S.960.

9 Prot.II, S.2903 = Mugdan, Bd.II, S.960.

10 Vgl. Bohrer, Dispositionsgarant, S.20 f. 11 Bohrer a.a.O., S.21; Wiegand, Sachwalterhaftung, S.169 ff., 173. 12 Wiegand (Sachwalterhaftung, S.171) versteht § 676 vom Wortlaut her nicht im Sinne einer Ausschließlichkeitsnonn, die die Haftung auf Vertrag oder Delikt beschränken soll.

86

3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

Empfehlung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers - dies ergeben die Motive wie die Protokolle unzweideutig - eingeschränkt bleiben. Die Beschränkung gründete sich auf die Erkenntnis, daß die Erteilung von Rat und Empfehlung in der Regel eine Gefiilligkeit darstelle, die rechtlich nicht zu sanktionieren sei. 13 Schon 1861 hatte Jhering der Befürchtung Ausdruck verliehen, daß die Haftung für jede Fahrlässigkeit in der Kommunikation "zu einer wahren Geißel des Umgangs und Verkehrs" werde, mit der Folge, daß "alle Unbefangenheit der Conversation" verloren wäre und "das harmloseste Wort [... ] zum Strick!" würde.!4 Das umfangreiche Rechtsprechungsmaterial!5 zur Haftung fur falsche Information aus culpa in contrahendo, aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung!6 oder nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter!7 belegt, daß heute die in § 676 BGB fixierte Zweispurigkeit der Anspruchsgrundlagen kein Hindernis mehr für die Begründung einer Auskunftshaftung im quasi-vertraglichen Bereich darstellt.!8 Schon während der Beratungen der zweiten Kommission stützie das Reichsgericht im Jahre 1891 einen Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Auskunft auf ein Vertrauensverhältnis zwischen Ratsuchendem und Ratgeber, das sich nach Ansicht des Gerichts aus der bestehenden Geschäftsverbindung der Parteien ergab. 19 Dabei wurde ausdrücklich festgehalten, daß der Auskunftgeber keine Pflicht gehabt habe, die Auskunft zu erteilen. Tue er dies jedoch, so unterwerfe er sich der vertraglichen Haftung für deren Richtigkeit;20 denn "Vorgänge, die unter Fremden an sich indifferent sein würden, werden (zwischen Geschäftsfreunden) wie Rechtsgeschäfte bzw. als solche behandelt"21. Die bestehende Ge-

13 Mot.Il, S.554 = Mugdan H, S.310; Prot.II, S.2341

=

Mugdan H, S.959.

14 Jhering, Culpa in contrahendo, S.12. 15 Vgl. vor allem die Nachweise oben 2.Teil in Fn.35 ff. 16 Siehe den Überblick über die Rechtsprechung bis 1984 bei Hopt, Rechtsfragen,

S.94 ff.; ferner den Überblick über die neuere Rechtsprechung bei v. Stebut, Aufklärungspflichten, ZIP 1992, S.1698 ff.; Wolf, Prospekthaftung, NJW 1994, S.24 ff.

17 So wieder BGH vom 10.11.1994, NJW 1995, S.392 ff. [= ZIP 1994, S.1954 = JZ 1995, S.306 mit krit. Anm. Medicus). 18 Im Ergebnis ebenso Wiegand, Sachwalterhaftung, S.173. 19 RG vom 31.1.1891, RGZ 27, S.118 ff., 121. Vgl. aber auch schon RG vom 18.4.1885, SeuffArch. Bd.4l, Nr.IOO (S.155); RG vom 15.6.1887, RGZ 19,97 ff., 101. 20 RG a.a.O., S.122.

21 RG a.a.O., S.122.

I. Die Grundlagen der Infonnationshaftung

87

schäftsbeziehung ersetzte nach Meinung des Reichsgerichts das Fehlen eines Entgeltes, wie es §§ 220, 221 ALR l.TeilI3.Titel voraussetzten. 22 Die Rechtsprechung des Reichsgericht zur Haftung tUr fehlerhafte Auskünfte erfuhr nach Inkrafttreten des § 676 BGB keinen Einschnitt. 23 Das Reichsgericht war weiter bemüht, die gefiilligkeitshalber erteilte Auskunft abzugrenzen von jener, auf die der Adressat vertrauen darf und in seinem Vertrauen den Schutz der Rechtsordnung findet, weil datUr "ein Rechtsschutzbedürfnis" bestehe, "und zwar auch dann, wenn zwischen dem Anfragenden [ ... ] und dem befragten Verpflichteten bis dahin ein vertragliches Band nicht gegeben war"24. § 676 BGB vermochte die Rechtspraxis nicht zu ändern und sollte dies auch nicht, wie sich schon aus der Auffassung der ersten Kommission ergibt, wonach die Vorschrift "im Wesentlichen in Uebereinstimmung mit dem richtig verstandenen röm. und gemeinen Rechte und den bezüglichen Bestimmungen der modemen Kodifikationen" stehe. 25 Die strikte Zweispurigkeit der in § 676 BGB genannten Haftungsgrundlagen läßt sich nur aus dem Verständnis der Zeit heraus nachvollziehen. 26 Haftungsgrundlagen "zwischen" Vertrag und Delikt waren den Verfassern des BGB (noch) nicht bekannt. 27 Insbesondere bei der culpa in contrahendo wurde bis in die 20er Jahre die verpflichtende Kraft noch in dem angestrebten und wirksamen Vertrag28 oder in einem ge-

22 RG a.a.O., S.122. 23 Vgl. RG vom 27.10.1902, RGZ 52, S.365 ff.; RG vom 26.4.1907, JW 1907, S.363 Nr.ll; RG vom 7.11.1916, JW 1917, S.IOI; RG vom 9.2.1921, RGZ 101, S.297 ff.

24 RG vom 9.2.1921, RGZ 101, S.297 ff., 30\. 25 Mot.1, S.554 = Mugdan 11, S.31 O. 26 Lammel (Auskunftshaftung, AcP 179 (1979), S.337, 351) wirft den Gesetzesverfassern vor, zu sehr den naturrechtlichen Vorstellungen unterlegen gewesen zu sein, um die Haftung kraft Berufsstellung, die es auch im römischen Recht mit der mensorischen Klage (Mensor = Feldmesser) schon gegeben habe, zu abstrahieren und auf die modeme Zeit zu übertragen.

27 Vgl. Thiele, Leistungsstörung, JZ 1967, S.649 ff., 649. 28 Siehe z.B. Leonhard, Verschulden, S.42, 58; ders. (Bes. SchR 11, § 133, S.256), der noch 1931 nur Vertrag und Delikt als Verptlichtungsgründe anerkannte. Für Fälle, in denen ein Vertrag zustandekommt und wirksam ist, vertrat Fikentscher (SchR 7, § 20 I, S.65), die verpflichtende Kraft für vorvertragliche Ptlichten könne dem Vertrag entnommen werden. Bei Fikentscher (SchR8) finden sich diese Ausführungen nicht mehr. v. Tuhr bezeichnete die Pflichten im Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen schon als gesetzliche: vgl. AT Band II11 (1914, Nachdruck 1957), § 62 VI, S.490; ders., Schadensersatz, AcP 121 (1923), S.36\.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest flir reine Vennögensschäden

sonderten stillschweigend geschlossenen vorbereitenden Vertrag29 , später immer noch in einem eigenständigen rechtsgeschäftlichen Verhalten30 oder einem "faktischen Vertrag,,31 gesehen. Weil diese Dogmatik heute überwunden ist,32 gilt es, die Haftung der Stiftung Warentest für Auskunft und Rat auch unter dem Gesichtspunkt einer schuldrechtlichen Sonderbeziehung kraft objektiven Rechts zu betrachten, sofern sich erweisen sollte, daß vertragliche Haftungsgrundlagen nicht oder nur für bestimmte Formen des Auskunftskontakts zur Verfügung stehen. Die Kontakte der Verbraucher mit den Informationen der Stiftung kommen in sehr unterschiedlicher Weise und Intensität zustande. Sie reichen vom Erwerb der Zeitschriften unmittelbar bei der Stiftung Warentest über den Erwerb im Zeitschriftenhandel bis hin zur reinen Mitleserschaft und dem Kontakt aufgrund der anbieter-/und händlereigenen Werbung mit den Testergebnissen. 33 Nun wäre es ein Einfaches, mit Rücksicht auf § 676 BGB zu vertreten, eine Haftung der Stiftung Warentest sei bei allen Testnutzern, die nicht in einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zu ihr stehen, ausgeschlossen,34 soweit nicht eine deliktische Anpruchsgrundlage zur Verfügung stehe. Auf den Punkt gebracht hieße das, daß für reine Vermögensschäden bei Testnutzern aufgrund irreführender Testberichte eine Verantwortlichkeit nur dann zu bejahen wäre, 29 Siber, Vertragsfreiheit, JhJb. Bd.70 (1921, Nachdruck 1968), S.223 ff., 258 ff. 30 Heinrich Stoll (Verhalten, LZ 1923, Sp.540/541) hat erstmals Schutzpflichten als vom Vertragsschluß unabhängig beschrieben. Er stützte sie jedoch auf ein einseitiges Rechtsgeschäft, das durch die Offerte oder die Einladung zu Verhandlungen zustandekomme (a.a.O., Sp.543/544). Erst später (Leistungsstörungen, 1936, S.26/27) hat er zur Begründung auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Verhandlungspartnem abgestellt. Siehe auch Heck (Grundriß, 1929, § 41, 4 a.E., S.124), der von einem "pactum de tractando" spricht. Noch Ballerstedt (AcP 151 (1950/51), S.507) hielt das vorvertragliche Schuldverhältnis flir ein rechtsgeschäftlich begründetes, welches aber nicht "auf der Verpflichtung durch bindende Willenserklärung beruht".

31 Sich auf Siber stützend vertrat Haupt (Vertragsverhältnisse, FS f. Siber, 1943, S.IO, 11), im Vorbereitungsstadium eines Vertrages bestehe ein "faktisches Vertragsverhältnis" allein aufgrund des besonderen sozialen Kontakts. 32 Als gesetzliches Schuldverhältnis wurde die culpa in contrahendo vom BGH erstmals in der Entscheidung vom 20.6.1952 (BGHZ 6, S.330 ff., 333) bezeichnet. Heute ist dies unbestritten: vgl. nur Heinrichs in Palandt, Rn.65 zu § 276. Zur dogmatischen Entwicklung der culpa in contrahendo siehe ausflihrlich Bohrer, Dispositionsgarant, S.97 ff. 33 Vgl. oben S.35 ff. 34 Diese Ansicht vertritt Gaede (Kreditauskünfte, NJW 1972, S.926 ff., 930) bei Bankauskünften an Nichtkunden der auskunftgebenden Bank.

I. Die Grundlagen der Infonnationshaftung

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wenn die Richtigkeit der Testinfonnation vertraglich geschuldet würde oder in der Erteilung der fehlerhaften Auskunft eine unerlaubte Handlung zu sehen wäre. Die Haftpflicht fUr (fahrlässig) fehlerhaften Rat außerhalb von klassischen Geschäftsbesorgungsverträgen35 wird heute fUr weite Bereiche der beruflichen/gewerblichen Vennittlung von Infonnationen grundsätzlich fUr notwendig erachtet. 36 Die dogmatische Konstruktion der Auskunftshaftung - ihre tatbestandlichen Voraussetzungen und der Umfang der Ersatzpflicht ebenso ist äußerst umstritten. 37 Die verschiedenen Positionen reichen von einer nur an § 676 BGB orientierten vertraglichen Lösung38 über eine vertragsähnliche, zumeist auf dem Vertrauensgedanken basierenden gesetzlichen Haftung39 bis hin zur Einordnung der Auskunftshaftung in das Deliktsrecht. 40 Im folgenden wird dargelegt, daß sich eine Haftung der Stiftung Warentest fUr reine Vennögensschäden infolge (fahrlässig) fehlerhafter Testinfonnationen nur auf eine quasi-vertragliche Grundlage stützen läßt. Denn weder mittels des Wettbewerbs- und Deliktsrechts noch mittels des Vertragsrechts können überzeugende Lösungen dieser Haftungsfrage entwickelt werden.

35 Dazu zählen insbesondere die Mandatsverhältnisse zu Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. 36 Vgl. Esser/Weyers, SchR-BT, § 35 13 c, S.314. 37 Hierzu Jost, Beratungshaftung, S.79 ff. 38 So die von der Rechtsprechung bevorzugte Lösung bei vertraglich nicht geschuldeten Auskünften. Die Haftung wird aus einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag hergeleitet: grundlegend BGH vom 29.10.1952, BGHZ 7, S.371 ff.; aus jüngerer Zeit BGH vom 13.2.1992, NJW 1992, S.2080 ff. So auch neuerdings Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.203 ff. Dazu näher unten S.1 05 ff. 39 So z.B. Canaris, Vertrauenshaftung, S.539; Jost, Beratungshaftung, S.265; Lammel, Auskunftshaftung, AcP 179 (1979), S.337 ff., 365; Lorenz, Vennögensschäden, FS f. Larenz (1973), S.575 ff., 618/619. 40 So v. Bar, Verkehrspflichten, S.236; Konrad Huber, Verkehrspflichten, FS f. v. Caemmerer, 1978, S.359 ff., 385; G. Hernnann, Zum Nachteil, Diss. Köln 1976, S.153; Mertens, Deliktsrecht, AcP 178 (1978), S.227 ff., 232; Esser/Schmidt, SehR-AT, § 4 11, S.73. Für die Prospekthaftung als Auskunftshaftung vertritt dies Assmann, Prospekthaftung, S.252 ff. Für einen Überblick über die verschiedenen Ansätze vgl. Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

11. Die Unanwendbarkeit des Wettbewerbsrechts Warentests sind geeignet, den Wettbewerb zu beeinflussen. Soweit sie jedoch in neutraler Form und unabhängig von den Interessen der anbietenden Wirtschaft durchgefiihrt und publiziert werden, unterfallen sie nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), weil die Veröffentlichung von Warentestergebnissen keine Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs darstellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH liegt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor, wenn das Verhalten geeignet ist, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern, und wenn der Handelnde subjektiv in dieser Absicht tätig geworden ist, sofern diese Intention nicht völlig hinter andere Motive zurUcktritt. 41 Der Publikation von neutralen Warentestergebnissen fehlt die notwendige subjektive Komponente der Wettbewerbsförderungsabsicht im Interesse einzelner Wettbewerbsteilnehmer zu Lasten anderer. Der Zweck, das wettbewerb liehe System durch Schaffung von Markttransparenz insgesamt zu fördern, genügt nicht, um neutrale Testveröffentlichungen nach Maßgabe des UWG zu beurteilen. Denn die Zwecke der Verbraucheraufklärung und der Schaffung von Markttransparenz stehen derart im Vordergrund, daß von einer Absicht, einzelne Wettbewerber zu Lasten anderer zu begünstigen, nicht gesprochen werden kann. In bezug auf die Tests der Stiftung Warentest ist dies im neueren Schrifttum und in der Rechtsprechung weitestgehend unbestritten. 42 Schon aus diesem Grund 41 BGH vom \3.2.1992, NJW 1992, S.2231 ff., 2232 mwN [= WM 1992, S.1127 = GRUR 1992, S.450 = WRP 1992, S.380]. 42 Ganz h.M.: erstmalig BGH vom 11.1.1966 (Warentest I), GRUR 1966, S.386 ff., 389; für die Stiftung Warentest nur noch beiläufig BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, 325 ff., 328; BGH vom 21.2.1989, NJW 1989, S.1923 f., 1923. Vgl. aus dem Schrifttum statt vieler: Ahrens, Wettbewerbshandlung, WRP 1977, S.14 ff., S.14; BaumbachlHefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.404 zu § 1 UWG mwN. Hefermehl regt jedoch an, darüber nachzudenken, auch die Handlungen solcher Personen, die auf dem Markt ohne Wettbewerbsabsicht tätig werden, nach dem Wettbewerbsrecht zu beurteilen, weil sich das Wettbewerbsrecht zu einem Marktverhaltensrecht entwickelt habe (Rn.57 Einl. UWG). AA: Schulze zur Wiesche, Anm. zu BGH vom 20.3.1981, I ZR 10/79 (GRUR 1981, S.658 ff.), GRUR 1981, S.661 ff., 662. Schulze zur Wiesche bedauert insbesondere, daß Verbraucherverbände im Interesse der Verbraucher keine Möglichkeit haben, gegen fehlerhafte Preisvergleiche anderer Verbraucherschutzeinrichtungen gemäß § \3 Abs.l Nr.3 UWG vorzugehen (a.a.O., S.664).

Das dänische Gesetz Nr.297 vom 14.6.1974 "über Marktverhalten" (abgedruckt bei Schneider, Werbe- und Marketingrecht in Dänemark, WRP 1975, S.574 ff.) unterstellt neutrale Verbraucherinformationen in § 2 Abs.4 ebenso wie Maßnahmen von Wettbewerbern dem Täuschungsverbot. Schricker (Anm. zu BGH vom 9.12.1975, VI ZR

11. Die Unanwendbarkeit des Wettbewerbsrechts

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kommt das UWG nicht in Betracht, wenn es um den Schutz der Verbraucher vor Schäden infolge irrefiihrenden Warentests geht. 43 Es ist daher nur noch von zweitrangiger Bedeutung, daß das UWG darüber hinaus irregefiihrten Konsumenten nach herrschender Auffassung keine Scha-

157/73 [GRUR 1976, S.268], GRUR 1976, S.274 ff., 274) erklärt sich dies aus der skandinavischen Einstellung, daß "staatliche Behörden die Werbung kontrollieren sollten, da von Verbraucherverbänden und Warentests wenig zu erwarten sei." Begründen läßt sich die Gleichstellung auch damit, daß (vorrangiger) Zweck des Wettbewerbsgesetzes der Schutz der Verbraucher vor Irreführung ist. Aus Sicht des Verbrauchers ist es nämlich gleichgültig, ob er durch eine Wettbewerbshandlung oder durch ein wettbewerbsneutrales Verhalten irregeleitet wird und deshalb ein nachteiliges Geschäft abschließt. 43 Etwas anderes gilt selbstverständlich gegenüber Wettbewerbern am Zeitschriftenmarkt. Für das Verhalten der Stiftung Warentest auf dem Testzeitschriftenmarkt gelten §§ I, 3 UWG (vgl. OLG Düsseldorf vom 17.8.1976, BB 1976, S.1476 f. m. Anm. Lachmann; dazu auch die kritische Besprechung von Ahrens, Wettbewerbshandlungen, WRP 1977, S.14ff., insb. S.14. Ferner: OLG Hamburg vom 27.8.1992, WRP 1993, S.405; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.406 zu § I UWG; Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.17 in Fn.2. Paschke (Verbraucherinformation, AfP 1991, S.683 ff., 688 f.) ist der Auffassung, die Herausgabe der zweiten Zeitschrift der Stiftung Warentest "FINANZtest" sei wettbewerbswidrig. Seiner Ansicht nach drängt die Stiftung Warentest mit dieser Zeitschrift unter Ausnutzung ihrer steuerlichen Vorteile auf Grund der Gemeinnützigkeit, ihrer Vorteile aus der Bundesförderung sowie der damit zusammenhängenden Anzeigenfreiheit der Zeitschrift auf einen aus Verbrauchersicht schon vorhandenen Informationsmarkt. Dabei verfolge sie eine Wettbewerbsabsicht zur Förderung ihrer eigenen Marktanteile. Aufgrund ihrer Sonderstellung als öffentliches Unternehmen sei wegen Gefährdung des Wettbewerbs auf dem vorhandenen Zeitschriftenmarkt ein Verstoß gegen § I UWG anzunehmen. Zweifelhaft ist an dieser Argumentation schon die implizite Behauptung, es gebe einen Markt für neutrale Informationen. Denn Zeitschriften wie "CAPITAL", "DM" etc. publizieren gerade nicht anzeigenfrei. Zur Zulässigkeit der Werbung mit "anzeigenfrei" siehe OLG Düsseldorf, BB 1976, S.1476f. [= GRUR 1977, S.I64]. Die Wettbewerbsklage der Verlegerin von "CAPITAL" gegen die mehrmalige Einblendung des Logos "FINANZtest" in der Fernsehsendung "ARD-Ratgeber Geld" wurde vom Hans. OLG Hamburg (Urteil vom 6.8.1992, WRP 1993, S.405 ff., 406 ff. [= AfP 1993, S.578] unter Hinweis auf den Satzungszweck und die Unabhängigkeit der Stiftung Warentest abgewiesen. In der Einblendung des Logos liege kein Wettbewerbsverstoß, weil die Stiftung ebenso wie der Rundfunk keine Wettbewerbsabsichten verfolge.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

densersatzansprüche - etwa aus § 823 Abs.2 i.V.m. § 3 UWG - gewährt,44 sondern allenfalls ein Rücktrittsrecht (§ 13a UWG) einräumt. 45 Das Rücktrittsrecht stünde einem Verbraucher - soweit man einen Testbericht als Werbeangabe qualifizieren würde - auch nur gegenüber seinem Geschäftspartner zu, nicht aber gegenüber der Stiftung Warentest, und das auch dann nur dann, wenn der Vertragspartner gemäß § 13a Abs.l Satz 2 UWG die Unwahrheit der Angaben und ihre Eignung zur Irreführung zumindest hätte kennen müssen. Allein diese Einschränkung würde das Rücktrittsrecht in den allermeisten Fällen der Irreführung schon ausschließen, so daß ein wirksamer Schutz der irregeführten Konsumenten nach § 13a UWG nicht zu erwarten wäre.

III. Der unzulängliche Schutz des Deliktsrechts bei reinen Vermögensschäden infolge irreführender Warentestinformationen Reine Vermögensschäden durch fehlerhafte Auskünfte und Informationen entstehen vOr allem dann, wenn die Auskünfte die rechtsgeschäftliche Tätigkeit des Auskunftempfängers beeinflussen. Es liegt also nahe, die Frage der Auskunftshaftung nicht nach Maßstäben des allgemeinen Verkehrs, wie sie das Deliktsrecht vorsieht, zu behandeln, sondern nach Maßstäben des besonderen rechtsgeschäftlichen Verkehrs. Im folgenden wird der deliktsrechtliche Schutz der Verbraucher vor reinen Vermögensschäden infolge fehlerhafter Warentests zunächst nur auf der Grundlage des herrschenden Verständnisses des Deliktsrechts dargestellt. Die Reformvorschläge zum Deliktsrecht,46 deren Ziel es gewesen ist, auch den Schutz vOr reinen Vermögensschäden in außervertraglichen Rechtsbeziehungen in ein deliktsrechtliches Verkehrspflichtensystem einzufügen, fanden ihren Ausgangspunkt darin, daß sie einer uferlosen Ausweitung von vertraglichen und quasi-vertraglichen Anspruchsgrundlagen ent-

44 Siehe nur Baumbach/Heferrnehl, Wettbewerbsrecht, Rn.57 Ein\. UWG mwN; BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff. [= OB 1974, 1427 = LM Nr.14 zu § 249 (0) BGB]. 45 Zur Dogmatik von § 13a UWG ausführlich Köhler, Rücktrittsrecht, JZ 1989, S.262 ff. 46 v. Bar, Verkehrspflichten, S.204 ff., 233 ff.; ders., Gutachten H, S.I720; Brüggemeier, De\R, Rn.445 ff.; Konrad Huber, Verkehrspflichten, FS v. Caemmerer, S.359 ff.; Leser, Delikts- und Gefährdungshaftungsrecht, AcP 183 (1983), S.568 ff., 584 ff.; Mertens, Verkehrspflichten, VersR 1980, S.397 ff.; ders., Deliktsrecht, AcP 178 (1978), S.227 ff.; ders., in MünchKomm 2, Rnm.475 ff. zu § 823. Für die deliktsrechtliche Einordnung der Prospekthaftung insbesondere Assmann, Prospekthaftung, S.273 ff.

111. Der unzulängliche Schutz des Deliktsrechts

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gegentreten wollten, um deren Konturenlosigkeit zu vermeiden. 47 Auf diese Vorschläge zur Fortentwicklung des Deliktsrechts wird an späterer Stelle zurückzukommen sein. 48

1. § 823 Abs.l BGB Die Anspruchsgrundlage des § 823 Abs.1 BGB gewährt keinen Schutz vor reinen Vermögensschäden. Das Vermögen als solches wird nicht als "sonstiges Recht" im Sinne dieser deliktrechtlichen Grundnorm anerkannt. 49 Die durch fehlerhafte Informationen verursachten Vermögenseinbußen von Testnutzem lassen sich auch nicht als Folgeschäden einer Beeinträchtigung des als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs.l BGB anerkannten allgemeinen Persönlichkeitsrechts auffassen. Die bloße Verursachung eines Irrtums durch Veröffentlichung von allgemein interessierenden, güterbezogenen Daten ist kein Eingriff in die über das Persönlichkeitsrecht geschützte Privatssphäre des Konsumenten. Dieser entscheidet frei und ohne Zwang, auf der Grundlage der gegebenen Informationen ein - rur ihn möglicherweise nachteiliges - Rechtsgeschäft abzuschließen. Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Konsumenten im Sinne des § 823 Abs.l wird solange nicht berührt, wie dieser ohne körperlichen oder seelischen Zwang von seiner Konsumfreiheit Gebrauch machen kann. 50 Deliktische Eingriffsqualität im Hinblick auf das

47 Vgl. etwa bei Brüggemeier, DeIR, Rn.454; v. Bar, Verkehrspflichten, S.233; Assmann, Prospekthaftung, S.245. Vgl. ferner zur der von Lehmann (Werbeangaben, S.350 ff.) vertretenen Haftung für irreführende Werbeangaben gegenüber Konsumenten aus culpa in contrahendo Emmerich (in MünchKomm 3, Rn.55 vor § 275), der die Lösung dieses Problems als eine "genuine Aufgabe des Delikts- und Wettbewerbsrechts, nicht aber der c. i.c." betrachtet. Den Anstoß zu diesen Reformvorschlägen hatte v. Caemmerer mit seinem grundlegenden Aufsatz "Wandlungen des Deliktsrechts" (FS zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages, Bd.II, 1960, S.49 ff.) gegeben. Eine Bewertung der Reformvorschläge aus heutiger Sicht findet sich bei Börgers, Restrukturierung, S.30 mit Nachweisen in Fn.58; LarenziCanaris, SchR-BTI3 Bd.III2, § 76 III 2 c, S.405, der allerdings deliktsrechtliche Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens im Rahmen "vermögensschützender Deliktsnormen" anerkennen will; ferner Steffen, Verkehrspflichten, VersR 1980, S.409 ff., 409. 48 Dazu unten S.162 ff. 49 BGH vom 4.2.1964, BGHZ 41, S.123 ff., 127; LarenziCanaris, SchR-BTI3 II12, § 75 I 3.b), S.356. 50 Vgl. Lehmann, Vertragsanbahnung, S.275. Bei aggressiven Werbemethoden, die auf den Verbraucher physischen oder psychischen Zwangswirkungen haben, will Leh-

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vennögensschäden

allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Testnutzers kommt der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest daher nicht zu.

2. § 823 Abs.2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen Normen im Sinne des § 823 Abs.2 BGB, die auch vor reinen Vermögenseinbußen schützen, finden sich vorrangig im Strafgesetzbuch. Insbesondere sind die Vorschriften der §§ 263 ff. StGB zu nennen. Alle das bloße Vermögen schützenden Strafgesetze erfordern jedoch die vorsätzliche Verwirklichung des Straftatbestandes. Damit scheidet ihre Anwendung im Rahmen des § 823 Abs.2 BGB in den hier vorrangig interessierenden Fällen fahrlässiger Fehlinformationen der Stiftung Warentest aus. Auch die Anwendung der Vorschrift des § 3 UWG kommt nicht in Frage, weil die Testberichte der Stiftung Warentest nicht zu Zwecken der Begünstigung einzelner Wettbewerbsteilnehmer verbreitet werden. 51 Aber selbst bei Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht in Fällen vorsätzlicher Verzerrung zugunsten eines oder mehrerer Hersteller müßte ein Anspruch aus § 823 Abs.2 i.V.m. § 3 UWG zugunsten des Verbrauchers nach Auffassung des BGH ausscheiden, weil die Sonderregelung des § 13 Abs.2 UWG die Anwendung des § 823 Abs.2 ausschließt. 52 Auch wenn diese Auffassung von der h.L. nicht geteilt wird,53 bedarf die Frage keiner Vertiefung, weil Fälle bewußter Verzerrung von Testergebnissen durch die Stiftung Warentest bisher nicht bekannt geworden sind und in der Diskussion um die rechtliche Zulässigkeit der Testberichte immer nur eine theoretische Rolle gespielt haben. Ein Anspruch ist auch nicht aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 2 der Satzung der Stiftung Warentest zu begründen. Die Satzung der Stiftung Warentest ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.2 BGB: Schutzgesetze sind staatlich gesetzte materielle Normen im Sinne des Art.2 EGBGB, die zumindest auch den Schutz individueller Rechtspositionen bezwecken. 54 Zwar ist eine derartige Schutzgesetzqualität bei öffentlich-

mann im Einzelfall einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewähren (S.266 ff.) 51 Siehe Nachweise oben 3.Teil in Fn.42. 52 BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff., 1505. 53 Sack, Verbraucherschutz, NJW 1975, S.1303 ff., 1305 f.; ders., Persönlichkeiten, WRP 1982, S.615 ff., 624 Fn.81 mvwN. 54 Vgl. statt vieler Kötz, De\R, Rn.170; Steffen in RGRK, Rnrn.538-540 zu § 823.

III. Der unzulängliche Schutz des Deliktsrechts

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rechtlichen Satzungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. 55 Für Satzungen von juristischen Personen des Privatrechts ist jedoch die Nonnqualität bislang nicht anerkannt worden. 56 Das RG hat der Satzung eines nichtrechtsflihigen Vereins diese Qualität unter Hinweis auf den rechtsgeschäftlichen Charakter, d.h. wegen ihrer Eigenschaft als nicht staatlich gesetztes Recht abgesprochen. 57 Dieses Argument kann jedenfalls für die privatrechtliche Satzung der Stiftung Warentest, die durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts statuiert wurde, nicht ohne weiteres überzeugen, weil die Satzung ebensogut durch ein fonnelles Gesetz zur Errichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts hätte ersetzt werden können 58 und sich durch die dem Staat gewährte RechtsfonnenWahlfreiheit der Schutz der Bürger nicht verkürzen darf. 59 Die Satzung der Stiftung Warentest stellt sich aber deshalb nicht als Akt hoheitlicher Nonngebung dar, weil der Staat mit der Stiftungs verfassung lediglich den Anstoß zur Wahrnehmung einer gesellschaftlichen Aufgabe gegeben hat und in der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest keine staatliche Aufgabenerfüllung gesehen werden kann. 60 Gerade der Umstand, daß keine fonnalgesetzliche Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der Stiftung Warentest geschaffen wurde, indiziert denn auch, daß es sich bei der Satzung der Stiftung Warentest ebenso wie bei einer durch eine Privatperson errichteten Stiftungssatzung um eine auf privatrechtsgeschäftlicher Ebene liegende Nonnsetzung handelt. Wer sich dieser Auffassung nicht anzuschließen vennag, muß jedenfalls den Individualschutz der Satzung bezüglich der Vennögensinteressen einzelner Verbraucher verneinen. Zwar spricht § 2 der Satzung davon, daß "die Verbraucher über Möglichkeiten und Techniken der optimalen privaten Haushaltsführung aufzuklären" seien, doch läßt sich aus dieser allgemeinen Aufgabenbeschreibung kein individualschützender Charakter der Regelung ableiten. Mit dieser Aufgabenbeschreibung soll keine auf den einzelnen Konsumenten zugeschnittene Vennögensbetreuungspflicht begründet werden. Die Satzung verpflichtet die Warentesteinrichtung nur ihrer Stifterin bzw. der Aufsichtsbehörde gegenüber. 61 Damit kommen Schadensersatzansprüche einzelner Verbraucher

55 Schiemann in Erman, Rn.154 zu § 823; Steffen in RGRK, Rn.538 zu § 823. 56 Steffen in RGRK, Rn.538 zu § 823; Köndgen, Selbstbindung, S.369. 57 Urteil vom 18.2.1932, RGZ 135, S.242 ff., 245.

58 Vgl. hierzu den Gesetzentwurf der SPD zur Errichtung eines Warentestinstituts, BT-Drs.IV/2236. 59 Siehe oben S.47 f. 60 Siehe oben S.45 ff. 6\ W. Brinkmann, Untemehmensschutz, GRUR 1988, S.516 ff., 520.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

gemäß § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 2 der Satzung der Stiftung Warentest nicht in Betracht. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs.2 BGB LV.m. DIN-Norm 66054 zur technischen Durchführung von "klassischen" Warentests kommt ebenfalls nicht in Frage, da den DIN-Normen als technische "Sozialnormen"62 generell die Rechtsnormqualität im Sinne von Art.2 EGBGB fehlt. 63 Sie werden daher zu Recht nicht als Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs.2 BGB anerkannt. 64

3. § 824 Abs.l BGB Mit der Anspruchsgrundlage des § 824 Abs.l BGB kann irregeführten Verbrauchern nicht geholfen werden. Diese Norm schützt zwar auch das Vermögen als solches, doch setzt der Tatbestand des § 824 Abs.l BGB einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht (im Sinne der Geschäftsehre) oder in das Recht an einem Unternehmen voraus. 65 Beide Positionen werden durch irreführende Testergebnisse auf Seiten der adressierten Konsumenten nicht beeinträchtigt.

4. § 826 BGB In der Veröffentlichung eines irreführenden Testberichts kann im Einzelfall eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung von testnutzenden Verbrauchern liegen. Doch auch hier gilt, was schon oben gesagt wurde: Die vorsätzliche Verzerrung von Ergebnissen ist ein Ausnahmefall, welcher in der Rechtspraxis, wenn er tatbestandlich vorliegt, keine Schwierigkeiten bereitet. Der deliktsrechtliche Schutz der testnutzenden Verbraucher vor Vermögenseinbußen infolge unrichtiger Testangaben bleibt auch in Anbetracht der vom Reichsgericht 66 begonnenen und vom BGH67 fortgeführten "Ausdehnung"68

62 Marburger, Technik, S.475. 63 BGH vom 1.3.1988, BGHZ 103, S.338 ff., 341. 64 Marburger, Technik, S.475 ff., 485; Teichmann in Jauemig, Anm.III.2.a) zu § 823; Thomas in Palandt, Rn.153 zu § 823; OLG Karlsruhe vom 6.6.1984, VersR 1984, S.1l74f., 1175; vgl. auch BGH vom 10.3.1987, NJW 1987, S.2222 ff., 2223. 65 Statt vieler Thomas in Palandt, Rn.1 zu § 824. 66RG vom 15.11.1909, RGZ 72, S 175ff., 176; RG vom 27.5.1911, RGZ 76, S.313, 319; RG vom 20.10.1913, JW 1914, S.83; RG vom 21.11.1929, BankArch 1929, S.237 f., 238; RG vom 21.12.1933, RGZ 143,48 ff., 52/53.

III. Der unzulängliche Schutz des Deliktsrechts

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des Tatbestandes einer vorsätzlich sittenwidrigen Handlung nach § 826 BGB hin zu einer Haftung für "leichtfertiges und gewissenloses Verhalten"69 bei berufsbezogenen Auskünften unzureichend. Ganz abgesehen davon, daß die von der Rechtsprechung entwickelte Dogmatik mit Wortlaut und Telos des Gesetzes kaum noch zu vereinbaren ist,70 haben auch Fälle leichtfertiger oder gewissenloser Irreführung der Verbraucher durch die Stiftung Warentest allenfalls Ausnahmecharakter. Bekanntgeworden sind solche Fälle bis heute jedenfalls nicht.

5. § 831 Abs.l BGB Die Haftung der Stiftung Warentest aus § 831 Abs.l BGB setzt voraus, daß ihre Arbeitnehmer als Verrichtungsgehilfen im Hinblick auf die Publikation irreführender Testberichte eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB begangen haben. In bezug auf nichtvorsätzliches Verhalten der Mitarbeiter der Stiftung Warentest kann der Tatbestand einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 831 Abs.l nicht erfüllt sein, weil das Vermögen als solches über die Tatbestände der §§ 823 ff. BGB nur im schon dargestellten Umfang geschützt wird. Soweit die Stiftung Warentest die Tests durch andere Einrichtungen durchführen läßt, weil sie selbst nicht über geeignete Laboratorien verfügt, kommt für deren fehlerverursachende Beiträge eine Haftung aus § 831 Abs.l BGB nicht in Frage. Denn diese Einrichtungen, wie Z.B. die Bundesanstalt für Materialforschung oder die Technische Universität Berlin, werden aufgrund von Werkverträgen mit der Stiftung tätig. Sie stehen mithin nicht in einem die Verrichtungsgehilfeneigenschaft prägenden Weisungsverhältnis 71 zur Stiftung Warentest, weil sie nicht in die betriebliche Organisation der Stiftung Waren-

67 BGH vom 13.7.1956, BB 1956, S.865 f., 866; BGH vom 27.2.1962, WM 1962, S.579 ff., 581; BGH vom 10.7.1964, WM 1964, S.1163 ff., 1165; BGH vom 24.9.1991, WM 1991, S.2034 ff., 2035. 68 v. Bar, Verkehrspflichten, S.21\. 69BGH vom 13.7.1956, BB 1956, S.865f., 866; BGH vom 27.2.1962, WM 1962, S.579 ff., 581. 70 Vgl. die Kritik von Mertens in MünchKomm 2, Rnrn.l72 ff. Mertens hält der Rechtsprechung vor, daß es in der Sache um nichts anderes gehe, als um die Statuierung von Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens (Rnrn.I72, 181). Ebenso v. Bar, Verkehrspflichten, S.2111212. 71 Vgl. insoweit Teichmann in Jauernig, Anm.2 a aa) zu § 83\. 7 Boecken

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

test eingebunden sind. Damit fehlt es schon an den Voraussetzungen des § 831 Abs.l BGB.

6. § 1 Abs.l ProdhaftG Das am 1.1.1990 in Kraft getretene Produkthaftungsgesetz72 knüpft eine Geflihrdungshaftung rur Sach- und Körperschäden an das Inverkehrbringen fehlerhafter Produkte. Es ist zwar umstritten,73 inwieweit verkörperte Informationen als Produkte im Sinne dieses Gesetzes anzuerkennen sind. Auf eine nähere Untersuchung dieser Frage kann hier aber verzichtet werden, da reine Vermögensschäden vom Schutzbereich des § 1 Abs.l ProdhaftG nicht erfaßt werden.7 4

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und einzelnen Testnutzern Die Tatsache, daß den testnutzenden Verbrauchern in bezug auf fahrlässig verursachte primäre Vermögensschäden keine wettbewerbsrechtlichen oder deliktsrechtIichen Ansprüche gegen den Herausgeber eines Warentests zustehen,75 muß noch nicht bedeuten, daß es überhaupt keine Rechtsgrundlage gibt, aus der sich Ersatzansprüche rur solche Vermögenseinbußen ergeben können. Solche Ansprüche entstehen typischerweise aus einer schuldrechtlichen Sonderbeziehung. Bevor man zu dem Ergebnis gelangt, daß den im Vermögen geschädigten testnutzenden Verbraucher keine Ersatzansprüche zustehen, ist also auch auf die Frage einzugehen, ob aus einer solchen Sonderbeziehung der Verbraucher zur Stiftung Warentest Rechte hergeleitet werden können. Dieser Frage von vornherein mit dem Argument auszuweichen, daß die "Lücke" im deliktsrechtlichen System deshalb hinzunehmen sei, weil die Verzerrungen der öffentlichen Kommunikation über Konsumgüterqualität aufgrund von Waren-

72 Vom 15.12.1989 (BGBI. I, S.2198).

73 Vgl. zum Meinungsstand: PottJFrieling, ProdhaftG, § 3 Rnm.85 mwN in Fn.83, 84; Foerste, Produkthaftung, NJW 1991, S.1433 ff., 1438 mwN; Meyer, Verlagserzeugnisse, zrp 1991, S.1393 ff., 1396 ff. 74 Statt vieler PottiFrieling, ProdhaftG, § I Rn.64. Zu dieser Frage in bezug auf fehlerhafte Warentestinformationen näher unten S.304.

75 Andresen, Warentest, S.226.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung

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tests im Vergleich zur Werbung geringrugig seien,76 vermag nicht zu überzeugen. Werbung als absatzförderndes Kommunikationsmittel der anbietenden Wirtschaft und neutrale Warentests als Instrument der sachkundigen Verbraucheraufklärung dürfen zwar aufgrund ihrer unterschiedlichen Zwecke nicht ohne weiteres haftungsrechtlich gleichgesetzt werden. Die Folgen irreruhrender Angaben jedoch - ob nun durch Werbeangaben 77 oder neutrale Testergebnisse verursacht - sind wesensmäßig gleich. Beide Formen der Güterinformationen können den Verbraucher in seiner rechtsgeschäftlichen Willensbildung beeinträchtigen. Irreruhrende Testergebnisse und irreruhrende Werbung behindern den rechtsgeschäftlichen Verkehr kumulativ. Die Gefahren gegeneinander aufzurechnen, wird insbesondere den Interessen der (kritischen) Verbraucher nicht gerecht, die sich vor ihrer Konsumentscheidung um sachgerechte neutrale Informationen in Form von Testveröffentlichungen bemühen.

1. Ablehnung einer Haftung aufgrund einer vertraglichen Sonderbeziehung

a) Keine Haftung aus dem (Kauf) Vertrag, der dem Erwerb der restzeitschriften zugrundeliegt Bei den Verbrauchern, die die Testzeitschriften unmittelbar von der Stiftung Warentest beziehen, vollzieht sich der Erwerb von Eigentum und Besitz an den Zeitschriften aufgrund eines Vertrages mit der Stiftung Warentest. Es bestehen keine Bedenken, den zugrunde liegenden Vertrag als Kaufvertrag zu qualifizieren. Das gilt nicht nur rur den Erwerb von Einzelausgaben, sondern auch rur den Bezug einer Zeitschrift im Abonnement. 78 Die Haftung rur fehlerhafte Informationen diesem Kaufvertrag über das Druckwerk zu entnehmen,79 kann jedoch nicht überzeugen. Denn notwendige Voraussetzung rur einen Schadensersatzanspruch im Hinblick auf reine Vermögensschäden aus § 480 Abs.2 BGB oder wegen schuldhafter Schlechtlei-

76 Andresen a.a.O. 77 Vgl. zu den Schadenssummen, die durch irreftihrende Werbung auf Konsumentenseite entstehen, die ausftihrliche Darstellung bei Lehmann, Vertragsanbahnung, S.84 ff. mvwN.

78 So ftir den Abonnementvertrag über ein Börseninformationsblatt, BOH vom 8.2.1978, BOHZ 70, S.356 ff., 358 [= NJW 1978, S.997 = JZ 1978, S.398 = WM 1978, S.306 = OB 1978, S.1l70 = BB 1978, S.980 m. abI. Anm. von Roll]; vgl. auch v. Hertzberg, Haftung, S.34; Schröder, Haftung, NJW 1980, S.2279 ff., 2280. 79 Vgl. aber Schröder, Haftung, NJW 1980, S.2279 ff., 2280. 7*

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

stung nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverietzung 80 wäre, daß die inhaltliche Richtigkeit bzw. die Unrichtigkeit einer Testzeitschrift zu deren Eigenschaften gehörte. Der BGH hat sich in der "Börseninformationsdienst"Entscheidung gegen eine kaufrechtliche Haftung rur einen fehlerhaften Börsentip in einem Börsenblatt ausgesprochen.8 1 Das Gericht sah in der Richtigkeit des Börsentips keine Sollbeschaffenheit des Druckwerks. 82 Dieser An80 Ein Anspruch aus positiver Verletzung des Kaufvertrages kommt zwar auch dann in Betracht, wenn sich eine fehlerhafte Information des Verkäufers als Verletzung einer kaufvertraglichen Nebenpflicht darstellt. Dieser Ansatz ist aber für inhaltlich fehlerhafte Testberichte von vornherein abwegig. Für einen solchen Anspruch muß sich die fehlerhafte Auskunft auf die Kaufsache selbst oder ihre Verwendbarkeit beziehen (vgl. BGH vom 16.11.1970, WM 1971, S.74 ff.; BGH vom 13.7.1983, BGHZ 88, S.130 ff.). Die Informationen der Testberichte beziehen sich jedoch nicht auf das Testheft, sondern auf die geprüften Waren und Dienstleistungen. Im übrigen verkehrt diese Betrachtungsweise das Wesentliche ins Unwesentliche, weil sie die Testinformationen zur Nebensache des Erwerbs einer Testzeitschrift erklärt (vgl. auch BGH vom 8.2.1978, BGHZ 70, 356 ff., 360). 81 Anders noch in dem "Nottestamentsmappe"-Fall, BGH vom 14.3.1973, NJW 1973, S.843 ff., 844. In dieser Entscheidung hielt der BGH eine Zusicherungshaftung des Beklagten gemäß § 463 S.I für die inhaltliche Richtigkeit eines von ihm herausgegebenen und verkauften Anleitungsbuches zur Erstellung von Nottestamenten durch Bürgermeister für begründet. Wie "unwohl" dem BGH bei der Einordnung des "Nottestamentsmappe"-Falles ins Kaufrecht war, zeigen seine Überlegungen, die Vorschrift des § 477 BGB unter Umständen entgegen ihrem Wortlaut zu modifizieren und der Vorschrift des § 852 BGB hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist anzupassen (BGH a.a.O., S.845). Daß der BGH eine derartige Regelung für den Verjährungsbeginn später bei Prospekthaftungsansprüchen entwickelt hat, war in Anbetracht dieser Überlegungen im "Nottestamentsmappe"-Fall nicht mehr überraschend (vgl. Urteil vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 227 [= WM 1982, S.354]; Urteil vom 5.7.1993, BGHZ 123, S.106 ff., 117 [= NJW 1993, S.2865]; ferner Gehrlein, Mietausfallgarantie, NJW 1995, S.IIO ff., 110. E. Lang (Fehler in Druckwerken, S.41) hat im Vergleich der beiden Entscheidungen zutreffend auf die zweifelhafte Wertung hingewiesen, daß für die Richtigkeit schnellebiger Börseninformationen eine dreißigjährige Verjährungfrist gelten solle, während für die Richtigkeit der nach Meinung des BGH auf fortdauernde Sachverhalte zugeschnittenen Nottestamentsmappe schon nach sechs Monaten (seit Erhalt der Informationen) nicht mehr gehaftet werde. Siehe zu Verjährungsfragen unten S.283 ff. 82 BGH vom 8.2.1978, BGHZ 70, S.356 ff., S.360. Zustimmend: v. Hertzberg, Haftung, S.21; Hiddemann, LM Nr.17 zu § 676 BGB; Hopt, Berufshaftung, FS f. Fischer, S.237 ff.; U. Huber in Soergel 12 , Rn.258 vor § 433, Rn.343 zu § 459; Jost, Beratungshaftung, S.158; Köndgen, Anlegerschutz, JZ 1978, S.389 ff.; Medicus, BürgR, Rn.363a; Röhl, Fehler, JZ 1978, S.369 ff., 374. Ferner zur Haftung eines Börseninformationsdienstes OLG Düsseldorf vom 10.3.1993, 15 U 57/92 (unveröffentlicht).

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 101

sicht ist auch in bezug auf Testzeitschriften zu folgen. Die inhaltliche Richtigkeit eines Druckwerks ist keine Eigenschaft desselben,83 vielmehr ist die Schriftlichkeit eine "Eigenschaft" der Information. 84 Schon aus diesem Grunde kann eine an den Kaufvertrag geknüpfte Haftung der Stiftung Warentest im Verhältnis zu den testnutzenden Verbrauchern, die die Zeitschriften direkt von der Stiftung beziehen, nicht begründet sein. Doch auch die Annahme, das dem Erwerb einer Testzeitschrift zugrundeliegende Rechtsgeschäft sei ein typengemischter Vertrag und enthalte auch vertragliche Beratungspflichten,85 wird der Informationstätigkeit der Testeinrichtung nicht gerecht. Dabei ist nicht einmal wesentlich, daß den Verbrauchern gegen die Stiftung Warentest kein Primäranspruch auf "Herstellung" von Warentestinformationen zusteht. 86 Denn die Pflichten zur wahrheitsgemäßen Unterrichtung ließen sich auch als Schutzpflichten denken,s7 Entscheidend ist vielmehr, daß die Ableitung der Informationshaftung aus der vertraglichen Beziehung zur Stiftung Warentest zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleich83 Das gilt selbst dann, wenn man den weiteren Eigenschaftsbegriff der Zusicherungshaftung zugrundelegt, vgl. BGH vom 3.7.1992 (Stundenhotel), NJW 1992, S.2264 ff., 2265. Zu dem weiten Eigenschaftsbegriff kritisch Grunewald in Erman, Rn. 10 vor § 459 mwN. Unstreitig haftet der Verkäufer von Drucksachen gemäß §§ 459 ff. BGB für drucktechnische Mängel, Verschrnutzung etc., soweit hierdurch die Lesbarkeit nicht unerheblich beeinträchtigt wird. Vgl. statt vieler: U. Huber in Soergel 12 , Rn.343 zu § 459. 84 Wie hier U. Huber in Soergel 12 , Rn.258 vor § 459 und Rn.344 zu § 459; E. Lang, Fehler in Druckwerken, S.32 ff.; nicht eindeutig Jost (Beratungshaftung, S.158) der eine fehlerhafte Anleitung zur Erstellung von Nottestamenten nur nach §§ 459 ff. BGB behandeln will, während er inhaltlich fehlerhafte Börsentips nicht der kaufrechtiichen Gewährleistung unterwerfen will. A.A.: BGH vom 26.11.1957, NJW 1958, S.138 f., 139; Schröder, Haftung, NJW 1980, S.2279 ff., 2281; Larenz, SchR-BTI3, Bd.II11, § 41 I, S.40; ähnlich Moszka, Auskunftssysteme, S.135; Putzo in Palandt, Rn.41 zu § 459; Vollkommer in Jauemig, Anm.III 4 b zu § 459. 85 So der BGH im "Börseninformationsdienst"-Fall a.a.O. Roll (BB 1978, S.981) meint, im Börsendienstabonnement einen reinen Beratungsvertrag sehen zu können. 86 Zur Ermittlung und Veröffentlichung von Warentests wird die Stiftung allein kraft ihrer Satzung der Stifterin gegenüber verpflichtet, vgl. W. Brinkmann, Unternehmensschutz, GRUR 1988, S.516 ff., 520.

87 Vgl. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S.409. Heinrich Stoll (Leistungsstörungen, S.27 ff.) hat als erster auf die Unterscheidung von Leistungs- und Schutzpflichten aufmerksam gemacht. Zur Kongruenz von Leistungs- und Schutzpflichten: Canaris, Nichtige Verträge, JZ 1965, S.475 ff., 477; Thiele, Leistungsstörungen, JZ 1967, S.649 ff., 650.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

behandlung jener testnutzenden Verbraucher führte, welche die Testinfonnationen auf andere Weise ohne unmittelbare vertragliche Beziehung zur Stiftung Warentest erhalten. Die Testberichte der Stiftung Warentest sind nicht nur für Konsumenten bestimmt, die eine Testzeitschrift bei der Stiftung direkt erwerben. Der Vertrieb der Testzeitschriften über den Zeitschriftenhandel und die Verbreitung der Testinfonnationen über anderen Medien 88 belegen, daß der Kreis der Adressaten weit über die der Stiftung Warentest vertraglich verbundenen Konsumenten hinausgeht. Im Gegensatz zu der Infonnationsvennittlung von Börsendiensten handelt es sich nicht um einen feststehenden Kreis von Adressaten, denen die Infonnationsleistung im Rahmen eines speziellen Vertragsverhältnisses geschuldet wird,s9 Vielmehr stellen sich die Testinfonnationen als Erklärungen an das Publikum der Verbraucher dar, die jedem Verbraucher zugänglich sind und laut Satzung der Stiftung Warentest auch sein sollen. Den Rechtsschutz für Schäden durch fehlerhafte Infonnationen an den unmittelbaren Bezug der Infonnationen von der Stiftung Warentest zu knüpfen, widerspricht nicht nur der satzungsmäßigen Aufgabenbeschreibung der Einrichtung, die Verbraucheräffentlichkeit durch entgeltliche und unentgeltliche Verbreitung der Infonnationen zu infonnieren, sondern ebenso dem Gebot materieller Gerechtigkeit. Für testnutzende Verbraucher, die eine inhaltlich fehlerhafte Testzeitschrift im Zeitschriftenhandel erwerben, leuchtet das unmittelbar sein. Sie könnten mangels rechtsgeschäftlicher Verbindung keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen die Stiftung Warentest geltend machen, obwohl sie mindestens den gleichen Preis für die Einzelausgabe gezahlt haben wie ein Abonnent der Zeitschrift. Der Zeitschriftenhändler ist für Vennögensschäden infolge nachteiliger Dispositionen nicht haftbar zu machen. Ihn trifft in bezug auf die Unrichtigkeit des Druckwerks jedenfalls kein Verschulden. 90 Erst recht übernimmt der Händler einer Testzeitschrift hinsichtlich des Inhalts keine Garantie im Sinne des § 480 Abs.2 BGB.91 Gleichennaßen 88 Siehe dazu oben l.Teil, S.35 ff. 89 Vgl. v. Hertzberg, Haftung, S.38.

90 Die Stiftung Warentest als Erfüllungsgehilfin (§ 278 BGB) des Zeitschriftenhändlers anzusehen, würde der in Wirklichkeit bestehenden Absatzkette nicht gerecht. Ebensowenig wie ein Warenhändler vertragliche Pflichten zur fehlerfreien Herstellung eines Produkts übernimmt (vgl. Esser/Weyers, SchR-BT, § 7 IV, S.88), verpflichtet sich der Zeitschriftenhändler zur fehlerfreien Informationsbeschaffung gegenüber seinen Kunden (Röhl, Fehler, JZ 1978, S.369 ff., 374). 91 Ebenso für Buchhändler: Foerste, Produkthaftung, NJW 1991, S.1433 ff., 1436/1437; Grunewald in Erman, Rn.16. zu § 459; E. Lang, Fehler in Druckwerken, S.35; Röhl, Fehler, JZ 1979, S.369 ff., 372.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 103

unbillig wäre es, die testnutzenden Verbraucher, die sich in öffentlichen Bibliotheken mit unrichtigen Warentestinformationen vertraut machen, oder denen die Testergebnisse über Rundfunk und Fernsehen nahegebracht werden, schutzlos zu stellen. Diese Wertungsprobleme machen es erforderlich, die Haftung von den dem Erwerb der Information zugrundeliegenden Vertragsbeziehungen zu abstrahieren. Die aufgezeigten Schutzlücken lassen sich auch nicht über die Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung rur Dritte lösen. Denn danach müßten Verbraucher, die sich die Zeitschrift im Handel besorgen, in den Vertrag zwischen der Stiftung Warentest und dem Zeitschriftenhändler einbezogen sein, oder sog. "Mitleser" einer bei der Stiftung erworbenen Testzeitschrift müßten über das diesem Erwerb zugrundeliegende Vertragsverhältnis mitgeschützt werden. Bei "Mitlesem" einer im Handel erworbenen Zeitschrift käme man sogar um eine "doppelte Anwendung" dieser Drittschutzgrundsätze nicht herum. Schon der jeweils notwendige konstruktive Aufwand macht deutlich, daß es nicht auf das Bestehen einer (wirksamen) vertraglichen Verbindung ankommen kann. Die Pflichten der Stiftung Warentest, die Verbraucher wahrheitsgemäß und richtig zu informieren, werden nicht durch die vertraglichen Beziehungen in der Vertriebskette begründet. Soweit die Stiftung Warentest die Zeitschriften selbst vertreibt, nimmt sie nur eine händlergleiche Funktion wahr, aus der gerade keine Verantwortlichkeit rur den Inhalt der Druckwerke folgt. Noch weniger lassen sich die Pflichten zur wahrheitsgemäßen Publikation von Testinformationen aus den etwaigen vertraglichen Beziehungen der Stiftung Warentest zu den in den Zeitschriftenvertrieb eingeschalteten Händlern ableiten. Diese Konstruktion wurde zwar früher wegen vergleichbarer Ungereimtheiten des rechtlichen Schutzes der Verbraucher rur die Produkthaftung in Erwägung gezogen,92 hat sich aber zu Recht nicht durchsetzen können. 93 Weder in den Fällen der Produzentenhaftung noch bei dem Vertrieb der Testzeitschriften über den Handel kommt es rur die Verbraucher zu einer "gläubigergleichen" Gefährdungssituation. Die Produktgefahren wie die Informationsgefahren tref92 Ausfllhrlich Diederichsen, Haftung des Warenherstellers, S.97 ff.; Latte, Beziehungen, Diss. Berlin 1963, S.156 ff., 157; Lorenz, Waren absatz, in Karlsruher Forum 1963, S.8 ff. 93 BGH vom 26.11.1968, BGHZ 51, S.91 ff., 96 ("Hühnerpest"); BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff., 1504; BGH vom 12.2.1992, WM 1992, S.1246 ff., 1248; Heinrichs in Palandt, Rn.17 zu § 328; Räcke (Haftungsbeschränkungen, S.93 ff.) begrüßt die deliktsrechtliche Fortentwicklung der Produkthaftung, weil durch sie ein effektiver Verbraucherschutz geschaffen worden sei, ohne die anerkannten Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter um eine neue Fallgruppe zu erweitern.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest flir reine Vermögensschäden

fen typischerweise nicht (auch) den Händler, sondern nur den Verwender und damit den Endabnehmer. Der Schluß, im Falle einer Alleingefährdung des Endabnehmers müsse erst recht der Schutz des Dritten (aus dem Vertragsverhältnis zwischen Hersteller und Händler) gewahrt werden,94 geht fehl. Denn treffen die Gefahren des Produkts (der Information) nicht den Gläubiger (Händler), so besteht weder aus Sicht der Parteien dieser Lieferbeziehung noch aus objektiv-rechtlicher Sicht ein materialer Grund, die Haftung filr solche Gefahren zum Gegenstand dieser Vertragsbeziehung zu machen.9 5 Die Anwendung der Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung mögen im Rahmen der Auskunftshaftung dort noch eine Berechtigung finden, wo der Auskunftgeber die Auskunft in Erfilllung einer Geschäftsbesorgungsverpflichtung erteilt und filr ihn erkennbar ist, daß seine Informationen auch (bestimmten) Dritten zugänglich gemacht werden sollen. 96 Die Anwendung dieser Grundsätze ist aber dann nicht sachgerecht, wenn die Ermittlung der Auskünfte und ihre Verbreitung - wie dies bei der Stiftung Warentest der Fall ist - nicht individualvertraglich veranlaßt sind und die Informationen auf unterschiedlichsten Wegen einem unüberschaubaren Kreis von Personen zur Verftigung gestellt werden. Eine Schadensersatzhaftung aus Vertrag erscheint daher allenfalls sachgerecht, wenn allein durch die Inanspruchnahme einer publizierten Warentestinformation eine vertragliche Beziehung zu den einzelnen Testnutzern zustande-

94 Vgl. Diederichsen, Haftung des Warenherstellers, S.\OlI\02. Diederichsen, (a.a.O., S.363) hatte vorgeschlagen, dem Warenhersteller eine gesetzliche Einstandspflicht im Sinne einer Garantie aufzuerlegen. Canaris (Produzentenhaftung, JZ 1968, S.494 ff., 501) sah ein durch das "Warenvertrauen" entstehendes Schutzpflichtverhältnis zwischen Hersteller und Endabnehmer begründet, das eine Verschuldenshaftung nach Vertragsgrundsätzen bedinge. 95 Dies meint Larenz (SchR-BTI2 Bd.II1I, § 41a, S.75) in bezug auf die Produkthaftung vermutlich, wenn er feststellt, es fehle dem Händler an einer Fürsorgeverpflichtung gegenüber den Endabnehmern bzw. an einem Interesse, diese zu schützen. Ein derartiges Interesse am Schutz der Endabnehmer ließe sich jedenfalls in den Fällen begründen, in denen die Vertragsbeziehung zum Letztkäufer schon vor der Liefervereinbarung mit dem Hersteller besteht. Doch auch diese Konstruktion müßte bei längeren Absatzketten versagen. Zu Recht weist Räcke (Haftungsbeschränkungen, S.94) darauf hin, daß der vertragliche Schutz der Endabnehmer eines Produkts nicht davon abhängen kann, wieviele Zwischenhändler in die Absatzkette eingeschaltet sind. 96 Siehe BGH vom 26.11.1986, NJW 1987, S.1758 ff., 1760 [= BGHR, Drittschutz, Nr.2], zur Haftung eines Steuerberaters wegen eines fehlerhaften Testats nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Zur Haftung von Grundstückssachverständigen ferner: BGH vom 2.11.1983, WM 1984, S.34 ff., 35 [= NJW 1984, S.355]; BGH vom 10.11.1994, NJW 1995, S.392 ff. [= ZIP 1994, S.1954 = JZ 1995, S.306 mit krit. Anm. Medicus].

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kommt. Eine solche Lösung wäre nur nach den in der Rechtsprechung entwikkelten Grundsätzen zum stillschweigenden Abschluß eines Auskunftsvertrages denkbar.

b) Keine Haftung aus einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag

Die Rechtsprechung bedient sich seit dem Inkrafttreten des BGB in den Fällen, in denen eine Auskunft erteilt wurde, ohne daß dem Auskunftempfänger ein vertraglicher ErfUllungsanspruch auf die Erteilung der Auskunft gegen den Auskunftgeber zustand, vorzugsweise des "stillschweigenden Auskunftsvertrages", um eine Haftungsgrundlage rur primäre Vermögensschäden infolge fehlerhafter Auskünfte zu schaffen. Das Reichsgericht hat bei Auskünften und Ratschlägen eine vertragliche Auskunftshaftung ohne vorherige Geschäfts- oder Vertragsbeziehung bejaht, wenn "jemand, zu dessen Berufsgeschäften es gehört, anderen in Geschäften der fraglichen Art beratend zur Seite zu stehen, und der erfahren hat, daß ein anderer in einer solchen Angelegenheit einer zuverlässigen Auskunft bedarf, diesem dann in einem an denselben gerichteten Schreiben eine Auskunft über den erheblichen Punkt gibt, [... ]"97. Dabei konnte sich das Reichsgericht auch auf die Motive zu § 676 BGB berufen, nach denen bei Auskünften im Rahmen beruflicher Tätigkeit des Auskunftgebers eine vertragliche Haftung als möglich angesehen wurde. 98 Der BGH hat diese Rechtsprechung in einer Entscheidung aus dem Jahre 195299 übernommen. Nach Auffassung des BGH kommt es zu einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag, wenn "die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluß zulassen, daß beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben" 100. Das sei dann indiziert, wenn die Information rur den "Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will; dies gilt insbesondere in Fällen, in de97 Grundlegende Entscheidung des RG zur Auskunftshaftung eines Rechtsanwaltes vom 27.10.1902, RGZ 52, S.365 ff., 366/367. 98 Mot.I, S.555 = Mugdan II, S.31O. 99 Urteil vom 29.10.1952, BGHZ 7, S.371 ff. 100 BGH vom 13.2.1992, NJW 1992, S.2080 ff., 2082 [= LM Nr.46 zu § 301 ZPO mit Anm. Wax = MDR 1992,708]; BGH vom 17.9.1985, WM 1985, S.1531 ff., 1532 [= NJW 1986, S.180].

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

nen der Auskunftgeber rur die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse bei ihm im Spiel ist" 10 I. Subsumiert man die Vermittlung von Warentestinformationen an die Verbraucher unter die genannten Voraussetzungen, so fiUIt es schwer, den Abschluß eines stillschweigenden Auskunftsvertrages zu verneinen. Bei Warentestberichten wird vor allem seitens der Rechtsprechung - wie sich gezeigt hat, zu Recht - unterstellt, daß sie von besonderer Relevanz rur die Konsumentscheidungen der Verbraucher sind. 102 Die Relevanz der Informationen rur wesentliche Vermögensentscheidungen der Verbraucher ist der Stiftung Warentest nicht nur erkennbar, sondern sie wird von ihr angestrebt. Schließlich errullt die Stiftung Warentest als Auskunftsgeber auch die Voraussetzung der besonderen (institutionellen) Sachkunde, wurde sie doch ausschließlich zur Erarbeitung und Verbreitung solcher Informationen gegründet. Ein wirtschaftliches Interesse im Sinne der Rechtsprechung zum Auskunftsvertrag muß dagegen wohl im Hinblick darauf, daß es sich bei der Stiftung um eine "nonprofit-Organisation" handelt, verneint werden. 103

101 BGH vom 16.10.1990, NJW 1991, S.352 f., 352 [= BB 1990, S.2291 = VersR 1991, S.3 11 = MDR 1991, S.338 f.]; BGH vom 13.2.1992, NJW 1992, S.2080 ff., 2082 [= LM Nr.46 zu § 301 ZPO mit Anm. Wax = MDR 1992, 708]; BGH vom 17.9.1985, WM 1985, S.1531 ff., 1532 [= NJW 1986, S.180]; ferner OLG Stuttgart vom 27.7.1993, Leitsätze abgedruckt in AiF 1993, S.954. 102 Siehe die Rechtsprechung zum deliktsrechtlichen Schutz der AnbieterlHerstel1er der getesteten Güter oben 2.Teil in Fn.1 O. 103 Dabei sol1 jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß sich das wirtschaftliche Interesse, auf welches die Rechtsprechung zuweilen bei der Suche nach Anhaltspunkten für einen objektiv erklärten Rechtsbindungswillen im Sinne eines stillschweigenden Auskunftsvertrages abstel1t, sich nicht unmittelbar auf das Geschäft beziehen muß, für das die Auskunft bedeutsam ist (BGH vom 22.9.1982, WM 1982, S.1201 ff., 1203). Das so verstandene wirtschaftliche Interesse eröffnet der Rechtsprechung beim stillschweigenden Auskunftsvertrag mehr Spielraum als bei der Eigenhaftung Dritter aus culpa in contrahendo, bei der die Rechtsprechung (und h.L.) ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Dritten an dem von ihm geförderten Rechtsgeschäft verlangt. Vgl. die Entscheidungen zur Eigenhaftung des GmbH-Geschäftsführers: BGH vom 4.5.1981, ZIP 1981, 1076 ff., 1077; BGH vom 23.\0.1985, ZIP 1986, S.26 ff., 29 [= NJW 1986, S.586 = WM 1985, S.1526]; BGH vom 5.10.1988, ZIP 1988, S.1543 ff., 1544; BGH vom 1.3.1993, ZIP 1993, S.763 ff., 765, m. Anm. P. Dimer [= JZ 1993, S.682 = EWiR 1993, 583 m. Anm. Wiedemann]; BGH vom 20.9.1993, NJW 1993, S.293 I ff., 2933 I.Sp. sub 2. m. Anm. K. Schmidt; BGH vom 6.6.1994, NJW 1994, S.2220 ff., 2220 f. Gegen das Auslegungskriterium des wirtschaftlichen Eigeninteresses, Fredy Mül1er, Auskunftshaftung, S.47 f.

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Die Entgeltlichkeit der Auskunft ist nach Ansicht der Rechtsprechung für die Annahme eines Auskunftsvertrages nicht erforderlich. I 04 Ebenso ist es nach Auffassung der Gerichte unbedeutend, ob sich der Ratsuchende an den Auskunftgeber wendet oder der Auskunftgeber mit der Information an den Ratsuchenden herantritt. I 05 Es würde daher für den Vertragsschluß keinen Unterschied machen, auf welche Weise der einzelne Testnutzer die von der Stiftung Warentest publizierten Testinformationen erhielte. Bedenken gegen die Annahme, ein Gericht würde die Stiftung Warentest aus einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag für den Dispositionsschaden eines Testnutzer als haftbar verurteilen, ergeben sich zwar daraus, daß die Testinformationen an das Publikum der Verbraucher gerichtet sind und es sich daher nicht mehr um einen überschaubaren Adressatenkreis handelt. Die Überschaubarkeit des Adressatenkreises ist in der Rechtsprechung ein wesentliches Kriterium für die Feststellung eines Rechtsbindungswillens des Auskunftgebers. 106 Doch kann diese Frage hier dahinstehen, weil die Grundsätze über den stillschweigenden Abschluß eines Auskunftsvertrages schon methodisch nicht überzeugen und die Auskunftshaftung der Stiftung Warentest der Methodenehrlichkeit wegen nicht auf einen stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag gestützt werden sollte. Das Problem wird deutlich, wenn man sich vorstellt, daß zwischen der Stiftung Warentest und einem Verbraucher ein stillschweigender Auskunftsvertrag zustandekommen soll, wenn der Verbraucher im Wartezimmer seines Hausarztes einen Testbericht über CD-Player studiert und im Anschluß daran das von der Stiftung Warentest empfohlene Gerät erwirbt oder wenn der Verbraucher den CD-Player aufgrund einer (korrekten) Testwerbung des Händlers mit dem Qualitätsurteil der Stiftung Warentest kauft. Schon nach dem äußeren Erscheinungsbild derartiger Kommunikationsprozesse wirkt die Annahme eines Auskunftsvertrages realitätsfremd. Die in der Rechtsprechung entwickel\04 Z.B. RG vom 27.10.1902, RGZ 52, S.365 ff., 367; RG vom 29.6.1920, LZ 1920, Sp.889; RG vom 9.2.1921, RGZ 101, S.297 ff.; RG vom 14.3.1939, RGZ 162, S.129 ff. BGH vom 9.12.1963, WM 1964, S.II7ff., 118; BGH vom 27.6.1984, WM 1984, 1075 ff., 1076. Siehe aber auch das Urteil des BGH vom 5.12.1972 (NJW 1973, S.321 ff., 323), in dem gerade unter Hinweis darauf, daß die klagende Bank kein Entgelt für das fehlerhafte Wirtschaftsprüfertestat entrichtete, vertragliche Ansprüche der Bank gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer abgelehnt wurden. Ferner: Steffen in BGB-RGRK, Rn.33 zu § 676 mwN; Wiegand, Sachwalterhaftung, S.87. 105 BGH vom 12.2.1979, NJW 1979, S.1595 ff., 1596. 106 BGH vom 12.2.1979, NJW 1979, S.1595 ff., 1597; BGH vom 22.9.1982, WM 1982, S.1201 ff., 1203.

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ten Grundsätze zum stillschweigenden Abschluß eines Auskunftsvertrages aufgrund bloßer Auskunftserteilung werden dem Verständnis der Beteiligten und der Verkehrsauffassung - in den meisten Fällen nicht gerecht. Es handelt sich methodisch nicht um die Auslegung von Willenserklärungen, die auf das In-Geltung-Setzen einer einverständlichen Regelung abzielen. Vielmehr geht es um die richterliche Statuierung einer Haftung kraft objektiven Rechts, wie sie insbesondere auch für sog. Gefalligkeitsverhältnisse anerkannt wird. I07 Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob § 676 BGB als "restriktive Auslegungsregel"108 gegen die in der Rechtsprechung favorisierte rechtsgeschäftliche Lösung der außervertraglichen Auskunftshaftung spricht. Schon die Fonnulierung der allgemeinen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines stillschweigenden Auskunftsvertrages läßt erkennen, daß es nicht um die Erforschung dessen geht, was der eine Teil erklärt und der andere verstanden hat. In den Fällen, in denen eine Haftung nach diesen Grundsätzen bejaht wird, orientiert sich die "Auslegung" der "Erklärungen" ausschließlich an dem für erforderlich gehaltenen Ergebnis, nämlich der Haftung. 109 Besonders deutlich wird dies, wenn etwa bei fehlerhaften Infonnationen über Kapitalanlagen darauf abgestellt wird, daß es die Interessenlage zum Schutz der Kapitalanleger erfordere, in der Erteilung von Auskünften durch Vennittler von Kapitalanlagen nicht nur einen gemäß § 676 BGB unverbindlichen Rat zu erblicken, sondern einen Vorgang, der die volle vertragliche Haftung des Auskunftgebers nach sich ziehe. I I0 Es wird nicht einmal mehr der Versuch gemacht, die Erteilung der Auskünfte aus Sicht der einzelnen Anlageinteressenten zu interpretieren. Ein objektiv (aus Sicht des Richters) bestehendes Rechtsschutzbedürfnis auf Seiten der Anleger genügt für die Feststellung, es komme (nur) die volle vertragliche Haftung in Frage. Darin liegt eine Haftung für unsorgfältiges Verhalten kraft richterrechtlich statuierter Nonn und keine Haftung, die auf dem Rechtsbindungswillen des Auskunftgebers beruht. Von Verkehrsbedürfnissen auf einen objektiv erklärten Haftungswillen zu schließen, um die Sorgfaltsanforderungen im Anschluß daran wieder an den Verkehrsbedürfnissen auszurichten, ist nichts anderes als die rechtsgeschäftliche "Verkleidung" einer objektiv-rechtlichen Verantwortlichkeit. 111

107 Vgl. Heinrichs in Palandt, Rn.1 0 ff. Einl. v. § 241. 108 Wiegand, Sachwalterhaftung, S.88. Vgl. nochmals Prot.II, S.2903 Bd.II, S.960. 109 Ähnlich Wiegand, Sachwalterhaftung, S.73 ff.

110 BGH vom 22.3.1979, WM 1979, S.530 ff., 531. III Ebenso Wiegand, Sachwalterhaftung, S.75.

=

Mugdan,

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung \09

Medicus bezeichnet die Konstruktion quasi-vertraglicher Haftung als richterrechtliche Beeinträchtigung der Privatautonomie und möchte damit ein Gebot der Zurückhaltung bei der Statuierung quasi-vertraglicher Pflichten begründen. ll2 Dieser Forderung kann im Grundsatz zugestimmt werden. Darin liegt aber keine Rechtfertigung dafür, das rechtsgeschäftliche Instrumentarium übermäßig zu strapazieren, um zu angeblich auf privatautonomer Gestaltung beruhenden "Haftungsvereinbarungen" zu gelangen. I 13 Die Rechtsprechung, so scheint es, war und ist vorrangig darum bemüht, die Dichotomie der Auskunftshaftung, die in § 676 BGB vorgegeben wird, soweit wie möglich einzuhalten. Gerade in den Fällen des IEinmalkontakts" 114 bzw. in den Fällen der IDrittweitergabe" IIS der Auskünfte fehlte es an einer vertraglichen Rechtsbeziehung zwischen Auskunftgeber und -emptanger. Die Voraussetzungen deliktischer Ansprüche lagen bei reinen Vermögensschäden in der Regel nicht vor - bzw. konnten im Hinblick auf § 826 BGB nicht bewiesen werden. Da man aber im Ergebnis doch zu einer Haftung gelangen wollte, galt es, eine vertragliche Rechtsbeziehung zu konstruieren. Dieser Rechtsprechung ist denn auch von Beginn an der Vorwurf der Fiktion von Willenserklärungen gemacht worden. I 16 Schon Laband hat dem Reichsgericht vorgehalten, daß die

112 Medicus, Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 739. 113 Vgl. B. Schmitz (Vertragshaftung, OB 1989, S.1909 ff., 1915). Schmitz wirft der Rechtsprechung des BGH vor, insbesondere mit den Mitteln der Rechtsgeschäftslehre eine Haftungsausweitung in bezug auf Auskünfte von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern vorzunehmen, die den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht angemessen sei. 114 Begriff bei LammeI, Auskunftshaftung, AcP 179 (1979), S.337 ff., 338. Vgl. hierzu BGH vom 6.3.1972 (Bankauskunft), NJW 1972, S.1200 ff.; BGH vom 12.2.1979 (Bankauskunft), NJW 1979, S.1595 ff.

IIS Begriff ebenfalls bei Lammei, Auskunftshaftung, AcP 179 (1979), S.337 ff., 339. Vgl. hierzu BGH vom 5.12.1972 (Wirtschaftsprüfertestat), NJW 1973, S.321 [= WM 1973, S.141 = LM Nr.11 zu § 676] BGH vom 19.3.1986 Wirtschaftprüfertestat), WM 1986, S.711 ff. [= JZ 1986, S.IIII]. 116 v. Bar, Verkehrspflichten, S.230 ff., 231; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.2602; ders., Vertrauenshaftung, S.425; Gaede, Kreditauskünfte, NJW 1972, S.926 ff., 930; Grunewald, Zivilrechtsverkehr, JZ 1982, S.627 ff., 627; G. Herrmann, Zum Nachteil, Diss. Köln 1976, S.124; v. Hertzberg, Haftung, S.47; Jost, Beratungshaftung, S.112; Köndgen, Selbstbindung, S.355; Kreuzer, Anm. zu BGH vom 28.1.1976 VIII ZR 246/74 (JZ 1976, S.776ff.), JZ 1976, S.778; Lammei, Auskunftshaftung, AcP 179 (1979), S.337 ff., 340/341; Lorenz, Vermögensschäden, FS f. Larenz (1973), S.575 ff., 592; Medicus, BürgR, Rn.371; Stahl, Oritthaftung, S.50; Wiegand, Sachwalterhaftung, S.93.

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Rechtsprechung zum stillschweigenden Abschluß von Auskunftsverträgen ein "schlechter Notbehelf juristischer Konstruktion" sei und nur dazu diene, "diese Haftung konstruieren zu können" .117 In den Motiven zu § 676 BGB [= § 604 I.EntwurfBGB] mögen zwar schon die wesentlichen Elemente der Rechtsprechung zum stillschweigenden Auskunftsvertrag angelegt sein. 118 Doch bedeutet das nicht, daß es sich methodisch um die Auslegung von Willenserklärung handelt, wenn in der Erteilung einer (berufsspezifischen) Auskunft und deren Einbeziehung in die rechtsgeschäftliche Willensbildung durch eine informationsbedürftige Person ein stillschweigender Auskunfts(haftungs)vertrag gesehen wird. Der Rechtsprechung, die etwa bei Bankauskünften einen stillschweigenden Auskunftsvertrag bejaht, obwohl die Auskünfte mit Zusätzen wie "ohne Gewähr" oder "ohne unser obligo" erteilt werden, 119 mag allenfalls in dem Ergebnis zu folgen sein, daß eine Haftung mittels solcher Klauseln nicht ausgeschlossen werden kann. Dieser Rechtsprechung kann aber nicht in ihrem Verständnis der Auskunft als vertragliches Angebot zur Haftungsübernahme gefolgt werden. Aus Sicht eines objektiven Emptangers wird mit derartigen Zusätzen jede Verantwortlichkeit ausgeschlossen, nicht nur die Haftung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen. 120 Einer Bank in einem solchen Fall Rechtsbindungswillen rur eine vertragsmäßige Haftungsübernahme zu unterstellen, bedeutet, das Erklärte in dessen Gegenteil zu verkehren. 121 Bei Vorliegen einer derartigen Klausel kann aus Sicht eines objektiven Empfängers der Auskunft kein Zweifel daran bestehen, daß gerade keine Verantwortung rur die Richtigkeit der Auskunft übernommen wird. Der Wortlaut der Klausel läßt eine andere Deutung methodisch nicht mehr zu. 122

A.A.: Musielak (Haftung für Rat, S.25, 44), der die rechtsgeschäftliche Lösung der Rechtssprechung "als konsequente Durchführung einer objektivierenden Auffassung der Willenserklärung" bezeichnet. Ebenso Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.204. 117 Laband, DJZ 1903, S.259 ff., 262 zu RG vom 27.10.1902, RGZ 52, S.365 ff.; siehe auch schon Leonhard, Verschulden, S.20. 118 Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.50. 119BGH vom 1.12.1970, WM 1971, S.206f., 207; BGH vom 6.7.1970, OB 1970, S.1631 ff., 1632 [= NJW 1970, S.1737 = WM 1970, S.1021]; BGH vom 25.4.1974, WM 1974, S.685 ff., 686. 120 So aber BGH vom 6.7.1970, OB 1970, S.1631 ff., 1632; ebenso Musielak, Haftung für Rat, S.II. 121 G. Herrmann, Zum Nachteil, Diss. Köln 1976, S.122. 122 So auch G. Herrmann a.a.O., S.123.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 111

Die Einschätzung, daß es sich letztlich um eine Haftung kraft objektiven Rechts handelt, findet ihre Bestätigung auch darin, daß die Rechtsprechung hinsichtlich derselben Fehlinformation neben der Haftung aus einem stillschweigenden Auskunftsvertrag auch eine Haftung aus culpa in contrahendo für möglich erachtet. 123 Dabei erweisen sich die Kriterien für beide Haftungsgrundlagen als (fast) identisch. 124 Sowohl für die Eigenhaftung eines Verhandlungsgehilfen aus culpa in contrahendo als auch für die Haftung aus einem stillschweigenden Auskunftsvertrag werden das wirtschaftliche Eigeninteresse l25 und/oder die (vermeintliche) besondere Vertrauensposition des Auskunftgebers als Wertungsgesichtspunkte herangezogen. 126 Nun ließe sich gegen die Behauptung, die Haftungsvoraussetzungen seien identisch, einwenden, daß eine Verantwortlichkeit wegen culpa in contrahendo nur dann in Betracht komme, wenn der Auskunftgeber unmittelbar an Vertragsverhandlungen beteiligt sei. Doch dieses Tatbestandsmerkmal ersetzt nur die Frage nach der für den Auskunftgeber erkennbaren Relevanz seiner Auskunft für die Willensbildung des Auskunftnehmers, soweit kein Verhandlungskontakt besteht. In den Fällen der Auskunftserteilung durch einen Verhandlungsgehilfen ist diese Frage überflüssig, weil dem Auskunftgeber die Relevanz seiner Auskünfte in einer Verhandlungssituation nicht verborgen bleiben kann. Da die Haftung nicht wirklich auf einem Rechtsgeschäft der beteiligten Parteien beruht, fehlt es den Grundsätzen zur Haftung aus einem stillschweigenden Auskunftsvertrag auch an dogmatischer und normativer Stimmigkeit. Folgte man der Vertragslösung der Rechtsprechung, so könnte sich der Auskunftgeber regelmäßig durch Anfechtung gemäß §§ 142 Abs.1, 119 Abs.1 BGB von seiner vertraglichen Haftpflicht befreien. 127 War er sich nicht bewußt, mit der Aus123 BGH vom 18.1.1960, WM 1960, S.660 ff., 662; BGH vom 14.11.1968, WM 1969, S.36 ff., 37; BGH vom 6.11.1974, WM 1974, S.1224 ff., 1225; BGH vom 22.3.1979, BGHZ 74, S.103 ff. [= WM 1979, S.530]; BGH vom 25.5.1979, WM 1979, S.771 ff., 772. 124 Vgl. BGH vom 22.3.1979, WM 1979, S.530 ff., 531. OLG Düsseldorf vom 9.2.1989 (WM 1989, S.676 ff., 680) stützt seine Entscheidung zunächst auf den Abschluß eines Auskunftsvertrages, um später klarzustellen, daß die Haftung auch aus culpa in contrahendo begründet sei, wenn man der Rechtsprechung zum Auskunftsvertrag nicht folgen wolle; vgl. auch Kleinschmitt, Informationsmodell, S.82/83. 125 Wobei, wie schon oben 3.Teil in Fn. \03 erwähnt wurde, es beim stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag genügen soll, daß der Auskunftgeber irgendein erhebliches Eigeninteresse hat, welches sich aber nicht auf das Geschäft beziehen muß, für welches der Auskunft besondere Bedeutung zukommt. 126 BGH vom 22.3.1979, WM 1979, S.530 ff., 531; dazu näher unten S.126 ff. 127 So für die Auskunftshaftung der Banken auch Scheerer, Kreditinstitute, FS f. Bärrnann, 1975, S.801 ff., 806.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

kunftserteilung zugleich einen (stillschweigenden) Haftungsvertrag zu schließen, fehlte ihm insoweit das Erklärungsbewußtsein. Da nunmehr auch höchstrichterlich anerkannt ist, daß ein Rechtsgeschäft, das ohne Erklärungsbewußtsein getätigt wurde, nach §§ 119 Abs.l BGB anfechtbar ist,128 hätte wohl der Anfechtung der stillschweigenden Auskunftsverträge in den meisten der entschiedenen Fälle nichts im Wege gestanden. Der Auskunftgeber wäre allerdings gemäß § 122 Abs.l BGB haftbar gewesen. 129 Danach ist der Schaden zu ersetzen, der im Vertrauen auf die Gültigkeit der Willenserklärung eintritt. Fraglich wäre allerdings geblieben, ob der infolge einer fehlerhaften Auskunft erlittene Schaden sich als eine Einbuße im Sinne des § 122 Abs.l BGB darstellte. Denn die Disposition des Auskunftempfiingers erfolgte nicht im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Haftungsvereinbarung, sondern im Vertrauen auf die inhaltliche Richtigkeit der Auskunft. 130 Die Kausalität wäre also nicht leicht zu begründen gewesen. Selbst wenn man aber das Problem der Kausalität noch tUr lösbar hielte, stünde man bei der Begrenzung des Vertrauensschadens durch das Erfiillungsinteresse vor einer unlösbaren Aufgabe. Denn worin sollte das ErtUllungsinteresse beim Auskunfts(haftungs)vertrag liegen? Einen ErtUllungsanspruch auf sorgfiiltige Informationserteilung hat der Auskunftnehmer zu keinem Zeitpunkt. Der Auskunftsvertrag wird erst mit Erteilung der fehlerhaften Auskunft bzw. bei "Verwendung" der Auskunft geschlossen, so daß mit Vertragsschluß die Pflichtverletzung "uno actu" vorliegt. \3 I Besteht das "ErtUllungsinteresse" aber in der Vermeidung eines Dispositionsschadens, weil sich der stillschweigend geschlossene Vertrag auf die Vermeidung eines solchen Schadens bezieht, so hätte die Anfechtung zur Folge, daß der Auskunftgeber nunmehr verschuldensunabhängig tUr denselben Schaden aufkommen müßte, für den er nach der Haftungsvereinbarung nur bei Verschulden einstehen sollte. Auf den Punkt gebracht heißt dies: Das von der Rechtsordnung dem Irrenden eingeräumte Anfechtungsrecht würde zu einer Verschärfung seiner 128 BGH vom 7.6.1984, BGHZ 91, S.324 ff. [= NJW 1984, S.2279 m. Anm. Canaris]. Auch in diesem Fall hatte die beklagte Sparkasse vom Wortlaut her nur eine Wissenserklärung abgegeben. 129 Scheerer, Kreditinstitute, FS f. Bärmann, 1975, S.801 ff., 806; vgl. ferner Wiegand, Sachwalterhaftung, S.174 ff. Wiegand untersucht mit ablehnendem Ergebnis, ob sich § 122 BGB als Analogiebasis flir eine Informationshaftung anbietet. \30 Durchlaub formuliert diesen Gedanken im Zusammenhang mit einer Vertrauenshaftung des Wirtschaftsprüfers analog § 122 BGB flir die Richtigkeit von Testaten in ähnlicher Weise (vertragliche Haftung, OB 1974, S.905 ff., 907/908); ähnlich auch Esser, Haftung des Wirtschaftsprüfers, S.88 f. Esser hebt flir den Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers allerdings darauf ab, daß dieser Vermerk eben keine Willenserklärung im Sinne des § 122 BGB darstelle. 131 Köndgen, Selbstbindung, S.355.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 113

Haftung fUhren. Dieser Wertungswiderspruch belegt, daß die vertragliche Konstruktion nicht zu überzeugen vennag. 132 Das gilt auch für solche Fälle, in denen ein Geschäftsunfähiger Empflinger einer rechtsgeschäftlich relevanten Auskunft ist. Nun stellen zugegebenennaßen Auskünfte an Geschäftsunfähige den Ausnahmefall dar. Aber gerade Ausnahmen beweisen, ob eine Dogmatik stimmig ist. Dem Geschäftsunfähigen 133 müßten aber wegen § 105 BGB konsequenterweise vertragliche Ersatzansprüche versagt werden, wenn dieser einer Auskunft vertrauend eine Vennögensdisposition vornimmt, die ihm Schaden bringt. 134 Im Ergebnis bedeutet dies, den nach dem Gesetz besonders Schutzbedürftigen mangels (wirksamen) Vertrages schutzlos zu stellen. Das ist mit den gesetzlichen Wertungen der §§ 104 ff. BGB nicht in Einklang zu bringen. \35 Im Schrifttum wird vorgeschlagen, in den Fällen einer schadenstiftenden fehlerhaften Infonnation an einen Empfänger, der dem Auskunftgeber unbekannt ist, den Vertragsschluß mittels eines "Antrags mit dem, den es angeht" unter Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung gemäß § 151 S.l BGB zu begründen. 136 In diesem Vorschlag kann nicht mehr als eine Konstruktions132 Das gilt gleichermaßen für Vorschläge, die auf ein einseitiges "Leistungs- oder Haftungsversprechen" abstellen, soweit damit eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung gemeint ist, vgl. Hans Stoll Leistungsversprechen, FS f. Flume 1978, S.741 ff., 765; Hohloch "Vertrauenshaftung", NJW 1979, S.2369 ff., 2373. Insbesondere bei Stoll bleibt aber unklar, ob es sich seiner Meinung nach um eine Haftung kraft "Versprechens" oder um eine "gesetzliche Vertrauenshaftung handeln soll (S.769). 133 Bei einem beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 106 ff. BGB) ließe sich der Haftungsvertrag als rechtlich lediglich vorteilhaftes Rechtsgeschäft einordnen. Damit wäre die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. 134 Dieses Argument ist angelehnt an die Ausführungen von Canaris (Geschäftsund Verschuldensfähigkeit, NJW 1964, S.1987 ff., 1988 li.Sp. unten) zur Haftung aus culpa in contrahendo gegenüber Geschäftsunfähigen. Es ist ein zunächst einleuchtender Einwand, daß der Geschäftsunfähige gemäß § 105 BGB nur nichtige Willenserklärungen abgeben kann, eine Vermögensverschiebung deshalb si ne causa erfolgt. Doch der bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch des Geschäftsunfähigen hilft diesem jedenfalls dann nicht, wenn der Bereicherungsschuldner insolvent ist. 135 Vgl. Canaris, Nichtige Verträge, JZ 1965, S.475 ff., 482. 136 Hoyningen-Huene, Haftung, NJW 1975, S.962 ff., 964; ders., Der praktische Fall, JuS 1976, S.171 ff., 174 f., wo er allerdings von "vertragsähnlicher" Haftung spricht; ferner Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.324. Vgl. auch BGH vom 16.10.1990, NJW 1991, S.352 f., 352 [= BB 1990, S.2291 = VersR 1991, S.311 = MDR 1991, S.338]; ferner BGH vom 20.1.1954, BGHZ 12, S.105 ff., 109; BGH vom 10.7.1964, WM 1964, S.1163 f., 1163; BGH vom 12.2.1979, 8 Boecken

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

hilfe für ein Problem gesehen werden, das schon mangels rechtsgeschäftlichen Willens der Beteiligten nicht besteht. Angelehnt an das "Geschäft mit dem, den es angeht", soll mit der Figur des "Antrags an den, den es angeht", die Unbestimmbarkeit der Vertragspartner als für den Vertragsschluß unwesentlich qualifiziert werden. Dabei wird verkannt, daß das "Geschäft für den, den es angeht" im Stellvertretungsrecht seinen Ursprung hat und dazu dient, den Offenheitsgrundsatz des § 164 BGB abzuschwächen, 137 wenn dem Geschäftspartner des Erklärenden gleichgültig sein kann, ob er mit dem Erklärenden oder einer hinter diesem stehenden Person kontrahiert. Dies wird allgemein nur bei al1täglichen Bargeschäften anerkannt, also in Fällen, in denen der Leistungsaustausch an Ort und Stelle stattfindet. 138 Die Übertragung dieser Figur auf eine schadensverursachende Informationsvermittlung zwischen Auskunftgeber und Auskunftnehmer ist in Anbetracht der unterschiedlichen Konstellationen nicht zu rechtfertigen, vor allem dann nicht, wenn es sich um publikumsbezogene Informationen handelt. Bei dem offenen wie bei dem verdeckten "Geschäft mit dem, den es angeht" soll nicht eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen begründet werden. Einzig die Dissensproblematik bei Vertretergeschäften soll entschärft werden. 139 In diesen Fällen steht fest, daß und welche Personen mit Rechtsbindungswillen etwas in Geltung setzen wollen. Unklar ist nur, zwischen wem diese Regelung gelten sol1. 140 Im Gegensatz hierzu kommt dem "Antrag an alle, die es angeht"141 bei der Auskunftshaftung eine andere Funktion zu. Er dient dazu, die Information trotz fehlender individualisierbarer Adresse aus Sicht des disponierenden Informationsnehmers als Antrag im Sinne des § 145 BGB zu qualifizieren, um überhaupt zu einem Vertragsschluß gelangen zu können. Die Anleihe, die hier aus dem Recht der Stel1vertretung aufgenommen wird, soll damit zur Lösung eines Vertragsabschlußproblems beitragen, obwohl sie es sich nur um ein Institut zur Lösung eines Konsensproblems 142 im Stel1vertretungsrecht han-

NJW 1979, S.1595 ff. 1597; OLG Hamm vom 29.4.1986, NJW-RR 1987, S.209 f., 209; OLG Köln vom 20.10.1987, NJW-RR 1988, S.335 f., 336. 137 Larenz, BGB-AT, § 30 11, S.603 f. 138 Larenz ebenda. Ferner Dickes, Vertrag mit Schutzwirkung, Diss. Mainz 1992, S.140. 139 Larenz a.a.O., S.604. 140 Larenz ebenda. 141 Vgl. BGH vom 10.7.1964, WM 1964, S.1163 ff. (I.Leitsatz). 142 Zur Unterscheidung von Abschluß und Zustandekommen bei Verträgen, Leenen, Abschluß, AcP 188 (1988), S.381 ff., 385 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 115

delt. 143 Die Rechtsprechung hat sich bisher zu Recht in keinem Fall dieser Konstruktionshilfe zur Begründung eines stillschweigenden Auskunftsvertrages bedient. Wenn man denn in den genannten Fällen einen Vertragsschluß konstruieren wollte, läge es näher dies mit Hilfe eines "Antrags ad incertas personas" zu tun. Doch letztlich sollte auch dieser Gedanke verworfen werden. Der "Antrag ad incertas personas" soll insbesondere bei dem Erwerb von Waren aus Automaten den Vertragsschluß ermöglichen. 144 Dieser Offerte kommt nicht die Funktion zu, eine (unüberschaubare) Vielzahl von Vertragsverhältnissen zustande zu bringen, sondern sie dient nur dazu, aufgrund des vorhandenen Leistungsvorrats einzelne Leistungsaustauschbeziehungen zu begründen, wenn es auf einen persönlichen Kontakt der Parteien nicht ankommt. Der Aufsteller eines Automaten verpflichtet sich nur in dem Umfang des vorhandenen Waren vorrats des Automaten gegenüber einzelnen Kunden, die den Mechanismus (ordnungsgemäß) auslösen. Der wesentliche Unterschied liegt also darin, daß beim "Antrag ad incertas personas" die Zahl der Vertragspartner genau bestimmt werden kann. Nicht bestimmbar hingegen ist die Identität der einzelnen Personen. Auch bei diesen Austauschvorgängen ist es dem Anbieter der Waren gleichgültig, wer sich gegen Entgelt am Automaten bedient. Die Leistungen werden unmittelbar erbracht. Wo es aber überhaupt nicht um den unmittelbaren Austausch von Leistungen geht, sondern nur um die Begründung von Haftung nach Vertragsregeln, wäre auch die Anwendung dieser Figur nicht mehr als eine Verlegenheitslösung. Nach alledem ist deutlich geworden, daß die Haftung der Stiftung Warentest für primäre Vermögensschäden der testnutzenden Verbraucher infolge fehlerhafter Warentestinformationen dogmatisch nicht auf die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über das stillschweigende Zustandekommen eines Auskunfts(haftungs)vertrages gestützt werden sollte.

