Gezählte Geschichte: Systematik, Quellen und Entwicklung der synchronistischen Chronologie in den Königebüchern 3161582950, 9783161582950, 9783161582967

Die synchronistische Chronologie im Königsrahmen liefert die Grundstruktur für die Geschichtsdarstellung in den Königebü

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Gezählte Geschichte: Systematik, Quellen und Entwicklung der synchronistischen Chronologie in den Königebüchern
 3161582950, 9783161582950, 9783161582967

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhalt
Abkürzungen und Erläuterungen
1. Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis
1.1 Chronologie und Königsrahmen in der Forschung
1.1.1 Die synchronistische Chronologie und die historische Chronologie der Königszeit
1.1.1.1 Zum Forschungsstand
1.1.1.2 In der Forschungsgeschichte verfolgte Lösungsansätze
1.1.2 Der Königsrahmen und die Literargeschichte der Vorderen Propheten
1.1.2.1 Die Frage der Quellen
1.1.2.2 Der Königsrahmen und das Deuteronomistische Geschichtswerk
1.2 Die Gründe für die Wiederaufnahme der Fragestellung
1.3 Ziele und Gang der Untersuchung
2. Die Systematik der synchronistischen Chronologie
2.1 Datenbasis und methodische Vorüberlegungen
2.1.1 Die überlieferten chronologischen Daten
2.1.2 Zum Umgang mit den Unbestimmtheitsfaktoren
2.1.2.1 Varianten in der Textüberlieferung
2.1.2.2 Vor- oder Nachdatierung
2.1.2.3 Frühjahrs- oder Herbstkalender
2.1.2.4 Koregentschaften
2.2 Die Systematik der chronologischen Angaben
2.2.1 Die rekonstruierten chronologischen Daten für die Könige Israels
2.2.1.1 Charakteristika der Daten für die Könige von Israel
2.2.1.2 Schwierige Fälle
2.2.2 Die rekonstruierten chronologischen Daten für die Könige von Juda
2.2.2.1 Charakteristika der Daten für die Könige von Juda
2.2.3 Die Erklärung der Synchronismen für die Könige von Juda
2.2.3.1 Rund um die Jehu-Revolte – von Joschafat bis Jehoasch
2.2.3.2 Lange Regierungszeiten – Jehoasch, Amazja, Asarja
2.2.3.3 Das Ende der Epoche der geteilten Reiche – von Asarja bis zu Hiskija
2.2.3.4 Der Anfang der Epoche der geteilten Reiche – Rehabeam, Abija und Jerobeam
2.2.4 Die kompositionelle Logik der synchronistischen Chronologie
2.3 Die Varianten in der Zahlenüberlieferung
2.3.1 Die Chronologie der Handschrift 127 – ein eigenständiges System
2.3.2 Die Chronologie der Omridenzeit im vorrezensionellen Sepuaginta- und antiochenischen Text – übergreifende Korrekturen
2.3.2.1 Führen LXXB und Ant auf ein gemeinsames chronologisches System?
2.3.2.2 Die LXXB-Chronologie als Folge von Unstimmigkeiten im MT
2.3.3 Punktuelle Korrekturen
2.3.3.1 Widersprüchliche Angaben innerhalb des MT
2.3.3.2 In der griechischen Textüberlieferung bezeugte Varianten
2.3.4 Fehlerquellen im Überlieferungsprozess
2.3.4.1 Angleichungen der Dauer bei Kurzregierungen
2.3.4.2 Angleichungen an andere Zahlen im Königsrahmen
2.3.4.3 Abweichungen um 10 Jahre
2.3.5 Fazit zur Untersuchung der Varianten
3. Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven
3.1 Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient
3.1.1 Einschlägige altorientalische Vergleichstexte
3.1.2 Die Präsentation chronologischer Daten
3.1.2.1 Darstellungsinhalte in chronographischen Werken
3.1.2.2 Darstellungsformulare in chronographischen Werken
3.1.3 Synchronistische Darstellungen, ihr Ort und ihre Pragmatik . 
3.1.4 Konsequenzen aus dem traditionsgeschichtlichen Vergleich für die Untersuchung des Königsrahmens
3.2 Die Literargeschichte der Eingangsformeln
3.2.1 Gleichförmigkeit und Variabilität
3.2.2 Erwägungen zur Quellenkritik der Eingangsformeln
3.2.2.1 Synchronismen als sekundäre Zutat?
3.2.2.2 Zwei Quellen und drei Schemata?
3.2.3 Gehalt und Gestalt der Vorlagen des Königsrahmens
3.2.4 Ein Zwischenfazit
3.2.4.1 Der Sonderfall Joschafat
3.3 Die Quellen der synchronistischen Chronologie
3.3.1 Eine synchronisierte Chronik für das Nordreich Israel
3.3.1.1 Das inhaltliche Profil des Dokuments
3.3.1.2 Überlegungen zum historischen Ort
3.3.2 Die chronographische Quelle aus Juda – ein Seitenblick
3.3.2.1 Jotam und Ahas
3.3.2.2 Drei Optionen zum Charakter der Quelle
4. Ergebnisse und Implikationen
4.1 Die Resultate der Untersuchung
4.2 Implikationen
4.2.1 … für das Verständnis der Quellenverweise im Königsrahmen
4.2.2 … für die Literargeschichte der Königebücher
4.2.3 … für die rezenten Debatten um das Deuteronomistische Geschichtswerk
4.2.4 … für die Frage nach Schriftgebrauch und Schreiberkultur im vorexilischen Israel
4.2.5 … für die Einschätzung des Verhältnisses von Israel und Juda in der Königszeit
Anhänge
Literatur
Stellenregister
Könige des Nordreiches Israel bzw. des Südreiches Juda
Sachregister

Citation preview

Forschungen zum Alten Testament Herausgegeben von

Konrad Schmid (Zürich) ∙ Mark S. Smith (Princeton) Hermann Spieckermann (Göttingen) ∙ Andrew Teeter (Harvard)

142

Kristin Weingart

Gezählte Geschichte Systematik, Quellen und Entwicklung der synchronistischen Chronologie in den Königebüchern

Mohr Siebeck

Kristin Weingart, geboren 1974; Studium der Ev. Theologie und Judaistik in Greifswald, Tübingen und Jerusalem, 2013 Promotion; 2019 Habilitation; seit 2019 Professorin für Altes Testament an der Ludwig-Maximilians-Universität München. orcid.org/0000-0001-9052-4550

ISBN 978-3-16-158295-0 / eISBN 978-3-16-158296-7 DOI 10.1628/978-3-16-158296-7 ISSN 0940-4155 / eISSN 2568-8359 (Forschungen zum Alten Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Mohr Siebeck Tübingen, Germany. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ­außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags ­unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Böblingen aus der Minion gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

für Christian

Vorwort Chronologische Ordnungen sind ein grundlegendes Prinzip der Weltorientierung und so auch der Geschichtswahrnehmung und -darstellung. Im Licht der Chronologie lassen sich Ereignisse anordnen, einander zuordnen und der Fortgang der Geschichte durch die Zeit nachzeichnen. Das Alte Testament ist darin keine Ausnahme. Die Königebücher, die in weiten Teilen die parallele Geschichte zweier Königreiche erzählen, folgen in ihrer Darstellungsanlage einer stringent durchgeführten chronologischen Ordnung. Chronologische Ordnungen haben zudem eine hohe Affinität zu Zahlen. Es gibt durchaus auch andere Wege Zeiträume oder Zeitpunkte zu bezeichnen und zu identifizieren, aber das Zählen von zyklisch wiederkehrenden Zeitabschnitten hat sich kulturgeschichtlich als ein probates Mittel erwiesen. Auch darin, dass sie ihre chronologische Ordnung über Zahlenangaben vermitteln, reihen sich die Königebücher in eine breite Phalanx chronographischer Geschichtsdarstellungen ein. So wie Weltorientierung selten einfach und eindimensional sein kann, wenn sie tragfähig sein soll, so wenig sind es die Geschichtsbilder, die in chronologischen Zahlenangaben einen Ausdruck finden. Wie stark beides aufeinander bezogen ist, zeigen nicht zuletzt die vielfachen Versuche, die biblische Chronologie insgesamt, aber auch diejenige der Königebücher und der israelitischen Königszeit zu erhellen, die die Auslegungsgeschichte der Texte seit ihren Anfängen begleiten. Diesem bleibenden Anliegen ist auch die vorliegende Studie gewidmet, die am 23. Oktober 2018 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen als Habilitationsschrift angenommen wurde. Ihr Abschluss ist eine willkommene Gelegenheit, Dank zu sagen. Der Dank gilt zuvörderst Prof. Dr. Erhard Blum, der die Entstehung der Studie mit Rat und Kritik begleitet und gefördert und auch das Erstgutachten übernommen hat. Auch Prof. Dr. HeinzDieter Neef und seinem Zweitgutachten verdanke ich hilfreiche Anregungen für die Überarbeitung anlässlich der Drucklegung. Die Freiheit, mich intensiv der Arbeit an der Studie widmen zu können, hat mir die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglicht, die das zugehörige Forschungsprojekt in den Jahren 2016–19 förderte. Ihr gebührt Dank, ebenso wie den Prof.es Dr. Konrad Schmid, Dr. Mark S. Smith, Dr. Dr. h. c. Hermann Spieckermann und Dr. Andrew Teeter für die Aufnahme der Untersuchung in

VIII

Vorwort

die Reihe der „Forschungen zum Alten Testament“. Frau Elena Müller, Frau ­Bettina Gade und Herrn Tobias Stäbler danke ich für die ausgezeichnete Betreuung von Seiten des Verlags Mohr Siebeck und Frau Rahel Pereira, Frau Caroline Veit und Herrn Martin Rahn-Kächele für die Mühen des Korrekturlesens und des Erstellens der Register. Eine unschätzbare Unterstützung waren mir in den vergangenen Jahren die vielfachen weiterführenden Gespräche, die wohlwollende Kritik und geduldige Begleitung durch zahlreiche Freunde und Kolleginnen. Aus dem engeren Tübinger Kreis seien insbesondere Dr. Ruth Ebach und PD Dr. Joachim J. Krause sowie Prof. Dr. Martin Leuenberger und Prof. Dr. Wolfgang Oswald genannt. Ihnen allen – und noch vielen mehr – sei herzlich gedankt. Danken möchte ich schließlich unseren Kindern Johann und Lena, die in den letzten Jahren besser als manch andere verstanden haben, dass Spiele – und so auch meine „Zahlenspiele“ – mit der ihnen gebührenden Ernsthaftigkeit und Zeit betrieben werden wollen. Gewidmet ist das Buch meinem Mann Christian Weingart: Ohne ihn wäre nichts so, wie es sein soll. München im Februar 2020

Kristin Weingart

Inhalt Vorwort  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungen und Erläuterungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X III 1. Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis  1 1.1 Chronologie und Königsrahmen in der Forschung  . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.1.1 Die synchronistische Chronologie und die historische Chronologie der Königszeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.1.1.1 Zum Forschungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.1.2 In der Forschungsgeschichte verfolgte Lösungsansätze  5 1.1.2 Der Königsrahmen und die Literargeschichte der Vorderen Propheten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.1.2.1 Die Frage der Quellen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.1.2.2 Der Königsrahmen und das Deuteronomistische Geschichtswerk  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2 Die Gründe für die Wiederaufnahme der Fragestellung  . . . . . . . . . . . . 16 1.3 Ziele und Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Die Systematik der synchronistischen Chronologie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.1 Datenbasis und methodische Vorüberlegungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.1.1 Die überlieferten chronologischen Daten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.1.2 Zum Umgang mit den Unbestimmtheitsfaktoren  . . . . . . . . . . . . . 25 2.1.2.1 Varianten in der Textüberlieferung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.1.2.2 Vor- oder Nachdatierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.1.2.3 Frühjahrs- oder Herbstkalender  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.1.2.4 Koregentschaften  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.2 Die Systematik der chronologischen Angaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.2.1 Die rekonstruierten chronologischen Daten für die Könige Israels  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.2.1.1 Charakteristika der Daten für die Könige von Israel  . . 32 2.2.1.2 Schwierige Fälle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

X

Inhalt

2.2.2 Die rekonstruierten chronologischen Daten für die Könige von Juda  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.2.2.1 Charakteristika der Daten für die Könige von Juda  . . . 37 2.2.3 Die Erklärung der Synchronismen für die Könige von Juda  . . 39 2.2.3.1 Rund um die Jehu-Revolte – von Joschafat bis Jehoasch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.2.3.2 Lange Regierungszeiten – Jehoasch, Amazja, Asarja  . . 43 2.2.3.3 Das Ende der Epoche der geteilten Reiche – von Asarja bis zu Hiskija  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.2.3.4 Der Anfang der Epoche der geteilten Reiche – Rehabeam, Abija und Jerobeam  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.2.4 Die kompositionelle Logik der synchronistischen Chronologie   53 2.3 Die Varianten in der Zahlenüberlieferung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.3.1 Die Chronologie der Handschrift 127 – ein eigenständiges System  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.3.2 Die Chronologie der Omridenzeit im vorrezensionellen Sepuaginta- und antiochenischen Text – übergreifende Korrekturen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2.3.2.1 Führen LXXB und Ant auf ein gemeinsames chronologisches System?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.3.2.2 Die LXXB‑Chronologie als Folge von Unstimmigkeiten im MT  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2.3.3 Punktuelle Korrekturen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2.3.3.1 Widersprüchliche Angaben innerhalb des MT  . . . . . . . 71 2.3.3.2 In der griechischen Textüberlieferung bezeugte Varianten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2.3.4 Fehlerquellen im Überlieferungsprozess  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2.3.4.1 Angleichungen der Dauer bei Kurzregierungen  . . . . . . 81 2.3.4.2 Angleichungen an andere Zahlen im Königsrahmen  . . 81 2.3.4.3 Abweichungen um 10 Jahre  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2.3.5 Fazit zur Untersuchung der Varianten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3. Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.1 Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.1.1 Einschlägige altorientalische Vergleichstexte  . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.1.2 Die Präsentation chronologischer Daten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3.1.2.1 Darstellungsinhalte in chronographischen Werken  . . . 95 3.1.2.2 Darstellungsformulare in chronographischen Werken  102 3.1.3 Synchronistische Darstellungen, ihr Ort und ihre Pragmatik  . 107



Inhalt

XI

3.1.4 Konsequenzen aus dem traditionsgeschichtlichen Vergleich für die Untersuchung des Königsrahmens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3.2 Die Literargeschichte der Eingangsformeln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3.2.1 Gleichförmigkeit und Variabilität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3.2.2 Erwägungen zur Quellenkritik der Eingangsformeln  . . . . . . . . . 126 3.2.2.1 Synchronismen als sekundäre Zutat?  . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3.2.2.2 Zwei Quellen und drei Schemata?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.2.3 Gehalt und Gestalt der Vorlagen des Königsrahmens  . . . . . . . . . 131 3.2.4 Ein Zwischenfazit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 3.2.4.1 Der Sonderfall Joschafat  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3.3 Die Quellen der synchronistischen Chronologie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3.3.1 Eine synchronisierte Chronik für das Nordreich Israel  . . . . . . . 139 3.3.1.1 Das inhaltliche Profil des Dokuments  . . . . . . . . . . . . . . . . 140 3.3.1.2 Überlegungen zum historischen Ort  . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3.3.2 Die chronographische Quelle aus Juda – ein Seitenblick  . . . . . . 156 3.3.2.1 Jotam und Ahas  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3.3.2.2 Drei Optionen zum Charakter der Quelle  . . . . . . . . . . . . 163 4. Ergebnisse und Implikationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4.1 Die Resultate der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4.2 Implikationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 4.2.1 … für das Verständnis der Quellenverweise im Königsrahmen  175 4.2.2 … für die Literargeschichte der Königebücher  . . . . . . . . . . . . . . . 184 4.2.3 … für die rezenten Debatten um das Deuteronomistische Geschichtswerk  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4.2.4 … für die Frage nach Schriftgebrauch und Schreiberkultur im vorexilischen Israel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 4.2.5 … für die Einschätzung des Verhältnisses von Israel und Juda in der Königszeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Anhänge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Literatur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Stellenregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Könige des Nordreiches Israel bzw. des Südreiches Juda  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Abkürzungen und Erläuterungen Die Transkription der Namen der Könige Israels und Judas entspricht dem Ökumenischen Verzeichnis der biblischen Eigennamen (ÖVBE) mit Ausnahme der folgenden, bei denen zur Vermeidung von Verwechslungen orthographisch unter­schieden wird: Juda Israel Ahasjahu Ahasja Jehoahas Joahas Jehoasch Joasch Jehoram Joram Abkürzungen richten sich nach S. M. Schwertner, Internationales Abkürzungs­verzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/New York 21992. Darüber hinaus werden folgende Abkürzungen verwendet:

Allgemeine Abkürzungen Ant antiochenischer Text nach Fernández Marcos, N. und Busto Saiz, J. R., El texto antioqueno de la Biblia Griega, Bd. I–III (TECC 50.53.60), Madrid 1989.1992.1996. dtr deuteronomistisch DtrG deuteronomistisches Geschichtswerk LXX B Codex Vaticanus I 1Reg II 2Reg

Abgekürzt zitierte Werke ABD Freedman, D. N. (Hg.), The Anchor Bible Dictionary, New York et al. 1992 ff. ABC  Grayson, A. K., Assyrian and Babylonian Chronicles (Texts From Cunei­ form Sources 5), Locust Valley 1975. BHCP  Finkel, I. und van der Spek, R. J., Babylonian Chronicles of the Hellenistic Period, 2012 ff.; online publiziert unter http://www.livius. org.html CM  Glassner, J.‑J., Mesopotamian Chronicles (Writings from the Ancient World 19), Leiden/Boston 2005. CTH  L aroche, E., Catalogue des textes Hittites, Paris 1971. GCS Eusebius, Die Chronik, hrsg. von J. Karst (Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte 20), Berlin 1911. GesK  Wilhelm Gesenius’ Hebräische Grammatik, völlig umgearbeitet von E. Kautzsch, Leipzig 281909.

XIV

Abkürzungen und Erläuterungen

HAE Renz, J. und Röllig, W., Handbuch der althebräischen Epigraphik, Darmstadt 1995. ITP  Tadmor, H., The Inscriptions of Tiglath-pileser III, King of Assyria. Critical Edition, with Introductions, Translations and Commentary, Jerusalem 1994. KAI  D onner, H. und Röllig, W., Kanaanäische und aramäische Inschrif­ten. Mit einem Beitrag von O. Rössler, I. Texte, Wiesbaden 52002; II. Kommentar, III. Glossare, Wiesbaden 21968 f. OTG Brooke, A. E. und McLean, N., The Old Testament in Greek, Vol. 2,2: I and II Kings, Cambridge 1930. RIM  Grayson, A. K., Assyrian Rulers of the Early First Millenium BC (The Royal Inscriptions of Mesopotamia), Toronto 1991 ff. SOR Milikowsky, C. J., Seder Olam. A Rabbinic Chronography, Diss. Yale 1981. TUAT  K aiser, O. et al. (Hgg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Gütersloh 1982 ff. TUAT NF Janowski, B. et al. (Hgg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Neue Folge, Gütersloh 2004 ff. WA D. Martin Luthers Werke, Abt. 1: Schriften, Bd. 53, Weimar 1920.

Bibliographische Abkürzungen ABG ATM BAR CHANE DJD HBM HeBAI HThKAT LHBOTS MJSt SAAS SHANE SHCANE ZAR

Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte, Leipzig Altes Testament und Moderne, Münster British Archaeological Reports, Oxford Culture and History of the Ancient Near East, Leiden Discoveries in the Judean Desert, Oxford Hebrew Bible Monographs, Leiden Hebrew Bible and Ancient Israel, Tübingen Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg et al. Library of Hebrew Bible/Old Testament Studies, London et al. Münsteraner Judaistische Studien, Münster State Archives of Assyria Studies, Helsinki Studies in the History of the Ancient Near East, Leiden Studies in the History and Culture of the Ancient Near East, Leiden Zeitschrift für Altorientalische und Biblische Rechts­geschich­te, Wiesbaden

Elektronische Hilfsmittel Accordance 12, OakTree Software Inc., Altamonte Springs 2017

1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis „Die Chronologie ist das Auge des Historikers“. Diesen Ausspruch des Althistorikers Eduard Meyer stellt Herbert Donner in seiner Geschichte des Volkes Israel dem Abschnitt voran, in dem er über die Grundlagen seiner Datierungen für die Ereignisse der „Staatenbildungszeit“ aber auch für die gesamte Königszeit Auskunft gibt.1 Anders als für die vorstaatliche Zeit, für deren Darstellung v. a. die priesterliche Literatur zwar mit einer Fülle von Daten und Datierungen aufwartet, die aber kaum historisch auswertbar sind, scheint in chronologischer Hinsicht mit der Königszeit ein klarer Durchblick gewonnen, liefern doch die Königebücher selbst detaillierte chronologische Angaben. Letztere finden sich vorrangig2 im sog. Königsrahmen. Dort werden für jeden neuen König sein Name, die Datierung seines Amtsantritts, Residenz und Regierungsdauer, eine auf die jeweilige Religionspolitik focussierte Beurteilung, ein Quellenverweis, eine Sterbe- und Begräbnisnotiz sowie der Nachfolger genannt. Ein charakteristisches Beispiel ist II 13,10–13: (10) Im 37. Jahr Jehoaschs, des Königs von Juda, wurde Joasch, der Sohn des Joahas, König über Israel in Samaria [und regierte] 16 Jahre. (11) Und er tat das Böse in den Augen JHWHs und ließ nicht ab von allen Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, der Israel sündigen gemacht hatte, er wandelte darin. (12) Was aber mehr von Joasch zu sagen ist und alles, was er getan hat, und seine Machttat, wie er mit Amazja, dem König von Juda, gekämpft hat, steht es nicht geschrieben in der Chronik der Könige von Israel? (13) Und Joasch legte sich zu seinen Vätern, und Jerobeam setzte sich auf seinen Thron. Joasch aber wurde begraben in Samaria bei den Königen von Israel.

Für die Könige des Südreiches Juda ist zusätzlich das Alter bei Regierung­s­ antritt und der Name der Mutter notiert. Trotz gelegentlicher Abweichun­gen zum Grundgerüst der Rahmenschemata sind für die meisten Könige Israels und Judas vergleichbare chronologische und biographische Daten in den Eingangsformeln des Königsrahmens vorhanden. Der Königsrahmen selbst ist zugleich die Basis für die Darstellungs­anlage des größten Teils der Königebücher, d. h. der Kapitel I 14–II 25. Er bildet das „Fach1  Donner, Geschichte, 257–259. 2 Hinzu kommen vereinzelte relativ datierte Bezugnahmen auf bestimmte Ereignisse, z. B. I 14,25; II 17,6; 18,13; 23,29 f.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

werk“3, in dem die Informationen zu Taten und Geschick der einzelnen Könige ihren Ort finden. Seine synchronistischen Bezug­nahmen auf die jeweils andere Reihe von Königen stellen das durchgängige Anordnungsprinzip für die Darstellung in den Königebüchern bereit,4 der der Königsrahmen mittels wiederkehrender Formulare ein geordnetes, ja geradezu schematisches Gepräge verleiht. Darüber hinaus liefert er über die integrierten Beurteilungstexte zentrale Komponenten einer theologischen Geschichtsdeutung. Um im eingangs zitierten Bild zu bleiben: Das „Auge des Historikers“ erfreut sich in den Königebüchern nicht nur an einer Fülle bemerkenswerter Ansichten, sondern es findet diese auch in einem wohlgeordneten Muster vor.

1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung Im Kontext der exegetischen Wissenschaft berühren sich beim Königs­rahmen und speziell bei seinen Eingangsformeln zwei übergreifende Forschungsgegenstände. Der eine betrifft die Geschichte Israels, hier die Rekonstruktion der Chronologie der Königszeit von Rehabeam/​Jerobeam bis zu Hiskija/​Hoschea, der andere betrifft gewichtige Aspekte der Literatur­geschichte des Alten Testaments, hier v. a. die Literargeschichte der Königebücher mit ihren Implikationen für die Entwicklungen im Text­bereich Dtn – 2Reg. Für beide Gegenstände sind in der Forschungs­geschichte denn auch je eigene Problemhorizonte, Lösungsansätze bzw. Modellbildungen entwickelt worden. 1.1.1  Die synchronistische Chronologie und die historische Chronologie der Königszeit Auf den ersten Blick scheint es einfach: Lassen sich die chronologischen Angaben zu absoluten Datierungen5 in Beziehung setzen, müsste eine Chro­nologie 3  Wellhausen, Composition, 275. 4  Dieses ist knapp und prägnant bei Driver, Introduction, 179, zusammengefasst: „In the arrangement of the reigns of the two series of kings a definite principle is followed by the compiler. When the narrative of a reign (in either series) has once been begun, it is continued to its close …; when it is ended, the reign or reigns of the other series, which have synchronized with it, are dealt with; the reign overlapping it at the end having been completed, the compiler resumes his narrative of the first series with the reign next following, and so on.“ 5 Absolute Datierungen sind mittels astronomischer Berechnungen für assyrische und babylonische Chroniken möglich. Entscheidend ist hier v. a. eine für das Jahr 763 v. Chr. nachweisbare Sonnenfinsternis, die in der assyrischen Eponymenchronik registriert ist (dazu unten S. 99 ff.). Auf dieser Basis lässt sich die assyrische Datierungspraxis nach Eponymenlisten auf Daten nach unserem Kalender umlegen. Korrespondierende Hinweise ergeben sich aus babylonischen Chroniken. Zu Diskussion und Literatur, vgl. u. a. Thiele, Mysterious Numbers, 39–52; Veenhof, Geschichte, 35–50. Erwähnungen israelitischer oder judäischer Könige bzw. identifizierbarer Ereignisse in assyrischen bzw. babylo­nischen Quellen liefern Fixpunkte für



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

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der israelitischen Königszeit gewonnen sein, anhand derer die Historiker die berichteten Ereignisse ordnen und verorten können. Dennoch kommt K. R. Veenhof noch im Jahre 2001 zu dem Schluss, dass für die Chronologie des 1. Jahrtausends v. Chr. „das Alte Testament noch einige ungelöste Rätsel“ aufweise, da „trotz der reichlich im Alten Testament enthaltenen chronologischen Angaben … eine exakte Zeitberechnung hier noch viele Probleme“ bereite.6 Entsprechend sind Fragen der Chronologie weiterhin ein kontinuierlich beackertes Forschungsfeld. 1.1.1.1  Zum Forschungsstand Das Urteil Veenhofs, so berechtigt es ist, ist denn auch nicht fehlenden Bemühungen geschuldet, die biblische Chronologie und insbesondere jene der Königszeit zu erhellen. Entsprechende Versuche sind so alt wie die Auslegungsgeschichte des Alten Testaments. Schon Flavius Josephus nahm sich in seinen Antiquitates Judaicae der Frage an und entwickelte ein eigenes chronologisches System.7 Gleiches gilt für das rabbinische Traktat Seder Olam Rabba (ca. 2. Jh. n. Chr.)8; es stellt eine Chronologie von der Weltschöpfung bis in die Bar Kochba-Zeit zusammen und systematisiert u. a. die chronologischen Angaben zur Königszeit so, dass Widersprüche ausgeglichen werden.9 Eusebius von Caesarea machte in seiner Chronik auf die Unterschiede der chronologischen Angaben im Masoretischen Text, dem Samaritanischen Pentateuch und der Septuaginta aufmerksam und bezog die Angaben bei Josephus in seine Darstellung mit ein.10 Neben vielen anderen beschäftigte sich auch Martin Luther in der Schrift Supputatio annorum mundi 1541/4511 mit den Problemen der biblischen Chronologie.12 Die kritische Diskussion zur Sache setzte mit J. Wellhausens Aufsatz „Die Zeitrechnung des Buches der Könige seit der Theilung des Reiches“ (1875) ein.13 In der Folge stellten chronologische Fragen in der alttestament­lichen Forschung die israelitische Chronologie. Als solche kommen u. a. in Betracht: die Schlacht von Qarqar, für die unter den Gegnern Salmanassars III. auch Ahab von Israel gelistet wird, der Tribut Jehus an Salmanassar III., die Eroberung Samarias durch Sargon II. oder Salmanassar V., die Belagerung Jerusalems durch Sanherib oder die Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar II. 6  Veenhof, Geschichte, 37.49. 7  Dazu unten S. 25. 8 Kritische Edition: Milikowsky, Seder Olam. Die Datierung ist nicht gesichert, vgl. Stemberger, Einleitung, 319 f. 9  So wird der Überhang von gut 20 Jahren für die Amtszeiten judäischer Könige vor der Eroberung Samarias durch die Annahme einer Überlagerung von sieben Jahren bei Joschafat und Jehoram sowie von 15 Jahren bei Amazja und Asarja ausgeglichen (SOR 17; 19). 10 Übersetzung: GCS 20, S. 34–62. 11  WA 53, 22–184. 12  Interessante Einblicke in die Auslegungs- bzw. die mit der biblischen Chronologie verbundene Ideengeschichte liefert Barr, Chronology. 13  Wellhausen, Zeitrechnung.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

des ausgehenden 19. sowie der ersten Hälfte des 20. Jh.s ein intensiv diskutiertes Feld dar.14 Aus den zahlreichen Versuchen, zu einer in sich stimmigen sowie mit den außerbiblischen Quellen korrelierbaren Chronologie der Königszeit zu gelangen, kristallisierten sich dabei zwei Lösungsvorschläge heraus, die als lange bzw. kurze Chronologie bezeichnet werden können. Die kurze Chronologie geht v. a. auf die Arbeit von J. Begrich und deren Aufnahme durch A. Jepsen zurück.15 Die lange Chrono­logie hat ihre Wurzeln in der amerikanischen und skandinavischen Forschung mit W. F. Albright, E. R. Thiele und K. T.  Andersen als wichtigen Vertretern.16 Nach der langen Chronologie umfasst die Zeit von der Reichsteilung (931 v. Chr.) bis zum Tod Hiskijas (687 v. Chr.) 244 Jahre, nach der kurzen sind für denselben Abschnitt nur 229 Jahre (Reichsteilung 926 v. Chr.; Tod Hiskijas 697 v. Chr.) anzusetzen. Die lange Chronologie ist mit einer etwas früheren Ansetzung der Regierungsantritte bis zu Ahab (Israel) und Joschafat (Juda) verbunden. Mit der Jehu-Revolte über­schneiden sich die Zeitlinien. Sie wird in der langen Chronologie auf ca. 841 v. Chr. datiert, nach der kurzen auf 845 v. Chr. Für die folgenden Könige findet sich in der langen Chronologie dann zumeist eine spätere Ansetzung als in der kurzen.17 Im Gegensatz zur komplexen und verzweigten Debatte in der ersten Hälfte des 20. Jh.s ist es in neuerer Zeit um chronologische Fragen ruhiger geworden.18 Für historische Untersuchungen wird im Wesentlichen eines der beiden Systeme übernommen und nur stellenweise angepasst. Welche Kompatibilitätsprobleme sich dabei ergeben können, zeigt eindrücklich die Zeittafel, die H. Donners Geschichte des Volkes Israel in Band 2 beigegeben ist. Hier unterscheidet sich die 1. Auflage (1986) deutlich von der Fassung, die ab der 2. Auflage (1995) abgedruckt ist:

14  Ein Versuch, die Forschungsgeschichte zur Chronologie der Königszeit bzw. den synchronistischen Daten in den Königebüchern umfassend darzustellen, würde angesichts der Fülle des Materials und der diskutierten Einzelfragen unweigerlich ausufern. Der folgende Überblick beschränkt sich daher auf die methodischen Weichenstellungen im Hintergrund der einzelnen Rekonstruktionsvorschläge. Ausführlichere Darstellungen bzw. Diskussionen der älteren Vorschläge bieten Begrich, Chronologie, 1–54, und Jepsen, Chronologie, systematisierende Überblicke finden sich z. B. bei Tadmor, Art. ‫כרונולוגיה‬, 262 f.; Jepsen, Noch einmal, 32–40, oder Laato, Guide, 4–13. 15  Begrich, Chronologie; Jepsen, Quellen; Jepsen, Chronologie. 16  Albright, Chronology; Albright, New Light; Thiele, Comparison; Thiele, New Evidence; Thiele, Mysterious Numbers; Andersen, Chronologie; Andersen, Noch einmal; vgl. neuerdings wieder Hayes/​Hooker, New Chronology; Galil, Chronology. 17  Für die Ansetzung einzelner Könige dieser Periode kommen die Vertreter der langen Chronologie stellenweise zu recht unterschiedlichen Ergebnissen. 18  Als nach 1970 erschienene Veröffentlichungen, die nicht nur chronologischen Einzelfragen gewidmet sind, sondern auf eine Rekonstruktion der gesamten Zeittafel zielen, sind Hayes/​Hooker, New Chronology (1988); Andersen, Noch einmal (1989); Hughes, Secrets (1990); Barnes, Studies (1991); Galil, Chronology (1996), Tetley, Reconstructed Chronology (2005); Miano, Shadow (2011), und Laato, Guide (2015) zu nennen.



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

Donner, Geschichte, 1. Auflage

Donner, Geschichte, ab 2. Auflage

Juda

Juda

868–847 852/847–45 845 845–840 840–801

Israel Joschafat Jehoram Ahasjahu Atalja Jehoasch

871–852 852–851 851–845 845–818 818–802

Ahab Ahasja Joram Jehu Joahas

868–847 852/47–845 (?) 845 (?) 845–840 (?) 840–801 (?)

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Israel Joschafat Jehoram Ahasjahu Atalja Jehoasch

871–852 852–851 (?) 852–841 (?) 841–814/13 (?) 818–802 (?)

Ahab Ahasja Joram Jehu Joahas

In der 1. Auflage folgte Donner der kurzen Chronologie nach Begrich/​Jepsen, in der 2. Auflage hat er für Joram und Jehu die Daten Thieles übernommen. Die Angaben für die judäische Linie bleiben bestehen, sie werden lediglich mit Fragezeichen versehen. Das Ergebnis ist, dass der nach II 9 zeitgleiche Tod Ahasjahus von Juda und Jorams von Israel nun um 4 Jahre verschoben ist und sich die Regierungszeit Jehus und die seines Nachfolgers Joahas überschneiden.

Der gegenwärtige Stand der Dinge ist somit durch eine Verfestigung zweier in der Datierung einzelner Könige differierender und nicht kompa­tibler Vorschläge zur historischen Zeittafel gekennzeichnet. 1.1.1.2  In der Forschungsgeschichte verfolgte Lösungsansätze Die Ursachen dafür, dass die intensiven Forschungsbemühungen zur Chro­ no­logie der Königszeit bis heute zu keinem konsensfähigen Ergebnis geführt haben, sind in einer Reihe von Problemen zu suchen, die die Rekonstruktion erschweren; diese sind bereits von J. Begrich in seiner klassischen Studie Die Chronologie der Könige von Israel und Juda von 1929 zusammen­gestellt und erläutert worden:19 1. Widersprüchliche Angaben: Hier ist die innere Systematik der synchronistischen Chronologie im Königsrahmen betroffen. Addiert man z. B. die im Masoretischen Text genannten Jahr­sum­men der Könige Israels und jene der Könige Judas, führt dies zu unter­schiedlichen Ergebnissen: Für die Epoche von der Reichsteilung bis zur Jehu-Revolte ergeben die Zahlen für Israel 98 Jahre und 7 Tage20, für Juda 95 Jahre.21 Für die Zeit von der Jehu-Revolte bis zum Ende des Nordreiches beträgt der judäische Überhang sogar mehr als 22 Jahre.   Zudem sind die Synchronismen häufig nicht mit den Jahr­sum­men vereinbar. So fällt z. B. Amazjas Regierungsantritt nach II 14,1 f. in das zweite Jahr Joaschs von Israel. Seine Regierungszeit wird mit 29 Jahren angegeben. 19  Begrich, Chronologie, 55 ff. 20  Jerobeam I. (I 14,20) 22 Jahre; Nadab (I 15,25) 2; Bascha (I 15,33) 24; Ela (I 16,8) 2; Simri (I 16,15) 7 Tage; Omri (I 16,23) 12 Jahre; Ahab (I 16,29) 22; Ahasja (I 22,52) 2; Joram (II 3,1) 12. 21  Rehabeam (I 14,21) 17; Abija (I 15,1 f.) 3; Asa (I 15,9 f.) 41; Joschafat (I 22,41 f.) 25; Jehoram (II 8,16 f.) 8; Ahasjahu (II 8,25 f.) 1.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

Joasch regierte nach II 13,10 16 Jahre und wird von Jerobeam II. abgelöst. Danach müsste Amazjas Tod bzw. die Thronbesteigung seines Nachfolgers Asarja in das 15. Jahr Jerobe­ams fallen. II 15,1 datiert sie jedoch in das 27. Jahr Jerobeams.22 2. Varianten innerhalb der Textüberlieferung: In den Textzeugen für den Masoretischen Text finden sich gelegentlich Varianten mit differierenden Zahlen. Die Septuaginta-Textzeugen bieten aber in zahlreichen Fällen abweichende Zahlenangaben, wobei innerhalb der griechischen Texttradition zudem eine große Varianz feststellbar ist. Die chronologischen Angaben in Josephusʼ Antiquitates Judaicae folgen weder dem Masoretischen Text noch einem der bekannten Septuaginta-Textzeugen durchgängig.23 3. Unklarheiten bezüglich der vorausgesetzten Kalendersysteme: Hierbei ist weniger die genaue Länge des Jahres (abhängig von Aus­gestaltung und Interkalationsmodus im Mond- oder Sonnenkalender) einschlägig, sondern v. a. die Frage des Jahresanfangs, der sich u. U. auf die Zählung der Regierungsjahre eines Königs durchschlägt. Lag er im Frühjahr oder Herbst? Wechselte der Neujahrstermin im Laufe der Geschichte? Gab es diesbezüglich Unterschiede zwischen Juda und Israel? Die Frage ist intensiv diskutiert worden, wobei die Eckdaten und zentralen Textbeobachtungen seit Beginn des 20. Jh.s auf dem Tisch liegen.24 Für die frühere Königszeit wird i. d. R. ein Jahresanfang im Herbst angenommen, wie ihn der Geser-Kalender voraussetzt oder wie er in den literarhistorisch allerdings später anzusetzenden Festkalendern (Ex 23,14–19; 34,18–26; Lev 23,1–14; Dtn 16,1–7) noch als ältere Tradition greifbar ist. (Nach Lev 25,8 f. beginnen auch Sabbat- und Jobeljahre im Herbst, wobei mit der Einordnung „7. Monat“ zugleich angezeigt ist, dass der 1. Monat im Frühjahr liegen muss.) E. Thiele und A. Laato verweisen auf I 6,37 f. und II 23 als weitere Texte, die einen Jahreswechsel im Herbst spiegeln.25   Aufgrund assyrisch-babylonischen Einflusses hat sich wohl in spätvorexilischer/ exilischer Zeit der Jahresanfang analog zur assyrisch-babylonischen Praxis auf das Frühjahr verschoben, wobei die zeitliche Ansetzung dieses Wechsels umstritten ist. In Juda vermutet man ihn gelegentlich in der Zeit Joschijas26 oder im Exil.27 Die Daten22  Dieser und zahlreiche analoge Fälle zeigen an, dass sich die Synchronismen zudem nicht ohne Weiteres aus den Jahr­sum­men errechnen lassen. 23  Zu Josephus vgl. unten S. 25. 24  Für Überblicke bzw. Diskussionen vgl. VanderK am, Art. Calendars, oder Jaroš, Art. Kalender, bzw. Begrich, Chronologie, 66–90; Thiele, Mysterious Numbers, 29–33; Clines, Regnal Year Reckoning; Finegan, Handbook, 29–35.76–80; Miano, Shadow, 29–48, bzw. Laato, Guide, 14–16. 25 Vgl. Thiele, Mysterious Numbers, 30–32; Laato, Guide, 14–15; zu II 23 auch schon Begrich, Chronologie, 68–69. 26  Begrich, Chronologie, 70–90; vgl. Hayes/​Hooker, New Chronology, 13. 27  Laato, Guide, 15; vgl. Thiele, Mysterious Numbers, 33, der für die gesamte Königszeit in Juda einen Herbstkalender annimmt. Galil, Chronology, 9–10, rechnet dagegen für die gesamte Periode mit einem Frühjahrskalender.



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

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lage in Bezug auf das Nordreich Israel ist noch einmal schmaler. Wenn hier mit einem Wechsel gerechnet wird, dann als Folge assyrischen Einflusses im 8. Jh.28 Die chronologischen Daten selbst liefern Hinweise auf einen Wechsel in der Regierungszeit Menachems, dazu unten S. 33 ff.   In späterer nachexilischer Zeit erfolgte eine Rückkehr zum Jahresanfang im Herbst (vgl. das Mischnatraktat Rosch Haschana 1,1). Explizite Belege für eine abweichende Monatszählung in Israel und Juda gibt es nicht, eine solche ist, wenn sie zur Erklärung der chronologischen Daten angenommen wird,29 aus dem chronologischen Material selbst erschlossen.

4. Differente Zählweisen von Regierungsjahren: Dieser Unbestimmt­heitsfaktor bezieht sich auf die Zählung angebrochener Kalender­jahre in der Regentschaft eines Königs. Da die Angaben zur Regierungsdauer bei Regentschaften über ein Jahr stets nur mit ganzen Jahreszahlen operieren, ist nicht von vornherein evident, ob bei einem Herrschaftswechsel mitten im Jahr das angebrochene Jahr auch dem neuen König (Vordatierung) oder allein dem alten König (Nachdatierung) angerechnet wird. 5. Probleme der Korrelation mit externen Daten: Diese können in der Verbindung von biblischen und außerbiblischen Nachrichten liegen,30 in der Rekonstruktion der historischen Chronologie für die einschlägigen Nachbarkulturen (Ägypten, Assyrien, Babylonien) oder aber  – sofern die externen Daten gesichert sind – in der mangelnden Passgenauigkeit der biblischen Angaben. Ein noto­risches Problem besteht darin, dass die Zahlen des Königsrahmens sich meist zu längeren Perioden addieren, als es die außerbiblischen Quellen zulassen.31 Den umgekehrten Fall liefert die Datierung der Eroberung Samarias in das 6. Jahr Hiskijas und der Belagerung Jerusalems durch Sanherib in sein 14. Jahr. Der Zeitraum zwischen diesen Ereignissen, die auf der Basis assyrischer Daten in die Jahre 721/720 bzw. 701 datiert werden, ist hier in der biblischen Chrono­logie zu gering angesetzt. Die Liste ist noch um einen sechsten, von Begrich nicht eigens benannten Punkt zu ergänzen:

28  So z. B. Jepsen, Chronologie, 28; Jaroš, Art. Kalender, 431; Galil, Chronology, 62. 29  Vgl. u. a. Hayes/​Hooker, New Chronology, 13. 30  Exemplarisch sei hier nur auf die Diskussion hingewiesen, ob auf dem „Schwarzen Obelisken“ unter den Tributbringern vor Salmanassar III. (841 v. Chr.) Jehu oder Joram als König von Israel genannt sind, dazu Weippert, Jau(a). 31  Die Jahr­sum­men der Könige Israels von Jehu bis zum Ende des Nordreiches addieren sich auf 143 Jahre und 7 Monate (selbst wenn man durchgängig Vordatierung annimmt, bleiben mindestens 136 Jahre). Auch wenn man Jehus Regierungsantritt 845 v. Chr. ansetzt, ergibt sich bis zur assyrischen Eroberung des Nordreiches 721/720 ein deutlicher Überschuss. Für Juda ergeben die Jahr­sum­men für diese Periode sogar eine Summe von 165 Jahren (oder bei Vordatierung 159 Jahre). Das Problem wiederholt sich in den anderen Epochen der Geschichte.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

6. Umgang mit Koregentschaften: II 15,5 berichtet, dass König Asarja krankheitsbedingt nicht (mehr?) als König in Juda fungieren konnte und daher sein Sohn Jotam „dem Haus des Königs vorstand und das Volk des Landes richtete“. Für Asarja wird eine Regierungszeit von 52 Jahren notiert (15,2), für Jotam 16 Jahre (15,33). Sind die Anga­ben für die Regierungszeiten als parallel anzusehen oder als nach­einander, so dass Jotams Regentschaft erst nach Asarjas Tod als vollwertiges Königtum gezählt würde und beide Könige gemeinsam auf 67 oder 68 Jahre kommen? Letzteres würde aber dazu führen, dass sich die Zahlen für die Regierungsjahre der Könige Judas von der Jehu-Revolte bis zur Eroberung Samarias im 6. Jahr des Hiskija (II 18,10) auf 165 Jahre addieren, was sich nicht mit den außer­biblischen Daten vereinbaren lässt. Oder werden die gemeinsamen Jahre in die Jahr­sum­men beider Regenten einbezogen? Ist dann mit weiteren Fällen auf diese Weise doppelt gezählter Koregentschaften zu rechnen? Die Fülle der Unbestimmtheitsfaktoren führt auf der Suche nach einer konsistenten Zeittafel der israelitischen Königszeit erwartungsgemäß zu unterschiedlichen Gewichtungen und Zugangsweisen. Diese betreffen zum einen die Auswahl der für die Rekonstruktion verwendeten Zahlen. Innerhalb der einschlägigen Diskussion wird den überlieferten Zahlen grundsätzlich ein historischer Quellenwert zugestan­den,32 es stellt sich aber die Frage, ob dies für alle Zahlenreihen gleicher­maßen gelten kann. Diesbezüglich wurden seit den Anfängen der einschlä­gigen Forschungsgeschichte unterschiedliche Optionen durchgespielt bzw. mehr oder weniger begründet vorausgesetzt. Ȥ J. Wellhausen etwa maß den Jahr­sum­men einen höheren Wert zu als den seiner Ansicht nach sekundär aus den Jahr­sum­men errechneten Synchronismen.33 J. Lewy plädierte mit Verweis auf babylonische Chroniken dagegen 32  Daneben gibt es freilich auch die Ansicht, das synchronistische Rahmenwerk sei eine reine Invention des Autors der Königebücher, so z. B. Linville, Israel, der die Könige­bücher im Kontext von Bemühungen um eine perserzeitliche Identitätskonstruktion lesen möchte, für die ein weitgehend fiktives Geschichtsbild geschaffen worden sei. Teile der chronologischen Daten für die israelitischen Könige hatte bereits 120 Jahre zuvor Krey, Zeitrechnung, als „Produkt eines abstrakt-aprioristischen, in willkürlichen Spielereien sich gefallenden chronologischen Systems“ (407) entlarven wollen. Seine Argumentation, die auf die Ähnlichkeit der Jahr­sum­men für die israelitischen Könige hinweist und diese zu runden Gesamtsummen zusammenordnet, erfordert jedoch ein gehöriges Maß an mathematischer Akrobatik (zur Kritik vgl. schon Begrich, Chronologie, 14–16). Dennoch attestiert noch Tadmor, Art. ‫כרונולוגיה‬, 273 f., den israelitischen Jahr­sum­men wegen der schon von Krey notierten Häufung ähnlicher Zahlen eine geringere historische Zuverlässigkeit als den judäischen Angaben. Hughes, Secrets, findet innerhalb der alttestamentlichen Chronologie Schematisierungsbemühungen durch priesterliche Tradenten, die in das ältere chronolo­gische Material eingegriffen hätten. Letzteres sei zwar noch erkennbar, aber nicht mehr vollständig erhalten. 33  Wellhausen, Zeitrechnung, 608; ähnlich auch Löv, System, oder wieder Naʾaman, Sources and Composition, 104 f.



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

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für eine höhere Verlässlichkeit der Synchro­nismen und verstand die Jahr­sum­ men als nachträglich hinzugefügte und zudem stets gerundete Angaben.34 J. Begrich, E. R. Thiele, A. Laato oder G. Hentschel halten Jahr­sum­men und Synchronismen für gleichermaßen zuverlässig.35 Auch A. Jepsen mag keiner der beiden Zahlenreihen einen höheren Quellenwert zugestehen, er hält viel­ mehr beide zu großen Teilen für fehlerhaft.36 Ȥ Quer zur Unterscheidung von Jahr­sum­men und Synchronismen steht die Trennlinie zwischen chronologischen Angaben für die Könige Israels und die Könige Judas. So hält Ch. Tadmor die judäischen Angaben für verlässlicher, da die Überlieferung der israelitischen Daten bereits nach dem Ende des Nordreiches unzuverlässiger geworden sei.37 W. F. Albright und Y. Aharoni notieren die Stimmig­keit von judäischen Jahr­sum­men und israelitischen Synchronismen und führen diese Systematik auf eine frühe Zusammenstellung der Geschichte beider Reiche zurück.38 Ȥ Die Problematik verschärft sich, bezieht man die disparate Zahlen­ überlieferung der antiken Versionen mit ein,39 wobei insbesondere die Zeugen des vorrezensionellen Septuaginta-Textes (Teile von Sam – Reg im Codex Vaticanus sowie die Handschriften des antiochenischen Textes) eine in Teilen vom Masoretischen Text abweichende chronologische Systematik und Darstellungsabfolge aufweisen. Hier stellt sich noch einmal auf andere Weise die Frage nach höherem Alter und damit verbunden u. U. höherer Zuverlässigkeit des überlieferten Zahlenmaterials. Diese wird etwa von J. D. Shenkel, A. Schenker oder Ch. Tetley zugunsten von LXX beantwortet,40 dagegen argumentieren z. B. E. Thiele oder G. Galil für die MT‑Chronologie.41 J. Begrich arbeitet mit einer Maximal­lösung und stützt seine Rekonstruktion auf 34  Lewy, Chronologie, 9; vgl. auch Thilo, Chronologie, der zwar beide Zahlenreihen gleichermaßen berücksichtigen möchte, in der praktischen Durchführung dann aber von ausgewählten Synchronismen ausgeht. 35  Begrich, Chronologie; Thiele, Mysterious Numbers; Laato, Guide; Hentschel, Alter; so unter den früheren auch Mowinckel, Chronologie, und unter den neueren etwa dezidiert Hayes/​Hooker, New Chronology. 36  Jepsen, Quellen, 53 f. 37  Tadmor, Art. ‫כרונולוגיה‬, 270 f. 38  Albright, Chronology, 18 f.; Aharoni, Chronology, 93.97. 39  Angesichts der Vielfalt und Varianten im Zahlenmaterial hat man freilich auch schon früh nach möglichen Fehlerquellen in der Textüberlieferung gesucht. Zur älteren Diskussion um die mögliche Verwendung von Zahlzeichen, vgl. Begrich, Chronologie, 63–66, zu Verwechslungsoptionen auch Tetley, Reconstructed Chronology, 133–136. Ein auffälliges Phänomen sind die von C. Schedl notierten „Zehnerverschreibungen“, d. h. Abweichungen um 10 Jahre zwischen Reg und Chr bzw. verschiedenen Textzeugen (Schedl, Textkritische Bemerkungen). 40  Shenkel, Chronology; Schenker, Textgeschichte; Tetley, Reconstructed Chronology. 41  Thiele, Mysterious Numbers, 203; Galil, Chronology, 127–144.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

die Gesamtheit des (ihm zugänglichen) überlieferten Materials im MT, den Versionen und bei Josephus.42 Unabhängig davon, welche Zahlenreihe(n) favorisiert wird (werden), ist eine Erklärung für die (scheinbare) Widersprüchlichkeit der Daten gefragt. Ȥ Eine tatsächliche Widersprüchlichkeit setzten z. B. J. Begrich, A. Jepsen, D. Miano oder A. Laato voraus. Begrich und Laato erklä­ ren sie literargeschichtlich, d. h. über eine Verarbeitung unterschied­ licher synchronistischer Vorlagen, die vom Verfasser des Königs­rahmen je und je zitiert, aber nicht miteinander vermittelt worden seien.43 Miano wählt einen analogen Ansatz, vermutet aber anders geartete Quellen: In einer joschijanischen Edition des DtrG seien zunächst zwei Chroniken der Geschichte Israels und der Geschichte Judas verarbeitet worden, die jeweils synchronistische Datierungen für die Amtsantritte im Nachbarreich enthielten. In der exilischen Edition des DtrG seien dann die Jahr­sum­men hinzugekommen, gewonnen aus einer Königsliste für Israel und einer für Juda. Keine der Quellen sei mit den anderen kompatibel gewesen. Das Ergebnis ist denn auch eine reine Zusammenstellung, keine Kompilation.44 Jepsen weist die Verantwortung für die Unstimmigkeit der Daten schließlich hauptsächlich späteren Tradenten zu, die im Laufe der Textüberlieferung durch verschiedene Korrekturversuche Wider­sprüche im Zahlenmaterial erzeugt hätten.45 Ȥ Für einen breiten Zweig der Forschung stellen sich die Auffällig­keiten bei genauerer Betrachtung nur als vermeintliche Wider­sprüche dar, die sich auflösen, sobald man den passenden Hebel ansetzt. Als Hebel fungieren hier v. a. die offenen Fragen der Zähl­weise der Regierungsjahre sowie des vorausgesetzten Kalender­systems. Erstere hatte schon die ältere Forschung beschäftigt, nachdem F. Rühl die Option der Vordatierung in die Diskussion eingebracht hatte.46 E. Thiele rechnet schließlich mit unterschied­lichen Zählweisen in Israel und Juda sowie mit Wechseln derselben im Laufe der Geschichte, die einen beträchtlichen Teil der Schwie­rigkeiten verursacht hätten, die das Zahlenmaterial bietet.47 Andere vermuten deren Hintergrund dagegen in kalendarischen Fragen, v. a. unterschiedlichen Fest­legungen des Neujahrstermins 42  Vgl. die Zusammenstellung der zugrunde gelegten Daten bei Begrich, Chronologie, 58–63. 43  Begrich, Chronologie, 172 f.; vgl. auch Laato, Guide, 34–38 u. ö. 44  Ausgleichsbemühungen setzt Miano, Shadow, 126–141, dann erst in der weiteren Textgeschichte an. 45  Jepsen, Quellen, 53 f. 46  Rühl, Chronologie. 47  Thiele, Mysterious Numbers, 19–41, vgl. die Übersicht 281. Danach wechselte in Juda die Zählweise von Nachdatierung (Rehabeam bis Joschafat), zu Vordatierung (Jehoram bis Jehoasch) und wieder zu Nachdatierung (Amazja bis Zidkija). In Israel wurde von Jerobeam I. bis zu Joasch vordatierend gezählt und von Joasch bis Hoschea nachdatierend.



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

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im Laufe der Geschichte bzw. im Nord- und im Südreich,48 was vor allem Folgen für die Ausgestaltung der synchronistischen Datierungen gehabt habe. Ein weiterer Hebel stellt die Annahme von gerundeten Zahlen dar, wodurch ehemals präzisere Angaben verwischt worden seien.49 Trotz der Vielfalt der Lösungsstrategien führt aber letztlich keiner der Ansätze (bzw. deren jeweilige Kombination im Blick auf verschiedene Unbestimmtheitsfaktoren) zu Zahlenreihen, die in sich stimmig sind und sich ohne weitere Probleme mit externen Daten in Deckung bringen lassen. So ist häufig die Annahme von Koregentschaften das Mittel der Wahl, um größere Anpassungen vornehmen zu können.50 Auf der Linie dieses Lösungsansatzes liegen auch die spezielleren Versuche aus der Namens­gleichheit von Königen auf die Identität der Person zu schließen51 oder über eine anderweitig begründete Identifikation von Königen chronologische Probleme zu lösen.52 48  So insbesondere Hayes/​Hooker, New Chronology, 13, die annehmen, dass der Neujahrstermin in Juda ab Joschija nicht mehr im Herbst, sondern im Frühjahr lag, während er in Israel im Herbst blieb. Aber auch zuvor sei das Neujahrsfest nicht gleichzeitig gewesen, sondern in Juda einen Monat früher als in Israel gefeiert worden. Miano, Shadow, vermutet das Nebeneinander eines Herbstkalenders in Juda und eines Frühjahrskalenders in Israel (vgl. auch Galil, Chronology, 135). Besondere Blüten treibt die Kalenderfrage bei G. Larsson (Larsson, System, vgl. Larsson, System, sowie Larsson, Biblical Dates). Er greift auf eine ältere These von Stenring, Enclosed Garden, zurück und erklärt die biblischen chronologischen Daten in den Vorderen Propheten, Jeremia, Ezechiel und Chronik insgesamt als ein umfassendes chronologisches System, das im 3. Jh. v. Chr. entstanden sei, welches für Larsson zugleich die formative Epoche eines frühen, die genannten Bücher umfassenden Kanons ist. Die Zahlenangaben im MT seien mithin alle korrekt, die scheinbaren Unstimmigkeiten resultieren aus der alternierenden Verwendung dreier unterschiedlicher Kalendersysteme (Mondkalender, Sonnenkalender, interkalierender Sonnenkalender), denen die einzelnen Daten – jeweils gezählt vom Schöpfungstag an – entsprechen. Für die Periode der geteilten Reiche argumentiert Larsson dann eher in bekannten Bahnen. Das chronologische Gerüst übernimmt er (gelegentlich korrigiert) aus Stenrings Kalkulationen. Die Einpassung der im Königsrahmen überlieferten Daten erfolgt auf der Basis der Zahlen des MT, unter der Voraussetzung, dass die Synchronismen weitgehend sekundär, d. h. ein Werk der „chronologischen Editoren“ sind, die die Jahr­sum­men, welche sie in ihren Quellen fanden stets als ganze Jahre interpretierten (Larsson, Biblical Dates, 61) und mit der Annahme von 10 Koregentschaften und Zahlenkorrekturen als Stellschrauben zum Ausgleich von Unstimmigkeiten (61–63). 49  Lewy, Chronologie, 10; Tadmor, Art. ‫כרונולוגיה‬, 273; Tetley, Reconstructed Chronology, 118 f. 50  So rechnet z. B. Thiele, Mysterious Numbers, insgesamt mit neun Fällen von Koregentschaften oder sich überschneidenden Regierungsperioden, drei in Israel und sechs in Juda (vgl. die Zusammenstellung a. a. O., 283, bzw. Thiele, Coregencies). McFall, Missing Coregencies, ergänzt zu Thieles neun noch vier weitere. Für eine methodische Kritik vgl. Laato, Guide, 19–22. 51  So z. B. Frevel, Geschichte, 160–163, 207 f., für Joram und Ahasja bzw. Jehoram und Ahasjahu. 52  Vgl. etwa Andersen, Noch einmal, 18, für Jotam und Ahas und die Problematik des chronologischen Überschusses für die zweite Hälfte des 8. Jh.s.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

1.1.2  Der Königsrahmen und die Literargeschichte der Vorderen Propheten Wie oben angedeutet, bildet der Königsrahmen das literarische Gerüst für die Darstellung der israelitischen Königszeit in I 14–II 25, also von der Reichsteilung bis zum Ende des Südreiches.53 Die enthaltenen chrono­logischen Daten und für die Zeit der geteilten Reiche insbesondere die synchronistischen Amtsantrittsdatierungen bestimmen die Anordnung des Erzählmaterials in den Königebüchern. Abgesehen von den Königsbeur­teilungen rechnet man für die Bestandteile der Rahmenformeln und so auch für die chronologischen Angaben mit der Verarbeitung von Quellen,54 aus denen die entsprechenden Informationen übernommen wurden. Damit stehen in literargeschichtlicher Hinsicht deren Gattung, Inhalt und Rekonstruierbarkeit zur Debatte. Mittels der auf die Religionspolitik der Könige focussierten Beurteilungen (und zusammen mit den mit ihnen verknüpften Dynastie­orakeln) zieht der Königsrahmen aber auch eine theologische Deuteebene in das literarische Gerüst ein, die dem dargestellten Geschichtsverlauf Grund und Ziel verleiht. Während es hier weitgehend unumstritten ist, dass die Beurteilungstexte im Zuge der Komposition eines größeren Werkzusam­men­hangs,55 für den der Königsrahmen als Strukturelement fungiert, geschaffen wurden, sind Charakter, Umfang und historischer Ort dieses Werkzusammenhangs gegenwärtig eine der umstrittensten Fragen der histo­rischen Exegese des Alten Testaments. 1.1.2.1  Die Frage der Quellen Für die ältere Forschungsdiskussion stellte die Fragen nach den Quellen der chronologischen Angaben (aber auch weiterer Informationen) kein besonders drängendes Problem dar. Gemeinhin rechnete man mit der Verarbeitung von Hofannalen oder vergleichbaren an den Königshöfen von Samaria und Jerusalem geführten „amtlichen“ Dokumenten, in denen die res gestae der einzelnen Regierungsperioden notiert und archiviert wurden, und identifizierte diese mit den in den Quellenverweisen genannten „Tage­büchern der Könige von Israel/​ Juda“.56 M. Noth führte große Teil des Materials, das der Deuteronomist in seine Darstellung integrierte (mittelbar) auf diese Annalen zurück,57 und löste damit 53 Schon Wellhausen, Composition, spricht diesbezüglich vom „Fachwerk“ (275 f.) oder „Skelett“ des Königebuches (294), vgl. auch Wellhausen, Zeitrechnung, 608. Zur kompositionellen Funktion dann ausführlicher Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 72–74. 54  Eine Ausnahme bilden noch die sog. Quellenverweise auf die „Chronik der Könige von Israel/​Juda“ ‫יהודה‬/‫ספר דברי הימים למלכי ישראל‬, die ebenfalls dem Verfasser des Königsrahmen zugeordnet werden (anders jedoch Levin, Exzerpt, 620 f.). 55  Mit dieser sehr allgemeinen Aussage ist auch schon die Grenze des Konsenses in der gegenwärtigen Diskussion um die Königsbeurteilungen erreicht. Zur Problematik s. i. F. 56  So u. a. Mettinger, Solomonic State Officials, 38–40; Montgomery, ICC, 43 f., vgl. auch Würthwein, ATD, 180, oder wieder Knauf, HThKAT, 89. 57 Vgl. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 72–76.



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

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in der Folge Debatten darüber aus, ob die Vorlagen noch anderes als das in die Königebücher eingegangene Material enthielten, ob und wie derartige Dokumente dem Verfasser der Königebücher überhaupt zugänglich gewesen sein können58 oder ob die Quellenverweise nicht vielmehr ein (rein) literarisches Mittel sind, um die Glaubwürdigkeit des Erzählten zu bestätigen?59 Flankierend wirkt sich hier der in zahlreichen aktuellen Studien greifbare breitere Trend aus, erst ab der zweiten Hälfte des 8. Jh.s überhaupt mit einer nennenswerten Produktion von Texten oder gar größeren literarischen Werken in Israel bzw. Juda zu rechnen. So urteilt J. Van Seters für Juda: „not until the late 8th century was Judah sufficiently advanced as a state that it could produce any written records“60 und ganz analog I. Finkelstein für Israel: „the lack of evidence of significant scribal activity in Israel before around 800 b. c. e. … makes it difficult to assign the compilation of these texts to an earlier phase in the history of the northern kingdom.“61 Im Hintergrund dieser Urteile steht einerseits eine bestimmte Interpretation der epigraphischen Befundlage (die meisten bekannten epigraphischen Zeug­nis­se stammen aus dem 8. Jh.) und andererseits die Annahme, dass die Heraus­bildung einer administrativen Infrastruktur die notwendige Bedingung für die Ausbildung von Schulbetrieb und Schriftkultur62 darstelle.63 In dieser Linie sieht schließlich O. Sergi „the suitable historical setting for the earliest historiographical compositions in Judah“ in einer Phase der Expansion und Konsolidierung der Daviddynastie. Da er eine solche insbesondere am Ende des 9. Jh.s findet, greift sein Datierungsvorschlag für eine „Judahite King List“ zeitlich graduell hinter die anderen zurück, bezieht sich aber auf eine analoge Argumentationsbasis.64 Aber auch wenn man den Konnex zu den Quellenverweisen auflöst oder erst ab der mittleren Königszeit überhaupt mit der Produktion größerer literarischer Kompositionen rechnen will, bleiben die Fragen nach der Herkunft der im Königsrahmen gebotenen Informationen und hier insbeson­dere der chronologischen Angaben sowie nach der Gestalt der Werke, aus denen sie übernommen sind, virulent. Die gegenwärtig vertretenen Erklärungsmodelle zu den Quellen 58  Vgl. den Überblick über die Diskussion bei Thomas, Hezekiah, 89–93. 59 In diese Richtung argumentieren z. B. Stott, Why, 52–60, oder Leuchter, Socio­ linguistics. Kritik äußert Holland, Form. 60  van Seters, Saga, 119. 61  Finkelstein, Kingdom, 35, hier mit Bezug auf 1Sam 31, vgl. auch a. a. O., 41 und bes. 140 f. 62  Vgl. hierzu v. a. die die weitere Diskussion prägende Studie von Jamieson-Drake, Scribes, bes. 138–149. 63  Eine Phalanx entsprechender Einschätzungen findet sich in zahlreichen aktuellen Stu­ dien (vgl. auch Niemann, Ende; Thompson, History, 391; Finkelstein, Kingdom, 35.140 f.; Schmid, Schriftgelehrte Arbeit, 41–43), die gerne aufgegriffen werden, weil sie einen Ansatz zur Datierung bestimmter Texte zu liefern scheinen. Zur Problematik der Argumentation vgl. Richelle, Elusive Scrolls; Blum, Voraussetzungen, bzw. unten S. 196 ff. 64  Sergi, King List, 244–245, das Zitat 245.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

der synchronistischen Chronologie laufen im Wesentlichen auf folgende Alternative hinaus: (a)  Das synchronistische Rahmenwerk basiert direkt oder vermittelt auf älteren noch nicht synchronisierten chronographischen Quellen für die beiden Königreiche Israel und Juda, die der Autor der Königebücher erst­mals verknüpfte.65 Der konkrete Zuschnitt dieser Werke wird dann recht unterschiedlich eingeschätzt. Wie zuvor M. Noth rechnen N. Naʾaman oder D. Miano mit Annalen, die neben summarischen Angaben zur Regierungs­dauer der Könige auch viel erzählendes Material enthielten.66 Sh. Bin-Nun schloss auf der Basis sprachlicher Beobachtungen auf Königslisten mit je charakteristischen Formulierungen in Israel und Juda zurück.67 (b)  Im Hintergrund stehen bereits ältere synchronistische Werke für Israel und Juda, die der Autor/​Redaktor der Königebücher aufgenommen und ggf. ergänzt hat. A. Jepsen denkt an eine synchronistische Chronik, welche er auch im Wortlaut rekonstruiert,68 J. Begrich an mehrere derartige Doku­ mente.69 K.‑P. Adam vermutet eine synchronistische Königsliste.70 Ch.  Levin rechnet mit einem Exzerpt aus älteren Annalen, auf das die Synchronisierung zurückgeht,71 C. Hardmeier oder M. Köhlmoos mit einer aus der spätvorexilischen Zeit (Hardmeier) oder hiskijanischen Epoche (Köhlmoos) stammenden Geschichtsdarstellung.72 Methodisch fußt die einschlägige Hypothesenbildung auf konzeptio­nellen Überlegungen sowie auf literarkritischer Arbeit. So liegt z. B. bei J. Begrich eine diffizile Untersuchung der feinen Unterschiede in den Formularen der Eingangsformeln zugrunde, bei C. Hardmeier eine Studie der Datierungsformulare im Alten Testament. Sh. Bin-Nun rekonstruiert variierende Formulare von Königslisten. Konzeptionell verbinden sich mit den genannten Thesen jeweils Annahmen zur Intention und Pragmatik der synchronistischen Zusammenstellung israelitischer und judäischer Könige und der Geschichte der beiden Reiche. Die synchronistische Chronologie zielt für R. G. Kratz und M. Köhlmoos auf die Schaffung eines Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen Israel und Juda, die hier zu einer Schicksalsgemeinschaft und darüber auch zu einem größeren Is65  Vgl. bereits Wellhausen, Zeitrechnung, 608 f.; so  – allerdings vorsichtig – Würthwein, ATD, 491; vgl. auch Andersen, Noch einmal, 2 f.; Kratz, Komposition, 164; Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 38, u. a. m. 66  Naʾaman, Sources; Miano, Shadow, 119–126, vgl. auch wieder Grabbe, Oaks, oder Knauf, HThKAT, 89. 67  Bin-Nun, Formulas. Mit einer judäischen Königsliste als Basis rechnen in neuerer Zeit auch wieder Barnes, Studies, oder Sergi, King List. 68  Jepsen, Quellen, 30 ff. 69 Vgl. Begrich, Chronologie, 172–200, vgl. Laato, Guide, 41 f. 49. 70  Adam, Warfare. 71  Levin, Exzerpt. 72 Vgl. Hardmeier, Umrisse; Köhlmoos, Geschichte.



1.1  Chronologie und Königsrahmen in der Forschung

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rael würden  – sei es in vorexilischer (M. Köhlmoos) oder nachexilischer Zeit (R. G. Kratz73). Für Ch. Levin kommt dagegen im synchronistischen Dokument der gesamt-israelitische Herrschaftsanspruch des judäischen Königshauses zum Ausdruck. K.‑P. Adam liest die „Königsliste“ als Werbeschrift für die davidische Dynastie und ihre Bündnispolitik mit den Nachbarn, Ch. Hardmeier das „Annalenwerk“ als Diskussionsbeitrag im Diskurs über den rechten Umgang mit der babylonischen Bedrohung in den letzten Jahren des Südreiches. 1.1.2.2  Der Königsrahmen und das Deuteronomistische Geschichtswerk Wenn in rezenten Debatten der Königsrahmen in den Blick kommt, dann vorrangig im Kontext der übergreifenden literargeschichtlichen Hypo­thesenbildung zum Textbereich Dtn – 2Reg, für die lange Zeit M. Noths These eines Deuteronomistischen Geschichtswerks (DtrG) den Referenz­rahmen bildete. Der auf Noths Modell aufbauende und bis in das späte 20. Jh. bestehende Konsens ist in der gegenwärtigen Forschungsdiskussion nachhaltig ins Wanken geraten. Während die älteren schon in den 1970er Jahren einsetzenden Modifikationen des Modells hin zu verschiedenen Kompositions- oder Redaktionshypothesen noch an der Noth’schen Grundidee festhielten,74 dass die Idee einer umfassenden Darstellung von Israels Geschichte von der Landnahme bis in die Königszeit am Anfang der Kompositionsgeschichte des Werkes stand, ist dieser Ausgangspunkt in vielen aktuellen Studien nicht mehr gesetzt. Während also das Noth-Modell einerseits modifiziert weitergeführt wird,75 mehren sich Vorschläge, die seine Auflösung implizieren, indem sie den Ausgangspunkt nicht mehr in einer planvoll gestalteten Darstellung der Geschichte Israels sehen, sondern diesen Erzählbogen als ein (mehr oder weniger zufälliges) Ergebnis eines kleinteiligen redaktionellen Wachstumsprozesses herleiten.76 Dabei werden zunehmend Kompositions- oder Redaktionsmodelle entwickelt, die die Anfänge der Geschichtsdarstellung in den Königebüchern77 oder in Samuel-Könige78 sehen, ein Wachstum von hinten her annehmen und dabei einen kompositions- und theologiegeschichtlichen Zusammenhang zwischen Geschichtsdeutung und Königs73  Kratz, Staat; Kratz, Jesajabuch; vgl. auch Blanco Wissmann, Beurteilungs­ kriterien, 39–41. 74  Grundlegend waren hier v. a. Cross, Themes, bzw. Dietrich, Prophetie, oder Veijola, Dynastie. Forschungsüberblicke finden sich u. a. bei Scherer, Forschungen, oder Römer, Deuteronomistic History, bzw. Römer, Geschichtswerk. 75  So u. a. bei Blum, Geschichtswerk, vgl. Lee, Ort. 76  Dies geschieht in unterschiedlichen Ausprägungen etwa bei Eynikel, Reform; Kratz, Komposition; Aurelius, Zukunft; Römer, Entstehungsphasen; Römer, Deuteronomistic History; Schmid, Literaturgeschichte; Blanco Wissmann, Beurteilungs­kriterien, u. a. m. Vgl. auch die im Konferenzband Stipp, Geschichtswerk, gespiegelten Debatten. 77  So u. a. Würthwein, Erwägungen, bzw. Eynikel, Reform. 78 Vgl. etwa Provan, Hezekiah; Kratz, Komposition; Aurelius, Zukunft; Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, oder Thomas, Hezekiah.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

beurteilungen in den Königebüchern und dem Buch Deuteronomium bestreiten oder erst auf späten literargeschicht­lichen Entwicklungsstufen verorten.79 Insgesamt geht gegenwärtig der Trend also unverkennbar zur Diversifizierung der literargeschichtlichen Modelle. Bei alledem zeigt sich jedoch, dass für die betreffenden Diskussionen der Königsrahmen zwar zentral ist, die Debatten aber fast ausschließlich um die im Königsrahmen enthaltenen Königsbeurteilungen kreisen.80 Die übrigen Elemente, insbesondere das Zahlenmaterial und seine Präsentation in den Eingangsformeln, spielen eine untergeordnete, ja häufiger noch, gar keine Rolle.81

1.2  Die Gründe für die Wiederaufnahme der Fragestellung Die synchronistische Chronologie in den Königebüchern bzw. die Eingangs­ formeln im Königsrahmen als ihre Textbasis spielen also in zwei unter­ schiedlichen und jeweils übergreifenden Forschungsfeldern eine Rolle, die ihre je eigenen Problemhorizonte ausgebildet haben und sich nur in Ausnahmefällen überschneiden: Auf der einen Seite steht die Diskussion zur historischen Chronologie der Königszeit, die im Moment durch das Nebeneinander zweier nicht weit auseinander liegender, aber auch nicht kompatibler Lösungsvorschläge gekennzeichnet ist. Die Vorschläge arbeiten mit dem im Königsrahmen überlieferten Zahlenmaterial, literargeschichtliche Aspekte werden allen­falls am Rande thematisiert.82 Auf der anderen Seite steht die literargeschichtliche Diskussion des Königsrahmens. Hier geht es zum einen um seine Vorlagen, d. h. die literarischen Quel79  Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien; Thomas, Hezekiah. 80  Stellvertretend für die verzweigte Debatte seien hier lediglich zwei Beispiele angeführt: K. Schmid unterscheidet zwischen drei Schuldkriterien (die „Sünde Jero­beams“, Kulteinheit und Kultreinheit) und vier möglichen Schuldigen (Könige mit negativer Beurteilung, alle Könige, das Volk, Manasse) und erschließt auf dieser Basis sukzessive Redaktionsstufen innerhalb des DtrG, vgl. Schmid, Deuteronomium; Schmid, Wellhausen, bzw. Schmid, Literaturgeschichte, 80–85.118–122.158 f. Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, sieht keine Notwendigkeit zwischen den Schuldkriterien literar­geschichtlich zu differenzieren, zieht aber die Unterscheidung von Volk und Königen als Beschuldigten für eine redaktionsgeschichtliche Scheidung heran. Die jüngsten Mono­graphien zum Thema sind Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, sowie Lee, Ort. 81  Anders jedoch die Untersuchung von Halpern/ ​Vanderhooft, Editions, die auf der Basis der unterschiedlichen Begräbnisnotizen verschiedene Editionen des DtrG identifizieren möchten. 82 Eine Ausnahme bilden hier Begrich, Chronologie, 172–200, bzw. Jepsen, Quellen, 30 ff. Ersterer unternimmt den Versuch, seine am Zahlenmaterial gewonnene These, dass den chronologischen Angaben im Königsrahmen verschiedene synchronis­tische Chroniken zugrunde liegen, auch literarkritisch abzusichern. Letzterer rekonstruiert seine voraus­gesetzte synchronistische Chronik im Wortlaut.



1.2  Die Gründe für die Wiederaufnahme der Fragestellung

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len der verarbeiteten Daten. Gearbeitet wird dabei nahezu ausschließlich auf der Basis der Texte, ohne Einbeziehung der numerischen Daten. Der Königsrahmen spielt zum anderen gegenwärtig v. a. im Kontext der Diskussionen um die Redaktions- bzw. Editionsgeschichte der Königebücher eine Rolle, die aufs Engste mit den verzweigten Debatten um die Noth’sche Hypothese eines Deuteronomistischen Geschichtswerks verknüpft ist. Hier stehen die Königsbeurteilungen im Focus, das Zahlen­material und auch seine Präsentation in den Eingangsformeln bleiben wiederum so gut wie außer acht. Die Dichotomie zwischen beiden Fragestellungen ist angesichts der forschungsgeschichtlichen Phasenbildung zwar erklärbar, die mangelnde Verknüpfung stellt aber ein Desiderat für beide Forschungsfelder dar. Beide Frageperspektiven sind nämlich durchaus geeignet, erreichte Ergebnisse gegenseitig zu präzisieren bzw. zu korrigieren. So schlagen literar­geschichtliche Modellbildungen unmittelbar auf die Rekonstruktion der Chronologie durch: Ȥ Stehen etwa am Anfang der Literargeschichte des Königsrahmens getrennte Listen, Annalen o. ä. für Israel und Juda, sind die Synchro­nismen demgegenüber sekundär und büßen an eigenem Quellenwert ein. Bilden synchronisierte Darstellungen den Ausgangspunkt gilt dies nicht. Ȥ Vermutet man im Hintergrund sukzessive fortgeschriebene chrono­graphische Werke – sei es synchronistisch oder nicht – ist die Möglichkeit von Systemwechseln im Blick auf den Jahresanfang, die Zählweise der Regierungsjahre o. ä. zu bedenken. Liegen die Anfänge in einem sammelnden und systematisierenden Werk eines Autors oder einer eingrenzbaren Gruppe, steht zu erwarten, dass durch­gängig Datierungspraxis und Kalenderzuschnitt aus der Zeit der Entstehung des Werkes einfließen. Umgekehrt gewinnt die literargeschichtliche Debatte zu Quellen und Pragmatik des Königsrahmens bei Einbeziehung der Zahlenangaben eine wichtige Informationsquelle. Ȥ Lassen die Zahlenreihen erkennen, dass sie allein auf der Basis von Jahr­ sum­men oder aber von Jahr­sum­men und Synchronismen kompi­liert sind, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen für die literarische Gestalt der verarbeiteten Quellen und ihre Pragmatik. Ȥ Zeigen die Zahlenreihen unterschiedliche Systeme der Zählweise von Regierungsjahren (Vor- oder Nachdatierung) in den Angaben für Israel und Juda an, ist dies ein deutliches Indiz für ursprünglich getrennt geführte chronographische Werke, die dann freilich auch wieder synchronisiert oder nichtsynchronisiert gewesen sein kön­nen. Ȥ Lassen sich für verschiedene Abschnitte unterschiedliche Methoden der Kompilation feststellen, ergeben sich u. U. Rückschlüsse bezüg­lich der Redaktionsgeschichte des Königsrahmens bzw. für die Debatten um das Deuteronomistische Geschichtswerk:

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

Ȥ Betrachtet man etwa die Synchronisation von Regierungsdaten aus Israel und Juda als eine Frucht der exilischen oder nach­exilischen Zeit, ist dies schwer mit der Annahme früherer (hiskijanischer oder joschijanischer) Editionen des Geschichts­werks zu vereinbaren, die bereits die Geschichte beider Reiche in derart verschränkter Weise parallelisiert hätten. Ȥ Lässt sich ein literarischer Zusammenhang zwischen den Datierungsformularen in den Eingangsformeln der Königebücher und jenen in Richter oder Samuel plausibel machen, ergäben sich Indizien für die übergreifende Literargeschichte des DtrG.83 Darüber hinaus birgt die Dichotomie die Gefahr von Engführungen  – etwa dann, wenn die Alternative zwischen synchronistischen oder nicht-synchronistischen chronographischen Werken als Quellen des Königs­rahmens allein auf der Basis literarkritischer oder konzeptioneller Überlegungen, aber ganz ohne Untersuchung des Zahlenmaterials entschie­den werden soll, und zumal dann, wenn dabei Vorannahmen ins Spiel kommen, die bestimmte Erklärungsmöglichkeiten von vornherein aus­schließen. Zu diesen zählt etwa die These, ein gesamt-israelitisches Gemeinbewusstsein, sei vor dem Ende des Nordreiches nicht denkbar.84 Damit steht die Möglichkeit einer synchronistischen Geschichtsbetrachtung vor diesem Datum gar nicht mehr zur Debatte. Ebenso schwer wiegt ein weiteres Problem: Eingespannt in die genannten größeren Forschungskomplexe erfolgen die Analysen der synchronistischen Chronologie und ihrer Textbasis jeweils im Lichte bestimmter Frage­interessen. Letztere haben, wie im Blick auf die älteren und rezenten Forschungsdebatten unschwer zu erkennen ist, einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Gegenstands. Die Problematik zeigt sich schon daran, dass bei aller berechtigten Konzentration auf die Königsbeurteilungen in den Debatten um die Literargeschichte der Königebücher bzw. das DtrG die übrigen Elemente der Eingangsformeln aus dem Blick geraten. Am augenfälligsten ist der Zusammenhang jedoch bei der Auswertung des Zahlenmaterials: Die Forschungsdiskussion zu den chronologischen Angaben folgte und folgt in der übergroßen Mehrheit der einschlägigen Untersuchungen einer Zielsetzung, die von A. Jepsen exemplarisch formuliert worden ist: Es geht darum, „ein System“ zu erreichen, „das möglichst der Tradition gerecht wird und sich den sicheren assyrischen und babylonischen Synchronismen einfügt.“85 Damit 83  Zu den Implikationen, die aus der vorliegenden Untersuchung für diese Fragen folgen, vgl. unten S. 190 ff. 84 Aufgrund dieser forschungsgeschichtlich traditionsreichen Annahme schließt schon Wellhausen, Zeitrechnung, 3, eine frühere Entstehung der Synchronismen aus. Auch bei Köhlmoos, Rahmenwerk, 216, und Levin, Exzerpt, 617, ist dies ein unhinterfragter Ausgangspunkt. Zur forschungsgeschichtlichen Einordnung und Problematik, vgl. Weingart, Stämmevolk. 85  Jepsen, Chronologie, 6.



1.3  Ziele und Gang der Untersuchung

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ist aber von Vornherein ein Anpassungsdruck auf die alt­testamentlichen Zahlen gegeben, die mit externen Eckdaten vermittelbar sein müssen. In der konkreten Umsetzung dienten die oben genannten Unbestimmtheitsstellen dann – mehr oder weniger methodisch geleitet – als Rangiermasse, um die Daten anpassen oder zumindest passend inter­pretieren zu können. Die Frage nach einer möglichen inneren Systematik der vorliegenden Daten kommt dabei meist gar nicht in den Blick.86 Doch ist es durchaus fraglich, ob für die synchronistische Chronologie eine Passgenauigkeit zu externen Daten intendiert und/oder – im Blick auf die kulturellen Entstehungsbedingungen der Texte – überhaupt leistbar gewesen sein kann, so dass eine entsprechende Erwartungshaltung gerechtfertigt wäre. Hieraus ergibt sich als Anliegen der vorliegenden Untersuchung, die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis, d. h. die Eingangsformeln im Königsrahmen konzentriert und zunächst einmal unabhängig von den berührten größeren Forschungsfeldern in den Blick zu nehmen. Dies soll jedoch in konsequenter Verbindung der numerisch-chronologischen mit der literargeschichtlichen Perspektive geschehen. Dabei werden sich selbst­verständlich auch Implikationen für die dargestellten übergreifenden Fragestellungen ergeben, die dann aber – so steht zu hoffen – auf der Basis einer differenzierteren Wahrnehmung des Untersuchungsgegenstandes bedacht werden können.

1.3  Ziele und Gang der Untersuchung Es mag hilfreich sein, zunächst festzuhalten, worauf die Untersuchung nicht zielt: Ihr geht es weder um einen neuen Vorschlag zur Zeittafel der israelitischen Königszeit noch um ein weiteres Modell zur Literargeschichte der Königebücher oder des Deuteronomistischen Geschichtswerks. Das Arbeitsvorhaben ist demgegenüber deutlich eingegrenzter und focussierter: Im Zentrum steht die synchronistische Chronologie in den Königebüchern. Untersucht werden ihre Systematik, die Herkunft der enthaltenen chrono­logischen Daten sowie die Ursprünge und Entwicklung ihrer literarischen Präsentation in den Eingangsformeln des Königsrahmens. Der Analyse des Zahlenmaterials ist der erste Teil der Untersuchung gewidmet. Am Anfang steht eine Sichtung des Materials und eine Expli­kation der methodischen Leitlinien für seine Analyse (2.1). Auf dieser Basis kann dann die Systematik der chronologischen Daten beschrieben und die Methodik ihrer 86  Nennenswerte Ausnahmen sind hier Thilo, Chronologie, 7, sowie neuerdings Miano, Shadow und v. a. Laato, Guide, 2, der wie in der hier vorliegenden Untersuchung methodisch zwischen der Erhellung der biblischen Tradition und der Untersuchung ihres Verhältnisses zu extrabiblischen Daten unterscheiden möchte.

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1.  Der Gegenstand: Die synchronistische Chronologie und ihre Textbasis

Kompilation entfaltet werden (2.2). Die Diskussion der in den Textzeugen belegten Varianten rückt hinter die Analyse der chronologischen Kompilation (2.3). Hinter dieser Abfolge steht die Einsicht, dass die Unterscheidung zwischen „ursprünglichen“ Lesarten und späteren Varianten erst erfolgen kann, wenn das chronologische System geklärt ist. Umgekehrt kann die textkritische Diskussion die Rekonstruktion der Systematik stützen, wenn sich die Mehrzahl der belegten Varianten als aus dem System entwickelt (z. B. als Korrekturversuche, Missverständnisse, erklärbare Fehler o. ä.) herleiten lassen. Der zweite Teil der Untersuchung beschäftigt sich mit den literargeschichtlichen Aspekten der synchronistischen Chronologie und der Eingangsformeln. Die Diskussion setzt hierzu aber zunächst mit einem Blick auf einschlägige Texte und Textgattungen aus der altorientalischen Umwelt des Alten Testaments ein. Der Schwerpunkt liegt dabei auf chronogra­phischen Werken und den wenigen Beispielen synchronistischer Listen und Geschichtsdarstellungen (3.1). Weiterführende Aspekte ergeben sich v. a. durch den Blick auf assyrisch/babylonische bzw. tyrische chronographische Dokumente. Diese sind auch in älteren Untersuchungen der Chronologie gelegentlich herangezogen worden. Im Focus des Vergleichs stand dabei in der bisherigen Forschungsdiskussion insbesondere die Neubabylonische Chronik, die ebenfalls synchronistische Datierungen enthält und sprachlich eine große Nähe zu den Eingangsformeln aufweist.87 Die Parallelen gehen stellenweise bis in die Einzelformu­ lierungen.88 Die Nähe ist schon früh gesehen89 und gelegentlich auch zur Plausibilisierung einer bestimmten historischen Ansetzung der Synchronisation von Israel und Juda angeführt worden.90 Daneben gibt es aber noch weitere synchronistische Werke, die bezüglich ihrer raison d’être bzw. ihrer Pragmatik bislang nur sehr vereinzelt in die Diskussion einbezogen wurden.91 Schließlich ist aber auch ein weiterer Blick auf das vielfältigere chronographische Genre in der Umwelt des Alten Testaments hilfreich. Nur so lassen sich die Spezifika synchronistischer Werke, aber auch die chronographische Gattung insgesamt differenzierter fassen.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich, inwiefern die Präsentation chrono­logischer Daten im Königsrahmen breiter belegten Gattungsmustern folgt, wo aber auch ihr eigenes Profil liegt. Eine literarkritische Untersuchung der Eingangsformeln des Königsrahmens ermöglicht sodann die Rekonstruktion der Literargeschichte der dort erkennbaren Schemata (3.2). Damit ist schließlich der Boden bereitet für die Diskussion der weiteren Fragen nach den Quellen und der Herkunft der 87  Die maßgebliche Textausgabe ist Grayson, Chronicles. 88 Was bei Kratz, Komposition, 164, und v. a. Blanco Wissmann, Beurteilungs­ kriterien, 36, zur These einer literarischen Abhängigkeit des Königsrahmens von der Neubabylonischen Chronik führte. Zur Diskussion vgl. unten S. 118 f. 89  So z. B. bereits bei Lewy, Chronologie. 90  Lewy, Chronologie, 8, sieht hierin ein Indiz für das hohe Alter der Synchronismen; Adam, Warfare, 65 f., führt sie für eine Ansetzung in der Hiskija-Zeit an, Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 213 ff., als Ausweis der spätexilischen Datierung der Königebücher. 91  Diskutiert werden sie etwa bei Adam, Warfare, oder Thomas, Hezekiah.



1.3  Ziele und Gang der Untersuchung

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synchronistischen Strukturierung der Geschichte Israels in den Königebüchern (3.3). Den Abschluss bilden die Sicherung der erreichten Ergebnisse (4.1) sowie ein Ausblick zu Implikationen, die sich nunmehr für die weitere literargeschichtliche Hypothesenbildung zu den Königebüchern bzw. zum Deuteronomistischen Geschichtswerk und im Blick auf deren konzeptio­nelle Voraussetzungen ergeben (4.2).92

92  Eine eingehendere Untersuchung derjenigen Implikationen, die aus der Analyse der synchronistischen Chronologie für die historische Chronologie der Königszeit folgen, ist ein weiterer Bereich des dieser Studie zugrundeliegenden Forschungsprojekts. Eine entsprechende Anschlussstudie Gezählte Geschichte II ist in Vorbereitung.

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie 2.1  Datenbasis und methodische Vorüberlegungen Das chronologische Material der Königebücher liefert bekanntlich kein ohne Weiteres schlüssiges Bild. Die Probleme und ihre möglichen Ursachen sind hinlänglich bekannt und in der einführenden Problemanzeige entfaltet worden. Auf eindrückliche Weise hat sich in der gut 140 Jahre währenden und in weiten Teilen minutiös ausgeführten Forschungsarbeit gezeigt, dass sich die Schwierigkeiten nicht durch einfache Grundentscheidungen lösen lassen: Ȥ Weder eine durchgängige Orientierung an den Jahr­sum­men noch eine Zugrundelegung der Synchronismen führt zu stimmigen Befun­den. Zudem lässt sich das Zustandekommen der jeweils anderen Zahlenreihe – also Jahr­ sum­men bzw. synchronistische Angaben – dann nicht hinlänglich erklären.1 Ȥ Weder die Option einer durchgängigen Vordatierung noch die einer durchgängigen Nachdatierung vermögen das Zahlenmaterial hin­reichend zu erhellen.2 Ȥ Weder die Zahlenüberlieferung des Masoretischen Textes (in Reg sowie Chr) noch die der Septuaginta und ihrer verschiedenen Text­zeugen ergibt eine widerspruchsfreie Systematik. Die Befunde führten bereits A. Jepsen zur Forderung nach transparenten Kriterien, die zur Bewertung und ggf. Korrektur des überlieferten Zahlen­materials anzulegen sind, um nicht einfach „nach Gutdünken“3 – oder in einem von der Kompatibilitätserwartung zu externen Daten geleiteten Inte­resse – passend zu machen, was unpassend erscheint. Vor einer Änderung der Zahlen forderte Jepsen daher zu bedenken, ob die Überlieferung nicht auch in ihrer vorliegenden Form sinnvoll sein könne, sei es weil die Widersprüche sich bei genauerer Betrachtung als bloß scheinbare Wider­sprüche herausstellten, oder sei es, weil Widersprüche aus bestimmten Voraussetzungen heraus erklärbar gemacht werden könnten.4 1  Zu diesem Schluss kam bereits 1917 Thilo, Chronologie, 33, in Auseinandersetzung mit Wellhausen, Zeitrechnung, und Krey, Zeitrechnung. 2 Das zeigt sich eindrücklich bei Thiele, Mysterious Numbers, und seiner Annahme mehrfacher Wechsel in der Zählweise. 3  Jepsen, Noch einmal, 32 (vgl. auch Jepsen, Chronologie, 6–8). 4  Bei Jepsen verbindet sich mit dieser Mahnung keineswegs ein zwanghaftes Festhalten am

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Die von Jepsen ins Spiel gebrachten Frageperspektiven bilden den Aus­ gangspunkt der folgenden Überlegungen: Diese unternehmen den Versuch, das gegebene chronologische System im Königsrahmen zunächst aus sich heraus zu verstehen.5 Ob, inwieweit und auf welcher Grundlage sich Überschneidungen zu systemexternen Daten ergeben, wäre dann erst in einem zweiten Schritt zu klären, welcher aus den genannten methodischen Erwägungen außerhalb der hier vorliegenden Untersuchung steht. 2.1.1  Die überlieferten chronologischen Daten Ältere Zusammenstellungen des Zahlenmaterials finden sich z. B. bei C. F. Burney oder J. Begrich, eine neuere mit speziellem Focus auf die Unterschiede der Zahlenüberlieferung in den Zweigen der griechischen Überlieferung bei M. C. Tetley.6 Die Tabellen in Anhang I bieten einen Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen. Sie basieren auf den textkritischen Apparaten der BHS, des 1930 erschie­nenen Bandes zu den Königebüchern7 aus der Cambridger Septuaginta-Ausgabe (OTG) von A. E. Brooke und N. McLean sowie der von N. Fernández Marcos und J. R. Busto Saiz besorgten kritischen Ausgabe des antiochenischen Textes. Neben den israelitisch-judäischen Synchronismen finden sich in den Königebüchern gelegentlich relative Datierungen bestimmter Ereignisse bzw. vereinzelte Synchronismen mit neubabylonischen Königen.8

Masoretischen Text oder eine Scheu vor Korrekturen. Schließlich lässt auch für Jepsen, Noch einmal, 39, die Überlieferung deutlich erkennen, dass Zahlen geändert worden sind. Mithin sei es „sinnvoller, einige Zahlkorrekturen mehr in Kauf zu nehmen, als überlieferte Zahlen um jeden Preis mit irgend welchen unbeweisbaren Hypothesen zu stützen.“ 5 Zu den Hintergründen oben S. 18 ff. Einem vergleichbaren Grundansatz folgen in neuerer Zeit auch Tetley, Reconstructed Chronology; Miano, Shadow, bzw. Laato, Guide. Alle treffen jedoch Entscheidungen, die hier nicht geteilt werden. Bei Tetley betreffen diese den Vorrang der Zahlenüberlieferung von LXX (zur Diskussion unten S. 56 ff.); für Miano hat die vorliegende Chronologie im Königsrahmen gar keine Systematik, sondern ist ein literargeschichtlich gewachsenes Konglomerat von numerischen Daten und Resultat vielfältiger späterer Ausgleichsbemühungen; Laato geht in Analogie zu Begrich, Chronologie, von der Verarbeitung verschiedener älterer chronologischer Systeme aus, kann aber nicht erklären, warum bzw. wozu jene auf eine derartig unvermittelte Weise kombiniert worden sein sollen (zu den Linien in der Forschungsgeschichte vgl. oben unter 1.1). 6  Burney, Notes, xlii–xliii, sammelt in einer Tabelle Varianten für Jahr­sum­men und Synchronismen aus MT, LXX und antiochenischem Text. Begrich, Chronologie, 58–63, nimmt noch die Zahlen aus Josephus dazu. Tetley, Reconstructed Chronology, 35–39, stellt das Material geordnet nach MT, LXXB, Ant bzw. kaige-Rezension zusammen. Ihre Liste basiert auf einer begrenzten Auswahl von Textzeugen: MT, LXXB, Minuskeln 19, 82, 93 und 108 als Zeugen von Ant sowie Josephus’ Antiquitates (a. a. O., 30). 7  Ein Band zu den Königebüchern liegt in der Göttinger Septuaginta (noch) nicht vor. 8  Vgl. die Zusammenstellung bei Begrich, Chronologie, 60 f.



