Die Griechischen Bronzen der klassischen Zeit und des Hellenismus [Reprint 2022 ed.] 9783112652589

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Die Griechischen Bronzen der klassischen Zeit und des Hellenismus [Reprint 2022 ed.]
 9783112652589

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Vorwort
1. Chimaira. Höhe 0,066 m. - 80. Ausruhender Herakles. Höhe 0,216 m. Gefunden angeblich am Nordabhang der Akropolis zu Athen; erworben 1893. Inv. 8395.
Vergleichendes Verzeichnis der alten und neuen Nummern
Verzeichnis der Vergleichsstücke nach ihren Aufbewahrungsorten

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KARL ANTON NEUGEBAUER DIE GRIECHISCHEN BRONZEN DER KLASSISCHEN ZEIT UND DES HELLENISMUS

DIE GRIECHISCHEN BRONZEN DER KLASSISCHEN ZEIT UND DES HELLENISMUS VON

KARL ANTON NEUGEBAUER

AUS DEM NACHLASS HERAUSGEGEBEN VON CARL BLÜ-MEL

1951

AKADEMIE-VERLAG BERLIN

Copyright 1 9 3 1 by Akademie-Verlag GmbH., Berlin

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH., Berlin NW 7, Schiffbauerdamm 19 Lizenz-Nr. 156 • 100/47/50 Druck: Leipziger Druckhaus V E B , Leipzig (M 115) Bestell-und Verlagsnummer: 5010

Als bald nach Kriegsende am 27. Juni 1945 Karl Anton Neugebauer in Berlin starb, hinterließ er das fast fertige Manuskript zum zweiten Band des Katalogs der statuarischen Bronzen im Antiquarium, der die nacharchaisch griechischen Bronzen bis in die römische Kaiserzeit hinein enthält. Die großgriechischen Bronzen sollten zusammen mit den italischen in einem dritten Band behandelt werden. Da für eine Fortsetzung des Katalogwerks in absehbarer Zeit keine Aussichten bestehen, weil die Bronzen gegenwärtig noch in Kisten verpackt in ihren Verlagerungsorten liegen und man nicht weiß, wann sie wieder in den Berliner Museen ausgestellt werden können, wurden in diesem zweiten Band auch die großgriechischen Bronzen mit aufgenommen, soweit sie von Neugebauer schon bearbeitet worden waren. An dem Text wurde bis auf einige Nachträge neuerer Literatur nichts geändert. Kleine Mängel, die Neugebauer sicher noch beseitigt haben würde, wenn er das Buch selbst herausgegeben hätte, wird man gern in Kauf nehmen, wenn man dafür das reiche Material, das in fast zwanzigjähriger Arbeit gesammelt wurde, benutzen kann. Durch die dankenswerte Hilfe der Berliner Akademie der Wissenschaften konnte der Druck des umfangreichen Werkes ermöglicht werden. B e r l i n , im Januar 1951 Carl Blümel

1.

Chimaira. Höhe 0,066 m. T. 1. Gefunden am 6. Juni 1840 durch Anton von Prokesch-Osten in Arkadien an der Stelle des antiken Orchomenos. Bis 1864 im Besitze des Finders, dann als dessen Geschenk bei Alexander Freiherr von Warsberg, später durch Erbgang bei dessen Bruder Gustav, letzthin bei dem Großneffen beider, Boemund Freiherr von Warsberg-Dorth in Neckarsteinach; erworben als Geschenk der Vereinigung der Freunde antiker Kunst 1937. Inv. 31686. Dunkelgrün, meist glatt. Es fehlen das Gehörn der Ziege und der einst eingesetzte Löwenschweif. Die linke Hinterklaue des Löwen war abgebrochen. Starke Verwitterungen am Kopf der Ziege, weitere an Kruppe, Schnauze und Ohren des Löwen. Kratzer an den Klauen und am Rumpf des Löwen. An der Mähne hinter seinem rechten Ohr scheint Verkrustung durch Abfeilen der Oberfläche entfernt worden zu sein; derbe breite Spuren einer Feile sieht man am Halse der Ziege rechts und hinten. Die Zungenspitze des Löwen ist aufwärts verbogen. Das Mischwesen ist gebildet als ein ohne seitliche Drehung sitzender Löwe mit senkrecht aufgestemmten Vorderbeinen und mit in etwa einem halben rechten Winkel ansteigendem Rücken; aus diesem wächst ein ZiegenVorderteil hervor, dessen Beine rittlings an den Schultern anliegen, dessen Hals und Kopf aber rückwärts gewandt sind; der Schwanz wird S-förmig aufwärts gebogen gewesen sein und als Schlangenkopf geendigt haben. Die Formen des Löwen sind fleischig, die Bewegungen der Oberfläche reich mit weicher Verbindung untereinander; die kraftvolle Bildung der Pranken fällt auf, Zehennägel waren angegeben. Der Kopf ist leicht gesenkt, das Maul aufgerissen, so daß die Unterzähne sichtbar werden, die Zunge streckt sich mit aufgebogenen Rändern vor; die Jochbeine wölben sich heraus, die großen Augen, deren Sehlöcher umrissen sind, quellen etwas vor; die Ränder der runden Ohren von der Form tiefer Mulden sind quer gerillt. Die flachanliegende Mähne ist fein graviert ; die Strähnen haben die Grundform sich überschneidender Dreiecke von gebogenen Umrissen und mit parallelen Innenlinien; zwischen den Ohren erhebt sich ein Streifen mit rückwärts gerichteten Strähnen in höherem Relief. Auf die Brust fällt das Haar zugespitzt herab, rechts unterhalb des Knies der Ziege winklig begrenzt, links in flacher Doppelkurve, so daß die Spitze sich nach dieser Seite wendet. Von den Beinen der Ziege sitzt das linke etwas tiefer als das rechte; Spalten der Hufe sind angegeben. Die Formgebung auch dieses Tierkörpers ist voll, besonders an der linken Seite. Der Hals, in rechtem Winkel vom Rücken des Löwen abstehend, hängt etwas zur linken Seite über. Die Richtung des gesenkten Kopfes ist der des Löwenrückens ungefähr parallel; das Maul ist leicht geöffnet; die Ohren standen ab; ein schmaler, unten spitzer Bart liegt am Halse an. R. Ritter von Schneider, Festschrift Theodör Gomperz 4790. — Reinach, RS. III 205,9. — Malten, Jdl. 40, 1925, 151 Abb. 62. — Schaal, Griechische Vasen und figürliche Tonplastik in Bremen 24 Abb. 14. — Neugebauer, BerlMus. 60, 1939, 26ff. Abb. 1—3. — Derselbe, A A . 1942, 468L Abb. 1. Neg. 7302 (nach links), 7301 (nach rechts), 7300 (Vorderseite). Der Aufbau der komplizierten Gestalt bildet ein sehr bewußt durchgeführtes Gefüge sich entsprechender Achsen und gewinnt dadurch eine kraftvolle Geschlossenheit; der emporpeitschende Schwanz schloß ihn einst hinten ab. Die Hauptansicht der Chimaira war wegen des Überhängens der Ziegenprotome und wegen der Asymmetrien in Mähne und Brusthaar des Löwen die Ansicht nach links. Die Durchführung ist ringsum mit größter Sorgfalt erfolgt, die Qualität der Statuette ist ersten Ranges. 1

Griechische B r o n z e n

I

Der Typus des Mischwesens ist, wie aus der Skizze seiner Entwicklung bei Neugebauer 1 ) folgt, archaisch 2 ). Das Pondus der Gestaltung weist dagegen für die Entstehungszeit der Statuette auf die nahende klassische Kunst hin, in der sich die Beispiele für die Darstellung der Ziegenvorderbeine im Reitmotiv seither vermehren. In den lebhaften Flächenbewegungen der vollen Formen ähneln einige Bronzen von gleichfalls hervorragender Arbeit, deren Ursprung aus korinthischen Werkstätten wahrscheinlich ist 3 ); in der Haarziselierung ist, worauf Neugebauer 4 ) hinwies, der Zeus ausDodona, unten Nr. 3, nächstvergleichbar. Unter den älteren Darstellungen der Chimaira findet sich die ähnlichste Vorstufe an einer korinthischen Pyxis in Bonn 5 ). Die Statuette ist daher vermutlich um 480 vor Chr. von einem korinthischen Künstler geschaffen worden, möglicherweise als Gefäßaufsatz. T. 5. 2.

Frosch. Länge 0,071m. Peloponnes; erworben 1884. Inv. 7917.

Dunkelgrün; stellenweise rotbraun; viele heller grüne Wucherungen, vor allem links und an der Unterseite. Ruhig liegend mit angezogenen Beinen, von denen die Hinterbeine ohne Fußglied und Mittelfuß, also zu kurz gebildet sind; unten flach. An dem leicht angehobenen Kopfe ist die Maulspalte angegeben; von den Augen ist das linke verscheuert, aber über dem rechten wölbt sich der Orbitalrand vor. Auf dem Rücken ist, auf beide Seiten verteilt, die links deutlicher als rechts erhaltene Inschrift eingeschlagen: "Afitov SovbovjBooiaori. Furtwängler, AZ. 43, 1885, 156. — Fränkel, Jdl. I, 1886, 48ff. mit Abbildung. — Duruy, Histoire des Grecs II 314 Anm. 2 mit Abbildung. — Homolle, DA. II 1, 374t. Anm. 159 Abb. 2538. — Wernicke, RE. II 1, 45. — Odelberg, Sacra Corinthia, Sicyonia, Phliasia 37 Anm. 2. — Reinach, R S . II 778, I. — Jessen, RE. III r, 576. — Blass bei Collitz u. Bechtel, Sammlung der griechischen Dialekt-Inschriften III 1, 76 Nr. 3159. — Michel, Recueil d'inscriptions grecques 823 Nr. 1064. — Fränkel, IG. IV 49 Nr. 357. — Rouse, Greek votive offerings 232f. Anm. 12 Abb. 35. — de Cou bei Waldstein, The Argive Heraeum II 204 Anm. r. — Gruppe, Griechische Mythologie II 1238 Anm. 3. — Wellmann, RE. V I I 1, 115. — Führer I 88. — Payne, Necrocorinthia 158. Neg. 4790. Die Bedeutung dieser Weihung des Amon, Sohn des Sonoos, ist trotz der Lesung des schwer erkennbaren dritten Wortes durch Fränkel a. 1. a. 0. nicht gesichert. Mit Rücksicht auf die Beziehungen der Frösche zur Mantik vermutete Fränkel in Boason den Gott Apollon, worin ihm Wernicke, Odelberg und Jessen folgten, und fand sich hierin bestärkt, als er a. 2. a. 0 . das Wort als ßoa&6os = hilfreich erklären zu können meinte. Während Gruppe dies aufgriff und Boason dem häufigen Beinamen Apollons Epikurios zur Seite stellte, und während Wellmann nochmals die Leichtverständlichkeit der Weihung eines Frosches an Apollon betonte, fand Rouse es wahrscheinlich, Boason sei ein lokaler Heros. Tatsächlich schließt der Glaube an die Sehergabe der Frösche keineswegs ein Weihgeschenk in Gestalt dieses Tieres an eine andere Gottheit aus. Denn nach einem von Fränkel selber a. a. O. angeführten Epigramm des Piaton hat ein durstiger Wanderer einen Bronzefrosch den Nymphen dargebracht, nachdem Quaken ihm die Nähe von Wasser angezeigt hatte 6 ). Die natürliche Beziehung des Tieres zu Quell und Bach wird bereits in einem ehernen Wasserspeier des 7. Jahrhunderts aus dem Heraion von Samos sinnfällig, einem Löwenkopf, auf dem ein Frosch hockt 7 ). Die Weihung unserer Bronze an Apollon wird durch diese Analogien nicht wahrscheinlicher. Weder sprachlich noch mythologisch läßt sich in Wirklichkeit der Name Boason bisher erklären. ») BerlMus. a. O. 27 ff. ) Die dort angeführte attische Variante mit den nach hinten emporspringenden Beinen der Ziegenprotome läßt sich jetzt bis zu einer frühattischen Amphora aus Vari in Athen zurückverfolgen: S. Papaspyridi-Karusu, AA. 1939, 230 Abb. 2 3 ) Vgl, dazu Neugebauer, AA. 1937, 499 Abb. 1—3 und 5 0 7 ^ ferner Payne, J H S . 54, 1934, r 6 3 f f 4 ) AA. a. O. 470. *) Neugebauer, BerlMus. a. O. 29 Abb. 5. e ) Anthol. Pal. V I 43, Waltz, Anthologie grecque I I I 44 7 ) Buschor, AA. 1930, 148 u. 151 Abb. 28; derselbe, AM. 55, 1930, 30 Taf. 1, Payne, J H S . 50, 1930, 248 Abb. 6 ; Buschor, Altsamische Standbilder 57 Abb. 213, 216, 217.

2

2

Der durch die Form des Beta von Fränkel erschlossene Ursprung der inschrift und damit doch wohl auch der Statuette aus Korinth wird von Blass in Zweifel gezogen, aber von Michel, zögernd auch von Payne angenommen. Die geringe Arbeit erschwert ihre Zeitbestimmung. Der samische Wasserspeier und das protokorinthische Salbgefäß des Antiquariums in Gestalt wohl eher eines Frosches als einer Kröte 1 ), die ja als giftig galt 2 ), sind altertümlicher. Jünger als unsere Bronze erscheint mir eine kleinere Statuette von ähnlicher Haltung, aber lebhafterer Durchformung im Besitze von Frau Professor Jacobsthal in Oxford 3 ). Nach der Geradlinigkeit des Iota anstelle der sigmaförmig gebrochenen Linie dürfte die Inschrift jünger sein als solche auf korinthischen Tongefäßen. Michel datierte im Anschluß an Fränkel die Bronze in den Anfang des 5. Jahrhunderts vor Chr. Doch fehlt epigraphisches wie bildliches Vergleichsmaterial, um die Einordnung zu sichern; die von de Cou genannten Bronzefrösche sind nicht abgebildet. Das Darstellungsschema findet sich bereits in der minoischen Kunst 4 ). 3.

Zeus, den Blitz schwingend. Höhe 0,135 m. Dodona; erworben 1904. Inv. 10561. T.2,3,13. Die glatte Oberfläche ist im Ganzen von einer wundervollen hell-blaugrünen Farbe, aber von zahllosen dunkelbraunen Punkten und Strichelchen durchzogen sowie hier und da von ganz feiner bräunlicher Erde bedeckt. Hellgrüne Verletzungen an der linken Fußsohle, am Blitz vor der Hand, am Vollbart, unter dem rechten Ohr und im Haupthaar. An der linken Hand sind die drei mittleren Finger nach oben verbogen, es fehlt das erste Glied des Daumens und die Hälfte von der Kuppe des Ringfingers. An der Unterseite des Vollbartes ein Gußfehler. Unter der linken Fußsohle Reste der Lötmasse, welche die Statuette auf einer Basis befestigte. Der Gott befindet sich in Ausfallstellung nach rechts; das linke Knie ist gebogen, das rechte Bein nach vorn herum gedreht, so daß nur der große Zeh die Basis berührt. Die Gliedmaßen sind lang, die Unterschenkel stark; an diesen heben sich die angespannten Sehnen ab. Die Körperbildung ist muskulös, aber von außerordentlicher Feinheit; .das Schamhaar ist, auch an der Oberseite seiner waagerechten Begrenzung, sorgfältig graviert; der kleine, scharf zugespitzte Penis ist nach vorn gerichtet; die Brustwarzen treten spitz hervor. Die Rechte schwingt, ein wenig nach vorn genommen, mit rückwärts abgestrecktem Oberund erhobenem Unterarm den Blitz; dieser besteht aus zwei konischen, wiederum scharf zugespitzten Gliedern, deren vorderes nah dem schmäleren Mittelteil eine Abschnürung zeigt. Die Linke ist in der durch die Beine gegebenen Ebene weit vorgestreckt. An den Händen, wie auch an den Füßen, sind die Flächenbewegungen sehr fein; die Nägel sowie die Querfalten an den Finger- und Zehengelenken sind fein graviert. Der bärtige Kopf erscheint in leichter Schrägansicht, ein wenig zur linken Seite geneigt. Die linke Gesichtshälfte ist ein wenig verkürzt. Die Wangen sind breit, die Unterlippe ist voll, die gerade Nase kurz, schmal und unten etwas abgestumpft. Die Augen werden von scharfkantigen Lidern umgeben ; ihre Sterne sind innerhalb gravierter Kreise leicht vorgewölbt; graviert sind auch die Brauenlinien. In den keilförmig abstehenden, unten abgerundeten Vollbart, der unter dem Munde in drei etwas schräg gegliederte Längsmulden'gegliedert ist, geht der Schnurrbart auf; beide sind von leicht gebogenen Linien in feinster Gravierung bedeckt. Auf dem Kopfe trägt der Gott über dem breiten, kappenartig unterschnittenen Streifen des nach vorn gestrichenen Stirnhaares einen in Abständen doppelt quer geriefelten Reif, dessen hintere Hälfte in der vom Nacken hoch genommenen Haarrolle verschwindet. Stirnhaar und Haarrolle sind graviert, in radialen Wellenlinien auch das Haar innerhalb des Reifes. Alexander Freiherr von Warsberg, Eine Wallfahrt nach Dodona 43. — Jacobsthal, Der Blitz 24. - Kekule von Stradonitz und Winnefeld, Bronzen aus Dodona 6ff. Tafel 1. — Reinach, R S . IV 1, 1. — Frickenhaus, J d l . 2 6 , 1 9 1 1 , 30. — Pfuhl, R E . V I I 2, 2194. — Bulle, Der schöne Mensch2 27 Abb. 10. M. Bieber, Skulpturen und Bronzen in Cassel 65 zu Nr. 176. — v. Lücken, AM. 44, 1919, 152. Neugebauer, Führer I I 1 4 ! . Inv. 3677 2

) Vgl. Keller, Die antike Tierwelt I I 306.

3 4

) Erworben in Smyrna, Länge 0,043 m. Phot. im Antiquarium.

) Goldener Anhänger in Gestalt eines Frosches eher als einer Kröte aus dem Kuppelgrab A von Kakovatos • K. Müller, AM. 34, 1909, 2 7 1 Taf. 12,8 u, 1 3 , 2 7 , Marc Rosenberg, Granulation 33 Abb. 51

3

Fr. Schottmüller, Bronzestatuetten und Geräte2 27 Abb. 10. — Neugebauer, Antike Bronzestatuetten 50ff. Tafelbild 28. — Derselbe, AA. 1922,75 Nr. 21. — Amelung bei Thieme, Künstlerlexikon X V 455. — Kekule von Stradonitz und Schröder, Die griechische Skulptur 3 53. — Führer I 36 Taf. 9. — Buschor, Olympia 1 1 und 33. — Cook, Zeus II 739L Abb. 669. — Licht, Sittengeschichte Griechenlands I I 130 mit Abb. — Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 69 Nr. 23 Taf. 37. — Val. Müller, Archaische Plastik Taf. 18, 31. — Neugebauer, 87. BWPr. 13. — Charbonneaux, MonPiot 29,1928, gf. Abb. 4. — Val. Müller, Frühgriechische Plastik 209 f. — W. Lamb, Greek and Roman bronzes 149 Taf. 54 a. — Noack, Die Antike 5, 1929, 220 Abb. 5. — Gis. Richter, The sculpture and sculptors of the Greeks 41 mit Abb. 101 u. 102. — Beyen, La statue d'Artémision 24 mit Anm. 1 . — Mylonas, The Art Bulletin 12, 1930, 224. — Bulle, AM. 5 5 , 1 9 3 0 , 1 8 7 . — L. Curtius, Die Antike 6 , 1 9 3 0 , 1 0 4 Abb. 14, ioöf. — Karusos, Deltion 1930, 47 u. 61. — Rumpf bei Gercke u. Norden, Einleitung in die Altertumswissenschaft I I 3, 29. — Philippart, Le Flambeau 1932, 4 Taf. 1 . — Lippold, Gnomon 9, 1933, 455. — Langlotz, J d l . 49, 1934, 41. — Payne, The Illustrated London News 1934, 670 Abb. 4. —Derselbe, J H S . 54, 1934, 165 f. Abb. 3. — Blümel, Sport der Hellenen 12 Nr. 17 Taf. 106. — V. H. Poulsen, Acta arch. 8, 1937, 28. — Neugebauer, AA. 1937, 508 f. Abb. 9. — Derselbe, BerlMus. 60,1939, 30. — Waser, ML. VI 715 Abb. 6. — Gerke, Griechische Plastik 232 Taf. 93,2. — W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 243 und 255 Abb. 226. — Picard, Manuel d'arch. grecque II 1 , 64 u. 162. — Prosdomici, Annuario N. S. 1—2, 1939—40, 48ff. Abb. 1 . — Neugebauer, AA. 1942, 4690. Abb. 2. — Bianchi Bandinelli, Storicità dell' arte classica 39, 148 Taf. 16 Abb. 27. — Langlotz, RM. 58, 1943, 209f. — Rodenwaldt, Die Kunst der Antike4 188, 189. — E. Kunze-H. Schleif, IV. Bericht über die Ausgrabungen in Olympia (1944) 137. — Mylonas, A J A . 48,1944,149 Abb. 4, 1. — E . Kunze, Zeusbilder in Olympia, Antike und Abendland 2, 1946, 105. — G. Bruns, Antike Bronzen 36. Abb. 24. — Langlotz, J d l . 61/62, 1946/47, 100. Neg. 2188, 5501 (Vorderseite), 2189, 5502 (Rückseite), 2190 (von den Knien aufwärts, schräg nach rechts). — Lichtbild E. A. Seemann 1006 (Vorderseite), 1806 (Rückseite). Die Statuette gehört nach dem schwungvollen Aufbau, der überaus feinfühligen und sorgfältigen Durchführung 1 ), der guten Erhaltung und der opalähnlichen Patina, die ihr den Rufnamen „Das bläue Wunder" eingetragen hat, zu den schönsten antiken Kleinbronzen, die erhalten geblieben sind. Ihre Qualität ist von Kekule 2 ) und Neugebauer3) eingehend gewürdigt worden. Das Motiv der Kampfhandlung könnte auf die Frage führen, ob dem Gott ein Gegner gegenübergestanden habe. Curtius faßt ihn auf als im Gigantenkampfe befindlich. Indessen ist die Statuette das Glied einer langen Reihe von Einzeldarstellungen des gleichen Typus, über die Beyen und Karusos gehandelt haben. Besonders hingewiesen sei auf die steifere und etwas ältere Bronzestatuette aus Ambrakia in Athen, die auf ihrer Plinthe für sich allein erhalten ist ; der Blitz gleicht dem unseres Zeus, auf der Linken ist der Adler erhalten, der auch hier angelötet gewesen sein wird4). Für die Berliner Bronze erinnerte Amelung an den Zeus Ithomatas des Hageladas; mit der Statue von Kap Artemision verglichen sie Charbonneaux, Noack, Philippart, W. H. Schuchhardt, der die Statuette kaum ein Menschenalter früher ansetzt, Picard und Prosdomici. Das Schleudern des Blitzes bedeutet für Zeus den Ausdruck göttlicher Macht und Unbesiegbarkeit, wie in vergleichbaren Werken der Rundplastik das Schwingen der Lanze für Athena und der Stoß mit dem Dreizack für Poseidon, Das Kunstwerk gilt nahezu einstimmig als eine peloponnesische Arbeit. Auf eine Vermutung über den Herstellungsort verzichteten Buschor, Val. Müller und W. Lamb. Die von Neugebauer5) aufgezählten Zuschreibungen an Aegina, Sikyon oder Argos und Kleonai sind überholt durch den Nachweis stilistischer Übereinstimmungen des Zeus mit korinthischen Bronzen8). Denn die opalartige Patina, die 'j Die seltene Ziselierung an der waagerechten Oberkante der Pubes findet sich auch an dem peloponnesischen Diskoswerfer in New York: Gis. Richter, BrBr. 723; Gerke, Gr. Plastik 241t. Taf. 149, und an dem angeblich aus Olympia stammenden Dionysos im Louvre: Langlotz, J d l . 49, 1934, 45 Taf. 4; de Ridder, Br. ant. du Louvre Nr. 154. 2 ) Bronzen aus Dodona 6 ff. 3 ) Antike Bronzestatuetten 50 ff. 4 ) Rhomaios, Deltion 6, 1921, Parartima i69ff. Abb. 3—6. S. Papaspyridi, Guide Nat. Mus. Athènes 18.7! Nr. 14984. •) AA. 1942, 469 ff. 6 ) Den Silen Carapanos erklärt neuerdings auch Buschor, SBMünch. 1943, 39 mit Abb. 37, für korinthisch.

4

an anderen Bronzen aus Dodona wiederkehrt, darf nicht mit Mylonas als Kennzeichen epirotischer Arbeit gewertet werden, weil sie auch an Fundstücken anderswoher, sogar aus italischen Werkstätten, begegnet 1 ). Im Kopf ähnelt dem Zeus, vor allem in der Proiiiansicht, von allen mir bekannten Werken vielmehr am meisten der Herakles von Perachora2), den H. V. Poulsen dennoch allein für korinthisch erklärt, während er den Zeus als nicht sicher lökalisierbar bezeichnet. Weniger zutreffend hat Langlotz 3 ) die anders gebauten und im Ausdruck verschiedenen Heraklesköpfe der Ostmetopen des Zeustempels von Olympia unserer Statuette als nächst verwandt bezeichnet. Auch auf die so ähnliche Gravierung der Mähne an der Chimaira oben Nr. I sei nochmals hingewiesen. Der Herakles von Perachora ist indessen älter als unser Zeus. Denn dessen von Neugebauer 1 ) im Anschluß an Karusos gewürdigte Ausfallstellung findet sich in attischen Vasenbildern zuerst beim Kleophradesmaler5) und Panaitiosmaler6), ferner beim Brygosmaler 7 ) und Panmaler8), und zwar für Hauptansichten wie gelegentlich auch für Rückansichten. Doch ist das Motiv auf diesen Vasen zum Teil steifer, durchweg aber unsicherer durchgeführt als an der Statuette. Die Tyrannenmörder des Kritios kommen im Ausfallmotiv unserer Bronze näher9). Die Schrägansicht ihrer Rümpfe, entwicklungsgeschichtlich ein weiterer Schritt vom Archaischen fort, den der Meister des Zeus nicht getan hat, wird von der Flächenkunst keineswegs gleichmäßig aufgenommen, wie noch die Florentiner Kentauromachie bezeugt, die dem Zeus auch Karusos vergleicht 10 ); dabei dürfte mit diesem Gefäßbild wie mit der von Karusos ebenfalls angeführten Bronzestatuette des Herakles aus Doris in Paris 11 ) die Entstehungszeit des Zeus bereits überschritten sein. Somit ist nicht nur seine Datierung durch Kekule in das letzte Jahrzehnt des 6. Jahrhunderts, sondern auch noch die des Führers I, Cooks, Müllers und Beyens in den Anfang des 5. Jahrhunderts zu hoch. Um 480 setzten ihn Neugebauer12) und Rodenwaldt an, in die Zeit darauf Langlotz 13 ), W. Lamb und Lippold. Bis 460 geht Curtius herab, unbestimmt spricht Gisela Richter von der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Das Urteil Bulles 14 ), mit dem Karusos übereinzustimmen scheint, die Statuette sei der archaische Vorläufer für ein erst später gebräuchliches Ausfallmotiv, beruht vermutlich auf dem altertümlichen Eindruck des Kopfes. Diesen Eindruck bestimmt vor allem der abstehende Vollbart, denn er erinnert an die Aigineten und an die mit diesen verglichenen Bronzeköpfe aus Olympia und von der Akropolis zu Athen 15 ). Indessen war diese Form nach Ausweis der hellenistischen Münzbilder noch an dem kurz vor 455 entstandenen Zeus Ithomatas des Hageladas nicht überwunden16). Die Frisur mit dem in der Haarrolle hinten verschwindenden Bande findet sich, selten belegbar, an dem eben nacharchaischen Kuros von Agrigento17) und an dem Jünglingskopf einer Silbermünze von Tarent 18 ), die etwas älter zu sein scheint als das Damareteion von Syrakus 19 ). Die ' ) Vgl. nur Führer I 42 Inv. 1 0 8 1 9 , Athena aus Apiro, 69 Inv 1 0 5 5 7 Tai, 6, Relief zweier Löwen aus Makedonien. 2

) Payne, Perachora 1 4 2 !

