Die griechische Archaik: Konstruktion einer Chronologie im Wechselspiel schriftlicher und archäologischer Quellen 344711780X, 9783447117807

Diese Arbeit wurde mit dem Philippika-Preis 2020 ausgezeichnet. Hinter konkreten Datierungen von Ereignissen, Personen s

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Die griechische Archaik: Konstruktion einer Chronologie im Wechselspiel schriftlicher und archäologischer Quellen
 344711780X, 9783447117807

Table of contents :
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Titelseiten
Inhalt
Vorwort
1. Einleitung
2. Wissenschaftsgeschichtliche Bemerkungen zur Chronologie der Archaik
2.1 Der Begriff der Archaik
2.2 Die Erstellung der Chronologie der Archaik
2.2.1 Wissenschaftsgeschichtlicher Kurzüberblick über die historische Chronologie
2.2.2 Die Erforschung der Archaik ab dem späten 19. Jahrhundert
2.2.3 Die ‚Entdeckung‘ der Dark Ages und ihre zeitliche Einordnung
3. Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik
3.1 Die attische Archontenliste
3.1.1 Die Archontenliste und die absolute Datierung der Archonten
3.1.2 Die eponyme Archontendatierung in der Chronographie und Historiographie
3.2 Die Olympionikenliste
3.2.1 Hippias von Elis und die erste Olympionikenliste
3.2.2 Die Olympionikenliste im Kontext des elisch-spartanischen Kriegs
3.2.3 Die Gründungsmythen um die Olympischen Spiele und deren Chronologie
3.2.4 Der Beginn der Olympiadendatierung
3.2.5 Das Datum der ersten Olympischen Spiele und die Problematik der Olympiadendatierung
3.3 Ein Überblick über die antike Chronographie und ihre Arbeitsweise
3.3.1 Die Datierungsmittel der antiken Chronographie
3.3.2 Die Konstruktion präziser Datierungen für die Archaik
3.3.3 Die Spartanische Königsliste
3.3.4 Das Phänomen des ‚Älterwerdens‘ der Archaik
3.3.5 Die Datierungsmittel antiker Autoren und divergierende Datierungen
3.3.6 Die Fortführung der griechischen Chronographie bis in byzantinische Zeit
4. Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik
4.1 Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik
4.1.1 Die Flexibilität von Genealogien
4.2 Schriftliche Quellen
4.3 Mündliche Quellen
4.4 Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen
5. Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung der korinthischen Keramik
5.1 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens
5.1.1 Einleitende Bemerkungen zur Terminologie und zur Vorgehensweise
5.1.2 Thukydides
5.1.3 Die Gründungsdaten bei anderen antiken Autoren
5.2 Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik
5.3 Allgemeine Bemerkungen zur Methodik Paynes
5.4 Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema
5.4.1 Ein niedrigeres Chronologieschema der korinthischen Keramik
5.4.2 Ein höheres Chronologieschema der korinthischen Keramik
5.5 Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung der korinthischen Keramik. Ein kurzer Überblick
5.5.1 Bokchoris-Grab (325) in Pithekoussai
5.5.2 Naukratis
5.5.3 Resümee zu Paynes Chronologieschema und der Datierung der korinthischen Keramik
6. Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik
6.1 Hamat
6.2 Aschkelon
6.3 Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)
7. Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum und die Datierung der griechisch geometrischen Keramik
7.1 Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen
7.1.1 Karthago
7.1.2 Gadir, Lixus und Utica
7.2 Die Datierung der geometrischen Keramik und das Gründungsdatum Karthagos
8. Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei
8.1 Massalia
8.1.1 Die Gründungsdaten Massalias in der antiken Überlieferung
8.1.2 Ein Resümee zu Massalias Gründungsdaten und zur Datierung der griechischen Keramik
8.2 Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren
8.2.1 Die Datierung der ersten Panathenäen in der antiken Überlieferung
8.2.2 Ein Resümee zu den schriftlichen Quellen und zur Datierung der Burgon-Amphore
9. Naturwissenschaftliche Datierungen und die absolute Chronologie der Archaik
10. Resümee
11. Abbildungsnachweis
12. Quellenverzeichnis
12.1 Archive
12.2 Internetquellen
12.3 Lexika
12.4 Textausgaben und Übersetzungen
12.5 Sekundärliteratur
13. Stellenregister

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Angelika Kellner

Die griechische Archaik Konstruktion einer Chronologie im Wechselspiel schriftlicher und archäologischer Quellen

PHILIPPIKA

Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures 156

Harrassowitz Verlag

© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11780-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39265-5

P H I L I P P I K A

Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures

Herausgegeben von /Edited by Joachim Hengstl, Elizabeth Irwin, Andrea Jördens, Torsten Mattern, Robert Rollinger, Kai Ruffing, Orell Witthuhn 156

2022

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11780-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39265-5

Angelika Kellner

Die griechische Archaik Konstruktion einer Chronologie im Wechselspiel schriftlicher und archäologischer Quellen

2022

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11780-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39265-5

Bis Band 60: Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen.

Das Werk wurde mit dem „Philippika-Preis“ des Jahres 2020 ausgezeichnet.

Bei diesem Werk handelt es sich um die überarbeitete Dissertation, die im Dezember 2019 unter dem Titel „Die Chronologie der griechischen Archaik: Schriftliche und archäologische Quellen im Wechselspiel“ an der Universität Innsbruck eingereicht und am 17. März 2020 verteidigt wurde.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de/ abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at https://dnb.de/.

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter https://www.harrassowitz-verlag.de/ © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2022 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Memminger MedienCentrum AG Printed in Germany ISSN 1613-5628 eISSN 2701-8091 ISBN 978-3-447-11780-7 eISBN 978-3-447-39265-3

© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11780-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39265-5

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX 1.

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.

Wissenschaftsgeschichtliche Bemerkungen zur Chronologie der Archaik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.1

Der Begriff der Archaik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2

Die Erstellung der Chronologie der Archaik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Wissenschaftsgeschichtlicher Kurzüberblick über die historische Chronologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die Erforschung der Archaik ab dem späten 19. Jahrhundert . . . . . . . 2.2.3 Die ‚Entdeckung‘ der Dark Ages und ihre zeitliche Einordnung. . . . .

1

12 12 20 27

3.

Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik. . . . . . . . . . . 31

3.1

Die attische Archontenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.1.1 Die Archontenliste und die absolute Datierung der Archonten . . . . . 34 3.1.2 Die eponyme Archontendatierung in der Chronographie und Historiographie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.2

Die Olympionikenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Hippias von Elis und die erste Olympionikenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Die Olympionikenliste im Kontext des elisch-spartanischen Kriegs. . . 3.2.3 Die Gründungsmythen um die Olympischen Spiele und deren Chronologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Der Beginn der Olympiadendatierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Das Datum der ersten Olympischen Spiele und die Problematik der Olympiadendatierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 55

Ein Überblick über die antike Chronographie und ihre Arbeitsweise. . . . . . . 3.3.1 Die Datierungsmittel der antiken Chronographie. . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Die Konstruktion präziser Datierungen für die Archaik . . . . . . . . . . . 3.3.3 Die Spartanische Königsliste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Das Phänomen des ‚Älterwerdens‘ der Archaik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Die Datierungsmittel antiker Autoren und divergierende Datierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



3.3

© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11780-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39265-5

58 61 70 75 76 82 88 90

94

VI

Inhalt

3.3.6 Die Fortführung der griechischen Chronographie bis in byzantinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 4.

Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik . . . . . . . . . . . . . . . 101

4.1

Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik. . . . . . . . . 109 4.1.1 Die Flexibilität von Genealogien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

4.2

Schriftliche Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

4.3

Mündliche Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

4.4

Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

5.

Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung der korinthischen Keramik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

5.1

Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens . . . . . . . . . . 5.1.1 Einleitende Bemerkungen zur Terminologie und zur Vorgehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Thukydides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Die Gründungsdaten bei anderen antiken Autoren. . . . . . . . . . . . . . . .

157 157 161 175

5.2

Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik. . . . . . . . . . . . . 211

5.3

Allgemeine Bemerkungen zur Methodik Paynes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

5.4

Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema. . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5.4.1 Ein niedrigeres Chronologieschema der korinthischen Keramik. . . . . 225 5.4.2 Ein höheres Chronologieschema der korinthischen Keramik. . . . . . . . 236

5.5

Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung der korinthischen Keramik. Ein kurzer Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Bokchoris-Grab (325) in Pithekoussai. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Naukratis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.3 Resümee zu Paynes Chronologieschema und der Datierung der korinthischen Keramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 243 245 249

6.

Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

6.1

Hamat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

6.2

Aschkelon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

6.3

Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382). . . . . . . . . 270

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Inhalt

VII

7.

Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum und die Datierung der griechisch geometrischen Keramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

7.1

Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen. . . . . . . . . . . . . . 295 7.1.1 Karthago. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 7.1.2 Gadir, Lixus und Utica. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

7.2

Die Datierung der geometrischen Keramik und das Gründungsdatum Karthagos. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

8.

Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei. . . . . . . . . . . . . . 323

8.1

Massalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 8.1.1 Die Gründungsdaten Massalias in der antiken Überlieferung. . . . . . . 330 8.1.2 Ein Resümee zu Massalias Gründungsdaten und zur Datierung der griechischen Keramik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

8.2

Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren. . . . . . . . . . . . . . . . 341 8.2.1 Die Datierung der ersten Panathenäen in der antiken Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 8.2.2 Ein Resümee zu den schriftlichen Quellen und zur Datierung der Burgon-Amphore. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

9.

Naturwissenschaftliche Datierungen und die absolute Chronologie der Archaik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

10.

Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

11.

Abbildungsnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

12.

Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

12.1 Archive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 12.2 Internetquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 12.3

Lexika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

12.4 Textausgaben und Übersetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 12.5

Sekundärliteratur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

13.

Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457

© 2022, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11780-7 - ISBN E-Book: 978-3-447-39265-5

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Vorwort Das vorliegende Buch stellt die überarbeitete und aktualisierte Fassung meiner Dissertation dar, die ich im Dezember 2019 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck eingereicht habe, und bildet das Ergebnis meiner langjährigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Chronologie der Archaik. Die verstreute Evidenz der archäologischen und schriftlichen Quellen bedingt eine interdisziplinäre Herangehensweise. Um das Lesen einzelner Kapitel zu unterschiedlichen Themengebieten zu ermöglichen, sind gewisse Wiederholungen unvermeidbar beziehungsweise notwendig, damit der Gesamtkontext auch innerhalb der einzelnen Abschnitte umfassend erörtert werden kann. Darüber hinaus soll zur Bibliographie eine wesentliche Bemerkung vorangestellt werden: Die Breite des Themas mit Berücksichtigung der unterschiedlichen Fächer der Altertumswissenschaften hat eine Selektion der zitierten Sekundärliteratur notwendig gemacht. Einerseits habe ich auf Standardwerke sowie grundlegende Anlaufstellen zu bestimmten Sachverhalten verwiesen, wobei ich um möglichst umfassende Sichtung der Sekundärliteratur bemüht war. Andererseits erfolgte die Auswahl nach eigener Schwerpunktsetzung zur Untermauerung meiner eigenen Argumentation. Der wissenschaftsgeschichtliche Abriss zur Chronologie der Archaik basiert zu großen Teilen auf den Werken der deutsch- und englischsprachigen Forschung, wobei italienische und französische Beiträge nur in einer Auswahl berücksichtigt werden konnten. Nach Dezember 2019 erschienene Publikationen sind nur mehr selektiv aufgenommen worden und betreffen hauptsächlich die Diskussion um die Radiokarbondaten der frühen Eisenzeit. An dieser Stelle komme ich gerne dem Brauch der Danksagung nach, da mir über die Jahre hinweg zahlreiche Personen in unterschiedlicher Weise geholfen haben, meine Dissertation zu Papier zu bringen. Zuallererst möchte ich mich beim Harrassowitz Verlag sowie den Herausgebern der Philippika-Reihe für die Aufnahme meines Beitrags bedanken, dessen Drucklegung mir durch den Philippika-Dissertationspreis 2020 ermöglicht worden ist. Außerdem möchte ich meinen beiden Betreuern Prof. Erich Kistler und Prof. Robert Rollinger herzlich danken. Sie haben mein Wunschthema zur Dissertation genehmigt und mir darüber hinaus äußerst wertvolle Rückmeldungen und Hinweise gegeben. Diesbezüglich gilt mein Dank auch Prof. Robin Osborne (University of Cambridge), der das Zweitguachten für meine Dissertation übernommen hat. Die Promotion wurde mir durch die finanzielle Unterstützung des Dissertationsstipendiums der Universität Innsbruck, des Marietta Blau-Stipendiums des Österreichischen Austauschdienstes (OeAD) sowie des DOC-Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ermöglicht. Diesen Institutionen möchte ich ebenso meinen Dank aussprechen. Bei der Drucklegung des Manuskripts war mir Ulrike Melzow M.A. vom Harrassowitz Verlag eine große und hilfreiche Unterstützung.

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X

Vorwort

Neben meinen Betreuern haben mehrere Personen an der Universität Innsbruck Interesse an meiner Fragestellung bekundet und mir in zahlreichen Gesprächen weitergeholfen. Danken möchte ich deshalb PhD Gian Pietro Basello (Universität Neapel), Mag. Christoph Baur, Prof. Reinhold Bichler, Dr. Dietrich Feil, Mag. Birgit Gufler, MMag. Daniel Kiechl, Prof. Martin Lang, Dr. Martin Mauersberg, Prof. Kordula Schnegg, Prof. Christoph Ulf sowie Dr. Simon Zuenelli. Bei meinen Archivrecherchen von Innsbruck aus halfen mir Marta Lomza (Oxford University Archives) und Amalia G. Kakissis (Archivist, British School at Athens), ohne deren Hilfe mir ein (digitaler) Einblick in deren Archivbestand verwehrt geblieben wäre. Dr. Louisa Thomas (Universität Marburg/ Kassel) ließ mir ein Kapitel von einem dringend benötigten Buch zukommen, das sich über Fernleihe nicht beschaffen ließ. Ioannis Vrachatis (Corporate Communications & Public Relations Manager, Club Hotel Loutraki S.A. Athen) bin ich für sein generöses Entgegenkommen, mir ein Exemplar der Publikation über Humfry Payne (Mantis 2006) kostenlos nach Österreich zu senden, zu großem Dank verpflichtet. Ebenso bedanken möchte ich mich bei Dr. Maximilian Rönnberg (Universität Tübingen) für den fachlichen Austausch sowie die Möglichkeit, Einsicht in seine Dissertation „Studien zu Athen und Attika in der frühen Eisenzeit und der früharchaischen Zeit“ nehmen zu dürfen. Prof. Mait Kõiv (Universität Tartu) verdanke ich erkenntnisreiche Diskussionen um die Entwicklung der antiken Chronographie. Für wertvolle Auskünfte sowie die großzügige Zusendung von Publikationen bedanke ich mich außerdem bei Dr. Balbina Bäbler (Universität Göttingen), Dr. Filippo Battistoni, Prof.  Alexander Fantalkin (Tel Aviv University), Prof. Jennifer Finn (Marquette University), Dr. Kilian Fleischer (Universität Würzburg), Dr. Stefanos Gimatzidis (ÖAI), Prof. Jonathan Hall (University of Chicago), Prof. Daniel Master (Wheaton College), Prof. Ian Morris (Stanford University) sowie Dr.  Nicolas Wiater (University of St. Andrews). Den Kuratoren des British Museum möchte ich für die Bereitstellung der Tafel BM 35382 zur Kollation danken. Das Marietta Blau-Stipendium des OeAD ermöglichte mir einen einjährigen Forschungsaufenthalt am Archäologischen Institut in Groningen, an der Faculty of Classics in Oxford und am Seminar für Alte Geschichte in Freiburg. Für die freundliche Aufnahme sei hier nochmals Dr. Sarah Willemsen, Prof. Albert Nijboer (Universität Groningen), Prof. Irene Lemos (University of Oxford) sowie Prof. Astrid Möller (Universität Freiburg) gedankt. Gerne denke ich an die produktive Zeit an den unterschiedlichen Forschungsstätten zurück. Prof. Albert Nijboer und Prof. Hans Van der Plicht möchte ich außerdem dafür danken, dass sie mir die Radiokarbonmethode näher gebracht und sogar einen Einblick in das Labor der Universität Groningen ermöglicht haben. Meine Dissertation hat wesentlich von den Gesprächen und Diskussionen profitiert, nicht zuletzt weil Prof.  Albert Nijboer, Prof. Hans Van der Plicht (Universität Groningen), Prof. Astrid Möller sowie Prof. Hans-Joachim Gehrke (Universität Freiburg) mir erkenntnisreiche Hinweise zu einigen Kapitel gegeben haben. Meinen Dank möchte ich ferner noch an Dr. Frerich Schön und Hanni Töpfer MA (Universität Tübingen) sowie Dr. Adriano Orsingher (Universität Tübingen) für ihre Gesprächsbereitschaft über Karthago sowie die phönizische Keramik aussprechen.

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XI

Vorwort

Hier möchte ich es auch nicht verabsäumen, mich dankend an meine Kommilitonen Matthias Hoernes, Simone Pittl, Manuel Pohl und Jack Schropp zu wenden. Unter anderem haben sie die Mühe auf sich genommen, einige Kapitelentwürfe zu lesen. Bei meiner Familie bedanke ich mich einmal mehr für die Ermöglichung einer universitären Ausbildung sowie für ihre Unterstützung. Zudem bin ich meinem Bruder für seine geduldige Diskussion um die Stochastik und den Satz von Bayes dankbar. Meinen Schwiegereltern danke ich für ihre großzügige und herzliche Aufnahme, mir zu Beginn meines Doktoratsstudiums eine Wohngelegenheit in ihrem Haus geboten zu haben. Zu guter Letzt möchte ich mich besonders bei meinem Mann bedanken. Er war mir während meines Promotionsvorhabens eine konstante Quelle der Ermutigung und hat mich stets in allen Belangen unterstützt. Innsbruck, Dezember 2021 Angelika Kellner

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1. Einleitung Der Epochenbegriff der griechischen Archaik stammt ursprünglich aus der Kunstgeschichte, zur Bezeichnung des vorklassischen Stils, und wurde erstmals im Jahr 1931 von Helmut Berve 1 in seiner „Griechischen Geschichte“ verwendet, wo sich eine entsprechende Überschrift – „Die archaische Zeit“ – findet. 2 Allerdings lieferte erst Alfred Heuß 3 in seinem 1946 erschienenen Aufsatz „Die archaische Zeit Griechenlands als geschichtliche Epoche“ eine weitaus klarere Definition, wozu nicht zuletzt die hier interessierende zeitliche Eingrenzung zählt. Heuß setzte die Archaik nun zwischen der so genannten Großen Wanderung, die er vom 12. Jahrhundert bis zur Jahrtausendwende v. Chr. datierte, und den Perserkriegen an. Während der Endpunkt der Archaik mit den Perserkriegen bis heute weitgehend unumstritten ist, wird der Beginn der Archaik unterschiedlich gehandhabt. So umfasst Heuß’ zeitliche Definition der Archaik die beiden kunstgeschichtlichen Termini der protogeometrischen und geometrischen Zeit. Ebenso kollidierte Heuß’ zeitliche Auffassung der Archaik mit anderen Begriffen für die Phase nach der Bronzezeit, wozu die nicht mehr aktuellen Bezeichnungen des griechischen Mittelalters, des Heroenzeitalters und der Dark Ages zählen. 4 Die Archaik kann traditionellerweise mit den ersten Olympischen Spielen im Jahr 776 v. Chr. angesetzt werden, obwohl die Historizität dieses Datums starkem Zweifel unterliegt. 5 Anthony Snodgrass’ wirkmächtige Abhandlung „Archaic Greece“ 6 beginnt ebenso im 8.  Jahrhundert v.Chr, obwohl sich die Epoche aus kunsthistorischer Sichtweise etwas enger von etwa 700 bis 490/80 v. Chr. festlegen lässt. 7 Bezeichnenderweise haben einige aktuelle Studien zum frühen Griechenland den konventionellen Epochenbeginn im 8. Jahrhundert v. Chr. für die Archaik und somit „die Vorstellung von einer zielgerichteten Entwicklung von den Dunklen Jahrhunderten über die ‚Renaissance‘ des 8.  Jahrhunderts bis hin zur klassischen Zeit“ 8 aufgegeben. Aus diesem Grund haben beispielsweise Klaus Bringmann 9, Alain Duplouy 10,

1 Berve 1931, 110–212. 2 Eine exzellente Diskussion zum althistorischen Epochenbegriff der griechischen Archaik bietet: Walter 2013. 3 Heuß 1946. 4 Mittlerweile hat sich der Terminus der frühen Eisenzeit weitgehend durchgesetzt: Kotsonas 2016. 5 U.a. Raaflaub – van Wees 2009, xx. 6 Snodgrass 1980. 7 Z.B. Hölscher 2006, 34–36; Christesen 2007, 9 Anm. 16. 8 Stein-Hölkeskamp 2015, 12. 9 Bringmann 2016. 10 Duplouy 2018.

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Einleitung

Jonathan Hall 11, Elke Stein-Hölkeskamp 12 sowie Robin Osborne 13 zirka 1200 v. Chr. als Ausgangspunkt für ihre Darstellung des ‚archaischen‘ Griechenlands gewählt. Für die vorliegende Auseinandersetzung mit der Chronologie der Archaik ist ein Zeitraum von zirka 800 v. Chr. bis um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. ins Auge gefasst worden, was im Folgenden noch näher begründet wird. Seien es nun althistorisch oder archäologisch orientierte Abhandlungen, ohne eine relative oder absolute Chronologie kann man schlichtweg keine Geschichte schreiben. Schließlich müssen sich Ereignisse in eine bestimmte Reihenfolge bringen lassen, um daraus Kausalitäten und Zusammenhänge herauslesen zu können. Dies bestätigt sich nun für alle Epochen ebenso wie für die griechische Archaik. Nun werden Ereignisse, wie beispielsweise die Gründungen im Zuge der griechischen ‚Kolonisation‘ 14 vom 8. bis ins 6. Jahrhundert v. Chr., auf das Jahr exakt datiert und in weiterer Folge trifft dies auch auf die materielle Hinterlassenschaft zu. Fragen nach der Methodik der zeitlichen Festlegung stehen in den altertumskundlichen Fächern zurzeit nicht im Fokus der Forschung. Dies hat die unangenehme Konsequenz, dass die Grundlagen für die Datierungen mitsamt deren umfangreicher Forschungsgeschichte gerade aus Perspektive der Studierenden schwer erschließbar sind und deshalb kaum überprüft werden können. Ganz allgemein lässt sich eine gewisse Tendenz beobachten, dass die mit den Forschungsergebnissen verbundenen Konventionen rund um Jahreszahlen zunehmend in Vergessenheit geraten, wie mehrfach von namhaften Fachgrößen beklagt worden ist. 15 Der problematische Umgang mit Datierungen der Archaik lässt sich bewusst überspitzt in einer dem amerikanischen Historiker Daniel Boorstin zugeschriebenen Sentenz auf den Punkt bringen: „The greatest enemy of knowledge is not ignorance, but the illusion of knowledge.“

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Hall 2007. Stein-Hölkeskamp 2015. Osborne 2009. Zur Problematik dieses Begriffs im Allgemeinen sowie zur antiken und modernen Rezeption: Mauersberg 2019. 15 So konstatiert beispielsweise Balbina Bäbler (2012, 81): „Tatsächlich hat sich dieses Datierungssystem [der korinthischen Keramik] inzwischen so sehr verselbständigt, dass oft selbst Fachleuten nicht mehr klar zu sein scheint, worauf es beruht;“. Ähnlich hat sich beispielsweise Jean-Paul Descœudres (1976, 52) in treffender Weise ausgedrückt: „Die auf ihr [der korinthischen Keramik] beruhenden Daten sind so sehr zum gesicherten Bestand archäologischen Wissens geworden, daß man nicht selten vergißt, worauf sie letztlich zurückgehen.“ Diesbezüglich weist auch Georg Kalaitzoglou (2008, 42 Anm. 100) auf einen Missstand im Umgang mit Datierungen der Archaik hin: „Auch wenn nicht in jeder Arbeit, die sich mit der archaischen Zeit befaßt, diese Angaben [der absoluten Datierungen] problematisiert werden können, so ist doch zumindest die Angabe der Quelle geboten. Besonders neuere Publikationen zeigen wenig Vorsicht im Umgang mit absoluten Daten.“ Stefanos Gimatzidis (2014, 303) sieht im blind verwendeten Chronologieschema ebenso ein Problem, wenn er schreibt: „[…] the basic chronological systems for the prehistoric and classical Aegean, which were constructed many decades ago, are still partly taken for granted, as if they were based on solid evidence that requires no further investigation.“

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Gerade Zahlenangaben sind – wie im Übrigen auch in antiken Texten – anfällig für Fehler. Es geht hier nicht darum, derartige Versehen an den Pranger zu stellen. Jedoch sind vielerorts fehlerhafte Angaben zu chronologischen Sachverhalten erkennbar, die auf ein grundsätzliches Problem auf dem Gebiet der Chronologie hinweisen. Diesbezüglich darf es als charakteristisch gelten, wenn Ian Morris 16 in seinem essentiellen Aufsatz zu den sizilischen Gründungsdaten für Megara Hyblaias Zerstörung das Jahr 476 v. Chr. anstelle des eigentlich möglichen Zeitraums 485 bis 480/478 v. Chr. angibt. 17 Trotz eingehender Beschäftigung mit der Quellenlage über Monate hinweg konnte ich mir Morris’ Datum schlicht nicht erklären, bis ich überhaupt den Verdacht zu schöpfen wagte, dass es sich hier möglicherweise um ein Versehen handeln könnte. Zwar wird dieser Aufsatz häufig zitiert, aber niemand hat sich zu meiner Überraschung an Morris’ abweichender Datierung gestoßen beziehungswiese sich diesbezüglich geäußert. Meine Verwunderung wurde noch größer, als sich dieselbe Angabe in Balbina Bäblers Buch „Archäologie und Chronologie. Eine Einführung“ 18 findet. Beide Autoren haben mir freundlicherweise die ehrliche Auskunft erteilt, dass ihnen ein Irrtum unterlaufen sein dürfte. 19 Ansonsten hätte ich mich stets gefragt, ob ich den chronologischen Sachverhalt korrekt erfasst habe oder es noch weitere mir unbekannte Textstellen gibt. Diese Anekdote veranschaulicht meiner Meinung nach den problematischen gegenwärtigen Zustand in der Forschung, der es rechtfertigt und die Notwendigkeit aufzeigt, sich mit dem Themenkomplex der Chronologie der griechischen Archaik eingehend zu befassen. 20 Dazu gibt auch Dieter Hertels einschlägiges Zitat zur Keramikchronologie konkreten Anlass und es spricht zugleich das vorliegende Forschungsvorhaben an: „[Es] sei hier darauf aufmerksam gemacht, daß die gängige absolute Chronologie zwischen dem Beginn des Mittelprotogeometrischen (1000 v. Chr.) und dem Ende des Mittelgeometrischen […] (760/50 v. Chr.) auf ganz schwachen Füßen steht und die der korinthisch-spätgeometrischen, protokorinthischen und korinthischen Keramik einer gewissen Revision bedarf, wozu althistorische Beobachtungen 21 zwingen.“ 22 Als allgemeine Zielsetzung meines Forschungsvorhabens sollen hier das moderne chronologische Bild der Archaik konstruktiv hinterfragt und etwaige Schwächen sowie Stärken aufgezeigt werden. Dabei wird der Fokus auf die wissenschaftsgeschichtlich 16 17 18 19 20

Morris 1996, 54. Zu den sizilischen Gründungsdaten: Kapitel 5. Bäbler 2012, 74–75. Persönliche Mitteilung, Mail vom 15. Mai 2015; Mail vom 7. Februar 2016. Jacob Burckhardt bezeichnete es als notwendige Beschäftigung des historischen Studiums, die jeweiligen Quellen abzuwägen, weshalb wohl jede Wissenschaftsgeneration ihre eigenen Antworten auf bestimmte Sachverhalte finden muss: „Die Quellen aber, zumal solche, die von großen Männern herrühren, sind unerschöpflich, so daß jeder die tausendmal ausgebeuteten Bücher wieder lesen muß, weil sie jedem Leser und jedem Jahrhundert ein besonderes Antlitz weisen und auch jeder Altersstufe des einzelnen. Es kann sein, daß im Thukydides z.B. eine Tatsache ersten Ranges liegt, die erst in hundert Jahren jemand bemerken wird.“ Marx 1935, 21–22. 21 Dieter Hertel (2012, 629 Anm. 3) zitiert hierfür Reinhold Bichlers Aufsatz „Das chronologische Bild der ‚Archaik‘“. 22 Hertel 2012, 629.

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konnotierte Frage gelegt, welche Datierungen antiker Autoren nun die absolute Chronologie der materiellen Hinterlassenschaft und vor allem der Keramikchronologie bestimmen. Es geht also grundlegend um eine detaillierte Analyse der Schnittstelle zwischen schriftlichen und archäologischen Quellen. Zu Beginn wird diese Fragestellung zunächst einmal aus rein textbasierter Perspektive verfolgt, da die antiken Texte die wesentliche Grundlage für die Chronologie der griechischen Archaik darstellen. Einen wesentlichen Themenkomplex bildet dabei die Wissenschaftsgeschichte, die zunächst in Kapitel 2 erläutern soll, anhand welcher Quellen die Chronologie der Archaik überhaupt festgelegt wurde. Darüber hinaus soll der Abschnitt einen Überblick zur Forschungslage im späten 19. Jahrhundert bieten, da sich die heute noch relevante Forschungsgeschichte zur Chronologie direkt daran anschließt. Kapitel 3 widmet sich eingehend der antiken Chronographie mit ihren wichtigsten Vertretern sowie deren Arbeitsweise, um ein besseres Verständnis zu erhalten, wie antike Chronographen die Chronologie der Archaik erstellt haben. So gilt es, die erst nach der Archaik gängigen Datierungskonventionen, vor allem der attischen Archonten und Olympiaden, näher zu diskutieren. Allein daraus lässt sich schon verhältnismäßig deutlich ableiten, dass eine genaue Chronologie für die frühe griechische Vergangenheit erst post festum konstruiert wurde. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, wie sich dieser Sachverhalt auf das moderne chronologische Verständnis der Archaik auswirkt. Die Beschäftigung mit der antiken Chronographie ist mittlerweile zu einem Randgebiet der Klassischen Philologie und Alten Geschichte geworden, nicht zuletzt weil antike Autoren Datierungen für Ereignisse anbieten, die aus moderner Perspektive nicht historisch sind. Darunter zählt an prominenter erster Stelle der Trojanische Krieg, der aber eine äußerst zentrale Rolle für die antike Vorstellung der Frühzeit sowie deren Chronologie einnimmt. Diese fragliche Haltung veranschaulicht auch Andrew Bayliss’ rezenter Kommentar zu Sosibios, einem spartanischen Autor aus dem 3.  Jahrhundert  v. Chr.: „There is no need to replicate Jacoby’s exhaustive chronological reconstructions which compare Sosibios to Eratosthenes here. Few modern readers will require a detailed analysis of when Jacoby thought Lykourgos […] reigned at Sparta, or exactly when the likes of Philochoros […] thought Homer lived, since their historicity has been effectively called into question  […].“ 23 Dem entgegengesetzt gestaltet sich auch in diesem Kapitel eine nähere Berücksichtigung der älteren Forschung als unumgänglich, da beispielsweise Felix Jacobys grundlegende Beiträge bis heute herangezogen werden und maßgeblich das moderne Bild der antiken Chronographie prägen. Gleichzeitig soll überprüft werden, ob neue Texteditionen und andere methodische Zugänge das Potential haben, das Verständnis chronographischer Texte in Hinblick auf die Chronologie der Archaik zu verändern. Im darauffolgenden Kapitel 4 wird der chronologische Faden weiter Richtung Archaik aufgenommen und untersucht, wie die frühesten uns zur Verfügung stehenden schriftlichen Quellen Ereignisse der Archaik zeitlich verorten und wie dies in ihr allgemeines 23 Bayliss 2015, Kommentar zu BNJ 595 F 2 (apud Clem. Alex. Strom. 1, 117, 10).

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chronologisches Verständnis einzuordnen ist. Dabei soll auch die stets präsente Herausforderung der zeitlichen Distanz zwischen den schriftlichen Quellen und den berichteten Ereignissen adressiert werden. Einmal mehr ist man auf Herodot und Thukydides angewiesen, deren Unterteilung in eine jüngere und eine weit zurückliegende (heroische) Vergangenheit bis zu einem gewissen Grad die konventionelle Datierung der Archaik widerspiegelt. 24 Neben den beiden essentiellen historiographischen Werken gilt es aber auch zu untersuchen, wie archaische und klassische Dichter Datierungen für die Archaik ermitteln konnten beziehungsweise welche Datierungskonventionen ihnen überhaupt zur Verfügung standen. So soll außerdem geklärt werden, wie sich das chronologische Bild nun in jenes der späteren chronographischen Traditionen fügt. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auf Reinhold Bichlers Aufsatz „Das chronologische Bild der ‚Archaik‘“ verweisen, der sich entsprechend häufig zitiert findet, weil wesentliche Argumente der vorliegenden Dissertation auf diesem erkenntnisreichen Beitrag aufbauen. Im Rahmen des vierten Kapitels wird zudem die schwierig zu beantwortende Frage gestellt, anhand welcher Quellenbasis antike Autoren im 5. Jahrhundert v. Chr. nun Ereignisse aus der Archaik zeitlich verorten konnten. Darunter fällt zunächst die grundsätzliche Frage nach mündlichen und schriftlichen Quellen sowie darüber hinaus die Diskussion um Archive im archaischen Griechenland. Der prinzipiell sehr umfangreiche Themenbereich soll anhand der chronographischen Listen (vor allem der attischen Archonten- und der Olympionikenliste) und der sizilischen Gründungsdaten diskutiert werden. Während sich bis dahin die Beschäftigung mit der Chronologie der Archaik auf die antiken Texte sowie deren moderne Rezeption beschränkt, wird in den darauffolgenden Abschnitten die Verschränkung mit den archäologischen Befunden beleuchtet. Dabei gilt das Augenmerk vor allem der Keramikchronologie, der mittels antiker Texte absolute Jahreszahlen zugewiesen worden sind. Klassische Archäologen bringen ihre Funde bekanntermaßen anhand von Form und Dekor in eine relative Abfolge, deren zusammengefasste Gruppen seit Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) mit einem organischen Schema von Frühzeit, Blüte und Verfall bennant werden. 25 Aus der Entwicklung der altertumskundlichen Fächer heraus verständlich, hat Winckelmann ein philologisches Konzept, das zur Einteilung der griechischen Dichtung herangezogen wurde, angewandt. 26 Allein aus einer relativen Reihung, wie beispielsweise jene der protokorinthischen Aryballoi, sind jedoch keine Aussagen über die absolute Datierung möglich. Aus diesem Grund bedient sich die Klassische Archäologie der mittels antiker Texte erarbeiteten Datierungen und ordnet Befunde, Gebäude, Skulpturen und vor allem Keramik 24 Bichler 2012, 99–107. 25 Nachdem es sich hier um eine Betrachtung der absoluten Chronologie der Archaik aus althistorischer Perspektive handelt, wird beispielsweise die Problematik der Gleichzeitigkeit von ungleichen Stilen ausgespart. Dabei hat schon Emanuel Löwy (1938, 7) in Hinblick auf die rotfigurige Vasenmalerei die Prämissen der relativen Chronologie auf den Punkt gebracht: „Es wird also […] Gleichzeitigkeit der Entwicklung bei Verschiedenheit von Entstehungsort und Kunstgattung vorausgesetzt und die Entwicklung selbst als gleichen Schrittes in allen Exemplaren erfolgt angenommen, so daß jedes gleichsam sein zeitliches Ursprungszeugnis an sich trage.“ 26 Grafton 1993, 619; Hall 2014, 5.

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anhand der schriftlichen Quellen ein. Wird nun ein Befund mit einem historischen Ereignis und folglich einer exakten Jahreszahl in Verbindung gebracht, bezeichnet man dies als Fixpunkt. Für die Chronologie der Archaik sind vor allem Zerstörungs- und Besiedlungshorizonte relevant, da sich diese aufgrund ihrer Greifbarkeit sowohl in der historischen Überlieferung als auch im archäologischen Befund als Fixpunkte eignen. 27 Die thesenhafte Vernetzung schriftlicher und archäologischer Quellen stellt jedoch eine nicht unproblematische Vorgehensweise dar, wie unter anderem Anthony Snodgrass 28 stark betont hat. Denn so geht man davon aus, dass die von antiken Autoren berichteten Ereignisse auch tatsächlich im archäologischen Befund zu finden sind. Snodgrass spricht dabei von einem positivistischen Trugschluss („positivist fallacy“): 29 „It [i.e. the positivist fallacy] assumes that archaeology and history are operating in essentially the same order of historical reality.“ 30 Demnach sei seiner Meinung nach die Verbindung der historischen Ereignisse mit dem archäologischen Material so problematisch, weil sie unterschiedliche Facetten des menschlichen Daseins repräsentieren. 31 In der Forschung hat sich jedoch diese eher vorsichtige Ansicht nicht durchgesetzt, da man sich durch die scheinbar problemlose Verbindung der unterschiedlichen Quellen ein vollständigeres Bild der Antike erhofft. 32 Die unsichere Verbindung von Text und Befund bildet nun die Hauptgrundlage dafür, dass sich chronologische Sachverhalte in den meisten Fällen unterschiedlich auslegen lassen. 33 Die Verwendung von exakten Jahreszahlen, beispielsweise für die archaische Plastik, „nährt die Fiktion, es handele sich um absolute Daten, die mit den Daten der allgemeinen Geschichte identisch seien. In Wirklichkeit bezeichnen die genannten Zahlen nur eine relative Position innerhalb einer rekonstruierten Abfolge; streng genommen sind sie archäologische Kürzel für bestimmte formale Sachverhalte.“ 34 In der vorliegenden Arbeit geht es nicht um eine Beurteilung der relativen Abfolgen, sondern ausschließlich um deren Verbindung zu den schriftlichen Quellen beziehungsweise der daraus resultierenden absoluten Chronologie. 35 Eine Zusammenstellung der Forschungsgeschichte ausgewählter datierter Ereignisse, archäologischer Befunde und damit in Verbindung 27 Zur Datierungsmethodik der Klassischen Archäologie allgemein sowie zum Konzept der Fixpunkte: Biers 1992; Bäbler 2012. 28 V.a. Snodgrass 1983; Snodgrass 1985; Snodgrass 1987, 36–66. 29 Z.B. Snodgrass 1983, 142, 145, 163. 30 Snodrass 1983, 145. 31 Snodgrass 1983, 150. 32 Z.B. Bowden 1991, 53. 33 Snodgrass 1985, 199. 34 Borbein 1991, 535. 35 Die relative Chronologie der griechisch archaischen Keramik darf als gesichert betrachtet werden. Einzig im chronologischen Verhältnis der unterschiedlichen Produktionsstätten untereinander bestehen noch feine Korrekturmöglichkeiten, wie beispielsweise für die Relation von attisch-/ euböisch- und korinthisch-geometrischer Keramik (Trachsel 2004, 161–166, 196; Trachsel 2008a, 66 Abb. 4.7). Ebenso hat Stefanos Gimatzidis (2010, 309) jüngst den gleichzeitigen Beginn der attisch-spätgeometrischen Phase Ia und der euböisch-spätgeometrischen festgestellt, der bis dato leicht verschoben angenommen wurde.

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gebrachter Keramik erscheint vor allem vor dem Hintergrund einer Untersuchung nach heutigen Maßstäben sinnvoll. Der hier vorgeschlagene Themenbereich fand seitens der Klassischen Archäologie und Alten Geschichte nicht die umfassende Aufmerksamkeit, der ihm zusteht. Die einzige Ausnahme bildet die so genannte Francis-Vickers-Chronologie 36, in der David Francis und Michael Vickers zu Recht auf die Problematik einer nicht hinterfragten Chronologie hinwiesen. Ihr in mehreren Beiträgen publiziertes Konzept sah vor, die absolute Chronologie kontinuierlich von der spätgeometrischen Phase im späten 8. Jahrhundert v. Chr. bis hin zur frühen Klassik konsequent herabzusetzen. Dabei weicht ihr Vorschlag für die frühe Archaik um bis zu 70 Jahre von der konventionellen Chronologie ab, bis schließlich beide Systeme in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. mit dem Parthenonbau wieder übereinstimmen. Demnach zweifelten Francis und Vickers nicht an der relativen Chronologie, waren aber überzeugt, dass die Verbindung mit den schriftlichen Quellen und somit die absolute Chronologie nicht korrekt sei. Es geht in der vorliegenden Arbeit nicht um eine abermalige detaillierte Aufarbeitung der mittlerweile beendeten Diskussion, sondern um ihren Beitrag, dass die Fixpunkte trotz ihres Namens mitunter nicht als vollkommen gesicherte Verbindung zur absoluten Chronologie der schriftlichen Quellen gesehen werden sollten. Darin liegt auch Francis’ und Vickers’ wertvoller Verdienst und weniger in der Erstellung einer überzeugenden neuen Chronologie. 37 Ähnlich lässt sich hier kurz das Anliegen von Peter James et alii 38 zusammenfassen, das eine Tilgung der Dark Ages vorsieht und das Ende der Bronzezeit mit zirka 950 v. Chr. um zirka 250 Jahre später als konventionell ansetzt. Dieser Gruppe an Autoren ist eine Problematisierung der Abhängigkeit der absoluten Chronologie im gesamten bronzezeitlichen Ägäisraum von Ägypten zu verdanken. 39 Wie Francis und Vickers plädieren auch sie für eine notwendige Herabsetzung der absoluten Chronologie der Archaik, um die relative Chronologie in dem nun dichteren Zeitrahmen unterbringen zu können. Einzelne Argumente sowohl des Francis-Vickers-Systems als auch der Autorengruppe um Peter James werden in den jeweiligen Abschnitten berücksichtigt werden. Kapitel 5 bis 8 gehen in deskriptiver Weise die Fixpunkte der Archaik durch. Ein wesentliches Kernstück der vorliegenden Arbeit bildet das fünfte Kapitel, das eine detaillierte Auseinandersetzung mit den sizilischen Gründungsdaten und der absoluten Chronologie der korinthischen Keramik ab dem späten 8. bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. vornimmt. In einem ersten Schritt gilt es, die schriftliche Evidenz zu analysieren, um zu klären, wie antike Autoren die griechischen Gründungen auf Sizilien zeitlich verortet haben. In einem separaten Schritt wird nun die Verwendung vor allem von Thukydides’ Sizilischer Archäologie für die korinthische Keramik, die man in den griechischen 36 Einen Überblick über die doch recht umfangreiche Bibliographie dieser Debatte bieten: Cook 1989; Kokkinos 2007. 37 Z.B. Snodgrass 1985, 199; Cook 1989; Biers 1992, 84; Hall 2014, 53. 38 James et al. 1991. 39 Von den großteils negativen Reaktionen sticht Anthony Snodgrass’ Rezension hervor, der zwar letztlich die Schlüsse ebenso ablehnt, aber dennoch ihrer Zusammenstellung komplexer Sachverhalte gebührenden Respekt zollt: „The conventional scheme has not been proved wrong; what has been demonstrated; I think quite adequately, is the possibility of its being wrong.“ Snodgrass 1991.

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Gründungen gefunden hat, eingehend betrachtet. Die heute noch gängige Keramikchronologie geht im Wesentlichen auf Humfry Paynes epochales Werk „Necrocorinthia“ aus dem Jahr 1931 zurück, weshalb dessen Methodik sowie akademisches Umfeld näher diskutiert werden sollen. Ebenso wird der Frage nachgegangen, inwieweit die vorhandene Evidenz auch andere Datierungsvorschläge zulassen könnte und wie sich diese zu Paynes Methodik verhalten. Aufgrund fehlender Fixpunkte im archaischen Griechenland hat die Forschung ihren Blick hoffnungsvoll auf die Levante gerichtet, wo man in den zahlreichen Zerstörungshorizonten eben auch griechische Keramik gefunden hat. Im näheren Kontext der Archaik interessiert vor allem der Zeitraum des 8. und 7. Jahrhunderts v. Chr., wofür mit den neuassyrischen Königsinschriften und babylonischen Chroniken zeitnahe Quellen zur Verfügung stehen. Mit diesen Keilschrifttexten liegt ein Korpus vor, das eigentlich in den Fachbereich der Altorientalistik fällt und dementsprechend für den hier vorliegenden Kontext der griechischen Archaik aufbereitet und erschlossen werden soll. Damit wird auch ein Brückenschlag zwischen der klassischen Altertumskunde und der Assyriologie unternommen, der sich für eine tiefgreifende Diskussion um die Chronologie der griechischen Archaik als unabdingbar, wenn auch herausfordernd gestaltet. Denn nicht selten dient die Levante als Argument, um die Kohärenz der konventionellen Keramikchronologie zu belegen, was es in Kapitel 6 zu überprüfen und allenfalls zu diskutieren gilt. So sollen analog zum vorigen Abschnitt zuerst die entsprechenden schriftlichen Belege erörtert werden, wobei kürzlich erschienene Texteditionen sowie neuartige Konzepte zur Quellenerschließung herangezogen werden. Darüber hinaus gilt es herauszuarbeiten, wie nun die aus den Texten erschlossenen Datierungen für die Keramikfunde verwendet werden. Dem Themenkomplex der phönizischen Gründungen in Hinblick auf die Chronologie der griechischen Archaik widmet sich das siebte Kapitel. So bieten die phönizischen Gründungen im westlichen Mittelmeerraum, allen voran Karthago, eine weitere Möglichkeit für Fixpunkte der griechisch geometrischen Keramik. Zwar hat sich keine phönizische Historiographie und somit keine entsprechende Datierung in phönizischen Quellen erhalten, allerdings äußerten sich mehrere antike Autoren zum Gründungsdatum Karthagos. Wiederum soll eingehend erläutert werden, wie man in der Antike Karthagos Alter einstufte und wie sich dies zur archäologischen Evidenz verhält. Karthagos Gründungsdatum im späten 9. Jahrhundert beziehungsweise in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. stellt den ältesten hier berücksichtigten Fixpunkt dar und fügt sich in etwa dem konventionellen Epochenbeginn. Die Diskussion der Evidenz von Sizilien, der Levante und Karthago wurde bewusst in dieser Reihenfolge gewählt, weil sich dadurch auch zeigen wird, wie die unterschiedlichen Bereiche in der Auslegung der Chronologie ineinandergreifen. Ein wesentliches Anliegen der vorliegenden Dissertation besteht in der Zusammenführung der verstreuten Evidenz, die der modernen Chronologie der griechischen Archaik zu Grunde liegt und sich entsprechend der Fundorte der griechischen Keramik nicht auf Griechenland selbst beschränkt. Im 6.  Jahrhundert  v. Chr. verlagert sich die absolute Keramikchronologie von der korinthischen zur attischen, wobei für die frühe attisch schwarzfigurige Vasenmalerei

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lediglich zwei Fixpunkte zur Verfügung stehen. Zum einen handelt es sich um das Gründungsdatum der phokäischen Niederlassung Massalia und zum anderen um die Datierung der Panathenäen. Analog zu den vorigen Kapiteln werden die antiken Textstellen eingehend auf ihre chronologischen Aussagen hin überprüft und ihre Verwendung für die Keramikchronologie zur Diskussion gestellt. Damit endet auch der chronologische Rahmen der vorliegenden Arbeit, da hier bewusst der Horizont der attisch rotfigurigen Vasen ausgespart wird. Zwar hat bereits Ernst Langlotz 40, aufbauend auf Franz Studniczka 41, das gängige Chronologiesystem etabliert und den Beginn der rotfigurigen Vasenmalerei anhand des Siphnierschatzhauses in Delphi um 530 v. Chr. festgelegt. 42 Allerdings steht bereits dieser Fixpunkt zur Diskussion ebenso wie die weiteren Eckpfeiler mit dem Alkmaioniden-Tempel sowie dem Schatzhaus der Athener in Delphi, dem Perserschutt, dem Marathon-Tumulus und den Lieblingsinschriften (Kalos-Inschriften) der LeagrosGruppe auf den schwarz- und rotfigurigen Vasen. 43 Eine umfassende Beschäftigung mit der absoluten Chronologie der rotfigurigen Vasenmalerei verlangt auch eine eingehende Berücksichtigung der Evidenz im 5. Jahrhundert v. Chr., vor allem wenn man die Diskussion um eine mögliche Senkung der Keramikchronologie berücksichtigen möchte. 44 Die Fixpunkte der frühen attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei bilden auch deshalb für die vorliegende Beschäftigung mit der Chronologie der Archaik einen sinnvollen Endpunkt, weil für die rotfigurige Vasenchronologie eine grundlegende Auseinandersetzung mit der relativen Abfolge und stilistischen Kriterien notwendig ist, was der archäologischen Disziplin vorbehalten bleiben soll. Das letzte Kapitel widmet sich schließlich aus geisteswissenschaftlicher Perspektive den naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden und der Möglichkeit, ob damit die Abhängigkeit der Datierungsfragen von den schriftlichen Quellen gelöst werden könnte. 40 Langlotz 1920. 41 Studniczka 1887, 159–167. 42 Gemäß Herodot (3, 39; 3, 57–58) wird Siphnos nach der Stiftung des Schatzhauses, der Zeitraum wird von ihm allerdings nicht näher erläutert, durch Flüchtlinge von Samos geplündert. Dies soll zeitgleich mit Kambyses’ Feldzug gegen Ägypten (525 v. Chr.) geschehen sein, woraus schließlich die Datierung des Schatzhauses um 530 v. Chr. resultiert. Aufgrund der Erwähnung durch Pausanias (10, 11, 2) und der Verwendung von Marmor aus Siphnos hat man die Identifizierung des 1894 ausgegrabenen Gebäudes in Delphi weitgehend als gesichert betrachtet, wobei auch hier durchaus einiger Interpretationsspielraum besteht. Die Bedeutung dieses Fixpunktes ist enorm, neben dem Beginn des rotfigurigen Stils gilt das Siphnierschatzhaus auch als Ausgangspunkt für weitere stilistische Einordnungen. Kritische Haltungen zu diesem akzeptierten Fixpunkt vertreten: Francis – Vickers 1983, 54–67; Brinkmann 1994, 73–74; Kenzler 2007, 193–194. 43 Martin Steskal (2004) hat einen hervorragenden Überblick zu dem Chronologieschema von Ernst Langlotz und Franz Studniczka verfasst sowie dessen Diskussion in der Sekundärliteratur analysiert. 44 Tölle-Kastenbein 1983 (ca. 515/10  v. Chr. für Beginn der rotfigurigen Vasenmalerei); Neer 2002, 186–205 (ca. 510 v. Chr. für Beginn der rotfigurigen Vasenmalerei); Rotroff 2009 (ca. 520–515 v. Chr. für Beginn der rotfigurigen Vasenmalerei). Bezeichnenderweise hat man für den Beginn des rotfigurigen Malstils auch erst das 5. Jahrhundert v. Chr. in Erwägung gezogen: Löwy 1938; Steskal 1998 (eine detaillierte Besprechung von Emanuel Löwys Argumentation); Kenzler 2007.

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Einleitung

Dieser verhältnismäßig neuen Datierungsmethode gilt es insofern nachzugehen, als antike Autoren gerade für die frühe Archaik keine bis auf das Jahr exakte Chronologie anbieten können. Derzeit existiert eine rege Diskussion um die Auslegung naturwissenschaftlicher Analysen von Fundorten griechischer Keramik der frühen Eisenzeit, die vor allem im westlichen und östlichen Mittelmeerraum vorgenommen worden sind. Es soll nun geprüft werden, inwieweit sich diese naturwissenschaftlichen Daten auch auf den hier zu untersuchenden Zeitraum der Archaik anwenden lassen beziehungsweise sich deren Ergebnisse darauf auswirken könnten. Insgesamt wird im Folgenden die facettenreiche Thematik der Chronologie der griechischen Archaik in interdisziplinärer Weise betrachtet und die komplexe Evidenz eingehend diskutiert.

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2. Wissenschaftsgeschichtliche Bemerkungen zur Chronologie der Archaik

2.1

Der Begriff der Archaik

1872 führte der Archäologie Heinrich Brunn 1 (1822–1894) den kunsthistorischen Begriff der Archaik 2 ein. Anhand der ihm bekannten, der Klassik vorausgehenden, Skulpturen verfasste er eine Gesamtabhandlung „Die archaische Kunst“ 3. Ebenso prägend stellte sich Jacob Burkhardts 4 (1818–1897) erst später publizierter Abschnitt „Der koloniale und agonale Mensch“ 5 aus seiner Vorlesungsreihe heraus. Zwar sprach er niemals explizit von einer archaischen Epoche, schuf jedoch eine umfassendere Beschreibung, die über eine rein kunsthistorische Herangehensweise hinausging. 6 Ebenfalls zu nennen ist an dieser Stelle Friedrich Nietzsches 7 (1844–1900) „Geburt der Tragödie“ 8. Nietzsches Ansichten über den Kulturpessimismus sollten für die Wertschätzung der archaischen Kunst wegbereitend sein. 9 So fand nämlich Johann Joachim Winckelmanns 10 (1717–1768) Ansicht zur 1 Biographische Angaben zu Brunn: Flasch 1902 (mit Schriftenverzeichnis); Von Lücken 1955; Lullies 1988a; Graepler 2012a. 2 Wenngleich der Begriff archaisch/archaistisch im Sinne von altertümlich bereits vorher Verwendung fand. So beschrieb Leo von Klenze 1853 den Kouros von Tenea als „im streng archaistischen Style“ (direktes Briefzitat bei Bertsch 2005, 516) und Alexander Conze (1870, 513) schrieb von archaischen Vasen. Möglicherweise geht die Unterscheidung von archaisch im Sinne von alt und archaistisch als Nachbildung eines altertümlichen Stils auf Johannes Overbeck (1826–1895) zurück, der ebenso 1853 in seinen „Kunstarchäologischen Vorlesungen“ den Kouros von Tenea beschrieb. Zu einer detaillierten wissenschaftsgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der archaischen Epoche siehe erst kürzlich Walter 2013, Most 1989, Most 2001 und überblicksartig Davies 2009, 3–5. 3 Brunn 1897. Diese Publikation entstand bereits in ihren Grundzügen 1872, wenngleich die Veröffentlichung erst später erfolgte. 4 Biographische Angaben zu Burckhardt: u.a. Kaegi 1947–1982; Kaegi 1957; Christ 1972, 119–158; Weber 1984, 77–79; Meyer 2009; Leppin 2012. 5 Burckhardt hielt die Vorlesung zum ersten Mal im Jahr 1872, in gedruckter Form ist sie aus späterer Zeit zugänglich (z.B. Burckhardt 1959, 59–159). 6 Nähere Ausführungen zum Begriff des Agonalen bei Jacob Burckhardt: Ulf 2004a, 78–93. 7 Biographische Angaben zu Nietzsche: u.a. zuletzt Ottmann 2000; Safranski 2000; Appel 2011; Kammler 2012. 8 Nietzsche 1872. 9 Silk – Stern 1981, 37; Most 1989, 17–21; Marchand 1996, 127; Walter 2013, 99. 10 Biographische Angaben zu Winckelmann: u.a. Allen 1949; Schiering 1988; Leppmann 1996; Kepetzis 2001; Kunze 2012; Harloe 2013; Fagan 2014.

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Wissenschaftsgeschichtliche Bemerkungen zur Chronologie der Archaik

Entwicklung der griechischen Kunst, die den ‚archaischen‘ Stil nur als Vorbereitung zur Blütezeit verstand, bis weit ins 19. Jahrhundert Zustimmung. 11 Als Epochenbegriff taucht die Archaik dann 1931 in Helmut Berves „Griechischer Geschichte“  12 auf, worin sich eine entsprechende Überschrift – „Die archaische Zeit“ – findet. Allerdings lieferte erst Alfred Heuß 13 in seinem 1946 erschienenen Aufsatz „Die archaische Zeit Griechenlands als geschichtliche Epoche“ eine umfassende Definition des Epochenbegriffs.

2.2

Die Erstellung der Chronologie der Archaik

2.2.1 Wissenschaftsgeschichtlicher Kurzüberblick über die historische Chronologie Die folgenden einleitenden Bemerkungen sollen aus wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive einen Kurzüberblick bieten, wie die moderne Chronologie der Antike überhaupt erstellt wurde, wobei nur die wichtigsten Eckpunkte der Entwicklung der historischen Chronologie als Wissenschaftsdisziplin in Hinblick auf die Archaik Berücksichtigung finden (können). Während im römischen Westen mit dem Mittelalter eine Zäsur in der Überlieferung der antiken Literatur eintrat, Thukydides’ Peloponnesischer Krieg fiel womöglich völlig der Vergessenheit anheim, wurden im byzantinischen Osten die großen antiken Geschichtswerke weiterhin tradiert. Erst im 15. Jahrhundert gelangten beispielsweise wieder vollständige Abschriften der griechischen Originale von Herodot und Thukydides nach Italien. 14 Somit waren diese beiden wichtigen Informationsquellen für die griechische Archaik bereits seit langem bekannt. In diesem Abschnitt wird jedoch deutlich hervortreten, dass eben nicht die Historiographen des 5.  Jahrhunderts  v. Chr. als Grundlage für die Chronologie der Archaik herangezogen wurden, sondern man sich vielmehr an den späteren Chronographen orientierte. Es bestand bereits früh die Möglichkeit, Olympiadenangaben aufgrund zahlreicher Synchronismen mit den Regierungsdaten der römischen Kaiser in unsere gängigen Kalenderjahre 15 umzurechnen. 16 Im Jahr 1627 etablierte Dionysius Petavius mit seinem Werk „Opus de Doctrina Temporum“ die heute geläufige vorchristliche Zeitzählung. 17 11 12 13 14 15

Z.B. Most 2001, 21. Berve 1931, 110–212. Heuß 1946. Bengtson 1975, 7; Rollinger 2000, 120–123; Sonnabend 2004, 108–109; Pade 2006. Ein Überblick über die hier nicht angesprochene Problematik der unterschiedlichen Kalendersysteme und Details zur Erstellung der christlichen Zeitrechnung durch Dionysius Exiguus im 6. Jahrhundert n. Chr. finden sich bei: Holford-Strevens 2005. 16 Ein Beispiel hierfür stellt Eusebius’ Angabe (Praep. Evang. 10, 9) dar, die das 15. Regierungsjahr von Kaiser Tiberius in Ol. 201,4 setzt, also 28 n. Chr. Die bekannte Gleichsetzung von Ol. 1,1 mit 776 v. Chr. verwendete Dionysius Exiguus im Übrigen auch bei der Erstellung der christlichen Ära. Samuel 1972, 190; Bickerman 1963, 53. 17 Möller 2004b, 171.

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Die Erstellung der Chronologie der Archaik

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Bereits in der Renaissance wurde der Grundstein für die Festlegung wichtiger Daten der Antike und deren Umrechnung in die vorchristliche Ära gelegt. Eine Vielzahl an Arbeiten beschäftigt sich mit Aspekten der unterschiedlichen antiken Kalendersysteme sowie der Erfassung essentieller antiker Quellen. 18 Wie in den meisten diesbezüglichen Abhandlungen beginnt auch hier die Darstellung mit Joseph Justus Scaliger 19 (1540–1609), 20 der mit seinem 1583 verfassten Werk „De Emendatione Temporum“ das Forschungsfeld wesentlich prägte. 21 Dabei waren Scaligers Ansätze, wozu die Verbindung von (alt)philologischem Wissen mit der Astronomie und die Mitberücksichtigung von Daten aus dem Vorderen Orient zählen, keineswegs neu. 22 Einerseits konnte er jedoch ein bis dahin fehlendes Referenzwerk für antike Kalendersysteme schaffen und andererseits beachtliche neue Ergebnisse vorbringen. Bezeichnenderweise widersprach Scaliger der verbreiteten Gleichsetzung von Salmanassar (V.), dem neuassyrischen Herrscher von 727–722 v. Chr. 23, und Nabonassar, dem Herrscher Babyloniens von 747–734 v. Chr. 24 Die Bestimmung von Nabonassars Regierungsbeginn ist für die zeitliche Umrechnung zahlreicher astronomischer Beobachtungen bedeutsam gewesen, da viele antike Texte, wie beispielsweise der Ptolemäische Königskanon, ihn als zeitlichen Referenzpunkt verwenden. 25 Die Vorstellung einer Ära Nabonassars dürfte allerdings eine nachträgliche hellenistische Erfindung und Zuschreibung sein. 26 Auf rechnerischem Gebiet besteht Scaligers Leistung in der Etablierung der so genannten Julianischen Periode, womit Daten jeglicher Kalendersysteme einheitlich ausgedrückt werden können. Darüber hinaus eignet sich dieses System besser für Berechnungen von Intervallangaben als die diesbezüglich beschwerliche vor- und nachchristliche Ära. 27 Scaliger war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass sein Buch aufgrund der 18 Grafton 1995, 16. 19 Jacoby Bernays (1855) sowie Barbara Kuhn-Chen (2012) bieten einen Überblick zu Scaligers Leben. Die umfassendsten und aktuellsten Publikationen zu Scaliger stammen von Anthony Grafton (1983; 1993). Da Grafton viele Passagen aus den neulateinischen Dokumenten sowohl in Latein als auch in englischer Übersetzung gibt, sind die zum Teil schwierig zu erschließenden Quellen leicht zugänglich. 20 Scaliger besaß zwar viele Vorgänger sowie Kollegen, jedoch weist Anthony Grafton (1995, 16) darauf hin, dass es zurzeit keine moderne Aufarbeitung dieser wissenschaftlichen Beiträge gibt. 21 Z.B. Kamp 2010, 216. Grafton (1975) liefert eine exzellente, kurz gefasste Zusammenstellung des wissenschaftlichen Zweiges der historischen Chronologie für die Zeit von Scaliger sowie dessen Einfluss auf die ihm folgende Forschergeneration. Ebenso berücksichtigt Grafton Rückmeldungen zu Scaligers Publikationen, worunter sich beispielsweise eine Stellungnahme von Johannes Kepler findet. Anhand von Keplers Kritik wird auch ersichtlich, dass Scaliger trotz seiner mathematischen Leistungen eigentlich kein ausgebildeter Astronom war. Grafton 1993, 145–146. 22 Balbina Bäblers Darstellung (2012, 47) könnte beispielsweise dahin gehend missverstanden werden, Scaligers Werke seien die ersten wissenschaftlichen Versuche auf dem Gebiet der historischen Chronologie gewesen. 23 Baker 2008a. 24 Brinkman 2001a. 25 Scaliger 1583, 214; Ginzel 1906, 138–143, 149; Grafton 1975, 161; Grafton 1993, 264. 26 Glassner 2004, 111–113; Liverani 2010a, 50–51. 27 Scaliger 1583, 197; Grafton 1993, 249–250; Gierl 2012, 49–50.

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Wissenschaftsgeschichtliche Bemerkungen zur Chronologie der Archaik

komplizierten Sachverhalte auf dem Gebiet der Astronomie und des antiken Kalenderwesens keine leichte Lektüre darstellt. Er wandte sich dabei ausschließlich an ein Fachpublikum und fügte für weniger Fachkundige keinerlei Erklärungen bei, weshalb wohl einige Leser Verständnisschwierigkeiten hatten. Scaligers elitäre und überheblich anmutende Einstellung findet ihren Niederschlag in einer zynischen Bemerkung in seiner zweiten Edition, wonach viele seiner Leser den erforderlichen Intelligenztest offensichtlich nicht bestanden hätten. 28 Scaligers umfassende Sprachkompetenz in Latein und Altgriechisch halfen ihm nicht nur die relevanten antiken Quellen zu lesen und mitunter zu emendieren, sondern ermöglichten es ihm auch, eine Erstedition der Excerpta Latina Barbari 29 zu erstellen. Der Autor dieses Werks erhielt von Scaliger die etwas abschätzige Bezeichnung Barbar, wobei die jüngere Forschung die zum Teil polemisch ausgefallene Kritik Scaligers zunehmend revidiert. Der unbekannte Verfasser übersetzte im späten 8.  Jahrhundert  n. Chr. eine griechisch verfasste Chronik in die lateinische Sprache und stieß zusehends an die Grenzen seiner sprachlichen Kompetenzen. So verwechselte er beispielsweise Ἴλιον mit ἥλιος und gab demnach Troja mit sol (Sonne) wieder. Der griechische, verloren gegangene, Originaltext wird in einen Zeitraum zwischen 527 und 539 n. Chr. angesetzt 30 und ist nur durch eine lateinische Abschrift in einem einzigen Manuskript (Parisinus latinus 4884) in der Nationalbibliothek Paris erhalten. Weil diese Handschrift äußerst schwer zugänglich war, finden sich häufig (Abschreib-) Fehler in den alten Editionen und Transkriptionen. 31 Scaliger versuchte eine verbindliche Methodik zur Erschließung dieses äußerst wichtigen Texts zu erstellen, wobei er zeitgenössischen Quellen gegenüber erst später entstandenen Berichten allgemein den Vorzug gab. Dieser einfach anmutende Grundsatz war durch die zu Scaligers Zeit zirkulierenden und vielfach verwendeten Fälschungen antiker Werke nicht leicht anzuwenden. Bezeichnenderweise zog Scaliger keine dieser Falsifikate heran. 32 Unter diesen gefälschten Texten sind vor allem Annius von Viterbos 33 (gest. 1502) produzierte Schriften 34 zu nennen, die vorgaben, verloren gegangene antike Werke, wie jene von Manetho oder Berossos, wiederzugeben. Freilich weist Scaligers Evaluierung der Glaubwürdigkeit bestimmter Textpassagen aus moderner Perspektive Schwächen auf,

28 Grafton 1975, 161–162. 29 Einen Überblick über die sehr umfangreiche Literatur zu den Excerpta Latina Barbari bietet Burgess 2013, 1–2 Anm. 2.  Eine neue Einleitung, Bearbeitung, Übersetzung sowie Kommentar eines Teils der Excerpta Latina Barbari befindet sich gerade in Arbeit und soll in „Mosaics of Time II“ von Richard Burgess und Michael Kulikowski erscheinen. 30 Burgess 2013, 29. 31 Wallraff 2007, xxxvi–xxxviii; Burgess 2013. 32 Dionisotti 1997, 32.  Zum Hintergrund mancher Fälschungen ist anzumerken, dass zur Herrschaftslegitimation in Westeuropa seit dem frühen 14. Jahrhundert Genealogien beliebt waren, die eine Abstammung von der römischen Antike, dem Trojanischen Sagenkreis und darüber hinaus von biblischen Figuren beanspruchten. Ursprung 2007, 81. 33 Biographische Informationen zu Annius von Viterbo: Weiss 1962. 34 Zu diesen Fälschungen siehe: Schiebe 1992; Stephens 2004; Lehr 2012; Stephens 2013.

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Die Erstellung der Chronologie der Archaik

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wenn er beispielsweise Diodor 35 als einzige Quelle für die medischen Könige verwendete. Dabei kann man Scaliger mancherorts schon fast einen blinden Glauben an die Arbeitsweise der antiken Historiographen zuschreiben, wenn seine einzige Begründung auf der Annahme von öffentlichen Dokumenten als Informationsgrundlage beruht. 36 Interessanterweise verschwieg Scaliger 37 nämlich an dieser Stelle, dass Diodor als Quelle der medischen Königsliste Ktesias nennt und mit Herodot eine anderweitige Überlieferung vorliegt. 38 Dies überrascht insofern, als Scaliger 39 Ktesias andernorts als unverlässlichen Historiker bezeichnet. Scaliger erkannte die bis heute gültige Grundlage zur Erschließung der griechischen Chronologie, 40 nämlich die Verbindung des Ptolemäischen Königskanons 41 mit einem Eratosthenes-Fragment 42. Der Ptolemäische Königskanon war Teil der Handlichen Tafeln (Πρόχειροι Κανόνες) des Astronomen Klaudios Ptolemaios und datiert in das 2. Jahrhundert  n. Chr. 43, wovon Scaliger allerdings nur korrupte Versionen bekannt waren. 44 Der Ptolemäische Königskanon zählt zu den wichtigsten astronomischen Texten der Antike und beinhaltet grundlegende Angaben für die Berechnungen von astronomischen Konstellationen, wie beispielsweise von Sonnenfinsternissen. Der Text bietet nun eine Auflistung der babylonischen, persischen sowie hellenistischen Könige bis hin zu den römischen Kaisern, wobei Nabonassars Regierungsantritt 747 v. Chr. den Beginn bildet. Nach der Antike wurde diese Liste mit byzantinischen und mitunter auch türkischen Regenten bis ins 15. Jahrhundert hinein erweitert. 45 Ptolemaios’ Regentenliste dient als

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Diod. 2, 32, 4–6. Grafton 1993, 655–656. Scaliger 1658, 321. Zur Problematik der medischen Königsliste bei Ktesias im Gegensatz zur herodoteischen Tradition: Rollinger 2004; Rollinger 2010, 64–48; Rollinger 2011a. Reinhold Bichler (zuletzt 2011) hat vorgeschlagen, in Ktesiasʼ Werk mitsamt den Abweichungen zu Herodots Darstellung zumindest in Teilen „eine wohlüberlegte satirische Verformung zum Amüsement eines verständigen Publikums“ (Bichler 2004b, 107) zu sehen, eine Auffassung, die auch Auswirkungen auf die Rekonstruktion der medischen Königsliste hätte. Scaliger 1658, Isagogici Chronologiae Canones 321. Bickerman 1963, 56; Bichler 2004a, 210 Anm. 9. Ginzel 1906, 138–143, 149; Bickerman 1968, 109–111; Depuydt 1995; Folkerts 2001. Die grundlegende Bedeutung des Ptolemäischen Königskanons nicht nur für die klassische Antike, sondern auch für die Chronologie des Vorderen Orients hat Anthony Grafton (1993, 116) auf den Punkt gebracht: „[…] it is perhaps the most important single document for establishing the chronology of ancient history.“ BNJ 241 F 1a (apud Clem. Alex. Strom. 1, 138, 1–3). Dieses Eratosthenes-Fragment stellt den ältesten Text dar, anhand dessen das Jahr Ol. 1,1 in 776 v. Chr. umgerechnet werden kann. Zu Eratosthenes als bedeutenden antiken Chronographen siehe: v.a. Geus 2002, 309–332; Niese 1888a; Wachsmuth 1892, 127–131; Möller 2005; Christesen 2007, 12–13, 173–179; Burgess – Kulikowski 2013, 86–88. Friedrich Ginzel (1906, 138–143) dürfte bei seiner Zuweisung in das 3.  Jahrhundert ein Fehler unterlaufen sein. Grafton 1993, 720–727; Depuydt 1995, 105. Ginzel 1906, 138–143, 149; Bickerman 1968, 109–111; Depuydt 1995; Folkerts 2001.

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Umrechnungsschlüssel der relativen Angaben im betreffenden Eratosthenes-Fragment 46, das Clemens von Alexandrien 47 in seinem Werk Stromateis überliefert: „Von Troias Eroberung bis zur Rückkehr der Herakliden 80 Jahre, hierauf bis zur Niederlassung in Ionien (ionische Wanderung) 60 Jahre, danach bis zur Vormundschaft des Lykurgos 159 Jahre, hierauf bis zum Anfang der 1. Olympiade 108 Jahre; von dieser Olympiade bis zum Feldzug des Xerxes 297 Jahre, darauf bis zum Anfang des Peloponnesischen Krieges 48 Jahre und bis zu seinem Ende und Athens Untergang 27 Jahre, und dann bis zur Schlacht bei Leuktra 34 Jahre, darauf bis zu Philipps Tod 35 Jahre, dann bis zum Ableben Alexanders 12 Jahre.“ 48 Die Angabe des Datums von Alexanders Tod in Ptolemaios’ Werk ermöglicht es folglich, zahlreiche Kerndaten der griechischen Geschichte, wie den Beginn des Peloponnesischen Kriegs oder die ersten Olympischen Spiele (für die Olympiadenzählung), in absolute Jahreszahlen umzurechnen. Aus Scaligers Beschäftigung mit Hieronymus’ lateinischer Übertragung von Eusebius’ Chronik 49 entstand 1606 der „Thesaurus Temporum“, worin Scaliger mit seinen religiösen Ansichten in Konflikt geriet. Denn Scaliger 50 hatte anhand der Bibel die Erschaffung der Erde auf den 18. April 3949 v. Chr. berechnet, die ägyptischen Dynastien wären jedoch laut Manetho davor anzusetzen. 51 Gemäß Gerald Verbrugghe und John 46 BNJ 241 F 1a. 47 Clem. Alex. Strom. 1, 138, 1–3. 48 Übersetzung: Bickerman 1963, 56. Der griechische Originaltext lautet gemäß BNJ 241 F 1a folgendermaßen: ἀπò μὲν Τροίας ἀλώσεως ἐπὶ Ἡρακλειδῶν κάθοδον ἔτη ὀγδοήκοντα · εντεῦθεν δὲ ἐπὶ τὴν Ἰωνίας κτίσιν ἔτη ἑξήκοντα · τὰ δὲ τούτοις ἑξῆς ἐπὶ μὲν τὴν ἐπιτροπίαν τὴν Λυκούργου ἔτη ἑκατὸν πεντήκοντα ἐννέα · ἐπὶ δὲ προηγούμενον ἔτος τῶν πρώτων ὀλυμπίων ἔτη ἑκατὸν ὀκτώ · ἀφ᾽ ᾗς ὀλυπιάδος ἐπὶ τὴν Ξέρξου διάβασιν ἔτη διακόσια ἐνενήκοντα ἑπτά · ἀφ᾽ ᾗς ἐπὶ τὴν αρχὴν τοῦ Πελοποννησιακοῦ πολέμου ἔτη τεσσαράκοντα ὀκτώ · καὶ ἐπὶ τὴν κατάλυσιν καὶ Ἀθηναίων ἧτταν ἔτη εἴκοσι ἑπτά · καὶ ἐπὶ τὴν ἐν Λεύκτροις ηάχην ἔτη τριάκοντα τέσσαρα · μεθ᾽ ἣν ἐπὶ τὴν Φιλίππου τελευτὴν ἔτη τριάκοντα πέντε · μετὰ δὲ ταῦτα ἐπὶ τὴν Ἀλεξάνδρου μεταλλαγὴν ἔτη δώδεκα. 49 Scaligers Rekonstruktion des verloren gegangen griechischen Originals von Eusebius’ Chronik blieb bis 1999 singulär. Noch bis ins 19. Jahrhundert galt seine rekonstruierte Olympionikenliste gar als antikes Original. Aufgrund Scaligers Eingriffe in den Text ist heute jedoch eine kritische Benützung ratsam. Burgess 1999, 22; Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 44–45 Anm. 35. 50 Scaliger 1583, 198–201. 51 Scaliger 1658, Isagogici Chronologiae Canones 278–281; Grafton 1975, 171. Scaligers Methode, das Alter der Erde anhand von Bibelstellen einzuordnen, war weit verbreitet. Hohen Bekanntheitsgrad

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Die Erstellung der Chronologie der Archaik

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Wickersham 52 veranschlagte Manetho für die Zeit von König Menes bis Kambyses zirka 5100 Jahre. In der armenischen Version von Eusebius findet sich der klärende Hinweis für dieses zu hohe Alter Ägyptens, nämlich das Nebeneinander von unterschiedlichen Dynastien. Da Scaliger die armenische Manuskripttradition nicht kannte, konnte er auch nicht auf diese Erklärung zurückgreifen. 53 Daraus resultierte Scaligers Kompromiss, vor der Schöpfung der Welt eine mythische Vorzeit 54 anzunehmen, wobei er Varros Unterteilung der Vergangenheit in drei Epochen als Vorlage zitierte. 55 Darüber ist in Censorinus’ 238 n. Chr. verfasstem Werk De die natali 56 zu lesen: „Nun aber werde ich den Zeitabschnitt behandeln, den (Marcus Terentius) Varro (auf Griechisch) als historikon (‚historisch‘) bezeichnet. Er gibt nämlich an, dass es drei unterscheidbare Zeitabschnitte gibt: Der erste reicht vom Beginn der Menschheit bis zum ersten Kataklysmos (Sintflut), und wegen der Unkenntnis darüber nennt man ihn (auf Griechisch) adêlos (‚unklar‘). Der zweite geht vom ersten Kataklysmos bis zur ersten Olympiade, und weil aus dieser Zeit viel Sagenhaftes berichtet wird, wird er (auf Griechisch) mythikon (‚mythisch‘) genannt. Der dritte dauert von der ersten Olympiade bis zu unserer Zeit und heißt (auf Griechisch) historikon (‚historisch‘), da die in ihm geschehenen Ereignisse in den eigentlichen Historien erfasst sind.“ 57 Eine direkte Äußerung zur Historizität der ägyptischen Frühgeschichte findet sich in Scaligers Publikation nicht, vermutlich weil er bewusst eine explizite Diskussion vermied. 58 Insgesamt stützte sich Scaliger also primär auf die chronographischen Werke späterer Autoren, was sich für die Auseinandersetzung mit der Chronologie der Antike als richtungsweisend herausstellen sollte.

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besaß die Datierung von Bischof Ashton Us(s)her, dem zufolge Gott die Welt am 23.  Oktober 4004 v. Chr. erschaffen habe. Usher 1658; Manuel 1963, 38; Oldroyd 1998, 75–76. Verbrugghe – Wickersham 1996, 101. Grafton 1993, 719; Von Beckerath 1997, 35–38; Burgess 1999, 22. Scaliger verwendete hierbei den Begriff (tempus) προληπτικόν. V.a. Scaliger 1658, Isagogici Chronologiae Canones 278–279. Als Quelle Varros wurde einerseits Eratosthenes als auch Kastor von Rhodos in Betracht gezogen, wenngleich meiner Meinung nach, ähnlich den Argumenten Graftons, eine eindeutige Zuweisung der Urheberschaft dieser dreiteiligen Einteilung der Geschichte mangels stichhaltiger Belege kaum möglich ist. Grafton 1995, 25; Ax 2000, 359–360; Möller 2005, 255–258; Christesen 2007, 12–13. Cens. 21, 1. Übersetzung: Brodersen 2012b, 127. Vor diesem Hintergrund ist es beachtenswert, dass Scaliger Manethos Text nicht als Fälschung abstempelte. Warum er Manetho trotz der damit einhergehenden Schwierigkeiten für eine authentische Quelle hielt, erörterte er nicht näher. Anthony Grafton (1993, 720) sieht als einen möglichen Grund Scaligers sprachliche Versiertheit, wonach Scaliger eine (antike) Fälschung erkannt hätte.

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Den Einfluss der Heiligen Schrift auf die historische Chronologie 59 zeigt auch Isaac Newtons 60 (1642–1727) 1728 postum erschienenes Buch „The Chronology of the Ancient Kingdoms Amended“, worin Newton das höhere Alter der jüdisch-christlichen Kultur gegenüber der heidnischen Antike zu belegen versuchte. Newtons Studie sprach bereits einige grundlegende Probleme der Frühgeschichte Griechenlands an, wenn er beispielsweise die mitunter große zeitliche Distanz zwischen den Texten und den beschriebenen Ereignissen feststellte. Zudem vertrat Newton die Ansicht, dass viele Angaben der Chronographen auf Generationszählungen beruhten, was aufgrund zu großer Veranschlagungen für jeweils eine Generation zu einer um 300 bis 400 Jahre überhöhten Chronologie geführt habe. Folglich schlug Newton eine verkürzte Chronologie für die ältere Geschichte Griechenlands vor, weshalb er den Trojanischen Krieg ins Jahr 906 v. Chr. und Solons Archontat ins Jahr 562 v. Chr. herabsetzte. 61 In der dadurch angeregten Debatte hatten Newtons Ausführungen großen Einfluss auf nachfolgende Althistoriker vor allem in England, 62 der zum Teil aus vehementer Ablehnung 63 bestand. 64 Dementsprechend gab William Mitford 65 (1744–1827) noch in seiner 1808 publizierten „History of Greece“ sowohl die konventionellen Jahreszahlen 66 als auch Newtons Datierungen an und verfasste eigens einen Appendix 67 zur Problematik der Erstellung einer Chronologie. Ebenso bezog sich noch Henry Clinton 68 (1781–1852) 1834 in seinen „Fasti Hellenici“ auf Newton, 69 zeigte sich aber wesentlich optimistischer, was die Verlässlichkeit der Jahreszahlen vor den ersten Olympischen Spielen 776 v. Chr. insgesamt betrifft 70: „[…] yet we are not to conclude the uncertainty so great as is supposed by the scheme of Newton. […] The actual date of the Trojan war was irrecoverably lost; but an approximation to the truth 59 Die biblische Chronologie galt damals als verbindliche Richtlinie, in welche die restliche antike Geschichte eingepasst werden musste. Manuel 1963, 40. 60 Zu Newtons Tätigkeiten und Einfluss als Historiker siehe: Manuel 1963; Buchwald – Feingold 2013. 61 V.a. Newton 1728, 1–42. Als ein interessanter Beitrag Newtons mag außerdem seine Beobachtung zur mündlichen Überlieferung gelten, die bereits in gewisser Weise an die moderne Forschung der oral tradition erinnert: „We find by daily experience that the memory of such things as are not committed to writing, wears out in three or four generations.“ Manuel 1963, 53 (direktes Zitat aus einem sonst nicht zugänglichen Manuskript: New College, MSS III fol. 256). 62 U.a. Christesen 2007, 74; Buchwald – Feingold 2013, 423. 63 Z.B. Fréret 1758. 64 Manuel 1963, 167–193; Ball 1974, 3; Buchwald – Feingold 2013, 331–380. 65 Biographische Angaben zu Mitford: Wroth 1894; Ampolo 1997, 60–61, Abb. 19. 66 Die konventionellen Datierungen, die William Mitford heranzog, basierten auf John Blairs „Chronological and Historical Tables from the Creation to the Present Time“ (London 1844). 67 Mitford 1808, 159–180. Einleitend bemerkte Mitford zur viel diskutierten Chronologie des antiken Griechenlands: „No circumstance of Grecian history has been more labored by learned men, and yet none remains more uncertain and unsatisfactory than its CHRONOLOGY.“ Mitford 1808, 159. 68 Biographische Informationen zu Clinton: Wroth 1887. 69 Clinton 1834, 61. 70 Newton ist zu den letzten Gelehrten der technischen Chronologie zu zählen, die sich mit dem gesamten Altertum beschäftigten. Die nachfolgende Spezialisierung der einzelnen Fachgebiete, wie beispielsweise der Archäologie oder der Numismatik, erlaubte kaum noch eine derartig umfassende Beschäftigung. Buchwald – Feingold 2013, 435.

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was possible, and perhaps the Trojan era may be determined within fifty years of the real period.“ 71 Dies brachte ihm heftige Kritik seitens George Grotes 72 (1794–1871) ein, der in seiner Geschichte Griechenlands in dem Kapitel „Application of Chronology to Grecian Legend“  73 Clintons Publikation in kritischer Weise eingehend diskutierte. 74 Grote verwarf die gängige Datierung des Trojanischen Kriegs (1184 v. Chr.) und jene der Rückkehr der Herakliden (1104 v. Chr.) als historische Eckdaten. 75 Stattdessen setzten sich allmählich die Datierungen der griechischen Gründungen im 8. Jahrhundert v. Chr. als erste verlässliche Daten der griechischen Geschichte durch. 76 Während man die Jahreszahlen vor 776 v. Chr. somit teilweise kritisch betrachtete, galten Datierungen nach den ersten Olympischen Spielen mehrheitlich als unproblematisch. 1822 entzifferte Jean-François Champollion 77 (1790–1832) die Hieroglyphenschrift, womit erstmals die Primärquellen des Alten Ägypten erschlossen werden konnten, wenngleich sich der Erschließungsprozess der ägyptischen Sprache 78 noch bis 1847 hinziehen sollte. Nun war auch erstmals eine Auseinandersetzung mit den essentiellen Königslisten im Original möglich. Der Turiner Königspapyrus aus dem 13.  Jahrhundert  v. Chr. und Manethos fragmentarisch überliefertes Werk bilden das Rückgrat der ägyptischen Chronologie und konnten durch zeitgenössische Dokumente sowie datierte Mond- und Sonnenfinsternisse ergänzt werden. 79 Zuvor war man auf andere Quellen, darunter neben der Bibel vor allem auf die antike Historiographie, angewiesen. Dieser Umstand hat Curt Wachsmuth 80 zu der Feststellung veranlasst, dass vor der Erschließung der ägyptischen Schrift überhaupt nicht von einer ägyptischen Geschichte gesprochen werden könne. Die Entwicklung in der Ägyptologie ist insofern für die Chronologie der Archaik von immenser Bedeutung, da es bis zur 26. Dynastie (664–525 v. Chr.) 81 zwischen 71 Clinton 1824, iv–v. 72 Biographische Informationen zu Grote: Clarke 1962; Calder – Trzaskoma 1996; The New Encyclopaedia Britannica V (2005) 513; Brodersen 2012a. 73 Grote 1877, 34–57.  So hielt Grote (1880, 440) generell die tradierte griechische Frühgeschichte vor 776 v. Chr. sowie deren Daten als „guesswork“ seitens der antiken Historiographen, was unter anderem bei Eduard Meyer (1892, 188) auf Unverständnis stieß. 74 Dies hatte eine Antwort Clintons (1851, 70–81) zur Folge, der seine Ansichten in einer späteren Publikation verteidigte. 75 Zur Datierung des Trojanischen Kriegs in der Antike siehe: Kapitel 3. 76 Mahaffy 1892, 58. Zur Umrechnung beziehungsweise Evidenz der Gründungsdaten siehe: Kapitel 5. 77 V.a. Champollion 1822; Champollion 1824.  Biographische Informationen zu Champollion: u.a. Hartleben 1906; Dawson – Uphill 1995, 94–95; Schenkel 2012; Robinson 2014. 78 Für nähere Details zur Erschließung der Hieroglyphen sowie der demotischen Schrift siehe: Leclant 1991; Doblhofer 1993, 44–100. 79 Quack 2004, 33.  Im Übrigen hat Alexander Demandt angemerkt, dass die Beschreibungen von Sonnenfinsternissen griechisch-römischer Autoren in den meisten Fällen nicht korrekt sind: „Von den etwa 250 Nachrichten der antiken Literatur über Sonnen- und Mondfinsternisse sind über 200 ungenau oder falsch. […] Im Hinblick auf die Bedeutung dieser Zeugnisse für die historische Chronologie, die Wissenschaftsgeschichte und die Astronomie einerseits und die Religionsgeschichte und die Philologie andererseits gibt dieser Befund zu denken.“ Demandt 1970, 469. 80 Wachsmuth 1895, 360. 81 Von Beckerath 1997, 57.

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Ägypten und dem Neuassyrischen Reich (935–609 v. Chr.) 82 zahlreiche Synchronismen gibt, die eine Eruierung von exakten Jahreszahlen für den griechischen Raum zulassen. Für Mesopotamien ermöglichte Georg Friedrich Grotefends 83 (1775–1853) Pionierarbeit in den Jahren 1802/3 84 den Zugang zur keilschriftlichen Hinterlassenschaft, wobei die Entzifferung der assyrisch-babylonischen Keilschrift 85 bis ins Jahr 1846 beziehungsweise 1857 andauerte. 86 Die keilschriftliche Überlieferung mit den Königslisten Mesopotamiens, wie beispielsweise die Sumerische 87 und Assyrische Königsliste 88, beinhaltet die Abfolge der mesopotamischen Regenten und bildet folglich die Grundlage für die Chronologie Mesopotamiens. Der Ptolemäische Königskanon mit der Nennung der Regenten von Nabonassar (747–734 v. Chr.) bis hin zu den römischen Kaisern bietet dabei den wichtigen Anschluss an die Chronologie der klassischen Antike. 89 2.2.2 Die Erforschung der Archaik ab dem späten 19. Jahrhundert Im 19.  Jahrhundert entwickelten sich die unterschiedlichen Fächer der Altertumswissenschaft zu eigenen Disziplinen, darunter neben der Archäologie vor allem die Alte Geschichte. Neue Funde und Erkenntnismöglichkeiten haben dabei zu neuen Wegen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Antike geführt. 90 Als verhältnismäßig junge Fachrichtungen waren sowohl die Archäologie als auch die Alte Geschichte in ihrer methodischen Herangehensweise der älteren Disziplin der Klassischen Philologie 82 Oelsner 2000a, 30–32; Oelsner 2004, 19. 83 V.a. Grotefend 1805.  Biographische Angaben zu Grotefend: u.a. Grotefend 1879; Edzard 1996; Cancik-Kirschbaum 2012. 84 Zu den ersten Vorträgen der Erkenntnisse Grotefends beziehungsweise der erst viel später erfolgten Veröffentlichung siehe v.a.: Steiner 1991, 109–112. 85 Für eine eingehende Darstellung der Entzifferung der Keilschriften mit näheren Literaturangaben siehe: Doblhofer 1993, 101–183; Wiesehöfer 1993, 307–322, 389–392. 86 Meyer-Zwiffelhoffer 2007, 523 Anm. 80, 539–540 Anm. 127–128. Die sumerische Sprache wurde als letzte der mesopotamischen Keilschriftsprachen entdeckt beziehungsweise erfasst: Zunächst herrschte vor allem Unklarheit über das Verhältnis von Sumerisch und Emesal zum bekannten semitischen Akkadisch. Erst Carl Friedrich Lehmann(-Haupt) schlug 1892 in seiner überarbeiteten Dissertation (Lehmann 1892) die heute noch in Verwendung befindliche Definition der aus den Keilschrifttexten überlieferten Termini von Akkadisch, Sumerisch und Emesal vor. Manfred Schretter (1990, 7–8) bietet eine exzellente Übersicht über diesen komplizierten Sachverhalt. 87 Die editio princeps der Sumerischen Königsliste stellt nach wir vor jene von Thorkild Jacobsen aus dem Jahr 1939 dar. Einen Überblick über die beachtliche Sekundärliteratur zur Sumerischen Königsliste bietet der rezente Beitrag Marchesi 2010. 88 Zur Assyrischen Königsliste: Grayson 1980–1983, 101–124; Yamada 1994; Hagens 2005; Siddal 2007; Valk 2019. 89 Renger 2004, 2–3. 90 Eine allgemeine Darstellung der Entwicklung der einzelnen Fächer der Altertumskunde, darunter Alte Geschichte, Klassische Archäologie sowie Altorientalistik, findet sich bei: Stark 1880, 80–377; Schiering 1969; Trigger 1996, 40–79; Marchand 1996; Cobet 2005; Christ 2006, 15–37; Dyson 2006; Meyer-Zwiffelhoffer 2007; Marchand 2009; Hall 2014, 3–12.

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verpflichtet. 91 Unterschiedliche Auffassungen von Stilbegriffen sowie sich ändernde Datierungsansätze der älteren Forschung bis in das frühe 20.  Jahrhundert erschweren es wesentlich, deren chronologische Ansätze heute nachzuvollziehen. 92 Der folgende als Abriss zu verstehende Abschnitt soll das allgemeine wissenschaftliche Umfeld in etwa bis 1930 in groben Zügen nachzeichnen, da beispielsweise mit Humfry Paynes 93 (1902–1936) Studie über die korinthische Keramik 94 heute noch bestehende Grundlagen geschaffen worden sind, die es in den jeweiligen nachfolgenden Kapiteln ohnehin genauer zu besprechen gilt. 1811 entdeckte man in Ägina die Giebelskulpturen 95 des Aphaia-Tempels, 96 die für etwa ein halbes Jahrhundert den Ausgangspunkt für eine Beschäftigung mit der frühgriechischen Kunst darstellten. Zuvor waren kaum Funde archaischer Plastik bekannt. 97 So konnte Winckelmann in seiner „Geschichte der Kunst des Alterthums“ 98 bei der Beschreibung des älteren Stils  –  seiner Definition nach vor Phidiasʼ Wirken  –  noch nicht auf tatsächlich archaische Beispiele hinweisen, sondern musste sich vielmehr auf Münzbilder stützen. Im Übrigen griff Winckelmann bei seiner Einteilung der griechischen Kunst in vier Phasen auf Scaligers Entwicklungsschema der griechischen Dichtung zurück. Demnach lässt sich auch für Winckelmann als Begründer der Griechischen Archäologie ein methodischer Einfluss von der Klassischen Philologie erkennen. 99 Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts vermehrten sich wesentliche erkenntnisbringende Funde, wie etwa durch die Ausgrabungen auf der Athener Akropolis mit der Entdeckung des Perserschutts 100 samt den zahlreichen Statuen 101 sowie unter anderem der Auffindung des Kouros von Tenea im Herbst 1845 102. Heinrich Schliemann 103 (1822–1890) entdeckte bei seinen Ausgrabungen in Hisarlık (ab 1871), Mykene (ab 1874) und Tiryns (ab 1882) erstmals die materielle Hinterlassenschaft der mykenischen Kultur. 104 Wenig später folgten

91 U.a. Hall 2014, 7–10. 92 Carmine Ampolo (1997) bietet eine interessante Zusammenstellung der althistorischen Forschung zu Griechenland und geht dabei mit seinen Ausführungen bis ins 15. Jahrhundert zurück. 93 Biographische Angaben zu Payne: Buschor 1936; Karo 1937; Gill 2004a; Mantis 2009; Graepler 2012b. 94 V.a. Payne 1931. 95 Zu den Giebelfiguren siehe: v.a. Lullies 1959; Ohly 1976; Ohly 2001; Wünsche 2011. 96 U.a. Furtwängler 1906, 8.  Eine detaillierte Darstellung der Fundumstände der Ägineten bis zu deren Aufstellung in der Glyptothek findet sich bei: Wünsche 2011, 7–55. 97 Most 1989, 3–4; Most 2001, 22–23. 98 Winckelmann 1764, 214–224. 99 Z.B. Hall 2014, 5. 100 Eine eingehende Zusammenfassung der Forschungsgeschichte des Perserschutts sowie eine Auseinandersetzung mit wichtigen Datierungsfragen finden sich bei: Lindenlauf 1997; Steskal 2004. 101 Z.B. Kavvadias 1886. 102 Bertsch 2005, 513–517. 103 Biographische Informationen zu Schliemann: u.a. Richter 1992; Bölke 1996; Cobet 1997; Cobet 2007; Kennell 2012; Samida 2012; Traill 2014. 104 U.a. Schliemann 1874; Schliemann 1877; Schliemann 1883; Schliemann 1886.

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Arthur Evans’ 105 (1851–1941) Ausgrabungen in Knossos und somit die Erforschung der minoischen Kultur. 106 Letztlich führten diese neuen archäologischen Entdeckungen auch zur Validierung der antiken Quellen, denen man nun eine hohe Verlässlichkeit für die vorhistorische Zeit zuschrieb. Aus diesem Grund verstummten wohl auch zusehends kritischere Haltungen zu diesen Quellenfragen. 1870 veröffentlichte Alexander Conze 107 (1831–1914) in seinem Aufsatz „Zur Geschichte der Anfänge griechischer Kunst“ 108 eine ihm bis dahin bekannte Auflistung von Vasen im geometrischen Stil, 109 wenngleich er erst 1877 diese Benennung tatsächlich verwendete. 110 Verständlicherweise wies Conze 1870 den geometrischen Stil noch der ältesten Geschichte Griechenlands zu, da erst später die Entdeckungen Schliemanns sowie die Fundkontexte mit Metallbeigaben zu einer Herabdatierung in die frühe Eisenzeit führten. 111 Zudem kannte Conze keine Gefäße mit figürlichen Szenen, weshalb er davon ausging, diese seien in der geometrischen Phase wohl gar nicht vertreten gewesen. 112 1872 erweiterte Gustav Hirschfeld 113 (1847–1895) Conzes Zusammenstellung wesentlich, weil er unter anderem die neu aufgefundenen Dipylonvasen 114 berücksichtigen konnte. 115 Wenig später folgte die Erkenntnis, dass der geometrische Keramikstil durch lokale Varianten in ganz Griechenland vertreten und nicht ausschließlich auf Attika beschränkt war. 116 Außerdem konnte die These, die den Dipylonvasen einen phönizischen 117 oder ägyptischen 118 Einfluss zuschrieb oder sie gar als Importstücke sah, aufgrund der zahlreichen neuen

105 Biographische Informationen zu Evans: v.a. Harden 1983; Momigliano 2012; Macdonald 2014. 106 U.a. Evans 1921–1935. 107 Biographische Angaben zu Conze: Goethert 1957; Borbein 1988; Szemethy 2012. Zu Alexander Conzes Tätigkeit in Wien (1869–1877) hat Karl Krierer an der Universität Wien ein Forschungsprojekt (P 24419-G21) geleitet. 108 Conze 1870. 109 Eine gute Zusammenstellung der Forschungsgeschichte der geometrischen Keramik von den Anfängen bis in die Gegenwart (1991) findet sich bei: Hiller 1991. 110 Conze 1877. Der Vollständigkeit halber sei hier auf die Vorarbeiten von Thomas Burgon (1847) hingewiesen, dessen Arbeit über Keramik aus dem „homerischen und heroischen Zeitalter“ jedoch ohne größere Beachtung blieb. 111 Conze 1870; Poulsen 1905, 50. 112 Conze 1870. 113 Biographische Angaben zu Hirschfeld: Lehnerdt 1899 (mit Schriftenverzeichnis); Goethert 1972; Lullies 1988b. 114 Frederik Poulsen (1905, 50–56) verfasste eine kurze Übersicht der damaligen Forschungsmeinungen über den vermeintlichen Ursprung der geometrischen Kunst in ‚Phönizien‘ und Ägypten sowie den Zusammenhang mit der dorischen Wanderung. 115 Hirschfeld 1872. 116 Boehlau 1888; Wide 1899; Wide 1900; Dragendorff 1903, 133–198; Poulsen 1905; Buschor 1913, v.a. 39–41; Pfuhl 1923, v.a. 55–94; Buschor 1940, v.a. 5–24. 117 Helbig 1884, 26–30. 118 Kroker 1886.

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Funde beispielsweise im Kerameikos verworfen werden. 119 Adolf Furtwängler 120 (1853– 1907) führte 1883 die Bezeichnung für die protokorinthische Gattung ein und erkannte die zeitliche Zuordnung zwischen dem geometrischen Stil und den bereits bekannten korinthischen Gefäßen. Der erst später erbrachte Nachweis von Korinth als Herstellungsort widerlegte Vermutungen über einen möglichen chalkidischen Ursprung. 121 Johannes Boehlau 122 (1861–1941) ist die Klassifizierung der attisch archaischen Vasen als frühattisch ebenso wie deren zeitliche Anbindung an die Dipylonvasen zu verdanken. 123 Rot- und schwarzfigurige Vasen 124 waren bereits seit dem 17. Jahrhundert vor allem durch Funde aus den Nekropolen in Etrurien bekannt, weshalb sie lange als etruskische Kunst galten. Erst im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert konnte der Nachweis 125 von deren griechischen Ursprung erbracht werden. 126 Auf John Beazley 127 (1885–1970) geht schließlich die wesentliche Methodik zurück, anhand von stilistischen Zuweisungen einzelne Vasenmaler und -gruppen zu identifizieren. 128 In Deutschland hatten Newtons Ausführungen zur Chronologie der Antike keinen Anklang gefunden beziehungsweise waren zum Teil überhaupt nicht bekannt. Dies könnte auch die eher konservative Haltung zu den überlieferten Daten der frühen griechischen Geschichte der deutschen Althistoriker gegen Ende des 19. beziehungsweise zu Beginn des 20. Jahrhunderts erklären. 129 Zwar äußerte sich beispielsweise Eduard Meyer 130 (1855–1930) durchaus kritisch zu manchen Zahlen in Herodots Werk, wie beispielsweise jenen der Mermnaden-Dynastie, jedoch hielt auch er mit Vorbehalt an dem überlieferten chronologischen Gerüst der griechischen Historiographie für das frühe Griechenland fest: 131 „Es ist ziemlich gleichgültig, ob man mit Apollodor sagt, die beglaubigte griechische Geschichte beginnt 1184 oder mit Ephoros 1069 oder mit Phlegon und GROTE 776 v. Chr.; von der historischen Wahrheit sind alle drei Ansätze gleich weit entfernt […].“ 132 Mit Karl 119 Hiller 1991, 64. 120 Biographische Angaben zu Furtwängler: u.a. Wolters 1910; Schuchhardt 1956; Lippold 1961; Lullies 1988c; Marchand 2002; Flashar 2003; Hofter 2012. 121 Furtwängler 1883; Furtwängler 1883–1887; Cook 1960, 310. 122 Biographische Angaben zu Boehlau: Gercke 1988. 123 Boehlau 1887. Ein detaillierter, wissenschaftsgeschichtlicher Abriss zum protoattischen Stil findet sich bei: Morris 1984, 2–12. 124 Robert Manuel Cook (1960, 288–330) hat eine hervorragende Zusammenstellung der Forschungsgeschichte der griechischen Vasen im Allgemeinen verfasst, wobei er hilfreiche Erklärungen für die abweichenden Datierungs- und Terminologiekonventionen beigibt. 125 U.a. Kramer 1837. 126 Schiering 1969, 52–53; Mannack 2002, 15–18. 127 Biographische Angaben zu Beazley: Robertson 1971; Cahn 1975, 168–170; Isler-Kerényi 2012. 128 V.a. Beazley 1956; Beazley 1963. 129 Z.B. Ball 1974, 5–6; Christesen 2007, 75. 130 Biographische Angaben zu Eduard Meyer: Otto 1931; Ehrenberg 1931; Christ 1972, 286–333; Renger 1979, 84–86; Weber 1984, 383–384; Calder – Demandt 1990; Lehmann 1994a; Audring 2000; Meißner 2012. 131 Z.B. Meyer 1892, 151–188. 132 Meyer 1892, 187.

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Julius Beloch 133 (1854–1929) und John Mahaffy 134 (1839–1919) fand die quellenkritische Richtung noch zwei wichtige Vertreter, wobei deren Kritik vor allem die Authentizität der frühen Teile der Olympionikenliste betrifft. 135 An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entwickelte sich Georg Busolts 136 (1850–1920) Werk über die griechische Geschichte 137 zum Referenzwerk schlechthin. 138 Die äußerst umfangreichen Fußnoten 139 zeigen Busolts umfassende Kenntnis der Primär- und Sekundärliteratur. Dabei wandte Busolt im Großen und Ganzen – trotz einiger Bedenken – die etablierte Chronologie der Archaik an. 1935 erfolgte der letzte systematische Versuch, die konventionelle Chronologie der griechischen Frühgeschichte zu senken, wobei Robin Burn im Grunde die gleichen Argumente wie zuvor schon Newton verwendete. 140 So ging Burn von der Annahme aus, dass jeglichen antiken chronologischen Überlegungen eine Generation mit 40 Jahren zu Grunde liege, was er als zu hoch angesetzt betrachtete. Demnach korrigierte er alle Daten vor 500 v. Chr. nach unten. Nicht zuletzt weil sich nicht belegen lässt, dass sämtliche chronologischen Informationen für die Archaik eine Generationenangabe mit je 40 Jahren als Basis haben, stießen diese Überlegungen eher auf kritische Resonanz, obgleich Burn

133 Biographische Informationen zu Beloch: u.a. Beloch 1926; Lehmann-Haupt 1928; Oertel 1929; Momigliano 1966; Christ 1972, 248–285; Weber 1984, 34–35; Bengtson 1995; Rebenich 2012. 134 Biographische Informationen zu Mahaffy: v.a. Stanford – McDowell 1971. 135 Mahaffy 1881; Beloch 1913, 148–156; Beloch 1929.  John Mahaffy (1892, 1–27) verfasste einen detaillierten Überblick über die Forschungsgeschichte ab Clinton. Im zweiten Kapitel behandelte er zeitgenössische Fachliteratur, um dann schließlich auf den Seiten 53 bis 76 auf die Grundlagen der Chronologie einzugehen. Beispielsweise fanden Belochs Ausführungen noch in den 1950er bei Édouard Will (1955, v.a. 363–440) größere Zustimmung. Nicht zuletzt aufgrund der etablierten Keramikchronologie, denen die sizilischen Gründungsdaten zu Grunde liegen, wird oftmals gegen abweichende Interpretationen für die Chronologie argumentiert. Allerdings unterliegt das Chronologieschema einer gewissen Flexibilität, die sich einerseits durch die approximative Annäherung an die thukydideischen Gründungsdaten und andererseits durch die Beschaffenheit der archäologischen Datierungsweise ergibt (Kapitel 5). 136 Biographische Angaben zu Busolt: Weber 1984, 81–82; Bleicken 1989; Chambers 1990b; Linke 2012. 137 Für die Archaik v.a. Busolt 1885 sowie Busolt 1888, wenngleich die Verwendung der zweiten Edition (Busolt 1893 sowie 1895) nahezulegen ist, weil eine Überarbeitung der ersten Auflage unter anderem durch den Fund der Athenaion Politeia notwendig wurde. 138 Lenschau 1905, 186–187; Ampolo 1997, 95; Davies 2009, 7, 18 Anm. 13. Gemäß Karl Christ (1972, 79) ist hingegen jedoch Ernst Curtius’ „Griechische Geschichte“ als das Referenzwerk in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts zu verstehen. Nähere Ausführungen zu Curtius’ Werk sowie dessen Rezeption siehe zuletzt: Ulf 2004a, 53–74. 139 Sogar Beloch räumte trotz aller Kritik die Nützlichkeit der ausführlichen Angaben ein. Chambers 1990b, 149 Anm. 76. 140 Burn 1935.

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zum Teil berechtigte Einwände 141 gegen die konventionelle Methodik vorbrachte. 142 Diesbezüglich äußerte sich Burn noch 1960 zu dem etablierten Chronologieschema, das auf antiken Angaben beruht: „They [i.e. ancient dates]  are the work of sensible men, who did their best with what they had, fitting stories derived from oral saga, or preserved by mention in lyric and elegiac poetry, into a framework derived from genealogies or more or less reliable lists of kings or magistrates or victors, sometimes themselves, for the earlier periods, later compilations. They are seldom (I believe, never) certainly exact before the late sixth century.“ 143 Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erschienen außerdem wichtige Publikationen auf dem Gebiet der Textedition, die für lange Zeit die Standardwerke darstellen sollten. Deren primäres Anliegen bestand in der Texterfassung sowie Quellenforschung. Demnach standen nicht immer chronologische Fragestellungen und die Historizität überlieferter Jahreszahlen im Zentrum der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. An dieser Stelle ist beispielsweise Heinrich Gelzers 144 (1847–1906) Arbeit über Sextus Julius Africanus 145 und vor allem Felix Jacobys 146 (1867–1959) Fragmentsammlung der griechischen Historiker 147 zu nennen. Mit seinen Publikationen „Apollodors Chronik“ 148 sowie „Das Marmor Parium“ 149 leistete Jacoby einmal mehr wichtige Primärarbeit zur Erschließung antiker Texte. Darin setzte sich Jacoby auch mit chronographischen Fragestellungen und chronologischen Problemen auseinander. Einen exzellenten Überblick über die chronographischen Forschungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts bietet Curt Wachsmuths 150 (1837–1905) „Einleitung in das Studium der Alten Geschichte“ 151 sowie sein Buch „Commentatio Vernaculo Sermone Conscripta de Eratosthene, Apollodoro, Sosibio Chronographis“ 152. 1894 publizierte Eduard Schwartz 153 (1858–1940) seinen bis heute 141 Robin Burn (1935, 132–133) wies beispielsweise darauf hin, dass eine Korrektur der herodoteischen Datierung für den Lyderkönig Gyges anhand assyrischer Quellen eine Herabdatierung jeglicher von Gyges abhängiger chronographischer Daten nach sich zieht. Burns absolute Datierung für Gyges von 715 bis 677  v. Chr. fußt vermutlich auf der Festlegung von Kroisos’ Regierungsende mit 547/6 v. Chr., wogegen jedoch gewisse Bedenken bestehen. Zur Datierung der MermnadenDynastie siehe: Kapitel 6. 142 Burn 1949; Burn 1960, 403–408. 143 Burn 1960, 408. 144 Biographische Angaben zu Gelzer: Reichardt 1907; Weber 1984, 166–167; Zäh 2005. 145 Gelzer 1880; Gelzer 1885. 146 Biographische Angaben zu Jacoby: u.a. Theiler 1960; Schindel 1974; Ampolo 2006; Baumgarten 2012a. 147 Jacoby 1923–1958. 148 Jacoby 1902b. 149 Jacoby 1904a. 150 Biographische Angaben zu Wachsmuth: Lipsius 1905; Müller 1907 (mit Schriftenverzeichnis); Weber 1984, 631–632. 151 Wachsmuth 1895. 152 Wachsmuth 1892. 153 Biographische Angaben zu Schwartz: Lietzmann 1940; Otto 1942; Blum 1995; Unte 2007; Baumgarten 2012b.

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noch grundlegenden Aufsatz über die Königslisten von Eratosthenes und Kastor. 154 1911 erschien Josef Karsts 155 (1871–1962) Übersetzung der armenischen Version von Eusebius’ Chronik, 156 die selbst nach über 100 Jahren noch immer die vollständigste Übertragung darstellt. Darüber hinaus folgten neue Ausgaben der lateinischen Übertragung von Eusebiusʼ Chronik. 157 Zur gleichen Zeit entstanden viele Standardwerke, die sich mit dem technischen Aspekt der Chronologie beschäftigten und die astronomischen Daten auch für Historiker in Tabellen zugänglich machten. 158 Darunter ist besonders das bis vor kurzem noch grundlegende Werk „Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie“ 159 des Astronomen Friedrich Ginzel 160 (1850–1926) zu erwähnen, wenn auch einige Teile, namentlich die Abschnitte über den babylonischen Kalender, mittlerweile als stark überholt gelten. 161 Für die römische Chronologie verfassten Theodor Mommsen 162 (1817–1903), Wilhelm Soltau 163 (1846–1924) und Oscar Leuze 164 (1874–1934) bis heute gültige Standardwerke. 165 Das heutige Referenzwerk für die griechisch-römische Antike verfasste Alan Samuel 1972 mit dem Titel „Greek and Roman Chronology“ 166, wozu Bickermans bereits 1968 erschienenes Buch „Chronology of the Ancient World“ 167 eine gute Ergänzung bietet. Mehrfach ist festgestellt worden, dass später entstandene Publikationen zur technischen Chronologie nicht an das wissenschaftliche Niveau der älteren Forschergeneration anknüpfen können und ein Nachvollziehen der komplexen Materie

154 155 156 157 158 159 160 161

162 163

164 165 166 167

Schwartz 1894. Biographische Angaben zu Karst: Ziesak 1999, 147. Karst 1911. Helm 1913; Helm 1926; Fotheringham 1905; Fotheringham 1923. U.a. Mahler 1887; Von Oppolzer 1887; Wislicenus 1895; Rühl 1897; Mahler 1916. Ginzel 1906; Ginzel 1911; Ginzel 1914. Biographische Angaben zu Ginzel: Neugebauer 1926; Baehr 1964. Z.B. Bengtson 1975, 32; Depuydt 1995, 97. Bezeichnenderweise war Friedrich Ginzel eigentlich ein Astronom, konnte jedoch aufgrund der damals gängigen humanistischen Bildung problemlos lateinische und altgriechische Texte erschließen. Mit der zunehmenden Spezialisierung der Fächer waren derartig fächerübergreifende Abhandlungen danach kaum mehr möglich. Grafton 1995, 18–19.  Die heutigen Standardwerke für astronomische Ereignisse in der Antike sind: De Meis 2002; De Meis 2013. Biographische Informationen zu Mommsen: u.a. Demandt 1997; Rebenich 2002; Wiesehöfer 2005a. Zu Wilhelm Soltau, der dem Beruf eines Gymnasiallehrers nachging und einige althistorische Beiträge verfasste, ließ sich in den üblichen Nachschlagewerken (u.a. DNP Suppl. VI, Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, Neue Deutsche Biographie, Weber 1984) kein eigener Eintrag auffinden. Allerdings fügte Soltau (1870, 107) seiner Dissertation einen kurzen, auf Latein verfassten, Lebenslauf bei. Biographische Informationen zu Leuze: Theiler 1934; Weber 1984, 347. Mommsen 1859; Soltau 1889; Leuze 1909. Samuel 1972. Bickerman 1968.

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schwer zu erreichen ist. 168 Katherine Clarke resümiert dazu: „Trends in classical scholarship have […] shifted elsewhere in the course of the twentieth century. […] Perhaps most compellingly, the patience and mathematical expertise required for scholars to make sense of and be truly engaged with ancient debates over dating have dramatically declined, with some notable exceptions 169.“ 170 2.2.3 Die ‚Entdeckung‘ der Dark Ages und ihre zeitliche Einordnung Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die materielle Hinterlassenschaft der mykenischen und minoischen Kultur entdeckt wurde, hatte man Schwierigkeiten, absolute Daten zu bestimmen und festzulegen. Denn bis auf wenige Ausnahmen, darunter der Trojanische Krieg 171, nennen antike Texte keine exakten Daten für die Zeit vor dem 8. Jahrhundert v. Chr. Antike Autoren waren freilich vom modernen Verständnis dieses Zeitraums weit entfernt, vielmehr verbanden sie damit einen anderen Zeithorizont, nämlich den der Heroen und des Trojanischen Kriegs. 1890 und 1891 veröffentlichte der Ägyptologe Flinders Petrie 172 (1853–1942) schließlich zwei Aufsätze, 173 worin er eine absolute Datierung der griechischen Funde anhand der Chronologie Ägyptens befürwortete. Neben seinen Ausgrabungen in Daphnae und Naukratis, die griechisch archaische Keramik zum Vorschein brachten, kam beispielsweise in Gurob auch mykenische Keramik zu Tage. Aufgrund der Fundvergesellschaftung primär mit der 18. Dynastie schlug er einen zeitlichen Rahmen von 1600 bis 1500 v. Chr. für die Blütezeit der mykenischen Epoche vor. In Hinblick auf die griechische Überlieferung samt ihren Angaben zu Jahreszahlen merkte er an: „[…] we may perhaps begin to grant some probability to the legendary Greek chronology. The great period of Mykenae is there represented as being from about 1300 to 1100 B.C.; while the traditional links with Egypt are indicated as belonging to 1500 or 1600 B.C.“ 174 Petries Ansätze besaßen die damals unerwartete Folge, dass man plötzlich zwischen dem Ende der mykenisch-minoischen Kultur und dem 8. Jahrhundert v. Chr. eine große Lücke, die Dark Ages, anzunehmen hatte. 175 Bis zu dieser Entdeckung war man 168 Cornell 1995, 401. Ähnlich kritisiert Anthony Grafton (1993, 16) den seiner Meinung nach dramatischen Abfall fachlicher Kompetenz in den Handbüchern von Kubitschek (1928) und Bickerman (1963; 1968). 169 Als positive Ausnahme zitiert Clarke einen Beitrag von Dmitri Panchenko (2000). 170 Clarke 2008, 49. 171 Zu den unterschiedlichen Angaben der antiken Autoren zur Datierung des Trojanischen Kriegs siehe: Clinton 1834, 123–140; James et al. 1991, 327; Burkert 1995; Bichler 2003; Kokkinos 2009a. Zur Problematik der Verbindung dieser Jahreszahlen, vor allem 1184 v. Chr., mit dem archäologischen Befund im Allgemeinen, im Speziellen aber für Gadir, siehe: Kapitel 7. 172 Biographische Angaben zu Flinders Petrie: Petrie 1932; Tufnell 1943; Drower 1985; Dawson – Uphill 1995, 329–332; Römer 2007; Gertzen 2012; Shaw 2014. 173 Petrie 1890; Petrie 1891. 174 Petrie 1891, 205. 175 Zu einer Analyse der Begrifflichkeit der Dark Ages siehe: Kotsonas 2016.

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verständlicherweise von einem nahtlosen Übergang der mykenischen zur geometrischen Zeit im 8. Jahrhundert v. Chr. ausgegangen. 176 Den heftigsten Widerspruch erfuhren diese Ausführungen durch Cecil Torr 177 (1857–1928), der einerseits – unberechtigterweise – die Gleichzeitigkeit der mykenischen Keramik mit der 18. Dynastie Ägyptens anzweifelte und andererseits die gängige absolute Datierung der 18. Dynastie ablehnte. 178 Torrs Kritik 179 betraf vor allem die vorherrschende Verwendung Manethos zur Erstellung einer absoluten Chronologie Ägyptens, da Manetho seiner Meinung nach viele sich überlappende Dynastien als nachfolgend dargestellt habe. Meines Wissens fand Torrs Position nur Anklang bei dem Ägyptologen Jens Lieblein 180 (1827–1911) und dem Althistoriker Curt Wachsmuth. 181 Allgemein hielt man, wie beispielsweise Eduard Meyer in seiner „Ägyptischer Chronologie“ 182, am bereits etablierten Grundgerüst der Chronologie Ägyptens fest. 183 Mit Diedrich Fimmens 184 (1886–1916) Dissertation „Zeit und Dauer der kretischmykenischen Kultur“  185 war dann auch die grundlegende Datierung für den Anfang der so genannten dunklen Jahrhunderte zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannt, indem eine Verbindung griechischer Keramik mit datierbaren Kontexten in Ägypten hergestellt wurde. Allerdings setzte Fimmen das Ende der mykenischen Zeit noch im 13. Jahrhundert v. Chr. an, während man dies heute üblicherweise etwa ein Jahrhundert später, im 12.  Jahrhundert  v. Chr., datiert. Die zeitliche Einordnung von SHIIIC beruht auf der Gleichzeitigkeit mit der so genannten Philister-Keramik 186 in Palästina, die anhand von Fundvergesellschaftungen der Regierungszeit von Ramses III. (1183/2–1152/1  v. Chr.) 187 zugewiesen werden kann. 188 Heute ermöglichen darüber hinaus naturwissenschaftliche Methoden eine Verfeinerung der bisher erstellten absoluten Chronologie für die späthelladische Zeit. 189

176 Nachdem der Terminus Protogeometrisch erst 1910 durch Sam Wide eingebracht und 1918 durch Bernhard Schweitzer erstmals näher definiert wurde, spielte dieser Begriff zu Beginn der Debatte keine Rolle. Torr 1896, 69; Wide 1910; Schweitzer 1918a; Schweitzer 1918b; Hiller 1991, 67; James et al. 1991, 16–17; Lemos 2002, 3. 177 Biographische Informationen zu Torr: Nekrolog in AJA 33, 1929, 408; Dawson – Uphill 1995, 417. 178 Torr 1896. 179 V.a. Torr 1896, viii–ix, 3. 180 Biographische Angaben zu Lieblein: The New International Encyclopaedia XII (1905) 216; Dawson – Uphill 1995, 255. 181 Lieblein 1863; Lieblein 1892; Wachsmuth 1892, 362. 182 Meyer 1904. 183 Während Torr die für diesen Kontext so wichtige 18. Dynastie um 1271 v. Chr. ansetzte, datierte Meyer sie um 1580 v. Chr. Torr 1896, ix, 69; Meyer 1904, 68. 184 Biographische Angaben zu Fimmen: Fimmen 1909 (Lebenslauf in Dissertation); Karo 1921. 185 Fimmen 1909. 186 Zu den Philistern sowie zur Philister-Keramik siehe: v.a. Mazar 1985; Dothan 1982; Maeir 2005; Killebrew – Lehmann 2013. 187 Von Beckerath 1997, 190. 188 Iakovidis 1979; Hankey 1987, 51–52; James et al. 1991, 95. 189 Zuletzt: Jung – Weninger 2009.

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Über die Bedeutung der Gründungsdaten Siziliens für die Datierung der griechisch geometrischen Keramik äußerte sich als erster Bernhard Schweitzer 190 (1892–1966) in ausführlicher Weise, wobei er neben den damals bekannten Keramikfunden aus Süditalien die schriftlichen Quellen eingehend berücksichtigte. 191 Unabhängig von Schweitzer 192 untersuchte Knud Friis Johansen 193 (1887–1971) die protokorinthische Keramik vor dem Hintergrund der sizilischen Gründungsdaten als Chronologieanker, 194 wenngleich er aufgrund der damaligen Forschungslage noch von Vasen aus Sikyon sprach. Sowohl Schweitzer als auch Johansen leisteten einen wertvollen Beitrag, der es schließlich Humfry Payne ermöglichte, für die attische und korinthische Keramik ein verbindliches Datierungsschema zu erstellen. Die Etablierung der gängigen Keramikchronologie für die griechische Archaik erfolgte demnach in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts und wird in den vorgesehenen einzelnen Kapiteln im Detail näher besprochen, weshalb an diesem Punkt der Kurzüberblick über die Forschungsgeschichte endet.

190 Biographische Angaben zu Schweitzer: Hausmann 1966; Fuchs 1988; Philipp – Scheibler 2010; Fittschen 2012. 191 Schweitzer 1918b. 192 Schweitzer 1918b, 7. 193 Zu Johansen existiert meines Wissens nur ein Eintrag in „Dänemarks biografischem Lexikon“: , eingesehen am 07.11.2021. 194 Johansen 1918; Johansen 1923.

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3. Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik Für all jene Datierungen, die in der Archäologie als Fixpunkte für die Archaik herangezogen werden, spielt die Einschätzung des chronographischen Kontexts eine entscheidende Rolle und wirkt sich demnach auf die Verwendung der absoluten Datierungen aus. Aus diesem Grund werden in diesem Kapitel wichtige chronographische Werke sowie die Arbeitsweise der antiken Chronographie untersucht, um ein besseres Verständnis zu erhalten, wie die präzise Chronologie der Archaik erstellt wurde. Der Sachverhalt, dass in der Antike erst post festum eine genaue Chronologie für die frühe griechische Vergangenheit konstruiert wurde, lässt sich meiner Meinung nach verhältnismäßig deutlich in den schriftlichen Quellen erkennen. Hier gilt es nun die chronographische Konvention, Ereignisse der Archaik nach attischen Archonten und Olympiaden zu datieren, näher aufzuzeigen und zu besprechen, da sie nachweislich die Grundlage für die Chronologie der Archaik bilden. Astrid Möller hat auf die zwei Bedeutungen des Begriffs Chronographie hingewiesen: „Ancient chronography has two meanings in the context of historiography. On the one hand, it is a historiographical genre. […] On the other hand, the term ‚chronography‘ is used to refer to the process in which precise dates were established for persons and events not yet included in an absolute chronology  […].“ 1 Wenn man die Chronographie 2 nun als eigene Gattung der Historiographie versteht, so lässt sich deren Erhaltungszustand in den Worten von Hermann Bengtson als „ein einziges weites Trümmerfeld“ 3 beschreiben. Während sich für die historischen Werke immerhin ein kleiner Bruchteil erhalten hat, 4 mit Herodot und Thukydides besitzen wir ja beispielsweise zwei vollständig überlieferte Werke von immenser Bedeutung für die Archaik, sieht die Situation für die antike Chronographie um einiges schlechter aus. Die in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. einsetzenden chronographischen Abhandlungen sind erst bei späteren Autoren überliefert, weshalb eine Beurteilung der griechischen Chronographie im Grunde eine ausschließliche Auseinandersetzung mit Fragmenten darstellt. Aus methodischer Perspektive ergeben sich dabei einige Herausforderungen, die jeglicher Untersuchung zur Chronographie gewisse Grenzen setzen. In der Forschung wird 1 Möller 2004b, 170. 2 Weil der Terminus Chronographie erst verhältnismäßig spät bei augusteischen Autoren aufscheint, hat zuletzt Jeremy Taylor (2000, 17–18) auf die Problematik dieses Gattungsbegriffs hingewiesen. 3 Bengtson 1975, 31. Ähnlich hat sich Alden Mosshammer (1979, 97) geäußert: „Greek chronographic tradition today lies in a fragmentary ruin.“ 4 Von der antiken Historigraphie sind nur zirka 2–3 Prozent der Werke erhalten beziehungsweise sind Fragmente oder Werktitel bekannt. Gehrke 2014, 91. Eine Auflistung bietet: Strasburger 1977.

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zusehends eine kritische Auffassung vertreten, inwieweit Fragmente tatsächlich einen verlässlichen Eindruck von einem verloren gegangenen Werk in seiner Gesamtheit geben können. 5 Die verstreuten Zitate der griechischen Chronographie erschweren eine Auseinandersetzung mit einer überhaupt nicht im Primärtext erhaltenen Gattung, nicht zuletzt deshalb gibt es in der Forschung unterschiedliche Vorschläge, wie man sich das chronographische Genre in seiner Entwicklung vorzustellen habe. Ein Zusammentragen der relevanten Textstellen soll eine deskriptive Betrachtungsweise sowie eine detaillierte Auseinandersetzung mit den entsprechenden Fragmenten ermöglichen, wobei tendenziell eine vorsichtige Haltung zur Rekonstruierbarkeit der griechischen Chronographie im Detail eingenommen wird. 6 Der vorliegende Abschnitt bietet nun eine Kontextualisierung all jener Datierungen, welche die Grundlage für die Fixpunkte bilden. Trotz der Einschränkungen aufgrund des fragmentarischen Zustands wird im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen vor allem die Existenz unterschiedlicher Datierungsschemata zu zeigen sein. Der Grund, warum man gerade in der zweiten Hälfte des 5.  Jahrhunderts  v. Chr. begann, Listen von wichtigen politischen und religiösen Amtsinhabern sowie siegriechen Athleten – wie von den Archonten in Athen, den Herapriesterinnen in Argos oder von den Siegern bei den Olympischen Spielen – zu erstellen, mag mit einem vermehrten Gebrauch der Schrift, dem Aufkommen der Historiographie sowie dem politischen Interesse an der Vergangenheit zusammenhängen. 7 Bei der Aufstellung derartiger Listen beziehungsweise deren Anfertigung stellt der zeitgenössische und mitunter politische Zweck einen entscheidenden Aspekt dar, weshalb eine ausschließliche Begründung mit einem antiquarischen Interesse nicht ganz zutrifft. Öffentlich aufgestellte Listen eignen sich nämlich auch hervorragend zur optischen Darstellung einer kontinuierlichen Tradition sowie zum Aufzeigen des hohen Alters einer Gemeinschaft, wie dies auch explizit bei der aus dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. stammenden Archontenliste von der Athener Agora betont wurde. 8 Solch umfangreiche Auflistungen scheinen vor dem Beginn der Historiographie wenig wahrscheinlich, zumal auch eine umfassende Verwendung von listenartigen Quellen bei Herodot und Thukydides im großen Stil nicht greifbar ist. Das Fehlen derartiger Listen für den Zeitraum des 7.  und 6.  Jahrhundert  v. Chr. ist meiner Meinung nach ernst zu nehmen und nicht ausschließlich auf die Verwendung von 5 Siehe hierzu exemplarisch die Ausführungen von: Brunt 1980. Die Schwierigkeit der Beschäftigung mit Fragmenten ist natürlich nicht auf die Chronographie beschränkt, für ähnliche methodische Probleme zur frühen römischen Historiographie mit einer Analyse der aktuellen Fragmentsammlungen siehe: Lindschinger 2017, 1–45. 6 In diese Richtung weisend resümiert Andrea Rotstein zu ihrer philologischen Herangehensweise an das Marmor Parium und spricht sich dabei gegen die mittlerweile kanonisch gewordenen Ergänzungen von Jacoby aus: „The result is less of the Parian Marble than we used to have. Yet by giving a more precise account of our witnesses and by omitting speculation, we may nonetheless get closer to the original text.“ Rotstein 2016, 20. 7 Zu den Anfängen der griechischen Chronographie mit den auftauchenden Listen im 5. Jahrhundert v. Chr. siehe: Taylor 2000. 8 Taylor 2000, 51. Andrea Rotstein (2016, 15) argumentiert auf ähnliche Weise für das im 3. Jahrhundert v. Chr. angefertigte Marmor Parium.

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vergänglichen Materialien zurück zu führen. Obwohl für das 6. Jahrhundert v. Chr. zwar vereinzelt Inschriften mit Namenslisten existieren, bleibt unklar, ob es sich dabei tatsächlich um Amtsträger handelt. 9 Demnach wird hier die Auffassung vertreten, die chronographischen Listen aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. als Erstpublikation beziehungsweise Erstzusammenstellung zu verstehen. 10 Für die moderne Altertumswissenschaft ist es selbstverständlich, ein Jahr zweifelsfrei mit der vor- und nachchristlichen Ära ansprechen zu können, antiken Autoren hingegen stand eine derartige Datierungskonvention erst verhältnismäßig spät mit der Olympiadendatierung ab dem Hellenismus zur Verfügung. Eine Lektüre Herodots und Thukydides᾽ zeigt, dass es im griechischen Raum des 5. Jahrhunderts v. Chr. noch keine verbindliche überregionale Datierungsmöglichkeit gegeben hat. Herodots chronologisches Gerüst bilden bekanntlich die persischen Herrscher von Kyros bis Xerxes 11 und Thukydides findet in der jährlichen Erzählung der Kriegsereignisse des Peloponnesischen Kriegs seinen chronologischen Faden 12. Dementsprechend haben antike Autoren des 5.  Jahrhunderts  v. Chr. eine vom modernen Verständnis der Chronologie der Archaik abweichende Auffassung besessen. 13 Beispielsweise genügt ein Blick auf Herodots komplexe Datierungszusammenhänge 14, um sich diesen grundlegenden Unterschied vor Augen zu führen. Eine überregional gültige Bezeichnung eines Jahres gestaltete sich noch im späten 5.  Jahrhundert  v. Chr. aufgrund der unterschiedlichen Kalendersysteme sowie lokalen eponymen Beamten in den einzelnen griechischen Poleis als durchaus komplexes Unterfangen. Dabei dürften Synchronismen zwischen den divergierenden Kalenderarten ihren Ursprung interessanterweise in der Geschichtsschreibung und nicht im Alltag haben. Überregionale Chronologieschemata wurden allem Anschein nach nicht für praktische Zwecke, wie etwa zur Datierung von Verträgen oder Dokumenten, benötigt. So blieb die Olympiadendatierung als einziges panhellenisches System stets auf die Gelehrtenwelt beschränkt und fand nie Eingang in den alltäglichen Gebrauch. 15

9 Siehe auch die diesbezüglich skeptische Besprechung der spärlichen epigraphischen Evidenz in: Jeffery – Johnston 1990, 58–61. 10 Ausführlicher hierzu: Kapitel 4. 11 U.a. Strasburger 1956, 151; Bichler 2004a, 208. 12 U.a. Busolt 1904, 675–679; Martin 2008, 625. 13 Shaw 2003, 25: „Classical authors possessed no cognitive awareness of absolute chronology, nor had they a means of identifying each day by a universally acknowledged date. What is more important, they did not expect to do so, or to be able to do so, nor did they think it necessary.“ 14 Bichler 2004a, 216–220, 225–235. Zu den Generationenangaben und der Dauer der unterschiedlichen Regentschaften in Herodots Historien: Miller 1965. 15 Zu dieser Diskussion mit weiterführender Literatur: Feeney 2007, 18, 223 Anm. 47–48.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

3.1

Die attische Archontenliste 16

3.1.1

Die Archontenliste und die absolute Datierung der Archonten

Tabelle 1: Archontenliste der Athener Agora nach IG I3 1031 17 Col I.

Col. II

Col. III

Col. IV

lacuna 65 vv.

lacuna 2 vv.

lacuna 2 vv.

lacuna 65 vv.

c – – – – – v 10 – – – – – vv – – – – – vv – – – – –v a. 548/7 5 – – – – –ς lacuna vv. 15 b […] \ – – – [Kύ]φσελο.[ς [Τε]λεκλε– – a. 595/4 [Φιλ]όμβ[ροτος] lacuna 41 vv. a a. 524/3 20 d a. 498/8

K– – – – – Φα̣ – – – –  Te– – – –  Ἐρχ[σικείδες] Θεσ– – – Φ.[o]ρ.– – – lacuna 18 vv.

[Ὀν]ετο[ρ– – ?] [h]ιππίας [K]λεισθέν[ες] [M]ιλτιάδες [Kα]λ. λιαδες [Πεισί]στρατ[ος] ? Lacuna 31 vv. [Φαίν]ιπ[πος] [Ἀρ]ιστ[είδες] vacat 0,04

In den 1930er Jahren fand man bei Grabungen im Areal der Agora Athens insgesamt vier Fragmente 18 einer Inschrift, bei der es sich um eine Auflistung von Archonten zu handeln scheint. Paläographische Kriterien weisen die Inschriften dem letzten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. zu, womit das älteste Zeugnis für die attische Archontenliste vorliegt. Zusätzliche Unterstützung findet die epigraphische Datierung insofern, als ab zirka 420 v. Chr. Archontendatierungen regelmäßig in Dekreten verwendet werden und man somit mit einer öffentlich zugänglichen Liste rechnet. 19 Aufgrund des fragmentarischen Zustandes lässt sich die ursprüngliche Größe der Stele nicht mehr verlässlich 16 Der vorliegende Abschnitt hat die Grundlage zur Auseinandersetzung mit der Frage geliefert, ob die griechische Chronographie von mesopotamischen Vorbildern beeinflusst worden sein könnte: Kellner 2019; Kellner 2021. 17 Die Ergänzungen der Archontennamen werden zwar durchaus von der Mehrheit in der Forschung vertreten, dabei handelt es sich aber um eine nicht unproblematische Herangehensweise: Dillon 2006. 18 Zu diesen Fragmenten: v.a. Bradeen 1963; Meiggs – Lewis 1989, 9–12 (= Nr. 6); IG I3 1031. 19 Ehrhardt 1992, 15; Christesen 2007, 102.

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Die attische Archontenliste

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rekonstruieren. Darum bleibt auch umstritten, welchen Ausgang diese Liste tatsächlich hatte, ob diese Inschrift ausschließlich die Namen der Amtsinhaber nannte oder nicht auch zusätzliche Informationen beinhaltet haben könnte. Als möglicher Ausgangspunkt der Inschrift wurde vor allem Kreon vorgeschlagen, da dieser als erster Inhaber des einjährigen Archontenamts und somit als plausibler Vorschlag gilt. 20 Tabelle 1 gibt die Positionierung der einzelnen Fragmente wieder, die seit Donald Bradeens Vorschlag 21 zu einer vierkolumnigen Inschrift mit den 65 Archontennamen von Kreon (683  v. Chr.) bis hin zu Isarchos (424 v. Chr.) rekonstruiert wird. Aufgrund fehlender Inschriftenfragmente bleibt die Annahme von Archontennamen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. in der vermuteten Kolumne 1 rein hypothetisch. 22 Eine vollständige Auflistung der Archonten findet sich analog zur Olympionikenliste erst bei späten Autoren, neben dem augusteischen Autor Diodor allen voran bei Kastor 23 im 1. Jahrhundert v. Chr. 24 Für die Amtsinhaber des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. kann man überhaupt keine durchgehende Auflistung erstellen. Ähnlich wie bei den anderen chronographischen Listen stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt antike Autoren nun eine umfassende Zusammenstellung der attischen Könige und Archonten zur Verfügung hatten. Detlev Fehling bricht mit der von Jacoby begründeten Ansicht, dass bereits die frühen Atthidographen eine vollständige Auflistung der attischen Könige und Archonten verarbeiteten. Stattdessen schlägt Fehling Demetrios von Phaleron im späten 4. beziehungsweise 3.Jahrhundert v. Chr. als Verfasser vor. Demetrios schrieb ein Werk mit dem bezeichnenden Titel Ἀρχόντων ἀναγραφή, das allerdings nicht überliefert wurde, womit diese Ansicht ebenso unsicher bleibt. Bereits in der Athenaion Politeia 25 aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. findet sich das Bild einer stufenförmig gedachten Entwicklung des Archontenamts. Das attische Königtum soll zuerst von lebenslangen Archonten abgelöst worden sein, bis das Archontenamt schließlich auf zehn Jahre beschränkt und letztlich eine einjährige Amtsperiode für Archonten festgelegt worden sei. Felix Jacoby 26 hat diese elaborierte Tradition zeitlich erst nach Hellanikosʼ Atthis 27 (2. Hälfte 5. Jahrhundert v. Chr.) angesiedelt und als Urheber Kleidemos im 4. Jahrhundert v. Chr. vermutet, der nach Jacoby das Alter der attischen Demokratie und somit ihr Prestige erhöhen wollte. Unabhängig von Jacobys Ansicht der politischen Komponente der Atthidographen betrachtet man die Version des Übergangs 20 21 22 23 24

Z.B. Jacoby, FGrHist III B Suppl. 1, 14. Bradeen 1963. Ball 1974, 110. FGrHist 250 F 4 (apud Eusebius, Chronographia: Karst 1911, 85–89). Eine Auflistung der attischen Archonten findet sich beispielsweise bei: Samuel 1972, 195–237; Strothmann – Welwei 2004. Ein Papyrusfragment aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. (BNJ / FGrHist 258) gibt eine unvollständige Auflistung für den Abschnitt der lebenslangen und der zehn Jahre amtierenden Archonten wieder. Dies liefert einen wesentlichen Beleg, dass chronographische Listen im Laufe der Antike mehrfach abgeschrieben wurden und in Umlauf waren. 25 Athen. Pol. 3, 1–3. 26 Jacoby, FGrHist III B Suppl. I, 48 (FGrHist 323a F23). 27 Zu Hellanikosʼ Atthis: BNJ 323a.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

von der Monarchie zum einjährigen Archontenamt vor allem mit sieben zehn Jahre amtierenden Archonten weitgehend als chronographisches Konstrukt. 28 Der Einschub könnte zur Überbrückung der feststehenden Datierung der attischen Könige, von denen einige nach moderner Ansicht der mythischen Vergangenheit angehören, und den erst später folgenden jährlich wechselnden Archonten gedient haben. 29 Konträr beurteilt hingegen Kurt Raaflaub den Sachverhalt und betont, dass „der Übergang vom Königtum zum Archontat durch die Annahme einer Reihe zunächst lebenslänglicher, dann je zehnjähriger Archontate um mehrere Jahrhunderte hinaufgerückt“ 30 wurde. Beide Ansichten beanspruchen eine gewisse Plausibilität, die antiken Quellen selbst schweigen zu dieser Thematik. Ein interessantes Detail zur überregionalen Chronologie der Archaik beziehungsweise zur Arbeitsweise der antiken Chronographie stellt der Synchronismus vom Ende der lebenslangen Archonten mit der Gründung Roms dar. 31 Die heute übliche Datierung der Archonten beruht im Grunde auf Kastors (1. Jahrhundert v. Chr.) Darstellung. Jedoch stimmen die Summenangaben oftmalig nicht mit den einzelnen Regierungsjahren überein, weshalb an scheinbar korrupten Zahlen eine Emendation vorgenommen werden muss  –  ein immer wiederkehrendes Problem mit chronographischen Listen. 32 Wenn es mehrere Quellen für die Identifikation des Archonteninhabers für ein Jahr gibt, liefern sie stets denselben Namen. Dies hat dazu geführt, in der Liste der Athener Agora auch eine öffentliche Version zu sehen und folglich eine Art Normierung zu vermuten. Aus diesem Grund hat Felix Jacoby 33 das Vorhandensein von abweichenden Traditionen überhaupt zur Gänze ausgeschlossen. 34 In der absoluten Verortung der attischen Archonten sind meines Wissens auch nur drei divergierende Ansätze für die Archaik ausmachbar.

28 Busolt 1895, 135–136 Anm. 3; Hignett 1952, 42–43; Ledl 1973, 208–209, 249–250, 268; Taylor 2000, 45; Welwei 2017, 65. 29 Harding 2008, 84; Rhodes 2014, 33. 30 Raaflaub 1988, 207 Anm. 48. 31 Mosshammer 1979, 135; Feeney 2007, 64, 239 Anm. 116. 32 Zu Kastors Liste der attischen Könige und Archonten nach wie vor grundlegend: Schwartz 1894; Jacoby 1902a; Jacoby, FGrHist II D, 823. Ein ähnliches Problem liegt in der klassischen Überlieferung der assyrischen Könige beziehungsweise deren Herrschaftsdauer vor, wozu Robert Rollinger anmerkt: „Die Summenangaben stimmen dabei in der Regel nicht mit der errechenbaren Summe der jeweils einzelnen Regierungsjahre überein.“ Rollinger 2011c, 323 Anm. 44. In Hinblick auf die problematische Überlieferungslage der Ziffern in den Königslisten chronographischer Texte der klassischen Antike scheint ein Vergleich mit der Assyrischen Königsliste interessant. Hier werden die unterschiedlichen Varianten der Regierungslängen in den Texten als Beleg dafür gesehen, dass es bereits in der Antike einen gewissen chronologischen Spielraum gegeben hat: Brisch 2018, 325. 33 Jacoby 1949, 346 Anm. 22. 34 In diesem Zusammenhang interessiert, dass Diodor und die Fasti Capitolini bei der Nennung der römischen Konsuln wesentlich voneinander abweichen: Perl 1957.

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Die attische Archontenliste

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Die erste Abweichung findet sich im so genannten Marmor Parium 35 aus dem 3. Jahrhundert  v. Chr., bei dem es sich um eine inschriftliche Chronik 36 von der Insel Paros handelt. Der Verfasser dieser Chronik scheint in größerem Maße von Kastors späterer Königs- und Archontenliste beziehungsweise deren absoluter Datierung zu divergieren. Sämtliche lebenslangen Archonten werden im Marmor Parium als Könige bezeichnet, wie beispielweise auch Pherekles. Pherekles gilt nach Kastor als lebenslanger Archon, dem Verfassser der Parischen Chronik galt er jedoch wie alle lebenslangen Archonten als König. Im Marmor Parium 37 datiert Pherekles in die elfte Generation nach Herakles sowie 631 Jahre vor der Aufstellung der Chronik im Jahr 264 v. Chr., also mit exklusiver Rechnung 895 v. Chr. Rechnet man Kastors Angaben um, erhält man mit 863 v. Chr. eine um zirka 30 Jahre ältere Datierung für Pherekles. Zudem nennt Pausanias für die zwei Archonten Aisimides und Hippomenes eine geringfügige Abweichung, indem er sie um fünf Jahre früher als Kastor datiert. Während man Aisimides zehnjähriges Archontat in der modernen Forschung von 742 bis 732 v. Chr. ansetzt, schreibt Pausanias 38 oder seine Quelle dies umgerechnet einem Zeitraum von 747 bis 737 v. Chr. zu: […]  ἔτει δευτέρῳ τῆς ἐνάτης ὀλυμπιάδος, ἣν Ξενοδόκος Μεσσήνιος ἐνίκα στάδιον· […] τότε […] Αἰσιμίδης Ἀθηναίοις ἦρχεν […] πέμπτον ἔτος. 39 „[…] im zweiten Jahr der neunten Olympiade [= 743 v. Chr.], in der der Messenier Xenodokos im Stadionlauf siegte. […] Damals […] war in Athen Aisimides […] im fünften Jahr Archon.“ 40

35 Zum Marmor Parium: FGrHist 239; Jacoby 1904a; Jacoby 1904b; Burgess  –  Kulikowski 2013, 84–85, 301–309 (englische Übersetzung); Rotstein 2016 (ebenso mit einer englischen Übersetzung sowie neuen Edition); Sickinger 2016 (BNJ 239). 36 Hier sei auf den Versuch von Richard Burgess und Michael Kulikowksi verwiesen, eine für mehrere Disziplinen anwendbare Definition einer Chronik zu erstellen, da die bisherigen Ansätze in der Mediävistik, Altorientalistik und Klassischen Philologie große Abweichungen aufweisen (Burgess – Kulikowski 2013, 1–62). Eine Kurzfassung ihrer Definition umschreiben sie folgendermaßen: „Chronicle […]. We use this term to describe any historical work that meets the following criteria: it is brief, annalistic (i.e. recounts a year-by-year chronology), concerned in some way with chronology, be that annalistic (year-by-year) or absolute, paratactic in its narrative, and extensive in its chronological coverage (i.e. usually aspiring to cover hundreds or thousands of years rather than individual years or decades).“ Burgess – Kulikowski 2013, 59. Ergänzend zu diesem Ansatz siehe: Burgess 2021, v.a. 65–68. 37 Marm. Par. A 30.  Zu den äußerst divergierenden zeitlichen Ansätzen für Pheidon in der Antike siehe zuletzt: Kõiv 2000; Kõiv 2001. 38 Paus. 4, 5, 10. 39 Originaltext nach: Spiro 1903, 331. 40 Übersetzung: Eckstein 1986, 349.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

Ebenso weicht die zeitliche Ansetzung von Hippomenes, dessen Archontat gemäß Kastor gewöhnlich von 722 bis 712 v. Chr. datiert wird, um fünf Jahre, umgerechnet von 727 bis 717 v. Chr., ab: 41 […]  ἔτει πρώτῳ τῆς τετάρτης καὶ δεκάτης ὀλυμπιάδος, ἣν Δάσμων Κορίνθιος ἐνίκα στάδιον, Ἀθήνῃσι Μεδοντιδῶν τὴν ἀρχὴν ἔτι ἐχόντων τὴν δεκέτιν καὶ ἔτους Ἱππομένει τετάρτου τῆς ἀρχῆς ἠνυσμένου. 42 „[…]  im ersten Jahr der vierzehnten Olympiade [= 724  v. Chr.], bei der Dasmon aus Korinth im Stadion siegte, als in Athen die Medontiden noch ihre zehnjährige Amtszeit hatten und Hippomenes sein viertes Jahr vollendet hatte.“ 43 Nachdem die antiken Autoren die lebenslangen und zehnjährigen attischen Archonten kaum zur Datierung von Ereignissen der Archaik verwendet haben, mag dies auf den ersten Blick nahezu belanglos erscheinen. Den später auftretenden Olympiadendatierungen liegen jedoch Berechnungen und Angaben dieser eponymen Datierungen zu Grunde, weshalb diese Schwankungen auf der absoluten Zeitskala sehr wohl weitreichende Konsequenzen besessen haben können. Während die Differenz zwischen Pausanias und Kastors absoluter Datierung nur fünf Jahre beträgt, dürfte die Abweichung im Marmor Parium mit zirka 30 Jahren gerade bei der Erstellung von Synchronismen zu erheblich anderen Ergebnissen geführt haben. Geht man von Veranschlagungen nach dem Generationenprinzip aus, könnte eine Differenz von etwa 30 Jahren eine zeitliche Verschiebung um zirka eine Generation zur Folge haben. Um wieder zur fragmentarischen Archontenliste von der Athener Agora zurückzukommen: Die Rekonstruktion der politischen Geschichte Athens im 6.  Jahrhundert v. Chr. hat Einfluss auf die Interpretation der fragmentarischen Archontenliste von der Agora genommen. So stieß vor allem der Name auf dem Fragment a in der dritten Zeile „[K]leisthen[es]“ auf großes Interesse, befanden sich doch nach Herodot 44 die Alkmaioniden während der Peisistratiden-Herrschaft im Exil. Das Fragment wird folglich als Beleg eines zweifachen Exils aufgefasst, weshalb Herodots Version zu berichtigen sei und Kleisthenes unter Hippias das Archontenamt bekleidet habe. 45 Datierbar ist das Archontat von Kleisthenes ins Jahr 525/4  v. Chr. durch Dionysios von Halikarnassos, 46 der den eine Zeile weiter unten stehenden [M]iltiades für Ol. 64 (524–521 v. Chr.) nennt. 41 42 43 44

Paus. 4, 13, 7. Originaltext nach: Spiro 1903, 354. Übersetzung: Eckstein 1986, 368. Hdt. 1, 64, 3; 6, 123, 1.  Zu Herodots Darstellung des Exils der Alkmaioniden siehe: Scott 2005, 410–412. 45 Z.B. Stahl 1987, 124 Anm. 34; Raaflaub 1988, 200–201. Gegenteilig verfährt hingegen James Alexander (1958/59, v.a. 312), der in der Liste von der Athener Agora nicht zwingend eine Archontenliste sehen will und Kleisthenes’ Nennung darauf in Hinblick auf Herodots Version als Beleg für seine Argumentation anführt. 46 Dion. Hal. ant. 7, 3, 1.

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Die attische Archontenliste

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Obwohl Dionysios nicht das genaue Jahr der Olympiade angibt, setzt man hier Ol. 64,1 (524/3 v. Chr.) an, da Dionysios auch bei nachfolgenden Nennungen von Archonten stets die gesamte Olympiade anführt, sich dabei aber immer auf das erste Jahr innerhalb dieser bezieht. 47 Jüngst hat Matthew Dillon 48 einmal mehr thematisiert, dass die Rekonstruktion der nur fragmentarisch erhaltenen Archontenliste auch methodisch höchst problematisch sei, zumal sich anstelle von Kleisthenes auch Pleisthenes ergänzen ließe. Ein weiterer und vielleicht noch folgenreicherer Punkt betrifft die weit verbreitete Annahme, dass die besagte Liste Solon bereits als Inhaber des Archontenamts für das Jahr 594/3 v. Chr. 49 nannte. 50 Die Hauptgrundlage dieser Datierung stellt vor allem Diogenes Laertios 51 dar. Mit einem Verweis auf den hellenistischen Autor Sosikrates setzt er Solons Blütezeit in Ol. 46,3 (594/3 v. Chr.) an, die Diogenes Laertios zudem mit Solons Archontat gleichsetzt. Einen impliziten Beleg für die Erwähnung Solons in der Inschrift von der Athener Agora hat man darin gesehen, dass Plutarch 52 als Vorgänger Solons Philombrotos nennt. Dieser Name wäre mit den erhaltenen Buchstaben in Fragment b [Phil]omb[rotos]  in Einklang zu bringen. Norbert Ehrhardt 53 hat in diesem Zusammenhang jedoch auf ein gravierendes methodisches Problem hingewiesen: Erstens beschreibt Herodot Solon nicht als Archon und zweitens verwendet Herodot 54 für Solon 47 Samuel 1972, 204. 48 Dillon 2006. 49 Der Großteil der Forschung zu Solon verwendet auch dieses Datum, wobei hier nur auf eine sehr beschränkte Auswahl rezenter Beiträge verwiesen werden kann: Welwei 1992, 148 (mit einem Tippfehler 494 anstelle 594 v. Chr.); Mülke 2002, 15; Lardinois 2006, 16; Lewis 2006, 1; Stahl – Walter 2009, 142; Owens 2010, 64; Barta 2011, 13; Schmitz 2014, 58–64 (um 600 v. Chr.); Blok – Krul 2017, 607; Welwei 2017, 160. Soweit ich die doch enorme Sekundärliteratur zu Solon überblicke, verweist einzig Christophe Flament (2007, 209–293) in seinem Beitrag darauf, dass Solons exakte Datierung aufgrund einiger Schwierigkeiten in den antiken Quellen unklar bleiben müsse. 50 Miller 1969, 63–64; Rhodes 2014, 31. 51 Diog. Laert. 1, 62. 52 Plut. Sol. 14, 2. 53 Ehrhardt 1992, 15–16. Bereits Fehling (1985, 110–119) hat eingehend darauf hingewiesen, dass „der Name Solon nicht auf der alten Liste [Archontenliste von der Athener Agora] postuliert werden kann.“ 54 Fehling (1985, 91–92) führt hierbei als die drei aussagekräftigen Textstellen Hdt. 1, 30, 2 sowie 2, 177, 2 und 5, 113, 2 an. In der folgenden Zusammenfassung der Informationen wird die Frage nach der Quellengrundlage beziehungsweise dem Wert der herodoteischen Chronologie bewusst ausgespart, siehe dazu: Kapitel 4. Hdt. 1, 30, 2: Nach seiner Gesetzgebung reiste Solon gemäß Herodot nach Sardis, wo er auf König Kroisos (zur Datierungsfrage zu Kroisos siehe Kapitel 6) traf. Herodot impliziert zudem, dass dieses Treffen nicht zu Beginn von Solons zehnjähriger Reise, sondern eher an deren Ende stattfand. Innerhalb der herodoteischen Chronologie bedeutet dies im Groben eine zeitliche Nähe zu Peisistratos in Athen, mit dem Herodots durchgehende Erzählung für Athen beginnt. Hdt. 2, 177, 2: Zudem schreibt Herodot, dass Solon von Amasis ein Gesetz übernommen haben soll. Jürgen von Beckerath (1997, 192) setzt die Regierungszeit von Amasis in einen Zeitraum von 570 bis 526 v. Chr. an. Hdt. 5, 113, 2: Herodot erwähnt das Ableben des Königs von Soloi auf Zypern, Aristokypros, im Zuge des Ionischen Aufstandes. Dessen Vater Philokypros habe Solon in seiner Dichtung nach

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

eine Datierung unmittelbar vor Peisistratos, also in etwa um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. 55 Bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. stützten sich Autoren noch auf diese spätere Datierung Solons, 56 eine frühere zeitliche Ansetzung scheint erst nach der Aufstellung der Archontenliste auf der Athener Agora in der Athenaion Politeia auf. So wird darin Solons Archontat im 32. Jahr vor der Herrschaft von Peisistratos, die unter dem Archon Komeas 57 begonnen haben soll, angesetzt. 58 Aufgrund dieser Angabe interessiert nun ebenso die Chronologie der Peisistratiden in der Athenaion Politeia. Darin wird Peisistratosʼ Lebenszeit nach seiner ersten Machtergreifung mit 33 Jahren angegeben, von denen er 19 Jahre herrschte und sich die restlichen Jahre im Exil befand. 59 Die Herrschaft seiner Söhne ist mit ungefähr 17 Jahren und die gesamte Dauer der Peisistratiden-Herrschaft mit 50 Jahren veranschlagt. 60 Offensichtlich vermischte der Autor der Athenaion Politeia zwei unterschiedliche Traditionen, denn



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deren Treffen auf Zypern gepriesen. Ohne hier nun mit unterschiedlichen Veranschlagungen der Lebensdauer zu spekulieren, geht deutlich hervor, dass diese Angabe Herodots kaum mit der konventionellen Datierung 594/3 v. Chr. für Solons Archontat in Einklang zu bringen ist. Molly Miller (1963, 58–85; 1969) hat unter anderem Herodots Erzählung von Solons Besuch bei Kroisos herangezogen, um das Jahr 573/2 v. Chr. für Solons Archontat in den älteren Quellen abzuleiten. Meiner Meinung nach lässt sich aber aus Herodots Angaben keine so derart präzise Datierung gewinnen, zumal dieser Solon nicht als Inhaber des Archontenamts beschreibt. Auch wenn man mit Millers Ergebnis nicht übereinstimmt, bietet sie eine sehr nützliche Zusammenstellung diverser Textstellen zur Datierung Solons (Miller 1969). Ähnlich schlägt Miller (1969, 71) einen zeitlichen Rahmen von zirka 565 v. Chr. ± 10 Jahre vor. Jüngst hat Ryan (2003) aufgrund von Dem. 19, 251 argumentiert, Solons Ableben sei bereits zwischen 587 und 578 v. Chr. anzusetzen. Auf den ersten Blick würde dies in der Tat gegen eine Niedrigdatierung Solons im Sinne Herodots sprechen. Sollten die Manuskripte die korrekte Zahl für die Intervallangabe erhalten haben und die Zuweisung der Rede ins Jahr 343/2 v. Chr. zutreffen, ist diese chronologische Information im selben Umfeld wie die Athenaion Politeia im Sinne einer späteren Tradition einzuordnen. Beide Texte wenden folglich eine von Herodot abweichende Chronologie an. Plommer 1969, 128; Fehling 1985, 91–92, 111–112 (mit eingehender Besprechung der antiken Textstellen: Isokr. Panath. 148; Plat. Tim. 20d–e; BNJ 70 (Ephoros) F 181). Bichler 2004a, 218 Anm. 40. Es wurde bisweilen diskutiert, die Gesetzgebung Solons nach seiner Ausübung des Archontenamts 594 v. Chr. anzusetzen. Sealey 1979, 240; Stahl – Walter 2009, 142–143. Fraglich muss dabei aber bleiben, ob sich so eine vollständige Übereinstimmung für Solons Datierung in den unterschiedlichen Quellen erreichen lässt und dies die primäre Ursache für die divergierenden Datierungen darstellt. Solons Gesetzgebung ist zumindest in der chronographischen Tradition eindeutig mit dem Archontat verbunden, wie die Kernstellen bei Diogenes Laertios 1, 62 und Eusebius (Helm 1956, 99bg: Ol. 46,3 = 594/3 v. Chr.; Karst 1911, 187: Ol. 47,2 / AA 1425 = 591/90 v. Chr.) zeigen. Das Archontat von Komeas wird im Marmor Parium (A 40) 297 Jahre vor dem Jahr, als Diognetos Archon in Athen war (264/3 v. Chr.), angesetzt. Je nach inklusiver oder exklusiver Zählung erhält man folglich als Resultat 561/60 oder 560/59 v. Chr. Samuel 1972, 202–203; Strothmann – Welwei 2004, 147. Athen. Pol. 14, 1. Zwar weist der Text die Gesetze Drakons dem Archontat von Aristaichmos (Athen. Pol. 4, 1) zu, gemäß der chronographischen Tradition 624/3 v. Chr. (Ol. 39,1) oder 621/20 v. Chr. (Ol. 39,4; Samuel 1972, 200; Strothmann – Welwei 2004, 146), aber er nennt nicht den zeitlichen Abstand zwischen Solon und Drakon. Fehling 1985, 116–117. Athen. Pol. 17, 1. Athen. Pol. 19, 6.

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die Zahlen beziehungsweise Summen sind nicht stimmig. Einerseits hat der Verfasser Herodots Dauer der letzten und längsten Peisistratidenherrschaft mit 36 Jahren 61 übernommen, andererseits impliziert er aber eine tatsächlich 33-jährige Herrschaft von Peisistratos. Bereits Karl Julius Beloch 62 hat darauf verwiesen, dass hinter dem chronologischen Schema in der Athenaion Politeia wohl Generationenveranschlagungen von je 33 Jahren stecken. Demnach scheint Peisistratosʼ Herrschaft mit einer ganzen Generation und jene seiner Söhne mit einer halben Generation konstruiert und bemessen zu sein, weshalb auch skeptische Ansichten zu einer verlässlichen Chronologie Athens im 6.  Jahrhundert  v. Chr. aufgekommen sind. 63 Unter diesen Aspekt fällt auch das Archontendatum für Solon, 64 das demnach eine Generation vor Peisistratosʼ erster Herrschaft eingeordnet wurde. 65 In der Forschung hat sich eine kritische Sichtweise allerdings nicht durchgesetzt, es werden vielmehr von Herodot unabhängige, zusätzliche Quellen vermutet, die nur rein zufällig dem Generationenschema entsprechen. 66 Die nachträgliche Erstellung präziser Jahreszahlen für die Archaik spricht nun aber für eine schematische Arbeitsweise, was meiner Meinung nach im soeben adressierten Fallbeispiel Athens für eine eher vorsichtige Haltung spricht. Zusätzlich zeigt die Problematik um die Datierung der Kylonischen Verschwörung, die weiter unten noch näher ausgeführt wird, wie schwierig es im Detail ist, für das archaische Athen eine präzise absolute Chronologie anzubieten. 67 Diesbezüglich lässt sich als ein wesentlicher Punkt zur attischen Archontenliste die Existenz von unterschiedlichen absoluten Datierungen konstatieren, die einmal mehr die Unsicherheiten einer präzisen Chronologie der Archaik belegen. 3.1.2 Die eponyme Archontendatierung in der Chronographie und Historiographie Es existieren unterschiedliche Einschätzungen, wann die Datierungsweise nach attischen Archonten erstmals aufgetreten ist. Geht man von einer authentischen Überlieferung der solonischen Gesetze aus, würde sich die früheste Archontendatierung in einem Fragment von Solons Gesetzestext 68 bei Demosthenes im 4. Jahrhundert v. Chr. finden. Dort ist nämlich die Phrase „als Solon sein Amt als Archon antrat“ 69 (ὅτε Σόλων εἰσῄει τὴν 61 62 63 64 65 66 67

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Hdt. 5, 65, 3. Beloch 1913, 161, 291. Ausführlich dazu: Heidbüchel 1957. Eigentlich ist in der Athenaion Politeia (14, 1) davon die Rede, dass Peisistratos die Herrschaft im 32. Jahr nach Solons Gesetzgebung im Archontat des Komeas an sich riss. Ehrhardt 1992, 16; Walter 1993, 192 Anm. 90. Siehe stellvertretend für diesen Zugang: Rhodes 1981, 196–197. Diesbezüglich sei hier auf Fehlings Resümee (1985, 110) verwiesen: „Für Herodot hört die attische Geschichte schon jenseits Peisistratos auf (und sollte es auch für uns). Im Ungewissen davor kennt er nur noch Kylon, während Solon für ihn, wie wir weiter oben gesehen haben, praktisch ein Zeitgenosse des Peisistratos ist.“ F 49a* apud Dem. 46, 14. Bringmann 2010, 94.

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ἀρχήν) zu lesen. Nun existieren durchaus Argumente für eine retrospektive Zuschreibung aus späterer Zeit, wovon folglich auch die Archontendatierung betroffen wäre. 70 Ebenso könnten die Archontendatierungen in Pherekydes’ (frühes 5. Jahrhundert v. Chr.) Stammbaum der Philaiden 71 eine nachträgliche Erweiterung darstellen, nicht zuletzt da die Textstelle beim spätantiken Autor Markellinos einige Probleme bereitet. 72 Aufgrund des fragmentarischen Zustands kann die literarische Überlieferung für die früheste Archontendatierung keinen sicheren Anhaltspunkt liefern. Im Gegensatz zu den literarischen Quellen erlaubt hier die Epigraphik einen eindeutigeren Einblick: Die erste Archontendatierung Athens tritt in den so genannten Hekatombedon-Dekreten 73 auf, wobei die Nennung des eponymen Archonten an beiden Stellen nur fragmentarisch erhalten ist (ἐπὶ Φ[ιλοκρ]ά[τ]ος ἄρχ[οντ]ος). Meistens wird der Name, wie hier bereits wiedergegeben, mit Philokrates, dem Archon von 485/4 v. Chr., ergänzt. 74 Die nächsten frühesten epigraphischen Belege für Archontendatierungen finden sich dann erst beginnend umgerechnet im Jahr 454/3 v. Chr. 75 Beispielsweise in den ParthenonAbrechnungen 76 ist zudem klar ersichtlich, dass Athen im 5. Jahrhundert v. Chr. eigentlich zwei eponyme Beamte zur Verfügung hatte. Neben den Archonten gab es nämlich noch die Vorsteher der Prytanen, nach denen das lunare zivile Kalenderjahr bezeichnet wurde. 77 Erst im letzten Viertel desselben Jahrhunderts v. Chr. vollzog sich ein Wechsel, der die Archonten als die maßgeblichen eponymen Beamten etabliert hat. Die epigraphische Evidenz Athens fügt sich dem allgemeinen Bild des griechischen Raums, wonach für das 6. Jahrhundert v. Chr. keine inschriftlichen Belege für eponyme Datierungen bekannt sind. Eine mögliche Ausnahme stellt nach derzeitigem Kenntnisstand nur eine Inschrift aus Kyzikos 78 dar, die den Namen (ἐπὶ Μαιανδρίο[υ]) allerdings ohne Bezug auf ein politisches Amt angibt. Weil diese Inschrift nur als Abschrift einer Vorlage aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. gilt, 79 muss auch sie als unsicherer Beleg gelten. Demnach fehlt eine stichhaltige Dokumentation für die Anwendung der eponymen

70 Eine exzellente Darstellung der Quellenlage zu Solon findet sich in Maximilian Rönnbergs Dissertation (im Druck), worin er eine eher skeptische Haltung zur Aussagekraft der schriftlichen Quellen aus dem 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. einnimmt. 71 Auf den Stammbaum der Philaiden wird noch in Kapitel 4 eingegangen. 72 BNJ 3 F 2 (apud Markell. vit. Thuk. 2–3). 73 IG I3 4 A 14–15, B 26–27. 74 Es gibt jedoch auch andere Vorschläge, anhand von archäologischen und/oder epigraphischen Gründen eine zeitliche ältere und jüngere Ansetzung vorzunehmen. Ronald Stroud (2004) hat diese abweichenden Datierungsvorschläge jüngst eingehend besprochen und letztlich abgelehnt. Eine bibliographische Auflistung sämtlicher Umdatierungen findet sich in: Butz 2010, ix, xxi–xxiii (Bibliographie). 75 Pritchett 1996, 1–3. 76 IG I3 436–451. 77 Für das zivile Kalendersystem Athens, das im Gegensatz zum Festkalender der Archonten auf lunarer und nicht solarer Basis beruht, siehe: Mikalson 1975; Pritchett 2001. 78 Syll.3 4. 79 Sherk 1991, 245.

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Datierungsweise vor dem 5. Jahrhundert v. Chr. sowohl in Athen als auch im gesamtgriechischen Raum. 80 Selbst im 5. Jahrhundert v. Chr. waren die attischen Archonten noch nicht das maßgebliche Datierungsmittel in der Historiographie. Bei Herodot fehlt eine größere Einbindung der attischen Archonten beispielsweise bei seiner Darstellung der Peisistratiden-Herrschaft 81, wodurch sich deren Chronologie theoretisch klarer ausdrücken hätte lassen. 82 Was meiner Meinung nach eindeutig gegen die Möglichkeit spricht, Herodot hätte mit einer Archontenliste einen leichten Schlüssel zu absoluten Daten für Athens Geschichte vorliegen gehabt, ist die unsichere Chronologie, wie sie beispielhaft beim Kylonischen Frevel deutlich wird. Aus diesem Grund ist der Standpunkt einleuchtend, Herodot habe keine Archontenliste für das 6. Jahrhundert v. Chr. zur Verfügung gehabt. 83 Einzig zur Datierung der Schlacht von Salamis nennt Herodot 84 Kalliades als Inhaber des Archontenamtes. In der Forschung wurde diese Nennung einerseits als ‚tatsächliche‘ Archontendatierung aufgefasst, 85 andererseits hat man dieser Erwähnung einen chronologischen Zweck abgesprochen. 86 Vielmehr habe Herodot damit eine Überschneidung mit dem attischen Zeithorizont ansprechen wollen, da sich seine Historien primär an den persischen Regierungsjahren orientieren. 87 Auch Thukydides verwendete die Archontendatierung nicht im großen Stil. Er wählte für seine Schilderung des Peloponnesischen Kriegs hingegen eine Unterteilung in Winter und Sommer als chronologischen Faden. 88 Eine wichtige Ausnahme stellt allerdings Thukydidesʼ eponyme Datierungsweise für den Ausbruch des Peloponnesischen Kriegs dar. So legte er den Zeitpunkt unter anderem durch die Angabe des Ephoren Ainesias in Sparta, des Archonten Pythodoros in Athen sowie des 48. Jahres der Herapriesterin Chrysis in Argos fest. Zusätzlich liefert Thukydides die Information, Pythodoros

80 Beispielsweise Maria Osmers (2013, 75) setzt die eponyme Datierungsweise in Griechenland bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. an, ohne dabei ihre Gründe oder aussagekräftige Primär- und Sekundärquellen zu nennen. 81 Zu Herodots Tyrannenchronologie sowie den abweichenden Angaben in der Athenaion Politeia siehe: Busolt 1895, 310–313; Hind 1974 (mit einem exzellenten Überblick über die ältere Forschung); Rhodes 1976; Rhodes 1981, 191–199; Chambers 1990a, 200–205. 82 Stellvertretend für die gegenteilige Auffassung sei hier Stroud zitiert: „We should not continue to be trapped into the hasty assumption that a historian’s failure explicitly to cite a documentary source is a confession that none exists and a signpost that his account rests on nothing but empty conjecture.“ Stroud 1978, 37. 83 Z.B. Jacoby 1949, 350 Anm. 36; Mosshammer 1979, 88–89; Bichler 2004a, 209–210 Anm. 8. 84 Hdt. 8, 51, 1. 85 Strasburger 1956, 135; Ehrhardt 1992, 15. 86 Z.B. Shaw 2003, 32. 87 Feeney 2007, 221–222 Anm. 35. 88 Thuk. 5, 20, 2–3.

