Die griechische Tradition der aristotelischen Syllogistik in der Spätantike. Eine Untersuchung über die Kommentare zu den analytica priora von Alexander Aphrodisiensis, Ammonius und Philoponus 3525251777, 9783525251775

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German Pages 148 Year 1984

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Die griechische Tradition der aristotelischen Syllogistik in der Spätantike. Eine Untersuchung über die Kommentare zu den analytica priora von Alexander Aphrodisiensis, Ammonius und Philoponus
 3525251777, 9783525251775

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HYPOMNEMATA UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTIKE UND ZU IHREM NACHLEBEN

Herausgegeben von Albrecht Dihle/Hartmut Erbse/Christian Habicht Hugh Lloyd-Jones/Günther Patzig/Bruno Snell HEFT 79

VANDENHOECK &. RUPRECHT IN GÖTTINGEN

TAE-SOO LEE

Die griechische Tradition der aristotelischen Syllogistik in der Spätantike Eine Untersuchung über die Kommentare zu den analytica priora , von Alexander Aphrodisiensis, Ammonius und Philoponus

VANDENHOECK &. RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Meinen Kindern, Chung Hoon und Chung Hyun, gewidmet

CIP-KulZtitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Lee, Tae-Soo: Die griechische Tradition der aristotelischen Syllogistik in der Spätantike: e. Unters. über d. Kommentare zu d. analytica priora von Alexander Aphrodisiensis, Ammonius u. Philoponus / Tae-Soo Lee. - Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1984. !~ypomnematai H. 791 ISBN 3-525-25177-7 NE:GT

D7 © Vandenhoeck &. Ruprecht in Göttingen 1984 - Printed in Germany. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Satz: Dörlemann-Satz GmbH &. Co. KG, Lemförde. Druck: Hubert &. Co., Göttingen

o.

Vorwort

Die vorliegende Arbeit macht es sich zur Aufgabe, hauptsächlich anhand von griechischen Kommentaren zu den analytica priora die spätantike Tradition der aristotelischen Logik zu verfolgen. Der Verfasser der Arbeit hofft dabei, einen Beitrag zur Erhellung eines wichtigen, dennoch bislang nur wenig erforschten Zeitabschnittes in der Geschichte der Logik zu leisten. Welche Bedeutung für die Geschichtsschreibung der Logik der Beschäftigung mit diesem Zeitabschnitt zukommt, davon wird man schon eine ungefähre Vorstellung haben, wenn hier darauf hingewiesen wird, daß der Grundstock jener Logik, die bis zum 19. Jahrhundert, insgesamt über zweitausend Jahre lang, in der Geschichte der abendländischen Logik dominiert hat, zwar von Aristoteles stammt, doch in Wirklichkeit in der Gestalt, die die spätantiken Aristoteliker ihm gegeben hatten, dem Abendland tradiert und bekannt geworden ist. Dieser Hinweis soll zugleich auch verständlich machen, warum sich die folgende Untersuchung weitgehend auf die Frage konzentriert, mit welcher Konzeption die spätantiken Aristoteliker an der systematischen Gestaltung der ihnen überlieferten Logik von Aristoteles gearbeitet haben. Auf manche Einzelprobleme, die aus der Sicht der modemen Logik von Interesse sein können, kann dabei nicht eingegangen werden. Ferner muß darauf verzichtet werden, die Modallogik mitzubehandeln. Trotz dieser Beschränkung des Themenkreises wird die vorliegende Arbeit wohl in den Hauptzügen ein Gesamtbild von dem vermitteln, was während der Rezeption und überlieferung der aristotelischen Logik in der Spätantike geschehen ist. Diese Untersuchung ist im Sommersemester 1981 von dem Fachbereich Historisch-Philologischer Wissenschaften der Universität Göttingen als Dissertation angenommen worden. Die Anregung zu dieser Untersuchung kam von Professor W. Wieland, dessen Betreuung und Förderung ich noch sonst vieles verdanke. Auch Professor G. Patzig, der meiner Arbeit sein Interesse geschenkt hat, und den anderen Herausgebern der Hypomnemata-Serie, die meine Arbeit in ihre Reihe aufgenommen haben, bin ich zu Dank verpflichtet. Der Fachbereich Historisch-Philologischer Wissenschaften der Universität Göttingen und die Stiftung "Humanismus Heute" haben einen großzügigen Druckkostenzuschuß beigesteuert und dadurch die Drucklegung ermöglicht. Nicht zuletzt gilt mein Dank dem DAAD, mit dessen Hilfe ich das Studium in Deutschland durchführen konnte.