I 14,25 II 17,6 II 18,9 II 18,10 II 18,13 II 24,12 II 25,1 II 25,2 II 25,27

2.1  Datenbasis und methodische Vorüberlegungen

5. Rehabeam 9. Hoschea 4. Hiskija/ 7. Hoschea 6. Hiskija/ 9. Hoschea 14. Hiskija 8. Jojachin 9. Zidkija 11. Zidkija = 19. Nebukadnezar 37. Gefangenschaft Jojachins = Akzessionsjahr Amel-Marduks

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Angriff Schischaks auf Jerusalem Eroberung Samarias Beginn der Belagerung Samarias Eroberung Samarias Feldzug Sanheribs Gefangennahme Jojachins Beginn der Belagerung Jerusalems Einnahme Jerusalems Begnadigung Jojachins

2.1.2  Zum Umgang mit den Unbestimmtheitsfaktoren 2.1.2.1  Varianten in der Textüberlieferung Die Textüberlieferung ist naturgemäß eine komplexe Problematik. Die zahl­ reichen Abweichungen belegen, dass schon früh Unstimmigkeiten in den chronologischen Daten bemerkt und Versuche unternommen wurden, sie auszugleichen. Derartige Versuche zeigen sich in der frühen Auslegungs­geschichte, aber auch in den altestamentlichen Textzeugen selbst, insbeson­dere in Teilen der griechischen Tradition, die z. T. eigene Systematiken bietet.9 Beispiele aus der frühen Auslegungsgeschichte sind z. B. die chronologischen Angaben in Josephusʼ Antiquitates Judaicae.10 Josephus nennt Jahr­sum­men für alle Könige von Israel und Juda, die Zahlen stimmen mit Ausnahme von vier Fällen mit dem MT überein. Die Ausnahmen sind die Jahr­sum­men 27 für Jehu (Ant 9:160; MT II 10,36: 28) und 40 für Jerobeam II. (Ant 9:205.215; MT II 14,23: 41) sowie jeweils 3 Monate und 10 Tage für Jehoahas (Ant 10:83) und Jojachin (Ant 10:98). MT liest in beiden Fällen lediglich „3 Monate“ (II 23,31; 24,8). Von den fünf Synchronismen für israelitische Könige, die Josephus nennt, decken sich drei mit dem MT; abweichend sind die Synchronismen „30. Asa“ für Omri (Ant 8:312) und „21. Jehoasch“ für Joahas (Ant 9:173). Für die judäischen Könige nennt er vier Synchronismen, von denen zwei (Ant 9:216: Asarja = 14. Jerobeam; Ant 9:260: Hiskija = 4. Hoschea) vom MT abweichen. Josephus’ Sonderlesarten decken sich nicht mit aus den Versionen bekannten Varianten. Es ist zwar dennoch möglich, dass er über eine Textvorlage mit eigenen chronologischen Daten verfügte, wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich die Abweichungen Versuchen der Systematisierung bzw. Korrektur von Widersprüchen verdanken.11 9  Dazu unten S. 56 ff. 10  Sie sind z. B. bei Hughes, Secrets, Appendix B, zusammengestellt. 11  Bei einer Jahr­sum­me 27 für Jehu ergibt sich für Joahas der Synchronismus 21. Jehoasch; beides passt zum Synchronismus 37. Jehoasch für Joasch (II 13,10 MT), der aber nicht ursprünglich ist (vgl. dazu unten S. 77). Auch der Synchronismus 4. Hoschea für Hiskija korrigiert eine Unstimmigkeit des MT: Wenn Hoscheas Regierungsantritt in das 12. Jahr Ahas’ fällt

26

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Als gute exegetische Praxis hat sich etabliert, vor der weiteren Auswertung und Auslegung der Texte eine textkritische Sicherung der Text­basis zu unternehmen. Diese methodische Trennung erweist sich jedoch im Blick auf die Zahlenüberlieferung im Bereich der chronologischen Angaben als kaum durchführbar. Dort wo keine Textverderbnis bzw. Schreibfehler im Prozess der Textüberlieferung anzunehmen sind – das ist die große Mehrheit der Fälle – oder die äußere Kritik keine deutliche Präferenz für eine Variante nahelegt, lässt sich eine begründete Entscheidung darüber, ob eine Variante z. B. auf eine nachträgliche Korrektur zurückgeht, letztlich nur dann fällen, wenn die zugrundeliegende Systematik der chronologischen Angaben geklärt ist. Diesbezüglich ist freilich kein Patentrezept zu erwarten, schließ­lich entscheidet sich die angenommene Systematik auch an den jeweils zugrunde gelegten Zahlen. Die Plausibilität eines Vorschlags wächst jedoch, je größer der Anteil der Daten ist, die in das angenommene System integrierbar bzw. mit nachvollziehbaren Gründen als Korrekturen erklärbar sind. Als hilfreich erweist sich, dass die größte Variabilität einen bestimmten Ausschnitt der Überlieferung kennzeichnet (die Periode von Ahab bis Jehu), dagegen in den übrigen Bereichen seltener Varianten überliefert sind. Dieser Umstand erlaubt es, aus den einheitlicher überlieferten Abschnitten Rück­schlüsse auf die Systematik zu ziehen, die dann in die Diskussion der Varianten in den Abschnitten mit größerer Variationsbreite einbezogen werden können. 2.1.2.2  Vor- oder Nachdatierung Da mit wenigen Ausnahmen12 im Königsrahmen stets glatte Jahr­sum­men für die Regierungszeiten der Könige angegeben werden, kann es sich nicht um die fakund letzterer 16 Jahre regiert, kann Hiskijas Machtübernahme (bei Nachdatierung) erst im 4. Jahr Hoscheas liegen. Warum Josephus Asarjas Regierungsantritt in das 14. Jahr Jerobeams legt und für Jerobeam die Jahr­sum­me 40 nennt, ist wohl nicht mehr eindeutig zu klären. Der Synchro­nismus 14. Jerobeam scheint mit Josephus’ eigener Vorstellung der Ereignisse um Joasch und Amazja zusammenzuhängen (vgl. Ant 9:203). Zumindest für die Jahr­sum­me 40 wäre auch ein Abschreibfehler zu erwägen, der zur Verkürzung von 41 auf 40 geführt hat, denn es ist auffällig, dass die von Josephus genannte Zeitspanne für das Bestehen des Nordreiches von 240 Jahren, 7 Monaten und 7 Tagen (Ant 9:280) exakt um ein Jahr länger ausfällt als die Summe der von ihm genannten Jahr­sum­men (239 Jahre, 7 Monate, 7 Tage). Rätselhaft bleibt auch der Synchronismus 30. Asa für Omri. Thiele, Mysterious Numbers (1. Aufl.), 204–227, diskutiert die Josephus-Chrono­logie ausführlich und kommt letztlich zu einer ähnlichen Einschätzung: „In most instances the variant figures of Josephus are of such a nature that their origin can be clearly ascertained. Not understanding the chronological principles behind the data of the Massoretic text, he felt that many of the figures there given were wrong and in need of correction, and consequent adjustments were made“ (219). 12  Bei den Ausnahmen handelt es sich durchweg um Fälle von unterjährigen Regierungszeiten: Simri 7 Tage (I 16,15), Secharja 6 Monate (II 15,8), Schallum 1 Monat (II 15,13), Jehoahas 3 Monate (II 23,31) sowie Jojachin 3 Monate (II 24,8).



2.1  Datenbasis und methodische Vorüberlegungen

27

tische Länge der jeweiligen Regierung, also eine Rechnung vom tatsächlichen Datum der Machtübernahme bis zum Tod oder der Abdankung eines Königs, handeln. Damit stellt sich notwendig die Frage, wie mit ange­brochenen Jahren in der Regentschaft eines Königs in der Zählung umgegangen wurde bzw. ob bei einem Herrschaftswechsel mitten im Kalenderjahr das angefangene Jahr bereits in die Zählung der Herrschafts­jahre des neuen Königs einfließt.13 Aus den Nachbarkulturen Israels im Alten Orient sind mit Vor- bzw. Nachdatierung zwei Wege für den Umgang mit der Problematik bekannt, die beide den Neujahrstermin als Fixpunkt für die Zählung benutzen, sich aber im Umgang mit vor dem Neujahr liegenden Regierungszeiten unterscheiden. Das Zusammenspiel von Jahr­sum­men und Synchronismen lässt nun gelegentlich Rückschlüsse darüber zu, ob die Regierungszeit eines Königs vor- oder nachdatierend gezählt wird, nämlich immer dann, wenn mehrere Herrschaftswechsel in die Regierungszeit eines Königs im Nachbarreich fallen. An diesen Stellen lassen sich die genannten Jahr­sum­men zu jenen ins Verhältnis setzen, die sich durch Berechnung aus den Synchronismen ergeben. Da bei Vordatierung das letzte Jahr des Vorgängers de facto mit dem ersten Jahr des Nachfolgers zusammenfällt, steht zu erwarten, dass die aus den Synchronismen errechnete Regierungsdauer immer um ein Jahr kürzer ist als die gezählte Dauer, d. h. die genannte Jahr­sum­me. Dies zeigt sich u. a. am Beispiel Nadabs. Dieser bestieg im 2. Jahr Asas von Juda den Thron (I 15,25), starb im 3. Jahr Asas (I 15,28) und wurde von Bascha abgelöst (I 15,33). Als Regierungsdauer sind für ihn 2 Jahre angegeben (I 15,25), d. h. beide angebrochenen Jahre seiner Herrschaft werden voll gerechnet. De facto fällt damit Nadabs 1. Jahr mit Jerobeams 22. Jahr zusammen und Nadabs 2. Jahr mit Baschas 1. Jahr. Aus den Synchronismen 2. Jahr Asas und 3. Jahr Asas ergibt sich rechnerisch eine Regierungszeit von 1 Jahr, genannt werden aber 2 Jahre.

Bei Nachdatierung wird das angebrochene Jahr noch nicht in die Regie­ rungsdauer des neuen Königs einbezogen, daher stimmen hier die angege­bene Jahr­sum­me für einen König und die aus den Synchronismen errechnete Regierungsdauer überein. Hier ist u. a. das Beispiel Pekachjas einschlägig. Er übernimmt die Herrschaft über Israel im 50. Jahr Asarjas von Juda (II 15,23), sein Nachfolger Pekach besteigt den Thron im 52. Jahr Asarjas (II 15,27). Die aus den Synchronismen errechnete Regierungsdauer von 2 Jahren stimmt mit der genannten Jahr­sum­me von 2 Jahren (II 15,23) überein. 13  Tetley, Reconstructed Chronology, 10, möchte sich der Frage insgesamt entledigen: „As distinct from conventional chronologists who propose antedating, postdating, coregencies, etc. I will seek to establish a dating system consistent with the textual terminology of the regnal formulars, which assert that a king began to reign in the given regnal year of the contemporary king of the other kingdom and that the king acceded to the throne upon the death of his predecessor.“ Zum Ausgleich von Unstimmigkeiten greift sie auf das Mittel der Rundung von Zahlen zurück.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Sowohl bei Vordatierung als auch bei Nachdatierung stellt sich allerdings die Frage, ab welcher faktischen Dauer oder bei welcher Konstellation für einen König überhaupt ein Regierungsjahr gezählt wird.14 Die Beispiele für kurze Herrschaften15 zeigen an, dass nicht jede Regierungszeit automatisch als Regierungsjahr gerechnet wird und damit in die Jahr­sum­men einfließt. Grundsätzlich sind bei Vordatierung für den Umgang mit kurzen Regentschaften zwei Optionen denkbar: (a) Entscheidend ist, ob innerhalb der Regentschaft eines Königs ein Wechsel des Kalenderjahres liegt. Dann würde der Anteil der Herrschaft eines Königs im alten Kalenderjahr als sein erstes, der Anteil im neuen Jahr als sein zweites Regierungsjahr gezählt, dem König somit zwei Regierungsjahre zuge­rechnet. Bei unterjähriger Herrschaft, die keinen Neujahrstag einschließt, wird dem König dagegen gar kein Jahr zugerechnet.16 (Diese Option würde z. B. implizieren, dass Nadabs Herrschaft u. U. nur wenige Monate oder gar Tage gedauert haben kann, in die jedoch der Jahreswechsel gefallen wäre.) (b) Entscheidend ist die Länge der Regierungszeit. Beträgt sie tatsächlich weniger als ein Jahr wird für den betreffenden König gar kein Regierungs­jahr verzeichnet, sondern lediglich die genaue Zahl der Tage oder Monate seiner Herrschaft. Für die Zusammenstellung der Jahr­sum­men müssten diese Kurzregierungen also wegfallen. Das würde z. B. implizieren, dass Nadabs Herrschaft insgesamt mehr als 1 Jahr umfasst haben muss, damit ihm zwei Regierungsjahre zugeschrieben werden können. Sollte in eine nur wenige Monate umfassende Regentschaft nun der kalendarische Jahreswechsel fallen, würde das alte Jahr vollständig dem Vorgänger des Kurzzeitkönigs, das neue Jahre seinem Nachfolger zugewiesen. Ob sich bei der Entscheidung für eine der beiden Optionen aus dem alttestamentlichen Zahlenmaterial Sicherheit gewinnen lässt, ist allerdings fraglich.17 Welche Rechenweise man auch voraussetzt, in jedem Fall ergibt sich eine wichtige Konsequenz: Die Ansetzung der Regierungsdauer eines Königs auf 1 Jahr kann es bei Vordatierung aus Systemgründen nicht geben. Sobald die Regierungszeit einen kalendarischen Jahreswechsel einschließt resp. mindestens 12 Monate umfasst, werden ihm 2 Regierungsjahre ange­rechnet, ist dies nicht der Fall, kann lediglich die Anzahl der Regierungs­monate bzw. -tage notiert werden.18 14  Das Problem benennt bereits Rühl, Chronologie, 46–49, der als erster die Option Vordatierung für die Rekonstruktion der Chronologie der Königszeit ins Spiel gebracht hat. Vgl. auch die Erläuterungen bei Begrich, Chronologie, 90–93, oder Thiele, Mysterious Numbers, 16–22. 15  Vgl. S. 3, Anm. 12. 16  So etwa im Fall von Schallum (II 15,13) oder auch Simri (I 16,15). Zum schwierigen Folgesynchronismus für Omri vgl. unten S. 69 ff. 17  Der einzige Fall, für den die Synchronismen nahelegen, dass eine unterjährige Regie­rung einen Jahreswechsel einschloss, ist Secharja (II 15,8), dazu i. F. 18  Die einzige denkbare Ausnahme, eine Herrschaft exakt von Neujahrstag zu Neujahrs­tag, ist höchst unwahrscheinlich.



2.1  Datenbasis und methodische Vorüberlegungen

29

Bei Nachdatierung ist die Lage ähnlich. Auch hier sind die beiden genannten Optionen denkbar: (a) Wird der kalendarische Jahreswechsel als Orientierungspunkt heran­ gezogen, ergibt sich, dass unterjährige Regierungszeiten für die Zählung der Jahr­sum­men ebenfalls ausfallen. Das betreffende Jahr wird vielmehr vollständig dem Vorgänger zugeschrieben. Fällt der Jahreswechsel in die kurze Herrschaftsperiode, fallen die Monate vor Neujahr an den Vorgänger, die Monate nach Neujahr werden als Jahr des Kurzzeitkönigs geführt. Das 1. Jahr seines Nachfolgers beginnt dann mit dem folgenden Jahreswechsel. (b) Ist dagegen die faktische Länge der Herrschaft entscheidend, fallen nur wenige Monate währende Herrschaftsperioden ebenfalls für die Zählung der Jahr­sum­men aus. Sie würden analog zur Vordatierung behandelt. Anders als bei Vordatierung ist bei nachdatierender Zählung jedoch die Zuweisung einer Jahr­sum­me von 1 Jahr an einen König möglich, nämlich dann, wenn seine Regentschaft einen kalendarischen Jahreswechsel ein­schließt (Option a) resp. zwischen 12 und 24 Monaten andauert (Option b). Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie streng die jeweilige Zählweise gehandhabt bzw. ob die Kriterien Neujahrstermin und Herrschaftsdauer jeweils exklusiv angewandt wurden. Es ist immerhin auffällig, dass die längste im Königsrahmen genannte Regierungsdauer 6 Monate beträgt (II 15,8 Secharja). Schon F. Rühl ging daher davon aus, dass bei Regierungszeiten zwischen 6 und 12 Monaten auf das volle Jahr aufge­rundet werden konnte19 und sich erst dann die Frage stellte, welche Jahr­sum­me dem betreffenden König überhaupt zuzuschreiben ist. Das Beispiel Secharja passt zu dieser Annahme: Ausweislich der Synchronismen liegt in seiner halbjährigen Regierungsperiode der Jahreswechsel, für ihn wird aber weder die Jahr­sum­me 1 genannt, wie es bei strikter Nachdatierung zu erwarten wäre, noch 2, wie sich bei strikter Vordatierung ergeben würde. Das gilt freilich nur, wenn der Neujahrstermin in Juda und Israel parallel liegt (dazu s. i. F.).

2.1.2.3  Frühjahrs- oder Herbstkalender Darüber, ob für die Zählung des ersten vollen Jahres eines Königs ein Jahresanfang im Frühjahr oder Herbst zugrunde gelegt ist, geben die Zahlen des Königsrahmens keine Auskunft. Wenn hier Wechsel in Anschlag gebracht werden, dann aufgrund externer Erwägungen und i. d. R. mit dem Ziel, Unstimmigkeiten innerhalb der biblischen Daten oder im Verhältnis zu externen Daten auszugleichen. Sofern man nicht mit einem mehrfachen Wechsel des Neujahrstermins rechnen möchte, sind die Konsequenzen für die Addition der Jahr­sum­men eher gering, schließlich geht es lediglich um eine Verschiebung von einem halben Jahr, das bei einem Wechsel des Jahresanfangs entweder doppelt gezählt oder ausfallen würde. Die Kalenderfrage wird denn auch eher zur Erklärung 19  Rühl, Chronologie, 45 f.

30

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

bestimmter Synchro­nismen herangezogen, gelegentlich mit der Annahme, dass der Neujahrs­termin im Nordreich und Südreich zeitweise differierte.20 Da die Kalenderfrage mit erheblichen Unsicherheiten belastet ist und insbesondere über den Termin eines möglichen Kalenderwechsels (oder sogar unterschiedliche Termine in Nord- und Südreich) bisher keine verläss­lichen Quellen oder konsensfähigen Theorien vorliegen, soll die Erhebung der internen Systematik der chronologischen Angaben ohne Anwendung einer bestimmten Vorannahme zu(m) Termin(en) des Jahresanfangs erfolgen. Dabei ist zu prüfen, ob sich von den Synchronismen her tatsächlich die Notwendigkeit zur Annahme verschiedener Neujahrstermine ergibt, die dann u. U. auch Auskunft über den Termin eines Kalenderwechsel geben kann. Dies scheint immerhin für den Wechsel vom Herbst- zum Frühjahrs­kalender im Nordreich Israel in der Zeit von Menachem der Fall zu sein.21 Die Frage gewinnt dadurch besondere Komplexität, dass sie mit der oben dargestellten Problematik des Umgangs mit Fällen kurzer Regierungszeiten verknüpft ist. Ein ein­ schlägiger Fall könne diesbezüglich die 6 Monate währende Herrschaft Secharjas von Israel (II 15,8) sein, für deren Beginn im MT der Synchronismus 38. Jahr Asarjas von Juda genannt ist. Der Herrschaftsantritt seines Nachfolgers Schallum wird in das 39. Jahr ­Usijas/​​Asarjas datiert. Damit wäre impliziert, dass Secharjas Regierungszeit einen kalendarischen Jahreswechsel einschloss oder zumindest einen Jahreswechsel im Südreich Juda. Verbindet man diesen Befund mit der oben genannten Option (a) zum Umgang mit Kurzzeitregierungen, ergäbe sich notwendig, dass zur gleichen Zeit in Israel kein Jahreswechsel begangen worden sein kann, sonst müsste Secharjas Herrschaft bei Vordatierung mit der Jahr­sum­me 2, bei Nachdatierung mit 1 gezählt werden. Bei Option (b) oder der Einschränkung nach F. Rühl ergibt sich keine analoge Konsequenz. Die Daten bieten somit zwar einen deutlichen Hinweis (aber keinen Beweis) dafür, dass sich der Neujahrstermin in Juda und Israel zeitweise unterschied.

2.1.2.4 Koregentschaften Die am stärksten zu Spekulationen anregende und im Blick auf die An­passung der biblischen Chronologie an externe Daten wirkungsvollste Unbestimmtheitsstelle ist die Frage der Koregentschaften. Anders als im Falle des unklaren Jahresanfangs oder der Addition der Jahr­sum­men bei Vor- oder Nachdatierung geht es hier u. U. um größere Zeiträume. Neben die Unsicherheit, bei welchen Königen mit Koregentschaften zu rechnen ist, tritt die Problematik ihrer Zählung. Fließen die Jahre der Koregentschaft in die Jahr­sum­me des bereits amtierenden Königs oder in die des Koregenten ein oder in beide? Markiert der für den Regierungsantritt eines Koregenten genannte Synchronismus den Beginn der Koregentschaft oder den Beginn der Alleinherrschaft? 20  Zur Frage vgl. oben S. 6 f. 21  Vgl. unten S. 33 ff.

31

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben



Für die Könige des Nordreiches finden sich weder im Königsrahmen noch in den erzählenden Texten Hinweise auf Koregentschaften. Für das Südreich sind sie für Joschafat und Jehoram (II 8,16) sowie Amazja und Asarja (II 14,22) im Königsrahmen angedeutet. Von Jotam ist im Erzähl­material berichtet, dass er bereits zu Lebzeiten seines Vaters Asarja dem Königshaus vorstand, da Asarja wegen seines Aussatzes die Amtsgeschäfte nicht mehr führen konnte (II 15,5). Methodisch ist also durchaus mit der Option von Koregentschaften zu rechnen, jedoch scheint es angeraten, sie nur dort zu vermuten, wo sich im Text Indizien dafür finden.

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben Die folgenden Überlegungen präsentieren einen Vorschlag zur Systematik und Herleitung des im Königsrahmen überlieferten Zahlenmaterials. Dazu wird zum besseren Verständnis der folgenden Argumentation zunächst jene Auswahl aus der größeren Menge überlieferter Zahlen vorgestellt, die sich (quasi als vorweggenommenes Ergebnis der Analyse) als „ursprünglich“ erweisen werden. „Ursprünglich“ meint hier, dass diese Zahlen Bestandteil der originalen Kompilation der synchronistischen Chronologie waren. Diese Auswahl wird im Fortgang auf zweifache Weise begründet, zum einen durch die Erklärung der Systematik und der Herleitung der genannten Zahlen und zum anderen durch die Erklärung der nicht integrierten Daten bzw. den Ausweis sekundärer Varianten.22 2.2.1  Die rekonstruierten chronologischen Daten für die Könige Israels23

Jerobeam I Nadab25 Bascha Ela26 Simri/ (Tibni →)Omri27

Beleg

Jahrsumme

Synchronismus für ­Regierungsantritt

errechnete Dauer24

I 14,20 I 15,25 I 15,33 I 16,8 I 16,15 I 16,23

22  2 24  2  7 Tage 12

2. Asa 3. Asa 26. Asa 27. Asa

 1 23  1 – *11

22  Eine Voraussetzung steht selbstverständlich im Hintergrund aller folgenden Überlegungen: Die überlieferten Zahlen gehen auf eine chronologische Systematik zurück und sind nicht rein zufällig. 23  Unsichere Angaben sind mit *, Korrekturen mit eckigen Klammern gekennzeichnet. 24  Hierbei handelt es sich um aus den Synchronismen errechnete und selbstverständlich nicht um überlieferte Zahlen. 25 Für Nadab ist zusätzlich der Synchronismus „3. Asa“ für sein Todesjahr verzeichnet (I 15,27 f.). 26  Elas Ermordung durch Simri wird in I 16,10 auf „27. Asa“ datiert. 27  Zum Synchronismus in I 16,23 vgl. S. 69 ff.

32

Ahab Ahasja Joram Jehu Joahas Joasch Jerobeam II Secharja Schallum Menachem Pekachja Pekach Hoschea

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Beleg

Jahrsumme

Synchronismus für ­Regierungsantritt

errechnete Dauer24

I 16,29 I 22,52 II 3,128 II 10,35 f. II 13,1 II 13,10 II 14,23 II 15,8 II 15,13 II 15,17 II 15,23 II 15,27 II 17,1

22  2 12 28 17 16 41  6 Monate  1 Monat 10  2 20/[*2]30  9

38. Asa 17. Joschafat 18. Joschafat

 1

23. Jehoasch 39. Jehoasch29 15. Amazja 38. Asarja 39. Asarja/ ​​Usija 39. Asarja 50. Asarja 52. Asarja [*2. Ahas]30

16  1 – 11  2

2.2.1.1  Charakteristika der Daten für die Könige von Israel In der Zusammenschau der chronologischen Daten für die israelitischen Könige der Periode von Jerobeam I. bis zu Jerobeam II. zeigt sich ein konsis­tentes Bild, in das sich lediglich zwei im MT überlieferte Synchronismen nicht einfügen: die Datierung der Amtsantritte Omris (I 16,23) sowie Joaschs (II 13,10). (Im Falle Joaschs ist der ursprüngliche Synchronismus in der griechischen Textüberlieferung erhalten.) Die überlieferten Jahr­sum­men lassen sich ohne größere Schwierigkeiten zu den Synchro­nismen in Beziehung setzen. Für Nadab, Bascha, Ela, Simri, Omri und Ahab während der Regierungs­zeit Asas von Juda, für Ahasja und Joram während der Regie­rungszeit Joschafats von Juda sowie für Joahas und Joasch während der Periode Jehoaschs von Juda lässt sich aus dem Verhältnis der Jahr­sum­men zur aus den Synchronismen errechneten Regierungsdauer ablesen, dass hier vordatierend gezählt wird. Die errechnete Dauer ist jeweils um ein Jahr kürzer als die angegebene Jahr­sum­me. Für den Beginn der Herrschaft Jehus ist kein Synchronismus geboten,31 daher lässt sich nicht sagen, wie sich die genannte Jahr­sum­me zu den Synchronismen verhält. Gleiches gilt für Joram und Joasch, in deren Regierungszeit ein Königswechsel in Juda fällt. Ein Wechsel in der Zählweise ist jedoch unwahrscheinlich, da die nicht sicher zu errechnenden Angaben mit solchen alternieren, die eindeutig 28  Zum zweiten Synchronismus in II 1,17 vgl. S. 72 f. 29  Bei Lesung von II 13,10 mit LXX vgl. S. 44 f. 30  Die ursprüngliche Jahr­sum­me für Pekach sowie der ursprüngliche Synchronismus sind nicht mehr sicher zu ermitteln. Die im Königsrahmen vorliegende Kompilation arbeitet offensichtlich mit der Jahr­sum­me 20 für Pekach, für Hoschea lässt sich ein älterer Synchronismus „2. Ahas“ plausibel machen, zur Diskussion vgl. S. 78 ff. 31  Zu möglichen Erklärungen vgl. unten S. 147 ff.



2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

33

Vordatie­rung zeigen. Die Zahlen zwingen zudem an keiner Stelle zur Annahme eines Wechsels des Neujahrstermins. Im Unterschied dazu wirkt das Zahlenmaterial für die späteren Könige des Nordreiches (ab Jerobeam II) deutlich weniger konsistent. Die durch­gängig vordatierende Zählweise der Regierungsjahre scheint hier verlassen. In zwei Fällen (Menachem und Pekachja) lässt sich die gebotene Jahr­sum­me zur Differenz aus den Synchronismen in Beziehung setzen, wobei sich für Pekachja eine nachdatierende Zählweise ergibt, d. h. eine Übereinstimmung von Jahr­sum­me und Sychronismen-Differenz. Menachem ist ein Sonderfall, der nahelegt, dass hier der Wechsel von Vor- zu Nachdatierung und mög­licherweise auch eine Verschiebung des Neujahrstermins erfolgt (s. i. F.). Unter dieser Voraussetzung ergibt eine Addition der errechneten Jahr­sum­ men für das Bestehens des Nordreiches insgesamt32 bzw. für die Zeiträume Reichsteilung bis zur Jehu-Revolte Jehu-Revolte bis zum Ende des Nordreiches

231 Jahre 7 Monate  91 Jahre 140 Jahre 7 Monate.33

Wie bereits festgestellt, lassen sich weder im Zahlenmaterial noch in den Rahmennotizen oder der Erzählüberlieferung zu den Königen Israels Hin­weise auf Koregentschaften finden. 2.2.1.2  Schwierige Fälle a) Omri Für Omris Regierungsantritt sind de facto zwei Synchronismen vorhanden, ein erster (27. Asa) implizit in I 16,15, ein zweiter (31. Asa) explizit in I 16,23. Ersterer ist (wie unten S. 69 ff. zu zeigen sein wird) der ältere und wird daher in die Rekonstruktion der Chronologie einbezogen. b) Menachem Die chronologischen Angaben für Menachem weisen eine Besonderheit auf, die in der gesamten Reihe der israelitischen Könige nur hier begegnet: Die aus den Synchronismen errechnete Regierungsdauer ist mit 11 Jahren um ein Jahr länger als die angegebene Jahr­sum­me von 10 Jahren. Diese Kombi­nation ist weder bei vor- noch bei nachdatierender Zählweise zu erklären. Die Nachbarsynchronismen ergeben mit den für Schallum, Secharja bzw. Pekach gegebenen Jahr­ sum­men ein konsistentes Bild, so dass sich von daher keine Korrektur nahelegt. 32  Die Eroberung des Nordreiches liegt im 9. Jahr Hoscheas. 33  Für Pekach sind hier 20 Jahre angesetzt. Korrigiert man seine Jahr­sum­me auf 2 (dazu unten S. 74 f. bzw. Weingart, Conundrum) verringern sich die Summen entsprechend um 18 Jahre.

34

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Im Blick auf die Jahr­sum­me wäre natürlich zu überlegen, ob hier eine Verschreibung von 11 zu 10 vorliegen könnte.34 Eine entsprechende Konjektur ließe sich allerdings nicht durch Textzeugen stützen. Der textkritische Befund ist relativ eindeutig. Varianten liegen für die Jahr­sum­me nur in zwei griechischen Handschriften vor: Ms 127 liest die Jahr­sum­me 12, Ms 245 hat die Jahr­sum­me 20. In beiden Fällen ist die abweichende Lesart in die jeweilige übergreifende chronologische Systematik der beiden Handschriften eingebettet, also mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine spätere Anpassung zurückzuführen.35 Die Jahr­sum­me 11 ist in keinem Textzeugen belegt.

Lässt sich der Befund auch auf andere Weise erklären? Eine Option wäre die Annahme einer Verschiebung des Neujahrstermins in Israel: Eine Verlegung des Neujahrs vom Herbst auf das nächste Frühjahr führt u. U. dazu, dass ein gezähltes Regierungsjahr in Israel einmalig 18 Monate lang ist, während in Juda im Jahres-Rhythmus weitergezählt wird. In der Konsequenz verschieben sich die Synchronismen, da während der als 10 Jahre gezählten Regierungszeit im Nachbarreich de facto zwischen 10,5 und 11 Jahren vergehen.36 Was zunächst, wie eine ad hoc-Erklärung zur Rettung der überlieferten Zahlen anmutet, trifft jedoch im Falle der Daten für Menachem mit einer weiteren Besonderheit zusammen. Mit Menachem ist der Bereich der Liste der israelitischen Könige berührt, in den auch ein Wechsel von vor- zu nachdatierender Zählweise fällt. Die Jahr­sum­me für Joahas zeigt noch Vordatierung,37 spätestens ab Pekachja ist nachdatierend gerechnet. Der Wechsel muss also in diesen Bereich fallen, ist aber mittels der überlieferten Zahlen nicht enger einzugrenzen. Für Jerobeam II. lässt sich wegen des Regierungswechsels in Juda die Zählweise nicht sicher bestimmen. Schallums kurze Regierung von 1 Monat liegt insgesamt im 39. Jahr Asarjas, ihre Datierung lässt ebenfalls keine Rückschlüsse zu. Für Secharjas Regierungszeit, die ausweislich der Synchronismen 38. sowie 39. Jahr Asarjas einen Jahreswechsel einschloss, wird die Dauer von 6 Monaten angegeben. Dies passt bei einer strengen Orientierung am Neujahrstermin nun weder zu Vordatierung (hier wäre die Jahr­sum­me 2 zu erwarten) noch zu Nachdatierung (Jahr­sum­me 1).38 Der Fall belegt zwar, dass bei unterjährigen Regierungszeiten die faktische Dauer bei der Ansetzung der Jahr­sum­me wohl doch eine Rolle spielte, lässt aber ebenfalls keine Entscheidung in punkto Vor- oder Nachdatierung zu.

Fragt man danach, was einen Wechsel von Zählweise und/oder Neu­ jahrstermin motiviert haben könnte, fallen unter den wenigen Informatio­nen, 34  Denkbar wäre u. U. ein Ausfall von ‫ אחת‬und Anpassung von ‫ עשרה‬zu ‫עשר‬. 35  Zu 127 vgl. S. 58 ff., zu 245 vgl. S. 79 f. 36  Dies gilt unabhängig davon, ob die Neujahrstermine zuvor parallel lagen oder differierten und nunmehr angeglichen wurden. 37  Die Lesung von II 13,10 mit LXX kann aufgrund der judäischen Synchronismen als gesichert gelten, vgl. unten S. 77. 38  Dazu oben S. 26 ff.



2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

35

die außerhalb der Königsrahmen für die israelitischen Könige dieser Epoche geboten sind, Menachems Tribut an „Pul, den König von Assur“ (‫)פול מלך אשור‬ und die Maßnahmen zu dessen Aufbringung auf (II 15,19 f.). Dass Menachem assyrischer Vasall war, wird durch assyrische Listen bestätigt, die ihn unter den tributpflichtigen Königen aufführen.39 Unter assyrische Oberherrschaft waren zuvor freilich auch andere israelitische Könige geraten,40 Menachem ist allerdings der erste für den dies auch in den Königebüchern explizit festgehalten und mit dem – sofern hinter den Notizen in II 15,20 historische Erinnerungen stehen41 – die Einführung eines durch die Tributlast bedingten Steuersystems verbunden wird. Dass der Wechsel zur Nachdatierung im Nordreich Israel im Zusammen­ hang mit der Vasallität gegenüber Assur gestanden habe, wurde schon länger vermutet.42 Gerade im Blick auf administrative und fiskalische Fragen scheint der Neujahrstermin sogar noch wichtiger zu sein, als die Berechnungsweise der Herrschaftsdauer. In Assyrien ist wie in Babylonien der Neujahrstermin im 1. Jt. eindeutig mit dem Frühjahr verbunden.43 Es spricht daher viel dafür, dass ausweislich der für Menachem überlieferten Zahlen während seiner Herrschaft im Nordreich Israel ein assyrischer Einfluss in Zähl- und Kalenderfragen durchschlug. Damit ist mittels der chronologischen Daten für die israelitischen Könige zumindest ein Indiz gewonnen, wann der gut belegte, aber in seiner Datierung nach wie vor umstrittene Wechsel vom Herbst- auf den Frühjahrskalender in Israel anzusetzen ist.44 Entscheiden lässt sich dies allein auf der Basis eines Spezialfalls in der Chronologie freilich nicht. Umgekehrt zeigen die Überlegungen jedoch, dass die Zahlen für Menachem nicht notwendig korrigiert werden müssen, sondern in ihrer scheinbaren Widersprüchlichkeit erklärbar sind. Für Menachem ist also auf der Basis der Syn39  Auf einer im Iran gefundenen Stele (Stele III A, 5) erscheint „Menachem von Samaria“ zwischen „Rezin von Damaskus“ und „Tubaʾil von Tyros“ (ITP, 106 f.). Die Annalen Tiglatpilesers (Ann. 13*, 10 bzw. 27, 2) listen ihn zwischen Rezin und „Hiram von Tyros“ (ITP, 68 f., 89). Die Schreibung des Namens differiert geringfügig: Ann. 13 hat mMe-ni-hi-im-me uruSa-me-rina-a+a, Ann. 27 mMe-ni-hi-me uruSa-me-ri-i-na-a+a, die Iran-Stele liest mMi-ni-hi-im-me kurSame-ri-i-na-a+a. Vgl. auch Levine, Menahem. Der Versuch von Tetley, Reconstructed Chronology, 176–178, die Identifikation von „Pul“ in II 15,19 mit Tiglatpileser III. zu bestreiten, weil beide in ihrer Rekonstruktion der Chronologie der Königszeit keine Zeitgenossen sind, kann daher nicht überzeugen. 40 Assyrische Quellen nennen Jehu (RIM A. 0.102.88; Weippert, Textbuch, 264) und Joasch (Page, Stela; Weippert, Textbuch, 275 f.). 41  So etwa Cogan/ ​​Tadmor, AncB, 172: „The fifty-shekel assessment was high enough to be remembered and recorded by a later narrator.“ Hentschel, NEB, 70, schließt aus der Notiz auf die Vermögensverhältnisse im Nordreich zurück. 42 Vgl. Jepsen, Chronologie, 28, der den Übergang beim Wechsel von Menachem zu Pekach ansetzt, oder Galil, Chronology, 62, der ihn bereits bei Joasch vermutet. 43  Hunger, Art. Kalender, 298 f.; vgl. Cohen, Calendars, 14–20, sowie die Andeutungen bei Landsberger, Kalender, 34. 44  Zur Kalenderproblematik vgl. oben S. 6.

36

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

chronismen eine Regierungszeit von 11 Jahren anzu­nehmen.45 Zugleich ergeben sich Konsequenzen für die Frage nach dem Charakter und den Quellen der chronologischen Daten für die israelitischen Könige, die in Kap. 3 zu bedenken sein werden. c) Hoschea Wie bei Omri gibt es auch für Hoschea zwei Synchronismen. In II 15,30 wird der Putsch Hoscheas bzw. der Tod Pekachs mit dem 20. Jahr Jotams synchronisiert. Für Pekach nennt II 15,27 die Jahr­sum­me 20. Für sich genommen sind die Daten aus II 15 für die israelitischen Könige stimmig. Pekachs Thronbesteigung fällt in das 52. Jahr Asarjas, wenn dieses Jahr zugleich das Akzessionsjahr seines Nachfolgers Jotam ist, kann Pekachs 20jährige Herrschaft bis in das 20. Jahr Jotams dauern. Problematisch werden die Zahlen aber zum einen durch einen Konflikt mit einem zweiten Synchronismus für Hoscheas Thronübernahme in II 17,1, die dort in das 12. Jahr Ahas’ datiert ist. Nimmt man die judäischen Daten hinzu, verkompliziert sich das Bild weiter, denn dort ist für Jotam die Jahr­sum­me 16 genannt (II 15,33), ein 20. Jahr Jotams dürfte es also gar nicht geben.46 Wie sich zeigen wird, lagen der Synchronismus 20. Jotam und auch die damit zusammenhängende Jahr­sum­me 20 für Pekach bei der Zusammen­fügung der judäischen mit den israelitischen Daten für die letzten Jahre des Nordreiches bereits vor und sind daher wohl keine späte Korrektur.47 2.2.2  Die rekonstruierten chronologischen Daten für die Könige von Juda

Rehabeam Abija Asa Joschafat Jehoram Ahasjahu Atalja

Beleg

Jahr­sum­me Alter bei Regie- Synchronismus rungsantritt

I 14,21 I 15,1 f. I 15,9 f. I 22,41 f. II 8,16 f. II 8,25 f. II 11,3

17 [*2]48 41 25  8  1  649

41 35 32 22

18. Jerobeam 20. Jerobeam 4. Ahab 5. Joram 12. Joram

Errechnete Dauer  2  7

45 Vgl. Tadmor, Art. ‫כרונולוגיה‬, 283 f., der den Widerspruch damit erklären will, dass der Redaktor des Königebuches die Zahlen abgerundet habe, vgl. Aharoni, Chronology, 96, bzw. Galil, Chronology, 62. 46  Hinzu kommt eine die absolute Chronologie betreffende Problematik. 31 + X Jahre (Menachem, Pekachja, Pekach, Hoschea) sind zwischen dem Tribut Menachems (ca. 740) und dem Ende Samarias (ca. 721) nicht unterzubringen. 47  Zur Diskussion der Daten für Hoschea, vgl. unten S. 78 ff. 48  Zu Abija vgl. unten S. 50 ff. 49  Für Atalja gibt es keinen regulären Königsrahmen mit den chronologischen Angaben, die Jahr­sum­me ist aus der Jehoasch-Erzählung erschlossen.

37

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben



Jehoasch Amazja Asarja Jotam Ahas Hiskija Manasse Amon Joschija Jehoahas Jojakim Jojachin Zidkija

Beleg

Jahr­sum­me Alter bei Regie- Synchronismus rungsantritt

II 12,1 f. II 14,1 f. II 15,1 f. II 15,32 f. II 16,1 f. II 18,1 f. II 21,1 II 21,19 II 22,1 II 23,31 II 23,36 II 24,8 II 24,18

40 29 52 16 [6]51 29 55  2 31  3 Monate 11  3 Monate 11

 7 25 16 25 20 25 12 22  8 23 25 18 21

Errechnete Dauer

7. Jehu 2. Joasch [17. Jerobeam]50 2. Pekach 15 17. Pekach 3. Hoschea

2.2.2.1  Charakteristika der Daten für die Könige von Juda Die chronologischen Angaben für die Könige von Juda weisen – verglichen mit dem Zahlenmaterial für Israel – keine ebenso klare Systematik auf. Die Frage, ob die Jahr­sum­men vor- oder nachdatierend gezählt sind, ist hier schwieriger zu beantworten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es nur drei Fälle gibt, wo während der Regierungszeit eines israelitischen Königs ein mehrfacher Thronwechsel in Juda notiert ist. Diese sind zudem nicht ein­deutig: Ȥ Abija und Asa während der Regierung Jerobeams I: Hier widersprechen sich die Jahr­sum­me für Rehabeam und die überlieferten Synchronismen. Geht man davon aus, dass Rehabeams und Jerobeams Regierung zeitgleich begannen, passen bei Vor­datierung zwar die Synchronismen für die Regierungsantritte Abijas (I 15,1: 18. Jerobeam) und Asas (I 15,9: 20. Jerobeam) zusammen, nicht aber die Jahr­sum­me 17 für Rehabeam sowie der Synchronismus für Nadabs Regierungsantritt (I 15,25: 2. Asa). Erstere müsste 18 Jahre betragen, letzterer 3. Asa lauten.   Bei Nachdatierung fügen sich dagegen die Synchronismen für die Regierungsantritte Asas (20. Jerobeam) und Nadabs (2. Asa) sowie die Jahr­sum­me 17 für Rehabeam zu einem stimmigen Bild, nicht jedoch der Synchronismus für Abijas Regierungsantritt (18. Jero­beam).52 Ȥ Jehoram und Ahasjahu während der Regierungszeit Jorams: Für Jehorams Regierungszeit beträgt die aus der Differenz der Syn­chronismen errechnete Dauer 7 Jahre, die genannte Jahr­sum­me ist 8. Das könnte für Vordatierung sprechen. Jehoram ist jedoch einer der Könige, für den im Königs50  Zur Amtsantrittsdatierung für Asarja vgl. unten S. 45 f. 51  Zu Ahas vgl. unten S. 47 ff. 52  Zur Rekonstruktion der ursprünglichen Chronologie, vgl. unten S. 49 ff.

38

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

rahmen eine Periode der Koregentschaft angedeutet wird (II 8,16). Die Entscheidung über Vor- oder Nach­datierung hängt also auch davon ab, wie im Falle von Koregent­schaften gezählt wird. Ȥ Jotam und Ahas parallel zu Pekach: Wie bei Jehoram wird auch bei Jotam von einer Überschneidung der Amtsgeschäfte mit seinem Vorgänger Asarja berichtet (II 15,5). Hinzu kommt als weiteres Problem, dass sich Jahr­sum­men und Syn­chronismen auch nicht zu einem schlüssigen Bild fügen: Wenn Asarja 52 Jahre regierte (II 15,2) und Pekach in seinem letzten, d. h. 52. Jahr den Thron Israels bestieg (II 15,27), dann klafft eine Lücke von zwei Jahren zwischen dem Abtreten Asarjas und der Inthro­nisation seines Nachfolgers Jotam im 2. Jahr Pekachs (II 15,32). Es gibt also keine eindeutigen Hinweise auf Vordatierung. Andererseits findet sich aber ein klares Indiz für eine nachdatierende Zählweise:53 Für Ahasjahu ist eine Regierungszeit von einem Jahr notiert (II 8,26). Diese Jahr­sum­me kann es bei Vordatierung aus Systemgründen nicht geben; regiert ein König zwischen einem und zwei Jahren, werden ihm zwei Jahre zugerechnet, hat er weniger als ein Jahr regiert, wird gar kein volles Jahr gezählt.54 Nachdatierung für die Könige von Juda wird sich in der Zusam­menschau mit den Daten für die israelitischen Könige bestätigen. Bei nachdatierender Zählweise ergibt die Addition der Jahr­sum­men der Könige von Juda für die Zeit des Bestehens des Südreiches ingesamt von der Reichsteilung bis zum Regierungsantritt Ataljas von Atalja bis zum Ende des Nordreiches (6. Jahr Hiskijas) vom Ende des Nordreiches bis zum Ende des Südreiches

385 Jahre 6 Monate  95 Jahre 157 Jahre55 133 Jahre 6 Monate.

Neben der größeren Unsicherheit bezüglich der Zählweise weisen die Anga­ben zu den judäischen Königen eine weitere Besonderheit auf. An mehreren Stellen gibt es im Königsrahmen oder aber im Erzählmaterial Notizen, die entweder Koregentschaften nahelegen und/oder zur Korrektur bzw. Anpas­sung chronologischer Angaben geeignet sind. Es handelt sich dabei um: 53  Einen weiteren Hinweis auf Nachdatierung zumindest für die späten Könige Judas liefert das Jeremiabuch. Die Datierung ‫צדקיה‬/‫מלכות יהויקים‬/‫ בראשית ממלכת‬in Jer 26,1; 27,1; 28,1; 49,34 wird üblicherweise auf das Akzessionsjahr der genannten Könige bezogen, vgl. Begrich, Chronologie, 93; Fischer, HThKAT II, 25. 54  Vgl. oben S. 26 ff. 55  Die Summe ist um zwei Jahre größer als die Addition der Jahr­sum­men, da die vorliegende Kompilation, wie sich unten S. 47 ff. zeigen wird, zwischen Asarja und Jotam das angedeutete Interregnum von zwei Jahren voraussetzt.



39

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

II 8,16 Jehoram

‫הֹורם‬ ָ ְ‫הוּדה מָ לַ ְך י‬ ָ ְ‫ן־אַחאָב מֶ לֶ ְך יִ ְשׂ ָראֵ ל וִ יהֹושָׁ פָ ט מֶ לֶ ְך י‬ ְ ֶ‫יֹורם בּ‬ ָ ‫וּב ְשׁנַת חָ מֵ שׁ ְל‬ ִ

II 14,17 Amazja

‫הוּדה אַח ֲֵרי מֹות יְ הֹואָשׁ בֶּ ן־יְ הֹואָחָ ז מֶ לֶ ְך יִ ְשׂ ָראֵ ל חֲמֵ שׁ‬ ָ ְ‫וַיְ ִחי אֲמַ ְציָהוּ בֶ ן־יֹואָשׁ מֶ לֶ ְך י‬

II 14,22 Asarja II 15,5 Jotam

‫הוּדה׃‬ ָ ְ‫­בֶּ ן־יְ הֹושָׁ פָ ט מֶ לֶ ְך י‬ ‫עֶ ְשׂ ֵרה שָׁ נָה׃‬ ‫אבֹתָ יו׃‬ ֲ ‫יהוּדה אַח ֲֵרי ְשׁכַ ב־הַ מֶּ לֶ ְך ִעם־‬ ָ ‫הוּא בָּ נָה אֶ ת־אֵ ילַ ת וַיְ ִשׁבֶ הָ ִל‬ ‫וַיְ ַנגַּע יְ הוָה אֶ ת־הַ מֶּ לֶ ְך וַיְ ִהי ְמצ ָֹרע עַ ד־יֹום מֹתֹו‬ ‫ַויֵּשֶׁ ב ְבּבֵ ית הַ חָ ְפ ִשׁית‬ ‫אָרץ׃‬ ֶ ָ‫וְ יֹותָ ם בֶּ ן־הַ מֶּ לֶ ְך עַ ל־הַ בַּ יִ ת שֹׁפֵ ט אֶ ת־עַ ם ה‬

2.2.3  Die Erklärung der Synchronismen für die Könige von Juda Die Zusammenstellung des Zahlenmaterials zeigt zunächst Altbekanntes: (a) Die Addition der Jahr­sum­men für die Könige von Juda und Israel führt zu unterschiedlichen Ergebnissen sowohl, was die gesamte Epoche des Nebeneinanders der beiden Reiche als auch die Perioden betrifft, die sich über die Fixpunkte Reichsteilung bzw. Jehu-Revolte abgrenzen lassen. Die Summen für Juda fallen stets größer aus als jene für Israel, insbesondere für die Periode zwischen Atalja und Hiskija beträgt der judäische Überschuss mehr als 30 Jahre. (b) Die Zählweise der Regierungsdauer differiert. Während sie für die israelitischen Könige bis zu Menachem vordatierend ermittelt wird und erst bei ihm ein Wechsel zur Nachdatierung erfolgt, bieten die judäischen Zahlen keine klaren Hinweise auf Vordatierung. Da, wie die ältere Forschung hinlänglich gezeigt hat, die israelitischen und judäischen Zahlen nicht in der Weise kompatibel sind, dass sich Jahr­sum­men und Synchronismen durchgängig in ein stimmiges Bild fügen bzw. die eine Zahlenreihe aus der anderen errechenbar ist, werden die folgenden Überlegungen ein alternatives Erklärungsmodell für das Zustandekommen der vorliegenden Zahlen entwickeln. Die Ausgangsbeobachtung ist hier die auffällige Stimmigkeit der Anga­ben für die israelitischen Könige. Jahr­sum­men und Synchronismen fügen sich bis auf wenige (erklärbare) Ausnahmen zueinander. Es gibt einen einmaligen Wechsel in der Zählweise von Vor- zu Nachdatierung, der möglicherweise mit einer Verschiebung des Neujahrstermins koinzidiert und historisch plausibel zu machen ist. Setzt man die judäischen Daten zu jenen für Israel in Beziehung fällt auf, dass sie sich zwar nicht komplett den israelitischen Zahlen zuordnen lassen, dass dies streckenweise aber durchaus möglich ist. Beides hat J. Begrich bereits gesehen und gelangte daher zur Annahme fünf verschiedener Datierungssysteme, die in das jetzt vorliegende Zahlenmaterial eingeflossen seien.56 Dass die widersprüchliche Zahlenüberlieferung tatsächlich die Ent­wicklung alternativer (wenn 56  Begrich, Chronologie, 172 ff., spricht von fünf „Chroniken“, die bereits in den ‫ספרי דברי‬ ‫ הימים למלכי יהודה‬bzw. ‫ ישראל‬verarbeitet worden seien, welche ihrerseits dem Redak­tor der Köni-

gebücher als Quellen gedient hätten. Ähnlich neuerdings wieder Laato, Guide, 36–38, der von

40

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

auch nachträglicher) chronologischer Systeme angestoßen hat, wird sich in der Diskussion der Varianten zeigen.57 Begrich hatte in seinem Modell zwar einen Ausweg aus der die ältere Forschung beherrschenden Alternative gefunden, entweder die Jahr­sum­men oder die Synchronismen für durchgängig sekundär zu erklären, er konnte aber nicht erklären, wie es letztlich zu dem unsystematischen Konglomerat verschie­dener Chronologien gekommen sein soll, dass sich seinem Modell zufolge im Königsrahmen niedergeschlagen hat.58 Dagegen lassen sich die Zahlen in einem anderen Modell schlüssig herleiten: Die Synchronismen für die Regierungsantritte der judäischen Könige wurden auf der Basis der judäischen Jahr­sum­men und der synchro­nistischen Amtsantrittsdatierungen für die israelitischen Könige gebildet. Dieses soll im Folgenden an vier Epochen in der Periode der geteilten Reiche vorgeführt werden. 2.2.3.1  Rund um die Jehu-Revolte – von Joschafat bis Jehoasch Das Vorgehen des Kompilators59, der die Zusammenstellung von israeli­tischen Synchronismen und judäischen Jahr­sum­men vornahm, lässt sich an diesem Ausschnitt aus der Zeit der geteilten Reiche vielleicht am besten nachvollziehen. Die Jahr­sum­men der israelitischen Könige bzw. Synchro­nismen für ihre Regierungsantritte ergeben hier folgendes Bild: 22. Ahab 2. Ahasja = 1. Ahasja = 1. Joram

12. Omri = 1. Ahab Omri 12

38. Asa

A. 2 Joram 12

Ahab 22 ✧ Joschafat

12. Joram = 1. Jehu Jehu 28

17. Joschafat 18. Joschafat

Abb. 1: Daten der Könige Israels von Omri bis Jehu

Für Jehus Regierungsantritt fehlt ein Synchronismus, er lässt sich lediglich aus den Jahr­sum­men erschließen. Ebenfalls erschließen lässt sich der vorausgesetzte Regierungsantritt des judäischen Königs Joschafat. Letzterer fällt, zählt man von 17. Joschafat = 22. Ahab zurück, in das 5. oder 6. Jahr Ahabs – je nachdem, ob man vor- oder nachdatierend zählt. Zugleich ergibt sich, dass für Asa eine Regierungsdauer von 42 oder 43 Jahren vorausgesetzt ist. zwei vordeuteronomistischen chronologischen Systemen ausgeht, die vom Deuteronomisten verarbeitet wurden. 57  S. u. in Abschnitt 2.3. 58  So schon die berechtigte Kritik bei Jepsen, Quellen, 42: „… daß weder die Existenz mehrerer fast gleichlautender Chroniken recht zu erklären ist, noch die Arbeit des Redak­tors, der ein völliges Durcheinander der Zahlenüberlieferung geschaffen haben müßte“. Jepsen verlagert infolgedessen die Frage unterschiedlicher chronologischer Systeme von der Quellenkritik in die Textgeschichte. Seine Kritik trifft aber auch die modifizierte Neuaufnahme der Grundidee Begrichs durch Laato, Guide. 59  Zur literargeschichtlichen Einordnung dieses „Kompilators“, vgl. unten S. 184 ff.

41

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben



Letzteres passt allerdings nicht zu den Jahr­sum­men, die für die judä­ischen Regenten der Epoche überliefert sind: Asa 41, Joschafat 25, Jehoram 8, Ahasjahu 1, Atalja 6 und Jehoasch 40 Jahre. 22. Ahab 2. Ahasja = 1. Ahasja = 1. Joram

12. Omri = 1. Ahab Omri 12 Asa 41 38. Asa

12. Joram = 1. Jehu

A. 2 Joram 12

Ahab 22 Joschafat 25 ✧ Joschafat

Jehu 28 Jehoram 8

* Atalja 6

17. Joschafat 18. Joschafat

Jehoasch 40

* Ahasjahu 1

Abb. 2: Daten der Könige Israels und Jahr­sum­men der Könige Judas

Nimmt man das 38. Jahr Asas als Ausgangspunkt und kombiniert die Daten, so liegen der zeitgleiche Regierungsantritt Jehus und Ataljas um 6 Jahre aus­ einander. Die Zahlen lassen sich offensichtlich nicht ohne Weiteres aufeinander beziehen. Dennoch ist nachvollziehbar, wie aus dieser Daten­basis die Synchronismen für die judäischen Könige entwickelt wurden. Geht man für Asa von einer Regierungszeit von 41 Jahren aus und zählt vom Synchronismus 38. Asa weiter, verschiebt sich Joschafats Amtsüber­nahme – ein Akzessionsjahr angenommen – um ein Jahr nach vorn, d. h. seine Thronbesteigung fällt in das 4. Jahr Ahabs. Das entspricht dem Synchronismus, der in I 22,41 für Joschafats Regierungsantritt genannt ist. In der Folge rücken aber auch das 17. bzw. 18. Jahr Joschafats und damit der Regierungsantritt Jorams im Verhältnis zur Regierungsperiode Ahabs um ein Jahr nach vorn. De facto verkürzt sich damit Ahabs Regierungszeit auf 21 Jahre, was bei der Kompilation aber keine weitere Beachtung findet. 12. Omri = 1. Ahab 4. Ahab Omri 12 Asa 41

Ahab 22*

21. Ahab 2. Ahasja = 1. Ahasja = 1. Joram A. 2

Jehu 28

Joram 12*

Joschafat 25

38. Asa ✧ Joschafat 25

13. Joram = 1. Jehu

Jehoram 8 17. Joschafat 18. Joschafat

* Atalja 6

Jehoasch 40

* Ahasjahu 1

Abb. 3: Daten der Könige Israels und Jahr­sum­men der Könige Judas – Anpassungen

Damit ist aber noch keine stimmige Zusammenschau erreicht, da Jehus und Ataljas Regierungsantritt weiterhin verschoben sind. Die Lösung für dieses Problem findet sich in der besonderen Formulierung des Königs­rahmens in II 8,16, die eine Koregentschaft von Joschafat und Jehoram nahelegt.60 60  Dass die knappe Formulierung auf eine Koregentschaft von Joschafat und Jehoram zielt,

42

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Nun gilt allerdings die Phrase ‫ ויהושפת מלך יהודה‬in v. 16 den Kommentatoren geradezu einhellig als eine nachträglich in den Text gerutschte Glosse, die die Abfolge der chrono­ logischen Daten im Königsrahmen stört.61 Zudem fehlt sie in einigen späteren Textzeugen bzw. Versionen62, was auch im Apparat der BHS zu dem Vorschlag führt, die Worte seien zu streichen. Trifft also J. D. Shenkels Einschätzung zu, „that there is nowhere in any biblical text the slightest support for the existence of a coregency during the reign of Jehoshaphat“?63   Richtig ist, dass hier eine Abweichung vom Formular des Königsrahmens vorliegt. Textkritisch ergibt sich aber damit geradezu ein Musterbeispiel für die Anwendung der Regel lectio difficilior probabilior, denn es ist viel plausibler, dass nachträglich eine An­ gleichung an das übliche Formular vorgenommen wurde als dass hier eine Ergänzung eingetragen wurde.64 Überhaupt stellt sich die Frage, welche zusätzliche Information eine Glosse ‫ ויהושפת מלך יהודה‬vermitteln sollte? Dass Joschafat König von Juda war, ergibt sich auch durch die Filiation in 16b. Geht es aber um das Anzeigen einer Koregentschaft, lässt sich dies als eine sinnvolle Funktion innerhalb des Königsrahmens erklären und es erübrigt sich die Annahme einer Glosse oder Interpolation.65

Bei einer Überlappung der Regierungsperioden der beiden Könige für 4 Jahre passen die folgenden Synchronismen. Wie lange die Koregentschaft währt, ist freilich in II 8,16 nicht angegeben. Gleiches gilt aber auch für alle anderen Fälle von Koregentschaften, die im Königsrahmen oder dem Erzählmaterial im Königebuch angezeigt sind. In dieser Kombination fügen sich die Synchronismen für die Regierungs­ antritte der judäischen Könige und jene für die israelitischen Könige zu einem stimmigen Gesamtbild.66 Auch die Jahr­sum­men für die judäischen Könige sind – unter der Voraussetzung einer Überlappung bei Joschafat und Jehoram – integriert. Eine Verschiebung gibt es jedoch bei den israelitischen Königen, Ahabs Regierungszeit verkürzt sich auf 21 Jahre, Jorams verlängert sich auf 13 Jahre. Die Herleitung der Daten in diesem Fall lässt daher Rückschlüsse auf die Art und Weise zu, wie die Daten kombiniert wurden: hat bereits Wellhausen, Zeitrechnung, 616, festgehalten. Er hält sie jedoch für eine Interpolation, die nachträglich den Widerspruch zwischen II 3,1 und 8,16 ausgleichen solle. Auch Thiele, Mysterious Numbers, 69, geht von einer Koregentschaft aus, erschließt diese aber nicht aus II 8,16, sondern dem doppelten Synchronismus für Joram in II 1,17 und 3,1, zur Diskussion vgl. unten S. 71 ff. 61  So vor Wellhausen (s. Anm. 162) bereits Thenius, KEH, 312, vgl. u. a. Würthwein, ATD, 321; Hentschel, NEB, 37; Fritz, ZBK.AT, 43. 62  Es handelt sich um zwei Handschriften des MT, den Codex Venetus samt einigen griechischen Minuskeln, die Peschitta, Syrohexapla und einige Vulgata-Mss. 63  Shenkel, Chronology, 73. 64  Montgomery/​​Gehman, ICC, 395; Cogan/ ​​Tadmor, AncB, 95, nehmen eine Dittographie aus v. 16b an. Genauso gut könnte der Ausfall der Phrase in einigen Text­zeugen aber auch auf eine Haplographie zurückgehen. 65  So auch Werlitz, Könige, 234. Long, FOTL, 108, der die Phrase ebenfalls für ursprünglich hält, meint, hier solle der große Abstand zu Joschafats Königsrahmen in I 22,41 f. überbrückt werden. Für die Erinnerung an Joschafat reicht jedoch v. 16b. 66  Zum zweiten Synchronismus für Ahasjahu in II 9,29 vgl. unten S. 73 f.

43

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

12. Omri = 1. Ahab 4. Ahab Omri 12 Asa 41

Ahab 22* Joschafat 25

38. Asa ✧ Joschafat

21. Ahab 2. Ahasja = 1. Ahasja = 1. Joram 5. Joram A. 2 Joram 12*

12. Joram Jehu 28

Jehoram 8 17. Joschafat 18. Joschafat ✧ Jehoram

7. Jehu

* Atalja 6

Jehoasch 40

* Ahasjahu 1

✧ Ahasjahu

✧ Jehoasch

Abb. 4: Kombination Ib – Kompilation Joschafat bis Jehoasch

Ȥ Die Regierungszeiten für die judäischen Könige werden nach­datierend gezählt. Das ergibt sich aus den Synchronismen für die Regierungsantritte Ahasjahus und Jehoaschs bzw. schon aus der Tatsache, dass Ahasjahus Regierungszeit mit einem Jahr angegeben wird. Ȥ Obwohl für Juda eine nachdatierende Zählung angewandt ist, lässt die Zusammenstellung erkennen, dass die vordatierende Zählweise bei den israelitischen Königen berücksichtigt ist.67 Daher ist der Syn­chronismus für Joschafats Regierungsantritt das 4. Jahr Ahabs, Ahas­jahus Thronbesteigung fällt in das 12. Jahr Jorams und Jehoaschs in das 7. Jahr Jehus. Ȥ Im Falle von Koregentschaften entfällt ein Akzessionsjahr; der Regierungsantritt des Königs wird mit dem Jahresanfang zusammen gesehen. Jehorams Übernahme der Regentschaft beginnt daher mit dem 5. Jahr Jorams. Seine 8 Jahre umfassende Regierungszeit währt bis zum 12. Jahr Jorams, in das dann auch der Regierungsantritt Ahasjahus fällt. Ȥ Die Zusammenstellung der beiden Datenreihen geschieht auf der Basis der synchronistischen Amtsantrittsdatierungen für die israeli­tischen Könige. Die Jahr­sum­men der israelitischen Könige sind dabei zweitrangig. Sie werden aber auch nicht korrigiert. Ȥ Die Notiz über die Koregentschaft Joschafats und Jehorams erlaubt eine Anpassung der judäischen Jahr­sum­men an die israelitischen Synchronismen, die anderenfalls nicht möglich wäre. 2.2.3.2  Lange Regierungszeiten – Jehoasch, Amazja, Asarja In der Periode von Jehu bis zu Jerobeam II. im Nordreich regieren in Juda drei Könige, für die durchweg lange Regierungszeiten notiert sind: Jehoasch 40 Jahre, Amazja 29 Jahre und Asarja68 52 Jahre. Anhand der israelitischen Synchronismen für diesen Zeitabschnitt lassen sich wiederum die in den israelitischen 67  Das mag verwundern bzw. hier wie eine ad hoc-Lösung zur Erklärung der Zahlen erscheinen, bestätigt sich jedoch in den weiteren Kombinationen. 68  Der Name „Asarja“ (‫ ) ֲעז ְַריָה‬ist in II 14,21; 15,1.6–8.17.23.27 belegt, daneben trägt der König den Namen „Usija“ (‫עֻ זִּ יָּה‬: II 15,13.30; Hos 1,1; Am 1,1, Sach 14,5 bzw. ‫עֻ זִ יָּהוּ‬: II 15,32.34; Jes 1,1; 6,1; 7,1; Hos 1,1; 2Chr 26–27). Häufig erklärt man den Namenswechsel mit der Annahme eines Thronnamens (vgl. Honeyman, Evidence, 20–22). 2Chr 26,15 scheint im Schlusssatz

44

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Daten vorausgesetzten Regierungsantritte der judäischen Könige errechnen. Jehoaschs Regierungszeit beginnt, nachdatierend ge­zählt, im 5. Jahr Jehus, Amazjas zeitgleich mit der Joaschs und Asarjas im 3. Jahr Jerobeams. Für Jehoasch ist somit eine Regierungszeit von 39 Jahren vorausgesetzt, Asarjas Herrschaft beginnt im 3. Jahr Jerobeams II, für Amazja ist also eine Jahr­sum­me von 17 Jahren impliziert. 28. Jehu = 1. Joahas Joahas 17

Jehu 28 23. Jehoasch

✧ Jehoasch

17. Joahas = 1. Joasch Joasch 16

39. Jehoasch ✧ Amazja

16. Joasch = 1. Jerobeam II Jerobeam II 41 * 15. Amazja ✧ Asarja

* Secharja

38. Asarja

Abb. 5: Daten der Könige Israels von Jehu bis Jerobeam II

Auch in diesem Fall lässt sich dieses Bild nicht ohne Weiteres mit den Angaben für die judäischen Könige vereinbaren. Dort ist für Jehoasch eine Jahr­sum­me von 40 Jahren notiert, im Unterschied zur Regierungsdauer von 39 Jahren, die sich aus den israelitischen Daten ergibt. Zudem ergibt eine Addition der Jahr­ sum­men für die judäischen Könige wiederum einen deut­lich längeren Zeitraum als die israelitischen Jahr­sum­men nahelegen. Die überlieferten Synchronismen für die judäischen Könige lassen sich dann herleiten, wenn man vom 39. Jahr Jehoaschs (als Jahr des Regierungs­antritt des israelitischen Königs Joasch) als Anker ausgeht und von hier aus die judäischen Jahr­sum­men einfügt. Amazjas Thronbesteigung liegt dann entsprechend dem in II 14,1 gegebenen Synchronismus im 2. Jahr Joaschs. Damit zeigt sich auch, dass bei der Kompilation der Daten der in der LXX-Überlieferung gut bezeugte Synchronismus 39. Jehoasch vorlag, denn nur unter dieser Voraussetzung ergibt sich bei der Jahr­sum­me 40 für Jehoasch der Synchronismus 2. Joasch für Amazjas Thronbesteigung. Zugleich entsteht aber ein neues Problem: Wenn Amazjas Regierung im 2. Jahr des Joasch beginnt und nachdatierend gerechnet wird, können Joaschs Tod und Jerobeams  II. Regierungsantritt nicht in das 15. Jahr Amaz­jas fallen, sondern liegen in seinem 14. Jahr. Hier schafft die Korrek­turnotiz von II 14,17 zur Darstellung seiner Aktivitäten die Deutung beider Namen zu verbinden (Cogan/​​Tadmor, AncB, 165).

45

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben



28. Jehu = 1. Joahas

17. Joahas 2. Joasch = 1. Joasch Joahas 17

Jehu 28 Jehoasch 40 ✧ Jehoasch 16. Joasch = 1. Jerobeam II

Joasch 16 Amazja 29

39. Jehoasch ✧ Amazja

23. Jehoasch 17. Jerobeam Jerobeam II 41

* Amazja 29 14. Amazja

Asarja 52 ✧ Asarja

* Secharja

38. Asarja

Abb. 6: Kombination II – Jehoasch bis Asarja

Abhilfe. Der Synchronismus „15. Amazja“ wird zwar beibe­halten, aber durch die Information, dass Amazja Joasch um 15 Jahre überlebte, de facto zu seinem 14. Jahr geändert: Wenn Amazja insgesamt 29 Jahre regierte und davon 15 parallel zu Jerobeam II. muss dessen Regie­rungsantritt in seinem 14. Jahr liegen. Amazjas 14. Jahr entspricht dann Jerobeams II. 1. Jahr, entsprechend fallen Amazjas 29. und Jerobeams II. 16. Jahr zusammen. Asarjas Thronbesteigung verschiebt sich damit gegenüber dem in den israelitischen Daten implizierten um dreizehn Jahre nach hinten. Sie liegt, wenn man ein Akzessionsjahr voraussetzt im 16. Jahr Jerobeams. Der über­lieferte Synchronismus in II 15,1 nennt jedoch das 27. Jahr Jerobeams. Letzteres lässt sich weder mit den Synchronismen und Jahr­sum­men für die israelitischen Könige vereinbaren noch mit dem Synchronismus 2. Joasch sowie einer Regierungszeit von 29 Jahren für Amazja.69 Hier liegt offen­sichtlich ein Fehler vor.70 Am wahrscheinlichsten ist eine Verschreibung von 17 zu 27.71 Wieso liegt aber der Regierungsantritt Asarjas im 17. und nicht im 16. Jahr Jerobeams, wie es bei einem Thronwechsel in nachdatierender Zählung zu erwarten wäre? Die Erklärung liegt wahrschein­lich in II 14,19–22. Dort ist von einem Putsch die Rede, der dazu führt, dass Amazja nach Lachisch flieht und schließlich dort getötet wird. Der junge Asarja wird an seiner Stelle König. V. 22 scheint nun zu implizieren, dass es in der Regierung Asarjas eine Periode vor dem Tod Amazjas gegeben hat. Anderenfalls müsste gar nicht eigens berichtet werden, dass Asarja Eilat zurückgewann, nachdem der König gestorben war (‫)אחרי שכב המלך עם אבתיו‬.72 Wenn der 69  Thiele, Mysterious Numbers, 79–87, sowie Hayes/​​Hooker, New Chronology, 54, versuchen den Synchronismus über die Annahme einer Koregentschaft von Joasch und Jerobeam II. zu retten. Für diese fehlt jedoch jeglicher Hinweis im Text. 70 Vgl. Galil, Chronology, 60 Anm. 47. 71 Vgl. Laato, Guide 36 f.; zum Phänomen vgl. unten S. 81 f. 72  Die Notiz über die Eroberung Eilats durch Asarja hat bei den Kommentatoren für Ver-

46

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Kompilator also für Asarjas Regierungsantritt, das 17. Jahr Jerobeams notiert, hat er die Nachrichten aus II 14,19–22 als Thron­wirren verstanden, die eine Periode der Koregentschaft einschlossen.73 Daher wird für Asarja kein Akzessionsjahr gezählt, sondern sein Herr­schaftsantritt fällt mit dem Jahreswechsel zu Jerobeams II. 17. Jahr zusam­men. Auch dieses zweite Beispiel lässt Rückschlüsse auf die Methodik des Kompilators der synchronistischen Chronologie zu: Ȥ Die Regierungszeiten der judäischen Könige werden wiederum nach­ datierend gezählt. Bei Vordatierung käme Amazja auf eine Regie­rungszeit von 30 Jahren (15 Jahre parallel zu Joasch sowie weitere 15 Jahre parallel zu Jerobeam II.), was der gebotenen Jahr­sum­me von 29 Jahren widerspricht. Ȥ Für die Könige Israels ist auch hier die vordatierende Zählweise vorausgesetzt und berücksichtigt. Dies zeigt sich z. B. am Synchro­nismus „2. Joasch“ für Amazjas Thronbesteigung. Bei nachdatieren­der Zählweise wäre „1. Joasch“ zu erwarten. Ȥ Im Falle von sich überschneidenden Herrschaftszeiten (Amazja und Asarja) entfällt die Ansetzung eines Akzessionsjahres. Ȥ In diesen Punkten stimmt das Vorgehen bei der Zusammenstellung der Daten exakt mit dem oben zur Epoche um die Jehu-Revolte auf­gezeigten überein. Darüber zeichnen sich zwei weitere Charakteris­tika der Kompilation ab. Ȥ Die Art und Weise der Zusammenstellung der Zahlen scheint in einem Zusammenhang zum Erzählmaterial zu stehen, um das der Königsrahmen angeordnet ist. Im hier vorgestellten Beispiel erklärt sich der Synchronismus für den Regierungsantritt Asarjas vor dem Hintergrund der Informationen, die in II 14 zum Übergang von Amazja zu Asarja gegeben werden. Ȥ Die Zusammenstellung der Daten bzw. die Herleitung der Synchro­nismen für die Regierungsantritte der judäischen Könige ist in diesem begrenzten Bereich stimmig und nachvollziehbar. Sie ist jedoch weder zum vorhergehenden Abschnitt noch zu den folgenden Daten passgenau: Für Jehoasch ist ein wirrung gesorgt. Sie steht vor der regulären Einführung Asarjas in II 15,1 f., allerdings lässt sich ‫ הוא‬in v. 22a in Anschluss an v. 21 und auch wegen 22b nicht auf Amazja beziehen. Daher hat man häufig eine verstellte Übernahme aus älteren Quellen angenommen (vgl. Montgomery/​​ Gehman, ICC, 442 f.). Cogan/​​Tadmor, AncB, 158, vermuten, dass die Notiz hier steht, weil zunächst das Thema Eilat abgeschlossen werden sollte, bevor mit v. 23 ff. ein neuer Abschnitt beginnt. Würthwein, ATD, 373 f., hält v. 22a für eine nachträgliche Ergänzung, die zur Vermeidung des Missverständnisses, Asarja habe schon vor dem Tod seines Vaters agiert, sogleich durch die weitere Ergänzung 22b entschärft werden musste (so auch Hughes, Secrets, 100 mit Anm. 4). Naʾaman, Sources and Composition, 110, möchte ‫ המלך‬in 14,22 auf Joasch von Israel beziehen, das ist aber im Kontext sehr schwierig und müsste genauer angezeigt sein. Schließlich ist direkt zuvor in 14,19 vom Tod Amazjas die Rede. 73  Hier geht es zunächst einmal um das Verständnis des Kompilators, ob es hier tatsächlich eine Koregentschaft gegeben hat, wie es z. B. Thiele, Mysterious Numbers, 68–71; Hayes/​​ Hooker, New Chronology, 41 f., oder Galil, Chronology, 57–59, annehmen (zur Kritik vgl. Laato, Guide, 35), steht auf einem anderen Blatt.

47

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben



Regierungsantritt im 5. Jahr Jehus impliziert; das ist nicht mit dem Synchronismus aus II 12,1 (7. Jehu) zu vermitteln. Gleiches gilt für den Regierungsantritt Asarjas im 17. Jahr Jerobeams. Diese Angabe passt nicht dazu, dass das 1. Jahr Schallums = 41. Jahr Jerobeams II. mit dem 38. Jahr Asarjas synchronisiert ist. Hierfür fehlen bei Asarja 13 Jahre Regierungs­zeit.74 2.2.3.3  Das Ende der Epoche der geteilten Reiche – von Asarja bis zu Hiskija Für letzten Dekaden des Nordreiches sind nach der langen Herrschafts­periode Jerobeams II. noch sechs Könige verzeichnet. Abgesehen von den letzten beiden Königen, Pekach und Hoschea, liegen ihre zum Teil sehr kurzen Regierungszeiten parallel zur langen Herrschaft Asarjas von Juda.75 Die israelitischen Zahlen, die dem Kompilator vorlagen, ergaben für ihn folgendes Bild: ✧ Menachem ✧ Pekachja ✧ Pekach

41. Jerobeam = Secharja Jerob. 41

✧ Hoschea

Secharja/ Schallum Menachem 11* Pek. 2

38. Asarja 39. Asarja

50. Asarja 52. Asarja

Hoschea

Pekach20 20. Jotam

Abb. 7: Daten der Könige Israels von Jerobeam II. bis Hoschea

Als judäische Jahr­sum­men überliefert sind Asarja 52, Jotam 16, Ahas 16 und Hiskija 29. Nicht aus dem Königsrahmen, aber aus dem in II 18,9 f. mitgeteilten Verlauf der Eroberung Samarias ergibt sich weiterhin die Gleichsetzung des 4. Jahres Hiskijas mit dem 7. Jahr Hoscheas sowie des 6. Jahres Hiskijas mit dem 9. Jahr Hoscheas. Die Synchronismen für die Regie­rungsantritte der Könige Ahas (II 16,1: 17. Pekach) und Hiskija (II 18,1: 3. Hoschea) zeigen an, dass die Jahr­ sum­me 16 für Ahas problematisch ist.76 Eine Jahr­sum­me von 6 Jahren77 fügt sich 74  Laato, Guide, 35 f., versucht zu vermitteln, indem er eine Missinterpretation von II 14,17 annimmt: Ursprünglich habe die Notiz aussagen wollen, dass Amazja 15 Jahre nach dem Tod seines Vaters Jehoasch starb. Später sei eine Verwechslung mit Joasch von Israel geschehen, so dass sich Amazjas Regierungszeit um 15 Jahre verlängert habe und Asarjas Regierungsantritt, der ursprünglich im 2. Jahr Jerobeams gelegen habe, sei in das 17. Jahr Jerobeams verschoben worden. Doch selbst wenn man von Asarja = 2. Jerobeam aus rechnet, stimmen die Zahlen nicht. Secharjas Regierungsantritt liegt dann im 40. Jahr Asarjas und nicht im 38. (II 15,8), Schallums und Menachems im 41. Asarjas und nicht im 39. (II 15,13.17). Laato, Guide, 36–38, muss daher zwei parallele chronologische Systeme annehmen. Warum der Deuteronomist, der sie verbunden habe, sich mal bei dem einen mal bei dem anderen bediente, kann er allerdings nicht erklären. 75  Zu möglichen Erklärungen für das Zusammenspiel von Jahr­sum­men und Synchronismen bei Secharja und Menachem, vgl. oben 30 bzw. 33 f. 76  Wäre sie korrekt, müsste Pekach nicht 20, sondern 30 Jahre regiert haben, damit die Synchronismen stimmen. In diesem Sinne korrigiert z. B. Ms 127 (dazu unten S. 58 ff.). 77  Vgl. bereits Schedl, Textkritische Bemerkungen, 91.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

dagegen zwanglos in die Synchro­nismen und die vorausgesetzte Jahr­sum­me für Pekach ein. Die Verschrei­bung zu 16 könnte durch die nur wenige Verse vorausgehende (II 15,32) Jahr­sum­me von 16 Jahren für Jotam ausgelöst worden sein.78 Setzt man für Ahas eine Regierungszeit von 6 Jahren an, ergeben die judäischen Jahr­sum­men und Synchronismen für Ahas und Hiskija einen stimmigen Zusammenhang: ✧ Menachem ✧ Pekachja ✧ Pekach 41. Jerobeam = Secharja Secharja/ 2. Pekach Schallum Jerob. 41 Menachem 11* Pek. 2 Asarja 52 38. Asarja 39. Asarja

✧ Hoschea 17. Pekach

✧ Jotam

Hoschea

Pekach20

Jotam 16 50. Asarja 52. Asarja

3. Hoschea

Ahas 6

Hiskija 29

20. Jotam ✧ Ahas

✧ Hiskija

6. Hiskija

Abb. 8: Kombination III – Asarja bis Hiskija

Für Jotams Regierungsantritt ist der Synchronismus 2. Pekach notiert (II 15,32). Das heißt, dass für ihn bei einer Regierungszeit von 16 Jahren kein Akzessionsjahr berücksichtigt sein kann, sondern der Zeitpunkt seines Regierungsantritts wahrscheinlich mit dem Anfang von Pekachs 2. Jahr zusammen gedacht ist. Dieses Vorgehen kennzeichnete in den oben bespro­chenen Kombinationen, den Umgang mit Koregentschaften. Hier fällt diese Besonderheit mit dem Umstand zusammen, dass sich bei der Kombination der judäischen Jahr­sum­men mit den israelitischen Synchronismen eine Lücke in der Abfolge der judäischen Könige ergibt: Pekachs Regierungs­antritt fällt in das letzte, d. h. 52. Jahr Asarjas. Asarjas Nachfolger Jotam besteigt aber erst im 2. Jahr Pekachs den Thron, d. h. im 1. Jahr Pekachs fehlt ein König in Juda. Der Schlüssel zum Verständnis der Konstruktion, die der Kompilator der Zahlen vornimmt, liegt auch in diesem Fall im Erzählmaterial zu den Köni­gen Asarja und Jotam. II 15,5 berichtet, dass Asarja krankheitsbedingt nicht mehr regieren konnte und Jotam daher als ‫ שופט‬die Amtsgeschäfte führte. Anders als in II 8,16 und u. U. auch II 14,22 ist hier nicht von einer Koregent­schaft im engen Sinne, d. h. dem Nebeneinander zweier „Könige“, die Rede. Der Kompilator hat diese Übergangsphase offensichtlich als ein Interim verstanden, das weder der Regierungszeit Asarjas noch der Jotams zuge­rechnet wurde, und so einen Weg gefunden, die judäischen Jahr­sum­men mit den israelitischen Synchronismen zu kombinieren.79 78  Denkbar ist auch, dass es sich hier um einen weiteren Fall des häufiger belegten Phänomens der Zehnerverschiebung handelt, dazu unten S. 81 f. 79  Der Beitrag des Kompilators geht an dieser Stelle noch über das hier anhand der Zahlen Greifbare hinaus. Es gibt Indizien dafür, dass zum Zwecke der Überbrückung des langen Zeit-



49

2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

Die Synchronismen 20. Jahr Jotams (II 15,30) bzw. 12. Jahr Ahas’ (II 17,1) für den Regierungsantritt Hoscheas passen zu dieser Kombination der Zahlen nicht. Sie widersprechen den judäischen Jahr­sum­men und den sich ergebenden Synchronismen und erklären sich aus den Vorlagen der Kompilation (II 15,30) bzw. als Folge späterer Korrekturbemühungen, die das ältere Datum in II 17,1 – wahrscheinlich 2. Jahr Ahas’ – verdrängt haben.80 Insgesamt bestätigen sich auch an diesem Beispiel die bereits notierten Beobachtungen zur Vorgehensweise bei der Kombination der Zahlen: Ȥ Die Regierungszeiten der Könige Judas werden nachdatierend gezählt. Hier zeigt sich diese Zählweise eindeutig am Beispiel Hiskijas, dessen Regierungsantritt mit dem 3. Jahr Hoscheas syn­chronisiert ist und sein 6. Jahr mit dem 9. Jahr Hoscheas. (Bei Vorda­tierung fiele das 9. Jahr Hoscheas mit dem 7. Jahr Hiskijas zusam­men.) Ȥ Im Falle eines unregelmäßigen Übergangs von einem König zum nächsten wird auch hier im Falle von Asarja und Jotam kein Akzes­sionsjahr berücksichtigt. Ȥ Informationen aus der Erzählüberlieferung liefern auch hier einen Hintergrund für die konkrete Kompilation der Daten. An diesem Bei­spiel erklärt sich die Lücke zwischen Asarja und Jotam durch Jotams kommissarische Amtsübernahme. Darüber hinaus scheint die in II 18 gelieferte Chronologie den Anker zu bieten, an dem die judäischen Jahr­sum­men in die israelitischen Synchronismen eingehängt sind. 2.2.3.4  Der Anfang der Epoche der geteilten Reiche – Rehabeam, Abija und Jerobeam Die dargestellten Überlegungen zur Herleitung der judäischen Synchronis­men müssen sich noch an dem bislang ausgesparten Ausschnitt aus der Epoche der geteilten Reiche bewähren, nämlich ihrem Anfang. Hier lassen sich die Zahlen für die israelitischen Könige wie folgt zusammenstellen: 22. Jerobeam 2. Nadab = 1. Nadab = 1. Bascha Jerobeam I 22

Nad. 2

24. Bascha 2. Ela/Simri = 1. Ela = 1. Omri Bascha 24

2. Asa 3. Asa

Ela 2 Omri 12 26. Asa 27. Asa

Abb. 9: Daten der Könige Israels Jerobeam I. bis Omri raums von 20 Jahren, der sich aus der mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Quelle des Kompilators vorgegebenen Jahr­sum­me für Pekach ergibt, aus ursprünglich einem Regenten nun Jotam und Ahas als zwei aufeinander folgende Herrscher entstanden sind, dazu unten S. 158 ff. bzw. Weingart, Conundrum. 80  Vgl. unten S. 78 ff.

50

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Die Jahr­sum­men für die ersten judäischen Könige sind: Rehabeam 17, Abija 3 und Asa 41. Nimmt man den Synchronismus 2. Jahr Asas als Aus­gangspunkt, gelangt man von diesen Jahr­sum­men zum Synchronismus 20. Jerobeam für den Regierungsantritt Asas (I 15,9). 20. Jerobeam 22. Jerobeam 2. Nadab = 1. Nadab = 1. Bascha Nad. 2

Jerobeam I 22 Rehabeam 17

24. Bascha 2. Ela/Simri = 1. Omri = 1. Ela Bascha 24

Abija 3

Ela 2 Omri 12

Asa 41 26. Asa 27. Asa

2. Asa 3. Asa

✧ Asa

Abb. 10: Daten Jerobeam I. bis Omri und Jahr­sum­men der Könige Judas

Schwierig ist der Fall der ersten beiden Könige. Für Abija ist eine Regie­rungszeit von 3 Jahren notiert, sowie als Synchronismus für seinen Regie­rungsantritt das 18. Jahr Jerobeams genannt (I 15,1 f.). Diese Daten fügen sich nicht zu den Nachbarsynchronismen bzw. den Jahr­sum­men. Zu ihrer Erklärung sind verschiedene Optionen denkbar, die aber alle mit Folge­problemen behaftet sind: a) Die Regierungszeiten der ersten judäischen Könige werden nicht nachsondern vordatierend gezählt. Das 3. Jahr Abijas wäre dann identisch mit dem 1. Asas und das 17. Jahr Rehabeams mit dem 1. Abijas. Auf diese Weise liegt Abijas 1. Jahr auf dem 18. Jahr Jerobeams. 18. Jerobeam 20. Jerobeam 22. Jerobeam = 1. Nadab 2. Nadab = 1. Bascha Jerobeam I 21* Rehabeam 17

Nad. 2

Abija 3 2. Asa 3. Asa

Bascha 24 Asa 41

Abb. 11: Daten Jerobeam I. bis Omri und Jahr­sum­men der Könige Judas – Option A

Für Jerobeam wäre dann aber eine Herrschaftszeit von 21 Jahren anzu­nehmen. Außerdem ergibt sich das zusätzliche Problem, dass bei einer Dauer von 17 Jahren Rehabeams Herrschaft ein Jahr später als Jerobeams begänne, also auch die Jahr­sum­me für Rehabeam zu ändern wäre. Man müsste also einen Wechsel in der Zählweise im Unterschied zu den späteren judäischen Königen annehmen und zudem zwei Jahr­sum­men korrigieren. b) Es wird teils vor- und teils nachdatierend gezählt. Zählt man nur den Übergang von Rehabeam zu Abija vordatierend, lassen sich die Jahr­sum­men von 17



2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

51

Jahren für Rehabeam und 22 Jahren für Jerobeam beibehalten. Bei nachdatierender Zählweise liegt Rehabeams Regierungsantritt im ersten Jahr Jerobeams. Nach judäischer Zählweise ist dieses Jahr aber das 40. Jahr Salomos bzw. das Akzessionsjahr Rehabeams, das nicht in die Summierung seiner Herrschaftsjahre einfließt. Das erste gezählte Herrschaftsjahr Rehabeams ist dann das 2. Jahr Jerobeams. In der Folge fällt Abijas Herr­schaftsantritt in das 17. Jahr Rehabeams, resp. das 18. Jahr Jerobeams. Asas Regierungsantritt liegt wieder im 20. Jahr Jerobeams. 18. Jerobeam 20. Jerobeam 22. Jerobeam = 1. Nadab 2. Nadab = 1. Bascha Nad. 2

Jerobeam I 22 Rehabeam 17 ✧ Rehabeam

Bascha 24 Asa 41

Abija 3 2. Asa 3. Asa ✧ Asa

Abb. 12: Daten Jerobeam I. bis Omri und Jahr­sum­men der Könige Judas – Option B

In diesem Fall würden die Jahr­sum­men stimmen, allerdings ist nicht zu erklären, warum für einen einzigen König zu Vordatierung gewechselt wird, während für die judäischen Könige sonst durchgängig nachdatierend gezählt ist. c) Es ist eine Koregentschaft von Rehabeam und Abija vorausgesetzt, so dass wie bei den späteren Fällen von Koregentschaften kein Akzessionsjahr berücksichtigt wird. In diesem Fall können alle überlieferten Zahlen beibe­halten werden. Abijas offizieller Regierungsantritt fällt mit dem Beginn des 18. Jahres Jerobeams zusammen. Rehabeams Herrschaftszeit von 17 und Abijas von 3 Jahren entsprechen dann den ersten 20 Jahren Jerobeams, so dass ein etwa zeitgleicher Herrschaftsantritt von Rehabeam und Jerobeam impliziert ist, der auch den Ausgangspunkt der weiteren Zählung bildet. 18. Jerobeam 20. Jerobeam 22. Jerobeam = 1. Nadab 2. Nadab = 1. Bascha Nad. 2

Jerobeam I 22 Rehabeam 17

Abija 3

Bascha 24 Asa 41

2. Asa 3. Asa

✧ Abija ✧ Asa

Abb. 13: Daten Jerobeam I. bis Omri und Jahr­sum­men der Könige Judas – Option C

Diese Option bietet die Schwierigkeit, dass anders als in den anderen Fällen von Koregentschaften oder Interregna an dieser Stelle weder in den Rah­mennotizen

52

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

noch im Erzählmaterial ein Anhalt für etwas anderes als einen regulären Wechsel von Vater zu Sohn nach dem Tod des Vaters zu finden ist. d) Es liegen zwei nicht kompatible Kombinationen vor, d. h. der Kompi­lator hat den Synchronismus für den Regierungsantritt Abijas aus der Jahr­sum­me Rehabeams nachdatierend errechnet. Der Synchronismus für den Regierungsantritt Asas basiert dagegen auf dem israelitischen Synchro­nismus für den Regierungsantritt Nadabs (2. Asa), von dem aus zurück­gezählt wurde. Dass die judäischen Synchronismen sich streckenweise zu einem stimmi­ gen Bild fügen, aber nicht durchgängig konsistent sind, sondern mit Hilfe bestimmter „Anker“ in die israelitischen Synchronismen eingehängt wurden, hat die Untersuchung der anderen Perioden ergeben. Die „Sprünge“, d. h. die nicht stimmigen Übergänge von einer Kombination zur nächsten lagen dort aber stets in Phasen langer Regierungszeiten und nicht im leicht überschaubaren Nebeneinander von Synchronismen für eine ledig­lich 3 Jahre währende Regierungszeit, deren Inkompatibilität daher deutlich stärker ins Auge sticht. Angesichts der Problematik der verschiedenen Erklärungsoptionen ist in diesem Fall zu erwägen, dass eine Korrektur notwendig ist – sei es weil die Daten von Anfang an falsch berechnet waren, sei es dass sie im Laufe der Überlieferung verderbt wurden. Nun bleibt aber noch zu entscheiden, ob der Synchronismus für Abijas Regierungsantritt oder eher die Jahr­sum­me für seine Regierungszeit zu korrigieren sind. Der Synchronismus 18. Jerobeam wird indirekt durch einen Zweig der LXX‑Textüberlieferung gestützt, die den Regierungsantritt von Abijas Nachfolger Asa um 4 Jahre nach hinten verschiebt (24. Jerobeam) und für Abija eine Regierungsdauer von 6 Jahren ansetzt. Es ist anzunehmen, dass Abijas Jahr­sum­ me dabei ebenfalls um 4 erhöht wurde. Der Ausgangswert ist dann 2 gewesen.81 18. Jerobeam 20. Jerobeam 22. Jerobeam = 1. Nadab 2. Nadab = 1. Bascha Nad. 2

Jerobeam I 22 Rehabeam 17 ✧ Rehabeam

Ab. 2

24. Bascha 2. Ela/Simri = 1. Ela = 1. Omri

Bascha 24

Ela 2

Omri 12

Asa 41

2. Asa 3. Asa

✧ Abija ✧ Asa

26. Asa 27. Asa

Abb. 14: Kombination Ia – Rehabeam bis Asa 81  Wie kommt es zu Jahr­sum­me 3? Es ist gut vorstellbar, dass es sich hier um eine punktuelle Korrektur handelt, die sich entweder einer vordatierenden Berechnung auf der Basis der Synchronismen 18. Jerobeam und 20. Jerobeam für Abija und Asa verdankt, oder einen vermeintlichen Widerspruch zwischen der Jahr­sum­men 17 für Rehabeam und 2 für Abija sowie dem Synchronismus 18. Jerobeam ausgleichen sollte.



2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

53

Sind die Überlegungen korrekt, verbindet sich dieser Abschnitt bruchlos mit der Kompilation für die Periode der Jehu-Revolte. 2.2.4  Die kompositionelle Logik der synchronistischen Chronologie Für die Systematik der synchronistischen Chronologie seien die Ergebnisse der Untersuchung noch einmal in den zentralen Punkten zusammengestellt: 1. Die im Königsrahmen gebotenen chronologischen Daten für die Könige von Israel gehen auf ein konsistentes System aus Jahr­sum­men und Synchronismen zurück.   Die Regierungszeiten der Könige Jerobeam I. bis Schallum sind vordatierend gezählt, bei Menachem erfolgt ein Wechsel zur Nach­datierung, welche für die letzten Könige bis zu Hoschea greift. 2. Die Synchronismen für die Regierungsantritte der Könige Judas sind auf der Basis der Jahr­sum­men der judäischen Könige sowie der Synchro­nismen für die Regierungsantritte der israelitischen Könige errechnet.   Die Daten für Juda und Israel lassen sich in ihrer Gesamtheit nicht widerspruchsfrei aufeinander beziehen, da die Jahr­sum­men der judä­ischen Könige in der Summe größer als diejenigen für das Nordreich sind. Es sind jedoch folgende Prinzipien der Zusammenstellung erkennbar: Ȥ Die Regierungszeiten der judäischen Könige werden durch­gängig nachdatierend gezählt, lediglich im Falle von Koregentschaften entfällt die Anrechnung eines Akzessions­jahres. Ȥ Die vordatierende Zählweise der israelitischen Könige ist berücksichtigt. Ȥ Notwendige kleinräumige Anpassungen werden durch die Einfügung von Notizen (II 8,16; II 14,17) geleistet, die auf eine Re-Interpretation der übernommenen Zahlen zielen. 3. Die Kompilation der Daten ergab kein durchgängig konsistentes chrono­ logisches System, vielmehr sind drei begrenzte, aber in sich stimmige Kombinationen (vgl. Anhang II) zu erkennen: Ȥ Kombination 1: Von der Reichsteilung bis zu Jehoasch Ȥ Kombination 2: Von Jehoasch bis zu Asarja Ȥ Kombination 3: Von Asarja bis zu Hiskija. Die Übergänge von einer Kombination zu anderen liegen mit Jehoasch und Asarja jeweils bei judäischen Königen mit sehr langen Regierungs­zeiten. 4. Die Kompilation selbst ist somit am besten als eine Überformung bereits vorliegender Daten zu den israelitischen Königen durch die judäischen Daten zu erklären. Dabei wurden allerdings in das neue System nicht integrierbare Daten weder getilgt noch korrigiert (so v. a. zahlreiche Jahr­sum­men für israelitische Könige, die jetzt nicht mehr passten). 5. Die Art und Weise der Kompilation gibt stellenweise zu erkennen, dass Informationen aus der Erzählüberlieferung verarbeitet sind. Dieses betrifft etwa

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

die Übergänge von Amazja zu Asarja bzw. von Asarja zu Jotam, aber auch die Chronologie der letzten Jahre des Nordreiches. Die Kompilation selbst enthält Hinweise darauf, dass im Nordreich Israel der Neujahrstermin in der Regierungszeit Menachems wechselte und dass sich in der Folge der Neujahrstermin in Israel und Juda unterschied. Ersteres folgt aus dem Zusammenspiel von Synchronismen und Jahr­sum­me bei Menachem: Die Kombination aus der Jahr­sum­me Menachems (10) und den synchronistischen für seinen (39. Asarja) bzw. den Amtsantritt seines Nachfolgers Pekachja (50. Asarja) erklärt sich am besten als Reflex eines Wechsels vom Herbst- auf den Frühjahrskalender in Israel in dieser Zeit (dazu oben S. 33 ff.). Letzteres aus der den Daten für Secharja: In seine sechsmonatige Regierungszeit scheint ausweislich der Synchronismen ein Jahreswechsel in Juda gefallen zu sein (dazu S. 30). Darüber hinaus liefert die Analyse zumindest Indizien dafür, wie es zu dem Überschuss an Regierungsjahren auf Seiten Judas im Vergleich zu Israel gekommen sein könnte. Es konnte gezeigt werden, dass dem Kompi­lator eine Zusammenstellung von Jahr­sum­men für die Könige Judas vorgelegen hat und er diese so interpretierte, dass die Jahr­sum­men einer durchgängig nachdatierenden Zählweise entsprechen. Dieses Verständnis des Kompilators könnte aber eine Fehlinterpretation seiner Quelle82 darstel­len bzw. eine anachronistische Übertragung einer zu seiner Zeit gängigen Praxis auf die frühere Zeit. Die Quelle selbst gab ja mit großer Wahr­scheinlichkeit selbst keine Auskunft über die zugrunde liegende Zählweise der Regierungsjahre. Die israelitischen chronologischen Angaben zeigten anhand der vorliegenden Kombination aus Jahr­sum­ men und synchro­nistischen Datierungen der Amtsantrittsjahre an, dass hier die längste Zeit vordatierend gezählt wurde. Sollte dies auch in Juda der Fall gewesen sein und verdanken sich die dem Kompilator vorliegenden Zahlen für die Jahr­sum­men (zumindest in Teilen) dieser Zählweise, ergibt sich ein kumulativer Überschuss in der Summierung der Regierungsjahre. Wie oben dargestellt, wird bei Vordatierung das Jahr, in dem ein Thronwechsel stattfindet, sowohl dem alten wie auch dem neuen König zugerechnet. Das Jahr wird also doppelt gezählt und die angegebene Jahr­sum­me ist immer um ein Jahr größer als die tatsächliche Regierungsdauer des Königs.83 Werden Jahr­sum­men, die sich einer vordatierenden Zählweise verdanken, nun nachdatie­rend interpretiert, ist die Regierungszeit eines jeden Königs um ein Jahr zu lang angesetzt. Der Überschuss auf judäischer Seite zwischen der Addition der Jahr­sum­men der Könige Israels und jener Judas beträgt für die Periode von der Reichsteilung bis zur zeitgleichen Machtübernahme Jehus bzw. Ataljas 4 Jahre.84 In dieser 82  Zu der Quelle vgl. unten S. 163 ff. Derartige Erläuterungen finden sich in keinem der bekannten altorientalischen chronographischen Werke. 83  Zur Systematik vgl. oben S. 26 ff. 84  Zu den Summen vgl. oben S. 33 bzw. 38.