143 Diese Konstruktion lehnt auch Stahl (Dritthaftung, S.46) ab. Zur Begründung verweist er allerdings nur auf die Zurückhaltung in Judikatur und Literatur. 144 Siehe nur Larenz, BGB-AT, § 27 I b), S.5l8. A.A. zum Automatenkauf Medicus, BGB-AT, Rn.362, der im Geldeinwurf den Antrag und im Funktionieren des Automaten die Annahme sieht. 8*

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest fUr reine Vermögensschäden

2. Quasi-vertragliche Haftung der Stiftung Warentest durch "Selbstbindung ohne Vertrag" Nach Köndgen stellt die (berufsgebundene) Auskunftshaftung eine auf Selbstbindung - und damit auf Privatautonomie - beruhende Haftung dar, die quasi-vertraglicher Natur sei. 145 Dem von ihm entwickelten Konzept der "Selbstbindung ohne Vertrag" liegt der Gedanke zugrunde, daß durch ein nach außen gezeigtes Verhalten einer Person, welches auch in der Einnahme einer bestimmten sozialen Position (Rolle) liegen kann, bei Interaktionspartnern normative Verhaltenserwartungen geweckt werden. In dem Verhalten oder der Einnahme einer Position (Rolle) könne, so Köndgen, ein Akt der pivatautonomen Selbstverpjlichtung gesehen werden, der bei Enttäuschung der Erwartungen als Grundlage einer Haftung genüge. 146 Köndgen entwickelt sein Konzept der Selbstbindung ohne Vertrag mit rechtsvergleichend-rechtssoziologischer Methode. Zum Vergleich zieht er den anglo-amerikanischen Rechtskreis heran, der mit dem Institut des "promissory estoppel" einen Ansatzpunkt tur das Selbstbindungskonzept bereitzuhalten scheint. 147 Dieses Institut, dem im englischen Recht bis heute nur die Funktion einer Einwendung gegen einen geltend gemachten Anspruch zukommt,148 hat sich im amerikanischen Recht zu einem eigenständigen Verptlichtungsgrund fortentwickelt. 149 Das Prinzip des "promissory estoppel" stellt nach Köndgen maßgeblich auf die Intensität eines Erwartungen weckenden Verhaltens - des "promise" (Versprechens) als Akt der Selbstbindung - ab, um daraus auf der Rechtsfolgenseite unterschiedliche Sanktionen im Falle der Enttäuschung der Erwartungen zu knüpfen. 150 Vor diesem Hintergrund kommt Köndgen zu der Überzeugung, daß auch tur das deutsche Recht nicht der Konsens, den die Rechtsgeschäftslehre in den Mittelpunkt rücke, das verpflichtende Element eines Vertrages sei, sondern die in der Anbahnung eines Vertrages sich ver-

145 Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S.352 ff. 146 Köndgen, a.a.O., S.163 ff. 147 Köndgen, a.a.O., S.65 ff. Ähnlich versuchen auch Hans Stoll (Leistungsversprechen, FS f. Flume 1978, S.741 ff., 765) und Hohloch ("Vertrauenshaftung", NJW 1979, S.2369 ff., 2373) mit Rückgriff auf eine englische Entscheidung (Hedley Byme & Co. v. Heller & Partners Ud. [1964] A.c. 465) ihren Vorschlag eines einseitigen Haftungsversprechens zu begründen. 148 Ähnlich der Einwendung des "venire contra factum proprium". Vgl. Köndgen, a.a.O., S.70. 149 Köndgen a.a.O., S.69. 150 Köndgen a.a.O., S.85.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 117 dichtenden Momente der Selbst- und Fremdbindung. 151 Köndgen untermauert seinen so verfolgten Ansatz mit den Ergebnissen der soziologischen Interaktionsforschung. 152 Insbesondere stützt er sich auf rollentheoretische Befunde, nach denen die soziale Position einer Person normative Verhaltensanforderungen bei den Interaktionspartnern mit sich bringe. Um eine rechtliche Verpflichtung zu erzeugen, bedarf es nach Köndgen aber nicht nur eines nach außen gezeigten Verhaltens, sondern ferner einer irgendwie gearteten Gegenleistung. Das Reziprozitätserfordernis diene nicht nur dazu, der durch Selbstbindung entstandenen Verpflichtung über die Zeit Bestand zu verleihen, sondern es diene auch zur Kontrolle, ob die "Erzwingung der Selbstbindung als Rechtspflicht" angemessen seLI53 Das Kriterium der sozialen Rolle und das Merkmal der Systemreferenz, dem Handlungsumfeld, in dem eine Selbstbindung stattfinde, zählten nicht zu den engeren Verpflichtungselementen, sondern seien Differenzierungskriterien für die Interpretation von Selbstdarstellungen. Insgesamt handele es sich bei dem entwickelten Konzept der privatautonomen Selbstbindung um ein "bewegliches System", das auf vier Elementen beruhe: Selbstdarstellung, Reziprozität, Rolle und Systemreferenz. 154 Auf dieser Grundlage sucht Köndgen auch die Problematik der außervertraglichen Auskunftshaftung mit dem Selbstbindungsansatz zu erklären. Bei Auskunft und Rat liege, so Köndgen, der Grund für die nach Vertragsgrundsätzen bestehende Verantwortlichkeit darin, daß Auskunft oder Empfehlung "kommunikatives Handeln mit Geltungsanspruch " darstellten. 155 Gerade in dem Geltungsanspruch der Auskunft oder der Empfehlung liege das verpflichtende Selbstbindungselement (also das Vertragsähnliche), auch wenn es gegenüber dem Versprechen einen minderen Grad von Selbstbindung aufweise. 156 Das Auskunftsersuchen eröffne dem Auskunftgeber eine Gestaltungsposition (Machtposition), indem er sich nunmehr zum Fiduziar des Anfragenden machen oder die Auskunftserteilung ablehnen könne. 157 Die Gestaltungsposition müsse durch entsprechende Sorgfaltspflichten ausgeglichen werden. 158 Bei Auskünften und Empfehlungen sei, so Köndgen, der Geltungsanspruch allein aber nicht genügend für eine Haftungsbegründung. Hinzu kommen müsse, daß 151 Köndgen a.a.O., S.156 ff.; 160 f. 152 Köndgen a.a.O., S.I64 ff. 153 Köndgen a.a.O., S.280. 154 Köndgen a.a.O., S.281. 155 Köndgen a.a.O., S.356. 156 Köndgen a.a.O., S.358. 157 Köndgen a.a.O., S.358. 158 Köndgen a.a.O., S.358.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

es sich um marktbezogene Auskünfte handele und die Auskunft im Wirkungskreis der vom Auskunftgeber eingenommenen sozialen (Berufs )Rolle liege,159 wobei die soziale Rolle helfe, den in der Auskunft liegenden Geltungsanspruch näher zu kennzeichnen. 160 Übertrüge man dieses Konzept der Auskunftshaftung aufgrund von Selbstbindung auf die Informationspraxis der Stiftung Warentest, müßte man zu einer quasi-vertraglichen Verantwortlichkeit der Einrichtung nach diesen Grundsätzen gelangen. Durch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit weckt die Einrichtung bei den Verbrauchern die Erwartung, daß sie aufgrund der Tests eine größere Marktübersicht erhalten und daher "bessere" Konsumentscheidungen treffen könnten. Darin kann der Geltungsanspruch, den die Stiftung Warentest für die Richtigkeit ihrer Warentestinformationen erhebt, gesehen werden. Köndgen, der auf die Stiftung Warentest ausdrücklich eingeht, untermauert die Stellung der Warentesteinrichtung damit, daß er sie als sog. "public status party" einordnet,161 die in ihrer Selbstdarstellung Wert darauf lege, von der Bundesregierung gegründet worden zu sein und der Kontrolle des Bundesrechnungshofes zu unterliegen. Diese Selbstdarstellung erfolge, um an der Autorität des Staates zu partizipieren,162 woraus sich die Verpflichtung ableite, auch entsprechende Verhaltenskorrektheit beobachten zu müssen. 163

159 Köndgen a.a.O., S.359/360. 160 Köndgen a.a.O., S.361. 161 Der Einordnung muß jedenfalls insoweit widersprochen werden, als "public status parties" nach Köndgen dem maßgeblichen Einfluß der öffentlichen Hand unterliegen (a.a.O., S.229). Denn dies ist, wie oben (S.53 ff.) gezeigt wurde, bei der Stiftung Warentest gerade nicht der Fall. 162 Köndgen a.a.O., S.229 f. Köndgen untersucht in diesem Zusammenhang leider nur, ob sich die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber den Herstellern aus Delikt, wie sie vom BGH (BGHZ 65, 325 ff.) für möglich erachtet wird, in sein Konzept der Selbstbindung einer "public status party" einordnen läßt. Das ist überraschend, weil die Stiftung Warentest als Verbraucherschutzeinrichtung den Kommunikationskontakt zu den Verbrauchern sucht und daher mit diesen in eine Kommunikationssituation tritt. Die Verbraucher sind die Interaktionspartner der Stiftung Warentest. Bei ihnen werden bewußt Erwartungen in bezug auf die Richtigkeit der Informationen geweckt. Köndgen wendet sein Konzept auf eine Rechtsbeziehung an, bei der es für die Haftung nicht auf Selbstbindung durch Selbstdarstellung ankommen kann. Denn jede Testeinrichtung würde den Herstellern und Anbietern von Waren und Dienstleistungen für unrichtige Veröffentlichungen unabhängig von ihrer Selbstdarstellung haften, sofern die Voraussetzungen der deliktischen Tatbestände erfüllt sind. 163 Köndgen a.a.O., S.228.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 119 Es mag zutreffend sein, bei Auskünften und Ratschlägen ein Moment der Selbstbindung darin zu sehen, daß der Auskunft- oder Ratgeber etwas als richtig behauptet. Entscheidend für die Haftung sind aber die zusätzlichen Erfordernisse der Marktbezogenheit und Rollenspezifität der Auskunft. Selbstbindung - also die Behauptung der Richtigkeit einer Auskunft - genügt nach Köndgens eigener Darstellung nicht. Wer aber die Systemreferenz der Auskunft und die soziale Position des Auskunftgebers als den Grund der Haftung (= Geltungsanspruch) konkretisierende Merkmale heranzieht,164 kann schlecht behaupten, die Verpflichtung beruhe allein auf Selbstbindung. 165 Den Auskunftgeber an seiner beruflichen oder sozialen Rolle festzuhalten 166 oder seine Auskunft als marktbezogene Information zu qualifizieren, hat nichts mit versprechensähnlicher Selbstbindung zu tun. Das bedeutet vielmehr, die Verantwortlichkeit für ein schädigendes Verhalten wertend an objektive Umstände zu knüpfen. Zu Recht wird deshalb die Qualifizierung dieser "privatautonom veranlaßten Haftung" als Rechtsquelle zwischen Rechtsgeschäft und Gesetz als wenig überzeugend bezeichnet. 167 Daran vermag auch der Rückgriff auf das im amerikanischen Recht zu einer Anspruchsgrundlage fortentwickelte Institut des "promissory estoppel" nichts zu ändern. Denn die von Köndgen in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen amerikanischer Gerichte betreffen allesamt Erklärungen über die Erbringung einer zukünftigen Leistung. Die Erklärungen enthielten inhaltlich schon ein Versprechen im eigentlichen Sinn. 168 So lag es in dem Fall, in dem der Onkel seinem Neffen zusagte, diesem eine Europareise zu finanzieren, 169 oder in dem Fall, in dem eine Bank der 164 Köndgen a.a.O., S.361. 165 Ähnlich: Larenz, SchR-BTI3 Bd.II1I, § 56 VI, S.425; Müller, Auskunftshaftung, S. 138 f. 166 Dieses Kriterium zur Begründung einer Haftung für fehlerhafte Auskünfte war und ist nicht umstritten: vgl. schon Mot.I, S.555 = Mugdan 11, S.3 10, wonach die Ratserteilung durch Gewerbetreibende und Sachverständige im Rahmen ihrer Kunst und Wissenschaft zu den Fällen einer vertraglichen Haftung gerechnet wurde. Zu diesem Kriterium aus dem Schrifttum: v.Bar, Gutachten, S.I721/1722; Grunewald, Haftung des Experten, AcP 187 (\ 987), S.285 ff.; Heesch, Privatrechtliehe Haftung, Diss. Münster 1982, S.159/160; Konrad Huber, Verkehrspflichten, FS f. v. Caemmerer, 1978, S.359 ff., 385; lost, Beratungshaftung, S.21O; Köndgen, Selbstbindung, S.352 ff.; LammeI, Auskunftshaftung, AcP 179 (\ 979), S.337 ff., 365; Lorenz, Vermögensschäden, FS f. Larenz, 1973, S.575 ff., 591; Mertens in MünchKomm 2, Rn.476 zu § 823; Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.141 ff.; Vollkommer in lauemig, Anm.2 c) zu § 676; Wittmann in Staudinger, Rn. 13 zu § 676. 167 Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.93/94. 168 Vgl. Köndgen a.a.O., S.70 ff. 169 Devecmon v. Shaw 69 Md. 199, 14 A, 9 Am. St. Rep. 422 (Ct. App. 1888).

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3.Tei1: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

Buchprüferin des Bankkunden versicherte, die Bank werde sich um die Bezahlung ihres Honorars kümmern. 170 Diese Sachverhalte und Entscheidungen sind daher nicht geeignet, Leitlinien für eine Haftung aufgrund fehlerhafter Auskunft zu liefern, die nach Köndgens eigener Auffassung eine "culpaHaftung" für unsorgfaltiges Verhalten, nicht aber für "den Bruch des gegebenen Worts" ist. 171 Danach kann eine Informationshaftung der Stiftung Warentest gegenüber Verbrauchern nach der hier vertretenen Auffassung nicht schon aufgrund von "Selbstbindung ohne Vertrag" bejaht werden. Die Haftung ist nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Sonderrechtsbeziehung zu denken.

3. Die Auskunftsverantwortlichkeit der Stiftung Warentest auf der Grundlage einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung kraft objektiven Rechts Der lückenhafte Schutz des bloßen Vermögens im Deliktsrecht hat dazu geführt, daß der Bereich quasi-vertraglicher Haftung eine immer stärkere Bedeutung gewinnen konnte. Rechtsfortbildungen wie die Vertretereigenhaftung l72 aus culpa in contrahendo, die Sachwalterhaftung, 173 zu der auch die an die culpa in contrahendo angelehnte zivilrechtliche Prospekthaftung 174 gehört, die Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter 175 und die Dritt-

170 Kirkpatrick v. Seneca National Bank 213 Kan. 61, 515 P. 2d 781 (1973). 171 Köndgen a.a.O., S.358. 172 Vgl. BGH vom 17.9.1954, BGHZ 14, S.313 ff., 318 mwN aus der reichsgerichtlichen Rspr.; BGH vom 4.7.1983, BGHZ 88, S.67ff., 68/69; BGH vom 20.9.1993, NJW 1993, S.2931 ff., 2933 m. Anm. K. Schmidt.

173 Grundlegend BGH vom 5.4.1971, BGHZ 56, S.81 ff. 174 Vgl. BGH vom 24.4.1978, BGHZ 71, S.284 ff.; BGH vom 16.11.1978, BGHZ 72, S.382 ff.; BGH vom 22.3.1979, BGHZ 74, S.103 ff. [= WM 1979, S.530]; BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff.; BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337 ff. [= WM 1981, S.483]; BGH vom 10.10.1994, NJW 1995, S.130ff. Diese dogmatische Einordnung ablehnend Wiedemann/Schmitz, Kapitalanlegerschutz, ZGR 1980, S.129 ff., 143; Assmann, Prospekthaftung, S.252 ff. 175 Diese Grundsätze sind heute nicht mehr auf Personen- und Sachschäden beschränkt: BGH vom 28.2.1977 (Lastschrift), BGHZ 69, S.82 ff.; BGH vom 2.11.1983 (Öfftl. bestellter Sachverständiger), WM 1984, S.34 ff., 35; BGH vom 19.3.1986 (Wirtschaftsprüfer), WM 1986, S.711 ff., 711 [= JZ 1986, S.IIII].

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 121 schadensliquidation bei obligatorischer Gefahrentlastung 176 belegen dies eindrucksvoll. Die Begründung einer Infonnationshaftung der Stiftung Warentest gegenüber einzelnen Testnutzern kraft objektiven Rechts im Sinne einer quasivertraglichen Haftung kann nur mit Blick auf den Haftungsgrund vergleichbarer Tatbestände vorgenommen werden. Da die Warentestinfonnationen unmittelbare Gefahren im Hinblick auf die rechtsgeschäftliche Willensbildung der Verbraucher entfalten, müssen die Tatbestände im Vordergrund der Betrachtung stehen, die an die Verletzung von Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung anknüpfen. Hierzu zählen insbesondere die Haftungstatbestände, die der culpa in contrahendo unter dem Begriff der Sachwalterhaftung 177 zugeordnet werden. Kennzeichnend für alle diese Tatbestände der culpa in contrahendo ist, daß auf Seiten des Benefiziars der Pflichten (bzw. der Haftung) ein Infonnationsdefizit vorhanden ist. Deshalb stellt sich zunächst die Frage, ob allein das Infonnationsdefizit der Verbraucher schon genügt, eine Haftung der Stiftung Warentest für fehlerhafte Infonnationen gegenüber den Verbrauchern zu statuieren.

a) Zum Haftungsgrund einer Informationshaftung der Stiftung Warentest aa) Sozial- / Verbraucherschutz als Haftungsgrund Die Annahme einer gesetzlichen quasi-vertraglichen Haftung der Stiftung Warentest gegenüber den Testnutzern läßt sich weder auf die Schutzbedürftigkeit sozial Schwacher oder geschäftlich Unerfahrener noch allein auf die typische Infonnationsangewiesenheit der Verbraucher stützen. 178 Von den Verbrauchern, die die Infonnationen der Stiftung Warentest in ihre rechtsgeschäftliche Willensbildung einbeziehen, gehören nur wenige den bi 1176 Vgl. hierzu Mertens in Soergel 12, Rn.247 vor § 249; Kuckuk in Ennan, Rn.142 vor § 249. 177 Vgl. die Tatbestände bei Brüggemeier, DeIR, Rn.450. 178 Vgl. zu solchen Ansätzen etwa Reich, Infonnationspflichten, NJW 1978. S.513 ff; Schumacher, Vertragsaufhebung, S.71 ff.; v. Westphalen (Das Recht des Stärkeren, MDR 1994, S.5 ff., 7) sieht im Verhältnis zwischen Verbraucher und Anbieter von Waren und Dienstleistungen eine "typisierbare Fallgestaltung" für Fremdbestimmung im Sinne der Bürgschaftsrechtsprechung des BVerfG (Beschl. vom 19.10.1993, BVerfGE 89, S.214 ff. [= NJW 1994, S.36 = WM 1993, S.2199 = JZ 1994, S.408 = BB 1994, S.16 = FamRZ 1994, S.151 = ZIP 1993, 1775] sowie Beschluß vom 5.8.1994, BB 1994, S.2296 ff.). Ausführlich zum Infonnationsbedürfnis der Verbraucher, Schumacher, Vertragsaufhebung, S.69 ff., 74 ff.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

dungs- und einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen an. Empirisch ließ sich ermitteln, daß gerade die Bevölkerungsgruppen, deren Bildung und Einkommen relativ niedrig sind, sich deutlich weniger um die Testinformationen kümmern als die Verbraucherkreise, deren Bildungsniveau relativ hoch ist und die über mittlere oder hohe Einkommen verfügen. 179 Es wäre geradezu widersinnig, eine rechtliche Sonderverbindung im Hinblick auf die Konsumenten statuieren zu wollen, die sich am wenigsten um die Verbesserung ihrer Marktübersicht bemühen und damit ihrer Funktion im Zusammenspiel einer wettbewerblich geprägten Marktordnung nicht oder nur teilweise nachkommen. Diese Funktion liegt gerade darin, über den Vergleich der angebotenen Güter den Leistungswettbewerb zu fördern. 180 Das mit den Informationen der Einrichtung verfolgte Ziel einer MarktautheIlung für alle Verbraucherkreise findet seinen Grund in einem strukturellen Defizit marktwirtschaftlicher Transparenz, das durch den Entwicklungsstand des Wirtschaftssystems im ganzen bedingt ist.

Wenn Verbraucher mit geringerer Bildung und geringeren Einkommen vergleichsweise weniger Marktübersicht besitzen als Verbraucher mit hohem Bildungsstand und größerem Einkommen, so liegen darin Erscheinungen, die mit der Aufgabenerfüllung der Stiftung Warentest nicht zu bewältigen sind. Die Stiftung Warentest mag zwar auch Verbraucherbildung betreiben, jedoch ist es nicht ihre Aufgabe, Verteilungsgerechtigkeit zu schaffen. Die Informationen richten sich gleichermaßen an alle Verbraucher, unabhängig von ihrem sozialen Status. Gerade der Umstand, daß bildungs- und einkommensschwache Gruppen signifikant weniger Verbraucherinformationen der Stiftung Warentest in Anspruch nehmen, zeigt, daß die Anknüpfung einer Sonderbeziehung an die besondere Schutzwürdigkeit sozial schwacher Verbraucher weitgehend leerlaufen müßte, weil die so zu schützenden Verbraucherkreise die Warentestinformationen erst gar nicht in ihre Willensbildung einbeziehen. 181

179 SilbererIFörster u.a, Kontakte, in: Warentest und Konsument, S.26 ff., S.60; siehe auch Strassner, Verbraucherinformationsrecht, S.148. 180 Vgl. Lehmann, Vertragsanbahnung, S.72. 181 Das Sozialschutzmodell als Erklärungsansatz für Aufklärungspflichten bei der Vertragsanbahnung allgemein ablehnend Leenen, Funktionsbedingungen, S.114. Es läßt sich jedoch nachweisen, daß einkommens- und bildungsschwache Verbraucher von der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest insofern profitieren, als die Informationsarbeit dazu beiträgt, daß infolge des Nachfrageverhaltens der durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Informationsnutzer die Wettbewerbssituation insgesamt intensiviert wird. Dies wiederum bedingt, daß auch besonders schutzwürdige (unterdurchschnittliche) Verbraucherkreise qualitativ bessere Güter zu niedrigeren

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 123 Allein die infolge fehlender Marktübersicht und Produktkenntnis strukturell schwächere Stellung aller Verbraucher im Wirtschaftsgeruge als schützenswerte Position zu begreifen,182 mag wirtschafts-, rechts- und sozialpolitisch gerechtfertigt, ja sogar unter dem Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich geboten sein. 183 Nicht zuletzt veranlaßte das systembedingte Informationsdefizit der Verbraucher die Gründung der Warentesteinrichtung maßgeblich. 184 Zur Statuierung einer quasi-vertraglichen Sonderrechts beziehung gegenüber einzelnen Testnutzem bei fehlerhafter Information genügt der Tatbestand einer strukturell unterlegenen VerbrauchersteIlung jedoch nicht. 185 Darur ist dieser Tatbestand einerseits zu konturen los, 186 andererseits zu sehr auf die zu schützende Seite bezogen. Die schwache Stellung der Verbraucher am Markt bestand und besteht unabhängig von der Informationsarbeit der Stiftung Warentest. Dieser Zustand kann und soll zwar durch richtige Marktinformationen

Preisen erwerben (sog. "positive Extemalität" (vgl. Strassner, Verbraucherinfonnationsrecht, S.148). 182 So v. Westphalen, Das Recht des Stärkeren, MDR 1994, S.5 ff., 7. 183 Siehe z.B. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S.267 ff., 269; ders., Berufshaftung, FS f. Fischer, S.237 ff., 252; Lehmann, Vertragsanbahnung, S.72; Reich, Infonnationspflichten, NJW 1978, S.513 ff., 519; Schuhmacher, Verbraucherschutz, S.79 ff., S.93 ff.; Schumacher, Vertragsaufhebung, S.79 ff. In diese Richtung weisen die Beschlüsse des BVerfG vom 19.10.1993 (BVerfGE 89, S.214 ff.) und vom 5.8.1994 (BB 1994, S.2296 ff.) zur Mitverpflichtung einkommensund vennögensloser Familienmitglieder. Die Perspektive Hopts wandelt sich später. Ging er in seiner Habilitationsschrift (Kapitalanlegerschutz, 1975) noch verstärkt von der Schutzbedürftigkeit der Anleger aus, so betont er später (Berufshaftung, 1979, und Nichtvertragliche Haftung, 1983) die Verantwortlichkeit der Aufklärungspflichtigen mit ihren professionellen Rollen und Funktionen am Markt. 184 Gerade staatliche Schutzmaßnahmen knüpfen nicht selten ausschließlich an die Stellung der "unterlegenen" Verbraucher an: So schützt die EG-Richtlinie 93/I3/EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 5.4.1993, ABlEG Nr. L95 vom 21.5.1993, S.29 ff. [= NJW 1993, S.1838], den Verbraucher gerade in seiner "rollenspezifischen" Unterlegenheit, vgl. Heinrichs, Umsetzung, NJW 1995, S.153 ff., 153. Vgl. ferner § I Abs.l S.2 ProdhaftG, wonach nur privat genutzte Sachen, die durch ein fehlerhaftes Produkt beschädigt werden, von der Haftpflicht des Herstellers erfaßt werden. 185 Vgl. die ausführliche und auch im Ergebnis zutreffende Kritik des Verbraucherschutzansatzes bei Breidenbach, Infonnationspflichten, S.24 ff., S.3I; Rümker, Aufklärungspflichten, S.35; Fastrich, Inhaltskontrolle, S.44 ff. 186 Fastrich, Inhaltskontrolle, S.45.

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3.Tei1: Die Haftung der Stiftung Warentest flir reine Verrnögensschäden

verbessert werden, doch liegt allein in der Infonnationsangewiesenheit der Verbraucher noch kein hinreichendes haftungs begründendes Element. 187

bb) "Vertrauen" als Haftungsgrund quasi-vertraglicher Schutzpflichten Die im ersten Teil dargelegten Ergebnisse der Mannheimer Studien über den Einfluß der Infonnationsarbeit der Stiftung Warentest auf das Konsumentenverhalten 188 legen es nahe, neben der strukturellen Angewiesenheit der Verbraucher das von diesen der Einrichtung entgegengebrachte "institutionelle Vertrauen"189 als Grund einer gesetzlichen Haftung heranzuziehen. Dieser Ansatz verlangt eine Auseinandersetzung mit der zur culpa in contrahendo entwickelten Vertrauensdogmatik, weil nur bei einem mit den bisher anerkannten Fallgruppen vergleichbaren "Vertrauenstatbestand" eine Haftung der Stiftung Warentest zu überzeugen vennag.

(1) "Vertrauen" als Haftungsgrund der culpa in contrahendo im Verhältnis von Geschäftspartnern Der Vertrauensschutz als "rechtsethisches Prinzip"190 wird angeführt, um die vertragsähnliche Ausgestaltung der Haftung aus culpa in contrahendo herzuleiten. Es ist heute herrschende Meinung, der Haftungsgrund der culpa in contrahendo sei darin zu sehen, daß das durch einen Verhandlungspartner gewährte Vertrauen l91 , das der andere Teil in Anspruch genommen habe, enttäuscht werde. 192

187 Zur Angewiesenheitsrelation als Voraussetzung von Aufklärungspflichten im vertraglichen Schuldverhältnis ausflihrlich Breidenbach, Inforrnationspflichten, S.62 ff. 188 Siehe oben S.41 ff. 189 Assmann/Kübler, Verbraucherinforrnation, S.49. 190 Begriff bei Thiele, Leistungsstörung, 1Z 1967, S.649 ff., 651 mwN. 191 Nicht immer ist klar, wer Vertrauen gewährt. So ist nach v. Craushaar (Einfluß, S.27) derjenige, dem vertraut wird, der "Vertrauensgewährer", während üblicherweise der Vertrauende Vertrauen gewährt. 192 Vgl. aus der Rechtsprechung nur: BGH vom 20.6.1963, BGHZ 40, S.22 ff., 24; BGH vom 22.2.1973, BGHZ 60, S.221 ff., 226; BGH vom 19.12.1977 (SchiffcharterFall), BGHZ 70, S.337 ff., 344; BGH vom 25.2.1988, WM 1988, S.789 ff., 791. Aus dem Schrifttum: Grundlegend Heinrich StoII, Leistungsstörungen, S.26; Ballerstedt, culpa in contrahendo, AcP 151 (1950/51), S.501 ff., 507; Breidenbach, Inforrnationspflichten, S.4 7 ff., insbes. S.51; Canaris, Vertrauenshaftung, S.532 u. 539; ders., Schutzgesetze, FS f. Larenz (1983), S.84, 93 ff.; Eichler, Vertrauen, S.13; Grote, Eigen-

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 125 Als Voraussetzung für die Begründung der Sonderbeziehung wird nach der Aufnahme eines rechtsgeschäftlich motivierten Kontakts gefragt,193 weil mit Aufnahme dieses Kontakts beide Teile ihre Rechtsgüter dem Einflußbereich des anderen in besonderem Maße, will sagen, über das allgemeine Risiko hinaus, unterwerfen. 194 Die Aufnahme eines irgendwie gearteten, erlaubten sozialen Kontakts 195 kann die Abgrenzung zum deliktischen Haftungssystem nicht gewährleisten. 196 Insofern besteht heute weitgehend Einigkeit,197 daß der Kontakt der Parteien rechtsgeschäftlich motiviert sein muß, um eine gesetzliche Sonderrechtsbeziehung zu begründen.

haftung, S.94 f.; Heinrichs in Palandt, Rn.66 zu § 276; H. Hübner, Zurechnung, FS f. Nipperdey, Bd.l, S.373 ff., 400; Larenz, SehR-AT, § 9 I, S.IOI; Löwisch in Staudinger, Rn.38 Vorbem. zu §§ 275-283; leicht einschränkend Medicus, Culpa in contrahendo, JuS 1965, S.209 ff., 213; ders., Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 737; Nirk, Culpa in contrahendo, FS f. Möhring I, S.385 ff., 392. ders., Vertrauenshaftung Dritter, FS f. Hauß, 1978, S.267 ff., 276, 280; Schubert, Unredliches Verhalten, AcP 168 (1968), S.4 70 ff., 508/509; Sticht, Haftung des Vertretenen, Diss. München 1966, S.44; Vollkommer in Jauernig, Anm.l.c. zu § 276. 193 Vgl. nur: Canaris, Vertrauenshaftung, S.442; Larenz, SehR AT, § 9 I I, S.I 04. 194 Canaris, Vertrauenshaftung, S.442. 195 So zuerst Dölle, Schutzpflichten, ZgesStaatsW Bd.103 (1943), S.67 ff., 84; Blomeyer, Allg. SchuldR, § 17 I b, S.72; E. Schmidt, Nachwort, S.147. 1. Schmidt (in Staudinger, Rn.1223 zu § 242) ist der Auffassung, der Haftungsgrund sei der Institutionenschutz unterhalb der gesamtgesellschaftlichen Ebene. Was unter "Institutionen" zu verstehen ist, bleibt allerdings unklar. Vgl. auch BGH vom 15.5.1979, BGHZ 74, S.281 ff., 287, wo das Gericht offenließ, ob - wie vom Berufungsgericht bejaht - eine Schadensersatzpflicht wegen eines nicht korrigierten falschen Arbeitszeugnisses auf das Kriterium des "sozialen Kontaktes" gestützt werden könne. 196 Gegen den Anknüpfungspunkt des "sozialen Kontaktes" überzeugend schon Larenz, Verkehrssicherungspflicht, MDR 1954, S.514 ff., 518; Picker, Forderungsverletzung, AcP 183 (1983), S.369 ff., 410; ders., Schadenshaftung, JZ 1987, S.1041 ff., 1045. Vgl. auch BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff., 1504 [= OB 1974, 1427 = LM Nr.14 zu § 249 (0) BGB] zur Herstellerhaftung wegen eines reinen Vermögensschadens gegenüber einem Endabnehmer in der Absatzkette. Dazu Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz H, S.100; Lehmann, Vertragsanbahnung, S.105 ff.; Steinmeyer, Produzentenhaftung, OB 1988, S.I 049 ff. 197 E. Schmidt spricht allerdings noch im Anschluß an Dölle von einem "gesteigerten sozialen Kontakt" (Esser/Schmidt, SehR-AT, § 29 I, S.430).

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Verrnögensschäden

Für die Haftung einer Partei eines angestrebten Rechtsgeschäfts aus culpa in contrahendo gegenüber der anderen Partei wird dem Kriterium des Vertrauens bei der Prüfung der Haftungsvoraussetzungen - wenn überhaupt - nur fiir die Ersatzfähigkeit des geltend gemachten Schadens im Hinblick auf die Pflichtverletzung Beachtung geschenkt. 198 Das bedeutet, daß aufgrund des rechtsgeschäftlich motivierten Kontakts, den die Parteien in eigener Angelegenheit aufnehmen, unterstellt wird, daß der eine dem anderen Teil rechtlich schützenswertes Vertrauen entgegenbringt. Ob der Rückgriff auf den Haftungsgrund des Vertrauens im Verhältnis zwischen den Parteien eines angestrebten Rechtsgeschäfts überzeugend ist, mag hier noch dahinstehen. 199 Denn bei der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest geht es jedenfalls nicht um die Anbahnung eigener rechtsgeschäftlicher Kontakte, sondern um die Förderung fremden rechtsgeschäftlichen Verhaltens, nämlich das der Verbraucher. Schon aus diesem Grund kann im Verhältnis der testnutzenden Konsumenten zur Stiftung Warentest eine Vertrauensbeziehung wie zwischen den Parteien eines Rechtsgeschäfts nicht unterstellt werden. Eine Vertrauenshaftung der Stiftung Warentest aus culpa in contrahendo kommt deshalb allenfalls unter den Voraussetzungen in Betracht, unter denen bei der sog. Eigenhaftung Dritter aus culpa in contrahendo - einschließlich der Tatbestände der Prospekthaftung - eine quasi-vertragliche Sonderbeziehung zwischen einem Auskunftnehmer und einem ratgebenden Dritten angenommen wird.

(2) "Vertrauen" als Haftungsgrund der Eigenhaftung Dritter bei Färderungfremden geschäftlichen Kontakts

Die Eigenhaftung von Abschluß- und Verhandlungsgehilfen aus culpa in contrahendo kommt nach h.M. in Betracht, wenn der Gehilfe entweder ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse an dem geförderten Rechtsge-

198 Vgl. etwa RG vom 19.2.1931, RGZ 131, S.343, 359; BGH vom 17.3.1978, WM 1978, S.1092 f. Schon Errnan (Beiträge, AcP 139 (1934), S.273 ff., 312) vertrat die Auffassung, daß Vertrauen lediglich ein Problem der Kausalität sei; siehe auch E. Schmitz, Dritthaftung, S.108. 199 Zur Kritik an dem Haftungsgrund "Vertrauen" unten 3.Teil S.142 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 127 schäft besitzt200 oder dem Gehilfen besonderes Vertrauen gewährt wird und er dieses rur seine Person in Anspruch nimmt. 201

(a) Eigenes wirtschaftliches Interesse Die Haftung eines Verhandlungsgehilfen auf dessen wirtschaftliches Eigeninteresse an dem geförderten Rechtsgeschäft zu stützen,202 ist nach dem Vertrauensansatz nur in den Fällen gerechtfertigt, in denen wirtschaftlich betrachtet das geförderte Rechtsgeschäft zumindest auch als eigenes Geschäft des Verhandlungsgehilfen erscheint. 203 Nur der, der "gleichsam in eigener Sache"204 tätig oder "dessen Interesse mit dem typischen Eigeninteresse einer Vertragspartei gleichwertig"205 ist, hat nach Vertrauens grundsätzen die Gebote von Treu und Glauben gegenüber dem anderen Teil wie ein Vertragspartner zu beachten. 206 Dem entspricht es, daß ein wie auch immer geartetes mittelbares

200 Siehe nur Heinrichs in Palandt, Rn.94 zu § 276 mwN aus der Rechtsprechung. 201 Vgl. schon die Formulierung bei Ballerstedt, (culpa in contrahendo, AcP 151 (1950/51), S.50 I ff., 507) und EnneceruslNipperdey (BGB, AT, 1960, § 182, 3a,b, S.1120). Ferner: BGH vom 5.4.1971, BGHZ 56, S.81 ff., S.83 [= NJW 1971, S.1309]; BGH vom 19.12.1977, BGHZ 70, S.337 ff., 341; Heinrichs in Palandt, Rn.96 zu 276; Vollkommer in Jauernig, Anm.VI.2.e. zu § 276 mwN. A.A.: Hildebrand, Erklärungshaftung, S.136 u. 299. 202 Siehe nur Larenz, SehR-AT, § 9 I 4, S.I 09. 203 Vgl. Brandner, Haftung, FS f. Werner, S.53 ff., 61; Heinrichs in Palandt, Rn.94 zu § 276. Aktualität hat diese Frage derzeit für die Haftung des GesellschafterGeschäftsführer einer GmbH, dessen wirtschaftliche Beteiligung an der von ihm vertretenen Gesellschaft nach Auffassung des BGH (Urteil vom 7.11.l994, ZIP 1995, S.124 ff., 125; vgl. auch Urteil vom 23.10.1985, NJW 1986, S.586 ff., 587 sub c. [= WM 1985, S. 1526]) alleine nicht hinreicht, die Eigenhaftung aus culpa in contrahendo zu begründen, weil sich insoweit ein Wertungswiderspruch zu § 13 Abs.2 GmbHG ergebe. Dazu ausführlich Medicus, Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 728 f. mwN. 204BGH vom 1I.I0.1988, NJW-RR 1989, S.llOff., 111; OLG Celle vom 19.11.l993, NJW-RR 1994, S.615 f., 615; OLG Frankfurt vom 24.3.1994, WM 1994, S.1025 ff., 1026. 205 Canaris, Täterschaft, FS f. Giger, S.I 13. 206 BGH vom 23.10.1985, NJW 1986, S.586 ff., 587 sub b. [= WM 1985, S.1526]; BGH vom 2.3.1988, NJW 1988, S.2234 ff.,2235 [= WM 1988, S.781); BGH vom 11.10.1988, NJW -RR, S.IIO ff., 111; Canaris, Konkursantragspflicht, JZ 1993, S.649 ff., 650.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vennögensschäden

Interesse am Abschluß eines Rechtsgeschäfts (z.B. Provisionsinteresse207 ; Gesellschafterstellung in einer GmbH208; Stellung von Sicherheiten zugunsten des Vertretenen 209 ) nicht ausreicht, um ein gesetzliches Schuldverhältnis zum Verhandlungs gehilfen zu begründen. 210 Unabhängig davon, ob man dem wirtschaftlichen Interesse an dem geförderten Rechtsgeschäft allein oder kumulativ mit weiteren Voraussetzungen 211 eine haftungsbegründende Bedeutung beimißt,212 kommt diesem Gesichtspunkt für das vorliegende Haftungsproblem keine Bedeutung zu.

207 BGH vom 5.4.1971, BGHZ 56, S.81, 84; BGH vom 17.10.1989, NJW 1990, S.506 f., 506; OLG Frankfurt vom 24.3.1994, WM 1994, S.1 025 ff., 1026. 208 BGH vom 4.5.1981, ZIP 1981, 1076 ff., 1077; BGH vom 23.10.1985, ZIP 1986, S.26 ff., 29 [= NJW 1986, S.586 = WM 1985, 1526]; BGH vom 5.10.1988, ZIP 1988, S.1543 ff., 1544; BGH vom 1.3.1993, ZIP 1993, S.763 ff., 765, m. Anm. P. Ulmer [= JZ 1993, S.682 = EWiR 1993, S.583 m. Anm. Wiedemann]; BGH vom 20.9.1993, NJW 1993, S.2931 ff., 2933 sub 2. m. Anm. K. Schmidt; BGH vom 6.6.1994, NJW 1994, S.2220 ff., 2220 f. Vgl. ferner Canaris, Konkursantragspflicht, JZ 1993, S.649 ff.; Medicus, Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 727 ff. 209 BGH vom 6.6.1994, NJW 1994, S.2220 ff., 2220 f.; BGH vom 11.10.1988, ZIP 1988, S.1576 ff., 1577 [= NJW-RR, S.IIO]; BGH vom 1.3.1993, ZIP 1993, S.763 ff., 765. Siehe aber auch BGH vom 2.3.1988, ZIP 1988, S.505 ff., 507 [= NJW 1988, S.2234 = WM 1988, S. 781]; Medicus, Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 729 ff. 210 Ob die sich in der Rechtsprechung zur Haftung des GmbH-Geschäftführers aus culpa in contrahendo abzeichnende Entwicklung, die Haftung nur noch auf die Fallgruppe der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens zu reduzieren, auch für andere Fallgruppen einsetzen wird, kann dahingestellt bleiben. Die Entwicklung zeigt aber, welche Schwierigkeiten bestehen, den Begriff des mittelbaren Interesses inhaltlich so zu füllen, daß eine klare Abgrenzung möglich ist. Letztlich besitzt jeder Verhandlungsgehilfe an dem Zustandekommen des von ihm betreuten Rechtsgeschäfts ein wirtschaftliches Interesse. Siehe den Beschl. des BGH vom 20.9.1993, NJW 1993, S.2931 ff. mit zust. Anm. K. Schmidt. Vgl. ferner die Rspr. in den vorherigen Fußnoten. 211 Canaris, Täterschaft, FS f. Giger, S.113, fordert darüber hinaus, daß der wirtschaftlich interessierte Dritte die "Tatherrschaft" besitzt und die Haftung der privatrechtlichen Zuständigkeitsordnung entspricht. 212 Dagegen schon Ballerstedt, culpa in contrahendo, AcP 151 (1950/51), S.501 ff., 523, der allerdings das wirtschaftliche Interesse des Vertreters als Indiz für dessen Vertrauensposition heranziehen will; insoweit ablehnend Medicus, Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 732; Ulrich Müller, Haftung des Stellvertreters, NJW 1969, S.2169 ff., 2170; E. Schmitz, Dritthaftung, S.61 f.; Sticht, Haftung des Vertretenen, Diss. München 1966, S.82 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 129 Die Stiftung Warentest besitzt nämlich an den von ihr geförderten Rechtsgeschäften der Testnutzer kein eigenes, nicht einmal ein mit dem Provisionsinteresse vergleichbares wirtschaftliches Interesse. Die entgeltliche Informationsvergabe zur Finanzierung ihrer Tätigkeit stellt sich nicht als wirtschaftliches Interesse im oben beschriebenen Sinne dar, da die Stiftung Warentest hierdurch nicht zum Benefiziar der durch ihre Informationen geförderten Rechtsgeschäfte wird. Allein aus dem Interesse der Stiftung Warentest an der Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Grundlage über eine auch entgeltliche Veräußerung der Warentestpublikationen läßt sich ex lege keine quasi-vertragliche Sonderverbindung zu den Testnutzern herleiten. Eine derartige Betrachtungsweise müßte anderenfalls erst recht rur das Rechtsverhältnis der Warenhersteller zu den Endabnehmern ihrer Waren gelten, da die Markttätigkeit der Warenhersteller sogar gewinnwirtschaftlichen Charakter besitzt. Selbst die Stimmen, die sich rur die Annahme einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen den Warenherstellern und den Verbrauchern ausgesprochen haben, knüpfen die quasivertragliche Haftung nicht an die gewinnwirtschaftliche Tätigkeit der Hersteller, sondern an das "Vertrauen" der Verbraucher in die Fehlerfreiheit der Produkte. 213

(b) Inanspruchnahme besonderen Vertrauens Da ein haftungsbegründendes wirtschaftliches Interesse der Stiftung Warentest rur eine (vertragspartnergleiche) Haftung zwischen ihr und den Testnutzern nicht vorhanden ist, kann sich eine solche nur unter dem zweiten Gesichtspunkt der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens ergeben, der gerade rur die Fälle der Sachwalterhaftung kennzeichnend ist. Über die Fälle der Vertretereigenhaftung214 aus culpa in contrahendo hinausgehend handelt es sich bei den Sachwalterflillen um Konstellationen, bei

Vgl. ferner K. Schmidt, Anm. zu BGH vom 20.9.1993, 11 ZR 292/91 (NJW 1993, S.2931 ff.), NJW 1993, S.2934 f., 2935; P. Ulmer, ZIP 1993, S.769 ff., 770. 213 Vgl. vor allem Canaris, Produzentenhaftung, JZ 1968, S.494 ff, 501 f.; Diederichsen, Haftung des Warenherstellers, S.297 ff.; Lorenz, Warenabsatz, S.8 ff., 15; Gegen eine Sonderbeziehung aus einem "Warenvertrauen" ausdrücklich BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff., 1504 f. 214RG vom 1.3.1920, RGZ 120, S.249ff.; BGH vom 17.9.1954, BGHZ 14, S.3 \3 ff; BGH vom 21.1.1975, BGHZ 63, S.382 ff. [= NJW 1975, S.642]; BGH vom 10.4.1978, WM 1978, S.611 f.; BGH vom 28.1.1981, NJW 1981, S.922 f.; BGH vom 3.11.1982, NJW 1983, S.217 f.; BGH vom 4.7.1983, WM 1983, S.950 f; BGH vom 9 Boecken

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

denen bloße Verhandlungsgehilfen oder Vermittler215 ohne Vertretereigenschaft216 an einer Vertragsanbahnung beteiligt sind. Hierzu gehören auch die Fälle der qualifizierten Prospekthaftung, eine Rechtsfortbildung, welche die h.M. aus den Grundsätzen der culpa in contrahendo ableitet. 217

In den Sachwalterllillen wird nach Anhaltspunkten gesucht, die der disponierenden Person Anlaß geben, sich auf die Auskünfte des Dritten zu verlassen. Sowohl bei den "Verhandlungsgehilfen"-Fällen als auch bei den Prospekthaftungsfällen finden sich diese Anhaltspunkte fast218 ausschließlich in der nach 14.11.1983, WM 1984, S.127 f. Vgl. insbesondere die Rechtsprechung zum Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH oben 3.Teil in Fn.208. 215 BGH vom 5.4.1971, BGHZ 56, S.81 ff.[= NJW 1971, S.1309]; BGH vom 3.11.1976, WM 1977, S.73 ff., 76; BGH vom 19.12.1977, BGHZ 70, S.337 ff., 342 ff. [= WM 1978, S.425]; BGH vom 25.1.1984, WM 1984, S.475 ff., 477. 216 So die "Sachwalter"-Definition in der Entscheidung des BGH vom 11.7.1988, NJW 1989, S.293 f., 294. Ebenso: Canaris, Täterschaft, FS f. Giger, S.91 ff., 106; Coing, Prospektwerbung, S.206 ff., 208; H. Herrrnann, Sachwalterhaftung, JZ 1983, S.422 ff., 422. Der Begriff "Sachwalter" wird vom BGH jedoch nicht einheitlich verwendet. Beispielsweise bezeichnet er einen Gebrauchtwagenhändler, der ein Kundenfahrzeug im Namen des Kunden verkauft, ebenfalls als Sachwalter des Kunden (Urteil vom 21.1.1975, BGHZ 63, 382 ff., 385/386). Wiegand (Sachwalterhaftung, S.29 ff., 37) legt ausführlich dar, daß der Begriff "Sachwalter" inhaltlich unergiebig ist. 217 Wegbereitend für die Ableitung der Haftung aus culpa in contrahendo war wohl die Entscheidung des 11. Senats des BGH vom 14.12.1972 (NJW 1973, S.1604 ff.), in der erstmals festgestellt wurde, daß in einer Publikums-KG das irreführende Verhalten der persönlich haftenden und geschäftsführenden Gesellschafterin den rein kapitalistisch beteiligten Kommanditisten nicht zugerechnet werden könne, vielmehr dieses Verhalten geeignet sei, eine Eigenhaftung der Gesellschafterin aus culpa in contrahendo zu begründen (S.1605). 218 Freilich anders die Entscheidung des BGH vom 23.2.1983, BGHZ 87, S.27 ff., 33 [= NJW 1983, S.1607 = WM 1983, S.413 = ZIP 1983, S.428], in der das besondere Vertrauen, das der Beklagte in Anspruch genommen habe, maßgeblich auf die lange Geschäftsbeziehung des Beklagten zum klagenden Unternehmen seines Bruders gestützt wurde. Die Verwandtschaft dürfte wohl kaum ein überzeugendes Argument für die Begründung von Aufklärungs- oder Wahrheitspflichten sein. Verwandte Geschäftspartner strengeren Anforderungen im geschäftlichen Verkehr zu unterwerfen als nicht verwandte Geschäftspartner, bedeutet, das Vertrauen an einen Tatbestand zu knüpfen, der dem aufklärungspflichtigen Geschäftspartner nicht zugerechnet werden kann, oder, um mit Canaris' (Täterschaft, FS f. Giger, S.106) Worten zu sprechen: Die Verwandtschaft begründet in diesem Fall keine privatrechtliche Zuständigkeit. In eine ähnliche Richtung geht die Entscheidung des BGH vom 18.9.1990 (JZ 1991, S.99 f.), in der ein GmbH-Geschäftsführer aus culpa in contrahendo für haftbar gehalten

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 131

außen getragenen beruflichen und damit zusammenhängenden sozialen Stellung des Dritten.

(aa) Haftung von Verhandlungsgehilfen In seiner grundlegenden Entscheidung vom 5.4.1971 219 zur Sachwalterhaftung hat der BGH darauf abgestellt, daß "dem Beklagten, nachdem ihm die fmanzielle Betreuung [... ] übertragen worden war, eine besondere Vertrauensstellung220 nicht nur gegenüber dem Bauherrn, sondern auch im Verhältnis zu den Bauhandwerkern und den Gläubigem des Bauherrn zukam. [... ] Dabei durften die Beteiligten davon ausgehen, daß der Beklagte (als Finanz- und Grundstücksmakler!) seiner Aufgabe, die bis dahin aufgetretenen Finanzierungsschwierigkeiten zu beseitigen und die Fertigstellung des Bauwerks zu erreichen, mit aller von einem FinanzJachmann, wie er es ist221 , zu erwartenden, in solchen Fällen aber auch gebotenen Sorgfalt gerecht werde. "222 Die Konkretisierung des Vertrauenstatbestandes wird nur im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Finanzfachmanns erreicht. Die vom Beklagten einzuhaltende Sorgfalt bemißt sich ausschließlich danach, welche berufliche Tätigkeit er ausübt und ob die fehlerhafte Information damit in einem inneren Zusammenhang steht. 223 An diese Tätigkeit werden dann zum tatsächlichen Verhalten wird, weil er zu der Zeichnerin eines Anteils an einem Bauherrenmodell ein "intimes Verhältnis" unterhielt. Vorvertragliche Pflichten aus einer Intimbeziehung abzuleiten, heißt nichts anderes, als das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien moralisch auszufüllen, wie Bruggner-Wolter zutreffend anmerkt (Verjährung, S.122). Entscheidend konnte nur sein, ob der Geschäftsführer in seiner Person objektiv Eigenschaften mitbrachte, die das Vertrauen der Bauherrin in seine Zuverlässigkeit rechtfertigten. 219 BGHZ 56, S.81 ff., 87. 220 Hervorhebung im Original. 221 Hervorhebung durch den Verf. 222 BGH a.a.O., S.87. 223 So hat der BGH die Haftung eines Architekten aus einem konkludenten Auskunftsvertrag abgelehnt, weil die Auskunft eines Architekten über Vermögensverhältnisse eines potentiellen Grundstückskäufers nicht als sachverständiger Rat anzusehen sei (Urteil vom 24.4.1972, WM 1972, S.826 f., 827). In dieselbe Richtung wies der BGH schon in einem Urteil vom 10.7.1964 (WM 1964, S.1163 ff., 1164), als er ausführte, daß allein die Mitwirkung eines Kommanditisten an Sanierungsverhandlungen, welche zwischen den Gläubigem einer Kommanditgesellschaft und dieser geführt würden, im Verhältnis des Kommanditisten zu den beteiligten Gläubigem nicht ohne weiteres besondere Auskunftspflichten in dem Sinne begründeten, wie dies etwa für den zu derartigen Verhandlungen als Sachverständigen zugezogenen Wirtschaftsprüfer angenommen worden sei. 9'

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vennögensschäden

gegenläufige Sorgfaltsmaßstäbe angelegt, um zur Feststellung eines objektiv pflichtwidrigen Verhaltens zu gelangen. In der Entscheidung des BGH vom 19.12.1977224 wird der Beklagten eine Haftung fUr das Scheitern einer Vertragsabwicklung auferlegt, weil die Beklagte "die Klägerin auch damit zum Abschluß der Charterverträge bewogen (hat), daß sie den Einsatz ihrer eigenen kaufinännischen Einrichtung in Aussicht stellte und in besonderem Maße Vertrauen in eine ordnungsgemäße technische Geschäftsabwicklung erweckte [... ],,225 Abgesehen davon, daß der BGH mit dieser Entscheidung die Sachwalterhaftungsgrundsätze auch auf das Stadium der Vertragsabwicklung erstreckte, leitete er auch in diesem Fall die besondere Vertrauensstellung der Beklagten ausschließlich aus ihrer Kaufinannseigenschaft und den damit zusammenhängenden Erwartungen des Verkehrs ab. 226 Die (vermeintliche) Sachkunde spielt ebenso in den Fällen der Eigenhaftung von Gebrauchtwagenhändlern gegenüber Käufern die entscheidende Rolle. 227 Dies gilt jedenfalls fUr solche Fälle, in denen die Eigenhaftung der Gebrauchtwagenhändler nicht auf ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse gestützt werden kann. Die Pflicht, den Kaufinteressenten bei vorhandener Informationsangewiesenheit mit richtigen und wahren Informationen zu versorgen oder über bestimmte fUr die Kaufentscheidung wesentliche Umstände aufzuklären, machte der BGH in der Entscheidung vom 21.1.1975 228 daran fest, daß das Verkaufspersonal fachkundig gewesen sei und dem Händler ein technischer Apparat zur Verfügung gestanden habe. Der Fachhändler von Gebrauchtwagen nehme eine uneingeschränkte SachwaltersteIlung ein, so daß er grundsätzlich fUr Pflichtverletzungen bei Vertragsschluß dem Käufer auf Ersatz des Vertrauensschadens hafte. 229 Im Urteil vom 28.1.1981 230 konkretisierte der BGH die Anhaltspunkte für die Inanspruchnahme besonderen, über die normale "Verhandlungsloyalität" hinausgehenden Vertrauens. Er fUhrte aus: "Dazu (zu einer besonderen Ver224 BGHZ 70, S.337 ff. 225 BGH a.a.O., S.343. 226 BGH a.a.O., S.343. 227 Z.B. BGH vom 21.1.1975, BGHZ 63, S.382 ff. [= NJW 1975, S.642]; BGH vom 28.1.1981, NJW 1981, S.922 f.; BGH vom 3.11.1982, NJW 1983, S.217 f.: BGH vom 25.5.1983, BGHZ 87, S.302 ff. 228 BGH vom 21.1.1975, BGHZ 63, S.382 ff. 229 BGH a.a.O., S.385/386. 230 BGH vom 28.1.1981, NJW 1981, S.922.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 133 trauensgewährung durch den Kunden [der Verf.]) kommt es angesichts der Geschäftspraxis im Gebrauchtwagenhandel leicht, weil der Kaufinteressent mit dem eigentlichen Verkäufer regelmäßig nicht in Berührung kommt. Vertrauen kann bei solcher Fallgestaltung überhaupt nur gegenüber dem Vermittler oder Abschlußvertreter entstehen. Bezeichnet er sich als Fachmann, setzt er Fachkenntnisse im Verkaufsgespräch ein, berät er den Kunden, klärt ihn über technische Einzelheiten des Fahrzeugs, den Erhaltungszustand, eine etwaige Beteiligung an einem Unfall auf, weist er auf Unfallfreiheit oder sonstige rur den Kaufentschluß maßgebliche Einzelheiten als Fachmann hin und geschieht das unter Umständen, die rur die Verläßlichkeit der Angaben sprechen, wozu beispielsweise eine eigene Werkstatt oder Diagnosestation, wie sie auch in größeren Tankstellen anzutreffen ist, und schließlich die Beschäftigung geschulten Personals gehören, so nimmt der betreffende Vermittler oder Vertreter besonderes Vertrauen mit Vorbedacht in Anspruch. Er erweckt den Eindruck, rur Bestand und Errullung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts Gewähr zu bieten. "231 In der Entscheidung vom 3.11.1982 232 hielt der BGH einen Gebrauchtwagenhändler rur verpflichtet, ein Fahrzeug jedenfalls insoweit auf rur das Fortbestehen der Betriebserlaubnis bedeutsame technische Veränderungen hin zu untersuchen, "als sie ihm als Fachmann ohne weiteres, d.h. ohne besonderen technischen Aufwand [... ] erkennbar sind."233 Die berufliche Fachkunde der Gebrauchtwagenhändler ist maßgeblicher Anknüpfungspunkt der schuldrechtlichen Sonderbeziehung und damit Argumentationsgrundlage rur die Begründung der Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung, wobei die Reichweite der Pflichten nicht nur von der Fachfremdheit der Käufer, also dem Informationsbedarf, abhängt, sondern auch davon, ob es nur um die Weitergabe präsenten Wissens geht oder ob vom Gebrauchtwagenhändler gegebenenfalls Nachforschung oder Untersuchung des Kfz verlangt werden kann. 234

231 BGH a.a.O., S.922. 232 BGH vom 3.11.1982, NJW 1983, S.217 f. 233 BGH a.a.O., S.218. 234 Breidenbach, Informationspflichten, S.60/61.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest fUr reine Vermögensschäden

Es bleibt festzuhalten, daß bei dieser Fallgruppe der Sachwalterhaftung die berufliche Qualifikation des Verhandlungsgehilfen den Anknüpfungspunkt für das "besondere Vertrauen" bildet, das zum Haftungsgrund erklärt wird. 235

(bb) Qualifizierte zivilrechtliche Prospekthaftung Die Haftung für fehlerhafte Prospektangaben bei der Werbung für Kapitalanlagen wird von der h.M. zur Kategorie der Vertrauenshaftung gezählt,236 235 Canaris (Täterschaft, FS f. Giger, S.107; ders., Schutzgesetze, FS f. Larenz H, S.84) sieht in dem "Berufsvertrauen" das "signifikanteste Paradigma", nicht aber ein notwendiges Merkmal der Verantwortlichkeit von Vertretern und Sachwaltern aus culpa in contrahendo. Diese Aussage steht zunächst einmal nicht im Widerspruch zu der oben getroffenen Feststellung. Der von Canaris als Beispiel angefUhrte Fall, in dem ein Architekt Bauhandwerker mit einer fehlerhaften Auskunft über die finanzielle Lage des Bauherrn zur Fortsetzung der Arbeiten veraniaßt (Täterschaft, FS f. Giger, S.107) kann m.E. aber nicht vollends überzeugen. Die Haftung des Architekten darauf zu stützen, daß er auf Grund seiner engen Beziehung zum Bauherrn dessen wirtschaftliche Lage i.d.R. beurteilen kann und der Bauhandwerker daher erwarten darf, daß eine Auskunft fundiert ist, mag zutreffen, doch darin liegt gerade auch ein Zugriff auf die Stellung des Haftpflichtigen als Architekt. Denn nur aufgrund dieser Rolle steht er in einer engen Beziehung zum Bauherrn (vgl. das von Canaris zu seinem Beispiel angefUhrte Urteil des BGH vom 27.6.1963, NJW 1963, S.2166 ff., 2177). Canaris (Larenz/Canaris, SchR-BT13 Bd.II12, § 76 III 3. b., S.409). schwächt das Kriterium der beruflichen Fachkunde im Zusammenhang mit deliktischen Verkehrspflichten noch weiter ab. 236 Siehe die grundlegende Entscheidung des BGH zur Prospekthaftung vom 24.4.1978, BGHZ 71, S.284 ff., 286 f.; BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337ff., Leitsatz a), S.341. Breidenbach, Informationspflichten, S.49/50; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2274 ff., 2277; ders., Konkursantragspflicht, JZ 1993, S.649 ff., 650; Coing, Prospektwerbung, WM 1980, S.206 ff., 211; A. Lang, Dritthaftung, WM 1988, S.1001 ff., 1008. Kritisch zu dieser Einordnung und flir eine rechtsgeschäftliche Lösung Köndgen, Theorie, S.18 f. Für eine Einordnung in das Deliktsrecht: Assmann, Prospekthaftung, S.354; Brüggemeier, DeIR, Rn.498; v. Bar, Vertrauenshaftung, ZGR 1983, S.476 ff., 51!. Auch Breidenbach kritisiert die Lehre des typisierten Vertrauensschutzes (Informationspflichten, S.49), wenn er ausfUhrt, die Annahme einer Vertrauensbeziehung in diesen Fällen wirke fiktiv. Dennoch ist seiner Meinung nach die Einordnung der Prospekthaftung als Vertrauenshaftung richtig, da in den Prospektangaben der erforderliche Vertrauenstatbestand zu sehen sei (a.a.O., S.50). Dem ist entgegenzuhalten, daß die Prospektangaben als solche nicht vertrauensbegründend wirken können. Die Angaben im Prospekt sind gerade das Objekt des aktuellen Vertrauens, das als Voraus-

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 135 obwohl es - wie der BGH es ausdrückt - nicht um persönliches Vertrauen geht, sondern um das Anlegervertrauen, das "typischerweise" aus einer GarantensteIlung "kraft Berufes oder Amtes"237 entsteht oder auf besonderer Fachkunde oder einer generell exponierten beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung beruht (= qualifizierte Prospekthaftung).238 Voraussetzung rur das Entstehen einer Sonderverbindung ist danach, daß der Inanspruchgenommene bei dem Vertrieb von Kapitalanlagen mittels Prospektwerbung eine besondere Stellung einnimmt, die beim Anleger den Anschein einer besonderen Glaubwürdigkeit erweckt. 239 Besonders deutlich wird dies, wenn der BGH in einem Urteil vom 22.5.1980 240 formuliert: "Aus der Bedeutung, die dem Emissionsprospekt zukommt, muß aber weiter gefolgert werden, daß auch alle Personen rur eine sachlich richtige und vollständige Information einzustehen haben, die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an der Prospektgestaltung einen besonderen - zusätzlichen - Vetrauenstatbestand schaffen. Dazu gehören insbesondere solche Personen und Unternehmen, die mit Rücksicht auf ihre

allgemein anerkannte und herausgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder ihre Eigenschaft als beruftmäßige Sachkenney241 eine GarantensteIlung einnehmen. In erster Linie kommen hierrur Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer in Betracht, die mit ihrer Zustimmung im Prospekt als Sachver-

setzung für eine Haftung im Hinblick auf die Kausalität zwischen Fehlinformation und Schaden notwendig ist. Die vertrauenschaffenden Umstände - der "Vertrauenstatbestand" (Canaris, Vertrauenshaftung, S.491) - müssen außerhalb der Prospektangaben liegen. Jedenfalls können diese Umstände mit der Aussage, auf deren Richtigkeit vertraut wird, nicht identisch sein. Damit ist zugleich noch einmal klargestellt, daß dem (aktuellem) Vertrauen jedenfalls insoweit eine Bedeutung im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen der qualifizierten Prospekthaftung verbleibt, als es sich auf die Richtigkeit der gegebenen Prospektinformationen bezieht. 237 BGH vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 224; BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337,341. 238 BGH a.a.O., S.341. 239 BGH vom 24.4.1978, BGHZ 71, S.284 ff., 287 (Initiatoren und Gründer der Publikums-KG); BGH vom 16.11.1978, BGHZ 72, S.382 ff., 384 f. (GründerKommanditisten als Kaufmann und Steuerberater im Werbeprospekt); BGH vom 22.3.1979, BGHZ 74, S.103 ff., 109 [= WM 1979, S.530] (Vertriebsfirma); BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff. (Rechtsanwälte); BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, 337 ff., 342/343 (Gründer-Kommanditisten); BGH vom 17.1.1985, BGHZ 93, S.264 ff., 266 mwN (Finanzierungsbank) [= NJW 1985, S.1020 = WM 1985, S.221]. Ein kurzer Überblick über die neuere Entwicklung der Prospekthaftung findet sich bei Wolf, Prospekthaftung, NJW 1994, S.24 ff. mN aus der Rspr. 240 BGHZ 77, S.I72 ff. 241 Hervorhebung nicht im Original.

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ständige angeruhrt werden und in dieser Eigenschaft Erklärungen abgeben. Von ihnen wird berufliche Sachkunde und persönliche Zuverlässigkeit mit der Folge erwartet, daß der Kapitalanleger ihren Aussagen im Prospekt häufig eine maßgebliche und ausschlaggebende Bedeutung beimißt. ,,242 Dieses Begründungsbeispiel aus der Prospekthaftungsrechtsprechung ließe sich leicht um weitere ergänzen. 243 Die Argumentation in den Fällen der Prospekthaftung rur Kapitalanlagen auf dem sog. "grauen Kapitalmarkt"244 knüpft damit außer an den Umstand, daß die Anleger keine anderen Informationsmöglichkeiten haben,245 entscheidend an die berufliche Stellung und Qualifikation derer an, die an der Prospekterstellung und Verbreitung beteiligt sind. 246 Der "Vertrauenstatbestand" wird also ausschließlich in der beruflichen oder institutionellen Sachkunde und Fachkompetenz gesehen.

(cc) Die Inanspruchnahme "besonderen Vertrauens" durch die Stiftung Warentest Überträgt man die eben dargestellten Grundsätze der Sachwalterhaftung auf das Wirken der Stiftung Warentest, so kommt man zu dem Schluß, daß diese Institution eine sachwaltergleiche Funktion ausübt. Der Stiftung Warentest wird von Seiten der Konsumenten ein über das normale Maß hinausgehender Vertrauensbonus gewährt,247 wie sich auch empirisch hat nachweisen lassen. 248 Die Stiftung Warentest gilt in der Öffentlichkeit als "Verbrauchereinrichtung" . Dabei kommt es nicht so sehr auf die in der Satzung festgeschriebenen Aufgabenzuweisungen an, als vielmehr darauf, daß die Stiftung Waren242 BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff., 176/177. 243 Vgl. für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Initiatorin eines Bauherrenmodells BGH vom 1.6.1994, NJW 1994, S.2226 f.; BGH vom 16.1l.l978, BGHZ 72, S.382 ff.; BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337 ff. Siehe allerdings im Hinblick auf die Berufsrolle als maßgebliches Vertrauenselement der Eigenhaftung aus culpa in contrahendo einschränkend BGH vom 8.12.1994 (NJW 1995, S.1213 ff., 1214). 244 Darunter ist der nicht organisierte Kapitalmarkt für steuerbegünstigte Anlagen zu verstehen, siehe Assmann, Prospekthaftung, S.73, Fn.230. 245 BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337 ff., 344. 246 Vgl. Coing, Prospektwerbung, S.206 ff., 209; A. Lang, Dritthaftung, WM 1988, S.1001 ff., 1008. 247 Vgl. BGH vom 9.12.1975 (Warentest Il), BGHZ 65, S.325 ff.; BGH v~m 3.12.1985 (Warentest 1Il), GRUR 1986, S.330 ff., 331; BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222, 2224. 248 Vgl. dazu oben S.41 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 137 test seit ihrem Bestehen primär im Interesse der Verbraucher tätig geworden ist. Hervorgerufen wird das Vertrauen der Verbraucher in die sachliche Richtigkeit der Warentestinformationen dadurch, daß die Stiftung Warentest in der Öffentlichkeit als eine Institution gesehen wird, die über die fUr Warentests erforderliche Fachkunde und die erforderlichen technischen und organisatorischen Möglichkeiten, also den institutionellen Sachverstand verfUgt, um die Verbraucher mit zutreffenden Testinformationen zu versorgen. Mangels persönlicher Beziehung der Testnutzer zu den mit der Erstellung der Warentestinformationen betrauten Personen handelt es sich bei dem Vertrauen der Testnutzer um ein Vertrauen in eine Institution, das dem "typisierten Vertrauen", das Rechtsanwälten 249 , Wirtschaftsprüfem 250 , Steuerberatem251 , staatlich anerkannten Sachverständigen252 oder Kreditinstituten 253 entgegengebracht wird, gleichzusetzen ist. Die genannten Einrichtungen und Berufsgruppen verbindet, daß staatlicherseits an den Zugang zum Beruf hohe Anforderungen gestellt werden, die Ausübung der Tätigkeit strenger Kontrolle unterliegt und die Tätigkeit auch im Interesse der Allgemeinheit auszuüben ist. 254 Diese Kriterien sind bei der 249 Nachweise aus der Rechtsprechung oben 2.Teil in Fn.36. 250 Siehe insbesondere zum Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sachkunde eines Wirtschaftsprüfers das Urteil des BGH vom 5.12.1972, NJW 1973, S.321 ff., 323. In dieser Entscheidung spricht der BGH auch eine Einstandspflicht des beklagten "Wirtschaftsprüfers als Angehörigem des qualifiziertesten buchsachverständigen Berufs" wegen "Inanspruchnahme des (dem Beklagten) in der Öffentlichkeit zukommenden Vertrauens nach dem allgemeingültigen Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung eines unabweisbaren Verkehrsbedürfnisses" an (S.323). Das Gericht beschränkt allerdings die erwogene Einstandspflicht zum einen auf den Kreis der bestimmungsgemäßen Empfänger, zum anderen darauf, nur für die subjektive Unrichtigkeit eines Testats einstehen zu müssen. Letztere Beschränkung kann indes bei nur fahrlässig verursachten Unrichtigkeiten kaum zur Haftung des Testierenden führen, weil der Auskunftgeber selbst seine Erklärung in aller Regel für zutreffend halten wird. Mit dieser Einschränkung ist gegenüber der Haftung aus § 826 BGB kaum etwas gewonnen. Vgl. zur Haftung des Wirtschaftsprüfers ferner die Entscheidung des LG Mönchengladbach vom 31.5.1990, NJW-RR 1991, S.415 ff. Weitere Nachweise aus der Rechtsprechung zur Haftung von Wirtschaftsprüfern oben 2.Teil in Fn.38. 251 Siehe die Nachweise oben 2.Teil in Fn.37. 252 Vgl. BGH vom 10.11.1994, NJW 1995, S.392 ff.; weitere Nachweise oben 2.Teil in Fn.39. 253 Rechtsprechungsnachweise oben 2.Teil in Fn.35. Vgl. auch Roll (BB 1978, S.981 f., 982), der mit der quasi-öffentlichen Funktion des Bankwesens schärfere Berufspflichten der Banken legitimiert. 254 Vgl. insbesondere auch die Entscheidung des BGH vom 27.2.1962 (WM 1962, S.579 ff., 581), in der das Gericht im Zusammenhang mit einer Haftung aus § 826 auf "das besondere Vertrauen" abstellt, das der beklagten "Treuhandgesellschaft [... ] als

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Stiftung Warentest jedenfalls insoweit errullt, als der Staat bei der Gründung der Einrichtung mitwirkte, die Einrichtung der Bundesrepublik Deutschland als Stifterin berichtspflichtig ist und sie ihre Aufgabe auch im Interesse der Öffentlichkeit (= Allgemeinheit) zu errullen hat. Ein Unterschied zwischen den oben dargestellten Fallgruppen der Sachwalterhaftung und der hier untersuchten Informationshaftung besteht aber dennoch: Die Verhandlungsgehilfen bzw. Prospektverantwortlichen stehen üblicherweise "im Lager" des Geschäftsgegners oder werden zumindest auf sein Betreiben hin tätig. Der BGH bezeichnet entsprechend in den Gebrauchtwagenhändler-Fällen den Händler ebenso als Sachwalter des privaten Verkäufers 255 wie er in Prospekthaftungsfällen bei den auf der Seite einer PublikumsKG nach außen in Erscheinung tretenden Personen von Sachwaltern spricht. 256 In einer jüngeren Entscheidung hat der BGH257 jedoch in einem Fall, in dem eine Vertragspartei einen Steuerberater als "sachkundigen Beistand" in Vertragsverhandlungen eingeschaltet hatte, allein in dieser Funktion noch keine ausreichende Basis rur eine selbständige persönliche Verantwortlichkeit des Steuerberaters (aus einem Auskunftsvertrag) gesehen. 258 "Eine rechtliche Grundlage" rur "eine derartige zusätzliche Sicherung neben den vertraglichen Bindungen" kommt nach Ansicht des Gerichts etwa dann in Betracht, wenn der Beklagte wegen "einer eigenständigen besonderen Expertenstellung aufgrund seiner Position als Steuerberater, mithin als unabhängige neutrale Person" an den Verhandlungen teilgenommen hat. 259 Die haftungsbegründenden Wertungskriterien werden deutlich formuliert: besondere Expertenstellung und fehlende erkennbare Interessengebundenheit. Die fehlende Interessengebundenheit einer Person als Wertungskriterium zur Statuierung einer Haftung findet auch im positiven Recht eine Stütze. So knüpft die Vorschrift des § 98 staatlich kontrollierter Einrichtung in der Öffentlichkeit entgegengebracht wird". Vgl. ferner H. Herrmann, Sachwalterhaftung, JZ 1983, S.425. 255 BGH vom 21.1.1975, BGHZ 63, 382 ff., 385/386; BGH vom 25.5.1983, BGHZ 87, S.302 ff., 304. 256 BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff., 175. 257 Urteil vom 13.2.1992, NJW 1992, S.2080 ff. 258 BGH a.a.O., S.2083. 259 BGH vom 13.2.1992, NJW 1992, S.2080 ff., 2083 (Hervorhebung nicht im Original). Dies liegt deutlich auf der schon von Köndgen (Selbstbindung, S.412/413) geforderten Linie, "Zurückhaltung bei dem Versuch zu üben, den (sachverständigen) Auskunftgeber auch gegenüber Dritten mit einer quasi-vertraglichen Obligation zu belasten", wenn der Sachverständige eine interessengebundene Position innehat und dies auch zu erkennen gibt. Dazu auch BGH vom 31.5.1990, WM 1990, S.1658 ff., 1661 [insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 111, S.314].

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 139 HGB die Schadensersatzpflicht des Handelsmaklers gerade an dessen Unparteilichkeit und verpflichtet den Handelsmakler zum Schadensersatz nicht nur gegenüber seinem Auftraggeber, sondern auch gegenüber der anderen Vertragspartei. 260 Zwar setzt § 98 HGB keine besondere Vertrauensinvestition der geschädigten Partei in die Unabhängigkeit des Handelsmaklers voraus. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung jedoch die Wertung verbunden, daß Personen, denen bei der Förderung von Rechtsgeschäften zwischen Dritten eine neutrale Stellung zukommt, eine besondere Verantwortung dafür tragen, daß keiner Partei durch die Hilfstätigkeit ein Schaden entsteht. 261 Zusätzlich zu der nach außen getragenen institutionellen Sachkunde der Stiftung Warentest erfüllt die Stiftung Warentest aus Sicht der testnutzenden Konsumenten auch die Voraussetzung der Neutralität im Verhältnis der Konsumenten zu den Herstellern und Anbietern der getesteten Waren und Leistungen. Ihre unabhängige neutrale Position in der Öffentlichkeit gründet sich insbesondere darauf, daß sie in ihren Warentestzeitschriften auf Werbung der Hersteller und Anbieter verzichtet. Sie steht damit aus Sicht der testnutzenden Konsumenten nicht "im Lager" der Hersteller und Anbieter, ist nicht deren "Verhandlungsgehilfin". Dieser Unterschied zu den oben dargestellten SachwaIterkonstellationen kann aus vertrauenstheoretischer Sicht aber nur eine Konsequenz haben: Eine Haftung ist a minore ad maius gerechtfertigt, da sämtliche Umstände einer Interessengebundenheit des Auskunftgebers, die das "Vertrauendürfen" des Konsumenten beschränken könnten, fehlen. 262 Die Stiftung Warentest ist danach eher in die Reihe der Institutionen und Berufe zu stellen, die Köndgen in Anlehnung an den Notarberuf als "Berufe öffentlichen 260 261

Wiegand, Sachwalterhaftung, S.358. Baumbach/Hopt, HGB, Rn.33 zu § 98 HGB; Wiegand, Sachwalterhaftung,

S.358. Wiegand (a.a.O., S.357 ff.) schlägt vor, auch solche Vertragshelfer in Analogie zu § 98 HGB haften zu lassen, die keine Handelsmakler sind, aber bei der Vennittlung von Rechtsgeschäften, insbesondere bei der Vennittlung von Kapitalanlagegeschäften, nach außen eine unabhängige Rolle einnehmen. Eine Haftung der Stiftung Warentest in Analogie zu § 98 HGB muß schon daran scheitern, daß die Stiftung Warentest kein einem Handelsmakler ähnliches Gewerbe betreibt und in keiner der Tätigkeit eines Handelsmaklers vergleichbaren Weise unmittelbaren Einfluß auf die rechtsgeschäftlichen Verhandlungen zwischen den Konsumenten und ihren Vertragspartnem nehmen kann. 262 Vgl. Köndgen (Selbstbindung, S.412/413), der solche Sachverständigen aus der Kategorie "Sachwalter" ausscheiden will, die anläßlich oder im Zusammenhang von Vertragsvorbereitungen Auskünfte erteilen, und die Erwartungen der Gegenpartei nur an deren Berufsrolle, nicht aber an deren Gehilfenschaft bei der Vertragsanbahnung anknüpfen.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vennögensschäden

Glaubens" bezeichnet. 263 Diese werden auch im Interesse des Gemeinwohls tätig und unterliegen dem Gebot strikter Unparteilichkeit. 264 Aufgrund des in der Öffentlichkeit vorherrschenden Bildes der Stiftung Warentest als Verbraucherschutzeinrichtung könnte man sogar weiter gehen und die Stiftung Warentest als "im Lager" der Verbraucher stehend bezeichnen. Denn sie sucht als Verbrauchereinrichtung deren Defizite an Marktübersicht und Produktkenntnis zu verringern. Bei diesem Verständnis ist der oben in bezug auf die Fälle der Sachwalterhaftung gezogene Erst-Recht-Schluß noch überzeugender: Wenn schon eine "im Lager" des Geschäftspartners stehende Person als Sachwalter aufgrund Inanspruchnahme besonderen Vertrauens haftpflichtig werden kann, dann muß das Gleiche erst recht rur eine sachverständige Institution gelten, die auf der Seite des Geschädigten steht und sich dessen Sache annimmt, indem sie seine rechtsgeschäftlichen Interessen durch die Publikation von Warentestinformationen zu fördern sucht. Gegen die Übertragbarkeit der Prospekthaftungsgrundsätze der Rechtsprechung auf andere rechtsgeschäftlich relevante Informationsleistungen - insbesondere auf fehlerhafte Werbeangaben 265 - wird vorgebracht, daß sich die Haftung bei Anlagegeschäften aus der besonderen Risikobehaftetheit und Unüberschaubarkeit rechtfertige, woran es bei "alltäglichen" Geschäften fehle. 266 Dem ist entgegenzuhalten, daß die Verbraucher sicherlich nicht nur rur Kapitalanlagegeschäfte sachkundiger Informationen benötigen. Das Risiko einer Fehlinvestition besteht ebenso bei dem Erwerb hochwertiger Güter wie Waschmaschinen, Computer oder Kraftfahrzeuge, auch wenn Kapitalanlagen wegen des Spekulationscharakters mit einem höheren Verlustrisiko verbunden sein können. Nicht aber das Spekulationsrisiko rechtfertigt die Auskunftshaftung bei Kapitalanlagen, sondern die Gefahr unzureichender oder falscher Information zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung bei bekanntem Spekulationsrisiko. 267 Die Marktintransparenz des Kapitalmarktes 268 ist keine Besonderheit, die es rechtfertigt, die Informationshaftung aufgrund "typisierten Ver263 Vgl. Köndgen, Selbstbindung, S.380 ff. Zu diesen Berufen zählt Köndgen insb. die Professionen des Wirtschaftsprüfers und des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. 264 Köndgen, Selbstbindung, S.382. 265 Vgl. Lehmann, Vertragsanbahnung, S.295 ff. Lehmann schlägt vor, den Verbrauchern, die aufgrund fehlerhafter Werbeangaben nachteilige Geschäfte tätigen, einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo gegen den Werbenden zu gewähren. 266 Schulze, Dritthaftung, JuS 1983, S.81 ff., 87. 267 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.1883. 268 Vgl. hierzu insbesondere Hopt, Kapitalanlegerschutz, S.88 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 141 trauens" auf diesen Verkehrsbereich zu beschränken. Daß auch andere Warenund Dienstleistungsmärkte für die Verbraucher in gleicher Weise intransparent sind, läßt sich mit Hinweis auf die Existenz und Akzeptanz der Stiftung Warentest ausreichend belegen. Es ist deshalb zu berurchten, daß infolge der Marktintransparenz bei alltäglichen Geschäften ein wesentlich größerer individueller und gesamtwirtschaftlicher Schaden entsteht als durch die nichtalltäglichen Anlegergeschäfte, welche die richterliche Rechtsfortbildung der qualifizierten Prospekthaftung veranlaßt haben. Anders ist auch nicht zu erklären, daß der BGH der Verbraucherinformation durch vergleichende Warentests eine bedeutende volkswirtschaftliche Funktion zuweist. 269 Die Prospekthaftungsgrundsätze wurden vor allem deswegen entwickelt, weil die rechtlichen Konstruktionen der Anlagemodelle (PublikumsKG; Treuhandmodell und Gesellschaft bürgerlichen Rechts) dazu ruhrten, daß den Anlegern im Fall der Krise der Anlegergesellschaft kein ausreichender (vertraglicher) Haftungsschutz zur Verfügung stand, wenn sie über fehlerhafte Informationen zu ihrer Fehlinvestition verleitet worden waren. 270 Auch dieser Gesichtspunkt spricht aber nicht dagegen, die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest entsprechend diesen Haftungsgrundsätzen zu behandeln. Denn eine "Haftungslücke", zu deren Schließung gerade bei der Prospekthaftung diejenigen in die Verantwortung genommen werden, die die Prospektinformationen herausgegeben271 oder rur deren Richtigkeit vertrauensbildende Erklärungen abgegeben 272 haben, kann bei fehlerhaften Warentestinformationen in vergleichbarer Weise bestehen. Ebenso wie bei fehlerhaften Informationen auf dem Kapitalanlagemarkt, kann es auch durch fehlerhafte Testinformationen der Stiftung Warentest rur den Konsumgütermarkt dazu kommen, daß die testnutzenden Verbraucher aus dem eingegangenen Rechtsgeschäft einen Schaden erleiden, den sie bei ihrem Vertragspartner nicht liquidieren können. Das ist z.B. bei Kaufverträgen, die aufgrund eines fehlerhaften Warentests abgeschlossen werden, schon dann der Fall, wenn sich die fehlerhafte Testinformation auf eine zusicherungsfähige Eigenschaft des Produkts bezieht, dies aber nicht zu einem Mangel der Kaufsache führt, weil der testnutzende Käufer seine Vorstellung über die Beschaffenheit der Kaufsache nicht in die Vertragsverhandlungen einbringt. In diesem Fall stehen dem testnutzenden Käufer gemäß §§ 459 ff. BGB keine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer zu, so daß der Testnutzer den aus der Fehlinvestition entstehenden Schaden trägt, 269 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 332; BGH vom 21.2.1989, NJW 1989, S.1923 f., 1923. 270 Vgl. im einzelnen Wiedemann in Soergel, Rn.333 f. vor § 275. 271 BGH vom 24.4.1978, BGHZ 71, S.284 ff. 272 BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337 ff.