5

Inhaltsverzeichnis

o.

Vorwort .

5

I. Einleitung

9 9

1. Quellen. 2. Forschungsgeschichte

II. Die Auffassung der Logik bei den griechischen Kommentatoren . . . . . . . . . . . . 1. Das System der Logik 2. Formale Logik . . 3. Logik als Organon

12 24 25

37 44

ill. IIpo'tucrtC; . . .. . .

55

N. Das System der formalen Logik .

65

V. Konversion (av'tt(J'tpoqnll

79

VI. Syllogismus . . . . . . . .

95

VII. Das System der Syllogismen

116

Vill. Schluß . . . . . . . .

138

Literaturverzeichnis .

141

Namenregister .

144

Stellenregister .

145

1. Einleitung 1. Quellen Der folgenden Untersuchung liegen die drei Kommentare zu den analytica priora als Hauptquellen zugrunde: . 1. Der Kommentar von Alexander von Aphrodisias (ed. M. Wallies, Berlin 1883). Von diesem gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. geschriebenen einflußreichen Werk ist nur der Teil erhalten geblieben, in dem das erste Buch von den an. pr. behandelt ist. Der andere Teil, in dem das zweite Buch von den an. pr. behandelt ist, scheint schon sehr früh verlorengegangen zu sein 1. 2. Der Kommentar von Ammonius (ed. M. Wallies, Berlin 1899). Dieser Kommentar, der ungefähr aus dem Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. datiert, ist wahrscheinlich nicht von Ammonius eigenhändig geschrieben r, Alexanders, systematisch darzulegen, kann ja leicht bewirken, daß die EvBEXOJ,LEV11 uV't1.O''tpoq>r, Alexanders bei Philoponus zur assertorischen Logik gehört und den u1tEVo,v'tio, entspricht. Das Paar von solchen 1tPO'tUO'EtC;, die zwar gemeinsame Terme haben, aber sowohl im Hinblick auf die Anordnung der Terme als auch im Hinblick auf die Qualität voneinander verschieden sind, entspricht der uvnO''tpoq>T) O'uv uV't1.9tO'E1.. Das Beispiel dafür ist etwa das Satzpaar ,,6 liv9pro1toC; ~T) O'uv UV'tt8tO'E1. heißen; Schlüsse der Form "aus p _ q folgt ..... q -+ ..... pli heißen SOl4, aber gelegentlich auch Schlüsse der Form "aus p A q und ..... q folgt ..... p"IS. Dies läßt uns erkennen, daß der Gebrauch des Terminus "uv't1.O''tpoq>T) O'uv aV't1.8tO'E1." recht locker ist. Zwischen den beiden hypothetischen Schlußformen einerseits und zwischen ihnen und der aV'tt(J"tpoq>T) crUv uvn8tO'E1. in der kategorischen Logik andererseits läßt sich im Hinblick auf die Struktur sicherlich eine gewisse Analogie beobachten, die die Verwendung des gleichen Terminus zur Benennung berechtigen könnte. Doch damals beschäftigte sich niemand, wie es scheint, mit der Frage, worin genau diese Analogie besteht. Genau genommen ist auch die Erklärung, die Philoponus speziellfür die aV't1.O''tpoq>T) crUv avn8tO'E1. der kategorischen Logik zu geben ver-