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sei noch vier Monate 89 im Amt gewesen. 90 Dadurch ist eine sehr präzise zeitliche Einordnung gegeben, die wohl eine mögliche Fehlerquelle durch die verschiedenen Antrittszeitpunkte der Ämter in den unterschiedlichen Poleis ausschließen sollte. Interessanterweise hat sich Thukydides 91 nämlich an anderer Stelle ausdrücklich gegen die Verwendung von eponymen Datierungen ausgesprochen, da eine exakte Angabe auf diese Weise nicht möglich sei. Diesen Widerspruch hat Jeremy Taylor 92 dadurch aufzulösen versucht, indem er die Kritik der ungenauen eponymen Datierung auf die Angabe von Zeitintervallen bezog, was gerade in Hinblick auf die Dauer des Peloponnesischen Kriegs eine mögliche Erklärung anbietet. Bekanntlich sind die Schwierigkeiten einer präzisen Chronologie nicht nur auf die Archaik beschränkt, was auch an Thukydidesʼ Behauptung 93 herauszulesen ist, dass nur Hellanikos vor ihm in unzureichender chronologischer Weise die Zeitspanne der Pentekontaetie behandelt habe. 94 Dadurch unterstrich Thukydides freilich die Schwierigkeit des Unterfangens einer Darstellung der Zeit nach den Perserkriegen bis hin zum Peloponnesischen Krieg, wodurch er seine eigene Leistung noch beachtenswerter erscheinen lassen wollte. 95 Auf Felix Jacoby 96 geht die vorherrschende Meinung zurück, bereits Hellanikos habe seine Schrift Atthis im späten 5. Jahrhundert v. Chr. in durchgehend annalistischer Weise nach den Archonten beziehungsweise für die Zeit davor nach den Königen geordnet. 97 Dies hängt nicht zuletzt mit Jacobys stufenförmig gedachtem Entwicklungsschema der griechischen Historiographie im 5. Jahrhundert v. Chr. zusammen, 98 das eine teleologische 89 Die Handschriften weisen hier alle die Ziffer zwei (δύο) auf. Aufgrund der zusätzlichen Information wird jedoch allgemein die Zahl zu vier (τέσσαρας) emendiert (Landmann 1993a, 190, 191; Landmann 1993b, 1275). Arnold Gomme (1962, 2) hat dafür eine einleuchtende Erklärung gefunden. Vermutlich wurde die Zahl δ von späteren Schreibern irrigerweise als δύο verstanden. 90 Thuk. 2, 2, 1. 91 Thuk. 5, 20, 2–3. 92 Taylor 2000, 227–232. 93 Thuk. 1, 97, 2. 94 Mit dieser Aussage hat sich eine Reihe von Spezialstudien beschäftigt, deren Anliegen die Klärung der Frage betraf, ob Thukydides nun Hellanikosʼ Atthis als Quelle für seine Darstellung der Pentekontaetie heranzog. Bekanntlich weist Thukydidesʼ eigene Chronologie für diese Zeitspanne ihre Schwierigkeiten auf. Als einflussreich gestaltet sich die Position Felix Jacobys (FGrHist III B Suppl. I, 5–6), der in dieser Textstelle eine nachträgliche Einfügung mit Hellanikosʼ Erwähnung sah und Thukydides ausschließlich die Verwendung anderer Quellen zuschrieb. Ein Überblick über diese Diskussion mit unterschiedlichen Meinungen sowie Ansätzen findet sich bei: Lenardon 1981, 59–66; Pownall 2016, Kommentar zu BNJ 323a T 8. 95 Bichler 2004a, 209 Anm. 6. 96 Jacoby 1949, 86–99; Jacoby, FGrHist III B Suppl. I, 14–17, 19. 97 Diese Ansicht vertreten ebenso: Ruschenbusch 2003; Harding 2007, 181–183; Schubert 2010, 260, 274; Fowler 2013, 685–687; Rhodes 2014, 19; Pownall 2016, Kommentar zu BNJ 323a F 25. Siehe auch die diesbezügliche Äußerung von Martin Ostwald 1992, 337: „Modern scholarly opinion on the life and works of Hellanicus depends almost exclusively on the work of Felix Jacoby, which, though highly hypothetical and in need of revision, has as a whole remained unchallenged for over seventy years.“ 98 Jacoby 1909.

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Ausbildung der Gattungen Mythographie/Genealogie, Ethnographie, Zeitgeschichte, Chronographie und schließlich Horographie vorsah. Der jeweilige Begründer eines Genres, vor allem Hekataios, Herodot sowie Hellanikos, schuf nach Jacobys Vorstellung sämtliche Grundlagen und etablierte folglich verbindliche Normen. Zahlreiche rezente Beiträge haben sich kritisch mit diesem Konzept, das Jacobys Fragmentsammlung zu Grunde liegt, auseinandergesetzt und dadurch auch die Frage der Datierung einzelner Autoren wieder aufgeworfen. 99 In dem hier vorliegenden Kontext kommt vor allem Hellanikos’ Datierungsweise in seinen beiden Werken Hiereiai und Atthis große Bedeutung zu. Jacoby hielt Hellanikos’ Hiereiai als erste Abhandlung der Chronographie, der Jacoby eine verbindlich annalistische Form und einen panhellenischen Fokus zugeschrieben hat. 100 Hellanikos’ Atthis hat Jacoby hingegen als ersten Vertreter der lokalen Geschichtsschreibung verstanden, die sich seiner Meinung nach als letzte Form der Historiographie im 5. Jahrhundert v. Chr. entwickelte. Felix Jacoby hat den Terminus Horographie aus späteren Quellen 101 entlehnt, die hierfür die Begriffe ὧροι beziehungsweise ὡρογραφίαι verwenden. 102 Folglich hatte Jacoby mit den Jahrbüchern griechischer Städte eigentlich Werke aus spätklassischer und vor allem hellenistischer Zeit im Hinterkopf, die Ereignisse Jahr für Jahr berichten. 103 Beide Gattungen, sowohl die nach Jacoby früher auftretende Chronographie als auch die seiner Meinung erst später etablierte Horographie, haben nach seiner Argumentation die annalistische Berichterstattung angewandt. Den sie trennenden Unterschied hat Jacoby im überregionalen beziehungsweise lokalen Fokus ausgemacht. 104 Die Vermutung einer annalistischen, nach Archonten gegliederten Chronologie von Hellanikosʼ Atthis findet sich lediglich in zwei Scholien 105 zu Aristophanesʼ Werk Die Frösche tatsächlich bestätigt. Beide berichten von zwei Ereignissen während des Archontats des Antigenes (im Jahr 407/6 v. Chr.) gemäß Hellanikos. 106 Bezeichnenderweise handelt es sich hier um Referenzen zu Hellanikos’ Gegenwart, in der Archontendatierungen bereits 99 Hier sei exemplarisch auf folgende Beiträge verwiesen: Fowler 1996; Marincola 1999; Porciani 2006; Schepens 2010; Marincola 2012; Funke 2014/15; Marincola 2018. 100 Jacoby 1909, 87–88. 101 So informiert beispielsweise Censorinus im 3. Jahrhundert n. Chr. in seiner Schrift De die natali (19, 6): sunt qui tradunt  […]  annum dici, et Graecos annales horus, eorumque scri[b]

tores horographos. „Manche überliefern, dass  […]  das Jahr genannt [wird], und folglich die griechischen Annalen hôroi (‚Jahrbücher‘) und deren Verfasser ‚Horographen‘.“ Lateinischer Text mit deutscher Übersetzung nach: Brodersen 2012b, 120–121. Ähnlich äußert sich auch Diodor 1, 26, 5. 102 Jacoby 1909, 109–110 Anm. 2. 103 Funke 2014/15, 181. 104 Jacoby, FGrHist II D, 661–662. 105 FGrHist 323a F 25 (apud Schol. Ar. Ran. 694), F 26 (apud Schol. Ar. Ran. 720). Nähere Informationen über die Scholia zu Aristophanes bietet: Dickey 2007, 38–40. 106 Wie anhand der Besprechung zu Apollodors Fragmenten noch ersichtlich sein wird, hat aber bereits Jacoby damit gerechnet, dass spätere Autoren auch den Datierungswortlaut innerhalb der

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in Gebrauch waren. Unsicher bleibt nun, wie Hellanikos Ereignisse vor dem 5.  Jahrhundert  v. Chr. datiert hat. Robert Lenardon hat sein Unbehagen zum methodischen Umgang mit diesen zwei Scholien treffend in einer Fußnote ausgedrückt: „Perhaps what makes me most uneasy is that so much has been hypothesized on the basis of so little, i.e., these two fragments such as they are.“ 107 Einige haben sich dieser kritischen Haltung angeschlossen oder zumindest die Frage nach einem annalistischen Aufbau offen gelassen. 108 Die einzelnen Werke der Atthidographen weisen auch Abweichungen in der Form auf, weshalb man mittlerweile davon absieht, ausschließlich aufgrund eines Werktitels einen durchgehend annalistischen Erzählstil zu vermuten. 109 Analog zur Entwicklung der Olympiadendatierung sieht man sich mit der Sachlage konfrontiert, trotz der eher dürftigen Quellenlage ein möglichst vollständiges Bild der Entwicklung der Archontendatierungen geben zu wollen. Für welche Position man sich in dieser Diskussion entscheidet, wird aus diesem Grund neben den zwei Scholien vielmehr durch die persönliche Einschätzung des historiographischen und chronographischen Umfelds sowie vor allem durch die Beurteilung von Thukydidesʼ Kritik an Hellanikos entschieden. Die Hauptgrundlage für die Annahme eines stets gleich lautenden, annalistischen und formelhaften Schemas, das den Namen des Amtsinhabers sowie dessen Demos nennt, geht auf ein einziges Fragment 110 von Androtions Atthis (4. Jahrhundert v. Chr.) zurück: Εὐκτήμων Κυδαθήναιος· ἐπὶ τούτου […] „Euktemon of (the Athenian deme) Kydathenaion. Under this (archon) [408 BC] […]“ 111 Als nicht unwesentlich gestaltet sich in diesem Zusammenhang der Umstand, dass es sich dabei um eine Ergänzung eines ansonsten unverständlichen griechischen Texts handelt. Es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass zumindest Androtion und seine Nachfolger mit den jährlich wechselten Archonten einen chronologischen Faden für die attische Geschichte fanden. 112 In späterer Zeit kritisierte Dionysios von Halikarnassos 113 nämlich die Lokalchroniken (χρονικαί) Athens wegen ihrer Eintönigkeit, weswegen er

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Zitate ändern konnten. Dies unterstreicht einmal mehr, wie schwierig sich die Einschätzung chronographischer Werke gestaltet. Lenardon 1981, 66 Anm. 27. So zum Beispiel: Joyce 1990, 5–7; Toye 1995, 291–295; Pritchett 1996, 42–48; Sickinger 1999, 179; Bichler 2004a, 209. Ebenso Fehling 1985, 115 Anm. 266: „M. E. hat Jacoby, Atthis 86 ff., in Abwesenheit jedes Belegs nicht wahrscheinlich machen können, daß die Atthidographen auch für die frühe Zeit die annalistische Form benutzten.“ Marincola 1999, 282 Anm. 5, 312–312; Burgess – Kulikowski 2013, 81. BNJ 324 F 44 (apud Anonymi, Ethica Nicomachea (ed. Heylbut G., Commentaria 20), 5, 10, 1134 b 22; p. 232). Griechischer Text und Übersetzung: BNJ 324 F 44. Jacoby 1949, 90–91; Toye 1995, 294; Joyce 1999, 3–4; Rhodes 2014, 18–19. Dion. Hal. ant. 1, 8, 3.

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sein Werk anders angelegt habe. Während beispielsweise Earnest Cary 114 dies mit ‚annalistische Berichte‘ übersetzt hat, hat Nicolas Wiater 115 hingegen die Grundbedeutung Lokalchroniken beibelassen. Peter Funke weist diesbezüglich auf die unterschiedliche Ausgestaltung der rhodischen Geschichtsschreibung hin: „[D]es weiteren wird man aber berücksichtigen müssen, daß sich hinter der Bezeichnung χρονικαὶ συντάξεις Lokalchroniken ganz unterschiedlichen Zuschnitts verbergen können. Die Dimensionierung und Disposition des behandelten Stoffes erfährt durch die Bezeichnung χρονικαὶ συντάξεις noch keine Präzisierung.“ 116 Was die Arbeitsweise von Hellanikos und somit die Frage nach dessen chronologischem Ordnungsprinzip für die Geschichte Athens betrifft, kommt zudem der Beurteilung von Hellanikosʼ Hiereiai 117 eine bedeutende Rolle zu. Dionysios von Halikarnassos 118 haben wir im Zusammenhang seiner Sammlung der Gründungsdaten Roms folgendes wertvolles Zitat zu verdanken: ὁ δὲ τὰς ῾Ιερείας τὰς ἐν ῎Αργει καὶ τὰ καθ᾽ ἑκάστην πραχθέντα συναγαγὼν 119 „Der Mann aber, der die Liste der Priesterinnen in Argos sowie die Ereignisse, die sich unter jeder von ihnen zutrugen, zusammengestellt hat […].“ 120 Ferner informiert Dionysios 121, Hellanikos habe die Auswanderung der Sikeler in der dritten Generation vor dem Trojanischen Krieg im 26. Jahr der Herapriesterin Alkyone angesetzt. Dieses Fragment zeigt deutlich, wie andere Auszüge übrigens auch, dass sich Hellanikos nicht auf die Geschichte von Argos konzentrierte, sondern Ereignisse in der gesamten griechischen Welt berücksichtigte. Hellanikos wählte interessanterweise die Herapriesterinnen von Argos als chronologischen Rahmen, was eine überraschende Neuerung auf dem Gebiet der Chronologie darstellt. Der Vorschlag, darin auch eine bewusste politische Wahl zur Zeit des Peloponnesischen Kriegs zu sehen – galt Argos doch bis 421 v. Chr. als politisch neutral – klingt durchaus plausibel. 122 Aus chronographischer Perspektive benötigte Hellanikos eine Liste, die von seiner Gegenwart bis in einen Zeitraum vor dem Trojanischen Krieg reichte, den wir heute als mythisch bezeichnen. 123 Schon 114 Z.B. Cary 1960, 27. Ähnlich findet sich in LSJ der Eintrag αἱ χρονικαί mit ‚Annalen oder Chronologie‘ übersetzt. 115 Wiater 2014, 67. 116 Funke 1994, 259. 117 Zu Hellanikosʼ Hiereiai: Pearson 1939, 225–231; Ambaglio 1980, 28–42, 56–57; Hornblower 1994, 223; Möller 2001a; Christesen 2007, 95–99; Burgess – Kulikowski 2013, 82–83. 118 Dion. Hal. ant. 1, 72, 2. 119 Originaltext nach: BNJ 4 F 84. 120 Übersetzung: Wiater 2014, 142. 121 Dion. Hal. ant. 1, 22, 3 (BNJ 4 F 79b). 122 Ambaglio 1980, 40–41; Möller 2001a, 255. 123 Aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. gibt es meines Wissens keine Auflistung von Priestern oder Priesterinnen, die so weit zurückreicht. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustands der literarischen

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allein aus diesem Grund schieden jährliche Beamte, wie etwa die attischen Archonten, von vornherein aus. 124 Die eponyme Datierung nach den Herapriesterinnen hat sich allerdings nicht einmal in der Lokalgeschichte von Argos durchgesetzt und blieb – zumindest der erhaltenen Überlieferung nach – auf Hellanikosʼ Werk beschränkt. 125 Einzig die Sikyonische Anagraphe 126, die allgemein um zirka 400 v. Chr. datiert wird, könnte neben einer Auflistung von Dichtern und Musikern möglicherweise auch eine Liste der Herapriesterinnen von Argos beinhaltet haben. Es existieren von diesem Text allerdings nur zwei Fragmente, weshalb weitere Schlüsse zu spekulativ erscheinen. Weil die Herapriesterinnen von Argos im Gegensatz zu den attischen Archonten vor allem in späterer Zeit keine Bedeutung zur eponymen Datierung besessen haben, dürften hellenistische Chronographen sie auch nicht überliefert haben. Anders argumentiert David Toye 127, der sich das Fehlen dieser Liste in der antiken Überlieferung damit erklärt, dass bereits Hellanikos keine durchgehende Auflistung angeboten hat. Wie bereits weiter oben angesprochen, hat Felix Jacoby 128 Hellanikosʼ Hiereiai als die erste Universalchronik betrachtet und sie in seinem Entwicklungsschema der griechischen Historiographie als erstes Werk der Chronographie eingeordnet. Nach Jacobys Sichtweise wies Hellanikos jedes historische Ereignis dem Amtsjahr einer Herapriesterin zu, wodurch Jacoby ein weiteres, wenn auch nur indirektes, Argument einer annalistischen Schreibweise für Hellanikosʼ Atthis ableiten konnte. Hellanikosʼ Hiereiai sind zum Großteil durch Zitate im geographischen Werk von Stephanos von Byzanz im 6. Jahrhundert n. Chr. überliefert, allerdings nennt Stephanos keine einzige Datierung in der Amtszeit einer Herapriesterin. So fehlt auch im Zitat aus Hellanikosʼ Hiereiai über Chalkis 129 ein entsprechender Datierungshinweis. Stephanos erwähnt nur die Information, dass Theokles mit Chalkidiern und Naxiern eine Niederlassung auf Sizilien gründete. Es findet sich darin überhaupt kein Wortlaut zur zeitlichen Einordnung. Bekanntermaßen können Fragmente nicht immer einen guten Einblick in das verloren gegangene Gesamtwerk

124 125 126 127 128 129

Überlieferung kämen hier ohnehin nur Inschriften in Frage. Die epigraphische Evidenz zu chronographischen Listen ist bis dato aber weder zusammengetragen noch systematisch untersucht worden. Dieser interessanten Quellengattung widmet sich zurzeit Filippo Battistoni in einem Forschungsprojekt (persönliche Mitteilung vom 3.9.2018). Als mögliches analoges Beispiel zur Liste der Herapriesterinnen in Argos ist mir nur eine Inschrift aus Halikarnassos bekannt, die um 100 v. Chr. datiert. Folgt man dem Vorschlag, einen heute verschollenen Inschriftenteil (CIG 2655) mit einem Stück im Bodrum Museum (Inv. Nr. 67) zusammenzufügen, erhielte man eine Auflistung von 45 Poseidon-Priestern für eine Zeitspanne von 827 Jahren (Isager 2015). Die ersten Namen gehören mit dem Sohn von Poseidon freilich ebenso in eine weit zurückliegende (mythische) Zeit. Warum Hellanikos nicht auf die Spartanische Königsliste zurückgriff, lässt sich nicht mit Sicherheit klären, ebenso wenig, ob dafür nun quellentechnische oder gar politische Gründe im Vordergrund gestanden haben könnten. Möller 2001a, 257–258. Näheres zur Anagraphe Sikyonia: Kleingünther 1933, 138–139; Möller 2001a, 258–259; Banchich 2010, Kommentar zu BNJ 550. Toye 1995, 300. Jacoby 1949, 59, 89, 225; Jacoby, FGrHist I A, 454. BNJ 4 F 82 (apud Steph. Byz. s.v. Chalkis).

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geben, da in diesem Fall Stephanos von Byzanz die für ihn relevanten Passagen ausschließlich nach seinem eigenen Interesse ausgewählt haben dürfte, wodurch entsprechende Verzerrungen auftreten können. Dies stellt ein allgemein bekanntes Problem fragmentarisch erhaltener Werke dar. Folgt man Jacobys Argumentationslinie geht das Fehlen eponymer Datierungen ausschließlich auf Stephanos zurück, der die Datierung schlicht weggelassen habe. Jüngst haben Richard Burgess und Michael Kulikowski zum Gesamtbild von Hellanikosʼ Hiereiai jedoch abweichend resümiert: „It was perhaps a synchronism of genealogies and oral traditions more than a thoroughly annalistic chronicle of the type we know from the Hellenistic period.“ 130 Als ersten griechischen Chronikverfasser ziehen sie hingegen Demetrios von Phaleron im späten 4. Jahrhundert beziehungsweise frühen 3. Jahrhundert v. Chr. in Betracht, der eine Ἀρχόντων ἀναγραφή verfasste. Nachdem sich davon überhaupt keine umfassenderen Fragmente erhalten haben, lässt sich diese Annahme wiederum nicht mit Zitaten aus dem Werk selbst belegen. 131 Erst mit dem Marmor Parium liegt eine Chronik vor, die jedes historische Ereignis mit Hilfe der attischen Könige und Archonten sowie zusätzlich mit Intervallen datiert. 132 Diese aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammende Inschrift von der Insel Paros verwendet den attischen Archon Diognetos aus dem Jahr 264/3 v. Chr. 133 als chronologischen Referenzpunkt für die Distanzangaben. Der nur zu Beginn der Inschrift genannte Inhaber des parischen Archontenamtes ist nicht mehr zur Gänze lesbar, zur Umrechnung der Intervallangaben dient aber ohnehin der attische Amtsinhaber. Der Text beginnt mit dem attischen König Kekrops umgerechnet im Jahr 1581/80 v. Chr. 134 und führt nach den erhaltenen Zeilen bis ins Jahr 299/8 v. Chr., als Euktemon das Archontenamt innehatte. Der Autor der Parischen Chronik verfasste die Einträge allesamt nach einem gleich lautenden Schema: Von der Zeit (ἀφ᾽ οὗ) als X passierte, Y Jahre, als Z Archon (oder König) von Athen war, 135 wie die Zeile A 30 auch veranschaulicht:

130 Burgess – Kulikowski 2013, 83. In eine ähnliche Richtung weist eine Aussage von Osmers (2013, 77). 131 Burgess – Kulikowski 2013, 83–84 (mit weiterführender Literatur zu Demetrios). Detlev Fehling (1985, 115–116) argumentiert außerdem, dass erst Demetrios eine vollständige Auflistung sämtlicher Könige und Archonten Athens angeboten habe. 132 Zum Marmor Parium: FGrHist 239; Jacoby 1904a; Jacoby 1904b; Burgess  –  Kulikowski 2013, 84–85, 301–309 (englische Übersetzung); Rotstein 2016 (ebenso mit einer englischen Übersetzung sowie neuen Edition); Sickinger 2016 (BNJ 239). 133 Samuel 1972, 214; Strothmann – Welwei 2004, 155. 134 Interessanterweise nennt eine Inschrift auf einem Diskos in Olympia (IvO 240 und 241) umgerechnet das Jahr 1581/80 v. Chr. für die ersten Olympischen Spiele und somit denselben Ausgangspunkt wie das Marmor Parium, welches für dieses Jahr den attischen König Kekrops nennt (Rotstein 2016, 9). Ein Zusammenhang im Sinne einer chronographischen Tradition, die den attischen König Kekrops mit den ersten Olympischen Spielen synchronisierte, wäre vorstellbar. 135 Rotstein 2016, 8.

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ἀφ’ οὗ Φ[εί]δων ὁ Ἀργεῖος ἐδήμευσ[ε τὰ]  μέτ[ρα καὶ στ]αθμὰ κατεσκεύασε καὶ νόμισμα ἀργυροῦν ἐν Αἰγίνηι ἐποίησεν, ἑνδέκατος ὢν ἀφ’Ἡρακλέους, ἔτη 𐅅HΔΔΔI, βασιλεύοντος Ἀθηνῶν [Φερεκλ]είους. 136 „From the time the Argive Ph[ei]don mad[e] [the] meas[ures] public [and] determined [we]ights and produced silver coins in Aegina, being eleventh from Heracles, 631 years (= 895/3 BCE), when [Pherecl]es was king of Athens.“ 137 Im Gegensatz zu Hellanikosʼ Hiereiai ermöglicht der deutlich bessere Erhaltungszustand der Inschrift die Beobachtung, welche Ereignisse in der griechischen Welt Erwähnung fanden und welche hingegen ausgelassen wurden. 138 Trotz der bedeutenden Rolle Athens für den chronologischen Rahmen wird deren politische Geschichte mit wichtigen Persönlichkeiten, wie beispielsweise Drakon, Solon und Kleisthenes, überhaupt nicht genannt. Gleiches trifft im Übrigen auf die Olympischen Spiele, zum großen Teil auf die Geschichte Spartas sowie beispielsweise den Peloponnesischen Krieg zu. Neben bestimmten politischen Ereignissen standen vor allem kulturelle, mythische, politische und religiöse Aspekte im Fokus, wie etwa der Trojanische Krieg, die Einführung von Münzen oder Feste für bestimmte Gottheiten. 139 Der Verfasser legte zudem einen thematischen Schwerpunkt auf die Dichtung des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. 140 Der im 2. Jahrhundert v. Chr. tätige Apollodor soll gemäß der opinio communis seine Chronik ebenso nach Archonten angeordnet haben, um Ereignisse vom Trojanischen Krieg bis in seine Gegenwart im 2.  Jahrhundert  v. Chr. zu datieren. 141 Diese Ansicht beruht einmal mehr auf der Einschätzung von Felix Jacoby, der mit der bis dahin verbreiteten Meinung brach, dass auch die Olympiadendatierungen eine Rolle gespielt haben könnten: 142 „Dass sich A.[pollodor] als jahresbezeichnung der archontennamen bedient hat, nicht, wie man gemeinhin annimmt, der olympiaden oder auch der olympiaden und archonten, das müsste man eigentlich ohne beweis glauben. Es wäre ja thorheit gewesen, die vielen schwierigkeiten, die die poetische form an sich schon dem stoffe entgegensetzte, mutwillig zu vermehren durch einführung einer so unbequemen und schwerfälligen jahresbezeichnung, wenn die bequemen und dem verse gemässen archontennamen zur verfügung standen.“ 143 136 Griechischer Text nach: Rotstein 2016, 26. 137 Übersetzung: Rotstein 2016, 42. 138 Inwieweit hier Parallelen zur Anagraphe Sikyonia bestehen, die neben den Herapriesterinnen von Argos auch eine Auflistung von Dichtern und Musikern beinhaltet haben dürfte, muss spekulativ bleiben. Die zwei erhaltenen Fragmente erlauben keine näheren Schlüsse. 139 Siehe hierzu: Sickinger 2016, Kommentar zu BNJ 239. 140 Zu einer eingehenden Analyse siehe: Rotstein 2016, 95–126. 141 Zu Apollodors Chronik: Jacoby 1902b; Pfeiffer 1968, 253–257; Dorandi 1982; Montanari 1996; Christesen 2007, 13; Feeney 2007, 19–20; Burgess  –  Kulikowski 2013, 87–88; Williams 2018, Kommentar zu BNJ 244; Fleischer 2020. 142 Jacoby 1902b, 57–59. 143 Jacoby 1902b, 57–58.

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Ungewöhnlicherweise verfasste Apollodor seine Chronik im jambischen Trimeter, 144 worin man wie schon Jacoby ein Argument sehen kann, Apollodor habe ausschließlich Archontendatierungen verwendet. 145 So seien die ab dem 3./2.  Jahrhundert aufkommenden Olympiadendatierungen mit einem Versmaß viel schwieriger in Verbindung zu bringen beziehungsweise einzubauen. 146 Bezeichnenderweise hat sich Felix Jacoby zur Untermauerung seiner Ansicht explizit zu der Problematik geäußert, dass bei antiken Zitaten der eigentliche Datierungswortlaut des originalen Textes verloren gehen konnte. Beispielsweise finden sich in den zahlreichen Zitaten von Diogenes Laertios (vermutlich 3.  Jahrhundert  n. Chr.) aus Apollodors Werk fast ausschließlich Olympiadendatierungen. 147 Nur an zwei Textstellen nennt Diogenes Laertios zusätzlich die eponymen attischen Archonten. 148 Aus diesem Grund ist auch der Ansatz nachvollziehbar, Apollodor könne tatsächlich beide Datierungsweisen oder gar nur Olympiadendatierungen verwendet haben. Für Jacoby 149 sind die Olympiadendatierungen in Apollodors Fragmenten jedoch durch die Verwendung von chronographischen Tabellen späterer Autoren zu erklären. 150 Dieser Argumentation ist beispielsweise Pamela-Jane Shaw 151 gefolgt und so geht sie ebenso davon aus, dass Apollodors ursprüngliche Datierungsweise durch Olympiaden ersetzt wurde. Diese Ansicht verlangt letztlich die Abwendung von einem rein positivistischen Umgang mit dem Inhalt einzelner Fragmente, wodurch ein Nachvollziehen der Entwicklung der Datierungskonventionen innerhalb des chronographischen Genres nochmals komplexer wird. Neben den attischen Archonten soll Apollodor

144 Jacoby 1902b, 60–74. Pseudo-Skymnos (Ps.-Skymn. 16–49 = FGrHist 244 T 2), der seine WeltRundreise ebenso in jambischen Trimetern verfasst hat, weist sogar direkt auf diesen Umstand hin. So habe Apollodor, den er allerdings nicht explizit beim Namen nennt, die metrische Form aus mnemotechnischen Gründen gewählt. 145 Einzig Fehling (1985, 69) nimmt an, dass Apollodor nur bei einigen wenigen Stellen Archontendatierungen lieferte und dem Leser auch ein chronologisches Verständnis ohne eine Archontenliste möglich war. 146 Pfeiffer 1968, 256; Feeney 2007, 20. 147 FGrHist 244 F 14 (apud Diog. Laert. 4, 23), F 16 (apud Diog. Laert. 4, 45), F 27b (apud Diog. Laert. 1, 79), F 28 (Diog. Laert. 1, 37), F 29 (apud Diog. Laert. 2, 2), F 30b (apud Diog. Laert. 9, 29), F 31 (apud Diog. Laert. 2, 7), F 32a (apud Diog. Laert. 8, 51), F 34 (apud Diog. Laert. 2, 33), F 36a (apud Diog. Laert. 9, 41), F 37 (apud Diog. Laert. 3, 2), F 40 (apud Diog. Laert. 5, 58), F 46 (apud Diog. Laert. 7, 184), F 51 (apud Diog. Laert. 4, 65), F 66 (apud Diog. Laert. 2, 3), F 68b (apud Diog. Laert. 9, 20), F 71 (apud Diog. Laert. 9, 55–56), F 72 (apud Diog. Laert. 9, 24), F 76 (apud Diog. Laert. 8, 90), F 332a (apud Diog. Laert. 1, 95), F 332b (apud Diog. Laert. 1, 98), F 335c (apud Diog. Laert. 1, 68), F 338a (apud Diog. Laert. 1, 121), F 340a (apud Diog. Laert. 9, 1), F 341 (apud Diog. Laert. 9, 23), F 343 (apud Diog. Laert. 2, 55), F 344a (apud Diog. Laert. 4, 1), F 345 (apud Diog. Laert. 4, 14), F 346a (apud Diog. Laert. 4, 16), F 349a (apud Diog. Laert. 5, 36), F 350 (apud Diog. Laert. 5, 68). 148 FGrHist 244 F 38a (apud Diog. Laert. 5, 9–10), F 42 (apud Diog. Laert. 10, 14–15). 149 Jacoby 1902b, 57 Anm. 27. 150 So soll Timaios gemäß Polybios die Listen der Ephoren und Könige Spartas, der Archonten Athens, der Herapriesterinnen von Argos und die Olympionikenliste synchronisiert haben. BNJ 566 T 10 (apud Pol. 12, 11, 1). 151 Shaw 2003, 68.

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nach Plutarch 152 und Diodor 153 zusätzlich die Könige Spartas für eine stimmige Chronologie verwendet haben, was die Bedeutung der Königsgenealogie Spartas 154 für die Chronologie der griechischen Frühzeit hervorhebt. Allerdings lassen die erhaltenen Fragmente keinerlei Schlüsse darauf zu. Mit dem Aufkommen der Olympiadendatierung in der Historiographie im 3. Jahrhundert  v. Chr. dürfte die panhellenische Relevanz der Archontendatierung zurückgegangen sein. 155 Wenn Diodor in den Büchern 11 bis 13 neben der Olympiade, den Stadionlaufsiegern, den römischen Konsuln weiterhin die attischen Archonten nennt, 156 geht daraus deren anhaltende Bedeutung bis in die römische Kaiserzeit hervor. Dies bezeugt auch beispielsweise Dionysiosʼ 157 Datierung des Galliereinfalls, wofür er neben den Olympiadendatierungen ebenso den attischen Archon heranzieht.

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Die Olympionikenliste

3.2.1 Hippias von Elis und die erste Olympionikenliste Hippias von Elis 158 gilt gemeinhin als erster Ersteller einer Olympionikenliste 159, deren Grundlagen sich folgendermaßen darstellen. 160 Platons Dialoge dienen als Hauptquelle zur zeitlichen Einordnung von Hippias: Im Protagoras 161 taucht er im Kontext unmittelbar vor Ausbruch des Peloponnesischen Kriegs auf 162 und im Hippias Major 163 wird

152 Plut. Lyk. 1, 2 (= FGrHist 244 F 62a). 153 Diod. 1, 5, 1 (= FGrHist 244 F 61a). 154 Die Zusammenstellung von Mischa Meier (2004) ist nun durch einen neuen Papyrusfund (Fleischer 2019) zu ergänzen. Man sieht sich mit der Situation konfrontiert, dass Pherekydes, Herodot und Pausanias für die Eurypontiden unterschiedliche Versionen anbieten. Diese sind bei Fleischer (2019, 14) praktisch in einer vergleichenden Tabelle zusammengestellt. Bisweilen hat es gerade für die Abweichungen zwischen Herodot und Pausanias keine allgemein anerkannte Lösung gegeben. Es wird sich zeigen, ob dieser neue Fund zu einem allgemein anerkannten Konsens führen wird. 155 Neben dem attischen Kalender fand zeitweise aber auch jener von Makedonien und Argos Verwendung in überregionalen Kontexten, siehe hierzu: Clarke 2008, 217–218. 156 Meister 1990, 174–175; Will 1998, 4; Rathmann 2016, 138. 157 Dion. Hal. ant. 1, 74, 4–6. 158 Sekundärliteratur zu Hippias von Elis: v.a. Freeman 1949, 381–391; Pfeiffer 1968, 51–54; Guthrie 1969, 280–285; Węcowski 2014, Kommentar zu BNJ 6. 159 Zu Hippias’ Olympionikenliste siehe zuletzt: Christesen 2005; Christesen 2007, 45–160. 160 Z.B. Samuel 1972, 189; Fehling 1985, 73; Shaw 2003, 70; Möller 2004b, 173; Hedrick 2002, 17; Nelson 2007, 47–48. Christian Wacker (1998) zweifelt die Existenz eines derartigen Werkes von Hippias zumindest an und Max Nelson (2007) sieht erst Aristoteles als Verfasser der ersten Olympionikon Anagraphe. 161 Plat. Prot. 337c–338b. 162 Christesen 2005, 326. 163 Plat. Hipp. Mai. 382e.

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er als wesentlich jünger als Protagoras, der zirka 420 v. Chr. verstarb 164, charakterisiert. 165 Wenn Platons 166 Angaben und jene in den Biographien der zehn Redner 167 zutreffen, kann Hippias noch ein hohes Lebensalter erreicht haben und bis in das 4.  Jahrhundert  v. Chr. tätig gewesen sein. Demnach ergibt sich ein grober zeitlicher Rahmen von zirka 470  v. Chr. bis ins frühe 4.  Jahrhundert  v. Chr. für Hippias᾽ Lebensdaten. Über seine vielfältigen Tätigkeiten ist Näheres bekannt, 168 von seiner ʼΟλυμπιονικῶν ἀναγραφή findet sich hingegen in der ganzen antiken Literatur nur ein Testimonium, und zwar in Plutarchs Numa 169: τοὺς μὲν οὖν χρόνους ἐξακριβῶσαι χαλεπόν ἐστι. καὶ μάλιστα τοὺς ἐκ τῶν Ὀλυμπιονικῶν ἀναγομένους, ὧν τὴν ἀναγραφὴν ὀψέ φασιν Ἱππίαν ἐκδοῦναι τὸν Ἠλεῖον ἀπʼ οὐδενὸς ὁρώμενον ἀναγκαίου πρὸς πίστιν. 170 „Die Zeiten genau zu bestimmen, ist also schwierig, zumal wenn man nach den olympischen Siegern rechnet, deren Aufzeichnungen, wie berichtet wird, erst spät Hippias vorgenommen hat, ohne auf einer zuverlässigen Grundlage fußen zu können.“ 171 Plutarch ist demnach der einzige Autor, der Hippias als Verfasser einer Olympionikenliste bezeichnet. Diese singuläre Zuweisung mehrere Jahrhunderte später in der römischen Kaiserzeit verwundert durchaus. Greg Anderson 172 hat beispielsweise die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es sich bei dieser Olympionikenliste um ein öffentliches Projekt von Elis gehandelt haben könnte. Das Fehlen von Zitaten aus Hippiasʼ Werk lässt sich leicht mit dem fragmentarischen Zustand der Chronographie 173 begründen. Für die folgenden Ausführungen macht es keinen Unterschied, ob tatsächlich Hippias oder eine andere Persönlichkeit aus Elis als Urheber dieser Komposition auszumachen ist. Die Datierung der ersten Olympionikenliste erfolgt ohnehin teilweise unabhängig von Hippias mit dem zeitgenössischen Kontext um 400 v. Chr. und der nachweislichen Rezeption einer Olympionikenliste.

164 Als Grundlage dient Platons Angabe (Prot. 317c), dass Protagoras dem Alter nach der Vater von Sokrates sein könnte. Zudem schreibt ihm Platon (Men. 91e) ein Alter von 70 Jahren zu, wodurch man zirka auf die Daten 490 bis 420 v. Chr. kommt. Narcy 2001, 456. 165 Marek Węcowski (2014, Life and Activities) hält die Formulierung πολὺ νεώτερος für übertrieben und vermutet demnach möglicherweise eine ironische Note. 166 Plat. Apol. 19e. 167 Plut. Mor. 838, 839b. 168 Węcowski 2014. 169 Plut. Num. 1, 4. 170 Originaltext nach: BNJ 6 F 2. 171 Übersetzung: Ziegler 1954, 168–169. 172 Anderson 2008, Kommentar zu BNJ 414 F 1. 173 Z.B. Bengtson 1975, 31; Mosshammer 1979, 97.

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Plutarch bezeichnet Hippias᾽ Olympionikenliste nicht ausdrücklich als erste Olympionikon Anagraphe. Es sprechen jedoch Datierungsgründe gegen die Möglichkeit der Existenz eines ähnlichen Werkes davor: Ein Terminus post quem wird anhand von Thukydidesʼ Werk erreicht, worin Olympioniken nicht als eponyme Datierungsweise verwendet werden. Thukydides war aber um möglichst genaue Angaben bemüht, wie beispielsweise seine Datierung des Beginns des Peloponnesischen Kriegs mit der Nennung diverser eponymer Beamte zeigt. Wäre Thukydides eine Olympionikenliste zur Verfügung gestanden, hätte er sie mit Sicherheit in irgendeiner Weise miteinbezogen. 174 Den ersten Hinweis auf den Gebrauch einer Siegerliste findet sich in einem Fragment von Philistos von Syrakus 175 (zirka erste Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr.) beim spätantiken Lexikographen Stephanos von Byzanz 176: Δύμη · … καὶ Φίλιστος Σικελικῶν ᾱ >. 177 Dyme … Und Philistos im ersten Buch seiner Sikelika: In der Olympiade, in der Oibotas, , im Stadionlauf siegte. 178 Wie aus der Übersetzung ersichtlich, wurde bewusst auf eine Wiedergabe von Jacobys Emendation verzichtet. Zwar handelt es sich hier um eine singuläre Angabe der Olympiade ohne Ziffer, es bestehen jedoch keine philologisch zwingenden Gründe, hier in den Text einzugreifen. Die Phrase ἐπὶ τῆς ὀλυμπίαδος ist zwar ein hapax legomenon, beinhaltet aber keinen grammatikalischen Fehler. Zudem lassen sich nummerierte Olympiaden erst bei späteren Autoren greifen, weshalb Jacobys Ergänzung nicht notwendig scheint. 179 Die mitunter vertretene Position zu dieser Textstelle, nummerierte Olympiaden seien bereits zur Zeit von Philistos in Umlauf gewesen, ist meiner Meinung nach somit nicht haltbar. 180 Philistosʼ Werk Sikelika berücksichtigt Ereignisse bis zum Jahr 363/2 v. Chr., 181 weshalb auch die Veröffentlichung kurz danach angenommen wird. Wie aus dem Zitat erkenntlich, diente der Sieger des Stadionlaufs wie ein eponymer Beamter zur Bezeichnung eines 174 So auch die Argumentation von Paul Christesen (2007, 46–47). 175 BNJ 556 F 2. Zu Philistos von Syrakus und seinem Werk siehe: Meister 2000; v.a. Pownall 2013, Kommentar zu BNJ 556. 176 Steph. Byz. s.v. Dyme (Billerbeck – Zubler 2011, 70–75). 177 Originaltext nach: BNJ 556 F 2. Zwischen Jacobys Text und jenem von Karl Müller (FHG I 186) bestehen Divergenzen: Καὶ Δύμη  […]  Καὶ Φίλιστος Σικελικῶν α΄· > Die neue Ausgabe von Stephanosʼ Ethnica (Billerbeck – Zubler 2011, 71–72) hat Jacobys Version verwendet, weshalb diese auch im Fließtext übernommen worden ist. 178 Eigene Übersetzung. 179 Ähnlich: Christesen 2007, 48, 70–71; Nelson 2007, 49. 180 U.a. Den Boer 1954, 42–44; Samuel 1972, 107. 181 BNJ 556 T 11b.

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Jahres. Zur Voraussetzung hat diese Datierungsmethode freilich die Kenntnis einer Olympionikenliste. 182 Mit dem Zeitraum von zirka 400 bis 363/2  v. Chr. liegt man in etwa bei Hippiasʼ Schaffenszeit, was als Beleg für Plutarchs richtige Zuweisung gesehen werden kann. Die Einschätzung des Inhalts von Hippiasʼ Werk hängt damit zusammen, was von späteren gleichartigen Werken bekannt ist, da sich nicht ein einziges Fragment erhalten hat. In später verfassten Olympionikai finden sich neben der reinen Aufzählung der Sieger auch zusätzliche Informationen zu der Sportart, den Athleten und der Geschichte von Olympia. 183 Am besten hat sich Eusebiusʼ Olympionikenliste 184 (frühes 4. Jahrhundert n. Chr.) erhalten, wobei er neben der Gründungsgeschichte eine Auflistung der Sieger von den ersten bis zu den 249.  Olympischen Spielen umgerechnet im Jahr 217  n. Chr. wiedergibt. Letzten Endes bleibt es aufgrund mangelnder Fragmente unmöglich zu belegen, inwieweit bereits Hippias als Begründer dieser Tradition zu gelten hat. 185 Klaus Geus 186 ist beispielsweise in Hinblick auf Eratosthenes᾽ fragmentarische Olympionikai zu dem Schluss gelangt, dass es sich hierbei nicht um eine rein chronographisch orientierte Schrift, sondern vielmehr um eine Zusammenstellung biographischer sowie kulturhistorischer Angaben zu den Athleten und den Olympischen Spielen handelt. 3.2.2 Die Olympionikenliste im Kontext des elisch-spartanischen Kriegs Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Rekonstruktion der ersten Olympionikenliste stellt Hippiasʼ vermutete Involvierung im elisch-spartanischen Krieg dar. So war Hippias gemäß Platon 187 oftmalig als Gesandter seiner Heimatstadt in anderen Städten, vor allem aber in Sparta, tätig. Diodor 188, Pausanias 189 und Xenophon 190 berichten in abweichenden Versionen von diesem Konflikt. 191 Hier wird der von Ron Unz 192 vorgeschlagenen Reihenfolge der Ereignisse gefolgt, wobei Abbildung 1 einen geographischen Überblick über die genannten 182 Der Vollständigkeit halber sei hier Nelsons (2007, 49) gegenteilige Meinung erwähnt, der die Zirkulation einer Olympionikenliste nicht als Voraussetzung ansieht. Da Philistos über Sizilien schrieb und er hier einen Sieger aus dem sonst nicht sehr bekannten Dyme in Griechenland erwähnt, scheint aber ein Zusammenhang mit einer Olympionikenliste zumindest naheliegend. 183 Christesen 2007, 66. 184 Die betreffende Textstelle findet sich in Eusebiusʼ Chronographia. Nachdem die unterschiedlichen Texteditionen in der Zeilennummerierung abweichen, wird hier nur auf die Seiten der Bearbeitungen beziehungsweise Übersetzungen verwiesen: Karst 1911, 89–103; Christesen – MartirosovaTorlone 2006, 63–82 (Appendix 1), 83–93 (Appendix 2); Christesen 2007, 386–407 (Appendix 4.1). 185 Ähnlich: Möller 2004b, 173. 186 Geus 2002, 323–332. 187 Plat. Hipp. Mai. 281a–b. 188 Diod. 14, 17, 4–12. 189 Paus. 3, 8, 3–5. 190 Xen. Hell. 3, 2, 21–31. 191 Falkner 1996, 17 Anm. 2. 192 Unz 1986.

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Gegenden bietet. Gemäß Thukydides 193 war der Auslöser für diesen Konflikt Spartas Eingreifen in die Innenpolitik von Elis. Nach einer Beschwerde der Lepreaten bei Sparta über die Eleier sandten die Lakedaimonier 421 v. Chr. Truppen nach Lepreon, woraufhin die Eleier ein Bündnis gegen Sparta eingingen. Die Eleier beschuldigten Sparta, mit diesem Einschreiten den Waffenfrieden von Olympia missachtet zu haben und legten ihnen eine Geldbuße auf. Jedoch wurde dies seitens Spartas nicht akzeptiert, weshalb Sparta schließlich von den Olympischen Spielen 420  v. Chr. ausgeschlossen wurde. 194 Sparta dürfte der Zugang zum Heiligtum in Olympia noch für längere Zeit verwehrt worden sein, da es König Agis II. später nicht erlaubt war, Zeus in Olympia für einen Sieg gegen die Athener zu opfern. 195 Bis zum Ende des Peloponnesischen Kriegs dürfte Spartas Konflikt mit Elis aufgrund der militärischen Auslastung ruhend gestellt worden sein. Erst als die Eleier die geforderten Bedingungen Spartas, abhängige Gebiete frei zu geben und Zahlungen zu entrichten, abgelehnt hatten, sandte Sparta Truppen nach Elis. Nach den kämpferischen Auseinandersetzungen zwischen 401 und 398 v. Chr. musste Elis schließlich Triphylien samt Lepreon abgeben. In diesem politischen Kontext kann die Einbindung Spartas in einen Teil der Gründungsmythen der Olympischen Spiele gesehen werden. Denn Elis hatte den möglichen Verlust von Olympia zu befürchten, wovon Sparta jedoch absah. So berichtet Xenophon 196 über das Ende des elisch-spartanischen Kriegs, dass Sparta das Heiligtum von Olympia unter elischer Kontrolle beließ, obwohl Elis nicht seit jeher die Leitung innehatte und es konkurrierende Ansprüche von ‚Wilden‘ (χορίτης) darauf gegeben habe. 197 Willem Den Boer 198 und Lilian Jeffery 199 haben Hippias’ Olympionikenliste primär mit dem Anliegen eines chronologischen Rahmens für die Lokalgeschichte erklärt. Ähnlich hat auch Benny Peiser 200 argumentiert, dass Hippias mit der Olympionikenliste das Alter der Olympischen Spiele im Vergleich zu den anderen hellenischen Agonen aus patriotischen Gründen künstlich erhöhen wollte. Während eine auf antiquarische Interessen ausgerichtete Argumentation die politischen Umstände völlig außer Acht lässt, ermöglicht eine Berücksichtigung des zeitgenössischen politischen Umfelds eine andere Betrachtungsweise. Hippias᾽ Olympionikon Anagraphe wird demnach auch als

193 Thuk. 5, 31. 194 Thuk. 5, 49–50. 195 Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem zeitlichen Rahmen des Ausschlusses Spartas von den Olympischen Spielen findet sich bei: Hornblower 2000. Zu dieser Episode siehe auch: Roy 1998; Paradiso – Roy 2008. 196 Xen. Hell. 3, 2, 31. 197 Hierzu meint James Roy (2013, 110): „That in fact must mean Elean citizens who lived in the area around Olympia. This supposes that by 400 they had developed their own local identity, and a view of the past that justified an attempt to take control of Olympia away from the Elean polis as a whole.“ 198 Den Boer 1954, 49. 199 Jeffery – Johnston 1990, 217. 200 Peiser 1990.

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Abb. 1: Überblick über die im elisch-spartanischen Krieg involvierten Gegenden (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

Legitimation der elischen Kontrolle über Olympia verstanden. 201 Paul Christesen 202 sieht in den politischen Verhältnissen um 400  v. Chr. einen wichtigen Beweggrund, warum Hippias überhaupt eine Olympionikenliste verfasste. Einerseits konnte mit Hilfe der Auflistung der Sieger eine Kontinuität in die ferne Vergangenheit hergestellt und dadurch der Anspruch auf die Leitung der Olympien verstärkt werden. Andererseits hat vermutlich eine Einbindung Spartas in die Erzählungen um den Beginn der Olympischen Spiele stattgefunden. Aus diesem Grund kann die später auch wirklich greifbare Involvierung 201 Sinn 1996, 4–5. 202 Christesen 2007, 57.

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Lykurgs bei der Errichtung der Olympischen Spiele beziehungsweise des Olympischen Friedens keinen Anspruch auf Historizität im engeren Sinne erheben. 3.2.3 Die Gründungsmythen um die Olympischen Spiele und deren Chronologie Die teilweise sehr unterschiedlich ausfallenden Gründungsmythen um die Olympischen Spiele finden sich in ausführlicherer Form – von Pindar 203 (5. Jahrhundert v. Chr.) abgesehen – erst in den Werken wesentlich späterer Autoren, wie Strabon 204 (1. Jahrhundert v./n. Chr.), Phlegon 205 (2. Jahrhundert n. Chr.), Pausanias 206 (2. Jahrhundert n. Chr.) und Eusebius 207 (frühes 4.  Jahrhundert  n. Chr.). 208 Im Detail geht es hier vor allem um die Erklärung, warum Sparta bei der Einrichtung der Olympischen Spiele überhaupt eine bedeutende Funktion zugesprochen wurde. Neben der historischen Realität der Vorherrschaft Spartas auf der Peloponnes lässt sich diese Notwendigkeit auch auf den elisch-spartanischen Konflikt um 400 v. Chr. zurückführen, worauf bereits im vorigen Abschnitt hingewiesen worden ist. Zeitlich am nächsten zur Entstehung der ersten Olympionikenliste hat Ephoros  209 in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr., also kurz nach oder um Hippias’ Schaffenszeit, über den Beginn der Olympischen Spiele geschrieben. So informiert Ephoros über die Geschichte der Olympischen Spiele folgendermaßen: Salmoneus, König der Pisaten und Epeier, vertrieb Aitolos aus Elis in die später nach ihm benannte Landschaft Aitolien. Nachdem die dort ansässigen Kureten besiegt worden waren, gründete er dort die ältesten Städte. Zehn Generationen nach Aitolos kehrte sein Nachfahre Oxylos mit den Herakliden nach Elis zurück. Für seine Hilfe bei dem Feldzug bekam Oxylos seine Urheimat Elis zugesprochen, jedoch leisteten die dort ansässigen Epeier Widerstand. Da die Heere in etwa gleich stark waren, wurde ein Zweikampf ausgetragen, den Pyraichmes für die Aitoler entscheiden konnte. Nachdem die Epeier vertrieben worden waren, übernahmen die Aitoler auch das Heiligtum von Olympia, das bis dahin von den Achaiern geleitet worden war. Aufgrund der Freundschaft zwischen Oxylos und den Herakliden wurde die Landschaft Elis als dem Zeus heilig erklärt. Zusätzlich schuf man die Ekecheirie 210, wonach das Mitnehmen von Waffen für Fremde verboten war. Deshalb wurden bei der 203 Siehe dazu: Ulf 1997, 13–25. 204 Strab. 8, 3, 30. 205 BNJ 257 F 1. Zu Phlegons Olympionikenliste siehe zuletzt: Christesen 2007, 326–334; Burgess – Kulikowski 2013, 89–90 Anm. 87. 206 Paus. 5, 4, 5–6; 5, 20, 1. 207 Die betreffende Textstelle in Eusebiusʼ Chronographia gibt vor der Auflistung der Olympioniken auch einen kurzen Abriss über die Gründungsgeschichte der Olympischen Spiele. Karst 1911, 89–103; Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 63–82 (Appendix 1), 83–93 (Appendix 2); Christesen 2007, 386–407 (Appendix 4.1). 208 Zu der damit verbundenen Frage einer elischen Ethnizität: siehe Gehrke 2005. 209 BNJ 70 F 18b, F 115, F 122a. 210 Zur Ekecheirie in Bezug auf Olympia: Theotikou 2013, 89–162.

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Stadtgründung von Elis auch keinerlei architektonische Verteidigungsmaßnahmen, wie beispielsweise eine Stadtmauer, errichtet. Als die Eleier selbst zum heiligen Volk deklariert wurden, etablierte Iphitos schließlich die Olympischen Spiele. Im Laufe der Zeit errangen die Eleier sehr viel Einfluss und Elis wurde zu einer der bevölkerungsreichsten Regionen. Zehn Generationen nach Temenos (und folglich Oxylos) kam Pheidon in Argos 211 an die Macht, eroberte zahlreiche Gebiete und erhob schließlich den Anspruch auf die Ausrichtung der Olympischen Spiele. An dieser Stelle gibt Ephoros noch die zusätzliche Information, dass auch Herakles als Ahnherr der Olympischen Spiele gegolten habe. Eine militärische Gegenwehr gegen Pheidon von Argos war den Eleiern zunächst nicht möglich, da sie ja unbewaffnet lebten. Erst mit Hilfe der Lakedaimonier konnte Pheidon schließlich aus Elis vertrieben werden. Während die Lakedaimonier wieder ihre Vorherrschaft auf der Peloponnes ausüben konnten, eroberten die Eleier mit deren Unterstützung zusätzlich noch die Gebiete der Pisatis und Triphylien. Einiges ist an Ephoros᾽ Erzählweise auffallend: Herakles kommt als erstem Begründer der Wettkämpfe in Olympia eine klar untergeordnete Rolle zu. Ähnlich erfährt auch Iphitos kaum mehr Beachtung als Urheber der Olympischen Spiele. Die Darstellungsweise setzt vielmehr einen Schwerpunkt auf Elis’ alleinigen Anspruch auf Olympia. Im Zentrum der Erzählung stehen die Geschichte der Eleier samt ihren Gebietsansprüchen und ihre Durchführung der bedeutenden panhellenischen Wettkämpfe. Der Konflikt um Olympia wird zum einen durch die Eroberung der Landschaft Elis durch die Aitoler erkennbar, zum anderen wird die ursprüngliche Selbständigkeit Triphyliens und der Pisatis vor Pheidons Vertreibung aus Elis betont. 212 Abweichend scheint zudem Ephoros᾽ Beschreibung der Ekecheirie, die gemäß seiner Darstellung nicht nur während der Festlichkeiten in Olympia, sondern prinzipiell für Fremde zu beachten war. 213 Von der Ekecheirie berichten mehrere Autoren in unterschiedlicher Weise und deuten darüber hinaus eine Verbindung zu Lykurg an. Plutarch 214 schreibt, dass bereits Aristoteles als Beleg für die Errichtung der Ekecheirie einen Diskos in Olympia anführte, worauf Lykurgs Name zu lesen gewesen sei. Während Plutarch diese Inschrift lediglich mit Lykurgs Namen, jedoch

211 Zu den äußerst divergierenden zeitlichen Ansätzen für Pheidon in der Antike siehe zuletzt: Kõiv 2000; Kõiv 2001. Innerhalb von Ephoros᾽ Werk taucht Pheidon zehn Generationen (BNJ 70 F 115) nach der Rückkehr der Herakliden (BNJ 70 F 223) auf, die Ephoros wiederum 735 Jahre vor Alexanders Asienfeldzug, also umgerechnet 1069 v. Chr., ansetzte. Je nachdem mit wie vielen Jahren man eine Generation veranschlagen will, erhält man für Pheidon somit eine Datierung um die Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. Die hier erfolgte Umrechnung kann nur eine grobe Orientierung anbieten. Herodot (6, 127) hingegen setzt Pheidon in etwa zu Beginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. an. Eine eingehende Diskussion der Textstellen von Ephoros bietet: Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 115, F 223. 212 Ulf 1997, 27–31; Christesen 2007, 64. 213 Die genaue Form der Ekecheirie beziehungsweise die mögliche Veränderung davon im Laufe der Zeit ist schwer greifbar. Siehe dazu: Theotikou 2013, 91–105. 214 Plut. Lyk. 1, 1.

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im Kontext des Olympischen Friedens, näher spezifiziert, berichten Phlegon 215 und Pausanias 216 ausdrücklich von der darin festgehaltenen Waffenruhe. Neben Ephoros berichtet zudem Phlegon ausführlich von der Gründung der Olympischen Spiele; dessen Version lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Nachdem Peisos, Pelops und danach Herakles die Olympischen Spiele begründet hatten, wurden diese samt den religiösen Pflichten von den Peloponnesiern bis zur 28. Olympiade nicht mehr beachtet. 217 Als Folge kamen auf der ganzen Peloponnes Staseis auf. Um den Frieden wieder herzustellen, richteten Lykurg aus Sparta, Iphitos aus Elis und Kleosthenes aus der Pisatis die olympischen Feste neu ein. Nach Einholung des Orakelspruches in Delphi begründeten sie zusätzlich auch die Ekecheirie und hielten diese Neuerungen auf einem Diskos fest. Jedoch verweigerten die Peloponnesier abermals die Ausführung der Feierlichkeiten, woraufhin Pest und Missernten folgten. Wiederum wurde die Pythia nach der Ursache befragt, die dies auf Zeus’ Zorn zurückführte. Nach neuerlichem Orakelspruch wurde den Eleiern die Leitung der Olympischen Spiele in Elis übertragen sowie die damit verbundene Waffenruhe allgemein akzeptiert. So verbot die Pythia den Eleiern, an kriegerischen Auseinandersetzungen teilzunehmen. Außerdem wurden die Eleier angewiesen, die olympischen Festlichkeiten alle vier Jahre zu veranstalten. Von den drei Gründerfiguren kommt Iphitos eine bedeutendere Rolle zu, weil er allein nochmals nach Delphi reist, um von Apoll zu erfahren, womit die Sieger gekrönt werden sollten. Ab den siebten Olympischen Spielen wurden die siegreichen Athleten nach Phlegons Bericht schließlich mit Olivenzweigen bekränzt. Im Gegensatz zur weiter oben besprochenen Variante von Ephoros geht Phlegon näher auf den Anspruch der Leitung der Olympien ein, wobei er mit Kleosthenes aus der Pisatis auf die ursprüngliche Selbständigkeit des Gebiets hinweist. Phlegon erwähnt offensichtliche Streitigkeiten um das Heiligtum von Olympia und stellt die Olympischen Spiele als Feierlichkeit der gesamten Peloponnes dar. Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht darin, dass Elis und folglich die Eleier nicht als dem Zeus heilig gelten. Die Orakelsprüche in Delphi rücken die Ekecheirie vielmehr in die Nähe des Gottes Apoll. Wie bereits vorhin bei Ephoros’ Beschreibung der Ekecheirie angeschnitten, schreibt Phlegon Lykurg 215 BNJ 257 F 1. 216 Paus. 5, 20, 1. 217 Der nachfolgende Satz (BNJ 257 F 1, 1) bereitet in der Übersetzung einige Schwierigkeiten: […] ἔτι δὲ Ἡρακλέα, τοὺς πρώτους τὴν πανήγυρισιν καὶ τὸν ἁγῶνα τὸν Ὀλυμπίασιν ἐνστησαμένους, ἐκλεπόντων τῶν Πελοποννησίων τὴν θρησκείαν χρόνωι τινί, εἰς ὃν ἀπὸ Ἰφίτου ὀλυπιάδες ὀκτὼ πρὸς ταῖς εἴκοσι καταριθμοῦνται εἰς Κόροιβον τὸν Ἠλεῖον […]. Jeremy McInerney (2012) übersetzt die hier problematische Phrase folgendermaßen: „[…] even Herakles, who first established the festival and competition of the Olympics, the Peloponnesians abandoning the observance for a period which lasted from the eighth Olympiad, of Iphitos, to the twentieth, of Koroibos the Elean, […].“ Während rein grammatikalisch diese Übersetzung fehlerfrei und korrekt ist, scheint doch zumindest die Aussage fragwürdig. Warum sollte Phlegon von Iphitos’ Gründung der Olympsichen Spiele sprechen, die er dann nur als die achten Olympien darstellt? Vielmehr scheint der Sinn eher dahinzugehen, dass von Iphitos bis Koroibos insgesamt 28 Olympiaden vergingen, zumal diese Zahl bei anderen Autoren noch auftaucht. Siehe hierzu: Christesen 2007, 58 Anm. 39.

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eine Beteiligung an dem olympischen Waffenfriede zu. Diese Verknüpfung dürfte eine wichtige Funktion für die Etablierung der Chronologie der ersten Olympischen Spiele ausgeübt haben. Die soeben kurz zusammengefassten Versionen von Ephoros und Phlegon, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte setzen und von einander abweichen, geben einen Einblick in die Anwendung der intentionalen Geschichtsschreibung 218, die eine Anpassung der erzählten Geschichten an die aktuelle Gegenwart vorsieht. Unterschiedliche Begründer der Olympischen Spiele, sei es nun Iphitos, Kleosthenes, Pelops oder Herakles, konnten aber auch eine divergierende zeitliche Ansetzung zur Folge haben. Dieser Aspekt interessiert im Rahmen der vorliegenden Fragestellung für die Chronologie der Archaik natürlich besonders. Die hier näher aufzugreifende Verbindung von Lykurg und Iphitos bei der Einrichtung der Olympischen Spiele stellte gemäß Hieronymos von Rhodos 219 im 3. Jahrhundert v. Chr. die verbreitete Meinung dar und wurde mit der ersten nummerierten Olympiade in Verbindung gebracht. Jedoch geht bereits Eratosthenes 220 im späten 3. Jahrhundert v. Chr. von einem 108-jährigem Intervall zwischen Lykurg und den ersten Olympischen Spielen aus. Eusebius 221 berichtet außerdem, dass die ersten 27  Sieger unverzeichnet blieben. Man hat dies nun als Überbrückungsversuch der ab Eratosthenes bezeugten zeitlichen Distanz zwischen Iphitos und Lykurg verstanden. So lässt sich die Zahl 108 durch 4 teilen und ergibt folglich exakt 27 Olympiaden. 222 Dieser Sachverhalt verdeutlicht die Schwierigkeiten antiker Gelehrter, anhand konkurrierender Erzählungen eine präzise Chronologie für die Archaik zu erstellen. Als weitere Konsequenz dieser Ansicht erscheint es durchaus vorstellbar, dass die Datierung der ersten Olympischen Spiele je nach Berechnungsweise divergierende Ergebnisse hervorrief. 223 3.2.4 Der Beginn der Olympiadendatierung Mit dem Aufkommen der Olympiadendatierung ist eine bedeutende Zäsur für die Überlieferung der Chronologie der Archaik anzusetzen. Erstmals stand den antiken Autoren ein Datierungssystem zur Verfügung, welches sich auf den gesamten panhellenischen Raum anwenden ließ und auch bis hin zu den spätantiken christlichen Chronographen Verwendung fand. 224 Aus moderner Perspektive bringt dies immense Vorteile mit sich, 218 Grundlegend zu Gehrkes Definition der intentionalen Geschichte nach wie vor: Gehrke 1994.  Zahlreiche rezentere Beiträge berufen sich auf dieses Konzept: u.a. Gehrke 2001; Gehrke 2004; Foxhall – Gehrke – Luraghi 2010; Gehrke 2014. 219 Wehrli 1959, 17 F 33 (apud Athen. 14, 635f). 220 BNJ 241 F 1a (apud Clem. Alex. Strom. 1, 138, 1–3). 221 Karst 1911, 90. 222 Möller 2004b, 179–180; Christesen 2007, 509. 223 Hierzu: Shaw 2003. 224 In der folgenden Besprechung der Entwicklung der Olympiadendatierung werden zwei Fragmente ausgelassen, da die Datierung von deren Autoren höchst unsicher bleiben muss. Zum einen handelt es sich um Artemon von Klazomenai (BNJ 443 F 2), der mitunter im 4. Jahrhundert v. Chr.

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da nun keine Abhängigkeit mehr von einzelnen eponymen Beamten in unterschiedlichen Poleis bestand. Aufgrund des fragmentarischen Zustands der Chronographie hat man äußerst unterschiedlichen Autoren die Erfindung der Olympiadendatierung zugeschrieben. Entgegen bisheriger Versuche wird im vorliegenden Abschnitt mit dem chronographischen Kontext argumentiert, dass sich die Olympiadendatierung erst allmählich aus der Olympionikenliste entwickelte beziehungsweise aus dem näheren Umfeld der olympischen Wettkämpfe herauslöste. Bezeichnend für die Datierungsweise antiker Autoren lässt sich außerdem kein abrupter Wechsel zu einer ausschließlichen Verwendung der Olympiaden feststellen, vielmehr griffen die antiken Autoren bis in die römische Kaiserzeit auf eine Vielzahl von Datierungsmöglichkeiten zurück. Gerade für die sizilischen Gründungsdaten, die zur Datierung der korinthischen Keramik herangezogen werden, gilt es, die Vielfalt an Datierungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Diese Sichtweise ermöglicht es, die auftretenden Olympiadendatierungen vor ihrem chronographischen Hintergrund besser einordnen zu können und die komplexe Konstruktion einer kohärenten absoluten Chronologie für die Archaik aufzuzeigen. Meiner Meinung nach ist dabei mit einer verhältnismäßig spät ausgereiften und durchgehenden Olympiadendatierung zu rechnen, die letztlich in konsequenter Form für die Archaik auch erst bei Diodor in augusteischer Zeit anzutreffen ist. Durch das weiter oben angeführte und beim byzantinischen Lexikographen Stephanos von Byzanz überlieferte Zitat wird ersichtlich, dass Philistos 225 in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. eine Olympiade mit dem Stadionlaufsieger im Sinne einer eponymen Datierung festlegte. Der Eintrag bezieht sich auf Oibotasʼ Heimatstadt Dyme und erwähnt dessen Teilnahme bei den Olympischen Spielen. Anhand dieser Textstelle kann jedoch keine nummerierte Olympiadendatierung geltend gemacht werden, weil man dazu unnötigerweise in den Text eingreifen müsste. Ebenso fehlen bei dem im 4. Jahrhundert v. Chr. tätigen Universalhistoriker Ephoros in seinem nur fragmentarisch überlieferten Werk Olympiadendatierungen. Beispielsweise datiert Ephoros 226 die Gründungen auf Sizilien mit einer Generationenangabe in Bezug auf den Trojanischen Krieg. Demnach kann die Olympiadendatierung erst nach Philistos und Ephoros in großem Stil Einzug in die Historiographie gefunden haben. Paul Christesen 227 schlägt Aristoteles in den 30er Jahren des 4. Jahrhunderts v. Chr. als Begründer der Datierungskonvention nach Olympiaden vor. 228 So gibt Diogenes Laertios 229 die Information, dass Eratosthenes mit Quellenverweis auf Aristoteles Empedokles als Sieger der 71. Olympiade (496 v. Chr.) bezeichnet. In positivistischer Herangehensweise würde mit dieser Textstelle einer der frühesten Nachweise der Nummerierung von

225 226 227 228 229

(Clarke 2008, 225) angesetzt wird. Das zweite Fragment stammt von Hippostratos (BNJ 586 F 5), der laut Mary Williams (2010a) jedoch erst im 1. Jahrhundert v. Chr. tätig war. BNJ 556 F 2 (apud Steph. Byz. s.v. Dyme). BNJ 70 F 137a (apud Strab. 6, 2, 2). Christesen 2007, 171–172, 279, 287. Ebenso: Baron 2013, 24. Diog. Laert. 8, 51–52.

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Olympiaden vorliegen, was einen wichtigen Schritt zur Datierungsweise nach Olympiaden darstellt. Allerdings lässt sich eine spätere Hinzufügung der Olympiadenzahl nicht zur Gänze ausschließen. Eratosthenes könnte Aristoteles ausschließlich für die Information zitiert haben, dass der gleichnamige Großvater des Philosophen Empedokles bei den Olympischen Spielen als Sieger hervorging. 230 Analog zum Philistos-Fragment fällt auch in diesem Zitat der deutliche thematische Bezug zu den sportlichen Wettkämpfen in Olympia auf, weshalb nicht zwingend auf eine Anwendung der Olympiadendatierung in der Historiographie geschlossen werden kann. Eine Durchnummerierung der Olympiaden trifft man im näheren Kontext der Olympischen Wettkämpfe ebenso in der so genannten Olympiaden-Chronik 231, einer aus Athen stammenden Inschrift aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr., an. Diese fragmentarisch erhaltene Inschrift nennt einerseits einzelne Sieger, andererseits wird erläutert, bei den wievielten Olympiaden neue Disziplinen in das Wettkampfrepertoire aufgenommen wurden. Weil diese Angaben mit der bei Eusebius erhaltenen Siegerliste übereinstimmen, rechnet man mit einer einheitlichen Version dieser Liste in der hellenistischen Chronographie. 232 Die Nummerierung der Olympiaden diente als wichtiger Zwischenschritt zur Etablierung der Olympiadendatierung und ist mit der inschriftlichen Olympiaden-Chronik einwandfrei belegt. Polybios 233 und Diodor 234 schreiben dem im frühen 3.  Jahrhundert  v. Chr. tätigen Timaios ein großes Interesse an einer exakten Chronologie zu. Polybios 235 erwähnt zudem den essentiellen Hinweis, dass Timaios 236 die Ephoren sowie die Könige Spartas, die Archonten Athens und die Priesterinnen von Argos mit den Olympioniken synchronisierte: ὁ γὰρ τὰς συγκρίσεις ποιούμενος ἀνέκαθεν τῶν ἐφόρων πρὸς τοὺς βασιλεῖς τοὺς ἐν Λακεδαίμονι καὶ τοὺς ἄρχοντας τοὺς ᾽Αθήνησι, καὶ τὰς ἱερείας τὰς ἐν ῎Αργει παραβάλλων πρὸς τοὺς ᾽Ολυμπιονίκας, καὶ τὰς ἁμαρτίας τῶν πόλεων περὶ τὰς ἀναγραφὰς τὰς τούτων ἐξελέγχων, παρὰ τρίμηνον ἐχούσας τὸ διαφέρον, οὗτός ἐστι. 237 „Er [Timaios] ist es ja auch, der die weit zurückreichenden synchronistischen Listen der Ephoren und Könige von Sparta, der Archonten von Athen, der Priesterinnen 230 Ähnlich: Zingg 2016, 259 Anm. 67. 231 Zur Olympiaden-Chronik von Athen: Ebert 1982. Die Olympiaden-Chronik POxy I 12 nennt neben den Siegern bei den Olympischen Spielen ausgewählte Ereignisse des 4. Jahrhunderts v. Chr. Ihre Entstehungszeit lässt sich aber kaum näher eingrenzen. BNJ / FGrHist 255; Burgess – Kulikowski 2013, 90 (mit weiterführender Literatur), 313–315 (mit englischer Übersetzung). 232 Die greifbare ‚Normierung‘ der Olympioniken-Liste im Hellenismus spricht aber weder für noch gegen eine mögliche Pluralität von unterschiedlichen Versionen davor. 233 BNJ 566 T 10 (apud Pol. 12, 11, 1), F 12 (apud Pol. 12, 10, 4). 234 BNJ 566 T 11 (apud Diod. 5, 1, 3). 235 Pol. 12, 11, 1. 236 BNJ 566 T 10. 237 Originaltext nach: BNJ 566 T 10.

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von Argos und der Sieger in den Olympischen Spielen aufgestellt und die Fehler der Städte in diesen Verzeichnissen angekreidet hat, wenn es sich dabei auch nur um eine Differenz von drei Monaten handelt.“ 238 Frank Walbank 239 hat auf die Mehrdeutigkeit dieser Passage hingewiesen, die je nach moderner Beistrichsetzung Timaiosʼ Leistung auf dem Gebiet der Chronographie unterschiedlich darlegt. In der oben zitierten Form des altgriechischen Texts setzt Walbank nun zwei getrennte Listen an, nämlich eine Synchronisation der Amtsinhaber Spartas mit den attischen Archonten und eine eigene Auflistung mit den Priesterinnen von Argos und den Olympioniken. Davon unabhängig dokumentiert die Textstelle einen wesentlichen Entwicklungsschritt zur Olympiadendatierung. Denn ohne die Erstellung von Synchronismen lokaler Datierungssysteme konnte sich die Olympiadendatierung gar nicht auf den panhellenischen Raum außerhalb des Kontexts der Olympischen Spiele anwenden lassen. Darüber hinaus hat Timaios nach Polybios zwischen den unterschiedlichen lokalen Kalendersystemen inkorrekte Differenzen von bis zu drei Monaten ausgemacht. Dies kann als Hinweis auf die technischen Herausforderungen verstanden werden, die mit der Erstellung einer überregionalen Chronologie verbunden sind. So fingen auch die drei wesentlichen Kalendersysteme zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein neues Jahr an: Die Olympischen Spiele und der Amtsbeginn der attischen Archonten fanden im Hochsommer statt, 240 während die dritte wichtige Zeitachse im griechisch-römischen Raum mit dem Amtsantritt der römischen Konsuln ab 153 v. Chr. 241 im Jänner begann. 242 Timaios soll außerdem eine Olympionikenliste verfasst haben, 243 die nun aufgrund der Information des eben zitierten Fragments als chronologischer Rahmen für seine Historien verstanden wird. Weil von Timaios’ Schriften nur wenige Fragmente mit Datierungen überliefert sind, ist einmal mehr eine umfassende Beurteilung von Timaios’ Rolle zur Etablierung der Olympiadendatierung spekulativ, zumal in den erhaltenen Fragmenten diese Datierungskonvention in großem Stil schlicht fehlt. Allerdings hat Lionel Pearson 244 davor gewarnt, den erhaltenen Fragmenten eine repräsentative Darstellung von Timaiosʼ Chronologieverständnis zuzuschreiben. Folglich trifft man auch hier

238 239 240 241

Übersetzung: Drexler 1963, 794. Walbank 1967, 347–348. Samuel 1972, 191–194; Meister 1990, 176. Gemäß Livius (per. 47) fand der Amtsantritt der römischen Konsuln ab dem 598. Jahr nach der Gründung Roms (‚751‘ v. Chr.) im Jänner statt. Livius (31, 1, 3–4) datiert die Gründung Roms 487 Jahre vor dem Konsulat von Appius Claudius (264 v. Chr.), was gemäß der Fasti Capitolini dann umgerechnet das Jahr 751 v. Chr. ergibt (Samuel 1972, 262). In derselben Textstelle datiert Livius den Beginn des Ersten Punischen Kriegs allerdings ins Jahr ‚267 v. Chr.‘ und das Ende des Zweiten Punischen Kriegs ins Jahr ‚204 v. Chr.‘, was in Hinblick auf die moderne gängige Chronologie um drei Jahre zu hoch angesetzt ist. 242 Bickerman 1968, 76. 243 BNJ 566 T 1 (apud Suda s.v. Timaios). 244 Pearson 1987, 47–48.

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einmal mehr die bereits bekannten methodischen Herausforderungen im Umgang mit Fragmenten an. Bisweilen hat man Timaios sogar als möglichen Urheber der Olympiadendatierung vorgeschlagen, 245 worauf auch zwei Fragmente 246  –  zwei Scholien aus Pindars fünfter olympischer Ode für Psaumis von Kamarina – hinweisen könnten. Sollte der Scholiast nicht die Olympiadendatierung aus einer anderen Quelle verwendet haben, ließe sich erstmals die Konvention, ein historisches Ereignis nach nummerierten Olympiaden zu datieren, bei Timaios nachweisen. νέοικον ἕδραν εἶπε τὴν Καμάριναν ὁ Πίνδαρος. σαφηνίζει Τίμαιος ἐν τῆι δεκάτηι. εἰσὶ δὲ οὗτοι οἱ Καμαριναῖοι, ὑπὸ τοῦ Γέλωνος τυράννου ἀνηιρέθησαν, εἶτα ὑπὸ Γελώων συνωικίσθησαν ἐπὶ τῆς * ὀλυμπιάδος. ἡ δὲ ἅλωσις ἐγένετο κατὰ τὴν Δαρείου τοῦ Πέρσου διάβασιν. „Pindar calls Camarina a new settlement. Timaios makes this clear in his tenth book. These Camarinians, who were expelled by the tyrant Gelon, thereupon were settled by the people of Gela in the (79th) Olympiad [464/3–461/0 BC]. The seizure happened at the time of the crossing of Darius the Persian.“ 247 † ῾Ιπποκράτης ὑπὸ τοῦ τῶν Γελώων τυράννου ἀνηιρέθη, εἶτα ὑπὸ Γελώων συνωικίσθη ἡ Καμάρινα κατὰ τὴν † μβ ὀλυμπιαδα, ὥς φησι Τίμαιος· διὸ καὶ νέοικον εἶπε τὴν πόλιν. ἡ δὲ ἅλωσις αὐτῆς ἐγένετο κατὰ τὴν Δαρείου τοῦ ῾Υστάσπου στρατείαν. „† Hippokrates was appointed by the tyrant of Gela, and then Camarina was inhabited by people of Gela in the († 42nd) Olympiad [612/1–609/8 BC], as Timaios says. Accordingly he called the city newly-founded. Its destruction occurred at the time of the campaign of Darius son of Hydaspes.“ 248 Ursprünglich enthielten beide Scholien ein Olympiadendatum für die wiederholte Neugründung Kamarinas im 5.  Jahrhundert  v. Chr. 249 Dem Scholiasten dürften hier allerdings zwei unterschiedliche Gründungsphasen durcheinandergeraten sein, weshalb beide Scholientexte verworren wirken. 250 Zudem passt keine der in den Manuskripten 245 Z.B. Mosshammer 1979, 87; Meister 1990, 132; Möller 2001a, 270; Shaw 2003, 51, 54; Grafton – Williams 2006, 144; Baron 2013, 23–28. 246 BNJ 566 F 19a (apud Schol. Pind. Ol. 5, 19a), F 19b (apud Schol. Pind. Ol. 5, 19b). Zu den Scholia Vetera Pindars allgemein sowie deren zeitlichen Hintergrund frühestens ab dem Hellenismus siehe: Deas 1931; Dickey 2007, 38–40. 247 Griechischer Text und Übersetzung: BNJ 566 F 19a (apud Schol. Pind. Ol. 5, 19a). 248 Griechischer Text und Übersetzung: BNJ 566 F 19b (apud Schol. Pind. Ol. 5, 19b). 249 Die antiken Textstellen für die drei Neugründungen Kamarinas finden sich bei: Falco – Drögemüller 1999, 217. 250 Jacoby, FGrHist III B, 566 F 19; Pearson 1987, 130–131 Anm. 29; Champion 2010, Kommentar zu BNJ 566 F 19a. Fragment BNJ 566 19a scheint sich auf die dritte Besiedlung Kamarinas durch

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überlieferten Olympiadenangaben in den zeitlich erforderlichen Rahmen für das 5. Jahrhundert v. Chr. Aufgrund der Kontextualisierung der Scholien in Pindars olympischer Ode, die Psaumisʼ Sieg beim Maultierrennen feierte, liegt die Vermutung nahe, dass sein Sieg oder diese Olympiade mit der dritten Neugründung seiner Heimatstadt Kamarina synchronisiert worden sein könnte. Demnach weist diese Olympiadendatierung mit der Nennung der Heimatstadt eines Olympioniken noch einen starken thematischen Bezug zu den olympischen Wettkämpfen auf. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass Philistos vermutlich ebenso eine Olympiade ohne Nummerierung nur mit dem Olympioniken näher spezifizierte, könnte auch der Scholiast die nummerierten Olympiaden ins Spiel gebracht haben. Von einer Olympiadendatierung sieht außerdem der Datierungswortlaut für die zweite Zerstörung von Kamarina ab, die Timaios um die Zeit von Dareiosʼ Feldzug ansetzt. Auch für die in dieser Arbeit wichtigen Gründungsdaten griechischer Niederlassungen greift Timaios auf eine andere Datierungsweise als die Olympiaden zurück. So datiert Timaios 251 Korkyra 600 Jahre nach dem Trojanischen Krieg und Massalia 120 Jahre vor dem Jahr, in dem die Schlacht von Salamis stattfand. Somit scheint Timaios ein Netz von Relativangaben mit gewissen Fixpunkten verwendet zu haben, worunter auch der Zeitpunkt der ersten Olympischen Spiele fällt. Roms und Karthagos Gründung setzt Timaios 252 nämlich 38 Jahre davor an, womit er sich natürlich in einem zeitlichen Rahmen befindet, in dem Olympiadendatierungen überhaupt nicht anwendbar sind. Als nächster wichtiger Autor, der stets im Zusammenhang mit den aufkommenden Olympiadendatierungen genannt wird, ist Eratosthenes im späten 3. Jahrhundert v. Chr. beziehungsweise ein diesbezüglich aussagekräftiges Zitat bei Dionysios von Halikarnassos zu besprechen. 253 Der augusteische Autor Dionysios listet einige ihm bekannte Berechnungen von Roms Gründungsdatum auf und bezieht sich dabei unter anderem auch auf Eratosthenes: Κάτων δὲ Πόρκιος ῾Ελληνικὸν μὲν οὐχ ὁρίζει χρόνον [...] ἔτεσιν ἀποφαίνει δυσὶ καὶ τριάκοντα καὶ τετρακοσίοις ὑστεροῦσαν τῶν ᾽Ιλιακῶν. ὁ δὲ χρόνος οὗτος ἀναμετρηθεὶς ταῖς ᾽Ερατοσθένους χρονογραφίαις κατὰ τὸ πρῶτον ἔτος πίπτει τῆς ἑβδόμης ὀλυμπιάδος. 254 „Katon der Porkier [Marcus Porcius Cato]  bestimmt zwar keine griechische Zeit […]; er erklärt, die Gründung [Roms] liege 432 Jahre nach den Geschehnissen um Ilios. Nach den Chronographien des Eratosthenes berechnet, fällt diese Zeit in das erste Jahr der siebten Olympiade [752/1 v. Chr.].“ 255

251 252 253 254 255

Gelon zu beziehen, so wird Gelon auch namentlich erwähnt. Das ähnliche Fragment BNJ 566 19b nennt hingegen Hippokrates, wodurch eine zeitliche Zugehörigkeit zur zweiten Besiedlungsphase von Kamarina gegeben ist. BNJ 566 F 80 (apud Scholia Apoll. Rhod. 4, 1216), F 71 (apud Ps.-Skymn. 209). BNJ 566 F 60 (apud Dion. Hal. ant. 1, 74, 1). BNJ 241 F 1b (apud Dion. Hal. ant. 1, 74, 2). Griechischer Text nach: BNJ 241 F 1b. Übersetzung: Wiater 2014, 146.

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Bereits Curt Wachsmuth 256 hat Eratosthenes als möglichen Urheber der durchnummerierten Jahre innerhalb einer Olympiade vorgeschlagen, vermutlich mit diesem Fragment im Hinterkopf. In dieser Auslegung ist ihm Felix Jacoby 257 gefolgt und stellt wohl auch deshalb die opinio communis dar. Jüngst hat Klaus Geus 258 jedoch in überzeugender Weise argumentiert, dass die Olympiadendatierung vielmehr von Dionysios selbst berechnet (ἀναμετρηθείς) wurde und somit nicht als Beleg für Olympiadendatierungen in Eratosthenesʼ Werk gesehen werden sollte. 259 Wie weiter unten noch zu zeigen sein wird, hat Eratosthenes 260 für die Eckpfeiler seiner Chronologie wichtige historische Ereignisse, wie zum Beispiel die erste Olympiade oder die Perserkriege, herangezogen. Somit ging er ähnlich wie Timaios vor, dessen Fragmente auch die Verwendung von Relativangaben in Bezug auf wichtige Ereignisse offenbaren. Schenkt man der Notiz Plutarchs 261 Beachtung, dass sowohl Eratosthenes als auch Apollodor (2.  Jahrhundert  v. Chr.) die Könige Spartas als Hilfsmittel zur zeitlichen Bestimmung verwendet haben, betont dies die Pluralität von Datierungssystemen – von denen die Olympiaden eben nur eine Möglichkeit darstellen – für die antike Chronographie im 3. Jahrhundert v. Chr. Die Synchronisierung der Olympiaden mit der Spartanischen Königsliste nahm schließlich Sosibios 262 im 3. Jahrhundert v. Chr. vor, indem er die die erste Olympiade mit dem 34. Regierungsjahr des spartanischen Königs Nikandros gleichsetzte. Im Gegensatz zu Eratosthenes liegt für Sosibios immerhin ein einziges Fragment mit einer eindeutigen Olympiadendatierung vor. Nach Athenaios 263 (2./3. Jahrhundert n. Chr.) setzte Sosibios die Etablierung der Karneia in der 26. Olympiade (676/5–673/2 v. Chr.) an. Folglich geht man davon aus, dass Sosibios in seinem Werk über die Chronologie die Olympiadendatierung in großem Umfang verwendete. 264 Der Gebrauch von durchnummerierten Jahren innerhalb der Olympiaden ist im späten 3. Jahrhundert v. Chr. für die römischen Autoren Lucius Cincius Alimentus und Quintus Fabius Pictor aufgrund Dionysiosʼ Besprechung der Gründungsdaten Roms 265 nachweisbar. Der erste griechische Autor, der diese Datierungskonvention nachweislich mehrfach in seinem Werk anwandte, ist Polybios im 2. Jahrhundert v. Chr. Gemäß der Thematik um Roms politischen Aufstieg wandte Polybios die Olympiaden aber nicht für die weit zurückliegende, sondern die rezente Vergangenheit an. 266 Aber auch Polybios 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266

Wachsmuth 1892, 3–13. Jacoby, FGrHist II B, 707. Geus 2002, 316–318. Contra: Christesen 2007, 12, 174–175 Anm. 32. BNJ 241 F1 a (apud Clem. Alex. Strom. 1, 138, 1–3). Plut. Lyk. 1, 2. BNJ 595 F 2 (apud Clem. Alex. Strom. 1, 117, 10). Zur genauen Datierung und zur Frage, ob Sosibios sein chronologisches Werk vor oder nach Eratosthenes verfasste, siehe: Bayliss 2015, Kommentar zu BNJ 595 F 1. Athen. 14, 635e–f (BNJ 595 F 3). Mosshammer 1979, 97; Shaw 2003, 55. Dion. Hal. ant. 1, 74, 1. Wachsmuth 1892, 12 Anm. 2; Walbank 1957, 35–37; Meister 1990, 156; Geus 2002, 317 Anm. 32.

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zog nicht ausschließlich die Olympiadendatierung heran, vielmehr verwendete auch er zusätzlich andere Möglichkeiten zur zeitlichen Einordnung. 267 Obwohl sich im 3. Jahrhundert v. Chr. somit wesentliche Enwticklungen zur Olympaidendatierung vollzogen, liegt beispielsweise mit dem Marmor Parium im selben Zeitraum ein wichtiges Werk vor, das sich maßgeblich am Zeitraster der attischen Archonten orientiert. In die gleiche Richtung weist auch die gängige Auffassung von Apollodors Chronik im 2. Jahrhundert v. Chr., wenn auch hier die Beurteilung bei weitem nicht so eindeutig ist, weil die Fragmente sowohl Olympiaden- als auch Archontendatierungen beinhalten. Pseudo-Skymnos verwendete im 2. Jahrhundert v. Chr. ebenso keine einzige Olympiadendatierung, um die griechischen Gründungen am Mittel- und Schwarzmeer zeitlich zu verorten. Er griff vielmehr auf unterschiedliche Datierungsmittel zurück. So setzte er beispielsweise die griechischen Gründungen auf Sizilien in die zehnte Generation nach dem Trojanischen Krieg an, 268 womit er Ephoros folgte. Für Sybaris nennt PseudoSkymnos 269 mit der 120-jährigen Existenz eine genaue Jahreszahl, während er Timaios 270 zitiert, um die Gründung Massalias 120 Jahre vor der Schlacht von Salamis 271 zu datieren. Somit lässt sich resümierend festhalten, dass Olympiadendatierungen erst verhältnismäßig spät im 3. Jahrhundert v. Chr. und hier nur äußerst sporadisch zu greifen sind. Die ersten Olympiadendatierungen für historische Ereignisse außerhalb des Umfelds der Olympischen Spiele finden sich interessanterweise eben nicht bei griechischen, sondern römischen Historiographen. Wenn dies nicht überlieferungsbedingt verursacht ist, drängt sich die Frage auf, ob die Olympiadendatierung ihre Etablierung möglicherweise der römischen Außenperspektive zu verdanken hat. Dies ließe sich anhand der umfangreichen Schilderung von Dionysios von Halikarnassos 272 über die Gründungsdaten Roms und die Datierung des Einfalls der Gallier vermuten. Weil die Passage meines Erachtens auch für die chronographische Arbeitsweise von zentralem Interesse ist, lohnt sich eine nähere Betrachtung der gesamten Stelle: [1.74.1.] Tὸν δὲ τελευταῖον γενόμενον τῆς Ῥώμης οἰκισμὸν ἢ κτίσιν ἢ ὅτι δήποτε χρὴ καλεῖν Τίμαιος μὲν ὁ Σικελιώτης οὐκ οἶδ᾽ ὅτῳ κανόνι χρησάμενος ἅμα Καρχηδόνι κτιζομένῃ γενέσθαι φησὶν ὀγδόῳ καὶ τριακοστῷ πρότερον ἔτει τῆς πρώτης ὀλυμπιάδος. Λεύκιος δὲ Κίγκιος ἀνὴρ τῶν ἐκ τοῦ βουλευτικοῦ συνεδρίου περὶ τὸ τέταρτον ἔτος τῆς δωδεκάτης ὀλυμπιάδος. Κόϊντος δὲ Φάβιος κατὰ τὸ πρῶτον ἔτος τῆς ὀγδόης ὀλυμπιάδος. [1.74.2.] Κάτων δὲ Πόρκιος Ἑλληνικὸν μὲν οὐχ ὁρίζει χρόνον, ἐπιμελὴς δὲ γενόμενος, εἰ καί τις ἄλλος, περὶ τὴν συναγωγὴν τῆς ἀρχαιολογουμένης ἱστορίας ἔτεσιν ἀποφαίνει δυσὶ καὶ τριάκοντα καὶ τετρακοσίοις ὑστεροῦσαν τῶν Ἰλιακῶν. ὁ δὲ χρόνος οὗτος ἀναμετρηθεὶς ταῖς Ἐρατοσθένους χρονογραφίαις κατὰ τὸ πρῶτον ἔτος 267 268 269 270 271 272

Hierfür: Clarke 2008, 112–121. Ps.-Skymn. 271–272. Ps.-Skymn. 360. BNJ 566 F 71. Ps.-Skymn. 209–213. Dion. Hal. ant. 1, 74, 1–2; 1, 74, 4; 1, 74, 6.

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πίπτει τῆς ἑβδόμης ὀλυμπιάδος. [… 1.74.4] ἔχει δὲ οὕτως· ἡ Κελτῶν ἔφοδος, καθ᾽ ἣν ἡ Ῥωμαίων πόλις ἑάλω, συμφωνεῖται σχεδὸν ὑπὸ πάντων ἄρχοντος Ἀθήνησι Πυργίωνος γενέσθαι κατὰ τὸ πρῶτον ἔτος τῆς ὀγδόης καὶ ἐνενηκοστῆς ὀλυμπιάδος. [… 1.74.6] ὥστε τὴν Κελτικὴν ἔφοδον, ἣν τῷ δευτέρῳ μετὰ τὴν τίμησιν ἔτει γενομένην εὑρίσκομεν, ἐκπεπληρωμένων τῶν εἴκοσι καὶ ἑκατὸν ἐτῶν γενέσθαι. εἰ δὲ τοῦτο τὸ διάστημα τοῦ χρόνου τριάκοντα ὀλυμπιάδων εὑρίσκεται γενόμενον, ἀνάγκη τοὺς πρώτους ἀποδειχθέντας ὑπάτους ὁμολογεῖν ἄρχοντος Ἀθήνησιν Ἰσαγόρου παρειληφέναι τὴν ἀρχὴν κατὰ τὸ πρῶτον ἔτος τῆς ὀγδόης καὶ ἑξηκοστῆς ὀλυμπιάδος. 273 „Die letzte Besiedlung oder Gründung, oder wie auch immer man es nennen soll, lässt Timaios von Sikelia nach einem für mich nicht nachvollziehbaren Maßstab mit der Gründung Karthagos zusammenfallen, im 38.  Jahr vor der ersten Olympiade [814/3  v. Chr.]. Leukios Kinkios [Lucius Cincius Alimentus]  hingegen, ein Mitglied der beratenden Versammlung, setzt die Gründung um das vierte Jahr der 12. Olympiade an [729/8 v. Chr.], und Koïntos Phabios [Quintus Fabius Pictor] im ersten Jahr der achten Olympiade [748/7  v. Chr.]. (2) Katon der Porkier [Marcus Porcius Cato] bestimmt zwar keine griechische Zeit, hat sich aber wie kein zweiter um die Zusammenstellung der Berichte über die römische Frühzeit bemüht; er erklärt, die Gründung liege 432 Jahre nach den Geschehnissen um Ilios. Nach den ‚Chronographien‘ des Eratosthenes berechnet, fällt diese Zeit in das erste Jahr der siebten Olympiade. […] Es verhält sich folgendermaßen: Der Angriff der Kelten, in dessen Verlauf die Stadt der Römer eingenommen wurde, wird beinahe von allen übereinstimmend zur Zeit des Athenischen Archonten Pyrgion, im ersten Jahr der 98. Olympiade, angesetzt [387 v. Chr.]. […] (6) Demnach ereignete sich der Einfall der Kelten, als dessen Zeitpunkt wir anhand der Dokumente das zweite Jahr nach der Schätzung bestimmen können, nach Ablauf von 120 Jahren. Wenn sich dieser Zeitraum nun als dreißig Olympiaden ergibt, muss darüber Einigkeit herrschen, dass die ersten ernannten Konsuln die Herrschaft unter dem Archontat des Isagoras in Athen übernommen haben, im ersten Jahr der 68. Olympiade [507 v. Chr.].“ 274 Bezeichnenderweise fand die Olympiadendatierung keinen Eingang in den Alltagsgebrauch, sondern blieb stets auf das literarische Genre beschränkt. 275 Die primäre Funktion dürfte wohl in ihrer praktischen Anwendung für eine panhellenische Geschichte beziehungsweise deren Chronologie liegen und weniger in den modern empfundenen Vorteilen für die Handhabung von Urkunden und Dokumenten im griechischsprachigen Raum. 276 Aber auch nach der Etablierung der Olympiadendatierungen in der Historiographie ab dem 3./2. Jahrhundert v. Chr. wurden lokale Datierungssysteme, vor allem

273 274 275 276

Griechischer Originaltext nach: Jacoby 1885, 119–121. Übersetzung: Wiater 2014, 146–147. Z.B. Ehrhardt 1992, 14–15. Feeney 2007, 18.

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eponyme Beamten, weiterhin verwendet, wie das vorige Zitatvon Dionysios eindeutig belegt. 277 3.2.5 Das Datum der ersten Olympischen Spiele und die Problematik der Olympiadendatierung Die älteste Quelle, die die gängige Ansetzung der ersten Olympischen Spiele ins Jahr 776 v. Chr. erlaubt, stellt ein Fragment von Eratosthenes 278 dar. Clemens von Alexandrien (2./3. Jahrhundert n. Chr.) überliefert das wertvolle Zitat in seinem Werk Stromateis 279: ἀπὸ μὲν Τροίας ἀλώσεως ἐπὶ ῾Ηρακλειδῶν κάθοδον ἔτη ὀγδοήκοντα· ἐντεῦθεν δὲ ἐπὶ τὴν ᾽Ιωνίας κτίσιν ἔτη ἑξήκοντα· τὰ δὲ τούτοις ἑξῆς ἐπὶ μὲν τὴν ἐπιτροπίαν τὴν Λυκούργου ἔτη ἑκατὸν πεντήκοντα ἐννέα· ἐπὶ δὲ προηγούμενον ἔτος τῶν πρώτων ὀλυμπίων ἔτη ἑκατὸν ὀκτώ· ἀφ᾽ ἧς ὀλυμπιάδος ἐπὶ τὴν Ξέρξου διάβασιν ἔτη διακόσια ἐνενήκοντα ἑπτά· ἀφ᾽ ἧς ἐπὶ τὴν ἀρχὴν τοῦ Πελοποννησιακοῦ πολέμου ἔτη τεσσαράκοντα ὀκτώ· καὶ ἐπὶ τὴν κατάλυσιν καὶ ᾽Αθηναίων ἧτταν ἔτη εἴκοσι ἐπτά· καὶ ἐπὶ τὴν ἐν Λεύκτροις μάχην ἔτη τριάκοντα τέσσαρα· μεθ᾽ ἣν ἐπὶ τὴν Φιλίππου τελευτὴν ἔτη τριάκοντα πέντε· μετὰ δὲ ταῦτα ἐπὶ τὴν ᾽Αλεξάνδρου μεταλλαγὴν ἔτη δώδεκα. „Von Troias Eroberung [1184/3 v. Chr.] bis zur Rückkehr der Herakliden 80 Jahre [1104/3 v. Chr.], hierauf bis zur Niederlassung in Ionien (ionische Wanderung) 60 Jahre [1044/3 v. Chr.], danach bis zur Vormundschaft des Lykurgos 159 Jahre [885/4 v. Chr.], hierauf bis zum Anfang der 1. Olympiade 108 Jahre [776/6 v. Chr.]; von dieser Olympiade bis zum Feldzug des Xerxes 297 Jahre [480/79 v. Chr.], darauf bis zum Anfang des Peloponnesischen Krieges 48 Jahre [432/1 v. Chr.]  und bis zu seinem Ende und Athens Untergang 27 Jahre [405/4 v. Chr.], und dann bis zur Schlacht bei Leuktra 34 Jahre [371/0 v. Chr.], darauf bis zu Philipps Tod 35 Jahre [336/5 v. Chr.], dann bis zum Ableben Alexanders 12 Jahre [324/3 v. Chr.].“ 280

277 278 279 280

Rotstein 2016, 9. BNJ 241 F 1a. Clem. Alex. Strom. 1, 138, 1–3. Übersetzung: Bickerman 1963, 56.

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Die Olympionikenliste

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In Kombination mit dem Ptolemäischen Königskanon 281 kann der Zeitpunkt des Ablebens von Alexander dem Großen umgerechnet ins Jahr 323 v. Chr. festgelegt werden, wodurch sich auch die gesamte relative Zahlenreihe von Eratosthenes in absolute Daten umwandeln lässt. Folglich sind die ersten Olympischen Spiele 776 v. Chr. einzuordnen, was für die Olympiadendatierung in der Antike als die konventionelle Norm gilt. Dies lässt sich beispielsweise auch bei den Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen auf Sizilien feststellen, wenn man die relativen Angaben bei Thukydides und die Olympiadendatierungen bei Eusebius vergleicht. Astrid Möller 282 sieht die absolute Verortung der ersten Olympischen Spiele als Errungenschaft von Eratosthenes, wie sie im oben zitierten Fragment tatsächlich nachweisbar ist. Andere Forscher gehen hingegen von der Fixierung des Datums bereits vor Eratosthenes aus. Dabei zeigen diese Überlegungen, wie sehr die Einschätzung jeweils der eigenen Interpretation des chronographischen Hintergrunds unterworfen ist, was sich nicht immer mit dem Inhalt der überlieferten Fragmente deckt. 283 Ein Startpunkt von Hippiasʼ Olympionikenliste umgerechnet im Jahr 776 v. Chr. ließe sich durchaus vermuten, 284 wenn auch das primäre Anliegen der ersten Olympionikenliste um 400 v. Chr. nicht in der Etablierung eines absoluten Datums für den Beginn der Olympien gelegen haben dürfte. 285 Paul Christesen 286 argumentiert, dass Hippias ein Datum mit Lykurgs Genealogie eruierte. Neben politischen Motiven sieht Christesen vor allem den Vorteil einer Datierungsgrundlage mit Lykurgs Genealogie, die beispielsweise noch Phlegon im 2. Jahrhundert n. Chr. tradiert. 287 Diese Zuschreibung bleibt letztlich spekulativ, weil von Hippias’ Olympionikenliste überhaupt nur ein Testimonium und kein einziges Fragment bekannt ist. 288 Neben Hippias hat man auch Timaios im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. als möglichen Urheber der Datierung der ersten Olympien vorgeschlagen.

281 Zum Ptolemäischen Königskanon: Ginzel 1906, 138–143, 149; Bickerman 1968, 109–111; Depuydt 1995; Folkerts 2001.  Bei dem Ptolemäischen Königskanon des Astronomen Klaudios Ptolemaios (2.  Jahrhundert  n. Chr.) handelt es sich um eine Auflistung der babylonischen, persischen und hellenistischen Regenten sowie der römischen Kaiser, wobei Nabonassars Regierungszeit (747– 734 v. Chr.) den Anfang der Regentenliste bildet. Aus diesem Grund stellt der Text nicht nur für die Chronologie der klassischen Antike, sondern auch für den Vorderen Orient einen essentiellen Grundpfeiler dar. Zur Bedeutung für die Chronologie des Vorderen Orients siehe: Grafton 1993, 116; Da Riva 2017, 76. Zur persischen Herrschaft in Babylonien mit Berücksichtigung des Ptolemäischen Königskanons siehe: Waerzeggers 2015, v.a. 203–204. 282 Möller 2004b, 178–179; Möller 2005. 283 Dazu mag auch die moderne Beurteilung von Eratosthenesʼ Leistung auf dem Gebiet der Chronographie zählen, wobei die erhaltenen Fragmente nicht das moderne Bild von dem antiken Chronographen schlechthin vermitteln. Siehe dazu: Geus 2002, 332. 284 Z.B. Jeffery – Johnston 1990, 217; Hall 2002, 243. 285 Panchenko 2000, 58; Shaw 2003, 62. 286 Christesen 2009. 287 Ähnlich: Zingg 2016, 260 Anm. 67. 288 Feeney 2007, 84.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

Die moderne Forschung operiert mit einem absoluten Zeitrahmen und ist daran gewöhnt, Ereignisse der Archaik mit präzisen Jahreszahlen datieren zu können. Weil die Datierungskonvention nach Olympiaden dem modernen Verständnis sehr nahekommt, ist diese auch sehr praktisch für die Altertumswissenschaften anwendbar. Jedoch lassen sich auch einige wenige Ausnahmen der gängigen Umrechnung von Ol. 1,1 feststellen. Hier ist an erster Stelle eine Inschrift auf einem Diskos (IvO 240 und 241) aus Olympia zu nennen. Während sich die eine Seite als Dedikation im Rahmen der 255. Olympischen Spiele (241  n. Chr.) darstellt, erwähnt die Dedikationsinschrift auf der anderen Seite hingegen die 456.  Olympischen Wettkämpfe als Anlass. Demnach datiert die zweite Inschrift die ersten Olympischen Spiele umgerechnet ins Jahr 1581/80  v. Chr. 289 Am ehesten ist damit wohl eine Datierung der Gründungsmythen um die ersten Olympischen Spiele mit einem Heros, wie beispielsweise Herakles oder Pelops, zu sehen. So berichtet auch Eusebius 290 in seiner Olympionikenliste von 459 Jahren zwischen der Begründung der Olympischen Spiele durch Herakles und den tatsächlich nummerierten Olympiaden. Dieses Intervall deckt sich jedoch nicht mit jenem der Inschrift, was einmal mehr die vielfältigen Möglichkeiten chronographischer Rechnungen für die weit zurückliegende Vergangenheit aufzeigt. Während solche Differenzen für die Datierung von Gründungsheroen, die man modern der mythischen Vorzeit zuweist, kaum von Relevanz für die Chronologie der Archaik sind, weisen die unterschiedlichen Einordnungen von Koroibosʼ Stadionlaufsieg auch auf Datierungsschwierigkeiten der nummerierten Olympiaden hin. Konventionell wird Korobois mit den ersten Olympischen Spielen in Verbindung gebracht. Aristodemus von Elis 291 (vermutlich 2. Jahrhundert v. Chr.), Polybios 292 (vermutlich 1. Jahrhundert v. Chr. 293), Phlegon von Tralleis 294 (2. Jahrhundert n. Chr.) sowie Sextus Julius Africanus 295 (3. Jahrhundert  n. Chr.) nennen jedoch abweichend die 14.  Olympischen Spiele. Kallimachos 296 (3. Jahrhundert v. Chr.) hingegen ordnet Koroibos erst den 28. Olympischen Spielen zu. Paul Christesen 297 hat diesen Sachverhalt primär mit den Schwierigkeiten der zeitlichen Ansetzung Lykurgs in Verbindung gebracht, da er Lykurgs Datierung für das ausschlaggebende Kriterium der zeitlichen Ansetzung der ersten Olympischen Spiele hält. Eine weitere Abweichung trifft man außerdem in der Angabe von Velleius Paterculus 298, dass die ersten Olympischen Spiele 823 Jahre vor dem Konsulat von Marcus Vinicius (umgerechnet 289 Siehe dazu: Christesen 2007, 508–513. 290 Karst 1911, 90 (mit der abweichenden Angabe von 419 Jahren); Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 65–66; Christesen 2007, 387. 291 BNJ 414 F 1 (apud Eus. chron.: Karst 1911, 90). 292 FGrHist 254 F 2 / BNJ 254 F 2a (apud Eusebius Chronika: Karst 1911, 90). 293 Eine Diskussion zur Identität und Datierung des Autors mit dem Namen Polybios findet sich bei: Williams 2010b. 294 BNJ 257 F 1 (apud Codex Palatinus Graecus 398.234 r). 295 Sext. Iul. Afric. T 64e (= Wallraff 2007, 190–191). 296 Apud Eusebius Chronika: Karst 1911, 90. 297 Christesen 2007, 146–157, 509. 298 Vell. 1, 8, 1.

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Die Olympionikenliste

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30 n. Chr.), also 793 v. Chr., anzusetzen sind. 299 Diese divergierenden Datierungen könnten in weiterer Folge auch als möglicher Ausdruck von unterschiedlichen Datierungsschemata innerhalb der Olympiadendatierungen verstanden werden. 300 Demnach muss die Arbeitshypothese in Frage gestellt werden, dass alle antiken Autoren denselben Ausgangspunkt bei der Olympiadendatierung verwendet haben. Unter anderem hat diese Argumentationslinie Pamela-Jane Shaw 301 veranlasst, als Ergebnis ihrer Untersuchung zur Chronologie der archaischen Peloponnes festzuhalten, dass der zeitliche Kontext eines Ereignisses oder einer Persönlichkeit mehr Gewicht zur Eruierung eines Datums zukommen sollte als der an sich problematischen Olympiadendatierung. Eine Pluralität von unterschiedlichen Olympiadendatierungen, gerade zu Beginn dieser Datierungskonvention, hätte für die Erstellung einer kohärenten Chronologie für die griechische Frühzeit weitreichende Konsequenzen. Dieser Sachverhalt könnte zu den divergierenden chronologischen Ansätzen, beispielsweise von Lykurg 302 oder Pheidon von Argos 303, beigetragen haben. Denn die unterschiedlichen Zuweisungen von Koroibosʼ Sieg weisen immerhin eine Differenz von 52 Jahren (13 Olympiaden) beziehungsweise 108 Jahren (27 Olympiaden) zum gängigen Datum der ersten Olympischen Spiele auf. So fand bereits Timaios 304 zwei unmöglich miteinander vereinbare Datierungen zu Lykurg vor, weshalb er zwei namensgleiche Persönlichkeiten Spartas vermutete. Auch Plutarch 305 beschwerte sich noch in der römischen Kaiserzeit über die Unsicherheit, in welche Zeit Lykurg nun zu datieren sei. Eusebius 306 verband schließlich mit Lykurg und Iphitos nicht aufgezeichnete Olympische Wettkämpfe und setzte die ersten nummerierten Olympischen Spiele dann mit Koroibos an. Für die Fixpunkte der Archäologie spielt die Olympiadendatierung ebenso eine bedeutende Rolle, auch wenn sich durch den Konstruktcharakter des Datums 776 v. Chr. eine Verwendung für die absolute Datierung der Funde in Olympia erübrigt. 307 Nun ist es bezeichenderweise für Karthagos Gründungsdatum 308 von Bedeutung, wie Timaios die 299 300 301 302 303 304 305 306 307

308

Nelson 2007, 52–53. Heidrich 1987, 26–31; Shaw 2003, v.a. 47–90; Bayliss 2015, Kommentar zu BNJ 595 F 1. Shaw 2003, 251–253. Zur Problematik der unterschiedlichen Datierungen Lykurgs in der Antike siehe: Mosshammer 1979, 173–191; Shaw 2003, 71–73. Zu Pheidons Datierung in der Antike: Kõiv 2000; Kõiv 2001. BNJ 566 F 127 (apud Plut. Lyk. 1, 3). Plut. Lyk. 1, 1–2. Z.B. Eusebius Chronographia: Karst 1911, 89–90. Wolf-Dieter Heilmeyers Datierung der Bronzen (Heilmeyer 1972, 90; Heilmeyer 1979, 19–24) beruht teilweise auf dem Datum 776  v. Chr., weshalb Paul Cartledge (1982, 290) Heilmeyers Herangehensweise als problematisch bezeichnet. Noch deutlicher hat sich Hans Volkmar Herrmann ausgedrückt: „Es geht hier nicht um die Glaubwürdigkeit exakter historischer Daten im 8.  Jahrh.  […], sondern um die bereits eingangs beanstandete methodische Unzulässigkeit derartiger Zirkelschlüsse, die darauf beruhen, daß Verf. uns zu suggerieren sucht, seine ‚auf stilistischem Wege gewonnenen Beobachtungen‘ könnten zur Stützung angezweifelter historischer Daten dienen […] und umgekehrt […].“ Herrmann 1982, 617. Siehe dazu: Kapitel 7.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

ersten Olympien zeitlich verortete. Gemäß Timaios 309 sollen Rom und Karthago nämlich im 38. Jahr vor der ersten Olympiade gegründet worden sein. Die gängige Ansetzung von Ol. 1,1 mit 776 v. Chr. rechnet Timaios’ Information mit 814/3 v. Chr. um. 310 Berücksichtigt man allerdings die divergierenden Ansetzungen der ersten Olympischen Spiele sowie die unsichere Grundlage, so bleibt durchaus unklar, welche Datierung Timaios anwandte. 311 Da es sich mit 776 v. Chr. um ein fiktives Datum handelt, spielt es bei der Verwendung der Olympiadendatierung keine Rolle, inwieweit in diesem Jahr tatsächlich die ersten Olympischen Spiele stattfanden. Eine analoge Rolle kommt der modernen Zeitzählung zu, falsche Berechnungen des Zeitpunkts der Geburt Christi haben für den praktischen Zweck keinerlei Auswirkungen. Dem Datum 776  v. Chr. wird jedoch insofern noch Bedeutung beigemessen, da die moderne Altertumswissenschaft ab diesem Zeitpunkt von Geschichte spricht und dieses Jahr mitunter als Epochengrenze zur Archaik dient. 312 Autoren des 5.  Jahrhunderts  v. Chr. nahmen die ersten Olympischen Spiele jedoch keineswegs als eine bedeutende Zäsur oder als gar einen neuen Abschnitt wahr. 313 Diese Sichtweise auf die griechische Frühzeit dürfte erst nach der Etablierung der Olympiadendatierung bei den hellenistischen Chronographen entstanden sein, die in den ersten Olympischen Spielen verständlicherweise eine bedeutende Zäsur sahen. So ist in Censorinus’ 238 n. Chr. verfasstem Werk De die natali 314 auch eine entsprechende Auffassung Varros zu lesen: nunc vero id intervallum temporis tractabo, quod historicon Varro appellat. hic enim tria discrimina temporum esse tradit: primum ab hominum principio ad cataclysmum priorem, quod propter ignorantiam voactur [ad] adelon, secundum a cataclysmo priore[m] ad olympiadem primam, quod, quia multa in eo fabulosa referuntur, mythicon nominatur, tertium a prima olympiade ad nos, quod dicitur historicon, quia res in eo gestae veris historiis continentur. 315 „Nun aber werde ich den Zeitabschnitt behandeln, den (Marcus Terentius) Varro (auf Griechisch) als historikon (‚historisch‘) bezeichnet. Er gibt nämlich an, dass es drei unterscheidbare Zeitabschnitte gibt: Der erste reicht vom Beginn der Menschheit bis zum ersten Kataklysmos (Sintflut), und wegen der Unkenntnis darüber nennt man ihn (auf Griechisch) adêlos (‚unklar‘). Der zweite geht vom ersten Kataklysmos bis zur ersten Olympiade, und weil aus dieser Zeit viel Sagenhaftes 309 BNJ 566 F 60 (apud Dion. Hal. ant. 1, 74, 1). 310 U.a.: Meyer 1931, 125; Niemeyer 1989, 10; Moscati 1992, 17; Huß 1999, 295; Niemeyer 2006, 160; Amadasi Guzzo 2007, 13; Hoyos 2010, xxvi; Pappa 2013, 7, 140; Morstadt 2015, 144; Melliti 2016, 29. 311 Davon unabhängig gestaltet sich die Frage nach der Grundlage für Timaiosʼ Auskunft, worauf in Kapitel 7 eingegangen wird. 312 Z.B. Möller 2004b, 169; Christesen 2007, 12–13. 313 Bichler 2004a. 314 Cens. 21, 1. 315 Lateinischer Originaltext nach: Brodersen 2012b, 126.

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Ein Überblick über die antike Chronographie und ihre Arbeitsweise

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berichtet wird, wird er (auf Griechisch) mythikon (‚mythisch‘) genannt. Der dritte dauert von der ersten Olympiade bis zu unserer Zeit und heißt (auf Griechisch) historikon (‚historisch‘), da die in ihm geschehenen Ereignisse in den eigentlichen Historien erfasst sind.“ 316

3.3

Ein Überblick über die antike Chronographie und ihre Arbeitsweise

Die Beschäftigung mit der antiken Chronographie ist mittlerweile zu einem Randgebiet der Alten Geschichte und Klassischen Philologie geworden, wie eine Anmerkung von Andrew Bayliss eindeutig zu erkennen gibt. 317 So verzichtet Bayliss bezeichnenderweise auf eine Wiedergabe von Jacobys umfangreichen chronologischen Rekonstruktionen, die auf den Angaben von Sosibios und Eratosthenes beruhen. Laut Bayliss hätten nämlich in der modernen Forschung nur wenige Interesse daran, welche Datierungen Jacoby beispielsweise Lykurg zuwies. Darüber hinaus seien die Aussagen antiker Autoren zur zeitlichen Einordnung unter anderem von Homer ebenso wenig beachtenswert, da deren Historizität mittlerweile stark in Frage gestellt worden ist. Nun spielt jedoch sowohl der antike als auch der moderne Umgang mit Datierungen eine wesentliche Rolle, um beurteilen zu können, wie Ereignisse und Personen jener Zeitspanne datiert werden, welche die Forschung als Archaik definiert hat. Chronographische Texte stellen mit ihren komplexen Sachverhalten zu einzelnen Datierungen ein anspruchsvolles Genre dar, wie auch die grundlegenden Kommentare Felix Jaocbys erkennen lassen. In der älteren Forschung hat man Zahlenangaben in den Manuskripten, die man als falsch erachtete, oftmals abgeändert, was nach Jane-Pamela Shaw 318 in einigen Fällen gravierenderweise nicht einmal mehr dem apparatus criticus der Texteditionen zu entnehmen ist. Bei der Kollation mittelalterlicher Manuskripte der Tyrischen Königsliste hat auch Nikos Kokkinos 319 Divergenzen mit den Editionen festgestellt. Ähnlich verweist Andrea Rotstein 320 in ihrer neuen Edition zum Marmor Parium auf den problematischen Sachverhalt, dass Jacobys Ergänzungen zwar mittlerweile kanonisch geworden, aber vor dem Hintergrund aktueller Forschungsstandards nicht mehr haltbar sind. Trotz neuerer Spezialstudien 321 gilt Alden Mosshammers „The Chronicle of Eusebius and Greek Chronographic Tradition“ aus dem Jahr 1979 nach wie vor als umfassendstes Standardwerk zur antiken Chronographie. In den nachfolgenden 316 317 318 319 320 321

Brodersen 2012b, 127. Bayliss 2015, Kommentar zu BNJ 595 F 2. Shaw 2003, 252. Kokkinos 2013, 46. Rotstein 2016, 16–20. eine Auswahl: Möller 1996; Burgess 1999; Kõiv 2000; Panchenko 2000; Taylor 2000; Kõiv 2001; Möller 2001a; Möller 2004a; Möller 2004b; Möller 2006; Christesen 2007; Feeney 2007; Clarke 2008, v.a. 56–89; Kokkinos 2009a; Kokkinos 2009b; Burgess 2012; Burgess – Kulikowski 2013; Kokkinos 2013.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

Kapiteln werden die essentiellen Datierungen antiker Autoren, die für die absolute Datierung der archaischen Keramik herangezogen werden, diskutiert. Dazu soll in diesem Abschnitt die notwendige Berücksichtigung des chronographischen Kontexts erfolgen, der letztlich entscheidet, wie diese antiken Datierungen für das moderne Chronologieschema verwendet werden. 3.3.1

Die Datierungsmittel der antiken Chronographie

Vor den chronographischen Konventionen der eponymen Archonten- und Konsuldatierung sowie Olympiaden waren antike Autoren im Wesentlichen auf drei Datierungsmittel angewiesen: 1. Intervall- und Generationenangaben in Bezug auf den Trojanischen Krieg 2. Intervall- und Generationenangaben in Bezug auf einen Fixpunkt der jüngeren Vergangenheit 3. Synchronismen Obwohl die Archonten-, Konsul- und Olympiadendatierungen als die kanonischen Datierungsweisen der hellenistischen Chronographen gelten, finden sich die drei hier aufgelisteten, grundlegenden Datierungsmethoden parallel dazu in der gesamten griechischen Literatur. Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf Intervallangaben: Wie die Sizilische Archäologie von Thukydides 322 lehrt, lässt sich anhand von Intervallen ein komplexes Netz an relativen Abhängigkeiten erstellen. Diese zeitliche Verortung unterscheidet sich aber maßgeblich von der modernen Zeitskala der vor- und nachristlichen Ära, gerade wenn wie im Fall der Sizilischen Archäologie der Referenzpunkt nicht bis auf das Jahr genau bestimmt wird. Thukydides bietet nämlich zwei chronologische Reihen für die griechischen Gründungen auf Sizilien an: Die meisten Städte werden in zeitlicher Relation zu Syrakus’ Gründung eingeordnet, ohne dass Thukydides diesen Zeitpunkt näher beschreibt. Der zweite Strang an relativchronologischen Angaben bezieht sich hingegen auf die Gründung von Megara Hyblaia, dessen Datum Thukydides durch den Zusatz einer 245-jährigen Existenz bis zu Gelons Eroberung der Stadt näher umreißt. In der römischen Kaiserzeit ordnet Flavius Josephus 323 ebenso anhand von Intervallen die Gründung Karthagos in den Kontext der biblischen, römischen und seleukidischen Chronologie ein. Erst durch das Umwandeln der relativen Intervallangaben in unsere gängige Zeitrechnung fällt überhaupt auf, dass Flavius Josephus eigentlich zwei unterschiedliche Jahreszahlen nennt, was wohl durch die unterschiedlichen Chronologiesysteme und den konstruierten Brückenschlag zwischen Jerusalem und Tyros/Karthago bedingt ist. 322 Thuk. 6, 3–5. Ausführlich zu dieser zentralen Textstelle: Kapitel 5. 323 Ios. Ant. Iud. 8, 61–62; 20, 231–234; Ios. bell. Iud. 6, 269; Ios. c. Ap. 1, 126. Eine ausführliche Besprechung der einzelnen Textstellen findet sich in Kapitel 7.

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Ein Überblick über die antike Chronographie und ihre Arbeitsweise

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Intervallangaben trifft man neben der attischen Archontendatierung im großen Stil im Marmor Parium an, wie bereits weiter oben aufgezeigt wurde. Bisher stellte dies eine weitere Eigenheit der Parischen Chronik dar und fand gerade für das Genre der chronographischen Schriften kaum größere Beachtung. Dem Marmor Parium hat Andrea Rotstein jüngst zwei Miniaturchroniken der so genannten Tabulae Iliacae 324, die aus der römischen Kaiserzeit stammen, als Vergleichsbeispiele gegenüber stellen können. Bei der ersteren handelt es sich um das so genannte Chronicon Romanum 325, das bereits Felix Jacoby in seiner Fragmentsammlung berücksichtigte. In der linken Kolumne A hielt der Verfasser die römische Vergangenheit des 1. Jahrhunderts v. Chr. fest, während die rechte Spalte B der griechischen Geschichte vom 6.  bis 4.  Jahrhundert  v. Chr. gewidmet war. Analog zum Marmor Parium werden die berichteten Ereignisse stets mit Intervallen datiert. Das Ausgangsdatum 15/16  n. Chr. ist im Gegensatz zur Parischen Chronik nur indirekt aus den Angaben zu Sulla herauszulesen. 326 Mit der erst in den 1980er Jahren entdeckten Miniaturchronik aus dem Getty Museum 327 ist ein sehr ähnlicher Text erhalten, der an einigen Stellen umfangreichere Informationen als das Chronicon Romanum bietet. Aufgrund der deutlichen Nähe zum Chronicon Romanum, geht man doch beispielsweise von der gleichen Werkstatt als Produktionsort 328 aus, wird derselbe Ausgangspunkt im Jahr 15/16 n. Chr. für die Intervallangaben vermutet. Diese Gruppe an Chroniken weist die Intervalldatierung als grundlegendes Datierungsinstrument der Chronographie aus. Neben den Intervallen finden sich in antiken Texten oftmals Zeitangaben, welche mit Generationen (γενεά) bemessen sind. 329 Jedoch hat man sich in der Antike auf keine einheitliche Veranschlagung geeinigt, 330 so liegen Kalkulationen mit 20, 23, 25, 27, 30, 33 ⅓, 35, 36, 39, 40 und 45 Jahren vor 331. Alden Mosshammer 332 hat davor gewarnt, eine Auseinandersetzung mit der Chronographie in ein reines Zahlenspiel ausarten zu lassen. Denn aufgrund der unterschiedlichen, möglichen Längen einer Generation ist die Umrechnung 324 Zu diesem Text- und Bildkorpus siehe zuletzt: Squire 2011. 325 IG XIV 1297 = FGrHist 252; BNJ 252 mit Parallelstellen eines Exemplars aus dem Getty Museum, das Jacoby noch nicht bekannt war: Burstein 1984; SEG XXXIII 802; Burgess – Kulikowski 2013, 309–310 (englische Übersetzung); Rotstein 2016, 59–60 (altgriechischer Originaltext mit englischer Übersetzung). 326 Wie so oft bei chronologischen Fragen weist die ältere Forschung deutlich daraufhin (u.a. Jahn 1873, 79), während in jüngeren Abhandlungen dieser wichtige Punkt tendenziell nicht direkt angesprochen wird. Parallel zum Marmor Parium ließe sich ein analoger Schluss vermuten, dass das Ausgangsdatum des Chronicon Romanum ebenfalls durch einen Amtsträger näher spezifiziert wurde. In dem erhaltenen Text ist dies jedoch nicht der Fall. 327 Burstein 1984; BNJ 252; SEG XXXIII 802; Rotstein 2016, 61–62 (altgriechischer Originaltext mit englischer Übersetzung). 328 Burstein 1984, 157. 329 Eine nützliche Zusammenstellung, wenn auch zum Teil mit erheblich veralteten Forschungsansichten, findet sich bei: Prakken 1943. 330 Für eine Standardlänge von 40 Jahren hat sich hingegen Eduard Meyer (1892, 160–162) ausgesprochen, was unter anderem Walter Burkert (1995, 143–144) kritisiert hat. 331 Ball 1974, 181. 332 Mosshammer 1979, 107.

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Die antike Chronographie und die Chronologie der Archaik

in absolute Jahreszahlen von vornherein schwierig, zumal die fragmentarische Textbasis eine eingehende Betrachtung nochmals erschwert. René Van Compernolle 333 hat bezeichnenderweise die Intervallangaben von Thukydidesʼ Gründungsdaten 334 auf die Veranschlagung einer Generation zu je 35 Jahren zurückgeführt. So kann die 245-jährige Existenz von Megara Hyblaia mit sieben Generationen zu je 35 Jahren kalkuliert werden. 335 Aber nicht alle Intervallangaben der Sizilischen Archäologie lassen sich rechnerisch damit erklären, dazu zählt etwa die Gründung von Akragas 108 Jahre nach Gela. Molly Miller 336 hat sich in ihrer Studie ebenfalls dem Ansatz gewidmet, dass alle überlieferten Daten für die Koloniegründungen auf Angaben von Generationen zurückzuführen seien. Im Gegensatz zu Van Compernolle ging sie bei ihrer Analyse der Sizilischen Archäologie von einer Generationenlänge von 36 Jahren aus. So hat sie das Gründungsdatum von Syrakus – von ihr mit 736 v. Chr. anstatt des gängigen Datums 733 v. Chr. veranschlagt – mit einer Rechnung von 36 x 7 (= 252) Jahre vor der Zerstörung von Megara Hyblaia im Jahr 484 v. Chr. erklärt. 337 Nachdem aber kein präzises Datum für die Eroberung Megara Hyblaias durch Gelon bekannt ist und 484 v. Chr. eine Schätzung darstellt, sind solche Überlegungen eher heikel. Aber auch mit dem Ausgangsdatum von 736 v. Chr. für Syrakus sind Unsicherheiten behaftet. Zwar entnimmt Miller dieses Datum der lateinischen Abschrift von Eusebius’ Chronik durch Hieronymus (zweite Hälfte 4. Jahrhundert n. Chr.), die gängige Edition von Rudolf Helm setzt diesen Eintrag aber umgerechnet im Jahr 738 v. Chr. (Ol. 10,3) 338 und nicht 736 v. Chr. an. Einen ähnlichen Unsicherheitsfaktor trifft man bei Millers Kalkulation des Gründungsdatums von Naxos mit 737 v. Chr. an, das sie mit 7 ¼ Generationen zu je 36 Jahren vor Hierons Umsiedlung der Einwohner von Naxos 339 im Jahr 476 v. Chr. 340 zurückführt. An dieser Stelle hat Miller die armenische Texttradition von Eusebius und nicht Hieronymus verwendet, wobei Karsts zu bevorzugende Edition die Gründung von Naxos im Jahr 734 v. Chr. (Ol. 10, 4 / AA 1280) 341 ansetzt. Demnach finden sich in den modernen Textausgaben unterschiedliche Angaben, die zusätzlich eine sehr unsichere Ausgangslage für derartige Überlegungen darstellen. Im Vergleich zu Van Compernolle ist es Miller zwar mit einem Konzept von Teillängen und unterschiedlichen Ausgangspunkten gelungen, sämtliche Intervalle der Sizilischen 333 Van Compernolle 1960. 334 Thuk. 6, 3–5. 335 Auch Roms Zeit der Königsherrschaft wird mit 245 Jahren veranschlagt, wodurch den sieben Königen jeweils 35 Regierungsjahre zukommen. Siehe hierzu: Taylor 2000, 173; Hall 2014, 134. 336 Miller 1970. 337 Miller 1970, 79. 338 Helm 1956, 89bg. 339 Diod. 11, 49, 1–2. 340 Diodor (11, 48, 1) nennt hier das Jahr (476/5 v. Chr.), als Pheidon Archon in Athen war und die Konsuln Kaeso Fabius und Spurius Furius Menellaeus ihr Amt ausübten. Gemäß der Fasti Capitolini sind die Konsuln umgerechnet dem Jahr 481 v. Chr. zuzuweisen, wobei der Name des zweiten Konsuls stattdessen Spurius Furius Medullinus lautet. Perl 1957, 52; Samuel 1972, 256. 341 Karst 1911, 182.

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Ein Überblick über die antike Chronographie und ihre Arbeitsweise

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Archäologie auf ein Generationenlänge von je 36 Jahren zurückführen, man kann sich aber nicht des Eindrucks einer selektiven Vorgangsweise verwehren. Für Ephoros hat Miller anhand der vermutlichen Abhängigkeit des Eintrags im Marmor Parium eine Generationenlänge von 39 Jahren vorgeschlagen. 342 Dabei bleibt jedoch anzumerken, dass die Verwendung des Datums 757 v. Chr. für Syrakusʼ Gründung für die Parische Chronik nicht mehr haltbar ist, 343 womit sich auch Millers Ansatz für Ephoros’ Generationenlänge erübrigt. Letztlich zeigt die detaillierte Untersuchung von Molly Miller die höchst unsichere Ausgangsbasis für eine Interpretation nach Generationenlängen, was unweigerlich an Mosshammers zuvor erwähnte Warnung zurückführt. Meiner Meinung nach eignete sich die Angabe nach γενεά für antike Autoren hervorragend zur Angabe eines Intervalls und findet sich deshalb auch bei einigen Gründungsdaten. Bezeichnenderweise ordneten Ephoros 344 und Pseudo-Skymnos 345 die griechischen Gründungen auf Sizilien mit Hilfe von Generationenangaben in Bezug auf den Trojanischen Krieg ein. Pindar 346 hingegen verortet den Gründer von Kyrene, Battos, in die 17. Generation nach den Argonauten und bezeichnet den gegenwärtigen Herrscher, Arkesilaos (IV.), als nunmehr achten König von Kyrene 347. Die einwandfreie Nachweisbarkeit der tatsächlichen Berechnungsgrundlage anhand von Generationen für präzise Intervallangaben ist jedoch aus mehreren Gründen nicht möglich: Zuallererst gibt es keine einheitliche Generationenlänge und allein daraus ergeben sich schon mehrere – genauer gesagt zu viele – Möglichkeiten, vor allem wenn man mit Teillängen operiert. Von den Überlegungen antiker Autoren zur Datierung eines Ereignisses haben sich allerdings nur die Endergebnisse erhalten, die exakten Rechengänge und Kalkulationsweisen sind meistens nicht nachvollziehbar. Obwohl mehrere antike Autoren beispielsweise die Bedeutung der Spartanischen Königsliste für die Chronologie belegen, lässt sich ihre Rolle nur sehr vage fassen. Sie wird beispielsweise als Grundlage von Pindars Generationenangabe für Kyrenes Gründungsdatum vermutet. 348 Neben Intervall- und Generationenkalkulationen dienten außerdem Synchronismen der Konstruktion von Datierungen, womit mit einfachen Mitteln komplexe Abhängigkeiten auf dem chronologischen Raster entstehen. 349 In den meisten Fällen bleibt allerdings unklar, wie eine Datierung überhaupt zustande kam, da die Rechengänge nicht mitüberliefert worden sind. In der gesamten antiken Literatur ist keine Abhandlung bekannt, die sich mit der Methodik der antiken Chronographie beschäftigt. Viele Schlüsse zur Arbeitsweise müssen aus Feststellungen abgeleitet werden, wozu die Frage nach inklusiver oder exklusiver 342 Miller 1970, 88. 343 Zur Datierung der korinthischen Keramik mit einer eingehenden Besprechung dieser Textstelle siehe: Kapitel 5. 344 BNJ 70 F 137a (apud Strab. 6, 2, 2). 345 Ps.-Skymn. 270–279. 346 Pind. Pyth. 4, 9–10. 347 Pind. Pyth. 4, 65. 348 Lattmann 2010, 200; Bichler 2012, 95. 349 Möller 2004b, 170.

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Zählung zählt. Im Marmor Parium ist klar ersichtlich, dass hier mit Kardinalzahlen sowohl inklusiv als auch exklusiv gerechnet wurde. 350 In der Antike waren beide Zählweisen verbreitet. Allerdings lässt sich keine verbindliche Handhabung von Kardinalund Ordinalzahlen feststellen, weshalb oft unklar bleibt, ob nun eine Angabe inklusiv oder exklusiv zu verstehen ist. 351 Bei Intervallen mit Jahreszahlen ist diese Unsicherheit von geringerer Bedeutung als bei Generationenangaben, für die sich größere Divergenzen ergeben können. Die moderne Herangehensweise versucht, diese Schwierigkeit mit zusätzlichen Informationen zu lösen, wonach sich entweder die exklusive oder inklusive Zählweise als zutreffend gestaltet. So wird beispielsweise die Angabe im Marmor Parium 352, dass Pheidons Lebenszeit in die elfte Generation nach Herakles fällt, als inklusiv aufgefasst. In der vorliegenden Arbeit werden die Intervallangaben antiker Autoren, falls nicht anders angegeben, als exklusiv aufgefasst beziehungsweise umgerechnet, was zugegebenermaßen auch mit einer einfachen Handhabung zusammenhängt. Olympiadendatierungen, die in gewisser Weise dem modernen chronologischen Verständnis der vorchristlichen Ära nahekommen, unterscheiden sich gänzlich von der chronologischen Auffassung der eponymen Datierungen. Eine eponyme Datierung, wie beispielsweise eine Archonten- oder Konsulpaarangabe, kann auf dem absoluten Zeitraster unterschiedlichen Positionen zugewiesen werden. Dieser Umstand ist besonders deutlich im Bereich der römischen Chronologie zu erkennen, wenn man die divergierenden Chronologiesysteme nach Varro und Livius bedenkt. 353 Somit ist man mit der paradox anmutenden Sachlage konfrontiert, dass sich zwei Autoren bei gleicher eponymer Nennung auf dasselbe Jahr beziehen, dies jedoch in absoluten Zahlen von einander abweichen kann. Mit dieser Schwierigkeit dürften bereits antike Chronographen bei der Konstruktion von Olympiadendatierungen zu kämpfen gehabt haben. Analog zur antiken Umrechnung älterer Datierungskonventionen in Olympiaden geht der eigentliche Datierungswortlaut bei der Angabe in die vorchristliche Ära ebenso verloren. Aus diesem Grund sollte eine Besprechung essentieller Datierungen den Wortlaut des antiken Autors berücksichtigen, um den genauen Datierungszusammenhang zu wahren. 354 Nachdem die Altertumswissenschaften und im Besonderen die Archäologie auf Umrechnungen in das moderne chronologische System angewiesen sind, findet sich in der vorliegenden Arbeit der Datierungswortlaut der Textstelle und zusätzlich eine ungefähre Umrechnung in die vorchristliche Ära. Mit dem Auftreten Roms als politische Macht im Mittelmeerraum trat neben der eponymen Datierungsweise nach attischen Archonten auch die Konsulnennung in das Genre der Chronographen. So tauchen bei den Gründungsdaten der griechischen sowie 350 Jacoby 1904b, 82–84; Rotstein 2016, 2. 351 Ähnlich Dmitri Panchenko mit der entsprechenden Konsequenz daraus: „The practical conclusion reached so far is that one has to be always prepared to consider the possibility that a transmitted date may be distorted by one year.“ Panchenko 2000, 47. 352 Marm. Par. A 30. 353 Cornell 1995, 401–402. 354 Eine ähnliche Vorgehensweise hat bereits Jane-Pamela Shaw (2003, 252) gefordert.

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phönizischen Niederlassungen auch Datierungen nach den römischen Konsuln auf, da antike Autoren, wie beispielsweise Diodor, den griechischen Zeithorizont mit dem römischen synchronisierten. 355 Eine wichtige Quelle für die römischen Konsuln stellen die Fasti Capitolini 356 dar. Diese Inschrift befand sich ursprünglich auf der Innenseite auf einem von Augustus errichteten Bogen am Forum Romanum und erhielt ihre Designation aufgrund des modernen Aufbewahrungsortes in den Kapitolinischen Museen. Sie bietet unter anderem eine Auflistung der Militärtribunen, Censoren und eben der Konsuln seit der Gründung der Republik umgerechnet 509 v. Chr. bis 13 n. Chr. Wie in den zahlreichen Textstellen folgender Kapitel noch klar hervorgehen wird, überliefert Diodor eine von den Fasti Capitolini abweichende Version. 357 „[…] die Datierung der Konsulate ist […] zunächst um sechs bzw. sieben Jahre (ab 480/79–477/6 und 451/0), später (ab 476/5) um fünf bzw. sechs Jahre, schließlich sieben bzw. acht (ab 449/8) und acht bzw. neun Jahre (ab 419/18) nach oben verschoben.“ 358 Diese Ungereimtheit wird in diesem Kontext als wichtiger Hinweis für die Unsicherheiten beziehungsweise Schwierigkeiten in der Chronologie des archaischen Mittelmeerraums im Allgemeinen und im Besonderen für die frühe Republik Roms gewertet. 359 Zur Zeit, als Griechenland in das Imperium Romanum eingegliedert wurde, konstruierte man mit Deukalion und der Flut eine Darstellung einer gemeinsamen hellenischen Abstammung. Aufgrund der verlorenen Selbständigkeit und der verminderten politischen Bedeutung der griechischen Stadtstaaten innerhalb des Römischen Reichs konnte sich diese Erzählung jedoch neben anderen, bereits existierenden, Versionen nicht als autoritativ durchsetzen. 360 Ähnlich wäre auch eine Vereinheitlichung der Chronologie der griechischen Vergangenheit denkbar, die aus römischer Perspektive eine panhellenische Darstellungsweise gewählt haben könnte. Jedoch sprechen die auch in der römischen Kaiserzeit nach wie vor unterschiedlichen Erzählungen mitsamt ihren divergierenden Datierungen zur griechischen Frühzeit eindeutig gegen diese Hypothese. Diodor identifizierte ein Jahr jeweils mit der Olympiade, wenn vorhanden dem Stadionlaufsieger, dem attischen Archon sowie den römischen Konsuln. Für diese Datierungsweise musste ihm eine Auflistung der Archonten, Olympioniken und Konsuln mit Olympiadenangaben zugänglich gewesen sein. Diodor dürfte sich bereits auf Vorarbeiten von Chronographen gestützt haben und nicht selbst für die Synchronismen verantwortlich sein. Beispielsweise synchronisierte Timaios 361 bereits im frühen 3.  Jahrhundert  v. Chr. 355 Nach wie vor stellen die Monographien von Mommsen (1859), Soltau (1889) und Leuze (1909) die umfassendsten Standardwerke zur komplexen römischen Chronologie dar. 356 Zu den Fasti Capitolini: Degrassi 1954; Rüpke 1995, 192–196; Feeney 2007, 172–183; Burgess – Kulikowski 2013, 160–165. 357 Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Abweichungen der Namensformen sowie Datierungen der Konsuln bei Diodor findet sich bei: Perl 1957. 358 Will 1998, 4. 359 Ähnlich resümiert Manuel Pohl (2018, 202–203), dass es in der späten römischen Republik und frühen Kaiserzeit keine autoritative präzise Chronologie für die Vergangenheit Roms gegeben hat. 360 Siehe hierfür: Ulf 2015b. 361 BNJ 566 T 10 (apud Pol. 12, 11, 1).

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eine Auflistung der Olympioniken mit jener der Archonten, worauf bereits weiter oben näher eingegangen worden ist. Durch die Werke von Berossos 362 und Manetho 363 im 3.  Jahrhundert  v. Chr. fand auch die ägyptische und mesopotamische Chronologie Eingang in die griechisch-römische Chronographie, wobei beide Autoren auf ein reiches Quellenkorpus der Keilschrift beziehungsweise Hieroglyphen zurückgreifen konnten. So berücksichtige Kastor von Rhodos 364 im 1.  Jahrhundert  v. Chr. schließlich auch die assyrischen Könige und synchronisierte somit den griechisch-römischen Ereignishorizont mit jenem des Vorderen Orients. 365 Aufgrund des sehr schlechten Erhaltungszustands der antiken Chronographie ist die einfach anmutende Frage, inwieweit man bei der Synchronisierung der chronographischen Listen bereits mit Tabellen zu rechnen hat, wegen fehlender Nachweisbarkeit kaum mit Sicherheit zu beantworten. So wurde äußerst unterschiedlichen Autoren die Verwendung dieses Formats zugeschrieben, wie beispielsweise Timaios 366 im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. oder Kastor von Rhodos 367 im 1. Jahrhundert v. Chr. oder überhaupt erst dem christlichen Chronographen Eusebius 368 im frühen 4. Jahrhundert n. Chr. 3.3.2 Die Konstruktion präziser Datierungen für die Archaik Mit dem Aufkommen der Olympiadendatierung ab dem 3.  Jahrhundert v.Chr sowie den Werken hellenistischer Chronographen ist eine bedeutende Zäsur für die Überlieferung der Chronologie der Archaik anzusetzen. Die Chronologie der Archaik musste von den antiken Chronographen im Nachhinein mit Olympiaden versehen werden, ein mit enormem Aufwand verbundener Arbeitsprozess. Die Olympiadendatierungen wurden im Zuge dessen auf die Angaben älterer Quellen projiziert, 369 die diese Datierungskonvention noch nicht kannten und mit unterschiedlichen Kalendersystemen und Chronologieschemata operierten. Jedoch besitzen einige Datierungswortlaute, wie beispielsweise die für die Archäologie zentrale Sizilische Archäologie von Thukydides 370, einen zeitlichen

362 Zu Leben und Werk von Berossos siehe: BNJ 680; De Breucker 2011; Haubold et al. 2013; Dillery 2015; Van der Spek 2018. 363 Zu Leben und Werk von Manetho siehe: BNJ 609; Verbrugghe – Wickersham 1996; Dillery 2015. 364 FGrHist 250 F 1, F 1d (apud Eusebius, Chronik: Karst 1911, 26–27, 30–32). Zu Kastors Chronik: FGrHist 250; Mosshammer 1979, 100, 129–131, 135, 144–146, 167, 182–183, Meister 1990, 192; Geus 1999; Christesen 2007, 295, 311–322, 418–432; Feeney 2007, 20, 63–64; Burgess  –  Kulikowski 2013, 88, 89, 364–365. Zur griechischen Überlieferung zu Assyrien, auf die Kastor zurückgriff, siehe: Rollinger 2011c; Rollinger 2017a. 365 Einen rezenten Überblick zur Forschungs- und Überlieferungslage der Königslisten Mesopotamiens bietet: Brisch 2018. 366 Ball 1974, 42; Christesen 2007, 277; Baron 2013, 24–25. 367 Wachsmuth 1895, 139. 368 Helm 1924, 4; Helm 1956, xxxviii; Mosshammer 1979, 37. 369 Shaw 2003. 370 Thuk. 6, 3–5.

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Spielraum oder chronologische Ungenauigkeiten. 371 Wie vage solche zeitlichen Angaben für Ereignisse in der Archaik  –  zugegebenermaßen im Extremfall  –  tatsächlich sein können, zeigt der Kylonische Frevel nach Thukydidesʼ Darstellung 372. Bei der zeitlichen Verortung von Kylon beschränkt sich Thukydides nämlich auf eine äußerst unbestimmte Aussage: Κύλων ἦν Ἀθηναῖος ἀνὴρ Ὀλυμπιονίκης τῶν πάλαι εὐγενής τε καὶ δυνατός 373 „da war vor Zeiten ein Athener Kylon gewesen, ein Olympiensieger, adlig und mächtig […].“ 374 Thukydides 375 fügt zudem noch die Information bei, dass es sich bei Kylon um den Schwiegersohn von Theagenes 376, dem Tyrannen von Megara, handelt. Er macht aber keinen Versuch, den Zeitpunkt in Relation zu einem bekannten Datum der jüngeren Vergangenheit zu setzen. Inwieweit Thukydides und seinem Leserkreis (vor Hippiasʼ Olympionikenliste) das genaue Datum von Kylons Sieg bei den Olympischen Spielen bekannt war, scheint zumindest fraglich. 377 Die Vorgehensweise der modernen Forschung, hieraus ein absolutes Datum zu gewinnen, mag gewisse Ähnlichkeiten mit der Methodik antiker Chronographen aufweisen: In Eusebius’ Olympionikenliste ist Kylon als Sieger der 35. Olympischen Spiele ausgewiesen, was konventionell mit 640 v. Chr. umgerechnet wird. Zudem findet sich darin der Vermerk, dass Kylon die Alleinherrschaft anstrebte. 378 Demnach setzt die opinio comunis die Ereignisse um Kylons versuchten Putsch kurz danach in den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts v. Chr. und vor den Gesetzen Drakons 379 an. 380 371 Die Olympiadendatierungen in den Textversionen von Eusebius’ Chronik geben mit geringfügigen Abweichungen ähnliche Jahreszahlen wie die moderne Erschließung der relativen Zahlenreihe von Thukydides’ Sizilischer Archäologie. 372 Thuk. 1, 126, 3. 373 Griechischer Originaltext nach: Landmann 1993a, 156. 374 Übersetzung: Landmann 1993a, 157. 375 Thuk. 1, 126, 3. 376 Aus diesem Grund hängt die Datierung von Theagenes von Megara mit jener von Kylon zusammen, weshalb hier m.E. nach kein wirklich unabhängiges Datierungskriterium gewonnen werden kann. 377 Paul Christesen 2007, 159 nimmt hier eine optimistischere Haltung ein: „A handful of victors such as Cylon were sufficiently famous that some independent information was available […].“ 378 Karst 1911, 92; Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 68; Christesen 2007, 390. 379 Eusebius berücksichtigte in seiner Chronik die Gesetzgebung Drakons. Bei Hieronymus (Helm 1956, 97bg) findet sie sich in Ol. 39,1 (624  v. Chr.) und in der armenischen Version (Karst 1911, 186) in Ol. 39,4 (AA 1395 = 621 v. Chr.). Die Athenaion Politeia (4, 1) setzt die Gesetze Drakons im Archontat des Aristaichmos an, gemäß der chronographischen Tradition also 624/3 oder 621/20  v. Chr. (Samuel 1972, 200; Strothmann  –  Welwei 2004, 146). Eine Auflistung all jener antiken Quellen, die ebenso eine Datierung hierfür liefern, findet sich bei: Busolt 1895, 224 Anm. 1. 380 Überblickend zur Datierung von Kylons Putschversuch, der zumeist 636 oder 632  v. Chr. angesetzt wird (z.B. Bengtson 1969, 120): Busolt 1893, 670–671 Anm. 10; Busolt 1895, 206; Lavelle 2005, 261 Anm. 88. Eine Darstellung der Verschwörung von Kylon gemäß der konventionellen

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Versucht man hingegen eine zeitliche Einordnung losgelöst von der Olympio­ nikenliste, 381 mag zunächst Herodots 382 zeitliche Einordnung in einen ungenau definierten Zeithorizont vor Peisistratos (πρὸ τῆς Πεισιστράτου ἡλικίης 383) überraschen und ebenso nicht wirklich weiterhelfen. Auch Plutarchs 384 Zusatz, wonach die Ermordung der Anhänger Kylons im Archontat des Alkmaioniden Megakles stattgefunden habe, führt nicht zu einer Klärung der chronologischen Darstellung in späteren Quellen. Denn die erhaltene Überlieferung gibt keine Auskunft, wann Megakles das Archontenamt ausübte. 385 Die Quellenlage mit einer allgemeinen Tendenz für eine Niedrigdatierung der Archaik veranlasste Karl Julius Beloch 386 nun dazu, die Ereignisse um Kylon in das Exil von Peisistratos in den 50er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr. zu datieren. Damit identifizierte er Megakles mit jener Person zur Zeit von Peisistratos, womit seiner Meinung nach nicht der Großvater von Kleisthenes im 7. Jahrhundert v. Chr., sondern dessen Vater im 6. Jahrhundert v. Chr. gemeint sei. Belochs niedrige Datierung hängt auch mit der überlieferten Reinigung der Stadt Athens durch Epimenides 387 zusammen, wovon bereits in der Athenaion Politeia 388 die Rede ist. Beloch zog zur Untermauerung seiner Ansicht Platons

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Chronologie in den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts v. Chr. findet sich zum Beispiel bei: Welwei 1992, 133–137; Lavelle 2005, 36–44. Shaw (2003) hat sich zu diesem spezifischen Fall nicht explizit geäußert, doch entspricht das Loslösen von der Olympiadendatierung prinzipiell ihrer Methodik; ebenso würde sich eine Niedrigdatierung in ihr Schema fügen. Hdt. 5, 71, 2. Griechischer Text nach: Feix 1977, 708. Plut. Sol. 12.  In den Epitomen des Herakleides Lembos (2), die Herakleides im 2.  Jahrhundert  n. Chr. von der Athenaion Politeia verfasste, scheinen Megakles und seine Anhänger als Verantwortliche für den Kylonischen Frevel auf. Hier wird Megakles aber nicht ausdrücklich als Inhaber des Archontenamtes genannt. Meret Strothmann und Karl-Wilhelm Welwei (2004, 146) haben Megakles in ihrer Zusammenstellung der attischen Archonten ohne Fragezeichen dem Jahr 632/1 v. Chr. zugewiesen. In der von ihnen zitierten Sekundärliteratur (Davies 1971, 370–371) findet sich allerdings der Hinweis, dass keine präzise Datierung möglich ist, weshalb die Datierungen 636/5, 632/1, 628/7 und 624/3 v. Chr. vorgeschlagen werden. Alan Samuel (1972, 200) verweist in seiner rekonstruierten Archontenliste immerhin in groben Zügen auf die bestehende Problematik. Beloch 1913, 302–309. Eine Position ähnlich wie Beloch vertreten beziehungsweise ihm folgen: u.a. De Sanctis 1964, 280–289; Kahrstedt 1931. Der Großteil der rezenten Forschung, worin sich auch die doch beachtliche Sekundärliteratur zu dieser Datierungsfrage findet, lehnt Belochs Auslegung entschieden ab: Gomme 1959, 428–430; Virgilio 1975, 98–99; Hornblower 1991, 202–205. BNJ 457. Athen. Pol. 1.  Die Abfolge der ersten zwei Kapitel der Athenaion Politeia wirkt verworren: Im ersten (unvollständigen) Kapitel ist von der Entsühnung durch Epimenides die Rede, weshalb der gescheiterte Putschversuch wohl in dem nicht erhaltenen Anfang gestanden haben dürfte. Das zweite Kapitel schließt mit der Beschreibung der Missstände danach (μετὰ δὲ ταῦτα) bis zur Zeit Solons an. Kapitel 3 schildert die ältere Verfassung, wobei es sich bei der zeitlichen Präzisierung in die Zeit vor Drakon (τῆς πρὸ Δράκοντος) um eine Interpolation im Rahmen des ebenso eingeschobenen vierten Kapitels über Drakons Verfassung handelt. Peter Rhodes (1981, 84) setzt Epimenides zirka um 600 v. Chr. an, wodurch dieses Ereignis erst nach Drakons Gesetzen einzuordnen wäre. Für eine derartige Chronologie innerhalb der Athenaion Politeia spricht auch die Abfolge

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(4. Jahrhundert v. Chr.) Erwähnung 389 heran, die eine deutliche Datierung um 500 v. Chr. enthält: Τῇδε γὰρ ἴσως ἀκήκοας ὡς Ἐπιμενίδης γέγονεν ἀνὴρ θεῖος, ὃς ἦν ἡμῖν οἰκεῖος, ἐλθὼν δὲ πρὸ τῶν Περσικῶν δέκα ἔτεσιν πρότερον παρ᾽ ὑμᾶς κατὰ τὴν τοῦ θεοῦ μαντείαν, θυσίας τε ἐθύσατό τινας ἃς ὁ θεὸς ἀνεῖλεν, καὶ δὴ καὶ φοβουμένων τὸν περσικὸν Ἀθηναίων στόλον, εἶπεν ὅτι δέκα μὲν ἐτῶν οὐχ ἥξουσιν […]. 390 „Denn vielleicht hast du [Fremder aus Athen] gehört, daß hier [in Kreta] Epimenides geboren wurde, ein göttlicher Mann, der mit unserer Familie verwandt war, und daß er zehn Jahre vor den Perserkriegen gemäß dem Orakelspruch des Gottes zu euch kam und bestimmte Opfer vollzog, die ihm der Gott aufgetragen hatte; insbesondere versicherte er den Athenern, die sich vor dem persischen Heereszug fürchteten, daß die Perser in den nächsten zehn Jahren nicht kämen;“ 391 Der zeitliche Kontext von Epimenides’ Prophezeiung fügt sich am ehesten zur Schlacht von Marathon im Jahr 490 v. Chr., da ja zehn Jahre später jene von Salamis stattfand. 392 Gegen Belochs Verwendung dieser Textstelle zur Untermauerung einer Datierung des Kylonischen Frevels in den 50er Jahren des 6.  Jahrhunderts  v. Chr. wurde jedoch der Einwand erhoben, dass Platon Epimenidesʼ Opfer nicht ausdrücklich als Reinigung vom Kylonischen Frevel beschreibt. Vielmehr erscheint dies im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Orakelspruches, weshalb Mortimer Chambers 393 gegen eine ernsthafte Erwägung der niedrigen Datierung argumentiert hat. Andererseits hat man darin sehr wohl die spät erfolgte Entsühnung des Kylonischen Frevels erst kurz vor den Perserkriegen gesehen. 394 Um eine Übereinstimmung mit der höheren Datierung in der chronographischen Tradition zu erhalten, müsste die Zahl zehn (δέκα) in Platons Text als fehlerhafte

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in den Epitomen von Herakleides (2–3), die nach dem Kylonischen Frevel direkt Solon erwähnen (Lévy 1978, 517–519). Nun folgert Rhodes (1981, 88) in Hinblick auf die zeitliche Einordnung dieser Missstände in der Athenaion Politeia: „this sentence claims that there was a long period of στάσις before the legislation of Draco and the reforms of Solon. We should therefore assume that the expulsion and purification were narrated out of chronological sequence as an appendix to the story of Cylon, and that the reference here is to the coup and its immediate consequences: Cylon’s bid for tyranny is seen as the first incident of στάσις lasting […] until Pisistratus succeeded in establishing himself as tyrant.“ Mortimer Chambers (1990a, 143) hingegen argumentiert, dass sich die geschilderten Missstände auf die Zeit nach der Reinigung vom Frevel und eben nicht auf die Kylonische Verschwörung beziehen: „Aber Aristotelesʼ Versuch einer chronologischen Ordnung ist nicht ganz glücklich; die Umstände, die er beschreibt, müssen schon lange Zeit vor der Tat des Epimenides existiert haben.“ Plat. leg. 1, 642 d4–e1. Griechischer Text nach: Des Places 1951, 26. Übersetzung: Schöpsdau 1994, 29. Schöpsdau 1994, 220–221. Chambers 1990a, 140–141. Kern 1907.

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Überlieferung betrachtet werden. Dementsprechend vermutet Dyer 395 ursprünglich die Zahl ρι´ für 110, woraus schließlich nur mehr ι´ für zehn kopiert worden wäre. Felix Jacoby 396 fand hingegen einen anderen Weg, um Platons für die moderne Forschung so problematische Datierung für Epimenides zu erklären. Seiner Meinung nach zog Platon eine Orakelsammlung heran, die unter dem Namen von Epimenides kursierte, allerdings erst in der Zeit des Peloponnesischen Kriegs verfasst worden sei und deshalb als ernst zu nehmende Quelle nicht in Frage käme. In der späteren antiken Überlieferung erhielt Epimenidesʼ Sühneopfer eine deutlich höhere Datierung: 397 Diogenes Laertios 398 (3.  Jahrhundert  n. Chr.) nennt hierfür die 46. Olympiade (596/5–593/2 v. Chr.). Eusebius (4. Jahrhundert n. Chr.) setzte einen ähnlichen Zeitraum an, da Hieronymus 399 Ol. 45,4 (597/6 v. Chr.) und die armenische Texttradition 400 Ol. 46,4 (593/2 v. Chr. = AA 1423) wiedergeben. 401 In der byzantinischen Suda 402 wird die Entsühnung des Frevels durch Epimenides schließlich noch etwas höher in die 44.  Olympiade (604/3–601/0  v. Chr.) gesetzt. Diese chronographische Tradition dient Edmond Lévy 403 als wesentlicher Stützpfeiler seines Vorschlags, die Ereignisse um Kylon unmittelbar vor Solons Archontat, das er traditionell mit 594/3  v. Chr. veranschlagt, 404 etwa um 597 v. Chr. anzusetzen. Zudem beruft sich Lévy auf die Überlegung, dass die Olympischen Spiele zunächst jährlich und erst später alle vier Jahre ausgetragen worden seien. Folgt man außerdem der Meinung von Thomas Lenschau 405, der den Wechsel von jährlich zu penteterischen ausgerichteten Olympischen Spielen im Jahr 580  v. Chr. ansetzt, würde Kylons Sieg bei den 35. Olympischen Spielen anstelle der konventionellen Umrechnung 640 v. Chr. ins Jahr 598 v. Chr. weisen. Diese modernen Auslegungen setzen vielerorts einen Eingriff in die überlieferten Datierungen voraus. Es geht hier nicht darum, sämtliche Einzelheiten zur Chronologie des archaischen Athens zu klären, deren Diskussion sich im Detail wesentlich umfangreicher gestaltet. Bezeichnenderweise datiert der Kylonische Frevel als ältestes bekanntes Ereignis in Athen in einen ähnlichen Zeithorizont wie die jüngeren griechischen Gründungen auf Sizilien. Das Fallbeispiel um die Datierung von Kylons Putschversuch zeigt auf, welch weitreichende Konsequenzen unterschiedliche, moderne zeitliche Ansetzungen mit sich 395 Dyer 1969, 46. 396 Jacoby, FGrHist III B, 313. 397 Siehe hierzu die Anmerkung von Beloch 1913, 305: „Wenn gleichwohl der Atthidograph […] das Ereignis [den Kylonischen Frevel] fast ein Jahrhundert höher hinaufgerückt hat, so haben wir hier eines der Beispiele von Vordatierung, die in der griechischen Historiographie wie der römischen Annalistik in bezug auf die ältere Zeit so gewöhnlich sind.“ 398 Diog. Laert. 1, 110. 399 Helm 1956, 99bf. 400 Karst 1911, 187. 401 In der armenischen Manuskripttradition fand eine Verwechslung von καθαίρω (reinigen) mit dem ähnlich lautenden Verb καθαιρέω (zerstören) statt, wonach Epimenides Athen zerstört hätte. 402 Suda ε 2471 s.v. Epimenides. 403 Lévy 1978. 404 Zur Problematik dieses Datums siehe: weiter oben. 405 Lenschau 1936b, v.a. 399–401, 407.

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bringen. So verschieben sich je nach vertretener Ansicht die essentiellen Eckpfeiler der Geschichte Athens, worunter der Kylonische Frevel und die zeitliche Relation zu den Gesetzen Drakons und Solons fallen. Für das moderne Verständnis des archaischen Athens spielt es sehr wohl eine entscheidende Rolle, ob Kylon nun seinen Putschversuch um 630 v. Chr., 597 v. Chr. oder in den 50er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr. unternahm. Durch den Eintrag in der Olympionikenliste zu Kylon und seinem Putschversuch dürfte den antiken Chronographen die Erstellung eines Olympiadendatums für den Kylonischen Frevel verhältnismäßig leicht gefallen sein. Andere Fälle mögen sie vor größere Herausforderungen gestellt haben. Wie in Kapitel 4 noch ausgeführt wird, können ältere Quellen aus der Archaik eben keine feinchronologischen Datierungen bieten, weil die dafür vorhandenen Datierungskonventionen noch fehlten. Wenn nun entsprechend präzise Datierungen fehlten, dürften diese gerade für die Archaik post festum konstruiert, erstellt oder auch einfach geschätzt worden sein. Bei vielen Olympiadendatierungen, wenn nicht sogar bei den meisten, bleibt jedoch der genaue Weg, wie ein Datum für ein Ereignis oder eine Person festgelegt wurde, nicht im Detail nachvollziehbar. Aus diesem Grund stellt die bereits erwähnte Möglichkeit unterschiedlicher Olympiadenansetzungen auch ein entsprechendes Problem dar, zumal Umrechnungen unterschiedlicher Chronologiesysteme von vornherein schon eine mögliche Ursache für Divergenzen in der absoluten Datierung bilden. Die antike Chronographie arbeitet mit abstrakten Mechanismen, um nicht überlieferte Lebensdaten von wichtigen Persönlichkeiten anzusetzen: 406 So können zum Zeitpunkt der ἀκμή, also der Blütezeit, die größten Leistungen und berühmte Ereignisse angesetzt werden. 407 Apollodor (2. Jahrhundert v. Chr.) hat in seiner Chronik 408 diesen Zeitpunkt mit dem 40. Lebensjahr bemessen. 409 War ein historisches Ereignis bekannt, welches zu Lebzeiten einer zu datierenden Person geschah, konnte man durch die Verbindung mit deren 40. Lebensjahr auch automatisch das Geburtsjahr errechnen. Bei der Abfolge von aufeinanderfolgenden Generationen an Philosophen und Künstlern konnte die Akme des Lehrers jeweils mit der Geburt des künftigen Schülers gleichgesetzt werden. 410 Möglicherweise ist im Marmor Parium (3. Jahrhundert v. Chr.) mit der Formulierung ἐφάνη, was so viel wie erscheinen bedeutet, 411 ein alternativer oder älterer Ausdruck für die Akme und somit ein ähnliches Konzept greifbar. 412 406 So hat Alden Mosshammer präzisiert: „Apollodorus […] provides the only concrete illustration of how Greek chronographic methods were in fact applied.“ Mosshammer 1979, 116. 407 Zum Akme-Prinzip: Jacoby 1902b, 41–51; Mosshammer 1979, 121–127; Fehling 1985, 68–69; Shaw 2003, 56–58. 408 Jacoby 1902b. 409 Grundlegend hierzu: Diels 1876; Jacoby 1902b, 41–51.  Felix Jacoby (1902b, 48) fasst einige aufschlussreiche Fragmente zusammen, deren Nummerierung jedoch von jener in FGrHist 244 abweicht. 410 Zum Prinzip der Diadoche: Mosshammer 1979, 113–127; Fehling 1985, 68. 411 LSJ s.v. φαίνω. 412 Rotstein 2016, 101. Die Verbform ἐφάνη taucht im Marmor Parium in den Zeilen A 28, A 29 und B 25 auf.

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Ähnlich dem Prinzip der Akme konnte auch mittels einer konstruierten Generationenveranschlagung eine Datierung erstellt werden, wenn präzise chronologische Informationen nicht vorlagen. Wie bereits erwähnt, ging Karl Julius Beloch 413 davon aus, dass hinter dem chronologischen Schema in der Athenaion Politeia 414 für Solons Datierung und der Peisistratidenherrschaft wohl Generationenveranschlagungen von je 33  Jahren stecken. Demnach scheint Peisistratosʼ Herrschaft mit einer ganzen Generation, jene seiner Söhne mit einer halben Generation und Solons Archontat beziehungsweise seine Gesetzgebung eine Generation vor Peisistratos bemessen zu sein. 415 Dies zeigt meiner Meinung nach einmal mehr die schematische Arbeitsweise späterer chronographischer Recherchen auf, die auf diese Weise mit den chronologischen Schwierigkeiten der Archaik zurechtkamen. 3.3.3 Die Spartanische Königsliste Bekanntlich herrschten im antiken Sparta zwei Könige, wobei jeweils ein Regent von den Agiaden und ein Herrscher von den Eurypontiden abstammte. Bereits Herodot 416 liefert an zwei Stellen eine durchgehende Genealogie für die beiden Könige Leonidas und Leotychidas (II.), die bis auf Herakles zurückführt. Vor allem weil Herodots kontinuierliche Auflistung bekannte oder an anderer Stelle erwähnte Könige auslässt, so beispielsweise bei den Agiaden Kleomenes  I. und bei den Eurypontiden Hegesikles 417, Ariston und Demaratos 418, kann sie eben nicht als eigentliche Königsliste, sondern nur als Genealogie der beiden Könige verstanden werden. Herodot zog diese herausragende und singulär weit in die Vergangenheit reichende Ahnenliste allerdings nicht explizit für chronologische Zwecke heran. 419 Für Athen bietet Herodot keine ähnliche Liste an, die attischen Archonten und Könige sind erst bei viel späteren Autoren überliefert. Warum Herodot die Spartanische Königsgenealogie nun als potentiell nützliches chronologisches Mittel nicht mehr ausschöpfte, ist nicht eindeutig zu beantworten. Reinhold Bichler 420 hat jedoch aufzeigen können, dass Herodots Datierung 421 des Trojanischen Kriegs 20 Generationen vor den Perserkriegen mit der Königsgenealogie Spartas gut einhergeht. Für die Erstellung einer Chronologie der griechischen Frühzeit kam der Spartanischen Königsliste eine bedeutende Funktion zu, weshalb diese Liste von den anderen chronographischen Datierungsmitteln hier eigens hervorgehoben wird. Erkennbar ist

413 414 415 416 417 418 419 420 421

Beloch 1913, 161, 291. Athen. Pol. 14, 1; 17, 1; 19, 6. Ehrhardt 1992, 16; Walter 1993, 192 Anm. 90. Hdt. 7, 204 (Agiaden); 8, 131 (Eurypontiden). Zur Zeit der Königsherrschaft von Leon aus dem Haus der Agiaden soll außerdem Hegesikles (aus dem Haus der Eurypontiden) König in Sparta gewesen sein. Hdt. 1, 65. Als Vorgänger von Leotychidas II. nennt Herodot (6, 61–65) Demaratos und Ariston. Möller 2001a, 253; Bichler 2004a, 228. Bichler 2004a, 229. Hdt. 6, 98.

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dies beispielsweise an der Bemerkung von Plutarch 422 und Diodor 423, wonach sowohl Eratosthenes als auch Apollodor diese Königsliste für chronologische Berechnungen nutzten. Der Inhalt der erhaltenen Fragmente gibt allerdings keinen direkten Hinweis auf deren Anwendung, so bleiben die genauen Kalkulationsschritte von Eratosthenes und Apollodor unklar. Hinter Pindars Angabe 424, Battos habe in der 17. Generation nach den Argonauten Kyrene gegründet, könnte sich eine Berechnung anhand der Genealogie der beiden spartanischen Königsfamilien verbergen, 425 zumal Sparta Thera gegründet haben soll und somit eine direkte Verbindung zu Kyrene besteht. 426 Wenn beispielsweise Ephoros 427 und ihm folgend Pseudo-Skymnos 428 die griechischen Gründungen Naxos und Megara auf Sizilien in die zehnte Generation nach dem Trojanischen Krieg setzen, hat man dahinter ebenso eine Kalkulation auf Basis der Spartanischen Königsliste vermutet. 429 Ähnlich hat man Ephoros’ Einordnung von Pheidon in die zehnte Generation nach Temenos 430 beurteilt. 431 Mait Kõiv 432 argumentiert außerdem für einen Zusammenhang mit Ktesias’ medischer Königsliste: So könnte Ktesias schlicht die Zeitspanne zwischen Lykurg und der sechsten Generation nach der Dorischen Invasion mit medischen Regenten aufgefüllt haben. Weitere konkrete Belege für chronologische Berechnung mit der Spartanischen Königsliste für die griechische Frühzeit sind mir nicht bekannt. Problematisch für die Chronologie der griechischen Archaik sind nun die unterschiedlichen Varianten, welche die Überlieferung für das Haus der Eurypontiden wiedergibt. Lange war neben Herodot nur eine weitere Darstellung durch Pausanias 433 belegt, die sich eben nicht mit Herodots Version(en) deckte. Eine breite Anzahl von Studien hat versucht, diesen Konflikt zu lösen und die ‚korrekte‘ Königsliste zu gewinnen, ohne jedoch dabei ein überzeugendes Ergebnis gewinnen zu können. 434 Unabhängig davon, wie sich methodisch nun eine ‚bessere‘ oder ‚korrekte‘ Königsliste extrahieren ließe, hat Kilian Fleischers 435 neue Lesung eines Papyrus aus Herculaneum 436 ausschlaggebende Erkenntnisse gebracht. So kann Fleischer auf dem besagten Papyrus eine Auflistung der Eurypontiden nach Pherekydes von Athen erkennen, die als älteste bekannte Quelle sowohl von Herodot 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436

Plut. Lyk. 1, 2 (= FGrHist 241 F 2; FGrHist 244 F 62a). Diod. 1, 5, 1 (= FGrHist 244 F 61a). Pind. Pyth. 4, 9–10. Lattmann 2010, 200; Bichler 2012, 95. Z.B. Pind. Pyth. 5, 73–75. BNJ 70 F 137a (apud Strab. 6, 2, 2). Zur Schwierigkeit der nicht überlieferten Zahl in Strabons Text siehe: Kapitel 5. Ps.-Skymn. 270–282. Marcotte 2002, 77. BNJ 70 F 115 (apud Strab. 8, 3, 33). Kõiv 2019, 264. Kõiv 2019, 272. Paus. 3, 7, 5–7. Dum 1878; Beloch 1900; Poralla 1913, 153–157; Lenschau 1939; Chrimes 1949, 334–347; Den Boer 1954, 84–88; Huxley 1962, 19–25, 39–52, 117–118; Cartledge 1979, 341–346; West 1992. Fleischer 2019. PHerc. 1788, col. 1.