2.2  Die Systematik der chronologischen Angaben

55

Periode sind für Juda 6 Könige aufgeführt, es ergeben sich also 5 Machtübernahmen, für die – unter den oben genannten Voraus­setzungen – jeweils ein zusätzliches Jahr anfällt.85 Für die Periode von der Jehu-Revolte an ist die Differenz deutlich größer. Die Addition der Jahr­sum­men für die judäischen Könige ergibt hier 155 Jahre, jene für die israelitischen Könige knapp 123 Jahre (sofern für Pekach eine ursprüngliche Regierungsdauer von 2 Jahren angesetzt wird86). Größere Teile dieses Überschusses von ca. 32 Jahren erklären sich wahrscheinlich durch die aus der Perspektive der israelitischen Daten zu lang angesetzte Regierungszeit Asarjas bzw. durch vom Kompilator vorausgesetzte Rekon­struktion der chronologischen Verhältnisse in der Zeit von Pekach bzw. Ahas und Jotam. Für Asarja sind 13 Jahre zu viel angesetzt,87 bei Ahas und Jotam sind es 16 Jahre.88 Die verbleibenden drei Jahre könnten sich wiede­rum aus dem irrtümlichen Verständnis der drei Jahr­sum­men von Atalja bis Amazja ergeben. Innerhalb der Regierungsperiode Asarjas erfolgte, sofern die numerischen Daten hier die gegebene Praxis widerspiegeln, in Israel ein Wechsel von Vordatierung zu Nachdatierung, so dass die Addition der folgenden Jahr­sum­men nicht mehr zu einer Differenz führt. In der Tendenz lassen sich also die genannten Überschüsse in den judäischen Jahr­sum­men u. U. durch ein nachdatierendes Verständnis ursprünglich bei vordatierender Zählweise ermittelter Jahr­sum­men für Juda erklären.89 Im konkreten Einzelfall bewährt sich diese Tendenz stellenweise, aber nicht durchgängig. So ist etwa für Jehoasch (II 12,1 f.) die Jahr­sum­me 40 genannt, aus den israelitischen chronologischen Angaben lässt sich jedoch eine Regierungszeit von 39 Jahren erschließen (vgl. oben S. 44). Dagegen ist für Asa die Jahr­sum­me 41 gegeben (I 15,9 f.), die israelitischen Daten implizieren hier aber eine Regierungszeit von 42 oder 43 Jahren (vgl. oben S. 41). Es ist also damit zu rechnen, dass, auch wenn die Indizien eine derartige Erklärung nahelegen, die Verhältnisse im Einzelfall noch kompli­zierter gewesen sein können.

85  Für die zeitgleich angesetzte Machtübernahme von Jerobeam I. und Rehabeam gilt dies selbstverständlich nicht. Für Atalja ist in der Kompilation kein Akzessionsjahr angesetzt. 86  Dazu unten S. 158 ff. bzw. Weingart, Conundrum. 87  Dazu oben S. 47 ff. 88  Die Begründung ergibt sich aus der literargeschichtlichen Diskussion unten S. 158 ff. 89 Ähnliches wurde bereits von Thiele, Mysterious Numbers, 23–25; vgl. Thiele, ­Chronology, 18, vorgeschlagen, der allerdings mehrfache Wechsel von Vor- zu Nachdatierung in Juda und Israel annimmt. Miano, Shadow, 123, übernimmt die Argumentation incl. der bei Thiele genannten Zahlen, die aber gar nicht mit seiner eigenen Rekonstruktion der Quellen (Chroniken und Königslisten) für die Chronologie in den Königebüchern übereinstimmen.

56

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung Die oben entfalteten Überlegungen basieren zu großen Teilen auf den im Masoretischen Text überlieferten Zahlen. Das mag angesichts der relativ großen Zahl von Varianten insbesondere in der griechischen Textüber­lieferung überraschen und bedarf zweifellos einer Begründung. Dass die Diskussion der Varianten hier erst im Anschluss an die Darstellung der Systematik der synchronistischen Datierungen erfolgt, hängt, wie eingangs erläutert, damit zusammen, dass die Bewertung von Varianten zumeist nicht ohne Rekurs auf die Systematik der synchronistischen Chronologie möglich ist. Zugleich gewinnt die Diskussion der Varianten damit den Charakter einer Kontrollfrage. Wenn bestimmte Zahlen in das vorgestellte System integriert werden können und andere nicht, ist zu zeigen, wie sich Letztere zu dem System verhalten – sei es als Bestandteil differierender chronolo­gischer Systeme, sei es als Ergebnis punktueller oder weiter ausgreifender Korrekturen oder schlicht als Fehler im Prozess der Textüberlieferung. Im Falle der ersten Option stellt sich ggf. die Folgefrage nach dem Verhältnis der gegebenen chronologischen Systeme zueinander. Betrachtet man die vorliegenden Varianten,90 drängen sich zunächst drei allgemeine Beobachtungen auf: (1) Der Masoretische Text nennt für vier Könige jeweils zwei unter­schiedliche Synchronismen, bietet also chronologische Varianten innerhalb der eigenen Textüberlieferung. Es handelt sich dabei um: Omri: I 16,15 f. und 16,23 Nach I 16,15 findet der Putsch Simris gegen Ela im 27. Jahr Asas statt. Noch während Simris siebentägiger Herrschaft wird Omri zum König erklärt, nämlich sobald die Nachricht über den Putsch das Heerlager erreicht (I 16,16: ‫וימליכו‬ ‫)כל ישראל את עמרי … ביום ההוא‬. Omris Regierungsantritt fällt daher nach I 16,15 ebenfalls in das 27. Jahr Asas, was sich zu seiner Jahr­sum­me von 12 Jahren und dem Regierungsantritt seines Nachfolgers Ahab im 38. Jahr Asas fügt. I 16,23 datiert den Regierungsantritt Omris dagegen in das 31. Jahr Asas, was entweder zur Jahr­sum­me für Omri oder zum Synchronismus für Ahab in Widerspruch steht. Joram: II 1,17 und 3,1 Im Königsrahmen II 3,1 für Joram wird sein Regierungsantritt mit dem 18. Jahr Joschafats synchronisiert. Daneben findet sich II 1,17 im Anschluss an die Todesnotiz für Ahasja die Angabe, Joram sei im 2. Jahr Jehorams, des Sohnes Joschafats, König geworden. 90  Vgl. die Zusammenstellung in Anhang I.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

57

Ahasjahu: II 8,25 und 9,29 Nach II 8,25 fällt der Regierungsantritt Ahasjahus in das 12. Jahr Jorams, nach II 9,29 dagegen in sein 11. Jahr. Hoschea: II 15,30 und 17,1 In II 15,30 ist Hoscheas Machtübernahme mit dem 20. Jahr Jotams synchro­ nisiert, II 17,1 bietet dagegen den Synchronismus 12. Ahas. Im MT selbst finden sich also bereits Varianten, die erklärungsbedürftig sind. Erklären sie sich aus der Entstehung des chronologischen Systems? Oder liegen hier bereits frühe Korrekturen oder gar Fehler vor? (2) Dass die genannten Varianten wohl keine späte Entwicklung darstel­len, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Zahlenüberlieferung (inklusive der genannten Doppelungen) in den Zeugen für den Masoretischen Text geradezu erstaunlich stabil ist. Lediglich an drei Stellen sind laut Apparat der BHS91 Abweichungen in masoretischen Handschriften bezeugt: I 15,25 Ms 250 (1335) datiert den Regierungsantritt Nadabs nicht in das 2., sondern in das 10. Jahr Asas. I 16,29 Mss 145 (1281), 330 (Ende 13. Jh.), 375 (Anfang 13. Jh.) nennen für Ahab nicht die Jahr­sum­me 22, sondern 24.92 II 15,30 Der Synchronismus 20. Jotam für die Machtübernahme Hoscheas fehlt in Ms 115 (Mitte 14. Jh.). (3) Die griechische Textüberlieferung ist im Vergleich dazu viel weniger einheitlich. Hier findet sich sowohl für die Jahr­sum­men als auch für die Syn­chronismen eine Vielfalt differierender Zahlen. Unter diesen sind freilich auch alle im Masoretischen Text überlieferten Daten bezeugt,93 was aber angesichts der für die Geschichte der Septuaginta charakteristischen Bemühungen, den griechischen Text in immer wieder neuen Rezensionen an autoritativ werdende Gestalten des hebräischen Textes anzunähern, kaum verwundert. Immerhin ist für die vom Masoretischen Text differierenden Zahlen zweierlei festzustellen: (a) Sie konzentrieren sich auf die Könige der Omridendynastie und ihre judäischen Zeitgenossen. (b) Sie finden sich primär in Textzeugen für den vorrezensionellen Septuaginta- bzw. den antiochenischen Text. Die folgende Diskussion zielt nicht auf eine vollständige Diskussion aller bekannten Lesarten, sondern konzentriert sich auf eine Auswahl signifi­kanter Varianten und Phänomene. Innerhalb der Septuaginta-Überlieferung bilden der vorrezensionelle griechische Text, wie er im Codex Vaticanus (LXXB) und ver91  Die Sigel und Datierungen folgen Kennicott, Vetus Testamentum Hebraicum. 92  In Ms 612 (1371) ist die Variante als Randnotiz vermerkt. 93  Allerdings nicht die unter (2) genannten Varianten innerhalb der masoretischen Textüberlieferung.

58

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

wandten Textzeugen zu greifen ist, sowie der antiochenische Text (Ant) die Untersuchungsschwerpunkte. Methodisch liegt die Konzen­tration auf einem textkritischen Zugang im engeren Sinne, d. h. als die Leitfrage in der Bewertung der Lesarten dient jene nach der Ableitbarkeit: Lässt sich die Entstehung einer Variante aus der anderen plausibel herleiten – als Korrektur, Fehler o. ä. – ist sie wahrscheinlich sekundär. Kriterien wie die Stimmigkeit des jeweiligen chronologischen Systems insgesamt oder die Passgenauigkeit der Zahlen zu externen Daten sind für die textkritische Bewertung dagegen nachrangig und häufig auch wenig weiterführend.94 2.3.1  Die Chronologie der Handschrift 127 – ein eigenständiges System Die Existenz abweichender Zahlen ist eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Voraussetzung für die Annahme differierender chronolo­gischer Systeme. Um von einem eigenständigen chronologischen System sprechen zu können, kommen weitere Kriterien hinzu. So ist zu erwarten, dass sich die – oder zumindest die Mehrzahl der – abweichenden Zahlen zu einem Zusammenhang fügen, der eine innere Systematik bzw. eine nach­vollziehbare kompositionelle Logik aufweist. Neben dieses qualitative Kriterium tritt ein quantitatives: Das chronologische System sollte nicht nur kleinräumig greifbar sein, sondern die gesamte Chronologie der Königszeit oder zumindest signifikante Teilabschnitte betreffen. Einen der seltenen Fälle eines eigenständigen chronologischen Systems im oben genannten strengen Sinn liefert die Minuskel 127 (c2)95, eine aus dem 10.  Jh. stammende griechische Handschrift,96 die gemeinsam mit den Minuskeln 19, 82, 93 und 108 (boe2) als gewichtige Zeugin des antioche­nischen Textes (Ant) gilt.97 Die Kategorisierung der genannten Handschriften als Zeugen einer traditionell Lukian von Antiochien zugeschriebenen Rezension geht auf einen alten Forschungskonsens zurück.98 Wie Übereinstimmungen z. B. mit dem Qumran-Fragment 4QSama, der altlateini94  Letzteres zeigt ein Blick in die einschlägige Forschungsdiskussion, wo die genannten Argumente jeweils zum Zwecke entgegengesetzter Hypothesen angeführt werden: Thiele, Mysterious Numbers (1. Aufl.), 180–203, sieht in der größeren Stimmigkeit der LXXB- und Ant-Zahlen im Vergleich zum MT einen Beleg für deren sekundären Charakter, für Tetley, Reconstructed Chronology, 63, spricht gerade diese für deren Ursprünglichkeit. Ein höherer Grad an Übereinstimmung mit externen Daten ist ebensowenig ein klares Kriterium, hängt dessen Feststellung doch nicht nur am Verständnis der biblischen Überlieferung, sondern auch an der Interpretation der außerbiblischen Quellen, vgl. exemplarisch die Diskussion um die historische Bewertung der Zahlen aus Handschrift 127 bei Galil, Chronology, 129–133, und Tetley, Reconstructed Chronology, 61–63. 95 In OTG firmiert das Manuskript unter dem Sigel c2. 96 Vgl. Ulrich, Qumran Text, 21. 97  Zu Text und Textzeugen vgl. Fernández Marcos/​B usto Saiz, Texto. Eine deutsche Fassung der Einleitung in die Textausgabe bietet Fernández Marcos, Text. 98  Zur Geschichte der Identifizierung des antiochenischen Textes vgl. Fernández Marcos, Septuagint, 223–238.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

59

schen Überlieferung sowie Zitaten bei Josephus belegen, ist in dieser Rezension insbesondere in Sam–Reg ein früher griechischer Text verarbeitet, dessen hebräische Vorlage sich stellenweise vom späteren Masoretischen Text unterschied.99 Der antiochenische Text zeigt eine enge Verwandtschaft zum älteren vorrezensionellen Text von Sam–Reg, den der Codex Vaticanus (LXXB)100 bezeugt. Umstritten ist die rezensionelle Entwicklung des antiochenischen Textes und – damit zusammenhängend – ob und inwieweit eine „protolukianische“ Textgestalt anzunehmen und zu ermitteln ist.101 Die Chronologie von Hand­ schrift 127 trägt – wie gleich zu begründen sein wird – für diese Fragen allerdings wenig aus. Die Frage nach dem Verhältnis der Zahlenüberlieferung im antiochenischen Text zu derjenigen der vorrezensionellen Septuaginta ist aber unten noch einmal aufzunehmen.102

Was die chronologischen Daten betrifft, geht 127 gegenüber dem Maso­retischen Text und auch gegenüber der griechischen Textüberlieferung inklusive der übrigen Zeugen des antiochenischen Texts eigene Wege. Die Handschrift bietet ein konsistentes chronologisches System, in welchem nicht nur Jahr­sum­men und Synchronismen zueinander passen, sondern auch die Summen der Regierungsjahre für die israelitischen und judäischen Könige bis zum Ende des Nordreiches identisch sind.103 Damit bestehen in der Chronologie von 127 gleich zwei der eingangs genannten Probleme der chronologischen Überlieferung nicht. Die in 127 genannten Jahr­sum­men stimmen mit wenigen Ausnahmen104 mit dem MT überein, interessanterweise auch dort, wo LXXB vom MT abweicht.105 Das ist angesichts der sonstigen Nähe des antiochenischen Textes zu LXXB auffällig. Eigene Zahlen finden sich bei 127 vor allem in den Synchronismen: Von den insgesamt 30 Synchronismen für Regierungs­antritte sind 18 spezifisch für 127 (und nur vereinzelt in weiteren Minuskeln belegt), neun stimmen sowohl mit dem MT als auch mit LXXB, Ant bzw. LXX überein, an einer Stelle steht 127 zusammen mit LXXB gegen MT,106 an zwei Stellen zusammen mit Ant gegen MT.107 99  Dazu bereits R ahlfs, Lucians Rezension, zum Verhältnis zu 4QSama vgl. u. a. die Studie von Ulrich, Qumran Text. 100  Der vorrezensionelle Text für Reg ist nach Thackeray, Greek Translators 262–278, bzw. Thackeray, Septuagint, 16–28, innerhalb der Königebücher in I 2,12–21,43 erhalten. I 1,1–2,11 bzw. I 22,1 – II 25,30 im Codex Vaticanus bieten die kaige-Rezension. 101  Zum Stand der Diskussion vgl. De Troyer, Text, mit Lit. 102  Dazu unten S. 62 ff. 103  Sie ergeben jeweils 262 Jahre (sofern man für Joram eine Jahr­sum­me mit II 3,1 11 Jahre ansetzt und nicht 12 Jahre wie in II 1,18), vgl. die Zusammenstellung bei Tetley, Reconstructed Chronology, 55 f. 104  Die Ausnahmen sind die Jahr­sum­men Jehoram 10 (MT 8), Menachem 12 (MT 10), Pekachja 12 (MT 2) und Pekach 30 (MT 20). 105  So etwa bei Abija I 15,1 f. (MT und 127: 3 Jahre, LXXB: 6 Jahre) und Simri I 16,15 (MT und 127: 7 Tage, LXXB: 7 Jahre). Für Jehoram (II 8,16 f.) liest LXXB, der in diesem Bereich die kaige-Rezension bietet, die Jahr­sum­me 40, die antiochenischen Manuskripte 82 und 93 haben 10; 19, 108 sowie 127 lesen mit dem MT die Jahr­sum­me 8. 106  Dabei handelt es sich um den Synchronismus für den Regierungsantritt Ahabs (I 16,29): 2. Joschafat (MT: 38. Asa). 107  Es sind die Synchronismen für Ahasja (I 22,52) sowie Ahasjahu (II 8,25).

60

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Wie sich die Jahr­ sum­ men und Synchronismen zueinander fügen, hat J. D. Shenkel aufgezeigt: Die Jahr­sum­men sind stets als volle Jahre verstan­den und nachdatierend synchronisiert.108 Für den Anfang der geteilten Reiche ergibt sich in der Chronologie von 127 z. B. folgendes Bild:109 Rehabeam 1 2 3 4 1 2 3 4 Jerobeam

Abija Asa … 12 13 14 15 16 17 1 2 3 1 2 3 4 5 6 7 … 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 1 2 1 2 3 Nadab Bascha

8 4

… …

Auf diese Weise erschließen sich die Synchronismen bis zum parallelen Regierungsantritt Ataljas und Jehus. Hier erfolgt ein Neueinsatz. Die übrigen Synchronismen bis zum Ende des Nordreiches folgen demselben Muster. Shenkel selbst setzt die Chronologie der Handschrift 127 deutlich von den übrigen Zeugen des antiochenischen Textes ab, die andere  – und nach seiner Ansicht sehr alte – Zahlen überliefern; 127 biete zwar ein kon­sistentes,110 aber hochgradig künstliches chronologisches System. Die Jahr­sum­men stammten aus dem MT, die Synchronismen seien aus ihnen nach der genannten Methode errechnet. Wo Synchronismen in 127 also mit dem MT, LXXB oder Ant übereinstimmen, sei dies rein zufällig und weder textkritisch noch für die historische Zeittafel auswertbar.111 G. Galil konnte Shenkels Einschätzung mit dem weiteren Argument stützen, dass sich auch die wenigen Abweichungen in den Jahr­sum­ men aus dem Bestreben von 127 erklären lassen, eine konsistente Chronologie zu erhalten: Sie dienen jeweils zur Angleichung der Summen der Regierungsjahre beider Reiche.112 Wohl nicht zufällig treten sie jeweils kurz vor gesetzten Fixpunkten im Verhältnis der Königsreihen zueinander auf, also in unmittelbarer Nähe des zeitglei­chen Todes von Joram und Ahasjahu bzw. bei den letzten Königen des Nord­reiches vor Hoschea. Ch. Tetleys Versuch, den Synchronismen von 127 dennoch einen größeren textkritischen Wert beizumessen und sie für die Rekonstruktion eines frühen chronologischen Systems 108  Shenkel, Chronology, 28, bezeichnet diese Rechenmethode in Anlehnung an Thiele, Mysterious Numbers (1. Aufl.), 172, Anm. 3, als „inconsequent accession-year dating“. Die Bezeichnung geht auf Chapman, Problem, 57 („inconsequent post-dating“) zurück, der über diese Rechenmethode die Synchronismen in II 15 erklären möchte: Das erste volle Regierungsjahr eines Königs werde als Akzessionsjahr gezählt, das zweite Jahr als sein erstes Regierungsjahr. Der Hinweis auf Löv, System, 170 („uneigentliche Postdatirung“), wie er sich z. B. bei Galil, Chronology, 130, Anm. 14, findet, ist irre­f ührend; Löv möchte zwar auch das erste volle Regierungsjahr als Akzessionsjahr zählen, dieses fließt aber in seiner Rechnung zugleich als erstes Regierungsjahr in die Jahr­sum­me des Königs ein. 109  Der Ausschnitt folgt der Zusammenstellung bei Shenkel, Chronology, 29 ff., vgl. auch Tetley, Reconstructed Chronology, 58 f. 110  Zu den wenigen Inkonsistenzen vgl. Galil, Chronology, 131, Anm. 15. 111  Shenkel, Chronology, 28, nennt die Übereinstimmungen „purely coincidental“. Galils Urteil fällt kaum weniger eindeutig aus: „The chronology of c2 is … an artificial adaptation of the MT chronology … undoubtedly lacking any historical value.“ (a. a. O., 133). 112  Galil, Chronology, 131.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

61

heranzuziehen, kann dagegen nicht überzeugen. Tetley begründet dies zum einen mit den Übereinstimmungen zwischen 127-Synchronismen und den chronologischen Angaben in LXXB, die sie mit Shenkel für Reste eines älteren chronologischen Systems hält, welches der MT‑Chronologie vorausging (zur Problematik s. i. F.). Diesen stehen jedoch in Bezug auf die Jahr­sum­men Übereinstimmungen mit dem MT gegen die LXXB‑Zahlen gegenüber, so dass sich die 127-Chronologie weder als Zeugin für die Priorität der MT- noch der LXXB‑Zahlen auswerten lässt. Dass sich nun ausgerechnet in den Zahlen von 127 verein­zelt alte Lesarten erhalten haben sollen, die in der gesamten übrigen MTsowie LXX‑Textüberlieferung verloren gegangen sind,113 erscheint angesichts der stringent durchkom­ponierten Chronologie dieser Handschrift wenig plausibel.

Die Handschrift 127 fällt somit als Zeugin für alte synchronistische Angaben aus (und spielt in den folgenden Überlegungen folglich auch keine Rolle). Ihre Chronologie eröffnet jedoch einen interessanten Einblick in den schriftgelehrten Umgang mit den Problemen der Zahlenangaben im Königs­rahmen. Auf der Basis einer singulären Berechnungsmethode wird hier ein konsistentes System aus Jahr­sum­men und Synchronismen entwickelt. Höhere Konsistenz ist aber für sich genommen kein Beleg für ein höheres Alter des chronologischen Systems, vielmehr steht sie – ganz im Sinne der Regel lectio difficilior probabilior – unter dem Verdacht, eine sekundäre Glättung zu sein. Bemerkenswert ist aber, dass eine Handschrift, die in ihrer Textgestalt in den antiochenischen Überlieferungsstrang gehört, ihre Chronologie auf der Basis von Zahlen (Jahr­sum­men) aus dem MT bzw. der hexaplarischen LXX aufbaut. Damit ist sie ein deutliches Indiz für eine nicht zu unterschätzende Fluidität und für gegenseitige Beeinflussungen innerhalb der Textüberlieferung, das hinter allzu geradlinige Modelle der rezensio­nellen Entwicklung der Septuaginta und hinter strikte Grenzziehungen zwischen den Überlieferungssträngen ein Fragezeichen zu setzen vermag.114 2.3.2  Die Chronologie der Omridenzeit im vorrezensionellen Sepuagintaund antiochenischen Text – übergreifende Korrekturen Dass einige der vom MT abweichenden chronologischen Angaben in Teilen der Septuagintaüberlieferung nicht einfach Überlieferungsfehler darstellen, sondern eine gewisse Systematik aufweisen, hatte bereits J. Begrich vermutet.115 Ihre genaue Analyse hat J. D. Shenkel unternommen und ist zu einem doppelten Ergebnis gelangt: a) Die chronologischen Angaben aus LXXB fügen sich mit jenen aus Ant zu einem eigenen chronologischen System und b) sie gehen auf eine hebräische Vorlage zurück, die eine ältere Chronologie bot als die im MT überlieferte. 113  Tetley, Reconstructed Chronology, 60. 114  Dieser Umstand, den Tov, Textual Criticism, 158–160, für die frühen Phasen der Textgeschichte nachdrücklich betont, ist auch für diese späteren Phasen kaum zu vernach­lässigen. 115  Begrich, Chronologie, rekonstruiert auf der Basis der Zahlen aus der Septuaginta­ überlieferung jedoch kein eigenes chronologisches System, sondern geht davon aus, dass sich in zwei seiner Synchronismussysteme (System I und III) MT- und LXX‑Daten mischen (104 f.).

62

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Die MT‑Chronologie dagegen sei eine Folge der Eintragung des Königs Joschafat in II 3,116 die eine Anpas­sung der chronologischen Daten notwendig gemacht habe.117 Wenn die abweichende Chronologie der Omridenzeit hier nun unter der Überschrift „Korrektur“ diskutiert wird, ist bereits die These impliziert, die im Folgenden – im Widerspruch zu Shenkel – begründet werden soll: Die vom MT abweichenden chronologischen Angaben für die omridischen Könige und ihre judäischen Zeitgenossen im vorrezensionellen Septuaginta- sowie dem antiochenischen Text bilden jeweils lokal begrenzte Zusammenhänge. Diese abweichenden Chronologien gehen zwar möglicherweise auf frühe hebräische Vorlagen zurück, sind aber sekundär zu der im MT bezeugten chronologischen Systematik. Shenkels Argumentation basiert auf einem bestimmten Modell der frühen Textgeschichte der Septuaginta und ruht auf zwei Säulen: (1) Unter­suchungen der Zahlentradition und (2) detaillierten Textvergleichen der Formulierungen des Königsrahmens. Erstere führen zur Annahme einer eigenen chronologischen Systematik, letztere auf die These ihrer Priorität gegenüber dem MT. Die folgende Diskussion wird sich im Wesentlichen auf die Zahlentradition konzentrieren. Lässt sich für diese zeigen, dass die LXXB- bzw. Ant-Daten gegenüber den MT‑Daten sekundär sind, müssen die Formulierungsunterschiede im Königsrahmen auf andere Weise erklärt werden. In diesem Punkt hängt Shenkels Argumentation überdies aufs Engste mit dem vorausgesetzten textgeschichtlichen Modell zusammen, das nicht unumstritten ist.118

2.3.2.1 Führen LXXB und Ant auf ein gemeinsames chronologisches System? Shenkel rekonstruiert folgende alte Chronologie für die Omridenzeit:119 116  Shenkel, Chronology, 110 f. Nach Shenkel hat die sekundäre Identifikation des judäischen Königs in II 3 mit Joschafat, der nach der von ihm rekonstruierten LXXB/Ant-Chronologie nicht zeitgleich mit Joram regierte und auch nicht mit Elischa zusammen­treffen konnte, eine rückwirkende Neusynchronisierung der Könige bis zurück zu Omri veranlasst. 117  Auch wenn Shenkels These einer Priorität der LXXB/Ant-Zahlen gegenüber dem MT nur vereinzelt übernommen wurde (so z. B. bei Jones, NCB, 5 f.; 19–21; Schenker, Textgeschichte, 90–97, mit Anm. 80; oder in der Rekonstruktion der relativen Chronologie bei Tetley, Reconstructed Chronology, 119 ff.), hat seine Rekonstruktion der LXXB/Ant-Chronologie breitere Akzeptanz gefunden (so u. a. auch bei Galil, Chronology, 127 ff., oder Hendel, Editions, die die MT‑Chronologie für älter halten). Für kritische Stimmen, vgl. Gooding, Review, bzw. Green, Regnal Formulas. 118  Shenkel, Chronology, leitet seine Studie mit einer Rekonstruktion der frühen Entwicklung der Septuaginta-Rezensionen ein, welche den Hintergrund für die Untersuchung der Zahlentradition darstellt (5–21). Er übernimmt das von Cross, History, entwickelte Modell dreier lokaler Texttypen, wonach im Hintergrund von LXXB ein ägyptischer Texttyp anzunehmen sei; zur Kritik z. B. Tov, Text-Critical Use, 183–187. Zu den von Shenkel genannten Textmerkmalen für die Identifikation verschiedener Rezensionen vgl. die kritischen Anmerkungen bei Gooding, Review, 128–130. 119 Vgl. Shenkel, Chronology, 38.

2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung



I 16,23 I 16,28a I 16,29 I 22,52 II 8,16 II 1,18a II 8,25

König

Jahr­sum­me

Synchronismus

Quelle120

Omri (I) Joschafat (J) Ahab (I) Ahasja (I) Jehoram (J) Joram (I) Ahasjahu (J)

12 25 22  2 [11] 12  1

31. Asa 11. Omri 2. Joschafat 24. Joschafat [2. Ahasja] 2. Jehoram 11. Joram

LXXB, Ant (= MT) LXXB, Ant LXXB, Ant

63

Ant – Ant (= MT II 1,17) Ant 121 (= MT II 9,29)

Die Zusammenstellung lässt neben der Tatsache, dass der vorausgesetzte Synchronismus für Jehoram nicht belegt ist,122 zwei weitere Probleme erkennen. (1) Für Omri, Joschafat, Ahab und Ahasja entspricht die Abfolge der Königsrahmen im Text der chronologischen Reihenfolge der Könige. Das ist insbesondere bei Joschafat und Ahab signifikant, die nach der MT‑Chronologie anders angeordnet sind: Joschafats Regierung beginnt dort im 4. Jahr Ahabs, sein Königsrahmen erscheint entsprechend nach demjenigen Ahabs in MT I 22,41 ff. Für Jehoram und Joram ist dieses Prinzip jedoch nicht gegeben. Wenn Jorams Regierungszeit erst nach Jehorams Thron­besteigung beginnt, was der Synchronismus 2. Jehoram voraussetzt, müsste Jehorams Königsrahmen vor dem Jorams stehen. Er folgt jedoch wie in MT erst in II 8,16.123 (2) Die Zusammenschau von Jahr­sum­men und Synchronismen zeigt für Omri, Joschafat und Ahab Vordatierung.124

120 Unter LXXB werden hier die Lesarten des Codex Vaticanus aufgeführt, unter Ant sind die Mss des antiochenischen Textes zusammengefasst. Abweichungen einzelner Handschriften sind in den Anmerkungen notiert. 121  Ms 82 liest den Synchronismus „10. Joram“. 122  Jahr­sum­me und Synchronismus sind von Shenkel konjiziert. Allerdings wäre hier zu fragen: Wenn Ant die LXXB‑Chronologie bietet, warum ist auch in Ant keine Spur eines passenden Synchronismus zu finden? Shenkel, Chronology, 82, nimmt an, dass Ant an dieser Stelle nachträglich in Richtung MT korrigiert wurde. 123  Shenkel, Chronology, 77–80, argumentiert, dass Joram und Jehoram im selben Jahr den Thron bestiegen, daher könne Joram auch vor Jehoram angeordnet sein. Der Synchronismus 2. Jehoram für Joram erkläre sich durch das Nebeneinander dreier Datierungspraktiken: „Joram’s first year (= accession year), as in the case of Jehu, is reckoned according to inconsequent accession-year dating. Jehoram’s accession year, the last of Jehoshaphat, is reckoned according to accession-year dating, or postdating. Joram’s accession, however, is synchronized with Jehoram’s reign in accordance with nonaccession-year dating, or antedating“ (a. a. O., 79). Bei dem Versuch, die Zahlen in ein System zu pressen, geht diesem spätestens hier jede nachvollziehbare Systematik verloren. Zur vermeintlichen Analogie in II 10,36+ Ant, vgl. unten S. 66 ff. 124  Bei Nachdatierung müsste Joschafats Regierungsantritt mit dem 10. Jahr Omris synchronisiert werden, wenn Ahabs Thronbesteigung in Joschafats 2. Jahr fallen soll. Oder aber Joschafats Thronbesteigung fällt in das 11. Jahr Omris, dann liegt Ahabs Regierungsantritt im 12. Jahr Omris parallel zum 1. Jahr Joschafats.

64

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie 11. Omri

✧ Omri

2. Joram

✧ Ahasja*

✧ Ahab Ahab22

Omri 12 Asa 41 31. Asa

Joram* Ahasja* Jehoram*

Joschafat 25 2. Joschafat

✧ Joschafat

23. Joschafat*

✧ Jehoram

Abb. 15: Vordatierung in LXXB

Rechnet man mit den gegebenen Jahr­sum­men weiter, die in LXXB und Ant übereinstimmen, müsste Ahasjas Regierungsantritt dann aber in das 23. Jahr Joschafats fallen, Jorams in sein 24. Jahr. Jehorams Thronbesteigung fiele in das 2. Jahr Jorams. Das sind jedoch nicht die Daten, die in Ant überliefert sind.125 Die Zahlen im antiochenischen Text sind also nicht ein­fach die Fortsetzung der LXXB‑Chronologie, die ab I 22 nicht mehr greifbar ist, sondern folgen einer eigenen Systematik. a)  Der Beginn der LXXB‑Chronologie im Verhältnis zum MT Anders als Shenkel annahm, beginnt die abweichende in LXXB‑Chronologie zudem nicht erst mit Omri, sondern bereits mit Ela. In I 16,6 hat LXXB den Synchronismus 20. Asa für den Regierungsantritt Elas. Dieser fehlt im MT und der hexaplarischen LXX.126 Dafür fehlt in LXXB der Synchronismus 26. Asa für den Regierungsantritt Elas in I 16,8 bzw. der Synchronismus für Elas Tod im 27. Jahr Asas in I 16,10. Auch der Synchronismus 27. Asa für die Machtübernahme Simris bleibt in LXXB ohne Entsprechung. Erst für Omri gibt es in I 16,23 wieder einen Synchronismus (31. Asa = MT). Zudem liest LXXB für Simri in I 16,15 die 125  Die Annahme eines plötzlichen (und wodurch veranlassten?) Wechsels zu Nachdatierung von Ahab an, hilft auch nicht weiter. Dann würde zwar der Synchronismus 24. Joschafat für den Regierungsantritt Ahasjas stimmen, rechnet man aber von Joschafat nachdatierend weiter, fällt Jorams Thronbesteigung in das 1. Jahr Jehorams und nicht in das 2. Um auf das 2. Jahr Jehorams zu kommen, muss man mit Shenkel gleich ein Nebeneinander dreier Datierungsweisen annehmen (vgl. Anm. 123)! Andere mögliche Stellschrauben bringen Galil und Hendel ins Spiel. Galil, Chronology, 135, geht als „a working hypothesis“ davon aus, dass der Neujahrstermin in Israel ein halbes Jahr früher als in Juda lag. Bei Hendel, Editions, 107, überschneidet sich die zweijährige Regie­rungszeit Ahasjas mit dem 24. und 25. Jahr Joschafats (= 1. Jahr Jehorams) und dem Beginn des 2. Jahr Jehorams. In beiden Fällen ist also bei den Tradenten ein Wissen über den tatsächlichen Termin der Thronbesteigung der Könige vorausgesetzt – sei es um die zwei Jahre auf drei zu zählende Jahre anzulegen, sei es um je nach Verhältnis zum Neu­ jahrstermin ein Jahr mehr oder weniger zu zählen. Das mag zu überlegen sein, wenn man von kontinuierlich und zeitnah zu Thronbesteigung bzw. Tod eines Königs geführten Annalen ausgeht. Sowohl Galil als auch Hendel halten die LXXB‑Chronologie jedoch für späte Korrekturen oder Emendationen auf der Basis der MT‑Zahlen. Woher sollte dann das nötige textexterne Wissen kommen, um die Zahlen einmal so und einmal so zu interpre­tieren? 126  Der Synchronismus steht im Widerspruch zu den vorausgehenden Synchronismen bzw. der Jahr­sum­me 24 für Bascha.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

65

Jahr­sum­me 7 Jahre (MT: 7 Tage). Insgesamt liegt den chronologischen Angaben von LXXB folgende Vor­stellung der Machtübernahme Omris127 zugrunde: Ȥ Ela regiert parallel zu Asas 20. und 21. Jahr.128 Ȥ Simri tötet Ela und regiert 7 Jahre. Ȥ In dieser Zeit wird Omri im Heerlager zum König gekrönt. Ȥ Nach Simris Tod129 folgt eine Phase der Spaltung, bis im 31. Jahr Asas Omri schließlich Tibni besiegt und nach ihm (vgl. das zusätz­liche μετὰ Θαμνεὶ in I 16,22 LXXB) die Herrschaft auch faktisch übernimmt.130 In der Folge werden die 12 Jahre für Omri erst vom 31. Jahr Asas an gezählt, so dass dieser über Asas Tod hinaus regiert und Ahabs Thronbesteigung erst in die Regierungszeit Joschafats fällt. Entsprechend findet sich der Königsrahmen für Joschafat in LXXB vor Ahabs in I 16,28a–h. Im MT ergibt sich aus den gegebenen Synchronismen und der Angabe, Simris Herrschaft habe lediglich 7 Tage gewährt, ein anderes Bild: Ȥ Ela regiert im 26. und 27. Jahr Asas. Ȥ Simris Putsch fällt in das 27. Jahr Asas. Direkt mit Bekanntwerden des Putsches (I 16,15: ‫ )ביום ההוא‬wird Omri im Heerlager zum König ausgerufen und gilt von diesem Zeitpunkt an, trotz der Auseinan­dersetzungen mit Tibni, als König. Ȥ Die 12 Jahre der Herrschaft Omris werden entsprechend vom 27. Jahr Asas an gezählt; Ahab übernimmt die Herrschaft im 38. Jahr Asas. Angesichts dieser offenkundigen Unterschiede stellt sich natürlich die Frage nach dem Verhältnis beider Darstellungen,131 die sich aller­dings aufgrund einer Reihe deutlicher Indizien zugunsten der Prio­rität der MT‑Fassung entscheiden lässt: 127  Die Situation ist zusätzlich dadurch verkompliziert, dass in LXXB „Simri“ und „Omri“ nicht namentlich unterschieden werden, sondern in Kap. 16 durchgängig Σαμβρεί gelesen wird. Dass damit Omri komplett eliminiert werde, wie Hughes, Secrets, 132, annimmt, ist jedoch nicht plausibel, da die Darstellung von I 16,15–18 sonst gar keinen Sinn ergäbe. 128  So bei vordatierender Zählweise. Bei nachdatierender Zählweise verschieben sich Daten der israelitischen Könige im Verhältnis zu Asa etwas nach hinten. Da eine Angabe über die Dauer der angenommenen Herrschaft Tibnis fehlt, lässt sich hier nicht über Vor- oder Nachdatierung entscheiden, es ändert aber auch nichts an der Rekonstruktion. 129  Je nachdem, ob bei Ela und Simri vor- oder nachdatierend gezählt wird, liegt dieser im 27. oder 29. Jahr Asas. 130  Zum Verständnis der Abfolge Simri, Tibni, Omri in LXXB vgl. Shenkel, Chronology, 37–40, bzw. Hendel, Editions, 102–104. 131  Shenkel, Chronology, 43–60, kommt nach einem detaillierten Textvergleich zu dem Schluss, dass 16,28a–h in LXXB auf eine hebräische Vorlage zurückgeht, die sich von MT stellenweise unterschied. I 22,41–51, wo in LXXB zum zweiten Mal der Königsrahmen für Joschafat erscheint, liege dagegen – auch in Bezug auf die Synchronismen – auf der Linie einer dem MT nahestehenden Vorlage und entspreche der kaige-Rezension. Mit der Feststellung zweier unterschiedlicher hebräischer Vorlagen ist freilich noch nicht über deren Verhältnis entschieden.

66

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Ȥ Die Regierungsdauer von 7 Jahren für Simri ist deutlich schlechter bezeugt als „7 Tage“.132 Zudem ist es wahrschein­licher, dass die Anga­be „Tage“ zu „Jahre“ verschrieben wurde, beeinflusst von der ungleich öfter belegten Formulierung im Königsrahmen.133 Ȥ Der Synchronismus 20. Asa für den Regierungsantritt Elas steht im Widerspruch zu den vorausgehenden Synchronismen bzw. der Jahr­sum­me 24 für Bascha, die in LXXB und MT übereinstimmt. Ȥ Wenn Tibni für einen Zeitraum von mehreren Jahren als amtierender König angesehen wird und Omri erst nach ihm regiert, wie es das zusätzliche μετὰ Θαμνεὶ in I 16,22 LXXB betont, fehlt für Tibni ein Königsrahmen inkl. der üblichen chronologischen Angaben. Ȥ In I 16,16 findet sich auch in LXXB entsprechend dem ‫ ביום ההוא‬im MT die Angabe ἐν τῇ ἡμέρᾳ ἐκείνῃ für den Zeitpunkt der Ausrufung Omris zum König, als der Putsch Simris im Heerlager bekannt wurde. Sie bezieht sich auf die Datierung des Geschehens in v. 15 (27. Jahr Asas) zurück. Im MT ergibt sich ein klarer Zusammenhang. Bei LXXB wirft der Abschnitt Fragen auf, ist doch vorausgesetzt, dass Israel 7 Jahre vor Gibbeton lagerte und irgendwann in dieser Zeit von Simris Putsch erfuhr. Der Angabe ἐν τῇ ἡμέρᾳ ἐκείνῃ fehlt ein konkreter Bezugs­punkt. LXXB (bzw. die hebräische Vorlage) erweist sich in ihrem Beginn somit als se-

kundäre Anpassung der MT‑Chronologie, die dadurch notwendig wurde, dass einerseits für Simri eine Regierungszeit von 7 Jahren unterzubringen und andererseits der Synchronismus für den Regierungsantritt Omris im 31. Jahr Asas vorgegeben war.134 b) Die Ant-Chronologie von Ela bis Omri sowie von Ahasja bis Jehu Ant bietet für die Anfangszeit der geteilten Reiche die gleichen chronolo­ gischen Angaben wie LXXB, inkl. der vom MT abweichenden Zahlen für Jerobeam und Abija.135 Auch der Synchronismus 20. Asa für den Regie­rungsantritt Elas findet sich bei Ant. Allerdings unterscheidet sich die Fortführung der Chronologie dann von LXXB:136 Für den Regierungsantritt Simris ist in I 16,15 der Synchronismus 22. Asa notiert; die Regierungs­dauer Simris ist ebenfalls in

132 Ausweislich des Apparates von OTG ist sie neben LXXB noch in der Minuskel a2 (= Ms 501 bei R ahlfs, Verzeichnis) sowie der äthiopischen Version belegt. 133  Zum Phänomen vgl. unten S. 81. 134  Rechnet man vordatierend zurück, fällt die Machtübernahme Simris in das 21. Jahr Asas, was gut zu Simris Tod im 27. Jahr Asas passt. Allerdings fehlt dieser Synchronismus in I 16,15 LXXB, daher bleiben Überlegungen zur Herleitung des LXXB‑Synchronismus in I 16,6 Spekulation. 135  Vgl. unten S. 76 f. 136  Zu den Unterschieden vgl. auch Thiele, Mysterious Numbers (1. Aufl.), 173–175.

2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung



67

I 16,15 wie im MT mit 7 Tagen angegeben. Damit fällt die Proklamation Omris de facto ebenfalls in das 22. Jahr Asas. Ant teilt wiederum mit LXXB die Vorstellung, Omri habe dennoch erst nach dem Tod Tibnis als König geherrscht (I 16,22 Ant: καὶ ἐβασίλευσεν Ἀμβρεὶ μετὰ τὸν Θαβεννεί). Im Folgenden werden wie bei LXXB die 12 Jahre Omris vom 31. Jahr Asas an gezählt. Damit verschärft sich aber eines der Probleme der LXXB‑Chronologie: Die Regierungszeit Tibnis verlängert sich implizit auf die Periode vom 22. bis zum 31. Jahr Asas, bis Omri die Herrschaft übernimmt. Dennoch fehlt ein Königsrahmen für Tibni. Dieser kurze Ausschnitt zeigt bezüglich des Verhältnisses der chronolo­ gischen Angaben von LXXB und Ant: Ant setzt die chronologischen Angaben aus LXXB voraus, übernimmt sie, wo sie vorliegen, und komplettiert gelegentlich, wo sie unzureichend erscheinen. Das ist der Fall beim fehlenden Synchronismus für Simri. Da dieser auf das 22. Jahr Asas lautet, zeigt sich aber, dass hier – anders als bei LXXB – nachdatierend gerechnet ist. Eine nachdatierende Zählweise bestätigt sich, betrachtet man die in Ant überlieferten Synchronismen für die Periode von Ahasja bis zu Jehu. Der Synchronismus 24. Joschafat für den Regierungsantritt Ahasjas ist – wie oben gezeigt – keine korrekte Fortsetzung der vordatierenden LXXB‑Chro­nologie, ergibt sich aber bei nachdatierender Zählung der Regierungsjahre Ahabs. Von hier aus fügen sich die Jahr­sum­men sowie die für Ant spezi­fischen Synchronismen für Joschafat und Jehu137 zu einem stimmigen Bild, nicht aber die Synchronismen, die Ant mit MT teilt: I 22,52 II 1,18a II 3,1 II 8,16 f.

König

Jahr­sum­me

Synchronismus

Ahasja (I) Joram (I)

 2 12 12 10

24. Joschafat 2. Jehoram

Jehoram (J)

II 8,25 f. Ahasjahu (J)  1 II 9,29  1 II 10,36+ Jehu (I) 28

5. Joram 11. Joram 11. Joram 2. Atalja

Anmerkungen

Mss 19.108 lesen wie MT die Jahr­sum­me 8 Ms 82 liest 10. Joram Ms 82 ohne Jahr­sum­me

137  Shenkel, Chronology, 78 f., möchte den etwa zeitgleichen Herrschaftsbeginn Jorams und Ataljas mit dem Synchronismus 2. Atalja für Jehu durch eine komplizierte Konstruktion vermitteln: Ataljas Regierungsantritt sei nachdatierend verstanden worden, so dass ihr Akzessionsjahr auf das 12. Jahr Jorams falle. Auf dieser Basis sei dann Jehus Regierungsantritt ermittelt worden, nun aber vordatierend, so dass man Ataljas Akzessionsjahr als ihr 1. Jahr und Jehus 1. Jahr als Ataljas 2. Jahr gezählt habe. Darüber, wie dieser Systemwechsel zu erklären sei und wie er sich zur Ermittlung der übrigen Ant-Synchronismen verhält, gibt Shenkel keine Auskunft.

68

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie 1. Ahasja*

✧ Ahasja ✧ Joram Ahab 22 Joschafat 25

9. Joram*

✧ Jehu

Joram 12

Ahas. 2

Jehoram 10

24. Joschafat 1. Jehoram* ✧ Jehoram

Jehu 28 A. Atalja 2. Atalja

✧ Ahasjahu

Abb. 16: Die Synchronismen für Joschafat und Atalja in Ant

Damit bestätigt sich die Vermutung, die sich oben für die Chronologie von Ela bis Omri ergab. Ant übernimmt vorliegende Synchronismen weit­gehend unverändert, gleicht lediglich stellenweise Unstimmigkeiten138 aus und ergänzt dort, wo Angaben fehlen (Jehu!), wobei die fehlenden Daten aus den Jahr­sum­men auf der Basis nachdatierender Zählweise ermittelt sind. Die übernommenen Zahlen decken sich in diesem Bereich mit jenen, die der MT bezeugt. Sie fügen sich aber offensichtlich nicht zur eigenen Chronolo­gie von Ant.139 Das gleiche Phänomen hatte sich oben ja auch bei der Übernahme der LXXB‑Zahlen gezeigt, die zwar nicht so gravierend abwei­chen wie in diesem Fall, aber wegen der vordatierenden Zählweise auch nicht passgenau zur Ant-Chronologie sind. c) Zwischenfazit Die vom MT abweichenden Zahlen in LXXB bieten eine konsistente Chro­nologie für einen begrenzten Abschnitt der Epoche der geteilten Reiche – von Ela bis zu Ahab –, der allerdings nicht mit den vorausgehenden Daten für Bascha vermittelbar ist. Ob diese Chronologie weiter reichte als im Codex Vaticanus bezeugt, ist auf der Basis der vorliegenden Textzeugen nicht zu beantworten.140 Falls es eine Fortsetzung der LXXB‑Chronologie über Ahab bzw. Joschafat hinaus gegeben hat, ist sie jedenfalls nicht aus dem Zahlenmaterial des antiochenischen Textes zu ermitteln. Die chronologischen Angaben in Ant erklären sich als Übernahme und Verarbeitung (stellenweise Glättungen, Ergänzungen) älterer Zahlen. Bis I 16 folgt Ant dabei den Zahlen aus LXXB, ab I 22 dem MT bzw. der kaige-Rezension. Damit legt die Untersuchung der Zahlentradition nahe, dass die Ant-Chronologie bereits eine Vorlage verarbeitete, die die Kombination aus vorrezensionel138  So werden etwa doppelte Angaben gestrichen – Ant hat jeweils nur eine chronologische Angabe für Joram (II 1,18, ∅ 1,17) und Hoschea (II 17,1, ∅ 15,30) – bzw. der Widerspruch zwischen II 8,25 und 9,29 ausgeglichen. 139  Im Falle des Synchronismus 11. Joram für Ahasjahu von Juda hat dies auch Hendel, Editions, 109, notiert, erklärt dies aber als einfachen Irrtum: „an instance of Homer nodding“. 140 Damit verliert die Argumentation von Shenkel, Chronology, 87–108, für die Priorität der LXXB‑Chronologie gegenüber dem MT, die sich hauptsächlich auf die Pro­ phetenerzählungen in II 2–3 stützte, an Boden. Für eine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten Shenkels, allerdings innerhalb der Koordinaten von dessen LXXB‑Chro­nologie, vgl. auch Galil, Chronology, 140–144.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

69

lem Text und kaige-Rezension bot, die LXXB bezeugt. Ob daraus zu schließen ist, dass sie eine Entwicklung innerhalb der griechischen Textüberlieferung darstellt, müsste eine eingehende Untersuchung des antiochenischen Textes zeigen, die hier nicht geleistet werden kann.141 2.3.2.2 Die LXXB‑Chronologie als Folge von Unstimmigkeiten im MT Die Überlegungen zum Ausgangspunkt der beiden chronologischen Syste­me in LXXB und MT hatten auf Indizien geführt, dass die LXXB Systematik sekundär gegenüber der MT‑Chronologie ist: Neben der Jahr­sum­me 7 für Simri setzt sie den Synchronismus 31. Asa für den Regierungsantritt Omris (I 16,23) voraus und versucht, diese Daten mit den Nachrichten im Text zu vermitteln. I 16,23 erweist sich damit als Kristallisationspunkt.142 Dieser Synchronismus ergibt sich nicht schlüssig aus den LXXB‑Zahlen. Für seine Herleitung fehlt hier eine Jahr­ sum­me für Tibni, auf deren Grundlage er errechnet sein könnte. Alle überlieferten Folgesynchronismen leiten sich jedoch von ihm ab. Das bedeutet, dass die Zahl nicht aus der LXXB‑Chro­nologie stammen und z. B. sekundär in die MT‑Textüberlieferung geraten sein kann. Ebenso sperrig ist der Synchronismus jedoch innerhalb der MT‑Chronologie, in der Omris Regierungsantritt im 27. Jahr Asas liegt und seine Regierungszeit ausweislich der Folgesynchronismen auch von diesem Zeit­punkt an gezählt wird. Der Synchronismus 31. Asa gilt daher zurecht als eine alte Crux, die üblicherweise entweder durch eine Korrektur der Zahl aufgelöst wird143 oder indem man die Formulierung hier anders verstehen möchte als sonst im Königsrahmen üblich.144 Ob sich die Crux auf den genannten Wegen lösen lässt, erscheint fraglich. Sowohl die Annahme einer singulären Semantik des Königrahmens als auch jene einer nur hier belegten spezifischen Rechenweise machen sich mangels einer 141  Grundsätzlich sind für die Erklärung des Zahlenbefunds in Ant natürlich auch andere Möglichkeiten zu überprüfen. Gab es möglicherweise eine Textfassung, in der sich auch für Joram, Jehoram und Ahasja zur Ant-Chronologie stimmige Zahlen fanden, welche dann nachträglich an den Stellen, wo es Angaben aus der MT‑Chronologie gab, an diese angepasst wurde? Spielte sich die Entwicklung auf der Ebene der hebräischen Vorla­gen oder der griechischen Rezensionen ab? 142  So auch Hendel, Editions, der die nachfolgenden Synchronismen als durch ein Missverständnis von I 16,23 ausgelöste „(hyper)correction“ der MT‑Chronologie erklären möchte (99). 143  Wellhausen, Zeitrechnung, 614, führt den Synchronismus auf eine nachträgliche Änderung von 27 auf 31 zurück, die durch einfache Addition der Jahr­sum­men (analog zur Rechenweise in Ms 127) ermittelt worden sei. Inwiefern diese Änderung eine „Correctur“ sein soll, ist allerdings nicht ersichtlich, schließlich würde sie erst Probleme schaffen, wo zuvor gar keine bestanden. 144  Hendel, Editions, 103 f., nimmt im MT einen „idiosyncratic sense“ für v. 23 an, wonach an dieser Stelle, abweichend vom üblichen Verständnis im Königsrahmen, mit dem Synchronismus und der Formulierung ‫ מלך עמרי‬nicht der Herrschaftsantritt, sondern die Konsolidierung der Herrschaft nach den Thronwirren mit Tibni datiert werde.

70

2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

nachvollziehbaren Motivation – warum sollten sie gerade hier auftreten? – als ad-hoc-Konstruktionen verdächtig. Ausgehend von dem Befund, dass im MT de facto eine Doppelung in der Datierung von Omris Regierungsantritt vorliegt, ist auch eine andere Erklä­ rung von I 16,23 denkbar. Die genannte Doppelung incl. des sich aus ihr ergebenden Widerspruchs (27. oder 31. Jahr Asas) kann ein Indiz dafür sein, dass an dieser Stelle eine nachträgliche Bearbeitung vorliegt, die den Syn­chronismus in 16,23aα (‫ )בשנת שלשים ואחת שנה לאסא מלך יהודה מלך עמרי על ישראל‬eingetragen hat: I 16,15.21 f. beschreiben die speziellen Umstände der Machtübernahme durch Omri und liefern in I 16,15 implizit eine Datierung für das Geschehen, v. 23aβ.b schließen mit der Angabe zu Omris Regierungsdauer den Abschnitt ab und leiten über die Information, dass Omri 6 Jahre in Tirza regierte, zu v. 24 über, die Kauf und Bau Samarias thematisieren. Erst ab v. 25 folgt die zum Königsrahmen gehörende Beurteilung. Es ergibt sich ein stringenter und suffizienter Zusammenhang, der die übliche Struktur des Königsrahmens in Teilen variiert, wobei insbesondere die chronologischen Informationen aufgrund der besonderen Umstände des Herrschaftswechsels gar nicht leicht zu platzieren sind. Eine gewisse Analogie könnte der Fall Jehus darstellen, wo ebenfalls ein regulärer Königsrahmen fehlt und die Angabe zur Regierungsdauer an anderer Stelle nachgeliefert wird (II 10,36). Eine derartige Abweichung vom üblichen Schema wie das Fehlen eines eigenen expliziten Synchronismus für Omri kann aber durchaus spätere Tra­denten veranlasst haben, einen solchen nachzutragen. Möglicherweise bietet das Ende von v. 22 mit ‫ וימלך עמרי‬sogar noch den alten Anschluss für v. 23aβ.b ‫שתים עשרה שנה בתרצה מלך שש שנים‬. Für das Errechnen des Synchronismus wurden dabei die Informationen aus v. 23aβ.b verarbeitet, aber möglicherweise so verstanden, dass beide Anga­ben zu addieren sind und die gesamte Regierungszeit Omris sich auf 18 Jahre summierte. Vom Folgesynchronismus für Ahab (38. Asa) zurückge­rechnet, läge der Regierungsantritt Omris im 21. Jahr Asas,145 nicht jedoch im 31. Jahr. Nun zeigt aber die Darstellung der Regierungszeit Asas in der Chronik, dass die relative Datierung der israelitischen Könige im Verhältnis zur Regierung Asas dort um 10 Jahre verschoben ist: Nach 2Chr 15,9 herrschte Frieden bis zum 35. Jahr Asas, im 36. Jahr Asas griff Bascha von Israel Juda an. Nach I 16,6.8 fällt der letzte Herrschaftsjahr Baschas jedoch in das 26. Jahr Asas. Sollte eine ähnliche Verschiebung um 10 Jah­re146 auch für die Festlegung des Herrschaftsantritts Omris 145  Es ist immerhin bemerkenswert, dass eine Reihe  – wenn auch später  – griechischer Handschriften, die an anderer Stelle nicht die LXXB‑Chronologie bieten, in I 16,6 den auch in LXXB und Ant zu findenden Synchronismus 20. Asa für den Regierungsantritt Elas haben. Bei vordatierender Zählung und einer siebentägigen Dauer des Simri-Putsches passt dies gut zu einer Machtübernahme Omris im 21. Jahr Asas. 146  Das Phänomen tritt häufiger auf, vgl. unten S. 81 f.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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vom 21. Jahr Asas in das 31. Asas, wie es nunmehr in I 16,23 steht, verantwortlich sein?147 Die Überlegungen müssen angesichts der begrenzten Indizien tentativ bleiben. Die Annahme einer derartigen punktuellen Einschreibung zum Nachtrag eines vermissten Synchronismus für Omri könnte aber gut die auf­fällige „semantic messiness of the narrative context“ in I 16,15 ff. verursacht haben. Wie auch immer man ihn also erklären mag, der vorliegende Text ergibt kein kohärentes Bild und ist damit geeignet, schriftgelehrte Korrektur­aktivitäten auszulösen. Auf eine solche geht die lokal begrenzte LXXB‑Chronologie in diesem Bereich zurück. Die Zahlen des antiochenischen Textes verdanken sich wohl ähnlichen Anliegen, liegen aber auf einer anderen Ebene. Beide führen damit jedoch nicht auf ein eigenständiges und älteres chronologisches System, das hinter den chronologischen Angaben im MT liegen würde. Da sie in die israelitischen wie judäischen Synchronismen gleichermaßen eingegriffen hat, setzt die in LXXB vorliegende übergreifen­de Korrektur überdies die Kompilation der israelitischen und judäischen Daten bereits voraus. 2.3.3  Punktuelle Korrekturen Neben diese weiter ausgreifenden Änderungen in der chronologischen Systematik treten eine ganze Reihe eher punktueller Korrekturen, die sich verschiedenen Interessen verdanken, nicht miteinander zusammenhängen und  – sofern dies überhaupt feststellbar ist – in ganz unterschiedlichen Epochen der Textgeschichte in die Textüberlieferung eingeflossen sind. Gelegentlich betreffen sie lokal begrenzte Zusammenhänge von Jahr­sum­men und Synchronismen, häufig sind es jedoch lediglich Veränderungen einzelner Zahlen. 2.3.3.1  Widersprüchliche Angaben innerhalb des MT a)  II 1,17: Jehoram und Joram Mit dem Synchronismus 2. Jehoram für Joram in II 1,17 ist wiederum einer der Fälle im Blick, wo im MT zwei Synchronismen für einen König über­liefert sind. 147  Auch für Tetley, Reconstructed Chronology, 139, ist 31. Asa „an aberrant synchronism from a pre-MT“, der eine Folgeerscheinung der Verkürzung von Abijas Regierungsdauer von 6 auf 3 Jahren darstelle (dazu unten Anm. 169). Die durch diese Verkürzung fehlenden 3 Jahre seien später bei Asa wieder in die judäische Chronologie eingefügt worden und hätten in der Folge zu einer Korrektur vom 27. Asa auf 31. Asa im Synchronismus I 16,23 geführt, der nicht Omris Regierungsantritt, sondern die Verlegung der Residenz nach Samaria markiert habe. Der ursprüngliche Synchronismus für den Residenzwechsel sei dabei nach I 16,15 verschoben worden (123–125). In Tetleys rekonstruierter Chronologie (vgl. a. a.O, 121) liegt Omris Regierungsantritt im 22. Jahr Asas. Das 6. Regierungsjahr, in das der Wechsel nach Samaria gefallen sei, sei nicht ganz gezählt worden, sondern war z. T. zugleich das 1. der neuen in Samaria angefangenen Zählung. Die Rekonstruktion arbeitet wie bei Tetley häufiger mit verschiedentlichen Rundungen, die immer dann eingesetzt werden, wenn die Zahlen nicht zueinander passen. So impliziert die Korrektur von 27 auf 31 eine Verschiebung von 4 Jahren, nicht 3 wie bei Abija. Für die Doppelzählung eines Jahres bei einem Residenzwechsel fehlt zudem jede Analogie.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Der Synchronismus steht im Widerspruch zur Datierung von Jorams Thronbesteigung in das 18. Jahr Joschafats in MT II 3,1 sowie LXXB II 1,18a. Dieser ist Teil der MT‑Chronologie, mit der ab hier auch die chrono­logischen Angaben in LXXB übereinstimmen. Der Synchronismus „2. Jeho­ram“ für Joram passt dagegen zu keiner der greifbaren chronologischen Systematiken, d. h. weder zu MT, noch zu LXXB oder Ant,148 und auch nicht zur Abfolge der Könige in den Königebüchern.149 Er findet sich zudem im Kontext der Todesnotiz für Jorams Vorgänger Ahasja, also in der Struktur der Königsrahmen an einer ungewöhnlichen Stelle150 und unterbricht inner­halb von v. 17 den Zusammenhang zwischen ‫וימלך‬ ‫ יהורם תחתיו‬und der Begrün­dung ‫כי לא היה לו בן‬, so dass der Bezugspunkt des Suffixes 3. mask. Sg. bei ‫ לו‬unklar wird.151 In der älteren Fassung der Königebücher vor der Einfügung der Prophetenerzählungen152 folgte auf die Todesnotiz Ahasjas direkt der Königsrahmen für Joram (II 3,1 f.), der den Synchronismus 18. Joschafat nennt. Sollte der Synchronismus 2. Jehoram in dieser frühen Phase der Literargeschichte der Königebücher bereits vorhanden gewesen sein, hätte sich ein direkter Widerspruch auf engstem Raum ergeben. E. R. Thiele153 versucht mittels folgender Annahmen beide Synchronismen miteinander zu vermitteln: – Beide Synchronismen für Joram (II 1,17: 2. Jehoram sowie II 3,1: 18. Joschafat) verweisen auf ein und dasselbe Jahr, da Jehoram als Koregent Joschafats fungierte. – Der Synchronismus 5. Joram für die Machtübernahme Jehorams (II 8,16) bezieht sich auf den Beginn seiner Alleinherrschaft nach 5 Jahren Koregentschaft mit Joschafat. – Die Jahr­sum­me 8 für Jehoram meint nur die Jahre seiner Alleinherrschaft. – Joschafat hat zu Beginn seiner Herrschaft 2–3 Jahre als Koregent Asas fungiert. (Anders lässt sich die Jahr­sum­me 25 [I 22,42] nicht erklären: Wenn die Koregent­schaft mit Jehoram in Joschafats 18. Jahr begann und 5 Jahre währte, kommt man nur zu einer Regierungsdauer von höchstens 23 Jahren.) – Die Jahr­sum­me 25 für Joschafat zählt die Zeiten der Koregentschaften und der Alleinherrschaft. – Mit dem Beginn der Alleinherrschaft Jehorams wird in Juda zur Vordatierung gewechselt. (Anders lassen sich die 8 Jahre Jehorams und das 1 Jahr Ahasjas nicht in die Jahre 5–12 bei Joram einpassen.) Koregentschaften und Wechsel der Zählweise fungieren bei Thiele als Hebel zur impliziten Korrektur der Zahlen. Begründet ist beides freilich nicht. Für den Wechsel der Zählweise liefert Thiele keine Erklärung. Während eine Überschneidung der Regierungszeiten von Joschafat und Jehoram in II 8,16 zumindest angezeigt ist, fehlt für einen analogen 148  Vgl. oben S. 62 f. mit Anm. 125. 149  So bereits Wellhausen, Zeitrechnung, 614 f. 150  Die Synchronisierung eines Todesjahrs ist bei Ela I 16,10 belegt. Es gibt aber keinen weiteren Fall, wo der Amtsantritt des Nachfolgers im Kontext der Todesnotiz des Vorgängers datiert wäre. 151  Sachlich muss sich das Suffix 3.sg. mask. hier auf Ahasja zurückbeziehen, syntaktisch ist dies durch mehrere mögliche maskuline Bezugsworte unklar. 152  Dazu unten S. 140 f. 153  Mysterious Numbers, 32.64–71.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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Vorgang bei Asa und Joschafat ein vergleichbarer Hinweis im Text.154 Selbst dann, wenn man eine entsprechende Koregentschaft voraussetzt, ergeben sich neue Fragen: Warum fließen bei Joschafat Perioden der Koregentschaft in die Jahr­sum­me ein und bei Jehoram nicht? Warum wird für den Synchronismus Jorams der Koregent herangezogen und für den Syn­chronismus Ahabs nicht, obwohl Joschafat in Thieles Modell bei Ahabs Antritt bereits als Koregent Asas fungierte? Wäre nicht zumindest eine vergleichbare doppelte Datierung zu erwarten? Sollten Schreiber, die in der Angabe der Zahlen so genau gearbeitet haben, in ihrer Darstellung so wenig konsistent sein?

Insofern spricht einiges dafür, dass es sich bei v. 17bα um eine in den Text geratene Glosse handelt.155 Möglicherweise steht sie im Zusammen­hang mit der Einfügung der Prophetenerzählungen und reagiert auf die unterschiedliche Abfolge der Ereignisse in der Darstellung der Chronik. Nach 2Chr 21,4.12 f. kann Jehorams Regierungsantritt nicht nach der Ablö­sung Elias durch Elisa liegen, da Elia noch auf den Brudermord Jehorams reagiert. In der Abfolge der Erzählungen in 2Reg sowie nach der Chrono­logie von MT und LXXB, nach der Jehoram erst im 5. Jahr Jorams an die Macht kommt, Elias Entrückung nach dem Tod Ahasjas (I 17*), aber vor der Thronbesteigung Jehorams (II 8,16 f.) berichtet wird, sind Elia und Jehoram jedoch keine Zeitgenossen. Mit der Datierung von Jorams Regierungsantritt in das 2. Jahr Jehorams ist impliziert, dass Jehoram bereits vor dem Tod Ahasjas regierte und somit noch zu Lebzeiten Elias. b)  II 9,29: Ahasjahu und Joram Für Ahasjahu sind zwei Synchronismen überliefert. In II 8,25 ist sein Regierungsantritt mit dem 12. Jahr Jorams synchronisiert, in II 9,29 dagegen auf das 11. Jahr Jorams datiert. Die Diskussion von Kombination 1 hatte gezeigt, dass der Synchronismus von II 8,25 im Kontext der judäischen Daten schlüssig ist, letztere sich aber nur mit der Annahme einer Koregentschaft von Joschafat und Jehoram und zu Lasten der überlieferten Jahr­sum­men für Ahab und Joram mit den israelitischen Zahlen vereinbaren ließen.156 So verlängert sich Jorams Regierungszeit gegenüber der überlieferten Jahr­sum­me 12 (II 3,1) de facto auf 13 Jahre. Es ist nun gut vorstellbar, dass diese Unstimmigkeit von Tradenten bemerkt worden ist.157 Geht man nämlich von der Jahr­sum­me 12 für Joram aus und ver154  I 15,23 notiert lediglich im Schlussrahmen eine Krankheit Asas, die in der Tat eine Auffälligkeit darstellt, daher zieht auch Begrich, Chronologie, 108, hier eine Koregent­schaft in Erwägung. Ein hinreichender Beleg für eine Koregentschaft ergibt sich jedoch nicht. 155  Sie ist in LXXB nicht bezeugt, wohl aber in Ant. Allerdings ist der Text hier offensichtlich überarbeitet und geglättet, wobei durch die Streichung des Synchronismus 18. Joschafat nicht nur der Widerspruch ausgeglichen, sondern auch die ungewöhnliche Reihenfolge an das übliche Schema des Königsrahmens angepasst ist; der Synchronismus steht nicht innerhalb der Todesnotiz Ahasjas, sondern im Kontext des Regierungsantritts Jorams. 156  Vgl. oben S. 40 ff. 157  Thiele, Mysterious Numbers, 35.68 f., sieht den doppelten Synchronismus dagegen als ein Resultat von Kompetenzgerangel unter judäischen Schreibern: „it provides still a … clue to the fact that at this period the Southern kingdom was in the process of shifting its method of

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

mittelt diese mit dem Umstand, dass Jorams letztes Regierungs­jahr parallel zu dem einen Regierungsjahr Ahasjahus liegt, muss letzterer folglich im 11. Jahr Jorams die Herrschaft übernommen haben. Der Syn­chronismus in II 9,29 erklärt sich daher schlüssig als nachträgliche Korrektur auf der Basis der israelitischen Synchronismen und Jahr­sum­men. Der Vers ist auch literarkritisch auffällig, schließlich findet sich dieser Synchronismus anders als II 8,25 nicht im Kontext der üblichen chronolo­gischen Angaben im Königsrahmen, sondern als eine nachgeschobene Information im Anschluss an die Begräbnisnotiz Ahasjahus in II 9,28.158 In der weiteren Textgeschichte zeigt dann insbesondere Ant Bemühun­gen den Widerspruch zwischen beiden Synchronismen auszuglei­chen: Die Mss 19, 93 und 108 gleichen nicht nur die Zahlen in II 8,25 an 9,29 an und bieten somit an beiden Stellen den Synchronismus 11. Joram. Sie tragen darüber hinaus in II 9,29 auch die Jahr­sum­me 1 aus II 8,26 ein.159 c)  II 15,30 und 17,1: Hoschea und die letzten Jahre des Nordreichs Israel Die Synchronismen der letzten Könige des Nordreiches und ihrer judäischen Zeitgenossen ergeben wie bereits oben gesehen kein stimmiges Bild, son­dern einen komplexen Befund. Im MT sind zwei Synchronismen für den Regierungsantritt Hoscheas belegt, die beide im Kontext der Nachbar­synchronismen bzw. überlieferten Jahr­sum­men Schwierigkeiten bereiten:160 Ȥ Der Synchronismus 20. Jotam (II 15,30) steht im Widerspruch zur Jahr­ sum­me 16 für Jotam (II 15,33); wenn Jotam 16 Jahre regierte, kann es kein 20. Jahr Jotams geben. Ȥ Die oben vorgelegte Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung der chronologischen Kompilation hatte plausibel gemacht, dass für Ahas ursprünglich die Jahr­sum­me 6 anzusetzen ist. Diese passt sich nahtlos in die Nachbarsynchronismen ein.161 Trifft dies zu, ist der Synchronismus 12. Ahas für Hoscheas Amtsantritt (II 17,1) ebenfalls nicht integrierbar. Der vorliegende Befund lässt sich jedoch in den Bahnen des oben vorge­stellten Erklärungsmodells für die Synchronismen herleiten. Im Hintergrund ist folgende Entwicklung denkbar – auch wenn manche Überlegungen mangels weiterer Belege tentativ bleiben müssen: reckoning from the accession- to the nonaccession-year system, with the official recorder giving it according to the new system, and with some scribe of the old school refusing to follow the innovation“. 158  Er gilt denn auch weithin als nachträgliche Zutat, vgl. Würthwein, ATD, 332; Cogan/​ Tadmor, AncB, 111, oder Fritz, ZBKAT, 53. 159  In II 8,25 weicht lediglich Ms 82 ab und nennt den Synchronismus 10. Joram. 160 In Ant und dem MT‑Ms 115 ist der Widerspruch durch die Streichung von II 15,30 aufgehoben. Die griechischen Textzeugen neben Ant stimmen hier mit dem MT überein. 161  S. oben S. 47 ff.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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1. Der Synchronismus 20. Jotam für Hoscheas Amtsantritt hängt offensichtlich mit der Jahr­sum­me 20 für Pekach zusammen. Die Datierung von Pekachs Antrittsjahr in das 52. Jahr Asarjas ist in der Textüberlieferung sicher und innerhalb der vorliegenden Kompila­tion stimmig. In der Konsequenz kann ebenfalls als gesichert gelten, dass in letzterer die Machtübernahmen von Pekach und Jotam im selben Jahr angesetzt waren, die Zählung ihrer Jahre also parallel lief. Ohne die Fragen der absoluten Chronologie hier genauer aufzu­nehmen, steht zu vermuten, dass die israelitischen Zahlen, die der Kompilation an dieser Stelle zugrunde lagen, problematisch sind. Einige knappe Hinweise müssen genügen: Die Regierungszeit Pekachs ist bekanntlich deutlich zu lang, versucht man die chronolo­gischen Daten des Königsrahmens mit den assyrischen Daten zu vermitteln. Diese erlauben für die Periode zwischen Menachem und Hoschea höchstens 7 Jahre,162 für eine 20jährige Regierungsperiode Pekachs und zuvor noch 2 Jahre der Herrschaft Pekachjas bleibt damit nicht genug Raum.163 Darüber, ob hier eine Verlesung (oder möglicherweise auch eine anders motivierte Änderung) vorliegt und wie die ursprünglichen Zahlen lauteten, kann nur spekuliert werden. Wie auch immer der ursprüngliche Synchronismus bzw. die Jahr­sum­me gelautet haben mögen,164 deutlich ist, dass beide aufeinander abgestimmt sind – sei es dass sie gemeinsam oder sukzessive geän­dert wurden. Dem Kompilator, der die synchronistische Chronologie im Königsrahmen erstellte, lagen sie aber bereits vor und wurden für die Kompilation verarbeitet – so die Jahr­sum­me – bzw. übernommen – so die synchronistische Datierung in II 15,30.165 2. Der Synchronismus 12. Ahas (II 17,1) steht seinerseits mit der Jahr­sum­me 16 für Ahas in Verbindung, welche – wie oben gezeigt – durch eine Verschrei162  Menachem ist in zwei assyrischen Quellen als Tributär Tiglatpilesers III. aufgeführt (ITP, 106–107 bzw. 68–69). Tadmor verbindet diese Zahlungen mit Tiglatpilesers 8. bzw. 10. palû, d. h. den Jahren 740 bzw. 738. Tiglatpileser beansprucht ebenfalls, Pekach ab- und Hoschea eingesetzt zu haben (ITP, Summ. 4, 15′–19′, vgl. ITP, Summ. 13, 17–18) und von letzterem Tribut erhalten zu haben (ITP, Summ. 9, rev., 9–11). Diese Zahlung fiel wahrscheinlich in das 15. palû, also das Jahr 731 (ITP, 277–278, vgl. auch Galil, Chronology, 65). 163  In den historischen Zeittafeln wird daher für Pekach üblicherweise eine kürzere Regierungszeit angesetzt, z. B. 2 Jahre: Begrich, Chronologie, 144; 4 Jahre: Hughes, Secrets, 204– 205, oder Laato, Guide, 43–48; 5 Jahre: Galil, Chronology, 65. Andere Lösungsvorschläge gehen dahin, Pekach und Pekachja zu identifizieren (so Wellhausen, Zeitrechnung, 630– 631, oder Reade, Guidelines, 5) oder ein paralleles Gegenkönigtum Pekachs anzunehmen, das während der Regierungszeit Jerobeams II, Secharjas oder Menachems einsetzte (vgl. Lewy, Chronologie, 18–19; Thiele, Mysterious Numbers, 114; Cook, Pekah, 121–135; Naʾaman, Notes, 74–82). 164  Für den Vorschlag, dass Pekachs Regierungszeit urprünglich mit 2 Jahren angesetzt und Hoscheas Amtsantritt im 2. Jahr des Ahas’ lag, vgl. Weingart, Conundrum. 165  Diese findet sich zudem im Kontext einer Putschnotiz und gehört damit zu dem Material, das direkt der chronographischen Quelle aus dem Nordreich Israel entstammt, mit dem der Kompilator gearbeitet und aus dem auch eine Reihe vergleichbarer Notizen direkt Eingang in die Königebücher gefunden haben, vgl. dazu unten S. 139 ff.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

bung aus der Jahr­sum­me 6 entstanden ist.166 Nachdem erstere von 6 auf 16 erhöht wurde, geschah ein analoger Prozess bei letzterer, wobei allerdings nicht mehr zu ermitteln ist, ob beides gleichzeitig, zeitnah oder erst im Kontext der weiteren Text­transmission geschah. Damit ergibt sich, dass die ältere Datierung für Hoscheas Machtübernahme, die in der Kompilation geboten war, den Synchronismus 2. Ahas nannte. Hier kommt also mit großer Wahrscheinlichkeit eine Reihe von sukzessiven Veränderungen auf verschiedenen Ebenen zusammen, die letztlich dazu führte, dass nunmehr zwei widersprüchliche Datierungen zu finden sind. 2.3.3.2  In der griechischen Textüberlieferung bezeugte Varianten a)  I 15,1 f.9: Abija und Jerobeam Für Abija hat LXXB die Jahr­sum­me 6. Asas Regierungsantritt ist mit dem 24. Jahr Jerobeams synchronisiert. Letztere Lesart wird  – anders als die Jahr­sum­me  – auch von Ant gestützt. Eine Jahr­sum­me für Jerobeam gibt es in LXXB wie in Ant nicht. Im MT ist für Jerobeam die Jahr­sum­me 22 und für Abija eine Regierungsdauer von 3 Jahren notiert. Der Regierungsantritt Asas liegt hier im 20. Jahr Jerobeams. Die Überlegungen zur Rekonstruktion der ursprünglichen Chronologie hatten ergeben, dass mit großer Wahr­scheinlichkeit für Abija die Jahr­sum­me 2 anzusetzen ist und die Zahl 3 sich einer punktuellen Korrektur verdankt.167 Wie verhalten sich die Daten von LXXB zum MT? Die Synchronismen für Abija und Asa in LXXB zeigen zunächst an, dass hier nachdatierend gerechnet ist; bei Vordatierung würde Abijas Regie­rungszeit bereits im 25. Jahr Jerobeams enden. Wie lang Jerobeams Regierungszeit angesetzt ist, lässt sich aus dem Synchronismus für Nadabs Amtsantritt erschließen, der in MT, LXXB sowie Ant in das 2. Jahr Asas datiert ist: In LXXB und Ant ergibt sich für Jerobeam also eine Jahr­sum­me von 26 Jahren.168 Diese Daten sind mit den folgenden chronologischen Angaben in LXXB und Ant nicht kompatibel: Ȥ Bei Nadab gibt es einen Wechsel zu Vordatierung. Ȥ Die 24 Jahre für die Regierungszeit Baschas lassen sich nicht unter­bringen, da Elas Thronbesteigung in LXXB und auch Ant bereits in das 20. Jahr Asas fällt. Bascha könnte demnach höchstens 17 (oder bei vordatierender Zählung 18) Jahre regiert haben. Die in LXXB und Ant* vorliegenden Varianten für Abija und Jerobeam stehen also ausweislich der mangelnden Stimmigkeit und der nachdatie­renden Zählweise nicht mit der LXXB‑Chronologie von Ela bis Ahab in Zusammenhang. Es 166  Vgl. oben S. 47 ff. 167  Vgl. oben S. 49 ff. 168 Bei Ant ergibt sich allerdings eine Lücke, da für Abija (wie im MT) die Jahr­sum­me 2 genannt ist.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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handelt sich um eine eher kleinräumigere Korrektur, die vermutlich dazu dient, die Regierungszeit Abijas zu verlängern.169 Einen Anlass dafür könnte das Abija-Bild der Chronik (2Chr 13) gegeben haben, wo Abija als Nachfolger des eher schwächlichen Rehabeam (vgl. 2Chr 13,7) als der erste mächtige König Judas nach der Reichsteilung gezeichnet ist,170 der sich auch gegen Jerobeam behaupten kann und diesen nachhaltig schwächt (13,20). Dieses und auch die Information, dass Abija mit 14 Frauen 38 Kinder gezeugt habe (13,21), verträgt sich kaum mit der knappen Zeit von 2 Jahren, auf die seine Regierungszeit in der MT‑Chronologie begrenzt ist. Zum Ausgleich dieser Unstimmigkeit hat man in einem Zweig der Textgeschichte, die später auf die Vorlage von LXXB hinauslief, seine Regierungszeit um 4 Jahre auf 6 verlängert und dabei gleich den folgenden Synchronismus für Asa, der nur wenige Verse weiter zu finden ist, auf 24. Jerobeam gesetzt. In welchem relativen Verhältnis diese Änderung zur LXXB‑Chronologie ab Ela steht, lässt sich nicht mehr ent­scheiden; möglicherweise war sie in der/den entsprechenden Handschriften noch nicht enthalten, so dass sich kein Widerspruch zu den Folge­ synchronismen ergab oder die Unstimmigkeit lag außerhalb des Focus derjenigen Tradenten, die an dieser Stelle Abija aufwerten wollten. b)  II 13,10: Der Regierungsantritt Joaschs Aus dem Synchronismus 23. Jehoasch und der Jahr­sum­me 17 für Joahas ergibt sich, dass der Regierungsantritt Joaschs im 39. Jahr Jehoaschs liegen muss, wie es weite Teile der LXX-Überlieferung bezeugen. Auch die Art und Weise, wie die judäischen Jahr­sum­men auf die israelitischen Zahlen bezogen sind, zeigt, dass der Synchronismus 39. Jehoasch vorausgesetzt und verarbeitet ist. Dagegen ist der im MT und wenigen griechischen Text­zeugen genannte Synchronismus 37. Joasch nicht mit dem Folgesyn­chro­nismus 2. Joasch für Amazjas Regierungsantritt vermittelbar.171 169  Tetley, Reconstructed Chronology, 120–123.130–132, plädiert für die Priorität der

LXXB‑Zahlen für Abija. Seine Regierungszeit sei in der MT‑Chronologie nachträglich auf

3 Jahre begrenzt und dabei der Synchronismus für Asas Regierungsantritt um 4 Jahre vorverlegt worden. In der Folge hätten ein ursprünglicher Synchronismus für Nadab (1. Asa) in 2. Asa, Asas Jahr­sum­me von 38 zu 41 und Baschas Jahr­sum­me von 17 auf 24 geändert werden müssen. Später sei in einem weiteren Schritt Baschas Jahr­sum­me von 17 auf 24 hochgesetzt worden (132). Tetley nennt allerdings keine Motivation für die Verkürzung von Abijas Regie­rungszeit und kann auch nicht erklären, wie der „falsche“ Synchronismus für Nadab in LXXB und Ant geraten und warum die rekonstruierten Jahr­sum­men für Asa und Bascha in keinem Textzeugen belegt sind. 170  In der Epochengliederung von Chr markiert die Herrschaft Abijas einen Höhepunkt, an den sich ein langer Niedergang bis zum Tiefpunkt bei Ahas anschließt (vgl. William­s on, Israel, 116 f.; bzw. Throntveit, When Kings Speak, 115–120). Zur Zeichnung Abijas und Rehabeams in Chr, vgl. Weingart, Stämmevolk, 141. 171  Vgl. oben S. 44 ff.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Wie ist dann aber das Zustandekommen des Synchronismus 37. Jehoasch zu erklären? Der Synchronismus 39. Jehoasch steht – wie oben gesehen – im Widerspruch zum Synchronismus 7. Jehu für Jehoaschs Thronbe­steigung; diese müsste, rechnet man zurück, im 5. Jahr Jehus liegen. Es ist also gut möglich, dass ein Tradent versuchte, die Differenz von 2 Jahren auszugleichen und den Synchronismus in II 13,10 entsprechend anpasste. Konsequenterweise hätte dann auch der Synchronismus 23. Jehoasch für Joahas (II 13,1) in 21. Jehoasch geändert werden müssen, was aber vielleicht nicht geschehen oder in den vorhandenen Textzeugen nicht erhalten ist. c)  Der doppelte Synchronismus für Hoschea in II 15,30 und II 17,1 Die oben am MT diskutierte Schwierigkeit hat verschiedenartige Ausgleichsbemühungen angestoßen, die in verschiedenen griechischen Text­zeugen greifbar sind. Es findet sich gleich ein Konglomerat von Varianten Ȥ für die Jahr­sum­me Pekachjas: Diese lautet im MT 2; Ant bzw. A lesen 10, V und eine Reihe von Minuskeln 12, Ȥ für die Jahr­sum­me Pekachs: Hier hat MT 20, einige griechische Minuskeln lesen 28, Ȥ für die Datierung von Hoscheas Regierungsantritt: Die Minuskel 82 liest hier 10. Ahas. Nicht alle lassen sich erklären. Am plausibelsten gelingt dies noch für die in Ant sowie dem Codex Alexandrinus gebotene Jahr­sum­me 10 für Pekach­ja: Nimmt man den Synchronismus Pekachja = 50. Asarja als Ausgangs­punkt, passt sie zum Synchronismus 12. Ahas für Hoschea sowie der Jahr­sum­me 16 für Ahas. Insofern geht es hier mit großer Wahrscheinlichkeit um eine nachträgliche punktuelle Korrektur, die aber bereits auf der Basis der im MT vorliegenden Zahlen geschah. ✧ Pekachja

✧ Pekach

Pekachja 10 Asarja 52 52. Asarja

✧ Hoschea Hoschea

Pekach 20 Jotam 16

Ahas 16 52. Ahas

Abb. 17: Ausgleichsversuche für den doppelten Synchronismus bei Hoschea

Versucht man die übrigen Daten zu kombinieren, könnte die Jahr­sum­me 28 für Pekach im Zusammenhang mit dem Synchronismus 10. Ahas für Hoschea in II 17,1 stehen. Geht man vom 52. Jahr Asarjas als Datum der Thronbesteigung Pekachs aus und setzt für Jotam wegen des Synchronismus in II 15,30 20 Jahre an, liegt eine Periode von 28 Jahren zwischen den Regierungsantritten Pekachs und Hoscheas, Pekach kommt also auf die Jahr­ sum­me 28. Allerdings sind die genannten Zahlen in unterschiedlichen Textzeugen belegt,172 so dass hier wohl eher eine zufällige Koinzidenz vorliegt. 172  Die Jahr­sum­me ist in den Minuskeln 55 56 75 85 344 und 407 belegt, der Synchronismus in Ms 82, das zu den Zeugen von Ant zählt.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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d)  Beispiele für Ausgleichsbemühungen in einzelnen Handschriften – Codex V Codex V (8. Jh.) zeigt in den Zahlen weite Übereinstimmungen mit dem MT (so z. B. in II 13,10) und zusätzlich gelegentlich punktuelle Korrekturen zum Ausgleich von Widersprüchen. Zu Letzteren zählt die Korrektur des schwie­rigen Synchronismus für Omri (I 16,23) von 31. Asa zu 27. Asa.173 Omris Regierungsantritt liegt zweifelsfrei im 27. Jahr Asas, womit die Problematik der doppelten Synchronismen (I 16,15 sowie 16,23) vermieden und die weitere Chronologie incl. der Jahr­sum­me 12 für Omri stimmig ist. Die Jahr­sum­men für die israelitischen Könige sind vordatierend gezählt. Daneben finden sich weitere Korrekturen in I 22,52 bzw. II 1,18: Ahasjas Regierungsantritt wird in das 19. Jahr Joschafats datiert, der Jorams in das 21. Jahr Joschafats. Der Synchronismus 21. Joschafat in II 1,18 könnte der Vermittlung mit dem Folgesynchronimus 5. Joram für Jehoram (II 8,16) dienen, der bei einer Datierung von Jorams Herrschaftsbeginn in das 18. Joschafats Schwierigkeiten macht.174 Bei einer Verschiebung in das 21. Jahr Joschafats und vordatierender Rechnung, fällt Joschafats 25. Jahr, d. h. das Jahr, in dem Jehorams Thronbesteigung liegt, mit Jorams 5. Jahr zusammen. Diese Korrektur war offensichtlich weiter verbreitet, denn sie ist neben V noch in einer Reihe von Minuskeln belegt.175 Sie passt freilich nicht zur Datierung von Ahasjas Regierungsantritt in das 17. Jahr Joschafats. Ein Versuch, diese Unstimmigkeit zu vermeiden, hat möglicherweise die nur in V überlieferte Variante in I 22,52 hervorgebracht, nach der Ahasjas Thronbesteigung in das 19. Jahr Joschafats fällt. Sie ergibt sich, zieht man die Jahr­sum­ me 2 für Ahasja vom Synchronismus 21. Joschafat für dessen Nachfolger Joram ab. Allerdings ist dann die vordatierende Zählweise, die die vorigen Korrekturen kennzeichnete verlassen. Es handelt sich eher um eine spätere Folgekorrektur, wie auch die schmalere Bezeugung anzeigt. – Minuskel 245 Die Handschrift 245, eine aus dem 12. Jh. stammende Minuskel, liefert ähnlich wie Handschrift 127 ein Beispiel für den Versuch, Inkonsistenzen in der Chronologie zu vermeiden. Ȥ 245 korrigiert wie V den Synchronismus in I 16,23 an und liest „27. Asa“ sowie den Synchronismus in II 1,18 und liest „21. Joschafat“. Ȥ Wahrscheinlich veranlasst durch die Information in II 14,17, dass Amazja nach dem Tod Joaschs noch 15 Jahre lebte, wird der schwierige Synchronismus für Asarja in II 15,1 (27. Jerobeam) in das stimmigere 15. Jerobeam geändert. 173  Zur Problematik vgl. oben S. 69 ff. 174  S. oben S. 40 ff. 175  Mss 106 107 120 130 245 554.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

Ȥ Da 245 für Menachem die Jahr­sum­me 20 hat, müssen auch die Syn­chronismen angepasst werden; daher fallen Schallums und Mena­chems Thronbesteigungen in das 30. Jahr Asarjas, damit Pekachjas Synchronismus 50. Asarja wieder stimmt. Ȥ Hiskijas Regierungsantritt rückt in das 5. Jahr Hoscheas, wie es der Synchronismus 12. Ahas für Hoschea und die Jahr­sum­me 16 für Ahas erfordern. Wie die Varianten in 245 zeigen, wurde hier jedoch kein eigenes chronolo­gisches System entwickelt, sondern eher behutsam an den Stellen geglättet, die eklatante Widersprüche aufweisen, so dass sich streckenweise stimmige Kombinationen aus Jahr­sum­men und Synchronismen ergeben.176 – Minuskel 247 Ein weiteres Beispiel findet sich in der aus dem 12. Jh. stammenden Minuskel 247. Diese bietet anders als die anderen Textzeugen, die einen Königsrahmen für Joschafat in I 16,28a überliefern, an dieser Stelle den Synchronismus 4. Ahab. LXXB und Ant haben hier 11. Omri. Bei einer Datierung von Joschafats Regierungsantritt in das 11. Jahr Omris ist die Position des Königsrahmens vor demjenigen für Ahab in I 16,29 konse­quent. Mit dem Synchronismus 4. Ahab verträgt sie sich nicht. Dieser Syn­chronismus ist aber offensichtlich eine Angleichung an die Datierung Joschafats im MT, welche zur Vermeidung eines Widerspruchs zwischen I 16,28a und 22,41 hier eingetragen wurde. Dass 247 hier eine Vorlage verarbeitet, die an dieser Stelle die LXXB‑Chronologie bot, zeigt sich nun daran, dass die Jahr­sum­me für Asa in 247 um 4 Jahre erweitert und mit 45 angegeben ist (I 15,10). Das heißt, in der Handschrift wurde der Synchronismus 11. Omri zu 4. Ahab korrigiert, was bei Vordatierung eine Verschiebung von 4 Jahren nach hinten impliziert. Eben diese 4 Jahre wurden dann ebenfalls bei der Jahr­sum­me Asas addiert. Zum Folgesynchronismus für Ahab (I 16,29) fügt sich diese Korrektur freilich nicht mehr. 2.3.4  Fehlerquellen im Überlieferungsprozess Längst nicht alle Varianten sind  – mit unterschiedlichen Graden der Plausi­ bilität  – auf bewusste Korrekturen zurückzuführen. Selbstverständlich ist im Laufe der Textgeschichte gerade im Blick auf die Zahlenüberlieferung auch mit Fehlern zu rechnen. Davon lassen sich einige als nachvollziehbare Aberrationen im Überlieferungsprozess erklären. Andere gehen auf Zufälle oder nicht mehr greifbare Umstände zurück und bleiben somit in ihrem Zustandekommen rätselhaft.177 176  Allerdings lassen sich nicht alle Varianten in 245 auf diese Weise herleiten; rätselhaft bleibt z. B., warum 245 in II 13,10 36. Jehoasch liest. 177  So könnte hinter der Jahr­sum­me 40 für Jehoram (II 8,17) in A und B z. B. Textverderbnis stehen, so dass ein Schreiber, der die ursprüngliche Zahl nicht lesen konnte, eine eigene und



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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2.3.4.1  Angleichungen der Dauer bei Kurzregierungen Die Dauer der Regierung Simris (I 16,15) ist in der Mehrheit der Textzeugen mit „7 Tagen“ angegeben. LXXB liest an dieser Stelle „7 Jahre“, woraus sich eine Reihe von Folgekorrekturen ergibt.178 Nun ist die Angabe in Jahren im Königsrahmen ungleich häufiger als Regierungsperioden von Monaten oder Tagen, so dass wahrscheinlich die ältere Lesart „Tage“ zu „Jahre“ verschrie­ben wurde. Das Phänomen begegnet in der Textüberlieferung auch bei anderen Fällen von Kurzregierungen: Für die 3 Monate des Jehoahas (II 23,31) liest die armenische Übersetzung „3 Jahre“, für Jojachin (II 24,8: 3 Monate) ist bei Hippolyt die Variante „3 Jahre“ bezeugt. 2.3.4.2  Angleichungen an andere Zahlen im Königsrahmen Für Ahas wurde oben angenommen, dass seine Jahr­sum­me ursprünglich 6 lautete und nachträglich auf 16 erhöht wurde. Diese Abweichung könnte eine der öfter belegten Zehnerverschiebungen sein (s. i. F.). Ebenso denkbar ist, dass die Verschreibung durch die nur wenige Verse vorausgehende Jahr­sum­me von 16 für Jotam (II 15,32) ausgelöst wurde. Auch für dieses Phänomen liefert die Textüberlieferung eine Analogie: Mss 52 130 lesen in II 18,2 die Jahr­sum­me 25 für Hiskija (die übrigen Textzeugen: 29). Die Variante ist wohl auch hier eine Folge einer unab­sichtlichen Angleichung an das im selben Vers genannte Lebensalter von 25 Jahren bei der Thronbesteigung. 2.3.4.3  Abweichungen um 10 Jahre Ein auffälliges Phänomen in der Zusammenschau der Varianten ist die Verschiebung um 10 Jahre. Derartige Zehnerverschiebungen179 finden sich a)  zwischen den chronologischen Angaben in den Königebüchern und jenen der Chronik: I 16,8/2Chr 16,1 Nach I 16,6.8 regiert Bascha bis zum 26. Jahr Asas. Sein Sohn Ela über­nimmt im 26. Jahr Asas die Herrschaft. möglicherweise bedeutsame Zahl eingesetzt hat. Diese Jahr­sum­me lässt sich jedoch mit den übrigen chronologischen Angaben nicht vereinbaren. Noch rätselhafter sind der Synchronismus 10. Joram (II 8,25) in Ms 82 oder der Synchronismus 13. Pekach (II 15,32) für Jotam bzw. die Jahr­sum­me 24 (II 24,18) für Zidkija in Ms 71. 178  Vgl. oben S. 62 ff. 179  Das Phänomen wurde bereits von Schedl, Textkritische Bemerkungen, in die Diskussion eingebracht, der zur Auflösung von Unstimmigkeiten der Chronologie für die letzten Jahre des Nordreiches gleich eine ganze Reihe Zahlen um 10 oder deren Vielfache verringern möchte (90–93). Er spricht diesbezüglich von „Zehnerverschreibungen“ (91).