3

) J d l . 49, 1934. 4 '

4 5

Tai. 45

) A A . 1942, 469.

) Beazley, Attische Vasenmaler 69 ff. Nr. 1, 4, 50, 70.

•) Beazley, a. O. 169 Nr. 49. ') Beazley, a. O, 1 7 7 Nr 1 3 . 8

) Beazley, a. O

e

) Beweisend hierfür ist der neue Aristogeiton in Rom

100 Nr 1 Fuhrmann, A A . 1940, 494 Abb. 38. Den Harmodios hat der Basler

Maler Karl Dick mit entsprechendem Ausfallmotiv ergänzt gezeichnet. Schefold, Museum Helveticum i, 1944, 190 Abb. 1. Das bedeutet einen wesentlichen Fortschritt hinaus über die Beibehaltung des in Neapel allzu steif ergänzten Motivs an dem rekonstruierten Abguß in New York 10 u

Gis. Richter, A J A . 32, 1928, 7 Abb. 6.

) Beazley, a. O. 308 Nr 1

) de Ridder, Br ant. du Louvre I 30 Nr 1 5 7 Taf. 1 7

12

) Antike Bronzestatuetten 50 ff.

13

) Frühgriechische Bildhauerschulen 69 Nr 23.

" ) AM. 55, 1930, 187 16

) Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 99 Nr 3 und 8

Katalog I 95 f. zu Nr 195.

" ) Gis. Richter, Abb. 562. Vgl. Frickenhaus, J d l . 26, 1 9 1 1 , 30 Anm. 1, ferner Pfuhl, R E . V I I 2 i 8 g f f 17

) Letzthin Langlotz, RM. 58, 1943, 204ff. Taf. 1 5 — 1 8

18

) Furtwängler a. O., Regling, Die Münze als Kunstwerk Taf. 16, 362.

u

) Langlotz, Zeitbestimmung 100 Taf. 2,10. Regling a. O Taf. 18, 403. Boehringer, Die Münzen von Syrakus 184 Nr 374 Taf. 14.

5

Geschichte des Ausfallmotivs bietet aber einen festeren Anhalt zu der Datierung unseres Zeus als seine hierfür etwas altmodisch wirkende Bart- und Haartracht. Wie nämlich Neugebauer 1 ) bereits aussprach, h a t der Künstler vielmehr einen älteren K o p f t y p u s weiter verwendet, da er hierfür einer Tradition unterlag, f ü r die der Herakles aus Perachora als eine E t a p p e kenntlich ist. Die Statuette, ein Meisterwerk korinthischer Toreutik, ist mithin ein bedeutsames Beispiel f ü r den Bruch mit der archaischen Überlieferung aus den siebziger J a h r e n des S . J a h r h u n d e r t s vor Chr.

. 4. 4. Betende Frau. Höhe 0,10 m. Peloponnes; Geschenk der Vereinigung der Freunde antiker K u n s t 1934. Inv. 31418. Schwärzlich bis olivfarben mit vielen blauen Flecken, die meist länglich von oben nach unten im Gefält, aber auch am Halse u n d im Gesicht sowie sonst verlaufen. Am Bruch des rechten Handgelenkes, an den Fingern der linken H a n d u n d an der Nasenspitze erscheint die helle Bronzefarbe. Zahlreiche flache Absplitterungen. An den Mantelrändern, am linken Oberarm, im Gesicht und an kleineren Stellen leicht versintert. E s fehlen die Füße bis auf die Fersen und die rechte Hand. Die linke H a n d ist rückwärts verbogen. Der linke F u ß t r i t t vor, das linke Knie ist leicht gebogen. Beschuhung der Füße bleibt unsicher. Zwischen den Fersen ist die Bronze in 0,004 m Breite wie eine dicke Platte stehengeblieben, die sich zur Rechten hin schräg nach hinten erstreckt. Die F r a u trägt einen ungegürteten Peplos, der vorn über den Fußgelenken endigt, hinten ein wenig tiefer herabfällt, u n d dessen Apoptygma bis zu den H ü f t e n reicht. Zwei schwere Steilfalten fallen v o m wie hinten zwischen den Beinen herab, an denen das Gewand bis auf die Rückseite des linken Beines eng anliegt, mit der Andeutung bogenförmiger Falten, die durch Gravierung entstand. J e eine Falte hängt auch von den weit auseinanderstehenden, k n a p p geformten Brüsten am Apoptygma hernieder, dessen unterer Saum dadurch an zwei Stellen etwas angehoben wird; Gravierlinien begleiten die Säume unten wie oben, zwischen den Brüsten hängt eine wiederum durch Gravierung angedeutete Bogenfalte tief herab, eine weitere Gravierlinie verläuft über den Brüsten. Die Rückseite des Apoptygma wird verdeckt durch ein Manteltuch, das auf den Schultern aufliegt u n d hinten in großem Bogen bis zum Kreuz herabreicht; diese Fläche wird durch gravierte Bogenfalten belebt, längs des unteren Saumes gewahrt man enggestellte, kurze Querkerben. I m Nacken schiebt sich der Mantel zu zwei wulstigen Falten zusammen. Seine Zipfel bedecken Teile der Oberarme, rechts mehr als links, und fallen zusammengefältelt mit Zickzacksäumen, neben denen Randlinien graviert sind, nicht ganz bis zur Mitte der Oberschenkel herab, rechts weniger tief als links, weil der Zipfel dort etwas schräg nach hinten zurückweht. Von den gesenkten Oberarmen ist der linke ein wenig zur Seite gestreckt. Beide Unterarme sind nach vorn schräg angehoben, die Haltung der linken Hand, deren Daumen sich abstreckt, war vermutlich senkrecht. Über dem unbekleidet gebliebenen obersten Teile der Brust u n d dem kurzen, breiten Halse neigt sich der verhältnismäßig kleine Kopf etwas zur Linken. E r h a t ein rundes Kinn, volle Wangen, einen kleinen Mund u n d eine kurze, schmale Nase; die großen, weit aufgeschlagenen Augen liegen flach, ihre schmalen Lider überschneiden sich nicht. Das lange H a u p t h a a r ist v o m in der Mitte gescheitelt. E s läßt von der Stirn nur eine dreieckige Fläche frei u n d fällt dicht hinter den Augen herab, durch enggestellte parallele Längsgravierungen in Strähnen gegliedert u n d in Schulterhöhe unter dem Mantel verschwindend. Neugebauer, Vereinigung der Freunde antiker Kunst, Bericht über das X X I I . u n d X X I I I . Geschäftsjahr 1936, 16 Nr. 3 mit 2 Abbildungen. — Derselbe, AA. 1942, 470 Abb. 3. Neg. 4884 (Vorderseite), 4886 (Rückseite). Die Statuette ist mit der stillen, innerlichen Wirkung ihres Motivs u n d mit ihrer durch die P a t i n a farbigen Oberfläche von besonderem Reiz, wenngleich nicht von sonderlich feiner Arbeit. Die Gebärde der Linken bedeutet Gebet; die Rechte kann ein Attribut, Blüte oder Frucht, gehalten haben, wie die *) A A . 1 9 4 2 , 469 ff.

Adorantin Nr. 8. In der Peloponnes gefunden, ist die Statuette eine einheimische Arbeit. Denn die symmetrischen Bogenfalten des Gewandes vor den Beinen sind vorgebildet bereits an peloponnesischen Bronzestatuetten der kämpfenden Athena von früherer Entstehung 1 ). Übereinstimmend begegnet ferner die Peplostracht mit ihrem Gefält vor den Beinen und dem Oberkörper an zwei nacharchaischen Spiegelträgerinnen in Lyon und Paris 2 ), deren Zuweisung an Werkstätten in Sikyon durch einen in einem Grabe dieser Stadt gefundenen dritten Standspiegel mit sehr verwandter Stützfigur 3 ) bestätigt worden ist. Doch ist unsere Beterin einfacher geformt. Die seitlichen Zickzackräume des Apoptygma, die ihr im Gegensatz zu jenen Bronzen fehlen, wurden vielleicht fortgelassen, weil der neben der Gestalt herabhängende Mantel diese Saumführung erhielt. Er verleiht dem Oberkörper eine Breite und den Schultern eine Rundung, die an den Spiegelträgerinnen nicht begegnet. Dafür erscheint die zarte Bildung der Arme wiederum stilverwandt. In dem rundlichen Gesicht mit seinem stillen Ausdruck steht die Statuette für sich allein. Das Motiv der im Nacken zusammengeschobenen Mantelfalten begegnet in älteren sowie in gleichzeitigen rotfigurigen Vasenbildern Athens 4 ). Der Verfertiger unserer Statuette gehörte daher wahrscheinlich dem sikyonischeu Kunstkreise an, hat aber mit ihr eine persönlichere Leistung vollbracht, als sie an der Mehrzahl der Spiegelträgerinnen vorzuliegen pflegt, auch hierin vergleichbar dem Meister der Adorantin Nr. 8. Die Arbeit wird zwischen 470 und 460 entstanden sein.

5. Rechter Arm von der größeren Statuette eines kämpfenden Herakles. Höhe 0,09 m. Liguriö (Lessa) T.5. in der Argolis; Geschenk Kaiser Wilhelms II. 1888. Inv. 8090. Fast tief schwarz, glatt und blank. Der Bruch verläuft von unten schräg der Ellenbeuge entgegen und umfaßt den Ansatz des Biceps. Es fehlen die Spitzen der beiden letzten Finger und die Waffe in der Hand. Einige narbenförmige Verletzungen am Unterarm außen. Am Oberarm wie an den Fingergelenken kommt hier und da die Bronzefarbe zum Vorschein, an einer länglich dreieckigen Stelle des Oberarms hinten mit quer gerichteten Spuren einer Feile (?). Am Unterarm gewahrt man schräg vor dem Ellenbogen rings herum die Grenze zweier Farbtöne; entweder ist der Unterarm besonders gegossen und durch Hartlötung angesetzt oder er war im Modell angestückt. In der Nähe der Ellenbeuge einige kleine Gußfehler. Der Oberarm ist waagerecht abgestreckt, der Unterarm erhoben; die Hand umfaßte eine starke zylindrische Waffe, indem sich der Daumen schräg über die beiden nächsten Finger herüberlegt. Die Formen sind sehr kraftvoll und dabei äußerst fein und reich bewegt; an der Innenseite des Handgelenkes heben sich in ganz flachen Wülsten die Sehnen ab; die Fingernägel sind angegeben. Furtwängler, AA. 1889, 93c 8. — Derselbe, 50. BWPr. 127 Anm. 5. — Neugebauer, AA. 1942, 478 ff. Abb. 7. Neg. 3463. Die Höhlung in der Hand zeigt, daß die Waffe nach hinten etwas anstieg; ihre Richtung bildete mit der des Oberarms einen nur wenig stumpfen Winkel. Schon deshalb kann sie nicht zum Fortschleudern geschwungen worden sein, denn zu diesem Zwecke müßte der Arm mehr nach hinten genommen werden, wodurch die Waffe dem Oberarm und damit der Blickrichtung des Kämpfenden mehr parallel käme. Für eine Lanze, mit der zugestoßen werden soll, ist die Höhlung ferner zu breit. Dagegen findet sich dasselbe Herüberlegen des Daumens über die benachbarten Finger an Darstellungen des Woodward, JHS. 44, 1924, 258 Abb. 2, Katalog I 106 Anm. 4 zu Nr 211^ Forsdyke, The Brit. Mus. Quarterly 9, 1934, 5f- Taf. 5 a—b. 2 ) Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 30 Nr 6 Taf 15a und Nr 12 Taf 17a. 3 ) E P. Biegen, AJA. 41, 1937, 337 Abb. 3. Neugebauer, BerlMus. 60, 1939, 30 Anm. 1 4 ) Pfuhl, MuZ III Abb. 314, 318, 330 (vgl. dazu Langlotz bei Schräder, Die archaischen Marmorbildwerke der Akropolis, 62f. Nr 21 Taf. 30—31), 364, 368, 369, 373, 376, 378, 4T7, 422, 435, 436. Friis Johansen, Festskrift til Frederik Poulsen 67 ff Abb. 1 u. 4.

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Herakles, der die Keule schwingt, und zwar sowohl griechisch 1 ) wie etruskisch 2 ). Samt Keule erhalten ist der Arm einer gleichfalls ziemlich großen Heraklesstatuette vom Oeta im Museum zu Theben, von schöner Arbeit, aber nicht ganz so kräftigen Formen. Ein in der Argolis nicht bezeugter Heratempel 3 ) wird nach diesem Fundstücke bei Lessa nicht angenommen werden dürfen, doch könnte das stattliche Weihgeschenk beim Altare des Zeus und der Hera 4 ) gestanden haben. Der erhaltene Rest ist von vorzüglichster, gleich dem stilverwandten Ballspieler Nr. 6 ebendaher doch wohl argivischer Arbeit. Nach den schwellenden Formen darf die Bronze nicht mehr mit Furtwängler 6 ) als archaisch bezeichnet werden, sondern bezeugt neben anderen Darstellungen das Fortleben des Kampfmotivs noch in der Blütezeit. Der ebenfalls besonders muskulöse Herakles Benakis ist älter 6 ). T. 6. 6.

Knabe mit Ball. Höhe 0,147 m > der Statuette allein 0,135 m. Liguriö (Lessa); Geschenk Kaiser

Wilhelms II. 1888. Inv. 8089. Tiefdunkelgrün, glatt und blank; etwas rauhe Stellen von mattdunkelbraunroter Färbung am rechten Oberschenkel außen und an der Hüfte darüber. Es fehlen der Gegenstand in der Rechten und die Riegel in den Zapfen unter den Sohlen. Über der linken Brustwarze eine flache Verletzung; der große Zeh des rechten Fußes ist vorn leicht verscheuert; die Nasenspitze ist rechts etwas abgeplattet. Mit einem schabenden Werkzeug muß streckenweise eine körnige Wucherung oder eine Versinterung entfernt worden sein; man sieht die Spuren an den Kanten der Standplatte, den Beinen, der Brust, den Armen vorn, am Halse und an der linken Wange. Infolge dieser Behandlung schimmert hier und da die Bronzefarbe durch, so am rechten Knie, an der Brust links, vielfach hinten, von den Füßen an bis ins Haar sowie neben dem rechten Oberarm, am Halse vorn und an der Nasenspitze. Da die Patina im Ganzen erhalten ist, kann indessen eine Abarbeitung ursprünglich schärfer durchgeführter Formen nicht angenommen werden. Porenförmige Gußfehler befinden sich auf der Standplatte vor dem rechten Fuß, über der rechten Ellenbeuge und, zahlreich nebeneinander, an der Unterseite des linken Unterarmes, an der Hand und am Ball. An die vier Ecken der annähernd rechteckigen Standplatte von nicht ganz gleichmäßiger Dicke setzen kurze, bandförmige Zapfen an, die in einen steinernen Sockel eingelassen waren. In zwei Durchlochungen der Standplatte greifen Zapfen unter den Fußsohlen der Gestalt ein; sie werden durch erneuerte Querriegel festgehalten. Der Knabe steht der hinteren Kante der Platte näher als der vorderen. Beide Füße sind mit voller Sohle aufgesetzt; der rechte, entlastete, tritt um knapp eine Zehenlänge vor und ist etwas zur Seite gedreht, so daß das Knie um nahezu seine ganze Tiefe vorhängt. Die Zehenteilung ist etwas derb; eine Angabe der Nägel fehlt. An den stämmigen Beinen sind die Kniee kräftig durchgebildet. Der breite Rumpf zeigt ein starkes Gesäß mit Angabe der seitlichen Gruben; die in der Weise der klassischen Kunst abgesetzte Bauchgrenze hat eine noch etwas spitze Leistenbeuge und zeigt die Entlastung der rechten, wie ihr Gegenüber wulstigen Hüfte; der Bauch wölbt sich etwas vor; über dem flach vertieften, nicht scharf umgrenzten Nabel steigt die deutlich betonte Medianrinne an, von der in zarten Flächenbewegungen drei Querinskriptionen ausgehen. Auch die breite, aber keineswegs wulstige Brust setzt sich weich ab; die Warzen sind durch gravierte Kreise angedeutet; die sehr breiten Schultern, von denen die rechte etwas angehoben ist, leiten schräg zum Halse empor. Schärfer durchgeführt als die Vorderseite ist die *) Statuette, Bibl. Nat. 518 : J Babelon, Choix de bronzes, Coll. Oppermann et de Janzé 29 f. Nr 18 Taf. 16; V. H. Poulsen, Acta arch. 8, 1937, 27 Nr. 1 ; Statuette Rémusat: de Ridder, Br ant. du Louvre I 30 Nr 159 Tai. 17; Statuette aus Mantinea im Louvre: Charbonneaux, Mon. Piot 29, 1927/28, 137ff. Taf. 4; V H. Poulsen, a. O. 28 Nr. 4. Innenbild der Bostoner Schalendes Aristophanes und Erginos Pfuhl, MuZ. III Taf. 235, 586. 2 ) Vgl. im Antiquarium die Bronzestatuetten Fr. 2024, Fr 2025, Inv 6246 Curtius, Antike Plastik für W. Amelung 61 ff. Taf. 5. а ) Robert, Heldensage II 638 4) Boëthius, RE. X I I 2, 2 1 3 6 ! б) 50. BWPr 127 Anm. 5. 6) Payne, JHS. 54, 1934, 103 ff. ; V. H. Poulsen, a. O. 27 Nr; 2.

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lebhaft bewegte Rückenmuskulatur. Beide Oberarme sind gesenkt, ohne bis zu den Ellenbogen am Rumpfe anzuliegen. Der rechte Unterarm ist leicht angewinkelt; die Hand umschloß in ihrer nach hinten sich etwas verengernden Höhlung einen stabförmigen Gegenstand, der nahezu waagerecht, aber etwas der Mitte entgegen gehalten war. Der linke Unterarm ist vorgestreckt ; auf der Hand ruht, oben vom Daumen festgehalten, ein Ball. Eine Angabe der Nägel ist an beiden Händen nicht kenntlich ; auf etwas vorgestrecktem Halse sitzt ohne seitliche Drehung ein großer Kopf. Das längliche Gesicht hat ein starkes Kinn, einen breiten Mund, dessen schmale Lippen nach den Mundwinkeln zu etwas herabgezogen sind, hart nach den Seiten umbiegende Wangen, eine sich ziemlich stark verbreiternde Nase, vorspringende, sich nicht überschneidende Augenlider und weit zu den Schläfen durchgezogene Brauenbogen. Das Haar liegt an der fast in gleichmäßiger Kurve gewölbten Schädelkappe an, vom Scheitel aus radial gegliedert durch schmale und flache sowie breitere und tiefere Gravierungen; vor den Ohren begrenzt es die niedrige Stirn, in der Mitte gescheitelt, als ein Wulst von Lockenenden, offenbar herübergelegt über die vordere Hälfte eines Reifes, den hinter den Ohren das Nackenhaar als kräftige Rolle verdeckt. Furtwängler, AA. 1889, 93c x. - H. L. Urlichs, Herakles und die Hydra (Verh. d. Philol. Vers, zu Görlitz 1890) 22 Anm. 2. - Furtwängler, 50. BWPr. I25ff. Taf. 1. - Froehner, La Coli. Tyskiewicz 12 zu Taf. 13. - Petersen, RM. 6,1891, 278. - E. Gardner, Handbook of Greek sculpture I 196Ì. Abb. 39. - Furtwängler, Meisterwerke 418, 498, 683. - Cöllignon, Hist. d. 1. sculpt. gr. I 322 Abb. 162. - Furtwängler, PhW. 1894, 1140 Anm. - Héron de Villefosse, MonPiot 1, 1894, 112. - Treu, Olympia III 217 Anm. 1. - Reinach, RS. II 85, 1. - Joubin, La sculpt. gr. 83 u. 1 0 9 ! Abb. 30. - Perrot, Hist. de l'art dans l'ant. VIII 469. - Furtwängler, Kleine Schriften II 443 u. 467. - Mahler, Polyklet und seine Schule 32. - Frost, JHS. 23, 1903, 223. - Waldstein, ebda. 24, 1904, 131 ff. Abb. 1 u. 3. - Klein, Geschichte d. griech. Kunst I 385. - Lechat, Pythagoras 97. - Amelung, ÖJh. n , 1908,209. - Hekler, ebda. 236ff. - Winter, KiB. 233, 2. - P. Gardner, JHS. 30, 1910, 233. - Norman Gardiner, Greek athletic sports and festivals 93 Abb. 1 1 . - Frickenhaus u. W. Müller, AM. 36, 19x1, 30 Anm. 1. - Pfuhl, RE. VII 2, 2197. - Praschniker, ÖJh. 15, 1912, 237 Anm. 36. - Woermann, Geschichte der Kunst2 I 256 Abb. 276. - v. Lücken, AM. 44,1919,164. - Anti, MonAnt. 26,1920, 677 Anm. 1 ; 715 mit Anm. 6; 718 Anm. 3. - Hyde, Olympic victor monuments i n f . Abb. 16. - Neugebauer, Griechische Bronzen 10 Abb. 14. - Picard, La sculpture antique I 332 f. - Amelung, Künstlerlexikon XV 456. - Führer I 21 f. Taf. ix. - Chase, Greek and Roman sculpt. in Americ. collections 12 Abb. 10. - Buschor, Olympia 1 1 u. 33. - Lübke u. Pernice, Die Kunst des Altertums16 234 u. 236 Abb. 331. - Boethius, RE. X I I 2, 2137. - Gründel, AA. 1925, 85 Anm. 1. - W. Müller, Die griech. Kunst Abb. 190. - Amelung, RM. 40, 1925, 187. - Lippold, BrBr. 686-687 Text 2. - Ducati, Storia dell' arte etnisca I 318. - Neugebauer, Antike Plastik f. Amelung 160. - Langlotz, Frühgriech. Bildhauerschulen 56 Nr. 43 u. 182 Anm. 7 Taf. 27 c. - Lippold, Gnomon 4,1928, 420. - Lawrence, Classical sculpture 212. - W. Lamb, Greek and Roman bronzes 146 Taf. 52 a. - Gis. Richter, BrBr. 723 Text 6. - Neugebauer, Gnomon 6, 1930, 267. L. Curtius, RM. 45, 1930, 23. - N. Gardiner, Athletics of the ancient world 60 mit Abb. 25. - Blümel, Sport und Spiel bei Griechen und Römern 1 1 Nr. 24 Taf. 20. - Payne, JHS. 54, 1934, 163 Anm. 1 und 172. - Blümel, Sport der Hellenen 15 Nr. 33 Taf. 109. - V. H. Poulsen, Acta arch. 8, 1937, 28, 36, 126. - Lippold, EA. Serie XVI A 10 zu Nr. 4534. - Valmin, The Swedish Messenia Expedition 443 zu g. L. Curtius, Die klassische Kunst Griechenlands 255 Abb. 436. - Lullies bei Neugebauer, Antiken in deutschem Privatbesitz 23 zu Nr. 62. - Gerke, Griechische Plastik 242 Taf. 151, 1-2. - W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 252 und 268 Abb. 241. - Picard, Manuel d'arch. gr. II 1 , 1 5 0 , 1 5 9 , 284. H. C. van Gulik, Cat. of bronzes Allard Pierson Museum 4 zu Nr. 6. - Ducati, StEtr. 14,1940,95. — Neugebauer, AA. 1942, 477 ff. Abb. 6. - Bianchi Bandinelli, Storicità dell' arte classica 48 f. Taf. 23 Abb. 44. Rodenwaldt, Die Kunst der Antike4 298. - G. Bruns, Antike Bronzen 30 f. Abb. 25. Formerei Nr. 228. Lichtbild E. A. Seemann 58875. Neg. 182 und 3418 (Vorderseite), 3851 und 4664 (Profil nach rechts), 185 und 3989 (Rückseite). Die Statuette zählt zu den berühmtesten Kleinbronzen aus dem 5. Jahrhundert. Sie verdankt das nicht nur ihrer charaktervollen Herbheit in der wuchtigen Stellung und dem stämmigen Wuchs und ihrer 9

meisterhaften, ebenso bestimmten wie weichen Formgebung, sondern auch ihrer Bedeutung in sachlicher und kunstgeschichtlicher Hinsicht. Kurze Würdigungen des Kunstwerkes gaben Neugebauer 1 ), Buschor, Langlotz und Schuchhardt. Furtwängler 2 ) hat in seiner grundlegenden Veröffentlichung den Gegenstand in der Linken richtig als Ball erklärt, wenngleich noch Gardiner 3 ) ihn als Apfel auffaßt und W. Lamb beide Deutungen für möglich hält 4 ). Doch erlaubt, worauf Gründel und W. Müller hingewiesen haben, erst die Darstellung einer der archaischen Basen aus der Gegend der Themistoklesmauer zu Athen 5 ) den Rückschluß, der Knabe habe als Teilnehmer eines dem heutigen Hockey ähnlichen, literarisch nicht überlieferten Spieles in der Rechten ein Krummholz gehalten. Die Bronze ist mithin wohl das Weihgeschenk eines Siegers in einem Knabenagon wie unten Nr. xi. Das Fehlen der Pubes gibt für die Altersbestimmung des Dargestellten den Ausschlag, obwohl Furtwängler 6 ) hierüber anders urteilte. In der Peloponnes hatten vor allem die Spartaner das Ballspiel unter die gymnastischen Übungen der Jünglinge aufgenommen'). Dies, wie die von Furtwängler beobachtete Ähnlichkeit zwischen dem Gesichte unserer Bronze und dem eines Terrakottakopfes aus der spartanischen Tochterstadt Tarent 8 ) könnte den Gedanken aufkommen lassen, die Statuette stelle einen jungen Spartaner dar; Picard hat dies anscheinend auch erwogen. Indessen liegen über die Verbreitung des Ballspiels nur lückenhafte Zeugnisse vor, und die peloponnesische Beeinflussung der Kunst Tarents im 5. Jahrhundert hat um so weniger nur von Sparta aus stattgefunden, als der Argiver Hageladas für Tarent tätig gewesen ist 9 ). In die Heimat dieses Künstlers weist denn auch die Herkunftsangabe der Statuette. Furtwängler 10 ) hat sie als zuverlässig bezeichnet. Allerdings gab Froehner zu, die Statuette stamme gleich den von Wernicke veröffentlichten Bronzen 11 ) aus heimlichen Grabungen zu Olympia nach der Abreise der deutschen Mission. Für den „Zeus" des Hybrisstas hat er dieselbe Herkunftsangabe später nochmals mit Bestimmtheit wiederholt 12 ). Amelung 13 ) hat Froehner vorübergehend Glauben geschenkt; später 14 ) sprach er aber wieder von Ligurio, wie es auch alle anderen Fachgenossen bis auf Curtius 15 ) stets getan haben. Die von Froehner versuchte Berichtigung einer entsprechenden Fundangabe auf Grund der metrischen Weihung eines Bronzepanzers an Zeus Kronion scheitert daran, daß diese Formel an Weihgeschenken in Olympia nicht begegnet 16 ). Einzig Joubin und G. Richter haben Zweifel an dem peloponnesischen Kunstcharakter der Statuette geäußert. Indessen findet sich erstens an Bronzen peloponnesischer Werkstätten die Befestigung von Statuetten auf ihrer Basis genau so wie an unserem Jüngling häufig wieder 17 ), und auch die einem Schemel aüf vier kurzen Beinen vergleichbare Basisform selber kommt, wenngleich nicht ausschließlich, in der Peloponnes vor 18 ). Ferner haben Furtwängler 19 ) sowie Collignon Beobachtungen dafür beigebracht, L)

G r i e c h i s c h e B r o n z e n 10 A b b . 14.

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50. B W P r

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A t h l e t i c s of t h e a n c i e n t World 60 m i t A b b . 25.

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I n d e r R e c h t e n h ä l t d o c h w o h l g l e i c h f a l l s e i n e n B a l l e i n a r c h a i s c h e t r u s k i s c h e r J ü n g l i n g i n L o n d o n : W a l t e r s , C a t . of b r . B r i t . M u s . 69 N r . 500, i n d e r L i n k e n , u n s e r e m K n a b e n s e h r ä h n l i c h , die i h m v o n H C . v a n G u l i k v e r g l i c h e n e S t a t u e t t e n o c h d e s 5. J a h r h .

