Die Gemeinde als Brief Christi: Die kommunikative Funktion der Metapher bei Paulus am Beispiel von 2 Kor 2-5 9783666538810, 3525538812, 9783525538814

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Die Gemeinde als Brief Christi: Die kommunikative Funktion der Metapher bei Paulus am Beispiel von 2 Kor 2-5
 9783666538810, 3525538812, 9783525538814

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BERND KUSCHNERUS

Die Gemeinde als Brief Christi Die kommunikative Funktion der Metapher bei Paulus am Beispiel von 2 Kor 2–5

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Dietrich-Alex Koch und Matthias Köckert 197. Heft der ganzen Reihe

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Kuschnerus, Bernd: Die Gemeinde als Brief Christi: die kommunikative Funktion der Metapher bei Paulus am Beispiel von 2 Kor 2–5 / Bernd Kuschnerus. – Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2002 (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; H. 197) Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-525-53881-2

© 2002 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen http://www.vandenhoeck-ruprecht.de Printed in Germany. – Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindearbeiten: Hubert & Co., Göttingen

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg im Sommersemester 2000 als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie geringfugig überarbeitet und gekürzt. Mein Dank gilt meinem Lehrer, Herrn Professor Dr. Gerd Schunack Er hat diese Arbeit angeregt und gefördert und das Erstgutachten verfasst. Ihm verdanke ich die Erfahrung einer Exegese und Hermeneutik, die den Anspruch und die Fremdheit der neutestamentlichen Texte achtet und der Mündigkeit des Verstehens verpflichtet ist. Ebenfalls danke ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Harnisch fur die Heranfiihrung an eine lebendige Sprachlehre neutestamentlicher Texte. Auch fur die Erstellung des Zweitgutachtens und fur wichtige Hinweise habe ich ihm zu danken. Danken möchte ich meinem Freund, Herrn Dr. Harald Weinacht, der schon früh mein Interesse an theologischer Hermeneutik geweckt, meinen Werdegang begleitet und auch diesem Projekt freundliche Aufmerksamkeit geschenkt hat. Den ehemaligen Marburger Kolleginnen und Kollegen danke ich fur das theologische Gespräch, besonders meinem Freund, Herrn Dr. Dirk F. Gniesmer. Für die Aufnahme in die Reihe der ,Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments' danke ich den Herausgebern, Herrn Professor Dr. Dietrich-Alex Koch und Herrn Professor Dr. Matthias KöCkert. Ich danke meiner Frau, Ingeborg Kuschnerus, die mir nicht allein eine sachkundige Gesprächspartnerin ist, sondern auf vielfältige Weise die Entstehung der Arbeit mitgetragen hat. Meine Eltern haben mir meinen Weg ermöglicht. Gewidmet ist dieses Buch dem Andenken meiner Mutter, Ruth Kuschnerus. Bremen, im Januar 2002

Bernd Kuschnerus

Inhalt Vorwort....................................................

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1. Einleitung: Metaphorische Sprache - jenseits von Illustration und Neubeschreibung der Wirklichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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H. Zur Identifizierung metaphorischer Sprache und Typisierung der Formen..................................................

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1. Die Metapher als "widersprüchliche Prädikation" . . . . . . . . . . . . . .. 1.1. Metaphorische Spannung als semantische Widersprüchlichkeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1.2. Die prädikative Struktur der Metapher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Das semantische Transfergefälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Neubeschreibungsfunktion des bildhaften Vergleiches. . . . . .. 3 . Der argumentative Charakter des Bildwortes . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4 . Habituelle Metaphorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

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m . Metaphorik in der Verantwortung des Evangeliums in 2Kor 2,14-5,10 .. . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