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als auch Pausanias abweicht. Pherekydes’ Liste der spartanischen Könige wird mit Sicherheit noch zu weiteren Diskussionen um die Chronologie der Archaik führen, vor allem für die Datierung der Messenischen Kriege sowie der Dichter Tyrtaios und Alkman. Die unterschiedlichen Versionen der Spartanischen Königsliste dürften wesentliche Auswirkungen auf die Chronologie gehabt haben und werden in Kapitel 4 eingehend diskutiert. Dazu könnte auch die Beanspruchung der Abstammung beider Königshäuser auf Lykurg 437 beigetragen haben. Paul Christesen argumentiert dafür, dass Hippias das Datum der ersten Olympischen Spiele über Lykurgs Genealogie eruiert haben könnte. 438 Gerade in Hinblick auf die Chronologie der Archaik könnte die Flexibilität der Spartanischen Königsliste möglicherweise auch für einige chronologische Wirren verantwortlich gemacht werden. Die unterschiedlichen Zuweisungen von Koroibos’ Sieg entweder bei den ersten, 14. oder 28. Olympischen Spielen, führt Paul Christesen 439 nun dezidiert auf die Schwierigkeiten von Lykurgs Datierung in der Antike zurück. Der Grund, warum diese chronographische Liste Spartas beispielsweise auch nach der Einführung der Olympiadendatierung im 3. Jahrhundert v. Chr. noch eine entscheidende Rolle spielte, dürfte nicht zuletzt in deren Bedeutung für den zeitlichen Raum zwischen dem Trojanischen Krieg und den ersten Olympischen Spielen liegen. Für diese Zeitspanne konnte die Olympiadendatierung ja nicht angewandt werden. Auf diese Weise erklärt auch Eusebius in der armenischen Manuskripttradition den chronologischen Nutzen: „Wir werden aber, da es sich so getroffen hat, daß von den troischen Dingen bis zur ersten Olympiade die Zeit schwer zu ermitteln ist, weil noch nicht, weder in Athen noch in einer andern Stadt, zu jenen Zeiten jährliche Fürsten vorhanden waren, zum Beispiel die Lakedämonierkönige in Anwendung bringen.“ 440

3.3.4 Das Phänomen des ‚Älterwerdens‘ der Archaik An Solons Datierung lässt sich beispielhaft erkennen, dass diese im Laufe der Überlierung nach hinten geschoben wurde und eine höhere zeitliche Ansetzung erhielt. Während Herodot Solon als Zeitgenossen von Peisistratos darstellt und somit eine Einordnung um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. vornimmt, setzt das chronographische Archontendatum Solon viel früher, umgerechnet im Jahr 594/3 v. Chr., an. Tendenziell weisen spätere Quellen einigen historischen Persönlichkeiten und Ereignissen der Archaik höhere Datierungen als Autoren des 5./4. Jahrhunderts v. Chr. zu, 441 was man auch bei den griechischen Gründungsdaten beobachten kann. Im Gegensatz zu Thukydidesʼ 437 438 439 440 441

Thommen 1996, 26. Christesen 2009. Christesen 2007, 146–157, 509. Karst 1911, 105. Burn 1935; Panchenko 2000, u.a. 60.

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approximativen Datum für Selinunt, gängigerweise mit zirka 628  v. Chr. angegeben, nennt Diodor umgerechnet eine um zirka 20 Jahre höhere Datierung mit 650  v. Chr. Interessanterweise folgt Hieronymus für Selinunts Gründungsdatum Diodor oder gibt zumindest dasselbe Datum wieder, die restlichen Datierungen stimmen aber soweit mit Thukydides überein. Die armenische Texttradition von Eusebius’ Chronik datiert Selinunt und Zankle umgerechnet ins Jahr 757 v. Chr. (Ol. 5,4 / AA 1259), womit ebenso eine höhere Datierung vorliegt. Aber auch das Marmor Parium (3. Jahrhundert v. Chr.) scheint für Syrakus bereits ein höheres Datum als Thukydides umgerechnet in der ersten Hälfte des 8.  Jahrhunderts  v. Chr. zu verwenden. 442 Ein weiteres bekanntes Fallbeispiel stellt die Datierung der Kypseliden von Korinth dar, wofür Herodot eine um zirka 30 Jahre niedrigere Einordnung als spätere Olympiadendatierungen bietet. 443 Obwohl die in Korinth produzierte Keramik als Datierungsanker für die absolute Chronologie im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. dient, 444 kann sie ncht zu einer Lösung der Kypseliden-Chronologie beitragen. Die Methodik der Keramikdatierung setzt nämlich die Verbindung mit einer Datierung aus den schriftlichen Quellen voraus. 445 Im Übrigen beschreibt Herodot 446 die Dichterin Sappho in einen verhältnismäßig späten Zeitraum als Zeitgenossin von Amasis (570–526  v. Chr.) 447, sowie Herodot allgemein für die lesbischen Dichter ein späteres Datum als die chronographischen Traditionen vertritt. 448 So rekapituliert Reinhold Bichler: „Bemerkenswert sind auch die Zeitansätze, die Herodot für einige bekannte Dichter trifft.  […]  Eine ganze Gruppe  […]  berühmter Poeten wird […] gemeinsam auf einer recht späten Zeitstufe postiert, die auf dem Felde der Herrschaft durch Amasis, Kroisos und Polykrates repräsentiert wird. Sappho erscheint durch die Gleichsetzung einer im Gedicht verewigten Hetäre, die es ihrem Bruder angetan hatte, mit der legendären Rhodopis und dank deren Verknüpfung mit der Gestalt des Königs Amasis als dessen Zeitgenossin (II 134–135). Alkaios und die Kämpfe der Lesbier und Athener um Sigeion am Hellespont werden ausdrücklich mit dem Peisistratos-Sohn Hegesistratos verknüpft (V 94–95) und in Übereinstimmung damit erscheint Pittakos, den Alkaios in seinen Gedichten so hart attackiert, als Zeitgenosse des Lyders Kroisos (I 27,2). Wie Sappho soll auch der Fabeldichter Aisopos der Zeit des Ägypters Amasis angehören (II 134,3–4), was chronologisch ziemlich auf dasselbe hinausläuft wie die enge

442 Zu einer eingehenden Besprechung der Textstellen siehe: Kapitel 5. 443 Die niedrigere Ansetzung ließe sich in etwa von zirka 625/15 bis 550/40  v. Chr. festmachen, während die chronographische Tradition dies in Olympiaden von 657/6 bis 584/3 v. Chr. datierte (Gehrke 1990, 34). Die Position der Niedrigdatierung findet sich beispielsweise bei Beloch (1913, 274–284), Lenschau (1936a, 278–283), Will (1955, 363–407, 436–440) und Parker (1993). Die hohe Chronologie, die nach wie vor als weiter verbreitet gilt, wird unter anderem von Servais (1969) und Gehrke (1990) verteidigt. 444 Siehe: Kapitel 5. 445 Harrison 1957, 63; Gehrke 1990, 43 Anm. 1. 446 Hdt. 2, 134–135. 447 Von Beckerath 1997, 192. 448 Fehling 1985, 107.

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Verknüpfung zwischen Anakreon und Polykrates (III 121,1).“ 449 Dieser Sachverhalt lässt punktuelle Versuche, Herodots Datierungen anhand von Texteingriffen in Einklang mit den höheren Olympiadendatierungen zu bringen noch problematischer erscheinen. 450 Herodots Datierung für Periander veranschaulicht diesen Umstand. Herodot ordnet Periander nämlich eine Generation 451 vor Kambysesʼ Feldzug gegen Ägypten 452 ein, wozu der Vorschlag einer Emendation auf drei Generationen vorgebracht worden ist. 453 Als mögliche Ursache für das feststellbare ‚Älterwerden‘ der griechischen Frühzeit könnte sowohl die Generationenrechnung als auch das Akme-Prinzip in Betracht gezogen werden. So führt eine zu hohe Veranschlagung einer Generation oder der Akme, wie beispielsweise bei Apollodor mit 40 Jahren 454, dazu, dass höhere absolute Datierungen errechnet werden. 455 In der Forschung lässt sich tendenziell ein „Mißtrauen gegenüber den Chronographen“ 456 beziehungsweise deren hohen Datierungen feststellen. Jonathan Taylor 457 ist in seiner Studie über die griechischen Chronographie zu dem Ergebnis gelangt, dass die absolute Datierung der Königslisten von Athen, Sparta und Rom künstlich in die Länge gezogen wurden, wovon auch die Datierung der ersten Olympischen Spiele betroffen sei. Als primäre Ursache sieht er die zeitliche Festlegung des Trojanischen Kriegs durch Eratosthenes, wodurch die Lücke zwischen der weit zurückliegenden (mythischen) und jüngeren (historischen) Vergangenheit aufgefüllt werden musste. 458 Ähnlich argumentierte bereits Beloch: „Sie [i.e. die Chronographen]  rücken die Ereignisse fast immer zu hoch hinauf, was durch die Generationsrechnung bedingt ist, und den Zwang, den Zeitraum zwischen der Einnahme Troias und den Perserkriegen, so gut es gehen wollte, auszufüllen.“ 459 Dmitri Panchenko 460 hat sich in einem Aufsatz ebenso mit dem Phänomen beschäftigt, dass die hellenistische Chronographie oftmals um zirka 33 Jahre frühere Datierungen im Vergleich zu älteren Autoren vom 5. Jahrhundert v. Chr. anbietet. Als zentrales Beispiel zieht Panchenko Demokritosʼ Datierung vom Trojas Fall heran, der demnach 730 Jahre vor der Veröffentlichung seines Werkes Diakosmos

449 Bichler 2004a, 219–220. 450 Allgemein zum problematischen Umstand, dass Eingriffe in Herodots Text trotz einer einheitlichen Manuskripttradition geschehen: Gilula 2003. 451 Hdt. 3, 48. 452 Hdt. 3, 39. Die Eroberung Ägyptens durch Kambyses kann durch eine Kombination von ägyptischen und griechischen Quellen dem Sommer 525 v. Chr. zugewiesen werden. Einen nützlichen Überblick über die Quellenlage bietet Kienitz (1953, 154–157). Freilich nennt Herodot selbst nicht, in welchem Regierungsjahr von Kambyses dies einzuordnen ist und bleibt somit in der zeitlichen Verortung etwas vage (Bichler 2004a, 212–213). 453 Z.B. Gehrke 1990, 36–37. 454 Mosshammer 1979, 115. 455 Z.B. Parker 1993, 406 Anm. 120. 456 Gehrke 1990, 34. 457 Taylor 2000, v.a. 184. 458 Taylor 2000, 189. 459 Beloch 1913, 275. 460 Panchenko 2000.

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anzusetzen sei. 461 Die zeitliche Versetzung um 33 Jahre führt Panchenko nun darauf zurück, dass ursprünglich das Archontat von Aristion (421/20 v. Chr.) als Ausgangslage des Intervalls gemeint war, die spätere Tradition aber bewusst auf den ähnlich klingenden Archon Ariston (454/3 v. Chr.) zurückgegriffen habe. 462 Diesbezüglich legt auch die keilschriftliche Chronographie ein ähnliches Verhalten in der Darstellung der Frühzeit an den Tag. Sowohl die Sumerische Königsliste als auch die Assyrische Königsliste erfuhren im Laufe ihrer Redaktionen Einschübe und somit höhere zeitliche Ansetzungen. 463 Ähnlich hat Pamela-Jane Shaw 464 in ihrer Dissertation, wie andere bereits vor ihr, 465 die Konvention der Olympiadendatierung als eine wesentliche Ursache gesehen, die zu höheren Datierungen für die Archaik führte. Ihrer Meinung nach erklärt sich die Diskrepanz der Olympiadendatierungen mit den Angaben älterer Autoren, allen voran natürlich Herodot, mit unterschiedlichen und nicht kompatiblen Systemen der Olympiaden, abweichenden Angaben für die Distanzen zwischen dem Trojanischen Krieg und den ersten Olympischen Spielen sowie Schwierigkeiten in der Synchronisierung der eponymen Konsuldatierung mit den Olympiaden. So setzt sie den Beginn der Olympischen Spiele im panhellenischen Umfang analog zu den anderen Wettkämpfen anders als die antike Chronographie zirka um 600 v. Chr. an. Als Resultat ergibt sich ein Vorschlag, der eine radikale Herabsetzung der Chronologie der Archaik zur Folge hat und als weitere Konsequenz das 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. im Vergleich zum 6. Jahrhundert v. Chr. entsprechend ereignisleer erscheinen lässt. 466 Trotz aller Sorgfalt ihrer Detailstudie zur Chronologie der Archaik auf der Peloponnes erfuhr Shaws Ansatz meines Wissens keine umfangreichere Diskussion in einschlägigen Abhandlungen zur Archaik trotz einer äußerst wohlwollenden Rezension von Uwe Walter: „Die Spezialisten sollten Shaws Buch trotz der dem Thema inhärenten Schwierigkeiten und der oft sperrigen Form der Mitteilung nicht achselzuckend beiseite legen, und die Überzeugungskraft des am Ende nur skizzierten neuen Bildes der griechischen Geschichte von Homer bis zum Manifestwerden des Dualismus von Athen und Sparta wäre zu testen, indem eine alternative Rekonstruktion und Erzählung 461 Diog. Laert. 9, 41. 462 Ein Manuskript Diodors (12, 75, 1) nennt umgerechnet für 454/3  v. Chr. Ariston und nicht Aristion als Amtsträger, wozu auch die Namensähnlichkeit beigetragen haben könnte. Dieser Sachverhalt ist in der Loeb-Ausgabe (Oldfather 1962, 88) und Samuels Auflistung der attischen Archonten (Samuel 1972, 207) nicht ersichtlich. Einen entsprechenden Hinweis findet man hingegen in der Teubner-Edition (Vogel 1890, 447) und in der Zusammenstellung der attischen Archonten von Strothmann und Welwei (2004, 149, 150). Dmitri Panchenko (2000, 33 Anm. 5) hat in einer Fußnote darauf aufmerksam gemacht, dass die richtige Lesung des Archonteninhabers für 454/3 v. Chr. ‚Aristion‘ von Athenaios (5, 216d, f, 218d–e) wiedergegeben wird. 463 Siehe: Kapitel 4. 464 Shaw 2003. 465 Heidrich 1987; Peiser 1990. 466 Sowohl George Huxley (2006) als auch Mischa Meier (2007) betonen in ihren jeweiligen Rezensionen die Stimmigkeit von Shaws Argumentation, die die Problematik der Olympiadendatierungen aufzeigt. Beide äußern jedoch Bedenken gegen Shaws Lösungsvorschläge, können und wollen aber keine detaillierte Auseinandersetzung mit Shaws alternativer Chronologie für die archaische Peloponnes leisten.

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im Vollformat vorgelegt wird.“ 467 Dieser Forderung, die im Übrigen ein interessantes Forschungsprojekt darstellen würde, kann im Rahmen der vorliegenden Qualifikationsarbeit nicht nachgekommen werden. Es wäre jedoch äußerst interessant, wie sich eine alternative Chronologie der griechischen Archaik im Großen auswirken würde, wovon unter anderem auch die Datierung der archaischen Dichtung betroffen ist. Unabhängig davon, wie man Shaws Ansatz beurteilt, zeigt dies einmal mehr auf, wie wichtig eine absolute Chronologie ist. Denn eine derartige Revision der Chronologie würde auch gravierende Veränderungen des modernen Verständnisses historischer Prozesse der Archaik mit sich bringen. 468 Vielleicht bringt die neue Evidenz von Pherekydes’ Spartanischer Königsliste 469 eine ausführliche Diskussion um die Chronologie der archaischen Peloponnes in Gang, wo Shaws Ansätze nähere Berücksichtigung finden sollten. Nach derzeitigem Stand wird diese neue Liste als Argument gegen eine Herabdatierung vor allem von Alkman, Tyrtaios und der Messenischen Kriege herangezogen. Dennoch halte ich Shaws grundsätzliches Argument, dass einige Olympiadendatierung höhere zeitliche Ansätze als frühere Autoren bieten, weiterhin als gültig. Weil zumindest in vielen Fällen die antiken Chronographen auf ältere Quellen aus der Klassik zurückgriffen, um eine präzise und absolute Chronologie zu erstellen, erhalten beispielsweise Herodots und Thukydides’ chronologische Einordnungen eine gewisse Vorrangstellung. 470 3.3.5

Die Datierungsmittel antiker Autoren und divergierende Datierungen

Eine konventionelle Chronologie muss letztlich auf einen Konsens in der Altertumswissenschaft aufbauen, schon allein deshalb gestalten sich größere Revisionen, wie sie beispielsweise Shaw vorgeschlagen hat, als schwierig. Unterschiedliche Chronologieschemata für die griechische Archaik würden der Wissenschaft die Grundlage einer gemeinsamen Ausgangslage, die wiederum als Diskussionsbasis unentbehrlich ist, entziehen. Der in dieser Arbeit verfolgte Lösungsansatz orientiert sich deshalb vielmehr an Alden Mosshammers Resümee: „Early Greek chronology is not a problem to be ‚solved‘, but a tradition to be understood and respected.“ 471 Wie die Besprechung einzelner Fixpunkte noch im Detail zeigen wird, konnte sich ein antiker Autor je nach Arbeitstechnik unterschiedlicher chronologischer Systeme zur Darstellung der griechischen Archaik bedienen, die hier nochmals zusammengefasst sind:

467 Walter 2005. 468 In weiterer Folge bringt eine Revision der historischen Chronologie auch Auswirkungen für die Kontextualisierung archäologischer Funde mit sich. 469 Fleischer 2019. 470 Ähnlich: Ruschenbusch 1992, 394. 471 Mosshammer 1979, 86. Bereits Astrid Möller (2004b, 173) hat ebenso auf diese treffende Äußerung Alden Mosshammers verwiesen.

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1. Für die zeitliche Verankerung in der griechischen Frühzeit spielte der Trojanische Krieg beziehungsweise dessen Datum eine wichtige Rolle, wobei sich aus moderner Perspektive ein mythisches Ereignis kaum für die zeitliche Festlegung historischer Begebenheiten eignet. 472 Bekanntlich gibt es breit gestreute zeitliche Ansetzungen für den Trojanischen Krieg 473, die umgerechnet vom 14. bis 10. Jahrhundert v. Chr. reichen. Demnach können und Intervall- und Generationenangaben mit Bezug auf den Trojanischen Krieg zu sehr unterschiedlichen absoluten Datierungen führen. 2. Intervall- und Generationenangaben können sich auch auf einen zeithistorischen Referenzpunkt beziehen, um Ereignissse der Archaik zeitlich zu verorten. So schreibt beispielsweise Thukydides, dass Megara Hyblaia bereits 245 Jahre existiert hatte, als Gelon ihre Einwohner vertrieb. 3. Synchronismen stellen ein einfaches Mittel dar, mit dem sich unter anderem überregionale Chronologien mit einander verknüpfen lassen. 4. Auf die Bedeutung der Olympiadendatierung im Rahmen einer panhellenischen Darstellungsmöglichkeit ist bereits eingehend verwiesen worden. Antiken Autoren stand diese Möglichkeit zur zeitlichen Fixierung historischer Ereignisse der Archaik ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. zur Verfügung. 5. Durch die Angabe des Inhabers eines eponymen, säkularen oder profanen Amtes ließ sich ein Jahr ebenso bestimmen. Als letztes großes eponymes Chronologieschema taucht mit dem politischen Auftreten Roms die Konsuldatierung auf, die in der Historiographie mit dem griechischen Zeithorizont  –  vor allem den attischen Archonten und den Olympiaden  –  synchronisiert wurde. Allerdings besitzt die eponyme Datierungsweise eine paradoxe chronologische Eigenschaft. Obwohl die Namensnennung des Amtsinhabers, wie beispielsweise der attischen Archonten, das Jahr als solches identifiziert, können antike Autoren selbst bei gleicher Namensnennung unterschiedliche Intervallangaben und somit eine divergierende absolute Datierungen liefern. Die Erstellung von Synchronismen unterschiedlicher Zeitraster dürfte antike Autoren durchaus vor größere Herausforderungen gestellt haben, da es bereits innerhalb desselben Chronologieschemas zu unterschiedlichen Datierungen kommen kann. Deutlich lässt sich dies bei den Abweichungen für die Datierung des Trojanischen Kriegs benennen, die aufgrund ihrer chronologischen Schlüsselrolle zu vielfältigen Ergebnissen führt. Ähnliche Schwankungen bestehen für das Datum der ersten Olympischen Spiele, wenn man die Abweichungen in den betreffenden Textstellen bedenkt. Aber auch die Liste der römischen Konsuln scheint nicht eine in sich geschlossene unantastbare Tradition dargestellt zu haben. Berücksichtigt man ferner noch die ohnehin schon stark schwankenden 472 Ulf 1997, 11; Bichler 2003, 363–367. Die unterschiedlichen Positionen zur Frage der Historizität des Trojanischen Kriegs nach dem aktuellen Forschungsstand finden sich gesammelt bei: Weber 2011. 473 Zu den höchst unterschiedlichen Datierungen des Trojanischen Kriegs in der Antike siehe: Burkert 1995; Bichler 2003.

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antiken Datierungen beispielsweise für Lykurg oder Pheidon von Argos, haben für die Synchronisierung ebenso mehrere Optionen zur Verfügung gestanden. Auf die hier angesprochenen technischen Schwierigkeiten geht Censorinus in seinem Werk De die natali auch ein, wenn er die differierenden Intervalle zwischen Trojas Fall und der ersten Olympiade erwähnt. So listet er Varianten mit einer zeitlichen Ansetzung von 395, 407, 417 und sogar 517 Jahren auf. 474 Aber auch nach den ersten Olympischen Spielen konnte Censorinus, oder vermutlich eher seine chronographische Quelle, Divergenzen von sechs oder sieben Jahren in den Angaben mancher Autoren ausmachen. 475 Die Arbeitsweise der antiken Chronographie legt somit grundsätzlich eine gewisse Schwankungsbreite für die Chronologie der Archaik nahe. Zu mehreren Gründungsdaten konnte außerdem der Umstand führen, dass einige Gründungen gewissermaßen doppelt durchgeführt wurden. So haben antike Chronographen sowohl der Gründung durch einen Heros als auch jener durch einen Oikisten ein absolutes Datum zugewiesen, weshalb letztlich auch zwei unterschiedliche Datierungen vorliegen. Dem modernen Empfinden nach werden die griechischen Heroen freilich im mythischen Bereich verortet und kommen deshalb für die archäologischen Fixpunkte nicht in Betracht, wie beispielsweise die sehr hohen Gründungsdaten Karthagos umgerechnet im 13.  und 11.  Jahrhundert  v. Chr. 476 Für die griechische Gründung Lipara berichtet Diodor 477, dass die Oikisten und griechischen Siedler in der 50. Olympiade auf die Nachfolger der Siedlungsgründung von Aiolos stießen. Die Quellenlage zur Gründung von Kroton erlaubt einen ähnlichen Schluss: Einerseits berichtet Strabon 478 von der Gründung durch Myskellos, andererseits wurde auch Herakles in seiner Rolle als Oikist verehrt, wie Münzbilder eindeutig belegen. 479 Wie die Analyse diverser Textstellen noch zeigen wird, sollte man von der Hypothese absehen, dass die Chronologie der griechischen Archaik unveränderlich in einer starren Form überliefert worden ist. Diese Sichtweise belegen unter anderem die beiden Miniaturchroniken der Tabulae Iliacae aus der römischen Kaiserzeit. Sie weisen für die Geschichte Griechenlands des 6. und 5. Jahrhunderts v. Chr. leicht abweichende Datierungen auf, umgerechnet werden beispielsweise die Ermordung von Hipparch durch Harmodius und Aristogeiton im Jahr 513/2 statt 514 v. Chr. und die Schlacht von Salamis 475/4 statt 480 v. Chr. angesetzt. 480 Damit einher geht die Erkenntnis, dass sich mit einer Abänderung der absoluten Datierung selbst die relative Chronologie von Ereignissen oder Herrschern ändern konnte. So nennt das Chronicon Romanum 481 Kroisosʼ Regierungsbeginn vor Peisistratosʼ Tyrannis in Athen umgerechnet im Jahr 564/3  v. Chr., 474 Cens. 21, 3. 475 Cens. 21, 4. 476 Karst 1911, 176–177 (armenische Texttradition von Eusebius); Helm 1956, 58be, 69be, 71bc (Hieronymus). 477 Diod. 5, 9, 2–5; 4, 67, 6. 478 Strab. 8, 7, 5. 479 Malkin 2009, 374, 392 Anm. 2. 480 Sadurska 1964, 81; Valenzuela Montenegro 2004, 279–282. 481 Chron. Rom. B 6, B 8, B 10.

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was nicht mit der gängigen Ansetzung von 561 v. Chr. für Kroisos 482 einhergehen kann. Ein ähnlicher Fall mit Relevanz für die Archaik liegt in der zeitlichen Ansetzung von Zankle und Selinunt in der armenischen Texttradition von Eusebius 483 vor, wonach beide Gründungen umgerechnet 757 v. Chr. (Ol. 6,1 / AA 1260) anzusetzen sind. Es bleibt im Detail unklar, wie es zu diesen Abweichungen von den (gängigen) Datierungen ihrer Vorgänger kam. Meistens werden sie schlicht als Fehler abgetan. Letztlich stellt sich aber die Frage, ob man diesen späten Texten mit dieser Einschätzung gerecht wird. Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass dahinter ‚neue‘ Berechnungen oder schlicht andere Ansichten stecken könnten, die zwar im Sinne der modernen wissenschaftlichen Ansprüche nicht für Fixpunkte herangezogen werden können, aber wichtige Zeugen der chronographischen Traditionen in der römischen Kaiserzeit und Spätantike darstellen. Eine gewisse Flexibilität der relativen Chronologie lässt sich meiner Meinung nach bereits in der früheren Überlieferung festmachen, wenn man die abweichende Formulierung zu den ersten griechischen Gründungen auf Sizilien in den Berichten von Thukydides und Ephoros berücksichtigt. 484 3.3.6 Die Fortführung der griechischen Chronographie bis in byzantinische Zeit Der äußerst schlechte Erhaltungszustand der griechischen Chronographie wurde bereits mehrfach hervorgehoben. Einen seltenen und deshalb umso wertvolleren Einblick gibt die Leipziger Weltchronik, die den ältesten Textvertreter der hellenistischen Chronographie darstellt und deren Erstpublikaiton vor wenigen Jahren erschienen ist. 485 Es handelt sich dabei um fünf Papyrus-Fragmente aus einer Sammlung in Leipzig, der nach dessen Erwerbung 1913 nahezu 100 Jahre unbearbeitet blieb. Paläographisch wird der Text in die erste Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. datiert. Obwohl der Papyrus nicht zur Gänze erhalten blieb, lässt sich dennoch ein Gesamteindruck gewinnen. Die Fragmente nennen wichtige Ereignisse der griechischen Frühgeschichte, darunter zum Beispiel die Gründung von Kreta und Theben, ebenso treten mythische und historische Personen, wie Europa, Kadmos, Hesiod und Homer, auf. Zusätzlich verarbeitete der unbekannte Autor ägyptische und babylonische Königslisten, deren Namen jedoch in vielen Fällen korrupt wiedergegeben sind. Aufgrund dessen hat zuletzt Richard Burgess 486 bedauert, dass die so spärliche Überlieferung just diesen Text von so geringer Qualität erhalten hat. Aufbauend auf den Traditionen der antiken Chronographie zog schließlich die christliche Apologetik zahlreiche Datierungen heran, um das höhere Alter der 482 483 484 485

Zur Kroisosʼ Datierung siehe: Kapitel 6. Karst 1911, 181–182. Siehe hierzu: Kapitel 5. Colomo et al. 2010 (Erstedition mit deutscher Übersetzung); Luppe 2010; Weiß 2010; Popko  –  Rücker 2011; Burgess 2012; Burgess  –  Kulikowski 2013, 310–312 (englische Übersetzung); 336–342. 486 Burgess 2012, 23.

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christlich-jüdischen Religion darzustellen. Allein aufgrund der großen zeitlichen Distanz sind ab diesem Zeitpunkt keine ‚besseren‘ Datierungen für die griechische Archaik zu erwarten, weshalb man hier von einer erneuten Zäsur sprechen kann. Dennoch konnten auch in den christlichen Weltchroniken neue Datierungsansätze auftauchen, sei es schlicht durch Abschreibfehler, vermeintlich neue Berechnungen oder durch die Schwierigkeiten in der technischen Chronologie. Als Begründer der christlichen Chroniken gilt Sextus Julius Africanus mit seinen Χρονογραφίαι 487 in den 20er Jahren des 3. Jahrhunderts n. Chr. Eine größere Bedeutung für die Altertumswissenschaften besitzen jedoch Eusebiusʼ Χρονικοὶ κανόνες 488 – im Folgenden einfach als Chronik bezeichnet – im frühen 4. Jahrhundert n. Chr., da er im Gegensatz zu Julius Africanus vermehrt Ereignisse der klassischen Antike berücksichtigte. Das Werk umspannte einen zeitlichen Rahmen von der Geburt Abrahams, die Eusebius umgerechnet im Jahr 2016 v. Chr. festlegte, bis zum Jahr 325 n. Chr. 489 Charakteristischerweise für die schlechte Überlieferungslage der Chronographie hat sich das altgriechische Original nicht erhalten. Man kann aber auf zwei wichtige Abschriften zurückgreifen, nämlich auf jene lateinische von Hieronymus aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. sowie jene armenische aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. 490 Ursprünglich setzte sich die Chronik aus zwei Teilen zusammen. Jedoch beinhaltet nur die armenische Version auch beide Bücher, wobei das erste – die Chronographia – aus einer gesonderten Wiedergabe diverser Listen besteht. 491 Im zweiten Teil synchronisierte Eusebius schließlich die Herrscherlisten in Tabellenform und hielt historische Ereignisse und Persönlichkeiten im spatium historicum fest. Hieronymus überging die rohe Datensammlung regionaler Chronologien und beschäftigte sich nur mit dem zweiten Buch von Eusebiusʼ Chronik. Es gibt jedoch noch weitere Unterschiede zwischen der lateinischen und der armenischen Abschrift, worunter vor allem die unterschiedliche Ansetzung von Ol. 1,1 zu nennen ist. Während Hieronymus die ersten Olympischen Spiele 1241 Jahre nach Abraham (AA 1241) datiert, weist sie die armenische Version hingegen 1240 Jahre nach Abraham (AA 1240) zu. 492 Die meisten der im Kapitel 5 zu behandelnden Gründungsdaten griechischer Niederlassungen in Italien scheinen ebenso im Vergleich um ein paar Jahre ‚verrutscht‘. Dies lässt sich mit dem Abschreibvorgang erklären, wobei der Schreiber versehentlich eine oder mehrere Zeilen übersprang. Schwieriger sind hingegen all jene Unterschiede auszulegen, wenn ausschließlich eine der Texttraditionen von Eusebius, also entweder Hieronymus oder die armenische Version, eine Datierung 487 Zu Julius Africanus, seinem Werk und Umfeld siehe: Wallraff 2006; Wallraff 2007. 488 Zur Chronik von Eusebius siehe: Mosshammer 1979, 29–83; Croke 1982; Adler 1992; Burgess 1999, 21–109; Burgess – Kulikowski 2013, 119–126. Zur Frage zweier unterschiedlicher Versionen sowie zu deren Datierung siehe: Burgess 1997. 489 Burgess 2002, 8. 490 Mittlerweile hat sich in der Forschung dieser Datierungsansatz durchgesetzt, obwohl Josef Karst (1911, xi–xii, liv) in seiner Edition von einer wesentlich jüngeren Datierung etwa im 8. Jahrhundert sprach. Siehe hierzu: Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 45–48; Drost-Abgarjan 2006, 261. 491 Seit ein paar Jahren sind vier Codexseiten in altgriechischer Sprache auch vom ersten Buch bekannt, dessen Edition sich in Vorbereitung befindet: Gruskova 2013. 492 Mosshammer 1979, 80.

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anführt. Beispielsweise findet sich nur bei Hieronymus 493 der Eintrag zur Gründung von Cumae und Mycena umgerechnet für das Jahr 1050  v. Chr. Ähnlich werden die Gründungen von Zankle und Selinunt in der armenischen Texttradition umgerechnet 757 v. Chr. (Ol. 6,1 / AA 1260) angesetzt, 494 was sich nicht mit Hieronymusʼ Anlehnung an Diodors Datum für Selinunt (umgerechnet 650 v. Chr.) deckt. Nicht zuletzt deshalb lässt sich das altgriechische Original von Eusebius’ Chronik im Grunde nicht mehr exakt rekonstruieren. Weil seine Chronik als großes Sammelbecken all jener antiken chronographischen Traditionen gilt, die sich ansonsten kaum greifen lassen, kommt diesem Text eine entsprechende Bedeutung für die Chronologie der Antike zu. So hält Hieronymus 495 beispielsweise insgesamt sechs unterschiedliche zeitliche Ansätze für die Gründung Karthagos fest. Für Eusebiusʼ Chronik gilt es wesentlich die Wahl der Edition zu beachten. 496 Für die armenische Texttradition existieren grundsätzlich zwei Ausgaben: Heinrich Petermann konnte für seine Bearbeitung allerdings den Hauptvertreter (Cod. Maten. 1904) nie im Original begutachten, er war vielmehr auf Auchers Publikation aus dem Jahr 1818 angewiesen. 497 Darin nahm Aucher oftmals ohne Kennzeichnung eine Emendation oder Ergänzung am Text vor, was verglichen mit modernen Standards eine höchst problematische Vorgehensweise darstellt. 498 Aber auch Josef Karsts zu bevorzugende Bearbeitung aus dem Jahr 1911 ist nicht frei von methodischen Schwierigkeiten. Zwar besaß Karst eine Photographie des wichtigsten Textvertreters (Manuskript E = Cod. Maten. 1904), jedoch erkannte er aufgrund der komplexen Geschichte um das Manuskript nicht, dass es sich hier um denselben Text handelt, den bereits Aucher wiedergab. Demnach muss auch Karsts Herangehensweise, scheinbar zwei unterschiedliche Manuskripte zu einem ursprünglichen Text zu rekonstruieren, verworfen werden. Philologische Bedenken beziehungsweise Unsicherheiten bleiben zudem bestehen, da Karst nur eine deutsche Übersetzung und nicht den armenischen Text wiedergibt. 499 Umso erfreulicher ist es, dass sich zurzeit eine neue Edition in Vorbereitung befindet, die zudem auf ein neu entdecktes Manuskript zurückgreifen kann. 500 Mittlerweile exisitiert auch eine französische Übersetzung des ersten Buches 501, die im Wesentlichen auf Auchers Edition aufbaut und einen 493 494 495 496

497 498 499 500 501

Helm 1956, 69bb. Karst 1911, 181. Helm 1956, 58be, 69be, 71bc, 81bb, 143g. Richard Burgess (2002, 4 Anm. 15) hat in einem Aufsatz mit dem vielsagenden Titel „Jerome Explained“ den verbreiteten Gebrauch von veralteten Editionen für Eusebiusʼ Chronik demonstriert. So überrascht es, dass beispielsweise auch Alan Samuels Standardwerk zur Chronologie der Antike (Samuel 1972) darunter aufgelistet ist. Wie bei der Besprechung der einzelnen Datierungen in den folgenden Kapiteln noch ersichtlich sein wird, fehlt gravierenderweise oftmals auch ein Hinweis auf die herangezogene Edition. Eine englische Übersetzung der Edition von Petermann findet sich bei: Smith 2008a. Mosshammer 1979, 42–44; Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 54. Eine englische Übersetzung von Auchers Edition findet sich bei: Bedrosian 2008. Hierzu: Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 54; Drost-Abgarjan 2006, 257–258. Drost-Abgarjan 2006. Cohen-Skalli 2020.

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Kommentar anbietet. Die vorliegende Arbeit greift auf Karsts Übersetzung zurück, da ausschließlich dieses Werk eine Übersetzung von der gesamten eusebischen Chronik der armenischen Manuskripttradition anbietet. Aus praktischen Gründen werden die Datierungen des armenischen Eusebius im Folgenden mit der gängigen Gleichsetzung der ersten Olympischen Spiele im Jahr 776 v. Chr. umgerechnet, auch wenn die Olympiaden eigentlich um ein Jahr verschoben erscheinen. Neben der Umrechnung in die vorchristliche Ära werden ohnehin zusätzlich die gezählten Jahre nach Abraham in Klammer hinzugefügt. Rudolf Helm 502 publizierte im Jahr 1956 die Standardedition für Hieronymus, 503 die im Gegensatz zur veralteten Edition von Alfred Schoene 504 ein essentielles Manuskript aus Oxford berücksichtigen konnte. 505 Eine Übersetzung von Hieronymusʼ Text liegt meines Wissens nur auf Englisch im Rahmen des Onlineprojekts „The Tertullian Project“ vor. 506 Im 8.  Jahrhundert  n. Chr. verfasste der byzantinische Gelehrte Georgios Synkellos die Chronik Ἐκλογὴ Χρονογραφίας 507, womit er sich in die Tradition von christlichen Weltchroniken einreihte. Für die Chronologie der Antike findet sein Werk vor allem deshalb Verwendung, weil er nachweislich auf Eusebius als Quelle zurückgriff und somit eine zusätzliche Quellengrundlage bildet. Vertreter der Historischen Chronologie, wie zum Beispiel Joseph Justus Scaliger (1540–1609), zogen zur Etablierung eines zeitlichen Gerüsts für die gesamte Antike schließlich diese zuletzt genannten christlichen Chroniken heran, worin mit den Olympiadendatierungen genaue zeitliche Angaben zu historischen Ereignissen und Personen enthalten sind. 508 Während in diesem Kapitel der Frage nachgegangen worden ist, mit welchen Mitteln die antiken Chronographen zu ihrer Chronologie gelangten, gilt es im folgenden Kapitel dieselbe Frage allerdings für den Zeitraum der Archaik und frühen Klassik zu adressieren.

502 503 504 505

Helm 1956. Burgess 2002, 9. Schoene 1866. Alfred Schoenes (1875) Rekonstruktion des altgriechischen Originals für das erste Buch der eusebischen Chronik stellt bisher den umfassendsten Versuch dar. Burgess 2002, 9. 506 Pearse et al. 2005. 507 Adler – Tuffin 2002. 508 Für eine umfassende Darstellung des Beginns der Historischen Chronologie vom 16. bis 18. Jahrhundert siehe: Steiner 2008. Zur Bedeutung der Chronici Canones Eusebiusʼ für die Altertumswissenschaft: Burgess 2002, 1–2.

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4. Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik In diesem Kapitel soll nun näher ausgeführt werden, wie antike Autoren vor den chronographischen Datierungskonventionen des Hellenismus Ereignisse der Archaik zeitlich verorten konnten. Dabei wird auch die schwierige Frage gestellt, welche Quellen den Historiographen im 5. Jahrhundert v. Chr. zur Verfügung standen, und versucht, deren Aussagekraft zu beurteilen. Diesem Aspekt kommt insofern große Bedeutung zu, als sich aus der Gestalt der Quellenbasis im 5.  Jahrhundert  v. Chr. Konsequenzen für die moderne Einschätzung der Chronologie ergeben. Die moderne Beurteilung der antiken Chronologie wird nämlich wesentlich von der rekonstruierten Quellenlage im 5.  Jahrhundert v. Chr. beeinflusst. Weil sich aus der Archaik selbst und auch aus späterer Zeit keine direkten Äußerungen in der Überlieferung finden, gestaltet sich eine konkrete und allgemein anerkannte Beantwortung entsprechend schwierig. Bisweilen hat man in der Forschung versucht, die Überlieferungslücke sowohl mit vermuteten mündlichen als auch schriftlichen Quellen zu schließen. Zusätzlich zur tentativen eigenen Auslegung dieses schwierigen Sachverhalts soll sich insofern ein Mehrwert ergeben, als auch andere Herangehensweisen verortet werden. Je nach Einschätzung der Quellenart ergeben sich durchaus unterschiedliche Ansichten zum modernen chronologischen Verständnis der Archaik. Eine Trennung in schriftliche und mündliche Quellen hat sich dabei als nützliche Vorgehensweise herausgestellt, wenngleich Rosalind Thomas 1 zu Recht das Wechselspiel von mündlicher und schriftlicher Überlieferung betont und noch bis ins 4.  Jahrhundert  v. Chr. anhand von Athen die überragende Rolle der Mündlichkeit unterstreicht. Schriftliche Aufzeichnungen ersetzten nicht schlagartig die mündliche Weitergabe von Informationen in allen Lebensbereichen. So handelt es sich selbst bei der athenischen Gesellschaft mit all ihren schriftlichen Hinterlassenschaften im 5.  Jahrhundert  v. Chr. immer noch um eine stark mündlich geprägte, in der mündliche Zeugenaussagen, Erzählungen und natürlich Reden einen wesentlichen Stellenwert besaßen. Die Lage ändert sich erst im 4. Jahrhundert v. Chr., in dem das schriftlich Verfasste größere Beachtung erfuhr. Viele Werke, darunter am augenscheinlichsten die archaische Dichtung, Theaterstücke, Reden, aber auch sogar teilweise die Historiographie des 5. Jahrhunderts v. Chr., waren in der Antike nicht ausschließlich auf Textbasis zugänglich, da sie sich durch öffentliche Aufführungen oder Diskussionen auch dem antiken Zuhörer erschlossen. Erst im Hellenismus setzte mit den alexandrinischen Gelehrten und ihren antiken Texteditionen eine primär schriftliche Überlieferung ein, 2 die diesbezüglich dem modernen Verständnis 1 Thomas 1989; Thomas 1992. 2 Knox 1985.

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näherkommt. Obwohl die gegenwärtige Unterteilung in ausschließlich schriftliche und mündliche Quellen demnach gewisse Unzulänglichkeiten aufweist, wird im Folgenden zu zeigen sein, dass die chronologischen Charakteristika diese Vorgehensweise dennoch rechtfertigen. Diese prinzipiell sehr umfassende Fragestellung soll vor allem in Hinblick auf die chronographischen Listen des 5. Jahrhunderts v. Chr., insbesondere der Olympionikenliste und der attischen Archontenliste, näher ausgeführt und diskutiert werden. Eine ausführliche Besprechung der Gründungsdaten im letzten Abschnitt wird veranschaulichen, wie die unterschiedlichen Positionen zur Quellenlage hier ineinandergreifen. Zunächst sollen die vorhandenen Datierungsmöglichkeiten im 5. Jahrhundert v. Chr. aufgezeigt werden, wofür einmal mehr die historiographischen Werke von Herodot und Thukydides eine wichtige Grundlage zur Beurteilung bilden. Weder Herodot noch Thukydides wenden für die Gesamtkomposition die chronographischen Schemata der attischen Archonten und Olympiaden in durchgehender Weise an. 3 Herodot 4 nennt an einer einzigen Stelle den Archon Kalliades, als die Schlacht von Marathon im sechsten Regierungsjahr von Xerxes stattfand. 5 Thukydides 6 hingegen verweist zur präzisen Datierung des Beginns des Peloponnesischen Kriegs unter anderem auf den attischen Archon, den spartanischen Ephor sowie auf das Amtsjahr der Herapriesterin in Argos. Prinzipiell lassen sich vor den Datierungskonventionen der Chronographie folgende drei Möglichkeiten der zeitlichen Verortung in den Texten festhalten. 7 1. Der Trojanische Krieg liefert einen wichtigen zeitlichen Referenzpunkt für die griechische Frühzeit. Antike Autoren konnten mittels Intervall- oder Generationenangaben in Bezug auf den Trojanischen Krieg Ereignisse datieren. 2. Ergänzend beziehungsweise konträr zur Anbindung an den Trojanischen Krieg lassen sich Distanzangaben, die ebenso mit Hilfe von Generationen oder Intervallen ausgedrückt werden konnten, an die Gegenwart oder rezente Vergangenheit der Autoren anbinden. 3. Ereignisse oder Personen werden anhand von Synchronismen in etwa auf die gleiche Zeitstufe gestellt und können somit auch zur Erstellung einer überregionalen Chronologie herangezogen werden. Die hier genannten Optionen zur Datierung weichen in zwei wesentlichen Punkten von jener Zusammenfassung im vorherigen Kapitel zur antiken Chronographie ab. Erstens konnten sich die Historiographen des 5. Jahrhunderts v. Chr. noch nicht in vollem Umfang einer panhellenischen Chronologie bedienen, wie sie in ausgereifter Form erst ab dem 3 Zur Entwicklung der Chronographie mitsamt ihren Datierungsmethoden siehe: Kapitel 3. 4 Hdt. 8, 51, 1. 5 Für die teilweise recht unterschiedliche Einschätzung, ob man hier eine tatsächliche Archontendatierung oder vielmehr einen Synchronismus des persischen Zeithorizontes mit dem attischen vorliegen hat: Strasburger 1956, 135; Ehrhardt 1992, 15; Shaw 2003, 32. 6 Thuk. 2, 2, 1. 7 Die Auflistung beschränkt sich auf Datierungsmethoden, die in der griechischen Welt zur Verfügung standen, weshalb hier beispielsweise Herodots Anbindung an die persischen Herrscher fehlt.

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Hellenismus zur Verfügung stand. Damit sind primär die Olympiadendatierungen, aber auch die eponymen Datierungen, die erst im späten 5. Jahrhundert in der Historiographie auftauchen, gemeint. Zweitens bleibt im Gegensatz zur Arbeitsweise der Chronographen die Anwendung von Synchronismen besser sichtbar, nachdem sich diese nicht hinter Olympiadendatierungen verbergen. Allerdings findet kein abrupter Wechsel ausschließlich hin zu den Olympiadendatierungen statt, vielmehr trafen Autoren bewusst eine Wahl, auf welches Datierungsmittel sie zurückgreifen wollten. Hervorzuheben ist zudem der Sachverhalt, dass Autoren des 5. Jahrhunderts v. Chr. die ersten Olympischen Spiele nicht als wichtigen chronologischen Einschnitt oder als den einzig wesentlichen Bezugspunkt der griechischen Archaik betrachteten. 8 Allgemein deuten die hier zusammengefassten Datierungsmittel schon an, dass diese keine fein abgestimmte absolute Chronologie nach modernen Maßstäben anbieten können. Bereits der wichtigste chronologische Fixpunkt der griechischen Frühgeschichte, der Trojanische Krieg, unterlag in der Antike höchst unterschiedlichen Berechnungen. 9 Rein rechnerisch ergeben sich demnach Schwierigkeiten für zeitliche Angaben, die den Trojanischen Krieg als Referenz wählen. Darüber hinaus eignet sich aus moderner Perspektive ein Ereignis der (mythischen) weit zurückliegenden Vergangenheit nicht, um Datierungen für die Archaik zu erstellen. Aber auch bei der absoluten Veranschlagung von Generationen gibt es, wie im vorangegangenen Kapitel dargelegt, zahlreiche Umrechnungsmöglichkeiten. 10 Etwas anders mag die Lage mit auf das Jahr genauen Intervallangaben aussehen, deren exakte Herkunft in den antiken Quellen nicht näher erklärt wird und demnach im Detail unklar bleiben muss. Daran vermögen auch höchst gelehrte Berechnungen in der modernen Forschung, die dahinter Umrechnungen mit präzisen Generationenlängen und Teillängen sehen, nichts ändern. Am prominentesten tritt dieser heikle Punkt in der Diskussion der Gründungsdaten hervor, wo er auch im entsprechenden Abschnitt weiter unten noch näher besprochen wird. Diese allgemeinen Voraussetzungen unterstreichen den approximativen Charakter der chronologischen Angaben, wie sie vor allem antike Autoren vor dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. für die Archaik vermitteln. Die zeitliche Distanz zwischen den Ereignissen und der beginnenden Historiographie im 5.  Jahrhundert  v. Chr. stellt eine grundsätzliche methodische Herausforderung für die Beschäftigung mit der griechischen Archaik dar. Ein Blick auf die Altertumswissenschaft verrät dabei schnell, dass es sich hier nicht um ein isoliertes und ausschließlich die

8 Bichler 2004a. 9 Zu den höchst unterschiedlichen Datierungen des Trojanischen Kriegs in der Antike siehe: Burkert 1995; Bichler 2003. 10 Siehe hierzu: Kapitel 3.

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griechische Archaik betreffendes Phänomen handelt. Auch in Mesopotamien 11, Rom 12 und Israel 13 sieht man sich mit erst später niedergeschriebenen Berichten über die Vergangenheit konfrontiert. Dabei ist grundsätzlich ein Wechselspiel von zwei unterschiedlich ausgerichteten Positionen festzustellen: – Einerseits sieht eine eher positivistisch gehaltene Erschließung in den späteren Berichten eine kontinuierlich tradierte und im Wesentlichen konstante – sei es nun eine mündliche oder schriftliche – Darstellung der Vergangenheit, wofür häufig der Begriff der Tradition verwendet wird. – Andererseits betont ein zweiter Zugang stärker die zeitgenössischen Umstände, in denen ein mündlicher oder schriftlicher Bericht über die Vergangenheit eingebettet ist. Weil dies eine gewisse Anpassung an die Gegenwart voraussetzt, verschließt sich als Folge dieser Sichtweise ein direkter Zugang zur dargestellten Vergangenheit. Von diesen allgemeinen Überlegungen ausgehend bedeutet dies für die griechische Archaik konkret: Inwieweit können die erst in der Klassik einsetzenden historiographischen beziehungsweise chronographischen Quellen eine nach modernen Maßstäben historisch korrekte Chronologie der Archaik liefern? Im vorigen Kapitel wurde schon darauf hingewiesen, dass die erst später entstandenen chronographischen Konventionen kein allzu großes Vertrauen in die auf das Jahr genau konstruierten Datierungen erlauben, zumal sich die antike Chronographie höchst schematischer Mittel bedient, um eine präzise Chronologie post festum zu erstellen. Wie weiter unten zu zeigen sein wird, kommt außerdem der Art der Überlieferung, schriftlich oder mündlich, eine wesentliche Rolle zu. Wenn man den Bereich der Quellenfrage zunächst noch versuchsweise ausklammert, lässt sich meiner Einschätzung nach schwer ein auf alle Fälle zutreffendes Pauschalurteil treffen, was vermutlich in einer kategorischen Ausschließlichkeit weder hilfreich wäre, noch einer kritischen Überprüfung standhielte. Soweit ich die Forschungslage überblicke, existiert zu einer linear gedachten Überlieferungssituation seit der frühen Archaik keine umfangreiche Diskussion, die eine 11 Für Mesopotamiens Geschichtsschreibung merkt Van de Mieroop (2012, 38) an: „History writing is never innocent; it reflects the concern and interests of the author at the moment of writing.“ Methodische Diskussionen treten zum Beispiel in der langen literarischen Tradition um die historischen Figuren Sargon und Naram-Sin von Akkade zu Tage, siehe hierzu mit weiterführender Literatur: Westenholz 1997, v.a. 16–24; Westenholz 2010. 12 Einige methodische Überlegungen zum frühen Rom mit weiterführender Literatur bietet: Pohl 2018, v.a. 178–179. 13 In Bezug auf die Geschichte Israels hat William Hallo die Situation treffend zusammengefasst: „[…] the field of Biblical history was already polarized into two camps that I chose to label […] maximalists and minimalists […]. […] Speaking very generally, the maximalists are willing to accept the Biblical version of events unless and until falsified by extra-Biblical sources, preferably contemporaneous, bearing on the same matters [….]. The minimalists, by contrast, demand that the Biblical version of any given event must have extra-Biblical verification, preferably again contemporaneous, before it can be regarded as historical.“ Hallo 1998, 110–111.

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Erläuterung der Methodik sowie der angewandten Prämissen beinhaltet. Man scheint jedoch eindeutig davon auszugehen, dass wenn schon nicht die Polis selbst, so zumindest kleinere Binneneinheiten wie beispielsweise Familienverbände maßgebliches Interesse an der Bewahrung ihrer Vergangenheit hatten und deren Überlieferung letztlich auch Eingang in die spätere Historiographie fand. Mit dem Themenfeld der Polis befindet man sich sogleich mitten in einem zentralen Forschungsthema zur griechischen Archaik. 14 Letztlich impliziert diese Herangehensweise unter anderem eine Übernahme der antiken Vorstellung von der Entwicklung der politischen Ämter, wie es auch die chronographischen Listen nahelegen. 15 Wie so oft bietet Athen wohl die beste Quellenlage, um diese Überlegungen kurz durchzugehen. Die schriftlichen Quellen liefern in der Klassik und im Hellenismus das Bild einer Siedlung, deren Anfänge die chronographischen Konvention einer weit entfernten Vergangenheit zuweist, 16 die sich theoretisch mit dem 11. Jahrhundert v. Chr. in der modernen Zeitrechnung wiedergeben ließe. Antike Autoren waren freilich vom modernen Verständnis dieses Zeitraums weit entfernt, vielmehr verbanden sie damit einen den Zeithorizont der Heroen und des Trojanischen Kriegs. Aus diesem Grund kann sich die protogeometrische Zeit der modernen Forschung ausschließlich durch die Archäologie erschließen. Anders sieht die Situation naturgemäß für die Archaik ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. aus, da ab diesem Zeitpunkt die griechische Alphabetschrift bereits bekannt war und somit theoretisch zeitgenössische schriftliche Quellen existiert haben könnten. 17 Später niedergeschriebenen Berichten müsste man in dieser Argumentationslinie ein seit der Archaik statisch tradiertes Wissen über die Vergangenheit über die Frühzeit unterstellen. Allerdings ist das dahinter stehende Konzept einer Art öffentlicher Geschichtserinnerung selbst für die Klassik nicht unproblematisch, weil es auch in der klassischen Polis nicht nur ausschließlich eine offizielle Vergangenheitsdarstellung, sondern unterschiedliche Kommunikationskanäle gegeben hat. Vermutlich am deutlichsten zeigen archäologische Untersuchungen massive Veränderungen in den griechischen Siedlungsstrukturen mit einer monumentalen Ausgestaltung öffentlicher Gebäude und Plätze im 6. Jahrhundert v. Chr., 18 die auch auf einen Wandel in der soziopolitischen Organisation und in den gesellschaftlichen Strukturen schließen lassen. So dient gerade die attische Archontenliste mit ihrer teleologischen Entwicklung von Königen zu den lebenslangen, zehnjährlichen und schließlich jährlichen Beamten als Beleg, dass aus der Retrospektive 14 In diesem Zusammenhang sei hier auf das Copenhagen Polis Centre sowie die damit zusammenhängende Publikation Hansen 2006 verwiesen. Dabei ist wesentlich zu beachten, dass auch hier die Datierung der archaischen Dichtung eine Rolle spielt. Denn so dienen Archilochos und Tyrtaios als die ältesten Quellen, die einen Einblick in die Entwicklung der Polis erlauben. Würde man eine Herabdatierung der konventionellen absoluten Chronologie, wie sie beispielsweise Shaw (2003) vornimmt, erwägen, ändert dies das chronologische Bild auch in dieser Fragestellung wesentlich. 15 Zu den chronographischen Listen siehe: Kapitel 3. 16 Zu den notorischen Schwierigkeiten mit den Zahlen in der attischen Königs- und Archontenliste siehe: Schwartz 1894; Jacoby 1902a. 17 Ausführlicher zu den schriftlichen Zeugnissen der Archaik weiter unten. 18 U.a. Morgan 2003; Cunliffe – Osborne 2005; Hedrick 2013; Kõiv 2013; Mohr 2013.

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eine kontinuierliche Liste von den Königen Athens sowie den späteren Archonten im Rückblick erstellt wurde. 19 Uneinigkeit besteht in der modernen Altertumswissenschaft höchstens hinsichtlich des exakten Datums der historischen Etablierung des jährlich wechselnden Archontenamtes. Ein genauer Blick auf entsprechende Stellen bei Herodot und Thukydides lässt schon im 5.  Jahrhundert  v. Chr. eine lückenhafte Kenntnis von den berühmten politischen Akteuren des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. erkennen. 20 Wie schwierig sich die Rekonstruktion der ereignispolitischen Geschichte Athens in der Archaik vor den Peisistratiden gestaltet, zeigen auch die modernen Diskussionen um eine korrekte Chronologie für Kylon, Drakon und Solon, die letztlich auf entsprechenden Unsicherheiten antiker Autoren fußt. 21 Diese hier nur ansatzweise durchgeführte Auseinandersetzung mit dieser komplexen Fragestellung lässt erkennen, wie vielschichtig sich grundsätzliche Einstellungen zur Quellen- und Überlieferungssituation gestalten. Die von Detlev Fehling angestoßene und bisweilen polemisch geführte Debatte um die Quellenangaben Herodots hat gezeigt, 22 dass antithetische Kategorien wie Lüge – Wahrheit sowie Fiktion  –  Realität wenig geeignet für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit antiken Autoren und deren Vergangenheitsbildern sind. 23 Fehling selbst hat Herodots Quellenangaben als „literarische Schöpfung“ beschrieben, von Herodot als einem lügenhaften Autor ist bezeichnenderweise erst in der Rezeption von Fehlings Thesen die Rede. 24 Literaturwissenschaftliche Analysen der Historien führten seither zu einem produktiven Weg aus der Pattstellung der eingefahrenen Debatte. 25 Deshalb wird Herodot nicht mehr ausschließlich als Sammler von kursierenden Berichten gesehen, sondern vielmehr seine eigene literarische und historische Tätigkeit betont. Für einzelne Textpassagen kann deshalb überzeugend eine Schöpfung Herodots vor seinem zeitgenössischen Hintergrund geltend gemacht werden. 26 Tendenziell konzentrieren sich Untersuchungen nun auf die Intention und Perspektiven sowohl der antiken Autoren als auch von deren Quellen. 27 Insgesamt wird dabei die Pluralität von unterschiedlichen und sich mitunter widersprechenden Erzählungen über die Vergangenheit hervorgehoben, die sich durch das Fehlen einer einzigen steuernden Autorität sowohl auf Polisebene als auch 19 Die zentrale Textstelle für die Vorstellung eines Wechsels von Königen zu lebenslangen bis hin zu den jährlichen Archonten stellt die Athenaion Politeia (3, 1–3) dar. Innerhalb der Forschung wird diese Liste einstimmig als Konstrukt betrachtet: Busolt 1895, 135–136 Anm. 3; Hignett 1952, 42–43; Ledl 1973, 208–209, 249–250, 268; Taylor 2000, 45; Welwei 2017, 65. 20 Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Archontenamt Athens im 6. Jahrhundert v. Chr. findet sich auch in der Dissertation von Maximilian Rönnberg (im Druck). 21 Siehe hierfür: Kapitel 3. 22 Fehling 1971; Fehling 1989. 23 Einen nützlichen Überblick über die Debatte sowie deren Literatur liefert: Rengakos 2011, 345–346. 24 V.a. Pritchett 1993. 25 Rollinger 2013, 95. 26 So für Herodots Erzählung von Atys, Kroisos’ Sohn, und Adrastos (Kiechl 2016), siehe aber auch die in Arbeit befindliche Dissertation von Daniel Kiechl „Die rechtsgeschichtliche und literarische Dimension der Tötung in Herodots Historien“ an der Universität Innsbruck. 27 Z.B. Ruffing 2013, 3.

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im gesamtgriechischen Raum erklärt. 28 Folglich erfahren divergierende Vergangenheitsdarstellungen und deren Flexibilität vermehrt Beachtung, wie sie in Athen bei den attischen Gerichtsreden und der jährlichen Bestattungsrede (ἐπιτάφιος λόγος) im Vergleich zu historiographischen Werken auftreten. 29 Ähnlich erlauben epigraphische Quellen einen anderen Blickwinkel auf die Vergangenheitskonzeptionen als Vertreter der Historiographie. 30 Bernd Steinbock 31 hat diesbezüglich den öffentlichen Diskurs über Theben im klassischen Athen und in seiner Beschäftigung mit dem Sozialen Gedächtnis die unterschiedlichen Perspektiven zu Athens Beziehung mit Theben analysiert. Mit seiner intentionalen Geschichtsschreibung hat Hans-Joachim Gehrke vor allem in der deutschsprachigen Altertumswissenschaft die methodische Reflexion zur Erinnerungskultur im antiken Griechenland geprägt. 32 Allerdings haben auch andere Beiträge vor der Benennung dieses Konzepts auf die Notwendigkeit verwiesen, die jeweilige Intention von Vergangenheitsdarstellungen in antiken Texten zu berücksichtigen. 33 Gehrke definiert nun die intentionale Geschichte folgendermaßen: „Als intentionale Geschichte würde ich […] diejenigen Vorstellungen von Vergangenheit bezeichnen, die gerade für die Identität einer Gruppe wesentlich, ja konstitutiv sind.“ 34 Grundlegend betont dieser Zugang den zeitgenössischen Kontext einer Erzählung über die Vergangenheit, der mitunter eine Anpassung an veränderte gegenwärtige Umstände zur Folge haben kann. 35 Beispielsweise gab es in der Antike unterschiedliche Erzählungen um die Anfänge der Olympischen Spiele mit Pelops oder Herakles, 36 die auch mit konkurrierenden politischen Ansprüchen auf die Olympien im Laufe der Zeit in Zusammenhang gebracht werden können. Am augenfälligsten dürfte hier der Zusammenhang mit der kurzfristigen pisatischen Unabhängigkeit und den von den Pisaten gemeinsam mit 28 Ulf 2008; Osmers 2013, 84–88. 29 Nouhaud 1982; Thomas 1989. 30 Chaniotis 1988 (griechische Inschriften als Vertreter der populären epigraphischen Historiographie); Luraghi 2010 (mit einer Untersuchung der Ehrendekrete Athens im Hellenismus). 31 Steinbock 2013. 32 Grundlegend zu Gehrkes Definition der intentionalen Geschichte nach wie vor: Gehrke 1994. Zahlreiche rezentere Beiträge berufen sich auf dieses Konzept: u.a. Gehrke 2001; Gehrke 2004; Foxhall – Gehrke – Luraghi 2010; Gehrke 2014. 33 An dieser Stelle ist unter anderem der Aufsatz von John Davies (1984) über die Verlässlichkeit der Oral Tradition zu nennen, worin er als ein Fallbeispiel die Erzählungen über Kyrenes Gründung berücksichtigt. Gehrkes intentionale Geschichte weist außerdem gewisse Ähnlichkeiten mit der Welt erzeugenden Erzählung (Fischer 2013; Fischer 2015; Fischer 2016) in der alttestamentlichen Bibelwissenschaft auf. Auch in der historischen Disziplin gibt es ähnliche Überlegungen: „Nicht nur in obrigkeitsstaatlichen Regimen oder in Diktaturen wird  […]  Geschichtspolitik betrieben. Auch in demokratischen, auf Konkurrenz und Pluralismus basierenden Gesellschaften erkennt man schnell einen permanenten, interessengeleiteten Kampf um die Benennungsmacht [der Vergangenheit].“ Wolfrum 2001, 6. 34 Gehrke 2004, 22. 35 Zu einer Kritik an Gehrkes intentionaler Geschichtsschreibung als zu funktionalistisch und utilitaristisch siehe: Kühr 2006, 28–30. 36 Für eine Besprechung dieser Erzählungen siehe: Kapitel 3.

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dem Arkadischen Bund durchgeführten Olympischen Spielen 364  v. Chr. sein, 37 wozu auch neue (mythische) Erzählungen zur Rechtfertigung der gegenwärtigen politischen Verhältnisse kreiert und verbreitet wurden. 38 Dabei soll dieses eine Beispiel nicht dahingehend irreführen, dass das Konzept ausschließlich nur auf die mythische Vergangenheit anwendbar wäre. 39 Denn für die Antike hält Gehrke fest: „Nie jedoch werden Mythos und Geschichte strikt geschieden, nie wird ein Raum des Historischen von dem des Mythischen separat abgesteckt. Umgekehrt sind auch historische Ereignisse, oft sehr schnell, ‚mythisiert‘, wie mythische Ereignisse erfaßt und dargestellt worden  […].‘“ 40 Somit eignet sich dieses Modell auch zur Erschließung des antiken Verständnisses der Archaik, da die antike griechische Gesellschaft der Klassik ihre Anfänge nicht nur in einer weit entfernten Frühzeit, sondern auch in der jüngeren Vergangenheit suchte. Prinzipiell dürfen hier ebenso Geschichten um Städtegründungen als prädestiniert für diese Herangehensweise erachtet werden, doch schränkt der Erhaltungszustand die Möglichkeit einer umfassenden diachronen Beobachtung stark ein. 41 Allerdings lässt sich ansatzweise für den Oikisten von Naxos, Theokles/Thukles, eine sich wandelnde Beschreibung feststellen. 42 Ebenso beschreibt Herodot 43 zur Gründung von Kyrene einerseits die Erzählung der Theraier und andererseits die Version der Kyrenaier, wobei sich die beiden Varianten neben grundsätzlichen Elementen in einigen Punkten deutlich widersprechen. Eine neue Interpretation konnte jedoch nur Deutungshoheit gegenüber bereits etablierten Versionen erhalten, wenn das Publikum sie als glaubwürdig und überzeugend einstufte; insofern waren der Flexibilität der antiken Autoren natürlich Grenzen gesetzt. 44 So gab es Autorität gewinnende Berichte über die Vergangenheit, von denen eine Abweichung nicht ohne weiteres möglich war. Im Kontext der Kanonisierung der Bilder der Hellenen im Imperium Romanum wandten sich augusteische Autoren tendenziell an bestimmte Autoritäten aus dem 5./4. Jahrhundert v. Chr., aus deren Werken sie die gewünschten Informationen entnahmen 45 – ein nicht unwesentlicher Aspekt für die Überlieferung der Archaik sowie für deren Chronologie.

37 Crowther 2003. 38 Zingg 2016, 3, 177, v.a. 239–251. 39 In der Tat findet Gehrkes intentionale Geschichte bevorzugt Anwendung für Gründungserzählungen, die man modern als ‚mythisch‘ einstufen würde, sowie für Quellen aus der Zeit des Hellenismus. 40 Gehrke 1994, 248. 41 Einzig zu Massalia ist eine umfassende diachrone Betrachtung der unterschiedlichen Erzählungen möglich: Mauersberg 2015. 42 Siehe: weiter unten. 43 Hdt. 4, 150–159.  Zu Herodots Darstellung der Gründung Kyrenes mit den beiden unterschiedlichen Informationsquellen siehe: Walter 1993, 138–145; Osborne 2009, 8–15; Hartmann 2010, 424–430. 44 Gehrke 2001, 301. 45 Most 2011, 169–170, 172, 175, 178–179.

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

Maria Osmers 46 hat in ihrer Dissertation untersucht, welche Rolle die Vergangenheit in der polisübergreifenden Kommunikation im klassischen Griechenland einnahm und wie diese für die Argumentation gegenwärtiger ereignis-politischer Situationen herangezogen wurde. In der Bündnispolitik verwies man häufig auf eine gemeinsame Abstammung und somit auf eine imaginierte Verwandtschaft, vor allem wenn kein Rückgriff auf ältere Verträge oder erfolgreiche Zusammenarbeiten möglich war. Diesbezüglich spielten Genealogien eine tragende Rolle, die nun im Sinne von Gehrkes intentionaler Geschichte die politischen Umstände oder Ansprüche der Gegenwart reflektieren und sich dementsprechend in einem gewissen Rahmen flexibel verhalten. Dies lässt sich auch anhand der Hellenengenealogie demonstrieren: Die zahlreichen und unterschiedlichen Erzählungen über die Wanderungen der Dorier und Ioner können im Zeitgeist der Expansions- und Machtpolitik Spartas und Athens verstanden werden. 47 Im Hesiod zugeschriebenen Frauenkatalog, der vermutlich ins 6.  Jahrhundert  v. Chr. 48 datiert und eine Auflistung unterschiedlicher Genealogien bietet, findet sich Hellen als Stammvater der Hellenen. 49 Dieser Hellenbegriff umfasst allerdings nur einen Teil der ‚Griechen‘, da beispielsweise die Aitoler und Arkader davon ausgeklammert werden. 50 Als ältester Sohn in diesem Stammbaum gilt nun Doros, 51 während Ion lediglich als Hellens Enkel bezeichnet wird. 52 Nun besitzt die Genealogie von Doros und Ion eine stark politische Konnotation, welche die Legitimität entsprechender Ansprüche durch ein höheres Alter und ein möglichst nahes Verwandtschaftsverhältnis zu Hellen ausdrückt. So verweist die Version im Frauenkatalog auf die dorische Identität des Peloponnesischen Bundes sowie

46 Osmers 2013. 47 Ulf 2015a; Ulf 2015b. An die Erzählungen über die Wanderbewegungen knüpft sich bekanntlich der Themenkomplex der griechischen Identitätsbildung in der Archaik und Klassik. Zum Konzept der griechischen Ethnogenese grundlegend mit weiterführender Literatur: Ulf 1996; Hall 1997; McInerney 2001; Ulf 2009. 48 Prinzipiell hat es auch Vorschläge einer Datierung ins späte 7.  Jahrhundert  v. Chr. gegeben, wie beispielsweise kürzlich von Dräger (1997, 1–26) oder Hirschberger (2004). Eine Zuweisung des Texts in das 6. Jahrhundert v. Chr. herrscht derzeit aber vor, wobei einerseits das frühe (Fowler 1998, 1 Anm. 4), andererseits das späte 6. Jahrhundert v. Chr. (West 1985a, 136) genannt werden. Einen guten Überblick über die unterschiedlichen Positionen bieten: Hirschberger 2004, 42–51; Cingano 2009, 116–117. 49 Für die Abstammung von Hellen wiederum gibt es innerhalb des Frauenkatalogs zwei unterschiedliche Angaben. Zum einen wird Deukalion (Hes. cat. F 2–4 (Merkelbach – West) / F 3–5 (Most)), andererseits Zeus (Hes. cat. F 4 (Merkelbach – West) / F 5 (Most)) als Vater genannt. 50 Im 5. Jahrhundert v. Chr. gibt Hellanikos (BNJ 4 F 125) schließlich eine Version wieder, die zuvor ausgeschlossene Gruppen in den hellenischen Stammbaum inkludiert. Hall 1997, 47–49; Hall 2002, 170–171. 51 Hes. cat. F 9 (Merkelbach – West) / F 9 (Most). 52 Hes. cat. F 10a (Merkelbach – West) / F 10 pergit (Most). Der antike Text, wonach Ion als Sohn von Xuthos und Kreusa gilt, ist an dieser Stelle allerdings ergänzt.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Spartas Führungsanspruch in Kontrast zum ionischen Athen. 53 Eine Darstellung aus Athens Perspektive findet sich erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. in Euripides’ Ion 54, worin Ion als Sohn von Apollon auftritt. 55 Damit wird Ion nicht nur eine göttliche Herkunft zuteil, sondern sticht den somit jüngeren Halbbruder Doros im politischen Geltungsanspruch aus. Die Abstammung der Dorier und Ioner verdeutlicht die Bedeutung und Funktion der Genealogien im archaischen und klassischen Griechenland, die der Orientierung sowohl in gesellschaftlich-politischen Belangen als auch in den mythischen Erzählungen dienten. Bekanntlich liefert Hesiod mit seiner Theogonie eine Darstellung der göttlichen Abstammungen und somit eine Hierarchie für die göttliche Welt. 56 Der Hesiod zugeschriebene Frauenkatalog beinhaltet hingegen eine Auflistung an relevanten Genealogien für die menschliche Ordnung, 57 weshalb man Hesiod auch als erfolgreichsten Vertreter der griechischen genealogischen Dichtung bezeichnet hat. 58 Gerade in Hesiods Werken lässt sich auch der chronologische Aspekt von Genealogien greifen, da sie auch zur zeitlichen Strukturierung der Vergangenheit herangezogen werden konnten. Diese  –  vermutlich sekundäre  –  Funktion von Genealogien in Hinblick auf die Chronologie des frühen Griechenlands ist durchaus nicht unumstritten, wie die äußerst unterschiedlichen Positionen in zahlreichen Beiträgen belegen. Ein kurzer Überblick über die Evidenz soll helfen, eine eigene Position zu finden, da diese Fragestellung Relevanz für die vorliegende Arbeit besitzt. Genealogien tauchen bereits in den homerischen Epen auf, allerdings weniger in einer chronologisch-ordnenden Funktion, sondern als eine Kontextualisierungshilfe für die genannten Personen beziehungsweise deren Vorfahren. 59 So werden die Positionierung der Helden untereinander und deren Verortung innerhalb einer mehr oder minder tief in die Vergangenheit reichenden Welt deutlich. Kurze genealogische Angaben, die nur die Eltern nennen, finden sich beispielsweise im Schiffskatalog der Ilias. 60 An anderer Stelle fragt Achilles vor dem Zweikampf Asteropaios nach dessen Abstammung, woraufhin Asteropaios seine Abstammung bis zu seinem Großvater, dem Flussgott Axios, nennt. 61 Zwei ausgeführte Genealogien ragen in der Ilias aufgrund ihrer zeitlichen 53 Osmers 2013, 124–126, 323–325. 54 Eur. Ion 1553–1605. 55 Zum Hintergrund der so genannten Ionischen Kolonisation Kleinasiens und Euripides’ Ion siehe: Kuciak 2013. 56 West 1966, 31–39. 57 Eine treffende Analyse des zeitgenössischen Hintergrunds mit Genealogien im 6./5. Jahrhundert bietet: Fowler 1998. 58 D’Alessio 2005, 217. 59 Z.B. Lang 1994. Eine grundlegende Diskussion zur Rolle der Verwandtschaftsbezüge in den homerischen Epen sowie zu den Genealogien vor dem Hintergrund des Genos-Begriffs siehe: Donlan 2007. 60 U.a. Hom. Il. 2, 512–515, 518, 566, 624, 628–629, 653–670, 679, 704–708, 713–715, 727–728, 741–744, 819–821, 842–843, 846–847. 61 Hom. Il. 21, 140–160.  Näheres zu dieser Genealogie findet sich beispielsweise bei: Flaig 2005, 224–228.

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

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Tiefe besonders hervor: Zum einen nennt Glaukos in der Konfrontation mit Diomedes seinen sechs Generationen aufweisenden Stammbaum (Aiolos, Sisyphos, Glaukos, Bellerophon, Hippolochos), 62 zum anderen kann Aineas gegenüber Achilles auf seine sieben Vorväter (Zeus, Dardanos, Erichthonios, Tros, Ilos, Assarakos, Anchises) verweisen sowie die Abstammung von Priamos erörtern. 63 Kurze Stammbäume beinhaltet ebenso die Odyssee, wenn Odysseus in der Unterwelt Frauen unterschiedlicher Herkunft 64 und Theoklymenos auf Telemachos in Pylos trifft 65. Die Passage, in der Nestor auf Peleus’ Nachfragen von den Genealogien aller Argeier erzählt, scheint außerdem auf ein allgemeines Interesse an Genealogien hinzuweisen. 66 Zudem werden Generationenangaben an zwei weiteren Stellen in der Odyssee verwendet, um eine ungefähre zeitliche Einordnung zu liefern. So soll Nestor bereits seit drei Generationen herrschen, 67 womit das außergewöhnlich hohe Alter von Nestor und seine dadurch erworbene Lebenserfahrung unterstrichen werden. Um den enormen Wert eines Schatzes zu beziffern, wird er als ökonomische Grundlage für ganze zehn Generationen beschrieben, 68 was wohl nicht als präzise Zeitangabe, sondern der Verdeutlichung des beschriebenen Reichtums dient. Eine gewisse Rolle der Generationen kann außerdem bei den Objektbiographien in den homerischen Epen festgestellt werden, wenn beispielsweise in der Ilias 69 Meriones Odysseus einen Eberzahnhelm schenkt, den er seinerseits von seinem Vater Molos geerbt hat und der als Gastgeschenk bereits mehrfach die Besitzer gewechselt hat. Zusammenfassend lässt diese  –  zugegeben spärliche  –  Evidenz meiner Meinung nach immerhin den wichtigen Schluss zu, dass Generationenangaben wohl als eines der ältesten Mittel zur zeitlichen Orientierung herangezogen werden konnten. 70 Dies deckt sich auch mit der zuvor angestellten Überlegung, welche Datierungsmittel in der griechischen Archaik überhaupt zur Verfügung gestanden haben. Der früheste und deutlichste Beleg der Heranziehung von Generationen zu chronologischen Zwecken findet sich in Pindars vierter Pythischer Ode: 71 Der Sieg von Arkesilaos (IV.) beim Wagenrennen 462 v. Chr. (Ol. 79,3) 72 liefert den Anlass, Kyrenes ruhm62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72

Hom. Il. 6, 119–211. Ausführlich zur Funktion dieser Stelle: Harris 1993. Hom. Il. 20, 199–241. Hom. Od. 11, 225–332. Hom. Od. 15, 223–256. Hom. Il. 7, 123–128. Hom. Od. 3, 342–345. In der Ilias (1, 250–252) wird Nestors hohes Alter etwas anders beschrieben. So habe Nestor bereits zwei Menschengenerationen erlebt und herrsche nun über die dritte Generation. Eine eingehende Diskussion zu Nestors Alter bietet: Grethlein 2006. Hom. Od. 14, 32; 19, 294. Hom. Il. 10, 260–271. Ähnlich: Mitchel 1956, 48; Wiedemann 1992, 129. Zu Pindars Darstellung der Vergangenheit in den Epiniken mit weiterführender Literatur: Pavlou 2012. Der Sieg von Arkesilaos IV. wird generell ins Jahr 462 v. Chr. (Ol. 79,3) datiert. Busolt 1895, 535; Beloch 1913, 210. Ermöglicht wird dies durch die Information in den Scholien, wonach Arkesilaosʼ Sieg bei den 31. Pythischen Spielen stattfand. Drachmann 1910, 92–93. Ebenso enthält ein weiteres Scholion den wertvollen Synchronismus der 28.  Pythischen mit den 76.  Olympischen Spielen.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

reiche Vergangenheit zu besingen. In dieser außergewöhnlichen Ode ordnet Pindar 73 den Gründer von Kyrene, Battos, in die 17.  Generation nach den Argonauten ein und bezeichnet den gegenwärtigen Herrscher, Arkesilaos (IV.), als nunmehr achten König von Kyrene 74. Als Ausgangspunkt von Pindars Berechnung wird die Genealogie der beiden Königsfamilien Spartas vermutet, 75 zumal Sparta Thera gegründet haben soll und somit eine eindeutige Verbindung zu Kyrene besteht. 76 Es bleibt zu betonten, dass Pindars Generationenangabe in seinem Werk zwar singulär bleibt, jedoch einen klaren Eindruck von dieser Datierungsmöglichkeit gibt, 77 wie sie sich bereits in den homerischen Epen angedeutet findet. Eine einzige mögliche Parallele könnte in Pindars zweiter Olympischer Ode vorliegen, die Therons Sieg im Wagenrennen 476 v. Chr. 78 feiert. Demnach habe die Stadt in 100 Jahren keinen großartigeren Mann als Theron hervorgebracht. 79 Hinter der Zahl hat man eine Umrechnung von Generationenveranschlagung gesehen, was jedoch nicht explizit als solche gekennzeichnet und dementsprechend unsicher ist. Die Theorie der Abhängigkeit von Generationenkalkulationen für die Chronologie der Archaik ist weder neu noch unumstritten. Meiner Meinung nach können und sollen Generationenveranschlagungen nicht sämtliche chronologische Angaben zur Archaik in den älteren Quellen erklären. Die ausschließliche Rückführung sämtlicher Datierungsangaben auf bestimmte Generationenlängen stellt eine methodische Schwäche diverser Einzelstudien dar. 80 Die genaue Grundlage der meisten Intervallangaben, wie sie eben in

73 74 75 76 77 78

79 80

Drachmann 1910, 63. Der Scholiast notierte, dass Hieron in der 76. Olympiade König wurde, als man die 28. Pythiade feierte. Das Gedicht sei nach dessen zweiten Sieg bei den Pythischen Spielen geschrieben worden, was in die 75.  Olympiade fällt. Die Erwähnung von der 76.  und 75.  Olympiade führte jedoch zu Diskussionen, da Pausanias ebenso eine ältere Ansetzung der Pythischen Spiele liefert, die einen Synchronismus zwischen den 28. Pythischen und eben den 75. Olympischen Spielen fordern würde. Siehe hierzu: Sickinger 2016, Kommentar zu BNJ 239 A 38.  Durch das Marmor Parium A 38 ist bekannt, dass die Pythischen Spiele jeweils im dritten Jahr einer Olympiade stattfanden. Aus diesem Grund lassen sich nach gängiger Auslegung die 31. Pythischen Spiele in Ol. 79,3 (462 v. Chr.) setzen. Zur Frage der Datierung der ersten Pythischen Spiele siehe: Mosshammer 1982; Brodersen 1990. Pind. Pyth. 4, 9–10. Pind. Pyth. 4, 65. Lattmann 2010, 200; Bichler 2012, 95. Z.B. Pind. Pyth. 5, 73–75. Maria Pavlou (2012, 100–101) beispielsweise merkt an: „It is, however, striking and, if nothing else, it does invite us to think more carefully about the forms of chronological reckoning that were in use before Herodotus and his contemporiares.“ Diese zeitliche Einordnung ermöglicht die erhaltene Olympionikenliste POxy II 222 ins Jahr, als Skamandros aus Mytilene im Stadionlauf siegte. Christesen 2007, 382–384. Die Olympionikenliste bei Eusebius erlaubt schließlich die endgültige Zuweisung zu den 76.  Olympischen Spielen und somit ins Jahr 476 v. Chr. Pind. Ol. 2, 91–95. Hier sei nochmals auf die Diskussion der griechischen Gründungsdaten in Kapitel 5 sowie den Abschnitt weiter unten verwiesen. Van Compernolle (1960) und Miller (1970) übersehen in ihren durchaus lehrreichen Denkansätzen, dass auf das Jahr genau zu nehmende Ansätze beispielsweise

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

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der Sizilischen Archäologie des Thukydides 81 auftreten, lässt sich nicht ausschließlich auf Generationenangaben beziehungsweise Teillängen davon zurückführen. Zu zahlreich sind die numerischen Möglichkeiten (u.a. 20, 23, 25, 27, 30, 33 1/3, 35, 36, 39, 40 oder 45 Jahre), mit denen sich eine Generation mit konkreten Zahlen ausdrücken ließe. 82 Vor allem für die Quellensituation der Archaik erscheinen derartige zahlenbezogene Rechnungen wenig wahrscheinlich, weil dies Entwicklungen in der Historiographie beziehungsweise Chronographie voraussetzt, die bekanntlich erst im späten 5.  Jahrhundert  v. Chr. vollzogen wurden. Trotz dieser notwendigen Einschränkung halte ich Genealogien und daraus sekundär abgeleitet Generationenangaben für einen wesentlichen Stützpfeiler der Chronologie der Archaik, der sich in den Quellen auch ausmachen lässt. So schränkt Alden Mosshammer die Bedeutung der grundsätzlich wichtigen Generationenkalkulation in Hinblick auf die frühen chronographischen Werke im 5. Jahrhundert v. Chr. ein: „Generational chronology is a natural device and an appropriate one for computing approximate intervals between persons and events separated by long periods of time, especially if no evidence other than genealogical tradition is available. But a precise, absolute date requires a possibly fictional, certainly constructed annalistic list coupled with arbitrary fractions of a supposedly average generation length within a pedigree that may have been tampered with for the sake of mutual consistency among genealogies.” 83 Die präzise Chronologie der Archaik wurde demnach erst mit den chronographischen Listen im 5. Jahrhundert v. Chr. möglich und fand in den chronographischen Werken des Hellenismus ihre ausgefeilte Form. 84 Herodots komplexes Chronologiesystem 85, das ein absolutes Zeitraster anhand der Regierungsjahre der persischen Herrscher erstellt, mit Generationen- und Intervallangaben sowie Synchronismen veranschaulicht die Optionen der antiken Autoren im 5. Jahrhundert v.Chr vor der Herausbildung der hellenistischen chronographischen Konventionen. Bereits die frühesten Prosaautoren haben sich eingehend mit Genealogien beschäftigt, wie beispielsweise Hekataios 86, Akusilaos von Argos 87 und Pherekydes von Athen 88, also im Grunde die ersten drei Autoren nach Jacobys Anordnungsschema der nur fragmentarisch erhaltenen Historiographen. 89 Genealogien dürften ein beliebtes Thema dargestellt

81 82 83 84 85 86 87 88 89

in den Manuskripttraditionen von Eusebius’ Chronik schon aufgrund divergierender Angaben in den Editionen schwer zu begründen sind. Thuk. 6, 3–5. Zu diesem Diskussionspunkt siehe: Kapitel 3. Mosshammer 1979, 103. Ähnlich resümiert Astrid Möller (2004b, 173): „[…] early Greek chronography is not just a construction based on generation reckoning by means of genealogies, or the simple counting of annual magistrates, but a far more complex and comprehensive tradition.“ Siehe hierzu: Kapitel 3. U.a. Mosshammer 1979, 105–112; Bichler 2004a, 216–220, 225–235. FGrHist 1 / BNJ 1. FGrHist 2 / BNJ 2. FGrHist 3 / BNJ 3. Eine detaillierte Studie zu den Genealogien bei Hekataios, Pherekydes, Hellanikos und Herodot bietet: Condilo 2017.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

haben, wie auch der Platon zugeschriebene Dialog Hippias Major nahelegt. 90 Darin erkundigt sich Sokrates bei Hippias, was die Lakedaimonier nun am liebsten von ihm hören würden. Hippias antwortet mit einem Verweis auf die Stammbäume von Heroen und Menschen, Erzählungen von Städtegründungen und weit zurückliegenden Ereignissen. 91 Ausgeführte Genealogien finden sich im Quellenbestand des 5. Jahrhunderts v. Chr. jedoch äußerst selten. Hekataios hat sich in seinen Genealogiai ähnlich wie Akusilaos ausschließlich der fern zurückliegenden, mythischen Vergangenheit und den für sie relevanten Stammbäumen sowie den mit ihr verknüpften Erzählungen gewidmet. In diesem Zusammenhang kritisiert Herodot seinen Vorgänger Hekataios für dessen Stammbaum, der sich nach Herodots Darstellung in der 16. Generation von einem Gott abgeleitet hätte. 92 Die Unmöglichkeit dieser göttlichen Abstammung bereits in der 16. Generation untermauert Herodot mit einer Episode um die ägyptischen Priester in Theben, welche die Statuen der verstorbenen Priester abzählen konnten. Weil jeweils der Sohn das Priesteramt des Vaters übernahm, konnten die Priester anhand der 341 Statuen auf eine verhältnismäßig längere Genealogie als Hekataios verweisen, ohne dabei eine göttliche Figur zu nennen. 93 Die Rückführung führender Familien auf entsprechende Heroen oder olympische Götter dürfte nicht unüblich gewesen sein. Über den berühmten Arzt Hippokrates (ca. 460–375 v. Chr.) 94 kursierte ein Stammbaum, der ihn in der 20. Generation als Nachfahre von Herakles sowie in der 19. Generation als Abkömmling von dem Gott Asklepios darstellte. 95 Ebenso soll Hellanikos 96 die Familie des attischen Redners Andokides (ca. 440– nach 392  v. Chr.) 97 auf Hermes und Odysseus zurückgeführt haben. Wie bei der Genealogie von Hekataios bleibt zumindest eine gewisse Unklarheit bestehen, inwieweit diese Stammbäume tatsächlich vollständig ausgeführt waren. Während sich in den bisher genannten Textstellen keine ausgeführte Genealogie mit den Namen der einzelnen Vorfahren findet, geben zwei außergewöhnliche Grabinschriften einen umso wertvolleren Einblick in die Existenz derartiger Stammbäume. Zum einen handelt es sich um die Grabanlage des Megas in Samos, die einen Tumulus, einen 90 91 92 93

94 95 96 97

Der Text wird aber dennoch in die Zeit Platons datiert, siehe: Heitsch 2011, 111–124. Plat. Hipp. Mai. 285d–e. BNJ 1 F 300 (apud Hdt. 2, 143). Diese Passage ist viel diskutiert worden, unterschiedliche Ansätze mit weiterführender Literatur finden sich bei: West 1991; Bichler 2000a, 179–180 Anm. 136; Bertelli 2001, 89–94; Fowler 2006, 35–36; Toye 2009, Kommentar zu BNJ 1 F 300. Ein Reflex auf diese Episode Herodots findet sich vermutlich in Plat. Tim. 21e–22b, wonach Solon in Ägypten einem Athena-Priester die Nachkommenschaft von Deukalion und Pyrrha in einer Genealogie aufgezählt und somit eine zeitliche Angabe eruiert habe. Auch diese Textstelle hebt die bei weitem ältere ägyptische Überlieferung im Vergleich zur griechischen hervor. Einen kurzen Überblick über die Quellenlage zur Biographie von Hippokrates bietet: Althoff 2011, 295–297. Mehrere antike Autoren, darunter Eratosthenes (BNJ 241 F 13) und Apollodor (BNJ 244 F 73), sollen sich mit Hippokrates’ Genealogie beschäftigt haben; als chronologisch inkompatibel gilt eine Zuschreibung an Pherekydes von Athen (BNJ 3 F 59). BNJ 4 F 170a–c. Für eine aktuelle Zusammenstellung der primären und sekundären Quellen siehe: Paulsen 2011.

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

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Kouros und eine Säule auf einer Basis umfasste. 98 Dieser Grabkomplex aus dem dritten Viertel des 6. Jahrhunderts v. Chr. dürfte bewusst mit den gängigen Bestattungstraditionen gebrochen haben, wozu auch die Anbringung einer Inschrift 99 auf der Basis zählt. Darin werden sowohl der Name des Bestatteten, Megas, als auch dessen vier Vorfahren genannt, wobei es sich für das 6. Jahrhundert v. Chr. um einen singulären Fund handelt. Dem vergleichbar ist eine Grabinschrift in Chios aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., welche die 14 Vorfahren von Heropythos (Philaios, Mikkylos I., Mandrokles, Autosthenes, Mandragores, Erasies, Hippotion II., Hekaides, Hipposthenes, Orsikles, Hippotion I., Hekaos, Eldios, Kyprios) auflistet. 100 Dabei handelt es sich um den deutlichsten Beleg einer ausgeführten Genealogie aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., weil aufgrund der inschriftlichen Evidenz im Gegensatz zum handschriftlichen Überlieferungsweg keinerlei spätere Eingriffe erfolgen konnten. Der zumindest teilweise fiktive Stammbaum könnte mit dem ältesten Vorfahren Kyprios einen entsprechenden Ursprung dieser Familie andeuten. 101 Ein Fragment aus Pherekydes’ Werk mit der Genealogie der Philaiden Athens dürfte vermutlich für die literarische Überlieferung den interessantesten Beleg eines Stammbaums liefern. 102 Das Zitat ist durch Markellinos 103 (6. Jahrhundert n. Chr.) überliefert, der jedoch Pherekydes nicht mehr im Original, sondern nur mehr im Exzerpt bei Didymos (1. Jahrhundert v./n. Chr.) gelesen hat. Markellinos zieht Didymos beziehungsweise Pherekydes zur Belegung der Verwandtschaft von Thukydides mit Miltiades, dem Strategen, heran, wobei Markellinos zudem auf die Abstammung des Miltiades von Aiakos, des Königs von Aigina, als Sohn des Zeus hinweist: ὠικείωτο γὰρ ἐκ παλαιοῦ τῶι γένει πρὸς Μιλτιάδην τὸν στρατηγόν, τῶι δὲ Μιλτιάδηι πρὸς Αἰακὸν τὸν Διός […] καὶ τούτοις Δίδυμος μαρτυρεῖ, Φερεκύδην ἐν τῆι πρώτηι τῶν ῾Ιστοριῶν φάσκων οὕτως λέγειν·„Φιλαῖος δὲ ὁ Αἴαντος οἰκεῖ ἐν ᾽Αθήναις. ἐκ τούτου δὲ γίνεται Αἶκλος· τοῦ δὲ ᾽Επίλυκος· τοῦ δὲ ᾽Ακέστωρ· τοῦ δὲ ᾽Αγήνωρ· τοῦ δὲ Οὔλιος· τοῦ δὲ Λύκης· τοῦ δὲ † Τόφων· τοῦ δὲ Φιλαῖος· τοῦ δε ᾽Αγαμήστωρ· τοῦ δὲ Τίσανδρος· ἐφ᾽ οὗ ἄρχοντος ἐν ᾽Αθήναις τοῦ δὲ Μιλτιάδης· τοῦ δὲ ‘Ιπποκλείδης, ἐφ᾽ οὗ ἄρχοντος Παναθήναια ἐτέθη· τοῦ δὲ Μιλτιάδης, ὃς ὤικισε Χερρόνησον.“ 104 „For (Thucydides) belonged to the clan (that may be traced) from antiquity to the time of the general Miltiades, and to Miltiades from Aiakos son of Zeus ... (3)  and Didymos  […]  bears witness to this, quoting Pherekydes in the first book of his Histories who says thus […]: ‚Philaios son of Aias lived in Athens. From him was born Aiklos, whose son was Epilykos, whose son was Akestor, whose son was 98 99 100 101 102

Mariaud 2015. IG XII 6 2 626. Wade-Gery 1952, 8–9, 88; Jeffery – Johnston 1990, 344 no. 47, pl. 65. Boardman 2002, 74–75. Zu dem Stammbaum der Philaiden siehe: Thomas 1989, 161–173; Möller 1996; Fowler 2013, 474–480. 103 Markell. vit. Thuk. 2–3. 104 Griechischer Text nach: BNJ 3 F 2.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Agenor, whose son was Oulios, whose son was Lykos, whose son was †Tophon, whose son was Philaios, whose son was Agamestor, whose son was Tisandros, during his archonship in Athens (text missing), whose son was Miltiades, whose son was Hippokleides, during whose archonship the Panathenaia was established (566/5 BC?), and his son was Miltiades, who colonized the Chersonese.‘“ 105 Der überlieferte Text des Stammbaums ist nicht nur verderbt und lückenhaft, sondern bricht eigentlich für Markellinos’ Zweck zu früh ab. Denn er zeigt eben nicht Thukydides’ Abstammung von Miltiades, dem Sieger von Marathon, weil er bei dessen namensgleichem Onkel Miltiades dem Älteren endet. Unabhängig davon, wie nun der vollständige Text optimal zu rekonstruieren ist, scheint Pherekydes neben den Namen der Philaiden in vier Fällen auch eine mit der Person verbundene Information genannt zu haben. Bei Philaios wird eigens betont, dass er in Athen gelebt haben soll. Für Tisandros’ Archontat wird außerdem ein Ereignis genannt, das sich aufgrund der Textlücke nicht mehr bestimmen lässt. Ebenso bleibt die exakte zeitliche Verortung aufgrund der Lücken in der Archontenliste unklar. 106 Nach Pherekydes sind unter Hippokleides die Panathenäen eingerichtet worden, wobei sich die Verbindung mit diesem Archon in keiner anderen antiken Quellen bestätigt findet. 107 Schließlich wird der zweite Miltiades in Pherekydes’ Liste mit dem Hinweis auf die Gründung der Kolonie auf der Chersones näher spezifiziert. 4.1.1 Die Flexibilität von Genealogien Das eben genannte Pherekydes-Fragment bietet nicht nur einen bemerkenswerten Eindruck von der Genealogie einer führenden Familie im klassischen Athen, sondern deutet auch deren legitimierende Funktion an, wenn man beispielsweise Philaios’ Rolle in Hinblick auf Athens territorialen Anspruch auf die Insel Salamis berücksichtigt. Plutarch 108 lässt Solon belegen, dass die Söhne von Ajax, Philaios und Eurysakes, die Insel Salamis an Athen übertragen und sich danach in Attika niedergelassen hätten. 109 Nicht minder interessant sind zudem die festzustellenden Abweichungen zwischen Pherekydes’ genealogischer Liste und Herodots Historien. Herodot 110 bettet einige genealogische 105 Übersetzung: BNJ 3 F 2.  Die deutsche Übersetzung von Wolfgang Will (2017, 123) scheint an dieser Stelle ungenau, da beispielsweise das Patronymikon bei Philaios fehlt, weshalb für den Fließtext die englische Übersetzung von William Morison (BNJ 3 F 2) gewählt worden ist. 106 Die Archontenliste weist für das 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. bekanntlich Lücken auf, siehe die Zusammenstellung bei: Samuel 1972, 199–205; Strothmann – Welwei 2004, 146–148. 107 Weil die lateinische Manuskripttradition von Eusebius’ Chronik die Errichtung der Panathenäen 566/5 v. Chr. (AA 1451 / Ol. 53,3) ansetzt, wurde vorgeschlagen, das Archontat von Hippokleides dementsprechend anzusetzen. Samuel 1972, 202. 108 Plut. Sol. 10, 2. 109 Zum Konflikt um die Insel Salamis zwischen Athen und Megara sowie den Reflexen in den Mythen siehe: Prinz 1979, 43–52; Stahl 1987, 204–206, 217–218. 110 Hdt. 6, 34, 1; 6, 35, 1; 6, 38, 1; 6, 39, 2; 6, 103, 1; 6, 128, 2; 6, 136, 3.

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

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Angaben in seine Erzählung um die Besiedlung der Chersones sowie um die Geschichte Athens ein. Im Gegensatz zu Pherekydes bietet Herodot allerdings auch Informationen zu den unterschiedlichen Familienzweigen der Philaiden. Von diesem Standpunkt gesehen, wirkt Pherekydes’ Auflistung nahezu als vereinfachte Version im Sinne einer ausschließlichen Vater-Sohn-Abfolge. 111 Pherekydes’ und Herodots Darstellungen fügen sich demnach nicht problemlos zu einem vollständigen Stammbaum der Philaiden, sie werden wohl am besten als eigenständige Vertreter betrachtet. Dabei hat eine unterschiedliche Platzierung innerhalb der Genealogie auch eine andere Chronologie zur Folge. In diesem Fall bleibt dies aber ohne größere Auswirkungen auf die Geschichte Athens, da sich zumindest die spätere Chronologie ohnehin unabhängig davon an den Archonten orientiert. Obwohl sich aus anderen griechischen Poleis kein vergleichbarer Stammbaum literarisch überliefert hat, sind ähnliche Legitimationsstrategien führender Familien beispielsweise in den griechischen Gründungen Siziliens durchaus denkbar. Der Philaiden-Stammbaum belegt somit eine gewisse Flexibilität und die unterschiedliche Darstellungsmöglichkeit von Genealogien führender Familien, die sicherlich nur in seltenen Fällen tatsächlich bis zu einem eponymen Heroen vollständig ausgeführt wurden. Die Auswirkungen dieser Wandelbarkeit der Stammbäume spezifisch für die Chronologie der Archaik verdeutlicht die Spartanische Königsliste. Auch wenn die exakte Anwendung dieser Liste für chronologische Zwecke im Detail schwer nachweisbar ist, darf sie hinter einigen Generationenangaben als Kalkulationsgrundlage vermutet werden. 112 Bezeichnenderweise wurde für die Chronologie des frühen Griechenlands eben nicht die Königsliste Athens, sondern jene von Sparta herangezogen. Erkennbar ist dies beispielsweise an der Bemerkung von Plutarch 113 und Diodor 114, wonach sowohl Eratosthenes (3.  Jahrhundert  v. Chr.) als auch Apollodor (2.  Jahrhundert  v. Chr.) diese Königsliste für chronologische Berechnungen nutzten. Der Inhalt der erhaltenen Fragmente hätte freilich keinen derartigen Schluss zugelassen, weshalb die genauen Kalkulationsschritte sowohl von Eratosthenes als auch Apollodor unklar bleiben. Bekanntlich herrschten im antiken Sparta zwei Könige, weshalb mit den Agiaden und Eurypontiden zwei Königshäuser existierten. Bereits Herodot 115 liefert an zwei Stellen eine durchgehende Genealogie für beide herrschenden Könige Leonidas und Leotychidas (II.), die bis auf Herakles zurückführt. In der unten stehenden Tabelle 2 sind nun die beiden genealogischen Listen nach Herodot wiedergegeben. Herodots kontinuierliche Auflistung lässt bekannte oder an anderer Stelle erwähnte König aus, wie beispielsweise

111 Hilfreiche graphische Aufschlüsselungen von Herodots Angaben bieten: Thomas 1989, 166–167; Möller 1996, 24–25. 112 Wenn beispielsweise Ephoros (BNJ 70 F 137a apud Strab. 6, 2, 2) und ihm folgend Pseudo-Skymnos (270–282) die griechischen Gründungen Naxos und Megara auf Sizilien in Generationenangaben nach dem Trojanischen Krieg ansetzen. 113 Plut. Lyk. 1, 2 (= FGrHist 241 F 2; FGrHist 244 F 62a). 114 Diod. 1, 5, 1 (= FGrHist 244 F 61a). 115 Hdt. 7, 204 (Agiaden); 8, 131 (Eurypontiden).

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

bei den Agiaden Kleomenes I. und bei den Eurypontiden Hegesikles 116, Ariston und Demaratos 117. Aus diesem Grund kann Herodots Aufzählung eben nicht als eigentliche Königsliste, sondern nur als Genealogie der beiden Könige verstanden werden. Obwohl Herodot diese Liste nicht explizit für chronologische Zwecke herangezogen hat, 118 weist Reinhold Bichler 119 darauf hin, dass Herodots Datierung 120 des Trojanischen Kriegs 20 Generationen vor den Perserkriegen mit der Königsgenealogie Spartas einhergeht. Tabelle 2: Genealogie der beiden Königshäuser Spartas nach Herodot Agiaden (Hdt. 7, 204)

Eurypontiden (Hdt. 8, 131) Herakles Hyllos Kleodaios Aristomachos Aristodamos

Eurysthenes

Prokles

Agis (I.)

Euryphon

Echestratos

Prytanis

Leobotes

Polydektes

Doryssos

Eunomos

Hegesilaos (I.)

Charilaos

Archelaos

Nikandros

Telekleos

Theopompos

Alkamenes

Anaxandrides

Polydoros

Archidamos

Eurykrates

Anaxilaos

Anaxandros

Leotychidas (I.)

Eurykratides

Hippokratides

Leon

Hegesilaos

Anaxandridas (II.)

Menares

Leonidas (I.)

Leotychidas (II.)

116 Zur Zeit der Königsherrschaft von Leon aus dem Haus der Agiaden soll außerdem Hegesikles (aus dem Haus der Eurypontiden) König in Sparta gewesen sein. Hdt. 1, 65. 117 Als Vorgänger von Leotychidas II. nennt Herodot (6, 61–65) Demaratos und Ariston. 118 Möller 2001a, 253; Bichler 2004a, 228. 119 Bichler 2004a, 229. 120 Hdt. 6, 98.

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Genealogien und ihre Bedeutung für die Chronologie der Archaik

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Das Problematische für die Chronologie der griechischen Archaik sind nun die unterschiedlichen Varianten, welche die Überlieferung für das Haus der Eurypontiden wiedergibt. Lange war neben Herodot nur eine weitere Darstellung durch Pausanias 121 belegt, die sich eben nicht mit Herodots Version(en) deckte. 122 Eine breite Anzahl von Studien hat versucht, diesen Konflikt zu lösen und die Königsliste zu rekonstruieren, ohne jedoch dabei ein überzeugendes Ergebnis gewinnen zu können. 123 Unabhängig davon, wie sich methodisch nun eine ‚bessere‘ oder ‚korrekte‘ Königsliste extrahieren ließe, hat hingegen eine neue Lesung eines längst bekannten Papyrus aus Herculaneum 124 ausschlaggebende Erkenntnisse gebracht. So kann Kilian Fleischer 125 auf dem besagten Papyrus eine Auflistung der Eurypontiden nach Pherekydes von Athen erkennen, die als älteste bekannte Quelle sowohl von Herodot als auch Pausanias abweicht. Tabelle 3 bietet nun eine Zusammenstellung der Eurypontiden-Könige ab Theopomp nach Pherekydes, Herodot und Pausanias mitsamt den offensichtlichen Unterschieden. Tabelle 3: Eurypontiden ab Theopomp nach Herodot, Pausanias und Pherekydes (nach Fleischer 2019, 14) Herodot 8, 131

Pausanias, 3, 7, 5–7

Pherekydes (PHerc. 1788, col. 1)

Theopomp

Theopomp

Theopomp

Anaxandridas

Zeuxidamos

Zeuxidamos

Archidamos

Anaxidamos

Leotychidas I.

Anaxilaos

Archidamos

Archidamos

Leotychidas I.

Agesikles

Hippokratidas

Hippokratides

Ariston

Agesikles

Hegesikles (Hdt. 1, 65)

Damaratos

Ariston

Ariston (Hdt. 6, 61–63)

Leotychides (II.)

Demaratos

Demaratos (Hdt. 6, 61–63) Leotychidas II.

121 Paus. 3, 7, 5–7. 122 Diese Diskrepanz hat auch zu einem Eingriff in Herodots Text (8, 131, 3) geführt, wonach die aufgelisteten Ahnen von Leotychidas (II.) mit Ausnahme der ersten beiden allesamt König von Sparta gewesen seien. Obwohl die Manuskripte hier zweifelsfrei die Zahl zwei (Wilson 2015, 767) aufweisen, hat gerade die ältere Forschung (z.B. How – Wells 1928b, 279) die Zahl sieben angesetzt. Gravierenderweise findet sich diese Emendation ohne irgendeinen Hinweis auch in der TusculumAusgabe (Feix 1977, 1148–1149). Einen kurzen Überblick über diese Emendation bzw. HerodotStelle in zahlreichen Editionen seit dem 17. Jahrhundert bietet: De Vido 2001, 216–218. 123 Dum 1878; Beloch 1900; Poralla 1913, 153–157; Lenschau 1939; Chrimes 1949, 334–347; Den Boer 1954, 84–88; Huxley 1962, 19–25, 39–52, 117–118; Cartledge 1979, 341–346; West 1992. 124 PHerc. 1788, col. 1. 125 Fleischer 2019.

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120

Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Ohne hier auf die sicherlich noch weiter zu untersuchenden Auswirkungen auf die Chronologie der peloponnesischen Geschichte näher einzugehen, zeigt Fleischers Überblick eines nochmals in aller Deutlichkeit: Derartige Genealogien wurden durchaus nicht statisch überliefert, sondern unterlagen durchaus Änderungen. So beanspruchten beispielsweise beide Königshäuser Lykurg, 126 was einen Eingriff oder zumindest eine Abänderung bereits bestehender Auflistungen verursacht haben dürfte. Diesbezüglich argumentiert Paul Christesen, dass Hippias in seiner Olympionikenliste das Datum der ersten Olympischen Spiele mit Lykurgs Genealogie berechnet haben könnte. 127 Gerade in Hinblick auf die Chronologie der Archaik könnte die Flexibilität der Spartanischen Königsliste möglicherweise auch für einige chronologische Wirren verantwortlich gemacht werden. So führt Paul Christesen 128 die unterschiedlichen Zuweisungen von Koroibos’ Sieg entweder bei den ersten, 14. oder 28. Olympischen Spielen 129 nun auf die Schwierigkeiten von Lykurgs Datierung in der Antike zurück. Ausgehend von den zur Verfügung stehenden Datierungsoptionen im 5.  Jahrhundert  v. Chr. für die Archaik sind die Generationenveranschlagungen als ein wesentliches Datierungsmittel identifiziert worden. Dieser Abschnitt hat außerdem die legitimierende Funktion der Genealogien sowie deren Bedeutung für die Chronologie der Archaik herausgearbeitet, wobei auch die Flexibilität derartiger Genealogien ersichtlich geworden ist. Nun widmen sich die nächsten zwei Abschnitte der Frage, anhand welcher Quellen die antiken Historiographen eine Chronologie der Archaik erarbeiten konnten. Aufgrund mangelnder direkter Evidenz aus der Archaik hat Charles Hedrick die Schwierigkeit dieser Quellenfrage in Hinblick auf die chronographischen Listen treffend zusammengefasst: „In the absence of evidence, any explanation is possible. In principle such lists may have been composed on the basis of an earlier list, an oral tradition, or evidence of some other kind; for that matter it may be a complete fabrication.“ 130 Im Folgenden soll nun zuerst die Möglichkeit von schriftlichen Quellen in Erwägung gezogen und die diesbezügliche Evidenz zusammengetragen sowie diskutiert werden.

4.2

Schriftliche Quellen

Die opinio communis geht davon aus, dass in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. das phönizische Alphabet für die griechische Sprache übernommen beziehungsweise weiter adaptiert wurde. 131 Sollte es sich bei dem eingeritzten Wort auf dem lokal 126 127 128 129

Thommen 1996, 26. Christesen 2009. Christesen 2007, 146–157, 509. Zur Datierungsfrage der ersten Olympischen Spiele und dem gängigen Datum 776 v. Chr. siehe: Kapitel 3. 130 Hedrick 2002, 29. 131 Jeffery  –  Johnston 1990, 1–42; Thomas 1992, 52–53; Crielaard 1995, 210–214; Hose 1999, 19; Coldstream 2003, 296–298; Latacz 2006, 256–260. Für eine Berücksichtigung Anatoliens in der

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Schriftliche Quellen

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angefertigten Tongefäß aus dem Grab 482 in Osteria dell’Osa tatsächlich um eine griechische Inschrift handeln, stammt der älteste inschriftliche Beleg für das griechische Alphabet aus Latium. 132 Der archäologische Fundhorizont der Bestattungen 482/483 gehört der Phase IIB 2 an, 133 was sich nach der konventionellen Chronologie mit einem absoluten Zeitraum von ca. 830 bis 770 v. Chr. veranschlagen lässt. Das Gefäß mitsamt der Inschrift wird demnach kurz vor 770 v. Chr. datiert. 134 Nun gibt es aber um die absolute Chronologie der frühen Eisenzeit eine rege Diskussion, in deren Zentrum naturwissenschaftliche Datierungsmethoden stehen. 135 Eine Gruppe von Wissenschaftlern spricht sich für eine Erhöhung der absoluten Chronologie aus, weshalb die Inschrift noch ins letzte Viertel des 9. Jahrhunderts v. Chr. einzuordnen wäre. 136 Die absolute Chronologie weiterer inschriftlicher Belege auf spätgeometrischer Keramik wäre demnach ebenso derselben möglichen Hochdatierung unterworfen. Dies könnte nun eine nachweisbare Verbreitung des griechischen Alphabets bereits im 9. Jahrhundert v. Chr. implizieren, was bisweilen aber auch ohne tatsächlich vorhandene Evidenz vermutet worden ist. 137 Zu den bekanntesten frühen Inschriften zählen wohl jene auf der Dipylon-Kanne 138 (attisch-spätgeometrisch Ib 139) und auf dem so genannten Nestorbecher 140 (spätgeometrisch II 141). Bei den ältesten in Keramik eingeritzten Schriftzeugnissen handelt es sich

132 133 134 135 136 137

138 139 140 141

Frage des möglichen Überlieferungsweges des Alphabets, wozu die veränderte Chronologie des Zerstörungshorizontes von Gordion letztlich zwingt, siehe: Van Dongen 2013. Zu dieser Inschrift siehe: Bietti Sestieri – De Santis – La Regina 1989–1990, 83–88; Ridgway 1996; Boffa 2013; SEG XLII 899; SEG XLVIII 1266. Zum näheren Fundkontext der Nachbestattung 482 im Grab 483 siehe: Bietti Sestieri  –  De Santis – La Regina 1989–1990, 77–81. Ridgway 1996, 90–91. Siehe hierzu: Kapitel 9. Diese Datierung der Inschrift vertritt beispielsweise: Janko 2015, 14. Für eine Ansetzung des griechischen Alphabets ins 9. Jahrhundert v. Chr. sprechen sich beispielsweise aus: Heubeck 1986, 18 (um 800 v. Chr.); Bietti Sestieri – De Santis – La Regina 1989–1990, 87; Wöllig 1995, 202; Wirbelauer 2004, 189; Horrocks 2010, xviii; Woodward 2014, 3; Meiser 2015, 1059. Die aktuelle Studie zur Datierung des griechischen Alphabets von Willemijn Waal (2018) gibt einen nützlichen Überblick über vergleichende epigraphische Aspekte in Hinblick auf die phönizische Schriftform, anhand derer bereits seit längerer Zeit ein höheres Alter des griechischen Alphabets für das 11. Jahrhundert v. Chr. geltend gemacht wird. Zur Dipylon-Kanne und ihrer Inschrift: Powell 1988; Jeffery – Johnston 1990, 68, pl. 1.1; Powell 1991, 158–163; Coldstream 2008, 32 Nr. 36, 358–359; Binek 2017. Nach Coldstream (2008, 358–359) ist dies in etwa um 740 v. Chr. anzusetzen, nach Trachsels Chronologie (2004) hingegen wird eine zeitliche Verortung im letzten Viertel des 9. Jahrhunderts v. Chr. vorgenommen. Zum Nestorbecher aus Ischia: Rüter – Matthiessen 1968; Jeffery – Johnston 1990, 235–236, pl. 47; Powell 1991, 163–167; Buchner – Ridgway 1993, 219, Taf. cxxvi–cxxviii, 72, 73; Russo 1993; Vox 1993; Danek 1994. Hier erfolgt die Datierung des rhodischen Gefäßes zudem über die im selben Grab gefundenen frühprotokorinthischen Aryballoi (Buchner – Ridgway 1993, 216–223), weshalb man nach der Payne’schen Chronologie (Dunbabin 1962, 6) in etwa eine Datierung ins letzte Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. vornimmt, wenngleich sich nach Coldstream (2003, 300) die Inschrift auch etwas früher um 740/30 v. Chr. ansetzen ließe.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

um kurze Besitz-, Grab- und Weihinschriften sowie um so genannte Abecedaria, die abschnittsweise das Alphabet wiedergeben. 142 Erst im 7.  Jahrhundert  v. Chr. tauchen umfangreichere Gesetzestexte als Steininschriften auf, die häufig eine Nähe zu Heiligtümern aufweisen, 143 unter anderem sind sie direkt an den Tempelwänden angebracht. 144 Weil mit der Verwendung von vergänglichem Schreibmaterial, wie beispielsweise Holz, Leder oder Wachstäfelchen, zu rechnen ist, geben sowohl die Graffiti als auch die Steininschriften nur einen unvollständigen Einblick, zu welchen Zwecken man in der Archaik die Schrift heranzog und was man nun tatsächlich schriftlich festzuhalten pflegte. Athen und Sparta dienen als kontrastierende Beispiele in Hinblick auf die bekannten antiken Inschriften und Texte. Während für Athen verhältnismäßig viele schriftliche Quellen zur Verfügung stehen, trifft dies nicht in diesem Ausmaß auf Sparta zu. Allein daraus lässt sich ableiten, dass man von wesentlichen regionalen Unterschieden ausgehen muss, in welchem Umfang Inschriften sowie allgemein Texte in der Archaik und Klassik angefertigt wurden. Darüber hinaus gibt es grundsätzlich auch unterschiedliche Positionen zur viel diskutierten Archivfrage im archaischen Griechenland. 145 Entscheidend für die frühen Schriftzeugnisse der Archaik ist der Umstand, dass hier zunächst kein Interesse und auch keine überregionale Möglichkeit bestanden, die Texte selbst zu datieren. Wenn sich nun beispielsweise Herodot 146 und Thukydides 147 auf 142 143

144 145 146

147

Trachsels Chronologieschema (2004) sieht auch für die frühprotokorinthische Phase eine leichte Erhöhung der absoluten Chronologie um zirka zwei Jahrzehnte vor, was sich wiederum auf die Datierung des Nestorbechers auswirken würde. Jeffery  –  Johnston 1990; Janko 2015.  Für die rezenten Keramikfunde mit Inschriften aus Methone und Eretria: Bessios  –  Tzifopoulos  –  Kotsonas 2012; Papadopoulos 2016; Strauss Clay – Malkin – Tzifopoulos 2017. Nach Zeugnis des im 4. Jahrhundert v. Chr. tätigen Anaximenes (FGrHist 72 F 13) befanden sich Solons auf den Axones und Kyrbeis niedergeschriebene Gesetze auf der Akropolis, bevor sie Ephialtes schließlich in das Bouleuterion und auf die Agora transferierte. Ähnliches berichtet Pollux (8, 128) im 2./3.  Jahrhundert  n. Chr., wenngleich er anstelle des Bouleuterions das Prytaneion als neuen Aufbewahrungsort der Axones nennt. Auf dieser Grundlage wird von einem entsprechenden Aufstellungsort der Solonischen Gesetze ausgegangen: Stroud 1979, 42; Kistler 1998, 164–166.  Für die grundsätzliche Frage, um was es sich bei den Axones und Kyrbeis nun genau handelt, siehe: Davis 2011. Für die Solon zugeschriebenen Gesetze (allerdings ohne Berücksichtigung der wesentlichen Authentizitätsfrage): Bringmann 2010; Leão – Rhodes 2015. Hölkeskamp 1999, v.a. 273–280.  Eine Edition und Kommentierung ausgewählter archaischer Gesetze findet sich bei: Hallof 1993; Van Effenterre – Ruzé 1994–1995. Zur Archivpraxis in der Antike mit Berücksichtigung sowohl griechischer als auch keilschriftlicher Quellen und einer methodischen Reflexion, was unter antiken Archiven überhaupt zu verstehen ist: Brosius 2003. Zu den griechischen Inschriften bei Herodot, bei denen es sich vorrangig um Weihinschriften handelt, siehe: Volkmann 1954; West 1985b; Thonemann 2016. Etwas differenzierter darf wohl Herodots Heranziehung von ‚barbarischen‘ Inschriften gesehen werden, die teilweise als fingiert betrachtet werden sollten. Bichler 2000b. Thukydides verweist nicht nur für den zeitlichen Rahmen des Peloponnesischen Kriegs auf Inschriften, sondern auch für die Zeit der Peisistratiden, wenn es sich dabei auch nur um einige wenige handelt. Smarczyk 2006.

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Schriftliche Quellen

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Inschriften als Quellen beziehen, konnten sie beispielsweise in den zahlreichen Weihinschriften keine absolute Chronologie für die Archaik vorfinden. Das trifft nun auch bei jener Weihinschrift auf dem Altar für Apollon Pythios zu, den Peisistratos der Jüngere in Erinnerung an sein Archontat in Athen aufstellen hat lassen. 148 Thukydides 149 zitiert diese Inschrift sogar wörtlich, unternimmt aber keinen Versuch, das Jahr, in dem Peisistratos das Archontenamt innehatte, anderweitig einzuordnen. Eine ähnliche Situation mit einer fehlenden textimmanenten Datierung dürfte nun neben den Inschriften auch auf die Texte der ersten Prosaautoren im 6. Jahrhundert v. Chr., wie beispielsweise Pherekydes von Syros oder Anaximander von Milet, 150 sowie die archaische Dichtung zutreffen. Meiner Meinung nach verwendeten die alexandrinischen Gelehrten zur Datierung der archaischen Dichtung die in den Texten erwähnten historischen Ereignisse oder Persönlichkeiten als Datierungsgrundlage. Auf diese Weise erfolgte etwa Archilochos’ zeitliche Verortung mit Gyges oder jene von Alkaios und Sappho mit Pittakos. 151 In der modernen Altertumswissenschaft werden schließlich die von den Chronographen konstruierten und errechneten Olympiadenangaben für die archaische Dichtung herangezogen. 152 Das Phänomen des ‚Älterwerdens‘ einiger Datierungen, das bereits im vorigen Kapitel angesprochen wurde, findet dabei innerhalb der Forschung keinerlei Beachtung. So weisen die späteren Olympiadendatierungen in einigen Fällen eine höhere absolute Chronologie auf als Autoren des 5. Jahrhunderts v. Chr. So verwendet Herodot bezeichnenderweise eine andere jüngere zeitliche Ansetzung für Sappho und Alkaios auf der Zeitstufe von Kroisos und Amasis, worauf bereits Reinhold Bichler 153 hingewiesen hat. Dieser Sachverhalt hat allerdings zu keiner größeren Diskussion in der Altertumswissenschaft geführt, welcher Datierung man nun eigentlich folgen sollte. Die Abweichungen der herodoteischen Chronologie von den späteren chronographischen Datierungen können aber meiner Meinung nach nicht einfach mit einem wie auch immer fehlerhaften 148 Zur Inschrift: IG I2 761; Meiggs – Lewis 1989, 19–20 (= Nr. 11); SEG X 318. Aufgrund der Evidenz der fragmentarischen Archontenliste von der Athener Agora setzt man das Archontat von Peisistratos dem Jüngeren 522/1 v. Chr. an. Samuel 1972, 204; Meiggs – Lewis 1989, 9–12 = Nr. 6. Dem folgt auch die Datierung für den Altar sowie die Inschrift, für die es jedoch auch Vorschläge einer zeitlichen Verortung erst im 5. Jahrhundert v. Chr. gibt. Arnush 1995. 149 Thuk. 6, 54, 6–7. 150 Eine Diskussion und Kontextualisierung der ältesten griechischen Prosaautoren findet sich beispielsweise bei: Purves 2010, 97–112. Zu Pherekydes von Syros: Schibli 1990. 151 Fehling 1985, 71, 104–105. Die ausführlichste Besprechung der chronographischen Traditionen zu Archilochos findet sich bei Mosshammer 1979, 210–217.  Allerdings kann die Sonnenfinsternis aus dem Jahr 648/7 v. Chr. nicht zur Untermauerung herangezogen werden. Es sind zu viele Unsicherheiten mit dieser Annahme verbunden, wie zuletzt Salvo De Meis (2002, 29) betont hat. Alexander Demandt (1970, 469) beginnt seine Abhandlung zu klassisch-antiken Berichten über Sonnen- und Mondfinsternisse bezeichnenderweise mit dem Hinweis, dass von den zirka 250 Nachrichten über 200 ungenaue oder gar falsche Angaben beinhalten. Eine ausführliche Besprechung der chronographischen Quellen für die Datierung von Alkaios, Pittakos und Sappho findet sich bei Mosshammer 1979, 246–254. 152 Z.B. Bagordo 2011. 153 Bichler 2004a, 219–220.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Arbeiten Herodots beiseitegeschoben werden. Nicht zuletzt weil Herodots Chronologie mit wenigen Ausnahmen in sich stimmig ist, 154 sollte diese ernst genommen werden und der Ursache dafür nachgegangen werden. Im vorigen Kapitel zur Arbeitsweise der griechischen Chronographie wird die Tendenz des ‚Älterwerdens‘ mancher Datierungen für die Archaik mit der schematischen Arbeitsweise, in der das Akme- und Generationenprinzip zu hoch umgerechnet worden sein könnte, in Verbindung gebracht. Wie dieser kurze Überblick dokumentiert, ist durchaus davon auszugehen, dass die Historiographen des 5. Jahrhunderts v. Chr. verstreute schriftliche Quellen zur Archaik in unterschiedlicher Form angetroffen und verwertet haben. Das Wenige, was auch der modernen Forschung erhalten geblieben ist, lässt in keiner Weise ein Bedürfnis nach einer überregional erkenntlichen Chronologie erkennen, wie es die späteren hellenistischen Chronographen an den Tag legen. Dies darf durchaus als positive Erkenntnis gewertet werden, die einerseits die Arbeitsweise der Chronographen hervorhebt und andererseits die Notwendigkeit unterstreicht, den Datierungswortlaut vor allem früherer Autoren besser zu berücksichtigen und nicht automatisch in die vorchristliche Ära umzurechnen. Wie bereits eingangs bei den ältesten Gesetzestexten erwähnt, finden sich einige frühe Texte in räumlicher Nähe zu Heiligtümern. 155 Dies bestätigt gewissermaßen auch ein Vermerk von Diogenes Laertios 156, wonach Heraklit von Ephesos sein Werk im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. im Artemistempel in Ephesos ablegte. Zudem berichtet Herodot 157, dass die Peisistratiden vor ihrer Vertreibung auf der Akropolis Orakelsprüche deponierten. Auch in später Zeit wurden bedeutsame Inschriften nach wie vor in Tempelnähe aufgestellt. Man denke hier beispielsweise an die so genannte Lindische Tempelchronik (99 v. Chr.) 158, die neben Epiphanien der Göttin Athene die wichtigsten Weihungen aufzählt, 159 um den Status des Heiligtums in der griechisch-römischen Welt zu bewahren. Zudem vermutet man für die inschriftliche Chronik aus Paros, das Marmor Parium, aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. einen Aufstellungsort im Archilocheion. 160 Zwar hat sich von den frühen literarischen Schriften in den Heiligtümern nichts erhalten, aber eine durchstrukturierte überregionale Chronologie, wie sie gerade im Marmor Parium auftritt, dürfte sich in der Archaik kaum bewerkstelligen haben lassen. Darüber hinaus ist nicht für alle Texte eine präzise Chronologie von Interesse, was ebenso ein wesentliches Argument für das Fehlen einer ausgefeilten Chronologie des frühen Griechenlands vor den hellenistischen Chronographen darstellt. So impliziert beispielsweise die Auflistung der 154 Für eine kurze Besprechung der entsprechenden Stellen: Fehling 1985, 89–91; Raaflaub 1988, 222. 155 In diesem Zusammenhang stellt John Davies (2003, 337) allgemein fest, dass für öffentliche Dokumente einerseits die Agora, andererseits eben die Tempel als Aufbewahrungsorte auszumachen sind. 156 Diog. Laert. 9, 6 (= Heraclitus DK 22 A 1). 157 Hdt. 5, 90, 2. Einen guten Ausgangspunkt für eine Beschäftigung mit Orakelsprüchen in Griechenland bietet nach wie vor: Fontenrose 1978, 164–165. 158 Durch eine Liste der Athenapriester kann Teisylos’ Amt, als die Inschrift in Auftrag gegeben wurde, dem Jahr 99 v. Chr. zugewiesen werden. Siehe: Blinkenberg 1941, 60–147. 159 Texteditionen (mit englischer Übersetzung): BNJ 532; Higbie 2003, 21–49. 160 Rotstein 2016, 11–15.

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Schriftliche Quellen

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Weihungen in der Lindischen Tempelchronik lediglich eine relative Chronologie, ohne jedoch absolute Jahreszahlen zu nennen. Felix Jacoby lässt die Historiographie in seiner Fragmentsammlung mit Hekataios von Milet beginnen, 161 dessen Werk grob um 500 v. Chr. angesetzt wird. Der Fragmentsammlung liegt eine stufenförmig gedachte Entwicklung der griechischen Historiographie im 5. Jahrhundert v. Chr. zu Grunde, 162 anhand derer Jacoby für eine teleologische Ausbildung der einzelnen Gattungen  –  die Mythographie/Genealogie, die Ethnographie, die Zeitgeschichte, die Chronographie sowie schließlich die Horographie/Lokalgeschichte  –  argumentierte. Dieses Prinzip Jacobys, in jeweils Hekataios, Herodot sowie Hellanikos den Begründer einer festen Norm für ein ganzes Genre zu sehen, wird in der jüngeren Forschung allerdings in dieser starren Form abgelehnt, 163 was sich letztlich auch auf die Datierung der einzelnen Autoren im 5. Jahrhundert v. Chr. auswirkt. Die Thematik der genauen absoluten Datierung und das Verhältnis dieser frühen Werke untereinander tangiert in diesem Zusammenhang aber nicht wesentlich, da im vorliegenden Abschnitt die Frage nach möglichen Quellen zur Archaik im 5. Jahrhundert v. Chr. in den Mittelpunkt gerückt wird. Die Altertumswissenschaft hat sich in der Fragestellung nach schriftlichen Quellen vor allem auf jene des Archivs konzentriert, wenn nicht festgefahren. 164 Als obligatorisch gestaltet sich hier die Berücksichtigung einer vieldiskutierten Textstelle von Dionysios von Halikarnassos’ De Thucydide 165, in der sich Dionysios über Zeitgenossen und Vorgänger von Thukydides näher auslässt. Dabei unterscheidet Dionysios zwei Gruppen von Autoren, wobei die erste vor den Peloponnesischen Krieg zurückreiche und die zweite wenig älter als der Peloponnesische Krieg sei. In diesem Kontext geht Dionysios auch kurz auf den Inhalt dieser Werke ein:

161 FGrHist / BNJ. 162 Jacoby 1909. 163 Hier sei exemplarisch auf folgende Beiträge verwiesen: Fowler 1996; Marincola 1999; Porciani 2006; Schepens 2010; Marincola 2012; Funke 2014/15; Marincola 2018. 164 Die Frage nach Archiven im archaischen und klassischen Griechenland gestaltet sich als umfangreich und komplex, weil es hier auch um mögliche Originale von Gesetzesentwürfen und offiziellen Dokumenten geht. Eine substantielle Diskussion der Evidenz für Athen aus dem 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., die auch die Wechselbeziehung mit der mündlichen Überlieferung berücksichtigt, findet sich nach wie vor bei Thomas 1989, 34–94. Jüngst hat jedoch Michele Faraguna festgehalten, dass in der Mündlichkeits- und Schriftlichkeitsdebatte seiner Ansicht nach der schriftliche Aspekt entscheidend vernachlässigt worden ist. „No doubt, oral communication played a significant role in political, social and cultural life […], but from the first half of the [5th] century, owing to the increasing complexity of political, administrative and financial practices, both within Athens and for the running of the Delian league, Athenian citizens more and more found themselves increasingly confronted with writing and its manifold uses.“ Faraguna 2017, 38–39. 165 Dion. Hal. Thuc. 5. Eine Diskussion dieser Textstelle mit zum Teil sehr unterschiedlichen Positionen findet sich bei: Jacoby 1949, 178 Anm. 13; Gozzoli 1970/71; Pritchett 1975, 54; Toye 1995, 295–296; Fowler 1996; Sickinger 1999, 178–179; Möller 2001a, 247–248; Clarke 2008, 184; Rengakos 2011, 328–329; Murray 2014, 462–463.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

οὗτοι προαιρέσει τε ὁμοίᾳ ἐχρήσαντο περὶ τὴν ἐκλογὴν τῶν ὑποθέσεων καὶ δυνάμεις οὐ πολύ τι διαφερούσας ἔσχον ἀλλήλων, οἳ μὲν τὰς Ἑλληνικὰς ἀναγράφοντες ἱστορίας, οἳ δὲ τὰς βαρβαρικάς, [καὶ]  αὐτάς τε ταύτας οὐ συνάπτοντες ἀλλήλαις, ἀλλὰ κατ’ ἔθνη καὶ κατὰ πόλεις διαιροῦντες καὶ χωρὶς ἀλλήλων ἐκφέροντες, ἕνα καὶ τὸν αὐτὸν φυλάττοντες σκοπόν, ὅσαι διεσῴζοντο παρὰ τοῖς ἐπιχωρίοις μνῆμαι κατὰ ἔθνη τε καὶ κατὰ πόλεις, εἴ τ’ ἐν ἱεροῖς εἴ τ’ ἐν βεβήλοις ἀποκείμεναι γραφαί, ταύτας εἰς τὴν κοινὴν ἁπάντων γνῶσιν ἐξενεγκεῖν, οἵας παρέλαβον, μήτε προστιθέντες αύταῖς τι μήτε ἀφαιροῦντες· 166 „These men chose their subjects of similar principles and did not differ greatly in ability. Some wrote Greek history, others that of foreign lands, without any connection but divided up by single tribes and cities and published separately. They all had the same aim: to make generally known the traditions of the past as they found them preserved in local monuments and religious and secular records in the various tribal and urban centres, without adding to or subtracting from them.“ 167 Hier schreibt Dionysios den frühen Historiographen eindeutig schriftliche Quellen (γραφαί) zu, auf deren genauen Beschaffenheit er nicht näher eingeht. Dies hat der modernen Forschung einen entsprechenden Interpretationsspielraum verschafft und wurde mitunter als entsprechendes Indiz für vorhandene Archive oder sogar chronikartige Texte in der Archaik gewertet. Bevor man jedoch an die Auslegung des Terminus γραφαί herangeht, gilt es zunächst die Frage aufzuwerfen, inwieweit ein Autor augusteischer Zeit tatsächlich über die Quellenlage im 5.  Jahrhundert  v. Chr. Auskunft geben kann und nicht vielmehr von den Zuständen seiner eigenen Gegenwart auf die Vergangenheit rückgeschlossen hat. Die großen Historiographen des 5.  Jahrhunderts  v. Chr. schweigen sich bekanntermaßen zur Quellenfrage aus. Wenn nun Herodot und Thukydides mit ihrer fehlenden Erklärung zur genauen Beschaffenheit ihrer schriftlichen Quellen eine allgemein gültige Herangehensweise aufweisen, kann Dionysios’ Aussage nicht ohne weiteres herangezogen werden, um die Umstände in der frühen Klassik näher zu beleuchten. Dies lässt eher vermuten, dass Dionysios spätere antike Verhältnisse für das 5. Jahrhundert v. Chr. voraussetzte, wofür beispielsweise auch die Angelegenheit der elischen Archive in Olympia spricht. So berichtet Pausanias 168 mehrmals von elischen Aufzeichnungen als Grundlage einer Siegerliste, bei denen es sich jedoch um eine Inschrift im Gymnasium erst aus dem frühen 3. Jahrhundert v. Chr. handelt. 169 Dementsprechend hat es im Laufe der Antike wesentliche Einschnitte in der Handhabung beziehungsweise Anwendung der Schrift gegeben, die es in dieser Fragestellung zu berücksichtigen gilt.

166 Griechischer Text nach: Usener – Radermacher 1899, 330–331. 167 Übersetzung: Murray 2014, 462. Hier wurde bewusst die Übersetzung von Oswyn Murray ausgewählt, da mir diese geeigneter als beispielsweise jene von Pritchett (1975, 3) scheint. 168 Paus. 3, 21, 1; 5, 21, 8–9; 6, 2, 2–3; 6, 13, 9–11; 10, 36, 9. 169 Wacker 1998, 44; Christesen 2007, 77–85.

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Schriftliche Quellen

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Eine weitere essentielle Information findet sich ebenso bei Dionysios von Halikarnassos 170 und bezieht sich auf Antiochos’ Darstellung der Frühgeschichte Italiens vor Ankunft der griechischen Siedler. Dabei wird auch kurz die Quellenfrage angeschnitten: Ἀντίοχος Ξενοφάνεος τάδε συνέγραψε περὶ ᾽Ιταλίης ἐκ τῶν ἀρχαίων λόγων τὰ πιστότατα καὶ σαφέστατα 171 „Antiochos Sohn des Xenophanes hat aus den alten Aufzeichnungen folgende Aussagen über Italien als die verlässlichsten und eindeutigsten zusammengestellt […].“ 172 Dionysios hat an dieser Stelle ein wörtliches Zitat von Antiochos von Syrakus (5. Jahrhundert v. Chr.) überliefert, weshalb auch die Wortwahl λόγος für Antiochos’ Quellen sowie deren Übersetzung bedeutsam ist. In der rezenten Forschung hat sich wohl Andreas Morakis am umfassendsten mit dieser Passage auseinandergesetzt und λόγος prinzipiell mit schriftlichen Quellen gleichgesetzt, wie es auch Nicolas Wiaters Übersetzung nahelegt. 173 Unabhängig davon, ob nun Thukydides die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen von Antiochos übernommen oder sich einer anderen Quelle bedient hat, 174 handelt es sich hier um einen äußerst wertvollen Hinweis. Anders als Morakis halte ich aber eine Übersetzung schlicht mit ‚Erzählung‘ als die treffendste Option, weil hier sowohl schriftliche als auch mündliche inkludiert sind und sich gerade im 5.  Jahrhundert v. Chr. die Grenze zwischen diesen beiden Quellengattungen durchaus fließender als in späterer Zeit gestaltete. Hätte Antiochos das Anliegen gehabt, hier dezidiert schriftliche Berichte oder Inschriften als seine Hauptquelle auszumachen, hätte er ein weitaus geeigneteres Vokabular zur Verfügung gehabt. Die Vorstellung, dass unmittelbar nach der Übernahme des griechischen Alphabets schriftliche Aufzeichnungen der historischen Ereignisse nach eponymen Beamten vorgenommen wurden, gilt mittlerweile als grundlegend überholt und wird meines Wissens in dieser Form überhaupt nicht mehr vertreten. Am bekanntesten hat wohl Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff 175 für diese Ansicht argumentiert und diesbezüglich den Exegetai-Priestern in Athen eine tragende Rolle zugesprochen, was bereits Felix Jacoby 176 heftig kritisiert und widerlegt hat. Gewissermaßen findet die These von Wilamowitz jedoch eine bedingte Fortsetzung, wenn William Pritchett 177 nun den Amtsträgern der 170 171 172 173 174 175 176

Dion. Hal. ant. 1, 12, 3. Griechischer Text nach: BNJ 555 F 2. Übersetzung: Wiater 2014, 73. Morakis 2011, 464–467. Zu dieser Fragestellung ausführlicher siehe: weiter unten. Von Wilamowitz-Moellendorff 1893, v.a. 260–290; von Wilamowitz-Moellendorff 1898. Jacoby 1949. Im Übrigen hat Jacoby (1949, 196–215) auch bezweifelt, dass sich ausschließlich auf Dokumentenbasis ein Narrativ für Athens Geschichte im späten 5. Jahrhundert v. Chr. erarbeiten hätte lassen. 177 Pritchett 1996, 36–39.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Hieromnemones eine ähnliche Funktion für die attische Archontenliste zuschreibt. Die Argumentationslage sieht meiner Meinung nach aber ähnlich dürftig aus. 178 Soweit aus den inschriftlichen Belegen ersichtlich, handelt es sich bei den Hieromnemones nämlich um „Sakralbeamte mit weit gestreuter Funktion“ 179, deren Hauptaufgabe in der Dokumentierung religiöser als auch verwaltungsrechtlicher Belange bestanden haben dürfte. Bemerkenswerterweise lässt sich mittlerweile auch bei der Diskussion um die Provenienz der griechischen Gründungsdaten die Komponente von schriftlichen Unterlagen in einem Heiligtum, in diesem Fall jenes beim Apollon-Altar in Naxos auf Sizilien, feststellen. 180 Als Stütze dieser Argumentation dient primär Hellanikos’ Werk Hiereiai, worin Hellanikos gemäß des Titels die Herapriesterinnen von Argos als chronologischen Referenzrahmen heranzog und dementsprechend eine Aufzeichnung der Priesterinnen im Heraion vorausgesetzt wird. 181 Freilich bleibt letztlich auch hier die gleiche Grundschwierigkeit bestehen, wie weit nun eine tatsächliche Listenführung in die Archaik zurückreichen kann. Die vielfachen Widersprüche der frühen griechischen Historiographen, unter an­derem Hellanikos, Akusilaos und Herodot, hat Flavius Josephus 182 (1.  Jahrhundert n. Chr.) in einer klar apologetischen Haltung in seiner Schrift Über die Ursprünglichkeit des Judentums herangezogen, um ihnen allesamt eine mangelhafte Arbeitsweise zu unterstellen. Darauf aufbauend erklärt sich Flavius Josephus 183 diesen Umstand nun mit dem Fehlen öffentlicher Archive beziehungsweise amtlicher Aufzeichnungen vor allem für die frühe Geschichte Griechenlands. Dabei weist er explizit auf Athen hin, wo Drakons Gesetze als älteste Dokumente gelten, die aber im Vergleich erst verhältnismäßig spät, kurze Zeit vor Peisistratos’ Tyrannis, entstanden sind. Auffallend ist diese Argumentation insofern, als Flavius Josephus sich hier eindeutig auf das Bild älterer schriftlicher Quellen bezieht und sich deshalb in dem zuletzt genannten Punkt auch mit der modernen Einschätzung deckt. Jedoch weisen rezente epigraphische Forschungen auf ein differenzierteres Bild hin. Drei fragmentarische Inschriften Athens 184, die um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. datiert werden, legen bezeichnenderweise die Existenz von Sekretären (γραμματεῖς) nahe. 185 Darüber hinaus verweist Michele Faraguna 186 auf wenige epigraphische Belege von Namenslisten aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., die er nach seinem Verständnis der Entwicklung der archaischen Gesellschaft mit Bürger- und Steuerlisten in Verbindung bringt. In diese Richtung ist vermutlich auch die Liste der Sieger bei den Dionysien in Athen 187 aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. zu verstehen, deren Einträge stets mit dem Namen des eponymen Archonten (ἐπὶ … ) beginnen. Zwar befindet sich 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187

Siehe die Kritik von: Christesen 2007, 89 Anm. 95. Graf 1998, 543. Murray 2014. Näheres zur Hellanikos’ Hiereiai siehe: Kapitel 3. Ios. c. Ap. 1, 15–18. Ios. c. Ap. 1, 19–21. IG I3 507–509. Sickinger 1999, 36. Spezifisch für die Epoche der Archaik: v.a. Faraguna 2015. IG II2 2318.

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Schriftliche Quellen

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die Inschrift in einem fragmentarischen Zustand, weshalb der erste Eintrag erst für die Veranstaltungen in Menons Archontat (473/2 v. Chr.) beginnt, die formelhafte Formulierung der Einträge würde folglich eine Rekonstruktion des Listenbeginns am Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. zulassen. 188 Insgesamt ergeben sich demnach wertvolle Hinweise auf die Existenz von schriftlichen Unterlagen, auch wenn hier ausschließlich der Zeitraum der Klassik und eben nicht die Archaik umfasst wird. In dem hier vorliegenden Kontext dreht sich die Archivfrage hauptsächlich um die Anfertigung und dauerhafte Aufbewahrung von Listen jährlicher eponymer Beamter bereits in der Archaik. Unter dem Blickwinkel der Chronologie lässt sich die Fragestellung nun auf eine mögliche Listenführung der frühen attischen Archonten sowie der Olympioniken fokussieren. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies konkret: Handelt es sich nun bei der Archontenliste von der Athener Agora (aus dem letzten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr.) sowie bei Hippias’ Olympionikenliste (ca. 400 v. Chr.) um bloße Abschriften oder aber um wesentliche Erstkompilationen? Die lange Forschungsgeschichte hat in der Beantwortung dieser essentiellen Frage keinen Konsens hervorbringen können, was vermutlich das klarste Ergebnis dieser Debatte darstellt. Mitunter hat man in der Beantwortung dieser Frage für die Archontenliste eine unterschiedliche Perspektive je nach Forschungsdisziplin ausmachen wollen und dabei vor allem eine Trennung in die Gebiete Epigraphik und Geschichte/Chronographie festgestellt. 189 In der Tat lässt sich im Falle der Archontenliste Athens eine derartige Unterteilung in groben Zügen vornehmen, 190 aber ein Blick auf die Quellenfrage für andere chronographische Listen, wie jene der Herapriesterinnen von Argos oder der Olympioniken, offenbart ein viel differenzierteres Bild in der modernen Altertumswissenschaft. 191 John Mahaffy hat im Jahr 1881 mit seinem Aufsatz „On the Authenticity of the Olympian Register“ den Anstoß zur Auseinandersetzung mit einer kritischen Haltung geliefert. Vermutlich hat sich die Diskussion um die Olympionikenliste deshalb am schärfsten entsponnen, weil gerade hier die Implikationen für die Chronologie am 188 Allgemein zur Inschrift IG II2 2318 sowie zu verwandten inschriftlichen Quellen für die Dionysia und Lenaia mitsamt ihren Wettbewerben siehe: Millis – Olson 2012. 189 Christesen 2007, 102: „The documentary basis of the list has been energetically defended by a series of specialists in Athenian epigraphy, most notably W. K. Pritchett, James Sickinger, and Stephen Tracy, whereas the most prominent skeptics have been chronographers and historians such as Alan Samuel and Molly Miller.“ 190 Die Archontenliste von der Athener Agora wird unter anderem von folgenden Forschern lediglich als Abschrift verstanden: Cadoux 1948, 79; Jacoby 1949, 174–175; Stroud 1978, 32–33; Sickinger 1999, 195. Hingegen vertritt eine andere Gruppe die Argumentation, dass die Inschrift als Erstkompilation aufzufassen ist: z.B. Plommer 1969; Miller 1969, 64–65; Samuel 1972, 196–197. 191 Eine Archivvorlage für chronographische Listen vermuten: u.a. Bengtson 1972, 21; Finley – Pleket 1976, 12; Asheri 1991/92, 53; Pritchett 1996, 36; Sickinger 1999, 195; Murray 2001a, 23; Murray 2014. Eine Zusammenstellung der chronographischen Listen in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts  v. Chr. anhand unterschiedlicher Quellen mit teilweiser Konstruktion vertreten hingegen: Mahaffy 1881; Körte 1904; Beloch 1929; Ducat 1962, 170; Ball 1974, u.a. 93; Mosshammer 1979, 92–94; Fehling 1985, v.a. 119; Chaniotis 1988, 216–217; Bilik 2000; Möller 2001a, 257, 262; Hedrick 2002, 16–17; Möller 2004b, 172, 174.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

offensichtlichsten zu Tage treten. Zuletzt hat sich Paul Christesen 192 eingehend mit dieser Thematik beschäftigt und für eine vorsichtige Haltung gerade in Hinblick auf die frühen Abschnitte der Olympionikenliste plädiert. Christesen 193 begründet dies ausführlich mit der Quellengrundlage von Hippias, die er mit vereinzelten schriftlichen Quellen aus dem 6.  Jahrhundert  v. Chr. sowie verstreuten mündlichen Nachrichten über einzelne Sieger rekonstruiert. Darüber hinaus hat er anderweitige Annahmen, darunter vor allem die vermeintliche Existenz von elischen Archiven, grundlegend dekonstruieren können. Im Grunde hängt die Positionierung zu dieser wesentlichen Fragestellung von mehreren Bereichen beziehungsweise Prämissen ab, die letztlich auch darauf Einfluss nehmen, wie man zudem die spärlichen direkten Äußerungen (späterer) Autoren interpretiert. 194 – Die eigene Ansicht zur Verbreitung der Schrift im archaischen Griechenland spielt eine wesentliche Rolle, gerade in Hinblick auf ihre (mögliche) Anwendung zur Aufzeichnung von Inhabern sowohl profaner als auch sakraler Ämter. Durch entsprechende Erwähnungen oder Auszüge aus späterer Zeit konzentriert sich die Diskussion vor allem auf die chronographischen Listen Athens und Spartas, der Herapriesterinnen von Argos sowie der Olympioniken, wobei regionale Unterschiede in der Handhabung schriftlicher Dokumente zu vermuten sind. – Nur weil theoretisch das technische Mittel zur Verschriftlichung zur Verfügung stand, gilt dies nicht automatisch als Argument für deren tatsächliche Anwendung. So ist mit einem Nutzen oder Zweck zu argumentieren, der sich als eng verwoben mit der Vorstellung der Entwicklung der politischen und sozialen Strukturen im archaischen Griechenland darstellt. – Einen zentralen Stellenwert nimmt außerdem die fehlende Evidenz von eponymen Listen bei Herodot und Thukydides sowie deren Auftreten bei späteren Autoren ein. Für alle drei Punkte lassen sich unterschiedliche Argumentationslinien finden, nicht umsonst wird in der Debatte für höchst konträre Ansichten plädiert. Hauptausgangspunkt für meine eigene Position, die sich unter anderem an Paul Christesens Untersuchung zur Olympionikenliste anschließt, liegt im chronologischen Bild der Archaik begründet, wie es vor allem Herodot und Thukydides vermitteln. 195 Darin lassen sich schon Schwierigkeiten in der absoluten zeitlichen Verortung für Ereignisse des 6. Jahrhunderts v. Chr. feststellen, was sich auffällig mit Eigenheiten der mündlichen und eben nicht der schriftlichen Überlieferung deckt. Beiden Historiographen mangelnde Kunde oder schlicht fehlendes Interesse an einer elaborierten Chronologie zu unterstellen, geht nicht mit der Beobachtung einher, dass beide sichtlich um ein präzises Zeitraster 192 Christesen 2007, 76–114. 193 Christesen 2007, 111 Anm. 151, 122–146. 194 Ausgenommen von dieser Auflistung sind zum Teil nur implizierte Vergleiche mit Vorstellungen über das frühe Rom oder das Persische, Neubabylonische oder Neuassyrische Reich. 195 Siehe hierzu die grundlegenden Beobachtungen von: Bichler 2004a.

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Schriftliche Quellen

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der berichteten Ereignisse bemüht waren. Den Grund für die fehlende Einbindung eponymer (lokaler) Listen im intendierten panhellenischen Publikum zu suchen, vermag ebenso nicht zu überzeugen. Herodot und Thukydides hätten beide beispielsweise für Athen dieses Problem umgehen können, indem sie aus der Archontenliste abgeleitete Intervalldatierungen anbieten hätten können. Eine eingehende Beschäftigung mit der antiken Chronographie mitsamt ihren Konventionen und Arbeitsweisen hat außerdem gezeigt, dass für die Erstellung einer Chronologie für die Archaik nicht zwingend (vorher ignorierte) präzise Angaben beispielsweise mit Archonten notwendig sind. Bereits Detlev Fehling hat ähnliche Überlegungen formuliert: „Das Problem war, zu erklären, woher die Späteren Daten kannten, die Herodot nicht gewußt hatte. Man löste es durch die doppelte These von dem Desinteresse Herodots an der Chronologie und von den Beamten- und Siegerlisten, die zu Herodots Zeiten noch ungenutzt in den Archiven schlummerten und später hervorgeholt wurden. Hauptsächlich nach dem Vorbild der attischen Archonten- und der Olympionikenliste nahm man an, daß eine größere Zahl ähnlicher Listen existierte und zur Ermittlung authentischer Daten benutzt wurde: Daten von Personen, die ein eponymes oder vielleicht eponymes Amt gehabt haben sollen oder könnten, die Gründungsdaten von Kolonien und die der verschiedenen Spiele.“ 196 Diese Ansicht betont demnach den Konstruktcharakter der chronographischen Listen, weshalb vor allem deren frühen Abschnitten sowie deren Heranziehung zur Erstellung der Chronologie der Archaik aus moderner Perspektive mit gewisser Vorsicht zu begegnen sind. Ein Blick auf die erhaltene epigraphische Evidenz legt außerdem nahe, dass eponyme Datierungen in Griechenland erst um zirka 500  v. Chr. einsetzen, so wie beispielsweise in Athen im 5.  Jahrhundert  v. Chr. Dabei handelt es sich bezeichnenderweise um zeitgenössische Dekrete und nicht um Versuche einer zeitlichen Einordnung vergangener Beschlüsse oder gar um historische Abhandlungen. Die Stadionlaufsieger und Olympiaden werden ohnehin erst ab dem 4.  Jahrhundert  v. Chr. herangezogen 197 und unterscheiden sich beispielsweise von den Archontendatierungen durch ihre ausschließliche Anwendung in der Gelehrtenwelt. Von diesem Standpunkt scheint eine durchgehende Listenführung für ausschließlich chronologische Zwecke vor 500  v. Chr. nicht wahrscheinlich, weil beispielsweise in den frühen inschriftlichen Gesetzen eponyme Datierungen gänzlich fehlen. Demnach müsste hier mit einem anderen Interesse argumentiert werden, warum ein Verzeichnis der Amtsinhaber in der Archaik bereits angefertigt und aufbewahrt werden hätte sollen. Für die Auflistung der Sieger bei den Olympischen und Pythischen Spielen ist mit der Zuschreibung an Hippias 198 beziehungsweise Aristoteles und Kallisthenes 199 der wesentliche Hinweis überliefert, dass diese Zusammenstellungen durchaus als namhafte Leistungen betrachtet wurden. Dies spricht zumindest in diesen

196 197 198 199

Fehling 1985, 70. Siehe: Kapitel 3. BNJ 6 F 2 (apud Plut. Num. 1, 4). Zur Pythionikai von Aristoteles und Kallisthenes: Higbie 1999, 65–70; Christesen 2007, 181–191.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

beiden Fällen gegen ein bloßes Abschreiben von bereits lagernden Siegerverzeichnissen in den Wettkampfstätten Olympia und Delphi. 200

4.3

Mündliche Quellen

Während in dem zuvor erfolgten Abschnitt der Frage nach der Existenz von schriftlichen Quellen zur Archaik nachgegangen wurde, richtet sich der Fokus nun auf die mündliche Überlieferung. Felix Jacoby dürfte mit seinem grundlegenden RE-Artikel über Herodot 201 sowie mit seinem Konzept der Fragmentsammlung 202 erheblich dazu beigetragen haben, dass vielfach mündliche Erzählungen als Grundlage für die erhaltenen Quellen des 5. Jahrhunderts v. Chr. angenommen werden. 203 Jedoch hat erst Jan Vansina mit seinen beiden Publikationen „Oral Tradition. A Study in Historical Methodology“ 204 im Jahr 1965 und „Oral Tradition as History” 205 1985 eine systematische und umfassende Grundlage zur Auseinandersetzung mit der mündlichen Überlieferung gelegt, für die er sich vor allem auf seine selbst durchgeführten Feldstudien in Afrika beziehen konnte. Im Gegensatz zu früheren Äußerungen bezüglich Verlässlichkeit, Form und Gestalt der mündlichen Traditionen zur Vergangenheit konnten sich nun Altertumswissenschaftler und natürlich auch Ethnologen sowie Anthropologen erstmals auf umfangreiche systematische Studien zu dieser Thematik beziehen. 206 Gerade Vansinas zweite Monographie fand in den Altertumswissenschaften größere Rezeption, vermutlich weil er darin noch spezifischer auf die mündliche Überlieferung für historische Fragestellungen einging. Vansina 207 ordnet mündliche Erzählungen genauso wie Texte als historische Quellen ein, die ebenso mit einer entsprechenden Methodik erschlossen werden können. Dabei betont er allerdings auch den starken Einfluss der jeweils gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse auf die Oral Tradition. 208

200 201 202 203 204 205 206

207 208

Ähnlich: Hedrick 2002, 17. Jacoby 1913. Jacoby 1909. Eberhard Ruschenbusch (1995 und 2000) hat hingegen jüngst argumentiert, dass Herodot für die Darstellung der Archaik in großem Stil auf das Werk des Atheners Pherekydes zurückgegriffen habe. Vansina 1965 (englische Übersetzung der französischen Ausgabe aus dem Jahr 1961). Vansina 1985. So hat sich bereits Isaac Newton zum Charakter der mündlichen Überlieferung in einer Weise geäußert, die bereits an die moderne Forschung der Oral Tradition denken lässt: „We find by daily experience that the memory of such things as are not committed to writing, wears out in three or four generations.“ Manuel 1963, 53 (direktes Zitat aus einem sonst nicht zugänglichen Manuskript: New College, MSS III fol. 256). Vansina 1965, v.a. 183. Vansina 1965, 172.

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Mündliche Quellen

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Prinzipiell unterscheidet Vansina 209 zwischen Oral History, zu der es noch Zeitzeugen gibt, und der eigentlichen Oral Tradition, die mindestens eine Generation von dem überlieferten Ereignis getrennt ist. Ein Charakteristikum mündlicher Tradierung stellt das Floating Gap dar, mit dem Vansina 210 die Erinnerungslücke zwischen der rezenteren und der weiter zurückliegenden Vergangenheit einer Gesellschaft bezeichnet. Mit Voranschreiten der Zeit wandert auch jene Zeitspanne mit, über die kaum etwas bekannt ist, daher auch der Begriff Floating Gap. So lag die Grenze der Erinnerung bei den Tio im Kongo um zirka 1880 in etwa bei 1800, im Jahr 1960 reichte die Kenntnis aber nur mehr bis zirka 1880. Charakteristischerweise nimmt das Wissen über die Vergangenheit in der Oral Tradition mit der zeitlichen Distanz ab und nimmt zum Ursprung einer Gesellschaft hin wieder zu, weshalb man in der Forschung vom Stundenglas-Phänomen (Hourglass Effect) spricht. 211 Eine für die griechische Archaik wesentliche Kernfrage betrifft die zeitliche Tiefe, bis zu der die Oral Tradition überhaupt ein verlässliches Bild der Vergangenheit vermitteln kann. Diesbezüglich unterstreicht Vansina 212, dass weniger der Überlieferungsdauer sondern vielmehr der Rezitationshäufigkeit, der Kontrolle über eine Tradition sowie der Art der Übermittlung eine bedeutende Rolle zukommt. So verweist er auf Einzelfälle, in denen Informationen mehrere hundert Jahre mündlich bewahrt werden konnten, wie beispielsweise die Erinnerung an die Metallpanzer der Portugiesen an der kongolesischen Küste (vor 1525). Gleichzeitig kritisiert er aber auch die Haltung, schriftlosen Gesellschaften grundlegend eine (zu) überragende kognitive Merkfähigkeit zu unterstellen. Vansina 213 unterlässt es folglich, einen universal anwendbaren Richtwert zu geben, wie weit seiner Meinung nach Oral Traditions zuverlässig zurückreichen, nennt an einer Stelle aber 100 Jahre als einen Schwellenwert, vor dem die Oral Traditions zumeist nur mehr spärlich vorhanden sind. Vansinas Argumentation legt folglich einen wesentlichen Schwerpunkt auf das Verständnis der Gesellschaft, innerhalb derer die Oral Tradition überliefert wird. Aus diesem Grund eröffnen sich in Hinblick auf die griechische Archaik wiederum unterschiedliche Möglichkeiten zur modernen Einschätzung. Verhältnismäßig deutlich äußert sich Vansina hingegen zu einem wesentlichen Schwachpunkt der mündlichen Überlieferung, nämlich deren unpräzise und mitunter verworrene Chronologie: „[…]  we may underline here that weakness in chronology is one of the greatest limitations of all oral traditions.“ 214 David Henige 215 ist dem Aspekt der Chronologie der mündlichen Überlieferung in einer eigenen Studie nachgegangen. Darin kommt er zu dem Schluss, dass gerade Genealogien und Königslisten anfällig für etwaige Eingriffe sind. Die Mechanismen der nachweisbaren Veränderungen 209 210 211 212 213 214 215

Vansina 1985, 12–13. Vansina 1985, 23–24. Vansina 1985, 168–169. Vansina 1965, 40–41, 209 Anm. 48. Vansina 1985, 197. Vansina 1985, 56. Henige 1974.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

untermauert er aber nicht nur anhand von Gesellschaften in Afrika, sondern zieht darüber hinaus eine Breite an antiken Texten heran, darunter befindet sich die Sumerische 216 und Assyrische Königsliste 217 sowie die Genealogie der zwei spartanischen Königsfamilien 218. Somit rückt Henige diese drei antiken Listen in die Nähe mündlicher Tradierung, deren mündlichen Umstände in seinen Ausführungen allerdings unbeachtet bleiben. 219 Häufiger als Kürzungen oder Tilgungen (Teleskop-Effekt 220) konnte Henige 221 bei Herrscherlisten feststellen, dass diese durch unterschiedliche Gründe eine künstlich höhere Chronologie implizieren. Dies geschieht beispielsweise in der Sumerischen Königsliste, wenn die Königsherrschaft jeweils von Stadt zu Stadt wechselt, realiter aber viele (historische) Herrscher gleichzeitig regierten. 222 Zudem stellt Piotr Steinkeller 223 im Überlieferungsprozess der Sumerischen Königsliste eine Verlängerung fest. Nach der Ur-III-Zeit (ca. 2110–2003 v. Chr.) 224 beinhaltet die Sumerische Königsliste in ihren altbabylonischen Textzeugen (ca. 2000–1595  v. Chr.) 225 zusätzliche Dynastien zwischen den Königen von Kiš. Ein weiterer Aspekt, der eine Längung zur Folge hat, betrifft die Umwandlung beziehungsweise Integration von Königsgenealogien in Königslisten, wie dies auch bei Herodots Genealogie der Spartanischen Könige 226 vermutet wurde. 227 Ähnlich wird ein Abschnitt der Assyrischen Königsliste 228 (Nr. 18–26) als Genealogie von

216 Henige 1974, 42–44. 217 Henige 1974, 30–32, 44, 47, 192–200. 218 Henige 1974, 23–24, 207–213.  Henige konnte sich noch nicht auf die erst kürzlich erkannte Auflistung der Spartanischen Könige nach Pherekydes stützen, die neben Herodot und Pausanias eine weitere Version anbietet. Siehe hierzu: Fleischer 2019. 219 Die genaue Ausführung zum (möglichen) mündlichen Hintergrund dieser antiken Listen war natürlich nicht Heniges primäres Anliegen. Bemerkenswert bleibt die Berücksichtigung diverser Texte aus höchst unterschiedlichen geographischen und zeitlichen Räumen. Denn Henige veröffentlichte seine Studie 1974, also im Grunde bevor die Forschung zur mündlichen Überlieferung in der Altertumswissenschaft Einzug hielt. Dies unterstreicht Heniges innovativen Zugang zur Materie, die aufgrund dessen eben auch von großem Interesse für die Alte Geschichte, Archäologie und Assyriologie ist. Beispielsweise für den Hintergrund einer möglichen mündlichen Überlieferung der Sumerischen Königsliste siehe: Wilcke 1988. 220 Henige 1974, 5: „In telescoping, whole epochs, such as the creation and development of the polity, may be remembered by a single archetypal figure. Another form of telescoping is the omission of usurpers and periods of foreign rule.“ 221 Henige 1974, 6, 41–64, 71–94. 222 Die editio princeps der Sumerischen Königsliste stellt nach wir vor jene von Jacobsen (1939) dar. Einen Überblick über die Sekundärliteratur bietet der rezente Beitrag von: Marchesi 2010. 223 Steinkeller 2003. 224 Civil 2014–2016. 225 Frayne 1990. 226 Hdt. 7, 204 (Agiaden); 8, 131 (Eurypontiden). 227 Taylor 2000, 26–28; Möller 2001a, 252–253; Bichler 2004a, 228 Anm. 76. 228 Zur Assyrischen Königsliste: Grayson 1980–1983, 101–124; Yamada 1994; Hagens 2005; Siddal 2007; Valk 2019.

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Mündliche Quellen

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Šamšī-Adad I. 229 aufgefasst. 230 Aus diesem Grund wurde dieser Teil bisweilen als Legitimation von Šamšī-Adad I. (Nr. 39) interpretiert, wonach er als Usurpator eine bis auf Ušpia 231 (Nr. 26) zurückreichende Genealogie angeboten habe, die im Zuge dessen zu einer Auflistung von assyrischen Königen umfunktioniert worden sei. 232 Auch wenn diese Auffassung zunehmend Ablehnung erfährt, 233 hält man an der grundlegenden Bedeutung von Genealogien in der Assyrischen Königsliste nach wie vor fest. 234 Die auch hier feststellbare Tendenz der Längung von Königslisten kann als vorsichtiges Argument gesehen werden, dass die antike Chronographie der griechischen Archaik auf ähnliche Weise eine höhere absolute Chronologie zugeschrieben haben könnte. 235 Vor allem unter dem Eindruck von Vansinas „Oral Tradition as History“ hat sich die Altertumswissenschaft der mündlichen Überlieferung in der Antike gewidmet. 236 Trotz der Berufung auf dieselben ethnologischen Studien von Vansina sind unterschiedliche Beurteilungen und Einschätzungen zur mündlichen Überlieferung anzutreffen. Dies liegt vor allem daran, dass Vansina das Umfeld und die Gesellschaft, der die Oral Tradition angehört, als ausschlaggebend für deren historische Verlässlichkeit beurteilt hat. Diesem maßgeblichen Themenkomplex kommt auch bei der Betrachtung der homerischen Epen Relevanz zu, wenn diskutiert wird, ob und wie lange die Epen vor ihrer Verschriftlichung tradiert wurden und inwieweit es darin einen ‚historischen Kern‘ gibt. 237 Vansina hat als ein Ergebnis seiner Studien darauf hingewiesen, dass das Fehlen von professionellen Erinnerungsbewahrern mit einer geringeren historischen Verlässlichkeit der mündlichen Erzählungen über die Vergangenheit einhergeht. 238 Für das archaische Griechenland fehlt nun jeglicher Beleg für die Existenz von speziell ausgebildeten Personen, die ausschließlich 229 Die exakte Datierung von Šamšī-Adad I. beziehungsweise seiner Regierungszeit im 18./17. Jahrhundert  v. Chr. gestaltet sich aufgrund unterschiedlicher Angaben in den antiken Quellen als schwierig. Zu diesem Problem sowie den assyrischen Intervallangaben siehe: Gasche et al. 1998, 57–61; Pruzsinszky 2002–2005; Eder 2004; Pruzsinszky 2006. 230 Yamada 1994, 15. 231 Auch die exakte Datierung von Ušpia im späten 3.  Jahrtausend  v. Chr. bereitet der Forschung aufgrund divergierender Angaben antiker Texte Schwierigkeiten. Zu dieser Frage und den assyrischen Intervallangaben siehe: Gasche  et al. 1998, 57–61; Pruzsinszky 2002–2005; Eder 2004; Pruzsinszky 2006. 232 Zur dieser Interpretation des Abschnitts der Assyrischen Königsliste grundlegend siehe: Landsberger 1954, 33–34; Lambert 1968, 2.  Schließt man sich hingegen dem Vorschlag Valks (2019) an, die Assyrische Königsliste sei erst unter Aššur-uballiṭ im 14. Jahrhundert v. Chr. entstanden, lässt sich die oben angeführte Interpretation als Legitimation von Šamšī-Adad I. nicht aufrechterhalten. 233 Siddal 2007. 234 Pongratz-Leisten 1997, 92–93. 235 Siehe hierzu: Kapitel 3. 236 Hier sei exemplarisch auf den Tagungsband „Vergangenheit in mündlicher Überlieferung“ (von Ungern-Sternberg – Reinau 1988) verwiesen. 237 Hier kann nur eine Auswahl an Untersuchungen zu dem höchst umfangreichen Themenkreis genannt werden: Kullmann 1988; Ulf 1990, v.a. 232–238; Patzek 1992; Crielaard 1995; Raaflaub 1998; Scodel 2002; Ulf 2002; Ulf 2004b; Ulf 2016. 238 Vansina 1965, 31–32, 41.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

für das Bewahren der mündlichen Erzählungen über die Vergangenheit verantwortlich gewesen wären. 239 Erst im 5. Jahrhundert v. Chr. tauchen inschriftliche Belege für ‚Erinnerer‘ (μνήμονες) auf, 240 die allerdings für die schriftliche Verwaltung in juristischen und religiösen Bereichen tätig waren. 241 Eine grundsätzliche Frage dreht sich nun darum, ob beispielsweise Auflistungen von säkularen und religiösen Amtsträgern, die später die Form von chronographischen Listen annahmen, mündlich überliefert worden sein könnten. So merkt Vansina zur mündlichen Überlieferung von Listen allgemein an: „[…] list keeping in general is a habit of literate people, a practice made easy by writing technology. It is not something that comes easily to oral cultures, but oral lists are kept when they have a social meaning, though they are never very long.“ 242 Für die mögliche mündliche Überlieferung unterschiedlicher Listen von Amtsträgern zieht man oftmals eine Information im zuvor schon erwähnten Dialog Hippias Major, der Platon zugeschrieben wird, heran. Sokrates erkundigt sich darin bei Hippias, welche Themen bei den Lakedaimoniern am beliebtesten seien. Auf Hippias’ Antwort mit einem Verweis auf Stammbäume sowie Erzählungen von weit zurückliegenden Ereignissen meint Sokrates, dass Hippias froh sein könne, nicht alle Archonten seit Solon aufzählen zu müssen. Daraufhin verweist Hippias aber auf seine beindruckenden mnemotechnischen Fähigkeiten, die ihm eine problemlose Wiedergabe von 50 Namen ermöglicht, wenn er diese nur einmal gehört habe: 243 ΣΩ. Nαὶ μὰ Δί᾽, ὦ Ἱππία, ηὐτύχηκάς γε ὅτι Λακεδαιμόνιοι οὐ χαίρουσιν ἄν τις αὐτοῖς ἀπὸ Σόλωνος τοὺς ἄρχοντας τοὺς ἡμετέρους καταλέγῃ· εἰ δὲ μή, πράγματ᾽ ἂν εἶχες ἐκμανθάνων. ΙΠ. Πόθεν, ὦ Σώκρατες; Ἅπαξ ἀκούσας πεντήκοντα ὀνόματα ἀπομνημονεύσω. 244 „S: Wahrlich, bei Zeus, Hippias, da hast du ja Glück gehabt, daß die Spartaner kein Vergnügen daran haben, wenn ihnen jemand unsere Archonten von Solon an aufzählt. Denn sonst hättest du die Mühe, sie auswendig zu lernen. H: Woher? Wenn ich fünfzig Namen einmal höre, kann ich sie wiedergeben.“ 245 Diese Stelle legt somit nahe, dass zu Platons Zeit Hippias ein sehr gutes Gedächtnis zugeschrieben wurde, das ihm theoretisch eine längere Auflistung der attischen Archonten ermöglicht hätte. Damit besitzen wir aber freilich einen Beleg aus der Zeit nach der Aufstellung der Archontenliste auf der Agora. 246 Am deutlichsten kann dies wohl die Bedeutung der mündlichen Überlieferung auch noch in der Klassik beziehungsweise die 239 240 241 242 243 244 245 246

Luraghi 2001, 157; Murray 2001b, 316. Thür 2000. Gehrke 1997, 45–48; Gehrke 2014, 12–13. Vansina 1985, 179. Plat. Hipp. Mai. 285e. Griechischer Text: Hofmann 1977, 464, 466. Übersetzung: Heitsch 2011, 17. Zur fragmentarischen Liste: v.a. Bradeen 1963; Meiggs – Lewis 1989, 9–12 (= Nr. 6); IG I3 1031.