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wenn nicht die Stiftung Warentest als Infonnationsgeber für diese Einbuße aufzukommen hat. 273 Nach allem ist unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme "besonderen Vertrauens" die Annahme einer gesetzlichen Sonderverbindung zwischen den testnutzenden Verbrauchern und der Stiftung Warentest dem Haftungsgrunde nach nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten.

cc) Kritik an der Vertrauenslehre und die Berücksichtigung der Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs als entscheidendes Kriterium für die Statuierung quasi-vertraglicher Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung Den Haftungsgrund quasi-vertraglicher Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung aus der Enttäuschung eines Vertrauens abzuleiten, ist vielfach kritisiert worden. 274 Diese Kritik setzt zu Recht daran an, daß es auf ein tatsächliches Vertrauen in die persönliche Zuverlässigkeit des Pflichtigen rechtlich nicht ankommen kann,275 wie man nicht nur an den Entscheidungen zur qualifizierten Prospekthaftung, sondern auch an den Entscheidungen zur Haftung der Gebrauchtwagenhändler erkennt. Würde man die Sonderbeziehung des Käufers zum Gebrauchtwagenhändler an ein aktuelles Vertrauen in eine tatsächlich vorhandene Sachkunde knüpfen, müßte man zum einen denjenigen, der sich auf eine nur scheinbar vorhandene Sachkunde verläßt, ungeschützt lassen. Das wiederum 273 Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus culpa in contrahendo können ebenfalls nicht bestehen, da sich die fehlerhafte Vorstellung des Käufers auf eine zusicherungsfähige Eigenschaft bezieht, grundlegend BGH vom 16.3.1973, BGHZ 60, S.319 ff., 320 f. [= NJW 1973, S.1234 = MDR 1973, S.659]. In den Fällen, in denen der Käufer seine Vorstellungen bei den Verhandlungen gar nicht mehr offenbart, wird man auch vom Verkäufer kaum erwarten können, daß er ein Informationsdefizit auf Seiten des Käufers erkennt, so daß es wohl in den meisten Fällen zudem an den Voraussetzungen einer culpa in contrahendo fehlen wird. 274 Assmann, Prospekthaftung, S.250; Daum, Abzahlungskauf, NJW 1968, S.376; Erman, Verschulden bei Vertragsverhandlungen, AcP 139 (1934), S.312; Flurne, Verhalten, AcP 161 (1962), S.52 ff., 63; Frotz, culpa in contrahendo, Gedenkschrift Gschnitzer, S.163 ff., 168 ff.; Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.612 ff., 640 ff.; Leenen, Funktionsbedingungen, S.108 ff., 113; Luhmann, Vertrauen, S.37; Picker, Forderungsverletzung, AcP 183 (1983), S.369 ff., 42 ff.; 1. Schmidt in Staudinger, Rn.1223 zu § 242; Wiedemann/Schmitz, Kapitalanlegerschutz, ZGR 1980, S.129 ff., 135. 275 Vgl. Leenen, Funktionsbedingungen, S.113; E. Schmitz, Dritthaftung, S.106 f.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 143 führte dazu, daß haftungsrechtlich der skrupellose sachunkundige Gebrauchtwagenhändler privilegiert würde - ein widersinniges Ergebnis. Zum anderen würde man den Käufer, der beim Gebrauchtwagenkauf ein "gesundes" Mißtrauen mitbringt, für seine Vorsicht "bestrafen". Die Informationsverantwortlichkeit eines Gebrauchtwagenhändlers kann daher nur - wie es die Rechtsprechung in der Praxis auch tut - an die im Verkehr erforderliche Sachkunde geknüpft werden. Das Verhalten des einzelnen Händlers wird an seiner beruflichen Rolle gemessen. 276 Gleiches gilt auch für die oben beschriebene qualifizierte Prospekthaftung. In der Sache verpflichtet nicht ein aktuelles Vertrauen des Anlegers "gegen"277 die Person des beruflichen Sachkenners. Die Verantwortung für die Richtigkeit eines Prospekts wird nur an die berufliche oder institutionelle Position der Sachkenner - Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Kreditinstitute - geknüpft. 278 Denn es handelt sich jeweils um Fallgestaltungen - so der BGH -, "bei denen in typisierender Betrachtungsweise der beruflichen Stellung und Qualifikation regelmäßig eine maßgebliche und ausschlaggebende Bedeutung für die Willensentschließung des anderen Teils zukommt"279. Auch im Hinblick auf die Haftung der Stiftung Warentest kann es im Ergebnis nicht darauf ankommen, ob ein Testnutzer dieser Einrichtung tatsächlich das institutionelle Vertrauen schenkt, das ihr wohl aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit gebührt. Verbraucher, die den Warentestberichten kritisch gegenüberstehen, sie aber dennoch in ihre rechtsgeschäftliche Willensbildung einbeziehen, verdienen unter Umständen sogar eher den Schutz der Rechtsordnung als solche Verbraucher, die sich "blind" auf die Daten und Beurteilungen verlassen. Dabei kann auch die Motivation des Testnutzers für die Einbeziehung der Testergebnisse keine weitere Bedeutung haben. Der Schutz der Rechtsordnung wäre selbst dann gerechtfertigt, wenn die Einbeziehung von Testinformationen in eine rechtsgeschäftliehe Willensbildung nur deshalb erfolgte, weil ein Testnutzer die Warentestberichte als wenigstens "einigermaßen taugliche" Informationsmöglichkeit ansähe oder ausschließlich darauf vertraute, daß ihm die Stiftung Warentest im Falle der Irrefilhrung zum Schadensersatz verpflichtet wäre. 276 Vgl. Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff., 645; Wiedemann in Soergel, Rn.23 I vor § 275. 277 Canaris, Täterschaft, FS f. Giger, S.III. Die Formulierung, Vertrauen richte sich "gegen" jemanden, macht deutlich, daß es nur um die wertende Zuweisung von Verantwortung an eine Person geht, nicht aber um die Feststellung eines tatsächlichen Zustandes. 278 Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.612 ff., 644. 279 Urteil vom 8.12.1994, NJW 1995, S.1213 ff., 1214.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

Soweit die Rechtsprechung für eine Vertrauens beziehung einen persönlichen Kontakt zwischen den Anlegern und den Prospektverantwortlichen nicht fUr erforderlich hält, hat insbesondere v. Bar ihr den Vorwurf gemacht, eine "Vertrauenshaftung ohne Vertrauen"280 zu statuieren. 281 Die Haftung werde durch die exponierte Stellung der Berufe bestimmt282 und darin liege eine systematische Kategorie, die dem BGB nicht zu entnehmen sei. 283 Ob dieser Einwand auf ganzer Linie überzeugen kann, ist zweifelhaft. So ist beispielsweise das Leitbild des Werkunternehmers (§§ 631 ff. BGB) davon geprägt, daß er als Handwerker über besondere Sachkunde verfUgt, die ihn zur Unterrichtung und Aufklärung über Mängel des Stoffes oder des Werkes dem Besteller gegenüber verpflichtet. 284 Im übrigen muß dem Einwand entgegengehalten werden, daß das BGB keine Kodifikation von gewerblichen oder beruflichen Verhaltensanforderungen sein sollte. Als Kodifikation, die alle Rechtsbeziehungen unter Zivilpersonen zu regeln bestimmt ist, kann es zwangsläufig nur grobe Leitbilder enthalten, die seitens der Rechtsprechung und Wissenschaft zu differenzieren sind. Ob fUr diese Aufgabe das Deliktsrecht der systematisch und dogmatisch bessere Anknüpfungspunkt ist,285 muß schon deswegen entschieden bezweifelt werden, weil die Vorschriften über unerlaubte Handlungen ebensowenig wie andere Vorschriften des BGB berufsspezifische Anknüpfungspunkte aufweisen. 286

280 So schon der Titel der Abhandlung von v. Bar, ZGR 1983, S.4 76 ff., 488. 281 v. Bar a.a.O.; Coing, Prospektwerbung, S.206 ff., 211. Diesen Umstand nimmt Coing zum Anlaß, die Anlehnung der Prospekthaftung an die Grundsätze der culpa in contrahendo abzulehnen, um die Haftung in Rechtsanalogie zu den §§ 45 BörsG, 20 KAGG, 12 AuslInvG zu begründen. Hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen ändere sich durch diesen Ansatz jedoch nichts. Es werde lediglich eine Ausuferung des Haftungstatbestandes der culpa in contrahendo vermieden. Gegen die Analogie Assmann, Entwicklungstendenzen, WM 1983, S.138 ff., 143. 282 v. Bar, Vertrauenshaftung, S.489; ebenso Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.612 ff., 644. 283 v. Bar, Vertrauenshaftung, S.489; ähnlich Joerges (Diskussionsbericht zu Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.721), der in der Kategorie "Beruf' nur einen Gegenbegriff zum "Verbraucher" sehen will. 284 Siehe BGH vom 12.3.1992, NJW 1992, S.1754 f., 1754; Thomas in Palandt, Rn.8 zu § 645. 285 So der Vorschlag von v.Bar, Verkehrspflichten, S.233 ff.; ders., Vertrauenhaftung, ZGR 1983, S.476 ff., 511; ders., Gutachten, S.I72111722; dazu noch näher unten S.162 ff. 286 So auch Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz II, S.92.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 145 Rechtsprechung und h.L. müssen sich jedoch, soweit sie die Sonderverbindung bei der qualifizierten Prospekthaftung aus einem "typisierten Vertrauen" ableiten, den Einwand gefallen lassen, damit die eigentlichen Wertungsgesichtspunkte - die Anknüpfung an die Erwartungen des Verkehrs in die berufliche oder institutionelle Qualifikation - in den Hintergrund zu rücken. 287 Die kaum handhabbare288 "Leerformel"289 vom gewährten und in Anspruch genommenen Vertrauen wird in den Sachwalter-Konstellationen wertend mittels Zugriffs auf berufliche Standards ausgefüllt. Maßgebend ist auch in diesen Fällen allein die wertende Betrachtung, daß das arbeitsteilige, auf Spezialkenntnissen aufbauende Verkehrssystem ohne "Vertrauendürfen" auf berufliche oder institutionelle Sachkunde nicht aufrechtzuerhalten ist. 290 Darin liegt aber nichts anderes als der Schutz von Systemvertrauen. 291 Sicher unterscheiden sich die Prospekthaftungsfälle von den Fällen der Verhandlungsgehilfen dadurch, daß in letzteren Konstellationen ein persönlicher Kontakt im Rahmen einer Verhandlungssituation besteht. Doch wie gezeigt ist der entscheidende Gesichtspunkt bei Verhandlungsgehilfen nicht der Umstand, daß sie persönlich anwesend waren, sondern der Gesichtspunkt, daß sie den Erwartungen des Verkehrs, die ihrer beruflichen Qualifikation entgegengebracht wird, nicht gerecht geworden sind. Für die Verantwortlichkeit der Stiftung Warentest darf es keinen Unterschied machen, ob Mitarbeiter der Stiftung persönlich über die Ergebnisse der Warentests bei Vertragsverhandlungen berichten oder ob die Stiftung Warentest die Ergebnisse aus Praktikabilitätsgründen in Form von Zeitschriften und durch andere Medien als Vorbereitungshilfe rur rechtsgeschäftliche Dispositionen zur Verfügung stellt. In beiden Fällen handelt es sich um "Vertrauen" in ein (Wahrheitsfindungs)System,292 dessen Funktionieren vorausgesetzt wird, auch wenn (oder weil) der einzelne das System nicht voll-

287 Vgl. Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff., 634 ff., der auch aus diesem Gesichtspunkt heraus einen selbständigen Tatbestand der "Berufshaftung" für richtig hält; ferner E. Schmitz, Dritthaftung, S.II O. 288 Vgl. Wiedemann/Schmitz, Kapitalanlegerschutz, ZGR 1980, S.129 ff., 135; Pikker, Forderungsverletzung, AcP 183 (1983), S.369 ff., 420. 289 Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.612 ff., 645. Vgl. auch Köndgen, Selbstbindung, S.98. 290 v. Bar, Verkehrsptlichten, S.225; Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff., 647; A. Lang, Dritthaftung, WM 1988, S.IOOI ff., 1007. 291 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S.233; BTÜggemeier, DeIR, Rn.458; zum Begriff Luhmann, Vertrauen, S.55 ff. 292 Zu Systemvertrauen Luhmann, Vertrauen, S.50 ff., 55 ff. 10 Boecken

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ständig durchschaut und damit keine bzw. nur geringe Überprufungsmöglichkeiten rur ihn bestehen. 293 Der zweite Kritikpunkt richtet sich gegen die Anerkennung des Vertrauens als haftungsbegründendes Element im Quasi-Vertragsrecht. 294 (System)Vertrauen, so wird eingewendet, sei kein Spezifikum des rechtsgeschäftlichen Verkehrs, und könne deshalb auch nicht zur Begründung eines Sonderschuldverhältnisses herangezogen werden. 295 Dem ist zuzustimmen, wie sich vor allem aus der Bedeutung des (System)Vertrauens im Deliktsrecht ergibt. Auch dort spielt dieser Gedanke gerade rur die Statuierung von Verkehrs(sicherungs)pflichten eine entscheidende Rolle, wie auch der BGH schon festgestellt hat. 296 System vertrauen ist wesentliche Voraussetzung rur jedes Verkehrssystem innerhalb einer Gesellschaft, damit die Teilnehmer im Rahmen der Funktionsbedingungen des Systems tätig werden. Will man dementsprechend das Funktionieren eines Verkehrssystems sicherstellen, so bedarf es unter anderem angemessener (rechtlicher) Regelungen, die zur Minimierung systembedingter Gefahren beitragen und im Falle des Eintritts eines Schadens die Lasten derart verteilen, daß Anreize gesetzt werden, solchen Schäden in Zukunft präventiv zu begegnen. 297 Damit ist der eigentliche Haftungsgrund rur die Fälle der quasi-vertraglichen Vertrauenshaftung in den Blickpunkt gekommen. Die Haftung wird statuiert, um die Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrssystems zu gewährleisten, wobei die Haftung nicht mehr nur als Konfliktlösungsinstrument innerhalb eines Zwei-Personen-Verhältnisses begriffen wird,

293 Vgl. Willoweit, Gefalligkeitshandeln, JuS 1986, S.96 ff., 102. Auf diesen Gesichtspunkt weist zutreffend auch Paschke (Auskünfte, AfP 1990, S.89 ff., 92) hin, um die besonderen Sorgfaltsanforderungen, die an die Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Warentest gestellt werden, zu begründen. Aus Sicht der ökonomischen Analyse der Rechts ist Vertrauen ein Mittel zur Senkung von Infonnationskosten, vgl. Schäfer/Ott, Analyse, S.405. 294 Vgl. insb. Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.84: Vertrauenshaftung als "dritte Spur" des Haftungsrechts zwischen Vertrags- und Deliktshaftung. 295 Frotz, culpa in contrahendo, Gedenkschrift Gschnitzer, S.171; Picker, Forderungsverletzung, AcP 183 (1983), S.369 ff., 427. Vgl. auch Schäfer/Ou, Analyse, S.241; Assmann, Prospekthaftung, S.235. 296 BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff., 1504. 297 Luhmann, Vertrauen, S.37. So auch Assmann, Prospekthaftung, S.262, in bezug auf die Funktion von Verschuldenshaftung generell.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 147 sondern ihre Funktion ganz wesentlich darin liegt, den Verkehr im Interesse aller Teilnehmer effizient(er) zu gestalten.2 98 Die Orientierung des Vertrauensbegriffs an der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eines Gebrauchtwagenhändlers, eines Kaufmanns, eines Prospektverantwortlichen und eines Warentestinstituts soll verhindern, daß aufgrund fehlerhafter rechtsgeschäftlicher Willensbildung der informationsbedürftigen Teilnehmer des rechtsgeschäftlichen Verkehrs Fehlinvestitionen getätigt werden. Diese stellen sich nicht nur beim einzelnen als Vermögensschaden dar, sie ruhren auch gesamtwirtschaftlich zu einer Resourcenverschwendung. Es handelt sich mithin nicht um Pflichten, die einer besonderen persönlichen Vertrauensbeziehung entspringen, sondern um Pflichten, deren Sinn darin liegt, in den jeweiligen Bereichen des rechtsgeschäftlichen Verkehrssystem die Sicherheit und Leichtigkeit aufrechtzuerhalten und zu fördern. 299 Daß dieser Gesichtspunkt letztlich dem herrschenden Vertrauensansatz zugrundeliegt, wird offenbar, wenn beispielsweise Larenz ausführt, daß ohne den Schutz der "al/gemeinen Red/ichkeitserwartung"300 ein reibungsloser Geschäftsverkehr nicht möglich sei 30I , Vertrauen allein für eine Haftungsbegründung nicht genüge, sondern ein geschäftlicher Kontakt302 oder "die Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr"303 hinzukommen müsse. 304 Die Qualifizie-

298 Assmann, Prospekthaftung, S.239; Frotz, culpa in contrahendo, Gedenkschrift Gschnitzer, S.173; Leenen, Funktionsbedingungen, S.IIO; E. Schmitz, Dritthaftung, S.109; Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff., 651. 299 Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.612 ff., 644; Leenen, Funktionsbedingungen, S.112; Lehmann, Vertragsanbahnung, S.308 mit ökonomischer Begründung; E. Schmitz, Dritthaftung, S.52 ff., 58 für Erhaltungspflichten, S.109 für die Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung; Weiser, Verschulden, ÖJZ 1973, S.281 ff., 284. Schon Erman (Verschulden, AcP 139 (1934), S.273 ff., 321) stellte klar, daß es darum gehe, möglichst "gesunde" Verträge zu schaffen, wobei unnötiger Zeit- und Kostenaufwand der Parteien vermieden werden sollten. Vgl. auch Assmann (Prospekthaftung, S.305), der diesen Gesichtspunkt für die Prospektpflicht und -haftung betont. 300 Larenz, SehR-AT § 9 I, S.I 0 I (Hervorhebung im Original); ähnlich EnneceruslNipperdey, BGB, AT, 1960, § 182, 3a,b, S.1120, für die Eigenhaftung Dritter, die am Rechtsverkehr teilnehmen. 301 Larenz, SehR-AT § 9 I, S. 101; ders., culpa in contrahendo, FS f. Ballerstedt, S.397 ff., 414; Gottwald, culpa in contrahendo, JuS 1982, S.877 ff., 878. 302 Heinrichs in Palandt, Rn.66 zu § 276. 303 Canaris, Vertrauenshaftung, S.538; Gottwald, culpa in contrahendo, JuS 1982, S.877 ff., 878. 10'

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rung der Vertrauenshaftung als "Ergänzung"305 der Rechtsgeschäftslehre dort, wo diese "Schutzlücken offenläßt"306, verdeutlicht, daß es um die Aufrechterhaltung und Förderung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs geht, wenn durch Statuierung von Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung und von Erhaitungspflichten307 Schäden verteilt werden, die im inneren Zusammenhang mit einer rechtsgeschäftlichen Betätigung entstehen. 308 Dieser Sichtweise trägt auch die Rechtsprechung in Entscheidungen, welche die Statuierung von Wahrheits- und Aufklärungspflichten im Rahmen der Vertragsanbahnung betreffen, Rechnung. So argumentiert sie mit Formeln wie "den Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung eines unabweislichen Verkehrsbedürfnisses"309, die Gesamtumstände des Einzelfalles "unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses"31 0 oder die "wahrheitsgemäße und vollständige Aufklärung des Rechtsverkehrs" "im Interesse eines rechtlich gebotenen Kapitalanlegerschutzes ,,311. Mit "Vertrauen" im Sinne eines aktuellen Vertrauens in die Zuverlässigkeit einer Person haben diese Maßstäbe nichts mehr zu tun. Es geht nur darum, den Geschäftsverkehr durch die Statuierung von Rechtsschutz vor übermäßiger Zurückhaltung zu 304 Wenn Lammel (Auskunftshaftung, AcP 179 [1979], S.337 ff., 343) der Ansicht ist, "daß mittels des Instituts (culpa in contrahendo) [... ] nur sog. Schutzpflichten erfaßt würden, mithin vertragliche Nebenpflichten", und deshalb culpa in contrahendo als Anspruchsgrundlage bei einmaliger Erteilung einer fehlerhaften Auskunft außerhalb von Vertrags- oder Geschäftsbeziehungen ausscheiden müsse, weil es hier um die Verletzung einer Hauptpflicht gehe, so verwischt er dogmatische Kategorien. Denn für die Haftung aus culpa in contrahendo ist nicht erforderlich, daß es zu einem Vertragsschluß gekommen ist. Man kann daher nicht von vertraglichen Nebenpflichten sprechen, soweit man Wahrheits- und Aufklärungspflichten im Vertragsvorbereitungsstadium im Auge hat. Solche Pflichten stellen ebenso Schutzpflichten dar, nämlich zum Schutz der vertraglichen Willensbildung und damit vorrangig zum Schutz des Vermögens. 305 Canaris, Vertrauenshaftung, S.442; Kramer in MünchKomm 3, SehR-AT, Einleitung Rn.73. 306 Canaris, Vertrauenshaftung, S.440. 307 Wiedemann (in Soergel 12, Rn.120 ff. vor § 275) will hinsichtlich des Haftungsgrundes zwischen den vertragsbezogenen Aufklärungspflichten und den Erhaltungspflichten differenzieren. Es bleibt aber offen, worin der Unterschied im Haftungsgrund liegen soll. 308 Canaris selbst räumt ein, daß die Haftung aus culpa in contrahendo, soweit es sich um die Haftung fiir fehlerhafte Erklärungen handelt, "dem Zweck des Verkehrsschutzes dienstbar gemacht werden kann" (Vertrauenshaftung, S.534). 309 BGH vom 5.12.1972, NJW 1972, S.321 ff., 323. 310 BGH vom 13.12.1992, NJW 1992, S.2080 ff., 2082. 311 BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, 337 ff., 341.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 149 bewahren, welche letztlich dazu ruhren würde, daß der Austausch von Gütern und Dienstleistungen erheblichen Störungen unterworfen wäre. 312 Diese Perspektive hat schon Frotz eröffnet, als er darauf verwies, daß die Infonnationspflichten (und Erhaltungspflichten), die im Rahmen der culpa in contrahendo zur Haftung des Geschäftspartners oder dritter an der Vertragsanbabnung beteiligter Personen statuiert werden, den Zweck verfolgen, den rechtsgeschäftlichen Verkehr möglichst störungsfrei und reibungslos zu organisieren. 313 Seiner Ansicht nach ist mit der Gewährung von Privatautonomie durch die Rechtsordnung "zwangsläufig soziale Verantwortung verbunden", weil das Prinzip der Privatautonomie nicht nur dem Einzelinteresse, vielmehr auch dem Gemeinschaftsinteresse dient. 314 Diese soziale Verantwortung - so Frotz - müsse auch darin ihren Ausdruck finden, daß derjenige, der infolge rechtsgeschäftlieh motivierter Kommunikation größeren Einfluß auf die Rechtsgüter seiner Geschäftspartner erhalte, diesen gegenüber in bestimmtem Umfang schutzpflichtig sei. 315 Wäre dies nicht der Fall, würde das Gemeinschaftsinteresse an einem störungsfreien und reibungslosen rechtsgeschäftlichen Verkehr bis zur Grenze der deliktischen Verantwortung durch das "Prinzip der Rücksichtslosigkeit"316 empfindlich gestört, weil "der rechtsgeschäftliehe Verkehr untragbar durch ängstliche Vorsicht und Mißtrauen behindert" würde. 317 Wenn Canaris dem entgegenhält, daß dies "nichts anderes als eine negativ gefaßte Fonnulierung rur die Notwendigkeit eines Vertrauensschutzes"318 sei, läßt er außer acht, daß das "Vertrauendürfen" funktionalisiert wird, um dem Ziel eines möglichst sicheren und reibungslosen rechtsgeschäftlichen Verkehrs näher zu kommen. Der überindividuelle verkehrsbezogene Schutzzweck der Haftung aus culpa in contrahendo, auf den Frotz zu Recht hinweist, trägt jedoch nicht dessen Schlußfolgerung, der einzelne hafte aus culpa in contrahendo wegen seiner 312 E. Schmitz, Dritthaftung, S.10911 10; Leenen, Funktionsbedingungen, S.108 ff., 113.

313 Frotz, culpa in contrahendo, Gedenkschrift Gschnitzer, S.174. So auch E. Schmitz, Dritthaftung, S.1 09 ff. 314 Frotz a.a.O., S.173. 315 Frotz a.a.O., S.173. 316 Frotz a.a.O., S.174. 317 Frotza.a.O., S.174. 318 Canaris, Vertrauenshaftung, S.442 Fn.16. Kramer (in MünchKomm 1, Bd.2, SehR-AT, Einleitung, Rn.79) meinte, die Ansätze von Frotz und Canaris als "die bei den Seiten ein und derselben Medaille" verbinden zu können.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

Freiheit, privatautonom tätig zu werden. 319 Bei den Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung sind es nicht nur die Freiheit privatautonomer Rechtsgestaltung des Pflichtigen, sondern vor allem die beschränkten Möglichkeiten privatautonomer Rechtsgestaltung auf Seiten der Benefiziare der Pflichten, welche die Haftung rur unterlassene oder fehlerhafte Informationen rechtfertigen. Frotz verkennt, daß die Gefahren rur die Sicherheit und Leichtigkeit eines marktwirtschaftlichen Verkehrssystems nicht nur durch die auf Privatautonomie beruhende Teilnahme der einzelnen an diesem System entstehen, sondern vor allem auch eine Folge systemimmanenter Entwicklungen sind. Die Haftung aus culpa in contrahendo als Korrelat der Privatautonomie des Pflichtigen zu verstehen, mag vielleicht noch dort einen Erklärungswert haben, wo es um die Verletzung von Erhaltungspflichten durch die in rechtsgeschäftlichem Kontakt stehenden Parteien selbst geht. 320 Im Hinblick auf die Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung wird sie aber der Tatsache nicht gerecht, daß die Belastung einer Partei mit der Pflicht, vertragswesentliche Umstände zu offenbaren oder wahrheitsgemäße Auskünfte zu erteilen, einen (richterlichen) "Eingriff' in die Privatautonomie dieser Partei darstellt. 321 Soweit Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung statuiert werden, ist die Verhandlungsfreiheit des pflichtigen Teils gerade durch diese Anforderungen an sein Verhandlungsverhalten beschränkt. Nur dem Benefiziar der Pflichten soll die freie Selbstbestimmung im Interesse eines störungsfreien Geschäftsverkehrs ermöglicht werden. 322 Wäre die Freiheit zur privatautonomen Gestaltung der Grund der Haftung aus culpa in contrahendo, so könnten die Grundsätze der culpa in contrahendo auf die Rechtsbeziehungen zwischen Bürgern und öffentlich-rechtlichen Ver-

319 Frotz, culpa in contrahendo, Gedenkschrift Gschnitzer, S.I72; ders. später in seiner Habilitationsschrift, Verkehrschutz im Vertretungsrecht, S.66. Diesem Gedanken von Frotz ausdrücklich zustimmend Canaris (Vertrauenshaftung, S.440, 442 Fn.16). Auch Bohrer (Dispositionsgarant, S.288) sieht in der culpa in contrahendo eine mit der Selbstgestaltungsfreiheit verbundene Verantwortlichkeit. Gegen diesen Ansatz E. Schmitz (Dritthaftung, S.54) in bezug auf die vorvertraglichen Erhaltungspflichten. 320 Mit beachtlichen Argumenten hiergegen aber: E. Schmitz, Dritthaftung, S.55; Grote, Eigenhaftung, S.66/67. 321 In diesem Sinne auch Medicus, Abschied, S.ll u.22. 322 Medicus, Eigenhaftung, FS f. Steindorff, S.725 ff., 739; so auch ausdrücklich E. Schmitz, Dritthaftung, S.54.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 151 waltungsträgern nicht angewendet werden. 323 Dem Staat steht eine solche grundrechtIich verbürgte Freiheit gerade nicht zu. 324 Darüber hinaus müßte nach dem Frotz'schen Ansatz auch in den Fällen eines Abschlußzwangs (z.B. gemäß §§ 453 HGB, 22 PBefG, 21 LuftVG) eine Haftung aus culpa in contrahendo bei schädigendem Verhalten des dem Kontrahierungszwang unterworfenen Geschäftspartners verneint werden, was aber zu Recht nicht getan wird. 325 Das marktwirtschaftIiche System des Güter- und Leistungsaustauschs, dessen elementare Stütze die individuelle Privatautonomie ist,326 kann nur aufrechterhalten werden, wenn die system bedingten Gefahren einer für die Selbstgestaltungsfreiheit des einzelnen aufgrund der Spezialisierung und Arbeitsteilung der Verkehrsteilnehmer (Stichwort: "Informationsgesellschaft"327) auch durch angemessene Informationspflichten vermieden werden. 328 Limbach hat zutreffend darauf hingewiesen, daß eine der Hauptaufgaben des Zivilrechts -

323 Anders aber die h.M.: Vgl. BGH vom 8.6.1978, BGHZ 71, S.386 tl, 397; noch offengelassen in BGH vom 16.11.1967, BGHZ 49, S.77 ff., 79: Gottwald, culpa in contrahendo, JuS 1982, S.877 ff., 878; Littbarski, culpa in contrahendo, JuS 1979, S.537 ff. 537 mwN in Fn.l f.; Teichmann in Soergel 12, Rn. \0 vor § 241. 324 BVerfG vom 14.4.1987, BVerfGE 75, S.192 ff., 196; Bethge, Grundrechtsträgerschaft, AöR Bd. \04 (1979), S.265 ff., 274; Ehlers in Erichsen, AllgVerwR, § 2, Rn.77; Kunig, Verträge, DVBI. 1992, S.1193 ff., 1197 f.: Mallmann, Schranken, VVDStRL 19 (1961), S.165 ff., 197; Stober, Eigenwirtschaftliche Betätigung, BB 1989, S.716 ff., 719. 325 BGH vom 18.4.1974, NJW 1974, S.1903 ff., 1904. 326 E. Schmitz, Dritthaftung, S.54; Spieß, Inhaltskontrolle, DVBI. 1994, S.1222 ff., 1222. 327 So Wolf, Prospekthaftung, NJW 1994, S.24 ff., 24. 328 Vgl. Beschluß des BVerfG vom 19.10.1993, BVerfGE 89, S.214 ff. und Beschluß vom 5.8.1994, BB 1994, S.2296 ff., in weIchen das Gericht den Gesetzgeber und die Zivilgerichtsbarkeit in einer besonderen Verantwortung für die Gewährleistung der grundrechtlich in Art.2 Abs.l GG verbürgten Privatautonomie des einzelnen durch Schaffung entsprechender Regelungen einerseits und der verfassungskonformen Anwendung des Zivilrechts andererseits sieht. Siehe zu den Beschlüssen die Anmerkungen und Besprechungen von Groeschke, Bürgen, BB 1994, S.725 ff.; Grün, Generalklauseln, WM 1994, S.713 ff.; Heinrichsmeier, Einbeziehung, FamRZ 1994, S.129 ff.; Honsell, Bürgschaft, NJW 1994, S.565 ff.; Kiethe/Groeschke, Vertragsdisparität, BB 1994, S.2291 ff.; Pape, Bürgschaftsrechtsprechung, ZIP 1994, S.515 ff.; Preis, Vertragsparität, DB 1994, S.261 ff.; Spieß, Inhaltskontrolle, DVBI. 1994, S.1222 ff.; von Westphalen, MDR 1994, S.5 ff.; Wiedemann, Anm. zu BVerfG vom 19.10.1993, I BvR 567, \044/89 (BVerfGE 89, S.214 = JZ 1994, S.408), JZ 1994, S.411 ff.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

auch von Verfassungs wegen 329 - darin liege, gestörte Vertragsparitäten auszugleichen. 330 Diese Zielrichtung von Informationspflichten wird etwa in der Rechtsprechung des BGH deutlich, wenn das Gericht in einer neueren Prospekthaftungsentscheidung ausfUhrt, daß "durch eine umfassende Aufklärungspflicht gegenüber den mit dem Prospekt geworbenen Interessenten deren Recht zur Selbstbestimmung über die Verwendung ihres Vermögens sichergestellt werden" sol1. 331 Ohne auch haftungsrechtlich verankerten Schutz der Privatautonomie unterhalb der Grenze des Betruges im Sinne einer auf angemessenen Interessenausgleich zielenden Freiheit ist ein sicherer und reibungsloser Güterund Leistungsverkehr nicht denkbar. Dogmatischer Anknüpfungspunkt des Schutzes der individuellen Gestaltungsfreiheit sind neben den Vorschriften der §§ 134, 138 BGB vor allem die Schutzpflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung. 332 Diese Sichtweise geht über den oben angesprochenen 329 Canaris (Verstöße, JZ 1987, S.993 ff., 994) leitet die Institutsgarantie für die Privatautonomie zusätzlich aus Art.20 GG ab. Das grundrechtliche Problem praktischer Konkordanz wirkt über die in § 242 BGB enthaltene Generalklausel in die Sonderrechtsbeziehung hinein (herrschende Lehre von der mittelbaren Grundrechtswirkung im Privatrecht). Das bedeutet, im Rahmen von Sonderrechtsbeziehungen ist der Maßstab von Treu und Glauben auch mit Rücksicht auf die grundrechtlich gewährleistete Privatautonomie der Teilnehmer am rechtsgeschäftlichen Verkehr auszufüllen, vgl. BVerfG vom 19.10.1993, NJW 1994, S.36 ff., 38 [= WM 1993, S.2199]; Spieß, Inhaltskontrolle, DVBI. 1994, S.1222 ff., 1228/1229. Zu den Grundlagen der richterlichen Inhaltskontrolle von Verträgen Fastrich, Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992. 330 Limbach, Rechtsverständnis, JuS 1985, S.10 ff., 11; ähnlich Hesse, Verfassungsrecht, S.37/38; Frost, Schutzpflichten, S.84. Hierzu grundlegend Hönn, Kompensation, 1982. Fastrich (Inhaltskontrolle, S.45 f.) hebt hervor, daß die Funktionsvoraussetzungen der Privatautonomie im marktwirtschaftlichen System nicht überall gegeben sind. Daraus dürfe aber nicht der Schluß gezogen werden, die Privatautonomie sei zu beseitigen, vielmehr seien im Gegenteil die Funktionsvoraussetzungen für die Selbstgestaltungsfreiheit zu schaffen. 331 Urteil vom 5.7.1993, BGHZ 123, S. \06 ff., 112 f. [= NJW 1993, S.2865). Höchst zweifelhaft erscheint jedoch die vom BGH gezogene Schlußfolgerung, daß die Verletzung der (umfassenden) Aufklärungspflicht durch unrichtige oder verschwiegene Angaben im Prospekt den Anleger auch vor Einbußen schütze, die mit den unrichtigen Angaben oder den verschwiegenen Umständen in keinem inneren Zusammenhang stünden. Vgl. hierzu unten S.261 ff. 332 So auch Pape, Bürgschaftsrechtsprechung, ZIP 1994, S.515 ff., 520; Groeschke, Bürgen, BB 1994, S.725 ff., 727; Kiethe/Groeschke, Vertragsdisparität, BB 1994, S.2291 ff., 2293 sub 2. Vgl. ferner Kiethe/Groeschke (Vertragsdisparität, BB 1994, S.2291 ff., 2293 sub 2.), die am Beispiel des Informationsmodells bei Börsentermingeschäften die Haftung aus culpa in contrahendo für unrichtige oder unvollständige In-

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 153 Haftungsgrund des Verbraucherschutzes hinaus, weil sie nicht nur individuelle Schäden der Verbraucher infolge rechtsgeschäftlicher Tätigkeit venneiden will, sondern die Effizienz des gesamten rechtsgeschäft lichen Verkehrs im Interesse aller daran Beteiligen zu erhöhen sucht. Maßgeblicher Gesichtspunkt der Haftung für fehlerhafte Infonnationen kann danach nur die durch Beachtung der erforderlichen Sorgfalt mögliche Venneidung oder Abwendung von Gefahren für die Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs sein. 333 Dies gilt unabhängig davon, ob diese Gefahren system immanent begründet sind oder durch ein (privatautonomes) Verhalten der Teilnehmer des Verkehrs erst geschaffen werden. 334 Die Stiftung Warentest wurde gerade zu dem Zweck gegründet, die strukturellen Infonnationsdefizite der Konsumenten in bezug auf das Konsumgüterangebot zu reduzieren. Ihre Aufgabe besteht also darin, durch MarktautheIlung zu einer Minimierung der Gefahren beizutragen, welche sich für die Verbraucher infolge ihres strukturellen Infonnationsdefizites auf den Konsumgütennärkten ergeben. Ökonomisch gesprochen dient die Infonnationstätigkeit der Erhöhung von Allokationseffizienz, was bedeutet, daß die Warentestinfonnationen zur optimalen Verwendung knapper Resourcen beitragen sollen. 335 Ist aber die Erforderlichkeit und Nützlichkeit einer derartigen Infonnationstätigkeit anerkannt,336 so wäre es systemwidrig, solche Verbraucher rechtlich schutzlos zu stellen, die sich dieser gesamtwirtschaftlich wichtigen Infonnationensquelle im rechtgeschäftlichen Verkehr bedienen. Die testnutzenden Verbraucher rechtlich durch die Haftung der Warentesteinrichtung für fehlerhafte Infonnationen zu "belohnen", ist notwendige Konsequenz aus der Einsicht, daß in einer marktwirtschaftlichen Ordnung nur über Markttransparenz ein Leistungswettbewerb stattfinden kann, der im Interesse der gesamten Volkswirtschaft liegt,337 weil nur auf diese Weise die Fehlallokation von Gütern vennieformationen gerade auch auf die Gewährleistung von privatautonomer Gestaltungsfreiheit der Anleger stützen. 333 Sehr ähnlich Larenz, SchR-BT13 Bd.II11, § 56 VI, S.432. 33 4 Vgl. BGH vom 31.3.1992, BB 1992, S.1520ff., 1521: Im Zusammenhang mit der Prospekthaftung eines Kreditinstitutes spricht der BGH von einem "Gefahrdungstatbestand", dessen Schaffung bzw. Beherrschbarkeit durch die Bank Voraussetzung für deren Haftung sei. 335 Vgl. zum Begriff der Allokationseffizienz Schäfer/Ott, Analyse, S.6. 336 Vgl. nur BGH vom 9.12.1975, BGHZ 65, S.325 ff., 332. 337 BGH a.a.O. Vgl. Akerlof, Market for "Lemons", in 84 Q.J. Econ. 488 (1970). Akerlof zeigt am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes, wie Informationsungleichge-

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

den werden kann. Daher erscheint eine Haftung der Stiftung Warentest rur fehlerhafte Infonnationen als wenigstens ebenso sinnvoll wie die Auskunftshaftung von Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Banken oder Versicherungen. Ebenso wie bei diesen Berufsgruppen und Institutionen können auch bei der Stiftung Warentest im Wege einer Haftung rur fehlerhafte Warentests Anreize dafür gesetzt werden, daß die Einrichtung die zur Veröffentlichung zutreffender Infonnationen erforderlichen professionellen Standards schafft und aufrechterhält. Die Förderung des Güter- und Leistungsaustausches durch die Sicherstellung richtiger Warentestinfonnationen ist danach der Rechtsgrund, dieser Einrichtung kraft objektiven Rechts haftungsbewehrte "Sicherungspflichten im rechtsgeschäftlichen Verkehr" zum Schutz des Vermögens der testnutzenden Konsumenten aufzuerlegen. Der Annahme einer kraft objektiven Rechts bestehenden Haftung der Stiftung Warentest gegenüber den Testnutzern könnte entgegenstehen, daß die fehlerhaften Infonnationen von einer unabsehbaren Vielzahl von Verbrauchern genutzt werden, so daß ein unüberschaubares Haftungsrisiko entstünde. Das Beispiel der qualifizierten Prospekthaftung zeigt jedoch, daß es für eine Haftung kraft objektiven Rechts im Bereich der außervertraglichen Auskunftshaftung nicht zwingend auf eine von vornherein begrenzte oder feststehende Zahl von Infonnationsnutzern oder auf einen von vornherein feststehenden Haftungsumfang ankommt. 338 In den Entscheidungen des BGH zur qualifizierten Prospekthaftung kommt dem Kriterium der Überschaubarkeit der Gläubiger oder des Haftungsumfangs keine Bedeutung zu. 339 Im Hinblick auf die Dogmatik zum "stillschweigenden Auskunftsvertrag", bei der dieses Merkmal eine wesentliche Rolle spielt, kann dies methodisch kaum überzeugen, da dort ebenso wie bei der Auskunftshaftung nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (Fallgruppe: Drittweitergabe von sachverständigen Auskünften) die Frage des Bestehens einer Sonderverbindung maßgeblich nach der Überschaubarkeit des Adressatenkreises und damit nach der Überschaubarkeit des Haftungsumfangs entschieden wird. 340 Die Irrelevanz wichte auf Dauer zu einem niedrigeren Qualitätsniveau führen müssen, obwohl Nachfrager vorhanden sind, die für ein besseres Produkt auch einen höheren Preis zahlen würden. Da diese Nachfrager aber mangels Informationszugangs die besseren Produkte von den schlechteren nicht zu unterscheiden vermögen, wird sich der Markt auf das niedrigere Niveau einpendeln. 338 So auch H. Herrmann, Sachwalterhaftung, JZ 1983, S.422 ff., 425. 339 H. Herrmann (a.a.O., S.425) spricht gerade in bezug auf die Prospekthaftung von einer "anonymen Sachwalterhaftung" (Hervorhebung im Original). 340 Vgl. BGH vom 22.9.1982, WM 1982, S.1201 ff.; BGH vom 12.2.1979, NJW 1979, S.1595 ff., 1597; BGH vom 30.3.1976, WM 1976, S.498 ff., 499; BGH vom 5.12.1972, NJW 1973, S.321 ff.,323.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 155 dieses Kriteriums bei der Prospekthaftung kann auch nicht aus der Anlehnung dieses Instituts an die aIlgemein anerkannten Grundsätzen der culpa in contrahendo abgeleitet werden. Denn in den "klassischen" FaIlgruppen der culpa in contrahendo einschließlich der FaIlgruppe der Eigenhaftung verhandlungsbeteiligter Dritter besteht gerade aufgrund der Verhandlungssituation ein überschaubares Haftungsrisiko. Dennoch ist es konsequent, bei der Prospekthaftung auf das Merkmal der Kalkulierbarkeit des Haftungsrisikos als Wertungskriterium zu verzichten. Denn es geht um an "eine anonyme Vielzahl von Interessenten"341 gerichtete Auskünfte, die nach Anspruch und Zielsetzung das anlagesuchende Publikum über die Beteiligung sachlich informieren soIlen und für dessen Investitionsentscheidungen wesentlich sind. 342 In den FäIlen der Prospektwerbung an ein Anlegerpublikum ist denjenigen, die den Prospekt in den Verkehr bringen, bzw. denjenigen, die ihren Namen für das Anlageprojekt "hergeben", bewußt, daß die Zahl der potentieIlen Anlageinteressenten nicht feststeht. Der Haftungsumfang ist aIlenfaIls durch das für das beworbene Projekt aufzubringende Kapital beschränkt, wenn es sich um Anlageformen handelt, für die nur eine bestimmte Summe an Kapital aufzubringen ist. 343 Der Haftungsumfang ist jedoch nicht beschränkt, wenn es sich um Anlageformen handelt, die im Hinblick auf die Summe des Anlagekapitals weitgehend offen sind - man denke etwa an Kapitalanlagen auf internationalen Geldmärkten. Die sich aus der öffentlichen Werbung ergebende Vielzahl möglicher Geschädigter und das damit einhergehende erhöhte Schadensrisiko ergibt sich also zwangsläufig aus der Art der Informationsverbreitung (und der Art der beworbenen Kapitalanlage). Grunewald will die Prospekthaftungsgrundsätze auf den Kapitalanlegerschutz beschränkt sehen. Sie möchte ihnen insbesondere keine Bedeutung für Testate von Wirtschaftsprüfern einräumen, weil ansonsten eine aIlgemeine

Für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter: BGH vom 26.11.1986, NJW 1987, S.1758 ff., 1760; Vgl. auch Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.95; Grunewald, Haftung, AcP 187 (1987), S.285 ff., 302 f.; A. Lang, Dritthaftung, WM 1988, S.1001 ff., 1006; Vollkommer in Jauernig, Anm. 1II.2.b.cc zu § 328 mwN. 341 BGH vom 24.4.1978, BGHZ 71, S.284 ff., 286; sehr ähnlich BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff., 176. 342 Wiedemann/Schmitz, Kapitalanlegerschutz, ZGR 1980, S.129 ff., 132. Vgl. auch BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff., 176. 343 Vgl. BGH vom 12.2.1979, NJW 1979, S.1595 ff., 1597; BGH vom 22.9.1982, WM 1982, S.1201 ff., 1203.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vennögensschäden

Haftung für solche Auskünfte gegenüber Dritten statuiert werde. 344 Soweit es um die Übertragbarkeit der Grundsätze auf Testate geht, kann dem Bedenken zugestimmt werden. Es ist jedoch nicht richtig, wenn Grunewald die Prospekthaftungsgrundsätze als Sonderfall der Auskunftshaftung bezeichnet, der übertragen auf andere Auskünfte zu einer allgemeinen Auskunftshaftung führen müßte. Die Prospekthaftungsgrundsätze sind nur die konsequente Fortführung des Gedankens, daß nur die Adressaten einer Information zu schützen sind. Gerade diesen Punkt stellt Grunewald selbst für die Haftung von Wirtschaftsprüfern für fehlerhafte Testate heraus. 345 Dem "Adressaten"-Kriterium kann aber in den Prospekthaftungsflillen keine beschränkende Funktion zukommen, was allein darin begründet ist, daß die Prospektmitteilungen eben an eine unbestimmte Zahl von Adressaten gerichtet sind. Die Aussage Grunewalds, in Prospekthaftungsflillen gehe es um Anlegerschutz, während im Vertrauen auf Testate in aller Regel Kreditinstitute geschädigt seien,346 ist empirisch sicher richtig. Doch der dahinter liegende Gedanke, Kreditinstitute seien weniger schutzbedürftig als (sonstige) Anleger, kann kaum überzeugen. Ein Kreditinstitut ist als Adressat eines Wirtschaftsprüfertestats grundsätzlich ebenso schützwürdig wie ein Kapitalanleger als Adressat eines Anlageprospekts. 347 Die Haftung für fehlerhafte Warentestinformationen der Stiftung Warentest stellt sich damit ebenso wie die Prospekthaftung in bezug auf die Vielzahl möglicher Geschädigter nicht als Sondertatbestand der Auskunftshaftung dar,348 sondern als konsequente Fortführung des Grundsatzes, daß (nur) die 344 Grunewald, Haftung, AcP 187 (1987), S.285 ff., 303. Siehe aber auch Canaris (Täterschaft, FS f. Giger, S.112), der davor warnt, die Prospekthaftung als "eine jeder Weiterbildung unzugängliche Singularität" zu begreifen. 345 Grunewald, Haftung, AcP 187 (1987), S.285 ff., 304. 346 Grunewald, Haftung, AcP 187 (1987), S.285 ff., 303. 347 Auch der Hinweis Grunewalds (a.a.O., S.303) auf die üblicherweise abgeschlossene Haftpflichtversicherung in Höhe von nur 500.000 DM kann nicht darüber entscheiden, wie weit der Kreis der geschützten Auskunftemptanger zu ziehen ist. Das würde im Ergebnis dazu fUhren, daß die Haftpflichtigen über ihre Versicherungspraxis das Maß der Haftung bestimmen könnten. Im übrigen ist es doch eine Überlegung wert, ob nicht ein Wirtschaftsprüfer, der unter Verstoß gegen berufliche Sorgfaltsstandards höhere Schäden verursacht, als Deckung seitens der Haftpflichtversicherung besteht, gerade durch die Haftung mit seinem persönlichen Vennögen zu größerer Sorgfalt angehalten werden sollte. Dieser Aspekt darf jedenfalls dort nicht außer acht gelassen werden, wo gesetzliche Haftungsbeschränkungen (vgl. etwa § 323 Abs.2 HGB) nicht bestehen. 348 So aber auch Fredy Müller (Auskunftshaftung, S.203), der die Prospekthaftung in sein rechtsgeschäftliches Lösungskonzept für die Auskunftshaftung nicht einpassen will, weil man sich damit zu weit von der Rechtsgeschäftslehre entferne. Gerade damit

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 157 Adressaten einer sachverständigen Auskunft in ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit zu schützen sind. 349 Hindert danach die Unbestimmtheit des Haftungsrisikos bei der Herausgabe eines Anlageprospekts nicht das Bestehen einer Auskunftshaftung, so fällt es schwer, dieses Argument rur Warentestinformationen, die ebenso bewußt an weite Verbraucherkreise gerichtet sind, heranzuziehen, um die Informationsverantwortlichkeit abzulehnen. Hinter dem Kriterium der Überschaubarkeit des Haftungsrisikos verbirgt sich letztlich auch die Frage nach der Versicherbarkeit desselben. Die Statuierung einer Auskunftshaftung kraft objektiven Rechts erschiene jedenfalls dann nicht unbedenklich, wenn die Schadensfolgen einer Fehlinformation für die Stiftung Warentest nicht versicherbar wären. Davon kann in bezug auf die Warentestinformationen jedoch nicht ausgegangen werden. Denn ebenso wie es für die Hersteller von Waren möglich ist, eine Produkthaftpflichtversicherung abzuschließen und die Kosten über den Preis der Produkte auf die Endabnehmer umzulegen, ist dies grundsätzlich auch der Stiftung Warentest möglich. 350 Denn bei fehlerhaften Warentestinformationen handelt es sich in einem gewissen Sinne auch um gefiihrliche "Produkte".351 Im übrigen sollte die Frage einer Haftung nicht zu sehr von der Frage der Versicherbarkeit abhängig gemacht werden, weil sich die Versicherbarkeit in aller Regel daraus ergeben wird, daß ein relevantes Haftungsrisiko besteht. Die eben gezogene Parallele zur Haftung der Warenhersteller legt jedoch die Frage nahe, ob sich aus den Gründen, aus denen eine Haftung der Warenher-

zeigt Müller aber, daß sein Konzept der Zurechnung rechtlich relevanten Verhaltens in bezug auf die Haftung für Auskünfte nur beschränkte Überzeugungskraft besitzt. 349 Vgl. BGH vom 2.11.1983, WM 1984, S.34 ff., 35 [= NJW 1984, S.355]; BGH vom 23.1.1985, WM 1985, S.450 ff., 452; Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.95; Grunewald, Haftung, AcP 187 (1987), S.285 ff., 304; A. Lang, Dritthaftung, WM 1988, S.\OOI ff., 1006. 350 Vgl. Konrad Huber, Verkehrsptlichten, in FS f. v. Caemmerer, S.386 in Fn.1 13, der einen parallelen Vergleich zur Produkthaftung zieht, um dem Einwand entgegenzutreten, die Haftung von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern bei fehlerhaften Testaten führe zu unabsehbaren Haftungsrisiken, wenn sie auch Dritten gegenüber verantwortlich wären, die aufgrund der Testate disponierten. 351 Die Stiftung Warentest ist nach eigenen Angaben bei einer großen deutschen Versicherungsgesellschaft haftptlichtversichert. Diese Versicherung erfaßt (bisher) aber nur die Haftungsrisiken gegeüber den Herstellern und Anbietern von getesteten Konsumgütern.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

steiler flir reine Vermögensschäden grundsätzlich 352 abgelehnt wird,353 Bedenken gegen eine Haftung der Stiftung Waren test flir reine Vermögensschäden herleiten lassen. Die Vorschläge von Vertretern des Vertrauensansatzes, die Herstellerhaftung wegen des den Produkten seitens der Käufer und Verwender entgegengebrachten "Warenvertrauens"354 auch auf reine Vermögensschäden auszudehnen,355 hat der BGH in seiner "Prüfzeichen"-Entscheidung 356 zurückgewiesen. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin begehrte von dem Beklagten als Hersteller fehlerhafter Kunststoffrohre Ersatz flir einen Haftungsschaden, der ihr durch den Einbau der Rohre in ein öffentliches Versorgungsnetz entstanden war. Die Rohre, die mit einem Prüfzeichen des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern (DVGW) ausgezeichnet waren, hatte die Klägerin bei einem Zwischenhändler erworben. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe zur Erlangung des Prüfzeichens dem DVGW besseres Material zur Verfligung gestellt und im Anschluß das Prüfzeichen flir Rohre minderer Qualität verwendet, konnte nicht bewiesen werden. Der BGH lehnte jede, auch quasi-vertraglich Haftung des Beklagten flir die geltend gemachten Vermögensschäden der Klägerin ab. 357

352 Vgl. aber BGH vom 25.10.1988, BGHZ 105, S.346 ff.: Ersatz reiner Vermögensschäden aus § 823 Abs.2 wegen Verstoßes gegen § 3 Nr.3 lit. b des Futtermittelgesetzes. 353 Grundlegend BGH vom 26.11.1968 (Hühnerpest), BGHZ 51, S.91 ff. Vgl. statt vieler Rolland, Produkthaftungsrecht, Teil 11 Rnm.lOff., 17, 18; Steffen in BGBRGRK, Rnm.268 ff. zu § 823; Thomas in Palandt, Rnm.202 ff. zu § 823. An dieser Einordnung hat auch das im Jahre 1990 eingeführte Produkthaftungsgesetz nichts geändert. 354 So Canaris, Produzentenhaftung, JZ 1968, S.494 ff., 501. 355 Vgl. Canaris, Produzentenhaftung, JZ 1968, S.494 ff., 501; Diederichsen, Haftung, S.297 ff. Rehbinder (Haftung, BB 1965, S.439 ff., 442) sprach sich für eine § 122 BGB entsprechende Vertrauenshaftung bei beworbenen Markenartikeln aus. Ähnlich Lorenz, Waren absatz, Kar1sruher Forum 1963, S.8 ff, 15; Markert, Verschulden, BB 1964, S.319 ff., 321. 356 BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff. 357 Kritisch dazu Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.100 f. Steinmeyer (Produzentenhaftung, OB 1988, S.1049 ff., 1056) hält es im "Prüfzeichen"-Fall für richtig, den Kläger in den Liefervertrag zwischen Händler und Hersteller einzubeziehen, weil sich der Hersteller die Beurteilung eines unabhängigen Dritten zunutze mache und der Endabnehmer aufgrund der Beurteilung durch Dritte auf die Qualität des Produkts schließe. Es bleibt unklar, was die Auszeichnung der Ware mit dem Prüfzeichen hinsichtlich der Voraussetzung einer Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Händler und Hersteller ändern soll. Nach wie vor

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 159 Zur sachgerechten Erfassung des Falles müssen zwei Haftungsfragen streng getrennt werden: Zum ersten die Frage, ob der Beklagte als Hersteller der Rohre rur den Haftungsschaden der Klägerin aufzukommen hatte. Zum zweiten die Frage, ob der Beklagte wegen seiner irreführenden Werbung rur diesen Schaden einstehen mußte. 358 Die zweite Frage hat mit der ersten Frage nichts zu tun, weil die Rolle des Werbenden nicht notwendig an die Rolle des Produzenten gebunden ist. Die ablehnende Entscheidung der zweiten Frage durch den BGH kann rur die hier untersuchte Haftung der Stiftung Warentest jedenfalls die bisherigen Ergebnisse nicht in Frage stellen, weil die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest gerade keine werbende Betätigung im Absatzinteresse der Hersteller ist. 359 Die erste Frage, also der Haftung des Herstellers rur die reinen Vermögensschäden der Klägerin, verneinte der BGH nicht nur mit der Feststellung, daß es sich bei der Beziehung des Herstellers zum Endabnehmer in einer Absatzkette um einen bloßen "sozialen Kontakt" handele,360 der noch keine quasivertragliche Sonderbeziehung begründe, sondern vor allem damit, daß er sich im Hinblick auf die bestehenden Regelungen des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts an einer Rechtsfortbildung gehindert sehe. 361 Der Einordnung der Rechtsbeziehung zwischen Hersteller und Endabnehmer als bloßer sozialer Kontakt ist deshalb zuzustimmen, weil ein Hersteller allein durch das Inverkehrbringen seiner Produkte nicht in eine die rechtsgeschäftliche Willensbildung beeinflussende Kommunikationsbeziehung zu den Verbrauchern tritt. Mit dem Anbieten seiner Ware am Markt nimmt er keinen unmittelbaren (sachverständigen) Einfluß auf deren rechtsgeschäftliche Willensbildung, so daß es aus seiner Sicht ein "Glücksfall" ist, wenn sich die Verbraucher rur sein Produkt entscheiden. Das zweite Argument kann auf das Haftungsproblem im Zusammenhang mit fehlerhaften Informationen schon deshalb nicht übertragen werden, weil das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht, wie oben dargestellt,362 auf inhaltliche Mängel von Testinformationen nicht anzuwenden ist. kommt es doch nicht zu einer gläubigergleichen Gefährdung des Endabnehmers, die aber auch nach Steinmeyer (aaO, S.1053) erforderlich ist. Denn der Händler wird niemals den Schaden erleiden, den der Verwend er der Rohre erleidet. Von daher ist in diesem Fall wie in allen Fällen einer Absatzkette auch kein Interesse des Händlers vorhanden, seine Vertragspartner in den Schutzbereich des Liefervertrages zum Hersteller einzubeziehen. 358 Dazu Lehmann, Vertragsanbahnung, S.I 05 ff. mvwN in Fn.54 ff. 359 Siehe oben S.90 f. 360 BGH vom 14.5.1974 (Prüfzeichen), NJW 1974, S.1503 ff., 1504. 361 BGH a.a.O., S.1505. 362 Siehe oben S.99 ff.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest ftir reine Vermögensschäden

Danach lassen sich auch den Gründen, die zur Ablehnung der Herstellerhaftung rur reine Vennögensschäden der Endabnehmer infolge fehlerhafter Produkte im "Prüfzeichen"-Urteil des BGH angeruhrt werden, keine Anhaltspunkte entnehmen, die der Berurwortung einer Haftung der Stiftung Warentest kraft objektiven Rechts entgegenstehen könnten. Schließlich kann gegen die Statuierung einer Infonnationshaftung der Stiftung Warentest gegenüber den Verbrauchern eingewendet werden, daß es einer solchen Infonnationshaftung der Stiftung Warentest nicht bedürfe, wie die erfolgreiche Testarbeit in der Vergangenheit gezeigt habe. Denn auch ohne sich einer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit gegenüber den Testnutzern bewußt gewesen zu sein, habe die Testeinrichtung überaus sorgfältig und zuverlässig gearbeitet. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, daß eine Haftung gerade rur die Fälle wesentlich ist, in denen schadenstiftende Fehlinfonnationen in den Verkehr gebracht werden. Gerade zur Aufrechterhaltung des hohen Sorgfaltsstandards, dem die Stiftung Warentest schon jetzt genügt, kann und soll die Haftung gegenüber den testnutzenden Konsumenten beitragen. Wenn die Stiftung Warentest bis heute ihrer Verantwortung im Hinblick auf die Vennögensbelange der Verbraucher gerecht geworden ist, so spricht dies nicht gegen eine Haftung rur den Fall einer Fehlinfonnation. Ebensowenig wie ein Rechtsanwalt oder Steuerberater unter Hinweis darauf, daß er seine Haftpflichtversicherung wegen einen Beratungsverschuldens noch nie habe in Anspruch nehmen müssen, einer Haftung entgehen kann, vennag auch der Hinweis auf eine mehr als 30jährige erfolgreiche Arbeit die haftungsrechtliche Verantwortung der Stiftung Warentest bei verschuldeten Fehlinfonnationen auszuschließen. Für vorsätzliches Fehlverhalten steht dies außer Frage. Das Problem stellt sich also allenfalls auf der Ebene der Fahrlässigkeit. Letztlich geht es damit nur um den anzuwendenden Haftungsmaßstab, nicht aber darum, die Haftung gänzlich auszuschließen. 363 Selbst wenn es infolge von Schadensfällen bzw. Versorgeaufwendungen der Stiftung Warentest zu einer Preissteigerung rur die Testinfonnationen kommen sollte, ist völlig offen, ob dies notwendig zu einer Nachfrageverringerung seitens der Verbraucher fUhren muß.364 Es kann jedenfalls nicht ohne weiteres 363 Zum Haftungsmaßstab unten S.222 ff. 364 Ein Informationsverhaltensmodell bezüglich der Preisvergleiche durch Verbraucher hat Stigler, Economics of Information, Journal of Political Economy 1961, S.213 ff., entworfen. Er kommt zu dem Ergebnis, daß ein Verbraucher seine Suche nach dem billigsten Angebot innerhalb einer homogenen Produktgruppe nur solange fortsetzt, wie die Kosten der Suche ihren Nutzen, nämlich den Preisvorteil, nicht überschreiten.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 161

davon ausgegangen werden, daß die Testnutzer nicht bereit sind, auch einen höheren Preis um den Vorteil größerer Informations- und damit Dispositionssicherheit zu zahlen. Ist ein "Mehr" an Sicherheit aber nicht mehr möglich, weil alle Informationen schon heute den Anforderungen des Verkehrs entsprechend erstellt werden, dann kann es auch weiterhin nicht zu Schadensfiillen kommen, deren Kosten sich nachteilig auf den Preis der Informationen auswirken. Die im Hinblick auf das geringe Risiko niedrigen Kosten einer Versicherung könnten heute wohl ohne Schwierigkeiten über die mit den Testinformationen erzielten Erlöse bestritten werden. Diese Annahme liegt jedenfalls angesichts der Tatsache nahe, daß die gemeinnützige Einrichtung in den Jahren 1994/95 trotz rückläufiger Absatzzahlen rur die Zeitschrift "test" einen Überschuß von 4,88 Mio DM bzw. 3,58 Mio DM erwirtschaftet hat. 365 Vom Ansatzpunkt der Aufrechterhaltung eines funktionierenden rechtsgeschäftlichen Verkehrssystems her ist nicht auszumachen, daß eine Einstandspflicht der Stiftung Warentest sich negativ auf die Informationsverbreitung und -nutzung auswirken muß. Im Gegenteil kann die Haftung rur reine Vermögensschäden der Testnutzer der Stiftung Warentest auch zum Vorteil gereichen, weil mittelbar die Verläßlichkeit der Informationen gestärkt wird. 366 Zwar ist es rur die Sicherheit und Reibungslosigkeit des Konsumgüterverkehrs nicht erstrebenswert, bei testnutzenden Verbrauchern ein "absolutes" Vertrauen in die Richtigkeit der Testinformationen zu bewirken, weil die Testnutzer dann eigene "Vorsorgemaßnahmen" beim Abschluß testrelevanter Rechtsgeschäfte unterlassen, doch kann auch dieser Aspekt die Haftung dem Grunde nach nicht in Frage stellen. Das Problem des "blinden Vertrauens" eines Testnutzers kann sachgerecht und dem Einzelfall angemessen über das haftungsmindernde Mitverschulden (§ 254 Abs.1 BGB) oder den "Schutzbereich der verletzten Wahrheitspflicht" erfaßt werden. Damit stehen auf der haftungsausrullenden Seite Steuerungsinstrumente zur Verfügung, mit Hilfe derer verhindert werden kann, daß sich die testnutzenden Verbraucher die Informationen der Stiftung Warentest völlig unkritisch zu eigen machen. Beide Merkmale können dazu dienen, zwischen den Gefahrbeherrschungsmöglichkeiten der Testnutzer einerseits und denen der Stiftung Warentest andererseits einen systemforderlichen Ausgleich zu finden. 367

365 Vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1994, S.11. Den Gewinn mußte die Stiftung als Rücklage ausweisen. Gleiches gilt für das Jahr 1996; vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1996, S.86. 366 Vgl. Jost, Beratungshaftung, S.235. 367 Zum Mitverschulden unten S.279 ff.; zum Schutzbereichsmerkmal unten S.261 ff. 11 Boecken

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

Nach alledem ist festzuhalten, daß die Stiftung Warentest zur Förderung und Aufrechterhaltung eines sicheren und reibungslosen rechtsgeschäftlichen Verkehrs auf den Konsumgütermärkten für reine Vermögensschäden der testnutzenden Verbraucher infolge fehlerhafter Warentestinformationen kraft objektiven Rechts haftet.

b) Zum Bestehen einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentes! und den Testnutzern

Der oben entwickelte Haftungsgrund der Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs gibt zunächst nur eine Antwort auf die Frage, ob überhaupt eine Haftung kraft objektiven Rechts bestehen sollte. Nicht beantwortet wird aber die Frage, wie diese Haftung dogmatisch auszugestalten ist. Da es in diesem Teil der Arbeit nur um den Ersatz reiner Vermögensschäden aufgrund fehlerhafter Warentestinformationen geht, scheint die Antwort klar und einfach: solche Schäden sind nur in einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung ersatzflihig, es sei denn einer der vermögensschützenden Tatbestände des Deliktsrechts ist verwirklicht, was in bezug auf fahrlässige fehlerhafte Testinformationen aber nicht der Fall ist, wie schon oben gezeigt wurde. 368 Wenn an dieser Stelle auf das Deliktsrecht zurückzukommen ist, so hat das seinen Grund darin, daß die Informationshaftung der Stiftung Warentest ebenso wie die außervertragliche Auskunftshaftung von Wirtschaftsprüfern, Banken und anderen Sachverständigen nur auf eine positivrechtlich nicht geregelte Anspruchsgrundlage gestützt werden kann. Dafür bietet sich entweder eine Fortbildung des Vertragsrechts oder eine Fortbildung des Deliktsrechts an. Die Rechtsprechung hat die Haftung rur nicht vorsätzliche fehlerhafte Auskünfte traditionell dem Vertragsrecht zugeordnet, wenn sie die Haftung auf stillschweigende Auskunftsverträge, auf culpa in contrahendo oder auf die Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gründete. Nur in den Fällen grober Verstöße gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt hat sie den Tatbestand des § 826 BGB herangezogen, wobei sie dessen Voraussetzung einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung allerdings auch dann als erfüllt angesehen hat, wenn der Auskunftgeber leichtfertig eine fehlerhafte Auskunft erteilte. 369 Dieser uneinheitlichen Judikatur zur Auskunftshaftung ist ein Teil des Schrifttums mit der Forderung entgegengetreten, die Auskunftshaftungsfiille 368 Siehe oben S.92 ff. 369 Vgl. die Darstellung der Rechtsprechung zur Auskunftshaftung nach § 826 BGB bei Fredy Müller, Auskunftshaftung, S.70 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 163

sollten einheitlich über eine Fortbildung des Deliktsrechts gelöst werden, indem man anerkenne, daß es neben den Verkehrspflichten zum Schutz der in § 823 Abs.l genannten Güter ebenso deliktsrechtliche "Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens" gebe. 370 Namentlich v. Bar hat versucht, unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH im "Carter-Robbins-Test"-Fa1l371 darzulegen, daß auch der BGH schon "unbewußt" die Anerkennung von deliktischen Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens außerhalb der vermögensschützenden Deliktstatbestände in Erwägung gezogen habe. 372 Im diesem Fall hatte der beklagte Verleger eine neue Auflage eines renommierten medizinischen Lehrbuches auf den Markt gebracht. In dieser Auflage befand sich erstmals die Beschreibung des sog. Carter-Robbins-Tests, der in einer Infusion von 630 ccm einer 2,5% Kochsalzlösung bestand. Ein Korrek-

370 Assmann, Prospekthaftung, S.262; v. Bar, Verkehrspflichten, S.204 ff., 237; BTÜggemeier, DelR, Rn.456 ff.; Konrad Huber, Verkehrspflichten, in FS f. von Caemmerer, S.359 ff., 377; U. Huber, Vertragsverletzungen, FS f. von Caemmerer, S.837 ff., 862 in Fn.76; Mertens, Deliktsrecht, AcP 178 (1978), S.227 ff., 232; ders. in MünchKomm 2, Rn.475 zu § 823. Für die Anwendung vertraglicher und deliktischer Normen Hopt, Nichtvertragliche Haftung, AcP 183 (1983), S.608 ff., 710 f. Über den dogmatischen Anknüpfungspunkt der Verkehrspflichten zum Schutz des Vermögens haben die einzelnen Vertreter jedoch unterschiedliche Vorstellungen: BTÜggemeier hat vorgeschlagen, die Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens rechtsfortbildend wie alle anderen Verkehrspflichten in den Tatbestand des § 823 Abs.l BGB zu integrieren (DeIR, Rn.456 ff.). Mertens hat angeregt, die Tatbestände der Verletzung von Verkehrspflichten zum Schutz von Vermögensinteressen de lege lata als einen eigenständigen "dritten Absatz" des § 823 BGB zu denken (Deliktsrecht, AcP 178, S.227 ff., 231 f.). v. Bar hat aufbauend auf Larenz (Rechtswidrigkeit, FS f. Dölle I, S.169 ff., 189) und Konrad Huber (Verkehrspflichten, in FS f. von Caemmerer, S.359 ff., 377 ff.) die Auffassung vertreten, die Verkehrspflichten seien insgesamt - und damit auch solche zum Schutz fremden Vermögens - als Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs.2 BGB zu begreifen (Verkehrspflichten, S.157 ff., 204 ff.). Larenz hat diese Auffassung zur dogmatischen Einordnung von Verkehrspflichten in seine Lehrbücher jedoch nicht übernommen. 371 BGH vom 7.7.1970, JZ 1971, S.63 ff. m. Anm. Deutsch. 372 v. Bar, Verkehrspflichten, S.207 ff.; ähnlich zum "Carter-Robbins-Test"-Fall Deutsch, Anm. zu BGH vom 7.7.1970, VI ZR 223/68 (JZ 1971, S.63 ff.), JZ 1971, S.65 f., 65 sub III. 11'

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest ftlr reine Vermögensschäden

turversehen war die Ursache dafür, daß im Buch anstelle von "NaCI LV. 2,5%" "NaCI LV. 25%" zu lesen war. Die Korrektur des Werkes war seitens der Beklagten dem Verfasser des Werkes überlassen worden. Ein Assistenzarzt verabreichte einem Patienten mit Zustimmung seines vorgesetzten Arztes infolge dieses Schreibfehlers 500 ccm einer 20% Natriumchloridlösung. Der Patient wurde gesundheitlich schwer geschädigt. Die Haftpflichtversicherung der Ärzte übernahm den Schadensausgleich und nahm den Beklagten auf anteiligen Ausgleich in Anspruch. Der BGH wies die Klage ab, weil der Verleger durch die Übertragung der Korrektur an den Verfasser des Werkes nicht gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstoßen habe. Der BGH geht im letzten Abschnitt der Entscheidung ausdrücklich auf die für ihn als Anspruchsgrundlage für eine anteilige Haftung des Verlegers einschlägige Norm ein: Diese Vorschrift ist § 426 BGB. Eine gesamtschuldnerische Haftung (gemäß § 840 BGB) konnte nur in Betracht kommen, wenn sowohl die behandelnden Ärzte als auch der Verleger dem Patienten hafteten. Es kam also darauf an, ob auch der Verlag durch das Inverkehrbringen des fehlerhaften Druckwerks die Gesundheit des Patienten rechtswidrig und schuldhaft im Sinne des § 823 Abs.l BGB beeinträchtigt hätte. Diese Voraussetzung rur die Gesamtschuld hat der BGH verneint. Die Entscheidung kann danach nicht dahin verstanden werden, daß der BGH sich über eine Verkehrspflicht zum Schutz des Vermögens der Ärzte Gedanken gemacht habe. Der Haftungsschaden der Ärzte ist Folge der Körperverletzung des Patienten. Die Schadensersatzpflicht der Ärzte läßt diesen Schaden zwar bezogen auf ihre Person zum bloßen Vermögensschaden werden, dennoch stellt er sich als Folge einer Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 823 Abs.l BGB dar. Deutlich wird dies, wenn man sich vorstellt, der Patient hätte nicht die Ärzte, sondern den Verleger zuerst in Anspruch genommen. Diese Klage mit dem Argument abzuweisen, der Verleger habe mit seinem Druckfehler allenfalls eine Pflicht zum Schutz des Vermögens der Ärzte verletzt, jedoch keine Pflicht zum Schutz der körperlichen Integrität des Patienten, wäre kaum ernsthaft erwogen worden. Der Druckfehler im dem medizinischen Lehrbuch begründete vorrangig Gefahren für die körperliche Integrität der Patienten. Nach alledem ist der "CarterRobbins-Test"-Fall ein (typischer) Fall einer Herstellerhaftung für Vermögensfolgeschäden, einzig mit dem Unterschied, daß nicht der im Sinne von § 823 Abs.l BGB Geschädigte einen Vermögensfolgeschaden geltend macht, sondern ein ihm wegen dieser Rechtsgutsbeeinträchtigung zum Ersatz verpflichteter Schuldner. Der Fall ist daher ungeeignet zu belegen, daß in der Rechtsprechung zur Produkthaftung schon zwischen den Zeilen angedeutet worden sei, daß reine Vermögensschäden auch ohne die Verletzung schutzgesetzlich normierter Verkehrspflichten zum Schutz des Vermögens deliktsrechtlich ersatzfähig seien. 373

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 165 Daß v. Bar374 auf das "Schufa"-Urteil des BGH375 eingeht, um daraus die Anerkennung deliktsrechtlicher Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens abzuleiten, ist nicht nachvollziehbar: Die beklagte Schutzgemeinschaft rur allgemeine Kreditsicherung hatte den Banken, bei denen der Kläger verschiedene Girokonten unterhielt, unter Bezugnahme auf dessen jeweilige Kontonummern eine Nachricht übermittelt, nach deren Inhalt gegen eine Person mit dem gleichen Vor- und Zuname wie der des Klägers ein Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlassen worden war. Die Nachricht an die Banken war insoweit zutreffend, als die Anschrift des wahren Zahlungsunfähigen mitgeteilt worden war, nicht aber die Anschrift des Klägers. Dem Kläger wurden aufgrund der Mitteilung der Schufa Kredite gekündigt und von ihm ausgestellte Schecks wurden nicht mehr eingelöst. Der Kläger verlangte Ersatz seines Vermögens- und Nichtvermögensschadens. Der BGH wies die Klage mit der Begründung zurück, daß es der Schufa, die

im Interesse eines sicheren Kreditverkehrs insgesamt tätig werde, nicht anzulasten sei, wenn beteiligte Kreditinstitute keine Identitätsprüfung vornehmen würden, bevor sie Maßnahmen ergriffen. § 824 BGB schütze nur vor einer unmittelbaren Beeinträchtigungen, nicht aber vor einer mittelbaren, wie sie in diesem Fall vorgelegen habe. 376 v. Bar ist sicher darin zuzustimmen, daß das Urteil im Ergebnis kaum zu überzeugen vermag. 377 Doch kann man es nicht dahingestellt lassen, wie v. Bar

373 Im übrigen ist zu überlegen, ob der Begriff des reinen Vermögensschadens nicht im Hinblick auf Fallkonstellationen wie dem "Carter-Robbins-Test"-Fall präzisiert werden sollte. Von einem reinen Vermögensschaden sollte besser nur noch dann gesprochen werden, wenn die Vermögenseinbuße weder die Folge einer von dem Geschädigten selbst erlittenen Einbuße der Rechtsgüter des § 823 Abs.l BGB ist, noch die Folge einer Haftung ftlr eine solche Rechtsgutsverletzung bei einer dritten Person darstellt. Der "reine Vermögensschaden" wird aber bisher nur aus der Person dessen beurteilt, der eine Vermögenseinbuße geltend macht (vgl. Kötz, DelR, Rn.75). Bei einem präzisierten Verständnis vom "reinen Vermögensschaden" wäre v. Bar wahrscheinlich nicht geneigt gewesen, das Urteil des BGH im "Carter-Robbins-Test"-Fall als Beispiel daflir heranzuziehen, daß sich das Gericht schon einmal "in die Nähe einer Verkehrspflicht zum Schutz fremden Vermögens begeben" (v. Bar, a.a.O., S.206) habe. 374 Verkehrspflichten, S.209 ff. 375 BGH vom 20.6.1978, NJW 1978, S.2151 ff. 376 BGH a.a.O., S.2152. 377 v. Bar a.a.O., S.21O.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest flir reine Vennögensschäden

meint,378 ob die Schufa durch Angabe der falschen Kontonummern eine unwahre Behauptung aufgestellt hat. Falls sie keine unwahre Behauptung aufgestellt hat, ist ihr auch keine Verletzung einer deliktischen Verkehrspflicht zum Schutz des Vermögens vorzuwerfen. Eine verbotene Gefahrerhöhung, wie v. Bar379 es sieht, liegt nicht in der Aufstellung einer wahren Behauptung. Der "Schufa"-Fall ist allein der vermögensschützenden Vorschrift des § 824 BGB zuzuordnen, so wie es der BGH auch vorrangig getan hat. 380 Selbst wenn das Gericht die Voraussetzungen für einen Anspruch aus dieser Norm zu Unrecht als nicht erfüllt ansah, läßt sich daraus nicht die Notwendigkeit von "freien"381 Verkehrspflichten zum Schutz des Vermögens außerhalb der deliktsrechtlichen Tatbestände ableiten, schon gar nicht für solche Fälle, in denen vermögensrelevante Auskünfte der Wahrheit entsprechen. Die Möglichkeit einer Anerkennung von "freien" Verkehrspflichten zum Schutz des Vermögens hätte der BGH schon vor dem "Schufa"-Urteil in der sog. "Lastschrift"-Entscheidung382 gehabt, zum al es dort nicht um die Erteilung einer falschen Auskunft, sondern um die Unterlassung einer Mitteilung ging. In diesem Fall hatte die Klägerin einer Geschäftspartnerin in laufender Geschäftsbeziehung Waren geliefert. Der Kaufpreis für diese Waren wurde im Lastschriftverfahren von der Klägerin eingezogen. Im Mai und Juni 1973 hatte die Klägerin mehrere Lastschriften bei ihrer Bank eingereicht, die der beklagten Schuldner-Bank weitergeleitet wurden, aber von ihr mangels Deckung des Schuldnerkontos nicht eingelöst wurden. Von diesem Vorgang erhielt die Klägerin erst mit Verzögerung Kenntnis und lieferte weiterhin Waren an ihre Geschäftspartnerin, die kurze Zeit später in Konkurs fiel. Die Klägerin begehrte Schadensersatz für die Waren, die sie bei rechtzeitiger Mitteilung über die Nichteinlösung der Lastschrift nicht mehr an die Kundin geliefert hätte. Der BGH stützte seine stattgebende Entscheidung gerade nicht auf eine allgemeine Verkehrspflicht der Schuldner-Bank zum Schutze fremden Vermögens, sondern zu Recht auf eine besondere Schutzpflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin. Das Gericht sah die Klägerin nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als in das zwischen den Banken 378 A.a.O., S.21O. 379 A.a.O., S.21O. 380 Vgl. BGH a.a.O., S.2152; Thomas in Palandt, Rn.11 zu § 824. 381 Vgl. Canaris, Schutzpflichten, FS f. Larenz 11, S.83. Canaris weist zu Recht darauf hin, daß es auch nach herkömmlicher Auffassung schon deliktsrechtliche Pflichten zum Schutz des Vennögens gibt, nämlich solche, die an die Tatbestände der §§ 823 Abs.2, 824, 83 I, 826 BGB geknüpft seien. 382 BGH vom 28.2.1977, BGHZ 69, S.82 ff.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 167 bestehende Lastschriftabkommen einbezogen an. Sie habe als Gläubigerin zumindest ein gleichwertiges Interesse an der sofortigen Benachrichtigung über eine nicht eingelöste Lastschrift gehabt wie die Gläubigerbank selbst, der gegenüber sich die Benachrichtungspflicht aus dem Lastschriftabkommen der Banken ergebe. 383 Wenn v. Bar meint, der Vertrag mit Schutzwirkung diene in dieser Entscheidung "allein als Vehikel zur Fortentwicklung deliktsrechtlicher Verhaltensnormen",384 so ist dies nicht zutreffend. Denn die Schutzpflicht besteht gerade nicht gegenüber jedermann, sondern nur gegenüber den Gläubigem von Lastschriften, weil allein deren Vermögen durch verspätete Mitteilungen über die Nichteinlösung der Lastschriften getahrdet wird. Der Vorschlag, deliktsrechtlich "freie" Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens anzuerkennen, konnte sich bis heute weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum durchsetzen. 385 Zu Recht wird dem Vorschlag entgegengehalten, daß die Anerkennung solcher allgemeine Vermögens interessen schützenden Verkehrspflichten in der Sache die Einfilhrung einer deliktsrechtlichen Generalklausel bedeutete, gegen die sich aber der Gesetzgeber ausdrücklich auch in Abgrenzungen zu anderen Rechtsordnungen entschieden hat. 386 Dem könnte auch kaum dadurch entgegengewirkt werden, daß man die vermögensschützenden Verhaltensnormen auf bestimmte Berufsgruppen oder Institutionen beschränkt. 387 Denn zum einen enthalten die §§ 823 ff. BGB worauf Canaris388 zu Recht hinweist - für solche berufsbezogenen Beschränkungen der Deliktshaftung keine Anhaltspunkte. Zum anderen aber wäre man vor das Problem gestellt, in der sich immer weiter spezialisierenden "Informationsgesellschaft" immer neue Abgrenzungen zwischen einzelnen Berufsgruppen zu formulieren, wollte man tatsächlich zu einer wirksamen Beschränkung der Verkehrspflichten gelangen. Daß reine Vermögensinteressen außerhalb von Sonderbeziehungen eben nur unter den besonderen Tatbeständen des Deliktsrechts geschützt werden, dient vor allem dazu, die Handlungsfreiheit der am Wirtschaftsleben Beteiligten nicht übermäßig durch Haftungsri383 BGH a.a.O., S.87 f. 384 v. Bar, Verkehrspflichten, S.225. 385 Vgl. Börgers, Restrukturierung, S.30 mit Nachweisen in Fn.58. 386 Börgers, Restrukturierung, S.106; Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz Ir, S.83; lost, Beratungshaftung, S.253 f.; Picker, Forderungsverletzung, AcP 183 (1983), S.369 ff., 496; Zur Gesetzgebungsgeschichte der §§ 823 ff. BGB vgl. Börgers, Restrukturierung, S.64 ff.

387 Vgl. v. Bar, Verkehrspflichten, S.237. 388 Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz Ir, S.83.

168

3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest flir reine Vermögensschäden

siken zu belasten. 389 Aus dieser Zielvorgabe des Deliktsrechts ergibt sich geradezu ein Verbot der Rechtsfortbildung des Deliktsrechts hin zu der Anerkennung "freier", also nicht an die gegebenen Tatbestände des Deliktsrechts geknüpfter Verkehrspflichten zum Schutz des reinen Vermögens. Hinzu kommt, daß eine Rechtsfortbildung des Deliktsrechts in diesem Sinne eine gewachsene Rechtsentwicklung, nämlich die vorrangige Anknüpfung des Schutzes allgemeiner Vermögens interessen im rechtsgeschäftlichen Verkehr an vertragsähnliche Sonderverbindungen, gänzlich umzustoßen droht. Das brächte aber außerhalb einer legislativen Neuordnung ein zu hohes Maß an Rechtsunsicherheit mit sich. Was im Vertragsrecht im Hinblick auf die Schutzpflichten zur Erhaltung der Rechtsgüter im Sinne des § 823 Abs.l BGB zu Recht als "Hypertrophie"390 kritisiert wird, würde mit der Anerkennung "freier" Verkehrspflichten zum Schutz allgemeiner Vermögensinteressen zur "Hypertrophie des Deliktsrechts". Das muß insbesondere für die hier interessierenden Tatbestände der Auskunftshaftung wegen Erteilung fehlerhafter Informationen im rechtsgeschäftlichen Verkehr gelten. Zum Teil wird es für wertungswidersprüchlich gehalten, daß Berufsgruppen wie Ärzten und Architekten oder Warenproduzenten auch deliktische Verhaltenspflichten auferlegt würden, weil deren Tätigkeit mit der Gefahren für die Rechtsgüter im Sinne von § 823 Abs.l BGB verbunden sei, während sich die gesteigerte Verantwortlichkeit vermögenssorgender Berufe nicht in einer deliktischen Haftung niederschlage. 391 Dem muß entgegengehalten werden, daß es bei den Tätigkeiten der zuerst genannten Berufsgruppen typischerweise dazu kommen kann, daß auch dritte Personen, zu denen die Berufsangehörigen keine Sonderbeziehung haben, durch die fehlerhafte Ausübung ihrer Tätigkeit im Sinne des § 823 Abs.l BGB verletzt werden können. 392 Der Arzt, der einem Patienten einen Herzschrittmacher nicht lege artis einsetzt, haftet auch solchen Personen, die dadurch verletzt werden, daß der Patient infolge eines Herzversagens sein Kraftfahrzeug nicht mehr zu steuern vermag und einen Unfall verursacht. Der Architekt eines eingestürzten Hauses ist auch solchen Personen zum Schadensersatz verpflichtet, die rein zuflillig - etwa als Passanten - durch den Einsturz des Gebäudes geschädigt werden, wenn der Einsturz auf Fahrlässigkeit bei der Planung oder Beaufsichtigung des Baus zurückzuflihren ist. 389 Vgl. Picker, Forderungsverletzung, AcP 183 (1983), S.369 ff., 472 f. 390 So Kreuzer, Anm. zu BGH vom 29.1.1976 (Gemüseblatt), VIII ZR 246/74 (BGHZ 66, S.51 ff.), JZ 1976, S.778. 391 v. Bar, Verkehrspflichten, S.234. 392 Vgl. zur Produzentenhaftung nur Thomas in Palandt, Rn.202 zu § 823; BGH vom 14.5.1974, NJW 1974, S.1503 ff., 1505.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 169 Schließlich haftet der Hersteller eines Kraftfahrzeugs nach den Grundsätzen der Produzentenhaftung auch einem Fußgänger, der durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs verletzt wird, weil dessen Bremsanlage aufgrund eines Konstruktionsfehlers nicht funktioniert. Der maßgebliche Unterschied liegt also darin, daß die Verkehrspflichten zum Schutze der Rechtsgüter des § 823 Abs.l jedermann schützen, der durch ihre Verletzung eine Einbuße an seinen absolut geschützten Rechtsgütern erleidet, während die Haftung vermögenssorgender Berufe für rechtsgeschäftlieh relevante Auskünfte im Hinblick auf reine Vermögenseinbußen nur solchen Personen gegenüber eingreifen kann, deren rechtsgeschäftliehe Willensbildung für den Auskunftgeber bestimmungsgemäß und erkennbar betroffen ist. 393 Die Beschreibung der Schutzpflichten in den Auskunftsflillen als Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens ist daher nur eine andere Terminologie für die Haftung aus einer gesetzlichen Sonderbeziehung. Dies kommt bei einigen Vertretern dieses deliktsrechtlichen Ansatzes vor allem auch darin zum Ausdruck, daß sie die Vorschrift des § 278 BGB de lege lata auf die deliktischen Verkehrspflichten zum Schutz des Vermögens anwenden 394 und auf die Qualifizierung deliktischer Verkehrspflichten als gegenüber jedermann bestehende Pflichten verzichten wollen. 395 Soweit geltend gemacht wird, daß auch verjährungsrechtliche Probleme über die deliktsrechtliche Einordnung behoben werden könnten, ist dieser Einwand kaum überzeugend. 396 Denn die gleichmäßige Anwendung des § 852 BGB auf alle Fälle von Vermögensschäden durch fehlerhafte Auskünfte wäre kaum sachgerecht, wie allein das Beispiel der qualifizierten Prospekthaftung deutlich macht. Bei dieser Haftung erscheint die vom BGH397 gefundene Lösung einer 393 Daß auch bei Auskünften über rechtsgeschäftlich relevante Umstände eine deliktische Haftung gegenüber jedermann möglich ist, zeigen gerade die Warentestinformationen. Informiert die Stiftung Warentest über die Sicherheit einer Ware unzutreffend und wird ein Testnutzer oder ein Dritter durch die wegen der Testinformation erworbenen Ware etwa in seiner Gesundheit beeinträchtigt, so haftet die Stiftung Warentest auch aus § 823 Abs.l BGB für diese Rechtsgutsverletzung. Dazu unten S.303. 394 Vgl. Mertens in MünchKomm 2, Rn.483 zu § 823; ähnlich v. Bar, Verkehrspflichten, S.264; Brüggemeier, DelR, Rn.475 am Beispiel der Sachwalterhaftung des Gebrauchtwagenhändlers. 395 Assmann, Prospekthaftung, S.271; Mertens (Deliktsrecht, AcP 178 (1978), S.227 ff.) spricht denn auch in diesem Zusammenhang von Sonderprivatrecht (vgl. ders., in MünchKomm 2 , Rn.475 zu § 823). 396 v. Bar, a.a.O.; Mertens, Deliktsrecht, AcP 178 (1978), S.227 ff., 237 f. 397 BGH vom 21.5.1983, NJW 1984, S.2523 ff.; BGH vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 224.

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3.Tei1: Die Haftung der Stiftung Warentest rur reine Vermögensschäden

sechsmonatigen Verjährung ab Kenntnis des Schadens sehr viel sachgerechter als die dreijährige Verjährung des § 852 BGB. Die Verjährungsfragen des BGB müssen durch eine Neustrukturierung des Verjährungsrechts gelöst werden,398 nicht aber durch eine Fortbildung des deliktsrechtlichen Systems. Canaris hat - ausgehend von seiner Theorie eines einheitlichen Schutzpflichtverhältnisses399 - unter Hinweis auf die Prospekthaftung von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprufern in Parallele zu der Haftung für weitergeleitete Auskünfte und Arbeitszeugnisse400 dargelegt, daß es die "Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr" sei, die hinreiche, eine quasi-vertragliche Sonderbeziehung zwischen einem Auskunftgeber und einem Auskunftnehmer zu begrunden. 401 Wenn Konrad Huber diesem Ansatz mit dem Argument begegnet, das Inverkehrbringen eines fehlerhaften Gutachtens sei ebensowenig Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr wie das Liegenlassen einer Waffe,402 so ignoriert er schlicht die unterschiedlichen Gefahren, die von dem jeweiligen Verhalten für den Rechtsverkehr ausgehen. Das Gutachten schafft nur Gefahren für die rechtsgeschäftliche Willensbildung derer, die es einer Vermögensdisposition zugrundelegen. Die Waffe jedoch ist geflihrlich für jedermann, gegen den sie eingesetzt wird, am wenigsten aber filr den Benutzer selbst, es sei denn dieser ist suizidgeflihrdet. Eine derart undifferenzierte Betrachtungsweise kann niemanden von der Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung im Sinne "freier" deliktsrechtlicher Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens überzeugen. Wenn auch das Merkmal des "Vertrauens", das von Canaris in das Zentrum seiner Theorie vom einheitlichen Schutzpflichtverhältnis gestellt wird, zur Abgrenzung der quasi-vertraglichen Schutzpflichten von den deliktischen Verkehrspflichten ungeeignet ist, so läßt sich doch mit dem Rückgriff auf das einheitliche gesetzliche Schutzpflichtverhältnis, das bei einer Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr durch Informationstätigkeit im Sinne einer Sonderverbindung entsteht, eine filr diese Fälle einheitliche Rechtsgrundlage fassen. Diese hebt sich gerade auch in bezug auf die berufsbezogenen Pflichten zur Förderung fremder rechtsgeschäftlicher Willensbildung von den in der Rechtsprechung vorzufindenden vielfliltigen Konstruktionen ab. Daher ist dieser Auffassung, mit der zugleich dem eigentlichen Anliegen der Befilrworter deliktischer Pflichten zum Schutz fremden Vermögens gedient sein müßte, zu 398 Vgl. dazu Peters/Zimmermann, Gutachten Bd.1, S.77 ff. 399 Canaris, Nichtige Verträge, JZ 1965, S.475 ff., 478 ff. 400 Vgl. dazu BGH vom 15.5.1979, BGHZ 74, S.281 ff. 401 Täterschaft, FS f. Giger, S.117; ders., Vertrauenshaftung, S.538. 402 Konrad Huber, Verkehrspflichten, FS f. v. Caemmerer, S.359 ff., 376 in Fn.85.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 171 folgen. Denn ihnen geht es mit der Einordnung in das deliktsrechtliche Verkehrspflichtenkonzept nicht um andere Ergebnisse im Bereich der Auskunftshaftung, sondern darum, eine einheitliche Rechtsgrundlage in bezug auf die Haftung tUr reine Vermögenseinbußen bei nicht vorsätzlicher Erteilung fehlerhafter Auskünfte zu fmden. 403 Der quasi-vertragsrechtliche Charakter der Informationstätigkeit nicht nur der Stiftung Warentest gegenüber Testnutzern, sondern auch anderer Auskunftgeber vermögenssorgender Professionen läßt sich über das Kriterium der Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr hinaus mit mehreren Argumenten stützen, die insbesondere die Vertragsähnlichkeit der Auskunftssituation charakterisieren. Zum einen ist Köndgen in der Beschreibung zu folgen, daß die Erteilung von Auskünften eine vertragsähnliche Kommunikationssituation darstellt. 404 Im Fall der Stiftung Warentest wird dies besonders deutlich. Es handelt sich um einen Kontakt,405 der seitens der Stiftung Warentest (und der Testnutzer) wissentlich und willentlich durch die Publikation der Testberichte herbeigetUhrt wird. Der Umstand, daß die Warentestinformationen an alle (interessierten) Verbraucher gerichtet sind, ändert an dieser kommunikativen Konstellation nichts. Dieser Umstand hat nur Einfluß auf den Inhalt der Informationen, weil durch den breiten Adressatenkreis ein hohes Maß an Standardisierung notwendig ist und individuelle Belange nicht berücksichtigt werden können. In der zielgerichteten Aufnahme eines Informationskontakts zwischen zwei Personen liegt eine der Vertragssituation vergleichbare Form des Leistungsaustauschs. Dies entspricht auch dem von Picker4°6 formulierten Kriterium einer "konkreten faktischen Leistungsbeziehung" als tUr ihn maßgebliches Kriterium einer Sonderbeziehung. Die faktische Leistungsbeziehung zeichnet sich nach Picker dadurch aus, daß es sich um einen Kontakt handelt, der auch ohne vertragliche Verbindung ein finales Element aufweist, welches gerade bei der Erteilung einer Auskunft an "einen 'faktischen' Destinatär" in der Aufforderung liege, diese Auskunft den rechtsgeschäftlichen Dispositionen zugrundezulegen. 407 403 Vgl. Brüggemeier, DeIR, Rn.453; v. Bar, Verkehrspflichten, S.233; Mertens in MünchKomm2 , Rn.470 zu § 823. 404 Selbstbindung, S.358, wobei im Gegensatz zu Köndgen hier von einer Haftung kraft objektiven Rechts als vertragsähnlicher Haftung ausgegangen wird; ähnlich lost, Beratungshaftung, S.256. 405 So auch allgemein für die Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens Mertens in MünchKomm 2, Rn.483 zu § 823. 406 Picker, Schadenshaftung, lZ 1987, S.\041 ff., \058. 407 Picker a.a.O. (Hervorhebung im Original).

172

3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

Genau diesen Tatbestand erfüllen die Warentestinfonnationen, die die Stiftung Warentest auf vielfache Weise an die Verbraucher gerichtet in den Verkehr bringt. Zum anderen kann die Qualifizierung der Rechtsbeziehung zwischen den Testnutzern und der Stiftung Warentest noch auf einen weiteren (rechtssystematischen) Gesichtspunkt gestützt werden, der im Hinblick auf die Auskunftshaftung vennögenssorgender Berufe bisher nicht in die Diskussion eingebracht wurde. Die Anknüpfung der Auskunftshaftung an Begriffe wie "Vennögenssorge" und "Sachwalter" weist schon daraufhin, daß sich der Auskunftgeber um fremde Vennögensangelegenheiten kümmert. Geschieht diese Vennögenssorge aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, so stellt sich dieses Vertragsverhältnisses entweder als Auftrag (§ 662 BGB) oder als Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) dar, je nachdem, ob die Auskunft entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Ist der schon bestehende Vertrag unwirksam, so greifen die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) ein. 408 Für die gänzlich vertrags lose Erteilung einer Auskunft, die im fremden vennögensrechtlichen Interesse gegeben wird, liegt es dann doch nicht fern, diese im weitesten Sinne als "auftragslose Geschäftsführung" im Sinne der §§ 677 ff. BGB zu qualifizieren. Sicher erarbeitet der auskunftgebende Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder die auskunftgebende Bank sich die Expertenstellung nicht vOlTangig im fremden Vennögensinteresse. Dennoch liegen die maßgeblichen Anknüpfungspunkte der Auskunftshaftung und der Sachwalterhaftung darin, daß diese Personen, wenn sie Auskünfte erteilen, diese im Vennögensinteresse der Ratsuchenden zutreffend und wahr zu erteilen haben. Durch die Entscheidung, Auskunft zu geben, nehmen sie sich den fremden Belangen an und haben dabei jene Sorgfalt einzuhalten, die sie auch im Rahmen eines Auftragsverhältnisses einhalten müßten. Die Nähe zum Geschäftsbesorgungsrecht ist offensichtlich und wird auch bei den Befürwortern einer deliktsrechtlichen Einordnung der Auskunftshaftung deutlich, wenn von "Berufsgruppen, denen speziell die Wahrung fremder Vennögensbelange obliegt"409, die Rede ist. Nicht von ungeflihr steht die Vorschrift des § 676 BGB, die einzige, die sich mit der Haftung für Rat und Auskunft befaßt, exakt zwischen dem Recht des Auftrags und dem Recht der auftragslosen Geschäftsführung. All dies zeigt, daß die außervertragliche Erteilung von Auskünften, die der Förderung der rechtsge408 Vgl. BGH vom 25.6.1962, BGHZ 37, S.258 ff., 263. Die Stimmen, die sich gegen die Anwendung der §§ 677 ff. BGB im Fall der Nichtigkeit des Auftrags aussprechen, haben keine Bedenken im Hinblick auf eine bestehende Sonderbeziehung, sondern wollen nur, daß vorgenommene Vermögensverschiebungen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden (vgl. nur Vollkommer in Jauernig, Anm.2 e) aa) zu § 677. mwN.). 409 So Brüggemeier, DelR, Rn.456.

IV. Haftung aus einer vertraglichen oder quasi-vertraglichen Rechtsbeziehung 173

schäftlichen Willensbildung eines anderen dienen, dem Tatbestand der Geschäftsruhrung ohne Auftrag und damit einer Sonderverbindung sehr viel näher steht als den deliktsrechtlichen Verkehrspflichten zum Schutze der Rechtsgüter in § 823 Abs.l. Das Institut der "berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag" aber besitzt vertragsersetzende Funktion und ist als schuldrechtliche Sonderbeziehung anerkannt. 410 Auch aus diesem Gesichtspunkt heraus erscheint die Annahme einer Sonderbeziehung gerechtfertigt, soweit vermögensrelevante Auskünfte bewußt zur Förderung rechtsgeschäftlicher Willensbildung in den Verkehr gebracht werden. Nun lassen sich die außervertraglichen Informationstätigkeiten von Angehörigen vermögenssorgender Berufe dogmatisch sicher ebensowenig unter die konkreten tatbestandlichen Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsruhrung ohne Auftrag fassen, wie die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest unter diese Voraussetzungen zu subsumieren ist. Bei der Stiftung Warentest ist dies schon deshalb nicht möglich, weil es gerade nicht an einem Auftrag zur Erarbeitung der Informationen fehlt. Denn dieser besteht ja ausdrücklich in Form der Stiftungssatzung. Und dennoch kann die Testinformationstätigkeit der Stiftung Warentest im weitesten Sinne als eine Geschäftsruhrung im Interesse der Verbraucher verstanden werden, weil sich die Beschaffung von umfassenden Produktinformationen durch die interessierten Verbraucher im heutigen marktwirtschaftlichen System als faktisch unmöglich erweist. Vom marktwirtschaftlichen System her gedacht, ist es aber gerade der Verbraucher, der sich über die Produkte informieren soll, um damit einerseits seinen eigenen Bedürfnissen gerecht werden zu können, andererseits aber auch den Leistungswettbewerb unter den Anbietern zu fördern. Diese zugegebenermaßen abstrakten Parallelen rechtfertigen es jedoch, die Haftung der Stiftung Warentest als auf einer vertragsersetzenden Sonderverbindung beruhend zu qualifizieren. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Auskunftshaftung der Stiftung Warentest rur fahrlässig verursachte reine Vermögensschäden der Testnutzer dogmatisch richtig als quasi-vertragliche Haftung einzuordnen. 411 Die Stiftung Warentest steht aufgrund ihrer tatsächlichen Beratungsleistung ex lege in einer schuldrechtlichen Sonderbeziehung zu den Konsumenten, die als Testnutzer ihre rechtsgeschäftliche Willensbildung (auch) auf die publizierten Güterinformationen stützen.

410 Vgl. Thomas in Palandt, Rn.15 zu § 677; Vollkommer in Jauemig, Anm.2 a) Vorbemerkung zu § 677.

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3.Teil: Die Haftung der Stiftung Warentest für reine Vermögensschäden

4. Exkurs: Zur Frage einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und dem Handel Es ist nicht ungewöhnlich, daß Einzelhändler oder Kaufhäuser ihr Sortiment nach Maßgabe der Warentestbeurteilungen der Stiftung Warentest zusammenstellen. 412 Fehldispositionen aufgrund unrichtiger Informationen können damit auf der Handelsebene ebenso vorkommen wie auf der Endabnehmerstufe. Dennoch ist es im Ergebnis kaum sachgerecht, den Handel als reine Verteilerstufe in der Absatzkette ebenso zu schützen wie die Endabnehmer. Zunächst ist schon sehr zweifelhaft, ob der Handel in gleicher Weise auf die Informationstätigkeit angewiesen ist wie die Verbraucher. Denn dem Handel stehen über die Dachorganisationen in aller Regel auch andere Informationssysteme zur Verfilgung, um sich einen besseren Überblick über die am Markt angebotenen Güter zu verschaffen. Entscheidend ist aber, daß der Handel die Informationen der Stiftung Warentest nur aus seinem Absatz- und Umsatzinteresse heraus verwertet. Ein eigentliches Sachnutzungsinteresse besteht auf der Handelsstufe nicht. Soweit die Sortimente anhand der Qualitätsurteile der Stiftung Warentest zusammengestellt werden, geschieht dies nur deshalb, weil bei guten Ergebnissen eine steigende Nachfrage der Konsumenten erwartet wird. Das Risiko, auf fehlerhaft zu gut bewerteten Produkten sitzen zu bleiben, nachdem ein Informationsfehler der Stiftung Warentest publik wird, ist kein besonderes Risiko. Ungünstige Nachfrageveränderungen aufgrund neuer Informationen stellen ein typisches Händlerrisiko dar, das nicht auf eine verbraucherschützende Einrichtung abgewälzt werden darf, nur weil deren Marktinformationen bei den Endabnehmern große Beachtung finden. Händler und Kaufhäuser können sich aufgrund ihrer größeren Marktmacht im übrigen vor diesem Risiko leichter schützen als Endabnehmer, indem sie mit den Herstellern filr den Fall einer fehlerhaften Beurteilung durch die Stiftung Warentest die Rücknahme der Ware gegen Rückzahlung des Entgelts vereinbaren. 413 Aus diesen Erwägungen ist der Schluß zu ziehen, daß Einzelhändler und Kaufhäuser im Gegensatz zu Endabnehmern mangels schutzwürdigen Interesses an den Testinformationen nicht in einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zur Stiftung Warentest stehen.