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Künstlerlexikon

XV

J e t z t in P a r i s , P e t i t

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R M . 40, 1925,

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D i e k l a s s i s c h e K u n s t G r i e c h e n l a n d s 255 A b b . 436.

187.

16)

Z u v e r g l e i c h e n w ä r e h ö c h s t e n s D i t t e n b e r g e r u n d P u r g o l d , O l y m p i a V 367 N r

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B e i s p i e l e s a m m e l t e n l e t z t h i n P a y n e , J H S . 54, 1934,

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10

Palais

456.

daß Einzelformen am Rumpfe wie im Gesichte der Statuette unmittelbare Vorläufer der Kunst Polyklets sind. Amelung, Anti, Lawrence, Lippold und Curtius datieren sie sogar in die Schaffenszeit jenes Meisters, zum Teil nach 450 vor Chr., und nehmen seinen Einfluß auf den Verfertiger der Statuette an. Wie dem auch sei, es liegt am nächsten, den Ballspieler als Erzeugnis argivischer Erzgießerei aufzufassen, wie seine meisten Beurteiler es denn auch bisher getan haben. Mit Furtwängler, Perrot, Pfuhl und Hyde erblicken wir in ihm ein Werk der Kleinkunst aus der Schule des Hageladas, der nach nicht unglaubwürdiger Überlieferung der Lehrer auch des Polyklet gewesen ist. Eine Stütze aus unserem Kopienvorrat erfährt diese Vermutung allerdings nicht. Zwar schloß Furtwängler an die Statuette den Stephanosathleten an, worin ihm noch v. Lücken und Anti gefolgt sind, und führte ihn, wie schon Studniczka 1 ) und später vor allem Amelung 2 ) auf Hageladas zurück. Doch haben mit Recht Woermann und Pernice allgemeine Zweifel hieran geäußert, Waldstein, Klein, Lippold, Langlotz und Poulsen überzeugend auf den verschiedenen Stilcharakter beider nur im Aufbau einander ähnlichen Werke hingewiesen. Auch eine andere von Klein und Lippold an die Stelle jenes Vergleichsstückes gesetzte Jünglingsstatue Albani weicht durch schlankere Proportionen ab. Buschor hat mit Recht die Frage aufgeworfen, ob beide Statuen überhaupt alte Meisterwerke gut überliefern. Langlotz hat zuerst den Stephanosjüngling als eine Umbildung der Pasitelischen Schule erklärt. Nur teilweisen Ersatz für diesen Ausfall kunstgeschichtlicher Bestätigung bieten uns erhaltene Bronzen. Denn weder steht zu dem Kopf unserer Statuette in nächster Beziehung der Jünglingskopf in Berlin Fr. 1828, wie Furtwängler 3 ), noch der Jünglingskopf von derAkropolis zu Athen, wie Klein irrig behauptete 4 ). Als stammesverwandt erscheint dagegen der Marmorkopf eines sterbenden Kriegers vom Aphroditetempel auf Aigina, den Langlotz denn auch der argivischen Kunst zugewiesen hat 5 ). Unter den Bronzestatuetten aber konnte derselbe Forscher nur Jünglingsgestalten ausfindig machen, die im allgemeinen unserem Ballspieler durch ihren gedrungenen Wuchs und ihre Kurzbeinigkeit ähneln. Sie wirken ihm gegenüber sämtlich provinziell. Dasselbe gilt auch von dem Mädchen mit Schale aus Tegea, das für Furtwängler 6 ) eine schwesterliche Verwandtschaft mit dem Knaben hatte 7 ), oder erst recht von der Tänzerin in Oxford, von der P. Gardner weit übertreibend sagte, die Ähnlichkeit ihres Kopfes mit dem der Bronze aus Liguriô sei evident 8 ). Verhältnismäßig viel von der Kurtstart unseres argivischen Originals hat dagegen ein großgriechischer Ableger bewahrt, der zutreffend schon von Petersen wie neuerdings von Picard verglichene Jüngling in Hockstellung des Museums zu Boston ; die Profillinie des Antlitzes scheint fast dieselbe zu sein9). Daß unser argivischer Typus auf Italien eingewirkt habe, sah schon Ducati 10 ). Schlagend beweisen es etruskische Kandelaberfiguren 11 ). Auf der Suche nach Bronzestatuetten, die ohne Übereinstimmungen im Einzelnen einen ähnlichen künstlerischen Gesamthabitus zeigen, stößt man zunächst auf den allerdings bescheideneren Silen gleichfalls aus Liguriô in Boston 12 ). Größer und unserem Ballspieler in der feinen Durchführung noch überlegen ist der mit diesen Bronzen zusammen gefundene Arm des kämpfenden Herakles oben Nr. 5. Von ihm aber führt eine Brücke zu dem stattlichen Dionysos, der mit der unbezeugten Herkunftsangabe *) RM. 2, 1887, 99. ÖJh. 11, 1908, 209. 3 ) Meisterwerke 683 sowie PhW. 1894, 443. 4) Langlotz 81 Nr. 17 Tai. 43b. S. Papaspyridi, Guide Mus. Nat. Athènes 1 9 6 ! Nr. 6590 Abb. 38. 6 ) Buschor, Olympia 33 Abb. 34. Langlotz 56 Nr. 39 Taf. 32 a. 6 ) 50. BWPr. 148. ') Zurückhaltender äußerte er sich Kleine Schriften II 467. Richtig urteilt Langlotz 54 Nr. 2 und 59 Tai. 23a: W. Lamb, B S A . 27, 1926, 145 Nr. 36 Tai. 25. 8) Langlotz 80 Nr. 11. •) Petersen, RM. 6. 1891, 207Ü. Tai. 7; Picard, Manuel II i, 159Î; Langlotz 56 Nr. 38 Tai. 29c setzt die Bronze nach Argos; Jantzen, Bronzewerkstätten 55 u. 60, ohne rechte Begründung nach Sizilien. Die besten Abbildungen bei Gerke, Griechische Plastik 242 Tai. 152. 10 ) Storia dell' arte etrusca I 318. n ) Vgl. hier nur den Jüngling EA. 1472 ehemals in Sammlung Schott Erben zu Jena. 12 ) Wernicke a. O. 170 mit 2 Abbildungen. Die gleiche Fundstelle iolgt eher aus den Angaben Wernickes als, streng genommen, aus denen Furtwänglers 50. BWPr. 126, da der Silen weder archaisch ist noch zu den abgebildeten Bronzen gehört, die ebda. Anm. 3 aufgezählt werden. Zwei Photos im Antiquarium. 2)

II

Olympia in den Louvre gekommen ist und dessen Ursprung Langlotz in Argos vermutet. Die Durchformung seiner Haarrolle im Nacken ähnelt zudem trotz der durch den größeren Maßstab bedingten Abweichungen der an unserer Statuette. Wird damit noch einmal eine Einzelform genannt, so scheint es nicht belanglos, daß der Ballspieler die Abgrenzung der radialen Haarsträhnen voneinander am der Statuette allein 0,248 m. Thera; erworben aus Athen 1876. Inv. 7101. T. 19. Schwärzlich, weil zwecks Entfernung fressender Patina ausgeglüht, mit zahllosen flach grubenförmigen Verletzungen verschiedener Größe; an den Glutäen und den Beinen hinten besonders stark zerfressen. Es fehlen die obere Hälfte von dem Vorderteil des rechten Fußes samt den Zehen, die Zehen des linken Fußes mit Ausnahme des großen, die Kuppen von Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, der Gegenstand auf der linken, die Augensterne. Der Mittelfinger der rechten Hand ist etwas nach oben verbogen. Der hohl gegossene Sockel zeigt eine unten ausgebrochene Stelle und stärkere Verletzungen darüber neben dem rechten Fuß außen. Die Zusammengehörigkeit beider Teile steht außer Frage, denn auf dem Sockel ist die Standspur des linken Fußes noch erkennbar. Der niedrig zylindrische Sockel hat unten ein durch eine ganz schmale Leiste abgesetztes Ablaufprofil, oben eine entsprechend zarte Randleiste mit ringsum laufender Furche neben ihrem Innenumriß. Die nackte Göttin setzt den rechten Fuß um eine Sohlenlänge weniger der Fersenlänge zurück und auf die Spitze. Die Oberschenkel sind in der oberen Hälfte aneinandergepreßt. Die linke Hüfte wölbt sich stark heraus; von der rechten Achsel bis zum rechten Knie verläuft der Umriß in sanften Wellenlinien annähernd senkrecht. Denn die rechte Schulter ist angehoben, während die linke sich senkt. Der rechte Oberarm ist waagerecht zur Seite abgestreckt, der Unterarm in spitzem Winkel hochgehoben, die Hand streckt sich mit leicht gespreizten Fingern dem Haupthaar entgegen, ohne es ganz zu berühren. Der linke Unterarm ist vorgestreckt; auf der Innenfläche der Hand muß ein flacher Gegenstand gelegen haben, den der angehobene Daumen festhielt. Der Kopf wendet und neigt sich schräg zur Linken. Das Gesicht hat einen zierlichen Mund von ernstem Ausdruck, große und breite, zurückfliehende Wangen, eine lange, sich schräg abdachende Nase; die mandelförmigen Augen sind eingelegt, und in sie waren die Sterne in trichterförmigen Höhlen als Stifte eingefügt. Die hohe Stirn wird vom Haar dreieckig begrenzt, das nur am Oberkopf, radial angeordnet, flach anliegt, davor aber in vollem Kranz, fast ganz die Ohren verdeckend, nach den Seiten gestrichen ist; vorn in der Mitte ist eine Haarwelle quer herübergelegt; über dem Nacken steht ein Haarknoten in Form einer Rolle ab. Klein, Praxiteles 291 Abb. 51. - Reinach, RS. II 803, 7. - Neugebauer, Antike Bronzestatuetten 81 Tafelbild 43. - Der Sammler 11,1921/386 f. mit Abb. - Buschor, Festschrift für Paul Hensel-Erlangen 231 Abb. 6. - Führer I 66. - Licht, Griechische Sittengeschichte I 26 mit Abb. - W. H. Schuchhardt, Die Antike 12,1936, 93 Abb. 8. - Neugebauer, BerlMus. 62, 1941,7 rechts Anm. 5. - Picard, Manuel III 1, 53. Neg. 3389, 3632 (ein wenig mehr von rechts). Die Göttin hielt in der Linken einen Klappspiegel und ordnet mit der Rechten das Haar. Nach Neugebauer dürfte die Aphrodite von Thera, deren Akt trotz einer der Kleinplastik angemessenen Schlichtheit auf praxitelische Idealschöpfungen zurückgeht, in der Alexanderzeit entstanden sein. (BerlMus. 62, 1941, 7.) 36. Athena. Höhe 0,14 m. Gefunden angeblich in den Schutthalden an der Südseite der Akropolis zu T. 23. Athen; erworben 1872. Inv. 6218. Grün und rot, stark verstoßen und narbig, in den zahlreichen flachen Vertiefungen oliv, zum Teil matt bronzefarben. Es fehlen beide Füße und Hände, sowie der Helmbusch. Der rechte Unterarm ist etwas nach hinten, der linke nach innen verbogen. Die Göttin hat einen breiten, stämmigen Wuchs. Sie schreitet nach rechts; der zurückgestellte Fuß war schräg nach vorn gedreht. Die Kleidung besteht aus einem langen Peplos mit Überschlag und darüber der Ägis, die vorn geschuppt bis unter die Brust, hinten glatt bis unter das Gesäß hinabreicht. Den Peplos durchziehen vorn wie hinten zwischen den Beinen strahlenförmige Bündel flacher Steilfalten, vor dem linken Bein beiderseits Bogenfalten; Säume sind an der rechten Seite im Zickzack nur für den Überschlag angegeben, der außerhalb der kleinen, weit auseinanderstehenderi Brüste breite Hängefalten zeigt. Der Oberkörper erscheint gegenüber der flachen Reliefschicht der Beine in stärkerer, der Kopf in schwächerer Schrägansicht. Der rechte Oberarm ist abgestreckt, der Unterarm erhoben, die Hand schwang zweifellos eine Lanze; an dem gewinkelt vorgestreckten linken Arm hing sicherlich ein Schild. Das Gesicht hat ein starkes Kinn, einen mürrisch ernsten Mund mit vorspringenden Lippen und eine 47

kräftige Nase mit breiten Flügeln. Ein breiter Haarwulst begrenzt die niedrige Stirn bis zu den freibleibenden Ohren; auf den Rücken fällt ein trapezförmiger Schopf, durch Längsrillen unregelmäßig gegliedert, lang herab. Den Oberkopf bedeckt ein Helm mit vorn aufgebogenem Rand und starkem, abgesetztem Nackenschutz. Adler, AZ. 3 1 , 1873, göff. Taf. 10. - Furtwängler, Kleine Schriften I 328 Anm. 5. - de Ridder, Cat. d. br. tr. sur l'Acropole 305 zu Nr. 787. - Reinach, R S . I I 285, 3. - Führer I 24f. Taf. 15. - Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 1 9 1 Kapitel Athen Anm. 6. - Neugebauer, Schumacher-Festschrift 237 Anm. 19. Neg. 3467. Der Typus der mit der Lanze kämpfenden Athena, die am linken Arm den Schild trägt, ist vergleichbar dem den Blitz schleudernden Zeus. E r begegnet unter den Bronzestatuetten von der Akropolis zu Athen bekanntlich sehr oft. Unsere Statuette übertrifft sie alle an Breite des Körpers und an Energie der Bewegung. Peloponnesische Beeinflussung, die Furtwängler annahm, ist wahrscheinlich. Doch fehlen sichere Hinweise auf eine Entstehung der Bronze außerhalb von Attika, die denn auch weder im Führer noch von Langlotz angenommen wird. Die Falten vor den Beinen ähneln denen an der von Meleso geweihten Athena 1 ), die des Apoptygma noch mehr als denen an der Läuferin von der Akropolis 2 ), vielmehr denen an der etwas jüngeren Athena aus Großgriechenland in London 3 ). Das Gesichtsprofil, dessen trotzig herben Ausdruck das starke Kinn und die vorgeschobenen Lippen bestimmen, findet Verwandte am Pistoxenosskyphos und an ihm gleichzeitigen Vasen 4 ). Danach gehört die Statuette in das Jahrzehnt zwischen 480 und 470. T. 32. 37. Kopf der Athena. Höhe 0,089 m - Gefunden angeblich auf oder an der Akropolis zu Athen; erworben aus dem Besitz von Rhusopulos; Geschenk Kaiser Wilhelms I I . 1888. Inv. 8088. Mattgrün, körnig, mit großen roten Flecken, am Hals großenteils in lebhafterem Grün verkrustet. E s fehlen die Ohrringe, in beiden Augen Teile der Iris und die Pupille, von der rechten nur ein kleiner Rest erhalten, an beiden Greifen die Vorderbeine, soweit sie frei gearbeitet waren, und die äußeren Flügel bis auf Ansätze, am linken Greif außerdem der Kopf mit Hals, ferner der Buschhalter und die drei Büsche bis. auf die anliegenden Teile. Der Rand des Brustansatzes ist unter dem rechten Ohr unregelmäßig ausgebrochen. Die Spitze des vorderen Helmrandes ist abwärts, die des Brustansatzes aufwärts verbogen. Dickwandiger Hohlguß. Der Kopf war mit dem dreieckigen Brustansatz einer Statuette aufgesetzt. Der ganz leicht zur Rechten gebogene, weich und voll geformte Hals zeigt vorn zwei Schönheitsringe. Der behelmte Kopf wendet sich mit zarter seitlicher Neigung etwas zur Rechten. In dem Gesicht wölbt sich die linke Hälfte ein wenig vor, die rechte weicht entsprechend zurück. Sein unterer Umriß bildet ein breites Oval. Das Kinn ist kraftvoll ; der Mund hat starke Lippen, die herabgezogenen Winkel ergeben einen fast schwermütigen Ausdruck. Die Nase dacht sich nach den Seiten zu kräftig ab ; die Wangen sind breit und gerundet. Die von breiten, sich nicht überschneidenden Lidern umrandeten Augen bestehen aus dreifacher Einlage. In eine aus zwei Stücken gearbeitete Umgebung, deren Material bei einer geringfügigen Anbohrung ein weißes Pulver ergab, hiernach also nicht ein Metall sein kann, ist die Iris aus gelblicher Masse mit trichterförmiger Vertiefung eingefügt, welche die aus braunem Stoff bestehende Pupille aufnahm. Von den Augendeckeln fällt der linke auf die äußere Hälfte des Oberlides in etwa seiner halben Breite herab. Die Stirn wird großenteils verdeckt von den abstehenden Enden der Wangenklappen eines zurückgeschobenen korinthischen Helmes. Beiderseits quillt unter dem Rande volles, nach hinten gestrichenes, leicht gelocktes Haar hervor, über die Spitzen der Ohren hinüber, deren Läppchen zur Aufnahme eines Schmuckes durchlocht sind; hinten fällt ein sich verschmälernder, unten waagerecht abgeschnittener Schopf herab, links um 1 cm tiefer als der Halsrand. Der Helm zeigt eine reiche Ausde Ridder 3 1 2 ff. Nr 796 Abb. 302; S. Papaspyridi, Guide Mus. Nat. Athènes 203 t. Nr. 6447 Abb. 39) de Ridder 305 Nr. 787 Abb. 293. 8 ) Walters, Cat. of bronzes Brit Mus. 16 Nr 190 Taf. 29; Jantzen, Bronzewerkstätten 4 Nr 34; Buschor, Olympia 39. 4 ) Langlotz, Zeitbestimmung 104 2

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gestaltung. Beiderseits von dem Nasenschutz sind die Augenhöhlen mit Augen gefüllt, deren Sehlöcher in flacher Vertiefung angedeutet erscheinen. Das Oberlid überschneidet beide Male, links ganz übertrieben weit, das Unterlid. Der Nackenschutz hat einen erhöhten Rand. Die kräftig abgesetzte Kappe trug einen dreifachen Busch, dessen Träger in einem annähernd quadratischen Loche verzapft, also besonders gearbeitet war, vielleicht zusammen mit dem obersten Teile der drei Büsche, deren konkav gebogene, durch Gravierung längs gerichtete Reste weiter unten am Hals haften. Die Ränder der Kappe sind geziert mit dem Hochrelief zweier vorspringender Löwengreife, deren Oberkörper und Köpfe frei gearbeitet sind. Der rechte hat den fein durchgeführten, leicht nach außen geneigten Adlerkopf bewahrt, der durch die geschwungene Linie des Schnabels und die tiefliegenden Augen einen pathetischen Ausdruck erhält; am Hals oben sitzt ein Zackenkamm. Die am Helm anliegenden Flügel beider Greifen setzen unorganisch oberhalb der Schultern an; ihre Form ist lang, schmal und zugespitzt. Die sehr langen Schwänze stehen nach hinten schräg ab, an den Enden S-förmig bewegt und, wie nur rechts noch zu erkennen, mit einer schräg gekerbten Quaste versehen. Furtwängler, AA. 93, C3. - Derselbe, 50. BWPr. 1890, 153 mit Abb. auf 125. - Neugebauer, Griechische Bronzen 13 Abb. 18. - Führer I 26. - Neugebauer, 87. BWPr. 1927, i3 Anm. 5. Neg. 3488 (in früherer Aufstellung, etwas zurückgelehnt), 3779 (etwas geneigt und zur Rechten gewandt). Neugebauer sieht in dem Kopf eine attische Arbeit aus der i . Hälfte des 4. Jahrhdts. v. Chr. 38. Herme eines bärtigen Gottes (Hermes?). Höhe 0,051m. Kabirion bei Theben; erworben 1889. T. 26. Inv. 8109c. Hellgrün, stellenweise braun versintert. Der rechteckige, von unten nach oben gleich breite Hermenschaft war vermutlich auf einer Basis festgelötet. An der Vorderseite der anliegende Phallos. In Höhe des Bruststückes ragen nach beiden Seiten starke Leisten heraus. Der Kopf ist ganz leicht zur Rechten geneigt und ein wenig gesenkt. Der starke, in derbe Strähnen gegliederte, unten abgerundete Vollbart setzt sich mit vertieftem Umriß von den Wangen ab; auf ihn hängt der die Oberlippe bedeckende Schnurrbart herab. Die Unterlippe ist kräftig; die steile, kurze Nase verdickt sich an den Flügeln; die mandelförmigen Augen, in der Mitte muldenförmig vertieft, treten vor; die Brauen sind hoch geschwungen. Die niedrige Stirn wird begrenzt von einer Haarrolle, der hinter den Ohren, etwas tiefer liegend und stärker herausgewölbt, eine zweite entspricht; beide sind fein quergraviert, das Haar zwischen ihnen annähernd radial. Lullies, Die Typen der griechischen Herme 14 Nr. 2. Neg. 2299. Ähnliche Hermen aus gebranntem Ton fanden sich zahlreich im Kabirion 1 ); dargestellt ist wohl Hermes. Eine Einzelweihung wie diese Terrakotten ist auch unsere Bronze, ebenso wie ihre nächsten Vergleichsstücke aus demselben Werkstoff. Ihr voran gehen zwei archaische Hennen, aus Arkadien in deutschem Privatbesitz 2 ) und aus der Sammlung Branteghem seit 1891 im Antikenmuseum zu Istanbul 3 ). Etwa gleichzeitig mögen zwei weitere Bronzehermen sein, aus dem Nachlaße von Rhusopulos in Göttingen 4 ) und aus Athen im dortigen Nationalmuseum 6 ). Kaum jünger ist die schön gearbeitete Herme aus Gela in Syrakus 6 ). Die, x) z)

*)

4) 6)

") 4

Wolters, AM. 15, 1890, 359; Winter, Typen I 231, 2; Lullies 16 Nr. 12. Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 81 Nr. 20 Tai. 41c. Nr. 263. Höhe 0,085 m. Schmale Plinthe. Ithyphallisch; am Hermenschaft oben die Querbalken; kurzes Schulterstück. Vollbart unten breit; der Schnurrbart liegt, nach oben eingerollt, in Relief auf dem Vollbart. Eine schräg gerillte Binde im Haupthaar. Es fällt, grob längsgerillt, mit sacht eingezogenen Seitenumrissen hinten lang herab, unten rechteckig begrenzt. Eine weitere kleine Bronzeherme ebendort, Nr. 470, erworben 1892 aus Sammlung Radowitz, ist nicht archaisch. Im Gesicht verscheuert, mit lang herabfallenden Bändern im Haar, das ringsherum einen Wulst bildet. — Reisenotiz 1928. Koerte, Göttinger Bronzen 56 Nr. 101 Taf. 18. Athen, Nat. Mus. Nr. 7571. Höhe 0,051 m. Unter dem breiten, kurzen Schaft ein kurzer, runder Zapfen. Kein Phallos," breite Querbalken; Bruststück kurz. Kopf sehr verscheuert. Vollbart nicht sehr lang, unten verschmälert, aber abgerundet ; Mund anscheinend ernst, Nase breit, Augen länglich; Haar als flache Kappe auf dem Kopf. — Reisenotiz 1928. Orsi, MonAnt. 19, 1908, H 7 f f . Taf. 4; Lullies 14 Nr. 3.

Griechische Bronzen

49.

wenn auch geringfügige, Abweichung unserer Herme von der Frontalität und die Haarrolle vorn wie hinten, eine an peloponnesischen Kunstwerken häufige Frisur 1 ) verweisen die bescheidene, wohl böotische Arbeit in die sechziger, wenn nicht schon die fünfziger Jahre des 5. Jahrhunderts. Stier. Höhe 0,049 m, Länge 0,057 m. Kabirion bei Theben; erworben 1901. Inv. 8959. Dunkelgrün mit helleren und braunen Flecken der in verschiedenen flachen Schichten erhaltenen Oberfläche. Die Spitze des linken Hornes ist bestoßen; Verletzungen an der Kruppe rechts und am Schwanz links. Unter dem K ein kleiner Gußfehler. Unter den Hufen zylindrische Zapfen mit Querriegeln zwecks einstiger Befestigung der Statuette auf einer Basis. Von den zu kurzen und zu dicken Beinen des massigen Tieres treten die rechten Beine vor. Auf dem Rücken, links von vorn nach hinten und rechts von hinten nach vorn die einpunktierte Inschrift: Kaßigo tagög.

T. 18. 39.

Das Genital ist angegeben. Die Quaste des herabhängenden Schwanzes berührt das linke Hinterbein. Am vorgestreckten Hals sind beiderseits mehrere unregelmäßig wellige Querlinien zur Angabe der Hautfalten graviert; die scharfkantige Wamme hat leicht bewegte Form. Der kleine Kopf hat wulstige, nach vorn gerichtete Nüstern, unter den Augen vorn eine Querrille, zwischen ihnen und den kurzen Hörnern eine Andeutung von Behaarung in flott gravierten kurzen Linien; die Ränder der kleinen, unter den Hörnern abstehenden Ohren sind schräg gestrichelt. Kekule von Stradonitz, AmtlBer. 22, 1901, X L I I I . - Pernice, A A . 1904, 40 Nr. 22. - Führer I 34. Neg. 2349 und 3710 (nach links); 2347 und 2348 (von vorn schräg nach rechts). Dieselbe Inschrift findet sich eingeschlagen an zwei Stieren aus dem Kabirion wieder 2 ). Ebendaher stammen auch weitere Stiere mit punktierten Weihinschriften 3 ), denen der von Aleatis dargebrachte Stier aus Nemea in Illinois vergleichbar ist 4 ). Nächst verwandt ist ein Kabirionstier in Boston, das Weihgeschenk des Homoloichos 5 ). Nicht fern steht ihm der Stier mit Weihinschrift an den Kabiren von der Akropolis zu Athen 6 ). An beide schließt sich, von feinerer Arbeit, ein Stier aus demselben Heiligtum in Paris an, unter dessen rechtem Hinterhuf der Zapfen mit Riegel erhalten ist'). Ähnlich schreitet im Gegensinne ein Kabirionstier mit etwas größerem Kopfe, ohne Zapfen, in Athen 8 ). Ein Stier mit riegellosem Zapfen stammt aus Kalauria 9 ). Der Stil aller dieser Bronzen ist nacharchaisch, wenngleich Zusammenhänge mit entwicklungsgeschichtlich älteren Typen unverkennbar sind 10 ). Unsere Statuette wird erst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts gearbeitet sein, doch wohl in Böotien; der Ursprung des Typus ist vermutlich peloponnesisch. T . 26. 4 0 . Nackter ' Jüngling. Höhe 0,099 m. Gefunden bei Smyrna; Geschenk des schwedischen Konsuls Spiegelthal 1873. Inv. 6327. Schwärzlichgrün, hier und da heller. Es fehlt der Gegenstand in der Rechten und der in der Linken bis auf einen Rest. Eine flache Verletzung im Haar über der Stirn hat die Bronzefarbe freigelegt. Die ungefähr rautenförmige Standplatte schließt sich dem Umriß der Füße bis auf die Spitze des linken an; die Unterseite ist überarbeitet. Beide Füße stehen mit voller Sohle auf; der linke ist entlastet zur Seite gesetzt und ein wenig auswärts gedreht. Die schlanken Beine haben breite Fußknöchel; fast die oberen Hälften der Oberschenkel haften aneinander. Die Durchführung ist weich. Am Rumpfe 1) 2) 3) 4)

') ") ') 8) *) 10 )

50

Bremer, RE. V I I 2. 2 i i 5 f . Nr. 2. Szanto, AM. 15, 1890, 388 Nr. 2 und 3; Dittenberger, IG. V I I 662 Nr. 3586 und 3587. Szanto a. O. 39if. Nr. 18—20 und 23; Dittenberger a. O. 66if.; H . N . C o u c h , A J A . 35, 1931, 46 Anm. 4. H. N. Couch a. O. 44 fi. Abb. 1—2. A A . 1899, 137 Nr. 21; Reinach, RS. IV 484, 5; Phot. Coolidge 10017. de Ridder, Cat. d. br. tr. sur 1'AcropoIe 187!. Nr. 515 Abb. 162. de Ridder, Br. ant. du Louvre I 34 Nr. 182 Tai. 19. Athen, Nat. Mus. 10625, 13; Phot. Inst. Athen Kab. 87 links unten. Wide und Kjellberg, AM. 20, 1895, 310 Abb. 27. Für Kopf und Wamme vgl. Katalog I Nr. 156 Taf. 18 aus Olympia, für die Beine ebda. 100 Nr. 205 Taf. 35.

wölben sich die Hüften kaum vor; das schmale Schamhaar bildet eine flache, mittels eines Punzen mit einigen Bogenlinien versehene Reliefschicht, ist oben flach bogenförmig begrenzt und endigt beiderseits in Spitzen. Der kreisrunde Nabel ist ziemlich tief eingesenkt; über summarisch vereinfachter Bauchmuskulatur wölben sich die entschieden abgesetzten Brustmuskeln verhältnismäßig rundlich hervor; die Brustwarzen sind als flache Kuppen gebildet, die Schultern breit und gerundet. Beide Oberarme sind gesenkt, fast ganz mit dem Rumpf verbunden, die Unterarme angehoben, der rechte mehr als der linke. Von den zur Faust geballten Händen umschloß die rechte einen schräg nach oben gerichteten, die linke einen mehr waagerecht gehaltenen Gegenstand. Auf kurzem, starkem Hals wendet sich ein kleiner Kopf mit rundlichem Gesicht und hoher, etwas zugespitzter Schädelkappe schräg zur Rechten. Der kleine, zierliche Mund hat einen ernsten Ausdruck; die Nase verbreitert sich von schmalem Ansatz zu den Flügeln hin stark; die mandelförmigen Augen sind von zarten Lidern umgeben, die sich anscheinend nicht überschneiden. Das Haar bildet ringsherum einen Wulst, über den sich die Ohren zum Teil herüberlegen; hier wie am Oberkopf, an dem die einzelnen kurzen Strähnen anliegen, sind sie mit dem Punzen in flachen Bogenlinien angedeutet. Neg. 3556 (vor der Reinigung), 4799 (nach der Reinigung). Der Aufbau der Gestalt mit rechtem Standbein, rechts mehr als links angehobenem Arm und zur Rechten gewandtem Kopf schließt sie an einige peloponnesische Werke an, hinter denen einst Furtwängler ohne ausreichende Gründe die Schule des Aristokles von Sikyon vermutet hatte 1 ). Doch zeigen diese Werke den linken Fuß zurück- und auf die Spitze gestellt. Unsere Bronze wirkt demgegenüber nicht nur in entwicklungsgeschichtlichem Sinne schlichter, sondern auch dumpfer, ja sogar ein wenig lahm. Der zu kleine Kopf verrät den Mangel der Beeinflussung durch ein ausgebildetes Proportionssystem. So legt die Auffindung der Statuette bei Smyrna im Verein mit der weichen Durchbildung des Aktes den Gedanken nahe, ein ionischer Künstler habe sie in Nachahmung peloponnesischer Vorbilder gearbeitet. Vergleichbar wäre ihm hierin vielleicht der Schöpfer der Peplosstatuen aus Xanthos in London 2 ); die Einwirkung peloponnesischer Schulung auf einen ionischen Inselgriechen verrät meines Erachtens schon die archaische Bronzestatuette des Apollon von Naxos 3 ). Die Hände haben vermutlich Zweige gehalten. Arbeit wohl vor 450 v. Chr.