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

In 2Chr 16,1 wird der Anfang des Krieges zwischen Bascha und Asa in das 36. Jahr Asas datiert. II 24,8/2Chr 36,9 Nach II 24,8 war Jojachin bei seiner Thronbesteigung 18 Jahre alt, laut 2Chr 36,9 8 Jahre. b)  zwischen in verschiedenen Textzeugen greifbaren Varianten: I 15,2

LXXB hat für Abija die Jahr­sum­me 6, LXXA und einige Minuskeln lesen 16.

I 15,25 MT bietet den Synchronismus „2. Jahr Asas“, die griechische Minuskel 501 hat „12. Jahr Asas“. II 15,8 MT liest den Synchronismus „38. Jahr Asarjas“, LXXV sowie die Minuskeln 92 106 120 127 130 134 314 489 554 bieten „28. Jahr Asarjas“. II 15,27 MT hat den Synchronismus „52. Jahr Asarjas“, die Minuskel 489 liest „62. Jahr Asarjas“. In den hier vorgetragenen Analysen werden Zehnerverschiebungen an drei Stellen angenommen: I 16,23 Der (nachträgliche) Synchronismus für die Machtübernahme Omris lautete ursprünglich „21. Jahr Asas“, MT hat hier „31. Jahr Asas“ (vgl. oben S. 69 ff.). II 15,1 Anstelle des Synchronismus „27. Jahr Jerobeams“ für die Machtübernahme Asarjas wird der Synchronismus „17. Jerobeams“ angenommen (vgl. oben S. 45 f.). II 16,2 Für Ahas ist die Jahr­sum­me 6 und nicht 16 anzusetzen.180 Als Ursache für diese und andere Abweichungen innerhalb der griechischen Texttradition bzw. im Gegenüber von MT und griechischem Text hat man schon früh die Verwendung von Buchstaben als Zahlzeichen vermutet, die in den griechischen Manuskripten breit belegt ist.181 In den überkommenen hebräischen 180  Bei dieser Änderung muss es sich freilich nicht um einer Zehnerverschiebung handeln, denkbar ist auch eine Beeinflussung durch die im unmittelbaren Vorkontext genannte Jahr­sum­ me 16 für Jotam (s. o.). 181  Vgl. bereits Begrich, Chronologie, 65 f.



2.3  Die Varianten in der Zahlenüberlieferung

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Handschriften findet sich dagegen bislang kein einziges Bei­spiel für Zahlzeichen bzw. für den Einsatz einzelner Buchstaben zu diesem Zweck. Zahlen werden durchgängig als Worte und voll ausgeschrieben. Vor diesem Hintergrund lässt sich möglicherweise der Wechsel von 18 zu 8, 16 zu 6 o. ä. durch den Ausfall des Zahlwortes ‫ עשרה‬erklären. Eine Verwechslung von 20 und 30 ist auf diese Weise aber kaum plausibel zu machen. Es ist freilich nicht auszuschließen, dass in früherer Zeit auch in hebräischen Manuskripten Ziffernzeichen bzw. Buchstaben als Zahlzeichen verwendet wurden.182 Althebräische Inschriften bzw. Ostraka belegen den Gebrauch hieratischer Ziffernzeichen (neben ausgeschriebenen Zahlwor­ten).183 Die Zeichen für 10, 20 und 30 ähneln sich allerdings nicht so stark, dass häufige Verwechslungen wahrscheinlich wären.184 Aus aramäischen Papyri und Inschriften sind ebenfalls Ziffernzeichen bekannt: Einer werden hier als senkrechte Striche bezeichnet, häufig in Dreiergruppen angeordnet; 10 ist durch einen waagerechten gekrümmten Strich, 20 durch einen doppelt gekrümmten Strich angegeben.185 Auch hier ist keine offensichtliche Ver­wechslungsgefahr erkennbar, allerdings weist die Gestalt der Zeichen in ihren regionalen Ausprägungen auch eine recht große Bandbreite auf. Über Spekulationen kommt man in der Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. ohne eine genauere und umfassendere Untersuchung zur Schreibung von Zahlen in den verschiedenen Papyri, Ostraka bzw. Inschriften nicht hinaus. 2.3.5  Fazit zur Untersuchung der Varianten Die Untersuchung und Diskussion der bezeugten Varianten in der Zahlen­ überlieferung zeigt ein vielfältiges Bild der Auseinandersetzung mit den z. T. widersprüchlichen chronologischen Angaben in den überlieferten Texten. Deren Unstimmigkeit wurde seit den Anfängen der Textüberlieferung wahr­genommen und veranlasste häufige, wenn auch ganz verschieden geartete sowie in ihrer Reichweite unterschiedlich tiefgreifende Ausgleichs­bemühungen. Diese reichen von der Entwicklung übergreifender chronolo­gischer Systeme, die die Unstimmigkeiten im überlieferten Zahlenmaterial weitgehend ausräumen, über Neujustierungen für begrenzte Abschnitte bis hin zu punktuellen Korrekturen, die 182  Zur Diskussion möglicher Implikationen dieser Option für die chronologischen Angaben, vgl. Tetley, Reconstructed Chronology, 133–136. 183 Vgl. HAE, 49 f. 184 Zu den in einigen hebräischen und moabitischen Inschriften gebräuchlichen hiera­ tischen Zahlzeichen für 10, 20 und 30, vgl. Wimmer, Hieratisch, v. a. die Tabellen S. 216–222. Wimmer notiert allerdings eine Verwechslungsmöglichkeit bei der Schreibung von 10 für „spätund abnorm-hieratische[.] Texte“, die in manchen älteren Publikationen als 20 gelesen und in neueren korrigiert wurde. Nach Wimmer, Hieratisch, 220, ist jedoch „hieratisch 20 ein­deutig genug im oberen Teil des Zeichens“ von dieser seltenen Sonderform für 10 unterschieden. 185  Vgl. die Tabelle bei Milik, Textes, 98.

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2.  Die Systematik der synchronistischen Chronologie

nur Einzelzahlen oder sehr begrenzte Zusammenhänge betreffen. Freilich lassen sich nicht alle bezeugten Varianten als bewusste Korrekturen oder nachvollziehbare Versehen im Laufe der Textüberlieferung erklären. Es ist auch mit Fehlern zu rechnen, die sich in ihrer Zufälligkeit gegen jede Möglichkeit der Rekonstruktion sperren. Insgesamt ist feststellbar, dass die erkennbaren übergreifenden Korrek­turen durchweg die Kombination bzw. Kompilation der israeli­tischen und judäischen Daten voraussetzen. Gleiches gilt für die meisten punktuellen Korrekturen soweit sie auf Daten aus beiden Seiten Bezug nehmen. In seltenen Einzelfällen sind in Varianten ältere Lesarten bewahrt. Insbeson­dere die These einer Priorität der LXXB- bzw. Ant-Chronologien bestätigt sich nicht. Beide bilden kein gemeinsames System. Sie lassen sich vielmehr plausibel als Korrekturversuche der bereits bestehenden chrono­logischen Kompilation aus israelitischen und judäischen Zahlen herleiten, die mit wenigen Ausnahmen im MT bezeugt ist. Es lässt sich auch kein anderes übergreifendes chronologisches System ausmachen, das im Hinter­grund der rekonstruierten chronologischen Daten stehen würde. Eingangs war die Kontrollfunktion herausgestellt worden, die der textkritischen Untersuchung der numerischen Daten für die Rekonstruktion der chronologischen Systematik zukommt, wobei es weniger um die Passgenauigkeit zu externen Daten als vielmehr um die Frage geht, welche der nicht in das chronologische System integrierbaren Daten nachvollzieh­bar als Korrekturen erklärbar sind.186 Letzteres ist für die große Mehrheit der variierenden Zahlenangaben aus den existierenden Textzeugen gelun­gen. Insofern bestätigen die Ergebnisse der textkritischen Diskussion zum einen die Auswahl jener Daten, die als ursprünglich zum System gehörig betrachtet wurden, und zum anderen die Rekonstruktion der chronolo­gischen Systematik selbst, die sich aus der Kombination jener Daten ergibt.

186  Vgl. oben S. 25 f. bzw. 58.

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven 3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient Der Zugang zu und der Umgang mit Geschichte erfolgte im Alten Orient auf mannigfache Weise und hat sich in einer Fülle unterschiedlicher Literatur­ gattungen niedergeschlagen, die jeweils mit bestimmten funktionalen Kon­ texten verbunden waren. Dieses weite Forschungsfeld steht hier nicht zur Debatte, ebenso wenig die Frage, wie sich die alttestamentlichen Ge­schichtstexte bzw. das sich in ihnen ausdrückende Verständnis von Geschichte und die Art ihrer Darstellung konzeptionell zur altorientalischen oder gar griechischen Historiographie verhalten.1 Für die hier avisierte Untersuchung der Literargeschichte des Königsrahmens scheint jedoch ein Vergleich mit chronographischen Werken vielversprechend, die in ihrer Darstellungsanlage Ähnlichkeiten zur synchronistischen Chronologie der Königebücher aufweisen. Die große Bandbreite in der geographischen und zeitlichen Provenienz der Vergleichstexte zeigt dabei sogleich an, dass es hier nicht um die Suche nach literarischen Abhängigkeiten gehen kann, sondern vielmehr um die Erhellung – insofern sich bestimmte Textbildungs­muster ausmachen lassen – gattungsgeschichtlicher Hintergründe. Der Vergleich zielt dabei vor allem auf zwei Fragestellungen, (a) allgemein auf den Charakter und die Präsentation chronologischer Daten und (b) spezieller auf die Hintergründe und die Pragmatik chronographischer Werke mit syn­ chronistischer Darstellungsanlage.2 Als chronographische Werke lassen sich in Übernahme einer Definition A. K. Graysons Texte verstehen, die einem chronologischen Darstellungs­prinzip folgen.3 In diesem Sinne sind die Königebücher zweifellos ein chronographisches Werk. Die Definition Graysons ist allerdings sehr weit gehalten und umfasst eine Fülle unterschiedlicher Texte bzw. Textgattun­gen, die z. T. wenig mit den Kö1  Vgl. dazu v. a. die Überlegungen von Blum, Anfang, und Blum, Historiographie, sowie den Überblick bei Witte, Geschichte/​Geschichtsschreibung (AT). 2  Zur Vorgehensweise vgl. etwa auch Naʾaman, Sources and Composition, oder Thomas, Hezekiah, 46–61, bzw. seine Suche nach „comparative evidence“ für die einzelnen Elemente des Königsrahmens (71–76; 103–107 u. ö.). 3  Grayson, Chronicles, 4: „By definition the word chronographic denotes documents which are composed along essentially chronological lines.“ Für einen weiteren Überblick zur übergeordneten Kategorie der „historiographical texts“, vgl. Grayson, Assyria.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

nigebüchern gemein haben. Chronographisch in diesem Sinne sind etwa auch Listen oder Darstellungen, die Personen oder Ereignisse in ihrem zeitlichen Nacheinander präsentieren, ohne letzteres durch chronologische (Zahlen-)Angaben im engeren Sinne auszuweisen, da sich die Abfolge durch implizite, z. B. genealogische Prinzipien ergibt.4 Chronographisch sind selbstverständlich auch zahlreiche Königsinschriften oder sog. „Annalen“5, in denen einzelne Könige in einer zeitlichen Abfolge die Errungenschaften ihrer Herrschaft,6 den Ablauf bestimmter eingrenz­barer Ereignisse wie z. B. Feldzüge,7 ihre Beiträge zum lokalen Kult o. ä.8 darstellen. Auch Werke, deren inhaltliche Ausrichtung nicht auf den res gestae eines Königs oder einer Dynastie liegt, sondern etwa lokal definiert9 und anderweitig sachlich focussiert10 ist, können chronographisch sein. Die genannten Beispiele belegen zwar ganz allgemein ein Interesse an chrono­logischen Daten und ihren Gebrauch als kompositionelles Mittel, sie sind allerdings von 4  In diesem Sinne sind dann auch alle Reihen von Königsnamen chronographisch, die die Namen nach ihrem zeitlichen Nacheinander anordnen, auch wenn ihre Funktionen ganz unterschiedlich sein können. Beispiele wären u. a. die königlichen Ahnentafeln aus Ägypten, die in Tempeln in Karnak und Abydos sowie in einem Grab in Saqqâra gefunden wurden (dazu ausführlich Redford, Pharaonic King Lists, 18–59; vgl. Beckerath, Chronologie, 23–28), die hethitischen „Königslisten“/Opferlisten (dazu Otten, Quellen), die ugaritische Königsliste KTU 1.113 (Kitchen, King List), die assyrischen Königslisten 10 und 11 nach der Zählung bei Grayson, Art. Königslisten, 115 f., oder die Liste der Könige der sog. Meerland-Dynastie, Babylonische Königsliste B (Rückseite), Nr. 7 bei Grayson, Art. Königslisten, 100. 5  Zur Problematik der Bezeichnung vgl. Van Seters, Search, 299 f.; Naʾaman, Temple Library, 129–134, sowie Weingart, Art. Annalen. 6  Aus den überaus zahlreichen einschlägigen Königsinschriften sei hier wegen ihrer streng durchgeführten jahrweisen Strukturierung nur auf die hethitischen Annalenwerke (CTH 4; 61; 82, vgl. Cancik, Grundzüge) oder die immer wieder ergänzten und erwei­terten Darstellungen der Regierungszeit Salmanassars III. verwiesen (dazu Yamada, Construction). 7  Ein prominentes Beispiel ist die detaillierte Berichterstattung über die 16 Feldzüge Thutmoses’ III. nach Asien im Annalensaal des Amun-Tempels in Karnak (vgl. Redford, Wars). 8  Hierfür lässt sich ebenfalls auf die in den beiden vorhergehenden Anmerkungen genannten Beispiele verweisen. Die Zehn-Jahr-Annalen Murschilis II. (CTH 61.I) sind ausweislich von Prolog und Epilog als Rechenschaftsbericht vor der Sonnengöttin gestaltet. Die Darstellung Thutmoses’ III. enthält genaue Angaben über dem Gott Amun übereignete Kriegsbeute. 9  So sind etwa aus dem Mittleren Reich in Ägypten zahlreiche sog. Tagebücher (hrwjt) bekannt, die an unterschiedlichen Institutionen wie dem Königshof, Tempeln, der Nekro­ polenverwaltung oder auch privaten Haushalten geführt wurden und tagesgenau wirtschaftliche und/oder administrative Vorgänge festhielten (dazu mit zahlreichen Text­belegen v. a. Redford, Pharaonic King Lists, 97–126). Ein etwas anders gelagertes aber ebenfalls lokal fixiertes Beispiel ist die sog. Tummal Chronik, eine Darstellung der Geschichte des Enlil-Tempels in Nippur (vgl. u. a. Glassner, Chronicles, 156–159, mit älterer Lit.). 10  Dabei kann es sich etwa um die Aufzeichnung der Höhe der Nilfluten in ägyptischen gnwt im Alten Reich handeln (zu gnwt vgl. Redford, Pharaonic King Lists, 65–96), um chronologische Zusammenstellungen von Marktpreisen (ABC 23/CM 50), von Jahren mit Mondfinsternissen („Sarostafel“ bzw. Eighteen-year Interval List: Grayson, Chronicles, 195 f.) oder aber um Texte über die Versorgung des Marduk-Heiligtums Esagila mit Fisch (Weidner-Chronik: ABC 19/CM 38) bzw. über Unterbrechungen des Akitu-Festes und auftretende Omina (Akitu Chronicle: ABC 16/CM 29 sowie Religious Chronicle: ABC 17/CM 51).



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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der literarischen Gestalt des Königsrahmens zu weit entfernt, um spezifischere Erkenntnisse zu ermöglichen. Der folgende Vergleich wird sich daher auf chronographische Werke beschränken, die die folgenden zwei Kriterien erfüllen: 1. Eine chronologische Abfolge von Herrschern fungiert als struktu­rierendes Leitprinzip für die Präsentation des Materials. 2. Die chronologische Abfolge ist entweder anhand von numerischen oder vergleichbaren Daten11 oder über eine synchronistische Ver­schränkung mit einer parallelen Abfolge von Herrschern ausgewie­sen. Wenn i. F. ganz allgemein von „chronographischen Werken“ die Rede ist, dann vor dem Hintergrund dieser Einschränkung. Zeitlich wird sich der Vergleich auf prä-hellenistische Werke konzen­trieren.12 Anhand der genannten Herrscher oder Ereignisse macht es bei chronographischen Werken in vielen Fällen vergleichsweise wenig Schwie­rigkeiten einen recht präzisen terminus a quo für die vorliegende Kopie bzw. den vorliegenden Textzeugen zu bestimmen. Für das bezeugte Werk ist natürlich stets damit zu rechnen ist, dass jüngere Werke für die Darstellung der früheren Zeit auf ältere Quellen zurückgegriffen haben oder dass es sich um kontinuierlich fortgeschriebene Werke handelt.13 Jedes der im Folgenden genannten chronographischen Werke hat seine eigene spezifische Quellenlage und eine z. T. komplexe Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte. Die einschlägigen Fachdiskussionen können und sollen hier nicht aufgenommen werden. Die folgenden Überlegungen verste­hen sich denn auch nicht als Beitrag zu diesen, sondern ordnen sich dem Frageinteresse der vorliegenden Untersuchung unter: Sie zielen darauf ab, die Art der in diesen chronographischen Werken enthaltenen chrono­logischen Daten und die Weise ihrer Darstellung zusammenzustellen und auf diese Weise zu erhellen, auf welche Konventionen bei der Entwicklung und Präsentation der synchronistischen Chronologie u. U. zurückgegriffen werden konnte, wo aber auch ihre eigenen Spezifika und möglichen Innovationen liegen. Daraus ergeben sich Implikationen zum einen für die Suche nach den chronographischen Quellen des Königsrahmens, zum anderen für die Frage nach der Pragmatik der vorliegenden Darstellung sowie ihrer mutmaßlichen Vorlagen.

11  Vergleichbar meint hier etwa einen Bezug auf die in Daten- oder Eponymenlisten fixierten Jahresbezeichnungen, die bezogen auf die jeweilige Referenzliste eine „absolute“ Datierung erlauben. 12  Nicht eingeschlossen sind daher die Königsliste aus Uruk, die Jahr­sum­men und Namen der Könige von Kandalānu bis zu Seleukos II. Kallinikos zusammenstellt (Grayson, Art. Königslisten, 97–98), die in BHCP aufgenommenen sowie darüber hinaus die ebenfalls späten Werke CM 4, 48 und 53. 13  Zum Phänomen vgl. unten S. 115 ff.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

3.1.1  Einschlägige altorientalische Vergleichstexte Aus dem breiteren Bestand an chronographischen Werken, die aus dem alten Ägypten überkommen sind, erfüllen lediglich die Königslisten beide genannten Kriterien. Für die Identifikation einzelner Jahre sind in ägyp­tischen Dokumenten zwei Systeme erkennbar, zum einen die Bezeich­nung von Jahren mittels bestimmter Ereignisse, zum anderen die Identifika­tion über die Zählung der Regierungsjahre des jeweiligen Königs. Erstere Praxis scheint die ältere zu sein, der Wechsel zur Zählung der Regierungs­jahre ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit bereits im Alten Reich erfolgt.14 Es steht also zu vermuten, dass Listen über die Abfolge der Pharaonen und ihre Regierungsperioden angefertigt und als Referenzwerke benötigt und konsultiert wurden. Allerdings ist mit dem sog. Turiner Königspapyrus (Tur) bisher lediglich ein einziges Exemplar einer derartigen Liste über­kommen.15 Das nur fragmentarisch erhaltene Dokument stammt wahr­scheinlich aus der Zeit Ramses’ II (13. Jh. v. Chr.). Erhalten sind 13 Kolum­nen, in denen zunächst mythische Herrscher (Götter, Halbgötter, Geister) und dann beginnend mit Kol. II, Z. 10, bis Kol. XIII die historischen Könige bis zur 17. Dynastie aufgelistet sind.16 Die komplexen Fragen der Zuord­nung einzelner Fragmente, der Verteilung der Formel ir.n.f. m nsyt „er verbrachte im Königtum“ vor den Zahlenangaben sowie zum Verhältnis der Überschriften und Summenangaben im Papyrus zu der Zählung der Dynastien bei Manetho müssen hier nicht aufgenommen werden.17 Auch ohne dass die Rekonstruktion in vielen Einzelfällen gesichert werden kann, sind die Struktur der Liste und die Art der aufgenommenen chronologischen Daten hinreichend klar: Genannt sind jeweils der Name des Königs sowie seine Regierungszeit in Jahren, Monaten und Tagen. Eine weiterführende Königsliste, die bis zum Neuen Reich reicht, ist nur in tertiärer Bezeugung über die in den Werken von Josephus, S. Julius Africanus, Eusebius u. a. vorliegenden Auszüge und Verarbeitungen der Werke Manethos (3. Jh. v. Chr.) greifbar.18 Manetho, nach Angaben von Plutarch und Synkel14 Vgl. Beckerath, Chronologie, 10. Belege für die Datierungspraxis liefern v. a. datierte Urkunden. Danach waren seit dem Ende des Alten Reiches, im Mittleren Reich und in der Spätzeit für die Zählung der Regierungsjahre der Neujahrstermin und Vorda­tierung maßgeblich. Im Neuen Reich und in der III. Zwischenzeit zählte man die Regie­rungsjahre vom tatsächlichen Tag der Thronbesteigung an. Deren Jahrestag markierte dann auch den Jahreswechsel. 15  Bei dem Papyrus selbst handelt es sich um die Abschrift einer Königsliste auf der Rückseite einer wohl nicht mehr benötigten Abgabenliste aus der Zeit Ramses II. (13. Jh. v. Chr.). 16  Die Datierung des Papyrus (20. Dynastie) ergibt sich v. a. aus der Abgabenliste (dazu Beckerath, Chronologie, 21). 17  Vgl. dazu die aktuellen Bearbeitungen und Diskussionen bei Redford, Pharaonic King Lists, 1–18; Helck, Anmerkungen; Beckerath, Chronologie, 19–23, oder Ryholt, Turin King-List (jeweils mit weiterer Literatur). Zum Verhältnis zu Manetho vgl. bereits Helck, Untersuchungen. 18  Für die Zusammenstellung der bekannten Abschnitte: Jacoby, Fragmente, 5–112, vgl.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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los19 ein Priester am Tempel von Heliopolis, konnte für sein Werk wahrscheinlich auf eine vorliegende Königsliste zurückgreifen, die in der Anlage der im Turiner Königspapyrus bezeugten Listentradition entsprach und diese fortsetzte. Wie im Papyrus ist auch bei Manetho die Dynastiefolge über Herkunftsbezeichnungen strukturiert, die Nummerie­rung der Dynastien ist nicht in den Aigyptiaka, sondern erst in der sekun­dären Kurzfassung, der sog. Epitomê, belegt. Schaut man nach Mesopotamien, ist die Anzahl und Vielfalt möglicher Ver­ gleichstexte ungleich größer. Die bekannten mesopotamischen chronographischen Texte wurden bereits von A. K. Grayson zusammenge­stellt.20 Er schließt allerdings auch Werke ohne spezifische Jahresangaben ein, die für die hier vorliegende Fragestellung keine Rolle spielen.21 Gleiches gilt auch für die bei Grayson ebenfalls genannten reinen Daten- bzw. Eponymenlisten (Assyrien), welche primär der Fixierung und Iden­tifikation von Jahresnamen dienten. In Babylon sind Jahresnamen für die ältere Zeit belegt, die Praxis wurde jedoch in der Periode der Kassiten­dynastie durch eine Zählung nach Regierungsjahren abgelöst. In Assyrien setzte sich die Benennung der Jahre nach hochgestellten Amtsträgern (Eponymen/limmu) langfristig durch und wurde bis in die Seleukidenzeit beibehalten. Sofern es sich bei den Dokumenten um Listen im engeren Sinn handelt, die sich auf die Aufreihung von Jahresnamen beschränken, sind sie eher als Referenzwerke denn als chronographische Darstellungen zu verstehen.22 Für den Vergleich herangezogen werden daher die folgenden aus dem mesopotamischen Bereich bekannten chronographischen Werke23:24 Waddell, Manetho. Zu den Quellen und den Problemen der Überlieferungs­geschichte Manethos s. u. a. Redford, Pharaonic King Lists, 203–230; Beckerath, Chronologie, 35–40. 19 Vgl. Beckerath, Chronologie, 35. 20  Grayson, Chronicles = ABC, eine Übersicht findet sich auf S. 5 f. Eine erweiterte Zusammenstellung incl. einiger Grayson noch unbekannter Texte bietet auch Thomas, Hezekiah, 46 f. 21  Grayson, Chronicles, 6, ordnet hier die Tummal- und Weidner-Chronik ein (vgl. oben Anm. 9 und 10), die sog. Chronicle of the Early Kings (ABC 20/CM 39–41) und das Babylonian Chronicle Fragment 1 (ABC, 190–192). In diese Kategorie gehören wohl auch die bei Glassner unter CM 42–44 firmierenden weiteren Fragmente aus der Chronicle of the Early Kings, deren Zustand aber keine Sicherheit zulässt. In der gesamten Gruppe von Texten findet sich nur eine Zahlenangabe (ABC 20, A 4): die Datierung eines Gebietsgewinns Sargons in dessen 11. Jahr. Ohne (erhaltene) chronologische Angaben bleiben auch die sog. Walker Chronicle (ABC 25/CM 46) sowie die wenigen erhaltenen Fragmente einer assyrischen Darstellung von Auseinandersetzungen mit Babylon (ABC, 184–189/CM 11–15; Glassner ergänzt in CM 15 an zwei Stellen ina lime als Abschnittseinleitung; das muss jedoch Vermutung bleiben, denn auch von dem dann zu erwartenden Eponymen fehlt jede Spur). 22  Vgl. den Überblick über erhaltene sumerische Datenlisten in Ungnad, Art. Daten­listen; zu den neuassyrischen Eponymenlisten, vgl. Ungnad, Art. Eponymen, bzw. Millard, Eponyms. Ältere Eponymen sind in der Eponymenliste aus Kültepe (Veenhof, Old Assyrian List) bzw. dem Eponymenkanon aus Mari (Birot, Chroniques) greifbar. 23  Im Wesentlichen handelt es sich dabei um als Königslisten oder Chroniken bezeichnete Texte. Die Benennung hier folgt den etablierten Bezeichnungen der einzelnen Werke, wohl wissend, dass ihre Zuweisung zu der einen oder der anderen Gattung nicht immer eindeutig ist. Die Unterscheidung von Listen und Chroniken ist denn auch Gegenstand einer recht ver-

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

I Sumerische Königsliste25: Die Komposition listet in ihrem ersten Teil Könige vor der Flut und ihre (legendarisch hohen) Jahr­sum­men, im zweiten Teil 134 Könige nach der Flut auf.26 Die Liste präsentiert das Königtum als ein durchgängiges Kontinuum, das zwar in den aufgeführten elf Königs­städten von Ort zu Ort wechselte, jedoch in einer streng chronologischen Abfolge der Dynastien.27 Die Übergänge sind jeweils formelhaft markiert und mit Summenvermerken über die Dauer der Regierungszeit in einer Stadt versehen. Die Liste schließt mit Königen der Isin I‑Dynastie28, entsprechend wird sie in das Ende des 20. Jh. v. Chr. oder in das 19. Jh. v. Chr. datiert. II  Königsliste von Lagaš29: Der sumerische Text bietet eine Parodie auf die Sumerische Königsliste,30 die Lagaš nicht erwähnt, und stellt die Geschichte der Könige von Lagaš bis zu Gudea incl. ihrer Baumaßnahmen und Erfolge dar. Chronologische Daten werden in Form von weitgehend fiktiven – und hier wohl auch fiktionalen31 – Jahr­sum­men geliefert. Die Komposition wird ebenfalls im Anfang des 2. Jt.s verortet. III  Königsliste von Ur-Isin32: Die Liste bietet eine Zusammenstellung der Jahr­sum­men und Namen von 20 Königen der Ur III- und Isin I‑Dynastien (2112–1813), entstanden ist sie vermutlich 1813/12. IV  Königsliste von Larsa33: Es handelt sich hier um eine Zusammen­stellung der Jahr­sum­men und Namen von 16 Königen von Larsa von den Anfängen bis zweigten Diskussion (einen Überblick liefert Thomas, Hezekiah, 47–50). Glassner, Chronicles, 37 f., legt eine strikte Definition vor: „[Lists] were distinguished from chronicles by the absence of prose … King lists may be clearly distinguished from chronicles in that royal names appear alone, immediately followed or preceded by the bald mention of the number of years of the king’s reign“. Legt man diese Unterscheidung an, müssten eine ganze Reihe der traditionell als Listen bezeichneten Texte, Chroniken genannt werden und umgekehrt. Letztlich lässt sich diese strikte Grenzziehung wahrscheinlich kaum durchhalten, zumal in vielen Kompositionen sowohl breitere narrative Entfaltungen als auch stereotype Auflistungen zu finden sind (besonders auffällig etwa in den Texten I, V oder VIII). 24  Die Schreibung der Namen übernimmt i. F. durchgängig die Transkriptionen bei Eder/​ Renger, Herrscherchronologien. 25  Edzard, Art. Königslisten, 77–84; Glassner, CM 1 sowie die Diskussion S. 55–70; vgl. TUAT I, 328–337. 26 Die abschließenden Summenvermerke incl. der Gesamtsumme von wahrscheinlich 28876 Jahren für beide Perioden sind trotz der recht hohen Zahl von Textzeugen (16 Kopien) nur sehr fragmentarisch belegt. 27  Glassner, Chronicles, zieht daher die von J. Krecher eingeführte Bezeichnung „Chronicle of the Single Monarchy“ vor. 28  Damiq-ilišu ist allerdings nicht in allen erhaltenen Fassungen genannt. 29  Edzard, Art. Königslisten, 84–85; CM 6 und S. 74 f. 30  Für diese Deutung grundlegend: Sollberger, Rulers, 279. 31  Noch für die näheren, d. h. vierten und fünften Vorgänger Gudeas sind die Jahr­sum­men 140 bzw. 280 gelistet. 32  Grayson, Art. Königslisten, 90. Vgl. auch George, Royal Inscriptions, 206–207, pl. LXXXV, bzw. für eine ganz ähnliche Liste Fales, Prima, 144–145. 33  Grayson, Art. Königslisten, 89; zur Rekonstruktion der Dynastien von Larsa vgl. Fitzgerald, Rulers of Larsa.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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zur Eroberung durch Babylon (2025–1738), entstanden vermutlich im letzten Drittel des 18. Jh.s v. Chr.34 V  Babylonische Königsliste B35: Gelistet sind auf der Vorderseite der Tafel Namen, Filiation und Jahr­sum­men von elf Königen der ersten Dynas­tie in Babylon (19.–16. Jh. v. Chr.). Die Rückseite nennt zehn Könige der Meerland-Dynastie, hier allerdings ohne Jahr­sum­men. VI  Babylonische Königsliste C36: Die Liste enthält Jahr­sum­men und Namen von sieben Königen der Isin II‑Dynastie.37 Die erhaltene Tafel ist wohl eine Schreiberübung, die vermutlich zur Zeit des letzten genannten Königs Mardukšāpik-zēri oder seines Nachfolgers, d. h. wahrscheinlich im 10. Jh. v. Chr. erstellt wurde. VII  Assyrische Königsliste38: Die Liste stellt die Könige Assurs seit der Vorzeit zusammen, beginnend mit 17 „Zeltbewohnern“ und zehn anhand der genannten Filiation erkennbar gegenchronologisch angeordneten „Vätern“.39 Für die folgenden sechs Könige fehlen die Jahr­sum­men, ab Irīšum I. werden diese dann durchgängig und formelhaft40 genannt. Gelegentlich finden sich Notizen zu irregulären Herrschaftswechseln bzw. unterjährigen Regierungs­zeiten. Die Liste wird ausweislich der erhaltenen Tafelenden bis zu Aššur-nērārī V. (753– 746) oder sogar Salmanassar V. (726–722) fortgeführt. VIII  Dynastic Chronicle/​Babylonian Royal Chronicle (ABC 18/CM 3): Hierbei handelt es sich um eine Liste babylonischer Könige beginnend in der vorsintflutlichen Periode, die bis zu Eriba-Marduk (8. Jh. v. Chr.) erhalten ist, aber vermutlich weiter reichte. Konzeptionell ähnelt sie der Sumerischen Königliste,41 bietet aber anders als diese auch eine Beschreibung der Flut. Für die Zeit nach der Flut werden die Namen der Könige, ihre Jahr­sum­men und eine Abfolge der Königsstädte sowie in Sum­menvermerken die Anzahl der Könige der einzelnen Dynastien festgehalten. IX  Babylonische Königsliste A42: Aufgelistet sind Jahr­sum­men und Namen babylonischer Könige vom Anfang des 2. Jt. bis in das 7. Jh. v. Chr. Für die ein34  Der letzte Eintrag schreibt Samsuiluna eine Regierungsperiode von 12 Jahren zu, ist also wahrscheinlich noch während seiner Regierungszeit von insgesamt 38 Jahren entstan­den (Grayson, Art. Königslisten, 89). 35  A. a. O., 100. 36  A. a. O., 96–97. 37  Möglicherweise fand sich ein Summenvermerk im Abschluss, der sich jedoch nicht mehr präzise bestimmen lässt. 38  Grayson, Art. Königslisten, 101–115; CM 5; vgl. TUAT NF 2, 27–30. Zu Alter und Entstehung der Liste vgl. auch Yamada, Editorial History. 39  Die Überschrift ist nicht mehr lesbar, im Summenvermerk wird die Gruppe als šarrānimeš ni ša abbūmeššununi bezeichnet. 40  Die übliche Formel lautet: X MUmeš šarruta īpušuš. 41  Glassner, Chronicles, 126 ff., ordnet die Liste daher in die Kategorie der „continuators“ der Sumerischen Königsliste ein, zu der er aus den hier diskutierten Werken auch noch die Assyrische Königsliste VII zählt. 42  Grayson, Art. Königslisten, 90–96.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

zelnen Dynastien bietet die Tafel mit horizontalen Linien abgesetzte Summenvermerke.43 X  Synchronistische Königsliste44: Die aus Assur stammende Liste ordnet die Namen der Könige von Assur und Babylon so nebeneinander an, dass ersichtlich ist, in die Amtsperiode welches Nachbarkönigs der jeweilige Amtsantritt fällt.45 Der erhaltene Abschnitt setzt mit Adasi (Assur) bzw. Iškibal (Babylon) ein, die letzten aufgeführten Könige sind Assurbanipal bzw. Kandalānu. Die Liste schließt mit einem Summenvermerk über die Zahl der Könige von Assur bzw. Babylon. Neben den Königsnamen sind gelegentlich auch die Namen von hohen Beamten (ummânu) verzeichnet.46 XI Neuassyrische Eponymenchroniken47: Anders als Eponymenlisten, die lediglich Namen und gelegentlich auch Titel der jeweiligen eponymen Beamten nennen, bieten die Eponymenchroniken zusätzlich zu den einzelnen Jahresnamen auch historische Notizen (das Ziel des im betreffen­den Jahr stattfindenden Feldzugs, Baumaßnahmen, Regierungs­antritte oder kultische Begehungen).48 In Listen wie Chroniken finden sich gelegentlich Summenvermerke zu den Regierungszeiten der Könige.49 Verbunden mit horizontalen Linien in der Abgrenzung der Regierungsperioden zeigen Letztere an, dass die Regierungsperioden als Epochen innerhalb der chronologischen Abfolge wahrgenommen wurden und als strukturbildendes Element in der Darstellung fungieren. Die Abfolge der assyrischen Eponymen ist für die Jahre 910 bis 649 v. Chr. weitgehend ge43 Mit Grayson, Art. Königslisten, 90, wird allgemein angenommen, dass die Liste für die älteren Perioden aus Datenlisten kompiliert wurde, für die spätere Zeit aber ein Zeugnis für eine kontinuierlich fortgeführte Königsliste darstellt. 44  A. a. O., 116–121. Neben der genannten Liste sind noch weitere Fragmente von Zusammenstellungen assyrischer und babylonischer Könige erhalten, dabei kann variieren, ob die Namen der babylonischen Könige in der linken oder rechten Spalte stehen bzw. ob die Namen von assyrischen und/oder babylonischen ummânu aufgeführt werden (a. a. O., 121–125). Obwohl der Erhaltungszustand keine endgültigen Aussagen zulässt, scheint es doch, dass diese Zusammenstellungen nicht im gleichen Sinne synchronistisch sind wie die genannte Synchronistische Königsliste; sie geben nämlich nicht zu erkennen, welche Könige zeitgleich regierten (dazu unten S. 113 f.). 45  Zu Struktur und Komposition der Liste vgl. auch Brinkman, History, 27–29. 46  Im erhaltenen Text ist eine einzige historische Notiz zu finden: der Aufstand gegen Sanherib in Akkad (col. iv 4 f.). 47  Millard, Eponyms, vgl. auch die frühere Bearbeitung durch Ungnad, Art. Eponymen. 48  Das charakteristische Formular setzt mit ina līme ein, darauf folgen der Name des eponymen Beamten, sein Titel und ein Ereignis (später gelegentlich auch mehr). Die meisten Textzeugen weisen horizontale Linien vor dem Eponymat eines Königs auf (zu Belegen und Abweichungen Millard, Eponyms, 12 f.). Diese grenzen die Regierungs­perioden als Epochen innerhalb der chronologischen Abfolge ab. 49  Jahr­sum­men finden sich in einer der neun bekannten Eponymenlisten (bei Millard: A7) sowie in einer der zehn bekannten Chroniken (B10). Die Liste nennt eine reine Jahres­angabe (x šanāti) im Anschluss an den Namen des letzten Eponymen vor dem Eponymat des neuen Königs. Die Chronik hat an derselben Stelle die etwas ausführlichere Formel: x šanāte Königsname šar mataššur.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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sichert.50 Die Grundlage sind neun erhaltene Quellen für Eponymenlisten und zehn Belege für Eponymenchroniken.51 XII Neubabylonische Chronik (ABC 1–7/CM 16 f., 21–27)52: Die Neubabylonische Chronik ist in einer Serie von sieben Auszügen belegt, die – soweit erhalten – die Periode von Nabû-naṣir (747–734) bis zur Eroberung Babylons durch Kyros (539) abdecken. Es steht zu vermuten, dass die zugrundeliegende Chronik weitergeführt wurde.53 Verzeichnet sind die babylonischen Könige dieser Epoche incl. ihrer Jahr­sum­men sowie wichtige Ereignisse, die in die einzelnen Regierungsperioden fallen.54 Der Focus liegt dabei auf kriegerischen Auseinandersetzungen und tlw. detaillierten Beschreibungen einzelner Feldzüge, aber auch auf kultischen Belangen wie Aussetzungen des Akitu-Fests.55 In Chronik 1 (ABC 1/CM 16) werden die Regierungsantritte und tlw. Sterbedaten von Königen von Assur und Elam anhand der Regierungsjahre der zeitgenössischen babylonischen Könige datiert. Für den Vergleich ist weiterhin ein Text heranzuziehen, der anders als die bisher angeführten Chroniken in seinem inhaltlichen Profil viel deutlicher ein bestimmtes Argumentationsziel verfolgt, mit dem Königsrahmen aber eine synchronistische Darstellungsanlage teilt: XIII  Synchronistic History (ABC 21/CM 10): Hierbei handelt es sich um eine in sich geschlossene Darstellung assyrisch-babylonischer Beziehungen seit der Zeit Puzur-Aššurs III. (15. Jh. v. Chr.) bis zu Adad-nērārī III. (810–783 v. Chr.). Die Perspektive ist assyrisch, den babylonischen Herrschern wird eine lange Reihe von Vertragsbrüchen und Grenzverletzungen zur Last gelegt, einen Verrat, den der wohl für eine Stele konzipierte Text (iv 26) künftigen Herrschern in 50  Die Erwähnung einer Sonnenfinsternis im Eponymat von Bur-Sagale, die sich astronomisch für das Jahr 763 v. Chr. nachweisen lässt, liefert den Anker für die absolute Datierung der in den Eponymenlisten verzeichneten Ereignisse bzw. Regierungszeiten. 51  Zu den Texten, vgl. die Übersicht bei Millard, Eponyms, 17–21. 52  Grayson, Chronicles, 280, ist zu fragmentarisch für eine sichere Zuordnung. 53  Eine Fortführung findet sich in den spätbabylonischen Chroniken, die zumindest ab der Regierungszeit von Xerxes I. (485–465) belegt sind: ABC 8–13a/​CM 28–30.32–34 vgl. BCHP 1–12*. 54  Die Darstellung ist dabei unterschiedlich detailreich: Chronik 1 berichtet zunächst nicht jahrweise, später dann, wie die anderen Chroniken, fast annalistisch. In die Text­familie gehören auch ähnliche Dokumente wie ABC 9/CM 28, ABC 14–16/CM 8–20 (vgl. auch CM 28, 52), die möglicherweise auf dieselbe Chronik oder auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen, aber Auszüge focussiert auf Einzelkönige oder begrenzte Abschnitte mit je eigener Aussageabsicht darstellen. 55 Die erhaltenen Textzeugen für die neubabylonische Chronik setzen mit der Regie­ rungszeit Nabû-naṣirs (747–734 v. Chr.) ein. Grayson, Chronicles, vermutet, dass in diese Periode auch der Anfang des bezeugten chronographischen Werkes fällt (12–14). Als Grundlage für die neubabylonische Chronik verweist er auf die Astronomischen Tagebücher, in denen kontinuierlich astronomische Beobachtungen festgehalten und in Beziehung zu historischen Ereignissen gesetzt wurden. Die früheste erhaltene Tafel führt in das Jahr 651/650 zurück. Unter Verweis auf Ptolemäus und Alexander Polyhistor, die den Beginn astronomischer Aufzeichnungen bei Nabû-naṣir ansetzen, sieht er hier eine Verbindung.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

mahnender Erinnerung halten soll (iv 29 f.). Die Chronik ist mittels horizontaler Linien in Abschnitte eingeteilt, die jeweils die Regierungsperiode eines assyrischen Königs betreffen.56 Allerdings werden nicht alle, sondern nur diejenigen assyrischen Könige aufgeführt, die mit Babylon zu tun hatten. Die bekannten Abschnitte behandeln Friedensverträge und Kampfhandlungen aber auch Unregelmäßigkeiten in der Thronfolge in Babylon  – z. T. unabhängig davon, ob der assyrische König zugunsten eines Thronprätendenten eingegriffen hat oder nicht. Die erhaltenen Kopien des Werkes stammen aus dem 7. Jh., A. K. Grayson datiert seine Entstehung jedoch bereits in das erste Drittel des 8. Jh.s, d. h. kurz nach Ablauf der dargestellten Ereignisse.57 In größere geographische Nähe zu Israel als die chronographischen Werke ägyptischer und mesopotamischer Provenienz führt schließlich die Königs­ liste von Tyros (KLTyr). Diese ist allerdings nur über Josephus (Contra Apionem 1:117.121–125)58 zugänglich, welcher als Quelle seinerseits auf Menander von Ephesus verweist.59 Genannt werden die Könige von Εἵρωμος (Hiram) bis zu Πυγμαλίων und ihre Lebens- und Regierungsdauer in Jahren. Der Name des jeweiligen Sukzessors eröffnet den folgenden Eintrag. Hinzu kommen kurze narrative Notizen zu irregulären Herrschafts­wechseln in drei Fällen (1:122 f.). Die fragliche Zuverlässigkeit der verwen­deten Quellen gepaart mit dem komplexen textgeschichtlichen Befund in den vorhandenen Textzeugen lassen daran zweifeln, ob die Liste historisch auswertbar ist. Nicht nur die Anzahl der Könige60 und die Rekonstruktion ihrer Namen ist umstritten, sondern erst recht die numerischen Daten, deren Gestalt in den verschiedenen Textzeugen sehr unterschiedlich ausfällt.61 Diese Probleme können hier jedoch auf sich beruhen, 56  Inhaltlich weist die sog. Chronik P (ABC 22/CM 45) gewisse Parallelen zur Synchronistic History auf. Auch hier geht es um assyrisch-babylonische Auseinander­setzungen, nun allerdings aus babylonischer Perspektive und die kassitische Periode (2. Hälfte 2. Jt.) betreffend. Die Datierung von Chronik P ist unsicher (die erhaltene Tafel stammt aus spätbabylonischer Zeit) und hängt nicht zuletzt daran, ob man die Synchronistic History als Verarbeitung von Chronik P sieht (so Grayson, Chronicles, 56) oder ein umgekehrtes Verhältnis annimmt (so Glassner, Chronicles, 278). 57  Grayson, Chronicles, 52 f. 58 Der in Contra Apionem 1:117b–120 gebotene Abschnitt zu Hiram findet sich nahezu wortgleich und ebenfalls unter Verweis auf Menander auch in Antiquitates 8:144. Contra Apionem 1:155 bietet eine weitere Liste phönizischer Herrscher  – Könige und „Richter“ (δικασται)  – für die Zeit von Nebukadnezar II. bis Kyros. Hier werden neben den Namen auch Angaben zur Regierungsdauer, aber nicht zu Lebensdaten gemacht (zur Diskussion vgl. Labow, Contra Apionem, 154–156). 59  Zur Problematik der Quellen, vgl. Dochhorn, Menander, 87–92 (mit weiterer Literatur), bzw. Lipiński, Hiram, 251–257. 60  Je nach Auswertung der Textzeugen wird in der Liste gelegentlich noch ein nicht namentlich genannter Usurpator rekonstruiert, zur Diskussion Dochhorn, Menander, 95–99. 61  So führt etwa die Addition der einzelnen Jahr­sum­men in keinem Textzeugen zu der in 1:126 genannten Summe. Eine Rekonstruktion der Daten Menanders hat bereits Niese, Contra Apionem, XI–XIII, unternommen, zur Diskussion der textkritischen Probleme vgl. Barnes,



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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da die Struktur der Liste und die Art der enthaltenen chronologischen Daten gesichert sind.62 3.1.2  Die Präsentation chronologischer Daten Nimmt man die chronographischen Werke zusammen, werden dort chrono­ logische Daten unterschiedlicher Art erfasst. Einige Angaben wie die Datie­rung des Amtsantritts, die Jahr­sum­me (Dauer einer Regentschaft), die Lebensdauer eines Regenten oder sein Alter bei Amtsantritt betreffen den einzelnen König. Andere wie die Angaben zur Anzahl der Könige oder die Jahr­sum­me von Dynastien bilden größere chronologische Abschnitte ab. Datierungen des Amtsantritts oder Todes von Nachbarkönigen verknüpfen chronologische Linien. Die Übersicht in Appendix III stellt die Kategorien und ihre Verteilung auf die einzelnen chronographischen Werke zusammen. 3.1.2.1  Darstellungsinhalte in chronographischen Werken Nur wenige der hier zum Vergleich herangezogenen chronographischen Werke beschränken sich inhaltlich auf die Mitteilung von Königsnamen und numerisch-chronologischen Daten. Das ist lediglich bei den Königslisten im engsten Sinne der Fall, d. h. dem Turiner Königspapyrus (Tur), der Ur-Isin Königsliste (III), der Königsliste von Larsa (IV ), der babylonischen Königs­liste C (VI) und den babylonischen Königslisten B und A (V, IX).63 Auch die Synchronistische Studies, 37–45; Dochhorn, Menander, 77–87; Labow, Contra Apionem, 115–124, oder Barclay, Against Apion, 72–76. 62  Man kann natürlich fragen, ob diese Elemente nicht auf Josephus selbst zurückgehen. Dagegen spricht jedoch, dass bei Josephus kein einheitliches Formular zur Präsentation von Königslisten zu erkennen ist. Signifikant ist hier insbesondere die Platzierung der Jahr­sum­me im Verhältnis zu den res gestae des jeweiligen Königs (Thomas, Hezekiah, 53 f.). Bei Hiram steht die Jahr­sum­me vor der Darstellung seiner Taten, in einer auf Manetho zurückgeführten Liste ägyptischer Könige findet sich die Jahr­sum­me nach der Darstellung der Ereignisse (Contra Apionem 1:75–89). (Das von Thomas, Hezekiah, 53, ebenfalls angeführte Beispiel aus 1:135 f., ist nicht einschlägig, da die Jahr­sum­me Nabupolassars hier in die Darstellung der Regierung Nebukadnezars II. integriert ist.) Bei den Dios zugeschriebenen Nachrichten über Hiram (Contra Apionem 1:113–115/Antiquitates 8:147 f.) fehlt die Jahr­sum­me ganz. Insofern steht mit Dochhorn, Menander, 93 f., Zwickel, Königsliste, 83, und Thomas, Hezekiah, 53, zu vermuten, dass Josephus tatsächlich Daten (auch wenn diese im Einzelnen nicht mehr rekonstruierbar sind) und Struktur aus seiner Quelle übernahm. Inwiefern diese, d. h. Menander, eine getreue Abschrift einer tyrischen Königsliste enthielt, steht freilich auf einem anderen Blatt. Für Menander ließe sich das eben für Josephus in Anschlag gebrachte Argument jedoch tentativ auf der nächsten Stufe wiederholen: Wenn die in Contra Apionem 1:155 erhaltene Liste späterer phönizischer Herrscher tatsächlich ebenfalls auf Menander zurückgeht, würde sie wegen der Unterschiede zur hier diskutierten belegen, dass auch Menanders Darstellung kein einheitliches Listenformular aufwies. Dieses könnte immerhin ein Indiz dafür sein, dass er vorliegende Listen als Quellen verwendete und diese weitgehend unverändert wiedergab. 63  Allerdings bleibt in fast allen Fällen der Darstellungseinsatz unsicher, da sowohl beim

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Königsliste (X) beschränkt sich auf die Namen der Könige, in einigen Fällen ergänzt durch die Namen von hohen Amtsträgern. Die Sumerische Königsliste (I), jene von Lagaš (II), die Assyrische Königsliste (VII), die babylonische Dynastic Chronicle (VIII) und auch die Königsliste von Tyros (KLTyr) sind, was die Einträge zu einzelnen Königen betrifft, ebenfalls eher knapp gehalten. Eine breitere narrative Einleitung, insbesondere im Falle der Sumerischen Königsliste und der Dynastic Chronicle, erlaubt hier jedoch genauere Rückschlüsse auf das Darstellungs­interesse dieser Werke: Es geht um die Präsentation des Königtums als seit Urzeiten bestehende und auf göttliche Ursprünge zurückgehende Institu­tion64 und deren stringente und v. a. lineare65 Weiterführung bis in die Gegenwart der Verfasser.66 Die das Genre parodierende Königsliste von Lagaš bestätigt dies auf ihre Weise: Zum einen in der Zeichnung der desaströsen Zustände einer Epoche, in der die Götter das Königtum den Menschen noch nicht gegeben hatten, zum anderen in der Präsentation einer kontinuierlichen Reihe der Könige von Lagaš. Die Assyrische Königsliste geht in der inhaltlichen Konzeption der Frühzeit zwar andere Wege als die drei anderen (keine Fluterzählung; die ersten Könige sind „Zeltbewohner“, während in der sumerisch-babylonischen Konzeption die Städte von Anfang an da waren) und mutet insgesamt weit weniger legendarisch an (die Jahr­sum­men gehen durchweg nicht über menschenmögliche Lebensspannen hinaus), sie teilt jedoch ebenfalls die Überzeugung, dass das Königtum von alters her bestand und ein Kontinuum bis in die Zeit der Verfasser bildet. Anders als in den oben genannten reinen Listen bieten die Einträge zu den einzelnen Königen hier gelegentlich noch zusätzliche Informationen. Anga­ben zur Filiation gehören zum vorherrschenden Formular der einzelnen Einträge, auch wenn der Vatersname durchaus nicht für alle Könige genannt ist.67 Notiert werden aber auch Besonderheiten in der Abstammung einzel­ner Könige. In der Sumerischen Königsliste (I) finden sich zudem Beinamen oder (aus moderner Sicht weitgehend legendarische) Charakteristika oder Errungenschaften, hier v. a. Baumaßnahmen oder militärische Erfolge. Turiner Königspapyrus als auch den meisten Tontafeln der mesopotamischen Königslisten die Anfänge verloren bzw. weggebrochen sind. 64  Gleiches gilt zweifellos auch für die ägyptische Königsliste, die ebenfalls bei den Göttern einsetzt. 65  Dies ist v. a. daran erkennbar, dass die Herrscherlinien in den verschiedenen Städten als ein durchgängiges historisches Nacheinander präsentiert werden, parallele Königtümer sind ausgeschlossen. 66  Zu Struktur, Pragmatik und Wirkung der Sumerischen Königsliste vgl. v. a. Glassner, Chronicles, 55–70, bzw. Gabriel, Sumerian King List, beide mit weiterer Literatur. Die Dynastic Chronicle übernimmt Anlage und Wirkabsicht der Sumerischen Königsliste, vgl. Glassner, Chronicles, 70 f. 67  In der Dynastic Chronicle sind Patronyme nur für die Könige der Meerland-Dynastie und die Bit-Basi-Dynastie gelistet. Die drei Könige in letzterer sind alle als Söhne des Basi geführt.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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Einige Beispiele mögen genügen, Vollständigkeit kann schon wegen des fragmentarischen Erhaltungszustands der Textzeugen und einiger unklarer Lesungen nicht angestrebt werden. Besonderheiten bezüglich der Filiation G68 iii 17–18 Bilgameš, dessen Vater ein Dämon war G v 31–33 Sargon, sein Pflegevater war Gärtner G vi 39–40 Maništušu, folgt seinem jüngeren Bruder Rīmuš auf den Thron69 Beinamen G iii 12 G iii 14 G iii 31 G v 36–37 G vi 19

Lugalbanda, der Hirte Dumuzi, der Fischer Meše, der Schmied Kubaba, die Schankwirtin Nannija, der Steinschneider

Taten G ii 35–37 G iii 8–9 G v 38 G vi 34

Enmen-baragesi zerstörte die Waffen Elams Enmerkar, Gründer von Uruk Kubaba festigte das Fundament von Kiš Sargon, Gründer von Akkade

In der Dynastic Chronicle (VIII) konzentrieren sich die zusätzlichen Anga­ben in den Abschnitten zur Meerland- und Bit Basi-Dynastie. Hier finden sich Notizen zu einer irregulären Machtübernahme und Angaben zu den Begräbnisstätten der Könige.70 Putschnotiz v 571

Ea-mukīn-zēri, der Usurpator, Sohn von Hašmar, regierte 3 Monate.

Begräbnisstätten v 4 Simbar-Šīpak … wurde begraben im Palast Sargons. v 6 Ea-mukīn-zēri … wurde begraben im Sumpf von Bit-Ḫašmar. v 7 Kaššu-nādin-aḫi … wurde begraben im Palast von … v 9 Eulmaš-šākin-šumi … wurde begraben im Palast von Kar-Marduk. v 11 Širiqti-Šuqamuna … wurde [begraben] im Palast von … v 14 Mār-bīti-apla-uṣur … wurde begraben im Palast Sargons.72 68  Die Angaben folgen dem bei Glassner, Chronicles, 117–125, zitierten Fragment G. 69  Neben den genannten findet sich noch die schwer zu deutende Notiz G iii 5–6: „Meskiaggašer ging ins Meer und verschwand“. 70  Da für den Usurpator anders als für die übrigen Könige als Begräbnisstätte ein Sumpf angegeben ist, hat Grayson, Chronicles, 40 f., vermutet, dass der Ort des Begräbnisses etwas über die Legitimation des jeweiligen Herrschers aussagen sollte (vgl. auch Adam, Saul, 202). Allerdings ist zu bedenken, dass wegen des fragmentarischen Zustands der Liste nicht sicher ist, ob auch für weitere Könige Begräbnisnotizen vorhanden waren und wie diese möglicherweise gelautet haben. Sicher ist immerhin, dass keineswegs für alle Könige die Begräbnisstätte festgehalten wurde. 71  Die Angaben folgen Glassner, Chronicles, 133. 72  Dieser König ist nicht mehr der Meerland-Dynastie zugeordnet, sondern in Elam verortet.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Die Königsliste von Lagaš (II) gibt als Persiflage der Gattung sehr gut zu erkennen, welche Konventionen für derartige chronographische Werke galten. Auch sie listet, wie oben notiert, die Abfolge der Könige, jeweils mit Angaben zu ihrer Filiation und legendarisch hohen Jahr­sum­men. Hier nun ist das Königtum durchgängig in Lagaš verortet, die Reihe der Könige wird als eine kontinuierliche Dynastie präsentiert. Die für die einzelnen Könige genannten – stets uneingeschränkt positiven – Informationen nennen etwa den Gott des jeweiligen Königs, beschreiben umfangreiche Baumaßnahmen, v. a. Irrigationsanlagen, Tempelbauten und Stadtbefestigungen, und betonen gelegentlich die Schreibkundigkeit73 des Herrschers. Abgesehen von militärischen Erfolgen, die hier komplett fehlen, sind damit die zentralen Topoi altorientalischer Königsideologie abgedeckt.74 Die Assyrische Königsliste (VII) ist etwas anders profiliert und in ihren zusätzlichen Informationen stärker auf Vorkommnisse fokussiert, die direkt mit der Abfolge der Könige zu tun haben. So notiert sie ebenfalls die Abstammung der Könige und macht auch diejenigen Sonderfälle ersichtlich, in denen ein Herrscher nicht von seinem Sohn abgelöst wird. Besonderheiten bezüglich der Filiation75 B ii 34–35 Šamšī-Adad, Sohn Išme-Dagans, Bruder von Šarma-Adad, Sohn von Šū-Ninua B iii 1 Enlil-nāṣir, Bruder von Aššur-nādin-aḫḫe B iii 17 Adad-nērāri, Bruder von Ārik-dēn-ili B iii 34 Mutakkil-Nusku, Bruder von Ninurta-tukulti-Aššur

Abweichungen vom Standardformular und ausführlichere Informationen gibt es jedoch v. a. in Fällen von irregulären Machtübernahmen.76 Putschnotizen B i 39–47 Šamšī-Adad, Sohn von Ila-kabkābu, ging in der Zeit von Narām-Sîn nach Karduniaš. Im Eponymat von Ibni-Adad kam Šamšī-Adad von Karduniaš herauf und nahm Ekallatum ein. 3 Jahre saß er in Ekallatum. Im Eponymat von Atamar-Ištar kam er von Ekallatum herauf, setzte Irīšum, Sohn von Narām-Sîn, vom Thron ab, nahm den Thron ein. B ii 4 Aššur-dugul, Sohn eines Niemands, kein Thronherr, übte 6 Jahre das Königtum aus. B ii 6–11 Aššur-apla-ide, Nāṣir-Sîn, Sîn-namer, Ipqi-Ištar, Adad-ṣalūlī, Adasi, 6 Könige, Sohn eines Niemands übten den Anfang eines Jahres das Königtum aus. B ii 45–46 A ššur-rabi, Sohn von Enlil-nāṣir, setzte [Aššur-šadûni vom Thron ab.] Er nahm den Thron ein. 73 Vgl. CM 6, Z. 183.192. 74  Zur assyrischen Königsideologie vgl. u. a. Maul, König, sowie die aktuellen Studien von Green, Great Works, zu den nordwestsemitischen Königsinschriften oder Salo, Königsideologie, zur Aufnahme altorientalischer Königsideologie im AT (beide mit weiterer Literatur). 75  Die Angaben folgen der bei Glassner, Chronicles, 136–145, zitierten Khorsabad-Liste B; die Übersetzung ist – sofern dort vorhanden – angelehnt an TUAT NF 2, 28–30. 76  Vgl. hierzu auch Yamada, Notes, 265*–268*.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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B iii 1 Enlil-nāṣir setzte seinen Bruder vom Thron ab. B iii 21–22 Tukultī–Ninurta lebte noch weiter, da usurpierte sein Sohn Aššur-nādin-apli den Thron. B iii 27–29 Ninurta-apil-Ekur, Sohn von Ili-ḫadda, Nachkomme von Erība-Adad, ging nach Karduniaš. Er kam von Karduniaš herauf und nahm den Thron ein. B iii 34–36 Mutakkil-Nusku, sein Bruder, kämpfte mit ihm und vertrieb ihn nach Karduniaš. Mutakkil-Nusku hielt den Thron weniger als ein Jahr und verstarb. B iv 1–4 Šamšī-Adad, Sohn von Tiglatpileser kam von Karduniaš herauf. Er vertrieb Erība-Adad, den Sohn Aššur-bēl-kalas, vom Thron. Er nahm den Thron ein.

Aus der Königsliste von Tyros ist nur ein Ausschnitt greifbar, der jedoch zumindest einige Rückschlüsse auf die enthaltenen Informationen erlaubt. Neben den chronographischen Informationen sind hier ebenfalls irreguläre Herrschaftswechsel notiert. Josephus, Contra Apionem 1:122–12377 Nach diesem [sc. Balbazeros] regierte (sein) Sohn Abdastartos, der 39 Jahre lebte, für 9 Jahre. Diesem trachteten die vier Söhne seiner Amme nach dem Leben und töteten ihn; der älteste (der Söhne), Methusastartos, (Sohn) des Leastartos, übernahm die Königsherrschaft, lebte 54 Jahre und regierte 12 Jahre.   Nach diesem regierte sein Bruder Astharymos, der 58 Jahre lebte, für 9 Jahre. Dieser wurde von seinem Bruder Phelletos beseitigt, der die Königsherrschaft übernahm und 8 Monate herrschte, 50 Jahre (aber) lebte. Diesen ermorderte Ithobalos, der Priester der Astarte, der 48 Jahre lebte und 32 Jahre regierte.

Ein längerer narrativer Abschnitt wird bei Josephus lediglich für König Hiram geboten, wobei nicht klar ist, ob Josephus’ Quelle auch für andere Könige zusätzliche Informationen enthielt, die er seinem Darstellungs­interesse entsprechend selektiv auswertete.78 Für Hiram sind Baumaßnah­men (Ausstattung und Ausbesserung von Tempeln), Kultmaßnahmen und militärische Unternehmungen (Feldzug nach Utica) notiert. Die Neuassyrischen Eponymenchroniken (XI) folgen einem anderen Ordnungsprinzip als die Königslisten: Die einzelnen Jahre und nicht die Regentschaft eines Königs konstituieren einen Listeneintrag. Daher werden hier wohl auch astronomische Ereignisse wie die Sonnenfinsternis im Jahr 763 festgehalten,79 die in den Königslisten gar keine Rolle spielen. In der Auswahl der zusätzlich zur Jahresbezeichnung gelieferten Informationen zeigt sich jedoch eine Verwandtschaft zur Assyrischen Königsliste sowie insbesondere – den hier nicht eigens diskutierten – jahrweise strukturierten Königsinschriften.80 Für die meisten Jahre wird 77  Übersetzung nach Labow, Contra Apionem, 119. 78  Zur Problematik, vgl. oben S. 94 f. 79 B156/B251. 80  Ein herausragendes Beispiel ist der sog. Schwarze Obelisk Salmanassars III. (858–824 v. Chr.), eine Kommemorativinschrift, die für jedes Regierungsjahr des Königs (palû) einen Eintrag bietet. Das fast annalistisch anmutende Raster dient hier dem für die Herr­scherlegitimation wichtigen Nachweis, dass der König in jedem Jahr einen erfolgreichen Feldzug absolvierte. Das

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

das Ziel des jährlichen Feldzugs angegeben, gelegentlich ergänzt durch weitere Angaben.81 Weitere Notizen betreffen Baumaßnahmen wie die Gründung des Nabû-Tempels durch Adad-nērārī III.82 bzw. die Errichtung von Tempeln und Palästen durch Sargon II.83 und Sanherib,84 oder religiöse Vorkommnisse wie den Einzug bzw. Auszug des Gottes von Der85, den Einzug des Gottes Nabû in seinen Tempel in Niniveh86 oder der Götter von Dur Šarrukin (Khorsabad) in ihre Tempel.87 Damit decken sich die Chroniken im Blick auf die vorherrschen­ den Topoi, militärische Unternehmungen und Baumaßnahmen, mit den neu­ assyrischen Königsinschriften. Eine letzte Gruppe von Angaben verbindet die Eponymenchroniken wiederum stärker mit der Assyrischen Königsliste: die Auflistung von Revolten88 und v. a. irregulären Machtübernahmen. Erstere sind für die Jahre 826–82089, 763–75990 und 746 notiert, wobei die Rebellion in Kalchu möglicherweise schon mit der Machtübernahme Tiglatpilesers III. zusammenhängt. Die Chronik charak­terisiert den König nicht als Usurpator o. ä., die Abfolge gibt jedoch Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Der Amtsantritt Tiglatpilesers ist für das Jahr 745 gelistet, ein Eponymat hatte er jedoch erst 743 inne.91 B174–80 Nergal-nāṣir, von Nisibin; Rebellion in Kalchu Nabû-bēlu-uṣur, von Arrapḫa; am 13. Ajar, [Tig]latpileser bestieg den Thron, [… im T]ašrit ging er nach Mesopotamien Bēl-dan, von Kalḫu; nach Namri Tiglatpileser, König von Assur, nach Arpad, Urartu besiegt hier und nicht etwa in chronographischer Genauigkeit das Darstellungsinteresse lag, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Zuordnung von Feldzügen und Regierungsjahren gelegentlich von den Angaben der Eponymenchronik abweicht und so kaschiert, dass es auch Jahre ohne größere militärische Aktivitäten gab; zur historischen Problematik und den chronologischen Unstimmigkeiten Yamada, Construction, insb. Appendix C. 81  758 Frieden im Land, 754 Rückkehr aus Assur, 743 Sieg über Urartu, 741 Arpad erobert in drei Jahren, 724 Ulluba Zitadelle erobert, 723 Kullani erobert. In den Regierungsperioden Sargons II. und Sanheribs sind die Einträge insgesamt ausführlicher (die Zuordung der Jahreszahlen folgt Millard, Eponyms). 82  Notiert für das Jahr 788 (B224/B10r17). 83  Notiert für das Jahr 706 (B6r7) in Dur Šarrukin, welches 717 von Sargon gegründet wurde (B4r5). 84  Notiert für die Jahre 704 (B6r14) und 700 (B75–B7). 85  Auszug im Jahr 831 (B411), Einzüge in den Jahren 814 (B14) und 785 (B229). 86  Notiert für das Jahr 787 (B226). 87  Notiert für das Jahr 707 (B6r5). 88  Daneben werden noch an drei Stellen Seuchen (mūtānu) notiert: 802 (B116), 765 (B154/ B249) und 759 (B160/B255). 89 B416–21; B1022–23. 90 B156–60/B251–55. Für das Jahr 758 ist dann notiert, dass Frieden im Land herrschte (B161/ B256). 91  Entsprechend hat A7 erst nach 744 die Jahr­sum­me für Aššur-nērārī. Die eine Regentschaft abschließende horizontale Linie findet sich an dieser Stelle in A2, A3 und A7. A4 hat sie bereits nach 746, sieht also hier das Ende der Regentschaft Aššur-nērārīs.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

101

Die neben Namen und chronologischen Daten in den Königslisten zu findenden Informationen lassen sich einem insgesamt überschaubaren Repertoire an Themen zuordnen. Es geht um Ȥ militärische Unternehmungen Ȥ Baumaßnahmen Ȥ irreguläre Thronfolgen Ȥ religiöse Vorkommnisse und vereinzelt Ȥ astronomische Ereignisse. Die Schwerpunktsetzungen fallen wie oben gesehen im Einzelnen unter­ schiedlich aus, sind aber im breiteren traditionsgeschichtlichen Kontext mit Grundzügen der altorientalischen Königsideologie, die auch die chronogra­ phischen Werke beeinflusst, kaum überraschend.92 Insofern verwundert es auch nicht, dass die narrativ ausführlicheren Chroniken aus dem selben inhaltlichen Repertoire schöpfen, auch wenn hier – stärker noch als in manchen Listen – eine spezifische Darstellungsintention auf die Auswahl und Präsentation des Materials durchschlägt. Die Darstellung militärischer Unternehmen nimmt auch in den Neubabylonischen Chroniken (XII) bei Weitem den größten Raum ein.93 Die Ziele der unternommenen Feldzüge sowie Erfolge und gelegentlich auch Misserfolge der einzelnen Könige werden notiert. In den früheren Chroniken 1–3 stehen die Auseinandersetzungen zwischen Babylon im Verbund mit Elam und Assyrien von der Mitte des 8. bis zum Ende des 7. Jh.s im Zentrum. Das Hin und Her von militärischen Erfolgen und Niederlagen bestimmt den überwiegenden Teil der Darstellung, verbunden mit einer genauen Aufstellung der Perioden assyrischer Herrschaft in Babylon.94 Ausweislich der späteren Chroniken 4–6 liegen die Ziele militärischer Unternehmungen dann u. a. in Urartu, Ägypten bzw. Pirindu in Anatolien. Chronik 5 verzeichnet die Eroberung Jerusalems im siebten Jahr Nebukad­nezars II. (ABC 5, r 11–13). Chronik 7 beschreibt die Eroberung Babylons durch Kyros. 92  Zu Recht insistiert Van Seters, Search, 299 f., darauf, dass es ein Anachronismus sei, für die altorientalische Geschichtsschreibung ein quasi objektiv-archivarisches Interesse anzunehmen und sie in ihrer Pragmatik von spezifischen Gebrauchskontexten oder ideologischen Interessen zu entkoppeln: „Archives are records of day-to-day business or legal transactions that were preserved because of their usefulness in the affairs of state. They were not preserved for their own sake … Anything that became part of the scribal tradition, however, was transmitted through subsequent copying for the benefit of posterity. Royal annals and commemorative inscriptions were not archival documents. Nor, on the whole, were they part of the library collections – the literary tradition. Rather, they were either monumental or votive, although some school-text copies were sometimes made of them.“ 93  Zum inhaltlichen Profil dieser und anderer babylonischer Chroniken, vgl. auch Glassner, Chronicles, 78–85. 94  Als assyrische Herrscher in Babylon sind Tiglatpileser III. (i 23.25), Salmanassar V. (i 27– 28.30), Sargon II. (ii 5), Aššur-nādin-šumi (ii 30–31) und Šamaš-šuma-ukīn (iv 33) genannt.

102

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Militärische Erfolge oder Niederlagen haben im Alten Orient immer auch eine kultische Dimension, wie an den wiederkehrenden Notizen über den Abtransport bzw. die Rückkehr von Göttern zu erkennen ist.95 Rituelle Vollzüge kommen v. a. in Bezug auf die Teilnahme des Königs am Akitu-Fest (ABC 1, ii 1′; ABC 5, 14; ABC 7, iii 8) bzw. dessen Aussetzung bei Abwesenheit des Königs in den Blick. Letzteres wird insbesondere in Chro­nik 7 bei Nabonid zum Thema (ABC 7, ii 6. 11. 20.24).96 Im Zusammenhang mit den Aussetzungen des AkituFests betont Chronik 7 aber stets die reguläre Darbringung von Opfern (ABC 7, ii 7–9. 12. 20–21.24–25, vgl. iii 17–18). Chronik 1 hat schließlich noch die singuläre Notiz, dass Šamaš den Tempel Ebabbarra im betreffenden Jahr nicht verlassen habe (ABC 1, iv 9–10). Neben militärische und religiöse Themen tritt auch in diesen chronogra­ phischen Werken der Ausweis irregulärer Thronfolgen bzw. königsloser Zeiten, sei es in Elam,97 Assur98 oder in Babylon selbst. ABC 1, i 14–18  Das 2. Jahr: [Nabu-]nādin-[zēri] wurde bei einer Revolte getötet. …

[Nabu-]šuma-ukīn, ein Statthalter, Anführer der Revolte, bestieg den Thron. … [Nabu-]mukīn-zēri, der Amukaner, setzte ihn ab und bestieg den Thron. ABC 1, iii 28 Das 8. Jahr ohne einen König in Babylon ABC 2, 14 Für ein Jahr war kein König im Land.

Angaben zu Baumaßnahmen fehlen in den erhaltenen Abschnitten der Chroniken dagegen völlig. Dies mag dem Zufall geschuldet sein. Angesichts der Tatsache, dass aber auch in den auf ähnliche Weise jahrweise strukturierten assyrischen Eponymenchroniken Baumaßnahmen überhaupt nur bei zwei Königen, Sargon II. und Sanherib, erwähnt werden, während sie in den Inschriften zahlreicher Könige eine prominente Rolle spielen, wäre aber auch zu überlegen, ob diese eher längerfristigen Projekte in einer annalistischen Darstellungsanlage schwer unterzubringen waren und daher nur selten verzeichnet wurden. 3.1.2.2  Darstellungsformulare in chronographischen Werken A. K. Grayson hat für die mesopotamischen chronographischen Texte eine Kategorisierung nach vier Gattungsmustern vorgeschlagen: Texte mit Voranstel95 Vgl. ABC 1, ii 4′–5′ die Götter des Meerlands kehren zurück; iii 2–3 bzw. 28–29 die Götter von Uruk werden von Elam geraubt und kehren später nach Uruk zurück; iii 44–45 die Götter von Der kommen nach Der; iv 17–18 die Götter von Akkad kommen aus Elam nach Akkad; iv 35–36 die Götter von Babylon kehren aus Aššur nach Babylon zurück; ABC 7, iii 10–11 bzw. 21–22 Götter werden nach Babylon gebracht und kehren an ihre Ursprungsorte zurück. 96  Grayson rekonstruiert eine vergleichbare Notiz bei Nabonassar am Anfang von Chronik 1 (ABC 1, i 1*). 97  Zu den chronologischen Angaben für Elam in ABC 1, vgl. Anhang III mit Anm. 17. 98 Vgl. ABC 1, iii 34–35: Am 20. Tag des Tebet, tötete sein Sohn Sanherib, den König von Assur, in einer Revolte.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

103

lung einer Zahlenangabe vor den Königsnamen (Kategorie A), Texte mit Voranstellung des Königsnamens vor die Zahlenangabe (Kate­gorie B), Texte ohne spezifische Zahlenangaben (Kategorie C) und synchronistische Werke (Kategorie D).99 Diese Kategorisierung ist zwar zutreffend, kann aber noch hinsichtlich der unterschiedlichen Arten von chronologischen Angaben präzisiert werden. Das Jahr des Amtsantritts Die Angabe des Jahres des Amtsantritts ist, wie der Überblick über die chronologischen Angaben in den verschiedenen chronographischen Werken zeigt (vgl. Appendix III), eher die Ausnahme als die Regel. Soll sie sich nicht nur implizit aus der Zählung der Regierungsjahre des Vorgängers ergeben, erfordert sie einen Bezug zu einer außerhalb des jeweiligen Einzeltextes liegenden Festlegung der Jahreszahlen oder -namen oder aber eine relationale Verknüpfung mit einer anderen chronologischen Abfolge.100 In den beiden chronographischen Werken, die Amtsantrittsdaten bieten, d. h. der assyrischen Eponymen- und der neubabylonischen Chronik, wird je eine der genannten Alternativen realisiert – erstere in der Eponymenchronik, letztere in der neubabylonischen Chronik. In beiden Fällen handelt es sich um Texte aus Graysons Kategorie A, d. h. mit Voranstellung der chronolo­gischen Angabe vor den Namen des Königs. So bei der allerdings einzigen erhaltenen expliziten Notiz zu einer Machtübernahme in der Eponymen­chronik: B175′–76′ [mdNabû-bēlu-uṣur a]larrapḫa: ina araḫajjāri ūmi 13kam [mTukul]ti-apil-ešarra: ina iṣkussî ittušib [Nabû-bēlu-uṣur,] von Arrapḫa: im Ajjar, am 13. Tag, [Tig]latpileser bestieg den Thron.

und ebenso in der neubabylonischen Chronik, wie das Beispiel des Humbannikaš von Elam101 zeigt: ABC 1, i 9–10 MU V dNabû-naṣir Ummanigaš ina kurElamti ina kussê ittašab Im 5. Jahr Nabonassars: Ḫumban-nikaš von Elam setzte sich auf den Thron.

99  Zu den Kategorien und ihren Charakteristika: Grayson, Chronicles, 5–7 sowie Appendix A. Unter synchronistischen Werken versteht er hier allerdings nur solche ohne numerische Angaben, d. h. die Synchronistische Königsliste und die Synchronistic History. 100  Etwas anders verhält es sich selbstverständlich mit der Angabe des Monats bzw. Tages eines Amtsantritts. Diese Datierungen finden sich häufiger (vgl. u. a. ABC 1, i 27; i 31; ABC 2, 14–15). Dies belegt, dass durchaus ein Interesse bestand, Machtwechsel (wie auch andere Ereignisse, vgl. ABC 1, ii 46–47; iii 21; iii 36–37; iv 5–6; iv 16; ABC 2, 29 u. a. m.) zeitlich präzise zu fassen. Für die unterjährlichen Angaben stand aber mit den feststehenden Monaten und der Zählung ihrer Tage eine textexterne und absolute Bezugschronologie zur Verfügung. 101  Das Datierungsformular entspricht hier den übrigen Datierungen von Amtsantritten in ABC 1, dazu Anm. 109 sowie Anhang III mit Anm. 17.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Das Datierungsformular ist hier: Jahresbezeichnung/-zählung (+ Datum)  – Name – Narrativ. Wie sachlich naheliegend, eröffnet die Datierung des Amtsantritts den auf den jeweiligen König bezogenen Abschnitt der Darstellung. Die Jahr­sum­me Alle chronographischen Werke, die herrscherbezogene numerisch-chrono­ logische Daten enthalten, führen Jahr­sum­men auf. Hierbei zeigt sich eine gewisse Variabilität hinsichtlich der Abfolge von Königsname und Zahlen­angabe. Es lassen sich jedoch bestimmte Gruppierungen feststellen: (1) Die Abfolge Jahr­sum­me – Name (bei Grayson Kategorie A) begegnet allein in akkadischen Dokumenten und auch hier nur in reinen Listen, die neben der Jahr­sum­me lediglich den Namen des Königs nennen und keine weiteren Informationen in den einzelnen Einträgen bieten (III, IV, VI, IX).102 Die einzelnen Einträge konstituieren in diesen Fällen keine Sätze. (2) Letzteres unterscheidet die genannten vier von allen übrigen Listen, die, selbst wenn sie äußerst knapp gehalten sind, innerhalb der einzelnen Einträge eine narrative Grundstruktur aufweisen. Diese kann sich auf die Aussage beschränken, dass der Genannte als König regierte. Exemplarisch sei hier auf das wiederkehrende Formular der Assyrischen Königsliste (VII)103 verwiesen: B ii 12–15 mBēl-bāni mār mAdasi 10 MUmeš šarruta īpuš Belbani, der Sohn Adasis, regierte 10 Jahre. mLibāja mār mBēl-bāni 17 MUmeš šarruta īpuš Libaja, der Sohn Belbanis, regierte 17 Jahre.

Ein analoges Formular bietet auch der Turiner Königspapyrus. Treten noch weitere Informationen hinzu, wie in den sumerischen Texten (I, II) oder der babylonischen Dynastic Chronicle (VIII), ist der narrative Charakter noch stärker ausgeprägt. In all diesen Dokumenten ist die Abfolge Name – Jahr­sum­me (Graysons Kategorie B). Vergleichbar strukturiert ist auch die Königsliste von Tyros, insofern die griechische Wiedergabe bei Josephus diesbezüglich der Vorlage treu bleibt. (3) Etwas komplexer ist der Befund naturgemäß in einer ausführlicheren Darstellung wie der Neubabylonischen Chronik (XII). Hier entsprechen die 102  Eine Ausnahme bildet die Babylonische Königsliste B (V ): Hier ist die Abfolge Name – Jahr­sum­me, wobei Jahr­sum­men allerdings nur auf der Vorderseite der Tafel stehen. Die Rückseite bietet nur Namen. Zusätzlich zu den Namen finden sich Angaben zur Filiation, auch dieses aber nur auf der Vorderseite durchgängig, auf der Rückseite nur für zwei von elf Königen. Die Jahr­sum­men selbst sind fast durchgängig falsch, so dass schon Poebel, Use, 111, bzw. Feigin, Date List, 140 f., vermuteten, die Zahlen seien in der Vorlage beschädigt oder gar nicht vorhanden gewesen und vom Schreiber der Tafel kompiliert bzw. ergänzt worden. Das könnte das abweichende Formular erklären. 103  Zu Formeln und Terminologie in der Assyrischen Königsliste, vgl. bes. Yamada, Notes.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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Angaben zum Regierungsantritt (s. o.) und zur Regierungsdauer Graysons Kategorie A, vgl. die Formulierung für die einzige erhaltene Jahr­sum­me in ABC 5: ABC 5, r 9 XXI MU.AN.NAmeš mdNabû-apla-uṣur šarrut Bābiliki īpuš 21 Jahre war Nabopolassar König von Babylon.

Gleiches gilt für die Jahr­sum­menangaben in der Neuassyrischen Eponymenchronik (XI):104 B 10r35 [.] šanāti Šulmanu-ašarēd šar mātaššur … Jahre war Salmanassar König von Assur.

Gleichzeitig stehen diese Notizen aber in beiden Werken jeweils am Ende des Abschnitts für den betreffenden König; anders als bei den Listen unter (1) eröffnet die Angabe der Jahr­sum­me nicht den Eintrag des einzelnen Herrschers, sondern schließt ihn ab. Letzeres gilt für alle diskutierten chronographischen Werke, die stellen­weise oder durchgängig zusätzliche Informationen zu den gelisteten Köni­gen enthalten (zu den Inhalten s. o.). Die Nennung der Regierungsdauer steht am Ende des Abschnitts für den einzelnen Herrscher. Lediglich eine Angabe zur Begräbnisstätte (VIII) oder eine Todesnotiz (XII) können noch folgen, bevor die Regierungsperiode des Nachfolgers in den Blick kommt. Eine mögliche105 Ausnahme zu dieser Regel bildet (neben dem Königsrahmen in I–II Reg) die Königsliste von Tyros. Hier rücken die numerischen Angaben zur Regierungs- und zusätzlich zur Lebensdauer des jeweiligen Königs vor die Darstellung von den einzelnen König betreffenden Details: Josephus, Contra Apionem 1:117b–118 τελευτήσαντος δὲ Ἀβιβάλου διεδέξατο τὴν βασιλείαν αὐτοῦ ὁ υἱὸς Εἴρωνος ὅς βιώσας ἔτη νγ´ ἐβασἰλευσεν ἔτη λδ´ οὗτος ἔχωσε τὸν εὐρύχωρον τόν τε χρυσοῦν κίονα τὸν ἐν τοῖς τοῦ Διὸς ἀνέθηκεν … Als aber Abibalos gestorben war, übernahm sein Sohn Hiram die Herrschaft, der 53 Jahre lebte und 34 Jahre regierte. Dieser ließ um den weiten Platz aufschütten und stellte die Säule des Zeus auf … 1:122 μετὰ τοὺτον Ἀβδάσταρτος υἱὸς βιώσας ἔτη λθ´ ἐβασίλευσεν ἔτη θ´ τοῦτον οἱ τῆς τροφοῦ αὐτοῦ υἱοὶ τέσσαρες ἐπιβουλεύσαντες ἀπωλεσαν … Nach diesem regierte sein Sohn Abdastartos, der 39 Jahre lebte, für 9 Jahre. Diesem trachteten die vier Söhne seiner Amme nach dem Leben und töteten ihn …

104  In A7, dem Textzeugen der Eponymenliste, der Jahr­sum­men bietet, beschränkt sich die Angabe auf die Ziffer gefolgt von šanāti. 105  Zur Problematik der Liste vgl. oben S. 94 f.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Abgesehen von Hiram, bei dem eine ausführlichere Beschreibung von Bau­ maßnahmen, rituellen Maßnahmen und Feldzügen auf die numerischen Angaben folgt, thematisieren die Zusatzinformationen für die folgenden Könige, sofern sie überhaupt vorhanden sind, durchgängig die Tötung der amtierenden Herrscher durch diverse Usurpatoren, also Informationen, die in Analogie zu den regulär hinter die Jahr­sum­me tretenden Todesnotizen stehen. Auch bei Hiram schließt eine Todesnotiz und die Nennung des Nachfolgers (1:121: τελευτήσαντος Εἴρωνου διεδέξατο τὴν βασιλείαν Βαλβάζερος υἱός) den Eintrag ab. Die Platzierung des längeren narrativen Abschnitts zwischen Jahr­sum­ me und Todesnotiz ist jedoch bemerkenswert. Mit der Nennung der Lebensdauer der einzelnen Könige geht diese Liste aber auch in einem weiteren Punkt eigene Wege. Genauso wie im Falle der Darstellungsinhalte chronographischer Werke zeigt sich auch in ihren Formularen bzw. in der Abfolge einzelner Elemente eine beachtliche Variabilität, die allerdings nicht beliebig ist, sondern sich im Rahmen bestimmter Erfordernisse und Vorgaben bewegt. Diese sind zum einen sachlicher Art und ergeben sich aus der Art der Daten bzw. den zur Verfügung stehenden Methoden der Jahresbestimmung. Zum anderen folgen sie aus den syntaktischen Erfordernissen und formalen Konventionen der jeweiligen Sprache. Dieses schlägt umso stärker durch, je größere der Anteil narrativer Elemente ist. Eine Liste, die nur Namen und Zahlen kombiniert, ist in der Auswahl der Anordnung viel weniger festgelegt als eine, die die einzelnen Einträge als Sätze formuliert und damit ganz grundlegend an sprachspezifische Vorgaben der Satzstellung gebunden ist. Zudem können sich sprachliche Muster wie etwa etablierte Datierungskonventionen in Urkunden o. ä. auf die Formulare chronographischer Werke auswirken.106 Schließlich kommen noch werkspezifische Einflussfaktoren hinzu. Das gilt zum einen für die kohäsionsstiftende Gleichförmigkeit von Einträgen, die für die meisten chronographischen Werke charakteristisch ist.107 Zum anderen betrifft es aber auch die stellenweise Erfordernis, diese zu durch­brechen. Dass zum Beispiel von den beiden syntaktischen Möglichkeiten, bei der Angabe der Jahr­ sum­me einmal den Namen und einmal die Zahlen­angabe voranzustellen, in der Neuassyrischen Eponymenchronik anders als etwa in der Assyrischen Königsliste die Abfolge Zahl  – Name gewählt wurde, mag damit zusammenhängen, 106  Vgl. für die ägyptische Praxis Beckerath, Chronologie, 10 f., für die mesopo­tamische vgl. die Sammlung von Urkunden bei R adner, Privatrechtsurkunden, bzw. die Untersuchungen von Schneider, Zeitbestimmungen. Datierungsmethode und -formular in Urkunden und chronographischen Werken weichen nicht signifikant voneinander ab. Zu Datierungsformularen in israelitischen Ostraka, vgl. unten S. 152, Anm. 262. 107  Michalowski, History, 243, betont am Beispiel der Sumerischen Königsliste den kumulativen Effekt der ständigen Wiederholungen für die legitimatorische Wirkabsicht der Komposition. Die Struktur ist seines Erachtens sogar wichtiger als der konkrete Inhalt: „In this instance structure is meaning and therefore the details are of little importance.“



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

107

dass der Eintrag als ein besonderer, d. h. die übliche Abfolge der Einzeljahr-bezogenen Einträge unterbrechender markiert werden musste. In der Eponymenchronik beginnt jeder Eintrag mit einem Namen, die Voranstellung der Zahl kennzeichnet daher die Unter­brechung des Schemas. 3.1.3  Synchronistische Darstellungen, ihr Ort und ihre Pragmatik Chronologische Auskünfte zu Nachbarkönigen finden sich v. a. in drei meso­ potamischen chronographischen Werken, der Neubabylonischen Chronik (XII), der sog. Synchronistic History (XIII) und – wenn auch ohne nume­rische Daten – in der Synchronistischen Königsliste (X). Die chronologische Verortung anderer Herrscher macht eine Darstellung freilich noch nicht zu einem synchronistischen Werk im engeren Sinne, d. h. einer verschränkten oder zumindest parallelen Darstellung der Geschichte108 zweier oder mehrerer Reiche. Dies zeigt sich deutlich am Beispiel der Neubabylonischen Chronik. Hier sind gleich drei Herrscherchronologien verbunden  – jene in Babylon mit jenen von Assur und Elam, wobei ab Tiglatpileser III. die assyrischen Herrscher in Personalunion zum Teil auch Könige von Babylon waren. Für alle Könige von Assur sind Datierungen zur Machtübernahme in Assur und – sofern sie nicht zeitgleich erfolgte – in Akkad/​Babylon sowie die Jahr­sum­men notiert.109 Gleiches gilt für die Könige von Elam, auch ihre jeweiligen Machtübernahmen und Jahr­sum­men sind festgehalten.110 Dazu kommen in beiden Fällen Einzelheiten zu irregulären Machtwechseln, wie die Ermor­dung Sanheribs (ABC 1, iii 34– 35) oder die verschiedenen Putsche in Elam. Aus den in der Neubabylonischen Chronik enthaltenen numerischen Daten lassen sich die drei Chronologien für 108  Das gilt ganz unabhängig davon, wie detailreich oder thematisch selektiv diese ausfallen mag. 109  i 1 Tiglatpileser III. 1. Jahr des Nabû-nāṣir: Thronbesteigung in Assyrien i 23 3. J. Nabû-mukīn-zēri: Thronbesteigung in Babylonien i 24–26 2. J. Tiglatpileser: Tod, Jahr­sum­me für Assur (18) und Akkad (2) i 27–28 Salmanassar V. 2. J. Tiglatpileser: Thronbesteigung in Assur und Akkad i 30 Jahr­sum­me (5) für Akkad und Assur i 31 Sargon II. 5. J. Salmanassar: Thronbesteigung in Assur ii 5 12. J. Marduk-apla-iddin: Thronbesteigung in Babylon … Lücke … [Sanherib] ii 23 setzt Bēl-ibni in Babylon ein iii 34–35 8. J. ohne König: Ermordung, Jahr­sum­me [24] iii 38 Asarhaddon Thronbesteigung in Assur iv 30–32 12. J. Asarhaddon: Tod, Jahr­sum­me (12) iv 33 Assurbanipal 12. J. Asarhaddon: Thronbesteigung in Assur Der Abschnitt zur Machtübernahme Sanheribs ist nicht erhalten, daher fehlt auch die Jahr­sum­ me für Sargon II. 110  Vgl. dazu Anhang III mit Anm. 17.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

die dargestellte Epoche erschließen, wobei sich über die relativen Bezüge ein weitgehend widerspruchsfreies chronologisches System ergibt.111 Babylon

Assur

3112 Tiglatpileser III. (18/2) 4 5      + 9     + 9      + 9 Nabû-nādin-zēri (2) 14/0 1 Nabû-šuma-ukīn/ 2/0 Nabû-mukīn-zēri (3)      + 3     + 3     + 3 Tiglatpileser 3/0 1 Salmanassar V. 2/0 Salmanassar V.      + 5     + 5     + 5 Marduk-apla-iddin 5/0 Sargon II      + 5     + 5     + 5 5      + 7     + 7     + 7 Sargon 12 Sargon → Babylon … [Sanherib] [Bēl-ibni]      + 3     + 3     + 3 Aššur-nādin-šumi 3/0 1

Nabû-nāṣir (14)

Elam 0113 1 2 Ḫumban-nikaš [23]

0

11 12 13

9 10 11

16 17 18

14 15 16

0

21

5

Šutruk-Naḫḫunte (18) 26/0

12

7

Hallušu-Inšušinak (6)

17 18/0

111  Die Zusammenstellung der Daten belegt durchgehend Nachdatierung. Die Zahlen sind weitgehend konsistent bis auf zwei Ausnahmen im Schlussabschnitt der Daten für Elam, die beide mit spezifischen Problemlagen zusammenhängen: Für den elamitischen König Ḫumban-nimena ist die Jahr­sum­me 4 genannt (iii 26), die Synchronismen mit den Regierungsjahren Mušēzib-Marduks (iii 1.15–16: Thron­bestei­gung Ḫumban-nimenas im 1. Jahr Mušēzib-Marduks; iii 18.27: Tod Ḫumban-nimenas und Thronbesteigung Ḫumban-ḫaltaš I. im 4. Jahr Mušēzib-Marduks) lassen nach dem Akzes­sionsjahr jedoch nur eine dreijährige Regierungsdauer zu. Allerdings geht sowohl auf babylonischer wie auf elamitischer Seite eine Periode sehr kurzer z. T. unterjähriger Regierungszeiten voraus und es ist nicht sicher, ob die Machtübernahme von Ḫumban-ḫaltaš I. nach dem Tod seines Vorgängers im Adar des 4. Jahres Mušēzib-Marduks erfolgte. Insgesamt ist die Zählung hier unsicher. Für Ḫumban-ḫaltaš II. ist die Jahr­sum­me 5 genannt (iv 12), die Synchronismen legen eine Regierungsdauer von sechs Jahren nahe. Auch hier gibt es eine Unregelmäßigkeit, die sich auf die Zählung auswirken kann. Die Machtübernahme Asarhaddons ist in die letzten Tage des Adar (iii 38) also sehr nahe an den Jahreswechsel datiert. Zudem geht für Babylon eine Periode voraus, die als „Jahre ohne König“ gezählt wird. Ob und wie hier von den Autoren der Chronik ein Akzessionsjahr angesetzt wurde, ist kaum noch zu beurteilen. In jedem Fall ergeben sich Auswirkungen für die relative Zuordnung der Regierungsdaten für Elam. 112  Die Zahlen geben die gezählten Regierungsjahre des jeweiligen Königs an. 113  Mit 0 ist das Akzessionsjahr gezählt.