411 Für die Auskunftshaftung im allgemeinen ebenso Lorenz (Vermögensschäden, FS f. Larenz I, S.575 ff., 618 f.) allerdings unter Zugrundelegung der herrschenden Vertrauenslehre. Ferner lost, Beratungshaftung, S.254. 412 Siehe Hilger/Fritz u.a., Testnutzung, in: Warentest und Unternehmen, S.133 ff. 413 Vgl. Wenzel, Bildberichterstattung, Rz.IO.54, S.401.

V. Ergebnis zum 3.Teil

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V. Ergebnis zum 3.Teil Die Stiftung Warentest haftet rur reine Vermögensschäden der testnutzenden Konsumenten aufgrund von fahrlässig fehlerhaften Warentestberichten weder nach dem Wettbewerbs- oder Deliktsrecht noch aus einer vertraglichen Sonderbeziehung. Eine Haftung kann sich vielmehr in Anlehnung an die Grundsätze der Sachwalterhaftung aus einer kraft objektiven Rechts bestehenden Sonderbeziehung ergeben, die sich als Schutzpflichtverhältnis quasi-vertraglicher Art darstellt. Der Haftungsgrund ist in der Vermeidung von Gefahren rur die Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs auf den (getesteten) Konsumgütermärkten zu sehen.

Vierter Teil

Der Haftungstatbestand im einzelnen I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willens bildung von testnutzenden Verbrauchern Aus der quasi-vertraglichen Sonderverbindung ergeben sich die Pflichten der Stiftung Warentest, die Testnutzer durch die Testinfonnationen in bezug auf deren Konsumentscheidungen nicht in die Irre zu führen. Eine Fehlvorstellung wird bei Testnutzern zum einen dann hervorgerufen, wenn Testberichte unzutreffende oder unvollständige Tatsachenmitteilungen enthalten. Zum anderen kommt es zu Irrtümern, wenn die vorgenommene Bewertung der ProduktelDienstleistungen auf unvollständigen oder unrichtigen Daten beruht wenn oder sie gegen Denkgesetze verstößt. l

1. Ausgestaltung der Pflichten im Sinne unklagbarer Schutzpflichten

Die gesetzliche Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und den Testnutzem begründet lediglich unklagbare Schutzpflichten. Klagbare Ansprüche auf bestimmte Auskünfte über Waren und Dienstleistungen gegen die Stiftung Warentest können auf die gesetzliche Sonderbeziehung nicht gestützt werden. Da es nur um den Schutz der testnutzenden Verbraucher vor Einbußen in ihrem Vennögen (und sonstigen Rechtsgütern) infolge von irreführenden Infonnationen geht, trägt die gesetzliche Rechtsbeziehung nicht den Charakter einer echten Leistungsbeziehung. Ein Primäranspruch auf die Erteilung bestimmter (richtiger) Infonnationen läßt sich nicht auf eine gegebenfalls bestehende vertragliche Beziehung der Testnutzer zur Stiftung Warentest stützen, da die Einrichtung sich keinem Verbraucher gegenüber zu Erarbeitung bestimmter Infonnationen vertraglich verpflichtet. Ebensowenig lassen sich aus der Satzung der Stiftung Leistungspflichten ableiten. 2

1 Siehe oben S.70 ff. 2 Siehe schon oben S.95 f.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Der Frage, ob Schutzpflichten insoweit einen klagbaren Leistungsanspruch begründen, wie es zur Verhinderung eines drohenden Schadens erforderlich ist,3 muß in bezug auf die Informationpflichten der Stiftung Warentest nicht nachgegangen werden. Denn bei den hier untersuchten Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung handelt es sich um solcher Art Schutzpflichten, deren Erfiillung nur "spontan,,4 einen Sinn macht. Sie sollen gerade verhindern, daß fiir die Verbraucher unerkennbare Gefahren entstehen. Hat ein Testnutzer die mit einer Testinformation verbundene Irrefiihrungsgefahr erkannt, so bedarf er keines Schutzes mehr. Dem Verbraucher fiir diesen Fall noch einen klagbaren Anspruch auf korrekte Testberichterstattung zu gewähren, liefe im Ergebnis auf die Einräumung eines Erfiillungsanspruchs gegen die Stiftung Warentest hinaus. Dafiir gibt es aber gerade keine Rechtsgrundlage. Für die Pflichtverletzung durch Verbreitung irrefiihrender Angaben kann auch dahingestellt bleiben, ob ein Warentest die Testnutzer wegen unterlassener zusätzlicher Informationen oder wegen inhaltlich unrichtiger positiver Angaben in die Irre fiihrt, ob also die verletzte Pflicht der Fallgruppe "Aufklärungspflichten" oder der Fallgruppe "Wahrheitspflichten" zuzuordnen ist. Die Abgrenzung dieser beiden Kategorien ist, sofern es um die Irreführung durch erteilte Informationen geht, ohnehin kaum möglich. 5 Für die Prospekthaftung stellt der BGH deshalb auf das durch den Prospekt vermittelte Gesamtbild ab. 6 Das Hervorrufen einer Fehlvorstellung ist der entscheidende Gesichtspunkt. Im Einzelfall ist deshalb in einer Gesamtbetrachtung der Testberichte zu untersuchen, ob ein Testbericht die Gefahr der Irrefiihrung von Testnutzern entweder durch Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Daten begründet. In bezug auf die Haftungsfolgen darf die Unterscheidung zwischen Unvollständigkeit und Unrichtigkeit keinen Unterschied machen.

3 Vgl. hierzu Medicus, SchR I, Rn.424 mwN. 4 Vgl. Medicus, SchR I, a.a.O. 5 Siehe zur börsenrechtlichen Prospekthaftung beispielsweise die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 1.2.1994 (Bond-Anleihe), BB 1994, S.737 ff. m. Anm. Kunz [= WiB 1994, S.242 m. Anm. Jasper = WuB I G 9.- 2.94 m. Anm. Schwark]. Die Vorinstanz hatte den Börsenprospekt wegen Auslassens wesentlicher Tatsachen gemäß § 45 Abs.1 S.2 BörsG für irreführend erachtet, während das OLG Frankfurt die Haftpflicht der Emmissionsbank darauf gründete, daß er unrichtige Angaben gemäß § 45 Abs. I S.I BörsG enthalte, so daß dem Leser ein zu positiver Gesamteindruck vermittelt worden sei (S.737). 6 BGH vom 12.7.1982, WM 1982, S.862 ff., 862. 12 Boecken

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

2. Inhaltliche Konkretisierung der Pflichten

Die Pflicht zur Veröffentlichung fehlerfreier Güterinformationen muß sich an den Informationsbedürfnissen der Verbraucher orientieren. Neben dem Preis einer Ware/Dienstleistung interessieren sich die Verbraucher vor allem rur die Qualität der Güter und deren Verhältnis zueinander. Jeder Testbericht enthält sowohl Erklärungen tatsächlichen wie auch wertenden Inhalts. 7 Inwieweit es rur Umfang und Reichweite der Schutzpflicht von Belang ist, ob sich ein Bericht auf Qualitätsmerkmale oder Preise bezieht und ob eine Äußerung wertenden oder beschreibenden Charakters ist, sollen folgende Überlegungen verdeutlichen.

a) Schutzpjlicht in bezug aufTatsachenmitteilungen aa) Qualitätsmerkmale Die Informationsangewiesenheit der Verbraucher hinsichtlich der verschiedenen Qualitätsmerkmale ist unterschiedlich groß. Drei Klassen von Produktqualitäten lassen sich grundsätzlich unterscheiden: Zunächst gibt es die Qualitäten eines Gutes, die der Verbraucher unmittelbar selbst durch Untersuchung vor oder bei Erwerb des Gutes überprüfen kann (sog. "search"Qualitäten).8 Des weiteren sind die Eigenschaften zu nennen, die der Verbraucher erst nach Erwerb der Ware oder der Dienstleistung durch die Verwendung bzw. Inanspruchnahme in Erfahrung bringen kann (sog. "experience"Qualitäten).9 Schließlich bleiben solche Eigenschaften eines Gutes aufzuzählen, rur deren Wahrnehmung der Verbraucher - auch nach dem Erwerb - einen unverhältnismäßigen Kostenaufwand treiben müßte. Hinsichtlich dieser Eigenschaften ist er gänzlich auf richtige und vollständige Angaben des Herstellers/Anbieters bzw. des Warentesters angewiesen (sog. "credence"Qualitäten). IO Die Pflicht der Stiftung Warentest, die testnutzenden Verbraucher nicht zu Fehldispositionen zu veranlassen, bezieht sich vorrangig auf solche Eigenschaften eines Gutes, hinsichtlich derer die Verbraucher auf die Sachkunde und 7 Zum Warentest als Tatsachenbehauptung bzw. Werturteil, siehe oben S.72. gNeison, Consumer Behavior, Journal of Political Economy, Vol.78 (1970), S.311 ff., 312. 9 Nelson, Consumer Behavior, Journal of Political Economy, Vol.78 (1970), S.311 ff., 312; 10 Darby/Karni, Competition, Journal of Law and Economics, Vol.16 (1973), S.67 ff., 68 f.; Strassner, Verbraucherinformationsrecht, S.131 f.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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die Möglichkeiten der Einrichtung besonders angewiesen sind. Dies sind vor allem "experience"- und "credence"-Eigenschaften. Zu nennen sind beispielsweise die "Lebensdauer" und der Energieverbrauch eines Produkts oder die Verwendung von gesundheits- und umweltgeflihrdenden Stoffen in der Fabrikation. 11 Aufgrund eigener Untersuchungsmöglichkeiten l2 der Testnutzer ist im Hinblick auf "search"-Eigenschaften eines empfohlenen Produkts fraglich, ob bei fehlerhafter Darstellung solcher Eigenschaften eine Pflichtverletzung vorliegt. Zu bejahen ist diese Frage jedenfalls dann, wenn aufgrund der Umstände eines empfohlenen Warenerwerbs der Verbraucher keine konkrete Möglichkeit der Überprüfung hat wie etwa beim Erwerb im Versandhandel. In diesem Fall werden "search"-Eigenschaften zu "experience"-Eigenschaften. Zweifelhaft bleiben nur Fälle, in denen ein Testnutzer sich auf die fehlerhafte Angaben der Stiftung Warentest hinsichtlich konkret überprüfbarer Eigenschaften des empfohlenen Gutes ohne eigene Prüfung verläßt. Die Verletzung einer Wahrheitspflicht kann in diesen Fällen unter dem Gesichtspunkt bejaht werden, daß einem Warentest eine Entlastungsfunktion 13 zukommt. In diesem Sinne empfinden die Testnutzer auch die Angaben eines Testberichts über die überprüfbaren Eigenschaften eines empfohlenen Produkts. Nimmt die Stiftung Warentest ihm die Informationssuche durch Aufnahme solcher Angaben in den Warentestbericht ab, darf er sich darauf verlassen, daß diese Informationen der Wahrheit entsprechen. Auch fiir die "search"-Eigenschaften des empfohlenen Produkts ist daher bei irrefiihrender Darstellung im Testbericht von einer Schutzpflichtverletzung auszugehen. Der Umstand, daß ein Testnutzer gegebenenfalls selbst noch die Möglichkeit hatte, sich von der Richtigkeit

II Die Stiftung Warentest versteht ihre Infonnationsaufgabe auch in diesem Sinne, wenn sie beispielsweise schon im Titel "Umwelt geschont - Strom gespart" eines Kühlschranktestberichts ("test" 3/94) sowohl den Umwelt- als auch den Energieverbrauchsaspekt besonders hervorhebt. 12 So kann der Käufer eines Personal-Computers beim Verkäufer prüfen, ob ein Gerät, das von der Stiftung Warentest empfohlen wurde, tatsächlich "leise" operiert und ob es die äußerlichen Maße besitzt, die unter der Rubrik "Ausstattung 1 Technische Merkmale" beschrieben werden. Auch die Handhabung einer Ware beispielsweise läßt sich regelmäßig vor Erwerb in Erfahrung bringen. 13 Vgl. hierzu SilbererlFörster u.a., Kontakte, in: Warentest und Konsument, S.48/49, 92; dies., Wirkungen, in: Warentest und Konsument, S.157: ferner Schricker, Anm. zu BGH vom 9.12.1975, VI ZR 157/73 (GRUR 1976, S.268 ff.), GRUR 1976, S.275. 12*

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der Angaben vor dem Erwerb zu überzeugen, kann jedoch im Rahmen eines Mitverschuldens Berücksichtigung finden. 14 Verläßt sich ein Testnutzer auf tatsächliche Angaben zu "search"Eigenschaften nicht empfohlener Produkte und unter läßt er deswegen deren Erwerb zugunsten des empfohlenen Produkts, das die vom ihm gewünschten "search"- Eigenschaft laut Testbericht besitzt, so liegt der Fall nicht anders. Der Verbraucher wird aufgrund der von ihm gewünschten und empfundenen Entlastung durch den Testbericht von der Untersuchung der anderen Produkte abgehalten. In bezug auf die "search"-Eigenschaften der nunmehr außer Betracht gelassenen Konkurrenzprodukte kann man die Schutzbedürftigkeit des Testnutzers auch nicht deshalb verneinen, weil er seiner Funktion am Markt als "verständiger Verbraucher" nicht nachgekommen sei. Selbst wenn man diesen Aspekt als rechtlichen Gesichtspunkt innerhalb des Verhältnisses zum Verkäufer/ Anbieter einer WarelDiensteistung heranziehen will, um gegeben falls eine Schutzpflicht des Verkäufers/Anbieters hinsichtlich der "search" -Eigenschaften anderer Produkte abzulehnen, so läßt sich einem Testnutzer dieser Vorwurf gerade nicht machen. Indem er sich mittels der Informationen der Stiftung Warentest um eine möglichst umfassende Übersicht über die Angebotspalette bemüht, nimmt er gerade damit seine Aufgabe als kritischer und rationaler Verbraucher wahr. Damit trägt er - auch im Sinne der Stiftung Warentest mittelbar zu einem stärkeren Wettbewerb unter den Anbietern bei. Stellt die Einrichtung Informationen über die "search"-Eigenschaften aller getesteten Güter zur Verfligung, so kann es keinem Verbraucher, der sich zur Minimierung seiner Suchkosten auf diese Weise marktgerecht verhält, zum Nachteil gereichen, daß er es unterläßt, sich darüber hinaus von der Richtigkeit der Angaben noch selbst zu überzeugen.

bb) Preisinformationen Ein Warentestbericht enthält in aller Regel auch Angaben über die Preise der getesteten Güter. Dabei gibt der Testbericht regelmäßig Preisspannen und/oder einen "Mittleren Preis"ls bzw. einen "Ca.-Preis"16 an. Eine Schutzpflicht der Stiftung Warentest im Hinblick auf den Preis eines zum Kauf empfohlenen Produkts besteht indessen nicht. Diesen kann und wird der Verbraucher vor Erwerb des Gutes erfahren. Soweit die Stiftung Warentest solche Preise mitteilt, die ihr von den Herstellern vor Publikation des Tests 14 Dazu unten S.279 ff. 15 Siehe z.B. Test Mini-HiFi-Anlagen in "test" 2/93, S.40.

16 Siehe z.B. Test Laser-Drucker in "test" 8/94, S.60/61.

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genannt werden (Ca.-Preis)17, gibt die Einrichtung zu erkennen, daß diese Infonnationen nicht von ihr stammen und daher mit ihrer besonderen Sachkunde und ihrer Unabhängigkeit nichts zu tun haben. Soweit die Stiftung Warentest die Preise über Marktforschungsinstitute in ihrem Auftrag ennitteln läßt, gilt dieser Gesichtspunkt freilich nicht. Doch anders als Qualitätsmerkmale ist der Preis keine fixe Größe eines Gutes, sondern unterliegt dem Spiel der Marktkräfte. Insofern ist es richtig, daß die Preise als solche nicht in die Qualitätsurteile eines Warentests einfließen. 18 Die Marktverhältnisse sind ständigen Schwankungen unterworfen und es lassen sich in der Regel keine verläßlichen Aussagen über einzelne Preise der getesteten Güter machen. Sinn und Zweck der Preisangaben ist es vor allem, dem Konsumenten Anhaltspunkte für die zu erwartenden Kosten, gegebenenfalls auch Argumente für Verkaufsverhandlungen zu liefern. Stellt sich bei Kaufverhandlungen heraus, daß der von der Stiftung Warentest genannte Preis niedriger ist als der vom Händler verlangte, so kann der Testnutzer weder die aufgewendeten Kosten für die Anfahrt etc. ersetzt verlangen, wenn er wegen des Preises von dem Geschäft Abstand nimmt, noch kann er verlangen, daß ihm die Stiftung Warentest die Differenz ersetzt, falls er das Produkt zu dem höheren Preis erwirbt. Eine Ausnahme kann allenfalls für den Fall angenommen werden, daß die Stiftung Warentest den Preis eines Produkts etwa aufgrund eines Übertragungsfehlers zu hoch angibt und ein Testnutzer deshalb ein anderes Produkt erwirbt, für das er tatsächlich mehr bezahlt als für das Produkt, dessen Preis fehlerhaft angegeben ist. Hier mag es im Einzelfall gerechtfertigt sein, dem irregeführten Verbraucher einen Anspruch auf Ersatz des zuvielgezahlten Betrages zu gewähren, sofern er an dem Erwerb des (zu) teueren Gerätes festhalten wilL19 Auch in einem solchen Fall kommt wieder der Aspekt zum Tragen, daß sich der Verbraucher, der sich über die Warentestinformationen über die am Markt angebotenen Waren informiert, gerade seiner wettbewerblichen Funktion gerecht wird. Ihm kann nicht vorgehalten werden, daß er sich über die Preise auch selbst hätte informieren können. Bei einem reinen Preisvergieich20 ist die Lage eine andere, weil Methodik und Funktion eines Preisvergleichs sich vom Waren- und Dienstleistungstest 17 So z.B. beim Kühlschranktest, "test" 3/94, S.39 unter "AUSGEWÄHLT, GEPRÜFT, BEWERTET". 18 Vgl. Stiftung Warentest, "test", Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.47.

19 Zu Inhalt und Umfang des Schadensersatzspruchs siehe ausführlich unten S.245 ff. 20 Die Stiftung Warentest veröffentlicht nur noch selten reine Preisvergleiche. Siehe den Städte-Preisvergleich flir Compact-Discs in "test" 8/94, S.28/29.

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unterscheiden. Zum einen läßt die Stiftung Warentest bei einem Preisvergleich die Daten durch von ihr beauftragte Mitarbeiter anonym recherchieren und publiziert sie als eigene Informationen. Zum anderen - und dies ist der wichtigere Aspekt - soll ein Preisvergleich eine Aussage über den für Konsumenten preislich günstigsten Anbieter auf der letzten Handelsstufe von Produkten und Dienstleistungen treffen. 21 Es soll also keine Auswahl zwischen vergleichbaren Produkten erleichtert werden, sondern die Auswahl unter verschiedenen Anbietern. Nach Auffassung des BGH, der hier zugestimmt wird, treffen die Stiftung Warentest bei einem Preisvergleich ebenfalls besondere Sorgfaltsanforderungen. 22 Denn "ein öffentlich verbreiteter Preisvergleich wird regelmäßig die Kaufentscheidungen der Verbraucher beeinflussen. Dies gilt verstärkt, wenn er von einem Verbraucherverband herausgegeben wird, weil Veröffentlichungen dieser Verbände, insbesondere im Hinblick auf die erwartete Neutralität, besonderes Vertrauen genießen. ,,23 Es wäre "lebensfremd anzunehmen, daß dies ohne Einfluß auf den Wettbewerb wäre. "24 Die Adressaten des Vergleichs werden durch die Preisinformationen auf den Anbieter gelenkt, der laut Darstellung die günstigsten Angebote bereithält. Die haftungsrechtliche Relevanz eines fehlerhaften Preisvergleichs ist aus Verbrauchersicht dennoch nicht hoch einzuschätzen. Preisvergleiche werden häufig auf Anbieter von Waren des täglichen Bedarfs25 beschränkt. Werden die

Zu einem Preisvergleich der Stiftung Warentest vgl. die Entscheidung des BGH vom 3.12.1985 (Warentest Ill), GRUR 1986, S.330 ff.; zu einem Preisvergleich der Verbraucherzentrale Berlin, KG vom 20.6.1978, WRP 1978, S.822 f.; zu einem Preisvergleich der Verbraucherzentrale Hamburg die Entscheidung des BGH vom 20.3.1981, GRUR 1981, S.658 ff. m. Anm. Schulze zur Wiesehe [= NJW 1981, S.2304 = BB 1981, S.1609= WRP 1981, S.457] Vorinstanz: OLG Hamburg, WRP 1979, 68ff.; dazu W. Brinkmann, Preisvergleiche, WRP 1979, S.265 ff. 21 Vgl. KG vom 20.6.1978, WRP 1978, S.822 f., 823; Schulze zur Wiesche, Anm. zu BGH vom 20.3.1981, I ZR 10179 (GRUR 1981, S.658 ff.), GRUR 1981, S.661 ff., 664. 22 So BGH vom 3.12.1985 (Warentest Ill), GRUR 1986, S.330 ff., 331. Zwar betriill die Entscheidung die Klage einiger im Preisvergleich zu schlecht eingestufter Unternehmen, doch der BGH stellt klar, daß infolge der irreführenden Angaben die Leser des Vergleichs von einem Einkauf bei den Klägern abgehalten werden könnten, obwohl die Kläger nach Korrektur der Vergleichslisten zu den günstigsten Anbietern gezählt werden mußten. Ferner BGH vom 20.3.1981, GRUR 1981, S.658 ff., 660. 23 BGH a.a.O., S.660. 24 BGH a.a.O., S.660. 25 So etwa der Preisvergleich in BGH vom 3.12.1985 (Warentest Ill), GRUR 1986, S.330 ff.

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Testleser infolge des irrefilhrenden Vergleichs zu einem Anbieter gefilhrt, der entgegen der Vergleichsaussage nicht die günstigsten Angebote macht, so würden sie dann einen Vermögensschaden erleiden, wenn sie bei korrekter Darstellung anderenorts günstiger gekauft hätten. Doch wird dieser Schaden im Bereich dessen liegen, was gemeinhin als Bagatellschaden und damit als geringfilgig einzustufen ist. Prozessuale Schritte seitens der testnutzenden Verbraucher sind deshalb kaum zu erwarten.

cc) Aktualität der Daten Die von der Stiftung Warentest im Rahmen eines Test publizierten Daten können nur dann ihren Zweck einer Marktaufhellung erreichen, wenn sie zum Zeitpunkt der Publikation den aktuellen Stand des behandelten Konsumgütermarktes wiedergeben. Empfiehlt ein Testbericht etwa ein Produkt, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung am Markt nicht mehr oder nicht mehr so erhältlich ist, dann verletzt die Einrichtung ihre Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information der Testnutzer ebenso wie im Falle einer schlicht unrichtigen Darstellung der Daten. Die Aktualität der Warentestberichte ist aus Verbrauchersicht ebenso zu fordern wie die Aktualität von Kapitalanlageprospekten aus Anlegersicht,26 wobei diese Anforderung filr den Warentester sicher nicht so belastend wirkt wie filr den Prospektverantwortlichen. Denn die Bewertung von Kapitalanlagen kann der Anlage selbst kaum entnommen werden, sondern beruht fast ausschließlich auf externen Umständen. 27 Dagegen hängt die Qualität und Gebrauchstauglichkeit eines Produkts vornehmlich von dessen Be-

Siehe aber auch den Preisvergleich der Verbraucherzentrale Hamburg in BGH vom 20.3.1981, GRUR 1981, S.558 ff., der eine Gegenüberstellung von Preisen für Handstaubsauger, Gefrierschränke, Geschirrspülautomaten, Radiorecorder, Farbfernsehgeräte und Kompaktkameras enthielt; ähnlich der Preisvergleich in KG vom 20.6.1978, WRP 1978, S.822 f. 26 Vgl. BGH vom 12.7.1982, WM 1982, S.862 ff., 864 I.Sp. mwN. [= BB 1982, S.1626]; OLG Frankfurt vom 1.2.1994 (Bond-Anleihe), BB 1994, S.737 ff., 737 m. Anm. Kunz [= WiB 1994, S.242 m. Anm. Jasper = WuB I G 9.- 2.94 m. Anm. Schwark]; ferner Assmann, Prospekthaftung, S.323. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 6.7.1993 (Bond-Anleihe), BGHZ 123, S.126 ff., 129 [= NJW 1993, S.2433 = WM 1993, S.1455], auch für die persönliche Beratung eines Bankkunden die Aktualität der Informationen als wesentliches Kriterium hervorgehoben. 27 Vgl. etwa die Umstände, die im "Bond-Anleihe"-Fall zu berücksichtigen waren: OLG Frankfurt vom 1.2.1994, BB 1994, S.737 ff., 737 m. Anm. Kunz [= WiB 1994, S.242 m. Anm. Jasper = WuB I G 9.- 2.94 m. Anm. Schwark].

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schaffenheit ab. Eine Warentesteinrichtung hat daher (nur) das geprufte Marktsegment bis zum Zeitpunkt der Publikation im Auge zu behalten. 28

b) Schutzpjlicht in bezug auf die Qualitätsurteile als Werturteile Eine große Zahl der Testnutzer (ca. 50 %) orientiert ihre Konsumentscheidungen an den von der Stiftung Warentest vergebenen Gesamt- bzw. Teilnoten. 29 "Durch diese 'Noten' wird auch der Leser in erster Linie als Adressat des Berichts angesprochen"30. Schon oben wurde dargelegt,31 daß Qualitätsurteile und Einzelbewertungen in einem Warentest wegen ihres untrennbaren Zusammenhangs mit den im Test erhobenen Daten "falsch" und damit irreführend sein können. 32 Daruber hinaus muß der Bewertungsvorgang als solcher schlüssig sein. 33 Das ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Bewertungsmaßstäbe nicht einheitlich angewandt oder aus Verbrauchersicht maßgebliche Kriterien nicht in den Test einbezogen werden bzw. unmaßgebliche Kriterien übermäßiges Gewicht erhalten. Für den Verbraucher ist gerade der Notenvergleich der gepruften Produkte und Dienstleistungen anhand von Kriterien, die sich im wesentlichen der Überprufbarkeit durch den Verbraucher entziehen, von ausschlaggebender Bedeutung. 34 Regelmäßig fehlt die Möglichkeit der vergleichenden Untersuchung 28 Um dem gerecht zu werden, fragt die Stiftung Warentest vor der Publikation noch bei den Herstellern der Testobjekte an, ob kurzfristige Produktveränderungen anstehen. 29 Vgl. Silberer/Förster u.a, Kontakte, in: Warentest und Konsument, S.83. 30 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 330. 31 Siehe oben S.72 ff. 32 Ebenso hatte es auch das OLG München als Vorinstanz der "Warentest 11"-

Entscheidung gesehen (BGHZ 65, S.325 ff., 330 sub b.). LG Bremen vom 21.8.1986, WRP 1987, S.344 f., 345, behandelt Testurteile als reine Tatsachenbehauptungen.

33 Siehe oben S.77 ff. 34 LG Düsseldorf vom 29.5.1962, BB 1962, S.935; W. Brinkmann, Bedeutung, BB 1983, S.91 ff., 94; ders., Werbung, BB 1978, S.1285 ff., 1289; Keßler/Müller (Testwerbung, WRP 1981, S.495 ff., 497) weisen zutreffend darauf hin, daß nur durch eine Übersicht über die Vergleichsdaten Markttransparenz zu erreichen ist. Ihre Aussage, W. Brinkmann (Werbung, BB 1978, S.1289) halte die Qualitätsurteile für rein absolute und nicht für relative Aussagen, so daß es aufgrund der Endurteile nicht zu einer Irreführung der Konsumenten kommen könne, belegt, daß sie die Ausführungen mißverstehen. W. Brinkmann stellt in seiner Auseinandersetzung mit Fezer (Testwerbung, GRUR 1976, S.472 ff., 485) ausdrücklich fest, daß "das Endurteil zumindest auch ein absolutes Urteil" enthalte, weil die einzelnen Bewertungen an einem vorher festgesetzten Maß ausgerichtet seien und nicht nur einem unmittelbaren Quali-

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und Bewertung schon mangels Übersicht über die vergleichbare Angebotspalette. Das komparative Moment eines Warentests ist daher für den Testnutzer eminent wichtig. Diese Funktion der Warentestinformationen kann auch nicht durch die Hersteller- bzw. Anbieterinformationen im Wege der Werbung substituiert werden. 35 Zum einen kommen vergleichende Darstellungen von Produkten aufgrund der engen wettbewerbsrechtlichen Grenzen vergleichender Werbung 36 nur selten vor. Zum anderen bleibt selbst zulässige vergleichende Werbung aus Sicht des Verbrauchers immer mit dem "Makel" der Interessengebundenheit des Werbenden belegt,37 selbst wenn der Vergleich auf sachlicher Grundlage vorgenommen wird. Damit erhält der Testnutzer durch die vergleichende Bewertung im Warentest eine sachverständig aufbereitete Information, die er auf anderem Wege nicht erhalten kann. Diese Vergleichsinformation ist aber für ihn von größtem Interesse, wenn er eine vernünftige Auswahl unter den am Markt angebotenen Produkten und Dienstleistungen treffen will. 38

tätsvergleich der Produkte entsprängen. Die Irreführungsgefahren durch fehlerhafte Qualitätsurteile sieht W. Brinkmann im Ergebnis ebenso wie Fezer a.a.O.

35 Vergleichende Daten bei Verkaufsverhandlungen beziehen sich regelmäßig nur auf die beim Anbieter vorhandenen Produkte und sind naturgemäß vom Absatzwunsch des Verkäufers geprägt, so daß sie fachkundige neutrale Stellungnahmen nicht ersetzen können. 36 Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit vergleichender Werbung siehe die ausführliche Kommentierung bei Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.332 ff. zu § I UWG. 37 Andresen, Warentest, Diss. Tübingen 1973, S.212 f. Andresen relativiert den Faktor Interessengebundenheit in bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Anbieter allerdings mit dem zutreffenden Hinweis, daß auch die Qualität der Werbeinformationen eine wesentliche Ursache für die Unglaubwürdigkeit der Werbung sei. Denn Werbung werde nicht in gleicher Weise sachlich und differenziert vorgetragen wie etwa die Ergebnisse eines neutralen Warentests. Seine nachgehende Forderung nach "Waffenparität" zwischen Werbung und Warenkritik bezogen auf den deliktsrechtIichen Schutz der Gewerbebetriebe vor öffentlicher Warenkritik schießt über das Ziel der Verbraucheraufklärung im Sinne von Markttransparenz hinaus. Würde Warenkritik ebenso unsachlich und übertrieben suggestiv vorgetragen wie die Werbung der Hersteller und Anbieter, so förderte dies kaum die Möglichkeiten der Konsumenten, rationale Konsumententscheidungen zu treffen. Andresen verkennt, daß Werbung im Gegensatz zu Testberichten vorrangig absatzfördernd und nur bedingt aufklärend wirken soll. 38 Assmann/Kübler (Verbraucherinformation, S.91) sind deshalb der Ansicht, daß die werbliche Verwendung neutraler Testergebnisse vom InformationsgehaIt her den Informationen vorzuziehen sei, die ein durchschnittlicher Verbraucher nur zu hohen Kosten selbst ermitteln könnte.

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Da dem Verbraucher ein umfassender Vergleich nur unter Aufwendung unverhältnismäßiger Kosten möglich ist, stellt das Bewertungselement eines Warentests wegen der darin enthaltenen Vergleichskomponente eine "credence"Eigenschaft des empfohlenen Produkts dar. Die Verbreitung eines irretUhrenden Qualitätsurteils tUr ein Produkt ist wegen der gerade insoweit bei der Stiftung Warentest vorhandenen besonderen Erkenntnismöglichkeiten als Pflichtverletzung gegenüber den einzelnen Testnutzern zu betrachten. Das relative Element eines Warenvergleichs bedingt, daß der Testnutzer in seiner der Konsumentscheidung vorausgehenden Geschäftanbahnungsphase von der Untersuchung schlechter bewerteter Güter abgehalten wird. Ist der Vergleich fehlerhaft, weil z.B. die an sich auch vom Verbraucher überprütbaren Merkmale der schlechter beurteilten Waren nicht korrekt ermittelt wurden, so wird er durch den Testbericht auf die besser beurteilten Waren gelenkt mit der Folge, daß er eigene Suchmaßnahmen unterläßt. Ebenso wie bei der irretUhrenden Darstellung tatsächlicher Eigenschaften wird sich ein Testnutzer aufgrund der Entlastungsfunktion bei der Informationssuche durch den Warentest nicht mehr um die vermeintlich schlechteren Produkte kümmern. Auch in diesen Fällen der IrretUhrung entsteht dem Testnutzer jedoch nur ein Schaden, wenn die Kosten der Anschaffung des nicht gewählten, aber in Wirklichkeit ebenso guten Produkts niedriger ausgefallen wären. Die genannten Anforderungen an die Bewertung im Rahmen eines Warentests tUgen sich nahtlos in die Rechtsprechung des BGH39 zum Beurteilungsspielraum der Stiftung Warentest im Verhältnis zu Herstellern und Anbietern getesteter Produkte ein. Das Gericht vertritt die Auffassung, der Stiftung müsse "zur Gewinnung von Markttransparenz [... ], nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern schlechthin unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten" zur Erfiillung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben, ein "angemessener Spielraum zur VertUgung" stehen, soweit es um die von ihr in Testberichten publizierten Werturteile gehe. 40 Dieser Spielraum sei hinnehmbar, "weil die Beklagte (Stiftung Warentest) durch ihre Satzung und die mit vielen Sicherungen versehene Handhabung eine weitgehende Gewähr datUr bietet, daß sie auf ordnungsmäßigem Wege zu jedenfalls vertretbaren Wertungen gelangt, was selbstverständlich im Einzelfall eine andere rechtliche Beurteilung eines von ihr durchgetUhrten und veröffentlichten Tests nicht ausschließt." Seien die Untersuchungen neutral, objektiv und sachkundig durchgetUhrt, so sei der Einrichtung ein erheblicher Spielraum zu gewähren, "soweit es um die Ange39 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65,325 ff., 332; BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., 2223; BGH vom 21.2.1989, NJW 1989, 1923 f., 1923. 40 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 332.

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messenheit der Prüfungsmethoden, die Auswahl der Testobjekte und schließlich die Darstellung der Untersuchungsergebnisse geht"41. Aus den genannten Anforderungen ergebe sich, "daß die Grenze der Unzulässigkeit (neben der bewußten Verzerrung) auch dort überschritten ist, wo die Art des Vorgehens bei der Prüfung und die aus den durchgeführten Untersuchungen gezogenen Schlüsse als nicht mehr vertretbar ('diskutabel') erscheinen. ,,42 Dieser der Stiftung Warentest gegenüber dem Schutzgut des Gewerbetriebes eingeräumte Freiraum erscheint zunächst sehr weitgehend. Die Kritik, der vom BGH gewährte Freiraum widerspreche dem Zweck des Warentests,43 ist jedoch unberechtigt. Der BGH gewährt den Freiraum ausschließlich im Interesse des Informationsbedürfnisses der "Öffentlichkeit (der Verbraucher)"44. Nur das ist "diskutabel", was dem Informationsbedürfnis der Verbraucher (noch) gerecht wird. 45 Irreführende Werturteile werden dem Informationsinteresse nicht gerecht. 46 Deshalb müssen die Qualitätsnoten (aus Verbrauchersicht) aufrichtiger und vollständiger Tatsachenbasis abgegeben werden und in sich schlüssig sein. Dabei darf nicht darauf abgestellt werden, ob die aus den Prüfungsergebnissen gezogenen Folgerungen "offensichtlich" fehlerhaft sind. 47 Die Willensbildung der Verbraucher - und damit auch der Wettbewerb - wird gerade durch nicht offensichtliche Fehlschlüsse in viel stärkerem Maße gefährdet. Der Stiftung steht ein Freiraum bei der Auswahl der Testmethoden und objekte, der Testlabore und -personen sowie des Beurteilungsmaßstabs zur Verfügung, solange sie ihr Ermessen an den Interessen der Verbraucher orientiert. Auf dieser Grundlage hat es der BGH in der "Warentest IV" - Entscheidung48 zu Recht für vertretbar erachtet, daß die Stiftung Warentest im Einzelfall bei der Beurteilung der Sicherheit von Produkten höhere Anforderungen stellen dürfe als die einschlägige DIN-Norm vorsehe. Die Vertretbarkeit des strengeren Maßstabs stützte der BGH ausschließlich darauf, daß es im Interesse des Verbraucherschutzes liege, strengere Anforderung anzulegen, wenn es um 41 BGH a.a.O., S.334. 42 BGH a.a.O., S.335. 43 BaumbachlHeferrnehl, Wettbewerbsrecht, Rn.416 zu § I UWG. 44 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., S.333; BGH vom 17.4.1984, BGHZ 91, S.II7ff., 121 f. 45 So ganz deutlich für Tatsachenbehauptungen, BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff., 332 sub 1.3. Ebenso deutlich für Bewertungsmaßstäbe, BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., 2223. 46 Ebenso Baumbach/Heferrnehl, Wettbewerbsrecht, Rn.416 zu § 1 UWG mwN. 47 So aber Baumbach/Heferrnehl a.a.O. 48 Urteil vom 10.3.1987, NJW 1987, S.2222 ff., 2223.

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die Vermeidung von Gesundheitsgefahren gehe, selbst wenn auch die an DINNormen orientierte Herstellung von Produkten dem Verbraucherschutz diene. 49 Die Grenzen der Anforderungen etwa an die Sicherheit werden dort überschritten sein, wo technische Möglichkeiten fehlen oder nur unter unverhältnismäßigen Kosten erreichbar sind. Hohe Anforderung werden Verbraucherinteressen nicht gerecht, wenn damit keine Anreize gesetzt werden können, Produkte zu verbessern. Ferner liegen solche Sicherheitsanforderung außerhalb der zulässigen Grenzen, die auf überzogenen Vorstellungen der Stiftung Warentest über die Sicherheitserwartungen der Verbraucher beruhen. Es ist daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH im Ergebnis festzuhalten, daß der Beurteilungsspielraum der Stiftung Warentest (nur) soweit besteht, wie er durch den Zweck des Warentests, nämlich Verbraucherautklärung durch sachliche Informationen zu erreichen, 50 gerechtfertigt wird.

c) Das Verständnis des "durchschnittlichen Verbrauchers" als maßgeblicher

Beurteilungshorizontfür die Gefahr einer Irreführung durch Testergebnisse

Aus der Publikumsbezogenheit der Testinformationen folgt für die Frage der Irreführung durch einen publizierten Test, daß weder der Verständnishorizont der Stiftung Warentest noch der Horizont des einzelnen Testnutzers maßgeblich ist, sondern der eines "durchschnittlichen Verbrauchers" und damit der Horizont des adressierten Verkehrskreises. 51 Verständnisprobleme können vor allem dann entstehen, wenn ein Testbericht mehrdeutige oder ungenaue Formulierungen enthält. Diese können sich in der Gesamtbetrachtung eines Berichts ebenso auf tatsächliche Angaben über Produkte und Dienstleistungen beziehen wie auch auf deren Bewertung. Bei Testinformationen handelt es sich nicht um Auskünfte, die auf die Bedürfnisse einzelner Konsumenten zugeschnitten sind52 , sondern um Angaben, welche die Informationsdefizite einer Vielzahl von Verbrauchern verringern sollen. Eine haftungsrechtlich bedeutsame Irreführung eines einzelnen Ver-

49 BGH a.a.O., S.2224. 50 BGH vom 17.4.1984, BGHZ 91, S.117 ff., 121 f. 51 So auch Hartig, Vergleichende Warentests, S.4I, jedoch ohne nähere Begründung. 52 Anders beispielsweise bei der individuellen Anlageberatung durch ein Kreditinstitut. Siehe hierzu BGH vom 6.7.1993, JZ 1994, S. \02 ff. mit Anm. Escher-Weingart.

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brauchers liegt demgemäß nur dann vor, wenn sein (Fehl-)Verständnis eines Tests dem eines "durchschnittlichen Verbrauchers" entspricht. Damit scheiden von vornherein solche Fälle aus, in denen ein Testnutzer ein mangelhaftes Produkt erwirbt, das sich als Ausreißer aus einer ansonsten den Darstellungen der Stiftung Warentest entsprechenden Produktserie erweist. Die Mangelhaftigkeit eines einzelnen Stückes begründet nicht die Fehlerhaftigkeit der Testinformation aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers. Das Risiko, daß ein Testnutzer ein schlechtes Produkt erwirbt, kann der Stiftung Warentest nur dann zugewiesen werden, wenn der Testbericht ein falsches Bild über die durchschnittliche Qualität der getesteten Güter vermittelt. Lediglich darüber kann ein Konsument dem Test eine Aussage entnehmen. Die Stiftung Warentest läuft deshalb Gefahr, irrefilhrend zu informieren, wenn sich der Test nur auf ein Testobjekt stützt, das außergewöhnlich gut ist und die durchschnittlich schlechtere Qualität der Serie nicht repräsentiert. Daß der "durchschnittliche Verbraucher" den gebotenen Maßstab setzt, ergibt sich nicht nur aus § 2 der Satzung der Stiftung Warentest, nach der ihr die "allgemeinverständliche" Aufklärung der (Verbraucher-) Öffentlichkeit obliegt, sondern bestätigt sich vor allem durch den Maßstab, der allgemein zur Auslegung von Erklärungen im rechtsgeschäftlichen Verkehr herangezogen wird, insbesondere bei einem unbestimmten Adressatenkreis: der objektive EmpHmgerhorizont. 53

Im Anwendungsbereich gesetzlicher Regeln zum Schutz der Verbraucher vor Irrefilhrung wird grundsätzlich der durchschnittliche Horizont des angesprochenen Verkehrskreises als maßgeblich erachtet. Die meisten Regelungen (§§ 3 UWG, 5 AGBG oder 17 Abs.1 Nrn.5 LMBG, 8 AMG) enthalten keine konkreten Vorgaben zum anzulegenden Maßstab. Nur § 17 Abs.l Nr.2 lit.b) LMBG nimmt schon tatbestandIich auf die "Verkehrsauffassung" Bezug. Für die Unklarheitenregelung des § 5 AGBG zieht die Rechtsprechung den Verständnishorizont eines "durchschnittlichen Kunden" heran. 54 Dieser Maßstab soll auch filr Angaben gelten, die dem § 17 Abs.1 Nr.2 lit.b) LMBG gerecht werden müssen. 55

53 Siehe BGH vom 11.11.1993, NJW 1994, S.850 sub 11. zur Auslegung von VOB/A-Ausschreibungen. 54 Rechtsprechungsnachweise bei P. Ulmer in U/B/H, AGBG, Rn.22 zu § 5 AGBG Fn.62. 55 Rechtsprechungsnachweise bei Zipfel, Lebensmittelrecht, Bd.II, Rn.75 zu § 17 LMBG. Bülow (Kennzeichnungsrecht, Bd.5, Rz.I 56) erachtet auch hier einen strengeren Maßstab für notwendig.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Ein strengerer Maßstab wird nur dort angelegt, wo konkurrierende unternehmerische Interessen eine gewichtige Rolle spielen. In der Anwendung des § 3 UWG kommt dies besonders deutlich zum Ausdruck, wenn es nach h.M. flir einen Unterlassungsanspruch genügen soll, daß "ein nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen Kreise"56, der bei etwa 10% bis 15% zu fixieren sei,57 durch eine Werbeangabe irregeflihrt werde. 58 Derselbe Maßstab wird bei den wettbewerbsrechtlich relevanten Verboten in §§ 17 Abs.l Nr.5 LMBG59 und 8 Abs.l Nr.2 AMG60 flir erforderlich gehalten.

56 BGH vom 13.7.1962 (Bärenfang), GRUR 1963, S.270 ff., 271; BGH vom 13.2.1992, NJW 1992, S.2231 ff., 2232; BGH vom 4.11.1993, NJW 1994, S.584 f., 585; BGH vom 3.2.1994 (Grand Marnier), NJW 1994, S.2030 ff., 2031. Vgl. aus dem wettbewerbsrechtlichen Schrifttum: Ahrens, Wettbewerbshandlungen, WRP 1977, S.14 ff., 17; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.27 zu § 3 UWG; Bülow, Kennzeichnungsrecht, Bd.1, RZ.G 62; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, I.Hbbd. Kap.36 Rn.24, Kap.7 Rn.9; Marx, Wettbewerbsrecht, S.240; Nordemann, Wettbewerbsrecht, Rn.56. Einschränkend Schricker, Bekämpfung, GRUR Int. 1990, S.112 ff., 116. A.A.: Emmerich, Wettbewerbsrecht, S.203; Reich Verbraucherschutz, WiVerw 1977, S.218 ff., 227; Strassner Verbraucherinformationsrecht, S.152 ff.; Tilmann, Irreführende Werbeangaben, GRUR 1976, S.544 ff., 552.

57 So schon RG vom 3.11.1933, GRUR 1934, 76 f., 76 (Seidengummi); diese Position hat sich der BGH in seiner Entscheidung vom 6.4.1979, GRUR 1979, S.716 ff., 718 (Kontinent-Möbel) zu eigen gemacht. 58 Es sei darauf hingewiesen, daß in allen anderen Mitgliedstaaten der EU der Horizont des Durchschnittsverbrauchers für die Beurteilung eines Verstoßes gegen ein wettbewerbsrechtliches Irreführungsverbot maßgeblich ist. Siehe ausführlich die vergleichende Darstellung bei Schricker, Bekämpfung, GRUR Int. 1990, S.112 ff.; ferner Strassner, Verbraucherinformationsrecht, S.44 ff. Siehe auch TAGES SPIEGEL vom 11.3.1994, S.24, wo es unter der Überschrift "Experten: Gerichte sind 'Hirten' der Verbraucher" einleitend heißt: "Deutsche Verbraucher werden offenbar für dümmer gehalten als ihre europäischen Nachbarn - zumindest, wenn es darum geht, Informationen auf Lebensmittelverpackungen richtig zu deuten."

59 Vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Zipfel, Lebensmittelrecht, Bd.II, Rn.212a zu § 17 LMBG; Bülow, Kennzeichnungsrecht, Bd.l, RZ.G 62 und Bd.5, Rz.I 3. Die Ausführungen bei Bülow (a.a.O.) sind nicht eindeutig, weil er einerseits das Verständnis eines Durchschnittsverbrauchers als maßgeblich erachtet, andererseits aber eine Irreführung bejaht, wenn etwa 10% des Adressatenkreises einem Irrtum unterliegen. Der Verständnishorizont eines Durchschnittsverbrauchers entspricht kaum dem Verständnis eines Zehntels des angesprochen Publikums. 60 Bülow, Kennzeichnungsrecht, Bd.5, Rz.I 3.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

191

Der strengere Maßstab im Wettbewerbsrecht findet seine Erklärung darin, daß das Wettbewerbsrecht in seiner ursprünglichen Konzeption nicht als verbraucherschützendes Regelwerk verstanden wurde; der Schutzzweck der Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb wurde (fast) ausschließlich auf die Interessen der Wettbewerber beschränkt. 61 Erst mit den UWG-Novellen in den Jahren 1965 62 , 196963 und 198664 wurde der Verbraucherschutz als Zielvorgabe im Regelwerk des UWG selbst angelegt bzw. ausgebaut. Ob dieser Schutzzweck des UWG nach Einfiihrung der Klagebefugnis von Verbraucherverbänden gemäß § 13 Abs.2 Nr.3 UWG65 sowie des Rücktrittsrechts gemäß § 13a UWG als im Vordergrund stehend betrachtet werden kann, mag dahinstehen. 66 Für Warentestinformationen von einem neutralen und unabhängigen Testveranstalter, wie es die Stiftung Warentest ist, kann dieser Gesichtspunkt schon deshalb keine Rolle spielen, weil diese Informationen nicht zu Zwecken des Wettbewerbs in den Verkehr gebracht werden. 67 Die niedrigere Schwelle bei der Beurteilung einer Werbeangabe als wettbewerbswidrig erklärt sich nur daraus, daß den Konkurrenten möglichst umfangreicher Schutz vor unlauterem Kundenfang durch einen Mitbewerber gewährt werden sol1.68 Dieser wettbe-

61 RG vom 15.4.1910, RGZ 73, S.267 ff., 269; RG vom 28.6.1918, RGZ 93, S.189 ff., 192; Lobe, Bekämpfung, Bd.3 [1907], S.15; Baumbach, Wettbewerbsrecht [1929], S.190. Zum Funktionswandel des UWG siehe ausführlich: Schricker, Verbraucherschutz, GRUR Int. 1970, S.32 ff.; BaumbachlHefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.55 Einl. UWG.

62 Gesetz vom 21.7.1965, BGBL I, S.625. Vgl. auch die amtliche Begründung BTDrs. IV/2217, S.3 ff. 63 Gesetz vom 26.6.1969, BGBI. I, S.633. Siehe auch den Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. V/4035. 64 Gesetz vom 25.7.1986, BGBI. I, S.1169. Siehe ferner den Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drs. X/5771.

65 Eingefügt 1965 als § 13 Abs.1 a UWG. 66 Siehe hierzu den Beschluß des BVerfG vom 13.7.1992, NJW 1993, S.1969 ff., 1970, wonach §§ 3, 6a, 6b UWG verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelungen zum Schutz der Verbraucher darstellen. Der BGH nennt den Zweck des Verbraucherschutzes in einer neueren Entscheidung mehrfach vor dem Schutzzweck der Lauterkeit des Handelsverkehrs, siehe BGH vom 3.2.1994, NJW 1994, S.2030 ff. Köhler (Abwehransprüche, NJW 1992, S.137 ff., 137) sieht einen wesentlichen Zweck des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs darin, Schäden der Verbraucher zu vermeiden.

67 Ganz h.M.: Nachweise oben 3.Teil in Fn. 42. 68 Reich, Verbraucherschutz, WiVerw 1977, S.218 ff., 227.

192

4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

werbsrechtliche Aspekt kann und darf bei wettbewerbsneutraler Information außer acht gelassen werden. 69 Dementsprechend hat der BGH in Entscheidungen über Klagen der Anbieter getesteter Güter den Gesichtspunkt der Irrefilhrung konsequent an dem "angesprochenen und erreichten Empflingerkreis"70, am "unbefangenen"71 "Leser"72 oder am "interessierten Verbraucher"73 orientiert, ohne auf die strengeren Anforderungen des Wettbewerbsrechts einzugehen, obwohl es hier wie dort um den Untemehmensschutz der HersteJler und Anbieter geht. In ProspekthaftungsfliJlen legen Rechtsprechung 74 und Literatur75 zur Feststellung einer Irreführung den Horizont eines "durchschnittlichen Anlegers"76 zugrunde, wobei der BGH - und ihm folgend das OLG Frankfurt77 - allerdings untersteJlt, der "durchschnittliche Anleger" verstehe es, eine Bilanz zu lesen.7 8 Die hiergegen zu Recht erhobene Kritik 79 , mit dieser inhaltlichen Anforderung 69 Nachweise zur deliktsrechtlichen Einordnung der Rechtsbeziehung der Stiftung Warentest zu den Herstellern und Anbietern, deren Waren getestet werden, siehe oben 3.Teil in Fn. 42. 70 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 333; BGH vom 21.2.1989, NJW 1989, S.1923 f., 1923. 71 BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff., 331. 72 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 335; BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330ff., 331; BGH vom 21.2.1989, NJW 1989, S.1923 f., 1923.

73 BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., 2225 sub b). 74 BGH vom 12.7.1982, WM 1982, S.862 ff., 863; BGH vom 16.11.1993, BGHZ 124, S.151 ff., 155 f. [= WM 1994, S.149]; OLG Frankfurt vom 1.2.1994 (BondAnleihen), BB 1994, S.737 f., 737 m. Anm. Kunz [= WiB 1994, S.242 m. Anm. Jasper = WuB I G 9.- 2.94 m. Anm. Schwark].

75 Assmann, Prospekthaftung, S.318; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.2279; Ehricke, Wertpapieranleger, DB 1980, S.2429 ff., 2432; Hopt, Funktion, S.169 ff., 178. 76 BGH vom 12.7.1982, WM 1982, S.862 ff., 863. Anders OLG und LG Düsseldorf als Vorinstanzen, wonach der "aufmerksame und kundige Prospektleser" maßgeblich sei (OLG Düsseldorf vom 14.7.1981, WM 1981, S.960 ff., 964; LG Düsseldorf vom 24.10.1980, WM 1981, S.I 02 ff., 106). 77 Urteil vom 1.2.1994 (Bond-Anleihen), BB 1994, S.737 ff., 737 m. Anm. Kunz [= WiB 1994, S.242 m. Anm. Jasper = WuB I G 9. 2.94 m. Anm. Schwark]. 78 BGH vom 12.7.1982, WM 1982, S.862 ff., 863. Insoweit anderer Ansicht Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.2279.

79 So vor allem: Assmann, Prospekthaftung, S.317; Ehricke, Wertpapieranleger, DB 1980, S.2429 ff., 2432; Schwark, Emissionsbank, ZGR 1983, S.168; Kunz, Anm. zu OLG Frankfurt vom 1.2.1994,5 U 213/92 (BB 1994, S.737 f.) BB 1994, S.738 ff., 739.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

193

schließe der BGH 99% der Bevölkerung vom Schutz vor irrefilhrenden Prospektangaben aus,80 ist um so verständlicher, als damit die Schwelle der rechtlich relevanten Irrefilhrung eines Anlegers verglichen mit dem strengen Maßstab des § 3 UWG unverhältnismäßig hoch angesetzt wird, gleichwohl es sich um Angaben zu Zwecken des Wettbewerbs auf dem (grauen) Kapitalmarkt handelt.8 1 Für die vorliegende Frage kann aber dahinstehen, ob die unterstellten Fähigkeiten eines "durchschnittlichen Anlegers" den Schutzinteressen und bedürfnissen der wirklichen Kapitalanleger gerecht werden; denn festzuhalten bleibt, daß sich der BGH jedenfalls nicht am Verständnishorizont eines nicht ganz unerheblichen Teils des angesprochenen Verkehrskreises orientiert, sondern einen normativ durchschnittlichen Maßstab anlegt,82 auch wenn dessen Ausfilllung nicht den Verständnisflihigkeiten eines empirisch "durchschnittlichen Anlegers" nahekommen mag.8 3 Das sozialpolitische Argument, die Minderheit der einkommens- und bildungsschwachen Verbraucher bedürften besonderen Schutzes, das im Wettbewerbsrecht filr die 1O-15%-Grenze ins Feld gefilhrt wird,84 kann im außerwettbewerbsrechtlichen Bereich erst recht 85 nicht überzeugen. Gerade die Mehrheit verlöre deutlich an Schutz, wenn die Informationen an einem unterdurchschnittlichen Verständnishorizont ausgerichtet werden müßten. Für die Mehrheit der Verbraucher wichtige und informative Angaben müßten wegen der Gefahr der Irrefilhrung einer Minderheit unterbleiben. 86 Bei Testberichten der Stiftung Warentest ist dies schon deshalb nicht sinnvoll, weil nachweislich die Verbraucher, die aufgrund geringerer Bildung und schwacher wirtschaftlicher Verhältnisse ganz besonders auf die Testinformationen angewiesen sind, mit 80 Ehricke, Wertpapieranleger, OB 1980, S.2429 ff., 2432. 81 Assmann, Prospekthaftung, S.218 f.

82 So auch Assmann a.a.O., S.318. 83 Assmann a.a.O., S.317; Ehricke, Wertpapieranleger, in OB 1980, S.2429, 2432. 84 So vor allem Schricker, Probleme, S.537 ff., 563 f., insb. in Fn.102. 85 Mit anschaulicher ökonomischer Analyse zeigt Strassner (Verbraucherinformationsrecht, S.152 ff.), daß dieser Maßstab auch im Wettbewerbsrecht nicht überzeugt. Gleicher Ansicht sind: Emmerich Wettbewerbsrecht, S.203; Tilmann, Irreführende Werbeangaben, GRUR 1976, S.544 ff., 552; Reich Verbraucherschutz, WiVerw 1977, S.218 ff., 227. 86 Siehe die Nachweise in vorheriger Fn. Schricker selbst hat dieses Argument schon in den 70er Jahren vorgebracht (Verbraucherschutz, in GRUR Int. 1970, S.32 ff., 40; ders., Möglichkeiten, ZHR 139 (1975), S.208 ff., 225). Er will aber dennoch nicht auf den Minderheitenschutz verzichten, sondern schlägt vor, die strenge Marge im Einzelfall korrigierend über eine Interessenabwägung zu relativieren (Probleme, S.563 in Fn.102). 13 Boecken

194

4.Tei1: Der Haftungstatbestand im einzelnen

diesen Infonnationen wesentlich seltener Kontakt haben und sich weniger um sie bemühen als Verbraucher mittlerer und höherer Einkommen und Bildung.8 7 Man würde den Horizont eines geringen Teils der Verbraucher zur Richtschnur machen, der von der fraglichen Infonnation nur relativ selten Kenntnis erlangt. In seiner sehr frühen Stellungnahme zur rechtlichen Beurteilung von Warentests stellt Hefennehl einerseits darauf ab, daß ein Testbericht, in dem die Waren bestimmter Hersteller als besonders gut herausgestellt werden, "den Durchschnittsleser" glauben machen könnte, die nicht erwähnten Waren anderer Hersteller seien wesentlich schlechter.8 8 An späterer Stelle betont er, daß ein Warentest inhaltlich unrichtig sei, wenn er "bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Verbraucher" unrichtige Vorstellungen auslösen könne.8 9 Hefermehl wendet, nachdem er zunächst vom "Durchschnitts leser" spricht, inkonsequenterweise die strenge Irreführungsfonnel des Wettbewerbsrechts auch auf Warentests an, obwohl er selbst der Auffassung ist, ein von einem Verbraucherverband veröffentlichter Warentest stelle grundsätzlich keine Wettbewerbshandlung darYo Welche Folgen es hätte, den strengen wettbewerbsrechtlichen Maßstab heranzuziehen, wird deutlich, wenn man in Rechnung stellt, daß die Schulbildung von etwa 5 - 10 % der deutschen Bevölkerung auf Sonderschul-Niveau liegt. 91 Ließe man einen Testbericht demoskopisch darauf untersuchen, welche Aussagen die angesprochenen Verbraucher über nicht erwähnte Produkte und Dienstleistungen entnehmen, so könnte man sicher sein, daß jedenfalls 10 15% der Befragten die Aussagen des Tests auch auf nicht getestete Güter projizierten, womit ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises den Test mißverstünde. Damit wäre fast jeder Testbericht irreführend und angreifbar. Der "durchschnittliche Verbraucher" weiß aber, daß sich der Test nur auf die getesteten Güter bezieht und damit Aussagen über andere vergleichbare, am Markt erhältliche Waren nicht getroffen werden, es sei denn,

87 Silberer/Förster u.a., Kontakte, in: Warentest und Konsument, S.26 ff., 39 ff. 88 Warentest, GRUR 1962, S.616. 89 Ebenda. 90 A.a.O., S.613. 91 Die Autoren, die sich im Wettbewerbsrecht gegen den strengen Maßstab von \0 15% wenden, knüpfen alle an diese Prämisse an: vgl. nur Emmerich, Wettbewerbsrecht, S.203. Die Zahlen werden in etwa durch die Schulabgängerquoten von 1993 bestätigt. Von ca. 890.000 Schulabgängern verließen nahezu 257.000 die Schule ohne Realschulabschluß oder allgemeine Hochschulreife. Dies entspricht einer Quote von mehr als 25%, vgl. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1993, S.420 obere Tabelle.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

195

der Bericht weist darauf besonders hin. 92 Der von Hefermehl zunächst gewählte Maßstab des "Durchschnittslesers"93 ist der richtige Ansatzpunkt. Der Maßstab ist jedoch nicht empirisch an den tatsächlichen Lesern auszurichten, sondern wertend an dem Zweck der Testinformationen, die (Verbraucher-) Öffentlichkeit über das Güterangebot zu informieren. Der im Produkthaftungsrecht für Instruktionspflichten geltende Grundsatz, daß Hersteller von getahrlichen Produkten ihre Produktinformationen nach den Verständnismöglichkeiten der am schlechtesten unterrichteten Verbrauchergruppe zu orientieren haben 94 , steht nicht im Widerspruch zur hier vertretenen wertenden Betrachtung. Die herstellerseits zu erfüllenden Sicherheitsanforderungen in bezug auf die Instruktion der Verwender sind in den Beurteilungsmaßstab eines Warentests einzubeziehen. Denn der "durchschnittliche Verbraucher" versteht eine Produktempfehlung der Stiftung Warentest grundsätzlich so, daß mit der Verwendung des Produkts keine besonderen Gefahren für seine sonstigen Rechtsgüter verbunden sind, das heißt u.a. auch, daß der Hersteller des empfohlenen Produkts seinen Instruktionspflichten genügt. Nimmt die Beurteilung eines Warentesters darauf keine Rücksicht, muß der Testbericht insoweit als irreführend eingestuft werden. Der wertende Maßstab des durchschnittlichen Verständnishorizonts der Verbraucher besitzt gegenüber einer empirischen Betrachtungsweise weitere Vorzüge: Die Stiftung Warentest muß nicht fürchten, daß ihre Testberichte von Anbietern und Herstellern nur im Hinblick auf die Gefahr einer Irreführung der weniger gebildeten und weniger kritischen Verbraucher angefochten werden. Das bedeutet, daß das Haftungsrisiko gegenüber den Herstellern und Anbietern verringert wird, weil der Nachweis der Irreführung eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher nicht genügt, um gegen einen nachteiligen Testbericht erfolgreich vorzugehen. Dies wiederum stärkt die Neutralität der Stiftung Warentest. Die Ausrichtung der Informationen am Horizont eines "durchschnittlichen Verbrauchers" erspart der Stiftung Warentest Kosten, da sie nicht gezwungen ist, die Testberichte auf Irreführungsgefahren für einen nicht unerheblichen Teil der Verbraucher untersuchen zu lassen, was nur demoskopisch 92 In der "Warentest IV"-Entscheidung des BGH (NJW 1987, S.2222 ff.) lag das Bemerkenswerte darin, daß die Stiftung Warentest 17 weitere Komposthäcksler geprüft hatte und deren besonders schlechtes Abschneiden erst gar nicht im "test"-KOMPASS mitteilte. In einem solchen Fall liegt die Irreflihrungsgefahr gerade darin, daß der durchschnittliche Testleser, der sich nur auf den Kurzbericht verläßt, davon ausgeht, daß der Bericht über andere als die genannten Produkte keine Aussagen mache. 93 Warentest, GRUR 1962, S.616. 94 BGH vom 11.1.1994 (Milupa IIIAlete-Urteil), BB 1994, 597 ff., 598 [= JuS 1994, S.610 (Emmerich)). 13'

196

4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

möglich wäre. Damit leistet dieser Beurteilungsmaßstab einen Beitrag zur kostengünstigeren und reibungsloseren Erstellung und Veröffentlichung vergleichender Marktinformationen. Schließlich kann im Streitfall das Gericht selbst aus seiner Lebenserfahrung ohne kostenintensive demoskopische Umfragen beurteilen, ob ein Testbericht irreführend ist oder nicht. 95 Zwar können Richter des zur Entscheidung berufenen Kollegiums nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zu Werbeaussagen die Frage der Irreführung im Sinne des § 3 UWG aus eigener Sachkunde auch ohne empirische Umfrage entscheiden, wenn sie selbst dem von der Werbung angesprochenen Verkehrskreis angehören. 96 Doch schon die Voraussetzung der Zugehörigkeit des RichterKollegiums zu einem bestimmten Verkehrskreis kann problematisch sein, wie ein Urteil des OLG Hamburg zeigt. 97 In diesem Fall hatte sich der erkennende Senat, der nur mit Richtern männlichen Geschlechts besetzt war, zum angesprochenen Verkehrskreis einer Testwerbung für Bettdecken gerechnet, obwohl zu jener Zeit nach statistischen Erkenntnissen 85% der Käufer von Bettdecken weiblichen Geschlechts waren. 98 Danach bleibt festzuhalten, daß das durchschnittliche Verständnis der angesprochenen Verbraucher als wertender Maßstab für die Beantwortung der Frage nach der Irreführungsgefahr durch vergleichende Testergebnisse heranzuziehen ist. 99

3. Die Schaffung und Unterhaltung einer Irreführungsgefahr als Pflichtverletzungstatbestand

Die Feststellung einer Pflichtverletzung wegen Irreführung testnutzender Verbraucher kann an unterschiedliche Tatbestände anknüpfen. Im Vordergrund steht zunächst das Inverkehrbringen fehlerhafter Testberichte. Darüber hinaus ist sowohl an die unterlassene Richtigstellung fehlerhaft publizierter Informa95 Assmann (Prospekthaftung, S.317 Fn.21) weist zutreffend darauf hin, daß ein Maßstab, der nicht empirisch ausgerichtet ist, zugleich ein flexibles Instrument ist, um auf Informationsmärkte einzuwirken. 96 BGH v. 13.2.1992, NJW 1992, S.2231 ff., 2232 mwN. 97 OLG Hamburg vom 13.2.1986, NJW-RR 1986, S.918. 98 Vgl. ähnlich KG vom 3.12.1976, WRP 1977, S.710 ff.: In diesem Fall stellte sich die Frage, ob der entscheidende Senat des KG, der nur mit männlichen Richter besetzt war, zum angesprochenen Verkehrskreis eines als Modezeitschrift aufgemachten Verkaufskataloges für Damenmoden zu zählen war. Der Senat bejahte diese Frage. 99 Den entsprechenden Maßstab eines Durchschnittsanlegers will v. Hertzberg (Haftung, S.I 05) für Börsendienstinformationen anwenden.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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tionen zu denken als auch an eine unterlassene Aktualisierung anfiinglich nicht irrefiihrender Testergebnisse.

a) lnverkehrbringen von fehlerhaften Testiriformationen

Bei der Darlegung des Haftungsgrundes wurde maßgeblich darauf abgestellt, daß es sich bei den Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der testnutzenden Verbraucher um "Sicherungspflichten im rechtsgeschäftlichen Verkehr" der Konsumgütermärkte handelt, weil deren Funktionsfiihigkeit und Reibungslosigkeit mit der Verbreitung der Verbraucherinformationen erhalten und gefördert werden soll. Der Bezug zum rechtsgeschäftlichen Verkehr bedeutet, daß die Pflicht erst dann verletzt ist, wenn ein fehlerhafter Testbericht der Stiftung Warentest nicht unbedingt durch diese selbst - in den Verkehr gelangt. In den Verkehr gelangt eine Information, wenn der angesprochenen Personenkreis die Möglichkeit hat, die Information zur Kenntnis zu nehmen. IOO Diese Möglichkeit besteht bei gedruckten Testberichten von dem Zeitpunkt an, in welchem sie in Form von Testzeitschriften in den Handel gelangen und/oder durch Pressemeldungen veröffentlicht werden. Testinformationen, die durch Funk und Fernsehen verbreitet werden, gelangen mit Ausstrahlung der jeweiligen Sendungen in den Verkehr. Erst von dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens an besteht die konkrete Gefahr, daß Konsumenten aufgrund von Testberichten in ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung beeinflußt werden. Für den Tatbestand der Pflichtverletzung ist daher vornehmlich auf das Inverkehrbringen der Testinformationen abzustellen.

aa) Verbreitung irreführender Testinformationen durch Publikationen der Stiftung Warentest Soweit die Informationen in Zeitschriften und sonstigen Publikationen der Stiftung Warentest veröffentlicht werden, kann das pflichtwidrige Verhalten in dem Organverhalten (§§ 86, 31 BGB) liegen, welches abschließend die Veröffentlichung eines irreführenden Testberichts in die Wege leitet. Dem Organverhalten ist gleichzustellen das Verhalten eines (leitenden) Mitarbeiters, der

100 Vgl. auch das Urteil des BGH vom 12.2.1979 (NJW 1979, S.1595 ff., 1596), in dem der BGH seine auskunftsvertragliche Lösung daran knüpft, daß die beklagte Bank eine fehlerhafte Information "in den Verkehr gebracht habe".

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

aufgrund der betrieblichen Organisation mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betraut ist. 101 Gemäß § 278 BGB ist aber auch schon auf der Ebene der Pflichtverletzung l02 ein im Vorbereitungsstadium liegendes, Fehler verursachendes Verhalten von Mitarbeitern der Stiftung Warentest oder Organen bzw. Mitarbeitern der beauftragten Prüflabore, die an der Erstellung der Testberichte mitwirken, zu berücksichtigen. I03 Dabei spielt es fiir die Vorschrift des § 278 BGB keine Rolle, ob öffentlich-rechtliche Einrichtungen wie der TÜVI04 oder die Bundesanstalt fiir Materialprüfungen (BAM) bei Durchfiihrung der Tests auch hoheitlich hätten handeln können, solange sie von ihren Befugnissen keinen Gebrauch machen. I05 Ebenso muß sich die Stiftung Warentest das Fehlverhalten ausländischer Testinstitute zurechnen lassen, deren Informationen sie unter ihrem eigenen Namen veröffentlicht. Dies gilt fiir die gemeinschaftliche Durchfiihrung von Testvorhaben genauso wie fiir die vollständige Übernahme von Testberichten anderer Einrichtungen. Isoliert betrachtet kann zwar in dem die Veröffentlichung vorbereitenden Verhalten noch kein Verstoß gegen die Pflicht zur Förderung der Willensbil101 Westermann in Erman, Rn.4 zu § 31 mN. 102 § 278 BGB spricht zwar von der Zurechnung eines Verschuldens des Erfllllungsgehilfen. Doch ist die Regelung korrigierend dahin auszulegen, daß sie auch eine Verhaltenszurechnungsnorm darstellt. Den Erfllllungsgehilfen kann ein Verschulden im eigentlichen Sinne nicht treffen, weil er aus der Sonderbeziehung nicht verpflichtet ist. Da der Schuldner aber selbst nicht handelt, kann auch ihn kein Verschulden treffen. § 278 BGB sieht daher eine Zurechnung vor, wenn das Verhalten des Erfllllungsgehilfen als Verhalten des Schuldners gedacht in dessen Person den Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung begründen würde (Wolf in Soergel 12, Rn.57 zu § 278; Picker, Forderungsverletzung, AcP 183 [1983], S.369 ff., 488). 103 Ohne nachvollziehbare Begründung ist Falterbaum-Friedrich (Haftung, S.564) anderer Meinung in bezug auf die Haftung der Stiftung Warentest für die Mitarbeiter und die beauftragten Prüflabore im Verhältnis zu den Herstellern/Anbietern der getesteten Güter. Es ist bereits unverständlich, weshalb Falterbaum-Friedrich in bezug auf deliktische Anspruchsgrundlagen überhaupt die Anwendung des § 278 BGB in Erwägung zieht. 104 Nach Ansicht des BGH handelte der TÜV Bayern bei Durchführung und Auswertung der Tests, die Gegenstand der Warentest lI-Entscheidung waren, nicht hoheitlich (Urteil vom 9.12.1975, JZ 1976, S.446 ff., 451 sub 2.a. I.Sp. Insoweit ist das Urteil in der amtlichen Sammlung nicht abgedruckt). 105 Wiedemann in Soergel 12 , Rn.27 zu § 278 mN. Zur Haftung der von der Stiftung Warentest beauftragten Prüfinstitute gegenüber den Herstellern und Händlern siehe Assmann/Kübler, ZHR Bd.142 (1978), S.4 \3 ff., 427. Dem folgend Falterbaum-Friedrich, Haftung, S.555 ff., 564.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

199

dung liegen. Solange sich die Infonnationen im internen Bereich der Stiftung Warentest befinden, werden konkrete Gefahren für den rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht begründet. Anknüpfungspunkt ist insoweit - wie bei der Warenherstellerhaftung l06 - das Inverkehrbringen des Produkts, hier der Infonnationen. Dennoch ist es angebracht, auch auf das im Vorbereitungsstadium liegende Verhalten von den Personen, die mit der Durchführung der Prüfungen und der Erarbeitung der Testberichte befaßt sind, zuzugreifen. Denn die Schutzpflicht, die Testnutzer nicht irrezuführen, ist vorrangig verhaltensbezogen zu verstehen. 107 Die arbeitsteilige Erstellung der Testinfonnationen darf nicht zur Konsequenz haben, daß sich die Organe mit der Einhaltung der eigenen Sorgfalt entlasten können, ein sorgfaltswidriges Mitarbeiterverhalten aber nicht berücksichtigt werden kann, weil zum Zeitpunkt dieses Verhaltens eine konkrete Gefahr für den rechtsgeschäftlichen Verkehr noch nicht bestand und es an einer schuldrechtIichen Sonderbeziehung noch fehlte. Zur Feststellung einer quasivertraglichen Pflichtverletzung kann auch ein im Vorbereitungsstadium einer Sonderbeziehung liegendes Verhalten gemäß § 278 BGB berücksichtigt werden, wenn aufgrund dieses Verhaltens typischerweise Gefahren für den Partner einer später entstehenden Sonderbeziehung begründet werden. 108 Daher hat der gesamte Erarbeitungs- und Veröffentlichungsprozeß für den Tatbestand der Pflichtverletzung Relevanz. I 09

bb) Verbreitung der Testberichte durch andere Medien Kommt ein Konsument mit irreführenden Testergebnissen der Stiftung Warentest nicht durch eines ihrer eigenen Druckwerke in Berührung, sondern 106 Zur Begründung, weshalb die Warenherstellerhaftung nicht quasi-vertraglichen Regeln zu unterwerfen ist, siehe oben S.157 f. 107 Beschriebe man die Pflicht dagegen erfolgsbezogen, müßte sich die Stiftung Warentest gemäß § 278 BGB ein sorgfaltswidriges Verhalten der Mitarbeiter erst im Rahmen des Verschuldens zurechnen lassen. 108 BGH vom 5.4.1967, BGHZ 47, S.312 ff., 316 [= NJW 1967, S.1805]; RG vom 21.9.1923, RGZ 108, S.221 tf., 224; Hanau in MünchKomm3, Rn.12 zu § 278; Heinrichs in Palandt, Rn.12 zu § 278. Für Auskunft und Rat, Jost, Beratungshaftung, S.285. 109 Ebenso für die Produkthaftpflicht aus § 823 Abs.l Teichmann in Jauernig, Anm.E.3.b.bb. zu § 823. Im Tatbestand des § 823 Abs.1 BGB überrascht der weite Handlungsbegriff von Teichmann allerdings. Denn dieses Verständnis scheint die Unterschiede zwischen § 278 BGB und § 831 BGB zu nivellieren. Der weite Handlungsbegriff kann nur dann überzeugen, wenn allein auf die Organisations mängel im Herstellungsprozeß abgestellt wird.

200

4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

durch die Verbreitung der Informationen von dritter Seite, so ist zwischen der Verbreitung durch andere Medien einerseits sowie der Verbreitung durch Anbieter- und Herstellerwerbung andererseits zu differenzieren.

(1) Abdruck in anderen Presseerzeugnissen, Verbreitung im Rundfunk und im Fernsehen

Bei Abdruck von vollständigen oder gekürzten Testberichten in anderen Presseerzeugnissen oder bei deren Verbreitung über Rundfunk- und Fernsehsendungen unter dem Namen der Stiftung Warentest ist von einer Pflichtverletzung dann auszugehen, wenn der Nachdruck bzw. die Ausstrahlung selbst korrekt, aber die von der Stiftung Warentest zur Verfligung gestellten Vorlagen schon irreflihrend waren. Der Verbraucher, der einen Testbericht der Stiftung etwa in einer Tageszeitung liest, rechnet diesen Bericht nicht der jeweiligen Zeitung zu, sondern der Stiftung Warentest. Aus seiner Sicht ist die Irrefuhrungsgefahr hier ebenso gering wie bei eigenen Publikationsmitteln der Stiftung. Auch in diesen Fällen liegt das pflichtwidrige Verhalten in der Entscheidung des Vorstandes, den irrefuhrenden Testbericht überhaupt zu publizieren. In Fällen, in denen der Testbericht durch Übertragungsfehler im Organisationsbereich der Zeitungsverlage bzw. der Rundfunk- und Fernsehanstalten fehlerhaft wird, kann die fehlerhafte Veröffentlichung der Stiftung Warentest gemäß § 278 BGB zugerechnet werden. Die Verlage und Anstalten sind Erflillungsgehilfen der Stiftung Warentest hinsichtlich ihrer Pflicht gegenüber den Testnutzern, richtige und wahre Informationen zu publizieren. Die Stiftung bedient sich dieser Medien entsprechend § 2 Abs.2 der Satzung zur Erreichung möglichst vieler Konsumenten. Zwar ist die Stiftung Warentest den Verbrauchern gegenüber nicht verpflichtet, ihre Testinformationen auch über andere Medien zu publizieren. Doch nimmt sie diese Möglichkeit wahr, so obliegt es ihr, daflir Sorge zu tragen, daß die Irreflihrungsgefahr durch die von ihr zur Veröffentlichung der Informationen autorisierten Dritten nicht steigt. Diesem Risiko begegnet die Stiftung Warentest faktisch dadurch, daß sie den Zeitungsverlagen vorgefertigte Matern (Druckvorlagen) und den Rundfunkanstalten vorgefertigte Tonträger zur Verfligung stellt. Dies, wie auch die von ihr veröffentlichten Bedingungen zum Nachdruck von Verbraucherinformationen 110 belegen, daß sich die Organe der Stiftung Warentest hinsichtlich ihrer Verantwortung flir die mit der Einschaltung anderer Medien verbundenen Risiken durchaus bewußt sind. 110 Die Bedingungen der Stiftung Warentest rur den Nachdruck von Verbraucherinformationen sind abgedruckt bei Horn/Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Warentest, 1986, S.186.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Eine Zurechnung des Verhaltens scheidet nicht etwa deshalb aus, weil die Stiftung den Nachdruck von Testberichten, insbesondere von Kurzberichten, nur in Verbindung mit von ihr erarbeiteten klarstellenden Begleittexten autorisiert.!!! Halten sich die Zeitungsredaktionen nicht an diese Auflage, so werden die Leser durch wettbewerbsneutrale Informationen unter dem Namen der Stiftung Warentest irregeführt. Die Testnutzer haben keinen Einblick in das Innenverhältnis der Stiftung Warentest zu anderen Medien. Nach außen tritt nur ihr Name als Testveranstalterin über dem Bericht hervor.!!2

!11 Vgl. insbesondere Nr.2 der obengenannten Bedingungen zum Nachdruck, wonach die Infonnationen nur in der von der Stiftung Warentest zur Verfügung gestellten Fonn oder in den von ihr autorisierten Fassungen publiziert werden dürfen. Der BGH hatte sich im Hinblick auf die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber einem Hersteller mit diesem Problemkreis in seiner Entscheidung vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., zu befassen: Die beklagte Stiftung Warentest hatte 17 von 37 getesteten Komposthäcksler wegen gravierender Sicherheitsmängel erst gar nicht in den Testbericht aufgenommen. Auf diesen Umstand wies die Beklagte nur in dem ausführlichen Testbericht hin, ein Hinweis darauf unterblieb beim separaten Abdruck des "test"-KOMPASS im gleichen "test"-Heft. Der BGH meinte, die Stiftung Warentest habe darauf vertrauen dürfen, daß es sich erkennbar auch für den in der Regel "eiligen" Verbraucher um eine Kurzfassung handele, so daß er sich "vor einer Kaufentscheidung noch über den Testbericht oder über entsprechende sachkundige Beratung infonnieren lassen werde" (S.2224 f.). Die Beklagte habe dem Abdruck des Kurzberichtes in anderen Zeitschriften nur in Verbindung mit einem insoweit klarstellenden Begleittext zugestimmt (S.2225). Der BGH läßt außer Betracht, daß der "eilige" Verbraucher sich gerade keine Zeit für die Lektüre des ausführlichen Berichts oder für eine umfassende Beratung nimmt. Damit kann der Kurzbericht gerade dazu führen, daß die sehr mangelhaften Geräte verstärkt gekauft werden, weil der Verbraucher bei diesen Geräten nicht ohne weiteres unterstellen kann, sie seien wegen Sicherheitsmängeln erst gar nicht in die Bewertung gelangt. Ein den KOMPASS lesender Konsument kauft eher ein nicht bewertetes Gerät als ein schlecht bewertetes. Durch den so publizierten Kurzbericht wird die Gefahr einer Irreführung geschaffen. Wenn die Stiftung Warentest darauf vertrauen durfte, daß sich eilige Verbraucher nochmals infonnierten, heißt das doch umgekehrt, daß eilige Verbraucher, die selbst nach Ansicht des BGH einen "zahlenmäßig nicht geringen" Personenkreis (S.2224) ausmachen, sich nicht auf die Kurzberichte verlassen durften. Gegen diese Wertung spricht aber, daß es für die Stiftung Warentest drucktechnisch wohl ein Einfaches gewesen wäre, den Kurzbericht ebenfalls mit einem Hinweis auf die von vornherein ausgeschiedenen Geräte zu versehen. Dann hätte sie sich nicht darauf verlassen müssen, daß der Bericht von anderen Printmedien tatsächlich nur mit Begleittext abgedruckt wird.

!12 Auch diesen Gesichtspunkt läßt der BGH (a.a.O., S.2225) außer Betracht, wenn er die Irreführungsgefahr durch die Veröffentlichung eines für sich gesehen unvollstän-

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

In Nr.3 der Bedingungen zum Nachdruck von Verbraucherinfonnationen heißt es, daß die Stiftung Warentest andere Medien von Schadensersatzansprüchen der Hersteller und Händler - Ansprüche von Konsumenten werden nicht erwähnt! - nur dann freistellt, wenn die Ansprüche allein durch einen Fehler der Stiftung Warentest verursacht wurden. Auch daraus kann nicht der Schluß gezogen werden, die Stiftung Warentest müsse sich irreführende Publikationen anderer Medien im Verhältnis zu den Testnutzern nicht zurechnen lassen. Die Bedingungen für den Nachdruck regeln ausschließlich das Innenverhältnis der Stiftung Warentest zu den anderen Medien. Für die Haftung der Stiftung Warentest im Außenverhältnis zu den geschädigten Testnutzem kann aus der Lastenverteilung im Innenverhältnis nichts gewonnen werden. Gegen die Erweiterung des Verantwortungsbereichs der Stiftung Warentest über § 278 BGB spricht nicht, daß anderen Medien die Erlaubnis zum Abdruck nur gegen Bezahlung eines Entgelts erhalten. Eine solche Situation ist zwar für das Verhältnis zwischen einem Schuldner und seinem Erfüllungsgehilfen untypisch. Doch kann und darf der Schutz der Verbraucher nicht davon abhängen, ob die Testinfonnationen so "begehrt" sind, daß andere Medien bereit sind, für deren Abdruck zu bezahlen, oder ob die Infonnationen für andere Medien weniger interessant sind und die Stiftung Warentest ein Interesse daran hat, ihre Testergebnisse auch (unentgeltlich) in anderen Medien abdrucken zu lassen. I 13 Im übrigen läßt sich das Entgelt nicht nur als Vergütung für die schon vorgefertigten Druckvorlagen etc. verstehen, sondern auch als Risikoprämie dafür, daß die Stiftung Warentest in dem Fall eines fehlerhaften Nachdrucks unter ihrem Namen einen "Imageverlust" erleiden würde. Die rechtspolitische Gefahr, daß die Stiftung Warentest ihre Zustimmungspraxis für die Publikation der Testergebnisse durch andere Medien einschränken könnte, soweit sie auch für deren fehlerverursachende Verhalten einzustehen hat, erscheint gering. Denn mit einer solchen Einschränkung wären auch Nachteile für die Stiftung Warentest in bezug auf ihre Bekanntheit und Akzeptanz in der Öffentlichkeit verbunden. Festzuhalten ist daher: Soweit die Testberichte in anderen Medien erlaubtennaßen unter dem Namen der Stiftung Warentest erscheinen, erweitert die Stiftung Warentest das Risiko einer Verfiilschung der Infonnationen außerhalb ihres eigenen Organisationsbereiches. Aus diesem Grund muß sie sich das

digen "test"-KOMPASS verneint. Mittlerweile hat die Stiftung Warentest den KOMPASS aus ihrer Zeitschrift "test" herausgenommen. 113 So wie es in den Anfängen der Testarbeit noch war.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Fehlverhalten der Organe und Mitarbeiter dieser Medien gemäß § 278 BGB im Verhältnis zu den Testnutzern zurechnen lassen. 114

(2) Verbreitung von Testergebnissen durch Anbieter- und Herstel/erwerbung

Eine große Zahl von Verbrauchern wird mit Testergebnissen im Wege der Anbieterwerbung konfrontiert. 115 Unabhängig von dem Problem der wettbewerbsrechtlichen Zu lässigkeit dieser Werbepraxis l16 stellt sich auch hier die Frage, inwieweit eine irreführende Aussage in der Testwerbung der Stiftung als pflichtwidriges Verhalten zugerechnet werden kann. Die Stiftung Warentest schaltet werbende Anbieter und Hersteller nicht selbst in den Publikationsprozeß ein. Jene bedienen sich schon publizierter Testberichte, indem sie ihn vollständig oder auszugsweise in ihre eigene Produktwerbung integrieren. Aus Sicht der Verbraucher verwendet der Werbende die Ergebnisse eines Tests vorrangig im eigenen Absatzinteresse. Zwar wird die Testaussage als solche noch der Stiftung Warentest zugerechnet - was die Werbung mit den Testergebnissen für die Hersteller und Anbieter gerade so attraktiv macht -, doch die 114 Diese Haftungserweiterung ist für die Stiftung Warentest schon deshalb nicht unzumutbar, weil sie bei den Medien, die einen Testbericht fehlerhaft publizieren, Regreß nehmen kann. Denn diese verstoßen gegen die im Verhältnis zur Stiftung Warentest bestehende Pflicht, nur Informationen in der von ihr autorisierten Form zu publizieren. 115 Siehe oben S.38 ff. 116 Hierzu BGH vom 12.12.1980, NJW 1981, S.2413 f. [= GRUR 1981, S.654 = DB 1981, S.1768 = WRP 1981, S.454]; BGH vom 11.3.1982, NJW 1982, S.1596 ff. [= DB 1982, S.1261 = GRUR 1982, S.437 = BB 1983, S.80 = MDR 1982, S.727]; BGH vom 2.5.1985, NJW 1985, S.2332 f. m. Bespr. Herrmann, WuB V B. § 3 UWG 2.86; BGH vom 21.3.1991, NJW-RR 1991, S.I135 [= GRUR 1991, S.679 = BB 1991, S.12\O = MDR 1991, S.739]. Ferner die Rspr. des BGH und der Instanzgerichte zu einzelnen Fragen der irreflihrenden Werbung mit Testergebnissen, oben I.Teii in Fn.82 ff. Aus dem Schrifttum: Assmann/Kübler, Testhaftung, ZHR Bd.142 (1978), S.413 ff., 431 ff.; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rnrn.420 ff. zu § 1 UWG; Borck, Mutmaßungen, WRP 1965, S.199 ff.; W. Brinkmann, Werbung, BB 1978, S.1285 ff.; ders., Grenzen, BB 1979, S.134 ff.; ders., Bedeutung, BB 1983, S.91 ff.; Eser, Werbung, MA 1984, S.511 ff.; Fezer, Testwerbung, GRUR 1976, S.472 ff.; Giefers, Werbung, WRP 1964, S.289 ff.; Gödde, Werbung, DB 1967, S. \074 ff.; Hart/Silberer, Werbung, GRUR 1983, S.691 ff.; Heiseke, Werbung, WRP 1977, S.615 ff.; Horn, Warentest, S.79 ff.; Keßler, Verwertung, DB 1983, S.269 ff.; Keßler/Müller, Testwerbung, WRP 1981, S.495 ff.; Sack, Werbung, WRP 1984, S.521 ff.; Schultz, Werbung, JuS 1965, S.86 ff.; Tetzner, Warentest, NJW 1965, S.725 ff., 729 ff.; Weber, Werbung, NJW 1968, S.1364 ff.; Will, Werbung, 1968, S.94 ff.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Verbraucher erkennen auch, daß es nicht die Stiftung Warentest ist, die ihnen die konkrete Produktinformation vermittelt. 117 Bei Irreführungen durch Testwerbung ist daher zu differenzieren zwischen der wahrheitsgemäßen Wiedergabe eines fehlerhaften Tests und der verfälschenden Darstellung eines fehlerfreien Tests.

(a) Korrekte Wiedergabe fehlerhafter Testergebnisse Werden die Werbeangaben der Anbieter entsprechend den hierzu veröffentlichten Empfehlungen der Stiftung Warentest l18 ausgestaltet, so leisten sie damit einen Beitrag zur Marktaufhellung. 119 Wirbt ein Anbieter empfehlungsgemäß mit einem von der Stiftung Warentest veröffentlichten, aber irreführenden Testergebnis, besteht kein Grund, dem Konsumenten, der sich auf diese Information des Anbieters verläßt, den Rechtsschutz gegen die Stiftung Warentest zu versagen. Das gilt selbst dann, wenn der Verbraucher den Testbericht, dem die Werbeangabe entnommen ist, nicht zur Kenntnis genommen hat. 120 Das pflichtwidrige Verhalten ist auch in diesem Fall in der Veröffentlichung des fehlerhaften Testberichts selbst zu sehen. Die Irreführungsgefahr wird schon durch die Original-Publikation hervorgerufen. Der Testnutzer hat in diesem Fall keine Möglichkeit, seinen Irrtum durch Einsicht in den Originalbericht zu vermeiden. Allein der Umstand, daß ein Testnutzer auf "Umwegen" irregeführt wird, zwingt zu keiner anderen Entscheidung, wenn die Stiftung 117 Vgl. zur wettbewerbsrechtlichen Zuordnung sog. Testimonials (= Aussagen Dritter) in der Werbung, KG vom 12.9.1994, NJW 1995, S.1364 ff. mwN. 118 Siehe oben S.39. Zur Rechtsnatur der Empfehlungen vgl. Keßler/Müller, Testwerbung, WRP 1981, S.495 ff., 497 f.; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.423 zu § 1 UWG. 119 Vgl. etwa BaumbachlHefermehl, Wettbewerbsrecht, Rnm.421, 422 zu § 1 UWG; Sack, Werbung, WRP 1984, S.521 ff., 526; Schultz, Werbung, JuS 1965, S.86 ff., 87. Das entspricht seit langem auch der Sichtweise der Stiftung Warentest, vgl. Stiftung Warentest (Hrsg.), Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.62. 120 Dem Käufer einer so beworbenen Ware stehen für den Fall, daß schon der veröffentlichte Warentest irreführend war, keine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer gemäß §§ 459 ff. BGB zu, wenn man die Beurteilung durch die Stiftung Warentest als Beschaffenheitsmerkmal oder zugesicherte Eigenschaft der Kaufsache ansieht. Denn das Produkt ist in diesem Fall - wenn auch unverdient! - mit dem beworbenen Prädikat ausgezeichnet worden. Es entspricht damit der vertraglichen Soll beschaffenheit. Zur wettbewerbsrechtlichen (Un)Zulässigkeit der Werbung mit unrichtigen Testergebnissen, Hart, Warentest, WRP 1986, S.515 ff., 522.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Warentest die Anbieterwerbung entsprechend ihrer Empfehlungen als aus Verbrauchersicht nützlichen Informationsmultiplikator ansieht 121 und damit vorhersieht, daß Verbraucher auf diesem Wege mit ihren Berichten in Kontakt geraten.