41. Adler. Höhe 0,35 m. Gefunden im nördlichen Epirus; erworben 1904. Inv. 10590. T. 24. Dickwandiger Hohlguß. Vor einer Reinigung 1932 von hellerem Grün und stark verkrustet, seither dunkelgrün mit einzelnen roten Flecken und glatt, nur hier und da, wie am Kopf und Hals rechts, etwas verscheuert. Es fehlen das linke Bein, die rechte Klaue, beide Flügel bis auf die Ansätze und die Enden der Schwanzfedern. Der Adler steht ruhig da, Rumpf und Hals schräg nach vorn gerichtet, den Kopf dementsprechend halb gesenkt. Die Flügel, die sich vom Körper lösten, waren wohl besonders angesetzt und halb geöffnet. Der feinbewegte Umriß des starken Tierel; bleibt dadurch gewahrt, daß das Gefieder in die Oberfläche eingraviert ist, wobei die schuppenförmigen Umrisse der Federn, ihre Mittelrippen und die Schrägrichtungen des Flaumes nicht zart, aber sicher angedeutet werden. Auch die steif abstehenden Schwanzfedern sind durch Gravierung gegliedert. Waagerechte Rillen am rechten Bein geben Hautfaiten an. Der Kopf ist lebhaft durchmodelliert; über die großen Augen legt sich ein breiter Wulst; der gekrümmte Schnabel ist geschlossen, seine Spalte aber stark betont; oben hat er eine warzenartige Erhöhung vorkräftigen Querrillen. Alexander Freiherr von Warsberg, Eine Wallfahrt nach Dodona 44. - Kekule von Stradonitz und Winnefeld, Bronzen aus Dodona 43 mit Abb. - Reinach, RS. IV 531, 3. - Neugebauer, AA. 1922, 76 Nr. 24. - Führer I 38. - Blümel, Tierplastik aus fünf Jahrtausenden, Bildwerke aus den Staatlichen 1)

Furtwängler, Sammlung Somz^e 53 ff. zu Nr. 84 Tai. 32; aus der Reihe zu streichen ist die Statue M. Bieber, Die antiken Skulpturen und Bronzen in Kassel 12 f. Nr. 9. 2 ) Neugebauer, A A . 1928, 2 0 4 ! Anm. 7; V. H. Poulsen, Der strenge Stil S 4 I 3) Katalog I goff. Nr. 192 Tai. 31; Homänn-Wedeking, AM. 60/61, 1935/36, 217 Bemerkung 7.

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Museen zu Berlin, 1933, Taf. 26 und 27. - Derselbe, Tierplastik, Bildwerke aus fünf Jahrtausenden Taf. 84 Nr. 88. - Neugebauer, Corona de estudios 201 Anm. 1. Lichtbild E. A. Seemann 1809. Neg. 5313. Die stattliche Statuette, von Warsberg wegen des Hohlgusses als figürliches Gefäß verkannt, haben Kekule von Stradonitz und Winnefeld noch im verkrusteten Zustand und hat Blümel erstmalig nach der Reinigung abgebildet; über die Reinigung vergleiche Neugebauer. Die Erstherausgeber konnten die Statuette nicht voll würdigen, wenngleich der ausdrucksvolle Kopf hervorgehoben wurde. In Wahrheit darf der Adler als die schönste uns erhaltene Bronzestatuette eines Vogels aus der klassischen Zeit griechischer Kunst gelten. Dargestellt ist die in Griechenland und Italien häufige aquila fulva 1 ), als Attribut des Zeus gewiß ein Weihgeschenk an diesen Gott. Die Herkunft der Statuette aus Dodona ist danach zwar sehr wahrscheinlich, nicht aber gesichert, da über andere Heiligtümer in Nordepirus keine Nachrichten vorliegen. Die Haltung folgt dem archaischen Schema, das für Vögel sowohl in der ägyptischen2) wie in der griechischen Kunst des 6. Jahrhunderts 3 ) begegnet, das aber noch im 5. Jahrhundert für den Adler auf Münzen von Abydos erscheint, wenn auch der Körper etwas steiler gehalten ist 4 ). Altertümlich ist auch die Andeutung des Gefieders durch Gravierung in die unaufgelockert gebliebenen Flächen, wie denn auch an Vierfüßlern archaischer Bronzekunst die Behaarung des Fells gelegentlich mit dem Punzen angedeutet wird 5 ). Doch ist unser Adler offensichtlich jünger als eine attisch schwarzfigurige Bauchamphora im Louvre, die hinter dem Ringkampf des Herakles mit dem nemeischen Löwen auf einem Felsen einen Raben in ähnlicher, aber noch geneigterer Haltung und von einfacherer Formgebung zeigt6). Die lebensvolle Bildung des Vogelkörpers unter dem Gefieder an der Bronze ist unarchaisch, wenn auch die Umrisse strenget geführt und weniger bewegt sind als an der ehernen Gans des Britischen Museums vom Hippodrom in Konstantinopel, die einst als Brunnenfigur diente; mit ihrem gepunzten, nicht plastischen Gefieder bleibt sie dem Adler aus Dodona dennoch vergleichbar'). Eine etwas genauere Datierung erlaubt der Kopf. Altertümlich stilisiert wirkt neben ihm ein attisches Adlerkopfrhyton mit strengrotfiguriger Palmettenranke an der Mündung8), sowie der nach links gewandte Adlerkopf auf reifarchaischen Münzen von Ialysos 9 ). Der Natur näher kommt der mit umgewandtem Kopfe nach links stehende Adler auf einem Elektronstater von Abydos aus der Zeit des ionischen Aufstandes 10 ), aber der Kopf ist einfacher und schlichter durchgeführt als an unserer Statuette. Rundlicher als diese ist der Adler auf wohl etwas jüngeren Münzen von Abydos, deren Rückseite ein noch ganz archaisches Gorgoneion ziert 11 ). In der temperamentvollen Modellierung des Kopfes stellt 1) Keller, Die antike Tierwelt I I i a

) Vgl. nur die Falken Blümel a. 1. a. O. Abb. 10 oder Keller a. O. I I 1 3 Abb. 7. ' ) Falke: Perdrizet, FdD. V 57 Nr 186 Taf. 1 1 , 2 ; Dohle (?): Stais, Marbres et bronzes 262 Nr. 6667 mit Abb.; Gis. Richter, Animais in Greek sculpture 82 Taf. 61 Abb. 205. 4

) unten Anm. 10. B ) Der ägyptische Falke in Berlin oben Anm. 2 hat eine so ähnliche Angabe der schuppenförmigen Federn, daß Abhängigkeit der Gravierung an dem Adler von einem ägyptischen Vorbild vermutet werden darf. Gepunzt mit kleinen Kreisbögen sind an Bronzen des 7. Jahrhunderts v Chr

z. B. die Schuppen an Hälsen und Köpfen von

Greifenprotomen an Dreifußbecken (Furtwängler, Olympia I V 1 2 2 Nr 803—805 Taf. 4 7 . Neugebauer, Griechische Bronzen 4 Taf. 1 , Kunze, 2. Bericht über die Ausgrabungen in Olympia 1937/38, I i 2 f f . Abb. 70 und 7 1 Taf. 4 8 — 5 1 ) , die Federn der Doppelsphinx aus Olympia (Furtwängler a O. 1 3 0 Nr 8 1 9 Taf. 4 8 , Studniczka, Antike Plastik für W Amelung 250 Abb. 5) oder die Felle des Hirsches und Lammes aus Brolio in Florenz (Fermer, Dedalo 2, 1922, 491 mit 2 A b b . , Mühlestein, Die Kunst der Etrusker Abb. 169 und 170.J •) Pottier, Vases antiques du Louvre I I 1 1 7 F 2 1 5 Taf. 79; danach Pfuhl, MuZ. I I I Taf. 77, 289; besser C V A . fasc. 4 France Taf. 164, 6 — 7 7

) Walters, Cat. of br. Brit. Mus. 287 Nr. 1 8 8 7 , Keller a. O. I I 2 2 3 Abb. 84.

8

) Buschor, M J b . 1 1 , 1919/20, 16 Abb. 24. Einen kräftigeren Wulst über den Augen hat das im Ganzen schlichter als die Bronzestatuette geformte Adlerkopfrhyton in Paris • Encyclopédie photographique de l'art, Musée du Louvre I I I 62 A .

•) Head, Cat. of coins Brit. Mus. Caria 226 Taf. 35, 2 und 3 , Keller a. O. 1 Taf. I, 3 ; Regling, Die Münze als Kunstwerk 1 2 6 Nr 1 7 1 Taf. 6. 10

) Poole a. O. Ionia 7 Taf. 1, 2 3 , Regling a. O. 1 2 6 N r 1 5 4 Taf. 6.

" ) Wroth a. O Troas etc. i f f . Taf. 1 ; Regling a. O. 128 Nr. 2 8 3 Taf. 13.

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sich dicht neben die Bronze aus Dodona der nach rechts gewandte Adlerkopf einer Prägung von Ialysos, die wegen dem quadratum incusum auf der Rückseite dem 5. Jahrhundert angehört 1 ) und noch nicht die flüssige Formgebung zeigt, wie Münzen von Akragas aus dem letzten Jahrhundertdrittel mit den beiden einen Hasen erlegenden Adlern 2 ). Vollends führt über die Stilstufe der Bronzestatuette hinaus mit der pathetischen Beschattung des von dem Wulst oben überschnittenen Auges der Adlerkopf auf gleichzeitig angesetzten Münzen von Elis s ). Der Adler scheint danach noch vor der Mitte des 5. Jahrhunderts geschaffen zu sein. Der Kunstkreis, dem er entstammt, bleibt noch zu finden. 42. Knieender Jüngling. Höhe 0,066 m. Griechenland; erworben 1869. Fr. 1825. T. 7. Vor einer Reinigung 1934 dunkeloliv, fast überall verkrustet. Die Zehen beider Füße fehlen. Beide Beine knieen eng geschlossen nebeneinander. Die Oberschenkel und der Rumpf lehnen etwas nach hinten. Keine Einsenkung über den Hüften; der Schamberg ist abgesetzt, Behaarung aber nicht kenntlich; weiche, etwas vereinfachte Angabe der Rumpfmuskulatur, abfallende, etwas eckige Schultern. Die abwärts gestreckten Arme liegen an den Seiten an, die ausgestreckten Hände an den Oberschenkeln. Der Kopf ist ein wenig zur Rechten gewandt; das Gesicht hat einen zierlichen Mund von ernstem Ausdruck, eine kurze, etwas vorspringende, von schmaler Wurzel aus sich stark verbreiternde Nase, volle Wangen, Augen, die nicht mehr in archaischer Weise flach liegen, mit gebohrten Sternen und eine niedrige Stirn. In diese fällt eine Anzahl von Haarsträhnen; weitere an den Seiten verdecken zum Teil die Ohren. Darüber liegt ein kantiger Reif, dessen hinteres Viertel abgesetzt ist; noch davor lösen sich beiderseits je zwei Schulterlocken. Die Hauptmasse des Haares fällt als ein etwa trapezförmiger Schopf auf die Schulterblätter; dieser besteht aus fünf Strähnen, während innerhalb des Reifes nur vier etwas breitere Strähnen von vorn nach hinten verlaufen, weit stärker gebildet als die über der Stirn. Sämtliche Haarsträhnen sind schräg graviert. AZ. 28, 1870, 120 Nr. 42. - Friederichs II 386f. Nr. 1825. Neg, 3459 (vor der Reinigung, schräg nach rechts). Friederichs glaubte irrig, die Zehen hätten von Anfang an gefehlt. Die glatte Schnittfläche der Füße liegt indessen nicht mit den Knieen, sondern etwa mit der Mitte der Unterschenkel in einer Ebene, ergäbe also kein Auflager. Denkt man die Zehen ergänzt, so ist die Aufstellung der Statuette gefunden. Die Haltung darf nicht verwechselt werden mit dem Hocken verschiedener Gestalten in figürlichen Salbgefäßen älterer archaischer Kunst 4 ), denn an diesen berühren sich Oberschenkel und Unterschenkel in einem von Ägypten übernommenen Schema in ihrem ganzen Verlaufe, so daß die Figuren auf ihren Fersen sitzen. Ebenso erscheinen noch im 5.-4. Jahrhundert beispielsweise Adorantinnen chthonischer Götter auf attischen Weihreliefs 6 ); auch in der Totenklage begegnet dieselbe Haltung. Mit steileren Unterschenkeln knieen dagegen, wenn auch lebhafter bewegt, schon zwei Adoranten in einem minoischen Gemmenbilde aus Südkreta in Kopenhagen 6 ). Ihre Haltung finden wir im Umkreise unserer Bronze überraschenderweise wieder an der einst tektonisch verwandten Bronzestatuette eines nackten Jünglings aus den Gräbern von Locri Epizephyrii 7 ); ein weiteres Beispiel desselben Knieens bietet das jetzt nackte Mädchen neben dem Grabmal im Bilde einer weißgrundigen Lekythos zu Paris 8 ). Auf die Deutung der Statuette erlauben alle diese Darstellungen keinen zwingenden Rückschluß, da die für Gebet oder Trauer bezeichnenden Armbewegungen fehlen. Die Ruhehaltung der Arme ist aber doch wohl als rituelle Devotionsgebärde zu verstehen, und der Haarreif bezeichnet den Knaben vermut-

s) 3) 4) 6)

") ') 8)

Head a. O. Taf. 35, 1. Poole a. O. Sicily 9ff.; Keller a. O. Taf. I, 2, Regling a. O. 131 Nr 532 Taf. 24. Poole a. O. Peloponnesus 63 Taf. 12, 1; Regling a. O. 130 Nr. 460 Taf. 21. M. I. Maximowa, Les vases plastiques dans l'Antiquité I 131 ff. Walter, ÖJh. 13, 1910, Beiblatt 229ff. Vgl. auch das Reliefbruchstück aus Histria: Pârvan, A A . 1915, 268 Abb. 18. van Horn, RA. 5-e série 19, 1924 I, 262ff Abb. 1. Orsi, NSc. 1913 Suppl. 12 Abb. 13. Pottier, MonPiot 22, 1916, 49ff. Taf. 5, mit Anführung weiterer Knieender am Grabe, wie solche Darstellungen auch schon Walter a. O. zusammengestellt hatte.

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lieh als Teilnehmer an einer kultischen Handlung. I n der Haltung stimmt überein nur eine Bronzestatuette mit ziemlich verriebener Oberfläche im Antiquarium Romanum des Thermenmuseums zu R o m , wahrscheinlich also ein Fundstück aus Italien. Auch die stilistische Bestimmung der Bronze ist schwer. Archaisch sind die Stirnlocken; sie weisen auf eine Frisur an attischen Jünglingsköpfen noch des 6. Jahrhunderts zurück 1 ). Augen und Mund zeigen dagegen in B a u und Ausdruck eine jüngere Entstehung der Statuette an. Zu der leichten Abweichung des Kopfes von der Frontalität paßt es, daß der Rumpf am ehesten dem solcher Gestalten ähnelt, an denen Stand- und Spielbein bereits unterschieden sind; etwas älter wird der sogenannte ionische Kuros im Akropolismuseum 2 ), etwas jünger die Bronzestatuette eines Jünglings in New Y o r k 3 ) sein. Anzeichen einer peloponnesischen Herkunft scheint die vermutlich nach 480 geschaffene Bronze nicht zu haben. T. 26. 43. Knabe.

Höhe 0,068 m. Griechenland; erworben 1899. I n v - 8723.

Nach einer 1929 vorgenommenen Reinigung schwärzlich grün. E s fehlen die Gegenstände in den Händen. Kinn und Nasenrücken sind bestoßen. Unter der Sohle des linken Fußes befindet sich der Rest eines Zapfens, der in einen Sockel eingelassen war. Der rechte F u ß steht, schräg auswärts gedreht, neben dem linken. Die Formen sind kindlich weich, auch am Rumpfe, dessen rechte Hüfte leicht entlastet hängt; über den Hüften ist er schwach eingezogen, der Nabel als Kreis graviert, die Medianrinne vertieft, der Oberkörper erscheint breit, die Schultern sind gerundet. Der rechte Arm ist leicht angewinkelt schräg zur Seite vorgestreckt, die Hand geöffnet mit innerer Fläche nach oben, der Daumen angehoben. Der linke Arm hängt, etwas schräg vom Rumpfe gelöst, herab; die durchbohrte Hand umschloß einen nach vorn gerichteten stabförmigen Gegenstand. Auf etwas vorgestrecktem Halse sitzt der leicht zur Rechten gewandte Kopf, an dem die hochansteigende Schädelkappe auffällt. Das rundliche Gesicht hat einen zierlichen, ernsten Mund, eine kurze Nase; die Augen sind anscheinend plättchenförmig gebildet. Die niedrige Stirn wird von dem in der Mitte gescheitelten Haar begrenzt, das die Ohren verdeckt und, beiderseits leicht auswärts geschwungen, auf die Schultern herabfällt, durch nicht ganz regelmäßige Längsgravierungen gegliedert, hinten in flachem Bogen begrenzt; vorn liegt auf ihm ein schmaler, rundlicher Reif. Kekule von Stradonitz, AmtlBer. 20, 1899, X X X V I . - Pernice, AA. 1904,-35 Nr. 5 mit Abb. Führer I 2 2 f . - Neugebauer, BerlMus. 50, 1929, 3 1 . Neg. 855 (vor der Reinigung), 4799 (nach der Reinigung). Die von Pernice vorgeschlagenen Ergänzungen mit einer Schale in der Rechten und eher einem Zweig als einer Kanne in der Linken muten wahrscheinlich an. Der Knabe stellt danach vielleicht entweder einen jungen Opferdiener oder einen Sieger im Knabenagon dar. Nähere stilistische Vergleichsstücke des feinen Figürchens zu nennen, fällt schwer. Unter den Bronzestatuetten des Athener Nationalmuseums kann ein allerdings geringerer Kitharaträger 4 ) zum Aufbau der Gestalt im Ganzen und zu den Beinen verglichen werden, zu den langen Haaren ein Jüngling mit kreisförmig gebogenem Draht 6 ), zu dem runden Gesicht mit plättchenförmigen Augen ein noch archaischer Jüngling, der die rechte Hand von der Seite aus dem Kopfe nähert 6 ). In der Umrahmung des Gesichts durch das lange Haar ähnelt auch die sikyonische Beterin oben Nr. 4, doch reicht diese Einzelheit zur Bestimmung der Herkunft nicht aus. Nicht unverwandt in Stellung und Proportionen ist die größere, eingehender durchgebildete Bronzestatuette des Apollon in Modena, für die mit Wahrscheinlichkeit großgriechische Herkunft vermutet wird; der Kopf weicht ab 7 ). Entstanden ist die Arbeit wohl zwischen 470 und 460. Schräder, Die archaischen Marmorbildwerke der Akropolis 245 f. Nr. 3 2 2 Taf. 1 5 1 und Nr. 323 Tai. 1 6 3 . 2

) I.anglotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 1 1 0 Taf. 6 4 b ; Schräder a. O. 1 9 5 I Nr. 300 Taf. 1 1 8 — 1 1 9 .

8

) Langlotz a. O. 1 4 7 Nr. 1 Taf. 88.

*) Athen, Nat. Mus. Inv. 1 3 7 3 8 . 5

) Ebda. Inv. 1 0 7 9 2 .

s

) Ebda. 1 3 7 4 8

(197).

') Arndt, E A . 1956 und 1957 links; V. H. Poulsen, Acta arch. 8, 1937, 104,

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44.

Sitzender Mann.

Höhe 0,101 m. Nach Angabe von Ohnefalsch-Richter gefunden bei Atheniu auf T. 23.

Cypern; erworben 1890. Inv. 8150. Grün, verkrustet und verscheuert; hier und da, zum Beispiel auf den Knieen, auf dem linken Unterarm und a m Rücken kleine hellgrüne Wucherungen; am linken Unterschenkel, an den Knieen, auf der linken Schulter und am Halse links rote Flecken. E s fehlen am Stuhl der unterste Teil des rechten Vorderbeins und die beiden Hinterbeine fast ganz, da sie in neuerer Zeit einmal abgeschnitten worden sind, ferner die Rückenlehne, an dem Manne die Zehen beider F ü ß e und die Hände mit anschließenden Teilen der Unterarme, rechts mehr als links. Durch den linken Unterarm hindurch verläuft ein Sprung; die Ferse des linken Fußes und das Stuhlbein daneben sind unten in neuerer Zeit ein wenig abgefeilt worden. Der einfach gezimmerte Stuhl hat geradlinige Beine; vorn links ist die untere Verdickung erhalten; die Sitzfläche, breiter als tief, verschmälert sich nach hinten annähernd trapezförmig, doch springt die rechte Seite etwas weiter vor als die linke; an den beiden hinteren E c k e n befinden sich Stiftlöcher, in welche offenbar eine für sich gearbeitete Rückenlehne eingezapft war. Die mit dem Stuhl zusammengegossene Gestalt eines bärtigen Mannes trägt über einem ungegürteten Chiton, dessen Scheinärmel die Arme bis zu den Ellenbogen bedecken, einen Mantel, der in der Hüftgegend um ihn herum geschlungen ist, vor den Oberschenkeln einen nach links breiter werdenden Überschlag hat und die Beine bis zu den Fußknöcheln verhüllt. Die F ü ß e scheinen unbeschuht zu sein. Der Linke steht, stark nach außen gedreht, mit voller Sohle auf, der Rechte ist u m fast die ganze Sohlenlänge zurück- und auf die Spitze gestellt. D a nun der Stuhl im Verhältnis zu der Gestalt so hoch ist, daß dessen linker Oberschenkel nach vorn schräg abwärts gerichtet ist, so liegt das rechte Knie höher als das linke, und zu jenem spannt sich v o m linken Knöchel empor locker eine Falte. Der Saum des Mantelüberschlages fällt neben dem linken Bein ein Stück zickzackförmig herab. Der Rumpf steigt steil an, mit etwas vorgenommener und angehobener linker Schulter, unter dem dünnen, hinten faltenlos anliegenden Gewände heben sich die Körperformen zum Teil ab, zum Teil werden sie vorn durch einige geschwungene Faltenzüge verdeckt. Beide Oberarme sind gesenkt, aber ein wenig nach außen abgestreckt; von den Unterarmen wird der rechte annähernd waagerecht vorgestreckt, der linke etwas weniger angehoben und mehr nach außen gedreht. Dieser Drehung entspricht die schräge Wendung zur Linken des leicht geneigten bärtigen Kopfes, dessen stark unsymmetrisches Gesicht die linke Hälfte verkürzt zeigt; seinen stillen Ausdruck bestimmen außer der Haltung der kleine, ernste Mund und die schweren Oberlider; die Unterstirn wölbt sich etwas v o r ; das ziemlich kurze Haupthaar hängt vorn, leicht gelockt, herab; die Ohren bleiben von ihm verdeckt. Furtwängler, A A . 1891, 123 Nr. 7 mit A b b . - Reinach, R S . II 630, 5. - Führer I 25f. Taf. 37. Neg. 3488. Der Mann hat vermutlich eine Buchrolle in den Händen gehalten; vergleiche eine silberne Statuette in der Nationalbibliothek in Paris 1 ). Diese Rolle war dann etwa so weit ausgespannt, wie an der im Gegensinne ähnlich dasitzenden Hauptgestalt eines spätrömischen Reliefs im Lateran 2 ). Unsere Bronze senkt den Kopf tiefer zum Lesen herab als diese Vergleichsstücke. Die Weichheit in der Linienführung wie im Ausdruck sowie der Achsenreichtum des A u f b a u s verweisen sie schon in das 4. Jahrhundert.

Nackter Krieger mit Helm. Höhe 0 , 0 7 1 m . T a r e n t ; erworben 1882. Inv. 7771.

T . 26.

Grün, hier und da dunkler, weil etwas geputzt, meist hellbraun leicht verkrustet; verscheuert. Es fehlt die Hälfte der rechten Hand mitsamt einem Teil des gehaltenen Gegenstandes. I m Gesäß ein Gußfehler. D a s rechte Bein tritt nur wenig vor. Beide F ü ß e sind an den Innenseiten etwa um die eigene Breite voneinander getrennt und nach unten abgestreckt, die Kniee leicht gebogen. Die Rückseiten beider Oberschenkel sind in gleicher Ebene etwas abgeflacht. Das Gesäß setzt sich hart von den Beinen ab, der Rumpf neigt sich etwas vor. Die linke Hand, zur Faust geballt, ist in die H ü f t e gestützt. Der rechte Oberarm ist, leicht geneigt, seitlich abgestreckt, der Unterarm schräg nach vorn herum gebogen und J) 2)

Birt, Die Buchrolle in der Kunst 160 Abb. 93. Birt a a. O. 152 Abb. 87

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über die Waagerechte hinauf angehoben; von der H a n d glaubt man unten den Rest des Daumens, oben den der übrigen zusammengehaltenen Finger zu sehen, dazwischen einen länglichen, schmalen Gegenstand. Den Kopf bedeckt ein korinthischer Helm mit festem Wangenschutz und aufgebogenem Nackenschutz; ein Schutzblech auf dem schmalen Nasenrücken scheint nicht angegeben zu sein; die Schädelkappe setzt sich a b ; auf niedrigem Träger r u h t der riesige Busch, der im Herabfallen nur eine kleine Lücke von dem Helme bildet u n d im übrigen an diesem wie am Nacken u n d Rücken anliegt. Furtwängler, AZ. 41, 1883, 271. - Wuilleumier, Tarente 314 Taf. 15, 2. - Jantzen, Bronzewerkstätten 27 Nr. 23 Taf. 13, 50 und 52. Neg. 3455Der Jüngling kann nicht auf den Füßen gestanden haben, nach der Einarbeitung unter dem Gesäß hat er vielmehr ganz leicht auf abschüssiger Fläche gesessen. Das läßt sich k a u m anders ergänzen als zu dem Motiv des Herabgleitens von einem Pferde, auf dessen Rücken die Statuette festgelötet war. Ist das bekannteste Beispiel dieses Motivs die Marmorgruppe aus Locri in Neapel 1 ), so findet es sich doch auch in Tarent selber, sowohl auf Didrachmen 2 ) als auch in Terrakottareliefs 3 ). E r w ä h n t sei sonst nur noch das Bild eines lukanischen Glockenkraters 4 ). Die Deutung der Jünglinge in dieser Haltung wechselt. Einen Helm t r ä g t nur der unsrige; auch das Einstemmen der linken H a n d begegnet sonst nicht. Ob der Rest in der Rechten von einer Andeutung des Zügels stammt, bleibt fraglich. Die Durchführung der S t a t u e t t e ist ganz allgemein gehalten; der flache Rumpf erinnert nur scheinbar an geometrische Formgebung, denn die feinen, verständnisvollen Gesichtsformen, soweit sie kenntlich sind, sprechen f ü r E n t stehung im entwickelten Archaismus. Doch ist die Arbeit bescheiden u n d deshalb schwerlich außerhalb des Fundortes Tarent entstanden. T. 25. 46. Krieger im Lanzenkampf. erworben 1882. Inv. 7470.