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1 . Exegetischer Durchgang durch 2Kor 2,14-5,10. . . . . . . . . . . . . . . .. 1.1. Die kontextuelle Einbettung und Fragen der Literarkritik. . .. 1.2. Die eschatologische Öffentlichkeit der apostolischen ÖlIXKOVLIX (2Kor 2,14-4,6) ............................ 1.2.1. Die I. KIXVOtll - begegnet in der Septuaginta als geprägte Opferterminologie96 . Daher konnotiert die in Verbindung mit dem Ausdruck öall~ (2,14.16) auftretende und mit dem Dativobjekt 1"c.q 8Ec.q gekoppelte Erwähnung der

95 Voraussetzung hierfür wäre eine entsprechend zugespitzte Christologie. Man könnte etwa an eine an hellenistisch-jüdischer Weisheitsspekulation orientierte christologische Konzeption denken, wie sie von einigen Exegeten als (gegnerischer) Hintergrund für die paulinischen Ausführungen im lKor angenonnnen wird (vgl. SELLIN (1986), bes. 63--69; 290ff; (1996); MERKLEIN (1992), 121-133; WALTER (1996), bes. 56; 59ff; (1998), bes. 112ff; 120; 121ff; zurückhaltender SCHRAGE [l991], 55f; 60ff; vgl. auch PÖTINER [1995], 210 Anm. 143). WEDER (1981), 129, ninnnt im Blick auf lKor 1,17.30 an, daß "die Sophia-Spekulation lediglich in einem allgemeineren Sinne die Grundlage des christologischen Denkens war und die christologische Sprache in Korinth prägte." Läßt sich die Erwälmung der XpLa,oi] EuwliLIX (2Kor 2,15) einem weisheitlichen Verstehenshintergrund zuordnen, dann könnte es sich jedoch bei dem Ausdruck XPL 1TOAUTEAEL), dann wird ein ästhetisches Moment positiv zur Geltung gebracht Da Simeon der Priester ist, der die Opfer darbringt (vgl. Sir 50, 12-21), handelt es sich in Sir 50,9 um einen bildhaften Vergleich, dessen Hälften in metonymischer Relation zueinander stehen. 133 Vgl. BADER (1988), 209. 134 Dieses Argument führt zuweilen zum Ausschluß der Vermutung, daß überhaupt eine Opferkonnotation in der Textpassage eine Rolle spielt (vgl. BULTMANN [21987], 68; 70; KLAUCK [31994], 33; LANG [16 1986], 266; FURNISH [1984], 176f; 188; DAUTZENBERG

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Dieser sich unausweichlich 135 ausbreitende Duft qualifiziert die von ihm erfiillte Öffentlichkeit, indem er die Situation der Begegnung mit dem Apostel so bestimmt, daß sie zur Situation einer eschatologischen Entscheidung wird. Weil mit diesem Wohlgeruch Christi die rettende Alternative auf den Plan tritt, wird die Begegnung mit dem das Evangelium repräsentierenden Apostel zukünftig über aWtllPLIX und aiT(oj.LEvOl umfaßt140. Die oaj.L~ ist entweder völlig vom Tod oder vom Leben bestimmt. Die Wortfiigung dc; (w~v in 2,16a bezeichnet somit in der Textperpektive die Folge des Auftretens des Apostels (der Xpw'Cou EDwöLa) unter den au,>(oj.LEVOl. Erst mit dem Erscheinen der Xpw'Cou EDwöLa, des Wohlgeruchs, kommt es zur zukunftsbestimmenden Unterscheidung. Dort, wo der Apostel als Exemplifikation der Xpw'Cou EDwöLa Akzeptanz findet, ist es unmöglich, diesen Duft als einen Geruch zu bestimmen, der völlig vom Tod eingenommen ist. Wie später 4,12b zeigt (vgl. bereits 3,3), zählt Paulus zur Gruppe der au,>(oj.LEVOl auch seine korinthischen Adressatinnen und Adressaten. Wird damit vonseiten des Briefverfassers der Ort der von ihm Angeschriebenen unter den au,>(Oj.LEVOl vorgegeben, kommt es umgekehrt darauf an, daß diese damit einverstanden sind, den mit dem Apostel begegnenden Duft als EK (wfjc; dc; (w~v zu bestimmen. Für die Beobachtung, daß die Xpw'Cou EDwöla auf den im Horizont Gottes wahrgenommenen, durch Paulus präsentierten gekreuzigten Christus anspielt, spricht eine Parallele in der korinthischen Korrespondenz des Paulus. In lKor 1,18 wird die Verkündigung des Evangeliums durch die