3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient



Babylon

Assur

Elam

     + 5     + 5     + 5 Nergal-ušēzib 6/0 Mušēzib-Marduk 1/0 1      + 2     + 2     + 2 4/0      + 8     + 8     + 8 8/0 Asarhaddon      + 6     + 6     + 6 6      + 6     + 6     + 6 Šamaš-šuma-ukīn 12/0 Assurbanipal

109

5 Kudur-Naḫḫunte 6/0 (10 Mon.) Ḫumban-nimena (4)114 1/0 Ḫumban-ḫaltaš I. (8)

3/0

0

Ḫumban-ḫaltaš II. (5)114 8/0

6

Urtaki

6/0

12/0

Trotz dieser Fülle chronologischer Bezugnahmen bleibt die Neubabylo­nische Chronik ganz grundlegend eine Darstellung der Geschichte Babylons und ist gerade kein synchronistisches Werk, das das Geschick der drei ange­sprochenen Größen Babylon, Assur und Elam nachzeichnen soll und will. Dies zeigt sich v. a. an zwei Aspekten, einem strukturellen und einem inhalt­lichen: (a) Die Struktur der Darstellung basiert durchgängig auf der Abfolge und Zählung der Regierungsjahre der Herrscher in Babylon. In diese Struktur sind alle geschilderten Vorkommnisse eingehängt und über die Zuordnung zu bestimmten Regierungsjahren chronologisch verortet. Das gilt ebenfalls und ohne Ausnahme für die ‚synchronistischen‘ Datierungen der Regie­rungsantritte oder Ablösungen von Königen in Elam und Assur. Diese bilden eine spezifische Klasse von Vorkommnissen, die innerhalb der Darstellung der Regentschaften der Könige von Babel zu berichten sind, der Focus bleibt aber durchgängig bei den babylonischen res gestae. Besonders auffällig ist in dieser Hinsicht die chronologische Verortung des Thron­wechsels in Elam von Ḫumban-ḫaltaš I. zu Ḫumban-ḫaltaš II. (ABC 1, iii 30–33) und der Ermordung Sanheribs (ABC 1, iii 34– 35), in das 8. Jahr der Zeit ohne König in Babylon (iii 28). Auch ohne König wird die Zählung der Regierungsjahre in Babylon als strukturelle Basis beibehalten. Zudem werden die Jahre, in denen Sargon II. in Personalunion als König von Babylon amtierte, weiter nach den Regierungsjahren des zwischenzeitlich abgelösten Marduk-apla-iddin II. gezählt (ABC 1, ii 1′.3′.4′). (b) Inhaltlich konzentriert sich die Darstellung auf militärische Aktivi­täten und religiöse Vorkommnisse die Babylon selbst betreffen oder zumindest direkten Einfluss auf sein Geschick haben wie etwa den Kampf Ḫumban-nikašs I. gegen Sargon II., an dem sich Marduk-apla-iddin II. beteili­gen wollte (ABC 1, i 33–37) oder die Auseinandersetzungen San­heribs mit Elam (ABC 1, ii 36–38), die zu instabilen Herrschafts­verhältnissen in Babylon (Absetzung Aššur-nādin114  Zu den Unstimmigkeiten zwischen Jahr­sum­me und Synchronismen vgl. oben Anm. 111.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

šumis, Einsetzung und Gefangennahme Nergal-ušēzibs innerhalb eines Jahres) führten. Obwohl die Geschichte Babylons und Assurs in dieser Periode so eng verflochten ist, werden nicht gegen Babylon selbst gerichtete Aktivitäten der assyrischen Könige ledig­lich für diejenigen Jahre berichtet, in denen sie in Personalunion als babylonische Herrscher fungierten. So sind z. B. die Ziele der jährlichen Feldzüge oder ihr Ausbleiben unter Sargon II. für die Periode nach seiner Machtübernahme in Babylon aufgezählt, nicht aber für die Zeit davor (ABC 1, ii 1′–7′). Strukturell wie inhaltlich kommen hier also die elamitische oder assy­rische Geschichte nicht zu einem eigenen Recht, sondern sind selektiv in die Darstellung der babylonischen integriert, nämlich insofern ihre Vorkomm­nisse als berichtenswerte Ereignisse innerhalb der babylonischen wahrge­nommen bzw. präsentiert werden sollen. Die Art und Weise der Darstellung zeigt aber ein klares Bewusstsein für die regionale Verflochtenheit der drei Akteure und ihrer Aktivitäten. Das führt  – bei aller babylonischen Perspektivität  – zu der sachorientierten und wenig tendenziösen Präsenta­tion der Zeitläufte, die die Neubabylonischen Chroniken kennzeichnet.115 Der Umstand, dass babylonische und assyrische Geschichte in weiten Phasen untrennbar aufeinander bezogen und miteinander verbunden sind, hat noch eine ideologisch-religiöse Tiefendimension, an die vor der Diskussion der assyrischen Dokumente, d. h. der Synchronistic History and der Synchronistischen Königsliste zu erinnern ist: das andauernde Ringen Assurs um die Hegemonie über das prestigeträchtige kulturelle Erbe Meso­potamiens. Die Konfliktlinien, die sich seit dem ausgehenden 2. Jt. v. a. in Phasen militärischer Dominanz gegenüber Babylon zwischen der auf universale Herrschaft hin ausgerichteten imperialen Ideologie und dem Respekt vor der weitgehend babylonisch geprägten Sprache, Literatur und Gelehrsamkeit116 für das assyrische Selbstverständnis ergaben, sind vielfach untersucht und in ihren religiösen (z. B. die Verhältnisbestimmung von Marduk und Assur) sowie politischen (z. B. die Legitimation assyrischer Könige auf dem babylonischen Thron) Dimensionen eingehend beschrieben worden.117 115  Grayson, Chronicles, 10–11: „The Weltanschauung of the authors of this series is parochial in that they are interested only in matters related to Babylonia and, in particular, her king. But this narrow outlook does not affect the manner in which the events are narrated. Within the boundaries of their interest, the writers are quite objective and impartial. … We have, therefore, what seems to be history being written for history’s sake as early as the eighth century B. C.“ Vgl. auch Van Seters, Search, 81–82, bzw. Glassner, Chronicles, 48 f.; 77 f., letzterer allerdings mit deutlichen Vorbehalten gegen das Etikett „objektiv“. 116  Vgl. die Einschätzung von Machinist, Response, 301 f.: „[H]igh culture in Assyria – traditions in the various arts, thus to be found primarily among the elites – was in a pronounced way derivative of Babylonia, even if, as the case of Sennacherib illustrates, with various Assyrian adaptions. An Assyrian high culture, thus, there was, but a really distinctive high culture does not seem to be attested.“ 117  Grundlegend sind hier die Studien von P. Machinist zum Tukulti-ninurta Epos: Machinist, Epic, vgl. Machinist, Literature, bzw. Machinist, Assyrians.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

111

Im 1. Jt. haben die Sargoniden Sanherib und Asarhaddon diesen „Kulturkampf “ in die konträren Extreme getrieben.118 So überrascht es kaum, dass auch die beiden assyrischen chronographischen Werke, in denen Babylon und Assur „synchronistisch“ verbunden sind, ganz unterschiedliche Tendenzen aufweisen. Bei der sog. Synchronistic History (XIII) handelt es sich um eine Dar­stellung assyrisch-babylonischer Beziehungen von der Zeit Puzur-Aššurs III. (1. Hälfte 15. Jh.) bis zu Adad-nērārī III. (810–783). Der Anfang des Werkes ist nicht erhalten, die vorhandenen Fragmente lassen jedoch vermuten, dass der historische Rückblick in der Tat mit Puzur-Aššur bzw. Aššur-bēl-nišēšu (die ersten beiden Abschnitte sind gegenchronologisch angeordnet) begann und auf einen Prolog folgte, der den Gott Aššur pries.119 Den Ausgangspunkt der Darstellung bildet ein Grenzvertrag zwischen diesen Königen und ihren babylonischen Gegenübern. Die folgende Narration konzentriert sich auf eine lange Folge von Vertragsbrüchen von babylonischer Seite, welche jeweils militärische Auseinandersetzungen nach sich zogen, bis sie mittels erneuter Friedens- bzw. Grenzvereinbarungen beendet werden konnten – nur um bald aufs Neue gebrochen zu werden. Der letzte Abschnitt behandelt die Regierungszeit Adad-nērārīs III. Abgeschlossen wird die Darstellung durch einen Epilog (ABC 21, iv 23–30), der den Zweck des Werkes enthüllt: Es soll – geschrieben auf einer Stele – späteren assyrischen Herrschern zur Mahnung dienen, den Ruhm Assurs mehren und den Verrat Babylons in steter Erinnerung halten. Die Synchronistic History ist also ganz offensicht­lich nicht als durchgängige Geschichtsdarstellung konzipiert, sondern bietet entsprechend der im Epilog greifbaren Intention eine selektive Auswahl. Sie nennt denn auch nicht die komplette Reihe assyrischer bzw. babylonischer Könige aus dem ausgewählten Zeitraum, sondern nur jene, die in Wechsel­ beziehungen traten.120 Die Darstellung ist offenkundig proassyrisch tendenziös: Vertragsbrüche und Aggressionen gehen stets von babyloni­scher Seite aus, die Assyrer stets siegreich aus den Auseinandersetzungen hervor.121 A. K. Grayson vermutet, dass die Synchronistic History im 8. Jh. v. Chr., also in zeitlicher Nähe zum Ende der Regierungszeit Adad-nērārīs III. ent­stand.122 In dieser Zeit sei Assur aufgrund von Auseinandersetzungen mit Urartu unter 118 Vgl. hierzu die ausführliche Bearbeitung des Problems bei Vera Chamaza, Omni­ potenz, bzw. die Darstellungen bei Naʾaman, Struggle, and Nielsen, Marduk’s Return (beide mit weiterer Literatur). Zum Begriff „Kulturkampf “ in diesem Zusammenhang: Machinist, Epic, 522. 119  Grayson, Chronicles, 55. 120  Im Vergleich zur Assyrischen Königsliste weist die Synchronistic History einige Fehler bzw. Abweichungen in den Namensformen der Könige und ihrer Abfolge auf, für einen ­Vergleich mit der Assyrischen Königsliste und anderen Quellen vgl. Brinkman, Materials, 6–34. 121  Darin unterscheidet sich die Synchronistic History von der babylonischen Chronicle P, die ebenfalls assyrisch-babylonische Streitigkeiten thematisiert, aber nicht vergleichbar tendenziös ist (zu Inhalten und Beurteilung vgl. Grayson, Chronicles, 56–59). 122  Grayson, Chronicles, 53, vgl. Glassner, Chronicles, 90.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Druck geraten, wovon Babylon profitiert habe. Der Autor der Synchronistic History habe in dieser Situation seine Landsleute ermutigen wollen.123 Die Periode nach Adad-nērārī III. ist zumindest ein unbestreitbarer terminus a quo. Denkbar ist freilich, je nach Einschätzung der Pragmatik auch eine spätere Zeit. Ein erneutes militärisches Aufeinandertreffen von Assur und Babylon ist erst wieder bei Tiglat­pileser III. belegt, so dass nach den Auswahlkriterien des Werkes für die direkten Nachfolger Adad-nērārīs III. auch gar nichts zu berichten gewesen wäre. Für die Pragmatik des Werkes aufschlussreich ist die innerhalb des histo­ rischen Abrisses der Synchronistic History wiederkehrende Formel: nišūmeš kurAššur kurKarduniaš itti aḫameš iballu miṣru taḫumu ištēniš ukinnu

Die Völker von Assur und Karduniaš waren verbunden. Sie legten die Grenze einvernehmlich fest.124

Sie beschreibt offensichtlich einen nach Ansicht des Verfassers idealen Zustand: Die Völker sind verbunden und leben in friedlicher Koexistenz in gegenseitig respektierten Grenzen. Diesen Zustand ermöglicht und garan­tiert der jeweilige assyrische König, gerade auch gegen babylonische Quertreiber. In dieser Zuspitzung könnte die Darstellung auch gut auf die Legitimation der mit Tiglatpileser III. einsetzenden assyrischen Herrschaft in Babylon zielen. In der Frage der Datierung kann – und muss – hier keine Entscheidung fallen. Für den vorliegenden Zusammenhang ist aber festzuhalten, dass die Geschichte Assurs und Babylons als eine wechselseitig aufeinander bezogene dargestellt wird. Dafür müssen Quellen vorgelegen haben. A. K.  Grayson hat die assyrischen Königsinschriften als solche ausgemacht, zu denen die Synchronistic History zahlreiche wörtliche Übereinstimmun­gen aufweist.125 Die Zuordnung der zeitgleich regierenden assyrischen und babylonischen Könige ergibt sich nicht von selbst, kann aber aus Königs­inschriften extrahiert worden sein oder aber auf synchronistische Königs­listen wie die gleich im Anschluss zu diskutierende zurückgehen. Trotz ihrer unverkennbaren Polemik gegenüber den babylonischen Herrschern argu­mentiert die Synchronistic History vor dem Hintergrund einer Konzeption, die Assur und Babylon wie Schwestern126 als jeweils eigenständige Größen, aber doch auf besondere Weise verbunden und im Idealfall in friedli123  Grayson, Chronicles, 53: „He [sc. the author] further attempted to rally his countrymen to action by showing that whenever the Babylonians had violated this agreement in the past, they had been effectively repulsed by the Assyrians.“ Allerdings sind babylonische Übergriffe in dieser Zeit nicht belegt und auch bei Grayson nur indirekt erschlossen. 124 Vgl. ABC 21, ii, 36′–37′; iii, 19; iii, 3′–5′; iv 21–22 (nicht alle Vorkommen bieten die vollständige Formel, stellenweise finden sich auch leichte Variationen). 125  Grayson, Chronicles, 54, mit Belegen. 126  Vgl. die prägnante Formulierung bei Nissinen/​Parpola, Marduk’s Return, 214: „Until Sennacherib’s destruction of Babylon, it had been the normal Assyrian ideology to view Assyria and Babylonia as sister nations – if not a single nation – under one ruler.“



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

113

cher Koexistenz neben- und miteinander bestehend sieht – was angesichts der im Übrigen auf universale Weltherrschaft ausgerichteten Herrschaftsideologie Assurs schon für sich bemerkenswert ist.127 Die synchronistischen Königslisten selbst bilden eine kleine und spezifische Gruppe innerhalb der breiteren Königslisten-Tradition im Alten Orient. Derartige Listen sind im hier untersuchten Vergleichscorpus allein für die Könige Assurs und Babylons belegt. Während in mehreren nur sehr fragmentarisch erhaltenen Dokumenten lediglich Namenslisten der Herr­scher (gelegentlich ergänzt durch die Namen hoher Beamter) in Kolumnen nebeneinander gestellt werden,128 ist die unter dem Titel Synchronistische Königsliste (X) firmierende Komposition129 ein synchronistisches Werk im engeren Sinne, da sie nicht nur die Abfolge der Könige von Assur bzw. Babylon festhält, sondern diese auch chronologisch zueinander in Beziehung setzt. Dies geschieht nicht durch numerische Daten, sondern über strukturelle und graphische Mittel, d. h. durch die parallele Zuordnung der Namen sowie durch horizontale Linien auf der Tafel. Könige, deren Regentschaft als zeitlich parallel angesehen wird, werden nebeneinander geordnet – links Name und Titel des assyrischen Königs, rechts jene des babylonischen Königs – und durch horizontale Linien gerahmt. Bei einer Folge von zwei oder mehr Königen der einen Reihe parallel zu einer Regierungsperiode in der anderen, wird der Name des länger regierenden Königs so lange wiederholt, bis alle Zeitgenossen aufgeführt sind. Erst dann schließt eine neue horizontale Linie den Abschnitt ab:130 iii 8–13 mAššur-rēša-iši mTukulti-apil-Ešarra m MIN m MIN mAššur-dan mdAdad-nērārī

MIN131 MIN [MIN [MIN MIN MIN

mdMār-bīti-[apla-uṣur

MIN]132

[   ]-apli mdNinurta-kudurrī]-uṣur mdMār-bīti]-aḫḫē-iddina md[…] umman[šu]

[MIN] [MIN] [MIN]

mdŠamaš-mudammiq mMIN

[MIN] [MIN]

127  Zum universalen Herrschaftsanspruch der assyrischen Könige und seiner ideolo­gischen bzw. religiösen Grundlegung vgl. Otto, Gottes Recht, 94–113 (mit Hinweisen auf assyrische Quellen und weitere Literatur). 128 Vgl. die bei Grayson, Art. Königslisten, 121–125, besprochenen Listenfragmente Nr. 13–16. 129  Bearbeitung bei Grayson, Art. Königslisten, 116–121; für die Erklärung des Darstellungsschemas vgl. auch Brinkman, History, 27–29. 130  Das Schema ist freilich nicht immer strikt eingehalten, zu den Abweichungen Brinkman, History, 28. 131  Der Verweis geht hier zurück auf šar māt Aššurki, das wahrscheinlich im ersten Eintrag des Kolumne ausgeschrieben war, vgl. die Rekonstruktion bei Grayson, Art. Königslisten, 119. 132  Hier wird wahrscheinlich auf šar māt Akkadîki verwiesen.

114

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Bei Königen, die in Personalunion in Assur und Babylon regierten, weicht das Schema ab. Bei Sanherib wird in einem knappen und nur teilweise erhaltenen narrativen Abschnitt erläutert, dass er als König in Babylon regierte, bis er im Zusammenhang einer Revolte abgelöst wurde (iv 3–6). Sanherib und Assarhaddon werden in jeweils über beide Kolumnen reichen­den Einträgen als „König von Assur und Babylon“ bezeichnet (iv 10.12). Für die übrigen einschlägigen Fälle ist die Liste nicht erhalten, da der gesamte Abschnitt für die Periode zwischen Salmanassar III. und Sanherib weggebrochen ist. Die letzten genannten Könige sind Assurbanipal und Kandalānu. Obwohl der Anfang der Liste nicht erhalten ist, ergibt sich aus dem Summenvermerk am Ende (iv 17–20), dass die Liste 82 Könige Assurs von Irīšum bis Assurbanipal und 98 Könige Babylons von Sumulaīlu bis Kandalānu ent­hielt, was zeitlich eine Periode vom 19. Jh. bis zum 7. Jh. v. Chr. abdeckt. Ob darüber hinaus noch ein Prolog enthalten war, der gegebenenfalls genauere Indizien zu Abfassungszeit, Anlass und Intention der Komposition hätte liefern können, ist nicht bekannt. Die Liste kann gut in der Regie­rungszeit Assurbanipals erstellt sein,133 da dieser der letzte genannte König ist. Über ihre Pragmatik lässt sich nur spekulieren: Soll hier gegen eine zu enge Verbindung der beiden Monarchien argumentiert werden, wie A. K. Grayson vorschlägt?134 Dann wäre aber zu vermuten, dass dies in irgend­einer Form markiert wäre, wobei sich die Perioden, in denen ein König über beide Reiche regierte, anbieten würden. Hiervon sind zwar nur zwei der betreffenden Einträge erhalten (Sanherib und Assarhaddon), diese lassen jedoch keine Kritik an diesem Zustand erkennen. So muss offen bleiben, ob hier überhaupt eine spezifische und v. a. eine gegen die bestehenden Verhält­nisse kritische Pragmatik angenommen werden kann. Es ist immerhin denkbar, dass die Liste sich auch chronographischen Interessen verdankt und es ihr primär um den Aufweis geht, welche Könige Zeitgenossen waren. Darin besteht – wie bereits gesehen – ihr Spezifikum gegenüber den anderen „synchronistischen“ Königslisten, und darin ist sie chronographischen Werken wie der Synchronistic History oder, aus babylonischer Provenienz, der Chronicle P oder der Chronik 1 aus den Neubabylonischen Chroniken verwandt. Aber auch ein derartiges chronographisches Interesse würde sich gut in den allgemeinen und auch durch die Synchronistic History bestätigten Befund einpassen, dass zumindest aus assyrischer Sicht die babylonisch-assyrische Geschichte als ein Zusammenhang und die bei133 Das gilt dann zumindest für die vorliegende Fassung mit ihrem Summenvermerk. Grundsätzlich ist damit aber nicht ausgeschlossen, dass eine derartige Liste an anderer Stelle auch für spätere Könige weitergeführt wurde. 134  Grayson, Chronicles, 117: „If it was composed during the reign of Aššurbanipal, at which point the present exemplar ends; it is relevant to note that an experiment in uniting the crowns of Assyria and Babylonia was ended with the accession of Aššurbanipal and Šamaššuma-ukīn to the thrones of Assyria and Babylonia respectively. Was it one of the author’s concerns to illustrate from the history of Assyria and Babylonia that the two monarchies should be kept separate?“



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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den Reiche nicht als unabhängige, sondern letztlich zusammengehörige Größen wahrgenom­men wurden. Nicht zuletzt deshalb musste die Frage, wessen Dominanz die Geschichte letztlich belegt und legitimiert, so virulent werden. 3.1.4  Konsequenzen aus dem traditionsgeschichtlichen Vergleich für die Untersuchung des Königsrahmens Die Zusammenschau der verschiedenen überkommenen Werke konzentrier­ te sich auf Möglichkeiten und Muster altorientalischer Chronographie. Bevor nun die Erkenntnisse für den weiteren Gang der Untersuchung entfaltet werden können, ist noch ein Aspekt zu erwähnen, der in der vorliegenden Studie zwar nicht im Einzelnen behandelt werden kann, aber als Problemhorizont im Hintergrund der folgenden Überlegungen steht: das Spannungsfeld von Tradition und Innovation. Dies betrifft zunächst einzelne chronographische Werke und ihre je spe­ zifische diachrone Entwicklung. So finden sich z. B. in der Sumerischen Königsliste (I) Spuren von Überarbeitungen, die möglicherweise mit ihrer mehrfachen Indienstnahme für spezifische legitimatorische Interessen in Verbindung stehen.135 Als Indizien für redaktionelle Eingriffe werden in der betreffenden Fachdiskussion Variationen in Formular und Darstellungs­struktur ausgewertet, die sich als Reflexe bestimmter ideologischer Konzepte oder Interessen interpretieren lassen.136 Sie stellen in gewisser Weise Innovationen in der Literargeschichte des Werkes dar. Doch nicht jede Variation oder Abweichung verdankt sich einem neuen oder gewan­delten pragmatischen Interesse.137 Gerade bei chronographischen Werken ist mit der Möglichkeit kontinuierlicher Fortschreibungen und Aktualisie­rungen zu rechnen. Für Daten- bzw. Eponymenlisten oder auch Königslisten liegt dies schon sachlich auf der Hand. Entsprechende Hinweise finden sich etwa in der Assyrischen Königsliste, die kontinuierlich oder schubweise erweitert wurde. Dabei blieb die legitimatorische Pragmatik gleich und wurde lediglich sukzessive auf die jeweils aktuellen Herrscher angewen­det.138 Die Aktualisierung ist hier weniger eine Innovation als ein Mittel der Traditionsbildung, selbst wenn sie – wie im konkreten Fall – durch gewandelte Formulare erkennbar ist. Varianz ist somit nicht notwendig ein Zeichen von Innovation. 135 Die Liste hat (mindestens) eine grundlegende Überarbeitung in durchlaufen, wahrscheinlich in der Ur III- oder Isin-Periode (vgl. Wilcke, Sumerische Königsliste, 120–121; Michalowski, History, 242–243; Pongratz-Leisten, Genealogien, 99–100; Glassner, Chronicles, 105–108); die erhaltenen Textzeugen liefern z. T. externe Evidenz für die Redaktionsgeschichte, dazu Steinkeller, Manuscript, 284–286; Thomas, Hezekiah, 56–57. 136  Zu Abweichungen im Formular vgl. schon Jacobsen, Sumerian King List, 61–63. 137  Methodisch schwer greifbar, aber nicht zu vernachlässigen sind natürlich auch Fehler als Ursache abweichender Formulierungen, sei es, dass sie bei der Erstkomposition des Werkes, bei redaktionellen Überarbeitungen oder beim Abschreiben passieren. 138  Hierzu v. a. Pongratz-Leisten, Genealogien, 106, sowie die ausführliche Diskussion bei Yamada, Editorial History, mit älterer Literatur.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Weiterhin ist damit zu rechnen, dass sich bei über längere Zeit konti­nuierlich fortgeschriebenen Werken139 trotz des inhärenten Konservatismus einer weitgehend formelhaften und strukturell repetitiven Darstellungsweise verändernde Schreiberkonventionen oder Darstellungsvorlieben durch­schlagen können. Dieses mag etwa der Fall sein, wenn in den Neuassy­rischen Eponymenchroniken (XI) die Abschnitte für bestimmte Könige der späteren Zeit (z. B. Sargon II, Sanherib) ausführlicher werden oder die Neubabylonische Chronikserie mit fortschreitender Zeit eine Tendenz zu größerer Materialfülle und genauerer zeitlicher Einordnung erkennen lässt: Während in ABC 1 nicht jedes Jahr einen eigenen Eintrag erhält, ändert sich die Struktur in den späteren Abschnitten zu einer durchgängig jahrweisen Darstellung, häufig verbunden mit der tagesgenauen Datierung einzelner Ereignisse. Innerhalb einer etablierten und auch beibehaltenen Darstellungs­anlage kann also durchaus variiert werden.140 Vergleichbare Phänomene zeigen sich, betrachtet man nicht nur einzelne Werke, sondern das größere chronographische Genre, aus welchem hier freilich lediglich die Herrscherchronologien in den Blick kommen. Aufs Ganze gesehen weisen die meisten hier betrachteten Werke trotz ihrer zum Teil sehr unterschiedlichen zeitlichen und geographischen Herkunft große Ähnlichkeiten auf. Dafür spielen zweifellos sachliche Gründe eine wichtige Rolle, umso mehr je formalisierter und listenartiger die einzelnen Dokumente sind. Die relevanten Daten sind kultur- und zeitübergreifend vergleichbar, sie umfassen Angaben zur Regierungsdauer sowie deren zeitliche (Anfang und Ende der Regierungsperiode) und ggf. biographische (Alter bei Amtsantritt und Tod) Verortung. Für die Darstellung dieser Daten in Verbindung mit dem Namen und Zusatzinformationen wie dem Patronym oder Herrschaftssitz ergibt sich nur eine begrenzte Anzahl von Kombi­nations- und Anordnungsmöglichkeiten, die dann, sofern die Einträge etwa als Sätze formuliert sind, noch durch sprachbedingte syntaktische Vorgaben o. ä. eingeschränkt ist. Trotz alledem belegt die Zusammenschau der chronographischen Werke eine durchaus bestehende Variationsbreite im Blick auf die inhaltliche Ausrichtung, die Art der chronologischen Daten, ihre Anordnung usw. Angesichts der 139  Hierbei darf nicht vergessen werden, dass kaum eine „offizielle“ Königsliste o. ä. erhalten ist (die einzigen Ausnahmen sind Königslisten in ägyptischen Tempeln, wobei es eher um Ahnentafeln im kultischen Kontext geht [Redford, Pharaonic King Lists, 18–59; Beckerath, Chronologie, 23–25] oder die Eponymen-Stelen aus Assur [Millard, Eponyms, 11–12]). Die vorliegenden Listen sind Abschriften aus verschiedenen Gebrauchskonstexten und von unterschiedlicher Qualität, die wohl häufig lediglich Ausschnitte bzw. „Momentaufnahmen“ bieten. Dies zeigt sich besonders eindrücklich am Turiner Königspapyrus, der als Notiz auf der Rückseite einer Abgabenliste erhalten ist, oder an der Babylonischen Königsliste C (VI), bei der es sich wohl um eine Schreiberübung handelt. 140  Ein hier nur am Rande zu nennendes, aber instruktives Beispiel ist die Folge der Königsinschriften Salmanassars III., die im Laufe seiner langen Regierungszeit sukzessive angefertigt wurden und dabei häufig Passagen aus älteren Exemplaren übernahmen, anpassten und überarbeiteten, vgl. hierzu Yamada, Construction.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

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breiten räumlichen wie zeitlichen Streuung der Werke ist dies auch kaum verwunderlich. Von Innovationen lässt sich am ehesten da sprechen, wo sich eine klare pragmatische Ausrichtung auf die Gestaltung spezifischer Kompositionen durchschlägt. Das beste Beispiel ist hier die Synchronistic History, über deren Aussageintention dank des erhaltenen Epilogs kein Zweifel besteht. Letztere wäre aber anhand der Auswahl und Anordnung des gebotenen Materials auch ohne den Epilog unschwer zu erschließen. Ohne derartige, zusätzlich zum reinen chronographischen Material gelieferte, Hinweise ist es ungleich schwieriger zu entscheiden, warum eine bestimmte Auswahl getroffen und Anordnung vorgenommen wurde und ob bzw. inwiefern diese mit dem Gebrauchskontext oder der Aussageintenion eines konkreten Werkes zusammenhängt. Zumal dann, wenn die Unterschiede zu anderen chronographischen Werken gering sind. Hier kehrt nämlich der Traditionsaspekt wieder und das in zweifacher Hinsicht: (1) Die Werke selbst können in einem literarischen Zusam­menhang stehen. So ist z. B. davon auszugehen, dass die Königsliste von Lagaš (II) auf die Sumerische Königliste (I) Bezug nimmt und diese persifliert, wobei bestimmte Elemente übernommen, andere dagegen abgewandelt werden.141 Auch die babylonische Dynastic Chronicle (VIII) ist möglicherweise direkt von der Sumerischen Königsliste inspiriert und orientiert sich an ihr in Inhalt und Struktur. Die Sumerische Königsliste scheint insgesamt eine sehr nachhaltige, lange und verzweigte Wirkungs­geschichte gehabt zu haben.142 (2) Mit dieser Feststellung verbindet sich eine zweite Option, die nicht immer leicht von der ersten abzugrenzen ist – obwohl Erstere eher den Spezialfall und Letztere das zu Erwartende darstellt. Gemeint ist die für die altorientalische Schreiberausbildung grund­legende Orientierung an älteren Werken als ein im Kontext mündlichschriftlicher Bildung verinnerlichtes Corpus, das wie in der Bereitstellung von templates die Ausgestaltung späterer Kompositionen beeinflusst, ganz gleich ob diese selbst als Fortführungen alter oder als neue Werke konzipiert wurden.143 Bei einem in Inhalt und Zuschnitt deutlich festgelegten und in der Anzahl der entstehenden Werke wohl auch quantitativ eingegrenzten Genre wie der Chronographie prägt sich dieser Faktor noch einmal deutlich stärker aus als in anderen, möglicherweise freieren Literaturgattungen. Welche Konsequenzen folgen daraus nun für die weitere Diskussion des Königsrahmens in den Königebüchern und die Frage nach seiner Literargeschichte? Eine erste ist, dass die These einer direkten literarischen Abhängigkeit des Königsrahmens von einem außer-israelitischen chrono­graphischen Werk kaum 141  Glassner, Chronicles, 74–75. 142  Glassner findet neben der Dynastic Chronicle „continuators“ der Sumerischen Königsliste bis in die hellenistische Zeit (Chronicles, 70–71.110). Letztere war offensichtlich weit verbreitet und hat nicht nur direkte Nachahmer gefunden, sondern insgesamt nachhal­tig stilbildend gewirkt (vgl. Gabriel, Sumerian King List). 143  Hierzu grundlegend Carr, Writing, 4–13, oder van der Toorn, Scribal Culture.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

als valides Entstehungsmodell für die Entstehung der synchronistischen Chronologie im Königsrahmen plausibel zu machen ist. Es ist schon lange144 und zu recht gesehen worden, dass die synchronistischen Datierungen in Chronik 1 der Neubabylonischen Chroniken in ihrer Formulierung eine große Nähe zu den Eingangsformeln im Königsrahmen aufweisen.145 R. G. Kratz vermutet daher, dass bei der Synchronisation von Israel und Juda die „Synchronismen in der babylonischen Chronik … Pate gestanden“ haben.146 Diese These, welche bei Kratz noch ohne Begründung bleibt, hat F. Blanco Wißmann positiv aufgenommen. Er kommt zu dem Schluss: „Der Königs­rahmen in den Königebüchern beruht auf einer Rezeption der neubabylonischen Chroni­ken;“147 „die Parallelen … können nicht als allgemeine traditionsgeschichtliche Parallele gewertet werden, die Chroniken sind vielmehr ein direktes Vorbild für den Königsrahmen, und sie können dies erst ab der neobabylonischen Zeit sein.“148 Blanco Wißmann stützt sich für dieses Urteil erstens auf formale Ähnlichkeiten: Die Elemente des Rahmenschemas für die Nordreichskönige, welche „die Mindestbestandteile aller Rahmennotizen bilden“, seien nahezu vollständig und nur mit geringfügigen Unterschieden in der Form (Stellung der Jahr­sum­me) in den Neubabylonischen Chroniken belegt.149 Darüber hinaus sieht er zweitens „massive inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Geschichtsbild, wie es in den neubabylonischen Quellen zum Ausdruck kommt.“150 So würden auch hier die Könige anhand religiöser Maßstäbe beurteilt und die Zerstörung Babylons durch Sanherib als „Rache Marduks“ theologisiert und gedeutet.151 Der zweite Punkt kann hier auf sich beru­hen – er ergibt sich auch bei Blanco Wißmann letztlich nicht aus der Neubabylonischen Chronik, sondern aus einer Diskussion verschiedener Königsinschriften –, denn schon der erste Punkt wirft Fragen auf:   So ist es zwar richtig, dass sich Elemente aus dem Königsrahmen auch in der Neubaby­ lonischen Chronik finden, doch gibt es zugleich auffällige Fehlanzeigen. Laut Blanco Wißmann fehlen von den konstitutiven Elementen des Königsrahmens (synchronistische Datierung, Regierungsdauer, religiöse Beurteilung, Hinweis auf eine Quelle, Todesnotiz und Hinweis auf den Nachfolger) in der Neubabylonischen Chronik lediglich der Hinweis auf den Nachfolger und die Quellennotiz.152 Das ist jedoch nicht zutreffend:   Explizite religiöse Beurteilungen der Könige gibt es hier nicht, lediglich gelegentliche Notizen zu ihren kultischen Aktivitäten.153 Einen deutlicheren kritischen Subtext haben diese v. a. in der Nabonid-Chronik (ABC 7), aber auch hier wird an keiner Stelle ein explizites Urteil formuliert. Wie oben bemerkt, stützt sich Blanco Wißmann für diese Argumentation auch primär auf nicht-chronographische Texte wie die Weidner Chronik u. a.154 144  So bereits Lewy, Chronologie, 7–9; Aharoni, Chronology, 93; Jepsen, Quellen, 108, u. a. m. 145  Vgl. etwa ABC 1, i 9: Das 5. Jahr Nabonassars: Humban-nikaš bestieg den Thron in Elam. 146  Kratz, Komposition, 164. 147  Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 213. 148  A. a. O., 222. 149  A. a. O., 37. 150  A. a. O., 218. 151  A. a. O., 218–221. 152  Die Zusammenstellung a. a. O., 37. 153  Dazu oben S. 102. 154  Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 176 f.; 206–208; 213–223.



3.1  Chronographie und synchronistische Geschichtswerke im Alten Orient

119

  Synchronistische Datierungen des Amtsantritts bietet die Neubabylonische Chronik für die Nachbarkönige von Assur und Elam (dazu ausführlich oben, S. 107 ff.), aber gerade nicht(!) für die babylonischen Könige, die im Zentrum der Darstellung stehen und deren Regierungsjahre ihr Grundgerüst liefern.155 Die Amtsantritte der Nachbarkönige werden neben anderen Ereignissen den entsprechenden Regierungsjahren zugeordnet. Das bedeu­tet strukturell, dass eine synchronistische Datierung anders als im Königsrahmen keinen neuen Hauptabschnitt markiert. Die unbestreitbare Ähnlichkeit der Formulierungen geht also mit einer anders ausgerichteten Darstellungsanlage einher.   Letztlich bleiben lediglich die Angaben zur Regierungsdauer und die Todesnotizen als gemeinsamer formaler Nenner zwischen dem Königsrahmen und der Neubabylonischen Chronik. Auf dieser Basis kommen aber so viele Texte als Vergleichsgrößen in Betracht, dass sich eine direkte literarische Verbindung kaum mehr nahelegt, sondern viel mehr für die von Blanco Wißman bestrittenen gemeinsamen traditionsgeschichtlichen – oder präziser – gattungsgeschichtlichen Hintergründe spricht.

Plausibler bleibt die keineswegs neue Feststellung, dass die unbestreitbaren Berührungspunkte zwischen der Präsentation chronologischer Daten in den chronographischen Werken und im Königsrahmen letzteren – und wie sich zeigen wird v. a. seine Vorlagen – als spezifische Ausprägung dessen erwei­sen, was im gattungsgeschichtlichen Kontext altorientalischer Chronogra­ phie bzw. einer diesbezüglich informierten Schreiberpraxis möglich und erwartbar war. Aber auch ohne das Postulat direkter literarischer Abhängigkeiten liefert der Vergleich mit der altorientalischen Chronographie Erkenntnisse, die in mehrfacher Hinsicht geeignet sind, einen Plausibilitätsrahmen für die literargeschichtliche Hypothesenbildung abzustecken: Ȥ Herrscherchronologien stellen im Alten Orient ein verbreitetes Mittel der Strukturierung der Zeit dar, entsprechende Daten wurden kontinuierlich gesammelt und zusammengestellt oder auch konstru­iert. Einzelne Regentschaften werden dabei allgemein als chronolo­gische Epochen wahrgenommen und daher nahezu durchgängig als Gliederungssignal eingesetzt. Herrscherwechsel sind dementspre­chend Epochenmarker. Übergreifende chronologische Strukturieren ergeben sich auf dieser Basis durch die Regierungsdauer bzw. Ablö­sung von Dynastien. Ȥ Damit zusammenhängend ist die Jahr­sum­me die am häufigsten anzutreffende numerisch-chronologische Angabe in allen zum Ver­gleich herangezogenen Werken. Sofern überhaupt numerisch-chronologische Angaben gemacht werden, betreffen sie die Regie­rungsdauer der Herrscher. Dann kommen ggf. noch weitere Angaben hinzu. Dass hinter dem Königsrahmen Quellen oder Vorlagen stehen, die zwar numerische Daten aber keine Jahr­sum­men boten, ist vor diesem Hintergrund sehr unwahrscheinlich.156 155  Vgl. hierzu bereits Aharoni, Chronology, 93. 156  So müssen Rekonstruktionen, die allein die Synchronismen als quellenhaft sehen und die Jahr­sum­men für sekundär errechnet halten (Lewy, Chronologie, 9, vgl. auch Thilo, Chronologie, und neuerdings wieder Miano, Shadow, 119–126, mit der Annahme einer israeliti-

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Ȥ Dagegen ist die Angabe des Amtsantrittsjahres ein seltener Sonderfall. Für die Datierung von Urkunden, Verträgen u. ä. reichte offensichtlich die Zählung der Regierungsjahre aus. Amtsantrittsdatierungen begeg­nen in den überkommenen Dokumenten nur bei Vorhandensein einer von den Regierungsjahren unabhängigen Jahreszählung bzw. Jahresbezeichnung (wie in den assyrischen Eponymenchroniken) oder als synchronistische Datierungen für externe Herrscher, deren Herrschaftsübernahme innerhalb der Zählung der Regierungsjahre notiert ist (Neubabylonische Chronik). Ȥ Angaben zu Herrscherwechseln sind, wo einschlägig, häufig mit der Schilderung der besonderen Begleitumstände (Krankheit, Gefangen­nahme, Usurpation o. ä.) verbunden. Ȥ Synchronistische Bezugnahmen auf externe Herrscherchronologien finden sich innerhalb der bekannten chronographischen Werke nur dort, wo eine enge kulturelle und/oder politische Verbundenheit besteht (Babylon und Assur bzw. Babylon und Elam) oder die Herr­scherlinien ohnehin miteinander verschränkt sind (Herrschaft über Assur und Babylon in Personalunion). Ȥ Ebenfalls selten sind biographische Daten zu den einzelnen Herrschern. Diese finden sich nicht in mesopotamischen chrono­graphischen Texten, dafür aber in Dokumenten aus Ägypten bzw. aus Tyros, welche numerische Angaben zur Lebensdauer der Herrscher enthalten. Möglicherweise ist hier mit lokalen Spezifika der Chrono­graphie zu rechnen.157 Neben diesen allgemeineren Erkenntnissen, auf die bei der konkreten Rückfrage nach der Literargeschichte des Königsrahmens noch zurückzu­kommen sein wird, schärft der Vergleich mit der altorientalischen Chrono­graphie den Blick für die Besonderheiten des Königsrahmens: Ȥ Unter den bekannten chronographischen Texten findet sich keine direkte Analogie zu der spezifischen Kombination numerisch-chrono­logischer Daten im Königsrahmen. Ȥ Hier fällt zum einen das für die judäischen Könige genannte Lebensalter bei Amtsantritt auf, das in keinem anderen Dokument belegt ist. schen und einer judäischen Chronik, aus denen Synchronismen, aber nicht die Jahr­sum­men stammen), die Beweislast tragen. 157  Thomas, Hezekiah, 51–54, vermutet v. a. unter Verweis auf die Königsliste von Tyros eine eigene levantinische chronographische Tradition, für die v. a. die Voranstellung der Jahr­ sum­me bzw. die Einordnung etwaiger narrativer Abschnitte zwischen Jahr­sum­me und Todesnotiz charakteristisch sei und in die sich auch die Struktur des Königsrahmens einfüge. Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 214, versteht den Fall dagegen als „eine (westliche) Reaktion auf die Gattung der babylonischen Chronik“, wobei die Formulierung offen lässt, ob er von einem direkten literarischen Einfluss eines spezifischen Einzeltextes, sc. der babylonischen Chronik, oder einem gemeinsamen Gattungsmuster im Hintergrund ausgeht. Zu letzterem vgl. schon Van Seters, Search, 195–199.297–298. In jedem Fall ist die Bezeugungssituation dieser angenommenen westlichen Sonderform sehr schmal und im Falle der Königsliste aus Tyros nicht unproblematisch (dazu oben S. 94 f.).



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

121

Ȥ Die synchronistische Datierungsmethode für die Amtsantritts­jahre ist zwar belegt, allerdings nicht angewandt auf Könige, deren Chronologie die strukturelle Hauptlinie der Darstellung ausmacht. Ȥ Analogielos ist ebenfalls die gegenseitig verschränkte Synchro­nisierung zweier Herrscherchronologien und die damit verbundene Darstellungsanlage von I 14 bis II 17. Ȥ Singulär sind neben der Nennung des Namens der Mutter schließlich auch die in chronologischer Hinsicht bedeutsameren Hinweise auf Koregentschaften bzw. chronologische Sonderfälle (II 8,16; 14,17). Vergleichbares findet sich in keinem anderen der bekannten altorienta­lischen chronographischen Werke.

3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln Die Analyse des Zahlenmaterials in Kapitel 2 hatte zeigen können, mit welchen Zahlen und auf welche Weise die synchronistische Chronologie kompiliert wurde. Die erreichten Ergebnisse sagen allerdings kaum etwas darüber aus, in welcher Form die genannten Daten gegeben waren und wie sie vor ihrer ­Kompilation tradiert wurden. Mit der Frage nach ihrer Literar­geschichte rückt nunmehr in den Focus, wie die chronologischen Angaben im Königsrahmen dargeboten werden. Geben die Texte noch zu erkennen, welcher Art die Quellen waren, in denen die Wurzeln der synchronistischen Darstellungsweise liegen? 3.2.1  Gleichförmigkeit und Variabilität Der Aufbau des Königsrahmens ab Rehabeam folgt einem hinlänglich bekannten Schema mit wiederkehrenden Elementen. Auch wenn nicht für alle Könige das komplette Set der Angaben vorhanden ist, lassen sich die folgenden elf Bausteine benennen:  1. Name des Königs  2. synchronistische Datierung des Regierungsantritts  3. Herrschaftsbereich  4. Alter bei Regierungsantritt (nur Könige Judas)  5. Regierungsdauer  6. Residenz  7. Mutter des Königs (nur Könige Judas)  8. Beurteilung  9. Quellenverweis 10. Tod und Begräbnis 11. Name des Nachfolgers.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Die chronologischen Angaben sind jeweils Teil der Eingangsformel, welche die vor der Beurteilung aufgeführten Elemente 1. bis 7. umfasst. Diese sind der primäre Gegenstand der folgenden Überlegungen. Die immer wiederkehrenden Elemente in den Eingangsformeln erwecken den Eindruck großer Gleichförmigkeit und damit Einheitlichkeit. Betrachtet man die Eingangsformeln jedoch genauer, zeigt sich eine erstaunliche Varia­ bilität im Blick auf Reihenfolge und Formulierungen.158 1.  Die Nennung des Königsnamens erfolgt zumeist unter Angabe des Patronyms. Dieses fehlt jedoch bei Abija, Simri159, Omri und Jehoasch sowie allen judäischen Königen ab Manasse.   2.  Die synchronistische Datierung folgt der Nennung des Namens bei Nadab, Ahab, Joschafat, Ahasja, Joram und Schallum, geht aber bei den übrigen Königen der Namens­ nennung voraus. Weiterhin wird bei Abija, Joram, Jehoram, Ahasjahu, Joahas, Amazja, Jerobeam II, Asarja, Jotam, Ahas und Hiskija, das Patronym des Nachbarkönigs im Synchronismus genannt, bei den anderen Königen fehlt es.   3.  Das Herrschaftsgebiet israelitischer Könige wird mit ‫ על ישראל‬angegeben, bei Bascha jedoch mit ‫על כל ישראל‬. Judäische Könige herrschen ‫( ביהודה‬Rehabeam), ‫( על יהודה‬Abija, Joschafat) oder werden einfach als ‫( מלך יהודה‬Asa, Jehoram, Ahasjahu, Amazja, Asarja, Jotam, Ahas, Hiskija) bezeichnet.   4.  Die Angabe des Alters bei Amtsantritt erfolgt entweder in einem Verbalsatz und folgt dem Muster ‫ שנה היה במלכו‬x ‫( בן‬Jehoram, Amazja, Asarja, Jotam, Hiskija) oder in einem Nominalsatz unter Nennung des Namens ‫ במלכו‬Y ‫ שנה‬x ‫( בן‬Rehabeam, Ahasjahu, Ahas, alle judäischen Könige ab Manasse). Noch einmal anders formuliert ist die Pendens­ konstruktion bei Joschafat in II 22,42 ‫ויהושפט בן שלשים וחמש שנה במלכו‬.   5.  Bei den judäischen Königen wird die Regierungsdauer zwischen der Angabe zum Lebensalter bei Thronbesteigung160 und dem Namen der Königsmutter genannt. Lediglich bei Jehoasch ist das Lebensalter vorgezogen und vor den Synchronismus gestellt. Die Angabe der Jahr­sum­me ist in der stereotypen Formulierung ‫שנים מלך בירושלם‬/‫ שנה‬x ‫ ו‬stets mit der Residenz in Jerusalem verbunden. Bei den israelitischen Königen schließt die Angabe zur Regierungsdauer häufig die chronologischen Daten ab, Ausnahmen sind hier Simri, Jehu161, Schallum und Menachem.   6.  Die Angabe zur Residenz kann bei den israelitischen Königen, sofern sie nicht fehlt (Nadab), nach der Namensnennung (Ahasja, Joram, Hoschea), vor der Jahr­sum­me (Bascha, Ela, Ahab, Joahas, Joasch, Jerobeam II, Secharja, Pekachja, Pekach) oder nach der Jahr­sum­me (Simri, Omri162, Jehu, Schallum, Menachem) stehen.

158  Der Befund in den Versionen unterscheidet sich nicht signifikant vom MT; die meisten der notierten Auffälligkeiten sind auch in den primären Textzeugen belegt. Hinzu kommen sich aus den Gegebenheiten der Zielsprache ergebende Varianten, wie die wech­selnde Wiedergabe von ‫ שנה‬mit ἔτος oder ἐνιαυτός in LXX. Zum besonderen Problem der Eingangsformel für Joschafat unten S. 137 ff. 159  Die Namen der Könige des Nordreiches sind zur leichteren Orientierung kursiviert. 160  Bei Abija und Asa fehlt die Angabe des Lebensalters bei Amtsantritt. 161  Die Notiz in II 10,36 entspricht allerdings nicht dem üblichen Königsrahmen, welcher für Jehu fehlt, dazu unten S. 147 ff. 162  Omris Eingangsformel (I 16,23) ist diesbezüglich ein Sonderfall, da zunächst die gesam-



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

123

  7.  Der Name der Mutter der judäischen Könige steht einmal allein (Manasse), ist aber häufig durch zusätzliche Information ergänzt, sei es ein Gentilizium (Rehabeam), die Angabe ihrer Herkunft (Jehoasch, Amazja, Asarja) oder der Name des Vaters (Abija, Asa, Joschafat, Ahasjahu, Jotam, Hiskija, alle Könige ab Amon).   8.  Die synchronistische Datierung des Regierungsantritts und die Regierungsdauer werden bei Bascha, Ela, Simri, Omri, Joahas, Joasch, Jerobeam II, Secharja, Menachem, Pekachja, Pekach und Hoschea in einem Verbalsatz zusammengefasst. Bei den übrigen Königen umfasst sie zwei Sätze.   9.  Zusätzlich finden sich noch kleinere Formulierungsvarianten, z. B. ist nach der Zahlenangabe im Synchronismus meist ein zweites ‫ שנה‬genannt, allerdings nicht bei Abija, Asa, Nadab, Bascha, Joschafat, Ahasja, Joram, Jehoram, Jehoasch, Amazja und Hoschea. Des Weiteren wechselt die Namensform für Amazjas Nachfolger, der in II 15,1. 8. 17.23.27 als Asarja und in II 15,13.30 als Usija bezeichnet wird.

Der Versuch, die Formulierungsunterschiede quellenkritisch auszuwer­ten, ist am konsequentesten von J. Begrich unternommen worden, der hierin seine Rekonstruktion der Zahlensysteme bestätigt sah.163 Aus z. T. minimalen Variationen leitet er ab, dass die chronologischen Daten im Königsrahmen auf mindestens vier ältere synchronistische Chroniken zurückgehen, die sich in der Präsentation der chronologischen Angaben jeweils unterschieden. Allerdings kann Begrich für keines der postulierten Formulierungsschemata ein Muster herausarbeiten, das konsistent und konsequent durchgeführt ist, sich signifikant von den anderen unterscheidet und im Blick auf die Zuweisung konkreter Rahmennotizen ohne die Zusatzannahmen von Textverderbnis, Nivellierung durch Mittelquellen zwischen der alten Chronik und dem Königsrahmen o. ä. auskommt.164 Wie A. Jepsen richtig herausstellt, ist die Argumentation bei Begrich letztlich zirkulär: Die Zuordnung der Rahmennotizen zu den einzelnen Chroniken basiert auf den postulierten Zahlensystemen und nicht auf plausiblen Text­ beobachtungen, geht also von der Hypothese aus, die sie eigentlich beweisen sollte.165 Jepsen selbst verwirft aufgrund seiner Einschätzung, dass „bei näherer Untersuchung … kaum noch irgendwelche Eingangsformeln völlig gleichgebaut sind,“ jede Möglichkeit eines Rückgriffs hinter den vorliegenden Text: Der Verfasser der Eingangsformeln sei eben „nicht der Mann starrer Formeln gewesen“, te Regierungsdauer von 12 Jahren und dann die Jahre seiner Residenz in Tirza (6 Jahre) angegeben werden. Allerdings ist der Synchronismus hier sekundär, dazu oben S. 69 ff. 163  Begrich, Chronologie, 172–200. 164  So rekonstruiert er z. B. eine synchronistische Chronik, aus der die Angaben für Joram (II 1,17), Joahas, Jerobeam II, Amazja Pekachja und Pekach entnommen worden seien (a. a. O., 185–187). Charakteristisch für diese Chronik sei, dass in der synchronistischen Datierung auch der Vatersname des Nachbarkönigs genannt wird. Bei Pekachja und Pekach habe aber „die nivellierende Zusammenfassung der Mittelquellen“ (186) dieses Merkmal verwischt. Weiterhin sei typisch, dass der Herrschaftsbereich der judäischen Könige durch ‫מלך יהודה‬, derjenige der Nordreichkönige mit ‫ על ישראל‬angegeben werde. (Beides trifft aber auch für die Eingangsformeln anderer Könige zu.) In diese Chronik sei schließlich noch die Eingangsformel für Jehoram hineinkorrigiert worden, deren Zahlen aber aus einer anderen Chronik stammen. 165  Jepsen, Quellen, 40, Anm. 1.

124

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

sondern habe frei formuliert, so dass die Unterschiede keinen Rückschluss auf verarbeitete Quellen bzw. deren Wortlaut zuließen.166 Allerdings, so ließe sich gegen Jepsens analytische Epoché einwenden, ist auch die Freiheit der Formulierung nicht konsequent durchgehalten. So sind z. B. die Eingangsformeln für die judäischen Könige ab Manasse durchgängig stereotyp gebildet, ohne jegliche Variation des Schemas oder der Formulierungen.167 Warum sollte der Verfasser hier nicht mehr frei formuliert haben? Zudem ergeben sich aufgrund der gebotenen Informationen (wie z. B. das Lebensalter oder der Name der Mutter), ihrer Anordnung (z. B. Synchronismus vor oder nach dem Namen des Königs, Angabe der Regierungsdauer vor oder nach der Nennung der Residenz) und Formulierung (z. B. ein Satz oder zwei Sätze für Synchronismus und Jahr­sum­me) durchaus signifikante Cluster, die  – wie insbesondere S. Bin-Nun herausgearbeitet hat – auf eine Unterscheidung der Eingangsformeln der Könige Judas von jenen der Könige Israels führen.168 In Aufnahme von Beobachtungen Bin-Nuns169 lassen sich in der Tat drei Schemata feststellen, die den unterschiedlichen Eingangsformeln zugrunde liegen. Schema A 1

Synchronismus

2 3 4 5

Name des Königs Herrschaftsbereich Alter bei Thronbesteigung Jahr­sum­me

6 7

Residenz Mutter des Königs

)‫בשנת … (שנה) ל… (בן …) (מלך ישראל‬ ‫מלך‬ )‫… (… בן‬ ‫ מלך יהודה‬/ ‫ על יהודה‬/ ‫ביהודה‬ ‫ ∅ … במלכו‬/ ‫בן … שנה היה‬ ‫ שנה‬/ ‫… שנים‬ ‫מלך‬ ‫בירושלם‬

∅ / …‫ מ‬/ … ‫ושם אמו … בת‬

Dieses Schema ist charakteristisch für die Könige von Juda. Es ist – bei kleineren Formulierungsunterschieden im Detail – gekennzeichnet durch spezifische Informationen (4, 7) sowie eine feste Abfolge der Elemente. Syntaktisch ist es aus (mindestens) zwei Verbalsätzen aufgebaut, jeweils mit ‫ מלך‬als finitem Verb. (Element 4 kann als Verbal- oder Nominalsatz formuliert sein.) Vollständig ist es bei fünf der 19 judäischen Könige belegt, d. h. bei Ahasjahu (II 8,25 f.), Amazja (II 14,1 f.), Asarja (II 15,1 f.), Jotam (II 15,32 f.) und Hiskija (II 18,1 f.170). Bei den übrigen zeigen sich folgende Variationen: 166  A. a. O., 41, Anm. 1. Vgl. auch Nelson, Double Redaction, 32–41, für die Eingangsformeln bis zu Joschija. 167  So stellt z. B. Nelson, Double Redaction, im Königsrahmen der Könige nach Joschija einen rigiden Schematismus fest, den er in Weiterführung von Überlegungen von Cross, Themes, als Indiz dafür wertet, dass es zwei Editionen des Deuteronomistischen Geschichts­werks gegeben habe. 168  Bin-Nun, Formulas. 169  A. a. O., 428.

3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln



125

Ȥ Die Angabe des Herrschaftsbereichs (3) fehlt bei Jehoasch (II 12,2). Ȥ Das Alter bei Thronbesteigung (4) fehlt bei Abija (I 15,1 f.) und Asa (I, 15,9 f.), bei Jehoasch (II 12,1 f.) ist es dem Synchronismus vorangestellt. Ȥ Der Name der Mutter (7) fehlt bei Jehoram (II 8,16 f.), Jehoasch (II 12,2) und Ahas (II 16,1).171 Ȥ Bei Rehabeam, als erstem König nach der Reichsteilung (I 14,21), fehlt der Synchronismus (1), das Verb ‫ מלך‬rückt hinter den Namen. Ȥ Bei den letzten Königen Judas ab Manasse (II 21,1.19; 22,1; 23,31.36; 24,8.18) fehlen die Elemente 1–3, die Eingangsformel setzt direkt mit dem Alter bei Thronbesteigung ein. Die Elemente 4–7 sind jedoch bei allen vollständig vorhanden172 und identisch formuliert. Die Eingangsformel für Joschafat (I 22,41 f.) enthält zwar die Elemente 4–7 aus Schema A, folgt jedoch zuvor dem Schema B (dazu S. 137 ff.) Schema B 1

Name

2 3

Herrschaftsbereich Synchronismus

4 5

Residenz Jahr­sum­me

… ‫… בן‬ ‫מלך‬ ‫על ישראל‬ ‫בשנת … (שנה) ל… מלך יהודה‬ ‫וימלך‬ ‫בשמרון‬ ‫… שנה‬

Diesem Schema folgen die Eingangsformeln für fünf der 19 Könige Israels: Nadab (I 15,25), Ahab (I 16,29), Ahasja (I 22,52), Joram (II 3,1) und Schallum (II 15,13). Die charakteristischen Merkmale von Schema B sind die Voranstellung von Namen und Herrschaftsbereich vor den Synchronis­mus sowie die Folge von zwei Verbalsätzen nach dem Muster ‫ו… מלך … וימלך‬. Die Abfolge der Elemente ist variabler als in Schema A, so kann die Angabe zum Herrschaftsbereich (2) verdoppelt und noch einmal vor der Residenz genannt werden (so bei Nadab, Ahasja und Ahab). Bei Schallum fehlt sie vollständig. Auch die Platzierung von Element 4 (Residenz) schwankt, bei Ahab steht es vor 5, bei Ahasja und Joram vor 3, bei Nadab und Schallum fehlt es. Joschafats Eingangsformel (I 22,41 f.) enthält die Elemente 1–3 aus diesem Schema und folgt anschließend Schema A.

170  Singulär ist hier das vorangestellte ‫ויהי‬. 171  Bei Abija und Asa ist ein identischer Name der Mutter genannt, dazu unten S. 164. 172  Lediglich die zusätzlichen Angaben zum Namen der Mutter variieren, s. oben S. 123.

126

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Schema C 1

Synchronismus

2 3 4 5

Name des Königs Herrschaftsbereich Residenz Jahr­sum­me

‫בשנת … (שנה) ל… (בן …) מלך יהודה‬ ‫מלך‬ )… ‫… (בן‬ ‫ מלך ישראל‬/ ‫על (כל) ישראל‬ ‫ בשמרון‬/ ‫בתרצה‬ ‫ שנה‬/ ‫… שנים‬

Schema C setzt wie Schema A mit dem Synchronismus ein und bietet dann die aus Schema B bekannten Elemente. Syntaktisch ist es als ein Verbalsatz mit ‫מלך‬ an zweiter Position konstruiert. Ihm folgen die Eingangsformeln für 12 Könige Israels: Bascha (I 15,33), Ela (I 16,8), Simri (I 16,15), Omri (I 16,23), Joahas (II 13,1); Joasch (II 13,10), Jerobeam II. (II 14,23), Secharja (II 15,8), Menachem (II 15,17), Pekachja (II 15,23), Pekach (II 15,27), Hoschea (II 17,1). Bei Simri und Jerobeam II. fehlt die Angabe des Herrschaftsbereichs. Die Elemente 4 und 5 bilden stets den Schluss der Formel. In den meisten Fällen steht die Angabe der Residenz vor der Jahr­sum­me, bei Simri und Menachem ist die Reihenfolge umgekehrt. Hoschea bildet hier eine Ausnahme, da in seiner Eingangsformel die Residenz vor den Herrschaftsbereich rückt.173 3.2.2  Erwägungen zur Quellenkritik der Eingangsformeln Inwieweit lässt der Textbefund Aussagen über Gehalt und Gestalt der hinter den Eingangsformeln stehenden Quellen zu? Quellenkritisch nicht auswert­bar scheinen kleinere Formulierungsvarianten zu sein: Ist das Patronym eines Königs bzw. des Nachbarkönigs im Synchronismus genannt oder nicht? Erscheint nach der Zahlenangabe im Synchronismus noch einmal ‫ ?שנה‬Diesbezüglich zeigt sich eine Streuung über den gesamten Bestand der Eingangsformeln, die hinsichtlich der genannten Schemata keine Signi­fikanz aufweist. Ebenfalls nicht auswertbar sind Variationen, die offen­sichtlich sachliche und/oder narrative Gründe haben. So kann für die ersten beiden Könige Jerobeam und Rehabeam sowie die judäischen Könige ab Manasse selbstverständlich keine synchronistische Datierung des Amts­antritts gegeben werden. Das Fehlen einer synchronistischen Datierung bei Jehu ist eine Folge des Einbaus des Materials zur sog. Jehu-Revolte.174 Die besonderen Umstände von Jehus Machtübernahme sind in II 9–10 ausführlich geschildert, so waren in II 10,36 nur noch die Informationen nachzuliefern, die sich aus dem zuvor Dargestellten nicht ergeben, d. h. die 173  Die chronologischen Daten in II 17,1 stehen in Widerspruch zu II 15,30. Die Untersuchung der Zahlen ergab, dass der Synchronismus nicht aus der israelitischen Zahlenreihe stammt, sondern auf spätere Korrekturversuche zurückgeht (vgl. S. 78 f.). Vielleicht hängen hiermit auch andere Eingriffe in Hoscheas Eingangsformel zusammen. 174  Dazu unten S. 147 ff.



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

127

Dauer seiner Regierung und seine Residenzstadt Samaria.175 Ein klarer Fall einer narrativ motivierten Variation liegt auch in II 12,1 f. vor; die Voranstellung der Angabe zum Lebensalter bei Jehoasch dient der Verknüp­f ung von II 12 mit II 11. In 11,3 ist erzählt, dass Jehoasch sich sechs Jahre versteckt gehalten hatte.176 Quellenkritisch aussagekräftig ist aber die Koinzidenz von spezifischen Inhalten und deren charakteristischer Anordnung sowie Formulierung. Grundsätzlich ist natürlich auch denkbar, dass der Verfasser des Königsrahmens mehrere unterschiedliche Schemata für bestimmte Gruppen von Königen geschaffen und benutzt hat, um die Inhalte zu präsentieren, die ihm mitteilenswert erschienen bzw. um seine Darstellung zu strukturieren. In diesem Fall wären die Unterschiede überhaupt nicht quel­ lenkritisch auswertbar. Diese Annahme ist jedoch aus zwei Gründen unwahrscheinlich: 1) Ihr steht die unverkennbare Vorliebe des Verfassers für gleichförmige Gestaltung und stereotype Formulierungen entgegen, die sich nicht nur an den Eingangsformeln, sondern auch an den Königsbeurteilungen177 und Schlussnotizen zeigt. 2) Es lässt sich insbeson­ dere bei den Königen Israels nicht erklären, warum etwa für Nadab ein anderes Schema konstruiert werden sollte als für Bascha oder für Schallum ein anderes als für Secharja, Menachem oder Pekachja. Sowohl in ihrer Beurteilung als auch in dem über sie Berichteten ergeben diese Könige keine Gruppe mit signifikanten Unterschiede gegenüber den übrigen Königen.178

Diesen Ansatz verfolgte auch S. Bin-Nun und führt Gehalt und Gestalt der Eingangsformeln auf zwei separate Listen der Könige von Israel und Juda zurück.179 Sie geht davon aus, dass der Verfasser des Königsrahmens den Wortlaut seiner Quellen im Wesentlichen unverändert übernahm und ledig­lich die Synchronismen hinzufügte. Wo kleinere Abweichungen feststellbar sind, seien sie bereits in den Quellen vorhanden gewesen und zeigten ihrerseits an, dass sich an den 175 Vgl. Long, FOTL, 127. Damit ergibt sich eine Analogie zu Omri, für den ebenfalls aufgrund der vorigen Darstellung der besonderen Umstände seiner Machtergreifung ursprünglich keine reguläre Eingangsformel vorlag, vgl. oben S. 69 f. bzw. unten S. 144 f. 176  Robker, Jehu Revolution, 73 f., vermutet auch hinter dem Auftreten bzw. Fehlen von Patronymen in den Eingangsformeln judäischer Könige eine narrative Strategie: Während bei israelitischen Königen der Vatersname regulär genannt werde, erscheine er bei judäischen Königen nur dann, wenn die Darstellung zuvor von einem israelitischen König handele, also nicht aus dem direkten Vorkontext klar sei, wie der Vater des neuen Königs heiße. Allerdings passen die Eingangsformeln für Ahasjahu und Ahas dann nicht ins Bild. 177  Zum literargeschichtlichen Zusammenhang von Eingangsformeln und Beurteilun­gen vgl. Abschnitt 4.2.2, unten S. 184 ff. 178  Zur Problematik vgl. auch unten S. 136 f. 179  Der Hauptunterschied zwischen beiden Listen ist für Bin-Nun, Formulas, 420, dass in der israelitischen Liste die Jahr­sum­me immer am Ende der Formel genannt wird, während sie in der judäischen Liste der Nennung der Residenz vorausgeht. Für die judäische Liste rekonstruiert sie folgenden Wortlaut (a. a. O., 428): A ben B melek Yehudah. Ben … šānāh A bemolkô we … šānāh mālaḵ bi-yrušālāim. Die Einträge in der israelitischen Liste seien dagegen zwei Schemata gefolgt: A ben B mālak ʿal yiśrāʾel (be …) oder A ben B mālaḵ ʿal yiśrāʾel (be …) … šānāh. bišnat … (šānāh) le C melek Yehudah wayyimlok … šānāh.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Königshöfen erst im Laufe der Zeit ein festes Schema für chronologische Aufzeichnungen etabliert habe.180 Im Hintergrund vermutet Bin-Nun kontinuierlich fortgeschriebene Listen seit der Zeit Salomos, dessen Schreiber mit der Jahr­sum­me für David (I 2,11a) den Anfang gemacht und zugleich das Formulierungsmuster vorgegeben habe, dem dann bei den Einträgen für Salomo (I 11,42) und Jerobeam (I 14,20) gefolgt worden sei.181 Abweichende Formu­ lierungen versucht sie über historische Umstände zu plausibilisieren: So habe Nadab seinen Namen bereits zu Lebzeiten in die Liste setzen lassen, daher konnte die Jahr­sum­me zunächst nicht angegeben werden und sei mit ‫( וימלך על ישראל שנתיים‬I 15,33) erst nach seinem Tod nachgetragen worden. Die Praxis, beim Amtsantritt zunächst den Namen des Königs zu vermerken und nach seinem Tod die Regierungsdauer zu ergänzen, sei danach im Nordreich beibehalten worden182 und erkläre, warum die Jahr­sum­me stets am Ende der chronologischen Angaben stehe. Bei Jehu fehle die reguläre Formel, weil er nach seinem Putsch keinen Wert auf die Eintragung gelegt habe, diese sei erst unter seinem Nachfolger in Orientierung an der schon bei David bzw. Jerobeam I. gebrauchten Formel vorgenommen worden.183 In Juda habe man die Könige dagegen erst nach ihrem Tod in der Liste vermerkt und konnte die Regierungsdauer voranstellen, zudem habe man in Orientierung an älteren Formeln aus der Zeit Sauls und Samuels (1Sam 13,1; 2Sam 2,10; 5,5) auch das Lebensalter bei Amtsantritt festgehalten.184

Bin-Nuns Unterscheidung der Eingangsformeln für judäische und israeli­tische Könige sowie ihr Rekurs auf Königslisten als Quellen der im Königs­rahmen verarbeiteten Informationen hat sich in der weiteren Diskussion rasch durchgesetzt.185 Zwei Aspekte bedürfen jedoch einer genaueren Betrachtung: die Einschätzung der Synchronismen sowie der Zusammen­hang von zwei Listen und drei Schemata von Eingangsformeln. 3.2.2.1  Synchronismen als sekundäre Zutat? Für Bin-Nun ist die Mehrzahl der Synchronismen sekundär. Da sie das Zahlenmaterial nicht diskutiert, also nicht ersichtlich wird, ob und falls ja, welche Syste180  A. a. O., 422. 181  A. a. O., 422 f. Im Folgenden hätten sich die judäischen Schreiber an den Formeln für David und Saul orientiert, die israelitischen Schreiber an annalistischen Formeln aus dem Richterbuch. In dieser Einschätzung zeigt sich, dass Bin-Nuns Studie auf Modellen zur Literargeschichte des AT aufbaut, die heute kaum noch vertreten werden. Gleichwohl ist ihre Beobachtung, dass es eine Nähe zwischen der Formulierung chronologischer Angaben in Reg sowie Jdc (vgl. 9,22; 10,2 f.; 12,7. 1. 14) oder Sam (vgl. 1Sam 13,1; 2Sam 2,10; 5,5) für die literargeschichtliche Hypothesenbildung im Blick zu behalten. Dazu unten S. 190 ff. 182  A. a. O., 427. 183 Ebd. 184  A. a. O., 420 f. 185  Vgl. u. a. Van Seters, Search, 297 f.; Barnes, Studies, 137–145; Naʾaman, Temple Library, 134 f.; Sergi, Judahite King List. Widerspruch kam z. B. von Nelson, Double Redaction, 32–41, der die Variationsbreite in den Formulierungen als Beleg dafür anführt, dass der Autor einer älteren Ausgabe des DtrG die Formeln frei gestaltet habe. Erst der exilische Redaktor zeige (ab Hiskija) eine deutlich erkennbare Stereotypie.



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

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matik sie hinter den synchronistischen Datierungen vermu­tet,186 läuft die Argumentation diesbezüglich (und konsequent) auf sprach­licher Ebene ab. Für den sekundären Charakter der Synchronismen führt Bin-Nun zwei Argumente an: 1. Es sei unüblich, dass in Annalen, Königslisten o. ä. der Name eines Nachbarkönigs vor dem Namen des zu datierenden Königs genannt werde. Hier schlage vielmehr das Interesse des Verfassers des Königsrahmens durch, der alle Könige in sein synchronistisches Raster einordnen wollte.187 2. In der Eingangsformel der israelitischen Könige habe ‫ מלך‬bei vorn stehendem Synchronismus (hier Schema C) in Bezug auf das Datum des Amtsantritts inchoativen Sinn. Damit ergebe sich ein logischer Bruch zur Angabe der Regierungsdauer: Es werde letztlich ausgesagt, dass der König in einem bestimmten Jahr so und so viele Jahre geherrscht habe.188 (ad 1) Bin-Nuns Ausgangsbeobachtung ist für die bislang bekannten synchronistischen Datierungen in altorientalischen Texten zutreffend.189 Zutreffend ist auch die Einschätzung, dass die Voranstellung des Synchronismus dem Darstellungsinteresse der Verfassers des Königsrah­mens entgegenkommt.190 Der Schluss jedoch, dass deswegen die Königs­listen, die Bin-Nun als Vorlage der Eingangsformel annimmt, keine synchronistischen Datierungen enthalten haben können, greift zu kurz. Er würde nämlich entweder voraussetzen, dass synchronistische Datierungen an keiner anderen Stelle innerhalb einer Notiz zur Machtübernahme durch einen neuen König stehen könnten. Dieses ist jedoch durch die Eingangs­formel nach Schema B widerlegt.191 Oder dem Verfasser der Eingangs­formeln wäre eine derartig rigide Treue zu den Formulierungen seiner Vorlage zu unterstellen, dass nicht einmal die bloße Umstellung von Satzgliedern möglich gewesen wäre. Ohne Umstellung kommt aber auch eine nachträgliche Voranstellung des Synchronismus nicht aus, schließlich rückt gegenüber der rekonstruierten Vorlage hierbei das Verbum vor den Königsnamen. Es bleibt also denkbar, dass in der Vorlage synchronistische Datierungen enthalten waren, die vom Verfasser der Eingangsformeln umgestellt wurden. 186  Sie beschränkt sich auf eine lediglich angedeutete Kritik an Jepsen (Bin-Nun, Formulas, 426, Anm. 1). 187  A. a. O., 426. 188  A. a. O., 424 f. 189 Zu entsprechenden Darstellungsformaten in chronographischen Werken, vgl. oben S. 103 ff. In der assyrischen Eponymenchronik rückt in Ausnahmefällen der Name des eponymen Beamten vor den Namen des Königs (so beim Eintrag zur Machtübernahme Tiglatpilesers III., dazu oben S. 100 f.). Die Neubabylonische Chronik (XII) bietet kein Gegenbeispiel. Den Datierungen der Amtsantritte assyrischer bzw. elamitischer Könige stehen zwar Name und Regierungsjahr des babylonischen Königs voran, aber es handelt sich ja um eine Darstellung aus babylonischer Perspektive; die Abfolge der babylonischen Könige bildet die Hauptlinie und gibt die Struktur vor. 190  Dazu unten S. 186 f. 191  Bin-Nun, Formulas, 426, hält die Synchronismen in den Eingangsformeln der Omriden Ahab, Ahasja und Joram bzw. derjenigen von Joschafat sogar für die einzig ursprünglichen.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

(ad 2) Das zweite Argument nimmt einen Punkt auf, den bereits J. Well­ hausen als anstößig empfand.192 Nun lässt aber die Semantik von ‫ מלך‬sowohl eine inchoative wie auch eine durative Verwendung zu.193 Dies zeigt sich nicht zuletzt in den anderen Schemata, in denen das Verbum ebenfalls beide Bedeutungen annimmt, wenn auch auf zwei Sätze verteilt.194 Wenn hier tatsächlich eine logisch ‚unmögliche‘ Formulierung vorläge, wäre ja auch zu fragen, warum der Ergänzer der Synchronismen diese geschaffen haben sollte, wenn er doch analog zu den anderen Schemata leicht zwei Sätze hätte bilden können. 3.2.2.2  Zwei Quellen und drei Schemata? Die Auffälligkeit, dass trotz der Verarbeitung zweier Listen im Königs­rahmen nun drei Schemata von Eingangsformeln vorliegen, erklärt Bin-Nun, wie bereits angedeutet, mit der mangelnden Einheitlichkeit innerhalb der rekonstruierten israelitischen Königsliste. In dieser hätte es für die fünf Könige Nadab, Ahab, Ahasja, Joram und Schallum vom üblichen Schema abweichende synchronisierte Einträge gegeben. Im Falle der Omriden Ahab, Ahasja und Joram möchte sie die Besonderheit mit der Annahme, dass „some interchange of records or mutual agreement at this period“ den Schreibern Kenntnisse über die Verhältnisse im Nachbarreich ermöglicht habe, historisch plausibilisieren.195 Es ist gut möglich, dass die Anfänge des Führens von Königslisten oder -chroniken in Israel bzw. Juda in der Epoche der omridischen Herrschaft liegen und auch, dass die enge verwandtschaftliche Verbundenheit der Königsfamilien in 192  Wellhausen, Zeitrechnung, 611 f. 193 Für den inchoativen Gebrauch vgl. u. a. Jdc 9,8–14; 2Sam 10,1; I 1,5; Jes 37,38; Prv 30,22, die zahlreichen Beispiele der Sukzessionsformel ‫ וימלך … תחתיו‬neben dem Königsrahmen z. B. auch in Gen 36,32–39 oder den Inf. cons. ‫ במלכו‬zur Bezeichnung der Akzession (neben dem Königsrahmen auch in 1Sam 13,1; 2Sam 2,10; 5,4; Jer 52,1). Die Einschränkung von Robker, Jehu Revolution, 74 f., dass ‫ מלך‬im Sinne von „König werden“ nur in den Eingangsformeln belegt sei, ergibt sich nur, wenn man, wie er, lediglich qatal-Formen betrachtet und das bedeutungsäquivalente wayyiqtol bzw. den Inf. cons. nicht mit einbezieht – aber auch in diesem Fall nicht ausschließlich, wie die breite Diskussion zum Verständnis des ‫ יהוה מלך‬in den JHWH‑Königspsalmen belegt (vgl. Janowski, Königtum, 424–446; Jeremias, Art. Königtum Gottes [Lit.]). 194  Ein analoges Beispiel wäre etwa die Verwendung von ‫ בער‬in Ex 3,2 f., welches in v. 2 in durativer und in v. 3 in resultativer Bedeutung erscheint. Im Übrigen ist Bin-Nun auch diesbezüglich inkonsequent, wenn sie annimmt, dass in der vorausgesetzten sukzessive geführten israelitischen Königsliste „the entry for his [Nadab’s] accession was turned into a formula for the length of his reign owing to the various meanings of the verb mālak“ (427). In der Liste war die doppelte Semantik also noch unproblematisch, im Königsrahmen aber nicht mehr? 195  Bin-Nun, Formulas, 426. Einen anderen Weg geht Gass, Problem, 69–75, der – allerdings allein auf der Basis der Datierungsformulare – drei Königslisten voraussetzt, eine judäische Liste (hier Schema A) sowie eine lange (hier Schema C) und eine kurze israelitische Königsliste (hier Schema B). Aus der großen Nähe der judäischen Liste zur langen israelitischen Liste schließt er, dass sie „mit Blick auf die vorliegende israelitische Liste sekundär zusammengestellt worden sein“ könnte (74).



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

131

Juda und Israel in dieser Zeit synchronistische Datie­rungen begünstigte.196 Doch erklärt dies nicht, warum die Einträge Nadabs und Schallums ebenfalls nach diesem Schema gebildet worden sein sollten. Diese Könige sind nach Auskunft der in den Königebüchern überlieferten Daten weder herausgehobene Vertreter der israelitischen Könige, noch markiert ihre Regierungszeit ein in irgendeiner Weise besonderes Verhältnis zu Juda, das u. U. im Hintergrund der synchronistischen Datierungen stehen könnte. Bei der Rückführung der unterschiedlichen Schemata auf die israelitische Königsliste übersieht Bin-Nun zudem die formale Nähe von Schema A  und Schema C. Schema C entspricht formal exakt dem ersten Satz aus Schema A, der lediglich um die Elemente Residenz und Jahr­sum­me angereichert ist. Diese Beobachtung legt nahe, den Ursprung der Variation in den Eingangs­formeln für die Könige Israels nicht allein in den Vorlagen des Verfassers des Königsrahmens zu suchen, sondern ebenfalls in dessen Arbeit selbst. 3.2.3  Gehalt und Gestalt der Vorlagen des Königsrahmens Wie bereits gesehen ist eine quellenkritisch auswertbare Koinzidenz von spezifischem Gehalt und eigentümlicher Gestalt vor allem in Schema A und Schema B zu greifen. Nur in Schema A sind die Elemente Alter bei Thronbesteigung und Name der Königsmutter enthalten, auch die Abfolge der Elemente ist deutlich fixiert. Selbst in den seltenen Fällen, wo ein Element fehlt, z. B. das Alter bei Thronbesteigung bei Abija und Asa oder der Name der Mutter bei Jehoram oder Ahas, folgen die übrigen Elemente der festgelegten Reihen­folge. Ein Blick auf die außerordentlich stereotypen Eingangsformeln197 für die Könige Manasse bis Zidkija offenbart aber sogleich, dass allein aus den hier gebotenen Elementen Alter bei Amtsantritt, Regierungsdauer und Residenz sowie Name und Herkunft der Königsmutter kaum eine plausibler Einsatz eines Eintrags in einer Königsliste zu rekonstruieren ist. Es fehlt die Einführung des jeweiligen Königs mit seiner Funktion bzw. ein Hinweis auf die dynastische Kontinuität zu seinem Vorgänger. Beides ist jedoch anderweitig im Königsrahmen vorhanden: Ȥ Bei allen Königen ab Manasse folgt die Eingangsformel direkt auf die Schlussformel des Vorgängers mit ihrem Quellenverweis sowie der Todes- und Begräbnisnotiz. Beides kann unterschiedlich ausführ­lich ausfallen und variiert werden. Direkt voraus198 geht jedoch in jedem Fall die Sukzessionsnotiz, die im Fall einer regulären Abfolge aus Tod des Vorgängers und Machtüber196 Vgl. Sergi, Judahite King List, bzw. unten S. 154 ff. 197  Selbst die sonst belegte syntaktische Variation von Nominal- oder Verbalsatz für die Angabe des Alters bei Thronbesteigung ist hier nicht anzutreffen; die Angabe wird durchgängig als Nominalsatz formuliert. 198  Im Falle von Jojakim (II 23,36) und Jojachin (II 24,8) rückt jeweils ein Vers zwischen die Sukzessionsnotiz und das Lebensalter bei Amtsantritt.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

nahme des Thronfolgers besteht, welche ‫ וימלך … בנו תחתיו‬lautet. Bei beson­ deren Umständen (vgl. Jehoahas II 23,30; Jojakim II 23,34; Zidkija II 24,17) muss natürlich anders formuliert werden. Es wird jedoch stets der Name des neuen Königs, seine verwandtschaftliche Bezie­hung zum Vor­gänger und die Sukzession (‫ )מלך תחתיו‬festgehalten. Damit ist der König eingeführt und die Angaben zu seinem Lebens­alter bei Amts­antritt, der Regierungsdauer usw. können folgen. Ȥ Bei den übrigen judäischen Königen aus Schema A geschieht die Einführung sogar doppelt. Einmal in der Schlussformel des Vorgängers ‫וימלך … בנו‬ ‫תחתיו‬, die aber, sofern in der Darstellungs­abfolge der Königebücher israelitische Könige dazwischen rücken, der Eingangsformel nicht direkt vorausgeht. Ein zweites Mal erfolgt sie im Synchronismus, der ebenfalls den Namen des neuen Königs nennt. Sofern das Patronym aufgeführt ist, ist auch hier noch einmal die dynastische Kontinuität angezeigt. Insofern legt sich für eine Zusammenstellung judäischer Könige, die vom Verfasser des Königsrahmens verarbeitet wurde, nahe, dass sie zumindest die folgenden Bestandteile enthielt: 1. Sukzessionsnotiz als Einführung des neuen Königs199 2. Lebensalter bei Amtsantritt 3. Jahr­sum­me 4. Residenz 5. Angaben zur Königsmutter 6. Tod und Begräbnis200. Denkbar wäre auch, dass der Eintrag für jeden neuen Könige mit der Nennung seines Namens begann, wie es S. Bin-Nun in ihrer Rekonstruktion vorschlägt.201 Dann wäre allerdings zu erklären, warum der Verfasser des Königsrahmens die Einführung des neuen Königs bei den letzten judäischen Königen ohne synchronistische Datierung weggelassen haben sollte. Unter den sechs Elementen fehlt die synchronistische Datierung des Regierungsantritts der Könige. Ob eine solche in der älteren Zusammen­stellung enthalten war oder nicht, lässt sich allein durch die Untersuchung ihrer Sprachgestalt nicht entscheiden. Zwei Indizien sprechen jedoch dagegen, dass die 199  Für den ersten König der Reihe wäre ein anderer Anfang vorauszusetzen, etwa die Nennung von Name und Herrschaftsbereich, wie sie bei Rehabeam (I 14,21) entsprechend erfolgt. 200  Naʾaman, Sources and Composition, 113–116, geht davon aus, dass die Angaben zur Grabstätte der judäischen Könige nicht aus einer Quelle übernommen wurden, sondern dass der Verfasser des Königsrahmens hier auf allgemein Bekanntes zurückgegriffen habe. Nach Naʾaman verdanken sich die Angaben der pro-judäischen Tendenz des Verfassers: Er habe herausstellen wollen, dass im Gegensatz zu den israelitischen Königen alle judäischen Könige ein ordnungsgemäßes Begräbnis erhalten hätten (117). 201  Bin-Nun, Formulas, 428, rekonstruiert für die judäische Liste A ben B meleḵ Yehuda als Auftakt des Eintrags eines neuen Königs.



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

133

Synchronismen hier quellenhaft sind. Das erste ist die genannte doppelte Einführung des jeweils neuen Königs, die bei direkter Aufeinanderfolge von Sukzessionsnotiz und synchronistischer Datierung im ansonsten sehr knappen Listenformat ungewöhnlich wäre. Das zweite ist die bereits von Bin-Nun notierte Auffälligkeit, dass bei vorangestellter synchro­nistischer Datierung der Name des Nachbarkönigs vor dem hier eingeführten König genannt würde. Den Ausschlag gibt hier letztlich die Untersuchung des Zahlenmaterials, die den sekundären Charakter der synchronistischen Datierungen für die Amtsantritte der judäischen Könige erwiesen hatte. Am deutlichsten von Schema A unterschieden ist Schema B mit seiner Voranstellung von Name des Königs und Herrschaftsbereich vor die synchronistische Datierung und der charakteristischen Struktur aus zwei Verbalsätzen mit ‫מלך‬ und ‫וימלך‬. Die Angaben sind suffizient und bedürfen keiner weiteren Einführung des Königs. Es ist gut möglich, dass sie in dieser Form aus einem Dokument mit zumindest folgendem Gehalt übernommen worden sind: 1. Name des Königs 2. Herrschaftsbereich 3. Synchronistische Datierung des Amtsantritts 4. Residenz 5. Jahr­sum­me.202 Gegen die Ursprünglichkeit der synchronistischen Datierungen finden sich in diesem Fall nicht einmal Indizien der Art, wie sie bei Schema A genannt wurden. Im Gegenteil: Sollten die Synchronismen hier erst vom Verfasser des Königsrahmens eingetragen worden sein, verwundert es, dass sie nicht wie üblich vorangestellt sind. Hat der Verfasser des Königsrahmen auch die Schlussnotizen203 für die israelitischen Könige aus dieser Quelle übernehmen können? Instruktiv ist diesbezüglich ein Vergleich mit den Angaben für die judäischen Könige. Diese zeigen in den Angaben zu Tod und Begräbnis die schon aus den Eingangsformeln bekannte Kombination von strengem Schematismus in der Abfolge und kleineren Varianten in den Formulierungen. Der Tod aller Könige, von denen kein gewaltsames Ende204 berichtet wird, ist mit ‫ וישכב עם אבותיו‬vermerkt. Darauf folgen Angaben zu Begräbnis- und Begräbnisort, die in Formulierung und Gehalt variieren können.205 Wie bereits notiert, ist für alle Könige abschließend der Nachfolger genannt, meist stereotyp mit ‫וימלך … תחתיו‬.206 202  Wie oben gesehen ist die Abfolge der Elemente 4 und 5 variabel. 203  Eine kompakte Übersicht der Schlussnotizen und ihrer Variationen bieten Halpern/​ Vanderhooft, Editions, 189–190. 204  In diesem Fall sind die Umstände meist etwas ausführlicher geschildert, vgl. Ahasjahu (II 9,27–29), Jehoasch (II 12,21 f.), Amazja (II 14,19 f.), Amon (II 21,23 f.), Joschija (II 23,29 f.), Jehoahas (II 23,33), Jojachin (II 24,11 f.), Zidkija (II 25,4–7). 205  So ist etwa für die Könige von Rehabeam bis Ahas ‫ עיר דוד‬als Begräbnisstätte notiert, für Manasse und Amon ‫גן עזה‬. 206  Die wenigen Ausnahmen sind sachlich begründet: Bei Ahasja (II 9,27–29) gibt es keine

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

  Die Angaben für die israelitischen Könige sind im Vergleich dazu viel weniger einheitlich. Das hat zum einen den sachlichen Grund, dass von den 19 Königen nach Auskunft der Königebücher nur 10 friedlich gestorben sind (‫ )וישכב עם אבותיו‬und ein Sohn den Thron übernahm.207 Nur bei diesen Königen finden sich überhaupt Angaben zum Begräbnis, allerdings auch nicht bei Jerobeam I, Ahab, Ahasja, Jerobeam II208 und Mena­ chem. Anders als bei den judäischen Königen, für die spezifische Angaben zur Begräbnisstätte bzw. deren Wechsel gemacht werden, sind die Notizen für die Könige Israels eher stereotyp. Als Begräbnisstätte wird durchgängig ganz allgemein die Residenz angegeben (Tirza bei Bascha I 16,6 bzw. Samaria bei Omri I 16,28, Jehu II 10,35, Joahas II 13,9 und Joasch II 13,13 bzw. 14,16). Bezüglich der friedlich gestorbenen israelitischen Könige scheint die judäische Liste mit den in ihr enthaltenen Elementen stilbildend gewesen zu sein und das Formular beeinflusst zu haben. Die Begräbnisstätte ist, sofern sie überhaupt genannt wird, aus der Residenz erschlossen.209 Spezifische zusätzliche Infor­mationen, die auf eine andere Quelle hinweisen würden, fehlen.

Schema C führt dagegen nicht auf ein drittes Quellenformular zurück, sondern erklärt sich einfacher als vom Verfasser der Eingangsformeln entwickelt. Das Schema bietet, wie bereits gesehen, die komprimierteste Form der Eingangsformel. Formal folgt es dem ersten Satz von Schema A, inhaltlich werden die Elemente von Schema B geboten. Wie Schema A ist es zudem wegen der Voranstellung des Synchronismus kaum als Eintrag in einer älteren Königsliste vorstellbar. 3.2.4  Ein Zwischenfazit Die vorgetragenen Überlegungen ermöglichen folgende erste Schlussfolge­ rungen: Hinter dem jetzigen Bestand der Eingangsformeln stehen zwei ältere Zusammenstellungen, eine für die Könige Israels und eine für die Könige Judas. Erstere bot die in Schema B genannten Angaben, wahrscheinlich auch in dieser Reihenfolge. Letztere war in der Abfolge der Elemente stark forma­lisiert und enthielt Angaben zur Sukzession des Königs, seinem Alter bei Amtsantritt, seiner RegieSukzessionsangabe, da hier Atalja folgt. Für Atalja fehlt bekanntlich der Königsrahmen komplett. Bei Amazja (II 14,19 f.), Joschija (II 23,29 f.) und Jehoahas (II 23,34) wird aufgrund der irregulären Thronfolge in den Formulierungen variiert. 207 Es sind Jerobeam I. (I 14,20), Bascha (I 16,6), Omri (I 16,28), Ahab (I 22,40), Jehu (II 10,35), Joahas (II 13,9), Joasch (II 14,16; vgl. 13,13), Jerobeam II. (II 14,29) und Menachem (II 15,22). Auf Ahasja, der nach II 1,17 keinen Sohn hatte, folgte ebenfalls im Rahmen einer offensichtlich geregelten Thronfolge sein Bruder Joram (vgl. II 3,1: ‫)יורם בן אחאב‬. 208  In der Schlussformel für Jerobeam II. in II 14,29 ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Angabe zur Begräbnisstätte ausgefallen (so bereits Burney, Notes, 321; Šanda, EH, 173). Nach der Todesnotiz ‫ וישכב ירבעם עם אבתיו‬folgt im vorliegenden Text die hier nur als Apposition anschließbare Phrase ‫עם מלכי ישראל‬. Eine vergleichbare Apposition begegnet in keiner anderen Schlussformel für israelitische Könige. Die Phrase ‫ עם מלכי ישראל‬ist aber bei Jerobeams Vorgänger Joasch (II 13,13; 14,16) Teil der Begräbnisnotiz ‫ויקבר … בשמרון עם מלכי ישראל‬. Ant bezeugt eine entsprechende Begräbnisnotiz in Gänze. 209  So auch Naʾaman, Sources and Composition, 112.



3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln

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rungsdauer und Residenz in Jerusalem, zu seiner Mutter sowie zu seinem Tod und Begräbnis. Für die Könige Judas wurde der Altersangabe sekundär jeweils eine synchronistische Datierung ihres Amtsantritts vorangestellt und damit Schema A  geschaffen. Dieses Schema wirkte zugleich prägend für die Zusammenarbeitung beider Reihen zum Zwecke der verschränkten Anord­nung der Könige beider Reiche. Für die Mehrzahl der Könige Israels sind die in der Quelle enthaltenen Informationen in das Muster von Schema A eingepasst worden. Das Ergebnis war Schema C. (Eine analoge prägende Funktion der judäischen Königsliste zeigt sich im Übrigen auch für die Todes- und Begräbnisnotizen der israelitischen Könige im Königsrahmen). Wieweit auch die konkreten Formulierungen der jeweiligen Eingangs­formeln mit ihren kleineren Unterschieden im Detail auf die Quellen zurück­gehen, lässt sich nicht abschließend klären. Die Unterschiede zwischen den Schemata zeigen zwar an, dass die Vorlagen prägend wirkten. Die vielfachen kleineren Differenzen sind jedoch in einer Weise über alle Schemata im Königsrahmen gestreut, die für eine gewisse Freiheit der Gestaltung spricht.210 Trifft diese Rekonstruktion zu, stellt sich jedoch die Frage, warum nicht alle Eingangsformeln der Könige Israels auf Schema C umgestellt worden sind. Für die fünf Könige mit Eingangsformeln nach Schema B (Nadab, Ahab211, Ahasja, 210  Daher erweist sich der Versuch, aus diesen kleineren Formulierungsunterschieden in den Eingangsformeln Redaktionsschichten oder Editionsblöcke in Reg oder DtrG abzu­leiten, als ähnlich schwierig wie Begrichs quellenkritischer Zugriff (dazu oben S. 123 f. mit Anm. 164): Nach einer einschlägigen Studie von H. Weippert konzentrierte sich die dies­bezügliche Diskussion am Königsrahmen primär auf die Königsbeurteilungen (vgl. Weippert, Beurteilungen, bzw. die Forschungsüberblicke bei Blanco Wissmann, Beurtei­lungskriterien, 2–14, oder Lee, Ort, 3–14) und/oder die Schlussformeln (Halpern/ ​Vanderhooft, Editions). Die Eingangsformeln hat dagegen jüngst Robker, Jehu Revolution, 70–77, ins Spiel gebracht: Er notiert, dass die „curious phrase“ ‫( בשנת … שנה‬vgl. oben S. 126) einen nordisraelitischen Dialekt reflektiere oder aber ein Indiz für „redactional levels or different origins for the Judean and Israelite materials or a chronological development and updating of the text“ sein könne (72). Auffällig sei jedenfalls, dass sie nach Hiskija nicht mehr auftrete, was ihn – neben anderen Gründen – für eine hiskijanische Edition der Könige­bücher argumentieren lässt. Allerdings wird das Fehlen des doppelten ‫ שנה‬ab Hiskija wohl eher den sachlichen Grund haben, dass ab hier auch keine synchronistischen Datierungen mehr vorliegen. Gleichermaßen fraglich ist, ob das in der Tat singuläre ‫ ויהי‬am Anfang der Eingangsformel Hiskijas (II 18,1), einen redaktionellen bzw. editorischen Neuansatz markiert (a. a. O., 74). Sein Auftreten kann auch damit zusammenhängen, dass der vorausgehende Abschnitt mit ‫עד היום‬ ‫ הזה‬endet (das gilt unabhängig davon, ob man den älteren Schluss von II 17 in v. 23 oder v. 41 findet, zur Diskussion um die Stratigraphie von II 17, vgl. Weingart, Stämmevolk, 62–65) und daher für die Rückkehr zur Erzählebene ein deutlicherer Zeitmarker nötig war als üblich. 211  Die Eingangsformel für Ahab in I 16,29 folgt in LXXB und Ant keinem der drei hier herausgearbeiteten Schemata. In der Struktur zweier Verbalsätze jeweils mit βασιλεύω erinnert sie an die Schemata A und B. Die Voranstellung des Synchronismus verbindet sie mit den Schemata A und C, die Abfolge der Elemente Herrschaftsbereich, Residenz und Regierungsdauer im zweiten Satz mit Schema C. Führt die griechische Tradition hier auf eine ältere Fassung der Eingangsformel als der MT? In ihrer Singularität ist die Formulierung von II 16,29 LXXB/Ant eine

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Joram212 und Schallum) lässt sich kaum etwas finden, das sie alle verbindet und von anderen Königen Israels unterscheidet.213 Ahab, Ahasja und Joram sind Omriden, die anderen beiden nicht. Schallum ist durch einen Putsch an die Macht gekommen, die anderen vier nicht. Nadab, Joram und Schallum wurden ermordet, die anderen drei nicht. Die Beur­teilungen der Könige fallen ganz unterschiedlich aus: Ahab wird scharf kritisiert (I 16,30–33), Ahasja (I 22,53 f.) ihm gleichgestellt, Joram positiv von ihm abgesetzt (II 3,2 f.). Nadab wird wie vielen anderen Nordreich­königen das Festhalten an der „Sünde Jerobeams“ vorgeworfen (I 15,25). Bei Schallum fehlt eine Beurteilung.214 Kompositorisch fällt allerdings auf, dass Nadab der erste König Israels ist, der mit einer synchronisierten Eingangsformel erscheint. Unter Umstän­den hat sich der Verfasser des Königsrahmens hier noch stärker an der Vorlage orientiert. Ahab, Ahasja und Joram folgen aufeinander und auch die Eingangsformel des judäischen Königs Joschafat, der zwischen Ahab und Ahasja gerückt ist, entspricht dem Formular von Ahab, Ahasja und Joram (dazu gleich). In diesem Abschnitt der Darstellung ist somit durchgängig Schema B prägend. Im Fortgang der Darstellung scheinen die Eingangs­formeln für die Nordreichkönige stärker formalisiert zu sein und folgen Schema C, allerdings unterbrochen von der Formel für Schallum. Im Blick auf den gesamten Bestand an Eingangsformeln ist die Erwartung eines vollständigen und rigiden Schematismus möglicherweise ähnlich irre­ führend wie jene von im Detail identischen Formulierungen. Schließlich zeigen Fälle wie Jehoasch (vorgezogene Altersangabe), Omri (ursprünglich ohne übliche Eingangsformel), Jehu (ebenfalls ohne Eingangsformel) an, dass die Grundstruktur der Darstellung durchaus variiert werden konnte, wenn es narrativ lectio difficilior, die sich nicht als mechanische Anpassung an die üblichem Schemata im Prozess der hebräischen Vorlagen- oder griechischen Textüberlieferung erklären lässt. Nun hatte aber die Untersuchung der Zahlentradition gezeigt, dass der in LXXB und Ant für Ahab gebotene Synchronismus 2. Joschafat gegenüber dem MT‑Synchronismus 38. Asa sekundär ist (vgl. oben S. 62 ff.). Ahabs Eingangsformel ist also von späteren Tradenten überarbeitet worden, und das nicht allein, sondern im Zusammenhang mit der Umstellung und Überarbeitung des Abschnitts über Joschafat, der in LXXB nun in I 16,28a–h zu finden ist, wobei die Eingangsformel in v. 28a Schema A entspricht (zu Joschafat s. i. F.). Dieses würde erklären, warum diese Eingangsformel singuläre Züge trägt und näher als alle übrigen Eingangsformeln israelitischer Könige an Schema A rückt. 212  Die Eingangsformel für Joram findet sich in LXXB sowohl in II 1,18a als auch 3,1, in Ant mit einem abweichenden Synchronismus nur in II 1,18a (zur Diskussion oben S. 62 ff.). Die Formulierung folgt aber in allen Fällen Schema B. 213  Köhlmoos, Geschichte, 224, nimmt an, dass die betreffenden Könige besonders hervorgehoben werden, da ihre Thronbesteigung jeweils den Beginn von „Umsturzphasen“ markiere. Das mag für Nadab oder Schallum stimmen, ist jedoch für Ahab oder Joram schwierig nachzuvollziehen. Auch die besondere Jeter-Formel, die Köhlmoos diesbezüg­lich für Ahab, Joschafat und Schallum anführt (ebd.), findet sich wiederum nur bei einigen und nicht allen Königen mit dieser Eingangsformel. 214  Zudem folgt die Eingangsformel des positiv beurteilten Joschafat auch diesem Schema, dazu i. F.