Höhe der S t a t u e t t e allein 0,128 m, der Standplatte 0,003 m. Dodona;

Mildes, nicht sehr dunkles Grün, glatt, an der Rückseite und am Schild stellenweise ganz flach b r a u n verkrustet. E s fehlt der Speer in der Rechten. Kleine Gußfehler am linken Oberschenkel innen, an der rechten Gesäßhälfte, an der rechten Flanke, a m Schildrand vorn unten u n d am Helmbusch hinten. Neben dem rechten Knie Verletzung durch Schlag mit der Hacke, kleinere an der rechten Beinschiene, am R u m p f e vorn, an den Fingerspitzen der rechten H a n d u n d am oberen R a n d e des Helmbusches vorn. Der rechte Unterarm ist etwas einwärts verbogen. Die mitgegossene Standplatte ist leicht nach hinten gekrümmt, rechts diagonal, links bogenförmig begrenzt. Fortgeführt ergäbe sie einen Kreis von rund 0,50 m Durchmesser. Der Krieger steht in Ausfallstellung nach rechts da. Der zurückgestellte rechte F u ß ist nach vorn gedreht, die Ferse angehoben; das linke Knie ist leicht gebogen, an beiden Unterschenkeln sitzen Beinschienen. Den R u m p f , der in Vorderansicht erscheint, bekleidet über kurzem, die Scham bedeckendem Chiton, dessen Saum v o m mit gestaffelten Falten zickzackförmig, hinten faltenlos u n d glatt zu den Seiten ansteigt, ein kurzer Panzer mit abstehendem unterem Rande und abgesetzten Rändern am rechten Armloch sowie links am Halse; er ahmt den Akt soweit nach, daß die Medianrinne, der R a n d des Rippenkorbes und die kräftig vertiefte Rückenlinie zwischen den nur sanft sich abhebenden Schulterblättern deutlich werden. Der rechte Oberarm ist abgestreckt, der U n t e r a r m schräg erhoben; die H a n d faßte den besonders gearbeiteten, nach rechts geneigten Speer. Der linke Arm, schräg abwärts vorgestreckt, hält einen böotischen Schild mit der Außenseite nach oben; innen ist der kurze Bügel mit seinen erhöhten Rändern, durch den der Arm gesteckt ist, sowie die Handhabe angegeben. Der Kopf h a t einen kurzen Keilbart, etwas zugespitzte Lippen und ziemlich große Augen, die sich zwischen den kräftigen Lidern vorwölben. E r wird bedeckt von einem korinthischen Helm mit einem vom Nasenrücken nicht geschiedenen Nasenschutz und mit *) Petersen, RM. 5, 1890, 214ft. Taf. 9—10; derselbe, AD. I 42 Taf. 52; Ruesch, Guida Mus. Naz. Napoli 39 Nr. 1 2 5 ; Ferri, AA. 1927, 4I4. 2 ) Evans, Numism. chronicle 1890 Taf. X I 1 2 — 1 3 . s ) Evans, J H S . 7, 1886, 22 Nr. 32, 23 Nr. 35; Petersen a. a. O. 4 ) Tillyard, The Hope Vases 119 Nr. 223 Taf. 3 1 ; Petersen a. a. O. 215 mit Anm. 1 ; Reinach, RV. II 291, 2.

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kurzem, abstehendem Nackenschutz; die Schädelkappe ist abgesetzt; der hohe Busch sitzt, von der Mittelachse nach links verschoben, über dem von vorn nach hinten durchlaufenden Bügel in einer Schiene, die an der abgewandten" Seite von denTBügel nicht getrennt ist. Nur rechts fällt unter dem Helm eine leicht gewellte, gleichmäßig breite Haarsträhne bis in Brusthöhe herab; hinten reicht die Haarmasse mit bogenförmiger Begrenzung nur etwas über den Nacken herunter. An der Rückseite fehlt manche Gravierung, die der Vorderseite einen feinen und reichen Schmuck verleiht. Nur vorn zeigen die Beinschienen die Randlöcher, welche die Befestigung eines Futters andeuten, nur vorn der Chiton eine Randborte mit Zickzackmuster, nur vorn der abstehende Panzerrand eine obere Begrenzungslinie, diese von ähnlich derber und etwas unsicherer Führung, wie die im inneren Teil auch plastisch angegebenen Spiralen vor der Brust. Ringsum sind dagegen vor den Wangen und der Nase am Helmrande die Futterlöcher angegeben, ferner der Zickzack an Schiene und Bügel des Helmes - hinten allerdings nicht, wie vorn, in zwei Reihen übereinander - und die vom Gipfelpunkt der Schiene an bogenförmig divergierenden Haare des Busches. An beiden Füßen sind die Zehennägel abgesetzt, an der rechten Hand die Querfalten der Fingergelenke fein graviert, mit fèinen parallelen Linien sind auch Bart und Haupthaar gegliedert. Am.gewölbten Mittelteil des Schildes ist mit dem Formpunzen ein Schuppenmuster eingeschlagen, in der Mitte eine Löwenmaske mit nach den Seiten wie nach oben abstehenden flammenförmigen Locken graviert. Treu, AA. 39, 1881, 251. - Engelmann, AZ. 40, 1882, 23ff. Taf. 1. - R. Schneider, Arch. epigr. Mitt. 6, 1882, 146. - Rayet, Mon. d'Art ant. I Taf. 7 mit Text von S. Reinach. - Baumeister, Denkmäler I I I 2025 Abb. 2191. - Collignon, Hist. d. 1. sculpt. gr. I 328 Abb. 166. - Loewy, Naturwiedergabe 26 Anm. 2. - Pernice, ÖJh. 7 , 1 9 0 4 , 1 6 3 Anm. 1 1 . - Lippold, Münch, arch. Studien für Furtwängler4i3. Kekule von Stradonitz und Winnefeld, Bronzen aus Dodona 1 3 f f . Taf. 2. - P. Gardner, J H S . 30, 19x0, 231. - W. H. Denham Rouse, Greek votive offerings 140. - Winter, Kunstgeschichte in Bildern2 221, 4. v. Salis, Die Kunst der Griechen3 48. - Hagemann, Griech. Panzerung I 4 Anm. 2 Abb. 4 und 7 Abb. 13. - Loewy, Die griechische Plastik 3 7 Abb. 31. - Langlotz, Zur Zeitbestimmung der strengrotfigurigen Vasenmalerei 36f. - v. Lücken, AM. 44, 1919, 152. - Bulle, Der schöne Mensch3 54L Taf. 83 b. - Kekule von Stradonitz und Schröder, Die griechische Skulptur 3 53. - Neugebauer, Griechische Bronzen 7 Abb. 6. ^ Derselbe, BerlMus. 45, 1924, 33. - Führer I 37 Taf. 8. - Neugebauer, RM. 38/39,1923/24, 408 f. und 433. - British Museum, A guide of the exhib. ill. Greek and Roman life 2 75 Abb. 66. - Cook, Zeus II 739 mit Anm. 3. - Ducati, Storia dell' arte etrusca I 259 mit Anm. 235. Val. Müller, Archaische Plastik Taf. X V I I I 30. - Gis. Richter, The sculpture and sculptors of the Greeks 49 mit Abb. 100. - Couissin, Les institutions militaires et navales 46 Taf. 13, 2. - Jantzen, Bronzewerkstätten 43, 63, 73. - Cloché, Les classes, les métiers, le trafic Taf 4, 1. - Fink, Die Haartrachten der Griechen 17. - Kunze, J d l . 53, 1938, II. Olympia-Bericht 99. - W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 150 Abb. 120. - G. Bruns, Antike Bronzen 28 f. Abb. 18. Formerei Nr. 279. Neg. 7538 (Seitenansicht nach rechts), Neg. 7539 und 6601 (Seitenansicht nach links), Neg. 7540 (Frontalansicht), Neg. 7541 (Rückenansicht). Die von Engelmann und Rouse unterlassene Schlußfolgerung aus der gebogenen Plinthe für die einstige Anbringung der Statuette ist in verschiedener Weise gezogen worden. Reinach und Collignon haben in der Bronze die Zier eines Gefäßdeckels vermutet; richtiger wohl erkannten Kekule von Stradonitz, v. Salis, Bulle und Neugebauer in ihr den Aufsatz vom Rande eines Gefäßes, eines Beckens oder Mischkruges. Daß dem Lanzenkämpfer ein Gegner gegenüber gestanden haben muß, bemerkte bereits Engelmann. Keine Einigung besteht indessen bisher über Zeitansatz und Kunstkreis des kleinen Meisterwerkes. Der Zeit der aeginetischen Giebelgruppen sprachen es Engelmann, Reinach und Ducati zu, womit Rouse, Neugebauer und v. Lücken in der Sache übereinstimmen. Kekule glaubte in der Bronze sogar eine noch jüngere Entwicklungsstufe zu erkennen. Dagegen hat Langlotz sie mit Schalenbildern des epiktetischen Kreises verglichen und in der Tat kehrt die Fältelung wie die Saumführung des Chitons nur hier ganz übereinstimmend wieder 1 ). Die Auswärtsdrehung des zurückgesetzten ') Vgl. dazu Pfuhl, MuZ. III 92, 322; 93, 323; 96, 333.

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rechten Fußes an unserem Krieger findet sich sonst allerdings nicht so früh. An der Athena vom Giebel des Hekatompedons erscheint der Fuß zwar nicht mehr im Profil, wie auf Vasen derselben Zeit, sondern schräg nach vorn gerichtet; das neue Motiv, das zu den Kennzeichen der Überwindung des Archaismus gehört, wird erst vorbereitet 1 ). Weit näher kommt der Bronze der Lanzenkämpfer des aeginetischen Westgiebels2), doch zeigt das stärker gebogene Knie seines vorgestellten Beines ein in die klassische Kunst vorausweisendes Streben nach entschiedenerer Akzentuierung des Figurenaufbaues an. Auf genau der gleichen Entwicklungsstufe wie unsere Statuette steht dagegen in der Flächenkunst ein- Krieger vom Innenbilde der Berliner Schale des von Beazley dem Triptolemosmaler angeschlossenen Meisters3). Ist damit die Schwelle zum 5. Jahrhundert bereits überschritten, so kann doch unsere Statuette etwas älter sein. Denn vermutlich hat die bewegliche Kleinplastik vorgebildet, was die Zeichenkunst um der schwierigen, in dem Berliner Vasenbilde tatsächlich ja auch nicht bewältigten Verkürzungen willen erst jetzt übernahm. Ähnlich ferner, wie die großgewellte, aus nur wenigen Biegungen bestehende Schulterlocke des Kriegers eine Abkehr des Künstlers von den zierlich archaischen Formeln und ein Streben nach größerer Natürlichkeit bezeugt, so auch schon jede der beiden allerdings längeren Schulterlocken einer der Gebälkträgerinnen vom Siphnierschatzhause4). Ein wenig wird man mit unserer Bronze aus der Zeit epiktetischer Vasenmalerei herabgehen dürfen; wenn auch vielleicht nicht bis 500, wie Neugebauer im Führer und Cook vorschlagen. Denn sie ist schwerlich in Athen entstanden. Collignon erwähnte sie in dem Kapitel über peloponnesische Schulen mit Ausnahme von Sikyon und Argos, Pernice schrieb sie einer ionischen Werkstatt zu, Kekule und Winnefeld traten fürChalkis oder für eine von jenem Zentrum abhängige Werkstatt ein, während Neugebauer dazu neigte, wie andere früher chalkidisch genannte Bronzen so auch den Krieger in Unteritalien entstanden zu denken. Unter den Bronzen des Antiquariums kommt diesem in der Patina und in der ebenso beschwingten wie bestimmten Formgebung nahe der Silen aus Benevent 5 ). Doch ist dieser nicht nur in der Gravierung etwas derber, sondern auch etwas unruhiger durchgeformt. Ungemein ähnlich in der Art der Flächenbewegungen wie in der Gravierung scheint mir dagegen der Eber in Boston, der von einem Gefäß wie dem Lebes aus Amandola stammt 6 ). Wir haben ihn bereits zur Einordnung des um eine Generation älteren Ziegenbockes aus Dodona in die großgriechische, von Tarent beeinflußte Kunst benutzt. Ein gleichfalls engerer entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang läßt sich aber auch zwischen der Läuferin aus Dodona und unserem Krieger nicht verkennen, und zwar durch die Behandlung des Chitonteiles, der das Gesäß bedeckt. Die Bronze dürfte daher aus einer der Kunststätten Großgriechenlands stammen, die der Toreutik Campaniens das Vorbild für ihre mit Statuetten besetzten Aschenurnen geboten haben. T. 23. 47. Kämpfende Athena. Höhe 0,104 m - Aus Sammlung Dr. von Sallet, der meist in Italien gekauft hatte, erworben 1873. Inv. 6242. Grün, zum Teil dunkler, narbig zerfressen. Es fehlen die Füße, der halbe rechte Unterarm mit Hand und Lanze, der halbe linke Unterarm mit Hand und Schild, der Helmbusch samt einem anschließenden, beim Abbrechen eine tiefe Furche im Oberkopfe hinterlassenden Teile der Helmkappe. Kopf stark verscheuert. Zahlreiche porenförmige Gußfehler. Die Göttin schreitet, beide Kniee leicht gebogen, im Profil nach rechts; der zurückgestellte rechte Fuß war schräg nach vorn gerichtet. Sie trägt einen ungegürteten Peplos mit Überschlag, unter dem das Gewand sich den Beinen anschmiegt, während es zwischen ihnen in wulstigen, vorn leicht divergierenden, hinten parallelen Falten herabfällt. Der Überschlag reicht an den Seiten tiefer herunter als in der Mitte, wo hinten der Saum höher liegt als vorn; von den kleinen, weit auseinander stehenden Wiegand, Porosarchitektur 129 Abb. 1 2 3 . ' ) Furtwängler, Aegina I I Taf. 96; derselbe und Wolters, Beschr. d. Glyp. 2 i o i f . Nr. 76. а

) F 2 2 9 5 ; Hartwig, Meisterschalen Taf. 56, 2 ; Beazley, Att. Vasenmaler d. rf. Stils 1 5 5 Nr III, 1

4

) F.d.D. I V Taf. 20; Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 1 3 7 Nr. 4 Taf. 84a.

' ) G. Bruns, Antike Bronzen 3 1 Abb. 19. б

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) A. R. Sanborn, Festschrift für James Loeb 88 Abb. 7 ; Phot. Coolidge 1 3 9 9 7 .

Brüsten fällt eine Falte herab, dazwischen befindet sich, vertieft angegeben, ein spitzer Faltenwinkel. Der rechte Arm ist rückwärts gewinkelt angehoben, die Hand schwang einen Speer. Am rechten, vorgestreckten Arm hing ein Schild, dessen noch oberhalb der Ellenbeuge mitgegossener Halter in einer Durchbohrung den Rest eines Bronzenagels enthält und hinten abgeflacht ist; das Schildrund war also besonders angesetzt. Der ein wenig nach vorn herausgedrehte Kopf zeigt ein spitzes Kinn, einen zierlichen Mund, eine schmale Nase. Er ist bedeckt von einem Helm mit vorspringendem Stirnrand und kräftig abgesetztem Nackenschutz; das Haupthaar wird vor den Schläfen, hier flach bogenförmig begrenzt, und neben wie unter dem Nackenschutz als flacher Streifen sichtbar. Furtwängler, Meisterwerke 38 Anm. 10. - Jantzen, Bronzewerkstätten in Großgriechenland und Sizilien 55ff. Nr. 23 Taf. 25, 103. Neg. 3417. Die von Furtwängler mit Recht als nächste Verwandte angeführte Athena aus Großgriechenland oder der Umgegend von Neapel in London1) zeigt besseren Aufbau und schärfere Durchführung. Unsere Statuette hat demgegenüber keine Raumtiefe, das Schreitmotiv und die Auseinandersetzung der Beine mit dem Gewand sind schwächlich. Gleichzeitige Anwendung von wulstigen Falten und vertieften findet sich an der Athena Santangelo in Neapel mehrfach2). 48. Kampfhahn. Höhe 0,069 m - Gekauft von der Herzogin von Sermoneta 1842. Fr. 2315. T. 5. Stumpfbraun, zum Teil matt bronzefarben, weil geputzt, am Gefieder des Rückens narbig, an Kopf und Kamm verscheuert. Es fehlen die Enden der Schwungfedern, die Spitzen der Klauen am rechten Fuße sowie die einst eingesetzten Augen. Der Schnabel und die Schwanzfedern sind bestoßen. In der Gegend des Steißes ein tiefer Gußfehler. Den rechten Fuß vorgestellt, steht der Hahn mit vorgestrecktem Rumpf und Kopf, den Schwanz erhoben, in Angriffsstellung da. Die Rückenfedern sind, wie nur links kenntlich, durch kleine gepunzte Halbkreise hintereinander bedeckt. Das Halsgefieder setzt sich kragenförmig vom Rumpf ab. Dieses, wie die schienenartig nebeneinanderliegenden Schwungfedern und das gleich diesem voneinander getrennte Paar der Schwanzfedern mit seiner Schichtung einiger gebogener Federn über geradlinigen, zeigt eine feine Schräggravierung. Die Augenhöhlen sind auffällig groß. Friederichs II 494, wo das Erwerbungsjahr in 1848 verdruckt ist. - Führer I 34. Neg. 3604. In der lebendigen Haltung ist nahe verwandt ein etwas größerer Hahn aus Athen 3 ). Vielleicht • fielen, wie an ihm, die obersten Schwanzfedern bogenförmig über die unteren herüber; vergleiche hierzu die auch in der Haltung ähnlichen Kampfhähne der attisch schwarzfigurigen Lekythos Salamanca4). Wahrscheinlich entsprach unserer Bronze ein Gegenstück. Ein frühes Beispiel solcher Gruppierung bietet eine attische Kleinmeisterschale5); rundplastisch begegnet sie in einer Terrakotta des Antiquariums6). Sie zeigt das kragenförmige Halsgefieder, das sich auf korinthischen und chalkidischen Vasen nicht angedeutet findet, dagegen eretrisch') und vor allem attisch schwarzfigurig8), wo auch die Reihung von Halbkreisen hintereinander an den Rückenfedern vorkommt9). Trotz alledem wäre die Zuschreibung unserer Bronze an eine attische Werkstatt nicht unbedenklich. Denn ihre Flügel unterscheiden sich in der schematischen, geradlinigen Formung von denen des Hahns in Athen mit ihren weit lebensvolleren Umrissen; ähnlich legen sich an diesem die Halsfedern lebendig übereinander, und ihre Spitzen enden frei, während an unserem derbe Längsrillen die zusammengehaltene Masse des Hals1) 2) 3) 4) 6) 6)

') 8) •)

Walters, Cat. of bronzes Brit. Mus. 18 Nr. 190 Taf. 29. Ruesch, Guida 493 Abb. 129; vgl. oben zu Nr. 23. de Ridder, Cat. des br tr. sur l'Acropole 196 Nr 535 Abb. 176, G. Richter, Animals in Greek sculpture 39 Abb. 216. Reinach, R V I 310, 1. Sieveking, Sammlung Loeb, 1929, 55 Taf. 43, 1. I . C . 6680 einst bei Lambros. CVA., Musée Scheurleer I I I E und F Taf. 1, 2. Vgl. Antiquarium F. 1709, 1710, 1713, 1831, 1832, 2058. F. 1760.

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gefieders durchziehen, das gleichmäßig begrenzt ist. Da ferner die Erwerbung der Bronze auf ihre Herkunft aus dem Königreich Neapel schließen läßt, darf provinzielle unteritalische Nachahmung eines mutterländisch griechischen Vorbildes angenommen werden. Sie ist nach den stilistischen Parallelen älter als die angebliche Einführung von Hahnenkämpfen im Dionysostheater zu Athen nach den Perserkriegen 1 ). T. 26. 49. Nachter Knabe. Höhe 0,115 m. Ruvo; erworben aus Sammlung Friedländer 1877. Inv. 7143. Dunkelbraun, mit einigen Wucherungen, die am linken Oberschenkel vorn und außen, sowie am rechten Ellenbogen und am Rücken rechts rötlich sind; am rechten Glutäus ist sie grün, von derselben Farbe, wie eine muldenförmige Verletzung am Rücken rechts oben und eine Stelle an der Nasenspitze. Entsprechende kleinere Verletzungen hier und da. Beide Füße sind ergänzt. Es fehlen die rechte Hand, der ganze linke Arm, der besonders gearbeitet und mit einem Stift befestigt war, und das Haarband bis auf einen Rest; die Nase ist stark bestoßen. Spuren eines schabenden Werkzeuges an beiden Beinen außen stammen von einer etwas gewaltsamen Reinigung. Der linke Fuß ist um weniger als eine halbe Sohlenlänge zurück- und auf die Spitze gestellt; die Ergänzung zeigt ihn zu weit nach außen gedreht. Die Beine sind lang und dünn. Eine Angabe von Schamhaar fehlt; die untere Bauchgrenze, Medianrinne und Querinskription sind weich durchgeführt; der Nabel ist ganz zart eingesenkt; die Brustmuskeln, an denen nur rechts die Brustwarze kenntlich ist, erscheinen jugendlich gerundet; die Rückenfurche senkt sich entschieden ein; die breiten Schultern fallen schräg ab, die rechte mehr als die linke. Der rechte Arm hängt leicht angewinkelt schräg zur Seite herab. Auf kurzem, starkem Halse wendet sich der kleine, runde Kopf etwas zur Rechten. E r hat einen kleinen, etwas geöffneten Mund; über den Augen, deren Sterne flach vertieft sind, verdecken die schräg nach außen sich verbreiternden Augendeckel die Oberlider; die Stirn wird von dem kurz gelockten Haar in flachem Winkel begrenzt. Um den Oberkopf herum verläuft eine tiefe, schmale Bahn zur Aufnahme eines silbernen Haarbandes, von dem nur hinten ein Stückchen erhalten ist. Pabst, AZ. 36, 1878, 164. N e g . 3490.

T . 4 . 50. Ausruhende Mänade. Höhe 0,106 m. Dodona; erworben 1904. Inv. 10582. Sanft hellgrün; an der linken Fußspitze, beiden Knieen und dem anschließenden Teile der Oberschenkel, beiden Armen und Händen großenteils, am Rücken und dem Wulste der Haube dunkler und bräunlich; an vielen Stellen schimmert die mattgelbe Bronzefarbe hervor. In manchen Tiefen haften Reste feinen gelben Sandes. Zahlreich vorhanden sind warzenförmige Wucherungen von lebhafterem Grün, noch häufiger Verletzungen in Gestalt punktförmiger Vertiefungen; bestoßen sind Kinn und Nasenrücken. Der Felsen ist dickwandig hohl gegossen. Die Aufstellung mit waagerechter Sitzfläche, bei der sich die oben angegebene Höhe ergab, zeigt, daß die unregelmäßig einwärts gebogenen Unterflächen des Felsens nach hinten ansteigen; nach Zinnresten an ihnen waren sie auf einem Untersatz festgelötet, ausgenommen die bogenförmige Öffnung hinten. Der Felsen bietet dem linken Fuß der auf ihm sitzenden Mänade durch einen Vorsprung unten, dem rechten durch einen Absatz etwas höher den Halt; hinter der Gestalt bleibt er frei, am meisten rechts. E r zeigt eine Anzahl verschieden geformter, zum Teil scharf aneinander stoßender Mulden und ist überall bedeckt mit eingepunzten Punkten, zwischen denen einmal - links neben dem rechten Fuß eine Knospe in Seitenansicht, häufiger rosettenförmige Blüten in Aufsicht, schräg neben dem rechten Fuße auch eine runde Frucht (?) an kurzem Stengel und zwei zugespitzte Blätter eingraviert sind. Die Mänade ist beschuht und trägt den dorischen Peplos mit darübergelegter Nebris; den Kopf bedeckt eine Haube. Sie wendet sich im leicht zurückgelehnten Sitzen mit Oberkörper und Kopf schräg zur Rechten, die rechte Schulter sinkt herab, denn die rechte Hand tastet am Rande des rechten Schuhes über der erhobenen Ferse, während die Linke untätig, lose zur Faust geschlossen, auf dem linken Oberschenkel ruht. Der Körperbau ist gedrungen, die Gliedmaßen sind kräftig; die Brüste straff und voll, die Schultern RE. VII 2, 2210f. (K. Schneider); vgl. auch Buschor bei FR. III 315 zu Taf. 170.