139 In dem die Rezipierenden scheidenden Effekt scheint zunächst eine Analogie zur Metapher von der Tora als Arznei vorzuliegen, die bei falschem Gebrauch nicht zum Leben, sondern zum Tode führt (vgl. STRACKIBILLERBECK [31961], 498f; WINDISCH [1924], 98f; SCHRÖTER [1993], 30f Amn. 6). Bei Paulus geht es jedoch um das Verblendetsein gegenüber der rettenden Alternative, an dem die Antithese zwischen Gott und dem 8EO~ LOU aLwvo~ LOIJ-rOU herauskommt (vgl. 4,3f): der gleiche Duft wird gegensätzlich wahrgenommen, als Todes- oder Lebensgeruch. In narrativem Kontext begegnet in TestAbr Rez.A. §§ 16f (vgl. JANSSEN [1974], 242f; 245ft) das Motiv der ambivalenten Geruchswahrnehmung, hier jedoch in einer Umkehrung: Der zn Abraham gesandte Todesengel erscheint diesem zunächst als Wohlgeruch, erst nach und nach enthüllt er sich ihm in seinem eigentlichen, Bitterkeit und Fäulnis verbreitenden Wesen, in dem er sonst den Sündern begegnet (vgl. auch SCHRÖTER [1993], 29). 140 Zu diesem Verständnis der Präpositionalverbindung Eie - EL~ vgl. SCHLATTER (1995b), 243f; (1995a), 15f(zuRöm 1,17). Die Verbindung von Herkunft und Wirkung hat eine Entsprechung darin, daß das 1TvEu~a 8EOU (WVLO~ (2Kor 3,3), das die ÖLaleOVLa des Paulus bestimmt (2Kor 3,6.8; vgl. 1Kor 2,4), lebendig macht (2Kor 3,6). In der Antithese von ~wpLa und ötlva~L~ 8EOU in lKor 1,18 kreuzt sich die Angabe, die sich auf die Einschätzung (im Blick auf die &1TO.uU~EVOL) des A.oyo~ LOU oLaupou bezieht, mit derjenigen, die dessen Wirkung (im Blick auf die 00l(O~EVOL) bezeichnet.

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Wortfiigung ÄOYo~ toil otlXupoil aufgenommen l41 . Die Näherbestimmung des Wortes vom Kreuz in lKor 1,18 verweist offenbar auf die Situation, die auch in 2Kor 2,14-16a zur Sprache kommt l42 . Zunächst soll auf den Aussagezusammenhang eingegangen werden, dessen Bestandteil 1Kor 1,18 ist, um dann Folgerungen fiir 2Kor 2, 14-16a zu ziehen. Bereits der Gegensatz von &7ToHu IlEVO L und a~ (0 IlEVO L konnotiert im Rahmen der korinthischen Korrespondenz die paulinische Darstellung einer antithetischen Auffassung des Äoyoe; toil ata.upoil als IlWpLa. oder als ouva.IlLe; eEoil (IKor 1,18). Gemeinsamkeiten zwischen den bei den Textpassagen zeigt die Gegenüberstellung von a~(oIlEvoL und &7ToHUIlEVOL (2Kor 2,15 / lKor 1,18). Sie ist jeweils mit einer weiteren Opposition verbunden (2Kor 1,16: oall~ EK ea.vatOU Ei.e; eliva.toV vs. oall~ EK (wfje; Eie; (w~v; lKor 1,18: IlWpLa. vs.ouva.IlLe; eEoil). Diese zweite Opposition bezeichnet jeweils, als was etwas Drittes (2Kor 2,15: Xp LOtoil Euwli La.; lKor 1,18: 0 ÄOYo