137

3.2  Die Literargeschichte der Eingangsformeln



geboten erschien. Die Variationen im Schema der Eingangs­formel gehen im Nebeneinander von Schemata B und C denn auch nie so weit, dass die betreffenden Texte nicht mehr als Eingangsformel zu erkennen wären und ihre Strukturierungsfunktion nicht mehr erfüllen könnten. 3.2.4.1  Der Sonderfall Joschafat Die Eingangsformel für Joschafat (I 22,41 f.) ist ein einzigartiger Fall, an dem sich wie eine Probe aufs Exempel die zuvor dargestellten Überlegungen belegen lassen. Die Formel lautet im Masoretischen Text: I 22,41

‫אַחאָב מֶ לֶ ְך יִ ְשׂ ָראֵ ל׃‬ ְ ‫אַרבַּ ע ְל‬ ְ ‫הוּדה ִבּ ְשׁנַת‬ ָ ְ‫וִ יהֹושָׁ פָ ט בֶּ ן־אָסָ א מָ לַ ְך עַ ל־י‬

I 22,42

‫ֹלשׁים וְ חָ מֵ שׁ שָׁ נָה ְבּמָ ְלכֹו‬ ִ ‫ן־שׁ‬ ְ ֶ‫יְ הֹושָׁ פָ ט בּ‬ ‫וְ עֶ ְשׂ ִרים וְ חָ מֵ שׁ שָׁ נָה מָ לַ ְך ִבּירוּשָׁ לָ ִם‬ ‫ת־שׁ ְל ִחי׃‬ ִ ַ‫וְ שֵׁ ם ִאמֹּו עֲזוּבָ ה בּ‬

Formal entspricht v. 41 dem ersten Satz in Schema B; der Name des Königs und sein Herrschaftsbereich stehen vor der synchronistischen Datierung des Amtsantritts. V. 42 folgt dagegen Schema A, sowohl inhaltlich mit den Elementen Altersangabe bei Amtsantritt, Jahr­sum­me und Residenz sowie Angaben zur Königsmutter, als auch formal im Blick auf deren Abfolge. Auch die Formulierungen passen zu dem, was nach Schema A zu erwarten ist.215 Der textkritische Befund ist hier komplex aber aufschlussreich: In LXXB erscheint die Eingangsformel für Joschafat zusammen mit der gesamten Darstellung seiner Regierungs­zeit einmal in I 16,28a (28a–h) sowie in I 22,41 f. (22,41–51). Die Doppelung erklärt sich aus dem besonderen Charakter von LXXB, der bis I 21,43 einen vorrezensionellen, ab I 22,1 jedoch einen hexaplarischen Text bezeugt.216 Die Abfolge Joschafat – Ahab und der Syn­ chronismus 11. Omri in I 16 LXXB hängen mit der abweichenden chronologischen Systematik in LXXB zusammen (dazu oben S. 62 ff.). Ant ordnet Joschafat ebenfalls und ausschließlich nach I 16,28 an, die Doppelung mit I 22,41–51 findet sich in den Ant-Textzeugen nicht.   In I 22,43 entsprechen die Struktur und der Inhalt von Joschafats Eingangsformel in LXXB wie auch den anderen Zeugen des hexaplarischen Textes dem MT. In I 16,28a ist dies nicht der Fall; die Eingangsformel lautet hier: καὶ ἐν τῷ ἐνιαυτῷ τῷ ἑνδεκάτῳ ἔτει τοῦ Ζαμβρεὶ βασιλεύει Ἰωσαφὰθ υἱὸς Ἀσά βασιλεύει ἐτῶν τριάκοντα καὶ πέντε ἐν τῇ βασιλείᾳ αὐτοῦ καὶ εἴκοσι πέντε ἔτη βασιλεύει ἐν Ἰερουσαλἠμ καὶ ὄνομα τῆς μητρὸς αὐτοῦ Γαβουζά θυγάτηρ Σελεεί217 215  Einzig die Pendenskonstruktion bei der Altersangabe weicht hier ab. Sie verdankt sich wahrscheinlich der singulären Gestalt dieser Eingangsformel und stellt den Bezug der Altersangabe auf Joschafat klar. In der üblicheren Form ‫ ו … שנה היה במלכו‬wäre auch ein Bezug des Suffixes auf den zuletzt genannten Ahab möglich. 216  Vgl. oben S. 103, Anm. 100. 217 Die Ant-Textzeugen zeigen einige Varianten. Ms 82 stimmt mit LXXB überein. Mss 19,

138

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Die synchronistische Datierung ist vorangestellt, so dass die Eingangsformel strukturell eher Schema A  entspricht. Aufgrund sprachlicher Merkmale hat J. D. Shenkel I  16,28a, dem vorrezensionellen Septuagintatext zugewiesen, so dass hier eine frühe Textgestalt belegt sein könnte.218 Damit ist aber noch nicht notwendig eine hebräische Vorlage impliziert, die hinter die im MT bezeugte Eingangsformel zurückführt. Neben der chronologischen Systematik sprechen auch sprachliche Indizien dafür, dass die LXXB‑Fassung der Eingangsformel auf eine sekundäre Anpassung zurückgeht. Gegenüber dem hebräischen Text bzw. LXX in I 22,41 fehlt in 16,28a die Angabe zum Herrschaftsbereich. Zudem ist die Formulierung der Altersangabe auffällig: Es fehlt ein Subjekt oder eine finite Verbform, die den Bezug zum Subjekt des vorhergehenden herstellen würde;219 βασιλεύει kommt aus inhaltlichen Gründen hierfür nicht in Frage. Geht man nun von Schema B als Gestalt der hebräischen Vorlage und einer nachträglichen Umstellung aus, lassen sich die Varianten schlüssig herleiten (die Diskussion beschränkt sich i. F. auf I 22,41, da sich hier die einschlägigen Varianten finden): ]‫ויהושפט בן אסא מלך על יהודה בשנת ארבע לאחאב מלך [ישראל‬

Auf einer frühen Stufe der Textreproduktion, scheint ‫ ישראל‬ausgefallen zu sein; das überschüssige βασιλεύει in I 16,28a repräsentiert mit großer Wahrscheinlichkeit ein ‫מלך‬, das hier als Verbform gedeutet wurde. Die Fassung der Eingangsformel in LXXB I 22,41 bestätigt diesen Ausfall ebenfalls.220   Stellt man diese Formel nun um und zieht die synchronistische Datierung vor, ergibt durch die vermeintlich doppelte Verbform ein schwieriger Text: καὶ ἐν τῷ ἐνιαυτῷ τῷ ἑνδεκάτῳ ἔτει τοῦ Ζαμβρεὶ βασιλεύει Ἰωσαφὰθ υἱὸς Ἀσά βασιλεύει ἐπὶ Ἰουδά221 Die Problematik ist in LXXB auf elegante Weise gelöst, indem das zweite βασιλεύει syntaktisch mit der folgenden Zahlenangabe verbunden wird, die hier nicht auf den Regierungsantritt Joschafats, sondern als Jahr­sum­me auf die Regierungszeit in seinem „Königreich“ βασιλεία222 bezogen wird. Daher kann die Angabe ἐπὶ Ἰουδά fehlen. Dass danach eine 108, 127 gleichen die Auffälligkeiten aus: ἔτει fehlt, der Herrschaftsbereich Joschafats ist mit ἐπὶ Ἰουδάν angegeben, anstelle von τῇ βασιλείᾳ erscheint das übliche τῷ βασιλεύειν, das zweite βασιλεύει fehlt. 218  Aussagekräftig ist diesbezüglich v. a. der Gebrauch des historischen Präsens βασιλεύει (Shenkel, Chronology, 50–53), allerdings weicht I 16,28a insofern von den anderen Eingangsformeln ab, dass hier auch für die Regierungsdauer βασιλεύει verwendet ist und nicht wie üblich Aorist (ἐβασίλευσεν). 219  Vgl. ἦν in II 8,17 u. ö. 220  Die Eingangsformel lautet in LXXB I 22,41: Καὶ Ἰωσαφὰθ υἱὸς Ἀσα ἐβασίλευσεν ἐπὶ Ἰουδά ἔτει τετάρτῳ τῷ Ἀχαὰβ ἐβασίλευσεν. Zudem fehlt ein καί, denn hätte hier eine Verbform gestanden, wäre es, wie die übrigen Eingangsformeln dieses Musters zeigen, ‫ וימלך‬gewesen, was im Griechischen (vor- wie nachhexaplarisch) mit dem Aorist als καί ἐβασίλευσεν wiedergegeben ist. 221  Es ist kaum zu entscheiden, ob die diskutierten Veränderungen auf der Ebene der hebräischen Vorlagen oder innerhalb der griechischen Textüberlieferung erfolgten. Da sie in griechischen Textzeugen belegt sind, ist zur Illustration hier der griechische Text zitiert. 222 Die Formulierung ist singulär, in der gesamten griechischen Textüberlieferung zu den Eingangsformeln steht bei der Angabe des Alters bei Amtsantritt stets eine vom Verbum βασιλεύω abgeleitete Form.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

139

zweite Angabe zur Regierungsdauer in Jerusalem folgt, mag nach der analogen Struktur zweier Jahr­sum­men beim direkt vorhergehenden Omri (I 16,23) nicht gestört haben.   I 16,28a führt also in Einzelformulierungen durchaus auf einen alten Text zurück, beruht aber in der Voranstellung des Synchronismus und in der synchronistischen Datie­ rung selbst auf einer sekundären Anpassung der Eingangsformel an die im vorrezensionellen Septuagintatext erhaltene Chronologie. Vergleichbare Harmonisie­rungstendenzen in den Formulierungen zeigen sich auch in der Eingangsformel für Ahab (dazu Anm. 211). Auf eine ältere Form von Joschafats Eingangsformel führen LXXB und Ant mithin nicht, sie zeigen aber, dass frühe Tradenten deren Besonderheit bemerkt haben und z. T. nivellieren wollten.

Gehalt und Gestalt von v. 42 entsprechen somit der rekonstruierten judäischen Quelle und sind aus ihr entnommen. Nicht so die synchro­nistische Datierung; würde sie aus der judäischen Quelle stammen, wäre nicht zu erklären, warum diese ausgerechnet hier und nur hier einen vom üblichen Formular abweichenden Eintrag enthalten haben sollte. Auch bei Joschafat ist der Synchronismus also vom Verfasser der Eingangsformeln mit den Angaben aus der judäischen Vorlage kombiniert worden. Allerdings orientiert er sich in diesem Fall formal an der Gestalt der israelitischen Quelle. Letzteres ist aber, betrachtet man die Abfolge der Eingangsformeln, nicht verwunderlich. Joschafats Formel (I 22,41) stand, bevor das jüngere Material223 in I 17–22 sowie II 1–2 in das Grundgerüst der synchronistischen Geschichtsdarstellung eingefügt wurde, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Eingangsformeln für Ahab (I 16,29), Ahasja (I 22,52) und Joram (II 3,1), die allesamt nach dem aus der israelitischen Quelle gewonnenen Schema B formuliert sind. Es steht zu vermuten, dass diese Nähe der Aus­löser dafür war, dass sich der Verfasser der Eingangsformeln auch im Falle des judäischen Königs Joschafat an dem genannten Schema orientierte.

3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie 3.3.1  Eine synchronisierte Chronik für das Nordreich Israel Die bisherige Analyse bezog sich auf das Skelett des Königsrahmens bzw. die aus den Vorlagen übernommenen Elemente und ihre Anordnung in den Eingangsformeln. Für die Suche nach der Herkunft synchronistischer Datierungen führte sie auf eine Zusammenstellung von chronologischen Daten der israelitischen Könige und ihr spezifisches Darstellungsschema. Bevor nun über die historische Verortung und den Charakter dieser Quelle genauer nachgedacht werden kann, ist zu klären, ob das Dokument noch weiteres und dabei insbesondere narratives Material enthielt.

223  Vgl. die folgenden Anmerkungen.

140

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

3.3.1.1  Das inhaltliche Profil des Dokuments Als aus dieser Quelle stammende Bestandteile kommen grundsätzlich all jene Nachrichten über das Nordreich Israel in Betracht, die nicht zum genuin deuteronomistischen Material gehören und sich auch nicht nach-deutero­nomistischen Ergänzungen verdanken. Damit schränkt sich der Umfang möglicher quellenhafter Anteile merklich ein. Als nach-deuteronomistische Ergänzungen fallen die Elia- und Elisa-Erzählungen (I 17–19; II 1,1–17224 sowie II 2,1–25; 4,1–8,15; 13,14–25225) aus. Gleiches gilt für die Erzählungen vom Gottesmann aus Juda in Bethel (I 13) und von Nabots Weinberg I 21 sowie für die im jetzigen Kontext mit Ahab und Joram verknüpften Berichte über Kriege mit Aram (I 20.22) bzw. Moab (II 3,4–27).226 Deuteronomistischer Provenienz sind die Beurteilungstexte inner­halb des Königsrahmens,227 die Dynastieorakel und ihre Erfüllungsvermerke (I 14,7–16; 15,29 f.; 16,1–4.11–13; 21,20–22.24) sowie die Zusage für die Jehu-Dynastie (II 10,30) und ihre Erfüllungsnotizen bei Joahas (II 13,4–7), Jerobeam (II 13,25b–27) und Secharja (II 15,12). Das verbleibende Material umfasst zwei größere narrative Blöcke zur Reichsteilung bzw. zu Jerobeam I. (I *11,26–14,20) und zur Jehu-Revolte (II 9,1–10,27) sowie eine ganze Reihe knapperer Notizen.228 Letztere lassen sich drei Themenbereichen zuordnen: 224  Zu I 17–19 vgl. Blum, Prophet, 290–292, bzw. Blum, Nabotüberlieferungen, 125–127 (mit weiterer Literatur). Die Ahasja-Episode (II 1) ist zwar stärker mit dem Königsrahmen verknüpft, was angesichts der guten Gründe, die u. a. Rofé, Baal; McKenzie, Trouble, 93 f., oder Köckert, Gott, (anders Otto, Jehu, 144–147), für eine nachexilische Ansetzung beigebracht haben, auch Folge eine späteren, aber sorgfältigen Einarbeitung sein kann. 225 Die Elisa-Erzählungen liegen freilich literargeschichtlich nicht alle auf einer Ebene, zur Genese der Elisa-Vita wurden unterschiedliche Vorschläge entwickelt, vgl. etwa Schmitt, Elisa; Stipp, Elischa; Otto, Composition; Lehnhart, Prophet; Sauerwein, Elischa, bzw. Weingart, Chariot. Auch wenn die Ursprünge der Elisa-Erzählungen unterschiedlich eingeschätzt werden, setzt sich doch zunehmend die Erkenntnis durch, dass sie nachträglich in die vorgegebene Rahmenstruktur der Königebücher eingefügt wurden (so etwa Otto, Composition, 261–263; Sauerwein, Elischa, 111, vgl. auch Stipp, Ahabs Buße, 491–493). 226  Vgl. hierzu grundlegend Stipp, Ahabs Buße, 489–493. Zur kompositionellen Ein­bindung von I 21, s. a. Blum, Nabotüberlieferungen, zu den Kriegserzählungen neben Stipp auch Otto, Jehu, 252 f., zu I 13 Blum, Lüge, sowie Ueberschaer, Gründungsmythos, 220 f., 239 f. 227  Das Etikett „deuteronomistisch“ ist angesichts der gegenwärtig sehr offenen Dis­kussion um die Existenz bzw. ggf. Genese eines Deuteronomistischen Geschichtswerks freilich nicht sehr aussagekräftig. Die Diskussion kreist nicht zuletzt um die Einschätzung der Beurteilungstexte, zwischen denen je nach Beurteilten bzw. Beurteilungskriterien häufig redaktionskritisch differenziert wird (dazu oben S. 15 ff.). Im vorliegenden Kontext kann die Frage, ob die Beurteilungstexte literargeschicht­lich auf einer Ebene liegen, vernachlässigt werden. Sie sind in jedem Fall für den Königsrahmen geschaffen  – unabhängig davon, ob man sie bereits einem hiskijanischen Geschichtswerk (so etwa Thomas, Hezekiah, 168–176), verschiedenen Phasen in einer sukzessiven Entwicklung oder mit Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, dem exilischen Deuteronomisten zuschreibt – und damit nicht aus einer älteren chronogra­phischen Quelle entnommen. 228 I 16,34, „dunkel und rätselhaft“, ist offensichtlich als Erfüllungsvermerk zu Jos 6,26

3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie



141

(1) Sie betreffen irreguläre Machtübernahmen, vor allem Putsche und die damit verbundene Ermordung amtierender Herrscher sowie Ablösung von Dynastien. Dabei kann es sich um äußerst knappe faktische Notizen handeln oder, wie bei Omri, um eine etwas detailliertere Darstellung. I 15,27 f.

Nadab

‫ויקשר עליו בעשא בן אחיה לבית יששכר‬ ‫ויכהו בעשא בגבתון אשר לפלשתים‬ ‫ונדב וכל ישראל צרים על גבתון‬ ‫וימתהו בעשא בשנת שלש לאסא מלך יהודה‬ ‫וימלך תחתיו‬

I 16,9 f.

Ela

‫ויקשר עליו עבדו זמרי שר מחצית הרכב‬ ‫והוא בתרצה שתה שכור בית ארצא‬ ‫אשר על הבית בתרצה‬ ‫ויבא זמרי ויכהו וימיתהו בשנת עשרים ושבע‬ ‫לאסא מלך יהודה‬ ‫וימלך תחתיו‬

II 15,10

Secharja

‫ויקשר עליו שלם בן יבש‬ ‫ויכהו קבל עם וימיתהו‬ ‫ומלך תחתיו‬

II 15,14

Schallum

‫ויעל מנחם בן גדי מתרצה ויבא שמרון‬ ‫ויך את שלום בן יביש בשמרון וימיתיהו‬ ‫וימלך תחתיו‬

II 15,25

Pekachja

‫ויקשר עליו פקח בן רמליהו שלישו‬

229‫ויכהו בשמרון בארמון בית המלך‬ ‫ועמו חמשים איש מבני גלעדים‬ ‫וימלך תחתיו‬

II 15,30a

Pekach

‫ויקשר קשר הושע בן אלה על פקח בן רמליהו‬

230‫ויכהו וימיתהו וימלך תחתיו‬

Die sechs kurzen Putschnotizen haben einen erkennbar parallelen Aufbau. Das reine Grundmuster bietet II 15,30a, aber die anderen Notizen weisen nahezu durchgängig die gleichen Elemente (‫קשר‬, ‫המית‬/‫הכה‬, ‫ )מלך תחת‬in analoger Abfolge auf, welche jeweils durch knappe zusätzliche Informa­tionen zu Ort und Umständen des Putsches ergänzt sind.

­gestaltet (Noth, BK, 355), hat also bereits größere kompositionelle Zusammenhänge im Blick. 229  ‫ את ארגב ואת האריה‬gilt gemeinhin als Glosse zu v. 29, die hier fälschlich eingetragen wurde, vgl. App. BHS. 230 Schon die doppelte Datierung für Hoscheas Machtübernahme (II 15,30b und 17,1) weist auf eine komplexe Entstehungsgeschichte hin. Dies zeigt sich nicht nur anhand der numerischen Daten (dazu oben S. 78 ff.), sondern auch an der Stellung von 15,30b hinter der den Eintrag abschließenden Sukzessionsnotiz ‫וימלך תחתיו‬. Bei den übrigen datierten Putschnotizen (II 15,27 f.; 16,9 f.) ist die Datierung dagegen in den Eintrag eingebettet.

142

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Einen Sonderfall stellt die verwickelte Machtübernahme Omris dar, der als Gegenkönig zu Simri eingesetzt wird und sich dann seinerseits gegen den Gegenkönig Tibni durchsetzen muss (I 16,15b–18.21 f.).231 I 16,15b–18

Omri – Simri

‫והעם חנים על גבתון אשר לפלשתים‬ ‫וישמע העם החנים לאמר‬ ‫קשר זמרי וגם הכה את המלך‬ ‫וימלכו כל ישראל את עמרי שר צבא על ישראל‬ ‫ביום ההוא במחנה‬ ‫ויעלה עמרי וכל ישראל עמו מגבתון ויצרו על תרצה‬ ‫ויהי כראות זמרי כי נלכדה העיר‬ ‫ויבא אל ארמון בית המלך‬ ‫וישרף עליו את בית מלך באש וימת‬

I 16,21–*22

Omri – Tibni

‫אז יחלק העם ישראל לחצי‬ ‫חצי העם היה אחרי תבני בן גינת להמליכו‬ ‫וחצי אחרי עמרי‬ ‫ויחזק העם אשר אחרי עמרי את העם אשר אחרי תבני בן גינת‬ ‫וימת תבני‬

Der gesamte Abschnitt ist freier gestaltet und breiter und detailreicher erzählt als in den oben angeführten Fällen irregulärer Machtübernahmen. Das oben erkennbare Grundmuster kehrt hier innerhalb der wörtlichen Rede in 16,16aβ wieder. (2) Eine weitere Gruppe von Notizen berichtet von kriegerischen Aus­einan­ dersetzungen und daraus resultierenden Gebietsgewinnen oder -ver­lusten bzw. Tributpflichten:232 II 13,24–25a

Joasch

‫וימת חזאל מלך ארם וימלך בן הדד בנו תחתיו‬ ‫וישב יהואש בן יהואחז‬ ‫ויקח את הערים מיד בן הדד בן חזאל‬

233‫אשר לקח מיד יהואחז אביו במלחמה‬

II 14,25a

Jerobeam II.

‫הוא השיב את גבול ישראל מלבוא חמת‬ ‫עד ים הערבה‬

II 15,19 f.

Menachem

‫בא פול מלך אשור על הארץ‬ ‫ויתן מנחם לפול אלף ככר כסף‬ ‫להיות ידיו אתו להחזיק הממלכה בידו‬ ‫ויצא מנחם את הכסף על ישראל על כל גבורי החיל‬ ‫לתת למלך אשור חמישים שקלים כסף לאיש אחד‬ ‫וישב מלך אשור ולא עמד שם בארץ‬

231  Zum Abschnitt unten S. 144 f. 232  Zu II 10,32 f., s. u. S. 148 f. 233  II 13,25b verzahnt die Notiz mit der später hinzugefügten Elischa-Episode 13,14–19. Es ist gut möglich, dass hinter II 13,3 oder 13,22 ein älterer Listeneintrag zu Auseinander­setzungen mit Hasaël steht, der umgeformt und geschichtstheologisch gedeutet wurde (vgl. 13,23).

3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie



II 15,29

Pekach

143

‫בימי פקח מלך ישראל בא תגלת פלאסר מלך אשור‬ ‫ויקח את עיון ואת אבל בית מעכה ואת ינוח ואת קדש‬ ‫ואת חצור ואת הגלעד ואת הגלילה כל ארץ נפתלי‬ ‫ויגלם אשורה‬

II 17,3–6

Hoschea

‫עליו עלה שלמנאסר מלך אשור ויהי לו הושע עבד‬ ‫וישב לו מנחה‬ ‫וימצא מלך אשור בהושע קשר‬ ‫אשר שלח מלאכים אל סוא מלך מצרים‬ ‫ולא העלה מנחה למלך אשור כשנה בשנה‬ ‫ויעצרהו מלך אשור ויאסרהו בית כלא‬ ‫ויעל מלך אשור בכל הארץ ויעל שמרון‬ ‫ויצר עליה שלש שנים‬ ‫בשנת התשיעית להושע לכד מלך אשור את שמרון‬ ‫ויגל את ישראל אשורה‬ ‫וישב אתם בחלח ובחבור נהר גוזן וערי מדי‬

(3) In einem Fall, wiederum bei Omri, werden Baumaßnahmen des Königs234 aufgeführt: I 16,24

Omri

‫ויקן את ההר שמרון מאת שמר בככרים כסף‬ ‫ויבן את ההר‬ ‫ויקרא את שם העיר אשר בנה על שם שמר אדני ההר שמרון‬

Gehen die genannten Notizen auf die gleiche Quelle wie die chronolo­gischen Angaben für die israelitischen Könige im Königsrahmen zurück? Dafür spricht eine Reihe guter Gründe. Der erste ist ein traditions- bzw. gattungsgeschichtlicher: In ihrer thematischen Ausrichtung decken sich die Notizen mit den verbreiteten Darstellungsinhalten in chronographischen Werken aus dem weiteren altorientalischen Kontext und dabei insbesondere den Chroniken sowie denjenigen Königslisten, die sich nicht auf bloße chronographische Angaben beschränken. Auch hier gehören irreguläre Thronfolgen, militärische Erfolge (und gelegentlich auch Misserfolge) und Baumaßnahmen zu den gängigsten Topoi.235 Ein entspre­chendes israeli­tisches chronographisches Dokument würde sich in dieser Hinsicht zwang­los in den breiteren, mit der altorientalischen Königsideo­ logie verknüpften, Traditionsstrom einfügen. Ein zweiter Grund ergibt sich aus der inhaltlichen Feststellung, dass die gebotenen Informationen sehr individuell und spezifisch sind.236 Zwar fehlen für die Putschnotizen externe Quellen, über die sie verifiziert oder falsifiziert wer234  Interessanterweise werden bei Ahab (I 22,39) innerhalb der Quellennotiz umfangreiche Baumaßnahmen erwähnt, die jedoch in der Darstellung keine Rolle spielen. Zumeist haben die Angaben in den Quellennotizen eine Entsprechung im vorhergehenden Narrativ (eine weitere Ausnahme ist Hiskija II 20,29). Allerdings ist, wie oben gesehen (vgl. oben S. 140 f.) der gesamte Ahab-Abschnitt großräumig mit späterem Material überlagert. Ist eine Darstellung der Baumaßnahmen durch die sekundären Ergänzungen verdrängt worden? 235  Vgl. oben S. 95 ff. 236  Vgl. auch Grabbe, Oaks, 157, der die Informationen incl. der chronologischen Daten

144

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

den könnten, doch zeigen Analogien wie die in der Neubaby­lonischen Chronik bewahrten Nachrichten über Putsche in Elam, zur Ermordung Sanheribs durch seine Söhne (ABC 1, iii 34 f., vgl. II 19,37) oder irregulären Machtübernahmen in Tyros, dass derartige Details zu einem breiter belegten Darstellungsrepertoire chronographischer Werke gehör­ten237 und mit hoher Wahrscheinlichkeit historische Gegebenheiten bewahr­ten. Die Angaben zu kriegerischen Auseinandersetzungen sind mit Ausnahme der Gebietserweiterungen durch Jerobeam II. (II 14,25) durch assyrische Quellen gestützt.238 Zudem lässt sich kein Grund ausmachen, warum etwa Angaben zum genauen Ort eines Putsches (I 15,27; 16,9; II 15,14.25), dem Suizid Simris (I 16,18), zu militärischen Erfolgen Jero­ beams II. (II 14,25) oder der Tributzahlung Menachems (II 15,19 f.) erfunden werden sollten. Die notierte strukturelle Gleichförmigkeit der Putschnotizen führt auf ein drittes Argument. Diese könnte per se sowohl ein Indiz für eine Bildung durch den Verfasser des Königsrahmens als auch für eine Übernahme aus einer Liste bzw. schematisierten Chronik sein, schließlich ist in beiden Fällen mit einem relativ fixierten Darstellungsformular zu rechnen. Auf­schlussreich ist aber die Beobachtung, dass Abweichungen, dort wo sie auftreten, mit erkennbaren Gestaltungsinteressen in der Präsentation der Königebücher zusammenfallen. So führte die Integration einer umfang­reicheren Darstellung der Jehu-Revolte dazu, dass die übliche Schlussformel für Joram und die Eingangsformel für Jehu fehlen.239 Konkret auf die Putschnotizen bezogen ist die Darstellung von Omris Machtübernahme einschlägig: I  16,15–28 variieren das übliche Formular des Königsrahmens und bilden eine Einheit, welche gleich zwei Könige, nämlich Simri und Omri, zusammenfasst. Die Abfolge von Elementen aus dem Königsrahmen (kursiv) und narrati­vem Material stellt sich hier folgendermaßen dar (durch Unterstreichung gekennzeichnet sind aus der Quelle übernommene Daten bzw. Elemente): 15a 15b–18 19 20 21–22bα 22bβ.23aγ.b 24

Eingangsformel Simri Proklamation Omris und Tod Simris Königsbeurteilung Simri Quellennotiz Simri Omris Auseinandersetzung mit Tibni Chronologische Angaben für Omri Erwerb und Ausbau Samarias

allerdings auf eine judäische Chronik zurückführt, die auch Nachrichten über den nördlichen Nachbarn geboten habe. 237  Ähnlich auch Naʾaman, Sources and Composition, 106. 238  Zu II 15,19 f. vgl. oben S. 35, Anm. 39 für II 15,29 s. Tadmor, ITP, Ann. 18, 2′–7′ bzw. Ann. 24, 1′–11′. Die genaue Rekonstruktion der Eroberung Samarias aus assyrischen Quellen ist bekanntlich Gegenstand einer breiten Diskussion, vgl. dazu die Beiträge in Hasegawa/​L evin/​ R adner, The Last Days. 239  Zur Problematik s. i. F.

3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie



25–26 27 28

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Königsbeurteilung Omri Quellennotiz Tod, Begräbnis, Nachfolger

Die Unterschiede zu einem regulären Eintrag für einen König sind offenkundig. Omris Einsetzung wird gleich nach der Eingangsformel für Simri berichtet und nicht, wie bei den übrigen Putschnotizen, nach der Königsbeurteilung, d. h. dem üblichen Platz für spezifische Informationen zum jeweiligen König im Darstellungsformular der Königebücher. Das hat Konsequenzen für die Formulierung der Königsbeurteilung für Simri, die hier ohne die gewöhnliche Einleitung mit ‫הטוב בעיני יהוה‬/‫ עשה הרע‬direkt an die Nachricht vom Tod Simris anschließt. Eine Begräbnis- und Sukzessionsnotiz für Simri fehlen. Zwischen die Quellennotiz für Simri und die chronologischen Angaben für Omri rückt die Darstellung der Auseinandersetzungen mit Tibni, wiederum gegen die gewöhnliche Struktur in I–II Reg, nach der auf eine Schlussformel direkt die Eingangsformel des nächsten Königs folgt. Weiterhin fehlt für Omri die reguläre Eingangsformel incl. der synchronistischen Datie­rungen. Bei v. 23aαβ handelt es sich, wie oben gezeigt werden konnte, um einen Nachtrag.240 Geboten wird lediglich die Jahr­sum­me, hier differenziert im Blick auf den Wechsel der Residenz (22bβ.23aγ.b). Auch bei Omri rückt zwischen die chronologischen Angaben und die Königsbeurteilung ein zusätzliches Element, der Kauf und Bau Samarias, bevor schließlich die Schlussformel wieder dem üblichen Schema folgt.   Hier sind die Regierungen zweier Könige und die Thronwirren mit Tibni zu einer Episode verbunden. Der reguläre Königsrahmen besteht mithin aus 16,15a, wobei die synchronistische Datierung sowohl auf Simri als auch auf Omri zu beziehen ist, und aus 16,28. Dazwischen sind Angaben zu Simri und Omri eingeordnet, die bis zum Tod Simris zeitlich parallel laufen, wobei das genaue zeitliche Verhältnis des Putsches gegen Simri (15b–18) und der Auseinandersetzungen mit Tibni (21–22bα) nicht sicher zu bestimmen ist. Der Bezug von ‫ אז‬in 21a ist nicht eindeutig, die Konkurrenz Tibnis kann als zeitgleich mit der Proklamation Omris zum König (16) oder als auf Simris Tod folgend vorgestellt sein. In jedem Fall ist Omri von Anfang an im Blick.

Die Einheit zielt insgesamt auf Omri, die kurze Periode Simris erscheint nicht als eine Herrschaft eigenen Rechts, sondern lediglich als Vorspann zur Regierung der Omriden. Entsprechend ergeht an Simri, anders als noch an Bascha, auch kein Dynastie-Orakel. Dennoch finden sich, einge­baut in diese Hinführung zu Omri (und anders als bei Tibni), eine synchronis­tische Datierung, Jahr­ sum­me, Angabe der Residenz sowie eine Königsbeur­teilung und Quellennotiz für Simri. Quellenkritisch lässt sich dieses damit erklären, dass der Verfasser des Königsrahmens in der ihm vorliegenden Quelle einen Eintrag zu Simri inklusive der Nachrichten von dessen Ablö­sung durch Omri vorfand, diesen in sein Darstellungsformular integrierte (vgl. etwa die Umstellung auf Schema C) und durch die üblichen Ergän­zungen (Beurteilung, Quellennotiz) supplementierte. Simri musste daher wohl – anders als Tibni – als König aufgeführt werden. Für die Frage nach den Inhalten der Vorlage ist schließlich noch die formale Beobachtung von Bedeutung, dass sich die kurzen narrativen Anga­ben pro240  Vgl. oben S. 69 ff.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

blemlos in das auf die israelitische Quelle zurückgeführte Schema B241 einfügen bzw. dieses ergänzen. Im Vergleich zu altorientalischen Vergleichstexten fällt dann lediglich die Stellung der Jahr­sum­me auf, welche, sofern nicht nur der Inhalt, sondern auch die Abfolge der einzelnen Angaben aus der Quelle übernommen sind, eine Besonderheit ist. In den vergleichbaren chronographischen Werken schließt die Jahr­sum­me den Eintrag eines Königs ab, hier steht sie vor den inhaltlichen Notizen. Im Blick auf die Kohärenz der Darstellung ergeben sich dadurch keine Schwierig­keiten. Das liegt zum einen daran, dass jeder Eintrag jeweils durch die explizite Namensnennung des neuen Herrschers markiert ist. Zum anderen ist für die Putschnotizen auch sachlich der gegebene Ort am Ende eines Eintrags. Die Angaben zu Baumaßnahmen oder militärischen Unterneh­ mungen sind knapp und summierend gehalten, so dass eine Stellung hinter der die gesamte Herrschaft umgreifenden Jahr­sum­me ebenfalls keinen logischen Bruch darstellt. Ist also mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die kurzen narrativen Notizen für die Könige Israels aus der gleichen Quelle wie die chronologischen Angaben stammen, stellt sich der Fall bei den breiteren narrativen Stücken zu Jerobeam I. bzw. zu Jehu anders dar. Beide sind viel­f ältig analysiert worden242 – was hier nicht wiederholt werden kann und muss – mit dem nahezu einhelligen Ergebnis, dass es sich um ursprünglich eigenständige Kompositionen handelt, die zu dem in den Königebüchern verarbeiteten Quellenmaterial gehören, aber ihren genuinen Ort in anderen literarischen Zusammenhängen als einer Liste, Königschronik o. ä. haben.243 Das zeigt sich schon in ihrem ab241  Zu den Schemata oben S. 124 ff. 242 Zur Darstellung der Reichsteilung vgl. etwa die neueste Monographie von Ueberschaer, Gründungsmythos, mit weiterer Literatur; zu Rekonstruktion und Prag­matik des vordeuteronomistischen Anteils in I 11 f.: Weingart, Jeroboam. Für die Erzählung von der JehuRevolte kann auf die umsichtige Analyse bei Otto, Jehu, verwiesen werden (vgl. auch Otto, Composition). Historische Aspekte untersuchen die Studien von Robker, Jehu Revolution, oder Hasegawa, Aram. 243  Einen anderen Weg geht Robker, Jehu Revolution, mit dem Vorschlag, dass die JehuEpisode von Anfang an Teil einer größeren „Israel Source“ gewesen sei, einer Propagandaerzählung zur Verherrlichung Jerobeams II, die inhaltlich die Geschichte Nord-Israels seit Jerobeam  I. präsentiert habe. Robker schreibt ihr Texte aus I  *11–16, II *9–10.13–14, aber auch I *20.22 bzw. II *1 zu. Diese Quelle, die zur Zeit Hiskijas zu einer synchronistischen Darstellung ausgebaut worden sei, hat nach Robker bereits Elemente des späteren Königsrahmens, wie Jahr­ sum­me, Residenz, Todesnotiz und Quellenverweis enthalten. Im Falle Jehus bemerkt Robker die Abweichung vom üblichen Königsrahmen und die Tatsache, dass die Jahr­sum­me in II 10,36 nachgetragen wird und notiert zutreffend, dass 10,34–36 die Episode abschließen (53). Für die Frage, warum bei Jehu jedoch eine abweichende Struktur und kein chronologischer Rahmen zu finden ist, bleibt er eine Erklärung schuldig, obwohl die bei ihm unter Rückgriff auf Jepsen gegen Noth vorgebrachte Kritik (Jepsen, Quellen, 100 f.: „Wenn Dtr. den chronologischen Rahmen wirklich frei geschaffen hat, auf Grund der ihm vorliegenden Quellen, wenn er also auf diesen Rahmen Wert legte, warum hat er ihn dann an manchen Stellen umgangen wie bei der Revolution Jehus“?) seine rekonstruierte Quelle ebenso trifft. Robkers Gesamtthese kann hier nicht angemessen diskutiert werden. Neben der Zuweisung der sonst mit guten Gründen



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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weichenden Profil, etwa der breiteren Erzählweise, vielfältigen narrativen Elementen (direkte Reden, differenziert gezeichnete Protagonisten, Spannungsbögen usw.), oder auch klar erkenn­baren legitimatorischen Interessen im Blick auf die betreffenden Dynastien bzw. Dynastiegründer. Gegen die ursprüngliche Zugehörigkeit zu einem chronographischen Werk, wie es sich oben herauskristallisierte, spricht nun insbesondere, dass gerade in diesen detailreich ausgeführten Darstellungen chronologische Angaben überhaupt keine Rolle spielen, weder was die interne Abfolge und zeitliche Einordnung der geschilderten Ereignisse noch was ihre Verortung innerhalb der größeren Chronologie der Könige Israels betrifft. Wäre – sollten auch die Jerobeam- und Jehu-Stoffe aus demselben Werk stammen – nicht zu erwarten, dass gerade die Ereignisse und Könige, denen die Darstellung so außergewöhnlich viel Raum einräumt, mindestens genauso sorgfältig chronologisch strukturiert und verortet würden, wie alle anderen auch? Diese größeren Erzählblöcke lassen aber nicht nur selbst kein chrono­ graphisches Interesse erkennen, sie stören auch das vorhandene chronologische Darstellungsgerüst, das – wie oben gesehen – alle übrigen Einträge des israelitischen chronographischen Dokuments prägt. Dass bei Jerobeam eine reguläre chronologische Einordnung des Amtsantritts fehlt, mag besonderen sachlichen (erster König) oder kompositorischen Bedin­gungen (Darstellungseinsatz) geschuldet sein, im Falle des Übergangs von Joram zu Jehu ist die Leerstelle jedoch signifikant. Die sog. Jehu-Revolte ist in II 9 f. narrativ breit entfaltet, für Jehu fehlt jedoch die übliche Eingangsformel244 mit den charakteristischen Anspäter datierten Abschnitte I 20.22 bzw. II 1 (für Referenzen vgl. oben Anm. 224–226) zu der frühen Quelle, wirft auch deren Zuschnitt selbst Fragen auf, wie z. B. jene, ob eine Quelle der vorgeschlagenen Provenienz und Pragmatik tatsächlich mit den Baumaßnahmen Salomos in Jerusalem einsetzen kann (I 11,26 f.). 244  Für das Fehlen der Eingangsformel sind unterschiedliche Gründe erwogen worden: Würthwein, ATD, 343, nimmt an, dass Jehus Eingangsformel sekundär gestrichen bzw. teilweise nach II 10,36+ umgestellt wurde (so auch schon Steuernagel, Lehrbuch, 349). Ein alternativer Erklärungsansatz ist, Jehu habe als Usurpator keinen regulären Königsrahmen erhalten (so z. B. wieder Sweeney, I & II Kings, 329). Dies kann nicht überzeugen; schließlich gibt es für andere Usurpatoren durchaus Eingangsformeln (I 15,33; 16,15; II 15,13. 17. 27). Zum anderen wäre damit noch nicht das Fehlen der Todesnotizen für Joram und Ahasjahu erklärt. Ein Vorschlag von Robker, Jehu Revolution, 54, geht dahin, dass es – nach Ansicht des Verfassers – wegen der Machtübername Ataljas keinen legitimen judäischen König gab, auf den im Synchronismus Bezug genommen werden konnte. Bei Robker verbindet sich hiermit eine Argumentation für das hohe Alter des Textplus in II 10,36 Ant, das u. a. für Jehus Machtübernahme den Synchronismus 2. Atalja beinhaltet (dazu ausführlich Trebolle-Barrera, Jehú, 110– 188; zum Synchronismus oben S. 66 ff.): Hier werde Atalja noch als legitime Königin Judas gesehen, was nicht der späteren judäischen Perspektive (z. B. II 11) entspreche. Bezüglich des Zusatzes in II 10,36+ Ant, der im Wesentlichen Material aus II 8,25–28; 9,14a.29 zusammenstellt, scheint jedoch die alte Annahme von R ahlfs, Lucians Rezension, 276–277, plausibler, dass es sich um eine sekundäre Kompilation handelt (so auch Fernández Marcos, Scribes, 33), als die umgekehrte Annahme, dass diese Texte zunächst am Ende von II 10 gestanden hätten, dann aufgespalten und an die anderen Orte versetzt und schließlich in Kap. 10 gestrichen worden seien (so Trebolle-Barrera, Redaction, 482 f.; Robker, Jehu Revolution, 54 f.).

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

gaben wie Name, Herr­schaftsbereich, Residenz, Datierung des Amtsantritts und Jahr­sum­me. Das wäre im Kontext eines sonst so gleichförmig strukturierten chronographi­schen Werkes kaum zu erklären. Der hier vorliegende Spezialfall im Blick auf die Zusammenstellung des chronologischen Rahmenmaterials bestätigt vielmehr die auch vom Charakter der Texte her naheliegende Annahme der Verarbeitung verschie­denartiger Quellen. Erst im Schlussteil des Jehu betreffenden Abschnitts werden nämlich die dtr Rahmenelemente wie z. B. die Königsbeurteilung nachgeholt (II 10,29–31a245). Sie stehen nun im Zusammenhang mit dem Quellenverweis (II 10,34) und der Todes- und Sukzessionsnotiz (II 10,35). Erst im Anschluss und damit außerhalb des üblichen Rahmenschemas notiert II 10,36 die sonst für die Eingangsformel charakteristischen Angaben zu Name, Herrschaftsbereich, Residenz und Jahr­ sum­me des Königs. Inmitten dieser Zusammenstellung von typischen Rahmenelementen findet sich mit II 10,32 f. noch ein sehr knapper, doch mit präzisen Einzelanga­ben246 versehener Abschnitt zu Gebietsverlusten während der Herrschaft Jehus: II 10,32b–33

Jehu

‫ויכם חזאל בכל גבול ישראל‬ ‫מן הירדן מזרח שמש‬ ‫את כל הארץ הגלעד הגדי והראובני והמנשי‬ ‫מערער אשר על נחל ארנן והגלעד והבשן‬

Die direkt im Vorkontext zu findende Beurteilung Jehus (II 10,29–31) fällt unter den Königen des Nordreiches auffällig differenziert aus. Positiv wird ihm die Beseitigung des Baalskultes (v. 28247) und die Ausrottung des Hauses Ahabs entsprechend des an Ahab ergangenen Dynastieorakels (v. 30) angerechnet. Entsprechend ergeht an ihn eine Dynastieverheißung, die seinem Haus für vier Generationen Bestand zusichert (v. 30b).248 Negativ schlägt das Festhalten an den „Sünden Jerobeams“ (v. 29) zu Buche. Dieses differenzierte Nebeneinander von positivem wie negativem Aspekt ist für die Beurteilungen judäischer Könige charakteristisch. Anders als dort wird hier aber in v. 31a nach dem Orakel und dem damit verbundenen Blick auf die zukünftigen Generationen gleich noch ein weiterer Kritikpunkt nachgeschoben – die mangelnde Beachtung der Tora (v. 31a). 245  Bei v. 31b handelt sich vermutlich um eine Glosse, die mittels der üblichen Formel zur „Sünde Jerobeams“ den Vorwurf aus v. 31a inhaltlich erläutert (so z. B. Würthwein, ATD, 343; Otto, Jehu, 53, Anm. 142). 246  Die doppelte Nennung Gileads und die große Nähe zu Dtn 3,12 f. hat schon Würthwein, ATD, 343, notiert, der hier einen „erläuternden Zusatz“ vermutet. Robker, Jehu Revolution, 55–57, sieht 10,32–33 insgesamt als vom Deuteronomisten eingearbeitetes judäisches Material, das Jehus Reputation schädigen soll. Die vergleich­baren Notizen in II 15,19 f.29; 17,3–6 wecken jedoch Zweifel an diesem allein tendenz­kritisch begründeten Vorschlag. 247  Bei v. 28 handelt es sich nicht um einen Beurteilungstext im engeren Sinne, vielmehr wird hier von der Darstellung in II 10,18–27 übergeleitet. Die positive Wertung ergibt sich aus der Einschränkung in v. 29 (Otto, Jehu, 52 f.). 248  Die Zusage wird aufgenommen in II 13,4–7; 14,25b–27; 15,12.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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Letzteres ist in der Forschungsdiskussion häufig der Anhaltspunkt, um v. 29–31 verschiedenen Redaktionsschichten zuzuweisen,249 es ist hier aber plausibler mit den literarischen Erfordernissen des vorliegenden Zusammenhangs zu erklären: Die Kritik in v. 31 ist die Voraussetzung und Rechtfertigung für die in v. 32b–33 notierten Gebietsverluste (v. 31a fungiert als verbindende Überleitung), welche nach einer Beurteilung, die die einzig positive unter allen israelitischen Königen ist, der theologischen Logik des Beurteilungs­systems zuwiderlaufen würde. V. 31a dient dann zusammen mit v. 32a der Integration der militärischen Notiz in 32b–33.250 Das bedeutet jedoch, dass Letztere auf eine Quelle zurückgeht,251 wobei sich angesichts von Inhalt und Charakter der Notiz die chronographische Quelle für Israel geradezu aufdrängt. Diese enthielt somit einen Eintrag zu Jehu. Der Eintrag bot neben den genannten Informationen zu militärischen Auseinandersetzungen wohl ebenfalls die in II 10,36 nachgelieferten chronologischen Informationen, welche hier gleich im Zusammenhang ebenfalls aufgeführt werden.252 Weiterhin steht zu vermuten, dass auch ein den übrigen Putschnotizen vergleichbarer knapper Bericht zu Jehus Machtübernahme bei der Zusammenarbeitung der chronographischen Quelle mit der Jehu-Erzählung verdrängt wurde; über Vermutungen kommt man hier jedoch nicht hinaus. Die Todes- und Sukzessionsnotiz (10,35) sind dagegen, wie bei den israelitischen Königen insgesamt, keiner Quelle entnommen, sondern in Analogie zu den entsprechenden – und dort quellenhaften – Angaben für die judäischen Könige gebildet.253 Der vorliegende Zusammenhang in II 10,29–36, welcher freilich von dem in II 9 f. Berichteten nicht zu trennen ist, erklärt sich am besten als eine Schöpfung des Verfassers des Königsrahmens, der hier, ganz im Sinne der klassischen These M. Noths, ältere Quellen kombinierte, ihre Inhalte neu strukturierte und sie mittels eigener Zutaten in eine neue Komposition integrierte. Im Ergebnis der vorgestellten Überlegungen wird für die israelitische Quelle hinter dem Königsrahmen sowie der Geschichtsdarstellung in I–II  Reg ein klares formales und inhaltliches Profil erkennbar. Sie lässt sich am besten als eine synchronisierte Königschronik beschreiben, welche für die einzelnen Kö249  Daher scheidet etwa Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 147 f., v. 31 insgesamt aus. Gray, OTL, 508, weist v. 30 f. einem anderen Redaktor zu als v. 28 f. und löst damit die Differenzierung in der Beurteilung Jehus komplett auf. Für die Einheitlich­keit des Abschnitts plädieren etwa Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 84, sowie Otto, Jehu, 53 (mit Ausnahme von v. 31b, dazu oben Anm. 245). 250 Vgl. Robker, Jehu Revolution, 55 f., Anm. 198. 251  So auch Blum, Relations, 48: „they [i. e. the Deuteronomistic scribes] reproduce a tradition of old which simply could not be withheld.“ 252 Vgl. Würthwein, ATD, 343, der aus der Existenz dieser Angaben schließt, dass es ursprünglich auch eine reguläre Eingangsformel für Jehu gegeben habe, die bei der Einfü­gung des Jehu-Materials verdrängt worden sei. Bei Würthwein geht es hier jedoch nicht um die Diskussion einer Quelle, sondern Eingriffe von DtrP innerhalb des älteren DtrG. 253  Vgl. oben S. 133.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

nige Angaben zu ihrer chronologischen Verortung, zum Herrschaftsbereich und zur Residenz, aber auch, insofern einschlägig, knappe Nachrichten über Putsche, militärische Vorkommnisse oder Baumaßnahmen enthielt.254 Die Grundstruktur lieferte ein rigides chronologisches Gerüst. Dieses ergab sich v. a. durch die wiederkehrende Datierung der Amtsantritte der Könige, schlug sich aber auch in gelegentlichen weiteren synchronistischen Datierungen nieder (I 15,28; 16,10). Diese synchronistischen Datierungen außerhalb des Königsrahmens sind ein weiterer Hinweis darauf, dass die Wurzeln des Synchronisierung hinter die Kompilation der Daten im Königsrahmen zurückreichen. Warum sollte der Kompilator einzelne Usurpationen im Nordreich zusätzlich synchronisiert haben? Da das chronologische Gerüst, wie oben plausibel gemacht werden konnte, im Schema B in den Eingangsformeln des Königsrahmen weit­gehend erhalten ist, lässt sich das Formular der Quelle rekonstruieren. 1.

Name

2. 3.

Herrschaftsbereich Synchronistische Datierung des Amtsantritts

4. 5. 6.

Residenz Jahr­sum­me255 Ggf. historische Notizen zu – Putschen – militärischen Unternehmungen – Baumaßnahmen

… ‫… בן‬ ‫מלך‬ ‫על ישראל‬ ‫בשנת … (שנה) ל… מלך יהודה‬ ‫וימלך‬ ‫בשמרון‬ ‫… שנה‬ … ‫ויקשר קשר‬ ‫ויכהו וימיתהו וימלך תחתיו‬ … ‫ עליו עלה‬/ ‫בא‬ … ‫ויבן‬

Damit lässt sich diese Quelle nunmehr etwas differenzierter in das Genre der altorientalischen Chronographie einordnen: (1) Die israelitische Königschronik ist über die enthaltenen Amtsantritts­ datierungen ein mit einer externen Chronologie synchronisiertes, aber dennoch kein synchronistisches Werk.256 Letzteres würde bedeuten, dass die Geschichte zweier (oder mehrerer) Reiche, Herrscherabfolgen o. ä. paralle­lisiert dargestellt würde, wie etwa in der Synchronistischen Königsliste (X) oder der Synchronis254  Vgl. bereits Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 74 f., für den die hier als quellenhaft eingeschätzten Abschnitte aus den „Tagebüchern der Könige von Israel“ übernommen sind. Diese hält er aber für umfangreicher, Dtr habe lediglich eine schmale Auswahl getroffen. So habe Dtr die Usurpationen deswegen aufgenommen, um darüber, da ihm „das im israelitischen Königtum lebendige Element des charismatischen Führer­tums von seinem judäischen Standpunkt aus verborgen blieb, … den schnellen Verfall des Königtums im Staate Israel darzustellen“ (75). Naʾaman, Sources, 111, führt die genannten Inhalte ebenfalls auf eine israelitische Chronik zurück, unterscheidet letztere aber noch von einer ebenfalls verarbeiteten Königsliste mit chronologischen Angaben. 255  Wie oben gesehen, ist die Abfolge der Elemente Residenz und Jahr­sum­me variabel. 256  Zur Unterscheidung oben S. 107 ff.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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tic History (XIII). Das ist in der synchronisierten Königschronik nicht der Fall. Diese konzentriert sich allein auf eine Herrscherchronologie, nämlich diejenige Israels. Judäische Könige werden nur genannt, insofern es für die chronologische Verortung der israelitischen Herrscher (Amtsantrittsjahre und ggf. Todesdaten) notwendig ist. Damit ergibt sich zwar implizit auch eine Abfolge der judäischen Könige. Diese selbst oder gar ihre vollständige Reihe sind aber kein eigener Gegenstand der Darstellung.257 (2) Mit der absoluten Fixierung der Amtsantrittsjahre und der dafür notwendigen Bezugnahme auf eine externe Chronologie ähnelt die synchro­nisierte Chronik der Neuassyrischen Eponymenchronik (XI). Auch dort eröffnet die chronologische Verortung der Machtübernahme jeweils einen neuen Abschnitt, sowohl im Text des chronographischen Werkes258 als auch in der außertextlichen Epochengliederung, die in der Struktur des Werkes repräsentiert ist.259 (3) In der Art, wie datiert wird, hat die synchronisierte Chronik ihre nächste Parallele in der Neubabylonischen Chronik (XII), allerdings nicht bei den Königen der erzählerischen Hauptlinie, sondern den assyrischen bzw. elamitischen Nachbarkönigen, deren Machtübernahmen mittels der Zählung der Regierungsjahre des babylonischen Königs chronologisch verortet sind. (4) Die synchronisierte Chronik ist in ihrer Grundanlage narrativ und unterscheidet sich darin von den reinen Listen (wie Tur, III, IV, V, VI, IX, X). Die einzelnen Einträge sind in Sätzen formuliert, die vorherrschende Verbalform ist das für hebräische Erzählprosa charakteristische wayyiqtol. Hinzu kommt die lückenlos gegebene Syndese innerhalb der auf einzelne Könige bezogenen Abschnitte zu Usurpationen, Baumaßnahmen usw. Vorausgesetzt die Formulierungen im Königsrahmen repräsentieren auch in diesem Punkt die Vorlage, markiert Asyndese entsprechend der narrativen Konventionen einen thematischen Neueinsatz innerhalb eines Eintrags (II 14,25; 15,19.29; 17,3) und gelegentlich den Beginn einer neuen Regie­rungsperiode (vgl. I 22,52; II 15,13).260 Insgesamt ergibt sich ein Hand­lungskontinuum, das v. a. durch die chronologische Abfolge zum Ausdruck kommt. 257  Die Namen Rehabeam, Abija, Jehoram tauchen z. B. gar nicht auf. 258  In der Babylonischen Königsliste A (IX) sowie einigen Textzeugen der Neuassy­rischen Eponymenchroniken (XI) ist dies sogar mittels graphischer Markierungen angezeigt (vgl. oben S. 92 f.). 259  Zwar datiert auch die Neubabylonische Chronik (XII) die Amtsantritte der Könige, soweit erkennbar sogar tagesgenau, allerdings ohne Bezug auf eine externe Chronologie. Die Machtübernahme des neuen Herrschers erscheint daher als (das letzte) Ereignis in der Regierungszeit und Jahreszählung des Vorgängers. 260  Anders als Köhlmoos, Geschichte, 217–220, für den Königsrahmen plausibel machen möchte, handelt es sich bei der rekonstruierten Chronik jedoch nicht um eine Erzählung. Dazu fehlen trotz der narrativen Struktur der einzelnen Einträge für das gesamte Werk ein entsprechender Anfang und Schluss, eine auslösende Komplikation und ihre Auflösung, ein Spannungsbogen o. ä. (zu Merkmalen von Erzählungen, Hardmeier, Textwelten 1, 107 ff., bzw. Hardmeier, Textwelten 2, 177 ff.).

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

(5) Dass sich die Chronik in ihrem inhaltlichen Profil nahtlos in das Themenrepertoire altorientalischer Chronographie einfügt, war oben bereits festgestellt worden (S. 143f.). Insgesamt zeigt sich also ein komplexer Befund von weitgehenden Ähnlichkeiten im Verbund mit Unterschieden im Detail. Bei der israelitischen Königschronik handelt es sich somit um eine regionale bzw. werkspezifische Ausprägung des lokal wie zeitlich breit gestreuten Phänomens der altorientalischen Chronographie. Keines ihrer Elemente ist für sich genommen einzigartig, die vorliegende Kombination und Abfolge aber dennoch spezifisch. 3.3.1.2  Überlegungen zum historischen Ort Indizien für die Entstehungszeit alttestamentlicher Texte oder ihrer Vor­stufen können bekanntlich auf verschiedenen Wegen gewonnen werden: über die Sprachgestalt der Texte, sofern sich diese innerhalb sprachgeschichtlicher Entwicklungen verorten lässt, über eine stratigra­phische Einordnung in die Literargeschichte des Alten Testaments bzw. die weitere Literaturgeschichte des Alten Orients oder über die Verknüpfung mit bestimmten, historisch fassbaren Diskursen oder Kommunikations­zusammenhängen.261 Im konkreten Fall erweisen sich die genannten Zugänge allerdings als insgesamt wenig ertragreich, was  – wie sich zeigen wird – auch im Charakter der Chronik selbst begründet ist. Bei einem lediglich rekonstruierten Text ist bei Überlegungen, die auf konkrete Eigentümlichkeiten der Sprachgestalt aufbauen, Vorsicht geboten, setzen sie doch voraus, dass der Text nicht nur die Prozesse der späteren Textüberlieferung, sondern auch seine primäre Integration in den neuen literarischen Kontext weitgehend unverändert überstanden hat. Da, wie oben festgestellt, das ursprüngliche Formular überhaupt nur noch bei den fünf Vorkommen von Schema B (I 15,25; 16,29; 22,52; II 3,1; 15,13) erhalten ist und die übrigen Eingangsformeln für israelitische Könige auf Schema C umgestellt wurden, sind nur diese wenigen Belege einschlägig. Hinzu kommen die knappen narrativen Abschnitte (vgl. dazu 3.2.2.1). Letztere geben keine sprachlichen Auffälligkeiten zu erkennen, die eine bestimmte sprachgeschichtliche Verortung nahelegen würden. Der Datierungsstil ist im gesamten der israelitischen Königschronik zugeordneten Material einheit­lich.262 Jahresangaben erfolgen stets über eine Construc261  Zu den genannten Kategorien vgl. Blum, Dating. 262  Nach der Untersuchung von Hardmeier, Umrisse, sind in den Texten des Alten Testaments zwei Datierungsstile erkennbar, zum einen die oben angeführte Constructus-Verbindung, zum anderen ein Komplementärstil, der für die Zahlen bis Zehn mit ‫ השנה‬und determinierter Ordinalzahl und für die Zahlen ab Zehn mit Kardinalzahl und ‫ שנה‬gebildet wird (173 f.; Gas, Problem, 66–69, hält letztere Bildemuster nicht für komplementär und kommt insgesamt auf fünf verschiedene Datierungsstile). Der epigraphische Befund zeigt darüber hinaus noch eine Variante des zweiten Stils auf. In den Samaria-Ostraka wird auch für die Zahlen über Zehn mittels Ordinalzahlen datiert, allerdings für die größeren Zahlen nicht mit ausgeschriebenen



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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tus-Verbindung von ‫שנה‬+‫ ב‬und Kardinalzahl – so in den fünf Synchronismen in Schema B, wie auch in den Putschnotizen I 15,28; 16,10, aber auch regulär in allen übrigen Synchronismen sowie den chronologischen Angaben außerhalb des Königs­rahmens.263 Die Betrachtung der Chronik im Kontext der altorientalischen Chrono­ graphie ließ eine Vielzahl von sachlich bzw. systembedingten Bezügen erkennen, aber keine Einflüsse oder gar literarische Abhängig­keiten von spezifischen identifizierbaren Werken, die auf eine spezielle Entstehungs­zeit hindeuten könnten.264 Über die relative Verortung innerhalb der Literargeschichte des Alten Testaments lässt sich immerhin ein zeitlicher Rahmen abstecken: Als gesicherter terminus ad quem ergibt sich die Einarbeitung der Chronik in den Königsrahmen (dessen historischer Ort wird unten noch zur Sprache kommen, vgl. S. 184 ff.). Da nichts dagegen spricht, dass die Chronik bis zu Hoschea reichte,265 kann ihre Verarbeitung zum Königsrahmen frühestens in der Zeit Hiskijas geschehen sein. Doch es wäre irreführend, das letzte verarbeitete Ereignis in diesem Fall mit einem terminus a quo für die Entstehung der Komposition zu identifizieren. Letzteres hängt mit dem gut dokumentierten Umstand zusammen, dass derartige Listen und Chroniken (ähnlich wie in der späteren römischen oder mittelalterlichen Annalistik266) fortlaufend aktualisiert, d. h. über einen längeren Zeitraum immer wieder fortgeschrieben und ergänzt worden sind.267 Es gibt deutliche Indizien dafür, dass dieses auch im Fall der israelitischen Königs­ chronik anzunehmen ist:268 Ȥ Wie bereits bemerkt, enthalten die Einzelinformationen etwa zu den Begleitumständen von Usurpationen, militärischen Vorkommnissen, Tributzahlungen u. ä. häufig sehr spezifische Angaben, die kaum als spätere Konstruktionen plausibel zu machen sind. Warum sollte etwa eine Steuererhebung durch Menachem erfunden werden, die Trun­kenheit Elas oder der Suizid Simris?269 Numeralen, sondern hieratischen Zahlzeichen (HAE Sam [8]: 1.1–10.11–14.16–39.42–51.53– 56.58.63.72.73.100), dazu auch Gas, Problem, 84–86. Die Annahme von Thomas, Hezekiah, 77, dass der in den Synchronismen verwendete Datierungsstil dem epigraphisch belegten entspreche, geht also fehl. 263  II 1,17; 9,29; 12,7; 15,30; 18,10; 24,12; 25,8. 264  Gegen die Einschätzung von Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 37, dass sich aus der Neubabylonischen Chronik direkte Implikationen für den historischen Ort der Königebücher ableiten lassen, vgl. die Diskussion oben S. 118 f. 265  Formal geben die erhaltenen Teile eine große Kontinuität in den Formulierungen und auch keine inhaltlichen Brüche oder Neueinsätze zu erkennen. Diese Einschätzung muss, da die israelitische Chronik nur mittelbar greifbar ist, natürlich tentativ bleiben. 266  Zur Problematik der Verwendung des Begriffs für die alttestamentliche Chronographie vgl. Weingart, Art. Annalen. 267  Dazu oben S. 115 f. 268  Dabei ist zunächst einmal irrelevant, ob im Königsrahmen ein offizielles Dokument oder aber eine Kopie, ein Auszug o. ä. verarbeitet ist. 269  Vgl. das vorsichtige Urteil bei Robker, Jehu Revolution, 286: „The various political revolts in the early days of Israel are also possible, i. e., at least no evidence can be found to con-

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Plausibler ist, dass es sich um Reflexe historischer Begebenheiten handelt, die zeitnah festgehalten wurden. Gleiches gilt im Übrigen für den Charakter der chronologischen Daten (kaum glatte oder symbolische Zahlen), der ebenfalls gegen eine „Schreibtisch-Konstruktion“ spricht (s. o. S. 53 ff.) Ȥ Gelegentliche Schlaglichter und Querverbindungen zu externen Quellen legen eine grundsätzliche historische Plausibilität der Angaben nahe. So werden etwa die Tributzahlung Menachems oder die Gebietsverluste Pekachs durch assyrische Quellen bestätigt.270 Auch dieses deutet in der Tendenz auf zeitnahe Aufzeichnungen hin. Ist die hier vorgeschlagene Rekonstruktion des Zahlenmaterials in der synchronistischen Chronologie zutreffend, liefert die Pass­genauigkeit in der Abfolge der judäischen Könige zwischen der israelitischen Chronik und judäischen Quellen ein weiteres Indiz für ihre Zuverlässigkeit. Ȥ In den chronologischen Angaben hat sich der Wechsel von Vor- zu Nachdatierung in der Zählung der Regierungsjahre sowie die Ver­schiebung des Neujahrstermins vom Herbst in das Frühjahr niederge­schlagen (dazu oben S. 33 ff.). Derartige Systemwechsel sind bei einer kontinuierlich geführten Chronik vorstellbar, jedoch nicht, wenn es sich um ein nachträglich angefertigte Zusammenstellung handelt.271 In diesem Falle wäre vielmehr Konsistenz in Systematik und Datierungspraxis zu erwarten. Geht die israelitische Chronik also auf ein kontinuierlich aktualisiertes Dokument zurück, stellt sich natürlich die Frage, wo seine Anfänge liegen. Für das Aufkommen einer synchronistischen Datierungspraxis weist vieles in die Epoche der Omriden. Diese war bekanntlich durch eine enge familiäre wie politische Nähe zwischen den Herrscherhäusern von Nord- und Süd­reich gekennzeichnet. Nach der Darstellung der Königebücher war Atalja, die Frau Jehorams, eine nord-israelitische Königstochter, sein Sohn Ahas­jahu, der wie Joram von Israel durch Jehu getötet wurde, also ein Neffe oder Cousin Jorams von Israel.272 Ataltradict them.“ Selbst wenn man mit Robker annimmt, dass hier die Stabilität in der Periode der Nimschiden positiv von den zuvor häufigeren kurzen Regierungszeiten und wechselnden Dynastien abgesetzt werden soll (ebd.), wäre dafür die Nennung der spezifischen Einzelheiten und Umstände der Putsche verzichtbar. 270  Vgl. oben S. 143. 271  Vgl. auch die Überlegungen bei Zwickel, Königsliste  – hier freilich am Beispiel der Begräbnisnotizen, die sich nach der obigen Analyse (S. 133 f.) als nicht quellenhaft erwiesen haben: „Solche auffallend ähnlichen Strukturen bei gleichzeitig signifikanten Unterschieden können nicht zufällig sein. Vielmehr belegen sie die Existenz von Annalen, die in den einzelnen Hauptstädten jeweils unterschiedlich geführt wurden bzw. die sich – wie man bei der Angabe des Bestattungsortes in Israel deutlich sehen kann  – auch zwischenzeitlich ändern konnten. Gerade die Änderungen zeigen, dass es sich nicht um nachträgliche Listen handelt, sondern um offenbar von dem jeweiligen Schreiber der Königsakten festgehaltene Fakten“ (90). 272  Joram ist Bruder Ahasjas (II 1,17; 3,1). Die Angaben zu Atalja variieren zwischen II 8,18 bzw. 8,26 darin, ob sie eine Tochter Ahabs oder Omris war. Frevel, Geschichte, sieht die Verflechtung sogar noch enger: Für ihn sind zum einen die Ahabsöhne Joram und Ahasja mit



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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jas Heirat nach Jerusalem hatte mit großer Wahrscheinlichkeit eine politische Dimension und zielte darauf ab, den omridischen Einfluss auf Juda zu sichern und zu stärken.273 Die im Bericht über die Jehu-Revolte vorausgesetzten engen Beziehungen zwischen den Herrscherhäusern von der militärischen Allianz gegenüber Aram bis hin zum Krankenbesuch Ahasjahus bei Joram (II 8,29) fügen sich gut in das Bild ein.274 Vor diesem Hintergrund hat bereits S. Bin-Nun „a few synchronisms in the records of Israel from the time of the alliance between the House of Ahab and that of Jehoshaphat“ vermutet.275 Die Tatsache, dass ebenfalls mit den Omriden erstmals klare administrative Strukturen erkennbar werden und das Nordreich Israel in dieser Zeit auf der größeren „Weltbühne“ und hier sogleich als signifikanter Akteur in den Auseinandersetzungen der mittel­ palästinischen Staaten mit Assur erscheint, mag ein Übriges dazu beige­tragen haben, dass ein Interesse an einer für ganz verschiedene Zusammenhänge notwendigen und brauchbaren Zeitrechnung und chronologischen Fixierung der Jahreszählung bestand. Wie Tyros oder Moab zeigen, muss man sich in dieser Zeit auch geographisch gar nicht weit von Israel entfernen, um sowohl auf Königslisten bzw. -chroniken als auch auf ein Interesse an chronologischen Daten zu treffen.276 Nun reichen die chronologischen Angaben für israelitischen Könige aber über Omri hinaus weiter zurück bis zu Jerobeam I. (Jahr­sum­me) bzw. zu seinem Nachfolger Nadab (Jahr­sum­me und synchronistische Datierung). Die ersten detaillierten Informationen zu einem Putsch finden sich bereits für den Übergang von Nadab zu Bascha, d. h. den zweiten Thron- und den ersten Dynastiewechsel in Israel. Setzten die Aufzeichnungen also noch früher ein oder sind hier Erinnerungen nachträglich fixiert worden? Das ist kaum mehr zu entscheiden. Die geschilderten Begleitumstände des ersten Putsches beziehen sich auf Auseinandersetzungen mit den Philistern und ein Heerlager in Gibbeton als Ort der Erden in Jerusalem regierenden Ahasjahu und Jehoram identisch (160–163, 207 f.), zum anderen Jehoasch in Juda mit Joasch in Israel. Für die Annahme, dass die Namensgleichheit in dieser Form eine Personenidentität indiziert, muss man mit Frevel, Geschichte, 160, allerdings von den chronologischen Angaben insgesamt absehen, die dann nicht nur bei Joram/​Jehoram und Ahasja/​A hasjahu, sondern auch bei Joasch/​Jehoasch schwierig sind, da die Könige immer wieder mit sich selbst synchronisiert würden. Zudem würde Atalja entweder ihren Bruder oder Neffen geheiratet haben. 273  Sergi, Judahite King List, 240–241. 274  Donner, Geschichte, 287, spricht für die Epoche von einem „verschleierten Vasallitätsverhältnis Judas gegenüber Israel“. Mit Frevel, Geschichte, 203 f., ist wohl eher mit einer weitgehenden Abhängigkeit Judas zu rechnen. 275  Bin-Nun, Formulas, 426. 276  Zur Königsliste von Tyros, vgl. oben S. 94 f. bzw. die Einschätzung von Zwickel, Königsliste, 84, diese belege die Existenz „vertrauenswürdige[r] Archivnotizen …, die offensichtlich schon im 10. Jh. v. Chr. begonnen wurden und hier in Tyrus bis ins frühe 8. Jh. v. Chr. reichen“. Die moabitische Mescha-Stele aus dem 9. Jh. nennt in Zeile 2 eine Jahr­sum­me für Meschas Vorgänger (KAI 181).

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

mordung Nadabs. Sie sind mangels zusätzlicher Quellen weder zu be- noch zu widerlegen. Eine Entscheidung hinsichtlich mündlicher oder schriftlicher Tradition würde hieraus auch nicht notwendig folgen. Die Amtsantritte von Nadab bis Ahab sind sämtlich mit den Regierungsjahren Asas synchronisiert, können also bei Kenntnis der Regierungsdauer der betreffenden Könige auch leicht errechnet sein. Unabhängig davon, ob die Angaben zu den ersten Königen auf frühe Einträge in einer Königschronik oder deren nachträgliche Supplementierung zurückgehen, sind sie jedoch – wie oben bemerkt – kaum als spätere Konstruktion ohne historischen Anhalt zu verstehen. Damit liefern sie zumindest ein Indiz dafür, dass die vorliegende Darstellung der Anfänge des Nordreiches Israel keine reine Projektion darstellt.277 3.3.2  Die chronographische Quelle aus Juda – ein Seitenblick Bei der Suche nach den literargeschichtlichen Ursprüngen der synchronis­tischen Chronologie führten die bisher vorgetragenen Überlegungen auf eine israelitische Königschronik, die in begrenztem Umfang auch zusätzliche Informationen aber keine breiteren narrativen Abhandlungen bot und sich in ihrem Gehalt und Profil gut in weiter verbreitete Muster altorientalischer Chronographie einfügt. Bezüglich der im Königsrahmen verarbeiteten chronologischen Daten aus Juda sowie ihres mutmaßlichen Darstellungs­formulars ergab sich, dass hier ein Dokument zugrunde liegt, das Jahr­sum­men und ein bestimmtes Set biographischer Angaben (Lebensalter bei Thronbesteigung, Name der Mutter, Begräbnisort) enthielt und diese in einem gleichförmigen und rigide eingehaltenen Formular darbot.278 Syn­chronistische Amtsantrittsdatierungen waren hier mit großer Wahrschein­lichkeit nicht zu finden.279 Fragt man weiter nach dem genaueren Zuschnitt dieser Quelle, zeigt sich, dass im Vergleich zu den Nachrichten über die Könige Israels das in den Königebüchern enthaltene nicht-deuteronomistische Material zu den Köni­gen Judas deutlich umfangreicher und disparater ist. Das Material lässt sich grob den folgenden Kategorien zuordnen: a) Umfang- und detailreiche, mit erzählerischen Mitteln gestaltete Narrative: Hierzu zählen etwa die Erzählungen zu Atalja und Jehoasch (II 11,1–20), 277 Gegen Frevel, Geschichte, 157–161, der Jerobeam I. (und Rehabeam) als reine Erzählfiguren und die Vorstellung einer Reichsteilung als fiktive Rückprojektion aus der Zeit Jerobeams II. verstehen möchte (ähnlich z. B. auch Finkelstein, Kingdom, 74 f.; Berlejung, Traditions, u. a. m.), zur Diskussion vgl. Grabbe, Jeroboam, bzw. Weingart, Jeroboam. 278  Vgl. oben S. 124 ff. 279  Damit ist freilich nicht ausgeschlossen, dass es auch in Juda synchronistische Amts­ antrittsdatierungen für die einzelnen Könige gegeben hat. Ebenso wenig ist ausge­schlossen, dass in Israel nicht synchronisierte Königslisten, -chroniken o. ä. geführt worden sein können. Literargeschichtlich zu einem gewissen Grade greifbar sind aber nur die spezifischen im Königsrahmen verarbeiteten Quellen.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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zum Krieg zwischen Amazja und Joasch (II 14,7–14), die Jesajaerzählungen (II 18–20) oder auch die ausführlichen Darstellungen der Buchauffindung und der Kultreformen Joschijas (II 22 f.) bzw. der Eroberungen und Deportationen bei Jojachin (II 24,10–16) und Zidkija (II 24,21–25,30). Die einzelnen Stücke unter­scheiden sich z. T. deutlich in ihrer Darstellungsweise, es sei lediglich auf die nur hier anzutreffende z. T. tagesgenaue chronologische Verortung der Einzelereignisse in II 24 f.280 oder die rhetorisch ausgefeilten Redekompositionen in II 18–20 hingewiesen. Beide Phänomene sind für die jeweiligen Abschnitte spezifisch. Auch wenn die redaktions- bzw. kompositionsgeschichtliche Einordnung der genannten Texte sowie ihr jeweiliger historischer Ort im Zentrum je eigener Diskussionen stehen,281 besteht doch Konsens darüber, dass sie literargeschichtlich nicht auf einer Ebene liegen und auf unter­schiedlichen Wegen an ihren kanonischen Ort in den Königebüchern gelangt sind. b) Knappe historische Notizen: Hierzu gehören die Berichte von Asas Vereinbarung mit Ben-Hadad (I 15,17– 22), Ahas’ Tribut an Tiglatpileser (II 16,7–9), Hiskijas Tribut an Sanherib (II 18,13–16) oder auch die etwas rätselhafte Notiz über die Tarsisschiffe Joschafats (I 22,49 f.). Daneben finden sich kurzgefasste Nachrichten zum Verhältnis zu verschiedenen Nachbarn wie Israel (I 14,30;282 15,16 vgl. 22,45), Edom (I 22,48; II 8,20–22; 14,22; 16,6), Aram (II 12,18 f.; 15,37;283 16,5 f.), den Philistern (II  18,8) sowie den Großmächten Assur (II 18,7b), Ägypten (I 14,25 ff.; II 23,33–35; 24,7) und Babel (II 24,1). Einige dieser Notizen stehen im Widerspruch zueinander bzw. zu den unter (a) genannten breiteren Narrativen: So lässt sich die Notiz in I 15,16, dass Asa sein Leben lang im Krieg mit Bascha war, nur schwer mit der Darstellung von I 15,17–22 vereinbaren, die mit einem Sieg Asas und der Übernahme von Tirza endet. Gleiches gilt für die Zusammenschau von II 8,20–22 und II 14,7.10 und das implizierte Verhältnis zu Edom.284 280  Eine chronologische Verortung (sukzessiver) Ereignisse findet sich auch noch in der Darstellung der Regierungszeiten Joschijas (II 22,3; 23,23), Hiskijas (vgl. II 18,9. 10. 13) sowie in der Notiz I 14,25 – in beiden Fällen mit einer Datierung über die Regierungsjahre von Hiskija resp. Rehabeam, aber ohne die Angabe von Monat oder Tag. 281  Breitere Debatten kreisen um die Jesaja-Erzählungen (vgl. ausführlich Hardmeier, Prophetie) sowie v. a. um den Bericht zur joschijanischen Reform (hierzu die aktuelle Studie von Pietsch, Kultreform, mit einer detaillierten Einführung in die Debatten, S. 1–24). 282  I 14,30 wird in I 15,6 wörtlich wiederholt, obwohl Rehabeams Tod bereits in I 14,31 notiert ist. 15,7 hat die gleiche Angabe mit den in diesem Kontext korrekten Namen Abija und Jerobeam. Im Apparat der BHS wird eine Dittographie aus 14,30 vermutet, ähnlich auch Würthwein, ATD, 184. Ein ähnliches Phänomen wiederholt sich in I 15,32, wo 15,16 – wiederum an unpassendem Ort – dubliziert ist. 283  Zu 15,37 vgl. unten S. 159 ff. 284  Noth, BK, 338, notiert die Diskrepanz zwischen I 15,16 und 15,17–22 und schließt, Dtr müsse in seinen Quellen noch Informationen zu weiteren Kriegen zwischen Asa und Bascha

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

c) Notizen über Putsche bzw. Putschversuche: Wie bei den israelitischen Königen werden auch hier Putsche bzw. Putschversuche oder unregelmäßige Thronfolgen notiert, so bei Jehoasch (II 12,21 f.), Amazja (II 14,5 f.19–21) oder Asarja (II  15,5), vgl. auch die Absetzungen ­Jehoahas’ (II 23,33–34a) oder Jojachins (II 24,17) bzw. die Tötung Joschijas (II 23,29) und Zidkijas (II 25,7). d) Nachrichten zum Tempel und Tempelschatz: Eine letzte Gruppe machen jene Nachrichten aus, die um die Aus­stattung des Tempels bzw. die Verwendung des Tempelschatzes kreisen. I 14,25–28 berichten von der Übergabe wertvoller Teile der Tempelausstattung an den heranrückenden Pharao und die Anferti­gung eines Ersatzes durch Rehabeam. Nach I 15,15 vermehrt Asa den Tempelschatz um Edelmetall und Inventar. Jehoasch lässt den Tempel ausbauen und reorganisiert dessen Finanzierung (II 12,5–17), setzt den Tempelschatz aber auch als Tribut für Hasaël ein (12,19). Als Folge von Amazjas Niederlage gegen Joasch, lässt Letzterer Wert­gegenstände aus dem Tempel nach Samaria bringen (II 14,14). Ahas sendet u. a. den Tempelschatz nach Assur, um Beistand in der Bedrohung durch Aram zu erreichen (II 16,8) und lässt einen Altar und Kultgegenstände nach assyrischem Vorbild im Tempel installie­ren (16,10–18). Auch Hiskija greift für den Tribut an Assur auf Tempelschatz und -ausstattung zurück (II 18,15 f.). Bei Jojachin werden schließlich „alle Schätze im Haus JHWHs“ (‫ )כל אוצרות בית יהוה‬nach Babel abtransportiert (II 24,13). Nun steht hier insbesondere die Geschichte der synchronistischen Chronolo­gie im Focus. Die Diskussion jener judäischen Quelle kann sich also auf einen Seitenblick beschränken, zumal eine literargeschichtliche Einortung des Materials eine eingehende Analyse der einzelnen Texte erfordern und dabei weit über die Fragen der Chronologie hinausführen würde. Der Seitenblick wird sich auf zwei Aspekte konzentrieren: zum einen eine genauere Betrachtung der Abschnitte zu den Königen Jotam und Ahas, die Hinweise auf die literarischen Arbeitsweise des Verfassers des Königs­rahmens liefert, zum anderen – und damit zusammenhängend – einige tentative Implikationen bzw. Optionen, die sich hieraus und aus weiteren Beobachtungen zum Charakter der chronographischen Quelle für die Könige Judas ergeben. 3.3.2.1  Jotam und Ahas Die Darstellung der Regierungszeit Jotams in II 15,32–38 fällt recht knapp aus. Neben den üblichen Elementen des Königsrahmens, d. h. der Eingangs­formel 15,32 f., der Beurteilung in v. 34 f., der Quellennotiz in v. 36 und den Angaben vorgefunden haben. Die meisten Kommentatoren versuchen auszugleichen und sehen 15,16 als allgemeine Einführung für den speziellen Fall 15,17–22, so etwa Würthwein, ATD, 188; vgl. Šanda, EH, 386, oder Werlitz, Könige, 152.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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zu Tod, Begräbnis und Nachfolger in v. 28, werden lediglich zwei Konkreta aus seiner immerhin 16 Jahre285 währenden Herrschaft erwähnt: (a) Baumaßnahmen an einem Tempeltor (15,35b: ‫ )הוא בנה את שער בית יהוה העליון‬und (b) der Beginn der Auseinandersetzungen mit Aram und Nord-Israel (15,37: ‫בימים ההם החל‬ ‫)יהוה להשליח ביהודה רצין מלך ארם ואת פקח בן רמליהו‬. Beide Punkte kehren, wenn auch deutlich de­tailreicher, bei Ahas wieder: II 16,5–9 beschreiben den gemeinsamen Versuch von Rezin und Pekach, Ahas in eine anti-assyrische Koalition zu drängen, 16,10–18 listen die verschiedenen Baumaßnahmen Ahas’ am Tempel auf.286 Eine derartige Doppelung von sachlich analogen Nachrichten bei zwei Königen begegnet nur hier bei Jotam und Ahas. Jotams Darstellung wirkt dabei wie eine verkürzte und entschärfte Fassung des Ahas-Portraits; seine Aktivitäten sind vergleichbar, werden jedoch ausweislich der Beurtei­lungen als weniger anstößig präsentiert. Sie bleiben zugleich aber weit­gehend vage.287 Die Königsbeurteilung Jotams (II 15,34.35a) entspricht dem häufigen Typus eingeschränkt positiver Beurteilungen verbunden mit einem Verweis auf den Vorgänger288 und bleibt damit ebenfalls recht unspezifisch. Ahas’ Beurteilung (II 16,2b.3a) fällt im Unterschied dazu sehr spezifisch und ausgesprochen negativ aus.289 Die ihm vorgeworfenen Vergehen haben ihre nächste Parallele im Sündenkatalog Manasses (hier II 21,3).290 Betrachtet man dagegen die biographischen Informationen für beide Könige, zeigt sich ein umgekehrter Befund. Bei Jotam finden sich die üblichen Angaben (synchronistische Datierung des Amtsantritts, Alter bei Amtsantritt, Jahr­sum­ me, Residenz, Angaben zur Mutter)291, bei Ahas fehlen die Angaben zur Königs285  Zur ursprünglichen Kompilation der Daten war Jotams Jahr­sum­me 16, die für Ahas 6, die Angabe 16 ist hier Ergebnis einer späteren Korrektur, vgl. oben S. 47 ff. 286  Der Bericht von Ahas’ Kultmaßnahmen II 16,10–18 könnte in der vorliegenden Form (zur literarkritischen Diskussion des Stückes, vgl. Spieckermann, Juda, 364–366, bzw. Ernst, Ahas, 54–109) polemisch sein, vgl. die Gegenüberstellung des ursprünglichen Altars ‫לפני יהוה‬ (v. 14) mit den neuen kultischen Installationen ‫( מפני מלך אשור‬v. 18). Er enthält aber keine expliziten Urteile. Die Interpretation hängt häufig daran, wie man sich die neue Verwendung des umgesetzten alten Altars vorstellt. Würthwein, ATD, 391, vermutet in Aufnahme von Überlegungen bei Spieckermann, Juda, 367–369, einen „diplomatischen Kunstgriff “: Der neue große Altar sei dem JHWH‑Kult gewidmet, der alte für die kultischen Verpflichtungen genutzt worden, die Ahas als assyrischer Vasall zu leisten hatte. Der Text sagt über die Verwendung des Altars letztlich nichts Eindeutiges. 287  Am deutlichsten wird dies in 15,37: Schon Begrich, Chronologie, 171, hält die Angabe mangels Belegen für einen früheren Feldzug gegen Ahas für „verdächtig“ und schließt, dass „V. 37 die Überlieferung 16 5 und 7–9 voraussetzt“ (i. O. gesperrt gedruckt). 288  Die Beurteilungen für Asa (I 15,11 ff.), Joschafat (I 22,43 f.), Jehoasch (II 12,3 f.), Amazja (II 14,3 f.) und Asarja (II 15,3 f.) entsprechen demselben Typus (vgl. Lee, Ort, 19). 289  Der Vorwurf, sich an der Kultpraxis israelitischer Könige orientiert zu haben, wird neben Ahas noch gegen Jehoram (II 8,18 f.) und Ahasjahu (II 8,27) erhoben. Bei beiden geht es konkret um das Haus Ahabs (zur Systematik bzw. der literarkritischen Diskussion im II 16,2–4, vgl. Lee, Ort, 96–101). 290 Vgl. Hoffmann, Reform, 39–40; Lee, Ort, 93. 291  Zu den Elementen im Königsrahmen, vgl. oben S. 121 ff.

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

mutter.292 Hinzu kommt, dass die Altersangabe für seinen Amtsantritt mit 20 Jahren, die einzige glatte Zahl unter allen judäischen Königen ist.293 Das mag Zufall sein, erinnert aber auch an die glatten Zahlen bei den Jahr­sum­men für David (2Sam 5,4) oder Salomo (I 11,42), die allgemein als konstruiert gelten. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild: biographische Angaben Beurteilung Darstellung

Jotam

Ahas

vollständig, spezifisch unspezifisch kondensiert, vage, analog zu Ahas

unvollständig, unspezifisch spezifisch detailliert, spezifisch

Die Angaben zur Residenz und zur Grabstätte sind identisch. Abgesehen von der nachträglich hinzugefügten synchronistischen Amtsantrittsdatie­rung bieten die zwei Abschnitte zusammengenommen für die beiden aufeinanderfolgenden Könige letztlich nur einen vollständigen und spezi­fischen Datensatz zu den chronologischen und biographischen Angaben. Zusammen mit der Beobachtung, dass die Details zu Jotams Regierungs­periode eine entschärfte und kondensierte Doppelung von Angaben aus dem Bericht zu Ahas darstellen, ergeben sich Rückschlüsse auf das Material, das dem Verfasser vorlag. Sofern man voraussetzt, dass die spezifischen Anga­ben quellenhaft sind, enthielt es die beiden Namen Jotam und Ahas sowie die Jahr­sum­men 16 für Jotam und 6294 für Ahas, aber wahrscheinlich nur eine Angabe zum Alter bei Amtsantritt, Informationen zu einer Königsmutter sowie nur einen Bericht zu den Taten des Königs bzw. den Ereignissen während seiner Regierungszeit. Das wiederum legt die Vermutung nahe, dass die zwei Namen, die sich in der Vorlage fanden, ursprünglich nicht auf zwei unterschiedliche Könige, sondern auf zwei Namen eines Königs zu beziehen waren.295 292  Bei allen anderen Königen Judas finden sich Angaben zur Mutter, d. h. ihr Name sowie ein Patronym oder ihre Herkunft. Die einzige Ausnahme – neben Ahas – ist Jehoram (II 8,16 f.), dort folgen jedoch im Kontext der Beurteilung sogleich Angaben zu seiner Frau ‫כי בת אחאב היתה‬ ‫לו לאשה‬. 293  Die Daten im MT sind: Rehabeam 41 Hiskija 25 Joschafat 35 Manasse 12 Jehoram 32 Amon 22 Ahasjahu 22 Joschija  8 Jehoasch  7 Jehoahas 23 Amazja 25 Jojakim 25 Asarja 16 Jojachin 18 Jotam 25 Zidkija 21. 294  Zur Rekonstruktion der ursprünglichen Zahlen, vgl. oben S. 47 ff. 295  Einen Vorschlag in dieser Richtung hat schon Andersen, Noch einmal, 18, ins Spiel gebracht: „Soviel ich sehe, kann aus diesem Zusammenfall nur die eine Schluß­folgerung gezogen werden, nämlich, daß Jotham und Ahas historisch ein und dieselbe Person sind, und zwar der Sohn von König Ussia und Königin Jerusa (2 Kön 15,32.33), der die Königswürde nach dem



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

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Nimmt man die Möglichkeit mit dem Umstand zusammen, dass Asarja mit 52 Jahren eine außergewöhnlich lange Regierungszeit zugeschrieben wird und dass nach II 15,5 Jotam noch zu Lebzeiten Asarjas als ‫ שופט‬agierte,296 könnte es sich bei Ahas um den Namen handeln, den er mit dem Beginn seiner alleinigen Herrschaft nach dem Tod Asarjas annahm.297 Die Existenz von Thronnamen ist im Alten Orient breit belegt und auch in den Königebüchern finden sich Hinweise auf die Umbenennung von Königen bei Amtsantritt (vgl. II 23,24; 24,17).298 Für Jotams Vorgänger sind mit Asarja und Usija ebenfalls zwei Namen bekannt,299 für Ahas spiegeln assyrische Quellen zusätzlich eine Namensform, die wahrscheinlich „Jehoahas“ entspricht und somit ein analoges theophores Element wie der Name „Jotam“ aufweist.300 Vater übernahm“ (Hervorhebung i. O.). Andersen bezieht sich mit „diesem Zusammenfall“ auf die identische Jahr­sum­me für Jotam und Ahas im MT. 296  Daher wird hier in den chronologischen Rekonstruktionen durchweg eine Koregent­ schaft angenommen. Thiele, Mysterious Numbers, 104 ff.117, rechnet sogar damit, das Jotams Regierungszeit sich anfangs mit der seines Vaters Asarja und später mit der seines Sohnes Ahas überlappte. 297  Damit findet u. U. auch noch ein weiteres mit Ahas verbundenes chronologisches Problem eine Lösung: das Alter von Ahas bei der Geburt Hiskijas. Nach den im MT überlieferten Zahlen übernahm Ahas im Alter von 20 Jahren die Herrschaft und regierte 16 Jahre (II 16,1), d. h. er war 36 bei Hiskijas Machtübernahme. Hiskija soll jedoch bei Herrschaftsantritt 25 Jahre alt gewesen sein (II 18,1). Dann wäre Ahas bei der Geburt seines Sohnes nur 11 Jahre alt gewesen. Das mag biologisch nicht völlig ausgeschlossen sein, bliebe aber im Vergleich zu allen anderen judäischen Königen, deren errechnetes Alter bei der Geburt des Thronfolgers meist bei ca. 20 Jahren liegt, eine bemerkenswerte Ausnahme (vgl. die Zusammenstellung bei Begrich, Chronologie, 164 f., wobei nicht alle von Begrich vorgeschlagenen Korrekturen notwendig sind). Nach der hier vorgelegten Rekonstruktion ist für Ahas sogar nur die Jahr­sum­me 6 anzusetzen, dann wäre er selbst nur 1 Jahr alt bei Hiskijas Geburt. Überblicke über die verschiedenen Lösungsversuche der schwierigen Chronologie bei Hiskija bieten Young, Hezekiah, 9–34, oder Heckl, Art. Hiskia. Der häufiger vorgebrachte Vorschlag, dass Ahas und Hiskija Brüder waren, ist durch schon länger bekannte (Avigad, Bullae, N. 199; Cross, King Hezekiah’s Seal, 42–45.60; Deutsch, Impressions, 42–51.60–62), aber inzwischen auch bei den Ophel-Ausgrabungen in situ gefundene Siegel-Abdrücke (Mazar, Seal) mit der Aufschrift ‫ לחזקיהו אחז מלך יהודה‬widerlegt. Sind Jotam und Ahas aber ein und derselbe König und bewahren die biographischen Informationen für Jotam (I 15,33) die in der chronographischen Vorlage enthaltenen Daten, war Jotam/​A has bei Amtsantritt 25 Jahre alt. Damit wäre er nach 16 Jahren als Koregent und 6 Jahren Alleinregierung 47 Jahre alt, als ihn sein 25 Jahre alter Sohn ablöste. Als weitere Konsequenz ergibt sich, dass auch Asarjas biographische Daten in ein im Kontext der Angaben zu den übrigen Königen realistischeres Licht rücken: Er wäre dann 27 Jahre alt, als sein Nachfolger Jotam/​A has geboren wurde, und nicht 43. 298  In den genannten Fällen wird die Umbenennung auf den ägyptischen bzw. babylonischen Großkönig zurückgeführt, der den neuen Vasallen einsetzt. von R ad, Königsritual, hat in der Umbenennung des Königs bei Amtsantritt, bzw. der Übernahme von Thronnamen aber auch eine ältere judäische Praxis vermutet und sogar ein entspre­chendes Krönungsritual rekonstruiert, das die Nennung der Thronnamen einschloss. Auch wenn man ihm bezüglich des Rituals nicht folgt (vgl. die kritische Auseinandersetzung mit den Thesen von Rads bei Saur, Königserhebungen), weisen doch Texte wie Jes 9,6 oder Jer 23,6 auf die Existenz von Thronnamen in Juda hin. 299  Asarja: II 14,21; 15,1.6–8. 17. 23.27; Usija: II 15,13.30.32.34; Jes 1,1; 6,1; 7,1; Hos 1,1; Am 1,1; Sach 14,5; 2Chr 26; 27,2. 300  In den Inschriften Tiglatpilesers ist Ahas als mIa-ú-ha-zi kurIa-ú-da-a+a erwähnt (vgl. ITP, 170–171).