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Vorstellung von deren Möglichkeiten zu dieser Zeit belegen. Darüber hinaus deutliche Schlüsse für die Archaik zu ziehen, mag wohl zu weit gehen. Zur Archontenliste Athens und deren mögliche mündliche Überlieferung weist Charles Hedrick auf die Ambivalenz hin, wie mit der Oral Tradition argumentiert wird: „This oral tradition has been poorly served by both critics and advocates. Critics tend to dismiss it as a synonym for ‚fiction‘ and ‚fabrication‘. Advocates generally invoke it like the genie from the bottle: it appears just long enough to explain the Archon-List, then it vanishes without a trace.“ 247 Außer der soeben erwähnten Stelle in Platons Dialogen gibt es keine mir bekannte antike Textstelle, die direkt Auskunft über eine mündliche Tradierung der chronographischen Listen geben würde. Dies ließe sich auch schwer mit den Charakteristika der Oral Tradition nach Vansina in Einklang bringen. Vansina 248 hat außerdem auf die Funktion von mnemonischen Stützen verwiesen, wobei er bei den materiellen Gegenständen vor allem an Königsgräber und aufgrund des Gegenstandes seiner Untersuchung weniger an Objekte mit Inschriften gedacht hat. In der altertumswissenschaftlichen Forschung hat Hedrick 249 für Erzählungen, die sich um Weihungen sowie Votive ranken, den Begriff ‚Monumental Tradition‘ vorgeschlagen. Darin hat Hedrick die einzige tatsächlich greifbare Quellengrundlage für die chronographischen Listen im 5.  Jahrhundert  v. Chr. gesehen, dabei allerdings weitere Quellen nicht ausgeschlossen. Meiner Meinung nach eignet sich diese Bezeichnung außerdem für all jene Erzählungen, die sich allgemein um Gegenstände, Orte oder Gebäude ranken, 250 wofür man bisweilen das Konzept des Monumentalen Gedächtnisses 251 oder der Gedächtnisorte 252 vorgebracht hat. Dabei zeigen Beispiele aus Rom, dass sich an Monumente gebundene Erzählungen im Laufe der Überlieferung auch dann ändern können, wenn beispielsweise Inschriften am Monument selbst vorhanden waren. 253 Dies verweist einmal mehr auf die Flexibilität von mündlichen Erzählungen, die an die gegenwärtigen Bedürfnisse angepasst werden können. In Hinblick auf die chronographischen Listen gibt es nun zwei Hinweise, die als Grundlage Statuenbildnisse ausweisen. Herodot 254 schreibt den ägyptischen Priestern in Theben gewissermaßen eine mnemonische Stütze zu, wenn er von ihrem Brauch berichtet, von ihren Vorgängern Statuen aufzustellen. Dies ermögliche es den Priestern zumindest nach Herodot, eine sehr lange Genealogie aufzuzählen. Ähnliches berichtet Pausanias 255 aus einiger zeitlicher Distanz in der römischen Kaiserzeit für die Herapriesterinnen des argivischen Heraions. Außerdem erwähnt Pausanias 256 die 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256

Hedrick 2002, 16. Vansina 1985, 37–39. Hedrick 2002. In Zusammenhang mit dieser umfangreichen Thematik bietet Andreas Hartmanns publizierte Dissertation aus dem Jahr 2010 einen wertvollen Überblick zur antiken Evidenz. Assmann 1988. Nora 1984. Pohl 2018 (mit weiterführender Literatur). Hdt. 2, 143. Paus. 2, 17, 3. Paus. 2, 17, 7.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Statue von Chryseis, über die er schreibt, dass diese versehentlich das Heraion in Brand steckte, woraufhin sie nach Tegea geflüchtet sein soll. Weil hier der Fokus der Betrachtung gilt, wie die Historiographen des 5.  Jahrhunderts v. Chr. auch anhand mündlicher Quellen die Chronologie der Archaik erstellt haben, ist man einmal mehr auf Herodot und Thukydides angewiesen. 257 Konsens besteht in der Ansicht, dass sich in Herodots Historien einige Charakteristika der mündlichen Überlieferung finden. 258 So hält beispielsweise Justus Cobet fest: „Die ‚historische Zeit‘ im Sinne Vansinas (auch ‚recent time‘) reicht dabei etwa drei Generationen zurück, bis in die Mitte des 6.  Jh.s (Amasis, Kroisos, Kyros, Peisistratos), die weitere Grenze einiger konkreter Nachrichten liegt zwischen der zweiten Hälfte des 7. Jh.s. und dem Anfang des 6. Jh.s (Psammetich, Alyattes, Kambyses, Kypselos, Solon). Die Chronologie ist bereits für die Zeit jenseits von 500 (Ionischer Aufstand) bzw. 510 (Vertreibung der Tyrannis aus Athen) unsicher, und jenseits der Grenzen 550 bzw. 600 wird ein Zeitrahmen über Genealogien und große runde Zahlen konstruiert.“ 259 Diese überblickende Einschätzung zur Chronologie Herodots wird im Großen und Ganzen geteilt, 260 wenngleich Oswyn Murray 261 die 2/3-Generationengrenze weniger betont und vielmehr eine eher kontinuierliche Informationslinie für Ereignisse bis ins 7. Jahrhundert v. Chr. ziehen möchte. Das oben angeführte Zitat Cobets berührt einen problematischen Punkt, der die moderne Auffassung von Herodots Chronologie betrifft. Unbewusst liest man Herodots Darstellung von Personen und Ereignissen meist vor dem Hintergrund erst später erstellter Olympiadendatierungen. Aber gerade für Solon 262 und Kypselos beziehungsweise die Kypseliden 263 bietet Herodot eine niedrigere zeitliche Kontextualisierung, die um zirka 30  Jahre von den höheren Olympiadendatierungen der chronographischen Traditionen abweicht. Herodot scheint Solon in einen unmittelbaren Zeitraum vor

257 Diese hier vorgenommene Beschränkung ergibt sich auch deshalb, weil sich die Forschung mit den beiden vollständig erhaltenen Werken von Herodot und Thukydides in Hinblick auf die Oral Tradition beschäftigt hat und es gerade diese beiden Werke sind, die die Grundlage der Chronologie der Archaik liefern. Hier wird zugegebenermaßen die beginnende Chronographie ausgeklammert, da diese meiner Meinung nach für weitere Schlüsse zu schlecht erhalten ist. Burgess und Kulikowski (2013, 83) haben jedoch vorgeschlagen, in Hellanikos’ Hiereiai einen Synchronismus von Genealogien und mündlichen Erzählungen zu sehen. 258 Raaflaub 1988, v.a. 219–222; Thomas 1989, 4 Anm. 4 (mit weiterer Literatur); Ruschenbusch 1992; Murray 2001a (= Murray 1987); Murray 2001b. 259 Cobet 1988, 229. 260 Vannicelli 1993, 13–16; Cobet 2002, 398–400; Bichler 2004a, 215. 261 Murray 2001a, 19; Murray 2001b, 319. 262 Zur Datierungsfrage von Solon siehe: Kapitel 3. 263 Für die Kypseliden gibt es eine niedrigere, auf Herodot aufbauende Chronologie (Beloch 1913, 274–284; Lenschau 1936a, 278–283; Will 1955, 363–407, 436–440; Parker 1993) sowie eine höhere zeitliche Ansetzung, die auf Olympiadendatierungen beruht (Servais 1969; Gehrke 1990). Die niedrigere Ansetzung ließe sich in etwa von zirka 625/15 bis 550/40  v. Chr. festmachen, während die chronographische Tradition in den Zeitraum von 657/6 bis 584/3 v. Chr. weist (Gehrke 1990, 34).

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Peisistratos anzusetzen. 264 Innerhalb der herodoteischen Chronologie fügt sich dieser Eindruck mit der Stelle, in der Solon und Kroisos aufeinandertreffen und sich über Glück unterhalten. 265 Aus rein chronologischen Gründen wurde eine mögliche Historizität dieser Episode Herodots verworfen. 266 Losgelöst vom Datum 594/3 v. Chr. für Solons Archontat ist dies aber innerhalb Herodots Werk nicht unbedingt ein stichhaltiges Kriterium, da in diesem Fall Herodot eine in sich stimmige Einordnung anbietet. Der Argumentation folgend, dass zumindest in vielen Fällen die antike Chronographie selbst auf klassische Quellen zurückgriff, um für die Archaik eine präzise und absolute Chronologie zu erstellen, erhalten Herodots chronologische Einordnungen eine gewisse Vorrangstellung. Nun hat man die Tendenz mündlicher Überlieferung ausgemacht, komplexe historische Prozesse zusammenzuziehen, berühmte Persönlichkeiten auf eine Zeitstufe zu stellen sowie mit herausragenden Ereignissen in Verbindung zu setzen. Auf diese Weise ist Herodots Darstellung des Dialogs zwischen Kroisos und Solon erklärt worden. 267 Die Unterredung, die Herodot zwischen Kroisos und Solon stattfinden lässt, hat jüngst Elizabeth Irwin 268 als implizierte Kritik an den Wertvorstellungen Athens im perikleischen Zeitalter interpretiert und somit in der bei Herodot überlieferten Gestalt eindeutig als Schaffung des 5. Jahrhunderts v. Chr. beurteilt. 269

264 Fehling (1985, 91–92) führt hierbei als die drei aussagekräftigen Textstellen Hdt. 1, 30, 2 sowie 2, 177, 2 und 5, 113, 2 an. Hdt. 1, 30, 2: Im Zuge der zehnjährigen Reise nach seiner Gesetzgebung in Athen reiste Solon gemäß Herodot nach Sardis, wo er auf König Kroisos (zur Datierungsfrage zu Kroisos siehe Kapitel 6) traf. Herodot impliziert zudem, dass dieses Treffen nicht zu Beginn von Solons Reisen, sondern eher an deren Ende stattfand. Innerhalb der herodoteischen Chronologie bedeutet dies im Groben eine zeitliche Nähe zu Peisistratos in Athen, mit dem Herodot überhaupt erst eine durchgehende Erzählung für Athen beginnt. Hdt. 2, 177, 2: Zudem erwähnt Herodot Amasis, von dem Solon ein Gesetz übernommen haben soll. Von Beckerath (1997, 192) setzt die Regierungszeit von Amasis von 570 bis 526 v. Chr. an. Herodot (5, 113, 2) erwähnt das Ableben des Königs von Soloi auf Zypern, Aristokypros, im Zuge des Ionischen Aufstandes. Dessen Vater Philokypros pries Solon in seiner Dichtung nach deren Treffen auf Zypern. Ohne hier nun mit unterschiedlichen Veranschlagungen der Lebensdauer zu spekulieren, sei einfach darauf verwiesen, dass diese Angabe Herodots kaum mit der konventionellen Datierung 594/3 v. Chr. für Solons Archontat in Einklang zu bringen ist. Molly Miller (1963, 58–85; 1969) hat unter anderem Herodots Erzählung herangezogen, wonach Solon zu Gast bei Kroisos war, um das Jahr 573/2  v. Chr. für Solons Archontat in den älteren Quellen abzuleiten. Meiner Meinung nach lässt sich aber aus Herodots Angaben keine so derart präzise Datierung gewinnen, zumal Herodot Solon nicht als Inhaber des Archontats nennt. Auch wenn man Millers Ergebnis nicht zustimmt, bietet sie eine nützliche Zusammenstellung diverser Textstellen zur Datierung Solons (Miller 1969). 265 Hdt. 1, 29–33. Eine Auflistung der rezenten Sekundärliteratur zu dieser bekannten Stelle Herodots bieten: Pelling 2006, 141–155; Dewald 2011. 266 How – Wells 1928a, 66–67; Markianos 1974, 9; Graf 1985, 130; Raaflaub 1988, 211. 267 Raaflaub 1988, 211, 222. 268 Irwin 2013. 269 Dazu auch: Högemann – Oettinger 2018, 276–384.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Ähnlich spielt die Chronologie in die Beurteilung von Herodots Darstellung 270 der Kämpfe Athens um Sigeion am Hellespont herein. Herodot schildert, dass Peisistratos den Mytelinaiern die Stadt entriss und seinem Sohn Hegesistratos die dortige Herrschaft überließ. In den Kämpfen um Sigeion 271 soll der Dichter Alkaios seine Waffen verloren haben, was sich sowohl in einem Alkaios-Fragment 272 als auch bei Herodot findet. Athen und Mytilene wandten sich folglich an Periander von Korinth, der als Schiedsrichter Sigeion den Athenern zusprach. Verwendet man für die hier erwähnten Personen, allen voran Periander 273 sowie Alkaios 274, die chronographischen Daten, weisen diese in das späte 7. beziehungsweise frühe 6. Jahrhundert v. Chr. An die konventionelle Chronologie anknüpfend ergibt sich jedoch die Frage: „Kann aber Sigeion tatsächlich durch einen Schiedsspruch athenischer Besitz geworden sein, wenn es andererseits bei Herodot V 94,1 heißt, daß Peisistratos […] den Ort ‚mit Waffengewalt den Mytilenaiern entriß?‘“ 275 Dieser Gedankengang hat Karl-Wilhelm Welwei 276 veranlasst, in Herodots Version von Perianders Involvierung eine Erfindung der Seebundzeit Athens zu sehen, da sich hier allein schon aus chronologischer Perspektive Schwierigkeiten fänden. Berücksichtigt man nun Herodots Niedrigdatierung sowohl für Alkaios 277 als auch für die Kypseliden 278, löst sich diese scheinbar chronologische Unstimmigkeit auf. 279 Demnach wäre eine zeitliche Ansetzung des Kriegs um Sigeion um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. theoretisch 270 Hdt. 5, 94–95. 271 Diese Angabe lässt sich nun entweder auf die Einnahme durch Peisistratos oder die Kämpfe unter seinem Sohn Hegesistratos beziehen, was sich auf die zeitliche Ansetzung dieser Episode innerhalb von Herodots Werk auswirkt. 272 Alk. 49 D. 273 Felix Jacoby rekonstruierte für Apollodors Chronik die Datierung Perianders mit 627/6– 588/7 v. Chr. Jacoby 1902b, 150–153, 405; FGrHist 244 F 332a, F 332b. 274 Diogenes Laertios (1, 79) setzt die Akme von Alkaios in etwa in der 42.  Olympiade (612/1– 608/7 v. Chr.) an. 275 Welwei 1992, 210. Ein Krieg um Sigeion um zirka 600 v. Chr. mit einem folgenden Kontrollverlust Athens wurde aber bisweilen ebenso angenommen, siehe hierfür: How  –  Wells 1928b, 56; Stahl 1987, 211–226. Nach wie vor eine nützliche Zusammenstellung der Quellen zum Krieg um Sigeion: Busolt 1895, 249–254 (mit den charakteristischen inhaltsreichen Fußnoten). 276 Welwei 1992, 210–212. 277 Fehling 1985, 107; Bichler 2004a, 219–220. 278 In der Kernstelle zur Kypselidenchronologie platziert Herodot (3, 39) Periander eine Generation vor Kambyses’ Feldzug gegen Ägypten. Die Eroberung Ägyptens durch Kambyses kann durch eine Kombination von ägyptischen und griechischen Quellen dem Sommer 525 v. Chr. zugewiesen werden, einen nützlichen Überblick über die Quellenlage bietet Kienitz (1953, 154–157). Freilich nennt Herodot selbst nicht, in welchem Regierungsjahr von Kambyses dies einzuordnen ist und bleibt somit in der zeitlichen Verortung etwas vage (Bichler 2004a, 212–213). Herodots niedrigere Ansetzung der Kypseliden ließe sich in etwa von zirka 625/15 bis 550/40 v. Chr. festmachen, während die chronographische Tradition dies in Olympiaden von 657/6 bis 584/3 v. Chr. datierte (Gehrke 1990, 34). Die Position der Niedrigdatierung wird beispielsweise von Beloch (1913, 274–284), Lenschau (1936a, 278–283), Will (1955, 363–407, 436–440) und Parker (1993) vertreten. Die hohe Chronologie, die nach wie vor als weiter verbreitet gilt, wird u.a. von Servais (1969) und Gehrke (1990) verteidigt. 279 Beloch 1913, 314–318.

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möglich. 280 So weist Detlev Fehling 281 zwar grundsätzlich auf die Möglichkeit der herodoteischen niedrigen Chronologie hin, aber auch er argumentiert für den Konstruktcharakter von Perianders Rolle als Schiedsrichter in diesem Konflikt. Bei beiden hier kurz erwähnten Episoden aus der Archaik hat man die Kompatibilität der herodoteischen Chronologie mit den späteren chronographischen Traditionen diskutiert und als wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Historizität herangezogen. Demnach spielt die Chronologie eine wesentliche Rolle in der modernen Einschätzung der Glaubwürdigkeit. Jedoch lehrt die Diskussion um Periander sowie Kroisos und Solon, dass man selbst bei einer innerherodoteisch stimmigen Chronologie durchaus mit einer nachträglichen Zuschreibung beziehungsweise einer (chronologischen) Konstruktion rechnet. Dies beeinflusst freilich die Einschätzung eines wesentlichen Datierungsmittels Herodots, nämlich des Synchronismus berühmter Personen, was bekanntlich ein beliebtes Mittel der Oral Tradition darstellt. In Hinblick auf Herodots Chronologie und die Oral Tradition bleibt zu betonen, dass sich in Herodots Historien vor dem Ionischen Aufstand kein Ereignis der griechischen Geschichte ausschließlich auf deren Basis absolut datieren lässt. Für das außergriechische Gebiet trifft dies auf den Zeitraum vor Kyros zu. 282 Der Kontrast der zahlreichen Zahlenangaben Herodots für die Saiten-Dynastie in Ägypten, die Mermnaden-Dynastie in Lydien, die Meder und Perser im Gegensatz zu den spärlichen Angaben zur griechischen Geschichte führte zur Einschätzung, dass Herodot ein ausgeprägtes Interesse an nichtgriechischen Chronologien, aber ein Desinteresse an ebendiesem Bereich für Griechenland zeige. 283 So weist beispielsweise Herodots Darstellung trotz des dichten Datengeflechts der Mermnaden-Dynastie mit dem nicht aufs Jahr präzisierten Schluss von Kroisos’ Herrschaft ein loses Ende auf. 284 Spartas kontinuierliche Geschichte beginnt bei Herodot 285 überhaupt erst zwei Generationen vor den Königen Kleomenes und Demaratos, die beide zu Beginn der Perserkriege herrschten. 286 Bedingt durch die Struktur der Historien und die Erzählweise mit vielen Rückblenden weicht Herodot der offensichtlichen zeitlichen Lücke, dem Floating Gap, zwischen der jüngeren und der weiter entfernten Vergangenheit aus. 287 Mit der Ahnenliste von Leonidas und Leotychidas gelingt es Herodot, eine lange ereignislose Zeit zu überspannen. 288 Für Athen liefert Herodot erst ab Peisistratos eine durchgehende Erzählung, 289 die aber vage beziehungsweise in der Luft hängende Angaben

280 281 282 283 284 285 286 287 288 289

Shaw 2003, 247. Fehling 1985, 107–108. Bichler 2004a, 215. Van Wees 2002, 329 (mit einer nützlichen Tabelle der chronologischen Angaben Herodots zu den Dynastien), 330. Zu Kroisos’ Datierung siehe: Kapitel 6. Hdt. 1, 65–68. Bichler 2004a, 217. Thomas 2001. Cobet 2002, 410. Bichler 2004a, 218.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

beinhaltet. 290 Das früheste Ereignis, das Herodot für Athen zu berichten weiß, die Kylonische Verschwörung, erhält nur eine unbestimmte Datierung vor Peisistratos. 291 Herodots Heranziehen der Oral Tradition könnte diese großen chronologischen Unsicherheiten für das archaische Athen erklären. 292 Einen Schritt weiter geht noch Heleen Sancisi-Weerdenburg 293, indem sie vorschlägt, die drei Machtergreifungen Peisistratos’ seien letztlich das Resultat von drei unterschiedlichen Geschichten darüber, wie Peisistratos seine Tyrannis etabliert habe. Ihrer Meinung nach könnten die drei divergierenden Darstellungen in chronologische Reihenfolge gebracht und mit zwei Exilen erklärt worden sein. 294 Erst kürzlich hat zudem Jennifer Finn 295 den episodenhaften Charakter der drei Machtergreifungen Peisistratos’ unterstrichen und dabei diese Erzählungen als „popular traditions“ bezeichnet, die in der Rezeption der Peisistratidenherrschaft geschaffen worden seien. 296 Diese Sichtweisen lassen von einer rein positivistischen Auswertung der Angaben Herodots absehen, was sich natürlich auf die Rekonstruktion der Chronologie Athens im 6. Jahrhundert v. Chr. auswirkt. Am ausführlichsten hat sich meines Wissens Karl Julius Beloch 297 mit dieser Zugangsweise und den daraus entstehenden Implikationen für die Chronologie beschäftigt, wobei er von einem einzigen Exil des Peisistratos in den 50er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr. ausging. Die Forschung hat sich auch mit Thukydides’ Werk vor dem Hintergrund der Oral Tradition auseinandergesetzt, allerdings nicht in dem ausführlichen Maße wie bei Herodot. Im Abschnitt der Archäologie beschäftigt sich Thukydides 298 mit den 290 291 292 293 294

295 296 297 298

Osborne 2002, 501; Bichler 2013, 25. Zur Datierung des Kylonischen Frevels siehe: Kapitel 3. Raaflaub 1988, 213–214. Sancisi-Weerdenburg 2000, v.a. 105. Ähnlich äußert sich auch Anderson, der die Darstellung des archaischen Athens Veränderungen unterworfen sieht: „Thus, the overall impression conveyed by our sources that the years ca. 561/0– 546/5 were a time of turbulent stasis punctuated by ‘tyrannies’ does not stand up well to close scrutiny. Once we remove from these accounts the thick interpretive overlay imposed by later interests and presuppositions, we are left with a rather different picture, one of a vigorous, but for the most part conventional, competition between two families for de facto leadership of the Athenian state. The Boutadai appear to have been dominant from at least the earlier 560s, only to be challenged and perhaps displaced in the mid-550s by the Alcmeonids, who clearly remained a powerful force in the city for the next ten years or so, down to the battle of Pallene. Peisistratus, meanwhile, was probably in Athens for little more than a year of the fifteen-year period in question, spending the rest of the time in exile in rural Attica and elsewhere. He surely was not an insignificant figure, as his Argive marriage and other foreign connections attest. But his coup in 561/0, his short-lived later alliance with Megacles, and his ultimate recourse to violence suggest that he as yet lacked sufficient support among his peers at home to challenge the hegemony of the Boutads and Alcmeonids by conventional means. The ominous shadow that he appears to cast over events in the fifteen years before Pallene is more imagined than real.“ Anderson 2003, 72. Finn 2019. Ähnlich: Gray 1997.  Zur Darstellung Herodots von Peisistratos’ dreimaliger Machtergreifung siehe auch: Lavelle 1991; Lavelle 1993, 114–121. Beloch 1913, 288–318. Thuk. 1, 13, 2–3.

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Mündliche Quellen

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Seemächten der jüngeren Vergangenheit und nennt hier Korinths Vorreiterrolle im Schiffsbau, was jedoch in seiner Darstellung undatiert bleibt. Erst die Ergänzung, wonach der Korinther Ameinokles für die Samier die ersten Schiffe zirka 300 Jahre vor dem Ende des gegenwärtigen Kriegs 299 konstruierte, ermöglicht dem Leser eine zeitliche Verortung. Auf dieselbe Weise ordnet Thukydides 300 auch die erste Seeschlacht, die zwischen Korinth und Kerkyra ausgetragen wurde, in etwa 260 Jahre vor Kriegsende ein. Die Datierung der Landschlachten der rezenteren griechischen Vergangenheit dürfte Thukydides einige Schwierigkeiten bereitet haben, so meint Reinhold Bichler: „Ein weiteres Indiz dafür, wie wenig chronologische Vorarbeiten Thukydides für jene Aspekte einer Geschichte der Griechen, die sich nicht mit den bekannten Herrschern des Orients verknüpfen ließen, zu Gebote standen, bilden seine Überlegungen über die Entwicklung der Landmächte.“ 301 Erst ab Polykrates, dem Tyrannen von Samos, beziehungsweise der Expansion des Perserreichs in griechische Gebiete Kleinasiens kann Thukydides kontinuierlich eine Darstellung der Kriegsführung zu See anbieten. 302 Zur Datierung von Polykrates musste sich Thukydides 303 übrigens der persischen Herrscher bedienen, denn so setzt er Polykrates’ Tyrannis mit Kambyses’ Herrschaft gleich. Dieses chronologische Bild fügt sich nun bestens mit einem Floating Gap, das Thukydides mit spärlichen Zahlen und Informationen zu überbrücken suchte. Noch deutlicher tritt dies bei der Sizilischen Archäologie hervor, wenn Thukydides 304 eine zeitliche Einordnung der griechischen Gründungen auf Sizilien bietet, das Hauptgeschehen in diesem Kontext aber die Sizilische Expedition Athens im Jahr 415 v. Chr. bildet. Eine kontinuierliche Erzählung der griechischen Gründungen Siziliens bis zum Peloponnesischen Krieg wollte und konnte Thukydides vermutlich gar nicht darlegen. Als Schlussfolgerung der großen Schwäche der mündlichen Überlieferung im Bereich der Chronologie hat man auch vereinzelt vorgeschlagen erst mit 514/3 beziehungsweise 511/10 v. Chr. das früheste (!) verlässliche Datum der Archaik vorliegen zu haben. 305 Denn nach Thukydides 306 wurde Hippias im vierten Jahr nach der Ermordung von Hipparchos bei den Panathenäen aus Athen vertrieben und kehrte 20 Jahre später 307 auf Seite der Perser nach Griechenland zur Schlacht bei Marathon zurück.

299 Je nachdem wie man die Entstehungszeit dieser Passage einordnet, könnte Thukydides sich hier entweder auf den Nikiasfrieden 421 v. Chr. oder auf das tatsächliche Ende des Peloponnesischen Kriegs 404 v. Chr. beziehen (Landmann 1993b, 1271). 300 Thuk. 1, 13, 4. 301 Bichler 2004a, 222. 302 Bichler 2004a, 220–221. 303 Thuk. 1, 13, 6. 304 Thuk. 6, 3–5. 305 Plommer 1969, 129; Raaflaub 1988, 213–214; Kokkinos 2009b, 1. 306 Thuk. 1, 20, 2; 6, 59, 4. 307 Rhodes (1976, 229) sieht in der Intervallangabe von 20 Jahren vor Marathon eine aufgerundete Zahl und setzt 511 v. Chr., also 21 Jahre vor Marathon, für die Vertreibung von Hippias aus Athen an.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

4.4 Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen Vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen zur allgemeinen Quellenlage der Chronologie der Archaik soll nun die Thematik der Gründungsdaten adressiert werden, was auch das Ineinandergreifen unterschiedlicher Argumentationslinien zeigen soll. Thukydides 308 bietet als ältester Autor in seiner Sizilischen Archäologie für die meisten griechischen Gründungen auf Sizilien eine Datierung an. 309 Allerdings führt er nicht näher aus, woher er seine Information bezogen hat. Demnach gibt es auch unterschiedliche Hypothesen: Auf Barthold Georg Niebuhr 310 und Eduard Wölfflin 311 geht die Ansicht zurück, Thukydides habe als Informationsquelle seinen älteren Zeitgenossen Antiochos von Syrakus verwendet. 312 Dafür spricht hauptsächlich die festzustellende Vorrangstellung von Syrakus, die auf eine Tradition oder auf einen aus Syrakus stammenden Autor hinweisen könnte. Zudem verwendet Thukydides in der Sizilischen Archäologie, für ihn ungewöhnlich, Wörter aus dem Ionischen Dialekt. 313 Unklar bleibt, inwieweit Antiochos selbst überhaupt Datierungen für die griechischen Niederlassungen berücksichtigte, da sich beispielsweise in den Fragmenten kein derartiger Hinweis findet. 314 Nun hat Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff 315 hingegen Hellanikos von Lesbos als mögliche Vorlage für Thukydidesʼ Sizilische Archäologie angesehen, 316 wenngleich er betonte, dass sich die Quelle nicht mehr mit Sicherheit feststellen lasse. Hellanikos erwähnt in einem überlieferten Fragment 317 tatsächlich die Gründung von Naxos durch Theokles, jedoch beinhaltet diese Textstelle aus seinen Hiereiai eben keinen Hinweis, ob oder wie Hellanikos eine Datierung vornahm. 318 Die Diskussion der Zuweisung der chronologischen Informationen von Thukydidesʼ Sizilischer Archäologie verlagert die essentielle Quellenfrage letztlich aber nur um eine Autorengeneration und hilft diesbezüglich kaum weiter. Ebenso vorstellbar wäre nämlich, dass Thukydides die Information der Gründungsdaten

308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318

Thuk. 6, 3–5. Näheres zur Textstelle siehe: Kapitel 5. Niebuhr 1811, 131. Wölfflin 1872, 1–21. So auch: Mahaffy 1881, 177–178; Schweitzer 1918a, 10; Dover 1953; Miller 1970, 64; Danner 1996, 18; Hodos 2006, 94; Feeney 2007, 94; Rengakos 2011, 407; La Torre 2012, 35; Fowler 2013, 634–635; Donnellan 2015, 46; Bringmann 2016, 134. Murray 2014, 461. Zur Problematik, ob Fragmente tatsächlich einen verlässlichen Eindruck von einem verloren gegangenen Werk in seiner Gesamtheit geben können: Brunt 1980. Von Wilamowitz-Möllendorff 1884, 442. Ebenso: Niese 1888b, 86 Anm. 3; Dunbabin 1948, 438; Ambaglio 1980, 42. FGrHist 4 F 82 (apud Steph. Byz. s.v. Chalkis). Damit ist freilich ein Grundproblem im Umgang mit Fragmenten angesprochen. In der auf Jacoby zurückgehenden Ansicht vermutet man, dass Hellanikos jegliche Ereignisse in Bezug zu den Herapriesterinnen setzte und es sich demnach um eine durchweg annalistisch gehaltene Chronik handelt. Bisweilen gibt es dazu aber auch kritische Haltungen, siehe dazu: Kapitel 3.

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Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen

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unterschiedlichen Quellen – sowohl mündlichen als auch schriftlichen – entnahm und sie selbst zusammenstellte. 319 Besonders als man in der Altertumswissenschaft den Wert der Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen auf Sizilien für die Datierung der dort aufgefundenen griechischen Keramik erkannte, erfolgte ein Impuls zu einer verstärkten Auseinandersetzung, wie diese in der Antike überhaupt überliefert wurden und wie deren historische Verlässlichkeit zu beurteilen ist. Damit einher geht die Frage nach schriftlichen und mündlichen Quellen, wie sie weiter oben ausführlich diskutiert wurde. Bernhard Schweitzer 320, der in einem Beitrag aus dem Jahr 1918 die griechischen Gründungsdaten für die Datierungsfrage der griechisch geometrischen Keramik näher beleuchtet hat, sah in der gesamten antiken Überlieferung ein einheitliches und fundiertes Wissen dieser Jahreszahlen auf Basis einer Jahreszählung ab der Gründung einer Stadt (ab urbe condita). Diese Argumentationslinie bereitet aus heutiger Sicht doch einige Schwierigkeiten, da ein derartiges Kalendersystem für eine griechische Stadt überhaupt nicht belegt ist. Zudem zeigt sich gerade im Vorbild Roms, dass eine ab urbe condita-Zählung als chronographisches Mittel erst nachträglich in der römischen Kaiserzeit konstruiert und verwendet wurde. 321 Ähnlich problematisch sieht die Lage mit dem Vorschlag aus, die griechischen Siedler hätten sich zur Dokumentation des Gründungsjahres des clavus annalis bedient. 322 Die hier zentrale Textstelle bietet Livius 323, wonach am 13. September vom obersten Beamten ein Nagel in die Wand des kapitolinischen Jupiter-Tempels geschlagen wurde. Diesem eigentlich religiös konnotierten Brauch schreibt bereits Livius die Funktion der Jahreszählung zu. 324 In der modernen Forschung erhielt der clavus annalis insofern größere Beachtung für die Chronologie Roms, als man in dieser Praxis die Möglichkeit der Überlieferung verlässlicher Intervallangaben gesehen hat. 325 Jedoch finden sich höchst unterschiedliche Ansichten, ob der Nagel nun tatsächlich jedes Jahr 326 oder nicht eher nur jedes Jahrhundert 327 am Jupiter-Tempel angebracht worden sei. Unabhängig von der Diskussion um die Praxis im frühen Rom lässt die fehlende Bezeugung für griechische Städte diese These problematisch, wenn nicht sogar abwegig erscheinen. Auch der weitere Vorschlag von Thomas Dunbabin 328, die griechischen Siedler hätten doch schlicht eine Kerbe in einer Wand für 319 320 321 322 323 324

325 326 327 328

Graham 1982, 90. Schweitzer 1918b, v.a. 29. Chaniotis 1998, 7; Feeney 2007, 140–141, 219 Anm. 7, 289 Anm. 48. Dunbabin 1948, 451. V.a. Liv. 7, 3, 3–5. Die Vorstellung, dass die Anbringung von einem Nagel tatsächlich mit einer Zeitvorstellung verbunden wird, findet sich bereits bei Cicero (Att. 5, 15). Die Anweisung, dass Atticus von einem bestimmten Tag an das Amtsjahr zu zählen habe, findet sich im Lateinischen Text mit „ex hoc die clavum anni movebis“ (Kasten 1959, 294) ausgedrückt. Die Idee des clavus annalis spielt zum Beispiel für die Einordnung des Concordia-Tempels 204 Jahre nach dem kapitolinischen Tempel, die Plinius (nat. hist. 33, 19) bietet, eine Rolle. Unger 1873. Mommsen 1859, 176–179. Dunbabin 1948, 451.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

jedes verstrichene Jahr anbringen können, wirkt doch eher kurios. Ähnlich wie zuvor beim clavus annalis setzt dies außerdem die Existenz eines Gebäudes von der Gründungszeit bis ungefähr ins 5. Jahrhundert v. Chr. voraus, bis schließlich die historiographische Überlieferung einsetzte und die Datierungen in schriftlicher Form festhalten konnte. Zugegebenermaßen stammen diese hier genannten Ideen aus der älteren Forschung und werden, soweit ich die moderne Sekundärliteratur überblicke, heute nicht mehr vertreten. Auch von einer früher ausgebildeten verstärkten Schriftlichkeit in den Gründungen im Vergleich zu Griechenland selbst sieht die aktuelle Forschung ab, 329 weil dafür letztlich ausschlaggebende Argumente fehlen. Wenn Alexander Graham nun einerseits resümiert, dass die ohnehin dürftige Quellenlage keinen eindeutigen Rückschluss auf den Überlieferungsweg der Gründungsdaten zulässt, und andererseits aber an einer verlässlichen Tradierung festhält, spricht dies ein Dilemma an: „As our knowledge stands, it seems better to make the assumption, bold though it may be, that the true foundation dates of the colonies had been recorded in some way, than to embrace the unattractive premises required by any other hypothesis.“ 330 Mittlerweile hat sich die Vorstellung einer korrekten Überlieferung des Alters der griechischen Gründungen auf den Oikistenkult 331 verlagert. 332 Die Evidenz zu jährlich stattfindenden Feierlichkeiten zu Ehren eines Gründers 333 setzt überlieferungsbedingt erst mit den schriftlichen Zeugnissen im 5. Jahrhundert v. Chr. ein. Somit sieht man sich abermals mit der Frage konfrontiert, inwieweit in der Klassik oder sogar noch später lebende Autoren tatsächlich Auskunft über die Verhältnisse in den frühen griechischen Gründungen im späten 8. Jahrhundert v. Chr. geben können. Spezifisch für die Erzählungen um die griechischen Gründungen unterteilt Jonathan Hall nun drei unterschiedliche Zugangsweisen: Anhänger der historisch-positivistischen Herangehensweise sehen gewisse Kernelemente der Überlieferung zur Geschichte der Gründungen als historisch, wobei die archäologische Evidenz oftmals zur Untermauerung herangezogen wird. 334 Hingegen konzentrieren sich ‚Poeticists‘ in ihren Studien zu den Gründungen weniger auf den historischen Kern als vielmehr auf die Erzählungen selbst mit wiederkehrenden Elementen und Strukturen. Dieser Zugang lässt allerdings kaum Schlüsse auf die Zeit der Gründungen selbst zu, sondern bezieht sich auf die Kontextualisierung der Textstelle und ihren Entstehungszeitraum. 335 Einen stärkeren Fokus auf eine unabhängige Betrachtung der archäologischen Evidenz legt die historisch-konstruktivistische Erschließung. Diese 329 Hall 2008, 404. 330 Graham 1982, 90. 331 Allgemein zum Phänomen des Heroenkults in der Archaik: Antonaccio 1993; Antonaccio 1995; Antonaccio 1999 (mit besonderer Berücksichtigung der griechischen Gründungen und deren Oikisten); Boehringer 2001; Herda 2013, 87–90, 103–110. 332 Z.B. Dunbabin 1948, 11; Miller 1970, 194; Malkin 1987, 189. 333 Einen nützlichen Überblick über die literarische Überlieferung von Personen, die als Ktistes (κτίστης), Oikist (οἰκιστής) oder als Archegetes (ἀρχηγέτης) bezeichnet werden, bietet Leschhorn (1984). 334 Hall 2008, 383–385. 335 Hall 2008, 385–386.

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Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen

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spricht den literarischen Zeugnissen zwar nicht prinzipiell einen historischen Gehalt ab, versteht sie aber als Produkt einer bewusst geformten Vergangenheitsdarstellung unter bestimmten Bedingungen. 336 Einige Texte erwähnen einen Oikistenkult in den Gründungen, stammen aber erst aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. beziehungsweise, noch später, aus dem Hellenismus. Am eindeutigsten gestaltet sich die Quellenlage für eine derartige Praxis in Kyrene, 337 wie sie Pindar in seiner fünften Pythischen Ode 338 beschreibt: σκυρωτὰν ὁδόν, ἔνθα πρυ- μνοῖς ἀγορᾶς ἔπι δίχα κεῖται θανών· μάκαρ μὲν ἀνδρῶν μέτα ἔναιεν, ἥρως δ᾽ ἔπειτα λαοσεβής. 339

„wo am Ende des Marktplatzes abseits er liegt, der Verstorbene; glückselig wohnte er unter den Menschen, ein Heros danach vom Volk verehrt.“ 340

Zudem berichtet Pindar 341 von Feierlichkeiten zu Ehren des Gründers von Rhodos, Herakles’ Sohn Tlepolemos, bei denen Tieropfer und Spiele durchgeführt wurden. Dies dient einmal mehr als deutlicher Beleg, dass in der Antike diesbezüglich keine Unterscheidung zwischen einem mythischen und einem historischen Gründer stattfand und diese Trennung nur in der modernen Auffassung besteht. Ein Scholion Pindars 342 erwähnt außerdem den Brauch, den Oikisten inmitten der Stadt zu begraben. 343 Nach Herodots Darstellung 344 haben die Bewohner der thrakischen Chersones Miltiades (dem Älteren) nach seinem Ableben in seiner Rolle als Oikist geopfert und zu seinen Ehren Wettkämpfe veranstaltet. 345 Im 3. Jahrhundert v. Chr. schildert schließlich Kallimachos 346 Feierlichkeiten zu Ehren der Oikisten in einigen griechischen Gründungen auf Sizilien und unterstreicht dabei die Besonderheit einer namenlosen Verehrung des Gründers von Zankle. Für die römische Kaiserzeit bietet Pausanias 347 noch eine diesbzeüglich relevante Information, indem er die jährlichen Ehrungen des eponymen Heros Theras auf der Insel Thera beschreibt. Eine literarische Evidenz aus der unmittelbaren Zeit der ersten Siedlergeneration(en) besitzen wir somit nicht. Auch die archäologischen Funde dafür sind insgesamt etwas 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347

Hall 2008, 386–387. Z.B. Currie 2005, 236–246. Pind. Pyth. 5, 92–95. Altgriechischer Text nach: Bremer 1992, 174. Übersetzung: Bremer 1992, 175. Pind. Olymp. 7, 77–82. Schol. Pind. Ol. 1, 149b (Drachmann 1903, 49). Zu den Scholia Vetera Pindars allgemein sowie deren zeitlichem Hintergrund frühestens ab dem Hellenismus siehe: Deas 1931; Dickey 2007, 38–40. Hdt. 6, 38, 1. Nähere Ausführungen zu Miltiades als Oikist der Chersones siehe: Leschhorn 1984, 75–83. Herodot nennt an weiteren Stellen die Durchführung von Heroenkulten, verwendet aber zumindest in den von Scott (2005, 176) vorgebrachten Beispielen nicht den Terminus Oikist/Ktistes/Archegetes. Kall. Aet. II Fr. 43. Zu dieser Textstelle siehe zuletzt: Giangiulio 2021. Paus. 3, 1, 8.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

dürftig: Aus Gela stammt eine Kylix aus dem frühen 5. Jahrhundert v. Chr., die mittels einer Inschrift als Weihung an Antiphamos ausgewiesen ist. 348 Weil Thukydides 349 eben Antiphemos aus Rhodos und Entimos aus Kreta als Gründer von Gela nennt, wird dieser Fund als Beleg für einen Oikistenkult gedeutet. 350 Analog zu den literarischen Quellen liegt hier wiederum eine große zeitliche Lücke vor, wenn man diesen Fund zur Untermauerung eines in die unmittelbare Gründungszeit zurückreichenden Oikistenkultes heranziehen möchte. 351 Eindeutig greifbar ist hingegen eine Bestattung direkt an der Agora in Kyrene, wo die italienischen Ausgräber am Ostrand der Agora einen Tumulus vorfanden, der folglich in Kombination mit Pindars Beschreibung als Grabstätte von Battos interpretiert und anhand von Keramikfunden um 600 v. Chr. datiert wird. 352 Dem lässt sich neuerdings ein Befund in Sizilien gegenüberstellen, wo ein Monument beziehungsweise zwei Gruben auf der Agora in Selinunt als Kenotaph des Oikisten beziehungsweise der Oikisten ausgelegt werden. 353 So interpretiert Dieter Mertens beide Gruben als Gräber, in denen Funde sowie datierungsweisende Keramikstücke zur Gänze fehlen. Für die zeitliche Einordnung ist man aus diesem Grund auf Vergleiche der Steintechnik angewiesen, weshalb Mertens nun beide Grabanlagen wahrscheinlich „in die Frühzeit von Selinunt“ 354 datiert. Wenig später, der Zeitpunkt wird ebenso nur anhand der Steintechnik beurteilt, setzt Mertens schließlich die Einfassung des nördlichen Grabes an, die das südlichere Grab bewusst aussparte. Weil dieser Auffassung zufolge einer Bestattung größere Bedeutung zukommt, identifiziert Mertens 355 dieses Grab nun als Grabmal des Oikisten Pammilos. Thukydides berichtet nämlich, dass der aus Megara stammende Pammilos die Siedler Megara Hyblaias bei der Gründung von Selinunt unterstützt hat. Folglich schlägt Mertens vor, in dem zweiten Grab die Grabstätte eines Oikisten aus Megara Hyblaia zu sehen, dessen Name und Beteiligung allerdings nicht Eingang in die spätere Überlieferung gefunden habe. Eine andere Deutung unternimmt hingegen Alexander Herda 356, der in dieser Grabanlage das Heroon von Euthydamos sieht. Dieses wird in der Lex Sacra 357, einem Ritualtext aus der Mitte des 5.  Jahrhunderts v. Chr., erwähnt, aber eine sichere Identifizierung kann dieser Text aufgrund einer fehlenden genauen örtlichen Beschreibung nicht ermöglichen.

348 349 350 351 352

353 354 355 356 357

Guarducci 1967, 254–255 Nr. 4 (mit einer Abbildung der Inschrift). Thuk. 6, 3–5. V.a. Malkin 1987, 189, 194, 259–260. Antonaccio 1999, 120. Stucchi 1965, 58–65; Stucchi 1975, 12; Büsing 1978, 66–75. Bei der Datierung des Tumulus finden sich in den Ausgrabungsberichten einmal die Zuweisung in das erste Viertel des 6.  Jahrhunderts v. Chr. (Stucchi 1965, 62) und einmal in das letzte Viertel des 7. Jahrhunderts v. Chr. (Stucchi 1975, 12), was letztlich auf entsprechenden Keramikfunden beruht. Mertens 2012a, 58–64. Mertens 2010a, 81. Mertens 2010a, 83–84. Herda 2013, 88–89. Lex Sacra A 17.

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Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen

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Bei weiteren archäologischen Befunden, wie etwa in Thapsos oder Megara Hyblaia auf Sizilien, bleibt die Ansprache als tatsächliche (oder scheinbare) Grabstätte des Oikisten zweifelhaft. 358 Für eine Anlage am Rand der Agora in Poseidonia überwiegt mittlerweile die Interpretation als Heroon beziehungsweise Kenotaph des Oikisten. 359 Dabei handelt es sich um eine hausförmige Kammer, die ursprünglich mit einem Tumulus bedeckt gewesen sein dürfte und aufgrund der darin enthaltenen griechischen Keramik ans Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. 360, also in etwa 100 Jahre nach Poseidonias Gründung, datiert wird. 361 Während eine Forschungsrichtung nun jährliche Kultfeiern an den Grabstätten der Oikisten allgemein voraussetzt, 362 gibt es auch vorsichtigere Stimmen, die eine derart generalisierende Annahme als eher zweifelhaft ansehen 363. So belegen die archäologischen Befunde in Süditalien nicht zwingend einen unmittelbar an die Gründungszeit anschließenden Oikistenkult, wenn beispielsweise in Poseidonia das Heroon erst 100 Jahre nach der eigentlichen Gründung errichtet wurde. Nun scheint mir das überlieferte Gründungsdatum von Kyrene doch maßgeblich ein Beleg zu sein, dass selbst bei einem vorhandenen Grabkomplex auf der Agora das Gründungsdatum nicht auf das Jahr genau überliefert und in Erinnerung behalten wurde. Denn gerade hier legt Pindar den singulären Beleg für eine zeitliche Veranschlagung nach Generationen in seinem Werk vor. In der vierten Pythischen Ode, die den Sieg von Arkesilaos (IV.) beim Wagenrennen feiert, ordnet Pindar 364 den Gründer von Kyrene, Battos, in die 17. Generation nach den Argonauten ein. Zudem schlägt Pindar 365 die Brücke in die Gegenwart, indem er Arkesilaos (IV.) als achten König von Kyrene bezeichnet. Obwohl man generell die Wichtigkeit der Generationenrechnung gerade vor dem tatsächlichen Einsetzen der chronographischen Gattung anerkennt, 366 lässt sich dies in Pindars Werk ausschließlich hier ausmachen. Als Grundlage von Pindars Berechnung wird einmal mehr die Genealogie der beiden Königsfamilien Spartas vermutet, 367 zumal Sparta Thera gegründet haben soll und somit eine direkte Verbindung zu Kyrene aufweist. 368 Trotz der politischen Unruhen im 5. Jahrhundert v. Chr., im Zuge derer die Monarchie abgeschafft wurde, fand übrigens keine feststellbare Veränderung der Gründungserzählung statt.

358 Hall 2008, 410–411 (mit weiterführender Literatur). 359 Es hat auch andere Interpretationsvorschläge gegeben, siehe die Zusammenstellung in: Herda 2013, 88 Anm. 107. 360 Mertens 2010b, 159–163; Greco 2014; Zuchtriegel 2018, 84–86. 361 Muggia 2001, 209. 362 V.a. Malkin 1987, 189–240. 363 U.a. Stein-Hölkeskamp 2015, 103. 364 Pind. Pyth. 4, 9–10.  Zum ‚kolonialen‘ Kontext der vierten und fünften Pythischen Ode siehe: Dougherty 1993, 103–119. 365 Pind. Pyth. 4, 65. 366 Braswell 1988, 74. 367 Lattmann 2010, 200; Bichler 2012, 95. 368 Z.B. Pind. Pyth. 5, 73–75.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Allerdings bringt Hermann Büsing 369 die spätere Umgestaltung des Grabes mit dem Ende der Battiadendynastie in Verbindung. Die antiken Erzählungen um die Gründung von Städten konnten umgestaltet werden, weil diese eben nicht statische Überlieferungen der Vergangenheit darstellen, sondern durchaus an die sich ändernde Gegenwart angepasst werden konnten. 370 Dies zeigt wohl am eindringlichsten die Geschichte von Amphipolis in Thrakien, wie sie Thukydides 371 berichtet, wenngleich dieses Fallbeispiel erst im 5. Jahrhundert v. Chr. angesiedelt ist. Der Athener Hagnon vertrieb die Edoner 437/6 v. Chr. und gründete die Stadt Amphipolis, die im Peloponnesischen Krieg 424/3 v. Chr. aber an Sparta verloren ging. 372 Nach Brasidas’ Ableben in der Schlacht bei Amphipolis 373 im Sommer 422 v. Chr. wurde nun Brasidas anstelle von Hagnon als Gründer verehrt. So wurde er innerhalb der Stadt bestattet, ihm wurden Opfer dargebracht sowie Wettkämpfe zu seinen Ehren ausgerichtet. 374 Darüber hinaus schildert Thukydides, wie eine bewusste Tilgung der Erinnerung an Hagnon als Gründer vorgenommen wurde. 375 Die Geschichte Katanes auf Sizilien in der Berichterstattung Diodors weist ebenso auf einen Wechsel der Gründerfigur und somit des zeitlichen Horizonts hin, wenn auch hier von einer tatsächlichen Neubesiedlung gesprochen wird. Diodor 376 schildert, wie Hieron die Bevölkerung von Katane und Naxos nach Leontinoi umgerechnet im Jahr 476 v. Chr. umsiedelte, als Adeimantos Archon in Athen war und Marcus Fabius Vibulanus und Lucius Valerius Publius 377 das Konsulat innehatten. In die nun leeren Städte soll Hieron 10 000 Siedler gebracht haben, wobei jeweils die Hälfte aus Syrakus und die andere von der Peloponnes stammten. Hieron wies Katane nun mit Aitne einen neuen Namen zu. In Münzbildnissen und in der ersten Pythischen Ode Pindars ließ sich Hieron dementsprechend als erfolgreicher Oikist dieser Stadt darstellen. 378 Nach dem Sturz der Deinomeniden siedelte sich jedoch wieder die ursprüngliche Bevölkerung in Katane 369 Büsing 1978, 72. 370 Bérard 1983, v.a. 57; Dougherty 1993, 26. Auf die Fragestellung, inwieweit die antiken gegenwärtigen Verhältnisse die Vergangenheitsdarstellungen beeinflussen konnten, wurde bereits weiter oben eingegangen. 371 Thuk. 4, 102; 5, 11, 1. 372 Errington 1996. Diese Darstellung beruht auf Thukydides (4, 102), der Hagnons Neubesiedlung beziehungsweise Neugründung von Amphipolis beschreibt. Das absolute Datum 437/6  v. Chr. rührt von Diodor (12, 32, 1; 12, 32, 2) her, der für dieses Jahr Euthymenes als Archon und für Rom die Militärtribunen Aulus Sempronius, Lucius Atilius und Titus Quinctius nennt. Diodor selbst erwähnt nur eine athenische Gründung Amphipolis, ohne den Gründer zu nennen oder auf Näheres einzugehen. 373 Thuk. 5, 2–3; 5, 6–11. 374 Ein Steinkistengrab mit einer silbernen Urne aus der Klassik wird nun Brasidas zugeschrieben: Herda 2013, 89. 375 Zur Textstelle Thuk. 5, 11, 1: Gomme 1956, 654–656; Hornblower 1996, 449–456. 376 Diod. 11, 41, 1; 11, 49. 377 Diodor nennt hier das Konsulpaar umgerechnet für das Jahr 483 v. Chr. und gibt außerdem für den zweiten Konsul eine abweichende Namensform: Perl 1957, 51, 65; Samuel 1972, 256. 378 Dougherty 1993, 83–102.

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Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen

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(und vermutlich auch in Naxos) an. Die Siedler der neuen Stadt Aitne verlagerten ihren Wohnort hingegen nach Inessa, das in Aitne umbenannt wurde. 379 Wie im nachfolgenden Kapitel 5 bei der Besprechung der Gründungsdaten Siziliens noch ersichtlich wird, lässt sich für den Oikisten von Naxos, Thukles/Theokles, im Laufe der zirka 300 Jahre umfassenden Überlieferung ebenso eine Veränderung feststellen. Nach Thukydides 380 wurde als erste griechische Gründung auf Sizilien Naxos durch Chalkidier aus Euboia unter Führung des Oikisten Thukles gegründet. Thukydides bestimmt zwar die Herkunft von Thukles nicht näher, doch scheint er eine Abstammung aus Chalkis zu implizieren. Außerdem führte Thukles mit den Chalkidiern die Gründung von Leontinoi und Katane, wo allerdings ein gewisser Euarchos zum Oikisten bestimmt wurde, durch. Ephoros 381 hingegen betont die Rolle des Oikisten Theokles, der zufällig nach Sizilien kam, aber in seiner Heimatstadt Athen keinen zur Gründung einer Apoikie auf Sizilien überzeugen konnte und folglich mit Chalkidiern von Euboia, Ioniern und Dorern nach Sizilien segelte. Während gemäß Ephoros den Chalkidiern die Gründung von Naxos zuzuschreiben ist, beschreibt er Megara Hyblaia als dorische Gründung. 382 In dieser Version der Gründungsgeschichte kam folglich Athen durch den Oikisten eine Beteiligung an den Gründungen in Sizilien zu. Darin hat man eine Rechtfertigung beziehungsweise einen Reflex auf Athens Eingriff während des Peloponnesischen Kriegs auf Sizilien gesehen. 383 Wie Ephoros berichtet zudem Pseudo-Skymnos 384 von Theokles’ Tätigkeit als Oikist und weist ihn ebenso als Athener aus. Eine zusätzliche Information gegenüber Ephoros stellt hingegen die Erwähnung von Streitigkeiten dar, weshalb die Siedler aus Chalkis Naxos und jene aus Megara Hyblaia gründeten. Ähnlich weist Martin Mauersbergs Analyse der Gründungsgeschichten um Massalia auf eine Veränderung der Darstellungsweise im Laufe der Überlieferung hin: „The feature of the multiplication of information in the 1st century BC is hardly caused by the discovery of new evidence, but more likely the consequence of the margins left to ancient authors. Their narratives consists of knowledge elements which can be rejuggled and adapted to suit contemporary requirements.“ 385 In diesem Fall haben unterschiedliche Darstellungen schließlich auch dazu geführt, dass spätere Autoren tatsächlich von zwei unterschiedlichen Gründungsdaten und dementsprechenden Kontexten für Massalia ausgegangen sind. 386 Nicht zwingend als eine Veränderung, aber zumindest als Zusatz zu Herodots Darstellung 387 der Gründung Kyrenes ist die Version der so genannten Lindischen Tempelchronik 388 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388

Diod. 11, 76, 3–4. Thuk. 6, 3. BNJ 70 F 137a (apud Strab. 6, 2, 2). Zu den Divergenzen in Thukydides’ und Ephoros’ Darstellung der Gründung von Megara Hyblaia siehe: Malkin 2002, 212–214. Korenjak 2003, 79; Donnellan 2015, 49. Ps.-Skymn. 264–299. Mauersberg 2015, 165. Ähnlich: Mauersberg 2019. Siehe hierzu: Kapitel 8. Hdt. 4, 150–159. Texteditionen (mit englischer Übersetzung): BNJ 532; Higbie 2003, 21–49.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

zu betrachten. Dabei handelt es sich um eine im Jahr 99 v. Chr. 389 aufgestellte Inschrift im Athena-Heiligtum in Lindos auf Rhodos, die unter anderem die wichtigsten Weihungen an die Göttin schriftlich festhält. Dort wird explizit festgehalten, dass Lindier, nämlich die Kinder eines gewissen Pankis, an Battos’ Gründung der Stadt Kyrene in Libyen beteiligt waren. 390 Lange Zeit bestand Uneinigkeit, wie der erst 1904 aufgefundene Text nun mit Herodots Information einhergeht oder Herodot widerspricht. Weil Herodot als Quelle einen höheren Stellenwert genoss, hat man sogar den Inhalt der Lindischen Tempelchronik so zurechtgebogen, dass die Lindier erst in der zweiten Siedlerwelle unter Battos II. nach Kyrene kamen. 391 Dabei handelt es sich aber eindeutig um einen den Sinn verändernden Eingriff, der methodisch nicht akzeptabel ist. Am ehesten darf die Version der Lindischen Chronik als Ergänzung zu Herodots Bericht gesehen werden. 392 Die veränderte Beschreibung des Oikisten Theokles/Thukles hat zwar an sich keine Auswirkung auf das beschriebene Alter der Gründung, aber im Fall von Kyrene und der lindischen Siedler hat die moderne Auslegung sehr wohl Implikationen für die Datierung der lindischen Beteiligung. Wie im Kapitel 5 bei der eingehenden Besprechung der Gründungsdaten noch ersichtlich wird, ist eine eingehende diachrone Betrachtung der Quellen zu den einzelnen Gründungen aufgrund der Überlieferungslage kaum möglich. 393 Die meisten Divergenzen der Gründungsdaten sind vermutlich weniger bewusste Neudatierungen im Sinne einer intendierten Veränderung des zeitlichen Horizontes, sondern könnten vielmehr mit der chronographischen Arbeitsweise verbunden sein. Eine deutliche Ausnahme stellt die Darstellung in der armenischen Texttradition von Eusebius’ Chronik dar, wonach Zankle und Selinunt Ol. 5,4 / AA 1259 (= 757 v. Chr.) die ältesten Gründungen Siziliens waren. 394 Wenn man nicht von einem reinen Fehler ausgehen möchte, hätte man am ehesten noch eine sehr späte Neukompilation der Chronologie der ersten griechischen Gründungen Siziliens vorliegen. Einen gewissen Einblick in unterschiedliche Traditionen um die Gründung von Akragas erlauben außerdem die Pindarscholien. 395 Zwar galt Akragas als Gründung Gelas, 396 jedoch beanspruchten die Vorfahren Therons, die Emmeniden, einen rhodischen Ursprung und darüber hinaus die Rolle der Oikisten. In den erhaltenen Quellen hat dieser Geltungsanspruch der Emmeniden jedoch nicht zu einem konkurrierenden Gründungsdatum geführt. 389 Durch eine Liste der Athenapriester kann Teisylos’ Amt, als die Inschrift in Auftrag gegeben wurde, dem Jahr 99 v. Chr. zugewiesen werden. Siehe: Blinkenberg 1941, 60–147. 390 BNJ 532 F 2 XVII (= 109–116); Higbie 2003, 28–29. 391 Zu Herodots chronologischer Darstellung der Gründung von Kyrene siehe: Kapitel 5. 392 Einen nützlichen Überblick über die bisherige Forschung in dieser Fragestellung bietet: Ryan 2001. 393 Eine nahezu singuläre Ausnahme stellt hier Massalia dar: Mauersberg 2015. Allerdings lässt sich auch ansatzweise eine unterschiedliche Gründungsgeschichte für Megara Hyblaia bei Thukydides und Ephoros greifen: Malkin 2002, 212–214. 394 Karst 1911, 181. 395 Eine Zusammenstellung der Quellen sowie eine eingehende Diskussion bietet: Buongiovanni 1985. 396 U.a. Tuk. 6, 4, 4.

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Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen

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Nach der Besprechung des Oikistenkults möchte ich nochmals zur Frage zurückkehren, wie Gründungsdaten überliefert worden sein könnten beziehungsweise wie den antiken Autoren eine zeitliche Einordnung gelang. Als verhältnismäßig neue Idee gilt der Vorschlag, dass indirekte Informationen zu den Gründungsdaten im Heiligtum des Apollon Archegetes in Naxos in schriftlicher Form aufbewahrt wurden. 397 Laut Thukydides 398 haben die ersten griechischen Siedler auf Sizilien nicht nur die Niederlassung Naxos gegründet, sondern er berichtet darüber hinaus noch von der Errichtung eines Altars für Apollon Archegetes. An diesem Altar opferten nach Thukydides’ Beschreibung alle von Sizilien abreisenden Festboten (θεωροί) 399. Oswyn Murray sieht vor allem in diesem Zusatz, der keine direkte Funktion im Exkurs über das Alter der griechischen Gründungen besitzt, einen Hinweis der eigentlichen Informationsquelle, die Murray nun mit Antiochos’ Sikelika identifiziert. Mehrere Aspekte spielen bei dieser innovativen Hypothese herein: Murray stellt eine Verbindung zu Hellanikos’ Arbeitsweise fest, der gemäß der opinio communis die Auflistung der attischen Archonten für seine Atthis und die Herapriesterinnen von Argos zur chronologischen Strukturierung seiner Hiereiai heranzog. 400 Darüber hinaus verwendet Murray das Argument, dass Heiligtümer im archaischen Griechenland als Aufbewahrungsort wichtiger Texte dienten. Im Heraion von Argos vermutet Murray nun entsprechend komplexe Aufzeichnungen, die Hellanikos eine panhellenische Perspektive ermöglichten, 401 und schlägt vor, analog für das Apollon-Heiligtum in Naxos eine ähnliche Situation zu vermuten. Dabei verlegt sich die Quellenfrage von den einzelnen sizilischen Städten, darunter hauptsächlich Syrakus, nun auf das Heiligtum in Naxos. Im Grunde steht und fällt Murrays Idee mit der Auffassung des Apollon-Heiligtums beziehungsweise mit der Einschätzung von dessen Rolle für die Identitätsbildung der griechischen Siedler in Naxos und ganz Sizilien. Während vor allem Irad Malkin 402 für eine überregionale Bedeutung argumentiert, hat jüngst Lieve Donnellan 403 den primär auf Naxos beschränkten lokalen Charakter in der Archaik betont. Demnach untergräbt die zuletzt genannte Sichtweise die Vorstellung, dass schriftliche Unterlagen seit Beginn der griechischen Gründungen auf Sizilien in einem zentralen Heiligtum gesammelt und aufbewahrt wurden. Anders fasst Charles Hedrick 404 die Erwähnung des Apollon-Altars in der Thukydides-Stelle auf. Er sieht darin entweder 397 Murray 1982, 143; Murray 2001a, 23; Murray 2014. 398 Thuk. 6, 3, 1. 399 Eine umfassende Studie zu den Festboten (θεωροί) in der Antike bietet Rutherford (2013), der auch nur in aller Kürze diesen Punkt (Rutherford 2013, 176) anspricht. 400 Näheres zu Hellanikos’ Hiereiai und Atthis in Hinblick auf den chronologischen Aspekt, siehe: Kapitel 3. 401 Burgess  –  Kulikowski (2013, 83) hingegen argumentieren, dass es sich bei Hellanikos’ Hiereiai vermutlich um einen Synchronismus von Genealogien und Oral Tradition und weniger um ein streng annalistisches Werk handelt. Dies wirkt sich wiederum auf die Annahme der möglichen Quellen im Heraion von Argos aus. 402 Malkin 1986. 403 Donnellan 2012. 404 Hedrick 2002, 25.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

einen Verweis von Thukydides oder seiner Quelle auf ein Heiligtum, das in die Gründungszeit der frühesten griechischen Niederlassung auf Sizilien datiert, wodurch auch die Chronologie untermauert werden sollte. Als Folge dessen versteht Hedrick die Erwähnung des Apollon-Altars im Gegensatz zu Murray nicht als Kennzeichnung, woher die Informationen zu den einzelnen Gründungsdaten stammen. Am prominentesten hat wohl René Van Compernolle 405 die These vertreten, dass die Gründungsdaten letztlich anhand der Genealogien führender Familien Siziliens, nämlich der Deinomeniden in Syrakus und der Emmeniden in Akragas, 406 kalkuliert wurden. 407 Allerdings lassen sich innerhalb von Thukydides’ Angaben nur zwei direkt mit einer Generation à 35 Jahre feststellen. 408 Demnach argumentiert Van Compernolle weiter, dass die restlichen Zahlen mit Generationenrechnungen erstellt wurden, die als Ausgangspunkt wichtige und prominente Ereignisse des 5.  Jahrhunderts  v. Chr. verwenden. Thukydides 409 ordnet beispielsweise die Gründung von Akragas zirka 108 Jahre nach Gela ein, was konventionell mit 580  v. Chr. wiedergegeben wird. Dies ließe sich in etwa mit einer Ansetzung von drei Generationen vor Therons Sieg im Wagenrennen bei den Olympischen Spielen im Jahr 476/5 v. Chr. 410 in Verbindung bringen. Zwar sind durchaus nicht alle Verknüpfungen mit einer 35 Jahre währenden Generation, die Van Compernolle vorbringt, überzeugend, 411 doch scheint mir die Grundargumentation der Generationenkalkulation in Verbindung mit Stammbäumen wichtiger Familien eine plausible Erklärung. Denn die Bedeutung der Genealogien in der Archaik und die daraus sekundäre Ableitung für die Chronologie lässt sich meiner Meinung nach deutlich in den Quellen erkennen. Dabei bleiben jedoch Details, wie nun die feinen chronologischen Abstimmungen der einzelnen Gründungen etabliert wurden, unerklärt. 412 Davon 405 Van Compernolle 1960. 406 Zum Stammbaum der Deinomeniden siehe: Van Compernolle 1960, 383–403; Meister 1997. Zum Stammbaum der Emmeniden siehe: Van Compernolle 1960, 365–382. An dieser Stelle sollte aber betont werden, dass keine antike Quelle eine durchgehende Genealogie der Tyrannenfamilien anbietet. Van Compernolle hat versucht, einen über mehrere Generationen reichenden Stammbaum zu rekonstruieren. Zeitlich gesehen viel kürzer fällt hingegen Meisters Übersicht aus. Unabhängig von diesen Schwierigkeiten gibt es für das gesamte 5. Jahrhundert v. Chr. nur drei ausgeführte Genealogien, die weiter oben erwähnt wurden. 407 Bernd Steinbock (2013, 27 Anm. 122) hat auf die Bedeutung von Stammbäumen führender Familien in Athen hingewiesen, deren Ausgestaltung über vier Generationen hinaus seiner Meinung nach jedoch als konstruiert zu verstehen sind. 408 Thukydides (6, 5, 2) datiert Akrai 70 (2 x 35) Jahre nach Syrakus und die Bevölkerung von Megara Hyblaia lebte in ihrer Stadt 245 Jahre (7 x 35), bevor Gelon sie vertrieb (6, 4, 2). 409 Thuk. 6, 4, 2. 410 Therons Sieg kann aufgrund der erhaltenen Olympionikenliste POxy II 222 (Christesen 2007, 382–384) dem Jahr zugewiesen werden, in welchem Skamandros aus Mytilene im Stadionlauf siegte. Die Olympionikenliste bei Eusebius (Christesen 2007, 392) erlaubt schließlich eine Einordnung in Ol. 76,1, also ins Jahr 476 v. Chr. 411 Z.B. Pearson 1962. 412 Folgende Beiträge sprechen sich neben Van Compernolle für die Meinung aus, die Gründungsdaten seien nach Generationen überliefert beziehungsweise eruiert worden: Johansen 1923, 181–182; Dunbabin 1953/54; James et al. 1991, 99–103; Miller 1970.  Andererseits wurde dieser

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Die Gründungsdaten und ihre möglichen Quellen

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unabhängig existieren eindeutige Belege für die Bedeutung der Genealogien für die Chronologie der Archaik: Laut dem Marmor Parium 413 ist die Gründung von Syrakus durch Archias in die zehnte Generation nach den Herakliden einzuordnen. Ähnliches trifft auf die Datierungsweise von Ephoros 414 und Pseudo-Skymnos 415 zu, die Archias mit einer Generationendatierung in Anbindung an den Trojanischen Krieg einordnen. 416 Eberhard Ruschenbusch 417 zufolge könnten diese Angaben auf eine Abhängigkeit einer Genealogie aus Pherekydes’ Werk und somit auf die Bedeutung der Stammbäume für die Erzählungen über die griechische Frühzeit allgemein hindeuten. Diesbezüglich relevant haben Georg Busolt 418 und François Villard 419 vorgeschlagen, hinter Timaios’ Intervalldatierung für Massalias Gründung 120 Jahre vor der Schlacht bei Salamis, 420 die Umrechnung von vier Generationen (zu je 30 Jahren) zu sehen. In diese Argumentationsweise passt außerdem Aristoteles’ Vermerk 421 über das Haus der Protiaden in Massalia, die sich auf den Oikisten Euxenos beziehungsweise dessen Sohn Protos zurückführen. 422 Wenn man nun die Generationenzählung als eine wesentliche Grundlage der Gründungsdaten akzeptiert, wie es beispielsweise Thomas Dunbabin 423 nach Verwerfen weniger plausibler Ideen tat, so ergeben sich seiner Ansicht nach zwei mögliche Herangehensweisen als Konsequenz: 424 Zum einen ließe sich beispielsweise das Gründungsdatum 733 v. Chr. für Syrakus im Rahmen von ein paar Jahren als verlässlich einstufen oder aber man müsste für Syrakus’ Gründung einen groben Zeitrahmen von zirka 750 bis 700 v. Chr. veranschlagen. 425 Der letztere Zugang hat meines Wissens keinen großen Anklang gefunden, wohl nicht zuletzt weil sich auf diese Weise sowohl für ein mögliches

413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423

424 425

Ansatz vehement bestritten: Dunbabin 1948, 447–451; Amyx 1988, 418. Für die Bedeutung der Generationenveranschlagung bei der Konstruktion der Chronologie der Archaik allgemein argumentieren: u.a. Burn 1935; Ducat 1962. Eine differenzierte Haltung bezüglich der Rückführung sämtlicher Intervallangaben für die Chronologie der Archaik schlägt Alden Mosshammer (1979, 101–105) in seiner eingehenden Studie über die griechische Chronographie vor. Marm. Par. A 31. BNJ 70 F 137a (apud Strab. 6, 2, 2). Ps.-Skymn. 270–282. Beide Passagen werden in Kapitel 5 detailliert besprochen. Ruschenbusch 1999, 226. Busolt 1893, 433 Anm. 3. Villard 1992, 164 Anm. 2. BNJ 566 F 71 (apud Ps.-Skymn. 210–214). F 549 Rose (apud Athen. 13, 576 a/b). Woodbury 1961, 148–149. Näheres zu dieser Textstelle und dem Gründungsdatum Massalias in Kapitel 8. Dunbabin verweist dabei vor allem auf den Aufsatz von Dover (1953) und die Forschung von Van Compernolle, die am besten in seiner erst später erschienenen Monographie von 1960 zugänglich ist. Eine Berücksichtigung dieses Ansatzes findet sich in Kapitel 5 bei der Besprechung der Gründungsdaten. Dunbabin 1953/54, 249–250. Weil dieser Diskussionspunkt auch für die absolute Datierung der korinthischen Keramik von Bedeutung ist, findet sich ein Verweis auch in Kapitel 5.  Dunbabins Positionierung schließt zumindest teilweise an Beloch (1913, 218–230) an.

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Die Quellengrundlage für die Chronologie der Archaik

Narrativ der ‚Kolonisation‘ als auch für die Keramikchronologie Schwierigkeiten ergeben würden. 426 Barbara Patzek ordnet nun die Gründungsdaten in ähnlicher Weise ein, indem sie „die von Thukydides (6,2–5) überlieferten, auf historiographischem Interesse beruhenden sog.[enannten] Gründungsdaten der griech.[ischen] Poleis auf Sizilien […] oder das von Timaios (FGrH 566 fr. 60) überlieferte Gründungsjahr Karthagos“ 427 als „antiquarischem Interesse geschuldet und  […]  fiktiv“ 428 betrachtet. Diese Haltung bringt natürlich die weitreichende Konsequenz, die von Thukydides überlieferten Gründungsdaten nur als äußerst approximative Angaben verstehen zu können. Eine eingehende Auseinandersetzung mit Thukydides’ Text im folgenden Kapitel soll unter anderem klären, ob sich Thukydides’ Formulierung mit diesem Quellenverständnis deckt.

426 So bezeichnet beispielsweise Darrell Amyx Ducats Zugang, die Gründungsdaten vor der Mitte des 6.  Jahrhunderts  v. Chr. aufgrund der Generationenveranschlagung als ungesichert und approximativ zu betrachten, als „iconoclastic, Van Compernolle-inspired, devaluation of all foundationdates“ (Amyx 1988, 418). 427 Patzek 2015, 68. 428 Patzek 2015, 68.

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5. Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung der korinthischen Keramik Im vorliegenden Abschnitt wird die Methodik der Datierung der korinthischen Keramik (vom späten 8. bis ins frühe 6. Jahrhundert  v. Chr.) erläutert, wobei die Forschungsgeschichte einen wesentlichen Bestandteil bildet. Da die literarischen Quellen die Grundlage zur zeitlichen Einordnung der Koloniegründungen in Sizilien und Unteritalien bilden, sollen in einem ersten Schritt die relevanten Textstellen unter die Lupe genommen werden. Dabei wird vor allem der Frage nachgegangen, ob sich möglicherweise unterschiedliche Varianten beziehungsweise Abfolgen der Gründungen und Gründungsdaten feststellen lassen. Da die Darstellung der Vergangenheit nach dem Konzept der intentionalen Geschichte eng mit gegenwärtigen Verhältnissen und daraus resultierenden Legitimationsansprüchen verbunden ist, wären kompetitive Ansprüche auf ein hohes Alter der einzelnen Apoikie-Gründungen durchaus vorstellbar. Aber auch die bereits diskutierte Arbeitsweise antiker Chronographen würde unterschiedliche zeitliche Ansetzungen vermuten lassen. Im Anschluss daran soll die Frage adressiert werden, inwieweit solche Überlegungen zu den schriftlichen Quellen und Gründungsdaten als Produkte intentionaler Geschichtsschreibung Konsequenzen für die Datierung der korinthischen Keramik und damit für das chronologische Gerüst des früheisenzeitlichen Mittelmeerraums haben könnten. In einem zweiten Schritt wird die Entstehung des in der Forschung dominierenden Chronologieschemas der korinthischen Keramik, bei welcher das Gründungsdatum der jeweiligen Apoikien zur absoluten Datierung der ältesten Keramikfunde verwendet wird, beleuchtet. Zudem sollen aber auch andere Herangehensweisen sowie alternative Vorschläge aufgezeigt und diskutiert werden. Gemäß der Thematik der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf den Fixpunkten der absoluten Keramikchronologie sowie den darauf beruhenden Quellen und weniger auf der stilistischen Unterteilung der einzelnen Stilphasen.

5.1

Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

5.1.1

Einleitende Bemerkungen zur Terminologie und zur Vorgehensweise

Vor der Auseinandersetzung mit den Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen auf Sizilien sind noch einige Anmerkungen zur Terminologie und Problematik der Überlieferungslage der Quellen erforderlich. Trotz der den Termini ‚Kolonie‘ beziehungsweise ‚Kolonisation‘ innewohnenden Schwierigkeiten werden diese mangels überzeugender

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158 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Alternativen weiterhin verwendet. 1 So erscheint beispielsweise die Verwendung des griechischen Terminus ‚Apoikie‘ nicht weniger problembehaftet, zumal dieser Begriff als Nomen erst in der spätarchaischen Literatur auftaucht und sich damit in der modernen Forschung ebenso gewisse Vorstellungen – gerade im möglichen Gegensatz zum Konzept der Emporien – etabliert haben. In der Odyssee 2 findet sich das Verb ἀποικίζω an einer einzigen Stelle: 3 So gibt die Nymphe Neaira ihren beiden Töchtern Phaëthusa und Lampetia die Insel Thrinakia, um dort zu wohnen (Θρινακίην ἐς νῆσον ἀπῴκισε τηλόθι ναίειν 4). Die erste Erwähnung des Nomens ἀποικία findet man in einem Vers von Anakreon aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., 5 jedoch überlieferungsbedingt erst bei Strabon 6: Abdera, schöne Apoikie der Teier (Ἄβδερα καλὴ Τηίων ἀποικίη 7). 8 Der Themenkomplex der Migration, wie zuletzt Martin Mauersberg 9 gezeigt hat, taucht bereits in den homerischen Epen 10 und bei Hesiod 11 sowie in vereinzelten Fragmenten 12 auf. In Zusammenhang mit Migrationsbewegungen werden in der archaischen Literatur die Verben ἄγω (führen), κτίζω (besiedeln), οἰκέω (niederlassen) und ναίω (bewohnen) verwendet. Dies ist insofern von Bedeutung, als sich bereits in der Archaik kein gravierender Bedeutungsunterschied zwischen κτίζω und οἰκέω feststellen lässt. Zu dieser Conclusio ist Michel Casevitz 13 in seiner Studie über das Vokabular der griechischen Kolonisation gekommen. κτίζω beziehungsweise οἰκίζω mögen spezifischer auf die Gründung selbst hinweisen, während die Wortgruppen um οἰκέω eher eine allgemeine Bedeutung im Sinne von ‚bewohnen‘ besitzen. In der Klassik wird schließlich die anscheinend ältere Verbform κτίζω nach und nach durch οἰκίζω ersetzt. Vom philologischen Standpunkt ist demnach kein Bedeutungsunterschied im Sinne einer Besiedlung im Gegensatz zu einer offiziellen Polis-Gründung gegeben. In der Debatte um die abweichenden Gründungsdaten kommt diesem grundlegenden Aspekt große Bedeutung zu, wie weiter unten zu zeigen sein wird.

1 Zur Rezeption der griechischen Kolonisation samt deren Begrifflichkeit sowohl in der Antike als auch in der modernen Altertumswissenschaft: u.a. De Angelis 1998; Malkin 1998; Tsetskhladze 1998a, 15–18; Tsetskhladze 2006a, xiii–xviii, xxxviii–xlii; Sommer 2011; Hall 2012; Nijboer 2012; Donnellan – Nizzo – Burgers 2016a; Donnellan – Nizzo – Burgers 2016b; Mauersberg 2019. 2 Hom. Od. 12, 135. 3 Casevitz 1985, 130. 4 Originaltext nach: Murray 1976, 440. 5 Casevitz 1985, 120. 6 Strab. 14, 1, 30. 7 Originaltext nach: Campbell 1988, 142. 8 Durch das Versmaß gilt es als wahrscheinlich, dass bereits Anakreon tatsächlich von einer Apoikie sprach. 9 Mauersberg 2019, 33–50. 10 Hom. Il. 2, 653–670; 20, 215–218; Od. 6, 4–10; 9, 122–141; 11, 260–265. 11 Hes. erg. 632–639. 12 U.a. Mimnermos F 10 (West) = BNJ 578 F 2 (apud Stab. 14, 1, 3). 13 Casevitz 1985.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Die eingehendste Darstellung einer Gründung für die archaische Zeit findet sich in der Odyssee 14: Aufgrund der Bedrohung durch die Kyklopen führt (ἄγω) Nausithoos die Phaiaken von ihrer ursprünglichen Heimat Hypereia nach Scheria, wo man eine Stadtmauer sowie Häuser und Tempel errichtete. Weiters verteilt Nausithoos das Ackerland an die Siedler. Je nach Beurteilung der Aussagemöglichkeiten dieser Textstelle bieten sich hier unterschiedliche Interpretationen an. Man hat darin einerseits reale Verhältnisse einer Koloniegründung im späten 8. beziehungsweise 7. Jahrhundert  v. Chr. gesehen, 15 andererseits wurde jedoch auch auf die Möglichkeit einer Darstellung der idealen Polis verwiesen. 16 Wenn man die divergierenden modernen Auslegungen zunächst beiseite lässt, gibt die Textstelle zu erkennen, dass die Gründung überseeischer Niederlassungen für den Dichter der Odyssee bereits ein Anliegen war. 17 Tabelle 4: Überblick über die Gründungsdaten nach Amyx 1988, 400 mit Angaben in v. Chr. Eusebius (armen.)

Thukydides

Hieronymus

andere Quellen

Naxos

734

736

741



Syrakus

733

734

736



Leontinoi

729







Megara Hyblaia

728







Zankle

nach 734

vor 716

vor 717



Mylai (Chersonesos) 18



716

717



Taras





706



Gela

688

690

690



Akrai

662







Himera







649 (Diod. 13, 62, 4)

Kasmenai

642







Selinunt

628



650

650 (Diod. 13, 59, 4)

14 15 16 17

Od. 6, 4–10. Z.B. Dougherty 2001, 129; Currie 2005, 54. Z.B. Hölkeskamp 2009, 320–321. Anders hingegen verortet Albert Nijboer (2012, 282) die Odyssee in eine prospektierende Phase vor den Gründungen von Niederlassungen. 18 Die Gleichsetzung des Ortes Chersonesos mit Mylai nahm beispielsweise schon Ernst Curtius (1887, 683) vor und wird heute weitgehend akzeptiert (z.B. Dunbabin 1948, 439).

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160 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Eusebius (armen.)

Thukydides

Hieronymus

andere Quellen

Kamarina

599

598

600

600/596 (Pind. Ol. 5, 16 Scholion)

Akragas

580





580 (Pind. Ol. 2, 91–95 mit Scholion 166e und 168)

Die meisten Texte über Gründungen, die für die Chronologie der Archaik eine zentrale Rolle einnehmen, stammen aus späterer Zeit. Nachdem die Quellen erst im 5. Jahrhundert v. Chr. einsetzen, sieht man sich mit einem bereits vertrauten Problem konfrontiert: So ist es schwierig zu bestimmen, inwieweit es sich bei den Texten um eine tatsächlich ‚historisch korrekte‘ Überlieferung handelt. 19 Dies betrifft Fragen nach der Rolle Delphis 20 bei der griechischen Kolonisation 21 in gleichem Maße wie Aspekte der Chronologie, die nun durch eine eingehende Besprechung der relevanten Textstellen dargelegt werden sollen. Dabei wird zuerst Thukydidesʼ Textstelle näher besprochen, da es sich hierbei um die wichtigste und zeitnächste Quelle für die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen auf Sizilien handelt. Danach finden weitere Autoren Berücksichtigung, wobei diese beginnend mit Pindar im 5.  Jahrhundert  v. Chr. bis Eusebius im 4. Jahrhundert n.Chr. in chronologischer Abfolge erörtert werden. Das chronologische Prinzip wird jedoch an manchen Stellen aufgegeben, um feststellbare intertextuelle Abhängigkeiten aufzeigen und diskutieren zu können. Nach jedem Abschnitt zu einem einzelnen Autor oder einer Autorengruppe werden außerdem die relevanten Beobachtungen und Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst. Zur Orientierung findet sich in Tabelle 4 gleich zu Beginn eine Übersicht der absoluten Jahreszahlen für die Kolonien, wie sie beispielsweise zuletzt Darrell Amyx 22 in seiner grundlegenden Abhandlung zur korinthischen Keramik zusammengefasst hat.

19 U.a. Osborne 1998; Nippel 2003; Osborne 2009, 8–15 (für Kyrene). 20 Hierzu: u.a. Malkin 1987; Malkin 1989, 132–136; Londey 1990; Morgan 1992, 172–178; Miller 1997, 88–144; Rosenberger 2001, 69–74; Osborne 2009, 190–194. 21 Zur griechischen Kolonisation allgemein siehe: u.a. Dougherty 1993; Osborne 1998; Tsetskhladze 1998b; Tsetskhladze 2006b; Tsetskhladze 2008; Donnellan – Nizzo – Burgers 2016a; Donnellan – Nizzo – Burgers 2016b. 22 Amyx 1988, 400.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

161

5.1.2 Thukydides Thukydides berichtet vom Konflikt Segestas mit Selinunt im Jahr 415  v. Chr., in dem Athen in Hoffnung auf Kriegsbereicherung Segesta unterstützte und zur Sizilischen Expedition aufbrach. Das militärische Unternehmen samt der Belagerung von Syrakus endete in einer verheerenden Niederlage für Athen, was allgemein als wichtiger Faktor für den Ausgang des Peloponnesischen Kriegs gewertet wird. 23 Im Zuge der Beschreibung der Kriegsereignisse weist Thukydides 24 nun ausdrücklich darauf hin, dass den meisten die Größe der Insel sowie deren Einwohnerzahl überhaupt nicht bekannt waren. Unmittelbar an diese Stelle folgt sein Exkurs, die so genannte Sizilische Archäologie, über Alter und Herkunft der griechischen Poleis Siziliens, in dem er auch das unabwendbare Scheitern Athens nochmals betont. Thukydides’ Intention der Belehrung hat Ian Morris als Garantie für eine präzise Information gewertet, da Thukydides eine möglichst genaue Recherche unternommen habe, um selbst keine ähnliche Kritik zu bekommen. Allerdings könnte dieses Anliegen Thukydides aber auch zu einer bevorzugten Darstellung eines hohen Alters der griechischen Städte Siziliens und weniger zu einer möglichst exakten Wiedergabe veranlasst haben. 25 Im engeren Zusammenhang der Sizilischen Expedition wäre eigentlich die Lage der griechischen Gründungen im späten 6. und frühen 5. Jahrhundert v.Chr. relevant gewesen, worauf zuletzt Oswyn Murray 26 hingewiesen hat. Im Übrigen fügt sich das chronologische Bild der Gründungen in Thukydides’ Darstellung bestens mit einem Floating Gap der Oral Tradition, das Thukydides mit spärlichen Zahlen und Informationen zu überbrücken suchte. 27 Unmittelbar nach seiner Beschreibung der Frühgeschichte Siziliens erklärt Thukydides 28 das wahre Anliegen Athens, nämlich die Eroberung Siziliens und nicht die Unterstützung Segestas. Die athenische Gesandtschaft ließ sich vom scheinbaren Reichtum der Stadt, die für die Kriegskosten aufkommen wollte, überzeugen. 29 Die Volksversammlung beschloss folglich die Aussendung von 60 Schiffen nach Sizilien. 30 In den nun folgenden drei Reden 31 von Nikias und Alkibiades zieht Thukydides 32 laut Josiah Ober 33 einen scharfen Kontrast zwischen dem Wissen um den Ausgang der Geschehnisse („historical way of knowing“) und dem Inhalt der Reden beziehungsweise der Kenntnis

23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

Zur Sizilischen Expedition Athens: v.a. Kagan 1988. Thuk. 6, 1. Z.B. Bowden 1991, 50. Murray 2014, 451. Bichler 2004a, 223. Eine Diskussion dieses Quellenaspekts findet sich in Kapitel 4. Thuk. 6, 6, 1. Thuk, 6, 6, 2. Thuk. 6, 8, 2. Zu dieser Textstelle mit weiterführender Literatur siehe: Raaflaub 2002, 11–13. Thuk. 6, 9–26. Ober 1994, 111.

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162 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung der Versammlungsteilnehmer („democratic knowledge“ 34). Nikias rät in seiner ersten Ansprache von dem Vorhaben ab, da er in Sparta die Hauptgefahr für Athen sieht. Ferner wirft er den Befürwortern der Expedition nur Streben nach Ruhm vor. 35 Alkibiades hingegen betont das Fehlen von großen politischen Bündnissen in Sizilien und sieht die Barbaren Siziliens als sichere Verbündete, 36 woraufhin Nikias in seiner Antwort nochmals vergeblich vor den Gefahren warnt. 37 Das Unwissen der Athener sowie deren falsche Einschätzung lässt Thukydides in diesen Reden klar zum Ausdruck kommen. Auf ähnliche Weise betont Thukydides 38 noch in einem weiteren Exkurs über die Tyrannenmörder im 6. Buch die Ignoranz der Athener bezüglich ihrer eigenen Vergangenheit. Woher Thukydides seine Information zu den Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen bezog, beschäftigt die Forschung bereits seit längerer Zeit. Barthold Georg Niebuhr 39 und Eduard Wölfflin 40 führten die Ansicht ein, Thukydides habe die Gründungsdaten von seinem älteren Zeitgenossen Antiochos von Syrakus entnommen. Das könnte auch die prominente Position von Syrakus in der Datenreihe erklären, die möglicherweise auf eine Quelle aus Syrakus hinweist. Darüber hinaus finden sich in der Sizilischen Archäologie singulärerweise Wörter aus dem ionischen Dialekt. 41 Die Fragmente von Antiochos’ Werk lassen allerdings nicht erkennen, inwieweit Antiochos überhaupt Datierungen für die griechischen Niederlassungen berücksichtige. Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff 42 hat hingegen Hellanikos von Lesbos als mögliche Vorlage für Thukydidesʼ Sizilische Archäologie gehalten, 43 wenngleich sich seiner Meinung nach die Quelle nicht mehr mit Sicherheit feststellen lasse. So erwähnt Hellanikos in einem Fragment 44 die Gründung von Naxos durch Theokles, wobei die Textstelle jedoch keinen Hinweis auf Hellanikos’ zeitliche Einordnung beinhaltet. 45 Abweichend von diesen beiden Zugängen wäre es ebenso vorstellbar, dass Thukydides die Information der

34 Zu Thukydides’ Kritik am „democratic knowledge“ siehe: Ober 1993. Die diesbezüglich zwei relevanten Artikel von Josiah Ober (1993 und 1994) finden sich in abgewandelter Form in einer später erschienenen Monographie zum Thema „Political Dissent in Democratic Athens“ (Ober 1999). 35 Thuk. 6, 9–15. 36 Thuk. 6, 16–18. 37 Thuk. 6, 20–23. 38 Thuk. 6, 54–59. 39 Niebuhr 1811, 131. 40 Wölfflin 1872, 1–21. 41 Murray 2014, 461. 42 Von Wilamowitz-Möllendorff 1884, 442. 43 Ebenso: Niese 1888b, 86 Anm. 3; Dunbabin 1948, 438; Gomme – Andrewes – Dover 1970, 198–202; Ambaglio 1980, 42. 44 FGrHist 4 F 82. 45 In der auf Felix Jacoby zurückgehenden Ansicht vermutet man, dass Hellanikos jegliche Ereignisse in Bezug zu den Herapriesterinnen setzte und es sich demnach um eine durchweg annalistisch gehaltene Chronik handelt. Bisweilen gibt es dazu aber auch kritischere Haltungen, siehe dazu: Kapitel 3.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Abb. 2: Überblick über die griechischen Niederlassungen auf Sizilien (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

Gründungsdaten nicht aus einer einzigen Vorlage entnahm, sondern unterschiedliche Quellen heranzog und schließlich die Datierungen selbst zusammenstellte. 46 Thukyides lässt mit Syrakus und Megara Hyblaia zwei wichtige Bezugspunkte erkennen, die er entweder selbst zusammengeführt oder bereits in seinen Quellen so vorgefunden hat. Die Passage der Sizilischen Archäologie mag das Bemühen des antiken Historiographen nach möglichst genauen Zahlen festhalten, jedoch zeichnen sich hier die Grenzen der (Datierungs-) Möglichkeiten ab. Aufgrund der zentralen Rolle für die Chronologie wird diese sehr umfangreiche Textstelle 47 ausführlich im Original als auch in der Übersetzung wiedergegeben. Als Orientierungshilfe sind die Ortsnamen sowie die damit verbundenen chronologischen Angaben unterstrichen. Abbildung 2 bietet zudem einen Überblick über die wichtigsten Niederlassungen auf Sizilien, die auch im Text genannt werden.

46 Graham 1982, 90. 47 Thuk. 6, 3–5.

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164 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung 3. Ἑλλήνων δὲ πρῶτοι Χαλκιδῆς ἐξ Εὐβοίας πλεύσαντες μετὰ Θουκλέους οἰκιστοῦ Νάξον ᾤκισαν καὶ Ἀπόλλωνος Ἀρχηγέτου βωμóν, ὅστις νῦν ἔξω τῆς πόλεώς ἐστιν, ἱδρύσαντο, ἐφʼ ᾧ, ὅταν ἐκ Σικελίας θεωροὶ πλέωσι, πρῶτον θύουσιν. Συρακούσας δὲ τοῦ ἐχομένου ἔτους Ἀρχίας τῶν Ἡρακλειδῶν ἐκ Κορίνθου ᾤκισε, Σικελοὺς ἐξελάσας πρῶτον ἐκ τῆς νήσου, ἐν ᾗ νῦν οὐκέτι περικλυζομένῃ ἡ πόλις ἡ ἐντός ἐστιν· ὕστερον δὲ χρόνῳ καὶ ἡ ἔξω προστειχισθεῖσα πολυάνθρωπος ἐγένετο. Θουκλῆς δὲ καὶ οἱ Χαλκιδῆς ἐκ Νάξου ὁρμηθέντες ἔτει πέμπτῳ μετὰ Συρακούσας οἰκισθείσας Λεοντίνους τε, πολέμῳ τοὺς Σικελοὺς ἐξελάσαντες, οἰκίζουσι, καὶ μετʼ αὐτοὺς Κατάνην· οἰκιστὴν δὲ αὐτοὶ Καταναῖοι ἐποιήσαντο Εὔαρχον. 4. κατὰ δὲ τὸν αὐτὸν χρόνον καὶ Λάμις ἐκ Μεγάρων ἀποικίαν ἄγων ἐς Σικελίαν ἀφίκετο, καὶ ὑπὲρ Παντακύου τε ποταμοῦ Τρώτιλόν τι ὄνομα χωρίον οἰκίσας καὶ ὕστερον αὐτόθεν τοῖς Χαλκιδεῦσιν ἐς Λεοντίνους ὀλίγον χρόνον ξυμπολιτεύσας καὶ ὑπὸ αὐτῶν ἐκπεσὼν καὶ Θάψον οἰκίσας αὐτὸς μὲν ἀποθνῄσκει, οἱ δʼ ἄλλοι ἐκ τῆς Θάψου ἀναστάντες, Ὕβλωνος βασιλέως Σικελοῦ παραδόντος τὴν χώραν καὶ καθηγησαμένου, Μεγαρέας ᾤκισαν τοὺς Ὑβλαίους κληθέντας. καὶ ἔτη οἰκήσαντες πέντε καὶ τεσσαράκοντα καὶ διακόσια ὑπὸ Γέλωνος τυράννου Συρακοσίων ἀνέστησαν ἐκ τῆς πόλεως καὶ χώρας. πρὶν δὲ ἀναστῆναι, ἔτεσιν ὕστερον ἑκατὸν ἢ αὐτοὺς οἰκίσαι, Πάμμιλον πέμψαντες Σελινοῦντα κτίζουσι, καὶ ἐκ Μεγάρων τῆς μητροπόλεως οὔσης αὐτοῖς ἐπελθὼν ξυγκατῴκισεν. Γέλαν δὲ Ἀντίφημος ἐκ Ῥόδου καὶ Ἔντιμος ἐκ Κρήτης ἐποίκους ἀγαγόντες κοινῇ ἔκτισαν ἔτει πέμπτῳ καὶ τεσσαρακοστῷ μετὰ Συρακουσῶν οἴκισιν. καὶ τῇ μὲν πόλει ἀπὸ τοῦ Γέλα ποταμοῦ τοὔνομα ἐγένετο, τὸ δὲ χωρίον οὗ νῦν ἡ πόλις ἐστὶ καὶ ὃ πρῶτον ἐτειχίσθη Λίνδιοι καλεῖται· νόμιμα δὲ Δωρικὰ ἐτέθη αὐτοῖς. ἔτεσι δὲ ἐγγύτατα ὀκτὼ καὶ ἑκατὸν μετὰ τὴν σφετέραν οἴκισιν Γελῷοι Ἀκράγαντα ᾤκισαν, τὴν μὲν πόλιν ἀπὸ τοῦ Ἀκράγαντος ποταμοῦ ὀνομάσαντες, οἰκιστὰς δὲ ποιήσαντες Ἀριστόνουν καὶ Πυστίλον, νόμιμα δὲ τὰ Γελῴων δόντες. Ζάγκλη δὲ τὴν μὲν ἀρχὴν ἀπὸ Κύμης τῆς ἐν Ὀπικίᾳ Χαλκιδικῆς πόλεως λῃστῶν ἀφικομένων ᾠκίσθη, ὕστερον δὲ καὶ ἀπὸ Χαλκίδος καὶ τῆς ἄλλης Εὐβοίας πλῆθος ἐλθὸν ξυγκατενείμαντο τὴν γῆν· καὶ οἰκισταὶ Περιήρης καὶ Κραταιμένης ἐγένοντο αὐτῆς, ὁ μὲν ἀπὸ Κύμης, ὁ δὲ ἀπὸ Χαλκίδος. ὄνομα δὲ τὸ μὲν πρῶτον Ζάγκλη ἦν ὑπὸ τῶν Σικελῶν κληθεῖσα, ὅτι δρεπανοειδὲς τὴν ἰδέαν τὸ χωρίον ἐστί (τὸ δὲ δρέπανον οἱ Σικελοὶ ζάγκλον καλοῦσιν), ὕστερον δʼ αὐτοὶ μὲν ὑπὸ Σαμίων καὶ ἄλλων Ἰώνων ἐκπίπτουσιν, οἳ Μήδους φεύγοντες προσέβαλον Σικελίᾳ, τοὺς δὲ Σαμίους Ἀναξίλας Ῥηγίνων τύραννος οὐ πολλῷ ὕστερον ἐκβαλὼν καὶ τὴν πόλιν αὐτὸς ξυμμείκτων ἀνθρώπων οἰκίσας Μεσσήνην ἀπὸ τῆς ἑαυτοῦ τὸ ἀρχαῖον πατρίδος ἀντωνόμασεν.  5. καὶ Ἱμέρα ἀπὸ Ζάγκλης ᾠκίσθη ὑπὸ Εὐκλείδου καὶ Σίμου καὶ Σάκωνος, καὶ Χαλκιδῆς μὲν οἱ πλεῖστοι ἦλθον ἐς τὴν ἀποικίαν, ξυνῴκισαν δὲ αὐτοῖς καὶ ἐκ Συρακουσῶν φυγάδες στάσει νικηθέντες, οἱ Μυλητίδαι καλούμενοι· καὶ φωνὴ μὲν μεταξὺ τῆς τε Χαλκιδέων καὶ Δωρίδος ἐκράθη, νόμιμα δὲ τὰ Χαλκιδικὰ ἐκράτησεν. Ἄκραι δὲ καὶ Κασμέναι ὑπὸ Συρακοσίων ᾠκίσθησαν, Ἄκραι μὲν ἑβδομήκοντα ἔτεσι μετὰ Συρακούσας, Κασμέναι δʼ ἐγγὺς εἴκοσι μετὰ Ἄκρας. καὶ Καμάρινα τὸ πρῶτον ὑπὸ Συρακοσίων ᾠκίσθη, ἔτεσιν ἐγγύτατα πέντε καὶ τριάκοντα καὶ ἑκατὸν μετὰ Συρακουσῶν κτίσιν· οἰκισταὶ δὲ ἐγένοντο αὐτῆς Δάσκων καὶ Μενέκωλος. ἀναστάτων δὲ Καμαριναίων γενομένων πολέμῳ ὑπὸ Συρακοσίων διʼ ἀπόστασιν, χρόνῳ Ἱπποκράτης ὕστερον Γέλας τύραννος, λύτρα ἀνδρῶν Συρακοσίων αἰχμαλώτων

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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λαβὼν τὴν γῆν τὴν Καμαριναίων, αὐτὸς οἰκιστὴς γενόμενος κατῴκισε Καμάριναν. καὶ αὖθις ὑπὸ Γέλωνος ἀνάστατος γενομένη τὸ τρίτον κατῳκίσθη ὑπὸ Γελῴων. 48 „3. Von den Hellenen aber gründeten zuerst die Chalkidier, die von Euboia herüberfuhren, Naxos – Thukles hieß der Gründer – und bauten den Altar des Apollon Archegetes, der jetzt außerhalb der Stadt ist, und an dem alle Festboten, die aus Sizilien abfahren, zuerst opfern. Syrakus gründete das Jahr darauf Archias, ein Heraklide aus Korinth – er verjagte zuerst die Sikeler von der Insel, die jetzt, nicht mehr rings umspült, die innere Stadt trägt, später wurde mit der Zeit auch die äußere befestigt und einbezogen und wurde volkreich. Thukles und die Chalkidier legten von Naxos aus, vier Jahre 49 nach der Gründung von Syrakus, die Stadt Leontinoi an, nachdem sie im Krieg die Sikeler verjagt, und danach Katana; zu ihrem Gründer machten die Kataner selber den Euarchos. 4. Um die gleiche Zeit kam auch Lamis aus Megara mit Siedlern nach Sizilien und gründete über dem Fluß Pantakyas einen Ort namens Trotilos, später kamen sie von dort nach Leontinoi, um da für kurze Zeit Mitbürger der Chalkidier zu werden, wurden wieder herausgeworfen, gründeten Thapsos, wo Lamis starb, die andern gaben Thapsos wieder auf, um nach dem Rat des Sikelerkönigs Hyblon, der die Feldmark hergab, Megara anzulegen, das das hybläische genannt wurde. Nachdem sie dort 245 Jahre gewohnt, wurden sie von Gelon, dem Tyrannen von Syrakus, aus Stadt und Land vert[r]ieben. Vor dieser Vertreibung, hundert Jahre nach ihrer eignen Niederlassung, holten sie sich Pamillos [sic] und gründeten Selinunt, er kam zu ihnen aus ihrer Mutterstadt Megara und half bei der Gründung. Gela gründeten Antiphemos aus Rhodos und Entimos aus Kreta gemeinsam, mit neuen Siedlern, vierundvierzig Jahre 50 nach der Anlage von Syrakus. Die Stadt erhielt ihren Namen vom Fluß Gelas, aber die Stelle, wo die Stadt jetzt steht und die zuerst befestigt wurde, heißt Lindioi; dorisches Gesetz wurde ihr gegeben. 51 Ziemlich genau hundertacht Jahre nach ihrer eignen Gründung legten die Geloer Akragas an – den Namen gaben sie der Stadt vom Fluß Akragas, zu Gründern machten sie Aristonus und Pystilos und gaben ihr das Gesetz von Gela. Zankle wurde ursprünglich gegründet von Kyme, einer chalkidischen Stadt im Opikerland, wo Seeräuber hingekommen waren; später strömte auch von Chalkis und dem übrigen Euboia eine Menge dort zusammen und bebaute das Land gemeinsam; als ihre Gründer nannten sie Perieres und Krataimenes, jenen aus Kyme, diesen aus Chalkis. Es hieß zuerst Zankle, welchen Namen ihm die Sikeler gaben nach der sichelartigen Form des Ortes (die Sichel heißt auf sikelisch Zanklon), später wurden sie vertrieben von den Samiern und andern Ioniern, die, von den Persern verdrängt, in Sizilien gelandet waren; diese Samier verjagte nicht viel 48 49 50 51

Griechischer Originaltext nach: Landmann 1993b, 814, 816, 818. Wörtlich: im fünften Jahr. Wörtlich: im 45. Jahr. Diese Bemerkung – sowie die weiter unten enthaltene Information, wonach in Himera das Gesetz von Chalkis Verwendung findet, die Sprache aber eine Mischung aus chalkidisch und dorisch darstellt – ist vor dem Hintergrund des ethnischen Diskurses über die Dorer und Ioner während des Peloponnesischen Kriegs zu sehen: Ulf 2015a.

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166 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung später Anaxilas, der Tyrann von Rhegion, besiedelte die Stadt selbst mit einer vermischten Bevölkerung und nannte sie nach seiner eignen alten Heimat um in Messene. 5. Auch Himera wurde von Zankle aus gegründet von Eukleides, Simos und Sakon, mit einer meist chalkidischen Siedlerschaft, es beteiligten sich aber auch Verbannte aus Syrakus, Besiegte eines Bürgerkriegs, die sogenannten Myletiden; die Sprache wurde eine Mischung aus chalkidisch und dorisch, aber das Gesetz von Chalkis drang durch. Akrai und Kasmenai wurden von Syrakus gegründet, Akrai siebzig Jahre nach Syrakus, Kasmenai etwa zwanzig Jahre nach Akrai, Kamarina wurde zuerst von Syrakus angelegt, ziemlich genau hundertfündunddreißig Jahre nach der Gründung von Syrakus; Gründer waren Daskon und Menekolos; da aber die Kamariner in einem Krieg gegen Syrakus, von dem sie abgefallen, ihre Heimat verloren, übernahm später Hippokrates, der Tyrann von Gela, ihr Land von Syrakus als Lösegeld für syrakusische Gefangene und wurde selbst der Gründer einer neuen Siedlung Kamarina. Abermals entvölkert von Gelon, wurde sie eine drittes Mal von den Geloern neu gegründet.“ 52 Thukydides gibt demnach keine absoluten Jahreszahlen, wie es die moderne For­schung mitunter nahelegt. 53 Im 5. Jahrhundert  v. Chr. war die überregionale Datierung nach Olympiaden noch nicht in Gebrauch und ein Verweis auf andere Einordnungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die attischen Archonten, findet sich ebenso wenig in dieser Textstelle. Thukydides wandte vielmehr Intervallangaben zur Erstellung einer Chronologie an, wobei bei den zahlreichen Intervallen zwei relative Datenreihen zu erkennen sind. Den Großteil bezieht Thukydides auf die Gründung von Syrakus, ohne allerdings eine exakte absolute Einordnung für Syrakus zu liefern. Der zweite Strang hat seinen Referenzpunkt in dem Jahr, in dem Gelon die Bevölkerung von Megara Hyblaia vertrieb. 54 Dieses Ereignis fand gemäß Thukydides nach 245-jährigem Bestehen 55 Megara Hyblaias statt. Allein dadurch lässt sich auch für diese Datenreihe kein absolutes Datum zur Umrechnung gewinnen, denn auch dieser Referenzpunkt wird von Thukydides nicht bis aufs Jahr genau bestimmt. Abbildung 3 56 gibt nun die chronologische Information der umfangreichen Textpassage graphisch wieder. Hervorzuheben bleibt bei den zahlreichen Intervallangaben, dass diese kein einheitliches System einer Generationenzählung widerspiegeln können, da sich keine ausschließliche Generationenlänge etwa mit 20, 30, 35 oder 40 Jahren aus den Zahlenreihen erschließen lässt.

52 Übersetzung: Landmann 1993b, 815, 817, 819. 53 Wie z.B. in: Snodgrass 1987, 52; Amyx 1988, 400. Einzig Wolfgang Leschhorn (1984, 6–116) verwendet in seiner Abhandlung über die Gründerfiguren tatsächlich den Datierungswortlaut von Thukydides und betont, dass für seine Thematik keine aufs Jahr entsprechende absolute Chronologie notwendig ist. 54 Michel Gras und Henri Tréziny (2005, 7–8) schlagen vor, statt einer Zerstörung eher von einer Siedlungsauflassung zu sprechen. 55 Interessanterweise taucht auch bei der Gründung von Rom ein Intervall von 245 Jahren auf, in dem die sieben Könige gemäß Varros Gründungsdatum 753 v. Chr. (apud Cens. 21, 6) regiert haben. 56 In Anlehnung an Hugh Bowdens Abbildung (1991, 54 Abb.1).

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

167

Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens bei Thukydides

Naxos im folgenden Jahr

Syrakus im 5. Jahr nach Syrakus

Leontinoi

um dieselbe Zeit

danach

Katane im 45. Jahr nach Syrakus

Trotilon Thapsos Megara Hyblaia

Gela fast 108 Jahr nach Gela

Akragas 70 Jahre nach Syrakus

Akrai

100 Jahre nach Megara Hylaia

Selinunt

ungefähr 20 Jahre nach Akra

Kasmenai 135 Jahre nach Syrakus

Kamarina

Vertreibung der Bevölkerung von Megara Hyblaia durch Gelon nach 245-jährigem Bestehen der Stadt

Zerstörung von Megara Hyblaia

Abb. 3: Graphische Darstellung der Gründungsdaten der Sizilischen Archäologie (von der Verfasserin erstellt).

Thukydides’ chronologische Information hängt demnach wesentlich von der Regierungszeit Gelons von Syrakus ab, dessen Beginn man anhand von Diodor 57 vor die Schlacht von Himera (480 v. Chr.) ansetzt. Diodor 58 informiert weiters über die Regierungsdauer Gelons in Syrakus von insgesamt sieben Jahren und dessen Tod im Jahr, als Timosthenes das Archontenamt innehatte und Kaeso Fabius und Lucius Aemilius Mamercus Konsuln waren. Während Timosthenes als Amtsinhaber im Jahr 478/7 v. Chr. gilt, 59 werden die beiden erwähnten Konsuln hingegen ins Jahr 484 v. Chr. datiert. Für das Jahr 478 v. Chr. wird konventionellerweise neben Lucius Aemilius Mamercus als zweiter Konsul Gaius Servilius Structus Ahala angesetzt. 60 Allgemein überliefert Diodor eine von den Fasti

57 58 59 60

Diod. 11, 20, 5. Diod. 11, 38, 1. Neben Diodor dient hier das Marmor Parium (A 53) als bestätigende Quelle. Samuel 1972, 206. Broughton 1951, 25; Samuel 1972, 256.

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168 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Capitolini 61 abweichende Konsulliste, 62 was die chronologischen Herausforderungen für die römische Republik verdeutlicht. 63 Diese Ungereimtheit wird in diesem Kontext als weiterer Hinweis für die Unsicherheiten beziehungsweise Schwierigkeiten in der Chronologie des archaischen Mittelmeerraums im Allgemeinen und im Besonderen für die frühe Republik Roms gewertet. Diodors Angaben für Gelons Herrschaft in Syrakus können nun mit einem zeitlichen Rahmen von 485 bis 478 v. Chr. umgerechnet werden. Gisela Richter 64 hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Thukydides für die Vertreibung der Bevölkerung Megara Hyblaias streng genommen nur die Regierungszeit von Gelon angibt. Somit würde ausschließlich Gelons Regierungszeit von 485 bis 478  v. Chr. eine gültige Umrechnung der Angabe von Thukydides darstellen. 65 Aufgrund der Notwendigkeit von absoluten Daten für die Archäologie finden sich allerdings auch in Richters Publikation „Archaic Greek Art“ die traditionellen Gründungsdaten. 66 In der gesamten antiken Literatur gibt es keine Textstelle, die eine exakte Datierung von Gelons Vorgehen gegen die Bevölkerung von Megara Hyblaia erlaubt. 67 Eine nähere Einordnung impliziert jedoch Herodot 68, der beschreibt, wie Gelon Megara Hyblaia belagert. Aufgrund des Kontexts muss dies nach Gelons Machtergreifung in Syrakus (um 485  v. Chr. 69) und vor seiner Weigerung, im Konflikt gegen die Perser zu helfen (480  v. Chr.), geschehen sein. Demnach hätte man theoretisch einen Zeitraum von 485 und 480 v.Chr. gegeben. Die heute gängige Konvention geht zumeist von 483 v. Chr. aus, 70 da dies in der Mitte des möglichen Zeitintervalls liegt und somit als das wahrscheinlichste Datum erscheint. 71 Manche, mitunter ältere, Publikationen weisen allerdings mit 485 v. Chr. 72 ein anderes Ausgangsdatum auf, was in einer leicht abweichenden absoluten Datierung der Kolonien resultiert. Während die Problematik der zeitlichen Einordnung von Gelons Vorgehen gegen Megara Hyblaia in der spezifischen archäologischen 61 Zu den Fasti Capitolini: Degrassi 1954; Rüpke 1995, 192–196; Feeney 2007, 172–183; Burgess – Kulikowski 2013, 160–165. 62 Zur Problematik der römischen Chronologie Diodors siehe: Perl 1957. 63 Zur Chronologie der römischen Republik nach wie vor: Mommsen 1859; Soltau 1889; Leuze 1905. 64 Richter 1949, xii–xiii Anm. 4. 65 Ähnlich: Prakken 1943, 70. 66 Richter 1949, 13. 67 Z.B. Miller 1970, 5; Danner 1996, 19. 68 Hdt. 7, 156–157. 69 Manchmal findet sich auch die Angabe des Jahres 484 v. Chr. z.B. Pareti 1914, 312. 70 In den zwei grundlegenden Beiträgen zur Chronologie der Gründungsdaten von Ian Morris (1996, 54) und Balbina Bäbler (2012, 74–75) scheint das Datum irrtümlicherweise mit 476  v. Chr. auf, wobei es sich tatsächlich um ein Versehen handelt (persönliche Mitteilung, Mail vom 15. Mai 2015; Mail vom 7.  Februar 2016). Möglicherweise führte das Datum der Zerstörung von Katane und Naxos durch Hieron, das eben ins Jahr 476 v.Chr. gesetzt wird (Diod. 11, 49, 1), zu einer Verwechslung. Diodor (11, 48, 1) nennt für dieses Jahr den attischen Archon Pheidon, die 76. Olympiade (476/5  v. Chr.), den Stadionlaufsieger Skamandros von Mytilene sowie die römischen Konsuln Kaeso Fabius und Spurius Furius Menellaeus. 71 De Angelis 2003, 12. 72 So z.B. Schweitzer 1918b, 8.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Literatur zumindest ansatzweise angesprochen wird, 73 findet sich die konventionelle Angabe des Jahres 483 v.Chr. zumeist in allgemeiner gehaltenen Abhandlungen und in Einführungen. 74 Diese Handhabung könnte dazu verleiten, in der Jahreszahl 483 v. Chr. eine gesicherte Datierung und weniger eine getroffene Konvention zu sehen. Ein weiteres, jedoch kaum besprochenes Problem 75 beruht auf der Schwierigkeit, dass Thukydides die zeitliche Verschränkung zwischen der Reihe um Syrakus und jener um Megara Hyblaia nicht exakt angibt. In den Worten von Reinhold Bichler ausgedrückt: „Beide Reihen hängen chronologisch betrachtet ‚in der Luft‘.“ 76 Um diese chronologische Unsicherheit zu lösen, hat man in der Forschung auf die Olympiadendatierungen von Eusebius’ Chronik zurückgegriffen. Diesen Weg wählte etwa Bernhard Schweitzer 77 in seiner grundlegenden Abhandlung zur Datierung der geometrischen Keramik im Jahr 1918, worin er sich auch eingehend mit den Gründungsdaten beschäftigte. Die armenische Texttradition der eusebischen Chronik nennt für Syrakus das Gründungsdatum 734/3  v. Chr. (Ol. 11,3 / AA 1282) 78, das Schweitzer auch für Thukydides voraussetzte. Schweitzer ging außerdem von der Zerstörung Megara Hyblaias im Jahr 485 v. Chr. aus, womit er das Gründungsdatum 730 v. Chr. erhielt. Weil Thukydides 79 Leontinoi vier Jahre nach Syrakus datiert, was Schweitzer mit 730 v. Chr. umrechnet, konnte Schweitzer zu dem Ergebnis gelangen, dass Leontinoi und Megara Hyblaia im selben Jahr gegründet wurden. Aus diesem Grund hat Schweitzer die zu beachtende Differenz zwischen den beiden Datenreihen als sehr gering eingeschätzt und diese Fragestellung folglich als gelöst betrachtet. Die Herangehensweise, mit Diodor oder Eusebius die Zahlenreihe bei Thukydides näher zu spezifizieren, stellt jedoch eine methodisch bedenkliche Vorgehensweise dar, gerade weil eine Abhängigkeit der späteren Autoren von Thukydides als sehr wahrscheinlich zu gelten hat. Die Äußerung von Polyainos 80 im 2. Jahrhundert n.Chr., dass die Siedler aus Megara und ihr Oikist Lamis in Leontinoi sechs Monate verweilten, bis sie schließlich ein Jahr in Trotilon siedelten, kann aus diesem Grund nicht zur Klärung herangezogen werden. Weil Polyainos die megarischen Siedler zuerst in Leontinoi und dann in Trotilon wohnen lässst, steht seine Schilderung zudem im Gegensatz zu Thukydides’ Reihenfolge von Trotilon – Leontinoi – Thapsos – Megara Hyblaia. Es bleibt somit nochmals festzuhalten: In welchem exakten chronologischen Verhältnis sich die Gründung von Syrakus zu jener von Megara Hyblaia befindet, geht nicht aus Thukydides’ Text hervor. Somit lässt

73 Dunbabin 1948, 435; Vallet – Villard 1952, 291, 294–295; De Waele 1971, 82; Harrison 1996, 198; Trachsel 2004, 183. 74 Z.B. Pearson 1987, 15; Leighton 1999, 223; Mannack 2002, 55; Domínguez 2006, 276; Hölscher 2006, 52; Hansen 2006, 53; Hall 2007, 39. 75 Mit Ausnahme von Gomme – Andrewes – Dover 1970, 202 sowie Bichler 2004a, 223–224 und Bowden 1991, 49–50. 76 Bichler 2004a, 223. 77 Schweitzer 1918b, 11–14. 78 Karst 1911, 182. 79 Thukydides datiert die Gründung von Leontinoi im fünften Jahr nach jener von Syrakus. 80 Strat. 5, 5.

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170 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung sich die zeitliche Relation zwischen den beiden Reihen, wobei jeweils einmal Syrakus und einmal Megara Hyblaia als Ausgangspunkte dienen, nicht bestimmen. 81 Thukydides äußert sich außerdem zu Gründungen, die er in seinem chronologischen Schema überhaupt nicht näher einbindet, darunter beispielsweise Zankle und Himera. Nino Luraghi 82 hat darin eine mögliche Erklärung gefunden, dass Zankle von Kyme aus gegründet wurde und folglich eine Anbindung an die italische Chronologie vorliegt, Thukydides aber seinen Fokus bewusst auf Sizilien beschränkt habe. Luraghis Argumentation folgend datierte Thukydides nun Himera nicht näher, weil Himera als Gründung von Zankle gilt. Nachdem die chronologische Darstellung von Thukydides eingehend diskutiert wurde, soll im Folgenden ein Blick auf die altertumswissenschaftliche Forschung vor Paynes Keramikeinteilung geworfen werden. Wie ging diese mit den chronologischen Schwierigkeiten um? Ernst Curtius 83 bietet in seiner für Laien konzipierten „Griechischen Geschichte“ für die Gründungsdaten der Kolonien Olympiadendatierungen, die er mit einer Umrechnung in die vorchristliche Ära ergänzt. 84 Diese Datierungsweise wandte Curtius durchgehend im gesamten Buch an. Für seine Darstellung der griechischen Kolonien Italiens verweist Curtius nur teilweise auf die antiken Quellen in den Endnoten. In manchen Fällen lässt nur seine Nacherzählung der Textpassagen den antiken Autor erkennen, so im Allgemeinen für die griechischen Gründungen auf Sizilien natürlich Thukydides, für Lipara beispielsweise aber Diodor. Ein Blick auf Curtius’ Datierung von Megara Hyblaia mit Ol. 13,1 (= 728 v. Chr.) lässt ebenso eindeutig auf die thukydideische Tradition schließen. An anderer Stelle hingegen verrät das Datum eine Entnahme aus Eusebius, so zum Beispiel für Chersonesos, von Curtius mit Mylai gleichgesetzt, mit Ol. 16,1 (= 716/5 v. Chr.). Im Gegensatz zu Curtius bietet Georg Busolt in der zweiten Edition seiner „Griechischen Geschichte“ 85 eine ausführliche Diskussion der antiken Textstellen samt der Quellenproblematik. Die unterschiedliche Herangehensweise liegt vermutlich auch in der Wahl eines Fachpublikums begründet. So bespricht Busolt in einer äußerst umfangreichen Fußnote die oben angesprochenen, textimmanenten Schwierigkeiten der Sizilischen Archäologie und betont die Abhängigkeit späterer Texte, wie der eusebischen Chronik und der Pindarscholien, von Thukydides. Des Weiteren kommt Busolt noch auf die Auffälligkeit zu sprechen, dass die Daten bei Thukydides alle durch 5 oder 10 teilbar sind, 86 ein Umstand, der ihn die Glaubwürdigkeit der Zahlen als noch unsicherer bezeichnen lässt. Die Zerstörung von Megara Hyblaia setzte er zwischen 484 und 481 v. Chr. an, 87 womit er dieses wichtige Ausgangsdatum als nicht näher ansetzbar ausweist. Dennoch greift 81 82 83 84

V.a. Gomme – Andrewes – Dover 1970, 202. Luraghi 1991, 55–56. Curtius 1887, 428–439. Zu Curtius griechischer Geschichte beziehungsweise deren mitunter negativ geprägten Rezeption: Schweizer 2011, v.a. 208–211. 85 Busolt 1893. 86 Dies trifft allerdings nicht auf Akragas zu, das laut Thukydides (6, 4, 3) fast 108 Jahre nach Gela gegründet wurde. 87 Busolt 1893, v.a. 385–386 Anm. 2.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Busolt in seiner Abhandlung auf die konventionelle Chronologie zurück, verweist aber zugleich auf die dahinter stehenden Sachverhalte und Unsicherheiten. Eduard Meyer bezeichnete im zweiten Band seiner „Geschichte des Alterthums“ 88 die Gründungsdaten allgemein als unhistorisch, da sie erst im Nachhinein durch Schätzungen erstellt wurden. Als Beleg für die fehlerhafte Methodik führte er Gründungen an, die in der Überlieferung unterschiedliche Gründungsdaten zugewiesen bekommen haben. Einzig bei den jüngeren Kolonien sieht er die Möglichkeit einer verlässlichen Überlieferung des Alters gegeben, da diese durch Beamtenlisten festgehalten worden sein könnten. In seinen Ausführungen vermeidet Meyer die konventionellen Gründungsdaten, eine Auseinandersetzung mit den Datierungen der einzelnen Niederlassungen erfolgt ausschließlich in den sehr umfangreichen Fußnoten. Meyers kritische Beurteilung der Überlieferungslage, die den genauen Angaben späterer Autoren skeptisch gegenübersteht, 89 lässt sich durchaus auch heute noch vertreten. Von den autoritativen Abhandlungen über die griechische Geschichte bildet Belochs Zugang 90 zu den Gründungsdaten der griechischen Kolonien auf Sizilien eine Ausnahme, da er die Überlieferung am skeptischsten und kritischsten beurteilte. Beloch nahm zwar eine Zerstörung Megara Hyblaias noch im Jahr 485 v. Chr. an, distanzierte sich aber von der Verwendung einer absoluten Zahlenreihe, die letztlich auf Thukydides basiert. Diesbezüglich ging er im Unterschied zu seinen Kollegen wie beispielsweise Georg Busolt und Eduard Meyer noch einen Schritt weiter. Aufgrund seiner Bedenken bezüglich der Grundlage von überlieferten Daten aus der frühen Archaik, welche seiner Ansicht nach auf Generationenzählungen beruhen, hat er beispielsweise die Gründung von Naxos nur ungefähr in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. sowie Syrakus und Megara um 700 v. Chr. angesetzt. Dies erschwert eine Verwendung der Gründungsdaten in Hinblick auf die dort gefundene Keramik sowie deren absolute Datierung für die Archäologie enorm, vor allem wenn man an die für die Keramikdatierung so zentrale Jahreszahl der Gründung Selinunts denkt. Beloch hat das Gründungsdatum Selinunts nur mit der zweiten Hälfte des 7.  Jahrhunderts  v. Chr. veranschlagt und somit der Archäologie von vornherein einen möglichen Fixpunkt für diesen Zeitraum genommen, was einen Grund für die Ablehnung seines Ansatzes darstellen könnte. 91 Bei Gründungen ab zirka 600 v. Chr. geht allerdings auch Beloch von den traditionellen Daten aus.

88 89 90 91

Meyer 1893. Meyer 1893, 443. Beloch 1913, 218–230. Obwohl dies m.E. nirgends explizit angesprochen wird, dürfte die Notwendigkeit der absoluten Datierung für die griechische Keramik in archäologischen Untersuchungen eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Vergleiche hierzu die Äußerung von Ernst Pfuhl (1923, 59): „Sehr besonnen und von allgemeinem methodischem Wert ist die Kritik, die Schweitzer an Belochs Behandlung der literarischen Überlieferung übt.“ In dieser Arbeit wird ein anderer Zugang zur Quellenfrage und demnach zur Chronologie vertreten, siehe: Kapitel 4.

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172 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Im Kontrast zu Belochs kritischem Zugang findet sich beispielsweise in den archäologischen Abhandlungen von Johannes Boehlau 92 und Ferdinand Dümmler 93 für Syrakus das Gründungsdatum 734 v. Chr. ohne jegliche Erläuterung, weshalb sie diese Datierung wohl als Allgemeinwissen betrachtet und auch keinen Quellenverweis als notwendig erachtet haben dürften. Der archäologische Kenntnisstand um Syrakus im ausgehenden 19. und frühen 20.  Jahrhundert war primär von Paolo Orsis Grabungstätigkeit in der FuscoNekropole 94 bestimmt. 95 So waren seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts als älteste griechische Gefäße jene im spätgeometrischen Stil bekannt, die man bereits als zeitlich vor der (proto-) korinthischen Keramik erkannte. 96 Interessanterweise verwies Paolo Orsi 97 in der Publikation seiner Grabungsergebnisse aus der Fusco-Nekropole explizit auf Belochs Zugang, nach dem der Stilübergang (von der geometrischen zur protokorinthischen Phase) in das späte 8. oder sogar frühe 7. Jahrhundert v. Chr. zu datieren sei. 98 Ebenso legte Ernst Buschor 99 1913 das Ende der spätgeometrischen Keramik anhand der Funde aus Syrakus fest, ohne allerdings mit dem Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. eine genaue Jahreszahl zu nennen. Einen ähnlichen vorsichtigen Umgang mit dem Gründungsdatum von Syrakus wandte außerdem Ernst Pfuhl 100 an, obgleich er sich äußerst klar gegen Belochs kritische Haltung zur literarischen Überlieferung positionierte. Bezeichnenderweise hat sich Humfry Payne im Zuge seiner Keramikeinteilung weder zu den textimmanenten Schwierigkeiten bei Thukydides noch zu der allgemeinen Frage nach der Glaubwürdigkeit der überlieferten Gründungsdaten geäußert. Ein Grund dafür könnte in den Forschungsergebnissen von Bernhard Schweitzers Auseinandersetzung mit der geometrischen Keramik 101 sowie Knud Friis Johansens Untersuchung zur protokorinthischen Vasenmalerei 102 liegen. Einzig in der postumen Veröffentlichung zur Ausgrabung bei Perachora hat sich eine diesbezügliche Stellungnahme Paynes erhalten: „[…] that the dating of the Sicilian foundations is correct seems to me sufficiently certain, and I shall 92 93 94 95 96 97 98

99 100 101 102

Boelau 1888, 369. Dümmler 1887, 19. Orsi 1893; Orsi 1895. Darauf lassen die Beiträge von Oscar Montelius (1897, 265; 1912, 147) und Bernhard Schweitzer (1918b, 39) schließen. Hier ist jedoch die veraltete Terminologie bei der Ansprechung der Stile in den Beiträgen von Johannes Boehlau (1888) und Ferdinand Dümmler (1887) zu beachten. Orsi 1895, 117. Ebenfalls noch in das 7. Jahrhundert v. Chr. lässt Sarah Morris (1998, 362) den spätgeometrischen Stil reichen, meines Wissens eine nahezu singuläre Ansicht in der aktuellen Sekundärliteratur. Einen Hauptgrund sieht sie darin, dass die spätgeometrische Phase mit der gängigen Chronologie nur sehr kurz andauerte, es in diesem kurzen Zeitraum aber mehrere Entwicklungen unterzubringen gilt. Demnach hält Sarah Morris außerdem die Evidenz der Levante als nicht aufschlussreich, um das Ende des spätgeometrischen Stils zu datieren, wofür nach heutigem Kenntnisstand vor allem Hamat (Kapitel 6) zu berücksichtigen ist. Buschor 1913, 41. Pfuhl 1923, 29, 59. Schweitzer 1918b. Johansen 1918; Johansen 1923.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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therefore assume throughout that the latest period of the geometric style, the style represented in the earliest Syracusan graves, is the third quarter of the eighth century.“ 103 Paynes optimistische Haltung mag auch in der Notwendigkeit der Archäologie begründet sein, dass man zur absoluten Datierung der Keramik konkrete Jahreszahlen benötigt. Zweifel an deren Gültigkeit und Exaktheit würden das Erstellen eines derartigen Datierungssystems stark erschweren beziehungsweise nahezu unmöglich gestalten. Ähnlich wie Payne haben die rezenten Abhandlungen zur korinthischen Keramik 104 die bei Thukydides überlieferten Gründungsdaten verwendet, ohne auf die chronologischen Schwierigkeiten der Textstelle einzugehen. Die divergierende Handhabung mag auch mit den unterschiedlichen altertumswissenschaftlichen Disziplinen zusammenhängen, wenn philologisch orientierte Arbeiten zuletzt eine sehr umsichtige Handhabung der problematischen absoluten Daten für die griechischen Gründungen Siziliens aufweisen. 105 Durch Zuweisungsschwierigkeiten der griechischen Keramik aus Selinunt und die Existenz von zwei Gründungsdaten (Thukydides ‚628  v. Chr.‘ und Diodor 650  v. Chr.) kam in den 1950er Jahren vermehrt die Diskussion um einen möglichen Bedeutungsunterschied zwischen κτίζω und οἰκίζω in Thukydides’ Text auf. Dabei fällt auf, dass die großen Althistoriker des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts mit ihren exzellenten philologischen Kompetenzen über diese Möglichkeit kein Wort verloren haben. Die Debatte um unterschiedliche Bedeutungshorizonte entstand erst durch das Bekanntwerden von weiterem archäologischen Material, dessen Einordnung nach Paynes Schema Schwierigkeiten bereitet. So wurden in Gela Scherben von wenigen korinthischspätgeometrischen Gefäßen im Bereich der Akropolis und archaischen Nekropole gefunden. Nachdem die Keramik zirka 20 bis 30 Jahre älter als das thukydideische Datum ‚688  v. Chr.‘ ist, fand hier die Hypothese einer zweimaligen Besiedelung Zustimmung, wobei Thukydides eben die spätere offizielle Gründungsphase wiedergebe. 106 Bereits 1938 hat Kathleen Atkinson 107 für das Modell einer längerfristigen Ansiedlung für Selinunt plädiert, wobei Diodors höheres Datum eine vorübergehende Siedlungsgründung und Thukydides erst die tatsächlich dauerhafte Niederlassung bezeichne. Der Fokus von Atkinsons Argumentation lag letztlich ausschließlich auf einer Verschränkung der beiden literarischen Daten mit dem archäologischen Material. Hermann Wentker 108 hat nun ähnlich argumentiert, dass κτίζω sich auf Maßnahmen der offiziellen Polisgründung bezieht, οἰκίζω hingegen auf eine allgemeine Besitznahme von Land. 109 Dies würde aus philologischer Sicht das späte Datum von Selinunt bei Thukydides im Vergleich zu Diodor erklären. Denn Thukydides verwendet für die Gründung von Selinunt das Verb 103 104 105 106 107 108 109

Payne 1940, 31 Anm. 1. Amyx 1988; Dehl-von Kaenel 1995, 32–42; Morris 1996. Z.B. Korenjak 2003, 79; Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 137a. Morakis 2011, 471–472. Atkinson 1938, 131–136. Wentker 1956. Ein Überblick über eine ähnliche Diskussion in Hinblick auf den überlieferten Namen Lindioi für die Stadt Gela findet sich bei: Sammartano 1999.

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174 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung κτίζω, was Wentker als Referenz auf die offizielle Etablierung der Gründung versteht. 110 Francesco Nicosia 111 ist bei seiner Untersuchung zu diesem Vokabular allerdings zu dem genau gegenteiligen Schluss gekommen und betont, dass sich diese angebliche Differenzierung bei späteren Autoren überhaupt nicht mehr feststellen lasse. 112 Dementsprechend haben Josette De Wever und René Van Compernolle 113 überhaupt keinen Bedeutungsunterschied zwischen den beiden Verben in Thukydides’ Werk ausmachen können. Diesem Ergebnis hat sich zuletzt auch Andreas Morakis 114 angeschlossen. Besiedlungsprozesse dürften sicherlich über mehrere Jahre angedauert haben, jedoch fehlt für eine derartige Differenzierung im antiken Vokabular jeglicher stichhaltiger Beleg. Bezüglich divergierender Gründungsdaten hat Thomas Dunbabin 115 auf ein interessantes analoges Beispiel aus der Moderne hingewiesen: Für Melbourne gibt es insgesamt mehrere Gründungsdaten (1835, 1837 und 1838), die jeweils mit unterschiedlichen offiziellen Gründungsformalitäten, wie der Besitznahme des Landes, einer 100-JahresFeier sowie einer offiziellen Namensgebung verbunden sind. Dies mag in gewisser Weise auch auf antike Gründungen zutreffen und könnte ebenso zu divergierenden Gründungsdaten beigetragen haben. An dieser Stelle möchte ich die Schwierigkeit der Sizilischen Archäologie in Hinblick auf die Gründungsdaten noch einmal zusammenfassen: Thukydides gibt zwar eine zeitliche Einordnung der von ihm genannten Städte, jedoch können seine relativen Angaben aus zwei Gründen nicht einwandfrei in absolute Jahreszahlen umgewandelt werden: 1. Thukydides nennt mit der Regierungszeit von Gelon keine exakte Jahresangabe für die Vertreibung der Bevölkerung von Megara Hybalaia, die das zentrale Datum in der Datenreihe um Megara Hybalaia darstellt. 2. Eine exakte Verbindung zwischen der Zahlenreihe um Megara Hyblaia und jener um Syrakus fehlt. Für eine Zusammenfassung der chronologischen Information der sehr umfangreichen Sizilischen Archäologie sei hier nochmals auf die graphische Wiedergabe in Abbildung 3 verwiesen. Trotz des elaborierten chronologischen Systems mit zahlreichen Intervalldatierungen finden sich ungenaue Angaben, die Reinhold Bichler folgendermaßen auffasst: „[Es] spricht vieles dafür, in dieser Vagheit ein bewußt gesetztes Zeichen des begrenzten Wissens zu sehen.“ 116 Diese Beobachtung fügt sich dem allgemeinen chronologischen Bild der Archaik bei Herodot und Thukydides, wo kaum exakte Datierungen für die weiter zurückliegende Vergangenheit vorkommen. 117 Vor diesem Hintergrund 110 111 112 113 114 115 116 117

Dazu: Gomme – Andrewes – Dover 1970, 207. Nicosia 1963, v.a. 163–164. Nicosia 1963, 170 Anm. 65. De Wever – Van Compernolle 1967, 479–483. Morakis 2011, 471–472. Dunbabin 1948, 450. Bichler 2004a, 224. Siehe dazu: Kapitel 4.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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können die etablierten absoluten Jahreszahlen für die Gründungsdaten in Anlehnung an Thukydides nur als approximative Annäherungen verstanden werden. 5.1.3

Die Gründungsdaten bei anderen antiken Autoren

In der Forschung werden abweichende Gründungsdaten in den unterschiedlichen Quellen zumeist mehr oder weniger als unwichtige Ergänzungen, Berichtigungen oder Fehler erklärt. 118 So hat auch Bernhard Schweitzer seine umfangreiche Untersuchung zur literarischen Tradition der Gründungsdaten mit folgendem für diese Argumentation stellvertretenden Fazit beendet: „Die Bedeutung dieser Betrachtungen liegt in dem Ergebnis, daß das Altertum nicht […] durch widerspruchsvolle Darstellung Unkenntnis dieser Daten verrät, sondern daß wir einer geschlossenen, einheitlichen Überlieferung gegenüberstehen, einem festen Wissen, das selbst noch hinter der Darstellung der leicht zu Kompromissen geneigten allgemeinen Historiographie und hinter den Kartenhäusern chronologischer Rechenkünstler zu erkennen ist.“ 119 Ziel der Auflistung der wichtigsten Textstellen in diesem Abschnitt ist es, diese Methodik der Quellenanalyse, wenn schon nicht zu widerlegen, so zumindest deren Widersprüche aufzeigen zu können. Die Basis jeglicher Argumentation ist sehr dünn, da sich die Gründungsdaten nur äußerst verstreut in unterschiedlichen Textstellen und Fragmenten erhalten haben. 120 Um sämtliche relevante Autoren berücksichtigen zu können, wurden auch Datierungen näher erläutert, die sich auf den Trojanischen Krieg beziehen. Diese Art, Ereignisse in zeitliche Relation zu setzen, stellte für antike Autoren ein sehr exaktes Mittel dar, für die moderne Altertumswissenschaft hingegen sprechen methodische Einwände gegen eine tatsächliche Verwendung dieser Datierungen. Trotz der hier vertretenen Skepsis wurden diese theoretisch durchgerechnet, um einerseits den Umgang in der modernen Forschung aufzeigen und andererseits die vorhandenen Abweichungen besser darstellen zu können. Unterschiedliche zeitliche Ansätze mögen auch schlicht durch den Umstand bedingt sein, dass Autoren oftmalig ihre Vorgänger durch ‚bessere‘ und genauere zeitliche Angaben überbieten wollten. So hat beispielsweise Thukydides 121 seinen Vorgänger Hellanikos für eine zu unpräzise Chronologie seiner Darstellung der Pentekontaetie kritisiert. Einen weiteren möglichen Grund für Abweichungen stellt die Arbeitsweise der antiken Chronographie dar, wonach antiken Autoren mehrere Möglichkeiten zur Verfügung standen, um eine Datierung auszudrücken. 122 Angaben mit Generationen sind in den meisten Fällen nicht eindeutig mit absoluten Zahlen zu benennen, da es in der Antike keine einheitliche Generationenlänge gegeben hat 118 Z.B. Dunbabin 1948, 446. 119 Schweitzer 1918b, 27. 120 Von mehreren Gründungsdaten gehen beispielsweise auch aus: Gomme – Andrewes – Dover 1970, 206–207; Feeney 2007, 254 Anm. 164. 121 Thuk. 1, 97, 2. 122 Siehe dazu: Kapitel 3.

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176 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung und demnach mit unterschiedlichen Veranschlagungen zum Teil sehr verschiedene Ergebnisse möglich sind. 123 Durch diese eher vorsichtige Herangehensweise verringert sich zwar die ohnehin schon überschaubare Anzahl an absoluten Datierungen nochmals, man mag aber der Gefahr einer Überinterpretation entgehen. Interessanterweise ging bereits Felix Jacoby aufgrund des Marmor Pariums von unterschiedlichen Datierungsmöglichkeiten aus: „Vielleicht be[s]teht der hauptwert von MP darin, daß man einen fingerzeig für die fülle der vorhandenen möglichkeiten und kombinationen erhält […].“ 124 Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, in allen Gründungsdaten ein tatsächliches und fest etabliertes Wissen über die fern zurückliegende Vergangenheit vorliegen zu haben. Neben Thukydides bieten auch andere Autoren eine zeitliche Einordnung der griechischen Niederlassungen auf Sizilien. Der Fokus gilt im Folgenden jenen Gründungsdaten, die für die griechische und besonders die korinthische Keramik essentielle Bedeutung besitzen. Das größere Umfeld der Niederlassungen in Süditalien 125 wird nur unter diesem Aspekt mitberücksichtigt. Um den Überblick über die teils sehr verstreuten antiken Nachrichten zu erleichtern, befindet sich nach der Besprechung eines antiken Autors jeweils eine Tabelle mit einer Zusammenfassung zu dessen Gründungsdatum. Dabei werden sowohl absolute als auch relative Datierungen berücksichtigt. Aufgrund feststellbarer Abhängigkeiten hat sich mancherorts ein Abweichen von der chronologischen Reihenfolge empfohlen, um den Quellenzusammenhang wahren zu können. 5.1.3.1 Pindar (5. Jahrhundert v. Chr.) und dessen Scholien Vor Thukydides bietet allein Pindar im 5. Jahrhundert v. Chr. in seiner zweiten Olympischen Ode 126, die Therons Sieg im Wagenrennen gewidmet war, einen Anhaltspunkt zur zeitlichen Einordnung der Gründung von Akragas: Ἀκράγαντι τανύσαις | αὐδάσομαᾶι ἐνόρκιον λόγον ἀλαθεῖ νόῳ, | τεκεῖν μή τινʼ ἑκατόν γε ἐτέων πόλιν | φίλοις ἄνδρα μᾶλλον | εὐεργέταν πραπίσιν ἀφθονέστερόν τε χέρα 127

123 Gomme – Andrewes – Dover 1970, 207. 124 Jacoby, FGrHist II D, 668. 125 Für die italischen Gründungen besitzen wir keine durchgehende antike Quelle analog zu Thukydides’ Sizilischer Archäologie, weshalb die Nachrichten darüber viel verstreuter sind. Denis Feeney (2007, 97) hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass dies neben der fragmentarischen Überlieferung auch auf den Umstand der athenischen Expedition in Sizilien zurückzuführen ist. Denn das politische Geschehen während des Peloponnesischen Kriegs stellte den Grund für Thukydidesʼ Fokus auf die sizilischen Städte dar. Einen knappen Überblick über die divergierenden Datierungen der griechischen Gründungen in italischen Gebieten bietet Jonathan Hall (2008, 398–399). 126 Pind. Ol. 2, 91–95. 127 Griechischer Originaltext nach: Bremer 1992, 24.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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„Auf Akragas spannend, will ich ein Wort unter Eid sprechen mit wahrer Denkart: Geboren hat die Stadt in hundert Jahren nicht einen Mann, den Freunden wohltätiger in der Gesinnung und von großzügigerer Hand als Theron!“ 128 Therons Sieg kann aufgrund der erhaltenen Olympionikenliste POxy II 222 129 dem Jahr zugewiesen werden, in dem Skamandros aus Mytilene im Stadionlauf siegte. Die Olympionikenliste bei Eusebius 130 erlaubt schließlich eine Einordnung in Ol. 76,1, was umgerechnet dem Jahr 476 v. Chr. entspricht. Nimmt man die Angabe der 100 Jahre genau, so wäre gemäß Pindar Akragas um 576 v. Chr. gegründet worden. Man geht jedoch davon aus, dass es sich hier in dichterischer Freiheit um eine runde und weniger um eine exakte Zahl handelt. Zwei Scholien deuten Pindars Angabe auch in diese Richtung: Schol. Ol. 2 166e bei αὐδάσομαι ἐνόρκιον: Ἀκράγας πεντηκοστῇ Ὀλυμπιάδι ἐκτίσθη, ὁ δὲ Θήρων ἑβδομηκοστῇ ἕκτῃ ἐνίκησε. γίνεται οὖν τὰ μεταξὺ ἀπò τῆς κτίσεως ἕως Θήρωνος νίκης ρδ´ ἔτη. ὁ δὲ Πίνδαρος τῷ ἀπηρτισμένῳ 131 ἀριθμῷ ἐχρήσατο. 132 Akragas wurde in der 50. Olympiade gegründet, Theron aber siegte in der 76. Olympiade. Zwischen der Gründung und dem Sieg Therons waren 104 Jahre. Pindar gebraucht eine gerundete Zahl. 133 Schol. Ol. 2 168 bei ἑκατόν γε ἐτέων: λέγεται τὴν Ἀκράγαντα πεντηκοστῇ Ὀλυμπιάδι ἐκτίσθαι, ἐκεῖθεν δὲ ἄχρι τῆς Θήρωνος νίκης ἔτη εἶναι ἑκατόν ἐν Ὀλυμπιάσιν κε´·γίνονται δὲ πρὸς ταῖς ν´ Ὀλυμπιάσιν οε´. ἐνίκα οὖν οϛ´·κéχρηται οὖν τῷ ἀπηρτισμένῳ ἀριθμῷ εἰπὼν ρ´. 134 Akragas soll in der 50. Olympiade gegründet worden sein, weil aber bis zum Sieg Therons 100 Jahre in 25 Olympiaden zu den 50 Olympiaden dazukommen, erhält man die 75. Olympiade. Der Sieg war aber in der 76. Olympiade. Wenn er [Pindar] nun von 100 Jahren spricht, gebraucht er eine gerundete Zahl. 135

128 129 130 131

132 133 134 135

Übersetzung: Bremer 1992, 25. Christesen 2007, 382–384. Aktuellste Edition: Christesen – Martirosova-Torlone 2006; Christesen 2007, 386–407. Das Adverb ἀπηρτισμένως leitet sich vom Verb ἀπαρτίζω ab, das gemäß LSJ so viel wie ‚to make even‘ bedeutet. Verwirrend erscheint in diesem Zusammenhang der Eintrag zu ἀπηρτισμένως, wo sich die Übersetzung ‚precisely‘ findet. Die Phrase τῷ ἀπηρτισμένῳ ἀριθμῷ kann aber gemäß des Kontextes und der Bedeutung des Verbes nur mit ‚einer gerundeten Zahl‘ wiedergegeben werden. Griechischer Originaltext nach: Drachmann 1903, 101. Eigene Übersetzung in Anlehnung an: Miller 1970, 5. Griechischer Originaltext nach: Drachmann 1903, 101. Eigene Übersetzung in Anlehnung an: Miller 1970, 5.

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178 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Die Scholiasten verwenden beide Olympiadendatierungen, allein deshalb sind sie zeitlich nicht vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. anzusetzen. 136 Aufgrund des Referenzpunktes von Therons Sieg in Ol. 76,1 wird hier die Angabe der 50. Olympiade (580/79–577/6 v. Chr.) auf das Jahr 580/79 v.Chr. bezogen. Das Beispiel Pindars liefert meiner Meinung nach einen guten Einblick in die Möglichkeit, wie antike Gründungsdaten auch Eingang in die Dichtung fanden, worauf sich Thukydides gestützt haben könnte. Aus diesen verstreuten Nachrichten eine durchgehende Chronologie für die Koloniegründungen in Sizilien zu erstellen, mag für antike Autoren gewiss eine Herausforderung dargestellt haben. So findet sich in der 5. Olympischen Ode Pindars, die Psaumis (aus Kamarina) für seinen Sieg mit dem Maultiergespann ehrte, im dazugehörigen Scholion Ol. 5 16 ein ebenso interessanter Passus: κτίζεται μὲν γὰρ ἡ Καμάρινα με´ Ὀλυμπιάδι · ἐπικρατησάντων δὲ Συρακουσίων πορθεῖται τῇ νζ´ Ὀλυμπιάδι 137 Kamarina wurde in der 45. Olympiade gegründet. Nachdem die Syrakusaner über die Einwohner von Kamarina siegreich waren, zerstörten diese in der 57. Olympiade Kamarina. 138 Kamarina wurde dem Scholiasten nach im Zeitraum von 600/599 bis 597/6  v. Chr. gegründet und schließlich 552/1 bis 549/8  v. Chr. von Syrakus zerstört, wenn man die Olympiadendatierungen in die vorchristliche Ära umrechnet. Tabelle 5: Gründungsdaten nach Pindar und dessen Scholien Pindar Akragas 576/5 v. Chr. (100 Jahre vor Therons Sieg)

Scholien Akragas 580/79 v. Chr. Kamarina 600/599–597/6 v. Chr.

5.1.3.2 Antiochos (5. Jahrhundert v. Chr.) Neben Pindar bleibt für das 5. Jahrhundert v. Chr. nur mehr Antiochos, ein älterer Zeitgenosse des Thukydides, übrig, der sich in den erhaltenen Fragmenten zu den Gründungen geäußert hat. Abbildung 4 bietet einen Überblick über die von Antiochos erwähnten Niederlassungen in Süditalien. Strabon 139 zitiert Antiochos zur Beschreibung 136 Zu den Scholia Vetera Pindars allgemein sowie deren zeitlichem Hintergrund frühestens ab dem Hellenismus siehe: Deas 1931; Dickey 2007, 38–40. 137 Griechischer Originaltext nach: Drachmann 1903, 143. 138 Eigene Übersetzung. 139 Strab. 6, 1, 12 (= BNJ 555 F 10).

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Abb. 4: Überblick über die griechischen Niederlassungen in Süditalien (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

der Gründung Krotons: Das delphische Orakel befahl Myskellos die Gründung Krotons, woraufhin er die besagte Gegend bereiste. Dort war jedoch bereits die Stadt Sybaris gegründet worden. Deshalb erkundigte sich Myskellos beim Orakel in Delphi, ob es nicht besser sei, Sybaris zu besiedeln. Nach Antwort des Gottes, sich mit dem Geschenk zufriedenzugeben, gründete Myskellos schließlich Kroton. Eine exakte zeitliche Verortung fehlt, jedoch setzt Antiochos dieses Ereignis in etwa zeitlich um die Gründung von Syrakus an.

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180 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung φησὶ δ᾽ Ἀντίοχος […] ἐπανελθόντα δὲ κτίσαι τὸν Κρότωνα συμπράξαντος καὶ Ἀρχίου τοῦ τὰς Συρακούσας οἰκίσαντος προσπλεύσαντος κατὰ τύχην, ἡνίκα ὥρμητο ἐπὶ τὸν τῶν Συρακουσῶν οἰκισμόν. 140 „Antiochos sagt […]. Zurückgekehrt habe er [Myskellos] Kroton gegründet, wobei auch Archias, der Besiedler von Syrakus, ihm half, der zufällig herangeschifft kam[,] als er auf dem Wege zur Besiedlung von Syrakus war.“ 141 Wenn man Antiochos tatsächlich als Vorlage für Thukydidesʼ Sizilische Archäologie sehen will, 142 muss man davon ausgehen, dass Thukydides diese zeitliche Gleichsetzung der Gründung Krotons und Syrakus nicht übernahm; obwohl sich dadurch ein klares chronologisches Verhältnis der griechischen Gründungen auf Sizilien mit jenen in Süditalien herstellen hätte lassen. 143 Außerdem berichtet Strabon 144 im Zusammenhang mit Metaponts Gründung auch von Taras und Siris, wobei er wiederum Antiochos 145 als Quelle nennt: […] Μεταπόντιον … Πυλίων δὲ λέγεται κτίσμα τῶν ἐξ Ἰλίου πλευσάντων μετὰ Νέστορος […] ἠφανίσθη δ᾽ ὑπὸ Σαυνιτῶν. Ἀντίοχος δέ φησιν ἐκλειφθέντα τὸν τόπον ἐποικῆσαι τῶν Ἀχαιῶν τινας μεταπεμφθέντας ὑπὸ τῶν ἐν Συβάρει Ἀχαιῶν· μεταπεμφθῆναι δὲ κατὰ μῖσος τὸ πρὸς Ταραντίνους τῶν Ἀχαιῶν τῶν ἐκπεσόντων ἐκ τῆς Λακωνικῆς, ἵνα μὴ Ταραντῖνοι γειτνιῶντες ἐπιπηδήσαιεν τῶι τόπωι. δυεῖν δ᾽ οὐσῶν πόλεων, τοῦ Μεταποντίου ἐγγυτέρω, τοῦ Τάραντος, πεισθῆναι τοὺς ἀφιγμένους ὑπὸ τῶν Συβαριτῶν τὸ Μεταπόντιον κατασχεῖν· τοῦτο μὲν γὰρ ἔχοντας ἔξειν καὶ τὴν Σιρῖτιν, εἰ δ᾽ ἐπὶ τὴν Σιρῖτιν τράποιντο, προσθήσειν τοῖς Ταραντίνοις τὸ Μεταπόντιον ἐν πλευραῖς οὖσι. 146 „[…] Metapont […] soll eine Gründung der Pylier sein[,] die mit Nestor aus Ilion geschifft waren […]. Die Stadt wurde von den Samniten zerstört. Antiochos sagt (FGrHist 555 F 12), der Ort sei, als er verlassen war, von Achaiern besiedelt worden[,] die von den Achaiern in Sybaris hergebeten worden waren; man hatte sie kommen lassen wegen des Hasses[,] den die aus Lakonien vertriebenen Achaier gegen die Tarantiner hegten, um einen Überfall der benachbarten Tarantiner auf den Ort zu verhindern. Nun gab es dort zwei Städte: Metapont, in der Nähe von Taras, 140 Griechischer Originaltext nach: BNJ 555 F 10. 141 Übersetzung: Radt 2003, 155. 142 Für die Zuweisung an Antiochos als Quelle ist weniger der Inhalt der überlieferten Fragmente als vielmehr die prominente Position von Syrakus innerhalb Thukydidesʼ Sizilischer Archäologie ausschlaggebend. Es wurde aber auch Hellanikos als Vorlage dieser Information betrachtet, Näheres zur Quellenfrage für Thukydides siehe: Kapitel 4. 143 Luraghi 2013, Kommentar zu BNJ 555 F 10. 144 Strab. 6, 1, 15. 145 BNJ 555 F 12. 146 Griechischer Originaltext nach: BNJ 555 F 12.

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, und die Ankömmlinge hätten sich von den Sybariten überreden lassen, Metapont zu besetzen: hätten sie dieses, dann würden sie auch Siritis haben, gingen sie dagegen nach Siritis, dann würden sie Metapont den Tarantinern zuspielen, die ihm zur Seite wohnten.“ 147 Die eingangs von Strabon getätigte Aussage, wonach Metapont eine Gründung der Pylier sei, 148 die später von den Samniten zerstört wurde, bereitet einige Schwierigkeiten. Eine Zerstörung Metaponts durch Samniten vor der achaischen Besiedlung ist laut Nino Luraghi 149 kaum plausibel, da man sich hier im Zeithorizont des 7. Jahrhunderts v. Chr. befinde. Deshalb geht er davon aus, dass Strabon mit dieser Einleitung den mythischen Ursprung Metaponts im Rahmen der Nostoi 150 angibt und das Ende der Siedlung vorweggreift. Antiochosʼ Information sei somit zwischen diesen beiden Ereignissen anzusetzen. Wenn man in den beiden unterschiedlichen Gründungsgeschichten Metaponts bei Strabon nicht zwei verschiedene Varianten für den gleichen Zeithorizont sehen will, so ergibt sich einmal mehr der Eindruck des problemlosen Nebeneinanders von – modern unterschiedenen – mythischen und historischen Gründungsfiguren. 151 Wie Antiochos Metaponts Gründung nun zeitlich verortete, lässt sich nur schwer beantworten. Zwar ist im besagten Fragment eindeutig von aus Lakonien vertriebenen Achaiern die Rede, jedoch liegt mit dem Messenischen Krieg ein Paradebeispiel für die Schwierigkeiten einer präzisen Chronologie für die griechische Archaik vor. 152 So nahmen erst Autoren im 4. Jahrhundert v. Chr. nachweislich eine Differenzierung zwischen einem Ersten und Zweiten Messenischen Krieg vor, wobei sie sich vermutlich auf das Zeugnis von Tyrtaios beriefen. 153 Victor Parker 154 hat Metaponts Gründung im besagten Antiochos-Fragment um 600  v. Chr. angesetzt, aber es bleibt unklar, wie Antiochos dieses

147 148 149 150 151

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Übersetzung: Radt 2003, 161, 163. So auch: Vell. 1, 1. Luraghi 2013, Kommentar zu BNJ 555 F 12. Zu den Nostoi-Erzählungen vor allem in Hinblick auf Siedlungsgründungen siehe: Hornblower – Biffis 2018. Für die Insel Rhodos beschreibt Pindar in seiner siebten Olympischen Ode mehrere Phasen der Entstehung beziehungsweise ‚Kolonisation‘. Diese sei aus der Ehe des Gottes Helios und der Nymphe Rhodos entstanden und erst durch Tlepolemos, dem Sohn von Herakles, besiedelt worden. Für eine Einordnung der siebten Olympischen Ode Pindars in den ‚kolonialen‘ Diskurs siehe: Dougherty 1993, 120–135. Zur Problematik der Datierung der Messenischen Kriege: Meier 1998, 91–99 (mit dem Datierungsvorschlag von ca. 640/30  v. Chr. für den Zweiten Messenischen Krieg und ca. 700/690– 680/70 v. Chr. für den Ersten Messenischen Krieg); Shaw 2003, 100–145 (mit der Meinung, dass der Zweite Messenische Krieg überhaupt erst im 4. Jahrhundert v. Chr. konstruiert wurde); Luraghi 2008, 70–75 (mit den Textstellen des Tyrtaios, die als Beleg von zwei Messenischen Kriegen angesehen werden können). Eine beeindruckende Analyse der Messenischen Frühgeschichte vor dem zeitgenössischen Hintergrund der 360er Jahre findet sich bei: Zingg 2016. Luraghi 2013, Kommentar zu BNJ 555 F 13. Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 141.

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182 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Ereignis tatsächlich datierte. 155 Auf dieselbe Schwierigkeit trifft man bei Antiochosʼ Datierungswortlaut 156 für die Gründung von Taras durch Siedler aus Sparta (vermutlich eine Generation) nach dem Messenischen Krieg, 157 dabei schien Antiochos nur Kenntnis von einem Messenischen Krieg gehabt zu haben. 158 Zudem berichtet Antiochos von der Gründungsgeschichte um Taras 159, dass die Parthenier aus Sparta 160 von den Barbaren und Kretern, die zuvor im Besitz des Landes waren, aufgenommen wurden. Inwieweit hier Antiochos tatsächlich auf eine ‚historische‘ Siedlung anspielt oder aber eine durch einen Heros vollzogene Gründung meint, bleibt in diesem Zusammenhang offen. Thomas Dunbabin 161 hat ferner aus der oben wiedergegebenen Textstelle (BNJ 555 F 12) die relative Reihenfolge Sybaris – Kroton – Taras – Metapont – Siris in Antiochosʼ Werk erschlossen. Jedoch ist das exakte Verhältnis von Taras zu Sybaris und Kroton nicht genau auszumachen, wenngleich die relative Reihung von Taras, Metapont und Siris zumindest impliziert zu sein scheint. Zur zeitlichen Einordnung von Siris steht bei Strabon 162 als Zitat von Antiochos zudem: φησὶ δ᾽ Ἀντίοχος τοὺς Ταραντίνους Θουρίοις καὶ Κλεανδρίδαι τῶι στρατηγῶι φυγάδι ἐκ Λακεδαίμονος πολεμοῦντας περὶ τῆς Σιρίτιδος συμβῆναι καὶ συνοικῆσαι μὲν κοινῆι, τὴν δ᾽ ἀποικίαν κριθῆναι Ταραντίνων, Ἡράκλειαν δ᾽ ὕστερον κληθῆναι μεταβαλοῦσαν καὶ τοὔνομα καὶ τὸν τόπον. „Und Antiochos sagt (FGrHist 555 F 11), die Tarantiner seien, als sie mit den Thuriern und ihrem Feldherrn Kleandridas, einem aus Sparta Vertriebenen, Krieg um Siritis führten, zu einem Vergleich gekommen und hätten es zwar gemeinsam mit ihnen besiedelt, doch sei die Gründung den Tarantinern zuerkannt worden; später habe es sowohl den Namen als die Stelle gewechselt und sei Herakleia genannt worden.“ 163 Diodor 164 erwähnt ebenso eine militärische Auseinandersetzung zwischen den Thuriern und Tarantinern für das Jahr 444/3  v. Chr. 165, weshalb dieser Krieg in der modernen 155 Z.B. Christesen 2007, 482. 156 BNJ 555 F 13 (apud Strab. 6, 3, 2). 157 Parker hat hingegen eine zeitliche Ansetzung in einen Zeitraum nach einem Messenischen Krieg anhand dieser Textstelle abgelehnt, was m.E. nicht zu überzeugen vermag: Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 216. 158 Luraghi 2008, 75. 159 Eine ausführliche Analyse der gesamten Quellen zur Gründungsgeschichte von Taras findet sich bei: Meier 1998, 121–141; Nafissi 1999. 160 Zur Frage der Identität der Parthenier siehe zuletzt: Schmitz 2017. 161 Dunbabin 1948, 440. 162 Strab. 6, 1, 14 (= BNJ 555 F 11). 163 Übersetzung: Radt 2003, 161. 164 Diod. 12, 23, 1. 165 Diodor (12, 23, 1) nennt hier den Archon Praxiteles, die 84. Olmypischen Spiele, als Krison von Himera im Stadionlauf siegte, sowie die Decemviri (Publius Clodius Regillanus, Titus Minucius, Spurius Veturius, Gaius Julius, Gaius Sulpicius, Publius Sestius, Romulus, Spurius Postumius

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Altertumswissenschaft datiert werden kann. Ebenso findet die Neugründung von Siris Eingang in Diodors Werk. 166 So sollen 433/2 v. Chr. 167 die Einwohner der Stadt Siris mit einem Teil der Tarantiner eine Stadt namens Herakleia gegründet haben. Trotz dieser Kongruenz mit Diodor ist es nicht möglich zu bestimmen, wie Antiochos nun die Gründung von Siris genau datierte. 168 Tabelle 6: Gründungsdaten nach Antiochos Antiochos Sybaris (ohne absolute Datierung) Gleichzeitigkeit von Syrakus und Kroton (ohne absolute Datierung) Taras (ca. 1 Generation?) nach dem Messenischen Krieg gegründet relative Reihung von Taras, Metapont und Siris(?) (jedoch unklar, wie sich die Gründung von Taras zeitlich zu jener von Sybaris verhält)

5.1.3.3 Ephoros (4. Jahrhundert v. Chr.) / Pseudo-Skymnos (2. Jahrhundert v.Chr) Der nächste Autor, der in der uns erhaltenen Überlieferung Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Italien nennt, ist Ephoros im 4. Jahrhundert v. Chr. Durch Strabon 169 ist überliefert, dass Ephoros 170 die Gründungen der Städte Naxos und Megara in zeitlicher Relation zum Trojanischen Krieg ansetzte. Die essentiellen Aussagen dieser längeren Textstelle sind zur Übersicht wieder unterstrichen: (αἱ δὲ μεταξὺ Κατάνης καὶ Συρακουσῶν ἐκλελοίπασι, Νάξος καὶ Μέγαρα)· ὅπου καὶ αἱ τῶν ποταμῶν ἐκβολαὶ ἐκβολαὶ Συμαίθου καὶ Παντακίου ῥεόντων 171 ἐκ τῆς Αἴτνης εἰς εὐλίμενα στόματα· ἐνταῦθα δὲ καὶ τὸ τῆς Ξιφονίας ἀκρωτήριον. φησὶ δὲ ταύτας Ἔφορος πρώτας κτισθῆναι πόλεις Ἑλληνίδας ἐν Σικελίᾳ, καὶ τῇ [wird zu δεκάτᾳ ergänzt] γενεᾷ μετὰ τὰ Τρωικά· τοὺς γὰρ πρότερον δεδιέναι τὰ ληιστήρια τῶν Τυρρηνῶν καὶ τὴν ὠμότητα τῶν ταύτῃ βαρβάρων, ὥστε μηδὲ κατ᾽ ἐμπορίαν πλεῖν. Θεοκλέα δ᾽ Ἀθηναῖον

166 167 168 169 170 171

Calvinius). Die Decemviri, von denen Diodor nur acht mit Abweichung zu den Fasti Capitolini nennt, werden jedoch konventionell ins Jahr 451 v. Chr. datiert. Siehe dazu: Perl 1957, 62, 66, 68, 71. Diod. 12, 36, 4. Diodor (12, 36, 1) nennt Apseudes als Archon sowie die Konsuln Titus Menenius und Proculus Geganius Macerinus, die gemäß der Fasti Capitolini 440 v. Chr. anzusetzen wären. Samuel 1972, 258. Luraghi 2013, Kommentar zu BNJ 555 F 11. Strab. 6, 2, 2. BNJ 70 F 137a. Hierbei ist zu beachten, dass BNJ 70 F 137a diesen verderbten Abschnitt anders als Stefan Radt (2003, 170) mit ἐκβολαὶ συνελθοῦσαι lacuna καὶ πάντα καταρρεόντων wiedergibt.