(b) Irrefiihrende Wiedergabe richtiger Testberichte durch den Werbenden Die Adressaten der Testwerbung können der Anpreisung selbst nicht entnehmen, ob die mitgeteilten Testergebnisse denen des Original-Testberichts entsprechen. Im Falle irrefiihrender Wiedergabe richtiger Testergebnisse durch den Werbenden ist den Organen und Mitarbeitern der Stiftung Warentest in bezug auf die Begründung der Irreführungsgefahr kein Vorwurf zu machen. Es stellt sich deshalb das Problem, ob sich die Stiftung ein mißbräuchliches Verhalten der Werbenden auch gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muß. Dies ließe sich vordergründig schon damit verneinen, daß es der Stiftung Warentest wegen des Neutralitätserfordernisses verwehrt sei, mit (wahren) Testergebnissen zu werben, es also an einer Pflicht fehle, in deren Erfüllung die Werbenden tätig würden. Doch dieser Gedanke greift sicherlich zu kurz. Denn soweit die Stiftung Warentest die Verbreitung von wahren Testergebnissen durch Werbung positiv beurteilt, ist sie sich auch der Möglichkeit des gelegentlichen Mißbrauchs bewußt. 122 Die Frage, ob die Werbenden Erfiillungsgehilfen der Stiftung Warentest sind, kann auch nicht im Einzelfall danach entschieden werden, ob die Testwerbung der Aussage im Originalbericht entspricht oder nicht. Ob sich ein Schuldner das (sorgfaltswidrige) Verhalten einer anderen Person als Erfiillungsgehilfe zurechnen lassen muß, hängt gerade nicht davon ab, ob er das konkrete Verhalten kannte oder damit einverstanden war. l23 Erfiillungsgehilfe ist derjenige, den der Schuldner nach den tatsächlichen Gegebenheiten willentlich in die Erfiillung seiner Verbindlichkeiten einschaltet oder duldet. 124 Die Stiftung Warentest schaltet die Werbenden im Gegensatz zu den Pressemedien und Rundfunkanstalten weder in ihren von der Satzung vorgese121 Vgl. den Jahresbericht 1971, S.VIII; ferner Stiftung Warentest (Hrsg.), "test" Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.62. 122 Laut Auskunft des Verbraucherschutzvereins (V SV) vom 17.8.1994 wurden von 1992 bis Juli 1994 in 122 Fällen Abmahnungen wegen unlauterer Testwerbung verschickt, in 78 Fällen wurden Unterlassungserklärungen abgegeben. Klage wurde in 1992 und 1993 jeweils nur einmal erhoben. Vgl. auch Stiftung Warentest (Hrsg.), "test" - Der starke Partner kritischer Verbraucher, 1987, S.62. 123 Wolfin Soergel 12 , Rn.23 zu § 278. 124 Wolf a.a.O., Rn.22 zu § 278 mvN aus der Rspr.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

henen Veröffentlichungsprozeß ein noch geht sie faktisch auf die Hersteller und Anbieter zu, um ihre Informationen an die Verbraucher heranzutragen. 125 Damit kommt eine Zurechnung nur unter dem Aspekt der allgemeinen Duldung und Befürwortung der Testergebniswerbung durch die Stiftung Warentest in Betracht, was letztlich aber nicht zu überzeugen vermag. Abgesehen davon, daß die Zurechnung aufgrund bloßer Duldung des Verhaltens Dritter kaum noch mit dem Wortlaut des § 278 BGB zu vereinbaren ist,126 entspricht die Zurechnung irreführender Werbung vor allem nicht der der Stiftung Warentest zugewiesenen Funktion. Würde der Stiftung Warentest nur aufgrund ihrer Duldung der Testwerbung das Risiko der verflilschenden Werbung über § 278 BGB aufgebürdet, würde man ihr mittelbar die permanente Kontrolle der Werbepraxis mit Testergebnissen abverlangen. Bei der verflilschenden Werbung handelt sich jedoch um Maßnahmen unlauteren Wettbewerbs im Sinne von § 3 UWG.127 Solche Handlungen zu unterbinden, ist nicht Aufgabe der Stiftung Warentest. Hierfür stehen neben den Konkurrenten des Werbenden insbesondere Verbraucherorganisationen zur Verfügung wie etwa der Verbraucherschutzverein (VSV)128, zu dessen Aufgaben es gehört, solchen Verstößen gegen den lauteren Wettbewerb im Interesse der Konsumenten entgegenzuwirken. Dieser Verein ist gemäß § 13 Abs.2 Nr.3 UWG klagebefugt. 129 125 Die erste Satzung aus dem Jahre 1964 verpflichtete die Stiftung Warentest in § 14 sogar, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Verwendung der veröffentlichten Testergebnisse zu Werbezwecken entgegenzuwirken. Mit der Neufassung der Satzung im Jahre 1971 entfiel die Klausel. Zur Begründung wurde seitens der Stiftung Warentest darauf verwiesen, daß keine rechtlichen Möglichkeiten bestehen würden, gegen die werbliche Verwendung der Ergebnisse gerichtlich vorzugehen (vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1971, S.VIII). 126 Wohl nicht zufällig findet sich in der Kommentierung von Wolf (in Soergel 12 ) zu § 278 kein einziges Beispiel für die Verhaltenszurechnung aufgrund bloßer Duldung, obwohl Wolf dieses Kriterium in seiner Definition des Begriffs Erftillungsgehilfe ausdrücklich nennt. 127 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.422 zu § 1 UWG. 128 Die Stiftung Warentest ist Mitglied in diesem Verein, der seinen Sitz in Berlin hat. Zwischen bei den Einrichtungen besteht ein regelmäßiger Informationsaustausch. 129 BGH vom 13.2.1992, LM Nr.333 zu § 3 UWG; BGH vom 16.12.1993, NJW 1994, S.1071 ff. [= BB 1994, S.537 = GRUR 1994, S.380] Keßler/Müller, Testwerbung, WRP 1981, S.495 ff., 498 in Fn.46. Falterbaum-Friedrich (Haftung, S.559) will die Klagebefugnis von Testeinrichtungen gemäß § 13 Abs.2 Nr.3 UWG (früher § 13 Abs.1a UWG) daran scheitern lassen, daß "mit Verbänden nur juristische Personen gemeint sind, nicht jedoch privatrechtliche Organisationen, wie z.B. die Stiftung Warentest". Diese Begründung ist sicher nicht tragfähig: Selbstverständlich handelt es sich bei der Stiftung Warentest oder dem ADAC

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Selbst bestehende rechtliche Möglichkeiten der Testeinrichtung, Werbung mit Testergebnissen zu unterbinden, lassen die Frage in keinem anderen Licht erscheinen. Der Einrichtung mögen urheberrechtliche Unterlassungsansprüche l30 und/oder Ansprüche auf Unterlassung aus §§ 1004,861, 12 BGB analog sowie aus § 823 Abs.l BGB wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts gegen den werbenden Anbieter zustehen. 131 Gerade das Wesen dieser Ansprüche als Rechte aus der Verletzung absolut geschützter Positionen (Urheberrecht um juristische Personen des Privatrechts. Für den ADAC hat der BGH mittlerweile die Klagebefugnis bejaht (Urteil vom 19.5.1988, NJW-RR 1988, S.1443 ff. [= GRUR 1988, S.832]). Für die Stiftung Warentest ist zweierlei zweifelhaft: erstens, ob eine Stiftung auch "Verband" im Sinne der Vorschrift sein kann. Ist dies der Fall, so muß geklärt werden, ob die "Beratung" der Verbraucher auch zu den satzungsmäßigen Aufgaben gehört. Insofern bestehen erhebliche Bedenken, wenn unter Beratung eine individuelle Betreuung von Verbrauchern zu verstehen ist. In der genannten Entscheidung zur Klagebefugnis des ADAC hat dieser für das Aufklärungs- und Beratungserfordernis vor allem auf dessen monatlich erscheinende Zeitschrift "Motorwelt" verwiesen. Der BGH hat dies genügen lassen. In seiner Entscheidung vom 13.2.1992 ließ das Gericht anklingen, daß eine individuelle Beratung auch zu den satzungsmäßigen Aufgaben zu gehören habe. Diese Fragen können und müssen hier jedoch keiner weiteren Klärung zugeführt werden. Siehe dazu näher die ausführliche Kommentierung bei Baumbach/Hefennehl, Wettbewerbsrecht, Rnrn.34 ff. zu § 13 UWG. 130 Die urheberrechtlichen Möglichkeiten des Testveranstalters bzw. Testverlegers werden nicht einheitlich beurteilt. Ausführlich zu diesem Fragenkomplex: Weber, Werbung, NJW 1968, S.1364 ff., 1365 f.; Will, Werbung, S.23 ff. 131 Hergeleitet wird dieser Anspruch aus der Verletzung des Namensrechts als Teil des auch der Stiftung Warentest zustehenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das absoluten Schutz genieße. Soweit es um irreführende Werbung mit Testergebnissen geht, ist sich die Literatur bzgl. des Rechtsschutzes der Stiftung Warentest gegen den Werbenden fast einig: vgl. Baumbach/Hefennehl, Wettbewerbsrecht, Rn.423 a.E. zu § I UWG; Keßler, Verwertung, OB 1983, S.269 ff., 269; Keßler/Müller, Testwerbung, WRP 1981, S.495 ff. Differenzierend zwischen wahrheitsgemäßer Werbung und verfälschender Werbung Sack, Werbung, WRP 1984, S.521 ff., 5261.Sp. So ist wohl auch das Urteil des OLG Stuttgart vom 5.3.1993 (NJW-RR 1993, S.1265 f.) zu lesen, wenn es in der werblichen Übernahme eines Warnhinweises der Verbraucherzentrale bzgl. Partnerschaftsvennittlungsdiensten keinen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verbrauchereinrichtung anerkennt und zur Begründung darauf abstellt, daß sich Einrichtungen, die mit verbraucheraufklärenden Maßnahmen an die Marktöffentlichkeit gehen, gefallen lassen müssen, daß sich der Wettbewerb mit den Äußerungen auch werblich auseinandersetzt. W. Brinkmann (Werbung, BB 1978, S.1285 ff., 1285 r.Sp.) sieht den Ruf der Stiftung Warentest durch Testwerbung nicht in dem Maße gefiihrdet, als daß dies für Abwehr- oder Schadensersatzansprüche ausreiche. Ihm unkritisch folgend FalterbaumFriedrich, Haftung, S.555 ff., 558.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

und Persönlichkeitsrecht) der Stiftung Warentest beweist, daß die Stiftung Warentest selbst nur "Opfer" dieser Art der Werbung ist, nicht aber als "Täterin" in Erscheinung tritt. Geht die Stiftung Warentest gegen Rechtsverletzungen dieser Art nicht vor, so kann ihr allein wegen der abstrakten Möglichkeit des Rechtsschutzes das fremde Werbeverhalten nicht zugerechnet werden. Allenfalls kann in der konkreten Duldung einer irreführenden Testwerbung eine eigene Pflichtverletzung der Stiftung Warentest liegen. Darauf ist an späterer Stelle zurückzukommen. 132 Den Verbrauchern die Schäden zuzuweisen, die ihnen infolge einer verfälschenden Testwerbung entstehen, erscheint auch deshalb angemessen, weil die Verbraucher die zumutbare Möglichkeit haben, sich durch Lektüre des Originalberichts von der Richtigkeit der Werbeaussage zu überzeugen und so einer Irreführung durch die Werbung zu entgehen. Verbraucher, die sich auf Testwerbung verlassen, welche keine Fundstellenangabe enthalten, sind nicht schutzbedürftig. Denn schon das Fehlen der Fundstellenangabe sollte sie hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der Werbung skeptisch machen. Diese Einschätzung liegt auf der Linie des BGH, wenn er für die Werbung mit Testergebnissen der Ansicht ist, daß die Fundstelle in der Werbung insbesondere deshalb anzugeben sei, weil ein besonderes Bedürfnis bestehe, den Verbrauchern das Auffinden des vollständigen Testberichtes zu erleichtern. I33 Darin steckt die Wertung, daß die Verbraucher nur dann ihrer marktwirtschaftlichen Rolle gerecht werden, wenn sie sich kritisch mit der Werbung auseinandersetzen, also bei Testwerbung den Originalbericht einsehen, bevor sie ihre Produktwahl treffen. Diese Anforderung ist auch bei älteren Testergebnissen nicht überzogen. Denn es besteht jederzeit die Möglichkeit, sich bei der Stiftung Warentest (auch telefonisch) zu informieren oder den Originalbericht in öffentlichen Bibliotheken einzusehen, falls der werbende Geschäftspartner diesen Bericht auf Nachfrage nicht vorlegen kann. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß einem Verbraucher bei Abschluß von Rechtsgeschäften aufgrund irreführender Testwerbung eigene Rechte gegen den Geschäftspartner zustehen, wenn der Vertragspartner selbst mit Testergebnissen geworben hat. In diesem Fall kann sich der Irregeführte auf Gewährleistungsrechte des jeweiligen Vertrages oder auf das Rücktrittsrecht aus § 13a UWG stützen, um sich von dem unerwünschten Rechtsgeschäft zu lösen. I34

132 Siehe unten S.214. 133 BGH vom 21.3.1991, NJW-RR 1991, S.1135. 134 Wie schon in anderem Zusammenhang dargestellt, kann sich ein durch irreführende Werbung geschädigter Verbraucher nach Auffassung der Rechtsprechung (BGH

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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In Fällen sogenannter Sprung- oder Drittwerbung l35 , also der Produktanpreisung etwa durch den Hersteller, den Groß- oder Zwischenhändler, scheiden Gewährleistungsrechte bzw. das Recht aus § 13a UWG regelmäßig aus. Letzteres Recht besteht gemäß § 13a Abs.l S.2 UWG nur dann, wenn der Vertragspartner des Abnehmers die Unwahrheit der Werbung und ihre Eignung zur Irreruhrung kannte oder kennen mußte. Bezieht sich die Drittwerbung al\erdings auch auf die Beschaffenheit des Produkts, so charakterisiert sie zugleich die vertragliche Sollbeschaffenheit der Leistung, so daß auch Gewährleistungsansprüche in Frage kommen. Gerade die in § 13a Abs.l S.2 UWG genannte Alternative der fahrlässigen Unkenntnis irreruhrender Werbeangaben kann bei Sprungwerbung mit Testergebnissen regelmäßig als errullt angesehen werden, da verkehrsüblicherweise ein Händler!Anbieter von Waren- und Dienstleistungen über die Werbung von Herstel\ern, Groß- oder Zwischenhändlern mit Testergebnissen bezüglich der von ihm angebotenen Güter informiert sein sollte. 136 Empirisch wird diese Sorgfaltsanforderung dadurch gestützt, daß auf Händlerbzw. Anbieterseite ebenfalls besonderes Interesse an Testergebnissen der Stiftung Warentest besteht. 13 7 Für Fälle der Irreruhrung durch fehlerhafte Wiedergabe von Testergebnissen existiert damit eine hohe Kontrolldichte, die es neben den rein dogmatischen Bedenken auch überflüssig erscheinen läßt, die Stiftung Warentest über § 278 BGB hierrur in die Verantwortung zu nehmen. Sie letztlich rur das Absatzinteresse der Anbieter einstehen zu lassen, steht im Widerspruch zu ihrem Aufvom 14.5.1974 [Prüfzeichen), NJW 1974, 1503 ff.) und eines Teils des Schrifttums (Baumbach/Hefennehl, Wettbewerbsrecht, Rn.440 zu § 3 UWG mwN.) nicht auf § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 3 UWG stützen. Diese Auffassung stößt in der überwiegenden Literatur auf Ablehnung (siehe nur Sack, Verbraucherschutz, NJW 1975, S.1303 ff.; ders., Persönlichkeiten, WRP 1982, S.615 ff., 624 Fn.81 mvN.) Eine eingehende Untersuchung dieser Frage kann hier aber ausgespart bleiben. Denn selbst wenn man dem geschädigten Verbraucher einen solchen deliktsrechtlichen Anspruch wegen Schutzgesetzverletzung zuerkennen wollte, wäre dies ein Grund mehr, die Zurechnungsfrage zugunsten der Stiftung Waren test zu entscheiden. 135 Vgl. Köhler, Rücktrittsrecht, JZ 1989, S.262 ff., 265 f. 136 Etwas anderes gilt sicherlich für die Testwerbung eines konkurrierenden Händlers, mit dem der Vertragspartner des Testnutzers nicht in geschäftlicher Beziehung steht. Zu den Formen der Drittwerbung Köhler, Rücktrittsrecht, JZ 1989, S.262 ff., 265 f. 137 Hilger/Fritz u.a., Testnutzung, in: Warentest und Unternehmen, S.I77. Lehmann (Vertragsanbahnung, S.366 ff.) hatte vorgeschlagen, in den Fällen irreführender Sprungwerbung den Werbenden wie einen Sachwalter aus culpa in contrahendo in die Verantwortung zu nehmen. Dieser Ansatz hat jedoch bis heute kaum Anerkennung gefunden. Siehe nur Wiedemann in Soergel 12 , Rn.349 vor § 275. 14 Boecken

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

trag und Öffentlichkeitsprofil, das gerade durch jegliche Unabhängigkeit von Anbieter- und Herstellerinteressen geprägt ist. Hieraus erklärt sich auch, daß Hersteller und Anbieter der getesteten Produkte für die werbliche Nutzung der Testergebnisse keine Vergütung zu entrichten haben, während der Nachdruck der Testberichte durch andere Medien in aller Regel nur gegen eine an die Stiftung Warentest zu zahlende Vergütung möglich ist. Diese Überlegungen lassen den Schluß zu, daß die Stiftung Warentest für eine Irreführung der Verbraucher durch Werbung mit Testergebnissen dann nicht einzustehen hat, wenn die Irreführung allein auf der täuschenden Darstellung der Ergebnisse durch den Werbenden selbst beruht.

b) Unterlassene Richtigstellung irreführender restberichte aa) Pflicht zur Richtigstellung eigener irreführender Publikationen Ist ein Testbericht mit irreführendem Inhalt publiziert worden, so handelt die Stiftung Warentest pflichtwidrig, wenn sie es unterläßt, auf den Fehler berichtigend hinzuweisen, obwohl sie die Fehlerhaftigkeit eines Testberichts erkennen kann. 138 Der Statuierung einer Berichtigungspflicht im Sinne einer Schutzpflicht könnte man entgegenhalten, daß es einem Geschädigten im Hinblick auf die Störung seiner Willensbildung grundsätzlich gleichgültig sei, ob er der Stiftung Warentest vorhalten könne, sie habe einen fehlerhaften Test publiziert oder sie habe es unterlassen, eine Berichtigung vorzunehmen. Sinnvoll und für die HaftungsbegTÜndung notwendig erscheint eine Berichtigungspflicht aber für dem Fall, daß sich die Stiftung Warentest bezogen auf die irreführende (Erst-) Publikation exkulpieren kann. 139 Denn gen au in diesem Fall entfiele der haftungsrechtliche Anreiz, selbst eine Berichtigung vorzunehmen, weil eine Verantwortlichkeit durch die Schaffung der Irreführungsgefahr nicht begründet wäre, so daß eine Summierung von Haftungsfolgen nicht zu befürchten stünde. Denkbar ist eine Exkulpation beispielsweise dann, wenn die irreführende Aussage des Testberichts darauf zurückzuführen ist, daß die Stiftung Warentest ihre Testdaten auf ein qualitativ über dem Durchschnitt liegendes Einzelstück einer Produktserie stützt, sie also einen "Ausreißer nach oben" getestet hat.

138 Vgl. zur Richtigstellungspflicht von Börseninformationsdiensten bei fortbestehendem Schuldverhältnis, v. Hertzberg, Haftung, S.ll2, mN aus Rechtsprechung und Schrifttum in Fn.208. 139 Zum Verschuldenserfordernis unten S.222 ff. Zur Beweislage hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen unten S.293 ff.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Sicherlich setzt eine Exkulpation in diesem Fall voraus, daß sich die Warentesteinrichtung mit der Prüfung nur eines Musters begnügen durfte. Der BGH hat die Beschränkung auf ein Prüfinuster im Zusammenhang mit der deliktischen Haftung gegenüber Herstellern der Testobjekte grundsätzlich für zulässig erachtet, wenn es sich um ein Markenprodukt handelt. 140 Im Verhältnis zum Verbraucher muß dies nicht so gesehen werden. 141 Angesichts des heute allgemein anerkannten objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs 142 ist eine Exkulpation bei der Verletzung verhaltensbezogenen Pflichten so gut wie ausgeschlossen,143 so daß es nur in Ausnahmefällen zu einer Entla140 BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 335; OLG Celle vom 23.7.1964, NJW 1964, S.1804 ff., 1807. Dazu kritisch: Baumbach/Hefermehl, UWG, Rn.413 zu § I UWG; Keller, Warentest, Diss. Frankfurt a.M. 1966, S.46; Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.IOO ff.; v. Richthofen, Zulässigkeit, Diss. Köln 1963, S.61. 141 Denn die Realität entspricht eben nicht immer dem rechtlichen Leitbild eines Markenprodukts (vgl. § 38a Abs.2 Satz I GWB). Auch bei Markenprodukten gibt es Qualitätsschwankungen. Zunächst wird gegen die "Ein-Produkt-Theorie" (W. Brinkmann, Rechtsprobleme, ZVP 1977, S.255 ff., 257.) eingewandt, daß den Verbraucher gerade auch die Qualitätsvarianz eines Produkts interessiere (Udo Müller, Ökonomische Probleme, Diss. Würzburg 1965, S.1O I). Dem ist entgegenzuhalten, daß zuverlässige Aussagen über dieses Kriterium nicht durch die Prüfung von zwei oder drei Produkten pro Marke zu erreichen sind. Dafür wäre wohl ein Prüfaufwand erforderlich, der den Warentest letztlich undurchführbar machen müßte. Vielmehr ist ein Ausgleich zwischen den Informationsinteressen der Verbraucher einerseits und der Praktikabilität und Finanzierbarkeit der Warentests andererseits zu finden. So ist es bei einem Pkw-Test aus finanziellen Gründen nachvollziehbar, daß nicht zwei oder drei Testwagen gekauft werden, obwohl gerade bei teuren Produkten auf Verbraucherseite eine höhere Schutzbedürftigkeit besteht. Trotzdessen muß in einem derartigen Fall wohl der Realisierbarkeit des Tests der Vorrang eingeräumt werden vor dem Risiko, ein qualitativ überdurchschnittliches Fahrzeug zu prüfen. Gleiches gilt so sicher nicht bei preiswerteren Gütern, wie Fernsehgeräten, Staubsaugern u.ä. Die Daten solcher Tests sollten auf eine breitere Basis gestellt werden, weil die Vorabinformation der Hersteller bei zu guten Ergebnissen keine wirksame Kontrollmaßnahme darstellt. Im Grundsatz ist deshalb davon auszugehen, daß die Stiftung Warentest das Risiko trägt, aufgrund einer Einzelstückprüfung irreführende Ergebnisse zu publizieren. Entlasten kann sie sich nur, wenn sie darlegt und nachweist, daß bei Erweiterung des Tests auf mehrere Objekte dieser undurchführbar oder unter Aktualitätsgesichtspunkten unsinnig gewesen wäre. 142 Siehe nur Wolfin Soergel 12 , Rn.75 zu § 276 mwN. 143 Mertens, Verkehrspflichten, VersR 1980, S.397 ff., 407. Vgl. aber Larenzl Canaris, SchR-BTI3 Bd.II12, § 75 11 3., S.369 f., der zwischen dem Fahrlässigkeitsbegriff im Sinne des § 276 Abs.1 S.2 und dem deliktischen Fahrlässigkeitsbegriff insofern differenziert, als es im Deliktsrecht noch darauf ankomme, daß der Täter die objektive Verhaltensanforderung in der konkreten Situation erfüllen konnte. Der Differenzierung ist 14'

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

stung rur die fehlerhafte Veröffentlichung kommen wird, es sei denn, man hielte eine Reduzierung der Fahrlässigkeitshaftung auf grobe Fahrlässigkeit rur interessengerecht. 144 Die Statuierung einer Berichtigungspflicht kann aber nicht davon abhängig sein, ob die zu beseitigende Irreruhrungsgefahr schuldhaft herbeigeruhrt wurde oder nicht. Grund der Statuierung einer Berichtigungspflicht ist einerseits der Gesichtspunkt der Ingerenz,145 andererseits aber - und das ist ebenso entscheidend - die Möglichkeit der Gefahrbeherrschung. 146 Ließe man letzteres Kriterium unbeachtet, so erschöpfte sich das Gebot zur Berichtigung darin, daß es das "umgekehrte" Verbot fehlerhafter Auskunftserteilung wäre. Damit wäre aber im Falle nicht schuldhafter Publikation eines irreführenden Berichts noch nichts gewonnen, weil der Stiftung Warentest auch das Unterlassen der Berichtigung kaum zum Vorwurf gemacht werden könnte. Nur dem, der in der Lage ist, eine Gefahr zu beherrschen, kann vorgeworfen werden, eben dies nicht getan zu haben, wenn ihm schon die Schaffung der Gefahr selbst nicht zum Vorwurf gereicht. Diese Wertung wird durch die Rechtsprechung bestätigt. 14 7 So statuierte der BGH eine Berichtigungspflicht (= Warnpflicht) zu Lasten eines beklagten Direktors einer Bank, der einem klagenden Investor negative Daten über ein Unternehmen, an dem er (der Direktor) persönlich beteiligt war, verschwiegen hatte. 148 Der BGH sah eine Verletzung des stillschweigenden Auskunftsvertrages nicht nur in der unvollständigen Auskunft selbst, sondern auch darin, daß der Beklagte den Kläger später nicht mehr gewarnt habe, um den drohenden nicht zuzustimmen, da es auch im Deliktsrecht darum geht, das Vertrauen der Teilnehmer deliktsrechtlich geschützter Verkehrssysteme in die vom Verkehr gebotene Sorgfalt aufrechtzuerhalten. Daher ist es richtig, mit Wolf (in Soergel 12, Rnm. 75, 76 zu § 276) den objektiven Maßstab im Rahmen von Sonderbeziehungen ebenso wie im Deliktsrecht heranzuziehen. 144 Hierzu unten S.222 ff. 145 So zu Recht v. Hertzberg, Haftung, S.112. 146 Vgl. aber v. Hertzberg (a.a.O., S.112). Sie stützt die Berichtigungspflicht von Börseninformationsdiensten rur anfiinglich fehlerhafte Auskünfte zu einseitig auf den Gesichtspunkt der Ingerenz. Anders dagegen Thomas in Palandt, Rn.8 zu § 676 mN. Canaris (LarenzJCanaris, SchR-BT 13 Bd.III2, § 76 III 4., S.412) beschreibt das Zusammenwirken verschiedener Zurechnungsgründe für die Begründung deliktischer Verkehrspflichten als den Regelfall. 147 BGH vom 22.5.1962, WM 1962, S.932, 933; BGH vom 5.7.1962, WM 1962, S.IIIO ff., 1111; BGH vom 10.4.1978, WM 1978, S.611, 612. Vgl. auch OLG Düsseldorfvom 10.3.1993, 15 U 57/92 (unveröffentlicht), S.9 f. 148 BGH vom 5.7.1962, WM 1962,S.11l0ff., 1111.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Schaden "nach Möglichkeit"149 abzuwenden oder in seinem Ausmaß herabzumindern" 150. Dabei ging das Gericht ersichtlich davon aus, daß der Beklagte die Gefahr der Irreführung erkannt hatte und damit für ihn die Möglichkeit einer Gefahrbeseitigung durch Warnung bestand. Anderenfalls hätte sich das Gericht nicht mit der Frage beschäftigen müssen, ob der Beklagte sich darauf verlassen durfte, der drohende Schaden werde durch die Sorge eines Dritten verhindert. I 51 Aufgrund des Beherrschungskriteriums obliegt der Stiftung Warentest demnach eine Schutzpflicht zur Berichtigung eigener fehlerhafter Testberichte, sobald sie erkennen kann, daß eine publizierte Testinformation geeignet ist, die Testnutzer irrezuführen. Die Berichtigung ist derart vorzunehmen, daß möglichst viele (testnutzende) Konsumenten von der Irreführungsgefahr Kenntnis erlangen. Dabei sollte die Stiftung Warentest darauf achten, daß weitgehende Kongruenz mit den Informationswegen besteht, auf denen der fehlerhafte Testbericht in den Verkehr gelangte. Zumutbar ist auch, daß die Stiftung Warentest die Berichtigung in Form einer Pressemitteilung in den Verkehr bringt. Von der Natur der Informationsverbreitung her ist es sicher unmöglich, alle Verbraucher, deren Willensbildung durch den fehlerhaften Testbericht gefährdet ist, einzeln zu informieren. Daher ist nur der Testnutzer in den Schutzbereich der Berichtigungspflicht einbezogen, der durch die Berichtigung aller Wahrscheinlichkeit nach von der Vornahme eines nachteiligen Rechtsgeschäfts abgehalten worden wäre, etwa weil er regelmäßiger Leser der Zeitschrift "test" oder einer Tageszeitung ist. Ein Testnutzer, der trotz Berichterstattung über einen Informationsfehler aufgrund der irreführenden Veröffentlichung noch ein nachteiliges Rechtsgeschäft abschließt, kann sich nur dann an die Stiftung Warentest halten, wenn die Berichtigung hinter den zumutbaren Möglichkeiten einer Richtigstellung zurückgeblieben ist und der Testnutzer bei Ausschöpfung dieser Möglichkeiten von dem nachteiligen Rechtsgeschäft abgehalten worden wäre.

149 Hervorhebung durch Verf. 150 BGH a.a.O., S.!!!! sub 2.e). 151 BGH a.a.O., S.!!!! sub 2.e).

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4.Tei1: Der Haftungstatbestand im einzelnen

bb) Pflicht zur Richtigstellung fremder irreftlhrender Publikationen (1) Irreführende Publikationen durch Medien, die in die Verbreitung der Testberichte als Erfüllungsgehilfen eingeschaltet sind

Soweit die Stiftung Warentest ftlr Irreftlhrungen bei der Veröffentlichung ihrer Testberichte durch andere Medien gemäß § 278 BGB einzustehen hat, besteht die Schutzpflicht zur Berichtigung aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen wie bei eigenen fehlerhaften Publikationen. Erhält die Stiftung Warentest etwa Kenntnis von einem irreftlhrenden Nachdruck ihrer Testergebnisse, so hat sie eine entsprechende Berichtigung zu veranlassen. Die Pflicht zur Warnung entfällt hier nicht deshalb, weil die Testnutzer, die ihre Informationen aus anderen Medien erhalten, durch Lektüre des OriginalBerichts selbst die Richtigkeit überprüfen könnten. Dies liefe geradezu dem Zweck der anderweitigen Publikation zuwider, nämlich auch solche Konsumenten zu erreichen, die nicht zu den (regelmäßigen) Lesern der Testzeitschriften zählen. Wer sich zur Verbreitung seiner Informationen verschiedener Medien bedient, kann sich nicht darauf berufen, daß die Informationen anderswo korrekt veröffentlicht sind. Das Moment der Ingerenz und die Möglichkeit der Beherrschung bei Kenntnis der Irreftlhrungsgefahr sind in diesen Fällen ebenso pflichtbegründend wie in Fällen eigener irreftlhrender Veröffentlichungen.

(2) Irreführende Testwerbung

Fraglich ist aber, ob eine Haftung ftlr unterlassene Warnung auch in Fällen irreftlhrender Testwerbung in Betracht zu ziehen ist. Das pflichtbegründende Moment der Ingerenz kann hier keine Rolle spielen, da die Gefahr der Irreftlhrung nicht durch die Stiftung Warentest geschaffen wird. Eine Warnptlicht kann also allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Beherrschbarkeit der Gefahr bejaht werden. Das setzt zum einen voraus, daß die Stiftung Warentest konkrete Hinweise ftlr ein irreftlhrendes Werbeverhalten hat. 152 Hat sie solche Anhaltspunkte, so erfordert die Beherrschbarkeit andererseits, daß die Stiftung Warentest den durch Testwerbung irregeftlhrten Verbraucher mit ihrer Warnung (vor Schadenseintritt) erreicht hätte. Dies könnte allenfalls mit einer Warnung in allen zur Verftlgung stehenden Medien sichergestellt werden. Ein Hinweis in ihren 152 Wie schon oben (S.206 f.) ausgeführt, kann aus verschiedenen Gründen nicht erwartet werden, daß die Einrichtung die Werbepraxis der Hersteller/Anbieter der getesteten Güter überwacht.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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eigenen Zeitschriften und Publikationsmitteln dürfte kaum ausreichen, um die Verbraucher zu erreichen, die ihre Konsumentscheidung auf Testwerbung stützen. Diese gehören in aller Regel nicht zum Kreis der regelmäßigen Leser der stiftungseigenen Publikationen. Hinzu kommt, daß die IrretUhrung infolge Testwerbung in sehr vielen Fällen unmittelbar bei oder vor Erwerb des beworbenen Produkts stattfindet, was die Wirkung einer Warnung wesentlich beschränkt. Damit besteht selbst bei Kenntnis derartiger Werbepraktiken nur eine sehr beschränkte Beherrschbarkeit der IrretUhrungsgefahr. Der entscheidende Einwand gegen eine derartige Warnptlicht besteht aber darin, daß die Konsumenten auf die Warnung vor irreführender Testwerbung nicht angewiesen sind. Denn vergleicht man den Aufwand, den die Stiftung Warentest zur (nicht einmal sicheren) Vermeidung eines Schadens treiben müßte, mit dem Aufwand eines Verbrauchers, sich vor Schaden aufgrund irretUhrender Testwerbung zu schützen, so wird deutlich, daß es einer Ptlicht zur Warnung in diesem Fall nicht bedarf. Die Verbraucher können sich vor der unlauteren Werbung allein dadurch schützen, daß sie den veröffentlichten Testbericht der Stiftung Warentest, auf den die Werbung Bezug nimmt, einsehen und die Werbeaussage überprüfen. Wird auf die Originalpublikation in der Werbung nicht Bezug genommen, bedarf es nur einer Nachfrage beim Händler des beworbenen Produkts. Im übrigen müßte schon das Fehlen der Quellenangabe beim Konsumenten Argwohn hervorrufen. Im Gegensatz zu den Fällen einer irretUhrenden Veröffentlichung in anderen Medien (oben (a» kann der Konsument die Testinformation aufgrund von Werbung nicht mehr nur der Stiftung Warentest zuschreiben. Will er sich dieser Information bedienen, ist es angemessen, ihn auf eine von der Stiftung autorisierte Publikation zu verweisen. Die Statuierung einer Pflicht zur Warnung vor unlauterer Werbung hätte im übrigen zur Folge, daß sich Verbraucher noch mehr auf (Test-)Werbeaussagen von Herstellern und Anbietern verlassen könnten. Dies wäre gerade im Hinblick auf den Zweck der Schaffung von Markttransparenz kontraproduktiv. Vielmehr müssen Anreize gesetzt werden, kritisches Verbraucherverhalten in bezug auf Werbung zu prämieren. Dies kann unter anderem dadurch geschehen, daß man denjenigen, der durch unlautere Werbung geschädigt wird, den Schaden selbst tragen läßt, wenn er ihn nicht vom Werbenden ersetzt verlangen kann. Vom präventiven Zweck des Schadensersatzrechts her gesehen, darf es jedenfalls keine Möglichkeit geben, den Schaden auf einen Dritten zu verlagern, der die Gefahr der Irreführung nicht begründet (= fehlende Ingerenz) und nur unter unverhältnismäßigem Aufwand im Vergleich zum Geschädigten selbst beherrschen kann (= eingeschränkte Beherrschbarkeit). Aus diesen Gründen besteht keine Pflicht der Stiftung Warentest, die Verbraucher auf irretUhrende Testwerbung durch eine Warnung aufmerksam zu machen.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

ce) Keine allgemeine Schutzptlicht zur nachträglichen Aktualisierung von Testberichten Ein wesentliches Problem von Warentestinformationen liegt darin, daß sie marktbezogenes Wissen vermitteln, das seiner Natur nach (relativ) rasch überholt ist. 153 Ein Testbericht, der bei seiner Veröffentlichung zunächst inhaltlich richtig war, kann durch externe Veränderungen, welche außerhalb der Eintlußsphäre der Informanten liegen, in kurzer Zeit irreführend werden. 154 Dabei sind nicht solche Fälle gemeint, in denen nach zwei Jahren ein Wiederholungstest veranstaltet wird und dieser zu abweichenden Ergebnissen und Beurteilungen gegenüber einem früheren Test führt. 155 Ein Konsument, der aufgrund eines Testberichts im Jahre 1993 ein empfohlenes Produkt erwirbt, das in einem Wiederholungstest im Jahre 1995 schlecht(er) abschneidet, hat zum Zeitpunkt des Kaufs keine falsche und nachteilige Entscheidung getroffen. 156 Die Verbraucher erwarten von einem Warentestbericht nicht, daß die darin enthaltenen Informationen ein Produktleben lang Geltung haben. Jeder testnutzende Konsument weiß um die Schnellebigkeit des Marktes und den raschen technischen Fortschritt und nimmt beides im wahrsten Wortsinne "in Kauf'. Eine fehlerhafte Entscheidung hat ein Konsument nur getroffen, wenn er zum Zeitpunkt seiner Konsumentscheidung eine "bessere" Wahl hätte treffen können. Rechtlich problematisch sind daher nur solche Veränderungen, die im Rahmen des Zeitraums liegen, in dem ein durchschnittlicher Verbraucher davon ausgeht, ein Warentestbericht gebe noch zuverlässige Auskunft über die aktuelle Marktlage.

(1) Qualitative und preisliche Veränderung

der getesteten Produkte seitens der Anbieter

Eine Aktualisierungsptlicht ist für solche Fälle abzulehnen, in denen die Hersteller/Anbieter der Produkte und Dienstleistungen einen Testbericht zum Anlaß nehmen, ihre Waren und Leistungen qualitativ oder preislich zu verändern.

153 Simitis, Verbraucherschutz, 1976, S.122. 154 Brennecke (Warentest, Diss. Göttingen 1963, S.63) stellte schon zu Recht fest. daß es ausgeschlossen erscheine, einen bestimmten Konsumgütermarkt vollständig und dauerhaft zu überschauen. Es seien dafür vielzählige und kurzfristige Wiederholungsund Ergänzungstests erforderlich, weil die technische und gestalterische Produktentwicklung zu schnell und zu diversifiziert voranschreite. 155 Vgl. das Geschirrspülmaschinen-Beispiel bei Simitis, Verbraucherschutz, S.122. 156 So aber Simitis, Verbraucherschutz, S.122.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Reaktionen der Hersteller und Anbieter mit Preissenkungen oder -steigerungen sind im Hinblick auf den Richtigkeitsgehalt eines Waren- oder Dienstleistungstests irrelevant. Da die Preise bei der Veröffentlichung der Testergebnisse grundsätzlich nicht zu den Daten zu zählen sind, hinsichtlich derer die Stiftung Warentest aus Sicht des Testnutzers einen wesentlichen Erkenntnisvorsprung rur sich in Anspruch nimmt, können auch nachträglich eintretende Preisveränderungen den Testbericht nicht irreführend werden lassen. Jeder testnutzende Verbraucher muß damit rechnen, daß die Preise der empfohlenen Waren wegen erhöhter Nachfrage kurzfristig steigen, während die Preise von nicht empfohlenen Produkte sinken können. 157 Insofern sind Preisveränderungen aufgrund von Testberichten nichts anderes als die typische marktwirtschaftliehe Anpassung an eine neue Nachfrage-Angebots-Relation. Anders verhält es sich hingegen bei kurzfristigen qualitativen Reaktionen der Hersteller. So kann es vorkommen, daß testnutzende Konsumenten vom Kauf einer Ware abgehalten werden, die im Test nunmehr besser abgeschnitten hätte. Umgekehrt besteht im Falle einer kurzfristigen Verschlechterung eines empfohlenen Produkts die Gefahr, daß Verbraucher nunmehr ein schlechtes Geschäft tätigen. Die erste Alternative wird in der Praxis kaum eine Rolle spielen, weil zu erwarten ist, daß ein Hersteller, der sein Produkt verbessert, dieses unter einem neuen Namen oder einer neuen Modellbezeichnung auf den Markt bringt. Ansonsten läuft er Gefahr, daß auch der Absatz des verbesserten Produkts durch die Warentestbeurteilung nachteilig beeinflußt wird. Da der Warentestbericht aber über das verbesserte Produkt keine Auskunft gibt, hat der Verbraucher insofern auch kein schützenswertes Interesse. Im übrigen wird es ihm durch Werbung I 58 oder Händlerinformation möglich sein zu erkennen, daß ein jüngeres Modell auf dem Markt ist. Der Stiftung Warentest eine Schutzpflicht aufzuerlegen, die Testnutzer in der Nachfolge eines veröffentlichten Tests immer auf dem neuesten Informationsstand zu halten, erforderte faktisch die aktive Überwachung des jeweiligen

157 Signifikante Preisreaktionen infolge von Testergebnissen wurden jedoch im Rahmen der "Mannheimer Studien" zu den Wirkungen von Warentests nicht festgestellt, siehe FritziHiiger u.a., Testwirkung, in: Warentest und Unternehmen, S.27 ff., 48 ff. 158 Für den Hersteller eines schlechter bewerteten Produkts ergibt sich nach Beseitigung der gerügten Mängel die Möglichkeit, in der Werbung darauf hinzuweisen, daß die von der Stiftung Warentest erkannten Schwächen einer Ware nunmehr beseitigt seien. Eine derartige Werbung ist mir bisher allerdings nicht bekannt geworden.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Marktsegments und die ständige Durchflihrung von Wiederholungstests l59 , was die Kapazitäten einer Warentesteinrichtung bald überfordern müßte. 160 Eine der Produktbeobachtungspflicht eines Produzenten 161 vergleichbare "Informationsbeobachtungspflicht" zu statuieren, ist angesichts der Breite der Güterinformationen nicht zumutbar. Anders als ein Hersteller müßte die Stiftung Warentest nicht nur ein Produkt beobachten, sondern alle getesteten Produkte. Dies steht nicht im Widerspruch zu der oben aufgestellten Aktualitätspflicht flir die Erstveröffentlichung des Testberichts. Ein Testbericht kann überhaupt nur mit zeitnahen Daten Marktlransparenz schaffen. In der Natur der publizierten Daten liegt es aber, daß sie veralten. Abgesehen von diesen praktischen Erwägungen würde man die Stiftung Warentest im Falle einer kurzfristigen Produktverbesserung durch den Hersteller daflir haftbar machen, daß ihre Testergebnisse eine im Interesse der Verbraucher liegende Folge herbeigefilhrt haben. Die Widersinnigkeit dieses Ergebnisses liegt auf der Hand. Auch flir den Fall, daß Hersteller und Anbieter eine Empfehlung der Warentesteinrichtung zum Anlaß nehmen, die Qualität ihrer Waren kurzfristig herabzusetzen,162 ist grundsätzlich keine andere Beurteilung vorzunehmen. Zwar mag die Empfehlung der Stiftung Warentest maßgeblich zu einem solchen Hersteller-/ Anbieterverhalten beitragen, doch fehlt es an dem erforderlichen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen einer fehlerfreien Testbeurteilung und dem verbraucherschädigenden Verhalten. Die Gefahr der Irreflihrung wird nämlich nicht durch die Stiftung Warentest begründet, sondern der Hersteller/Anbieter mißbraucht die eigentlich richtige Vorstellung der testnutzen den Verbraucher über die Qualität der empfohlenen Ware. Etwas anderes könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn es eine allgemeine Erfahrung dahingehend gäbe, daß Hersteller/Anbieter sich in dieser schädlichen Weise verhalten, wenn ihr Produkt seitens der Testeinrichtung zu Recht empfohlen wird. Unter solchen Bedingungen sollte die Stiftung Warentest ihre

159 Über kurzfristige Reaktionen von Herstellerseite informiert die Zeitschrift "test" unter der Rubrik "Test-Echo", z.B. Heft 8/94, S.12. 160 So schon richtig Brennecke, Warentest, Diss. Göttingen 1963, S.61. Ebenso v. Hertzberg, Haftung, S.114, fllr die Aktualisierungspflicht von Börseninformationsdiensten. 161 BGH vom 9.12.1986 (Honda), BGHZ 99, S.167 ff. 162 In diesem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, daß den Herstellern der geprüften Waren die Ergebnisse des Tests ihres eigenen Produkts schon vor der Publikation bekannt gemacht werden, so daß sie einen gewissen zeitlichen Vorlauf haben, um auf die Ergebnisse zu reagieren.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung

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Testarbeit aber besser einstellen bzw. ihre Infonnationspraxis grundlegend verändern. Die im Wettbewerbsrecht anerkannte Berichtigungspflicht bei nachträglich irreruhrenden Angaben 163 ist bisher in bezug auf Produktangaben nur in einem Fall vom BGH164 statuiert worden. Die Beklagte hatte einen Katalog über von ihr hergestellte Außenleuchten herausgegeben, in dem sie u.a. damit warb, daß ihre Leuchten mit einer "hochwirksamen Spezial-Bleigrundierung behandelt und korrosionsfest" gemacht würden. Dieses Herstellungsverfahren stellte die Beklagte nach Erscheinen des Katalogs ein. Der BGH hielt sie rur verpflichtet, die durch Einstellung des Herstellungsverfahrens unrichtig gewordenen Angaben in ihrem Katalog zu berichtigen, um den fortwirkenden Irreruhrungstatbestand zu beseitigen. 165 In diesem Fall entstand der Tatbestand der Irreruhrung nicht durch ein externes Ereignis, sondern durch eine Veränderung im Organ isationsbereich des Infonnationsgebers. Bei diesem Sachverhalt eine Aktualisierungspflicht - sogar im Sinne einer Leistungspflicht - zu bejahen, ist deshalb gerechtfertigt, weil es der Infonnationsgeber selbst zu verantworten hatte, daß seine Produktangaben nachträglich irreruhrend wurden. Ein vergleichbarer Fall ist in bezug auf die Infonnationen der Stiftung Warentest nicht denkbar. Ausnahmsweise kann aber auch unter dem Gesichtspunkt der Beherrschbarkeit der Gefahr eine Wampflicht rur den Fall angenommen werden, daß ein Hersteller die Empfehlung der Stiftung Warentest zu Qualitätsverschlechterungen ausnutzt und der Stiftung Warentest rur dieses Verhalten konkrete Anhaltspunkte vorliegen. 166 Unterläßt die Einrichtung in dieser Situation einen warnenden Hinweis, so ist darin eine Verletzung ihrer Schutzpflicht zur Förderung der vertraglichen Willensbildung der Verbraucher zu sehen, wobei der Stiftung Warentest ein angemessener Zeitraum für eigene Recherchen zur Verrugung stehen muß. Im Unterschied zur Irreruhrung der Verbraucher durch verflilschende Werbung mit Testergebnissen hat ein Verbraucher bei qualitativer Verschlechterung der Produkte keine Möglichkeit, sich vor einem schlechten Geschäft zu schützen. Denn qualitative Veränderungen von Produkten kann der Testnutzer vor dem Erwerb der Ware in aller Regel nicht erkennen. Insofern hat die Stiftung Warentest in diesem Fall bei konkreten Anhaltspunkten 163 Siehe Baumbach/Hefermeh1, Wettbewerbsrecht, Rn.56 zu § 3 UWG. 164 Urteil vom 31.5.1957 (Außenleuchte), GRUR 1958, S.30 ff., 31, m. Anm. Bußmann. 165 BGH a.a.O., S.31. 166 Vgl. den Leserbrief von Thorsten Wa1inski, "test" 6/91, S.94, der einen mit "gut" bewerteten Kinder-Hochstuh1 kaufte und gravierende Verarbeitungsmängel feststellte, die ihn zu der Hypothese veranlaßten, die gute Bewertung der Stiftung Warentest habe "die Firma wohl blind gemacht".

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

die bessere bzw. alleinige Möglichkeit, die Gefahr der Irreflihrung aufgrund ihrer Empfehlung zu beherrschen. Der Warnpflicht kann die Stiftung Warentest allerdings schon dadurch genügen, daß sie die erforderlichen Hinweise in ihren eigenen Zeitschriften publiziert und, soweit die Testberichte zum Nachdruck an andere Medien abgegeben wurden, diesen den Abdruck der Warnung nahelegt. Wenn den Emittenten bzw. Emmissionshelfern von Kapitalanlagen hinsichtlich des Prospekt inhalts eine allgemeine Aktualisierungspflicht auferlegt wird, soweit die Prospektangaben infolge nachträglicher Entwicklungen unrichtig oder unvollständig werden,167 kann dies auf die Arbeit der Stiftung Warentest nicht übertragen werden. Das von Assmann formulierte Ziel, "daß kein Anleger aufgrund eines nicht berichtigten Prospekts investiert bzw. kein Dritter aufgrund solcher veralteten Angaben Ratschläge erteilt" 168, ist zwar wünschenswert, aber kaum realisierbar. Von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung wurde bisher eine nachträgliche Hinweispflicht nur dann statuiert, wenn dem beklagten Prospektverantwortlichen die veränderten Umstände, auf die hingewiesen werden sollte, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung schon bekannt waren, er also konkrete Anhaltspunkte flir eine nunmehr bestehende Irreflihrungsgefahr besaß.169 Aus dieser Rechtsprechung läßt sich nicht auf eine allgemeine "Prospektbeobachtungspflicht" schließen. 170 Eine nach Veröffentlichung eines richtigen Prospekts bestehende Prüfungspflicht (mit sich anschließender Hinweispflicht), ohne daß konkrete Anhaltspunkte für die nachträgliche Unrichtigkeit des Prospekts vorlagen, wurde noch nicht zum Anknüpfungspunkt einer Prospekthaftung genommen. 17l Insofern geht die bisher in der Rechtsprechung zur Prospekthaftung anerkannte Aktualisierungspflicht nicht über die hier als Ausnahme beschriebene Warnpflicht der Stiftung Warentest hinaus.

167 Assmann, Prospekthaftung, S.302; Emmerich, JuS 1994, S.77; Mertz, Vermögensinteressen, S.100. 168 Assmann, Prospekthaftung, S.303. 169 BGH vom 24.8.1978, BGHZ 71, S.284 fT., 291; BGH vom 27.6.1984, WM 1984, S.1075 ff., 1077; BGH vom 31.5.1990, WM 1990, S.1658 ff., 1661 [insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 111, S.314]; BGH vom 26.9.1991, JZ 1992, S.470 ff., 472, m. Anm. Wüst (insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 115, S.214 ff.). 170 So aber Mertz, Vermögensinteressen, S.100. 171 Vgl. Hopt, Rechtsfragen, S.54 f.

I. Die Pflichten zur Förderung der rechtsgeschäft lichen Willensbildung

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(2) Veränderungen infolge wissenschaftlichen oder technischen Wandels

Vorstellbar sind nachträgliche Unrichtigkeiten der Testberichte zum anderen bei wissenschaftlichem und technischem Fortschritt, etwa in bezug auf die Gesundheitsverträglichkeit oder Umweltschädlichkeit der Inhaltsstoffe von getesteten Produkten. Lagen die neuen Erkenntnisse zur Zeit der Durchführung des Test noch nicht vor, so stellt sich jedenfalls die Erstveröffentlichung des Testberichts nicht als pflichtwidrig dar, weil der Test nach dem aktuellen Stand von Technik und Wissenschaft l72 erstellt wurde. 173 Wurde vor einigen Jahren beispielsweise davon ausgegangen, daß Autokindersitze, die mit einem "FünfPunkt-Gurt" ausgestattet sind, einen hohen Grad an Sicherheit für die Kinder bieten, so könnten solche Sitze nach neueren Erkenntnissen eher als gefährlich einzustufen sein. Derartige neue Erkenntnisse würden aber nicht dazu führen, daß die früheren Testberichte über Autokindersitze als wahrheitspflichtwidrig zu beurteilen wären, soweit darin "Fünf-Punkt-Gurte" als sicher herausgestellt wurden. Ptlichtwidrig wären die früheren Tests nur dann, wenn solche Erkenntnisse schon zum Zeitpunkt der älteren Tests als gesichert anzusehen gewesen wären, die Stiftung Warentest sich diesen Erkenntnisstand aber nicht zu eigen gemacht hätte. Eine Pflicht zur Überprüfung und Richtigstellung obliegt der Stiftung Warentest aber auch dann nicht, wenn sich herausstellt, daß die neuen Erkenntnisse und Möglichkeiten den Testbericht nachträglich unrichtig werden lassen, weil bei ihrer Einbeziehung in den Test abweichende Ergebnisse erzielt worden wären. Die Gefahr der Irreführung wird nicht durch die veröffentlichten Informationen der Stiftung Warentest geschaffen oder erhöht. Das Risiko, daß sich der Stand von Wissenschaft und Technik ändert und im Lichte neuer Erkenntnisse vorhandene Produkte als überholt und/oder gefährlich erweisen, ist in einer auf Innovation ausgerichteten Wirtschaftsordnung ein allgemeines Konsumentenrisiko. Die Schutzptlichten der Stiftung können nur soweit reichen, wie hierdurch besondere Risiken für die Willensbildung der Konsumenten geschaffen werden. Der Stiftung Warentest obliegt jedoch keine Schutzptlicht im Hinblick auf typische Risiken eines sich verändert darstellenden Konsumgüterangebots. Das schutzwürdige Verbraucherverständnis geht dahin, daß die publizierten Warentestangaben nach dem jeweiligen aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik erarbeitet werden und sich auf die im Testbericht benannten (und abgebildeten) Produkte und Dienstleistungen beziehen, die zum Zeitpunkt der Publikation am Markt erhältlich sind. 174 Es mag in solchen Fäl-

172 Zur Abgrenzung von Technik und Wissenschaft Marburger, Technik, S.158 ff., 164 ff. 173 Vgl. LarenzJCanaris, SchR-BT13 Bd.II12, § 75 II 3., S.370.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

len allerdings opportun sein, alsbald einen Wiederholungstest durchzuführen, um aktuelle Informationen zur Verfügung stellen zu können.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB) 1. Ablehnung einer verschuldensunabhängigen Haftung Für die Prospekthaftung hat Köndgen 175 im Rahmen des von ihm entworfenen rechtsgeschäftlichen Lösungsmodells vorgeschlagen, die Prospektverantwortlichen für die Richtigkeit wesentlicher Angaben in Anlageprospekten verschuldensunabhängig einstehen zu lassen. Dieser Vorschlag kann für die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest nicht übernommen werden. Unabhängig davon, ob man überhaupt dem rechtsgeschäftlichen Ansatz von Köndgen folgt,176 ist nicht einzusehen, weshalb dem durch positiv falsche Angaben irregeführten Anleger ein verschuldensunabhängiger Garantieanspruch zustehen soll, während der aufgrund von Unvollständigkeit Irrende nur bei Verschulden Schadensersatz verlangen kann. Köndgen sieht selbst, daß die Grenzen zwischen Unvollständigkeit und Unrichtigkeit fließend sind. l77 Derart unterschiedliche Haftungsfolgen sind nicht gerechtfertigt, wenn eine Auskunft nach Belieben als unrichtig oder ergänzungsbedürftig angesehen werden kann. Zudem ist es nicht überzeugend, die zivilrechtliche Prospekthaftung - jedenfalls z.T. - als Garantiehaftung auszugestalten, wenn der Gesetzgeber die Börsenprospekthaftung nach § 45 BörsG nur bei groben Verstößen gegen die verkehrserforderliche Sorgfalt als angemessen betrachtet. 178 Das von Köndgen angeführte Beispiel der Zusicherungshaftung eines Hausverkäufers, der im notari174 Um dies zu gewährleisten, befragt die Stiftung Warentest vor der Publikation die Herstel1er der Testobjekte, ob kurzfristige Produktveränderungen anstehen. 175 Köndgen, Theorie, S.18 ff. 176 Der zur Prospekthaftung entwickelte Ansatz muß in Zusammenhang mit Köndgens Thesen über die "Selbstbindung ohne Vertrag" gesehen werden. Dazu schon oben S.116 ff. Zur Kritik an Köndgens Theorie der Prospekthaftung: Pleyer/Hegel, Grundlage, ZIP 1986, S.68l ff., 684 f.; dies., Publikums-KG, ZIP 1985, S. 1370 ff., 1374; v. Bar, Vertrauenshaftung, ZGR 1983, S.476 ff., 505 f. 177 Theorie, S.33. 178 Dieser Maßstab wird heute al1erdings überwiegend als verfehlt angesehen: Assmann, Prospekthaftung, S.366; Wiedemann in Soergel 12 , Rn.331 vor § 275. Canaris (Bankvertragsrecht, Rn.2294) schlägt vor, den milderen Haftungsmaßstab auf die qualifizierte Prospekthaftung zu übertragen; ebenso Coing, Prospektwerbung, WM 1980, S.206, 212.

II. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

223

ellen Kaufvertrag Angaben über die steuerliche Absetzbarkeit des Objekts macht,179 ist wenig geeignet, eine Garantiehaftung für die gleiche Erklärung in einem Bauherrenmodell-Prospekt zu rechtfertigen. Es ist nämlich ein entscheidender Unterschied, ob sich der Käufer eines Hauses die Erklärung in einer Beurkundungssituation geben läßt, oder ob eine solche Erklärung im anflinglichen Stadium der Vertragsanbahnung abgegeben wird. Einer bei Vertragsabschluß gegebenen Erklärung ist schon deshalb größeres Gewicht beizulegen, weil alle Beteiligten wissen, daß es in diesem Zeitpunkt "ernst" wird. Wie sich schon aus den vorangegangen Ausführungen, insbesondere zur Frage des Zustandekommens eines stillschweigenden Auskunftsvertrags zwischen der Stiftung Warentest und den Testnutzern ergeben hat,180 handelt es sich bei der Haftung der Stiftung Warentest für fehlerhafte Informationen nicht um eine Haftung aus einer rechtsgeschäftlichen Erklärung, sondern um die Verantwortlichkeit für ein Verhalten im Zusammenhang mit der Förderung fremder rechtsgeschäftlicher Tätigkeit. Lehmann hat die Haftung für irreführende Werbeangaben als verschuldensabhängige Haftung beschrieben, um Wertungswidersprüche zwischen den Haftungstatbeständen der culpa in contrahendo und der positiven Vertragsverletzung zu vermeiden. Hätten die Parteien bei Bestehen einer vertraglichen Beziehung nur für schuldhaftes Verhalten einzustehen, so müsse dies erst recht für den vorvertraglichen Bereich gelten. 181 Dem ist zuzustimmen. Haften aber schon die Parteien bei der Anbahnung von Rechtsgeschäften nur für schuldhaftes Verhalten, so darf für Dritte, die fremde rechtsgeschäftliche Tätigkeit nur fördern oder initiieren, kein schärferer Maßstab im Sinne einer verschuldensunabhängigen Haftung angelegt werden. Soweit Grunewald die Verfasser von Expertisen, die an bestimmte Personen gerichtet sind, zu denen der Auskunft erteilende Experte keine vertragliche Beziehung unterhält, aus einer der sachverständigen Auskunft innewohnenden "Garantieerklärung" haften lassen möchte,182 steht dies nur scheinbar im Widerspruch zu der hier vertretenen Auffassung. Denn Grunewald verbindet mit der Garantieerklärung keine verschuldensunabhängige Einstandspflicht, 183 sondern eine mit dem Gutachten verbundene Haftung "für schuldhaft fehlerhafte Stellungnahmen" gegenüber dem Adressaten. 184 179 Theorie, S.29. 180 Siehe oben S.I 05 ff. 181 Lehmann, Vertragsanbahnung, S.349. 182 Grunewald, Haftung, AcP 187 (J 987), S.285 ff., 299 ff. 183 Dies unterstellt ihr jedoch Jost, Beratungshaftung, S.270. 184 Grunewald a.a.O., S.305 u. 308.

224

4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Die gegenteilige Wertung würde die Stiftung Warentest letztlich einer Gefahrdungshaftung für reine Vermögensschäden unterwerfen. Die wenigen Gefiilirdungshaftungstatbestände (z.B. § 833 BGB, § 7 Abs.1 StVG, § I Abs.1 ProdhaftG) dienen allesamt dem Schutz von Leben, Körper und Eigentum, nicht aber dem Schutz des bloßen Vermögens. Sie beruhen ohne Ausnahme auf positivem Recht, so daß es sich auch von daher verbietet, auf dem Wege der Rechtsfortbildung eine verschuldensunabhängige Haftung für inhaltlich fehlerhafte Informationen einzuführen. Eine Garantiehaftung kraft objektiven Rechts würde sich im übrigen auf das Informationsverhalten der Stiftung Warentest kontraproduktiv auswirken. Denn die Stiftung Warentest würde dazu veranlaßt, weniger aussagekräftige Testinformationen zu publizieren. Eine solche Konsequenz liefe aber den Interessen der informationsbedürftigen Verbraucher zuwider. Die Risiken der Auskunftstätigkeit sind für den Auskunftgeber solange beherrschbar, wie er sich darauf verlassen kann, nicht zu haften, soweit er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt einhält. Eine darüber hinausgehende Erwartung bringen auch die Verbraucher den Testinformationen nicht entgegen. Dem steht auch nicht entgegen, daß der BGH in dem "Nottestamentsmappe"-Fall I85 dem Herausgeber und Verkäufer einer fehlerhaften Anleitung zur Erstellung von Nottestamenten eine Garantiehaftung (§ 463 S.I BGB) auferlegt hat. Denn die vereinzelt gebliebene Entscheidung zeichnet sich durch die Besonderheit aus, daß der Herausgeber für seine Mappe eindringlichst damit geworben hatte, daß die Anleitung dem Bürgermeister "jede Sorge von Irrtümern und unabsehbaren Haftungskosten" abnehme, ihn bzw. die Gemeinde "vor der Gefahr empfindlicher Schadensersatzansprüche" sichere und ein "einfaches, erschöpfendes, klares und zuverlässiges" Hilfsmittel darstelle. Abgesehen davon, daß die inhaltliche Richtigkeit auch von Anleitungsbüchern nach der hier vertretenen Auffassung nicht als Eigenschaft des Druckwerks zu begreifen ist, 186 wird man die Stiftung Warentest einer vergleichbaren Einstandsptlicht in bezug auf die Richtigkeit ihrer Testberichte nicht unterwerfen können. Denn es fehlt seitens der Stiftung Warentest an einer öffentlichen Werbung für ihre Druckwerke, die der "eindringlichen" Werbung des Beklagten im "Nottestamentsmappe"-Fall entspricht. Die Eigenwerbung der Stiftung Warentest ist wenig aussagekräftig und bezieht sich mehr oder minder auf ihre Aufgabe der Schaffung von Markttransparenz im Interesse der Verbraucher. In der Beschreibung der Zeitschrift "test" als "Der starke Partner kritischer Verbraucher" 187 liegt eine für die Informationstätigkeit an sich nichtssagende Aussage 185 Urteil vom 14.3.1973, NJW 1973, S.843 ff. 186 Vgl. oben S.99 f. 187 Titel einer Werbe- und Informationsbroschüre der Stiftung Warentest, 1987.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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über das Selbstverständnis der Stiftung. Auch eine Werbung wie "Infonnationen, die sich bezahlt machen"188 rechtfertigen keine unbedingte Richtigkeitsgewähr, insbesondere wenn man den verhältnismäßig günstigen Preis der Zeitschriften 189 bzw. die Möglichkeit, die Testinfonnationen auch unentgeltlich zu erhalten, berücksichtigt. Die besonderen Werbeaussagen des Beklagten im "Nottestamentsmappe"-Fall, die gerade auf den Inhalt und die Venneidung von Haftungsfolgen bezogen waren, nehmen dieser Entscheidung ihre Bedeutung, was die verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit fUr die Richtigkeit von (gedruckten) Infonnationen beratenden Inhalts im allgemeinen anbelangt. 190 Mithin ist die Haftung der Stiftung Warentest nur als verschuldensabhängige Einstandspflicht zu begreifen.

2. Der Verschuldensmaßstab - Haftung für jede Fahrlässigkeit Da sich die Haftung aus einer schuldrechtlichen Sonderbeziehung ergibt, gelten die Vorschriften der §§ 276, 278 BGB. Praktisch und rechtsdogmatisch von Interesse sind allein die Fälle fahrlässiger IrrefUhrung durch die Testinfonnationen der Stiftung. Der Fahrlässigkeitsvorwurf, der darin liegt, daß der Schädiger die Pflichtverletzung erkennen und venneiden konnte,191 wird durch die Verletzung einer verhaltensbezogenen Schutzpflicht indiziert, was bei der Stiftung Warentest dazu fUhrt, daß die Veröffentlichung fehlerhafter Infonnationen regelmäßig auf das fahrlässige Verhalten eines Organs oder eines ErfUllungsgehilfen rückschließen läßt. Erörterungsbedürftig bleibt - gerade auch im Hinblick darauf, daß die Stiftung Warentest nur fremde rechtsgeschäftliche Tätigkeit fördert - lediglich die Frage, ob der Testeinrichtung ein milderer Haftungsmaßstab als der in § 276 BGB genannte zugute kommt und ob sie die Möglichkeit hat, sich von der Haftung fUr fahrlässige Falschauskünfte freizuzeichnen.

188 Eigenwerbung in "test" 9/93. 189 Bezogen auf andere Zeitschriften wie "Capital" etc. Der höhere Preis anderer Zeitschriften darf aber sicher nicht so verstanden werden, als wollten die Herausgeber dieser Zeitschriften, soweit sie vergleichende Darstellungen im eigenen Namen publizieren, die Richtigkeit der Angaben im Sinne der §§ 459 Abs.2, 480 Abs.2 BGB garantieren. Der Preis einer Ware kann nur im Einzelfall eine Garantiehaftung indizieren (vgl. Westermann in MünchKomm 2 , Rn.65 zu § 459). 190 Vgl. Hopt, Berufshaftung, FS f. Fischer, S.237 ff., 241/242. 191 Siehe nur Larenz, SchR-AT, § 20 III, S.261. 15 Boecken

226

4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

a) Begrenzung der Fahrlässigkeitshaftung kraft objektiven Rechts Eine Beschränkung der Haftung auf grobe Verstöße der Stiftung Warentest gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil es keine positivrechtliche Norm gibt, die rur Schutzpflichtverhältnisse einen derartigen Verschuldensmaßstab anordnet. Auch im Rahmen gesetzlicher Sonderverbindungen kann im Sinne von § 276 BGB "ein anderes bestimmt sein", wenn nur dies den Interessen der an der Sonderverbindung Beteiligten gerecht wird. So gelten gesetzliche Haftungsbeschränkungen wie etwa §§ 521, 690 BGB auch im Rahmen der Vertragsanbahnung. 192 Des weiteren kann auf die "Probefahrt"-Fälle I93 verwiesen werden, in denen eine Haftung des Kaufinteressenten rur probefahrtspezifische Schäden nur bei grober Fahrlässigkeit bejaht wird. 194

aa) Gemeinnützigkeit und Idealzweck der Stiftung Warentest, Unentgeltlichkeit der Informationen Man könnte zunächst daran denken, den "Nachteil" der Stiftung Warentest, der darin liegt, daß sie als gemeinnützige Einrichtung die Testinformationen kraft ihrer Satzung nur kostendeckend, nicht aber gewinnwirtschaftlich nutzen kann (§ 4 der Satzung), durch eine reduzierte Verantwortlichkeit auszugleichen. Dagegen spricht aber vor allem, daß die Einstandspflicht rechtsfähiger Idealvereine rur ihre verfassungsmäßigen Vertreter nur rechtsgeschäftlich beschränkbar ist. Von Gesetzes wegen genießen diese juristischen Personen keine Haftungsprivilegierung. Rechtstahige Stiftungen sind haftungsrechtlich den rechtsfähigen Vereinen nach § 86 BGB gleichgestellt. Aus ihrer nichtgewinnwirtschaftlichen Tätigkeit allein kann daher keine Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit abgeleitet werden. Auch im Hinblick darauf, daß Testnutzer die Informationen der Stiftung Warentest zum Teil unentgeltlich erhalten, läßt sich eine Haftungsbeschrän192 Heinrichs in Palandt, Rn.70 zu § 276. 193 BGH vom 10.1.1979, NJW 1979, S.643 ff.; BGH vom 18.12.1979, NJW 1980, S.1681 ff.; OLG Karlsruhe vom 12.6.1987, NJW-RR 1988, S.29 f; OLG Hamm vom 12.12.1990, NJW-RR 1990, S.954 f.; OLG Köln vom 26.6.1991, NJW-RR 92, S.415. 194 Die dogmatische Konstruktion eines stillschweigenden Haftungsverzichts in diesem Fällen ist in der Regel ebenso fiktiv wie die Annahme stillschweigender Auskunftsverträge bei bloßem Auskunftskontakt. In der Entscheidung des BGH vom 9.6.1992 ("Reitergetalligkeit"), NJW 1992, S.2474 ff., 2475, bezeichnet das Gericht die Annahme eines stillschweigenden Haftungsverzichts für deliktische Ansprüche als "künstliche Rechtskonstruktion", die auf einer "Willensfiktion" beruhe, weil die Parteien bei Überlassung des Pferdes an einen Haftungsverzicht nicht gedacht hätten.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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kung auf grobe Fahrlässigkeit nicht rechtfertigen. Dem bürgerlichen Recht ist ein allgemeiner Rechtsgedanke dahingehend, daß bei Unentgeltlichkeit nur für grobes Verschulden gehaftet wird, nicht zu entnehmen, wie die Haftung des Auftragnehmers (§§ 662 ff. BGB) beweist. 195 Erst im Jahre 1992 hat der BGH eine Gefiihrdungshaftung des altruistisch Handelnden aus § 833 BGB bejaht, obwohl das Tier dem Geschädigten gefiUligkeitshalber überlassen worden war. 196 Für die Dritthaftung Sachverständiger vertritt Honsell die Auffassung, daß der Haftungsmaßstab wegen der Unentgeltlichkeit der Information in Analogie zu §§ 521, 599, 690 BGB auf grobe Fahrlässigkeit zu reduzieren seLI97 Angezeigt wäre dies allenfalls in Fällen echter Gefiilligkeitsauskünfte. Weder die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest noch die Regelfiille der Dritthaftung von Experten stellen sich aber als solche echten Gefiilligkeitsauskünfte dar. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuerberater und andere Sachverständige erteilen die Auskünfte typischerweise in Erfüllung von Geschäftsbesorgungsverträgen mit ihren Mandanten. 198 Allein der Umstand, daß ein Drittempfiinger der Auskunft kein Entgelt an den Auskunftgeber zahlt, läßt die Auskunftstätigkeit auch im Verhältnis zum Dritten noch nicht als Gefälligkeit erscheinen. 199 Altruistisches Handeln liegt darin nicht. Ebensowenig kann man in der Erfüllung der Satzungsaufgabe durch die Stiftung Warentest altruistisches Handeln sehen. Ihr steht es gerade nicht frei zu entscheiden, ob sie Informationen erteilt. Genau darin liegt ihre Daseinsfunktion. Daß diese Pflicht nur der Stifterin gegenüber besteht, ist für den Gefälligkeitsaspekt unwesentlich. Wesentlich ist, daß die Informationen publiziert werden müssen. Auch hier fehlt das Element freigiebiger Leistung, das die Haftungsmilderungen in §§ 521, 599,690 BGB rechtfertigt.

195 Thomas in Palandt, Rn.11 zu § 662. 196 BGH vom 9.6.1992 (Reitergefälligkeit), NJW 1992, S.2474 ff., 2475. 197 Honsell, JZ 1985, S.952 ff., 953; dem zustimmend Ehmann in Erman, Rn.5 zu § 676.

198 Vgl. BGH vom 10.11.1994, NJW 1995, S.392 ff. [= JZ 1995, S.308 m. Anm. Medicus]. Siehe ferner das Fallmaterial bei Stahl, Dritthaftung, S.7 ff. 199 Soweit der Dritte in einem vertraglichen Austauschverhältnis mit dem Auftraggeber des Experten steht, kann davon ausgegangen werden, daß die Kosten der Auskunftserteilung das Äquivalenzverhältnis zwischen Drittem und Auftraggeber mitbestimmen, so daß auch aus Sicht des Dritten nicht von einer unentgeltlichen Auskunftserteilung gesprochen werden kann.

IS'

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen bb) Haftungsbeschränkung nach dem Vorbild der Haftung von Börseninformationsdiensten

Für die Haftung wegen eines fehlerhaften Anlagerates eines Börseninformationsdienstes hat der BGH die Ansicht vertreten, die Haftung sei auf grobe Verstöße gegen die verkehrsgebotene Sorgfalt zu beschränken. 200 Dies rechtfertige sich aus dem stark spekulativen Charakter einer Anlageempfehlung. 201 Der zeitliche Informationsvorsprung, der vom Börsenratgeber versprochen werde, beschränke zugleich die Überprüfbarkeit aller Umstände, aus denen sich die Renditechancen einer Anlage ergäben. 202 Dies alles sei dem Abonnenten eines Börsendienstes bekannt, so daß er nicht erwarten könne, seine Schäden schon bei jeder Sorgfaltswidrigkeit des Ratgebers auf diesen abwälzen zu dürfen. 203 Es muß hier nicht erörtert werden, ob die vom BGH angeführten Gründe eine Reduzierung des Haftungsmaßstabs bei Börsendiensten tragen. 204 Sie sind jedenfalls nicht auf die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest übertragbar. Im Unterschied zu Börsentips kommt es bei Warentestinformationen nicht darauf an, den Auskunftnehmern einen Informationsvorsprung zu verschaffen. Warentestinformationen verlieren nicht dadurch an Wert, daß sie auch anderen Konsumenten zur Kenntnis gelangen. Ferner enthalten sie keine prognostische Aussage über die Wertentwicklung der Produkte,20S sondern geben nur Auskunft über gegenwärtige Marktverhältnisse. Das Risiko der Marktveränderun-

Zu dem Gedanken, daß vertragsrelevantes Wissen in einer Austauschbeziehung nicht unentgeltlich preisgegeben werden muß, wenn es selbst entgeltlich erworben wurde: BGH vom 29.1.1993, NJW 1993, S.I643 ff., 1644. 200 BGH vom 8.2.1978, BGHZ 70, S.356 ff., 361 f.; ebenso OLG Düsseldorf vom 10.3.1993, 15 U 57/92 (unveröffentlicht), S.4. 201 BGH a.a.O., S.362. 202 BGH a.a.O., S.362. 203 BGH a.a.O., S.362. 204 Kritisch dazu: v. Hertzberg, Haftung, S.121 f.; Hopt, Berufshaftung, FS f. Fischer, S.237 ff., 253; Köndgen, Anlegerschutz, JZ 1978, S.389 ff., 393; Schröder, Haftung, NJW 1980, S.2279 ff., 2285. Alle sind der Meinung, das Haftungsrisiko sollte besser auf der Ebene der Verhaltenspflichten gesteuert werden. 205 Köndgen (Selbstbindung, S.402) zieht für die Haftung von Kunstsachverständigen wegen des mit Kunstexpertisen immer vorbundenen Schätzfaktors eine Haftungsmilderung in Erwägung, wobei er auf das amerikanische Vorbild einer reduzierten Haftung bei bloßen Meinungsäußerungen verweist. Das Schätzelement bei Kunstexpertisen läßt sich mit dem Prognoseelement bei Börsentips vergleichen, so daß die mildere Haftung für beide Auskünfte insoweit auf einer Linie läge.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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gen nach der Veröffentlichung eines Warentests liegt bei den Konsumenten. 206 Es fehlt daher insoweit an der Vergleichbarkeit von Testinformationen und Börseninformationen. Die vom BGH zugestandene Haftungsmilderung rur Börsentips kommt danach rur Warentestinformationen nicht in Betracht.

cc) Haftungsbeschränkung mangels rechtsgeschäftlichen Kontakts Canaris hat vorgeschlagen, die Haftungsmilderungen der §§ 45 Abs.l BörsG, 20 Abs.3 KAGG und 12 Abs.3 AuslInvestmG als "positivrechtlichen Anknüpfungspunkt" rur eine Reduzierung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit dort zu sehen, wo es an einem unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Kontakt des Geschädigten zum Haftenden fehle und letzterer nur wegen seiner "Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr" verantwortlich gemacht werde. 207 Als Anwendungsbeispiele außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle nennt Canaris die Haftung rur unrichtige Arbeitnehmerzeugnisse sowie die qualifizierte zivilrechtliche Prospekthaftung. 208 Der Blick auf die Informationswege der Stiftung Warentest209 hat gezeigt, daß es in vielen Fällen an einem rechtsgeschäftlichen Kontakt der Testnutzer zur Stiftung Warentest fehlt. Allenfalls rur solche Konsumenten, die die Zeitschriften unmittelbar von der Stiftung Warentest erwerben, kann ein rechtsgeschäftlicher Kontakt im engen Sinne bejaht werden. Es wurde aber schon dargelegt, daß die kaufrechtlichen Beziehungen rur die Haftung der Stiftung Warentest nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind und ein darüber hinausgehender selbständiger Beratungs- oder Auskunftsvertrag aufgrund des bloßen Informationskontakts nicht zustandekommt. 210 Canaris ist zu Recht entgegengehalten worden, sein Begriff des rechtsgeschäftlichen Kontakts sei zu eng. 211 Die bloße "Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr" wird von ihm als andere Kategorie dem rechtsgeschäftlichen Kontakt ohne einleuchtenden Grund gegenübergestellt. Dabei sind es nicht

206 Siehe dazu oben S.216 ff. 207 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.2280; ders., Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.96. 208 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn.2280; ders., Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.96; ähnlich Coing (Prospektwerbung, WM 1980, S.206 ff., 212), der die zivilrechtliche Prospekthaftung auf eine Analogie zu den gesetzlichen Vorschriften der Prospekthaftung stützen will. Gegen die Analogie Laule, Anmerkungen, FS f. Stiefel, S.501. 209 Siehe oben S.35 ff. 210 Siehe oben S.99 ff. 211 Köndgen, Theorie, S.49.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Intensität oder Nähe eines Auskunftskontaktes, die das Maß der Infonnationssorgfalt bestimmen,212 sondern die mit einem Kontakt im rechtsgeschäftlichen Verkehr verbundenen Gefahren für die Willensbildung der Adressaten aufgrund eines vorhandenen Systemvertrauens sowie das Maß der Beherrschbarkeit der Gefahren aufbeiden Seiten. 213 Gerade dort, wo eine erhebliche Angewiesenheit auf die Richtigkeit der Infonnationen herrscht, weil vergleichbare anderweitige Infonnations- bzw. Kontrollmöglichkeiten kaum vorhanden sind, sollte der Infonnationsgeber zur Einhaltung jeglicher Sorgfalt bewegt werden. 214 Tatsächlich hat der BGH die Haftung eines Arbeitgebers aus stillschweigendem Auskunftsvertrag für unrichtige Arbeitnehmerzeugnisse im Sinne von Canaris auf Fälle grober Nachlässigkeit beschränkt. 215 Bei genauerer Analyse läßt sich die Haftungsbeschränkung jedoch nicht auf den Umstand bloßer "Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr" zurückführen. Der BGH stellt zur Begründung auch in diesem Zusammenhang auf die Gefahr unüberschaubarer Haftungsrisiken ab. 216 Ferner könne nicht angenommen werden, der Arbeitgeber wolle eine uneingeschränkte Schadensersatzhaftung für den Inhalt des Zeugnisses übernehmen. Denn die Zeugniserteilung stelle lediglich die Erfüllung einer unabdingbaren Nebenpflicht dar?17 Die vom BGH angeführten Argumente tragen eine Reduzierung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit218 kaum. Das Problem der Unüberschaubarkeit der Haftung ist nicht mit Hilfe des Haftungsmaßstabes zu lösen, sondern mittels der Konkretisierung des schützenswerten Personenkreises. Welcher Zusammen212 Breidenbach, Informationspflichten, S.56. Vom vertrauenstheoretischen Ansatz her stellt sich diese Sichtweise allerdings dann als konsequent dar, wenn man davon ausgeht, daß näherer Kontakt stärkeres Vertrauendürfen impliziert, wie es von den meisten Vertretern des Vertrauenskonzeptes vertreten wird. Vgl. die Darstellung von Breidenbach, Informationspflichten, S.52 ff. 2 \3 Siehe hierzu ausführlich schon oben S.142 ff. 214 Ähnlich Assmann, Prospekthaftung, S.379. Vgl. für die Prospekthaftung BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337 ff., 344. 215 BGH vom 15.5.1979, BGHZ 74, S.281 ff., 293 [=NJW 1979, S.1882 = JZ 1979, S.725 m. Anm. v. Bar]. 216 BGH a.a.O., S.293. 217 BGH a.a.O., S.292. 218 Jost (Beratungshaftung, S.269) bezweifelt, daß man die Entscheidung dahin verstehen kann, daß der BGH die Haftung des Arbeitgebers für die Richtigkeit auf grobe Fahrlässigkeit habe beschränken wollen. Das Gericht habe lediglich die Voraussetzungen bestimmter Verhaltenspflichten konkretisiert.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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hang zwischen der Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht und dem Haftungswillen des Zeugnisausstellers einem Dritten gegenüber bestehen soll, bleibt unklar. 219 Niemand wird behaupten wollen, der Zeugnisaussteller wisse nicht, daß das Zeugnis zur Vorlage bei anderen Arbeitgebern bestimmt sei. 220 Einen nur eingeschränkten Haftungswillen anzunehmen, ist nach der vom BGH zum stillschweigenden Auskunftsvertrag . verwendeten Formel inkonsequent. Jedem zeugnisausstellenden Arbeitgeber ist bewußt, daß das Zeugnis Grundlage einer wesentlichen Entscheidung des Adressaten, nämlich der Personalentscheidung eines neuen Arbeitgebers sein kann. Überzeugender wäre es gewesen, auf den evidenten Interessenkonflikt des Dienstberechtigten hinzuweisen. 221 Dieser hat nämlich nicht nur die Interessen weiterer Arbeitgeber als Adressaten der Zeugnisse zu wahren, sondern auch die Interessen seines Arbeitnehmers,222 die insbesondere durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte gestärkt werden. 223 Wegen der engeren Beziehung zu den Arbeitnehmern ist es sogar verständlich, daß Arbeitgeber ihren Beschäftigten in aller Regel "keine Steine in Weg legen wollen", schon um sich selbst Auseinandersetzungen mit dem scheidenden Arbeitnehmer zu ersparen. 224 Da aber alle Arbeitgeber zugleich "Anbieter und Nachfrager"225 von Dienstzeugnissen sind, hat sich die Praxis schon auf einen reduzierten Aussa219 Die vertragliche Lösung des BGH ablehnend: Loewenheim, Schadenshaftung, JZ 1980, S.469 ff., 470 ff.; Kölsch, Haftung, NZA 1985, S.382 ff., 385. 220 Daher ist die Annahme von Kölsch (a.a.O., S.385) nicht überzeugend, ein Arbeitgeber mache sich über "die Auswirkungen des Zeugnisses auf Dritte gar keine Gedanken". 221 So auch BTÜggemeier, DelR, Rn.461, 473; Köndgen, Selbstbindung, S.376. Für die Auskunftstätigkeit der Banken über die Vermögenslage eigener Kunden wird der Interessenkonflikt zwischen Bankgeheimnis einerseits und Auskunftsinteresse des Dritten andererseits deutlich hervorgehoben. Vgl. dazu ausführlich Canaris in Großkomm. HGB, Bankvertragsrecht, I.Teil, Rn.56 ff.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, S.465 ff.; Musie1ak in Hadding/Schneider, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S.9 ff., 12 ff. Dies gilt ebenso für die Informationshaftung von Rechtsanwälten, soweit Mandatenbelange betroffen sind: BGH vom 18.1.1972 (1.Revision), NJW 1972, 678 ff., 680; BGH vom 24.1.1978 (2.Revision), WM 1978, S.576 f. Zu bei den Entscheidungen Jost, Beratungshaftung, S.51 ff. 222 Vgl. Hunold, Rechtsproblem, DB 1993, S.224 ff., 225; SchIeßmann, Arbeitszeugnis, BB 1988, S.1320 ff., 1321; Weuster, Zeugnisgestaltung, BB 1992, S.58 ff., 65. 223 Eine Rechtsprechungsübersicht zur Zeugniserstellung findet sich bei Hunold, Rechtsprobleme, DB 1993, S.224 ff., 226. 224 So auch Hunold a.a.O., S.225; Weuster a.a.O., S.65. 225 Weuster, Zeugnisgestaltung, BB 1992, S.58 ff., 66.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

gewert von Zeugnissen eingestellt und es wurden andere Methoden der Informationsbeschaffung - etwa psychologische Einstellungstests - entwickelt. 226 Die Stiftung Warentest befindet sich zum ersten nicht in einem Interessenkonflikt. Sie soll und darf gerade auf die Unternehmen, deren Waren und Dienstleistungen zu testen sind, keine "persönlichen" Rücksichten nehmen. Dies widerspräche von vornherein ihrer Aufgabe, neutral und objektiv über die Qualität der Güter zu informieren. Das Kriterium des Interessenkonfliktes gibt mithin für einen milderen Haftungsmaßstab bei Warentests nichts her. Zum zweiten kommt der Gesichtspunkt hinzu, daß alle Arbeitgeber eine Doppelfunktion wahrnehmen. Jeder Arbeitgeber ist nämlich zugleich Auskunftgeber und Auskunftnehmer. Auch diese Doppelfunktion ist es, die eine mindere Verantwortlichkeit der Arbeitgeber fur die inhaltliche Richtigkeit der Zeugnisse zumindest annehmbar erscheinen läßt, jedenfalls soweit es die Informationsbelange der Arbeitgeber anbetrifft. 227 Denn in einem geschlossenen Kommunikationssystem, in dem jeder Teilnehmer zugleich Auskunftgeber und Auskunftempfanger ist, wird das erhöhte Schadensrisiko durch das verminderte Haftungsrisiko ausgeglichen. Diese Eigenart gewisser Kommunikationssysteme hat bisher für die Auskunftshaftung wohl nur unterbewußt Berücksichtigung gefunden. Dies soll nicht heißen, der mindere Haftungsmaßstab sei gerechter. Zumindest aber ist er nicht ungerechter, wenn alle Teilnehmer des Kommunikationssystems gleichermaßen belastet und begünstigt werden. Der Verkehr stellt sich auf die rechtlichen Vorgaben ein, wie gerade die nachlassende Bedeutung von Dienstleistungszeugnissen fur die Personalauswahl belegt. Derart geschlossene Systeme sind aber verschieden von den Informationsbereichen, in denen die Teilnehmer typischerweise keine Doppelrolle spielen, die Informationen also immer nur in eine Richtung fließen, weil immer dieselben Personen die Anbieter- und immer dieselben Personen die Nachfragerrolle innehaben. Eine Kompensation des Schadensrisikos kann auf der Haftungsseite unter diesen Umständen nicht stattfinden. Da testnutzende Konsumenten keine Warentests veranstalten, profitieren sie selbst nie direkt von einem milderen Haftungsmaßstab als Informationsgeber, sondern tragen immer die damit verbundenen Lasten. Ein milderer Haftungsmaßstab könnte allenfalls dazu führen, daß die Kosten der Informationserlangung (z.B. der Kaufpreis fur ein Testheft) für die Konsumenten nicht steigen bzw. sinken. Dieser mittelbare finanzielle Vorteil würde aber durch das erhöhte Schadensrisiko auf Konsumentenseite 226 Vgl. Hunold a.a.O., S.22? ff.; Schulz, Auskunftserteilung, NZA 1990, S.?18 ff. 227 Weuster (a.a.O., S.66) gelangt mit seiner Analyse zu dem Ergebnis, daß die Unklarheit von Arbeitszeugnissen letztlich zu Lasten von guten Arbeitnehmern gehe. Ebenso Hunold a.a.O., S.22?