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3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Referieren die Namen „Jotam“ und „Ahas“ in der Tat ursprünglich auf ein und denselben König, lassen sich Umfang und Leerstellen in den verar­beiteten Informationen gut erklären. Das Alter bei Amtsantritt und der Name der Mutter waren nur einmal vorhanden, die beiden Jahr­sum­men gaben zum einen die Periode der Koregentschaft bzw. die Zeit als ‫ שופט‬und zum anderen die Periode der alleinigen Regierung an. Über Taten und Ereignisse der Regierungszeit reichte ein Bericht aus. Der Datensatz wurde erst in dem Moment „unvollständig“, als er im Sinne einer Abfolge von zwei Königen ausgewertet wurde und sich die Notwendigkeit ergab, die jeweils komple­mentären Angaben für den zweiten König zu konstruieren: Ȥ Bei Ahas waren die biographischen Angaben zu ergänzen. Unter Rückgriff auf die Daten bei Jotam bzw. das Standardrepertoire und -formular in den Eingangsformeln wurde das fehlende Alter bei Amtsantritt mit einer sachlich plausiblen runden Zahlenangabe eingetragen. Der Name der Mutter fehlt, weil hierzu keine Angaben zur Verfügung standen. Ȥ Für Jotam wurde ein äußerst knapper Bericht zu seiner Regierungszeit aus dem ausführlicheren Material, das nun bei Ahas steht, entwickelt, allerdings ohne eine vergleichbar kritische Stoßrichtung. Dazu passend folgt die Beurteilung Jotams einem standardisierten Muster für nach den angelegten kultischen Kriterien unauffällige Könige. Das Resultat sind die festgestellte weitgehend farblose und unspezifische Zeichnung Jotams und die konstruierten bzw. unvollständigen biographi­schen Angaben für Ahas in seiner Eingangsformel. Ob hier bewusst ein zweiter König konstruiert oder die Informationen aus der verarbeiteten Quelle so verstanden wurden, dass sie tatsächlich von zwei Königen handelte, lässt sich nicht mehr entscheiden. Die Vorgehensweise fügt sich jedoch sehr gut zur oben im Blick auf die chronologischen Kombinationen herausgearbeiteten Arbeitsweise des Kompilators der syn­chronistischen Chronologie. Dieser versucht aus den ihm vorliegenden Informationen eine stimmige chronologische Systematik zu entwickeln, wobei gelegentlich Hinweise aus dem narrativen Material für die judäischen Könige zur Vermittlung inkompatibler Daten herangezogen (II 14,22; 15,5) oder, wenn nötig, Korrekturnotizen direkt in den Königsrahmen oder seinen unmittelbaren Kontext eingebaut werden (II 8,16; II 14,17). Im vorliegenden Fall bestand die Problematik darin, dass der große Zeitraum, der durch die in der israelitischen Vorlage genannten Jahr­sum­ me 20 für Pekach vorgegeben war, nur dann annähernd zu überbrücken war, wenn Jotam und Ahas als zwei aufeinanderfolgende Könige verstanden und präsentiert wurden. Trotzdem verblieb noch eine Lücke von 2 Jahren, die, wie oben gesehen, als Interregnum gedeutet wurde.301 Insgesamt lässt sich die in II 15 f. vorliegende Darstellung der Abfolge Jotam-Ahas in ihrer spezifi­schen Gestalt 301  Vgl. oben S. 47 ff.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

163

und im Vergleich zu den genannten knappen Notizen am ehesten als eine elaborierte Korrektur verstehen, über die – historisch betrachtet, wahrscheinlich aus einem größeren zeitlichen Abstand heraus und wohl in Unkenntnis der realen Verhältnisse – die vorgegebenen Zahlen zu einem chronologisch stimmigen System zusammengeführt werden konnten. 3.3.2.2  Drei Optionen zum Charakter der Quelle Eine umfassende literargeschichtliche Untersuchung des in den Könige­büchern enthaltenen Materials zur Geschichte Judas würde zu weit von den hier interessierenden Fragen nach den Anfängen und Entwicklung der synchronistischen Chronologie wegführen, daher beschränken sich die folgenden Überlegungen auf das Benennen dreier Optionen zum Charakter der im Königsrahmen verarbeiteten chronographischen Quelle für Juda, jeweils verbunden mit knappen Anmerkungen zu deren jeweiliger Erklä­rungsleistung bzw. Problematik. Die Untersuchung der Formulare hatte nahegelegt, dass die gesuchte Quelle zumindest jene Informationen enthalten haben muss, die hinter dem Schema A  der Eingangsformeln stehen bzw. in der Schlussformel des Königsrahmen enthalten sind. Die Sukzessionsnotiz, die ihrerseits die Nachrichten von Tod und Begräbnis voraussetzt, ist als Einführung des jeweils neuen Königs unverzichtbar.302 Die Diskussion hatte ebenfalls gezeigt, dass auch das in Schema A  repräsentierte Formular für die Präsen­tation der genannten Informationen quellenhaft ist. Andererseits ist davon auszugehen, dass die unterschiedlich gearteten breiteren narrativen Stücke, die sich mit Ausnahme von II 11,1–20 und II 14,7–14 sämtlich in der Darstellung der Geschichte Judas nach dem Ende des Nordreiches und somit jenseits der synchronistischen Chronologie finden, auf diverse andere Quellen zurückgehen. Vor diesem nunmehr präzisierten Hintergrund sind für den Charakter des judäischen chronographischen Werks, das im Königs­rahmen verarbeitet ist bzw. dessen numerische Daten in die synchronistische Chronologie eingeflossen sind, drei Optionen denkbar: a)  Eine Königsliste Bei der Quelle könnte es sich um eine Königsliste im engeren Sinne handeln, deren Inhalte sich auf den oben erarbeiteten Minimalbestand der Angaben hinter dem Königsrahmen beschränkten.303 Dieser umfasst: 302  Dazu oben S. 131 ff. 303  Die Option würde der weithin akzeptierten These von Bin-Nun, Formulas, entsprechen, die im Hintergrund des Königsrahmens ebenfalls Königslisten vermutet, vgl. u. a. auch Barnes, Studies, 137–149. Bin-Nun diskutiert allerdings nicht, ob diese Listen noch andere als die chronologischen Informationen geboten haben können. Miano, Shadow, rekonstruiert für Juda und für Israel jeweils zwei chronographische Quellen: je eine Königsliste, die lediglich die Jahr­sum­ men enthielt und je eine Chronik, die in Analogie zur Neubabylonischen Chronik, die Königswechsel im Nachbarreich notiert und daher als Quelle für die Synchronismen gedient habe.

164 1. 2. 3. 4. 5. 6.

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Sukzessionsnotiz als Einführung des neuen Königs Lebensalter bei Amtsantritt Jahr­sum­me Residenz Angaben zur Königsmutter Tod und Begräbnis.

Für diese Option sprechen das sehr klar strukturierte Formular und seine rigide Beibehaltung im gesamten Bestand der Königsrahmen für die judäischen Könige. Die Durchsicht der altorientalischen chronographischen Texte hatte u. a. gezeigt, dass v. a. die reinen Königslisten, die sich in ihren Angaben auf die Namen der Könige, ihre Jahr­sum­men und nur sehr wenige zusätzliche Informationen wie z. B. die Residenzstadt o. ä. beschränken in der Gestaltung der einzelnen Listeneinträge auch über eine große Anzahl von Einträgen hinweg eine beeindruckende Treue zum Darstellungsschema und nur sehr geringe Varianz aufweisen. Als ein weiteres Indiz könnte mit D. Miano die auffällige Überein­stimmung bei den Namen und Patronymen der Königsmütter von Abija (I 15,2: ‫מעכה בת‬ ‫ )אבישלום‬und Asa (I 15,10: ‫ )מעכה בת אבישלום‬ausgewertet werden. Geht diese Übereinstimmung auf eine aberratio oculi, d. h. einen mechanischen Fehler beim Abschreiben zurück, würde sie nahe­legen, dass beide Angaben in der Vorlage räumlich nah beieinander standen, also kaum zusätzliches Material zwischen dem Eintrag für Abija und jenem für Asa enthalten gewesen sein dürfte.304 Schließlich könnte auch die für die Abschnitte zu Jotam und Ahas rekonstruierte Verarbeitung des Quellen­materials in diese Richtung weisen: Wenn es für andere Könige ebenfalls nur wenig Informationen gab, ist leichter nachzuvollziehen, wie der Kompilator auf die Idee kam, in Jotam und Ahas trotz unvollständiger Daten zwei sukzessive Könige zu sehen. Gegen diese Option lässt sich anführen, dass unter den erhaltenen Werken altorientalischer Chronographie keine Königsliste mit einer vergleichbaren Zusammenstellung an Daten, vor allem aber mit einer vergleichbaren Anzahl von Einzelangaben belegt ist.305 Sofern biographische Informationen oder Begräbnisnotizen geboten werden, finden sich auch andere Informatio­nen etwa zu irregulären Machtübernahmen, Baumaßnahmen Feldzügen o. ä. und der Charakter einer reinen Liste ist aufgegeben. 304  Miano, Shadow, 114. Als mögliches Gegenargument ist aber darauf hinzuweisen, dass ohne die dtr Beurteilung und nir-Verheißung in I 15,4–5, die versprengte Notiz in 15,6 (dazu oben Anm. 282) und den Quellenverweis in 15,7a nur die knappe Nachricht vom Krieg zwischen Abija und Jerobeam in 15,7b überhaupt als quellenhaftes Material für Abija in Frage kommt. Also auch einschließlich dieser Notiz hätten die Einträge für Abija und Asa so nah beieinander gestanden, dass eine aberratio oculi gut möglich ist. 305  Vgl. oben S. 95 ff. und Anhang III. Die reinen Königslisten beschränken sich durchweg auf die Nennung von Namen z. T. ergänzt um Patronyme und Jahr­sum­men. Sofern weitere Infor­mationen enthalten sind, finden sich häufig auch knappe narrative Abschnitte.

3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie



165

Hinzu käme als erschwerender Begleitumstand, dass für die Herleitung der zahlreichen kurzen aber sehr spezifischen Einzelinformationen wie etwa die Nachricht in I  14,25 oder die detaillierten Angaben in den Putschnotizen (II 12,21 f.; 14,19–21) eine weitere Quelle vorauszusetzen wäre, aus der die Autoren der Königebücher geschöpft hätten. b)  Eine Königschronik Der letztgenannte Punkt führt auf die zweite Option: Bei dem verarbeiteten judäischen chronographischen Dokument handelte es sich um eine Königs­ chronik, die über das im Rahmenschema verarbeitete Material hinaus noch weitere Nachrichten und Informationen bot.306 Hier wären in Analogie zur rekonstruierten Königschronik für Israel insbesondere die Nachrichten zu Putschen und Putschversuchen (II 12,21 f.; 14,5 f.19–21, vgl. 15,5) bzw. zu Absetzungen von judäischen Königen durch verschiedene Großkönige (II 23,29.33–34a; 24,17) zu erwarten. Weiterhin kommen die oben (S. 156 f.) als „knappe historische Notizen“ kategorisierten Texte in Frage, welche sich jedoch noch in einer Einzelprüfung bewähren müssten.307 Für diese Option spricht die notierte Analogie zur israelitischen Königs­ chronik (abgesehen von den synchronistischen Amtsantrittsdatierungen) incl. der dann hier ebenfalls gegebenen Nähe zu Ausrichtung und Darstellungsrepertoire vergleichbarer altorientalischer Dokumente. Aller­dings sind die einzelnen Nachrichten in ihrer sprachlichen Gestaltung viel weniger formelhaft als es in der israelitischen Königschronik zu beobachten war. Ein festes Darstellungsschema ist allenfalls in der Abfolge kurzer Notizen über Kriege mit Israel bei den ersten drei Königen auszumachen, die mit Joschafat zu einem Abschluss kommt. I 15,30

Rehabeam

I 15,7b

Abija

I 15,16

Asa

I 22,45

Joschafat

‫ומלחמה היתה בין רחבעם ובין ירבעם כל הימים‬ ‫ומלחמה היתה בין אבים ובין ירבעם‬ ‫ומלחמה היתה בין אסא ובין בעשא מלך ישראל כל ימיהם‬ ‫וישלם יהושפט עם מלך ישראל‬

Betrachtet man die Putschnachrichten, die in der israelitischen Chronik weitgehend formelhaft gestaltet sind, zeigt sich hier ein deutlich disparateres Bild: 306  In diesem Sinne wurden und werden die Detailinformationen immer wieder auf „Annalen“-Werke vom Jerusalemer Königshof zurückgeführt, auf die der Verfasser der Königebücher direkt oder vermittelt zurückgegriffen habe (so bereits Jepsen, Quellen, 54–60; unter den Neueren vgl. Hardmeier, Umrisse; Levin, Exzerpt, und auch wieder Knauf, HThKAT, 90– 91). N. Naʾaman problematisiert die Rede von „Annalen“ (Naʾaman, Temple Library, 129– 134), denkt aber auch an offizielle Dokumente, aufbewahrt in der Jerusaelmer Tempelbibliothek (vgl. Naʾaman, Sources, bzw. Naʾaman, Sources and Composition). 307  Pauschale Urteile führen hier nicht weiter, wie bereits das Problem der Doppelungen I 14,30 und 15,6 bzw. I 15,16 und 15,32 oder der Umstand, dass es sich bei II 15,37 um eine kompositionelle Bildung handelt (dazu oben S. 158 ff.) zeigen.

166 II 12,21–22aα

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Jehoasch

‫ויקמו עבדיו ויקשרו קשר‬ ‫ויכו את יואש בית מלא היורד סלא‬ ‫ויוזבד בן שמעת ויהוזבד בן שמר עבדיו הכהו וימת‬

II 14,19–21

Amazja

‫ויקשרו עליו קשר בירושלם וינס לכישה‬ ‫וישלחו אחריו לכישה וימתהו שם‬ ‫וישאו אתו על הסוסים‬ ‫ויקבר בירושלם עם אבתיו בעיר דוד‬ ‫ויקחו כל עם יהודה את עזריה והוא בן שש עשרה שנה‬ ‫וימלכו אתו תחת אביו אמציהו‬

Beide Darstellungen bieten zwar – sachlich bedingt – die Wurzel ‫קשר‬, sind aber nicht aufeinander abgestimmt. Sie enthalten vielmehr eine jeweils sehr spezifische Fülle von Einzelheiten zu den Begleitumständen des Putsches und sind in ihrer Darstellungsweise auf diese focussiert. Insofern ergibt sich eine Diskrepanz zwischen der notierten Formalisierung in der Präsentation der chronologischen und biographischen Angaben, die auf einen entspre­chenden Gestaltungswillen schließen lässt, und der freieren Formulierung in den spezifischen Nachrichten zu einzelnen Königen. c)  Eine Tempelchronik Auf eine dritte Option führen die zahlreichen Nachrichten und Informa­tionen, die Baumaßnahmen am Tempel und v. a. den Umgang mit seiner Ausstattung und seinen Wertgegenständen betreffen (oben S. 156 f. unter d). Auch diese Nachrichten machen z. T. sehr detaillierte und spezifische Angaben zu Einzelheiten von Tempelschatz und -ausstattung (vgl. I 14,26–28; II 18,16). Mit Ausnahme der Jehoasch zugeschriebenen Maßnahmen zur Renovierung des Tempels und der Neuordnung seines Unterhalts (II 12,5–17), sind die Nachrichten durchgängig mit Ereignissen der politischen Sphäre verknüpft. Zumeist geht es um Tributzahlungen an oder Geschenke für anrückende (Groß-)Könige (so in I 14,25–28; 15,15; II 12,18 f.; 16,8; 18,13–16; vgl. auch II 14,14) oder kultische Zugeständnisse (so v. a. bei Ahas in II 16,10–18), wobei die Bestandsaufnahme bzw. die Informationen zu übergebenen Gegenständen oder Baumaßnahmen mindestens so viel Raum einnimmt, wie die Schilderung der politischen Situation, die die Aktionen jeweils notwendig macht. In dieser dritten Option für den Charakter der judäischen chronogra­ phischen Quelle wären diese auf den Tempel focussierten Nachrichten ebenfalls zum quellenhaften Material zu rechnen. Dann ist also an eine Chronik zu denken, deren Darstellungsinteresse das Verhältnis der einzelnen Könige zum Tempel einschließt oder sogar primär bestimmt.308 Die Stellung der Könige zum Kult, die Teilnahme an Festen oder Baumaß­nahmen an Tempeln sind gelegent308  Es ist natürlich immer mit der Möglichkeit zu rechnen, dass nicht das gesamte in einer Quelle enthaltene Material übernommen, sondern selektiv ausgewählt wurde. Das erschwert Rückschlüsse auf Charakter und Anliegen der Quelle.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

167

lich auch Thema in mesopo­tamischen chronographischen Darstellungen, stellenweise sogar verbunden mit einer königskritischen Stoßrichtung. Eine solche ist hier, abgesehen von der u. U. polemischen Darstellung der Baumaßnahmen Ahas’,309 jedoch nicht auszu­machen, vielmehr haben die entsprechenden Abschnitte eine apologe­tische Tendenz: Der Tempelschatz wird zum Vorteil Judas, bei erzwungener Tributleistung oder zur Abwendung schlimmeren Übels eingesetzt.310 Steht im Hintergrund der judäischen Daten eine derartige Tempelchronik, ließe sich ein Großteil des überkommenen Materials zu den Königen Judas einer Quelle zuordnen. Damit sind weniger Zusatzannahmen im Blick auf die verarbeiteten Quellen bzw. die Frage, wie sie dem Verfasser des Königsrahmens zugänglich waren,311 nötig. Zugleich würde aber die Frage nach den oben notierten Widersprüchen virulent: Können z. B. I 15,16 und 15,17–22 literarisch auf eine Ebene liegen oder ist doch die Zuweisung zu verschiedenen Quellen plausibler? Welches Verhältnis bzw. welche zeitliche Abfolge ergibt sich dann aber für die mit I 15,17–22 aufgerufene Tempel-Thematik und die mit 15,16 verbundene Reihe der auf Ausein­andersetzungen zwischen Israel und Juda bezogenen Notizen? 309  Vgl. oben Anm. 286. 310  Denkt man an eine nicht zuletzt an der Kultpolitik der Könige interessierten Chronik, lässt sich vielleicht auch eine Erklärung dafür finden, warum die Mütter der Könige in den biographischen Angaben genannt werden – wie oben gesehen ein außer­gewöhnliches Phänomen im Kontext der überkommenen altorientalischen Chronographie. Ackerman, Queen Mother, hat unter Verweis auf I 15,13 eine gewichtige Rolle der Königsmutter im Jerusalemer Kult und Königshof angenommen. Naʾaman, Queen Mothers, 484–486, verweist auf hethitische Opferlisten, die auf eine zentrale Rolle der Königinnen bzw. Königsmütter schließen lassen, und macht einen hethitischen Einfluss für die Aufnahme der ‫ גבירה‬in judäischen Königslisten geltend. Bei letzteren – unabhängig davon, welche der oben genannten Optionen zutreffend ist – handelt es sich aber, wie Sergi, Judahite King List, 236–237, zu recht betont, nicht um Opferlisten und es gibt auch kein Indiz dafür, dass sie in derartigen Kontexten verwendet worden wären. Sergi selbst sucht nach politischen Hintergründen, die die Aufnahme der Königsmütter in eine Königsliste motiviert haben könnten, und findet diese in dem Anliegen, die dynastische Kontinuität der davidischen Dynastie herauszustellen (242), als diese im Gefolge der Jehu-Revolte und der Herrschaft Ataljas in Jerusalem fraglich gewor­den war. Atalja sei daher als illegitime Herrscherin, Jehoasch dagegen als Davidide dargestellt worden, der auch über die mütterliche Linie nichts mit seiner fremden Vorgängerin zu tun gehabt habe (247). Allerdings fehlt in diesem Text wie auch bei späteren Königen jeglicher Hinweis darauf, dass die dynastische Kontinuität über die mütterliche Linie begründet worden wäre. Es bleibt also bei der Beobachtung, dass die einzige bemerkenswerte Aktivität, die in den Königebüchern einer ‫ גבירה‬zugeschrieben wird, das Aufstellen eines Aschera-Bildes durch Asas Mutter Maacha ist (I 15,13). Ob der in der Polemik gegen die „fremden“ Frauen Salomos, in der Zeichnung Isebels oder in verschiedenen alttestamentlichen Texten immer wieder anklingende Vorwurf, dass insbesondere von (nicht-israelitischen) Frauen eine Gefährdung der alleinigen Verehrung JHWHs ausgehen kann, als Hintergrundfolie ebenfalls eine Rolle spielt, kann hier nicht weiter verfolgt werden. 311  Zum Problem der Vermittlung vgl. unten S. 175 ff.

168

3.  Gattungs- und literargeschichtliche Perspektiven

Eine begründete Entscheidung für die letztgenannten Fragen, aber auch zwischen den genannten drei Optionen zum Charakter der judäischen Quelle wird sich letztlich nur auf der Basis einer Untersuchung des durch den Königsrahmen gerahmten Erzählmaterials bzw. sich hierin zeigender kom­positioneller Strukturen312 fällen lassen. In jedem Fall spricht – ganz analog zur Diskussion der klarer greifbaren israelitischen Königschronik – vieles dafür, dass es sich bei der gesuchten chronographischen Quelle um ein kontinuierlich fortgeschriebenes Dokument handelt bzw. dass es, sollte dem Verfasser des Königsrahmens eine Abschrift oder ein Exzerpt vorgelegen haben, auf ein solches zurückgeht. Für die numerischen Daten war schon festgestellt worden, dass sie sich nicht als reine Fiktion oder spätere Konstruktion plausibel machen lassen.313 Nimmt man im Sinne von Option (b) und/oder (c) noch weitere inhaltliche Nachrichten hinzu, zeigt sich auch hier, dass viele der konkreten Einzelinformationen historisch zwar nicht im Einzelnen belegbar, aber doch plausibel und nicht als spätere Fiktion zu erklären sind  – so etwa die Eroberung Gats durch Hasaël und ihre Auswirkungen für Juda (II 12,18) oder der Zug Schoschenqs gegen Rehabeam (I 14,25).314 Die Frage nach dem historischen Ort dieses Dokuments hängt selbstverständlich mit der genaueren Bestimmung seines Charakters zusammen. Es scheint jedoch auch hier nicht geboten, seine Anfänge zu spät anzusetzen. Mit dem Feldzug Schoschenqs ist schon für den ersten König eine historisch plausible und datierte(!) Information enthalten, die bei einer allein mündlichen Weitergabe über längere Zeiträume mit großer Wahr­scheinlichkeit verloren gegangen wäre. Betrachtet man die im engeren Sinne chronologischen und biographischen Daten, so sind sie ab Joschafat und in der Folge für alle folgenden Könige (mit Ausnahme von Jehoram) vollständig vorhanden. Bei Abija und Asa fehlt noch das Alter bei Amtsantritt, ob für beide der Name der Mutter enthalten war, ist unsicher. Die numerischen Daten sind schon für diese frühen Könige keine glatten oder gerundeten Zahlen. Es ist freilich nicht auszuschließen, dass eine in späterer Zeit begonnene schriftliche Fixierung der betreffenden Informatio­nen rückwirkend und aus der Erinnerung oder mündlichen Traditi312 So zeigt etwa die Darstellung des Umgangs Asas mit der Bedrohung duch Bascha (I 15,17 ff.) deutliche Parallelen zum Vorgehen von Ahas’ in II 16,7–9. I 15,18 f. (‫ויקח אסא את כל‬ … ‫הכסף והזהב הנותרים באצרות בית יהוה ואת אצרות בית מלך ויתנם ביד עבדיו וישלחם המלך אסא אל בן הדד‬ ‫ )לאמר … הנה שלחתי לך שחד כסף וזהב‬und II 16,8 (‫ויקח אחז את הכסף ואת הזהב הנמצא בית יהוה ובאצרות‬ ‫ )בית המלך וישלח למלך אשור שחד‬weisen auch in den Formulierungen eine große Nähe auf (welche allerdings auch sachlich begründet sein kann). Auffällig ist weiterhin, dass sich bei Rehabeam (I 14,26) und bei Hiskija (II 18,16) genaue Angaben zu goldenen Tempelgeräten finden, die als Tribut zur Abwendung einer Eroberung ausgeliefert wurden. 313  Dazu oben S. 53 ff. Treffen die dort ebenfalls angestellten Überlegungen zum späteren Missverständnis der ursprünglich aus vordatierender Zählweise stammenden Jahr­sum­men zu, wäre dies ein weiterer Hinweis. 314  Vgl. dazu die aktuellen Studien von Sergi, Expansion, bzw. Krause, Land.



3.3  Die Quellen der synchronistischen Chronologie

169

on nach vorne komplettiert wurde.315 Die Anfänge einer derartigen schriftlichen Fixierung der judäischen Herrscherchronologie könnten also gut in der Regierungszeit Joschafats oder, da Joschafats Jahr­sum­me bekannt gewesen sein muss, in der Periode seines Nachfolgers Jehoram liegen. Viel später sollten sie aber nicht angesetzt werden, jedenfalls nicht zu weit von der Regierungszeit Joschafats entfernt. Angesichts der langen Herrschafts­perioden von Asa (ca. 40 Jahre) und Joschafat (25 Jahre), die im Falle von Asa auch von den israelitischen Synchronismen bestätigt wird, wird die Annahme einer rein mündlichen Überlieferung bzw. bleibenden Erinnerung für so spezifische Details wie Namen und Zahlen anderenfalls zunehmend problematisch.

315  Sergi, Judahite King List, 246, sieht den Einsatz schriftlicher Aufzeichnungen bei Jehoasch, die älteren Angaben seien aus mündlicher Tradition ergänzt. Die These hängt allerdings eng mit seiner Einschätzung der Entwicklung einer Schriftkultur in Juda zusammen, dazu oben S. 13 bzw. zur Problematik unten S. 196 ff.

4.  Ergebnisse und Implikationen 4.1  Die Resultate der Untersuchung Die Untersuchung betrachtete die synchronistische Chronologie in den Königebüchern aus zwei Perspektiven. Zum einen ging es um die Zahlen. Auf dem Prüfstand stand die Systematik der chronologischen Angaben im Königsrahmen, d. h. der Jahr­sum­men und synchronistischen Amtsantritts­datierungen für die Könige von Israel und Juda. Zum anderen ging es um die Texte. Gegenstand war hier der Königsrahmen und seine Literar­geschichte. Gefragt wurde nach der Entwicklung der in den Eingangs­formeln anzutreffenden Formulare und nach den hinter ihnen stehenden literarischen Quellen. Die Analyse des Zahlenmaterials wurde in bewusster Absehung von außerbiblischen chronologischen Daten bzw. der Problematik der Pass­genauigkeit der biblischen Chronologie zu diesen unternommen.1 Das Ziel war also nicht die Rekonstruktion einer historischen Zeittafel der Königs­zeit, sondern die Eruierung der eigenen Systematik der Chronologie im Königsrahmen. Dabei konnte gezeigt werden, a) dass die chronologischen Angaben keine reine Konstruktion sind. Dann wäre ein deutlich widerspruchsfreieres System zu erwarten, wie es etwa manche, in den Textzeugen greifbare, spätere Neuauflage bietet. Vielmehr erklärt sich das Zahlenmaterial durch die Verarbeitung und Kombination vorliegender numerischer Daten. b) dass der Kombination zwei Zahlenreihen zugrunde liegen: eine Reihe von Jahr­ sum­ men für die Könige Judas sowie eine Zusammenstellung von Jahr­sum­men und auf judäische Könige bezogenen synchronistischen Amts­ antrittsdatierungen für die Könige Israels. c) dass in dem der Chronologie zugrundeliegenden Zahlenmaterial für die Könige Israels deren Regierungsjahre bis zu Menachem vordatierend gezählt wurden und bei Menachem ein Wechsel zur Nachdatierung erfolgte. d) dass die Daten der Amtsantritte der judäischen Könige aus der Kombi­ nation der Jahr­sum­men für die judäischen Könige und der synchronistischen Amtsantrittsdaten der israelitischen Könige ermittelt wurden. Die gegebe­nen Jahr­sum­men für die judäischen Könige wurden dabei vom Kompilator so verstanden, als verdankten sie sich einer nachdatierenden Zählweise. 1  Zur Begründung oben S. 18 ff.

172

4.  Ergebnisse und Implikationen

e) dass sich als Ergebnis dieser Kompilationsweise kein durchgängig stimmiges chronologisches System für die gesamte Zeit der geteilten Reiche ergab, sondern drei jeweils in sich konsistente Kombinationen für begrenzte Zeiträume.2 Die Übergänge zwischen den Kombinationen liegen in den außergewöhnlich langen Regierungszeiten Jehoaschs und Asarjas. Alle drei Kombinationen kennzeichnet jedoch eine gemeinsame Methodik in der Ermittlung der synchronistischen Amtsantrittsdaten für die judäischen Könige und ein konsistenter Umgang mit Sonderfällen der Amtsübergabe (kein Akzessionsjahr im Falle von Koregentschaften oder Interregna3). Die Rekonstruktion der chronologischen Systematik stützte sich mit wenigen Ausnahmen auf das im Masoretischen Text überlieferte Zahlen­material. Diese Auswahl aus dem breiteren Bestand der überkommenen numerischen Daten im Königsrahmen erfuhr eine indirekte Bestätigung durch die Untersuchung der in den Textzeugen belegten Varianten. Letztere lassen sich in ihrer übergroßen Mehrheit entweder auf Versuche zurück­f ühren, vermeintliche oder tatsächliche Widersprüche in der chrono­logischen Systematik auszugleichen, oder aber auf erklärbare Fehler in der Textüberlieferung. Sehr frühe Ausgleichsversuche zeigen sich in den chronologischen Systemen, die im vorhexaplarischen griechischen Text belegt sind. LXXB bezeugt in den vorhexaplarischen Textanteilen eine abweichende chronologische Systematik, die von Ela bis zu Ahab (und vielleicht noch darüber hinaus) reicht. Ihre Entwicklung wurde zum einen durch die schwierige Datierung der Machtübernahme Omris und zum anderen durch die Heraufsetzung der Regierungsdauer Simris von 7 Tagen auf 7 Jahre angestoßen. Die chronologische Systematik in Ant deckt sich nicht mit jener aus dem vorhexaplarischen Text in LXXB und kann auch nicht als ihre Fortsetzung herangezogen werden. Sie setzt bereits eine nachträgliche Kombination von vorhexaplarischem Text (I 2,12–21,43) und kaige-Rezension (ab I 22,1) voraus. Die Analyse der Texte, d. h. der Eingangsformeln im Königsrahmen bzw. ihrer Formular-Varianten hat zu dem Ergebnis geführt, dass sich die drei Formulare der Eingangsformeln auf zwei Vorlagen zurückführen lassen. Zwei Formulare sind aus den jeweiligen Vorlagen übernommen, Schema A  für die Könige von Juda und Schema B für die Könige von Israel. Für das dritte Formular (Schema C) hat die judäische Vorlage stilbildend gewirkt. Sie gab das Schema vor, in das die chronologischen Daten für die meisten israelitischen Könige übertragen wurden und in dem diese nunmehr im Königsrahmen präsentiert werden.4 2  Für eine graphische Darstellung der Kombinationen, s. Anhang II. 3  Beide Sonderfälle begegnen (II 8,16; 14,17; 15,5), wurden hier aber nicht aus dem Zahlenmaterial erschlossen, sondern lediglich dort in die Rekonstruktion einbezogen, wo sie entweder im Königsrahmen oder dem Erzählmaterial angezeigt sind. 4  Gleiches gilt auch für die Begräbnisnotizen, die aus der judäischen Quelle stammen. Für die Schlussformeln der israelitischen Könige sind komplementäre Angaben geschaffen worden,

173

4.1  Die Resultate der Untersuchung



Judäisches Dokument

Israelitische Königschronik

+ errechnete Synchronismen

Schema B

Schema A

Schema C

Abb. 18: Schema zur Literargeschichte der Eingangsformeln im Königsrahmen

Eine chronologische Synchronisierung der Amtsantritte der Könige mit den Regierungsjahren von Königen im Nachbarreich war mit großer Wahr­ scheinlichkeit bereits in jener Vorlage vorgegeben, aus der Schema B übernommen ist, d. h. in der Quelle, aus der die chronologischen Angaben für die Könige von Israel stammen. Die Suche nach den Anfängen der synchronistischen Chronologie im Königsrahmen führt damit auf ein chronographisches Dokument zurück, das die Herrscherabfolge im Nord­reich Israel zum Thema hatte. Dieses datierte die Herrscherwechsel relativ zu den Regierungsjahren der Könige in Juda, enthielt aber noch keine verschränkte Chronologie beider Königreiche. Die Rückfrage nach dem genaueren Charakter der Vorlagen, bei der weitere Texte neben dem Königsrahmen in die Analyse einbezogen wurden, plausibilisiert diese Annahme. Die in den Eingangsformeln verarbeiteten Daten für die Könige Israels sowie Schema B als deren Darstellungs­formular stammen aus einem in seinem literarischen und inhaltlichen Profil noch relativ klar greifbaren chronographischen Dokument, das sich sowohl in seiner Anlage als auch im Blick auf die gebotenen Inhalte sehr gut in bekannte Gattungsmuster aus der altorientalischen Chronographie einfügt. Das Dokument weist nicht nur in der Präsentation der chronologischen Daten, sondern auch bei anderen Inhalten, wie etwa den wieder­kehrenden Nachrichten über irreguläre Thronfolgen, eine deutlich erkenn­bare Formalisierung auf. Das Dokument ist somit am besten als eine syn­chronisierte Königschronik der Könige des Nordreiches Israel vorstell­ bar. Diese Chronik ist beim Einbau in die Königebücher stellenweise für die Zusammenstellung mit anderem Material überarbeitet und überformt worden (so insbesondere bei der Integration der breiteren Erzählung zur Jehu-Revolte, aber auch bei der Einführung Omris), häufig scheint sie aber auch weitgehend die jedoch keine eigenen Informationen bieten, sondern aus den vorliegenden Daten, d. h. dem Residenzort erschlossen sind (dazu oben S. 133 f.).

174

4.  Ergebnisse und Implikationen

unverändert übernommen zu sein. Für den Charakter der judäischen Vorlage konnte (bislang) kein vergleichbar klares Bild gewonnen werden, allerdings zeichnen sich verschiedene Optionen ab, die durch eine genauere Untersuchung des nicht-chronologischen Materials ggf. noch eingegrenzt und präzisiert werden können. In beiden Fällen, d. h. in Israel wie in Juda, haben jedoch seit der früheren Königszeit kontinuierlich geführte Dokumente die chronologischen Daten bereitgestellt, die die konzeptionellen Grundlagen (Epochengliederungen durch Regierungs­zeiten, relative Datierungen von Amtsantritten) und das Material (Jahr­sum­men und bestimmte Synchronismen) für die Kompilation der synchronistischen Chronologie im Königsrahmen lieferten. In der Zusammenschau erbringen beide Frageperspektiven, die Syste­matik der Zahlenüberlieferung und die Literargeschichte der Texte, komplementäre Befunde, die sich zu einem konsistenten Bild zusammen­f ügen und Rückschlüsse auf die Entwicklung der synchronistischen Chronologie in den Königebüchern zulassen. Während die doppelte Synchronisierung und die verschränkte Darstellung offensichtlich eine Innovation der Königebücher darstellt (zur Frage des Verfassers s. i. F.), gilt dies nicht für die Praxis synchronistischer Amtsantrittsdatierungen in Israel an sich. Diese fanden sich bereits in einer der Vorlagen, die im Königs­rahmen verarbeitet sind, d. h. in einer israelitischen Königschronik. Letztere erweist sich in ihrem inhaltlichen Profil und in ihrer formalen Gestaltung als eine spezifische Ausprägung des im Alten Orient breiter belegten Genres der Chronographie. Mangels einer absoluten Chronologie, wie sie etwa in Assur über den Eponymenkanon zur Verfügung stand, konnte die Identifikation von Amtsantrittsjahren nur über eine relative Bezugnahme auf eine externe Chronologie erfolgen – in diesem Fall die Abfolge und Zählung der Regierungsjahre der Könige von Juda. Auf der Suche nach den Ursprüngen einer synchronistischen Datierungspraxis weist der Königs­rahmen also nach Israel, zeigt aber zugleich an, dass sowohl in Israel als auch in Juda mit einer bereits früh einsetzenden Sammlung chronologischer Informationen und der Herausbildung chronographischer Literatur zu rechnen ist.

4.2 Implikationen Die Chronologie gilt wie eingangs bemerkt als das „Auge des Historikers“5. Das Verständnis der Systematik der chronologischen Konzeption eröffnet damit einerseits einen Blick darauf, wie sich ihr Kompilator die Sequenz der Ereignisse, d. h. den Lauf der Geschichte Israels und Judas in ihrer wechsel­seitigen Bezogenheit vorstellte und diesen seinen primären Adressaten präsentierten wollte. Andererseits gibt die hier unternommene Analyse der Geschichte und Entwick5  S. o. S. 1.



4.2 Implikationen

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lung der synchronistischen Chronologie der Königebücher aber auch Einblick in weitere Bereiche der alttestamentlichen Literaturgeschichte und der Lebenswelt des Alten Israel. Dieses zeigte sich bereits an der Rückfrage nach den Quellen, aus denen die chronologischen Daten stammen und der Rekonstruktion von deren inhaltlichem Profil und historischer Verortung. Es betrifft aber auch diejenigen Kompositionen, in denen die chronologischen Angaben nunmehr verarbeitet sind. Insofern sind im Folgenden die Implikationen zu bedenken, die sich aus den Ergebnissen der Analyse für das Verständnis und die Literargeschichte der literarischen Kontexte der synchronistischen Chrono­logie ergeben. Dies betrifft zuvörderst den Königsrahmen selbst, der in seiner Schlussformel u. a. auf die Quellen seiner Darstellung verweist (4.2.1). Darüber hinaus kommen die Königebücher (4.2.2), aber auch das Deuteronomistische Geschichtswerk (4.2.3) in den Blick. In den um diese Fragen kreisenden Forschungsdebatten spielen darüber hinaus häufig zwei Präsuppositionen einen Rolle, zu deren differenzierterem Verständnis die Untersuchung der Chronologie bzw. der dabei zutage getretenen Phänomene der Chronographie in Israel ebenfalls beitragen können. Die eine betrifft die Frage nach den Anfängen und der Entwicklung einer Schriftkultur in Israel (4.2.4), die andere die Bestimmung des Verhältnisses von Israel und Juda in der Königszeit (4.2.5). Es versteht sich von selbst, dass keine der genannten Fragen aus der Perspektive der Chronologie allein abschließend geklärt werden kann. Es soll also im Folgenden um die spezifischen Aspekte gehen, die sich aus dem hier behandelten Untersuchungsgegenstand ergeben und die für eine Abwägung der Plausibilität in den jeweiligen Forschungsdiskursen vorgetragener Hypothesen hilfreich sein können. 4.2.1  … für das Verständnis der Quellenverweise im Königsrahmen Zum festen Formular des Königsrahmens gehören ebenso wie die synchronistischen Amtsantrittsdatierungen als Teil der Eingangsformeln auch die Quellennotizen als Element der Schlussformeln. Sie verweisen für weitere Informationen (… ‫ )יתר דברי‬zu den Königen auf zwei Quellen: einen ‫ספר דברי הימים למלכי‬ ‫ ישראל‬respective ‫ספר דברי הימים למלכי יהודה‬. Entsprechende Quellenverweise finden sich bei insgesamt 32 Königen.6 6 Jerobeam I 14,19; Rehabeam I 14,29; Abija I 15,7; Asa I 15,23; Nadab I 15,31; Bascha I 16,5; Ela I 16,14; Simri I 16,20; Omri I 16,27; Ahab I 22,39; Joschafat I 22,46; Ahasja II 1,18; Jehoram II 8,23; Jehu II 10,34; Jehoasch II 12,20; Joahas II 13,8; Joasch II 13,12; 14,15; Amazja II 14,18; Jerobeam II 14,28; Asarja II 15,6; Secharja II 15,11; Schallum II 15,15; Menachem II 15,21; Pekachja II 15,26; Pekach II 15,31; Jotam II 15,36; Ahas II 16,19; Hiskija II 20,20; Manasse II 21,17; Amon II 21,25; Joschija II 23,28; Jojakim II 24,5. Für Joasch gibt es eine doppelte Schlussnotiz und somit auch zwei Quellenverweise (II 13,12 und 14,15), beide sind bis auf eine

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Die hier vorgelegte Rekonstruktion der hinter der synchronistischen Chronologie stehenden Quellen, d. h. eine synchronisierte Chronik der Könige von Israel sowie eine Königsliste oder (wahrscheinlicher) -chronik der Könige von Juda, fügt sich also nahtlos in das vom Königsrahmen selbst vermittelte Bild: Danach sind für die Darstellung der Königszeit (mindestens) zwei Quellen verarbeitet, wobei es sich ausweislich der Bezeichnung ‫ ספר דברי הימים‬um chronographische Dokumente handelt, welche neben den gebotenen Informationen noch weitere Angaben zu den einzelnen Königen enthielten. Aus dieser Feststellung ergeben sich Konsequenzen für verschiedene mit den Quellenverweisen verbundene Forschungsfragen, die zwar zu unterscheiden, häufig jedoch in der jeweiligen Argumentation auch miteinander verknüpft sind: 1.  Die Pragmatik: Tatsächliche Verweise oder literarisches Mittel? Während man in der älteren Diskussion hinter den Verweisen stehende Quellen annahm (über deren Inhalte, Gattung, Bezeichnung u. ä. man freilich streiten konnte), wurde in den neueren Debatten um die Pragmatik bzw. rhetorische Funktion der Quellennotizen die Option ins Spiel ge­bracht, dass sie gar nicht auf existierende Dokumente verweisen: Dienen sie nicht vielmehr der Bestätigung des Erzählten7 bzw. dem Ausweis der Glaubwürdigkeit des Autors?8 Liegt ihre Funktion nicht eher darin, die Adressaten zur Reflexion herauszufordern, oder in der Vermittlung einer spezifischen Geschichtsdeutung – unabhängig von jeglichem Zugriff auf die genannten Quellen?9 Die vorliegende Studie konnte aufzeigen, dass die Verweise kein rein literarisches Mittel sind. Dass es die genannten Quellen gar nicht gab und sie, wie z. B. G. Garbini vermutet, eine reine Erfindung des Verfassers des Königsrahmens darstellen,10 kann als widerlegt gelten. Weiterhin sind die genannten Quellen zumindest im Blick auf ihre spezifischen Inhalte11 auch tatsächlich konsulgeringfügige Abweichung (‫ וכל אשר עשה‬in 13,12 bzw. ‫ אשר עשה‬in 14,15) identisch formuliert. Bei Joram, Ahasjahu, Hoschea, Jehoahas, Jojachin und Zidkija fehlen die Verweise. Eine analoge Quellennotiz findet sich auch bei Salomo in I 11,41: ‫ויתר דברי שלמו וכל אשר עשה‬ ‫וחכמתו הלוא הם כתבים על ספר דברי שלמו‬. Die Chronik bietet vergleichbare Quellenverweise. Sie sind aber aus Reg übernommen und in der Bezeichnung der genannten Dokumente entsprechend den Vorstellungen des Chronisten angepasst, vgl. dazu Weingart, Stämmevolk, 116 f. 7  So z. B. Stott, Why, 55, in Aufnahme von Überlegungen von Van Seters, Search, 47– 51, zur Formel ‫עד היום הזה‬. Ganz ähnlich auch Naʾaman, Sources and Composition, 108. 8  Stott, Why, 59, spricht in diesem Zusammenhang von einer „document-mindedness“. Danach geben die Quellennotizen zu erkennen, dass der Autor wie auch die intendierten Adressaten dem geschriebenen Wort einen hohen Wert beimessen – eine Voraussetzung, die der Autor im Dienste der eigenen Glaubwürdigkeit nutze. 9  Hierin sieht Leuchter, Sociolinguistics, die eigentliche Funktion der Quellenverweise, zur Diskussion i. F. 10  Diese Konsequenz zieht Garbini, Fonti; Stott, Why, 57, hält es ebenfalls für eine ernstzunehmende Option. 11 Zum inhaltlichen Profil der verarbeiteten chronographischen Dokumente vgl. oben S. 139 ff.



4.2 Implikationen

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tiert und für die Komposition der Königebücher verarbeitet und damit nicht allein zur Bestätigung der Authentizität der gebotenen Geschichtsdarstellung angeführt worden.12 Damit ist freilich nicht ausgeschlossen, dass die Bestätigung der Glaubwürdigkeit (von Autor und/oder Narrativ) durchaus eine Funktion der Quellennotizen sein kann,13 aber eben nicht nur im Sinne eines bloßen „parading of ‚authorities‘“14. Sieht man die Pragmatik der Quellennotizen anders gelagert oder weiter gefasst als eine reine Referenz auf die genannten Werke, ist damit also nicht automatisch impliziert, dass diese eine reine Fiktion darstellen. Ganz im Gegenteil: Das Anliegen käme sogar noch stärker zum Tragen, wenn die Existenz derartiger chronographischer Werke den Adressaten der Königebücher plausi­bel erschien oder sogar bekannt war – ganz unabhängig davon, ob sie kompetent gewesen wären, diese Chroniken zu konsultieren, ob sie ihnen zugänglich gewesen wären usw. Die Frage nach Funktion und Pragmatik der Quellenverweise ist also präziser vor dem Hintergrund der konkret verarbeiteten Chroniken zu stellen. Damit spricht z. B. einiges gegen die weitreichenden Überlegungen von M. Leuchter, der mit den Quellenverweisen eine spezifische Aussageintention und Leserlenkung verbinden möchte. In ihnen zeige sich ein Autor, der “persistently engages his audience directly … establishing a dialogue of sorts with them”.15 Die Verweise seien daher „an effective means of cultivating and shaping an ideological bias in the audience“,16 wonach „kingship is divested of mythic resonance“.17 Das Königtum solle zwar als für Israel zeitweise nützlich gekennzeichnet werden, letztlich aber als gescheitert. Über die Quellenverweise werde es darüber hinaus auch im Blick auf seine eigene Ideologie und mythische Grundlegung de­savouiert.18 Die Argumentation hängt zum einen an einer spezifischen Deutung der Formulierung ‫ויתר דברי … הלא הם כתובים‬. Leuchter versteht sie als eine rhetorische Frage, die es letztlich offen lasse, ob sich die Inhalte der vorliegenden Darstellung noch an anderer Stelle finden lassen oder nicht.19 Zum anderen setzt Leuchters Deutung voraus, dass mit den genannten Chroniken eine ganz bestimmte literarische Gattung angesprochen sei: „developed among learned scribes with access to official records but who operated independently of the royal court … a sort of mediating entity between offical ‚state‘ li12  So auch Cogan, Definition, der die Quellenverweise aber nicht als Aufforderung verstehen möchte, die genannten Werke auch tatsächlich zu konsultieren. Den Adressaten, d. h. den schriftgelehrten Kreisen in Jerusalem, seien die Inhalte der genannten Quellen ohnehin bekannt gewesen oder sie seien sogar von ihnen selbst geschrieben worden (80 f.). 13 Dazu Holland, Form, 561–565, mit altorientalischen Parallelen. Letztere liegen allerdings auf verschiedenen Ebenen. Bei den angeführten Kolophonen auf Tontafeln geht es meist um Texttreue. Eine interessante Analogie bietet jedoch der Quellenverweis innerhalb der Annalen Thutmoses IIIc (a. a. O., 564). 14 So Torrey, Chronicler, 195, im Blick auf die Quellenverweise in der Chronik. 15  Leuchter, Sociolinguistics, 133. 16  A. a. O., 131. 17  A. a. O., 130. 18  A. a. O., 132–133. 19  Zur Formulierung vgl. Anm. 22.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

terature/propaganda and populist/rural traditions of criticism“.20 Die Adressaten, denen derartige Werke bekannt gewesen seien, konnten über ihre Nennung auch die vorliegende Komposition in den Kontext dieser „independent literary tradition“ einordnen.21 Diese Voraussetzung verliert mit der hier geleisteten Rekonstruktion der verarbeiteten Quellen (und auch durch ihre Einordnung in den breiterem Strom der altorientalischen Chronographie) deutlich an Plausibilität. Mit dem Titel ‫ ספר דברי הימים‬ist nicht per se ein königskritisches Werk indiziert und auch keine Gattung unabhängig von oder jenseits von am Königshof geführter Listen oder Chroniken.

Unstrittig ist, dass die Quellennotizen mittels ihres formularhaften Charakters an der Strukturierungsfunktion teilhaben, die dem Königsrahmen insgesamt zukommt. Hierin gliedern sie sich in die übrigen wiederkehrenden Elemente ein. Schwieriger ist nun zu entscheiden, ob ihr eigenes und spezifisches Anliegen in der Aufforderung22 an die Leser der Darstellung besteht, die genannten Werke auch tatsächlich zu konsultieren.23 Für das Verständnis der vorliegenden Darstellung ist das nämlich keines­wegs zwingend. Diese ist in sich suffizient, signifikante Leerstellen oder Informationsdefizite, die sich nur über einen Rückgriff auf die genannten Chroniken schließen ließen, sind nicht erkennbar. Wenn die oben angestellten Überlegungen zutreffen, dass zumindest für viele Könige Israels auch der Großteil der in der synchronisierten israelitischen Chronik gebotenen Informationen übernommen ist,24 würde der Rückgriff auf das Dokument zumindest in diesen Fällen auch inhaltlich wenig beitragen. Die Funktion der Quellen­verweise liegt denn auch möglicherweise weniger im Verweis auf die Vorlagen als in der Charakterisierung und Unterscheidung der vorliegenden Darstellung von ihnen. Letztere ist mittels der Quellennotizen in mehrfacher Hinsicht von den verarbeiteten chronographischen Dokumenten abgesetzt: (1) Sie ist selbst als ein Ausschnitt präsentiert (dazu i. F.). (2) Sie behandelt anders als die genannte Quelle für Israel und jene für Juda beide Reiche und ihre Könige gemeinsam. (3) Sie weist sich selbst als inhaltlich auf spezifische Weise focussiert aus, wenn für zahlreiche Könige festgehalten wird, dass in 20  Leuchter, Sociolinguistics, 123. 21 Ebd. 22  Für die Frage spielt die Formulierung eine Rolle, aber letztlich keine entscheidende. Entgegen der gängigen Übersetzungspraxis in den Bibelausgaben ist ‫ הלא‬in den Quellenverweisen nämlich nicht als Einleitung einer rhetorischen Frage zu verstehen. Aufschlussreich ist hier die alternative Einleitung der Quellennotiz in I 14,19; 15,11. 15. 26.31 mit der Interjek­tion ‫הנם‬. So schon GesK, § 150e: „Besondere Erwähnung verdienen hier einige Stellen, in denen die Frageform vom deutschen Sprachgebrauch abweicht, indem sie lediglich zum Ausdruck der Überzeugung dient, daß der Inhalt der betr. Aussage dem andern wohl bekannt ist … Endlich gehört hierher die Zitierungsformel ‫ֹא־היא ְכתוּבָ ה‬ ִ ‫( הֲל‬Jos 10, 13) oder ‫הֲלֹוא־הֵ ם ְכּתֻ ִבים‬ = sie ist ja, sie sind ja aufgezeichnet … ganz gleichbedeutend mit dem einfach versichernden ‫( ִהנֵּה ְכתוּבָ ה‬2 S 1, 18) und ‫תוּבים‬ ִ ‫( ִהנָּם ְכּ‬1 K 14, 19. 2 K 15, 11. 2 Ch 27, 7. 32, 32)“ (Hervorhebung i. O.). Zur aktuellen Diskussion vgl. Holland, Form, 566–570. 23  Damit würde sich freilich das viel diskutierte Vermittlungsproblem noch einmal verschärfen, dazu i. F. 24  Dazu oben S. 139 ff. bzw. i. F.



4.2 Implikationen

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den Quellen noch andere und durchaus auch positiv zu wertende Informationen über die Könige zu finden sind.25 Mittels der Quellenverweise charakteri­ siert sich die über den Königsrahmen strukturierte Geschichtsdarstellung selbst als etwas anderes als die genannte „Chronik der Könige Israels“ bzw. „Chronik der Könige Judas“.26 Sie setzt sich selbst von der dort vorliegenden „Hofbericht­ erstattung“ ab, die sie freilich  – auch das geben die Quellen­notizen zu erkennen – nicht verdrängen will, sondern durch eine Komposition eigenen Rechts und mit eigener Aussageintention ergänzen möchte. 2.  Das „Übrige“: Zum Verhältnis von Quellen und Komposition Mit der charakteristischen Einleitung … ‫ ויתר דברי‬zeigen die Quellennotizen an, dass in die vorliegende Darstellung lediglich ein Teil der für die einzelnen Könige verfügbaren Informationen eingeflossen ist. Für die synchronistische Darstellung wurde also eine Auswahl getroffen; nicht zuletzt darüber gibt der Königsrahmen mittels der Quellenverweise Auskunft.27 Das setzt freilich voraus, dass die Quellenverweise literargeschichtlich auf einer Ebene mit den Eingangsformeln liegen und somit vom Autor der synchronistischen Geschichtsdarstellung in den Königebüchern stammen (zur Begründung unter 4.2), wofür mindestens zwei gute Gründe sprechen: Ȥ Die Schlussformeln des Königsrahmens incl. der Quellennotizen zeigen ein vergleichbares Nebeneinander von Schematismus und Variationsbreite in den Einzelformulierungen wie die oben eingehend besprochenen Eingangsformeln.28 25  So wird zahlreichen Königen in der Quellennotiz ‫ גבורה‬attestiert: Asa I 15,23; Bascha I 16,5; Omri I 16,27; Joschafat I 22,46; Jehu II 10,34; Joahas II 13,8; Joasch II 13,12 bzw. II 14,15; Jerobeam II 14,28; Hiskija II 20,20, von denen Bascha, Omri, Joahas, Joasch und Jerobeam II. negativ, Asa, Joschafat, Jehu und Hiskija aber positiv beurteilt werden. Der Ausweis der ‫גבורה‬ deckt sich mithin nicht mit den Bewertungskriterien in den Königsbeurteilungen. 26  In diese Richtung gingen bereits die Überlegungen von Kuenen, Einleitung, 68: „Indem nun der Autor der Königsbücher jedesmal auf diese Schrift verweist, giebt er zu erkennen, dass er etwas Andres bieten will, als was in jenen Büchern zu finden war. Wer etwas über die Kriege, die Verträge, die öffentlichen Bauten u. s. w. der Könige zu erfahren wünschte, sollte die sepharîm zu Rathe ziehen und würde darin finden was er suchte. In seiner Schrift, d. i. in unsern Königsbüchern stand etwas Andres im Vordergrund der Betrachtung, und zwar, wie ihr Inhalt zeigt, die Geschichte der Religion“ (i. O. tlw. gesperrt gedruckt). 27  So das klassische Bild bei Noth, wonach der Deuteronomist aus dem umfänglicheren Material jene Daten übernahm, die für sein Darstellungsinteresse von Bedeutung waren (Überlieferungsgeschichtliche Studien, 72–76). 28  Eine detaillierte Zusammenstellung der Formulierungen bzw. der Abweichungen bieten Halpern/​Vanderhooft, Editions, 216–221. Variationen finden sich u. a. beim Relativsatz ‫( וכל אשר עשה‬I 11,41; 14,29; 15,7; 15,23.31; 16,14; 22,39; II 8,23; 10,34; 12,20; 13,8.12; 14,28; 15,6.21.26.31; 21,17; 23,28; 24,5) bzw. ‫( אשר עשה‬I 16,5.27; II 1,18; 14,15; 15,36; 16,19, 21,25), im Wechsel von ‫ הלא‬und ‫( הנם‬dazu oben Anm. 22) bzw. von plene- und defektiv-Schreibung bei ‫ הלא‬oder in Abweichungen wie ‫ ויתר כל דברי‬bei Asa (I 15,23) oder ‫ המה כתובים‬bei Asa (I 15,23) und Ahasja (II 1,18). Wie bei den Eingangsformeln ergibt die Streuung dieser kleineren Abweichungen kein signifikantes Muster.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Ȥ Die Quellennotizen fehlen bei jenen Königen (Joram, Ahasjahu, Hoschea, Jehoahas, Jojachin und Zidkija), für die es keine reguläre Schlussformel gibt, sondern bei denen die jeweils besonderen Umstände ihrer Ablösung in kurzen Narrativen entfaltet sind.29 Das Formular wird also dort aufgegeben bzw. modifiziert, wo es im Dienste der narrativen Darstellung geboten ist. Dieses Phänomen zeigt sich ebenfalls im Verhältnis von narrativem Material und den Eingangsformeln des Königsrahmens (auch dazu mehr unter 4.2). Dieser Zusammenhang ist denn auch weitgehend unstrittig.30 Umstritten ist hingegen, ob die Quellen tatsächlich mehr oder andere Informationen enthalten haben, als in den Königebüchern zu finden sind. Aufschlussreich sind hier die

29  Bei Joram und Ahasjahu geht es um ihre Ermordung durch Jehu (II 9), bei Hoschea um seine Gefangennahme durch Salmanasser (II 17,4), bei Jehoahas um die Gefangennahme durch Pharao Necho und seinen Tod in Ägypten (II 23,33 f.). Jojachin wird nach II 24,15 von Nebukadnezar nach Babel deportiert. Sein Tod wird bekanntlich in Reg gar nicht berichtet, sondern die Darstellung schließt mit Jojachins Begnadigung (II 25,27–30). Zidkijas Blendung und Gefangennahme sind Gegenstand von II 25,6 f. 30  Anders jedoch Levin, Exzerpt, nach dem die Eingangsformeln sowie auch die Quellennotizen aus einem dem Verfasser vorliegenden synchronistischen Exzerpt stammen und von dort übernommen wurden. Auf den Deuteronomisten führt er im Bereich des Königsrahmens lediglich die Königsbeurteilungen zurück. Für die Zuweisung der Quellenverweise an ein vorliegendes Exzerpt nennt Levin drei Gründe: (1) Die Formulierung ‫ויתר דברי … וכל אשר עשה‬ zeige an, „dass für die gesamte Amtsführung des Königs auf die dem Exzerpt zugrundeliegenden Quellen verwiesen wird“ (621, Hervorhebung i. O.). Wenn dies aber für Informationen zur gesamten Amtsführung gelte, schließe dies auch Angaben zur Religionspolitik ein. Die Königsbeurteilungen und die Quellenverweise können daher nicht literargeschichtlich auf einer Ebene liegen. (2) Das werde ferner dadurch bestätigt, dass bei Ela (I 16,8–10.14) und Schallum (II 15,13–15), die beide keine Beurteilung erhalten, der Quellenverweis an die Regierungsdaten anknüpfe. Das Exzerpt habe also nur das „Datengerüst“ geboten (621 f.). (3) Die Hinweise auf die ‫ גבורה‬oder auf besondere Aktivitäten einzelner Könige stünden teilweise in Spannung zu den Urteilen für die einzelnen Könige. Dies zeige an, dass das Exzerpt und die dtr Redaktion unterschiedliche Ziele verfolgt haben (622). Die von Levin angeführten Argumente sind letztlich nicht stichhaltig: (ad 1) Hier ist ein rein exklusives Verständnis von ‫ כל‬vorausgesetzt: Abgesehen von den reinen chronologischen Daten sei alles Übrige nur in der Quelle zu finden. Ist nicht auch ein inklusiveres Verständnis denkbar? Formulierungen wie etwa in II 13,12 (‫)וכל אשר עשה וגבורתו אשר נלחם עם אמציה מלך יהודה‬, die spezifische Einzelinformationen dem Relativsatz ‫ כל אשר עשה‬mittels Copula beiordnen, legen dies nahe. Dass für „alles, was er tat“ auf die Quelle verwiesen wird, heißt also nicht, dass nicht auch auf Einzelheiten der Amtsführung hingewiesen bzw. diese genannt werden konnten, so u. U. auch Aspekte der Religionspolitik. (ad 2) Gerade bei Ela (I 16,8–10.14) und Schallum (II 15,13–15) zeigt sich, dass der Bezugspunkt für ‫ יתר‬nicht allein die chronologischen Angaben sein müssen, sondern durchaus Einzelheiten aus der Regierungsperiode in Frage kommen. Bei Ela geht dem Quellenverweis die Darstellung des Simri-Putsches, bei Schallum der Menachem-Putsch voraus. (ad 3) Levin ist zuzustimmen, dass die Quellenverweise auch positive Aspekte in der Amtsführung von Königen durchscheinen lassen, die eine negative Beurteilung erhalten. Insgesamt zeigt sich eine komplexe Wahrnehmung, die zwischen Religionspolitik und anderen Maßstäben zu differenzieren weiß. Warum sollte dies einem dtr Redaktor nicht zuzutrauen sein?

4.2 Implikationen



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in den Quellennotizen selbst gelegentlich auftretenden Erweiterungen zu … ‫ויתר‬ ‫ וכל אשר עשה‬bzw. ‫אשר עשה‬. I 14,19 I 16,20 I 22,39 I 22,46 II 13,12/II 14,15 II 14,28 II 15,15 II 20,20 II 21,17

Jerobeam I. Simri Ahab Joschafat Joasch Jerobeam II. Schallum Hiskija Manasse

‫אשר נלחם ואשר מלך‬ ‫וקשרו אשר קשר‬ ‫ובית השן אשר בנה וכל הערים אשר בנה‬ ‫אשר נלחם‬ ‫אשר נלחם עם אמציה מלך יהודה‬

31‫אשר נלחם ואשר השיב את דמשק ואת חמת לישראל‬

‫וקשרו אשר קשר‬ ‫ואשר עשה את הברכה ואת העלה ויבא את המים העירה‬ ‫וחטאתו אשר חטא‬

Die genannten Inhalte decken sich mit einer Ausnahme (Manasse32) mit dem Themenrepertoire, das sich für die Israelitische Königschronik bzw. tentativ für die judäische Quelle herauskristallisiert hatte:33 Nachrichten über irreguläre Thronfolgen, Baumaßnahmen und kriegerische Auseinandersetzungen. Diese Passgenauigkeit liefert eine Bestätigung für die Rekonstruktion der chronographischen Vorlagen und für deren inhaltliches Profil. N. Naʾaman hat argumentiert, dass diese Erweiterungen in den meisten Fällen Inhalte benennen, die in den Abschnitten zu den betreffenden Königen ebenfalls thematisiert sind, so dass sie eigentlich gar nicht auf etwas „Übriges“ hin-, sondern vielmehr auf die vorausgehende Darstellung zurückverweisen. Er leitet hieraus ab, dass in den verarbeiteten Quellen gar keine weiteren Informationen, über das in den Königebüchern Gebotene hinaus, zu finden waren.34 Bei genauerer Betrachtung stellt sich das Bild etwas komplexer dar: Neben den spezifischen Bauprojekten Ahabs und Hiskijas, deren Kenntnis Naʾaman als bei den 31  Mit App. BHS ist hier anstelle von ‫ ליהודה בישראל‬wahrscheinlich ‫ לישראל‬zu lesen, einen Überblick über verschiedene Herleitungen der schwierigen Lesart im MT bieten Cogan/​Tadmor, AncB, 161 f. 32  Manasse ist ein Sonderfall, hier ergibt sich vom Quellenverweis her eine Verknüpfung zur überaus negativen Beurteilung und dem ausführlichen Sündenkatalog innerhalb von II 21. Wie sich in II 23,26 zeigt, sind nach dtr Geschichtsdeutung die Gräuel Manasses der Grund für JHWHs Gericht an Juda, das auch die Bemühungen Joschijas nicht mehr abwenden konnten. An dieser Stelle zeigt sich eindrücklich, dass Königsrahmen und Narrativ literargeschichtlich zusammengehören (dazu unten unter 4.2.2). Lässt die Erweiterung der Quellenotiz auch hier Rückschlüsse auf Inhalt und Charakter der verarbeiteten chronographischen Quelle zu? Denkbar ist immerhin, dass diese – wie oben bei der Option einer Tempelchronik angedeutet – Informationen zu Kultmaßnahmen enthielt, die in der Wahrnehmung des Kompilators (und entsprechend seiner Darstellung) natürlich als ‫ חטאה‬zu klassifizieren waren. 33  Vgl. oben S. 139 ff. bzw. 163 ff. 34  Naʾaman, Sources, 110; Sources and Composition, 118. Nach Auffassung von Naʾaman stand dem am Ende der Königszeit arbeitenden Verfasser von Reg die Jerusalemer Tempelbibliothek zur Verfügung (112). Für eine Diskussion der Quellen vgl. auch Naʾaman, Prophetic Stories; Past; Sources, bzw. Temple Library.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Adressaten vorauszusetzendes Wissen ansieht,35 weisen auch die Hinweise bei Joasch und Jerobeam II. Überschüsse gegenüber der eigentlichen Darstellung auf.36 Insofern bedarf die Frage nach dem Ob und dem Umfang des „Übrigen“ von Fall zu Fall einer eigenen Abwägung. Bei den Rückverweisen auf die Putsche von Simri (I 16,20) und Schallum (II 15,15) spricht die Einsicht in die formelhafte Struktur der Putschnotizen in der Israelitischen Königschronik dagegen, dass hier noch zusätzliche und v. a. breiter narrativ ausgeführte Nachrichten zu erwarten wären. Doch ist damit keineswegs ausgeschlossen, dass der ‫יתר‬-Formulierung ein gewisses Gewicht zukommt. Wenn sich das eben über die Putsch­ notizen Gesagte zumindest für die Israelitische Königschronik verallgemeinern lässt (und der insgesamt strukturell formalisierte Charakter, der sich für diese Vorlage deutlicher gezeigt hatte, legt dies nahe), ist durchaus plausibel, dass weitere Inhalte gegeben waren. Der allgemeine Hinweis auf kriegerische Auseinandersetzungen (‫ )אשר נלחם‬könnte anzeigen, dass diesbezüglich tatsächlich mehr Informationen in der verarbeiteten Chronik zu finden waren. Bei Jerobeam I. wird er im Erzählmaterial eingelöst, bei Jerobeam II. ist dies bestenfalls impliziert (vgl. II 14,25a). Bei Joschafat findet er lediglich in den Kriegserzählungen, die aber selbst anderer Art und Herkunft sind und erst später an ihren Ort gelangten, eine Entsprechung. Für Könige wie Omri oder Jehu, die für die Geschichte des Nordreiches Israel von großer Bedeutung waren und bei deren Präsentation in den Königebüchern nicht auf den Wortlaut der verarbeiteten Königschronik zurückgegriffen wurde, ist sogar zu erwarten, dass jene für sie eigene res gestae geboten hat. 3.  Die Vermittlung: Verfügbarkeit und zeitlicher Abstand Eine offene Frage bleibt das Vermittlungsproblem:37 Wie konnten die verarbeiteten Dokumente  – zumal, wenn sie mit offiziellen Hofannalen o. ä. identifiziert wurden – dem Verfasser der Königebücher überhaupt zugänglich sein, insbesondere dann, wenn man nicht an einen noch in der Königszeit arbeitenden Autor denkt, sondern diesen in größerem zeitlichen Abstand zu den berichteten 35  Die Ausnahmen, d. h. die spezifischen Baumaßnahmen Ahabs und Hiskijas sieht er als vorauszusetzendes Wissen bei den Adressaten, sei es aus eigener Anschauung sei es aus der Kenntnis prophetischer Literatur (Naʾaman, Sources, 111). Ob sich I 22,39 aber tatsächlich vor dem Hintergrund von I 21,1 bzw. II 9,15.30–33 (so Naʾaman, Stories, 155–162) oder als Anspielung an Am 3,15 erklären lassen, ist fraglich (zur Kritik Thomas, Hezekiah, 90 f.). 36  Über Jerobeams II. Angliederung von Damaskus findet sich nichts im narrativen Material, sie wird lediglich in der Quellennotiz erwähnt. Joaschs Auseinandersetzung mit Amazja wird nicht bei Joasch, sondern bei Amazja (II 14,8–14) berichtet. 37  Der Problematik sind z. B. die aktuellen Beiträge von Haran, Books (mit Hinweisen auf die ältere Literatur); Naʾaman, Sources, bzw. Naʾaman, Temple Library; Grabbe, Oaks, gewidmet. Thomas, Hezekiah, 89–93, liefert neben eigenen Überlegungen auch einen Überblick über die Diskussion.



4.2 Implikationen

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Ereignissen verortet. Ein häufig gewählter Ausweg ist es, die „Chroniken“ mit Zwischenquellen zu identifizieren, die als literarische Verarbeitung annalistischen Materials das Bindeglied zu den in exilischer Zeit in Folge der Eroberung Samarias und Jerusalems mutmaßlich verloren gegangenen offiziellen chronographischen Dokumenten, die an den Königshöfen geführt wurden, darstellen.38 Diesen wird dann häufig auch gleich die Synchronisierung der judäischen und israelitischen Chronologie zugeschrieben (zur Problematik vgl. unten unter 4.2.5). Wie M. Haran wohl zu Recht vermutet, ist diese Annahme primär aus der Not geboren, die genannte historische Lücke zu füllen.39 Sie wird denn auch durch die hier vorliegende Untersuchung nicht bestätigt. Diese zeigt vielmehr, dass durchaus mit der Verarbeitung von Vorlagen zu rechnen ist, die ihren institutionellen Ort am ehesten an den Königshöfen hatten. Mangels belastbarer Indizien kommt man hier über Spekulationen nicht hinaus. Die Königshöfe in Juda und Samaria als naheliegende institutionelle Orte für die Erstellung und Pflege entsprechender chronographischer Dokumente verloren als Folge der historischen Entwicklungen an Bedeutung. Brach damit aber zugleich jede literarische Tradition ab? Die Tatsache, dass der Autor der Königebücher eine Vielfalt von Quellen verarbeitet und ganz offensichtlich Zugang zu Nachrichten über die Geschichte der beiden Reiche hatte, sollte zur Vorsicht mahnen, wenn bestimmte literarische Genres von vornherein ausgeschlossen werden. E. A. Knauf hat in diesem Zusammenhang an den wichtigen Aspekt erinnert, dass insbesondere Chroniken kontinuierlich fortgeschrieben und überarbeitet  – und das heißt ganz praktisch: auch immer wieder abgeschrieben – werden.40 Kenntnisse zu Gattungskonventionen und Inhalten der Chronographie waren Teil der Schreiberausbildung,41 womit ein weiterer (wenn auch häufig mit dem Hof verbundener) institutioneller Kontext für die Bewahrung entsprechender Dokumente aufscheint. 38  So bereits Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 66 f., 72–76; oder Van Seters, Search, 292–302, bzw. unter den Neueren z. B. Levin, Exzerpt; Grabbe, Oaks, oder Leuchter, Sociolinguistics, 123. 39  Haran, Books, 158 f.: „The mind begins to entertain the suspicion that those who categorize the Books of Chronicles of the Kings of Judah and of Israel as books of literature are ­attempting – whether consciously or unconsciously – to bridge the historical distance somewhat by postulating an intervening factor (in the form of the Chronicles as books of literature) between the royal annals and the Deuteronomistic editor, who came so much later“ (159). Harans eigene Lösung ist allerdings nicht weniger problematisch (159–162): Er vermutet, dass mit der Designation der Quellen als ‫ ספר‬eine einzelne, identifizierbare Kopie bzw. Schriftrolle gemeint ist, die etwa die „Chronik der Könige von Juda“ enthielt. Der Deuteronomist habe von der Existenz dieser Rolle gewusst oder in seinen Quellen Hinweise auf sie gefunden, auch wenn sie ihm selbst nicht (mehr) zur Verfügung stand. Damit verbleibt Haran völlig im Vermittlungsmodell, möchte lediglich die Bezeichnung ‫ … ספר דברי הימים‬nicht für die vermittelnden Dokumente, sondern ausschließlich für die in diesen verarbeiteten Annalen reklamieren. 40  Knauf, HThKAT, 89. 41  Zu Schriftgebrauch und Schreiberkultur vgl. auch die Überlegungen unten unter 4.2.4.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

4.2.2  … für die Literargeschichte der Königebücher In seiner 1875 erschienenen Studie Die Zeitrechnung des Buches der Könige identifizierte J. Wellhausen den Kompilator der synchronistischen Chronologie mit dem Verfasser der Königebücher, dem „Epitomator“, der die synchronistischen Amtsantrittsdatierungen der Könige aus den Jahr­sum­men errechnet und auf diese Weise die Darstellungsanlage der Königebücher geschaffen, zugleich aber auch die Beurteilungen der Könige erstellt habe: Die Formeln, welche die Zeitangaben enthalten, gehören der Epitome an, jenem schematischen Skelett, welches überall die Grundlage des Buches der Könige bildet und nur hie und da ausführliche Geschichten in sich einrahmt. … Das Interesse des Epitomators war ein kirchliches, das Verhältnis der Könige zum Cultus zu constatieren ist seine Hauptabsicht. Die hierauf bezüglichen Mittheilungen sind äußerlich die Mitte und innerlich der Kern der Epitome; die Schalen aber – und als solche gleich nothwendig – sind vorn die Data und hinten die Todesnachricht.42

Eine Dekade später, in der ersten Fassung der Composition des Hexateuchs (1885) löste Wellhausen die Verbindung von synchronistischer Chronologie und Königsbeurteilungen bereits wieder auf. Der Epitomator bleibt hier der Verfasser der Beurteilungen, die Synchronismen allerdings seien das Werk eines Späteren, nämlich des „letzten Bearbeiter[s]“ der Königebücher, der verschiedene Zusätze (wie etwa I 13) eingetragen, die Synchronismen errechnet und die Jahr­sum­men so angepasst habe, dass sie sich in die größere Epochengliederung seit dem Exodus einfügen.43 Die Erstellung der Königsbeurteilungen wird also von der Kompilation der synchronistischen Chronologie unterschieden, erstere repräsentieren eine frühere Entwick­lungsstufe in der Literargeschichte der Königebücher, letztere eine spätere. Während Wellhausens relative Abfolge von Königsbeurteilungen und Synchronismen in der Folge keine Aufnahme gefunden hat, bestimmt die tieferliegende Alternative – synchronistische Chronologie und Beurteilungen gehen beide auf den Verfasser der Königebücher zurück oder eben nicht  – weiterhin die Diskussion. Im Gefolge M. Noths, der in dieser Hinsicht den früheren Wellhausen aufnimmt, sieht man weiterhin die Zusam­menstellung der verschiedenen Elemente des Königsrahmens in Verbindung mit der Abfassung der Königebücher. Aus Quellen über­nommenes Material (chronologische und biographische Daten für die einzelnen Könige) werde dabei verarbeitet und zum kompositionellen Gerüst für die Darstellung der eigentlichen Anliegen der Komposition geformt, nämlich die in den Königsbeurteilungen und mit ihnen zusammen­hängenden Texten wie den Dynastieorakeln oder Reflexions­ 42  Wellhausen, Zeitrechnung, 608–609. 43  Wellhausen, Composition, 299 = S. 263 f. in der Erstausgabe in Bleek, Einleitung. Zur chronologischen Konzeption.



4.2 Implikationen

185

texten (z. B. II 17,7–23; 23,25–27) zum Ausdruck kommende theologische Geschichts­deutung.44 Die vom späteren Wellhausen vertretene Unterscheidung findet eine Fortführung in zwei zur Diskussion stehenden alternativen Modellen. Das eine zieht eine Trennlinie zwischen der synchronistischen Chronologie und den Königsbeurteilungen und verortet erstere bereits in früheren Entwicklungsstadien der Königebücher. Konkret geht es hier zumeist um eine hiskijanische Edition, die erst später in einer oder mehreren Phasen/​​Editionen erweitert und um die Beurteilungstexte ergänzt worden sei.45 Das zweite Modell entkoppelt die Anfänge der synchronistischen Chronologie vollständig von der Redaktions- bzw. Editions-Geschichte der Königebücher selbst und verortet sie vielmehr in einer der Quellen, die später in die Königebücher aufgenommen worden seien.46 Die synchronistische Chronologie endet sachlich bedingt mit Hiskija bzw. Hoschea. Dennoch liefern die hier vorgelegten Analysen Indizien für die Rekonstruktion der Literargeschichte der Königebücher. Deren Zusammenschau stützt, wie sich zeigen wird, in der Tendenz die Grundthese M. Noths, wonach die Kompilation der synchronistischen Chronologie literargeschichtlich auf einer Linie mit der Konzeption und Komposition der Königebücher insgesamt liegt. Die anderen Modelle verlieren demgegen­über aus der Perspektive der vorliegenden Analysen an Plausibilität. Die Indizien betreffen die folgenden fünf Punkte: 1.  Die chronologische Kompilation und das narrative Material Die chronologische Kompilation setzt vom Königsrahmen gerahmtes narratives Material voraus. Umgekehrt ist dessen Ausgestaltung und Präsen­tation durch Vorgaben aus der chronologischen Zusammenschau bedingt bzw. motiviert. Dieser Zusammenhang zeigt sich v. a. an zwei Phänomenen. Inhaltlich kommt er da zum Vorschein, wo die Kombination von judäischen Jahr­sum­men und synchronistischen Amtsantrittsdatierungen der israelitischen Könige dem Kom44  Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 72–75, und diesen aufnehmend z. B. Würthwein, ATD; vgl. auch Andersen, Noch einmal, 2–3, oder Kratz, Komposition, 164. 45  So unter den Neueren etwa Köhlmoos, Geschichte, 225–228, oder Robker, Jehu Revolution, 157; vgl. auch Thomas, Hezekiah, 168–177, der allerdings auch die Beurteilungstexte als vordeuteronomistisch einordnet (dazu a. a.O, 124–127). Hier ist die breite Debatte um mögliche hiskijanische oder joschijanische Vorstufen/​​Editionen des DtrG berührt, die anhand der Beurteilungs- und anderer Texte geführt wird (vgl. etwa von den grundlegenden Studien von Cross, Themes, oder Weippert, Beurteilungen, über Nelson, Double Redaction; Provan, Hezekiah; McKenzie, Trouble, bis hin zu Eynikel, Reform, oder Römer, Entstehungsphasen). 46  So dezidiert Jepsen, Quellen, 30 ff., der die „synchronistische Chronik“ im Wortlaut rekonstruiert, oder auch Begrich, Chronologie, 166–200, mit der Annahme mehrerer synchronistischer Vorstufen (vgl. oben S. 123), wobei der Charakter der betreffenden Werke offen bleibt. Unter den Neueren z. B. Hardmeier, Umrisse; Levin, Exzerpt; Grabbe, Oaks, bzw. Grabbe, Kings, 22–22; Adam, Warfare, oder Miano, Shadow, 119–126.141 f.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

pilator Schwierigkeiten bereitete. Wie oben gesehen, finden sich an diesen Stellen entweder direkte Korrekturnotizen im Königsrahmen oder in seinem direkten Umfeld (II  8,16; 14,17)47 oder aber die Besonderheiten der Kombination korrelieren mit Angaben im Erzählmaterial, die Spezialprobleme in der Herrscherabfolge benennen oder solche implizieren. Dies ist der Fall in II 14,22 (temporäre Überschneidung der Herrschaftsperioden Amazjas und Asarjas) bzw. in II  15,5 (Jotam fungiert bereits bei Lebzeiten Asarjas als Vorsteher des Königshauses). In beiden Fällen, d. h. bei Asarja und bei Jotam, wird in der Kombination der Daten kein Akzessionsjahr angerechnet.48 Informationen aus dem Erzähl­material liefern hier die Stellschrauben, die die Überführung der Daten in eine stimmige chronologische Konstruktion erlauben. In kompositorischer Hinsicht ist die Wechselbeziehung zwischen der Präsentation der chronologischen Daten und Einzelzügen des narrativen Materials z. B. in der besonderen Gestaltung der Machtübernahme Omris (I 16,15–28)49 greifbar. Das übliche Schema der Eingangsformel weicht hier einer zwar knappen aber komplexeren Darstellung zum Teil zeitgleich ablaufender Entwicklungen. Ein vergleichbares Phänomen zeigt sich bei der Integration des breiteren Erzählmaterials zur Jehu-Revolte (II 9 f.).50 Die aus den chronographischen Vorlagen entwickelten Formulare werden modi­fiziert und variiert, um dem Erzählmaterial Rechnung zu tragen. Besonders instruktiv ist diesbezüglich die Ausgestaltung der Abfolge Jotam–Ahas.51 Hier wird mittels der Übertragung von Details aus dem Wirken Ahas’ auf Jotam sowie der Konstruktion chronologischer und biographischer Daten für Ahas passendes Textmaterial geschaffen, um eine konsistente chronolo­gische Kompilation und deren narrative Füllung zu gewährleisten. 2.  Synchronistische Darstellungsanlage und Geschichtsdeutung Die Innovation innerhalb der im Königsrahmen vorliegenden Chronologie ist nicht die Synchronisierung von Regierungsdaten israelitischer und judä­ischer Könige an sich. Diese ist aus einer älteren Vorlage übernommen, welche allerdings lediglich eine Seite, nämlich die Synchronisierung der Amtsantritte israelitischer Könige mit den Regierungsjahren ihrer judä­ischen Gegenüber, bot.52 Der genuine und in dieser Form auch in keinem anderen bekannten altorientalischen Dokument belegte Beitrag des Kompilators der synchronistischen Chronologie ist vielmehr die doppelte Synchronisierung und die darauf aufbauende verschränkte Darstellung der parallelen Geschichte beider Königreiche. Syn47  Vgl. oben S. 38 f. 48  Dazu oben S. 45 f. bzw. 47 ff. 49  Vgl. oben S. 144 f. 50  Vgl. oben S. 147 f. 51  Vgl. oben S. 158 ff. 52  Zur Pragmatik und den Hintergründen, vgl. unten unter 4.2.5.



4.2 Implikationen

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chronistische Chronologie und verschränkte Darstellung sind untrennbar miteinander verbunden, letz­tere setzt erstere notwendig voraus.53 Nun deckt sich aber diese kompositorische Verschränkung mit der bekannten Beobachtung, dass die Königsbeurteilungen für die Könige des Nordreiches und des Südreiches in ihrer konkreten Ausgestaltung (vgl. die Verweise auf die Vergehen der Könige Israels in den Beurteilungen der Könige Judas in II 8,18 f. 27; 16,2–454), aber insbesondere in ihrer sachlichen Systematik aufeinander bezogen sind.55 Gleiches gilt für die umfassende Reflexion der gemeinsamen Sündengeschichte beider Reiche, die II 17,7–23 bietet. Diese kombiniert die Sündenkataloge aus Israel und Juda und legt die Grundlage für die Deutung bzw. Rechtfertigung des parallelen, wenn auch zeitversetzten, Geschicks beider Reiche.56 In den Königebüchern besteht somit eine klare Korrelation zwischen der Chronologie im Königsrahmen sowie der damit verbundenen Anordnung des Materials und der inhaltlichen Stoßrichtung, die die Geschichten Israels und Judas zu einer gemeinsamen Sündengeschichte verbindet.57 Diese Korrelation ist plausibler – und einfacher – vor dem Hintergrund einer in dieser Form intendierten literarischen Komposition zu erklären und weniger als Ergebnis redaktioneller Prozesse oder sukzessiver Editionen. 3.  Chronographische Quellen und Königsbeurteilungen Zu den ausgefächerten Debatten um die Differenzierung der Beurteilungs­ kriterien58 bzw. um Systematik und Formular der Beurteilungstexte ist von der 53 Dies belegen eindrücklich die Textumstellungen in LXXB bzw. Ant, die im Zusam­ menhang mit den dortigen abweichenden chronologischen Systemen stehen, vgl. oben S. 62 ff. 54 Dazu jüngst wieder Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 103–106; Lee, Ort, 96–101. 55  Das ist andernorts ausführlich gezeigt und begründet worden, vgl. insbesondere Hoffmann, Reform, und jüngst wieder Lee, Königsbeurteilungen. 56 Vgl. Weingart, Stämmevolk, 64 mit Anm. 39. Am deutlichsten zeigt sich die Parallelführung im Sündenkatalog, dazu bereits Dietrich, Prophetie, 45, bzw. Hoffmann, Reform, 133; für letzteren ergibt sich daraus, dass „in 2 K 17 auch das Ende des Südreiches vorwegnehmend mit interpretiert wird“. 57  Grundlegend bereits Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, der das Anliegen des Deuteronomisten darin sieht, „die Geschichte der Gesamtkönigszeit [darzustellen], deren katastrophaler Ausgang ihm vor Augen stand“ (73, im Original tlw. gesperrt). Die Chronologie habe Dtr dabei als „einzige ständige Verbindung zwischen den beiden Linien der israelitischen und judäischen Könige“ gedient (74). Insofern füge sich die Darstellung in den Königebüchern in die größere Aussageintention des gesamten Geschichtswerkes ein; der Deuteronomist habe „in der Geschichte des Volkes Israel einen in sich geschlossenen Vorgang gesehen, der mit bestimmten göttlichen Machterweisungen einsetzte und mit der Zerstörung von Jerusalem seinen definitiven Abschluß gefunden hat“ (103). Anders als Vielhauer, Werden, 119 f., v. a. aber Kratz, Staat, annehmen, liegen in dieser „Schicksalsgemeinschaft“ aber nicht die Anfänge eines gesamtisraelitischen Gemein­bewusstseins, dazu i. F. bzw. ausführlich Weingart, Stämmevolk, 345–366. 58  Vgl. dazu die Andeutungen oben S. 16, Anm. 80.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Chronologie her kein Beitrag möglich.59 Aufschlussreich sind jedoch auch in diesem Fall die Bezüge zwischen der Präsentation chronologischer Daten oder der Verarbeitung von Material, das aus den rekonstruierten chronographischen Vorlagen stammt, einerseits und den Beurteilungstexten andererseits. Einmal mehr sind die Abschnitte zu Jehu sowie zu Jotam/​​Ahas einschlägig. Die komplexe Abfolge verschiedener Beurteilungstexte für Jehu (II  10,28–31) verdankt sich – wie oben dargestellt60 – der Notwendig­keit, Materialien unterschiedlicher Herkunft zu integrieren: Die israelitische Königschronik enthielt eine Notiz über Gebietsverluste in der Regierungs­zeit Jehus, die in die Darstellung der Königebücher übernommen wurde (II 10,32 f.). Zu diesem Zweck war es nötig, einen zusätzlichen Kritikpunkt an Jehu zu benennen, um jene Niederlagen gegen Hasaël geschichts­theologisch zu plausibilisieren.61 Die spezifische Gestaltung der Beurtei­lungstexte hängt im vorliegenden Fall also nicht nur mit dem Inhalt der überlieferten Nachrichten, sondern kompositorisch mit dem Einbau des vorgegebenen Materials zusammen. Ein vergleichbar kompositionell-kreativer Umgang mit den Königsbeur­ teilungen zeigt sich bei Jotam in II 15,34–35.62 Zusammen mit den inhaltlichen Angaben für Jotam und dem Königsrahmen für Ahas, die konstruiert wurden, um die in den israelitischen chronologischen Daten vorgegebene (zu) lange Herrschaftsperiode Pekachs zu überbrücken, wurde auch die Beurteilung für Jotam erstellt. Sie bleibt ebenso unspezifisch und generisch wie die Zeichnung Jotams insgesamt. Die Komposition von Erzählmaterial, Königsrahmen und Beurteilungstext liegen zumindest in diesen Fällen auf einer Ebene. Insofern spricht viel dafür, dass dem auch grundsätzlich so ist. 4.  Die Konsistenz der Formulare Die Untersuchung der Formularvarianten in den Eingangsformeln hatte die große Kontinuität in den Formeln für die judäischen Könige aufgezeigt.63 Diese folgen einem klar erkennbaren Muster, welches durch einen festen Bestand an Elementen (Lebensalter bei Amtsantritt, Jahr­sum­me, Residenz, Angaben zur Königsmutter, Tod und Begräbnis) und Konsistenz in den Formulierungen gekennzeichnet ist. Die wenigen notierten Abweichungen erwiesen sich als literarbzw. quellenkritisch nicht signifikant, da sie in gleichem Maße über den gesamten Bestand der Eingangsformeln gestreut sind.64 59  Hierzu grundlegend Weippert, Beurteilungen, bzw. Nelson, Double Redaction, die die einschlägige Diskussion angestoßen haben. 60  Oben S. 147 ff. 61  Hier zeigt sich auch, dass die Materialien aus der israelitischen Königschronik wahrscheinlich weitgehend vollständig aufgenommen wurden, selbst da, wo sie zur intendierten Zeichnung der Könige gegenläufiges Material bot. 62  Vgl. oben S. 158 ff. 63  Dazu oben S. 124 ff. 64  Vgl. oben S. 126 ff.



4.2 Implikationen

189

Das entsprechende Formular ist nun aber durchgängig in Verwendung, auch über das Ende der synchronistischen Chronologie hinaus für alle Könige Judas bis hin zu Zidkija. Es findet sich in Reinform von Manasse bis Zidkija, für die Periode der geteilten Reiche tritt die synchronistische Datierung des Amtsantritts der Könige hinzu, so entsteht die oben als Schema A bezeichnete Fassung der Eingangsformel.65 Quellenkritisch hat sich das genannte Formular auf ein chronographisches Dokument judäischer Provenienz zurückführen lassen, das die chronologischen und biogra­phischen Daten für die judäischen Könige geliefert und auch in formaler Hinsicht Pate für die Eingangsformeln im Königsrahmen gestanden hat. So wie sich also Schema A  einer direkten Übernahme aus der judäischen Vorlage verdankt und lediglich um die Synchronismen supplementiert wurde, ist auch das vom Verfasser des Königsrahmens selbst entwickelte Schema C in den Eingangsformeln für die israelitischen Könige aus dieser judäischen Vorlage abgeleitet. Inhaltlich schöpft es aus der israelitischen Königschronik, formal leitet es sich von Schema A bzw. seiner Vorlage her.66 Das bedeutet: Zwei der drei Schemata der Eingangsformeln führen auf eine gemeinsame Vorlage zurück und das Formular für die judäischen Könige bleibt über Hiskija hinaus bis zu den letzten judäischen Königen gleich. Wie Schema B zeigt, hätte es durchaus auch andere Möglichkeiten gegeben, die chronologischen Daten anzuordnen und zu präsentieren. Diese wurden aber hier nicht genutzt. Die einfachste Erklärung für diesen Befund, die oben bereits vertreten wurde, ist, dass das Formular aus einer Vorlage entlehnt wurde, die inhaltlich bis zu den letzten Königen Judas reichte und in ihrer Gestaltung auch über die gesamte Darstellung hinweg formal konsistent blieb.67 Das hat selbstverständlich Konsequenzen für den terminus a quo der Erstellung des Königsrahmens. Verarbeitet dieser eine chronographische Quelle, die bis zu den letzten Königen des Südreiches reichte, kann er nicht vorher entstanden sein.68 5.  Historische Plausibilität und zeitlicher Abstand Dieser letzte Punkt muss hier tentativ bleiben, da die historische Auswertung der synchronistischen Chronologie im Licht der externen chronologischen Daten noch aussteht.69 Die Diskussion der Chronologie für das letzte Drittel des 8. Jh.s bzw. der Art und Weise, wie sich der Kompilator der Chronologie bzw. Verfasser des Königsrahmens die chronologischen Verhältnisse dieser Epoche vorstellte 65  Für die Schemata vgl. oben S. 124 ff. 66  Zu Schema C oben S. 126. 67  Das gilt zumindest für die Präsentation der numerischen Daten in ihrem Formular, zum Charakter der chronographischen Quelle insgesamt, vgl. die S. 163 ff. vorgestellten Optionen. 68  Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass die Eingangsformeln für einige, vielleicht die letzten Könige nach dem etablierten Muster ergänzt wurden. Diese Annahme müsste jedoch an anderen Texten begründet werden. 69  Dieser Teil des zugrundeliegenden Forschungsprojekts ist Gegenstand einer Anschluss­ studie zur hier vorliegenden Analyse.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

(lange Regierungszeit Pekachs, Interregnum zwischen Asarja und Jotam, Jotam und Ahas als zwei aufeinanderfolgende Könige), zeigt, dass er mit den historischen Verhältnissen, die hier mittels assyrischer Daten recht gut greifbar sind, nicht vertraut gewesen sein kann.70 Das spricht wiederum für einen größeren zeitlichen Abstand zwischen der chronolo­gischen Kompilation bzw. Abfassung der nunmehr in II 15–16 enthaltenen Texte und der Regierungsperiode Hiskijas. Ist die Darstellung etwa 140 Jahre später, d. h. bereits im Rückblick auf das Ende Judas geschaffen worden, wäre dieser freiere Umgang mit den Daten deutlich einfacher zu erklären als in einer zeitnah, sogar noch in der Regierungszeit Hiskijas oder kurz darauf, angesetzten Komposition. Überschaut man die genannten Hinweise, zeigt sich, dass die These, der Kompilator der Chronologie und der Verfasser des Königsrahmens seien identisch, alle genannten Beobachtungen integrieren kann. Dieser Verfasser ist dann ebenfalls der Urheber der maßgeblichen Komposition der Königebücher inklusive der Beurteilungstexte. Im Falle der anderen Modelle ergeben sich jeweils gewichtige Fehlanzeigen. So bleiben bei der Annahme einer synchronisierten hiskijanischen Vorstufe der Könige­büchern die unter (2)–(5) genannten Punkte ohne befriedigende Erklärung. Die These eigenständiger synchronistischer Werke offenbart Leerstellen im Blick auf die Punkte (2) und (3) bzw. je nach angenommenen Charakter und Gehalt auch bezüglich Punkt (1).71 Aus der Perspektive der vorliegenden Untersuchungen zur Chronologie und ihrer Präsentation im Königsrahmen ergibt sich somit eine deutliche Präferenz dafür, den Kompilator der Chronologie mit dem Verfasser des Königsrahmens zu identifizieren, welcher die Integration des vordeuteronomistischen Materials besorgte und es zugleich mittels Beurteilungs- und Reflexionstexten mit der deuteronomistischen Geschichtsdeutung verband. Kurz: Der Kompilator ist der Deuteronomist. 4.2.3  … für die rezenten Debatten um das Deuteronomistische Geschichtswerk Wesen und Existenz einer größeren zusammenhängenden Komposition im Bereich der Bücher Deuteronomium bis Könige sind schon seit längerer Zeit Gegenstand einer lebhaften Forschungsdiskussion, in der der ältere durch das von Martin Noth entwickelte Modell eines Deuteronomistischen Geschichtswerks72 getragene Konsens auf dem Prüfstand steht.73 Nun gilt für die übergreifende Hypothesenbildung zum Deuteronomistischen Ge­schichtswerk noch einmal verstärkt, was im Blick auf die Literargeschichte der Königebücher bereits festgehalten wurde: Von der Untersuchung der Chronologie her lassen 70  Vgl. oben S. 75, Anm. 162 und 163. 71  Einschlägig ist hier die konkrete Rekonstruktion, insbesondere im Blick darauf, wieviel und welches Material dem angenommenen älteren synchronistischen Werk zugewiesen wird. 72  Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien. 73  Dazu oben S. 15 ff.

4.2 Implikationen



191

sich die grundsätzlichen Fragen nicht hinreichend klären, sondern es können allenfalls beigeordnete Argumente beigebracht werden, die das eine oder andere Modell stützen. Die unter 4.2.2 zusammengestellten Überlegungen sind bereits zu diesen Implikationen zu rechnen und betreffen die größere Hypothesenbildung, wenn sie etwa die Existenz hiskijanischer Editionen der Königebücher in Zweifel ziehen oder auf die wechselseitige Bezogenheit von synchronistischer Darstellungs­anlage und Königsbeurteilungen hinweisen. Lässt sich von der synchronistischen Chronologie her eine begründete Präferenz für die M. Noth’sche Grundidee auch für den größeren Zusammenhang Dtn – 2Reg stützen? Hierzu sind wiederum zwei Aspekte zu betrachten: die Formulare zur Präsentation chronologischer Daten und die chronologische Systematik selbst. 1.  Datierungsformulare außerhalb der Königebücher Schon S. Bin-Nun hat darauf aufmerksam gemacht, dass sich chronolo­gische Daten wie jene im Königsrahmen auch an anderer Stelle in den historischen Büchern des Alten Testaments finden und dass die Art und Weise der Präsenta­ tion dieser Daten Ähnlichkeit zu den Eingangsformeln aufweist.74 Sie führt dafür neben der Liste der kleinen Richter in Jdc 12, die wiederholt die Formel ‫ שנים‬x ‫ וישפט את ישראל‬bietet (12,7. 9. 11.14), die For­meln für die frühen Könige von Saul bis Salomo an. Neben Jdc 12 sind folgende Datierungen belegt: Jdc 9,22

Abimelech

Jdc 10,2

Tola

Jdc 10,3

Jaïr

1Sam 4,18

Eli

1Sam 13,1

Saul

2Sam 2,10

Isch-Baal

2Sam 5,5

David

‫וישר אבימלך על ישראל שלש שנים‬ ‫וישפט את ישראל עשרים ושלש שנה וימת ויקבר בשמיר‬ ‫ויקם אחריו יאיר הגלעדי וישפט את ישראל עשרים ושתים שנה‬ ‫והוא שפט את ישראל ארבעים שנה‬ ‫שנה שאול במלכו ושתי שנים מלך על ישראל‬

75‫בן‬

‫בן ארבעים שנה איש בשת בן שאול במלכו על ישראל‬ ‫ושתים שנה מלך‬ ‫בן שלשים שנה דוד במלכו ארבעים שנה מלך‬ ‫בחברון מלך על יהודה שבע שנים וששה חדשים‬ ‫ובירושלם מלך שלשים ושלש שנה על כל ישראל ויהודה‬

I 11,42

Salomo

‫והימים אשר מלך שלמה בירושלם על כל ישראל ארבעים שנה‬

Ist aus der unbestreitbaren sprachlichen Nähe, die zwischen diesen Texten und den Eingangsformeln im Königsrahmen besteht, zu schließen, dass sie literargeschichtlich auf einer Ebene liegen und damit einen übergreifenden Gestaltungswillen bzw. ein zusammenhängendes literarisches Werk anzei­gen? 74  Bin-Nun, Formulas, 422 f., bietet dafür eine historische Erklärung: Die judäischen Schreiber, welche die judäische Königsliste konzipierten, hätten sich an den Formeln für David und Saul orientiert, die israelitischen Schreiber dagegen an den annalistischen Formeln aus dem Richterbuch. 75  Im MT fehlt hier die Zahlenangabe, in den Versionen wird sie auf verschiedene Weise ergänzt.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Dazu wären zunächst einmal alternative Erklärungsmodelle für den Gleichklang der Formeln auszuschließen. In Frage kommen etwa sachliche-thematische Gemeinsamkeiten sowie ein Mangel an Ausdrucksalternativen. Im Blick auf die Formulare für die Angaben der Jahr­sum­men im Richterbuch bzw. für Eli in 1Sam 4,18 greifen nun aber gerade diese alternativen Erklärungen. Die Verse entsprechen in der Voranstellung des Verbum und Schlussstellung der Zeitangabe der üblichen Formulierung zur Angabe von Zeitabschnitten (Jahr­ sum­men), die nicht nur im Blick auf Herrschaftsperioden, sondern ebenso für eine Vielfalt anderer Gegeben­heiten zu finden sind.76 Ausdrucksalternativen bestehen in der Abfolge der Elemente,77 sind aber insgesamt seltener anzutreffen als die hier vorliegende Formulierung. Die Ähnlichkeit erklärt sich also auf der Basis einer gemeinsamen Idiomatik: Um eine Zeitdauer so anzugeben, bedarf es keiner Kenntnis des bzw. keines literarischen Zusammenhangs mit dem Königs­ rahmen.78 Anders verhält es sich aber bei den Formeln für Saul, Isch-Baal und David. Diese weisen weitgehende und signifikante Parallelen zum Schema A in den Eingangsformeln der Königebücher auf, die nicht allein der thematischen Kongruenz geschuldet sein können:79 Abgesehen von der synchronistischen Datierung, die es hier auch gar nicht geben kann, enthal­ten die Formeln die Elemente Alter bei Thronbesteigung und Jahr­sum­me in identischer Reihenfolge und Formulierung wie in Schema A. Syntaktisch sind sie ebenfalls als Verbalsatz mit ‫מלך‬ formuliert. Variabler ist hingegen die Angabe des Herrschaftsbereichs, der bei Schema A in die synchronistische Amtsantrittsdatierung integriert ist; hier steht sie entweder an dem Ort, an dem das Schema die Residenz bietet (1Sam 13,1), oder ist in die Altersangabe integriert (2Sam 2,10). Bei David ist wegen der Aufteilung in zwei Residenzen bzw. Herrschaftsbereiche ohnehin eine eigenständige Formulierung vonnöten. Die Übereinstimmungen zu Schema A können aber insgesamt kein Zufall sein. 76  Die Beispiele sind zahlreich, die folgenden nur eine beliebige Auswahl: Gen 15,13; 29,30; 47,28; Ex 16,35; Num 32,13; Jdc 3,11.14; 4,3; 5,31 u. ö.; 2Sam 13,38; I 7,1. 77 Die veränderte Wortstellung erklärt sich aus der Betonung der Zeitangabe, vgl. Gen 31,38.41; Sach 7,5; Neh 9,21 oder – wie im Schema A des Königsrahmens – aus der Gegenüberstellung von Lebensalter und Jahr­sum­me. 78  Hinzu kommt, dass hinter den chronologischen Angaben für die sog. „kleinen Richter“ schon länger eine oder mehrere Listen vermutet werden, die in die Darstellung des Richterbuches übernommen wurden (dazu Gross, HThKAT, 529–535, mit weiterer Literatur). Gross macht weiterhin darauf aufmerksam, dass mit Ausnahme von Jdc 10,3a die Einträge von der üblichen Satzteilfolge abweichen, nämlich in der Abfolge Verbum finitum – lexematisches direktes Objekt – lexematisches Subjekt, die in dieser Form innerhalb von Jdc sowie Jdc – 2Reg nur hier belegt sei (530). Auch dies spricht für die Aufnahme einer Quelle. Deren Integration in die Geschichtsdarstellung im Richterbuch würde zwar zum Interesse an chronologischen Verortungen passen, das auch den Königsrahmen prägt, die Formulierungen sind dann aber nicht dahingehend auswertbar. 79  Zu Schema A vgl. oben S. 124 ff.