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184 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung παρενεχθέντα ἀνέμοις εἰς τὴν Σικελίαν κατανοῆσαι τὴν τε οὐδενίαν τῶν ἀνθρώπων καὶ τὴν ἀρετὴν τῆς γῆς, ἐπανελθόντα δὲ ᾽Αθηναίους μὲν μὴ πεῖσαι, Χαλκιδέας δὲ τοὺς ἐν Εὐβοίᾳ συχνοὺς παραλαβόντα καὶ τῶν ᾽Ιώνων τινάς, ἔτι δὲ Δωριέων, οἱ πλείους ἦσαν Μεγαρεῖς, πλεῦσαι· τοὺς μὲν οὖν Χαλκιδέας κτίσαι Νάξον, τοὺς δὲ Δωριέας Μέγαρα τὴν Ὑβλαν πρότερον καλουμένην. 172 „(die Städte zwischen Katane und Syrakus – Naxos und Megara – sind verlassen); dort sind auch die Ausströme der Flüsse Symaithos und Pantakias, die vom Ätna zu Mündungen fließen[,] die gute Anlegeplätze bieten; dort ist auch das Vorgebirge von Xiphonia. Ephoros sagt (FGrHist 70 F 137), diese seien die ersten griechischen Städte gewesen[,] die in Sizilien gegründet wurden, in der zehnten [ergänzt!] Generation nach dem Trojanischen Krieg. Die Früheren hätten sich nämlich vor der Seeräuberei der Tyrrhener und der Grausamkeit der dortigen Barbaren gefürchtet, so dass sie auch nicht zu Handelszwecken dorthin geschifft seien. Theokles aus Athen aber, der von Winden nach Sizilien verschlagen worden war, habe erstens die Unbedeutendheit der Leute, sodann aber auch die Vortrefflichkeit des Landes festgestellt; zurückgekehrt habe er zwar die Athener nicht überreden können, sei aber mit einer großen Zahl Chalkidiern aus Euboia und einigen Ioniern und auch Doriern (von denen die meisten Megarer waren) dorthin gesegelt; die Chalkidier hätten Naxos gegründet und die Dorier Megara, das früher Hybla geheißen hatte.“ 173 Ephoros deklariert somit Naxos und Megara als die ältesten griechischen Städte auf Sizilien, was vor allem im letzten Satz noch einmal deutlich hervorgehoben ist. Damit bestünde zumindest die Möglichkeit, dass eine von Thukydides leicht abweichende Reihenfolge für den Status der ältesten Gründungen Siziliens vorliegt. 174 Während Thukydides den Oikisten von Naxos mit Thukles benennt, gibt Ephoros dessen Name nahezu ident mit Theokles wieder. Aus diesem Grund hat zuletzt Victor Parker 175 Ephorosʼ Abhängigkeit von Thukydides stark betont. Prinzipiell gilt es als wahrscheinlich, dass Ephoros tatsächlich Thukydides als Quelle nützte. Allerdings bezeichnet Ephoros Theokles als Athener, der in seiner Heimatstadt keine Anhänger fand und folglich mit Chalkidiern von Euboea, Ionern und Doriern nach Sizilien segelte. Im Gegensatz dazu hat Thukydides die Herkunft des Oikisten von Naxos zwar nicht näher bestimmt, doch scheint er auf dessen chalkidische Herkunft anzuspielen. Gemäß Ephoros ist den Chalkidiern nun die Gründung von Naxos zuzuschreiben und jene von Megara Hyblaia den Doriern. Diese Version der Gründungsgeschichte lässt Athen durch die Herkunft des Oikisten eine Beteiligung

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Griechischer Originaltext nach: Radt 2003, 170. Übersetzung: Radt 2003, 171. Eine ähnliche Ansicht vertreten: Gomme – Andrewes – Dover 1970, 207. Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 137a.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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an den Gründungen Siziliens zukommen, worin Martin Korenjak 176 eine Rechtfertigung Athens für die Sizilische Expedition während des Peloponnesischen Kriegs sieht. 177 Die Auswertung der absoluten Datierung gestaltet sich als komplex, da einerseits der Trojanische Krieg innerhalb von Ephorosʼ Werk nicht zweifelsfrei auszumachen und andererseits die Zahl der Generation bei Strabons Textstelle verderbt ist. Mit dem Ausgangspunkt des Trojanischen Kriegs liegt für die moderne Forschung eine bedenkliche und deshalb im Grunde zu verwerfende Datierungsgrundlage vor. In der Antike stellte diese Datierungsmethode jedoch eine höchst wissenschaftliche Vorgehensweise dar. 178 Darüber hinaus gab es in der Antike keine ‚genormte‘ Dauer einer Generation, weshalb äußerst unterschiedliche Veranschlagungen für eine Generation verwendet wurden, mitunter trifft man sogar auf verschiedene Generationenlängen innerhalb eines Werkes. 179 In der Forschung wurde dennoch versucht, Ephoros’ Datierungen mit den Angaben von Thukydides zu vergleichen. Dazu muss zuerst das Datum für den Trojanischen Krieg bei Ephoros ausgemacht werden, das jedoch in keinem erhaltenen Fragment erwähnt wird. Aus diesem Grund ist man auf Ephorosʼ Datierung der Rückkehr der Herakliden ausgewichen, die sich in zwei Fragmenten erhalten hat: 1. Clemens von Alexandrien (2./3. Jahrhundert n.Chr.) informiert in seinem Werk Stromateis 180 über Ephorosʼ 181 Ansatz der Rückkehr der Herakliden 735 Jahre vor Alexanders Asienfeldzug umgerechnet im Jahr 334 v. Chr. Somit lässt sich Ephoros’ Datierung in unsere Zeitrechnung mit 1069 v. Chr. umrechnen. 2. Diodor 182 berichtet, Ephoros habe von der Rückkehr der Herakliden einen Zeitraum von fast 750 Jahren (ἐτῶν σχεδὸν ἑπτακοσίων καὶ πεντήκοντα 183) bis zur Belagerung von Perinth (341/40 v. Chr. 184) veranschlagt. Somit würde man mit exklusiver Rechnung auf ein Datum von umgerechnet 1090 v. Chr. kommen. Diese zwei unterschiedlichen Daten hat Felix Jacoby 185 durch die Annahme eines Rechenoder Schreibfehlers (ν = 50 anstatt λ = 30) 186 bei Diodor in Einklang zu bringen versucht. Da Ephoros seiner Meinung nach die gegebenen Datierungen ausschließlich mit Hilfe 176 Korenjak 2003, 79. 177 Lieve Donnellan (2015, 49) sieht in der attischen Herkunft von Theokles eine Rückprojektion der Allianz zwischen Athen und Naxos aus der Zeit des Peloponnesischen Kriegs. Diese Darstellung betont eine Verbindung zwischen den beiden Städten seit der Gründung von Naxos. 178 Siehe: Kapitel 3. 179 Zu der Problematik der Generationenveranschlagung siehe: Kapitel 3. 180 Clem. Alex. Strom. 1, 139, 4. 181 BNJ 70 F 223. 182 Diod. 16, 76, 5 (= BNJ 70 T 10). 183 Griechischer Originaltext nach: Welles 1963, 50. 184 Diodor (16, 74, 1) nennt für das Jahr 341/40 v. Chr. den Archon Nikomachos sowie (in Übereinstimmung mit den Fasti Capitolini) die Konsuln Gaius Marcius und Titus Manlius Torquatus. 185 Jacoby, FGrHist II C, 101. 186 Die Zahlen in Diodors Manuskripten sind jedoch ausgeschrieben.

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186 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung von Generationslängen mit drei Generationen auf 100 Jahre kalkuliert habe, kam für Jacoby nur ein Überlieferungsfehler in Frage. Einmal mehr sind in dieser Diskussion Jacobys beeindruckende philologische Kompetenzen ersichtlich, jedoch drängt sich die Frage auf, ob dies hier wirklich der einzige zwingende Schluss bleibt. Molly Miller 187 hat beispielsweise gemutmaßt, ob Ephoros die Rückkehr der Herakliden als einen längerfristigen Prozess verstanden haben könnte, welcher sich über einige Zeit erstreckte und somit zu zwei unterschiedlichen zeitlichen Ansätzen führte. Eine Entscheidung zwischen den beiden Textstellen und den damit implizierten Datierungen für die Rückkehr der Herakliden ist meiner Meinung nach nicht möglich. Zudem ist unklar, wie viel Zeit Ephoros zwischen der Rückkehr der Herakliden und dem Trojanischen Krieg selbst veranschlagt hat. Bisweilen hat man in Anlehnung an Thukydides 80 Jahre für diese Zeitspanne in Ephoros’ Werk vermutet. 188 Das somit theoretisch errechenbare Jahr von 1149 v. Chr. mit dem Ausgangsdatum 1069 v. Chr. stellt aber eine in höchstem Grade spekulative Rechnung dar. Denn Clemens von Alexandrien 189 berichtet beispielsweise von Varianten, die diesen Abschnitt abweichend mit 120 Jahren ansetzen. Strabon 190 hingegen datierte die Rückkehr der Herakliden 60 Jahre nach dem Trojanischen Krieg (ἑξήκοντα ἔτεσι τῶν Τρωїκῶν ὕστερον ὑπ᾽ αὐτὴν τὴν τῶν Ἡρακλειδῶν εἰς Πελοπόννησον κάθοδον 191). Prinzipiell wäre somit ein anderer Ansatz durch Ephoros ebenso denkbar, weshalb als Resümee Ephorosʼ Datum für den Trojanischen Krieg unklar bleiben muss. Mitunter hat die moderne Forschung auch angenommen, Ephoros habe den Trojanischen Krieg wie Eratosthenes umgerechnet 1184  v. Chr. angesetzt, was allerdings aus methodischen Gründen eine problematische Vorgehensweise darstellt. Diesen Ansatz hat beispielsweise Robin Burn 192 vertreten. Er ist mit der Rechnung 1184 weniger der zehn Generationen (!) mit je 40 Jahren auf ein Datum von 784 v. Chr. für Naxos (und folglich Megara) gekommen, das beispielsweise auch Thomas Dunbabin 193 ansatzweise übernommen hat. Rein rechnerisch stellt dies das Ende der zehnten Generation dar, wohingegen Ephoros eigentlich den Zeitraum der zehnten Generation angibt. Ähnlich hat Luigi Pareti 194 ein Datum mit zirka 790  v. Chr. für Naxos und Megara errechnet, indem er die Gründung am Ende der zehnten Generation mit je 35 Jahren annimmt. René Van Compernolle 195 erhielt hingegen anhand des Ausgangsdatums des Trojanischen Kriegs mit 1069 v. Chr. und sieben Generationen zu je 35 Jahren das Datum 825/4 v. Chr. als Ergebnis. Es bleibt jedoch nochmals festzuhalten: Ein künstlich erstelltes Datum für ein mythisches Ereignis, das freilich in der Antike als historisch betrachtet wurde, eignet 187 188 189 190 191 192 193 194 195

Miller 1970, 87. Burkert 1995, 143. Clem. Alex. Strom. 1, 139, 3. Strab. 13, 1, 3. Griechischer Originaltext nach: Radt 2004, 530. Burn 1935, 137. Dunbabin 1948, 443, 446. Pareti 1914, 316. Van Compernolle 1952, 329.

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sich nach modernen Maßstäben nicht als aussagekräftige Grundlage für eine absolute Datierung der Koloniegründungen. Die durchexerzierten Rechenspiele würden gemäß unseres chronologischen Verständnisses vor den Beginn der ersten Olympischen Spiele 776  v. Chr. liegen, weshalb als möglicher Referenzpunkt ohnehin nur der Trojanische Krieg zur Verfügung steht. Im Übrigen hat man in Ephoros’ Datierungsweise, die Gründungen in Anbindung an den Trojanischen Krieg mit Generationen zeitlich zu verorten, eine Kalkulation auf Grundlage der Spartanischen Königsliste gesehen. 196 Während bereits der Referenzpunkt für Ephoros’ Generationenangabe unsicher ist, bereitet außerdem die Ziffer in Strabons Text Schwierigkeiten. Die Ordinalzahl rührt ausschließlich aus einer Veränderung des Textes her, an deren Stelle im griechischen Original ein in diesem Kontext nicht verständliches καὶ τῇ 197 steht. Der Hauptgrund für die Rekonstruktion mit δεκάτῃ liegt in einer Stelle bei Pseudo-Skymnos 198, der sein Werk im letzten Drittel des 2. Jahrhunderts v. Chr. verfasst hat: εἶθ᾽ Ἐλληνικὰς ἔσχεν πόλεις, ὥς φασιν, ἀπὸ τῶν Τρωïκῶν δεκάτῃ γενεᾷ μετὰ ταῦτα Θεοκλέους στόλον παρὰ Χαλκιδέων λαβόντος · ἦν δ᾽ οὗτος γένει ἐκ τῶν Ἀθηνῶν · καὶ συνῆλθον, ὡς λόγος, Ἴωνες, εἶτα Δωριεῖς οἰκήτορες. Στάσεως δ᾽ ἐν αὐτοῖς γενομένης, οἱ Χαλκιδεῖς κτίζουσι Νάξον, οἱ Μεγαρεῖς δὲ τὴν Ὕβλαν, τὸ δ᾽ ἐπὶ Ζεφύριον τῆς Ἰταλίας [οἱ] Δωριεῖς κατέσχον· Ἀρχίας δὲ τούτους προσλαβὼν ὁ Κορίνθιος μετὰ Δωριέων κατῴκισεν ἀπὸ τῆς ὁμόρου λίμνης λαβούσας τοὔνομα τὰς νῦν Συρακούσας παρʼ αὐτοῖς λεγομένας. 199 „Danach wurden auf ihr [Sizilien] griechische Städte gegründet, nachdem, wie man sagt, in der zehnten Generation nach den Ereignissen um Troja Theokles hierzu von den Leuten aus Chalkis eine Flotte erhalten hatte; er selbst war seiner Abstammung nach jedoch Athener. Mit ihm zogen, wie es heißt, ionische, dann auch dorische Siedler. Als jedoch Streit unter ihnen entstand, gründeten die Leute aus Chalkis Naxos, die aus Megara Hybla, den Ort bei Zephyrion in Italien aber nahmen (die) Dorier in Besitz; diese nahm Archias aus Korinth unter seinen Befehl und gründete so mit Doriern eine Stadt, die von dem ihr benachbarten See ihren Namen erhielt und nun bei ihnen Syrakus heißt.“ 200 Die Ähnlichkeit mit dem Bericht bei Ephoros, der Theokles ebenfalls als Athener ausweist und zudem Naxos und Megara als älteste Gründungen nennt, lässt eine Abhängigkeit von Ephoros vermuten. 201 Zweifelsfrei ist die zeitliche Angabe zu lesen, wonach Theokles 196 Marcotte 2002, 77. 197 Radt 2003, 170 Anm. 24. 198 Ps.-Skymn. 270–282. Bereits Joseph Justus Scaliger (1540–1609) hat diese Möglichkeit erkannt und demnach bereits die heute noch gültige Emendation vorgenommen. Jacoby 1904a, 160. 199 Griechischer Originaltext nach: Korenjak 2003, 34. 200 Übersetzung: Korenjak 2003, 35. 201 BNJ 70 F 137b; Korenjak 2003, 79.

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188 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung in der zehnten Generation (δεκάτῃ γενεᾷ) nach dem Trojanischen Krieg mit Chalkidiern sowie ionischen und dorischen Siedlern nach Sizilien segelte. Eine zusätzliche Information gegenüber Ephoros stellt die Erwähnung von Streitigkeiten dar, weshalb die Siedler aus Chalkis Naxos und jene aus Megara Hyblaia gründeten. Außerdem schreibt PseudoSkymnos, dass Archias gemeinsam mit Doriern Syrakus gegründet habe, worauf noch weiter unten eingegangen wird. Um zu der Problematik des Fehlens der Ordinalzahl bei Ephoros zurückzukommen, wären prinzipell auch andere, ähnlich lautende Zahlen (ἑνδέκατος = elf, δωδέκατος = zwölf etc.) als Rekonstruktion möglich. Diese Ansicht vertrat beispielsweise Felix Jacoby, 202 da er von einer fehlerhaften Überlieferung von Ephoros’ Werk ausging. Wenn man zudem auf einer annähernden Übereinstimmung zwischen Ephoros und Thukydides beharrt – allein schon aus den unterschiedlichen antiken Datierungsweisen der beiden Autoren muss dies wiederum ein problematischer Zugang bleiben –, müsste man mit Jacoby eine Emendation der korrupten Zahl zu zwölf annehmen. Diesem Zahlenspiel folgend, würde man bei einem Ausgangsdatum von 1149 v. Chr. für den Trojanischen Krieg minus der elf Generationen zu je 33/35 Jahren einen Zeitraum von zirka 786 bis 754 / 764 bis 730 v. Chr. erhalten. Felix Jacoby 203 hat für seine Umrechnung Rückhalt im Marmor Parium gesucht, da die Chronik Archias, den Oikisten von Syrakus (!), in die zehnte Generation nach der Rückkehr der Herakliden setzt 204 und Jacoby Ephoros als Quelle sieht. Diese Vorgehensweise lässt nicht zuletzt die Ungewissheit von Ephoros’ zeitlichem Ansatz zwischen dem Trojanischen Krieg und der Rückkehr der Herakliden völlig außer Acht. Ähnlich wie Felix Jacoby hat außerdem Bernhard Schweitzer 205 versucht, eine exakte Übereinstimmung zwischen Ephoros’ und Thukydides’ Datierungen zu erreichen. So rekonstruiert Jacoby bei Ephoros die 13. Generation nach dem Trojanischen Krieg (um 736 v. Chr.) als Gründungsdaten für Naxos und Megara Hyblaia, rechnet also von 1136 v.Chr. mit einer Generationenlänge von 33⅓ Jahren. Sowohl Jacobys als auch Schweitzers Argumentation zeigen die Vorstellung, die Gründungsdaten bei Ephoros müssten exakt jenen von Thukydides entsprechen; dabei werden feststellbare Differenzen mit der lückenhaften Genereationenzahl in Strabons Text einfach wegerklärt. Neben dem bereits zitierten Ephoros-Fragment (BNJ 70 F 137a) informiert Strabon wenige Zeilen später über die Gründung von Syrakus: 206 So habe Archias aus Korinth Syrakus etwa zur gleichen Zeit (περὶ τοὺς αὐτοὺς χρόνους) gegründet (ἔκτισεν), als Naxos und Megara Hyblaia besiedelt wurden (ᾠκίσθησαν). Auch Pseudo-Skymnos 207 erwähnt die Gründung von Syrakus, die in etwa zur gleichen Zeit wie jene von Naxos und Megara Hyblaia erfolgt sei. Die Reihenfolge könnte ein höheres Alter von Naxos und Megara

202 203 204 205 206 207

Jacoby, FGrHist II C, 76. Jacoby 1904a, 160. Marm. Par. A 31. Schweitzer 1918b, 25. Strab. 6, 2, 4. Ps.-Skymn. 278–282.

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Hyblaia implizieren. Der spätantike Lexikograph Stephanos von Byzanz 208 bietet exakt dieselbe Information zu den frühen griechischen Gründungen auf Sizilien. Auch hier erfolgt die Besiedelung von Syrakus durch den Oikisten Archias aus Korinth zur gleichen Zeit wie jene von Naxos; die Stadt Megara Hyblaia wird im Text in Anlehnung an Strabon nur ergänzt. Aufgrund der sprachlichen Unterschiede will Stefan Radt 209 Strabon als direkte Quelle für Stephanos eher ausschließen, seiner Meinung nach greifen Pseudo-Skymnos und Stephanos vielmehr auf die gleiche Quelle, vielleicht Ephoros, zurück. 210 Die Frage, ob Strabon die Information zu Syrakus ebenso von Ephoros übernommen hat, ist aufgrund mangelnder Kennzeichnung kaum definitv zu beantworten. Wie so oft in antiken Werken wird die Quelle nicht explizit genannt. In der Erzählung Strabons von den Städtegründungen auf Sizilien findet sich kein Bruch zwischen dem Zitat aus Ephoros᾽ Werk und der ungefähren Gleichsetzung von Syrakus und Megara Hyblaia beziehungsweise Naxos. Dieser nahtlose Übergang könnte dafür sprechen, dass Strabon weiterhin Ephoros als Vorlage verwendet hat. Aufgrund der fragmentarischen Überlieferung von Ephoros’ Werk bleibt allerdings unbekannt, wie ausführlich Ephoros auf die Gründungsgeschichten einging. Es wäre nämlich ebenso denkbar, dass Strabon für die griechischen Gründungen auf Sizilien eine Lokalgeschichte, wie beispielsweise Antiochos, als Quelle heranzog. Allerdings stellt ein weiteres Argument für Ephoros als Strabons Quelle der nahezu idente Inhalt bei Pseudo-Skymnos dar. Wenn Strabon nun für die Gründung von Syrakus tatsächlich Ephoros herangezogen hat, so wäre die Vorrangstellung von Naxos und Megara Hyblaia als älteste Gründungen nicht so präsent, wie eingangs vermutet. Dennoch lässt sich meiner Meinung nach eine leichte Abweichung von Thukydides’ chronologischer Darstellung feststellen. Im Gegensatz zu Antiochos benennt Ephoros 211 weiters den Oikisten von Metapont mit „Daulios, den Tyrannen von Krisa in der Nähe Delphis“ (Δαύλιος ὁ Κρίσης τύραννος γεγένηται τῆς περὶ Δελφούς). Dieser Zusatz hilft in der Datierungsfrage allerdings nicht weiter, da über die vermutlich legendäre Figur nichts Näheres bekannt ist. 212 Die Gründung von Taras stellt Ephoros 213, wie bereits Antiochos vor ihm, in Zusammenhang mit dem Messenischen Krieg. Auch bei Ephoros treffen die Parthenier 214 auf griechische Siedler in Taras, wobei wiederum unklar bleibt, ob dies als eine ‚historische‘ Gründung oder als eine einem Heros zugeschriebene Niederlassung aufzufassen ist.

208 Steph. Byz. s.v. Syrakusai (Billerbeck 2016, 234–235). 209 Radt 2007, 182. 210 Eine Annahme, die Margarathe Billerbeck (2016, 235 Anm. 398) in der kürzlich erschienenen Edition von Stephanosʼ Ethnica entschieden ablehnt. 211 BNJ 70 F 141 (apud Strab. 6, 1, 15). 212 Dunbabin 1948, 32. 213 BNJ 70 F 216. 214 Zur Frage der Identität der Parthenier siehe zuletzt: Schmitz 2017.

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190 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Tabelle 7: Gründungsdaten nach Ephoros und Pseudo-Skymnos Ephoros

Ps.-Skymnos

Naxos und Megara in der 10. (?) Generation nach dem Trojanischen Krieg

Naxos und Megara und Zephyrion in der 10. Generation nach dem Trojanischen Krieg

in etwa zeitgleich Syrakus

in etwa zeitgleich Syrakus danach Leontinoi, Zankle, Katane, Kalliopolis (?) danach Euboia und Mylai (?) danach Himera (?) Sybaris habe 210 Jahre existiert

Taras (1 Generation?) nach einem/dem Messenischen Krieg gegründet

5.1.3.4 Das Marmor Parium (3. Jahrhundert v. Chr.) Beim Marmor Parium handelt es sich um eine Inschrift aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. auf der Insel Paros, die ausgewählte Ereignisse, beginnend mit dem ersten König von Athen (umgerechnet 1581/80 v. Chr.) bis ins Jahr 299/8 v. Chr., als Euktemon das Archontenamt innehatte, berichtet. 215 Ausgehend vom Jahr 264 v. Chr., als Diognetos das Archontenamt ausübte, wird jeweils mittels eines Intervalls das betreffende Jahr bezeichnet. In der Parischen Chronik ist auch die Gründung von Syrakus durch den aus Korinth stammenden Archias angegeben. 216 An dieser Stelle hat sich die Intervalldatierung leider nicht erhalten, da sich die Ziffer in der Inschrift nicht erhalten hat: ἀφ᾽ οὗ Ἀρχίας Εὐαγήτου δέκατος ὢν ἀπὸ Τημένου ἐκ Κορίνθου ἤγαγε τὴν ἀποικίαν [καὶ ἔκτισε] Συρακού[σσας, ἔτη … β]α[σι]λεύ[ο]ντος Ἀθηνῶν Αἰσχύλου ἔτους εἰκοστοῦ καὶ ἑνός. 217 Seit Archias, Sohn von Euagetos, zehnter seit Temenos, eine Kolonie von Korinth führte und Syrak[us gründete, sind es … Jahre,] im 21. Jahr von [K]ö[n]ig Aischylos von Athen. 218

215 Näheres zum Marmor Parium, wie beispielsweise die inhaltliche Schwerpunktsetzung, siehe: Kapitel 3. 216 Marm. Par. A 31. 217 Griechischer Originaltext nach: Rotstein 2016, 26. 218 Eigene Übersetzung in Anlehnung an: Rotstein 2016, 42.

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Durch die attische Königs- und Archontenliste bei Kastor  219 (apud Eusebius, Chronographia 220) beziehungsweise deren moderne Emendation/Edition 221 ließe sich das Datum je nach inklusiver oder exklusiver Rechnung auf 757 222 oder 758 v. Chr. 223 festlegen. Hier hat Felix Jacoby 224 jedoch einen berechtigten Einwand gegen die Verwendung der attischen Königsliste nach Kastor ausgesprochen, da er von einer anderen Version im Marmor Parium ausgegangen ist. Das Marmor Parium 225 datiert Pheidon 226 in die elfte Generation nach Herakles, 631 Jahre vor Aufstellung der Chronik im Jahr 264 v. Chr. und nennt den attischen König Pherekles. Folglich erhält man mit 895/4 v. Chr. im Gegensatz zu Kastor (umgerechnet 863 v. Chr.) eine um zirka 30 Jahre ältere Datierung für den attischen König Pherekles. Dies hat Felix Jacoby veranlasst, in der Parischen Chronik allgemein eine um 30 Jahre höhere Datierung der attischen Könige zu vermuten und das Gründungsdatum dementsprechend mit 788  v. Chr. umzurechnen. 227 Freilich bleibt ein derartiger Dominoeffekt für die Datierungen der attischen Könige im Marmor Parium im Vergleich zu Kastors Liste hypothetisch, weshalb auch Jacobys Vorschlag nicht als ein hieb- und stichfestes Datum gelten dürfte. Berechtigterweise wird man allenfalls von einer Abweichung der thukydideischen Tradition im Sinne einer älteren Datierung umgerechnet in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v.Chr. ausgehen dürfen. Ein mögliches Gründungsdatum 757 v. Chr. für Syrakus wurde zudem aufgrund eines Philistos-Fragments 228 in Erwägung gezogen. 229 Δύμη · … καὶ Φίλιστος Σικελικῶν ᾱ >. 230 219 FGrHist 250 F 4. 220 Karst 1911, 85–89. 221 Die Summen dieser Regentenliste stimmen oftmals nicht mit den einzelnen Angaben überein, weshalb an scheinbar korrupten Zahlen eine Emendation vorgenommen wird. Gemäß der Liste war Aischylos 23 Jahre im Amt und in seinem 12. Regierungsjahr sollen die ersten Olympischen Spiele stattgefunden haben. Dies würde auf eine Regierungszeit von 788–765  v. Chr. schließen lassen. Jedoch spießt sich diese Datierung mit der Äußerung, Kreon habe als erster jährlicher Archon sein Amt in der 24. Olympiade (684/3–681/80  v. Chr.) innegehabt. Aus diesem Grund geht man von einem Schreibfehler aus und weist dem zweiten Regierungsjahr von Aischylos die ersten Olympischen Spiele zu. Diese Zuschreibung scheint auch in den Excerpta Latina Barbari sowie bei Georgios Synkellos (Samuel 1972, 195; Adler – Tuffin 2002, 231) auf, dort allerdings mit abweichenden Regierungszeiten. Zu dem teilweise sehr komplexen Themenbereich nach wie vor: Schwartz 1894; Jacoby 1902b; Jacoby, FGrHist II D, 823. 222 Z.B. Beloch 1913, 223; Pareti 1914, 317; Burn 1935, 137; Dunbabin 1948, 446. 223 Z.B. Miller 1970, 87–88; Mosshammer 1979, 202; Kõiv 2000, 10. 224 Jacoby, FGrHist II D, 669, 685. 225 Marm. Par. A 30. 226 Zu den äußerst divergierenden zeitlichen Ansätzen für Pheidon in der Antike siehe zuletzt: Kõiv 2000; Kõiv 2001. 227 So auch: Schweitzer 1918b, 23; Dunbabin 1948, 446. 228 BNJ 556 F 2 (apud Steph. Byz. s.v. Dyme). 229 Z.B. Beloch 1913, 224. 230 Griechischer Originaltext nach: BNJ 556 F 2.

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192 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Und Philistos im ersten Buch seiner Sikelika: In der Olympiade, als Oibotas [von Dyme] im Stadionlauf siegte. 231 Es ist jedoch völlig unklar, welches Ereignis hier mit den 6. Olympischen Spielen 232 (756 v. Chr.) datiert werden sollte. Georges Vallet und François Villard 233 haben damit die Gründung von Naxos in Verbindung gebracht. Wenngleich ein inhaltlicher Konnex mit einem wichtigen Ereignis in Sizilien wahrscheinlich ist, fehlt jeglicher stichhaltige Beleg für eine Bezugnahme zur Gründung von Syrakus oder Naxos. Damit darf die Annahme eines Gründungsdatums 757 v. Chr. für Syrakus in der Parischen Chronik als überholt gelten. Es bleibt bei einer groben zeitlichen Verortung umgerechnet in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. Tabelle 8: Gründungsdaten im Marmor Parium Marmor Parium Gründung von Syrakus durch Archias in der 10. Generation nach Temenos und im 21. Jahr von Aischylos

5.1.3.5 Timaios (3. Jahrhundert v. Chr.) Timaios, der im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. tätig war, wird die Datierung von Syrakus ins gängige Jahr 734 v. Chr. zugeschrieben. 234 Die Grundlage dafür soll hier durchleuchtet werden. So ist zunächst in dem Fragment BNJ 566 F 80 (apud Scholia Apollonios Rhodios 4, 1216) zu lesen: Τίμαιος δέ φησι μετὰ ἔτη ἑξακόσια τῶν Τρωικῶν Χερσικράτη, ἀπόγονον τῶν Βακχιαδῶν, κατωικηκέναι τὴν νῆσον. „Timaios berichtet, dass 600 Jahre nach dem Troischen Krieg Chersikrates, ein Abkömmling der Bakchiaden, die Insel (Kerkyra/Korfu) besiedelt habe.“ 235 Um hier ein absolutes Datum zu erhalten, bedarf es der zeitlichen Bestimmung des Trojanischen Kriegs bei Timaios. Gemäß Censorinus 236, einem Autor aus dem 3. Jahrhundert n.Chr., setzte Timaios 237 den Trojanischen Krieg 417 Jahre vor der ersten Olympiade an. 231 232 233 234 235 236 237

Eigene Übersetzung. Gemäß Eusebius: Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 66; Christesen 2007, 388. Vallet – Villard 1955, 212. Meyer 1893, 316-317; Schweitzer 1918b, 26; Dunbabin 1948, 443. Übersetzung: Gauger – Gauger 2015, 219. Cens. 21, 2–3. BNJ 566 F 125.

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Aus diesem Grund hat die moderne Forschung gängigerweise das Datum 1193 v. Chr. angesetzt und folglich 593 v.Chr. für Kerkyras Gründung. Mit dieser Umrechnung bestehen aber Unsicherheiten, da es keineswegs so eindeutig ist, ob Timaios das Datum der ersten Olympischen Spiele tatsächlich wie Eratosthenes umgerechnet mit 776 v.Chr. festlegte. 238 Für Korkyras Gründungsdatum wird außerdem eine Textstelle Strabons 239 herangezogen. Gemäß Strabon hat Archias auf dem Weg nach Syrakus Chersikrates in Kerkyra abgesetzt. Die gängige Meinung in der Forschung verbindet damit das thukydideische Datum 734 v. Chr., wonach auch Kerkyra in diesem Jahr gegründet worden sei. Ein Gründungsdatum 734 v. Chr. für Kerkyra hat man außerdem durch Funde spätgeometrischer Keramik bestätigt gesehen, die Kerkyras Gründung als zeitgleich mit jener von Syrakus zu erkennen geben. 240 Die konventionelle Keramikchronologie stützt sich primär auf das gängige Gründungsdatum 734 v.Chr. für Syrakus, um den spätgeometrischen Stil datieren zu können. Ein Datum im späten 8. Jahrhundert v. Chr. spießt sich allerdings deutlich mit der vorigen Umrechnung der zeitlichen Angabe im Timaios-Fragment (593 v. Chr.). Bereits Felix Jacoby 241 hat eine Übereinstimmung mit dem thukydideischen Zeithorizont für Syrakus’ Gründung erreichen wollen, weshalb er im Scholion statt 600 Jahre nach dem Trojanischen Krieg die Zahl auf 450 emendiert hat. Demnach würde sich bei Festhalten an dem Jahr 1193 v. Chr. für Timaios’ Datierung des Trojanischen Kriegs 743 v. Chr. für Kerkyras Gründung ergeben, das für Jacoby nahe genug an dem konventionellen Gründungsdatum 734 v.Chr. für Syrakus lag. Allerdings gibt es nun unterschiedliche Meinungen, ob Timaios den Trojanischen Krieg gemäß Censorinus (BNJ 566 F 125) 1193 v. Chr. 242 oder gemäß des oben zitierten Scholions (BNJ 566 F 80) in Kombination mit Strabon etwa 1334 v. Chr. 243 ansetzte. Wenn man von diesen Rechenproblemen einmal einen Schritt zurückgeht, kann es erstens durchaus sein, dass Timaios wie Herodot zwei unterschiedliche Ansätze für den Trojanischen Krieg bot 244 und Timaios’ Datierung für Kerkyras Gründung nicht zwingend mit Strabons Information sowie dem konventionellen thukydideischen Datum für Syrakus’ Gründung einhergeht. Tabelle 9: Gründungsdaten nach Timaios Timaios Kerkyra 600 Jahre nach Trojanischem Krieg

238 239 240 241 242 243

Siehe: Kapitel 3. Strab. 6, 2, 4. Meyer 1979; Strauch 1999. Jacoby 1904a, 162. Z.B. Jacoby 1904a, 162 (jedoch mit einem Schreibfehler 1184); Kokkinos 2009a, 40 Anm. 11. Z.B. Meyer 1893, 316; Dunbabin 1948, 443; Asheri 1991/92, 70 Anm. 31; Feeney 2007, 251 Anm. 136. 244 Zu den zwei unterschiedlichen zeitlichen Ansätzen des Trojanischen Kriegs bei Herodot: Burkert 1995, 141–142; Bichler 2003, 357–359.

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194 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung 5.1.3.6 Pseudo-Skymnos (2. Jahrhundert v. Chr.) Pseudo-Skymnos 245 hat in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts  v. Chr., wie bereits weiter oben in Zusammenhang mit Ephoros erwähnt, in seinem Werk Welt-Rundreise 246 die Gründungen von Naxos und Megara in die zehnte Generation nach dem Trojanischen Krieg angesetzt. Wenn die Auflistung eine relative Reihung impliziert, hat Pseudo-Skymnos Syrakus’ Gründung erst nach Naxos und Megara Hyblaia angesetzt. Im Anschluss an diese Zeilen informiert Pseudo-Skymnos 247 zudem über die restlichen griechischen Gründungen auf Sizilien: Μετὰ ταῦτα δ᾽ ἀπὸ Νάξου Λεοντίνη ἡ τὴν θέσιν τ᾽ ἔχουσα Ῥηγίου πέραν, ἐπὶ τοῦ δὲ πορθμοῦ κειμένη τῆς Σικελίας Ζάγκλη, Κατάνη, Καλλίπολις ἔσχ᾽ ἀποικίαν. Πάλιν δ᾽ ἀπὸ τούτων δύο πόλεις, Εὔβοια καὶ Μύλαι κατῳκίθησαν ἐπικαλούμεναι, εἶθ᾽ Ἱμέρα καὶ Ταυρομένιον ἐχομένη · εἰσὶν δὲ πᾶσαι Χαλκιδέων αὗται πόλεις. Τὰς Δωρικὰς δὲ πάλιν ἁναγκαῖον φράσαι · Μεγαρεῖς Σελινοῦνθ᾽, οἱ Γελῷοι δ᾽ ἔκτισαν Ἀκράγαντα, Μεσσήνην δ᾽ Ἴωνες ἐκ Σάμου, Συρακόσιοι δὲ τὴν Καμάριναν λεγομένην · αὐτοὶ δὲ ταύτην ἦραν ἐκ βάθρων πάλιν πρὸς ἓξ ἔτη καὶ τετταράκοντ᾽ ᾠκημένην. Αὗται μέν εἰσὶν αἱ πόλεις Ἑλληνίδες · 248 „Danach wurden von Naxos aus die Leontine, Zankle, das Rhegion gegenüber an der Meerenge von Sizilien liegt, sowie Katane und Kallipolis besiedelt. Von diesen aus wurden wiederum zwei Städte als Kolonien gegründet, die Euboia und Mylai heißen, danach noch Himera und das benachbarte Tauromenion: All diese Städte sind aber Gründungen der Leute aus Chalkis. Man muss aber andererseits auch die dorischen nennen: Die Megarer gründeten Selinunt, die Leute aus Gela Akragas, Messene Ionier aus Samos, Syrakusaner die Stadt, die Kamarina genannt wird. Diese zerstörten sie aber selbst wieder bis auf die Grundmauern, nachdem sie sechsundvierzig Jahre hindurch bewohnt worden war. Das also sind die griechischen Städte;“ 249 Wenn man nun Pseudo-Skymnos’ Text mit Thukydides’ Sizilischer Archäologie vergleicht, ergibt sich folgendes Bild: Zuallererst stimmt die Platzierung von Leontinoi mit Thukydides’ Version überein. Zwischen Leontinois und Katanes Gründung nennt PseudoSkymnos allerdings noch Zankle, das Thukydides zwar erwähnt, aber nicht näher zeitlich verortet. Das nächstgenannte Kalliopolis lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit lokalisieren und findet sich auch nicht bei Thukydides. Von den sekundären Kolonien werden in der Reihenfolge noch Euboia, Mylai, Himera und Tauromenion genannt. Die genaue 245 246 247 248 249

Ps.-Skymn. 270–279. Möglicherweise handelt es sich dabei nicht um den authentischen Titel. Korenjak 2003, 9. Ps.-Skymn. 283–297. Griechischer Originaltext nach: Korenjak 2003, 34. Übersetzung: Korenjak 2003, 35.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Lage von Euboia auf Sizilien ist ungeklärt und wird auch in der Sizilischen Archäologie des Thukydides nicht erwähnt. Mit Tauromenion endet Pseudo-Skymnos’ chronologische Darstellung, danach schiebt er noch die dorischen Gründungen ein, ohne sie zeitlich näher zu fixieren. Prinzipiell erscheint die Aufzählung der Gründungen aber zeitlich zu ungenau, um eine relative Reihenfolge für alle erwähnten Städte zu erstellen. Versuchsweise kann noch die Aufzählung bis zur Gründung Himeras als grobe zeitliche Reihung verstanden werden, was auch in der zusammenfassenden Tabelle unten angenommen wird. Zu Kamarinas und Sybaris’ Gründungsdaten ist in diesem Zusammenhang noch Molly Millers Zugang zu erwähnen, die Pseudo-Skymnos’ Angaben mit anderen Quellen kombiniert und dabei ein einheitliches chronologisches System für die Gründungsdaten voraussetzt. Dementsprechend verbindet Miller nun Pseudo-Skymnos’ Beschreibung von Kamarinas 46-jähriger Existenz mit den Pindar-Scholien 250, wonach Kamarina in der 45. Olympiade (600/599–597/6 v. Chr.) gegründet und in der 57. Olympiade (552/1– 549/8 v. Chr.) zerstört worden sei. Dies lässt rein rechnerisch nur einen Zeitraum von 597/6 bis 552/1 v. Chr. zu. Pseudo-Skymnos 251 informiert ferner, dass Sybaris „etwa zwanzig und dann noch einmal hundertneunzig hindurch sicher Bestand gehabt“ 252 (τὰ πάντα διαμείναντας ἀπταίστως ὡς ἑκατὸν ἐνενήκοντα πρὸς τοῖς εἴκοσι 253) hatte. Warum hier die 210 Jahre von Sybaris’ Existenz in zwei Intervalle, nämlich 20 und dann noch einmal 190 Jahre unterteilt worden sind, muss offen bleiben. 254 Für Sybaris’ Zerstörung liefert nun Diodor 255 eine Datierung. Als Lysikrates das Archontenamt in Athen sowie Gaius Nautius Rutilus und Lucius Minucius Carutianus das Konsulat in Rom ausübten, war Sybaris vor 58 Jahren zerstört worden. Wieder einmal bereitet Diodors Nennung der Konsuln gewisse Schwierigkeiten, wenn der Name des zweiten Konsuls und die Datierung in den Fasti Capitolini mit 458 v. Chr. abweicht. 256 Aufgrund des Archonteninhabers wird dieses Jahr aber mit 453/2 v. Chr. angesetzt, wenngleich Diodor hierfür die einzige Quelle darstellt. 257 Gemäß Diodor wurde Sybaris umgerechnet 511/10 v. Chr. (zum ersten Mal) zerstört, in Kombination mit Pseudo-Skymnos’ Text erhält man theoretisch ein Gründungsdatum von 720 v. Chr. Tabelle 10: Gründungsdaten nach Pseudo-Skymnos Ps.-Skymnos Naxos und Megara und Zephyrion in der 10. Generation nach dem Trojanischen Krieg in etwa zeitgleich Syrakus

250 251 252 253 254 255 256 257

Scholion zu Pind. Ol. 5, 16. Ps.-Skymn. 359–360. Übersetzung: Korenjak 2003, 39. Griechischer Originaltext nach: Korenjak 2003, 38. So auch der Kommentar von Martin Korenjak (2003, 83). Diod. 11, 88, 1; 11, 90, 3. Siehe dazu: Perl 1957, 57. Samuel 1972, 207.

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196 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Ps.-Skymnos danach Leontinoi, Zankle, Katane, Kalliopolis (?) danach Euboia und Mylai (?) danach Himera (?) Sybaris habe 210 Jahre existiert

5.1.3.7 Diodor (1. Jahrhundert v. Chr.) Im 1. Jahrhundert v. Chr. berichtet Diodor 258 zum Gründungsdatum von Selinunt: „[…] während in Athen Diokles das oberste Amt übernahm, hatten in Rom Quintus Fabius und Gaius Furius das Konsulat inne. […] So war denn die Stadt [Selinunt] gefallen, nachdem sie von ihrer Gründung an zweihundertzweiundvierzig Jahre [ἀπὸ τῆς κτίσεως οἰκηθεῖσα χρόνον ἐτῶν διακοσίων τεσσαράκοντα δύο 259] als Wohnstätte gedient hatte.“ 260 Diokles wird laut dieser Textstelle als Amtsinhaber des Jahres 409/8  v. Chr. identifiziert, 261 jedoch werden die beiden Konsuln Quintus Fabius und Gaius Furius gemäß den Fasti Capitolini dem Jahr 412/1  v. Chr. zugewiesen. 262 Somit liegt hier in Hinblick auf die Fasti Capitolini abermals eine abweichende Angabe Diodors vor. Diodor gibt weiters die Information, dass die Stadt Selinunt 242 Jahre nach deren Gründung von Hannibal zerstört wurde. Rechnet man nun inklusiv erhält man als Gründungsdatum von Selinunt 651 v. Chr., exklusiv hingegen 650 v.Chr. Diodor bietet somit für Selinunts Gründung eindeutig eine alternative zeitliche Ansetzung als Thukydides, was gerade für die Keramikchronologie wesentliche Schwierigkeiten bereitet, wie im entsprechenden Abschnitt weiter unten noch zu diskutieren sein wird. Als einzige Quelle gibt Diodor 263 zudem Auskunft über den Zeitpunkt der Gründung Himeras: „Nachdem Hannibal auch noch die Tempel ausgeraubt und jene, die dort Schutz gesucht hatten, gewaltsam daraus entfernt hatte, machte er die Stadt dem Erdboden gleich, zweihundertvierzig Jahre nach ihrer Gründung [οἰκισθεῖσαν ἔτη διακόσια τεσσαράκοντα 264].“ 265 Nachdem Hannibal Himera im selben Jahr wie Selinunt zerstörte, erhält man inklusiv 649 v.Chr. beziehungsweise exklusiv 648 v. Chr. als Gründungsdatum. Bernhard Schweitzer 266 hat sowohl die Angabe für Selinunt als auch jene für Himeras in Verbin258 259 260 261 262 263 264 265 266

Diod. 13, 54, 1; 13, 59, 4. Griechischer Originaltext nach: Oldfather 1962, 286. Übersetzung: Veh 1998, 236, 242. Diodor ist hierfür die einzige Quelle. Broughton 1951, 77–78; Samuel 1972, 208, 258. Diod. 13, 54; 13, 62, 4. Griechischer Originaltext nach: Oldfather 1962, 294. Übersetzung: Veh 1998, 245. Schweitzer 1918b, 29.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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dung mit einer Zeitzählung der jeweiligen Städte ab urbe condita gebracht und darin eine zuverlässige Angabe gesehen. 267 Im Rahmen dieser Arbeit werden sie aber vielmehr als im Nachhinein konstruierte Daten verstanden, um deren Exaktheit sich die antiken Historiographen und Chronographen wesentlich bemühten. Im fünften Buch liefert Diodor 268 ferner eine Datierung Liparas in die 50. Olympiade (κατὰ τὴν Ὀλυμπιάδα τὴν πεντηκοστήν 269), als Epitelidas aus Lakonien den Sieg im Stadion errang. 270 Durch die Nennung des Siegers im Stadionlauf präzisiert Diodor seine Datierung innerhalb der 50. Olympiade (580/79–577/6 v. Chr.) auf Ol. 50,1 (580 v. Chr.). 271 Während Diodor an dieser Stelle die Oikisten Gorgos, Thestor und Epithersides als Nachfolger des verstorbenen Pentathlos nennt, verweist er außerdem auf seine Darstellung im vierten Buch, 272 dass bereits Aiolos die griechische Besiedlung von Lipara vorgenommen habe. So trafen die Oikisten samt ihrer Gefolgschaft auf 500 Nachfolger von Aiolos’ Gründung. Das Aition der äolischen Inseln hätte aber auch die Möglichkeit einer höheren zeitlichen Ansetzung der Gründung zur Folge haben können, die für unser Verständnis freilich im Bereich des Mythischen anzusiedeln wäre. 273 Dies kann einmal mehr als Hinweis gewertet werden, dass unsere moderne Trennung zwischen mythischen und historischen Gründungen in der Antike in dieser Form überhaupt nicht existierte. Es stehen sich hier beide Versionen beinahe parallel gegenüber und die späteren Manuskripte von Eusebius geben ohnehin abweichende Daten für Lipara mit 630  v. Chr. 274 (Ol. 37,3) respektive 627 v. Chr. 275 (Ol. 38,2 / AA 1389) an. In Fragment 17 des achten Buches erzählt Diodor von jenem Orakelspruch, der Myskellos Krotons Gründung befahl. Im darauffolgenden Fragment 18 werden die Sybariten als dem Luxus verfallen dargestellt, ein weit bekannter Topos. Nach einer kurzen Abschweifung über den Luxus der Sybariten und Milesier in den Fragmenten 19 und 20 wird schließlich der Orakelspruch wiedergegeben, der Phalanthos die Gründung von Taras befiehlt. Mit Ausnahme einer relativen Abfolge von Kroton und Sybaris scheint mir die Erwähnung von Taras nicht zwingend auf eine exakte Reihenfolge in Hinblick auf 267 Für eine kritische Diskussion einer tatsächlichen ab urbe condita-Zeitzählung sowie eines Vergleiches mit den unterschiedlichen Gründungsdaten für Rom siehe: Kapitel 4. 268 Diod. 5, 9, 2–5. 269 Griechischer Originaltext nach: Oldfather 1961, 120. 270 Auch bei Eusebius findet sich Epitelidas als Sieger des Stadionlaufes bei den 50. Olympischen Spielen (580/79 v.Chr.). Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 69; Christesen 2007, 391. 271 Aus diesem Grund ließe sich auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, Ὀλυμπιάς gemäß LSJ hier mit den Olympischen Spielen zu übersetzen. Es wurde jedoch die Übersetzung der Loeb-Edition im Sinne der Olympiade im Fließtext übernommen. 272 Diod. 4, 67, 6. 273 Ähnlich beschreibt Pindar in seiner siebten Olympischen Ode mehrere Phasen der Entstehung beziehungsweise ‚Kolonisation‘ der Insel Rhodos. Diese sei aus der Ehe des Gottes Helios und der Nymphe Rhodos entstanden und folglich durch Tlepolemos, dem Sohn von Herakles, besiedelt worden. Für eine Einordnung der siebten Olympischen Ode Pindars in den ‚kolonialen‘ Diskurs siehe: Dougherty 1993, 120–135. 274 Helm 1956, 96bm. 275 Karst 1911, 186.

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198 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Sybaris hinzuweisen. Somit kann Thomas Dunbabins 276 Versuch, aus den Fragmenten des achten Buches Diodors 277 eine relative Abfolge der Gründungen von Kroton, Sybaris sowie Taras herauszulesen, nicht vollständig überzeugen. Diodor nennt nämlich keine genaue Reihenfolge. Zusätzlich erschwert der fragmentarische Zustand von Diodors Werk diese Einschätzung nochmals, wenngleich die oben genannten Zitate allesamt in dieser Reihenfolge aus den Konstantinischen Exzerpten (de virtutibus et vitiis) des 10. Jahrhunderts n.Chr. stammen. Tabelle 11: Gründungsdaten nach Diodor Diodor Selinunt 650 v. Chr. (242 Jahre existiert, 409/8 v. Chr. zerstört) Himera 648 v. Chr. (240 Jahre existiert, 409/8 v. Chr. zerstört) Lipara 580 v. Chr. (Ol. 50,1) Kroton vor Sybaris (ohne absolute Datierung)

5.1.3.8 Strabon / Livius (1. Jahrhundert v. Chr.) Neben dem bereits besprochenen Ephoros-Fragment (BNJ 70 F 137a) bei Strabon 278 informiert dieser außerdem über die zeitliche Gleichsetzung von Krotons und Syrakus’ Gründung, die bereits bei Antiochos aufscheint. So haben die Oikisten Myskellos und Archias das delphische Orakel zur selben Zeit befragt und die Frage erhalten, ob sie Reichtum oder Gesundheit wählen wollen. Archias entschied sich für Reichtum, Myskellos hingegen für Gesundheit, woraus die Wahl der zu gründenden Kolonien resultierte. Wie bereits im Zusammenhang von Timaiosʼ Gründungsdatum für Korkyra erwähnt, berichtet Strabon, dass Archias Chersikrates auf dem Weg nach Syrakus auf der Insel Kerkyra abgesetzt habe, woraufhin Chersikrates mit Siedlern eine griechische Gründung angelegt habe. An anderer Stelle schreibt Strabon 279 als einziger antiker Autor, dass die von Chalkidiern und Kymäern 280 gegründete Niederlassung Kyme als älteste in Italien und Sizilien gelte. Die gängige Zuschreibung an Chalkis erklärt Strabon mit einer Übereinkunft der Oikisten. Hippokles aus Kyme durfte der Kolonie den Namen seiner Heimatstadt geben, während die Gründung Megasthenes aus Chalkis ‚gehörte‘. Von einer unterschiedlichen

276 277 278 279 280

Dunbabin 1948, 440. Diod. 8, 17–18; 8, 21. Strab. 6, 2, 4. Strab. 5, 4, 4. Es gibt zwei Städte mit dem Namen Kyme, nämlich jenes in Kleinasien und jenes auf Euboia. Beide hat man hierfür in Betracht gezogen. D’Agostino 2006, 232; Parker 1997, 53.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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Erzählung zu Kyme berichtet Livius 281, wonach sich die Chalkidier zuerst in Pithekoussai (und Aenaria 282) niedergelassen und erst danach in Kyme gesiedelt hätten. Dies weist einmal mehr auf die Existenz von divergierenden Gründungserzählungen hin, die mitunter zu unterschiedlichen Datierungen führen können. Darüber hinaus erwähnt Strabon 283 ebenso die chalkidische und eretrische Niederlassung Pithekoussai, nennt aber kein Datum und gibt keine zeitliche Relation zu Kymes Gründung. Seiner Darstellung nach haben die Bewohner die Insel Pithekoussai aufgrund von Zwietracht untereinander und in Folge von Naturkatastrophen verlassen. Wohin die Siedler Pithekoussais schließlich gingen, lässt Strabon allerdings offen. Tabelle 12: Gründungsdaten nach Strabon und Livius Strabon Kyme als älteste Kolonie Siziliens und Italiens Gleichzeitigkeit von Kroton und Syrakus und Kerkyra Livius Chalkidier zuerst in Pithekoussai und Aenaria gesiedelt, dann Gründung von Kyme

5.1.3.9 Dionysios von Halikarnassos (1. Jahrhundert v. Chr.) Dionysios von Halikarnassos 284 schreibt im Zusammenhang mit der seiner Meinung nach unmöglichen Gleichzeitigkeit von König Numa mit dem Philosophen Pythagoras, dass Myskellos in Ol. 17,3 (710/9 v. Chr.) Kroton gegründet hat. Tabelle 13: Gründungsdaten nach Dionysios von Halikarnassos Dionysios von Halikarnassos Kroton in Ol. 17,3 (710/9 v. Chr.) gegründet

5.1.3.10 Eusebius (3./4. Jahrhundert n.Chr.) Ein Blick auf Tabelle 4 weist neben Thukydides Eusebius sowohl in der armenischen als auch in der lateinischen Überlieferungsform als grundlegende Quelle zu den 281 Liv. 8, 22, 5–6. 282 Mit Aenaria wird Pithekoussai selbst identifiziert, wonach mit der Bezeichnung Pithekoussai und Aenaria eine unbeabsichtigte Doppelnennung der Insel Ischia vorhanden wäre. Oakley 1998, 629–631; Radt 2007, 126. 283 Strab. 5, 4, 9. 284 Dion. Hal. ant. 2, 59, 3.

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200 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Gründungsdaten aus. Abweichend zur thukydideischen Chronologie setzt Hieronymus Selinunts Gründung 650  v.Chr. (Ol. 32,3) an, was gerade für die Keramikchronologie einen heiklen Punkt darstellt. Thomas Dunbabin 285 hat diesen Umstand versuchsweise auf eine Verwechslung mit Himera zurückgeführt. Dies soll nicht kategorisch ausgeschlossen werden, jedoch scheint eine andere Lösung viel naheliegender. Würde man dies einfach mit der Schwierigkeit in Verbindung bringen, Ereignisse aus der frühen Archaik zeitlich exakt zu verorten, sind Abweichungen auch als Ausdruck dieser chronologischen Unsicherheiten beziehungsweise unterschiedlicher Forschungsergebnisse von antiken Autoren zu werten. Bei Eusebius werden mitunter die abweichenden Angaben in den verschiedenen Texteditionen vernachlässigt, weshalb ein Verweis auf Eusebius’ Textstelle allein nicht ausreicht. Zwar handelt es sich meist nur um kleine und deshalb kaum gravierende Differenzen, ein einwandfreies Nachvollziehen ist jedoch nur mit Angabe der verwendeten Edition möglich. So sind in der zu bevorzugenden Standardedition Helms für Hieronymus 286 bezeichnenderweise minimale Abweichungen zu Amyx’ Zusammenfassung gegeben, wie sie in Tabelle 4 wiedergegeben ist. Demnach datiert Hieronymus nun Syrakus mit 738 v. Chr. (Ol. 10,3) 287, Gela mit 691 v. Chr. (Ol. 22,2) 288 und Kamarina mit 601 v.Chr. 289 (Ol. 44,4). Eine Erwähnung der Gründung Zankles ist bei Hieronymus in Helms Edition überhaupt nicht auszumachen, weshalb Amyx᾽ Angabe wohl in Anlehnung an Thukydides᾽ Text zu verstehen sein wird. Für die armenische Texttradition wird hier Josef Karsts Edition aus dem Jahr 1911, welche noch immer die aktuellste darstellt, verwendet. In Karsts Edition der armenischen Texttradition von Eusebius᾽ Chronik wird Gelas Gründung mit 688  v. Chr. (Ol. 23,1 / AA 1328)  290 und jene von Kamarina mit 599  v. Chr. (Ol. 45,2 / AA 1417) 291 angesetzt. Der gravierendste Unterschied zu Amyx᾽ Angaben für den armenischen Eusebius liegt im Gründungsdatum von Selinunt und Zankle mit 757 v. Chr. (Ol. 5,4 / AA 1259) 292, in Hinblick auf Selinunts Schlüsselrolle für die Keramikdatierung ein höchst problematischer Eintrag. Ungünstigerweise hat Heinrich Petermann 293 in seiner mittlerweile veralteten Edition diesen Eintrag lediglich als eine Variante zu Kalikons und Likonias 294 Gründung in Italien verstanden. Joseph Karst 295 hat hingegen einen Vermerk zu Selinunt und Zankle in Ol. 5,4 (AA 1259) und einen weiteren zu Kalikon und Likonia ein Jahr

285 286 287 288 289 290 291 292 293 294

Dunbabin 1948, 437. Helm 1956. Helm 1956, 89bg. Helm 1956, 93bb. Helm 1956, 99bc. Karst 1911, 183. Karst 1911, 187. Karst 1911, 181. Schoene 1866, 80. Diese beiden Namen sind nicht verständlich beziehungsweise mit keinen bekannten Städten in Italien in Verbindung zu bringen. 295 Karst 1911, 181–182.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

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später in Ol. 6,1 (1260) in seiner Textedition wiedergegeben. 296 Dies veranschaulicht sehr deutlich die Schwächen beider Editionen. Endgültige Klärung mag hier nur die in Vorbereitung befindliche neue Ausgabe bieten, die zudem durch die Auffindung eines neuen Manuskripts (Cod. Maten. 2679) ein Desiderat der Forschung darstellt und sich zurzeit in Vorbereitung befindet. 297 Der Eintrag zu Selinunt und Zankle in der armenischen Texttradition zeigt einmal mehr die Schwierigkeit auf, anhand der armenischen und lateinischen Abschriften das altgriechische Orignal von Eusebius’ Chronik zu rekonstruieren. 298 Das abweichende Datum (757 v. Chr.) für Selinunts Gründung wird in der Forschung großteils übergangen. 299 So hat beispielsweise Ann Harrison 300 Unbehagen darüber geäußert, dass nur Hieronymus Selinunts Gründungsdatum berücksichtigt, während dieses in der armenischen Manuskripttradition gar nicht auftauche. Thomas Dunbabin 301 hat das überlieferte Datum für Zankles und Selinunts Gründung im armenischen Text schlicht als korrupt bezeichnet und die Sinnhaftigkeit eines so frühen Gründungsdatums vor allem für Selinunt angezweifelt. 302 Dementsprechend findet sich auch in Dunbabins Überblickstabelle zu den griechischen Gründungen auf Sizilien kein Vermerk darauf. 303 Jüngst hat Andreas Morakis 304 noch darauf hingewiesen, dass Rudolf Helm in seiner Edition aus dem Jahr 1913/1926 zu Hieronymus’ Text einen Eintrag zu Selinunt für Ol. 5,4 (757 v. Chr.) angegeben habe. Allerdings verweist Helm lediglich im kritischen Apparat neben der armenischen Chronik des Eusebius und Georgios Synkellos’ Chronik 305 auch auf die christliche Chronik von Zuqnin, die ins 8. Jahrhundert n.Chr. datiert wird. So findet sich in darin für das Jahr 1260 (umgerechnet 757  v. Chr.) ein entsprechender Eintrag, der jenem der armenischen Variante von Eusebius ähnelt: in Sicilia Selinus et Zancle urbes conditae sunt. 306 In der eigentlichen Textausgabe ergänzt Helm aber keinen

296 Zu den Schwächen beider Editionen siehe: Kapitel 3. 297 Drost-Abgarjan 2006. 298 Alfred Schoenes (1875) Rekonstruktion des altgriechischen Originals für das erste Buch der eusebischen Chronik stellt bisher den umfassendsten Versuch dar. Burgess 2002, 9. 299 Neben Thomas Dunbabin (1948, 445) erwähnt auch Jonathan Hall (2007, 107) das abweichende Datum, wenngleich dies bei beiden ohne größere Auswirkungen auf die Darstellung der Chronologie bleibt. 300 Harrison 1996, 200. 301 Dunbabin 1948, 445. 302 Ähnlich: Van Compernolle 1952, 318. 303 Bei der Zuweisung des Gründungsdatums 756 v. Chr. für Zankle an Hieronymus dürfte Dunbabin (1948, 436) ein Fehler unterlaufen sein. Dieser Eintrag wäre in Dunbabins Spalte für die armenische Texttradition anzusiedeln. 304 Morakis 2011, 47 Anm. 84. 305 Georgios Synkellos entnahm einige Passagen aus Eusebius’ Chronik wie auch die Erwähnung von Selinunts Gründung, ohne allerdings ein genaues Gründungsdatum zu geben. Die Reihung beziehungsweise Nennung mit anderen Ereignissen und Personen umgerechnet aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. schließt eine Datierung (um 757 v.Chr.) wie in der armenischen Chronik des Eusebius aus: Synkellos 402, 12 = Adler – Tuffin 2002, 311. 306 Pseudo-Dionysius von Tell Mahre / Chronik von Zuqnin: Chabot 1949, 26.

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202 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung daran angelehnten Eintrag für Hieronymus, 307 sondern er wies ausschließlich im Anmerkungsband auf diese Parallelstelle(n). In Helms Ausgabe des Jahres 1956 findet sich nur mehr ein entsprechender Verweis auf die armenische Chronik des Eusebius. Fraglich ist, ob die Textvertreter von Hieronymus’ Abschrift tatsächlich zwei unterschiedliche Gründungsdaten von Selinunt berücksichtigt hätten. Dieser Einwand gegen verschiedene zeitliche Ansetzungen von ein und demselben Ereignis mag jedoch schon in Hinblick auf die sechs Gründungsdaten Karthagos in Hieronymus’ Text 308 kaum schwer wiegen. So scheint auch in der Chronik von Zuqnin Selinunts Gründung insgesamt zwei Mal auf, einmal in der abweichenden zeitlichen Ansetzung und einmal im gewohnten zeitlichen Kontext nach den ersten Gründungen in Naxos und Syrakus. 309 In diesen unangenehmen Divergenzen der Texteditionen sieht Morakis den ausschlaggebenden Grund dafür, warum das Datum von Zankles Gründung in Eusebius’ Chronik oftmals nicht beachtet wird. Doch dürfte ein Abweichen von der thukydideischen Zahlenreihe ein nicht weniger gewichtiges Argument darstellen, weshalb dieses Datum in der Debatte um die Gründungsdaten kaum präsent ist. Die Begründung, die darin ausschließlich einen Überlieferungsfehler sehen will, liegt in der Vorstellung, es habe eine ab dem 5. Jahrhundert v.Chr. standardisierte Version der Gründungsdaten gegeben. Weil die armenische Texttradition in deren Fassung aber nur bis ins 5. Jahrhundert n.Chr. zurückreicht, 310 interessiert die Frage, zu welchem Zeitpunkt dieser neue zeitliche Ansatz für Selinunts Gründung umgerechnet im Jahr 757 v. Chr. aufgekommen ist. Inwieweit es sich hier tatsächlich um eine genuin antike Information handeln könnte, wird sich kaum mit Sicherheit beantworten lassen. Denkbar wäre ebenso, dass diese Datierung für Selinunts Gründung tatsächlich erst in byzantinischer Zeit entstanden ist; sei es durch eine neue Berechnung oder aber auch durch einen wie auch immer gearteten Fehler. Als Argument für eine sehr späte Abänderung von Selinunts Gründungsdatum im armenischen Textzeugen hat Martin Trachsel 311 auf Georgios Synkellos verwiesen. Synkellos 312 nennt zwar in seinem zu Beginn des 9. Jahrhunderts n.Chr. verfassten Werk kein absolutes Datum für Selinunt, doch die relative Reihung nach Naxos und vor Lipara weist den Eintrag tendenziell der Tradition von Diodor/Hieronymus zu. Letztlich können zum genauen Entstehungsdatum der abweichenden Information zu Selinunts Gründung im armenischen Eusebius nur Vermutungen geäußert werden. Das Gründungsdatum Selinunts bietet aber einen essentiellen Beleg dafür, dass der Überlieferung der Gründungsdaten keine völlig unantastbare Tradition zu Grunde gelegen hat. So findet sich auch in der Chronik von Zuqnin die gleiche Abweichung für Selinunts Gründungsdatum, was zumindest für eine weitere Verbreitung dieser Information spricht.

307 308 309 310 311 312

Helm 1913, 87–88. Helm 1956, 58be, 69be, 71bc, 81bb, 143g. Pseudo-Dionysius von Tell Mahre / Chronik von Zuqnin: Chabot 1949, 26, 28. Karst 1911, liv. Trachsel 2004, 189. Synkellos 402.12 = Adler – Tuffin 2002, 311.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

203

Die überlieferten Manuskripte von Eusebius’ Chronik beinhalten außerdem Ortsnamen, deren Lokalisierung auf Sizilien und in Süditalien nicht einwandfrei möglich ist. Bereits Ernst Curtius 313 hat vorgeschlagen, Chersonesos, das Eusebius auf Sizilien ansetzt, mit Mylai gleichzusetzen. Dieser Vorschlag wird heute weitgehend akzeptiert. 314 In der lateinischen Version von Eusebius’ Chronik scheint der Ortsname als Chersonessus 315 auf, in der armenischen Texttradition hingegen verderbt als Cherresos 316. Aufgrund der topographischen Lage von Mylai, das in das Meer ragt, wird von einer näheren Bestimmung als Halbinsel (χερσόνησος) für Mylai ausgegangen. Karl Julius Beloch 317 hat allerdings im Eintrag von Chersonessus einen Hinweis auf Zankle vermutet, jedoch seine Annahme nicht weiter begründet. Darüber hinaus hat Georges Vallet 318 auf methodische Bedenken in Hinblick auf Curtius’ Vorgehen hingewiesen, da es keinen Beleg einer tatsächlichen Namensänderung von Mylai im Laufe der Zeit gibt. Klaus Fittschen 319 spricht hingegen von einer gesicherten Gleichsetzung aufgrund folgender Textstelle in einem Scholion zu Apollonios Rhodios 320 (3. Jahrhundert v. Chr.): οἱ δὲ ἱστορικοὶ Θρίνακόν φασιν ἄρξαι τῆς Σικελίας ** Μύλας δὲ χερσόνησον Σικελίας, ἐν ἧι αἱ τοῦ ῾Ηλίου βόες ἐνέμοντο. 321 „But the historians say that Thrinakos ruled over Sicily and ** Mulas the peninsula of Sicily, upon which the cattle of Helios grazed.“ 322 Ebenso schwierig gestaltet sich die Lokalisation der Gründungen Kalikon und Likonia im italischen Raum, die der armenische Eusebius in Ol. 6,1 / AA 1260 (756 v. Chr.) ansetzt. Möglicherweise könnte mit Kalikon ein verballhornter Name für Kaulonia vorliegen. 323 Für Likonia ist mir überhaupt keine mögliche Gleichsetzung mit einer bekannten Stadt bekannt. Die nicht verständlichen Städtenamen mögen die Zäsur von der antiken Tradition betonen, die hier letztlich auch sprachbedingt sein dürfte. Auch in dieser Fragestellung darf man vielleicht auf Klärung durch den neuen Manuskriptfund der armenischen Version von Eusebius’ Chronik hoffen. Durch den listenartigen Charakter von Eusebius’ Chronik ist es zu erwarten, dass Abschreibarbeiten geringe Abweichungen in der Position von datierten Ereignissen oder Persönlichkeiten verursachen. Denn ein Verrutschen in der Zeile beim Kopiervorgang 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323

Curtius 1887, 683. Dunbabin 1848, 439; Bérard 1957, 98; Coldstream 1968, 325; Neeft 1987, 367; Amyx 1988, 414. Helm 1956, 90bh. Karst 1911, 183. Beloch 1913, 222. Vallet 1958, 83–84. Fittschen 1969, 205. Schol. Apoll. Rhod. 4, 965 (BNJ 566 F 37). Griechischer Originaltext nach: BNJ 566 F 37. Übersetzung: BNJ 566 F 37. Miller 1970, 19.

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204 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung hat eine verschobene Datierung zur Folge. Aus diesem Grund interessieren vielmehr schwerwiegendere Divergenzen, die sich nicht einfach durch ein Versehen beim Kopieren erklären lassen, sondern als tatsächlich abweichende Datierungen aufzufassen sind. Diesbezüglich scheint es hilfreich, die wichtigsten Abweichungen in den Texttraditionen von Eusebius nochmals zusammenzufassen. 1. Die Gründungen von Syrakus und Katane werden beim armenischen Eusebius als im gleichen Jahr stattfindend dargestellt, Hieronymus hingegen siedelt diese getrennt jeweils in Ol. 10,3 (738 v. Chr.) und Ol. 11,1 (736 v. Chr.) an. Man könnte diese geringfügige Abweichung sehr gut mit Lücken in chronographischen Listen beziehungsweise mit dem Kopiervorgang erklären. 324 2. Die Beschreibung von Zankle und Selinunt als älteste griechische Niederlassungen in Sizilien beim armenischen Eusebius lässt sich meiner Meinung nach nicht einfach durch einen Überlieferungsfehler erklären. Hieronymus verwendet Diodors Datum für Selinunts Gründung umgerechnet im Jahr 650  v. Chr., zu Zankles Gründung findet sich kein Vermerk in Hieronymus’ Text. 3. Als älteste Kolonien in Italien scheinen bei Hieronymus Kyme und Mycena umgerechnet im Jahr 1050 v. Chr. auf: Mycena in Italia condita vel Cumae. Aufgrund der Namensgleichheit stünden theoretisch mehrere Städte mit dem Namen Kyme zur Auswahl, nämlich jene in Italien, auf Euboia und in Kleinasien. Gerhard Radke und Alexander Graham haben entgegen der üblichen Lokalisierung in Italien Hieronymus’ Eintrag auf Kleinasien bezogen. 325 Eine Ansetzung in Italien ließe sich zudem mit Strabon in Verbindung bringen, der Kyme als älteste Gründung bezeichnet. Welche Stadt jedoch mit Mycena gemeint ist, lässt sich nicht einfach klären. Aufgrund der Nennung mit Kyme wäre es naheliegend, eine Verortung in der Nähe von Kyme zu suchen. So hat man aufgrund der Ähnlichkeit des Namens das Kap Misenum etwas südlich von Kyme als Lokalisierung vorgeschlagen. 326 Die offensichtliche Ähnlichkeit zum Namen der Stadt Mykene in Griechenland hat Paolino Mingazzini 327 hingegen zu dem Vorschlag veranlasst, dass Eusebius hier möglicherweise vor der euböischen Niederlassung in Kyme eine Gründung Mykenes angesetzt habe. Einen Beleg hat Mingazzini in der sibyllischen Grotte in Kyme gesehen, die seiner Ansicht nach starke Analogien zur Galerie der mykenischen Anlage von Tiryns aufweist. Meines Wissens fand die Ansicht, eine tatsächliche Erinnerung an eine historische Besiedlung Kymes in mykenischer Zeit vorliegen zu haben, keine Anhänger. 328 In der armenischen Texttradition fehlt

324 325 326 327 328

So zum Beispiel: Dunbabin 1948, 437. Radke 1979a, 397; Graham 1982, 101. Race 2010, 190. Mingazzini 1966. Zu mykenischen Funden in Italien: u.a. Ridgway 1992, 3–10; Vagnetti 1996; Blake 2008; Recchia – Radina 2011.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

205

der Eintrag zu Kyme beziehungsweise Mycena. Hieronymus 329 scheint zudem auf eine ähnliche Darstellung wie Velleius Paterculus 330 zurückzugreifen, der Kymes Gründung kurz nach jener von Magnesia in Kleinasien und somit vor der ionischen Kolonisation anführt. Die Grundlage für dieses unserem Verständnis nach zu hohe Datum ist leider nicht mehr erschließbar, denkbar wäre ein rechnerischer Bezug zum Trojanischen Krieg. Tabelle 14: Gründungsdaten in Eusebius’ Chronik Armenischer Eusebius

Hieronymus

Magnesia 1052 v. Chr. (AA 964)

Magnesia 1053 v. Chr.



Cumae und Mycena 1050 v. Chr.

Pandosia und Metapont 774 v. Chr. (AA 1242) – Zankle und Selinunt 757 v. Chr. (AA 1259)



Naxos 736 v. Chr. (AA 1280)

Naxos 741 v. Chr. (Ol. 9,4)

Syrakus und Katane 734 v. Chr.(AA 1282)

Syrakus 738 v. Chr. (Ol. 10,3)

Chersonesos 716 v. Chr. (AA 1300)

Chersonesos 717 v. Chr. (Ol. 15,4)

Sybaris und Kroton 708 v. Chr. (AA 1308)

Sybaris und Kroton 709 v. Chr. (Ol. 17,4)

Katane 736 v. Chr. (Ol. 11,1)



Taras 706 v. Chr. (Ol. 18,3)

Gela 688 v. Chr. (AA 1328)

Gela 691v.Chr. (Ol. 22,2)



Selinunt 650 v. Chr. (Ol. 32,3)

Lipara 627 v. Chr. (AA 1389)

Lipara 630 v. Chr. (Ol. 37,3)

Kamarina 599 v. Chr. (AA 1417)

Kamarina 601 v. Chr. (Ol. 44,4)

4. In der armenischen Texttradition von Eusebius scheint Metaponts und Pandosias Gründung in Ol. 1,3 / AA 1242 (also 774 v. Chr.) auf, wozu sich Hieronymus nicht äußert. 5. Hieronymus setzt die Gründung von Taras in Ol. 18,3 (706 v. Chr.) an, der armenische Text beinhaltet hingegen keinen Eintrag zu Taras. 5.1.3.11 Ein Resümee zu den Gründungsdaten in den unterschiedlichen Quellen Robin Burn 331 hat noch 1935 versucht, ein von Thukydides abweichendes Datierungsschema im Sinne einer höheren, konkurrierenden Chronologie für die Gründungsdaten 329 Helm 1956, 69ba, 69bb. 330 Vell. 1, 4, 1. 331 Burn 1935, 136–139.

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206 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung in Sizilien zu belegen. 332 Seine Ansätze sind für einen besseren Überblick in der unten stehenden Tabelle zusammengefasst. Wie aus der oben durchgeführten Analyse von Ephoros’ Textstelle hervorgegangen ist, sollte das Datum 784 v. Chr. für die Gründung von Naxos aus methodischen Gründen verworfen werden. Auch Burns Datierung für Syrakus’ Gründung mit 757  v. Chr. für das Marmor Parium erscheint problematisch. Mait Kõiv 333 hat zuletzt jedoch wieder für dieses Datum argumentiert und darauf hingeweisen, dass somit – analog zu Selinunt – ein um zirka 20 Jahre älteres Schema feststellbar sei. 334 Nachdem aber dieses Gründungsdatum für Syrakus im Marmor Parium nicht ohne Bedenken haltbar ist, bleibt von einem alternativen einheitlichen Datierungssystem letztlich nur die Datierung von Selinunt bei Diodor und Hieronymus mit umgerechnet 650  v.Chr. übrig. Für Liparas Gründung liegt in Eusebius’ Chronik im Vergleich zu Diodor sogar eine um zirka 50 Jahre ältere Ansetzung vor. Wenn Eusebius Liparas Gründungsdatum bereits in dieser Form bei einem anderen Autor vorfand, kann dies als Indiz gewertet werden, dass möglicherweise statt eines konkurrierenden höheren Schemas vielmehr von einer Pluralität an möglichen Datierungen für die griechischen Niederlassungen auf Sizilien sowie in Italien auszugehen ist. Tabelle 15: Versuchter Nachweis einer höheren Chronologie der Gründungsdaten gemäß Burn 1935, 136–139 Gründung

Orthodoxe Chronologie

Abweichendes Datum

Naxos

735 v. Chr.

ca. 784 v. Chr. (Ephoros)

Syrakus

734 v. Chr.

757 v. Chr. (Marmor Parium)

Selinunt

628 v. Chr.

650 v. Chr. (Diodor und Hieronymus)

Lipara

580 v. Chr. (Diodor)

630/627 v. Chr. (arm. Eusebius, Hieronymus)

Ähnliche Argumente wie bereits Burn haben Georges Vallet und François Villard 335 vorgebracht, wobei sie für Naxos mit 757 v. Chr. und Megara mit 750 v. Chr. Gründungsdaten vertraten, die in keiner antiken Textstelle belegt und somit zur Gänze moderne Kunstgriffe sind. Als Argument galt ihnen Ephoros, wonach Megara und Naxos die ältesten Städte Siziliens waren. Die höheren Daten errechneten sie anhand einer ebenfalls um zirka 20 Jahre älteren Ansetzung im Vergleich zur thukydideischen Chronologie, die allerdings nur mit Diodors Gründungsdatum von Selinunt auch tatsächlich überliefert ist. Zudem haben sie das Intervall bei Thukydides, wonach 100 Jahre nach Megara Hyblaias Gründung Selinunt gegründet worden ist, genommen und sind somit auf das methodisch äußerst bedenkliche Gründungsdatum 750 v. Chr. für Megara Hyblaia

332 333 334 335

Ähnlich: Pareti 1914, 317–318. Kõiv 2000, 10–11; Kõiv 2001, 336. Ähnlich: Sickinger 2016, Kommentar zu BNJ 239 A 31. Vallet – Villard 1952.

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

207

gekommen. Ferner haben sie in Philistos’ 336 Erwähnung der 6. Olympiade (756  v. Chr.) einen Beleg für ein Gründungsdatum von Naxos im Jahr 756  v. Chr. gesehen. Nicht zuletzt weil sie außerdem ein Abweichen vom klassischen Datum 733 v. Chr. für Syrakus kategorisch ausgeschlossen haben, hat sich ihr problematischer Ansatz in der Forschung nicht durchgesetzt. Dazu zählt ebenso die zeitliche Gleichsetzung der Gründung von Syrakus und Kroton gemäß Antiochos, die Vallet und Villard mit dem thukydideischen Datum 733 v. Chr. veranschlagt haben. Das eusebische Gründungsdatum 708 v.Chr. für Kroton hielten sie hingegen für eine spätere und somit wenig verlässliche Information. Dem Marmor Parium mit dem möglichen Hinweis für ein höheres Gründungsdatum von Syrakus – sie lehnten zu Recht 757  v. Chr. ab – haben sie schlicht keine Relevanz zugewiesen. Ganz anders legt Gioacchino Francesco La Torre 337 die höheren Datierungsansätze hauptsächlich in Bezug auf Zankles Gründung nach Thukydides aus. Seiner Meinung nach berief sich Thukydides bei den Gründungsdaten auf eine Tradition von Syrakus, die das höhere Alter von Naxos und Zankle herunterspielen wollte. Dementsprechend habe Thukydides Naxos’ Gründung nur ein Jahr vor jener von Syrakus angeordnet und überhaupt nicht näher datiert. Während die Forschung somit mehrere Gründe für die unterschiedlichen Gründungsdaten angeführt hat, fehlte bisher ein Verweis auf das allgemein feststellbare Phänomen des ‚Älterwerdens‘ der Archaik. Meiner Meinung nach lässt sich auch bei den Gründungsdaten sehr deutlich erkennen, dass spätere Autoren im Vergleich zu Thukydides für einige Gründungen eine höhere Datierung anbieten. In Tabelle 17 sind nochmals alle wichtigen Textstellen, die weiter oben eingehend besprochen worden sind, zusammengefasst. Darin lassen sich bezeichnenderweise abweichende Datierungen erkennen, die als Überbleibsel unterschiedlicher Ansätze verstanden werden. 1. Selinunt besitzt insgesamt drei absolute Gründungsdaten (Thukydides: ‚628 v. Chr.‘, Diodor: 650 v. Chr., armenischer Eusebius: 757 v. Chr.), was gerade in Hinblick auf die Verwendung des Datums für die Keramikeinteilung Probleme bereitet. 2. In zwei weiteren Fällen weicht Eusebius᾽ zeitliche Angabe von Gründungsdaten seiner Vorgänger ab, so für Lipara (armenischer Eusebius: 627 v. Chr., Hieronymus: 630 v. Chr. und Diodor: 580 v. Chr.) und Sybaris (armenischer Eusebius: 708 v. Chr., Hieronymus: 709  v. Chr. und das kombinierte Datum ‚720  v. Chr.‘ durch die Angaben bei Pseudo-Skymnos sowie Diodor). 3. Ephoros nennt als die ältesten griechischen Niederlassungen Siziliens Naxos und Megara Hyblaia, wobei Syrakus’ Gründung danach einzuordnen ist. Ihm folgen sowohl Pseudo-Skymnos als auch Strabon. Diskutierbar ist das Ausmaß von Naxos’ und Megara Hyblaias zeitlicher Vorrangstellung gegenüber Syrakus.

336 BNJ 556 F 2 (apud Steph. Byz. s.v. Dyme). 337 La Torre 2012, v.a. 41–42.

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208 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung 4. Der armenische Eusebius nennt als älteste Gründungen auf Sizilien Zankle und Selinunt vor Naxos umgerechnet mit 757 v. Chr. 5. Die Gleichsetzung von Syrakus’ Gründung mit jener von Kroton, die bereits bei Antiochos und später bei Strabon belegt ist, taucht bei Eusebius nicht auf. Thukydides erwähnt Kroton in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Wenn Antiochos nun tatsächlich als Quelle der Sizilischen Archäologie zu verstehen ist, wirft das Fehlen dieses Synchronismus bei Thukydides Fragen auf. Eusebius datiert Sybaris’ und Krotons Gründung im gleichen Jahr, während sich bei Antiochos und Diodor jeweils gegenteilige Angaben zur relativen Chronologie dieser beiden Städte (siehe Tabelle 16) finden. Tabelle 16: Gegenüberstellung der relativen Abfolge von Sybaris und Kroton bei Antiochos, Diodor und Eusebius Antiochos

Diodor

Sybaris

Kroton

Kroton

Sybaris

Eusebius Sybaris und Kroton

6. Das Datum 774  v. Chr. für Metaponts sowie Pandosias Gründung in der armenischen Texttradition von Eusebius fehlt bei Hieronymus und ist für den Kolonisierungsprozess dieses Gebiets unserem chronologischen Veständnis nach zu hoch angesetzt. Thomas Dunbabin 338 hat diesbezüglich den Vorschlag gemacht, dieses Datum als Ausdruck der Anbindung an den Trojanischen Krieg zu sehen, galt Metapont gemäß Strabon doch als Gründung der Pylier im Anschluss an den Trojanischen Krieg. 339 Eine präzise Datierung der Gründung Metaponts anhand Antiochosʼ Erwähnung von vertriebenen Achaiern aus Lakonien ist allerdings ebenso wenig möglich wie anhand Ephorosʼ Nennung von Daulios, dem (legendären) Tyrannen von Krisa. 7. Das Marmor Parium kann keine absolute Datierung für Syrakus’ Gründung liefern, da das Intervall abgebrochen ist. Jedoch liegt durch die Angabe des 21. Regierungsjahres des attischen Königs Aischylos im Vergleich zur thukydideischen Tradition eindeutig eine höhere Datierung vor, die man ungefähr in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. verorten kann.

338 Dunbabin 1948, 33. 339 Metaponts Gründungsgeschichte in den schriftlichen Quellen beinhaltet mehrere Gründerfiguren mit unterschiedlicher ethnischer Zuweisung. Einen Überblick über die relevanten Textstellen bietet Gerhard Radke (1979b, 1260). In diesem Zusammenhang sei auf die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Analysen hingewiesen, die der ‚griechischen‘ Bevölkerung Metaponts ebenso unterschiedliche geographische Herkunften bescheinigen (Rathmann – Saltini Semerari – Harvati 2016).

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Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen Siziliens

209

Tabelle 17: Zusammenfassung der Gründungsdaten in den unterschiedlichen Quellen (Angaben in v. Chr.) Eusebius (armen.)

Thukydides

Hieronymus

andere Quellen

Kyme





1050

Hieronymus nennt neben Kyme noch Mycena in Italien Kyme als älteste Kolonie von Sizilien und Italien (Strab. 5, 4, 4)

Metapont



774



Antiochos (BNJ 555 F 12) setzt Metapont nach der Gründung von Taras an

Naxos

um 734

736

741

Ephoros (BNJ 70 F 137a) nennt Naxos und Megara als älteste Niederlassungen in Sizilien

Syrakus

um 733

734

738

Marm. Par. A 31 datiert Syrakus scheinbar älter als Thukydides

Leontinoi

um 729







Katane

um 729?

734

736

Megara Hyblaia

um 728





Ephoros (BNJ 70 F 137a) nennt Naxos und Megara als älteste Niederlassungen in Sizilien

Zankle

nach Naxos (= 734)

757





Kroton



708

709

zeitgleich mit Syrakus (Antiochos BNJ 555 F 10) 710 (Dion. Hal. ant. 2, 59, 3)

Sybaris



708

709

vor Kroton (Antiochos BNJ 555 F 10) ‚720‘ (Ps.-Skymn. 359–360: 210-jähriges Bestehen; Diod. 11, 90, 3: 511/10 zerstört)

Chersonesos



716

717



Taras





706

(1 Generation) nach dem/einem Messenischen Krieg (Antiochos BNJ 555 F 13; Ephoros BNJ 70 F 216)

Gela

um 688

688

691



Akrai

um 662







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210 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Eusebius (armen.)

Thukydides

Hieronymus

andere Quellen

Himera







649 (inkl.)/648 (exkl.) (Diod. 13, 62, 4)

Kasmenai

um 642







Selinunt

um 628

757

650

651 (inkl.)/650 (exkl.) (Diod. 13, 59, 4)

Kamarina

um 599

599

601

600-596 (Scholion zu Pind. Ol. 5, 16)

Akragas

um 580





576 (Pind. Ol. 2, 91–95) 580 (Scholion 166e und 168)

Lipara



627

630

580/79 (Diod. 5, 9,2–5)

Wenn man dieser Quellenauslegung nun folgen will, ergeben sich weitreichende Konsequenzen: So erscheint es bedenklich, die Angaben unterschiedlicher Autoren einfach miteinander zu verbinden, um ein Datum zu errechnen. 340 Denn die grundlegende Voraussetzung eines einheitlichen Systems erweist sich als problematische Arbeitshypothese. In Hinblick auf die Gründungsdaten sei dieser Punkt anhand von drei Beispielen nochmals näher erläutert: 1. Die Berechnung von Sybaris’ Gründungsdatum aus der Angabe von PseudoSkymnos, wonach die Stadt 210 Jahre existiert habe, und Diodors Jahresbestimmung, als man Sybaris zerstörte, sollte eigentlich nur mit Vorsicht vorgenommen werden. Beide Autoren könnten auf unterschiedliche chronographische Traditionen zurückgegriffen haben. 2. Man könnte demnach auch bis zu einem gewissen Grad die Verbindung von chronologischen Angaben bei Thukydides und Herodot skeptisch betrachten, wie dies beispielsweise bei der näheren zeitlichen Einordnung von Megara Hyblaias Zerstörung vorgenommen wurde. Jedoch relativiert sich hier das Problem, da es sich beim so zentralen Datum, als Gelon die Bevölkerung von Megara Hyblaia vertrieb, um ein Ereignis aus der jüngeren und nicht aus der weiter zurückliegenden Vergangenheit handelt. 3. In Hinblick auf Metaponts zahlreiche Gründungsgeschichten scheint zumindest Vorsicht angebracht, Antiochosʼ und Ephorosʼ Version zwingenderweise miteinander verbinden zu wollen, wonach zuerst Daulios mit seiner Gefolgschaft in Metapont siedelte und dann erst die Achaier Metapont an der gleichen Stelle erneut gründeten. 341

340 Ähnlich: Dunbabin 1953/54, 249–250; Van Compernolle 1960, 45. 341 So z.B. Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 141.

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Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik

211

Diese Überlegungen heben erneut die Bedeutung der Gründungsdaten bei Thukydides für die moderne Forschung hervor, die sie in der Antike möglicherweise nicht in diesem Ausmaß besessen haben mögen. Dafür dürften eher Antiochos, Philistos oder Timaios als autoritative Quellen gegolten haben. Als hervorhebenswert hat Thukydidesʼ Datierungsweise zu gelten, bezieht er sich im Gegensatz zu Ephoros und Timaios nicht auf den Trojanischen Krieg als chronologischen Referenzpunkt. Vielmehr sucht Thukydides die Anbindung an ein Ereignis aus der jüngeren Vergangenheit, wenn er den Zeitpunkt der Zerstörung Megara Hyblaias durch Gelon als zentrales Datum für seine relativen Angaben wählt. Wenn man die Schwierigkeiten eines exakten chronologischen Bildes für die Archaik in den schriftlichen Quellen aus dem 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. berücksichtigt, können die absoluten Datierungen für die Koloniegründungen, wie sie in der modernen Forschung verwendet werden, nur als approximative Annäherungen betrachtet werden.

5.2

Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik

Während im vorigen Abschnitt die schriftlichen Quellen zu den Gründungsdaten eingehend besprochen worden sind, gilt es nun deren Verwendung für die Keramik-Chronologie zu beleuchten. Als erster beschäftigte sich Erich Wilisch in seinem Buch „Die Altkorinthische Thonindustrie“ 342 aus dem Jahr 1892 eingehend mit der (proto-) korinthischen Keramik. Aus heutiger Sicht sind Wilischs Fragestellungen in dieser Form obsolet, was nicht zuletzt sein Kapitel zur Chronologie 343 veranschaulicht. Zwar erkannte Wilisch bereits die Bedeutung der ältesten Gräber in Syrakus, widmete diesem Anhaltspunkt aber insgesamt nur acht Zeilen. 344 Obgleich Wilisch den protokorinthischen Stil fälschlicherweise in Sikyon ansiedelte, haben die zahlreichen Ausgrabungen mit der Vervielfältigung an Material seine relative Einteilung bestätigen können. Davor gab es kein Referenzwerk, auf das man sich beziehen konnte, um die weit verbreiteten Gefäße Korinths bestimmen zu können. 345 Die mitunter sehr ähnlichen Formen der korinthischen Keramik führten außerdem zu unterschiedlichen Datierungsansätzen derselben Gefäße. 346 Beispielsweise klagte Beloch 347 1913 in der Frage, inwieweit die überlieferten Gründungsdaten für korrekt zu halten sind, noch über eine zu unsichere Vasenchronologie zur Klärung dieses Sachverhaltes. Nachdem die absolute Datierung der korinthischen Keramik ausschließlich auf den Gründungsdaten beruht, stellt die Keramikchronologie nur ein begrenztes 342 Wilisch 1892. 343 Wilisch 1892, 141–154. 344 Erich Wilisch standen die Grabungsergebnisse der Fusco-Nekropole noch nicht zur Verfügung, die erst 1893 beziehungsweise 1895 publiziert wurden und auf die sich die nachfolgende Generation an Archäologen stützen konnte. 345 Der wissenschaftsgeschichtliche Abriss ist aus Amyx (1988, 355–361, 397–429) entnommen. 346 Langlotz 1934, 420–421. 347 Beloch 1913, 226.

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212 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Mittel zur Überprüfung der Gründungsdaten dar, ein Umstand, den bereits Beloch 348 als Althistoriker in diesem Ausmaß erkannte. 1918 beziehungsweise 1923 folgten schließlich die eingehenden und umfangreichen Untersuchungen von Knud Friis Johansen 349 zur korinthischen Keramik. Erst Humfry Payne 350 hat sich in seiner Dissertation der monumentalen Aufgabe gewidmet, die im mediterranen Raum sehr häufig anzutreffende, korinthische Keramikgattung einer verbindlichen Einteilung zu unterziehen. So schreibt Ernst Langlotz in seiner Rezension zu Paynes „Necrocorinthia“ 351, worin Payne seine Ergebnisse zur korinthischen Keramik zusammengefasst publiziert hat: „Eine gewaltige Arbeitsleistung, von vielen gefordert, von keinem bisher geleistet, ist in diesen 363 schlicht geschriebenen Seiten niedergelegt.“ 352 Die grundlegende Bedeutung von Paynes Leistung auf dem Gebiet der Keramikchronologie rechtfertigt es, einen näheren Blick auf seinen akademischen Werdegang sowie seine Forschungstätigkeit zu werfen. 1924 hatte Payne seine ‚Undergraduate Classical Studies‘ 353 in Oxford als bester seines Jahrganges abgeschlossen, 354 eine Auseinandersetzung mit der korinthischen Keramik begann er auf Anregung seines akademischen Lehrers, John Beazley. Ein Forschungsstipendium für Mittelmeerarchäologie von 1924 bis 1926 ermöglichte es ihm, die verstreute Keramik in den Museen von Athen, Berlin, Paris und Syrakus selbst begutachten zu können. 355 So erinnert sich Paynes Ehefrau, Elizabeth Dilys Powell, an seine Arbeiten im Frühling 1926 in Korinth, die sie in einer biographischen Darstellung von Paynes Leben 356 festgehalten hat: „Payne worked all day. Corinth in 1926 had the most negligible of museums. But the finds of one archaeologist were piled in a shed, and to this Payne was allowed access. For hours he scrabbled through boxes of sherds, for hours sat in the courtyard making notes 348 Beloch 1913, 224. So verwendete bereits Beloch (1893, 80–84) den Terminus der Eisenzeit für die griechische Frühgeschichte, wobei er sich für diese Bezeichnung an der materiellen Hinterlassenschaft orientiert hat. Kotsonas 2016, 243. 349 Johansen 1918; Johansen 1923. 350 Alexander Mantis (2009) hat eine interessante Monographie über Paynes Wirken als Archäologe verfasst, die neben zahlreichen Photographien auch seltene Porträts beinhaltet. Antonis Kotsonas (2008) hat darüber hinaus in einem Aufsatz Paynes Ausgrabungstätigkeit in Eleutherna (Kreta) näher untersucht. Piet de Jong hat in seinen berühmten Karikaturen sowohl Humfry Payne als auch seine Ehefrau Dilys Powell abgebildet, die mittlerweile alle in einer Publikation (Hood 1998) als Farbabbildungen zugänglich sind. 351 Payne 1931. 352 Langlotz 1934, 419. 353 Payne beabsichtigte eigentlich die berufliche Laufbahn eines Anwalts einzuschlagen. Erst der Vorschlag seines Kommilitonen Alan Blakeway, später ebenfalls Archäologe, machte Payne mit der griechischen Vasenmalerei vertraut und veranlasste ihn, die Archäologie ins Auge zu fassen. Powell 1943, 11. 354 Zu dieser Zeit war das Verfassen einer Bachelorarbeit an der Universität Oxford nicht verpflichtend, weshalb Payne möglicherweise überhaupt keine geschrieben hat. Auskunft per E-Mail am 17.11.2014 von Marta Lomza, Oxford University Archive. 355 Payne 1931, xi. 356 Powell 1943.

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Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik

213

and rudiments of drawings. […] In a passion of absorption he worked on until the light failed, and the door of the shed was locked.“ 357 Im April 1926 kehrte Payne nach Oxford zurück und erhielt die Stelle eines Assistant Curator of Coins im Ashmolean Museum. Während Payne einerseits seinen Pflichten im Museum im Zuge seiner Anstellung bis 1928 nachkam, ordnete er zugleich seine zahlreichen Notizen von seinen Forschungsaufenthalten zur Publikationsvorbereitung. Gemäß Powells eindrücklicher Schilderung besaß Payne die Angewohnheit, sich auf seinen Reisen seine Gedanken nur stichwortartig auf Briefumschlägen sowie auf Zigarettenschachteln zu notieren. 358 In der British School at Athens befindet sich ein Teilnachlass von Payne, worin sich seine Skizzen und Notizen zur korinthischen Keramik erhalten haben. Darüber hinaus existieren Briefentwürfe und Antwortschreiben, die darauf schließen lassen, dass sich Payne um die Publikationsgenehmigung von korinthischen Vasen samt ihren Abbildungen aus den Museen in Berlin, Paris und New York gekümmert hat. 359 Für heutige Verhältnisse kaum mehr vorstellbar, war Payne ausschließlich auf Abbildungen in den Zeitschriften sowie auf selbst angefertigte Skizzen während seiner Materialdurchsicht in den unterschiedlichen Museen angewiesen. 1927 erhielt Payne für den vorläufigen Entwurf seiner Dissertation „Corinthian Vase Painting and the Other Arts of Archaic Corinth, together with a Consideration of the Related Figurative Arts of the Dorian Colonies in the West“ 360 den Conington Prize, dazumals mit 200 Pfund dotiert, 361 der alle drei Jahre für den besten Aufsatz im Bereich der Classics an der Universität Oxford vergeben wurde. 362 Die schließlich 1931 erschienene Monographie „Necrocorinthia“, seine überarbeitete Dissertation 363, ist vor allem auch deshalb bemerkenswert, weil er innerhalb der kurzen Zeit von nur vier Jahren 364 die Aufgabe der Materialordnung in äußerst beeindruckender Weise gemeistert und mit seiner Dissertation ein heute noch gültiges Standardwerk vorgelegt hat. In seinem gewählten Titel hat sich Payne an Strabons 365 Terminus angelehnt, der damit Objekte in den Gräbern Korinths bezeichnete. Πολὺν δὲ χρόνον ἐρήμη μείνασα ἡ Κόρινθος ἀνελήφθη πάλιν ὑπὸ Καίσαρος τοῦ Θεοῦ διὰ τὴν εὐφυΐαν ἐποίκους πέμψαντος τοῦ ἀπελευθερικοῦ γένους πλείστους. οἳ 357 Powell 1943, 26–27. 358 Powell 1943, 100. 359 Humfry Payne Personal Papers: work related correspondence (uncatalogued), Archives, British School at Athens. 360 Auskunft per E-Mail am 17.11.2014 von Marta Lomza, Oxford University Archive. 361 Powell 1943, 31–33. 362 Auskunft per E-Mail am 17.11.2014 von Marta Lomza, Oxford University Archive. 363 Das Universitätsarchiv bietet keine Auflistung der promovierten Studenten samt ihren Dissertationstiteln, doch liegt die Vermutung nahe, mit dem Buch „Necrocorinthia“ eine überarbeitete Version von Paynes Promotionsarbeit vorliegen zu haben. Aus diesem Grund ist auch das genaue Datum von Paynes Promotion unbekannt, es wird jedoch vor seiner Ernennung zum Direktor der British School at Athens 1929 anzusetzen sein. 364 Payne 1931, viii. 365 Strab. 8, 6, 23.

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214 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung τὰ ἐρείπια κινοῦντες καὶ τοὺς τάφους συνανασκάπτοντες εὕρισκον ὀστρακίνων τορευμάτων πλήθη, πολλὰ δὲ καὶ χαλκώματα. θαυμάζοντες δὲ τὴν κατασκευὴν οὐδένα τάφον ἀσκευώρητον εἴασαν, ὥστε εὐπορήσαντες τῶν τοιούτων καὶ διατιθέμενοι πολλοῦ Νεκροκορινθίων ἐπλήρωσαν τὴν ‘Ρώμην· οὕτω γὰρ ἐκάλουν τὰ ἐκ τῶν τάφων ληφθέντα, καὶ μάλιστα τὰ ὀστράκινα. 366 „Nachdem Korinth lange Zeit verödet geblieben war, wurde es wegen seiner günstigen Lage von Caesar dem Gott wiederaufgebaut, der eine sehr große Zahl von Siedlern aus der Klasse der Freigelassenen dorthin schickte. Als diese die Ruinen wegschafften und die Gräber aushoben, fanden sie große Mengen von gravierter Keramik und auch viel Bronzegeschirr. Voller Bewunderung für die kunstvolle Arbeit ließen sie kein Grab undurchsucht, so dass sie einen großen Vorrat bekamen, den sie teuer verkauften und so Rom mit ‚Nekrokorinthischem‘ füllten; so nämlich nannte man das den Gräbern Entnommene, besonders das irdene.“ 367 Wenngleich die Bedeutung des Wortes Nekrokorinthia im Sinne von ‚aus korinthischen Gräbern stammende Keramik‘ klar ist, stellt sich eine exakte Benennung als schwierig dar. Payne 368 hat aufgrund der Seltenheit von archaischer Reliefkeramik und des bekannten Kunstgeschmacks der Römer geschlussfolgert, dass es sich hier vermutlich um reliefierte Keramik aus dem Hellenismus handelt. Die Berufung Paynes als Direktor der British School at Athens 1929 im Alter von nur 27 Jahren mag auf Paynes Errungenschaften auf dem Gebiet der korinthischen Keramik (noch vor deren Publikation) zurückzuführen sein. In seiner neuen Anstellung begab sich Payne nun auf die Suche nach einem geeigneten Grabungsort mit einem möglichst intakten Befund für die Archaik und wurde bei Perachora fündig. Die von 1930 bis 1934 stattfindenden Ausgrabungen haben Paynes Einteilung der relativen Abfolge der korinthischen Keramik bestätigen können, sein frühes Ableben am 9. Mai 1936 verhinderte jedoch eine vollständige Publikation durch den Ausgräber selbst. Alan Blakeway 369 (1898–1936), der wenig später im Oktober desselben Jahres (1936) verstarb, und Thomas Dunbabin übernahmen die Aufgabe, das von Payne bis Mai 1936 erstellte Manuskript zu überarbeiten und zu publizieren. Große Teile des ersten Perachora-Bandes 370 stammen somit noch aus der Hand Paynes, wie Thomas Dunbabin 371 im Vorwort der PerachoraPublikation feststellt und wie auch aus einigen erhaltenen Briefen 372 hervorgeht. 366 367 368 369 370 371 372

Griechischer Originaltext nach: Radt 2003, 552. Übersetzung: Radt 2003, 523. Payne 1931, 348–349. Biographische Angaben zu Blakeway: o.A., Nekrolog Alan Blakeway, AJA 40, 1936, 522. Payne 1940. Dunbabin 1940. Humfry Payne an John Linton Myres, Brief vom 27.12.1933, Brief vom 12.8.1934, Brief vom 3.12.1934, Brief vom 10.3.1935, Brief vom 27.3.1935, Dilys Payne an John Linton Myres, Brief vom 14.2.1936, Bodleian Library’s Special Collection, MS. Myres 48, fols. 6-116, 58, 69–70, 83–84, 94–98, 103–104. Einige Briefe, darunter die zuvor zitierten, haben sich im Nachlass von John

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Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik

215

Payne kommt das große Verdienst zu, ein Datierungsschema von der spätgeometrischen bis zur spätkorinthischen Keramik zu erstellen, 373 das bis heute in geringfügiger Abweichung verwendet wird. Tabelle 18 gibt das auf Payne zurückgehende Chronologieschema wieder, wie es Thomas Dunbabin 374 1962 zusammengefasst hat. Payne selbst hat lediglich in seiner 1933 erschienenen „Protokorinthischen Vasenmalerei“ 375 eine chronologische Übersicht 376 beginnend von Spätgeometrisch bis hin zur Übergangszeit der korinthischen Keramik angegeben, eine Konkordanzliste innerhalb von „Necrocorinthia“ fehlt völlig. So lassen sich auch kleine Unterschiede zwischen den Angaben in Paynes Publikationen sowie der unten stehenden Tabelle anmerken. Den frühen Orientalisierenden Stil gibt Payne in seiner chronologischen Übersicht lediglich mit der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. an, es fehlt demnach eine präzise chronologische Trennung zwischen dem geometrischen und dem frühprotokorinthischen Stil. Das Ende der geometrischen Phase hat Payne 377 in „Necrocorinthia“ vor den letzten Jahrzehnten des 8.  Jahrhunderts  v. Chr. angesetzt. Ebenso weicht Paynes Terminologie in „Necrocorinthia“ von jener in seiner „Protokorinthischen Vasenmalerei“ ab, was auch mit der deutschen Übersetzung durch Wilhelm Kraiker zusammenhängen könnte. Der Erste und Zweite Schwarzfigurige Stil darin sind mit seinem First und Second Orientalizing Style im Englischen gleichzusetzen. Bezüglich der Chronologie liegt der bedeutendste Unterschied schlichtweg in der Tatsache, dass Payne bei der absoluten Datierung der Stile mehr zeitlichen Spielraum beließ, als es Tabelle 18 nahelegen würde. 378 Tabelle 18: Übersicht der gängigen Datierung der korinthischen Keramik Spätgeometrisch

bis zirka 725 v. Chr.

Frühprotokorinthisch

zirka 725–700 v. Chr.

Mittelprotokorinthisch I

zirka 700–675 v. Chr.

Mittelprotokorinthisch II

zirka 675–650 v. Chr.

373 374 375 376 377 378

Linton Myres erhalten, da sich Payne als Direktor der British School at Athens oftmalig an Myres in dessen Position als Vorsitzender der Kommission für die British School wandte. Neben allgemeiner Korrespondenz finden sich darunter ein Porträtfoto Paynes während seiner Amerika-Reise aus dem Jahr 1935 (Bodleian Library’s Special Collection, MS. Myres 48, fols. 6-116, 44) sowie drei Photos von seinem Grab in Griechenland (Bodleian Library’s Special Collection, MS. Myres 48, fols. 6-116, 48–50). Aus den Briefen geht zudem die aktive Rolle von Paynes Witwe in der Übergabe der bürokratischen Angelegenheiten der British School at Athens und der Perachora-Publikation an Blakeway beziehungsweise Dunbabin hervor (Bodleian Library’s Special Collection, MS. Myres 48, fols. 6-116, 26, 28, 29, 30–31, 35, 36–37). Darüber hinaus hat sich Payne aber auch wesentlich zur Chronologie der frühen attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei geäußert, siehe: Kapitel 8. Dunbabin 1962, 6. Payne 1933. Payne 1933, 20. Payne 1931, 4. Dies hat beispielsweise auch Ann Harrison (1996, 195) stark betont.

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216 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Spätprotokorinthisch

zirka 650–640 v. Chr.

Übergangszeit

zirka 640–625 v. Chr.

Frühkorinthisch

zirka 625–600 v. Chr.

Mittelkorinthisch

zirka 600–575 v. Chr.

Spätkorinthisch I

zirka 575–500 v. Chr.

Spätkorinthisch II

nach zirka 550 v. Chr.

Anhand von welchen Fixpunkten ist Payne nun zu dieser Einteilung gelangt, die bis heute gemäß der opinio communis das gültige System bildet? Anhand der thukydideischen Daten für die griechischen Niederlassungen Siziliens kann die dort zu Tage gekommene korinthische Keramik beziehungsweise deren früheste Stilphase absolut mit den Gründungsdaten datiert werden. 379 Der Übergang von Spätgeometrisch zu Frühprotokorinthisch beziehungsweise das Ende der geometrischen Epoche war bereits seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts anhand der Funde aus der Fusco-Nekropole in Syrakus festgemacht worden. 380 So brachten Johannes Boehlau 381 und Ferdinand Dümmler 382 dies mit dem traditionellen Gründungsdatum 734  v.Chr. für Syrakus in Verbindung. Bei der Publikation der Grabungsergebnisse der Fusco-Nekropole hielt Paolo Orsi 383 hingegen den Stilwechsel im ausgehenden 8. oder sogar erst frühen 7. Jahrhundert v. Chr. fest und zitierte dabei unter anderem Belochs kritische Herangehensweise zu den Gründungsdaten, wonach man Syrakus nur um 700 v. Chr. ansetzen könne. Ernst Buschor 384 schloss sich Orsis Vorschlag an, indem er das ausgehende 8. Jahrhundert v. Chr. für das Ende von Spätgeometrisch veranschlagte. Auch Oskar Montelius 385 verwendete bereits das Gründungsdatum von Syrakus, das er einmal mit 735 und einmal mit 734  v. Chr. berücksichtigte. Im Gegensatz zu den Klassischen Archäologen schätzte Montelius das Material aus der Fusco-Nekropole in Syrakus um einiges älter ein. Zudem sah er die geometrische Gattung stärker vertreten, weshalb er das Gründungsdatum von Syrakus als ‚wertlos‘ betrachtete und es folglich bei seiner Einteilung der Eisenzeit Italiens keine Rolle spielte. 386 Monteliusʼ abweichende Vorgehensweise führte dazu, dass seine vorge379 Aus heutiger Perspektive würde man sich vielleicht ein eigenes Methodenkapitel zur Datierung erwarten, das jedoch bei Payne verständlicherweise fehlt. 380 Vor Paolo Orsis Grabungstätigkeit in der Fusco-Nekropole (Orsi 1893; Orsi 1895) gab es keine umfangreiche und detaillierte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der bekannten Fundstelle. Soweit die Zitate bei Montelius (1897, 265; 1912, 147) und Schweitzer (1918b, 39) erkennen lassen, war der archäologische Kenntnisstand um Syrakus im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert maßgeblich von Orsis Publikationen abhängig. 381 Boehlau 1888, 360. 382 Dümmler 1887, 19. 383 Orsi 1895, 117. 384 Buschor 1913, 41. 385 Zu Oskar Montelius: Baudou 2012; Gräslund 2014. 386 Montelius 1897; Montelius 1912, 147, 176.

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Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik

217

schlagene Chronologie von Klassischen Archäologien abgelehnt wurde. 387 Spätestens mit Bernhard Schweitzers 388 Untersuchung zur geometrischen Keramik im Jahr 1918 sowie Knud Friis Johansens Studie 389 über die protokorinthische Keramik 1918 beziehungsweise 1923 war dann der Zeitpunkt vom Übergang des geometrischen zum protokorinthischen Stil für die korinthische Keramik anhand des konventionellen Gründungsdatums von Syrakus (734 v.Chr.) etabliert. Die Leitform für das Frühprotokorinthische bildet der kugelige Aryballos, welcher in der mittelprotokorinthischen Phase schließlich eine ovoide Form annimmt. In Gela, dessen Gründung Payne 690  v.Chr. angesetzt hat, ist die kugelige Form der Aryballoi nicht mehr greifbar. Aus diesem Grund hat Payne den Beginn von Mittelprotokorinthisch um 690 v. Chr. angenommen. 390 Den Übergang von Mittelprotokorinthisch I zu Mittelprotokorinthisch II gibt Payne mit dem ersten Viertel des 7. Jahrhunderts v. Chr. an, wobei es sich um eine Schätzung und weniger um einen Fixpunkt handelt. 391 Den Beginn von Frühkorinthisch beziehungsweise das Ende von Spätprotokorinthisch hatte Johansen 392 nicht explizit festgelegt, was mit dem damaligen Kenntnisstand zur ausgegrabenen Keramik auch kaum möglich gewesen wäre. Erst eine Ausstellung im Museum von Palermo ermöglichte Payne die Sichtung der Keramikfunde aus Selinunt, die sich zuvor unzugänglich in den Magazinen befunden hatten. Die frühkorinthische Keramik aus Selinunt hat deshalb einen so hohen Stellenwert, weil Selinunts Gründung in das 7. Jahrhundert v.Chr. zurückreicht, systematisch erforscht wurde und einen neuen Stil (frühkorinthisch) wiedergibt. So hat Payne in Selinunt nur ein Alabastron aus der Übergangszeit 393 feststellen können, das restliche älteste Material hat er der frühkorinthischen Phase zugeordnet. An dieser Kernstelle zur Chronologie der korinthischen Keramik weicht Paynes Methodik interessanterweise von der Norm ab, den frühesten Keramikstil mit dem Gründungsdatum zu datieren. Payne spricht explizit von einem Zeitraum mit etwa zehn bis fünfzehn Jahren, bevor der Großteil der frühesten Funde im letzten Jahrzehnt des 7.Jahrhunderts v. Chr. einsetzt. So hat Payne den Umstand damit zu erklären versucht, dass das Gros der Gräber und das Heiligtum der Demeter Malophoros, aus dem die Keramik stammt, nicht aus der frühesten Besiedlungszeit stammen würden. Dabei betrachtete Payne das Argument des selektiven Fundzufalls als nicht zutreffend, da die antike Stadt großflächig erforscht war. Mit einem Verweis auf die protokorinthischen Funde in Mozia hat Payne zudem ausgeschlossen, Selinunt hätte wegen der geographischen Lage möglicherweise keinen Zugang zu spätprotokorinthischen Gefäßen gehabt. Seine Schlussfolgerungen hat Payne durch die korinthische Keramik aus Naukratis bestätigt gesehen, wo keine protokorinthische oder übergangszeitliche Keramik gefunden 387 388 389 390 391 392 393

V.a. Boehlau 1900, 192–193. Schweitzer 1918a; Schweitzer 1918b. Johansen 1918; Johansen 1923. Payne 1931, 6–7. Payne 1931, 10. Johansen 1923, 185. Payne 1931, 275 Nr. 76 Palermo 489.

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218 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung wurde. Allerdings gibt es kein exaktes Gründungsdatum für Naukratis in der antiken Literatur, 394 worauf Payne auch ausdrücklich hingewiesen hat. Aus diesem Grund dürfte Payne zurückhaltend bei der Verwendung der Evidenz aus Naukratis gewesen sein, wenngleich er sie trotz geäußerter Zweifel über das Gründungsdatum in seine Überlegungen miteinbezogen hat. Somit hat Payne den Beginn von Frühkorinthisch anhand des thukydideischen Gründungsdatums für Selinunt (‚628‘ v. Chr.) mit zirka 625 v. Chr. angesetzt. Die Dauer der spätprotokorinthischen Phase hat Payne in Hinblick auf die Fixpunkte Gela und Selinunt festgelegt, da er nach 690 und vor 625  v. Chr. noch zusätzlich den Übergangsstil einpassen musste. Aus den angenommenen Grenzen für Frühkorinthisch und Spätprotokorinthisch ergibt sich für die Übergangszeit gemäß der Argumentation Paynes ein zeitlicher Rahmen von zirka 640/35 bis 625/20 v. Chr. Die damit verbundenen Bedenken, die gegen eine derartig kurze Zeit von nur zehn bis fünfzehn Jahren für einen Stil sprechen, hat Payne auch direkt angesprochen: „In defence of the attempt, I would point out that we have certain precise indications of absolute chronology for this period of time.“ 395 Diese kurze Zeitspanne hat Payne somit mit Verweisen auf Selinunts Gründungsdatum als absoluten Fixpunkt sowie der Möglichkeit, durch Form und Dekor eine exakte Reihung erstellen zu können, gerechtfertigt. Zudem hat er mit raschen Veränderungsprozessen im späten 7. Jahrhundert v.Chr. argumentiert und dabei als Parallelbeispiel auf die attische Keramik, die zwischen 540 und 500  v. Chr. anhand von Stilkriterien in eine relative Reihenfolge gebracht wird, verwiesen. Einen weiteren Beleg für die Kürze der Übergangszeit hat Payne in Mehrfachbestattungen 396 gesehen, wo übergangszeitliche Gefäße ausschließlich entweder mit spätprotokorinthischer oder frühkorinthischer Keramik auftauchen. 397 Die Gefäße der Übergangszeit unterscheiden sich in der Darstellungsart der Figuren kaum von jenen aus der spätprotokorinthischen Phase. Auf fünf Seiten hat Payne die für ihn feststellbaren Unterschiede herausgearbeitet, mitunter die Tendenz zur Längung der Tiere, die größere Form der Aryballoi sowie die stereotyp wirkende Darstellungsform und gegen Ende der Übergangszeit die vermehrte Verwendung der geritzten Rosette. Dieses Füllornament stellt laut Payne einen der wichtigsten Unterschiede zwischen der protokorinthischen und korinthischen Gattung dar. 398 394 Zu Naukratis’ Gründungsdatum in Hinblick auf die Keramikdatierung siehe: weiter unten. Es mag charakteristisch für Paynes Herangehensweise bezüglich Gründungsdaten sein, dass er die textimmanenten Probleme des Gründungsdatums für Naukratis ausgeklammert hat. 395 Payne 1931, 16. 396 Von archäologischer Seite ist die Bestimmung der exakten zeitlichen Abfolge von Doppel- oder Mehrfachbestattungen durchaus schwierig, so wurde in der älteren Forschung die Möglichkeit von Nachbestattungen ignoriert. Die hallstattzeitliche Nekropole in Schirndorf mag hierfür als interessantes Fallbeispiel dienen. Entgegen der ursprünglichen Annahme, die von der Gleichzeitigkeit der Mehrfachbestattungen ausging, hat Richard Hughes mit Hilfe von Niveauunterschieden und Überlagerungen von Gefäßen eine mehrphasige Nutzung der Gräber nachweisen können. Dabei hat er sich eingehend mit der Thematik der Mehrfachbestattungen auseinandergesetzt: Hughes 1999, v.a. 12–20. 397 Payne 1931, 26. 398 Payne 1931, 28–33, 43, 46, 48–49, 51.

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Humfry Payne und die Datierung der korinthischen Keramik

219

Aufgrund der geringen Menge von frühkorinthischer Keramik in Selinunt und Naukratis sowie des Endes des korinthischen Stils um 550  v. Chr. hat Payne als untere Grenze für den frühkorintischen Stil 600 v. Chr. gewählt, wenngleich 590 v. Chr. seiner Meinung nach ebenso möglich sei. 399 Spätkorinthisch I, vor allem durch den rötlichen Überzug sowie an den vermehrt auftretenden narrativen Szenen erkennbar, hat er aufgrund der Parallelen mit der attischen Keramik in das zweite Viertel des 6.  Jahrhunderts v. Chr. platziert. 400 Nach der vorgenommenen Klassifizierung von späten und frühen Elementen der korinthischen Gefäße hat Payne anhand der übrig gebliebenen Gefäße die Gruppe Mittelkorinthisch erstellt. Durch die bereits definierten Grenzen von Spätkorinthisch I und Frühkorinthisch war für Payne die mittelkorinthische Phase zeitlich bereits bestimmt. Somit teilte Payne das Material nach gängiger Methode in drei Stilphasen – früh, mittel und spät – ein. Die absolute Datierung der (proto) korinthischen Keramik vom 8. und 7.  Jahrhundert  v. Chr. hat er mit den Gründungsdaten von Syrakus, Gela und Selinunt eruiert. Im fortschreitenden 6. Jahrhundert v. Chr. dient Payne bereits die attische Gattung als Datierungshilfe. Das Standardschema, einem Stil jeweils 25 Jahre zuzuschreiben, ist bei Paynes System an zwei Stellen durchbrochen. Zum einen beträgt die Dauer von Protomittelkorinthisch insgesamt 50  Jahre und der Zeitraum von Spätprotokorinthisch und der Übergangszeit ist insgesamt mit nur zirka 25 Jahren veranschlagt. 401 Interessanterweise weicht Paynes Vorgehensweise zudem stark von Beazleys Methodik 402 ab, die Gefäße konsequent Malern und Werkstätten zuzuweisen, was nur teilweise durch die Beschaffenheit der korinthischen Keramik bedingt ist. So schrieb Payne: „[…] I have not been able to attribute very many vases to their authors – a thorough analysis of the style in this respect would, I think, be a somewhat unremunerative task […].“ 403 Diese negative Einschätzung haben jedoch ihm nachfolgende Archäologen in ihren Studien nicht geteilt und sich sehr wohl einer systematischen Zuweisung an einzelne Maler gewidmet. 404

399 400 401 402

Payne 1931, 55–57. Payne 1931, 58–59. Payne 1931, 61–66. In Anlehnung an Morellis Methode, anhand von Details einen Künstler zu erkennen, hat John Beazley bekanntlich für die attische Keramik unterschiedliche Maler ausmachen können. Diesen methodischen Ansatz hat er erstmals in zwei kurzen Aufsätzen 1922 und 1927 vorgestellt. Zu Beazleys Methodik allgemein: Isler-Kerényi 1979, 4–9; Isler-Kerényi 1980; Robertson 1985. 403 Payne 1931, 183. 404 Eine Auflistung all jener Studien, die sich der Zuweisung an einzelne Maler beziehungsweise Gruppen für die korinthische Keramik gewidmet haben, findet sich bei: Dehl-von Kaenel 1995, 22–23.

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220 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung

5.3

Allgemeine Bemerkungen zur Methodik Paynes

Inwieweit haben die Überlegungen zu der schriftlichen Überlieferung der Gründungsdaten nun mögliche Auswirkungen auf die Keramikchronologie, die Humfry Payne erstellt hat? Payne ist zur absoluten Datierung der korinthischen Keramik von den thukydideischen Gründungsdaten ausgegangen, da Thukydides als älteste Quelle eine umfassende Chronologie der griechischen Gründungen auf Sizilien überliefert. Eine quellenkritische Auseinandersetzung hat für Payne kein Anliegen dargestellt, da sein ausschließlicher Fokus auf der Verwendung von absoluten Jahreszahlen für die Keramikdatierung lag. Folglich hat er die Gründungsdaten bei Thukydides als historisch zutreffende, absolut gegebene Zahlen behandelt. Dies ist allerdings bei einer genaueren Betrachtung der Textstelle keineswegs mit Sicherheit gegeben. Schon Hugh Bowden meinte daher: „[…] I am making a plea for archaeologists to treat literary evidence with the same care that they treat their sites […] .“ 405 Demnach bietet Thukydides eigentlich keine exakten absoluten Gründungsdaten, wie bereits im vorigen Abschnitt eingehend diskutiert worden ist. Möglicherweise weil es dafür keine einfache Lösung gibt, findet dieser Punkt in archäologischen Abhandlungen über die Datierung der korinthischen Keramik kaum Beachtung, beginnend mit Paynes „Necrocorinthia“. Wenn man die Grundlage für bis aufs Jahr genaue Gründungsdaten aufgrund der Überlieferungslage als eher dünn einschätzt, 406 erhält das Fehlen absoluter Jahreszahlen zusätzlich Gewichtung. In dieser Arbeit wird der Ansatz vertreten, dass die konventionellen Daten und vor allem ihre Verwendung für die Datierung der Keramik ihren Nutzen haben, zumal es an überzeugenden Alternativen für eine anderweitige Datierungsmöglichkeit fehlt. Jedoch muss bei der Anwendung dieses Chronologieschemas für die korinthische Keramik präsent bleiben, dass die orthodoxen Gründungsdaten eine nicht unproblematische Voraussetzung bilden. 407 Zur Problematik der divergierenden Gründungsdaten in den unterschiedlichen Quellen sucht man vergeblich nach einer ausführlichen und klaren Stellungnahme Paynes. Einzig zum eindeutigen ‚Problemfall‘ Selinunt findet sich ein Kommentar, wohlgemerkt jedoch in einer Fußnote: „There are two traditions as to the date of the foundation of Selinunt, as there are for many of the western cities – that of Thucydides, who gives the year 629–8 408, and that of Diodorus and Eusebius, whose date is 650–48; both views have been supported by modern historians 409. The literary evidence is not sufficient to afford 405 Bowden 1991, 49. 406 Siehe hierzu: Kapitel 4. 407 Die Möglichkeit einer Kontrolle durch naturwissenschaftliche Datierungsmethoden wird weiter unten sowie in Kapitel 9 besprochen. 408 Daraus geht hervor, dass Payne die Zerstörung Megara Hyblaias vermutlich im Jahr 484/3 v. Chr. angesetzt hat. 409 Für die literarischen Quellen hat Payne den RE-Artikel von Ziegler (1923, 1268–1269) zitiert, worin sich Ziegler für ein Gründungsdatum Selinunts um die Mitte oder im dritten Viertel des 7. Jahrhunderts v. Chr. ausspricht. Ziegler vertrat die Ansicht, dass keine Entscheidung zwischen dem Datum von Thukydides oder Diodor möglich sei. Bei der zweiten von Payne zitierten Abhandlung

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Allgemeine Bemerkungen zur Methodik Paynes

221

a definite solution of the problem, but the archaeological material now available speaks strongly in favour of Thucydides.“ 410 Paynes Äußerung veranschaulicht einmal mehr die Abhängigkeit der Datierung der korinthischen Keramik von Thukydides, wobei Paynes Kommentar nahezu an einen Zirkelschluss grenzt. Denn das absolute Datierungsschema basiert zu einem großen Teil auf Thukydides’ Information und belegt sich somit bis zu einem gewissen Grad selbst. 411 Interessanterweise verwies bereits Beloch 412 im Jahr 1913 auf die Abhängigkeit der Vasenchronologie von den thukydideischen Gründungsdaten und den für ihn bestehenden Zirkelschluss. Paynes enormes Verdienst um ein kohärentes Einteilungssystem der korinthischen Keramik bleibt ungeachtet dessen bestehen. Um ein in sich stimmiges System zu schaffen, scheint ein Arbeiten mit gewissen Prämissen unumgänglich. Payne war sich demnach der divergierenden Gründungsdaten durchaus bewusst und zumindest im Fall von Selinunt hat er sich der Archäologie bedient, um in der literarischen Überlieferung das historisch ‚korrekte‘ Gründungsdatum zu eruieren. Auffallend bleibt, dass Payne gerade bei Selinunt das gängige Drei-Perioden-System mit „Transitional“ für die korinthische Keramik durchbricht, wofür Payne zwei Gründungsdaten berücksichtigt hat. Fraglich ist, ob dahinter nicht der Versuch stecken könnte, mit dem Übergangsstil die Problematik von zwei divergierenden Gründungsdaten zu ‚lösen‘. Diesbezüglich muss es als bezeichnend erscheinen, wenn Ian Morris 413 in seiner Überblickstabelle zur Datierung der korinthischen Keramik den Stil der Übergangszeit zur Gänze auslässt. ‚Präkoloniale‘ Handelsbeziehungen zwischen Sizilien und Griechenland stellen ein für die Keramikchronologie nicht unwesentliches Themenfeld dar, zu dem sich Payne aber nicht näher geäußert hat. 414 Paynes Witwe hat in ihrer Biographie über Payne eine Anekdote über fachliche Differenzen zwischen ihrem Ehemann und Alan Blakeway berichtet. 415 Im Wesentlichen ging Blakeway 416 von einem Handel vor den Koloniegründungen in Großgriechenland aus, ein Konzept, das Payne anscheinend heftigst ablehnte. Als Konsequenz ist Payne folglich der methodischen Herausforderung entgangen, bei griechischen Keramikfunden zwischen Importstücken vor und nach den Koloniegründungen unterscheiden zu müssen. Die Debatte um „trade before flag“ 417 oder „flag

410 411 412 413 414 415 416 417

zum Gründungsdatum handelt es sich um jene von Bernhard Schweitzer (1918b, 14–15), der die Angabe Diodors als verlässlicher betrachtete. Payne 1931, 22 Anm. 5. Z.B. Burn 1935, 137; Cook 1946, 75. Peter Danner (1999, 150) argumentiert ähnlich, wenn er schreibt, dass die Archäologie keines der beiden Gründungsdaten belegen kann. Beloch 1913, 224. Morris 1996, 53. Zu einer kritischen Sichtweise der angewendeten Kolonisationsmodelle in den Altertumswissenschaften siehe: Hall 2012, 19–21; Kistler 2015, 399–401. Powell 1943, 100–101. Blakeway 1932/33; Blakeway 1935. Ein Grund, warum der Handel vor den Koloniegründungen im Sinne von Blakeway vermehrt abgelehnt wurde, liegt unter anderem in der Keramikdatierung. So verwendete Blakeway in seiner Argumentation eine zu hohe Keramikchronologie, was seine Ansicht natürlich stützte. Cook 1946, 80–81.

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222 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung before trade“ 418 wird heute in der Forschung nicht mehr in der damals vorherrschenden kategorischen Ausschließlichkeit betrachtet. 419 Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass griechische Keramik als Import in Sizilien an einen Ort gelangte und dementsprechend nicht in die Zeit der griechischen Gründung zu datieren ist. 420 In der heutigen Forschung geben vor allem einige Keramikfragmente aus Syrakus, Megara Hyblaia und Villasmundo Anstoß zu dieser Diskussion, da diese als mittelgeometrisch oder zumindest zeitgleich mit dem mittelgeometrischen Stil angesprochen werden können. 421 Jedoch bleiben damit einige Unsicherheiten verbunden, über die Robert Leighton resümiert: „While some of these materials from Villasmundo could pre-date the nearby Greek foundation of Megara Hyblaea (Thucydidean date of 728 BC), the margin of error in pottery chronologies and the possibility that rather archaic forms, like pendant semicircle cups, persisted for longer than has been recognised, prevents absolute certainty.“ 422 Zumeist wird im Zusammenhang dieser frühen Funde von Präkolonisation gesprochen, was jedoch zunehmend als ungeeignetes Konzept für die komplexen Vorgänge betrachtet wird. 423 Folgt man der Ansicht, dass vor einer permanenten Gründung meistens Handelskontakte unterhalten wurden, sieht man sich zwangsläufig mit einer prospektierenden Phase konfrontiert. Diese Ansicht unterminiert letztlich auch die Methodik der Keramikchronologie, laut Albert Nijboer 424 mitunter ein Grund, warum dieses Konzept unter Archäologen keine große Zustimmung findet. In der Tat haben diese älteren Keramikfunde, zumindest soweit ich die doch beachtliche Sekundärliteratur überblicke, nicht zu einer eingehenden Kritik an Paynes Methodik und Chronologiesystem geführt. Paynes Chronologieschema beruht ausschließlich auf einer kunsthistorischen Herangehensweise, die sich großteils auf die Keramikfunde aus Nekropolen stützt. Im Gegensatz dazu ist man heute nicht mehr in diesem Maße auf Nekropolen angewiesen, vielmehr sind nun auch Beobachtungen an Siedlungsbefunden möglich. 425 Prinzipiell bleiben im archäologischen Bild der griechischen Gründungen auf Sizilien nach wie vor einige Lücken bestehen. So fehlen beispielsweise für die Städte Akrai, Kasmenai und Himera noch immer Funde, die sich tatsächlich in die Gründungszeit datieren lassen. 426

418 V.a. Hasebroek 1928, 110–116; Hasebroek 1931, 142–147. 419 Dehl 1984, 16. Vergleiche hierzu Robin Osborne: „Talk of whether or not there was ‘trade before the flag’ is inappropriate, […] because there was no flag.“ Osborne 1998, 268–269. 420 Z.B. Morris 1987, 14. 421 Diese Funde sind der Forschung seit längerem bekannt: Voza 1980; Voza 1982; Crielaard 1995, 231–232; Leighton 1999, 223–225; Fischer-Hansen – Nielsen – Ampolo 2004, 173–174; Hodos 2006, 94–97; Panvini – Sole 2009, 56–63. 422 Leighton 1999, 225. 423 Ridgway 2004, 17. 424 Nijboer 2012, 290. 425 Für Sizilien ist hier vor allem auf die neueren Forschungsergebnisse von Selinunt (Mertens 2003; Mertens 2012b) und Megara Hyblaia (Gras – Tréziny – Broise 2005; Gras – Tréziny 2012; Tréziny 2016) zu verweisen. 426 Neeft 2012, 490.

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Allgemeine Bemerkungen zur Methodik Paynes

223

Als methodisch schwierig gestaltet sich ferner das Konzept einer Gründung in den antiken Quellen, da unklar bleibt, inwieweit diese Vorstellung mit der historischen Realität und in weiterer Folge mit dem archäologischen Befund einhergeht. So geht Cornelis Neeft 427 davon aus, dass es sich beispielsweise bei Syrakus im 8. Jahrhundert v. Chr. nicht um eine einzige Siedlung, sondern vielmehr um eine Ansammlung von mehreren gehandelt habe. Das archäologische Bild spricht auch gegen Thukydidesʼ Darstellung, dass die griechischen Siedler die auf der Ortygia ansässigen Sikuler vertrieben hätten, da die dort lokalisierten Hütten nach der gängigen Chronologie bereits im 9.  Jahrhundert  v. Chr. aufgegeben worden waren. 428 Diese Umstände mögen auch ein weiteres Argument dafür darstellen, die Gründungserzählungen mit ihren Daten nicht zwingend dem historischen Kontext im 8. Jahrhundert v. Chr. als vielmehr einer späteren Zeit zuzuordnen. Mit Hilfe der Keramik kann höchstens die relative Position einer Gründung in Hinblick auf andere Niederlassungen kontrolliert werden. Rückschlüsse auf die absoluten Jahreszahlen der Gründungsdaten in den schriftlichen Quellen beziehungsweise deren Richtigkeit sind nicht möglich. 429 Zusätzlich ist eine feinchronologische Unterscheidung des korinthischen Stils in einem kleinen Zeitraum von beispielsweise fünf Jahren ebenso wenig durchführbar, weil die Keramikchronologie prinzipiell ein Datierungschema in Vierteljahrhunderten impliziert. Aus diesem Grund kann auch die griechische Keramik 430 die relative Reihung der ersten Koloniegründungen gemäß Thukydides, also Naxos, Syrakus, Leontinoi sowie Megara Hyblaia, aus methodischen Gründen nur bedingt bestätigen. Das archäologische Material ließe theoretisch auch eine andere beliebige Reihung dieser Gründungen zu, ein essentieller Punkt, der innerhalb der Forschung kaum explizit angesprochen wird. Am deutlichsten hat sich Jonathan Hall zu Ian Morris’ 431 positivem Resümee der Übereinstimmung der relativen Reihenfolge der thukydideischen Daten mit der griechischen Keramik geäußert: „[…] Morris’s observation that there is a near perfect fit between the relative order in which Thucydides lists the Sicilian foundations and the relative sequence of earliest material attested at each site is not actually as conclusive as it appears. In recording the pottery styles attested in the earliest levels of the first colonies, he provides a relative chronology with the following sequence: 427 Neeft 2012, 487. 428 Kistler 2015, 400, 402. Robert Leighton (2000) hat sich in einem Aufsatz für eine Senkung der absoluten Datierung der früheisenzeitlichen Chronologie auf Sizilien ausgesprochen. Dies hätte den Vorteil, das Gründungsdatum von Naxos, 734  v. Chr., nicht als plötzlichen Einschnitt in der materiellen Hinterlassenschaft Innersiziliens wahrnehmen zu müssen. So äußert er die Frage (Leighton 2000, 40): „Why should indigenous fibulae here [i.e. Sicily], or elsewhere in Italy for that matter, have changed in 734 BC, simply because Greek colonists began to arrive at a few coastal sites in a relatively restricted area of eastern Sicily?“ Konkret für den Befund der Ortygia würde dies nun bedeuten, dass die indigene Siedlung noch bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. herunterreichen kann. Leighton 2000, 38, 41–42. Dieser Datierungsansatz wirft erneut Fragen zur Interaktion der griechischen Siedler mit der indigenen Bevölkerung auf. 429 Cook 1946, 76; Dunbabin 1953/54, 248. 430 Eine aktuelle Darstellung der archaischen griechischen Keramik von Sizilien findet sich bei: Domínguez 2006; Morakis 2011. 431 Morris 1996, 55.

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224 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Naxos-Syracuse-Leontini-Megara-Gela-Selinus. This does indeed match with the Thucydidean sequence, but since the first four colonies in the list have yielded exactly the same classes of material (Thapsos Ware; Early, Middle and Late Protocorinthian; Early Corinthian) they could feasibly be listed in any order. Actually, as Morris concedes, some chevron skyphoi are attested at Megara Hyblaea. This means that, theoretically, we could list the colonies in an entirely different order (for example Megara-Leontini-NaxosSyracuse-Gela-Selinus) which would be anything but consistent with the Thucydidean sequence.“ 432 Ähnlich hat zuletzt Gioacchino Francesco La Torre 433 in einem Beitrag zu den frühesten griechischen Gründungen auf Sizilien argumentiert. Kritisch zur Verwendung der thukydideischen Gründungsdaten hat sich außerdem Cornelis Neeft 434 geäußert. So seien seiner Meinung nach die Gründungsdaten in einer zu optimistischen und nahezu simplifzierenden Weise beinahe ausschließlich mit Gräberkontexten in Verbindung gebracht worden. Damit spricht Neeft freilich eine wesentliche Kritik an Paynes Methodik aus, die primär kunsthistorische Aspekte berücksichtigt und nicht mit Befunden agiert. Aus archäologischer Sicht fehlt bei Paynes Schema außerdem eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Produktions- und Umlaufzeit der einzelnen Gefäße. Die in Taras 435, Sybaris und Kroton 436 aufgefundene griechische Keramik, deren absolute Datierung auf den thukydideischen Daten beruht, entspricht den letzten beiden Jahrzehnten des 8.  Jahrhunderts  v. Chr. und wird deshalb als Bestätigung der Gründungsdaten in Eusebius’ Chronik betrachtet. Wie diese Fallbeispiele deutlich aufzeigen, gilt die absolute Keramikchronologie nicht zuletzt deshalb als stimmig. Paynes relative Ordnung der korinthischen Keramik hat sich außerdem in zahlreichen bisher durchgeführten Grabungen bestätigt gefunden, was Payne noch selbst im Rahmen seiner Tätigkeiten in Perachora feststellen konnte. 437 Eine der wenigen Ausnahmen bildet Gela, wo wie bereits oben erwähnt, spätgeometrische Scherben chronologische Schwierigkeiten bereiten. Mittlerweile geht man davon aus, dass griechische Siedler diese Gefäße als ältere Mitbringsel mitbrachten. Somit lässt sich das Payne’sche Schema erhalten, obwohl man hier von Paynes Methodik der Gleichsetzung der ältesten Fundstücke mit dem Gründungsdatum (688 v. Chr.) abweichen muss und folglich eine notwendige Unterscheidung 432 433 434 435

Hall 2008, 409. La Torre 2012, 35, 42. Neeft 2012, 493. De Juliis 2000, 18. Mischa Meier (1998, v.a. 139–141) hat betont, dass sowohl Antiochos als auch Ephoros von griechischen Siedlern vor den Partheniern in Taras sprechen. Aus diesem Grund sieht er keinen zwingenden Zusamenhang des eusebischen Datums 706 v. Chr. mit der spätgeometrischen Keramik und der Gründungsgeschichte um die Aufständischen in Sparta. Auch im rezentesten Beitrag zur Frage der Parthenier gibt sich Winfried Schmitz (2017, 439 Anm. 58) diesbezüglich kritisch, wenn sich seiner Meinung nach deren Auswanderung aus Sparta sowohl mit den archäologischen Funden um 700 v. Chr. als auch um 600 v. Chr. ansetzen lässt. 436 Morgan – Hall 1996, 202–211. 437 Siehe dazu die von Powell festgehaltene Äußerung Paynes: „‘I wrote a book,’ said Payne ironically, ‘and then I came and dug it up.’“ Powell 1943, 63.

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Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

225

von Produktions- und Umlaufzeit vornimmt. 438 Obwohl Paynes System somit aufrechterhalten wird, gibt es auch Vorschläge sowie Argumente für eine niedrigere oder höhere Chronologie in Hinblick auf Paynes Schema. Die nun folgende Besprechung ausgewählter Beiträge soll auch als Diskussionsbeitrag zur Verwendung der Gründungsdaten von archäologischer Seite verstanden werden. 439

5.4

Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

5.4.1 Ein niedrigeres Chronologieschema der korinthischen Keramik Bei der korinthischen Keramik handelt es sich im Grunde bereits um ‚Massenware‘, deren Bemalung starken qualitativen Schwankungen unterliegt. 440 Dies hat Ernst Langlotz dazu veranlasst, im Gegensatz zu Payne nur die qualitativ hochwertigsten Gefäße zu Datierungszwecken zu verwenden. Langlotz 441 war außerdem nicht mit der kurzen Zeitspanne von nur 25 Jahren für Spätprotokorinthisch und die Übergangszeit einverstanden. Zudem lehnte er Paynes Schlussfolgerungen ab, anhand des Gründungsdatums von Selinunt (‚628‘ v. Chr.) die Grenze vom protokorinthischen zum korinthischen Stil feststellen zu können. Folglich schlug Langlotz eine Herabdatierung von Paynes System für die korinthische Keramik um 20 bis 30 Jahre vor. 442 In seinem Werk zur nordostgriechischen Kunst hat Langlotz 443 noch 1975 eine niedrigere Datierung der korinthischen Keramik verfochten, wenngleich er im Gegensatz zu 1934 seine Herabdatierung mit nur mehr zirka 20 Jahren vornahm. Langlotz᾿ Herangehensweise, die letztlich nicht die Gesamtheit der korinthischen Keramik, sondern nur eine Auswahl davon berücksichtigt, hat sich in der Forschung nicht durchgesetzt. 444 Bei Ausgrabungen im Heraion von Samos hat man eine niedrigere Datierung ab dem frühkorinthischen Stil im Vergleich zu Paynes Chronologie angewandt. So hat Hans Walter aufgrund von zwei Befunden eine Korrektur des Payne’schen Schemas in Hinblick auf die absolute Datierung vorgeschlagen. Bei dem ersten handelt es sich um einen Bothros, der aufgrund der darin enthaltenen lokalen Keramik, von den Ausgräbern als dem Frühkorinthischen nahestehend bezeichnet, datiert wird. 445 Anhand dieses 438 La Genière 2012, 99–101. 439 Für eine umfangreiche Diskussion der Datierung der korinthischen Keramik siehe zuletzt: Dehl 1984; Dehl 1986, 15–19; Neeft 1987; Amyx 1988; Dehl-von Kaenel 1995, 32–42; Harrison 1996; Neeft 2012. 440 Dehl-von Kaenel 1995, 24–25. 441 Langlotz 1934, 420. Ähnlich: Hopper 1949, 180. 442 Der Datierungsvorschlag von Peter James (et al. 1991, 103) sieht ebenso eine Herabdatierung der (proto-) korinthischen Keramik um zirka 25 Jahre vor. 443 Langlotz 1975, v.a. 19. 444 Z.B. Amyx 1988, 404. 445 Vierneisel – Walter 1959, Beilage 64, Beilage 65.

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226 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Funds haben Hans Walter und Klaus Vierneisel geschlussfolgert: „Der Datierung des Bothros-Inhalts auf Grund dieser einfachen [oben erwähnten] Gefäße in die Zeit um 600  v. Chr. fügen sich […] sechs Gefäße korinthischer Herkunft 446 […] und bestätigen ihrerseits die Datierung. Die korinthischen Gefäße gehören der frühkorinthischen Stufe an, deren Beginn gegen 600 v. Chr. anzusetzen ist […].“ 447 Warum hier jedoch ein Abweichen von der konventionellen absoluten Datierung für diesen Befund zwingend notwendig ist, geht meiner Meinung nach nicht hervor. 448 Zudem ist der Fund von sieben frühkorinthischen Gefäßen 449 unter dem Pflaster des Kultbades als Indiz für eine Senkung der absoluten Datierung betrachtet worden. Allerdings stellt die Datierung der Errichtung des Kultbades um 600  v. Chr. nur eine sehr vage Datierung dar, 450 die ausschließlich auf der korinthischen Keramik basiert. 451 Weil für die Heraionbefunde in Samos von der korinthischen Keramik unabhängige, absolute Daten fehlen, eignen sich deren Befunde nicht für eine Abänderung von deren Datierung. 452 Die von Walter vorgeschlagene Änderung, den frühkorinthischen Stil somit erst um 600 v. Chr. beginnen und 575 v. Chr. enden zu lassen, hat beispielsweise auch Elena Walter-Karydi 453 zur Datierung der ostgriechischen Keramik verwendet. Ähnlich wie bei Langlotzʼ Argumentation hat sie einerseits die kurze Dauer des Übergangsstils kritisiert, andererseits ein besseres Zusammenpassen der einzelnen Phasen der attischen und korinthischen Keramik betont. 454 Ebenso spielt die Evidenz des Zerstörungshorizontes von Alt-Smyrna eine bedeutende Rolle in der Diskussion um die absolute Chronologie der korinthischen Keramik, was an dieser Stelle der Vollständigkeit halber noch erwähnt sein soll. Die Evidenz wird in Kapitel 6, das die Zerstörungshorizonte in der Levante sowie die Keilschriftquellen durchleuchtet, noch näher berücksichtigt werden. Da es in den schriftlichen Quellen kein absolutes Datum für die Zerstörung Smyrnas durch den Lyderkönig Alyattes gibt, ist eine genaue Datierung für die korinthische Keramik so problematisch. Nicht zuletzt hat man anhand der Befunde von Smyrna sowohl für als 446 447 448 449 450

451 452 453 454

Walter 1959, Beilage 109. Vierneisel – Walter 1959, 28. Ähnlich: Fittschen 1969, 212. Walter 1959, Beilage 108. Siehe hierfür die Äußerungen von Ernst Buschor (1930, 32. 34): „In dieser kostbaren Badeanlage […] sehe ich das Kultbad des Herabildes zur Zeit des zweiten Hekatompedos und der Südhalle. […] Die Ansetzung des ersten Hekatompedos in geometrische Zeit, und zwar einen guten Abstand von ihrem Ende, erscheint demnach gesichert, der zweite muß in sehr früher orientalisierender Zeit, noch vor Errichtung der Südhalle, gefolgt sein.“ Erst durch die feinere Datierung der korinthischen Keramik konnte der Baubeginn des Wasserbeckens zur Zeit des korinthischen Übergangsstils festgelegt werden. Gemäß der orthodoxen Chronologie entspricht dies somit zirka den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts v. Chr. Furtwängler 1980, 158. Ähnlich: Descœudres 1976, 50 Anm. 239. Kopcke 1968, 281: „Eine Kritik der korinthischen Chronologie anhand der Heraionbefunde ist von vornherein zweifehalft, weil wir kein absolutes Datum haben.“ Walter-Karydi 1973, 97. Zu den Fixpunkten der frühen attisch schwarzfigurigen Keramik des 6. Jahrhunderts  v. Chr. (Massalia, Panathenäische Preisamphoren) siehe: Kapitel 8.

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227

Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

auch gegen die absolute Chronologie Paynes argumentiert, was vielleicht am deutlichsten die Ambiguität dieses Fixpunkts aufzeigt. Ebenso hat Hans Peter Isler 455 für seine Publikationen über Samos eine niedrigere Datierung der korinthischen Keramik im 6. Jahrhundert v. Chr. in Anlehnung an Jean Ducats Vorschläge verwendet. 456 Eine leicht niedrigere Datierung in Hinblick auf Paynes Schema scheint auch John Boardman 457 in seiner Publikation der archaischen Funde von Tocra zu implizieren, wenngleich er dies nicht direkt anspricht. So wird Deposit I, worin frühkorinthische Gefäße sowie Fragmente des Übergangsstils gefunden wurden, von ihm gemäß der konventionellen Chronologie vor 600–590 v. Chr. datiert. Deposit II mit mittelkorinthischer Keramik 458 datiert Boardman 459 hingegen vor 565 v. Chr. und somit um fünf Jahre jünger im Vergleich zu Paynes Schema. Solch geringfügige Abweichungen 460 ergeben sich durch eine leicht divergierende Auslegung desselben Sachverhaltes und sind hier nicht zu den tatsächlich niedrigeren Datierungsvorschlägen zu zählen. 461 Tabelle 19: Überblick über Vorschläge zur Senkung der absoluten Chronologie des korinthischen Stils Konventionell 462

Ducat/Isler

Langlotz/Walter

Frühkorintisch

620–600/590 v.Chr

610–585/80 v. Chr.

600–575 v. Chr.

Mittelkorinthisch

600/590–570 v. Chr.

585/80–560 v. Chr.

575–550 v. Chr.

Spätkorinthisch I

570–550/540 v. Chr.

550–540 v. Chr.

550–525 v. Chr.

Im Folgenden soll ein näherer Blick auf die Evidenz von Kyrene 463 beziehungsweise der Kyrenaika 464 geworfen werden, wobei die schriftlichen Quellen mit ihren Gründungsdaten zunächst im Fokus stehen. Einerseits gilt dieser Fixpunkt als Bestätigung der

455 456 457 458 459 460 461

462 463 464

Isler 1978, 54–56; Isler 1987, 72–73. Ducat 1962. Boardman 1966a, 12. Isler 1978, 54 Anm. 5. Boardman 1973, 3. Geringe Abweichungen in der absoluten Verortung der korinthischen Keramik auch bei: Banti 1959. Hierzu zählt beispielsweise auch die geringfügig abweichende, absolute Chronologie von Amyx 1988, 428: LG (750–720 v. Chr.), EPC (720–690 v. Chr.), MPC I (690–670 v. Chr.), MPC II (670– 650 v. Chr.), LPC (650–630 v. Chr.), TR (630–620/615 v. Chr.), EC (620/615–595/590 v. Chr.), MC (595/590–579 v. Chr.), LC I (570–550 v. Chr.), LC II (nach 550 v. Chr.). Gemäß Dehl-von Kaenel 1995, 42. Rezente Abhandlungen zur griechischen Niederlassung in Kyrene finden sich bei: Malkin 2003; Stein-Hölkeskamp 2015, 261–267; Bringmann 2016, 140–150. Eine Überblicksdarstellung zu den griechischen Gründungen in der Kyrenaika mit Verwendung der konventionellen Keramikchronologie findet sich bei: Austin 2008.

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228 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung absoluten Chronologie der korinthischen Keramik, 465 anderserseits hat man darin jedoch die Möglichkeit gesehen, die auf Thukydides beruhende absolute Chronologie der korinthischen Keramik um drei bis vier Jahrzehnte anhand von Herodots Bericht der griechischen Besiedlung Libyens nach unten zu korrigieren. 466 Ein geographischer Überblick über die zentralen Orte findet sich Abbildung 5. Die Gründungsdaten für Kyrene sind durch mehrere Autoren überliefert, wobei Herodots und Eusebiusʼ Darstellung für die Chronologie am wesentlichsten sind. 467 Ein Siegeslied Pindars deutet als älteste Quelle ein Gründungsdatum für Kyrene an. In der vierten Pythischen Ode, die den Sieg von Arkesilaos (IV.) beim Wagenrennen feiert, ordnet Pindar 468 den Gründer von Kyrene, Battos, in die 17.  Generation nach den Argonauten ein. Zudem schlägt Pindar 469 die Brücke in die Gegenwart, indem er Arkesilaos (IV.) als achten König von Kyrene bezeichnet. 470 Ein Scholion zu Pindar 471 beziffert die Herrschaft der Battiaden insgesamt mit 200 Jahren, was eine Veranschlagung der Generationenangabe Pindars zu je 25 Jahren darstellen könnte. Herodot 472 beschreibt die genauen Umstände, wie Siedler aus Thera die Stadt Kyrene in Libyen gegründet haben, wobei er einmal die Version der Theraier und einmal jene der Kyrenaier wiedergibt. 473 Bevor die Siedler um Battos tatsächlich Kyrene gründeten, lebten 465 Z.B. Boardman 1966b. 466 Bowden 1991, v.a. 51–52; James 2005. 467 Einen Überblick über die Gründungsdaten bieten: Busolt 1893, 482–483 Anm. 3; James 2005, 2–3 (jedoch mit Tippfehlern in den Stellenangaben: Hdt. 4, 169, 1 statt 4, 159, 1; Plin. nat. hist. 19, 15 statt 19, 41). Die Textstellen, die sich allgemein auf Kyrenes Gründung beziehen, finden sich gesammelt bei: Miller 1997, 32–35, 96–114, 152–173, 207–214, 261–264. 468 Pyth. 4, 9–10. Zur Bedeutung der vierten Pythischen Ode Pindars, die mit den genealogischen Angaben aus dem gesamten Korpus heraussticht, siehe ausführlicher in Kapitel 4 sowie Pavlou 2012, 97–101. 469 Pyth. 4, 65. 470 Der Sieg von Arkesilaos IV. wird generell ins Jahr 462 v. Chr. (Ol. 79,3) datiert. Busolt 1895, 535; Beloch 1913, 210. Ermöglicht wird dies durch die Information in den Scholien, wonach Arkesilaosʼ Sieg bei den 31. Pythischen Spielen stattfand. Drachmann 1910, 92–93. Ebenso enthält ein weiteres Scholion den wertvollen Synchronismus der 28. Pythischen mit den 76. Olympischen Spielen. Drachmann 1910, 63. Der Scholiast notierte, dass Hieron in der 76. Olympiade König wurde, als man die 28. Pythiade feierte. Das Gedicht sei nach dessen zweiten Sieg bei den Pythischen Spielen geschrieben worden, was in die 75. Olympiade fällt. Die Erwähnung von der 76. und 75. Olympiade hat in der Forschung jedoch zu Diskussionen geführt, da Pausanias ebenso eine ältere Ansetzung der Pythischen Spiele liefert, die einen Synchronismus zwischen den 28. Pythischen und eben den 75. Olympischen Spielen fordern würde. Siehe hierzu: Sickinger 2016, Kommentar zu BNJ 239 A 38. Durch das Marmor Parium (A 38) ist bekannt, dass die Pythischen Spiele jeweils im dritten Jahr einer Olympiade stattfanden. Aus diesem Grund lassen sich nach gängiger Auslegung die 31. Pythischen Spiele in Ol. 79,3 (462 v. Chr.) setzen. Zur Frage der Datierung der ersten Pythischen Spiele siehe: Mosshammer 1982; Brodersen 1990. 471 Schol. Pind. Pyth. 4 (Drachmann 1910, 93 10–12). 472 Hdt. 4, 150–159. Die Beteiligung von Mitsiedlern aus Lindos wird in der Lindischen Tempelchronik genannt, was aufgrund der Nichterwähnung bei Herodot unterschiedlich beurteilt worden ist. Siehe hierzu: Ryan 2001. 473 Zur Einschätzung der unterschiedlichen Darstellungen siehe: Walter 1993, 138–145; Malkin 2003, 156–164; Osborne 2009, 10–15.

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Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

229

sie zuvor für zwei Jahre auf der Insel Platea vor der Küste Libyens, bis sie schließlich in Aziris für sechs Jahre auf dem libyischen Festland lebten. 474 Zur Zeit des dritten Königs von Kyrene, Battos II., erging der Orakelspruch, wonach weitere Mitsiedler nach Libyen im Umfeld von Kyrene eingeladen wurden. 475 Dies wurde in der Forschung dahingehend verstanden, dass die Küste Libyens folglich in der zweiten Generation nach Kyrenes Gründung durch weitere griechische Siedlungen, wie etwa Taucheira, erschlossen wurde. 476 Wohlgemerkt, und dies ist für die Diskussion der archäologischen Seite von Bedeutung, lässt Herodots Formulierung einen gewissen Spielraum zu. So spricht Herodot nicht ausdrücklich von neuen Gründungen in der Kyrenaika durch diese neue Welle von Siedlern, die theoretisch auch im Stadtgebiet von Kyrene Unterkunft gefunden haben könnten. 477 Nach Herodots 478 Darstellung führte der Zuwachs an griechischen Siedlern in weiterer Folge zu einem militärischen Konflikt mit dem ägyptischen Pharao Apries, der in der Niederlage der ägyptischen Streitkräfte endete. Dieses Debakel soll schließlich zum Sturz von Apries (589–570  v. Chr.) 479 durch Amasis (570–526  v. Chr.) 480 geführt haben. Nun lässt sich Amasis’ erstes Thronjahr durch ägyptische Quellen mit 570 v.Chr. bestimmen. 481 Somit ist ein ungefährer Ausgangspunkt für Herodots Angaben der Herrschaftsdauer von Battos I. (40 Jahre) und Arkesilaos I. (16 Jahre) gewonnen. 482 Zählt man nun die 56 Jahre zu 570 v. Chr. hinzu, würde sich als Herrschaftsbeginn für Battos I. spätestens 626 v. Chr. ergeben. Bei Herodots Darstellungsweise bleibt nämlich ungewiss, wie lange Battos II. bereits regiert hatte, als die siegreiche Schlacht gegen die Ägypter geschlagen wurde. Somit müsste man noch einen ungewissen Zeitraum dazu zählen. Um das Gründungsdatum für Kyrene zu eruieren, sind zudem noch jene acht Jahre abzuziehen, die Battos und seine Anhänger zuerst auf der Insel Platea und dann in Aziris verbracht haben. Dieser Veranschlagung nach ist die Gründung Kyrenes spätestens 618 v. Chr. anzusetzen. In Hinblick auf Hieronymusʼ Datierung von Kyrene mit 632  v. Chr. (Ol. 37,1) hat man die Entwicklungen, die schließlich zu Apries’ Sturz durch Amasis führten, mit einem 474 Hdt. 4, 157–158, 1. Herodot impliziert, dass beide Versionen dieselbe Chronologie zur Gründung Kyrenes anwenden. 475 Hdt. 4, 159. 476 Z.B. Busolt 1893, 487; Beloch 1912, 264. Das Scholion zu Pindars Pythischer Ode 4, 26 stellt die Niederlassungen von Apollonia und Taucheira ausdrücklich als Gründungen von Kyrene dar, bietet jedoch keine Datierung. 477 Diese Ansicht vertritt: Boardman 1994, 143. 478 Hdt. 2, 161–163; 4, 159. 479 Von Beckerath 1997, 192. 480 Von Beckerath 1997, 192. 481 Von Beckerath 1997, 84–88. Auf diesen Schlüssel zur Umrechnung weisen zudem hin: Chamoux 1953, 123; Vannicelli 1993, 140–141; Bichler 2004a, 214 Anm. 28, 218. 482 Zu der Zahlenreihe Herodots im Zusammenhang der Battiaden äußerte sich bereits Busolt: „Leider kennzeichnen sich jedoch die Zahlen Herodots deutlich als Ergebnisse chronologischer Spekulation. Battos I. herrscht über die theraeischen Auswanderer in Platea 2, in Aziris 6 Jahre, also vor seiner Ankunft in Kyrene 8 Jahre, im ganzen[sic] regierte er 40 = 5 x 8 Jahre, sein Nachfolger 16 = 2 x 8 Jahre. Die gesamte Herrschaft der Battiaden soll 8 Geschlechter dauern (Hdt. IV, 163).“ Busolt 1893, 482 Anm. 3.

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230 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Jahrzehnt veranschlagt gesehen. Auf diese Weise ließe sich eine annähernde Kongruenz von Herodots Datierung um 628 v. Chr. mit jener von Hieronymus erreichen. Neben Pindar und Herodot soll nun ein kurzer Blick auf das Gründungsdatum von Kyrene in der übrigen schriftlichen Überlieferung geworfen werden. Nach Theophrast 483 (4. Jahrhundert v.Chr.) soll Kyrene zirka 300 Jahre vor Simonides’ Archontat gegründet worden sein. Simonidesʼ Amtszeit wird im Jahr 311/10  v. Chr. verortet, 484 weshalb sich diese Angabe in etwa auf das Kalenderjahr 611/10 v. Chr. beziehen lässt. Plinius 485 (1. Jahrhundert n.Chr.) ordnet Kyrene hingegen im 143. Jahr der Stadt Rom ein. Geht man davon aus, dass Plinius die Gründung Roms umgerechnet 753  v. Chr. ansetzte, kann dies ein Gründungsdatum im Jahr 611  v.Chr. für Kyrene bedeuten. Pausanias 486 (2. Jahrhundert n.Chr.) nennt als Teilnehmer der Kolonisation Kyrenes den spartanischen Olympiasieger Chionis, der in Eusebius’ Olympionikenliste 487 als Sieger für die 29., 30. und 31. Olympischen Spiele (664–656  v. Chr.) auftaucht. Solinus 488 (3.  Jahrhundert n.Chr.) datiert Kyrene in die 45. Olympiade (600/599–597/6 v. Chr.), in das 586. Jahr nach dem Fall Trojas und in die Regierungszeit des römischen Königs Marcius. Vorausgesetzt Solinus übernahm das Datum von Eratosthenes für Trojas Eroberung umgerechnet 1184/3  v. Chr., lässt sich die Intervallangabe mit dem 586. Jahr danach in Einklang mit der 45. Olympiade bringen. Probleme bereitet hingegen, wie beispielsweise Peter James 489 betont hat, der Synchronismus mit Marcius. Denn an anderer Stelle schreibt Solinus 490, dass Marcius bereits in der 41. Olympiade verstorben sei. 491 Diese Schwierigkeit dürfte einmal mehr auf die mögliche Inkompatibilität unterschiedlicher antiker Chronologieschemata hinweisen. Hieronymus (4. Jahrhundert n.Chr.) nennt in seiner Abschrift der eusebischen Chronik für Kyrene insgesamt drei Gründungsdaten, nämlich 1336 v.Chr. 492, 762 v. Chr. (Ol. 4,3) 493 und 632 v. Chr. (Ol. 37,1) 494. Ähnliche Datierungen weist die armenische Texttradition (5. Jahrhundert n.Chr.) auf, indem sie die Daten

483 484 485 486 487 488 489 490 491

Theophr. hist. plant. 6, 3, 3. Samuel 1972, 210. Plin. nat. hist. 19, 41. Paus. 3, 14, 3. Karst 1911, 92; Christesen – Martirosova-Torlone 2006, 68; Christesen 2007, 389. Sol. 27, 44. James 2005, 3. Sol. 1, 23. In der neuen Ausgabe von Kai Brodersen (2014) findet sich keine nähere Information hierzu. François Chamoux (1953, 122) versuchte diese Diskrepanzen zu lösen, indem er einen Schreibfehler in der Olympiadendatierung (35. Olympiade: 640/39–637/6 v. Chr. statt der 45. Olympiade) und in der Intervallangabe vom Trojanischen Krieg (im 546. Jahr statt im 586. Jahr) vermutet hat. Geht man wiederum von der Übernahme der Datierung des Trojanischen Kriegs von Eratosthenes durch Solinus aus, ergibt das 546. Jahr nach 1184 v. Chr. 639 v. Chr., was in der 35. Olympiade liegt. 492 Helm 1956, 52be. 493 Helm 1956, 87bh. 494 Helm 1956, 96bk.

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Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

231

1333  v. Chr. (AA  683) 495, 758  v. Chr. (AA 1258 / Ol. 5,3) 496 und 631  v. Chr. (AA 1385 / Ol. 37,2) 497 nennt. Tabelle 20: Gründungsdaten von Kyrene Autor Pindar (5. Jh. v. Chr.)

Datum 17. Generation nach den Argonauten Arkesilaos (IV.) war der achte König von Kyrene

Scholion zu Pindar (hellenistisch)

Battiaden regierten 200 Jahre (8 x 25?)

Herodot (5. Jh. v. Chr.)

zur Zeit von Battos II.: Niederlage der ägyptischen Streitkräfte gegen die Kyrenaier, was zum Sturz von Apries durch Amasis (570–526 v. Chr.) führte. Arkesilaos I: 16 Jahre Battos I.: 40 Jahre vor Gründung von Kyrene zwei Jahre auf Insel Platea und sechs Jahre in Aziris

Herodot (5. Jh. v. Chr.)

Gründung Kyrene spätestens 618 v. Chr., zumeist mit 628 v.Chr. veranschlagt

Theophrast (4. Jh. v. Chr.)

300 Jahre vor Simonides’Archontat (611/10 v. Chr.)

Plinius (1. Jh. n.Chr.)

im 143. Jahr nach der Gründung Roms (611 v. Chr.)

Pausanias (2. Jh. n.Chr.)

der Olympiasieger Chionis aus Sparta (Eusebius: Ol. 29–31 / 664–656 v. Chr.) nahm an der Besiedlung Kyrenes teil

Solinus (3. Jh. n.Chr.)

45. Olympiade (600/599–597/6 v. Chr.), im 586. Jahr nach Trojas Fall, zur Zeit des römischen Königs Marcius

Hieronymus (2. Hälfte 4. Jh. n.Chr.) 1336 v. Chr. 762 v. Chr. (Ol. 4,3) 632 v. Chr. (Ol. 37,1) armen. Texttradition von Eusebius (5. Jh. n.Chr.)

1333 v. Chr. (AA 683) 758 v. Chr. (AA 1258 / Ol. 5,3) 631 v. Chr. (AA 1385 / Ol. 37,2)

In Hinblick auf die Keramikchronologie hat sich das eusebische Gründungsdatum um 631 v.Chr. für Kyrene weitgehend durchgesetzt. 498 In Verbindung mit Herodot geht man außerdem davon aus, dass Platea und Aziris in den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts v. Chr. 495 496 497 498

Karst 1911, 167. Karst 1911, 181. Karst 1911, 185. Z.B. Zimmermann 1999, 135. Einen nützlichen Überblick über die Sekundärliteratur bis 2008 bietet: Gönster 2015, 222–231.

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232 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung besiedelt wurden. 499 Folgt man Paynes Verständnis, wonach der älteste Keramikstil mit dem Gründungsdatum gleichzusetzen ist, würde man nach dem Schema Paynes übergangszeitliche korinthische Keramik beziehungsweise dieser Zeitstufe gleichzusetzende anderweitige Keramikfunde erwarten. Die genaue Lokalisierung von Platea ist bis jetzt noch nicht gelungen, Aziris wird nun an der Mündung des Wadi el Chalig verortet. 500 Für Aziris berichtet John Boardman 501 von insgesamt sieben Fragmenten protokorinthischer Gefäße, zu den ersten beiden hat er sich näher zur zeitlichen Einordnung geäußert: „Neither is likely to have been made later than the mid-seventh cenutry.“ 502 Aus dieser zeitlichen Bestimmung lässt sich ableiten, dass Boardman zumindest zwei der protokorinthischen Fragmente dem mittelprotokorinthischen Stil (ca. 700–650 v. Chr.) zuweist, worauf bereits Peter James 503 hingewiesen hat. Darüber hinaus spricht laut James die Datierung der ostgriechischen Keramik ebenso für eine Datierung in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts  v.Chr. 504 Für Boardman 505 ist hingegen eine einwandfreie Übereinstimmung der konventionellen Keramikdatierung mit dem literarischen Gründungsdatum gegeben. Was die Übersicht in der Sekundärliteratur zu diesbezüglichen Datierungsvorschlägen oftmals erschwert, ist die ausschließliche Verwendung von absoluten Datierungen der Keramikfunde ohne Referenz auf den festgestellten Stil. 506 Boardmans Sichtweise zur Chronologie hat sich aber anscheinend nicht durchgesetzt, wie sich beispielsweise anhand Klaus Bringmanns Darstellung der Kyrenaika ablesen lässt. So geht Bringmann 507 von einer Datierung der Keramikfunde im frühen 7. Jahrhundert v. Chr. und somit von einer Diskrepanz mit den literarischen Gründungsdaten aus. Neben frühkorinthischer Keramik, die man sich für einen Zeithorizont um 630 v. Chr. für den Fundort Kyrene erwartet, bereiten einige Fragmente mit früherem Datum Schwierigkeiten. Dabei handelt es sich um einen Skyphos im attisch- oder lakonisch-spätgeometrischen Stil, dessen Fundort von Boardman 508 nicht zuletzt wegen des hohen Datums im 8. Jahrhundert v.Chr. angezweifelt worden ist. James hat in seinem Aufsatz über die Chronologie der Kyrenaika weitere Keramikfragmente angeführt, die älter als das allgemein anerkannte Gründungsdatum sind. Dazu zählen zwei Fragmente rhodisch-spätgeometrischer Keramik 509 von der Agora, die Sandro Stucchi 510 vor 650 v. Chr. und Peter 499 500 501 502 503 504 505 506 507 508

Z.B. Cook 1997, 253. Gönster 2015, 224–226. Boardman 1966b, 150–151, pl. 29, 1–8. Boardman 1966b, 150–151. James 2005, 4–6. Ähnlich argumentierte bereits Sandro Stucchi (1984, 162; 1989, 74). Boardman 1966b, 156; Boardman 1994, 143. Ähnlich: Gill 2006, 9. Bringmann 2016, 146. Boardman 1966b, 152 Anm. 12; Boardman 1999a, 157. Dabei spricht Boardman mit Recht die oftmals unsichere Herkunft älterer Fundstücke an. Zur Zeit der Publikation des Artikels im Jahr 1966 schien es sich bei dem spätgeometrischen Skyphos in der Tat um einen chronologischen Ausreißer zu handeln. 509 Stucchi 1984, 162, Taf. I, 2. 510 Stucchi 1984, 162.

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Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

233

Abb. 5: Griechichische Niederlassungen in Libyen und Ägypten (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

James 511 gemäß der konventionellen Chronologie in den Zeitraum von 745 bis 680 v. Chr. datiert. Neue archäologische Untersuchungen im Bereich der Agora haben weitere Funde zu Tage gebracht, die von den Ausgräbern als deutlich vor der Gründung Kyrenes angesprochen werden. 512 Auch hier trifft man die bereits angesprochene Problematik an, dass nur die absoluten Datierungen, aber keine Referenz auf den Keramikstil angegeben werden. Von den drei protokorinthischen Scherben datieren zwei in die erste Hälfte des 7.  Jahrhunderts  v. Chr., wonach sie wohl dem mittelprotokorinthischen Stil zugehören dürften. Das dritte Fragment wird dem späten 8. Jahrhundert v. Chr. zugewiesen, weshalb wohl der frühprotokorinthische Stil vorliegt. Darüber hinaus werden drei Pithosfragmente und ein weiteres Gefäßfragment um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. datiert. Zudem berichten die Ausgräber von einem spätgeometrischen Keramikfragment, das von ihnen in den Zeitraum vom späten 8. bis ins frühe 7. Jahrhundert v.Chr. datiert wird. 511 James 2005, 7. 512 Luni et al. 2011, 5, Abb. 8.