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gerundet. Anscheinend hat die Mänade auf den Felsen einen kurzen Mantel gebreitet, wie ein solcher in den Händen und auf den Schultern der Thiasotinnen öfter erscheint; denn ein Gewandstück, das unter dem linken Oberschenkel mit Zickzacksäumen herabfällt, kann nicht zu dem Peplos gehören. Dieser reicht bis unterhalb der Fußknöchel herab; seine Falten, zwischen den Unterschenkeln straff gespannt, sind auf das bestimmteste, mehrmals scharfkantig, geformt; auf der rechten Schulter ist er genestelt. Die linke Schulter und Brust, Rücken, Unterleib und ein Teil der Oberschenkel werden von dem Rehfell bedeckt. Seine Anbringung erfolgte so, daß zunächst das rechte Vorderbein von hinten über die Schulter gezogen und das Fell unter der rechten Achsel der Mänade hindurch nach vorn geschlungen wurde; auf der Schulter wurde sodann das von vorn emporgenommene rechte Hinterbein mit dem Vorderbein verknotet. Darauf ist der Rehkopf von der rechten Hüfte aus quer an den Körper angelegt und zusammen mit dem ganzen Fell vorn in der Mitte mit einem Bande umgürtet worden, dessen ausgezackte Enden schräg herabfallen. Infolgedessen hängt das linke Vorderbein vom Gesäß der Mänade ein Stückchen über den Fels hinüber, das linke Hinterbein zwischen den Knieen der Mänade herab. Die Spaltung der Hufe ist sorgfältig angegeben, desgleichen eine doppelte Querrillung an ihnen, die fleckige Behaarung des Felles selber angedeutet durch eine ^.ußerst feine Gravierung kurzer Längsstriche, zwischen denen Gruppen von je drei, seltener je zwei kleinen, flachen Mulden verstreut sind, der Rand des Felles ringsum aufgebogen und schräg graviert. Entsprechende Sorgfalt der Gravierung hat der Künstler auf die Halbschuhe verwandt, deren Sohlen sich absetzen; nur an der Innenseite des linken Schuhes ist er mit dem Stichel zweimal ausgefahren. Vorn sind die Schuhe mit einer aus sieben Linien bestehenden gesprengten Palmette verziert, während darüber die Verknotung eines Bandes angedeutet ist, dessen Enden seitlich abstehen und in je drei Zierscheiben auslaufen; der nur am rechten Schuh freiliegende Rand ist verdickt. Die Nägel der Finger sind in flacher Vertiefung angegeben, die Querfalten an den Gelenken in scharfer Gravierung; gebogene Gravierlinien bezeichnen auch in beiden Ellenbeugen die Hautfältchen. Der auf ziemlich starkem Halse sitzende Kopf hat ein Gesicht von breit ovalem Umriß mit kräftigem Kinn, geschürzten Lippen, einer sich breit abdachenden Nase und länglich geschlitzten Augen, deren Sterne durch ganz flache, in Gravierung umrissene Plättchen mit punktförmiger Mittelvertiefung angedeutet sind und von deren breiten Oberlidern nur das rechte das untere ein wenig überschneidet. Die niedrige Stirn wird von der Haube begrenzt, über deren wulstförmigen Rand sich die Ohren herüberlegen; hinten und beiderseits auch ein Stück vor ihnen lugt ein schmaler Streif des Haares hervor. Durch Gravierung ist der Haubenwulst mit einem großen Zickzack und meist fünfzackigen, nur wenige Male sechszackigen Sternen in den oberen Zwickeln, der nach hinten sich etwas zuspitzende Mittelteil mit entsprechenden Sternen und frei verstreuten Punkten verziert; vom Wirbel fällt ein umschnürter Zipfel der Haube nach hinten. Frh. v. Warsberg, Tagebuch 43. - Kekule von Stradonitz und Winnefeld, Bronzen aus Dodona 20ff. Tai. 3. - Reinach, R S . IV 243, 2. - Schröder, K u K . 1 3 , 1 9 1 5 , 544 und 548 Abb. 15. - Neugebauer, Antike Bronzestatuetten 75 Tafelbild 40. - Schaal, Städel-Jahrbuch 2, 1922, 23 mit Anm. 1 . - Sieveking, M Jb. 12, 1921/22,123. - Neugebauer, Griechische Bronzen 10 Abb. 17. - Derselbe, AA. 1922, 79 Nr. 30. Führer I 36. - Neugebauer, 87. BWPr. 1 3 Anm. 3. - D. Zancani, Rend. Acc. Line. 1926, 192. - Pernice, Pompeji IV 14. - Neugebauer, J d l . 49, 1934, 172. - Neugebauer, AA. 52,1937,507. - Jantzen, Bronzewerkstätten 70f. Nr. 12. - W. Lamb, Greek and Roman bronzes 169f. Taf. 64a. - Wuilleumier, Tarente 318 Taf. 15, 3. - Derselbe, Tresor de Tarente 122. - W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 288ff. Abb. 357. - G. Bruns, Antike Bronzen 46 f. Abb. 32. Lichtbild E. A. Seemann 1773. Neg. 2195 und 2197 (von vorn), 2196 (ein wenig mehr von links), 2199, 3566 und 3567 (von rechts, mit etwas nach hinten abfallender Sitzfläche), 2198 (von rechts hinten). Von der ausruhenden Mänade sagt Neugebauer (AA. 52,1937, 507): Aus Dodona stammen auch die beiden Mänaden in Berlin und Athen, Werke der freien Kunst um 400 vor Chr., wenn auch weder gleichen Ursprungs noch gleichzeitig. Die meines Erachtens ältere Statuette unseres Antiquariums sitzt auf einem unten schräg abgeschnittenen Felsen, der sich offenbar einer ansteigenden Fläche anpassen Vgl. Neugebauer, Studien über Skopas 52 und 66.

mußte. Da diese Bronze mit einleuchtenden Gründen als tarentinisch erklärt worden ist, kann sie zu einem metallenen Vorbild für eine Dekoration gehört haben, die in Apulien an Tongefäßen aus Canosa auftritt. Bronzestatuetten von Gestalten des dionysischen Kreises sind schon im sechsten Jahrhundert, griechisch wie etruskisch, ein beliebter Schmuck an Gefäßen gewesen. T. 18. 51. Sich bäumendes Pferd. Höhe 0,047 m; Länge 0,056 m. Aus Sammlung Koller erworben 1828. Fr. 2387. Helleres Grün mit einigen braunen Flecken. Es fehlen die Hälfte des linken Vorderbeines, vermutlich auch am rechten Vorderbein ein Stück, der Schwanz bis auf ein kurzes Stück, das linke Ohr ganz, vom rechten die Spitze. Die Schnauze und beide Hinterhufe sind bestoßen. Sehr viele Gußfehler. Die Haltung folgt aus den Unterflächen der als Umbiegungen der Beine nach vorn großenteils erhaltenen Hinterhufe. Alle vier Beine, kurz und etwas zylindrisch, sind etwas gespreizt, die Hinterbeine schräg zurückgestemmt. Der zu lange Rumpf hat eine Einziehung; der Rücken ist kantig; Angabe des Genitals fehlt; der Schwanz steht nach hinten ab. Der Hals ist schräg vorgestreckt, der zugespitzte, mehrkantige Kopf schräg gesenkt; angegeben sind an ihm allein die nach vorn gespitzten Ohren. Friederichs II 498 Nr. 2387. Neg. 3607. In primitiver Formgebung, aber aus der naiven Kühnheit der Kleinplastik im 8. und 7. Jahrhundert heraus ist hier zuerst ein Motiv aufgenommen, das etruskische Bronzen in Brüssel 1 ), in Paris 2 ) und in Florenz 3 ) in weit reiferer Durchführung zeigen; Beispiele römischer Kunst bedürfen keiner Erwähnung. Die Annahme campanischer Arbeit liegt nach der Herkunft unserer Statuette wie nach dem Vergleich mit der folgenden Nummer nahe. T. 27. 52. Sprengender Hengst. Höhe 0,059 m ; Länge 0,10 m. Aus Sammlung Koller erworben 1828. Fr. 2386. Stumpf grün; verkrustet mit Ausnahme der linken Seite am Kopf und am linken Vorderbein; am Rumpf links wohl infolge Entfernung der Kruste zum Teil rotbraun. Am rechten Vorderbein fehlt ein Stück mit Huf. Das linke Vorderbein ist nach innen verbogen. Die Galoppbewegung greift weit aus; die Hinterbeine sind in unterer Hälfte leicht gespreizt und empor-, in oberer Hälfte schräg nach vorn gerichtet. Über den abgesetzten Hufen ist ein Kranz von Behaarung durch kurze senkrechte Gravierlinien angedeutet. Der zu schlanke Rumpf ist in eleganter Linie etwas eingebogen, das Genital angegeben; der lange Schwanz steht nach hinten schräg ab. Auf dem erhobenen Halse eine kurz geschnittene Mähne, durch zwei nicht durchweg voneinander geschiedene Reihen kurzer Quergravierungen belebt. An dem schräg gesenkten, ein wenig nach links gewandten Kopf ist das Maul geöffnet; die Nüstern sind durch eng nebeneinander gravierte kleine Bögen angedeutet, graviert auch die Augen, rechts allein als Kreis, links als Kreis mit spitzem Winkel davor; die Ohren gespitzt. Friederichs II 498 Nr. 2386. Neg. 3607. Nächst verwandt ist eine Bronze aus Suessula 4 ); dieser Umstand und die Herkunft unseres Pferdes machen seine Entstehung in Campanien wahrscheinlich. Ein schwerer gebautes Pferd aus Dodona, früher in Athen, Sammlung Trojansky 5 ), ermöglicht es, das Motiv bis nach Griechenland zurückzuverfolgen. T. 18. 53.

Wolf? Höhe 0,045 m » Länge 0,052 m. Aus Sammlung Bartholdy erworben 1827. Fr. 2357.

Grün in verschiedenen Tönen, am dunkelsten in der obersten Schicht; etwas zerfressen. Es fehlen das Ende des Schwanzes, die rechte Hinterpfote und der Zapfen unter der linken Hinterpfote, der nach ») 2) a) 4) ')

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Reinach, RS. I I I 217, 4. de Ridder, Louvre II 52 Nr. 328 Tai. 28. Reinach a. a. O. I I 741, 4. von Duhn, RM. 2, 1887, 238 Abb. 5. Phot. im Antiquarium.

Maßgabe des unter der rechten Vorderpfote erhaltenen vorhanden gewesen sein muß. A m Rumpf zahlreiche porenförmige Gußfehler. Das Tier schreitet mit den linken Beinen aus; das linke Vorderbein ist angehoben. Gliederung ist k a u m vorhanden, auch nicht am R u m p f e , dessen Rücken kantig gebildet ist. Der Schwanz steht nach hinten schräg ab. Der Hals ist schräg vorgestreckt, der konische Kopf waagerecht gehalten; die Ohren sind gespitzt. Panofka, Mus. Bartoldiano 50 Nr. 115 (?). - Friederichs I I 497 Nr. 2357. Neg. 3612. Die zoologische Bestimmung, die Panofka gab, bleibt unsicher; Friederichs deutete auf einen Hund. Die Primitivität der in Italien gekauften Statuette macht den Gedanken eines Importes aus Griechenland unwahrscheinlich.

54.

Stier. Höhe 0,093 m, Länge 0,137 m. A u s Sammlung Hofrat Becker in Offenbach erworben 1837. T. 27. Fr. 1822. Grün in verschiedenen, zum Teil bläulichen, hellen Tönen; glänzend glatt bis auf einzelne Stellen,

hier nach dem Verlust der obersten Schicht rauh. Stellenweise, die rechte K o p f h ä l f t e fast ganz, von braunem Sinter bedeckt. E s fehlen der Schwanz, der linke Vorderhuf, die Zehen an beiden Hinterhufen. Beiderseits a m Bauche sind zwei gegenüberliegende Stellen eingedrückt. Verschiedene flache Kratzer. Getrieben aus einem Stück zusammengebogenen Bleches. Mit diesem zusammen ausgeschnitten sind die Beine sowie ein schmaler Streifen, der unter dem K o p f e als W a m m e beginnt, unter dem Bauche, das Genital eingerechnet, weiter verläuft und am Hinterteil ansteigt bis zu dem Schwänze, der besonders eingesetzt war, wie ein vor der Oberfläche nicht vorragender, bandförmiger Rest zeigt. Dieser Streifen legt sich als W a m m e über die Fuge der beiden Körperhälften herüber, desgleichen über die inneren Ansätze der vier Beine, unter dem Bauche aber nur rechts, während links zwischen den Beinen das Mittelstück über ihn übergreift, jetzt mit beschädigter, etwas klaffender F u g e ; hinter den Hinterbeinen liegt er in gleicher Ebene wie seine Umgebung. An den Hufen ist das Blech vorn breitgehämmert; der Spalt ist tief eingeschnitten. Die dünnen Beine verbreitern sich nach oben. Der Rumpf ist lebensvoll durchgeführt, der B a u c h dick, der R ü c k e n kantig. Seine Waagerechte wird von dem vorgestreckten Halse fortgeführt, an dem unten die schmale W a m m e hängt. Der schräg gesenkte, kleine, ganz vereinfacht wiedergegebene Kopf hat ein offenes Maul und eine Andeutung der Augen als Punkte, die durch im Halbkreis darüber angeordnete, kleinere Punkte umgeben werden; Punkte deuteten auch, nach Spuren, die Behaarung zwischen den Hörnern a n ; diese, lang nach vorn geschwungen, bestehen aus eingesetztem Draht. Friederichs I I 384 Nr. 1822. - Furtwängler, Kleine Schriften I 357 A n m . 3. - Führer I 35. - Blümel, Tierplastik aus fünf Jahrtausenden Taf. 18. Neg. 3439. Wesentlich primitivere Tiere aus zusammengebogenem Blech sind in Olympia gefunden worden

;

hier finden sich auch die Hörner aus durchgestrecktem Draht 2 ), sowie der besonders eingesetzte Schwanz 3 ). A n unserer Bronze fällt angesichts der verständnisvollen Durchbildung des R u m p f e s nicht nur die altertümliche, wenngleich über jene Beispiele weit hinaus verfeinerte Technik, sondern auch die schematische Bildung des Kopfes und der Beine auf. Die Statuette ist danach als provinzielle Arbeit zu beurteilen. Die auffallende K ü r z e des Rumpfes unterscheidet das Tier von den von Perdrizet, Fouilles de Delphes V 53 zu Nr. 163 Taf. 16 aufgezählten Beispielen aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Die intensiv grüne, zum Teil blaugrüne, blanke Patina findet sich an etruskischen Bronzen wieder; vergleiche Inv. 7036 (Frau) und Fr. 2164 (Krieger).

Furtwängler, Olympia IV 29 f. Nr. 93—97 Taf. 10. a. a. O. Nr. 97. 3) a. a. O. 37 zu Nr. 231 Vgl. oben luv Ol. 10208.

2)

63

T. 28. 55. Gelockte Haarsträhne, von einer lebensgroßen Statue. Länge 0,11 m. Gefunden im Südosten der Altis von Olympia. Inv. Ol. 5370. Grün, körnig, zum Teil braun versintert. Das obere Ende fehlt. Lang herabhängende Spirale, in ihrem Verlaufe schwach S-förmig bewegt. Die Windungen sind unten, wo das mäßig zugespitzte Ende erhalten ist, von etwas größerem Durchmesser als oben; innen sind sie eben, außen im Querschnitt beiderseits flach abgedacht und durch sorgfältig parallel gravierte Linien belebt. Furtwängler, Olympia IV 15 zu Nr. 29. - Führer I 53. Neg. 5370. Die lange Korkzieherlocke findet sich anscheinend in der archaischen Kunst noch nicht, wenngleich die Kennzeichnung des Haares durch feine Längsgravierung dort wurzelt 1 ). Denn die aus dicken Drahtspiralen bestehenden Hängelocken auf der Stirn des archaischen Bronzekopfes, einer Kopie aus der Villa der Pisonen bei Herculaneum 2 ), bilden zu der Form unserer Bronze nur eine Vorstufe. Näher kommen ihr und dem von Furtwängler abgebildeten Vergleichsstücke aus Olympia die Schulterlocken des sogenannten Citarista, auch er kein Original des 5. Jahrhunderts 3 ), und die allerdings reicher und großartiger bewegten Strähnen im Nackenhaare des Apollonkopfes zu Chatsworth 4 ). Diese Korkzieherform von langen Locken findet sich an Götterdarstellungen verschiedenen Ursprungs aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts 5 ). Furtwänglers Vermutung, die in Olympia gefundenen Locken stammten größtenteils von Zeusstatuen, bleibt ebenso unbeweisbar, wie die kunstgeschichtliche Bestimmung unseres Bruchstückes bisher unmöglich. Entstanden ist die Statue, von der es allein erhalten blieb, vermutlich zwischen 470 und 460. T. 28. 56. Bruchstück eines unterlebensgroßen rechten Fußes. Länge 0,09 m. Gefunden in Olympia beim 11. Schatzhaus; erworben 1889. Inv. Ol. 3286. Vor der Reinigung 1929 grün und blau verkrustet; jetzt von hellerem Grün und glatt. Längs dem Bruche ist eine Fläche matt hellgrün, vielleicht infolge Berührung mit einem anderen Gegenstande in der Erde. Es fehlen der große Zeh, die linke Hälfte des Mittelfußes in schrägem Bruch nach rechts hinüber und die Ferse. An den Zehen einige flache Querrisse. An der Unterseite rechts hinten ein starkes modernes Bohrloch. In der Aushöhlung daneben stammen unregelmäßige, zum Teil tropfenähnliche Vorsprünge der Bronze von dem Gusse her. Von der Sohle bildet nur ein Rand längs der Zehenansätze und ein etwas breiterer von vorn nach hinten die Standfläche, der Mittelteil des Fußes ist ausgehöhlt. Die etwas schräg abwärts gekrümmten Zehen sind sorgfältig und fein durchgebildet, der kleine Zeh ist sehr kurz; alle haben an den Enden des ersten Gliedes oben quer graviert eine Hautfalte. Furtwängler, Olympia IV 13 zu Nr. 15. - Neugebauer, BerlMus. 50, 1929, 31 Anm. 1. Neg. 4796. Die ausgezeichnete Arbeit ist von Furtwängler noch der strengen Kunst zugesprochen worden. T. 28. 57. Überlebensgroßer Finger. Höhe 0,085 m. Olympia. Inv. Ol. 11767. Dunkelgrün, zum Teil heller; 1929 gereinigt. Der Bruch verläuft so, daß von dem dritten Gliede kaum etwas fehlt. Rechts unten eine flache Verletzung mit Freilegung der Bronzefarbe. Die drei Glieder des nach vorn schön zugespitzten Fingers sind gebogen. Das erste Glied ist auffällig lang, an der Innenseite abgeflacht, der Nagel sehr kurz geschnitten. Die Innenseite des Mittelgliedes scheint flach gedrückt, so daß der Ansatz des ersten Gliedes vorgepreßt wird. Der linke Umriß des dritten Gliedes hat nahe am Bruch eine Verbreiterung, die das Umbiegen zu dem benachbarten Finger ankündigt. Hiernach dürfte am ehesten der Zeigefinger einer linken Hand dargestellt sein. 2

) ') 4 ) 6 )

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Vgl. Katalog I 97 zu Nr. 199. Langlotz, Frühgriechische Bildhauerschulen 33 Nr. 41 Tai. 22 f. Langlotz 81 Nr. 28 Taf. 43 a. Langlotz 155 Nr. 29 und 166 Taf. 12; E. Strong-Seilers, AD. IV 41 Abb. 2 Taf. 23. Furtwängler, Intermezzi 8; Schröder, Jdl. 28, 1913, 29 mit Taf. 2.

Neugebauer, BerlMus. 50, 1929, 31. Neg. 4790. Die Abplattungen an den Innenseiten der ersten beiden Glieder scheinen zur Andeutung eines Druckes von außen ausgeführt zu sein. Weniger als an eine herabhängende, einen Gegenstand, etwa ein Gefäß am Henkel tragende Hand wird man dabei vielleicht denken dürfen an einen Wagenlenker mit gestrafftem Zügel in beiden Händen. In der Tat hat der rechte Zeigefinger der Statue in Delphi eine ähnliche Biegung 1 ). Er erreicht an Größe unsere Bronze nicht ganz. Vielleicht stammt das Bruchstück daher von einem dem delphischen vergleichbaren Weihgeschenk noch etwas größeren Maßstabes. Der Finger scheint indessen derber und einfacher geformt zu sein als die Hände des Wagenlenkers in Delphi oder gar die des Zeus von Artemision 2 ), geht aber in der Durchführung seiner Glieder über ein archaisches Werk wie den Apollon von Piombino hinaus3). Arbeit noch strengen Stiles vor Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. 58. Zeh, überlebensgroß. Länge 0,074 m. Olympia; erworben 1889. Inv. Ol. 12000.

T. 28.

Vor der Reinigung 1929 großenteils von zarter, grüner, etwas körniger Oberschicht bedeckt und an einigen Stellen äußerst hart versintert; jetzt helloliv und glatt. Der Bruch geht schräg durch das zweite Glied. Dieses ist hohl gegossen. Wegen der Länge des zweiten Gliedes handelt es sich wohl um einen zweiten Zeh. Einfache Formgebung. Das erste Glied verbreitert sich stark; unten ist es ohne Andeutung einer Standfläche voll gerundet. Nagel sehr breit, ganz kurz geschnitten. Neugebauer, BerlMus. 50, 1929, 31 Anm. 1. Neg. 4790. Das Bruchstück stammt offenbar von der überlebensgroßen Statue einer massigen Gestalt, ob Gott oder Athlet, bleibt ungewiß. Wegen des Vollgusses im ersten Gliede und der schlichten Formgebung gehört die sorgfältige Arbeit wohl in die erste Hälfte oder Mitte des 5. Jahrhunderts. 59. Linkes Ohr eines unterlebensgroßen behelmten Kopfes. Höhe 0,056 m. Olympia; erworben 1889. T. 28. Inv. Ol. 5918. Vor der Reinigung 1929 schwärzlich und grün, zum Teil heller verkrustet und versintert; jetzt glatter. Dickwandiger Hohlguß. Erhalten ist ein oben nach hinten gerundetes, breites linkes Ohr ohne das Läppchen und darunter ein Teil des Halses, der kaum eine Rundung zeigt. Hinter dem Ohre in flacherem Relief ein Teil eines Helmes mit dem rechtwinkligen Ausschnitt des Nackenschutzes, unter dem Ohre am Bruche links ein senkrechter Absatz, mit nur an der Kante rechts erhaltener Oberfläche, schwerlich der Anfang des Wangenumrisses, eher ein Wangenschutz des Helmes. Neugebauer, BerlMus. 50, 1929, 31 Anm. 1. Neg. 4796. Die Formgebung des Ohres ist kantig und knapp. Im Umriß ähneln ihm beispielsweise die Ohren des myronischen Diskoswerfers4). Der Helm hatte wahrscheinlich entweder die chalkidische Form 6 ) oder eine davon abgeleitete Mischform6). Sorgfältige Arbeit wohl aus der ersten Hälfte des S.Jahrhunderts.

a)

Homolle, F.d.D. IV Taf. 49/50; Hampe, BrBr Text zu Taf. 786—790, 19 Abb. 14 und 15. Karusos, Deltion 13, 1930/31, 48ff. Abb. 3—8. Von den erwogenen Ergänzungen der Hand mit Dreizack, Akontion (Jüthner AM. 62, 1937, I36ff.) oder Blitz sind die beiden erstgenannten meines Erachtens unmöglich, da ein durch die Hand gesteckter langer Stab, wie ein Versuch an dem zur Olympiade 1936 in Berlin aufgestellten Nachguß lehrte, mit der Achse der beiden Arme einen Winkel bildet und schräg nach vorn hervorragt. Das ist sogar Karusos 52 Abb. 9 zu sehen, wo der Stab zudem sehr häßlich den Kopf überschneidet. Mit ernstlich erwägenswerten Gründen spricht V. H. Poulsen, Bericht über den VI. Internationalen Kongreß für Archäologie, Berlin 1939, 397, das Meisterwerk dem Myron zu.

a)

de Ridder, Br ant. du Louvre I 7 I Nr 2 Taf. 2. Studniczka, Festschrift für Benndorf Taf. 7. Kukhahn, Der griechische Helm 42f. Taf. 5, 2 und 3, Kunze, Jdl. 53, 1938, 2. Olympia-Bericht 95f. Taf. 38. ' ) Vgl. Furtwängler und Wolters, Beschreibung der Glyptothek München 2 101 zu Nr 75 und 105 zu Nr. 78.

4)

5

Griechische B r o n z e n

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T. 28. 60. Mund, von einem etwa lebensgroßen Kopf. Breite 0,07 m, der Spalte allein rund 0,055 m - Olympia; erworben 1889. Inv. Ol. 10647. Mattgrün, hinten zum Teil blau verkrustet; versintert. Der Teilguß war dem Kopf besonders angesetzt. Die die Lippen umgebenden Streifen waren nicht sichtbar; oben wie unten weichen sie zurück; der obere Rand ist ausgezackt; Spuren einer dünnen Zinnschicht auf ihnen stammen wohl von einer Verlötung. Hinten an den Enden rechts wie links befinden sich unregelmäßige Verdickungen mit kurzem Falz oben; durch sie geht beiderseits unten von vorn nach hinten ein Eisennagel, dessen verrostete Reste erhalten sind. Eine schmale Spalte des Mundes ist geöffnet; die Mundwinkel sind herabgezogen. Die Oberlippe ist nicht in ganzer Breite dargestellt. Sie wölbt sich unregelmäßig vor, im Umriß ungefähr der Unterlippe folgend, die rechts von der Mitte etwas stärker als links ist. Furtwängler, Olympia IV 14 zu Nr. 21. - Führer I 52. - Neugebauer, BerlMus. 50,1929, 31 Anm. 1. Neg. 4796. Die Oberlippe war offenbar zum Teil vom Schnurrbart verdeckt. Die Mundöffnung entspricht etwa der des sogenannten Seneca 1 ) eines offensichtlich jüngeren Werkes. Doch braucht nicht wegen der Unregelmäßigkeit der Lippenumrisse auf ein Bildnis geschlossen zu werden, da sie beispielsweise auch am Marsyas Myrons begegnet. Das Stück könnte daher auch von der Statue einer bewegten mythischen Gestalt stammen. Furtwängler bemerkte zu dem Vergleichsstück aus Olympia in Athen: Guter freier Stil. Beide Bronzen sind als Teilgüsse doch wohl nicht jünger als die Mitte des 5. Jahrhunderts. T . 29. 61. Satyr. Höhe 0,15 m. Gefunden im Oktober 1879 auf dem Burgberg von Pergamon, nach Humanns handschriftlichem Arbeitsbericht bei der Fortsetzung des Abbruchs der byzantinischen Mauer nach Osten hin; hierbei fanden sich „Grandmauern hellenistischer Wohnungen und darauf" der Satyr. Damit stimmt Conze im Ganzen überein, doch wird seine Angabe „im Osten der Ära" von Furtwängler richtiger durch „südöstlich vom Altarplatze" ersetzt. Denn welcher Teil der byzantinischen Mauer damals abgebrochen wurde, lehrt ein Blick auf den Plan Altertümer von Pergamon I Taf. 3. Es handelt sich um das Stück, das von der Südostecke der Mauer an über die Osthälfte des oberen Marktes hinüberführte. Weder unter noch neben ihren Grundmauern haben Wohnhäuser gelegen. Als solche müssen vielmehr bei der ersten Freilegung die Mauern der Marktkammern verkannt worden sein, wenn auch noch Winter den anfänglichen Irrtum wiederholt; vergleiche dazu Humann, Jahrbuch der Kgl. Preuß. Kunstsammlungen 9, 1888, 43 f. Erworben 1880. Inv. 7466. Mildgrün, vielfach leicht von fest anhaftender Erde sowie von körnigen, an einigen Stellen des rechten Fußes und des Rückens rotbraunen Wucherungen bedeckt; an der rechten Schulter hinten und am Rücken einige Verletzungen in Gestalt flacher, hellgrüner Mulden. Der Gegenstand in der Rechten fehlt; an dem neben dem rechten Bein herabhängenden Teile des Felles ist oben ein flaches Stück ausgebrochen; darunter befindet sich ein hakenförmiger Riß; Zehen- und Fingerspitzen sind fast durchweg etwas abgewittert. Verbogen sind der linke Unterschenkel nach hinten, der linke Fuß nach unten, ferner der Stift an der Rückseite; auch der rechte Unterschenkel nebst Fuß scheint etwas, und zwar auswärts, verbogen zu sein. Der Satyr bewegt sich in leichter Ausfallstellung nach links; das rechte Bein ist gestreckt, das linke Knie gebogen. Die mageren, aber muskulösen Beine sind mit lebhaften Flächenbewegungen durchgearbeitet ; die Kantigkeit der schmalen linken Wade und die Betonung beider Kniescheiben mit ihrer Umgebung fällt besonders auf. Der im Verhältnis zu den Beinen kurze und schmale Rumpf neigt sich in der Richtung des rechten Beines zur Linken, wendet sich aber so weit nach vorn, daß in der Hauptansicht die linke Schulter samt dem Oberarm zur Erscheinung kommt. Der kurze, zugespitzte Penis liegt emporgerichtet an; über ihm setzt sich das plastisch angegebene Schamhaar mit einigen kurzen, gebogenen Gravierlinien mit einer Spitze in der Mitte fort. Die Hüftmuskeln und der Mittelteil des Bauches treten vor; der Nabel scheint weich eingesenkt; Säge- und Brustmuskeln bilden unruhige, aber *) Ruesch, Guida Mus. Naz. Napoli i i f i . Nr. 879; Helder, Bildniskunst Taf. 119.