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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kompensiert, da die Verbraucher den auf einer bloß fahrlässigen Fehlinformation beruhenden Schaden nunmehr selbst zu tragen hätten. Aus diesen Gründen kann die bei Dienstleistungszeugnissen annehmbare Haftungsminderung fUr Testinformationen der Stiftung Warentest nicht beispielgebend sein. Auch wenn die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers wie die der Stiftung Warentest an die (bloße) Teilnahme am Rechtsverkehr geknüpft ist, sind es doch davon völlig getrennt zu sehende Topoi, welche den Haftungsmaßstab bestimmen. Berücksichtigt man den gerade herausgearbeiteten Gesichtspunkt und die besondere Informationsangewiesenheit von Kapitalanlegern, so haben Rechtsprechung228 und überwiegendes Schrifttum 229 fUr die von Canaris als zweites Beispiel vorgebrachte qualifizierte zivilrechtliche Prospekthaftung zu Recht an dem ungeschmälerten Haftungsmaß des § 276 BGB festgehalten. Die vom Gesetzgeber in § 45 Abs.1 BörsG normierte Prospekthaftung mit dem milderen, "zwischen grober Fahrlässigkeit und Arglist"230 angesiedelten Haftungsmaßstab konnte den fUr die zivilrechtliche Prospekthaftung anzulegenden Maßstab nicht beeinflussen. Die Rechtsprechung ist im Gegensatz dazu übergegangen, die Haftungsmilderung des § 45 Abs.l BörsG fUr die Alternative der Unvollständigkeit des Prospekts dadurch zu relativieren, daß sie die Richtigkeit einer Aussage nach dem vermittelten Gesamtbild beurteilt, um unterschiedliche Maßstäbe fUr Unrichtigkeit und Unvollständigkeit zu vermeiden. 231 Für die Richtigkeit dieser Rechtsprechung spricht auch die Motivation des Gesetzgebers, die zur damals umstrittenen Haftungsmilderung in § 45 Abs.l BörsG fUhrte. Diese bestand in der Sorge, daß risikoreiche Kapitalanlagen ohne Kontrolle außerhalb der Börse angeboten würden, wenn die mit der Vorschrift besonders adressierten Banken übermäßig belastet würden. 232 Genau diese

228 BGH vom 24.4.1978, BGHZ 71, S.284 ff.; BGH vom 16.11.1978, BGHZ 72, S.382 ff.; BGH vom 22.3.1979, BGHZ 74, S.103 ff.; BGH vom 22.5.1980, BGHZ 77, S.I72 ff.; BGH vom 6.10.1980, BGHZ 79, S.337 ff. 229 Assmann, Kapitalanlagerecht, § 7, Rn.80; ders., Prospekthaftung, S.366, 379; Köndgen, Theorie, S.49; Laule, Anmerkungen, in FS f. Stiefel, S.497 u. 501; PleyerlHegel, Publikums-KG, ZIP 1985, S.1370 ff., 1374; Wiedemann in Soergel 12 , Rn.43 1 vor § 275. 230 Assmann, Kapitalanlagerecht, § 7, Rn.114. 231 Vgl. OLG Frankfurt vom 1.2.1994 (Bond-Anleihen), BB 1994, S.737 ff., 737; BGH vom 12.7.1982, WM 1982, S.862 ff., 862; Assmann, Kapitalanlagerecht, § 7 Rn.114. 232 Assmann, Prospekthaftung, S.378.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Entwicklung hat dennoch eingesetzt,233 so daß der mildere Maßstab kein adäquates Mittel war, der erkannten Gefahr vorzubeugen. Im dem Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz über den Vertrieb von Anteilen an Vermögensanlagen 234 vom 2.1.1978 sollte die Haftung gemäß § 7 des Entwurfs auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz reduziert bleiben. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme gefordert, die Haftung auf jede Form der Fahrlässigkeit zu erstrecken,235 was die Regierung aber unter Hinweis auf die Beweiserleichterungen ablehnte. 236 Die "Entfernung" zwischen dem Pflichtigen und dem Ersatzberechtigten war nach Vorstellung der Bundesregierung jedenfalls nicht Grund des milderen Haftungsmaßstabs. Ob Beweiserleichterungen im übrigen geeignet sind, mildere Maßstäbe zu rechtfertigen, ist sehr zweifelhaft. Diese finden gerade in einer typischen Beweisnot des Geschädigten ihren Grund. Die Anforderungen an die einzuhaltende Sorgfalt sind hiervon unabhängige Wertungen, die nicht miteinander "verrechnet" werden können. Wiedemann weist für die Prospekthaftung zutreffend darauf hin, daß eine Haftungsmilderung auf grobe Fahrlässigkeit kraft objektiven Rechts einen "Fremdkörper" im Gefüge quasi-vertraglicher Haftung darstelle. 237 Einer übermäßigen Belastung des Auskunftgebers könne entgegengewirkt werden, indem Verhaltenspflichten zurückhaltender statuiert würden. 238 Danach läßt sich folgendes feststellen: Wenn man wegen der Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr eine Haftung als quasi-vertragliche Haftung dem Grunde nach anerkennt, dann müssen besondere Umstände - etwa altruistische Motive, Interessenkonflikte oder gegenseitige Abhängigkeit von Informationen - vorliegen, die über den haftungsbegründenden Umstand hinausgehen, um eine Haftungsmilderung abweichend von § 276 BGB zu rechtfertigen. Es leuchtet nicht ein, daß das die Haftung begründende Verhalten - die Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr - im selben Rechtsverhältnis zugleich haftungsbeschränkend wirken soll. Gegen die Haftungsverkürzung wegen fehlenden rechtsgeschäftlichen Kontakts in bezug auf Warentestinformationen spricht schließlich ein weiteres Argument. In der rein deliktischen Rechtsbeziehung zu den Herstellern und Anbietern der getesteten Güter hat die Stiftung Warentest für jede Fahrlässig233 Schwark, BörsG, Rn.1 zu §§ 45, 46. 234 BT-Drs. 8/1405. 235 BT-Drs. 811405, S.22. 236 BT-Drs. 811405, S.26. 237 Wiedemann in Soergel 12, Rn.341 vor § 275. 238 Wiedemann a.a.O.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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keit einzustehen, jedenfalls soweit sich das Versagen auf falsche Tatsachenbehauptungen bezieht (§ 824 Abs.l BGB). Insoweit hat der BGH im "Warentest 1II"-Urteil239 der Warentesteinrichtung ausdrücklich besonders hohe Anforderungen auferlegt. 240 Denn, so das Gericht, die Stiftung Warentest nehme eine herausragende Stellung im Wirtschaftsleben ein und ihr Handeln sei nur dann gerechtfertigt, wenn es zum Nutzen der Verbraucher geschehe, was aber bei unrichtigen Behauptungen nicht der Fall sei. 241 Eine Haftungsbegrenzung auf grobe Fahrlässigkeit im Verhältnis zu den Testnutzern wäre mit diesen hohen Sorgfaltsanforderungen nicht ohne Wertungswiderspruch zu vereinbaren. Eine derartige Beschränkung könnte dazu fiihren, daß die Stiftung Warentest Herstellern und Anbietern von Waren- und Dienstleistungen aus der inter-omnes-Rechtsbeziehung (zumindest fiir Organverschulden) schärfer haftete als denjenigen, in deren vorrangigem Interesse die Marktinformationen publiziert werden. Obwohl materielle Einbußen der Hersteller und Anbieter erst mittelbar durch die Irrefiihrung der Konsumenten entstehen, könnten jene eher Schadensersatz verlangen - eine kaum befriedigende Wertung. Hiergegen kann auch nicht eingewendet werden, auf Herstellerseite handele es sich eben um absolut geschützte Rechtsgüter. Denn letztlich schützen §§ 824 Abs.l und 823 Abs.l BGB über das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch nur reine Vermögensinteressen. 242

dd) Die "Unüberschaubarkeit" der Informationshaftung als haftungsmildernder Umstand Für die Auskunftshaftung von Experten und Sachverständigen gegenüber Dritten ist in der Literatur243 die Milderung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit, jedenfalls aber eine Haftungsfreistellung fiir culpa levissima gefordert

239 Vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff., 331; vgl. auch schon BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), BGHZ 65, S.325 ff., 333; BGH vom 10.3.1987 (Warentest IV), NJW 1987, S.2222 ff., 2224. 240 So auch die Literatur: BaumbachlHefermehl, Wettbewerbsrecht, Rn.403 aE zu § 1 UWG; T. Brinkmann, Gewerbekritik, NJW 1987, S.2721 ff., 2725; Schäfer in Staudinger, Rn.86 zu § 824; Vieweg, Verbraucherschutz, NJW 1987, S.2726 f., 2727. 241 BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330ff., 332; BGH vom 21.3.1991, NJW-RR 1991, S.1135. 242 Schiemann in Erman, Rn.49/50 zu § 823, Rn.l zu § 824; Brüggemeier, DelR, Rn.330; Deutsch, Ersatz, FS f. Henckel, S.79 ff., 87; Kötz, DelR, Rn.77. 243 Honsell, JZ 1985, S.952 ff., 953; Ehmann in Erman, Rn.5 zu § 676.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

worden 244 , um der Gefahr der Unüberschaubarkeit der Haftungsrisiken vorzubeugen. 245 Abgesehen von der Schwierigkeit, die Grade der Fahrlässigkeit sauber voneinander abzugrenzen 246 , fehlt es in bezug auf die Informationshaftung der Stiftung Warentest gerade an dem Grund, der den Ruf nach einer reduzierten Haftung Sachverständiger gegenüber Dritten laut werden läßt. Drittschutz bei Auskünften impliziert, daß die Auskunft zunächst für eine andere Person bestimmt war als diejenige, die im Vertrauen auf die Auskunft einen Schaden erlitten hat. Genau dieser Aspekt spielt aber für die Haftung der Stiftung Warentest keine Rolle, weil die Informationen an alle Konsumenten gerichtet und für alle bestimmt sind. Insofern unterscheiden sich die Informationen der Stiftung Warentest von denen beauftragter Sachverständiger, deren Erklärung nur in ganz seltenen Ausnahmefällen an die breite Öffentlichkeit gerichtet sind. Damit kann es aber keine Unklarheiten über den Verwenderkreis der Warentestinformationen geben. Da es empirische Erkenntnisse darüber gibt, wieviele Personen die Testinformationen zur rechtsgeschäftlichen Willensbildung heranziehen, stellt sich das Problem der personenbezogenen Unüberschaubarkeit der Haftung nicht in der Weise wie bei der Dritthaftung von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Banken. Die Gefahr der (personenbezogenen) Unüberschaubarkeit der Auskunftshaftung rechtfertigt im übrigen auch in Dritthaftungsfällen keine Reduzierung des Haftungsmaßstabs,247 sondern nur die Abgrenzung eines schützenswerten Adressatenkreises einer Auskunft. 248 Es ist aber nicht einzusehen, weshalb ein schützenswerter Dritter weniger auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen darf 244 A. Lang, Dritthaftung, WM 1988, S. \00 1 ff., \007. Gegen Lang mit überzeugenden Argumenten Stahl, Dritthaftung, S.124. 245 Honsell, Anm. zu BGH vom 23.1.1985, IVa ZR 66/83, (JZ 1985, S.951), JZ 1985, S.952 ff., 953. 246 So ist Honsell (a.a.O., S.954) der Meinung, im "Konsul"-Fall (BGH vom 23.1.1985, JZ 1985, S.951 [= WM 1985, S.450]) könne dem Sachverständigen allenfalls der Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit gemacht werden, während Stahl (Dritthaftung, S.124) der Ansicht ist, in allen bis 1989 entschiedenen Fällen der Dritthaftung fur Auskünfte habe grobe Fahrlässigkeit vorlegen. Stahl nimmt damit auch Bezug auf den "Konsul"-Fall, den er aufS.19 ff. darstellt. 247 Stahl, Dritthaftung, S.124. 248 Vgl. die Haftungsbegrenzung auf eine abgrenzbaren Personenkreis in BGH vom 23.1.1985, WM 1985, S.450 ff., 452; BGH vom 19.3.1986, JZ 1986, S.llll m. Anm. Ebke/Fechtrup; BGH vom 26.11.1986, NJW 1987, S.1758 f. m. Anm. Hopt, NJW 1987, S.1745 f.; BGH vom 16.\0.1990, NJW 1991, S.352 ff. passim; Ehmann in Erman, Rn.5 zu § 676.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

237

als der eigentliche Empfänger der Auskunft. Hat man den geschützten Personenkreis nach den Umständen des Einzelfalles - insbesondere nach Art und Inhalt der Information - abgegrenzt, so ist die Gefahr der Unüberschaubarkeit gebannt. Stahl stellt zutreffend fest, daß es in den Fällen der Dritthaftung von Sachverständigen rur Auskünfte an einem tragfähigen Unterscheidungsmerkmal auf der Verschuldensebene fehle. 249 Das gelte jedenfalls dann, wenn man den Dritten in den Schutzbereich des Vertrages einbeziehe und die Haftung des Sachverständigen aus dessen objektiv pflichtwidrigem Verhalten dem Auftraggeber gegenüber herleite. 250 Ob man nun die Dritthaftung aus einem stillschweigenden Auskunftsvertrag, einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter oder einem selbständigen Schutzpflichtverhältnis ableitet, spielt rur das Kriterium der Überschaubarkeit des Haftungsrisikos keine entscheidende Rolle. 251 Zur Abgrenzung des zu schützenden Personenkreises kommt man mit jedem dogmatischen Ansatz. Das Problem der Unüberschaubarkeit läßt sich eben nur mit einer solchen Beschränkung des Gläubigerkreises lösen. Auch rur den Fall groben Verschuldens eines Sachverständigen kann nicht angenommen werden, daß er jedem Dritten darur einzustehen hat, der sich zum eigenen Nachteil auf die Auskunft verläßt. Eine weitere Form von Unüberschaubarkeit spricht Honsell an, wenn er auf die Gefahr ungeahnter Schäden infolge leichter Fehler des Auskunftgebers hinweist, weil der Auskunftgeber die Absichten des Auskunftempfängers oft nicht kenne. Honsell schlägt vor, insoweit die Haftung des Auskunftgebers entsprechend den Grundsätzen der "gefahrgeneigten Arbeit" reduzieren. 252 Gegen diesen Ansatz spricht jedoch folgendes: Die Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit sind eine Spezialität des Arbeitsrechts, die für eine angemessene Risikoverteilung in der persönlichen Rechtsbeziehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinsichtlich der Gefahren einer betrieblich veranlaßten Tätigkeit sorgen soll. Das hat auch zur Folge, daß diese Grundsätze nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten. 253 Das Verhältnis von Auskunftnehmer und Auskunftgeber läßt sich schon deshalb nicht mit einem Arbeitsverhältnis vergleichen, weil der (sachverständige) Auskunftgeber gerade nicht in einem Weisungsverhältnis zum Auskunftnehmer steht und 249 Dritthaftung, S.124. 250 Stahl a.a.O., S.124. 251 Ehmann in Erman, Rn.5 zu § 676. 252 Honsell, Haftung für Auskunft, JuS 1976, S.621 ff., 625 I.Sp.; ders., Anm. zu BGH vom 23.1.1985, IVa ZR 66/83, (JZ 1985, S.951), JZ 1985, S.952 ff., 953. 253 Vgl. nur BGH vom 19.9.1989, BGHZ 108, S.305 ff., 308; Putzo in Palandt, Rn.157 zu § 611.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

diesem auch hinsichtlich der Informationsermittlung und -vermittlung jede Organisationsmacht fehlt. Unabhängig hiervon kann der Gedanke von Honsell aber auch deshalb nicht für die Informationshaftung der Stiftung Warentest übernommen werden, weil die Testinformationen nicht zu ungewöhnlich hohen Einbußen in Form reiner Vermögensschäden beim einzelnen Verbraucher führen können. Der Investitionsumfang der einzelnen Testnutzer ergibt sich relativ exakt aus den Preisspannen der empfohlenen Güter. Nimmt ein Testnutzer die Empfehlung der Stiftung Warentest zum Anlaß, große Mengen eines empfohlenen Produkts zu erwerben, um sie seinerseits wieder zu veräußern, so könnte er einen daraus entstehenden Vermögensschaden allenfalls dann ersetzt verlangen, wenn die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Testinformation auch gewerbliche Nutzer vor Fehldispositionen schützen soll, was im Ergebnis aber abzulehnen ist. 254 In seiner Eigenschaft als Verbraucher ist der Testnutzer dann jedenfalls nicht betroffen. Ehmann ist der Meinung, die Reduzierung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit im Verhältnis zu Dritten sei wegen der richterrechtlichen Ausprägung der Auskunftshaftung indiziert. 255 Diese Forderung enthält den Gedanken, die Auskunftshaftung sei deshalb unüberschaubar, weil sie nicht positivrechtlich ausgestaltet sei. Die richterrechtliche Ausprägung der Auskunftshaftung mag eine gewisse Rechtsunsicherheit mit sich bringen, wobei diese Unsicherheit sich mehr auf die dogmatische Einordnung bezieht als auf die materialen Wertungsgesichtspunkte, hinsichtlich derer man die Rechtsprechung doch als gefestigt ansehen muß. Doch könnte selbst eine solche Unsicherheit nicht zur generellen Milderung des Haftungsmaßstabs führen. Anderenfalls müßte Gleiches für alle Bereiche richterlicher Rechtsfortbildung gelten, so auch für die deliktischen Verkehrspflichten, soweit diese nicht gesetzlich ausgestaltet sind. Haftungserleichterungen ergeben sich aber sowohl aus den Interessen des Geschädigten als auch denen des Haftenden. Mit anderen Worten: Es ist ein Ausgleich zwischen der Handlungsfreiheit des Schädigers und dem Rechtsgüterschutz des Geschädigten zu finden. 256 Soweit der Gesetzgeber diesen Interessenkonflikt nicht selbst gelöst hat, kann eine Haftungsmilderung nur Ergebnis, nie aber Folge richterlicher Rechtsfortbildung sein. Eine dritte Form der Unüberschaubarkeit der Haftung liegt schließlich in der Gefahr begründet, daß eine fahrlässig verursachte Fehlinformation bei vielen u.U. mehreren tausend - Testnutzern eine rechtsgeschäftliche Fehlentscheidung 254 Siehe dazu schon oben S.174 ff. Ferner unten S.273. 255 Ehmann in Erman, Rn.5 zu § 676. 256 Wolfin Soergel 12 , Rn.90 zu § 276.

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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herbeifilhren könnte. Ein solches Haftungspotential ist notwendige Folge der Publikumsbezogenheit der Testinformationen. Würden in einem solchen Fall andererseits die irregeruhrten Testnutzer im Verhältnis zur Stiftung Warentest ohne rechtlichen Schutz bleiben, könnte dies zu einer ernsthaften "Vertrauenskrise" in der Verbraucheröffentlichkeit ruhren. Die insoweit entscheidende Frage lautet: Ist es filr das Informationssystem und damit rur den rechtsgeschäftlichen Verkehr auf den Konsumgütermärkten letztlich förderlicher, die Stiftung Warentest einer vollen Verschuldenshaftung auszusetzen, um eine gravierende "Vertrauenskrise" in die Zuverlässigkeit der Testarbeit durch eine Einstandspflicht der Stiftung Warentest aufzufangen? Oder ist es günstiger, die Haftung auf große Verstöße zu reduzieren, damit einen u.U. enormen Vertrauensverlust in Kauf zu nehmen, womit das Informationsverhalten der Konsumenten wieder in "alte Bahnen" gelenkt würde? Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine volle Verschuldenshaftung der Testeinrichtung der verkehrsförderlichere Weg. Denn geht man davon aus, daß die Informationsarbeit der Stiftung Warentest grundsätzlich zur Förderung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs auf den Konsumgütermärkten durch Erhöhung der Markttransparenz beiträgt, so ist es erstrebenswert, jede gravierende "Vertrauenskrise" der Verbraucherschaft in die Testarbeit zu vermeiden. Für den Fall, daß es zu einer Fehlinformation mit breitgestreuten Schadensfolgen kommt, kann das Systemvertrauen der Testnutzer insbesondere auch dadurch "wiederhergestellt" werden, daß die Stiftung Warentest filr den Fehler einstehen muß und Schadensersatz zu leisten hat. Die System verträglichkeit der Haftung liegt also nicht nur in deren präventiver Wirkung. Sie liegt auch darin, daß die Schadensersatzptlicht zur Wiederherstellung eines enttäuschten Systemvertrauens beitragen kann. Die Stiftung Warentest ist diejenige, darauf wurde schon beim Haftungsgrund hingewiesen,257 die rur die Schäden infolge fahrlässig verursachter Informationsfehler durch Abschluß einer Haftpflichtversicherung vorsorgen kann. 258 Der einzelne Verbraucher hat hingegen keine Möglichkeit, sich rur Vermögensschäden aufgrund von Irreruhrungen im rechtsgeschäftlichen Verkehr Versicherungsschutz zu beschaffen. Auch aus diesem Grunde ist es sinnvoll, zunächst einmal die Stiftung Warentest mit der Vorsorge zu belasten, um so ihre Funktionsfähigkeit nicht durch fahrlässige, aber in ihren Folgen gravierende Fehlinformationen zu gefährden. 259 Angesichts der Tatsache, daß es in 257 Siehe oben S.157. 258 Zur Schadensverteilung mittels des Kriteriums des "cheapest insurer" vgI. Schäfer/Ott, Analyse, S.330 ff. 259 Diesem Argument kann nicht entgegengehalten werden, die Haftung dürfe nicht der Versicherung folgen. Zum einen geht es nur darum, denjenigen zu belasten, der die bessere Möglichkeit der Versicherung hat, zum anderen läßt sich im gesamten Haft-

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

mehr als 30jähriger Testarbeit noch nicht zu einem derartigen Schadensfall gekommen ist, steht nicht zu befürchten, daß die Haftung für jede Fahrlässigkeit gegenüber den Testnutzern zu einer finanziellen Überbelastung der Stiftung Warentest bzw. der testnutzenden Verbraucher führen wird. Im Gegenteil kann die Haftung der Stiftung Warentest im Ernstfall eine Schadensbegrenzung darstellen. Denn der Schaden für den rechtsgeschäftlichen Verkehr auf den Konsumgütermärkten wäre wohl erheblich höher, wenn es infolge eines irreführenden Testberichts dazu käme, daß das Vertrauen der Verbraucher in die Testarbeit auf Dauer gestört bliebe und die Informationen der Stiftung Warentest nicht mehr genutzt würden. Daher erscheint eine Haftung rür jede Fahrlässigkeit jedenfalls als zumindest systemverträglich, wenn nicht sogar als systemf6rderlich. Systemstörend würde sich die Haftung erst dann auswirken, wenn infolge der Schadens- bzw. Versicherungskosten der Preis der Informationen in einem Maße stiege, das es für die testnutzenden Verbraucher im Verhältnis zu sonstigen Informationsmöglichkeiten nicht mehr wirtschaftlich erschiene, die Testberichte der Stiftung Warentest zu Rate zu ziehen. Eine solche Entwicklung ist aber in Anbetracht der heutigen Testpraxis der Stiftung Warentest mehr als unwahrscheinlich. Nach alledem ist es interessengerecht, die Stiftung Warentest für jegliche auf Fahrlässigkeit ihrer Organe oder Erfüllungsgehilfen beruhende Irreführung von Testnutzern einstehen zu lassen.

b) Freizeichnungsmöglichkeiten

Wenn an dieser Stelle noch über die Möglichkeiten einer Haftungsbeschränkung durch Freizeichnung gesprochen wird, so muß vorweggeschickt werden, daß die Stiftung Warentest bis heute keinen Versuch unternommen hat, ihre Haftung für die inhaltliche Richtigkeit der Warentestinformationen durch Freizeichnungsklauseln zu beschränken. Formeln, wie "ohne Gewähr" oder "ohne unser obligo", die für Auskünfte im Bankverkehr üblich sind,260 finden sich in pflichtrecht die Tendenz feststellen, daß Schäden immer häufiger mit Blick auf schon bestehenden Versicherungsschutz verteilt werden (vgl. etwa BGH vom 9.6.1992 [Reitergeflilligkeit], NJW 1992, S.2474 ff., 2475 mwN; des weiteren aus dem Bereich der Dritthaftung für Auskünfte: BGH vom 23.1.1985, WM 1985, S.450 ff., 452.) Auch in den schon genannten Probefahrtflillen (oben 4.Teil Fn.193) stellt die Rechtsprechung gerade auf den Gesichtspunkt der Versicherbarkeit des Probefahrtrisikos auf Seiten des Händlers ab, um zu einem nach Treu und Glauben gebotenen Haftungsausschluß zugunsten des Probefahrers zu gelangen.

260 Vgl. etwa BGH vom 1.12.1970, WM 1971, S.206 ff.; BGH vom 6.7.1970, NJW 1970, S.1737 ff. [= WM 1970, S.632 = OB 1970, S.1631].

11. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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den Zeitschriften der Stiftung Warentest nicht. Von haftungsbeschränkenden Geschäftsbedingungen261 macht die Stiftung Warentest keinen Gebrauch. Selbst wenn sie sich aber durch AGB freizeichnen wollte, so wäre dies rechtlich ebenso bedenklich wie verbraucherpolitisch ungeschickt. Der Gesetzgeber hat zwar in § 11 Nr.7 HS.2 AGBG anerkannt, daß auch das gesetzliche Schuldverhältnis der culpa in contrahendo einer Haftungsbeschränkung durch AGB zugänglich ist. Die dogmatischen Probleme dieser Möglichkeit sind im einzelnen gleichwohl ungeklärt. 262 Eine Haftungsbeschränkung im vorvertrag lichen Bereich ist an sich nur möglich, wenn die Freizeichnung schon im Vorfeld vereinbart wurde. 263 Dies kann mittels AGB nur unter den Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 AGBG geschehen. 264 Dieser Fall wird eine Seltenheit bleiben. 265 In einem Fall, in dem es um die Haftung einer Bausparkasse aus culpa in contrahendo für eine fahrlässig unrichtige Zuteilungsprognose ging, hat der BGH entschieden, daß sich die Bausparkasse nicht auf den Haftungsausschluß für gewöhnliche Fahrlässigkeit in § 27 Abs.l i.V.m. § 26 Abs.6 Allgemeine Bausparbedingungen berufen könne. 266 Das Gericht macht jedoch nicht deutlich, ob dies seiner Ansicht nach an den fehlenden Einbeziehungsvoraussetzungen scheiterte oder anderenfalls eine unangemessene Benachteiligung vorgelegen hätte. In einer weiteren Entscheidung hielt der BGH die Klausel eines Versicherers nach § 11 Nr.7 AGBG für unwirksam,267 nach der Erklärungen eines 261 Vgl. dagegen die Haftungsklausel im Impressum der Zeitschrift "Geld und Invest", die Kapitalanlageratschläge enthält. Vgl. ferner Nr.lO AGB-Banken a.F., Nr.7 AGB-Sparkassen a.F., §§ 27 Abs.l, 26 Abs.6 AGB-Bauparkassen, die ftlr Auskünfte, zu denen die Kreditinstitute nicht verpflichtet waren, eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz vorsahen. In den AGB-Banken n.F. (abgedruckt in NJW 1992, S.3278 ff.) und AGBSparkassen n.F. (abgedruckt in NJW 1993, S.840 ff.), die seit 1.1.1993 gelten, findet sich diese Beschränkung nicht mehr.

262 Vgl. Hensen in UIB/H, AGBG, Rnrn.IO, 11 zu § 11 Nr.7; Ziegler, Beschränkung, BB 1990, S.2345 f. 263 Wolf in Woif/Lindacher, AGBG, Rn.9 zu § 11 Nr.7; Wiedemann in Soergel 12, Rn.258 vor § 275. 264 Wiedemann in Soergel 12 , Rn.259 vor § 275. 265 Vgl. Hensen in U/B/H, AGBG, Rn.lO zu § 11 Nr.7.; Wolf in Wolf/Lindacher, Rn.9 zu § 11 Nr.7.

266 BGH vom 13.11.1990, NJW 1991, S.694 f., 695 [= WM 1991, S.9 = ZIP 1991, S.153].

267 Urteil vom 18.12.1991, BGHZ 116, S.387 ff., 391. 16 Boecken

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Versicherungsvermittlers bei Abfassung des Antrags auf Abschluß eines Versicherungsvertrages unverbindlich seien. Auch in dieser Entscheidung findet sich kein Hinweis darauf, wie sich das Gericht die Geltung des § ll Nr.7 AGBG für das gesetzliche Schutzpflichtverhältnis dogmatisch erklärt, wenn doch zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen eine vertragliche Regelung noch fehlte und deshalb auch die Geschäftsbedingungen noch keine Geltung haben konnten. 268 Die von Hensen und Wolf entwickelte Lösung, eine im späteren Vertrag vereinbarte Freizeichnungsklausel (rückwirkend) auch auf den vorvertrag lichen Bereich zu erstrecken, um so eine Divergenz zwischen vertraglicher und vorvertraglicher Haftung zu vermeiden,269 muß dort scheitern, wo eine vertragliche Regelung zwischen den Parteien des Schutzpflichtverhältnisses nicht erreicht oder nicht angestrebt wird. Letzteres gilt etwa für die WarenhersteIlerEndabnehmer-Beziehung,270 ist aber gerade auch typisch für die Erteilung von Auskünften außerhalb bestehender Vertragsbeziehungen. Die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest ist dafür ein prägnantes Beispiel. Für gesetzliche Vertrauensschuldverhältnisse wird die Ansicht vertreten, daß derjenige, der den Vertrauenstatbestand setzt, die Haftung einseitig durch Freizeichnungsklauseln beschränken könne. 271 Nur nach dieser Auffassung könnte die Stiftung Warentest den Haftungsmaßstab durch Beifügung einer KlauseI 272 , die den Anforderung des § 3 AGBG genügt, herabsetzen. Um zu einer "Vereinbarung" über den milderen Haftungsmaßstab im Sinne von § 2 AGBG

268 Vgl. aber OLG Celle vom 25.7.1985, NJW 1986, S.260 ff., 261, das eine vertragliche Haftungsbeschränkung bei Unklarheit der Klausel gemäß § 5 AGBG nur für die vertraglichen Pflichten gelten lassen will. 269 Hensen in U/B/H, Rn.lO zu § 11 Nr.7; Wolf in Wolf/Lindacher, Rn.9 zu § 11 Nr.7. 270 Vgl. v. Westphalen, Produkthaftungsgesetz, NJW 1990, S.83 ff., 91. 271 Vor allem Canaris in Großkomm. HGB, Bankvertragsrecht, I.Teil, Rn.3I; Eisenhardt, Kapitalanlegerschutz, S.4I; Gerhardt, Haftungsfreizeichnung, JZ 1970, S.537 ff., 538 f.; Lorenz, Vermögensschäden, FS f. Larenz, S.575 ff., 619; Hans StolI, Leistungsversprechen, FS f. Flurne, S.741 ff., 769. 272 Eine Formulierung wie "ohne unser obligo" oder ähnliches dürfte dabei einer Inhaltskontrolle kaum standhalten, da damit eine Freizeichnung von jeder Fahrlässigkeit und Vorsatz eingeschlossen ist, was gegen § 276 Abs.2 sowie gegen § 11 Nr.7 AGBG verstieße, soweit es sich dabei um AGB handelt. Die Rechtsprechung (BGH vom 6.7.1970, NJW 1970, S.1737 ff. [= WM 1970, S.632 = OB 1970, S.1631]) reduziert die Klausel in unzulässiger Weise, wenn sie in diesen Fällen eine Freizeichnung im Rahmen des rechtlich Zulässigen anerkennt.

II. Das Verschulden (§§ 276 ff. BGB)

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zu kommen, bedürfte es dagegen noch des Einverständnisses der Testnutzer. 273 Dafilr könnte zwar gemäß § 151 S.l BGB an ein nach außen hervortretendes konkludentes Verhalten angeknüpft werden, da eine Annahmeerklärung an die Stiftung Warentest den Umständen nach kaum erforderlich wäre. Ein solches Verhalten aber allein in der bestimmungsgemäßen Verwendung der Informationen im rechtsgeschäftlichen Verkehr zu sehen, ließe den Haftungsausschluß faktisch wieder als einseitige Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs erscheinen. Doch abgesehen von den konstruktiven Schwierigkeiten einer Haftungsbeschränkung mit einzelnen Testnutzern ist sehr fraglich, ob eine solche Freizeichnung der Inhaltskontrolle nach AGBG standhalten könnte. Es ist anerkannt, daß sich ein Schuldner nicht von der Haftung filr die Verletzung solcher Pflichten durch AGB befreien kann, die filr die Erreichung des Vertragszwecks von wesentlicher Bedeutung sind ("Kardinalpflichten").274 Gesetzlicher Ausgangspunkt filr diese Wertung ist § 9 Abs.2 S.2 AGBG.275 Als Kardinalpflichten kommen nicht nur vertragliche Hauptleistungspflichten in Betracht, sondern auch Schutzpflichten, wenn aufgrund der Freizeichnung die Risikoverteilung im Rechtsverhältnis empfindlich gestört wäre. 276 Trotz des Wortlautes ("Vertrag") kann § 9 Abs.2 S.2 AGBG auf gesetzliche Schutzpflichtverhältnisse analog angewendet werden. § 11 Nr.7 AGBG gebietet eine entsprechende Anwendung der Inhaltskontrolle auch auf das Schutzpflichtverhältnis der culpa in contrahendo. Gleiches muß dann aber auch filr den Aushöhlungsgedanken von § 9 Abs.2 Nr.2 AGBG gelten, weil die Möglichkeiten der Haftungsbeschränkungen in quasi-vertraglichen Rechtsverhältnissen nicht weiter gehen dürfen als in vertraglichen. 277 Der Gedanke der Aushöhlung von Rechtspositionen ist jedenfalls auch auf solche Schutzpflichtverhältnisse übertragbar, die an eine reale Leistungsbewirkung geknüpft sind. Beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist dies anerkannt. 278 273 Ähnlich Wittmann (in Staudinger, Rn.21 zu § 676) für die Einbeziehung des Haftungsausschlusses in Nr.1O AGB-Banken a.F. gegenüber nichtkaufmännischen Bankkunden bei bloßem Auskunftskontakt. v. Westphalen (Produkthaftungsgesetz, NJW 1990, S.83 ff., 91) sieht gleichliegende Einbeziehungsprobleme bei Freizeichnungsklauseln der Warenhersteller zu Lasten der Endabnehmer. 274 Wolf in Wolf/Lindacher, Rn.52 zu § 11 Nr.7; Brandner in U/B/H, Rn.142 ff., 146 mN aus der Rspr. 275 Brandner in U/B/H, Rn.142. 276 BGH vom 5.5.1992, NJW 1992, S.2016 ff., 2017. 277 Hensen in U/B/H, Rn. 10 zu § 11 Nr.7. 278 Vgl. BGH vom 26.11.1986, NJW 1987, S.1758 ff., 1760; Gottwald in MünchKomm 3, Rn.99 zu § 328; Hensen in U/B/H, Rn.13 zu § 11 Nr.7; Hopt, NJW 1987, S.1745 f., 1746. 16*

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Ebenso wie gesetzliche Haftungsbeschränkungen im Verhältnis Schuldner/Gläubiger zu Lasten des Dritten wirken können,279 unterliegen formularmäßige Haftungsbeschränkungen der Inhaltskontrolle nach dem AGBG. Allein der Umstand, daß die Informationstätigkeit der Stiftung Warentest nicht einzelvertraglich veraniaßt wird, darf den Umfang der Verantwortung fiir die Unrichtigkeit der Informationen nicht berühren. Die Tatsache, daß viele Konsumenten die Testinformationen entgeltlich erwerben und so zu Bestand und Funktionsfiihigkeit der Stiftung Warentest beitragen, macht die Vergleichbarkeit mit einer vertraglichen Leistungsbeziehung unverkennbar, wenn auch ein Erfiillungsanspruch auf Erteilung der Informationen auf Seiten der Konsumenten ebensowenig besteht, wie dem Dritten beim Vertrag mit Schutzwirkung ein Forderungsrecht zusteht. Folgt man dem, so steht § 9 Abs.2 Nr.2 AGBG einer Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz entgegen. Das Rechtsverhältnis der Stiftung Warentest zu den Testnutzem würde durch eine derartige Freizeichnung in bezug auf die Risikoverteilung empfindlich gestört. Für die Willensbildung der Verbraucher ist die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Marktinformationen wesentlich,280 so daß in der Sicherstellung dieser "Qualität" der Auskünfte der einzige Zweck des Schutzptlichtverhältnisses gesehen werden muß. Dieser Zweck würde durch eine Haftungsfreistellung in bezug auf die Richtigkeit der Auskünfte gefiihrdet,281 weil sich die Stiftung Warentest trotz ihrer institutionellen Sachkunde282 ihrer Hauptverantwortung weitgehend entzöge. Wägt man die Handlungsfreiheit der Stiftung Warentest gegen den Vermögensschutz der testnutzenden Konsumenten ab, muß die Entscheidung zugunsten des Vermögensschutzes ausfallen. Denn der Stiftung Warentest kann Handlungsfreiheit nur insoweit zugestanden werden, als der Satzungszweck, zuverlässige Warentestinformationen zu publizieren, nicht beeinträchtigt wird. Auf Seiten der Konsumenten ist auch bei dieser Abwägung zu berücksichtigen, daß sich die Testnutzer vor den Schäden infolge Irrefiihrung nicht durch eine Versicherung

279 Vgl. OLG Köln vom 4.6.1986, NJW-RR 1988, S.157 ff., 157. 280 So auch der BGH in der "Warentest III"-Entscheidung, Urteil vom 3.12.1985, GRUR 1986, S.330 ff., 332. 281 Vgl. für die Haftung einer Auskunftei OLG Frankfurt vom 19.6.1984, MDR 1984, S.941. Ebenso Jost (Beratungshaftung, S.282) für Bankauskünfte, zu denen die Bank nicht verpflichtet ist. Zur Haftung für die Richtigkeit von Prospektangaben, Brandner in U/B/H, AGBG, Rn.147 zu § 9. 282 Vgl. Brandner (in U/BIH, AGBG, Rn.153 zu § 9), der auch das Kriterium des besonderen Vertrauens in die berufliche Sachkunde betont.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

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schützen können. 283 Danach müßte eine Freizeichnung durch AGB bis zur Grenze grober Fahrlässigkeit nach § 9 Abs.2 Nr.2 AGBG als unwirksam beurteilt werden. 284 Die Haftung zu verkürzen, hieße im übrigen, den Verbrauchern einen Teil ihres Vertrauens in die Informationsarbeit der Stiftung Warentest zu nehmen, was der Stiftung Warentest über kurz oder lang selbst zum Nachteil gereichen würde. Die Aufrechterhaltung der vollen Verantwortlichkeit dient damit nicht nur dem Interesse der Testnutzer, sondern mittelbar auch dem Interesse der Stiftung Warentest als Verbrauchereinrichtung. Ihre Funktionsfähigkeit ist letztlich von der Akzeptanz durch die Verbraucher abhängig. Diese Akzeptanz sollte nicht durch Freizeichnungsklauseln getahrdet werden. Verbraucherpolitisch ist daher die derzeitige Praxis ohne jede Freizeichnung von der Informationsverantwortlichkeit sicher der erfolgreichere Weg.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 249 ff. BGB Inhalt und Umfang des zu leistenden Schadensersatzes ergeben sich aus §§ 249 ff. BGB, die rur alle privatrechtlichen Schadensersatzverpflichtungen gelten,285 also auch rur solche aus gesetzlichen Sonderbeziehungen quasivertraglicher Art.

1. Ersatz des Vertrauensschadens gemäß § 249 S.l BGB

Gemäß § 249 S.l BGB hat der durch eine schuldhafte Falschauskunft Geschädigte Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Gründet sich die Haftung auf die Erteilung einer fehlerhaften Information, so liegt in der Fehlerhaftigkeit dieser Information "der zum Ersatz verpflichtende Umstand" im Sinne des § 249 S.l BGB. Bei fehlerhaften Informationen gibt es immer zwei Möglichkeiten, durch Hinwegdenken des schädigenden Ereignisses eine hypothetische Vermögens la283 Vgl. OLG eelle vom 25.7.1985 (NJW 1986, S.260 ff., 261) in bezug auf eine Haftungsbeschränkungsklausel rur fehlerhafte Prospektangaben in einem Treuhandvertrag. Allgemein zur Abhängigkeit der Freizeichnungsmöglichkeiten vom verfügbaren Versicherungsschutz Brandner in U/B/H, Rn.114 zu § 9 AGBG mwN. 284 Ähnlich Köndgen (Theorie, S.55/56) rur die Freizeichnung von einfacher Fahrlässigkeit bei der Prospekthaftung. 285 Statt aller Medicus in Staudinger, Rn.4 Vorbem zu §§ 249-254.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

ge zu ennitteln.286 Entweder es wird unterstellt, die Wirklichkeit entspreche der Auskunft, oder es wird angenommen, die Auskunft sei wahrheitsgemäß (bzw. gar nicht) erteilt worden. Die erste Alternative wird mit dem Begriff "positiver Vertrauensschutz" oder "Vertrauensentsprechung", die zweite mit dem Begriff "negativer Vertrauensschutz" oder "Vertrauensschaden" verbunden. 287 Auf fehlerhafte Testinfonnationen bezogen ist diese Unterscheidung in folgendem Beispiel von Bedeutung: Ein Testnutzer ersetzt auf Empfehlung der Stiftung Warentest seinen alten Kühlschrank durch einen neuen, der die Note "sehr gut" erhielt, weil er besonders energiesparend sei, was aber nicht der Wahrheit entspricht. Negativer Vertrauensschutz liefe in diesem Fall darauf hinaus, daß der Testnutzer "nur" in den status quo ante versetzt würde. Positiver Vertrauens schutz dagegen hieße, daß der Testnutzer so zu stellen wäre, wie wenn der Kühlschrank in dem beschriebenen Maße Energie einsparte, so daß die Mehrkosten des Energieverbrauchs rur die Lebensdauer dieses Kühlschrankes von der Stiftung Warentest zu ersetzen wären.

a) Ersatz des Vertrauensschadens Nach h.M. ist die Haftung rur fehlerhafte Infonnationen - abgesehen vom Fall einer übernommenen Garantie288 - grundsätzlich auf den Ersatz des Vertrauensschadens gerichtet. 289 Für die Haftung aus culpa in contrahendo wegen Infonnationspflichtverletzungen wird jedoch vertreten, sie sei grundsätzlich auf die Gewährung positiven Vertrauensschutzes gerichtet. 290

286 Ähnlich Medicus in Staudinger, Rn.22, 27 zu § 249; Larenz, SehR-AT, § 9 I 3, S.II3. 287 Canaris, Vertrauenshaftung, S.5. 288 Ehmann in Erman, Rn.1 I zu § 676 mN; Teubner, Falschauskunft, JuS 1976, S.798 ff., 800; Tiedtke, Banken, WM 1993, S.1228 ff., 1232; Wittmann in Staudinger, Rn.19 zu § 676. 289 BGH vom 25.10.1966, DB 1966, S.2021; BGH vom 29.1l.l967, BGHZ 49, S.167ff., 174; BGH vom 3.12.1991, BGHZ 116, S.209 ff., 212 [= NJW 1992, S.555]; Ehmann in Erman, Rn.14 zu § 676; Larenz, SehR-AT, § 9 I 3, S.112 f.; Thomas in Palandt, Rn.7 zu § 676; Nirk, Quo vadis, FS f. Möhring 11, S.90; Tiedtke, Banken, WM 1993, S.l228 ff., 1230; Vollkommer in Jauemig, Anm.3 c) zu § 676; Wittmann in Staudinger, Rn.19 zu § 676. 290 Wiedemann in Soergel 12 , Rn.182 vor § 275; G. Müller, Informationsptlichten, S.203, in Anlehnung an Wiedemann (a.a.O.); Steffen (in RGRK, Rn.57 zu § 676) möchte das positive Interesse an der Erfüllung des (stillschweigend geschlossenen) Auskunftsvertrags ersetzen.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

247

In der Sache stellt sich damit auch in bezug auf fehlerhafte Testinformationen die Frage, ob ein irregeruhrter Konsument, sofern es rur ihn günstig ist, Anspruch auf Vertrauensentsprechung hat. Im Schrifttum wird rur die Differenzierung zwischen Vertrauensschadensersatz und Vertrauensentsprechung auf den Schutzzweck der im einzelnen Fall verletzten Informationspflicht abgestellt. 291 Diesem generellen Kriterium zur Bestimmung der Rechtsfolgen einer Informationspflichtverletzung kann zunächst zugestimmt werden. 292 Wie aber erkennt man anhand des Schutzzweckes die Informationspflichten, deren Verletzung in Abgrenzung zu anderen Informationspflichten die Rechtsfolge positiven Vertrauensschutzes zuläßt? Zur Unterscheidung wird vorgeschlagen, daß sich der Täuschende immer dann an seiner Erklärung festhalten lassen müsse (= positiver Vertrauensschutz), wenn sein Verhalten "ein Vertrauen des Getäuschten in zukünftige Entwicklungen" hervorgerufen habe. 293 Negativer Schutz sei dagegen immer dann zu gewähren, wenn die Informationspflicht nur dazu diene, "über Risiken aufzuklären oder diese zu offenbaren oder Gestaltungsalternativen aufzuzeigen"294. Daß sich diese Kategorisierung der Informationspflichten nicht ohne Überschneidungen durchhalten läßt, zeigt schon das oben erwähnte Kühlschrank-Beispiel: Die Informationen im KühlschrankTest sollen dem Konsumenten gewiß über die am Markt erhältlichen Güter informieren, ihm also Gestaltungsmöglichkeiten und Produktrisiken der Kühlgeräte aufzeigen. Zugleich weckt die fehlerhafte Information aber bei einem Konsumenten die Erwartung, er könne durch den Erwerb und die Nutzung eines solchen Gerätes den Energieverbrauch und damit seine Energiekosten senken. Es kommt damit zu einer Überschneidung der Kategorien. Ähnliche Beispiele lassen sich aus dem Bereich des Prospekthaftung finden. Auch dort G. Müller sieht insbesondere den Ersatz des Vertrauensschadens auch als Form positiven Vertrauensschutzes an. Er setzt sich damit in terminologischen Widerspruch zu Canaris (Vertrauenshaftung, S.5). Ob eine solche terminologische Neuordnung sinnvoll ist, mag dahinstehen. Bei Wiedemann ist die Verwendung des Begriffs positiver Vertrauensschutz unklar, wenn er sich einerseits der Definition von Canaris anschließt (in Fn.7 zu Rn. I 82), andererseits aber auch den Ersatz des Vertrauensschadens darunter versteht. Der Klarheit halber wird hier an der Terminologie von Canaris (Vertrauenshaftung, S.5) festgehalten. 291 Wiedemann in Soergel 12 , Rn.183 vor § 275; G. Müller, Informationspflicht, S.203, 204; ebenso Medicus in Staudinger, Rn.27 zu § 249. 292 Vgl. OLG Karlsruhe vom 13.3.1987, VersR 1988, S.1131 f., 1132. Das Gericht gelangt über den Schutzbereich der verletzten Wahrheitsptlicht zu einer Reduzierung des geltend gemachten Anspruchs auf "null". Zum Schutzbereichskriterium ferner unten S.261 f. 293 G. Müller, Informationsptlichten, S.204/205. 294 G. Müller a.a.O., S.204/205.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

wurden vielfach überzogene Erwartungen an die Sicherheit und Rendite einer Anlage geweckt. 295 Dennoch haftet der Prospektverantwortliche dem Anleger nicht auf das positive Interesse an der Richtigkeit der Anlageinformation, sondern lediglich auf Ersatz des Vertrauensschadens. 296 Die Fälle, in denen die Rechtsprechung als Rechtsfolge einer culpa in contrahendo ausnahmsweise auf positiven Vertrauensschutz erkannt hat, verdeutlichen, daß eine Haftung im Sinne einer Vertrauensentsprechung allenfalls dann in Betracht kommt, wenn der Informationspflichtige unmittelbaren Einfluß auf die Begründung einer (wirksamen) Vertragsbeziehung und deren inhaltliche Ausgestaltung nehmen kann. 297 Soweit eine vertragliche Bindung nicht zustande kommt, wird nur in den Fallgruppen des unberechtigten Abbruchs von Vertragsverhandlungen 298 , des zu vertretenden Nichtzustandekommens eines Vertrages 299 , des Vorspiegelns eines bestehenden Vertrages300 oder der zu vertretenden Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts 301 im Ausnahmefall ein Anspruch auf das Erftillungsinteresse gewährt. Alle Fallgruppen zeichnen sich dadurch aus, daß der Haftende maßgeblichen Einfluß auf Abschluß, Inhalt und/oder Wirksamkeit des streitigen Rechtsgeschäfts hat. 295 Vgl. etwa BGH vom 10.10.1994, NJW 1995, S.130 ff.; BGH vom 17.6.1991, WM 1991, S.1543 ff.; BGH vom 25.11.1981, NJW 1982, S.1095 ff.; BGH vom 22.3.1979, BGHZ 74, S.103 ff.; OLG Köln vom 10.12.1987, WM 1987, S.1292 ff. 296 OLG Köln vom 10.12.1987, WM 1987, S.1292 ff., 1293; Assmann, Prospekthaftung, S.367; ders., Kapitalanlagerecht, § 7, Rn.85 mwN jeweils ohne (klare) Begründung; Wiedemann (in Soergel 12 , Rn.343 vor § 275) will nur bei Zusicherungsqualität der Angaben in einem Prospekt eine Ausnahme machen. 297 Nachweise aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts bei Wiedemann in Soerge1 12 , Rn.181 vor § 275 in Fn.5. 298 BGH vom 4.7.1989, BGHZ 108, S.200 ff., 208; vgl. auch Heinrichs in Palandt, Rn.IOI zu § 276; Larenz, SehR-AT, § 9 I 3., S.I 12 f. 299 BGH vom 16.11.1967, BGHZ 49, S.77ff., 82f.; OLG Düsseldorf vom 26.11.1985, NJW-RR 1986, S.508 ff., 510. 300 OLG Koblenz vom 30.1.1992, WM 1993, S.1241 ff., 1243; ablehnend zu diesem Urteil Tiedtke, WM 1993, S.1228 ff. 30 I BGH vom 18.2.1955, BGHZ 16, S.334 ff., 336; BGH vom 29.1.1965, NJW 1965, S.812 ff., 814; BGH vom 27.10.1967, BGHZ 48, S.396 ff., 398; BGH vom 27.9.1968, WM 1968, S.1402 f., 1403; BGH vom 6.6.1974, BB 1974, S.1039 f., 1040. Den Ausnahmecharakter bei Unwirksamkeit infolge Formverstoßes klarstellend BGH vom 6.12.1991, BGHZ 116, S.251 ff., 258. Überhaupt ablehnend wegen Aushöhlung der Fonnvorschriften Larenz, SehR-AT,

§ 9 I 3., S.113 f.; kritisch, aber Ausnahmen anerkennend Wiedemann in Soergel 12 , Rn.192 vor § 275.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

249

Der BGH hat einem Käufer in einem Fall, in dem ein wirksames Vertragsverhältnisses bestand, einen Anspruch aus culpa in contrahendo auf Ersatz zusätzlicher Aufwendungen zuerkannt, obwohl dieser an dem Vertrag bzw. dem Leistungsaustausch festhalten wollte. 302 Dieser Fall wird in der Literatur als Beispiel fiir den Ersatz positiven Interesses aus culpa in contrahendo verstanden. 303 Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Käufer einer Motoryacht, die er aus den Niederlanden in die Bundesrepublik einfiihrte, waren an der deutschen Grenze 14% Einfuhrumsatzsteuer in Rechnung gestellt worden. Der Verkäufervertreter hatte während der Verkaufsverhandlungen wahrheitswidrig behauptet, es seien schon 19% Umsatzsteuer in den Niederlanden bezahlt worden, die auf die 14% Einfuhrumsatzsteuer an der deutschen Grenze angerechnet werden würden. Der gezahlte Kaufpreis war unter Einbeziehung der 19% niederländischer Umsatzsteuer ausgehandelt worden, was die Verkäuferseite schriftlich bestätigt hatte. Folgt man der Einschätzung, der BGH habe in diesem Fall einen Anspruch auf das Erfiillungsinteresse zugesprochen,304 so liegt die Entscheidung doch 302 BGH vom 28.3.1990, BGHZ 111, S.75 ff., 83 [= WM 1990, S.1032 = JZ 1990, S.1075 m. abI. Anm. von Tiedtke, JZ 1990, S.1077] Heinrichs (in Palandt, Rn.102 zu § 276) hält die an § 249 S.I BGB geknüpfte Haftung auf das Erfüllungsinteresse "als Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung für hinnehmbar". Der Zugriff auf culpa in contrahendo war in diesem Fall nicht gesperrt, weil der BGH in der anfallenden Einfuhrumsatzsteuer keine zusicherungsfähige Eigenschaft der Kaufsache sah.

303 So Heinrichs in Palandt, Rn.102 zu § 276; G. Müller, Informationsptlichten, S.202; Tiedtke, Anm. zu BGH vom 28.3.1990, VIII ZR 169/89 (BGHZ 111, S.75 = JZ 1990, S.1075), JZ 1990, S.I 077 ff., 1079. 304 Ob diese Einschätzung richtig ist, kann jedenfalls insoweit bezweifelt werden, als der Käufer die Einfuhrumsatzsteuer auch bei Abstandnahme vom Vertrag im Wege des negativen Vertrauensschutzes hätte ersetzt verlangen können. Denn hätte er den Vertrag nicht geschlossen, dann wären ihm auch diese Kosten nicht entstanden. Bei einer Rückabwicklung des Vertrages gemäß § 249 S.I BGB hätte der Verkäufer also über den Kaufpreis hinaus die Einfuhrumsatzsteuer erstatten müssen. Diese Kosten wären also auch Teil des negativen Interesses gewesen. Bei FesthaIten an dem Vertrag hätte der Käufer die Mehraufwendungen als negatives Interesse dann geltend machen können, wenn der Kaufvertrag zu einem um den Betrag der Einfuhrumsatzsteuer niedrigeren Kaufpreis zustande gekommen wäre. Dafllr spricht entscheidend, daß die Parteien die angeblich schon in den Niederlanden entrichtete Umsatzsteuer in den Kaufpreis eingerechnet hatten. Das heißt nichts anderes, als daß der "wahre" Kaufpreis für die Motoryacht tatsächlich niedriger zu veranschlagen war. Wäre der Käufer also korrekt informiert worden, hätte er entweder den Vertrag nicht geschlossen oder nur den "wahren" Kaufpreis gezahlt, der die 19% niederländische Umsatzsteuer nicht enthalten hätte. Damit erhält er nur einen Teil des Kaufpreises als Aufwendung zurück, die er bei

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

auf einer Linie zu den vorerwähnten Ausnahmen, in denen eine vertragliche Bindung erst gar nicht entsteht. In seiner Begründung stellt der BGH darauf ab, daß der Käufer die Frage zusätzlicher Kosten zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht hatte und sich hatte "zusichern lassen"305, daß ihm keine weiteren Kosten entstünden. Der Vertragspartner nahm durch seinen Vertreter maßgeblichen Einfluß auf den Abschluß und den Inhalt des Vertrages, wie sich insbesondere daraus ergibt, daß der Kaufpreis ausdrücklich einschließlich der in den Niederlanden angeblich gezahlten Umsatzsteuer vereinbart wurde. Schon an diesen Beispielen zeigt sich, daß die isolierte Betrachtung des Schutzzwecks der verletzten Pflicht allein keinen Aufschluß über die Reichweite der Informationshaftung gibt. Vielmehr kommt es auch darauf an, daß der Informationspflichtige selbst unmittelbaren Einfluß auf Abschluß, Inhalt und Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hat. Canaris bestätigt diesen Anknüpfungspunkt für die Rechtsscheinshaftung. Für die Tatbestände mit der Rechtsfolge positiven Vertrauensschutzes führt er das Argument an, daß derjenige, der einen Rechtsschein hervorrufe, in aller Regel "Einfluß auf Bestand oder Eintritt der angeblichen Lage nehmen kann"306. Unter der Voraussetzung unmittelbaren Einflusses auf Begründung und Inhalt eines wirksamen Rechtsgeschäfts kann es auch gerechtfertigt sein, einen Dritten in gleicher Weise wie den Vertragspartner in die Verantwortung zu nehmen. Die Sachwalterhaftung im Gebrauchtwagenhandel ist ein gutes Beispiel für diese Gleichstellung der Dritthaftung. Der als Vermittler auftretende Händler haftet wie der Verkäufer307 unter gegebenen Umständen auch auf das Erfüllungsinteresse. 308 Wiedemann rechtfertigt die Gleichstellung mit dem Hinweis, der Händler trete als "Herr des Geschäftsabschlusses" auf. 309

wahrheitsgemäßer Unterrichtung nicht gemacht hätte. Darin kann eine Form negativen Vertrauensschutzes gesehen werden, auch wenn sich das Urteil in der entscheidenden Passage (S.83 mitte) zugegebenermaßen eher im Sinne positiven Vertrauensschutzes liest, ja sogar an eine Garantiehaftung denken läßt. 305 BGH a.a.O., S.83. 306 Vertrauenshaftung, S.497. 307 BGH vom 21.1.1975, BGHZ 63, S.382 ff., 388; BGH vom 17.3.1976, DB 1976, S.954 f., 955; BGH vom 25.5.1983, BGHZ 87, S.302 ff., 305; U. Huber in Soergel 12 , Rn.232 vor § 459. 308 Dies legen jedenfalls die Entscheidungsgründe in BGH vom 25.5.1983 (BGHZ 87,302 ff., 308) nahe, obwohl der Kläger in diesem Fall auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung seiner sonstigen Aufwendung klagte. 309 Wiedemann in Soergel 12, Rn.231 vor § 275.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

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Das Gesetz bestätigt mit der Erfilllungshaftung des falsus procurator aus § 179 Abs.l BGB, daß Vertrauensentsprechung bei Drittbeteiligten nur bei unmittelbarem Einfluß auf die rechtsgeschäftlichen Verhandlungen angemessen ist, auch wenn § 179 Abs.l BGB keine Verschuldenshaftung statuiert. Daß der Vertreter ohne Vertretungsmacht bei Unkenntnis des Mangels an Vertretungsmacht gemäß § 179 Abs.2 BGB nur das negative Interesse zu ersetzen hat, spricht nicht gegen das aufgestellte Erfordernis unmittelbarer Vertragsgestaltungsmöglichkeit. § 179 Abs.2 BGB zeigt lediglich, daß es sich bisweilen nicht um eine hinreichende, sondern nur um eine notwendige Bedingung filr die Rechtsfolge positiven Vertrauensschutzes handelt. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die fahrlässige Irrefilhrung von Konsumenten durch fehlerhafte Testinformationen nicht zu einer Haftung im Sinne einer Vertrauensentsprechung fuhren kann. Eine Haftung auf Vertrauensentsprechung trifft in den dargestellten Fällen zunächst einmal die Partner des (intendierten) Rechtsgeschäfts, weil regelmäßig nur diese unmittelbaren Einfluß auf den Abschluß, den Inhalt und die Wirksamkeit des Vertrages haben. 31 0 Dritten Personen aber kann keine Haftung im Sinne eines positiven Vertrauensschutzes auferlegt werden, wenn sie im Hinblick auf das unwirksame oder nachteilige Rechtsgeschäft keine unmittelbare Steuerungsmöglichkeit haben. In diesem Sinne steht es nicht in der Macht der Stiftung Warentest, den vom Testnutzer mit einem Rechtsgeschäft verfolgten status ad quem unmittelbar zu beeinflussen. Sie verhandelt nicht über Leistung und Gegenleistung, sondern gewährt durch ihre Informationen abstrakte Verhandlungshilfe. Die konkrete rechtsgeschäftliche Verhandlung obliegt allein dem testnutzenden Konsumenten. Aufgrund dieser verhandlungsfernen Stellung schützen die Informationen der Stiftung Warentest die Konsumenten nicht davor, einen erwarteten Vermögensvorteil zu verlieren, sondern nur davor, einen Vermögensnachteil zu erleiden. Insofern läßt sich vielleicht der Satz aufstellen, daß quasi-vertragliche Haftungstatbestände, die lediglich an "typisiertes Vertrauen"- besser: Systemvertrauen - geknüpft sind, wie die hier untersuchte Haftung filr Warentestinformationen oder die qualifizierte Prospekthaftung, keinen Erwerbsschutz bieten, sondern nur Schutz vor Vermögensnachteilen gewähren. Nur mit dieser Rechtsfolge kann filr die Testinformationen der Stiftung Warentest schließlich ein Wertungskonflikt im Hinblick auf die Rechtspositionen eines Konsumenten gegenüber dem Verkäufer einer fehlerhaften Sache vermieden werden. Dieser Vergleich bietet sich an, weil die Informationen eines klassischen Warentests fast ausschließlich auf Produkteigenschaften bezogen

3 \0 Wobei an dieser Stelle nicht verkannt wird, daß auch Abschlußgehilfen der Parteien unmittelbaren Einfluß nehmen können.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

sind und der überwiegende Teil aller Rechtsgeschäfte, die aufgrund von Warentestinfonnationen vorgenommen werden, Kaufgeschäfte sind. Verletzt der Verkäufer eine Infonnationspflicht in bezug auf (zu sicherungsfähige) Eigenschaften der Kaufsache, so kann der Käufer nur unter den Voraussetzungen des § 463 S.2 BGB sein Erfüllungsinteresse geltend machen. Eine Verkäuferhaftung für fahrlässige Falschangaben in bezug auf zusicherungsfähige Eigenschaften der Kaufsache aus culpa in contrahendo auf Ersatz des Mangelschadens wird von der Rechtsprechung311 und dem überwiegenden Schrifttum 312 wegen des Vorrangs der §§ 459 ff. BGB abgelehnt. Beschreibt etwa der Verkäufer im Kühlschrankbeispiel das Gerät fahrlässig als energiesparend, so kann der Käufer lediglich Wandelung oder Minderung (§§ 462, 459 BGB) geltend machen. Ein Anspruch wegen culpa in contrahendo auf Schadensersatz ist wegen des Vorrangs des Gewährleistungsrechts demnach ausgeschlossen. Ein Käufer stünde somit bei Gewährung positiven Vertrauensschutzes im Verhältnis zur Stiftung Warentest im Falle fahrlässiger Falschauskunft über (zusicherungsfiihige) Eigenschaften der getesteten Produkte außervertraglich besser als im Verhältnis zu seinem Vertragspartner. Dagegen kann nicht eingewendet werden, der Käufer könne auf dem Wege der Minderung (§§ 462, 472 BGB) zumindest einen Teil seines Erfüllungsinteresses ohne die besonderen Voraussetzungen des § 463 BGB durchsetzen. Auch die Minderung stellt den Käufer gerade nicht so, als hätte der Verkäufer ordnungsgemäß erfüllt: Der Käufer hat nur Anspruch auf relative Herabsetzung seines (zu hohen) Entgelts. Damit wird zwar das ausgehandelte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung 311 Grundlegend schon RG vom 11.3.1932, RGZ 135, 339 ff., 346; BGH vom 16.3.1973, BGHZ 60, S.319ff., 320f. [= NJW 1973, S.1234 = MDR 1973, S.659]; BGH vom 13.7.1983, BGHZ 88, S.130 ff., 134; BGH vom 26.4.1991, BGHZ 114, S.263 ff., 266; BGH vom 3.7.1992, NJW 1992, S.2564 ff., 2565; BGH vom 14.10.1994, NJW 1995, S.45 ff., 46 [=ZIP 1995, S.37]. 312 Grunewald in Erman, Rn.29 vor § 459; Heinrichs in Palandt, Rn.80 zu § 276; Honsell in Staudinger, Rn.33 zu § 459; ders., culpa in contrahendo, JR 1976, S.361 ff., 362; U. Huber in Soergel 12 , Rn.222 vor § 459; ders., Haftung des Verkäufers, AcP 177 (1977), S.281 ff., 283; Knöpfle, Verhältnis, NJW 1990, S.2497 ff., 2501; Larenz, SchRBT13 Bd.II1I, § 41 11 e, S.75; Mezger in RGRK, Rn.3 zu § 459; Putzo in Palandt, Rn.7 vor § 459; Reinicke/Tiedtke, KaufR, S.239; Westermann in MünchKomm 2, Rn.80 zu § 459. A.A.: Diederichsen, BB 1965, S.401; Emmerich in MünchKomm 3, Rn.118 vor § 275; Esser/Weyers, SchR-BT, § 611 3, S.71; Kanzleiter, DNotZ 1991, S.141 ff., 143 Fn.6; Littbarski, Gewährleistungsansprüche, BB 1977, S.1322 f., 1323; Pick, Gewährleistung, JuS 1981, S.413 ff., 416; Schaumburg, Haftung, MDR 1975, S.105 ff.. 111; Schlechtriern, SchR-BT, Rn.90.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

253

gewahrt. Die Wirklichkeit wird aber nicht der vertraglichen Regelung, sondern die vertragliche Regelung der Wirklichkeit angepaßt. Auch wenn die Minderung keine Form des Ersatzes eines negativen Interesses darstellt, weil das negative Interesse nur darin zu sehen ist, "sich auf einen bestimmten Vertrag nicht eingelassen zu haben"313, so stellt die Minderung gleichwohl eine Form des negativen Vertrauensschutzes dar. Positiver Vertrauensschutz wegen der Verletzung von Informationspflichten aus einer quasi-vertraglichen Sonderverbindung kann demgemäß in Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung allenfalls dann gewährt werden, wenn der pflichtwidrig Handelnde zumindest unmittelbaren Einfluß auf den Abschluß und die konkrete Ausgestaltung des Rechtsgeschäfts hat. 314 Fehlt dieser Einfluß, sollte die Haftung auf negativen Vertrauensschutz beschränkt werden. 315 Aus der verhandlungsfernen Stellung der Stiftung Warentest in bezug auf die durch sie mitveranlaßten Rechtsgeschäfte folgt daher, daß sie gemäß § 249 S.I BGB nur den Vertrauensschaden zu ersetzen hat. Der Nutzer von Testinformationen ist danach gemäß § 249 S.I BGB so zu stellen, wie er stünde, wenn die gegebene Information der Wahrheit entsprechend erteilt worden wäre. 316 Dagegen ist es nicht richtig, ihn so zu stellen, wie er stünde, wenn er von der fehlerhaften Information gar nichts gehört hätte. 317 Letztere Formel, die man bezogen auf das ungültige Rechtsgeschäft in den Fällen der §§ 122 Abs.l, 179 Abs.2, 307 Abs.1 BGB verwendet, kann im Rahmen von § 249 S.l BGB für schuldhaft fehlerhafte Auskünfte nicht herangezogen werden, um den hypothetischen Vermögenszustand zu ermitteln. Denn pflichtwidrig ist nicht die Erteilung der Auskunft als solcher, sondern die Erteilung einer fehlerhaften Information. 318 Den Auskunftnehmer so zu stellen, wie wenn er die Information nicht erhalten hätte, wäre nur dann richtig, wenn der Auskunftgeber eine Pflicht zum Schweigen gehabt hätte, was aber jeden-

313 Vgl. Rengier, Abgrenzung, S.15. Das reine negative Interesse kann nur mittels Wandelung des Vertrages erreicht werden, vgl. Rengier, Abgrenzung, S.15 mwN in Fn.4. 314 Vgl. auch Gottwald, culpa in contrahendo, JuS 1982, S.877 ff., 884. 315 Ganz strikt in diesem Sinne Tiedtke, Inhalt, JZ 1989, S.569 ff., 571 f; ders., Anm. zu BGH vom 28.3.1990, VIII ZR 169/89 (BGHZ 111, S.75 = JZ 1990, S.1075), JZ 1990, S.1077 ff., 1080; ders., Banken, WM 1993, S.1228 ff., 1232. 316 BGH vom 29.11.1967, BGHZ 49, S.167 ff., 174; Wittmann in Staudinger, Rn.19 zu § 676. 317 Vgl. aber E. Schmitz, Dritthaftung, S.169; Thomas in Palandt, Rn.7 zu § 676. 318 Ähnlich Nirk, Quo vadis, FS f. Möhring II, S.9l.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

falls im Hinblick auf die Veröffentlichung von Warentestinformationen nicht zutrifft.

b) Keine Begrenzung durch das Erfüllungsinteresse

Nach herrschender Ansicht ist der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo seinem Umfang nach nicht auf das Erfiillungsinteresse an dem angebahnten Rechtsgeschäft beschränkt. 319 Eine Analogie zu §§ 122 Abs.1, 179 Abs.2, 307 Abs.l BGB wird grundsätzlich abgelehnt. 320 Dem ist auch in bezug auf die Haftung der Stiftung Warentest für fehlerhafte Testinformationen zu folgen. Denn vor allem in den Fällen, in denen die durch fehlerhafte Informationen hervorgerufenen Erwartungen der Konsumenten sich nicht in einem vertraglichen Erfüllungsinteresse niederschlagen, wäre eine Ersatzpflicht ausgeschlossen. Dies aber widerspräche dem Sinn der Warentestinformationen, die Konsumenten vor nachteiligen Geschäften zu bewahren. Im "Kühlschrank"Beispiel könnte die Stiftung Warentest dem Testnutzer also nicht entgegenhalten, daß sie maximal nur auf den Betrag hafte, den der Testnutzer während der "Lebenszeit" des (nicht energiesparenden) Kühlschrankes an Mehrkosten für Strom aufzuwenden habe, wenn diese Eigenschaft nach dem Kaufvertrag nicht zur Sollbeschaffenheit gehört. 321 Eine solche Begrenzung des Schadensersatzes muß zudem auch dann ausscheiden, wenn es dem Konsumenten nicht nur auf die Kostenersparnis an sich ankommt, sondern für ihn auch UnweItgesichtspunkte von Bedeutung sind. Hätte er bei korrekter Auskunft einen anderen Kühlschrank erwerben können, der die von dem Testnutzer gewünschten Eigenschaft des geringeren Energieverbrauchs besitzt, so muß er gemäß § 249 S.1 BGB die Möglichkeit erhalten, dieses Vorhaben noch zu verwirklichen. Kommt es dem Testnutzer dagegen nur auf die Kostenersparnis an, so kann er den Mehraufwand an Stromkosten als Vertrauensschaden geltend machen, wenn er einen energiesparenden Kühlschrank zum gleichen Preis hätte kaufen können. Denn dann stellen sich die Mehrkosten des Energieverbrauchs als Vertrauensschaden dar. Im Hinblick auf das Umweltkriterium würde die strikte 319 RG vom 22.6.1934, RGZ 151, S.357 ff., 359; BGH vom 28.10.1971; BGHZ 57, S.191 ff., 193; BGH vom 25.5.1977, BGHZ 69, S.53 ff., 56; Heinrichs in Palandt, Rn. 100 zu § 276; Larenz, SehR-AT, § 9 I 3, S.112; Vollkommer in Jauernig, Anm. 4 b zu § 276; Wiedemann in Soergel 12, Rn.185 vor § 275. Abweichend: Reinicke/Tiedtke, ZIP 1989, S.1 093 f., 1094. 320 Vollkommer in Jauernig, Anm. 4 b zu § 276. 321 Hat der Konsument es versäumt, seine Vorstellungen in den Verhandlungen offenzulegen, um gegebenenfalls eine Beschaffenheitsvereinbarung zu erreichen, so stellt sich dies u. U. als eine Frage des Mitverschuldens dar. Dazu unten S.279 ff.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

255

Begrenzung der Ersatzpflicht auf die Kostenersparnis gerade dem Zweck der Testinformationen widersprechen, die Verbraucher nicht nur auf wirtschaftliche Gesichtspunkte hinzuweisen, sondern ihnen auch ein umweltschonendes Verbraucherverhalten zu ermöglichen. Gegen eine einverständliche Schadensregulierung in der Weise, daß die Stiftung Warentest dem Testnutzer die erhöhten Kosten des Stromverbrauchs ersetzt, ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Das muß selbst dann gelten, wenn es am Markt keinen einzigen Kühlschrank gibt, der dem Testnutzer eine entsprechende Ersparnis an Energiekosten einbringen kann.

2. Ersatzfähige primäre Vermögensschäden irregeführter Testnutzer Für die Frage, ob und in welcher Höhe ein Testnutzer einen ersatzfähigen primären Vermögensschaden322 im Sinne eines Vertrauensschadens erlitten hat, kommt es zunächst darauf an, die möglicherweise eintretenden nachteiligen Vermögensfolgen einer fehlerhaften Testinformation beim einzelnen Testnutzer festzustellen. Die Ersatzflihigkeit eines Schadens hängt danach aber vor allem davon ab, ob die Einbuße im Hinblick auf den Schutzzweck der verletzten Informationspflicht der Stiftung Warentest zugewiesen werden kann.

a) Primäre Vermägensschäden infolge fehlerhafter rechtsgeschäftlicher Willensbildung Infolge von Störungen der rechtsgeschäftlichen Willensbildung entstehen primäre Vermögensschäden, wenn wirtschaftlich nachteilige Rechtsgeschäfte vorgenommen oder vorteilhafte Geschäfte unterlassen werden. 323 Auch letztere Alternative ist ein Unterfall negativen Vertrauensschutzes, 324 weil der Informationsempflinger danach so zu stellen ist, wie er stünde, wenn die Information wahrheitsgemäß erteilt worden wäre. Zunächst können also zwei Grundkonstellationen unterschieden werden:

322 Vgl. zum Begriff des Vennögensschadens ausführlich Lange, Schadensersatz,

§ I, S.27 ff., bzw. § 2 I, 51 ff. mN.

323 Willemsen, Verhältnis, AcP 182 (1982), S.515 ff., 553. 324 Wiedemann in Soergel 12, Rn.198 vor § 275 mN.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

(1) Ein Konsument erhält nicht die Gegenleistung, die fiir seine Zwecke und Bedürfnisse von Nutzen ist, obwohl ihm das erworbene Produkt durch die Testinformationen als fiir seine Zwecke geeignet beschrieben und empfohlen wurde. 325 So liegt der Fall, wenn ein Testnutzer sich aufgrund eines KfzReifen-Tests einen neuen Satz Winterreifen einer empfohlenen Marke fiir seinen Pkw anschafft und sich herausstellt, daß im Testbericht fälschlicherweise die Geeignetheit dieser Reifen für den vom Testnutzer gefahrenen Autotyp behauptet wurde. Ebenso verhält sich der Fall, daß ein Testnutzer einen konstruktionsfehlerhaften Durchlauferhitzer aufgrund einer ungerechtfertigten Testempfehlung erwirbt, der schon nach sieben Monaten nicht mehr funktioniert.

(2) Ein Konsument wird durch fehlerhafte Testinformationen überhaupt von dem Erwerb eines Gutes abgehalten, fiir das er zu einem späteren Zeitpunkt mehr Geld aufwenden muß. Die folgenden Ausfiihrungen widmen sich vorrangig den unter (I) genannten Fehldispositionen, weil die unter (2) beschriebenen Fälle praktisch kaum relevant werden dürften 326 und schadensrechtlich keine Probleme entstehen, wenn ein Testnutzer nachweisen kann, daß er zu einem späteren Zeitpunkt einen höheren Preis fiir das falsch beschriebene oder beurteilte Produkt zu zahlen hatte. Der Anspruch richtet sich dann gemäß § 249 S.l BGB schlicht auf die Erstattung des Mehrbetrages. aa) Das ex post unerwünschte Rechtsgeschäft als Vermögensschaden Beim Abschluß eines ex post unerwünschten Rechtsgeschäfts ist Anknüpfungspunkt fiir die Feststellung des Vermögensschadens der Umstand, daß die von einem Testnutzer fiir ein Gut aufgebrachten Geldmittel "frustriert" werden, weil der mit der Aufwendung der Mittel verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Es geht also nicht um die Frage, ob allein in der Störung der rechtsgeschäftlichen Willensbildung ein Vermögensschaden zu sehen ist. 327 Zweck der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest ist es, die Testnutzer in die Lage zu versetzen, sich fiir ihre zur Verfiigung stehenden Geldmittel qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Konsumgüter zu verschaffen, und/oder sie von 325 So für irreführende Werbeangaben auch Lehmann, Vertragsanbahnung, S.87. 326 Werden Testprodukte zu schlecht bewertet, werden sich in aller Regel die Her-

steller der Produkte für eine Berichtigung der Informationen einsetzen, so daß schon von dieser Seite her Druck auf die Stiftung Warentest ausgeübt wird. Wie schon oben, S.65 f., dargelegt, sind es vor allem die Fälle einer zu guten Beurteilung, die zu Fehlinvestitionen der Testnutzer führen. 327 Vgl. hierzu Mertens in Soergel 12 , Rn. \07 ff. vor § 249.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

257

dem Erwerb schlechter und überflüssiger Güter abzuhalten. Wird dieser Zweck verfehlt, kann von einer "Vermögensfunktionsstörung"328 gesprochen werden, die zugleich Vermögensschaden ist. Nach dem herrschenden Verständnis des Vermögensschadens ist ein Schaden objektiv unter Berücksichtigung der Situation des Geschädigten zu bestimmen. 329 Danach kann der Abschluß eines Vertrages aufgrund fehlerhafter Willensbildung einen materiellen Schaden verursachen, wenn die entgeltlich erworbene Gegenleistung objektiv für die individuellen Zwecke des Irregeführten ganz oder teilweise unbrauchbar ist. 330 Dies gilt auch dann, wenn der Marktwert der Gegenleistung dem gezahlten Entgelt entspricht, also nach der remen Differenzbetrachtung33I eine Einbuße nicht entstanden ist. 332 Dem Irregeführten soll nichts aufgedrängt werden, was er bei richtiger Information nicht unter Vermögensaufwendungen angeschafft hätte. 333 Gerade in der fruchtlosen Aufopferung von (Geld-) Mitteln liegt die materielle Beeinträchtigung. 334 Niemand wird bestreiten wollen, daß die Konsumenten in dem angeführten "Reifen"-Beispiel und dem "Durchlauferhitzer"-Beispiel einen Vermögensschaden erleiden. In Fällen, in denen die Gegenleistung fur den Testnutzer vollkommen nutzlos ist, kann daher von einem materiellen Schaden in Höhe des von dem Testnutzer gezahlten Entgelts ausgegangen werden. Schwieriger liegen die Dinge hingegen bei nur eingeschränkter Tauglichkeit wie beim "Blutzuckermeßgerät"-Fall. Zur Erinnerung: Ein Blutzuckermeßgerät besitzt die Fähigkeit, mehr als einhundert Meßwerte zu speichern. Im vergleichenden Warentest wird es gerade auch deswegen mit "sehr gut" bewertet. Für den Konsumenten abrufbar sind aber nur zehn Meßwerte, die übrigen nur mit 328 Begriff bei Mertens, Begriff, S.158 ff., 216 f. 329 Vgl. Larenz, SehR-AT, § 29 I b), S.482/483 mwN in Fn.8; Lange, Schadensersatz, § I III 2, S.42 f. 330 Lange, Schadensersatz, § I III 2, S.42; Lehmann, Vertragsanbahnung, S.276 ff.; Schumacher, Vertragsaufhebung, S.118; Wittmann in Staudinger, Rn.19 zu § 676. BGH zu § 263 StGB: Urteil vom 16.8.1961, BGHSt 16, S.321 ff.; Urteil vom 18.7.1961, BGHSt 16, S.220; Urteil vom 16.7.1970. BGHSt 23, S.300 ff. 331 Nach Mommsen, Zur Lehre vom Interesse, Beiträge zum Obligationenrecht, 1855, S.3 ff. 332 Lehmann, Vertragsanbahnung, S.282. 333 Lange (Schadensersatz, § I III 2, S.43) will entsprechend den Grundsätzen über die aufgedrängte Bereicherung verfahren. 334 BGH vom 26.3.1953, NJW 1953, S.836; OLG Köln vom 2.11.1971, NJW 1972, S.497; aus der strafrechtlichen Rspr. BGH vom 18.7.1961, NJW 1961, 1826 f.; Lange, Schadensersatz, § I III 2, S.42 f. 17 Boecken

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

einem teuren Zusatzgerät, worauf der Testbericht nicht hinweist. 335 In diesem Fall ist das Gerät für den Testnutzer nicht vollkommen nutzlos. Doch die berechtigten Erwartungen des Testnutzers, der ein solches Gerät kauft, werden nicht (voll) erfüllt. Auch bei derartigen Sachverhalten kann von einem Vermögensschaden ausgegangen werden. 336 Vor allem dann, wenn der Konsument ein Gerät mit der Speicherkapazität von 10 Meßdaten preiswerter hätte erwerben können. Das Vorliegen eines materiellen Schadens kann nur bezweifelt werden, wenn der Testnutzer einen Preis gezahlt hat, der dem Wert des erhaltenen Meßgerätes bei Abrufbarkeit von nur IODaten entspricht, also rein rechnerisch keine Einbuße im Vermögen eingetreten ist. 337 Dies wird beim Erwerb neuer Produkte schon deshalb kaum der Fall sein, weil - darauf weist Lehmann für die Haftung aus culpa in contrahendo wegen irreführender Werbeangaben zu Recht hin - die Ware in den Händen des Konsumenten nicht den Wiederverkaufswert hat, der ihr beim Händler zukommt. 338 Allein die Vermögensdifferenzbetrachtung wird aber dem Anliegen des testnutzenden Verbrauchers und dem Zweck der Testinformationen nicht gerecht. Der Konsument soll für sein Geld das Gut erhalten, das für ihn von größtem Nutzen ist. Kann er sich etwa für gleiches Geld ein Meßgerät kaufen, bei dem mehr als die zehn Meßdaten abrufbar sind, so hat er mit der Anschaffung des ersten Meßgerätes das mit den Testinformationen angestrebte Ziel verfehlt. Der Verlust an Geldmitteln trotz wertgerechter Gegenleistung ist im Hinblick auf den Schutzzweck der verletzten Informationspflicht als Vermögensschaden zu qualifizieren. 339 Vor allem im Hinblick auf den dargelegten Haftungsgrund der Gewährleistung eines möglichst sicheren und reibungslosen Güteraustausches340 muß das nicht bedarfsgerechte Konsumgeschäft infolge irreführender Testangaben als Vermögensschaden angesehen werden. Lehmann hat zutreffend ausgeführt, daß die Zivilrechtsordnung mit einem rein objektiven, wertbezogenen Schadensbegriff dazu beitragen würde, daß Konsumgüter fehlplaziert blieben, wenn dem irregeführten Konsumenten kein Rechtsbehelf für den bedarfsgerechten Einsatz seiner Geldmittel zur Verfügung stünde. 341 Gerade das Streben der Stiftung Waren test, den Konsumgüterverkehr insgesamt durch Erhöhung von Markttrans335 Vgl. Leserbrief vom Dieter Schwalbach, "test" 3/94, S.I 0 I /I 02. 336 Lange, Schadensersatz, § 1 III 2, S.42 f. 337 Vgl. Tiedtke, Banken, WM 1993, S.1228 ff., 1232 mN in Fn.20; ders., Anm. zu BOH vom 28.3.1990, VIII ZR 169/89 (BOHZ 111, S.75 = JZ 1990, S.1075), JZ 1990, S.1077 ff., 1079; ders., Inhalt, JZ 1989, S.569 ff., 570. 338 Lehmann, Vertragsanbahnung, S.282. 339 So auch Lehmann a.a.O., S.282 f., für fehlerhafte Werbeangaben. 340 Siehe oben S. 142 ff. 341 Lehmann a.a.O., S.283.

III. Inhalt und Umfang des Sehadensersatzanspruehs

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parenz ZU verbessern, läßt die gesamtökonomische Betrachtung, die Lehmann rur die Gefahren irreruhrender Werbung vornimmt, noch treffender erscheinen als dort. Denn Werbeinformationen sind im Gegensatz zu den Testinformationen der Stiftung Warentest von vornherein nicht auf die Schaffung von Markttransparenz, d.h. auf die Förderung des gesamten Güterverkehrs, angelegt, sondern auf die Förderung von individuellen Anbieterinteressen. Das bedeutet, daß die Zielvorgabe der Warentestinformationen, den bedarfsgerechten Güteraustausch zu fördern, erst recht die Anerkennung eines Vermögensschadens auch dann gebietet, wenn der Testnutzer zwar eine objektiv wertgerechte, aber subjektiv nicht oder nur teilweise bedarfsgerechte Gegenleistung erhalten hat. Ein ex post ungewolltes Rechtsgeschäft liegt auch dann vor, wenn es einem Konsumenten (nur) darauf ankam, das Produkt zu erwerben, welches von der Stiftung Warentest als das (insgesamt) beste getestet wurde. Stellt sich heraus, daß die Gesamtbeurteilung ungerechtfertigt war, so hat der Testnutzer sein Ziel schon deshalb (zum Teil) verfehlt. Selbst wenn das Produkt rur seine Zwecke tauglich ist und keine Mängel aufweist, hat der Testnutzer eine Fehldisposition vorgenommen, weil er nicht das nach Maßstäben der Stiftung Warentest beste Produkt erworben hat. Im Hinblick auf den Zweck der Warentestinformationen, Markttransparenz im Interesse einer wirtschaftlichen Verwendung der Geldmittel zu schaffen, ist es auch in einem solchen Sachverhalt folgerichtig, den Konsumenten in den hypothetischen Vermögenszustand gemäß § 249 S.l BGB zu versetzen, damit er das von ihm angestrebte Ziel (noch) erreichen kann. Erwirbt ein Testnutzer etwa aufgrund eines Testberichts über Rasenmäher das Gerät, das als einziges mit der Note "sehr gut" bewertet wird, weil es dem Verbraucher gerade darauf ankommt, das nach Darstellung der Stiftung Warentest beste Fabrikat zu kaufen, so steht ihm ein Ersatzanspruch zu, wenn sich herausstellt, daß die beste Bewertung einem anderen Fabrikat gebührt, weil die Testdaten der beiden Fabrikate versehentlich vertauscht wurden.

bb) Im Zusammenhang mit der Fehldisposition stehende Aufwendungen als Vermögensschaden Primäre Vermögensschäden der Testnutzer können auch in Aufwendungen bestehen, die eingesetzt werden, um das Rechtsgeschäft abzuschließen oder in den vollen Genuß des erworbenen Gutes zu kommen. Stellen sich diese Kosten ex post als unnütz dar, hat der Irreruhrte auch insoweit einen Vertrauensschaden erlitten. 342 Zu solchen Aufwendungen gehören beispielsweise Fahrtkosten oder Installationskosten. Im Grunde handelt es sich dabei um denselben Scha342 Vgl. BGH vom 12.10.1993, NJW 1994, S.663 ff., 664; Larenz, SehR-AT, § 9 I 3,S.113. 17'

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

denstyp, der auch schon oben (aa.) beschrieben wurde. Der einzige, aber für die Ersatzfähigkeit nicht relevante Unterschied liegt darin, daß die Infonnationen der Stiftung Warentest sich nicht unmittelbar auf diese "Begleitgeschäfte" beziehen, Art und Umfang der "Begleitkosten"343 vielmehr stärker von den individuellen Gegebenheiten in der Sphäre des Testnutzers abhängen: so etwa von seiner Wohnlage oder etwa seinen handwerklichen Fähigkeiten, soweit Installationen für die Verwendbarkeit des erworbenen Produkts notwendig sind. 344

ce) Entgangener Gewinn (§ 252 BGB) Entgangene Rendite als Schadensposten kann der Testnutzer geltend machen, wenn er darlegt und nachweist, daß er das fehl investierte Geld anderweitig profitabel angelegt hätte. Ein solcher Schaden wird regelmäßig nur bei größeren Geldbeträgen, die verkehrsüblicherweise verzinslich angelegt werden, eintreten. Doch ist es keinem Testnutzer genommen, nachweisbar entgangene Zinsen auch bei kleineren Summen geltend zu machen.

b) Adäquate Kausalität des geltend gemachten Schadens Es bedarf kaum einer Erwähnung, daß es an der Ersatzfiihigkeit eines geltend gemachten Schadens dann fehlt, wenn die Vennögenseinbuße nicht adäquat kausal durch die fehlerhafte Infonnation hervorgerufen wurde. Dabei ist nicht erforderlich, daß die Fehlerhaftigkeit der entscheidende Faktor fur die Willensbildung war. Es genügt, daß die falsche/unvollständige Infonnation die nachteilige Entscheidung mitverursacht hat. 345 Eine adäquate Verursachung zwischen Fehlinfonnation und Schaden ist anzunehmen, wenn der Auskunftempfiinger das ex post unerwünschte Rechtsgeschäft bzw. die Begleitgeschäfte bei gehöriger Unterrichtung nicht346 oder 343 Es wird bewußt vermieden, in diesem Zusammenhang von "Begleitschaden" zu sprechen, da dieser Begriff in der Dogmatik zur positiven Vertragsverletzung im Sinne von "Mangelfolgeschaden" besetzt ist und die hier in Rede stehenden erhöhten Aufwendung mit Mangelfolgeschäden nichts gemein haben (vgl. Larenz, SehR-AT, § 24 I, S.364). 344 Siehe unten S.274 f. zum Umfang des Ersatzes von Aufwendungen. 345 Vgl. BGH vom 26.10.1959, WM 1959, 1458; BGH vom 10.7.1964, WM 1965, S.150 [= BB 1965, S.184]; für die Prospekthaftung Assmann, Prospekthaftung, S.360 mN. 346 BGH vom 28.3.1990, BGHZ 111, S.75 ff., 81 mN; BGH vom 25.11.l981, NJW 1982, S.1095 ff., 1096.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

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nicht s0347 getätigt hätte. Steht Z.B. fest, daß ein Testnutzer seine Willensbildung nur auf die Gesamtbeurteilung gestützt hat, weil er den Testbericht selbst nicht gelesen, nur überflogen oder durch Anbieterwerbung von der Beurteilung Kenntnis erlangt hat, so fehlt es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem nachteiligen Rechtsgeschäft des Testnutzers, wenn sich die Fehlerhaftigkeit des Testberichts nicht in der Gesamtbewertung des Produkts niedergeschlägt. 348 Gleiches gilt, wenn es dem Testnutzer nur darauf ankam, ein im Bereich Sicherheit mit "sehr gut" bewertetes Produkt anzuschaffen, die Fehlerhaftigkeit des Testberichts aber die technische Ausstattung des gekauften Produkts betrifft. Diese Fälle werden kaum praktisch werden, da ein Testnutzer, der Schadensersatz geltend macht, einen solchen Verlauf der Willensbildung kaum darlegen wird. Damit ist das Problem angesprochen, daß der Testnutzer einen Fehler des Testberichts, der rur seine Willensbildung tatsächlich nicht erheblich war, zum Anlaß nimmt, um die Folgen eines aus anderen Gründen unliebsamen Geschäfts auf die Stiftung Warentest abzuwälzen. Ein derartiger Mißbrauch läßt sich allenfalls über beweisrechtliche Anforderungen 349 eingrenzen, völlig auszuschließen ist er bei Warentestinformationen ebensowenig wie in anderen Bereichen der Informationshaftung. 350

c) Der Schutzzweck der Informationspflicht als normatives Korrektiv Der geltend gemachte Schaden muß im Schutzbereich der verletzten Informationspflicht liegen. 351 Dies hat der BGH ausdrücklich für die Haftung wegen Auskunftspflichtverletzung hervorgehoben. 352

347 Vgl. BGH vom 8.12.1988 (Feuertreppe), NJW 1989, S.1793 ff., 1794; dazu Tiedtke, Inhalt, JZ 1989, 569 ff. 348 Vgl. den Test von Nadeldruckem "test" 9/93, S.22 ff., bei dem die Stiftung Warentest später einen Fehler einräumte, der aber nach Meinung der Testveranstalterin auf das Gesamtergebnis keinen Einfluß hatte ("test" 12/93, S.3). 349 Hierzu unten S.293 ff. 350 Vgl. für die Prospekthaftung BGH vom 5.7.1993, BGHZ 123, S.106 ff., 114. 351 Brüggemeier, DelR, Rn.460; Grunewald, Beweisverteilung, ZIP 1994, S.1162 ff. mwN in Fn.31; G. Müller, Informationspflichten, S.204; Wiedemann in Soergel 12 , Rn.183 vor § 275. 352 BGH vom 3.12.1991, BGHZ 116, S.209ff., 212; BGH vom 5.7.1993, NJW 1993, S.2865 ff. [= ZIP 1993, S.1467 = JuS 1994, S.77 (Emmerich)]. Vgl. auch OLG Köln vom 17.9.1993, NJW-RR 1994, S.91 f.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

In Hinblick auf die Schutzzwecklehre lassen sich grundsätzlich zwei Einschränkungen unterscheiden. Der Schutzzweck kann bei wertender Betrachtung einerseits zu einem gänzlichen Haftungsausschluß führen [unten aa.], andererseits lediglich beschränkende Wirkung hinsichtlich des Umfangs eines geltend gemachten Schadens entfalten [unten bb.].

aa) Haftungsausschluß wegen Schutzzweckverfehlung Eine haftungsausschließende Wirkung kommt erstens dann zum Zuge, wenn der Zweck der Inforrnationsptlicht verfehlt wird, weil der irregeführte Testnutzer (mangels Schadens) keines schadensersatzrechtlichen Schutzes gegenüber der Stiftung Warentest bedarf. Zweitens ist die Haftung zu versagen, wenn er zwar des Schutzes in Hinblick auf eine Vermögenseinbuße bedürfte, aber die Risiken, die zum Schaden geführt haben, nicht vom Schutzbereich erfaßt werden.