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234 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Neben diesen Keramikfunden verweist James 513 zusätzlich auf die Datierung von sechs Terrakotta-Statuetten 514 im Heiligtum extra muros der Demeter und Persephone, die in die erste Dekade des 7. Jahrhunderts v. Chr. datiert werden. Zwar stellen die sechs Exemplare nur einen äußerst geringen Teil der insgesamt 4500 Figuren dar, jedoch ergibt sich auch hier die Frage nach dem Grund der abweichenden Datierung. 515 Interessanterweise datieren diese Figuren nicht nur vor das literarische Gründungsdatum, sondern auch vor die Errichtung des Heiligtums, das um 600 v.Chr. datiert wird 516. Wie bereits weiter oben angesprochen, berichtet Herodot 517 von der Einladung weiterer Siedler nach Kyrene beziehungsweise Libyen. Aufgrund der Zentralität der Textstelle wird diese hier wörtlich wiedergegeben: ἐπὶ δὲ τοῦ τρίτου Βάττου τοῦ εὐδαίμονος καλεομένου, Ἕλληνας πάντας ὥρμησε χρήσασα ἡ Πυθίη πλέειν συνοικήσοντας Κυρηναίοισι Λιβύην· ἐπεκαλέοντο γὰρ οἱ Κυρηναῖοι ἐπὶ γῆς ἀναδασμῷ. ἔχρησε δὲ ὧδε ἔχοντα· ὃς δέ κεν ἐς Λιβύην πολυήρατον ὕστερον ἔλθῃ γᾶς ἀναδαιομένας, μετὰ οἷ ποκα φαμὶ μελήσειν. συλλεχθέντος δὲ ὁμίλου πολλοῦ ἐς τὴν Κυρήνην περιταμνόμενοι γῆν πολλὴν οἱ περίοικοι Λίβυες καὶ ὁ βασιλεὺς αὑτῶν τῷ οὔνομα ἦν Ἀδικράν […]. 518 „Aber zur Zeit des dritten Königs, der ‚Battos, der Glückliche‘ hieß, veranlaßte die Pythia alle Griechenstädte durch einen Orakelspruch, Mitsiedler der Kyrenaier nach Libyen zu schicken; denn diese hatten zur Aufteilung des Landes aufgerufen. Der Orakelspruch lautete: ‚Wer zu spät nach dem vielgepriesenen Libyen hinkommt, Wenn die Felder verteilt sind, der wird es bitter bereuen.‘

513 James 2005, 7–8. 514 Uhlenbrock 1992; Uhlenbrock 2015. 515 Jaimee Uhlenbrock (2015) hat diese älteren Figuren als Erbstücke oder Aphidrumata gedeutet. Außerdem äußert sie sich zu James Aufsatz über die Chronologie der Kyrenaika und befürwortet seinen Vorschlag der Senkung der konventionellen Chronologie um zirka 35 Jahre. Jedoch betont Uhlenbrock (2015, 144 Anm. 2), dass die Konsequenzen einer veränderten Keramikchronologie auf die Datierung der Plastik erst eingehender untersucht werden müssten. 516 White 1984, 23. Die älteste Keramik aus dem Heiligtum datiert um 600 v. Chr. und bietet demnach eine zeitliche Einordnung desselben, wozu sich Arcadia Kocybala in ihrer Studie geäußert hat: „The oldest identifiable pieces of Corinthian pottery so far unearthed, a relatively small number of vase fragments datable to the Early Corinthian period, also suggest that the sanctuary at Cyrene may have been founded about 600 B.C. Regrettably, our Early Corinthian fragments form too small a percentage of the finds, and are too incomplete, to provide any proof that the sanctuary could have been founded much before the end of the seventh century or the beginning of the sixth century B.C. This date is essentially substantiated by the Attic as well as the Laconian and East Greek pottery, all of which begins by the early sixth century B.C.“ Kocybala 1999, 97. 517 Hdt. 4, 159, 2–4. 518 Altgriechischer Text nach: Feix 1977, 620.

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Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

235

Nun sammelte sich eine große Menschenmenge in Kyrene, und man nahm den benachbarten libyischen Stämmen und ihrem König Adikran einen großen Teil des Landes weg.“ 519 Die Interpretation, dass Herodot hiermit in der zweiten Generation nach Kyrenes Gründung von Kyrene weitere griechische Neugründungen meint, 520 hat John Boardman aufgrund der konventionellen Keramikchronologie zurückgewiesen. 521 In der Kyrenaika gilt neben Kyrene vor allem Taucheira (Tocra) durch die publizierten Keramikdepots als gut erforscht. Die archaische Keramik setzt dort mit Ausnahme weniger übergangszeitlicher Fragmente erst mit dem frühkorinthischen Stil ein. 522 Ein einzelnes mittelprotokorinthisches Gefäß wird von Boardman und Hayes als Erbstück verstanden, das erst zirka 80 Jahre nach dessen Produktion niedergelegt wurde. 523 Demnach schlussfolgert Boardman 524, dass Taucheira und auch Euesperides innerhalb einer Generation vermutlich von Kyrene aus gegründet wurden. Als Resümee zu der möglichen Divergenz der relativen Keramikchronologie in der Kyrenaika mit Herodots Bericht hat sich Boardman äußerst skeptisch zur Verlässlichkeit relativer Chronologien in schriftlichen Quellen geäußert, wenngleich er einräumt, dass die absolute Chronologie ausschließlich von Texten stammen kann: „We should probably trust relative archaeological chronology more than detailed relative chronologies derived from one or more written sources, while acknowledging that absolute chronology must depend ultimately on written sources, but preferably not of a hundred years and more after the event, and preferably not Greek at all.“ 525 Peter James 526 sieht hingegen in der frühkorinthischen Keramik von Taucheira ein Argument zur Senkung der absoluten Keramikchronologie. 527 Die oben angeführte Textstelle Herodots bezieht sich seiner Ansicht nach auf die Anlegung der griechischen Niederlassung Taucheira um 580/70 v. Chr. Dieselbe Argumentation vertritt James 528 für Euesperides, dessen Keramikhorizont ebenso mit dem frühkorinthischen Stil beginnt. 529 Als ältestes Keramikstück aus Euesperides gilt eine höchst fragmentarische protokorinthische Pyxis unter einem archaischen Gebäude. David Gill und Patricia Flecks 530 ordnen das Gefäß dem mittelprotokorinthischen Stil zu, sind jedoch sehr vorsichtig, damit tatsächlich den Beginn der archaischen Siedlung zu datieren. Ein Grund für diese Zurückhaltung mag nicht nur in dem singulären Fund für einen derart frühen 519 520 521 522 523 524 525 526 527 528 529 530

Übersetzung: Feix 1977, 621. Busolt 1893, 487; Beloch 1912, 264. ähnlich: Austin 2008, 192, 201, 204. Boardman 1966a, 12. Boardman 1966b, 153; Hayes 1966, 21. Boardman 1994, 143. Boardman 1994, 147. James 2005, 8–9. Ähnlich: Bowden 1991, 50. James 2005, 9. Gill 2004b, 404–405; Gill 2006, 14. Gill – Flecks 2007, 207, 211.

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236 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Zeithorizont liegen, sondern auch vielmehr darin, dass sich Gill für eine niedrigere Keramikchronologie ausspricht. 531 5.4.2 Ein höheres Chronologieschema der korinthischen Keramik Während bisweilen Vorschläge für ein niedrigeres Datierungsschema aufgezeigt wurden, hat Martin Trachsel 532 die Möglichkeit einer höheren Datierung der korinthischen Keramik anhand der Gründungsdaten dargelegt. Dabei ist er von der Problematik ausgegangen, dass Dendrodaten für die Hallstattzeit nördlich der Alpen nicht mit der absoluten Datierung der Typen in Italien übereinstimmen. 533 Dies hat zu der Handhabung geführt, dass die zwei Chronologiesysteme mittlerweile parallel nebeneinander existieren. Nachdem Norditalien enge Verbindungen zu Zentraleuropa und beispielsweise kaum korinthisch-spätgeometrische Keramik aufweist, findet in dieser Region zumeist die Chronologie Zentraleuropas Verwendung. Bereits 1994 hat Roberto Peroni 534 eine Übersicht über die nun höhere Datierung nördlich der Alpen und der zu revidierenden Datierung der italischen Funde verfasst, die in der nachfolgenden Tabelle in gekürzter From wiedergegeben ist. Tabelle 21: Gegenüberstellung der absoluten Datierung der frühen Eisenzeit nach der orthodoxen Chronologie und den Dendrochronologiedaten nach Peroni 1994, 215 Abb. 80 Orthodoxe Chronologie I Ferro 1A

Dendrochronologie

900–850 v. Chr.

1020–950 v. Chr.

I Ferro 1B

850–800 v. Chr.

950–880 v. Chr.

I Ferro 2A

800–750 v. Chr.

880–820 v. Chr.

I Ferro 2B

750–700 v. Chr.

820–750 v. Chr.

I Ferro 3

700–625 v. Chr.

750–625 v. Chr.

I Ferro 4

625–525 v. Chr.

625–525 v. Chr.

Anhand der Tabelle ist die deutliche Kluft zwischen den beiden Chronologiesystemen zu sehen. Die absolute Chronologie nördlich der Alpen wurde jedoch zumindest teilweise durch Cross-Dating mittels der Datierung der Funde in Italien erstellt, 535 weshalb

531 Gill 1988; Gill 1993; Gill – Vickers 1996. 532 Trachsel 2004. 533 Zu den naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden und ihren Erkenntnismöglichkeiten für die griechisch archaische Keramik siehe: Kapitel 9. 534 Peroni 1994, 215 Abb. 80. 535 Montelius 1897; Reinecke 1902; Montelius 1912; Reinecke 1924.

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237

Abweichende Vorschläge zu Paynes Chronologieschema

nun manche eine kritische Revision der italischen Chronologie für notwendig halten. 536 Auch hier stellt die griechische Keramik den Chronologieanker dar und sie ist aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Zeitstufe der Eisenzeit Italiens 2A/2B nach dieser Argumentationsweise älter zu datieren. Für die absolute Chronologie Mitteleuropas spielen italische Funde nach wie vor eine zentrale Rolle, da sich die zur Verfügung stehenden Dendrodaten vermehrt auf die nordwestalpine Urnenfelderkultur konzentrieren. Die Synchronisierung der mitteleuropäischen absoluten Zeitskala mit den italischen Chronologiesystemen gestaltet sich zudem aufgrund der Seltenheit relevanter Importfunde als entsprechend schwierig. 537 Die letztliche Abhängigkeit dieser Chronologiesysteme im 8.  Jahrhundert  v. Chr. von der griechisch (mittel-) geometrischen Keramik wird durch den Umstand verkompliziert, dass diese in Norditalien selbst kaum gefunden wurde. 538 Marco Pacciarelli 539 hat neulich ebenso für eine Anpassung der konventionellen Chronologie plädiert, jedoch bei weitem nicht mehr in dem Ausmaß wie zuvor Peroni. Eine Zusammenstellung von Pacciarellis absoluter Chronologie für die griechische Keramik zeigt eine leichte Abänderung von Coldstreams konventioneller Datierung. Tabelle 22: Gegenüberstellung der absoluten Datierung der geometrischen Keramik nach der orthodoxen und der Chronologie nach Pacciarelli konventionell 540

Pacciarelli 1999

Pacciarelli 2001

Pacciarelli 2017

EG

900–850 v. Chr.

900–850 v. Chr.

ca. 925/00– 875/50 v. Chr.

ca. 910–850 v. Chr.

MG I

850–800 v. Chr.

850–800 v. Chr.

ca. 875/50– 850/25 v. Chr.

ca. 850–825 v. Chr.

MG II 800–760 v. Chr.

800–750 v. Chr.

ca. 850/25– 755/50 v. Chr.

ca. 825–760 v. Chr.

760–735 v. Chr.

750–725 v. Chr.

ca. 755/50–730/25 v.Chr

ca. 760–730 v.Chr

LG I

Ausgehend von diesem Sachverhalt hat Martin Trachsel ein anderes Modell zur Verwendung der überlieferten Gründungsdaten angewandt, wobei das Gründungsdatum einer Kolonie nicht direkt mit dem ältesten Material in Verbindung gebracht werden kann. „Das Fundspektrum einer Kolonie muss folglich viel von jenem Stil enthalten, der zur Gründungszeit aktuell war, aber auch einiges vom Vorläufer sowie einzelne noch ältere 536 Der Tagungsband von der im Oktober 2003 abgehaltenen Tagung über die Chronologie der frühen Eisenzeit in Italien stellt nach wie vor den umfangreichsten Beitrag zu dieser Thematik dar: Bartoloni – Delpino 2005. 537 Pare 1998, 299, 312. 538 In Italien gibt es vor den Funden griechischer SHC IIIC Keramik keine Anhaltspunkte für eine absolute Chronologie. Pare 1998, 299. 539 Pacciarelli 1999, 63; Pacciarelli 2001, 277; Pacciarelli 2017, 563. 540 Nach Coldstream 1968, 330.

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238 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Stücke.“ 541 Als konkretes Beispiel nennt er hierfür inter alia Massalia 542, dessen Gründung um 600 v. Chr. angenommen wird. 543 Dort kamen einige wenige Scherben frühkorinthischer Keramik zu Tage, 544 was auf die notwendige Unterscheidung von Produktions- und Laufzeit hinweist. Aus diesem Grund sind auch ältere Einzelstücke, beispielsweise im Sinne von heirlooms, für die Datierung einer Koloniegründung kaum aussagekräftig. Dementsprechend handelt es sich beim zur Gründungszeit aktuellen Keramikstil um denjenigen, „der in für den Hausgebrauch dienlichen Mengen vertreten ist.“ 545 Gemäß dieser Ansicht ließe sich die Datierung der korinthischen Keramik bis 550 v. Chr. um zirka 20 Jähre älter einordnen. Beim Schlüsselpunkt Selinunt hat Martin Trachsel 546 in Anlehnung an Wentkers problematische Hypothese einer zweiphasigen Besiedlung das höhere Datum Diodors als Grundlage verwendet, wie auch in der Zusammenfassung in Tabelle 23 hervorgeht. Tabelle 23: Absolute und relative Datierung gemäß Trachsel 2004, 196 Abb. 109 Daten zur euböischen oder attischen Keramik

Euböa

Attika

LG Ia

LG Ia

Karthago (ab 825/815)

LG Ib

LG Ib

Pithekoussai

LG IIa

LG IIa

Korinth

Daten zur korinv.Chr. thischen Keramik

MG II

850 Pithekoussai

800

LG LG II b

LG IIb

750 EPC

SUBG / EPA

Syrakus 735

MPC

700 Gela um 690 675

LPC Akrai um 662 Nessos-Maler

541 542 543 544 545 546

TR

Selinus u.a. um 650

Trachsel 2004, 181. Zu Massalias Gründungsdatum in Hinblick auf die attische Keramik siehe: Kapitel 8. Trachsel 2004, 190. Amyx 1988, 423. Trachsel 2004, 182. Trachsel 2004, 189–190.

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650

Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung Daten zur euböischen oder attischen Keramik

Euböa

Attika

Korinth

239

Daten zur korinv.Chr. thischen Keramik

EC 625 Gorgo-Maler

MC

Massalia ca. 600

Sophilos

600

Komastenschalen Sianaschalen

LC I

Akragas um 580

575

Lydos

5.5

Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung der korinthischen Keramik. Ein kurzer Überblick

Die bisher vorgebrachten Argumente, die eine Abweichung von Paynes Schema vorsehen, beziehen sich ausschließlich auf die archäologische Methodik sowie naturwissenschaftliche Datierungsmöglichkeiten. Die Gründungsdaten in den schriftlichen Quellen beziehungsweise die Verwendung derselben für die Keramikchronologie soll nun im nachfolgenden Abschnitt ins Zentrum gerückt werden. 547 Thomas Dunbabin 548 hat sich auf die Erkenntnis gestützt, dass die Gründungsdaten Siziliens auf Generationenzählungen beruhen (können), wie beispielsweise später René Van Compernolle 549 ausführlich in einer Monographie argumentiert hat. Bereits Knud Friis Johansen 550 ging von dieser Annahme aus, wobei er im Vergleich zu Van Compernolle die auf diese Weise überlieferten Gründungsdaten zuversichtlicher beurteilte. Dunbabin äußerte nun in seinem 1953/54 erschienen Aufsatz starke Zweifel bezüglich der Verwendung der absoluten Jahreszahlen für die Datierung der korinthischen Keramik, womit er seine zuvor gegenteilige Meinung zur präzisen Überlieferung revidierte. 551 Dunbabin zog sogar die Möglichkeit in Betracht, dass die Gründungsdaten nur in Jahrhunderthälften verlässlich sind, womit man für Syrakus eine Datierung von zirka 750 bis 700 v. Chr. annehmen 547 Dieser Abschnitt ergänzt sich mit Kapitel 4, wo sich eine grundsätzliche Diskussion findet, wie die Gründungsdaten überliefert wurden. Hier gilt es vor allem die Auswirkungen der unterschiedlichen Positionen für die Keramikchronologie zu erarbeiten. 548 Dunbabin 1953/54. 549 Van Compernolle 1960. 550 Johansen 1923, 181–182. 551 Dunbabin 1948, 447–452.

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240 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung müsste. 552 Dunbabins Argumentation erinnert stark an Belochs kritischen Zugang, der sich als Althistoriker allerdings nicht näher mit der Keramikchronologie beschäftigte. Prinzipiell weist Dunbabin somit eine skeptische Haltung bezüglich der ‚Korrektheit‘ der Gründungsdaten auf, die er mit Robert Manuel Cook zu teilen scheint: „The dates for Syracuse, Megara Hyblaea, Gela and Selinunt may then stand as 733, 728, 688 and 628: they are not confirmed by the archaeological evidence, but are assumed for it.“ 553 Dunbabin betont zwar einerseits die Bestätigung der relativen Abfolge der Gründungen durch die Keramik, weist aber wiederholt darauf hin, dass dies auf die Frage nach der Korrektheit dieser Jahreszahlen im Grunde keinen Einfluss hat. Aus dieser Vorsicht heraus begründet sich auch Dunbabins Vorzug für die Stileinteilung mit Vierteljahrhunderten, was für ihn die vorliegende Schätzung für die Dauer eines Stils besser wiedergibt als detaillierte Unterteilungen. Dabei nahm Dunbabin bewusst Abstand von zu feinen Abänderungen oder Ausführungen von Paynes System. Georges Vallet und François Villard haben in den 1950er Jahren in drei Aufsätzen 554 aufgrund ihrer archäologischen Forschungen in Megara Hyblaia eine von Thukydides abweichende Datierung der griechischen Gründungen auf Sizilien vorgeschlagen. Anlass für ihre Neuinterpretation der schriftlichen Quellen bestand in ihrer Überzeugung, in Megara Hyblaia Keramik gefunden zu haben, die ihrer Ansicht nach älter als jene aus Syrakus sei. 555 Neben ihrem problematischen methodischen Umgang, unterschiedliche Angaben antiker Autoren miteinander zu vermischen, konnte auch ihre Feststellung von scheinbar älterer Keramik in Megara Hyblaia nicht überzeugen. 556 Endgültig widerlegt scheint ihr Ansatz durch Ausgrabungen in den 1980er Jahren, die spätgeometrische Keramik in Syrakus zu Tage brachten und somit Syrakus’ relative Reihung in einer größeren Zeitspanne nach Megara Hyblaia unwahrscheinlich gemacht haben. 557 1958 erschienen Vallets und Villards Ergebnisse zur Keramik aus Selinunt, anhand derer die konventionelle Keramikchronologie den Beginn von Frühkorinthisch festgelegt hat. Auch hier nannten sie zirka 30 Gefäßfragmente, die ihrer Meinung nach vor Frühkorinthisch zu datieren wären. 558 Diesbezüglich hat zuletzt Ann Harrison resümiert: „Almost all vessels dated as Transitional by Vallet and Villard could be Early Corinthian.“ 559 Dies hebt nochmals den Sachverhalt hervor, dass die Zuweisung von schwierig abzugrenzenden Stilen mitunter zu unterschiedlichen Ansichten führt. Bei den methodischen 552 Hier hat Darrell Amyx (1988, 406–407) angemerkt, dass man unter dieser Voraussetzung eigentlich von einem Intervall von 783 bis 683 ausgehen müsste. Jedoch sieht Dunbabin im Gründungsdatum von Syrakus nur eine Zuweisung in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. und kein exaktes Jahr, von dem ein Fehlerintervall abzuleiten ist. 553 Cook 1946, 76. 554 Vallet – Villard 1952; Vallet – Villard 1955; Vallet – Villard 1958. 555 Vallet – Villard 1952. 556 U.a. Coldstream 1968, 324; Morakis 2011, 469 Anm. 57. 557 Villard 1982, 15–16; Pelegatti 1982, 125–140. 558 Dieses Argument brachten sie bereits im Aufsatz von 1952 (Vallet – Villard 1952, 326–327), wobei sie auch einräumten, dass der Großteil der Keramik ab Frühkorinthisch einsetzt. 559 Harrison 1996, 204.

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Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung

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Schwächen von Vallets und Villards Vorschlägen, sowohl im Bereich der schriftlichen als auch der archäologischen Quellen, muss ein Umstand als beachtenswert betont werden. Obwohl Vallet und Villard in ihrem Vorgehen den Fixpunkt Selinunt samt dem thukydideischen Datum ‚628 v. Chr.‘ aufgegeben und stattdessen Diodors Datum 650 v.Chr. verwendet haben, hielten sie paradoxerweise an Paynes System fest. 560 In dieser fehlerhaften Vorgangsweise folgte ihnen auch Robert Manuel Cook 561, der somit von spätprotokorinthischen Gefäßen in Selinunt ausging und deshalb Thukydides’ Gründungsdatum (‚628‘  v. Chr.) als möglicherweise falsch betrachtete. Obwohl Cook somit einen wesentlichen Fixpunkt innerhalb von Paynes Keramikchronologie ablehnte, wandte er dennoch Paynes chronologische Schlüsse an. Jean Ducat 562 ist noch einen Schritt weitergegangen und hat jegliche (Gründungs-) Daten vor der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. als nicht gesichert betrachtet, 563 da sie erst im Nachhinein vor allem durch Generationenberechnungen etabliert wurden. Damit erklärt Ducat die unterschiedlichen zeitlichen Ansätze in den schriftlichen Quellen. Aus diesem Grund sei seiner Meinung nach beispielsweise auch keine Entscheidung zwischen dem Gründungsdatum 628 v.Chr. (bei Thukydides) und 650 v. Chr. (bei Diodor) für Selinunt möglich. Ähnlich argumentieren Peter James et alii 564, wenn sie die Generationenveranschlagungen hinter den thukydideischen Daten als zu hoch einschätzen und eine Senkung um zirka 25 Jahre ab dem spätgeometrischen Stil vorschlagen. Ducat hat in der Zerstörung Smyrnas durch Alyattes die Möglichkeit des Anschlusses an eine zuverlässigere orientalische Chronologie gesehen, weshalb seine Argumentation zur Senkung der Chronologie Paynes um zirka 20 Jahre hauptsächlich darauf aufbaut. Allerdings dienen hier keine keilschriftlichen Quellen, sondern einmal mehr Herodot zur Rekonstruktion der absoluten Chronologie, wo gerade für die Mermnaden-Dynastie Lydiens Schwierigkeiten bestehen. 565 Ducats Beurteilung der Überlieferungslage fand in den nachfolgenden archäologischen Abhandlungen keinen Anklang, so hat beispielsweise Darrell Amyx Ducats Ansatz in seiner Studie über die korinthische Keramik als „iconoclastic, Van Compernolle-inspired, devaluation of all foundation-dates“ 566 bezeichnet. In der grundlegenden Abhandlung zur geometrischen Keramik hat folglich auch Nicolas Coldstream 567 die Daten von Thukydides verwendet, ebenso wie beispielsweise Klaus Fittschen für seine „Untersuchungen zum Beginn der Sagendarstellungen bei den Griechen“ 568. Ein Grund, warum den Daten von Thukydides in der Forschung wieder vermehrt Glaubwürdigkeit zugesprochen wurde, liegt mitunter in der konventionellen Interpretation des sog. 560 561 562 563 564 565 566 567 568

Z.B. Snodgrass 1987, 55. Cook 1960, 265. Ducat 1962. Im Übrigen hat sich Kurt Raaflaub (1988) ähnlich zur athenischen Geschichte geäußert. James et al. 1991, 99–103. Siehe: Kapitel 6. Amyx 1988, 418. Coldstream 1968, 322–327. Fittschen 1969, v.a. 204.

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242 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Bokchoris-Grabs von Pithekoussai. Die Problematik der sizilischen Gründungsdaten in Hinblick auf deren fragwürdige Glaubwürdigkeit hat Andreas Furtwängler treffend zuammengefasst: „Seitdem das Gerüst der archaischen Chronologie, das sich auf die überlieferten Daten der Koloniegründungen in Westgriechenland stützte, ins Wanken geraten ist, vorwiegend wegen der hypothetischen Rechensätze früher Chronographen, ist die Diskussion zur absoluten Chronologie nicht zur Ruhe gekommen. […] Fest steht, daß die einzigen brauchbaren Hinweise für das Ende des 7. und [den] Beginn des 6. Jhs. v. Chr. im Osten zu suchen sind […].“ 569 Dementsprechend hat man die Hoffnung auf ‚bessere‘ Kontexte im Vorderen Orient gesetzt, 570 die sich jedoch in diesem Maße nicht herstellen lassen. 571 In einem kürzlich veröffentlichten Aufsatz zur Chronologie der korinthischen Keramik hat Cornelis Neeft 572 einmal mehr die bekannte Feststellung gemacht, dass die relative Reihenfolge der Gründungen bei Thukydides soweit mit dem archäologischen Material übereinstimmt. Jedoch sei die Frage, ob diese absoluten Daten der historischen Realität entsprechen, davon unabhängig. Diesbezüglich scheint ein Vergleich mit dem kanonischen Gründungsdatum von Rom 753  v. Chr. und den frühen eisenzeitlichen Hütten auf dem Palatin interessant. Denn nur weil der archäologische Befund in etwa mit einem Datum in der Mitte des 8.  Jahrhunderts  v.Chr. einhergeht, wird 753  v. Chr. nicht zwingend zu einem historisch glaubwürdigeren Datum. 573 Eine Kontextualisierung innerhalb der griechischen und römischen Historiographie lässt ein tatsächliches Wissen 574 eines exakten Datums wenig wahrscheinlich erscheinen, 575 zumal es sich bei Rom nicht um eine Gründung im Sinne der griechischen Niederlassungen in Süditalien handelt. Wenn nun die Dendrochronologiedaten nördlich der Alpen zu einer Revision der italischen Chronologie herangezogen werden, 576 wäre auch Varros Gründungsdatum für Rom nicht mehr kompatibel mit den Funden auf dem Palatin. Diesbezüglich ist David Ridgway 577 gespannt, wie die althistorische Forschung Roms auf diesen Sachverhalt reagiert. Auch hier wird verdeutlicht, wie problematisch die chronographischen Daten für die Frühgeschichte Roms und Griechenlands sind. Nachdem die gesamte absolute Keramikchronologie im späten 8. und gesamten 7. Jahrhundert v. Chr. ausschließlich auf den sizilischen Gründungsdaten beruht, ist eine unabhängige Kontrolle nur schwer möglich. Diese hat sich die Forschung durch mögliche Anschlusspunkte an die gesicherte

569 570 571 572 573 574

Furtwängler 1981, 127–128. U.a. Hannestad 1996. Eine Diskussion relevanter Zerstörungshorizonte findet sich im Kapitel 6. Neeft 2012, 493. Schröder 1971, 170; De Cazanove 1992, 72–73; Hall 2014, v.a. 132. Henry Sanders (1908, 316) hat in seinem Aufsatz aus dem Jahr 1908 bezeichnenderweise von „pure guesswork“ gesprochen. 575 Siehe die interessanten Ausführungen in: Feeney 2007, 86–92. 576 Ausführlicher zum Themenbereich der naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden siehe: Kapitel 9. 577 Ridgway 2004, 20.

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Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung

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ägyptische Chronologie mit den Befunden in Naukratis sowie des Bokchoris-Grabes in Pithekoussai erhofft, deren Evidenz nun zur Diskussion steht. 5.5.1

Bokchoris-Grab (325) in Pithekoussai

Das Grab 325 578 der Nekropole bei San Montano auf Ischia 579 – es handelt sich hier um eine Doppelbestattung 580 von zwei Kindern – bietet mit dem darin enthaltenen Skarabäus des Königs Bokchoris 581 einen wichtigen Datierungshinweis für die darin aufgefundene korinthische Keramik, nämlich einen kugeligen frühprotokorinthischen und zwei leicht ovoide Aryballoi. Die Regierungszeit des Pharaos Bokchoris stellt folglich einen Terminus post quem für den Inhalt des Grabes 325 dar. Gemäß Manetho 582 regierte Bokchoris sechs Jahre 583, dessen Regierungszeit Jürgen von Beckerath 584 folglich mit 719/17–714/12 v. Chr. angegeben hat. Kenneth Kitchen 585 hingegen hat Bokchoris’ Regentschaft leicht abweichend mit 720–715  v.Chr. ausgewiesen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Ansetzungen liegt inter alia in der Auslegung der Bibelstelle 2Kön 19, 8, wonach im Palästinafeldzug Sanheribs im Jahr 701  v. Chr. Taharqo (Regierungszeit: 690–664 v. Chr.) das ägyptische Heer kommandierte. Während von Beckerath darin eine fehlerhafte Erwähnung sehen will, was er primär mit inschriftlichen Darstellungen von Taharqos Laufbahn begründet hat, betrachtet Kitchen dies als einen wichtigen Fixpunkt für die innerägyptische Chronologie. Zur Datierung des Fundzusammenhanges der protokorinthischen Keramik dient Bokchoris’ Regierungszeit ohnehin nur als Terminus post quem, 586 weshalb diese geringfügige Differenz von Bokchoris’ Datierung in diesem Zusammenhang keine wesentliche Rolle spielt. Die Möglichkeit der Produktion dieses Skarabäus nach Bokchoris’ Regentschaft wurde im Rahmen der Francis-Vickers-Chronologie, die eine Senkung der Chronologie 578 Mitunter ältere Literatur bezieht sich noch auf die Nummer 102. 579 Buchner – Ridgway 1993, 378–382, Taf. 122, Taf. 123, Taf. clvii. 580 Valentino Nizzo (2011, 71–72, 92 Abb. 18) hat sich jüngst eingehend mit dieser Doppelbestattung beschäftigt und geht dabei, wie andere bereits vor ihm, von einer tatsächlichen Gleichzeitigkeit aus. Einen Beleg könnte er zudem in der sehr knappen Schnittmenge der Laufzeit sämtlicher Objekte gefunden haben, die in seiner Zusammenstellung zu einer Datierung um 700 v. Chr. führt (Nizzo 2016, 61 Abb. 4A). 581 De Salvia 1993, 777, 779–780. 582 BNJ 609 F 2 (Adler – Tuffin 2002, 268). 583 In der armenischen Version des Eusebius (Karst 1911, 180; BNJ 609 F 3a) sowie bei Hieronymus (Helm 1956, 85b, 18; BNJ 609 F 3c) scheint hingegen die Regierungsdauer von Bokchoris mit 44 Jahren auf. Aufgrund der inschriftlichen Bestätigung gilt Africanusʼ Wiedergabe aus Manethos Werk (Wallraff 2007, 114–115 = F 46, 191–192; BNJ 609 F 2) mit sechs Jahren als korrekt (Lang 2014a, Kommentar zu BNJ 609 F 3a). Obgleich auch beim Fragment von Africanus die Summenzahl der 24. Dynastie korrupt (?) mit 990 Jahren aufscheint. 584 Von Beckerath 1997, 91–93, 191. 585 Kitchen 1973, 468. 586 Z.B. Nijboer 2005, 531.

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244 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung der Archaik um zirka 70 Jahre in der Archäologie vorsah, erwähnt. 587 Dieser Vorschlag beruht zum einen auf der Beobachtung, dass Skarabäen oftmalig in zeitlich späteren Kontexten auftauchen können und dementsprechend ungeeignet für eine absolute Datierung ihres Fundzusammenhangs erscheinen. 588 Zum anderen stellt Diodor 589 Bokchoris überraschenderweise als berühmten Herrscher für die Legislative Ägyptens dar, obwohl Bokchoris bei Manetho 590 als eher unbedeutender Herrscher mit einer sehr kurzen Regierungszeit von nur sechs Jahren auftritt. Nicht zuletzt weil Belege für eine größere Bekanntheit, die eine postume Herstellung eines Gegenstandes mit Bokchoris’ Kartusche wahrscheinlich machen würden, unmittelbar für die Zeit des späten 8. Jahrhunderts v. Chr. fehlen, wurde diese Hypothese abgelehnt. 591 Neben der Diskussion um Bokchoris’ Regierungszeit besteht außerdem Uneinigkeit in der Frage, ob die betreffenden Aryballoi in der frühprotokorinthischen Phase früh 592 oder spät 593 anzusetzen sind. Zuletzt hat Martin Trachsel 594 in seiner Zusammenstellung anhand einer Harris-Matrix der Gräber mit relevanten Gefäßen dafür argumentiert, dass die beiden ovoiden Aryballoi aus dem Grab 325 einer späten Phase des frühprotokorinthischen Stils einzuordnen sind. Somit zeigt sich auch hier der archäologische Interpretationsspielraum von chronologischen Sachverhalten, die zu unterschiedlichen Datierungen führen können. Anhand der Evidenz des Grabes 325 sind nun drei chronologische Auslegungen für die protokorinthische Keramik möglich: 1. Gemäß der orthodoxen Chronologie und somit entsprechend der opinio communis datiert man die drei protokorinthischen Aryballoi in das letzte Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. Dies geht nahtlos mit der Annahme einher, der Skarabäus sei unter Bokchoris’ Regierungszeit produziert worden und wenig später in das Grab 325 gelangt. Die Möglichkeit einer längeren Umlaufzeit haben sowohl Coldstream 595 als auch Cook 596 abgelehnt, weshalb zuletzt Darrell Amyx 597 diesen Befund als unabhängige Bestätigung der thukydideischen Jahreszahlen bezeichnet hat.

587 Gill – Vickers 1996. In einer Reihe von Aufsätzen sprachen sich David Francis und Michael Vickers für eine Herabsenkung der Chronologie der Archaik um zirka 70 Jahre aus, ihr Vorschlag stieß weitgehend auf Ablehnung. Ein bibliographischer Überblick über diese Debatte findet sich bei: Cook 1989; Biers 1992, 99 Anm. 7; Kokkinos 2007. 588 Shaw – Nicholson 1995, 253. 589 Diod. 1, 65, 1; 1, 79; 1, 94, 5. 590 BNJ 609 F 2. 591 V.a. Ridgway 1999. 592 Neeft 1987, 372–378. 593 Buchner – Ridgway 1993, 379. 594 Trachsel 2004, Abb. 102, Abb. 103. 595 Coldstream 1968, 327. 596 Cook 1969, 13. 597 Amyx 1988, 415–416.

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2. Streng genommen liegt hier lediglich ein Terminus post quem mit Bokchoris’ Regierungszeit vor, der im Grunde kein Argument gegen eine niedrigere Datierung der (proto-) korinthischen Keramik darstellt. 598 3. Martin Trachsel 599 hat argumentiert, dass anhand dieses Befundes nichts dagegen spricht, den Beginn des frühprotokorinthischen Stils um 750 v. Chr. zu datieren. Obwohl die beiden ovoiden Aryballoi seiner Meinung nach gegen Ende der frühprotokorinthischen Phase zu setzen sind, lässt sich der Beginn von Frühprotokorinthisch einige Zeit vor 719/17 v. Chr. datieren, wie es auch ansatzweise im orthodoxen System möglich ist. Der Vollständigkeit halber sei hier noch auf die beiden Fayence-Vasen in Tarquinia 600 und Mozia 601 verwiesen, die ebenso die Kartusche des Pharaos Bokchoris aufweisen. Weil jedoch bei dem Fund von Tarquinia umstritten ist, ob es sich um ein ägyptisches Original 602 oder eine phönizische Imitation 603 handelt, scheint eine Verwendung zur Datierung der italischen Nachahmung griechischer Keramik in diesem Kontext methodisch bedenklich. 5.5.2 Naukratis Humfry Payne hat Naukratis und die dort aufgefundene griechische Keramik nur ansatzweise in seine Überlegungen zur Datierung der korinthischen Keramik miteinbezogen. Sein Vorbehalt dürfte im Vorhandensein von unterschiedlichen Gründungsdaten begründet sein. Nachdem sich der Forschungsstand seitdem erheblich verändert hat, ist nun auch eine umfassendere Betrachtung der archäologischen Evidenz möglich. 604 Forschungsgeschichtlich besitzen vor allem die Gründungsdaten von Herodot und Strabon Relevanz. Strabon 605 ordnet Naukratis’ Gründung in die lange Regierungszeit von Psammetich I. ein, die jedoch mit 664–610 v. Chr. 606 zu weitläufig ist, um einen chronologischen Anker für die dort gefundene griechische Keramik zu bilden. Strabon, oder eine später eingefügte Glosse, präzisiert weiters, dass Psammetich zur Zeit des Meders Kyaxares lebte. Die Regierungsdaten der medischen Könige und die konstruierte Herrscherabfolge von Medern, Persern und Assyrern bilden ein Konglomerat an methodischen 598 599 600 601 602 603

So argumentiert beispielsweise auch Hugh Bowden (1991, 51). Trachsel 2004, 178. Hölbl 1979a, 81–94; Hölbl 1979b, 40–41, Taf. III.1, 28–30; Rathje 1979, 150–152. Gabrici 1941, 281–285; Hölbl 1979a, 87, 82–93. Hencken 1968, 137; Hölbl 1979a, 81–94. Coldstream 1968, 317; Rathje 1979, 150–152 (obwohl sie eine Herstellung in Ägypten nicht völlig ausschließt); Markoe 2000, 158. 604 Zuletzt: Höckmann 2012. 605 In der Forschung wird der von Strabon (17, 1, 18) genannte Herrscher Psammetichos mit Psammetich I. angesprochen. Radt 2009, 441. 606 Von Beckerath 1997, 192.

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246 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung Hindernissen für eine exakte Chronologie. 607 Die moderne zeitliche Festlegung von zirka 625 bis 585 v. Chr. beruht auf einer Kombination von herodoteischen sowie keilschriftlichen Informationen 608 und ist aus diesem Grund kritisch zu betrachten. Strabon berichtet ferner von der Besiegung eines Inaros, bevor die Milesier tatsächlich Naukratis gründen konnten. Jan Wilem Drijvers 609 hat wegen völlig mangelnder Parallelstellen – eine Person mit dem Namen Inaros ist in diesem zeitlichen Kontext überhaupt nicht überliefert – die Vermutung geäußert, ob Strabon nicht fälschlicherweise den ägyptischen Aufstand des Inaros gegen die persische Oberherrschaft 456–454  v. Chr. mit der Stadtgründung von Naukratis in Verbindung brachte. Herodot 610 erwähnt im Rahmen der Beschreibung der Regierungstätigkeit von Amasis (570–526  v. Chr.) 611 auch Naukratis, wonach Amasis den nach Ägypten einwandernden Hellenen die Stadt Naukratis zur Residenz gab (καὶ τοῖσι ἀπικνευμένοισι ἐς Αἴγυπτον ἔδωκε Ναύκρατιν πόλιν ἐνοικῆσαι 612). Beispielsweise hat noch Ernst Curtius 613 Herodot dahingehend verstanden, dass Naukratis’ Gründung tatsächlich unter Pharao Amasis anzusetzen ist. Aber bereits Karl Julius Beloch 614 hat in Anlehnung an Strabons Information unter Amasis nur Verwaltungsmaßnahmen der schon seit der Regierungszeit Psammetichs I. bestehenden Niederlassung verstanden. Herodots Formulierung ließe theoretisch beide Interpretationswege zu, da er nicht das eindeutige Wort κτίσις verwendet. Herodot 615 nennt Naukratis außerdem im Rahmen der Geschichte um die Hetäre Rhodopis, was Detlev Fehling in Hinblick auf die Chronologie folgendermaßen versteht: „Sappho ist über ihren Bruder und Rhodopis indirekt in die Zeit des Amasis (569–26 v. Chr.) datiert.“ 616 Damit impliziert Herodot eine niedrigere Datierung für Sappho als die spätere chronographische Tradition, 617 wie bereits beim Phänomen des ‚Älterwerdens‘ der Chronologie der Archaik festgehalten worden ist. In der Forschung gilt die Keramikchronologie Paynes als Argument gegen die Auslegung, Herodots Information sei als tatsächliches Gründungsdatum aufzufassen, 618 wie weiter unten noch zu zeigen sein wird. Bevor auf die archäologische Evidenz zu Naukratis’ Gründungsdatum eingegangen wird, sollen hier zunächst noch die restlichen überlieferten Gründungsdaten von Naukratis angeführt und diskutiert werden. Als weitere Textstelle hat Karl Julius Beloch

607 608 609 610 611 612 613 614 615 616

Überblick über diese Thematik: Rollinger 2004; Rollinger 2008b; Rollinger 2010. Wiesehöfer 1999. Drijvers 1999. Hdt. 2, 178. Von Beckerath 1997, 192. Griechischer Originaltext nach: Godley 1999, 492. Curtius 1887, 415. Beloch 1913, 236. Hdt. 2, 134–135. Fehling 1985, 107. Andere Forscher verwerten den Synchronismus von Naukratis mit Sappho jedoch mit deren Frühdatierung: Lloyd 1988, 84–86; Sullivan 1996, 178. 617 Bichler 2004a, 219–220. 618 U.a. Möller 2000, 193; James 2003, 245–246.

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Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung

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ein Gedichtfragment Solons 619, bei Plutarch 620 überliefert, angeführt, worin Naukratis jedoch nicht explizit erwähnt wird: Πρῶτον μὲν οὖν εἰς Αἴγυπτον ἀφίκετο καὶ διέτριψεν, ὡς αὐτός φησι, Νείλου ἐπὶ προχοῇσι Κανωβίδος ἐγγύθεν ἀκτῆς. 621 „Zuerst kam er [Solon] nach Ägypten und verweilte, wie er selbst sagt: ‚An der Mündung des Nils, unfern der kanobischen Küste.‘” 622 Die zeitliche Einordnung Solons 623 bereitet wesentliche Schwierigkeiten bei der Auswertung für die Datierung von Naukratis. Es bleibt zu beachten, dass Herodot 624 Solon um die Mitte des 6. Jahrhundert  v. Chr. ansetzte, 625 womit diese Information nicht im Widerspruch zu einer Gründung von Naukratis unter Amasis stehen würde. So ordnet Herodot 626 auch die Reise Solons nach Ägypten explizit der Regierungszeit von Amasis zu. Dies könnte auch als Argument gewertet werden, Naukratis innerhalb der Historien Herodots tatsächlich nicht vor Amasis einzuordnen. Weiters schreibt Athenaios 627 im 2./3. Jahrhundert n.Chr. von der sicheren Rückkehr des Händlers Herostratos nach Naukratis in der 23. Olympiade (688/7–685/4  v.Chr.), wofür er einen gewissen Polycharmos 628 zitiert. Die Vorstellung einer einheitlich überlieferten Chronologie für die Archaik hat dazu geführt, dass man dieses Datum schlicht als korrupt abstempelt. 629 Bei Hieronymus 630 ist schließlich zu lesen, dass Naukratis in Ol. 7,4 (= 749/8 v.Chr.) gegründet wurde. Ähnlich wie bei den sizilischen Gründungsdaten liegen somit Vertreter unterschiedlicher chronographischer Traditionen vor, die nicht auf ein einheitlich tradiertes Gründungsdatum von Naukratis schließen lassen. Die unterschiedlichen zeitlichen Ansätze sind in der untenstehenden Tabelle 24 nochmals zusammengefasst. Die verbreitete Methode, Herodots und Strabons unterschiedliche Darstellungen zu einem stimmigen Gesamtbild zu verbinden, beurteilt Astrid Möller als problematisch: „Mithin müssen die Versuche, Herodot und Strabon in Übereinstimmung zu bringen, scheitern, denn beide Autoren verfolgten verschiedene Interessen und griffen auf Quellen gänzlich

619 620 621 622 623 624 625 626 627 628 629 630

Noussia-Fantuzzi 2010, 94 = Nr. 10. Plut. Sol. 26, 1. Griechischer Originaltext nach: Perrin 1959, 476. Übersetzung: Ziegler 1954, 242. Siehe: Kapitel 3. Hdt. 1, 30, 2; 2, 177, 2; 5, 113, 2. Fehling 1985, 91–92; Ehrhardt 1992, 15. Hdt. 1, 30, 1. Athen. 15, 675f. BNJ 640 F1. Z.B. Braun 1982, 38. Helm 1956, 88bi.

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248 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung verschiedener Tradition zurück.“ 631 Anhand Naukratis hat Anthony Snodgrass 632 seinen Standpunkt erläutert, wie schwierig es ist, die historische Überlieferung mit dem archäologischen Befund in Einklang zu bringen. Tabelle 24: Gründungsdaten für Naukratis Herodot (5. Jh. v. Chr.) Amasis (570– 526 v. Chr.)

Polycharmos (?) Ol. 23 = 688/7– 685/4 v. Chr.

Hieronymus (1. Hälfte 4. Jh. n. Chr.)

Strabon (1. Jh. v./n.Chr.) Psammetich I. (664–610 v. Chr.)

Ol. 7,4 = 749/8 v. Chr.

Zahlreiche Ausgrabungen, beginnend mit jenen von Flinders Petrie in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, brachten eine Vielzahl an griechischer Keramik in Naukratis zu Tage. 633 Neben einem einzelnen Fragment korinthischer Keramik im Übergangsstil, dessen Herkunft als nicht gesichert gilt, stellen einige Fragmente frühkorinthischer Gefäße den ältesten Stil in Naukratis dar. Zusätzlich wurde eine beachtliche Anzahl an Fragmenten attischer und ionischer Keramik gefunden, die gemäß der konventionellen Chronologie ins späte 7. Jahrhundert v. Chr. datieren und damit nicht mit Herodots chronologischer Darstellung vereinbar sind. 634 Dieses Problem wurde bereits zu Beginn der Forschungen in Naukratis erkannt und dementsprechend diskutiert, wobei Flinders Petrie 635 für ein Gründungsdatum um 650 v. Chr. plädierte. 636 Hugh Bowden 637 hat eine alternative Darstellung zu Naukratis’ Siedlungsgeschichte basierend auf Herodot vorgenommen, wobei er Amasis’ Regierungsbeginn im Jahr 570 v. Chr. als Gründungsdatum von Naukratis verwendet. Versuchsweise hat er vorgeschlagen, mit diesem Fixpunkt die dort aufgefundene korinthische Keramik 638 zu datieren, was in einem um zirka 40 Jahre niedrigerem Chronologieschema resultiert. Somit bringt er den frühkorinthischen Stil nun mit Amasis’ Regierungsbeginn im Jahr 570 v. Chr. in Verbindung. Auch Peter James 639 hat im Zuge seines Vorschlages, die konventionelle absolute Chronologie für die Keramik ab der späten Bronzezeit

631 632 633 634 635 636

Möller 2001b, 21. Snodgrass 1983, 144–145. Bowden 1996, 19. Schlotzhauer 2012, 32–35. Petrie 1886, 4–5. Einen guten Überblick über diese Diskussion in der älteren Forschung bietet: James 2003, 236–240. 637 Bowden 1991; Bowden 1996. 638 Udo Schlotzhauer (2012) hat zuletzt in einem Beitrag die griechische Keramik aus Naukratis behandelt. Darin erfolgt auch der Hinweis, dass die Auslegung der Wirtschaftsgeschichte Naukratis’ bei Bowden aufgrund seiner Verwendung einer fehlerhaften archäologischen Studie nicht haltbar ist. 639 James 2003.

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Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung

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wesentlich zu senken, 640 ähnlich wie Bowden argumentiert. Allerdings hat James anhand von Naukratis nur eine Senkung um zirka 30 Jahre vorgenommen. Jedoch bereitet bei diesem Modell die Präsenz von ägyptischen und ägyptisierenden Skarabäen vom ersten Drittel des 6. Jahrhunderts  v. Chr. Probleme, welche unabhängig von der griechischen Chronologie datiert werden. 641 Um die Skarabäen-Werkstätten nicht mit einer griechischen Präsenz vor Amasis’ Zeit in Verbindung bringen zu müssen, interpretiert James diese als Teil einer phönizischen Vorgängersiedlung. Die Annahme einer Siedlungspräsenz vor Amasis’ Regierungszeit hat man bereits mehrmals verwendet, konnte sich in der Forschung jedoch nicht als gängige Meinung durchsetzen. 642 Für die Verwendung des Gründungsdatums von Naukratis unter Psammetich I. in Anlehnung an Strabon waren somit vor allem die dort aufgefundenen ägyptischen Skarabäen und Fayencen ausschlaggebend. 643 So hat vermutlich auch Humfry Payne 644, wie weiter oben bereits erwähnt, die Gründung von Naukratis aufgrund dessen im späten 7.  Jahrhundert  v. Chr. angenommen. Udo Schlotzhauer 645 führt zudem einen weiteren Grund an, der seiner Meinung nach gegen ein niedrigeres Chronologieschema der korinthischen Keramik spricht. Würde man Naukratis und die dort gefundene griechische Keramik tatsächlich niedriger datieren, würde sich dies auf alle anderen griechischen Funde im restlichen Ägypten auswirken. Diese sind jedoch nicht älter als jene von Naukratis, wodurch eine griechische Präsenz erst im fortgeschrittenen 6. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar wäre. Herodot 646 berichtet allerdings, dass sich ab Psammetich I. (664–610 v. Chr.) ‚Griechen‘ in Ägypten aufhielten. Dementsprechend sieht man sich im Zuge dieser Interpretationsweise mit Problemen konfrontiert, die sich mit der orthodoxen Chronologie nicht ergeben. 5.5.3

Resümee zu Paynes Chronologieschema und der Datierung der korinthischen Keramik

Die Keramikchronologie Paynes findet bis heute Verwendung, nicht zuletzt weil es ein in sich stimmiges System darstellt. Zudem widersprechen die Anschlusspunkte an die unabhängige ägyptische Chronologie, wie beim Bokchoris-Grab in Ischia und der griechischen Niederlassung in Naukratis, nicht der konventionellen Datierung, sondern werden weitgehend als Bestätigung aufgefasst. Jedoch haben die Ausführungen gezeigt, dass aus archäologischer Sicht durchaus mehrere Möglichkeiten zur Datierung der korinthischen Keramik bestehen. Dies gilt auch für die Gründungsdaten, die die Grundlage des 640 641 642 643 644 645 646

James et al. 1991. Schlotzhauer 2012, 26–27. Zuletzt: Schlotzhauer 2012, 27. Z.B. Lloyd 2007, 373. Payne 1931, 25. Schlotzhauer 2012, 28. Hdt. 2, 152–154.

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250 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung

Abb. 6: Spätprotokorinthischer Aryballos Louvre CA 931 (© 1996 RMN-Grand Palais (musée du Louvre) / Hervé Lewandowski).

Datierungsschemas für die korinthische Keramik bilden. So sind zwei methodisch unterschiedliche Vorgehensweisen vertreten worden. Während Payne die frühesten Keramikfunde direkt mit dem Datum der Gründung in Verbindung brachte, hat Martin Trachsel auf die Unterscheidung von Produktions- und Laufzeit eines Keramikstils hingewiesen. Die korinthische Keramik dient als die Hauptgrundlage der Chronologie der Archaik, da bis zum frühen 6. Jahrhundert  v. Chr. die protokorinthischen und korinthischen Gefäße Referenzpunkte zur Datierung von anderen Keramikgattungen,

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Die Glaubwürdigkeit der Gründungsdaten und die Datierung

251

Architekturelementen und der Plastik bilden. 647 Auf diese Weise ermöglicht ein frühkorinthisches Alabastron beispielsweise die zeitliche Einordnung des Hera-Tempels in Olympia um 625–600/590  v. Chr., was wiederum einen Ausgangspunkt für vergleichende Datierungsansätze in der Tempelarchitektur bildet. 648 Für die frühe archaische Plastik fehlen Fixpunkte zur Datierung, wie sie erst in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhundert v. Chr. beispielsweise durch das Siphnierschatzhaus gegeben sind. Die Datierung des Beginns der Großplastik um die Mitte beziehungsweise im dritten Viertel des 7. Jahrhunderts v. Chr. stellt einen relativen Schätzwert dar, der durch einen Stilvergleich mit dem anthropomorphen Kopf eines spätprotokorinthischen Aryballos (Louvre CA 931: Abbildung 6) gestützt wird. Ebenso dienen weitere früh-, mittel- und spätkorinthische Gefäße mit plastischen Ausführungen als Stützen für die absolute und relative Datierung der archaischen Plastik. 649 Im Rahmen der Auswertung der attischen Keramik aus der Kerameikos-Nekropole in Athen hat Karl Kübler zunächst Paynes Chronologie zur Datierung der attischen Keramik verwendet. 650 Jedoch äußerte er in späteren Publikationen Zweifel an der Vereinbarkeit von Paynes Datierungssystem mit dem von ihm bearbeiteten Befund. 651 Gemäß der Datierung der Gräber, die mittels der korinthischen Keramik ermittelt wurde, sei seiner Meinung nach ungenügend Zeit zwischen den Strukturen XIII und XV veranschlagt, die ihm für die feststellbare Stilentwicklung innerhalb der attischen Keramik von Protoattisch zu Frühattisch notwendig erschien. 652 Allerdings stieß Küblers zeitliche Veranschlagung für das Überbauen eines Grabmals mit etwa einer Generation oder 20 Jahren auf Kritik. 653 Zudem argumentierte Robert Hopper, dass Kübler das korinthische Material tendenziell etwas älter als tatsächlich vorliegend klassifiziert habe. Letztlich hat Karl Kübler in der ausführlichen Publikation zu den Kerameikos-Gräbern des 8. bis 6. Jahrhunderts  v. Chr. auch Paynes Schema zur Datierung der attischen Gefäße angewandt. 654 Dementsprechend hängt die absolute zeitliche Verortung der (proto-) attischen Keramik am Chronologieschema der korinthischen Keramik, bis schließlich im fortgeschrittenen 6. Jahrhundert v. Chr. die attische Keramik unabhängig eingeordnet werden kann. 655 Darüber hinaus bietet die korinthische Keramik auch für die Eisenzeit Italiens die Möglichkeit zur Erstellung einer absoluten Chronologie. Einzig mykenische Funde, die über ägyptische Kontexte datiert werden, können als obere Referenzpunkte herangezogen werden. 656

647 648 649 650 651 652 653 654 655 656

Langlotz 1975, 17 Anm. 1. Amyx 1988, 398. Grundlegend dazu: Richter 1949; Richter 1960; Richter 1968. Kübler 1934, 199. Kübler 1943, v.a. 417–441. Kübler 1943, 437–440. Hopper 1949, 256–257. Kübler 1959, v.a. 120. Zu den Fixpunkten der frühen attisch schwarzfigurigen Keramik siehe: Kapitel 8. Müller-Karpe 1959, 15–30, 226–228; Dehl 1984, 15.

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252 Die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien und die Datierung In weiterer Folge liegen die angewandten Prämissen zur absoluten Datierung der korinthischen Keramik auch dem gesamten Chronologieschema des späten 8. und 7. Jahrhunderts v. Chr. zu Grunde, weshalb sie hier nochmals aufgelistet sind: 1. Die verwendeten Gründungsdaten in Anlehnung an Thukydides werden als ‚korrekt‘ oder zumindest als wahrscheinliche Annäherung an die ‚historische Wirklichkeit‘ betrachtet. 2. Die absoluten Gründungsdaten können nicht durch das archäologische Material bestätigt werden, denn es besteht nur die begrenzte Möglichkeit, die relative Position der einzelnen Keramikfunde zu kontrollieren. Unterscheiden sich die Gründungsdaten nur um ein paar Jahre, kann dies im archäologischen Befund nicht ausgemacht werden. Zweifel über die mögliche Exaktheit der Gründungsdaten finden auch ihren Niederschlag in Vierteljahrhundert-Datierungen, wodurch diese Unsicherheit ausgedrückt werden kann. Jüngst hat man wieder den Vorteil von Grobdatierungen in Vierteljahrhunderten betont, 657 da hier der Schematismus der dahinterstehenden Stilzuschreibung am besten zur Geltung kommt. Jegliches Schema weist aufgrund der Beschaffenheit nicht wirklichkeitsgetreue starre (Stil-) Grenzen auf, die man sich tatsächlich viel fließender und weniger abrupt vorzustellen hat. Ein Loslösen von den thukydideischen Gründungsdaten zur Datierung der korinthischen Keramik ist letztlich auch nicht mit Hilfe von Martin Trachsels Ansatz möglich, der als Beleg für eine notwendige Anhebung der orthodoxen Chronologie dendrochronologische Daten heranzieht. Aus den Überlegungen zur Verwendung der Fixpunkte der korinthischen Keramik kann als zwischenzeitliches Resümee auf eine gewisse Flexibilität des Chronologieschemas hingewiesen werden, die sich einerseits durch die approximative Annäherung an die thukydideischen Gründungsdaten und andererseits durch die Beschaffenheit der archäologischen Datierungsweise ergibt.

657 Harrison 1996; Neeft 2012.

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6. Die Levante 1 und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik In den vorangestellten Kapiteln wurden der Mangel an zeitgenössischen Quellen für die griechische Archaik und die damit verbundenen Schwierigkeiten einer erst im Nachhinein etablierten Chronologie eingehend thematisiert. Für die griechische Keramikchronologie hat sich der Blick der Forschung deshalb auf die früheisenzeitliche Evidenz der Levante 2 gerichtet, für deren Ereignisgeschichte zeitnahe Quellen zur Verfügung stehen. Die östliche Mittelmeerregion rückte unter anderem ins Interesse des Neuassyrischen, Ägyptischen und des Neubabylonischen Reichs, weshalb die an zahlreichen Orten zu Tage gekommene griechische Keramik eine mögliche Verbindung zu den jeweiligen Chronologien aufweist. Auf diese Weise ist es auch Nicolas Coldstream 3 gelungen, eine absolute Datierung der geometrischen Keramik (900–700 v. Chr.) in seinem epochalen Werk „Greek Geometric Pottery“ zu gewinnen. Im Gegensatz zu Griechenland lässt sich für die frühe Eisenzeit in der Levante eine besonders hohe Ereignisdichte konstatieren. Demnach können Zerstörungsschichten einer Stadt gravierenderweise mit mehreren historischen Ereignissen in Verbindung gebracht werden, was die Erstellung von gesicherten Datierungen erschwert. 4 So sind auch nicht alle von Coldstream etablierten Fixpunkte mit dem heutigen Kenntnisstand vereinbar. Darunter fällt beispielsweise die Diskussion um die Schicht III in Tell Abu Hawam, die ein Indiz für die Übergangsphase vom mittel- zum spätgeometrischen Stil anbieten würde. Jedoch reichen die vier vorgebrachten Datierungsvorschläge von 926 v. Chr. bis 750 v. Chr. und liegen somit zirka 170 Jahre auseinander. 5 Dieses Beispiel veranschaulicht bereits sehr deutlich, wie heikel sich eine derartige Ausgangslage für mögliche Fixpunkte der griechischen Keramikchronologie darstellt. 1 Eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Begriff Levante mitsamt den Konsequenzen für das Studium dieser Region in der Eisenzeit findet sich bei: Routledge 2017. 2 Eine Sammlung rezenter Beiträge zur (früh-) eisenzeitlichen Levante findet sich in: Steiner – Killebrew 2014. Zur Erwähnung von ‚Griechen‘ in Keilschriftquellen des 8. und 7. Jahrhunderts  v. Chr. siehe: Rollinger 2011b; Rollinger 2017b. Zur historischen Kontextualisierung der griechischen Keramikfunde in der Levante und in Kilikien vom 8. und 7. Jahrhundert siehe: Lanfranchi 2000. 3 Coldstream 1968, 302–316 (= Coldstream 2008, 302–316). 4 Hannestad 1996, 45; Trachsel 2004, 170; Bäbler 2012, 62–63, 71; Baker 2014, 48; Hardin 2014, 746; Zorn 2014, 828. 5 Bäbler 2012, 62–63. Für die Zerstörung wurde Pharao Scheschonk I. zirka 926 v. Chr., König Hazael von Syrien zirka 815 v.Chr sowie Jehu, König von Israel, zirka 840  v. Chr. in Betracht gezogen. Unlängst wurde jedoch auch ein Andauern der relevanten Schicht III bis 750  v. Chr. geltend gemacht. Näheres hierzu mit weiterführender Literatur: Hannestad 1996, 45.

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254 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Bewusst wird hier außerdem das Themenfeld der hohen und niedrigen Chronologie der Levante, dessen lokaler Ursprung in den Königreichen von Israel und Juda liegt und sich um die Historizität der biblischen Darstellung des geeinten Königreichs unter David und Salomo dreht, kurz angesprochen. Zeitlich liegt die Debatte im 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. zwar etwas außerhalb der hier im Fokus stehenden griechischen Archaik, sie reicht aber noch bis in das 8. Jahrhundert v. Chr. herein, womit sie noch im Zeithorizont der Gründung von Karthago liegt und folglich die phönizischen Gründungen auf Sizilien tangiert. Die Mehrheit der archäologischen Forschung verwendet in Hinblick auf Berührungspunkte mit der griechischen Keramik entweder die niedrige Chronologie der Levante, wie sie Israel Finkelstein 6 seit den 1990er Jahren vertritt, oder das modifizierte konventionelle Chronologiesystem von Amihai Mazar 7. Konkret geht es um die materielle Hinterlassenschaft der Eisenzeit IIA, die konventionell ins 10.  Jahrhundert eingeordnet worden ist. Finkelstein datiert nun jene Monumente und Keramikgattungen ausschließlich ins 9.  Jahrhundert  v. Chr., von zirka 900 bis zirka 840/30  v. Chr., was erhebliche Konsequenzen für das historische Verständnis der Region Palästinas mit sich bringt. Mazar hingegen setzt diese Phase vom ersten Viertel des 10. Jahrhunderts v. Chr. bis zirka 840/30 v. Chr. an. 8 Für die Schicht IVB/A in Megiddo bedeutet dies konkret, dass sie entweder ins 10. oder 9. Jahrhundert v. Chr. datiert werden kann und die Datierungsvorschläge um zirka 80 Jahren differieren. 9 Von beiden Seiten werden 14C-Daten zur Untermauerung der jeweiligen Chronologiesysteme verwendet, wobei auch die naturwissenschaftliche Datierungsmethode keinen Konsens in Aussicht stellen kann. An Stelle der Debatte um die Auslegung der historischen und archäologischen Quellen tritt nun jene um die Proben. 10 Die zwei unterschiedlichen Chronologieschemata werden folglich anhand der griechischen und phönizischen Keramik in den restlichen Mittelmeerraum exportiert. Dieser Sachverhalt ist besonders klar ersichtlich an Lorenzo Nigros Besprechung der absoluten Chronologie von Mozia auf Sizilien: Obwohl sich Nigro 11 in der Levante für die Chronologie nach Mazar ausspricht, sieht er sich gezwungen, die niedrige Chronologie zu verwenden, um nicht den zeitlichen Anschluss an das Keramikrepertoire von Karthago zu verlieren. Daran lässt sich die Komplexität erkennen, die mit der Verzahnung der Chronologien unterschiedlicher Regionen verbunden ist, was hierbei durch zwei konkurrierende Systeme nochmals verkompliziert wird. So hat sich mittlerweile die paradoxe Situation ergeben, dass das neuere niedrige Chronologieschema der Levante mit dem konventionellen der griechisch geometrischen Keramik einhergeht, umgekehrt aber eine Erhöhung 6 U.a. Finkelstein 1996; Finkelstein 2005; Finkelstein 2010; Finkelstein  –  Piasetzky 2010; Finkelstein – Piasetzky 2011 (jeweils mit umfangreichen Literaturverweisen). 7 U.a. Mazar 1997; Mazar 2005; Mazar 2008; Mazar 2011 (jeweils mit weiterführender Literatur). 8 Einen nützlichen Überblick in Tabellenform bietet: Núñez 2016, 74. 9 Brandherm 2006, 6. 10 Núñez Calvo 2008b, 7; Hardin 2014, 745. Näheres zur Debatte der naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden für die frühe Eisenzeit siehe: Kapitel 9. 11 Nigro 2013, 50.

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Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik 255

von deren absoluten Datierung die höhere Chronologie in der Levante bedingt. 12 Bereits Coldstream hat sich in der Levante für eine niedrige Chronologie entschieden, 13 die zumindest in Megiddo nun Finkelsteins niedrigem Chronologieschema entspricht. 14 Ein wesentlicher Grund dürfte für Coldstream darin gelegen haben, dass bei einer hohen Chronologie der Levante der mittelgeometrische Stil vor der spätgeometrischen Phase, die anhand der Evidenz in Sizilien von etwa 750 bis zirka 725 v. Chr. angesetzt wird, mit einer extrem langen Dauer von zirka 200 Jahren zu veranschlagen gewesen wäre. 15 Im Fokus des vorliegenden Kapitels stehen nun all jene Textstellen aus den neuassyrischen Königsinschriften und den babylonischen Chroniken, die für Fixpunkte der griechischen Archaik herangezogen werden können. In einem weiteren Schritt werden im Folgenden nur jene Verbindungen zum archäologischen Befund besprochen, deren Status sich in der Forschung mittlerweile als gesichert dargestellt hat. 16 Drei Gründe legen diese Vorgehensweise als lohnenswertes Forschungsziel dar: 1. Eine offensichtliche Schwierigkeit besteht in den Fächergrenzen, befindet sich die Erforschung der früheisenzeitlichen Levante streng genommen jenseits der klassischen Forschungsbereiche der Klassischen Archäologie und Alten Geschichte. Vor diesem Hintergrund gestaltet sich die Leistung Coldstreams als noch beachtenswerter, mit Hilfe der Zerstörungshorizonte der Levante die griechisch geometrische Keramik einer verbindlichen absoluten Datierung unterzogen zu haben. Komplexe archäologische Befunde und die Involvierung unterschiedlicher Disziplinen der Altertumswissenschaften haben zu Zirkelschlüssen und mitunter falschen Einschätzungen geführt. Dazu zählt vor allem das Missverständnis, dass die griechisch spätgeometrische Keramik nun vollständig unabhängig von den Gründungsdaten datierbar sei. 17 Alexander Fantalkin hat diesen Sachverhalt wohl am deutlichsten ausgedrückt: „A brief acquaintance with the foundations of the absolute chronology of the Iron Age, in both the Aegean and Syro-Palestinian worlds, reveals a striking misunderstanding stemming from the ignorance of each side about what happens on the other. The examples of circularity are so numerous that there is no possibility to mention them all.“ 18 Das Fallbeispiel von Al Mina soll hier genügen, um die Zirkelschlüsse, wie sie Fantalkin angesprochen hat, deutlich darzulegen. Der Zerstörungshorizont VIII wird mit der Expansion des

12 13 14 15 16

Ähnlich: Núñez 2016, 82. Brandherm 2006, 6; Brandherm 2008a, 137 Anm. 62; Brandherm 2008b, 151. Fantalkin 2001, 122. Brandherm 2008b, 151. Einen aktuellen Überblick zu den zahlreichen Zerstörungshorizonten in der Levante für das frühe 1. Jahrtausend v. Chr. bietet: Fiaccavento 2014. 17 Diese Meinung äußerte Alexander Graham (1982, 91) in seinem wirkungsreichen Beitrag in „The Cambridge Ancient History“ über die so genannte Griechische ‚Kolonisation‘. Ein Blick auf die zitierte Literatur lässt diesen Ansatz meiner Meinung nach als zu optimistisch erkennen. 18 Fantalkin 2001, 121.

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256 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Assyrischen Reichs um 720 v. Chr. in Verbindung gebracht. 19 Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass dieser Zuweisung bereits Paynes Datierungsschema der griechischen Keramik zu Grunde liegt und keine andere Möglichkeit für eine derart feine chronologische Zuweisung zur Verfügung steht. 20 Ausschlaggebend für die Datierung sind die Funde von frühprotokorinthischer Keramik in der über dem Zerstörungshorizont VIII liegenden Schicht VII, die somit einen Terminus ante quem für die darunter liegende Schicht VIII liefern. Aus diesem Grund kann Al Mina nicht als unabhängige Bestätigung der absoluten griechischen Keramikchronologie gelten und muss folglich streng genommen aus der Evidenz einer unabhängigen Kontrolle des Datierungssystems ausscheiden. 21 2. Neue Aufarbeitungen von älteren Grabungen haben auch in der Levante die Schwierigkeit der Verbindung von schriftlichen und archäologischen Quellen aufgezeigt und thematisiert. Die Präsenz des Neuassyrischen Reichs lässt sich zweifelsfrei greifen. 22 Jedoch geht es um die in den Altertumswissenschaften prinzipiell zu stellende Frage, wie und ob sich die beiden unterschiedlichen Quellengattungen stets problemlos zusammenfügen. So sind beispielsweise im syro-palästinischen Raum die neuassyrischen Hinterlassenschaften im archäologischen Befund zwar gut erforscht, aber ohne entsprechend aussagekräftiges Material in situ lassen sich diese zeitlich nicht näher, also der Regierungszeit eines bestimmten Königs, zuweisen. 23 Gerade weil die Ursachen von Zerstörungsschichten oftmals mit mehreren historischen Ereignissen in Verbindung gebracht werden können, sind unterschiedliche Deutungsmodelle entstanden. Dies impliziert auch abweichende chronologische und interpretative Hypothesen für die Geschichte einer Siedlung. 24 Vor allem ab den 1990er Jahren haben sich Einzelstimmen zusehends kritisch zur etablierten opinio communis mancher Zerstörungshorizonte in Hinblick auf die griechische Keramikchronologie geäußert. 25 Die Interpretation als Zerstörungs-

19 Coldstream 1968, 313–316; Fittschen 1969, 209; Dunbabin 1953/54, 253–254.  Allgemein zu Al Mina und der dort aufgefundenen griechischen Keramik: Boardman 1999b; Graham 2001, 67–82; Luke 2003, v.a. 24–28; Vacek 2015. 20 So bereits aufgezeigt von: Fittschen 1969, 209. 21 Auch in Al Mina trifft man die bekannte Problematik einer sehr ereignisreichen Geschichte an, wonach sich das Ende der Schicht VII mit unterschiedlichen historischen Ereignissen verbinden ließe. Demnach wurden auch unterschiedliche Datierungen vorgeschlagen. Snodgrass 1971, 115; Descœudres 1976, 52; Trachsel 2004, 175. 22 Münzprägungen von Tarsos zeigen beispielsweise bis in die römische Kaiserzeit eine starke Beeinflussung von neuassyrischen Götterdarstellungen, die auf die sichtbare Präsenz entsprechender Bilder im Rahmen des neuassyrischen Einflusses zurückgeführt werden. Siehe hierfür: Dalley 1999. Die assyrische Präsenz in der Levante hinterlässt ihre Spuren auch in der literarischen Überlieferung dieser Region: Lang 2014b. 23 Melville 2016, 19. 24 Fiaccavento 2014, 219. 25 U.a. Forsberg 1995; Hannestad 1996; Brandherm 2006, v.a. 4; Brandherm 2008a, v.a. 134. Sarah Morris (1998, 361) verwies auf die Doktorarbeit von Saltz (1978), die eine kritische Evaluierung der

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Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik 257

horizonte im Rahmen der Expansion des Neuassyrischen Reichs 26 sind in einigen Fällen weitgehend revidiert worden, worunter beispielsweise die vermeintliche Verwüstung Samarias 27 durch Salmanassar V. (722  v. Chr.) und/oder Sargon  II. (720 v. Chr.) sowie von Tarsos 28 durch Sanherib (696 v. Chr.) zählen. Ausschlaggebend war in beiden Fällen, dass eine nähere Analyse des archäologischen Kontexts keine großflächige Zerstörung nahelegt und sich diese Beobachtung in beiden Fällen mit den zur Verfügung stehenden Texten zu decken scheint. Im Fall von Samaria resümierte Ron Tappy: „In short, a direct correspondence between archaeological history and political history does not always exist.“  29 Welch großen Einfluss schriftliche Quellen auf die Auslegung archäologischer Befunde in der Vorderasiatischen Archäologie haben können, gibt beispielshaft die Forschungsgeschichte von Babylon zu erkennen. Hier ist man der Versuchung erlegen, die Divergenzen zwischen Herodots Stadtbeschreibung und den greifbaren architektonischen Resten zurechtzurücken. So sehr war das Bild des wütenden Xerxes präsent, dass man unter anderem darin eine Lösung fand, im archäologischen Befund das Babylon von Nebukadnezar II. (605–562  v. Chr.) 30 erkennen zu wollen und Herodots Beschreibung auf das achämenidische Stadtbild zu beziehen. 31

26 27

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29 30 31

geometrischen Keramik im Vorderen Orient vornahm. Diese Arbeit war mir leider nicht zugänglich, ist nach Morris aber zumindest teilweise durch neuere Studien überholt. Zur neuassyrischen Expansion in die Levante mit informativem Kartenmaterial siehe: Bagg 2011. Zu Samarias Eroberung durch Salmanassar V. und/oder Sargon II.: Forsberg 1995, 17–50; Dever 2007, 82–83; Tappy 2001, 351–441; Tappy 2007; Bagg 2011, 227–230; Park 2012 (weitgehend eine Analyse der schriftlichen Quellen); Becking 2019; Frahm 2019; Tappy 2019.  In Samaria kamen insgesamt elf attische Scherben des Stils Mittelgeometrisch II zu Tage. Sie wurden in hellenistischen und römischen Schichten gefunden, stammen also aus einem gestörten Kontext. Mindestens eine der Scherben soll gemäß den Ausgräbern der Schicht V entstammen, dessen Ende um 750 v. Chr. angesetzt wurde. Unmittelbar darüber liegt nun jene Schicht IV, deren Ende man mit der assyrischen Eroberung in Verbindung gebracht hat. Aus diesem Grund ist eine Revision nun auch für die darunter liegende Schicht von Belang. Hannestad 1996, 45–47; Fantalkin 2001, 119–120; Brandherm 2006, 4–6. Zu Tarsos: Boardman 1965; Fittschen 1969, 207–209; Forsberg 1995, 51–81. In Tarsos fand man einen protokorinthischen Aryballos im Übergang von runder zu ovoider Form. Mit dessen gängiger Datierung ins späte 8. Jahrhundert v. Chr. konnten darüber feststellbare Brandspuren überhaupt erst mit Sanheribs Feldzug gegen Tarsos im Jahr 696 v. Chr. in Verbindung gebracht werden. Die Ursache für den vermutlich lokal begrenzten Brand ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht ausmachbar. Zumal die Quellen nicht ausdrücklich von einer Zerstörung durch Sanherib sprechen, sieht man mittlerweile von einer Verbindung des archäologischen Befundes mit diesem historischen Ereignis ab. Im Laufe der Diskussion um die Evidenz von Tarsos kamen auch verschiedentlich Vorschläge der Zuweisung unterschiedlicher Straten an die neuassyrische Phase auf, was einmal mehr auf die entsprechenden Schwierigkeiten hinweist. Tappy 2001, 441. Ein Überblick zu Nebukadnezar II. findet sich bei: Streck 2001; Arnaud 2005. Siehe zu dieser Fragestellung überblickend mit weiterführender Literatur: Rollinger 1993; Rollinger 1998; Henkelmann et al. 2011.

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258 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Aber auch eine bildliche Darstellung kann maßgeblichen Einfluss auf die Auslegung nehmen, wie die Forschungsgeschichte von Lachisch lehrt. 701 v. Chr. eroberte Sanherib die Stadt, 32 was im Saal XXXVI seines Palastes auf den Reliefplatten 6 bis 8 bildlich dargestellt ist. Auf den Reliefs ist zu erkennen, wie die assyrische Armee die Stadt Lachisch, die durch eine Beischrift 33 eindeutig als solche ausgewiesen ist, mit Rampen und Maschinen belagert. Nun ist man in Lachisch tatsächlich auf eine riesige Belagerungsrampe im Südwesten der Stadt gestoßen. 34 David Ussishkin 35 hat sich der Reliefdarstellung bedient, als ob diese ein detailgetreues Photo der Belagerungssituation wäre, und lokalisiert den Standpunkt, von dem aus der Künstler die Belagerungsszene betrachtet und perspektivengetreu wiedergegeben habe. Diesen Standort identifiziert Ussishkin sogar als vermutlich den Ort, an dem Sanherib selbst die Schlacht angeführt habe. Zwischen dem Relief und dem archäologischen Befund gibt es aber neben Übereinstimmungen ebenso gewichtige Unstimmigkeiten. Zudem erheben Vergleiche mit bildlichen Städtedarstellungen in neuassyrischer Zeit starke Bedenken, in den Reliefs eine getreue 1:1 Abbildung des Stadtbildes und Schlachtgeschehens zu sehen, das man in exakt dieser Form auch ausgraben kann. 36 3. Der dritte Grund hängt mit der zunehmenden Erschließung beziehungsweise Neuinterpretation der Keilschriftquellen sowie neuen methodischen Zugängen zusammen. Mit den Königsinschriften haben die neuassyrischen Könige ein reiches Quellenkorpus hinterlassen. Zu Beginn der Assyriologie als Wissenschaftsdisziplin ging man von strikt jährlich strukturierten Berichten aus, weshalb man diese Texte auch als Annalen 37 bezeichnete. 38 Jedoch folgen nicht alle Königsinschriften dem annalistischen Prinzip, vielmehr können die Ereignisse auch nach anderen Kriterien angeordnet werden. Hayim Tadmor 39 wählte für diese Inschriften den Begriff der Summary Inscriptions anstelle des von Eberhard Schrader etablierten Terminus der Prunkinschriften. Besonders der italienischen Schule um Mario Liverani und Mario Fales ist eine innovative Methodik zur Auswertung 32 Eine rezente Behandlung der schriftlichen Quellen sowie der Reliefs in Sanheribs Palast findet sich bei: Matty 2016, 67–89, 205–220 (Fig. 1–17). 33 Akkadischer Text in Transliteration sowie in englischer Übersetzung bei: Grayson – Novotny 2014, 110–112 (Nr. 66–67). 34 Zu den Ausgrabungsergebnissen und der Forschungsgeschichte von Lachisch: Ussishkin 1982. 35 Ussishkin 1982, v.a. 119 Abbildung 91 (dort findet sich der vermeintliche Standort von Sanherib mit einem Asterisk markiert). 36 Uehlinger 2003.  Zu den neuassyrischen Reliefdarstellungen im 7.  Jahrhundert  v. Chr. allgemein siehe: Nadali 2006. 37 Der Terminus der Annalen ist gerade für disziplinübergreifende Fragestellungen höchst problematisch, da darunter je nach Wissenschaftsdisziplin unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Aus diesem Grund haben zuletzt Burgess und Kulikowski diesen Terminus, der aus der so genannten römischen Annalistik stammt, überhaupt abgelehnt. Ausführlicher zu dieser Diskussion um die Terminologie: Burgess – Kulikowski 2013, 18. 38 Tadmor 1997, 325. 39 Tadmor 1994, 22–25.

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Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik 259

zu verdanken, wonach die vorherrschende Königsideologie die Darstellung historischer Begebenheiten sowie Ereignisse beeinflusst und entsprechend Beachtung bei der Quellenauswertung finden soll. 40 Für den modernen Leser sticht besonders die von neuassyrischen Königen bediente Topik der Kriegszüge hervor. Vor allem zu Regierungsbeginn diente die Präsentation als erfolgreicher Feldherr der Herrschaftslegitimation. 41 In den so genannten Briefen an Assur findet sich bei den wenigen bekannten Textzeugen am Ende stets die gleich lautende Anzahl an Gefallenen auf assyrischer Seite, nämlich ein Wagenlenker, zwei Reiter und drei Soldaten. 42 Aus heutiger Sicht geht daraus klar hervor, dass es sich hier um keine tatsächlich dokumentierte Auflistung gefallener Soldaten handeln kann. 43 Ähnliches dürfte wohl auch auf die Beschreibungen von Schlachten zutreffen: Für den Ausgang der Schlacht von Der (720  v. Chr.), in der Sargons Truppen gegen eine elamisch-babylonische Koalition kämpften, und jene von Ḫalule (691 v. Chr.), wo sich Sanheribs Armee mit einem Bündnis elamischer und babylonischer Streitkräfte konfrontiert sah, existiert jeweils von beiden Seiten die Darstellung eines Sieges. 44 Sarah Melville hat in ihrer Untersuchung geschlussfolgert: „Implicit in the Assyrian records and the Babylonian Chronicle is a careful and deliberate manipulation of the truth. Both sides are technically correct in their reporting, but avoid the inclusion of information that does not further the royal agenda or fulfill ideological provisos.“ 45 Zu diesem Bereich mag auch der formelhafte Umgang mit gegnerischen Städten in den Königsinschriften zählen, worin sich stets ein ähnlich lautendes Vokabelrepertoire findet: 46 „Ich verbrannte, riss nieder und zerstörte die Städte.“ 47 Mit der Ausdehnung des Neuassyrischen Reichs gerieten zunehmend westliche Gebiete in den nicht immer realiter ausgeübten Herrschaftsanspruch neuassyrischer Regenten. In weiterer Folge der neuassyrischen Erschließung der 40 Diesem Ansatz widmeten sich mehrere Studien. Hier kann nur auf eine Auswahl verwiesen werden: Fales 1981; Laato 1995; Liverani 1996; Tadmor 1997; Fales 1999–2000; Lanfranchi 1999; Lanfranchi 2003, 34–36; Liverani 2010a; Liverani 2010b; Liverani 2014; Ponchia 2016. 41 Tadmor 1981; Tadmor 1997. 42 Grayson 1996, 244 (Zeile r 1´–2´ des Briefes, wahrscheinlich 780 oder 770 v. Chr. verfasst); Leichty 2011, 85 (Zeile IV 13´ des Briefes von Asarhaddon); Mayer 2013, 140–141; Frame 2021, 306–307 (Zeile IV 426 des Briefes von Sargon II.). 43 Liverani 2010b, 230. 44 Grayson 1965, 340–342; Laato 1995, 203–209, 211–212; Glassner 2004, 50–51; Melville 2014. 45 Melville 2014, 534–535. 46 Zur sprachlichen Ausgestaltung des Topos der Zerstörung von gegnerischen Städten in neuassyrischer Zeit: Dalley 2005; Baker 2014. 47 So zum Beispiel im Text A.0.101.1 von Assurnasirpal II. (883–859 v. Chr.) II 69–70 nach Grayson 1991, 207: URU za-am-ru URU a-ra-si-id-ku URU am-ma-ru URU pár-sin-du URU i-ri-tu URU su-ri-tu URU dan-nu-ti-šú a-di 1 ME 50 URU.DIDLI šá li-me-tu-šú ap-púl a-qur ina IZI.MEŠ GÍBIL-up. „I razed, destroyed, (and) burnt the cities Zamru, Arasidku, Ammaru, Parsindu, Iritu, Suritu, his fortified cities, together with 150 cities in the environs of his (region).“

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260 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik phönizischen Levante trifft dieses theoretische Konzept einer umfassenden Unterwerfung der bekannten Welt ab Asarhaddon (681–669 v. Chr.) 48 auch auf Tartessos in Iberien zu. 49 Später bedienten sich die neubabylonischen Könige als Nachfolger des Neuassyrischen Reichs ebenso dieser Tradition, weshalb wohl Megasthenes 50 Nebukadnezar II. (605–562  v. Chr.) 51 als bis nach Iberien gelangend schilderte. 52 Analog kann deshalb auch Berossos 53 behaupten, Nabopolassar (625–605 v. Chr.) 54 und Nebukadnezar II. hätten über Ägypten geherrscht, was eben nicht auf reale Herrschaftsverhältnisse, sondern auf ein geographisches Weltbild Bezug nimmt. 55 Für die Herrschaftslegitimation wurde auch die Darstellung der wirtschaftlichen Lage instrumentalisiert. Assurbanipals (669–631/27 v. Chr.) 56 Schilderung würde eigentlich auf eine gedeihende Marktwirtschaft unter seiner Herrschaft schließen lassen, zeitgenössische Wirtschaftstexte liefern jedoch ein gänzlich konträres Bild. 57 Zusätzlich zu diesen verhältnismäßig neuen methodischen Zugängen werden stetig moderne Editionen des Inschriftenkorpus erstellt, worunter hier vor allem das Projekt der RINAP-Reihe (Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period) zu nennen ist, von denen mittlerweile die meisten Bände erschienen sind. 58 Neben den neuassyrischen Quellen berichten ferner babylonische Chroniken über Feldzüge mesopotamischer Herrscher in westliche Gebiete, die somit für potentielle Fixpunkte der griechischen Keramik die Textbasis bilden. Für diese Textgattung ist künftig mit einer neuen Textedition von Robartus Van der Spek und Irving Finkel zu rechnen, die die ältere von Kirk Grayson aus dem Jahr 1975 59 und jene von Jean-Jacques Glassner 60 ablösen wird. In der rezenten Forschung konnten neue Ansätze zur Klassifizierung und Kontextualisierung, die sich bei diesen Texten als durchaus schwierig herausstellt, gewonnen werden. Grayson 61 ging noch von der Existenz einer durchgehenden Chronikserie von Nabonassar 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58

Weißbach 1928b; Bagg 2008a. Siehe hierzu: Rollinger 2008a. BNJ 715 F 11a (apud Strab. 15, 1, 6–7). Ein Überblick zu Nebukadnezar II. findet sich bei: Streck 2001; Arnaud 2005. Rollinger 2016. BNJ 680 F 8a (apud Ios. c. Ap. 1, 131–144). Brinkman 2001b. Siehe zu diesem Beispiel: Rollinger 2016, 139–141. Weißbach 1928a; Bagg 2008b. Liverani 2010b, 230. Leichty 2011 (= RINAP 4); Tadmor  –  Yamada 2011 (= RINAP 1); Grayson  –  Novotny 2012 (=  RINAP 3.1); Grayson  –  Novotny 2014 (= RINAP 3.2); Novotny  –  Jeffers 2018 (= RINAP 5.1); Frame 2021 (= RINAP 2). Von den RINAP-Bänden fehlt somit nur mehr noch 5.2, der die Reihe beschließt. Für die hier relevante Zeitspanne der griechischen Archaik sind auch noch die Inschriften der assyrischen Herrscher des frühen 1.  Jahrtausends  v. Chr. von Interesse: Grayson 1996 (= RIMA 3). 59 Grayson 1975. 60 Glassner 2004. 61 Grayson 1975, 8–28.

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Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik 261

Abb. 7: Überblick über die genannten Orte in der Levante (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

(747–734 v. Chr.) 62 bis in den Hellenismus aus. Mittlerweile hat man sich jedoch von diesem Ansatz distanziert, 63 da diese Sichtweise auf dem hellenistischen Konstrukt einer Nabonassar-Ära 64 aufbaut und aus diesem Grund in dieser Form nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. In ihrer kürzlich erschienen Studie hat Caroline Waerzeggers 65 für die babylonischen Chroniken zwei Produktionsorte, nämlich Borsippa und Babylon, mit einer 62 Brinkman 2001a. 63 Glassner 2004, 44; Waerzeggers 2012, 286–287. 64 Die Ära Nabonassar dürfte eine Erfindung des Hellenismus sein, wie sie dann beispielsweise auch im Ptolemäischen Königskanon auftaucht: Hallo 1988, v.a. 186–190; Brinkman 2001a, 6; Glassner 2004, 111–113; Liverani 2010a, 51. 65 Waerzeggers 2012.

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262 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik unterschiedlichen Darstellungsweise ausmachen können. Während Schreiber in Babylon primär zeitgenössische Ereignisse festhielten, interessierten sich jene in Borsippa zusätzlich noch für die weiter zurückliegende Vergangenheit. Trotz des objektiv wirkenden Erzählstils ist außerdem von einer bewussten Auswahl an Ereignissen auszugehen. Dass man in den spätbabylonischen Chroniken eben nicht eine völlig wertneutrale Berichterstattung sehen sollte, hat Stefan Zawadzki 66 bereits in den 80er Jahren mit Hilfe der Tafel BM 21901 67 aufzeigen können. Der Text berichtet vom Fall des Neuassyrischen Reichs und geht auf die Ereignisse der Jahre 616 bis 609 v. Chr. ein. Der Autor wählte bewusst eine Darstellungsweise, um die Rolle der Meder mit ihrem König Kyaxares herunterzuspielen. Diesen Aspekt verdeutlicht nicht zuletzt die Wahl des negativ konnotierten Begriffs ummanmanda 68 zur Bezeichnung der Meder, die damit als unkultiviertes Bergvolk charakterisiert werden sollten. Für die Nabonid-Chronik (BM 35382), welche die letzten Regierungsjahre des neubabylonischen Herrschers Nabonid (556–539  v. Chr.) 69 und den Regierungsbeginn von Kyros in Babylon darstellt, sind bisweilen zwei Extrempositionen vertreten worden. Einerseits sieht man darin eine rein objektive Auflistung von Fakten, andererseits ist der Text als Propaganda für Kyros angesehen worden. Waerzeggers 70 plädiert nun für einen anderen Zugang, der die Chronik vielmehr als historische Literatur des Hellenismus einstuft. Als Produkt dieser literarischen Tätigkeit in achämenidischer und hellenistischer Zeit kann dann beispielsweise auch die Darstellung des ersten neubabylonischen Herrschers, Nabopolassar (625–605 v. Chr.) 71, verstanden werden. 72 Die hier kurz umrissenen, neuen Ansätze in der Assyriologie verlangen eine genaue Betrachtung der einzelnen Textstellen, die zusammen mit den archäologischen Funden die Grundlage von Fixpunkten bilden. Einen geographischen Überblick über die im Text genannten Orte der Levante bietet Abbildung 7.

6.1

Hamat

Gemäß der Selbstdarstellung in den Inschriften Sargons II. zettelte Ilu-bi’di(= Jaubi’di) von Hamat im zweiten Regierungsjahr Sargons, also 720 v. Chr., eine Rebellion mehrere 66 Zawadzki 1988a. 67 Die Chronik findet sich ediert bei: Grayson 1975, 90–96; Glassner 2004, 218–225. 68 Zum Begriff umman-manda: CAD U–W s.v. ummān-manda 102; Liverani 1988; Zawadzki 1988b; Rollinger 2003; Adalι 2011; Liverani 2017, 60–61. 69 Ein Überblick zu Nabonid findet sich bei: Beaulieu 1989; Oelsner 2000b; Dandamayev 2001. 70 Waerzeggers 2015, u.a. 96. 71 Brinkman 2001b. 72 Da Riva 2017.

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Hamat

263

syrischer Städte gegen die assyrische Oberherrschaft an. 73 Nachdem der Text an dieser Stelle nur fragmentarisch erhalten ist – aufgrund der Größe der Lücke ist eine ausführliche Beschreibung dieses Geschehens zu vermuten – muss man auf die Zusammenfassung der Ereignisse in der Großen Prunkinschrift 74 zurückgreifen: ia-ú-bi-iʼ-di KUR.a-ma-ta-a-a ṣa-ab ḫup† 75-ši la EN GIŠ.GU.ZA LÚ.ḫat-tu-ú lem-nu a-na LUGAL-ut KUR.a-ma-at-ti ŠÀ-šú ik-pu-du-ma URU.ar-pad-da URU.ṣi-mir-ra URU.di-maš-qa URU.sa-me-ri-na // it-ti-ia uš-bal-kit-ma pa-a e-da ú-šá-áš-kin-ma ik-ṣu-ra MÈ um-ma-na-at da-šur gap-šá-a-ti ad-ke-ma ina URU.qarqa-ri URU na-ram-i-šú šá-a-šú a-di LÚ.mun-daḫ-ṣe-šú // al-me ak-šud-su URU. qar-qar-ru ina dGIŠ.BAR aq-mu šá-a-šú ma-šak-šú a-ku-uṣ ina qé-reb URU.MEŠ šú-nu-ti EN ḫi-iṭ-ṭi a-duk-ma su-lum-mu-u ú-šá-áš-kin 2 ME GIŠ.GIGIR 6 ME ANŠE.pét-ḫal-lum // i-na ŠÀ UN.MEŠ KUR.a-ma-at-ti ak-ṣur-ma UGU ki-ṣir LUGAL-ti-ia ú-rad-di 76 md

„(Was) Jaubi’di von Amattu (angeht), einen aus dem niederen Volk, dem der Thron nicht zustand, einen böser Hethiter, so sann sein Herz auf die Königsherrschaft über das Land Amattu. Er brachte die Städte Arpadda, Ṣimirra, Damaskus (und) Samerῑna gegen mich zum Aufstand, stellte Einmütigkeit (unter ihnen) her und rüstete zur Schlacht. Ich bot die Heeresmassen Assurs auf, umzingelte ihn mitsamt seinen Kämpfern in seiner Lieblingsstadt Qarqaru und nahm diese ein. Qarqaru verbrannte ich mit (dem Feuergott) Gira, ihm selbst zog ich die Haut ab. 77 In jenen Städten tötete ich die Schuldigen und stellte den Frieden wieder her. 200 Streitwagen (und) 600 Reiter hob ich unter den Leuten des Landes Amattu aus und gliederte sie in meine königliche Kerntruppe ein.“ 78

73 Sargon Annalen 23–26 / Sargon’s Annals 23b–26: Fuchs 1994, 89 (akkadischer Originaltext), 314 (deutsche Übersetzung); Frame 2021, 57 (Sargon II 1 23b–26: akkadischer Text und englische Übersetzung). Eckart Frahm (2019) listet sämtliche Inschriften von Sargon II. zu Samaria und Hamat in einer übersichtlichen Darstellung auf, die dem Leser die Texte sowohl in Akkadisch als auch englischer Übersetzung zugänglich macht. 74 Prunk 33–36 / Display Inscription (Sargon II 7) 33–36a. 75 Mit dem Symbol † deutet Andreas Fuchs (1994, 7–8, 12) in seiner Transliteration auf ein fehlerhaftes Zeichen in der Kopie Bottas hin, dessen Lesung auch durch Kollation des Abklatsches oder Originals nicht eindeutig geklärt werden konnte. Die korrekte Ansprechung des Zeichens in diesen Fällen anhand des Kontextes oder mit Hilfe von Parallelstellen möglich. 76 Akkadischer Text nach dem am besten erhaltenen Teil der Prunkinschrift im Saal X, der sich bei Frame 2021, 142 wiedergegeben findet. 77 Die Episode um Jaubi’di mit der Strafpraxis des Häutens weist starke Parallelen mit dem Schicksal Kaiser Valerians in der Spätantike auf. Siehe hierzu: Rollinger – Wiesehöfer 2012. 78 Übersetzung: Fuchs 1994, 345.

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264 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Andere Texte im Palast Sargons erwähnen zudem die Ansiedlung von Aufständischen im Land von Hamat 79 sowie die Ernennung von assyrischen Statthaltern 80. Ebenso berichten die vermutlich in der Nähe von Hamat aufgestellte Borowski-Stele 81 sowie Sargons Stele auf Zypern 82 von der Ansiedlung von 6300 Assyrern im Land von Hamat. Man geht davon aus, dass es sich bei diesen Assyrern, die als Übeltäter beziehungsweise Schuldige (bēl ḫiṭṭi) 83 bezeichnet werden, um jene handeln könnte, die Sargons Herrschaftsanspruch nicht von Beginn an unterstützten. 84 Der fragmentarisch erhaltene Zylinder BM 122614 beschreibt Ereignisse aus der frühen Regierungszeit Sargons und beinhaltet auch die Episode der Umsiedlung von Bevölkerungsteilen von und nach Hamat. 85 Die Rekonstruktion der beschädigten Zeile gilt aufgrund der soeben aufgezählten Parallelpassagen als gesichert, während die Passage, worin die Einrichtung einer Provinzverwaltung mit Festlegung der Abgaben in Hamat erwähnt wird, auf dem Zylinder einwandfrei lesbar ist. Eine ausdrückliche Erwähnung von Hamats Zerstörung findet sich somit nur in der Zypernstele in einer sehr bildhaften Ausdrucksweise, wonach Sargon das Land wie eine Flut zerstörte. 86 Somit beschreiben die Texte Sargons, dass die Gegend Hamats durch diverse Zwangsumsiedlungen von Bevölkerungsteilen nach dem militärischen Konflikt nicht unbewohnt blieb. Der genaue rechtliche Status des Gebietes von Hamat lässt sich aufgrund der dürftigen Quellenlage jedoch nicht klar bestimmen. So ist beispielsweise kein Gouverneur namentlich belegt, weshalb auch die Existenz einer Provinz hinterfragt worden ist. Dass eine Annexion durch das Neuassyrische Reich stattfand, ist schließlich durch zwei Briefe an Sargon belegt, worin Hamat als Bezirk/Provinz (nagû 87) aufscheint. 88 In den neuassyrischen Quellen ist das Toponym Hamat meistens mit dem Determinativ 79 Prunk / Display Inscription 49 (Fuchs 1994, 206 akkadischer Originaltext, 346 deutsche Übersetzung; Sargon II 7 49: Frame 2021, 143 akkadischer Text mit englischer Übersetzung), Prunk / Display Inscription 56 (Fuchs 1994, 208 akkadischer Originaltext, 346 deutsche Übersetzung; Sargon II 7 56 Frame 2021, 56 akkadischer Text mit englischer Übersetzung). Zur Praxis der Deportation im Neuassyrischen Reich: Oded 1979; Radner 2000; Mayer 2001. 80 S4 / Sargon II 13 22–27 (Fuchs 1994, 261 akkadischer Originaltext, 359 deutsche Übersetzung; Frame 2021, 180 akkadischer Text mit englischer Übersetzung), Stier / Sargon II 9 17–20 (Fuchs 1994, 63 akkadischer Originaltext, 303 deutsche Übersetzung; Frame 2021, 167 akkadischer Text mit englischer Übersetzung). 81 Seite B 5–8 (akkadischer Text und englische Übersetzung bei: Hawkins 2004, 160; Sargon II 106 II´ 5–8 Frame 2021, 414). Zu den Stelen Sargons außerhalb von Mesopotamien siehe: Frame 2006. 82 Sargon II 103 II 61–62: Frame 2021, 407 (akkadischer Text mit englischer Übersetzung). Zur Frage nach dem Publikum und Zweck dieser Stele auf Zypern siehe: Radner 2010; Porter 2012. 83 CAD Ḫ 212 s.v. ḫīṭu A bēl ḫīṭi. 84 Hawkins 2004, 161; Bagg 2011, 156. 85 BM 122614+ (= Sargon II 84) 18´–20´: Frame 2021, 375 (akkadischer Text mit englischer Übersetzung). 86 Sargon II 103 II 51–52: Hawkins 2004, 161 (mit akkadischem Originaltext und englischer Übersetzung); Frame 2021, 407 (akkadischer Text mit englischer Übersetzung). 87 CAD N1 121–123 s.v. nagû. 88 SAA 1, 173 5–6; SAA 1, 174, 5–7. Zur Frage der rechtlichen Position Hamats nach der Eroberung Sargons siehe überblickend: Bagg 2011, 233–234.  Einen knappen Überblick über die Provinz Manṣuāte (= Ḫamattu) bietet auch: Radner 2006, 61.

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Hamat

265

KUR oder LU2 versehen, wonach es sich streng genommen um keine Stadt, sondern wörtlich um ein Land beziehungsweise eine Gegend handelt. 89 Hamats Zitadelle wurde in den 1930er Jahren von dänischen Archäologen ausgegraben, wobei die Architektur der hier relevanten Phase E aus dem 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. zu der am besten erhaltenen Struktur der Siedlungsgeschichte von Hamat zählt. Die Siedlungsphase E weist eine großflächige Zerstörung beziehungsweise Brandschicht auf, welche die Ausgräber mit dem bereits erwähnten Feldzug Sargons im Jahr 720 v. Chr. in Verbindung gebracht haben. 90 Die genaue Datierung dieses Ereignisses ist vor allem für drei spätgeometrische Scherben 91 von Relevanz, die man in der näheren Umgebung der so genannten königlichen Residenz gefunden hat. Es handelt sich dabei um Streufunde, 92 die gemäß der Interpretation der Ausgräber durch Bauarbeiten im Hellenismus aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen wurden. Demnach stellt das Datum 720 v. Chr. einen fixen Terminus ante quem für den spätgeometrischen Stil dar. 93 Das Siedlungsareal scheint nach den Ausgrabungsergebnissen erst wieder in hellenistischer Zeit großflächig besiedelt worden zu sein. 94 Als einzige mögliche Ausnahme wurden Gebäudereste im Raster I 10 vorgeschlagen, die aufgrund von ähnlichen Keramikfunden von Zincirli in die Regierungszeit Asarhaddons (680–669 v. Chr.) 95 datieren können und deshalb als möglicher Sitz des assyrischen Statthalters angesprochen wurden. 96 Ejnar Fugmann verwendete für diesen Vergleich der Funde von Hamat mit Zincirli allerdings keine Abbildungen der Keramikfunde und verwies auch auf keine in den Ausgrabungsberichten von Zincirli. 97 Mittlerweile sind die Beobachtungen zur Zerstörungsschicht in Zincirli neuen chronologischen Überlegungen unterworfen, weshalb wohl auch die präzise Zuweisung der Keramikfunde in Asarhaddons Regierungszeit eher mit Vorsicht zu betrachten ist. 98

89 Hawkins nennt drei mögliche Ausnahmen neuassyrischer Zeit, die eine Stadt (URU) Hamat nennen könnten. Dabei handelt es sich aber zum Teil um problematische Ergänzungen. Siehe hierzu: Hawkins 2000, 399 Anm. 13. Eine Auflistung der neuassyrischen Texte, die Hamat nennen, findet sich bei: Parpola 1970, 14, 146–147; Hawkins 2000, 400–401; Bagg 2007, 87–91; Gufler 2016, 191–193. 90 Zur Phase E der Stadt Hamat siehe: Fugmann 1958, 150–269. 91 Eine Abbildung der Keramikscherben findet sich bei: Riis 1965, pl. X Fig. 23 (Photo); Francis – Vickers 1985, 132 Fig. 3 (Zeichnung). Nach der Beurteilung von Riis (1970, 154) handelt es sich dabei um Keramik euböischer/kykladischer, naxischer und parischer Herkunft, deren spätgeometrischer Stil nach Coldstream zirka zwischen 750 und 700 v. Chr. zu datieren ist. 92 Riis 1965, 80; Riis 1970, 154. 93 Riis 1970, 154. 94 Riis 1949, 27–28, Fig. 1.  Für die Datierung der Wiederbesiedlung ab hellenistischer Zeit waren Münzfunde ausschlaggebend. Riis 1949, 28. 95 Weißbach 1928b. 96 Fugmann 1958, 264. 97 Die Ergebnisse der Grabungen vom späten 19. Jahrhundert in Zincirli finden sich bei: von Luschan 1893–1943. 98 Siehe hierzu die unterschiedlichen Ausführungen: Lehmann 1994b; Bagg 2011, 259–261; Faist 2013–2014.

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266 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Fugmann 99 hat ferner noch versucht, die Möglichkeit einer kontinuierlichen Nutzung des Areals um die Zitadelle durch die Nennung der Stadt Hamat in schriftlichen Quellen nach 720 v. Chr. geltend zu machen. Neben den bereits erwähnten Ansiedlungen unter der Regierungszeit Sargons II. argumentiert er noch mit der schriftlichen Nennung von Hamat als Provinzhauptstadt unter Assurbanipal (669–631/27  v. Chr.) 100. In der von ihm zitierten Sekundärliteratur 101 lässt sich dieser Beleg meines Erachtens nicht finden und auch die aktuellen Studien zur Topographie der Levante in neuassyrischen Zeit 102 listen keinen Beleg für Hamat als Provinzhauptstadt in Assurbanipals Regierungszeit. Hamat findet erst wieder Eingang in Keilschrifttexte der neubabylonischen Zeit. Nebukadnezar II. (605–562 v. Chr.) eroberte im Jahr 606 v. Chr. das Land Hamat, weshalb sich in einer babylonischen Chronik 103 ein entsprechender Eintrag mit Hamats Toponym 104 findet. Zudem wird die Stadt Hamat noch in den Wirtschaftsurkunden von Neirab unter der Regierungszeit von Nabonid (556–539 v. Chr.) genannt. 105 Trotz dieser Beobachtung gehen jüngere Publikationen aufgrund der archäologischen Fundsituation davon aus, dass die Zitadelle von Hamat bis in den Hellenismus weitgehend unbewohnt blieb. 106 Den scheinbaren Widerspruch mit der Siedlungsgeschichte von Hamat und den schriftlichen Quellen löst man damit, dass der Sitz der assyrischen Provinz an anderer Stelle zu lokalisieren sei. 107 In der Debatte um eine mögliche Senkung der absoluten Chronologie des frühen 1.  Jahrtausends  v. Chr. zweifeln Peter James et alii 108 die Verbindung des Zerstörungshorizontes mit dem Feldzug Sargons im Jahr 720 v. Chr. an. Sie argumentieren mit dem Wortlaut der Stele auf Zypern, die ja wörtlich die Zerstörung des Landes von Hamat beschreibt, aber nicht explizit auf die Verwüstung der Stadt selbst eingeht. Dies hängt mit dem bereits erwähnten Umstand zusammen, dass Hamat in neuassyrischer Zeit meistens zur Bezeichnung des Gebietes verwendet wird. Ausgehend von diesem Sachverhalt hat Hawkins 109 die Frage gestellt, ob nicht die Stadt möglicherweise eine eigene 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109

Fugmann 1958, 264. Weißbach 1928a; Bagg 2008b. Meyer 1954, 163. V.a. Parpola 1970, 14, 146–147; Bagg 2007, 87–91. BM 21946 o 6–8: Grayson 1975, 99; Glassner 2004, 226–227, 229. Die Ähnlichkeit der Toponyme von Hamat und Ekbatana führten laut Birgit Gufler (2016) zu Herodots Darstellung, dass es neben dem medischen Ekbatana auch eine Stadt mit demselben Namen in Syrien gegeben habe. Dhorme 1928, 59 (Text 8 r 8), 59 (Text 9 r 8), 60 (Text 12 r 4), 61 (14 r 7), 62 (16 r 5). Eine Bearbeitung der Texte mit französischer Übersetzung findet sich bei: Dhorme 1928. Zur Einordnung und Auslegung mit weiterführender Literatur siehe: Beaulieu 2007, 201–202. Coldstream 1968, 311; Hawkins 1972–1975, 70; Hawkins 2000, 402; Holloway 2002, 112; Steiner 2014, 687; , eingesehen am 03.07.2017. Hawkins 2000, 402; Lipiński 2000, 217. Der Statthaltersitz der neuassyrischen Provinz wird mit dem modernen Ort Masyaf, der 45 Kilometer südwestlich von Hamat liegt, identifiziert. Radner 2006, 61. James et al. 1991, 105–106. Hawkins 2000, 401 Anm. 58.

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Aschkelon

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Bezeichnung besessen habe, wofür er den Namen Manṣuate in die Diskussion einbringt. Freilich betont er, dass für die Verifizierung des Stadtnamens Manṣuate noch weitere Forschung notwendig ist. Interessanterweise wurde das Argument der Wiederbesiedlung Hamats auch von Francis und Vickers 110 aufgegriffen, was sich in weiterer Folge auf das zeitliche Verständnis der nicht in situ gefundenen spätgeometrischen Scherben auswirkt. Ihr Verweis auf die Problematik von Streufunden mit dem vielleicht etwas ungünstigen Vermerk auf eine vorbeiziehende Karawane brachte ihnen heftige Kritik ein. 111 Allerdings hat auch Hugh Bowden 112 nachdrücklich daraufhingewiesen, dass Hamat nur dann als Fixpunkt aufrechtzuerhalten ist, wenn die Stadt nach Sargons Eroberung tatsächlich für Jahrhunderte unbesiedelt blieb. Ebenso hat Sarah Morris 113 vor einer Überbewertung der Evidenz aus Hamat gewarnt und hierfür Francis und Vickers zitiert. Dieser Interpretation von Hamat folgend kann Morris das Problem der verhältnismäßig kurzen Dauer des spätgeometrischen Stils mitsamt der zahlreichen Entwicklungen lösen, weil sie folglich eine Umlaufzeit bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. annimmt. 114 Trotz dieses Interpretationsspielraumes, der unterschiedliche Herangehensweisen zulässt, gilt Hamat mittlerweile als der sicherste Fixpunkt der gesamten Levante im späten 8. Jahrhundert v. Chr.

6.2

Aschkelon

Die spätbabylonische Tafel BM 21946 aus dem 6./5.  Jahrhundert  v. Chr. berichtet von der späten Regierungszeit Nabopolassars (625–605  v. Chr.) 115 sowie von der Nachfolge durch Nebukadnezar II. (605–562  v. Chr.). Während Nebukadnezar II. die ägyptische Armee in Karchemisch 606  v. Chr. besiegte und er mit der Vertreibung der restlichen ägyptischen Truppen aus Syrien beschäftigt war, erreichte ihn die Nachricht über den Tod seines Vaters Nabopolassar. Zur Thronnachfolge sah sich Nebukadnezar II. folglich gezwungen, nach Babylon zurückzukehren. Auf der Vorderseite der entsprechenden Keilschrifttafel ist nun auf den Zeilen 18 bis 20 ein Feldzug Nebukadnezars II. in seinem ersten Regierungsjahr, also 604 v. Chr., beschrieben. Der Beginn des Toponyms ist teilweise beschädigt beziehungsweise stellt sich aufgrund einer überschriebenen Tilgung als

110 111 112 113 114

Francis – Vickers 1985, 133.  U.a. Cook 1989, 164; Bäbler 2012, 108. Bowden 1991, 51. Morris 1998, 362. Wie sie die Evidenz der griechischen Niederlassungen auf Sizilien auslegt, lässt Sarah Morris (1998) in ihrer äußerst knappen Notiz unbeantwortet. 115 Brinkman 2001b.

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268 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik

Abb. 8: Detail der Tafel BM 21946 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images) mit dem schwer lesbaren Toponym der Zeile o 18 (umrahmt).

schwer lesbar dar, 116 wie in Abbildung 8 zu erkennen ist. Unabhängig davon lässt sich die Textstelle zunächst nach Graysons Standardedition 117 folgendermaßen wiedergeben: 18: a-na urux-x-(x)-il-lu-nu illik-ma ina iti Kislīmi (erasure) ⌐iṣ-ṣa¬ -bat- ⌐su¬ 19: šarra-šú ik-ta-šad ḫu-bu-ut-su iḫ-tab-ta šil-lat-sa [iš-ta-lal-(ma)] 20: āla ana tilli u kar-me ut-tir 18: He marched to Ashkelon and in the month Kislev he captured it, 19: seized its king, plundered [and sac]ked it. 20: He turned the city into a ruin heap. 118 In der ersten Bearbeitung schlug Donald Wiseman für das Toponym die Lesung uruiš?-qi?il-lu-nu 119 vor und merkte im Kommentar nochmals an, dass die ersten beiden Zeichen als unsicher zu betrachten sind, 120 was er auch durch die beigefügten Fragezeichen erkenntlich machte. Wiseman stützte seinen Vorschlag mit der ähnlichen Schreibweise des Ortsnamens kuriš-qil-lu-nu auf die Tafel VAT 16283, die bereits 1939 von Ernst Weidner publiziert wurde. 121 William Albrights Kollation der Tafel im British Museum bestätigte später Wisemans Hypothese, den Namen mit Aschkelon zu identifizieren. 122 An der Richtigkeit zweifelte allerdings Grayson 123 in seiner 1975 erschienenen Edition der assyrischen und babylonischen Chroniken sowie in einem späteren Kommentar, da er kein Zeichen mehr mit Sicherheit bestimmen konnte. Von Graysons Kritik ließ sich anscheinend 116 Der folgende Überblick der unterschiedlichen Lesungen für die Zeichenreste findet sich gesammelt bei: Fantalkin 2011, 87 Anm. 1; Stager 2011, 3 Anm. 2. Genauere Ausführungen zur Ereignisgeschichte der frühen Regierungszeit von Nebukadnezar II. beziehungsweise seiner Feldzüge in die Levante: Arnaud 2005, 32–39; Fantalkin 2011. 117 Grayson 1975, 100. 118 Englische Übersetzung: Grayson 1975, 100. 119 Wiseman 1956, 68. 120 Wiseman 1956, 85. 121 Weidner 1939, 928, pl. III. 122 Stager 2011, 3 Anm. 2. 123 Grayson 1975, 100 (Kommentar zu Zeile 18); Grayson 1980, 161.

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Aschkelon

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auch Wiseman selbst überzeugen und so bekräftigte er 1985 zwar seinen prinzipiellen Vorschlag, in dem Toponym Aschkelon (uruiš-qi-ʼi-il-lu-nu) zu lesen, merkte aber zugleich dessen äußerst unsichere epigraphische Grundlage an. 124 1992 hat schließlich Irving Finkel, Kurator im British Museum, die Stelle nochmals überprüft, um die umstrittene Identifizierung mit Aschkelon zu klären. Er hat die Lesung ana URU iš-qi-[erasure]-illu-nu 125 vorgeschlagen und in einer brieflichen Auskunft erklärt: „[T]he first syllable iš is quite clear; the second is probably qi (the doubled Winkelhaken made with a trembling stylus); the third is almost certainly an erasure in which the scribe possibly wrote and then erased aleph; and the last three syllables -il-lu-nu have never been in doubt.“ 126 Im Rahmen des Versuches, die absolute Keramikchronologie der griechischen Archaik um zirka 25/30 Jahren zu senken, hat Peter James 127 mehrmals auf die Unsicherheit dieses schriftlichen Belegs hingewiesen. Hingegen hat Jean-Jacques Glassner in seiner Edition den Stadtnamen einwandfrei mit uru Iš-ki-il-lu-nu 128 wiedergegeben. Im Jahr 2011 hat schließlich Ran Zadok im Auftrag von Alexander Fantalkin 129 die entsprechende Zeile der Tafel einmal mehr begutachtet. Anstatt QI (KIN), das sowohl von Wiseman als auch Finkel gelesen wurde, hat Zadok, wie bereits Glassner, das Zeichen KI/QI2 vorgeschlagen. In dieser Form lässt sich der Ortsname meiner Meinung nach im obigen Photo (Abb. 8) deutlich nachvollziehen. Nach der Besprechung der textlichen Evidenz soll nun ein Blick auf die archäologischen Hinterlassenschaften Aschkelons geworfen werden. Sowohl im Grabungsareal der Weinkellerei als auch des Marktplatzes konnte eine großflächige Zerstörung festgestellt werden. 130 Von einer gewaltsamen Eroberung der Stadt zeugt auch der Skelettfund einer Frau in Raum 406, deren Verletzungen am Schädel eindeutig die Todesursache ausweisen. 131 Die Ausgräber gehen davon aus, dass sich die Frau vergeblich vor Angreifern inmitten der Vorratsgefäße verstecken wollte und dort schließlich erschlagen wurde. 132 Als Verursacher dieser Zerstörung gelten Nebukadnezars Truppen im Rahmen des Feldzuges 604 v. Chr. 133 Dies stellt einen der wenigen Fälle in dieser Region dar, wo sich ein Befund der Eisenzeit einwandfrei mit einem historischen Ereignis in Einklang bringen lässt. 134 Nachdem die Zerstörungshorizonte in der Nähe liegender Orte ein sehr ähnliches Keramikrepertoire mit Fragmenten griechischer Importe aufweisen, geht man von einem 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134

Wiseman 1985, 23 Anm. 158. Stager 2011, 3 Anm. 2. Brief zitiert bei: Stager 1996, 72* Anm. 1; Stager 2011, 3 Anm. 2. James 2004, 54; James 2005, 14; James 2006, 91. Glassner 2004, 228. Fantalkin 2011, 87 Anm. 1. Stager – Master – Schloen 2011, 13–49. Für die Grabungsergebnisse von Aschkelon im 7. Jahrhundert v. Chr. sei hier auf den Endbericht verwiesen, der vorher erschienene Beiträge ergänzt und mitunter ersetzt: Stager – Master – Schloen 2011. Smith 2008b. Stager 1996, 71*–72*. Zu diesem Feldzug mit teils divergierenden Auslegungen: Fantalkin 2011; Stager 2011. Contra: James 2004, 54, 56 Anm. 11; James 2006, 91, 95 Anm. 13.

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270 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik zeitnahen Feldzug Nebukadnezars nach Ekron und Timna aus. 135 Zur Datierung hat sich Lawrence Stager im Endbericht zu den Grabungsergebnissen folgendermaßen geäußert: „Archaeology cannot be so precise as to date the destruction of Ashkelon to 604 B.C., but the Babylonian Chronicle leaves little doubt that the late seventh-century destruction we found all over the site, followed by a seventy- or eighty-year gap in occupation until the Persian period, was the work of Nebuchadnezar in 604 B.C.“ 136 Aschkelon besitzt nun für die Chronologie der griechischen Keramik einen hohen Stellenwert, da sich dort 17 korinthische Keramikfragmente des Übergangstils und des frühkorinthischen Stils fanden. 137 Mit dem Datum 604  v. Chr. ist ein sicherer Terminus ante quem gewonnen, der die konventionelle Datierung der korinthischen Keramik nach der Chronologie von Humfry Payne beziehungsweise Thomas Dunbabin bestätigt. So datiert der Übergangsstil in den Zeitraum 630–620/15 v. Chr. und die frühkorinthische Phase 620/15–595/90 v. Chr., womit sich der Zeitraum der importierten griechischen Keramik im späten 7. Jahrhundert v. Chr. mit dem Datum von Nebukadnezars militärischer Kampagne deckt. 138

6.3

Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382) 139

Gerade für die mit Unsicherheiten verbundene absolute Chronologie der griechischen Archaik stellt die Regierungszeit von Kroisos einen bedeutenden und überregional relevanten Referenzpunkt dar. Die gängigen Nachschlagewerke setzen Kroisos’ Niederlage gegen Kyros im Jahr 547 v. Chr. an, 140 dessen Grundlage aber weniger in der historiographischen sondern in der chronographischen Überlieferung sowie in einer – heute als unsicher geltenden – Lesung einer Keilschriftquelle liegt. So verwundert es auch nicht, dass die Forschung äußerst unterschiedliche Datierungen für dieses Ereignis hervorgebracht hat. Die Vorschläge für das Ende von Kroisosʼ Herrschaft reich(t)en von den 50er Jahren bis hin zu den 30er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr. 141 Aus Herodots Angaben, 142 womit uns der älteste und zeitnächste griechische Text vorliegt, lässt sich entgegen verbreiteter Auffassung Kyros’ Eroberung von Sardis nämlich nicht absolut einordnen. 143 Herodot vermerkt zwar die Regierungsdauer der einzelnen lydischen Könige von Gyges bis 135 136 137 138 139 140

Waldbaum – Magness 1997, v.a. 37–38; Waldbaum 2007; Fantalkin 2011, 88 Anm. 2. Stager 2011, 11. Zur korinthischen Keramik von Aschkelon siehe: Waldbaum 2011, 130–132, 143–150 (Nr.1–16). Fantalkin 2011, 94. Der vorliegende Abschnitt diente als Grundlage für den Beitrag Rollinger – Kellner 2019. Högemann 1999, 858; Duchesne-Guillemin 1979, 353; Ambühl 2013, 589. Das Datum 547 oder 546 v. Chr. findet auch Verwendung in Studien zum spätarchaischen Kleinasien: Parker 1993, 389; Guth 2017, 3. 141 Eine umfangreiche Auflistung sämtlicher Vorschläge mit entsprechenden Literaturbelegen findet sich bei: Hüsing 1915, 177; Kokkinos 2009b, 1– 2 Anm. 1. 142 Hdt. 1, 86, 1. 143 Gelzer 1875, 242; Bichler 2004a, 213.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

271

Kroisos, die der Mermnaden-Dynastie angehören, 144 allerdings kann Herodots relative Zahlenreihe nicht in eine absolute Chronologie umgewandelt werden. Damit bleibt auch der Endpunkt der Mermnaden-Dynastie, also Kroisosʼ Sturz, nicht genau bestimmbar. Die Chronologie des Lydischen Reichs mitsamt den Querverbindungen zum Neuassyrischen und Ägyptischen Reich stellt ein komplexes Forschungsfeld dar, zu dem jedoch kein allgemein anerkannter Ansatz existiert. 145 Herodots Angaben zur Herrschaftsdauer der lydischen sowie der medischen Regenten werden in der modernen Forschung überwiegend skeptisch betrachtet und zumindest teilweise als Konstrukt verstanden. 146 Erst kürzlich hat Robert Wallace 147 beispielsweise die historische Glaubwürdigkeit der Angabe Herodots angezweifelt, dass Kroisos nur 14 Jahre regiert hätte und sich für eine zirka 40-jährige Herrschaftsdauer ausgesprochen. Eine Kombination des herodoteischen Gerüsts mit den in den Keilschrifttexten erwähnten lydischen Herrschern bildet schließlich keine optimale Grundlage für eine sichere Chronologie der gesamten MermnadenDynastie; 148 zumal die Quellenlage eine derartige Vorgehensweise ohnehin nicht zur Gänze zulässt. Die Problematik, aus Herodots relativen Angaben und den Erwähnungen lydischer Könige in neuassyrischen Quellen eine absolute Chronologie für die Mermnaden zu gewinnen, soll beispielhaft für Gyges demonstriert werden. Die essentielle Nachricht in den so genannten Annalen Assurbanipals (669–631/27 v. Chr.) 149 betrifft die Frage nach der Datierung von Gygesʼ Tod, wovon jedoch ausschließlich im Prisma A 150 ohne nähere zeitliche Einordnung berichtet wird. 151 Aufgrund der Abfassung der Texte zwischen 644 144 Hdt. 1, 14, 4 (Gyges regierte 38 Jahre); 1, 16, 1 (Ardys 49 Jahre, Sadyattes 12 Jahre); 1, 25, 1 (Alyattes 57 Jahre); 1, 86, 1 (Kroisos 14 Jahre). 145 Der umfassendste Beitrag zur Chronologie der Mermnaden-Dynastie von Hans Kaletsch aus dem Jahr 1958 ist bereits veraltet, siehe ferner die aktuelle Zusammenstellung in Haider 2004. Im rezenten Sammelband zu den Lydern (Cahill 2010a) fehlt ein eigener Beitrag zur Chronologie. 146 Busolt 1895, 458 (mit Ausnahme der 14 oder 15 Jahre für Kroisos); Strasburger 1956, 143; Fehling 1985, 93–97; Ivantchik 1993, 109–111; Parker 1997, 63; Bichler 2004a, 213; Haider 2004; Brehm 2013, 96; Van Dongen 2013, 49. 147 Wallace 2016. 148 Konträr die Ansätze von Georg Kalaitzoglou (2008, 41–65), der die schwierige Quellenlage für eine Datierung von Kroisosʼ Sturz im Jahr 541  v. Chr. geltend zu machen sucht. Um eine hohe Chronologie im Sinne der herodoteischen Tradition mit den Annalen Assurbanipals in Einklang zu bringen, muss Kalaitzoglou (2008, 58) beispielsweise davon ausgehen, dass das Prisma F (u.a. AO 19939+) II 10–20 aus dem Jahr 646/5 v. Chr. den Tod von Gyges verschweigt. Eine Edition dieses Textes findet sich bei: Aynard 1957, 34–37 (akkadischer Text mit französischer Übersetzung); Novotny – Jeffers 2018, 194–195 (akkadischer Text mit englischer Übersetzung). Alle Textvertreter des Prisma F fallen unter das Eponymat von Nabû-šar-aḫḫēšu, das entweder 646 oder 645 v. Chr. angesetzt wird: Aynard 1957, 12–15; Fuchs 2010, 421; Novotny – Jeffers 2018, 207–209. 149 Weißbach 1928a; Bagg 2008b. 150 Z.B. Rassam-Zylinder BM 91026 II 95–125: Borger 1996, 30–32 (akkadischer Text), 218–219 (deutsche Übersetzung); Novotny – Jeffers 2018, 237–238 (akkadischer Text mit englischer Übersetzung). 151 Zur Quellenauswertung des Kontakts zwischen Assurbanipal und Gyges siehe: Fuchs 2010, 410–415, 419–421,

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272 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik bis 642 v. Chr. 152 lässt sich hier nur ein Terminus ante quem gewinnen. Mit Hilfe der unterschiedlichen Texte hat man versucht, den Zeitpunkt näher einzugrenzen. So erwähnt Prisma B Gygesʼ Ableben nicht, weshalb mit dessen Datierung ins Jahr 649/8 v. Chr. 153 seinerseits ein Terminus post quem etabliert wurde. 154 Der Zeitraum lässt sich mit den Textvertretern von Prisma F sogar noch weiter eingrenzen, da durch deren Datierung ins Jahr 646 oder 645 v. Chr. 155 ein weiterer Terminus post quem für Gygesʼ Ableben erreicht wird. Ein Datum um 645 v. Chr. ist aber nicht in Einklang mit Herodots Angabe einer 170-jährigen Dauer der Mermnaden-Dynastie  –  beziehungsweise 132 Jahre, wenn man die 38-jährige Regierungszeit für Gyges abzieht  –  zu bringen. Dies würde bedeuten, dass Kroisosʼ Herrschaft frühestens 513  v. Chr. endete, was eindeutig mit dem Wissen um Kyrosʼ Herrschaftsdauer bis 530  v. Chr. 156 kollidiert. Um dieses Problem zu lösen, kann jedoch nicht ohne weiteres auf die spätere chronographische Tradition zurückgegriffen werden, die im Vergleich zu Herodot eine um zirka 20 Jahre kürzere Dauer der Mermnaden-Dynastie nennt. 157 Möglicherweise durch dieses chronologische Dilemma bedingt, hat George Hanfmann 158 in seiner chronologischen Übersicht zu Sardis den lydischen König Sadyattes getilgt und auf die Herrschaft von Ardys und Alyattes gleich Kroisos im gängigen Jahr 561 v. Chr. folgen lassen. 159 In der rezenten Forschung umgeht 152 Die Texte nennen den Eponymen Šamaš-da’’inanni (Novotny – Jeffers 2018, 264). Nachdem eine durchgehende Eponymenliste nur von 910 bis 649 v. Chr. zur Verfügung steht (Millard 1994), sind mitunter leicht unterschiedliche zeitliche Ansetzungen vorgeschlagen worden. Näheres hierzu: Cogan – Tadmor 1981, 230; Reade – Walker 1982, 120–122; Fuchs 2010, 421 (mit der möglichen Datierung 644, 643 oder 642 v. Chr.); Novotny – Jeffers 2018, 222. 153 Exemplare des Prisma B nennen entweder den Eponymen Bēlšunu oder Aḫu-ilāʾī (Novotny – Jeffers 2018, 51, 79–80), womit das Jahr 649 beziehungsweise 648 v. Chr. vorliegt (Millard 1994, 54, 62, 91). 154 Cogan  –  Tadmor 1977, 78–79 Anm. 25, 84.  Zu den unterschiedlichen Rezensionen der Texte Assurbanipals: Cogan – Tadmor 1977; Spalinger 1977. 155 Alle Textvertreter des Prisma F fallen unter das Eponymat von Nabû-šar-aḫḫēšu, das entweder 646 oder 645 v. Chr. angesetzt wird: Aynard 1957, 12–15; Fuchs 2010, 421; Novotny – Jeffers 2018, 207–209. 156 Hinz 1983. 157 Die Abhängigkeit dieser späteren Tradition von Herodot wird verfochten von: Kaletsch 1958, 24. Hingegen wird ebenso für eine von Herodot unabhängige Überlieferung der Regierungsdauer der lydischen Herrscher plädiert: Busolt 1895, 458–459 Anm. 1 (Zuweisung an Xanthos); Miller 1963, v.a. 66–67; Kokkinos 2009b (Zuweisung an Xanthos). Unabhängig davon, wie man sich zu Kokkinos Rekonstruktion einer um zirka 20 Jahre kürzeren Mermnaden-Herrschaft in der chronographischen Tradition positioniert, verweist er auf einen interessanten Sachverhalt (Kokkinos 2009b, 6 Anm. 13): Dionysios von Halikarnassos (Epist. ad Cn. Pompeium 3) berichtet, Herodot biete von den Perserkriegen bis hin zu den Lydern eine 220-jährige Geschichte. An anderer Stelle (Dion. Hal. Thuc. 5) scheint Dionysios für dieselbe Zeitspanne 240 Jahre veranschlagt zu haben. In der Textausgabe der Teubner-Edition findet sich der Vermerk, dass aufgrund der Datenreihe bei Eusebius eine Emendation von 240 zu 220 Jahren vorgenommen wurde. In der Loeb-Edition fehlt jeglicher Verweis auf einen Eingriff in den Text. 158 Hanfmann 1975, 6. 159 Der chronologischen Lösung von Hanfmann ist Judith Schaeffer bei ihrer Besprechung der korinthischen Keramik von Sardis (Schaeffer 1997) gefolgt. Hanfmann hat für sein Vorgehen interessanterweise überhaupt keine Begründung beziehungsweise nähere Erörterung angegeben. In

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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man diese chronologische Schwierigkeit, indem Gygesʼ Herrschaft von 668 bis 644 v. Chr. angesetzt wird, wobei Gygesʼ Herrschaftsbeginn noch vor jenen von Assurbanipal fällt. 160 Eine weitere Möglichkeit der Mermnaden-Dynastie beziehungsweise dem Vorgänger von Kroisos, Alyattes, eine absolute Verortung zu geben, muss an dieser Stelle ebenso Erwähnung finden. Dabei handelt es sich um Herodots Bericht 161 vom sechsten Kriegsjahr zwischen den Lydern unter Alyattes und den Medern unter Kyaxares: ὥστε τῆς μάχης συνεστεώσης τὴν ἡμέρην ἐξαπίνης νύκτα γενέσθαι. 162 „Noch während der Schlacht wurde der Tag plötzlich zur Nacht.“ 163 Die gängige Auffassung versteht darunter eine Sonnenfinsternis und setzt diese mit jener vom 28.  Mai 585  v. Chr. 164 gleich, womit freilich ein wichtiger chronologischer Anhaltspunkt gewonnen wäre. 165 Jedoch gib es auch Bedenken, in Herodots Beschreibung tatsächlich eine Sonnenfinsternis zu sehen. So äußert sich Otta Wenskus: „Herodot sagt nirgends, daß es sich um eine Sonnenfinsternis gehandelt habe, sondern gebraucht die sehr vage Formulierung τὴν ἡμέρην ἐξαπίνης νύκτα γενέσθαι.“ 166 Die Mehrheit der altertumswissenschaftlichen Forschung interpretiert Herodots Beschreibung jedoch nach wie vor als Sonnenfinsternis. 167 Mehrere mögliche Termine bieten sich für den

160 161 162 163 164

165

166 167

diese Richtung weisend hat man in der Namensähnlichkeit von Ardys und Alyattes eine Dublette vermutet (Wallace 2016, 176), wodurch sich auch eine Kürzung der Mermnaden-Dynastie nach Herodot ermöglichen würde. Z.B. Bringmann 2016, 258; Räthel 2016, 239. Die Ansätze der älteren Forschung, wie sie in den Nachschlagewerken RE und RlA zu finden sind, können demnach nicht mehr aufrechterhalten werden. Hdt. 1, 74, 2. Griechischer Text nach: Feix 1977, 70. Übersetzung: Feix 1977, 71. Z.B. Anderson 1958/59, 148; Godley 1999, 90–91 Anm. 1; Panchenko 1994, 276.  Gegen die Sonnenfinsternis am 28.  Mai 585  v. Chr. wurde bisweilen das Argument angeführt, dass deren Zeitpunkt erst kurz vor Sonnenuntergang kaum die Beachtung erfahren hätte, als wenn sich die Sonne während des Tags verdunkelt hätte. Dagegen hat jüngst Kalaitzoglou (2008, 42 Anm. 104) mit der „ungleichförmig verlaufende[n]  Rotation der Erde“ argumentiert, weshalb die genaue Uhrzeit auch mit heutigen Mitteln nicht bestimmbar sei. Hingegen hält Otta Wenskus (2016, 6) fest, dass nach neuen Berechnungen die Sonnenfinsternis sehr wohl bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang sichtbar war und somit so knapp vor Sonnenuntergang besonders eindrucksvoll zu beobachten gewesen wäre. Astronomische Ereignisse, wie beispielsweise Sonnenfinsternisse, dienen auch in Mesopotamien zur Erstellung einer absoluten Chronologie für das 3. und 2. Jahrtausend. Eine äußerst nützliche Einführung in die komplexe Thematik der Astronomie für die Altertumswissenschaft bietet: De Meis 2002; De Meis 2013. Wenskus 1990, 59. Eine sehr ausführliche Widerlegung der Meinung, Thales von Milet hätte eine Sonnenfinsternis im 6.  Jahrhundert  v. Chr. voraussagen können, findet sich bei: Wenskus 2016 (mit einer umfassenden Bibliographie zur dieser Debatte).

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274 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik asiatischen Raum an, nämlich am 16. März 581 v. Chr., 21. September 582 v. Chr. 168 oder noch am 19. Mai 557 v. Chr. 169 So geht auch klar hervor, warum Verfechter der konventionellen Chronologie der Archaik zwangsweise für das Datum 585 v. Chr. 170 argumentieren, während all jene, die zumindest eine Senkung der absoluten Chronologie der Archaik in Erwägung ziehen, auch das zuletzt genannte Datum 557 v. Chr. 171 berücksichtigen. Salvo de Meis 172 hat in seiner rezenten Publikation zu Eklipsen außerdem noch den 28.  Mai 584 v. Chr. als zusätzlich Option vorgeschlagen, jedoch stark betont, dass es letztlich keine überzeugende Identifizierung der Sonnenfinsternis gebe und sich auf diese Weise keine Datierung für ein historisches Ereignis gewinnen ließe. So merkt er lapidar an: „This is perhaps the most abused example of eclipse“ 173. Darüber hinaus ist die Frage aufgeworfen worden, inwieweit sich Herodot einer literarischen Gestaltung bedient haben könnte, indem er eine bedeutende Schlacht mit einer beeindruckenden Himmelserscheinung in Zusammenhang bringt. 174 Somit mag auch ein theoretisch astronomisch präzises Datum nicht zur Klärung der Wirren um die absolute Datierung der Mermnaden-Dynastie beitragen, zumal Herodot die Schlacht innerhalb von Alyattesʼ Regierung nicht einem bestimmten Jahr zuweist. Ebenso bleibt Alyattes’ Eroberung von Smyrna in Herodots Darstellung 175 zeitlich nicht genau bestimmbar, weshalb sich daran kein Fixpunkt für die korinthische Keramik 176 festmachen lässt. Die 168 Diese beiden Datierungen hat Dmitri Panchenko (1994) vorgeschlagen, sich aber für den 21. September 582 v. Chr. entschieden, um die von Herodot erwähnte Schlacht zu datieren. In der restlichen Sekundärliteratur herrscht eine Diskussion um die Daten 585 v. Chr. oder 557 v. Chr. vor. 169 U.a. Beloch 1913, 354–356. 170 Für das Datum 585  v. Chr. entschieden sich auch die späteren antiken Chronographen, siehe hierzu: Mosshammer 1981, 146 Anm. 2; Bichler 2004a, 240 Anm. 99. 171 Z.B. Parker 1993, 390–395; Bichler 2004a, 240 Anm. 99. Victor Parker (1993, 409) schlägt zudem vor, dass die irrige Ansetzung dieser Sonnenfinsternis mit einem zu hohen Datum zu Widersprüchen in der frühen griechischen Chronologie geführt habe. 172 De Meis 2002, 29. 173 De Meis 2002, 29. 174 Für diesen Ansatz siehe: Mosshammer 1981, v.a. 151–154. 175 Herodot (1, 16) nennt für Alyattesʼ Regierung zuerst die Schlacht gegen die Meder, die Vertreibung der Kimmerer aus Asien, die Eroberung von Smyrna und den Feldzug gegen Klazomenai. Während diese Reihung auf den ersten Eindruck eine chronologische Abfolge wiedergeben mag, lehrt ein Blick auf die zwei folgenden Kapitel 17 und 18, dass Alyattes zu Regierungsbeginn bereits in einen Krieg gegen Milet verwickelt war. 176 Im Zerstörungshorizont von Smyrna, der Alyattesʼ Eroberung zugeschrieben wird, haben sich von der korinthischen Keramik nur Vertreter des Übergangsstils und der frühkorinthischen Phase (Anderson 1958/59) gefunden. Während man in der älteren Forschung die Zerstörung von Smyrna in die frühkorinthische Phase datierte (Anderson 1958/59; Cook 1985), erklärt Cornelis Neeft (2012, 491) das Fehlen mittelkorinthischer Keramik hingegen mit einer Veränderung in der VotivPraxis: „Apparently, there has been a change in votive-culture in the East and North-East shortly before the end of the Early Corinthian period. As yet, I don’t know what may have caused this change. […] Anyway, mere absence of the latest Early Corinthian and Middle Corinthian votive pottery does not date the Smyrna destruction level, this pottery simply had not been in the market for some time going when Alyattes captured Smyrna.“

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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exakte Abfolge der einzelnen Kriege von Alyattes kann anhand von Herodots Beschreibung nämlich nicht eindeutig festgemacht werden. Zudem ist bereits auf das Grundproblem verwiesen worden, dass sich Herodots Angaben zur Dauer der Mermnaden-Dynastie nicht mit den neuassyrischen Quellen zu Gygesʼ Tod decken. Im Zusammenhang mit der umstrittenen Datierung der frühen lydischen Münzprägung von Alyattes und seinem Nachfolger Kroisos scheint sich mittlerweile eine neue absolute Datierung für die Mermnaden-Könige anzudeuten. Zwar verwendet man das gängige Datum 547/6  v. Chr. für Kroisosʼ Niederlage gegen Kyros, allerdings wird durch die archäologische Kontextualisierung der Münzfunde geltend gemacht, dass Kroisos bereits in den 80er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr. regiert und sein Vater Alyattes um 635 v. Chr. geherrscht habe. 177 Um wieder zur Frage nach Kroisos’ Datierung in der Antike zurückzukehren, ist bei den ab dem Hellenismus greifbaren präzisen Datierungsangaben eine Abhängigkeit von Herodots chronologischem Schema zu vermuten. Reinhold Bichler präzisiert den Sachverhalt: „Daß spätere antike Chronographen für den Fall von Sardis ein Datum bieten, das – mit kleineren Unstimmigkeiten – auf die traditionelle Ansetzung um 547/6 führt, sollte nicht täuschen. Dieses Datum dürfte aus den notorisch divergierenden Angaben Herodots zur relativen Chronologie der Meder und Lyder herausgerechnet worden sein.“ 178 Auf diese späteren chronographischen Überlieferungen griff beispielsweise auch die im 3.  Jahrhundert  v. Chr. aufgestellte Chronik aus Paros, das so genannte Marmor Parium 179, zurück. Diese Inschrift nennt alle Ereignisse in chronologischer Reihenfolge beginnend mit dem ersten attischen König mittels eines Intervalls ausgehend vom Jahr 264  v. Chr., als Diognetos das Archontenamt innehatte. Unglücklicherweise ist jedoch das Intervall bei dem Eintrag zu Kroisos abgebrochen, weshalb die genaue zeitliche Einordnung ungewiss bleibt. 180 Es lässt sich mit Hilfe der vorigen und übernächsten Zeile nur ein ungefährer Zeitraum gewinnen: Der vorige Eintrag beinhaltet eine Verbindung von Kroisos mit Delphi umgerechnet für das Jahr 556/5 v. Chr, als Euthydemos

177 Dale 2015; Wallace 2016.  Die Fragestellung um die Datierung der Mermnaden-Dynastie zeigt einmal mehr die Komplexität der Datierungsabhängigkeiten in der griechischen Archaik auf. So verwendet Wallace (2016, 172) problematischerweise das Archontendatum Solons 594/3  v. Chr. als weiteren Beleg einer längeren Regierungsdauer von Kroisos. Herodot beschreibt Solon aber als Zeitgenosse des Peisistratos um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. Zur Datierungsfrage von Solon in Zusammenhang mit dem Archontendatum siehe: Kapitel 3. 178 Bichler 2004a, 213 Anm. 23. 179 Marm. Par. A 42. 180 Felix Jacobys Ergänzung ins Jahr 541/40  v. Chr. ist nicht überzeugend: „Die ergänzung der epochenzahl ruht auf ep. 35. 41. Kroisosʼ letztes regirungsjahr ist bei Herodot wie bei den chronographen 547/6; Sardis fall also 546/5. Regirungsdauer nach Herodot 14, nach Africanus und Euseb 15 jahre. Da der chronist in Alyattesʼ regirungsdauer mit diesen zu stimmen scheint (s. ep. 35), so wird bei Kroisos dasselbe der fall sein. Also 1. Jahr 556/5, 15. Jahr 542/1. Sardis fall 541/0.“ Jacoby 1904a, 13, 171. Sickinger verweist ebenso in seinem Kommentar darauf, dass das Datum im Marmor Parium unklar bleibt.

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276 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Archon in Athen war. 181 Da auch in der folgenden Zeile 182 über den Dichter Thespis das Intervall fehlt, bietet erst der Eintrag zu Dareiosʼ Regierungsbeginn im Jahr 520/19 oder 519/8 v. Chr. 183 eine mögliche Eingrenzung. Demnach setzte der Autor der Parischen Chronik die Eroberung Sardisʼ nach 555/4 v. Chr. und vor 520/19/18 v. Chr. an. Hingegen scheint Apollodor 184 (2.  Jahrhundert  v. Chr.) ein Datum 547/6 oder 546/5  v. Chr. angesetzt zu haben. So soll Thales von Milet in Ol. 35,1 (640/39  v. Chr.) geboren und im Alter von 78 Jahren in der 58. Olympiade (548/7–545/4 v. Chr.) gestorben sein. Die hier relevante Information betrifft den Zusatz, dass Thales ein Zeitgenosse von Kroisos war und ihm zur Überwindung des Halys durch Umleiten des Flusses geraten hat. Demnach wird diese Datierung als indirekte Referenz auf den Fall von Sardis verstanden. Der Abschnitt enthält aber eine rechnerische Unstimmigkeit: Wenn Thales von Milet in Ol. 35,1 (640/39 v. Chr.) geboren wurde und im Alter von 78 Jahren verstarb, würde man sein Ableben in exklusiver Zählweise eigentlich im Jahr 562  v. Chr. (Ol. 54,3) ansetzen. Um die Zahlenangabe als stimmig betrachten zu können, muss von einem Schreibfehler ausgegangen werden, weshalb Thales’ Geburt in Ol.  39,1 (624/3  v. Chr.) hinaufversetzt wird. Je nach inklusiver oder exklusiver Rechnung erhielte man somit für den Fall von Sardis das Datum 547 oder 546 v. Chr., was tatsächlich in den Abschnitt der 58. Olympiade (548/7–545/4 v. Chr.) fällt. 185 Felix Jacoby 186 sprach sich ohne nähere Argumentation dafür aus, dass Apollodor Kroisos’ Sturz im Jahr 546/5 v. Chr. ansetzte. Alden Mosshammer 187 vermutet hinter Jacobys Annahme die Nabonid-Chronik als ausschlaggebenden Grund. Der fragliche Abschnitt der Keilschrifttafel weist aber ins Jahr 547 v. Chr. Das Chronicon Romanum 188, eine Miniaturchronik aus der frühen Regierungszeit des Kaisers Tiberius (15/16  n. Chr.), vermerkte ebenso den Fall von Sardis. Analog zum Marmor Parium werden die berichteten Ereignisse aus der römischen und griechischen Geschichte mit Intervallen angegeben. Das Ausgangsdatum 15/16  n. Chr. ist jedoch im Gegensatz zur Parischen Chronik nur indirekt aus den Angaben zu Sulla herauszulesen. 189 181 182 183 184 185 186 187 188

189

Marm. Par. A 41. Marm. Par. A 43. Marm. Par. A 44. FGrHist 244 F 28 (apud Diog. Laert. 1, 37–38). Siehe hierzu ausführlich: Mosshammer 1979, 256–257; Kokkinos 2009b, 3–4. Hingegen lehnt es Shaw (2003, 80) ab, in diesem Fragment einen Hinweis herauszulesen, wie Apollodor den Sturz von Kroisos datierte. Siehe hierzu ausführlicher: Mosshammer 1979, 256–257; Kokkinos 2009b, 3–4. Jacoby 1902b, 178. Mosshammer 1979, 346 Anm. 6. IG XIV 1297 = FGrHist 252; BNJ 252 (mit Parallelstellen der Getty Tafel, die Jacoby noch nicht bekannt war: Burstein 1984; SEG XXXIII 802); Burgess – Kulikowski 2013, 309–310 (englische Übersetzung); Rotstein 2016, 59–60 (altgriechischer Originaltext mit englischer Übersetzung). Allgemein zur Gattung der Tabulae Iliacae: Squire 2011. Analog zum Marmor Parium könnte man vermuten, dass das Ausgangsdatum des Chronicon Romanum ebenfalls näher spezifiziert wurde. Dies ist jedoch im erhaltenen Text nicht der Fall. Wie so oft bei chronologischen Fragen, wird dieser Umstand in der älteren Forschung (u.a. Jahn 1873, 79) direkt angesprochen, in jüngeren Abhandlungen wird dieser nicht unwesentliche Punkt tendenziell ausgelassen.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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Kroisosʼ Regierungsbeginn findet im Chronicon Romanum ebenso Berücksichtigung wie seine Niederlage gegen Kyros. Zwar ist in beiden Fällen die Intervallangabe abgebrochen, allerdings nennt die Chronik Kroisosʼ Regierungsbeginn vor Peisistratosʼ Tyrannis in Athen, was folglich als chronologischer Anhaltspunkt dient. 190 Nachdem Peisistratos umgerechnet ins Jahr 564/3 v. Chr. datiert wird, muss Kroisos gemäß dieser Chronologie den Thron vor 564/3 v. Chr bestiegen haben, was nicht mit dem gängigen Ansatz von 561 v. Chr. einhergeht. 191 Dieses interessante Beispiel zeigt, wie selbst die relative Reihung von Ereignissen für die griechische Archaik nicht immer verlässlich oder gleich bleibend überliefert wurde. Damit einher geht die Erkenntnis, dass sich mit einer Abänderung der absoluten Datierung auch die relative Abfolge von Ereignissen oder Herrschern ändern konnte. Die Getty Tafel 192, mitunter auch als Vasek Polak Chronik betitelt, weist starke Parallelen zum Chronicon Romanum auf und erwähnt den Sturz von Kroisos ebenso, wobei sich in diesem Text die Ziffer erhalten hat: Ἀφ᾽ οὗ Κροῖσος, προδούσης τῆς [θυ][γατρὸ]ς αὐτοῦ τὴν Σάρδεων ἀκ[ρό]πολιν, δι’ ἔρωτα Κύρῳ ὑποχείριος γενόμενος, ἀπέβαλεν τὴν ἄρχην […] μέχρι τοῦδε, ἔτη φξα´. 193 „From the time Croesus, his daughter having surrendered the acropolis of Sardis because of love, having (Croesus) been taken prisoner by Cyrus, lost his realm; […] 561 years until the present.“ 194 Aufgrund der deutlichen Nähe zum Chronicon Romanum  –  geht man doch beispielsweise von der gleichen Werkstatt als Produktionsort 195 aus – wird das Intervall für die Eroberung von Sardis mit demselben Ausgangsjahr 15/16 n. Chr. auf das Jahr 546/5 v. Chr. 196 190 Chron. Rom. B 6, B 8, B 10. 191 Valenzuela Montenegro 2004, 279.  Das Chronicon Romanum verwendet für Griechenlands Geschichte vom 6. und auch 5. Jahrhundert v. Chr. leicht abweichende Datierungen, wie bereits mehrfach in der Forschung betont worden ist: Sadurska 1964, 81; Valenzuela Montenegro 2004, 279–282. 192 Burstein 1984; SEG XXXIII 802; Rotstein 2016, 61–62 (altgriechischer Originaltext mit englischer Übersetzung). 193 Griechischer Originaltext Getty Tabula Iliaca IIB 11–14, 17–18 nach Rotstein 2016, 61. 194 Übersetzung: Rotstein 2016, 62. 195 Burstein 1984, 157. 196 Dabei handelt es sich um die exklusive Zählweise, inklusiv würde man auf das Jahr 547/6 v. Chr. kommen. Die exklusive Umrechnungsweise für das Chronicon Romanum hat sich weitgehend

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278 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik bezogen. Dieses Datum zieht auch Sextus Julius Africanus 197 (3.  Jahrhundert  n. Chr.) heran, indem er das Ende des Lydischen Reichs beziehungsweise von Kroisos’ Herrschaft in die 58. Olympiade (548/7–545/4 v. Chr.) einordnete. Eusebius bietet in seiner Chronik (4. Jahrhundert n. Chr.) eine ähnliche Olympiadendatierung an: 198 Hieronymus 199 nennt das Jahr 548 v. Chr. (Ol. 58,1) und im armenischen Eusebius 200 scheint der Eintrag zwischen Ol. 58,3 (546 v. Chr.) und Ol. 58,4 (545 v. Chr.) auf. Tabelle 25: Übersicht über die Datierungen für Kroisosʼ Niederlage in der chronographischen Tradition Autor

Datum für Kroisosʼ Niederlage

Marmor Parium (3. Jh. v. Chr.)

Intervall abgebrochen

Apollodor (2. Jh. v. Chr.)

547/6 (Ol. 58,2) oder 546/5 v. Chr. (Ol. 58,3) 201

Getty Tafel (1. Jh. n. Chr.)

561 Jahre bis zur Gegenwart (15/16 n. Chr. ) = 546/5 v. Chr.

Sextus Julius Africanus (3. Jh. n. Chr.)

548/7–545/4 v. Chr. (Ol. 58)

Hieronymus (4. Jh. n. Chr.)

548/7 v. Chr. (Ol. 58,1)

Armenische Texttradition von Eusebius (5. Jh. n. Chr.)

zwischen 546/5 v. Chr. (Ol. 58,3/AA 1470) und 545/4 v. Chr. (Ol. 58,4 / AA 1471)

Gerade weil sich mit einer keilschriftlichen Quelle theoretisch die Möglichkeit anbieten würde, die Datierung von Kroisosʼ Niederlage gegen Kyros unabhängig von der griechischen Chronographie festzustellen, hat die Forschung wohl auf Klärung mittels zeitnäherer Keilschrifttexte gehofft. Die Forschungsgeschichte mitsamt der entsprechenden Bibliographie ist enorm, 202 gilt die Debatte um die korrekte Lesung der so genannten Nabonid-Chronik 203 (BM 35382) an der entsprechenden Stelle o II 15–17 bis heute als nicht zufriedenstellend gelöst. Die Nabonid-Chronik handelt von der Regierung des letzten durchgesetzt. In weiterer Folge trifft dies auch auf die Getty Tafel zu. 197 Sext. Iul. Afric. F 63a (Wallraff 2007, 182–185). 198 Christopher Tuplin betrachtet einzig Eusebius als sichere Quelle, weil dieser eben eine klare Olympiadendatierung anbietet: „The essential point to grasp is that the only surviving text from this tradition to give a precise date for the fall of Sardis (Jerome’s version of Eusebios’ Chronicle) puts it in Olympiad 58.1 = 548/7 and that all other statements about Greek chronographers’ views on the matter are the result of speculative attempts to make sense of numerically and substantively conflicting data.“ Tuplin 2010, Kommentar zu BNJ 691 F 1. 199 Helm 1956, 103bh. 200 Karst 1911, 189. 201 Vorausgesetzt Thales’ Tod ist mit Kroisos’ Niederlage zu synchronisieren und die Ungereimtheit mit den Zahlen ist zufriedenstellend gelöst. 202 Einen vollständigen Überblick über die umfangreiche Literatur bieten: Cargill 1977; Rollinger 1993, 188–197; Rollinger 2008b, 56–57; Kokkinos 2009b, 1–2; Räthel 2015. 203 Eine rezente Einbindung in die Betrachtung der Texte, die unter dem Etikett der babylonischen Chroniken laufen, findet sich bei: Waerzeggers 2018.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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neubabylonischen Königs, Nabonid (556–539  v. Chr.), sowie von Kyrosʼ Herrschaftsbeginn. Die Tafel selbst datiert in den Hellenismus, 204 ist also in etwa 200 Jahre nach den Geschehnissen niedergeschrieben worden. Wird diesem Sachverhalt Rechnung getragen, ergeben sich Fragen zu einem möglichen Dialog zwischen der griechischen Historiographie und diesem Keilschrifttext. 205 Nach der derzeitigen Standard-Edition von Grayson findet sich im neunten Regierungsjahr von Nabonid, also 547/6  v. Chr., folgender Eintrag 206: 15: […] ina iti Nisanni m Ku-raš šàr kurPar-su ummāni-šú id-ke-e-[m]a 16: šap-la-an uru Ar-ba-ʼ-il íd Idiqlat i-bir-ma ina iti Aiiari ana kur ⌐Lu¬ -u[d-di(?) …]† 17: šarra-šú idūk bu-šá-a-šú il-qí šu-lit šá ram-ni-šú lu ú-še-li […] 207 15: „In the month Nisan Cyrus (II), king of Parsu, mustered his army and 16: crossed the Tigris below Arbail. In the month Iyyar [he marched] to Ly[dia]†. 17: He defeated its king, took its possessions, (and) stationed his own garrison (there) […].“ 208 Im obigen Zitat ist ersichtlich, dass Grayson 209 die Lesung der beschädigten Zeile 16 im Anhang abänderte: kur ⌐Lu!?-ú!?¬ -[du? il-li]k. Damit ist Grayson der gängigen Schreibweise für Lydien (Lu-ú-du/da) in babylonischen Quellen gefolgt. 210 Für die Rekonstruktion der Zeichen verweist Grayson bezeichnenderweise nicht auf die Zeichenreste auf der Tafel, sondern vielmehr auf die Wahrscheinlichkeit historischer Schlüsse, allerdings ohne diese näher auszuführen. Somit bezieht sich Grayson auf das scheinbar fest etablierte Faktum, Sardis sei 547  v. Chr. von Kyros erobert worden, was allerdings unabhängig von dieser Textstelle zu argumentieren wäre. Im Folgenden wird nun zu zeigen sein, wie die griechische chronographische Tradition sowie Herodots Historien Einfluss auf die Lesung der Textstelle genommen haben. Bereits kurz nach Aufnahme der Keilschrifttafel in das British Museum im Jahr 1879 beschäftigten sich Assyriologen mit dem Inhalt der beschädigten Zeile und den historischen Implikationen. Wie in Abbildung 9, einer Umzeichnung aus dem Jahr 1924, erkenntlich, dreht sich die Diskussion um die korrekte Lesung eines stark fragmentarischen Toponyms, von dem sich nur Reste des ersten Zeichens beziehungsweise der ersten beiden Zeichen ausmachen lassen. Theophilus Pinches 211 war einer der ersten, der sich der

204 205 206 207 208 209 210 211

Bereits: Smith 1924, 98. Waerzeggers 2015, v.a. 96, 115–116. Nabonid-Chronik (BM 35382) o II 15–17. Akkadischer Text nach: Grayson 1975, 107. Englische Übersetzung: Grayson 1975, 107. Grayson 1975, 282. Bagg 2007, 158; Zadok 1985, 213. Pinches 1882, 142, 159 (Der Vortrag fand bereits zwei Jahre vor seiner Publikation im Jahr 1880 statt).

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280 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Bearbeitung des Textes widmete und hier das Zeichen IŠ 212 ansetzte, ohne den Ländernamen zu ergänzen. Die mittlerweile viel diskutierte Verbindung dieser Zeichenreste mit Sardis stellte als erster Victor Floigl her, der versuchte die griechische chronographische Überlieferung des Datums 547  v. Chr. mit der Nabonid-Chronik zu untermauern. So verwies Floigl 213 auf die damals übliche Lesung Isparda in der Bisutun-Inschrift für Sardis. 214 Die Vorgehensweise, eine bereits verfestigte Vorstellung mit Hilfe einer äußerst beschädigten Passage wiedererkennen zu wollen, birgt methodische Risiken. 215 So kollationierte Floigl meines Wissens die Tafel nicht selbst, sondern stützte sich einzig auf die von Pinches vorgeschlagene Lesung, der selber nicht die Verbindung mit Lydien/Sardis vorgebracht hatte. 1894 erschien schließlich eine neue Bearbeitung der Nabonid-Chronik, worin Ole Hagen 216 den Ländernamen als weggebrochen angab, jedoch in einer Fußnote seine Beobachtung des Zeichens SU 217 festhielt. 218 Dies zeigt auf deutliche Weise, dass die Lesung der beschädigten Zeichen bereits in der frühen Assyriologie höchst umstritten war. Eingenommen von der Vorstellung, die Darstellung historischer Ereignisse der griechischen Historiographie und Chronographie ließe sich auch problemlos in der Keilschriftliteratur finden, startete Carl Friedrich Lehmann(-Haupt) 219 wenig später einen erneuten Versuch, Lydien als Ziel von Kyrosʼ militärischer Auseinandersetzung zu etablieren. Nach der Lektüre von Hagens Edition sandte Lehmann(-Haupt) eine Kollationsanfrage an Theophilus Pinches, ob sich die Zeichenreste nicht mit Lydien verbinden ließen, dessen Schreibweise er wie in Assurbanipals Inschriften mit Lu-ud-di ansetzte. 220 Daraufhin gab Pinches nun die Auskunft, dass er nach mehrmaliger Überprüfung das Zeichen mit Gewissheit als LU ausmachen könne und sich zudem noch Reste eines stark angebrochenen UD ausmachen ließen. Der gewünschte Beleg war somit gefunden! Lehmann-Haupt 221 ging noch in weiteren Publikationen auf diese Erkenntnis ein, die 212 Den zur Zeit von Pinches noch nicht standardisierten Indices ist es zuzuschreiben, dass er das Zeichen mit IS anspricht. Nach heutiger Bezeichnung handelt es sich dabei um IŠ, das auch die Lesung IS2 aufweist. 213 Floigl 1881, 125 Anm. 1. 214 Die altpersische Fassung der Inschrift (DB Elam. § 6, 6) nennt für Sardis Sparda (König 1938, 36. 62) und die babylonische Version (DB Bab. § 6, 5) sa-par-du (Voigtlander 1978, 12). 215 Rollinger 1993, 197. 216 Hagen 1894, v.a. 219 Anm. 82. 217 Bei dem Zeichen SU dürfte es sich tatsächlich auch um das heute so gelesene Zeichen handeln. Dies geht beispielsweise aus der Zeichenliste von Delitzschs „Assyrische Grammatik“ (1889) auf den Seiten 20 und 25 hervor. 218 Die seiner Abhandlung beigefügte Umzeichnung der Tafel stammt laut Cargill (1977, 100) aus der Feder von Friedrich Delitzsch, der nach Hagens Beitrag noch Nachtragungen einfügte. 219 Lehmann 1898. 220 Lydien mit der Schreibung kurLu-ud-di findet sich in insgesamt acht Textstellen in Assurbanipals Inschriftenwerk. Die Belegstellen lassen sich bequem in der vorläufigen online Version des fünften RINAP-Bandes zu Assurbanipal auf der ORACC-Homepage erfassen: . Lehmann-Haupt konnte noch auf kein Standardwerk zurückgreifen, das die Schreibung Lydiens in babylonischen Quellen wiedergab. 221 Lehmann 1902, 344; Lehmann-Haupt 1921, 113–114; Lehmann-Haupt 1929, 123–125.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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Abb 9: Umzeichnung BM 35382 Zeilenende o II 16 und 17 (nach Smith 1924, pl. XII von der Verfasserin umgezeichnet).

sich in den Altertumswissenschaften zur opinio communis entwickeln sollte. Bevor ein weiterer Überblick über die unterschiedlichen Lesungen und historischen Interpretationen dieser Textstelle gegeben wird, sollen zweierlei Sachverhalte Beachtung finden: Zum einen zeigen die zahlreichen unterschiedlichen Vorschläge die Schwierigkeit auf, aus den wenigen Zeichenresten eine korrekte Lesung zu gewinnen. Zweitens ist die Identifizierung der Zeichen eng mit der Auslegung des historischen Kontexts verwoben. Bis heute findet sich immer wieder der Hinweis, dass die Nabonid-Chronik die Datierung 547  v.Chr. für den Fall von Sardis belegt. 222 Dies hängt sicherlich auch mit der Information in Graysons Standardedition zusammen. Jedoch war die Angelegenheit nie wirklich eindeutig, sondern blieb stets strittig. Bereits 1915 griff Georg Hüsing 223 die Möglichkeit auf, dass Kyros’ Feldzug gegen Urartu gerichtet war und befand deshalb die Lesung U(2) 224 als beste Option für das beschädigte Zeichen. Der Vorgehensweise von Lehmann-Haupt folgte Sidney Smith, der zudem die Tafel selbst begutachten konnte und in seiner Publikation eine Kopie der Tafel (Abb. 9) beifügte: „Since the name of the land probably begins Lu . . . , and Cyrusʼ campaign against Croesus of Sardis is to be dated 547–6, there need be no hesitation in identifying the campaign here described with that narrated in Herodotus […] and in Xenophon […].“ 225 Gravierenderweise widerspricht sich Smiths Äußerung mit der von ihm selbst angefertigten Kopie; das Ende der Zeile o II 16 ist anhand eines Vergleiches mit Zeile 17 vielmehr als U2 und eben nicht als LU anzusprechen. 226 Nach Hagens Vorschlag, das beschädigte Zeichen als SU zu lesen, bekräftigte Friedrich König 227 diese Ansicht im Jahr 1931. König kam Hagens Lesung auch deshalb gelegen, weil er einen Feldzug von Kyros im Jahr 547 v.Chr. nach Lydien prinzipiell nicht für unmöglich aber immerhin für nicht wahrscheinlich hielt. Eine Argumentation, die heute auch

222 U.a. bei: Weissbach 1931, 460–461; Olmstead 1948, 40; Kaletsch 1958, 43; Miller 1963, 62–63; Rhodes 1976, 233; Childs 1981, 55 Anm. 1; Rhodes 1981, 199; Arnold 2006, 419, 425 Anm. 67; Parker 2011, Kommentar zu BNJ 70 F 181. 223 Hüsing 1915, 178. 224 Hüsing selbst schreibt zwar U, die Zeichenreste können aber nur mit U2 und nicht mit U übereinstimmen. Dies hängt mit den zu dieser Zeit noch nicht normierten Indices zusammen. 225 Smith 1924, 101. 226 Darauf wies bereits Oelsner 1999/2000, 379 hin. 227 König 1931, 180–181.

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282 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Reinhold Bichler 228 in Erwägung gezogen hat. Demnach scheint es für Kyros strategisch günstiger, sich seine Macht zuerst im mesopotamischen Kernland zu sichern. Wie oben schon erwähnt, hat Grayson 229 die Lesung Lydien in seine Bearbeitung aufgenommen, sich aber nicht näher geäußert, warum der historische Kontext seiner Meinung nach für Lydien sprechen sollte. 230 Letztlich ist Grayson dem Vorschlag Lehmann-Haupts gefolgt und hat im Anhang die Schreibung Lydiens an die gängige spätbabylonische Form Lu-u2-di 231 angepasst. Ähnlich hält Glassner in seiner Edition an der Ansetzung Lydiens fest, das er aber abweichend mit Lu2-u2-[di] 232 wiedergibt, wobei es sich um keine anderweitig belegte Schreibung für Lydien handelt. Die schwere Lesbarkeit des Toponyms hat wiederholt zu Revisionen bereits publizierter Ansichten geführt: Als sich Smith 233 20 Jahre nach seiner ersten Publikation zur Nabonid-Chronik wieder damit befasste, ging er wiederum von einer fest stehenden Verbindung mit Lydien aus, wollte nun aber statt LU vielmehr IŠ erkennen. Er räumte allerdings ein, dass die Lesung LU nach wie vor nicht unmöglich sei. Wilfred Lambert und Abraham Sachs sprachen sich bei einer Begutachtung der Tafel für eine Lesung ZU-x[…] aus. 234 Nach einer erneuten Kollation im Jahr 2010 änderte Lambert aber seine Meinung zur besagten Textstelle mit dem Ergebnis: LU. 235 1977 hat schließlich Jack Cargill 236 in einer eingehenden und kritischen Studie resümiert, dass die Textstelle keinen Beleg für eine Eroberung von Lydien liefern kann. Darüber hinaus hat er deutlich die Befangenheit der vorgeschlagenen Lesungen aufgezeigt. Kollationen in jüngerer Zeit schienen sich darauf zu einigen, dass mit U2 und der möglichen Ergänzung des Toponyms mit Urartu ein Konsens in Aussicht gestellt war. Denn Joachim Oelsner 237 und Matthew Waters 238 haben von einem eindeutig feststellbaren Zeichen geschrieben. 239 Diese neue Rekonstruktion machte es notwendig, die historische Ereignisgeschichte von Urartu zu überdenken. Nun ging die opinio communis der Forschung bis dato davon aus, dass das Urartäische Reich in der Mitte des

228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239

Bichler 2000a, 214. Grayson 1975, 282. Grayson 1975, 282. Zadok 1985, 213. Glassner 2004, 236. Glassner ist m.E. der einzige, der diese Zeichen so lesen möchte. Unterhalb des KUR-Zeichens verläuft eine Linie, die ich jedoch eher als Bruchlinie und nicht als Teil eines möglichen LU2-Zeichens auffassen würde. Smith 1944, 36, 135 Anm. 74. Grayson 1975, 282. Kollation von Lambert erwähnt bei: Zawadzki 2010, 147 Anm. 27. Cargill 1977. Oelsner 1999/2000, 379. Auskunft per Mail zitiert bei: Rollinger 2008b, 56. Diesem Vorschlag folgen: Haider 2004, 86; Rollinger 2008b, 56–57; Kokkinos 2009b, 19; Cahill 2010b, 344; Marek 2010, 155, 189; Van Dongen 2013, 49.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

283

6. Jahrhunderts v. Chr. längst nicht mehr existierte. 240 Diese neue Lesung hat Oelsner 241 veranlasst, im Terminus Urartu einen anachronistischen Begriff für das ursprüngliche Gebiet des Urartäischen Königreichs zu sehen, das später von den medischen Herrschern regiert wurde, jedoch nach Kyrosʼ Sieg über Astyages wieder ein selbständiges Reich bildete. Dieser autochthone Herrscher sei nun derjenige, der gemäß der Nabonid-Chronik von Kyros angegriffen worden sei. Weil sich die jüngere Forschung zur Frage eines Medischen Reichs gemäß der klassischen Überlieferung zunehmend skeptisch positioniert, 242 hat Robert Rollinger 243 als Ziel von Kyros’ Feldzug im Jahr 547 v. Chr. das Überbleibsel des Urartäischen Reichs in Betracht gezogen. Einen anderen Zugang wählt hingegen David Stronach: Die altpersische Fassung der Bisutun-Inschrift nennt an mehreren Stellen Armenien, das in der babylonischen Version mit Urartu wiedergegeben wird. Ausgehend von dieser Beobachtung interpretiert Stronach 244 das als Urartu genannte Gebiet in der Nabonid-Chronik nun als das früharmenische Königreich. Somit führt auch der Ergänzungsvorschlag mit Urartu zu unterschiedlichen historischen Ansätzen, wozu nicht nur die Identifizierung des Landes beziehungsweise Königreichs, sondern auch die mögliche Marschroute von Kyros’ Truppen zählt. 245 Die in Arbeit befindliche neue Edition der babylonischen Chroniken von Irving Finkel und Bert Van der Spek scheint wieder zur Lesung LU für Lydien 246 zurückzukehren, wie eine Bemerkung 247 Van der Speks erahnen lässt. Dabei bezieht er sich auf eine gemeinsame Begutachtung der Tafel von ihm selbst, Mark Geller, Irving Finkel und Stefan Zawadzki im Jahr 2013. Das Ergebnis dieser Untersuchung war die einstimmige Meinung, dass das Zeichen LU bei weitem die wahrscheinlichste Lösung und U2 hingegen unmöglich sein sollte. 248 Finkel 249 hatte sich jedoch zuvor zu der intensiven Debatte um die äußerst fragmentarischen Zeichenreste sehr kritisch geäußert, dass ohne die folgenreiche Verbindung mit Herodot Assyriologen niemals eine Rekonstruktion des geographischen Namens gewagt hätten, weil die Spuren einfach zu gering für eine einwandfreie Identifizierung 240 Eine knappe Darstellung über den Ausklang des Urartäischen Reichs findet sich bei: Salvini 1995, 119–121. 241 Oelsner 1999/2000, 370–380. 242 Lanfranchi – Roaf – Rollinger 2003; Rollinger 2005; Rollinger 2010; Rollinger 2011a; Rollinger im Druck. Zum Konzept der Sukzession der assyrischen, medischen, persischen, mazedonischen und römischen Herrschaft: Wiesehöfer 2003; Wiesehöfer 2005b; Haubold 2013, 78–98. 243 Rollinger 2008b. Die Möglichkeit, dass das Königreich Urartu im Jahr 547 v. Chr. noch existierte, zieht auch André Heller (2010, 203) in Betracht. 244 Stronach 2007; Stronach 2008, 151–153. 245 Siehe die unterschiedlichen Ausführungen von: Oelsner 1999/2000, 379; Rollinger 2008b, 57–60; Heller 2010, 202. 246 Ähnlich war der Ausgang der Kollation von Selim Adali 2014: Payne – Wintjes 2016, 14 Anm. 6. 247 Van der Spek 2014, 256 Anm. 184. Aus diesem Grund weisen auch sehr rezente Beiträge die Lesung LU für Lydien wieder als gesichert aus: Rung 2015, 8 Anm. 3; Thonemann 2016, 152 Anm. 1; Wallace 2016, 168 Anm. 1, 178. 248 Bei dieser Kollation war auch Rocío da Riva gegenwärtig, deren abweichende Meinung, dass sowohl LU als auch Ú möglich seien, einfach verschwiegen wurde. Siehe hierzu: Rollinger – Kellner 2019. 249 Zu Finkels Kollation und seiner diesbezüglichen Äußerung siehe: Zawadzki 2010, 147 Anm. 27.