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weich voneinander abgesetzte Erhebungen ; die Brustwarzen sind angegeben. Der Rücken zeigt eine nur unwesentliche Vereinfachung. Neben dem knapp geformten rechten Glutaeus befindet sich nur ein kleines, dreieckiges Stück des linken; in der Hauptsache wird er abgeschnitten durch eine schräg von links oben nach unten gerichtete, breite Mulde von dem Querschnitt ungefähr eines Parallelogramms. Der übermäßig starke rechte Oberarm ist emporgestreckt und schräg nach vorn gerichtet; er und der waagerecht zurückgebogene Unterarm liegen bis auf eine kleine Lücke des Ellenbogengelenkes am Kopfe an. Die Hand erscheint in Innenansicht; sie umschloß einen schräg abwärts auf den Schulterumriß zu gerichteten Gegenstand derart, daß der Zeigefinger sich etwas über den Daumen und der Mittelfinger sich etwas über den Zeigefinger herüberlegt. Der linke Oberarm, länger als der rechte, ist gesenkt, der Unterarm fast waagerecht zur Seite gestreckt. Die Hand hält eine Syrinx, deren acht Röhren durch zwei nach rechts überstehende Querleisten miteinander verbunden sind, unten nach links an Länge abnehmen ; der Daumen liegt auf der oberen Querleiste, der lange und dünne Zeigefinger oben auf den Röhrenenden auf. Die an der Rückseite zu denkenden drei letzten Finger sind nicht dargestellt ; jene bildet vielmehr eine glatte Fläche, so daß vermutlich auch die Dicke des Zeigefingers als nicht ganz angegeben gelten darf. Die an den beiden Fingern der linken Hand kenntliche Angabe der Nägel erlaubt den Schluß, daß sie auch an der rechten Hand sowie an den Füßen vorhanden war. Über den Unterarm hängt ein Pantherfell so herab, daß sein Kopf in leichter Schrägansicht - beide Augen sind sichtbar, aber nur das rechte Ohr - sowie die Vorderbeine zwischen den Beinen des Satyrs herabhängen. Hinten sind nur in der Breite des Armes die drei Falten des durch Anhebung des Unterarms zusammengeschobenen Felles in derberer Form durchgeführt, darunter bildet es eine glatte, nicht aber durchweg ebene Fläche. Aus dieser ragt waagerecht nach hinten, 1,7 cm lang, ein Befestigungsstift aus Bronze hervor; seine leicht konische Form erklärt sich dadurch, daß er von vorn durch das Fell hindurchgesteckt ist und hier, nach vollendeter Anbringung der Gestalt, festgehämmert wurde. Nur vorn ist nach alledem auch die Behaarung des Felles angedeutet, oben durch gepunzte, leicht gebogene Linien, unten überwiegend durch eine fein gravierte Strichelung. Der Kopf des Satyrs wendet sich auf kurzem und breitem, leicht vorgestrecktem Halse schräg zur Rechten. Das breite, leicht unsymmetrische, weil rechts etwas flacher gebildete Gesicht hat ein rundes Kinn und vorstehende Backenknochen ; der derbe Mund ist lachend geöffnet, die eingesattelte Nase verbreitert sich sehr stark; die Augen sind nur halb geöffnet, das rechte noch weniger als das linke, und von kräftigen Lidern umgeben; im linken Auge bemerkt man die Andeutung des Augensternes durch einen vertieften Punkt; die hochgeschwungenen Brauen sind plastisch aufgehöht, in der linken die Haare durch feine Schräggravierung angegeben. In gleicher Weise ist der Innenrand des allein sichtbaren linken, sehr großen Spitzohres behaart. Das Haupthaar ist über der Stirn schräg nach links oben gerichtet ; vor dem linken Ohr hängt eine Strähne herab ; am Oberkopf erscheinen die Strähnen wie momentan und in Übereinstimmung mit der Bewegung des Satyrs nach rechts gerichtet, nur hinter dem linken Ohre unten befinden sich einige, die nach vorn umbiegen. An den meisten Locken haben sich Reste einer flotten Längsgravierung erhalten, alle aber setzen sich in kräftigen Furchen voneinander ab ; nur hinter dem linken Jochbein und an der Seite des Halses unten sind einige wenige Haare durch ähnlich gepunzte Bogenlinien angedeutet, wie sie bereits am Pantherfelle oben vermerkt worden waren. Humann, Jahrbuch der Preuß. Kunstsammlungen 1880, 153. - Furtwängler, Der Satyr vonPergamon, 40. BWPr. 1880; wiederholt Kleine Schriften I içoff. - Treu, AZ. 39, 1881, 252. - Pottier und Reinach, La nécropole de Myrina 374. - Baumeister, Denkmäler des klassischen Altertums I I I 1567 Abb. 1628. - Reinach, R S . I I 138, 5. - Pontremoli und Collignon, Pergame 206 mit Abb. - Humann, Kohte und Watzinger, Magnesia am Maeander 220. - Klein, Geschichte der griech. Kunst I I 10, I I I 229. - Winter, Altertümer von Pergamon V I I 2, 369!. Nr. 469 mit Abb. - Roscher, ML. IV 488 (Kuhnert). - v. Salis, Der Altar von Pergamon 144. - Klein, Vom antiken Rokoko 44. - Neugebauer, Antike Bronzestatuetten 87 Tafelbild 47. - Derselbe, Griechische Bronzen 16 Abb. 27. - Führer I 61 f. Taf. 5i.-Pernice, Pompeji I V 2 Anm. 4.-Winter, KiB. 2 368,4. - Lawrence, Later Greeksculpture 1 1 2 . Ducati, Storia dell'arte etrusca I 539 mit Anm. 33. - Arndt, M Jb. N. F. 5, 1928, 268. - W. Lamb, Greek and Roman bronzes 205f. Taf. 74b. - Neugebauer, Pantheon 6, 1933, 56L Abb. 1. - Sieveking, Text 5'

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zu BrBr. 760 S. 21. - W. H. Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 435 Abb. 404. - G. Bruns, Antike Bronzen 54 Abb. 36. Formerei Nr. 2090. Neg. 4772, 5129 (mit senkrecht gestellter Anschlußfläche), 5130 (Rückseite). Die bisherige Erklärung des Standmotivs, der Satyr höbe sich im Ausholen auf die Zehen beider Füße, beruhte auf Nichtbeachtung der Tatsache, daß dann die Zehen des linken Fußes, der die Hauptlast der Gestalt trägt, nach oben umgebogen sein müßten. So stellen den Zehenstand im Tanz zum Beispiel unsere Statuette Fr. 1835 oder vergleichbare Typen der neuattischen Reliefkunst dar 1 ). Im Gegensatze hierzu erscheint die linke Sohle in unorganischer Weise leicht konkav gebogen. Vielleicht die gleiche Ursache wie für diese Verbiegung darf dafür verantwortlich gemacht werden, daß der linke Unterschenkel nach hinten mit dem Oberschenkel einen stumpfen Winkel bildet, oder daß der rechte Unterschenkel samt dem Fuße zu weit auswärts gedreht erscheint ; hierbei mag auch der Riß im Pantherfell entstanden sein. Das Motiv war daher das ganz normale des Ausfalls, wie es, nur noch schwungvoller, etwa die Bronzestatuette eines bärtigen Kriegers in Parma zeigt2). Für die Frage nach der einstigen Anbringung des Satyrs ist es von Wichtigkeit, daß hinten am Fell nur ein Randstreifen unter dem linken Ellenbogen bis zu dem Riß eine ebene Fläche bildet. Zur Linken der Gestalt hin ist die Fläche leicht ausgebuchtet, so daß zwischen einer angelegten Hintergrundsebene und dem Austritte des Bronzestiftes aus dem Fell eine kleine Lücke klafft. Nur wenn man den linken Unterschenkel nach vorn zurechtgebogen denkt, kann eine an jene Ebene angelegte Rückwand so groß angenommen werden, daß sie die ganze Rückseite der Statuette umrahmte; jetzt weicht der linke Fuß des Satyrs in mehr als halber Breite hinter sie zurück. Nimmt man diesen Hintergrund als senkrecht an, so neigt sich der Oberkörper der Gestalt nach vorn über, so daß sich der Blick des Satyrs auf einen niedrig gelegenen Punkt schräg neben ihm richtet. Kommt dies der Geschlossenheit des Motivs zugute, so erscheint andererseits die Befestigung der Statuette allein durch den Bronzestift als ungenügend. Die Einarbeitung in den linken Glutaeus ist daher wohl hergestellt worden, um das Eingreifen eines an der Rückwand eingeschlagenen Hakens von oben zu ermöglichen, der ein Vornüberfallen der Bronze verhindern sollte. Da sich nach einer mikrochemischen Untersuchung von Prof. Brittner keine Spuren von Eisen, sondern nur solche von Kupfer in der Einarbeitung finden, kann auch der Haken nur aus Bronze bestanden haben. Die Wand hinter der Statuette bestand höchstwahrscheinlich aus Holz, denn für eine Metallplatte wäre der Bronzestift zu lang, er fände in ihr auch keinen Halt, in dem Dübelloch einer Steinplatte aber müßte er von Kitt umgeben gewesen sein, wovon sich an ihm kein Rest nachweisen läßt. Der Satyr stammt daher vermutlich von dem Schmuck eines mit Bronze beschlagenen Holzmöbels. Sollte er von einem der Paläste zu seinem Fundorte verschleppt worden sein? Die dionysische Darstellung legt den Gedanken an einen Geschirrtisch nahe ; vergleiche dazu die Reliefs an den Trapezai für Gefäße auf zwei Silberkantharoi aus Berthouville 3 ). Auch w;enn man, wie schon Furtwängler erwog, zur Rechten des Satyrs ein Tier ergänzt, dem der Schlag mit dem Gegenstand in der Rechten, zweifellos einem Pedum, gilt, läßt sich diese Gruppe einem hochformatigen Rechteck einfügen. Derartige Felder aber bilden in den stark verkleinerten antiken Wiedergaben hellenistischer Geschirrtische die Zwischenräume kurzer Halbsäulen4), die ebenso mit Gestalten belebt gewesen sein können, wie die des Klagefrauensarkophages oder des Niobidensarkophages von Kertsch es sind6). Als Vorläufer dieser Dekorationsart dürfen die reliefgeschmückten Felder neben einem triglyphonähnlichen Glied an der Truhe eines lokrischen Tonreliefs genannt werden"). Furtwängler hat 8 ff. darauf hingewiesen, daß das ungewöhnliche Motiv des sich mit einem Tiere balgenden Satyrs mit dem Typus des die Hunde der Artemis bekämpfenden Aktaion in einer Marmor1

) Hauser, Die neuattischen Reliefs Taf. 1—3. ) EA. 72b; AA. 1927, 158, wo Kaschnitz-Weinberg zutreffend die im Gegensinn ausfallende Statuette aus Pompeji, ebda. 133 Abb. 4, vergleicht. ») Babelon, Le trésor de Berthouville Taf. I X A und X B. 4 ) Wiegand, AM. 25, 1900, 177, 179, 180; Studniczka, Symposion i66f. Abb. 50 und 51. *) Watzinger, Griechische Holzsarkophage 5 4 I Abb. 116 und 117. a ) v. Massow, AM. 41, 1916, 1 1 Abb. 2. 2

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statue des Britischen Museums 1 ) und in pompejanischen Wandbildern 2 ) eine enge Verwandtschaft aufweist. Sein Schluß, die Bronze hänge von einer älteren Aktaiondarstellung ab, bleibt indessen nur bei der Annahme eines noch nicht aufgefundenen Archetypus haltbar, denn die Statue in London hat einen klassizistischen A k t und stellt sich in der Wiedergabe der Tierfelle nicht fern von dem claudischen Brunnenrelief Grimani mit der Löwin 3 ). Dagegen wird der kleinasiatisch hellenistische Ursprung unseres Satyrs, durch den Fundort und die ebenso frische wie unpedantische Formgebung an sich wahrscheinlich, bestätigt durch verwandte Züge an ostgriechischen Terrakotten, wie schon der von Pottier und Reinach 372 ff. zu Taf. 26 mit Recht verglichenen Statuette aus Myrina; noch näher kommen ihm in den unruhigen Flächenbewegungen des Rumpfes und im struppigen Haupthaare der Satyr mit Lendenschurz aus Priene 4 ), in der Augenbildung vor allem der Dornauszieher ebendaher 6 ). In engerem Sinne als pergamenisch braucht, trotz Furtwängler und Winter, unsere Statuette daher nicht zu gelten. Hat Pernice doch zutreffend den einen Schlauch pressenden Satyr aus Pompeji 6 ) als nächstes Vergleichsstück unter den erhaltenen Bronzestatuetten angeführt. Die Proportionen erinnern auch an eine im Meere bei Mahdia gefundene Bronze 7 ). Doch werden am Satyr aus Pergamon die bäuerischen Gesichtszüge des Typus bis zum Gassenbubenhaften gesteigert; das Gebiet des Grotesken, dem der Dornauszieher aus Priene angehört, ist damit gestreift. Andererseits begegnet das Motiv des von Fell oder Gewand bedeckten linken Armes und der Syrinx in der Hand auch an einer knieenden Marmorstatuette von anscheinend edleren Formen aus Magnesia8). 62. Buckliger Bettler, auf einem Felsen hockend. Höhe 0,16 m, des Felsens allein 0,07 m. Nachweisbar T. 30. zuerst in Rom, Sammlung Castellani; später in Reims, Sammlung Petitjean; dann im Berliner Kunsthandel, aus dem Heinrich Dressel 1913 die Bronze erwarb; aus seinem Nachlasse vom Münzkabinett erworben und an das Antiquarium abgegeben. Inv. 30894. Grün in verschiedenen Tönen; am Bettler zahlreiche rotbraune Flecken. Es fehlen ihm der rechte Fuß, die Kuppen des linken, angebrochenen, und des rechten Zeigefingers, sowie die Augeneinlagen. Im Gesäß ein großes, unregelmäßig längliches Loch. Der linke Fuß war in der vorderen Hälfte etwas nach unten und nach innen verbogen. Diese Beschädigung konnte 1929 zum Teil behoben werden. Gleichzeitig wurde die frühere Verschmierung zwischen der linken Fußsohle, dem Gesäß und der Oberseite des Felsens mit grünem Wachs entfernt und der Felsen selber von einer gelblichen Erdkruste befreit. An ihm scheint neben der Innenseite des linken Fußes ein flaches Stück abgesplittert zu sein, doch ist die Bruchfläche von der Patina bedeckt. Der Felsen, durch Verzicht auf Ziselierung und durch zahlreiche Höcker als ein weicher, poröser Stein gekennzeichnet, erhält durch eine tellerartige Verbreiterung unten eine sichere Standfläche. Von seiner dem Zylinder angenäherten Grundform geht oben nach vorn ein Vorsprung ab und noch etwas höher zur Rechten ein zweiter, kürzerer. Die Oberseiten dieser Vorsprünge bilden zusammen mit der Sitzfläche des Bettlers eine flache Mulde. Felsen und Gestalt passen nicht scharf aufeinander. Der Bettler sitzt am hinteren Rande des Felsens, so daß nur ein schmaler Streifen seines Gesäßes und rechten Oberschenkels diesen berührt. Das linke Knie ist hochgezogen, der Fuß steht auf dem vorderen Vorsprung. Das etwas schräg abgestreckte rechte Bein ist im Kniegelenk scharf zurückgebogen; der Fuß kann nur mit der Ferse auf der an der Innenseite des erstgenannten Vorsprunges abgesplitterten Stelle aufgelegen haben. Beide Beine sind stark abgemagert und sehnig; die Wadenmuskeln heben sich nur flach ab. Der Rumpf neigt sich mit vorgenommener linker Schulter etwas zur Linken. Er ist über den schmalen Hüften allseitig verkrümmt und hat einen gewaltigen Buckel, an dem die Wirbel hervortreten. Vorn l) а) 3) 4) б) 6)

') 9)

BrBr. Taf. 209 a. Reinach, RP. 52, 5 und 9; 53, 2. Rodenwaldt, Das Relief bei den Griechen 100 f. Abb. 122 Wiegand und Schräder, Priene 345 Abb. 405. Köster, Die antiken Terrakotten 89 und 98 Taf. 100. Spinazzola, Le arti decorative in Pompei Taf. 248. Merlin, MonPiot 18, 1910, i j f ; Taf. 5. Humann, Kohte und Watzinger, Magnesia 194 f Abb. 192.

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gewahrt man über dem starken,- zugespitzten Penis den breit eingesenkten Nabel, die Medianrinne, den Rippenkorb und die flachen Brustmuskeln. An eckigen Schultern setzen die dünnen Arme an. Beide Oberarme divergieren schräg nach vorn abwärts; die Unterarme sind zur Mitte herumgebogen; von den großen, leicht geöffneten Händen, an denen die Daumen etwas abgestreckt, die Mittel- und Ringfinger eingeschlagen sind, liegt die rechte etwas höher als die linke und dicht hinter dieser nahe am Kinn. Auf kurzem, breitem Halse wendet und neigt sich der große Kopf schräg zur Linken. Das eingefallene Gesicht hat sehr grobe Züge, ein spitzes Kinn, vorgespitzte, breite Lippen, eine lange, leicht gekrümmte Nase mit sehr breiten Flügeln und hervortretenden Jochbeinen; die großen Augen, deren Sterne in Stiften aus anderem Metall, wohl Silber, eingelegt waren, blicken mit einem ängstlichen Ausdruck etwas nach oben, der durch das Verschwinden der Oberlider unter den Augendeckeln und tief gefurchte Falten über der Nasenwurzel erzeugt worden ist. Über der stark vorgebuckelten Unterstirn flieht die hohe Oberstirn zurück. Der Ansatz der ziemlich kurzen, leicht gelockten Haare beginnt erst kurz vor der Stelle über den allzu großen, abstehenden Ohren; neben zwei Büscheln in der Mitte befindet sich beiderseits eine einspringende Ecke. Coli. Alessandro Castellani, Vente Rome 1884, 49 Nr. 296. - Neugebauer, AA. 1922, 88 ff. Nr. 39 mit Abb. - Führer I 62 Taf. 53. - Stephanos, Th. Wiegand zum 60. Geburtstag dargebracht 15 Taf. 1 1 . Neugebauer, 87. BWPr. 1927, 1 3 Ahm. 1. - W. Lamb, Greek and Roman bronzes 203 Taf. 77 c. S. Reinach, R A . 5-e sdr. 30, 1929 II, 74 Nr. 3. - G.Bruns, Antike Bronzen 54 Abb. 37. Neg. 3976 (Vorderansicht), Neg. 3977 (Seitenansicht nach links), Neg. 2853, 5 1 1 8 (Seitenansicht nach rechts), Neg. 2854, 5 1 1 9 (Schrägansicht nach links), Neg. 2852 (Dreiviertelansicht von vorn). In der Ersterwähnung ist die Haltung der Hände als die eines Flötenspielers bezeichnet worden. Doch ließe sich ein Musikinstrument nur unter der Voraussetzung in die Hände legen, daß diese sehr stark verbogen seien. Das aber trifft augenfällig nicht zu. Zwar berühren sich nahezu linker Oberschenkel und Oberarm oder rechter kleiner Finger und linkes Knie in einer Weise, die den Guß eines genau entsprechenden Wachsmodells nicht erlaubt. Dieses kann aber von dem endgültigen Zustande der Bronze durch eine geringfügige Abspreizung der genannten Teile voneinander verschieden gewesen sein, so daß diese erst durch vorsichtiges Hämmern nach der Erkaltung die vom Künstler beabsichtigte Haltung bekommen haben. Die Gebärde bedeutet wahrscheinlich den Ausdruck des Hungers, berechnet auf das Mitleid Vorübergehender. Dieses könnte allein schon durch die grauenvoll entstellende Erkrankung des Dargestellten erregt werden. Nach gütiger Auskunft von Herrn Professor Dr. Franz Schede, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik in Leipzig „handelt es sich sicher um eine Spondylitis, das heißt um eine tuberkulöse Wirbelentzündung. Der hochgradige Muskelschwund an den Beinen läßt auf eine Lähmung der Beine schließen, wie sie bei dieser Krankheit eintritt. Dabei pflegen Kontrakturen in den Hüften und in den Knieen zu bestehen. Diese Patienten können sich in der Regel an Krücken leidlich fortbewegen und können sehr wohl einen Felsen ersteigen, wie ihn die Plastik darstellt. Wir nennen solche Menschen Handgänger, und es ist oft erstaunlich, was sie alles leisten können." Solche und ähnliche Jammergestalten hat die hellenistische wie die kaiserzeitliche Kunst häufig dargestellt 1 ). Es gilt daher, den engeren Kunstkreis zu bestimmen, aus dem die Bronze stammt. Eine mündliche Überlieferung, die Bronze sei in Griechenland um 1880 zusammen mit tanagräischen Terrakotten in einem Grabe gefunden worden, erscheint unglaubwürdig. Doch darf andererseits aus dem Umstände, daß sie aus dem Besitze Castellanis in Rom versteigert wurde, nicht auf eine Herstellung in Italien und während der Kaiserzeit geschlossen werden. Eher könnte man an Ägypten denken. Geht doch das Sitzmotiv auf ein altägyptisches Schema zurück, in dem allerdings der Fuß des zur Seite gestreckten Beines untergeschlagen wird 2 ); hierfür können auch eine schwerlich voralexandrinische Statue in Turin 3 ) oder kaiserzeitliche Terrakotten des Harpokrates4) angeführt werden. Indessen ist *) Vgl. Holländer, Plastik und Medizin 326ff , Zahn, 81 B W P r 1923, Qff

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2

) Möbius, AM. 4 1 , 1 9 1 6 , 134 f.

3

) S. de Ricci, R A . 40 s6r. 8, 1906 I I , 3 8 5 ! . Nr. 59 mit Abb.

4

) Valdemar Schmidt, De Graesk-Aegypticke terrakotteis i N y Carlsberg Glyptothek 70 Nr 45 und 46 Taf. 20

dies Sitzmotiv bereits vom 5. J a h r h u n d e r t v. Chr. an in Griechenland wie in Etrurien nachweisbar 1 ). Unter den Bronzen aus Ägypten finden sich andererseits mehrfach angelnde Eroten oder Fischer, die auf einem Felsen sitzen 2 ). Nun kehrt aber ein solcher Angler auch in dem Relief eines glasierten Tonbechers des Antiquariums aus Kertsch wieder, den Zahn, obgleich er die Darstellung auf den Nil bezieht, als das Erzeugnis einer kleinasiatischen, vielleicht smyrnäischen W e r k s t a t t nachgewiesen hat 3 ). Und ins Groteske weitergebildet, hierdurch aber unserer Bronze weit näher gerückt, zeigt den Typus eine Terrak o t t a aus der lydischen Stadt Thyatira im Antiquarium 4 ); auf einem ähnlichen Felsen sitzt ferner der aus gleichem Geiste geschaffene Dornauszieher von Priene 6 ). Der Fischer aus Thyatira ist unter den Tonstatuetten ein Vergleichsstück zu unserer Bronze in mehrfacher Hinsicht, sowohl in dem stark räumlichen Gestaltenaufbau, den er mit dem Dornauszieher teilt, wie in Einzelformen, etwa der Hervorhebung des Rippenkorbes, den vorgespitzten Lippen, der breiten Hakennase, der Durchfurchung von Wangen u n d Stirn. Nur ist das alles an der Terrakotta derber durchgeführt. Steht ihr unter den Einzelköpfen einstiger Tonfiguren aus Kleinasien einer in Konstantinopel nahe 6 ), so erinnert an den Bettler mit seiner feineren Formgebung noch mehr der eines Fischers in München'); am nächsten k o m m t ihm aber das schmerzverzerrte Gesicht des geprügelten Sklaven aus Priene 8 ). Zur Zeitbestimmung verhilft uns die Umschau über Darstellungen hockender u n d aufwärts blickender Gestalten in der großen Plastik. Die trunkene Alte des jüngeren Myron, ein Werk des 3. Jahrhunderts, ursprünglich in Smyrna aufgestellt 9 ), ist unserem Bettler in dem unbarmherzigen Verismus der Modellwiedergabe nächst verwandt. Sie erhält ihr zeitgenössisches Gegenstück auf dem Gebiete liebenswürdiger Kinderdarstellung in dem 'Knaben mit der Fuchsgans, dessen Urbild nach Herodas auf Kos gestanden h a t ; die Beinhaltung des Kleinen nimmt die späterer Harpokratesterrakotten voraus 1 0 ). Aus dem Ende desselben J a h r h u n d e r t s aber besitzen wir in dem Schleifer zu Florenz die Kopie einer pergamenischen Schöpfung, deren sich überschneidende Hauptlinien am ehesten in ähnlicher Schrägansicht 1 1 ) wie die der trunkenen Alten u n d des Bettlers sich zu klarer Einheit zusammenschließen. Wir dürfen nach alledem in der Bronze eine kleinasiatische Arbeit des 3. J a h r h u n d e r t s erblicken. 63. Bärtiger Gott, Zeus oder Poseidon.

Höhe 0,153 m. K r e t a ; erworben aus Athen 1880.

T. 31.

Inv. 7478. Die schwärzlich dunkelgrüne Oberfläche wird von vielen sehr kleinen, porenartigen Verletzungen durchsetzt, die den Gesamteindruck indessen k a u m verändern. Störender sind die Brüche. E s fehlen der linke Unterschenkel mit F u ß , der rechte Unterarm mit H a n d u n d der Gegenstand in der Linken samt dem größten Teile des Daumens. An den Außenseiten des linken Oberschenkels u n d des rechten Unterschenkels befinden sich senkrechte mitpatinierte Kratzer; an der Spitze des Penis und dem Bruchrande u n t e r dem linken Knie t r i t t die Bronzefarbe hervor. Der erhaltene Ansatz des linken Unterschenkels ist anscheinend nach hinten verbogen. Das linke Bein trug die Hauptlast des Körpers. Der rechte Spielfuß t r i t t , lebhaft zur Seite gesetzt u n d auswärts gedreht, mit voller Sohle auf. Die Formen des Beines sind voll u n d heben sich weich voneinander ab. Dasselbe gilt erst recht von dem im Verhältnis zu den Gliedern schlanken Rumpfe mit seinen wulstigen Hüftmuskeln, seinem leicht vorgewölbten Bauche oder der breiten Medianrinne. Die *) Vgl. AA. 1922, 80 zu Nr. 33. ) Neugebauer a. a. O.; weitere Beispiele bieten de Ridder, Coli, de Clercq, bronzes, i9of. Nr 276 Taf. 45, 1, und Roeder und Ippel, Die Denkmäler des Pelizäus-Museums in Hildesheim 182 Nr. 370. *) Vgl zuletzt Stephanos 15 f. Taf. 12 unten. 4 ) Wiegand, Jahrbuch der Kgl. Preuß. Kunstsammlungen 37, 1916, 9 Abb. 6. •) Köster, Die antiken Terrakotten 98 Taf. 100. 6 ) Holländer a. a. O. 331 Abb. 225 und 226. ') Sieveking, Die Terrakotten der Sammlung Loeb II 21 Taf. 86, 1 ; physiognomisch nicht unähnlich, wenngleich derber ist der Kopf auf Winter, Typen I I 442, 2. 8 ) Wiegand und Schräder, Priene 358 Abb. 436. •) Vgl. zuletzt Studniczka, J d l . 38/39, 1923/24, 121 f. mit Anm. 5; Rodenwaldt, Die Kunst der Antike Taf. 471 10 ) Herzog, ÖJh. 6, 1903, 215 ff. Taf. 8; Rodenwaldt a. a. O. Taf. 467 11 ) Bulle, Der schöne Mensch2 Taf. 181 2

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Brustwarzen sind plastisch angegeben. Auch die Arme sind muskulös mit gewellten Umrissen ohne eine übertriebene Massigkeit. Der rechte Oberarm hängt herab, der Unterarm streckte sich vermutlich vor. Die Linke stützte, mit seitlich abgestrecktem Oberarm und schräg emporgerichtetem Unterarm sich hoch auf einen Stab auf, der nach dem Verlaufe der Furche innerhalb der Hand seinerseits etwas schräg nach außen gerichtet war. Der Kopf wendet sich ohne Vorwärtsneigung ein wenig zur Rechten, wodurch sich an dem allzu starken Halse rechts eine durch Gravierung angegebene Hautfalte bildet. Das Gesicht hat einen Ausdruck von Stolz und robuster Kraft. Der fest geschlossene Mund scheint gewohnt zu befehlen. Die Nase ist kurz mit sehr breiten Flügeln, tief liegen die kleinen Augen, deren schräg gestellte Brauenbögen von seelischer Gespanntheit zeugen, die Unterstirn, über der zwei Falten eingraviert sind, buckelt sich stark vor. Umrahmt wird das Antlitz von dem kurzen, in starken Lockenbüscheln gegliederten Barte und von dem Kranze längerer emporgebogener Locken, der vor einem schmalen Haarreif ringsum sich breit auflockert; innerhalb des Reifes liegt das Haar vom Wirbel aus in gewellten Radien an dem abgeplatteten Schädel an. Treu, AZ. 39, 1881, 252. - Führer I 57. Neg. 3574Der Typus ist bereits im 5. Jahrhundert geschaffen und für Zeus wie für Poseidon verwandt worden 1 ); die unruhige Gesamtwirkung unserer Statuette legt die Ergänzung mit dem Dreizack näher als die mit dem Zepter. Ähnlich ist im Ganzen der größere Jupiter aus Dalheim 2 ), von deren harter gallorömischer Arbeit sich indessen der weit flüssigere Formvortrag merklich unterscheidet. Das schon vor Lysipp nachweisbare, im Kreise dieses Künstlers aber auch begegnende Standmotiv 3 ) ist im Sinne eines zentrifugalen Aufbaues weiter entwickelt. Im gleichen Sinne erscheint der Rumpf gegenüber den Gliedmaßen sehr schlank. Unter Marmorwerken findet er in einem allerdings reicher und feiner durchgeführten hellenistischen Torso der Sammlung antiker Skulpturen 4 ) in Berlin einen Verwandten. Der großflockigen Haarbehandlung lassen sich ferner der Poseidon von Melos5) oder der Kopf des Anytos aus Lykosura 8 ) vergleichen. Nach alledem wird die Statuette eine Arbeit des 2. Jahrhunderts sein. T. 32. 64. Athena. Höhe 0,265 m. Gefunden in Mazaka (Caesarea) in Kappadokien; erworben in Konstantinopel 1865. Fr. 1875. Graugrün; an einigen Stellen, zum Beispiel in der Steilfalte zwischen den Unterschenkeln, am Brustausschnitt und am rechten Arm schimmert die Bronzefarbe hervor. Die stark zerfressene Oberfläche zeigt keine Verkrustung; vielleicht ist eine solche 1893 entfernt worden, als laut Inventarvermerk Dr. Rathgen die Statuette behandelt hat. Beide Arme waren etwa in der Mitte der Oberarme angesetzt. Erhalten ist davon nur die untere, vollgegossene Hälfte des rechten Oberarmes. Abgebrochen waren Kopf und Hals. In früheren Jahrzehnten, gewiß vor der Erwerbung, hat man sie in roher Weise dadurch wieder befestigt, daß die zum Teil sehr dünnwandig hohl gegossene Gestalt auf den Kopf gestellt und bis in den Oberkörper hinein mit flüssigem Blei ausgefüllt worden ist. Der in der Zwischenzeit gelockerte Verband am Stumpf des rechten Armes wie am Halse ist 1929 erneuert worden. Außer den Teilen der Arme und den Händen mit den Attributen fehlt der einst besonders eingezapfte Helmbusch; der Rand der Helmkappe ist vorn in der Mitte verletzt und verbogen. In der Faltentiefe schräg unter dem rechten Knie ein kleiner, etwa kreisförmiger Gußfehler in der hier besonders dünnen Wandung. Die Göttin steht hochaufgerichtet, etwas zurückgelehnt da. Sie hat lange Beine, breite Hüften, einen schmalen Oberkörper und einen kleinen Kopf. Beide Füße sind auswärts gedreht, der linke entlastet auf voller Sohle ziemlich weit zur Seite und um etwa eine halbe Sohlenlänge zurückgestellt. Die 1

) ) 3 ) 4 ) 6 ) 2

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BerlMus. 42, 1920/21, 8ff. de Ridder, Br. ant. du Louvre I 43 Nr. 36 Taf. 7; S. Reinach, RS. I I 4, 1. Vgl. BrBr. Text 4 zu Taf. 718. Kurze Beschr.® 98 f. Nr. i486 Taf. 55 c. BrBr. Taf. 550. S. Papaspiridi, Guide Nat. Mus. 67 Nr. 1736 Taf. 4.