(1) Haftungsausschluß bei Bestehen von Rechten au/negativen oder positiven Vertrauensschutz aus dem ex post unerwünschten Rechtsgeschäft

In den meisten Fällen einer Irreführung durch Warentestinformationen wird sich der Irrtum des Testnutzers nur auf der Motivationsebene auswirken mit der Folge, daß die irrigen Erwartungen des Testnutzers das Rechtsgeschäfts inhaltlich nicht berühren. Sind die Produkterwartung eines Konsumenten und die Sollbeschaffenheitsvereinbarung etwa in einem Kaufvertrag inkongruent, liegt im Fehlen der aufgrund der Testinformation erwarteten Beschaffenheit der Sache/Leistung keine Schlechterfüllung seitens des Vertragspartners. Dies gilt etwa für das erwähnte "Reifen"-Beispiel, wenn der Käufer nicht deutlich macht, für welchen Wagentyp er die Pneus verwenden will. Der Verkäufer hat keinen Anlaß anzunehmen, der Käufer wisse nicht, was er tue. Gleiches gilt im "Kühlschrank"-Fall: Verbraucht der Kühlschrank ebensoviel Energie wie andere Geräte, ist dies nur dann ein Fehler der Kaufsache, wenn der niedrige Energieverbrauch zur vertraglichen Sollbeschaffenheit erhoben wurde. Anderenfalls scheiden Ansprüche aus §§ 459 ff. BGB gegen den Verkäufer aus. Der Käufer kann sich dann nur an die Stiftung Warentest als für die Fehldisposition verantwortlich wenden. Bezieht sich die durch die Testinformation hervorgerufene Fehlvorstellung dagegen auf die Sollbeschaffenheit der erworbenen Sache/Leistung, so stehen dem Testnutzer regelmäßig gegen den Verkäufer/Anbieter vertragliche Gewährleistungs- oder Schadensersatzrechte zu.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

263

Ein solcher Sachverhalt setzt nicht unbedingt voraus, daß der Testnutzer seine Vorstellungen in die Vertragsverhandlungen ausdrücklich einbringt. Auch ohne besondere Erwähnung in den Verhandlungen können sich durch Warentests hervorgerufene Fehlvorstellungen auf die Sollbeschaffenheit einer Leistung beziehen. Für klassische Warentests ist dies am häufigsten beim Qualitätsmerkmal "Sicherheit" zu erwarten. Gleichermaßen kann dies aber auch in bezug auf technische Eigenschaften vorkommen. So gehört die Funkentstörtheit beim Erwerb elektrischer Geräte zu der nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten gewöhnlichen Beschaffenheit. Treten Funkstörungen beim Betrieb eines gekauften Gerätes auf, stellt diese Beschaffenheit einen Fehler im Sinne des § 459 Abs.l BGB dar. Enthält der Testbericht die wahrheitswidrige Behauptung, die empfohlene Produktmarke erfülle die Anforderungen der Funkentstörungsprüfung, so bezieht sich die Fehlinformation auf einen Fehler der Kaufsache. In einer derartigen Konstellation ist die Anerkennung eines Vermögensschadens aus normativen Gründen solange und soweit zu versagen, wie dem irregeführten Verbraucher Rechte aus dem Verhältnis zu seinem Vertragspartner zustehen, mittels derer er sich von den Folgen des Rechtsgeschäfts lösen kann, etwa durch Rücktritt bzw. Wandelung. Falls er an dem Geschäft festhalten will, gilt entsprechendes für Ansprüche auf Vertragsanpassung (Minderung) oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dogmatisch ließe sich diese Betrachtungsweise auch mit dem Grundsatz der (einseitigen) "Vorteilsausgleichung"353 verbinden, wenn man die aufgrund des Abschlusses des Rechtsgeschäfts entstehenden Ansprüche als im Verhältnis zur Stiftung Warentest anrechenbaren vermögenswerten Vorteil betrachtete. 354 Stellt man aber schlicht darauf ab, daß der Konsument aufgrund der fehlerhaften Testinformationen nicht der Gefahr ausgesetzt sein soll, durch die Bindung an ein nachteiliges Rechtsgeschäft einen Vermögensschaden zu erleiden, so fehlt es schon von vornherein an einem Schaden, wenn er sich aufgrund des Rechtsgeschäftes vor den nachteiligen Folgen aus eigener Rechtsrnacht bewahren kann. Unabhängig davon, ob man hier mit den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung argumentiert oder den Schaden normativ betrachtet, gebietet der Schutzzweck der verletzten Informationspflicht, den Anspruch des Testnutzers 353 Grundlegend Oertmann, Vorteilsausgleichung beim Schadensersatzanspruch im römischen und deutschen bürgerlichen Recht, 190 I; Selb, Schadensbegriff, S.22; Lange, Schadensersatz, § 9, S.483 ff. 354 Selb (Schadensbegriff, S.22) weist zutreffend darauf hin, daß die Anrechnung von Vorteilen, die in einer weiteren (Schadens)Ersatzptlicht liegen, immer zugleich zwei Schadensberechnungen zum Gegenstand haben muß. Ebenso Lange, Schadensersatz, § 9 I I, S.483 f.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

gegen die Stiftung Warentest solange mangels Schaden zu versagen, wie sich der Konsument aus eigenem Recht gegenüber seinem Geschäftspartner von den vertraglichen Folgen befreien kann. Zu Recht weist Grunsky darauf hin, daß auch die Frage einer Vorteilsausgleichung vom Zweck der verletzten Norm her zu beantworten ist. 355 Haben die Parteien des Kaufvertrages im "Kühlschrank"-Fall den geringen Energieverbrauch des Gerätes zur Sollbeschaffenheit erhoben, könnte der Testnutzer die Gewährleistungsrechte aus §§ 459, 462 BGB oder u. U. aus § 463 S.l BGB geltend machen. Setzt der Konsument die Rechte durch, steht er danach - jedenfalls in bezug auf das Rechtsgeschäft selbst - nicht schlechter, als er bei wahrheitsgemäßer Information durch die Stiftung Warentest stünde. Nun mag es verwundern, daß derjenige, der schuldhaft die Fehldisposition eines Auskunftsadressaten verursacht, nur dann dafür einstehen soll, wenn der Auskunftsadressat nicht anderweitige, gegebenenfalls verschuldensunabhängige "Ersatzmöglichkeiten", wie etwa die Rechte aus §§ 459, 462 BGB, besitzt. Doch diese Vor- bzw. Nachrangigkeit ist im Bereich der (richterlichen) Rechtsfortbildungen nichts Außergewöhnliches. Positiv-rechtliche Lösungen durch konkurrierende, auf Rechtsfortbildung beruhende Ansprüche zu erweitern, widerspricht der Aufgabe der Rechtsfortbildung. Nur soweit das Gesetz "unvollständig" ist und sich ein Regelungsbedürfnis zeigt, kann mit rechts fortbildenden Maßnahmen "geholfen" werden. 356 Dies läßt sich an zwei bekannten Beispielen von Rechtsfortbildungen im quasi-vertraglichen Haftungsrecht veranschaulichen. Schon oben wurde dargelegt,357 daß eine Haftung des Verkäufers auf Ersatz des Mangelschadens aus culpa in contrahendo seitens der h. M. abgelehnt wird. Die maßgeblichen Argumente dafür sind, daß zum einen das Gesetz in §§ 459 ff. BGB - speziell § 477 BGB - hinsichtlich des Mangelschadens eine abschließende Regelung enthalte, die durch ein auf Rechtsfortbildung beruhendes Institut nicht umgangen werden dürfe. 358 Zum anderen bedürfe der Käufer keines weiteren Schutzes, da ihm mit Wandelung und Minderung (§§ 459, 462 BGB) vertragliche Rechte zur Verfügung stünden. 359 Man mag sicher über die in diesen Argumenten liegenden Prämissen streiten, gleichwohl zeigt die Argumentation, daß im Grundsatz - und dies ist unstreitig - die culpa in contra-

355 In MünchKomm 3, Rn.95 vor § 249. 356 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S.41 0 ff. 357 Siehe oben S.252 ff. 358 BGH vom 14.10.1994, NJW 1995, S.45 ff., 46 [= ZIP 1995, S.37]. 359 Wiedemann in Soergel 12, Rn.252 vor § 275.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

265

hendo als gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung360 durch das positive Recht und die aus ihm begründeten subjektiven Rechte der Anspruchsteller zu beschränken ist. Die hier vertretene Ansicht, daß es sich bei der Haftung der Stiftung Warentest um einen subsidiären Haftungstatbestand handelt, läßt sich am ehesten361 in Parallele zu den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verstehen. 362 Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Einstandspflicht des Schuldners gegenüber einem (geschädigten) Dritten aus, wenn diesem eigene inhaItsgleiche (vertragliche) Ansprüche gegen den Gläubiger der vertraglichen Leistung zustehen, die sein Interesse befriedigen. 363 Über das Kriterium der "Schützbedürftigkeit des Dritten"364 wird bei einer solchen Rechtslage die Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages verneint. 365 Einschränkend wird allerdings vorausgesetzt, daß die Ansprüche des Dritten nicht nur auf Ausgleich desselben Interesses gerichtet sind, sondern auch die gleichen V oraussetzungen haben. 366 Überträgt man letztere Beschränkung auf das Zusammentreffen von Gewährleistungsansprüchen des Testnutzers gegen den Verkäufer einerseits und den Schadensersatzanspruch gegen die Stiftung Warentest andererseits, müßte auf den ersten Blick von einem Konkurrenzverhältnis ausgegangen werden, weil die Gewährleistungsansprüche als verschuldensunabhängige Rechte eben an andere Voraussetzungen geknüpft sind und darüber hinaus auch noch zumindest in bezug auf § 463 S.I BGB - anderen Inhalts sein können. Doch die 360 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S.422 ff. 361 Um Mißverständnisse zu vermeiden, soll ausdrücklich gesagt sein, daß der Vertragspartner eines Testnutzers nicht als "Gläubiger" der Testinformation gesehen werden kann, so daß insoweit der Vergleich ein wenig "hinkt". 362 Vgl. Larenz, SehR-AT, § 17 11, S.224 ff. Aus ähnlichen Erwägungen wird auch eine Schadensliquidation im Drittinteresse verneint, wenn dem geschädigten Dritte nur wegen Freizeichnung seines Vertragspartners eigene Ansprüche gegen diesen nicht zustehen: Mertens in Soergel 12 , Rn.258 vor § 249. 363 BGH vom 15.2.1978, BGHZ 70, S.327 ff., 329 f.; BGH vom 28.4.1994, NJW 1994, S.2231 f. 364 Gottwald in MünchKomm3, Rn.92 zu § 328; Vollkommer in Jauernig, Anm.2 b) dd) mwN. 365 BGH vom 15.2.1978, BGHZ 70, S.327ff., 329f.; Vollkommer in Jauernig, Anm.2 b) dd). 366 BGH vom 15.12.1992, NJW 1993, S.655 ff., 656; Gottwald in MünchKomm 3, Rn.92 zu § 328.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Einschränkung des Drittschutzes über die Voraussetzungs- und Rechtsfolgenidentität der Anspruchsgrundlagen kann auch dahin verstanden werden, daß nur "schwächere" Ansprüche des Dritten (= Testnutzer) die Schützbedürftigkeit nicht entfallen lassen. Darunter sind solche Rechte zu verstehen, die an strengere Voraussetzungen geknüpft sind und/oder inhaltlich weniger Schutz bieten als die Dritthaftung. Beides trifft aber etwa auf die Gewährleistungsrechte aus §§ 459 ff. BGB im Verhältnis zu dem Schadensersatzanspruch gegen die Stiftung Warentest aus dem gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis nicht zu. Zum einen hängen Wandelung, Minderung und Schadensersatz nach § 463 S.l BGB nicht von einem Verschulden des Verkäufers ab. Zum anderen reichen sie von den Rechtsfolgen her ebensoweit oder weiter. Denn sie sind entweder auf Rückabwicklung des Vertrages, Minderung des Kaufpreises oder auf das positive Vertragsinteresse gerichtet. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Haftung auf das Vertrauensinteresse bei der Auskunftshaftung sei nicht durch das Erfilllungsinteresse beschränkt, der Anspruch aus der Informationshaftung gehe daher weiter als etwaige Gewährleistungsansprüche des Konsumenten aus §§ 459 ff. BGB. Soweit es um Einbußen geht, die der Konsument aufgrund vertraglicher Rechte von seinem Vertragspartner nicht ersetzt verlangen kann, fehlt es schon an einer Konkurrenzlage. Ein Konkurrenzproblem stellt sich nur, soweit die Vermögenseinbußen des Testnutzers sowohl durch Ansprüche gegen den Vertragspartner als auch durch Ansprüche gegen die Stiftung Warentest erfaßt würden. Ist der Schutzbereich der Gewährleistungsrechte enger, weil Vertrauensschäden nur in geringerem Umfang (etwa § 467 S.2 BGB) ersetzt werden,367 geben diese Ansprüche den Bereich der Überlagerung vor. Bei darüber hinausgehenden Vertrauensschäden, für die seitens der Stiftung Warentest Ersatz zu leisten ist, haftet sie uneingeschränkt. Dieser Fall ist z.B. für Installationskosten denkbar, falls ein Konsument solche Kosten gemäß § 467 S.2 BGB nicht ersetzt verlangen kann. 368 Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht - insbesondere Wandelung und Minderung - ist somit an weniger strenge Voraussetzungen geknüpft und gewährt dem Konsumenten zumindest negativen Vertrauensschutz. Es enthält

367 Zum Umfang des Vertrauensschadensersatzes aus § 467 S.2 BGB, vgl. BGH vom 9.3.1983, BGHZ 87, S.\04 ff., \08; ferner die Kommentierung von U. Huber in Soergel 12, Rnrn.\03 ff. zu § 467. 368 Vgl. zu den Voraussetzungen des Ersatzes von Montage- und Installationskosten gemäß § 467 S.2 Grunewald in Erman, Rn.9 zu § 467; U. Huber in Soergel 12, Rn.11 0 zu § 467.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

267

mithin die "stärkeren" Rechte, so daß in seinem Anwendungsbereich für die Auskunftshaftung der Stiftung Warentest allenfalls dann Bedarf ist, wenn diese Rechte wegen Vermögenslosigkeit, Haftungsausschlüssen oder Verjährung undurchsetzbar sind. 369 Die "Enthaftung" der Stiftung Warentest im Verhältnis zum haftenden Vertragspartner entspricht damit zum ersten dem Grundsatz, daß Rechtsfortbildungen dort ihre Grenze finden, wo das geschriebene (Haftungs-)Recht angemessene Regeln bereithält (= Auffangtatbestand). Zum zweiten entspricht diese Risikoverteilung dem Gedanken der konkreten Beherrschbarkeit, weil der Testnutzer aufgrund seiner engen Verbindung zum Vertragsgegenstand und partner "näher daran" ist, die Vertragsgemäßheit der Leistung zu prüfen und im Falle einer SchlechtIeistung seine Rechte geltend zu machen. ließe man diesen Gesichtspunkt außer acht, würden tendenziell Anreize für einen unkritischen Umgang mit Waren und Leistungen gesetzt, weil die Verbraucher, die im Vertrauen auf Testinformationen ein Produkt erwerben oder eine Leistung in Anspruch nehmen, sich bei Enttäuschung der Erwartungen im Zweifel an die Stiftung Warentest halten könnten. Damit würde gerade ein Zweck der Testinformationen, nämlich die Kritikflihigkeit und Aufmerksamkeit der Testnutzer im geschäftlichen Verkehr zu erhöhen, konterkariert. Die Testinformationen sollen dem Testnutzer zwar eine bedeutende Hilfe im rechtsgeschäftlichen Alltagsleben sein. Soweit der Konsument aber Risiken in bezug auf abgeschlossene Rechtsgeschäfte selbst veranlaßt oder zu beherrschen vermag, bedarf er keines Haftungsschutzes seitens der Stiftung Warentest. Schließlich - und auch dies ist bei wertender Betrachtung wesentlich - wird durch die Haftungsbegrenzung dafür gesorgt, daß mangelhafte Waren primär in der Absatzkette an denjenigen zurückgeführt werden, der sie in den Verkehr gebracht hat, ohne daß der kostenträchtige Umweg über einen Zessionsregreß (§ 255 BGB analog) oder Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB) zwischen der Stiftung Warentest und dem Vertragspartner beschritten werden müßte. Es bleibt festzuhalten, daß alle adäquat-kausalen Dispositionen eines irregeführten Testnutzers nur insoweit einen ersatzflihigen Vermögensschaden darstellen, wie der Konsument nicht aufgrund eigener Rechte gegen seinen Geschäftspartner die hypothetische Vermögenslage, die ohne die Fehlinformation bestehen würde, herbeifilhren kann.

369

Hierzu unten S.271 ff.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

(2) Rechtslage bei Insolvenz des Vertragspartners sowie bei Ausschluß oder Verjährung vertraglicher Rechte Der Eintritt eines Schadens beim Testnutzer läßt sich schlechterdings nicht leugnen, wenn dem Testnutzer die Durchsetzung seiner Rechte im Verhältnis zum Vertragspartner unmöglich ist oder wird. Die Unmöglichkeit kann auf der Insolvenz des Vertragspartners beruhen, sie kann sich aus einem gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsausschluß ergeben oder durch den Ablauf der einschlägigen (kurzen) Verjährungsfristen bedingt sein. Die folgenden Ausruhrungen werden zeigen, daß die Stiftung Warentest nur in sehr beschränktem Maße fur die auf diese Weise eintretenden Vermögensschäden haftbar gemacht werden kann.

(a) Insolvenz des Vertragspartners In einem klassischen Warentest beziehen sich die Informationen nur auf Qualitäts- und Beschaffenheitsmerkmale der getesteten Waren. Auszuscheiden sind damit Risiken, die mit der Produktqualität nichts zu tun haben. Dazu gehören insbesondere Risiken, die sich aus der Person des Vertragspartners ergeben. Das gilt nicht nur rur dessen anfängliche Leistungsfähigkeit, sondern vor allem auch rur die Durchsetzbarkeit vertraglicher Rechte. Selbst wenn eine fehlerhafte Information zum Erwerb eines mangelhaften Produkts gefuhrt hat, ist es nicht Sinn und Zweck der Testinformationen, den Testnutzer vor der Undurchsetzbarkeit seiner Gewährleistungsrechte wegen Insolvenz des Vertragspartners zu schützen. Genau dieses Ergebnis würde aber erzielt, wenn die Stiftung Warentest und der Vertragspartner einer gesamtschuldnerischen Haftung gemäß § 421 S.l BGB unterworfen würden oder der Testnutzer von der Stiftung Warentest Ersatz gegen Abtretung seiner vertraglichen Rechte (analog § 255 BGB) verlangen könnte. Über das Institut der Gesamtschuld wie auch über den Zessionsregreß (§ 255 BGB) werden letztlich Insolvenzrisiken verteilt. 370 Bestünde zwischen einem Vertragspartner und der Stiftung Warentest eine Gesamtschuld, so trüge die Stiftung Warentest rur den gemäß § 426 Abs.l bestimmten Ausgleich und die nach Abs.2 übergegangenen Rechte das Liquidationsrisiko. Gleiches ergäbe sich bei Bejahung eines Zessionsregresses im Hinblick auf die zedierten Ansprüche. Da sich die Testinformationen aber nicht auf die Bonität der potentiellen Vertragspartner des Konsumenten beziehen, darf der Schutzbereich der 370 Siehe für die Gesamtschuld Selb, Mehrheit, § 5 I, S.26/27; ders. in MünchKomm 3, Rn.3 zu § 421; für die Regeln der gestörten Gesamtschuld, Hager, Mitverschulden, NJW 1989, S.1640 ff., 1645; ganz deutlich zu § 255 BGH vom 26.1.1989, BGHZ 106, S.3 \3 ff., 321; Selb in Staudinger, Rn.4 zu § 255.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

269

Pflichten auch nicht durch die Anordnung einer Gesamtschuldnerschaft oder über die Eröffnung des Zessionsregresses im Verhältnis des Vertragspartners und der Stiftung Warentest erweitert werden. Diese Wertung stellt die Fortruhrung des Gedankens dar, der oben schon zur Ablehnung eines Schadens herangezogen wurde, soweit dem Testnutzer eigene Rechte gegen seinen Vertragspartner zustehen. Der Gefahrbeherrschungsaspekt wird auch hier wieder erkennbar: Das Risiko der Undurchsetzbarkeit von Gewährleistungsrechten wegen Vermögenslosigkeit des Vertragspartners wird nicht durch Testinformationen der Stiftung Warentest geschaffen, und Angaben über die Bonität bestimmter Anbieter sind nicht Gegenstand von Produktinformationen. Das gilt auch für Preisvergleiche oder Dienstleistungstests. Zwar läge es hier näher, der Stiftung Warentest auch das Risiko der Vertragspartnerwahl aufzuerlegen, wenn sie rur ein konkretes Gebiet - etwa Berlin - bestimmte Anbieter empfiehlt. Soweit sich die Testinformationen aber nicht auf die Solvenz der Anbieter beziehen, sondern nur vergleichende Angaben über die Qualität und den Preis der angebotenen Güter enthalten, muß das Insolvenzrisiko auch bei diesen Testformen bei dem Konsumenten bleiben, selbst wenn die Willensbildung der Konsumenten auch im Hinblick auf die Auswahl eines konkreten Anbieters beeinflußt wird. Hinsichtlich des Insolvenzrisikos unterscheidet sich die Informationshaftung rur Warentestinformationen von der Prospekthaftung rur Kapitalanlageinformationen. Letztere wurde gerade auch im Hinblick auf die Insolvenz der Anlegergesellschaften als eigentliche Vertragspartner der Anleger entwickelt. Die Prospektverantwortlichen auch für das Insolvenzrisiko einstehen zu lassen, rechtfertigt sich aber gerade aus der Art der Informationen als Werbung rur eine bestimmte Kapitalanlage. Die Anleger sollen zu einer Disposition mit einem bestimmten Vertragspartner veranlaßt werden, dessen wirtschaftliche Verhältnisse der Prospektverantwortliche gerade vorgibt, geprüft und rur gut befunden zu haben. Erwirbt man rur das eingebrachte Kapital lediglich (verbriefte oder unverbriefte) Rechte an einer Gesellschaft, so ist es von entscheidender Bedeutung, daß die Rechte werthaltig sind. Sie sind es gerade dann nicht, wenn sich der Schuldner der erworbenen Rechte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Im Unterschied zu Warentestinformationen müssen Kapitalanlageinformationen daher auch vorrangig über den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens, in das der Anleger investieren soll, unterrichten. 37 ) Gerade auf diese Bonitätsinformationen muß sich der Anleger verlassen kön37) Vgl. die Entscheidungen der Gerichte zur Empfehlung von Bond-Anleihen: Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 6.7.1993, BGHZ 123, S.126ff., 129 [= NJW 1993, S.2433 = WM 1993, S.1455); OLG Frankfurt vom 1.2.1994, BB 1994, S.737 ff., 737.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

nen. Daher ist es gerechtfertigt, den Informationsverantwortlichen mit dem Bonitätsrisiko zu belasten. Das Bonitätsrisiko bei Kapitalanlagen entspricht dem Qualitätsrisiko rur Waren und Dienstleistungen. Derjenige, der kompetente Informationen über die Bonität einer Person in den rechtsgeschäftlichen Verkehr bringt, hat eben rur dieses Risiko einzustehen, während derjenige, der in gleicher Weise über die Qualität von marktgängigen Gütern informiert, rur das Qualitätsrisiko Verantwortung trägt. Der Unterschied in der Informationshaftung hinsichtlich des Insolvenzrisikos erklärt sich also ausschließlich aus dem Gegenstand der Informationen. Beide Arten der Informationshaftung entsprechen sich insoweit, als mit den Informationen Gefahren rur den rechtsgeschäftlichen Verkehr eröffnet werden, was wiederum maßgeblich mit dem Kriterium der herausgehobenen beruflichen oder sozialen Stellung des Informationsgebers zusammenhängt. Diese Gesichtspunkte sind denn auch entscheidend rur die Entstehung einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung. 372 Für Inhalt und Reichweite der Verantwortlichkeit ist aber nur der Gegenstand und Zweck der Information erheblich.

(b) Haftungsausschluß im Verhältnis eines Testnutzers zu seinem Geschäftspartner aufgrund Gesetzes oder Vertragsvereinbarung Schließt das Gesetz Gewährleistungsrechte des Konsumenten im Verhältnis zu seinem Vertrags partner wegen der Eigenschaft aus, hinsichtlicher derer die Testinformationen fehlerhaft sind, so kann er den dadurch eintretenden Vermögensverlust nicht auf die Stiftung Warentest abwälzen. Für Kaufgeschäfte gilt dies insbesondere in Hinblick auf die Ausschlußtatbestände der §§ 460 S.I, 464 BGB. Soweit der Tatbestand des § 460 S.2 BGB erfüllt ist, der Verbraucher also einen Mangel der Kaufsache infolge grober Fahrlässigkeit bei Abschluß des Vertrages nicht erkannt hat, ist zu erwägen, den eintretenden Schaden des Verbrauchers zwischem ihm und der Stiftung Warentest über § 254 Abs.1 BGB zu teilen. Es sei jedoch angemerkt, daß beim Erwerb neuer Sachen regelmäßig keine grobe Fahrlässigkeit des Käufers vorliegen wird, wenn sich der Verbraucher mittels Testinformationen der Stiftung Warentest im Vorfeld eines Rechtsgeschäfts über den Vertragsgegenstand informiert hat. Verzichtet der Testnutzer aufgrund vertraglicher Regelungen - seien es allgemeine Geschäftsbedingungen373 oder Individualabsprachen - auf Gewährleistungsrechte gegen seinen Vertragspartner, so ruhrt auch dies nicht zu einer 372 Siehe oben S.130 ff. 373 Da es hauptsächlich um den Erwerb von neu hergestellten Waren und Leistungen geht, dürfte der Wirksamkeit formularmäßiger Gewährleistungsausschlüsse regelmäßig § 11 Nm. 10 und 11 AGBG entgegenstehen.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

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subsidiären Haftung der Stiftung Warentest. Die Qualitätsurteile der Warentesteinrichtung stehen in keinem inneren Zusammenhang mit den Vertragsmodalitäten, die über die Auswahl des Produkts als Vertragsgegenstand hinausgehen. Im Verhältnis zur Stiftung Warentest muß sich der Testnutzer so behandeln lassen, als stünden ihm die gesetzlichen Rechte zu. Anderenfalls würden sich die Vereinbarungen zu Lasten der Stiftung Warentest auswirken, was zum ersten mit dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse (= keine Verträge zu Lasten Dritter) nicht im Einklang stünde. Zum zweiten widerspräche es dem Charakter des Haftungstatbestandes als dem eines "Auffangtatbestandes". Nur so kann verhindert werden, daß testnutzende Verbraucher sich darauf berufen, sie hätten nur wegen der positiven Testnote der Stiftung Warentest auf Gewährleistungsrechte verzichtet. Stehen einem Testnutzer Gewährleistungsrechte zu, die über die gesetzlichen Grenzen hinausgehen, so ist evident, daß sich dieser Umstand allenfalls zugunsten der Testeinrichtung auswirken kann. Zusätzliche Rechte können dem Testnutzer etwa gegen den Hersteller des Produkts aufgrund einer "Herstellergarantie"374 zustehen .. Soweit der Testnutzer über derartige Rechte verfügt und seine rechtsgeschäftlichen Interessen damit wahren kann, bedarf er ebenfalls keines Schutzes aus dem Rechtsverhältnis zur Stiftung Warentest. Im Verhältnis zum Hersteller gilt das zum Vertragspartner des Testnutzers Gesagte entsprechend.

(c) Verjährung von vertraglichen (Gewährleistungs)Rechten Der sich mit Verjährungseintritt bei einem Verbraucher realisierende Schaden kann der Stiftung Warentest dann zugerechnet werden, wenn sich deren Fehlinformation auf solche Beschaffenheitsmerkmale bezieht, die einem Verbraucher typischerweise innerhalb der abgelaufenen (kurzen) Verjährungsfrist verborgen bleiben. Hierzu zählen sicher Fehlinformationen über die "credence"-Eigenschaften375 , deren Fehlen oder Vorhandensein einen Sachmangel der gekauften Sache darstellen. Aber auch bei Erfahrungseigenschaften 376 kann es dazu kommen, daß typischerweise die Gewährleistungsfrist verstrichen ist, bevor der Mangel erkennbar wird. Da die Stiftung Warentest besonderen Wert auf die Information über solche Produkteigenschaften legt 374 In aller Regel kann der Endverbraucher aufgrund einer "Herstellergarantie" kostenlose Mängelbeseitigung, Wandelung oder Minderung geltend machen. Ein Recht auf Schadensersatz wird regelmäßig nicht begründet: v. Westphalen, Gewährleistungsvergütungen, NJW 1980, S.2227 ff., 2227. 375 Zum Begriff siehe oben S.178. 376 Zum Begriff siehe oben S.178.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

weil sich die Verbraucher selbst hierüber kein Bild verschaffen können -, ist es vom Aspekt der Gefahrbeherrschung sachgerecht, ihr die Verantwortung für eine Fehlinvestition insoweit aufzuerlegen, als Gewährleistungsansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind. Erkennt der Testnutzer den Mangel der vertraglichen Leistung jedoch schon vor Eintritt der Verjährung, liegt der Schaden nicht im Schutzbereich der verletzten Informationspflicht. Denn in diesem Fall besteht für den Konsumenten wieder die Möglichkeit, den Schadenseintritt mittels seiner vertraglichen Rechte zu verhindern. Auch hier widerspräche es dem Sinn der Subsidiarität der Haftung, könnte der Verbraucher die Stiftung Warentest auch dann noch in Anspruch nehmen, wenn er seine vertraglichen Rechte zwar erkannt, sie aber nicht durchgesetzt hat. 377 Hätte der Verbraucher das Bestehen von Gewährleistungsansprüchen erkennen können und müssen, so ist es zweckgerecht und angemessen, ihm über § 254 Abs.l BGB (Mitverursachung) einen Teil des Schadens aufzuerlegen. Nur so kann er zu kritischer und sorgfliltiger Prüfung der Sachleistung angehalten werden. Läßt der Testnutzer etwa ein funkstörendes Gerät nach dem Erwerb sechs Monate ungenutzt, dann ist es sachgerecht, ihm den Schaden, der mit der Verjährung der Gewährleistungsrechte eintritt, zumindest teilweise aufzubürden. Denn die Funkentstörtheit eines Gerätes gehört zu den Eigenschaften, die ein Testnutzer regelmäßig innerhalb der Verjährungsfristen überprüfen kann. Erwirbt der Verbraucher hingegen aufgrund fehlerhaftet Testempfehlung z.B. eine gesundheitsgefährdende Stoffe emittierende Klimaanlage, so hat die Stiftung Warentest filr diese Fehlinvestition auch bei Verjährung der Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer einzustehen, wenn die mit der Anlage verbundenen Gesundheitsgefahren (z.B. Krebsrisiko ) seitens des Käufers innerhalb der Verjährungsfrist nicht wahrnehmbar sind. Erkennt der Käufer aber vor Ablauf der Gewährleistungsfrist die Mangelhaftigkeit der Klimaanlage etwa weil die Stiftung Warentest auf ihren Informationsfehler hinweist! - ist der Konsument nicht mehr schutzbedürftig, soweit es um den Schaden geht, dessen Eintritt er mittels der Gewährleistungsrechte verhindern kann. Insbesondere bei "credence"-Eigenschaften wird ein Testnutzer seine Rechte nur zuflillig innerhalb kurzer Verjährungsfristen geltend machen können. Hier 377 Vgl. die ähnliche Argumentation des BGH für den Fall einer vertraglich vereinbarten subsidiären Haftung eines Grundstücks- und Bauwerkveräußerers. Der Käufer hatte die Verjährungsfrist der ihm vom Veräußerer abgetretenen Gewährleistungsansprüche gegen den Architekten bzw. den Bauntemehmer schuldhaft verstreichen lassen (Urteil vom 27.9.1990, NJW-RR 1991, S.342 f., 343).

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

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ist es typischerweise so, daß der Vennögensschaden mangels Kenntnis des Fehlers der Sache bei dem Verbraucher "hängen" bleibt. Bezieht sich also die Fehlinfonnation auf eine "credence"-Eigenschaft des Vertragsgegenstandes, ist es nicht gerechtfertigt, wegen zwar bestehender, aber unbekannter Gewährleistungsrechte die Haftung der Stiftung Warentest mangels Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers auszuschließen. Soweit es um solche Eigenschaften geht, ist der Testnutzer besonders auf die Richtigkeit der Infonnationen angewiesen. Dies gilt umso mehr, als auch der Vertragspartner, sofern er nicht der Hersteller ist, kaum die Möglichkeit hat, den Testnutzer auf solche Gefahren aufinerksam zu machen oder sie selbst zu beseitigen. Vom Hersteller, der nicht Vertragspartner ist, kann der Testnutzer die fehlinvestierten Geldmittel in aller Regel nicht ersetzt verlangen. Denn dieser haftet deliktsrechtlich nur bei vorsätzlicher Schädigung auf Ersatz reiner Vennögensschäden. Nur dort, wo es um Eigenschaften geht, die durch die Erfahrung im Umgang mit dem Produkt (bzw. der Dienst- oder Werkleistung) vom Testnutzer überprüft werden können, ist es unter dem Gesichtspunkt der Beherrschbarkeit eines Schadenseintritts sachgerecht, für den Ausschluß der Haftung an das Bestehen von (Gewährleistungs)Rechten anzuknüpfen. Wenn im Rechtsverhältnis KäuferlVerkäufer auch bei nicht erkennbaren Mängeln die kurze Verjährung des § 477 BGB gi1t378 , so findet das seine Berechtigung auch darin, daß den Verkäufer hinsichtlich der Sollbeschaffenheit der Sache typischerweise mangels eigener Sachkunde keine Nachforschungsund Untersuchungspflichten treffen. Die Stiftung Warentest dagegen ist aufgrund ihrer Sachkunde und Möglichkeiten sowie wegen ihrer Infonnationsaufgabe im Vergleich zum Verbraucher und Händler "näher dran", verborgene Mängel der getesteten Güter in Erfahrung zu bringen und darüber wahrheitsgemäß zu infonnieren.

bb) Der Schutzzweck der Pflicht zur richtigen Infonnation als haftungs beschränkendes Kriterium Die Infonnationen der Stiftung Warentest sind verbraucheradressiert. Das bedeutet, daß nur solche Vennögensschäden ersatzfähig sind, die ein Infonnationsnutzer in seiner Funktion als privater Endabnehmer erleidet. Ein Testnutzer kann damit keinen Schaden liquidieren, der darin liegt, daß er aufgrund von Empfehlungen der Stiftung Warentest erworbene Produkte nicht gewinnbrin378 H.M.: BGH vom 2.6.1980, BGHZ 77, S.215 ff., 221. Aus dem Schrifttum vgl. statt vieler Medicus, SchR 11, Rn.61; Putzo in Palandt, Rn.11 zu § 477; Vollkommer in Jauemig, Anm.3 b. aa. zu § 477; kritisch hierzu Littbarski, Divergenzen, NJW 1981, S.2331 ff. 18 Boecken

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

gend absetzen kann. In einem solchen Fall nimmt ein Verbraucher händlergleiche Funktionen im Verkehr wahr. Veränderungen der Absatzchancen am Markt gehören jedoch nicht zu den Gefahren, vor denen die Stiftung Warentest Verbraucher mit ihren Produktinformationen bewahren will. 379 Die Haftung beschränkt sich auf den Schaden, den ein Testnutzer aufgrund der Nichtverwendbarkeit für den privaten Bereich erleidet. Aus dem Merkmal der privaten Nutzung folgt auch, daß Vermögensschäden, die sich als Haftungsschäden aus einer anderweitigen gewerblichen Verwendung des von der Stiftung Warentest empfohlenen Produkts darstellen, von dem Schutzzweck der Informationspflichten nicht erfaßt werden. Erwirbt ein Werkunternehmer etwa aufgrund einer irreführenden Qualitätsbeurteilung der Stiftung Warentest Material, das er zur Erstellung eines sodann mangelhaften Werkes einsetzt, so kann er den Schaden, der ihm durch die Gewährleistungshaftung gemäß §§ 633 ff. BGB entsteht, nicht ersetzt verlangen. Testinformationen sind darauf ausgelegt, Verbraucher zu einer marktgerechten Verwendung ihrer Mittel anzuhalten. Deshalb können die Testnutzer bei fehlerhafter Information nur im Rahmen des marktüblichen Aufwandes Ersatz begehren. Dies gilt sowohl für das entrichtete Vertragsentgelt als auch für die sonstigen Begleitkosten. Erwirbt der Testnutzer Z.B. einen mit "sehr gut" bewerteten CD-Spieler, dessen Preisrahmen von der Stiftung Warentest zwischen 400 und 600 DM angegeben wird, so kann er den von ihm gezahlten Preis nur innerhalb dieser Grenzen liquidieren. Ein gewisser Aufschlag mag nur dann in Ansatz zu bringen sein, wenn der Preis der getesteten Ware nach Empfehlung durch die Stiftung Warentest nachweislich gestiegen ist. Eine Preissteigerung aufgrund eines positiven Testurteils kann allein nach der Lebenserfahrung aber nicht unterstellt werden, wie die "Mannheimer Studien" zu den Wirkungen des Warentests in Industrie und Handel gezeigt haben. 380 Zahlt der Konsument einen etwa um 50% höheren Preis, so ist der zusätzliche Aufwand grundsätzlich nicht mehr vom Schutzzweck der verletzten Pflicht erfaßt, es sei denn der Testnutzer kann nachweisen, daß das gezahlte Entgelt zur Zeit des Erwerbs marktüblich und der von der Stiftung Warentest angegebene Preisrahmen zu niedrig angesetzt war. Lebt der Konsument etwa in einer ländlichen Region, so ist nicht auszuschließen, daß er aufgrund dieses Umstandes einen höheren Preis zu zahlen hat. Solche Gründe mögen es im Einzelfall rechtfertigen, auch ein höheres Entgelt zu liquidieren, wobei diese strukturellen Unterschiede an sich im Preisrahmen der Stiftung Warentest berücksichtigt sein sollten. Gleiche Beurteilungsmaßstäbe gelten selbstverständlich auch für die Begleitkosten: Testinformationen schützen die Verbraucher nicht etwa vor 379 Siehe oben S.174 f. 380 Hilger/Fritz u.a., Testnutzung, in: Warentest und Unternehmen, S.143 ff.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

275

Aufwendungen, die dadurch entstehen, daß sie von Berlin nach München reisen, um dort ein Produkt zu erwerben, welches sie genauso gut in Berlin hätten bekommen können. Diese, hier auf den Schutzzweck der Testinformationen gegründete Beschränkung gilt insbesondere auch ftlr Finanzierungskosten. Sie können Teil des zu zahlenden Entgeltes oder Begleitkosten sein, je nachdem, ob der Konsument sich vom Geschäftspartner einen Warenkredit geben läßt oder das Geschäft durch DrittmitteI finanziert. Die Warentestinformationen schützen den Verbraucher nicht davor, unwirtschaftliche Finanzierungsgeschäfte einzugehen. Daher können auch diese Aufwendungen nur in Höhe dessen abgerechnet werden, was noch im Rahmen des marktüblichen Preisniveaus liegt. Dies gilt ftlr kleinere Anschaffungen ebenso wie für größere (z.B. Automobile, Einbauküchen), bei denen eine (Teil)Fremdfinanzierung allgemein verkehrsüblich ist. Dogmatisch lassen sich diese Wertungen (auch) bei der Frage eines Mitverschuldens des Testnutzers im Sinne einer Mitverursachung des Schadens gemäß § 254 Abs.l BGB einordnen. 381 Letztlich entscheidend ist aber der begrenzte Zweck der Warentestinformationen, die Konsumenten zu einer marktgerechten Verwendung ihrer Mittel zu veranlassen und die hierftlr erforderlichen Marktdaten bereitzustellen. Nur so können Testinformationen einen störungsfreien Güter- und Leistungsaustausch fördern. Und nur in diesem Rahmen kann die Haftung ftlr fehlerhafte Testinformationen den Primärzweck der Testinformationen unterstützen.

3. Formen des Schadensausgleichs Primäre Vermögensschäden sind im Wege der Naturalrestitution zu ersetzen. Soweit der Vermögensschaden (noch) in der Belastung mit einer Verbindlichkeit besteht (Passivschaden)382, hat der Geschädigte gemäß § 249 S.l Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit. 383 Eine solche Situation ist beispielsweise vorstellbar, wenn der Testnutzer ein Warenkreditgeschäft in Form eines Abzahlungsgeschäfts getätigt hat. Der Testnutzer kann unter diesen Umständen verlangen, daß die Stiftung Warentest ihn von der Verbindlichkeit freistellt, wobei er die erworbene Sache oder die erworbenen Rechte Zug um Zug an die Stiftung Warentest zu übereignen oder abzutreten hat.

381 Vgl. BGH vom 20.10.1994, NJW 1995, S.449 ff., 451. 382 Vgl. BGH vom 14.6.1989, NJW-RR 1989, S.1043 ff., 1044 mwN. 383 Statt vieler Kuckuk in Ennan, Rn.17 zu § 249. IS*

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Hat der irregeführte Testnutzer die Verbindlichkeit seinerseits schon erfüllt wie dies in aller Regel der Fall sein wird -, setzt sich der Belastungsschaden in dem Aktivschaden fort. Naturalrestitution ist gemäß § 249 S.l BGB durch Zahlung eines der Höhe der eingegangenen Verbindlichkeit entsprechenden Geldbetrages möglich. 384 Damit wird das Ziel erreicht, einen wirtschaftlichen Zustand herbeizuführen, der der hypothetischen Vermögens lage gleichwertig ist. 385 Der Geschädigte hat bei dieser Sachlage grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen zwei Formen der Naturalrestitution. Er kann entweder die vollständige Beseitigung aller nachteiligen Vertragsfolgen verlangen mit der Wirkung, daß er die erhaltene Gegenleistung - soweit vorhanden - an die Stiftung Warentest Zug um Zug herauszugeben hat, oder er kann die erworbene Gegenleistung behalten und Erstattung eines zuviel gezahlten Teils des Entgeltes begehren.

a) Vollständige Vertragsfolgenbeseitigung Soweit der Testnutzer die vollständige Beseitigung der Vertragsfolgen begehrt, ist er verpflichtet, ihm zugeflossene Vorteile herauszugeben. Dies gilt nicht nur für die Gegenleistung an sich, sondern ebenso für gezogene Nutzungen. Insoweit greift das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot bzw. der Grundsatz der Vorteilsausgleichung ein. 386 Es handelt sich zwar nicht um eine "Rückabwicklung"387 des Vertrages im eigentlichen Sinne, da die Stiftung Warentest nicht Partnerin des Vertrages ist, dessen Folgen beim Konsumenten sie zu beseitigen hat. Dennoch können die Wertungen der §§ 350 ff. BGB entsprechend herangezogen werden, wenn der Geschädigte die empfangene Gegenleistung nicht mehr herausgeben kann. Das kann etwa im Fall eines vom Käufer im Sinne von § 351 BGB verschuldeten Untergangs der Kaufsache bedeuten, daß er auf die teilweise Vertragsfolgenbeseitigung ebenso beschränkt bleibt, wie er im Verhältnis zum Verkäufer mit einem Wandelungsbegehren scheitern müßte.

384 Medicus in Staudinger, Rn.208 zu § 249 mN. 385 Medicus in Staudinger, Rn.203 zu § 249. 386 Vgl. BGH vom 16.3.1993, NJW 1994, S.1653 ff., 1654; Lange, Schadensersatzrecht, § 9 IV 3, S.502 f. 387 Insoweit formuliert Lehmann, Vertragsanbahnung, S.391, ungenau. Er spricht auch im Verhältnis zu Dritten, die mit irreführenden Werbeangaben einen Verbraucher zum Abschluß eines Rechtsgeschäfts bewegt haben, von einer "Rückabwicklung" .

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

277

Nun mag man einwenden, daß diese Form der Schadensabwicklung die Stiftung Warentest übermäßig belaste, weil sie unter Umständen eine Vielzahl von Kühlschränken oder sonstiger Produkte gegen Erstattung des Kaufpreises abnehmen müsse. Vorstellbar wäre eine Schadensabwicklung auch in der Form, daß der Testnutzer die Sache seinerseits am Gebrauchtwarenmarkt veräußert und die Differenz zwischen Erlös und aufgewendeten Erwerbskosten ersetzt bekommt. Doch schon aus Beweisgründen wird dem Verbraucher regelmäßig daran gelegen sein, den erworbenen Gegenstand zunächst zu behalten. Rein praktische Bedenken lassen die Naturalherstellung in Form der Überlassung der Gegenstände an die Stiftung Warentest noch nicht als rechtlich verfehlt erscheinen. Die schadensersatzrechtliche Weiterleitung der Waren an die Stiftung Warentest ist schon deshalb zu befUrworten, weil es grundsätzlich Sache des Schädigers ist, die filr die Herstellung im Sinne des § 249 S.l BGB notwendigen Maßnahmen zu treffen. Der Geschädigte hat sich nicht um eine anderweitige Verwendung der unbrauchbaren Sache oder wertloser Rechte zu bemühen. 388 Im übrigen steht es der Stiftung Warentest frei, auf die dem Geschädigten zugeflossenen Vorteile aus dem Rechtsgeschäft zu verzichten. 389 Es ist aber - soweit die Beweislage es zuläßt - nichts dagegen einzuwenden, daß der Testnutzer selbst den Verkauf der Ware vornimmt und den Differenzbetrag zu den Erwerbskosten von der Stiftung Warentest ersetzt bekommt. Die durch die Veräußerung entstehen Kosten hat die Stiftung Warentest zu tragen. Unterläßt der Konsument eine Möglichkeit zur günstigen Weiterveräußerung eines Produkts, so kann darin ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs.2 BGB) liegen. Die Ersatzpflicht der Stiftung Warentest ist dann um den erzielbaren Erlös zu reduzieren. Dieser Fall dürfte aber kaum praktisch werden, da der Stiftung Warentest der Nachweis einer unterlassenen Veräußerung kaum gelingen wird. Bei einer Weiterveräußerung durch den Testnutzer ist grundsätzlich davon auszugehen, daß der erzielte Preis dem Marktwert der nunmehr gebrauchten Sache entspricht. Nur bei konkreten Anhaltspunkten dafilr, daß der Testnutzer die Sache zu einem geringeren Preis veräußert hat, ist der erzielbare Marktwert filr die Ersatzleistung zu ermitteln, um den Schaden auf die Differenz zwischen dem von dem Testnutzer gezahlten Preis und dem erzielbaren Marktpreis zu beschränken. Die Feststellung des Marktwerts ist in aller Regel unproblematisch, weil es sich bei den von der Stiftung Warentest getesteten Waren durchweg um marktgängige Gebrauchsgüter handelt, für die auch ein Sekundärmarkt besteht.

388 Lange, Schadensersatz, § 1 III 2, S.43. 389 Vgl. BGH vom 16.3.1993, NJW 1994, S.1653 ff., 1654.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Nutzungen, die ein Testnutzer aus der Sache gezogen hat, muß er sich abziehen lassen. Der abzuziehende Betrag kann vom Richter nach § 287 ZPO nach freier Überzeugung geschätzt werden, wobei dies nur dann nicht zulässig ist, wenn das Ergebnis der Schätzung nicht an konkreten Umständen festzumachen ist. 390 Auf der anderen Seite kann der Testnutzer nach § 252 S.l BGB eine ihm aus der anderweitigen Verwendung der Geldmittel entgangene Rendite ersetzt verlangen, wenn er Umstände darlegt, nach denen sich eine Rendite mit Wahrscheinlichkeit ergeben hätte. 391

b) Teilweise Vertragsjo/genbeseitigung Entscheidet sich der Konsument fiir das Behalten der erworbenen Ware, kann er den Betrag geltend machen, um den er das Gerät zu teuer erworben hat. Vergleichsmaßstab ist der Marktpreis eines Produkts vergleichbarer Qualität. Behält der Testnutzer im Blutzuckermeßgeräte-Beispiel das erworbene Meßgerät, hätte er aber am Markt ein Gerät, dessen Speicher- und Abrutkapazität ebenfalls bei nur 10 Meßwerten liegt, um 200 DM billiger kaufen können, so kann er diesen Differenzbetrag erstattet verlangen. Gelingt es einem Testnutzer nachzuweisen, daß er das zu gut bewertete Produkt - etwa eine Waschmaschine - bei seinem Vertragspartner unter der Voraussetzung einer korrekten Bewertung zu einem günstigeren als dem von ihm gezahlten Preis erhalten hätte, so ist ihm dieser Differenzbetrag zum tatsächlich gezahlten Entgelt zu ersetzen. Die Kritik392 an der Rechtsprechung des BGH, nach der dem Geschädigten im Wege des Schadensersatzes eine "Minderung" des gezahlten Entgeltes auch dann zugestanden wird, wenn der beklagte Geschäftspartner erklärt, daß er das Geschäft zu dem geringeren Preis nicht abgeschlossen hätte,393 ist auf das Verhältnis zu haftenden Dritten nicht übertragbar. Im Prozeß eines Konsumenten gegen die Stiftung Warentest kann der hypothetische Vertragsinhalt unter "Beweis" gestellt werden. Dafiir könnte man es schon als hinreichend ansehen, daß der Testnutzer einen seine Behauptung stützenden Vergleich über die Preisgestaltung seines Vertragspartners vor und

390 BGH vom 12.10.1993, NJW 1994, S.663 ff., 665. 391 Vgl. Teichmann in Jauernig, Anm.2 zu § 252. 392 Canaris, Leistungsstörungen, ZGR 1982, S.395 ff., 416; Heinrichs in Palandt, Rn.102 aE zu § 276; Tiedtke, Inhalt, JZ 1989, 569 ff.; ders., Anm. zu BGH vom 28.3.1990, VIII ZR 169/89 (BGHZ 111, S.75 = JZ 1990, S. \075), JZ 1990, S.1077 ff.; Wiedemann in Soergel 12, Rn. 197 vor § 275 mwN in Fn.41. 393 Siehe nur BGH vom 28.3.1990, BGHZ 111, S.75 ff.; BGH vom 8.12.1988 (Feuertreppe), NJW 1989, S.1793 ff., 1794.

BI. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

279

nach der Warentestpublikation vorlegt. Erforderlichenfalls stünde jedoch der Vertragspartner auch als Zeuge zur Verrugung, um über seinen hypothetischen Geschäftswillen Auskunft zu geben. Dieses Verfahren ist zwar relativ aufwendiger als die Unterstellung, daß der Konsument (k)einen günstigeren Preis erzielt hätte. Der Gesichtspunkt von Treu und Glauben jedoch, der im Rechtsstreit mit einem Vertragspartner dessen Einwand, daß er zu einem geringeren Preis nicht kontrahiert hätte, ungehört läßt, kann im Prozeß mit einem rur das "schlechte" Rechtsgeschäft verantwortlichen Dritten nicht überzeugen. Denn der Vertragspartner des Geschädigten ist in diesem Fall nicht in einem Interessenkonflikt, der seine Aussage von vornherein unglaubhaft erscheinen läßt. Der Kostenaspekt allein rechtfertigt eine unwiderlegliche Vermutung weder zugunsten der einen noch der anderen Partei. Wenn auch die "Mannheimer Studien" gezeigt haben, daß es statistisch keine signifikanten Preissteigerung infolge (zu) guter Warentesturteile gibt, so ist eine solche Preissteigerung im Einzelfall aber nicht von vornherein ausgeschlossen. Denn Preissteigerungen sind im Falle erhöhter Nachfrage nach einem Produkt - wie sie durch positive Qualitätsurteile der Stiftung Warentest erwiesenermaßen entsteht394 - in einer marktwirtschaftlichen Ordnung ein typisches Phänomen.

4. Mitverschulden (§ 254 BGB) a) § 254 Abs. J BGB

Ein Mitverschulden des geschädigten Konsumenten in bezug auf seine fehlerhafte Willensbildung kommt dann in Betracht, wenn er sich auf Testinformationen über solche Eigenschaften verlassen hat, deren Vorhandensein oder Fehlen er selbst vor Abschluß des Rechtsgeschäfts hätte überprüfen können ("search"-Merkmale395 ). Insoweit kann dem Testnutzer der Vorwurf gemacht werden, nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen zu haben, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Aus der schon oben erwähnten Entlastungsfunktion der Warentestinformationen396 hinsichtlich der sog. "search"-Merkmale eines Produkts folgt nicht, daß ein Verbraucher von eigener Kontrolle eines Produkts vor dem Abschluß des Rechtsgeschäfts einfach absehen kann. Die Stiftung Warentest als Informationsgeber hat es zwar in der Hand, den Grad der Entlastung durch den Umfang der Information sowie die Verbindlichkeit der Darstellung zu beeinflussen. Doch dieser Gefahrbeherrschungsaspekt rechtfertigt 394 Vgl. zu den Umsatzsteigerungen von Versand- und Warenhäuser nach positiven Testergebnissen oben S.43 f. 395 Siehe oben S.178. 396 Hierzu oben S.179.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

es nicht, dem Testinfonnationsgeber auch hinsichtlich der mitgeteilten überprüfbaren Merkmale im Regelfall die volle Verantwortung zuzuweisen. Denn auch der Verbraucher ist hinsichtlich der überprüfbaren Eigenschaften eines Produkts in der Lage, die Gefahr des Abschlusses eines nachteiligen Rechtsgeschäfts zu beherrschen. Es kann auch hinsichtlich der "search"-Eigenschaften nicht als Verstoß gegen das Verbot des venire contra factum propium (§ 242 BGB) gewertet werden, wenn die Stiftung Warentest als zur wahrheitsgemäßen Infonnation Verpflichtete dem Geschädigten entgegenhält, er hätte sich auf die erteilte Auskunft nicht verlassen dürfen. 397 Wenn der testnutzende Verbraucher ebensogute Möglichkeiten der Kontrolle besitzt wie die Stiftung Warentest als Auskunftgeber, so muß er angehalten werden, von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch zu machen. Durch die vollständige Entlastung der testnutzenden Verbraucher im Hinblick auf die von ihnen überprüfbaren Eigenschaften würden Anreize rur unkritisches Verhalten der Verbraucher gesetzt, was nicht zu einer Förderung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs beitrüge. Hinsichtlich des Abschlusses von ex post unerwünschten DienstIeistungsverträgen im weitesten Sinne - insbesondere Finanzdienstleistungen und Versicherungsleistungen - ist ein Mitverschulden bei konkreten Empfehlungen der Stiftung Warentest kaum vorstellbar. Typischerweise fehlt es hier an "search"Eigenschaften. Der Verbraucher/Anleger ist in aller Regel vollständig auf fremden Sachverstand angewiesen. Diesem Tatbestand entspricht es, wenn der BGH die Haftung rur fehlerhafte Anlageratschläge über eine Reduzierung des Anspruchs wegen Mitverschulden des Anlegers allenfalls dann in Betracht zieht, wenn sich der Anleger über warnende Hinweise sachverständiger Dritter398 oder des Auskunftgebers 399 hinweggesetzt oder trotz bestehender Unklarheiten keinen weiteren Rat eingeholt hat. 400 Soweit es um Produkteigenschaften geht, die der Testnutzer nicht überprüfen ("credence"-Merkmale401 ) oder erst nach Erwerb der Ware oder Inan397 Vgl. BGH vom 8.2.1978, BGHZ 70 S.356 ff., 365. 398 BGH vom 12.2.1979, NJW 1979, S.1595 ff., 1597 [= WM 1979, S.548]; BGH vom 6.12.1983, NJW 1984, S.921 ff., 922; insoweit zustimmend Jost, Beratungshaftung, S.278. 399 BGH vom 25.11.1981, NJW 1982, S.1095 ff., 1096 mit kritischer Besprechung von Assmann, Mitverschulden, NJW 1982, S.1083 ff.; kritisch auch Jost, Beratungshaftung, S.276. 400 BGH vom 4.3.1987, NJW 1987, S.1815 ff., 1818; BGH vom 9.4.1987, WM 1987, S.1546 ff., 1547. 401 Siehe oben S.178.

III. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs

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spruchnahme der Leistung wahrnehmen kann ("experience"-Merkmale402 ), ist ihm der Vorwurf eines Mitverschuldens im Sinne von § 254 Abs.l BGB in bezug auf seine Fehlvorstellung bei dem Abschluß des Rechtsgeschäfts nicht zu machen. Gerade auf solche Informationen muß er sich vor dem Erwerb des Produkts verlassen können, ohne daß er etwa noch weitere Sachverständige oder seinen Vertragspartner hierzu befragt. 403 Ein Mitverschulden kann auch nicht darin gesehen werden, daß ein Testnutzer es unversucht läßt, seine irrigen Produkterwartungen, die durch Testinformationen hervorgerufen werden, zur vertraglichen Sollbeschaffenheit des Produkts zu erheben, um fiir den Fall des Fehlens dieser Eigenschaften vertragliche Rechtsbehelfe zu haben. Eine solche Betrachtung würde voraussetzen, daß der informationsbedürftige testnutzende Verbraucher der Richtigkeit der Testinformationen von vornherein zu mißtrauen und "rechtliche Sicherungsmaßnahmen" im Interesse der Stiftung Warentest zu ergreifen hätte. Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs.l BGB bedeutet aber Verschulden gegen sich selbst, nicht Verschulden gegen den Schädiger. Der Einwand, der Testnutzer habe den Versuch unterlassen, sich Gewährleistungsanspruche im Vertragsverhältnis zu verschaffen, läuft letztlich auf den Vorwurf hinaus, der Testnutzer habe es aufgrund seines Vertrauens in die Richtigkeit der nicht überprufbaren Informationen zu Lasten der Stiftung Warentest unterlassen, deren subsidiäre Haftung zu vermeiden. Die Vermeidung der subsidiären Haftung liegt aber nicht im eigenen Interesse des testnutzenden Verbrauchers. Darf sich ein Testnutzer auf die von ihm nicht überprüfbaren Eigenschaftsangaben in einem Warentest verlassen, dann kann es ihm auch nicht zum Vorwurf gereichen, wenn er es unterläßt, diese Eigenschaften zum Gegenstand von Sollbeschaffenheitsvereinbarungen zu machen. Der Umfang der subsidiären Haftung der Stiftung Warentest darf nicht von dem Zufall abhängen, ob auch der Vertragspartner der fehlerhaften Testinformation Glauben schenkt und die Parteien eine der fehlerhaften Information entsprechende Sollbeschaffenheit der Leistung vereinbaren. Der Umstand, daß ein Testnutzer die Testinformationen nicht vollständig erfaßt hat und daher einem Irrtum unterliegt, spielt im Rahmen des Mitverschuldens keine Rolle. In diesen Fällen ist die Testinformation aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers nicht irrefiihrend, so daß es schon am haftungsbegründenden Tatbestand der Wahrheitspflichtverletzung fehlt. Ein die Haftung der Stiftung Warentest in aller Regel ausschließendes Mitverschulden des Testnutzers liegt dann vor, wenn er seine rechtsgeschäftliche 402 Siehe oben S.178. 403 Vgl. OLG München vom 16.9.1993, NJW 1994, S.667 f., 667.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Disposition auf einen veralteten, fehlerhaften Testbericht stützt, obwohl die Stiftung Warentest zwischenzeitlich neuere Daten aufgrund eines Wiederholungstests veröffentlicht hat. In diesem FaIl ist das Vertrauen des Testnutzers in die Richtigkeit der älteren Daten zwar dem Grunde nach berechtigt, denn die Informationen stammen von der Stiftung Warentest. 404 Doch ist es Sache des Testnutzers, seine Dispositionen auf die neuesten Marktdaten zu stützen, die ihm zugänglich sind. Es wurde oben405 darauf hingewiesen, daß es sich um Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs.1 BGB handeln kann, wenn ein Testnutzer es unterläßt, Rechtsbehelfe gegen seinen Vertragspartner fristgerecht geltend zu machen, obwohl er das Bestehen dieser Möglichkeiten hätte erkennen können. Bei Kennenmüssen des Mangels - und damit der Rechte - kommt es deshalb für den durch Verfristung der Rechte eingetretenen Schaden zu einer Teilung zwischen der Stiftung Warentest und dem Konsumenten.

b) § 254 Abs.2, S.1 BGB

Ein Sachverhalt, bei dem der Testnutzer es versäumt, die Stiftung Warentest auf die Möglichkeit eines ungewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen (§ 254 Abs.2 S.I I.Alt. BGB), ist kaum denkbar. Die mit der rechtsgeschäftlichen Tätigkeit der Testnutzer verbundenen Risiken lassen sich aus Art und Inhalt der gegebenen Warentestinformationen weitestgehend vorhersehen. Treten im AusnahmefaIl einmal unvorhersehbar hohe Schäden auf, so wird es in aller Regel an der Ersatzfiihigkeit des Schadens fehlen, da die verletzte Informationspflicht kaum vor derart hohen Risiken Schutz bietet. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kann darin liegen, daß der Testnutzer eine günstige Veräußerungsmöglichkeit für das für ihn wertlose Produkt nach Erkennen seines Irrtums nicht wahrnimmt. Der Ersatzanspruch gegen die Stiftung Warentest wäre in diesem FaIl in Höhe des erzielbaren Veräußerungserlöses zu kürzen.

404 Es ist sicher nicht unvertretbar, in einem solchen Fall die Haftung schon dem Grunde nach abzulehnen. Denn ob eine rechtsgeschäftliehe Fehldisposition, die auf veralteten Daten vorgenommen wird, der Stiftung Warentest noch zugerechnet werden kann, ist höchst fraglich. 405 Siehe oben S.272.

IV. Verjährung des Anspruchs

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c) §§ 254 Abs.2, S.2, 278 BGB

In Prospekthaftungsfällen wird erwogen, das Verschulden eines vom Anleger beigezogenen eigenen Sachverständigen gemäß §§ 254 Abs.2 S.2, 278 BGB anzurechnen, wenn dieser die Fehlvorstellung des Anlegers hätte vermeiden können. 406 In aller Regel wird sich eine derartige Konstellation bei der rechtsgeschäftlichen Tätigkeit aufgrund von Warentestinformationen nicht ergeben. Nur selten werden Testnutzer weitere sachverständige Personen im Hinblick auf die Richtigkeit des Warentestberichts um Rat bitten, bevor sie eine Entscheidung treffen. Falls es im Einzelfall zur Hinzuziehung weiterer Personen kommt, liegt der Grund wohl eher darin, daß der Testbericht Fragen des Testnutzers nicht beantwortet. Dieser Sachverhalt führt aber nicht zu einer Prüfung der Aussagen des Testberichts durch den sachverständigen Dritten. Auf keinen Fall kann die Stiftung Warentest dem Testnutzer als Mitverschulden gemäß §§ 254 Abs.2 S.2, 278 BGB entgegenhalten, daß der Vertragspartner des Testnutzers den Irrtum hätte aufklären können. Denn der andere Vertragsteil ist nicht Erfüllungsgehilfe des Testnutzers im Verhältnis zur Stiftung Warentest. Er steht nicht im Lager des Testnutzers und wird von ihm gerade nicht eingeschaltet, um die rechtsgeschäftlichen Interessen des Testnutzers zu wahren. Die Verfolgung eigener Interessen der die getesteten Produkte anbietenden Wirtschaft ist gerade ein Grund dafür, daß eine neutrale Informationsinstanz notwendig wurde, um Informationsdefizite der Verbraucher abzubauen. Der Vorhalt, ein Testnutzer müsse sich im Einzelfall eben doch auf die (zutreffenden) Informationen des anderen Vertragsteils verlassen, ließe die Kompetenz und damit die Daseinsberechtigung der Stiftung Warentest mehr als nur zweifelhaft erscheinen.

IV. Verjährung des Anspruchs Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Testinformationen muß einerseits das Interesse der geschädigten Testnutzer an einem angemessenen zeitlichen Rahmen zur Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche, andererseits das Interesse der Stiftung Warentest an einem kalkulierbaren zeitlichen Haftungsmaß zum Ausgleich bringen. Ein sachgerechter Komprorniß zwischen diesen Interessen liegt in der Statuierung einer absoluten Verjährung von drei Jahren seit dem Erhalt einer Ware bzw. der Inanspruchnahme einer Leistung sowie einer relativen Verjährung von sechs Monaten bezogen auf die Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs. 406 Vgl. OLG Hamm vom 10.3.1988, NJW-RR 1989, S.631 ff., 632.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

1. Absolute Verjährung in drei Jahren Für Ansprüche quasi-vertraglicher Natur gibt es im positiven Recht keine spezielle Verjährungsvorschrift. Zu erwägen ist daher, die allgemeine Regelung des § 195 BGB auch auf quasi-vertragliche Schadensersatzansprüche anzuwenden. Seitens der Rechtsprechung und eines Teils des Schrifttums wird die 30jährige Frist des § 195 BGB grundsätzlich rur Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo oder der Verletzung eines stillschweigenden Auskunftsvertrages rur angemessen gehalten. 407 Diese Ansicht ist vielfach unter Hinweis auf § 852 BGB als die sachgerechtere Verjährungsnorm auf Kritik gestoßen. 408 Unabhängig davon, ob § 852 BGB rur alle Ansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtwidrigkeiten eine angemessene Lösung bietet, ist die Anwendung des § 195 BGB schon deshalb zweifelhaft, weil die Haftung aus culpa in contrahendo oder verwandten Instituten im BGB nicht verankert ist, so daß das Gesetz insoweit auch keine Wertung enthält, die es nahelegt, die allgemeine Verjährungsvorschrift rur diese im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwikkelten Ansprüche heranzuziehen. 409 Des weiteren spricht gegen die Anwendung der Regelverjährung gemäß § 195 BGB vor allem, daß die 30jährige Frist des § 195 BGB, die aus dem römischen Recht stammt,410 in einer auf den schnellen und reibungslosen Güteraustausch angewiesenen Wirtschaftsordnung kaum noch als verkehrsgerecht angesehen werden kann. Diese Einsicht hat insbesondere die Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts veraniaßt, rur vertragliche und vertragsähnliche Ansprüche eine Regelverjährung von drei Jahren vorzuschlagen. 411 Daß 407 Selbst für Auskünfte über Sacheigenschaften: BGH vom 24.6.1992, NJW 1992, S.2413 ff., 2414; BGH vom 19.3.1992, WM 1992, S.1246 ff, 1247/1248; OLG Hamm vom 10.3.1988, NJW-RR 1989, S.631 ff., 632; BGH vom 16.11.1967, BGHZ 49, S.77 ff., 80; Wiedemann in Soerge1 12 , Rn.201 vor § 275 mwN in Fn.1.; Wittmann in Staudinger, Rn.27 zu § 676. 408 Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.108 f.; ders., Bankvertragsrecht, Rn.2299; Kreuzer, Anm. zu BGH vom 28.1.1976, VIII ZR 246/74 (JZ 1976, S.776), JZ 1976, S.778 ff., 781; Medicus, SchR I, Rn.104; Peters/Zimmermann, Gutachten Bd.l, S.220 ff. 409 So zu Recht Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.108; Nur scheinbar im Gegensatz dazu Peters/Zimmermann, Gutachten Bd.1, S.180. Denn diese Autoren schlagen in ihrem Gutachten eine 2jährige Regelverjährung vor (S.315). 410 Vgl. Oetker, Verjährung, S.20. 411 Vgl. Bundesminister für Justiz (Hrsg.), Abschlußbericht, §§ 195, 197, 198 des Kommissionsentwurfs, S.42, 65, 66.

IV. Verjährung des Anspruchs

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die 30jährige Frist tUr die Ansprüche aus einer schädigenden Infonnationstätigkeit der Stiftung Warentest unangemessen wäre, wird evident, wenn man sich klannacht, daß im Jahre 1996 die Verjährung von Ansprüchen einträte, die infolge fehlerhafter Testberichte der Stiftung Warentest aus dem ersten Testbericht 1966 entstanden sind. Die Anwendung der Regelverjährung hätte also zur Folge, daß heute noch Ersatz tUr Produkte verlangt werden könnte, die schon antiquarischen oder musealen Wert haben. Die Anwendung der Regelverjährung gemäß § 195 BGB auf quasivertragliche Ersatzansprüche hat jedoch in der Rechtsprechung des BGH zur Infonnationshaftung eine Ausnahme erfahren, die auch auf Ansprüche geschädigter Testnutzer gegen die Stiftung Warentest übertragbar ist. Der BGH hat namentlich tUr Schadensersatzansprüche aus qualifizierter Prospekthaftung die Anwendung der Regelverjährung aus § 195 BGB abgelehnt. 412 Solche Schadensersatzansprüche, die lediglich auf die Enttäuschung typisierten Vertrauens gestützt werden, verjähren nach Auffassung des Gerichts in Analogie zu §§ 20 Abs.2 KAGG, 12 AuslInvG in einer absoluten Frist von drei Jahren, deren Lauf zum Zeitpunkt des Erwerbs (etwa Beitritt zu einer Publikums-KG) der Kapitalanlage einsetzt. 413 In Anlehnung an diese Rechtsprechung zur Prospekthaftung,414 die im einschlägigen Schrifttum auf Zustimmung gestoßen ist,415 kann auch für Scha412 BGH vom 21.5.1983, NJW 1984, S.2523 ff.; BGH vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 224. 413 BGH vom 21.5.1983, NJW 1984, S.2523 ff.; BGH vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 224. Vgl. auch § 7 Abs.4 Entwurf des Gesetzes über den Vertrieb von Anteilen an Vermögensanlagen (BT-Drs. 8/1405, S.6). 414 Diese Grundsätze gelten nicht bei Bauherrenmodellen, für die mit irreführenden Prospekten geworben wird. Für diese Anlageform gilt grundsätzlich § 195 BGB, BGH vom 1.6.1994, NJW 1994, S.2226 f., 2227. 415 Vgl. etwa Assmann, Prospekthaftung, S.372 f., der trotz seiner Auffassung, daß die Prospekthaftung dem Deliktsrecht zuzurechnen sei, von der Regelung des § 852 zugunsten der von der Rechtsprechung entwikkelten Verjährungsfrist abweichen will; ders., Kapitalanlagerecht, Rn.91 zu § 7; v. Bar, Vertrauenshaftung, ZGR 1983, S.476 ff., 494 ff.; Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz 11, S.109; ders., Bankvertragsrecht, Rn.2299; Emmerich in MünchKomm 3, Rn.152 vor § 275; Pleyer/Hegel, Publikums-KG, ZIP 1985, S.1370 ff., 1378; Schlund, Schadensersatzansprüche, BB 1984, S.1437 ff., 1445; Wiedemann in Soergel 12, Rn.206 vor § 275. Die Kritik an der Rechtsprechung des BGH richtet sich nicht gegen die kurze Verjährung der qualifizierten Prospekthaftung, sondern gegen die 30jährige Verjährung der Prospekthaftung aus persönlichem Vertrauen (z.B. BGH vom 17.6.1991, NJW-RR 1991, S.1246ff., 1248), vgl. vor allem v.Bar a.a.O.; Köndgen, Theorie, S.51; P1eyerIHegel a.a.O., S.1378.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

densersatzansprüche wegen fehlerhafter Testinfonnationen die Verjährungsfrist auf drei Jahre - al1erdings vom Zeitpunkt des Erwerbs des Produkts oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung an - beschränkt werden. Ebenso wie die qualifizierte Prospekthaftung basiert die Infonnationshaftung der Stiftung Warentest auf der Enttäuschung typisierten Vertrauens im Sinne von Systemvertrauen. 416 Das vom BGH vorgebrachte zentrale Argument, ein Prospekt sei "an eine Vielzahl von Interessenten gerichtet, die dem Garanten unbekannt sind und häufig unbekannt bleiben und bei denen dieser deshalb nicht zu erkennen vennag, welche Überlegungen für den Beitritt [zu einer Publikumsgesellschaft] bestimmend waren, ob insbesondere der fehlerhafte Prospekt dabei überhaupt eine Rol1e gespielt hat", so daß "eindeutige Feststellungen zur Kausalität zwischen Fehlverhalten einerseits, Beitritt und Schaden andererseits schon kurz nach dem Beitritt nur schwer zu treffen und nach Ablauf vieler Jahre ausgeschlossen" seien, gilt gleichennaßen auch für die durch fehlerhafte Testberichte veranlaßten nachteiligen Dispositionen von Konsumenten. 417 Solchen Beweisschwierigkeiten im Interesse des Rechtsfriedens zwischen den Parteien vorzubeugen, ist wesentliche Aufgabe einer Verjährungsregelung. 418 Die dreijährige Frist zur Geltendmachung eines Schadens erscheint auch unter dem schon oben erwähnten Aspekt des raschen Wandels auf den Konsumgütennärkten sachgerecht. Dieser Wandel wird für den Bereich der Testinfonnationen durch die Vielzahl der Wiederholungstests belegt, die pro Jahr ca. 70% des gesamten Testvolumens der Stiftung Warentest ausmachen. 419 Die schnel1e Fortentwicklung der Komsumgütennärkte hat zur Folge, daß die meisten Konsumgüter innerhalb kurzer Zeit deutlich an Wert verlieren. Es wäre wirtschaftlich kaum zu rechtfertigen, könnte ein Konsument ein Produkt nach mehr als drei Jahren Nutzung noch als Fehlinvestition im Verhältnis zur Stiftung Warentest geltend machen und seinen Ersatzanspruch durchsetzen. Denn der Testnutzer müßte sich die gezogenen Nutzungen schadensmindernd an-

416 Oben S.145 f. 417 Insofern greift die Betrachtung von Jost (Beratungshaftung, S.291) zu kurz, wenn er eine Anlehnung der Verjährung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Beratung an die Grundsätze zur Verjährung von ProspekthaftungsanspfÜchen allein im Hinblick auf die sechsmonatige Frist ablehnt, die der BGH zur Vermeidung von Spekulation des irregeführten Anlegers mit der erworbenen Kapitalanlage für angemessen gehalten hat. Dazu unten S.291 ff. 418 Vgl. MoU, S.291 = Mugdan I, S.512; Dilcher in Staudinger, Rn.4 Vorbem. zu § 194; Oetker, Verjährung, S.13 passim; BGH vom 17.1.1990, BGHZ lID, S.88, 92; Peters/Zimmermann, Gutachten Bd.I, S.189 mwN; Spiro, Begrenzung, Bd.I, S.8 ff., 10. 419 Vgl. Jahresbericht der Stiftung Warentest 1995, S.12.

IV. Verjährung des Anspruchs

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rechnen lassen. 420 Ein trotz Abzug der Nutzungen zugunsten des Testnutzers verbleibender Saldo stünde in aller Regel nicht mehr in angemessenem Verhältnis zu den Kosten, die mit der Rechtsverfolgung verbunden wären. Auch aus dem zuletzt genannten Grund der Unwirtschaftlichkeit kann der Auffassung, nach der Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter außervertraglicher Beratung analog § 852 BGB verjähren sollen, nicht zugestimmt werden. 421 Das für diese Ansicht vorgebrachte Argument, die gegebenenfalls mit § 852 BGB verbundene 30jährige Verjährung sei hinzunehmen, um eine noch weitergehende Zersplitterung des Verjährungsrechts zu vermeiden,422 ist nicht tragtahig. Es kommt nämlich auch dann nicht zu einer weiteren Zersplitterung des Verjährungsrechts, wenn man die Verjährung für fehlerhafte Beratungsleistungen an andere, kürzere Verjährungsregelungen anlehnt. Vor allem ist es aber nicht überzeugend, die unmittelbare Anwendung der deliktischen Verjährungsregelung in § 852 BGB mit der Begründung abzulehnen, die in Rede stehende Haftung sei eine vertragsähnliche Haftung,423 die analoge Anwendung dann aber zu befürworten, ohne die Vergleichbarkeit der vertragsähnlichen Beratungshaftung mit den deliktischen Haftungstatbeständen darzulegen. 424 Wenn Canaris die Vergleichbarkeit darin sieht, daß es auch bei der Informationshaftung für reine Vermögensschäden um das Integritätsinteresse geht,425 so ist dies zwar dogmatisch zutreffend, bedeutet aber noch nicht, daß die deliktische Verjährungsvorschrift entsprechend heranzuziehen ist. Denn das Deliktsrecht gewährt eben grundsätzlich keinen Schutz vor fahrlässig verursachten reinen Vermögensschäden, so daß vom betroffenen Schutzgut her kaum eine Analogiebasis vorhanden ist. Im übrigen richtet sich die von Canaris vorgetragene Kritik gegen die Anwendung des § 195 BGB, so daß sein Vorschlag, § 852 BGB analog anzuwenden, nicht notwendig auch als Kritik an einer gegenüber § 852 BGB kürzeren Verjährung der Informationshaftung verstanden werden muß, wie sich insbesondere aus seiner Zustimmung zur Verjährungsrechtsprechung bei der qualifizierten Prospekthaftung ergibt. Dem Interesse der Testnutzer wird auch über eine Frist von drei Jahren ausreichend gedient, da die Testnutzer innerhalb dieser Frist in aller Regel in der 420 Siehe oben S.278 f. 421 lost, Beratungshaftung, S.293, in enger Anlehnung an Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz II, S.108. Gegen die entsprechende Anwendung des § 852 BGB ausdrücklich BGH vom 16.11.1967, BGHZ 49, S.77 ff., 80. 422 lost a.a.O. 423 So aber lost, Beratungshaftung, S.290. 424 Im Gegensatz zu Canaris, Schutzgesetze, FS f. Larenz II, S.I 08 f. 425 Canaris a.a.O., S.I 09.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Lage sein werden, aus den Erfahrungen im Umgang mit dem Produkt oder aus der Inanspruchnahme einer Dienstleistung nachteilige Abweichungen der Güter von durch den die Testinformationen geweckten Erwartungen zu entdecken. Eine sechsmonatige absolute Verjährungsfrist unter Anknüpfung des Fristbeginns an den Erhalt der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung also eine Regelung, wie sie etwa in § 477 BGB ("Risikoverlagerung"426) zu finden ist - liefe dem Interesse der geschädigten Testnutzer zuwider. Bei einer sechsmonatigen Frist wäre der Ersatzanspruch oftmals schon verjährt, bevor der Geschädigte die Fehldisposition erkannt hätte. Dies würde die Haftung für irreführende Testinformationen in bezug auf solche fehlerhaften Informationen faktisch leerlaufen lassen, deren Richtigkeit für den Verbraucher gerade von besonderem Interesse ist. Namentlich sind dies die sog. "experience"427- und "credence"-Eigenschaften428 der getesteten Produkte. Nicht zu leugnen ist zwar, daß auch die dreijährige Frist zumindest hinsichtlich der nicht überprüfbaren "credence"-Eigenschaften zu einer "Risikoverlagerung" führt, wenn sich innerhalb dieses Zeitraumes die Fehlerhaftigkeit des Testberichts nicht herausstellt. Nach Ablauf einer dreijährigen Frist erscheint es aber im Hinblick auf den bloßen Vermögensschaden eines Testnutzers nicht unbillig, im Interesse der Rechtssicherheit und der schon erwähnten Wirtschaftlichkeit den Informationsfehler rechtlich nicht mehr zu sanktionieren. Aus den gleichen Gründen ist es für die Sachverhalte irreführender Testberichte erst recht nicht angemessen, die in der Vorschrift des § 13a Abs.2 UWG enthaltene Frist für den Rücktritt von einem Rechtsgeschäft bei unlauterer Werbung für Ersatzansprüche wegen fehlerhafter Warentestinformationen zu übernehmen. Freilich besteht eine gewisse Verwandtschaft der hier untersuchten Sachverhalte mit denen, die von § l3a UWG erfaßt werden. Insbesondere handelt es sich zum einen auch bei irreführender Werbung regelmäßig um Informationen über die Qualität von Waren und Dienstleistungen, und zum anderen kann der Ersatzanspruch wegen irreführender Testinformationen auch auf die rücktrittsähnliche Beseitigung der Vertragsfolgen gerichtet sein. Die sechsmonatige Frist des § 13a Abs.2 UWG beschränkt die Rücktrittsmöglichkeit eines Abnehmers jedoch noch über das Maß des § 477 BGB hinaus. Denn das Rücktrittsrecht des irregeführten Abnehmers erlischt bereits nach Ablauf von sechs Monaten seit Abschluß des Vertrages. Dies führt in vielen Fällen

426 Begriff bei Medicus, AT6, Rn. 105. 427 Dazu oben S.178. 428 Siehe oben S.178.

IV. Verjährung des Anspruchs

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sogar dazu, daß die Rücktrittsfrist schon verstrichen ist, bevor der Abnehmer die Ware überhaupt erhalten hat. 429 Gegen die Übernahme der erwähnten sechsmonatigen Ausschluß- bzw. Verjährungsfristen spricht darüber hinaus, daß diese Vorschriften als Sonderregelungen nur im Verhältnis der Vertragspartner zueinander gelten. 430 Die Rechtsprechung hat gerade rur die Auskunftshaftung von Banken, Steuerberatern, Rechtsanwälten oder sonstigen Fachleuten nicht an die Verjährungsregeln angeknüpft, die rur das nachteilige Rechtsgeschäft gelten. Vielmehr wurde entweder auf spezialgesetzliche Regelungen aus dem Rechtsverhältnis des Irregeführten zum Ratgeber4 31 - etwa § 51 BRAO oder § 68 StBerG - oder auf die allgemeine Verjährungsnorm des § 195 BGB zurückgegriffen. Den kurzen Verjährungs- und Ausschlußfristen aus dem Rechtsverhältnis zu dem Vertragspartner des Irregeführten kann danach für die quasi-vertragliche Haftung Dritter, die am nachteiligen Rechtsgeschäft selbst nicht als Partei beteiligt sind, keine Leitbildfunktion zukommen. Die hier vertretene dreijährige Verjährungsfrist schafft schließlich aus Sicht der Stiftung Warentest einen einigermaßen überschaubaren Zeitrahmen, innerhalb dessen sie mit Streitigkeiten wegen Informationsfehlern rechnen muß. Sicherlich wäre eine Verjährungsfrist, die an die Publikation der fehlerhaften Informationen selbst anknüpfte, für den Informationsgeber wesentlich leichter zu überblicken, doch hat der Gesetzgeber bisher rur Schadensersatzansprüche keine Verjährungsregelung getroffen, die rur den Beginn der Verjährung allein an die haftungsbegründende Handlung des Schädigers anknüpft und weniger

429 Vgl. Baumbach/Hefennehl, Rn.21 zu § 13a UWG. Die Regelung des § 13a UWG läßt sich nur damit erklären, daß dem Gesetzgeber nicht ernstlich daran gelegen war, die Rechte der Verbraucher zu Lasten eines schnellen Warenverkehrs zu stärken. Im übrigen hätte eine Anknüpfung des Beginns der Rücktrittsfrist an die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Haftungstatbestandes in allen Fällen, in denen die Ware zugleich einen Sachmangel aufweist, zu einer Aushöhlung des § 477 BGB geführt, was mit dem Sinn und Zweck des § 477 BGB, also der möglichst schnellen Abwicklung kaufvertraglicher Rechtsverhältnisse, in Widerspruch gestanden hätte (vgl. dazu BGH vom 24.5.1976, BGHZ 66, S.315 ff., 321). 430 BGH vom 19.2.1992, WM 1992, S.1246 ff., 1247 f., wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß § 477 BGB nur im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer Anwendung findet. Eine Ausnahme gilt jedoch bei der Sachwalterhaftung des als QuasiVerkäufer fungierenden Gebrauchtwagenhändlers. Dessen Haftung aus culpa in contrahendo ist - wie die des eigentlichen Verkäufers - auf den zeitlichen Rahmen des § 477 BGB beschränkt: U. Huber in Soergel 12 , Rn.232 vor § 459 mwN. 431 Vgl. die Entscheidungen des BGH vom 27.1.1994, WM 1994, S.504 ff.; BGH vom 1.6.1994, NJW 1994, S.2226 f. zu § 51a WPO. 19 Boecken

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

als 30 Jahre beträgt. 432 Anders als die der Prospekthaftung unterworfenen Personen hat die Stiftung Warentest zwar kaum die Möglichkeit, von den einzelnen Rechtsgeschäften, die Konsumenten aufgrund fehlerhafter Warentests vornehmen, Kenntnis zu erlangen. Dieser Umstand schränkt die Kalkulierbarkeit des Haftungszeitraums deutlich ein. Dennoch kann die Stiftung Warentest anhand von Erfahrungswerten über die Verwendung der Warentestinformationen davon ausgehen, daß der überwiegende Teil der auf Warentestinformationen gestützten Dispositionen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu einer Veröffentlichung eines Warentestsberichts vorgenommen wird und die Zahl der Dispositionen wegen der raschen Veränderung auf dem Konsumgütermarkt um so stärker abnimmt, je länger die Publikation eines Warentestsberichts zurückliegt. Das bedeutet, daß die Warentesteinrichtung faktisch in einem Zeitraum von ca. drei bis vier Jahren nach der Veröffentlichung eines irrefiihrenden Tests mit (größeren) Haftungsrisiken im Hinblick auf reine Vermögensschäden der Testnutzer belastet ist. Hinzu kommt, daß die Stiftung Warentest durch die Publikation eines fehlerfreien Wiederholungstests den Haftungszeitraum fiir einen fehlerhaften Test beschränken kann. Denn den Testnutzern, die ihre rechtsgeschäftliche Entscheidung auf einen überholten fehlerhaften Testbericht stützen, ist wegen überwiegenden Mitverschuldens in aller Regel ein Schadensersatzanspruch im Ergebnis zu versagen. 433 Nach den Vorschlägen von Peters/Zimmermann zur Neuregelung des Verjährungsrechts soll die Verjährung fiir Schadensersatzansprüche mit der Fälligkeit des Anspruchs beginnen. 434 Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruchs liegt frühestens mit dem Eintritt eines Schadens vor. 435 Für die hier in Rede stehenden Ersatzansprüche entsteht der Vermögens schaden des Testnutzers also (frühestens) mit der Eingehung des ex post unerwünschten Rechtsgeschäfts. Schon an diesen Zeitpunkt anzuknüpfen, wäre aber fiir geschädigte Testnutzer nicht sachgerecht, weil sie erst vom Zeitpunkt der Lieferung an in der Lage sind, die erworbenen Leistungen auf ihre Informationskonformität zu überprüfen. Diesem Gesichtspunkt tragen Peters/Zimmermann letztlich auch Rechnung. Ihrer Ansicht nach soll die Verjährung solange gehemmt sein, wie

432 So nimmt z.B. § 21 Abs.2 UWG gerade Schadensersatzansprüche von der Regelung des Fristbeginns in § 21 Abs.1 UWG aus und läßt den Lauf der Frist erst mit dem Eintritt des Schadens einsetzen. 433 Siehe oben S.281. 434 Gutachten Bd.l, S.303. 435 Peters/Zimmermann, Gutachten Bd.l, S.303.

IV. Verjährung des Anspruchs

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der Berechtigte keine Kenntnis von dem Haftungstatbestand erlangen konnte. 436 Die dreijährige Frist entspricht schließlich dem Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, der in § 197 Abs.2 i. V .m. § 196 AbsA Kommissions-Entwurf vorsieht, daß vertragsähnliche Ansprüche wie vertragliche Ansprüche in drei Jahren nach Erhalt der erworbenen Leistung verjähren. 437 Zwar erhellt aus der Begründung der Kommission, daß unter vertragsähnlichen Ansprüchen im Sinne des § 197 Abs.2 nur Ansprüche aus culpa in contrahendo im Verhältnis der Parteien des angebahnten Vertrages verstanden werden. 438 Die Wertung der Kommission muß aber auch für Ansprüche gelten, die nach heute herrschendem Verständnis lediglich auf einer institutionellen Vertrauensstellung beruhen. Dies kann jedenfalls insoweit angenommen werden, als es sich um Ansprüche aus der Verletzung von Pflichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung handelt. Bestehen solche Pflichten für eine Person (Institution), die außerhalb der eigentlichen Vertragsanbahnungsbeziehung steht, so unterscheiden sich diese Pflichten funktional nicht von denen, die den Parteien bei der Vertragsanbahnung obliegen. In beiden Fällen sollen Fehlinvestitionen in Form von ex post unerwünschten Rechtsgeschäften vermieden werden. Aus den dargelegten Gründen ist es daher angemessen, rur Schadensersatzansprüche von Testnutzem gegen die Stiftung Warentest auf Ersatz reiner Vermögensschäden von einer absoluten Verjährungsfrist von drei Jahren auszugehen, wobei diese Frist mit Erhalt der Ware oder der Inanspruchnahme der Leistung ihren Lauf nimmt.

2. Zur relativen Verjährungsfrist (sechs Monate) bei Kenntnis oder Kennenmüssen des Haftungstatbestandes Die dreijährige Frist ist dann nicht erforderlich, wenn der geschädigte Testnutzer alle haftungsbegründenden Umstände kennt oder kennen muß. In dieser Situation kann dem Geschädigten zugemutet werden, seine Ansprüche innerhalb von sechs Monaten geltend zu machen. Ebenso wie bei Prospekthaftungsansprüchen verhindert werden soll, daß ein Anleger auf Kosten des Haftpflichtigen mit den getätigten Kapitalanlagen spekuliert,439 sollte einem Testnutzer 436 Vgl. § 199 des Gesetzesvorschlags von Peters/Zimmerrnann, Gutachten Bd.I, S.316. 437 Siehe Bundesminister für Justiz (Hrsg.), Abschlußbericht, S.54 und 65. 438 Bundesminister für Justiz (Hrsg.), Abschlußbericht, S.66. 439 BGH vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 226 f. 19·

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

nicht die Möglichkeit eröffnet werden, die unerwünschte Sache noch Jahre zu behalten, bevor er sich entscheidet, ihres Erwerbs wegen Schadensersatz zu fordern. Zwar besteht eine echte Spekulationsmöglichkeit, wie sie im Zusammenhang mit Kapitalanlagen gegeben ist, bei Konsumgütern nicht, weil diese Güter mit zunehmenden Alter in aller Regel an Wert verlieren. Dennoch ist es jedenfalls im Hinblick auf Gebrauchsgüter4 40 sinnvoll, über kurze Verjährungsfristen den wirtschaftlichen Verlust infolge bloßen Zeitablaufs zu minimieren. Nur so kann die von einem Testnutzer nicht verwendbare Ware im Wege einer zügigen Schadens liquidation - nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist durch den Geschädigten selbst - auf den Gebrauchtwarenmarkt gelangen, um noch einer sinnvollen Nutzung in dritter Hand zugeführt zu werden. Wenn hier davon ausgegangen wird, daß die sechsmonatige Frist schon mit Kennenmüssen der haftungsbegründenden Umstände beginnt, so geht dies allerdings über die Verjährungsregelung bei der Prospekthaftung hinaus. Für diese Haftung hat der BGH den Verjährungsbeginn an die positive Kenntnis des Anlegers von der Unrichtigkeit des Prospekts geknüpft. 441 Die Anknüpfung der kurzen Verjährungsfrist an das Kennenmüssen des Haftungstatbestandes rechtfertigt sich jedoch aus zwei Gründen. Zum ersten stellen sich infolge der Anknüpfung an das Kennenmüssen für den Fristbeginn weniger Beweisprobleme, weil der Fristbeginn nicht an den rein subjektiven inneren Umstand des Wissens geknüpft ist, sondern an eine rechtliche Bewertung von externen Vorgängen. Damit versetzt man die Stiftung Warentest als Schuldnerin der Ersatzansprüche in die Lage, auf den Fristbeginn gewissen Einfluß nehmen zu können, indem sie durch eine breite Publikation einer Richtigstellung (z.B. Pressemitteilung) den geschädigten Testnutzern die Möglichkeit eröffnet, von der Fehlerhaftigkeit des Testberichts Kenntnis zu erlangen. Will ein Testnutzer nach Ablauf von sechs Monaten seit einer solchen öffentlichen Richtigstellung einen Ersatzanspruch unter Hinweis auf seine Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Testinformation noch durchsetzen, so ist es an ihm, sich für sein Unwissen zu exkulpieren. An die Exkulpation sollte jedoch in Anbetracht der nur sechsmonatigen Frist kein zu strenger Maßstab angelegt werden. Es sollte genügen, wenn der Testnutzer Umstände darlegt, die den Schluß zulassen, daß ihm die Fehlerhaftigkeit ohne grobes Verschulden in eigenen Angelegenheiten unbekannt geblieben ist. 442 Der zweite Grund ist mehr rechtspolitischer Natur. Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an das Kennenmüssen eines Infor440 Bei Verbrauchsgütern wird sich das Problem des Wertverlustes naturgemäß kaum stellen. 441 Vgl. BGH vom 22.3.1982, BGHZ 83, S.222 ff., 226 f. 442 Vgl. Peters/Zimmermann, Gutachten Bd.l, S.306, die vom Maßstab der groben Fahrlässigkeit ausgehen.

V. Beweisfragen

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mationsfehlers trägt tendenziell dazu bei, daß die testnutzenden Verbraucher die erworbene Ware oder Dienstleistung unmittelbar nach oder bei Lieferung auch auf deren Informationskonformität hin überprüfen, um ihre Rechte jedenfalls hinsichtlich der schon zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Informationsfehler rechtzeitig durchsetzen zu können. Das bedeutet, daß mittels des Verjährungsbeginns indirekt auch ein Anreiz dafür gesetzt werden kann, daß Verbraucher die erworbenen Güter aufmerksam und kritisch prüfen, worin ein wesentlicher Beitrag zur Aufrechterhaltung und Förderung einer wettbewerblichen Marktordnung seitens der Verbraucher liegt.

v. Beweisfragen Abschließend ist auf die Beweislast für die einzelnen Merkmale der Schadenshaftung einzugehen. Dabei richtet sich die Verteilung der Beweislast im Grundsatz nach den allgemeinen Regeln, nach denen jede der Parteien die für sie günstigen Tatsachen zu beweisen hat. 1. Der Konsument hat daher das Bestehen der gesetzlichen Sonderbeziehung zwischen ihm und der Warentesteinrichtung darzulegen und zu beweisen, indem er Tatsachen vorbringt, die auf eine Inanspruchnahme der Testinformationen zwecks rechtsgeschäftlicher WiIIensbildung zur Überzeugung des Gerichts schließen lassen. 2. Die Beweisführung für die Fehlerhaftigkeit der streitigen Testinformation obliegt ebenfalls dem Testnutzer. Er muß nachweisen, daß die Information vom durchschnittlichen Verständnis der Adressaten her ein wahrheitswidriges Bild über die Qualität der verglichenen Güter und Leistungen vermittelt. Die Anforderung an den Nachweis der Fehlerhaftigkeit sind unterschiedlich, je nachdem, ob der Fehler in einer bloßen Tatsachenmitteilung oder auf der Bewertungsebene behauptet wird. Für letztere Fehlerquelle muß es im Prozeß genügen, wenn der Konsument etwa mittels eines Testberichts anderer neutraler Institute darlegen kann, daß die Beurteilung der Stiftung Warentest nach Auffassung dieses anderen Instituts nicht gerechtfertigt ist, wenn sich die Untersuchung auf gleiche Testverfahren stützt. Um dem Testnutzer insoweit die Beweisführung zu erleichtern, steht ihm ein Anspruch auf Einsicht in die Testverfahrens berichte und die Ergebnisprotokolle zu, die Grundlage der Beurteilungen der Stiftung Warentest sind. 443 Man mag auch hier einwenden, daß ein solcher Aufwand in keinem Verhältnis zum geltend gemachten Schaden stehe. Doch ist immer in Rechnung zu stellen, daß die Informationen der Stiftung 443 V gl. Wenzel, Bildberichterstattung, Rz. I 0.112, S.422.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Warentest eine Vielzahl von Konsumenten zu Vermögensdispositionen veranlassen, so daß der Überprüfungsaufwand immer ins Verhältnis zum Gesamtschaden auf Verbraucherseite zu setzen ist. Soweit die Stiftung Warentest die Fehlerhaftigkeit einer Testinformation schon selbst durch die Publikation einer Berichtigung eingestanden hat, ist der Testnutzer selbstverständlich von der Beweisfiihrung als entlastet zu betrachten. 3. Wegen des quasi-vertraglichen Charakters der Sonderbeziehung ist analog §§ 282, 285 BGB die Stiftung Warentest gehalten, sich hinsichtlich des Verschuldens zu entlasten. Dies muß insbesondere deshalb gelten, weil der Testnutzer keinen Einblick in den Organisationsbereich der Stiftung Warentest hat. Hinsichtlich des sorgfaltswidrigen Verhaltens eines Organs oder sonstigen Angestellten der Stiftung Warentest - bzw. den Organen oder Mitarbeitern der mit dem Test beauftragten Unternehmen und Einrichtungen - steht der Informationsnutzer in Beweisnot. Die Parallele zur Beweislastumkehr bei der deliktischen Produzentenhaftung ist unverkennbar. Ebenso wie der Produzent gefährlicher Güter "näher daran" ist, das Risiko der Unaufklärbarkeit eines Produktfehlers wegen seiner Organisationsgewalt zu tragen,444 ist die Stiftung Warentest "näher daran", das Risiko einer Fehlinformation übernehmen zu müssen. Ist die Fehlerhaftigkeit der Testinformation nachgewiesen, trifft die Stiftung Warentest die Exkulpationslast. 4. Der Testnutzer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafiir, daß das von ihm getätigte Rechtsgeschäft und die damit verbundenen Aufwendungen den als Schaden geltend gemachten Betrag verursacht haben. 5. Problematisch erscheint die Verteilung der Beweislast fiir die Kausalität des geltend gemachten Schadens. Eine Fehlinformation ist nur dann (adäquat) kausal, wenn der Testnutzer das zum Schaden fiihrende Rechtsgeschäft bei richtiger Information nicht oder nicht so vorgenommen hätte. Das hypothetische Verhalten des Auskunftempfängers ist als solches einer Beweisfiihrung im strengen Sinne nicht zugänglich. 445 Dem Richter ist jedoch insoweit ein Wahrscheinlichkeitsurteil möglich 446 , das er nach einer Gesamtwürdigung der Umstände gemäß § 286 ZPO vorzunehmen hat. 447 Das Risiko der Unaufklärbar444 Vgl. BGH vom 26.11.1968 (Hühnerpest), BGHZ 51, S.91 ff., 105. 445 Vgl. BGH vom 28.3.1990, BGHZ 111, S.75 ff., 81. 446 BGH vom 28.3.1990, BGHZ 111, S.75 ff., 81 mN. Ähnlich Steffen (in RGRK, Rn.68 zu § 676), der davon spricht, daß die Kausalität im Einzelfall der Lebenserfahrung entsprechen könne. 447 BGH vom 5.7.1993, BGHZ 123, S.106 ff., 114 [= NJW 1993, S.2865]; BGH vom 17.6.1991, WM 1991, S.1543 ff., 1545.