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284 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik

Abb. 10: Überblick über die Lesungsvorschläge (IŠ, SU, Ú, LU, ZU) (von der Verfasserin erstellt).

Abb 11: Detailaufnahmen des angebrochenen Toponyms der Zeile o II 16 der NabonidChronik BM 35382 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images).

sind. Vielleicht sollten die divergierenden und mehrfach revidierten Ansichten zahlreicher namhafter Assyriologen als Warnung gelten, anhand so weniger Zeichenreste derart weitreichende Schlüsse zu ziehen. 250 Neben den chronologischen Implikationen zählt dazu auch der Vergleich von Kroisos’ Schicksal in der griechischen Überlieferung mit der Darstellung der Ereignisse in der Nabonid-Chronik (o II 15–17). 251 Die unterschiedlichen Rekonstruktionsvorschläge für das Zeichen führen zu jeweils divergierenden Ansichten 250 Ähnlich resümiert Hans-Peter Schaudig (2001, 25 Anm. 108), dass die Chronik keine Anhaltspunkte für die Eroberung Lydiens durch Kyros liefern kann. 251 Gemäß der Nabonid-Chronik o II 17 wird der König des besagten Landes entweder getötet oder besiegt. Das verwendete Verb mit dem Sumerogramm GAZ ist im Akkadischen mit dâku wiederzugeben, das nun beide Konnotation besitzt, auch wenn die Grundbedeutung sich am besten mit töten übersetzen lässt. Grayson hat die Textstelle so aufgefasst, dass der besagte König nur besiegt wurde. Zu der nun überholten Forschungsfrage, da sich das Land wohl nicht mit Lydien identifizieren lässt, siehe umfassend: Burkert 1985.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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der Ereignisgeschichte, die aufgrund der marginalen Zeichenreste des Toponyms weiterer Argumentation bedürfen. Aufgrund der Zentralität der Stelle wurde eine abermalige Kollation von der Verfasserin vorgenommen, wobei sich meiner Meinung nach das angebrochene Zeichen nicht mit eindeutiger Sicherheit ergänzen lässt. Der Grund dafür liegt in der Position des Zeichens auf der Krümmung am Zeilenende der Tafel, weshalb je nach Lichteinfall oftmals ein anderer Eindruck entsteht. In einem kürzlich erschienen Beitrag bekräftigt Van der Spek 252 nochmals seine Lesung für das Toponym der Zeile o II 16 ⌐Lu-ú?¬ -[du? GIN?]. 253 Aus rein paläographischer Sichtweise lässt sich meiner Meinung nach aber keine Lesung mit überzeugender Sicherheit gewinnen, was eine sehr wertvolle Erkenntnis darstellt. 254 In Abbildung 10 findet sich nun eine bildliche Auflistung sämtlicher Rekonstruktionsvorschläge für die Zeichenreste auf der Nabonid-Chronik in Zeile o II 16. Mit Ausnahme des Zeichens ZU hat sich der Schreiber der Tafel BM 35382 auch der Keilschriftzeichen IŠ, SU, U2 und LU bedient. Aus diesem Grund können die unten stehenden Umzeichnungen auch die Handschrift des Schreibers der Tafel wiedergeben. Die Form des Zeichens ZU wurde hingegen mittels der online Datenbank LaBaSi(Late Babylonian Signs) 255 sowie dem gängigen Nachschlagewerk „Assyrisch-Babylonische Zeichenliste“ 256 erschlossen, da es nicht auf der besagten Tafel steht und somit für diese Region sowie Zeitstufe rekonstruiert werden muss. Abbildung 11 gibt schließlich einen photographischen Eindruck von der Kollation des viel diskutierten Zeichens wieder. Auf eine Umzeichnung des angebrochenen Zeichens ist hier bewusst verzichtet worden, da in diesem Fall automatisch eine Interpretation verbunden ist. Nach eigener Begutachtung der Tafel würde ich aus epigraphischen Gründen einzig die Lesung IŠ komplett ausschließen, aber eine sichere Lesung lässt sich von meinem Standpunkt nicht gewinnen. Ausschließlich auf paläographischen Beobachtungen das Ziel von Kyros’ Feldzugs im Jahr 547 v. Chr. festzumachen, kann somit nicht überzeugen, wie die lange und umstrittene Forschungsgeschichte lehrt. Einzig der historische Kontext sowie die geographische Angabe der Tigrisüberquerung bei Arbela können hier noch zu einem Erkenntnisgewinn beitragen, wobei hier einerseits mit Urartu und andererseits mit Lydien argumentiert wird. Robert Rollinger 257 verweist auf die geographische Schlüssigkeit von Urartu als Ziel dieses militärischen Zuges, weil Sardis schließlich in einer beachtlichen Distanz von 2000 Kilometern von Arbela im östlichen Assyrien entfernt liegt. Van der Spek 258 hat sich allerdings gegen diese Argumentation gestellt und Lydien als einzig plausibles Marschziel von 252 Van der Spek 2021, 416. 253 Hingegen urteilte Amélie Kuhrt (1988, 120 Anm. 62) nach ihrer Kollation der Tafel, dass die Lesung LU zweifelhaft ist. 254 Van der Spek (2021, 423–424) beschäftigt sich in seinem Aufatz auch auf zwei Seiten mit der Darlegung des Aufsatzes Rollinger – Kellner 2019, der zum Großteil der hier dargelegten Argumentation entspricht. 255 , eingesehen am 04.10.2021. 256 Borger 1988. 257 Rollinger im Druck. 258 Van der Spek 2021.

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286 Die Levante und Keilschriftquellen zur absoluten Datierung der griechischen Archaik Kyros’ Truppen ausgewiesen. Die Debatte um die ‚richtige‘ Lesung der viel diskutierten Stelle der Nabonid-Chronik wird der Forschung voraussichtlich noch einige Zeit erhalten bleiben, nachdem sich hier letztlich kein Konsens andeutet. Nachdem es hier um eine mögliche absolute Datierung von Kyros’ Lydienfeldzug geht, lässt sich hier nur resümieren, dass sich dieses Ereignis auch anhand von Keilschriftquellen nicht eindeutig datieren lässt. 259 Somit bleibt ein etwaiger zeitlicher Rahmen von zirka 550 bis 530 v. Chr. bestehen. 260 In Sardis hat man eine militärische Eroberung durch einen großflächigen Zerstörungshorizont mit entsprechenden Funden, darunter militärisches Equipment sowie Skelettfunde von gefallenen Soldaten, nachgewiesen. 261 Dieses Ereignis kann anhand der importierten griechischen Keramik zeitlich verortet werden. Dabei datiert kein Keramikstück gemäß der konventionellen Chronologie nach 540  v. Chr. Der Großteil lässt sich um die Mitte des 6.  Jahrhunderts  v. Chr. einordnen und rotfigurige Vasen fehlen in diesem Zeithorizont völlig. 262 Nicholas Cahill und John Kroll 263 haben in ihrem Beitrag neben dem gängigen Chronologiesystem auch das niedrige Chronologieschema nach Francis und Vickeres berücksichtigt und als theoretische Erklärung für die Zerstörung von Sardis den Ionischen Aufstand 499 v. Chr. in Betracht gezogen. Diesen Vorschlag haben sie jedoch aufgrund eines 14C-Datums – wohlgemerkt im Hallstattplateau 264  –  sowie einer dendrochronologischen Analyse einer Holzkohleprobe, deren Holzrinde sich nicht erhalten hat und nur auf ein Fälldatum nach 585 v. Chr. hinweisen kann,  als unwahrscheinlich eingestuft. 265 Rezente archäologische Beiträge geben für Sardis’ Zerstörung die 40er Jahre des 6. Jahrhunderts v. Chr. an, 266 wofür das Keramikrepertoire ausschlaggebend sein dürfte. Die Datierung von Kroisosʼ Regierungszeit spielt nicht nur für die historische Chronologie der griechischen Archaik eine Rolle, sondern insofern für die Archäologie, da

259 Ähnlich: Briant 2002, 34; Cahill – Kroll 2005, 608; Kalaitzoglou 2008, 48; Heller 2010, 206. 260 Fehling 1985, 137. Ähnlich mit einem Zeitraum 547/6–530 v. Chr.: Haider 2004, 86; Berndt-Ersöz 2008, 15. 550–539  v. Chr.: Kerschner 2008, 126; Cahill 2010b, 344; Payne  –  Wintjes 2016, 20 (hingegen 21, 121: das gängige Datum 547/6 v. Chr.). Die 40er Jahre des 6. Jahrhunderts v. Chr.: Gunter 1990, 131.  Eine zeitliche Einordnung nach Babylons Einnahme ist ebenso in Betracht gezogen worden: Rollinger 2003, 314 Anm. 124.  Sowohl Pompeius Trogus (1, 7, 3–5) als auch Lukian (cont. 9) haben in ihrer Darstellung Kyros zuerst Babylon und dann erst Sardis erobern lassen. Zur Abhängigkeit dieser Textstelle von Xenophons Kyropädie: Heller 2010, 203–204. 261 Greenewalt 1992; Greenewalt 1997; Cahill 2010b. 262 Einen Überblick über die griechische Keramik in Zusammenhang mit dem Zerstörungshorizont bieten: Greenewalt 1992, 254–255 Anm. 15; Cahill – Kroll 2005, 599–604, 607, 607, 611. Für die griechische Importkeramik im lydischen Sardis: Schaeffer – Ramage – Greenewalt 1997. 263 Cahill – Kroll 2005, 602–603. 264 14C-Proben aus dem Zeitraum von zirka 750 bis 400 v. Chr. lassen sich nicht unterscheiden. Zum Hallstattplateau mit weiterführender Literatur: Capuzzo – Boaretto – Barceló 2014, 583. 265 Cahill – Kroll 2005, 602, 608 (table 1). 266 Cahill – Kroll 2005, 605; Greenewalt 2010, 11, 18, 24. Hingegen verwendet İlkmur Özgen (2010, 305) im Sammelband zu den Lydern (Cahill 2010a) das gängige Datum 547/6 v. Chr. für das Ende von Kroisosʼ Herrschaft.

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Die Datierung von Kroisos und die Nabonid-Chronik (BM 35382)

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nach Herodots Darstellung 267 Kroisos die meisten Säulen des Artemisions in Ephesos gestiftet hat. Dazu würden drei fragmentarische Inschriften von drei unterschiedlichen Säulenfüßen 268 passen, die sich mit „König Kroisos stiftete“ ergänzen lassen: „[Bασιλεὺς] Kρ[οῖσος ἀνέ]θηκ[εν]  Βα[σιλεὺς Kροῖσος] ἀνέ[θηκεν] [βασιλεὺς Kροῖσος ἀνέθηκ]εν“ 269 Man hat die Columnae Caelatae in Ephesos als chronologischen Fixpunkt der archaischen Plastik herangezogen, etwa als Referenzpunkt für die zeitgenössische Plastik 270 sowie für die schwarzfigurige Vasenmalerei der 40er Jahre des 6. Jahrhunderts v. Chr. 271 Jedoch bleibt ein großer Unsicherheitsfaktor bestehen, ob überhaupt eine der erhaltenen figurierten Säulen zur Stiftung von Kroisos gehörte. 272 Dazu kommt noch die lange Bauzeit des Tempels von über 100 Jahren und den damit verbundenen unterschiedlichen Phasen der einzelnen Bauteile, wovon auch die figurierten Säulentrommeln betroffen sind. 273 Aus diesem Grund scheiden die Columnae Caelatae in Ephesos als chronologischer Fixpunkt der archaischen Plastik wohl besser aus.

267 Hdt. 1, 92, 1. 268 Eine Abbildung der Inschriften mit den Buchstaben bietet: Muss 1994, Abb. 1a, Abb. 1b, Abb. 2.  Die Zugehörigkeit der drei Inschriftenfragmente zu jeweils unterschiedlichen Säulen ist aufgrund der unterschiedlichen Profile vorauszusetzen. Ohnesorg 2007, 128 Anm. 825. 269 Smith 1908, 294. 270 Langlotz 1975, 22–23. 271 Boardman 1974, 195. 272 Kenzler 2007, 200. 273 Zum Forschungsstand des archaischen Dipteros von Ephesos siehe: Ohnesorg 2007. Eine Auseinandersetzung mit den nur sehr fragmentarisch erhaltenen Säulenreliefs findet sich bei: Muss 1994, 23–41.

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7. Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum und die Datierung der griechisch geometrischen Keramik Neben den griechischen Gründungen bieten sich auch die phönizischen Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum zur Datierung der dort aufgefundenen griechisch geometrischen Keramik an. 1 Zumindest in der Theorie ließe sich ein analoges Konzept zur Datierung der korinthischen Keramik auf Sizilien anwenden, wonach der älteste Keramikstil mit dem Gründungsdatum in Verbindung gebracht wird. Aus mehreren Gründen ist jedoch von vornherein eine hohe Einschränkung dieser Methodik zu konstatieren. So lassen sich mögliche Fixpunkte kaum erstellen, weil sich im Gegensatz zur klassischen Antike die phönizische Historiographie nicht erhalten hat, von deren Existenz man im 10. bis 8. Jahrhundert v. Chr. jedoch ausgeht. 2 Zahlreiche phönizische Inschriften 3 belegen den Gebrauch der Schrift, weshalb eine umfangreiche Literatur auf vergänglichem Schreibmaterial, vor allem auf Papyrus, vermutet wird. Als einen Beleg für die Existenz von Archiven, wie sie zum Beispiel im Vorderen Orient hinlänglich bekannt sind, verweist Bärbel Morstadt 4 auf die umfangreichen Tonsiegelfunde in Karthago und Selinunt. Die frühesten Siegel von Karthago setzen im späten 6. Jahrhundert v. Chr. ein und jene von Selinunt sind dem 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. zuzuweisen. 5 Zudem erwähnt die ägyptische Erzählung des Wenamun 6 aus der späten 21.  beziehungsweise frühen 22.  Dynastie, also in etwa um die Mitte des 10.  Jahrhunderts  v. Chr., 7 Tagebücher der phönizischen Stadt Byblos, in denen inter alia ein Handelsabkommen mit dem ägyptischen Pharao festgehalten wurde. 8 Bernd Schipper versteht darunter eine Liste, die nach chronologischem Prinzip die wichtigsten Ereignisse festhält, und merkt dazu an: „Sofern 1 Überblicksdarstellung zu den Phöniziern: Sommer 2005; Sommer 2008; Morstadt 2015. 2 Garbini 1980, 125; Moscati 1992, 11; Aubet 2001, 28. 3 Zu phönizischen Inschriften allgemein siehe: Gibson 1982; Amadasi Guzzo 1967; KAI; Levi Della Vida – Amadasi Guzzo 1987; Magnanini 1973. 4 Morstadt 2015, 43. 5 Zum Tonsiegelarchiv in Karthago und Selinunt siehe: Berges 1997; Helas 1999, 168–170. 6 Zu dieser ägyptischen Erzählung zuletzt (mit deutscher Übersetzung): Schipper 2005. Als Beleg für die umfangreiche literarische Tätigkeit der Phönizier auf Papyri wird mancherorts (Aubet 2001, 29; Millard 2001, 25) auf die vermeintliche Abgabe von 500 Papyri Wenamuns an Byblos in Zeile 2, 40 verwiesen. Bereits Hans Goedicke (1975, 96, 155) hat hier jedoch stattdessen ‚smooth material‘ übersetzt und auf die bis dato übliche Übersetzung mit Papyrus hingewiesen. Ähnlich setzt Bernd Schipper (2005, 81, 108) an der betreffenden Textstelle 500 (Ballen) Leinen an, demnach scheint die Übersetzung von John Wilson (1955, 28) mit Papyri durchaus fraglich zu sein. 7 Von Beckerath 1997, 190–191. 8 Die Erzählung des Wenamun 2, 8.

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290 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum es sich bei der Notiz von Wenamun 2,8–9 nicht schlicht um die Übertragung ägyptischer Verhältnisse handelte, läge hier einer der ganz wenigen Belege vor für die Existenz solcher Annalen oder Tagebücher im palästinischen Raum.“ 9 Das Vorhandensein derartiger Schriften in phönizischen Städten wird ferner durch die von Menander (apud Flavius Josephus 10) überlieferte tyrische Königsliste 11 nahe gelegt. Sie weist große Affinitäten zu den so genannten Annalen der Könige Judas 12 auf, weshalb man in der Forschung auch eine Aufzeichnung der Regierungsdauer der tyrischen Könige sowie wichtiger Ereignisse unter deren Herrschaft annimmt. 13 Offen muss aber bleiben, in welchem Ausmaß Parallelen in der phönizischen Literatur zu den unterschiedlichen Textgattungen im Vorderen Orient, wie den neuassyrischen (9. bis 6. Jahrhundert v. Chr.) Königsinschriften 14 sowie den assyrischen und babylonischen Chroniken 15, bestehen. Zur Rekonstruktion einer phönizischen Geschichte greift man aus diesem Grund auf das biblische Umfeld, zeitgenössische assyrische Texte sowie auf Berichte späterer, griechisch-römischer Historiographen zurück. 16 Diese Quellen weisen aufgrund ihrer Außenperspektive mitunter starke Verzerrungen auf. Darunter fällt beispielsweise die griechische Fremdbezeichnung ‚Phönizien‘ für den Abschnitt der levantinischen Küste mit wichtigen Städten wie Tyros und Sidon, wofür in der phönizischen Sprache keine überregionale Eigenbezeichnung existierte. 17 Neben unterschiedlichen antiken Bildern hat außerdem die moderne Rezeption in den Altertumswissenschaften zu divergierenden Einschätzungen der Rolle der Phönizier im mediterranen Raum geführt. 18 So geht die problematische Ansicht, die griechische Niederlassungen im Mittelmeerraum stets als Kolonien und phönizische hingegen als Handelsstützpunkte beziehungsweise Faktoreien

9 Schipper 2005, 193. 10 BNJ 783 F 1 (apud Ios. c. Ap. 1, 117–126). 11 Zur tyrischen Königsliste siehe: Rühl 1893; Peñuela 1953; Peñuela 1954; Lipiński 1970; Katzenstein 1973, u.a. 80–84, 116–128; Kokkinos 2013. 12 Die Annalen der Könige von Juda dienten als chronologische Vorlage für das Buch der Könige, wo sich auch ihr einziges Exzerpt findet. Siehe dazu: Levin 2011. 13 Aubet 2001, 27. 14 Zu den neuassyrischen Königsinschriften siehe: Grayson 1991 (= RIMA 2); Grayson 1996 (= RIMA 3); Leichty 2011 (= RINAP 4); Tadmor – Yamada 2011 (= RINAP 1); Grayson – Novotny 2012 (= RINAP 3.1); Grayson – Novotny 2014 (= RINAP 3.2); Novotny – Jeffers 2018 (= RINAP 5.1); Frame 2021 (= RINAP 2). 15 Zu den assyrischen und babylonischen Chroniken siehe: Grayson 1975; Glassner 2004. 16 U.a. Núñez Calvo 2008a, 7; Morstadt 2015, 45–46; Sader 2015, 668. 17 Eine Diskussion der ältesten griechischen Quellen mit der Bezeichnung Φοίνικες bietet der rezente Beitrag von Andrea Ercolani (2015). Zur Problematik dieser Fremdbezeichnung mitsamt ihren Konsequenzen für die historische und archäologische Forschung siehe: u.a. Niemeyer 2006, 148–149; Van Dongen 2010; Fales 2017, 197.  Einen aktuellen Überblick über das als Phönizien verstandene Gebiet in der Levante in neuassyrischer Zeit bietet: Fales 2017. 18 Für einen Überblick dieses wissenschaftsgeschichtlichen Aspekts mit weiterführender Literatur siehe: Liverani 1998; Sommer 2000, 16–25; Morstadt 2015, 14–38.

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Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum

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interpretiert, 19 wohl auf die graecozentrische Einstellung der Altertumswissenschaften und die entsprechende Darstellung in den antiken Texten zurück. Wie bereits in Kapitel 5 im Rahmen der so genannten griechischen ‚Kolonisation‘ erwähnt, wird das Konzept der Kolonisation mitsamt ihrer Terminologie im Rahmen der Postcolonial Studies 20 zusehends kritisch hinterfragt. 21 Dies wirkt sich insofern auch auf die Auseinandersetzung mit den phönizischen Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum 22 aus, als dass neue Modelle zum Kulturkontakt 23 den indigenen Kontexten zunehmend größere Gewichtung zugestehen und somit ein vielseitigeres Bild der komplexen Vorgänge erlauben. In der rezenten Forschung wird außerdem der Frage nach einer eigenen westphönizischen Identität nachgegangen, die jedoch in der frühen Eisenzeit anhand der Texte nicht belegbar ist. 24 Darüber hinaus hat das Aufkommen der Material Culture Studies  25 in der phönizischen Archäologie zur Aufgabe der mittlerweile veralteten Ansicht geführt, dass bestimmte Keramikgattungen und -formen notwendigerweise über die Ethnie der Besitzer Aufschluss geben. Daraus entstehen neue Betrachtungsweisen der Netzwerke im westlichen Mittelmeerraum zur Zeit der phönizischen Expansion. 26 Abbildung 12 gibt nun einen geographischen Überblick über die im Folgenden erwähnten phönizischen Städte beziehungsweise Niederlassungen. Im Gegensatz zur griechischen Keramik existiert für die phönizische Keramik kein Standardhandbuch, das regional übergreifend eine verbindliche Unterteilung und Datierung vorgibt. Gemäß Bärbel Morstadt 27 bietet zwar die von Patricia Bikai vorgenommene Einteilung der phönizischen Keramik von Tyros 28 nach wie vor einen wichtigen Eckpfeiler, ist aber letztlich von griechischen Importstücken abhängig. 29 Verschiedene Klassifizierungssysteme und Unterschiede im Formenrepertoire zwischen dem östlichen und westlichen Mittelmeerraum erschweren zudem einen Überblick über die phönizische Keramik. 30 Das Fehlen phönizischer Texte zur Erstellung von Fixpunkten, um die

19 Zur Diskussion dieses problematischen Konzepts vor dem Hintergrund der Kulturkontakte mit der indigenen Bevölkerung mit dem Fallbeispiel des archaischen Westsiziliens siehe: Kistler 2014. 20 Einführend zu den postkolonialen Theorien: Young 2001; Bachmann-Medick 2006, 184–237; Kerner 2012. 21 Z.B. Van Dommelen 1997; Van Dommelen 2006. 22 Grundlegend zu den Phöniziern im westlichen Mittelmeerraum nach wie vor: Aubet 2001. 23 Zu den Konzepten von Kulturkontakten siehe: u.a. Ulf 2014a; Ulf 2014b; Ulf 2015c. 24 Eine eingehende Betrachtung der griechischen Bezeichnung Phönizier sowie dem lateinischen Pendant Punier in der Antike vor dem Hintergrund der Frage nach einer westphönizischen Identität findet sich in: Prag 2014. 25 Einführend zu den Material Culture Studies: u.a. Hahn 2014. 26 U.a. Sommer 2008, 52–53; Sossau 2015; Granser 2016 (speziell für Pithekoussai). 27 Morstadt 2015, 82. 28 Bikai 1978a, v.a. 64–68; Bikai 1978b, v.a. 47. Patricia Bikais Keramikeinteilung ist anhand neuer Grabungsergebnisse leicht abgeändert worden: Núñez Calvo 2008b. 29 Brandherm 2008b, 152. Eleftheria Pappa (2013, 6 Anm. 63) hält zudem fest, dass Bikais Keramikeinteilung für den westlichen Mittelmeerraum kaum Verwendung findet. 30 Pappa 2013, xix–xx, table 1.

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292 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum phönizische Keramik absolut datieren zu können, ist zuletzt von Francisco Núñez 31 sogar als Vorteil gesehen worden. Denn somit können etwaige schriftliche Quellen nicht die Auslegung des archäologischen Befunds beeinflussen. Eine Datierung der phönizischen Keramik anhand der Gründungen im westlichen Mittelmeerraum ist nicht zu bewerkstelligen, da schlicht die Voraussetzung historisch überlieferter Gründungsdaten fehlt. Mit Ausnahme von Karthagos zeitlicher Einordnung liegt für die Gründungen von Gadir, Lixus und Utica bei den antiken Historiographen meist ein Konnex mit mythischen Ereignissen, allen voran dem Trojanischen Krieg, vor. Ein mythisches Ereignis eignet sich aus moderner Perspektive nicht zur zeitlichen Festlegung historischer Begebenheiten, 32 weshalb man folglich auf die Archäologie zur näheren Datierung der einzelnen phönizischen Gründungen angewiesen ist. Das in den griechischen Quellen genannte Tartessos an der südlichen Iberischen Küste, westlich von der Straße von Gibraltar, 33 bietet sich ebenso wenig als Fixpunkt an. Daran vermag auch die Gleichsetzung des biblischen Taršiš und des akkadischen Tarsisi (Taršiši) mit Tartessos wenig ändern, zumal dies nicht unumstritten ist. 34 Aufgrund der Schwierigkeiten in der Erstellung einer phönizischen Keramikabfolge 35 mit präzisen Datierungen zieht man bisweilen die griechisch geometrische Keramik mit Coldstreams Chronologieschema 36 zur Datierung der phönizischen Gründungen in Spanien und Nordafrika heran. 37 Somit dient die griechisch geometrische Keramik als chronologischer Richtungsweiser für die frühe Eisenzeit im gesamten mediterranen Raum. 38 Diese umfassend angewandte Funktion unterliegt jedoch der Problematik, dass die Umlaufzeit der zentralen Importstücke oft nicht ausreichend bekannt ist und dadurch sehr präzise Datierungen auf weniger genau datierbare Keramikgattungen übertragen werden. 39 Weil archäologische Feldarbeiten im westlichen Mittelmeerraum vermehrt die Radiokarbonmethode anwenden, besitzt diese Region eine außerordentliche Bedeutung für die Chronologie der frühen Eisenzeit im gesamten Mittelmeerraum. Dadurch ließe sich nämlich ein von der konventionellen Datierungsmethodik unabhängiger Weg zur Erschließung absoluter Daten gewinnen, deren Ergebnisse jedoch nicht nur für die phönizische Keramik und ihre Chronologie Auswirkungen besitzen, sondern im Rückschluss

31 Núñez 2016, 81. 32 Ulf 1997, 11; Bichler 2003, 363–367. 33 Zur genauen Lokalisierung von Tartessos mit einem Überblick über die Forschungsgeschichte siehe: Ferrer Albelda – Prados Pérez 2018. 34 Zu dem Toponym Tarsisi (Taršiši) sowie dessen Rolle in der neuassyrischen Königsideologie und Weltwahrnehmung siehe: Rollinger 2008a; Rollinger 2016, 137–139. 35 Z.B. Núñez Calvo 2008a, 3. 36 Coldstream 1968; Coldstream 2008. 37 Maaß-Lindemann 1998, 539–540; Brandherm 2006, 2. 38 Hierzu ausführlich: Trachsel 2004, 153–196. 39 Nijboer 2006, 258; Pappa 2013, 7; Nijboer 2016, v.a. 41–45.

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Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum

phönizische Niederlassungen/Städte

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griechische Gründungen

Abb. 12: Überblick über phönizische und griechische Niederlassungen und Städte (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

auch für die griechische. 40 Die Debatte um die Auslegung der naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden im gesamten Mittelmeerraum konzentriert sich vor allem auf die Iberische Halbinsel und Nordafrika im Westen sowie die Levante im Osten. Für eine bessere Übersicht wird der Fragestellung der Radiokarbondatierung allerdings gesondert in Kapitel 9 nachgegangen. Eine der zentralen und meist diskutierten Fragen für die Chronologie der phönizischen Expansion betrifft das zeitliche Verhältnis zu den griechischen Gründungen, wozu sich einzig Thukydides 41 explizit äußert – jedoch ausschließlich auf die Situation Siziliens beziehend: ᾤκουν δὲ καὶ Φοίνικες περὶ πᾶσαν μὲν τὴν Σικελίαν ἄκρας τε ἐπὶ τῇ θαλάσσῃ ἀπολαβόντες καὶ τὰ ἐπικείμενα νησίδια ἐμπορίας ἕνεκα τῆς πρὸς τοὺς Σικελούς· ἐπειδὴ δὲ οἱ Ἕλληνες πολλοὶ κατὰ θάλασσαν ἐπεσέπλεον, ἐκλιπόντες τὰ πλείω Μοτύην καὶ Σολόεντα καὶ Πάνορμον ἐγγὺς τῶν Ἐλύμων ξυνοικήσαντες ἐνέμοντο, ξυμμαχίᾳ τε πίσυνοι τῇ τῶν Ἐλύμων καὶ ὅτι ἐντεῦθεν ἐλάχιστον πλοῦν Καρχηδὼν Σικελίας ἀπέχει. 42 40 Eine Besprechung der griechisch archaischen Keramik von der Iberischen Halbinsel findet sich bei: Domínguez 2001; Brandherm 2006; Brandherm 2008a; Brandherm 2008b. 41 Thuk. 6, 2, 6. 42 Griechischer Originaltext nach: Landmann 1993b, 814.

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294 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum „Es wohnten auch Phönizier rings um ganz Sizilien auf Vorgebirgen, die sie befestigt, und auf den vorgelagerten Inselchen des Handels wegen mit den Sikelern; als dann die Hellenen zur See zahlreich einströmten, gaben sie das meiste auf und zogen zusammen nach Motye, Soloeis [Solunt] und Panormos [Palermo] nah bei den Elymern und wohnten dort, gestützt auf ihr Bündnis mit den Elymern und weil von dort die Fahrt von Karthago nach Sizilien am kürzesten ist.“ 43 In der Forschung geht man bisweilen sehr unterschiedlich mit Thukydidesʼ Information um: So lehnte beispielsweise Karl Julius Beloch 44 eine phönizische Präsenz vor den griechischen Niederlassungen in Sizilien vehement ab, was einerseits auf seine sehr quellenkritische Sichtweise zurückzuführen ist, aber andererseits auch mit dem Kenntnisstand der archäologischen Forschung zu seiner Zeit zusammenhängt. 45 Einen anderen Zugang aus althistorischer Sicht hat hingegen Nino Luraghi 46 gewählt und dabei bereits Gehrkes Konzept der intentionalen Geschichte 47 anklingen lassen, was ein zu Beloch diametral entgegengesetztes Quellenverständnis darstellt. Demnach zieht Luraghi die Möglichkeit in Betracht, dass die Konflikte zwischen den phönizischen und griechischen Städten im 5. Jahrhundert v. Chr. zu einer entsprechenden Darstellung der Gründungszeit führten, weshalb Thukydidesʼ Textpassage mehr über den zeitgenössischen Kontext Siziliens als über jenen im 8.  Jahrhundert  v. Chr. aussage. Folgt man dieser Annahme, ist zunächst ungeachtet der archäologischen Evidenz Skepsis angebracht, inwieweit dem thukydideischen Exkurs eine tatsächliche Rückerinnerung an eine 300 Jahre zurückliegende Vergangenheit zu Grunde liegt. Nach dem heutigen Forschungsstand handelt es sich bei Mozia 48 um die älteste phönizische Niederlassung auf Sizilien, die gemäß der Präsenz von früh-protokorinthischer Keramik in das letzte Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. datiert werden kann. 49 Mit der möglichen Ausnahme von Mozia konnte bis dato keine dauerhafte phönizische Präsenz auf Sizilien vor den griechischen Gründungen nachgewiesen werden. Solunt und Palermo scheinen beide erst in das späte 7. Jahrhundert v. Chr zu datieren 50 und eine Vormachtstellung Karthagos lässt sich ohnehin nicht vor dem 6.  Jahrhundert  v. Chr. erkennen.

43 Übersetzung: Landmann 1993b, 815. 44 Beloch 1894, 124–125; Beloch 1913, 245–250. 45 Einen wissenschaftsgeschichtlichen Abriss zur Identifizierung einer ‚phönizischen‘ materiellen Hinterlassenschaft bietet: Vella 2014. 46 Luraghi 1991, 46–48. 47 Der Begriff der intentionalen Geschichte taucht erst drei Jahre später in der Publikation Gehrke 1994 auf. 48 Zu Mozia beziehungsweise der dort aufgefundenen Keramik mit weiterführender Literatur: u.a. Nigro 2015; Orsingher 2016; Sconzo 2016; Orsingher 2018. 49 Coldstream 2008, 388; Orsingher 2016, 283; Sconzo 2016, 318, 320. Einzig Lorenzo Nigro hat sich neulich für eine etwas ältere Datierung im zweiten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. ausgesprochen. Nigro 2013, 39, 50–51; Nigro 2014, 492–493. 50 Spatafora 2009, 222–226.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

295

Davon ausgehend hat beispielsweise Coldstream 51 dafür argumentiert, die griechischen Niederlassungen vor den phönizischen anzusetzen, weil dies dem archäologischen Bild entspreche. Entgegengesetzt ist jedoch auch e silentio angenommen worden, dass die frühesten Spuren der phönizischen Gründungen auf Sizilien schlicht nicht greifbar, aber dennoch vor den griechischen Niederlassungen anzunehmen seien. 52 Ausschlaggebend für diese Position sind nicht zuletzt die Funde auf der Iberischen Halbinsel, welche mit der phönizischen Expansion ab der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. in Verbindung gebracht werden. 53 Im Rahmen der Diskussion um die Auslegung der 14C-Daten für die Datierung der frühen Eisenzeit plädiert Albert Nijboer 54 ebenso für die historische Glaubwürdigkeit von Thukydidesʼ Darstellung der chronologischen Reihung der phönizischen vor den griechischen Niederlassungen auf Sizilien. Wohl ebenfalls vom archäologischen Bild veranlasst, hat Sandro Filippo Bondì 55 eine andere Auslegung der Textstelle Thukydidesʼ vorgeschlagen. Demnach habe Thukydides kein synchrones Bild der phönizischen Präsenz auf Sizilien wiedergegeben, vielmehr habe er ausgehend von Mozia, der ersten phönizischen Gründung, bis hin zur karthagischen Epikratie im 5. Jahrhundert v. Chr. einen chronologischen Überblick in äußerst knapper Form referiert. Bondìs Position weist am deutlichsten auf die Verschränkung von schriftlichen und archäologischen Quellen in einer der zentralen Fragen in der Phönizier-Forschung hin. Ziel des vorliegenden Kapitels ist nun eine Analyse, inwieweit die phönizischen Gründungen im westlichen Mittelmeerraum als mögliche Fixpunkte für die griechische Chronologie verwendet werden können. Aufgrund der Quellenlage liegt der wesentliche Schwerpunkt auf einer Besprechung der Gründungsdaten Karthagos sowie deren Bedeutung für die Datierung der griechisch geometrischen Keramik.

7.1

Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

7.1.1

Karthago

Wie in den vorigen Kapiteln werden die relevanten Textstellen im Folgenden eingehend besprochen. Im Gegensatz zu den Gründungsdaten griechischer Niederlassungen lassen sich die stark abweichenden chronographischen Traditionen zur Datierung von Karthagos Gründung mit einem Blick auf die unten stehende Tabelle deutlich erkennen. 56 Als 51 52 53 54 55 56

Coldstream 2003, 240. Z.B. Moscati 1988, 48–49; Moscati 1992, 17. Marzoli 2012, 32; Marzoli 2015, 180; Morstadt 2015, 139–140. Nijboer 2016, 44. Bondì 2012. Eine Zusammenstellung und eingehende Besprechung vom Gründungsdatum Karthagos bieten: Aly 1911, 600–606; Van Compernolle 1960, 139–235; Cintas 1970, 161–242; Bunnens 1979, 103–268.

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296 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Überbleibsel der komplexen chronographischen Traditionen bietet allein Hieronymus 57 insgesamt sechs unterschiedliche Ansätze für die Gründung Karthagos. Die relevanten Passagen werden wiederum analog zu Kapitel 5 in chronologischer Reihenfolge besprochen. Antike Autoren verwendeten neben den Olympiadendatierungen oftmalig andere Datierungsweisen, die nach Möglichkeit auch im Wortlaut so wiedergegeben werden. Die in Klammer stehenden Umrechnungen in die vorchristliche Ära sind als Orientierungshilfe zu verstehen, an die man in der modernen Altertumswissenschaft gewöhnt ist. Sind mit den Umrechnungen der großteils aus Intervallangaben bestehenden antiken Datierungsformen Unsicherheiten verbunden, ist dies durch in Anführungszeichen stehende Jahreszahlen gekennzeichnet worden. Tabelle 26: Überblick über die Gründungsdaten Karthagos Autor

Gründungsdatum für Karthago

Sophokles ( 5. Jh. v. Chr.)

zur Zeit von Triptolemos gegründet (somit vor dem Trojanischen Krieg)

Philistos (1. Hälfte 4. Jh. v. Chr. apud Hieronymus)

1215 v. Chr.

Eudoxos (4. Jh. v. Chr.)

kurz vor dem Trojanischen Krieg

Timaios (3. Jh. v. Chr.)

38 Jahre vor der ersten Olympiade (‚814‘ v. Chr.)

Menander (2. Jh. v. Chr.)

im 7. Jahr von Pygmalion (letztes Viertel 9. Jh. v. Chr.)

Cicero (1. Jh. v. Chr.)

im 39. Jahr vor der ersten Olympiade (814 v. Chr.) ca. 600-jährige Existenz Karthagos (ca. 746 v. Chr.)

Livius (1. Jh. v. Chr.)

700-jährige Existenz Karthagos (846 v. Chr.)

Pompeius Trogus (1. Jh. v. Chr.)

72 Jahre vor Rom (‚825/4 v. Chr.‘)

Flavius Josephus (1. Jh. n. Chr.)

143 Jahre und 8 Monate vor Salomos Tempel im 12. Regierungsjahr von Hiram

Velleius Paterculus (1. Jh. n. Chr.)

65 Jahre vor Rom (818 oder 816 v. Chr.) 666-jährige Existenz Karthagos (814– 812 v. Chr.)

Apion (1. Jh. n. Chr.)

Ol. 7,1 (752 v. Chr.)

Appian (2. Jh. n. Chr.)

50 Jahre vor dem Fall Trojas 700-jährige Existenz (941 v. Chr.)

57 Helm 1956, 58be, 69be, 71bc, 81bb, 143g.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen Autor Solinus (3. Jh. n. Chr.)

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Gründungsdatum für Karthago 677- (667?-), 737-, 738- oder 838-jährige Existenz Karthagos (813?, 823, 883, 884 oder 983 v. Chr.)

Eusebius/Hieronymus (2. Hälfte 4. Jh. n. Chr.) 1215 v. Chr. 1039 v. Chr. 1014 v. Chr. 748-jährige Existenz Karthagos (894 v. Chr.) 850 v. Chr. 668-jährige Existenz Karthagos (814 v. Chr.) Servius (4./5. Jh. n. Chr.)

60 oder 70 Jahre vor Rom (‚813 v. Chr., 823 v. Chr.‘)

armen. Tradition von Eusebius (5. Jh. n. Chr.)

143 Jahre und 8 Monate vor Salomos Tempel 38 Jahre vor der ersten Olympiade (814 v. Chr.) 1038 v. Chr. (AA 978) 1011 v. Chr. (AA 1005) 850 v. Chr. (AA 1166)

7.1.1.1 Sophokles (5. Jahrhundert v. Chr.) Aus einem Scholion zu Euripidesʼ Troerinnen ist ersichtlich, dass Sophokles 58 Karthagos Gründung zur Zeit von Triptolemos, also in der Mythenchronologie einige Zeit vor dem Trojanischen Krieg, 59 ansetzte. 7.1.1.2 Philistos von Syrakus (4. Jahrhundert v. Chr.) Philistos von Syrakus 60 ist in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. der erste antike Historiograph, der sich gemäß der erhaltenen Überlieferung zum Gründungsdatum Karthagos äußert. Dieses Fragment findet sich bei Hieronymus übersetzt aus Eusebiusʼ Chronik umgerechnet für das Jahr 1215 v. Chr.:

58 Schwartz 1891, 354 18; Radt 1977, 449 F 602 (apud Schol. Eur. Tro. 221). Das Scholion wird zur älteren Gruppe der Euripides-Scholien gezählt und auf die Arbeiten von Didymos (1. Jahrhundert v./n. Chr.) und Dionysios, einem ansonst unbekannten antiken Autor, zurückgeführt. Dickey 2007, 31–34. 59 Für einen Überblick über die zeitliche Ansetzung von Triptolemos, die sich im Laufe der Zeit verändert hat, in den schriftlichen Quellen siehe: Bremmer 2002. 60 BNJ 556 F 47 apud Eusebius (Helm 1956, 58be).

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298 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Filistus scribit a Zoro 61 et Carthagine Tyriis hoc tempore Carthaginem conditam 62 Philistos schreibt, dass Karthago von den Tyriern Zorus und Carthago in dieser Zeit gegründet wurde. 63 Somit gibt Philistos die Version wieder, wonach Zoros und Karthago, beide aus Tyros kommend, Karthago gründeten. Eusebiusʼ Formulierung verschweigt den genauen Datierungswortlaut von Philistos, der sich noch nicht der für den Hellenismus typischen präzisen Datierungsformel nach Olympiaden bedient hat. Gemäß der in Kapitel 3 dargelegten Entwicklung der Chronographie stand Philistos diese Datierungsmöglichkeit noch nicht zur Verfügung. Somit erscheint für dieses sehr hohe Gründungsdatum Karthagos eine Anbindung an den Trojanischen Krieg als zeitlichen Referenzpunkt sehr wahrscheinlich. 64 Ein weiteres Indiz dafür ist auch durch die Verwendung eponymer Gründerfiguren gegeben, weil Zorus/Azoros 65 und Carthago/Karchedon nichts Anderes als die lateinischen respektive griechischen Namensformen von Tyros und Karthago (Karchedon) darstellen. 66 7.1.1.3 Eudoxos von Knidos (4. Jahrhundert v. Chr.) Der ebenso im 4.  Jahrhundert  v. Chr. tätige Gelehrte Eudoxos von Knidos 67 setzte die Gründung Karthagos durch Azaros und Karchedon zeitlich kurz vor dem Trojanischen Krieg an, wie aus einem Kommentar zu Euripidesʼ Troerinnen ersichtlich ist: Ὀλίγῳ δὲ πρότερον τῶν Τρωϊκῶν Εὔδοξος ὁ Κνίδιός ἀπῳκηκέναι τοὺς Τυρίους εἰς αὐτὴν Ἀζάρου καὶ Καρχηδόνος ἡγουμένων, ἀφ᾽ οὗ καὶ τὴν ὀνομασίαν ἔσχεν ἡ πόλις. 68

61 Hier sind die unterschiedlichen Schreibweisen dieses Namens in der Überlieferung zu beachten, Hieronymus verwendet die Namensform Zorus, Synkellos hingegen Azoros. Siehe dazu: Jacoby, FGrHist III B, 564 (FGrHist 556 F 47) Anm. 4. 62 Originaltext nach: Helm 1956, 58be. 63 Eigene Übersetzung in Anlehnung an die englische Übersetzung von: Pearse et al. 2005. 64 Ob Eusebius wusste, wann Philistos den Trojanischen Krieg ansetzte, oder er schlicht Eratosthenesʼ Datum (1184/3  v. Chr.) übernahm, ist in diesem Zusammenhang nicht feststellbar. Das Datum 1215  v. Chr. kann ohnehin nicht als tatsächliches Datum im modernen Sinne gelten, sondern ist vielmehr als ein chronographisches Konstrukt der Mythenchronologie zu verstehen. 65 Eißfeldt 1948, col. 1876, 51–60. 66 Pearson 1987, 23 Anm. 20; Aubet 2001, 215. 67 Lasserre 1966, 124 F 360 (apud Schol. Eur. Tro. 221). 68 Griechischer Originaltext nach: Lasserre 1966, 124 F 360.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

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„Wenig vor dem trojanischen Krieg [, wie Eudoxos aus Knidos ,] wanderten die Tyrier nach Karchedon unter der Führung von Azaros und Karchedon aus, dessen Name der Stadt gegeben wurde.“ 69 7.1.1.4 Timaios von Tauromenion (3. Jahrhundert v. Chr.) Der augusteische Autor Dionysios von Halikarnassos 70 beschäftigte sich in seiner Römischen Frühgeschichte eingehend mit dem Gründungsdatum beziehungsweise den Gründungsdaten Roms, wofür er unterschiedliche Datierungen seiner Vorgänger sammelte und besprach. Dabei erwähnt Dionysios auch Timaios’ Version 71, wonach Karthago und Rom im gleichen Jahr, nämlich im 38. Jahr vor der ersten Olympiade, gegründet worden seien: τὸν δὲ τελευταῖον γενόμενον τῆς ῾Ρώμης οἰκισμὸν ἢ κτίσιν ἢ ὅτι δήποτε χρὴ καλεῖν Τίμαιος μὲν ὁ Σικελιώτης οὐκ οἶδ᾽ ὅτωι κανόνι χρησάμενος ἅμα Καρχηδόνι κτιζομένηι γενέσθαι φησὶν ὀγδόωι καὶ τριακοστῶι πρότερον ἔτει τῆς πρώτης ὀλυμπιάδος. 72 „Die letzte Besiedlung oder Gründung, oder wie auch immer man es nennen soll, lässt Timaios von Sikelia nach einem für mich nicht nachvollziehbaren Maßstab mit der Gründung Karthagos zusammenfallen, im 38. Jahr vor der ersten Olympiade [814/3 v. Chr.].” 73 Mit der Bezeichnung einer letzten Gründung bezieht sich Dionysios auf den Umstand, dass er unmittelbar davor auf Darstellungen einging, die Roms Gründung in unmittelbaren Anschluss an die Geschehnisse um Troja veranschlagten. In der augusteischen Zeit, als Dionysios von Halikarnassos dieses Zitat von Timaios festhielt, waren Olympiadendatierungen bereits eine fest etablierte Datierungskonvention. Für Timaios kann dies meiner Meinung nach im frühen 3.  Jahrhundert  v. Chr. bezweifelt werden. 74 Wie für jedes Fragment muss die Frage gestellt werden, ob Dionysios möglicherweise einen anachronistischen Eingriff in Timaios’ Datierungsweise vorgenommen haben könnte. In Hinblick auf Roms Gründungsdatum nach Marcus Porcius Cato 75 scheint dies aber eher unwahrscheinlich. Hier gibt Dionysios 76 klar die Information wieder, dass Cato keine Olympiadendatierung verwendete und überliefert neben einer Umrechnung noch Catos eigenen Wortlaut. So habe Cato Roms Gründung 432 Jahre nach dem Trojanischen Krieg angesetzt, was Dionysios nach dem Schema von Eratosthenes schließlich mit Ol. 7,1 69 70 71 72 73 74 75 76

Übersetzung: Lasserre 1966, 124. Dion. Hal. ant. 1, 74, 1–3. BNJ 566 F 60 (apud Dion. Hal. ant. 1, 74, 1). Griechischer Originaltext nach: BNJ 566 F 60. Übersetzung: Wiater 2014, 146. Siehe dazu: Kapitel 3. FRH 3 F1, 17; FRHist 5 *F 13a. Dion. Hal. ant. 1, 74, 2.

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300 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum (= 752 v. Chr.) ausdrückt. Aus diesem Grund liegt der Schluss nahe, die Formulierung der Gründung Roms und Karthagos im 38. Jahr vor der ersten Olympiade (oder den olympischen Spielen) bereits bei Timaios vermuten zu dürfen. Timaios hat sich demnach einer Intervalldatierung bedient, die an das Datum der ersten Olympischen Spiele anknüpft. Von den zahlreichen Synchronismen in Timaiosʼ Werk 77 ist jener von Karthago und Rom vermutlich am geläufigsten und diente wohl der Verdeutlichung der politischen Rivalität zwischen den beiden Städten. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern bietet Timaios sowohl für Rom als auch Karthago erstmals eine Datierung, die nicht an den Trojanischen Krieg anknüpft, sondern mit den ersten Olympischen Spielen zumindest theoretisch einen historischen Bezugspunkt aufweist. 78 Dionysios von Halikarnassos war nachweislich in chronologischen Angelegenheiten versiert, 79 wie unter anderem aus seiner Besprechung der zahlreichen Gründungsdaten Roms hervorgeht. Aus diesem Grund erscheint die Ratlosigkeit von Dionysios umso interessanter, dass er nicht wisse, auf welches chronologische System (κανών 80) sich Timaios bezieht. In der römischen Geschichtsschreibung setzte sich ein Gründungsdatum Roms um die Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. durch. 81 Richtungsweisend dürfte Fabius Pictors 82 (spätes 3. Jahrhundert v. Chr.) zeitliche Ansetzung in das erste Jahr der 8. Olympiade (= 748/7 v. Chr.) gewesen sein. Möglicherweise könnte sich Dionysios auf diesen Sachverhalt bezogen haben, wenn ihm Timaiosʼ Angabe aus der Sicht des Gründungsdatums Roms nicht nachvollziehbar schien. Damit ließe sich auch Dionysiosʼ Schwierigkeit verbinden, sein chronologisches Verständnis der ersten Olympischen Spiele und Timaiosʼ Angabe mit den aufgelisteten Gründungsdaten von Rom in Einklang zu bringen. 83 Die allgemein verbreitete Umrechnung von Timaiosʼ Angabe mit 814/3 v. Chr. ist nicht ohne Schwierigkeiten, wenn man die unsichere Entwicklung der Olympiadendatierung 77 Zu Timaiosʼ Verwendung von Synchronismen allgemein siehe: Asheri 1991/92.  Zu Timaiosʼ Synchronismus von Rom und Karthago im Speziellen sowie zur Frage, ob Timaios auch den Beginn des makedonischen Königshauses damit gleichgesetzt haben könnte siehe: De Fidio 1998. 78 Zu dieser Neuerung im Detail siehe: Feeney 2007, 53, 92–97. 79 Cornell 1995, 401; Schultze 1995. 80 LSJ übersetzt κανών in dieser Textstelle mit ‚system of chronology‘, was hier auch übernommen worden ist. Craige Champion hat diesen Terminus leicht abweichend mit ‚principle‘ in BNJ 566 F 60 übersetzt. 81 Feeney 2007, 95. Bekanntlich weist auch das Gründungsdatum Roms einige Schwankungen auf. Die meisten Angaben konzentrieren sich jedoch auf den Zeitraum zwischen den 50er und 20er Jahren des 8. Jahrhunderts v. Chr. Robert Werner (1963, 529) sowie Jonathan Hall (2014, 134 Tab. 7.2) bieten einen Kurzüberblick über die antiken Datierungen. Nach wie vor stellen die Monographien von Theodor Mommsen (1859), Wilhelm Soltau (1889) und Oskar Leuze (1909) die umfassendsten Standardwerke zur römischen Chronologie dar. 82 BNJ 809 F 3a; FRH 1 F 8; FRHist 1 F 5. 83 Clemence Schultze (1995, 199) bietet eine andere Erklärung für Dionysiosʼ Verständnisschwierigkeit. So soll Timaios dem Gründungsdatum Roms keine Liste der Könige von Alba Longa beigefügt haben. Diese Königsliste wurde jedoch notwendig, um die Zeit zwischen Aeneas direkt nach dem Trojanischen Krieg mit einem Datum ungerechnet im 8. Jahrhundert v. Chr. zu überbrücken. Siehe dazu: Cornell 1995, 125; Feeney 2007, 88–89, 96.

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bedenkt. 84 Denn erst Eratosthenes liefert im späten 3. Jahrhundert v. Chr. nachweislich die gängige Gleichung von Ol. 1,1 mit dem Jahr 776/5  v. Chr. So vermag der Vorschlag von Nikos Kokkinos 85 nicht vollständig überzeugen, der Timaios im Gegensatz zu Eratosthenes eine um zehn Jahre höhere Chronologie zuschreibt. Diese Annahme stützt sich ausschließlich auf den Vergleich zwischen Eratosthenesʼ Datum für den Trojanischen Krieg 1184/3  v. Chr. mit Timaiosʼ Einordnung 86, die mit 1193  v. Chr. umgerechnet wird. Laut Censorinus setzte Timaios den Trojanischen Krieg nämlich 417 Jahre vor der ersten Olympiade an. Timaiosʼ zeitlicher Ansatz für Karthago und Rom hängt also an den ersten Olympischen Spielen als Referenzpunkt, deren exakte zeitliche Verortung in den erhaltenen Timaios-Fragmenten eben nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist. Anstatt eines präzisen Kalenderjahres sollte deshalb Timaios’ eigentlicher Datierungskontext, nämlich 38 Jahre vor den ersten Olympischen Spielen, Berücksichtigung finden. Die problematische Quellenlage für die Frühgeschichte Roms hat dazu geführt, hinter Timaiosʼ Gründungsdatum für Rom und Karthago eine phönizische oder aus Karthago stammende Quelle zu vermuten. 87 Gemäß Polybios 88 soll Timaios 89 Material über die Tyrier (τὰ παρὰ Τυρίων ὑπομνήματα 90) gesammelt haben, wobei nicht eindeutig hervorgeht, um was es sich bei den Τυρίων ὑπομνήματα eigentlich handelt. Felix Jacoby 91 hat es abgelehnt, hierbei von Chroniken über Tyros zu sprechen, vielmehr hat er phönizische Händler in Athen als wahrscheinliche Informationsquellen vorgeschlagen. Frank Walbank 92 hingegen versteht darunter sehr wohl eine verschriftlichte Chronik über Phönizien, die Timaios als Quelle gedient habe. Inwieweit Timaios nun im frühen 3.  Jahrhundert  v. Chr. das Gründungsdatum Karthagos in welcher Weise auch immer einer phönizischen Quelle entnehmen konnte, ist allein schon aus dem fragmentarischen Zustand seines Werkes schwierig einzuschätzen, obgleich Kokkinos 93 Timaiosʼ Verwendung phönizischer Quellen als eine gegebene Tatsache betrachtet. Weil stichhaltige Fragmente fehlen, lässt sich ausschließlich auf Textbasis kein ausschlaggebendes Argument finden. So hat beispielsweise Pia De Fidio 94 den Einwand erhoben, dass für Timaiosʼ zeitlicher Verortung von Rom und Karthago genauso gut eine konstruierte Zählung ausgehend vom Trojanischen Krieg ausschlaggebend gewesen sein könnte. 95 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95

Siehe dazu: Kapitel 3. Kokkinos 2013, 50. BNJ 566 F 125 (apud Cens. 21, 2–3). U.a. De Fidio 1998, 411; Feeney 2007, 93; Champion 2010, Kommentar zu BNJ 566 F 60. Pol. 12, 28a, 3. BNJ 556 F 7. Griechischer Originaltext nach: BNJ 556 F 7. In den Manuskripten tauchen unterschiedliche Versionen des Ortsnamens auf. So ist er in der Loeb-Edition mit Κυρνίων wiedergegeben und mit nachfolgendem Fragezeichen mit ‚Assyrien‘ übersetzt worden. Siehe dazu: Walbank 1967, 411–412. Jacoby, FGrHist III B Komm. Text, 549 (FGrHist 566 F 7). Walbank 1967, 412. Kokkinos 2013, 49. De Fidio 1998, 422. Wenn man gemäß Pia De Fidio (1998, 422) 1193 v. Chr. als Datum für den Trojanischen Krieg in Timaiosʼ Werk annimmt,  –  eine nicht unproblematische Ausgangslage für diese hypothetische

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302 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Neben dem Synchronismus zwischen Rom und Karthago beschreibt Timaios 96 in einem weiteren Fragment die Gründungsgeschichte Karthagos um Elissa/Dido. Nachdem Elissas Bruder Pygmalion ihren Ehemann ermordet hatte, flüchtete sie mitsamt ihrer Habe sowie einigen Bürgern und gründete schließlich die Stadt Karthago in Libyen. Durch die Bezeichnung Pygmalions als König von Tyros besteht ein Anschluss an die tyrische Stadt in der Levante. Bei der Frage, mit welcher Quelle Timaios ein Gründungsdatum für Karthago 500 Jahre vor seiner Zeit festgelegt haben könnte, wird deshalb oftmals auf die so genannten tyrischen Archive verwiesen. 97 Die Evidenz dafür stammt jedoch ausschließlich aus der Feder von Flavius Josephus im späten 1. Jahrhundert n. Chr., worauf jetzt im nachfolgenden Abschnitt noch näher eingegangen wird. Letztlich beruht die Einschätzung der Quellenlage auf Überlegungen zu Timaios’ zeitlichem Umfeld im frühen 3.  Jahrhundert  v. Chr. Dazu kann die Diskussion um die tyrischen Archive gemäß Flavius Josephus meiner Meinung nach keine wirklich hilfreiche Lösung anbieten, zumal sie mit vielen Unsicherheiten behaftet ist und mehr Fragezeichen stehen lässt, als sie im Stande zu beantworten ist. In diesem Zusammenhang ist noch ein Verweis auf die punische Inschrift KAI 78 aus Karthago erwähnenswert, die vermutlich aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammt. Auf dieser Stele verweist der Weihende auf 16 Vorfahren, wobei es sich stets um eine Vater-Sohn-Abfolge und somit um 16 Generationen handelt. Meines Wissens ist diese Inschrift jedoch nicht in der Diskussion berücksichtigt worden, inwieweit Karthagos Gründungsdatum in Karthago oder Tyros überliefert worden sein könnte. Vielleicht könnte dies als vorsichtiger Beleg gesehen werden, dass Generationenveranschlagungen auch für Karthagos Gründungsdatum eine bedeutende Rolle spielten. Ob Timaios nun das Gründungsdatum von Karthago und in weiterer Folge auch von Rom tatsächlich einer phönizischen Quelle entnehmen konnte, lässt sich mit den vorliegenden Quellen zumindest aus meiner Sicht nicht klar entscheiden. 7.1.1.5 Menander von Ephesos (2. Jahrhundert v. Chr.) / Flavius Josephus (1. Jahrhundert n. Chr.) Flavius Josephus gab vor, über die früheisenzeitlichen Verhältnisse in Tyros Bescheid zu wissen, und stützte sich dabei auf die beiden griechischen Historiographen Menander von Ephesos (2. Jahrhundert v. Chr.) und Dios 98. Flavius Josephus bezeichnent Menander Rechnung – erhielte man zu Beginn der 14. Generation zu je 40 Jahren theoretisch 814 v. Chr. als Resultat. Weitere rechnerische Überlegungen, die wenig überzeugen, finden sich gesammelt bei: Asheri 1991/92, 65 Anm. 20. 96 BNJ 566 F 82 (apud Anonymi Paradoxographi, De mulieribus 6, 215). 97 Z.B. Asheri 1991/92, 63; Amadasi Guzzo 2007, 16. 98 Wann genau Dios sein Werk verfasste, lässt sich nicht mehr feststellen. Der einzige sichere Anhaltspunkt stellt Flavius Josephusʼ Zitat dar, wodurch aber auch nur ein grober Terminus ante quem erreicht wird (Kaldellis 2007, Kommentar zu BNJ 785). Die Grundlage für eine Zuweisung ins 2. Jahrhundert v. Chr. bei Folkert Siegert (2008a, 30) wird nicht näher ausgeführt und bleibt deshalb höchst unklar.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

303

in den Jüdischen Altertümern zwei Mal als Übersetzer von tyrischen Altertümern/ Archiven (τὰ Τυρίων ἀρχεῖα) 99, hingegen taucht Menander in Flavius Josephus’ Schrift Gegen Apion als Verfasser eines Werkes über die Taten von griechischen und barbarischen Königen 100 auf. Giovanni Garbini 101 geht davon aus, dass sich Flavius Josephus bei beiden Erwähnungen auf dasselbe Werk von Menander bezieht, bei der Darstellung von einer genuinen Übersetzungsarbeit von Menander aber übertrieben habe. Seiner Meinung nach habe Menander nur die Übersetzung eines unbekannten Autors verwendet. Dafür spricht auch der fehlende phönizische Hintergrund Menanders, der gemäß Flavius Josephus aus Ephesos stammt und somit keinen überlieferten Ortsbezug zu Tyros aufweist. Auch Flavius Josephusʼ zweite Quelle, Dios, von dem überhaupt nur Flavius Josephus zu berichten weiß, gestaltet sich in der Suche nach den tyrischen Archiven als nicht vielversprechender. Flavius Josephus 102 weist Dios zwar als Spezialisten phönizischer Geschichte aus, zitiert ihn aber einzig für einen Briefwechsel zwischen Salomo und Hiram. Zusammengenommen ist Flavius Josephusʼ Zeugnis 103 von den so genannten tyrischen Archiven wohl am ehesten in Hinblick auf die hellenistische Historiographie über Phönizier/ Phönizien 104 zu verstehen. Zuletzt hat Jan Dochhorn für Flavius Josephusʼ Quellenbenutzung zur phönizischen Geschichte den stark apologetischen Charakter unterstrichen, wonach es Flavius Josephus primär um den Beleg eines höheren Alters für das Judentum gegangen sei. Flavius Josephus’ Herangehensweise kann auch zu einer entsprechenden Verzerrung beigetragen haben: „In diesen Zusammenhang gehört auch die Tendenz, die phönizischen Quellen (unausgesprochen) mit entscheidenden Daten externer Provenienz zu kombinieren und dann zu behaupten, das so gewonnene Ergebnis stehe in den phönizischen Quellen – so etwa bei der synchronistischen Berechnung zur Erbauung des Jerusalemer Tempels (die Angabe, dass der Tempel im 12. Jahr des Königs Hiram errichtet wurde, findet sich weder bei Dios noch bei Menander).  […]  Es offenbart eine Tendenz, Quellen nicht primär analytisch, sondern kombinatorisch-synthetisch auszuwerten; genauso geht prinzipiell auch die frühjüdische Exegese vor.“ 105 Unabhängig von Flavius Josephusʼ Zeugnis wird in der Forschung sehr wohl von einer phönizischen Historiographie im 10.  bis 8.  Jahrhundert v. Chr. ausgegangen. Nachdem sich diese nicht erhalten hat, sind auch Aussagen über deren genaue Form stark spekulativ und in weiterer Folge trifft dies ebenso auf die Quellenfrage für Menander zu. 106 99 100 101 102 103

BNJ 783 T 3a (apud Ios. Ant. Iud. 8, 144), T 3b (apud Ios. Ant. Iud. 9, 283). BNJ 783 T 3c (apud Ios. c. Ap. 1, 116). Garbini 1980, 116–117. BNJ 785 T 1 (apud Ios. c. Ap. 1, 112), F 1 (apud Ios. Ant. Iud. 8, 147–149). Zu den oben zitierten Textstellen ist noch Ios. Ant. Iud. 8, 55 zu ergänzen, worin Flavius Josephus im Gegensatz zu anderen Passagen zweifelsfrei von einem tyrischen Archiv (Τυρίων γραμματοφυλακεῖον) spricht. 104 Eine Sammlung von Textstellen, die griechische Werke über Phönizien (Phoinikiká) nennen, findet sich bei: Kokkinos 2013, 24–40. 105 Dochhorn 2008, 52. 106 Garbini 1980, 125; Moscati 1992, 11; Aubet 2001, 28.

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304 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Die bei Flavius Josephus überlieferte tyrische Königsliste Menanders 107 beinhaltet einen Vermerk auf die Gründung Karthagos durch Elissa im siebten Regierungsjahr von Pygmalion. Wie für das chronographische Genre typisch, besitzt diese Königsliste ihre Schwierigkeiten mit abweichenden Angaben für die Regierungs- sowie Lebensdauer der Herrscher, weshalb sich daraus nur schwer eine absolute Datierung herauslesen lässt. Für einen besseren Überblick ist in Tabelle 27 die Zusammenstellung von Nikos Kokkinos übernommen worden. Kokkinos hat nach eigener Angabe die mittelalterlichen Manuskripte kollationiert und dabei Abweichungen von den Editionen feststellen können. So führt auch Brillʼs New Jacoby 108 im Gegensatz zu Kokkinos die Regierungszeit von Balbazeros mit 17(?) und jene von Mettenos mit 29 an. Zusammen mit den unterschiedlichen Angaben zur Lebensdauer ist diese Liste noch ohne Rücksicht auf eine absolute Verankerung bereits unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten unterworfen. Auch der Umstand, dass sämtliche Autoren nach Flavius Josephus den Usurpator in der Königsliste nicht erwähnen, ermöglicht divergierende Rekonstruktionen. Als gravierendes Problem sind einmal mehr die Summenangaben zu erwähnen: Gemäß Menander gründete Pygmalions Schwester in dessen siebten Regierungsjahr Karthago, was 155 Jahre und 8 Monate nach Hirams Regierungsbeginn geschehen sein soll. Jedoch stimmt diese Summe in keiner der überlieferten Manuskripte mit den Einzelsummen der Regenten überein, wie aus Tabelle 27 hervorgeht. Zur Behebung dieser Unstimmigkeit wird oftmals eine Emendation der Regierungsdauer Balbazeros von 7 auf 17 Jahre und Mettenos’ von 9 auf 29 Jahre vorgenommen. 109 Einen anderen Zugang zu Menanders tyrischer Königsliste hat hingegen Jan Dochhorn 110 vorgeschlagen. Er sieht bereits in der Summenangabe mit 155 Jahren und 8 Monaten eine Berechnung von Flavius Josephus, die in dieser Form nicht von Menander stamme. Damit geht freilich ein essentielles textimmanentes Argument zur chronologischen Rekonstruktion der Königsliste verloren, weil die Summenziffer ohnehin als fehlerhaft beziehungsweise verderbt zu betrachten sei. Nicht zuletzt deshalb unternimmt Dochhorn wohl auch keinen Versuch, eine absolute Chronologie für die tyrischen Herrscher zu erstellen.

107 BNJ 783 F 1 (apud Ios. c. Ap. 1, 125). 108 BNJ 783 F 1. 109 Pierre Cintas (1970, 187–203) hingegen verfuhr anders und verwendete ausschließlich die Zahlenangaben vom Codex Laurentianus Graecus und interpretierte die abweichenden Summenangaben als fehlerhafte beziehungsweise ungenaue Zusammenstellung von zwei Informationsquellen, die Flavius Josephus bereits in seiner Quelle so vorfand. 110 Dochhorn 2001.

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305

Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

Tabelle 27: Tyrische Königsliste in der unterschiedlichen Texttradition gemäß Kokkinos 2013, 57–58 König

Codex Laurentianus Graecus 111

Codex Laurentianus Latinus 112

Theophilus 113

Eusebius 114

arm. EuseSynkellos 116 bius 115

Hiram

[34]

34



34

34

34

Balbazeros

7

7

17

7

17

17

Abdastartos

9

9



9

9

9

Usurpator

12











Metusastartos

12

12

12

12

12

12

9

9

9

9

9

Astharymos 9 Phelles

8 Monate

8 Monate

8 Monate

18 Monate

8 Monate

8 Monate

Ithobalos

32

32

12

32

32

32

Balezeros

6

6

7

28

8

8

Mettenos

9

9

29

25

29

25

Pygmalion

47

40

7

47

47

47

155 Jahre Summe 8 Monate bis zum 7. Regierungsjahr Pygmalions

155 Jahre 8 Monate

155 Jahre 8 Monate

155 Jahre 18 Monate

155 Jahre 8 Monate



tatsächliche 137 Jahre Summe 8 Monate

125 Jahre 8 Monate

93 Jahre 8 Monate

153 Jahre 18 Monate

157 Jahre 8 Monate

153 Monate 8 Monate

111 Josephus Graecus im Codex Laurentianus Graecus (11. Jahrhundert n. Chr.). 112 Josephus Latinus apud Cassiodor (6.  Jahrhundert  n. Chr.) im Codex Laurentianus Latinus (11. Jahrhundert n. Chr.). 113 Josephus apud Theophilus (2. Jahrhundert n. Chr.). 114 Josephus apud Eusebius (Ekloge Historion 15. Jahrhundert n. Chr.). 115 Josephus apud Eusebius Arm. 116 Josephus apud Synkellos (8. Jahrhundert n. Chr.).

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306 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum

König

Codex Laurentianus Graecus 111

Codex Laurentianus Latinus 112

Theophilus 113

Eusebius 114

arm. EuseSynkellos 116 bius 115

Summe 143 Jahre vom 8 Monate 12. Regierungsjahr Hirams (= Tempel) bis zum 7. Regierungsjahr Pygmalions

143 Jahre 8 Monate

133 Jahre 8 Monate

143 Jahre 18 Monate

143 Jahre 8 Monate

143 Jahre 8 Monate

tatsächliche 125 Jahre Summe 8 Monate

113 Jahre 8 Monate

[115 Jahre 8 Monate]

141 Jahre 18 Monate

145 Jahre 8 Monate

141 Jahre 8 Monate

In der älteren Forschung, so beispielsweise in den Abhandlungen von Franz Rühl 117 oder Eduard Meyer 118, diente neben Überlegungen zur komplexen biblischen Chronologie Timaiosʼ Gründungsdatum für Karthago (‚814  v. Chr.‘) als Aufhänger der absoluten Chronologie der tyrischen Königsliste. Dabei kann aber Timaiosʼ zeitlicher Ansatz für Karthago nicht durch unabhängige Quellen bestätigt werden, sondern dient vielmehr als Voraussetzung der absoluten Chronologie der tyrischen Herrscher. Erst in den 50er Jahren bot der Fund der Inschrift IM 55644 119 eine unabhängige Einordnungsmöglichkeit: Demnach erhielt Salmanassar III. (858–824 v. Chr.) 120 im 18. Regierungsjahr, was 841 v. Chr. entspricht, Tributzahlungen vom tyrischen Herrscher Ba-ʼa-li-ma-an-NUMUN (= Ba’alimanzēri). 121 Dieser Herrscher wird einheitlich mit dem überlieferten Königsnamen Balezeros identifiziert, da die Verbindung mit dem ähnlich klingenden Namen Balbazeros, dem zweiten Regenten der tyrischen Königsliste, eine viel zu hohe Chronologie zur Folge hätte. Die kurze Regierungsdauer Balezerosʼ mit nur sechs Jahren wurde zuletzt einheitlich mit dem höchst möglichen Intervall, also 847–841 v. Chr., angesetzt. 122 Aufgrund der Divergenzen in der internen Chronologie der Königsliste sind ebenso Unterschiede in der absoluten Chronologie möglich, 123 wie auch beispielsweise die Gegenüberstellung 117 Rühl 1893, 576. 118 Meyer 1931, 125 Anm. 2, 437–438. 119 Fuad Safar (1951) hat als erster die ganze Inschrift aus Assur publiziert. Sie findet sich heute in der Standardedition der RIMA-Bände bei Grayson (1996, 50–56.) Die relevante Nennung der Tributzahlung erfolgt auf der Rückseite der Inschrift IV 10–12. 120 Baker 2008b. 121 Edward Lipiński (1999) verweist zudem auf eine Parallelstelle (Grayson 1996, 78 = A.0.102.16 Zeile 134'), die ebenso die Tributzahlungen von Ba’ali-manzēri erwähnt. 122 Lipiński 1970, 64; Kokkinos 2013, 46. 123 Ein Überblick über Vorschläge der älteren Sekundärliteratur findet sich bei: Dochhorn 2001, 86.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

307

von Kokkinos und Lipińskis Datierungen in Tabelle 28 zeigt. Im Gegensatz zur älteren Forschung haben Liver 124 und Lipiński 125 nun Pompeius Trogusʼ Gründungsdatum für Karthago (‚825/4  v. Chr.‘ 126) als siebtes Jahr von Pygmalion verwendet, wodurch sich ihre Rekonstruktion der tyrischen Königsliste mit dem assyrischen Synchronismus in Einklang bringen lässt. Kokkinos 127 setzt hingegen das Jahr 808/7 v. Chr. für Pygmalions siebtes Regierungsjahr und somit für die Gründung Karthagos an. Die Diskrepanz zu Timaiosʼ Gründungsdatum, das auch Kokkinos mit 814  v. Chr. umrechnet, sei seiner Ansicht nach schlicht den begrenzten Mitteln der antiken Chronographie zuschreiben. Tabelle 28: Rekonstruktion der tyrischen Königsliste nach Kokkinos 2013 und Lipiński 1970 Kokkinos

Lipiński

Hiram

955/4–922/1 v. Chr.

ca. 962–929 v. Chr.

Balbazeros

922/1–906/5 v. Chr.

ca. 928–922 v. Chr.

Abdastartos

906/5–898/7 v. Chr.

ca. 921–913 v. Chr.

Usurpator



ca. 912–901 v. Chr.

Metusastartos

898/7–887/6 v. Chr.

ca. 900–889 v. Chr.

Astharymos

887/6–879/8 v. Chr.

ca. 888–880 v. Chr.

Phelles

879/8–878/7 v. Chr.

ca. 879 v. Chr.

Ithobalos

878/7–847/6 v. Chr.

ca. 878–847 v. Chr.

Balezeros

847/6–842/1 v. Chr.

ca. 846–841 v. Chr.

Mattenos

842/1–814/3 v. Chr.

ca. 840–832 v. Chr.

Pygmalion

814/3–768/7 v. Chr.

ca. 831–785 v. Chr.

Nach gängiger Meinung liegt mit dem Vermerk in der tyrischen Königsliste nun eine zeitliche Einordnung Karthagos im letzten Viertel des 9. Jahrhunderts v. Chr. vor, 128 wobei aber zu bedenken bleibt: Menander könnte Timaios als Quelle verwendet und die Gründung Karthagos einfach in eine bestehende Königsliste eingefügt beziehungsweise einem Regierungsjahr von Pygmalion zugewiesen haben. Davon sind beispielsweise Gilbert und Colette Picard 129 ausgegangen, da ihrer Meinung nach die eindeutig negative Darstellung Pygmalions in einer zeitgenössisch offiziellen Darstellung in Tyros nicht denkbar sei. Die 124 Liver 1953, v.a. 118–119. 125 Lipiński 1970, 62. 126 Pompeius Trogus (Iust. 18, 6, 9) datierte Karthago 72 Jahre vor Rom, was umgerechnet mit dem varronischen Gründungsdatum Roms (753 v. Chr.) eben 825 v. Chr. ergibt. 127 Kokkinos 2013, u.a. 50–51, 54. 128 Asheri 1991/92, 64. 129 Picard – Picard 1968, 32–33.

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308 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Geschichte um Elissas/Didos Flucht aus Tyros nach Karthago, nachdem Pygmalion ihren Ehemann ermorden ließ, ist aus den Werken griechisch-römischer Autoren hinlänglich bekannt. Allein die phönizischen Elemente der Erzählung, darunter beispielsweise die Namensformen der Protagonisten, 130 können das Gründungsdatum bei Flavius Josephus beziehungsweise Menander nicht als akkurate phönizische Überlieferung ausweisen. Letztlich bleiben einige Punkte zum möglichen phönizischen Hintergrund des Gründungsdatums Karthagos sowie zu einer möglichen Verkettung hellenistischer Quellen nach derzeitigem Forschungsstand unbeantwortbar. 7.1.1.6 Cicero (1. Jahrhundert v. Chr.) Cicero 131 berichtet im ersten Buch seines Werkes De Re Publica, dass Karthago in etwa 600  Jahre (sescentos fere annos 132) existiert habe. Nachdem Karthago bekanntlich 146 v. Chr. 133 zerstört wurde, ließe sich somit ein Gründungsdatum von zirka 746 v. Chr. errechnen. Im zweiten Buch desselben Werkes setzt Cicero 134, eindeutig Timaios folgend, Karthago im 39. Jahr vor der ersten Olympiade (trigesimo nono ante primam Olympiadem 135) an, was bei der gängigen Gleichung von Ol. 1,1 mit 776 v. Chr. einem Gründungsdatum von 814 v. Chr. für Karthago entspricht. 7.1.1.7 Livius (1. Jahrhundert v. Chr.) Während Cicero der Stadt Karthago eine 600-jährige Existenz zuwies, soll sie gemäß dem augusteischen Autor Livius 136 hingegen im 700. Jahr nach seiner Gründung (septingentesimo anno quam erat condita 137) zerstört worden sein. Demnach ließe sich Karthagos Gründungsdatum mit 846 v. Chr. umrechnen.

130 131 132 133 134 135 136 137

Aubet 2001, 217. Cic. rep. 1, Fr. 3. Originaltext nach: Keyes 2006, 108. U.a. Hieronymus (Helm 1956, 143g). Cic. rep. 2, 23, 42. Originaltext nach: Keyes 2006, 150. Liv. epit. 51. Originaltext nach: Schlesinger 1967, 38.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

309

7.1.1.8 Pompeius Trogus (1. Jahrhundert v. Chr.) Nach Iustins Epitome (2–4. Jahrhundert n. Chr.) 138 setzte Pompeius Trogus 139 die Gründung Karthagos 72 Jahre vor Rom (LXII annis ante quam Roma 140) an. Wie in der Diskussion um die absolute Datierung der tyrischen Königsliste bereits angesprochen worden ist, rechnet man diese Angabe allgemein mit 825/4 v. Chr. um, indem man Roms Gründung im Jahr 753 v. Chr. veranschlagt. 141 Jedoch ist in den erhaltenen Fragmenten der Universalgeschichte nicht ersichtlich, wie Pompeius Trogus die Gründung Roms tatsächlich datierte. 142 Ausgehend von der Prämisse, Pompeius Trogus habe tatsächlich das varronische Datum 753 v. Chr. übernommen, wurden auch Vorschläge einer Emendation der Zahl von 72 auf 62 vorgebracht, um eine Übereinstimmung mit Timaiosʼ Gründungsdatum zu erhalten. 143 7.1.1.9 Velleius Paterculus (1. Jahrhundert n. Chr.) Auch Velleius Paterculus 144 setzte Karthagos Gründung in zeitliche Relation zu Rom. Demnach habe Dido/Elissa Karthago 65 Jahre vor Rom (ante annos quinque et sexaginta quam urbs Romana 145) gegründet. Weil Velleius Paterculus in seinem Werk nachweislich sowohl Varros (753 v. Chr.) als auch Catos Kalkulation (751 v. Chr.) für Roms Gründung verwendete, 146 ließe sich somit 818 oder 816  v. Chr. für Karthago festlegen. An anderer Stelle schreibt Velleius Paterculus 147 der Stadt Karthago ein 666-jähriges Bestehen 138 139 140 141 142 143 144 145 146

Zur Datierungsfrage von Iustin mit weiterführender Literatur: Emberger 2015, 11. Iust. 18, 6, 9. Originaltext nach: Laser 2016, 18. U.a. Liver 1953, 118–119; Peñuela 1954, 28–29; Cintas 1970, 162–163; Lipiński 1970, 62. Burde 1974, 113. Zu dieser Diskussion mit weiterführender Literatur: Cintas 1970, 155. Vell. 1, 6, 4. Originaltext nach: Giebel 1989, 12. Van Compernolle 1960, 150–153.  Velleius Paterculus’ (1, 8, 4) Datierung der Gründung Roms hängt an drei unterschiedlichen Aussagen: 1) Rom sei 22 Jahre nach den ersten Olympischen Spielen (776  v. Chr.) in der 6.  Olympiade (756/5–753/2  v. Chr.) gegründet worden, also umgerechnet 754/3 v. Chr. 2) Rom sei 781 Jahre vor dem Konsulat von M. Vinicius (30. n. Chr.), also 752/1 v. Chr., anzusetzen. 3) Als letzte Datierungsform setzte Velleius Paterculus Roms Gründung 437 Jahre nach dem Trojanischen Krieg an. Die gängigen Textkommentare (Portalupi 1967, 14; Hellegouarc’h 1982, 31; Giebel 1989, 282) datieren den Trojanischen Krieg in Velleius Paterculusʼ Schema umgerechnet ins Jahr 1188 v. Chr., um mit der zuvor genannten Datierung eine Übereinstimmung zu erhalten. Letztlich ist m.E. jedoch nicht klar ersichtlich, wann Velleius Paterculus den Trojanischen Krieg ansetzte. Häufig wird ebenso von einer Übernahme der Datierung von Eratosthenes (1184/3 v. Chr.) ausgegangen. Obwohl sich in den modernen Umrechnungen minimale Abweichung in der zeitlichen Verortung Roms feststellen lassen, dürfte Velleius Paterculus ein bestimmtes Jahr gemeint haben. Die Divergenzen sind auf unterschiedliche Datierungssysteme zurückzuführen. 147 Vell. 1, 12, 5.

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Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum

zu, bis sie schließlich 177 Jahre vor Velleius Paterculusʼ Werk im Jahr der Konsuln Cn. Cornelius Lentulus und L. Mummius zerstört wurde. Die Konsulnennung wird im Jahr 146  v. Chr. verortet, 148 weshalb hier als Gründungsdatum Karthagos inklusiv 813 oder exklusiv 812 v. Chr. angenommen werden darf. René Van Compernolle 149 hat zudem auf eine leichte Diskrepanz zwischen der Konsulnennung und dem Intervall von 177 Jahren hingewiesen. Velleius Paterculus widmete sein Werk Marcus Vinicius, der 30 n. Chr 150 zum ersten Mal das Konsulamt innehatte. Nimmt man 30  n. Chr. als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Zeitpunkts von Karthagos Zerstörung, wäre dies abweichend 148 v. Chr. anzusetzen. 151 Wenn Karthago nun 666 Jahre existierte, erhält man bei exklusiver Zählweise 814 v. Chr. für Karthagos Gründung. 7.1.1.10 Flavius Josephus (1. Jahrhundert n. Chr.) Neben der tyrischen Königsliste verbindet Flavius Josephus 152 Karthagos Gründung zudem mit der biblischen Chronologie, indem er Salomos Tempel in Jerusalem im 12.  Regierungsjahr von Hiram 153 143 Jahre und 8 Monate vor Karthago ansetzt. Ohne hier auf die umfangreiche Diskussion zur historischen Figur Salomos 154 einzugehen, die gemäß gängiger Lehmeinung nur grob in das zweite Drittel des 10. Jahrhunderts v. Chr. datiert werden kann, 155 bietet Flavius Josephus zwei unterschiedliche zeitliche Ansätze zum Tempelbau, wonach Karthago noch im 10. Jahrhundert v. Chr. zu datieren wäre. 156 In den Jüdischen Altertümern 157 liefert Flavius Josephus eine Reihe von Intervallangaben, die Antiochos Eupator V. als Endpunkt aufweisen. Anhand dessen Regierungsantritt im Jahr 164 v. Chr. 158 ließe sich für Salomos Regierungsbeginn das zu hohe Datum 1113 v. Chr. annehmen. Aus dem ersten Buch der Könige 159 übernahm Flavius Josephus 160 den zeitlichen Ansatz des Tempelbaus im vierten Regierungsjahr von Salomo, womit der 148 149 150 151 152 153

154 155 156 157 158 159 160

Broughton 1951, 465–466; Samuel 1972, 264. Van Compernolle 1960, 147. Broughton 1951; Samuel 1972, 268. Dieser Aspekt betrifft das bekannte Phänomen, wonach die Konsulnennung zwar eindeutig ein Jahr bestimmt, was aber im absoluten Zeitraster unterschiedlich verortet werden kann. Ios. c. Ap. 1, 126. An anderer Stelle hingegen platzierte Flavius Josephus (Ant. Iud. 8, 62) den Tempelbau im 11.  Regierungsjahr von Hiram, 240 Jahre vor der Gründung von Tyros. Die Ansetzung von Salomos Tempel im 12. Jahr von Hiram wird von der rezenten Forschung (Siegert 2008a, 35) übrigens als Josephus’ eigene Schlussfolgerung aufgefasst. Zur unterschiedlichen Einschätzung der historischen Figur Salomo mit weiterführender Literatur siehe: Handy 1997a; Finkelstein – Silberman 2006, 270–272. Z.B. Handy 1997b; Liwak 2001. Van Compernolle 1960, u.a. 159, 229–233. Ios. Ant. Iud. 20, 231–234. Mehl 1996; Eder 2004b, 31. 1Kön 6, 1. Ios. Ant. Iud. 8, 61.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

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Tempel nach Flavius Josephus mit 1109 v. Chr. veranschlagt werden kann. In der unten stehenden Tabelle wurde die relevante Information aufgeschlüsselt, worin auch schnell ein eklatantes Problem ersichtlich wird: Zwei Eckpfeiler in dieser chronologischen Reihe widersprechen keilschriftlichen Quellen. So setzte Flavius Josephus die Einnahme Babylons durch Kyros II. ins Jahr 577 v. Chr. anstatt 539 v. Chr. 161 Ferner widerspricht auch die Zerstörung des Tempels unter Nebukadnezar II. (604–562 v. Chr.) 162 vermeintlich im Jahr 647 v. Chr. den bekannten Regierungsdaten des neubabylonischen Königs. Bei exklusiver Rechnung und Berücksichtigung der Monatsangaben der Intervalle erhielte man theoretisch für Karthago ein Gründungsdatum 967 v. Chr. 163 Tabelle 29: Überblick über Flavius Josephusʼ Datierung des salomonischen Tempels in den Jüdischen Altertümern Intervallangabe

absolutes Datum

Regierungsantritt von Antiochos Eupator V.

164 v. Chr.

414 Jahre bis zur Beendigung des jüdischen Exils durch Kyros II.

578 v. Chr.

70 jähriges jüdisches Exil, Zerstörung des Tempels durch Nebukadnezar II.

648 v. Chr.

Von Salomon bis Nebukadnezars II. Einnahme von Jerusalem 466 Jahre, 6 Monate und 10 Tage

1114 v. Chr.

Tempel wurde im 4. Regierungsjahr Salomos erbaut

1110 v. Chr.

Tempel 143 Jahre und 8 Monate vor Karthago erbaut

967 v. Chr.

In seinem Werk Der Jüdische Krieg bietet Flavius Josephus 164 eine weitere zeitliche Verortung des Tempels in Jerusalem. Demnach habe dieser vom zweiten Regierungsjahr Vespasians (70 n. Chr.) 1130 Jahre, 7 Monate und 15 Tage Bestand gehabt. Umgerechnet in absoluten Zahlen würde dies ein Datum von 1061 v. Chr. bedeuten, wobei analog zu vorher das problematisch hohe Datum für Salomo auffallen muss. In Bezug auf die 161 Die Regierungsdauer Nabonids und das Jahr der Eroberung Babylons durch Kyros (539 v. Chr.) hat sich meines Wissens in keiner Keilschriftquelle, weder in der Nabonid-Chronik noch in einer babylonischen Königsliste, einwandfrei erhalten. Erst in den zwei Fragmenten von Berossos BNJ 680 F 9a apud Eusebius (Karst 1911, 15, 8) und 9b apud Flavius Josephus c. Ap. 1, 150 sowie im Ptolemäischen Königskanon lässt sich die Dauer von 17 Jahren tatsächlich feststellen. 162 Streck 2001. 163 René Van Compernolle (1960, 159) sowie Pierre Cintas (1970, 162–163) haben im Gegensatz dazu 965 v. Chr. als Endresultat, weil sie mit 162 v. Chr. ein leicht divergierendes Ausgangsdatum nehmen. 164 Ios. bell. Iud. 6, 269.

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312 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Intervallangabe für Karthago ließe sich somit ein Gründungsdatum 917 v. Chr. herauslesen. Tabelle 30: Überblick über Flavius Josephusʼ Datierung des salomonischen Tempels im Jüdischen Krieg Intervallangabe

absolutes Datum

2. Regierungsjahr von Vespasian

70 n. Chr.

1130 Jahre, 7 Monate und 15 Tage bis zur Errichtung des salomonischen Tempels

1061 v. Chr.

Tempel 143 Jahre und 8 Monate vor Karthago erbaut

917 v. Chr.

7.1.1.11 Apion (1. Jahrhundert n. Chr.) Apion 165 setzte gemäß Flavius Josephus 166 den Exodus und Karthagos Gründung zeitgleich in Ol. 7,1, also im Jahr 752 v. Chr., an. Unabhängig von Flavius Josephusʼ eigentlicher Intention, Apions Datierung des Exodus als zu niedrig zu belegen, stellt dies neben Cicero die einzige Angabe für Karthagos Gründung im 8. Jahrhundert v. Chr. dar. Es liegt die Vermutung nahe, dass hinter Apions Datierung die Aufrechterhaltung des Synchronismus zwischen Rom und Karthago stecken könnte, wobei das kanonisierte Gründungsdatum Roms im 8. Jahrhundert v. Chr. möglicherweise als Ausgangslage diente. 167 7.1.1.12 Appian (2. Jahrhundert n. Chr.) Der im 2.  Jahrhundert  n. Chr. tätige Autor Appian 168 berichtet von der Gründung Karthagos 50 Jahre vor der Einnahme Trojas (πεντήκοντα πρὸ ἁλώσεως Ἰλίου 169) entweder durch die eponymen Figuren Zoros und Karchedon oder durch die aus Tyros stammende Dido, welche nach der Ermordung ihres Ehemanns durch Pygmalion flüchtete. Neben der Anbindung an die Mythenchronologie bietet Appian 170 zudem die Information, Karthago habe 700 Jahre Bestand gehabt: Καρχηδόνα τὴν ἐν Λιβύῃ Φοίνικες ᾤκισαν ἔτεσι πεντήκοντα πρὸ ἁλώσεως Ἰλίου, οἰκισταὶ δʼ αὐτῆς ἐγένοντο Ζῶρός τε καὶ Καρχηδών, ὡς δὲ ῾Pωμαῖοι καὶ αὐτοὶ Καρχηδόνιοι 165 166 167 168 169 170

BNJ 616 F4a. Ios. c. Ap. 2, 17. Feeney 2007, 251 Anm. 137. App. Pun. 1. Originaltext nach: White 1958, 402. App. Pun. 2.

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νομίζουσι, Διδὼ γυνὴ Τυρία, ἧς τὸν ἄνδρα κατακαίνει Πυγμαλίων Τύρου τυραννεύων, καὶ τὸ ἔργον ἐπέκρυπτεν.  […]  ἑπτακοσίοις δ᾽ αὐτοὺς ἔτεσιν ἀπὸ τοῦ συνοικισμοῦ Ῥωμαῖοι Σικελίαν ἀφείλοντο, καὶ Σαρδὼ μετὰ Σικελίαν, δευτέρῳ δὲ πολέμῳ καὶ Ἰβηρίαν. 171 „Karthago (Karchedon) in Afrika gründeten die Phoiniker 50 Jahre vor der Einnahme Ilions. Seine Gründer aber waren entweder Xoros [sic] und Karchedon oder – nach Ansicht der Römer und Karthager selbst – Dido, eine Frau aus Tyros, deren Gatte heimlich durch Pygmalion, den Tyrannen von Tyros, getötet worden war. […] Ungefähr 700 Jahre nach Gründung der Stadt nahmen ihnen die Römer Sizilien und danach Sardinien ab, in einem zweiten Krieg auch noch Iberien.“ 172 Unmittelbar nach der Erwähnung, dass Karthago zirka 700 Jahre existiert habe, schildert Appian den Ausgang des ersten Punischen Kriegs (241 v. Chr.). Deshalb könnte man Appians Angabe für Karthagos Gründung mit ungefähr 941 v. Chr. umrechnen. Pierre Cintas 173 hat aufgrund der folgenden Auflistung aller drei Punischen Kriege jedoch auch die Berücksichtigung der anderen beiden Kriege als zeitliche Referenzpunkte und deshalb 901 v. Chr. und 846 v. Chr. als Gründungsdaten vorgeschlagen. Weil zwischen der Intervallnennung und der Beschreibung der anderen Punischen Kriege jedoch ein paar Sätze liegen, erscheint als Ausgangspunkt das Ende des ersten Punischen Kriegs überzeugender. 7.1.1.13 Solinus (3. Jahrhundert n. Chr.) Der in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. tätige Autor Solinus 174 äußert sich auch zum Alter der Stadt Karthago. Unglücklicherweise weisen die Manuskripte hier größere Unterschiede auf und geben für die Existenz Karthagos 677, 737, 738 und 838 Jahre an. Weil die Mehrheit der Texte die Zahl 737 aufweist, 175 hat diese Angabe schließlich auch Eingang in die neulich erschienene Übersetzung von Kai Brodersen 176 gefunden. Letztlich ist es schwierig zu entscheiden, welche Zahl und somit welches Gründungsdatum tatsächlich von Solinus gewählt wurde. Zieht man alle Abweichungen in Betracht, ließen sich somit 823  v. Chr. (146+677), 883  v. Chr. (146+737), 884 (146+738) oder 983 (146+838)  v. Chr. als Gründungsdatum vermuten. Möchte man ferner der Theorie folgen, Solinus hätte sich des Velleius Paterculus als Quelle bedient, müsste auch die am 171 172 173 174 175

Originaltext nach: White 1958, 402, 404. Übersetzung: Veh 1987, 158. Cintas 1970, 153, 162–163. Sol. 27, 10. Mommsen 1895, 117. In der ersten Ausgabe verwendete Theodor Mommsen (1864, 132) hingegen die Zahl 677 im Fließtext. 176 Brodersen 2014, 196–197.

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314 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum nächsten zutreffende Zahl 677 auf 667 emendiert werden, um als erwünschtes Ergebnis 814–812 v. Chr. zu erhalten. 177 7.1.1.14 Eusebius (3./4. Jahrhundert n. Chr.) In der Spätantike sammelte Eusebius für seine Chronik unterschiedliche chronographische Traditionen zur Gründung Karthagos, weshalb er mehrfach auf dieses historische Ereignis verwies. Die lateinische Abschrift von Hieronymus beinhaltet neben dem bereits erwähnten Philistos-Zitat (1215 v. Chr. 178) auch die Gründungsdaten 1039 v. Chr. 179, 1014 v. Chr. 180 und 850 v. Chr. 181 Zusätzlich findet sich beim Eintrag zur Karthagos Zerstörung im Jahr 146 v. Chr. der Vermerk 182, Karthago habe entweder 668 oder 748 Jahre existiert, wonach zwei weitere Gründungsdaten, nämlich 814 v. Chr. (146+668) und 894 v. Chr. (146+748), vorliegen. In der armenischen Überlieferung findet sich ein ähnlicher Eintrag, allerdings für das Jahr 149 v. Chr. (AA 1867 / Ol. 157,4), wobei sich die Intervallangabe aufgrund einer Textlücke nicht erhalten hat. 183 Im ersten Buch zitierte Eusebius gemäß der armenischen Texttradition Timaios, um die Gründung Roms und folglich auch Karthagos einzuordnen: „In betreff der letzten [= Gründung Roms] aber […] setzt Timeos der Sikelier, ich weiß nicht was für einen Kanon zugrunde legend, dieselbe an als gleichzeitig mit der Gründung von Karchedon gewesene, 38 Jahre vor der ersten Olympiade;“ 184 Der Wortlaut gibt hier eindeutig Dionysios von Halikarnassos als Quelle zu erkennen. So übernahm Eusebius auch dessen Formulierung, dass unklar sei, welches chronologische System Timaios für die Berechnung verwendet hatte. Interessanterweise geben die erhaltenen Abschriften von Hieronymus und der armenischen Texttradition Timaios’ Datierung nicht als eigenständigen Eintrag in seinem zweiten Buch an. Timaios’ Information hätte sich problemlos in die Zählung der Jahre nach Abraham und somit vor der ersten 177 So z.B. Cintas 1970, 156–157. 178 Helm 1956, 58be. 179 Helm 1956, 69be: Karthago sei nach manchen durch den Tyrier Karchedon gegründet worden, andere wiederum schreiben dies seiner Tochter Dido 143 nach dem Trojanischen Krieg zu. Eigene Übersetzung in Anlehnung an: Pearse et al. 2005. 180 Helm 1956, 71bc: Einige setzen die Gründung Karthagos zu dieser Zeit an, andere hingegen zu dem bereits von Eusebius weiter oben erwähnten Datum. Eigene Übersetzung in Anlehnung an: Pearse et al. 2005. 181 Helm 1956, 81bb: Die Gründung Karthagos wird von manchen zu diesem Zeitpunkt angesetzt, andere wiederum datieren dies früher, wie Eusebius auch vermerkte. Eigene Übersetzung in Anlehnung an: Pearse et al. 2005. 182 Helm 1956, 143g. 183 Karst 1911, 205, 235. 184 Karst 1911, 135.

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Olympiade anführen lassen. Ein mögliches Überbleibsel von Timaiosʼ Gründungsdatum findet sich vermutlich im schon erwähnten Vermerk bei Hieronymus, der im Rahmen der Zerstörung Karthagos eine 668-jährige Existenz von Karthago verzeichnet und somit Karthagos Gründungsdatum mit 814 v. Chr. angibt. Die armenische Fassung beinhaltet im ersten Buch der Chronik im Abschnitt über die Chronologie der Hebräer einen Auszug von Flavius Josephus, wonach Salomo den Tempel Jerusalems 143 Jahre und 8 Monate vor der Gründung Karthagos erbaute. 185 Im zweiten Buch finden sich in der armenischen Überlieferung zudem die Gründungsdaten 1038  v.Chr (AA 978) 186, 1011  v. Chr. (AA 1005) 187 und 850 v. Chr. (AA 1166) 188 für Karthago. In der unten stehenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen Hieronymus und der armenischen Version zusammengefasst. Die gravierendste Abweichung zwischen den beiden Manuskripttraditionen stellt wohl die Auslassung des Philistos-Zitats im armenischen Text dar. Tabelle 31: Datierung Karthagos in Eusebiusʼ Chronik Armenischer Eusebius

Hieronymus 1215 v. Chr.

– 1038 v. Chr. (AA 978)

1039 v. Chr.

1011 v. Chr. (AA 1166)

1014 v. Chr.

850 v. Chr. (AA 1005)

850 v. Chr.

Intervallangaben im Text nicht erhalten

814 v. Chr. und 894 v. Chr. (668- oder 748-jährige Existenz Karthagos)

7.1.1.15 Servius (4. Jahrhundert n. Chr.) Servius 189 verfasste im späten 4.  Jahrhundert  n. Chr. einen Vergilkommentar, worin er Karthagos Gründung 70 Jahre vor Rom (ante septuaginta annos urbis Romae 190) ansetzte. Auch in der Manuskripttradition von Servius trifft man auf die problematische Überlieferung von Ziffern, wenn zwei Manuskripte anstatt der Zahl 70 hingegen 60 aufweisen. Um diese Angabe im modernen Zeitraster anzugeben, wird zumeist das varronische Gründungsdatum für Rom 753  v. Chr. verwendet und somit ließe sich für 185 Karst 1911, 54. 186 Karst 1911, 176: „Chalkedon (Charkedon) war gegründet nach Einigen von Chalkedon (Charkedon), dem Tyrier, und nach Anderen von Didȏ, der Schwester desselben 143 Jahre nach den Trȏischen Dingen.“ 187 Karst 1911, 177: „Nach Einigen Chalkedons Gründung durch Didȏ; nach Anderen aber, schon früher, wie bereits gesagt ist.“ 188 Karst 1911, 179: „Von Karchedon berichten einige, daß es zu dieser Zeit gegründet worden sei, andere jedoch, aber früher, wie denn bereits gezeigt.“ 189 Serv. Aen. 1, 12. 190 Originaltext nach: Thilo 1881, 16.

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Karthago das Datum 823 v. Chr. (mit 70 Jahren vor Rom) oder 813 v. Chr. (mit 60 Jahren vor Rom) errechnen. 7.1.1.16 Ein Resümee zu den Gründungsdaten Karthagos In der schriftlichen Überlieferung lässt sich eine Vielfalt an Datierungen für die Gründung Karthagos feststellen. Die Varianten reichen von einer zeitlichen Verortung vor dem Trojanischen Krieg bis hin zu Angaben, die auf die moderne Zeitskala umgerechnet im 9. Jahrhundert v. Chr. anzusiedeln sind. In der älteren Altertumswissenschaft haben deshalb Karl Julius Beloch 191 und Georg Busolt 192 noch die Ansicht vertreten, das genaue Gründungsdatum Karthagos sei in der literarischen Überlieferung nicht mehr ausmachbar. 193 In der gegenwärtigen Forschung herrscht hingegen mit dem Datum 814/3 v. Chr. die Verwendung von Timaiosʼ zeitlichem Ansatz vor. 194 Dies hängt auch damit zusammen, dass sich Timaiosʼ Angabe scheinbar problemlos in die vorchristliche Ära umrechnen lässt. Andere Autoren verwenden hingegen Datierungsformen, die zum Teil mit divergierenden Intervallangaben in Manuskripten behaftet sind und zudem auf nicht exakt bestimmbaren Ausgangspunkten, wie zum Beispiel den unterschiedlichen Gründungsdaten Roms, beruhen. Jedoch ist auch Timaiosʼ Datierungsform beziehungsweise deren übliche Umrechnung durchaus mit Unsicherheiten verbunden. Die gängige Gleichsetzung der ersten Olympischen Spiele mit dem Jahr 776 v. Chr. beruht auf einem Fragment von Eratosthenes im späten 3. Jahrhundert v. Chr. und ist somit erst nach Timaios tatsächlich greifbar. So bleiben Zweifel bestehen, ob Timaios die ersten Olympischen Spiele gleich datierte oder ob er sie überhaupt zeitlich verortete. Dennoch stellt Timaiosʼ Datierungsform eine bedeutende Neuerung im Gegensatz zu seinen Vorgängern dar. Zuvor wurde Karthagos Gründung nämlich in den zeitlichen Horizont der Gründungsheroen mit dem Trojanischen Krieg in Verbindung gesetzt. Die bei Eusebius gesammelten Gründungsdaten zeigen deutlich, dass sich eine zeitliche Anbindung an die mythische Zeit neben anderen Datierungsformen bis in die Spätantike hielt. René Van Compernolle 195 erklärt die abweichenden Gründungsdaten mit der Arbeitsweise der antiken Chronographie und versteht sie als fehlerhafte Wiedergabe beziehungsweise Umrechnung von Timaiosʼ Datierungsform. Demnach konnte Timaiosʼ Gleichsetzung von Roms und Karthagos Gründung mit den unterschiedlichen Gründungsdaten Roms auch vielfältige Ansetzungen für Karthago zur Folge haben. Möglicherweise datierte Apion deshalb Karthagos Gründung ins Jahr 742  v. Chr. (Ol.  7,1). Verbunden mit den divergierenden 191 192 193 194

Beloch 1913, 250–251. Busolt 1893, 372. Ähnlich: Meltzer 1879, 141. U.a.: Meyer 1931, 125; Niemeyer 1989, 10; Moscati 1992, 17; Huß 1999, 295; Sommer 2005, 125; Niemeyer 2006, 160; Amadasi Guzzo 2007, 13; Hoyos 2010, xxvi; Pappa 2013, 7, 140; Morstadt 2015, 144; Melliti 2016, 29; Feeney 2017, 302. 195 Van Compernolle 1960, 228–229.

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Angaben um Roms Gründung ist das bekannte Phänomen, mit einer Konsulnennung zwar eindeutig das Jahr zu bestimmen, das aber im absoluten Zeitraster unterschiedlich verortet werden kann. Während einige Autoren Karthagos Gründung in Relation zu Rom ausdrückten, besteht mit Tyros eine tatsächliche historische Verbindung. Diese findet ihren Niederschlag in der tyrischen Königsliste von Menander und dem Vermerk, Karthago sei im siebten Regierungsjahr des tyrischen Königs Pygmalion gegründet worden. Jedoch bleiben auch wie bei Timaios die genauen Hintergründe zur Quellenlage im Dunkeln, eine komplexe Fragestellung, die vor dem Hintergrund der verloren gegangenen phönizischen Historiographie, nochmals schwieriger einzuschätzen ist und in der Forschung auch höchst unterschiedlich beurteilt wird. Hier vermag auch das Zeugnis von Flavius Josephus in Bezug auf die so genannten tyrischen Archive kaum weiterhelfen, zumal diese Erwähnung meiner Ansicht nach in Hinblick auf die hellenistische Historiographie zu verstehen ist. Flavius Josephus stellt schließlich noch eine Verknüpfung zur biblischen Chronologie her, indem er sowohl auf den tyrischen Herrscher zur Zeit des Tempelbaus hinweist als auch ein Intervall zwischen dem salomonischen Tempel und Karthagos Gründung angibt. Die aufgeschlüsselten Intervallangaben verdeutlichen den Sachverhalt, dass antike Autoren für ein und dasselbe Ereignis unterschiedliche Datierungen verwenden konnten, was erst durch das Umwandeln der relativen Intervallangaben in unsere gängige Zeitrechnung tatsächlich auffällt und folglich zum Problem wird. So bemüht sich Flavius Josephus Karthagos Gründung in eine genaue zeitliche Relation zur Geschichte Israels, zu den Seleukiden sowie Kaiser Vespasian zu setzen. Diese äußerst unterschiedlichen Chronologiesysteme miteinander zu verknüpfen, dürfte dabei eine beachtliche Herausforderung dargestellt haben, vor allem wenn man die Schwierigkeiten der biblischen Chronologie bedenkt. Flavius Josephus konstruierte einen Brückenschlag zwischen den Chronologien von Jerusalem, Tyros und Karthago, der allerdings als artifiziell und deshalb als problematisch einzustufen ist. Davon zeugen nicht zuletzt die zu hohen Datierungen für die Einnahme Babylons durch Kyros II. und die Zerstörung des Tempels unter Nebukadnezar II. Darin eine genuin ‚östliche‘ Tradition für ein Gründungsdatum Karthagos im 10.  Jahrhundert  v. Chr. zu sehen, wie es ansatzweise Van Compernolle 196 vertreten hat, kann nicht überzeugen. Gemäß der antiken Chronographie standen den antiken Autoren je nach Vorgehensweise unterschiedliche Datierungssysteme zur Verfügung, um die Gründung Karthagos zeitlich näher bestimmen zu können. Diese lassen sich in sieben Gruppen zusammenfassen: – Intervallangabe mit Bezug auf den Trojanischen Krieg beziehungsweise Ansetzung in (mythischer) Vorzeit 197 (Eusebius, Philistos, Sophokles)

196 Van Compernolle 1960, 229–233. 197 Eus. (Helm 1956, 69be, 71bc, 81bb; Karst 1911, 176, 177, 179); Philistos BNJ 556 F 47; Soph. apud Schol. Eur. Tro. 221.

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– Intervallangabe mit Bezug auf Roms Gründungsdatum 198 (Appian, Pompeius Trogus, Servius, Velleius Paterculus) – Intervallangabe mit Bezug auf Karthagos Zerstörung 199 (Appian, Cicero, Eusebius, Livius, Solinus, Velleius Paterculus) – Intervallangabe mit Bezug auf die ersten Olympischen Spiele 200 (Cicero, Eusebius, Timaios) – Olympiadendatierung 201 (Apion) – Bezug zu Tyrosʼ Herrscher Pygmalion 202 (Menander) – Intervallangabe zum salomonischen Tempel 203 (Eusebius, Flavius Josephus)

7.1.2 Gadir, Lixus und Utica Die Gründungen von Gadir und Utica werden in den antiken Quellen in die weit entfernte Vergangenheit gerückt, die man modern als mythische Vorzeit wahrnimmt. So lässt Velleius Paterculus 204 80 Jahre nach dem Trojanischen Krieg Siedler aus Tyros Gadir und wenig später Utica gründen. 205 Hingegen weiß Pomponius Mela 206 nur zu berichten, dass Gadirs Gründung beziehungsweise der dortige Herakles-Tempel in Anlehnung an den Trojanischen Krieg datiert wird, wofür er aber kein Intervall nennt. Ebenso weist Strabon 207 die phönizischen Gründungen in Libyen und jenseits der Säulen des Herakles einem Zeitraum kurz nach dem Trojanischen Krieg zu. In Hinblick auf Uticas Gründung haben sich außerdem zwei Aussagen mit genauen Intervallen überliefert. Utica wurde gemäß der pseudo-aristotelischen Schrift de mirabilibus auscultationibus 208 287 Jahre vor Karthago gegründet, während Plinius 209 Uticas Gründung sowie die gleichzeitige Errichtung des dortigen Apollon-Tempels 1187 Jahre vor seiner Zeit datiert. Das höhere Alter Uticas im Vergleich zu Karthago wird auch von Silius Italicus 210 betont, wenngleich er

198 App. Pun. 1; Pomp. Trog. Iust. 18, 6, 9; Serv. Aen. 1, 12; Vell. 1, 6, 4. 199 App. Pun. 2; Cic. rep. 1, Fr. 3; Eus. (Helm 1956, 143g; Karst 1911, 205); Liv. epit. 51; Sol. 27, 10; Vell. 1, 12, 5. 200 Cic. rep. 2, 23, 42; Eus. (Karst 1911, 135); Timaios BNJ 566 F 60. 201 Apion BNJ 616 F4a. 202 Menander BNJ 783 F 1. 203 Eus. (Karst 1911, 54); Ios. c. Ap. 1, 126. 204 Vell. 1, 2, 1–3. 205 Die gängige Umrechnung mit 1104 v. Chr. (u.a. Aubet 2001, 195) beruht auf der Annahme, Velleius Paterculus hätte das gleiche Datum für den Trojanischen Krieg wie Eratosthenes (BNJ 241 F 1a) herangezogen. Dies lässt sich allerdings weder verifizieren noch falsifizieren. 206 Mela 3, 46. 207 Strab. 1, 3, 2. 208 Ps. Arist. Mir. Ausc. 134. 209 Plin. nat. hist. 16, 216. 210 Sil. 3, 241–242.

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Die Gründungsdaten der phönizischen Kolonien im Westen

319

keine nähere Datierung liefert. Schließlich äußerte sich Plinius 211 auch noch zum Alter des Hercules-Tempels in Lixus, der älter als jener Tempel in Gadir sei, weshalb seinem chronologischen Verständnis nach Lixus insgesamt ein höheres Alter als Gadir aufweise. Tabelle 32: Überblick über die Gründungsdaten von Gadir, Lixus und Utica Autor

Gründungsdatum

Ps.-Aristoteles

Utica: 287 Jahre vor Karthago

Strabon (1. Jh. v. Chr.)

Lixus: kurz nach dem Trojanischen Krieg

Velleius Paterculus (1. Jh. n. Chr.)

Gadir: 80 Jahre nach dem Trojanischen Krieg Utica: wenig später

Pomponius Mela (1. Jh. n. Chr.)

Gadir: in Anlehnung an den Trojanischen Krieg datiert (ohne Intervallangabe)

Plinius (1. Jh. n. Chr.)

Lixus: älter als Gadir Utica: 1187 Jahre vor seiner Zeit

Silius Italicus (1. Jh. n. Chr.)

Utica: älter als Karthago

Warum diese Gründungsdaten für die Datierung archäologischer Kontexte nicht ausschlaggebend sein können und aus diesem Grund hier nur summarisch aufgezählt wurden, liegt – wie eingangs bereits angesprochen – an ihrer Anbindung an den Trojanischen Krieg. Zunächst ist unklar, wie beispielsweise Velleius Paterculus den Trojanischen Krieg überhaupt datierte. Wenn man davon ausgeht, dass nun Velleius Paterculus das Datum von Eratosthenes (1184/3 v. Chr.) übernahm – dies lässt sich allerdings nicht belegen und kann somit nicht als sichere Voraussetzung dienen –, könnte man Gadirs und Uticas Gründungsdatum theoretisch mit dem späten 12. Jahrhundert v. Chr. umrechnen. Allerdings hatten antike Autoren eine andere Auffassung von diesem Zeitraum, da diese Datierungsweise vielmehr einen Anschluss an die Zeit der Gründungsheroen ausdrückt. Die antike Chronographie legte bekanntlich auch mythische Ereignisse, wie unter anderem den Trojanischen Krieg, zeitlich genau fest. So bedarf es im Grunde keiner näheren Erläuterung, dass die frühesten archäologischen Funde zwangsläufig nicht einer Datierung im 12. Jahrhundert v. Chr. entsprechen müssen und auch gar nicht können, ein Umstand, der bei der ausschließlichen Verwendung von umgerechneten Zahlen verloren geht. 212 Die archäologischen Feldarbeiten in Gadir 213 und Utica 214 brachten Keramik aus dem späten 9.  Jahrhundert/frühen 8.  Jahrhundert  v. Chr. zu Tage, weshalb die beiden 211 Plin. nat. hist. 19, 63. 212 So zum Beispiel: Niemeyer 2006, 151–152; Núñez Calvo 2008a, 18; Mansel 2015b, 795; Marzoli 2015, 179; Morstadt 2015, 72; Sader 2015, 687–688. 213 Zur archäologischen Erforschung der phönizischen Niederlassung Gadir siehe zuletzt: Botto 2014; Maraoui Telmini et al. 2014, 143–144. 214 Zum archäologischen Kenntnisstand der phönizischen Niederlassung Utica siehe zuletzt: Monchambert et al. 2013; López Castro et al. 2014; Maraoui Telmini et al. 2014, 144–145. Rezente Forschungsprojekte haben in Utica 14C-Analysen ermöglicht, wobei die Ergebnisse in das späte

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320 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum Gründungen älter als Karthago einzustufen sind. Die ältesten phönizischen Funde aus Lixus 215 datieren nach derzeitigem Forschungsstand ins 8. Jahrhundert v. Chr.

7.2

Die Datierung der geometrischen Keramik und das Gründungsdatum Karthagos

Während die Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Sizilien die Datierung für die griechisch spätgeometrische Keramik liefern, hat Nicolas Coldstream die Levante 216 mit ihren Zerstörungshorizonten als einzige weitere Möglichkeit zur absoluten Datierung der geometrischen Keramik herangezogen. Theoretisch stünde mit Karthago ebenfalls die Möglichkeit eines Fixpunktes zur Verfügung, da sich einerseits das Gründungsdatum überliefert hat und andererseits auch griechische Keramik zu Tage gekommen ist. Als Coldstream 1968 die bis heute verwendete Einteilung und Datierung der griechisch geometrischen Keramik erstellt hat, galten ihm als älteste Keramikgefäße sechs lokal produzierte Imitationen des korinthisch-spätgeometrischen Stils, die er in einen Zeitraum von zirka 740–710 217/730–710 218  v. Chr. datiert hat. So sah sich Coldstream mit der Sachlage konfrontiert, dass die Datierung des ältesten archäologischen Materials nicht mit Timaiosʼ Gründungsdatum, das auch er mit 814  v. Chr. angegeben hat, übereinstimmt. Zu dieser Diskrepanz hat sich Coldstream nur sehr knapp geäußert und Timaiosʼ Angabe in Folge der archäologischen Evidenz als unzuverlässig abgetan: „The foundation of Carthage is placed by Timaeus in the year 814; but the credentials for this date are far from satisfactory […].“ 219 Lange Zeit bildete eine subprotogeometrische Schale, welche vor 750 v. Chr. angesetzt wird, das älteste Importstück. Die Schale stammt jedoch aus einem gemischten Fundkontext, deren jüngere Keramik in das dritte Viertel des 7. Jahrhunderts v. Chr. datiert. 220 Mittlerweile hat sich der archäologische Kenntnisstand durch vermehrte Grabungstätigkeiten weiter verbessert, 221 weshalb nun auch euböisch-spätgeometrische Keramik aus Karthago 222 bekannt ist.

215 216 217 218 219 220 221 222

10. Jahrhundert v. Chr. weisen und somit für die Anhebung der absoluten Chronologie der griechisch mittelgeometrischen Keramik sprechen: López Castro et al. 2016. Zur archäologischen Forschung in der phönizischen Niederlassung Lixus siehe zuletzt: Maraoui Telmini et al. 2014, 142–143. Eine Diskussion der Evidenz der Levante findet sich in Kapitel 6. Coldstream 2003, 240. Coldstream 2008, 386–387 (= Coldstream 1968, 386–387). Coldstream 2008, 386. Vegas 1989, 213–217. Mansel 2015a, 807.  Zu den ältesten Siedlungsresten in Karthago siehe: u.a. Rakob 1995, v.a. 435–440; Niemeyer  –  Docter  –  Schmidt 2007; Bolder-Boos 2016; Maraoui Telmini 2016; Flügel – Dolenz im Druck. Zur importierten griechischen Keramik in Karthago siehe zuletzt: Docter 2007.

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Die Datierung der geometrischen Keramik und das Gründungsdatum Karthagos

321

Demnach hat sich die zeitliche Lücke zwischen dem angesetzten Gründungsdatum 814 v. Chr. und der ältesten bekannten Keramik zwar verringert, aber das Grundproblem bleibt nach wie vor bestehen. Karthagos Gründungsdatum ist nicht mit dem Datierungsschema der geometrischen Keramik vereinbar. 223 Aufgrund der Evidenz der Levante ist für Coldstream eine Korrektur von Timaiosʼ Datum unumgänglich gewesen, was sich auch mit der schwierigen Quellenlage für die griechische Archaik und den Datierungen für die griechische Frühzeit argumentieren ließe. Coldstreams Hauptargument bildet jedoch ausschließlich die archäologische Evidenz, über etwaige quellenbezogene Argumente zu Timaiosʼ Gründungsdatum für Karthago hat er sich nicht näher geäußert. Auffallend bei dieser Vorgehensweise bleibt dabei aus althistorischer Perspektive, dass Gründungsdaten antiker Autoren ausschließlich danach selektiert werden, ob sie mit den Datierungsschemata griechischer Keramik vereinbar sind oder eben nicht. Bei Notgrabungen im Jahr 2013 hat man einen wichtigen Fund getätigt. Direkt über dem gewachsenen Boden ist ein mittelgeometrisches Tellerfragment vermutlicher attischer Herkunft entdeckt worden. 224 Dies stellt nach dem aktuellen Kenntnisstand nun das älteste griechische Keramikstück Karthagos dar und wird der ältesten Siedlungsphase zugeordnet, weshalb ihm große Bedeutung zukommt. Die Datierung des Keramikfragments in das erste Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. wird von archäologischer Seite nun als Anschluss an Timaios’ Gründungsdatum verstanden. 225 Es wird wohl abzuwarten bleiben, wie sich die archäologische Forschung zu der chronologischen Aussagekraft des singulären Keramikfragments positioniert und ob weitere Grabungen Befunde sowie griechische Keramik aus einer ähnlich frühen Zeitstufe zu Tage bringen werden. 226 Die absolute Datierung Karthagos gemäß der konventionellen Keramikchronologie, nach Coldstream um 760 v. Chr., ist zudem in den Kontext der phönizischen Chronologie und somit in die Chronologiedebatte der Levante eingebettet. Dem gängigen Chronologieschema der griechisch geometrischen Keramik liegt bereits eine niedrige Chronologie der Levante zu Grunde, 227 weshalb Karthago für Verfechter der hohen Chronologie einige Schwierigkeiten bereitet. Diesen Umstand hat Lorenzo Nigro bei der Besprechung der Grabungsergebnisse von Mozia auch direkt angesprochen: „[…]  as provisional as it must be considered, the ceramic inventory of Building C8 […] can be anchored within the Levantine archaeological periodization in what is presently called Late Iron IIA (e.g. Megiddo strata VA–IVB), and can be dated (in Palestine) to the time elapse 920–850 BC. This makes it clear that Levantine chronology does not fit central Mediterranean (Carthage’s) one, since Carthaginian comparisons (especially the RS carinated bowls) (again confining us to “ceramic history” - for what it may be valid) are usually placed 223 224 225 226

Z.B. Flügel et al. 2020, 90; Maraoui Telmini – Schön 2020, 66. Maraoui Telmini 2014. Maraoui Telmini 2014, 78. Hier bleibt vor allem die Publikation der Grabungsergebnisse von den Jahren 2009 bis 2012 abzuwarten: Flügel – Dolenz im Druck. 227 Fantalkin 2001, 121–122; Brandherm 2006, 6; Brandherm 2008a, 137 Anm. 62; Brandherm 2008b, 151.

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322 Die Gründungsdaten phönizischer Niederlassungen im westlichen Mittelmeerraum into a considerably lower chronological time span (as early as 760 BC onwards). Is this due to the different timetable adopted by archaeologists in Carthage in respect of the Levant?“ 228 Obwohl sich Lorenzo Nigro in der Levante für die moderat hohe Chronologie nach Mazar 229 ausspricht, sieht er sich gezwungen, in der Überblickstabelle im selbigen Aufsatz für die phönizischen Keramikphasen die niedrige Chronologie zu verwenden, um nicht den chronologischen Anschluss an die Keramikphasen Karthagos zu verlieren, deren Evidenz er ebenso berücksichtigt hat. Karthago spielt aber nicht nur in die Chronologiedebatte der Levante herein, sondern nimmt auch eine zentrale Rolle bei der Diskussion um die Auslegung der 14C-Daten im Mittelmeerraum ein, wie noch in Kapitel 9 zu zeigen sein wird. 230

228 Nigro 2013, 50. 229 Mazar 2008. Für die Besprechung der Evidenz der Levante siehe: Kapitel 6. 230 U.a. Aubet 2014, 203.

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8. Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei 1 Nachdem ab dem späten 8. Jahrhundert v. Chr. die korinthische Keramik die Basis für die absolute Chronologie bildet, verlagert sich die Vasenchronologie mit Ende der mittelkorinthischen Stilphase (gemäß der konventionellen Chronologie um 575  v. Chr.) zur attischen Keramik. Davor ist man bei der attischen Keramik vor allem auf stilistische Vergleiche mit den korinthischen Vasen angewiesen. 2 Ein dichtes Geflecht an relativchronologischen Überlegungen bestimmt dabei die absolute Datierung der frühen schwarzfigurigen Keramik Athens. In aller Deutlichkeit hat Darrell Amyx diese Abhängigkeit der absoluten Chronologie von relativchronologischen Veranschlagungen ausgedrückt und dabei nur einen Fixpunkt erwähnt: „Early Attic black-figure is dated mainly by looking backward from the time of the earliest Panathenaic amphoras (566–562 B.C.; this is not an absolutely firm anchor, but it is good enough to be serviceable), which are also associated with early Lydos. To reach this stage in the development of Attic vase-painting, one must pass from the Nettos/Chimaera Painter through the Gorgon Painter, the KX Painter, Sophilos, the ‘C’ Painter, Kleitias and the ‘Tyrrhenian’ amphoras. This is a process which, by most current stylometric reckonings, requires at least a half-century (ca. 610–560 B.C.).“ 3 Ebenso hat Humfry Paynes Auseinandersetzung mit der absoluten Chronologie der frühen attisch schwarzfigurigen Keramik die Bedeutung der relativen Chronologie unterstrichen, wobei Payne im Gegensatz zu Amyx erst das späte 6. Jahrhundert v. Chr. als Ausgangspunkt gewählt hat. 4 Demnach haben Fixpunkte in den chronologischen Zuweisungen für die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. wissenschaftsgeschichtlich betrachtet nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Darüber hinaus existieren für diesen Zeitraum lediglich zwei potentielle Fixpunkte, die einen Terminus post quem mit einer absoluten Datierung vermitteln können. Zum einen dient das Gründungsdatum von Massalia zur Datierung des Gorgo-Malers und zum anderen liefert die Etablierung der Panathenäen für die frühesten Panathenäischen Preisamphoren eine zeitliche Verortung. Entsprechend zu den vorigen Abschnitten soll hier eine Besprechung der schriftlichen Evidenz sowie der damit erstellten Keramikchronologie erfolgen. Dabei bietet Abbildung 13 einen geographischen Überblick über die im Kapitel 8 genannten Orte.

1 Zur Forschungsgeschichte der attisch schwarzfigurigen Keramik siehe: Alexandridou 2011, 1–5. 2 Payne 1931, 344–347; Boardman 1974, 195; Beazley 1986, 81–82; Bäbler 2012, 83; Trachsel 2004, 191. 3 Amyx 1988, 424. 4 So hat sich Payne dazu folgendermaßen ausgedrückt: „An attempt to fix the chronology of this period in Attica [i.e. early Attic Black-Figure Style] must be based upon what we know of the later sixth century.“ Payne 1931, 345.

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324

Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

Abb. 13: Überblick über die im Kapitel 8 genannten Orte (von der Verfasserin mit StepMap erstellt).

8.1

Massalia

Zahlreiche antike Autoren äußern sich zur Gründung von Massalia, 5 dem heutigen Marseille, und bieten darüber hinaus noch eine zeitliche Einordnung. 6 Bisweilen lohnt sich ein genauer Blick auf das Gründungsdatum Massalias in den antiken Quellen insofern, als auf deren Basis zwei unterschiedliche Gründungsdaten angenommen worden sind, entweder um 600 v. Chr. 7 oder um 545 v. Chr. 8 In der Francis-Vickers-Debatte um eine mögliche Senkung der absoluten Chronologie für die Archaik ist auch dieser Fixpunkt

5 Eine diskursive Analyse zu den unterschiedlichen Berichten, wie die Phokaier Massalia gründeten, hat Martin Mauersberg (2015) vorgenommen. 6 Ein Überblick zu den antiken Gründungsdaten Massalias findet sich in: Busolt 1893, 433 Anm. 3; Beloch 1912, 251 Anm. 3; Wackernagel 1930, 2130–2132; Brunel 1948, 5–19; Nenci 1958, 47–63; Villard 1960, 76–81; Woodbury 1961, 139–150; Vickers 1985, 21–22 Anm. 173; Raviola 2000; Antonelli 2008, 134–153. 7 Graham 1982, 140; Malkin 1987, 69 Anm. 298; Villard 1992, 164; Boardman 1999a, 217; Tréziny 2012, 83; Stein-Hölkeskamp 2015, 98; Bringmann 2016, 133. 8 Graham 1982, 140; Nash 1985, 61–63 (allerdings Handelsposten an der Stelle des späteren Massalias schon in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. möglich); Bowden 1991, 49.

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Massalia

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zur Diskussion gestanden, 9 weshalb sich hier ein genaues Durchgehen der schriftlichen Quellen zum Gründungsdatum Massalias aufdrängt. Dabei wird außerdem ersichtlich, wie die konventionelle Keramikchronologie wesentlich zur Etablierung des Gründungsdatums um 600 v. Chr. beigetragen hat. Archäologische Forschungen haben in Massalia neben Befunden der griechischen Gründung auch griechische Keramik zu Tage gebracht. 10 In der älteren Sekundärliteratur findet sich oftmals eine zu hohe zeitliche Datierung mit einer Zuweisung in das 7.  Jahrhundert  v. Chr., 11 vermutlich weil noch die heute gängigen Standardwerke einer verbindlichen Keramikeinteilung fehlten. Bei der ältesten, zurzeit bekannten griechischen Keramik handelt es sich um eine Handvoll frühkorinthischer Keramikfragmente. 12 Das gängige Chronologieschema datiert den frühkorinthischen Stil nun in etwa von 625 bis 600  v. Chr., 13 nach Paynes eigener Methodik würde dieser Umstand eigentlich für eine leichte Herabdatierung des frühkorinthischen Stils um zirka zehn Jahre bis etwa um 590 v. Chr. sprechen. 14 Andererseits wird die Evidenz von Massalia auch als eindeutige Bestätigung der Grenze um 600 v. Chr. für die frühkorinthische Stilphase betrachtet. 15 Eine genaue Lektüre von Paynes „Necrocorinthia“ verdeutlicht, dass sich Payne viel mehr Spielraum in der Zuweisung absoluter Datierungen erlaubt hat und vielleicht auch deshalb eine Konkordanzliste in seinem Standardwerk komplett fehlt. Bezeichnenderweise zieht Payne 16 nun für das Ende von Frühkorinthisch einmal das Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. und ein andermal einen Zeitpunkt um 590 v. Chr. in Betracht. So haben nicht zuletzt die Funde frühkorinthischer Keramik dem Datum um 600 v. Chr. für Massalias Gründung zum Durchbruch verholfen. Darrell Amyx 17 hat außerdem mit dem Keramikspektrum von Kamarina auf Sizilien ein weiteres Argument für diese Datierung geliefert. Denn die schriftlichen Quellen setzen Kamarinas Gründung ebenso um 600 v. Chr. an. 18 Im Gegensatz zu Massalia setzt in Kamarina die korinthische Keramik allerdings erst mit dem mittelkorinthischen Stil ein. Wenn nun Massalias Gründung anhand antiker Texte um 600  v. Chr. angesetzt werden kann, besitzt Massalias Evidenz auch für die attische Vasenmalerei einen chronologischen Wert, befinden sich unter den frühesten attischen Importen doch Stücke des Gorgo-Malers. 19 Unter diesen Voraussetzungen sind hier die Bedingungen für einen 9 Vickers 1985, 21–22 Anm. 173. 10 Eine Synthese der archäologischen Forschung in Massalia und des Kenntnisstands der archaischen Befunde bieten: Morel 2006a, 363, 377–378; Domínguez 2012, 67–77, 79; Tréziny 2012. 11 Beispielsweise in: Beloch 1912, 251 Anm. 3; Vasseur 1914. 12 Zur frühkorinthischen Keramik aus Massalia: Villard 1960, 13, pl. 1.1; De Waele 1971, 98; Amyx 1988, 423; Villard 1992, 154; Gantès 1999, 368; Denoyelle – Hesnard 2006, 136, pl. 4.3. 13 Z.B. Dunbabin 1962, 6. 14 Amyx 1988, 423. 15 Dunbabin 1953/54, 259 Anm. 4; De Waele 1971, 98. 16 Payne 1931, 57. 17 Amyx 1988, 423. 18 Siehe: Kapitel 5. 19 Boardman 1974, 194; Kreuzer 1997, 337.

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

Fixpunkt gegeben, 20 wofür die schriftlichen Quellen weiter unten noch eingehend diskutiert werden. Der Gorgo-Maler hat seinen Notnamen von der Gorgo-Darstellung auf dem bekannten Dinos E 874 im Louvre erhalten, der im Jahr 1861 vom Museum erworben wurde. 21 1931 hat Humfry Payne 22 in seiner publizierten Dissertation „Necrocorinthia“ die Zuweisung weiterer Gefäße an diesen Maler begonnen und auch den Malernamen etabliert. Deshalb konnte ein Fragment des Gorgo-Malers aus Massalia, das sich zwar bereits in Gaston Vasseurs Publikation aus dem Jahr 1914 zur griechischen Keramik von Massalia befindet, 23 erst später als solches erkannt werden. 24 Den namensgebenden Dinos E 874 ordnete beispielsweise Ernst Buschor in seiner 1913 erschienen Publikation „Griechische Vasenmalerei“ 25 relativchronologisch unmittelbar vor dem Sophilos-Maler ein, 26 allerdings nahm Buschor keine genaue absolute zeitliche Einordnung vor. Erst Humfry Payne 27 hat den Gorgo-Maler und sein berühmtestes Werk im Louvre schließlich anhand des dichten Netzes an relativchronologischen Überlegungen der gängigen Datierung zugewiesen, die etwa den ersten beiden Dekaden des 6. Jahrhunderts v. Chr. entspricht. 28 Ein Grund, warum man Massalia nicht ausdrücklich in die Chronologiediskussion miteinbezogen haben könnte, liegt vermutlich auch in der unsicheren Datierung der Keramikfunde von Massalia in der älteren Forschung. 29 Es fehlt bei den gängigen Publikationen über den Gorgo-Maler ein expliziter Verweis auf Massalia als Datierungshilfe. 30 20 Eine Auflistung der bekannten Fragmente des Gorgo-Malers, die in Massalia zu Tage gekommen sind, findet sich in: Shefton 1994, 78 Anm. 24. 21 Zum Gorgo-Maler siehe: Beazley 1956, 8–10; Scheibler 1961; Beazley 1986, 15–16. 22 Humfry Payne (1931, 192) hat den Dinos E 874 im Louvre als Ausgangspunkt für seine Zuweisung an weitere Gefäße desselben Malers gewählt und hierfür die Bezeichnung ‚Gorgon group‘ verwendet. Dabei verweist Payne auf Robert Zahn (1902, 1264), der bereits den Dinos mit einer weiteren Amphore im Louvre (E 817) zusammengestellt, jedoch irrigerweise einen euböischen Produktionsort vermutet hatte. Weil Payne nicht dezidiert darauf hinweist, dass die Zuweisung weiterer Gefäße an den Gorgo-Maler auf ihn zurückgeht, könnte man dies als bereits etabliertes Gemeinwissen voraussetzen und beispielsweise auf Beazley zurückführen. Dies weist Semni Papaspyridi-Karusu (1937, 120) aber dezidiert als Paynes Leistung aus, die man in Paynes Publikation leicht überlesen kann. Einer Anekdote von Paynes Ehefrau Elizabeth Dilys Powell (1943,104–105) nach bestand sie auf einer expliziten Kennzeichnung, dass Humfry Payne selbst die Zusammenführung des Rampin Kopfs im Louvre mit dem Torso im Akropolis Museum erkannt hat. 23 Vasseur 1914, 54–55, pl. 10.12. 24 Z.B. Beazley 1956, 11. 25 Buschor 1913, 128. 26 Die relative Reihung Nessos-, Gorgo- und Sophilos-Maler ist bis heute noch die akzeptierte Anordnung und wurde von John Beazley (z.B. 1928, 11) festgelegt, der 1928 allerdings nur den namensgebenden Dinos E 874 des Gorgo-Malers kannte. 27 Payne 1931, 344. 28 Scheibler 1961, 23; Boardman 1974, 17. 29 So betrachtet Ernst Pfuhl Massalia diesbezüglich auch eher kritisch und offenbart die Problematik der etwas zu hohen Veranschlagung der griechischen Keramikfunde: „Daher genügt z.B. der Befund in Massilia keineswegs, um die Gründung der Stadt im 7. Jahrh. zu erwiesen; denn auch die stilältesten Scherben können sehr wohl dem 6. Jahrh. angehören.“ Pfuhl 1923, 29. 30 Beispielsweise in: Payne 1931; Beazley 1956; Cook 1960; Scheibler 1961; Beazley 1986.

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Massalia

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Insgesamt hat es den Anschein, dass für Massalia nahezu der umgekehrte Weg eingeschlagen wurde, wenn die relativchronologischen Veranschlagungen für die attisch schwarzfigurige Keramik das Gründungsdatum Massalias um 600 v. Chr. untermauern. Meines Wissens ist John Boardman 31 derjenige, der am deutlichsten auf den Konnex zwischen Massalias Gründungsdatum und der Datierung des Gorgo-Malers hinweist. Diese Grundlage gilt es im Folgenden vor allem in Hinblick auf die Unsicherheiten des Gründungsdatums nochmals aufzurollen und zu analysieren. Bevor nun die relevanten Textstellen mit den Gründungsdaten durchgegangen werden, erweist sich ein kurzer Blick auf die Evidenz von Herodot und Thukydides als unumgänglich. Herodot 32 schildert in dem ersten Buch seiner Historien sehr ausführlich das Schicksal der Stadt Phokaia in Kleinasien: Nachdem der Feldherr von Kyros, Mazares, verstorben war, nahm der Meder Harpagos diesen Posten ein und griff als erste ionische Stadt Phokaia an. 33 Der zeitliche Hintergrund ist in einen Zeitraum kurz nach Kroisos’ Sturz einzuordnen, den Herodot allerdings nicht präzise datiert. 34 Die moderne Forschung setzt Harpagos’ Belagerung von Phokaia mehrheitlich mit 546 oder 545 v. Chr. an, 35 die Vorschläge reichen aber von der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. 36 bis hin zu 524 v. Chr. 37 Diese Bandbreite hängt mit der unsicheren Datierung von Kroisos’ Niederlage gegen Kyros zusammen. Aus diesem Grund ist wohl ein zeitlicher Ansatz mit den 40er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr. am treffendsten. 38 Herodot stellt die Phokaier als seetüchtige Leute dar, deren Seefahrten bis in den weiten Westen nach Tartessos reichen. Als Harpagos schließlich die Stadt belagerte, flüchteten die Phokaier mitsamt ihrem Besitz zu Schiff, woraufhin die Perser nur mehr die leere Stadt einnehmen konnten. Zunächst segelten die Phokaier nach Chios, da sie von den Chiern die benachbarten Oinussen-Inseln erwerben wollten. Die Chier befürchteten allerdings, dass ihre eigene Insel dadurch einen Bedeutungsverlust erleiden würde, weshalb sie das Angebot der Phokaier ablehnten. Schließlich beabsichtigten die Phokaier, nach Kyrnos (Korsika) weiter zu reisen, wo sie 20 Jahre zuvor Alalia gegründet hatten. Anhand der vorigen Umrechnung lässt sich die Gründung von Alalia demnach in die 60er Jahre des 6. Jahrhunderts v. Chr. datieren. Bei der Überfahrt nach Korsika kehrten 31 Boardman 1974, 194. 32 Hdt. 1, 163–167. Zu Herodots Logos über die Phokaier siehe: Gigante 1966. 33 Eine zusammenfassende Darstellung der persischen Eroberung der griechischen Städte Kleinasiens findet sich in: Boffa 1983 (allerdings mit der nicht mehr haltbaren Annahme, dass sich das Datum 547 v. Chr. für Sardis’ Fall in der Nabonid-Chronik bestätigt fände). 34 Zur Datierungsfrage von Kroisos’ Sturz siehe: Kapitel 6. 35 Z.B. Brunel 1948, 5 Anm. 2; Gomme 1959, 124; De Wever 1968, 39, 46; Graham 1982, 142; Gras 1987, 162–163; Barzanò 1994, 69; Bats 1994, 314–315; Gras 1995; Raviola 2000, 63; Demetriou 2012, 29; Mauersberg 2015, 150. 36 Nenci 1958, 50. 37 Norlin 1966, 396. 38 Meines Wissens hat allein Michael Vickers (1984, 209; 1985, 22 Anm. 173) diese zeitliche Ansetzung für die Gründung Massalias vertreten und mit Textstellen von Thukydides, Isokrates und Pausanias begründet. Hinter dieser Datierung steht jedoch Herodots Beschreibung von der Flucht der Phokaier.

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die Phokaier kurzzeitig nach Phokaia zurück und töteten die dort stationierten Perser in ihrer alten Heimatstadt. Ihren Schwur, nie mehr nach Phokaia zurückzukommen, besiegelten sie mit der rituellen Versenkung von Eisen im Meer. Ergriffen von Heimweh kehrte dennoch die Hälfte der Phokaier unmittelbar darauf in ihre Stadt zurück, während die andere Hälfte tatsächlich nach Kyrnos weiterreiste. Dort stießen sie zu jenen Phokaiern, die 20 Jahre zuvor Alalia angelegt hatten, und siedelten dort fünf Jahre. Dann kam es laut Herodot zu einer Schlacht der Phokaier gegen die Etrusker und Karthager im Sardonischen Meer bei Sardinien. 39 Der äußerst verlustreiche Sieg veranlasste die Phokaier, von Alalia nach Rhegion zu fahren, von wo sie schließlich die Stadt Hyele (Elea/Velia) gründeten (ἔκτισαν). Gerade in Hinblick auf die Erzählungen anderer Autoren, die die flüchtenden Phokaier in Massalia ansiedelten, sticht Herodots Schweigen zu Massalia beziehungsweise zur phokäischen Tätigkeit im nordwestlichen Mittelmeerraum heraus. Unterschiedliche Erklärungsversuche wurden vorgebracht, die dies unter anderem mit Herodots Erzählperspektive, die sich ausschließlich auf die Fluchtbewegung der Phokaier bis nach Hyele (Elea) konzentriert habe, in Verbindung bringen. 40 Aber auch eine mögliche Bedeutungslosigkeit Massalias im 6. Jahrhundert v. Chr. 41 oder schlicht Herodots lückenhaftes Wissen 42 sind für das Fehlen Masssalias in seinem Bericht verantwortlich gemacht worden. 43 Jean-Paul Morel 44 hat diese Diskrepanz zwischen Text und archäologischem Befund als einen der offensichtlichsten Konflikte für die griechische ‚Kolonisation‘ genannt. Massalia war Herodot 45 aber nicht völlig unbekannt. Denn an anderer Stelle nennt er die Ligyer, die Herodots Schilderung nach nördlich von Massalia gesiedelt haben. Nun berichtet Herodot zwar nicht von der Gründung Massalias, aber er liefert eine zeitliche Kontextualisierung für die phokäische Fluchtbewegung in Kyros’ Regierungszeit. Im Gegensatz zu Herodot nennt Thukydides 46 im Rahmen seiner Beschreibung der Seemächte vor dem Peloponnesischen Krieg explizit die Gründung von Massalia. Davor beschreibt Thukydides die Thalassokratie der Ioner zur Zeit des Kyros und seines Sohnes Kambyses sowie jene von Polykrates, der als Tyrann von Samos mehrere Inseln unterwarf, als Kambyses über die Perser herrschte. Darauf folgt ein Satz zu den Phokaiern, der gerade

39 Zur Schlacht von Alalia und den Datierungen, die von 545 bis 525 v. Chr. reichen: Gigante 1966, 300–301; Krings 1998, 139–150. 40 Krings 1998, 115–116, 151. 41 Gras 1987, 171–172 (mit Literaturverweisen). 42 Bats 1994, 315–316; Raviola 2000, 61. 43 Der Frage, warum Herodot in diesem Zusammenhang Massalia nicht erwähnt, hat sich eine Reihe von Beiträgen gewidmet, ohne allerdings einen Konsens zu erreichen. Einen Überblick über diese Debatte mit Literaturverweisen bieten: Bats 1994; Gras 1995; Krings 1998, 115–116; Mauersberg 2015, 159–160. 44 Morel 2006a, 364. 45 Hdt. 5, 9, 3. 46 Thuk. 1, 13, 5–6.

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wegen der knappen Formulierung einigen Interpretationsspielraum in der Übersetzung offen lässt: 47 Φωκαῆς τε Μασσαλίαν [Μεσσαλίαν codd.] 48 οἰκίζοντες Καρχηδονίους ἐνίκων ναυμαχοῦντες. 49 Das Partizip οἰκίζοντες lässt sich nun unterschiedlich übersetzen. Es ist sowohl ein einfacher Relativsatz als auch eine temporale Bedeutung möglich, wie die deutschen Übersetzungen von Georg Landmann und August Horneffer zeigen: „und die Phokaier, die Massalia gründeten, besiegten die Karthager in einer Seeschlacht.“ 50 „Und die Phokaier besiegten, als sie Massalia kolonisierten, in einer Seeschlacht die Karthager.“ 51 Nun wird Thukydides’ Text vor dem Hintergrund der zwei Gründungsdaten Massalias in der späteren Überlieferung gelesen, weshalb sowohl eine zeitliche Kontextualisierung um 600 v. Chr. 52 als auch um 540 v. Chr. 53 für die Seeschlacht zwischen den Phokaiern und Karthagern vertreten worden ist. Um den zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung Massalias zu untermauern, wird außerdem in den meisten Fällen die temporale Bedeutung des Partizips gewählt. Mit dieser Leseart lässt sich Thukydides’ Information mit keiner anderen Textstelle zu Massalia in direkten Einklang bringen. 54 Für eine Seeschlacht um 47 Véronique Krings (1998, 126–132) gibt einen detaillierten Überblick zu den Übersetzungsmöglichkeiten mit ausführlichen bibliographischen Verweisen. 48 Ein Scholion zu dieser Textstelle sieht in Messalia eine Stadt in Afrika, weshalb die vor den Perser flüchtenden Phokaier nach Afrika segeln. Der Scholiast fügt außerdem hinzu, dass benachbarte Städte stets Krieg gegen einander führten. Emanuel Zingg (2017, 651) hat darin eine Erklärung byzantinischer Zeit gesehen, die den Krieg Karthagos gegen Messalia mit einer Stadt in Nordafrika in Verbindung brachte, weil dem Scholiast Massalia in Gallien nicht mehr bekannt war. Zum Verständnis der Thukydides-Stelle kann dieses späte Scholion damit nichts Wesentliches beitragen. 49 Altgriechischer Text nach: Hude 1913, 29. 50 Landmann 1993a, 23. 51 Horneffer 1957, 13. Ebenso wählt beispielsweise Michael Weißenberger (2017, 119) in seiner Übersetzung eine temporale Auflösung des Partizips und setzt diese Episode demnach um 600 v. Chr. an (Weißenberger 2017, 1388). 52 Hornblower 1991, 47; Raviola 2000, 72–83; Antonelli 2008, 137–139. 53 How  –  Wells 1928a, 126; Dunbabin 1948, 343 Anm. 3; Woodbury 1961, 142–147 (Regierungszeit von Kyros oder Kambyses); Vickers 1984, 209–210; Vickers 1985, 21 Anm. 173 (40er Jahre des 6. Jahrhunderts v. Chr.). 54 Einen Sonderfall stellt Pausanias (10, 8 ,6) dar, der allerdings diese Episode eindeutig mit der Fluchtbewegung der Phokaier vor den Persern in Verbindung bringt. Dabei scheint Pausanias sich allerdings nicht ausschließlich auf dieselbe Version wie Thukydides zu stützen, vielmehr vermischt Pausanias unterschiedliche Erzählelemente zur Gründung Massalias.

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600 v. Chr. wäre Thukydides tatsächlich der einzige Autor, der von einer solchen Auseinandersetzung berichtet, 55 was per se kein Ausschlusskriterium dieser Auffassung darstellt. Es hat allerdings auch nicht an Versuchen gefehlt, die in dieser Konstellation nicht belegte Seeschlacht mit jener von Alalia und somit Thukydides’ Passage mit Herodots Version in Verbindung zu bringen. 56 Bei dieser an sich schon problematischen Herangehensweise, zwei durchaus unterschiedliche Schilderungen irgendwie miteinander gleichzusetzen, muss außerdem der Text unnötigerweise von Μασσαλίαν zu Ἀλαλίαν emendiert werden. 57 Meiner Meinung nach hat die Erwähnung von Massalias Gründung zu einer starken Vernachlässigung der thukydideischen Chronologie geführt. Losgelöst vom Gründungsdatum Massalias datiert Thukydides diese Seeschlacht zwischen den Phokaiern und den Karthagern nämlich in die Regierungszeit von Kambyses. Dabei bedient sich Thukydides des Synchronismus von Polykrates und Kambyses, den bereits Herodot hergestellt hat. 58 Es ist dieser zeitliche Rahmen, der größere Beachtung erfahren sollte und weniger die erst später belegten Gründungsdaten Massalias. Damit wäre freilich für Massalias Gründung im Rahmen der phokäischen Fluchtbewegung vor den Persern ein zu niedriger zeitlicher Ansatz gegeben, zumal spätere Quellen hierfür ohnehin Kyros nennen. Ein temporaler Zusammenhang dieser Seeschlacht mit Massalias Gründung schafft meiner Meinung nach Probleme, die mit einer neutraleren Übersetzung mit einem einfachen Relativsatz nicht entstehen. Aus diesem Grund würde ich die Übersetzung von Georg Landmann bevorzugen. Demnach präzisiert Thukydides lediglich die Herkunft der Massalioten von Phokaia und es liegt nicht zwingend ein zeitlicher Konnex mit der Gründung Massalias vor. 59 8.1.1 Die Gründungsdaten Massalias in der antiken Überlieferung 8.1.1.1 Antiochos von Syrakus (5. Jahrhundert v. Chr.) Als einer der ältesten Autoren hat sich Antiochos von Syrakus 60 mit Massalia im Zusammenhang der Flucht der Phokaier beschäftigt, wovon folgendes Zitat bei Strabon 61 handelt: 55 Hornblower 1991, 47. 56 Z.B. Gomme 1959, 124. 57 In diesem Zusammenhang sollte der Vollständigkeit halber auch darauf verwiesen werden, dass ἐνίκων ναυμαχοῦντες anders als in den zitierten Übersetzungen aufgefasst werden kann. Man hat darunter nicht nur eine Seeschlacht, sondern mehrere damit verbunden, siehe: Classen 1879, 34–35; Raviola 2000, 75–76; Antonelli 2008, 137–139. 58 Bichler 2004a, 222. 59 Ähnlich: Dederich 1836, 103; De Wever 1968 (allerdings mit einer zeitlichen Verortung in einem Zeitraum zwischen dem letzten Viertel des 6.  Jahrhunderts und zu Beginn des 5.  Jahrhunderts v. Chr.). 60 BNJ 555 F8. 61 Strab. 6, 1, 1.

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φησὶ δ᾽ Ἀντίοχος Φωκαίας ἁλούσης ὑφ᾽ ῾Αρπάγου τοῦ Κύρου στρατηγοῦ τοὺς δυναμένους ἐμβάντας εἰς τὰ σκάφη πανοικίους πλεῦσαι πρῶτον εἰς Κύρνον καὶ Μασσαλίαν μετὰ Κρεοντιάδου, ἀποκρουσθέντας δὲ τὴν ᾽Ελέαν κτίσαι· 62 „Antiochos sagt (FGrHist 555 F8), als Phokaia von Harpagos, dem Feldherrn des Kyros, erobert worden war, seien alle[,] die dazu imstande waren[,] in die Schiffe gestiegen und mit ihrem ganzen Gesinde erst unter Kreontiades nach Kyrnos [Korsika] und Massalia gefahren, und als sie dort abgewiesen wurden, hätten sie Elea gegründet.” 63 Nach Strabon nennt Antiochos Massalia nun im zeitlichen Kontext von Kyros’ Expansion, als die ionische Stadt Phokaia erobert wurde, woraufhin die Phokaier nach Korsika und Massalia aufbrachen. In weiterer Folge bleibt jedoch unklar, ob nun die geflohenen Phokaier sowohl in Korsika als auch Massalia oder nur von den Siedlern in Korsika zurückgewiesen wurden. Ebenso scheint mir der Text nicht eindeutig zu sein, ob nun in Massalia bereits eine Siedlung angetroffen wurde oder ob eine dortige Gründung nicht erfolgreich war. Weitere antike Informationen zu Massalia beeinflussen die Interpretation von Antiochos’ Version, mit der sich keine andere Textstelle exakt deckt. 64 So wird beispielsweise eine Harmonisierung mit Herodots Nachricht auch dahingehend gesucht, indem behauptet wird, nur die abgewiesenen Phokaier hätten von Korsika aus Elea in Italien gegründet. 65 Aber es sind auch Vorschläge vorgebracht worden, die eine Verwechslung von Massalia mit Alalia vermuten oder in der Nennung von Massalia gar eine Interpolation erkennen wollen. 66 Derartige Eingriffe in den Text sind jedoch nicht zu rechtfertigen, zeugen allerdings von dem Bestreben, sämtliche antiken Zeugnisse zu Massalia miteinander in Einklang bringen zu wollen. 8.1.1.2 Aristoteles (4. Jahrhundert v. Chr.) Athenaios 67 (2./3.  Jahrhundert  n. Chr.) verdanken wir ein Zitat aus Aristoteles’ Verfassung der Massalioten 68, worin Aristoteles Massalia als Gründung der Phokaier aus Ionien bezeichnet. Zudem geht Aristoteles näher auf den Oikisten Euxenos ein, der die Tochter des dortigen Gastfreunds, des Königs Nanos, heiratete. Daraus leitet sich nach Aristoteles nämlich das Haus der Protiaden ab, das sich auf Exenos’ Sohn Protos zurückführt. Diese Version stellt einen eindeutigen Kontrast zu Antiochos’ Version dar, wohingegen 62 63 64 65 66 67 68

Griechischer Text: BNJ 566 F 8. Übersetzung: Radt 2003, 127, 129. Luraghi 2013, Kommentar zu BNJ 555 F 8. Bats 1994, 315–316; Raviola 2000, 61. Jacoby, FGrHist IIIb, 493; Morel 2006b, 39–40. Athen. 13, 576 a/b. F 549 Rose.

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Aristoteles allerdings keine eindeutige zeitliche Kontextualisierung bietet. In der Antike wurde Aristoteles’ Version der Gründung Massalias jedoch eindeutig mit einem Zeithorizont verbunden, der vor der Expansion der Perserreiches liegt, 69 wie weiter unten noch das Zitat bei Valerius Harpokration (2. Jahrhundert n. Chr.) zeigen wird. 8.1.1.3 Isokrates (4. Jahrhundert v. Chr.) Isokrates’ Rede Archidamos ist im historischen Kontext der außenpolitischen Isolation Spartas nach der Niederlage bei Leuktra 371  v. Chr. und der hegemonialen Ansprüche Thebens in den 60er Jahren des 4.  Jahrhunderts  v. Chr. angesiedelt. So lässt Isokrates Archidamos, den Thronanwärter aus dem Haus der Eurypontiden, gegen das Friedensangebot von Theben im Winter 366/5 v. Chr. argumentieren. Dieses beinhaltete nämlich die für Sparta nicht zu akzeptierende Bedingung, die territorialen Ansprüche auf das soeben unabhängig gewordene Messene aufzugeben. 70 Im Abschnitt 73 bis 86 folgt die Präsentation einer radikalen Kriegsstrategie, die nur als allerletzte Maßnahme in Spartas Notlage nahegelegt wird und das Exil der Zivilbevölkerung vorsieht. 71 Isokrates 72 nennt als berühmte Präzedenzfälle einmal die Flucht der Bevölkerung Athens auf die Insel Salamis und eben jene der Phokaier nach Massalia. So plädiert Archidamos, dass ein vorübergehendes Exil besser wäre als unter den Befehlen der Thebaner leben zu müssen: ἔτι δὲ τούτου καταγελαστότερον, εἰ Φωκαεῖς μέν, φεύγοντες τὴν βασιλέως τοῦ μεγάλου δεσποτείαν, ἐκλιπόντες τὴν Ἀσίαν εἰς Μασσαλίαν ἀπῴκησαν, ἡμεῖς δ᾽ εἰς τοσοῦτον μικροψυχίας ἔλθοιμεν, ὥστε τὰ προστάγματα τούτων ὑπομείναιμεν, ὧν ἄρχοντες ἅπαντα τὸν χρόνον διετελέσαμεν. 73 „und noch Lächerlicheres als das, wenn die Phokaier auf der Flucht vor dem Despotismus des Grosskönigs Kleinasien verliessen und nach Massalia übersiedelten, wir aber zu einem solchen Mass an Kleinmut gekommen wären, dass wir die Befehle derer ertrügen, über die wir die ganze Zeit hindurch ununterbrochen geherrscht hatten.“ 74 Besondere Relevanz besitzt hier, wie man Isokrates’ Wortwahl ἀποικέω nun genau auffassen soll, denn der Terminus ließe an sich einen gewissen Interpretationspielraum zu. Die Grundbedeutung lässt sich neutral mit ‚auswandern‘ beziehungsweise 69 Hose 2002, 206. 70 Ausführlich zum historischen und dramatischen Hintergrund von Isokrates’ Rede siehe: Zingg 2017, 40–80. 71 Eine Kontextualisierung dieses Kriegskonzepts vor dem Hintergrund antiker und moderner Überlegungen zur Kriegsführung findet sich in: Zingg 2014. 72 Isok. 6, 83–84. 73 Altgriechischer Text: Zingg 2017, 460. 74 Übersetzung: Zingg 2017, 461.

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‚übersiedeln‘ fassen, wie sie auch Emanuel Zingg in der soeben zitierten Übersetzung gewählt hat. Verbunden mit einem Akkusativ besitzt ἀποικέω außerdem die Konnotation einer Koloniegründung und kann deshalb mit ‚gründen‘ übersetzt werden. 75 Martin Mauersberg 76 hat auf Michel Casevitz’ lexikographische Studie 77 verwiesen, wonach im Sprachgebrauch des 4. Jahrhunderts für die Bedeutung ‚gründen‘ eher οἰκίζω zu erwarten ist. Demnach könnte Isokrates mit dieser Textstelle auch nur einen Zuzug zu einer bereits bestehenden Ansiedlung bezeichnet haben. 78 Dieser Auslegung setzt Emanuel Zingg 79 allerdings entgegen, dass Isokrates 80 in seinem Textkorpus ἀποικέω ein zweites Mal verwendet, wo eindeutig die Bedeutung ‚eine Kolonie gründen‘ intendiert sei. Im Panegyrikos beschreibt Isokrates, wie die Lakedaimonier die Ioner zu einer Revolte gegen die Stadt Athen, von der sie emigriert sind (ἀπῴκησαν), anstifteten. Die mir gängigen Übersetzungen und Kommentare haben sich allesamt für die grundlegende und neutralere Bedeutung ‚emigrieren/auswandern‘ entschieden. 81 Allerdings geht dies durchaus mit der Implikation einher, die ionischen Städte letztlich als Gründungen Athens zu betrachten. 82 Der spätere Autor Valerius Harpokration 83 hat Isokrates’ Textstelle auch in dem Sinne verstanden, dass Isokrates hier von der Gründung der Stadt Massalia schreibt. So weisen weitere Autoren, die nach Isokrates schrieben, mit einem deutlichen Vokabular dieselbe Auffassung auf, wie weiter unten noch ersichtlich wird. 8.1.1.4 Aristoxenos von Tarent (4. Jahrhundert v. Chr.) Ein Aristoxenos von Tarent zugeschriebenes Textfragment 84 im Werk Die Theologie der Arithmetik eines anonymen spätantiken Autors (Pseudo-Iamblichos) erwähnt beiläufig Massalias Siedlungsgeschichte. Die Zuschreibung an Aristoxenos ist allerdings nicht gesichert. Denn neben Aristoxenos wird noch eine Reihe weiterer Autoren – Androkydes, Eubulides, Hippobotos und Neanthes  –  namentlich genannt. Deshalb kann der Text nicht mit Sicherheit ausschließlich auf Aristoxenos zurückgeführt werden. 85 Inhaltlich handelt die Passage von Pythagoras, der aufgrund seiner Opposition zu Polykrates aus Samos fliehen musste, und seinem zeitgenössischen Umfeld. Demnach seien seit dem Trojanischen Krieg bis zur Zeit des Anakreon, des Polykrates und des Philosophen Xenophanes in etwa 514 Jahre vergangen. Auf dieselbe Zeitstufe wird zudem Harpagos’ 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

LSJ s.v. ἀποικέω. Mauersberg 2015, 150, 163. Casevitz 1985, 90–100, 114–115, 221–239. Ebenso: Bats 1994, 316; Antonelli 2008, 136–137. Zingg 2017, 650. Isok. 4, 122. Mühl 1963, 41; Norlin 1966, 197; Papillon 2004, 58. Zum Themenfeld der so genannten Ionischen Kolonisation Kleinasiens: Kuciak 2013; Ulf 2015b. Harp. s.v. Massalia. FHG II Aristoxenos F 23; Aristoxenos Fr. 12 Wehrli (apud Theol. arithm. De Falco 1922, 52–53). Woodbury 1961, 140 Anm. 21; Wehrli 1967, 50; Raviola 2000, 70–71.

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Belagerung der Ioner sowie deren Aufstand gestellt, woraufhin die Phokaier flüchteten und Massalia besiedelten (ᾤκησαν 86). Ein Vergleich mit Isokrates’ Textstelle zeigt eine fast gleich lautende Formulierung, die anstelle von οἰκέω das Verb ἀποικέω verwendet, und denselben argumentativen Kontext mit der Flucht der Phokaier. 87 Ähnlich wie bei Isokrates zuvor bleibt aufgrund der Wortwahl wiederum ein gewisser Interpretationsspielraum, ob hier eine Gründung Massalias oder lediglich eine Ansiedlung im bereits existierenden Massalia gemeint ist. 8.1.1.5 Timaios (3. Jahrhundert v. Chr.) / Pseudo-Skymnos (2. Jahrhundert v. Chr.) Pseudo-Skymnos 88 (2. Jahrhundert v. Chr.) erwähnt in seiner Welt-Rundreise Massalia als Gründung der Phokaier in Ligurien und zitiert dabei Timaios 89 als Informationsquelle für das Gründungsdatum 120 Jahre vor der Schlacht bei Salamis. Als Grundlage dieser Angabe hat man bisweilen eine Veranschlagung von drei Generationen zu je 40 Jahren vermutet. 90 Mit diesem Fragment besitzen wir die älteste antike Nachricht einer zeitlichen Einordnung Massalias umgerechnet in das Jahr 600/599  v. Chr., das auch spätere Quellen wiedergeben und in der modernen Altertumswissenschaft als das akzeptierte Gründungsdatum gilt. 91 Einige Zeilen weiter erwähnt Pseudo-Skymnos 92 außerdem Elea als Stadt der Massalioten und Phokaier, die zur Zeit der persischen Expansion von den fliehenden Phokaiern gegründet worden sei. 8.1.1.6 Livius (1. Jahrhundert v. Chr.) Der augusteische Autor Livius 93 berichtet ebenso, wie Massalia gegründet worden ist. Anders als seine Vorgänger ordnet Livius dies in den Kontext der gallischen Einwanderung nach Italien ein. Als Tarquinius Priscus in Rom herrschte, soll ein Teil der Gallier unter der Führung von Bellovesus von Gallien nach Italien aufgebrochen sein. Zur selben 86 FHG II Aristoxenos F 23; Aristoxenos Fr. 12 Wehrli. Laut Fritz Wehrli (1967, 11) und Vittorio De Falco (1922, 52) handelt es sich bei der Lesung ᾤκησαν allerdings um eine Konjektur, da die Kodizes allesamt ᾤκισαν aufweisen. Somit würde mit οἰκίζω eine eindeutige Wortwahl für „gründen“ vorliegen. Diese Lesung ist jedoch in keiner Edition für den Fließtext herangezogen worden, auch nicht für BNJ 84 F 33 (Neanthes). Es besteht demnach eine gewisse Unklarheit zur genauen Wortwahl des antiken Autors. Im Fließtext wird die in den Editionen angegebene Form ἀποικέω angenommen. 87 Mauersberg 2015, 150. 88 Ps.-Skymn. 210–214. 89 BNJ 566 F 71. 90 Busolt 1893, 433 Anm. 3; Villard 1992, 164 Anm. 2. 91 Z.B. Korenjak 2003, 76; Stein-Hölkeskamp 2015, 98; Bringmann 2016, 133. 92 Ps.-Skymn. 250–252. 93 Liv. 5, 34, 1–8.

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Zeit gerieten die Phokaier, die auf dem Gebiet der Salyer Massalia befestigen wollten, in Bedrängnis. Weil die auswandernden Gallier dies als Zeichen sahen, halfen sie den phokäischen Siedlern, ihre Gründung Massalia zu verteidigen. Wenn man Livius’ chronologische Angaben umrechnet, lässt sich die konstruierte Regierungszeit von Tarquinius Priscus mit dem Zeitraum von 616 bis 578  v. Chr. wiedergeben. 94 Somit stimmt Livius’ Zeitraum mit Timaios’ Datum für Massalia überein. 8.1.1.7 Pompeius Trogus (1. Jahrhundert v. Chr.) / Iustin (2.–4. Jahrhundert n. Chr.) Nach Iustins Epitome 95 zu urteilen, hat Pompeius Trogus beschrieben, wie eine Gruppe junger Phokaier zur Zeit des Königs Priscus Tarquinius 96 nach Rom gesegelt ist. Dort schlossen die Phokaier einen Freundschaftsvertrag mit Rom und gründeten (condidit) daraufhin Massalia in Gallien. Neben dem Fokus dieser Erzählung auf Roms freundschaftliche Verbindungen zu Massalia findet auch der auf Rom gerichtete Blick seinen Niederschlag in der Datierung, wenn die Regierungszeit von Priscus Tarquinius genannt wird. Analog zu Livius wird diese Datierung in die Nähe von Timaios’ Gründungsdatum gerückt, weil sie sich mit 616 bis 578 v. Chr. umrechnen lässt. 8.1.1.8 Timagenes von Alexandrien (1. Jahrhundert v. Chr.) Ammianus Marcellinus 97 (4.  Jahrhundert  n. Chr.) zieht in seinem Exkurs über Gallien Timagenes als Quelle heran. Allerdings bleibt aufgrund der unpräzisen Formulierung unklar, ob Ammianus Timagenes noch im Original vorliegen hatte. 98 Über die Gründung Massalias schreibt Ammianus Marcellinus nun in Anlehnung an Timagenes Folgendes: a Focaea vero Asiaticus populus, Harpali inclementiam vitans Cyri regis praefecti, Italiam navigio petit, cuius pars in Lucania Veliam, alia condidit in Viennensi Massiliam; 99 „In Wirklichkeit zog aus Phokäa ein asiatisches Volk aus, um der Bedrückung durch Harpalos [sic], den Statthalter des Königs Kyros, zu entgehen, und kam zu

94 Ausführlich zur Rekonstruktion der Regierungszeiten der römischen Könige: Mommsen 1859, 134–150; Peter 1882, 7–15; Soltau 1889, 401–415; Leuze 1909, 281–287. 95 Iust. 43, 3, 4. 96 Typisch für die knappen chronologischen Angaben in Iustins Epitome wird der Name des Königs nur mit Tarquinius angegeben. So klärt aber beispielsweise das Vorwort zum 43. Buch auf, dass es sich hier um Tarquinius Priscus handeln muss und nicht von Tarquinius Superbus die Rede sein kann. 97 Amm. 15, 9, 7. 98 McInerney – Roller 2012, Kommentar zu BNJ 88 F 2. 99 Lateinischer Text nach: BNJ 88 F 2.