Füße, von denen man rechts nur die Zehen, links diese nebst einem Teil dahinter erblickt, stecken in Sandalen, deren auffällig hohe Sohlen nach hinten ansteigen; von ihrer Befestigung werden nur am linken Fuß zwei Riemen sichtbar, die in flachem Relief von einer ungefähr herzförmigen Schließe zwischen den ersten beiden Zehen aus nach hinten divergieren. Das Gewand, ein hochgegürteter Peplos mit Überschlag, stößt über den Füßen und ringsherum auf der Standfläche auf; ein Bündel von Steilfalten zwischen den Beinen staut sich nach links hin, so daß tiefe, sich verbreiternde Faltentäler zwischen ihm und dem sich unter dem Gewände abhebenden Spielbein entstehen; die rechts offenen Säume des Peplos fallen zickzackförmig herab; hinten schleppt er nach. Der untere Saum des Überschlages fällt vorn wie hinten von der Mitte unter einem vom Gürtel aus divergierenden Faltenbündel etwas zu den Seiten herab, unter den genannten Falten einen Zickzack bildend; dem seitlichen Zickzacksaum rechts entsprechen links zwei stärkere Falten; von den vier anliegenden Flächen des Überschlages lösen sich unter dem Gürtel gleichförmige kurze Bogenfalten. Die Gürtelschnur wird vorn durch eine rechteckige Schließe zusammengehalten. Darüber heben sich die weichen, nicht sehr vollen Brüste ab. Der Halssaum bildet vorn und hinten ziemlich tief herab ein spitzwinkeliges Dreieck; auf den Schultern ist je ein Knopf angedeutet. Die rechte Schulter ist etwas vorgenommen, der rechte Oberarm schräg zur Seite abgestreckt; der linke Oberarm war gesenkt, ohne das Gewand zu berühren. Der Kopf wendet sich auf zartem und schlankem Halse schräg zur Rechten. Das unsymmetrische, weil rechts verschmälerte Gesicht zeigt die schmalen Lippen leicht geöffnet; die Wangen sind etwas leer; die schmale Nase setzt die Linie der Stirn fort; in den großen Augen scheint nur noch rechts ein Rest des den Stern umgebenden Kreises mit Mittelpunkt kenntlich. Von dem über der Stirnmitte gescheitelten und seitlich emporgestrichenen Haar, das die obersten Teile der Ohrmuscheln verdeckt und hinten aufgenommen ist, wird nur ein schmaler Streif sichtbar; auf die Schläfen fällt beiderseits eine geschlängelte Locke herab. Die Hauptmasse verschwindet unter einem zurückgeschobenen korinthischen Helm, dessen Nasenschutz und Augenlöcher nur angedeutet erscheinen; von der Kappe setzt sich seitlich und hinten ein ziemlich breiter Rand ab. Friederichs 404 Nr. 1875. - Führer I 55. - Horn, Stehende weibliche Gewandstatuen 82 f. Taf. 34,2. 3. Neg. 2931 (früherer Zustand), 5114, 5 1 1 5 (jetziger Zustand, von vorn und schräg von rechts hinten). Die von Friederichs erwähnte antike Basis, zur Zeit nicht auffindbar, ist 1893 durch Furtwängler als unzugehörig von der Statuette getrennt worden. Athena streckte vielleicht die Rechte mit einer Schale vor, da eine solche erhalten ist an einer verwandten, ohne Sockel 0,17 m hohen Bronzestatuette, die ich 1922 im Lateranischen Museum, Zimmer 15, sah. Der linke Unterarm war wohl erhoben, und die Hand stützte den Speer auf, wie an einer gleichfalls nicht unverwandten Statuette der Sammlung Czartoryski zu Krakau 1 ). Während aber an diesen beiden römischen Bronzen zwar die Verschmälerung des Aufbaues nach oben wiederkehrt, ist unsere Statuette von ihnen unterschieden durch eine außerordentliche Schlankheit und eine auffallende Kürze des Oberkörpers. Hierin stellt sich anscheinend nicht fern von ihr eine Terrakotta derselben Göttin aus Myrina 2 ). Nächst vergleichbar sind einige Gestalten an dem hierin nicht gleichmäßig gearbeiteten Friese des Hekatetempels zu Lagina 3 ); als unmittelbare Vorstufe aber wäre die mutmaßliche Thaleia aus der Gruppe der Philiskosmusen zu nennen4), zumal da an ihr auch der Gesichtsausdruck, das Standmotiv, die allerdings reicheren Bogenfalten, die zum linken Fuß führen, und die am linken Unterschenkel flach anliegende Falte ähnlich sind. Die Proportionierung und die lebhafte Bewegung des kleinen Kopfes auf schlankem Halse erinnert an die Athena der Silberschale aus Hildesheim; auch die Haaranordnung über der Stirn ist ähnlich6). Die Statuette darf danach dem 1. Jahrhundert v. Chr. zugeschrieben werden. In dem seitlichen Zickzacksaum des Peplos verrät sie einen klassizistischen Einschlag; die gleichartigen Bogenfalten zwischen 1

) ) ®) 4 ) s ) 2

Reinach, R S . IV 166, 1; Bulas, Dawna Sztuka 2, 1939, 182 Abb. 5. Pottier und Reinach, La Nécropole de Myrina I 394 I I Taf. 28 rechts unten. Mendel, Cat. des sculpt. Mus. Ottom. I 494ff, Nr 2 1 3 , 2 1 3 a , 215. Vgl. Milet I 9. m f . Nr. 1 3 Taf. 33. Pernice und Winter, Der Hildesheimer Silberfund 23 Taf. 1

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Hängefalten unter der Gürtung und der flache Winkel des Apoptygmasaumes sind Motive, die sogar an archaisierenden Skulpturen wiederkehren 1 ). T. 33. 65. Satyr, einst wohl einen Schlauch hebend. Höhe 0,105 m. Aus Rhodos; erworben 1894. Inv. 8473. Dunkelgrün mit vielen braunroten Flecken, bis zu einer Reinigung 1929 durchweg mit kleinkörnigen, außerdem am Gesäß u n d darunter, am linken Oberschenkel außen, am Rücken, an der Brust, unter beiden Achseln, besonders stark rechts und am Gesicht rechts mit stärkeren Wucherungen bedeckt. E s fehlen der linke Fuß, der kleine Finger der rechten u n d alle Finger der linken Hand, sowie der Gegenstand in den Händen. Die Spitze des Penis u n d die abstehenden Blätter des Kranzes sind bestoßen. Der rechte F u ß tritt ohne Zehenangabe auf ganzer Sohle vor; das Knie ist leicht gebeugt. Der linke, zurückgestellte F u ß war nach Maßgabe des etwa gleich gebeugten Knies nach außen gerichtet. Der Rumpf neigt sich etwas vor, doch ist die rechte Schulter nicht nur erhoben, sondern auch stark zurückgenommen, so daß die Achsen der H ü f t e n u n d der Schultern zur Linken konvergieren. Die Drehung des weich durchgebildeten Rumpfes k o m m t vorn in der geschwungenen Medianrinne, hinten im entsprechenden Verlauf des Rückgrates zu sicherem Ausdrucke. Der rechte Oberarm ist schräg nach hinten abgestreckt, der Unterarm beinahe waagerecht, aber in gleicher seitlicher Schräge, nach vorn herumgebogen ; die H a n d umspannte geballt einen nach der Mitte der Gestalt zu leicht konischen Gegenstand derart, daß dieser nur wenig gesenkt dicht vor dem Nabel vorbei verlief. Der Handrücken befindet sich u n t e n ; darüber gewahrt m a n vorn drei Finger, u n d der Daumen legt sich über diese von oben herüber; er ist von unförmig breitem Ansatz u n d allzu sehr zugespitzt. Der linke Arm ist, im Ellenbogen leicht gewinkelt, etwas schräg angehoben, der Handteller flach. Der Kopf wendet u n d neigt sich schräg zur Linken; die Blickrichtung verläuft etwa zur Hand. Das Gesicht h a t einen Mund mit wulstigen Lippen, eine stark verbreiterte Sattelnase, schmale Augen, eine breite, kurze Falte zwischen den anscheinend plastisch aufgehöhten Brauen u n d eine steile Stirn. Das H a a r scheint kurz gelockt zu sein. E s liegt in ihm ein Reif mit nach oben wie nach unten gerichteten, großen Efeublättern, unter denen die Ohren verschwinden; von den oberen Blättern, die flach am H a a r e anliegen, sind mehrere in ihrer Form zweifelsfrei zu erkennen, die unteren stehen a b ; über der Stirnmitte befindet sich ein Korymbos aus vier quadratisch angeordneten Früchten. Furtwängler, AA. 1 8 9 4 , 1 2 1 Nr. 35 Abb. 21. - Reinach, RS. I I I 152, 5, wo irrtümlich als in Dresden angeführt, u n d 166, 3. - Führer I 62. - Neugebauer, Pantheon 6, 1933, 57t. Abb. 2. Neg. 3616 (vor der Reinigung, von vorn), 5 1 3 1 (nach der Reinigung, nach rechts gewandt). Die bisherige Deutung auf einen Barbaren h a t Furtwängler gegeben, da er an der Gestalt Abzeichen der Satyrn vermißte. Doch hob er bereits die satyresken Züge des Gesichts hervor und bemerkte den Blattkranz im Haar. Da dieser aus Efeu besteht, sind Furtwänglers Zweifel unberechtigt, denn ein Schwänzchen fehlt auch dem Satyr aus Pergamon. Auch die Vermutung, die Hände zögen etwas an, etwa das Seil eines Eimers aus dem Brunnen, läßt sich nicht halten, da die Linke nicht geballt ist u n d an der Rechten der Handrücken unten liegt 2 ). Eher könnte es scheinen, die Rechte befinde sich in Bereitschaft zu einem Stoße. So bedroht auf der Würzburger Brygosschale ein Komast mit weit ausgeholtem Stecken den vorangehenden Genossen, der in den Chiton der Flötenspielerin greift 3 ). Doch p a ß t zur Annahme eines Thyrsos die wenn auch geringe konische Verbreiterung der Handdurchbohrung nicht recht; auch verliefe er allzu dicht vor dem Leibe, u n d vor allem pflegen ebensowenig in rotfigurigen Gefäßbildern die Silene, wenn sie einer Mänade nachstellen, einen Thyrsos bei sich zu haben 4 ), wie auf dem pergamenischen Rankenrelief in der Berliner Skulpturensammlung die beiden Satyrn 5 ). Indessen kann die Rechte auch einen Gegenstand angehoben haben, den die Linke stützte, allerdings nur, wenn 1

) Zu den Bogenfalten vgl. die Fortuna Berlin Nr 154, zu beiden Motiven, in Fortbildung des erstgenannten, zwei der Statuen aus dem Theater von Milet im Louvre; Bulle, Archaisierende Rundplastik 21 Tai. 5, 42. 2 ) Vgl. V. Mercklin, RM. 38/39, 1923/24, 85 mit Anm. 1 Taf. I I 1 ») F R . Taf. 50; Pfuhl, MuZ. I I I i 4 2 f „ 423. *) Schaal, Stadel-Jahrbuch 2, 1922, I9ff. Taf 6 und 7; v Mercklin a. a. O 103 Taf I I 2. eine Ausnahme Reinach, R V I I 3 1 3 , 1. l ) Winter, A.v P V I I 1, 323 Nr 407 Beiblatt 43.

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ihre Finger umgebogen waren. Hierfür kommt wohl nur ein Weinschlauch in Frage. Dessen offenes Ende muß dann von der rechten Hand zusammengepreßt gewesen sein; der Satyr hebt den Schlauch an, bevor er den Ausguß nach unten kehrt. Dasselbe Motiv begegnet an der angeblich aus Tanagra stammenden Terrakotta eines Silens 1 ) und in dem Bruchstück eines Marmorreliefs zu Mantua 2 ). Näher kommt unserer Statuette in der Haltung eine wohl gallorömische Bronze in Chalon-sur-Saône mit zur Linken etwas herabgesenktem, also zum Ausschenken bereitgehaltenen Weinschlauch 3 ). Schon in der reifarchaischen Flächenkunst findet sich hierfür eine Vorstufe an dem Silen des Londoner Durispsykters, der dem Genossen vor ihm zu trinken gibt 4 ). Einen Eimer hält in ähnlicher Stellung der Satyr einem Knäblein entgegen auf einem Sarkophag des Vatikans 6 ). Mit aufgestütztem linken Fuße gießt auf einem italischen Sardonyx im Kestner-Museum zu Hannover der Satyr aus einer Amphora Wein in den vor ihm auf dem Boden stehenden Mischkrug 6 ), im Gegensinne der marmornen Brunnenfigur eines Satyrs in Rom vergleichbar mit wiederum auf dem Handinneren aufliegenden Schlauchausguß 7 ). Auch eine unserer Bronze im Gegensinne nicht unähnliche Statuette im Louvre, der Hände wie Füße fehlen, könnte wohl als Ausschenker beschäftigt gewesen sein8) ; die Haltung erinnert trotz Vertauschung der Arme an die des Satyrs auf einer Glasscherbe in Karlsruhe 9 ). Die Hauptansicht unserer Bronze ist offenbar die, in der die Verbindungslinie beider Ellenbogen annähernd parallel zur Hintergrundebene verläuft. Die Ergänzung eines Gegenstandes oder eines Lebewesens, dem Tätigkeit und Blick-des Satyrs gelten, scheint dabei unumgänglich. Schon hierdurch, wie auch durch den Stil, werden wir an den Satyr aus Pergamon Nr. 61 erinnert, demgegenüber die Formgebung der kleineren Bronze aus Rhodos nur etwas schlichter erscheint. In der Achsendivergenz von Unter- und Oberkörper läßt sich ein vermutungsweise der rhodischen Kunst zugewiesenes Meisterwerk der Bronzeplastik, der tanzende Silen aus dem Hause des Faun, vergleichen; er hat auch bereits abstehende Blätter im Kranze 10 ). Der Verzicht auf Kontrapost an der tanzenden Muse aus der mutmaßlichen Gruppe des Philiskos bedeutet im Vergleiche mit den genannten Werken ein Anzeichen des schon in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts vor Christus spürbaren Klassizismus u ) . Abgesehen davon zeigt diese Statue im gegensätzlichen Aufbau manche Ähnlichkeit mit unserer Bronze. Am nächsten kommt dieser unter den Schöpfungen der großen Kunst aber der Satyr in der Aufforderung zum Tanze 12 ). Nach alledem darf die Statuette in das 2. Jahrhundert v. Chr. datiert werden.

66. Theseus und Minotauros. Höhe 0,30 m. Gefunden im oberen Mäandertale unweit von Aphrodisias; T. 34, 35. erworben 1878. Inv. 7382. Helleres Grün, stark verkrustet; vielfach von Erde bedeckt. Ergänzt sind von Eduard Lürssen am Theseus die Oberseite des linken Oberschenkels, der linke Daumen und der größte Teil der linken Schulter, am Minotauros gleichfalls die linke Schulter. Beide Gestalten sind für sich allein gegossen, in den Rümpfen sowie mindestens in den Oberschenkeln hohl; in denen des Theseus befinden sich Erdklumpen. Die rechten wie die linken Armpaare sind in je einer Form zusammen hohl gegossen und mit ihren Zapfen in den Höhlungen der Schultern befestigt. Dies wurde nach der Erwerbung erneuert, da der Verband der Gruppe damals gelöst war ; auch das rechte Handgelenk des Theseus war durchgebrochen. ») Winter, Typen II 396, 6 Labus II 193ff. Taf. 29, Reinach, RR. III 49, 2. 3) Reinach, RS. I I I 38, 4, besser IV 73, 8. 4) F R . Taf. 48. 5) Amelung, Vatikankatalog II 90 Nr 37 Taf. 9, Reinach, RR. III 316, 1 6) Furtwängler, Die antiken Gemmen I Taf. 64, 35; Lippold, Gemmen und Kameen Taf. 15, 4 ') Mancini, NSc. 1920, 226 Abb. 3; Reinach, RS. V 53, 8. a) de Ridder, Br ant. du Louvre I 84 Nr. 579 Taf. 42; Reinach, RS. II 143, 1 *) Schreiber, Die hellenistischen Reliefbilder Taf. 104; Reinach, R R . I I 55, 2. 10) Pernice, Pompeji I V 2 f. Abb. 2; Springer, Michaelis und Wolters, Handbuch I 1 2 438 f Ab 835. n ) Milet I 9, 107 f. Nr. 10 Taf. 30. 12 ) Klein, Zeitschrift für bildende Kunst N.E. 20, 1909, i o i f f ; derselbe. Vom antiken Rokoko 46 f. Abb. 14, Krahmer, RM. 38/39, 1923/24, 165, W H Schuchhardt, Die Kunst der Griechen 409Ì A b b 369—370 2)

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Abgewittert sind am Theseus die Spitze des Penis und die Oberfläche von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand. Theseus ist im Begriffe, den Minotauros niederzuringen. Dieser kniet nach rechts mit vorgestrecktem Oberschenkel auf dem linken Bein; der linke Fuß ist angehoben; das rechte Bein wird, im Knie leicht rückwärts gebeugt, nachgezogen, so daß vom rechten Fuße sich nur die Spitze des großen Zehen an der Innenseite mit dem linken Knie durch eine Gerade verbinden läßt. Der Rumpf ist in Dreiviertelansicht nach vorn herumgedreht, das plastisch angegebene Schamhaar hat in der Mitte eine Spitze. Im Rücken befindet sich unter dem linken Schulterblatt eine Abflachung, im linken Glutäus ist ein rechteckiges Stück eingesetzt. Der rechte Oberarm ist schräg nach vom gesenkt, der Unterarm waagerecht herumgebogen, die Hand liegt schräg, mit nach oben abgestrecktem Daumen, während die leicht gekrümmten übrigen vier Finger sich berühren, dicht vor der Brust. Der linke Oberarm ist zur Seite gestreckt, der Unterarm über die Senkrechte hinaus zurück nach oben gebogen, die Hand umfaßt mit harter Einwärtsdrehung des Handgelenkes den Unterarm des Überwinders. Der Stierkopf, der auf breitem tierischem Halse mit betont kantiger Wamme sitzt, neigt sich unter dem Drucke des Helden schräg zur Linken. Die länglichen Augen liegen flach; im linken ist die Bohrung des Augensternes kenntlich; die plastisch aufgehöhten Brauenlinien sind hoch geschwungen; zwischen ihnen beginnt auf der Stirn die nach hinten verbreiterte Behaarung in kurzen, unregelmäßig gebogenen Strähnen; das rechte Horn ist kürzer und gedrungener als das linke, von der Hand des Theseus gefaßte. Thesens kniet mit dem linken Bein auf rechter Hüfte und Oberschenkel des Ungeheuers; die Haltung seiner Beine sowie seines Rumpfes kommt der an diesem sehr nahe, nur entwickelt sich das linke Bein mehr in die Tiefe. Von der linken Brust abwärts liegt der Rumpf des Helden dicht hinter dem des Gegners; das Schamhaar ist oben waagerecht begrenzt. Unter dem linken Schulterblatt erstreckt sich eine Abflachung, größer als die am Minotauros, aber in genau derselben Ebene; im linken Glutäus befindet sich ein großes rechteckiges Loch. Der rechte Oberarm ist gesenkt, der Unterarm schräg nach vorn genommen, die rechte Hand umfaßt, mit nach oben abgestrecktem Daumen, den rechten Oberarm des Minotauros dicht unter der Achsel. Der linke Oberarm ist, etwas über die Waagerechte, seitlich abgestreckt, der Unterarm hart abwärts gebogen, die Faust packt das linke Horn des Gegners. Der jugendlich bartlose Kopf ist auf kurzem, starkem Halse schräg gesenkt. Das Gesicht hat ein rundes Kinn, volle Lippen, eine breite Nase; die schmalen Lider der tief liegenden Augen überschneiden sich anscheinend nicht; die Augendeckel verbreitern sich unter den waagerecht geführten Kanten der Brauenbögen stark, ohne aber die Oberlider zu verdecken. Über der vorgewölbten Unterstirn läuft eine Querfalte durch. Im kurz gelockten Haar, das über der Stirn emporgerichtet ist, liegt ein schmales Band. Die Durchführung der Gestalten erscheint weich und verzichtet auf starke Flächenbewegungen; beide haben lange Beine, Theseus einen kleinen Kopf. Fuß- und Fingernägel sind angegeben; die großen Hände fallen auf. Conze, 38. BWPr. 1878. - G. Koerte, AZ. 37,1879,104. - Baumeister, Denkmäler I I I 1791 Abb. 1875. - Roscher, ML. I I 2, 3009 Abb. 6 (Heibig). - Reinach, R S . I I 510, 1. - Daremberg-Saglio, Dict. des ant. I I I 2,1934 (Durrbach). - Robert, Griech. Mythologie1 I I 2, 679 Anm. 3. 680. Anm. 1. - Fr. Schottmüller, Bronze-Statuetten und Geräte2 35 Abb. 17. - Neugebauer, Griechische Bronzen 15 Abb. 26. Derselbe, AA. 1922, 88 "zu Nr. 38. - Führer I 71 f. Taf. 49. - Studniczka, Artemis und Iphigenie 56 Abb. 38. - Winter, KiB 2 . 357, 3. - H. Licht, Sittengeschichte Griechenlands I I 209, Abb. - W. Lamb, Greek and Roman bronzes 206 Anm. 1. - Mainzer, Siciliana Taf. n . - Neugebauer, Schumacher-Festschrift 235. - Blümel, Sport und Spiel bei Griechen und Römern 5 Nr. 4 Taf. 16. Lichtbild E. A. Seemann 7061. Neg. 32 (Vorderseite), 30 (Profil nach rechts), 29 (Profil nach links), 3780. Legt man die Gruppe mit den abgeflachten Stellen hinten auf eine Ebene, so stehen die Gliedmaßen, wie schon Conze bemerkte, verschieden weit von dieser ab. Sehr nahe kommen ihr die beiden linken Arme, sowie die rechte Ferse des Theseus, etwas weiter nach vorn kommt die linke Ferse des Helden, mehr noch die rechte Ferse des Minotauros und die Außenkante seines linken Fußes; sein linkes Knie erreicht einen Abstand von nahezu 4 cm. Mit Recht hat daher Studniczka einen unebenen Hinter76

grund angenommen. Ergänzt man etwa von der Höhe der Knie des Theseus an abwärts die Andeutung eines vorspringenden Felsbodens, so lassen sich die rechten Fußsohlen beider Gegner an diesen anlegen. Dadurch wird nicht nur das von Studniczka beanstandete Ausfahren des rechten Minotaurosbeines in der zuerst von Fr. Schottmüller abgebildeten früheren Aufstellung vermieden, sondern es erhält auch der rechte Fuß des Theseus den Stützpunkt, von dem aus sich die ganze Gestalt gegen das Ungeheuer stemmt. Irreführend sprach Conze von der Wucht des anspringenden Heros; keineswegs ringt aber auch, wie Fr. Schottmüller sagt, der Göttersohn ohne Anstrengung den Gegner nieder; ein eleganter Sprung von hinten auf den Minotauros ist mit dem Führer erst recht nicht in dem Motiv zu erkennen. Vielmehr bildet die Gruppe den älteren, seltenen Typus des waffenlosen Ringkampfes zwischen Theseus und dem Ungeheuer weiter, dessen Beispiele Robert genannt hat. Das Bild der Kachrylionschale zu Florenz 1 ) ähnelt ihr im Gegensinne bis auf die Ausfallstellung des Siegers ; der italische Sardonyx der Sammlung Robinson, sonst etwas ferner stehend, nimmt das Motiv der beiden linken Arme voraus 2 ). Stand aber Theseus mit einem Fuße auf, so verdient die von Baumeister und Heibig wiederholte Radierung Vorbergs in der Erstveröffentlichung mit der steileren Haltung der Kämpfenden den Vorzug vor der späteren Aufstellung, die den rechten großen Zeh und das linke Knie des Minotauros auf derselben Waagerechten annahm, denn die Schräge beider Leiber erweckt hier den Eindruck, daß sie nach rechts umkippen werden. Eher darf die Linie vom rechten großen Zeh des Theseus zum linken Knie des Gegners als waagerecht vermutet werden. Der Kampfvorgang ist ja der, daß Theseus mit dem linken Beine das Ungeheuer, das ihm zu entrinnen suchte, an der Stelle, wo es niedergestürzt ist, fest drückt und mit der Rechten den Oberkörper des Gegners vor einer Wendung zur Linken zurückhält, um, mit der Linken dessen Horn packend, ihm den Kopf zur Seite zu drehen, bis die Halswirbel brechen ; mit schwächlicher Erhebung seiner Rechten bittet der bereits Überwundene um Gnade. Nach später Nachricht soll Theseus in eben diesem Kampfe das Pankration erfunden haben 3 ). In der Tat lassen sich das KhfiaxiÇeiv wie das xagctyeiv xxi ôitxoTQê