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Alex. in an. pr. 29,20. Etwa Alex. in top. 192,11. Ps. - Ammon. in an. pr. 68,28. Galen, inst. log. XIV, 17: a.v'ttO"'1:poQI11IJ.e'tll a.vnge-

creme;,

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sucht, alles andere als zufriedenstellend. Die Definition dieser av-ncr'tpoq>" kann nicht mit Hilfe der Diärese, wie sie in seinem Kommentar vorgeführt ist, gewonnen werden. Nach seiner Erklärung ist es für das Bestehen der av-ncr'tpoq>" überhaupt die notwendige Bedingung, daß den Sätzen, die ein Paar bilden, beide Terme gemeinsam sind. Diese Bedingung ist aber bei der aV'ttcr'tpoq>T) O"uv av-n8eO"Et nicht erfüllt. Wie wir an dem oben als Beispiel angeführten Satzpaar sehen können - dieses Paar benutzt Philoponus selber an der Stelle als Beispiel -, haben beide Sätze nur einen gemeinsamen Term, nämlich "ä.v8po)1to~". Die Terme ,,'to ~T) ~cpov" und ,,~cpov" sind ersichtlich einander ungleich. Es stellt sich heraus, daß av-nO"'tpoq>T) cruv av-n8eO"Et nicht ohne weiteres in das System der kategorischen Logik, wie es von den Kommentatoren dargestellt ist, eingegliedert werden kann; die gewünschte Eingliederung kann erst dann erfolgen, wenn die sogenannte Obversion und die Verwendung des privativen Terms bei der Einteilung in Rechnung gestellt werden. Dem letzten Paar von 1tpo'taO"Et~ in Philoponus' Einteilung entspricht a1tAfi aV'ttO"'tpoq>". Es scheint, daß die Definition dieser av-nO"'tpoq>" durch die Diärese von Philoponus prinzipiell gut gelingen kann. Jedoch ist seine Definition auch in diesem Fall nicht in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Seine Definition lautet: a1tA.fi aV'ttO"'tpoq>" ist die Gemeinsamkeit von zwei Sätzen im Hinblick auf beide Terme, wobei die Qualität der beiden Sätze gleich, aber die Anordnung der Terme umgekehrt ist, und ferner die beiden Sätze zusammen wahr sind 16 • Philoponus erläutert diese Definition ausführlich. Aber bevor wir uns mit seiner Definition auseinandersetzen, ist eine kurze Bemerkung zur Terminologie notwendig. In der traditionellen Logik werden nur E-Konversion und I-Konversion als einfache Konversion (übersetzung von a1tA.fi aV'ttO"'tpoq>"J oder als reine Konversion bezeichnet, dagegen wird die A-Konversion als Konversion per accidens oder als unreine Konversion bezeichnet. Bei Philoponus aber zählt auch die A-Konversion zur einfachen Konversion. Als Beispiel für die einfache Konversion führt er an der Stelle die beiden Sätze "Alle Menschen sind Tiere" und "Einige Tiere sind Menschen" an. Nach seiner Erklärung gilt diese aV'ttcr'tpoq>" als einfach deswegen, weil in dieser av-nO"'tpoq>" die Anordnung der einfachsten Teile der 1tpo'tacrEt~, d. i. uMat q>rovai zueinander umgekehrt ist. Wenn dies wirklich als Grund für die Bezeichnung "u1tA.fi av-nO"'tpoq>,," angenommen werden kann, ist es ja folgerichtig, auch die A-Konversion als eine Art von uMfi aV'ttcr'tpoq>" gelten zu lassen, denn auch im Falle der A-Konversion ist die Anordnung der einfachsten Teile der 1tpo'tacrEt~ umgekehrt. Es besteht aber der Ver-

16

Philop. in an. pr. 42,17-19.

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dacht, daß Philoponus' Terminologie sich wiederum auf ein Mißverständnis zurückführen läßt. Nachdem auf die Eigentümlichkeiten seiner Terminologie hingewiesen worden ist, gilt es nun, die Definition zu prüfen. Der erste Teil des Definiens "die Gemeinsamkeit im Hinblick auf beide Terme" ist nach Philoponus Genus für alle Arten von avttcr'tpo