V. Beweisfragen

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keit des hypothetischen Konsumentenverhaltens bei pflichtgemäßer Information ist entsprechend den in der Rechtsprechung448 zu Informationspflichtverletzungen entwickelten Grundsätze zu verteilen. Danach trägt der Auskunftgeber die Beweislast dann, wenn sich dem Beratenen bei wahrheitsgemäßer oder vollständiger Information das Absehen von dem nachteiligen Rechtsgeschäfts als vernünftig dargestellt hätte. 449 Zweifel über das hypothetische Verhalten bei richtiger/vollständiger Unterrichtung gehen zu Lasten desjenigen, der falsch oder unvollständig unterrichtet hat. 450 Nach Auffassung des IX. Zivilsenates des BGH ist von diesem Grundsatz im Zusammenhang mit rechtlichen Beratern eine Ausnahme zu machen, wenn sich der Auskunftempfänger bei richtiger Information in einem Entscheidungskonflikt zwischen mehreren vernünftigen Möglichkeiten einschließlich der tatsächlich gewählten (mit unterschiedlichen Folgen) befunden hätte. 451 Dann soll dem Fehlinformierten lediglich eine Beweiserleichterung im Wege des Anscheinsbeweises zugute kommen, welcher "typische Geschehensabläufe voraussetzt, bei denen nach der Lebenserfahrung regelmäßig von einem bestimmten Ereignis auf einen bestimmten Erfolg - oder umgekehrt - geschlossen werden kann".452 Dieser Anscheinsbeweis kann aber nur dann zum Zuge kommen, wenn der Auskunftnehmer Umstände unter Beweis stellt, aufgrund derer geschlossen werden kann, daß ein vernünftiger Informationsnehmer bei pflichtgemäßer Beratung von dem nachteiligen Geschäft abgerückt wäre. Gelingt es aber dem Informationsgeber, diese Vermutung zu erschüttern, so trägt der Informationsnehmer die Last der Unaufklärbarkeit. 453

448 BOH vom 24.3.1977, WM 1977, S.756 ff., 758; BOH vom 28.3.1990, BOHZ 111, S.75ff., 81 mN.; BOH vom 26.4.1991, BOHZ 114, S.263ff., 273; BOH vom 5.7.1993, BOHZ 123, S.106 ff., 114 [= NJW 1993, S.2865]; BOH vom 30.9.1993, BOHZ 123, S.311 ff., 314f.; BOH vom 16.11.1993, BOHZ 124, S.151 ff., 159 ff. 449 Vgl. BOH vom 16.11.1993, BOHZ 124, S.151 ff., 159 ff. 450 BOH vom 16.11.1993, BOHZ 124, S.151 ff., 159 ff.; BOH vom 26.4.1991, BOHZ 114, S.263 ff., 273; BOH vom 28.3.1990, BOHZ 111, S.75 ff., 81 mN.; BOH vom 31.5.1990, WM 1990, S.1658 ff., 1659 [insoweit nicht abgedruckt in BOHZ 111, S.314]; BOH vom 24.3.1977, WM 1977, S.756 ff., 758; OLO Düsseldorf vom 8.7.1994, NJW 1995, S.404 f., 405. Siehe auch Thomas in Palandt, Rn.7a zu § 676; Kuckuk in Ennan, Rn.195 vor § 249. 451 BOH vom 20.10.1994, NJW 1995, S.449 ff., 451; BOH vom 9.6.1994, JZ 1995, S.467 ff., 471, mit kritischer Anm. von Teske; BOH vom 30.9.1993, BOHZ 123, S.311 ff., 314 mN aus der Rechtsprechung. 452 BOH vom 7.12.1994, JZ 1995, S.628 ff., 629. 453 BOH vom 30.9.1993, BOHZ 123, S.311 ff., 314.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Für eine Beschränkung dieser Grundsätze auf die Infonnationsleistungen rechtlicher Berater besteht indes kein einleuchtender Grund. 454 Gerade im Hinblick auf Warentestinfonnationen, die aufgrund ihres vergleichenden Charakters nicht immer nur ein bestimmtes (vernünftiges) Rechtsgeschäft nahelegen, sondern vielfach mehrere (vernünftige) Optionen eröffnen, kann nicht von einem einheitlichen Grundmuster ausgegangen werden. Nicht jede Fehlinformation in einem Warentest muß nach der Lebenserfahrung, die dem Wahrscheinlichkeitsurteil des Richters zugrundegelegt sein sollte, dazu fiihren, daß der irregefiihrte Testnutzer das ex post unerwünschte Rechtsgeschäft nicht vorgenommen hätte. In Fallgestaltungen, in denen das erworbenene Produkt zu Unrecht über andere gestellt wurde, es sich in Wahrheit (nur) als genauso gut darstellt, spricht allein die fehlerhafte Bewertung nicht dafiir, daß der Testnutzer von dem Geschäft ganz abgesehen hätte oder ein anderes Produkt gekauft hätte. Für eine solche Vennutung bedarf es weiterer Umstände, die mit der Fehlinfonnation an sich nichts zu tun haben. Allein aufgrund der im ersten Teil der Untersuchung dargestellten statistischen Ergebnisse über den Einfluß der Testinfonnationen auf das Konsumverhalten, ist es bei fehlerhaften Testinformationen also nicht gerechtfertigt, im Wege des Anscheinsbeweises widerlegIich zu vennuten, daß die streitige fehlerhafte Testinfonnation das konkrete Verhalten des klagenden Verbrauchers beeinflußt habe. Die Vennutung der Kausalität hängt nach der hier vertretenen Ansicht zusätzlich davon ab, daß sich die getroffene Entscheidung im Falle zutreffender Auskunft der Stiftung Warentest als nach der Lebenserfahrung unvernünftig darstellt. An den Beispielen der ungeeigneten Winterreifen sowie des energiesparenden Kühlschrankes läßt sich die Differenzierung des IX. Zivilsenates des BGH veranschaulichen: Im "Winterreifen"-Fall trägt die Stiftung Warentest die Beweislast dafiir, daß der Konsument sich die Reifen auch bei richtiger Infonnation gekauft hätte. Bei richtiger Beschreibung der Reifen hätte es in bezug auf den Erwerb dieser Reifen nur eine vernünftige Entscheidung gegeben, nämlich von diesem Erwerb abzusehen. Liegt im "Kühlschrank"-Beispiel der Infonnationsfehler darin, daß die Stiftung Warentest von zehn getesteten Geräten den Kühlschrank der Marke A statt den der Marke B als energiesparend beschrieben hat, so kann man davon ausgehen, daß der Testnutzer, der einen energiesparenden Kühlschrank erwerben wollte, statt des Kühlschrankes A die Marke B erworben hätte. Auch hier stellt sich nur eine vernünftige Alternative. 454 Die Stellungnahme des XI. Zivilsenats des BGH in seiner Entscheidung vom BGH vom 16.11.1993 (BGHZ 124, S.151 ff., 160) mag in diese Richtung mißverstanden werden. Vgl. auch Teske, Anm. zu BGH vom 9.6.1994, IX ZR 125/93 (JZ 1995, S.467), JZ 1995, S.4n ff., 474.

V. Beweisfragen

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Demgegenüber lägen die Dinge anders, wenn es überhaupt keinen energiesparenden Kühlschrank am Markt gegeben hätte. Der Konsument hätte vor einem Entscheidungskonflikt gestanden, wenn der fehlerhaft beschriebene Kühlschrank in Wahrheit ebenso gut bzw. schlecht gewesen wäre wie andere getestete Geräte. Eine mehrere Optionen eröffnende Sachlage mag häufig als Folge rechtlicher (Fehl)Beratung auftreten, ist aber im Zusammenhang mit anderen Beratungsgegenständen nicht ausgeschlossen. 455 Folgt man der Differenzierung des IX. Zivilsenats des BGH, so wäre es im letztgenannten Fall Sache des Testnutzers, Umstände vorzutragen, aufgrund derer die Vermutung besteht, daß er den fehlerhaft beschriebenen Kühlschrank nicht gekauft hätte. Solche Umstände können etwa in Preisunterschieden liegen oder in einer anderen technischen Ausstattung, die den Bedürfnissen des Testnutzers besser entsprochen hätte als die des tatsächlich gekauften Gerätes. Für diesen Fall würde es auch genügen, wenn der Testnutzer nachweist, daß er seinen alten funktionstüchtigen Kühlschrank nur ausrangiert hat, weil er mit dem neuen Gerät Energie und Kosten sparen wollte. Es stellt sich allerdings die Frage, weshalb nicht auch für den Fall mehrerer gleich vernünftiger Optionen bei pflichtgemäßer Beratung der pflichtwidrig Handelnde die Beweislast tragen soll. Zu Recht weist der IX. Zivilsenat darauf hin - und schon aus diesem Grunde ist seiner Ansicht zu folgen -, daß die Motive und Umstände, die bei richtiger Beratung den Ausschlag für ein hypothetisches Verhalten gegeben hätten, in aller Regel in der persönlichen Sphäre des Auskunftsnehmers liegen, so daß bei einer Umkehr der Beweispflicht zu Lasten des Informationsgebers dieser praktisch keine Möglichkeiten hätte, den vollen Beweis dafür zu erbringen, daß der Informationsnehmer sich auch bei richtiger Information gleichermaßen verhalten hätte. 456 Ein Testnutzer ist hinsichtlich der Umstände, die ihn bewegt hätten, eine andere als die getroffene Wahl vorzunehmen, in einem Informationsvorsprung, der es rechtfertigt, ihm die Beweislast für seine Gründe aufzuerlegen. Mittels dieser Beweislastverteilung kann auch das mißbräuchliche Geltendmachen von Schadensersatz zumindest eingeschränkt werden. Denn jedenfalls in den Fällen, in denen es bei korrekter Information nicht nur eine vernünftige Entscheidungsmöglichkeit gegeben hätte, müssen Testnutzer größeren Auf-

455 Ebenso Teske a.a.O., S.474. Er zieht sogar die Beweislastumkehr im Arzthaftungsrecht unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Beweislast bei anwaltlichen Beratungspflichtverletzungen in Zweifel. 456 BGH vom 30.9.1993, BGHZ 123, S.311 ff., 316; BGH vom 9.6.1994, JZ 1995, S.467 ff., 471.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

wand treiben, um ihre scheinbar durch den Informationsfehler veranlaßte Fehlinvestition auf die Stiftung Warentest abzuwälzen. Für den Beweis der Kausalität zwischen Fehlinformation und dem geltend gemachten Schaden ist somit neben dem Nachweis der Kenntnis der Testinformationen bei Vornahme des Rechtsgeschäfts erforderlich, daß sich die Disposition des Testnutzers bei richtiger Information als unvernünftig darstellt. Dabei hat der Richter für das Kriterium "unvernünftig" sowohl das vom Testnutzer verfolgte Ziel - etwa Energieersparnis -, wie auch sonstige, etwa rein finanzielle Belange, in seine Gesamtbetrachtung einzubeziehen.

VI. Ergebnis zum 4.Teil Der Haftungstatbestand setzt voraus, daß die Stiftung Warentest eine als Schutzpflicht zu verstehende Pflicht zur Förderung der vertraglichen Willensbildung der Konsumenten gemäß §§ 276, 278 BGB schuldhaft verletzt hat. Die Schutzpflichten beziehen sich sowohl auf Tatsachenmitteilungen über die getesteten Güter (mit Ausnahme von Preisangaben) als auch auf die in einem Warentest enthaltenen Qualitätsurteile. Für die Frage, ob eine Aussage in einem Testbericht irreführend ist, muß auf den Horizont eines durchschnittlichen Verbrauchers als Adressaten der Testinformationen abgestellt werden, wobei dieser Maßstab nicht empirisch, sondern wertend auszufüllen ist. Es lassen sich zwei Pflichtverletzungstatbestände unterscheiden. Zum ersten das Inverkehrbringen eines irreführenden Warentestberichts und zum zweiten die unterlassene Berichtigung einer fehlerhaften Publikation von Testinformationen. Eine pflichtwidrige Irreführung im Sinne des ersten Tatbestandes liegt immer dann vor, wenn die Testeinrichtung irreführende Güterinformationen selbst veröffentlicht oder durch andere Medien unter ihrem Namen publizieren läßt. Für Informationsfehler, die auf ein Verhalten von Mitarbeitern oder Organen der beauftragten Prüfinstitute zurückzuführen ist, haftet die Testveranstalterin gemäß § 278 BGB. Veröffentlichen andere von der Stiftung Warentest in die Informationsverbreitung eingeschaltete Medien Testberichte unter dem Namen der Stiftung Warentest, so muß sich die Stiftung Warentest ein fehlerverursachendes Verhalten im Organisationsbereich dieser Medien ebenso gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Bei Irreführungen der Verbraucher infolge von Testwerbung mit fehlerhaften Testergebnissen ist die Stiftung Warentest nur dann verantwortlich, wenn der Originalbericht der Stiftung Warentest fehlerhaft ist und der Fehler nicht durch die Werbemaßnahme verursacht wurde, der Werbende sich also an die

VI. Ergebnis zum 4.Teil

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von der Stiftung Warentest herausgegebenen Empfehlungen rur die Werbung mit Testergebnissen gehalten hat. Verflilseht der Werbende selbst die Aussage eines korrekten Testberichts, so kann die Stiftung Warentest darur nicht verantwortlich gemacht werden. Die werbenden Hersteller und Anbieter werden seitens der Stiftung Warentest nicht in die Verbreitung der Testinformationen eingeschaltet und sind aus diesem Grund nicht als Errullungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB im Hinblick auf die Ptlichten zur Förderung der vertraglichen Willensbildung der Konsumenten anzusehen. Allein der Umstand, daß die Stiftung Warentest die Testwerbung als nützlichen Informationsmultiplikator begreift, genügt nicht, die Werbenden gemäß § 278 BGB in den Verantwortungsbereich der Stiftung Warentest einzubeziehen. Dem zweiten Ptlichtverletzungstatbestand - Pflicht zur Richtigstellung eines irreruhrenden Testberichts - kommt besondere Bedeutung dann zu, wenn es der Stiftung Warentest im Einzelfall gelingen sollte, sich hinsichtlich der fehlerhaften Erstveröffentlichung eines Warentests zu exkulpieren. Unter diesen Umständen kann ihr ex post allenfalls der Vorwurf gemacht werden, die von ihr geschaffene und filr sie erkennbare Gefahr einer Fehlleitung der Konsumenten nicht rechtzeitig durch eine Richtigstellung beseitigt zu haben. Die Berichtigungsptlicht bezieht sich nur auf ihre eigenen fehlerhaften Publikationen und auf fehlerhafte Veröffentlichungen anderer Medien, soweit diese Veröffentlichungen von der Stiftung Warentest autorisiert sind. Daraus folgt zugleich, daß der Stiftung Warentest keine allgemeine Richtigstellungsptlicht obliegt. Veränderungen der Konsumgütermärkte oder die Fortentwicklung von Wissenschaft und Technik, durch welche ursprünglich richtige Testaussagen überholt erscheinen, stellen sich als typisches Verbraucherrisiko in einer auf Innovation ausgerichteten und aufbauenden Wirtschaftsordnung dar. Für das Verschulden gelten die §§ 276, 278 BGB. Danach haftet die Stiftung rur jede Fahrlässigkeit ihrer Organe oder Errullungsgehilfen. Eine Beschränkung des Verschuldensmaßstabs auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz kraft objektiven Rechts ist insbesondere nicht wegen der bloßen Förderung fremder rechtsgeschäftlicher Tätigkeit oder der Unüberschaubarkeit des Haftungspotentials gerechtfertigt. Eine einseitige Haftungsfreizeichnung von der Verantwortlichkeit rur einfache Fahrlässigkeit - etwa im Impressum ihrer Zeitschriften - würde nach der hier vertretenen Auffassung gegen § 9 AGBG verstoßen, weil sich die Stiftung Warentest damit filr den Kembereich ihrer Aufgabe der Verantwortung entzöge. Inhaltlich ist die Schadensersatzptlicht gemäß § 249 S.l BGB darauf beschränkt, einem irregeruhrten Testnutzer den Vermögensschaden zu ersetzen, den er im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Information erlitten hat. Dabei hat der Geschädigte keinen Anspruch, so gestellt zu werden, wie wenn die gegebene Information wahr wäre. Positiver Vertrauensschutz kommt nicht in Betracht.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Die Infonnationspflichten der Stiftung Warentest dienen nur dem Zweck, die vertragliche Willensbildung der Testnutzer zu unterstützen, um sie vor Einbußen im Vennögensbestand zu bewahren. Sie sollen ihnen aber nicht das Erfiillungsinteresse an einem Rechtsgeschäft sichern. Danach ist ein irregefiihrter Testnutzer (nur) so zu stellen, wie er stünde, wenn er die zutreffende Testinfonnation in seine Willensbildung einbezogen hätte. Als reiner Vennögensschaden ist inbesondere der Geldbetrag zu ersetzen, den ein Testnutzer im Rahmen des ex post unverwünschten Rechtsgeschäfts als Gegenleistung erbracht hat. Daneben kann er aber auch nutzlose Begleitkosten und entgangenen Gewinn aus einem ansonsten getätigten Rechtsgeschäft geltend machen. Vorteile, die ihm durch die Nutzung einer Sache oder eines Rechts zugeflossen sind, muß er sich schadensmindernd anrechnen lassen. Die testnutzenden Konsumenten sind nur vor solchen Vennögensschäden zu bewahren, deren Eintritt sie aufgrund ihres verbraucherspezifischen Infonnationsdefizites nicht beherrschen können. Aus diesem Grund ist es bei wertender Betrachtung geboten, fiir den Abschluß eines unerwünschten Rechtsgeschäfts solange und soweit den Eintritt eines Schadens zu verneinen, als einem irregefiihrten Testnutzer vertragliche Rechte - insbesondere Mängelgewährleistungsrechte - gegen seinen Geschäftspartner zustehen, mittels derer er sich von den nachteiligen Folgen des unerwünschten Rechtsgeschäfts ganz oder teilweise befreien kann. Diese Fälle treten immer dann auf, wenn sich die fehlerhafte Testinfonnation auf einen Mangel des Vertragsgegenstandes bezieht. Ein Vermögensschaden entsteht dem Verbraucher in diesen Fällen nur oder erst dann, wenn vertragliche Rechte in bezug auf eine nachteilige Beschaffenheit des erworbenen Gegenstandes nicht entstehen oder nicht mehr durchsetzbar sind. Entstehen die Rechte wegen eines gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsausschlusses nicht, so kann der Testnutzer seinen Schaden auch nicht auf die Stiftung Warentest abwälzen. Denn vor Risiken, die ihm das Gesetz zuweist oder die er vertraglich auf sich nimmt, sollen ihn die Testinfonnationen nicht schützen. Soweit vertragliche Rechte wegen der Insolvenz des Vertragspartners nicht durchsetzbar sind, haftet auch dafiir die Stiftung Warentest nicht. Dies gilt nicht nur fiir den Fall, daß der Testnutzer die vertragliche Leistung überhaupt nicht erhält, sondern auch fiir den Fall, daß sich (Gewährleistungs)Rechte wegen einer Leistungsunfähigkeit als undurchsetzbar erweisen. Die Testberichte enthalten keine Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Anbieter von Waren und Dienstleistungen, so daß ein Schaden infolge der Insolvenz des Vertragspartners nicht vom Schutzbereich der Infonnationspflichten erfaßt wird. Bei Undurchsetzbarkeit vertraglicher Rechte infolge einer (kurzen) Verjährung ist zu differenzieren. Soweit der Testnutzer wußte, daß ihm vertragliche

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Rechte zustehen, er die Entstehung des Schadens durch rechtzeitige Geltendmachung der Rechte also hätte verhindern können, ist der mit Verjährung dieser Rechte eintretende Schaden nicht zu ersetzen. Hatte der Testnutzer dagegen keine Möglichkeit, das Bestehen solcher Rechte zu erkennen, weil der Produktmangel, auf den sich die fehlerhafte Information bezog, in einer für den Testnutzer nicht erkennbaren Eigenschaft liegt, so wird der mit der Verjährung der Rechte eintretende Schaden vom Schutzzweck der verletzten Wahrheitspflicht erfaßt. Denn gerade für solche nachteiligen Eigenschaften der Güter, die dem Testnutzer innerhalb kurzer Verjährungsfristen typischerweise verborgen bleiben, muß er sich auf die Warentestinformationen der Stiftung Warentest verlassen können. Der infolge eines nachteiligen Rechtsgeschäfts im Vermögen geschädigte Testnutzer hat grundsätzlich die Wahl zwischen zwei Formen der Schadensabwicklung: Er kann entweder vollständige Beseitigung der Folgen des nachteiligen Rechtsgeschäfts verlangen oder er hält an dem Rechtsgeschäft fest und beziffert den Vermögensschaden, der ihm in Form von Mehraufwendungen durch die fehlerhafte Information entstanden ist. Wählt er die erste Alternative, so kann er von der Stiftung Warentest Ersatz des aufgewendeten Geldbetrages nur Zug um Zug gegen Herausgabe der im Rahmen der Abwicklung des nachteiligen Rechtsgeschäfts erhaltenen Gegenleistung verlangen, soweit er diese noch herauszugeben vermag. Die Wertungen der §§ 350 ff. BGB können hier herangezogen werden. Zu einer Kürzung des Anspruchs wegen Mitverschuldens (§ 254 Abs.l BGB) kommt es, wenn der Testnutzer sich auf solche Angaben der Stiftung Warentest verläßt, die er vor dem Erwerb eines Produkt selbst überprüfen konnte. Ebenso muß von einem Mitverschulden dann ausgegangen werden, wenn ein Testnutzer nach Erwerb eines Produkts bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt einen mit dem Informationsfehler kongruenten Mangel hätte erkennen können. Soweit er sich durch rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen im Verhältnis zu seinem Vertragspartner von den Folgen des Rechtsgeschäfts hätte befreien können, hat er einen ihm vorwertbaren Beitrag zur Schadensentstehung geleistet, der eine Reduzierung des Schadensersatzes rechtfertigt. Ansprüche auf Ersatz reiner Vermögensschäden gegen die Stiftung Warentest verjähren innerhalb einer absoluten Frist von drei Jahren seit dem Erhalt des rechtsgeschäftlich erworbenen Produkts oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung. Erlangt der Testnutzer aber vorher Kenntnis von dem durch eine fehlerhafte Information verursachten Schaden, so kann er den Ersatzanspruch nur noch innerhalb von sechs Monaten von der Kenntniserlangung an gerichtlich durchsetzen.

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4.Teil: Der Haftungstatbestand im einzelnen

Zur Beweislage bleibt zweierlei hervorzuheben: Die Stiftung Warentest trägt die Beweislast analog §§ 282, 285 BGB dafür, daß ein nachgewiesener Informationsfehler ihrerseits oder seitens ihrer Erfüllungsgehilfen nicht gemäß §§ 276, 278 BGB zu vertreten ist, weil die Vorbereitung der Warentestpublikationen im Organisationsbereich der Stiftung Warentest liegt. Dagegen trägt ein Konsument die Beweislast hinsichtlich der Unautklärbarkeit seines hypothetischen Verhaltens bei wahrheitsgemäßer Information, wenn sich bei Hinwegdenken des Informationsfehlers zeigt, daß die Vornahme des getätigten Rechtsgeschäfts auch ohne den Informationsfehler nicht unvernünftig gewesen wäre. In diesem Fall gibt es nach der Lebenserfahrung keine Vermutung dafür, daß der Testnutzer das Geschäft nicht vorgenommen hätte.

Fünfter Teil

Die Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern der Verbraucher Bei der Darstellung der infonnationsspezifischen Gefahren von Warentestinfonnationen wurde schon auf Sachverhalte hingewiesen, bei denen es zu einer derartigen Rechtsgutsbeeinträchtigung kommen kann.) Wesentlich ist dabei, daß eine Verantwortlichkeit der Stiftung Warentest nur in Betracht gezogen werden kann, wenn die Testinfonnationen im Hinblick auf das Merkmal "Sicherheit"2 im dem Sinne irreftlhrend sind, daß sie gefiihrliche Produkte als ungefiihrlich darstellen. Für die Frage, ob solche Angaben in einem Testbericht fehlerhaft und irreftlhrend sind, müssen die gleichen Maßstäbe gelten, wie sie schon oben in bezug auf die Haftung ftlr reine Vennögensschäden dargestellt wurden. 3 Da eine vorsätzliche Irreftlhrung der Verbraucher faktisch so gut wie ausgeschlossen erscheint und rechtlich wenig problematisch ist, kann auch in diesem Zusammenhang die Fragestellung auf fehlerhafte Infonnationen infolge von Fahrlässigkeit reduziert werden. Für einen (auf Fahrlässigkeit beruhenden) Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Leben, Gesundheit und Eigentum der Verbraucher durch Warentestinfonnationen kommen als Rechtsgrundlagen nur § 1 Abs.l ProdhaftG, §§ 823 Abs.l, 831 Abs.l BGB und die zwischen einem Testnutzer und der Stiftung Warentest bestehende schuldrechtliche Sonderbeziehung in Betracht.

) Siehe oben S.82. 2 Das Kriterium Sicherheit umfaßt nach dem hier unterstellten Verständnis auch Merkmale der Umweltverträglichkeit, soweit durch sie Integritätsbelange der Verbraucher betroffen sein können. 3 Dazu oben S.188 ff.

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5. Teil: Haftung ftir Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern

I. Gefährdungshaftung gemäß § 1 Abs.l ProdHaftG Ein Schadensersatzanspruch nach § 1 Abs.l ProdhaftG setzt voraus, daß ein gedruckter Testbericht, der Fehlinfonnationen enthält, ein fehlerhaftes Produkt im Sinne der §§ 2, 3 ProdhaftG ist. Im Schrifttum zum ProdhaftG ist die Qualifizierung verkörperter geistiger Leistungen als Produkte im Sinne von § 2 ProdhaftG umstritten. 4 Einigkeit besteht zwar darin, daß ein Druckwerk an sich als Produkt im Sinne des § 2 ProdhaftG anzusehen ist. 5 Damit ist aber für die hier aufgeworfene Haftungsfrage nichts gewonnen, weil von einer Testzeitschrift als Druckwerk selbst keine Gefahren für die Integrität der Rechtsgüter im Sinne des § 1 Abs.1 ProdhaftG ausgehen. Derartige Gefahren ergeben sich allenfalls aus dem verkörperten Inhalt der Testzeitschriften. Gegen die Anwendung des Produkthaftungsgesetzes auf gedruckte Warentestberichte spricht zunächst schon, daß die Bejahung einer Geflihrdungshaftung für Presseerzeugnisse einen übennäßigen Eingriff in die Pressefreiheit der Warentester darstellen könnte. 6 Abgesehen davon bestehen durchgreifende Bedenken, weil eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung aller Personen, die mittelbar über fehlerhafte Warentestberichte verletzt werden, nicht gewährleistet werden könnteJ Denn Testinfonnationen, die über Hörfunk, Fernsehen oder in computergestützten "Online"-Diensten verbreitet werden, wären mangels Verkörperung nicht von dem Haftungstatbestand des § I Abs.1 ProdhaftG erfaßt. Es darf aber aus Sicht der Verletzten keinen Unterschied machen, ob das geflihrliche Produkt erworben wurde, weil der Erwerber Abonnent der Testzeitschrift ist oder der Erwerb des geflihrlichen Produkts etwa durch einen Fernsehbericht veranlaßt wurde. Wichtiger als die eben genannten Bedenken ist jedoch die Tatsache, daß auch die Voraussetzungen des §§ 1 Abs.l, 2 ProdhaftG im Falle verkörperter Warentestberichte nicht erfüllt sind. Die Autoren, deren Ansicht nach die Produktqualität von verkörperten geistigen Leistungen zu bejahen ist, beziehen sich auf Sachverhalte, in denen die (verkörperte) geistige Leistung allein ver4 Vgl. PottfFrieiing, ProdhaftG, Rn.84 zu § 3 mN; Meyer, Verlagserzeugnisse, ZIP 1991, S.1395 ff., 1396 ff. 5 Siehe Schmidt-Salzer/Hollmann, Produkthaftung, Bd.l, Rn.211 zu Art.7; Kullmann in KulImannIPfister, Produzentenhaftung, Bd.l, Kza 3603/6.; TaschnerlFrietsch, Produkthaftungsgesetz, Rn.20 zu § 2. 6 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt ausfllhrlich RickerlMüller-Malm, Auswirkungen, AfP 1989, S.505 ff., 509 f. 7 Vgl. TaschnerlFrietsch, Produkthaftungsgesetz, Rn.27 zu Art.6 Richtl.

I. Gefährdungshaftung gemäß § 1 Abs. 1 ProdHaftG

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mittelt über die Willensbildung des Lesers schon eine Gefahr rur absolut geschützte Rechtsgüter begründet. Dabei wird vor allem auf den Sachverhalt des schon erwähnten "Carter-Robbins-Test"-Falles 8 verwiesen. 9 Während dort die fehlerhaft hohe Mengenangabe rur die zu verabreichende Kochsalzlösung die Gefahr rur die körperliche Integrität von Patienten begründete, weil ein Arzt, der das neue Diagnoseverfahren anwenden wollte, geneigt sein mußte, der Beschreibung gemäß zu verfahren, schaffen die in bezug auf die Sicherheit von geprüften Produkten fehlerhaften Warentestergebnisse die Gefahren für das Integritätsinteresse in dieser Weise nicht. Diese Gefahren sind schon dadurch vorhanden, daß die gefiihrlichen Produkte vom Hersteller in den Verkehr gebracht wurden. Die inhaltlich unrichtigen Testberichte erhöhen (lediglich) die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts mit diesen gefahrlichen Produkten, weil sie die Nachfrage der Verbraucher auf diese Erzeugnisse lenken, bzw. die Verbraucher nicht von dem Erwerb des gefiihrlichen Erzeugnisses abhalten. Die Testberichte können immer nur über den Erwerb eines schon im Verkehr befindlichen gefährlichen Produkts zu einer Rechtsgutsbeeinträchtigung im Sinne des ProdhaftG ruhren. Da die Gefahrdungshaftung des § 1 Abs.l ProdhaftG aber an das Herstellen und Inverkehrbringen einer rur sich allein oder in der Verwendung mit anderen Produkten gefährlichen Ware anknüpft, 10 genügen inhaltlich fehlerhafte Informationen über ein schon rur sich gefährliches Produkt diesen Anforderung nicht. 11 Dieser Fall ist eher vergleichbar mit dem Verstoß gegen eine nach Inverkehrbringen einer (gefahrlich gewordenen) Ware bestehenden Produktbeobachtungspflicht. Ein solcher Verstoß wird aber von der Gefahrdungshaftung nach dem ProdhaftG nicht erfaßt. 12 Damit kann die oben dargestellte streitige Frage in bezug auffehlerhafte schriftliche Warentestergebnisse letztlich dahingestellt bleiben. Die Stiftung Warentest haftet nicht gemäß § 1 Abs.l ProdhaftG für fehlerhafte Testinformationen über die Sicherheit von gefahrlichen Produkten. 8 BGH vom 7.7.1970, JZ 1971, S.63 ff. m. Anm. Deutsch. Zum Sachverhalt siehe oben S.163. 9 So PottiFrieling, ProdhaftG, Rn.84 zu § 3; Rolland, Produkthaftungsrecht, Teil 11, Rn.35 ff., 36 und Rn.16 zu § 2 ProdhaftG; Meyer, Verlagserzeugnisse, ZIP 1991, S.1393 ff., 1395. 10 Foerste, Produkthaftung, NJW 1991, S.1433 ff., 1438 f. 11 So auch v. Westphalen (in Produkthaftungshandbuch, Bd.2, Rn.7 zu § 63), der allerdings darauf abstellt, daß Prüfinstitute nicht als Hersteller im Sinne von § 4 ProdhaftG anzusehen sind. 12 Rolland, Produkthaftungsrecht, Teil I, Rn. 190 zu § 1 mwN. Zur Verletzung einer Produktbeobachtungspflicht vgl. den "Honda"-Fall des BGH vom 9.12.1986, BGHZ 99, S.167 ff. [= NJW 1987, S.1009). In diesem Fall hätte sich - die Geltung des ProdhaftG unterstellt - aus § 1 Abs.1 ProdhaftG kein Anspruch ergeben. 20 Boecken

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5. Teil: Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern

11. §§ 823 Abs.l, 86, 31 BGB Eine andere Frage ist es aber, ob die Stiftung Warentest rur fahrlässige Fehlinformationen über gefährliche Produkte gemäß §§ 823 Abs.l, 86, 31 BGB einstehen muß, wenn es durch den von der Testeinrichtung veranlaßten Erwerb eines solchen Produkts zu Beeinträchtigungen an Leben, Körper und Eigentum der Verbraucher kommt. Erwirbt ein Konsument ein von der Stiftung Warentest empfohlenes Fahrrad, das einen Konstruktionsfehler des Rahmens aufweist, den die Stiftung Warentest (bzw. das von ihr beauftragte Prilfinstitut) nicht erkannt hat, und verletzt sich Konsument infolge eines Rahmenbruchs während der Fahrt, so steht nicht nur die Haftung des Herstellers in Frage, sondern auch die Haftung der Stiftung Warentest. Solche Sachverhalte stellen sich als Fälle "mittelbarer Verletzungen"l3 dar. Eine Haftung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn die Stiftung Warentest hinsichtlich des von ihr empfohlenen, aber gefährlichen Produkts eine Verkehrspflicht verletzt hat, deren Sinn es ist, den verletzten Verbraucher auch vor der erlittenen Rechtsgutsbeeinträchtigungen zu schützen. Verkehrspflichten treffen denjenigen, der eine Gefahr schafft, eine bestehende Gefahr unterhält oder es übernommen hat, Schäden aus bestehenden Gefahren abzuwenden. 14 Wie schon erwähnt wurde, begründet die Stiftung Warentest durch ihre Informationstätigkeit die Produktgefahr als solche nicht. Entscheidend für das Bestehen einer Verkehrspflicht der Stiftung Warentest ist, daß sie es übernommen hat, die im Verkehr befindlichen Erzeugnisse einer sachkundigen Prüfung auch in bezug auf deren Gefährlichkeit für die Rechtsgüter der Konsumenten zu untersuchen und auf solche Gefahren hinzuweisen. Weil die Testeinrichtung gerade auch das Kriterium der Sicherheit der Produkte in ihr Beurteilungsprogramm aufnimmt und diesem Merkmal sogar rur die Gesamtbeurteilung eines Produkts besonderes Gewicht verleiht, wenn es bei nicht bestandener Sicherheitsprilfung zur Abwertung oder gar zum Durchschlag auf "mangelhaft" kommt,15 übernimmt sie insoweit die sachkundige Aufklärung der Verbraucher als eigene Aufgabe. 16 Der Verkehr verläßt sich aufgrund der mit der Einrichtung verbundenen institutionellen Sachkunde auf die Sicherheitsangaben in den Testberichten.

13 LarenzJCanaris, SchR-BT 13 II12, § 76 III 5 d), S.421. 14 Vgl. LarenzJCanaris, SchR-BTI3 II12, § 76 III 3, S.406 ff. 15 Siehe oben S.32.

11. §§ 823 Abs.l, 86, 31 BGB

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Hinzu kommt, daß durch fehlerhaft positive Sicherheitsangaben die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung von Leben, Leib und Eigentum der Konsumenten erhöht wird, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Erzeugnis von der Stiftung Warentest mit einem guten Qualitätsurteil gekennzeichnet wird. Darin liegt ein Moment der Gefahrerhöhung, weil die testnutzenden Verbraucher nun eher geneigt sein werden, dieses Produkt zu erwerben, als wenn sie keine Informationen oder eine zutreffende Information der Stiftung Warentest über das konkrete Erzeugnis erhalten hätten. Auch das Moment der vermeidbaren Gefahrerhöhung rechtfertigt die Begründung einer deliktischen Verkehrsptlicht. 17 Danach muß die Stiftung Warentest (bzw. deren verfassungsmäßige Vertreter) dafür Sorge tragen, daß die Gefahren fur Leben, Leib und Eigentum, die von auf dem Markt befindlichen Erzeugnissen ausgehen, für den einzelnen nicht dadurch gesteigert werden, daß diese Produkte im Testbericht wahrheitswidrig als sicher dargestellt werden. 18 Für die Verkehrspflichtwidrigkeit eines Testberichts hat es keine Bedeutung, ob der Informationsfehler aufgrund einer unsachgemäßen Durchführung von Tests entsteht oder erst im Rahmen der redaktionellen Aufarbeitung bzw. bei der Drucklegung der Warentestberichte. Sowohl als Testveranstalterin als auch in der Funktion als Verlegerin trifft die Stiftung Warentest die Verkehrspflicht, alle organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung eines Informationsfehlers hinsichtlich der Gefährlichkeit der von ihr getesteten Produkte zu treffen. Der Schutzbereich dieser Verkehrspflicht erstreckt sich jedoch nicht nur auf die Testnutzer, also die Personen, die ein gefiihrliches Produkt aufgrund der Warentestinformation erwerben. 19 Sie erstreckt sich auch auf sonstige Personen, die durch ein gefährliches Produkt geschädigt werden, vorausgesetzt das Produkt wurde von einem Testnutzer aufgrund eines in bezug auf die Sicherheitsangaben irreführenden Testberichts erworben. Kauft ein Testnutzer beispielsweise aufgrund eines irreführenden Testberichts der Stiftung Warentest für sein Auto Sommerreifen, die mit einem Konstruktionsfehler behaftet sind, so sind alle Personen in den Schutzbereich der verletzten Verkehrspflicht einbezogen, die in ihrer körperlichen Integrität oder ihrem Eigentum verletzt werden, wenn es aufgrund des Konstruktionsfehlers der Reifen zu einem Unfall kommt. Dieser Kreis von Personen schließt auch und gerade einen etwaigen 16 Vgl. zum Kriterium der Übemahmehaftung LarenzJCanaris, SchR-BT I3 II/2, § 76 III 3. b), S.408 ff. 17 Vgl. v. Bar, Verkehrspflichten, S.21O; ders., Struktur, in FS f. Kitagawa, S.279 ff., 291 a.E. 18 So auch Wenzel, Bildberichterstattung, Rz.IO.217, S.466. 19 Zum Begriff siehe oben S.69 f. 20·

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5. Teil: Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütem

Unfallgegner ein. Entscheidend für die deliktische Haftung der Stiftung Warentest bei fehlerhaften Sicherheitsinformationen ist also, daß die Rechtsgutsverletzung, für die Ersatz verlangt wird, aus einem von der Stiftung Warentest nicht erkannten spezifischen Sicherheitsmangel des Produkts entstanden ist und das Produkt durch einen Testnutzer auf der Grundlage des fehlerhaften Testberichts erworben wurde. Im Ergebnis muß der personelle Schutzbereich der Verkehrspflicht jedoch auf den Kreis von Personen beschränkt werden, denen auch der Hersteller des geflihrlichen Produkts haftbar ist. Denn die Stiftung Warentest kann aufgrund ihrer Sicherheitsinformationen nicht weiter haften als der Hersteller, der die Produktgefahr schafft. Für den Verschuldensnachweis müssen hier ebenso die Grundsätze der Beweislastumkehr gelten wie bei der Warenherstellerhaftung. 20 Die geschädigten Verbraucher stehen hier wie dort in einer vergleichbaren Beweisnot in bezug auf die Informationserarbeitung und -verarbeitung. Der Umstand, daß die Stiftung Warentest die Tests nicht in ihrem eigenen Organisationsbereich durchführen läßt, bringt es mit sich, daß sie organisatorisch für eine ordnungsgemäße Auswahl des Prüfinstituts und für eine am Stand von Wissenschaft und Technik orientierte Durchführung der Prüfung zu sorgen hat. Dabei muß ein Mitarbeiter der Stiftung Warentest die einzelnen Prüfvorgänge verantwortlich begleiten und überwachen, um gegebenfalls unsorgfliltige Untersuchungen der beauftragten Prüfinstitute korrigieren zu können. Das gilt auch dann, wenn die Stiftung Warentest die Prüfung etwa von einem TÜV vornehmen läßt. 21 Zwar muß davon ausgegangen werden, daß die Beauftragung eines TÜV den Anforderungen an die Auswahl des Prüfinstituts genügt, doch darf sich die Stiftung Waren test nicht ohne weitere Zusammenarbeit darauf verlassen, daß das von ihr erstellte Prüfprogramm ordnungsgemäß absolviert wird. Sollten sich einzelne Prüfinstitute mit einer solchen Zusammenarbeit nicht einverstanden erklären, so darf die Stiftung Warentest den Auftrag zur Durchführung der Tests nicht an ein solches Institut vergeben. Selbst wenn ein TÜV nach Durchführung der Sicherheitsprüfung zu dem fehlerhaften Ergebnis gelangt, ein Produkt sei ungeflihrlich, entlastet das die Stiftung Warentest nur dann, wenn sie den Test durch eigene sachverständige Mitarbeiter sorgfliltig begleitet hat. Steht fest, daß ein Testfehler bei ordnungsgemäßer Kontrolle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können, dann scheitert eine Verantwortlichkeit der Stiftung Warentest aus eigenem Organisationsverschulden nicht daran, daß der TÜV für einen Testfehler selbst deliktsrechtIich verantwortlich

20 Grundlegend BGH vom 26.11.1968, BGHZ 51, S.91 ff. ("Hühnerpest"-Fall). Vgl. auch Meyer, Verlagserzeugnisse, ZIP 1991, S.\393 ff., 1401. 21 Vgl. BGH vom 9.12.1975 (Warentest II), JZ 1976, S.446 ff., 451 sub 2.a. I.Sp.

11. §§ 823 Abs.1, 86, 31 BGB

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sein kann. 22 Verläßt sich die Stiftung Warentest auf eine Sicherheitsprüfung, die etwa von einem TÜV zu einem früheren Zeitpunkt ohne Auftrag der Stiftung Warentest durchgefiihrt wurde, so muß sie dies in ihrem Testbericht kenntlich machen. 23 Allein der Umstand, daß einem Produkt vom TÜV ein Sicherheitsprüfsiegel erteilt wurde, entbindet die Stiftung Warentest nicht von einer durch sie geplanten und betreuten Sicherheitsprüfung, sofern sie eine eigene Aussage über die Gefährlichkeit der Produkte veröffentlichen will. Im Rahmen der redaktionellen Aufbereitung der Ergebnisse ist die Stiftung Warentest insbesondere auch fiir eine ordnungsgemäße Korrektur verantwortlich (vgl. § 20 Abs.l VerlagsG), da sie zugleich als Verfasserin der Texte erscheint, so daß sich hier nicht das Problem stellt, ob ein Verlag seine Haftung durch Übertragung der Korrektur auf den Autor vermindern kann. 24 Inhaltlich richtet sich die Schadensersatzptlicht nach den §§ 249 ff. BGB. Darüber hinaus muß die Stiftung Warentest gemäß § 847 BGB auch den immateriellen Schaden ersetzen, der aus einer Beeinträchtigung der körperlichen Integrität eines Verbrauchers folgt. Zwischen der Stiftung Warentest und dem Hersteller des geflihrlichen Produkts liegt gemäß § 840 Abs.l BGB in einem solchen Fall eine Gesamtschuld vor. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen es nur um den Ersatz reiner Vermögensschäden der Testnutzer geht, besteht im Hinblick auf die Rechtsgüter des § 823 Abs.l BGB eine "Doppelzuständigkeit" des Herstellers und der Stiftung Warentest zur Vermeidung dieser Rechtsgutsbeeinträchtigungen. Ein Schaden des Verbrauchers kann in diesen Fällen unter normativen Aspekten nicht mit Hinweis auf die Schadensersatzptlicht des Herstellers ausgeschlossen werden. Eine solche Wertung widerspräche geradezu dem auch in § 840 BGB zum Ausdruck kommenden absoluten Schutz von Leben, Leib und Eigentum. 25

22 Im Rahmen eines Auftrags der Stiftung Warentest wird der TÜV nicht hoheitlich tätig, vgl. BGH vom 9.12.1975 (Warentest 11), JZ 1976, S.446 ff., 451 sub 2.a. I.Sp. (insoweit in der amtlichen Sammlung nicht abgedruckt). Zu Haftungsfragen bei öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Kontrolle durch TÜV -Sachverständige siehe U. Hübner, Kontrolle, NJW 1988, S.441 ff. 23 Sollte der Auftraggeber des TÜV oder eines anderen Prüfinstituts der/die Hersteller der geprüften Produkte selbst sein, so muß darauf im Testbericht hingewiesen werden. 24 Vgl. BGH vom 7.7.1970 (Carter-Robbins-Test), JZ 1971, S.63 ff. m. Anm. Deutsch. 25 Für den Innenausgleich zum Hersteller gemäß § 426 Abs.1 S.1 2.Hs BGB ist jedoch davon auszugehen, daß der Hersteller allein verpflichtet ist. Dies läßt sich entwe-

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5. Teil: Haftung ftir Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütem

III. § 831 Abs.l BGB Eine Haftung der Stiftung Warentest aus § 831 Abs.l BGB für ein nichtvorsätzliches Verhalten von Beschäftigten, die weder OrgansteIlung haben noch als besondere Vertreter der Stiftung anzusehen sind, kommt nur in Frage, wenn deren Verhalten eine widerrechtliche Schadenszufligung darstellt. 26 Dies ist nur dann der Fall, wenn dem Mitarbeiter, der eine fehlerhafte Veröffentlichung durch sein Verhalten verursacht hat, eine Verkehrspflicht zum Schutz von Leben, Leib und Eigentum der Verbraucher obliegt. Der BGH hat zwar in seiner "Warentest III"-Entscheidung die Haftung der Stiftung Warentest gegenüber einem Unternehmen für einen fehlerhaften Vergleich über Lebensmittelpreise in Supermärkten und Warenhäusern neben §§ 824, 31 BGB auch auf § 831 Abs.l BGB gestützt, weil nach seiner Auffassung die zuständige Sachbearbeiterin der Stiftung Warentest die ihr obliegende Sorgfalt bei ihrer Recherche über die im Test verglichenen Unternehmen außer acht gelassen habe. 27 Daraus kann aber nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, die Sachbearbeiterin sei für die wahrheitsgemäße Publikation verkehrspflichtig gewesen, zumal die Entscheidung des BGH jede Begründung für eine Verkehrspflichtigkeit der Mitarbeiterin außer dem Hinweis auf die nichteingehaltene Sorgfalt vermissen läßt. Erklären läßt sich der Hinweis des BGH auf § 831 Abs.l BGB damit, daß der BGH die Widerrechtlichkeit einer Schadenszufligung im Sinne dieser Vorschrift nicht von dem Verstoß des Verrichtungsgehilfen gegen eine ihm obliegende Verkehrspflicht abhängig sieht. 28 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Frage der Widerrechtlichkeit des Verhaltens des Verrichtungsgehilfen in § 831 Abs.l BGB ist ebenso wie für mittelbare Kausalverläufe bei § 823 Abs.l BGB von dem Verstoß gegen eine dem Handelnden (bzw. dem Nichthandelnden bei Unterlassen) obliegende Verkehrspflicht abhängig zu machen. 29 Für eine Haftung aus § 831 Abs.l BGB ist dagegen nicht schon ausreichend, "daß das Verhalten des Verrichtungsgehilfen widerrechtlich wäre, wenn

der aus dem Rechtsgedanken des § 840 Abs.2 BGB im Hinblick darauf begründen, daß die Stiftung Warentest nur ihre "Aufsicht" über die getesteten Produkte verletzt hat, oder nach Maßstäben des § 254 Abs.1 BGB analog damit rechtfertigen, daß der Hersteller den Schaden durch Schaffung der Produktgefahr hauptsächlich verursacht hat. 26 Vgl. LarenzJCanaris, SchR-BTI3 11/2, § 79 II 2 b), S.479. 27 BGH vom 3.12.1985 (Warentest III), GRUR 1986, S.330 ff., 331. 28 So nun auch LarenzJCanaris, SchR-BT13 II12, § 76 III 5 d), S.421: ähnlich wohl auch Wenzel, Bildberichterstattung, Rz.14.55, S.743.

29 Vgl. nur v. Bar, Struktur, FS f. Kitagawa, S.279 ff., 293; Brüggemeier, DeIR, Rn.883; Kötz, DelR, Rn.278.

III. § 831 Abs.1 BGB

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man es als ein solches des Geschäftshenn denkt".30 Zum ersten enthält § 831 Abs.l BGB vom Wortlaut her keinen Anhaltspunkt fiir ein solches "Identifikationsmodell", wie es aus der Dogmatik zu § 278 BGB in bezug auf ein "Verschulden" des Erfiillungsgehilfen bekannt ist. 3 ! Zum zweiten wäre in jedem Fall einer so begründeten Haftung aus § 831 Abs.l BGB zugleich eine Haftung des Geschäftshenn aus § 823 Abs.l BGB gegeben. Denn mit der Feststellung, daß das Verhalten des Verrichtungsgehilfen in der Person des (verkehrspflichtigen) Geschäftshenn verkehrspflichtwidrig gewesen wäre, wird nichts anderes gesagt, als daß eine Verkehrspflicht des Geschäftshenn unerfiillt geblieben ist. Der Geschäftsherr hat aber in seinem Organisationsbereich dafiir Sorge zu tragen, daß seine Verkehrspflichten erfiillt werden. Unterläßt er dies, haftet er fiir Verletzungen von absoluten Rechtsgütern gemäß § 823 Abs.1 BGB. Hat er fiir die Erftlllung seiner Verkehrspflichten ausreichend Sorge getragen, so wird er sich in bezug auf § 823 Abs.l BGB ebenso entlasten können wie in bezug auf § 831 Abs.l S.2 BGB. Über das "Identifikationsmodell" wird demgemäß kein zusätzlicher Schutz im Hinblick auf § 831 Abs.l BGB geboten. Aus diesen Gründen ist fiir die Widerrechtlichkeit im Sinne des § 831 Abs.l BGB in Fällen mittelbarer Kausalverläufe an dem Erfordernis festzuhalten, daß der Verrichtungsgehilfe eine ihn treffende Verkehrspflicht verletzt haben muß. Legt man diese Dogmatik zugrunde, kommt eine Haftung nach § 831 Abs.l BGB nur bei solchen Mitarbeitern der Stiftung Warentest in Frage, die kraft ihrer Stellung im Unternehmen eine Verkehrspflicht zur Sicherstellung einer wahrheitsgemäßen Testberichterstattung übernommen haben. Eine solche Stellung kann etwa dem fiir eine Testreihe verantwortlichen Techniker oder dem fiir einen Testbericht verantwortlichen Redakteur32 zukommen. Alle sonstigen weisungsgebundenen Mitarbeiter der Stiftung Warentest, die bei der Vorbereitung und Durchfiihrung von Testreihen oder bei der Bearbeitung und Drucklegung eines Testberichts eingesetzt werden, erfiillen nur arbeitsvertragliehe Pflichten gegenüber der Stiftung Warentest. Aus dieser arbeitsvertraglichen PflichtensteIlung allein folgt jedoch keine Verantwortlichkeit fiir die SiehersteIlung einer fehlerfreien Veröffentlichung hinsichtlich der Sicherheitsinformationen gegenüber außenstehenden Dritten. Diese Sichtweise knüpft daran an, daß die Verkehrspflicht zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung über Sicherheitsmerkmale der Produkte nur die Stiftung Warentest im Hinblick auf ihre "institutionelle Sachkunde" als Testveranstalterin und Verlegerin trifft. Zu 30 LarenzJCanaris, SchR-BTI3 II12, § 76111 5 d), S.421 Fn.183. 3! Vgl. nur Wolf in Soergel, Rn.57 zu § 278.

32 Vgl. BGH vom 7.12.1976, NJW 1977, S.626 ff., 627; so auch E. Lang, Fehler in Druckwerken, S.115 f.

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5. Teil: Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern

Recht weist Canaris darauf hin, daß eine Verkehrspflicht bei Angestellten, die den Organen oder verfassungsmäßig berufenen Vertretern nicht gleichzustellen sind, nur dann zu bejahen ist, wenn sie es im Einzelfall übernommen haben, auch Dritten gegenüber für deren Sicherheit zu sorgen. 33 Für die Durchführung von Warentests und die verlegerische Tätigkeit sollten die gleichen Maßstäbe angewendet werden wie für die Warenherstellerhaftung. Bei der Produzentenhaftung treffen die Verkehrspflichten in aller Regel aber nicht die einzelnen Mitarbeiter, sondern den Unternehmer, der die Produkte in den Verkehr bringt. 34 Danach kommt § 831 Abs.l BG B für die Haftung der Stiftung Warentest den Verbrauchern gegenüber so gut wie keine Relevanz zu. Hinsichtlich der Prüfinstitute, die auf werkvertraglicher Basis die Testreihen durchführen, und hinsichtlich anderer Medien, die Warentestinformationen unter dem Namen der Stiftung Warentest publizieren, scheitert die Haftung aus § 831 Abs.l BGB daran, daß diese Unternehmen oder Einrichtungen keine Verrichtungsgehilfen der Stiftung Warentest sind.

IV. Haftung aufgrund der quasi-vertraglichen Sonderbeziehung zwischen der Stiftung Warentest und einem Testnutzer Abschließend bleibt zu klären, ob die Stiftung Warentest auch aus der quasivertraglichen Sonderverbindung für die Beeinträchtigung von Leben, Körper und Eigentum eines Testnutzers einzustehen hat. Das ist zu bejahen. Heute ist weitgehend anerkannt, daß derjenige, der einen anderen im Rahmen einer vertraglichen Sonderbeziehung entweder durch eine schlechte Leistung35 oder durch den Verstoß gegen sonstige Verhaltenspflichten 36 an absoluten Rechtsgütern verletzt, auch aus dieser vertraglichen Sonderbeziehung haftbar ist. Die Rechtsprechung ist z.T. dafür kritisiert worden,37 daß sie in Fällen wie in dem

33 Vgl. LarenzJCanaris, SchR-BT \3 11/2, § 76 III 5 d), S.421, unter Hinweis auf die "Wachmann"-Entscheidung des BGH vom 16.6.1987, NJW 1987, S.2510 f. 34 Vgl. dazu Brüggemeier, DeIR, Rn.883; Larenz, SchR-BT I3 1111, § 41a, S.85; ferner Teichmann in Jauernig, Anm.E 3. zu § 823. 35 Larenz, SehR-AT, § 24 I, S.363 ff.; Heinrichs in Palandt, Rn.l 09 ff. zu § 276. 36 BGH vom 26.9.1961 (Bananen schale), NJW 1962, S.31 f., 32; BGH vom 28.1.1976 (Gemüseblatt), BGHZ 66, S.51 ff., 54; BGH vom 11.3.1986 (Fußbodenbelag), NJW 1986, S.2757 f., 2757; Canaris, Nichtige Verträge, JZ 1965, S.475 ff., 477; Emmerich in MünchKomm 3, Rn.72 vor § 275; Wiedemann in Soergel, Rn.173 vor § 275.

37 Vgl. Medicus, SehR I, Rn. 104.

IV. Haftung aufgrund der quasi-vertraglichen Sonderbeziehung

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des bekannten "Gemüseblatt"-Falls38 quasi-vertragliche Pflichten zum Schutz der Rechtsgüter des § 823 Abs.1 BGB anerkannt hat, um damit auf §§ 278, 282 BGB zugreifen und die Verjährungsfrist des § 195 BGB anwenden zu können, anstatt auf die Verjährung gemäß § 852 BGB beschränkt zu sein. 39 Kernpunkt dieser Kritik ist der Vorwurf, daß die Ausweitung der quasi-vertraglichen Haftung auf typisch deliktische Sachverhalte zu einer Auflösung des Tatbestandes der culpa in contrahendo führe. 40 Diese Einwände lassen sich jedoch auf die Haftung der Stiftung Warentest für fehlerhafte Sicherheitsinformationen in Warentestberichten nicht übertragen. Denn die Kritik bezieht sich auf solche Konstellationen, in denen die Verletzung der absoluten Rechtsgüter in keinem inneren Zusammenhang mit der (geschuldeten) Leistung des (angestrebten) Vertragsverhältnisses steht. 41 In den kritisierten Entscheidungen ging es jeweils um die durch den geflihrlichen Zustand eines Geschäftslokals hervorgerufene Verletzung einer Person. Dagegen muß die hier in Rede stehende Haftung mit den Fällen einer Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter infolge einer (vertraglichen) "Schlechtleistung" verglichen werden, für die der Leistende bei Bestehen einer vertraglichen Leistungsverpflichtung nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung einzustehen hat. 42 Denn die Fehlinformation der Testnutzer über die Sicherheit der getesteten Produkte stellt sich als unsorgfaltige Erbringung der Informationsleistung der Stiftung Warentest dar, die zwar von dieser nicht vertraglich als Primärleistung geschuldet wird, für deren Richtigkeit sie aber aufgrund eines quasi-vertraglichen Schutzpflichtverhältnisses einzustehen hat. Daß es auf das Bestehen einer primären Leistungspflicht hinsichtlich des Integritätsschutzes der Partner einer Sonderverbindung nicht ankommt, ist heute in Anlehnung an die Ausführungen von Canaris 43 zum einheitlichen Schutzpflichtverhältnis anerkannt, auch wenn die h.M. die Schutzpflichten nach Vertragsschluß anders als die Schutzpflichten in contra-

38 BGH vom 28.1.1976, BGHZ 66, S.51 ff.; vgl. ferner BGH vom 26.9.1961 (Bananenschale), NJW 1962, S.31 f., 32; BGH vom 11.3.1986 (Fußbodenbelag), NJW 1986, S.2757 f., 2757; grundlegend schon RG vom 7.12.1911 (Linoleumrolle), RGZ 78, 239 ff. 39 Vgl. Medicus, SchR I, Rn. 104. 40 Kreuzer, Anm. zu BGH vom 28.1.1976, VIII ZR 246174 (JZ 1976, S.776), JZ 1976, S.778 ff., 780; auch Medicus, SchR I, Rn.1 04. 41 Vgl. etwa den schon zitierten "Gemüseblatt"-Fall: BGH vom 28.1.1976, BGHZ 66, S.51 ff. 42 Vgl. nur Heinrichs in Palandt, Rnrn.109 ff. zu § 276; Larenz, SehR-AT, § 24 I a), S.369; Medieus. SehR I, Rn.423 ff. 43 Nichtige Verträge, JZ 1965, S.475 ff.

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5. Teil: Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern

hendo noch aus der verpflichtenden Kraft des Vertrages ableitet. 44 Da es sich bei der Rechtsbeziehung der Testnutzer zur Stiftung Warentest um eine vertragsähnliche (im weitesten Sinne geschäftsbesorgungsähnliche) Beziehung handelt,45 die im Zusammenhang mit der Erbringung einer tatsächlichen Informationsleistung steht, darf auch der Integritätsschutz vertragsähnlich ausgestaltet werden. So wie im Rahmen einer vertraglichen Leistungsbeziehung die Fallgruppe "Schlechtleistung" anerkannt ist, spricht nichts dagegen, eine solche Fallgruppe auch im Rahmen einer quasi-vertraglichen Sonderbeziehung anzuerkennen, wenn Anknüpfungspunkt dieser Sonderbeziehung eine auch das Integritätsinteresse berührende, tatsächlich erbrachte Leistung ist. 46 Der hier vertretenen Auffassung könnte entgegengehalten werden, daß es sich bei der Haftung aus der gesetzlichen Sonderverbindung tUr reine Vermögensschäden um eine auf Rechtsfortbildung beruhende Haftung handele, die nur im Hinblick auf die beim Vermögensschutz bestehenden "Lücken" des Deliktsrechts ihre Berechtigung finde, weshalb tUr einen zusätzlichen quasivertraglichen Integritätsschutz kein Raum bleibe. Gegen eine solche Beurteilung spricht jedoch, daß die Verletzung von absoluten Rechtsgütern ebenso wie die reinen Vermögensschäden der Testnutzer auf derselben fehlerhaften Leistung der Stiftung Warentest beruhen können. Gerade der absolute Schutz von Leben, Körper und Eigentum läßt es von der Wertung her zwingend erscheinen, diese Rechtsgüter im Vergleich mit dem Schutz reiner Vermögensinteressen nicht nur dem schwächeren deliktsrechtlichen Schutz zu unterstellen. Wer sich als Testnutzer auf Empfehlung der Stiftung Warentest ein "sicheres" Fahrrad kauft, der soll im Falle eines konstruktionsbedingten Rahmenbruchs bei der Stiftung Warentest nicht nur seinen Vermögensschaden liquidieren dürfen, sondern ebenso seinen Körperschaden, ohne daß der Stiftung Warentest eine Exkulpationsmöglichkeit tUr ihre Mitarbeiter oder andere Medien 47 zur VertUgung steht (§ 278 BGB). Vom Sinn und Zweck der Warentestinformationen her ist es nicht zwingend, quasi-vertragliche Schutzpflichten im Hinblick auf das Integritätsinteresse der Testnutzer abzulehnen. Auch über einen solchen quasivertraglichen Integritätsschutz können mittelbar Anreize datUr gesetzt werden können, daß die Konsumenten im Rahmen ihrer Konsumtätigkeit Warentestin44 Vgl. Medicus, SchR I, § 35 II I, S.I92. 45 Siehe oben S.162 ff. 46 So haftet auch der Geschäftsführers ohne Auftrag aus positiver Forderungsverletzung, wenn er das Geschäft so führt, daß der Geschäftsherr in seinem Integritätsinteresse betroffen wird (Thomas in Palandt, Rn.15 zu § 677).

47 Daß andere Medien, die Warentestinformationen der Stiftung Warentest publizieren, als Erftillungsgehilfen im Sinne vom § 278 BGB anzusehen sind, wurde schon dargelegt. Siehe oben S.200 ff.

IV. Haftung aufgrund der quasi-vertraglichen Sonderbeziehung

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formationen einbeziehen, so daß auch der quasi-vertragliche Integritätsschutz zur Förderung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs auf den Konsumgütermärkten beitragen kann. Denn unbestreitbar gehören die Informationen über die Gefiihrlichkeit der Konsumgüter zu den Produktinformationen, die einen besonderen Stellenwert in der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Konsumenten einnehmen und für welche die Verbraucher in aller Regel auf die Sachkunde anderer angewiesen sind, weil es ihnen nur in den seltensten Fällen möglich ist, die Produktgefährlichkeit selbst zu beurteilen. 48 Der Schutzbereich der quasi-vertraglichen Schutzpflichten zugunsten des Integritätsinteresses darf allerdings nicht nur auf die Testnutzer beschränkt bleiben. Vielmehr müssen auch dritte Personen in den Schutzbereich einbezogen werden, für die das erworbene Produkt aus Sicht der Stiftung Warentest erkennbar Gefahren mit sich bringt. So ist beispielsweise bei einem von der Stiftung Warentest angeregten Erwerb eines geHihrlichen Kinderhochstuhls auch das Kind, für das der Stuhl bestimmt ist, geschützt. Denn der Erwerber des Stuhls nutzt die Testinformationen insoweit gerade zum Schutz des bestimmungsgemäßen Verwenders, hier des Kindes. Die Reichweite des Drittschutzes läßt sich nur schwer bestimmen. Hier treten die gleichen Abgrenzungsproblerne auf wie bei der Einbeziehung Dritter in vertragliche Schutzpflichten. 49 Auszugrenzen sind jedenfalls solche Personen, deren Integritätsinteressen rein zufällig durch das gefährliche Produkt beeinträchtigt werden, ohne daß sie als bestimmungsgemäße Verwender des Produkts betroffen sind. Zweifel an der quasi-vertraglichen Haftung der Stiftung Warentest für fehlerhafte Sicherheitsangaben ergeben sich schließlich auch nicht aus dem Vergleich zur Haftung des Herstellers des gefährlichen Produkts. Zwar haftet dieser den Verwendern seines Produkts nur nach Maßgabe der §§ 823 Abs.l, 831 Abs.l BGB, 1 Abs.l ProdhaftG. Der Hersteller ist daher - abgesehen von seiner verschuldensunabhängigen Verantwortlichkeit nach dem ProdhaftG - nicht gemäß § 278 BGB für jedes (sorgfaltswidrige) Verhalten seiner Mitarbeiter oder dritter Personen verantwortlich, die in den Herstellungsprozeß bzw. in den Vertrieb der gefährlichen Produkte eingeschaltet sind. Die demgegenüber weitere Verantwortlichkeit der Stiftung Warentest im Hinblick auf § 278 BGB rechtfertigt sich jedoch gerade aus der besonderen Kommunikationsbeziehung zu den Verbrauchern, die ein Produkt erwerben wollen. Der Produzent eines gefiihrlichen Produkts nimmt auf die Willensbildung der Verbraucher allein durch das Inverkehrbringen seiner Ware keinen Einfluß. Die Stiftung Warentest hingegen verfolgt mit ihren Testinformationen gerade dieses Ziel. In der an 48 Dies zeigt sich z.B. an dem "Zusammenbruch" des "Kalbfleisch"-Marktes, nachdem die Hormonbehandlung der Tiere bekannt geworden war. 49 Vgl. hierzu Hadding in Soergel, Rn.13 ff. Anh. § 328.

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5. Teil: Haftung für Verletzungen von absolut geschützten Rechtsgütern

die Adresse der Verbraucher gerichteten Erteilung einer (sachverständigen) Produktinformation liegt das vertragsähnliche Moment der Rechtsbeziehung zwischen einem Testnutzer und der Stiftung Warentest. Ein derart gesteigerter Kommunikationskontakt besteht in dem Verhältnis der Verbraucher zu einem Produkthersteller nicht, wie auch schon oben im Zusammenhang mit der Haftung für reine Vermögensschäden dargelegt wurde. 50 Ebenso wie ein beauftragter Sachverständiger, der ein fehlerhaftes Sicherheitsgutachten über ein Produkt erstellt, das dem Auftraggeber als Grundlage rur den Erwerb des Produkts dient, rur alle in die Anfertigung des Gutachtens eingeschalteten Personen gemäß § 278 BGB einzustehen hat, ist es sachgerecht, auch der Stiftung Warentest als "Gutachterin" im Rahmen ihrer Informationstätigkeit diese Verantwortung aufzulegen. Hinsichtlich der Verjährung der Haftung für Beeinträchtigungen an absolut geschützten Rechtsgütem ist jedoch § 852 BGB entsprechend anzuwenden. Die oben vorgeschlagene Verjährung des Anspruchs auf Ersatz reiner Vermögensschäden der testnutzenden Verbraucher aus der gesetzlichen Sonderbeziehung wurde auf drei Jahre bzw. auf sechs Monate vom Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens an begrenzt, was im wesentlichen auf die Schnellebigkeit der Testinformationen und das Beweisinteresse der Stiftung Warentest gestützt wurde. 51 Diese Gründe sind in bezug auf die Haftung für Beeinträchtigungen von Leben, Leib und Eigentum der testnutzenden Verbraucher zwar ebenso zu berücksichtigen. Daraus folgt aber zunächst nur, daß die Regelverjährung des § 195 BGB nicht zum Zuge kommen kann. In Anbetracht der Tatsache, daß schon das Deliktsrecht eine günstigere Verjährung bei der Verletzung absolut geschützter Positionen vorsieht, ist es sachgerecht, diese Norm entsprechend auch auf die Ansprüche wegen Verletzung des Integritätsinteresses aus der Sonderbeziehung anzuwenden. Damit wird jedenfalls der erhöhten Schutzwürdigkeit von Leben, Körper und Eigentum im Verhältnis zu bloßen Vermögensinteressen ausreichend Rechnung getragen. Für die Beweisruhrung hinsichtlich der Schadensersatzansprüche aus der Sonderbeziehung gelten die Grundsätze entsprechend, wie sie oben rur den Anspruch auf Ersatz reiner Vermögenseinbußen dargelegt wurden. 52

50 Siehe oben S.159. 51 Siehe dazu oben S.283 ff. 52 Siehe oben S.293 ff.

v. Ergebnis zum 5. Teil

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v. Ergebnis zum 5. Teil Die Stiftung Warentest haftet den Personen aus §§ 823 Abs.l, 86, 31 BGB, die durch ein von ihr in bezug auf die Sicherheit fehlerhaft beschriebenes gefährliches Produkt an Leben, Körper oder Eigentum verletzt werden, wenn der Informationsfehler auf einem Organisationsverschulden beruht. Die Testeinrichtung trägt die Beweislast für das Fehlen eines Organisationsverschuldens. Aus § 831 Abs.l BGB haftet die Stiftung Warentest im Falle eines nichtvorsätzlichen Verhaltens eines Mitarbeiters nur, wenn diesen eine besondere Verantwortung für die wahrheitsgemäße Publikation trifft, die nicht allein aus dem Arbeitsvertrag abgeleitet werden kann. Testnutzenden Konsumenten sowie dritten Personen gegenüber, die für sie erkennbar Verwender des gefährlichen Produkts sind, haftet die Stiftung Warentest in Fällen der Verletzungen von Leben, Leib und Eigentum darüber hinaus auch aus der quasi-vertraglichen Sonderbeziehung. Alle Ansprüche verjähren in den Fristen des § 852 BGB.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Die Stiftung Warentest ist eine privatrechtliche Verbraucherschutzeinrichtung. Ihre Informationstätigkeit ist trotz der Gründung durch die Bundesrepublik Deutschland und deren bis heute fortdauernden finanziellen Zuwendungen nur nach dem Privatrecht zu beurteilen. Denn die Stiftung Warentest wird nicht zum Zwecke der ErfUllung staatlicher Aufgaben tätig. l Die von ihr publizierten Warentests finden in der Öffentlichkeit hohe Akzeptanz, was zugleich bedeutet, daß der Informationstätigkeit großer Einfluß auf das Konsumverhalten der Verbraucher und damit auf den Wettbewerb im Konsumgüterbereich zukommt. Fehlerhafte Warentestinformationen fUhren daher zwangsläufig zur IrrefUhrung von Verbrauchern, wodurch erhebliche Gefahren vor allem fUr deren Vermögensinteressen geschaffen werden. Diese Gefahren werden nicht dadurch gemindert oder beseitigt, daß Hersteller und Anbieter von getesteten Produkten gegen irrefUhrende Warentestinformationen unter dem Gesichtspunkt des rechtswidrigen Eingriffs in ihr Unternehmen vorgehen können. Denn für den Fall einer "Zu-gut-Bewertung" von Konkurrenzprodukten hat die Rechtsprechung den "benachteiligten" Herstellern und Anbietern ein Recht auf Abwehr der Publikation verwehrt. Gerade solche "Zugut-Bewertungen" in Warentests können bei Verbrauchern aber zu Rechtsgeschäften fUhren, die sich ex post als Fehlinvestitionen erweisen. Nicht nur die große Akzeptanz der Informationstätigkeit der Stiftung Warentest, sondern auch dieser Haftungsfreiraum gegenüber den Herstellern und Anbietern der getesteten Güter wirft die Frage auf, ob die Testeinrichtung für Schäden der Verbraucher infolge fehlerhafter Testberichte haftbar ist. In bezug auf reine Vermögensschäden der Testnutzer hat die Untersuchung ergeben, daß sich eine Haftung aus wettbewerbs- oder deliktsrechtlichen Normen allenfalls bei einer vorsätzlichen Täuschung der Verbraucher ableiten läßt, nicht aber in bezug auffahrlässige Fehlinformationen. 2 Eine vertragliche Haftung fUr fahrlässig fehlerhafte Warentestberichte kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn die Testnutzer die Zeitschriften 1 Dazu oben S.45 ff. 2 Siehe oben S.90 ff.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

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direkt von der Stiftung Warentest beziehen. 3 Soweit man diese vertragliche Beziehung als Kaufvertrag qualifizieren kann, scheitert ein Anspruch der Konsumenten schon daran, daß das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht nicht geeignet ist, das Problem inhaltlicher Unrichtigkeit von Druckwerken zu bewältigen. Viel entscheidender ist jedoch, daß es aus Sicht der Verbraucher, welche die Testinformationen etwa über den Zeitschriftenhandel oder in sonstiger Weise erhalten, eine solche Lösung zu willkürlich erscheinenden Ergebnissen führte. Eine derartige Ungleichbehandlung ließe sich zwar durch die für die Auskunftshaftung von Experten in der Rechtsprechung bevorzugte Konstruktion des "stillschweigenden Auskunftsvertrages" vermeiden. 4 In der Publikation und der Verwendung der Testinformationen den Abschluß eines Auskunftsvertrages im Sinne eines Haftungsvertrages zu sehen, läuft letztlich aber auf die Unterstellung eines rechtsgeschäftlichen Willens hinaus und wird dem Verständnis der beteiligten Parteien nicht gerecht. Nur auf einer quasi-vertraglichen Grundlage in Anlehnung an die anerkannten Fallgruppen der Eigenhaftung Dritter, insbesondere der Sachwalterhaftung, ist die Einstandspflicht der Stiftung Warentest überzeugend abzuleiten. 5 Dabei läßt sich die Haftung kraft objektiven Rechts nicht nur mit Hilfe des herrschenden Vertrauensansatzes ("typisiertes oder institutionelles Vertrauen") begründen, welcher der Sachwalterhaftung, insbesondere der qualizierten Prospekthaftung, zugrundegelegt wird. Der eigentliche Haftungsgrund ist vielmehr in der Vermeidung von Gefahren für die Sicherheit und Reibungslosigkeit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs auf den Konsumgütermärkten zu sehen. Zur Sicherung und Förderung eines funktionierenden Konsumgüteraustauschs mittels des Abbaus der Informationsdefizite auf Verbraucherseite wurde die Stiftung Warentest gegründet, und nur zu diesem Zweck veröffentlicht sie Warentestinformationen. Die Haftung für fehlerhafte Testinformationen ist daher auf der einen Seite notwendig, um die Verbraucher zu "belohnen", die sich um größere Markttransparenz bemühen. Auf der anderen Seite ist die Haftung ein systemkonformer Anreiz für die Stiftung Warentest, alle Sorgfalt aufzuwenden, um Fehlallokationen von Gütern durch irreführende Testberichte zu verhindern. Das Bestehen einer vertragsähnlichen Sonderbeziehung zwischen einem Testnutzer und der Stiftung Warentest folgt nicht nur daraus, daß es sich bei der Informationstätigkeit um eine "Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr" handelt. Hinzu kommt der ganz wesentliche Umstand, daß die testnutzenden Verbraucher diese Informationen ihren rechtsgeschäftlichen Dispositionen bestimmungsgemäß zugrundelegen. Diese von beiden Seiten 3 Dazu oben S.99 ff. 4 Zum stillschweigenden Auskunftsvertrag S.I 05 ff. 5 Dazu S. 120 ff.

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angestrebte Kommunikationssituation geht über einen bloßen sozialen Kontakt hinaus. Sie hat die Qualität einer faktischen Leistungsbeziehung, die vorrangig den rechtsgeschäftlichen Interessen der testnutzenden Konsumenten dienen soll. Der Haftungstatbestand setzt voraus, daß die Stiftung Warentest eine als Schutzpflicht zu verstehende Pflicht zur Förderung der vertraglichen Willensbildung der Konsumenten gemäß §§ 276, 278 BGB schuldhaft verletzt hat. 6 Die Schutzptlichten beziehen sich sowohl auf Tatsachenmitteilungen über die getesteten Güter (mit Ausnahme von Preisangaben) als auch auf die in einem Warentest enthaltenen Qualitätsurteile. Für die Frage, ob eine Aussage in einem Testbericht irrefilhrend ist, muß auf den Horizont eines durchschnittlichen Verbrauchers als Adressaten der Testinformationen abgestellt werden. Dieser Maßstab ist nicht empirisch, sondern wertend auszufilllen. 7 Es lassen sich zwei Ptlichtverletzungstatbestände unterscheiden: zum ersten das Inverkehrbringen eines irrefilhrenden Testberichts und zum zweiten die unterlassene Berichtigung einer fehlerhaften Publikation von Testinformationen. Eine ptlichtwidrige Irrefilhrung im Sinne des ersten Tatbestandes liegt immer dann vor, wenn die Testeinrichtung irrefilhrende Güterinformationen selbst veröffentlicht oder durch andere Medien unter ihrem Namen publizieren läßt. Für Informationsfehler, die auf ein Verhalten von Mitarbeitern oder Organen der beauftragten Prüfinstitute zurückzuflihren sind, haftet die Testveranstalterin gemäß § 278 BGB. Soweit andere von der Stiftung Warentest in die Informationsverbreitung eingeschaltete Medien Testberichte unter dem Namen der Stiftung Warentest veröffentlichen, muß die Stiftung sich auch ein fehlerverursachendes Verhalten im Organisationsbereich dieser Medien gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Bei Irrefilhrung der Verbraucher infolge von Testwerbung mit fehlerhaften Testergebnissen ist die Stiftung Warentest nur verantwortlich, wenn der Originalbericht der Stiftung Warentest fehlerhaft ist und der Fehler nicht durch die Werbemaßnahme verursacht wurde. Verfiilscht der Werbende selbst die Aussage eines korrekten Testberichts, so kann die Stiftung Warentest dafilr nicht gemäß § 278 BGB verantwortlich gemacht werden. Der Pflicht zur Richtigstellung eines irrefilhrenden Testberichts kommt besondere Bedeutung dann zu, wenn es der Stiftung Warentest im Einzelfall gelingen sollte, sich hinsichtlich der fehlerhaften Erstveröffentlichung eines Wa6 Zu den Schutzpflichten und den Verletzungstatbeständen oben S.176 ff. 7 Siehe dazu S.\88 ff.

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rentests ZU exkulpieren. Unter diesen Umständen kann ihr ex post allenfalls der Vorwurf gemacht werden, die von ihr geschaffene und rur sie erkennbare Gefahr einer Fehlleitung der Konsumenten nicht rechtzeitig durch eine Richtigstellung beseitigt zu haben. Die Berichtigungsptlicht bezieht sich nur auf ihre eigenen fehlerhaften Publikationen und auf fehlerhafte Veröffentlichungen anderer Medien, soweit diese Veröffentlichungen von der Stiftung Warentest autorisiert sind. Für das Verschulden gelten die §§ 276, 278 BGB. Danach haftet die Stiftung rur jede Fahrlässigkeit ihrer Organe oder Errullungsgehilfen. 8 Eine Beschränkung des Verschuldensmaßstabs auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz kraft objektiven Rechts kommt insbesondere nicht im Hinblick auf die bloße Förderung fremder rechtsgeschäftlicher Tätigkeit oder die Unüberschaubarkeit des Haftungspotentials in Betracht. Eine einseitige Haftungsfreizeichnung von der Verantwortlichkeit rur einfache Fahrlässigkeit (z.B. im Impressum) würde nach der hier vertretenen Auffassung gegen § 9 AGBG verstoßen, weil sich die Stiftung Warentest damit rur den Kernbereich ihrer Aufgabe weitgehend der Verantwortung entzöge. Die Schadensersatzpflicht gemäß § 249 S.l BGB ist inhaltlich darauf beschränkt, einem irregeruhrten Testnutzer den Vermögensschaden zu ersetzen, den er im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Information erlitten hat. Dabei hat der Geschädigte keinen Anspruch, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die gegebene Information wahr wäre. Die Informationsptlichten der Stiftung Warentest dienen nur dem Zweck, die vertragliche Willensbildung der Testnutzer zu unterstützen, um sie vor Einbußen im Vermögensbestand zu bewahren. Sie dienen aber nicht dazu, den Testnutzern das Errullungsinteresse an einem Rechtsgeschäft zu sichern. Danach ist ein irregefilhrter Testnutzer (nur) so zu stellen, wie er stünde, wenn die Testinformation der Wahrheit entsprechend erteilt worden wäre. 9 Als reiner Vermögens schaden ist inbesondere der Geldbetrag zu ersetzen, den ein Testnutzer im Rahmen des unverwünschten Rechtsgeschäfts als Gegenleistung erbracht hat. Daneben kann er aber auch nutzlose Begleitkosten und entgangenen Gewinn aus einem ansonsten getätigten Rechtsgeschäft geltend machen. Vorteile, die ihm durch die Nutzung einer Sache oder aufgrund eines Rechts zugeflossen sind, muß er sich schadensmindernd anrechnen lassen. IO

8 Zum Verschuldensmaßstab oben S.222 ff. 9 Dazu oben S.246 ff. 10 Zu den verschiedenen Schadensposten S.255 ff. 21 Boecken

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Die testnutzenden Konsumenten sind nur vor solchen Vermögensschäden zu bewahren, deren Eintritt sie aufgrund ihres verbraucherspezifischen Informationsdefizites nicht beherrschen können. I I Aus diesem Grund ist es bei wertender Betrachtung geboten, in einem unerwünschten Rechtsgeschäft solange und soweit keinen Schaden zu sehen, als einem irregefiihrten Testnutzer vertragliche Rechte gegen seinen Geschäftspartner zustehen, mittels derer er sich von den nachteiligen Folgen des unerwünschten Rechtsgeschäfts ganz oder teilweise befreien kann. Diese Fälle treten immer dann auf, wenn sich die fehlerhafte Testinformation auf einen Mangel des Vertragsgegenstandes bezieht. Ein Vermögensschaden entsteht dem Verbraucher in diesen Fällen nur oder erst dann, wenn vertragliche Rechte in bezug auf eine nachteilige Beschaffenheit des erworbenen Gegenstandes nicht entstehen oder nicht mehr durchsetzbar sind. Entstehen solche (Gewährieistungs)Rechte wegen eines gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsausschlusses nicht, so kann der Testnutzer seinen Schaden nicht auf die Stiftung Warentest abwälzen. Denn vor Risiken, die ihm das Gesetz zuweist oder die er vertraglich auf sich nimmt, sollen ihn die Testinformationen nicht schützen. Soweit vertragliche Rechte wegen der Insolvenz des Vertragspartners nicht durchsetzbar sind, haftet auch dafiir die Stiftung Warentest nicht. Dies gilt nicht nur fiir den Fall, daß der Testnutzer die vertragliche Leistung überhaupt nicht erhält, sondern auch fiir den Fall, daß sich Schadensersatz- oder Rückabwicklungsanspruche wegen einer Leistungsunilihigkeit des Geschäftspartners als undurchsetzbar erweisen. Die Testberichte enthalten keine Aussagen über die Leistungsilihigkeit der Anbieter VOn Waren und Dienstleistungen. Ein Schaden infolge der Insolvenz des Vertragspartners wird deshalb vom Schutzbereich der Informationspflichten nicht erfaßt. Bei Undurchsetzbarkeit vertraglicher Rechte infolge einer (kurzen) Verjährung ist zu differenzieren. Soweit der Testnutzer wußte, daß ihm vertragliche Rechte zustehen, er die Entstehung des Schadens durch rechtzeitige Geltendmachung der Rechte also hätte verhindern können, ist der mit Verjährung dieser Rechte eintretende Schaden nicht zu ersetzen. Hatte der Testnutzer dagegen keine Möglichkeit, das Bestehen solcher Rechte zu erkennen, weil der Produktmangel in einer fiir den Testnutzer nicht überprütbaren Eigenschaft liegt, so wird der mit der Verjährung der Rechte eintretende Schaden vom Schutzzweck der verletzten Wahrheitspflicht erfaßt. Denn gerade fiir solche nachteiligen Eigenschaften der Güter, die dem Testnutzer innerhalb kurzer Verjährungsfristen typischerweise verborgen bleiben, muß er sich auf die Warentestinformationen der Stiftung Warentest verlassen können. 11 Zum Schutzzweck als normatives Korrektiv S.261 ff.

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Ein geschädigter Testnutzer hat grundsätzlich die Wahl zwischen zwei Formen der Schadensabwicklung: Er kann entweder vollständige Beseitigung der Folgen des nachteiligen Rechtsgeschäfts verlangen oder er hält an dem Rechtsgeschäft fest und beziffert den Vermögensschaden, der ihm in Form von Mehraufwendungen durch die fehlerhafte Information entstanden ist. Wählt er die erste Alternative, so kann er Ersatz des aufgewendeten Geldbetrages nur Zug um Zug gegen Herausgabe der im Rahmen der Abwicklung des nachteiligen Rechtsgeschäfts erhaltenen Gegenleistung verlangen. Vermag er die Gegenleistung nicht mehr herauszugeben, können die Wertungen der §§ 350 ff. BGB entsprechend herangezogen werden. 12 Zu einer Kürzung des Anspruchs wegen Mitverschuldens (§ 254 Abs.l BGB) kommt es, wenn der Testnutzer sich auf solche Angaben der Stiftung Warentest verläßt, die er vor dem Erwerb eines Produkts selbst hätte überprüfen können. Ebenso muß von einem Mitverschulden dann ausgegangen werden, wenn ein Testnutzer nach Erwerb eines Produkts bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt einen mit dem Informationsfehler kongruenten Mangel hätte erkennen können. Soweit er sich durch rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen im Verhältnis zu seinem Vertragspartner von den Folgen des Rechtsgeschäfts hätte befreien können, hat er einen ihm vorwerfbaren Beitrag zur Schadensentstehung geleistet, der eine Reduzierung des Schadensersatzes rechtfertigt. 13 Ansprüche gegen die Stiftung Warentest auf Ersatz reiner Vermögensschäden aus unerwünschten Rechtsgeschäften verjähren innerhalb einer absoluten Frist von drei Jahren von dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware oder der Inanspruchnahme der Leistung an. Erlangt ein Testnutzer aber vor Ablauf dieser dreijährigen Frist Kenntnis von dem durch eine fehlerhafte Information verursachten Schaden, so kann er den Ersatzanspruch allenfalls noch innerhalb von sechs Monaten von der Kenntniserlangung an gerichtlich durchsetzen. Diese kurze Verjährungsfrist trägt dem Interesse der Stiftung Warentest an der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten durch Zeitablauf Rechnung und sorgt zudem für eine zügige und damit wirtschaftlichere Schadensabwicklung. 14 Zur Beweislage l5 bleibt zweierlei festzuhalten: Die Stiftung Warentest trägt die Beweislast analog §§ 282, 285 BGB dafür, daß ein nachgewiesener Informationsfehler ihrerseits oder seitens ihrer Erflillungsgehilfen nicht gemäß §§ 276, 278 BGB zu vertreten ist. Die Vorbereitung der Warentestpublikatio12 Zu den Formen der Schadensabwicklung S.275 ff. 13 Zum Mitverschulden S.279 ff. 14 Zur Verjährung S.283 ff. 15 Zur Beweislage S.293 ff. 21*

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nen liegt im Organisationsbereich der Stiftung Warentest. In diesen Bereiches haben die Verbraucher keinen Einblick, so daß sie typischerweise in Beweisnot geraten würden, obläge ihnen die Aufklärungslast fiir das Verschulden. Dagegen trägt ein Konsument die Beweislast hinsichtlich der Unaufklärbarkeit seines hypothetischen Verhaltens bei wahrheitsgemäßer Information, wenn sich bei Hinwegdenken des Informationsfehlers zeigt, daß die Vornahme des getätigten Rechtsgeschäfts auch ohne den Informationsfehler nicht unvernünftig gewesen wäre. In diesem Fall gibt es gerade keine Vermutung dafiir, daß der Testnutzer das Geschäft nach der Lebenserfahrung nicht vorgenommen hätte. Für die Beeinträchtigungen von Leben, Körper und Eigentum eines jeden Verbrauchers durch ein getestetes gefiihrliches Produkt haftet die Stiftung Warentest aus §§ 823 Abs.l, 831 Abs.l BGB gesamtschuldnerisch (§ 840 BGB) neben dem Hersteller des Produkts, wenn sie durch eine fehlerhafte Sicherheitsangabe in einem Testbericht den Erwerb des Produkts mitveranlaßt hat. Darüber hinaus haftet sie gegenüber den Testnutzern und solchen Personen, die bestimmungsgemäß mit den Produkten in Berührung kommen, zusätzlich aus der zwischen ihr und dem testnutzenden Erwerber des Produkts bestehenden quasi-vertraglichen Sonderbeziehung. Alle Ansprüche verjähren innerhalb der Frist des § 852 BGB. Sowohl rur den Anspruch aus § 823 Abs.l BGB als auch fiir den Anspruch aus der quasi-vertraglichen Sonderbeziehung trägt die Stiftung Warentest die Exkulpationslast, wenn der Geschädigte die Fehlerhaftigkeit der Testinformation nachgewiesen hat.

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GRUR

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Stichwortverzeichnis

Adäquate Kausalität S.260 Adressatenkreis, überschaubarer S.I07,154 Aktualisierungspflicht S.216 Aktualität (der Daten) S.183 allgemeines Persönlichkeitsrecht S.93 Altruistisches Handeln (der Stiftung Warentest) S.227 Anbieterwerbung S.38, 203 Anscheinsbeweis S.295 Auskunftshaftung (§ 676 BGB) S.86 Ausreißer S.189

BörseninfonnationsdienstEntscheidung S.l 00

"Carter-Robbins-Test"-Fall S.163 f., 305 "credence"-Qualitäten S.178, 179 Dienstleistungstest S.33 ff., 269 f. Dritthaftung von Sachverständigen S.227,237 Drittschadensliquidation S.120 Drittwerbung S.209 Durchschnittsleser S.194 f.

Bedingungen zum Nachdruck von Infonnationen S.200 Begleitgeschäfte S.260 Begleitkosten S.260, 274 Berichtigungspflicht S.21 0 ff. Berufshaftung S.66 besonderes Vertrauen S.129 Beweislast S.293, 317, 323 Beweislastumkehr S.308, 294 Bewertung (der Testergebnisse) S.30 ff. "Blutzuckenneßgerät"-Fall S.61, 257

Eigenhaftung Dritter S.126 ff. Emptangerhorizont S.189 entgangener Gewinn S.260 ff. Entgeltlichkeit (der Auskunft) S.I 07 Entlastungsfunktion (der Testinfonnationen) S.179, 186,279 Entstehungsgeschichte (der Stiftung Warentest) S.53 Erftillungsinteresse S.248, 254 ff. Erhaltungspflichten S.148, 150 Exkulpation S.21 0, 211 "experience"-Qualitäten S.178, 281

350

Stichwortverzeichnis

Fachbeiräte S.26

Herstellergarantie S.271

Fehlallokation von Gütern S.153

Herstellerhaftung S.158

fehlerhafte Tatsachenerrnittlung S.74

Herstellerwerbung S.200, 203 ff.

fehlerhafte Warentests S.154 ff.

Hypertrophie des Deliktsrechts S.168

Fernsehen S.37 "Feuertreppe"-Fall S.261 in Fn. 347 Finanzierung (der Stiftung Warentest) S.24 ff.

Inforrnationsbeobachtungspflicht S.218

FINANZtest S.36 ff.

Inforrnationsdefizit S.15, 121, 153, 322

Freizeichnungsmöglichkeiten S.240

Inforrnationserrnittlung S.27 Inforrnationsverbreitung S.35

Garantiehaftung S.222, 224

Insolvenzrisiko S.269

Gebrauchswert eines Produkts S.30

Instruktionspflicht S.195

Gefahrbeherrschung S.212, 269

Integritätsinteresse S.287, 305, 314 ff.

Gefährdungshaftung S.304 ff.

Inverkehrbringen (von Testinforrnationen) S. 196, 197 ff.

Gefälligkeit S.86, 108, 227 "Gernüseblatt"-Fall S.313

Kapitalanlage S.I 08, 134 ff., 220

Gesarntschuld S.268

Kardinalpflichten S.243

Geschäftsführung ohne Auftrag S.I72

Klagebefugnis S. 191, 206 in Fn. 129

Gewährleistungsrechte S.208, 264

Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts S.284

Grundrechtsbindung S.48

Kommunikationsbeziehung S.159 Haftung gegenüber Herstellern S.64, 211 Haftung kraft objektiven Rechts S.I 08, 111, 154, 319 Haftungsausschluß S.241 ff., 262 ff. Haftungsbeschränkung S.226, 228 ff., 229

Kornmunikationskontakt S.316 konkret faktische Leistungsbeziehung S.171 "Konsul"-Fall S.68 in Fn.39 Konsumverhalten (der Verbraucher) S.42, 43, 296 Kontrollbefugnisse der Stifterin S.53

Haftungsprivilegierung S.226 Haftungsrisiko S.154 ff., 195, 232

"Lastschrift"-Fall S.166,

Haftungsumfang S.154 f.

Mannheimer Studien S.44 ff.

Haftungswille S.I 08, 231

Marktanalyse S.28

Stichwortverzeichnis Markttransparenz S.24, 57, 64, 90

Qualitätsrisiko S.270

Mitverschulden S.279

Qualitätsurteil S.31

351

quasi-vertragliche Haftung S.I 09 Naturalrestitution S.275 ff. negativer Vertrauensschutz S.246

quasi-vertragliche Sonderbeziehung S.98

Neuheitentest S.34 Neutralität der Stiftung Warentest S.64, 79 ff. non-profIt-organisation S.I 06

Rat und Empfehlung S.85 Rechtsbindungswille S. 107, 108

"Nottestamentsmappe"-Fall S.224

Rechtsfortbildung S.120, 130, 141, 168

Organe der Stiftung Warentest S.25

rechtsgeschäftlicher Kontakt S. 126, 229

Organisationsform der Stiftung Warentest S.45

Rechtsgüter S.303

Organisationsverschulden S.308, 317

Rechtsschutzbedürfnis S.87, 108

Rechtsgutsbeeinträchtigung S.I64, 305

Reziprozität S.117 positiver Vertrauensschutz S.246

Risikoverlagerung S.288

Preisermittlung S.32

Rolle S.116

Preisinformationen S. 180

Rundfunk S.37

Preisvergleich S.69, 181 ff. primäre Vermögensschäden S.255 Privatautonomie S.I 09, 116, 149 ff. "Probefahrt"-Fälle S.226 Produktbeobachtungspflicht S.218 Produzentenhaftung S.I 03, 294, 312 promissory estoppel S.116 Prospekthaftung S.86, 120, 126, 134

Sachwalterhaftung S.120, 129 ff. Satzung (d. Stiftung Warentest) S.22 Satzungsreform S.55 Schadensabwicklung S.277, 301 Schadensminderungspflicht S.277, 282 "Schufa" -Urteil S.165

Provisions interesse S.128

Schutzbereich (der Norm) S.213, 261 ff.

Prüfinstitute S.26, 30, 298, 308

Schutzgesetz S.94, 94 f., 96

Prüfobjekte S.28 Prüfungsmethoden S.30, 187

Schutzpflichten S.1 01, 124 ff., 176

"Prüfzeichen"-Entscheidung S.158

SchutzpflichtverhäItnis, einheitliches S.170

public status party S.118

"search"-Qualitäten S.178, 179

352

Stichwortverzeichnis

Selbstbindung ohne Vertrag S.116 ff.

Verrichtungsgehilfe S.31 0 f.

Selbstdarstellung S.117 ff.

Verschuldensmaßstab S.225

Sicherheitsmängel S.82 ff.

Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte S.103

Sollbeschaffenheit S.209 ff. Sonderbeziehung kraft objektiven Rechts S. 120 ff.

Vertragsfolgenbeseitigung, teilweise S.278

Sonderveröffentlichungen S.36

Vertragsfolgenbeseitigung, vollständige S.276

Sozialstaatsprinzip S.50 ff.

Vertrauen S.124 ff.

Sprungwerbung S.209

Vertrauen, typisiertes S.137

staatliche Aufgaben S.50 f.

Vertrauensentsprechung S.246

stillschweigender Auskunftsvertrag S.107

Vertrauensschaden S.246 ff.

Systemvertrauen S.145 ff. Tatsachenbehauptung S.235 test (-Zeitschrift) S.35

Vertretereigenhaftung S.120, 129 Verwaltungsprivatrecht S.47 ff. Verwaltungsrat der Stiftung Warentest S.25 f.

"test"-KOMPASS S.36

Vorstand der Stiftung Warentest S.25 f.

"test"-Matem S.37

Vorteilsausgleichung S.263

Testnutzer S.69 Testwerbung S.4I, 203 ff. Transparenzkommission S.53 f.

Warenherstellerhaftung S.199 Warentest (vergleichender) S.27

Umweltverträglichkeit S.22 Unterlassungsansprüche S.207 Unüberschaubarkeit der Haftung S.230

Warenvertrauen S.158 Wampflicht S.212 Werturteil S.72, 184 f. Wettbewerbsrecht S.90 ff.

Verbraucher, durchschnittlicher S.188 ff.

wirtschaftliches Eigeninteresse S.III, 126

Verbraucheraufklärung S.50 f., 90, 99 Verbraucherinteressen S.27, 188 Verhandlungsgehilfe S.III Verjährung S.283 ff., 316 Vermögensfunktionsstörung S.257

Zessionsregreß S.267 f. Zu-gut-Bewertung S.65 f., 318 Zurechnung (von fremden Testpublikationen) S.201, 206