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

Schiff nach Italien. Ein Teil dieses Volkes gründete in Lukanien die Stadt Velia [Elea], ein anderer Teil im Gebiet von Vienne Marseille.“ 100 Hier handelt es sich zusammen mit Hyginus’ Passage um den frühesten expliziten Beleg des späteren Gründungsdatums für Massalia, das im Kontext der phokäischen Fluchtbewegung vor der persischen Expansion steht. 101 Im Gegensatz zu Isokrates’ etwas unklarem ἀποικέω 102 verwendet Timagenes nach Ammianus eindeutig das lateinische Verb condere für ‚gründen‘. 8.1.1.9 Gaius Iulius Hyginus (1. Jahrhundert v./n. Chr.) Aulus Gellius verfasste im 2. Jahrhundert n. Chr. die Schrift Die Attischen Nächte, die von Anekdoten und Wissenswertem hauptsächlich der Königszeit und Republik handelt. 103 Darin zitiert Aulus Gellius 104 nun auch den Vergilkommentar von Hyginus. Hyginus diskutiert darin den Anachronismus, dass Aineas die Hafenstadt Elea (Velia) noch nicht gekannt haben kann, weil sie erst mehr als 600 Jahre später gründet worden sei. Denn als Servius Tullius in Rom herrschte, vertrieb Kyros’ General Harpalus 105 (sic) die Phokaier aus ihrer Stadt in Kleinasien. Ein Teil der Phokaier soll nach ihrer Vertreibung Elea (Velia) und ein anderer Massalia gegründet haben. Die zeitliche Referenz zu Servius Tullius fügt sich mit der anderweitigen Information der persischen Expansion in den 40er Jahren 6. Jahrhunderts v. Chr., wenn man die konstruierte Regierungszeit von Servius Tullius mit 578 bis 534 v. Chr. umrechnet. 106

100 101 102 103

Übersetzung: Seyfarth 1968, 143. Mauersberg 2015, 157 (gibt allerdings Hyginus den zeitlichen Vorzug gegenüber Timagenes). Isok. 6, 84. Während man in der älteren Forschung Gellius’ Attische Nächte hauptsächlich für die vielen Zitate antiker Autoren, deren Werke nicht überliefert wurden, als wertvoll erachtet hat, findet nun eine verstärkte Auseinandersetzung mit Gellius’ literarischem Schaffen statt. Deshalb wird sein Text beispielsweise verstärkt unter dem Gesichtspunkt der Wissensvermittlung in der römischen Kaiserzeit betrachtet: z.B. Howley 2018, v.a. 1–18. 104 Gell. 10, 16, 3–4. 105 Bei Hyginus findet sich somit der gleiche Schreibfehler mit Harpalos anstelle der korrekten Schreibweise Harpagos, der bereits Timagenes vor ihm unterlaufen ist. Dies macht es durchaus wahrscheinlich, dass Hyginus seine Information von Timagenes bezogen hat: Brunel 1948, 17; Zingg 2017, 651 Anm. 766. 106 Ausführlich zur Rekonstruktion der Regierungszeiten der römischen Könige: Mommsen 1859, 134–150; Peter 1882, 7–15; Soltau 1889, 401–415; Leuze 1909, 281–287.

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Massalia

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8.1.1.10 Strabon (1. Jahrhundert v./n. Chr.) Strabon zitiert nicht nur Antiochos’ Version 107, wie die flüchtenden Phokaier Elea gründeten, sondern beschreibt an anderer Stelle zuvor 108 die näheren Umstände der Gründung Massalias. Demnach habe ein Orakel von den Phokaiern eine Beteiligung der ephesischen Artemis verlangt, weshalb Aristarche aus Ephesos mit den Phokaiern mitsegelte. […]  καὶ τῆς ἀποικίας λαβούσης τέλος τό τε ἱερὸν ἱδρύσασθαι καὶ τὴν Ἀριστάρχην τιμῆσαι διαφερόντως ἱέρειαν ἀποδείξαντας· 109 „Als […] die Koloniegründung zustande gekommen war, hätten sie das Heiligtum gegründet und Aristarche, die sie zur Priesterin ernannten, ganz besonders geehrt.“ 110 Nun ist Strabon der einzige Autor, der eine Verbindung zwischen Massalias Gründung und dem ephesischen Artemis-Kult herstellt. Für diese Erzählung bietet er jedoch keine nähere zeitliche Einordnung an, weshalb man sowohl für eine implizierte Datierung um 600 v. Chr. 111 als auch um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. 112 argumentiert hat. Ein eindeutiges Datum für die Gründung Massalias lässt sich meiner Meinung nach in Strabons Textstelle nicht finden. 8.1.1.11 Pausanias (2. Jahrhundert n. Chr.) Bei der Beschreibung eines bronzenen Weihegeschenks in Delphi, das die Massalioten gestiftet haben, kommt Pausanias 113 auch kurz auf die Geschichte Massalias zu sprechen. So soll ein Teil der Phokaier, die vor dem Meder Harpagos flüchten mussten, Massalia gegründet haben. Pausanias nennt in diesem Zusammenhang ausdrücklich nur einen Teil der fliehenden Phokaier als Gründer von Massalia, bezieht sich dabei möglicherweise indirekt auf Eleas Gründung. Zudem erwähnt Pausanias eine Seeschlacht der Phokaier/ Massaliaten gegen die Karthager, deren siegreicher Ausgang ihnen die Landnahme Massalias ermöglichte. Interessant ist Pausanias’ Version insofern, weil sie gewissermaßen der Schilderung von Thukydides ähnelt. So präzisiert Pausanias im Vergleich zu Thukydides die zeitliche Verortung der Seeschlacht zwischen den Phokaiern und Karthagern mit einem Zeitpunkt kurz nach Harpagos’ Feldzug. 114 Insgesamt gibt sich der Eindruck, 107 108 109 110 111 112 113 114

BNJ 555 F 8 (apud Strab. 6, 1, 1). Strab. 4, 1, 4. Griechischer Text: Radt 2002, 462. Übersetzung: Radt 2002, 463. Brunel 1948, 7–8; Antonelli 2008, 149. Malkin 1990; Domínguez 2012, 67. Paus. 10, 8, 6. Leonard Woodbury sieht Thukydides hingegen eindeutig als einzige (?) Quelle von Pausanias: „This version of events is found again in Pausanias, who says that Phocaeans fleeing from

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

dass Pausanias bei dieser kompakten Darstellung mehrere unterschiedliche Elemente um Massalias Siedlungsgeschichte kombiniert und miteinander vermischt hat. 115 8.1.1.12 Valerius Harpokration (2. Jahrhundert n. Chr.) Den deutlichsten Beleg für die parallele Existenz von zwei unterschiedlichen Gründungsdaten Massalias liefert der Eintrag in Valerius Harpokrations Lexikon: Μασσαλία· Ἰσοκράτης μέν φησιν ἐν Ἀρχιδάμῳ (6, 84) ὡς Φωκαεῖς φυγόντες τὴν τοῦ μεγάλου βασιλέως δεσποτείαν εἰς Μασσαλίαν ἀπῴκησαν· ὅτι δὲ πρὸ τούτων τῶν χρόνων ἤδη ὑπὸ Φωκαέων ᾤκιστο ἡ Μασσαλία καὶ Ἀριστοτέλης ἐν τῇ Μασσαλιωτῶν πολιτείᾳ (F 508 R) δηλοῖ. 116 Massalia: Isokrates sagt in der Tat im Archidamos, dass die vor dem Despotismus des Großkönigs [i.e. des Kyros] fliehenden Phokaier Massalia gründeten. Aber dass Massalia schon vorher von den Phokaiern gegründet worden war, zeigt Aristoteles in der Verfassung der Massalioten. 117 8.1.1.13 Gaius Iulius Solinus (3. Jahrhundert n. Chr.) Solinus 118 scheint in seiner Schrift Wunder der Welt folglich die unterschiedlichen zwei Zeithorizonte der Gründung Massalias miteinander zu verbinden, indem er die Perser als den Fluchtgrund der ionischen Phokaier nennt, aber dafür die 45. Olympiade (600/599– 597/6 v. Chr.) angibt. Dabei dürfte Solinus die Unvereinbarkeit von Kyros’ Regierungszeit (559?–530 v. Chr.) 119 mit der 45. Olympiade nicht bewusst gewesen sein.

115 116 117 118 119

Harpagus settled Massilia and, proving victorious at sea over the Carthaginians, gained possession of their present territories and achieved great prosperity. Pausanias differs from Thucydides only in giving a more definite date.“ Woodbury 1961, 146. Mauersberg 2015, 157. Griechischer Text: Keaney 1991, 170. Eigene deutsche Übersetzung in Anlehnung an: Mauersberg 2015, 158; Zingg 2017, 644. Sol. 2, 52. Für die Datierung des Regierungsbeginns von Kyros II. ist man problematischerweise einzig auf Herodot angewiesen: „While the reign-lengths of Darius and Cambyses are confirmed by the Babylonian sources, the length of Cyrus’ reign is attested only since he conquered Babylon (539 BC). The length of his earlier Persian rule followed by modern scholars of Near Eastern Studies is unfortunately only an assumption based on Herodotus!“ Kokkinos 2009b, 7 Anm. 18.

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Massalia

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8.1.1.14 Eusebius (3/4. Jahrhundert n. Chr.) Eusebius hat in seiner Chronik für Massalias Gründung im Grunde den gleichen Zeithorizont wie bereits Timaios verwendet. In der lateinischen Abschrift von Hieronymus findet sich der Eintrag in Ol. 45,3 (598/7 v. Chr.) 120 und die armenische Texttradition platziert Massalias Gründung in Ol. 46,4 (AA 1434 / 593/2 v. Chr.) 121. Anders als beispielsweise Valerius Harpokration hat Eusebius hingegen nur eine chronologische Information zum Alter Massalias berücksichtigt. 8.1.2 Ein Resümee zu Massalias Gründungsdaten und zur Datierung der griechischen Keramik Es lassen sich in der antiken Überlieferung unterschiedliche Erzählungen zur Gründung Massalias ausmachen, die dafür auch einen jeweils anderen Zeithorizont wählen. Zum einen verweist eine Gruppe von antiken Autoren (Antiochos, Isokrates, Aristoxenos, Timagenes, Hygin, Pausanias, Solinus) auf die Fluchtbewegung der Phokaier vor den Persern beziehungsweise Harpagos’ Belagerung der Stadt. Die andere Gruppe (Timaios, Pompeius Trogus, Livius, Solinus, Eusebius) setzt hingegen die Gründung Massalias in einen zeitlichen Horizont umgerechnet um 600  v. Chr. an. Eine genaue Durchsicht der Textpassagen hat dabei gezeigt, wie für die frühen Quellen des 5.  und 4. Jahrhunderts v. Chr. der Bedeutung und den Übersetzungsmöglichkeiten von ἀποικέω eine wesentliche Rolle zukommt. Während das Antiochos-Fragment nicht eindeutig Auskunft darüber gibt, ob zur Zeit der Expansion des Persischen Reichs unter Kyros Massalia bereits existiert hat oder nicht, gilt Isokrates für die Evidenz eines niedrigeren Gründungsdatums als wesentliche Schlüsselstelle. Hier möchte ich mich der Conclusio von Martin Mauersberg 122 anschließen, der die Formulierung tendenziell nicht als Verweis auf die Gründung Massalias, sondern als Zuzug zu einer bereits bestehenden Ansiedlung auffasst. 123 Diese philologische Argumentation untermauert die verbreitete Annahme, dass die Expansion des Perserreichs eine zweite Siedlerwelle nach Massalia ausgelöst hat. 124 Erst mit Timagenes und Hyginus lässt sich folglich mit der Wortbedeutung condere zweifelsfrei die Ansprache einer Stadtgründung für den niedrigeren Zeithorizont ausmachen, was auch Pausanias und Solinus später noch so wiedergeben. In diesem Sinne hat auch Harpokration im 2.  Jahrhundert  n. Chr. Isokrates verstanden, wonach Isokrates nicht einen Zuzug phokäischer Siedler nach Massalia, sondern eine Gründung zur Zeit von Kyros beschrieben habe. Harpokration ist es auch, der Aristoteles eindeutig als Vertreter einer früheren Gründung Massalias ausweist. 120 121 122 123 124

Helm 1956, 99be. Karst 1911, 187. Mauersberg 2015, v.a. 156–157, 166. Gegen diesen Ansatz argumentiert: Zingg 2017, 652–653. Gigante 1966, 298; De Wever 1968, 39; Demetriou 2012, 29; Domínguez 2012, 67–79.

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

Tabelle 33: Überblick zu den Gründungsdaten Massalias Autor

Gründungsdatum für Massalia

Antiochos (5. Jh. v. Chr.)

flüchtende Phokaier segelten nach Korsika und Massalia, nach ihrer Abweisung gründeten sie Elea

Aristoteles (4. Jh. v. Chr.)

Massalia als Gründung der Phokaier, Oikist Euxenos

Isokrates (4. Jh. v. Chr.)

flüchtende Phokaier verließen Kleinasien und siedelten in Massalia

flüchtende Phokaier besiedelten Massalia Aristoxenos (4. Jh. v. Chr.) (Zuschreibung jedoch unsicher) Timaios (3. Jh. v. Chr.)

Massalia wurde 120 Jahre vor der Schlacht von Salamis gegründet

Livius (1. Jh. v. Chr.)

Massalia wurde während der Regierungszeit von Tarquinius Priscus gegründet

Pompeius Trogus (1. Jh. v. Chr.)

Massalia wurde während der Regierungszeit von Tarquinius Priscus gegründet

Timagenes (1. Jh. v. Chr.)

Phokaier flüchteten vor den Persern, ein Teil gründete Elea und ein anderer Massalia

Hyginus (1. Jh. v. Chr.)

zur Zeit des Königs Servius Tullius flüchteten die Phokaier vor den Persern, ein Teil gründete Elea und ein anderer Massalia

Strabon (1. Jh. v./n. Chr.)

Massalias Gründung mit dem ephesischen Artemis-Kult in Verbindung gebracht (keine eindeutige Datierung möglich)

Pausanias (2. Jh. n. Chr.)

ein Teil der vor den Persern flüchtenden Phokaiern gründete Massalia, eine siegreiche Seeschlacht gegen die Karthager ermöglichte die erfolgreiche Besitznahme des Landes von Massalia

Harpokration (2. Jh. n. Chr.)

nach Isokrates wurde Massalia von den fliehenden Phokaiern gegründet, jedoch schreibt Aristoteles, dass Massalia schon vorher von den Phokaiern gegründet wurde

Solinus (3. Jh. n. Chr.)

Masssalia von den flüchtenden Phokaiern in der 45. Olympiade (600/599–507/6 v. Chr.) gegründet

Hieronymus (4. Jh. n. Chr.)

Massalia in Ol. 45, 3 (598/7 v. Chr.) gegründet

armenische Texttradition von Eusebius (5. Jh. n. Chr.)

Massalia in Ol. 46,4 (AA 1434 / 593/2 v. Chr.) gegründet

Es ist Timaios im 3. Jahrhundert v. Chr., der eine präzise Angabe für Massalias höheres Gründungsdatum mit 120 Jahren vor der Schlacht von Salamis bietet. Diese Information ordnen die späteren Autoren auch in der römischen Chronologie unter König Tarquinius Priscus ein. Einen kuriosen Sonderfall stellt Solinus dar, dem nicht aufgefallen sein dürfte, dass sich der Zeitpunkt der fliehenden Phokaier vor Kyros nicht mit einer

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Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren

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Datierung in die 45. Olympiade (600/599–597/6 v. Chr.) deckt. Diesem zeitlichen Ansatz um zirka 600  v. Chr. folgt nicht zuletzt Eusebius in seiner Chronik, die auch keinen Vermerk zu einer späteren Gründung Massalias beinhaltet. Wie bereits eingangs dargelegt, hat sich nicht zuletzt aufgrund der Kongruenz der Keramikchronologie Timaios’ Gründungsdatum um 600 v. Chr. durchgesetzt. Entgegen dieser gängigen Einschätzung hat sich Emanuel Zingg zu Timaios’ Gründungsdatum 120 Jahre vor Salamis und der Keramikchronologie allerdings sehr kritisch geäußert: „Das Datum reicht freilich weit in frühgeschichtliche Zeit hinein und ist nicht ernst zu nehmen, obwohl es zufälligerweise mit dem archäologischen Befund zum Siedlungsbeginn recht genau übereinstimmt.“ 125 Darüber hinaus weist Zingg darauf hin, dass sich die Annahme einer zweiten Siedlerwelle aus Phokaia nach Massalia nicht archäologisch untermauern lässt, weil die Vergrößerung des Siedlungsgebiets von Massalia erst gegen 500 v. Chr. und nicht in die Zeit der phokäischen Fluchtbewegung datiert. 126 Im Übrigen argumentierte Michael Vickers 127 ebenso gegen die historische Verlässlichkeit von Timaios’ Information, wobei er seine Haltung mit Timaios’ schlechtem Ruf als Historiker in der Antike begründet und dabei hauptsächlich auf Polybios’ recht umfangreiche und harsche Kritik verwiesen hat. 128 Weil Vickers außerdem nicht mit der konventionellen Keramikchronologie einverstanden ist, sieht er mit Massalias niedrigerem Gründungsdatum einen nützlichen Fixpunkt, der sich seiner allgemeinen Argumentation zur Senkung der absoluten Chronologie für die Archaik fügt. Es hat sich in der Forschung allerdings weder eine textbasierte noch eine archäologische Kritik an Massalias Gründungsdatum durchgesetzt, es handelt sich bei Zinggs und Vickers Einwände um Einzelstimmen. Diesbezüglich ist interessant, dass François Villard 129 zwar dafür argumentiert, hinter Timaios’ Intervallangabe eine Veranschlagung von drei Generationen zu je 40 Jahren zu sehen, dessen Angabe aber durch die Keramikchronologie bestätigt gesehen hat.

8.2

Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren

Die Panathenäen feierten als das bedeutendste Fest der Stadt Athens Athenas Beteiligung am Sieg der Götter gegen die Giganten und wurden der antiken Vorstellung nach bereits von den Heroen Erichthonios sowie Theseus veranstaltet. 130 Dabei wird grundsätzlich zwischen den jährlich stattfindenden, den so genannten kleinen Panathenäen, und den 125 126 127 128

Zingg 2017, 653. Zingg 2017, 653 Anm. 772. Vickers 1984, 209–210; Vickers 1985, 22 Anm. 173. Den Großteil des 12. Buches widmet Polybios einer polemischen Auseinandersetzung mit seinem Vorgänger Timaios. Während man in der älteren Forschung Polybios’ Kritik einfach unreflektiert übernommen hat, ist mittlerweile Polybios’ eigene Intention, sich auf diese Weise zu profilieren näher ins Blickfeld gerückt: Baron 2009. 129 Villard 1992, 164 Anm. 2. 130 Die umfassendste aktuelle Darstellung zu den Panathenäen findet sich bei: Shear 2001.

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

großen Panathenäen unterschieden, die nur alle vier Jahre ausgerichtet wurden. Dementsprechend fanden für drei aufeinanderfolgende Jahre die kleinen Panathenäen und im vierten Jahr die großen Panathenäen statt. Die großen Panathenäen beinhalteten neben dem großen Festumzug und Festmahl auch überregional angesehene Wettkämpfe, deren siegreiche Athleten mit Öl gefüllte Amphoren, die so genannten Panathenäischen Preisamphoren, erhielten. 131 Auf der Vorderseite der Amphoren findet sich stets Athena im Typ Promachos dargestellt, während die Rückseite die Wettkampfdisziplin abbildet. Darüber hinaus weist eine obligatorische Beischrift auf der Gefäßvorderseite τὸν Ἀθένεθεν ἄθλον sie eindeutig als (einen) der Preise von Athen und somit der Panathenäen aus. Im letzten Drittel des 6. Jahrhunderts v. Chr. erhalten die Preisamphoren ihre endgültige kanonische Ausführung, sowohl was die Form als auch die Darstellung Athenas zwischen zwei Säulen betrifft. Zusätzlich erhalten die Preisgefäße im 4. Jahrhundert v. Chr. eine inschriftliche Archontendatierung und können deshalb für diesen Zeitraum sehr präzise eingeordnet werden. 132 Als ältestes Exemplar der Panathenäischen Preisamphoren gilt nach wie vor die Burgon-Amphore (Abb. 14 und 15), die Thomas Burgon (1787–1858) bereits 1813 in einem Grab in Athen fand. 133 Dabei handelt es sich um einen außerordentlichen Glücksfund, da zu Burgons Zeit die Meinung vorherrschte, dass größere Gefäße keine qualitativ hochwertige Dekoration aufweisen können, weshalb er einige Zeit zuvor vier weitere mit Erde überzogene Panathenäische Preisamphoren bedauerlicherweise weggeworfen hatte. 134 Neben einer stilistischen Einordnung des Gefäßes dient nun das Datum der ersten Panathenäischen Spiele für die absolute Datierung um 570/60  v. Chr. 135 Diesen Fixpunkt hat man in der Forschung bereits sehr früh erkannt, wenn beispielsweise Georg von Brauchitsch 136 in seiner publizierten Dissertation über die Panathenäischen Preisamphoren im Jahr 1910 darauf hingewiesen und die Amphore um 560 v. Chr. zeitgleich mit Peisistratos’ Tyrannis datiert hat. Allerdings hat Ernst Pfuhl 137 interessanterweise noch 1923 nur von einer groben zeitlichen Einordnung in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. gesprochen. Die wenigen Textstellen, die eine absolute Datierung der Etablierung der Panathenäen erlauben, sollen nun in chronologischer Reihenfolge durchgegangen werden.

131 Allgemein zu den Panathenäischen Preisamphoren siehe: Beazley 1986, 81–92; Bentz 1998. 132 Der Brauch, Gefäße beziehungsweise deren Inhalt mit eponymen Datierungen zu versehen, war auch noch in römischer Zeit bekannt. So weist Petronius im Gastmahl des Trimalchio (satyrica 34) den erlesenen Wein mit einem Etikett aus, das ihn als unter Konsul Opimius (121 v. Chr.) hergestellt und außerdem als 100 Jahre alt beschreibt. Weiter Autoren berichten, dass Weine nach den Konsuln benannt sein konnten: Cic. Brut. 287; Vell. 2, 7, 5; Plin. nat. hist. 14, 6. 133 Eine Auflistung der ältesten bekannten Panathenäischen Preisamphoren findet sich bei: Kreuzer 2017, 3 Anm. 18. Eine eingehende Diskussion dieser frühen Exemplare bieten außerdem: Moore 1999; Lindner 2000; Zisa 2000. 134 Zu den näheren Fundumständen siehe: Corbett 1960, 52–54. 135 Z.B. Richter 1960, 78. 136 Von Brauchitsch 1910, 79. 137 Pfuhl 1923, 332.

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Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren

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Abb. 14 und 15: Burgon-Amphore BM 1842,0728.834, Vase B130 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images).

8.2.1 Die Datierung der ersten Panathenäen in der antiken Überlieferung 8.2.1.1 Pherekydes von Athen (5. Jahrhundert v. Chr.) Der Philaiden-Stammbaum nach Pherekydes 138, wie ihn Markellinos im 6.  Jahrhundert n. Chr. nicht mehr im Original, sondern nur mehr im Exzerpt bei Didymos (1. Jahrhundert v./n. Chr.) vorgefunden hat, liefert eine über 14 Generationen reichende VaterSohn-Abfolge. Zusätzlich bietet das Fragment neben der reinen Namensnennung bei vier Philaiden zusätzliche Informationen. Die Genealogie beginnt mit Philaios, Ajas’ Sohn, und dem Vermerk, dass dieser in Athen lebte. Eigentlich bricht der lückenhafte Text für Markellinos’ Zweck, der Thukydides’ Abstammung von Miltiades aufzeigen sollte, zu früh ab. Der Stammbaum endet nämlich bereits bei Thukydides’ namensgleichen Onkel Miltiades dem Älteren. Für die Datierung der ersten Panathenäen interessiert nun der Eintrag zu dem Philaiden Hippokleides. Dieser hat demnach das Archontat bekleidet und darüber hinaus sollen in seiner Amtszeit die Panathenäen begründet worden sein, was eine singuläre Zuschreibung in der antiken Überlieferung darstellt. Allerdings lässt sich Hippokleides’ Amtszeit nicht ohne weiteres absolut datieren. Die oftmals vorgenommene 138 BNJ 3 F 2 (apud Markell. vit. Thuk. 2–3).

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

Zuweisung in das Jahr 566/5 v. Chr. beruht auf einer methodisch nicht unbedenklichen Kombination mit Eusebius’ Hinweis der Einführung der gymnischen Wettkämpfe bei den Panathenäen. 139 8.2.1.2 Das Marmor Parium (3. Jahrhundert v. Chr.) Die aus dem 3.  Jahrhundert  v. Chr. stammende inschriftliche Chronik aus Paros, das Marmor Parium 140, lässt Erichthonios 1242 Jahre vor Diognetos’ Archontat in Athen (264/3  v. Chr.) bei den ersten Panathenäischen Spielen einen Wagen lenken. Demnach nahm der Autor der Parischen Chronik eine präzise zeitliche Verortung des Heros Erichthonios vor, den er mit Athens König Erechtheus gleichsetzte. Die beiden mit Attika verbundenen Heroen Erichthonios und Erechtheus wurden bereits in der Antike aufgrund ihrer Namensähnlichkeit mehrfach verwechselt. 141 8.2.1.3 Scholion zu Aelius Aristides (2. Jahrhundert n. Chr.) Ein Scholion zu Aelius Aristides’ (2.  Jahrhundert  n. Chr.) Rede Panathenaikos 142 beschreibt außerdem die Ursprünge der kleinen und großen Panathenäen, die Peisistratos begründet habe: ὁ τῶν Παναθηναίων: τῶν μικρῶν λέγει· ταῦτα γὰρ ἐπὶ Ἐριχθονίου τοῦ Ἀμφικτύονος γενόμενα ἐπὶ τῷ φόνῳ τοῦ Ἀστερίου τοῦ γίγαντος· τὰ δὲ μεγάλα Πεισίστρατος ἐποίησε. 143 „The Panathenaea: He 144 means the ‚lesser‘ Panathenea; for these were instituted under Erichthonius, the son of Amphictyon on the occasion of the slaying of the giant Asterius. Peisistratos, however, instituted the ‘greater’ Panathenaea.“ 145

139 So beispielsweise vorgenommen von: Richter 1960, 78; Samuel 1972, 202; Cook 1997, 254; Haug 2009, 51. 140 Marm. Par. A 10. 141 Shear 2001, 55–60. 142 Scholion apud Ael. Arist. Or. Panathenaikos 362.  Bezüglich der Nummerierung von Aristides’ Rede Panathenaikos hat Wilhelm Dindorf (1829a, 150–320) noch die Nummer XIII zugewiesen, während die neuere Edition von Lenz – Behr (1976, 7–137) hingegen die Nummer 1 etabliert hat. 143 Griechischer Text nach: Dindorf 1829b, 323 (Scholion apud Ael. Arist. Or. 1, 189, 4/5). 144 Der Scholiast nennt hier seine Informationsquelle nicht, weshalb man einerseits Aelius Aristides selbst oder aber auch die pseudo-aristotelische Schrift Πέπλος vermutet hat: Shear 2001, 31–32, 510–511; Parker 2004, 141 Anm. 34. 145 Übersetzung: Parker 2004, 141–142.

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Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren

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Wann genau dieses Scholion zeitlich einzuordnen ist, lässt sich meines Wissens nicht genau bestimmen. Der Scholiast bezieht sich hier wie das Marmor Parium vor ihm auf die Rückführung der Panathenäen in die Zeit des Heros Erichthonios. Erst Peisistratos sei dieser Darstellung nach für die Gründung der großen Panathenäen verantwortlich gewesen. 8.2.1.4 Eusebius (3./4. Jahrhundert n. Chr.) In Eusebius’ Chronik findet sich ebenso ein Eintrag, wann die ersten Panathenäen stattgefunden haben. Hieronymus 146 schreibt für Ol. 53,5 (566/5 v. Chr.), dass die gymnischen Wettkämpfe der Panathenäen abgehalten wurden. Die armenische Manuskripttradition 147 setzt dies hingegen ein Jahr versetzt in Ol. 53,4 (= AA 1451 / 565/4 v. Chr.) an. Weil die großen Panathenäen alle vier Jahre ausgerichtet wurden, greift man auf Hieronymus und das zutreffendere Jahr 566/5 v. Chr. zurück. 148 8.2.2 Ein Resümee zu den schriftlichen Quellen und zur Datierung der Burgon-Amphore Abgesehen vom Marmor Parium, das auch ein genaues Datum für Erichthonios’ Etablierung der Panathenäen nennt, liegen somit drei zeitliche Kontextualisierungen für das 6. Jahrhundert v. Chr. vor: – Das Pherekydes-Fragment nennt Hippokleides’ Archontat für die Panathenäen. – Das Scholion zu Aristides erwähnt eine Zuschreibung der großen Panathenäen an Peisistratos. – Eusebius bietet schließlich die Datierung 566/5  v. Chr. für die athletischen Wettkämpfe der Panathenäen. Alle drei Angaben müssen sich allerdings nicht notwendigerweise verbinden lassen, sie können jeweils unterschiedliche Veränderungen der Panathenäen im 6. Jahrhundert v. Chr. beschreiben 149 und könnten deshalb auch unterschiedliche Zeitpunkte referieren. Es lässt sich nun eine gewisse Tendenz in der Altertumswissenschaft erkennen, diese drei Zuschreibungen zusammenzuführen beziehungsweise zu vermischen. Hierfür liefert Eusebius als späteste Quelle die eindeutigste Datierung und findet sich deshalb für die Großen

146 Helm 1956, 102bc. 147 Karst 1911, 188. 148 Eine Sammlung jener Panathenäen, die man einem bestimmten Jahr zuweisen kann, findet sich in: Shear 2001, 511–512. 149 Corbett 1960, 57.

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Die Fixpunkte der attisch schwarzfigurigen Vasenmalerei

Panathenäen am häufigsten. 150 Wie bei allen späten Olympiadendatierungen bleibt dabei problematischerweise unklar, wie sie eigentlich zustande kam. Folglich lässt sich auch keine kritische Evaluierung der chronologischen Information durchführen. Vielerorts wird einfach Hippokleides’ Archontat (mit Eusebius) in das Jahr 566/5 v. Chr. verwiesen, wobei nicht selten eine Erklärung, wie sich dies nun mit der Zuweisung an Peisistratos verhalten soll, ausbleibt. 151 Diese Zusammenführung der unterschiedlichen Darstellungen stößt nämlich unweigerlich auf einen chronologischen Konflikt, wenn Peisistratos nach Eusebius erst 562/1 v. Chr. (Ol. 54,3) an die Macht gelangte. 152 Deshalb hat man bisweilen die Angaben dahingehend harmonisiert, dass Peisistratos als Tyrann von Athen die Spiele einfach neu organisiert und strukturiert habe, 153 die Spiele beziehungsweise Feierlichkeiten aber schon vor Peisistratos’ Tyrannis abgehalten worden seien. Peter Corbett hat sich am ausführlichsten zu der Abhängigkeit von Eusebius’ Datierung und deren Problematik geäußert: „Our confidence in him [i.e. Eusebius] is seriously undermined by the fact that for a later and more celebrated incident in the history of Athens in the sixth century the versions of his work which have survived are badly out; Jerome dates the murder of Hipparchos to 520–19 154, the Armenian version to 518 155. The source of the error is not known, but its presence means that the date 566 cannot be accepted without question; it may be correct, but it too may be several years out, and until further evidence is forthcoming there seems no way to decide. In consequence the same degree of error may be present in the absolute dates which have been deduced for the two early Panathenaic amphorae [i.e. Burgon and Halle amphore (Halle Inv. Nr. 560)], and it is therefore necessary to allow for this possibility when working out the chronology of early Attic black-figure.“ 156 Aus diesem Grund wird dieser Fixpunkt auch als nicht wirklich sicher betrachtet. 157 Möglicherweise hat deshalb auch John Beazley 158 betont, dass die Burgon-Amphore theoretisch früher als 566  v. Chr. datieren könnte. 159 Er hält jedoch an der Einführung 150 Repräsentativ ist in diesem Zusammenhang Jennifer Neils’ Studie (2007) zu den ersten Großen Panathenäen. 151 Beispielsweise bei: Cadoux 1948, 104; Richter 1960, 78; Samuel 1972, 202; Haug 2009, 51. 152 Dies findet sich in Eusebius’ Chronik etwas kryptisch ausgedrückt: Nach Hieronymus (Helm 1956, 102be) und der armenischen Texttradition (Karst 1911, 188: Ol. 54,3 / AA 1454) soll Peisistratos nach Italien gegangen sein. Zumindest in der letzteren Manuskriptversion findet sich immerhin zuvor noch die Anmerkung, dass Peisistratos in Athen die Gewaltherrschaft ausübte. 153 Richtungsweisend für diesen Ansatz: Ziehen 1949, 459.  Victor Parker (2004, 141–148) sieht in Eusebius jedoch kein ausschlaggebendes Argument gegen eine Zuweisung der Einrichtung der Panathenäen unter Peisistratos, da Eusebius mehrfach um ein paar Jahre verschobene Datierungen nennt. Mit diesem Anliegen geht Parker zudem die verworrene Peisistratidenchronologie durch. 154 Helm 1956, 106a: Ol. 65,1 = 520/19 v. Chr. 155 Karst 1911, 190: Ol. 65,3 (AA 1498) = 518/7 v. Chr. 156 Corbett 1960, 58. 157 Z.B. Cook 1989, 166. 158 Beazley 1986, 81–82. 159 Aufgrund der Ambiguität der schriftlichen Quellen haben ebenso Anton Raubitschek (1939, 21 Anm. 51) und Bernard Ashmole (1938 21 Anm. 2) für die Möglichkeit argumentiert, die BurgonAmphore früher als 566 v. Chr. zu datieren.

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Die Panathenäen und die Panathenäischen Preisamphoren

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der athletischen Wettkämpfe 566 v. Chr. und somit ohne eindeutige Nennung an Eusebius als Quelle fest. Zwar sei es seiner Meinung nach durchaus möglich, dass die BurgonAmphore davor anzusiedeln sei, die stilistische Zuweisung und das enge relativchronologische Netz würden aber ohnehin keine viel frühere Datierung erlauben. 160 Dabei lässt sich beobachten, dass neben Peter Corbett meines Wissens nur Gisela Richter 161 ausdrücklich auf die Herkunft des Datums 566  v. Chr. von Eusebius in einer Fußnote verweist. In den folgenden Arbeiten von John Beazley 162 und John Boardman 163 fehlt aufgrund ihres Fokus auf die Keramik eine Auseinandersetzung mit der schriftlichen Textstelle, die nicht mit einem Quellenzitat ausgewiesen wird. Dies hat einmal mehr eine gewisse Verselbständigung von Eusebius’ chronologischer Information zur Folge, woran sich die absolute Chronologie der Panathenäischen Preisamphoren zumindest orientiert. Die Burgon-Amphore mit ihrer Zuweisung in die Dekade 570/60 v. Chr. dient nun ihrerseits als Anhaltspunkt für die Datierung der archaischen Plastik, wenn beispielsweise ihr Stil jenem des Moschophoros von der Athener Akropolis zugeordnet und somit auch zeitlich gleichgesetzt wird. 164

160 Ähnlich hat sich bereits Thomas Dunbabin (1953/54, 251) geäußert, ebenso wie zuvor Bernard Ashmole: „If the [Burgon] vase is to be dated about 566 (it was not necessarily made, as is generally assumed, in the first year of the reconstituted Panathenaic Games, but must, from general consideration of style, date from then or not long after), the coin may be a few years on either side.“ Ashmole 1938, 21. 161 Richter 1960, 78 Anm. 27. 162 Beazley 1986, 81–82. 163 Boardman 1974, 194. 164 Richter 1960, 78–79.

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9. Naturwissenschaftliche Datierungen und die absolute Chronologie der Archaik Um die Abhängigkeit der Datierungen von den schriftlichen Quellen loszulösen, bieten sich davon unabhängige naturwissenschaftliche Analysen an. Dies könnte auch eine Lösung für das Dilemma anbieten, dass die Datierungen antiker Autoren für die Archaik meiner Meinung nach gar nicht exakt sein können. Als Beispiel für die Relevanz der naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden für die Archaik ist vor allem die revidierte Chronologie von Gordion 1 zu nennen. 2 So führte die Anwendung naturwissenschaftlicher Datierungsmethoden zu einer Revision der bis dahin gängigen Datierung des Zerstörungshorizontes um zirka 700 v. Chr. Als einzige antike Quelle berichtet der augusteische Autor Strabon 3 von einem zeitlichen Zusammenhang des Suizids des Phrygerkönigs Midas mit der Invasion der Kimmerer. Die Datierung von Midasʼ Ableben durch Trinken von Stierblut, von Hieronymus 4 im Jahr 696 v. Chr. (Ol. 21,1) und von der armenischen Texttradition des Eusebius 5 695 v. Chr. (Ol. 21,2 / AA 1321) angesetzt, wurde folglich für die zeitliche Verortung des Kimmerer-Einfalls 6 verwendet. 7 Als scheinbar logische Konsequenz wurde demnach auch der Zerstörungshorizont in Gordion mit den Kimmerern in Verbindung gebracht, was zur gängigen Datierung um 700 v. Chr. führte. Radiokarbonanalysen weisen hingegen auf ein um zirka 100 Jahre höheres Alter der 1 Zuletzt: Rose – Darbyshire 2011. 2 Die revidierte Chronologie wird meines Wissens, zumindest in schriftlicher Version, nur von Oscar Muscarella nicht akzeptiert, siehe zuletzt: Muscarella 2012. Die Einwände von Muscarella werden überblickend von Karl Strobel (2004, 275–279) aufgelistet und widerlegt. 3 Strab. 1, 3, 21. 4 Helm 1956, 92ba. 5 Karst 1911, 184. 6 Eine eingehende Besprechung der chronographischen Texte zum so genannten Einfall der Kimmerer sowie eine Berücksichtigung der neuassyrischen Quellen finden sich bei: Kõiv 2007. Zu den Kimmerern im Vorderen Orient allgemein siehe: Ivantchik 1993. Jüngst forderte Strobel (2012) eine viel stärkere Berücksichtigung der assyrischen und babylonischen Quellen, da die Schilderung der Kimmerer in der klassischen Historiographie maßgeblichen methodischen Schwierigkeiten unterliegt. 7 Susanne Berndt-Ersöz geht davon aus, dass Strabon irrtümlicherweise zwei unterschiedliche Könige mit dem Namen Midas vermischte. Ihrer Meinung nach kannte die griechische Überlieferung einen König Midas, der zeitlich vor dem lydischen König Gyges angesetzt wurde, Stiftungen nach Delphi sandte und der Suizid durch das Trinken von Stierblut beging. Der zweite gleichnamige König wurde hingegen mit der Invasion der Kimmerer in Zusammenhang gebracht. Ihre Studie behandelt zudem auch die neuassyrischen und hethitischen Quellen, die eine zeitliche Einordnung dieser Könige ermöglicht, wenn man von einer Gleichsetzung von Mitā mit Midas ausgeht: Berndt-Ersöz 2008.

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Naturwissenschaftliche Datierungen und die absolute Chronologie der Archaik

Zerstörungsschicht hin, wofür in den schriftlichen Quellen kein erklärendes Ereignis zur Verfügung steht. Demnach spricht man zurzeit von einem Brand im späten 9. Jahrhundert  v. Chr., dessen Ursache unklar bleibt. Die Forschungsgeschichte um die revidierte Chronologie Gordions zeigt auch auf, wie schwierig es ist, ein bereits etabliertes Chronologieschema zu überarbeiten; gerade wenn man für den Zerstörungshorizont bereits ein historisches Ereignis in Betracht gezogen hat. Nachdem korinthisch-spätgeometrische Keramik erst in Schichten nach der Zerstörung zu Tage kam, hat die revidierte Chronologie Gordions keine direkten Auswirkungen auf die griechische Keramik. Gleiches trifft auf den, mittels Dendrochronologie und 14C um 740 v. Chr. 8 datierten, Tumulus MM zu, weil darin keine griechische Keramik gefunden wurde. 9 Trotz einer optimistischen Erwartung an die Naturwissenschaften müssen die Möglichkeiten sowie auch deren Grenzen für den Zeitraum der Archaik von Vornherein betont werden: Die Dendrochronologie 10 bietet die Möglichkeit, das Fälldatum eines Baums bis aufs Jahr exakt zu datieren. Ermöglicht wird dies durch das charakteristische Erscheinungsbild der Jahresringe, die je nach Witterungsbedingungen unterschiedlich ausfallen. Individuelle Abweichungen innerhalb derselben Baumart einer Region sind möglich, weshalb man sich primär an den Weiserjahren orientiert. Unter den Weiserjahren versteht man Jahresringe oder Intervalle, die besonders markant ausgeprägt sind. Neben einer optischen Begutachtung von Proben spielt auch die statistische Erfassung eine wichtige Rolle. In der Praxis gestaltet sich die Dendrochronologie freilich komplexer als hier kurz vorgestellt, was auch den Fächergrenzen zwischen den Geisteswissenschaften und den naturwissenschaftlichen Fachbereichen geschuldet ist. Je nach Erhaltungszustand von Kern- und Splintholz sind oftmals nur ungefähre Altersangaben möglich, da sich in vielen Fällen der vollständige Querschnitt eines Holzstücks nicht erhalten hat. Zusätzlich besteht die stets zu beachtende Möglichkeit, dass beispielsweise Holzbalken in der Antike wiederverwendet wurden, weshalb das Alter des Holzes somit nicht dem eigentlichen archäologischen Kontext entsprechen muss. Im Jahr 2004 11 konnte für Eichen und Kiefern in Zentraleuropa eine bereits 12460 Jahre zurückreichende durchgehende Jahrringchronologie erstellt werden. Schwieriger sieht die Situation hingegen im Mittelmeerraum aus. Dort kann die Dendrochronologie nur selten angewandt werden, da sich Holzreste aufgrund der klimatischen Bedingungen kaum erhalten haben. Aus diesem Grund ist für manche Gebiete im Mittelmeerraum eine

8 Manning et al. 2001. 9 In gewisser Weise mag sich hier auch die Problematik der altertumswissenschaftlichen Fächergrenzen verdeutlichen, wenn indigenen Kontexten mit griechischen Importen mancherorts mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Vor allem in Hinblick auf die Chronologie würden gerade Kontexte ohne griechische Keramik mit naturwissenschaftlichen Datierungen eine tatsächlich unabhängige Datierung indigener Kontexte ermöglichen. Die revidierte Chronologie von Gordion hat nämlich beachtliche Auswirkungen für die inneranatolische Chronologie des frühen 1. Jahrtausends v. Chr.: Strobel 2004, 265–275. 10 Zur Dendrochronologie allgemein: Baillie 1982; Baillie 1995. 11 Friedrich et al. 2004.

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durchgehende Jahrringchronologie überhaupt nicht erstellbar. 12 Wichtige Fortschritte sind jüngst im Rahmen des Aegean Dendrochronology-Projekts für den östlichen Mittelmeerraum gemacht worden, jedoch bleibt die erste Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. nach wie vor nur lückenhaft erschlossen. 13 Weil die Dendrochronologie im Gegensatz zur Radiokarbonmethode eine bis aufs Jahr genaue Datierung ermöglicht, besteht großes Interesse an einer weiteren Auseinandersetzung mit der Dendrochronologie, um Fragestellungen der absoluten Chronologie für die frühe Eisenzeit lösen zu können. 14 Das Verfahren der Radiokarbonanalyse 15 ist wissenschaftshistorisch gesehen ein paar Jahrzehnte jünger als die Dendrochronologie: Willard Libby hat dieses Verfahren, dem der Zerfall von 14C zu Grunde liegt, in den späten 40er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt. Durch die kosmische Strahlung bildet sich in der oberen Atmosphäre das radioaktive Kohlenstoff-Isotop 14C, das alle lebenden Organismen, zumindest theoretisch, in gleichem Maße aufnehmen. Stirbt ein Lebewesen wird die stete Aufnahme unterbrochen und der Zeitpunkt des Todes kann durch die bekannte Halbwertszeit von 5730±40 Jahre bestimmt werden. Der vereinfachend dargestellte Grundsatz wird in der Realität inter alia durch den Reservoireffekt 16 sowie die Fraktionierung 17 erschwert. Proben können als Folge dessen eine höhere beziehungsweise niedrigere Konzentration an 14C aufweisen, was bei Nichtberücksichtigung zu einer falschen Altersbestimmung führt. Ein weiteres zu beachtendes Phänomen stellt der so genannte Altholzeffekt 18 dar. So führt die ausschließliche Erhaltung von Kernholz bei der Analyse von Holzkohle je nach Holzart zu einer zu hohen Einschätzung des Alters. Neben dem konventionellen Verfahren, das den radioaktiven Zerfall der Proben misst, hat sich mit der Verwendung der Beschleuniger-Massenspektronomie (AMS) die notwendige Menge einer Probe erheblich reduziert, weshalb nun 12 13 14 15

Bäbler 2012, 51. , eingesehen am 12.05.2016. Trachsel 2008a, v.a. 74. Ein Überblick über die naturwissenschaftlichen Grundsätze der 14C-Datierung findet sich bei: Bowman 1990; Nijboer et al. 1999/2000, 165–167; Bayliss  –  McCormac  –  Van der Plicht 2004; Trachsel 2008b, 200–210; Taylor – Bar-Yosef – Renfrew 2014. 16 Willem Mook und Harm Tjalling Waterbolk (1985, 25) beschreiben den Reservoireffekt auch für Laien verständlich: „14C ages obtained from marine shells are generally 400 years too old. This is because of an apparent age of surface ocean water […]. The reason for this apparent age is that upwelling of deep ocean water containing (up to 20%) less 14C than water in equilibrium with the atmosphere has reduced the 14C activity of dissolved carbon in the mixed layer (upper 100 m) by about 5%, equivalent to 400 years. This means that the 14C content of dissolved inorganic carbon of surface ocean water […] is smaller than expected, as if the water had some age. This phenomenon is in the literature sometimes referred to as the reservoir effect […]. “ 17 Sheridan Bowman (1990, 20–21) hat den Vorgang der Fraktionierung folgendermaßen erklärt: „Although 12C, 13C and 14C are all carbon isotopes and chemically indistinguishable, in any biological pathway there will be a tendency for the lightest isotope 12C to be preferentially taken up. Similarly 13C will be taken up in preference to 14C. Growing plants […] are therefore expected to have a lower 14C level than the atmosphere. If the difference is significant, they will appear to be older than the atmosphere when dated. […] This differential uptake is referred to as fractionation, and needs to be taken into account if useful radiocarbon results are to emerge.“ 18 Hierzu: Bowman 1990, 15, 51.

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Naturwissenschaftliche Datierungen und die absolute Chronologie der Archaik

Abb. 16: Verlauf der Kalibrierungskurve mit den Daten von M. Stuiver – P. J. Reimer – T. F. Braziunas, High-Precision Radiocarbon Age Calibration for Terrestrial and Marine Samples, Radiocarbon 40, 1998, 1127–1151 (Wikimedia/public domain).

auch sehr geringe Mengen untersuchbar sind. Dies bringt archäologischen Ausgrabungen immense Vorteile, da sich nun bereits wenige Getreidekörner analysieren lassen. Das Resultat der Messungen wird in dem Format Before Present (BP) angegeben, wobei das Jahr 1950 als Referenzpunkt dient. Die streng genommen aus einem Intervall bestehenden BP-Angaben beziehen sich jedoch nicht direkt auf ein Kalenderjahr, da der 14C-Gehalt sowohl natürlichen als auch anthropogenen Schwankungen unterliegt. Vielmehr muss mit Hilfe der Dendrochronologie eine Kalibrierungskurve (Abb. 16) zur tatsächlichen Umrechnung in Kalenderjahre erstellt werden. Die Beschaffenheit der Kurve mit vielen Reversionen (wiggles) und einem unregelmäßigen Verlauf hat zur Folge, dass der Messwert einer Probe mehreren Punkten auf der Kalibrierungskurve zugewiesen werden und demnach im Extremfall die BP-Angabe unterschiedlichen Jahrhunderten zugehörig sein kann. So lässt sich die 14C-Methode für die Archaik auch nicht

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gewinnbringend einsetzen, da sich durch das so genannte Hallstattplateau Proben aus dem Zeitraum von zirka 750 bis 400 v. Chr. nicht unterscheiden. 19 Während man in der Klassischen Archäologie mit Hilfe der kunsthistorischen Datierungsmethode für die griechisch geometrische Keramik zumindest in Vierteljahrhunderten und im 6.  Jahrhundert  v. Chr. die schwarzfigurige Vasenmalerei sogar in Jahrzehnten datieren kann, 20 eignet sich die Radiokarbonanalyse somit von Vornherein nicht für eine derart feinchronologische Bestimmung. 21 Der Grund liegt in der Standardabweichung der 14C-Messergebnisse, die mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten ausgedrückt werden. Nach dem Prinzip der Gaußschen Normalverteilung befinden sich bei einer einfachen Standardabweichung (1σ) 68,3 Prozent der Messungen innerhalb des Intervalls μ ± σ. Bei einer Verdoppelung der Standardabweichung (2σ) befinden sich immerhin 95,4 Prozent der Messergebnisse in dem besagten Intervall μ ± 2σ. Mit Hilfe der einfachen Standardabweichung lässt sich mitunter ein relativ kleines Intervall für die BP-Angabe erhalten, jedoch liegt in einem von drei Fällen der Messwert außerhalb der einfachen Standardabweichung. Das heißt anders ausgedrückt: Eine höhere Präzision im Ergebnis kann nur mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit erreicht werden, während eine höhere Wahrscheinlichkeit zu einem größeren Intervall auf der kalibrierten Zeitskala führt. Nicht selten resultiert ein 2σ-Intervall in einem kalibrierten Zeitraum von beispielsweise über 100 Jahren, was für Datierungsfragen in der Klassischen Archäologie selten eine hilfreiche Angabe darstellt. Um präzisere Daten zu gewinnen, wendet man deshalb das Prinzip Wiggle-Matching an. So erlauben stratigraphische Zuweisungen sowie der allgemeine archäologische Kontext den Ausschluss von manchen Datierungsmöglichkeiten. Zudem versucht man von naturwissenschaftlicher Perspektive mit komplizierten Bayesschen Wahrscheinlichkeitsmodellen ebenfalls kleinere Zeitintervalle zu erzielen. 22 Allerspätestens hier befindet man sich vollends im komplexen Bereich der Wahrscheinlichkeitsrechnungen 23 und somit auch weit abseits der Geisteswissenschaften, weshalb eine eingehende Diskussion darüber Naturwissenschaftlern vorbehalten bleiben muss. Allerdings sei noch kurz auf die mit den Messungen selbst verbundenen Unsicherheiten verweisen. Die Ergebnisse eines vergleichenden Tests zur Altersbestimmung mit gleichen Proben in unterschiedlichen Labors aus dem Jahr 2000 veranlassten Martin Trachsel zu einem eher skeptischen Resümee: „Wir haben zu akzeptieren, dass 14C Daten oft weniger genau sein dürften, als uns manche Labors weismachen wollen.“ 24

19 Zum Hallstattplateau mit weiterführender Literatur: Capuzzo – Boaretto – Barceló 2014, 583. 20 U.a. Nijboer 2016, 36. 21 Martin Trachsel (z.B. 2008a, 71–72) nimmt aufgrund der methodenimmanenten Schwierigkeiten deshalb eine vorsichtige Haltung zur Verwendung der 14C-Methode ein. 22 Hierzu: Ramsey 2009. 23 Einen umfangreichen wissenschaftsgeschichtlichen Überblick über die Wahrscheinlichkeitsrechnung in Hinblick auf die 14C-Methode bietet: Weninger 1997. 24 Trachsel 2008b, 206.

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Naturwissenschaftliche Datierungen und die absolute Chronologie der Archaik

Der Dendrochronologie und dem Radiokarbon-Verfahren ist freilich eine Eigenschaft gemein: Der archäologische Kontext der Proben obliegt nach wie vor einer Interpretation. 25 Aus diesem Grund sind trotz des scheinbar objektiven Wegs zur Altersbestimmung auch hier äußerst divergierende Ansätze möglich. Vor den naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden dienten hauptsächlich Importe aus Ägypten, Griechenland und dem Vorderen Orient als Datierungsanker für schriftlose Gebiete der frühen Eisenzeit. Problematisch bei dieser Datierungsabhängigkeit von Importen ist der Umstand, dass sich die Dauer der Zirkulation dieser Objekte nicht feststellen lässt. 26 Deshalb ist der chronologische Wert durch einen Terminus post quem mitunter stark eingeschränkt. Vor allem die geometrische Keramik Griechenlands dient als Datierungsmarker der frühen Eisenzeit im gesamten Mittelmeerraum. 27 Die Chronologie Zentraleuropas hingegen musste ohne die richtungsweisende griechische Keramik erstellt werden. Durch das Aufkommen der naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden konnte die nordwestalpine Urnenfelderkultur des 11., 10.  und 9.  Jahrhunderts  v. Chr. vermehrt mittels Dendrochronologie bestimmt werden. 28 Von zentraler Bedeutung ist die Datierung des Beginns von Hallstatt C in Zentraleuropa um 800 v. Chr. mittels dendrochronologischer Untersuchungen des Tumulus 8 in Wehringen. 29 Gemäß der herkömmlichen Methodik der Typochronologie ist man bis dahin von einer Anbindung an die Orientalisierende Epoche in Italien um zirka 725 v. Chr. ausgegangen. 30 Demnach weicht die herkömmliche Chronologie Italiens im 8. Jahrhundert v. Chr. um zirka 70 bis 80 Jahre von jener Chronologie in Zentraleuropa ab. 31 Sollte dieser Umstand nicht durch fehlerhaftes Cross-Dating entstanden sein, 32 sieht man sich mit einiger Schwierigkeit konfrontiert. Letztlich befindet sich die Forschung für die frühe Eisenzeit Italiens deshalb in einer paradoxen Situation. Für Norditalien wird jene revidierte absolute Chronologie verwendet, die auf den Dendrochronologiedaten Zentraleuropas basiert, während man im Süden hingegen die traditionelle, auf den Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen basierende, Chronologie anwendet. 33 Bereits 1994 verfasste Roberto Peroni 34 eine Übersicht über die höhere Datierung nördlich der Alpen und der zu revidierenden Datierung der italischen Funde, die in der nachfolgenden Tabelle in gekürzter Form wiedergegeben ist.

25 Mit der Frage, was ein mittels der Radiokarbonanalyse eruiertes Datum für eine Aussagekraft in der Archäologie hat, beschäftigt sich der Artikel von Van Strydonck et al. 1999 mit dem treffenden Titel „What’s in a 14C Date“. 26 Nijboer 2006, 256. 27 U.a. Nijboer et al. 1999/2000, 163. 28 Pare 1998, 299. 29 Friedrich – Henning 1996. 30 Pare 1996; Pare 1998; Pare 1999. 31 Nijboer 2016, 36–37. 32 Auf diese Weise sucht Christoph Baur die chronologischen Schwierigkeiten in seiner Dissertation zu lösen: Baur in Vorb. 33 Nijboer 2005, 528–529. 34 Peroni 1994, 215 Abb. 80.

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Tabelle 34: Gegenüberstellung der absoluten Datierung der frühen Eisenzeit nach der orthodoxen Chronologie und den Dendrochronologiedaten nach Peroni 1994, 215 Abb. 80 Konventionelle Chronologie I Ferro 1A

900–850 v. Chr.

Dendrochronologie 1020–950 v. Chr.

I Ferro 1B

850–800 v. Chr.

950–880 v. Chr.

I Ferro 2A

800–750 v. Chr.

880–820 v. Chr.

I Ferro 2B

750–700 v. Chr.

820–750 v. Chr.

I Ferro 3

700–625 v. Chr.

750–625 v. Chr.

I Ferro 4

625–525 v. Chr.

625–525 v. Chr.

Anhand der Tabelle ist die deutliche Kluft zwischen den beiden Chronologie-Systemen zu sehen. Die absolute Chronologie nördlich der Alpen wurde jedoch zumindest teilweise durch Cross-Dating mittels der Datierung der Funde in Italien erstellt, 35 weshalb nun eine kritische Revision der italischen Chronologie notwendig erscheint. 36 Hierfür stellt wiederum die griechische Keramik den Chronologieanker dar und sie ist aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Zeitstufe der Eisenzeit Italiens 2A/2B gemäß dieser Ansicht älter zu datieren. Für die absolute Chronologie Mitteleuropas spielen italische Funde nach wie vor eine zentrale Rolle, da sich die zur Verfügung stehenden Dendrodaten vermehrt auf die nordwestalpine Urnenfelderkultur konzentrieren. Die Synchronisierung der mitteleuropäischen absoluten Zeitskala mit den italischen Chronologiesystemen gestaltet sich zudem aufgrund der Seltenheit relevanter Importfunde als entsprechend schwierig. 37 Die letztliche Abhängigkeit dieser Chronologiesysteme im 8. Jahrhundert v. Chr. von der griechisch (mittel-) geometrischen Keramik wird durch den Umstand verkompliziert, dass diese in Norditalien selbst kaum gefunden wurde. 38 Marco Pacciarelli 39 hat neulich ebenso für eine Anpassung der konventionellen Chronologie plädiert, jedoch bei weitem nicht mehr in dem Ausmaß wie zuvor Peroni. Eine Zusammenstellung von Pacciarellis absoluter Chronologie für die griechische Keramik zeigt demnach nur eine leichte Abänderung von Coldstreams konventioneller Datierung.

35 Montelius 1897; Reinecke 1902; Montelius 1912; Reinecke 1924. 36 Der Tagungsband von der im Oktober 2003 abgehaltenen Tagung über die Chronologie der frühen Eisenzeit in Italien stellt nach wie vor den umfangreichsten Beitrag zu dieser Thematik dar: Bartoloni – Delpino 2005. 37 Pare 1998, 299, 312. 38 In Italien gibt es vor den Funden griechischer SHC IIIC Keramik keine Anhaltspunkte für eine absolute Chronologie. Pare 1998, 299. 39 Pacciarelli 1999, 63; Pacciarelli 2001, 277; Pacciarelli 2017, 563.

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Tabelle 35: Gegenüberstellung der absoluten Datierung der geometrischen Keramik nach der orthodoxen und der Chronologie nach Pacciarelli konventionell 40

Pacciarelli 1999

Pacciarelli 2001

Pacciarelli 2017

EG

900–850 v. Chr.

900–850 v. Chr.

ca. 925/00– 875/50 v. Chr.

ca. 910–850 v. Chr.

MG I

850–800 v. Chr.

850–800 v. Chr.

ca. 875/50– 850/25 v. Chr.

ca. 850–825 v. Chr.

MG II 800–760 v. Chr.

800–750 v. Chr.

ca. 850/25– 755/50 v. Chr.

ca. 825–760 v. Chr.

760–735 v. Chr.

750–725 v. Chr.

ca. 755/50–730/25 v. Chr

ca. 760–730 v. Chr

LG I

Ausgehend von den eindeutigen Dendrochronologiedaten in Zentraleuropa sowie einigen Radiokarbonanalysen hat Martin Trachsel 41 in seiner Dissertation eine umfassende Revision der absoluten und auch relativen Chronologie der Hallstattzeit vorgenommen. Die beeindruckende Leistung eines Vorschlags für überregionale Schwierigkeiten in der Chronologie fand kaum Beachtung, bezeichnenderweise gibt es nicht einmal eine Rezension. 42 Dieser Umstand mag auch damit zusammenhängen, dass ein Gesamtüberblick über die zahlreichen Schwierigkeiten der Chronologie der frühen Eisenzeit im Mittelmeerraum und in Zentraleuropa eine Herausforderung und auch ein Randthema in der derzeitigen Forschung darstellt. Weil die Datierung der hallstattzeitlichen Objekte in Zentraleuropa durch Cross-Dating von der absoluten Datierung der griechischen Keramik abhängig ist, hat Trachsel als einziger auch eine systematische Erhöhung der absoluten Chronologie der griechischen Keramik von 1100 bis 500 v. Chr. vorgenommen. Für den Zeitraum von 700 bis 550  v. Chr. schlug er für die absolute Datierung der griechischen Keramik eine Erhöhung um 20 Jahre vor, für das 8. Jahrhundert v. Chr. macht er sogar eine Anhebung um 80 Jahre geltend, wie aus seiner Überblickstabelle ersichtlich ist. 43

40 Nach Coldstream 1968, 330. 41 Trachsel 2004. 42 Einzig die aktuelle Studie von Lothar Sperber (2017) über die spätbronzezeitliche Chronologie setzt sich näher mit Trachsels Arbeit auseinander. 43 Zu seiner Auslegung der Evidenz der griechischen Gründungen auf Sizilien siehe: Kapitel 5.

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Tabelle 36: Absolute und relative Datierung gemäß Trachsel 2004, 196 Abb. 109 Daten zur euböischen oder attischen Keramik

Euböa

Attika

LG Ia

LG Ia

Karthago (ab 825/815) LG Ib

LG Ib

Pithekoussai

LG IIa

LG IIa

Korinth

Daten zur korinthischen Keramik

MG II

v. Chr. 850

Pithekoussai

800

LG LG II b

LG IIb

750 EPC

SUBG / EPA

Syrakus 735

MPC

700 Gela um 690 675

LPC Akrai um 662 Nessos-Maler

TR

Selinus u. a. um 650

650

EC 625 Gorgo-Maler

MC

Massalia ca. 600

Sophilos

600

Komastenschalen Sianaschalen

LC I

Akragas um 580

575

Lydos

Anders als beispielsweise Trachsel haben sich Albert Nijboer et alii 44 mit Nachdruck gegen einen automatischen Domino-Effekt der Dendrodaten Zentraleuropas ausgesprochen. Vielmehr müsse eine Erhöhung der Chronologie durch eingehende, einzelne Untersuchungen im Bereich der Dendrochronologie und der Radiokarbonmethode tatsächlich

44 Nijboer et al. 1999/2000, 174.

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bestätigt werden. 45 So hält Albert Nijboer 46 zudem an der konventionellen Chronologie ab zirka 750 v. Chr. fest, da sich ab diesem Zeitpunkt die 14C-Analyse aufgrund des Hallstattplateaus nicht mehr sinnvoll anwenden lässt, somit keine tatsächliche Kontrolle mehr für eine mögliche anderweitige Chronologie gegeben und die Dendrochronologie soweit nicht anwendbar ist. Ein zweiter Lösungsweg für das chronologische Chaos in Italien liegt seiner Meinung nach darin, die phönizische Expansion vor den griechischen Niederlassungen einzustufen. 47 Die von einander abweichenden Zugänge von Trachsel und Nijboer zeigen, auf welch unterschiedliche Weise sich die naturwissenschaftlichen Datierungsergebnisse mit den überlieferten Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen in Einklang bringen lassen können. Zurzeit gibt es in den Altertumswissenschaften für die Verwendung der Radiokarbonanalyse zur Datierung der späten Bronze- und frühen Eisenzeit im Mittelmeerraum zwei Meinungen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern der Tel Aviv Universität plädiert anhand ihrer Forschungsergebnisse für die weitgehende Korrektheit der konventionellen Chronologie der griechischen Keramik. 48 Dies impliziert für die Levante in der dort herrschenden Debatte eine niedrige Chronologie. 49 Wie sich dann die zuvor besprochenen Dendrodaten in Zentraleuropa zur Chronologie im Mittelmeerraum verhalten sollen, wurde meines Wissens von der Gruppe um Alexander Fantalkin und Israel Finkelstein nicht im Detail angesprochen, wäre aber von zentraler Bedeutung für diese Thematik. Auf der anderen Seite haben sich mehrere Forscher aufgrund ihrer Ergebnisse aus Spanien, Nordafrika, Italien, Griechenland und der Levante hingegen für eine Anhebung der absoluten Chronologie geäußert, 50 wobei hier unterschiedliche Konsequenzen für die griechische Keramik verfochten werden. Albert Nijboer hat zuletzt in einem Resümee zu dieser Debatte festgehalten: „In conclusion, the main difference between the Tel Aviv group and the RAC [= Revised Absolute Chronology] is that van der Plicht, Bruins and I prefer to study radiocarbon results per site. Subsequently we work out if there is a pattern over a wider region. The Tel Aviv group averages large datasets of various sites even those that reveal discrepancies, excludes some high radiocarbon results and thus arrives at a low chronology that is more or less in line with the CAC [= Conventional Absolute Chronology].“ 51 45 Eine Zusammenstellung der wenigen verfügbaren Radiokarbondaten für die geometrische Keramik Süditaliens bietet: Herring 1998, 131–134. 46 Zuletzt: Nijboer 2016. 47 Nijboer 2005, 541–547. 48 Ähnlich: Botto 2005; Brandherm 2008b, 150 Anm. 10 (mit ausführlicher Literaturangabe); Núñez Calvo 2008a; Pappa 2012. 49 Fantalkin 2001; Fantalkin – Finkelstein – Piasetzky 2011; Toffolo et al. 2013; Fantalkin – Finkelstein – Piasetzky 2015; Fantalkin et al. 2020. 50 U.a. Aubet 2001, 372–381; Trachsel 2004; Newton  –  Wardle  –  Kuniholm 2005; Nijboer 2005; Nijboer 2006; Nijboer – Van der Plicht 2006; Vilaça 2006; Bietti Sestieri – De Santis 2008; Nijboer 2008; Brandherm 2006; Brandherm 2008b; Ortiz 2008; Van der Plicht – Bruins – Nijboer 2009; Bruins  –  Nijboer  –  Van der Plicht 2011; Vilaça 2013; Wardle  –  Higham  –  Kromer 2014; López Castro et al. 2016; Nijboer 2016; Van der Plicht – Nijboer 2018. 51 Nijboer 2016, 38–39.

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Hingegen haben Fantalkin et alii ihre Meinung und Kritik an einer Erhöhung der Chronologie für die griechische Keramik folgendermaßen ausgedrückt: „[V]an der Plicht’s et al.’s claim […] that the High Chronology is the only possible solution for the Iron Age in the Mediterranean is based on a very specific and selected set of data and model structure. Their conclusions suffer from problematic interpretation of historical sources and wrong selection of archaeological assemblages, and demonstrate the danger of using a single site, with a limited (and selected) set of data […]. The most reliable way to provide absolute dates for the Iron Age in the central and western Mediterranean is by employing a combination of well-identified Greek pottery found in well-stratified sites and radiometric results from short-lived samples. For the time being, this combination exists only in the Levant.“ 52 Folglich dreht sich der Disput eigentlich nicht um die Radiokarbondaten selbst, sondern vielmehr umd deren Auswahl, deren Verhältnis zum archäologischen Kontext und somit deren Auslegung. 53 Dirk Brandherm 54 spricht dabei von einer tendenziellen Spaltung in der 14C-Forschung zwischen dem westlichen und östlichen Mittelmeerraum, wobei er vor allem anhand der Evidenz aus Spanien für eine höhere Chronologie 55 argumentiert, jedoch die 14C-Resultate aus der Levante seiner Meinung nach auch mit der dort niedrigen Chronologie in Verbindung gebracht werden können. Diesbezüglich hat Martin Trachsel 56 die Frage aufgeworfen, ob dieser Umstand nicht möglicherweise mit methodenimmanenten Schwierigkeiten der 14C-Methode zusammenhängen könnte, sollte die Ursache nicht ausschließlich in einer irrigen Auslegung liegen. So liegt beispielsweise mit den durchgeführten Analysen von Tel Dor für die Levante ein Sachverhalt vor, der bis dato einer plausiblen Lösung entbehrt. Die Datierungsergebnisse aus Tel Dor sind nach wie vor für jegliche vorgeschlagene Chronologien zu niedrig und gelten deshalb als Problemfall. 57 Vor kurzem gelang der Nachweis anhand dendrochronologisch datierter Holzbestände von 1610 bis 1940 im südlichen Jordanien, dass die Kalibrierungskurve der nördlichen Hemisphäre für die südliche Levante fehlerhafte Datierungen liefert. 58 Die auf 14C-Ergebnissen basierenden Datierungen waren in allen Fällen zu alt und legen fluktuierende Abweichungen bis zu einigen Dekaden von der Kalibrierungskurve nahe. Dieses Ergebnis darf insofern als höchst brisant gelten, weil dadurch der Grundsatz der Radiokarbonmethode, der nämlich dieselbe 14C-Konzentration in der nördlichen Hemisphäre voraussetzt, als inkorrekt zu gelten hat und dementsprechend alle 14C-Altersbestimmungen in der Levante betrifft. 52 Fantalkin – Finkelstein – Piasetzky 2011, 194. 53 Ähnlich lässt sich auch die Debatte um die Datierung beziehungsweise Historizität des Königreichs unter David und Salomo nicht mit 14C-Daten lösen. Zu dieser umfangreichen Forschungsfrage mit weiterführender Literatur siehe: Hardin 2014, 745. 54 Brandherm 2008b. 55 Rezente Forschungen in Utica mit 14C-Daten lassen ebenso die Präferenz im westlichen Mittelmeerraum für eine Anhebung der orthodoxen Chronologie der griechischen (mittelgeometrischen) Keramik erkennen: López Castro et al. 2016. 56 Trachsel 2008a, 72. 57 Z.B. Brandherm 2008a, 130. 58 Manning et al. 2018.

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Mittlerweile hat sich die Diskussion um die naturwissenschaftlichen Datierungen für die frühe Eisenzeit festgefahren und ist zum Stillstand gekommen. Es ist keine von allen anerkannte Conclusio in Aussicht, daran werden vermutlich auch neue Kontexte in der nahen Zukunft wenig ändern. Bei der Diskussion um die Auslegung der 14C-Daten im Mittelmeerraum spielt letztlich die Glaubwürdigkeit der Datierungen antiker Autoren für die Chronologie der Archaik wieder eine bedeutende Rolle. Dabei handelt es sich gerade um jene Fragestellung, von der man sich von den Naturwissenschaften eigentlich eine eindeutige Antwort gewünscht hätte. Dieser Umstand ist besonders ersichtlich für Karthago, das potentiell mit dem Gründungsdatum von Timaios 59 einen gesicherten Fixpunkt für das späte 9. Jahrhundert v. Chr. darstellen könnte. Timaios setzt Karthagos Gründung im selben Jahr wie jene von Rom 38 Jahre vor der ersten Olympiade an, was generell mit 814 v. Chr. umgerechnet wird. Die konventionelle Keramikchronologie deutete jedoch auf eine spätere Gründung um zirka 50 bis 75 Jahre, in etwa um 760 v. Chr., hin, weshalb die Historizität des Gründungsdatums aus archäologischer Sichtweise bezweifelt wurde. Coldstream 60 bezeichnete Timaiosʼ Datum als um ein paar Generationen zu früh, um sein Datierungsschema der griechischen Keramik mit dieser offensichtlichen Diskrepanz in Einklang zu bringen. Während aus archäologischer Sicht somit eine korrekte Überlieferung des Gründungsdatums Karthagos stark in Frage gestellt wird, hat man an den Gründungsdaten der griechischen Niederlassungen im späten 8. Jahrhundert v. Chr. als chronologischen Anker nicht ernsthaft gezweifelt. 61 Vor kurzem publizierte 14C-Analysen aus den frühesten Schichten Karthagos haben erneut eine ältere Datierung als die konventionelle griechische Keramikchronologie nahegelegt. Das Ergebnis der kalibrierten Daten von elf Rinderknochenproben liegt bei einer einfachen Standardabweichung (1σ) zwischen 994 und 801 v. Chr. beziehungsweise bei einer Verdoppelung der Standardabweichung (2σ) zwischen 1041 bis 793 v. Chr. 62 In der Diskussion um die Auslegung dieses Sachverhalts lässt sich aus primär archäologischer Perspektive auch folgende Vorgehensweise beobachten: Die Gruppe um Fantalkin und Finkelstein lehnen die Aussagekraft beziehungsweise das Verhältnis der 14 C-Analysen zum archäologischen Kontext ab, zudem wird Timaiosʼ Gründungsdatum im späten 9.  Jahrhundert  v. Chr. als nicht verwendbar eingestuft. Begründet wird dies nicht zuletzt mit den bekannten Problemen der Festlegung der ersten Olympischen Spiele, woran auch Timaios bei seiner Datierung Karthagos anknüpft. 63 Hingegen argumentieren Verfechter einer höheren Keramikchronologie gerade mit Karthagos Evidenz 59 60 61 62

BNJ 566 F 60 (apud Dion. Hal. ant. 1, 74, 1). Z.B. Coldstream 2003, 240. Brandherm 2008b, 168. Flügel et al. 2020, 87. In die gleiche Richtung weisen die Auswertung weiterer 14C-Proben: Schön im Druck. Diskussion der Evidenz von Karthago vor dem Hintergrund der 14C-Analysen und ältesten Funde: Docter et al. 2005; Nijboer – Van der Plicht 2006, 33–34; Van der Plicht – Bruins – Nijboer 2009, 226–227; Bruins – Nijboer – Van der Plicht 2011, 212–213; Fantalkin – Finkelstein – Piasetzky 2011, 182–183. 63 V.a. Fantalkin – Finkelstein – Piasetzky 2011, 182.

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samt Timaiosʼ Gründungsdatum, wobei dieses als annähernd korrekt betrachtet wird. 64 Ähnlich ging Martin Trachsel 65 vor, wobei er auch das höhere Datum Diodors für Selinunt (650 v. Chr.) heranzog, um die Keramikchronologie der Archaik an die naturwissenschaftlichen Datierungsergebnisse anpassen und entsprechend erhöhen zu können. Es existiert bei dem derzeitigen Kenntnisstand in der 14C-Debatte keine einfache und unumstrittene Lösung für die Chronologie der frühen Eisenzeit im Mittelmeerraum, dazu gibt es zu divergierende Ansichten, wie beispielsweise in der Diskussion um eine hohe oder niedrige Chronologie in der Levante. Neue Grabungen haben in Karthago auch neue Erkenntnismöglichkeiten in der 14 C-Debatte gebracht. Konkret geht es um einen erst kürzlich getätigten Keramikfund in Karthago direkt über dem gewachsenen Boden, wobei es sich um ein mittelgeometrisches Tellerfragment vermutlich attischer Herkunft handelt. Zurzeit steht die essentielle Publikation der Grabungsergebnisse von den Jahren 2009 bis 2012 in Karthago noch aus. 66 Die Diskrepanz zwischen den älteren 14C-Daten und der Chronologie der griechischen Importkeramik bleibt aber bestehen. 67 Beispielsweise geht Christoph Baur 68 nun davon aus, dass das organische Material zwar aus der Gründungsphase stammt, aber als Planierschicht zur Erweiterung der Siedlungsfläche im 8.  Jahrhundert  v. Chr. diente. Seiner Ansicht nach datiert die spätgeometrische Keramik somit nicht in die Gründungszeit Karthagos. Die Publikation der Grabungsergebnisse mitsamt den neuen 14C-Daten, die Aufnahme in der Fachwelt sowie weitere Forschungen in Karthago werden zeigen, welche Auslegung von Karthago sich letztlich durchsetzt oder ob Karthago lebhafter Bestandteil der Chronologie-Diskussion bleiben wird. Für die protogeometrische und geometrische Keramik haben bisweilen durchgehend stratifizierte Fundorte gefehlt, wie Stefanos Gimatzidis 69 zuletzt hervorgehoben hat. Gerade in Hinblick auf deren Chronologie sind damit wesentliche methodische Schwierigkeiten verbunden. Die Grabungsergebnisse von Kastanas und Sindos in Makedonien ermöglichen nun erstmals wertvolle stratigraphische Beobachtungen, die für die spätgeometrische Phase über zwei Meter dicke Schichten aufweisen, wofür die konventionelle Chronologie eine Zeitspanne von nur zirka 60 Jahren veranschlagt. In einer neuen Untersuchung zu Radiokarbondaten aus Sindos argumentieren Stefanos Gimatzidis und Bernhard Weninger 70 deshalb wieder für eine Erhöhung der absoluten Chronologie, wie es die Gruppe um Albert Nijboer unter anderem mit der Evidenz von Karthago vorgeschlagen hat. Insgesamt wird man abwarten müssen, wie die Forschung mit neuen Erkenntnissen beziehungsweise Daten umgeht und ob sich ein allgemein anerkannter Interpretationsbeziehungsweise Lösungsweg durchsetzen kann. 64 65 66 67 68 69 70

U.a. Bruins – Nijboer – Van der Plicht 2011, 212. Trachsel 2004, v.a. 185–187, 189–190, 196 (Überblickstabelle). Flügel – Dolenz im Druck. Schön im Druck. Baur in Vorb. Gimatzidis 2014. Gimatzidis – Weninger 2020. Die Auslegung der Evidenz wurde jedoch wiederum angezweifelt: Fantalkin et al. 2020.

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10. Resümee Die einzelnen Abschnitte dürften eines in aller Deutlichkeit gezeigt haben: Hinter konkreten Datierungen für Ereignisse, Personen sowie für die materiellen Hinterlassenschaften der griechischen Archaik steht ein komplexes Gebilde an Argumentationsketten und Prämissen. Der Altorientalist Mario Liverani hat in einem anderen Zusammenhang über die historische Auswertung der schriftlichen Quellen Mesopotamiens einmal vor der Verselbständigung moderner Interpretationen gewarnt: „We run the risk of taking our interpretation for a fact, of accepting our forgeries as the truth.“ 1 Ein wesentliches Ziel der vorliegenden Dissertation ist in der deskriptiven Analyse der absoluten Chronologie der Archaik gelegen, deren Grundlage und Ausgangspunkt die antiken Texte bilden. Dabei hat ein kurzer Blick auf den Beginn der historischen Chronologie mit Joseph Justus Scaliger (1540–1609) in Kapitel 2 genügt, um zu klären, dass die moderne Wissenschaft letztlich an die antike Chronographie mit den späten christlichen Chroniken anschließt. So zeigt die äußerst umfangreiche Forschungsgeschichte, dass die aus diesen Werken abgeleitete konventionelle Chronologie der Archaik mehrmals angefochten wurde und nie das einzige in Verwendung befindliche Chronologieschema darstellte. Bereits sehr früh wies beispielsweise Isaac Newton (1642–1727) auf wesentliche Schwachpunkte hin, indem er die Abhängigkeit von mündlichen Quellen für die griechische Frühzeit problematisierte sowie die grundlegende Rolle von Generationenveranschlagungen für die Chronologie betonte. Diese kritische Haltung fand in der Altertumsforschung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert noch mit John Mahaffy (1839–1919) und Karl Julius Beloch (1854–1929) zwei wichtige Vertreter. Das chronologische Grundgerüst mit bis auf das Jahr genauen Datierungen für die Archaik setzte sich aber trotzdem durch, woran Einzelstimmen nichts zu ändern vermochten. Ein Grund für diese Handhabung der Chronologie der Archaik liegt sicherlich im allgemeinen Wunsch nach genauen Datierungen sowie deren Notwendigkeit für die Keramikchronologie, die schließlich im frühen 20. Jahrhundert erarbeitet wurde. Weil das moderne chronologische Verständnis zu einem großen Teil auf der antiken Chronographie fußt, hat sich Kapitel 3 eingehend mit dieser Textgattung befasst. Ein prinzipielles Erschwernis stellt ihr äußerst fragmentarischer Zustand dar, wobei mit Eusebius’ Chronik im frühen 4.  Jahrhundert  n. Chr. immerhin ein wesentliches Werk vollständig, wenn auch nicht im griechischen Original, vorliegt. Mit der antiken Chronographie verbindet man weitgehend Olympiadendatierungen, die sich mit der Ansetzung der ersten Olympischen Spiele im Jahr 776 v. Chr. scheinbar problemlos auf die vorchristliche Ära projizieren lassen. Allerdings muss diese konventionelle Datierung aufgrund einiger 1 Liverani 1996, 287.

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Resümee

Textstellen in Frage gestellt werden. Es ist mit einer Verzerrung der chronologischen Information zu rechnen, weil sich nicht klären lässt, welcher Autor nun mit Sicherheit welchen Ausgangspunkt verwendet hat. Olympiadendatierungen hielten, wie gezeigt, frühestens im 3. Jahrhundert v. Chr. Einzug in die Historiographie und vermochten nicht auf einen Schlag sämtliche anderen Chronologieschemata zu verdrängen. Nicht selten sind wesentliche Diskrepanzen zwischen Olympiadendatierungen und Daten, die mit anderen Datierungsmethoden ausgedrückt werden, für die Archaik festzustellen. Diese lassen sich mit unterschiedlichen Olympiadensystemen, abweichenden Berechnungen für die Distanz zwischen dem Trojanischen Krieg und den ersten Olympischen Spielen sowie Schwierigkeiten in der Synchronisierung der Olympiaden mit den Konsuldatierungen erklären. Die mit den Olympiadendatierungen verbundenen Schwierigkeiten geben den Chronologiesystemen vor allem älterer Autoren (wie zum Beispiel Herodot und Thukydides), die sich anderer Datierungsmittel bedienten, sowie dem allgemeinen historischen Kontext der Datierung den Vorzug. Die erhaltenen Fragmente der antiken Chronographie erlauben einen Einblick in die Vielzahl der unterschiedlichen Datierungsmethoden, derer sich antike Autoren bedienen konnten. Dazu zählen zunächst einmal Intervall- oder Generationenangaben in Anbindung an den Trojanischen Krieg. Aus moderner Perspektive eignen sich mythische Ereignisse allerdings kaum für die zeitliche Festlegung historischer Begebenheiten. Noch dazu gibt es sowohl für die Datierung des Trojanischen Kriegs als auch für die Generationenlänge zahlreiche unterschiedliche Varianten und es geht nicht immer klar hervor, für welchen Ansatz sich ein Autor nun entschieden hat. Dies erschwert eine Umrechnung derartiger Angaben in die vorchristliche Ära, die hauptsächlich der zeitlichen Orientierung der modernen Forschung dient. Intervall- und Generationenkalkulationen konnten sich neben dem Trojanischen Krieg auch auf einen Ausgangspunkt in der rezenten Vergangenheit oder Gegenwart der Chronographen beziehen. Somit arbeiten Distanzangaben einerseits von einem gegenwärtigen Referenzpunkt weiter zurück in die Vergangenheit und andererseits vom Trojanischen Krieg chronologisch vorwärts. Zu den ältesten Datierungsmitteln zählen darüber hinaus Synchronismen, die auch mit relativ einfachen Mitteln die Erstellung von komplexen Chronologien erlauben. Daneben existierte seit dem 5.  Jahrhundert  v. Chr. mit den attischen Archonten ein eponymes Datierungssystem, das überregionale Bedeutung für die Chronologie der Archaik erlangte. Eine teilweise Rekonstruktion der attischen Königs- und Archontenliste ermöglichen erst Autoren im Hellenismus. Für die Datierung einiger Könige und lebenslanger Archonten sind abweichende absolute Datierungen auszumachen. Derartige Divergenzen lassen sich später für die Konsuldatierung der frühen römischen Republik wesentlich deutlicher fassen und sind in der vorliegenden Arbeit als wichtiger Hinweis für die Unsicherheiten in der Chronologie des archaischen Mittelmeerraums im Allgemeinen gewertet worden. Eponyme Datierungen weichen grundlegend vom modernen Verständnis einer absoluten Chronologie ab. Demnach können sich zwei Autoren durch die Nennung desselben Beamten auf dasselbe Jahr beziehen, aber zusätzlich unterschiedliche Zeitintervalle ableiten. Dies hat auf dem absoluten Zeitraster trotz gleicher eponymer Datierung eine andere absolute Ansetzung zur Folge und ist vermutlich mit Varros und

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Livius’ unterschiedlichen Chronologien am bekanntesten, trifft aber allgemein auf die eponyme Datierungsweise zu. Die Chronologieschemata und die Arbeitsweise der antiken Chronographie lassen ein Konzept zur zeitlichen Erfassung der griechischen Frühzeit erkennen, das von den vorchristlichen Datierungen für die Archaik abweicht. Demnach sind unterschiedliche Datierungsansätze für die weit zurückliegende griechische Vergangenheit, die man modern als Archaik definiert hat, aufgrund der Pluralität an Datierungsmethoden zu erwarten. Als beispielhaft für divergierende antike Datierungen gelten die zeitlichen Ansetzungen für Lykurg und Pheidon von Argos, wozu die unsichere Quellenlage noch verstärkend beigetragen haben dürfte. Für die meisten Datierungen der Archaik besitzen wir mit den Olympiadenangaben, wie beispielsweise in Eusebius’ Chronik, lediglich die Endergebnisse der Rechengänge antiker Chronographen. Fehlten detaillierte Informationen zur zeitlichen Verortung, griffen sie auf Synchronismen und das Akme-Prinzip, das die wichtigste Leistung eines Menschen in dessen Blütezeit ansetzt, zurück, um nachträglich zu entsprechenden genauen Datierungen zu gelangen. Dabei fällt auf, dass die antike Chronographie im Vergleich zu älteren Autoren in vielen Fällen der Archaik höhere absolute Daten zuwies. Dieses Phänomen des ‚Älterwerdens‘ der Archaik wird überraschenderweise als solches kaum in seiner Gesamtheit angesprochen, besitzt aber nicht nur in Hinblick auf die Fixpunkte für die Archäologie wesentliche Relevanz. Gerade weil Herodot und Thukydides noch nicht in vollem Umfang auf die späteren chronographischen Methoden zurückgreifen konnten, weisen einige ihrer Datierungen für die griechische Vergangenheit trotz wesentlicher Bemühungen um chronologische Präzision einen zeitlichen Spielraum auf. Bezeichnenderweise datiert nun Herodot Alkaios, die Kypseliden, Sappho sowie Solon um zirka 50 Jahre niedriger als die späteren Chronographen. Auffallend ist diese Tendenz zudem bei vielen Fixpunkten, wenn beispielsweise Selinunts Gründungsdatum bei Thukydides um zirka 20 Jahre jünger als bei Diodor und Hieronymus aufscheint. Andererseits folgt Hieronymus für die restlichen griechischen Gründungen auf Sizilien der thukydideischen Zahlenreihe, wie sie auch die moderne Forschung in die vorchristliche Ära umrechnet. Die festzustellende Verschiebung trifft also nicht sämtliche Datierungen der Archaik, lässt sich aber in vielen Einzelfällen wahrnehmen, weshalb die Vermutung eines Zusammenhangs mit der chronographischen Arbeitsweise naheliegt. Möglicherweise liegen diesem Phänomen eine zu hohe Veranschlagung einer Generationendauer und der Akme (Blütezeit) zu Grunde, was in beiden Fällen zu einer künstlichen Längung der Chronologie führt. Mit dieser Sichtweise ist freilich eine allgemeine Aufwertung der älteren Quellen verbunden, die zwar mancherorts weniger präzise Datierungen für die Archaik geben, damit aber offen auf Wissenslücken beziehungsweise begrenzte Möglichkeiten hinweisen. Damit einher geht zudem die Argumentation, dass die präzisen Angaben späterer Chronographen im Wesentlichen älteren Texten entnommen und post festum konstruiert worden sind. Das Kapitel 4 hat den chronologischen Faden weiter Richtung Archaik aufgenommen und die schwierige Frage nach der Quellengrundlage gestellt, anhand derer die Historiographen im 5. Jahrhundert v. Chr. Ereignisse und Personen der Archaik verorten konnten. Grundsätzlich ist die moderne Forschung mit der Herausforderung konfrontiert, dass

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bereits Herodot und Thukydides in einiger zeitlicher Distanz zur Archaik berichten. Dabei lassen sich in der modernen Forschung zwei ineinandergreifende und zum Teil gegensätzliche Positionen feststellen, die einerseits eine kontinuierlich gedachte statische Tradierung der Vergangenheit im Sinne einer unveränderlichen Tradition und andererseits eine stark in der Gegenwart verwurzelte Geschichtsdarstellung vorsieht. Diesbezüglich hat Gehrkes Konzept der intentionalen Geschichte einen wesentlichen methodischen Grundstein gelegt, die Vergangenheitsdarstellung mit sich ändernden Versionen besser zu verstehen. Demnach beeinflussen die gegenwärtige Situation und die Intention für eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit wesentlich die Darstellungsweise. Dies trifft gleichermaßen auf mündliche Erzählungen und schriftliche Berichte zu, wenngleich die Altertumswissenschaft offensichtlich nur auf die Texte zurückgreifen kann. Aufgrund der Überlieferungslage sind umfassende diachrone Beobachtungen für die im Kontext der Keramikchronologie zentralen Erzählungen um Städtegründungen nicht in dem erwünschten Maß möglich. Dennoch geben Fallbeispiele zu erkennen, wie gegenwärtige Umstände zu einer entsprechenden Adaption der Vergangenheitsdarstellung führen konnten. Bei dem Paradebeispiel Massalia zeigen die divergierenden Versionen antiker Autoren ihren jeweils zeitgenössischen Hintergrund und offenbaren ihre spezifische Perspektive. Die Quellenlage hat allerdings keine detaillierte Beobachtung zugelassen, ob oder wie divergierende Gründungsdaten auch mit konkurrierenden politischen Ansprüchen zusammenhängen könnten. Die homerischen Epen, die Theogonie und der Frauenkatalog belegen allgemein die Bedeutung von Genealogien im archaischen Griechenland. Über ihre legitimierende und politische Funktion hinaus besitzen Genealogien außerdem eine grundlegende Eigenschaft zur zeitlichen Strukturierung der Vergangenheit, der sich bereits die archaischen Dichter im Ansatz bedienten. Ebenso zeigen die frühesten Prosaautoren Hekataios, Akusilaos und Pherekydes ein großes Interesse an Genealogien, was einmal mehr ein Argument für die bedeutende Rolle der Genealogien auch in Hinblick auf die Chronologie darstellt. Ausgeführte Genealogien sind für das 5. Jahrhundert v. Chr. zwar nur spärlich überliefert, mit der Spartanischen Königsgenealogie beziehungsweise Königsliste liegt allerdings nachweislich ein wichtiges Instrument für die Chronologie der Archaik vor. So griffen antike Autoren und Chronographen auf die Könige Spartas für die Erstellung einer Chronologie der griechischen Frühzeit zurück, wenngleich die genauen Gedankengänge im Dunkeln bleiben. Diese Ungewissheit macht es wenig sinnvoll, sämtliche Intervallangaben antiker Autoren mit Generationenangaben erklären zu wollen, zumal eine Generationenlänge in der Antike nicht numerisch fixiert war. Obwohl die Genealogien als wesentliche Eckpfeiler in der Erstellung einer Chronologie der griechischen Archaik dienten, sind die exakten Rechenwege in den meisten Fällen schlicht nicht mehr nachvollziehbar, zumal Synchronismen als verhältnismäßig einfaches Datierungsmittel früh Anwendung gefunden haben und zu komplexen Datierungsabhängigkeiten führen können. Die Analyse derartiger Genealogien hat deutlich gezeigt, dass die Stammbäume in der Antike nicht statisch überliefert wurden, sondern entsprechend ihres politischlegitimierenden Anspruchs abgewandelt beziehungsweise angepasst werden konnten.

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Diese Veränderungen betreffen nun sowohl die Hellenengenealogie als auch die für die Chronologie der Archaik essentielle Spartanische Königsliste. In der Frage nach möglichen schriftlichen Quellen für die Archaik hat sich die Forschung vor allem auf jene nach der Existenz von Archiven im archaischen Griechenland fokussiert, wofür aus der Archaik eindeutige Belege fehlen. Die frühesten Inschriften befinden sich eingeritzt auf spätgeometrischer Keramik und datieren nach der konventionellen Keramikchronologie grob in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. Sollte es sich bei der Inschrift aus Osteria dell’Osa tatsächlich um eine griechische Inschrift handeln, kann sie gemäß der konventionellen Keramikchronologie um 770 v. Chr. datiert werden. Folgt man dem Vorschlag einer Erhöhung der absoluten Keramikchronologie, ließe sich der früheste Inschriftenfund sogar noch im 9. Jahrhundert v. Chr. ansiedeln. Die Einschätzung der Verwendung der Schrift im archaischen Griechenland ist nun eng damit verbunden, wie die Entwicklung der Polis aufgefasst wird und die dahinter stehenden Gesellschaftsstrukturen beurteilt werden, weshalb entsprechend unterschiedliche Meinungen anzutreffen sind. Es fällt allerdings auf, dass die erhaltenen archaischen Texte und Inschriften keine ausgefeilte absolute Chronologie erkennen lassen, was in diesem Zusammenhang als wesentlich gelten muss. So beginnt die eponyme Datierungsweise mit den profanen und sakralen Amtsinhabern bezeichnenderweise auch erst um zirka 500 v. Chr. In den 1960er Jahren haben vor allem Jan Vansinas ethnologische Studien über die mündliche Überlieferung und die Oral Tradition zu einer Auseinandersetzung mit dieser Thematik in den Altertumswissenschaften geführt. Trotz der Berufung auf Vansinas Publikationen finden sich wiederum unterschiedliche Einschätzungen zur mündlichen Überlieferung. Besonders intensiv hat sich die Forschung nach dem Aufkommen der Oral Tradition-Forschung mit Herodot beschäftigt, aber auch für Thukydides konnten Charakteristika der mündlichen Überlieferung festgestellt werden. Hier ist vor allem das Überspannen des Floating Gaps zwischen der weit zurückliegenden und jüngeren Vergangenheit zu benennen, das beispielsweise auf Herodots Ahnenliste der beiden spartanischen Könige Leonidas und Leotychidas sowie auf Thukydides’ Sizilische Archäologie mit den Gründungsdaten zutrifft. Die unsichere Chronologie stellt eine wesentliche Schwäche der mündlichen Überlieferung dar und kann beispielsweise die chronologischen Unklarheiten in Herodots und Thukydides’ Bericht für das archaische Athen erklären. Folgt man dieser Argumentationslinie sind diese Unsicherheiten in der chronologischen Darstellung ernst zu nehmen und als Kennzeichnung eines begrenzten Wissenshorizontes zu verstehen. Aus diesem Grund hat man auch vorgeschlagen, bereits die Peisistratiden-Chronologie mit Vorsicht zu verwenden und das Ende der Peisistratidenherrschaft 511/10  v. Chr. als erstes (!) verlässlich datiertes Ereignis der Archaik zu betrachten. Bei der konkreten Frage nach den Überlieferungswegen der griechischen Gründungsdaten greifen diese soeben zusammengefassten unterschiedlichen Interpretationsebenen und Argumentationsweisen ineinander. Die Forschung hat sich im Laufe der Zeit durchaus unterschiedlich zu dem Grundproblem positioniert, dass die schriftlichen Quellen erst in der Klassik einsetzen und die Gründungen zeitlich einordnen.

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Verhältnismäßig neu ist Oswyn Murrays Ansatz, 2 dass schriftliche Aufzeichnungen im Apollon-Heiligtum in Naxos auf Sizilien eine indirekte Dokumentation des Gründungszeitpunkts ermöglichten. Damit sind freilich mehrere Voraussetzungen verbunden, worunter die Aussendung von religiösen Gesandtschaften nach Delphi, deren schriftliche Aufzeichnung, eine überregionale Rolle des Heiligtums in Naxos und von jenem in Delphi seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. fallen. Diese Ansicht wird nicht jeder teilen, so steht eine größere Rezeption und Auseinandersetzung in der Sekundärliteratur auch noch aus. Vergleichbar ist die ebenso zur Diskussion stehende Situation für das Heraion in Argos. In Hellanikos’ Hiereiai wird der erste Versuch einer Zusammenstellung panhellenischer Ereignisse gesehen, die sich an den Amtsjahren der Hera-Priesterinnen orientierte. Aber auch für dieses literarische Werk bleiben die tatsächlich von Hellanikos herangezogenen archaischen Quellen spekulativ und deren Beurteilung eng mit der modernen Auslegung der archaischen Verhältnisse verwoben. Um wieder unmittelbar zur Überlieferungsfrage der Gründungsdaten zurückzukehren: Mittlerweile sieht man von älteren, kaum überzeugenden Hypothesen, wie einer Jahreszählung im Sinne einer ab urbe condita-Chronologie oder der Anbringung eines Jahresnagels (clavus annalis) in den Niederlassungen ab. Anstelle dessen scheint sich die Vorstellung einer präzisen Überlieferung der Gründungsdaten auf den Oikistenkult zu verlagern, den die antiken Texte allerdings erst ab dem 5.  Jahrhundert  v. Chr. belegen. Ausschlaggebend für die Hypothese der Überlieferung der Gründungsdaten im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Feierlichkeiten zu Ehren der Gründerfiguren (Oikisten) sind möglicherweise auch die entsprechenden archäologischen Befunde von Heroonbauten wie beispielsweise in Selinunt und Kyrene direkt an der Agora. Trotz der Existenz eines Heroons kann Pindar Kyrenes Vergangenheit ‚nur‘ in Generationen einordnen, was innerhalb Pindars Werk eine singuläre und außergewöhnliche Anwendung dieser Datierungsform darstellt. Es spricht bei den Gründungsdaten einiges dafür, dass für deren Berechnung die Genealogien der Protiaden (in Massalia), der Battiaden beziehungsweise der Spartanischen Könige (in Kyrene), der Emmeniden (in Akragas) sowie die Deinomeniden (in Syrakus) herangezogen worden sind. So dürften die führenden Familien Interesse an der Überlieferung ihrer (realen oder imaginierten) Beteiligung an der Gründung gehabt haben, um damit ihre politischen Führungsansprüche zu untermauern. An dieser Stelle lohnt es sich, anhand der bisherigen Überlegungen ein Zwischenresümee zur textbasierten Chronologie der Archaik zu ziehen. Antike Autoren und Chronographen wiesen Ereignissen und Personen aus dem Zeitraum, den man modern als Archaik bezeichnet, zum Teil wesentlich voneinander abweichende Datierungen zu. Diesen Sachverhalt gilt es grundsätzlich zu beachten. Es gibt nun unterschiedliche Möglichkeiten, wie man methodisch damit umgeht und für welchen chronologischen Ansatz man sich entscheidet. Prinzipiell halte ich eine Orientierung an der Chronologie älterer Autoren für überzeugend, die im Vergleich zu den chronographischen Konventionen tendenziell eine niedrigere Chronologie für die Archaik nahelegt. Neben der 2 Murray 2014.

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Entscheidung zwischen unterschiedlichen antiken Chronologieschemata für die Archaik wird außerdem argumentiert, dass die antiken Datierungen aus unterschiedlichen Gründen korrigiert werden müssten. Dieser Weg verlässt die positivistische Grundlage, wodurch noch mehr Optionen zur Beurteilung von chronologischen Fragestellungen existieren. Die Altertumswissenschaft hat beispielsweise für den Kylonischen Frevel drei unterschiedliche Datierungen vorgeschlagen, nämlich die konventionelle Zuweisung in die 30er Jahre des 7. Jahrhunderts v. Chr., die auf der Nennung von Kylons Sieg bei den Olympischen Spielen in Eusebius’ Olympionikenliste beruht. Darüber hinaus haben Überlegungen zur Quellenlage und zur politischen Situation im archaischen Athen zu Datierungen um 597 v. Chr. (vor Solons Archontat) und in die 50er Jahre des 6. Jahrhunderts v. Chr. (in die Zeit von Peisistratos’ Exil) geführt. Damit geht auch eine allgemein anerkannte Chronologie verloren, die letztlich die Grundlage für eine Kommunikation innerhalb der Altertumswissenschaft und die Erforschung der Archaik bildet. Beispielsweise in Hinblick auf eine Berücksichtigung archäologischer Befunde macht es einen eklatanten Unterschied, wie die archaischen Texte datieren und in weiterer Folge, in welcher Korrelation sie zu den Befunden stehen. Ein wesentliches Anliegen der vorliegenden Dissertation besteht in der Benennung der Schwierigkeiten der Chronologie für die griechische Archaik, wofür hier keine konkrete Lösung im Sinne eines neuen Chronologieschemas angeboten werden kann. Eine solche Forderung würde die konkrete Fragestellung und deren Komplexität mit der Involvierung der unterschiedlichen Fachdisziplinen verkennen. Um gegen die mittlerweile allgegenwärtige Verselbständigung des Chronologieschemas anzukommen und somit auch wieder eine Diskussion über dieselbe zugänglicher zu gestalten, ist es dringend erforderlich, zwischen antiken und modernen Datierungen zu unterscheiden. Dahingehend bedarf es einer Berücksichtigung der antiken Textstellen sowie deren Datierungskontexte, weshalb ich dafür plädiere, von der ausschließlichen Verwendung der konventionellen Angaben in der vorchristlichen Ära abzusehen und den antiken Datierungswortlaut beizufügen. Die Kapitel 5 bis 8 haben die wesentlichen Fixpunkte der griechisch archaischen Keramik thematisiert. In Kapitel 5 sind zunächst einmal die sizilischen Gründungsdaten von Thukydides als zentrale Quelle sowie weitere Textstellen durchgegangen worden, die eine Datierung für die griechischen Gründungen in Süditalien anbieten. Die eingehende Besprechung der einzelnen Textstellen hat dabei wesentliche Punkte angeschnitten, die bereits in den vorigen Kapiteln herausgearbeitet worden sind. Dazu zählt zunächst einmal der Umstand, dass Thukydides streng genommen keine absolute Datierung, sondern zwei relative Datenreihen anbietet. Die thukydideischen Daten lassen sich nur annähernd in absolute Jahreszahlen umrechnen, weil die Formulierung einen zeitlich unklaren Spielraum enthält. Thukydides besitzt als älteste Quelle, die für die meisten Gründungen eine chronologische Verortung anbietet, einen besonderen Stellenwert. Andere Autoren haben sich zur Datierung der Gründungen der unterschiedlichen Chronologieschemata bedient. Allein aus diesem Grund gestaltet es sich problematisch, die chronologischen Informationen unterschiedlicher Texte einfach zu vermischen. Dies setzt nämlich voraus, dass allen Autoren dieselben chronographischen Mittel zur Verfügung standen und die Chronologie der Archaik ohne jegliche Veränderungen überliefert

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wurde. Beide Voraussetzungen sind allerdings nicht gegeben. Bezeichnenderweise trifft man auch bei den Gründungsdaten auf das Phänomen, das manche im Laufe der Überlieferung ‚älter‘ werden lässt beziehungsweise nach hinten schiebt. In einem zweiten Schritt ist in Kapitel 5 außerdem die Verwendung der Gründungsdaten für die Datierung der korinthischen Keramik, die man in den Gründungen gefunden hat, analysiert worden. Bereits vor Humfry Paynes monumentaler Leistung dürfte die prinzipielle Datierungsmethode bereits seit den Keramikfunden in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts bekannt gewesen sein. Publikationen aus dieser Zeit lassen interessanterweise erkennen, wie man die Gründungsdaten in Hinblick auf die Keramikdatierung unterschiedlich gehandhabt hat. In Paynes publizierter Dissertation spielen die schriftlichen Quellen nur eine untergeordnete Rolle. Er zog die thukydideischen Daten beziehungsweise ihre moderne Umrechnung heran, galt sein Augenmerk doch schließlich der ohnehin schon äußerst umfangreichen griechisch archaischen Keramik. Payne stützte sich bei seinen Überlegungen ausschließlich auf eine kunsthistorische Vorgehensweise, um die korinthische Keramik einzuteilen und zu datieren, Befunde aus der frühen Phase der Gründungen konnte er aufgrund des damaligen Forschungsstandes nicht einbeziehen. Aus heutiger Perspektive würde man sich ein eigenes Kapitel zur Datierungsmethodik erwarten, in dem Payne seine methodische Auffassung von den Fixpunkten Syrakus, Gela und Selinunt näher erläutert. Bei der Besprechung der einzelnen Stilphasen erklärt er aber ohnehin, dass er den ältesten belegten Keramikstil der Gründungszeit zugewiesen hat. Im Detail handhabte Payne allerdings die Evidenz von Selinunt etwas abweichend, was vielleicht mit dem doppelten Gründungsdatum in den schriftlichen Quellen zusammenhängt. Prinzipiell nahm Payne die gängige Unterteilung in einen frühen, mittleren und späten Stil für die korinthische Keramik vor, schob allerdings nach Spätprotokorinthisch und Frühkorinthisch einen Übergangsstil ein. Dies geschieht just bei dem Fixpunkt, zu dem Thukydides (‚628 v. Chr.‘) und Diodor/Hieronymus (650 v. Chr.) unterschiedliche Datierungen angeben, die um zirka 20 Jahre auseinanderliegen. Im Gegensatz zu dem heute gängigen Chronologieschema hat sich Payne bei der Zuweisung absoluter Jahreszahlen einen Spielraum belassen, womit sich das Fehlen einer Konkordanzliste in seiner Publikation erklären dürfte. Die Ausführungen haben gezeigt, dass aus archäologischer Sicht durchaus mehrere Möglichkeiten zur absoluten Datierung der korinthischen Keramik bestehen. Während Payne die frühesten Keramikfunde direkt mit dem Gründungsdatum in Verbindung brachte, lässt eine Unterscheidung von Produktions- und Laufzeit die Ableitung einer höheren absoluten Chronologie zu. Damit würden auch einige Funde aus Syrakus, Megara Hyblaia und Gela ihre Brisanz verlieren, wenn diese doch wesentlich älter als die thukydideischen Gründungsdaten einzuordnen sind. Die Keramikchronologie Paynes findet bis heute Verwendung, nicht zuletzt weil sie ein in sich stimmiges System darstellt. So widersprechen die Anschlusspunkte an die unabhängige ägyptische Chronologie, wie beim Bokchoris-Grab in Ischia sowie den griechischen Niederlassungen in Naukratis und Kyrene, nicht der konventionellen Datierung, sondern werden weitgehend als Bestätigung aufgefasst. Andererseits hat man gerade Naukratis und Kyrene herangezogen, um anhand von Herodots Angaben für eine niedrigere Keramikchronologie zu argumentieren. Diese

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Herangehensweise impliziert und inkludiert eine Senkung der thukydideischen Gründungsdaten, für die allerdings nur vereinzelt plädiert worden ist. Sehr häufig lässt sich in den Chronologiediskussionen ein argumentatives Ineinandergreifen der schriftlichen und archäologischen Quellen beobachten, was letztlich die flexible Auslegung des Chronologiesystems nahelegt und eine methodenimmanente Eigenschaft darstellt. Die korinthische Keramik dient als die Hauptgrundlage für die Chronologie der Archaik, da bis zum frühen 6. Jahrhundert v. Chr. die protokorinthischen und korinthischen Gefäße Referenzpunkte zur Datierung von anderen Keramikgattungen, Architekturelementen sowie der Plastik bilden. Demnach liegen dem gesamten archäologischen Chronologieschema des späten 8.  und 7.  Jahrhunderts  v. Chr. die Datierungsprämissen der korinthischen Keramik zu Grunde, die die Verwendung der Gründungsdaten in Anlehnung an Thukydides beinhalten. Als wesentlich gilt es in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die absoluten Gründungsdaten nicht durch die Keramikabfolge bestätigt werden können. Es besteht nur die begrenzte Möglichkeit der Kontrolle der relativen Position der einzelnen Keramikfunde. Unterscheiden sich die Gründungsdaten nur um wenige Jahre, kann der Keramikstil diese kurze zeitliche Unterscheidung jedoch nicht wiedergeben. Schematische Vierteljahrhundert-Datierungen der einzelnen Stilphasen werden außerdem bevorzugt, um Zweifel über die mögliche Exaktheit der absoluten Gründungsdaten auszudrücken. Anhand der Überlegungen zu den Fixpunkten soll nochmals auf eine gewisse Flexibilität des Chronologieschemas hingewiesen werden, die sich einerseits durch die approximative Annäherung an die thukydideischen Gründungsdaten und andererseits durch die Beschaffenheit der archäologischen Datierungsweise ergibt. Die früheisenzeitliche Levante bietet die einzige Möglichkeit zur Datierung der griechisch geometrischen Keramik und stellt auch eine wichtige Kontrollmöglichkeit der Chronologie Paynes dar, weshalb in Kapitel 6 eine entsprechende Diskussion relevanter Keilschriftquellen und ausgewählter Zerstörungshorizonte vorgenommen worden ist. Allerdings bestehen auch in der Levante chronologische Unsicherheiten, wo mit der hohen und niedrigeren Chronologie zwei konkurrierende und parallel verwendete Chronologiesysteme existieren. Der lokale Ursprung dieser Differenz liegt in den Königreichen von Israel und Juda, da es um die Historizität der biblischen Darstellung des geeinten Königreichs unter David und Salomo geht. Nun gilt es zu beachten, dass dem Datierungsschema der griechisch geometrischen Keramik ein (veraltetes) niedriges Chronologieschema in der Levante zu Grunde liegt. Ausschlaggebend dürfte dafür unter anderem Paynes Datierungsschema der korinthischen Keramik gewesen sein. Ansonsten wäre der mittelgeometrische Stil mit einer extrem langen Dauer von zirka 200 Jahren zu veranschlagen gewesen, bis schließlich die spätgeometrische Phase anhand der sizilischen Gründungsdaten konventionell von etwa 750 bis zirka 725 v. Chr. anschließt. Diese Problematik gilt es insbesondere in Hinblick auf Karthagos Evidenz zu berücksichtigen, da man dort neben phönizischer ebenso griechisch geometrische Keramik gefunden hat. Im Gegensatz zum früheisenzeitlichen Griechenland findet sich für diese Zeitstufe in der Levante eine besonders hohe Ereignisdichte, weshalb Zerstörungshorizonte gravierenderweise mit mehreren historischen Ereignissen in Verbindung gebracht werden können. Dementsprechend sind auch viele Fixpunkte erstellt worden, deren Gültigkeit

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mittlerweile umstritten ist. So dient die griechische Keramik aufgrund der feinchronologischen Bestimmungsmöglichkeiten vielerorts zur Identifizierung des historischen Ereignisses. Die Komplexität der chronologischen Sachverhalte sowie die Involvierung unterschiedlicher Disziplinen der Altertumswissenschaften haben zu wiederholten Zirkelschlüssen und falschen Annahmen geführt, wozu vor allem das Missverständnis zählt, dass die griechisch spätgeometrische Keramik vollständig unabhängig von den Gründungsdaten datierbar sei. Wenn man unter den zahlreichen Fixpunkten nach gesicherten Fällen sucht, wo sich ein Zerstörungshorizont im archäologischen Befund einwandfrei nachweisen lässt und ein Feldzug in einer keilschriftlichen Quelle Erwähnung findet, bleibt für das 8.  Jahrhundert v. Chr. letztlich nur Hamat übrig. Aber auch hier zeigt eine genaue Analyse der unterschiedlichen Texte Unklarheiten zum Status der Stadt und des Gebiets nach der Niederschlagung des Aufstands im zweiten Regierungsjahr von Sargon II. (720 v. Chr.), die unter anderem der Topik der neuassyrischen Königsinschriften geschuldet ist. Dies wirkt sich auf die Rekonstruktion der Siedlungsgeschichte Hamats und entsprechend auf die Interpretation der spätgeometrischen Streufunde aus. Archäologische Ausgrabungen konnten eine großflächige Zerstörung der Zitadelle, die danach erst wieder im Hellenismus besiedelt wurde, feststellen. Die hier relevanten drei Fragmente griechisch spätgeometrischer Keramik stammen nicht aus einem stratifizierten Kontext, was deren chronologischen Aussagewert stark einschränkt. In den Ausgrabungsberichten ist dieser Umstand mit Bauarbeiten im Hellenismus erklärt worden, wodurch die griechische Keramik aus ihrem ursprünglichen stratigraphischen Kontext entfernt worden sei. Obwohl Hamat mittlerweile als der sicherste Fixpunkt der gesamten Levante im späten 8. Jahrhundert v. Chr. gilt, belegen die unterschiedlichen Meinungen den vorhandenen Interpretationsspielraum. Für das 7. Jahrhundert v. Chr. bietet der Zerstörungshorizont in Aschkelon mit den 17 korinthischen Keramikfragmenten im Übergangs- und im frühkorinthischen Stil einen wichtigen Terminus ante quem, da man als Ursache die militärische Kampagne von Nebukadnezar II. im Jahr 604 v. Chr. ausmacht. Eine Begutachtung der spätbabylonischen Chronik (BM 21946) hat bestehende Zweifel an der Lesung des Toponyms Aschkelon beseitigen können. Obwohl diese beiden Fixpunkte als Bestätigung der konventionellen Keramikchronologie aufgefasst werden, bleibt eine flexible Auslegung der absoluten Keramikchronologie nach wie vor bestehen. Die Datierung von Kroisos als letzten Regenten der Mermnaden hat für die griechischlateinischen Texte ein bekanntes Bild gezeigt. Während Herodot zwar eine detaillierte relative Chronologie für die Mermnaden-Dynastie anbietet, hängt deren Ende chronologisch gesehen in der Luft. Erst spätere Chronographen haben ein Datum um 547/6 v. Chr. (Ol. 58,2) festgelegt, das aber nicht für Herodots Historien vorausgesetzt werden kann. Ein Vergleich mit neuassyrischen Texten zeigt auf deutliche Weise, dass Herodots Chronologie damit nicht einhergeht. Demnach gibt es Vorschläge, die Informationen mit den zeitgenössischen neuassyrischen Quellen in Einklang zu bringen, indem entsprechende Adaptierungen sowohl der herodoteischen als auch der chronographischen Angaben vorgenommen worden sind. Hierzu ist allerdings kein Konsens erzielt worden. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu beobachten, wie das etablierte Datum 547 v. Chr. für

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Kroisos’ Sturz sogar zu einer entsprechenden Auslegung einer babylonischen Chronik (BM 35382) geführt hat. So beschreibt die Chronik für das neunte Regierungsjahr des letzten neubabylonischen Herrschers Nabonid (547/6 v. Chr.), dass der Perserkönig Kyros einen Feldzug gegen ein Land unternahm, dessen Toponym abgebrochen ist. Weil sich die Datierung nun mit der chronographischen Tradition zu Kroisos’ Sturz fügt, hat man die äußerst fragmentarischen Zeichen des Ländernamens mit Lydien identifiziert. Eine Kollation der Tafel im British Museum sowie eine eingehende Berücksichtigung der Forschungsgeschichte zeigen aber, dass die Zeichen aus rein paläographischer Sicht nicht mit Sicherheit zu identifizieren sind. Eine Kontextualisierung der Passage mit der beschriebenen Marschroute lässt Lydien zudem als militärisches Ziel wenig plausibel erscheinen. Das Kapitel 7 hat die phönizischen Gründungen im westlichen Mittelmeerraum zur Diskussion gestellt, da dort ebenfalls griechische Keramik zu Tage kam und dementsprechend die Möglichkeit für Fixpunkte besteht. Letztlich hat die antike Chronographie aber nur für Karthago Gründungsdaten überliefert, die nach modernen Kriterien als historisch anzusehen sind. Wenn Hieronymus insgesamt sechs Gründungsdaten für Karthago anbietet, bestätigt dies einmal mehr den bereits mehrfach erwähnten Umstand von unterschiedlichen Datierungsschemata und Datierungen. Allgemein hat Timaios’ Angabe, dass Rom und Karthago im 38.  Jahr vor der ersten Olympiade gegründet wurden, Autorität in der modernen Forschung gewonnen. Dies hängt mit Timaios’ Beschreibung einer ‚historischen‘ Besiedlung Karthagos zusammen, da er als erster Autor eben nicht die eponymen Heroen einer weit zurückliegenden  –  modern als mythisch deklarierten  –  Vergangenheit nennt. Timaios’ Information wird nun durchwegs mit 814 v. Chr. umgerechnet, was die Unsicherheiten der Datierung der ersten Olympischen Spiele völlig außer Acht lässt und die gängige Ansetzung mit 776  v. Chr. voraussetzt. Diese Thematik hat keine größere Diskussion erfahren, was umso mehr erstaunt, da das angesetzte Gründungsdatum 814 v. Chr. nicht mit der gängigen Datierung der ältesten griechischen Keramik in Karthago einhergeht. Lange Zeit galten Funde aus spätgeometrischer Zeit, die konventionell von zirka 740/30 bis 710  v. Chr. datiert, und eine subprotogeometrische Schale, die man vor 750  v. Chr. ansetzt, als die ältesten griechischen Importstücke in Karthago. Deren Datierungsansatz spießt sich mit dem angesetzten Gründungsdatum um 814 v. Chr. Aufgrund dieser offensichtlichen Diskrepanz hat man Timaios’ Information für unzuverlässig erklärt, was sich letztlich auch mit der Quellenlage für die Archaik argumentieren ließe, aber ausschließlich mit der Keramikchronologie begründet worden ist. Andererseits dient Karthagos Evidenz mit dem Gründungsdatum 814  v. Chr. als wesentlicher Stützpfeiler zur Erhöhung der absoluten Keramikchronologie, weil die konventionelle Keramikchronologie eben nicht mit dem Gründungsdatum und den ältesten griechischen Keramikfunden einhergeht. Auffallend bei dieser Vorgehensweise bleibt dabei aus althistorischer Perspektive, dass Datierungen antiker Autoren ausschließlich danach selektiert werden, ob sie mit dem Datierungsschema der griechischen Keramik vereinbar sind oder eben nicht. Im Gegensatz zu Paynes Datierung der korinthischen Keramik in Sizilien spielen die Fundkontexte und Befunde in Karthago eine größere Rolle. Zwar steht die Publikation

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rezenter Grabungstätigkeiten in Karthago noch aus, mittlerweile deutet sich aber an, dass ein im Jahr 2013 gefundenes mittelgeometrisches Tellerfragment aus dem ersten Viertel des 8.  Jahrhunderts  v. Chr. als Brückenschlag zum historischen Gründungsdatum und zu der frühesten Siedlungsphase verstanden wird. Hier gilt es, die endgültige Veröffentlichung der rezenten Grabungen zu den frühesten Siedlungsphasen in Karthago abzuwarten. Die Datierung von Karthagos Gründung gemäß der griechischen Keramikchronologie berührt außerdem die Chronologiedebatte in der Levante, da man die griechische Keramik anhand einer (veralteten) niedrigen Chronologie in der Levante erstellt hat. Kapitel 8 hat sich der Diskussion der absoluten Chronologie der frühen attisch schwarzfigurigen Vasen im 6. Jahrhundert v. Chr. gewidmet, da sich in diesem Zeitraum die absolute Vasenchronologie von der korinthischen auf die attische Keramik verlagert. Die Forschungsgeschichte zeigt dabei deutlich, wie die absolute Chronologie von relativchronologischen Überlegungen bestimmt ist und die einzigen zwei Fixpunkte lediglich als Bestätigung aufgefasst werden. Der erste Fixpunkt besteht aus Massalias Gründungsdatum und der ältesten attischen Importkeramik, worunter sich einige Gefäßfragmente des Gorgo-Malers befinden. Die ersten Zuweisungen an den Gorgo-Maler sowie dessen Datierung in die ersten beiden Dekaden des 6. Jahrhunderts v. Chr. gehen auf Humfry Payne zurück. Ihm war allerdings das zu seiner Zeit einzige publizierte und erst später an den Gorgo-Maler zugewiesene Keramikfragment aus Massalia nicht bekannt, weshalb er Massalias Gründungsdatum nicht in seine chronologischen Überlegungen miteinbeziehen konnte. Die antike Überlieferung scheint zwei unterschiedliche Zeithorizonte für Massalias Gründung zu erwähnen, die für die Diskussion der absoluten Keramikchronologie vor allem in Hinblick auf eine mögliche Senkung herangezogen worden sind. Ein Teil der antiken Autoren bezieht sich auf die Fluchtbewegung der Phokaier vor den Persern in den 40er Jahren des 6. Jahrhunderts v. Chr., während eine andere Gruppe die phokäische Gründung zirka 60 Jahre zuvor ansiedelt. Eine eingehende Analyse der Textstellen hat dabei nahegelegt, dass es sich hier nicht um eine Verschiebung der Datierung, sondern um eine Bezugnahme auf zwei unterschiedliche Ereignisse in der Siedlungsgeschichte Massalias handeln dürfte. Timaios liefert als älteste Quelle ein präzises Datum für das frühe Gründungsdatum, das er mit 120 Jahren vor der Schlacht von Salamis, also umgerechnet 600 v. Chr., angibt. Die moderne Forschung hat sich nicht zuletzt deshalb für das höhere Gründungsdatum entschieden, weil dieses durch die konventionelle Datierung der frühkorinthischen Keramikfunde (zirka 625–600  v. Chr.) in Massalia nahegelegt wird. Der zweite Fixpunkt der frühen attisch schwarzfigurigen Vasen geht von der Zuweisung der ältesten bekannten Panathenäischen Preisamphore, der BurgonAmphore, an die frühesten Panathenäischen Wettkämpfe in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. aus. Einmal mehr bietet Eusebius das eindeutigste Datum, wenn er für die Einführung der athletischen Wettkämpfe der Panathenäen das Jahr 566/5  v. Chr. (Ol. 53,5) angibt. Die antiken Quellen belegen eine Wandlung des Panathenäischen Fests im Laufe des 6. Jahrhunderts v. Chr., die unterschiedliche Maßnahmen und Zeitpunkte beinhalten dürfte. Ähnlich wie bei der Datierung des Gorgo-Malers erlaubt das engmaschige Netz an Relativdatierungen ohnehin keine große Abweichung von der gängigen Zuweisung der Burgon-Amphore in die Dekade 570/60 v. Chr.

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Die große Erwartung an die Naturwissenschaft, Datierungsfragen der Archaik sowie die Chronologiedebatte in der Levante endgültig zu entscheiden, hat sich nur bedingt erfüllt, wie Kapitel 9 thematisiert hat. Sowohl bei der Dendrochronologie als auch bei der Radiokarbonanalyse handelt es sich um komplexe naturwissenschaftliche Methoden, deren Anwendung aus geisteswissenschaftlicher Perspektive mit schwer erschließbaren statistischen Auswertungen verbunden ist. Demnach können auch für die naturwissenschaftlichen Datierungsmittel unterschiedliche Herangehensweisen beziehungsweise Datierungsergebnisse vertreten werden. Darüber hinaus lässt sich die Dendrochronologie für die Archaik aufgrund der klimatischen Bedingungen im Mittelmeerraum kaum anwenden und die 14C-Methode überhaupt nicht gewinnbringend einsetzen, da sich durch das so genannte Hallstattplateau Proben aus dem Zeitraum von zirka 750 bis 400 v. Chr. nicht unterscheiden. Zudem wird mittlerweile der Grundsatz der Radiokarbonmethode, der nämlich dieselbe 14C-Konzentration in der nördlichen Hemisphäre voraussetzt, aufgrund von dendrochronologisch bestimmten Holzbeständen im Libanon bezweifelt. Eine Reaktion zu dieser Erkenntnis beziehungsweise dazu, wie man mit dieser Abweichung künftig umgehen soll, steht meines Wissens noch aus, wird aber in Zukunft vor allem für die hohe Chronologie in der Levante zu diskutieren sein. Die nur punktuell anwendbaren naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden tangieren an einigen Punkten die Chronologie der Archaik, wie beispielsweise die Dendrochronologiedaten in Zentraleuropa sowie die Radiokarbonanalysen überwiegend im östlichen und westlichen Mittelmeerraum. Zurzeit gibt es zur Datierung der frühen Eisenzeit im Mittelmeerraum zwei konträre Meinungen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern plädiert für die weitgehende Korrektheit der konventionellen Chronologie der griechischen Keramik, was für die Levante das niedrigere Chronologieschema bedingt. Andererseits haben mehrere Forscher für die hohe Chronologie in der Levante sowie eine Anhebung der absoluten Keramikchronologie plädiert, wobei im Detail unterschiedliche Konsequenzen für die Archaik ausgeführt werden. Eine zentrale Schlüsselstelle in der vielschichtigen Debatte um die 14C-Daten nimmt Karthago ein, dessen chronologische Evidenz unterschiedlich ausgelegt wird. Trotz des scheinbar objektiveren Wegs zur Altersbestimmung sind also divergierende Ansätze möglich, weil die Auslegung der Radiokarbondaten selbst und ihr Verhältnis zum archäologischen Kontext nach wie vor einer Interpretation unterliegen. Es wird sich zeigen, ob künftige Forschungen einen Konsens in der naturwissenschaftlichen Chronologiedebatte erreichen werden können. Es hat sich außerdem herausgestellt, dass eine endgültige Loslösung von den schriftlichen Quellen, wie beispielsweise den zentralen sizilischen Gründungsdaten, letztlich nicht möglich ist. Die Fäden der griechisch archaischen Keramikchronologie sind im gesamten Mittelmeer verstreut, weshalb äußerst vielfältige Texte in unterschiedlichen Sprachen zur absoluten Datierung herangezogen werden. Eine wesentliche Herausforderung liegt in der unterschiedlichen Beschaffenheit der schriftlichen Quellen, weshalb die Fixpunkte hier in deskriptiver Weise gebündelt analysiert worden sind, um die involvierte Methodik mitsamt ihren Prämissen und Schwierigkeiten thematisieren zu können. Während bereits mehrfach davon die Rede war, dass sich in der klassischen Historiographie und Chronographie die Chronologie der Archaik in einem bedingten Rahmen flexibel darstellt,

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trifft ein ähnlicher Sachverhalt auf die Keramikchronologie zu. Hinter absoluten Datierungen verbergen sich Umrechnungen relativer Veranschlagungen von Stilphasen, die bis zu einem gewissen Grad künstliche Trennungen beziehungsweise Wahrscheinlichkeiten innerhalb von Datierungssystemen wiedergeben. Auch in diesem Zusammenhang möchte ich dafür argumentieren, neben der absoluten Umrechnung zusätzlich den relativen Zeithorizont zu benennen. Dies erleichtert meiner Meinung nach den interdisziplinären Dialog und ermöglicht eine bessere Übersicht im Rahmen der andauernden 14C-Debatte. Außerdem würde eine derartige Handhabung verdeutlichen, wie die Keramikchronologie das moderne Verständnis von Siedlungen auf wesentliche Weise prägt. Eine Abänderung derselben lässt vom gleichen Befund auf eine komplett andere historische Kontextualisierung rückschließen, was Hugh Bowden 3 beispielhaft an der archaischen Siedlungsgeschichte von Naukratis veranschaulicht hat. Diese grundlegende Relevanz der Keramikchronologie verdient eine gründliche Reflexion ihrer Anwendung, deren Ausgangspunkt in den schriftlichen Quellen liegt und das zentrale Thema der vorliegenden Dissertation dargestellt hat.

3 Bowden 1991, v.a. 53, 57, 58.

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11. Abbildungsnachweis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16:

Überblick über die im elisch-spartanischen Krieg involvierten Gegenden (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Überblick über die griechischen Niederlassungen auf Sizilien (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Graphische Darstellung der Gründungsdaten der Sizilischen Archäologie (von der Verfasserin erstellt). Überblick über die griechischen Niederlassungen in Süditalien (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Griechichische Niederlassungen in Libyen und Ägypten (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Spätprotokorinthischer Aryballos Louvre CA 931 (© 1996 RMN-Grand Palais (musée du Louvre) / Hervé Lewandowski). Überblick über die genannten Orte in der Levante (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Detail der Tafel BM 21946 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images). Umzeichnung BM 35382 Zeilenende o II 16 und 17 (nach Smith 1924, pl. XII, von der Verfasserin umgezeichnet). Überblick über die Lesungsvorschläge (IŠ, SU, Ú, LU, ZU) (von der Verfasserin erstellt). Detailaufnahmen des angebrochenen Toponyms der Zeile o II 16 der Nabonid-Chronik BM 35382 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images). Überblick über phönizische und griechische Niederlassungen und Städte (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Überblick über die im Kapitel 8 genannten Orte (von der Verfasserin mit StepMap erstellt). Burgon-Amphore BM 1842,0728.834, Vase B130 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images). Burgon-Amphore BM 1842,0728.834, Vase B130 (© The Trustees of the British Museum. All rights reserved, British Museum Images). Verlauf der Kalibrierungskurve mit den Daten von M. Stuiver – P. J. Reimer – T. F. Braziunas, High-Precision Radiocarbon Age Calibration for Terrestrial and Marine Samples, Radiocarbon 40, 1998, 1127–1151 (wikimedia commens/ public domain; , eingesehen am 30.01.2017).

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1 Zeitschriften- und Reihenabkürzungen erfolgen nach den Vorgaben der Année Philologique, des Deutschen Archäologischen Instituts und des Reallexikons der Assyrioloige.

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Quellenverzeichnis

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Quellenverzeichnis

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13. Stellenregister Sextus Julius Africanus Chronographiai ▷ 98 Sext. Iul. Afric. F 46 (Wallraff 2007, 114–115) ▷ 243 Anm. 583 Sext. Iul. Afric. F 63a (Wallraff 2007, 182–185) ▷ 278 Sext. Iul. Afric. T 64e (Wallraff 2007, 190–191) ▷ 72 Akusilaos ▷ 113–114, 128, 366 Alkaios ▷ 91, 123, 365 Alk. 49 D ▷ 140 Amm. 15, 9, 7 ▷ 335–336, 340 Anaximander ▷ 123 Anaximenes FGrHist 72 F 13 ▷ 122 Anm.  143 Androtion BNJ 324 F 44 ▷ 46 Antiochos ▷ 144, 162, 189, 206–208, 210, 211, 224 Anm. 435 Antiochos Sikelika ▷ 153 Antiochos BNJ 555 F 2 ▷ 127 Antiochos BNJ 566 F 8 ▷ 330–331, 337, 339–340 Antiochos BNJ 555 F 10 ▷ 178–180, 209 Antiochos BNJ 555 F 11 ▷ 182–183 Antiochos BNJ 555 F 12 ▷ 180–183, 208 Antiochos BNJ 555 F 13 ▷ 181–183, 209 Apion BNJ 616 F4a ▷ 296, 312, 316, 318 Apollodor Chronik ▷ 50–52, 67, 68, 87, 92 Apollodor FGrHist 244 F 14, F 16, F 27b, F 28, F 29, F 30b, F 31, F 32a, F 34, F 36a, F 37, F 40, F 46, F 51, F 66, F 68b, F 71, F 72, F 76, F 332a, F 332b, F 335c, F 338a, F 340a, F 341, F 343, F 344a, F 345, F 346a, F 349a, F 350 ▷ 51 Apollodor FGrHist 244 F 28 ▷ 276, 278 Apollodor FGrHist 244 F 38a, F 42 ▷ 51 Apollodor FGrHist 244 F 61a ▷ 51–52, 117



Apollodor FGrHist 244 F 62a ▷ 51–52, 89, 117 Apollodor BNJ 244 F 73 ▷ 114 Anm. 95 Apollodor FGrHist 244 F 332a, F 332b ▷ 140 Anm. 273 Apollodor FGrHist 244 T 2 ▷ 51 Anm. 144 App. Pun. 1 ▷ 296, 312–313, 318 App. Pun. 2 ▷ 296, 312–313, 318 Archilochos ▷ 105 Anm. 14, 123 Aristodemus von Elis BNJ 414 F 1 ▷ 72 Aristot. F 549 Rose ▷ 155, 331–332, 339–340 Aristoteles Olympionikenliste ▷ 62–63 Aristoteles und Kallisthenes Pythionikai ▷ 131 Aristoxenos FHG II F 23; Fr. 12 Wehrli ▷ 333–334, 339–340 Artemon von Klazomenai BNJ 443 F 2 ▷ 61–62 Anm. 224 Assurbanipals Inschriften ▷ 280 BM 91026 II 95–125 ▷ 271 Prisma A ▷ 271–272 Prisma B ▷ 272 Prisma F ▷ 271 Anm. 148, 272 Assurnasirpal II. Inschrift A.0.101.1 II 69–70 ▷ 259 Anm. 47 Assyrische Königsliste ▷ 20, 36 Anm. 32, 93, 134–135 Athen. 5, 216d, f, 218d–e ▷ 93 Anm. 462 Athen. 13, 576a/b ▷ 331–332, 340 Athen. 14, 635e–f ▷ 67 Athen. 15, 675f ▷ 247 Athen. Pol. 1 ▷ 84–85 Athen. Pol. 3, 1–3 ▷ 35, 105–106 Athen. Pol. 4, 1 ▷ 83 Anm. 379 Athen. Pol. 14, 1 ▷ 40–41, 88 Athen. Pol. 17, 1 ▷ 40–41, 88 Athen. Pol. 19, 6 ▷ 40–41, 88 Attische Gerichtsreden ▷ 107

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Babylonische Chroniken ▷ 259, 261–262 Berossos ▷ 82 Berossos BNJ 680 F 8a ▷ 260 Berossos BNJ 680 F 9a und 9b ▷ 311 Anm. 161 Bisutun-Inschrift ▷ 283 DB Elam. § 6, 6; DB Bab. § 6, 5 ▷ 280 BM 21901 ▷ 262 BM 21946 o 6–8 ▷ 266 BM 21946 o 18–20 ▷ 267–269, 372 BM 35382 (Nabonid-Chronik) ▷ 262, 276, 311 Anm. 161, 327 Anm. 33, 372–373 BM 35382 (Nabonid-Chronik) o II 15–17 ▷ 278–286, 372–373 BM 91026 II 95–125 ▷ 271 BM 122614+ (Sargon II 84) 18´–20´ ▷ 264 Borowski-Stele B 5–8 ▷ 264 Briefe an Assur ▷ 259 Cato FRH 3 F 1, 17; FRHist 5 * F 13a ▷ 299–300, 309 Cens. 19, 6 ▷ 45 Anm. 101 Cens. 21, 1 ▷ 74–75 Cens. 21, 2–3 ▷ 192–193, 301 Cens. 21, 3 ▷ 96 Cens. 21, 4 ▷ 96 Chronicon Romanum (= IG XIV 1297, FGrHist / BNJ 252) ▷ 77, 276 Chron. Rom. B 6, B 8, B 10 ▷ 96, 276–277 Chronik von Zuqnin (= Pseudo-Dionysius von Tell Mahre) ▷ 201–202 Cic. Att. 5, 15 ▷ 145 Anm. 324 Cic. Brut. 287 ▷ 342 Anm. 132 Cic. rep. 1, Fr. 3 ▷ 296, 308, 318 Cic. rep. 2, 23, 42 ▷ 296, 308, 318 CIG 2655 + Bodrum Museum Inv. Nr. 67 ▷ 47–48 Anm. 123 Clem. Alex. Strom. 1, 138, 1–3 ▷ 15–16, 61, 67, 70–71, 318 Clem. Alex. Strom. 1, 139, 4 ▷ 185–186 Demetrios von Phaleron Ἀρχόντων ἀναγραφή ▷ 35, 49 Demokritos Diakosmos ▷ 92–93 Didymos ▷ 115, 343

Diodor ▷ 36 Anm. 34, 62, 81, 90–91, 99, 167–168, 170, 173, 202, 204, 206, 207–208, 210, 220, 238, 240–241, 361, 365, 370 Diod. 1, 5, 1 ▷ 52, 88–89, 117 Diod. 1, 26, 5 ▷ 45 Anm. 101 Diod. 1, 65, 1; 1, 79; 1, 94, 5 ▷ 244 Diod. 2, 32, 4–6 ▷ 14–15 Diod. 4, 67, 6 ▷ 96, 197–198 Diod. 5, 1, 3 ▷ 63 Diod. 5, 9, 2–5 ▷ 96, 197–198, 210 Diod. 8, 17–18; 8, 21 ▷ 197–198 Diod. 11, 20, 5 ▷ 167–168 Diod. 11, 38, 1 ▷ 167–168 Diod. 11, 41, 1; 11, 49 ▷ 150 Diod. 11, 48, 1 ▷ 78, 168 Anm. 70 Diod. 11, 49, 1 ▷ 168 Anm. 70 Diod. 11, 49, 1–2 ▷ 78 Diod. 11, 76, 3–4 ▷ 150–151 Diod. 11, 88, 1; 11, 90, 3 ▷ 195 Diod. 11, 90, 3 ▷ 209 Diod. 12, 23, 1 ▷ 182–183 Diod. 12, 32, 1; 12, 32, 2 ▷ 150 Anm. 372 Diod. 12, 36, 1 ▷ 183 Anm. 167 Diod. 12, 36, 4 ▷ 182–183 Diod. 12, 75, 1 ▷ 93 Anm. 462 Diod. 13, 54; 13, 62, 4 ▷ 196, 198 Diod. 13, 54, 1; 13, 59, 4 ▷ 196, 198, 365, 370 Diod. 13, 59, 4 ▷ 159, 210, 365, 370 Diod. 13, 62, 4 ▷ 159, 210 Diod. 14, 17, 4–12 ▷ 55 Diod. 16, 74, 1 ▷ 185 Anm. 184 Diod. 16, 76, 5 ▷ 185–186 Diog. Laert. 1, 62 ▷ 39 Diog. Laert. 1, 79 ▷ 140 Anm. 274 Diog. Laert. 1, 110 ▷ 86 Diog. Laert. 9, 6 ▷ 124 Diog. Laert. 9, 41 ▷ 92–93 Dion. Hal. ant. 1, 8, 3 ▷ 46–47 Dion. Hal. ant. 1, 12, 3 ▷ 127 Dion. Hal. ant. 1, 22, 3 ▷ 47 Dion. Hal. ant. 1, 72, 2 ▷ 47 Dion. Hal. ant. 1, 74, 1 ▷ 66

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Dion. Hal. ant. 1, 74, 1–2; 1, 74, 4; 1, 74, 6 ▷ 68–69 Dion. Hal. ant. 1, 74, 1–3 ▷ 299–302 Dion. Hal. ant. 1, 74, 2 ▷ 66–67, 299–300 Dion. Hal. ant. 1, 74, 4–6 ▷ 52 Dion. Hal. ant. 2, 59, 3 ▷ 199, 209 Dion. Hal. ant. 7, 3, 1 ▷ 38–39 Dion. Hal. Epist. ad Cn. Pompeium 3 ▷ 272 Anm. 157 Dion. Hal. Thuc. 5 ▷ 125–126, 272 Anm. 157 Dios BNJ 785 T 1, F 1 ▷ 303 Ephoros ▷ 23, 79, 206, 207, 208, 210, 224 Anm. 435 Ephoros BNJ 70 F 18b, F115, F 122a ▷ 58–59 Ephoros BNJ 70 F 115 ▷ 89 Ephoros BNJ 70 F 115, F 223 ▷ 59 Anm. 211 Ephoros BNJ 70 F 137a ▷ 62, 79, 89, 117, 151, 155, 183–190, 198, 209 Ephoros BNJ 70 F 137b ▷ 187 Ephoros BNJ 70 F 141 ▷ 189 Ephoros BNJ 70 F 181 ▷ 40 Anm. 56 Ephoros BNJ 70 F 216 ▷ 189–190, 209 Ephoros BNJ 70 F 223 ▷ 185–186 Epimenides BNJ 457 ▷ 84 Epitome des Herakleides Lembos 2 ▷ 84 Anm. 384 Epitome des Herakleides Lembos 2–3 ▷ 84–85 Anm. 388 Eratosthenes ▷ 4, 17 Anm. 55, 25–26, 68–69, 75, 92, 186, 193, 230, 298 Anm. 64, 299–300, 301, 309 Anm. 146, 316, 319 Eratosthenes Olympionikenliste ▷ 55, 62–63 Eratosthenes BNJ 241 F 1a ▷ 15–16, 61, 67, 70–71, 318 Eratosthenes BNJ 241 F 1b ▷ 66–67 Eratosthenes BNJ / FGrHist 241 F 2 ▷ 88–89, 117 Eratosthenes BNJ 241 F 13 ▷ 114 Anm. 95 Erzählung des Wenamun ▷ 289 Erzählung des Wenamun 2, 8 ▷ 289



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Erzählung des Wenamun 2, 8–9 ▷ 289–290 Eur. Ion 1553–1605 ▷ 110 Eusebius Chronik ▷ 16–17, 71, 82, 91, 98–100, 112–113 Anm. 80, 116 Anm. 107, 159–160, 169, 170, 199–205, 206–210, 220, 224, 228, 231, 272 Anm. 157, 278, 297, 305–306, 363, 365, 370, 374 Helm 1956, 52be ▷ 230, 231 Helm 1956, 58be ▷ 96, 99, 296, 297–298, 314–315 Helm 1956, 58be, 69be, 71bc, 81bb, 143g ▷ 202, 296 Helm 1956, 69ba, 69bb ▷ 205 Helm 1956, 69bb ▷ 99 Helm 1956, 69be ▷ 96, 99, 297, 314–315, 317 Helm 1956, 71bc ▷ 96, 99, 297, 314–315, 317 Helm 1956, 81bb ▷ 99, 297, 314–315, 317 Helm 1956, 85b, 18 ▷ 243 Anm. 583 Helm 1956, 87bh ▷ 230, 231 Helm 1956, 88bi ▷ 247 Helm 1956, 89bg ▷ 200, 205 Helm 1956, 92ba ▷ 349 Helm 1956, 93bb ▷ 200, 205 Helm 1956, 96bk ▷ 230, 231 Helm 1956, 96bm ▷ 197 Helm 1956, 97bg ▷ 83 Anm. 379 Helm 1956, 99bc ▷ 200, 205 Helm 1956, 99be ▷ 339–341 Helm 1956, 99bf ▷ 86 Helm 1956, 99bg ▷ 40 Anm. 56, 78 Helm 1956, 102bc ▷ 345–347 Helm 1956, 102be ▷ 346 Helm 1956, 103bh ▷ 278 Helm 1956, 143g ▷ 99, 297, 308, 314–315, 318 Karst 1911, 54 ▷ 297, 315, 318 Karst 1911, 89–90 ▷ 73 Karst 1911, 90 ▷ 61 Karst 1911, 105 ▷ 90 Karst 1911, 135 ▷ 297, 314–315, 318 Karst 1911, 167 ▷ 230–231 Karst 1911, 176 ▷ 297, 315, 317

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Karst 1911, 176–177 ▷ 96 Karst 1911, 177 ▷ 297, 315, 317 Karst 1911, 179 ▷ 297, 315, 317 Karst 1911, 180 ▷ 243 Anm. 583 Karst 1911, 181 ▷ 99, 152, 200–202, 205, 230–231 Karst 1911, 181–182 ▷ 97, 200–201, 205 Karst 1911, 182 ▷ 78, 169 Karst 1911, 183 ▷ 200, 203, 205 Karst 1911, 184 ▷ 349 Karst 1911, 185 ▷ 230–231 Karst 1911, 186 ▷ 83 Anm. 379, 197 Karst 1911, 187 ▷ 40 Anm. 56, 86, 200, 205, 339–341 Karst 1911, 188 ▷ 345, 346 Karst 1911, 189 ▷ 278 Karst 1911, 205 ▷ 297, 314–315, 318 Eusebius Olympionikenliste ▷ 55, 58, 61, 63, 72, 83, 112 Anm. 78, 154 Anm. 410, 177, 230, 369 Eus. Praep. Evang. 10, 9 ▷ 12 Anm. 16 Excerpta Latina Barbari ▷ 14, 191 Anm. 221 Fasti Capitolini ▷ 64 Anm. 241, 78 Anm. 340, 81, 167–168, 182–183 Anm. 165, 183 Anm. 167, 196 Gell. 10, 16, 3–4 ▷ 336, 340 Getty Tafel (= BNJ 252, Vasek Polak Chronik, SEG XXXIII 802) ▷ 77, 277–278 Getty Tabula Iliaca IIb 11–14, 17–18 ▷ 277–278 Grabinschrift des Heropythos (5. Jh.  v.Chr.) ▷ 115 Valerius Harpokration ▷ 332 Harp. s.v. Massalia ▷ 333, 338, 339–340 Hekataios ▷ 113, 125, 366 Hekataios BNJ 1 F 300 ▷ 114 Hellanikos ▷ 125, 128, 144, 175, 180 Anm. 142 Hellanikos Atthis ▷ 44–45, 153 Hellanikos FGrHist 323a F25 (apud Schol. Ar. Ran. 694) ▷ 45–46 Hellanikos FGrHist 323a F 26 (apud Schol. Ar. Ran. 720) ▷ 45–46

Hellanikos BNJ 4 F 125 ▷ 109 Anm. 50 Hellanikos BNJ 4 F 170a–c ▷ 114 Hellanikos’ Hiereiai ▷ 44–45, 47, 128, 138 Anm. 257, 144, 153, 162, 368 Hellanikos BNJ 4 F 79b ▷ 47 Hellanikos BNJ 4 F 82 ▷ 48–49, 144, 162 Hellanikos BNJ 4 F 84 ▷ 47 Herodot ▷ 5, 12, 15, 23, 25 Anm. 141, 31, 32, 33, 40 Anm. 55, 41, 43, 45, 52 Anm. 154, 89, 90–92, 93, 94, 102, 106, 113, 122–124, 125, 126, 128, 130–131, 132, 138–142, 147 Anm. 345, 174, 210, 228, 241, 279, 283–284, 330, 364, 365–366, 367, 370–371, 372–373 Hdt. 1, 14, 4; 1, 16, 1; 1, 25, 1; 1, 86, 1 ▷ 270–272 Hdt. 1, 16–18 ▷ 274 Anm. 175 Hdt. 1, 27, 2 ▷ 91 Hdt. 1, 29–33 ▷ 139 Hdt. 1, 30, 1 ▷ 247 Hdt. 1, 30, 2 ▷ 39–40 Anm. 54, 139 Anm. 264 Hdt. 1, 30, 2; 2, 177, 2; 5, 113, 2 ▷ 247 Hdt. 1, 65 ▷ 88 Anm. 417, S. 118 Anm. 116 Hdt. 1, 65–68 ▷ 141 Hdt. 1, 74, 2 ▷ 273 Hdt. 1, 86, 1 ▷ 270–271 Hdt. 1, 92, 1 ▷ 286–287 Hdt. 1, 163–167 ▷ 327–328 Hdt. 2, 134–135 ▷ 91, 246 Hdt. 2, 143 ▷ 114, 137 Hdt. 2, 152–154 ▷ 249 Hdt. 2, 161–163; 4, 159 ▷ 229 Hdt. 2, 177, 2 ▷ 39–40 Anm. 54, 139 Anm. 264 Hdt. 2, 178 ▷ 246, 248 Hdt. 3, 39 ▷ 9 Anm. 42, 92, 140 Anm. 278 Hdt. 3, 48 ▷ 92 Hdt. 3, 57–58 ▷ 9 Hdt. 3, 121, 1 ▷ 91–92 Hdt. 3, 134, 3–4 ▷ 91–92

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Hdt. 4, 150–159 ▷ 108, 151–152, 228–229, 231 Hdt. 4, 157–158, 1 ▷ 228–229 Hdt. 4, 159 ▷ 228–229 Hdt. 4, 159, 1 ▷ 228 Anm. 467 Hdt. 4, 159, 2–4 ▷ 234–235 Hdt. 4, 163 ▷ 229 Anm. 482 Hdt. 5, 9, 3 ▷ 328 Hdt. 5, 65, 3 ▷ 41 Hdt. 5, 71, 2 ▷ 84 Hdt. 5, 90, 2 ▷ 124 Hdt. 5, 94–95 ▷ 91, 140 Hdt. 5, 113, 2 ▷ 39–40 Anm. 54, 139 Anm. 264 Hdt. 6, 34, 1; 6, 35, 1; 6, 38, 1; 6, 39, 2; 6, 103, 1; 6, 128, 2; 6, 136, 3 ▷ 116–117 Hdt. 6, 38, 1 ▷ 147 Hdt. 6, 61–65 ▷ 88 Anm. 418, 118 Anm. 117 Hdt. 6, 98 ▷ 88, 118 Hdt. 7, 156–157 ▷ 168 Hdt. 7, 204 ▷ 88, 117–119, 134 Hdt. 8, 51, 1 ▷ 43, 102 Hdt. 8, 131 ▷ 88, 117–119, 134 Hdt. 8, 131, 3 ▷ 119 Anm. 122 Heraklit von Ephesos ▷ 124 Heraclitus DK 22 A 1 ▷ 124 Hes. erg. 632–639 ▷ 158 (Ps.-)Hesiod Frauenkatalog ▷ 109, 366 Hes. cat. F 2–4 (Merkelbach – West) / F 3–5 (Most) ▷ 109 Anm. 49 Hes. cat. F 4 (Merkelbach – West) / F 5 (Most) ▷ 109 Anm. 49 Hes. cat. F 9 (Merkelbach – West) / F 9 (Most) ▷ 109 Hes. cat. F 10a (Merkelbach – West) / F 10 pergit (Most) ▷ 109 Hieronymus von Rhodos F 33 (Wehrli 1959, 17) ▷ 61 Hippias Olympionikenliste ▷ 71, 129, 131 Hippias BNJ 6 F 2 ▷ 53, 131 Hippostratos BNJ 586 F 5 ▷ 61–62 Anm. 224 Homerische Epen ▷ 366 Hom. Il. 1, 250–252 ▷ 111 Anm. 67



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Hom. Il. 2, 512–515, 518, 566, 624, 628–629, 653–670, 679, 704–708, 713–715, 727–728, 741–744, 819–821, 842–843, 846–847 ▷ 110 Hom. Il. 2, 653–670; 20, 215–218 ▷ 158 Hom. Il. 6, 119–211 ▷ 111 Hom. Il. 7, 123–128 ▷ 111 Hom. Il. 10, 260–271 ▷ 111 Hom. Il. 20, 199–241 ▷ 111 Hom. Il. 21, 140–160 ▷ 110 Hom. Od. 3, 342–345 ▷ 111 Hom. Od. 6, 4–10; 9, 122–141; 11, 260–265 ▷ 158 Hom. Od. 6, 4–10 ▷ 159 Hom. Od. 11, 225–332 ▷ 111 Hom. Od. 12, 135 ▷ 158 Hom. Od. 14, 32; 19, 294 ▷ 111 Hom. Od. 15, 223–256 ▷ 111 Hyginus Vergilkommentar ▷ 336, 339–340 IG I2 761 (= SEG X 318) ▷ 123 IG I2 919 (Inschrift auf der DipylonKanne) ▷ 121 IG I3 4 A 14–15, B 26–27 (HekatompedonDekrete) ▷ 42 IG I3 436–451 (Parthenon-Abrechnungen) ▷ 42 IG I3 507–509 ▷ 128 IG I3 1031 (Archontenliste von der Athener Agora) ▷ 34–35, 38–39, 129, 136 IG II2 2318 ▷ 128–129 IG XII 6 2 626 ▷ 115 IM 55644 ▷ 306 Ios. Ant. Iud. 8, 55 ▷ 303 Anm. 103 Ios. Ant. Iud. 8, 61 ▷ 310–311 Ios. Ant. Iud. 8, 61–62; 20, 231–234; Ios. bell. Iud. 6, 269; Ios. c. Ap. 1, 126 ▷ 76 Ios. Ant. Iud. 8, 62 ▷ 310 Anm. 153 Ios. Ant. Iud. 20, 231–234 ▷ 310–311 Ios. bell. Iud. 6, 269 ▷ 311–312 Ios. c. Ap. 1, 15–18 ▷ 128 Ios. c. Ap. 1, 19–21 ▷ 128 Ios. c. Ap. 1, 126 ▷ 296, 310–312, 318 Isokrates ▷ 327 Anm. 38 Isok. 4, 122 ▷ 333 Isok. 6, 83–84 ▷ 332–333, 334, 339–340

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Isok. 6, 84 ▷ 336 Iust. 1, 7, 3–5 ▷ 286 Anm. 260 Iust. 18, 6, 9 ▷ 296, 307, 309, 318 Iust. 43, 3, 4 ▷ 335, 339–340 IvO 240 und 241 ▷ 49 Anm. 134, 72 Kallimachos (apud Eus. chron. Karst 1911, 90) ▷ 72 Kall. Aet. II Fr. 43 ▷ 147 Kastor ▷ 17 Anm. 55, 36, 37, 38, 82 Kastor FGrHist 250 F 1, F 1d ▷ 82 Kastor FGrHist 250 F 4 ▷ 35, 191 1Kön 6, 1 ▷ 310 2Kön 19, 8 ▷ 243 Kroisos Inschriften auf Säulen im Artemision in Ephesos ▷ 286–287 Ktesias ▷ 15, 89 Leipziger Weltchronik ▷ 97 Lex Sacra A 17 ▷ 148 Lindische Tempelchronik ▷ 124–125, 151–152, 228 Anm. 472 Lindische Tempelchronik BNJ 532 F 2 XVII ▷ 152 Livius ▷ 80, 364–365 Liv. 5, 34, 1–8 ▷ 334–335, 339–340 Liv. 7, 3, 3–5 ▷ 145 Liv. 8, 22, 5–6 ▷ 198–199 Liv. 31, 1, 3–4 ▷ 64 Anm. 241 Liv. epit. 51 ▷ 296, 308, 318 Liv. per. 47 ▷ 64 Anm. 241 Lukian cont. 9 ▷ 286 Anm. 260 Manetho ▷ 16–17, 19, 28, 82 Manetho BNJ 609 F 2 ▷ 243 Manetho BNJ 609 F 3a ▷ 243 Manetho BNJ 609 F 3c ▷ 243 Anm. 583 Markell. vit. Thuk. 2–3 ▷ 115–116, 343–344, 345–346 Marmor Parium ▷ 32 Anm. 6 und 8, 37, 38, 49–50, 68, 75, 77, 79, 80, 87, 91, 124, 176, 205–208 Marm. Par. A 10 ▷ 344, 345 Marm. Par. A 28, A 29, B 25 ▷ 87 Marm. Par. A 30 ▷ 37, 49–50, 80, 191 Marm. Par. A 31 ▷ 155, 188, 190–192, 209 Marm. Par. A 38 ▷ 111–112 Anm. 72, 228 Anm. 470

Marm. Par. A 40 ▷ 40 Anm. 57 Marm. Par. A 41 ▷ 275–276 Marm. Par. A 42 ▷ 275, 278 Marm. Par. A 43 ▷ 275–276 Marm. Par. A 44 ▷ 276 Marm. Par. A 53 ▷ 167 Anm. 59 Megasthenes BNJ 715 F 11a ▷ 260 Mela 3, 46 ▷ 318, 319 Menander BNJ 783 F 1 ▷ 290, 296, 304–308, 317, 318 Menander BNJ 783 T 3a, T 3b ▷ 302–303 Menander BNJ 783 T 3c ▷ 302–303 Mimnermos F 10 (West) = Mimnermos BNJ 578 F 2 ▷ 158 Miniaturchronik aus dem Getty Museum (= BNJ 252, Getty Tafel, SEG XXXIII 802) ▷ 77, 277–278 Miniaturchroniken der Tabulae Iliacae ▷ 77, 96 Nabonid-Chronik (BM 35382) ▷ 262, 276, 311 Anm. 161, 327 Anm. 33, 372–373 Nabonid-Chronik o II 15–17 ▷ 278–286, 372–373 Neanthes BNJ 84 F 33 ▷ 334 Anm. 86 Neuassyrische Königsinschriften ▷ 258–259 Olympiaden-Chronik von Athen ▷ 63 Olympiaden-Chronik POxy I 12 ▷ 63 Anm. 231 Olympionikenliste POxy II 222 ▷ 112 Anm. 78, 154 Anm. 410, 177 Pausanias ▷ 327 Anm. 38 Paus. 2, 17, 3 ▷ 137 Paus. 2, 17, 7 ▷ 137–138 Paus. 3, 1, 8 ▷ 147 Paus. 3, 7, 5–7 ▷ 89, 119 Paus. 3, 8, 3–5 ▷ 55 Paus. 3, 14, 3 ▷ 230, 231 Paus. 3, 21, 1; 5, 21, 8–9; 6, 2, 2–3; 6, 13, 9–11; 10, 36, 9 ▷ 126 Paus. 4, 5, 10 ▷ 37 Paus. 4, 13, 7 ▷ 38 Paus. 5, 4, 5–6; 5, 20, 1 ▷ 58 Paus. 5, 20, 1 ▷ 59–60

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Paus. 10, 8, 6 ▷ 329 Anm. 54, 337–338, 339–340 Petronius Gastmahl des Trimalchio (satyrica 34) ▷ 342 Anm. 132 PHerc. 1788, col. 1 ▷ 89–90, 119 Pherekydes von Athen ▷ 89–90, 113, 119, 132 Anm. 203, 366 Pherekydes BNJ 3 F 2 ▷ 42, 115–117, 343–344, 345–346 Pherekydes BNJ 3 F 59 ▷ 114 Anm. 95 Pherekydes von Syros ▷ 123 Philistos Sikelika ▷ 54–55, 211 Philistos BNJ 556 F 2 ▷ 54–55, 62, 191–192, 207 Philistos BNJ 556 F 47 ▷ 296, 297–298, 314, 315, 317 Philistos BNJ 556 T 11b ▷ 54 Phlegon ▷ 71 Phlegon BNJ 257 F 1 ▷ 58, 59–61, 72 Quintus Fabius Pictor BNJ 809 F 3a; FRH 1 F 8; FRHist 1 F 5 ▷ 300 Pind. Ol. 2, 91–95 ▷ 112, 160, 176–177, 210 Pind. Ol. 7 ▷ 181 Anm. 151, 197 Anm. 273 Pind. Ol. 7, 77–82 ▷ 147 Pind. Pyth. 4, 9–10 ▷ 79, 89, 111–112, 149, 228, 368 Pind. Pyth. 4, 65 ▷ 79, 111–112, 149, 228 Pind. Pyth. 5, 73–75 ▷ 89, 112, 149 Pind. Pyth. 5, 92–95 ▷ 147 Plat. Apol. 19e ▷ 53 Plat. Hipp. Mai. 281a–b ▷ 55 Plat. Hipp. Mai. 285d–e ▷ 113–114 Plat. Hipp. Mai. 285e ▷ 136 Plat. Hipp. Mai. 382e ▷ 52–53 Plat. leg. 1, 642 d4–e1 ▷ 84–86 Plat. Men. 91e ▷ 53 Anm. 164 Plat. Prot. 317c ▷ 53 Anm. 164 Plat. Prot. 337c–338b ▷ 52–53 Plat. Tim. 21e–22b ▷ 114 Anm. 93 Plin. nat. hist. 14, 6 ▷ 342 Anm. 132 Plin. nat. hist. 16, 216 ▷ 318, 319 Plin. nat. hist. 19, 41 ▷ 228 Anm. 467, 230, 231 Plin. nat. hist. 19, 63 ▷ 319 Plin. nat. hist. 33, 19 ▷ 145 Anm. 325

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Plut. Lyk. 1, 1 ▷ 59–60 Plut. Lyk. 1, 1–2 ▷ 73 Plut. Lyk. 1, 2 ▷ 51–52, 67, 88–89, 117 Plut. Mor. 838, 839b ▷ 53 Plut. Num. 1, 4 ▷ 53 Plut. Sol. 10, 2 ▷ 116 Plut. Sol. 12 ▷ 84 Plut. Sol. 14, 2 ▷ 39 Plut. Sol. 26, 1 ▷ 246–247 Poll. 8, 128 ▷ 122 Anm. 143 Polyain. Strat. 5, 5 ▷ 169 Polybios FGrHist 254 F 2 / BNJ 254 F 2a ▷ 72 Polybius ▷ 67–68 Pol. 12 ▷ 341 Anm. 128 Pol. 12, 11, 1 ▷ 63–64 Pol. 12, 28a, 3 ▷ 301 Polycharmos BNJ 640 F 1 ▷ 247 Ps. Arist. Mir. Ausc. 134 ▷ 318, 319 Pseudo-aristotelische Schrift Πέπλος ▷ 344 Anm. 144 Pseudo-Dionysius von Tell Mahre (= Chronik von Zuqnin) ▷ 201–202 Ps.-Skymn. 16–49 ▷ 51 Anm. 144 Ps.-Skymn. 209–213 ▷ 68 Ps.-Skymn. 210–214 ▷ 334, 340 Ps.-Skymn. 250–252 ▷ 334 Ps.-Skymn. 264–299 ▷ 151 Ps.-Skymn. 270–279 ▷ 79, 194, 207 Ps.-Skymn. 270–282 ▷ 89, 117 Anm. 112, 155, 187–188 Ps.-Skymn. 271–272 ▷ 68 Ps.-Skymn. 278–282 ▷ 188–189 Ps.-Skymn. 283–297 ▷ 194–196 Ps.-Skymn. 360 ▷ 68, 210 Ps.-Skymn. 359–360 ▷ 195, 209, 210 Ptolemäischer Königskanon ▷ 13, 15, 20, 71, 261 Anm. 64, 311 Anm. 161 SAA 1, 173 5–6; SAA 1, 174, 5–7 ▷ 264 Salmanassar III. Inschrift A.0.102.16 134´ ▷ 306 Anm. 121 Sappho ▷ 91–92, 123 Sargon II. Inschriften Prunk 33–36 / Display Inscription (Sargon II 7) 33–36a ▷ 263

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Prunk / Display Inscription (Sargon II 7) 49, Prunk / Display Inscription (Sargon II 7) 56 ▷ 264 S4 / Sargon II 13 22–27, Stier / Sargon II 9 17–20 ▷ 264 SAA 1, 173 5–6; SAA 1, 174, 5–7 ▷ 264 Sargon Annalen 23–26 / Sargon’s Annals (Sargon II 1) 23b–26 ▷ 262–263 Sargon II 84 18´-20´ ▷ 264 Sargon II 103 II 51–52 ▷ 264 Sargon II 103 II 61–62 ▷ 264 Sargon II 106 (Borowski-Stele) II´ 5–8 ▷ 264 Schol. Ael. Arist. Or. Panathenaikos 362 (= Scholion Ael. Arist. Or. 1, 189, 4/5) ▷ 344–345 Schol. Apoll. Rhod. 4, 965 ▷ 203 Schol. Eur. Tro. 221 ▷ 296, 297, 298–299, 317 Schol. Pind. ▷ 152, 170 Schol. Pind. Ol. 1, 149b ▷ 147 Schol. Pind. Ol. 2 166e ▷ 177–178, 210 Schol. Pind. Ol. 2 168 ▷ 177–178, 210 Schol. Pind. Ol. 5, 16 ▷ 178, 195, 210 Schol. Pind. Pyth. 4 ▷ 228, 231 Schol. Pind. Pyth. 4, 26 ▷ 229 Anm. 476 SEG X 318 (= IG I2 761) ▷ 123 SEG XII 409 = SEG XVIII 412 (Inschrift auf Kylix aus Gela, Weihung an Antiphamos) ▷ 148 SEG XXVI 1144 (Inschrift auf dem Nestorbecher) ▷ 121 SEG XXXIII 802 (= BNJ 252, Getty Tafel) ▷ 77, 277–278 SEG XLII 899 (Inschrift auf Kylix aus Grab 482 Osteria dell’Osa) ▷ 120–121, 367 Serv. Aen. 1, 12 ▷ 297, 315–316, 318 Sikyonische Anagraphe ▷ 48 Sil. 3, 241–242 ▷ 318–319 Sol. 1, 23 ▷ 230, 231 Sol. 2, 52 ▷ 338, 339–340 Sol. 27, 10 ▷ 297, 313–314, 318 Sol. 27, 44 ▷ 230, 231

Solon Gedichtfragment apud Plut. Sol. 26, 1 ▷ 246–247 Solon Gesetz F 49a* apud Dem. 46, 14 ▷ 41–42 Sosibios BNJ 595 F 2 ▷ 67 Sosibios BNJ 595 F 3 ▷ 67 Steph. Byz. s.v. Chalkis ▷ 48–49 Steph. Byz. s.v. Dyme ▷ 54 Steph. Byz. s.v. Syrakusai ▷ 189 Strabon ▷ 204, 207, 208 Strab. 1, 3, 2 ▷ 318, 319 Strab. 1, 3, 21 ▷ 349 Strab. 4, 1, 4 ▷ 337, 340 Strab. 5, 4, 4 ▷ 198–199, 208 Strab. 5, 4, 9 ▷ 199 Strab. 6, 1, 1 ▷ 330–331, 340 Strab. 6, 1, 12 ▷ 178–180 Strab. 6, 1, 14 ▷ 182–183 Strab. 6, 1, 15 ▷ 180–183 Strab. 6, 2, 2 ▷ 183–190 Strab. 6, 2, 4 ▷ 188–189, 193, 198 Strab. 8, 3, 30 ▷ 58 Strab. 8, 6, 23 ▷ 213–214 Strab. 8, 7, 5 ▷ 96 Strab. 13, 1, 3 ▷ 186 Strab. 14, 1, 30 ▷ 158 Strab. 17, 1, 18 ▷ 245–246, 247, 248 Suda ε 2471 s.v. Epimenides ▷ 86 Sumerische Königsliste ▷ 20, 93, 134 Syll.3 4 (Inschrift aus Kyzikos) ▷ 42 Synkellos Chronik ▷ 100, 191 Anm. 221, 201, 305 Synkellos 402, 12 ▷ 201, 202 Theophr. hist. plant. 6, 3, 3 ▷ 230, 231 Thukydides ▷ 3 Anm. 20, 5, 12, 31, 32, 33, 43, 44, 46, 54, 71, 90–91, 94, 95, 102, 106, 122–123, 126, 127, 130–131, 138, 142–145, 185, 188, 194, 205–206, 207, 208, 209–210, 327, 364, 365–366, 367 Thuk. 1, 13, 2–3 ▷ 142–143 Thuk. 1, 13, 4 ▷ 143 Thuk. 1, 13, 5–6 ▷ 328–330, 337–338 Thuk. 1, 13, 6 ▷ 143 Thuk. 1, 20, 2; 6, 59, 4 ▷ 143 Thuk. 1, 97, 2 ▷ 44, 175

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Thuk. 1, 126, 3 ▷ 83 Thuk. 2, 2, 1 ▷ 43–44, 102 Thuk. 4, 102; 5, 11, 1 ▷ 150 Thuk. 5, 2–3; 5, 6–11 ▷ 150 Thuk. 5, 20, 2–3 ▷ 43 Thuk. 5, 31 ▷ 56 Thuk. 5, 49–50 ▷ 56 Thuk. 6, 1 ▷ 161 Thuk. 6, 2–5 ▷ 156 Thuk. 6, 2–6 ▷ 293–295 Thuk. 6, 3 ▷ 151 Thuk. 6, 3, 1 ▷ 153 Thuk. 6, 3–5 ▷ 76, 78–79, 82–83, 112–113, 143–145, 148, 159–160, 163–175, 209–210, 219–224, 227–228, 240–243, 244, 252, 365, 367, 369, 370–371 Thuk. 6, 4, 2 ▷ 154 Thuk. 6, 4, 3 ▷ 170 Anm. 86 Thuk. 6, 4, 4 ▷ 152 Thuk. 6, 5, 2 ▷ 154 Anm. 408 Thuk. 6, 6, 1 ▷ 161 Thuk. 6, 6, 2 ▷ 161 Thuk. 6, 8, 2 ▷ 161 Thuk. 6, 9–15 ▷ 162 Thuk. 6, 9–26 ▷ 161–162 Thuk. 6, 16–18 ▷ 162 Thuk. 6, 20–23 ▷ 162 Thuk. 6, 54, 6–7 ▷ 123 Thuk. 6, 54–59 ▷ 162 Timagenes BNJ 88 F 2 ▷ 335–336, 339–340 Timaios ▷ 71, 198, 211, 314–315 Timaios Olympionikenliste ▷ 64 Timaios BNJ 566 F 12 ▷ 63 Timaios BNJ 566 F 19a ▷ 65–66 Timaios BNJ 566 F 19b ▷ 65–66 Timaios BNJ 566 F 37 ▷ 203



465

Timaios BNJ 566 F 60 ▷ 66, 74, 296, 299–302, 306, 307, 308, 309, 316, 318, 320, 321, 360–361, 373 Timaios BNJ 566 F 71 ▷ 66, 68, 155, 334, 335, 339–341, 374 Timaios BNJ 566 F 80 ▷ 66, 192–193 Timaios BNJ 566 F 82 ▷ 302 Timaios BNJ 566 F 125 ▷ 192, 301 Timaios BNJ 566 F 127 ▷ 73 Timaios BNJ 566 T 1 ▷ 64 Timaios, BNJ 566 T 10 ▷ 51 Anm. 150, 63–64, 81–82 Timaios BNJ 566 T 11 ▷ 63 Pompeius Trogus (Iust. 1, 7, 3–5) ▷ 286 Anm. 260 Pompeius Trogus (Iust. 18, 6, 9) ▷ 296, 307, 309, 318 Pompeius Trogus (Iust. 43, 3, 4) ▷ 335, 339–340 Turiner Königspapyrus ▷ 19 Varro ▷ 242, 309, 364–365 Varro apud Cens. 21, 1 ▷ 17, 74–75 Varro apud Cens. 21, 6 ▷ 166 Anm. 55 Vasek Polak Chronik (= BNJ 252, Getty Tafel, SEG XXXIII 802) ▷ 77, 277–278 VAT 16283 ▷ 268 Vell. 1, 1 ▷ 181 Vell. 1, 2, 1–3 ▷ 318, 319 Vell. 1, 4, 1 ▷ 205 Vell. 1, 6, 4 ▷ 296, 309–310, 318 Vell. 1, 8, 1 ▷ 72–73 Vell. 1, 8, 4 ▷ 309 Anm. 146 Vell. 1, 12, 5 ▷ 296, 309–310, 314, 318 Vell. 2, 7, 5 ▷ 342 Anm. 132 Wirtschaftsurkunden von Neirab ▷ 266 Xen. Hell. 3, 2, 21–31 ▷ 55 Xen. Hell. 3, 2, 31 ▷ 56)

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