4.2 Implikationen

193

Hinzu kommt, dass die numerischen Angaben für die vier Könige durchweg konstruiert sind. Die runden Zahlen 30 für das Alter Davids bei Amtsantritt bzw. 40 für das Alter Isch-Baals bzw. die Regierungsdauer Davids und Salomos,80 die auffällige Übereinstimmung in der Regierungs­dauer zwischen Saul und IschBaal ist kaum historisch. Wenn hier also keine Quelle im Hintergrund steht, ist davon auszugehen, dass die chronolo­gischen Angaben für die ersten Könige nach dem Muster der späteren geschaffen wurden, womöglich, weil es als Mangel empfunden wurde, dass sie bei diesen fehlten.81 Diese Formeln sind somit Reflexe eines übergrei­fenden Gestaltungsinteresses in den Büchern Sam – Reg, wobei wie bei der Mehrzahl der Eingangsformeln in den Königebüchern die judäische chrono­graphische Quelle stilbildend gewirkt hat. Vor diesem Hintergrund erscheint es tendenziell plausibler, dass die Formeln für die ersten Könige auf die kompositorische Arbeit eines Autors, d. h. des Verfassers des Königsrahmens zurückgehen. Bei der Schaffung eines Werkzusammenhangs wurden sie nach dem Muster der späteren auch für diese Könige ergänzt, um für alle Könige eine konsistente Form der Präsentation zu gewährleisten. 2.  I 6,1 und die Frage nach einer übergreifenden Chronologie Die Königebücher sind selbstverständlich nicht die einzigen Bücher innerhalb des für ein Deuteronomistisches Geschichtswerk in Frage kommenden Textbereichs, die chronologische Daten bieten. Die eben diskutierten Formulare zeigen dies bereits an, in den Samuelbüchern, v. a. aber in Jdc 9–12 finden sich chronologische Daten für die einzelnen Richter, die zusammen genommen eine Herrscherchronologie ergeben. Angesichts dieses chronographischen Interesses steht natürlich die Frage im Raum, ob sich übergreifende chronologische Konzeptionen für größere Abschnitte der dargestellten Geschichte Israel ausmachen lassen und wie sich diese ggf. zur Komposition eines Deuteronomistischen Geschichtswerks verhalten. M. Noth fand eine solche chronologische Konzeption in I 6,1 und sah hier den Beleg dafür, „das Werk von Dtr als eine planvoll geschlossene Einheit [anzusehen], für die der Verfasser sich offenbar den Gesamtaufriß und das chronologische Gerüst zurechtgelegt hatte, ehe er an die Ausarbeitung im Einzelnen ging.”82 Trifft dies zu? I 6,1 eröffnet ganz offensichtlich eine weite chronologische Perspektive, in welcher die Periode vom Exodus bis zum Tempelbau zu einer historischen Epoche zusammengezogen wird, welche 480 Jahre umfasst:83 80  Letztere sind schon für Jacob, Pentateuch, 129, einer „künstlichen Entstehung am verdächtigsten“. 81  Die Schöpfung einer Quellennotiz bei Salomo in Analogie zu den Quellenverweisen bei den späteren Königen weist in dieselbe Richtung. 82  Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 26. 83  LXX hat mit Ausnahme der Zeugen für Ant hier die Zahl 440.

194 I 6,1

4.  Ergebnisse und Implikationen ‫ויהי בשמונים שנה וארבע מאות שנה לצאת בני ישראל מארץ מצרים‬ ‫בשנה הרביעית בחדש זו הוא החדש השני למלך שלמה על ישראל‬ ‫ויבן הבית ליהוה‬

Während Noth den Epochenmarker lediglich auf die Zeit bis zum Tempelbau beziehen möchte,84 hatte J. Wellhausen schon früher den weiterführenden Vorschlag geäußert, dass mit diesem Datum auch auf die weitere Königszeit vorausverwiesen werde. Hier sei die Mitte der Geschichte zwischen dem Neuanfang nach dem Exodus und dem Neuanfang nach dem Exil markiert.85 Ist Wellhausens Einschätzung korrekt, wäre hier tatsächlich eine chronologische Konzeption für den gesamten vom DtrG umgriffenen Zeitrahmen gegeben, in die sich auch die Chronologie der Königebücher einfügt.86 Zwar beginnt die eigentliche Geschichtsdarstellung im Josuabuch mit der Landnahme, aber die Moserede im Deuteronomium greift bekanntlich noch dahinter zurück. Die Validierung von Wellhausens These hängt letztlich daran, ob sie sich im chronologischen Material verifizieren lässt. Letzteres bereitet allerdings schon für die erste Hälfte, also die Epoche vom Exodus bis zum Tempelbau große Schwierigkeiten. Der Versuch wurde vielfach und auf vielfältige Weise unternommen, allerdings ohne überzeugendes Ergebnis.87 Für die zweite Hälfte, also den Gegenstand der hier vorliegenden Untersuchung, sieht es kaum besser aus. Wellhausen setzt in seiner Rechnung (ohne nähere Begründung) 50 Jahre für das Exil an und 430 Jahre88 für die Periode vom 4. Jahr Salomos, in das I 6,1 den Tempelbau datiert, bis zur Tötung Zidkijas. Addiert man die Jahr­sum­men für die Könige Judas (incl. 36 Jahren für Salomo und 6 Jahren für Atalja), ergibt 84  Noth, BK, 110. 85  Wellhausen, Composition, 299. Wellhausen findet eine Bestätigung für die Annahme in der Genealogie der Hohepriester in 1Chr 5. Hier sind 12 Generationen zwischen Tempelbau und Exilsende notiert, was bei idealen 40 Jahren pro Generation auf 480 Jahre führt. 86  Anders als Noth, geht Wellhausen, Composition, 299, hier von einer späteren Hand und nicht mehr dem Verfasser des Königsrahmens aus, aber auch für ihn gehören die synchronistische Kompilation im Königsrahmen und diese übergreifende Chronologie zusammen (vgl. oben S. 184 ff.). 87  Einen Überblick über die große Zahl verschiedener, aber letztlich erfolgloser, Versuche, die chronologischen Daten in der Geschichtsdarstellung auf die Summe 480 zu bringen, bietet Focken, Landnahme, 24–27. Den aktuellsten Versuch hat Knauf, ZBK, 12–13, vorgelegt. Um auf die 480 Jahre zu kommen, kann er allerdings die Jahr­sum­men für Abimelech, Simson, Eli und Isch-Baal nicht mitzählen. Kratz, Komposition, 196, behält wohl Recht: „Wie auch immer man rechnet und sich die Zahlen … bis zum Stichdatum der 480 Jahre zurechtlegt, ohne irgendwelche Ausnahmen geht die Rechnung nie auf.“ 88  Die Zahl erinnert an die Epochengliederung in Ex 12,40, nach der der Aufenthalt der Israeliten in Ägypten ebenfalls 430 Jahre andauerte. Auch die Zahlen in Ez 4,5 f. addieren sich zu 430. Die Ezechielstelle bleibt aber nach wie vor rätselhaft und mehrdeutig (dazu bereits Hölscher, Hesekiel, 63–65, der mit G statt 390 hier 190 lesen möchte). Zur Problematik vgl. auch Zimmerli, BK, 118 f.; Krüger, Geschichtskonzepte, 131 f., oder Dohmen, HThKAT, 308, die die 430 Jahre alle rückblickend auf die Königszeit beziehen, aber die genauen Zahlen und ihre Zuweisung (390 an Israel, 40 an Juda) auch nicht erklären können.



4.2 Implikationen

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sich tatsächlich eine Summe von 429 Jahren und 6 Monaten, was in etwa den angesetzten 430 Jahren entspricht. Trifft Wellhausens These also, obschon die erste Hälfte der Zeitspanne schwierig zu verifizieren ist, für die zweite Hälfte zu? Nein, denn die Summe von 430 Jahren passt nicht zum chronologischen Konzept des Kompilators. Es bleiben nämlich sämtliche vorgenommenen Korrekturen bzw. Deutungen (die vierjährige Koregentschaft bei Joschafat und Jehoram, die Korrektur von Amazjas Jahr­sum­me, das Interregnum zwischen Asarja und Jotam usw.), die selbstverständlich Auswirkungen auf die Summe haben müssten, außer acht. Ebenfalls unberücksichtigt bleibt die Unterscheidung von ursprünglichen Daten und ihren späteren Korrekturen; bei den Jahr­sum­men für Abija und Ahas sind in Wellhausens Addition einfach die Daten des MT eingeflossen. Der Kompilator der Chronologie hatte für die Periode von Tempelbau bis zum Exil offensichtlich nicht 430 Jahre anvisiert. Vielmehr scheint die gesamte Idee, dass I 6,1 die Mitte der Geschichte darstelle und das Scharnier zwischen zweimal 480 bilde, auf eine Konstruktion Wellhausens zurückzugehen. Das zeigt sich nicht zuletzt an der unbegründeten Annahme, die Dauer des Exils sei 50 Jahre gewesen. Wahrscheinlich entstammt die Zahl einfach der nach der Addition der Jahr­sum­men89 noch fehlenden Differenz zur zu erreichenden Gesamtsumme von 480 Jahren.

Damit ergibt sich aber, dass sich I 6,1, sollte der Vers vom Deutero­nomisten stammen,90 gerade nicht auf eine übergreifende chronolo­gische Periodisierung beziehen lässt, die nicht nur rückblickend die Zeit seit dem Exodus betrifft, sondern auch vorausblickend auf das Exil hinausläuft. Sie kann daher auch nicht für einen übergreifenden chronologischen Gestal­tungswillen des Deuteronomisten herangezogen werden. Vielmehr bestätigt sich die schon von B. Jacob geäußerte Vermutung, dass die 480 Jahre von I 6,1 durchaus in eine übergreifende Konzeption gehören.91 Diese betrifft aber die Periode bis zum Tempelbau und schließt die synchro­nistische Chrono­logie in den Königebüchern nicht ein. Für die Frage nach der Existenz eines Deuteronomistischen Geschichts­werks liefert die Untersuchung der synchronistischen Chronologie in den Königebüchern somit weder einen Beweis noch ein Ausschlusskriterium. Die Ähnlichkeiten in den Formularen und chronologischen Angaben für Saul, Isch-Baal und 89  Dieses ist bei Wellhausen insofern konsequent, dass er die Jahr­sum­men für alt und zuverlässig hält und die Synchronismen demgegenüber für sekundär ermittelt (Zeitrechnung, 608). 90  So z. B. wieder Koenen, 1200 Jahre, 504. 91  Jacob, Pentateuch, 127. Für Jacob geht es hier um eine Entsprechung der Perioden von jeweils 480 Jahren vom Turmbau zu Babel bis zur Errichtung der Stiftshütte bzw. von der Errichtung der Stiftshütte bis zum Bau des Tempels und darüber hinaus um eine größere chronologische Systematik seit der Schöpfung (a. a. O., 26), vgl. auch Heckl, Text, 194–206. Auch Kratz, Komposition, 167 mit Anm. 68, hält ‫בשמונים שנה וארבע מאות שנה לצאת בני ישראל מארץ מצרים‬ in I 6,1 für sekundär, allerdings ohne Begründung.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

David zu den Eingangsformeln im Königsrahmen sind immerhin ein deutlicher Hinweis auf einen übergreifenden Gestaltungs­willen in den Büchern Sam bis Reg – auch wenn sie für sich genommen keine redaktions- oder kompositionsgeschichtlichen Hypothesen tragen können. Die synchronistische Chronologie dient als grundlegende Struktur für die Darstellung eines bestimmten Abschnitts in der Geschichte Israels – die Periode von der Reichsteilung bis zur Eroberung Judas. Darüber hinaus­greifende chronologische Konzeptionen für größere Abschnitte oder gar die gesamte Periode vom Exodus oder von der Landnahme bis zum Exil lassen sich nicht verifizieren. Das heißt freilich nicht, dass es keine weiter­reichenden Konzeptionen gegeben hat. Sie sind möglicherweise anderenorts zu greifen (z. B. in den hierfür breit diskutierten loci classici wie den Verbindungslinien, die sich in den Forderungen nach Kulteinheit und Kultreinheit von Dtn 12 zu den Königsbeurteilungen ergeben, in der Einschätzung des Königtums von Dtn 17 über 2Sam 8 bis zu I–II Reg, in den Zusagen für die davidische Dynastie von 2Sam 7 über dir nīr-Ver­ heißungen in I 11,35 f.; 15,4 f.; II 8,19 bis zur Begnadigung Jojachins in II 25,27– 30), nicht jedoch in der Chronologie. 4.2.4  … für die Frage nach Schriftgebrauch und Schreiberkultur im vorexilischen Israel Chronographie ist, wie es der Name schon sagt, eine schriftliche Gattung. Die speziellen Inhalte, die Fülle an Zahlen, Namen und Details wären in mündlicher Überlieferung mit beachtlichen mnemotechnischen Schwierig­keiten verbunden. Der anzunehmende Gebrauch von Königslisten oder Königschroniken in administrativen Zusammenhängen (Datierung von Urkunden, Verträgen u. ä.) sowie auch die herrschaftslegitimatorische Pragmatik derar­tiger Werke verweisen am ehesten an die Königshöfe, die ohnehin als einer der primären institutionellen Kontexte für die Entwicklung und Pflege von Schrift- und Schreiberkultur gelten. So ist es kaum verwunderlich, dass unter den bekannten chronographischen Dokumenten mesopotamischer Provenienz auch Schreiberübungen zu finden sind.92 Insofern liegt die in der älteren Forschung geradezu als selbstverständlich akzeptierte Annahme nahe, dass die Quellen der chronologischen Daten im Königsrahmen in „amtlichen Hofannalen“ zu suchen seien, deren Existenz an den jeweiligen Residenzen nicht näher begründet werden musste. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung ziehen nun die Zuweisung der chronographischen Vorlagen der synchronistischen Chrono­logie zur Gattung der „Annalen“ in Zweifel. Es handelt es sich hierbei nicht um jahrweise strukturierte Dokumente, das grundlegende Gliederungs­prinzip bildet vielmehr die Abfolge der Könige, deren jeweiligen Regie­rungs­perioden als Epochenmar92  So z. B. die oben (S. 91) unter V und VI gezählten Babylonischen Königslisten C und B (zu letzterer auch S. 104, Anm. 102).



4.2 Implikationen

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ker fungieren. In dieser Hinsicht spiegeln sie verbreitete Gattungsmuster altorientalischer Chrono­graphie, die Annalen mit archivarischem Interesse, wie sie in der späteren römischen oder mittelalterlichen Annalistik begegnen, gar nicht kennt.93 Die literargeschichtliche Rekonstruktion führte vielmehr auf eine Königs­chronik als Grundlage für die Darstellung von Chronologie und Geschichte des Nordreichs. Bei der judäischen Quelle kann es sich um eine Königsliste im engeren Sinne, d. h. in den zusammengestellten Informationen auf chronologische bzw. biographische Daten beschränkt, oder ein ebenfalls thematisch breiter aufgestelltes Dokument gehandelt haben, eine anna­listische Struktur ist jedoch auch hier nicht erkennbar. In einem anderen Punkt führen die erreichten Ergebnisse jedoch wieder in die Nähe des älteren Forschungskonsenses – nämlich darin, dass es sich bei den chronographischen Vorlagen um kontinuierlich fortgeschriebene Werke handelt, deren Anfänge historisch bis in die frühe Königszeit zurückreichen. Die konkrete Ausgestaltung der israelitischen Königs­chronik, wobei insbesondere die hier enthaltenen synchronistischen Datie­ rungen ausschlaggebend sind, ließ sich am besten vor dem Hintergrund der omridischen Epoche plausibel machen.94 Beginnend mit der Herrschaft der Omriden rechnen auch die aktuellen und für die Frühzeit eher vorsichtigen Darstellungen der Geschichte Israels mit dem Aufbau von zentralisierten Verwaltungsstrukturen,95 so dass auch entsprechende institu­tionelle Kontexte gegeben waren. Die Existenz bzw. das Führen von Königslisten bzw. -chroniken, d. h. die Sammlung chronologischer Daten und knappe Notierung historischer Vorkommnisse liegt damit spätestens in der ersten Hälfte des 9. Jh.s v. Chr. im Bereich des Möglichen, ja zu Erwartenden. Die enthaltenen Nachrichten und spezifischen Details spiegeln aber möglicherweise sogar ältere Traditionen. Für die judäische Quelle ergibt sich insofern ein ähnlicher Befund, dass sich bereits detaillierte Nachrichten für die frühen Könige finden,96 die kaum als nachträglich fabriziert (zu welchem Zweck, im Kontext welches Diskurses sollten sie erfunden sein?) erklärt werden können. Mit diesem Datierungsvorschlag stehen die erreichten Ergebnisse zwar in der Tradition älterer Forschung, zugleich aber quer zu einem sich in den gegenwärtigen Debatten abzeichnenden Trend, wonach die Anfänge einer Schriftkultur in Israel erst in das 8. Jh. oder das 7. Jh. datiert werden.97 Damit steht die Option einer Herleitung umfangreicherer Texte oder literarischer Kompositionen aus früheren Epochen gar nicht mehr zur Debatte. Trifft dies zu, wären chronogra93 Dazu Weingart, Art. Annalen. 94  Zur Begründung s. oben S. 154 ff. 95  So etwa in den aktuellen Darstellungen der Geschichte (Nord-)Israels bei Finkelstein, Kingdom, 113–115; oder Frevel, Geschichte, 94 f. 96  Zur judäischen Quelle, vgl. oben S. 163 ff. 97  Vgl. oben S. 13 f.

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4.  Ergebnisse und Implikationen

phische Dokumente, deren Anfänge bis in das frühe 9. oder gar 10. Jh. zurückreichen, eine Unmöglichkeit.98 Im Hintergrund der Focussierung auf das 8. bzw. frühe 7. Jhs. stehen zwei Argumentationslinien, eine archäologische, die epigraphischen Zeugnisse betreffend, und eine sozio-kulturelle, der es um die für die Entwicklung und Pflege von Schriftkultur notwendige Infrastruktur geht. Die erste setzt bei der Beobachtung an, dass die chronologische Distribution der bislang gefundenen hebräischen Inschriften eine signifikante Häufung im 8. Jh. aufweist, während für das 9. und 10. Jh. nur vereinzelte Funde belegt sind.99 Die zweite Argumentationslinie verknüpft die Existenz professioneller Schreiber mit dem Aufkommen staatlich-administrativer Strukturen; wo territoriale Expansion, sozioökonomische Ausdifferenzierung und poli­tische Entwicklung die Herausbildung einer Infrastruktur zur Verwaltung erfordern, da findet sich auch eine Schriftkultur. Da die Entwicklung der Staatlichkeit sowie der übrigen genannten Faktoren – so die gegenwärtige Mehrheitsmeinung in der Interpretation der archäologischen Befundlage  – in Israel kaum vor dem Ende des 9. Jh.s und in Juda nicht vor dem 8. Jh. an diesen Punkt gelangt sei, sei vor diesem Zeitpunkt auch nicht mit Schrift­kultur und literarischer Produktion zu rechnen.100 Nun sind sowohl die statistische Verteilung der Inschriftenfunde als auch der Zusammenhang von bürokratischen Notwendigkeiten und der Verbrei­tung von Schriftkultur und entsprechendem Schulwesen kaum zu bestreiten. Fraglich ist jedoch, ob beide in der Tat Ausschlusskriterien für eine literarische Produktion in früherer Zeit und damit auch für die Existenz und Pflege chronographischer Dokumentation darstellen. Zwei aktuelle Studien von M. Richelle bzw. E. Blum wecken diesbezüglich berechtigte Zweifel.101 Beide weisen auf die methodischen Schwierigkeiten hin, werden Quantität der Funde und Schriftgebrauch derartig direkt aufeinander bezogen. Die Schwierigkeiten betreffen die Datierung der einzelnen Inschriften, die Frage der belegten Gattungen102, v. a. aber die unhintergehbare Zufälligkeit der Befund­lage.103 Die Annahme, dass nur in jenen 98  So ist z. B. eine israelitische Chronik des oben rekonstruierten Zuschnitts nach dem Urteil von Finkelstein, Kingdom, 115, ausgeschlossen, denn trotz des Aufkommens von Verwaltungsstrukturen in dieser Zeit gelte: „with the material at hand it seems that literacy and scribal activity during the time of the Omrides was weak at most.“ Vgl. auch Finkelstein/​​ Sass, Inscriptions, 190–191.199. 99  Vgl. hierzu die Übersicht bei Niemann, Ende, 129. 100  Prägend war in diesem Zusammenhang insbesondere die Studie von Jamieson-Drake, Scribes. 101  Richelle, Elusive Scrolls; Blum, Voraussetzungen. 102  Bei den gefundenen Ostraka bzw. kurzen Inschriften aus dem 8. Jh. handelt es sich fast durchgängig um Gebrauchs- (Wirtschaftstexte, Briefe o. ä.) und keine literarischen Texte (dazu Blum, Voraussetzungen, 4–10, u. a. mit einem vergleichenden Blick nach Griechenland). 103 Zur Problematik der unterschiedlichen Haltbarkeit von Schreibmaterialien vgl. Richelle, Elusive Scrolls, 564–567, zur Zufälligkeit der Funde 570 f.; bzw. Blum, Vorausetzungen, 25 f. (vgl. auch Millard, Fragments). Sowohl Richelle als auch Blum führen die Perserzeit



4.2 Implikationen

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historischen Perioden geschrieben wurde, für die epigraphische Zeugnisse vorliegen, greift, bezieht man andere Perioden der Geschichte Israels wie z. B. die Perserzeit mit in das Bild ein, offensichtlich zu kurz. Um den zweiten Punkt steht es kaum besser. Hier findet sich gleich eine ganze Reihe von Gegenbeispielen, die zeigen, dass auch vor dem 8. Jh. durchaus umfängliche literarische Texte entstanden, die wiederum Rück­schlüsse auf die Hintergründe früherer Literaturentstehung erlauben. E. Blum verweist hierfür neben Königsinschriften aus der zweiten Hälfte des 9. Jh.s (Mescha-Stele,104 TelDan-Inschrift105) auf Zeugnisse einer „Bil­dungsliteratur“, die aus dem 10. und 9. Jh. stammen und gerade nicht in Siedlungszentren, sondern eher in Randgebieten gefunden wurden (aber auch das kann ein Fall von historischer Kontingenz sein). Es geht hierbei um den Geser-Kalender,106 das Ostrakon von ChirbetQeiyafa107 und v. a. die Wandinschriften aus Deir ʿAlla.108 E. Blum ordnet letztere einem Ausbil­dungszusammenhang, konkret einer „Meisterschule in Sukkot“, zu.109 Auch die zahlreichen Inschriften in Kuntillet ʿAjrud (erste Hälfte 8. Jh.) sind für ihn ein Ausweis für eine „erstaunlich vielgestaltige und professionelle Nut­zung der Schrift im Milieu der Fernhändler.“110 M. Richelle nennt ebenfalls Hinweise für eine kontinuierliche und weit hinter das 8. Jh. zurückreichende Schreibertradition in der Region (vgl. die Amarna-Korrespondenz aus dem 14. Jh.111) und führt den unbestreitbaren Umstand an, dass für das Entstehen literarischer Werke keine breite Literalität, sondern lediglich eine begrenzte Zahl professioneller Schreiber notwendig ist.112 als schlagendes Gegenbeispiel an: Obwohl diese als formative Periode in der Literaturgeschichte des Alten Testaments gilt und hier mit vielfältiger und umfänglicher Produktion von Texten und größeren Textkompositionen gerechnet wird, ist die Zahl epigraphischer Funde aus dieser Epoche äußerst schmal. Einschlägig ist hier die Bestandsaufnahme bei Richelle, Elusive Scrolls, 572 f., der zwar auch Siegel- und Stempelabdrücke listet, aber schließlich zu dem Urteil kommt, „not a single long or literary text has been found in Yehud for the two centuries of the Persian period“ (Hervorhebung i. O.). Die Problematik ist auch schon von Schniedewind, Bible, 170–172, notiert worden. 104 Text: KAI 181; Übersetzungen: TUAT I, 646–650; Weippert, Textbuch, 245–248, mit weiterer Literatur. 105 Text: Biran/​​N aveh, Stele Fragment; Biran/​N aveh, Tel Dan Inscription; KAI 310; vgl. Weippert, Textbuch, 267–269. 106  HAE I, 30–37. 107 Erstpublikation: Misgav/​G arfinkel/​G anor, Khirbet Qeiyafa Ostracon. Zur Diskussion vgl. Rollston, Ostracon, bzw. Achenbach, Protection. 108  Blum, Voraussetzungen; sowie TUAT NF 8, 459–474. 109  Blum, Voraussetzungen, 17. 110  A. a.O, 34. 111  Richelle, Elusive Scrolls, 584 f. 112  A. a. O., 588 f.: „And it should be emphasized that only a couple of professional scribes would have sufficed to produce literary works in Jerusalem; only long media such as papyri were needed. In other words, even a very low rate of literacy would be enough to allow for literary works to be produced in Iron Age IIA Juda. In this regard, it is noteworthy that the Book of Samuel mentions only two scribes at the court of David, Seraiah (2 Sam 8:17) and Sheva

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Vor dem Hintergrund dieser methodischen Reflexionen und der Beleglage erweist sich die im schwierigen Feld der Datierung alttesta­mentlicher Texte gern aufgegriffene Annahme,113 literarische Werke können in Israel bzw. Juda nicht vor dem 8. Jh. entstanden sein, als eine suggestive aber letztlich kaum tragfähige Komplexitätsreduktion. Ist dieses Ausschlusskriterium nicht gegeben, liefern die Ergebnisse der vorliegenden Studie einen Baustein zu einer realistischeren Einschätzung. Es ist also davon auszugehen, dass in Israel (und auch in Juda) spätestens ab der ersten Hälfte des 9. Jhs. chronologische und historische Daten gesammelt und chronographische Werke geschaffen wurden, die später die Grundlage für die Zusammenstellung des Königsrahmens bildeten. Dies setzt keinesfalls eine breite Literalität, aber doch die Existenz professioneller Schreiber und einen entsprechenden Ausbildungskontext voraus, in dessen Curriculum angesichts der beschriebenen Nähe der israelitisch/judäischen Chrono­graphie zu ihren altorientalischen Pendants auch eine Einübung in die einschlägigen Textgattungen gehörte – ganz im Sinne des von D. Carr als grundlegend für die altorientalische Schrift- und Schreiberkultur heraus­gearbeiteten „oral-written educational-enculturational model“.114 Verein­zelte Schlaglichter, wie die Vertrautheit israelitischer Schreiber mit hiera­tischen Zahlzeichen115 als Indiz für eine lange überregionale Schreib­tradition oder der Hinweis auf die Existenz chronographischer Werke in Byblos in der vermutlich aus dem 10. Jh. stammenden ägyptischen Erzählung des Wenamun,116 die je für sich keine weitreichenden Hypothesen tragen können, fügen sich zusammen genommen gut in das Bild einer chronographischen Tradition in Israel und Juda seit der frühen Königszeit.117 4.2.5  … für die Einschätzung des Verhältnisses von Israel und Juda in der Königszeit Wie auf einer Grundfeste ruht die gesamte bisherige Forschungsdiskussion zur synchronistischen Chronologie in den Königebüchern auf der Annahme, dass deren Ursprünge in Juda liegen – unabhängig davon, ob man die primä­re Syn(2 Sam 20:25)“ (Hervorhebung i. O.). Diese Hinweise im Samuelbuch und zusätzlich in I 4,3, wo zwei Schreiber am Hofe Salomos genannt werden, hatte bereits Zwickel, Königsliste, 84, notiert – ebenfalls als Indiz für die frühe Existenz professioneller Schreiber in Juda. 113  So auch die Einschätzung Richelles, Elusive Scrolls, 557 f. 114  Carr, Writing, 292. 115 Dazu Wimmer, Hieratisch, 279: „Das Szenario, wonach die mindestens im südlichen Kanaan offenbar gut etablierte, hieratische Schreibtradition der pharaonischen Administration in der Zeit des Neuen Reiches, bzw. der Spätbronzezeit, zum Phänomen der in Juda und Israel üblichen Notierung von Zahl- und Sonderzeichen mit beigetragen hat, bleibt wahrscheinlich.“ 116  Schipper, Erzählung, 192 f., der ebenfalls eine Verbindungslinie zu den Königebüchern zieht (vgl. auch Zwickel, Königsliste). Zur Datierung der Wenamun-Erzählung vgl. a. a. O., 333. 117  Ob das Bild so konturiert zu greifen ist, wie es Knauf, HThKAT, 89 f., zeichnet, steht freilich auf einem anderen Blatt.



4.2 Implikationen

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chronisierung der chronologischen Daten in exilischer oder vorexilischer Zeit, innerhalb der Literargeschichte der Königebücher bzw. des DtrG oder außerhalb ansetzt. Das Grundmodell bleibt dasselbe: Zwei zuvor nicht synchronisierte Chronologien wurden nachträglich kombiniert. Als terminus a quo für die Entstehung früherer synchronistischer Werke gilt dabei gemeinhin das Ende des Nordreiches, sei es, dass die Synchro­nisierung in der hiskijanischen,118 der joschijanischen119 oder der spätvor­exilischen120 Epoche angesetzt wird. Mit den verschiedenen historischen Verortungen gehen jeweils bestimmte Thesen zur Aussageintention der rekonstruierten chronogra­phischen Werke einher, der die synchronistische Darstellungsanlage gedient habe. Mit F. Blanco Wißmann lässt sich die einschlägige Diskussion auf die Alternative Parallelisierung oder Kontrastierung zuspitzen.121 Eine kontrastierende Deutung erfahren die Synchronismen immer dann, wenn die Betonung der Überlegenheit Judas oder zumindest die Herausstellung Judas als positives Beispiel gegenüber Israel als Aussageintention der synchro­nistischen Komposition angenommen wird. Alle diese in ihrer konkreten inhaltlichen Füllung recht unterschiedlich ausfallenden Vorschläge – geht es etwa um die Betonung dynastischer Kontinuität in Juda,122 Propaganda für das Davidshaus und seine Bündnispolitik123 oder eine Anleitung für den Umgang mit der babylonischen Bedrohung124 – verbindet die vorexilische Ansetzung des synchronistischen Werkes. Als parallelisierend verstehen die Synchronismen all jene Ausleger, die in ihnen ein Mittel sehen, Gemeinsamkeiten zwischen Juda und Israel heraus-125 oder gar erst eine Gemeinschaft zwischen Israel und Juda herzustellen, sei es in nachexilischer Zeit unter dem Vorzeichen des gemeinsam erfahrenen Gerichts,126 sei es in vorexilischer Zeit zum Zwecke der Integration von Nordisraeliten in Juda127 oder der Untermauerung judäischer Herrschaftsansprüche128.129 118  So z. B. Köhlmoos, Geschichte; Adam, Warfare, oder Thomas, Hezekiah, 76 f. 119 Vgl. Talshir, ‫ ;למבנה‬Levin, Exzerpt. 120  Hardmeier, Umrisse. 121  Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 41. 122  Jepsen, Quellen, 38 f.; Thomas, Hezekiah, 122. 123  Adam, Warfare, 62–66. 124  Hardmeier, Umrisse, 180–184. 125 So die klassische These von Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien; vgl. dazu oben S. 187, Anm. 57. 126  Kratz, Staat; Kratz, Jesajabuch; Blanco Wissmann, Beurteilungskriterien, 39–41. 127  Köhlmoos, Geschichte, 225. 128  Levin, Exzerpt, 626. 129  Insbesondere die Annahme, die synchronistische Chronologie diene dazu, Israel und Juda zu einer Einheit zusammenzuführen, wirft Fragen auf. Bei Levin, Exzerpt, kommen die meist implizit gegebenen Voraussetzungen direkt zur Sprache: „Die beiden Königtümer [sc. Israel und Juda] standen nur zeitweilig in enger Verbindung. Des öfteren waren sie sogar verfeindet, bis hin zum offenen Krieg. Die Synchronismen können deshalb nicht aus der jeweiligen Königschronik stammen, sondern müssen auf den Verfasser des Exzerpts zurückgehen“ (617). Die Einschätzung impliziert gleich zwei Urteile: (1) Synchronistische Datierungen können

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4.  Ergebnisse und Implikationen

Die hier vorgelegten Analysen ziehen die genannte Argumentationsbasis in Zweifel. Die Untersuchung des Zahlenmaterials ergab, dass es gerade nicht „als sicher gelten [kann], dass die Grunderzählung der Königebücher die Regierungsdaten, d. h. Regierungsdauer, Alter bei Regierungsantritt und Name der Mutter den ‚Tagebüchern‘ entnommen und aus ihnen selbständig die synchrone Datierung erstellt hat.“130 Ein Teil der synchronistischen Datierungen, nämlich jene für die Amtsantritte der israelitischen Könige, hat bei der Zusammenstellung des Königsrahmens bereits vorgelegen und ist daher nicht nachträglich errechnet. Die Synchronismen stammen – so die Ergebnisse der literargeschichtlichen Überlegungen  – aus einer israeli­tischen Königschronik. Die über die vorliegenden Texte greifbaren Ursprün­ge der Synchronisierung liegen also nicht in Juda, sondern in Israel. Damit steht freilich die Frage im Raum, ob und inwiefern sich eine derartige synchronisierte Geschichtsdarstellung für das Nordreich Israel plausibel machen lässt. Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Chronik kein synchronistisches Werk ist; es geht nicht um die parallele Darstellung der Geschichte zweier Reiche  – wie selektiv oder inhaltlich profiliert auch immer  –, sondern der Focus liegt allein auf der Geschichte Nord-Israels. Die synchronistischen Datierungen dienen dabei erst einmal ganz grundlegend der Fixierung der Amtsantrittsjahre der israelitischen Könige. Letztere geschieht wie in der Neuassyrischen Eponymenchronik (XI) nicht nur relativ im Verhältnis zu den Regierungsjahren des Vorgängers, sondern absolut. Dafür konnte hier aber nicht auf eine etablierte absolute Chronologie zurückgegriffen werden, wie sie in Assur mit dem Eponymenkanon vorlag, sondern eine absolute Datierung war nur über den Bezug auf eine externe Chronologie möglich, d. h. mittels einer Synchronisierung mit der dort gegebenen Zählung der Regierungsjahre. Hierfür lag Juda nahe und das nicht nur geographisch. nicht über die Regierungsdaten gegnerischer Herrscher gebildet werden; (2) In vorjoschijanischer Zeit gab es kein Israel und Juda übergreifendes Gemeinbewusstsein. (ad 1) Hiergegen sprechen nicht nur Beispiele aus der Neubabylonischen Chronik, die synchronistische Datierungen mit den Königen Assurs bzw. Elams auch für Perioden der Feindschaft bietet (107 ff.), sondern auch das AT selbst. So wird die Eroberung Jerusalems unter Bezug auf die Regierungsjahre Nebukadnezars datiert (II 25,1; vgl. II 25,8). Dieses Extrem war aber wohl nicht die Regel, schließlich handelt es sich um den späteren Großkönig, was in der Erzählzeit längst vorausgesetzt ist. Die Orientierung an der Jahreszählung des Großkönigs wird in späterer Zeit denn auch gängige Praxis (vgl. Esr 1,1; 4,24; 5,13; 6,3.15; 7,7 f.; Neh 5,14; 13,6; Jer 32,1; 52,12; Hag 1,1.15; Sach 1,1.7; 7,1; Est 2,16; 3,7; Dan 1,21; 7,1; 8,1; 9,1; 10,1). (ad 2) Gewichtiger ist der zweite Punkt. Die These übersieht (unabhängig davon, ob sie für die hiskijanische, joschijanische oder irgendeine andere Epoche seit der Königszeit vorgebracht wird), dass es neben den politischen Gemeinwesen auch andere Grundlagen für ein Gemeinbewusstsein (kollektive Identität) geben kann und in Israel auch gab, insbesondere im Selbstverständnis Israels als Ethnos (dazu i. F. bzw. zur weiteren Diskussion der entsprechenden Thesen Weingart, Stämmevolk, 345–372). 130 So Köhlmoos, Geschichte, 223.



4.2 Implikationen

203

Insbesondere die Epoche der Omriden war, wie oben bereits erwähnt (vgl. S. 154 f.), durch eine enge familiäre wie politische Nähe von Omriden und Davididen gekennzeichnet. Der Blick nach Juda zum Zwecke der synchronistischen Fixierung israelitischer Amtsantrittsjahre hat aber zugleich eine – jenseits jeglicher politischer Nähe oder Distanz liegende – auf das Verständnis Israels bezogene Tiefendimension. Wie bereits angedeutet, ist hinter die Überzeugung von Ch. Levin, N. Naʾaman, R. G.  Kratz und vielen anderen, dass ein bestehendes Gemeinbewusstsein nicht zur Erklärung der Synchronismen herangezogen werden kann, da Juda und Israel zuvor nichts gemein hatten, ein Fragezeichen zu setzen. Gerade für das Nordreich zeigt sich, dass trotz und neben der Trennung in zwei politische Entitäten in der gemeinsamen JHWH‑Verehrung, insbesondere aber in der sozialen Konstruktion des Stämmesystems ein Verständnis Israels als eine Abstammungsgemeinschaft gegeben war, das Juda und die nord-israelitischen Stämme verband.131 Aus nord-israelitischer Perspektive konnte diese innerhalb der betreffenden Gemeinschaft nicht als Konstruk­tion, sondern als Naturgegebenheit wahrgenommene Zusammen­gehörigkeit sogar eingesetzt werden, um Hegemonial- oder Gebiets­ansprüche132 gegenüber dem Südreich zu vertreten, immer jedoch unter der Voraus­setzung, dass Juda zu Israel, verstanden als Ethnos in der konkreten Ausgestaltung eines Systems aus zwölf Stämmen, gehört. Diesbezüglich liefern die altorientalischen chronographischen Werke eine instruktive Analogie. Synchronistische Datierungen finden sich (wie oben gesehen, vgl. Abschnitt 3.1.3) dort, wo Herrscherlinien miteinander verschränkt sind oder eine tiefer liegende, über staatliche Strukturen hinaus­gehende, Bezogenheit vorausgesetzt ist. So wurde zumindest aus assyrischer Sicht das assyrisch-babylonische Verhältnis als eines wahrgenommen, das sich von den Beziehungen zu allen anderen Nachbarn unterscheidet. Ausweislich der Darstellung in der Synchronistic History (XIII) gehören Assur und Babylon zusammen und existieren idealiter im friedlichen Nebeneinander. Die kombinierten Königslisten für beide Reiche, bis hin zur Synchronistischen Königsliste (X) lassen sich ebenfalls als Niederschlag dieser Verhältnisbestimmung verstehen. In dieser Form sind sie zumindest für kein anderes Reich belegt. Im Falle Assurs und Babels hat bekanntlich das kulturelle Prestige Babels und das assyrische Bemühen, sich dieses Erbe anzueignen, eine große Rolle gespielt. Ob ähnliche Interessen auch im vorexilischen Nordreich Israel anzusetzen sind, ob z. B. der Jerusalemer JHWH‑Tempel eine entsprechende Anziehungskraft auslöste,133 wäre eine eigene Untersuchung wert. 131  Dazu ausführlich Weingart, Stämmevolk, bzw. kurzgefasst Weingart, Twelve Tribes, oder auch Blum, Tribal System. 132 Vgl. Weingart, Stämmevolk, 255–266, bzw. Blum/​Weingart, Joseph Story. 133  Die in I 12,27 Jerobeam I. in den Mund gelegte Befürchtung, die Nord-Israeliten könnten nach Jerusalem pilgern (‫ )אם יעלה העם הזה לעשות זבחים בבית יהוה בירושלם‬weist zumindest in diese Richtung. Auch I 11,26–12,20, die wohl aus dem Norden stammende Darstellung der

204

4.  Ergebnisse und Implikationen

Die Synchronisation der Amtsantritte nordisraelitischer Könige mit judäischen Regierungsdaten ist vor diesem Hintergrund in ihren in das Nordreich zurückverfolgbaren Anfängen nicht Ausdruck eines Programms und auch kein Diskursbeitrag, der auf die Änderung der Verhältnisse oder ihrer Deutung zielt, sondern vielmehr ein Reflex bestehender Gegeben­heiten.134 Als solche verträgt sie sich schließlich deutlich besser mit der allgemein anerkannten herrschaftslegitimatorischen Pragmatik der Gattung Königschronik. Im Hintergrund steht die enge Bezogenheit Nord-Israels und Judas aufeinander – politisch-konkret in der omridischen Epoche und ganz allgemein im zugrunde liegenden Verständnis Israels.

Reichsteilung lässt bei aller legitimatorischen Pragmatik im Blick auf Jerobeam und das Nordkönigtum doch eine Wertschätzung Davids durchscheinen (dazu Weingart, Jeroboam). 134  In dieser Richtung Talshir, ‫למבנה‬, 86, allerdings bezogen auf die doppelte Synchronisation im Königsrahmen, die sie als Ausdruck einer gesamtisraelitischen Perspektive in der Zeit Joschijas deutet. Auch Bin-Nun, Formulas, 426 sieht die Anfänge der synchronistischen Datierungen in der Periode der Omriden letztlich als Spiegel bestehender Verhältnisse und nicht als Impetus, diese zu verändern.

Anhänge Anhang I: Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  207 Anhang II: Die synchronistische Chronologie der Epoche der ­geteilten Reiche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  215 Anhang III: Kategorien herrscherbezogener chronologischer Daten in altorientalischen chronographischen Werken  . . . . . . . . .  218

22

2

Nadab

div.



● ●

○2 2. Asa 3. Asa 10. Asa 12. Asa Ms 250



MT

Bezeugung

501

○ 127 246

LXX

div.

1  Die Sigel der hebräischen Textzeugen folgen B. Kennicott, Vetus Testamentum Hebraicum cum Variis Lectionibus, Bd. 2, Oxford 1780. Da die Sigel für die griechischen Handschriften in der BHS sowie bei Fernández Marcos/Busto Saiz der von Rahlfs erarbeiteten Nomenklatur folgen, sind auch die aus Brooke/McLean übernom­menen Angaben in die Rahlfs-Sigel umgesetzt. Die Bezeichnung der Bücher sowie die Vers- und Kapitelzählung folgen dem MT. ● zeigt an, dass alle in den Apparaten ausgewerteten Textzeugen die genannten Lesarten bieten. ○ zeigt an, dass die Mehrzahl der ausgewerteten Textzeugen die genannte Lesart bieten. Die Text­zeugen für die abweichenden Lesarten sind in diesem Fall jeweils im Detail aufgeführt. – zeigt an, dass die chronologische Angabe, d. h. Jahrsumme oder Synchronismus, in den genannten Textzeugen fehlt. div. In der Spalte „div.“ sind weitere Versionen genannt, soweit sie eine bestimmte Variante bezeugen. 2  I 14,1–20 ist erst in hexaplarischen Mss belegt. V. 1–18 haben eine Entsprechung in I 12,24g–n; v. 19–20 fehlen.

I 15,25

LXX

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen

Jerobeam I. I 14,20

Tabelle 1: Israel

Die Tabellen bieten einen Überblick über die Varianten der Zahlenüber­lieferung im Königsrahmen. Sie basieren auf den textkritischen Apparaten der BHS, des 1930 erschienenen Bandes zu den Königebüchern aus der Cambridger Septuaginta-Ausgabe (OTG) von A. E. Brooke und N. McLean sowie der von N. Fernández Marcos und J. R. Busto Saiz erarbeiteten kritischen Ausgabe des antioche­nischen Textes. Zur besseren Übersicht werden die Daten für die Könige Israels und Judas getrennt dargeboten.

Anhang I: Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen1

Anhang I: Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen 207

I 16,6

Ela

I 16,23

Omri

12

7 Tage 7 Jahre

2

24











○ B 501





Aeth

div.

27. Asa 31. Asa

22. Asa 27. Asa 31. Asa –

29. Asa – 26. Asa – 27. Asa (Tod Elas)

28. Asa

20. Asa

3. Asa 5. Asa

3  Beide Gruppen unterscheiden sich lediglich in der Wortfolge: τω εικοστω ετει / ετει εικοστω.

I 16,15

Simri

I 16,10

I 16,8

I 15,33

Bascha

LXX

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen







● ●



MT

Bezeugung div.

V 121 245 247 ○

19 82 108 246 A 127 ○

A ○ A 245

Arm Syh

Arm La Syh

Arm Syh

AB 19 93 108 501; Aeth Arm La Syh V 55 82 119 158 2453 52 107 121 246 554 u. a. 127

○ 19 108 127 246

LXX

208 Anhänge

II 10,35 f.

28









127 ○

○ 127



● ○ Mss 145, 330, 375, 612 in marg.

div.

18. Joschafat –

1. Jehoram 2. Jehoram

2. Jehoram – 18. Joschafat 21. Joschafat

17. Joschafat 18. Joschafat 19. Joschafat 24. Joschafat

38. Asa 2. Joschafat – ○







V 121 245 247 ○ A



121 247 ○ ○ V 106 107 120 130 245 554 127 19 82 93 108 700 ○ 19 82 93 108 127 700

V 19 82 93 108 127

LXX

MT

Bezeugung

Aeth

Arm Syh

div.

4  Im MT finden sich die chronologischen Angaben für Joram in II 3,1. LXX hat hier in zahlreichen Mss eine Dublette; neben II 3,1–3 ist Jorams einleitender Königsrahmen auch noch II 1,18a–d überliefert. Nach Shenkel, Chronology, 68–73, bietet 1,18a–d LXXB den älteren Text (OG), 3,1 ff. dagegen die kaige-Rezension. Ant hat in 1,18a den Synchronismus „2. Jehoram“, in 3,1 ist nur die Jahrsumme und kein Synchronismus genannt.

Jehu

11 12

II 3,1

II 1,17

Joram

2

12 –

I 22,52

Ahasja

22 24

II 1,18a4

I 16,29

Ahab

LXX

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen

Anhang I: Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen 209

6 Monate ●

II 15,8

II 15,13

II 15,17

Secharja

Schallum

Menachem





○ 127 245

A ○5









5 In LXXB fehlt eine Zahl vor ἡμέρας, Aeth Syh lesen „30 Tage“.

10 12 20

8 Tage 1 Monat

41

Jerobeam II. II 14,23



12 13 16

II 13,10



Joasch

17

II 13,1

Joahas

II 10,36+

LXX

Arm Syh

div.



127 245 ○

28. Asarja 30. Asarja 39. Asarja

V 92 106 120 127 130 134 314 489 554 ○

○ 127

245 V 52 158 489 u. a. m. ○ 127



127 19 82 93 108 700

LXX

127 245 ○









MT

Bezeugung

28. Asarja 30. Asarja 39. Usija/Asarja ●

38. Asarja

28. Asarja

15. Amazja 16. Amazja

39. Jehoasch 40. Jehoasch

36. Jehoasch 37. Jehoasch

22. Jehoasch 23. Jehoasch

1. Atalja 2. Atalja

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen

Syh

Aeth

div.

210 Anhänge

10. Ahas 12. Ahas 14. Ahas

II 17,1

9





52. Asarja 62. Asarja

20. Jotam –

55 56 75 85 344 407 127

II 15,30



Hoschea

30

20 28

12

II 15,27

40. Asarja 50. Asarja

Pekach

○ Arm A 19 82 93 108 158 700 V 52 107 127 489 u. a. m.

II 15,23



div.

Pekachja

2 10

LXX

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen



○ Ms 150





MT

Bezeugung

82 ○ 127

○ 19 82 93 108 127 700

○ 489

127 ○

LXX div.

Anhang I: Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen 211

LXX div.

25

25 –

I 16,28a3

I 22,41 f.

Joschafat









○ 19 82 93 108 127



121 ○ 247

○ B A 52 92 247 121

B 501 V 19 82 93 108 107 127 u. a. ● ●

10. Omri 11. Omri 12. Omri 4. Ahab 4. Ahab –



20. Jerobeam ● 21. Jerobeam 24. Jerobeam2

18. Jerobeam

MT

Bezeugung

246 B 19 93 108 127 V 121 158 247 ○ 19 82 93 108 127

○ 127 B 19 82 93 108



LXX

Aeth

Aeth

div.

1  LXX (mit Ausnahme von A 52 92 120 121 130 134 247 489, vgl. Arm Syh) hat nach I 12,24 ein umfangreiches Plus, das Elemente aus I 14,21–24 MT aufnimmt, aber auch weiteres Material bietet. In 12,24a finden sich chronologische Angaben zu Rehabeam, die von I 14,21 differieren; neben der abweichenden Jahrsumme ist in B auch ein anderes Alter (16 Jahre ≠ 41 Jahre) bei Regierungsantritt genannt. 2  LXXB hat den Synchronismus „24. Jerobeam“ auch für den Tod Abijas in I 15,8. 3  Mit Ausnahme von LXXA (vgl. Arm Syh) findet sich in LXX ein erster Königsrahmen für Joschafat in I 16,28, ein zweiter folgt parallel zu MT in I 22,41 ff. (unter Auslassung von v. 46–50 MT). In Ant fehlt I 22,41–51.

40 41 45

I 15,9 f.

Asa

3 6 16

17

I 14,21

I 15,1 f.

12 17

I 12,241

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen

Abija

Rehabeam

Tabelle 2: Juda

212 Anhänge

II 15,32 f.

II 16,1 f.

Jotam

Ahas

16

16

52























○ 127





19 93 108 127 ○



○ 82 93 127 AB d24

● Aeth

div.

17. Pekach 18. Pekach

2. Pekach 13. Pekach

15. Jerobeam 27. Jerobeam

2. Joasch 3. Joasch

7. Jehu

10. Joram 11. Joram 12. Joram 11. Joram

1. Joram 5. Joram











● ●



MT

Bezeugung

○ 127

○ 71

127 245 ○





82 19 93 108 127 ○ ●

56 ○

LXX

Aeth

Aeth

div.

4  Zu dem Lektionar, das nicht in Rahlfs’ Verzeichnis aufgenommen ist, vgl. Brooke & McLean, Old Testament in Greek, Bd. II/II, Prefatory Note. 5  Die Angabe bezieht sich auf die Regierungszeit Amazjas nach dem Tod Joaschs.

II 15,1 f.

15 40

II 14,175

Asarja

29

II 14,1 f.

Amazja

40

II 12,2

1 –

II 9,29

Jehoasch

1

II 8,25 f.

Ahasjahu

8 10 40

II 8,16 f.

Jehoram

LXX

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen

Anhang I: Überblick über die Varianten der Zahlenüberlieferung im Königsrahmen 213

II 21,1

II 21,19

II 22,1

II 23,31

II 23,36

II 24,8

II 24,18

Manasse

Amon

Joschija

Jehoahas

Jojakim

Jojachin

Zidkija











11 16



3 Monate ● 3 Jahre

11

3 Monate ● 3 Jahre

31

2

55 59

25 29

○ 71













526 130 ○

Hipp

Arm Luc

Arm

div. 3. Hoschea 4. Hoschea 5. Hoschea

6  Im Apparat bei Brooke & McLean, Old Testament in Greek, mit Fragezeichen notiert.

II 18,1 f.

Hiskija

LXX

Varianten

Varianten Bezeugung MT

Synchronismen

Jahrsummen LXX ○ 127 245

MT ●

Bezeugung div.

214 Anhänge

Jerobeam I 22 Asa 41

Bascha 24

2. Asa 3. Asa

17. Joschafat 18. Joschafat ✧ Jehoram

Omri 12

Jehoasch 40 ✧ Jehoasch

* Ahasjahu 1

* Atalja 6

Jehu 28

7. Jehu

26. Asa 27. Asa

Ela 2

24. Bascha 2. Ela/Simri = 1. Ela = 1. Omri

12. Joram

✧ Ahasjahu

Jehoram 8

21. Ahab 2. Ahasja = 1. Ahasja = 1. Joram 5. Joram A. 2 Joram 12*

✧ Abija ✧ Asa

Joschafat 25

Ahab 22*

38. Asa ✧ Joschafat

Asa 41

Omri 12

12. Omri = 1. Ahab 4. Ahab

✧ Rehabeam

Ab. 2

Nad. 2

18. Jerobeam 20. Jerobeam 22. Jerobeam = 1. Nadab 2. Nadab = 1. Bascha

Rehabeam 17

Kombination I

Anhang II: Die synchronistische Chronologie der Epoche der geteilten Reiche

Anhang II: Die synchronistische Chronologie der Epoche der geteilten Reiche

215

Jehu 28

14. Amazja

Amazja 29

16. Joasch = 1. Jerobeam II

✧ Jehoasch

Kombination II

✧ Asarja

Asarja 52 38. Asarja

*

* Secharja

Amazja 29

Joasch 16

17. Joahas 2. Joasch = 1. Joasch

39. Jehoasch ✧ Amazja

Joahas 17

Jerobeam II 41

17. Jerobeam

23. Jehoasch

Jehoasch 40

28. Jehu = 1. Joahas

216 Anhänge

38. Asarja 39. Asarja

Asarja 52 ✧ Jotam

50. Asarja 52. Asarja

Pekach20

Jotam 16

✧ Menachem ✧ Pekachja ✧ Pekach 41. Jerobeam = Secharja Secharja/ 2. Pekach Schallum Jerob. 41 Menachem 11* Pek. 2

Kombination III

✧ Ahas

✧ Hiskija

20. Jotam 6. Hiskija

Hiskija 29

Hoschea

3. Hoschea

Ahas 6

17. Pekach

✧ Hoschea

Anhang II: Die synchronistische Chronologie der Epoche der geteilten Reiche

217

x

x

IV

x

V

x

VI

x

VII

x

VIII

x

IX x5

x4

x12

x12

Anzahl Könige der Dynastie(n)

Jahrsumme(n) der Dynastie(n) x

x x

x

(x15)

(x13)14 x

x x

x

x17 x18 x17

x

x

KLTyr

1  Tur Turiner Königspapyrus I Sumerische Königsliste II Königsliste von Lagaš III Königsliste von Ur-Isin IV Königsliste von Larsa V Babylonische Königsliste B VI Babylonische Königsliste C VII Assyrische Königsliste VIII Dynastic Chronicle IX Babylonische Königsliste A XI Neuassyrische Eponymenchroniken XII Neubabylonische Chronik KLTyr Königsliste von Tyros Zu den einzelnen Werken vgl. oben in Kap. 3. Die Synchronistische Königsliste (X) und die Synchronistic History (XIII) bleiben hier unberücksichtigt, da sie keine numerisch-chronologischen Daten enthalten. 2  Die Königsliste bei Manetho entspricht in Struktur und Art der Daten exakt dem Muster des Turiner Königspapyrus und wird daher nicht als eine eigene Spalte geführt. Die inhaltlichen Unterschiede im Blick auf einzelne Namen, deren Anordnung und die überlieferten Zahlen­angaben tun hier nichts zu Sache. 3  Die Datierung kann unterschiedlich erfolgen, je nach Datierungspraxis über die Zählung der Regierungsjahre des Vorgängers oder in Relation zu einer unabhängigen Bestimmung des Jahres, also etwa unter Bezug auf den Eponymenkanon oder die Regierungsjahre eines Nachbarkönigs. Als datiert

Daten zu Nachbarkönigen16 → Amtsantrittsjahr → Todesjahr → Jahrsumme

x11

Lebensdauer

Alter bei Amtsantritt

x9

XII

XI x6

x

III

x10

x8

II

Jahrsumme

x7

I

Todesjahr

Amtsantrittsjahr3

Tur2

Anhang III: Kategorien herrscherbezogener chronologischer Daten in altorientalischen chronographischen Werken1

218 Anhänge

werden hier lediglich Amtsantritte angeführt, wenn sie mit einer derartigen konkreten Jahresangabe versehen und nicht nur allgemein, etwa über ina tarsi (zur Zeit von …) o. ä., verortet sind. 4  Im neuassyrischen Reich übernahm der König üblicherweise das Eponymat seines ersten Regierungsjahres, in den Eponymenlisten ist der Königsname durch den Titel šarru ergänzt. Daraus sind die Amtsantritte der Könige ersichtlich. Explizit aufgeführt wird die Machtübernahme Tiglatpilesers III. im Jahr 745, dazu S. 100. Möglicherweise gab es auch für Salmanassar V eine explizite Notiz zur Machtübernahme für das Jahr 727 (vgl. Millard, Eponyms, 59). Der in B37 erhaltene Text ist allerdings sehr fragmentarisch. 5  Eine genaue Datierung des Amtsantritts ist erhalten für Nebukadnezar II. (ABC 5, r 11): 1. Tag des Monats Elul. Die Jahresangabe ergibt sich aus der Zählung der Regierungsjahre des Vorgängers Nabupolassar, d. h. das 21. Jahr Nabupolassars entspricht hier dem Akzessionsjahr Nebukadnezars II. 6 Nabupolassar: ABC 5, r 10: 8. Tag des Monats Ab in seinem 21. Regierungsjahr. 7  Die Regierungsjahre waren wahrscheinlich durchgängig angegeben, genauere Angaben zu Monaten und Tagen finden sich bei einem Teil der Könige (1.–2. Dynastie, dann wieder ab dem vorletzten Herrscher der 12. Dynastie). 8  Bei einem der frühen Könige von Kiš sind neben der legendarisch hohen Jahrsumme von 1200 Jahren auch Monate und Tage angeben (G ii 3); gleiches gilt für Utuḫegal (Uruk V ), für den 420 Jahre und 7 Tage notiert sind (G viii 3). 9  Nur in zwei erhaltenen Textzeugen, vgl. oben Kap. 3, Anm. 49. 10  Im erhaltenen Text der Neubabylonischen Chronik findet sich lediglich eine Jahrsumme für Nabupolassar (ABC 5, r 9). 11  Nur für die 1. und 2. Dynastie. Angesichts des fragmentarischen Zustands des Textes ist hier natürlich keine Sicherheit gegeben. Beckerath, Chronologie, 20, vermutet, dass Angaben zur Lebensdauer in der Vorlage des Schreibers auch weiterhin vorhanden waren, aber nicht übernommen wurden. 12  Die Summenangaben sind nicht für jede einzelne, sondern für unterschiedlich große Gruppen von Dynastien angegeben (vgl. die Übersicht zu den erhaltenen Summenangaben bei Beckerath, Chronologie, 21). 13  Gezählt werden nur für die ersten 17 Könige (Zeltbewohner), die darauf folgenden zehn (Vorväter) und anschließenden sechs Könige (B i 10.21.27). Für alle diese Könige gibt es keine Jahrsummen, was in der Liste für die letzten sechs Könige sogar explizit konstatiert wird (B i 27, dazu Freydank, Königsliste). Noch einmal sechs Könige ohne Jahrsummen werden als zeitgleich zur sechs Jahre währenden Regierungszeit Aššur-duguls gelistet (B ii 6–11). Auch hier wird ihre Anzahl genannt. 14  Klammern zeigen an, dass sich entsprechende Angaben zwar im chronographischen Werk finden, aber nicht zum regulären, d. h. stets wiederkehrenden Darstellungsformular gehören. 15  Die Lesung und Bedeutung des letzen Eintrags auf der Tafel ist nicht sicher. Es könnte sich um eine Summenangabe handeln, wobei aber nicht klar ist, von welchem Punkt aus addiert worden ist (Grayson, Art. Königslisten, 96). 16  Konkrete numerisch-chronologische Angaben zu Nachbarkönigen finden sich lediglich in den aufgeführten Werken, relative chrono­logische Zuordnungen ergeben sich selbstverständlich auch in der Synchronistischen Königsliste (IX) bzw. der Synchronistic History (XIII). 17  Präzise Datierungen von Amtsantritten bzw. in einem Fall Todesjahren der Nachbarkönige finden sich allein in Chronik 1 aus der Reihe der Neubabylonischen Chroniken (ABC 1). Datiert werden acht Machtwechsel in Elam, zumeist wird dabei zugleich der Tod des Vorgängers des neuen Königs, dessen Jahrsumme und gelegentlich knappe Informationen zu Besonderheiten des Machtwechsels notiert:

Anhang III: Kategorien herrscherbezogener chronologischer Daten

219

i 9 5. Jahr Nabû-naṣir Ḫumban-nikaš i 38–40 5. Jahr Marduk-apla-iddina Ḫumban-nikaš → Šutruk-Naḫḫunte Jahrsumme [23]: Neffe des Vorgängers ii 32–35 1. Jahr Aššur-nādin-šumi Šutruk-Naḫḫunte → Ḫallušu-Inšušinak Jahrsumme 18: Putsch iii 6–9 1. Jahr Nergal-ušēzib (+ Monat,Tag) Ḫallušu-Inšušinak → Kudur-Naḫḫunte Jahrsumme 6: Revolte iii 13–15 1. Jahr Mušēzib-Marduk (+ Monat, Tag) Kudur-Naḫḫunte → Ḫumban-Nimena Jahrsumme 10 Monate: Rebellion iii 19, 25–27 4. Jahr Mušēzib-Marduk (+ Monat, Tag) Ḫumban-Nimena → Ḫumban-ḫaltaš Jahrsumme 4 iii 28, 30–33 8. Jahr ohne König (+ Monat, Tag) Ḫumban-haltaš → Ḫumban-ḫaltaš II. Jahrsumme 8: Krankheit iv 9–13 6. Jahr Asarhaddon Ḫumban-ḫaltaš II. → Urtaki Jahrsumme 5: ohne Krankheit, Bruder Die Angaben wirken – auch wegen der rekurrenten Formeln (z. B. bāba ina pānišu ipḥi für die Absetzung, d. h. Tötung/Gefangennahme? des Vorgängers) – so, als wäre hier eine elamitische Königsliste verarbeitet. Daneben findet sich die Datierungen für die Thronbesteigung folgender assyrischer Könige, die nicht zugleich in Personalunion Herrscher in Babylon waren: i 1 3. Jahr Nabû-naṣir Tiglatpileser III. (Datum ist ergänzt) i 31 5. Jahr Salmanassar V. Sargon II. 18  ABC 1, iv 22, notiert und datiert den Tod der Königin, d. h. der Frau Asarhaddons. Ähnliche Notizen finden sich noch in ABC 7, iii 23 f., vgl. auch zum Tod der Königsmutter ABC 7, ii 13–15.

220 Anhänge

Literatur Die verwendete Literatur wird in der Arbeit unter Angabe der Verfasserin bzw. des Verfassers und unter Nennung eines Kurztitels, bei Kommentaren die Abkürzung der Reihe, angegeben. Wo aus bislang unveröffentlichten Manuskripten zitiert wird, geschieht dies mit Dank an die Autoren, die mir ihre Arbeiten vorab zur Verfügung gestellt haben. Hebräische Titel finden sich unter ihren englisch­sprachigen bibliograp­hischen Angaben, sofern solche beigegeben sind. Achenbach, R., The Protection of Personae miserae in Ancient Israelite Law and Wisdom and in the Ostracon from Khirbet Qeiyafa, Semitica 54 (2012) 93–125. Ackerman, S., The Queen Mother and the Cult in Ancient Israel, JBL 112 (1993) 385– 401. Adam, K.‑P., Saul und David in der judäischen Geschichtsschreibung. Studien zu 1 Samuel 16 – 2 Samuel 5 (FAT 51), Tübingen 2007. –, Warfare and Treaty Formulas in the Background of Kings, in: Adam, K.‑P. und Leuchter, M. (Hgg.), Soundings in Kings. Perspectives and Methods in Contemporary Scholarship, Minneapolis 2010, 35–68. Aharoni, Y., The Chronology of the Kings of Israel and Judah (hebr.), Tarb. 21 (1950) 92–100. Albright, W. F., The Chronology of the Divided Monarchy of Israel, BASOR 100 (1945) 16–22. –, New Light from Egypt on the Chronology and History of Israel and Juda, BASOR 130 (1953) 4–11. Andersen, K. T., Die Chronologie der Könige von Israel und Juda, StTh 23 (1969) 69– 114. –, Noch einmal: Die Chronologie der Könige von Israel und Juda, SJOT 3 (1989) 1–45. Aurelius, E., Zukunft jenseits des Gerichts. Eine redaktionsgeschichtliche Studie zum Enneateuch (BZAW 319), Berlin/​New York 2003. Avigad, N., Hebrew Bullae from the Time of Jeremiah. Remnants of a Burnt Archive, Jerusalem 1986. Barclay, J. M. G., Against Apion. Translation and Commentary (Flavius Josephus. Translation and Commentary 10), Leiden/​Boston 2007. Barnes, W. H., Studies in the Chronology of the Divided Monarchy of Israel (HSM 1), Atlanta 1991. Barr, J., Biblical Chronology. Legend or Science? The Ethel M. Wood Lecture 1987. Delivered at the Senate House, University of London on 4 March 1987, London 1987. Beckerath, J. v., Chronologie des pharaonischen Ägypten. Die Zeitbestimmung der ägyptischen Geschichte von der Vorzeit bis 332 v. Chr. (MÄS 46), Mainz 1997. Begrich, J., Die Chronologie der Könige von Israel und Juda und die Quellen des Rahmens der Königsbücher, Tübingen 1929.

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Stellenregister Hebräische Bibel Diskutierte Septuaginta-Belege werden nicht eigens ausgewiesen, sondern über die entsprechende Vers- und Kapitelzählung im MT identifiziert.

Exodus 3,2 f. 130194 12,40 19488 16,35 19276 23,14–19 6 34,18–26 6

3,14 19276 4,3 19276 5,31 19276 9–12 193 9,8–14 130193 9,22 128181, 191 10,2 f. 128181 10,2 191 10,3 191, 19278 12,1 128181 12,7 128181, 191 12,9 191 12,11 191 12,14 128181, 191

Leviticus 23,1–14 6 25,8 f. 6

1 Samuel 4,18 13,1

Genesis 15,13 19276 29,30 19276 31,38 19277 31,41 19277 36,32–39 130193 47,28 19276

Numeri 32,13 19276 Deuteronomium 3,12 f. 148246 12 196 16,1–7 6 17 196 Josua 6,26 140228 Richter 3,11 19276

191 f. 128, 128181, 130193, 191 f.

2 Samuel 2,10

128, 128181, 130193, 191 f. 5,4 160 5,5 128, 128181, 191 7 196 8 196 10,1 130193 13,38 19276 1 Könige 1,5 130193 2,11 128

236

Stellenregister

2,12–22,43 172 6,1 193–195 6,37 f. 6 11–16 146243 11 f. 146242 11,26–14,20 140 11,26–12,20 203133 11,26 147243 11,35 f. 196 11,41 1766, 17928 11,42 128, 160, 191 12,27 203133 13 140, 184 14–2 Kön 17 121 14,7–16 140 14,19 1756, 17822, 181 14,20 31, 128, 134207 14,21 36, 125, 132199 14,25–28 158, 166 14,25 25, 157280, 165, 168 14,26–28 166 14,26 168312 14,29 1756, 17928 14,30 157, 157282, 165307 14,31 157282 15,1 f. 36 f., 50, 59105, 76, 125 15,2 82, 164 15,4 f. 164304, 196 15,6 157282, 164304, 165307 15,7 157282, 164304, 165, 1756, 17928 15,9 f. 36, 55, 125 15,9 37, 50, 76 15,10 80, 164 15,11 17822 15,13 167310 15,15 158, 166, 17822 15,16 157, 157282, 157284, 158284, 165, 165307, 167 15,17–22 157, 157284, 158284 167, 168312 15,18 f. 168312 15,23 73154, 1756, 17925.28 15,25 27, 31, 37, 57, 82, 125, 136, 152 15,26 17822 15,27 f. 141 15,27 3125, 144

15,28 27, 150, 153 15,29 f. 140 15,30 165 15,31 1756, 17822, 17928 15,32 157282, 165307 15,33 27, 31, 126, 128, 147244, 161297 16 68, 137 16,1–4 140 16,5–28 186 16,5 1756, 17925.28 16,6 64, 66134, 70, 70145, 134, 134207 16,8–10 18030 16,8 31, 64, 70, 81, 126 16,9 f. 141 16,9 144 16,10 3126, 64, 72150, 150, 153 16,11–13 140 16,14 1756, 17928, 18030 16,15 ff. 71 16,15–28 144 16,15–18 65127, 142, 145 16,15 f. 56, 81 16,15 2612, 2816, 31, 33, 59105, 64, 65 f., 66134, 67, 70, 71147, 79, 126, 145, 147244 16,16 66, 142, 145 16,18 144 16,20 1756, 181 f. 16,21 f. 70, 142, 145 16,22 65–67, 145 16,23 3127, 32 f., 56, 63 f., 69– 71, 71147, 79, 82, 122162, 126, 139, 145 16,24 70, 143 16,25 70 16,27 1756, 17925.28 16,28 63, 65, 65131 80, 134, 134207, 136211, 137–139, 145 16,29 32, 57, 59106, 63, 80, 125, 135211, 139, 152 16,30–33 136 16,34 140228 17–22 139 17–19 140



Hebräische Bibel

17 73 17,1 19276 20 140, 146243, 147243 21 140 21,1 18235 21,20–22 140 21,24 140 22,46 1756, 17925, 181 22 64, 68, 140, 146243, 147243 22,1 137, 172 22,39 143234, 1756, 17928, 181, 18235 22,40 134207 22,41 ff. 63 22,41–51 65131, 137 22,41 f. 36, 4265, 125, 137 22,41 41, 80, 138 f., 138220 22,42 72, 139 22,43 137 22,45 157, 165 22,48 157 22,49 f. 157 22,52 32, 59107, 63, 67, 79, 125, 139, 151 f. 22,53 f. 136 2 Könige 1–2 139 1 140224, 146243, 147243 1,1–17 140 1,17 4260, 56, 68138, 71–73, 123164, 134207, 153263, 154272 1,18 59103, 63, 67, 68138, 72, 79, 136212, 1756, 17928 2–3 68140 2,1–25 140 3 62 3,1 32, 4260, 56, 59103, 67, 72 f., 125, 134207, 136212, 139, 152, 154272 3,2 72, 136 3,4–27 140 4,1–8,15 140 5,5 1723 8,16 f. 36, 59105, 67, 73, 125, 160292

237

31, 38, 41 f., 4260,48, 53, 63, 72, 79, 121, 162, 1723, 186 8,17 80177, 138219 8,18 f. 187 8,18 154272 8,19 196 8,20–22 157 8,23 1756, 17928 8,25–28 147244 8,25 f. 36, 67, 124 8,25 57, 59107, 63, 68138, 73 f., 74159, 81177, 8,26 38, 74, 154272 8,27 187 8,29 155 9 f. 126, 146243, 147, 149, 186 9 5, 18029 9,1–10,27 140 9,14 147244 9,15 18235 9,27–29 133204, 133206 9,28 74 9,29 57, 67, 68138, 73 f., 147244, 153263 9,30–33 18235 10 147244 10,18–27 148247 10,28–31 188 10,28 148 10,29–36 149 10,29–31 148 f. 10,30 140 10,31 149 10,32 f. 142232, 148 f., 188 10,34–36 146243 10,34 148, 1756, 17925.28 10,35 f. 32 10,35 134, 134207, 148 f. 10,36 25, 67, 70, 122161, 126, 146243, 147244, 148 f. 11 127, 147244 11,1–20 156, 163 11,3 36, 127 12 127 12,1 f. 37, 125, 127 12,1 47, 55 8,16

238

Stellenregister

12,2 125 12,5–17 158, 166 12,7 153263 12,18 f. 157, 166 12,18 168 12,19 158 12,20 1756, 17928 12,21 f. 133204, 158, 165 f. 13 f. 146243 13,1 32, 78, 126 13,3 142233 13,4–7 140, 148248 13,8 1756, 17925.28 13,9 134, 134207 13,10–13 1 13,10 6, 2511, 32, 77–79, 80176, 126 13,12 1756, 17925.28, 18030, 181 13,13 134, 134207, 134208 13,14–25 140 13,14–19 142233 13,22 f. 142233 13,24 f. 142 13,25–27 140 13,25 142233 14,1 f. 5, 37, 124 14,1 44 14,5 f. 158, 165 14,7–14 157, 163 14,7 157, 1723, 186 14,8–14 18236 14,14 157 f., 166 14,15 1756, 17925.28, 181 14,16 134, 134207, 134208 14,17 44, 4774, 53, 79, 121, 162 14,18 1756 14,19–22 45 f. 14,19–21 158, 165 f. 14,19 f. 133204, 134206 14,21 4368, 161299 14,22 31, 48, 157, 162, 186 14,23 25, 32, 126 14,25–27 148248 14,25 142, 144, 151, 182 14,28 1756, 17925.28, 181 14,29 134207, 134208 15 60108 15 f. 162, 190

4672, 124 6, 4368, 45, 79, 82, 123, 161299 15,2 8, 38 15,5 8, 31, 38, 48, 158, 161 f., 165, 186 15,6–8 4368, 161299 15,6 1756, 17928 15,8 2612, 2816, 29, 30, 32, 4774, 82, 123, 126 15,10 141 15,11 1756 15,12 140, 148248 15,13–15 18030 15,13 2612, 2816, 32, 4368, 4774, 123, 125, 147244, 151 f., 161299 15,14 141, 144 15,15 1756, 181 f. 15,17 32, 4368, 4774, 123, 126, 147244, 161299 15,19 f. 142, 144, 148246 15,19 35, 151 15,21 1756, 17928 15,22 134207 15,23 27, 32, 4368, 123, 126, 161299 15,25 141, 141229, 144 15,26 1756, 17928 15,27 f. 141230 15,27 27, 32, 36, 38, 4368, 82, 123, 126, 147244, 161299 15,28 159 15,29 143, 148246, 151 15,30 36, 4368, 49, 57, 68138, 74 f.,74160, 78, 123, 126173, 141, 141230, 153263, 161299 15,31 1756, 17928 15,32–38 158 15,32 f. 37, 124, 158 15,32 38, 4368, 48, 81, 81177, 161299 15,33 8, 36, 74 15,34 f. 158 f., 188 15,34 4368, 161299 15,35 159 15,36 158, 1756, 17928 15,1 f. 15,1



Hebräische Bibel

15,37 157, 159, 165307 16,1 f. 37 16,1 47, 125, 161297 16,2–4 187 16,2 f. 159 16,2 82 16,5–9 159 16,5 f. 157 16,7–9 157, 168312 16,8 158, 166, 168312 16,9 f. 141230 16,10–18 158 f., 166 16,19 1756, 17928 17,1 32, 36, 49, 57, 68138, 74 f., 78, 126, 126173, 141230 17,3–6 143, 148246 17,3 151 17,4 18029 17,6 25 17,7–23 185, 187 17,23 135210 17,41 135210 18–20 157 18 49 18,1 f. 37 18,1 47, 135210, 161297 18,2 81 18,7 157 18,8 157 18,9 25, 47, 157280 18,10 8, 25, 153263, 157280 18,13–16 157, 166 18,13 25, 157280 18,15 f. 158 18,16 166, 168312 19,37 144 20,20 1756, 17925, 181 20,29 143234 21 18132 21,1 37, 125 21,3 159 21,17 1756, 17928, 181 21,19 37, 125 21,23 f. 133204 21,25 1756, 17928 22 f. 157 22,1 37, 125

239

22,3 157280 22,42 122 23 6 23,6 18132 23,23 157280 23,24 161 23,25–27 185 23,28 1756, 17928 23,29 f. 133204, 134206 23,29 158, 165 23,30 132 23,31 25, 2612, 37, 81, 125 23,33 f. 158, 165, 18029 23,33 133204 23,34 132, 134206 23,36 37, 125, 131198 24 f. 157 24,5 1756, 17928 24,8 25, 2612, 37, 81 f., 125, 131198 24,10–16 157 24,11 f. 133204 24,12 25, 153263 24,13 158 24,15 18029 24,17 132, 161, 165 24,18 37, 81177, 125, 158 24,21–25,30 157 25,1 25, 202129 25,2 25 25,4–7 133204 25,6 f. 18029 25,7 158 25,8 153263, 202129 25,27–30 18029, 196 25,27 25 Jesaja 1,1 4368, 161299 6,1 4368, 161299 7,1 4368, 161299 9,6 161298 37,38 130193 Jeremia 23,6 161298 32,1 202129 52,1 130193

240

Stellenregister

52,12 202129 Ezechiel 4,5 f.

9,1 202129 10,1 202129

19488

Esra 1,1 202129 4,24 202129 5,13 202129 6,15 202129 6,3 202129 7,7 f. 202129

Hosea 1,1 4368, 161299 Amos 1,1 4368, 161299 3,15 18235

Nehemia 5,14 202129 9,21 19277 13,6 202129

Haggai 1,1 202129 1,15 202129

1 Chronik 5 19485

Sacharja 1,1 202129 1,7 202129 7,1 202129 7,5 19277 14,5 4368, 161299

2 Chronik 13 77 13,7 77 13,20 77 13,21 77 15,9 70 16,1 81 21,4 73 21,12 f. 73 26–27 4368 26 161299 26,15 4368 27,2 161299 36,9 82

Proverbien 30,22 130193 Esther 2,16 202129 3,7 202129 Daniel 1,21 202129 7,1 202129 8,1 202129

Alter Orient Ägyptische Texte Turiner Königspapyrus Kol. II, Z. 10 – Kol. XIII

88

Akkadische und sumerische Texte Assyrische Königsliste B i 39–47 98 B ii 4.6–11 98

B ii 12–15 104 B ii 34–35.45–46 98 B iii 1 98 f. B iii 17 98 B iii 21–22.27–29 99 B iii 34–36 99 B iii 34 98 B iv 1–4 99



Dynastic Chronicle/Babylonian Royal Chronicle v 4–7.9.11.14 97 Neuassyrische Eponymenchroniken A7 105104 B14 10085 B116 10088 54 49 B1 /B2 10088 B156–60/B251–55 10090 B156/B251 9979 60 55 B1 /B2 10088 B161/B256 10090 B174–80 100 B175’–76’ 103 B224/B10r17 10082 B226 10086 29 B2 10085 B4r5 10083 B416–21 10089 r5 B6 10087 B6r7 10083 B6r14 10084 B75–B7 10084 B1022–23 10089 r35 B10 105 Neubabylonische Chroniken (ABC) 1–3 101 1 114, 116, 118 1, i 9–10 103 1, i 14–18 102 1, i 23 10194, 107109: 1, i 24–26 107109: 1, i 25 10194, 1, i 27–28 10194, 107109 1, i 27 103100 1, i 30 10194, 107109 1, i 31 103100, 107109 1, i 33–37 109 1, ii 1’ 102, 109 1, ii 1’–7’ 110 1, ii 3’ 109 1, ii 4’–5’ 10295 1, ii 4’ 109 1, ii 5 10194, 107109 1, ii 23 107109 1, ii 30–31 10194 1, ii 36–38 109

Alter Orient

241

103100 108111 10295 108111 108111 102, 109 10295 109 10298, 107, 107109, 109, 144 1, iii 36–37 103100 1, iii 38 107109, 108111 1, iii 44–45 10295 1, iv 5–6 103100 1, iv 9–10 102 1, iv 12 108111 1, iv 16 103100 1, iv 17–18 10295 1, iv 30–32 107109 1, iv 33 10194, 107109 1, iv 35–36 10295 2, 14–15 103100 2, 14 102 2, 29 103100 5 101 5, r 9 105 5, r 11–13 101 5, 14 102 4–6 101 7 101, 118 7, ii 6.7–9 102 7, ii 11 f. 102 7, ii 20–21.24–25 102 7, iii 8 102 7, iii 10–11 10295 7, iii 17–18 102 7, iii 21–22 10295 1, ii 46–47 1, iii 1 1, iii 2–3 1, iii 15–16.18 1, iii 26 f. 1, iii 28 1, iii 28–29 1, iii 30–33 1, iii 34–35

Sumerische Königsliste G ii 35–37 97 G iii 8–9.12.14 97 G iii 17–18.31 97 G iii 31 97 G v 31–33 97 G v 36–37.38 97 G vi 19.34.39–40 97 Synchronistic History 21, ii 36’–37’ 112

242 21, iii 19 21, iii 3’–5’ 21, iv 21–22 21, iv 23–30

Stellenregister

112 112 112 111

Synchronistische Königsliste iii 8–13 113 iv 3–6 114 iv 10.12.14–20 114 Tiglatpileser III. (ITP) – Kalah Annalen 13*, 10 3539 18, 2’–7’ 144238 24, 1’–11’ 144238

27, 2 3539 – Summary Inscriptions 4, 15’–19’ 75162 9, rev., 9–11 75162 13, 17–18 75162 – Iran Stele III A, 5 3539 Hethitische Texte Hethitische Annalen (CTH) 4 866 61 866, 868 82 866

Antike Autoren Josephus Antiquitates Judaicae 8:147 f. 9562 8:312 25 9:160 25 9:173 25 9:203 2611 9:205 25 9:215 f. 25 9:260 25 9:280 2611 10:83 25 10:98 25 Contra Apionem 6 1:75–89 9562

1:113–115 9562 1:117–118 105 1:117 94 1:121–125 94 1:121 106 1:122–123 99 1:122 105 1:126 9461 1:155 9562 Eusebius Chronicon 3 Manetho

88 f., 9562

Rabbinische Literatur Seder Olam Rabba 3 17 39 19 39

Mischna Rosch Haschana 1,1 7

Könige des Nordreiches Israel bzw. des Südreiches Juda Abija 521, 36 f., 49–53, 59105, 66, 71147, 76 f., 82, 122 f., 125, 131, 151257, 157282, 164 f., 168, 1756, 195 Ahab 35, 4, 520, 26, 32, 41–43, 56 f., 59106, 63–65, 67 f., 70, 73, 76, 80, 122, 125, 129191, 130, 134–137, 139 f., 143234, 148, 154272, 156, 159289, 172, 1756, 181f Ahas 37 f., 47–49, 55, 57, 74–76, 77170, 78, 80–82, 122, 124 f., 126176, 131, 133205, 157–162, 164, 166 f., 168312, 1756, 186, 188, 190, 195 Ahasja 520, 1151, 32, 40–43, 56, 59107, 63 f., 66–69, 72 f., 79, 122 f., 125, 130, 133206, 134–136, 139, 140224, 154272, 1756 Ahasjahu 5, 1151, 36–38, 40–43, 57, 59107, 60, 63, 68139, 73 f., 122–124, 127176, 129191, 133204, 147244, 154 f., 159289, 160293, 1766, 180 Amazja 39, 5 f., 1047, 2611, 31, 37, 39, 43– 47, 54 f., 77, 79, 122–124, 133204, 134206, 157 f., 159288, 160293, 166, 1756, 18236, 186, 195 Amon 37, 123, 133204.205, 160293, 1756 Asa 521, 25, 27, 32, 36 f., 40 f., 50–53, 55 f., 59106, 63–67, 69–71, 72 f., 76 f., 79–82, 122 f., 125, 131, 156–158, 159288, 164 f., 167310, 168 f., 1756, 17925.28 Asarja 39, 6, 8, 25 f., 27, 30 f., 34, 36–39, 43–49, 53–55, 75, 78–80, 82, 122–124, 158, 159288, 160293, 161, 172, 1756, 186, 190, 195 Atalja 5, 36, 38 f., 40–43, 54 f., 60, 67 f., 134206, 147244, 154, 156, 167310, 194 Bascha 520, 27, 31 f., 64126, 66, 68, 70, 76, 77169, 81 f., 122 f., 126 f., 134, 145, 155, 157, 168312, 1756, 17925

Ela 520, 31 f., 49–52, 56, 64–66, 68, 70145, 72150, 76, 81, 122 f., 126, 141, 153, 172, 1756, 18030 Hiskija 2, 4, 8, 2090, 25 f., 37–39, 47–49, 53, 80 f., 122–124, 128185, 135210, 143234, 146243, 153, 157 f., 160293, 161297, 168312, 1756, 17925, 181, 18235, 185, 189 f. Hoschea 2, 1047, 25, 32 f., 36, 47, 49, 53, 57, 60, 68138, 74–76, 78, 80, 122 f., 126, 141230, 143, 153, 1766, 180, 185 Jehoahas 25, 2612, 81, 132, 133204.206, 158, 160293, 1756, 180 Jehoasch 1047, 25, 32, 37, 41, 43–47, 53, 55, 77 f., 80176, 122 f., 125, 127, 133204, 136, 155272, 156, 158, 159288, 160293, 166, 167310, 169315, 172, 1756 Jehoram 39, 521, 1047, 1151, 31, 36–39, 40– 43, 56, 59104, 63 f., 67 f., 69141, 71–73, 79, 80177, 122 f., 125, 131, 151257, 154, 159289, 160292.293, 168 f., 1756, 195 Jehu 35, 4 f., 730.31, 8, 25 f., 32 f., 3540, 39– 43, 54, 60, 63123, 66–68, 70, 122, 126, 128, 134, 136, 140, 144, 146–149, 154 f., 167310, 173, 1756, 17925, 18029, 182, 186, 188 Jerobeam I. 2, 5, 1047, 16, 27, 31 f., 37, 49–53, 5585, 66, 76 f., 126, 128, 134, 136, 140, 146–148, 155, 156277, 157282, 164304, 1756, 181 f., 203133 Jerobeam II. 6, 25 f., 32–34, 43–46, 75163, 82, 122 f., 126, 134, 140, 142, 144, 146243, 156277, 1756, 17925, 181 f. Joahas 5, 25, 32, 34, 44, 77 f., 122 f., 126, 134, 140, 1756, 17925

244

Könige des Nordreiches Israel bzw. des Südreiches Juda

Joasch 5 f., 1047, 2511, 32, 3540.42, 43–46, 4774, 77–79, 122 f., 126, 134, 142, 155272, 157 f., 1756, 17925, 181 f. Jojachin 25, 2612, 37, 81 f., 131198, 133204, 157 f., 160293, 1756, 180, 196 Jojakim 37, 131198, 132, 160293, 1756 Joram 5, 730, 1151, 32, 37, 40–43, 56 f., 59103, 60, 62116, 63 f., 67 f., 69141, 71– 74, 79, 81177, 122 f., 125, 129191, 130, 134207, 136, 139 f., 144, 147, 154 f., 1766, 180 Joschafat 39, 4, 521, 1047, 31 f., 36, 40–43, 56, 62–65, 67 f., 72 f., 79 f., 122 f., 125, 129191, 136, 137–139, 157, 159288, 160293, 165, 168 f., 1756, 17925, 181 f., 195 Joschija 6, 1148, 37, 124166, 133204, 134206, 157 f., 160293, 1756, 18132, 204134 Jotam 8, 31, 36–39, 47–49, 54 f., 57, 74 f., 78, 81 f., 122–124, 158–162, 164, 1756, 186, 188, 190, 195 Manasse 1680, 37, 122–126, 131, 133205, 159, 160293, 1756, 181, 189 Menachem 7, 30, 32–36, 39, 47, 53 f., 59104, 75, 80, 122 f., 126 f., 134, 142, 144, 153 f., 171, 1756, 18030 Nadab 5, 27 f., 31 f., 37, 49 f., 52, 57, 76, 77169, 122 f., 125, 127 f., 130 f., 135 f., 141, 155 f., 1756

Omri 520, 25 f., 31–33, 56, 62–71, 79, 82, 122 f., 126, 127175, 134, 136, 139, 141– 145, 154272, 172 f., 1756, 17925, 182, 186 Pekach 27, 32 f., 3542, 36, 38, 47 f., 55, 59104, 75, 78, 122 f., 126, 141, 143, 154, 159, 162, 1756, 188, 190 Pekachja 27, 32–34, 3646, 47, 54, 59104, 75, 78, 80, 122 f., 126 f., 141, 1756f Rehabeam 2, 521, 1047, 25, 36 f., 49–53, 5585, 77, 121–123, 125 f., 132199, 133205, 151257, 156277, 157280.282, 158, 160293, 165, 168, 1756 Schallum 2612, 2816, 30, 32–34, 47, 53, 80, 122, 125, 127, 130 f., 136, 141, 1756, 18030, 181 f. Secharja 2612, 29 f., 32–34, 43 f., 47, 54, 75163, 122 f., 126 f., 140f, 1756 Simri 520, 2612, 2816, 31 f., 56, 59105, 64– 67, 69 f., 81, 122 f., 126, 142, 144 f., 153, 172, 1756, 18030, 181 f. Tibni 31, 65–67, 69, 142, 144 f. Usija, vgl. Asarja Zidkija 1047, 25, 37, 81177, 131 f., 133204, 157 f., 160293, 1756, 180, 189, 194

Sachregister Amarnabriefe 199 Annalen 12, 14, 17, 154271, 165306, 18030, 182 f., 196 f.

Frühjahrskalender, vgl. Kalender

Begräbnis-/Todesnotizen 74, 97, 105 f., 131, 132200, 133–135, 145, 148 f., 154271, 156, 159 f., 163, 1724

Herbstkalender, vgl. Kalender

Chirbet Qeiyafa, Ostrakon von 199 Chronik(en)/Chronicle(s) 14, 8923, 101 f., 106 f., 139–152, 153–156, 165–167, 173, 175, 197, 204 – Babylonian Chronicle Fragment 1 8921 – Babylonian Royal Chronicle, vgl. ­D ynastic Chronicle – Chronicle of the Early Kings 8921 – Chronik P 9456, 114 – Dynastic Chronicle 91, 96 f., 104 f., 117 – Neubabylonische Chroniken 20, 93, 101, 103–105, 107, 116, 118–120, 129189, 144, 151, 151259 – Religious Chronicle 8610 – Spätbabylonische Chroniken 9353 – Tummal-Chronik 869, 8921 – Walker Chronicle 8921 – Weidner-Chronik 8610, 8921, 118 Datierung (Formular[e], Praxis) 14, 17 f., 63123, 106, 152 f., 191–193 Deir ‘A lla, Wandinschriften von 199 Deuteronomistisches Geschichtswerk (DtrG) 10, 15–19, 140227, 175, 190– 196 Eponymen 25, 8711, 89, 92 f., 129189, 174, 202 Eponymenchroniken 92, 99 f., 102 f., 105, 116, 120, 129189, 151, 202

Geser-Kalender 6, 199

Interregnum 3855, 47 f., 51 f., 162, 172, 190, 195 irreguläre Thronfolgen, vgl. Putsch­notizen Jehu-Revolte 4 f., 8, 33, 39, 60, 140, 144, 146–148, 167310, 186 Kalender 6, 10, 1148, 17, 27, 29 f., 33–36, 54, 64125, 67137, 154 Kompilation, Regeln der 42 f., 46 f., 49, 53–55, 171 Königsbeurteilungen 12, 16, 18, 70, 127, 135210, 136, 140, 145, 148, 158 f., 184 f., 187 f. Königschroniken, vgl. Chroniken Königsliste(n) 14, 17, 88, 8923, 95–101, 106, 113–115, 127 f., 130 f., 134, 156279, 163–165, 176, 197 – Ägyptische 9664 – Assyrische 91, 96, 98, 100, 104, 115 – Babylonische A 91 f., 95, 104, 151, 151258 – Babylonische B 91, 95, 104102, 151, 19692 – Babylonische C 91, 104, 116139, 151, 19692 – Lagaš 90, 96, 98, 104, 117 – Larsa 90 f., 104, 151 – Sumerische 90, 96, 104, 115, 117 – Synchronistische 92, 95 f., 107, 110 f., 113, 150 f., 203 – Turiner Königspapyrus 95, 9563, 105, 151

246

Sachregister

– Tyros 94, 96, 99, 120157, 155276 – Ur-Isin 90, 104 – Uruk 8712 Königsmutter 1, 121–125, 135, 137, 156, 159 f., 162, 164, 167310 Königsrahmen 1 f., 12 f., 15–19, 3649, 66 f., 70, 72, 74, 81, 105, 117–119, 122 f., 131 f., 140, 144 f., 151260, 172 f., 175, 178, 184 f. Koregentschaft(en) 8, 11, 30 f., 33, 38 f., 41–43, 48, 51, 53, 72 f., 161 f., 172, 186 Korrekturnotizen 38 f., 44 f., 53, 162, 186 Kuntillet ‘A jrud, Inschriften von 199 Nachdatierung, vgl. Zählweise der Regierungsjahre Neujahrstermin, vgl. Kalender Putschnotiz(en) 45, 75165, 97 f., 100, 102, 107, 141–146, 149, 153269, 158, 165, 182 Quellenverweise 1254, 13, 131, 143234, 145, 148, 158, 175–183

Rundungen 9, 11, 2713, 71147 Samaria-Ostraka 152262, 153262 Sarostafel/Eighteen-year Interval List 8610 Schriftkultur, Schreiberpraxis 13, 117, 175, 183, 196–200 Septuaginta-Zahlenüberlieferung 9, 23, 25, 52, 57–71, 76–80, 83 f., 172 Sonnenfinsternis 25, 9350, 99 Synchronistic History 93, 107, 111 f., 114, 117, 150 f., 203 Synchronistische Darstellungen 20, 85, 92 f., 103, 107–115, 186 f. Vordatierung, vgl. Zählweise der Regierungsjahre Wenamun, Erzählung des 200 Zählweise der Regierungsjahre 6, 10, 17, 23, 26–29, 32–35, 37–39, 53–55, 63, 64125, 65128, 108, 154, 171 Zehnerverschiebung 939, 45, 4878, 70, 76, 80–83